Die Schätzung erwarteter Renditen in der modernen Kapitalmarkttheorie: Implizit erwartete Renditen und ihr Einsatz in Kapitalmarktmodell-Tests und Portofoliooptimierung 3834922048, 978-3-8349-2204-5 [PDF]

Die Schätzung erwarteter Renditen ist eines der zentralen Anliegen der modernen Kapitalmarkttheorie. Meike Martina Hagem

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German Pages 258 Year 2010

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Die Schätzung erwarteter Renditen in der modernen Kapitalmarkttheorie: Implizit erwartete Renditen und ihr Einsatz in Kapitalmarktmodell-Tests und Portofoliooptimierung
 3834922048, 978-3-8349-2204-5 [PDF]

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Zitiervorschau

Meike Martina Hagemeister Die Schätzung erwarteter Renditen in der modernen Kapitalmarkttheorie

GABLER RESEARCH

Meike Martina Hagemeister

Die Schätzung erwarteter Renditen in der modernen Kapitalmarkttheorie Implizit erwartete Renditen und ihr Einsatz in Kapitalmarktmodell-Tests und Portfoliooptimierung Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Alexander Kempf

RESEARCH

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Dissertation Universität zu Köln, 2009

1. Auflage 2010 Alle Rechte vorbehalten © Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010 Lektorat: Ute Wrasmann | Britta Göhrisch-Radmacher Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-2204-5

Geleitwort Die Erklärung von Preisen auf Finanzmärkten und den sich hieraus ergebenden erwarteten Renditen steht im Zentrum der modernen Kapitalmarkttheorie. Die theoretische Literatur hierzu ist heute schon sehr umfangreich und entwickelt sich beständig weiter. Trotzdem muss man gerade für Aktienmärkte konstatieren, dass die theoretischen Modelle noch immer große Schwierigkeiten haben, die beobachteten Marktpreise zu erklären. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass die theoretischen Modelle Aussagen über die erwarteten Renditen treffen, während die empirischen Überprüfungen auf Basis von realisierten Renditen stattfinden. Da aber erwartete Renditen nur unter sehr idealisierten Bedingungen verlässlich aus realisierten Renditen geschätzt werden können, liegt die Ursache der schlechten Erklärungskraft der theoretischen Modelle möglicherweise gar nicht in der Theorie begründet, sondern resultiert aus der mangelhaften empirischen Umsetzung der Theorietests. Deshalb wurde in jüngster Vergangenheit immer wieder gefordert, neue Verfahren zur Schätzung erwarteter Renditen zu verwenden, die nicht auf realisierten Renditen aufbauen. Das derzeit wohl bekannteste Verfahren hierzu, das Residual Income Model von Ohlson (1995), leitet die Renditeerwartungen implizit aus Gewinnprognosen von Aktienanalysten her. Meike Hagemeister verwendet in ihrer Dissertationsschrift derart gewonnene implizite Renditeerwartungen und untersucht zwei für Wissenschaft und Praxis gleichermaßen wichtige Fragestellungen: (1) Kann ein Anleger empirisch bessere Rendite-Risiko-Profile erzielen, wenn er seine Portfolio-Optimierungsmodelle auf Basis von implizit erwarteten Renditen implementiert anstatt erwartete Renditen zu verwenden, die aus historischen 5HQGLWHUHDOLVD tionen geschätzt wurden? (2) Wie schneidet das prominenteste theoretische%HZHUWXQJVPRGHOO für Aktien, das Capital Asset Pricing Model, ab, wenn die zu erklärenden HUZDUWHWHQ5HQ GLWHn implizit geschätzt werden anstatt sie aus historischen5HQGLWHUHDOLVDWLRQHQDE]XOHLWHQ" Diese beiden Fragen untersucht Frau Hagemeister im Rahmen von umfangreichen empirischen Untersuchungen für den deutschen und US-amerikanischen Aktienmarkt. Sie zeigt zunächst in einer Voruntersuchung, dass der implizite Schätzer „besser“ ist als der traditionelle Zeitreihenschätzer in dem Sinne, dass er zukünftige Renditen genauer vorhersagt, also zu einem kleineren Prognosefehler führt. Die Güte der Schätzung lässt sich noch weiter

VI

Geleitwort

verbessern, wenn der implizite Schätzer mittels eines Bayesschen Verfahrens mit Informationen über die vergangene Indexrendite angereichert wird. Wenn ein Anleger einen solchen Bayesschen Schätzer für seine Renditeprognose verwendet und eine klassische Portfoliooptimierung à la Markowitz betreibt, so kann er hierdurch sehr gute $QODJHHUJHE nisse erzielen. Er kann sein Rendite-Risiko-Profil merklich verbessern – auch im9HUJOHLFK ]X anderen, derzeit in der Praxis hoch gehandelten Schätz- und2SWLPLHUXQJVDQVlW]HQ+LHUDXV lässt sich der Schluss ziehen, dass man als Anleger durchausZHLWHUKLQHLQHVLPSOH0DUNRZLW] Optimierung durchführen kann, aber darauf achten muss,GLHHUZDUWHWHQ5HQGLWHQLQJHHLJQHWHU Weise zu ermitteln, also mittels des verbesserten 6FKlW]HUV'LHVHVHUVWH]HQWUDOH(UJHEQLV der Arbeit von Frau Hagemeister erweist sich alsEHPHUNHQVZHUWUREXVWLP5DKPHQYLHOIlO WLJHUVariationen des Untersuchungsdesigns. Im zweiten, nicht minder interessanten Teil der Arbeit wendet sich Frau Hagemeister der Frage nach den Determinanten von erwarteten Renditen zu. Sie testet hierzu verschiedene Varianten des Capital Asset Pricing Model (CAPM). Verwendet sie im Rahmen ihrer empirischen Untersuchung historische Renditerealisationen, so kann Frau Hagemeister keine Variante des CAPM stützen. Wird das CAPM jedoch unter Verwendung implizit erwarteter Renditen getestet, erweisen sich Beta, die Dividendenrendite (entsprechend dem SteuerCAPM) und das Liquiditätsniveau (entsprechend dem Liquiditäts-CAPM) als signifikante Determinanten der erwarteten Renditen. Insgesamt enthält die Arbeit eine Reihe von innovativen und wichtigen Erkenntnissen in den Bereichen des Asset Management und Asset Pricing. Ich kann die vorliegende Schrift deshalb Forschern und interessierten Praktikern in diesen Bereichen zur Lektüre nur empfehlen.

Prof. Dr. Alexander Kempf

Vorwort Die vorliegende Dissertation ist im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Finanzierungslehre der Universität zu Köln entstanden. Besonders danken möchte ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Alexander Kempf für seine Förderung und Unterstützung bei der Erstellung dieser Arbeit. Bereits während meines Studiums hat er mich für Fragestellungen der theoretischen und empirischen Kapitalmarktforschung begeistert. Die Möglichkeit zur wissenschaftlichen Diskussion sowie seine hilfreichen Kommentare und Anregungen haben wesentlich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Herrn Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels danke ich sehr herzlich für die Übernahme des Zweitgutachtens sowie Herrn Prof. Dr. Carsten Homburg für die Übernahme des Vorsitzes der Prüfungskommission. Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Kollegen am Seminar für ABWL und Finanzierungslehre der Universität zu Köln für die fachlichen Diskussionen sowie die konstruktive Zusammenarbeit. Mein ganz besonderer Dank gilt Dr. Knut Griese, der mir stets ein wertvoller und der wissenschaftlichen Diskussion jederzeit aufgeschlossener Gesprächspartner war und ein wahrer Freund ist. Weiterhin danke ich für wissenschaftliche Diskussionen und Anregungen Herrn Dr. Christoph Memmel, Herrn Prof. Dr. Olaf Korn sowie den Teilnehmern der Konferenzen und Seminare, auf denen ich die Inhalte meiner Arbeit präsentiert habe. Herrn Marco Kriesche danke ich für die Unterstützung bei der Zusammenstellung der Datenstichproben. Dem Centre for Financial Research (CFR) der Universität zu Köln danke ich für die finanzielle Unterstützung bei Konferenzteilnahmen. Für das Korrekturlesen dieser Arbeit danke ich Dr. Knut Griese, meiner Schwester Dr. Frauke Hagemeister sowie meinen Eltern Margret und Dr. Dieter Hagemeister sehr herzlich. Meinen Eltern gilt mein ganz besonderer Dank. Sie haben mich in allen Phasen meiner akademischen Ausbildung unterstützt und ihres Rats und Rückhalts konnte ich mir auch in schwierigen Zeiten stets sicher sein. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Zudem danke ichPHLQHQ Geschwistern Dr. Frauke Hagemeister, Dr. Jens Hagemeister und'U'LUN+DJHPHLVWHU sowie allen Freunden, die mich in den vergangenen Jahren bestärkt und PRWLYLHUWKDEHQXQG damit zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben.

Meike Hagemeister

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis...........................................................................................................XIII Tabellenverzeichnis.................................................................................................................XV 1 Einleitung ................................................................................................................................ 1 2 Schätzung der erwarteten Rendite........................................................................................... 5 2.1 Problemstellung und Stand der Literatur ......................................................................... 5 2.2 Schätzverfahren................................................................................................................ 9 2.2.1 Schätzung erwarteter Renditen auf Basis von Renditerealisationen.......................... 9 2.2.2 Schätzung erwarteter Renditen auf Basis von Analystenschätzungen..................... 10 2.2.3 Kombination von Schätzungen erwarteter Renditen................................................ 14 2.3 Daten und empirische Implementierung der Schätzverfahren ....................................... 18 2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen ........................................ 28 2.4.1 Verteilungseigenschaften der Schätzer .................................................................... 29 2.4.1.1 Verteilungseigenschaften der Schätzer des deutschen Samples ...................... 29 2.4.1.2 Verteilungseigenschaften der Schätzer des US-amerikanischen Samples ....... 37 2.4.2 Güte der Schätzer ..................................................................................................... 44 2.4.2.1 Güte der Schätzer des deutschen Samples ....................................................... 45 2.4.2.2 Güte der Schätzer des US-amerikanischen Samples........................................ 49 2.5 Würdigung...................................................................................................................... 53 3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen ................................ 55 3.1 Problemstellung und Stand der Literatur ....................................................................... 55 3.2 Optimale Portfolioselektion nach Markowitz (1952)..................................................... 60 3.2.1 Theorie ..................................................................................................................... 61 3.2.2 Implementierung ...................................................................................................... 62 3.3 Design der empirischen Studie....................................................................................... 66 3.3.1 Daten und empirische Umsetzung der Portfolioselektion........................................ 66 3.3.2 Evaluation des Anlageerfolgs .................................................................................. 74 3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt........................................... 78 3.4.1 Optimale Portfolioselektion unter Verwendung implizit erwarteter Renditen ........ 79 3.4.2 Alternative Arten der Portfolioselektion.................................................................. 82 3.4.3 Stabilitätsuntersuchungen ........................................................................................ 84 3.4.3.1 Erweitertes Sample (HDAX) ........................................................................... 85 3.4.3.2 Teilzeiträume.................................................................................................... 87 3.4.3.3 Umschichtungsfrequenz ................................................................................... 90

X

Inhaltsverzeichnis 3.4.3.4 Transaktionskosten........................................................................................... 96 3.4.3.5 Gewichtsrestriktionen..................................................................................... 101 3.4.4 Zusammenfassung.................................................................................................. 107 3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt ......................... 108 3.5.1 Optimale Portfolioselektion unter Verwendung implizit erwarteter Renditen ...... 109 3.5.2 Alternative Arten der Portfolioselektion................................................................ 111 3.5.3 Stabilitätsuntersuchungen ...................................................................................... 112 3.5.3.1 Erweitertes Sample (S&P100, S&P500)........................................................ 112 3.5.3.2 Teilzeiträume.................................................................................................. 116 3.5.3.3 Umschichtungsfrequenz ................................................................................. 120 3.5.3.4 Transaktionskosten......................................................................................... 123 3.5.3.5 Gewichtsrestriktionen..................................................................................... 126 3.5.4 Zusammenfassung.................................................................................................. 131 3.6 Würdigung.................................................................................................................... 132

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen ............. 135 4.1 Problemstellung und Stand der Literatur ..................................................................... 136 4.2 Kapitalmarktmodelle im Test....................................................................................... 140 4.2.1 Standard-CAPM nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966)............ 140 4.2.2 Steuer-CAPM nach Brennan (1970) und Wiese (2004) ........................................ 141 4.2.3 Liquiditäts-CAPM nach Kempf (1999), Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) und Acharya/Pedersen (2005)....................................................................................... 143 4.2.4 CAPM mit unvollständigen Informationen nach Merton (1987)........................... 146 4.3 Design der empirischen Studie..................................................................................... 148 4.3.1 Daten ...................................................................................................................... 149 4.3.1.1 Beschreibung des deutschen Samples ............................................................ 149 4.3.1.2 Beschreibung des US-amerikanischen Samples ............................................ 150 4.3.2 Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen ................................................ 151 4.3.2.1 Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen für das deutsche Sample. 151 4.3.2.2 Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen für das US-amerikanische Sample ............................................................................. 153 4.3.3 Schätzverfahren...................................................................................................... 157 4.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt......................................... 160 4.4.1 Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen.................................... 161 4.4.2 Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen ....................... 163 4.4.2.1 Zentrale Ergebnisse ........................................................................................ 163 4.4.2.2 Stabilitätsuntersuchungen............................................................................... 167 4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt ......................... 170 4.5.1 Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen.................................... 170 4.5.2 Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen ....................... 173

Inhaltsverzeichnis

XI

4.5.2.1 Zentrale Ergebnisse ........................................................................................ 173 4.5.2.2 Zentrale Ergebnisse für das CAPM mit stochastischer Liquidität nach Kempf (1999), Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) und Acharya/Pedersen (2005)............................................................................... 175 4.5.2.3 Stabilitätsuntersuchungen............................................................................... 184 4.6 Würdigung.................................................................................................................... 188 5 Zusammenfassung und Ausblick ........................................................................................ 191 A Anhang zu Kapitel 2............................................................................................................195 B Anhang zu Kapitel 3............................................................................................................201 C Anhang zu Kapitel 4............................................................................................................221 Literaturverzeichnis.................................................................................................................233

Abbildungsverzeichnis Abbildung 2-1: Verteilungen der Schätzer der erwarteten Rendite für das gepoolte Sample – Deutschland....................................................... 31 Abbildung 2-2: Verteilungen der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite für das gepoolte Sample – Deutschland....................................................... 32 Abbildung 2-3: Querschnittsmittelwerte der Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – Deutschland........................................................................ 33 Abbildung 2-4: Querschnittsmittelwerte der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – Deutschland........................................................................ 35 Abbildung 2-5: Verteilungen der Schätzer der erwarteten Rendite für das gepoolte Sample – USA................................................................... 39 Abbildung 2-6: Verteilungen der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite für das gepoolte Sample – USA................................................................... 40 Abbildung 2-7: Querschnittsmittelwerte der Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – USA.................................................................................... 41 Abbildung 2-8: Querschnittsmittelwerte der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – USA.................................................................................... 42 Abbildung 2-9: Anteile der Unternehmen mit geringerem MSE im Vergleich von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer – Deutschland .... 47 Abbildung 2-10: Kumulierte Unternehmensanzahl hinsichtlich der Rangplätze der MSE über die Schätzer der erwarteten Rendite – Deutschland ............................ 48 Abbildung 2-11: Anteile der Unternehmen mit geringerem MSE im Vergleich von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer – USA ................ 51 Abbildung 2-12: Kumulierte Unternehmensanzahl hinsichtlich der Rangplätze der MSE über die Schätzer der erwarteten Rendite – USA ........................................ 52 Abbildung 3-1: Entwicklung des DAX30 im Zeitablauf ...................................................... 88 Abbildung 3-2: Realisierte Sharpe-Ratios bei unterschiedlichen Umschichtungsfrequenzen in Abhängigkeit des Startzeitpunkts................. 94 Abbildung 3-3: Entwicklung des „S&P30“ im Zeitablauf .................................................. 116

XIV

Abbildungsverzeichnis

Abbildung A-1: Entwicklung der mittleren Dividendenrendite im Zeitablauf – Deutschland................................................................................................ 195 Abbildung A-2: Entwicklung der mittleren Dividendenrendite im Zeitablauf – USA ........ 195 Abbildung A-3: Entwicklung des Volatilitätsindex VDAX-NEW im Zeitablauf ............... 196 Abbildung A-4: Entwicklung der Querschnittstandardabweichungen der Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – Deutschland ................................ 196 Abbildung A-5: Entwicklung der Querschnittstandardabweichungen der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – Deutschland.................. 197 Abbildung A-6: Entwicklung der Querschnittstandardabweichungen der Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – USA ............................................ 198 Abbildung A-7: Entwicklung der Querschnittstandardabweichungen der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – USA.............................. 198 Abbildung B-1: Realisierte Monatsrenditen bei Implementierung der MarkowitzOptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers der erwarteten Rendite ... 201 Abbildung B-2: Aktiengewichte bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers der erwarteten Rendite......................... 202 Abbildung B-3: Aktiengewichte bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des RIM-Schätzers der erwarteten Rendite................................ 203 Abbildung B-4: Aktiengewichte bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des RIM+IND-Schätzers der erwarteten Rendite ...................... 204

Tabellenverzeichnis Tabelle 2-1:

Deskriptive Statistiken der Verteilungen für das gepoolte Sample Deutschland.................................................................................................. 30

Tabelle 2-2:

Deskriptive Statistiken der Verteilungen für das gepoolte Sample - USA.. 38

Tabelle 2-3:

Güte der Schätzer der erwarteten Überrendite - Deutschland ..................... 45

Tabelle 2-4:

Mittlere Rangpositionen der Schätzer der erwarteten Rendite hinsichtlich des MSE über alle Unternehmen - Deutschland ...................... 47

Tabelle 2-5:

Güte der Schätzer der erwarteten Überrendite - USA ................................. 50

Tabelle 2-6:

Mittlere Rangpositionen der Schätzer der erwarteten Rendite hinsichtlich des MSE über alle Unternehmen - USA .................................. 52

Tabelle 3-1:

Implementierte Anlagestrategien ................................................................. 74

Tabelle 3-2:

Anlageuniversum DAX30 ........................................................................... 79

Tabelle 3-3:

Anlageuniversum DAX30 – Kombinierte Schätzer .................................... 82

Tabelle 3-4:

Anlageuniversum DAX30 – Alternativstrategien........................................ 83

Tabelle 3-5:

Anlageuniversum HDAX............................................................................. 86

Tabelle 3-6:

Anlageuniversum HDAX – Kombinierte Schätzer...................................... 87

Tabelle 3-7:

Anlageuniversum DAX30 – Marktphasen (S-R)......................................... 88

Tabelle 3-8:

Anlageuniversum DAX30 – Marktphasen (T/B-R)..................................... 89

Tabelle 3-9:

Anlageuniversum DAX30 – Umschichtungsfrequenz (S-R)....................... 91

Tabelle 3-10:

Anlageuniversum DAX30 – Umschichtungsfrequenz (T/B-R) ................... 92

Tabelle 3-11:

Anlageuniversum DAX30 – Umschichtungsfrequenz, kombinierte Schätzer (S-R)......................................................................... 95

Tabelle 3-12:

Anlageuniversum DAX30 – Umschichtungsfrequenz, kombinierte Schätzer (T/B-R)...................................................................... 95

Tabelle 3-13:

Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten (S-R)............................... 99

Tabelle 3-14:

Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten (T/B-R)......................... 100

Tabelle 3-15:

Anlageuniversum DAX30 – Gewichtsrestriktionen (S-R)......................... 103

Tabelle 3-16:

Anlageuniversum DAX30 – Gewichtsrestriktionen (T/B-R)..................... 105

Tabelle 3-17:

Anlageuniversum DAX30 – relative Gewichtsrestriktionen ..................... 106

Tabelle 3-18:

Anlageuniversum „S&P30“ ....................................................................... 109

Tabelle 3-19:

Anlageuniversum „S&P30“ – Kombinierte Schätzer ................................ 110

Tabelle 3-20:

Anlageuniversum „S&P30“ – Alternativstrategien.................................... 111

XVI

Tabellenverzeichnis

Tabelle 3-21:

Anlageuniversum S&P100......................................................................... 113

Tabelle 3-22:

Anlageuniversum S&P500......................................................................... 114

Tabelle 3-23:

Anlageuniversum S&P100 – Kombinierte Schätzer.................................. 114

Tabelle 3-24:

Anlageuniversum S&P500 – Kombinierte Schätzer.................................. 115

Tabelle 3-25:

Anlageuniversum „S&P30“ – Marktphasen (S-R)..................................... 117

Tabelle 3-26:

Anlageuniversum „S&P30“ – Marktphasen (T/B-R)................................. 120

Tabelle 3-27:

Anlageuniversum „S&P30“ – Umschichtungsfrequenz (S-R)................... 121

Tabelle 3-28:

Anlageuniversum „S&P30“ – Umschichtungsfrequenz (T/B-R)............... 121

Tabelle 3-29:

Anlageuniversum „S&P30“ – Umschichtungsfrequenz, kombinierte Schätzer (S-R)........................................................................ 122

Tabelle 3-30:

Anlageuniversum „S&P30“ – Umschichtungsfrequenz,

Tabelle 3-31:

Anlageuniversum „S&P30“ – Transaktionskosten (S-R) .......................... 124

Tabelle 3-32:

Anlageuniversum „S&P30“ – Transaktionskosten (T/B-R) ...................... 126

Tabelle 3-33:

Anlageuniversum „S&P30“ – Gewichtsrestriktionen (S-R) ...................... 128

Tabelle 3-34:

Anlageuniversum „S&P30“ – Gewichtsrestriktionen (T/B-R) .................. 129

Tabelle 3-35:

Anlageuniversum „S&P30“ – relative Gewichtsrestriktionen ................... 130

Tabelle 4-1:

Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen – Deutschland ............ 152

Tabelle 4-2:

Korrelationsmatrix der erklärenden Variablen – Deutschland .................. 153

Tabelle 4-3:

Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen – USA ........................ 154

Tabelle 4-4:

Korrelationsmatrix der erklärenden Variablen – USA .............................. 157

Tabelle 4-5:

Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen – Deutschland 162

Tabelle 4-6:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen –

kombinierte Schätzer (T/B-R).................................................................... 123

Deutschland................................................................................................ 164 Tabelle 4-7:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen für verschiedene Marktphasen – Deutschland ........................................... 169

Tabelle 4-8:

Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen – USA............ 171

Tabelle 4-9:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen – USA174

Tabelle 4-10:

Korrelationsmatrix der erklärenden Variablen im CAPM mit stochastischer Liquidität – USA .......................................................... 179

Tabelle 4-11:

Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen bei stochastischer Liquidität – USA .......................................................... 180

Tabellenverzeichnis Tabelle 4-12:

XVII

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen bei stochastischer Liquidität – USA .......................................................... 182

Tabelle 4-13:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Tabelle 4-14:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

für verschiedene Marktphasen –USA ........................................................ 185 bei stochastischer Liquidität für verschiedene Marktphasen – USA ........ 187 Tabelle A-1:

Deskriptive Statistiken der Verteilungen der Querschnittmittelwerte –

Tabelle A-2:

Deskriptive Statistiken der Verteilungen der Querschnittmittelwerte –

Deutschland................................................................................................ 197 USA............................................................................................................ 199 Tabelle B-1:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 ...................... 205

Tabelle B-2:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum HDAX........................ 206

Tabelle B-3:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Marktphasen............................................................................................... 206

Tabelle B-4:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – dreimonatige Umschichtungsfrequenz....................................................... 207

Tabelle B-5:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – sechsmonatige Umschichtungsfrequenz .................................................... 207

Tabelle B-6:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten, monatliche Umschichtungsfrequenz......................... 208

Tabelle B-7:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten, dreimonatige Umschichtungsfrequenz ..................... 209

Tabelle B-8:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten, sechsmonatige Umschichtungsfrequenz ................... 210

Tabelle B-9:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Gewichtsrestriktionen ................................................................................ 211

Tabelle B-10:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ .................... 212

Tabelle B-11:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum S&P100 ...................... 213

Tabelle B-12:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum S&P500 ...................... 213

Tabelle B-13:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – Marktphasen............................................................................................... 214

XVIII Tabelle B-14:

Tabellenverzeichnis Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – dreimonatige Umschichtungsfrequenz....................................................... 215

Tabelle B-15:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ –

Tabelle B-16:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ –

Tabelle B-17:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ –

sechsmonatige Umschichtungsfrequenz .................................................... 215 Transaktionskosten, monatliche Umschichtungsfrequenz......................... 216 Transaktionskosten, dreimonatige Umschichtungsfrequenz ..................... 217 Tabelle B-18:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – Transaktionskosten, sechsmonatige Umschichtungsfrequenz ................... 218

Tabelle B-19:

Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – Gewichtsrestriktionen ................................................................................ 219

Tabelle C-1:

Literaturüberblick zu Tests von CAPM-Varianten – Deutschland............ 221

Tabelle C-2:

Literaturüberblick zu Tests von CAPM-Varianten – USA........................ 222

Tabelle C-3:

Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen – Deutschland, Gepoolte Regression ............................................................ 224

Tabelle C-4:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen bei stochastischer Liquidität – Deutschland .............................................. 225

Tabelle C-5:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen – Deutschland, Gepoolte Regression ............................................................ 226

Tabelle C-6:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen für verschiedene Marktphasen – Deutschland, Gepoolte Regression........ 227

Tabelle C-7:

Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen – USA, Gepoolte Regression ........................................................................ 228

Tabelle C-8:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen – USA, Gepoolte Regression ........................................................................ 229

Tabelle C-9:

Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen im CAPM

Tabelle C-10:

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

mit stochastischer Liquidität – USA .......................................................... 230 für verschiedene Marktphasen – USA, Gepoolte Regression.................... 231

1 Einleitung Die erwartete Rendite ist eine Größe von zentraler Bedeutung in der modernen Kapitalmarkttheorie. So erfordert beispielsweise die Zusammenstellung optimaler Portfolios von einem Anleger Einschätzungen über die erwarteten Renditen aller ihm zur Verfügung stehenden Investitionsalternativen. Auch ist die Bestimmung erwarteter Renditen notwendig, um die empirische Gültigkeit konkurrierender Gleichgewichtsmodelle zur Erklärung erwarteter Renditen zu überprüfen. Gleichzeitig stellt die Bestimmung erwarteter Renditen jedoch auch ein zentrales Problem der modernen Kapitalmarkttheorie dar.1 Dieses resultiert daraus, dass erwartete Renditen nicht beobachtet werden können. Deshalb muss versucht werden, erwartete Renditen anhand der am Kapitalmarkt verfügbaren Informationen möglichst präzise zu schätzen. Traditionell wird hierzu der Ansatz der Zeitreihenschätzung verwendet: Die erwartete zukünftige Rendite wird dem arithmetischen Mittel aus realisierten Renditen der Vergangenheit gleichgesetzt. Dieser Schätzer ist erwartungstreu, doch selbst bei langen Datenhistorien ist seine Präzision äußerst gering, wie bereits Merton (1980) gezeigt hat. Diese geringe Präzision des Schätzers der erwarteten Rendite wird vielfach als Hauptursache für die bis heute nicht zufriedenstellende Beantwortung zentraler Fragen der Kapitalmarkttheorie gesehen.2 Hier setzt die vorliegende Arbeit an: Sie untersucht, ob ein alternativer Ansatz zur Schätzung erwarteter Renditen, welcher nicht auf realisierten Renditen der Vergangenheit, sondern auf Analystenschätzungen über zukünftige Gewinne eines Unternehmens basiert, eine höhere Präzision aufweist und besser zur Anwendung auf zentrale Fragestellungen der modernen Kapitalmarkttheorie geeignet ist als traditionell verwendete Schätzer. Die Schätzung der erwarteten Rendite aus Analystenschätzungen erfolgt dabei auf Basis eines Diskontierungsmodells, dem Residual Income Modell nach Ohlson (1995). Dieses Modell ist verwandt dem in der Literatur bekannteren Dividendenbarwert Modell nach Williams (1938) und Gordon (1962).3 Diskontierungsmodelle finden in der finanzwirtschaftlichen Praxis seit langem Einsatz als Bewertungsinstrument. Erst in jüngerer Zeit hingegen werden sie alternativ auch zur Schätzung erwarteter Renditen verwendet. Sowohl das Dividendenbarwertmodell4 als auch das Residual Income Modell5 wurden bereits zu diesem Zweck implementiert.6 Die 1 2 3 4 5 6

Vgl. hierzu Black (1993): „The key issue in investments is estimating expected return.“ Vgl. beispielsweise Elton (1999) oder Black (1993). Unter bestimmten Annahmen können die Modelle wechselseitig ineinander überführt werden, vgl. beispielsweise Claus/Thomas (2001) sowie die Ausführungen in Kapitel 2.2.2. Vgl. beispielsweise Friend/Westerfield/Granito (1978), Claus/Thomas (2001) oder Fama/French (2002). Vgl. beispielsweise Botosan (1997), Claus/Thomas (2001), Gebhardt/Lee/Swaminathan (2001) oder Pastor/Sinha/Swaminathan (2008). Die Schätzung der erwarteten Rendite über das Residual Income Modell besitzt verschiedene Vorteile gegenüber der Schätzung unter Verwendung des Dividendenbarwertmodells. Auf diese wird in Kaptitel 2.2.2 eingegangen.

2

1 Einleitung

Forschungsfragen, für die Schätzungen der erwarteten Rendite auf Basis des Residual Income Modells bereits verwendet wurden, umfassen beispielsweise die Schätzung der Marktrisikoprämie, den Einfluss der Veröffentlichungspolitik auf die erwartete Rendite eines Unternehmens oder den intertemporalen Zusammenhang zwischen Risiko und erwarteter Rendite.7 Bisher noch nicht verwendet wurden Schätzungen der erwarteten Rendite auf Basis des Residual Income Modells für die Implementierung der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952). Ebenso wurden bisher auf Basis solcher Schätzungen keine Tests von Kapitalmarktmodellen durchgeführt, welche auf dem Annahmerahmen des Capital Asset Pricing ModelO nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) basieren und Erweiterungen des Modells um Liquiditäts-, Steuer- und Informationseffekte erfassen. In den Untersuchungen dieser zentralen Fragestellungen der modernen Kapitalmarkttheorie bestehen die Hauptbeiträge der vorliegenden Arbeit. Vielfältige Quellen in der Literatur belegen, dass insbesondere für die beiden vorgenannten Fragestellungen verbesserte Schätzungen der erwarteten Rendite benötigt werden. So resümieren beispielsweise DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009) in Bezug auf den empirischen Anlageerfolg zahlreicher alternativer Implementierungsansätze der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952): „[..] our study suggests that although there has been considerable progress in the design of optimal portfolios, more effort needs to be devoted to improving the estimation of the moments, and especially expected returns […] using not just statistical but also other available information about stock returns.”8 Die Idee der Verwendung alternativer, über Renditezeitreihen hinausgehender Informationen – insbesondere Bilanz- und Analysteninformationen – wurde bereits vom Begründer der modernen Portfoliotheorie Harry Markowitz selbst in dessen Nobelpreisrede im Jahr 1990 thematisiert: "This past September I attended the Berkeley Program in Finance at which several analysts reported success in using publicly available accounting figures, perhaps combined with security analysts’ earnings estimates, to estimate expected returns."9 Diese Idee greift die vorliegende Arbeit auf. Auch andere Autoren, wie beispielsweise Jagannathan/Ma (2003), fordern verbesserte Schätzungen für die erwartete Rendite zur Implementierung der Portfoliooptimierung und sehen als Ansatzpunkt die Bayessche Kombination von Schätzern, durch die zusätzliche Informationen in einen Schätzer eingehen. Sie thematisieren jedoch nicht konkret die Art dieser zusätzlichen Informationen.10 Diesem Lösungsansatz folgend werden in der vorliegenden Arbeit auch Kombinationen von Schätzern unter Verwendung des Schätzers aus dem Residual Income Modell auf Basis Bayesscher Verfahren implementiert. 7 8 9 10

Vgl. Claus/Thomas (2001), Botosan (1997) und Pastor/Sinha/Swaminathan (2008). Vgl. DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009), S. 1920 und S. 1948. Markowitz (1991), S. 470f. Jagannathan/Ma (2003), S. 1676, folgern: “It is important to bring additional information about the mean for use in portfolio selection”.

1 Einleitung

3

Hinsichtlich der Durchführung empirischer Tests von Kapitalmarktmodellen wird in der Literatur ebenfalls häufig die Bestimmung besserer Proxys der erwarteten Rendite gefordert. Die vorherrschende Meinung kann mit den Worten von Elton (1999) zusammengefasst werden, welcher konstatiert: “realized returns are very poor measures of expected returns” und schlussfolgert: „I believe that developing better measures of expected return and alternative ways of testing asset pricing theories that do not require using realized returns have a much higher payoff than any additional development of statistical tests that continue to rely on realized returns as a proxy for expected returns.“ Die Schätzung der erwarteten Rendite unter Verwendung des Residual Income Modells, welche einen solchen, nicht auf Renditerealisationen basierenden Ansatz darstellt, erfolgte bereits vereinzelt für die Untersuchung von Einflussgrößen der erwarteten Rendite.11 Tests von theoriegeleiteten Kapitalmarktmodellen, welche auf dem Annahmerahmen des CAPM basieren und beispielsweise Liquiditäts- und Informationseffekte berücksichtigen, wurden in der Literatur bisher jedoch noch nicht durchgeführt. Diese Lücke soll die vorliegende Arbeit schließen. Der Aufbau der Arbeit gliedert sich wie folgt: Kapitel 2 beinhaltet die Schätzung der erwarteten Rendite über das Residual Income Modell nach Ohlson (1995) sowie eine umfassende Analyse der Eigenschaften dieses Schätzers im Vergleich mit anderen Schätzern. Dabei wird sowohl der Schätzer in seiner ursprünglichen Form als auch nach Bayesscher Kombination mit anderen Schätzern der erwarteten Rendite untersucht. Daran anschließend erfolgt in Kapitel 3 die Implementierung der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) unter Verwendung des Schätzers aus dem Residual Income Modell sowie Bayesschen Varianten dieses Schätzers. In Kapitel 4 der Arbeit wird der Schätzer aus dem Residual Income Modell eingesetzt, um Kapitalmarktmodelle zu testen, welche auf dem Annahmerahmen des Capital Asset Pricing Modell (CAPM) nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) basieren. Die Arbeit schließt mit einer Würdigung der Ergebnisse in Kapitel 5.

11

Vgl. beispielsweise Botosan (1997) oder Gebhardt/Lee/Swaminathan (2001).

2 Schätzung der erwarteten Rendite Im vorliegenden Kapitel werden alternative Ansätze zur Schätzung der erwarteten Rendite vorgestellt und empirisch implementiert. Im Zentrum steht dabei die Bestimmung der erwarteten Rendite unter Verwendung des Residual Income Modells nach Ohlson (1995). Die Betrachtung dieses Schätzers erfolgt in Gegenüberstellung zum traditionell verwendeten Zeitreihenschätzer. Weiterhin werden nach dem Bayesschen Verfahren kombinierte Schätzer, welche sich aus den zuvor genannten Schätzern zusammensetzen oder alternativ auf weitere Informationen zur Schätzung der erwarteten Rendite zurückgreifen, in die Betrachtung einbezogen. Nach der Einführung in die Problemstellung und der Diskussion der relevanten Literatur erfolgt die Darstellung der Schätzansätze zunächst in theoretischer Form. Daran anschließend werden die Schätzansätze jeweils für eine deutsche sowie eine US-amerikanische Unternehmensstichprobe implementiert. Die Implementierung dieser alternativen Schätzansätze sowie die anschließende Analyse ihrer empirischen Eigenschaften erweitern die bestehende Literatur zu Schätzrisiken und deren Reduktion bei der Schätzung erwarteter Renditen.

2.1 Problemstellung und Stand der Literatur Traditionell wird die erwartete Rendite über den Zeitreihenschätzer aus realisierten Renditen der Vergangenheit bestimmt. Dieser Schätzer ist erwartungstreu, seine Präzision ist jedoch selbst bei langen Datenhistorien gering. Dies belegen beispielsweise die Arbeiten von Merton (1980), Black (1993) oder Kempf/Memmel (2002).1 Auch bei der Bestimmung von Varianzen und Kovarianzen wird traditionell auf Zeitreihenschätzungen unter Verwendung realisierter Renditen zurückgegriffen. Ebenso wie der Schätzer der erwarteten Rendite sind auch die Schätzer für Varianz und Kovarianz auf Basis von Zeitreihendaten erwartungstreu. Hinsichtlich der Präzision ist die Schätzung der zweiten Momente jedoch wesentlich weniger problematisch als die Schätzung der erwarteten Rendite.2 So kann eine Erhöhung der Präzision

1

2

DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009) zeigen in einer Simulationsstudie, dass bei Implementierung der Portfoliooptimierung auf Basis von Zeitreihenschätzungen für die erwartete Rendite bei 25 Wertpapieren rd. 3000 Monatsrenditen und bei 50 Wertpapieren rd. 6000 Monatsrenditen erforderlich sind, damit der Anlageerfolg dieser Strategie im Mittel wenigstens den Anlageerfolg der naiven Diversifikation übertrifft. Abgesehen davon, dass derart lange Datenzeiträume in der Empirie in der Regel nicht verfügbar sind, besitzen sehr lange zurückliegende Beobachtungen zudem mutmaßlich einen geringen Informationsgehalt hinsichtlich zukünftiger erwarteter Renditen. Vgl. hierzu beispielsweise Scherer (2002b), der auf die Problematik der Nicht-Stationarität der Renditeparameter bei langen Datenhistorien eingeht. Auch dies veranschaulicht die Arbeit von DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009). So bezieht sich das Ergebnis aus Fußnote 1 auf den Fall, in dem sowohl erwartete Renditen als auch Varianzen und Kovarianzen geschätzt werden müssen. Sind die zweiten Momente bekannt, reduziert sich die Anzahl der benötigten Datenpunkte nur ganz geringfügig. Sind hingegen die erwarteten Renditen bekannt, so reduziert sich der Datenbedarf auf einen Bruchteil (rd. 100 - 200 Monatsrenditen).

6

2 Schätzung der erwarteten Rendite

durch eine Erhöhung der Datenfrequenz erreicht werden, während dies für den Schätzer der erwarteten Rendite nur durch eine Verlängerung der Datenhistorie möglich ist.3 Um den Problemen der traditionellen Schätzung erwarteter Renditen über Zeitreihenmittelwerte zu begegnen, wurden in der Literatur mehrere Lösungsansätze vorgeschlagen. In den vergangenen Jahren an Popularität gewonnen haben dabei Ansätze, die sich vom traditionellen Zeitreihenschätzer insbesondere dadurch unterscheiden, dass sie zur Schätzung der erwarteten Rendite nicht auf historische Daten, sondern auf zum Schätzzeitpunkt aktuelle Daten zurückgreifen. Diese aktuellen Daten können dabei unterteilt werden in zum Schätzzeitpunkt beobachtbare, d.h. gerade realisierte Daten wie dem aktuellen Buch- oder Marktwert eines Unternehmens, und Schätzungen bezüglich der Zukunft, beispielsweise über Dividenden oder Gewinne. Schätzansätze, welche erwartete Renditen auf Basis einer solchen aktuellen Datengrundlage bestimmen, werden vereinzelt seit Mitte der 1970er Jahre verwendet. Eine frühe Implementierung auf Basis des Dividendenbarwertmodells stammt von Friend/Westerfield/Granito (1978).4 Weitere Arbeiten, die das Dividendenbarwertmodell auf Basis von Analystenschätzungen zur Schätzung der erwarteten Rendite implementieren, wurden beispielsweise von Malkiel (1979), Brigham/Shome/Vinson (1985), Fama/French (2002) oder Ilmanen (2003) verfasst.5 Erst in den letzten Jahren hat ein alternatives Diskontierungsmodell, welches auf Schätzungen erwarteter Gewinne und Buchwerte anstatt erwarteter Dividenden basiert, vermehrt Verwendung gefunden: das Residual Income Modell nach Ohlson (1995). Schätzungen der erwarteten Rendite auf Basis dieses Modells wurden bereits zur Untersuchung verschiedener Fragestellungen implementiert. So wurde das Modell von Ohlson (1995) erstmals durch Botosan (1997) verwendet, um den Zusammenhang zwischen der Veröffentlichungspolitik eines Unternehmens und dessen erwarteter Rendite zu untersuchen. Gebhardt/Lee/Swaminathan (2001) und Daske/Gebhardt/Klein (2006) untersuchen mit seiner Hilfe den Einfluss von Unternehmenscharakteristika, beispielsweise der Branchenzugehörigkeit, auf erwartete Renditen. Claus/Thomas (2001) sowie Daske/Gebhardt (2006) benutzen das Modell, um Marktrisikoprämien zu schätzen. Gode/Mohanram (2003) verwenden eine von Ohlson/Jüttner-Nauroth (2005) vorgeschlagene Variante des Ohlson-Modells und vergleichen ihre Ergebnisse mit denen von Gebhardt/Lee/Swaminathan (2001). Dasselbe Modell wird – neben anderen – von Hail/Leuz (2006) verwendet, um den Zusammenhang

3 4

5

Vgl. beispielsweise Merton (1980). Bei diesem Schätzansatz besitzt der Schätzer der erwarteten Rendite die Höhe, für die der aktuell beobachtete Aktienkurs dem Barwert der Schätzer aller zukünftigen Dividenden entspricht. Friend/Westerfield/Granito (1978) verwenden derart geschätzte erwartete Renditen für einen Test des CAPM nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966). Alle diese Arbeiten untersuchen die empirische Höhe der Marktrisikoprämie, jedoch keine erwarteten Renditen auf Einzelaktienebene.

2.1 Problemstellung und Stand der Literatur

7

zwischen den rechtlichen Rahmenbedingungen eines Landes und der Kapitalkostenhöhe von Unternehmen zu analysieren.6 Neben der vorausgehenden Differenzierung nach der Aktualität der verwendeten Daten können Schätzansätze auch hinsichtlich einer Rückführung der erwarteten Rendite auf bestimmte Einflussgrößen kategorisiert werden. So wird die erwartete Rendite im Residual Income Modell durch erwartete zukünftige Buchwerte und Gewinne bestimmt, während eine solche Rückführung auf Faktoren beim Zeitreihenschätzer nicht erfolgt. Zwingend erforderlich ist eine solche Rückführung auf Faktoren jedoch auch bei der Schätzung der erwarteten Rendite unter Verwendung von Erwartungen über die Zukunft nicht. So prognostizieren Analysten auch zukünftige Aktienkurse, aus denen ohne die Vorgabe eines Zusammenhangs mit bestimmten Einflussgrößen, sondern lediglich unter Verwendung der definitorischen Beziehung zwischen erwarteter Rendite und erwartetem zukünftigen Aktienkurs, die erwartete Rendite bestimmt werden kann. Diesen Ansatz verwenden bspw. Brav/Lehavy/Michaely (2005), um Kapitalmarktmodelle zu testen. Gegen die Verwendung von Kursprognosen spricht allerdings zum einen, dass diese weit weniger präzise sind als die Gewinnprognosen, da Analysten typischerweise aufgrund der Güte ihrer Gewinnprognosen (nicht der Kursprognosen) entlohnt werden. Zum anderen sind Kursprognosen deutlich seltener verfügbar und werden häufig lediglich mittels Heuristiken aus den Gewinnprognosen abgeleitet.7 Aus diesem Grund wird diese Möglichkeit der Schätzung erwarteter Renditen im Verlauf der Arbeit nicht weiter verfolgt. Ebenso wie die Schätzung auf Basis von Analystenschätzungen ohne Rückführung der erwarteten Rendite auf bestimmte Einflussgrößen erfolgen kann, kann auch die Schätzung der erwarteten Rendite auf Basis von Zeitreihendaten unter Rückführung auf solche Einflussgrößen erfolgen. Ein bekanntes, theoretisch fundiertes Kapitalmarktmodell, welches häufig zur Schätzung erwarteter Renditen unter Verwendung realisierter Renditen implementiert wird, ist das Capital Asset Pricing Modell nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966). Dieses führt die Höhe der erwarteten Rendite auf das systematische Renditerisiko, das sog. Betarisiko, zurück. Alternativ gibt es in der Literatur vielfältige Modelle, welche keine theoretische Fundierung besitzen und deren Erklärungsgrößen für die erwartete Rendite aus empirisch beobachteten Zusammenhängen mit der realisierten Rendite abgeleitet wurden. Prominente Modelle dieser Art basieren beispielsweise auf den Arbeiten von Fama/French (1992), Fama/French (1993) und Carhart (1997). Die vorausgehend dargestellten Schätzansätze für die erwartete Rendite variieren somit hinsichtlich der Art der verwendeten Datengrundlage sowie der Rückführbarkeit der erwarteten Rendite auf Erklärungsfaktoren.

6 7

Weitere Arbeiten, welche Diskontierungsmodelle zur Schätzung erwarteter Renditen implementieren, werden in Kapitel 4 diskutiert. Vgl. Fußnote 29.

8

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Die Schätzungen auf Basis alternativer Schätzansätze enthalten unterschiedliche Informationen. Diese Informationen können durch die Kombination von Schätzern zusammengeführt werden. Das Vorgehen hierzu basiert auf der Arbeit von Bayes (1763). Es ermöglicht die optimale Kombination beliebiger Schätzer der erwarteten Rendite. Die Grundidee hinter diesem Vorgehen liegt in der Diversifikation von Schätzfehlern. Die Bereiche, in denen Kombinationen von Schätzungen bereits verwendet wurden, sind vielfältig. Hierzu zählen beispielsweise volkswirtschaftliche Prognosen des Bruttosozialproduktes oder der Inflation, aber auch Schätzungen des Bevölkerungswachstums oder der Meteorologie.8 Frühe empirische Implementierungen optimal kombinierter Schätzer stammen von Reid (1968) und Bates/Granger (1969).9 Jüngere Arbeiten hierzu wurden von Frost/Savarino (1986a), Black/Litterman (1992) oder Pastor (2000) verfasst.10 Dabei zeigen sich kombinierte Schätzer in empirischen Untersuchungen häufig überlegen zur Verwendung des jeweils besten unkombinierten Schätzers.11 Inhalt des vorliegenden Kapitels ist die Vorstellung und empirische Implementierung alternativer Schätzer der erwarteten Rendite. Entsprechend der vorausgehenden Unterteilung von Schätzansätzen bezüglich der Rückführbarkeit der erwarteten Rendite auf bestimmte Einflussgrößen sowie der verwendeten Daten in vergangenheitsbezogene bzw. aktuelle Daten können die in diesem Kapitel analysierten Schätzer wie folgt eingeordnet werden: Zunächst wird der traditionelle Zeitreihenschätzer betrachtet. Dieser Schätzer wird ohne Rückgriff auf erklärende Faktoren auf Basis von Renditerealisationen der Vergangenheit bestimmt. Er dient als Referenz für die im Weiteren betrachteten Schätzer. Daran anschließend wird der Schätzer der erwarteten Rendite auf Basis des Residual Income Modells vorgestellt. Dieser Schätzer wird determiniert durch buchhalterische Größen. Zu seiner Bestimmung werden Analystenschätzungen über zukünftige Gewinne und Buchwerte, sowie aktuell beobachtbare Buchwerte und Aktienkurse verwendet. Als drittes werden schließlich Schätzer betrachtet, welche entsprechend des Bayesschen Vorgehens miteinander kombiniert werden. Diese Schätzer basieren auf den vorausgehend dargestellten Zeitreihen- und RIM-Schätzern sowie weiteren Informationen. Nicht betrachtet werden aus oben angeführten Gründen Schätzer, welche auf Analystenprognosen basieren, die erwartete Rendite jedoch nicht auf erklärende Faktoren zurückführen. Schätzer der erwarteten Rendite, welche auf historischen Daten basieren und die erwartete Rendite auf erklärende Faktoren zurückführen, werden erst im nachfolgenden Kapitel 3 im Rahmen der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) implementiert. Solche Schätzer 8 9 10 11

Vgl. Timmermann (2006), S. 137. Reid (1968) kombiniert Schätzungen bezüglich des Bruttosozialproduktes für Großbritannien, Bates/Granger (1969) kombinieren Schätzungen über Passagierzahlen internationaler Flüge. Diese Arbeiten bestimmen kombinierte Schätzer zur Implementierung der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952). Eine ausführlichere Diskussion dieser Arbeiten findet sich in Kapitel 3. Vgl. Timmermann (2006) oder Clemen (1989).

2.2 Schätzverfahren

9

wurden in der Literatur bereits vielfach verwendet. Ihre Betrachtung wird in den Analysen von Kapitel 2 ausgeklammert, da dort der Fokus auf dem Schätzer der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell liegt. Zudem hat sich die Bayessche Kombination des Zeitreihenschätzers, welche in der Literatur ebenfalls schon häufig implementiert wurde und auch in den folgenden Analysen betrachtet wird, in empirischen Untersuchungen vielfältigen anderen Schätzern überlegen erwiesen.12 Dies gewährleistet, dass der RIM-Schätzer mit einer sehr guten Benchmark verglichen wird. Der Aufbau der Kapitels gliedert sich wie folgt: Zunächst werden die verschiedenen Schätzansätze in allgemeiner Form vorgestellt (Kapitel 2.2). Daran anschließend wird die konkrete, in dieser Arbeit gewählte empirische Umsetzung dieser Ansätze erläutert, sowie die hierzu verwendeten Daten beschrieben (Kapitel 2.3). Die so gewonnenen Schätzer der erwarteten Rendite werden nachfolgend eingehend hinsichtlich ihrer Verteilungseigenschaften sowie ihrer Güte analysiert. Auf diese Weise erfolgt eine erste Evaluation der empirischen Eigenschaften der Schätzer in Hinblick auf ihre Eignung zur Untersuchung zentraler Fragestellungen der modernen Kapitalmarkttheorie in den nachfolgenden Kapiteln 3 und 4 (Kapitel 2.4). Das Kapitel schließt mit einer Würdigung der Ergebnisse (Kapitel 2.5).

2.2 Schätzverfahren Die in diesem Kapitel analysierten Schätzansätze werden in folgender Reihenfolge vorgestellt: In Kapitel 2.2.1 wird zunächst kurz der traditionelle Zeitreihenschätzer der erwarteten Rendite dargestellt. In Kapitel 2.2.2 wird daran anschließend der Schätzer der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell vorgestellt, welcher unter Verwendung aktuell beobachtbarer Markt- und Bilanzinformationen sowie aktueller Schätzungen über zukünftige Bilanzgrößen eines Unternehmens aus dem Modell abgeleitet wird. Im Anschluss daran werden in Kapitel 2.2.3 Schätzer betrachtet, welche Schätzer der beiden vorgenannten Arten miteinander kombinieren.

2.2.1 Schätzung erwarteter Renditen auf Basis von Renditerealisationen Das traditionelle Vorgehen zur Schätzung der erwarteten Rendite ist die Bildung des arithmetischen Mittels aus historischen Renditebeobachtungen rW mit W

1,..,T . Der Zeitreihenschät-

zer für die erwartete Rendite ergibt sich für Aktie i mit:

PˆiZEIT

12

1 T ¦ ri,W . TW 1

Vgl. beispielsweise Jorion (1985) oder Jorion (1991).

(2.1)

10

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Das arithmetische Mittel ist ein konsistenter Schätzer für die erwartete Rendite, da der Schätzer erwartungstreu ist und seine Varianz asymptotisch gegen Null geht.13 Das arithmetische Mittel entspricht für normalverteilte Renditen zudem dem Maximum-LikelihoodSchätzer für die erwartete Rendite.14

2.2.2 Schätzung erwarteter Renditen auf Basis von Analystenschätzungen Die Schätzung der erwarteten Rendite auf Basis des Residual Income Modells erfolgt unter Verwendung der zentralen Gleichung aus der Arbeit von Ohlson (1995):

Vi

f

Bi  ¦ W 1

1  P

E G i ,W  PiRIM ˜ E Bi ,W 1 RIM W i

.

(2.2)

Der Marktwert des Eigenkapitals des Unternehmens i wird mit Vi bezeichnet. Er ergibt sich als die Summe aus dem Buchwert des Unternehmens, Bi , und dem Gegenwartswert aller erwarteten zukünftigen Residualgewinne des Unternehmens. Die Residualgewinne ihrerseits



ergeben sich aus den erwarteten Gewinnen einer Periode, E G i ,W , abzüglich der von den Eigenkapitalgebern verlangten Verzinsung p.a., P





Vorperiode, E Bi ,W 1 .

15

RIM i

, des erwarteten Buchwertes der

Durch Auflösung der Gleichung (2.2) nach der Höhe der von den

Anlegern erwarteten Rendite, PiRIM , erhält man die gewünschte Größe. Dieser Schätzer der erwarteten Rendite stellt die zentrale Größe der vorliegenden Arbeit dar. Aufgrund der Bestimmungsweise der erwarteten Rendite, deren Höhe durch die Implementierung eines Diskontierungsmodells unter Verwendung am Markt verfügbarer Informationen über die Modellvariablen impliziert wird, hat sich in der Literatur die Bezeichnung „implizit erwartete Renditen“ bzw. in der englischsprachigen Literatur „implied expected returns“ durchgesetzt. Die Idee des Residualgewinnkonzepts basiert auf dem Vergleich von erwarteten Gewinnen einer konkreten Investitionsmöglichkeit – im vorliegenden Fall das Eigenkapital eines Unternehmens – mit denen einer Alternativinvestition.16 Die entgangenen Gewinne der Vergleichsalternative stellen Opportunitätskosten der gewählten Unternehmensinvestition dar. 13 14 15 16

Vgl. beispielsweise Poddig/Dichtl/Petersmeier (2000), S. 175ff. Vgl. beispielsweise Bleymüller/Gehler/Gülicher (2004). Bei Bestimmung des erwarteten Residualgewinns für die erste auf den Schätzzeitpunkt folgende Periode entspricht diese Größe dem realisierten Buchwert zum Schätzzeitpunkt. Das Konzept des Residualgewinns besitzt bereits eine wesentlich längere Historie als die Arbeit von Ohlson (1995). Frühe Arbeiten hierzu stammen beispielsweise von Preinreich (1938) und Edwards/Bell (1961). Für einen Überblick über die historische Entwicklung dieses Konzepts und dessen Einsatz in vielfältigen Bereichen der betriebs- und finanzwirtschaftlichen Entscheidungsfindung vergleiche Magni (2009).

2.2 Schätzverfahren

11

Sie können als Benchmark für diese Investition verstanden werden.17 Bei Gründung eines Unternehmens entspricht die erforderliche Anfangsinvestition dem Buchwert des Eigenkapitals für diesen Zeitpunkt. Aus (2.2) folgt daher, dass zu diesem Zeitpunkt der Barwert aller Residualgewinne dem Kapitalwert des Eigenkapitals des Unternehmens entspricht. Das RIM als Modell zur Bestimmung des fundamentalen Eigenkapitalwertes eines Unternehmens besitzt seine theoretische Fundierung im Dividendenbarwertmodell. Nach dem Dividendenbarwertmodell ergibt sich für Unternehmen i der Marktwert des Eigenkapitals,

Vi , als Gegenwartswert aller erwarteten zukünftigen Rückflüsse aus der in ein Unternehmen getätigten Investition, d.h. die Summe aller mit PiDBM diskontierten erwarteten Dividenden,



E D i ,W :18

Vi

f

¦ W 1



E D i ,W

1  P



DBM W i

.

(2.3)

Für eine wechselseitige Überführbarkeit des Residual Income Modells entsprechend (2.2) und des Dividendenbarwertmodells entsprechend (2.3) ist neben der Definition des Residualgewinns als RI i ,W

Gi ,W  Pi ˜ Bi ,W 1 die Gültigkeit der so genannten Clean Surplus Relation (CSR)

notwendig. Nach dieser ergibt sich der Buchwert des Eigenkapitals in Periode W als der Buchwert der Vorperiode W  1 zuzüglich des Periodengewinns in W nach Ausschüttung von Dividenden: Bi ,W

Bi ,W 1  Gi ,W  Di ,W .

(2.4)

Die Clean Surplus Relation verlangt, dass sich alle Vorgänge, die zu einer Veränderung des Buchwertes des Eigenkapitals führen – außer Dividendenausschüttungen bzw. Aktienemissionen oder -rückkäufen –, im Bilanzgewinn Gi ,W niederschlagen.19 Die Gültigkeit dieser Beziehung führt zur theoretischen Äquivalenz der beiden Diskontierungsmodelle in (2.2) und

17 18

19

Vgl. Magni (2009), S. 4. Die Intuition des Dividendenbarwertmodells veranschaulicht Williams (1938), S. 58, durch folgenden Vergleich: „Advice of an old farmer to his son: A cow for her milk, a hen for her eggs, and a stock, by heck, for her dividends.” Sowohl in den für Deutschland als auch in den für die USA gültigen Rechnungslegungsstandards können Verletzungen der Clean Surplus Relation auftreten, beispielsweise durch Abschreibungen auf den immateriellen Firmenwert, vgl. Isidro/O’Hanlon/Young (2004), S. 383f. In einer empirischen Studie für Deutschland und die USA sowie für Großbritannien und Frankreich untersuchen Isidro/O’Hanlon/Young (2004), ob Verletzungen der CSR zu Verzerrungen in der Bewertung von Unternehmen mittels des Residual Income Modells führen. Sie finden jedoch keinen signifikanten Einfluss von Verletzungen der Clean Surplus Relation.

12

2 Schätzung der erwarteten Rendite

(2.3), wobei

E ( Bi ,W ) (1  PiRIM )W

o 0 für W o f gelten muss.20 Bei endlicher Laufzeit gilt die

Äquivalenz der Modelle, sofern der Buchwert des Eigenkapitals zum Endzeitpunkt einen Wert von Null annimmt, was mit einer Liquidation des Unternehmens gleichzusetzen ist. Die Gültigkeit der CSR sowie der vorausgehenden Annahme hinsichtlich der Entwicklung des Buchwertes bei unendlicher bzw. endlicher Laufzeit bewirken identische Bewertungen mittels DBM und RIM zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Im Folgenden soll diese Äquivalenz der beiden Modelle während der Laufzeit veranschaulicht werden. So ergibt sich der aktuelle Buchwert in Periode W * bei Gültigkeit der Clean Surplus Relation als:

BW *

W*

W*

W 1

W 1

B0 ˜ (1  P )W *  ¦ DW ˜ (1  P )W *W  ¦ (GW  P ˜ BW 1 ) ˜ (1  P )W *W .21

(2.5)

O’Hanlon/Peasnell (2002) bezeichnen die Beziehung (2.5) als „Residual Income Book Value Relationship“.22 Der Buchwert des Eigenkapitals zum Zeitpunkt W * ergibt sich als Gegenwartswert aller die Eigenkapitalgeber betreffenden Zahlungsströme bis zum Zeitpunkt W * , d.h. die Anfangsinvestition zum Zeitpunkt 0 abzüglich aller zwischenzeitlichen Dividendenzahlungen DW für die Perioden bis W * , zuzüglich des Gegenwartswertes aller bereits erwirtschafteten Residualgewinne. Aus (2.5) ist der Zusammenhang zwischen dem auf Zahlungsströmen basierenden Bewertungsansatz des DBM und dem auf buchhalterischen Größen basierenden Ansatz des RIM unmittelbar ersichtlich. Damit sich die Unternehmenswerte in W * entsprechen, müssen die Wertveränderungen auf Basis der beiden Ansätze von 0 bis W * identisch sein. Im DBM entspricht diese Veränderung dem Gegenwartswert der bereits erfolgten Dividendenzahlungen. Im RIM setzt sich diese aus dem Gegenwartswert der den bereits vergangenen Perioden zuzurechnenden Residualgewinne sowie der Veränderung des Buchwertes von 0 bis W * zusammen. Da sich der Buchwert im Zeitablauf durch die Zahlung von Dividenden verringert 20

Die Äquivalenz der beiden Bewertungsansätze bei Gültigkeit der Clean Surplus Relation wurde erstmalig von Lücke (1955) bewiesen. Vgl. zu einer Darstellung auch O’Hanlon/Peasnell (2002), S. 23, oder Franke/Hax (2004), S. 85ff. Im Deutschen wird die aus der Clean Surplus Relation resultierende Äquivalenz der Bewertungsansätze auch als Kongruenzprinzip bezeichnet, vgl. Diedrich (2002).

21

Aufgrund der CSR gilt für den Buchwert in den Zeitpunkten 1,2,... nach Gründung des Unternehmens in Zeitpunkt 0: B1 [ B0  G1  D1 ] 

CSR

22

B0 (1  P )  (G1  P ˜ B0 )  D1

B0 (1  P )  D1  (G1  P ˜ B0 )

B2 B1 (1  P )  (G2  P ˜ B1 )  D2 B0 (1  P )  D1 (1  P )  D2  (G1  P ˜ B0 ) ˜ (1  P )  (G2  P ˜ B1 ) B3 ... Vgl. O’Hanlon/Peasnell (2002), S. 233. 2

2.2 Schätzverfahren

13

und sich aufgrund der den bereits vergangenen Perioden zuzurechnenden Residualgewinne erhöht, wird über die Residualgewinne und die Buchwertänderungen gemäß (2.5) im RIM exakt dieselbe Veränderung des Unternehmenswertes erfasst wie im DBM: Sie entspricht dem Gegenwartswert der in W * bereits gezahlten Dividenden.23 Trotz der theoretischen Äquivalenz, welche für beide Ansätze bei gegebenem Unternehmenswert Vi identische erwarteten Renditen Pi impliziert, besitzt in der empirischen Umsetzung die Verwendung des Residual Income Modells zur Schätzung erwarteter Renditen Vorteile gegenüber der Verwendung des Dividendenbarwertmodells. Zum einen belegen vielfältige Literaturquellen, dass Unternehmen im Laufe der letzten Jahrzehnte immer weniger Dividenden an ihre Anteilseigner ausschütten und stattdessen beispielsweise Aktienrückkäufe tätigen.24 In Übereinstimmung hierzu zeigen eigene Untersuchungen bezüglich der im weiteren Verlauf dieser Arbeit verwendeten Unternehmensstichproben für Deutschland und die USA ein deutlich abnehmendes Niveau der über den Unternehmensquerschnitt gemittelten Dividendenrendite im Zeitablauf.25 Wenn ein Unternehmen jedoch generell keine Dividende zahlt, ist eine Implementierung und somit eine Schätzung der erwarteten Rendite über das Dividendenbarwertmodell nicht möglich. Ein zweiter Vorteil des Residual Income Modells gegenüber dem Dividendenbarwertmodell ist, dass die aus dem Residual Income Modell gewonnene Schätzung der erwarteten Rendite wesentlich weniger sensitiv auf die zur Implementierung der Modelle notwendige Schätzung der langfristigen Wachstumsrate der Residualgewinne bzw. der Dividenden reagiert.26 Die Schätzung einer langfristigen Wachstumsrate ist notwendig, da nicht für unendlich viele Perioden explizite Schätzungen über erwartete Residualgewinne bzw. Dividenden verfügbar sind. In der Modellgleichung des RIM geht diese Wachstumsrate sowohl in den Nenner als auch den Zähler ein, während sie im Dividendenbarwertmodell lediglich in den Nenner eingeht. Betrachtet man vereinfachend den Fall, in dem die erwarteten Residualgewinne bzw. Dividenden bereits ab der ersten Periode mit konstanter Rate wachsen,27 so führt die Erhöhung der Wachstumsrate um einen Prozentpunkt im DBM ceteris paribus zu einer Erhöhung 23 24

25 26 27

Die Äquivalenz der Bewertungsansätze ist aufgrund der dargestellten Zusammenhänge unabhängig von der Wahl eines spezifischen Abschreibungsverfahrens, vgl. hierzu auch Bodenhorn (1964). Fama/French (2001) berichten für ein umfangreiches Sample amerikanischer Aktien, dass der Anteil dividendenzahlender Unternehmen vom Jahr 1978 bis zum Jahr 1999 von 66,5% auf 20,8% gefallen ist. Sie sprechen vom Phänomen der „Disappearing Dividends“. Vgl. Abbildung A-1 und Abbildung A-2 in Anhang A. Eine genaue Beschreibung der Datensätze, auf denen die beiden Abbildungen basieren, erfolgt in Kapitel 2.3. Vgl. Claus/Thomas (2001), S. 1632f sowie S. 1644f. E ( D1 ) und über das In diesem Fall bestimmt sich der Unternehmenswert über das DBM als V0DBM P  g DBM E (G1  P ˜ B0 ) RIM als V0RIM B0  , wobei g DBM und g RIM die langfristige Wachstumsrate der erwarP  g RIM teten Dividenden bzw. der erwarteten Residualgewinne bezeichnen.

14

2 Schätzung der erwarteten Rendite

der erwarteten Rendite in exakt gleichem Ausmaß, im RIM hingegen von weniger als einem Prozentpunkt. Die durch die Erhöhung der Wachstumsrate implizierte Erhöhung der erwarteten Rendite bewirkt im RIM nämlich nicht nur eine Verstärkung der Diskontierung, sondern gleichzeitig auch eine Verringerung der erwarteten Residualgewinne.28 Ein dritter Grund für die Bevorzugung des Residual Income Modells besteht darin, dass Analysten ihr Augenmerk vornehmlich auf die Schätzung erwarteter Gewinne legen, da ihre Entlohnung an der Güte dieser Schätzungen orientiert ist, und nicht an der Güte von beispielsweise Dividenden- oder Kursprognosen.29 Bei einer höheren Güte der Inputparameter ergibt sich im Rahmen des Schätzverfahrens ceteris paribus eine höhere Güte der Schätzer für die erwartete Rendite.

2.2.3 Kombination von Schätzungen erwarteter Renditen Die Motivation für die Kombination verschiedener Schätzer der erwarteten Rendite liegt in der unterschiedlichen Information, die Schätzer enthalten. Durch die Kombination können diese Informationen in einem Schätzer gebündelt werden und eine Diversifikation von Schätzfehlern erreicht werden.30 Das im Folgenden dargestellte Vorgehen zur optimalen Kombination von Schätzern basiert auf dem Theorem von Bayes (1763). Dieses Theorem dient der Errechnung von Wahrscheinlichkeiten aus anderen Wahrscheinlichkeiten. Dabei werden zunächst („a priori“) angenommene Wahrscheinlichkeiten unter Verwendung neu verfügbarer Informationen revidiert. Für den renditegenerierenden Prozess wird folgende Struktur unterstellt: rt 28

29 30

P  Kt .

(2.6)

Claus/Thomas (2001), S. 1640ff., veranschaulichen diesen Zusammenhang anhand empirischer Daten im Rahmen der Schätzung der Marktrisikoprämie über das RIM und das DBM unter Berücksichtigung von fünf Perioden expliziter, d.h. von der langfristigen Wachstumsrate unabhängiger Schätzungen. So führt eine Erhöhung der langfristigen Wachstumsrate im RIM von 5% p.a. auf 10% p.a. für das betrachtete Sample zu einer Erhöhung der erwarteten Rendite um rund 2 Prozentpunkte. Bei Schätzung der erwarteten Rendite anhand der zugehörigen (über die Clean Surplus Relation ermittelten) Implementierung des Dividendenbarwertmodells führt eine Erhöhung der langfristigen Dividendenwachstumsrate um fünf Prozentpunkte hingegen zu einer nahezu identischen Erhöhung der erwarteten Rendite. Dass die Erhöhung der erwarteten Rendite geringfügig niedriger ausfällt als die Erhöhung von g DBM liegt darin begründet, dass die durch g DBM induzierte Erhöhung von P den Barwert der expliziten Dividendenschätzungen der ersten fünf Perioden reduziert. Um in der Summe einen konstanten Barwert zu erhalten, muss deshalb der Dividendenbarwert der Phase konstanten Wachstums leicht ansteigen gegenüber der Ausgangssituation, d.h. P steigt etwas weniger als g DBM . Vgl. Bradshaw (2002), Asquith/Mikhail/Au (2005) und Bradshaw/Brown (2006). Vgl. bspw. Bates/Granger (1969) oder Timmermann (2006). Diese Diversifikation ist offensichtlich nur dann möglich, wenn die Schätzfehler nicht perfekt korreliert sind. Ebenso gilt, dass die Kombination von Schätzungen tendenziell umso weniger nützlich ist, je stärker die Überlappung der den Schätzungen zugrunde liegenden Informationen ist, vgl. bspw. Clemen (1987).

2.2 Schätzverfahren

15

Der ( N u1) -Vektor rt enthält die Renditen von N Wertpapieren zum Zeitpunkt t . P und Kt sind ( N u1) -Vektoren von erwarteten Renditen bzw. Innovationen dieser N Wertpapiere zum Zeitpunkt t . Die Wertpapierrenditen werden als normalverteilt unterstellt:31 r P  N ( P , ¦K ) .

(2.7)

Mit ¦K wird die Kovarianzmatrix der Innovationen bezeichnet. Der Erwartungswert der Renditeverteilung ist P . Dieser (wahre) Erwartungswert ist dem Investor unbekannt und somit – wie kennzeichnend für einen Bayesschen Rahmen – eine Zufallsvariable. Die Vorabinformation, die der Investor bezüglich der Verteilung von P hat, wird über die sog. Apriori-Verteilung ausgedrückt. Der Erwartungswert dieser Verteilung wird mit P Prior bezeichnet.32 Es wird unterstellt, dass für den wahren, aber unbekannten Erwartungswert P gilt:

P

P Prior  H .

(2.8)

Für die Verteilung des wahren Erwartungswertes P wird wiederum eine Normalverteilung unterstellt:

P  N ( P Prior , ¦H ) .

(2.9)

Der Mittelwert dieser Verteilung, P Prior , ist der Wert, welcher mit der höchsten Wahrscheinlichkeit dem wahren, unbekannten Erwartungswert P entspricht, so lange keine weitere Information bezüglich dieses wahren Mittelwertes P verfügbar ist. Unter Verwendung von (2.8) kann der renditegenerierende Prozess aus (2.6) alternativ geschrieben werden als rt

31 32

P Prior  H  Kt .

(2.10)

Für Aktienrenditen auf monatlicher Frequenz stellt diese Annahme eine hinreichende Annäherung an die Realität dar, vgl. z.B. Oertmann (1994), S. 240. Der Erwartungswert der Apriori-Verteilung wird in der Literatur üblicherweise als „Prior“ bezeichnet. Diesem Vorgehen wird auch in der vorliegenden Arbeit gefolgt. Der Prior ist keine Zufallsvariable. Er kann interpretiert werden als der Erwartungswert der Verteilung aller möglichen Erwartungswerte der Rendite, aus welcher der „wahre“ Erwartungswert gezogen wird.

16

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Dabei werden H und Kt als unabhängig unterstellt. Ein rationaler Investor, wie er hier angenommen wird, wird jegliche zusätzliche Information nutzen, die er über P erhält, um die für P unterstellte Verteilung anzupassen. Diese Zusatzinformation kann entweder aus Renditerealisationen herrühren, sie kann jedoch auch aus anderen Quellen stammen. Der unter Verwendung der Zusatzinformation ermittelte, „neue“ wahrscheinlichste Wert für den unbekannten Erwartungswert P ist der Mittelwert der sog. Aposteriori-Verteilung. Die Aposteriori-Verteilung ist die auf die zusätzliche Information bedingte Verteilung von P . Wird wie im vorliegenden Fall unterstellt, dass auch die zusätzliche Information über die Höhe des wahren Erwartungswertes der Rendite einer Normalverteilung folgt, dann ergibt sich der Mittelwert der Aposteriori-Verteilung, P Bayes , als ein gewichtetes Mittel des Erwartungswertes der Apriori-Verteilung, P Prior , und des Erwartungswertes gemäß der Zusatzinformation, P Zusatzinfo :33

P Bayes

¦ P Zusatzinfo (¦ P Prior  ¦ P Zusatzinfo ) 1 P Prior  ¦ P Prior (¦ P Prior  ¦ P Zusatzinfo ) 1 P Zusatzinfo .

¦ P Prior

und ¦ P Zusatzinfo

(2.11)

sind ( N u N ) -Kovarianzmatrizen der Fehlerterme der Apriori-

Schätzungen bzw. der auf der Zusatzinformation basierenden Schätzungen.34 Gleichung (2.11) kann anschaulich interpretiert werden bei Betrachtung des 1-Wertpapier-Falls bzw. im Mehr-Wertpapier-Fall unter der Annahme, dass sowohl die Fehlerterme der AprioriSchätzungen untereinander unkorreliert sind als auch dass die Fehlerterme der auf der Zusatzinformation basierenden Schätzer untereinander unkorreliert sind.35 In diesem Fall 33

Vgl. beispielsweise Greene (2000), S. 87. Das Theorem von Bayes stellt keine Bedingung an die Art der Verteilungen, welche der Bestimmung des bedingten Erwartungswertes des betrachteten Parameters zugrunde liegen. Es besagt, dass die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des Zustands xi , falls die Zusatzinformation y j beobachtet wird, der unbedingten (Apriori-)Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von xi multipliziert mit dem Verhältnis des Likelihoods für y j gegeben xi , p ( y j x i ) , zur unbedingten Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von y j , p( y j ) , entspricht: p( xi y j )

p( xi ) ˜ p( y j xi ) p( y j )

. Sie

wird als Aposteriori-Wahrscheinlichkeit bezeichnet, vgl. beispielsweise Eisenführ/Weber (2003), S. 169ff. Durch Multiplikation eines jeweiligen xi mit seiner zugehörigen AposterioriWahrscheinlichkeit und Summierung über alle möglichen Ausprägungen von xi ergibt sich der bedingte Erwartungswert nach Beobachtung von y j . Werden anstelle von diskreten kontinuierliche Verteilungen der Zufallsvariablen xi und y j unterstellt, so müssen zur Bestimmung des bedingten Erwartungs34

wertes Annahmen über die konkreten Verteilungen dieser Variablen getroffen werden. Besitzt die Prior-Schätzung die Struktur aus Gleichung (2.8), so entspricht ¦ P Prior der Matrix ¦H in (2.9). Wird zur Kombination mit dieser Prior-Schätzung beispielsweise ein Zeitreihenschätzer auf Basis von T Renditerealisationen mit einer Struktur entsprechend (2.10) verwendet, so ergibt sich die Matrix ¦ P Zusatzinfo mit ¦K T .

35

Timmermann (2006), S. 146f. vergleicht den vereinfachenden Ansatz zur Bestimmung der Gewichte zweier Schätzer, welcher die Korrelation zwischen Schätzfehlern vernachlässigt, mit den theoretisch

2.2 Schätzverfahren

17

werden ¦ P Prior und ¦ P Zusatzinfo zu Diagonalmatrizen und es ergibt sich der AposterioriErwartungswert der Rendite für Wertpapier i als

PiBayes

§ · Prior § · Zusatzinfo UiPrior UiZusatzinfo . ˜ Pi  ¨ Zusatzinfo ˜ Pi ¨ Zusatzinfo Prior ¸ Prior ¸   U U U U i i © i ¹ © i ¹

(2.12)

Die Parameter UiPrior und UiZusatzinfo in (2.12) bezeichnen die Präzisionen des Prior-Schätzers bzw. des Schätzers auf Basis der Zusatzinformation.36 Die Gewichte, mit denen diese Schätzer in den kombinierten Schätzer eingehen, entsprechen den relativen Präzisionen der Schätzer. Je höher die Präzision eines Schätzers im Verhältnis zur Summe der Präzisionen aller Schätzer ausfällt, desto höher ist ceteris paribus das „Vertrauen“ in diesen Schätzer im Vergleich zu den anderen Schätzern und desto höher ist sein Gewicht im kombinierten Schätzer.37 Basierend auf dem vorgestellten Bayesschen Ansatz zur optimalen Gewichtung verschiedener Schätzer werden in dieser Arbeit folgende Kombinationen von Schätzern implementiert: 1.) Kombination des RIM-Schätzers auf Basis von Analystenprognosen mit der mittleren historischen Indexrendite, 2.) Kombination des Zeitreihenschätzers mit der mittleren historischen Indexrendite und 3.) Kombination von Zeitreihenschätzer und RIM-Schätzer.38 Die Ansätze 1.) und 3.) stellen eine neuartige Kombination von Schätzungen dar und wurden in der Literatur bisher noch nicht implementiert. Der zweite Ansatz wurde bspw. bereits in Frost/Savarino (1986a) verwendet.39 Die konkrete empirische Umsetzung der in den Kapiteln 2.2.1 bis 2.2.3 vorgestellten Schätzansätze für die erwartete Rendite wird im nun folgenden Kapitel 2.3 dargestellt.

36 37

38

39

optimalen Gewichten in Hinblick auf die Varianz des Fehlers des kombinierten Schätzers. Er zeigt, dass diese Varianz für den vereinfachenden Ansatz entsprechend (2.12) die gleiche Höhe wie beim optimalen Vorgehen besitzt, sofern die Fehler der zur Kombination verwendeten Schätzer die gleiche Varianz besitzen. Dies gilt unabhängig davon, wie deren Schätzfehler korreliert sind. Die optimale Gewichtung in diesem Fall identischer Varianzen ist die Gleichgewichtung. Besitzen die beiden in die Kombination eingehenden Schätzer unterschiedliche Varianzen, so entspricht das Vorgehen entsprechend (2.12) nur dann dem optimalen Vorgehen, sofern die Fehler der beiden Schätzer unkorreliert sind. In Hinblick auf die empirische Umsetzung zeigt sich die Vernachlässigung von Korrelationen zwischen Schätzfehlern aufgrund der damit verbundenen Schätzfehlerproblematik oft dominant gegenüber der Bestimmung der (theoretisch) optimalen Gewichte, vgl. Timmermann (2006), S. 159. Die Präzision ist definiert als der Kehrwert der Varianz. Für die Verwendung einer beliebigen Anzahl von Schätzern ergibt sich eine analoge Struktur des kombinierten Schätzers. Das Gewicht jedes einzelnen Schätzers entspricht dessen Präzision in Relation zur Summe der Präzisionen aller anderen Schätzer. Während in der theoretischen Herleitung des Bayesschen Schätzers der erwarteten Rendite zwischen Prior, welcher keine Zufallsvariable ist, sowie der Zusatzinformation in Form einer Zufallsvariable unterschieden wird, ist diese Unterscheidung für die nachfolgende empirische Umsetzung des Bayesschen Schätzansatzes unerheblich. Unabhängig davon, welcher der beiden Schätzer jeweils als Prior interpretiert wird, ergibt sich der identische Schätzwert. In Jorion (1985) wird ein ähnlicher Ansatz wie in Frost/Savarino (1986a) verwendet, jedoch entspricht die Prior-Schätzung dort der mittleren Rendite des GMVP.

18

2 Schätzung der erwarteten Rendite

2.3 Daten und empirische Implementierung der Schätzverfahren

Die empirischen Analysen dieser Arbeit werden jeweils für den deutschen und daran anschließend für den US-amerikanischen Kapitalmarkt durchgeführt. Zunächst erfolgt eine kurze Beschreibung der betrachteten Unternehmensstichproben. Dann werden die zur Implementierung der Schätzansätze verwendeten Daten vorgestellt und erläutert, wie die Aufbereitung dieser Daten sowie die empirische Umsetzung der in Kapitel 2.2 vorgestellten Schätzansätze unter Verwendung dieser Daten erfolgt. Datenstichproben Die deutsche Stichprobe umfasst die Unternehmen des HDAX. Dieser Index beinhaltet die größten Unternehmen des deutschen Aktienmarktes. Bis zum März 2003 wurden jeweils 100 Aktien in den HDAX aufgenommen, seither 110 Aktien.40 Die Untersuchung umfasst den 10Jahres-Zeitraum von Dezember 1996 bis zum Oktober 2006.41 Das US-amerikanische Datensample umfasst die Unternehmen des S&P 500.42 Gegenüber dem deutschen Sample besitzt das US-amerikanische Sample den Vorzug, dass es sowohl bezüglich des Querschnitts als auch bezüglich der Historie der Daten deutlich umfangreicher ist. Im Vergleich zu Deutschland liegt eine Historie der benötigten Daten bereits ab Dezember 1981 vor.43 Wie das deutsche Sample endet auch das US-Sample im Oktober 2006 und umfasst somit einen Zeitraum von 25 Jahren. Schätzung der erwarteten Überrendite auf Basis von Renditerealisationen Der Zeitreihenschätzer für die erwartete Überrendite wird auf Basis von Monatsdaten

bestimmt. Die Schätzung erfolgt für jedes Unternehmen i in jedem Monat t auf Basis eines rollierenden Schätzfensters, welches die dem Schätzzeitpunkt t vorausgehenden zwölf Monate umfasst.44

40

41

42 43

44

Bis März 2003 setzte sich der HDAX aus den 30 Mitgliedsunternehmen des DAX30 sowie den 70 Unternehmen des Mid-Cap Index MDAX zusammen und trug den Namen DAX100. Danach wurde die Anzahl der Mitgliedsunternehmen im MDAX auf 50 reduziert und in den HDAX wurden zusätzlich die 30 Mitgliedsunternehmen des neu berechneten Technologiewerte-Index TecDAX aufgenommen. Für die detaillierte Beschreibung der Indexzusammenstellung vgl. Deutsche Börse Group (2008a). Der Startzeitpunkt der Untersuchung wird determiniert durch die erstmalige Verfügbarkeit von Geldund Briefkursen der im Sample enthaltenen Unternehmen. Diese Daten werden in Kapitel 4 zum Test der dort beschriebenen Kapitalmarktmodelle benötigt. Für die detaillierte Beschreibung der Indexzusammenstellung vgl. Standard and Poor’s (2008). Dieser Zeitpunkt ist bestimmt durch die erstmalige Verfügbarkeit der durch Analysten geschätzten mittleren langfristigen Wachstumsrate der zukünftigen Unternehmensgewinne, welche zur Bestimmung der erwarteten Rendite über das Residual Income Modell benötigt wird. Wie in Kapitel 2.1 erläutert, ist die Präzision des Schätzers der erwarteten Rendite unabhängig von der gewählten Datenfrequenz. Die rollierende Mittelwertbildung besitzt den Vorteil, eine NichtStationarität der geschätzten Parameter erfassen zu können, vgl. Jorion (1991), S. 719.

2.3 Daten und empirische Implementierung der Schätzverfahren

Pˆ rZEIT ,i ,t

1 12 ¦ (ri,t X  rf ,t X ) .45 12 X 1

19 (2.13)

Die realisierten Monatsrenditen rt werden auf Basis von Performanceindizes der Datenbank Thomson Financial Datastream bestimmt.46 Als risikoloser Zinssatz rf wird die Rendite einjähriger Staatsanleihen verwendet. Auch diese Daten werden der Datastream-Datenbank entnommen. Schätzung der erwarteten Überrendite auf Basis von Analystenschätzungen Die Schätzung der erwarteten Rendite unter Verwendung des Residual Income Modells von Ohlson (1995) erfolgt unter Rückgriff auf die Erwartungen von Analysten bezüglich zukünftiger Gewinne und Buchwerte der betrachteten Unternehmen. Das Modell wird analog zu Claus/Thomas (2001) in folgender Form implementiert:

Vi ,t

5

Bi ,t  ¦ W 1

˜ Bˆi ,t ,W 1 Gˆ i ,t ,W  Pˆ iRIM ,t

1  PˆiRIM ,t

W





i ,t ,5



 Pˆ iRIM ˜ Bˆi ,t ,4 ˜ 1  gˆ t ,t

 gˆ t ˜ 1  Pˆ iRIM PˆiRIM ,t ,t

5

.

(2.14)

Ausgangspunkte der Schätzung im Monat t sind die aktuellen Markt- und Buchwerte des Unternehmens i , Vi ,t und Bi ,t , die der Datenbank von Thomson Financial Datastream entnommen werden. Die Entwicklung der erwarteten Residualgewinne wird in zwei Phasen unterteilt: In Phase eins, welche die ersten fünf auf den Schätzzeitpunkt folgenden Jahre,

W 1,..,5 , umfasst, werden explizite Gewinn- und Buchwert-Schätzungen von Analysten, Gˆ i ,t ,W und Bˆi ,t ,W , zur Bestimmung der erwarteten Residualgewinne verwendet. Für alle daran

anschließenden Jahre, welche Phase zwei des Modells bilden, wird eine konstante, unternehmensunabhängige Wachstumsrate, gˆ t , für diese Größe angenommen. Für die expliziten Gewinnschätzungen wird auf in monatlicher Frequenz vorliegende Konsensusschätzungen der Analysten zurückgegriffen, die in der I/B/E/S Datenbank enthalten sind.47 Diese umfassen explizite Schätzungen für die nächsten vier Jahre und eine geschätzte mittlere Wachstumsrate für die nächsten fünf Jahre. Allerdings liegen nicht für alle Unternehmen und 45 46

47

Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der Subindex r generell zur Kennzeichnung für Schätzer der erwarteten Überrendite über den risikolosen Zinssatz verwendet. Der Performanceindex wird für Einzelaktien bestimmt, indem Dividenden einer Aktie zum Schlusskurs des Ex-Dividendendatums in die betreffende Aktie reinvestiert werden. Zur Berechnung der Indexrendite wird der HDAX verwendet, welcher selbst ein sog. Performanceindex ist. Analoges gilt für die Berechnung der Rendite des Sub-Index DAX30. Die Datenbank enthält die jeweils am Donnerstag vor dem dritten Freitag des Monats bei Handelsschluss in New York vorherrschenden Konsensus-Analystenschätzungen, vgl. Thomson Datastream (2001), S. 14.

20

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Fristen entsprechende Schätzungen vor. In der Untersuchung werden nur solche Unternehmen berücksichtigt, für die im Zeitpunkt t mindestens die folgenden Daten vorliegen: I/B/E/SGewinnschätzungen für den Ein- und Zwei-Jahres-Horizont, Gˆ und Gˆ , und die geschätzte t ,1

t ,2

mittlere Wachstumsrate für die auf den Schätzzeitpunkt folgenden fünf Jahre, gˆ t ,5 . Sind beispielsweise explizite Schätzungen für den Drei-Jahres-Horizont nicht verfügbar, werden diese unter Verwendung der mittleren Fünf-Jahres-Wachstumsrate gˆ t ,5 bestimmt, als Gˆ t ,3

Gˆ t ,2 ˜ (1  gˆ t ,5 ) . Das gleiche Vorgehen wird bei Bedarf zur Bestimmung von Gˆ t ,4 und

Gˆ t ,5 angewandt. Die Ermittlung der erwarteten Buchwerte geschieht analog zur Ermittlung

der erwarteten Gewinne. Bezüglich der zweiten Wachstumsphase (also für alle Jahre nach dem fünften Jahr) wird unterstellt, dass die Residualgewinne und Buchwerte eines Unternehmens entsprechend der erwarteten Inflationsrate wachsen.48 Die erwartete Inflationsrate wird geschätzt als die Rendite einer zehnjährigen Staatsanleihe abzüglich eines unterstellten Realzinssatzes in Höhe von 3% p.a.49 Um den Schätzer der erwarteten Überrendite zu erhalten, wird abschließend von der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell der risikolose einjährige Zinssatz subtrahiert:

Pˆ rRIM ,i ,t

PˆiRIM  r f ,t . ,t

(2.15)

Die den Analysen in Kapitel 2.4 zugrunde liegenden erwarteten Renditen pro Monat werden mittels Division des Schätzers aus (2.15) durch zwölf bestimmt. Kombinationen von Schätzungen der erwarteten Überrendite Im Folgenden wird die empirische Bestimmung der in dieser Arbeit betrachteten Kombinationen von Schätzern der erwarteten Rendite dargestellt. Dies sind die Kombination von 48

49

Dies impliziert eine Konstanz des realen Residualgewinns, vgl. auch Fußnote 49. Sofern die Gewinnschätzungen für das fünfte Jahr oder Buchwertschätzungen für das vierte Jahr negativ sind, wird ebenfalls dem Vorgehen von Claus/Thomas (2001) gefolgt und diese Beobachtung aus dem Datensatz eliminiert. Insgesamt gehen in der Datenaufbereitung 29% der Beobachtungen für den deutschen Datensatz (vgl. auch Fußnote 67) und 21% für den US-amerikanischen Datensatz (vgl. auch Fußnote 75) verloren. Grundsätzlich teilt sich die Literatur zur Implementierung des Residual Income Modells in zwei Gruppen bezüglich der Annahme der ewigen Wachstumsrate auf. Die erste Gruppe verfolgt den Ansatz von Gebhardt/Lee/Swaminathan (2001) und unterstellt für die Berechnung des Terminal Value (d.h. für die Phase nach den Perioden, für die explizite Analystenschätzungen vorhanden sind, und teilweise einer zweiten Phase, für die eine Anpassung an Branchenmittelwerte unterstellt wird) eine ewige Wachstumsrate in Höhe von g=0, vgl. beispielsweise Lee/Myers/Swaminathan (1999), Hail (2002) oder Daske/Gebhardt/Klein (2006). Das bedeutet faktisch, dass der reale Residual Income in jeder Periode um die Inflationsrate schrumpft. Die zweite Gruppe folgt der Kritik von Ritter/Warr (2002) an diesem Ansatz und unterstellt eine ewige Wachstumsrate in Höhe der Inflationsrate, und impliziert somit die Konstanz des realen Residualgewinns entsprechend des letzten expliziten Wertes bis in Ewigkeit, vgl. auch Claus/Thomas (2001). Dies entspricht dem in der vorliegenden Arbeit implementierten Ansatz. Zur Untersuchung der Ergebnisstabilität bezüglich der unterstellten langfristigen Wachstumsrate wird in der vorliegenden Arbeit jedoch auch der erstgenannte Ansatz implementiert. Verweise auf die Ergebnisse dieses alternativen Ansatzes finden sich an den entsprechenden Stellen im Text.

2.3 Daten und empirische Implementierung der Schätzverfahren

21

Zeitreihen- und RIM-Schätzer miteinander (ZEIT+RIM) sowie die jeweiligen Kombinationen von RIM- und Zeitreihenschätzer mit dem Prior der mittleren vergangenen Indexrendite (RIM+IND und ZEIT+IND). Die kombinierten Schätzer werden wie die ihnen zugrunde liegenden RIM- und Zeitreihenschätzer auf monatlicher Frequenz bestimmt. Die allgemeine Struktur eines Schätzers der erwarteten Überrendite, welcher sich durch Bayessche Kombination zweier alternativer Schätzer ergibt, wurde in Kapitel 2.2.3 dargestellt:50

PrBayes ,i

§ UiPrior ¨ Zusatzinfo  UiPrior © Ui

· Prior § UiZusatzinfo ¸ ˜ Pr ,i  ¨ Zusatzinfo  UiPrior ¹ © Ui

· Zusatzinfo . ¸ ˜ P r ,i ¹

(2.16)

Demnach ergibt sich der kombinierte Schätzer als das mit den relativen Präzisionen gewichtete Mittel der Schätzer. Die Güte des kombinierten Schätzers wird in der empirischen Umsetzung somit zum einen durch die Güte der verwendeten Schätzungen für die erwartete Rendite und zum anderen durch die Güte der zur Kombination verwendeten Gewichte determiniert.51 Für die drei in diesem Kapitel implementierten Kombinationen sind entsprechend Gleichung (2.16) Schätzungen folgender relativer Präzisionen erforderlich: Für die Kombination RIM+IND müssen die relativen Präzisionen des aktienindividuellen RIM-Schätzers und des über Längs- und Querschnitt konstanten Prior-Schätzers aus der mittleren vergangenen Indexrendite bestimmt werden. Für die Kombination ZEIT+IND müssen analog die relativen Präzisionen des aktienindividuellen Zeitreihenschätzers und des einheitlichen Prior-Schätzers aus der mittleren vergangenen Indexrendite bestimmt werden. Für die Kombination ZEIT+RIM sind schließlich die relativen Präzisionen von Zeitreihen- und RIM-Schätzer untereinander erforderlich. Damit unterscheidet sich die dritte Kombination insofern von den beiden vorausgehenden, dass hier keiner der beiden Schätzer über Längs- und Querschnitt konstant ist.

50

51

Wie in Kapitel 2.2.3 angemerkt, ergibt sich die Struktur des Schätzers entsprechend (2.12) unter der Annahme, dass die Kovarianzmatrizen der Fehlerterme der beiden Schätzer jeweils Diagonalmatrizen sind. Dass eine solche vereinfachende Annahme in der Regel in der empirischen Umsetzung des Schätzverfahrens nicht zu schlechteren, sondern zu besseren Ergebnissen führt, bemerkt bspw. Timmermann (2006). Im Unterschied zur Theorie, in der das Ausmaß der Schätzfehler in den erwarteten Renditen bekannt ist, muss die Güte der Schätzer in der empirischen Umsetzung ebenfalls geschätzt werden und stellt neben den Fehlern in den Schätzern der erwarteten Rendite eine zusätzliche Fehlerquelle dar. Vgl. hierzu auch Timmermann (2006), S. 156ff. sowie S. 181ff., der auf die Problematik der Schätzung der Gewichte hinweist. Aufgrund von Schätzfehlern bei der empirischen Bestimmung der theoretisch optimalen Gewichte erweist es sich deshalb sogar oft als empfehlenswert, simple Gleichgewichtungen der Schätzer vorzunehmen.

22

2 Schätzung der erwarteten Rendite

1) Kombination ZEIT+RIM

Für die empirische Umsetzung der Bayesschen Kombination von Zeitreihenschätzer, Pˆ rZEIT ,i ,t , und RIM-Schätzer, Pˆ rRIM ,i ,t , entsprechend Gleichung (2.16) wird folgendes Vorgehen gewählt. Für jede Aktie i werden zu jedem Zeitpunkt t die Präzisionen der beiden Schätzer über den mittleren quadratischen Fehler (MSE) geschätzt. Für die Bestimmung der MSE zum Zeitpunkt t wird jeweils die gesamte zu diesem Zeitpunkt verfügbare Historie T an monatlichen Daten für das betrachtete Unternehmen i verwendet.52 Der MSE des RIM-Schätzers für Aktie i

zum Zeitpunkt t wird somit geschätzt als:53

n ( Pˆ RIM ) MSE r ,i ,t

1 T 2 ¦ (Pˆ rRIM ,i ,X  rr ,i ,X ) . TX1

(2.17)

des RIM-Schätzers für Aktie i zum Zeitpunkt t wird der Als Schätzer für die Präzision Uˆ iRIM ,t wird ein Kehrwert des MSE aus Gleichung (2.17) verwendet. Für die Bestimmung von Uˆ iZEIT ,t n ( Pˆ ZEIT ) analoges Vorgehen gewählt und die mittleren quadratischen Schätzfehler MSE r ,i ,t ermittelt. Der aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer kombinierte Schätzer für Unternehmen i zum Zeitpunkt t wird unter Verwendung der so ermittelten Gewichte bestimmt als54

 RIM Pˆ rZEIT ,i ,t

§ Uˆi,tRIM ¨¨ ZEIT RIM © Uˆ i,t  Uˆ i ,t

· RIM § Uˆ i,tZEIT ¸¸ ˜ Pˆ r ,i ,t  ¨¨ ZEIT RIM ¹ © Uˆ i,t  Uˆ i ,t

· ZEIT ¸¸ ˜ Pˆ r ,i ,t . ¹

(2.18)

Die empirische Bestimmung der Gewichte auf diese Weise führt dazu, dass beide Schätzer im Mittel über alle Unternehmen nahezu gleich gewichtet in die Kombination eingehen. So beträgt das Gewicht des Zeitreihenschätzers innerhalb des deutschen Samples im Mittel 49,7% und das des RIM-Schätzers entsprechend 50,3%. Für das US-Sample lautet die Aufteilung 48,1% zu 51,9%.55 52

53

54 55

Da eine verlässliche Schätzung der Präzision über den MSE eine ausreichende Datenbasis verlangt, erfolgt die Schätzung des MSE für Unternehmen i in Zeitpunkt t nur, wenn mindestens 12 Beobachtungen vorliegen. Andernfalls wird die Annahme getroffen, dass RIM- und Zeitreihenschätzer die gleiche Präzision besitzen, d.h. sie gehen jeweils hälftig in den kombinierten Schätzer ein. Die Schätzung des MSE erfolgt auf Daten monatlicher Frequenz, d.h. von der auf Basis des Residual Income Modells erwarteten Rendite zum Zeitpunkt t (welche durch Division durch zwölf von Jahresauf Monatshorizont gebracht wird) wird die auf den Zeitpunkt t folgende realisierte Monatsrendite subtrahiert. Im Rahmen der gewählten Implementierung ist es unerheblich, welcher der beiden Schätzer als Prior und welcher als Zusatzinformation betrachtet wird. Dass die beiden Schätzer nahezu gleich gewichtet in die Kombination eingehen, erscheint zunächst überraschend. Wie die Analyse der empirischen Güte der Schätzer im nachfolgenden Kapitel 2.4.2 jedoch zeigt, sind die Differenzen der MSE über die verschiedenen Schätzverfahren in Relation zu ihren absoluten Niveaus vergleichsweise gering. Ursache hierfür ist, dass in die Bestimmung des MSE die realisierte Rendite eingeht, die – wie bereits in Kapitel 2.1 ausgeführt – ein sehr hohes Rauschen enthält.

2.3 Daten und empirische Implementierung der Schätzverfahren

23

2) Kombination ZEIT+IND Die Kombination von Zeitreihenschätzer und Indexrendite wurde – anders als die Kombination aus RIM-Schätzer und Indexrendite und die Kombination aus RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer – in der Literatur bereits implementiert. Üblicherweise wird dazu dem Vorgehen von Jorion (1986) gefolgt.56 Dies wird auch in der vorliegenden Arbeit getan, wodurch die Vergleichbarkeit – insbesondere in der Implementierung der Portfoliooptimierung in Kapitel 3 – zu früheren Studien gewährleistet wird.57

Der über Quer- und Längsschnitt konstante Prior wird für das deutsche Sample über die mittlere Überrendite deutscher Blue-Chip-Aktien für den Zeitraum 1955 bis 1993 in Höhe von 6,5% p.a. geschätzt. Die Schätzung erfolgt auf Basis der Renditezeitreihen in Stehle (2004). Für das US-amerikanische Sample erfolgt die Schätzung auf Basis der Daten für den Zeitraum 1900 bis 1980 aus Dimson/Marsh/Staunton (2000).58 Der Schätzer für den Prior in Form der langfristigen mittleren Überrendite des Aktienmarktes beträgt für dieses Sample 5,5% p.a. Für die Verteilung der erwarteten Überrendite wird nun eine Struktur vorgegeben. Wird der ( N u 1)  Vektor für den Prior mit Pr 0 bezeichnet und streuen die erwarteten Überrenditen normalverteilt um diesen Prior, so kann die Verteilung der erwarteten Überrenditen beschrieben werden mit:

P r  N ( Pr 0 , ¦ /\ ) .

(2.19)

Die Kovarianzmatrix der erwarteten Überrendite betrage annahmegemäß ¦ /\ , d.h. sie ist proportional zur Kovarianzmatrix der Renditen ¦ . Der Skalar \ gibt die Präzision der Prior-

56 57

58

Der vergleichsweise hohe Einfluss des Rauschens der realisierten Rendite bewirkt die ähnlichen Niveaus der MSE für die verschiedenen Schätzer und somit deren ähnliche Gewichtung. Vgl. auch Jorion (1985), S. 265f. oder Memmel (2004), S. 80. Alternativ kann die Bestimmung der zur Kombination von Zeitreihenschätzer und Indexrendite verwendeten Gewichte über die mittleren quadratischen Fehler erfolgen – entsprechend des vorausgehend dargestellten Vorgehens zur Kombination von Zeitreihenschätzer und RIM-Schätzer. Auch dieser Ansatz wurde für die vorliegende Arbeit implementiert. Im weiteren Verlauf werden jedoch lediglich die Ergebnisse der Kombination nach Jorion (1986) berichtet. Neben der Vergleichbarkeit zu den Ergebnissen früherer Studien ist der bedeutendere Grund hierfür, dass der Ansatz nach Jorion (1986) zu präziseren Schätzungen und durchgängig besseren Ergebnissen in der Implementierung der Portfoliooptimierung in Kapitel 3 führt und somit eine höhere Benchmark für den im Zentrum der Untersuchungen stehenden RIM-Schätzer darstellt. Vgl. Dimson/Marsh/Staunton (2000), S. 117. Dort sind folgende Informationen verfügbar: Für den Zeitraum 1900-1980 betrug die reale Rendite des Aktienmarktes 5,6% p.a., die reale Rendite von Staatsanleihen 0,3% p.a. sowie die Inflation 3,0% p.a. Unter Verwendung der Beziehung (1  rnom ) (1  rreal )(1  rinfl ) , wobei rnom und rreal die jährliche Nominal- bzw. Realrendite bezeichnen und rinfl die jährliche Inflationsrate, können jährliche Nominalrenditen für Aktien und Staatsanleihen bestimmt werden. Durch Bildung der Differenz dieser beiden Größen erhält man den Schätzer für den Prior in Höhe von 5,5% p.a.

24

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Schätzung an, d.h. je höher \ , desto weniger streuen die wahren erwarteten Renditen um den Prior Pr 0 . Unter Vorgabe dieser Struktur kann die erwartete Überrendite auf Basis von Zeitreihendaten realisierter Überrenditen entsprechend Jorion (1986) für Aktie i zum Zeitpunkt t bestimmt werden als:59

 IND Pˆ rZEIT ,i ,t

§ \ˆ · § T · ZEIT ¨ ¸ ˜ Pˆ r 0  ¨ ¸ ˜ Pˆ r ,i ,t . ˆ T \  © ¹ © T \ˆ ¹

(2.20)

Die Gewichte, mit denen der Prior, Pˆ r 0 , und der Zeitreihenschätzer, Pˆ rZEIT ,i ,t , in den Schätzer der erwarteten Überrendite für Aktie i zum Zeitpunkt t eingehen, werden determiniert durch die Anzahl T der Beobachtungen, die zur Bestimmung des Zeitreihenschätzers verwendet werden,60 sowie den Schätzer des Parameters \ . Dieser Parameter \ wird ebenso wie der Prior Pr 0 aus Daten, die vor Beginn des Untersuchungszeitraums liegen, geschätzt. Der Maximum-Likelihood-Schätzer für \ ergibt sich als:



N

ˆ 1 ( Pˆ ZEIT  Pˆ ) ( Pˆ rZEIT  Pˆ r 0 ) ' ¦ ZEIT r r0

.

(2.21)

Dabei bezeichnet N die Anzahl der Unternehmen, ( Pˆ rZEIT  Pˆ r 0 ) den ( N u1) -Vektor der ˆ Differenzen von Zeitreihenschätzer und Prior-Schätzung und ¦ ZEIT den Zeitreihenschätzer der Kovarianzmatrix. Für das deutsche Sample wird \ˆ auf Basis der 25 deutschen BlueChip-Aktien geschätzt, welche für den Zeitraum 1987 bis 1996 durchgängig im DAX30 enthalten waren. Es ergibt sich ein Schätzwert in Höhe von 182, woraus folgt, dass die PriorSchätzung für jedes der Unternehmen und jeden Zeitpunkt mit 93,8% und der Zeitreihenschätzer mit 6,2% in die Kombination der Schätzer eingeht. Für das US-amerikanische Sample erfolgt die Schätzung von \ unter Verwendung der für die Unternehmen des S&P500 verfügbaren Datenhistorie für den Zeitraum 1973 bis 1981. Der Schätzer \ˆ beträgt für das US-amerikanische Sample 104, d.h. für dieses Sample wird die Prior-Schätzung jeweils mit 89,7% und der Zeitreihenschätzer mit 10,3% im kombinierten Schätzer gewichtet.61

59 60 61

Vgl. Jorion (1986), S. 285f. Diese Anzahl beträgt wie oben erläutert zwölf Monatsrenditen. Für den alternativen Ansatz zur Bestimmung der Gewichte über die MSE der Schätzer betragen die Gewichte für den Prior in der deutschen Stichprobe im Mittel 52,4% und für den Zeitreihenschätzer im Mittel 47,6%. Für das US-Sample lauten die analogen Größen 51,9% und 48,1%.

2.3 Daten und empirische Implementierung der Schätzverfahren

25

3) Kombination RIM+IND Für die Implementierung der Bayesschen Kombination aus RIM-Schätzer und konstantem Prior in Höhe der mittleren historischen Indexrendite entsprechend der Struktur in (2.12) werden für die Prior-Schätzung und die Rendite die aus (2.6) und (2.8) bekannten Strukturen unterstellt. Zudem wird unterstellt, dass für den RIM-Schätzer gilt

P rRIM ,i ,t

P rPrior  Hi Qi ,t .

(2.22)

Der RIM-Schätzer für Aktie i zum Zeitpunkt t weicht um den Fehler Qi ,t von der wahren erwarteten Überrendite für diese Aktie ab. Die Varianz der Prior-Schätzung für Aktie i wird also über die Varianz des Fehlers Hi erfasst und die Varianz der RIM-Schätzung über die Varianz des Fehlers Qi ,t . Um die Bayessche Kombination aus mittlerer Indexrendite und RIM-Schätzer entsprechend (2.12) zu bestimmen, müssen diese beiden Varianzen geschätzt werden. Die Schätzung erfolgt wie bei der Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer über die Bestimmung der mittleren quadratischen Fehler. Unter der auch bei der Kombination von RIM- und Zeitreihenschätzer getroffenen Annahme, dass die Fehler von Prior und Zusatzinformation unkorreliert sind, d.h. Cov(Hi ,Qi ,t ) 0 , ergibt sich die zu Gleichung (2.12) analoge Struktur der Kombination von RIM-Schätzer und Prior:  IND P rRIM ,i , t

1 1 ˜ P RIM  ˜P . Var (Qi ,t ) r ,i ,t Var (Hi ) r 0 1 1 Var (Qi ,t ) Var (Hi )

(2.23)

Dabei wird verwendet, dass die Varianzen der Fehler der Schätzer jeweils dem Kehrwert der Präzisionen entsprechen. Um die Gewichte zu bestimmen, mit denen die beiden Schätzer  P rRIM ,i ,t und P r 0 in die Kombination für Aktie i im Zeitpunkt t eingehen, müssen Var (Q i ,t ) und

Var (Hi ) bestimmt werden. Hierzu wird zunächst der mittlere quadratische Fehler des RIMSchätzers entsprechend Formel (2.17) geschätzt als:62 n ( Pˆ RIM ) MSE r ,i ,t

1 T 2 ¦ (Pˆ rRIM ,i ,X  rr ,i ,X ) . TX1

(2.24)

Unter Ausnutzung der Struktur der Überrendite gemäß Gleichung (2.10):

62

Für die Schätzung des MSE wird jeweils die gesamte, bis zum Schätzzeitpunkt verfügbare Datenhistorie für Aktie i verwendet.

26 ri ,t

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Pr 0  Hi  Ki ,t

(2.25)

und unter der Annahme der Unkorreliertheit der Innovation der Rendite, Ki ,t , und des Fehlers des RIM-Schätzers, Qi ,t , Cov(Ki ,t ,Qi ,t ) 0 , besitzt der MSE des RIM-Schätzers folgende Struktur:  MSE ( Pˆ rRIM Var ( Pˆ rRIM Var (Ki ,t )  Var (Qi ,t ) . ,i , t ) ,i ,t  rr ,i ,t )

(2.26)

In Analogie zur Bestimmung des mittleren quadratischen Fehlers des RIM-Schätzers unter (2.24) kann der mittlere quadratische Fehler der Prior-Schätzung (mittlere historische Indexrendite) geschätzt werden als: n ( Pˆ ) MSE r0

1 T ¦ ( Pˆ r 0  rr ,i ,X )2 . TX1

(2.27)

Unter Berücksichtigung des renditegenerierenden Prozesses (2.25) sowie der Annahme, dass die Innovation der Rendite auch unkorreliert ist mit dem Fehler des Priors, d.h. Cov(Ki ,t , Hi ) 0 , gilt für die Struktur des MSE des Priors: MSE ( Pˆ r 0 ) Var ( Pˆ r 0  rr ,t ,i ) Var (Kt ,i )  Var (Hi ) .

(2.28)

Um jeweils die Größen Var (Qi ,t ) und Var (Hi ) in den in Gleichungen (2.26) und (2.28) separieren zu können, muss für die Varianz des Fehlers des Priors, Var (Hi ) , eine Struktur vorgegeben werden: Es wird daher wie bei Jorion (1986) unterstellt, dass die Streuung der wahren erwarteten Renditen der betrachteten Aktien um den Mittelwert Pr 0 proportional zur Kovarianzmatrix der Rendite ist:63 ¦H

¦K \ .

(2.29)

Dann kann die Struktur des MSE der Prior-Schätzung einer Aktie aus (2.28) ausgedrückt werden als: MSE ( Pˆ r 0 ) Var (Kt ,i ) 

63

Var (Kt ,i )

\

Vergleiche Formel (2.19).

.

(2.30)

2.3 Daten und empirische Implementierung der Schätzverfahren

27

Die Bestimmung der Varianzen der Fehlerterme kann anschließend durch folgende Umformungen erreicht werden: Var (Kt ,i )

MSE ( Pˆ r 0 ) 1 1

(2.31)

\

bzw. Var (Hi )

Var (Kt ,i )

\

MSE ( Pˆ r 0 ) . \ 1

(2.32)

Um also eine Zerlegung des MSE des Priors in den Fehler des Priors, Var (Hi ) , sowie die Innovation der Rendite, Var (Kt ,i ) , vornehmen zu können, ist bei Vorgabe der obigen Struktur die Schätzung des MSE des Priors sowie des Homogenitätsparameters \ notwendig. Dieser wird wie in Kapitel 2.3 bei Bestimmung der Kombination aus Zeitreihenschätzer und Indexrendite beschrieben geschätzt. Unter Verwendung des Schätzers von Var (Kt ,i ) kann anschließend die Zerlegung des MSE des RIM-Schätzers in Var (Kt ,i ) und Var (Qt ,i ) vorgenommen werden. Es gilt gemäß (2.26): Var (Qi ,t )

MSE ( Pˆ rRIM ,i , t ) 

MSE ( Pˆ r 0 ) . 1 1

(2.33)

\

Unter Verwendung der geschätzten Varianzen bzw. Präzisionen entsprechend (2.32) und (2.33) wird der aus RIM-Schätzer und mittlerer Indexrendite kombinierte Schätzer bestimmt als:64

 IND Pˆ rRIM ,i ,t

§ Uˆi,tIND ¨¨ IND RIM © Uˆ i,t  Uˆ i ,t

· § Uˆ i,tRIM ¸¸ ˜ Pˆ r 0  ¨¨ IND RIM ¹ © Uˆ i,t  Uˆ i ,t

· RIM ¸¸ ˜ Pˆ r ,i ,t . ¹

(2.34)

Für das deutsche Sample geht der RIM-Schätzer unter Verwendung der derart bestimmten Gewichte im Mittel mit 33,3% und die Indexrendite entsprechend mit 66,7% in den kombi-

64

Die Gewichte der Kombination RIM+IND variieren ebenso wie die Gewichte der Kombination ZEIT+RIM sowohl im Querschnitt über die Unternehmen als auch über die Zeit. Die Gewichte der Kombination von Zeitreihenschätzer und Indexrendite, ZEIT+IND, sind hingegen im Querschnitt sowie über die Zeit konstant.

28

2 Schätzung der erwarteten Rendite

nierten Schätzer ein. Für das US-Sample erfolgt im Mittel eine Aufteilung zu 42,3% auf den RIM-Schätzer und zu 57,7% auf die mittlere historische Indexrendite.65

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

Bevor in den Kapiteln 3 und 4 die Schätzer für die erwartete Rendite im Rahmen der Portfoliooptimierung und für den Test von Kapitalmarktmodellen eingesetzt werden, werden in diesem Kapitel zunächst ihre empirischen Eigenschaften untersucht. Die Untersuchungen erfolgen im ersten Schritt für den Zeitreihenschätzer und den Schätzer aus dem Residual Income Modell. Anschließend werden die Eigenschaften der drei vorgestellten kombinierten Schätzer diskutiert. Die Einteilung der folgenden Unterkapitel orientiert sich dabei an den folgenden beiden Fragestellungen: 1.) Wie stark variieren die verschiedenen Schätzer der erwarteten Rendite (Kapitel 2.4.1)? 2.) Wie unterscheiden sich die verschiedenen Schätzer hinsichtlich ihrer Güte (Kapitel 2.4.2)? Die Untersuchung der ersten Fragestellung ist im Wesentlichen deskriptiver Natur. So wird im Rahmen der Analysen betrachtet, wie die mittels der verschiedenen Verfahren bestimmten Schätzer der erwarteten Rendite über die Zeit bzw. im Unternehmensquerschnitt variieren. Die Analysen geben einen ersten Anhaltspunkt über die Eignung der Schätzer für die nachfolgenden Untersuchungen der Kapitel 3 und 4. Eine Information von zentraler Bedeutung für diese Untersuchungen ist beispielsweise, dass Schätzer im Querschnitt variieren. Eine fehlende Variation der erwarteten Rendite würde in der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) zur Investition in das globalvarianzminimale Portfolio führen und eine Schätzung der erwarteten Rendite generell überflüssig machen. In Hinblick auf die Tests von Kapitalmarktmodellen würde eine fehlende Querschnittsvariation von erwarteten Renditen in generellem Widerspruch zu grundlegenden ökonomischen Theorien zur Bewertung von Wertpapieren stehen.

65

Das vorausgehend dargestellte Vorgehen zur Bestimmung der Gewichte der Schätzer entsprechend (2.33) kann in Einzelfällen dazu führen, dass der Schätzer für Var (Qt ,i ) negative Werte annimmt, falls die getroffenen Annahmen bezüglich der Struktur der Schätzer verletzt sind. In diesen Fällen wurden zwei mögliche Vorgehensweisen betrachtet: Die Gewichtung des RIM-Schätzers mit 100% und alternativ mit 50%. Der erste Ansatz unterstellt implizit, dass die Varianz des RIM-Schätzers ausschließlich durch die Varianz des Fehlers der Prior-Schätzung bedingt ist. Bei hälftiger Gewichtung der Schätzer wird hingegen der Argumentation gefolgt, dass das (theoretisch ausgeschlossene) Schätzergebnis durch fehlerhafte Schätzungen der Varianzen der Fehler beider Schätzer bedingt ist, wodurch die hälftige Gewichtung die Gewichtsschätzungen somit gleichermaßen als unbrauchbar unterstellt (vgl. Timmermann (2006) sowie Fußnote 51). Dieser zweite Ansatz gewährleistet somit, dass jeder Schätzer eine Kombination der beiden Ausgangsschätzungen ist. Beide Vorgehensweisen wurden implementiert. Die in der Arbeit berichteten Ergebnisse folgen dem zweiten Ansatz. Da es sich um Einzelfälle handelt, in denen dieses Vorgehen angewendet werden musste, unterscheiden sich die Ergebnisse beider Vorgehensweisen nur geringfügig.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

29

Hinsichtlich der zweiten Fragestellung wird die Analyse mit der Bestimmung statistischer Gütemaße für die Schätzer fortgeführt. Eine hohe Güte der Schätzer ist im Kontext der vorliegenden Arbeit insbesondere aus zwei Gründen bedeutsam: Je präziser ein Schätzer, desto höher fällt im Mittel der Anlageerfolg aus, der im Rahmen der Markowitz-Optimierung erzielt werden kann.66 Ebenso ist ein Schätzer umso besser für den empirischen Test von Kapitalmarktmodellen geeignet, je präziser dieser ist. Bei Verwendung sehr unpräziser Schätzer der erwarteten Rendite im Rahmen solcher Tests bleibt unklar, ob insignifikante Ergebnisse im Modelltest lediglich auf die schlechte Qualität der Schätzer zurückzuführen sind.

2.4.1 Verteilungseigenschaften der Schätzer Zunächst werden die Verteilungseigenschaften der fünf verschiedenen Schätzer für die erwartete Rendite jeweils für die gepoolte Stichprobe betrachtet. Um die zeitliche Entwicklung der erwarteten Überrenditen zu analysieren, erfolgt daran anschließend eine Informationsaggregation durch Mittelwertbildung im Querschnitt. Die zeitliche Entwicklung des Querschnittsmittelwertes gibt Auskunft über Unterschiede in der (mittleren) erwarteten Überrendite während des Untersuchungszeitraums. Die zeitliche Entwicklung der Querschnittsvariation gibt Auskunft über Unterschiede in der Heterogenität der geschätzten erwarteten Renditen in verschiedenen Phasen des Untersuchungszeitraums. Diese Informationen sind für die Analysen der Kapitel 3 und 4 – insbesondere die dortigen Stabilitätsuntersuchungen bezüglich der Teilperioden – von Interesse. Die Analyse der Verteilungseigenschaften erfolgt auf beiden Untersuchungsebenen zunächst für die deutsche Datenstichprobe. Nachfolgend werden die Ergebnisse für das USamerikanische Sample präsentiert, was einen Vergleich der beiden Stichproben hinsichtlich der Eigenschaften der Schätzer für die erwartete Rendite ermöglicht.

2.4.1.1 Verteilungseigenschaften der Schätzer des deutschen Samples Im Folgenden werden die Verteilungseigenschaften der verschiedenen Schätzer der erwarteten Rendite für die Unternehmen des HDAX betrachtet. Variation im gepoolten Sample In Tabelle 2-1 sind die deskriptiven Statistiken der Schätzer der erwarteten Rendite pro Monat über die gepoolte deutsche Stichprobe enthalten. Die Stichprobe umfasst über den Zeitraum

66

Vgl. bspw. Memmel (2004), S. 77ff.

30

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Dezember 1996 bis Oktober 2006 insgesamt 8.721 Beobachtungen für 169 verschiedene Unternehmen.67 Tabelle 2-1:

Deskriptive Statistiken der Verteilungen für das gepoolte Sample Deutschland

Variable

Mittelwert

Median

Std

10%-Quantil

90%-Quantil

ZEIT

0,00985

0,01111

0,03350

-0,02967

0,04541

RIM

0,00403

0,00398

0,00319

0,00003

0,00760

ZEIT+IND

0,00569

0,00577

0,00207

0,00325

0,00789

RIM+IND

0,00499

0,00520

0,00126

0,00334

0,00603

ZEIT+RIM

0,00693

0,00699

0,01974

-0,01216

0,02421

Legende: Der Zeitreihenschätzer für die monatliche Überrendite ist mit ZEIT bezeichnet und der Schätzer aus dem Residual Income Modell mit RIM. Die mit dem Mittelwert der vergangenen Überrendite des Index kombinierten Schätzer sind mit ZEIT+IND bzw. RIM+IND bezeichnet. ZEIT+RIM ist die Kombination von Zeitreihen- und RIM-Schätzer für die monatliche Überrendite. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Periode von Dezember 1996 bis Oktober 2006.

Der Vergleich des Zeitreihenschätzers (Zeile 2) mit dem Schätzer aus dem Residual Income Modell (Zeile 3) zeigt deutliche Unterschiede hinsichtlich der Eigenschaften der Schätzer. Die Mittelwerte implizieren eine erwartete Überrendite auf Basis des Zeitreihenschätzers in Höhe knapp 1% pro Monat bzw. 11,8% p.a. Für den RIM-Schätzer ist dieser Wert mit 0,4% pro Monat bzw. 4,8% p.a. nur rund halb so hoch und besitzt eine ökonomisch wesentlich plausiblere Höhe.68 Die Mittelwerte der Kombinationen mit der mittleren vergangenen Indexüberrendite in Höhe von 6,5% p.a. (vgl. Kapitel 2.3) besitzen mit 6,8% p.a. für den Zeitreihenschätzer (Zeile 4) bzw. 6% p.a. für den RIM-Schätzer (Zeile 5) weniger unplausible Höhen als der Zeitreihenschätzer. Die Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer besitzt mit 8,3% einen Mittelwert, der hälftig zwischen den Mittelwerten der beiden zugrunde liegenden Schätzer liegt.

67

68

Im Untersuchungssample werden nur die Unternehmen in einem Zeitpunkt berücksichtigt, für die alle fünf verschiedenen Schätzer der erwarteten Rendite vorliegen. Da die kombinierten Schätzer keine zusätzlichen Daten gegenüber dem Zeitreihenschätzer bzw. dem RIM-Schätzer benötigen, ist die Existenz dieser beiden Schätzer für die Aufnahme eines Unternehmens in einem Zeitpunkt in das Sample entscheidend. Entsprechend der Anzahl der Mitgliedsunternehmen des HDAX von 100 im Zeitraum von Dezember 1996 bis März 2003 und nachfolgend 110 Unternehmen, ergibt sich eine Gesamtzahl von 12.330 Unternehmenszeitpunkten während des Untersuchungszeitraums für 209 verschiedene Unternehmen. Entsprechend der Datenverfügbarkeit umfasst das Sample für jeden Schätzer 8.721 Unternehmenszeitpunkte, was einen Verlust von 29 % der Beobachtungen impliziert. Vgl. Mehra/Prescott (1985). Diese untersuchen die Höhe empirisch beobachteter Marktrisikoprämien auf Basis von Zeitreiheninformationen für den Zeitraum 1889 bis 1979 und finden, dass die beobachteten Werte mit einem Mittelwert von knapp 7% zu hoch für plausible Höhen der Risikoaversion von Marktteilnehmern sind.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

31

Auch hinsichtlich der Volatilität nimmt der Zeitreihenschätzer im Vergleich zu den anderen Schätzern eine Sonderstellung ein. Mit einer annualisierten Standardabweichung in Höhe von 11,6% beträgt diese mehr als das Zehnfache der Standardabweichung des RIM-Schätzers in Höhe von 1,1%. Durch die Kombination mit dem Mittelwert der vergangenen Überrendite des Indexes reduziert sich die Standardabweichung sowohl für den Zeitreihenschätzer (0,72% p.a.) als auch für den RIM-Schätzer (0,44% p.a.) deutlich. Diese Reduktion ist dadurch bedingt, dass der zur Kombination verwendete Schätzer eine Konstante ist. Die Standardabweichung der Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer liegt mit 6,8% p.a. nahezu mittig zwischen den Standardabweichungen der unkombinierten Schätzer. Die unterschiedlichen Volatilitäten spiegeln sich auch in den Differenzen der in den Spalten 5 und 6 von Tabelle 2-1 berichteten Quantile wider. So beträgt bspw. die Differenz zwischen 10%- und 90%-Quantil für den Zeitreihenschätzer rund das Zehnfache der analogen Differenz für den RIM-Schätzer. Zur Veranschaulichung der Verteilungseigenschaften der Schätzer sind in Abbildung 2-1 die Verteilungen des Zeitreihenschätzers und des RIM-Schätzer dargestellt. In Abbildung 2-2 finden sich die Verteilungen der kombinierten Schätzer. Abbildung 2-1: Verteilungen der Schätzer der erwarteten Rendite für das gepoolte Sample Deutschland

1, 4%

1, 2%

1, 0%

0, 8%

0, 6%

0, 4%

0, 2%

0, 0%

-0 ,2 %

-0 ,4 %

-0 ,6 %

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (RIM)

4500

Anzahl Beobachtungen

4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500

11 ,0 %

9, 0%

7, 0%

5, 0%

3, 0%

1, 0%

-1 ,0 %

-3 ,0 %

-5 ,0 %

-7 ,0 %

-9 ,0 %

0

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT) ZEIT

RIM

Die Verteilung des Zeitreihenschätzers in Abbildung 2-1 bezieht sich auf die untere Größenachse, die des RIM-Schätzers auf die obere Größenachse. Die Mittelwerte der Verteilungen liegen jeweils in der Mitte der Achsen, d.h. 1% pro Monat für den Zeitreihenschätzer und

32

2 Schätzung der erwarteten Rendite

0,4% pro Monat für den RIM-Schätzer. Für den Zeitreihenschätzer werden Abweichungen von +/-10 Prozentpunkten um den Mittelwert erfasst, für den RIM-Schätzer hingegen Abweichungen von +/-1 Prozentpunkt um den Mittelwert. Wie aus Abbildung 2-1 ersichtlich, sind die beiden Verteilungen sehr ähnlich. Dies veranschaulicht den in Tabelle 2-1 berichteten Unterschied um den Faktor zehn in den Standardabweichungen der Verteilungen der Schätzer, der in den unterschiedlichen Skalierungen der Achsen erfasst ist. Abbildung 2-2: Verteilungen der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite für das gepoolte Sample - Deutschland

1, 4%

1, 2%

1, 0%

0, 8%

0, 6%

0, 4%

0, 2%

0, 0%

-0 ,2 %

-0 ,4 %

-0 ,6 %

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (RIM+IND und ZEIT+IND)

4500 Anzahl Beobachtungen

4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 % ,0 -9

% ,0 -7

% ,0 -5

% ,0 -3

% ,0 -1

0% 1,

0% 3,

0% 5,

0% 7,

0% 9,

% ,0 11

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT+RIM) ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

Abbildung 2-2 veranschaulicht die Veränderungen der Verteilungen durch die Kombinationen der Schätzer. Die Verteilung der Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer bezieht sich auf die untere Größenachse, die Kombinationen mit der vergangenen mittleren Indexrendite, RIM+IND und ZEIT+IND, auf die obere Größenachse. Deutlich ersichtlich sind die Stauchungen der Verteilungen durch die Kombination sowie die leichte Veränderung der Mittelwerte. So reduziert sich die Standardabweichung der Kombination RIM+IND gegenüber dem RIM-Schätzer um 60%. Für die Kombination ZEIT+IND erfolgt sogar eine Verringerung um über 90%.69 Wesentlich geringer ist die Stauchung der Kombination ZEIT+RIM. Im Vergleich mit dem Zeitreihenschätzer reduziert sich die Standardabweichung des Schätzers auf knapp die Hälfte bzw. erhöht sich im Vergleich mit dem RIM-Schätzer auf das Sechsfache.

69

Die Verringerung der Standardabweichung entspricht dem (konstanten) Gewicht des Priors.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

33

Abschließend stellt sich aus ökonomischer Sicht im Vergleich der Verteilungen von Zeitreihen- und RIM-Schätzer die Frage, ob die hohe Streuung des Zeitreihenschätzers Information widerspiegelt, d.h. die wahren erwarteten Renditen streuen tatsächlich sehr stark, oder ob sie lediglich Ausdruck des Rauschens in den Renditen ist. Die umfassende Literatur zu Schätzrisiken bezüglich erwarteter Renditen deutet auf den zweiten Erklärungsansatz hin.70 Dieser Frage wird in den Untersuchungen zur Güte der Schätzer in Kapitel 2.4.2 sowie den Untersuchungen zentraler Fragestellungen der Kapitalmarkttheorie in den Kapiteln 3 und 4 nachgegangen. Bevor jedoch auf diese Ergebnisse eingegangen wird, soll zunächst die Variation der erwarteten Rendite im Zeitablauf genauer analysiert werden. Variation im Zeitablauf Im Folgenden wird der Querschnittsmittelwert der erwarteten Überrendite für die Unternehmen der deutschen Stichprobe hinsichtlich seiner Variation über die Zeit untersucht. Dazu wird für jeden der fünf verschiedenen Schätzer der erwarteten Überrendite eine Zeitreihe von Querschnittsmittelwerten bestimmt.

-0,1%

De z

De z

De z

03 De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

-3,0%

-0,3%

-5,0%

-0,5%

-7,0%

-0,7%

-9,0%

RIM Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (RIM)

-1,0%

06

0,1%

05

1,0%

04

0,3%

02

3,0%

01

0,5%

00

5,0%

99

0,7%

98

7,0%

97

0,9%

96

9,0%

De z

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT) ZEIT

Abbildung 2-3: Querschnittsmittelwerte der Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf Deutschland

-0,9% Datum ZEIT

RIM

Abbildung 2-3 veranschaulicht die Entwicklung der Querschnittsmittelwerte von Zeitreihenschätzer und RIM-Schätzer über die Zeit. Dabei beziehen sich die Einträge für den Zeitrei70

Vgl. bspw. Merton (1980) oder Lundblad (2007).

34

2 Schätzung der erwarteten Rendite

henschätzer auf die linke Größenachse und für den RIM-Schätzer auf die rechte Größenachse. Die zeitliche Entwicklung des RIM-Schätzers weist für das erste sowie das letzte Drittel des Untersuchungszeitraums eine vergleichsweise geringe Streuung auf. So variieren die Querschnittsmittelwerte zu Beginn des Untersuchungszeitraums bis Mitte des Jahres 2001 um das Niveau von 0,3% pro Monat bzw. 3,6% pro Jahr und ab Beginn des Jahres 2004 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums um 0,4% pro Monat bzw. rund 5% p.a. Die mittlere Phase des Untersuchungszeitraums fällt mit der Phase des Abschwungs und erhöhter Volatilität am deutschen Aktienmarkt zusammen (vgl. Abbildung 3-1 im nachfolgenden Kapitel 3 sowie Abbildung A-3 in Anhang A). In dieser Zeit besitzen die Querschnittsmittelwerte für den RIM-Schätzer teilweise ein deutlich höheres Niveau und betragen über 9% p.a. Entsprechend der unterschiedlichen Skalierungen der Größenachsen weist der Querschnittsmittelwert des Zeitreihenschätzers im Zeitablauf eine um das Zehnfache höhere Streuung auf als der RIMSchätzer. Im ersten sowie im letzten Drittel des Untersuchungszeitraums zeigen die Querschnittsmittelwerte auch für diesen einen etwas stabileren Verlauf als im mittleren Drittel. Während in der ersten und dritten Phase des betrachteten Zeitraums nur vereinzelt gegenläufige Entwicklungen der mittleren erwarteten Rendite aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer und somit vergleichsweise geringe Korrelationen zu beobachten sind, ist in den Jahren 2001 bis 2003, in welchen starke Abwärtsbewegungen des Marktes auftraten, die negative Korrelation der Querschnittsmittelwerte gut ersichtlich. In diesen Jahren steigt das Niveau der erwarteten Rendite für den RIM-Schätzer an, während es für den Zeitreihenschätzer abfällt und teilweise negativ wird. Der Anstieg des RIM-Schätzers in dieser hochvolatilen Marktphase spiegelt mutmaßlich einen mit der erhöhten Unsicherheit im Markt einhergehenden Anstieg der geforderten Risikoprämie wider, wie ihn das intertemporale CAPM nach Merton (1973) postuliert.71 Wenig plausibel hingegen ist vor diesem Hintergrund das stark fallende Niveau des Zeitreihenschätzers in dieser Phase. Die auf Basis des Zeitreihenschätzers erwartete mittlere Rendite liegt vereinzelt sogar unterhalb von -30% p.a. Neben dem negativen Zusammenhang von erwarteter Rendite und Risiko ist auch dieses negative Niveau der mittleren erwarteten Überrendite der Aktien ökonomisch unplausibel.72

71

72

Die Entwicklung der Volatilität des Marktes während des Untersuchungszeitraums bildet der Volatilitätsindex VDAX-NEW in Abbildung A-3 in Anhang A ab. Dieser Index misst die implizite Volatilität von Optionen mit einer Restlaufzeit von 30 Tagen, vgl. Deutsche Börse Group (2007a). In der Entwicklung des VDAX-NEW ist eine weitere Phase hoher Volatilität im Zeitraum Juli 1998 bis Juni 1999 ersichtlich. In dieser Zeit besitzt der RIM-Schätzer ebenfalls einen ansteigenden Verlauf, während das Niveau des Zeitreihenschätzers deutlich abfällt (vgl. Abbildung 2-3). Auch in diesen Monaten des ersten Drittels des Untersuchungszeitraums besteht – wie für das gesamte zweite Drittel des Untersuchungszeitraums – eine negative Korrelation der Schätzer. Bezüglich empirischer Evidenz für den intertemporalen Zusammenhang von erwarteter Rendite und Risiko vergleiche auch Pastor/Sinha/Swaminathan (2008). Vgl. Merton (1980).

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

35

-0,1%

De z

De z

04 De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

-3,0%

-0,3%

-5,0%

-0,5%

-7,0%

-0,7%

-9,0%

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (RIM+IND und ZEIT+IND)

-1,0%

06

0,1% 05

1,0% 03

0,3%

02

3,0%

01

0,5%

00

5,0%

99

0,7%

98

7,0%

97

0,9%

96

9,0%

De z

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT+RIM)

Abbildung 2-4: Querschnittsmittelwerte der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf - Deutschland

-0,9% Datum ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

Die Querschnittsmittelwerte der kombinierten Schätzer in Abbildung 2-4 zeigen eine wesentlich geringere Variation im Zeitablauf als die unkombinierten Schätzer. Deutlich zu erkennen ist für die Kombinationen ZEIT+RIM sowie ZEIT+IND der ähnliche Verlauf der Graphen im Vergleich zum Zeitreihenschätzer in Abbildung 2-3 sowie für die Kombination RIM+IND im Vergleich zum RIM-Schätzer in Abbildung 2-3. Der exakt gleichgerichtete Verlauf der Graphen für den Zeitreihenschätzer und dessen Kombination mit dem Index spiegelt wider, dass sowohl der Prior als auch die zur Kombination verwendeten Gewichte von Zeitreihenschätzer und Indexrendite im Zeitablauf sowie über alle Unternehmen konstant sind. Die Gewichte der Kombination ZEIT+RIM sind zwar im Zeitablauf und über die Unternehmen nicht konstant, sie variieren jedoch nur geringfügig. Entscheidend für den gleichartigen Verlauf dieses Schätzers mit dem Zeitreihenschätzer ist das deutlich höhere absolute Niveau der Ausprägungen des Zeitreihenschätzers gegenüber den Ausprägungen des RIM-Schätzers, welcher somit in der Kombination der beiden Schätzer dominiert. Aus dem Vergleich der Entwicklungen von RIM+IND- und RIM-Schätzer ist ersichtlich, dass die Kombination des RIM-Schätzers mit dem konstanten Prior eine deutliche Verringerung der Variation des Mittelwertes des RIM-Schätzers bewirkt. Die vorausgehende graphische Längsschnittsanalyse erfolgte anhand der zeitlichen Entwicklung der Querschnittsmittelwerte. Die Betrachtung der Querschnittsmittelwerte in Abbildung 2-3 und Abbildung 2-4 gibt allerdings keine Auskunft darüber, wie stark die erwarteten

36

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Renditen in einem jeweiligen Zeitpunkt über die verschiedenen Unternehmen streuen. Diese Information ist in Abbildung A-4 und Abbildung A-5 in Anhang A enthalten, welche die Entwicklung der Querschnittsstreuung im Zeitablauf darstellt. Für Zeitreihen- und RIMSchätzer zeigt sich ein ähnlicher Verlauf, wobei das Niveau der Streuung für den Zeitreihenschätzer um rund das Zehnfache höher liegt als für den RIM-Schätzer. Das Niveau der Querschnittsstandardabweichungen der jeweiligen Kombinationen von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer mit dem Mittelwert der historischen Indexrendite liegt rund halb so hoch wie für den unkombinierten RIM-Schätzer. Die Kombination ZEIT+RIM variiert im Querschnitt ungefähr zehnmal so stark wie die beiden zuvor genannten Kombinationen und rund halb so stark wie der unkombinierte Zeitreihenschätzer.73 Im Vergleich der fünf Schätzer der erwarteten Rendite weisen die Schätzer ZEIT und ZEIT+RIM somit eine deutlich höhere Querschnittsstreuung auf als die übrigen Schätzer. Für die Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) impliziert eine höhere Querschnittsstreuung der erwarteten Renditen ceteris paribus eine höhere ex ante Sharpe-Ratio des optimalen Aktienportfolios. In Bezug auf die Schätzung von Kapitalmarktmodellen impliziert eine höhere Querschnittsvariation der erwarteten Renditen ceteris paribus höhere Ausprägungen der Risikoprämien.74 Dass die höhere Querschnittsstreuung dieser Schätzer jedoch mutmaßlich vielmehr Ausdruck des Rauschens in den Schätzern als einer tatsächlich vorhandenen Variation der erwarteten Renditen in diesem Ausmaß ist, darauf deutet die nachfolgende 73

74

Für einen Vergleich der Längsschnittseigenschaften der Querschnittsmittelwerte mit den Eigenschaften des gepoolten Samples finden sich in Tabelle A-2 von Anhang A die deskriptiven Statistiken der Querschnittsmittelwerte in Analogie zu den deskriptiven Statistiken des gepoolten Samples in Tabelle 2-1. Die deskriptiven Statistiken zeigen die aus der Mittelung im Querschnitt resultierende starke Reduktion der Variation gegenüber der Variation der Einzelbeobachtungen im gepoolten Sample. So ist die zeitliche Standardabweichung der monatlichen Mittelwerte für jeden der fünf Schätzer jeweils nur rund halb so hoch wie die Standardabweichung des zugehörigen gepoolten Samples. Der gleiche Effekt zeigt sich auch bei Betrachtung der Breite des Intervalls zwischen 10%- und 90%-Quantil. Hinsichtlich der Mittelwertbildung sei darauf hingewiesen, dass es unerheblich ist, ob zunächst für jeden Zeitpunkt eine Mittelwertbildung im Unternehmensquerschnitt erfolgt und anschließend eine Mittelung dieser Ergebnisse über die Zeit oder ob eine Mittelwertbildung über das gepoolte Sample erfolgt. Leichte Ergebnisdifferenzen ergeben sich für das zugrunde liegende Sample lediglich deshalb, weil aufgrund fehlender Daten bzw. der Umstellung der Mitgliedsunternehmen im HDAX von 100 auf 110 im März 2003 die Unternehmensanzahl im Querschnitt während des Untersuchungszeitraums leichten Variationen unterliegt. So entsprechen die Mittelwerte der Querschnittsmittelwerte für den Zeitreihenschätzer mit rd. 10,3% p.a. sowie für den RIM-Schätzer mit rd. 4,8% p.a. nahezu den Mittelwerten der gepoolten Samples in Tabelle 2-1. Auch Lee/Ng/Swaminathan (2008), S. 34, berichten deskriptive Statistiken der im Querschnitt gemittelten erwarteten Marktrisikoprämie aus dem Residual Income Modell für deutsche Unternehmen für die Jahre 1991 bis 2000. Gemittelt über den zehnjährigen Untersuchungszeitraum ergibt sich mit 4,1% p.a. eine vergleichbare Größenordnung wie in der vorliegenden Arbeit. Die vorausgehenden theoretischen Argumente haben jedoch keinen Bestand, wenn eine hohe Querschnittsstreuung aus großen Schätzfehlern in den erwarteten Renditen resultiert. So erhalten Wertpapiere mit extremen Parametern in der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) tendenziell hohe Gewichte, wodurch aus einer hohen Querschnittsvariation aufgrund von Schätzfehlern starke Fehlallokationen in der Vermögensaufteilung resultieren können, vgl. Drobetz (2003). Ebenso gilt in Hinblick auf Kapitalmarktmodelltests, dass eine höhere Querschnittsvariation der erwarteten Renditen aufgrund von Schätzfehlern keinen Einfluss auf die Höhe der Entlohnung von Risikofaktoren hat. Aus diesem Grund schließt an die Analysen des vorliegenden Kapitels im nachfolgenden Kapitel 2.4.2 die Analyse der Güte der Schätzer an.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

37

Verwendung der Schätzer in der empirischen Umsetzung der Portfoliooptimierung und der dortige Vergleich von ex ante und ex post Sharpe-Ratio (vgl. Kapitel 3.4.1) ebenso wie die Untersuchungen der Güte der Schätzer in Kapitel 2.4.2. Auch die Ergebnisse der Kapitalmarktmodelltests auf Basis realisierter Renditen in Kapitel 4 legen diese Schlussfolgerung nahe. Zusammenfassend zeigen die vorausgehenden Analysen, dass alle Schätzer der erwarteten Überrendite eine deutliche Variation aufweisen, deren Ausmaß sich jedoch ebenso wie das Niveau der erwarteten Rendite über die verschiedenen Schätzer merklich unterscheidet. Das Niveau des traditionellen Zeitreihenschätzers ist mit Mittelwerten von über 10% p.a. sehr hoch. Eine wesentlich plausiblere Höhe besitzt der RIM-Schätzer mit rd. 4% p.a. Auch die Streuung des Zeitreihenschätzers ist deutlich höher als für den RIM-Schätzer. Sie beträgt im Vergleich der gepoolten Samples das Zehnfache. Ebenfalls um den Faktor zehn unterscheiden sich die Streuungen der Querschnittsmittelwerte im Zeitablauf. Die durch Bayessche Kombinationen mit der Indexrendite bestimmten Schätzer RIM+IND und ZEIT+IND weisen im Vergleich zum unkombinierten RIM-Schätzer jeweils ein leicht erhöhtes mittleres Niveau sowie eine reduzierte Streuung auf. Für die Kombination aus Zeitreihenschätzer und RIMSchätzer ergibt sich jeweils eine Reduktion von Mittelwert und Standardabweichung im Vergleich zum Zeitreihenschätzer und eine Erhöhung der Parameter im Vergleich zum RIMSchätzer.

2.4.1.2 Verteilungseigenschaften der Schätzer des US-amerikanischen Samples Nachfolgend werden die Verteilungseigenschaften der verschiedenen Schätzer der erwarteten Rendite für die Unternehmen des US-amerikanischen Samples analysiert und ein Vergleich mit den Ergebnissen des deutschen Samples vorgenommen. Variation im gepoolten Sample Tabelle 2-2 enthält die deskriptiven Statistiken der Schätzer der erwarteten monatlichen Rendite für das gepoolte US-amerikanische Sample. Dieses Sample umfasst über den Zeitraum von Dezember 1981 bis Oktober 2006 insgesamt 118.542 Beobachtungen für 833 verschiedene Unternehmen. Die nachfolgenden Untersuchungen für den US-amerikanischen Markt besitzen somit eine Datenbasis, die mehr als dreizehnmal so umfangreich ist wie die Datenbasis für den deutschen Markt.75

75

Der Faktor 13 bezüglich des Verhältnisses der Größe des US-amerikanischen Samples zur Größe des deutschen Samples ist bedingt durch die rd. fünffache Größe des Unternehmensquerschnitts sowie die zweieinhalbfache Länge des Untersuchungszeitraums. Für das US-Sample ergäbe sich bei vollständiger Verfügbarkeit der Schätzer während der 299 Untersuchungsmonate eine Gesamtanzahl von 149.500 Beobachtungen für 1.112 Unternehmen. Damit gehen aufgrund eingeschränkter Datenverfügbarkeit rund ein Fünftel (21%) der Beobachtungen verloren.

38

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Tabelle 2-2: Variable

Deskriptive Statistiken der Verteilungen für das gepoolte Sample - USA Mittelwert

Median

Std

10%-Quantil

90%-Quantil

ZEIT

0,00862

0,00877

0,02626

-0,02120

0,03734

RIM

0,00232

0,00197

0,00304

-0,00084

0,00576

ZEIT+IND

0,00500

0,00502

0,00272

0,00192

0,00797

RIM+IND

0,00366

0,00371

0,00140

0,00200

0,00505

ZEIT+RIM

0,00542

0,00540

0,01292

-0,00882

0,01924

Legende: Der Zeitreihenschätzer für die monatliche Überrendite ist mit ZEIT bezeichnet und der Schätzer aus dem Residual Income Modell mit RIM. Die mit dem Mittelwert der vergangenen Überrendite des Index kombinierten Schätzer sind mit ZEIT+IND bzw. RIM+IND bezeichnet. ZEIT+RIM ist die Kombination von Zeitreihen- und RIM-Schätzer für die monatliche Überrendite. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Periode von Dezember 1981 bis Oktober 2006.

Der Mittelwert der erwarteten Überrendite auf Basis des Zeitreihenschätzers beträgt für das US-Sample 0,86% pro Monat bzw. 10,3% p.a. Die erwartete Überrendite auf Basis des Residual Income Modells beträgt im Mittel 0,23% pro Monat bzw. 2,8% p.a. Die Mittelwerte der kombinierten Schätzer liegen jeweils zwischen den Niveaus für Zeitreihen- und RIMSchätzer. So ergibt sich für die Kombination aus Zeitreihenschätzer und mittlerer historischer Indexrendite in Höhe von 5,5% p.a. (vgl. Kapitel 2.3) ein Mittelwert von 6% p.a., für die Kombination von RIM-Schätzer und Indexrendite ein Wert von 4,4% p.a. und für die Kombination aus Zeitreihenschätzer und RIM-Schätzer ein Wert von 6,5% p.a. Damit liegt das Niveau der Mittelwerte sowie auch das Niveau der Mediane für alle Schätzer etwas geringer als in der deutschen Stichprobe. Dieser Unterschied ist vornehmlich auf die unterschiedlichen Zeiträume der beiden Stichproben zurückzuführen.76 Hinsichtlich der Streuungen der Schätzer, d.h. der Standardabweichungen sowie der 10%und 90%-Quantile, besteht die gleiche Rangreihung wie im deutschen Sample. Die Kombination aus RIM-Schätzer und mittlerer Indexrendite weist wiederum die geringste Streuung über das gepoolte Sample auf. Dieser Schätzer für die erwartete Monatsrendite besitzt eine Standardabweichung von rd. 0,14% und eine Differenz von rd. 0,3 Prozentpunkten zwischen 90%- und 10%-Quantil. Darauf folgen mit zunehmender Standardabweichung die Kombinati76

Während das deutsche Sample die Periode von 1996 bis 2006 umfasst, beginnt das US-Sample bereits fünfzehn Jahre eher im Jahr 1981. Insbesondere die 1980er Jahre waren jedoch (wie auch anhand von Abbildung 2-7 in der nachfolgenden Analyse der mittleren erwarteten Rendite im Zeitablauf ersichtlich) durch geringe erwartete Überrenditen gekennzeichnet. Diese Phase ist geprägt durch ein hohes Zinsniveau mit einer mittleren Rendite einjähriger Staatsanleihen im Zeitraum Dezember 1981 bis Dezember 1989 von 8,8% p.a. Wird der Mittelwert der erwarteten Überrenditen über das gepoolte US-Sample für den deutschen Untersuchungszeitraum gebildet, so ergibt sich für den RIM-Schätzer ein Mittelwert von 4% p.a. und für den Zeitreihenschätzer von 10,6 % p.a. und ist somit den deutschen Werten vergleichbar. Desrosiers/Lemaire/L’Her (2007), S. 79, berichten für den Zeitraum 1988-2005 eine auf Basis des Residual Income Modells bestimmte mittlere erwartete Rendite für US-Aktien in Höhe von 8,5% p.a. Bei einem Mittelwert des risikolosen Zinssatzes von rd. 5% in diesem Zeitraum beträgt die erwartete Überrendite ihres Samples 3,5% p.a. und ist dem Wert des vorliegenden Samples von gut 3% p.a. für diesen Zeitraum vergleichbar.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

39

on aus Zeitreihenschätzer und Indexrendite, der unkombinierte RIM-Schätzer sowie die Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer. Die größte Streuung weist der Zeitreihenschätzer mit einer Standardabweichung von 2,6% und einer Differenz der Quantile für die erwartete monatliche Rendite von rd. 6 Prozentpunkten auf. Die Niveaus der Standardabweichungen für den RIM-Schätzer sowie dessen Kombination mit dem Index sind vergleichbar zum deutschen Sample. Die Standardabweichungen des Zeitreihenschätzers sowie von dessen Kombinationen mit der Indexrendite bzw. dem RIM-Schätzer liegen jeweils rund ein Drittel niedriger als im deutschen Sample. Abbildung 2-5: Verteilungen der Schätzer der erwarteten Rendite für das gepoolte Sample USA

1, 2%

1, 0%

0, 8%

0, 6%

0, 4%

0, 2%

0, 0%

-0 ,2 %

-0 ,4 %

-0 ,6 %

-0 ,8 %

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (RIM)

50000 Anzahl Beobachtungen

45000 40000 35000 30000 25000 20000 15000 10000 5000 0 % ,0 -9

% ,0 -7

% ,0 -5

% ,0 -3

% ,0 -1

0% 1,

0% 3,

0% 5,

0% 7,

0% 9,

% ,0 11

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT) ZEIT

RIM

In Abbildung 2-5 und Abbildung 2-6 werden die deskriptiven Statistiken aus Tabelle 2-2 graphisch veranschaulicht. In Abbildung 2-5 sind die Verteilungen von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer über das gepoolte Sample dargestellt. Für den Zeitreihenschätzer erfasst die Grafik die Streuung der Beobachtungen in Höhe von +/-10 Prozentpunkten um den Mittelwert, für den RIM-Schätzer hingegen von +/-1 Prozentpunkt um den Mittelwert.77 Dieses Verhältnis von 10 zu 1 entspricht auch dem Verhältnis der Standardabweichungen der 77

Im Vergleich zur analogen deutschen Darstellung in Abbildung 2-1 ändert sich lediglich die Beschriftung der oberen Größenachse. Aufgrund des geringeren Mittelwertes des RIM-Schätzers für das USSample liegt der Mittelpunkt der Achse bei 0,2% p.a., der minimale Wert bei -0,8% p.a. und der maximale Wert bei 1,2% p.a. Die Achsenbeschriftung für den Zeitreihenschätzer bleibt unverändert gegenüber der Darstellung für Deutschland.

40

2 Schätzung der erwarteten Rendite

beiden Schätzer. Wie aus Abbildung 2-5 ersichtlich, führt die Skalierung der Achsen zu ähnlichen graphischen Abbildungen der Verteilungen der beiden Schätzer. Abbildung 2-6: Verteilungen der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite für das gepoolte Sample - USA

Anzahl Beobachtungen

1, 2%

1, 0%

0, 8%

0, 6%

0, 4%

0, 2%

0, 0%

-0 ,2 %

-0 ,4 %

-0 ,6 %

-0 ,8 %

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (RIM+IND und ZEIT+IND)

50000 45000 40000 35000 30000 25000 20000 15000 10000 5000 0 % ,0 -9

% ,0 -7

% ,0 -5

% ,0 -3

% ,0 -1

0% 1,

0% 3,

0% 5,

0% 7,

0% 9,

% ,0 11

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT+RIM) ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

Abbildung 2-6 veranschaulicht die deutlich reduzierte Streuung der kombinierten Schätzer gegenüber den unkombinierten Schätzern in Abbildung 2-5 sowie die leichte Veränderung der Mittelwerte. Die Standardabweichung des RIM-Schätzers verringert sich durch die Kombination mit der Indexrendite um gut 50%, ebenso wie die Standardabweichung des Zeitreihenschätzers durch die Kombination mit dem RIM-Schätzer. Die Standardabweichung der Kombination aus Zeitreihenschätzer und Indexrendite beträgt lediglich noch ein Zehntel der Standardabweichung des unkombinierten Zeitreihenschätzers. Die Ausmaße der Stauchungen der Verteilungen sind jeweils vergleichbar zu denen der deutschen Stichprobe. Variation im Zeitablauf Im Folgenden wird für das amerikanische Sample entsprechend des Vorgehens für das deutsche Sample in Kapitel 2.4.1.1 die Variation der Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf analysiert. Abbildung 2-7 und Abbildung 2-8 stellen die zeitliche Entwicklung der Querschnittsmittelwerte der verschiedenen Schätzer dar.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

41

-0,3%

-5,0%

-0,5%

-7,0%

-0,7%

-9,0%

RIM Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (RIM)

De z

De z

De z

De z

De z

93

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

-3,0%

05

-0,1%

03

-1,0%

01

0,1%

99

1,0%

97

0,3%

95

3,0%

91

0,5%

89

5,0%

87

0,7%

85

7,0%

83

0,9%

81

9,0%

De z

Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT) ZEIT

Abbildung 2-7: Querschnittsmittelwerte der Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf USA

-0,9% Datum ZEIT

RIM

Wie Abbildung 2-7 veranschaulicht, folgt der Querschnittsmittelwert des RIM-Schätzers über den Untersuchungszeitraum einem Zeittrend. Für die ersten beiden Jahre ist der Querschnittsmittelwert der erwarteten Überrendite negativ, für die weiteren 1980er Jahre schwankt er zwischen 0% und 2,5% p.a. In den 1990er Jahren liegt die Variation im Bereich von 2% p.a. bis 4,5% p.a. Für die letzten sechs Jahre des Untersuchungszeitraums hat der Querschnittsmittelwert durchgängig eine Höhe von mehr als 3% p.a. und beträgt im Maximum über 7% p.a. Für den Zeitreihenschätzer zeigt sich wie im deutschen Sample eine wesentlich größere Schwankungsbreite des Querschnittsmittelwertes im Zeitablauf als für den RIMSchätzer. So finden sich beispielsweise zum Ende des Jahres 1983 sowie zum Jahresende 2003 erwartete Überrenditen von über 40% p.a. Innerhalb der 1980er Jahre sowie nach dem Jahrtausendwechsel sind hingegen auch negative Werte von rd. -20% p.a. zu beobachten.78 Durch die Bayessche Kombination des RIM-Schätzers mit dem Mittelwert der historischen Indexrendite wird der Zeittrend des RIM-Schätzers deutlich abgemildert wie anhand von Abbildung 2-8 ersichtlich ist. So liegt die erwartete Überrendite für diese Kombination über den gesamten Untersuchungszeitraum in dem Intervall von 3,5% p.a. bis 6% p.a. Lediglich für die ersten beiden Jahre des Untersuchungszeitraums liegt die erwartete Überrendite unterhalb dieses Intervalls. Der Verlauf der Querschnittsmittelwerte der Kombination aus 78

Bezüglich der ökonomischen Plausibilität dieser Ergebnisse vgl. die Interpretation der analogen deutschen Ergebnisse in Kapitel 2.4.1.1.

42

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Zeitreihenschätzer und Indexrendite entspricht dem mit konstantem Faktor gestauchten Verlauf des Zeitreihenschätzers.79 Für die Kombination von Zeitreihenschätzer und RIMSchätzer verringert sich die Standardabweichung gegenüber dem Zeitreihenschätzer, erhöht sich jedoch gegenüber dem RIM-Schätzer. Dies spiegelt – ebenso wie der dem Zeitreihenschätzer ähnelnde Verlauf des Graphen – die Dominanz des Zeitreihenschätzers in der Kombination ZEIT+RIM wider. Eine vergleichbare Entwicklung der Querschnittsmittelwerte im Zeitablauf war für die kombinierten Schätzer innerhalb des deutschen Samples zu beobachten.

-0,3%

-5,0%

-0,5%

-7,0%

-0,7%

-9,0%

RIM+IND Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat ZEIT+IND (RIM+IND und ZEIT+IND)

05

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

-3,0%

03

-0,1%

01

-1,0%

99

0,1%

97

1,0%

95

0,3%

93

3,0%

91

0,5%

89

5,0%

87

0,7%

85

7,0%

83

0,9%

81

9,0%

De z

ZEIT+RIM Erwartete Überschuss-Rendite pro Monat + (ZEIT+RIM)

Abbildung 2-8: Querschnittsmittelwerte der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf - USA

-0,9% Datum ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

In Ergänzung zur Analyse der Querschnittsmittelwerte im Zeitablauf erfassen Abbildung A-6 und Abbildung A-7 in Anhang A die durch die Querschnittsmittelwertbildung verlorengegangene Information bezüglich der Streuung der erwarteten Renditen pro Monat in den einzelnen Zeitpunkten des Untersuchungszeitraums. Im Vergleich zum deutschen Sample zeigt sich für den RIM-Schätzer mit Werten zwischen 0,15% und 0,35% eine geringere Schwankungsbreite der Querschnittsstandardabweichungen im Zeitablauf, für den Zeitreihenschätzer hingegen mit Werten zwischen 1,5% und 4,5% eine etwas stärkere Schwankungsbreite.80 Das Niveau der Querschnittsstandardabweichungen des Zeitreihenschätzers beträgt rund das Achtfache 79 80

Vgl. Fußnote 69. Im deutschen Sample variiert die Querschnittsstandardabweichung für den RIM-Schätzer zwischen 0,1% und 0,5% und für den Zeitreihenschätzer zwischen knapp 2% und 4%, vgl. Abbildung A-4 in Anhang A.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

43

von dem des RIM-Schätzers, womit das Verhältnis im Vergleich zum deutschen Sample etwas geringer ist. Die Querschnittsstandardabweichungen für die Kombinationen RIM+IND und ZEIT+IND unterscheiden sich etwas stärker als im deutschen Sample. So liegt die mittlere Querschnittsstandardabweichung für die Kombination ZEIT+IND nur leicht unterhalb des Niveaus des unkombinierten RIM-Schätzers, während die Querschnittsstandardabweichung des Schätzers RIM+IND im Mittel nur rund halb so hoch ist wie für den RIMSchätzer. Die Querschnittsstandardabweichung der Kombination ZEIT+RIM liegt wie für Deutschland bei circa der Hälfte der Querschnittsstandardabweichung des Zeitreihenschätzers.81 In Hinblick auf die Analyseergebnisse für das US-Sample lässt sich somit resümieren, dass die betrachteten Schätzer auch für diese Stichprobe deutlich variieren – sowohl in Bezug auf die auf Basis eines Schätzverfahrens bestimmten Schätzer der erwarteten Rendite als auch im Vergleich der mittels unterschiedlicher Schätzverfahren bestimmten Schätzer. Wie im deutschen Sample besitzt der Zeitreihenschätzer ein deutlich höheres Niveau und eine deutlich höhere Streuung als der RIM-Schätzer. Ebenfalls in Analogie zur deutschen Stichprobe weisen die nach Bayesschem Verfahren kombinierten Schätzer RIM+IND und ZEIT+IND im Vergleich zum unkombinierten RIM-Schätzer jeweils ein leicht erhöhtes mittleres Niveau sowie eine reduzierte Streuung auf. Für die Kombination ZEIT+RIM hingegen erhöhen sich Mittelwert und Standardabweichung im Vergleich zum RIM-Schätzer, reduzieren sich jedoch wie für die beiden anderen Kombinationen im Vergleich zum Zeitreihenschätzer. Zusammenfassend zeigen die deskriptiven Analysen der Kapitel 2.4.1.1 und 2.4.1.2 sowohl für Deutschland als auch die USA deutliche Unterschiede in den Eigenschaften der verschiedenen Schätzer für die erwartete Rendite. Diese Unterschiede sind für die nachfolgenden Untersuchungen der Kapitel 3 und 4 beachtenswert, da beispielsweise in der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) Differenzen in den Eigenschaften der Schätzer Abweichungen der (ex ante) von diesen Schätzern aufgespannten effizienten Ränder bewirken, aus denen wiederum Unterschiede für die Zusammensetzung der zugehörigen Tangentialportfolios resultieren. Die zentrale Frage in diesem Zusammenhang ist, welche Schätzer näher an den wahren Parametern liegen (bezüglich Niveau und Streuung) und damit zu besonders guten Anlageentscheidungen, d.h. einem hohen ex post Anlageerfolg, führen. In Bezug auf die Kapitalmarktmodelltests in Kapitel 4 implizieren die vorausgehenden Analysen große 81

In Tabelle A-3 in Anhang A sind die deskriptiven Statistiken der Querschnittsmittelwerte enthalten, die einen Vergleich mit den deskriptiven Statistiken des gepoolten Samples in Tabelle 2-2 ermöglichen. In der Höhe der Standardabweichung spiegelt sich die durch die Bildung der Querschnittsmittelwerte deutlich reduzierte Variation gegenüber dem gepoolten Sample wider. Für alle Schätzer der erwarteten Rendite beträgt die Standardabweichung der Querschnittsmittelwerte nur rd. die Hälfte der Standardabweichung des gepoolten Samples. Ebenso zeigt sich die verringerte Streuung wie für das deutsche Sample in der Höhe der 10%- und 90%-Quantile.

44

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Unterschiede in den Niveaus und der Variation der Überrenditen über den risikolosen Zins, die auf Basis der unterschiedlichen Schätzer für ein Unternehmen zu erwarten sind. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, welche Risiken und Charakteristika eines Unternehmens tatsächlich und in welcher Höhe entlohnt werden. Aufgrund der vorausgehend vorgefundenen Unterschiede in den Verteilungseigenschaften stellt sich deshalb die Frage nach der Güte der Schätzer. Diese wird im Folgenden untersucht. Die Analyse der Güte des RIM-Schätzers sowie dessen Bayesscher Kombination im Vergleich mit alternativen Schätzern erlaubt eine erste Einschätzung hinsichtlich der Eignung dieser Schätzer für die Untersuchung von Fragestellungen der modernen Kapitalmarkttheorie, für welche präzise – d.h. bessere als die bisher verwendeten, auf Zeitreihendaten basierenden – Schätzer der erwarteten Rendite benötigt werden.

2.4.2 Güte der Schätzer Das zentrale statistische Maß, welches einen Vergleich unterschiedlicher Schätzer der erwarteten Rendite hinsichtlich ihrer Güte ermöglicht, ist der mittlere quadratische Fehler (MSE).82 Der MSE kann zerlegt werden in die Summe von Varianz des Schätzers und quadrierter Verzerrung des Schätzers:83 MSE ( Pˆ ) Var ( Pˆ )  ( E ( Pˆ  P )) 2 .

(2.35)

Für einen unverzerrten Schätzer entspricht der MSE somit der Varianz des Schätzers. Zur empirischen Bestimmung des MSE eines Unternehmens wird für jede Periode t des Untersuchungszeitraums die Abweichung der für diese Periode geschätzten erwarteten Rendite von der realisierten Rendite des Unternehmens in dieser Periode ermittelt. Anschließend werden die Differenzen quadriert und der Mittelwert über alle Beobachtungen T ermittelt: n ( Pˆ ) MSE

1 T ¦ (PˆX  rX )2 . TX 1

(2.36)

Die Methodik der nachfolgenden empirischen Untersuchung ist an Jorion (1991) angelehnt. Für die fünf verschiedenen Schätzer der erwarteten Rendite werden jeweils sowohl die über alle Unternehmen summierten MSE als auch jeweils deren Aufteilung in Varianz und quadrierte Verzerrung der Schätzer berichtet. Die Beobachtungsanzahl T entspricht dabei der Anzahl von Schätzern der erwarteten Rendite, welche für den gesamten Untersuchungszeitraum für das jeweils betrachtete Unternehmen verfügbar sind, d.h. der MSE wird einmalig für jedes Unternehmen anhand aller für dieses Unternehmen verfügbaren Daten bestimmt. 82 83

Vgl. z.B. Mood/Graybill/Boes (1974), S. 291. Vgl. z.B. Mood/Graybill/Boes (1974), S. 293.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

45

2.4.2.1 Güte der Schätzer des deutschen Samples In Tabelle 2-3 sind die mittleren quadratischen Fehler der fünf betrachteten Schätzer sowie deren Zerlegung für die deutsche Unternehmensstichprobe enthalten. Die Einträge in Spalte 2 entsprechen den Summen der mittleren quadratischen Fehler über alle Aktien des Samples. Für die Einträge in Spalte 3 wurde jeweils die Wurzel des MSE jedes Unternehmens bestimmt und nachfolgend der Mittelwert gebildet. In den Spalten 4 und 5 sind analog die Summe der Varianzen eines jeweiligen Schätzers über alle Aktien sowie die mittlere Standardabweichung eines jeweiligen Schätzers je Aktie dargestellt. In den Spalten 6 und 7 sind jeweils die Summe der quadrierten Verzerrungen für jeden der fünf Schätzer über alle Aktien sowie für jeden Schätzer die mittlere Verzerrung je Aktie erfasst.84 Der Zeitreihenschätzer weist hinsichtlich des über alle Unternehmen summierten mittleren quadratischen Fehlers die größten Werte, d.h. die schlechteste Güte, auf (vgl. Spalte 2). Eine höhere Güte weist der RIM-Schätzer auf. Eine nochmals leicht höhere Güte gemäß des MSE besitzen die mit der Indexrendite kombinierten Bayesschen Schätzer. Für die Kombination ZEIT+RIM ist die Summe der MSE geringer als für den Zeitreihenschätzer, jedoch höher als für den RIM-Schätzer. Tabelle 2-3:

Güte der Schätzer der erwarteten Überrendite - Deutschland MSE

Variable ZEIT

Varianz

Verzerrung

Summe MSE

Mittlerer RMSE

Summe Varianzen

Mittlere Standardabweichung

Summe quadrierter Verzerrungen

Mittlere Verzerrung

2,34238

0,11271

2,24682

0,11055

0,09556

-0,00200

RIM

2,12166

0,10778

1,99839

0,10436

0,12327

-0,00587

ZEIT+IND

2,11388

0,10752

2,00914

0,10462

0,10474

-0,00468

RIM+IND

2,11642

0,10762

2,00088

0,10442

0,11553

-0,00518

ZEIT+RIM

2,19834

0,10938

2,11041

0,10720

0,08793

-0,00455

Legende: Der Zeitreihenschätzer für die monatliche Überrendite ist mit ZEIT bezeichnet und der Schätzer aus dem Residual Income Modell mit RIM. Die mit dem Mittelwert der vergangenen Überrendite des Index kombinierten Schätzer sind mit ZEIT+IND bzw. RIM+IND bezeichnet. ZEIT+RIM ist die Kombination von Zeitreihen- und RIM-Schätzer für die monatliche Überrendite. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Periode von Dezember 1996 bis Oktober 2006.

Die Relationen der summierten MSE in Tabelle 2-3 zeigen, dass für die Schätzer mit den geringsten summierten MSE (die Kombinationen RIM+IND und ZEIT+IND sowie der unkombinierte RIM-Schätzer) diese noch immer rd. 90% der Summe der MSE des Zeitreihenschätzers betragen.85 Dieses Ergebnis spiegelt die Schwierigkeit der Schätzung erwarteter 84

85

Es gilt für jede Zeile in Tabelle 2-3, dass die Summe der Einträge aus den Spalten 4 und 6 gleich dem Eintrag aus Spalte 2 ist, vgl. Gleichung (2.35). Diese Gleichheit gilt jedoch nur, wenn die Varianz, wie in Spalte 4, als Maximum-Likelihood-Schätzer bestimmt wird und nicht als der erwartungstreue Schätzer. Vergleichbare Ergebnisse findet Jorion (1991), S. 721f.

46

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Renditen sowie die Evaluation dieser Schätzer anhand realisierter Renditen wider. So beträgt für Monatsdaten die Standardabweichung der realisierten Rendite üblicherweise gut das Zehnfache des Mittelwertes der realisierten Rendite. Entsprechend können im Vergleich der MSE über die verschiedenen Schätzer lediglich Unterschiede in Höhe weniger Prozentpunkte erwartet werden. Denn wenn die Güte eines Schätzers aufgrund der Unbeobachtbarkeit erwarteter Renditen unter Verwendung der realisierten Rendite bestimmt werden muss, dann gilt in gleicher Weise die Problematik, welche bereits in Bezug auf die Schätzung erwarteter Renditen unter Verwendung realisierter Renditen diskutiert wurde.86 Bei Zerlegung des MSE in die beiden Komponenten Varianz des Schätzers und quadrierte Verzerrung zeigt sich, dass der vergleichsweise hohe MSE des Zeitreihenschätzers aus dessen hoher Varianz resultiert. Die Summe der Varianzen ist deutlich höher als für den RIMSchätzer und die Kombinationen der Schätzer unter Verwendung der mittleren historischen Indexrendite. Die Verzerrung ist hingegen für diese drei Schätzer betragsmäßig höher als für den Zeitreihenschätzer. Dies gilt sowohl für die über alle Unternehmen summierten quadratischen Verzerrungen in Spalte 6 als auch für die mittlere Verzerrung in Spalte 7.87 Dieses Ergebnis hinsichtlich des Zeitreihenschätzers findet sich in gleicher Weise bei Jorion (1991). Auch dort besitzt der Zeitreihenschätzer im Vergleich mit Bayesschen Schätzern die geringste Verzerrung, gleichzeitig jedoch auch die höchste Varianz und den höchsten MSE der Schätzer.88 Der MSE der Kombination ZEIT+RIM liegt mit rund 2,20 zwischen den Niveaus von Zeitreihenschätzer und den drei anderen Schätzern. Dies gilt ebenso für die Varianz dieses Schätzers sowie hinsichtlich des Mittelwertes der Verzerrungen. Es gilt jedoch nicht für die Summe der quadrierten Verzerrungen, die für die Kombination ZEIT+RIM am geringsten über alle Schätzer ist. Im Vergleich mit dem Zeitreihenschätzer impliziert dies, dass die Abweichungen des Zeitreihenschätzers von der realisierten Rendite im Mittel höher sind als für die Kombination ZEIT+RIM, sich jedoch gleichmäßiger in positive und negative Abweichungen unterteilen. Da die Einträge in Tabelle 2-3 dem generellen Vergleich der Güte der verschiedenen Schätzverfahren dienen, gehen dort durch die Summierung bzw. Mittelung der MSE, Varianzen und Verzerrungen Informationen hinsichtlich der Güte der verschiedenen Schätzverfahren in Bezug auf die einzelnen Wertpapiere verloren. Diese Informationen werden in den folgenden Abbildung 2-9 und 2-10 veranschaulicht. Zunächst erfolgt in Abbildung 2-9 der Vergleich der 86 87

88

Vgl. Jorion (1991), S. 722. Die negativen Vorzeichen aller Einträge in Spalte 7 von Tabelle 2-3 implizieren, dass für das deutsche Sample alle Schätzer der erwarteten Überrendite im Mittel jeweils ein geringeres Niveau als die realisierte Überrendite besitzen. Vgl. Jorion (1991), S. 722, Tabelle 1. Jorion (1991) untersucht jedoch keine Einzelaktien, sondern sieben Industriegruppen.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

47

Güte der unkombinierten Zeitreihen- und RIM-Schätzer, indem paarweise die absoluten Höhen der MSE für jedes Unternehmen gegenübergestellt werden. Das Ergebnis unterstreicht in deutlicher Weise die Überlegenheit des RIM-Schätzers hinsichtlich dieses Gütekriteriums. Für den überwiegenden Anteil von 86% der Unternehmen des deutschen Aktiensamples besitzt der RIM-Schätzer einen geringeren MSE als der Zeitreihenschätzer. Abbildung 2-9: Anteile der Unternehmen mit geringerem MSE im Vergleich von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer - Deutschland

13%

87%

ZEIT

RIM

Für einen Vergleich, welcher auch die kombinierten Schätzer einbezieht, wird in Anlehnung an Jorion (1991) eine Zuteilung von Rangpositionen hinsichtlich der MSE über die fünf verschiedenen Schätzverfahren vorgenommen. Für jedes Unternehmen werden nach der Höhe der MSE die Rangpositionen eins bis fünf an die Schätzer vergeben, beginnend mit dem geringsten MSE. Daran anschließend werden die Rangpositionen für jeden Schätzer jeweils über alle Unternehmen gemittelt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2-4 enthalten. Tabelle 2-4:

Mittlerer Rang

Mittlere Rangpositionen der Schätzer der erwarteten Rendite hinsichtlich des MSE über alle Unternehmen - Deutschland ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

4,51

2,43

2,38

2,32

3,36

Der Vergleich der mittleren Rangpositionen zeigt, dass die Kombination aus RIM-Schätzer und mittlerer historischer Indexrendite im Mittel die niedrigsten, d.h. besten Rangplätze belegt. Nur geringfügig höher ist der mittlere Rangplatz der Kombination aus Zeitreihenschätzer und Indexrendite, auf welche dann mit wiederum nur geringem Abstand der unkom-

48

2 Schätzung der erwarteten Rendite

binierte RIM-Schätzer folgt. Mit deutlichem Abstand folgen darauf die Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer sowie der traditionelle Zeitreihenschätzer mit einem mittleren Rangplatz von 4,51. Zur Veranschaulichung dieser Zahl kann an einen Schätzer gedacht werden, welcher für die Hälfte der Unternehmen den höchsten und für die andere Hälfte der Unternehmen den zweithöchsten MSE besitzt. Dieser Schätzer besäße einen mittleren Rangplatz von 4,50.

Abbildung 2-10: Kumulierte Unternehmensanzahl hinsichtlich der Rangplätze der MSE über die Schätzer der erwarteten Rendite - Deutschland 180

Kumulierte Beobachtungsanzahl

160 140 120 100 80 60 40 20 0 1

2

3

4

5

Rangplatz ZEIT

RIM

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

Zur weiteren Illustration der Verteilung der Rangpositionen über die verschiedenen Schätzer sind diese in Abbildung 2-10 als kumulierte Verteilungen dargestellt. Es zeigt sich, dass der unkombinierte RIM-Schätzer im Vergleich zu den übrigen Schätzverfahren für die höchste Anzahl an Unternehmen (58) den geringsten MSE besitzt. Den höchsten MSE der fünf Schätzverfahren besitzt für 138 Unternehmen bzw. 84% des Samples der Zeitreihenschätzer. Der RIM-Schätzer dominiert den Zeitreihenschätzer in dem Sinne, dass die kumulierte Unternehmensanzahl für diesen hinsichtlich jedes Rangplatzes höher ist als für den Zeitreihenschätzer. Diese Dominanz gegenüber dem Zeitreihenschätzer gilt auch für alle anderen Schätzer. Weiterhin bestehen Dominanzen der Kombinationen von RIM-Schätzer bzw. Zeitreihenschätzer mit der Indexrendite gegenüber der Kombination aus Zeitreihen- und RIMSchätzer.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

49

Für die Kombinationen RIM+IND und ZEIT+IND bestehen untereinander keine Dominanzen. So besitzt die Kombination RIM+IND die höchste kumulierte Anzahl an Unternehmen bei Rangplatz 2, während dies für die Kombination ZEIT+IND hinsichtlich der Rangplätze 3 und 4 gilt. Zusammenfassend belegen die Untersuchungen für die deutsche Unternehmensstichprobe eine hohe Güte des RIM-Schätzers und der Kombination des RIM-Schätzers mit der Indexrendite. Eine ähnlich hohe Güte zeigt sich für die Kombination aus Zeitreihenschätzer und Indexrendite in Anlehnung an Jorion (1986). Die Güte für den unkombinierten Zeitreihenschätzer sowie für die Kombination von Zeitreihen- und RIM-Schätzer ist hingegen gering. Die Analyse der MSE auf Unternehmensebene zeigt in Ergänzung zur Betrachtung der aggregierten MSE, dass sich die Rangordnung der Schätzverfahren hinsichtlich ihrer Güte auch auf Individualebene widerspiegelt. So besitzt der RIM-Schätzer für die höchste Anzahl an Unternehmen den geringsten MSE. Die hohe Güte des RIM-Schätzers und dessen Kombination RIM+IND deutet auf deren Eignung zur Untersuchung von Fragestellungen der modernen Kapitalmarkttheorie, welche präzise Schätzer der erwarteten Rendite benötigen. Bevor jedoch die diesbezüglichen Untersuchungen erfolgen, soll zunächst noch analysiert werden, ob sich die Unterschiede in der Güte der betrachteten Schätzansätze für das USamerikanische Sample bestätigen.

2.4.2.2 Güte der Schätzer des US-amerikanischen Samples Im Folgenden wird auch für das US-Sample eine Zerlegung der Summe der mittleren quadratischen Fehler in die Summe der Varianz sowie die Summe der quadratischen Verzerrungen für jedes Schätzverfahren vorgenommen. Da das US-Sample sowohl in Quer- als auch in Längsschnitt deutlich umfangreicher als das deutsche Sample ist, besitzen diese Summen im Vergleich ein deutlich höheres Niveau. Ein direkter Vergleich mit den Größen für Deutschland ist hingegen für die in den Spalten 3, 5 und 7 von Tabelle 2-5 berichteten Mittelwerte des Root Mean Squared Error (RMSE), der Standardabweichung sowie der Verzerrung je Unternehmen möglich. Die Rangreihung der Schätzer hinsichtlich ihrer Güte in Tabelle 2-5 ist sehr ähnlich zu Tabelle 2-3 für das deutsche Sample. Der Zeitreihenschätzer weist sowohl hinsichtlich der Summe der MSE als auch hinsichtlich der Summe der Varianzen die höchsten Werte auf, d.h. er besitzt die geringste Präzision. Der RIM-Schätzer weist eine höhere Güte gemäß des MSE auf, eine nochmals leicht höhere Güte besitzen die Kombinationen RIM+IND und ZEIT+IND. Lediglich in Bezug auf die Kennzahlen zur Verzerrung der Schätzer unterscheiden sich die Stichproben für Deutschland und die USA leicht. Während für das deutsche Sample der Schätzer ZEIT+RIM die geringste Summe quadrierter Verzerrungen aufweist, gilt

50

2 Schätzung der erwarteten Rendite

dies im US-Sample für den einfachen Zeitreihenschätzer. Dafür besitzt im US-Sample der ZEIT+RIM-Schätzer den betragsmäßig geringsten Mittelwert der Verzerrungen anstatt wie im deutschen Sample der Zeitreihenschätzer. Tabelle 2-5:

Güte der Schätzer der erwarteten Überrendite - USA MSE

Varianz

Verzerrung

Summe MSE

Mittlerer RMSE

Summe Varianzen

Mittlere Standardabweichung

Summe quadrierter Verzerrungen

Mittlere Verzerrung

ZEIT

11,01229

0,10607

10,87956

0,10561

0,13273

0,00151

RIM

10,22138

0,10213

9,92291

0,10096

0,29848

-0,00416

ZEIT+IND

10,21959

0,10208

9,96633

0,10117

0,25325

-0,00182

RIM+IND

10,20924

0,10202

9,92359

0,10096

0,28565

-0,00301

ZEIT+RIM

10,38859

0,10304

10,20286

0,10237

0,18573

-0,00138

Variable

Legende: Der Zeitreihenschätzer für die monatliche Überrendite ist mit ZEIT bezeichnet und der Schätzer aus dem Residual Income Modell mit RIM. Die mit dem Mittelwert der vergangenen Überrendite des Index kombinierten Schätzer sind mit ZEIT+IND bzw. RIM+IND bezeichnet. ZEIT+RIM ist die Kombination von Zeitreihen- und RIM-Schätzer für die monatliche Überrendite. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Periode von Dezember 1981 bis Oktober 2006.

Vergleicht man die Niveaus der Mittelwerte von RMSE, Standardabweichung sowie Verzerrung für das deutsche und das US-Sample miteinander, so sind diese alle jeweils leicht geringer innerhalb des US-Samples. In Bezug auf die mittlere Verzerrung ist zu bemerken, dass der Zeitreihenschätzer das Niveau der erwarteten Rendite im Mittel leicht überschätzt. Alle anderen Schätzer unterschätzen wie für das deutsche Sample die erwartete Rendite im Mittel. Abbildung 2-11 zeigt das Ergebnis des paarweisen Vergleichs der MSE von Zeitreihen- und RIM-Schätzer für jedes Unternehmen der US-amerikanischen Stichprobe. Noch deutlicher als für Deutschland zeigt sich hier die Überlegenheit des RIM-Schätzers hinsichtlich des Gütekriteriums MSE. Für 95% aller Unternehmen ist der MSE des RIM-Schätzers geringer als für den Zeitreihenschätzer.

2.4 Empirische Eigenschaften der Schätzer erwarteter Renditen

51

Abbildung 2-11: Anteile der Unternehmen mit geringerem MSE im Vergleich von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer - USA

5%

95%

ZEIT

RIM

Werden auch die kombinierten Schätzer in den Vergleich einbezogen und für jedes Unternehmen jeweils die Rangplätze eins bis fünf hinsichtlich der Höhe der MSE über die verschiedenen Schätzer vergeben, so ergeben sich die in Tabelle 2-6 erfassten mittleren Rangpositionen. Wie für das deutsche Sample belegt der mit der mittleren Indexrendite kombinierte RIM-Schätzer den Spitzenplatz. Die mittlere Rangposition ist mit 1,88 noch deutlich geringer als für das deutsche Sample mit 2,32 (vgl. Tabelle 2-4). Die Differenz der mittleren Rangpositionen des Schätzers RIM+IND zwischen beiden Samples kann so interpretiert werden, dass dieser Schätzer im Vergleich aller fünf Schätzer für 44% des US-amerikanischen Untersuchungssamples nochmals einen Rangplatz besser liegt als im deutschen Vergleichssample. Den zweitbesten Platz belegt für das US-Sample – wie für Deutschland – die Bayessche Kombination des Zeitreihenschätzers mit der mittleren Indexrendite. Die mittlere Rangposition liegt für diesen Schätzer bei 2,27. Auf dem dritten Platz folgt mit einer nur geringfügig höheren mittleren Rangposition von 2,40 der unkombinierte RIM-Schätzer. Platz vier belegt mit 3,61 die Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer. Im Unterschied zu den Abständen der drei bestplatzierten Schätzer ist der Abstand der Kombination ZEIT+RIM mit 1,21 zum vorplatzierten Schätzer deutlich höher. Mit einem ebenso deutlichen Abstand von 1,24 folgt auf Platz fünf der unkombinierte Zeitreihenschätzer. Auch für das deutsche Sample waren vergleichbar geringe Abstände zwischen den drei bestplatzierten Schätzern und deutlich größere Abstände der mittleren Rangpositionen der verbleibenden Schätzer ZEIT+RIM und ZEIT zu beobachten.

52

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Tabelle 2-6:

Mittlere Rangpositionen der Schätzer der erwarteten Rendite hinsichtlich des MSE über alle Unternehmen - USA

Mittlerer Rang

ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

4,85

2,40

2,27

1,88

3,61

In Abbildung 2-12 sind die kumulierten Verteilungen der Rangplätze der MSE dargestellt. Hier ergibt sich ebenfalls ein nahezu identisches Bild wie für das deutsche Sample: Der RIMSchätzer dominiert den Zeitreihenschätzer und der Zeitreihenschätzer belegt für einen Anteil von 95% aller Unternehmen den schlechtesten aller fünf Rangplätze. Im Unterschied zum deutschen Sample besitzt die höchste Anzahl an Rangplätzen eins nun jedoch nicht der unkombinierte RIM-Schätzer, sondern dessen Kombination mit dem Index, RIM+IND. Da auch für alle weiteren Rangplätze die kumulierte Unternehmensanzahl für diesen Schätzer höher ist als für den unkombinierten RIM-Schätzer, besteht im Unterschied zum deutschen Sample eine Dominanz der Kombination RIM+IND gegenüber dem RIM-Schätzer in Bezug auf die kumulierten Rangplätze. Die Dominanz aller übrigen Schätzer gegenüber dem Zeitreihenschätzer besteht in Analogie zum deutschen Sample. Abbildung 2-12: Kumulierte Unternehmensanzahl hinsichtlich der Rangplätze der MSE über die Schätzer der erwarteten Rendite - USA 900

Kumulierte Beobachtungsanzahl

800 700 600 500 400 300 200 100 0 1

2

3

4

5

Rangplatz ZEIT

RIM

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

Eine weitere Dominanz besteht für die Kombination ZEIT+IND gegenüber der Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer. Für die Kombinationen RIM+IND und ZEIT+IND

2.5 Würdigung

53

bestehen untereinander wie im deutschen Sample keine Dominanzen. So besitzt die Kombination des RIM-Schätzers jeweils eine höhere kumulierte Anzahl an Rangplätzen eins und zwei, während dies für die Kombination des Zeitreihenschätzers hinsichtlich der Ränge drei und vier gilt. Die Kombination ZEIT+RIM besitzt die höchste Anzahl an Rangplätzen vier (676 Unternehmen oder 82%). Die starke Ähnlichkeit von Abbildung 2-10 und Abbildung 2-12 offenbart, dass die Rangordnungen der Schätzverfahren nahezu unabhängig vom betrachteten Datensample sind. Zusammenfassend zeigen die Untersuchungen für das US-amerikanische Sample, dass der Zeitreihenschätzer die geringste Güte aller betrachteten Schätzer besitzt. Dies gilt wie für das deutsche Sample sowohl in Bezug auf das über alle Unternehmen gemittelte Niveau des MSE als auch hinsichtlich des unternehmensweisen Vergleichs der MSE über die fünf betrachteten Schätzer. Dem Zeitreihenschätzer deutlich überlegen zeigt sich der RIM-Schätzer. Eine nochmalige Verbesserung in Bezug auf die betrachteten Gütekriterien kann im Vergleich zu diesem durch die Bayessche Kombination des RIM-Schätzers und des Zeitreihenschätzers mit der historischen Indexrendite erzielt werden. Die Kombination RIM+IND besitzt sowohl für das deutsche als auch für das US-amerikanische Sample den besten mittleren Rangplatz im unternehmensweisen Vergleich der MSE über alle Schätzverfahren sowie die geringste mittlere Standardabweichung von allen Schätzern.

2.5 Würdigung

Im Zentrum des vorliegenden Kapitels stand die Vorstellung, die empirische Bestimmung sowie die Analyse der empirischen Eigenschaften des aus dem Residual Income Modell nach Ohlson (1995) abgeleiteten Schätzers der erwarteten Rendite. Zudem wurden erstmalig in der Literatur Bayessche Kombinationen des RIM-Schätzers mit der mittleren vergangenen Indexrendite sowie mit dem traditionellen Zeitreihenschätzer betrachtet. Als Referenzpunkt in der Analyse diente dabei der Zeitreihenschätzer sowie die in der Literatur bereits zuvor verwendete Bayessche Kombination des Zeitreihenschätzers mit der mittleren historischen Indexrendite in Anlehnung an Jorion (1986). Die Attraktivität des RIM-Schätzers resultiert aus theoretischer Sicht insbesondere daher, dass die Schätzung der erwarteten Rendite unter Verwendung zukunftsgerichteter Informationen erfolgt und nicht wie bei den traditionellen Schätzverfahren unter Verwendung realisierter Renditen der Vergangenheit. Die Implementierung der Schätzansätze erfolgte für die 110 größten Unternehmen Deutschlands (HDAX) sowie die 500 größten Unternehmen der USA (S&P500). Die Analyse der empirischen Eigenschaften umfasste die Betrachtung der Verteilungseigenschaften sowie der Güte der alternativen Schätzansätze.

54

2 Schätzung der erwarteten Rendite

Hinsichtlich der Verteilungseigenschaften zeigt sich, dass der Zeitreihenschätzer ein sehr hohes und der RIM-Schätzer ein im Vergleich geringeres Niveau der erwarteten Rendite aufweist. So ist das Niveau des RIM-Schätzers mit plausiblen Graden der Risikoaversion von Investoren besser vereinbar als das Niveau des Zeitreihenschätzers. Die Analysen zeigen eine deutliche Variation aller Schätzer, die unternehmensspezifische sowie zeitvariable Informationen hinsichtlich der erwarteten Rendite impliziert. Im Vergleich von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer ist die Variation des Zeitreihenschätzers für beide Stichproben jeweils um rund das Zehnfache höher als für den RIM-Schätzer. Dass diese deutlich stärkere Variation ein Indikator für eine geringe Qualität des Zeitreihenschätzers ist, belegt die anschließende Untersuchung der Güte der Schätzer. So weist der Zeitreihenschätzer hinsichtlich des Maßes des mittleren quadratischen Fehlers die geringste Güte auf. Eine hohe Güte besitzt hingegen der RIM-Schätzer sowie dessen Bayessche Kombination mit der mittleren historischen Indexrendite. Die Rangordnung der Güte der verschiedenen Schätzverfahren erweist sich als extrem stabil über die beiden betrachteten Samples für Deutschland und die USA. Die zentralen Ergebnisse der Analysen des zweiten Kapitels lauten damit wie folgt: 1.) Der RIM-Schätzer weist eine deutliche Variation in Quer- und Längsschnitt auf. Dass diese Variation unternehmensindividuelle sowie zeitvariable Informationen über erwartete Renditen widerspiegelt, zeigt die anschließende Untersuchung der Qualität der Schätzer, die zum zweiten zentralen Ergebnis des Kapitels führt: 2.) Der RIM-Schätzer besitzt gemäß statistischer Gütemaße eine hohe Güte, d.h. die in ihm enthaltene Information ist wertvoll. Vergleichbare Aussagen können auch für die Bayessche Kombination des RIM-Schätzers mit der historischen Indexrendite getroffen werden. Dieser Schätzer weist im Vergleich zum unkombinierten RIM-Schätzer sogar eine noch höhere Güte auf. Damit heben sich der RIM-Schätzer als auch dessen Kombination mit der Indexrendite deutlich vom traditionellen Zeitreihenschätzer ab, der eine sehr geringe Güte besitzt. Die im Vergleich mit anderen Schätzern für die erwartete Rendite hervorragenden Eigenschaften des RIM-Schätzers und dessen Kombination mit der historischen Indexrendite lassen einen erfolgversprechenden Einsatz dieser Schätzer für die Untersuchung bedeutender Fragen der Kapitalmarkttheorie erwarten, für welche die erwartete Rendite ein zentraler Inputparameter ist. Zwei dieser Fragestellungen, die Implementierung der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) und der Test von theoretischen Kapitalmarktmodellen, sind Untersuchungsgegenstand der beiden folgenden Hauptkapitel 3 und 4.

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen Das dritte Kapitel dieser Arbeit befasst sich mit der empirischen Umsetzung der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) unter Verwendung von Analystenschätzungen und Bilanzinformationen zur Bestimmung der benötigten Inputparameter. Traditionell werden zu diesem Zweck ausschließlich Zeitreiheninformationen über realisierte Renditen benutzt, was jedoch generell in einem schlechten Anlageerfolg resultiert. Hauptursache hierfür sind fehlerhafte Schätzungen für die erwarteten Renditen.1 Die grundlegende Herausforderung zur erfolgreichen Implementierung der Markowitz-Optimierung besteht deshalb in der Bestimmung überlegener Schätzer der erwarteten Rendite.2 Das vorliegende Kapitel erweitert die Literatur zur empirischen Umsetzung der MarkowitzOptimierung durch den erstmaligen Einsatz des Schätzers der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell. Ein weiterer Beitrag zur Literatur besteht in der erstmaligen Verwendung eines nach Bayesschem Vorgehen kombinierten RIM-Schätzers. Es wird untersucht, ob diese Schätzer der erwarteten Rendite zu einem überlegenen Erfolg in der empirischen Umsetzung der Portfoliooptimierung führen. Betrachtet werden hierfür Unternehmensstichproben des deutschen und des US-amerikanischen Kapitalmarktes. Als Referenz für den Erfolg der Anlagestrategien dienen zum einen Implementierungen der MarkowitzOptimierung auf Basis in der Literatur vorgeschlagener alternativer Schätzer der erwarteten Rendite, zum anderen aber auch heuristische, in der Praxis weit verbreitete Ansätze, wie die Gleichgewichtungsstrategie oder das Indexinvestment.

3.1 Problemstellung und Stand der Literatur Die grundlegende Arbeit zur optimalen Auswahl und Gewichtung von Investitionsalternativen wurde von Harry Markowitz im Jahr 1952 verfasst und im Jahr 1990 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. Markowitz (1952) selbst betont in den einführenden Sätzen seiner Arbeit, dass die empirische Implementierung seines Ansatzes zur Portfoliooptimierung einen zweistufigen Prozess umfasst: „The process of selecting a portfolio may be divided into two stages. The first stage starts with observation and experience and ends with beliefs about the future performances of available securities. The second stage starts with the relevant beliefs about future performances and ends with the choice of

1

2

Bezüglich der Problematik von Schätzfehlern in den ersten Momenten im Vergleich zu Schätzfehlern in den zweiten Momenten bei der Umsetzung der Portfoliotheorie vergleiche Chopra/Ziemba (1993) und Kempf/Memmel (2002). Aufgrund dieser Problematik hat die Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) in der Praxis kaum Verbreitung gefunden, vgl. bspw. Jobson/Korkie (1980), Michaud (1989), Jorion (1992) oder Drobetz (2003). Empirische Belege für den schlechten Anlageerfolg der traditionellen Portfoliooptimierung finden sich bspw. in Jorion (1985), Jorion (1991), Chopra/Ziemba (1993) oder Kempf/Memmel (2002). Vgl. beispielsweise Jagannathan/Ma (2003) oder DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009).

56

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

portfolio. This paper is concerned with the second stage.“3 Markowitz (1952) äußert sich demnach nicht über die Art der Generierung der zur Implementierung der Portfoliooptimierung benötigten Inputparameter, sondern setzt diese als gegeben voraus.4 Dementsprechend wird auch in den meisten, insbesondere den frühen, Arbeiten davon ausgegangen, dass die benötigten Parameter bekannt sind. Üblicherweise wird dabei auf Zeitreihenschätzungen aus vergangenen Renditerealisationen zurückgegriffen. Dieses Vorgehen blendet nicht nur aus, dass neben dem – auch in der Theorie vorhandenen – Renditeinnovationsrisiko in der empirischen Umsetzung zugleich ein Schätzrisiko hinsichtlich der Parameter existiert. Es verschließt zudem den Blick dafür, dass alternative Schätzer ein geringeres Schätzrisiko besitzen können und somit in der empirischen Umsetzung der Portfoliooptimierung zu einem besseren Anlageergebnis führen können. Bezüglich des Schätzrisikos der in der Portfoliooptimierung verwendeten Parameter muss differenziert werden zwischen dem Schätzrisiko der ersten Momente (erwartete Renditen) und dem Schätzrisiko der zweiten Momente (Varianzen und Kovarianzen der Renditen). Wie bspw. Memmel (2004) veranschaulicht, wirken sich Schätzfehler in den erwarteten Renditen nicht nur wesentlich stärker in Abweichungen von den optimalen Gewichten und somit im Anlageerfolg aus als Schätzfehler in den zweiten Momenten.5 Gleichzeitig sind erwartete Renditen zudem deutlich schlechter, d.h. unpräziser aus realisierten Renditen zu schätzen als Varianzen und Kovarianzen. So hat Merton (1980) gezeigt, dass die Präzision von Schätzungen der Varianz-Kovarianz-Matrix durch eine Erhöhung der zugrunde liegenden Datenfrequenz gesteigert werden kann, während dies für die Schätzung der erwarteten Rendite nicht gilt. Es besteht deshalb Konsens in der Literatur, dass in der Implementierung der MarkowitzOptimierung die Schätzung der erwarteten Renditen das zentrale Problem darstellt und nicht die Schätzung der Varianz-Kovarianz-Matrix.6 Dementsprechend liegt auch der Fokus dieser Arbeit auf der Schätzung erwarteter Renditen. Frühe empirische Umsetzungen der Portfoliooptimierung stammen bspw. von Cohen/Pogue (1967), Grubel (1968), Levy/Sarnat (1970), Levy/Sarnat (1978), Levy (1981), Logue (1982), Solnik/Noetzlin (1982) und Adler/Dumas (1983). Alle diese Arbeiten basieren ausschließlich auf Zeitreihenschätzungen der Inputparameter. Die Schätzfehlerproblematik wird in diesen Arbeiten nicht angesprochen. Erstmalig thematisiert wurden die Problematik fehlerhaft geschätzter Parameter und deren negative Auswirkung auf den Anlageerfolg zu Beginn der

3 4 5 6

Vgl. Markowitz (1952), S. 77. Zur ersten Stufe äußerte sich Harry Markowitz erst in späteren Jahren, wie bspw. in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Nobelpreises im Jahr 1990, vgl. Kapitel 1. Vgl. auch Chopra/Ziemba (1993) und Kempf/Memmel (2002). Vgl. bspw. Jorion (1985), Best/Grauer (1991), Drobetz (2003) oder Pastor (2000).

3.1 Problemstellung und Stand der Literatur

57

1970er Jahre. Barry (1974) und Klein/Bawa (1976) sind die ersten Arbeiten, die dieses Schätzrisiko über Bayessche Ansätze berücksichtigen.7 Die nachfolgend von Jorion (1985) und Frost/Savarino (1986a) verfassten empirischen Arbeiten behandeln die Schätzfehlerproblematik unter Verwendung der Bayesschen Inferenz erstmalig derart, dass die Berücksichtigung des Schätzrisikos in der Parameterbestimmung auch zu einer Anpassung der Schätzer der ersten Momente führt. Sie verwenden sog. informative Prior-Schätzungen, mit deren Nutzung zusätzliche Informationen – neben der den reinen Zeitreihenschätzungen zugrunde liegenden Information – in die Schätzung der erwarteten Renditen eingehen.8 So kombiniert Jorion (1985) bspw. die mittlere Rendite des globalvarianzminimalen Portfolios mit dem Zeitreihenschätzer und führt auf Basis dieser Schätzungen der erwarteten Rendite die Markowitz-Optimierung durch.9 Er kommt zu dem Ergebnis, dass der Bayessche Schätzer der traditionellen Portfoliooptimierung bezüglich des out-of-sample Anlageerfolgs systematisch überlegen ist. Ein analoges Ergebnis findet sich auch in Jorion (1991). In der Simulationsstudie von Frost/Savarino (1986a) wird der traditionelle Zeitreihenschätzer mit der vergangenen mittleren Indexrendite kombiniert. Hinsichtlich der Implementierung der Markowitz-Optimierung wird dort die ex ante Performance verschiedener Strategien miteinander verglichen, wobei sich ebenfalls die Bayessche Kombination der traditionellen Markowitz-Optimierung überlegen erweist. Eine weitere Gruppe von Arbeiten zur Portfolioauswahl unter Verwendung Bayesscher Schätzer hat sich seit Mitte der 1990er Jahre entwickelt. Im Unterschied zu den vorgenannten Arbeiten greifen diese Arbeiten zur Bestimmung der Prior-Schätzung auf Kapitalmarktmodelle zurück.10 So verwenden bspw. Pastor (2000) und Pastor/Stambaugh (2000) das CAPM. Alternativ verwenden Pastor/Stambaugh (2000) zudem Mehrfaktormodelle nach Fama/French (1993) und Daniel/Titman (1997). Auch Black/Litterman (1992) leiten in einer Darstellung der Verwendung Bayesscher Schätzer in der Portfoliooptimierung die Ausgangsschätzung aus dem CAPM ab, lassen jedoch offen, mit welchem Schätzer dieser Ausgangsschätzer kombiniert wird. Eine empirische Implementierung der zuvor genannten Bayesschen Schätzer erfolgt durch DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009). Die Untersuchungen über sieben verschiede7

8

9 10

Die Arbeiten modellieren einen sog. uninformativen Prior, über den das Schätzrisiko abgebildet wird. Dieses Vorgehen führt gegenüber der Nicht-Berücksichtigung von Schätzrisiken – bei unveränderten Schätzern der ersten Momente – zu einer einheitlichen Streckung der Schätzer der zweiten Momente um einen konstanten Faktor. Vgl. hierzu auch Kapitel 3.2.2. In Anlehnung an die Arbeit von Stein (1955) werden diese Schätzer auch als Bayes-Stein-Schätzer bezeichnet. Weiterhin ist die Bezeichnung „Shrinkage-Schätzer“ geläufig für Schätzer, die eine Kombination mit einer einheitlichen Ausgangsschätzung (Prior) vornehmen. Eine allgemeine Bezeichnung für Schätzansätze, welche die Ausgangsschätzung(en) anhand empirischer Daten bestimmen, lautet „empirisch Bayessche Ansätze“, vgl. Jorion (1985). Es wird ein Anlageuniversum von sieben Länderindizes im Zeitraum 1976 bis 1983 betrachtet. Aufgrund ihrer Zusammensetzung werden diese Bayesschen Schätzansätze in der englischsprachigen Literatur auch als „Data-and-Model“-Ansätze bezeichnet, vgl. Pastor (2000) oder DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009).

58

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

ne Datensätze zeigen, dass unter Verwendung der Bayesschen Schätzer keine signifikant bessere Performance im Vergleich mit der Strategie der naiven Diversifikation erzielt werden kann.11 In Abgrenzung zur verbesserten Schätzung erwarteter Renditen begegnet ein anderer Literaturstrang der Schätzfehlerproblematik durch Auferlegung von Gewichtsrestriktionen für die Wertpapierpositionen. Hier wird also nicht auf der ersten Stufe, d.h. bei der Generierung der Inputparameter, sondern erst auf der zweiten Stufe, d.h. dem eigentlichen Optimierungsprozess, angesetzt. Unterschieden werden kann in diesem Literaturbereich zwischen Arbeiten, welche absolute Gewichtsrestriktionen auferlegen (bspw. Jagannathan/Ma (2003)) und solchen, die die Gewichte in Relation zu bestimmten Ausgangsgewichten beschränken (bspw. Grauer/Shen (2000)). Diese Arbeiten kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen zu einer Verbesserung des empirischen Anlageerfolgs in der Markowitz-Optimierung gegenüber der traditionellen, unrestringierten Optimierung führt. Im Zentrum der nachfolgenden empirischen Untersuchungen steht die Frage, inwiefern dem Schätzrisiko in erwarteten Renditen durch die Bestimmung der erwarteten Rendite unter Verwendung des Residual Income Modells begegnet werden kann. Der RIM-Schätzer wurde bisher noch nicht zur Implementierung der Markowitz-Optimierung verwendet. Im Rahmen der Vermögensallokation wurde er lediglich von Desrosiers/Lemaire/L’Her (2007) zur Implementierung von einfachen Long-Short-Strategien eingesetzt. Dort kann die in den RIMSchätzern enthaltene Information im Rahmen der Länderallokation für gewinnbringende Handelsstrategien genutzt werden.12 In der vorliegenden Arbeit wird der RIM-Schätzer zunächst in seiner einfachen, d.h. unkombinierten, Form für die Implementierung der Markowitz-Optimierung verwendet. Daran anschließend wird er – motiviert durch die Möglichkeit zur Schätzerfehlerreduktion – in Bayesscher Kombination implementiert. Wie in der Arbeit von Frost/Savarino (1986a) wird die mittlere vergangene Indexrendite als einheitli11

12

DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009) verwenden zur Bestimmung der Bayesschen Schätzer, welche auf Schätzungen aus einem Kapitalmarktmodell basieren, das CAPM, das 3-Faktor-Modell nach Fama/French (1993) sowie das 4-Faktor-Modell nach Carhart (1997). Für den Bayesschen Schätzer, welcher wie Jorion (1985) einen einheitlichen Prior für alle Aktien verwendet, wird wie bei diesem die mittlere Rendite des GMVP verwendet. Im Vergleich der out-of-sample Sharpe-Ratios der implementierten Strategien zeigt sich, dass die Bayesschen Schätzer für drei bzw. vier der betrachteten sieben Datensätze einen statistisch signifikant schlechteren Anlageerfolg erzielen als die naive Diversifikation und nur für zwei bzw. einen der betrachteten Datensätze eine (insignifikant) höhere Sharpe-Ratio realisieren. Dass Analystenschätzungen auch direkt (d.h. ohne Rückgriff auf ein Modell zur Bestimmung erwarteter Renditen aus diesen Schätzungen) verwendet werden können, um erfolgreiche Handelsstrategien zu implementieren, zeigen beispielsweise Loh/Mian (2006). Sie finden in ihrer empirischen Untersuchung, dass ein Anlageportfolio, welches den Handelsempfehlungen der Analysten mit den präzisesten Gewinnschätzungen für ein Unternehmen folgt und Long(Short)-Positionen in den Unternehmen mit Kauf(Verkauf)empfehlungen eingeht, eine positive Überrendite erzielen kann. Ähnliche Untersuchungen führen Womack (1996) und Barber/Lehavy/McNichols/Trueman (2001) durch. Auch diese finden empirische Evidenz für gewinnbringende Handelsstrategien auf Basis von Analystenschätzungen.

3.1 Problemstellung und Stand der Literatur

59

cher Prior für alle Wertpapiere verwendet. Eine solche einheitliche Ausgangsschätzung erscheint auch in Hinblick auf den in der Literatur häufig berichteten guten Anlageerfolg der Investition in das globalvarianzminimale Portfolio erfolgversprechend.13 Diese Ausgangsschätzung wird dann auf optimale Weise entsprechend des Bayesschen Ansatzes mit dem RIM-Schätzer kombiniert. In der Tradition der „Data-and-Model“-Ansätze nach Pastor (2000) wird weiterhin auch die Bayessche Kombination von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer implementiert. Beide Bayesschen Kombinationen unter Verwendung des RIM-Schätzers wurden in der Literatur bisher noch nicht bestimmt. Implementiert wurde hingegen – wie erwähnt – schon die Kombination aus mittlerer Indexrendite und Zeitreihenschätzer. Auch diese Strategie wird im Folgenden implementiert. Ein umfassender Vergleich der vorgenannten Strategien verlangt die Berücksichtigung zahlreicher anderer aus Theorie und Praxis bekannter Anlagestrategien. Deshalb wird die Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) ebenfalls mit Schätzungen der erwarteten Rendite aus dem CAPM, nach dem Ansatz von Black/Litterman (1992) sowie nach dem Ansatz des Portfolio-Resampling von Michaud (1998) implementiert. Weiterhin wird auch die Möglichkeit der Vermeidung von Schätzrisiko in erwarteten Renditen durch eine Investition in das globalvarianzminimale Portfolio sowie die vollständige Vermeidung von Schätzrisiko (in ersten und zweiten Momenten) durch eine gleichgewichtete Anlage und das Indexinvestment berücksichtigt.14 Ebenso wird die Möglichkeit der Beschränkung von Schätzrisiko durch die Auferlegung von Gewichtsrestriktion betrachtet. Diese Untersuchung erfolgt in Anschluss an die Implementierung der vorausgehend genannten Anlagestrategien und ist Bestandteil vielfältiger Stabilitätsuntersuchungen, die beispielsweise auch den Einfluss der Umschichtungshäufigkeit oder die Berücksichtigung von Transaktionskosten auf den Anlageerfolg erfassen. Die empirischen Untersuchungen des vorliegenden Kapitels werden für die jeweils 30 größten Unternehmen des deutschen sowie des US-amerikanischen Kapitalmarktes durchgeführt. Die zentralen Ergebnisse dieser Untersuchungen lauten: (1) Die Bayessche Kombination aus RIM-Schätzer und Mittelwert der historischen Indexrendite erzielt in beiden Märkten den besten Anlageerfolg. (2) Der unkombinierte RIM-Schätzer zeigt einen uneinheitlichen Anlageerfolg: Während er im deutschen Sample zu einer guten Performance deutlich oberhalb des Indexinvestments führt, ist der Erfolg für das US-amerikanische Sample gering. Der traditionelle Ansatz der Portfoliooptimierung zeigt – wie aus der Literatur bekannt – in beiden

13

14

Ohne zusätzliche Information erfolgt bei einem einheitlichen Prior die Investition in das GMVP. Bezüglich des vergleichsweise guten Anlageerfolgs von Investitionen in das GMVP vgl. beispielsweise Kleeberg (1995) oder Memmel (2004). Studien, welche solche Ansätze zur Vermeidung von Schätzrisiken empfehlen, stammen bspw. von Bloomfield/Leftwich/Long 1977), Jorion (1991), Kleeberg (1995), Memmel (2004) oder DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009).

60

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Samples einen schlechten Anlageerfolg. (3) Die Ergebnisse zeigen sich stabil über Erweiterungen der Anlageuniversen sowie über die Betrachtung einzelner Marktphasen mit Ausnahme des RIM-Schätzers für das US-Sample, wo dieser in späteren Marktphasen ebenfalls zu guten Anlageergebnissen führt. Bei Berücksichtigung von Transaktionskosten kann die Portfoliooptimierung auf Basis des Bayesschen RIM-Schätzers ihren relativen Performancevorsprung ausweiten, da sie die geringsten Kosten aller aktiven Strategien besitzt. (4) Die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen führt in beiden Samples zu einer starken Angleichung des Anlageerfolgs aller aktiven Anlagestrategien. Der weitere Aufbau des Kapitels ist wie folgt: In Kapitel 3.2 wird zunächst der theoretische Ansatz der Portfolioselektion nach Markowitz dargestellt, wobei von bekannten Parametern ausgegangen und somit die Existenz von Schätzrisiko ausgeblendet wird. Nachfolgend wird auf die empirische Implementierung und die Berücksichtigung des Schätzrisikos im Optimierungskalkül eingegangen. In Kapitel 3.3 werden die in den Untersuchungen verwendeten Daten beschrieben sowie die Methodik zur Evaluation des Anlageerfolgs der Investitionsstrategien dargestellt. Die Ergebnispräsentation der empirischen Untersuchungen mit den zugehörigen Stabilitätsuntersuchungen erfolgt für das deutsche Sample in Kapitel 3.4 und für das US-amerikanische Sample in Kapitel 3.5. Abschließend werden die Ergebnisse der Untersuchungen in Kapitel 3.6 gewürdigt.

3.2 Optimale Portfolioselektion nach Markowitz (1952) In frühen empirischen Umsetzungen der Portfoliooptimierung wird – wie auch bei Markowitz (1952) – der Prozess der Parameterschätzung und möglicher Schätzfehler nicht angesprochen. Üblicherweise werden Zeitreihenschätzungen verwendet, die so behandelt werden, als seien es die wahren Parameter. Wird das Schätzrisiko jedoch im Optimierungsansatz zur Portfolioauswahl berücksichtigt, so führt dies zu Modifikationen hinsichtlich des von einem Investor als optimal erachteten Portfolios.15 Im Folgenden wird zunächst kurz die Theorie von Markowitz (1952) für den Fall bekannter Parameter dargestellt (Kapitel 3.2.1). Daran anschließend wird auf die empirische Implementierung eingegangen – zunächst unter Vernachlässigung und daran anschließend unter expliziter Berücksichtigung der Unsicherheit bezüglich der in der Optimierung verwendeten Parameter, d.h. das Risiko der Abweichung der geschätzten von den wahren Parametern (Kapitel 3.2.2). Dabei wird unterschieden zwischen der Berücksichtigung des Schätzrisikos im Optimierungsansatz für gegebene Parameterschätzer sowie der Berücksichtigung des

15

Für eine umfassende Abhandlung der Thematik vgl. Memmel (2004). Frühe Arbeiten zur Untersuchung des Einflusses von Schätzrisiken auf den Erwartungsnutzen stammen von Barry (1974) und Klein/Bawa (1976).

3.2 Optimale Portfolioselektion nach Markowitz (1952)

61

Schätzrisikos bei der Bestimmung der zur Optimierung verwendeten Inputparameter mit dem Ziel, die Präzision dieser Parameterschätzer zu erhöhen.

3.2.1 Theorie Harry Markowitz (1952) führt in seiner wegweisenden Arbeit zur optimalen Portfolioauswahl das Erwartungswert-Varianz-Prinzip ( P  V  Prinzip) in die Kapitalmarkttheorie ein. Dieses besagt, dass ein rationaler Investor seine Entscheidung über die Zusammenstellung verschiedener risikobehafteter Anlagetitel ausschließlich anhand der erwarteten Rendite sowie der Varianz der Rendite eines Portfolios trifft. Das der Theorie zugrunde liegende P  V  Prinzip ist unter bestimmten zusätzlichen Annahmen dem Erwartungsnutzenprinzip gleichwertig, welches die Grundlage rationalen Entscheidens bei Unsicherheit bildet.16 Diese Annahmen betreffen entweder die Art der Nutzenfunktion des Investors oder die Verteilung der Wertpapierrenditen.17 So besteht Äquivalenz zwischen dem P  V  Prinzip und dem Erwartungsnutzenprinzip, sofern der Investor eine quadratische Nutzenfunktion besitzt. Ebenso besteht diese Äquivalenz, wenn die Wertpapierrenditen normalverteilt oder – allgemeiner gefasst – elliptisch verteilt sind.18 In diesen Fällen lässt sich die bekannte P  V  Präferenzfunktion der Form

IP

J P P  V P2 2

(3.1)

herleiten, wobei J den Risikoaversionsparameter bezeichnet, für den J ! 0 gilt. Die Variablen P P und V P2 stehen für den Erwartungswert bzw. die Varianz der Portfoliorendite.19 Für einen Kapitalmarkt mit N riskanten Wertpapieren sollen die Gewichte wi für alle Wertpapiere i 1,..., N im Portfolio des Anlegers durch den Spaltenvektor w ( w1 ,..., wN ) ' beschrieben werden und deren erwartete Renditen analog durch den ( N u1)  Spaltenvektor P . Existiert auf dem betrachteten Kapitalmarkt ebenfalls die Möglichkeit zur Investition in ein risikoloses Wertpapier mit der Rendite rf , so ergibt sich die erwartete Portfoliorendite P P als

PP

16 17 18

19

rf  w '( P  rf 1) ,

(3.2)

Vgl. Schneeweiß (1967). Vgl. Huang/Litzenberger (1988), S. 59ff. Vgl. Chamberlain (1983) und Owen/Rabinovitch (1983) hinsichtlich einer Darstellung der Verteilungen, die zur Äquivalenz von P  V  und Erwartungsnutzenprinzip führen. Markowitz (1952), S. 77, interpretiert in Bezug auf die sich aus der Präferenzfunktion ergebenden Vorzeichen für erwartete Rendite und Varianz der Rendite: „the investor does [..] consider expected return a desirable thing and variance of return an undesirable thing.“

62

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

wobei 1 einen ( N u1)  Spaltenvektor von Einsen bezeichnet. Der Investor teilt sein gesamtes Vermögen auf die risikolose Anlage sowie die N Aktien auf.20 Für die Varianz der Portfoliorendite V P2 gilt:

V P2

w'¦ w,

(3.3)

wobei ¦ die ( N u N )  Varianz-Kovarianz-Matrix der Wertpapierrenditen bezeichnet. Unter Verwendung von (3.2) sowie (3.3) kann durch Optimierung der Präferenzfunktion (3.1) der Vektor der optimalen Aktiengewichte, w * , bestimmt werden:21 w*

1

J

¦ 1 ( P  rf 1) .

(3.4)

Die optimalen Gewichte in den einzelnen riskanten Wertpapieren sind proportional zum Risikoaversionsparameter J eines Anlegers. Bei einer Erhöhung des Parameters J sinken die Gewichte aller Aktien um den gleichen Faktor, während sich der risikolos investierte Anteil entsprechend erhöht. Das heißt, die relativen Aktiengewichte (in Bezug auf den riskant investierten Vermögensanteil) variieren nicht mit J und sind somit präferenzunabhängig.

3.2.2 Implementierung Die Parameter P und ¦ , die zur Bestimmung des optimalen Aktienportfolios nach der Theorie von Markowitz (1952) benötigt werden, sind in der Realität nicht bekannt und müssen somit geschätzt werden. Traditionell werden hierfür Zeitreihenschätzer verwendet.22 Der Zeitreihenschätzer für den Vektor der erwarteten Überrenditen, Pˆ rZEIT , wird bestimmt als der Vektor der arithmetischen Mittel realisierter Überrenditen (vgl. Kapitel 2.3):

Pˆ rZEIT

20 21

22

1 T ¦ (rt  rf ,t 1) , T t1

(3.5)

Vereinfachend werden die Begriffe „riskante Wertpapiere“ und „Aktien“ synonym verwendet. Die optimalen Gewichte des Aktienteilportfolios können auch über die Ableitung des Tangentialportfolios, d.h. des Portfolios, das auf dem Tangentialpunkt der Geraden durch den risikolosen Zinssatz an den effizienten Rand risikobehafteter Anlagemöglichkeiten liegt, bestimmt werden. Dessen Gewichts1 vektor lautet: wTang ¦ 1 ( P  rf 1) , vgl. bspw. Campbell/Lo/MacKinlay (1997), 1 ' ¦ 1 ( P  rf 1) S. 184ff. Dabei findet das Risiko fehlerhaft geschätzter Parameter in der Regel noch nicht einmal Erwähnung, vgl. Jorion (1985), S. 259.

3.2 Optimale Portfolioselektion nach Markowitz (1952)

63

wobei rt der ( N u 1)  Vektor der realisierten Renditen des Zeitpunkts t und rf ,t der Zinssatz einer risikolosen Anlage zum Zeitpunkt t ist. Der erwartungstreue Zeitreihenschätzer der Kovarianzmatrix ergibt sich als: ˆ ¦ ZEIT

1 T ¦ (rr ,W  rr )(rr ,W  rr ) ' , T 1 W 1

(3.6)

wobei rr ,W den ( N u1)  Vektor der realisierten Überrenditen des Zeitpunkts W und rr der

( N u1)  Vektor der arithmetischen Mittel der T historischen Überrenditebeobachtungen für die N Aktien beschreibt. Dementsprechend erfolgt die empirische Bestimmung des Vektors der optimalen Gewichte traditionell über: * wˆ ZEIT

1 ˆ 1 ¦ ZEIT ( Pˆ rZEIT ) .

J

(3.7)

Dies ist der Vektor der optimalen Aktiengewichte unter Vernachlässigung des Schätzrisikos im Optimierungskalkül des Anlegers auf Basis von Zeitreihenschätzungen. Die Verwendung der geschätzten Parameter als seien es die wahren Parameter stellt allerdings ein heuristisches Vorgehen dar.23 Tatsächlich besteht aufgrund der Unsicherheit hinsichtlich der geschätzten Parameter ein Schätzrisiko. Dieses Schätzrisiko stellt eine zweite Risikoquelle neben dem Innovationsrisiko, d.h. dem Risiko der Abweichung der Renditerealisation von ihrem Erwartungswert, dar. Im Bayesschen Kontext wird die Unsicherheit hinsichtlich der geschätzten Parameter über einen diffusen Prior modelliert, d.h. einen Prior, der eine unendliche Varianz besitzt und für dessen Verteilung weder ein Erwartungswert noch eine VarianzKovarianz-Matrix definiert ist.24 Intuitiv kann die Modellierung des diffusen Priors als Ausdruck des Bewusstseins eines Investors über die Unsicherheit in den von ihm geschätzten Parametern verstanden werden: So führt die Berücksichtigung des diffusen Priors nicht zu einer Veränderung der Schätzer der erwarteten Renditen, da der Prior keine Information hinsichtlich der Höhe der erwarteten Renditen enthält.25 Er ist lediglich Träger der Information, dass die vom Investor in der Portfoliooptimierung verwendeten Parameter Schätzungen sind, die somit Schätzrisiko enthalten. Dieses Schätzrisiko drückt sich in einer Streckung der

23

24 25

Wie Memmel (2004), S. 26ff., ausführt, ist dieses heuristische Vorgehen gerechtfertigt, wenn die Parameter P und ¦ mit hinreichender Präzision geschätzt werden können und die optimalen Gewichte nicht zu sensitiv auf Schätzfehler in den Parametern reagieren. Vergleiche hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 3.1. Vgl. Barry (1974), Klein/Bawa (1976) und Brown (1979). Vgl. bspw. Jorion (1986), S. 285.

64

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

geschätzten Varianz-Kovarianz-Matrix aus. Unter der Annahme, dass zur Schätzung ausschließlich Zeitreiheninformationen über die Renditebeobachtungen zur Verfügung stehen, welche in der Matrix R zusammengefasst sind,26 ergibt sich der Schätzer der VarianzKovarianz-Matrix mit:27

Var (r R)

(T  1)(T  1) ˆ ¦ ZEIT , T (T  N  2)

(3.8)

ˆ wobei ¦ ZEIT der unverzerrte Schätzer der Varianz-Kovarianz-Matrix entsprechend (3.6) ist. Der Parameter T bezeichnet die Anzahl der zur Schätzung verwendeten Renditebeobachtungen und N die Aktienanzahl. (3.8) ist die vom Anleger aufgrund seiner begrenzten Information hinsichtlich der zu schätzenden Parameter wahrgenommene Kovarianzmatrix. Gegenüber der traditionellen Umsetzung der Portfoliooptimierung werden die Einträge der Kovarianzmatrix einheitlich um einen Skalar gestreckt.28 Dies entspricht der ökonomischen Intuition, da zum Innovationsrisiko die zweite Risikoquelle in Form des Schätzrisikos hinzukommt. Die Erhöhung erfolgt für alle Einträge der Kovarianzmatrix in gleicher Höhe, da annahmegemäß für keine der Aktien weitere Informationen neben den Zeitreiheninformationen vorliegen. Ein rationaler Investor, der sich seines Schätzrisikos bewusst ist, bezieht dieses in seine Anlageentscheidung ein. In diesem Fall lautet der Vektor der optimalen Gewichte: ** wˆ ZEIT

1 T (T  N  2) ˆ 1 ¦ ZEIT ( Pˆ rZEIT ) .29

J (T  1)(T  1)

(3.9)

Die Streckung der Kovarianzmatrix, d.h. das erhöhte Risiko der Anlagetitel in der Wahrnehmung des Anlegers, führt dazu, dass der Anleger die Investition in jeder Aktie um den gleichen Faktor verringert und einen entsprechend wachsenden Anteil seines Vermögens in die risikolose Anlage investiert. Die Zusammenstellung des Tangentialportfolios, d.h. die Gewichtungsverhältnisse der risikobehafteten Anlagetitel untereinander, bleibt jedoch unverändert gegenüber dem Fall der traditionellen Umsetzung der Markowitz-Optimierung. 26

27 28

29

Dies ist eine (T u N )  Matrix, deren Zeileneinträge jeweils den realisierten Renditen für die betrachteten N Wertpapiere im Zeitpunkt W mit W 1,...,T entsprechen. Vgl. Zellner/Chetty (1965), Jorion (1986) oder Frost/Savarino (1986a). (T  1)(T  1) ! 1 , was gilt, sofern die Anzahl der Beobachtungen Dies unterstellt, dass der Koeffizient T (T  N  2) T um mindestens 3 höher ist als die Anzahl der Aktien N . Die Verwendung von traditionellem Zeitreihenschätzer der erwarteten Rendite Pˆ ZEIT und der Kovariˆ zur Bestimmung der optimalen Gewichte entsprechend (3.4) kann somit als Spezialfall anzmatrix ¦ ZEIT

der korrekten Umsetzung unter Berücksichtigung von Schätzrisiken angesehen werden für den Fall, dass unendliche viele Beobachtungen von Renditerealisationen vorliegen.

3.2 Optimale Portfolioselektion nach Markowitz (1952)

65

Folglich bleibt auch die Menge der effizienten Portfolios, welche den beliebig gewichteten Portfolios aus risikoloser Anlage und Tangentialportfolio entsprechen, unverändert.30 Für einen Anleger, der sich des Schätzrisikos im Rahmen seiner Portofoliooptimierung bewusst ist und dieses in sein Optimierungskalkül einbezieht, bleibt aufgrund der unveränderten Struktur des Aktienportfolios auch dessen Anlageerfolg im Vergleich zur traditionellen Portfoliooptimierung unverändert, in welcher die Unsicherheit über die geschätzten Verteilungsparameter ignoriert wird. Eine Veränderung und somit Verbesserung des Anlageerfolgs ist jedoch möglich, wenn die Verteilung der erwarteten Rendite anstatt unter Verwendung eines diffusen Priors unter Verwendung eines sog. informativen Priors modelliert wird. Die Modellierung des diffusen Priors unterstellt, dass die (unbekannte wahre) erwartete Rendite unter Verwendung aller verfügbaren Informationen geschätzt wird. Im Vergleich zum traditionellen Ansatz, d.h. dem Ansatz ohne Berücksichtigung von Schätzrisiken, besteht der einzige Unterschied darin, dass der Anleger sich bewusst ist, dass er die Parameter geschätzt hat und somit Schätzrisiko besteht. Bei der Modellierung des informativen Priors wird hingegen unterstellt, dass zusätzliche Informationen in die Schätzung der Verteilungsparameter eingebracht werden können. Im Unterschied zum diffusen Prior erfolgt in diesem Fall eine Anpassung der Schätzwerte für die erwartete Rendite und die Varianz-Kovarianz-Matrix – und nicht ausschließlich eine (zudem einheitliche) Streckung der Varianz-Kovarianz-Matrix. In der Literatur wird üblicherweise – ohne weitere Diskussion der Problematik – die Perspektive eines Anlegers eingenommen, der implizit die wahren Renditeparameter P und ¦ für die Analyse der out-of-sample Renditen einer Strategie zugrunde legt.31 Während das gewählte Aktienportfolio bei der Modellierung eines diffusen (bzw. keines) Priors optimal ist und somit nicht verbessert werden kann, kann es bei der Modellierung eines informativen Priors sehr wohl Portfolios geben, die dieser (traditionellen) Umsetzung überlegen sind. In der vorliegenden Arbeit wird im Folgenden die Modellierung der erwarteten Rendite unter Berücksichtigung eines informativen Priors vorgenommen. So werden in den empirischen Analysen des Kapitels 3.3 alternative Ansätze zur Schätzung erwarteter Renditen für die Implementierung der Markowitz-Optimierung berücksichtigt, welche Informationen verschiedener Quellen miteinander kombinieren, um durch die so zusammengeführten Informationen und folglich modifizierten Schätzer einen besseren empirischen Anlageerfolg zu erzielen. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht dabei die Kombination des RIM-Schätzers mit dem Prior in Höhe der mittleren historischen Indexrendite.

30

31

Die von einem Anleger, der die Existenz des Schätzrisikos ignoriert, und einem Anleger, welcher dieses in sein Kalkül aufnimmt, wahrgenommene Verteilung der realisierten Portfoliorendite unterscheiden sich jedoch voneinander. So berechnet sich die wahrgenommene Portfoliovarianz für den Erstgenannten entsprechend (3.3) und für den Zweitgenannten entsprechend (3.8). Vgl. Memmel (2004), S. 70.

66

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

3.3 Design der empirischen Studie

Die empirische Studie zur Portfolioselektion wird zunächst für den deutschen und daran anschließend für den US-amerikanischen Kapitalmarkt durchgeführt. Die Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt basiert auf dem Anlageuniversum des DAX30. Im Rahmen von Stabilitätsuntersuchungen wird dieses Universum auf die Unternehmen des HDAX erweitert. Für den US-amerikanischen Kapitalmarkt wird analog ein Vergleich von Anlagestrategien zunächst für die 30 größten Unternehmen des S&P500 durchgeführt. Anschließend erfolgen Stabilitätsuntersuchungen für das auf die 100 größten Unternehmen des S&P500 erweiterte Sample bzw. das auf den gesamten S&P500 erweiterte Sample.

3.3.1 Daten und empirische Umsetzung der Portfolioselektion Im Fokus dieser Arbeit steht die Frage nach der Vorteilhaftigkeit der Nutzung von in Analystenprognosen enthaltenen Informationen zur Schätzung erwarteter Renditen. Wie die Analysen in Kapitel 2 gezeigt haben, besitzen die auf Basis von Analystenprognosen unter Verwendung des Residual Income Modells geschätzten erwarteten Renditen positive Eigenschaften. Als Referenzpunkte der Beurteilung wurde in Kapitel 2 der traditionelle Zeitreihenschätzer sowie dessen Bayessche Kombination mit der mittleren historischen Indexrendite verwendet. Im Folgenden soll dieser Vergleich beibehalten werden: Im Mittelpunkt der Analysen stehen die Implementierungen der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) unter Verwendung des aus dem RIM gewonnenen Schätzers der erwarteten Rendite bzw. dessen Bayesscher Kombination mit einem informativen Prior und als Referenzpunkte dienen die Implementierungen auf Basis des Zeitreihenschätzers bzw. dessen Bayesscher Kombination. Wie in Kapitel 3.2.1 dargestellt, wird durch Optimierung der P  V  Präferenzfunktion das optimale Investitionsportfolio risikobehafteter Anlagetitel eines Investors ermittelt. Dieses Portfolio ist durch den Gewichtsvektor w* (vgl. Gleichung (3.4)) charakterisiert.32 Unter

32

Ist die Summe der Aktiengewichte, 1 cw* , kleiner (größer) 100%, so gibt die Differenz zu 100% den Anteil der risikolosen Anlage (Verschuldung) im Portfolio an. Die Aufteilung des Portfolios zwischen riskanter und risikoloser Anlage in Abhängigkeit des Risikoaversionsgrades ist für die nachfolgend verwendeten Performancemaße jedoch irrelevant, vgl. Kapitel 3.3.2. Zudem sei an dieser Stelle auf Kapitel 3.2.1 verwiesen, wo angemerkt wurde, dass die Bestimmung des Tangentialportfolios und die Optimierung der Präferenzfunktion zu theoretisch identischen Aktiengewichten und somit auch zu theoretisch identischem Anlageerfolg (gemessen bspw. über die Sharpe-Ratio) führen. In der empirischen Umsetzung können beide Ansätze jedoch zu deutlich unterschiedlichen Anlageergebnissen hinsichtlich der realisierten Sharpe-Ratios führen. Dies ist dadurch bedingt, dass in Perioden mit einer sehr geringen Differenz zwischen der erwarteten Rendite des Tangentialportfolios und dem risikolosen Zinssatz die Gerade durch den risikolosen Zinssatz den effizienten Rand risikobehafteter Anlagemöglichkeiten erst bei sehr hohen Werten der Portfoliovarianz tangiert, was zu extremen Gewichten in einzelnen Wertpapieren führt. Während sich extrem positive und negative Renditerealisationen, die aus den extremen Gewichten resultieren, herausmitteln und die mittlere realisierte Rendite über den Untersuchungszeitraum somit kaum beeinflussen, führen diese Ausschläge für die Standardabweichung der Portfoliorendite zu einer deutlichen Erhöhung und somit zu einer geringeren realisierten Sharpe-Ratio. Dies ist der

3.3 Design der empirischen Studie

67

Verwendung der verschiedenen Schätzer der erwarteten Rendite werden im Folgenden jeweils die zugehörigen optimalen Gewichte in den einzelnen Wertpapieren sowie in der risikolosen Anlage bestimmt. Neben dem Schätzer der erwarteten Rendite wird dazu auch ein Schätzer für die Varianz-Kovarianz-Matrix der Wertpapierrenditen benötigt. Die Schätzung der Kovarianzen erfolgt für alle Strategien auf einheitliche Weise unter Verwendung des SingleIndex-Modells nach Sharpe (1963).33 Mit der Entwicklung des Single-Index-Modells begegnete Sharpe (1963) der Problematik der großen Anzahl zu schätzender Parameter der Kovarianzmatrix bei gleichzeitig begrenzter Datenbasis.34 In einem Vergleich alternativer Schätzansätze zeigen Jagannathan/Ma (2003) im Kontext der Portfoliooptimierung, dass das SingleIndex-Modell zur Schätzung der Kovarianzmatrix gut geeignet ist.35 ri

D i  Ei rM  Hi .

(3.10)

Die Variablen ri und rM bezeichnen die unsichere Rendite des Wertpapiers i bzw. des Marktes. Der Parameter D i steht für die von der Marktrendite unabhängige Renditekomponente von Wertpapier i und Hi bezeichnet die unsystematische Renditekomponente mit einem Erwartungswert von 0. Der Parameter Ei gibt die Stärke des linearen Zusammenhangs zwischen der Rendite von Wertpapier i und der Rendite des Marktportfolios an. Es wird unterstellt, dass Cov(Hi , H j ) 0 und Cov(Hi , rM ) 0 gilt. Das Single-Index-Modell impliziert

33

34

35

Grund, warum die empirische Umsetzung der Anlagestrategien in dieser Arbeit auf der Optimierung der Präferenzfunktion basiert. Die Vorgabe einer (über alle Anlageperioden konstanten) Risikoaversion J vermeidet derart extreme Gewichte in Einzelperioden, vgl. zu diesem Sachverhalt auch Abbildung B-1 in Anhang B. Ein empirisches Beispiel für deutlich höhere realisierte Sharpe-Ratios bei Optimierung der Präferenzfunktion gegenüber der Investition in das Tangentialportfolio findet sich beispielsweise in Jorion (1985), S. 272. Die Optimierung der Präferenzfunktion bewirkt ebenfalls, dass in Perioden, in denen der risikolose Zinssatz oberhalb der erwarteten Rendite des GMVP liegt, eine (theoretisch optimale) Short-Position im Tangentialportfolio und keine Long-Position eingegangen wird. Das Single-Index-Modell stellt den am weitesten verbreiteten Ansatz zur Schätzung der Kovarianzen von Wertpapierrenditen dar, vgl. beispielsweise Elton/Gruber/Brown/Goetzmann (2002), S. 130 ff. Dort findet sich ebenfalls ein Überblick über alternative Ansätze zur Schätzung der Varianz-KovarianzMatrix. Die Vorgabe einer Modellstruktur in der Schätzung zweiter Momente hat sich als geeignet erwiesen, der Schätzfehlerproblematik aufgrund eines geringen Verhältnisses von verfügbaren Datenpunkten zur Anzahl der zu schätzenden Parameter zu begegnen. So beträgt die Anzahl der zu schätzenden Kovarianzen bei N Wertpapieren N ( N  1) 2 . Unter Verwendung des Single-Index-Modells reduziert sich die Anzahl der zu schätzenden Parameter auf N  1 . In der vorliegenden Arbeit wird der Schätzfehlerproblematik hinsichtlich der Varianz-Kovarianz-Matrix zusätzlich durch eine erhöhte Datenfrequenz begegnet, vgl. Fußnote 36. Vgl. Jagannathan/Ma (2003), S. 1666ff. Sie schätzen die Varianz-Kovarianz-Matrix traditionell, unter Verwendung des Single-Index-Modells und des 3-Faktor-Modells nach Fama/French (1993) sowie entsprechend des Ansatzes von Ledoit/Wolf (2003) als Bayessche Kombination aus traditioneller Schätzung und dem Schätzer aus dem Single-Index-Modell. Bei Investition in die auf Basis der verschiedenen Schätzer der Varianz-Kovarianz-Matrix bestimmten globalvarianzminimalen Portfolios aus 500 Aktien für den Zeitraum 1968 bis 1997, besitzt die Strategie unter Verwendung des Schätzers aus dem Single-Index-Modell die höchste out-of-sample Sharpe-Ratio. Dies gilt ebenso für das auf Basis der verschiedenen Schätzungen bestimmte Tangentialportfolio.

68

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

somit, dass die Rendite eines Wertpapiers ausschließlich über die Rendite des Marktportfolios erklärt wird. Demnach ist auch für die Bestimmung der Kovarianzen der Wertpapierrenditen untereinander ausschließlich die Information über die jeweiligen Kovarianzen der Wertpapierrenditen mit der Marktrendite notwendig. Auf Basis des Single-Index-Modells ergibt sich die Kovarianz der Rendite von Wertpapier i mit der Rendite von Wertpapier j als Cov( ri , rj )

E i E jV M2 .

(3.11)

Das Modell wird geschätzt unter Verwendung von Tagesdaten des vorausgehenden Kalenderjahres.36 Die neben den Schätzungen der Betas benötigte Schätzung der Varianz der Marktrendite, V M2 , wird auf Basis von Tagesdaten des Performanceindex des dem Schätzzeitpunkt vorausgehenden Kalenderjahres bestimmt.37 Mit einer entsprechenden Datenhistorie und -frequenz werden auch die Varianzen der Wertpapierrenditen, V i2 , unter Verwendung aktienindividueller Performanceindizes geschätzt.38 Da die Schätzung der Varianz-Kovarianz-Matrix für alle in diesem Kapitel betrachteten Anlagestrategien auf einheitliche Weise erfolgt, unterscheiden sich die betrachteten alternativen Implementierungen der Markowitz-Optimierung also ausschließlich aufgrund der Schätzungen der erwarteten Renditen. Dies entspricht der Intention des vorliegenden Kapitels, welche auf die Analyse der Eignung neuartiger Schätzer der erwarteten Rendite in der Implementierung der Portfoliooptimierung zielt. Zudem führt die Schätzung der zweiten Momente auf Basis von Zeitreihendaten – anders als bei erwarteten Renditen – zu vergleichsweise präzisen Schätzungen und sollte daher nicht im Fokus der Analyse stehen.39

Empirische Umsetzung alternativer Verfahren der Portfolioselektion Als erste Referenzpunkte zur Evaluation des Anlageerfolgs auf Basis des RIM-Schätzers dienen wie erläutert die unter Verwendung des traditionellen Zeitreihenschätzers optimierten Strategien. Da in Hinblick auf das Ziel ertragreicher Anlagestrategien in Literatur und Praxis jedoch zahlreiche weitere Vorschläge gemacht wurden, ist für die aussagekräftige Evaluation eine Erweiterung der Vergleichsbasis notwendig. Deshalb wird im Rahmen der empirischen 36

37 38

39

Die tägliche Datenfrequenz wird verwendet, um die Präzision der Betaschätzung zu erhöhen. Die Erhöhung der Präzision ergibt sich unmittelbar aus der Tatsache, dass Beta nur von der VarianzKovarianz-Matrix der Renditen abhängt. Die Präzision der Schätzung dieser Matrix erhöht sich aber mit steigender Datenfrequenz, wie Merton (1980) zeigt. Deshalb führt eine Erhöhung der Datenfrequenz auch zu einer präziseren Schätzung von Beta. Der „Markt“ umfasst dabei das gesamte Sample des jeweiligen Marktes, d.h. für Deutschland den Index HDAX und für die USA den S&P500. In der verwendeten Notation des Single-Index-Modells gilt für die Struktur der Varianz des Wertpapiers i : V i2 E i2V M2  V H2i , wobei V H2i die Varianz des Störterms von Aktie i bezeichnet. Vgl. hierzu auch Kapitel 3.1.

3.3 Design der empirischen Studie

69

Untersuchungen des vorliegenden Kapitels die Markowitz-Optimierung unter Verwendung von drei weiteren Schätzverfahren für die erwartete Rendite implementiert: 1) Schätzung erwarteter Renditen über das CAPM, 2) Schätzung erwarteter Renditen entsprechend des Ansatzes von Black/Litterman (1992) und 3) Schätzung erwarteter Renditen entsprechend des Portfolio-Resampling-Ansatzes nach Michaud (1998). Zudem werden zwei Anlagestrategien betrachtet, für die keine Schätzung der erwarteten Rendite erforderlich ist. Aber auch diese können als empirische Umsetzungen der Markowitz-Optimierung verstanden werden: 4) Unterstellung identischer erwarteter Renditen für alle Aktien, d.h. Investition in das GMVP, 5) Unterstellung identischer erster und zweiter Momente aller Wertpapiere, d.h. Gleichgewichtung aller Aktien. Eine Strategie, die ebenfalls keine Parameterschätzungen erfordert, und in den nachfolgenden Untersuchungen als Benchmark dient, ist: 6) das Indexinvestment. Im Folgenden werden kurz die konkreten empirischen Implementierungen der vorgenannten Alternativstrategien erläutert. 1) CAPM Die Schätzung der erwarteten Renditen entsprechend der Modellgleichung des CAPM erfordert die Schätzung der erwarteten Marktrisikoprämie. Diese wird wie die Zeitreihenschätzer der erwarteten Rendite für die Einzelaktien auf Basis der Monatsüberrenditen des dem Schätzzeitpunkt vorausgehenden Kalenderjahres geschätzt. Die aktienindividuellen Betafaktoren werden entsprechend den vorausgehenden Ausführungen zur Implementierung des Single-Index-Modells bestimmt. Der Vektor der Schätzer der erwarteten Überrenditen unter Verwendung der Modellgleichung des CAPM ergibt sich dann als das Produkt des

Zeitreihenschätzers der erwarteten Marktüberrendite, Pˆ rZEIT , M , und dem ( N u 1)  Vektor der geschätzten Betafaktoren, Eˆ :

Pˆ rCAPM

Eˆ ( Pˆ rZEIT ,M )

(3.12)

2) Black/Litterman (1992) Black/Litterman (1992) schlagen die Schätzung der erwarteten Rendite entsprechend des in Kapitel 2.2.3 in allgemeiner Form dargestellten Bayesschen Ansatzes vor. Bezüglich der Ausgangsschätzung schlagen sie die Verwendung eines individuellen Priors für jede Aktie

vor.40 Dieser wird bestimmt über ein Portfolio, welches bei gegebener Risikoaversion J * optimal ist und durch den Gewichtsvektor wBL  Prior gekennzeichnet ist. Der Vektor der

40

In dieser Hinsicht unterscheidet sich der Ansatz von Black/Litterman (1992) von den in Kapitel 2.3 implementierten Kombinationen von Zeitreihen- bzw. RIM-Schätzer mit dem verwendeten Prior in Form der mittleren Indexrendite der Vergangenheit. Dieser ist sowohl im Querschnitt als auch über die Zeit konstant. Einen aktienindividuellen Prior verwendet hingegen die Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer. Für ausführliche Darstellungen des Ansatzes von Black/Litterman (1992) vgl. auch Lee (2000), Drobetz (2001) und Herold (2003).

70

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

erwarteten Renditen, für welchen das durch diese Gewichte definierte Portfolio optimal ist, lässt sich dann durch Umkehroptimierung bestimmen:41

Pˆ rBL  Prior

* J ¦ˆ wBL  Prior .

(3.13)

Black/Litterman (1992) ziehen zur Bestimmung des Priors das CAPM heran und verwenden * für wBL  Prior den Gewichtsvektor des Marktportfolios. Bei Gültigkeit des CAPM und Wahl

des Risikoaversionsparameters derart, dass dieser die Risikoaversion des Marktes adäquat abbildet, spiegelt der resultierende Vektor PrBL-Prior die Erwartungen des Marktes hinsichtlich der zukünftigen Überrenditen wider.42 In der empirischen Umsetzung der vorliegenden Arbeit wird für J ein Wert von 2 angesetzt. Dieser Wert impliziert in Hinblick auf die unter (3.1) dargestellte Präferenzfunktion, dass ein Investor indifferent gegenüber einer Erhöhung der Portfoliovarianz pro Jahr um einen Prozentpunkt (d.h. einer Erhöhung der Standardabweichung um 10 Prozentpunkte) ist, sofern diese mit einer Erhöhung der erwarteten Rendite um einen Prozentpunkt pro Jahr einhergeht.43 Die Anpassung dieses Vektors der Vorabinformation über die erwarteten Renditen kann entsprechend Black/Litterman (1992) anschließend entweder anhand von Zusatzinformationen über die absolute Höhe der erwarteten Wertpapierrenditen oder aber über Zusatzinformationen der erwarteten Renditen verschiedener Wertpapiere in Relation zueinander erfolgen. In der vorliegenden Arbeit wird der Ansatz von Black/Litterman (1992) implementiert, indem lediglich Zusatzinformationen über die absolute Höhe der erwarteten Rendite jeder Aktie in Form des Zeitreihenschätzers verwendet werden. Unter der Annahme, dass die Schätzfehler unabhängig verteilt sind, reduzieren sich die Varianz-Kovarianz-Matrizen beider Schätzer jeweils zu Diagonalmatrizen.44 Der kombinierte Schätzer in Anlehnung an Black/Litterman (1992) hat dann für Wertpapier i die folgende Struktur: 41

42

43

44

Dieser Ausdruck entspricht dem nach dem Vektor der erwarteten Überrenditen aufgelösten Ausdruck (3.4). In der englischsprachigen Literatur wird die Umkehroptimierung als „Reverse Optimization“ bezeichnet. Black/Litterman (1992) unterstellen nicht, dass der Markt sich ständig im Gleichgewicht befindet. Es können vorübergehende Abweichungen vom Gleichgewicht auftreten, so dass die auf die Weise bestimmten erwarteten Renditen im Mittel zwar richtig sind, aber dennoch einen Fehler besitzen können. Vgl. hierzu auch Jorion (1985). Die Unterstellung eines Risikoaversionsparameters in Höhe von 2 entspricht einem in der Literatur häufig vorzufindenden Wert. In Mehra/Prescott (1985), S. 154, findet sich eine Darstellung vielfältiger Arbeiten, die jeweils Risikoaversionsparameter in der Höhe von 1 bis 2 unterstellen bzw. ermittelt haben. Black/Litterman (1992) unterstellen lediglich, dass die Schätzfehler der Zusatzinformationen unabhängig verteilt sind, vgl. Black/Litterman (1992), S. 35. Sie setzen den beschriebenen Ansatz jedoch nicht empirisch um. In empirischen Umsetzungen zeigt sich die Vernachlässigung von Kovarianzen der Schätzfehler aufgrund der damit verbundenen Schätzfehlerproblematik nämlich oftmals dominant gegenüber deren Berücksichtigung, vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 2.2.3 sowie Timmermann (2006), S. 159. Deshalb wird auf die Berücksichtigung der Kovarianzen zwischen den Schätzfehlern auch in der empirischen Umsetzung der vorliegenden Arbeit verzichtet.

3.3 Design der empirischen Studie

Pˆ rBL,i

§ · BL-Prior § · Uˆ iBL-Prior Uˆ ZEIT . ˜ Pˆ r ,i  ¨ ZEIT i BL-Prior ¸ ˜ Pˆ rZEIT ¨ ZEIT ,i BL-Prior ¸ ˆ ˆ ˆ ˆ   U U U U i i © i ¹ © i ¹

71 (3.14)

Diese entspricht der Struktur der kombinierten Schätzer aus Kapitel 2.2.3. Die Gewichtungen der Schätzer innerhalb der Kombination entsprechen den relativen Präzisionen. Diese werden, wie unter Kapitel 2.3 für die Kombination von Zeitreihen- und RIM-Schätzer beschrieben, über die mittleren quadratischen Fehler der Schätzer ermittelt. 3) Portfolio-Resampling nach Michaud (1998) Das Verfahren des Portfolio-Resamplings nach Michaud (1998) bedient sich der Simulation von realisierten Renditen auf Basis der aus Zeitreihendaten geschätzten Verteilungsparameter. Den Ausgangspunkt der Simulation bilden in der nachfolgenden Studie die Zeitreihenschät-

zungen für den Vektor der erwarteten Überrenditen Pˆ rZEIT und die Varianz-Kovarianz-Matrix ˆ ZEIT . Auf Basis dieser Verteilungsparameter werden s 1,..., S mit S 1000 Simulations¦ läufe durchgeführt,45 wobei in jedem Simulationslauf s für jede Aktie i – in Analogie zur der Ausgangsschätzung zugrunde liegenden Anzahl von Beobachtungen – T Ziehungen durchgeführt werden. Auf Basis dieser T Renditeziehungen der Simulationsrunde s wird der zugehörige Vektor der erwarteten Renditen Pˆ rRS, s bestimmt. Unter Verwendung des Vektors

Pˆ rRS, s des Simulationslaufs s sowie der zugehörigen Varianz-Kovarianz-Matrix für diesen Zeitpunkt46 erfolgt dann die Bestimmung der optimalen Gewichte für den Anleger mit der in Kapitel 3.2.1 vorgestellten P  V  Präferenzfunktion. Der zugehörige Vektor optimaler Gewichte wird mit wˆ *RS , s bezeichnet. Nach S Simulationsläufen wird der Mittelwert der Gewichtsvektoren über alle Läufe bestimmt:

* wˆ RS

1 S * ¦ wˆ RS ,s . S s1

(3.15)

Der so ermittelte Gewichtsvektor wird dann zur Portfoliowahl im betrachteten Zeitpunkt verwendet. Es sei darauf hingewiesen, dass das Portfolio-Resampling nach Michaud (1998) in der Literatur weitgehend kritisch gesehen wird. So merkt Scherer (2002a) an, dass sich die Gewichte dieses Ansatzes ohne Auferlegung von Leerverkaufsrestriktionen nicht systematisch von denen der traditionellen Implementierung auf Basis der (als Ausgangsschätzung der Simulationen dienenden) Zeitreihenschätzer unterscheiden.47 Da dieser Ansatz jedoch 45 46 47

Diese Anzahl an Simulationsrunden (Samplings) verwendet bspw. auch Scherer (2002a). Zur Schätzung der Varianz-Kovarianz-Matrix vgl. die vorausgehenden Ausführungen dieses Kapitels. Herold/Maurer (2006) gelangen dementsprechend in ihrem Vergleich alternativer Ansätze zur Beschränkung von Schätzrisiken zu dem Schluss, dass die Ergebnisse eine weitergehende Beschäftigung mit dieser Methode nicht rechtfertigen.

72

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

trotzdem weite Verbreitung gefunden hat, wird er in den nachfolgenden empirischen Untersuchungen als Vergleichsstrategie berücksichtigt. Alternativ kann der Ansatz des PortfolioResamplings auch unter Berücksichtigung von Leerverkaufsbeschränkungen implementiert werden.48 Auf die Ergebnisse dieses Vorgehens wird im Rahmen der Stabilitätsuntersuchungen in Kapitel 3.4.3.5 eingegangen. 4) Globalvarianzminimales Portfolio (GMVP) Als globalvarianzminimales Portfolio (GMVP) wird das Portfolio bezeichnet, welches unter allen effizienten Portfolios die geringste Varianz besitzt. Die Gewichte dieses Portfolios berechnen sich als

wˆ GMVP

ˆ 1 1 ¦ . ˆ 1 1 1 '¦

(3.16)

Dieses Portfolio besitzt in Hinblick auf das Schätzrisiko bei der Bestimmung der Inputparameter den Vorteil, dass zu seiner Bestimmung lediglich die Varianz-Kovarianz-Matrix, nicht jedoch die erwarteten Renditen geschätzt werden müssen.49 Der vollständige Verzicht auf die Schätzung erwarteter Renditen kann als Extremfall der Beschränkung von Schätzrisiken in erwarteten Renditen verstanden werden. Die Berücksichtigung einer solchen Strategie ist für eine umfassende Evaluation des Anlageerfolgs auf Basis der implizit erwarteten Renditen aus dem Residual Income Modell offensichtlich erforderlich. Das GMVP kann als optimales Portfolio eines P  V  optimierenden Investors interpretiert werden, der unendlich risikoavers ist und dem ausschließlich risikobehaftete Wertpapiere als Anlagemöglichkeiten zur Verfügung stehen. Ebenso ist es das optimale Portfolio aus risikobehafteten Wertpapapieren für einen Investor, dessen Einschätzung hinsichtlich der erwarteten Rendite über alle Wertpapiere identisch ist bzw. der keine Informationen hinsichtlich der erwarteten Renditen der Wertpapiere besitzt und diesen somit rationalerweise eine erwartete Rendite in gleicher Höhe beimisst.

48

49

Kritisch sei hierzu jedoch angemerkt, dass bei Leerverkaufsbeschränkungen gerade die volatilen Aktien von der asymmetrischen Behandlung positiver und negativer Gewichte profitieren. So haben sehr volatile Assets in einigen Ziehungen extrem hohe bzw. negative Renditen und entsprechend extreme Gewichte. Aufgrund der Leerverkaufsbeschränkungen können sich die extremen Gewichte jedoch nicht mehr ausgleichen: Während die negativen Gewichte auf Null gesetzt werden, bleiben die positiven erhalten. Die stärkere Diversifikation bei Leerverkaufsbeschränkungen begünstigt somit volatilere Aktien und ist theoretisch nicht fundiert. Vergleiche hierzu auch Scherer (2002a). Bezüglich der Unterschiede in der Schätzrisikoproblematik bei ersten und zweiten Momenten der Renditeverteilung vgl. die Ausführungen in Kapitel 3.1 sowie Chopra/Ziemba (1993) oder Kempf/Memmel (2002).

3.3 Design der empirischen Studie

73

5) Gleichgewichtung Eine Strategie, welche neben der Schätzrisikoproblematik hinsichtlich der ersten Momente auch das Schätzrisiko hinsichtlich der zweiten Momente vermeidet, ist die Strategie der Gleichgewichtung aller Aktien. Im Rahmen dieser Strategie wird jedes der zum Anlagezeitpunkt im Anlageuniversum enthaltenen N Wertpapiere mit gleichem wertmäßigem Anteil in

das Portfolio aufgenommen.50 Der Gewichtsvektor dieser Strategie ergibt sich demnach mit:

wGLGW

1 1. N

(3.17)

Auch das gleichgewichtete Portfolio kann als Spezialfall der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) verstanden werden: Entweder ergibt es sich als das optimale Portfolio risikobehafteter Wertpapiere eines Investors, der überhaupt keine Informationen in Bezug auf Unterschiede in den Parametern der Wertpapiere besitzt, weshalb er identische Varianzen, identische Kovarianzen sowie einheitliche erwartete Renditen für alle Aktien unterstellt, was in der Markowitz-Optimierung zu einheitlichen Gewichten für alle Wertpapiere führt. Die Gleichgewichtung aller Aktien ist ebenfalls dann optimal, wenn der Vektor der erwarteten Überrenditen proportional zum Produkt aus der Varianz-Kovarianz-Matrix und dem EinserVektor ist: P v ¦ 1 . In diesem Fall ist die erwartete Rendite einer Aktie proportional zur Summe aus der Varianz der Aktie und allen übrigen Kovarianzen der Aktie mit den anderen Wertpapieren und nicht zum systematischen Risikobeitrag der Aktie zum Marktportfolio wie im CAPM.51 6) Indexinvestment Eine weitere Strategie, welche die Schätzproblematik hinsichtlich der Parameter der Renditeverteilung vollständig vermeidet, ist die passive Investition in einen Index.52 In den nachfolgenden empirischen Untersuchungen wird jeweils das Investment in den zum jeweiligen Markt(segment) gehörigen Index betrachtet.

50

51

52

Diese Anlagealternative ist aufgrund ihrer einfachen Implementierbarkeit nicht nur in der Praxis weit verbreitet, sie hat sich zudem auch in empirischen Untersuchungen als gleichwertig oder sogar überlegen gegenüber optimierenden Methoden erwiesen. So ist bspw. in Jorion (1991) die Gleichgewichtungsstrategie im Vergleich alternativer Anlagestrategien ebenso erfolgreich wie die Portfoliooptimierung auf Basis erwarteter Renditen aus dem CAPM und der Investition in das GMVP. Bloomfield/Leftwich/Long (1977) und Jagannathan/Ma (2003) finden, dass die traditionelle Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis von Zeitreihenschätzern die Strategie der naiven Diversifikation nicht schlagen kann. Auch in DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009) kann der Anlageerfolg der naiven Diversifikation nicht durchgängig von anderen Strategien geschlagen werden. D.h. es besteht eine Proportionalität zur Kovarianz von Rendite der Aktie und Rendite des gleich gewichteten Portfolios anstatt wie im CAPM von Rendite der Aktie und Rendite des marktwertgewichteten Portfolios. Vgl. DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009), S. 1922. Die Performance eines Indexes lässt sich für den Anleger über die Investition in Indexfonds (vgl. beispielsweise Griese/Kempf (2003)) oder in jüngerer Zeit auch mittels Exchange Traded Funds erzielen. Für institutionelle Anleger bieten sich Aktienindexfutures an.

74

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Abschließend sind in Tabelle 3-1 alle im Rahmen der nachfolgenden empirischen Studie implementierten Anlagestrategien mit den jeweils zu ihrer Bezeichnung verwendeten Abkürzungen dargestellt.

Tabelle 3-1:

Implementierte Anlagestrategien

Anlagestrategie

Schätzer der Kovarianzmatrix

ZEIT

Schätzer der erwarteten Rendite Zeitreihenschätzer

RIM

RIM-Schätzer

ZEIT+IND

Bayessche Kombination von Zeitreihenschätzer und mittlerer historischer Indexrendite

RIM+IND ZEIT+RIM

Zeitreihenschätzer auf Basis der Struktur des SingleIndex-Modells

Bayessche Kombination von RIM-Schätzer und mittlerer historischer Indexrendite Bayessche Kombination von Zeitreihenschätzer und RIMSchätzer

CAPM

CAPM-Schätzer

BL

Bayessche Kombination von CAPM-Schätzer und Zeitreihenschätzer entsprechend Black/Litterman (1992)

RS

Schätzer aus simulierten Zeitreihendaten entsprechend des Portfolio-Resamplings nach Michaud (1998)

GMVP

-

GLGW

Keine Parameterschätzung: Gleichgewichtetes Portfolio

DAX30, HDAX, „S&P30“, S&P100, S&P500

Keine Parameterschätzung: Passives Indexinvestment

Im nun folgenden Abschnitt werden die zur Evaluation des Anlageerfolgs der verschiedenen Strategien verwendeten Performancemaße vorgestellt.

3.3.2 Evaluation des Anlageerfolgs Der Anlageerfolg der Strategien wird anhand der beiden Performancemaße Sharpe-Ratio und Treynor/Black-Ratio bestimmt. Diese Performancemaße werden gewählt, da sie anders als beispielsweise das Jensen-Alpha oder die mittlere realisierte Rendite immun sind gegen Leverage-Effekte, d.h. beliebige Verbesserung der Performance durch Short-Positionen.53 Die empirische Sharpe-Ratio54 der betrachteten Strategien wird ermittelt als:

53 54

Vgl. Modigliani/Pogue (1974), Jobson/Korkie (1981) oder Breuer/Gürtler (1999). Vgl. Sharpe (1966).

3.3 Design der empirischen Studie n SR P

75

n P P  rf . Vˆ P

(3.18)

n Sie wird berechnet als die mittlere realisierte Überrendite, P P  rf Untersuchungszeitraum

Vˆ P

t 1,..., T ,

bezogen

1 T ¦ (rP,t  rf ,t ) , über den T t1

auf

das

Risiko,

T

1 ¦ (rP,t  rP,t )(rP,t  rP,t ) ' , welches zur Realisation dieser Überrendite eingegangen T 1 t 1

wurde. Dabei bezeichnen rP ,t die realisierte Portfoliorendite und rf ,t den risikolosen Zinssatz der Periode t .55 Der Test auf statistisch signifikante Unterschiede in den Sharpe-Ratios zweier Anlagestrategien i und j erfolgt auf Basis des Tests von Jobson/Korkie (1981) unter Verwendung der Korrektur der Teststatistik nach Memmel (2003). Die Teststatistik lautet:

z

m i  SR mj SR Vˆ

(3.19)

1ª 1 m2 m2 m m ˆ 2 )º . 2(1  Uˆ i , j )  ( SR i  SR j  2 SR i SR j U i, j » T «¬ 2 ¼

(3.20)

mit Vˆ

Dabei bezeichnet Uˆ i , j die geschätzte Korrelation der realisierten Überrenditen der Strategien i und j . Die Teststatistik z ist unter der Hypothese der Gleichheit der Sharpe-Ratios asymptotisch standardnormalverteilt.56 Der Test auf signifikante Unterschiede in den SharpeRatios wird jeweils paarweise für alle nachfolgend implementierten Anlagestrategien durchgeführt.

55

56

Da der Anlageerfolg der Strategien auf Basis realisierter Monatsrenditen ermittelt wird, die SharpeRatios jedoch zur Vergleichbarkeit mit anderen in der Literatur berichteten Sharpe-Ratios in annualisierter Form berichtet werden sollen, erfolgt die Multiplikation der so ermittelten monatlichen realisierten Sharpe-Ratios mit der Wurzel aus 12. Wie schon Jobson/Korkie (1981) kritisch anmerken und anhand einer Simulationsstudie verdeutlichen, besitzt der Test eine geringe Mächtigkeit. Die Mächtigkeit eines Tests beschreibt die Wahrscheinlichkeit, eine falsche Null-Hypothese auch tatsächlich abzulehnen. Dementsprechend sind große Stichprobenumfänge bzw. große Performanceunterschiede zum Auffinden einer signifikant unterschiedlichen Performance notwendig.

76

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Als alternatives Performancemaß wird das Treynor/Black-Maß57 für die betrachteten Anlagestrategien ermittelt. Dieses Maß gibt die mittlere Überrendite einer Strategie relativ zur zugrunde gelegten Benchmark (das sog. Alpha) je Einheit Risiko dieser Überrendite (der sog. Tracking Error) an. Zur Berechnung des Treynor/Black-Maßes wird die realisierte Strategieüberrendite auf die Überrendite der Benchmark regressiert: rP ,t  rf ,t

D P  E P (rBenchm,t  rf ,t )  H P ,t .

(3.21)

Dabei bezeichnen D P die Konstante der Regression und E P den Regressionskoeffizienten, welcher das (in Bezug auf die Benchmark) eingegangene systematische Risiko wiedergibt.58 Das Residuum der Regression ist H P ,t . Der Schätzer für die Standardabweichung von H P ,t , welcher mit Vˆ H , P bezeichnet wird, gibt die Höhe des unsystematischen Risikos an. Das Treynor/Black-Maß berechnet sich dann wie folgt: mP TB

Dˆ P . Vˆ H , P

(3.22)

Zur Ermittlung dieses Maßes wird also der mittlere Zusatzertrag, Dˆ P , welcher mit dem Risiko

Vˆ H , P verbunden ist, vom systematischen – und somit zu entlohnenden – Benchmarkrisiko in Form des EˆP getrennt. In Analogie zur Sharpe-Ratio, welche die mittlere realisierte Überrendite eines Portfolios über den risikolosen Zinssatz ins Verhältnis zu dem zu deren Erzielung eingegangenen Risiko (d.h. das Gesamtrisiko Vˆ P ) setzt, wird für das Treynor/Black-Maß die mittlere realisierte Überrendite über die Benchmark ins Verhältnis zu dem zu deren Erzielung eingegangenen Risiko (d.h. das über das Benchmarkrisiko hinausgehende, unsystematische

57

58

Vgl. Treynor/Black (1973). In Hinblick auf die Messung der spezifischen Information, welche ein aktiv verwaltetes Portfolio durch seine in Abweichung zur zugrundeliegenden Benchmark realisierte Rendite offenbart, wird dieses Maß auch als „Information Ratio“ bezeichnet. Weitere Bezeichnungen sind “Alpha-Omega Ratio”, “Signal-to-Noise Ratio”, “Return-to-Variability Ratio” und “Appraisal Ratio”, vgl. Goodwin (1998). In der praktischen Umsetzung wird anstelle der Schätzung von E P entsprechend (3.21) häufig vereinfachend E P 1 unterstellt. Vergleicht man die Höhe des Treynor/Black-Maßes einer Strategie bei Unterstellung von E P 1 mit der Höhe des Treynor/Black-Maßes dieser Strategie bei Zugrundelegung des tatsächlichen Betas der Strategie (ermittelt aus einer Kleinstquadrateschätzung), so gilt Folgendes: Ist das tatsächliche Beta der Strategie kleiner als eins, so erhöht sich das Treynor/Black-Maß mit Sicherheit gegenüber dem Fall, in dem E P 1 unterstellt wird. In diesem Fall steigt nämlich die Höhe des Alpha mit Sicherheit und das Residualrisiko sinkt mit Sicherheit. Ist das tatsächliche Beta hingegen größer eins, so kann über die Veränderung des Treynor/Black-Maßes keine eindeutige Aussage getroffen werden, da sich das geschätzte Alpha zwar mit Sicherheit verringert, das Residualrisiko jedoch auch. Vgl. auch Goodwin (1998), S. 35.

3.3 Design der empirischen Studie

77

Risiko Vˆ H , P ) gesetzt.59 Das Treynor/Black-Maß ist bei gegebenem Zusatzertrag, Dˆ P , umso höher, je geringer das zu seiner Erzielung eingegangene Risiko, Vˆ H , P , ist. Die Performance einer Portfoliomanagerin ist somit bei gegebenem Dˆ P umso besser je geringer die Streuung des erzielten Überertrages. Der Test auf statistische Signifikanz des Treynor/Black-Maßes einer Strategie erfolgt über die Berechnung der zugehörigen t-Statistik unter der Annahme normalverteilter realisierter Überrenditen: mP) t  Statistik (TB

Dˆ P .60 Vˆ H , P T

(3.23)

Dabei bezeichnet T die Anzahl der Beobachtungen, auf welcher das Treynor/Black-Maß ermittelt wird, d.h. die Anzahl an Monaten, sofern die zugrunde liegenden Datenfrequenz monatlich ist. In den Kapiteln 3.4 und 3.5 werden die Treynor/Black-Maße ebenso wie die Sharpe-Ratio annualisiert berichtet. Unter Ausnutzung des direkten Zusammenhangs des Treynor/Black-Maßes und der zugehörigen t-Statistik kann diese geschrieben werden als: m P ) TB m P T .61 t  Statistik (TB

(3.24)

Aus der Darstellung in (3.24) ist ersichtlich, dass die statistische Signifikanz einer gegebenen Höhe des Treynor/Black-Maßes von der Länge des zugrunde liegenden Untersuchungszeitraums abhängt.62 So kann das Treynor/Black-Maß zweier Strategien zwar identisch hinsicht59

60

Sharpe (1994) bezeichnet das Treynor/Black-Maß auch als „generalized Sharpe-Ratio“. Die Bezeichnung resultiert aus der Interpretation der Überrendite als Differenz einer Long-Short-Strategie mit einem Betarisiko in Höhe von Null, d.h. der Überrendite zu einer (Short-)Position in der Benchmark anstatt zur risikolosen Anlage, vgl. Goodwin (1998), S. 36. Vgl. Goodwin (1998), S. 36f. Diese t-Statistik ist t-verteilt mit T  1 Freiheitsgraden, sofern ein Beta in Höhe von eins für die analysierte Strategie angenommen wird. Goodwin (1998) berücksichtigt jedoch nicht den Fall, dass das Beta ebenfalls geschätzt wird. In diesem Fall lautet die korrekte 1

61

62

T § · 2 1 ¨ ¸ T ˜ ¦ rBenchmark , t t 1 m ¨ ¸ mit T  2 Freiheitsgraden, vgl. bspw. t  Statistik (TB P ) Dˆ P ˜ Vˆ H , P ˜ T ¨ ¸ 2  r r ( ) ¦ Benchmark , t Benchmark , t ¨¨ ¸¸ t 1 © ¹ Wooldridge (2003), S. 55. Der Quotient unter der Wurzel gibt das Verhältnis des unzentrierten zum zentrierten zweiten Moment der Benchmarkrendite wider. Formel (3.23) stellt somit lediglich eine Approximation dar. Für eine hinreichend hohe Datenfrequenz sind die Unterschiede jedoch vernachlässigbar. Dies gilt auch für die nachfolgenden empirischen Untersuchungen der Kapitel 3.4 und 3.5. Soll der Test auf statistische Signifikanz hinsichtlich eines von Null verschiedenen Vergleichswertes durchgeführt werden, so ist dieser Vergleichswert in (3.24) vom Treynor/Black-Maß zu subtrahieren. Das weitere Vorgehen bleibt unverändert, vgl. Goodwin (1998), S. 37. Sie ist jedoch unabhängig von der gewählten Datenfrequenz, da sich das Treynor/Black-Maß bei einer Frequenzerhöhung im gleichen Ausmaß verringert wie sich der Faktor T erhöht.

78

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

lich der Höhe sein, sich jedoch in Bezug auf die Signifikanz unterscheiden, sofern die Längen der zugrunde liegenden Beobachtungszeiträume für beide Strategien nicht identisch sind. Abschließend sei auf die unterschiedliche Ausrichtung der beiden verwendeten Performancemaße bezüglich der Entscheidungssituation, in der sich ein Anleger befindet, hingewiesen. So ist die (ex ante) Sharpe-Ratio geeignet, die optimale Investitionsalternative für einen

P  V  optimierenden Investor unter den zur Auswahl stehenden Alternativen zu identifizieren, in die dieser sein gesamtes Vermögen investieren möchte. Das Treynor/Black-Maß hingegen zielt nicht auf die Auswahl einer optimalen Investitionsalternative in Bezug auf das Gesamtvermögen. Vielmehr gibt das quadrierte Treynor/Black-Maß die Erhöhung der quadrierten Sharpe-Ratio an, welche bei optimaler Hinzunahme der betrachteten Anlagealternative zur Investition in die Benchmark erreicht werden kann.63

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

Im Folgenden werden die empirischen Anlageergebnisse der Implementierung aller in Kapitel 3.3.1 beschriebenen Anlagestrategien für das Universum des DAX30 im Zeitraum 1996 bis 2006 berichtet. Die Reihenfolge der Ergebnisdarstellung folgt dabei der Intention der Untersuchung. Diese ist fokussiert auf die Fragestellung, ob die in Analystenschätzungen enthaltenen Informationen gewinnbringend in der Portfoliooptimierung nach Markowitz eingesetzt werden können. Deshalb wird zunächst in Kapitel 3.4.1 der Erfolg der Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des RIM-Schätzers im Vergleich zur traditionellen Implementierung auf Basis des Zeitreihenschätzers analysiert. Als Benchmark dient im Vergleich dieser beiden Strategien das passive Investment in den Marktindex DAX30. Im nächsten Schritt werden die Anlageergebnisse der nach Bayesschem Verfahren kombinierten Schätzer berichtet. Dabei liegt das Augenmerk auf dem aus Analystenschätzungen abgeleiteten RIM-Schätzer, welcher mit der mittleren Indexrendite der Vergangenheit kombiniert wird. Weiterhin werden die Anlageerfolge der Kombinationen aus RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer sowie der Kombination von Zeitreihenschätzer und Indexrendite entsprechend Jorion (1986) dargestellt. Der zweite Teil der Analyse in Kapitel 3.4.2 betrachtet anschließend die vielfältigen, in Kapitel 3.3.1 beschriebenen Alternativstrategien. Dieser umfassende Vergleich dient dem Ziel, den Anlageerfolg auf Basis des RIM-Schätzers im Lichte des Anlageerfolgs in der Literatur diskutierter Ansätze bewerten zu können. Der dritte und abschließende Teil der 63

Vgl. Jobson/Korkie (1984) oder Gibbons/Ross/Shanken (1989). Goodwin (1998), S. 41, behauptet hingegen fälschlicherweise: “The information ratio […] is not useful for making asset allocations.” Das Gewicht bei optimaler Hinzunahme der betrachteten Anlagealternative in das Portfolio eines Anlegers ist proportional zu dem durch die Residualvarianz geteilten Treynor/Black-Maß, vgl. bspw. Elton/Gruber/Blake (1996), S. 148ff.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

79

Analysen für den deutschen Kapitalmarkt in Kapitel 3.4.3 beinhaltet verschiedene Stabilitätsuntersuchungen. Hier wird ermittelt, ob die auf Basis der Hauptuntersuchung erzielten Ergebnisse sich gegenüber einer Veränderung der Größe des Unternehmenssamples, einer Betrachtung von Teilperioden, einer Veränderung der Umschichtungsfrequenz, der Berücksichtigung von Transaktionskosten und der Auferlegung von Gewichtsrestriktionen robust erweisen. In Kapitel 3.4.4 werden die zentralen Ergebnisse der Untersuchungen für den deutschen Kapitalmarkt zusammengefasst. 3.4.1 Optimale Portfolioselektion unter Verwendung implizit erwarteter Renditen RIM-Schätzer vs. Zeitreihenschätzer Tabelle 3-2 enthält die Anlageergebnisse der traditionellen Implementierung der Portfoliooptimierung sowie der Implementierung auf Basis der erwarteten Renditen aus dem Residual Income Modell. Die Portfolios werden jeweils monatlich entsprechend der aktualisierten Parameterschätzungen für Erwartungswerte und Kovarianzmatrix umgeschichtet.64 Als Benchmark ist in Tabelle 3-2 ebenfalls der Erfolg aus dem Investment in den Index DAX30 erfasst. Die berichteten Sharpe-Ratios geben das Verhältnis der mittleren realisierten Überrendite p.a. zur realisierten jährlichen Standardabweichung der Überrendite einer Strategie wider. Die Treynor/Black-Ratios entsprechen gemäß (3.22) dem Verhältnis der nicht durch die Benchmark DAX30 erklärten Strategierendite p.a. zur Standardabweichung dieser unerklärten Rendite p.a. Tabelle 3-2:

Anlageuniversum DAX30 ZEIT

RIM

DAX30

Sharpe-Ratio

0,1679

0,5232

0,3406

T/B-Ratio

0,1536

0,4176

-

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Wie aus Tabelle 3-2 ersichtlich, führt die traditionelle Implementierung der MarkowitzOptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers zu einem sehr schlechten Anlageerfolg, wie er in der Literatur üblicherweise berichtet wird. Die realisierte jährliche Sharpe-Ratio dieser Anlagestrategie beträgt bei monatlicher Umschichtung 0,17, d.h. je Risikoeinheit – gemessen in Prozentpunkten realisierter Standardabweichung – wird eine Überrendite über die risikolose Anlage von durchschnittlich 0,17 Prozentpunkten p.a. erzielt. Damit hat diese Strategie

64

Eine monatliche Umsichtungsfrequenz wird üblicherweise in empirischen Studien zur Portofoliooptimierung verwendet, vgl. bspw. Jorion (1985) oder DeMiguel/Garlapppi/Uppal (2009). Im Rahmen von Stabilitätsuntersuchungen des Kapitels 3.4.3 werden alternativ Umschichtungsfrequenzen von drei und sechs Monaten betrachtet.

80

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

eine lediglich halb so hohe Überrendite je Risikoeinheit wie der Index, welcher eine SharpeRatio von 0,34 realisiert.65 Die Strategie auf Basis des RIM-Schätzers hingegen liegt deutlich oberhalb des Indexes und erzielt mit 52 Basispunkten je Risikoeinheit die dreifache Überrendite im Vergleich zur traditionellen Portfoliooptimierung und eine um fünfzig Prozent höhere Überrendite als der Index.66 Gemäß der realisierten Sharpe-Ratios ist somit ein Investment in die RIM-basierte Strategie dem Indexinvestment und der traditionellen Portfoliooptimierung vorzuziehen. Trotz des deutlichen Unterschieds in den Niveaus der realisierten Sharpe-Ratios zeigt der paarweise Vergleich der Sharpe-Ratios unter Verwendung des von Memmel (2003) korrigierten Testverfahrens von Jobson/Korkie (1981) allerdings keine statistische Signifikanzen hinsichtlich der Performancedifferenzen.67 Die Performanceevaluation anhand des Treynor/Black-Maßes zeigt, dass die Rangfolge der beiden aktiven Strategien stabil über die Wahl des Performancemaßes ist. Beide Strategien besitzen jeweils ein positives Treynor/Black-Maß, d.h. sie weisen beide eine risikoadjustierte Performance oberhalb der Benchmark auf. Dabei ist jedoch die je Einheit unsystematischen Risikos erzielte Überrendite mit 0,42 Prozentpunkten für die RIM-Strategie nahezu dreimal so hoch wie für die traditionelle Strategie mit 0,15.68 Bei optimaler Beimischung der RIMStrategie zum Indexinvestment lässt sich somit eine höhere Performance (Sharpe-Ratio) erzielen als mit einer Beimischung der Strategie auf Basis des Zeitreihenschätzers. Allerdings 65

66

67

68

Für den in Dimson/Marsh/Staunton (2000) untersuchten, wesentlich umfangreicheren Zeitraum des gesamten 20. Jahrhunderts, ergibt sich für den deutschen Aktienmarkt eine realisierte Sharpe-Ratio in vergleichbarer Höhe. Eine Sharpe-Ratio von 0,3 wird im langfristigen Schnitt als plausible Größe für internationale Aktienmärkte betrachtet, vgl. Dimson/Marsh/Staunton (2003). An dieser Stelle sei der Unterschied zwischen in-sample (ex ante) und out-of-sample (ex post) SharpeRatio betont. Die Differenz zwischen diesen beiden Größen kann als Maß für den Einfluss des Schätzrisikos auf die Performance interpretiert werden. So berichtet bspw. Jorion (1985) für die in frühen Studien von Grubel (1968) und Levy/Sarnat (1970) verwendeten Datenstichproben eine deutlich geringere ex post Sharpe-Ratio im Vergleich zur ex ante Sharpe-Ratio. Einen solchen Unterschied berichten ebenfalls Jorion (1991) und DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009). Für das in dieser Studie betrachtete deutsche Sample beträgt die ex ante Sharpe-Ratio der traditionellen Implementierung der MarkowitzOptimierung 4,84 im Vergleich zur realisierten Sharpe-Ratio von 0,17. Jagannathan/Ma (2003) berichten Unterschiede in vergleichbarer Größenordnung zwischen ex ante und ex post Sharpe-Ratios. Für den RIM-Schätzer beträgt die ex ante Sharpe-Ratio in der vorliegenden Studie 0,70 im Vergleich zur Realisation von 0,52. Diese deutlich realistischere Prognose der nachfolgend realisierten Sharpe-Ratio stellt neben der Höhe der realisierten Sharpe-Ratio einen weiteren Vorteil der Strategie auf Basis des RIM-Schätzers gegenüber der auf Basis des Zeitreihenschätzers dar. Zur geringen Mächtigkeit des Tests vgl. Fußnote 56. Die Ergebnisse der paarweisen Signifikanztests der Sharpe-Ratio-Differenzen finden sich für alle in Kapitel 3.4 implementierten Strategien in Anhang B. In der Literatur vorzufindende Niveaus, welche die Leistung von Portfoliomanagern anhand der Treynor/Black-Ratio kategorisieren, werden beispielsweise in Grinold/Kahn (1995) diskutiert. Diese bezeichnen Treynor/Black-Maße in Höhe von 0,50 als „gut“, von 0,75 als „sehr gut“ und von 1,0 als „außergewöhnlich“. Jacobs/Levy (1996), S. 11, vertreten eine analoge Meinung. Wie jedoch schon Goodwin (1998), S. 40, kritisch anmerkt, besitzen solche Einschätzungen keine theoretische Fundierung. In Bezug auf eigene empirische Untersuchungen von 212 Fondsmanagern sieht Goodwin (1998) die genannten Niveaus jedoch als hoch an.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

81

ist weder die Höhe der Treynor/Black-Ratio der RIM- noch der Zeitreihenschätzer-Strategie statistisch signifikant. Kombinierte Schätzer Die vorausgehenden Ergebnisdarstellungen haben gezeigt, dass die Nutzung der Analystenschätzungen zur Portfoliooptimierung für das Sample des DAX30 einen sehr guten Anlageerfolg erbringen. Dennoch kann auch durch die Verwendung des RIM-Schätzers das Problem des Schätzrisikos in erwarteten Renditen nicht vermieden werden. Aus diesem Grund sollen nun – als zweiter Schritt zur Beschränkung des Schätzrisikos in erwarteten Renditen – kombinierte Schätzer zur Portfoliooptimierung herangezogen werden. Bereits in den frühen Implementierungen der Portfoliooptimierung auf Basis Bayesscher Schätzer wird darauf hingewiesen, dass das relevante Maß für das Schätzrisiko eine quadratische Verlustfunktion angewendet auf den Schätzer ist.69 So ist die Minimierung der quadratischen Verlustfunktion äquivalent zur Maximierung der P  V  Zielfunktion in der Markowitz-Optimierung.70 Da entsprechend des Theorems von Bayes optimal kombinierte Schätzer die quadratische Verlustfunktion minimieren, erscheint die empirische Implementierung der Markowitz-Optimierung unter Verwendung kombinierter Schätzer ein aussichtsreicher Ansatz in Hinblick auf einen verbesserten Anlageerfolg. In Tabelle 3-3 werden die Anlageerfolge der Portfoliooptimierung für solche Kombinationen des RIM-Schätzers bzw. des Zeitreihenschätzers mit dem Mittelwert der historischen Indexrendite berichtet.71 Der Vergleich mit Tabelle 3-2 zeigt, dass der bereits gute Anlageerfolg des unkombinierten RIM-Schätzers durch die Kombination mit der Indexrendite nochmals deutlich gesteigert werden kann. Die Erhöhung der Sharpe-Ratio von 0,53 auf 0,79 impliziert eine Steigerung der realisierten Überrendite je Risikoeinheit um mehr als 25 Basispunkte.72 Auch mit dem Zeitreihenschätzer lässt sich nach dessen Kombination mit der mittleren Indexrendite nun eine sehr gute Performance mit einer Sharpe-Ratio in Höhe von 0,72 erzielen. Im Vergleich der Strategien bleibt der Anlageerfolg der Kombination ZEIT+IND jedoch unterhalb des Erfolgs der Kombination RIM+IND. 69 70 71

72

Vgl. Jorion (1986). Für eine ausführliche Erläuterung des Sachverhalts vgl. Memmel (2004), S. 72ff. Das Vorgehen zur Kombination der Schätzer sowie deren Eigenschaften wurden ausführlich in Kapitel 2 diskutiert. Erstmalig wurde ein kombinierter Schätzer in der Portfoliooptimierung von Jorion (1985) eingesetzt. Dieser verwendet einen informativen Prior, welcher der (auf Basis von Zeitreihenschätzungen ermittelten) mittleren Rendite des GMVP entspricht. Wie in Abbildung B-3 und Abbildung B-4 in Anhang B ersichtlich, werden durch die Kombination des RIM-Schätzers mit der Indexrendite extreme Gewichte im Tangentialportfolio während des ersten Drittels des Anlagezeitraums vermieden. Dass der geringere Anlageerfolg des RIM-Schätzers gegenüber der Kombination RIM+IND gerade aus dieser Teilperiode resultiert, zeigen die nachfolgenden Stabilitätsuntersuchungen der Marktphasen in Kapitel 3.4.3.2. Abbildung B-2 veranschaulicht, dass der schlechte Anlageerfolg des Zeitreihenschätzers über den gesamten Anlagezeitraum mit durchgängig extremen Gewichten einhergeht.

82

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Tabelle 3-3:

Anlageuniversum DAX30 – Kombinierte Schätzer ZEIT+IND

Sharpe-Ratio T/B-Ratio

RIM+IND

ZEIT+RIM

0,7237

0,7890

0,2920

0,6362 **

0,7162**

0,2621

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

In Spalte 4 von Tabelle 3-3 ist das Anlageergebnis der Kombination ZEIT+RIM dargestellt. Dieses fällt deutlich geringer aus als für die beiden zuvor betrachteten Kombinationen. Es entspricht annähernd dem Mittelwert der Sharpe-Ratios der Strategien auf Basis von Zeitreihen- und RIM-Schätzer und bleibt somit sogar unterhalb der Indexperformance. Das vergleichsweise schlechte Ergebnis dieser Strategie resultiert aus dem starken Einfluss des Zeitreihenschätzers auf die Wahl der Portfoliogewichte. Zwar besitzt der RIM-Schätzer eine höhere Präzision als der Zeitreihenschätzer, was im Mittel eine leicht höhere Gewichtung des RIM-Schätzers bewirkt,73 jedoch führt das höhere (absolute) Niveau des Zeitreihenschätzers dazu, dass im Wesentlichen dieser die Höhe der kombinierten Schätzer bestimmt.74 Bei Evaluation des Anlageerfolgs anhand des Treynor/Black-Maßes zeigt sich die Rangfolge der Strategien unverändert: Die beste Performance besitzt mit 0,72 die RIM+IND-Strategie, d.h. durch optimale Hinzunahme dieser Strategie zur Investition in die Benchmark kann die stärkste Performance-Verbesserung im Vergleich aller Strategien erzielt werden. Diese Performance-Erhöhung ist für den betrachteten Anlagezeitraum auf dem 5%-Niveau statistisch signifikant. Für die beiden anderen kombinierten Schätzer ist das Treynor/Black-Maß ebenfalls positiv – für die Kombination von Zeitreihenschätzer und vergangener Indexrendite ebenfalls statistisch signifikant auf dem 5%-Niveau. 3.4.2 Alternative Arten der Portfolioselektion Die bisherige Evaluation der Anlagestrategien unter Verwendung des RIM-Schätzers erfolgte relativ zum Zeitreihenschätzer bzw. zu dessen Bayesscher Variante sowie im Vergleich zur Benchmark DAX30. Um eine breitere Vergleichsbasis zu schaffen, werden nun fünf weitere, in Kapitel 3.3.1 beschriebene Anlagestrategien implementiert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3-4 dargestellt. Hinsichtlich des Anlageerfolgs können die fünf Strategien wie folgt kategorisiert werden: Als sehr schlecht und somit vergleichbar der traditionellen Implementierung der Portfoliooptimierung erweisen sich die Strategie des Portfolio-Resamplings (RS) sowie der Ansatz in Anlehnung an Black/Litterman (BL). Die Sharpe-Ratios beider Strategien liegen deutlich unterhalb des Indexerfolgs in Höhe von 0,34 (vgl. Tabelle 3-2). Dabei überrascht das schlechte Abschneiden des Portfolio-Resamplings nicht, da bei entsprechend häufigen 73 74

Vgl. Kapitel 2.3. Vgl. hierzu auch die deskriptiven Statistiken in Kapitel 2.4.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

83

Ziehungen die resultierenden Gewichte der Strategie sehr nah an denen unter Verwendung der ursprünglichen Inputparameter der Simulation, den Zeitreihenschätzungen, liegen.75 In die Implementierung des Black/Litterman-Ansatzes findet der Zeitreihenschätzer ebenfalls Eingang, da er dort als (die von Black/Litterman (1992) nicht näher spezifizierte) zusätzliche Informationsquelle verwendet wird. Die geringe Qualität dieser Informationen wirkt sich auch hier offensichtlich negativ auf den Erfolg des Verfahrens aus.76 Tabelle 3-4:

Anlageuniversum DAX30 – Alternativstrategien CAPM

Sharpe-Ratio T/B-Ratio

BL

RS

GMVP

GLGW

0,7083

0,2516

0,1544

0,7258

0,4609

0,7233**

0,2168

0,1421

0,6439**

0,4541

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Einen mittelmäßigen Anlageerfolg, der leicht oberhalb des Indexes liegt, erzielt die Gleichgewichtungsstrategie, welche vollkommen auf Parameterschätzungen verzichtet. Den besten Anlageerfolg unter den Vergleichsstrategien erzielen jedoch die CAPM- sowie die GMVPStrategie.77 Im paarweisen Vergleich der Performanceunterschiede der Strategien in Tabelle 3-4 zeigt sich nur der Ansatz nach Black/Litterman (1992) dem Portfolio-Resampling auf dem 1%-Niveau statistisch signifikant überlegen.78

75

76

77

78

Vgl. die Darstellung des Portfolio-Resamplings nach Michaud (1998) in Kapitel 3.3.1. Der im Vergleich mit dem Anlageerfolg der Kombination aus Mittelwert der historischen Indexrendite und Zeitreihenschätzer, ZEIT+IND, in Tabelle 3-3 deutlich schlechtere Anlageerfolg des Black/Litterman-Ansatzes kann auf folgende Ursachen zurückgeführt werden: Zum einen implizieren die Ausgangsschätzungen der BL-Strategie, welche über die Umkehroptimierung bestimmt werden, die Investition in das Marktportfolio, während die – für alle Aktien einheitliche – Ausgangsschätzung der ZEIT+IND-Strategie in Höhe der mittleren vergangenen Indexrendite zur Investition in das globalvarianzminimale Portfolio führt. Der Vergleich des Anlageerfolgs des GMVP in Tabelle 3-4 mit dem des Marktportfolios in Tabelle 3-2 zeigt, dass die Ausgangsgewichte der ZEIT+IND-Strategie eine doppelt so hohe Sharpe-Ratio realisieren, wie die Ausgangsgewichte der BL-Strategie. Zum anderen gehen die Zeitreihenschätzungen in die Kombination ZEIT+IND im Mittel nur mit rd. 10% ein, während sie in der Kombination in Anlehnung an Black/Litterman (1992) im Mittel mit rd. 50% gewichtet werden, wodurch die im Anlageerfolg der traditionellen Portfoliooptimierung (ZEIT) in Tabelle 3-2 ersichtliche geringe Qualität des Zeitreihenschätzers deutlich stärker Eingang in die BL-Strategie findet. Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit den Ergebnissen in Jorion (1991), wo unter den betrachteten aktiven und passiven Anlagestrategien ebenfalls das GMVP sowie die Portfoliooptimierung auf Basis des Schätzers der erwarteten Rendite aus dem CAPM – zusammen mit der Gleichgewichtungsstrategie – die höchsten realisierten Sharpe-Ratios besitzen. Grauer/Hakansson (1995) finden hingegen, dass bei einer Portfoliooptimierung über Länderindizes der CAPM-Schätzer den schlechtesten Anlageerfolg im Vergleich mit dem Bayesschen Schätzer nach Jorion (1985) sowie mit der traditionellen Portfoliooptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers aufweist. Vgl. Tabelle B-1 in Anhang B. Dass der Performanceunterschied zwischen diesen beiden Strategien signifikant ist, obwohl er im Vergleich aller paarweisen Performancedifferenzen mit rd. 0,10 die geringste Höhe besitzt, spiegelt die Bedeutung der Korrelation der realisierten Überrenditen im Test nach Jobson/Korkie (1981) wider. Da beide Strategien auf dem Zeitreihenschätzer basieren, besitzen die realisierten Überrenditen der Strategien eine Korrelation von über 0,9, während die realisierten Überrenditen der Strategien CAPM und RS beispielsweise nur mit 0,3 korreliert sind und der Test für diese trotz

84

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Bei Bewertung des Anlageerfolgs anhand des Treynor/Black-Maßes zeigt sich dieselbe Rangreihung der Strategien wie bei der Sharpe-Ratio. Das Maß ist für alle fünf Strategien positiv, für die GMVP- sowie die CAPM-Strategie jeweils auf dem 5%-Niveau statistisch signifikant. Im Vergleich mit Tabelle 3-3 in Kapitel 3.4.1 zeigt sich, dass keine der weiteren Vergleichsstrategien in Tabelle 3-4 an die Performance der Strategie auf Basis der Kombination aus RIM-Schätzers und Indexrendite heranreichen kann. Dies gilt sowohl bei Messung des Anlageerfolgs anhand der Sharpe-Ratio als auch anhand des Treynor/Black-Maßes – einzige Ausnahme ist die CAPM-Strategie, für die das Treynor/Black-Maß mit 0,72 die gleiche Höhe besitzt wie für die RIM+IND-Strategie. Die zentralen Ergebnisse der vorausgehenden Untersuchungen der Kapitel 3.4.1 und 3.4.2 können somit wie folgt zusammengefasst werden: Im Vergleich zur Benchmark des Indexinvestments (DAX30) ist die realisierte Sharpe-Ratio der traditionellen Portfoliooptimierung deutlich geringer, während die des RIM-Schätzers deutlich oberhalb der Benchmark liegt. Für beide Renditeschätzer gilt, dass ihre Schrumpfung hin zum Mittelwert der historischen Indexrendite zu einer deutlichen Verbesserung des Anlageerfolgs im Vergleich mit den jeweils unkombinierten Schätzern führt. Der Erfolg des derart kombinierten RIM-Schätzers, RIM+IND, zeigt den besten Anlageerfolg aller Strategien. Der Erfolg der Kombination des Zeitreihenschätzers, ZEIT+IND, liegt leicht darunter. Die Kombination von Zeitreihen- und RIM-Schätzer miteinander hingegen bringt keine deutliche Verbesserung – der Anlageerfolg bleibt unterhalb dem des Indexinvestments. Von den weiteren, alternativen Strategien (CAPM, Black-Litterman, Portfolio-Resampling, Gleichgewichtung und GMVP) zeigen die GMVP- und die CAPM-Strategie einen deutlich besseren Anlageerfolg als die übrigen drei Strategien. Ihr Anlageerfolg bleibt aber ebenfalls unterhalb des Erfolgs der besten Strategie RIM+IND. Die Rangordnung der Strategien zeigt sich stabil bei Evaluation des Anlageerfolgs anhand des Treynor/Black-Maßes.

3.4.3 Stabilitätsuntersuchungen Der Vergleich der Anlageergebnisse aus Kapitel 3.4.1 mit den Anlageergebnissen der Alternativstrategien in Kapitel 3.4.2 zeigt, dass keine dieser Strategien einen schlechteren Erfolg als die traditionelle Portfoliooptimierung besitzt, und keine so gut ist, dass sie den Erfolg der Portfoliooptimierung auf Basis des mit der mittleren historischen Indexrendite kombinierten RIM-Schätzers übertreffen kann. Auch die zweitbeste aller Strategien, welche auf der Kombination von Zeitreihenschätzer und vergangener Indexrendite basiert, wurde in Kapitel 3.4.1 betrachtet. Die in Kapitel 3.4.1 untersuchten Strategien stellen somit die Extreme hinsichtlich der Anlageergebnisse dar. Deshalb konzentrieren sich die weiteren der deutlich höheren Differenz der Sharpe-Ratios von 0,55 lediglich ein marginales Signifikanzniveau von 0,15 besitzt.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

85

Stabilitätsuntersuchungen auf die in Kapitel 3.4.1 implementierten Strategien.79 Die Dimensionen, hinsichtlich derer die Stabilität der Ergebnisse überprüft wird, sind das Anlageuniversum (3.4.3.1), der Anlagezeitraum (3.4.3.2), die Umschichtungshäufigkeit (3.4.3.3), die durch Umschichtung entstehenden Transaktionskosten (3.4.3.4) sowie die Beschränkung der Aktiengewichte (3.4.3.5).

3.4.3.1 Erweitertes Sample (HDAX) Zunächst wird untersucht, ob und in welcher Weise sich die Ergebnisse aus Kapitel 3.4.1 verändern, wenn das Anlageuniversum von den Unternehmen des DAX30 auf die Unternehmen des HDAX erweitert wird. Von besonderem Interesse in Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist dabei, ob und in welcher Weise sich der Anlageerfolg der auf Analystenschätzungen basierenden Strategien mit einem breiteren Anlageuniversum verändert. Die Erweiterung des Anlageuniversums von den Unternehmen des DAX30 auf die Unternehmen des HDAX führt dazu, dass in die Stichprobe neben den größten deutschen Unternehmen eine Vielzahl weiterer, vergleichsweise kleiner und unbekannter Unternehmen aufgenommen wird. Empirische Untersuchungen belegen, dass kleinere Unternehmen von weniger Analysten verfolgt werden,80 gleichzeitig jedoch auch ein positiver Zusammenhang zwischen Analystenanzahl und der Präzision von Konsensusschätzungen besteht.81 Sind die für kleinere Unternehmen verfügbaren Informationen über die zur Implementierung des Residual Income Modells benötigten Parameter weniger präzise als für die zuvor betrachteten größeren Unternehmen des DAX30, so ist aufgrund der unpräziseren Schätzungen der erwarteten Rendite für kleinere Unternehmen eine Verschlechterung des Anlageerfolgs durch die Erweiterung des Anlageuniversums möglich. Diesem Argument kann entgegengesetzt werden, dass – unter Vernachlässigung von Schätzrisiken – eine Erweiterung der Anlagemöglichkeiten ein erhöhtes Diversifikationspotential und somit eine Verbesserung (bzw. im schlechtesten Fall eine Konstanz) des realisierbaren Rendite-Risiko-Verhältnisses bietet. In der empirischen Umsetzung der Portfoliooptimierung muss dieses theoretische Argument aufgrund von Schätzrisiken jedoch nicht Bestand haben. Die Ergebnisse der Portfoliooptimierung unter Verwendung des Zeitreihenschätzers und des RIM-Schätzers für das erweiterte Unternehmenssample des HDAX sowie der Erfolg des Investments in den Index HDAX sind in Tabelle 3-5 dargestellt. Wie für das Sample des DAX30 gilt: Der RIM-Schätzer schlägt den Index und ist der traditionellen Implementierung 79 80

81

Vgl. Fußnote 84. Vgl. beispielsweise Bhushan (1989) und Marston (1997). Auch für das in der vorliegenden Studie betrachtete Sample besteht ein solcher positiver Zusammenhang: So basiert die Konsensusschätzung des erwarteten Gewinns zum Ende des laufenden Geschäftjahres für die Unternehmen des DAX30 im Mittel auf 25 Einzelschätzungen, für die Unternehmen des HDAX hingegen nur auf 17 Einzelschätzungen. Vgl. Conroy/Harris (1987). Dieser positive Zusammenhang kann mit der Diversifikation von Schätzfehlern erklärt werden.

86

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

überlegen. Die Sharpe-Ratio liegt mit 0,70 hingegen nochmals höher als für das Sample des DAX30, während die Performance des Index mit 0,35 nahezu unverändert bleibt (vgl. Tabelle 3-2). Im Unterschied zum kleineren Sample schlägt nun jedoch auch die traditionelle Implementierung den Index. Die Sharpe-Ratio der Strategie verbessert sich merklich, hinsichtlich der absoluten Höhe von 0,55 liegt sie jedoch weiterhin deutlich unterhalb des Erfolgs des RIM-Schätzers.82 Tabelle 3-5:

Anlageuniversum HDAX ZEIT

RIM

HDAX

Sharpe-Ratio

0,5499

0,6998

0,3485

T/B-Ratio

0,5444*

0,6048*

-

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Auch die Treynor/Black-Maße erhöhen sich für die Strategien RIM und ZEIT bei Erweiterung des Anlageuniversums deutlich. Im Unterschied zum DAX30 (vgl. Tabelle 3-2) sind beide nun auf dem 10%-Niveau signifikant positiv. Der RIM-Schätzer schlägt auch unter Verwendung dieses Performancemaßes den Zeitreihenschätzer. Werden RIM- und Zeitreihenschätzer mit der mittleren vergangenen Indexrendite kombiniert, so kann jeweils – wie für das Sample des DAX30 – eine deutliche Verbesserung des Anlageerfolgs erzielt werden (vgl. Tabelle 3-6) Beide Strategien besitzen eine Sharpe-Ratio von nahezu eins. Diese ist für die Kombination RIM+IND gegenüber dem Indexinvestment auf dem 5%-Niveau signifikant und für die Kombination ZEIT+IND auf dem 10%-Niveau. Für die Kombination ZEIT+RIM zeigt sich eine leichte Verbesserung sowohl gegenüber dem Anlageerfolg bei separater Implementierung des Zeitreihen- als auch des RIM-Schätzers. Die Verbesserung der Performance der Strategien zeigt sich auch bei Evaluation anhand des Treynor/Black-Maßes, welches für alle drei Strategien signifikant positiv ist.83 Für das Sample des HDAX wurden ebenfalls alle weiteren, für den DAX30 betrachteten Vergleichsstrategien des Kapitels 3.4.2 implementiert. Dabei zeigt sich, dass keine der Strategien bereits das Niveau der Sharpe-Ratio des unkombinierten RIM-Schätzers erreichen kann. Auch das Treynor/Black-Maß bleibt für alle weiteren Strategien unterhalb der Höhe von 0,70. Somit weisen für das erweiterte Sample des HDAX die Strategien auf Basis der jeweiligen Kombinationen von RIM- und Zeitreihenschätzer mit der mittleren vergangenen 82 83

Die Differenz der Sharpe-Ratios besitzt allerdings keine statistische Signifikanz, vgl. Tabelle B-2 in Anhang B. Im Vergleich zu den Ergebnissen in Tabelle 3-3 für das Sample des DAX30 erhöhen sich die Signifikanzen der Strategien RIM+IND und ZEIT+IND vom 5%- auf das 1%-Niveau. Das Treynor/BlackMaß für die Strategie ZEIT+RIM ist für das kleinere Sample insignifikant.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

87

Indexrendite mit deutlichem Abstand den höchsten Anlageerfolg aller betrachteten Strategien auf.84 Tabelle 3-6:

Anlageuniversum HDAX – Kombinierte Schätzer

Sharpe-Ratio T/B-Ratio

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

0,9871*

0,9858**

0,6639

0,9229***

0,9388***

0,6409**

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Zusammenfassend lässt sich für das erweiterte Sample somit festhalten, dass der herausragende Anlageerfolg des RIM-Schätzers sowie der Kombination des RIM-Schätzers mit der mittleren Indexrendite auch für das erweiterte Sample des HDAX gilt. Sowohl die SharpeRatios als auch die Treynor/Black-Maße besitzen für beide Strategien ein höheres Niveau als für das Sample des DAX30. Im Vergleich zum Indexinvestment besitzt die Performanceüberlegenheit nun anhand beider Maße statistische Signifikanz. Es zeigen sich somit keine negativen Auswirkungen von möglichen stärkeren Schätzfehlern in den erwarteten Renditen der hinzugenommenen, vergleichsweise kleineren Unternehmen – im Gegenteil: die Erweiterung der Anlagemöglichkeiten zur Portfoliooptimierung nach Markowitz ermöglicht eine Verbesserung des empirisch realisierbaren Anlageerfolgs für die betrachtete Untersuchungsperiode.

3.4.3.2 Teilzeiträume Für die Untersuchung der Stabilität der Ergebnisse über den gewählten Anlagezeitraum wird das Sample in steigende und fallende Marktphasen unterteilt. Diese Unterteilung wird in Hinblick auf die als Benchmark betrachtete Investition in den Marktindex gewählt. Von Interesse ist, wie sich die betrachteten Anlagestrategien in Bullen- und Bärenmärkten im Vergleich zum Indexinvestment entwickeln. Wie Abbildung 3-1 zeigt, besitzt der DAX30 für das erste Drittel des Untersuchungszeitraums, d.h. Dezember 1996 bis Februar 2000, einen steigenden Verlauf. Darauf folgt eine nahezu drei Jahre währende Phase des Abschwungs von März 2000 bis Januar 2003. Ab Februar 2003 kehrt der DAX30 zu einer Aufwärtsbewegung zurück, welche dann bis zum Ende des Untersuchungszeitraums im Oktober 2006 anhält.

84

Auf eine explizite Darstellung der Anlageerfolge der in Kapitel 3.4.2 betrachteten Alternativstrategien wird in den nachfolgenden vier Arten der Stabilitätsuntersuchung verzichtet. Es sei an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen, dass die Performance dieser Strategien bestenfalls vergleichbar zur Performance der erfolgreichsten der berichteten Strategien ist.

88

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Abbildung 3-1: Entwicklung des DAX30 im Zeitablauf 9000 8000 7000

DAX 30

6000 5000 4000 3000 2000 1000

06 De z

05 De z

04 De z

03 De z

02 De z

01 De z

00 De z

99 De z

98 De z

97 De z

De z

96

0

Datum

In Tabelle 3-7 sind die Sharpe-Ratios und in Tabelle 3-8 die Treynor/Black-Maße der Strategien über die verschiedenen Marktphasen berichtet. Der Vergleich der Sharpe-Ratios der traditionellen Portfoliooptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers mit der Optimierung unter Verwendung des RIM-Schätzers zeigt, dass der über den Gesamtzeitraum beobachtete Performancevorsprung der RIM-Strategie für alle drei Marktphasen bestehen bleibt. Tabelle 3-7:

Anlageuniversum DAX30 – Marktphasen (S-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

DAX30

12.1996 – 02.2000

0,1273

0,1608

1,4486

1,3124

0,2406*

1,4306

03.2000 – 01.2003

-0,3317

-0,0379***

-0,5713

-0,4066*

-0,1846

-1,2392

02.2003 – 10.2006

0,6485

1,8604

1,5951

1,9165

0,7625

1,5435

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios der Marktphasen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Im Vergleich mit dem Indexinvestment besitzt die RIM-Strategie in Marktphase 2 eine deutlich geringer negative Sharpe-Ratio und ist dem Indexinvestment damit auf dem 1%Niveau signifikant überlegen.85 Auch in Marktphase 3 ist die Performance der RIM-Strategie deutlich besser als die des Indexes. In der steigenden Marktphase 1 hingegen ist die Sharpe-

85

Hinsichtlich der paarweisen Signifikanztests aller Strategien vgl. Tabelle B-3 in Anhang B.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

89

Ratio des DAX30 mit 1,43 deutlich höher als die der RIM-Strategie in Höhe von 0,16.86 Bei Betrachtung des Gesamtzeitraums führt jedoch die Überlegenheit der RIM-Strategie in den beiden letzten Phasen zu einer überlegenen Gesamtperformance mit einer Sharpe-Ratio von 0,52 im Vergleich zu 0,34 für das Indexinvestment (vgl. Tabelle 3-2). Das zentrale Ergebnis dieser Stabilitätsuntersuchung zeigt sich bei Betrachtung der Kombinationen des RIM-Schätzers und des Zeitreihenschätzers mit dem Mittelwert der vergangenen Indexrendite: Im Vergleich mit dem Indexinvestment besitzt die Kombination ZEIT+IND in beiden Bullenmärkten einen vergleichbaren, sehr guten Anlageerfolg. Im Bärenmarkt dominiert die Strategie das Indexinvestment mit einer Sharpe-Ratio von -0,57 im Vergleich zu -1,24. Einen noch besseren Anlageerfolg als die Kombination ZEIT+IND zeigt die Kombination RIM+IND: Sie dominiert den Index sowohl im Bärenmarkt als auch im zweiten Bullenmarkt der Jahre 2003 bis 2006 und besitzt im ersten Bullenmarkt der Jahre 1996 bis 2000 einen dem Index vergleichbaren, sehr guten Anlageerfolg. Im Vergleich der Strategien RIM+IND und ZEIT+IND untereinander zeigt sich in den Phasen 2 und 3 die Kombination RIM+IND leicht überlegen, in Phase 1 die Kombination ZEIT+IND. Die Strategie unter Verwendung der Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer zeigt weder eine auffallend gute noch schlechte Performance in den einzelnen Marktphasen und liegt stets im Mittelfeld aller Strategien. Tabelle 3-8:

Anlageuniversum DAX30 – Marktphasen (T/B-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

DAX30

12.1996 – 02.2000

-0,2217

0,1091

0,9265*

1,0332*

-0,1373

-

03.2000 – 01.2003

-0,7478

1,5050**

0,0825

0,6580

-0,4802

-

02.2003 – 10.2006

0,3747

1,3715***

1,0828**

1,3589***

0,3981

-

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios der Marktphasen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Bei Evaluation der Strategien anhand des Treynor/Black-Maßes (Tabelle 3-8) zeigt sich eine Dominanz der Strategie RIM+IND gegenüber den drei Strategien ZEIT, ZEIT+RIM sowie ZEIT+IND. Diese Dominanz impliziert, dass der Zuwachs der Sharpe-Ratio bei optimaler Hinzunahme des Investments RIM+IND zum Indexinvestment in allen Marktphasen zu einer stärkeren Erhöhung der Sharpe-Ratio führt als für die anderen Strategien. Nur im Vergleich mit der einfachen RIM-Strategie zeigt sich keine Dominanz: Im Bärenmarkt von 2000 bis 2003 besitzt diese die beste Performance aller drei Marktphasen. Die Treynor/Black-Ratio ist gut doppelt so hoch wie für die zweitbeste Strategie RIM+IND und auf dem 5%-Niveau signifikant. 86

Dass der schlechte Anlageerfolg in der ersten Teilperiode aus extremen Aktiengewichten resultiert, ist anhand von Abbildung B-3 in Anhang B ersichtlich.

90

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

3.4.3.3 Umschichtungsfrequenz Im Folgenden wird die Sensitivität des Anlageerfolgs auf die Anpassungshäufigkeit der Portfoliogewichte untersucht. Überlegungen hinsichtlich möglicher Ergebnisveränderungen bei Variation der Umschichtungsfrequenz der Strategien können auf Basis des Konzepts der effizienten Märkte nach Fama (1970) angestellt werden.87 Beinhalten die RIM-Schätzer wertvolle Informationen, die sich nicht bereits vollständig in den am Markt beobachtbaren Kursen widerspiegeln, so sollte die Höhe der Umschichtungsfrequenz einen positiven Zusammenhang mit dem Anlageerfolg der Portfoliooptimierung auf Basis des RIM-Schätzers besitzen, im schlechtesten Fall jedoch neutral sein. Sofern in den Bilanz- und Analysteninformationen neue Informationen enthalten sind, sollten die Portfoliogewichte entsprechend ihrer zugehörigen optimalen Werte angepasst werden.88 Je häufiger diese Anpassung, d.h. je kürzer die Anlagezeiträume, in denen die Gewichte nicht ihre jeweils optimale Höhe haben, desto besser ceteris paribus der Anlageerfolg. Enthalten Bilanzveröffentlichungen oder Analystenschätzungen hingegen keine neuen Informationen, so bleiben die optimalen Gewichte unverändert. Anders hingegen ist der Zusammenhang bei Verwendung des Zeitreihenschätzers in der Portfoliooptimierung. Dieser basiert ausschließlich auf historischen Renditebeobachtungen und sollte bei einer Verletzung der schwachen Form der Markteffizienz gewinnbringende Handelsstrategien ermöglichen. So ist insbesondere für Märkte, auf denen Momentumeffekte hinsichtlich realisierter Renditen zu beobachten sind,89 ein guter Anlageerfolg der traditionellen Portfoliooptimierung auf Basis von Zeitreihenschätzungen zu erwarten.90 Wenig erfolgreich sollte diese Strategie hingegen für Märkte sein, auf denen eine negative Autokorrelation von Renditen zu beobachten ist. Hier ist hingegen die Verfolgung einer sog. Contrarian87

88 89 90

Im Rahmen dieses Konzepts wird unterschieden zwischen drei Informationsmengen: 1) historische Handelsinformation, 2) öffentlich verfügbare Information und 3) gesamte relevante Information, wobei die jeweils vorgenannte Informationsmenge eine Teilmenge der nachfolgend genannten darstellt. Die schwache Form der Markteffizienz besagt, dass alle historischen Handelsinformationen in den Marktpreisen von Wertpapieren vollständig widergespiegelt werden. Die mittelstarke (starke) Form der Markteffizienz besagt hingegen, dass alle öffentlich verfügbaren (alle relevanten) Informationen in den Marktpreisen enthalten sind. In dieser Einteilung basiert der Zeitreihenschätzer lediglich auf der kleinsten Teilmenge der vorgenannten Informationen. Der RIM-Schätzer hingegen bezieht außer der aktuellen Kursinformation zum Schätzzeitpunkt auch weitere, öffentlich verfügbare Informationen in Form von Bilanzinformationen und Informationen über erwartete zukünftige Unternehmensgewinne in die Schätzung ein. Die Verfügbarkeit derartiger Informationen, die nicht bereits in den historischen Handelsinformationen enthalten sind, impliziert eine Verletzung der mittelstarken Form der Markteffizienz. Dies entspricht einer Verletzung der schwachen Form der Markteffizienz. Signifikant positive Renditen für Strategien, die Wertpapiere mit guter Performance in der Vergangenheit kaufen und Wertpapiere mit schlechter Performance verkaufen, finden bspw. Jegadeesh/Titman (1993). Diese untersuchen Strategien, für die sowohl der Zeitraum der Daten, auf dem die Anlageentscheidung basiert, ebenso wie der nachfolgende Zeitraum, für den die Anlage getätigt wird, zwischen 3, 6, 9 und 12 Monaten variiert und finden, dass diese Strategien signifikant positive Überrenditen generieren. Den besten Anlageerfolg erzielt eine Strategie, deren Anlageentscheidung auf den 12 vorausgehenden Monatsrenditen basiert und die für 3 Monate anlegt. Wird der Anlagezeitraum dieser Strategien über 12 Monate hinaus ausgeweitet, so verringert sich der Anlageerfolg der Strategien jedoch deutlich.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

91

Strategie sinnvoll, welche Aktien kauft, die in der Vergangenheit eine schlechte Performance besessen haben und solche leerverkauft, welche sich sehr gut entwickelt haben.91 Für welche Umschichtungsfrequenz bei derartigen (positiven oder negativen) Autokorrelationen der höchste Anlageerfolg erzielt werden kann, ist abhängig von der Frequenz auf welcher die Autokorrelation in den Renditen vorliegt. Im Folgenden werden die Anlageergebnisse für auf drei und sechs Monate verringerte Umschichtungsfrequenzen betrachtet. Tabelle 3-9:

Anlageuniversum DAX30 – Umschichtungsfrequenz (S-R) ZEIT

RIM

DAX30

1 Monat

0,1679

0,5232

0,3406

3 Monate

0,2366

0,5160

0,3406

6 Monate

0,1941

0,5172

0,3406

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios für alternative Umschichtungsfrequenzen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Die Anlageergebnisse für die Strategien ZEIT und RIM sind in Tabelle 3-9 dargestellt. Zum Vergleich sind dort neben den Sharpe-Ratios für die drei- und sechsmonatige Umschichtungsfrequenz nochmals die Ergebnisse für die monatliche Umschichtungsfrequenz berichtet.92 In Tabelle 3-10 sind die Treynor/Black-Ratios für die verschiedenen Umschichtungsfrequenzen enthalten. Der Vergleich der Performance der verringerten Umschichtungsfrequenzen mit denen der einmonatigen Umschichtungsfrequenz zeigt für die RIM-Strategie eine hohe Stabilität. Die realisierte Sharpe-Ratio ist für alle Umschichtungsfrequenzen nahezu identisch. Für die traditionelle Implementierung erhöht sich der Anlageerfolg bei dreimonatiger Umschichtungsfrequenz leicht, um dann bei einer weiteren Verringerung der Umschichtungshäufigkeit auf ein Intervall von sechs Monaten wieder abzufallen. Im Vergleich der Sharpe-Ratios der Strategien aus Tabelle 3-9 untereinander zeigen sich jedoch wie bei der monatlichen Umschichtung auch für die verringerten Frequenzen keine signifikanten Differenzen.93 Die Ergebnisse für die Treynor/Black-Ratio sind in Bezug auf die veränderten Umschichtungsfrequenzen sehr ähnlich zu den Ergebnissen der Sharpe-Ratio. Auch für diese zeigt sich keine statistische Signifikanz.

91

92 93

Vgl. bspw. DeBondt/Thaler (1985), Jegadeesh (1990) oder Lehmann (1990). Während DeBondt/Thaler (1985) ihre Anlagestrategien auf der Kursentwicklung der zurückliegenden 3 bis 5 Jahren basieren und die Erzielung von Überrenditen bei einem nachfolgenden Anlagezeitraum von ebenfalls 3 bis 5 Jahren dokumentieren, berichten Jegadeesh (1990) und Lehmann (1990) die erfolgreiche Implementierung von Contrarian-Strategien, welche auf Wochen- bzw. Monatsfrequenzen basieren. Für die Details zur Berechnung der drei- und sechsmonatigen Sharpe-Ratios vergleiche die weiteren Ausführungen dieses Abschnitts. Vgl. Tabelle B-4 und Tabelle B-5 in Anhang B.

92

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Tabelle 3-10: Anlageuniversum DAX30 – Umschichtungsfrequenz (T/B-R) ZEIT

RIM

DAX30

1 Monat

0,1536

0,4176

-

3 Monate

0,2109

0,4120

-

6 Monate

0,1565

0,4185

-

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios für alternative Umschichtungsfrequenzen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Für eine weitergehende Analyse der Stabilität der Sharpe-Ratios der verschiedenen Strategien bezüglich der Umschichtungsfrequenz sei zunächst darauf hingewiesen, dass die Verlängerung des Anlagehorizonts zwischen zwei Umschichtungszeitpunkten Wahlmöglichkeiten hinsichtlich des Startzeitpunkts einer Anlage impliziert. Die Studie basiert auf einer monatlichen Datenfrequenz für den Zeitraum Dezember 1996 bis Oktober 2006. Wird der Umschichtungshorizont auf drei Monate verlängert, so besteht die Möglichkeit, in Abhängigkeit der Startzeitpunkte Dezember 1996, Januar 1997 und Februar 1997 drei Strategien mit jeweils dreimonatigem Umschichtungshorizont zu implementieren, für welche sich die Zeitpunkte der Gewichtsanpassung nicht überschneiden. Aufgrund der Bestimmung der Schätzer der erwarteten Rendite auf Basis der jeweils zum Schätzzeitpunkt aktuellen Informationen differieren folglich die der Optimierung in Dezember 1996, Januar 1997 und Februar 1997 zugrunde liegenden Schätzer und somit auch die auf Basis der Schätzer bestimmten Portfoliogewichte dieser und aller nachfolgenden Umschichtungszeitpunkte. Um die Ergebnisse möglichst unabhängig von einem (willkürlich) gewählten Startzeitpunkt – und damit den Umschichtungszeitpunkten – zu machen, werden die in Tabelle 3-9 dargestellten Sharpe-Ratios für die dreimonatige Umschichtungsfrequenz unter der Annahme bestimmt, dass ein Anleger sein Vermögen drittelt und das erste Drittel auf dreimonatiger Umschichtungsfrequenz beginnend mit Dezember 1996 investiert, das zweite auf dreimonatiger Frequenz beginnend mit Januar 1997 und das dritte entsprechend auf dreimonatiger Frequenz beginnend mit Februar 1997. Ein analoges Vorgehen wird für die sechsmonatige Umschichtungsfrequenz gewählt, für die sich somit sechs alternative Startzeitpunkte der Anlage zwischen Dezember 1996 und Mai 1997 ergeben. Die derart realisierten Monatsrenditen werden in jedem Monat über die drei bzw. sechs Sub-Strategien gemittelt. Auf Basis dieser Zeitreihen realisierter Portfoliorenditen werden die realisierten Sharpe-Ratios der Strategien bestimmt. Da in der praktischen Umsetzung von Anlagestrategien eine solche Aufteilung des Vermögens zur Vermeidung der Abhängigkeit von den konkreten Informationen zum Umschichtungszeitpunkt in der Regel nicht berücksichtigt wird, sondern ein beliebiger Startzeitpunkt gewählt wird, soll im Folgenden die Sensitivität des Anlageerfolgs der Strategien auf spezifische Umschichtungszeitpunkte untersucht werden. Sofern eine solche Sensitivität für bestimmte Strategien existiert, erscheint nicht nur das Niveau der Sharpe-Ratio,

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

93

sondern auch deren Variabilität in Abhängigkeit der konkret gewählten Umschichtungszeitpunkte ein wichtiges Evaluationskriterium der Strategien. In Abbildung 3-2 wird zur Veranschaulichung des Sachverhalts auf eine Mittelung der Renditen über die jeweiligen Sub-Strategien bei drei- bzw. sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz verzichtet. Die drei Geraden, welche jeweils von der Sharpe-Ratio der monatlichen Umschichtungsfrequenz für die Zeitreihen- bzw. RIM-Schätzer-Strategie ausgehen, beschreiben die Spannbreite des Anlageerfolgs, welcher sich in Abhängigkeit eines jeden der drei möglichen Startzeitpunkte einer Strategie für die dreimonatige Frequenz ergibt. Die Endpunkte der drei Geraden markieren jeweils die realisierten Sharpe-Ratios der drei Sub-Strategien. Entsprechend geben die von den Sharpe-Ratios der dreimonatigen Umschichtungsfrequenz ausgehenden Geraden bzw. deren Endpunkte die realisierten Sharpe-Ratios der sechs SubStrategien bei sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz an.94 Abbildung 3-2 zeigt sehr deutlich die hohe Sensitivität der traditionellen Implementierung der Markowitz-Optimierung in Bezug auf den gewählten Startzeitpunkt. Der Anlageerfolg der RIM-Strategie zeigt sich wesentlich stabiler. Während für die dreimonatige Umschichtungsfrequenz die aus den drei Sub-Strategien ermittelte Sharpe-Ratio der mittleren realisierten Monatsrenditen wie in Tabelle 3-9 dargestellt 0,24 beträgt, kann die Investition des Gesamtvermögens zu einem Zeitpunkt für die dreimonatige Umschichtungsfrequenz zu einer Variation der realisierten Sharpe-Ratio zwischen 0,16 und 0,40 führen. Diese Abhängigkeit des Portfolioerfolgs vom Startzeitpunkt der Anlage ist für die sechsmonatige Frequenz noch wesentlich stärker ausgeprägt. Dort schwankt die Sharpe-Ratio zwischen einem Wert von Null und 0,49. Im Gegensatz dazu ist die Volatilität des Anlageerfolgs auf Basis des RIM-Schätzers wesentlich geringer. So variiert die Sharpe-Ratio für die dreimonatige Frequenz zwischen 0,43 und 0,57. Für die sechsmonatige Frequenz liegt sie zwischen 0,38 und 0,56. Die Analyse des Anlageerfolgs der Sub-Strategien führt somit zu zwei zentralen Ergebnissen: Der Anlageerfolg der Portfoliooptimierung auf Basis des RIM-Schätzers besitzt eine wesentlich geringere Abhängigkeit von konkreten Umschichtungszeitpunkten als die Optimierung unter Verwendung des Zeitreihenschätzers, was sich in der geringeren Volatilität der Sharpe-Ratios in Abhängigkeit der Startzeitpunkte widerspiegelt. In Hinblick auf das Niveau der Sharpe-Ratio zeigt sich die RIM-Strategie zudem für die dreimonatige wie für die monatliche Umschichtungsfrequenz dominant gegenüber der traditionellen Implementierung. Und auch für die 94

Von den sechs Geraden gehen immer zwei gemeinsam von den drei Sharpe-Ratios der dreimonatigen Umschichtungsfrequenz aus. Von den beiden Geraden mit gemeinsamem Startzeitpunkt beschreibt eine jeweils die realisierte Sharpe-Ratio des Sechsmonatsstrategie, welche den ersten, dritten, fünften etc. Umschichtungszeitpunkt der zugehörigen Dreimonatsstrategie nutzt. Die zweite Gerade bezieht sich auf die übrigen Umschichtungszeitpunkte der zugrunde liegenden Dreimonatsstrategie, d.h. den zweiten, vierten, sechsten etc. Zeitpunkt.

94

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Sechsmonatsfrequenz kann nur mit einer der sechs Sub-Strategien ein Anlageerfolg erzielt werden, der das Niveau der RIM-Strategien erreicht. In Bezug auf die Analyse der Abhängigkeit des Anlageerfolgs kann somit resümiert werden, dass die geringere Volatilität des Anlageerfolgs des RIM-Schätzers in Abhängigkeit der Start- bzw. Umschichtungszeitpunkte neben der Höhe des Anlageerfolgs als weiterer bedeutender Vorteil der RIM-Strategie gegenüber der traditionellen Implementierung der Portfoliooptimierung gesehen werden kann.

Abbildung 3-2: Realisierte Sharpe-Ratios bei unterschiedlichen Umschichtungsfrequenzen in Abhängigkeit des Startzeitpunkts 1,0

0,8

Sharpe-Ratio

0,6

0,4

0,2

0,0 1

3

6

-0,2 Umschichtungsfrequenz in Monaten ZEIT

RIM

In Anbetracht der vorausgehenden Ergebnisse stellt sich die Frage, wie sich der Erfolg bei variierender Umschichtungshäufigkeit für die Strategien verändert, die auf den nach Bayesschem Verfahren kombinierten Schätzern der erwarteten Rendite basieren. Die Ergebnisse sind in Tabelle 3-11 dargestellt. Wie bei Verwendung des unkombinierten RIM-Schätzers zeigt sich die Sharpe-Ratio der Bayesschen Kombination aus RIM-Schätzer und der mittleren Indexrendite der Vergangenheit sehr stabil. Etwas höher ist die Variation der Sharpe-Ratio für die Kombination aus Zeitreihenschätzer und mittlerer Indexrendite, welche für die drei- und die sechsmonatige Umschichtungsfrequenz leicht ansteigt. Das Niveau des Anlageerfolgs ist für beide Strategien jedoch sehr ähnlich. Der Anlageerfolg der Kombination ZEIT+RIM variiert ebenfalls leicht mit der Umschichtungsfrequenz. Wie für die Monatsfrequenz wird diese Strategie jedoch

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

95

auch für die verringerten Umschichtungsfrequenzen deutlich von den beiden anderen Kombinationen geschlagen. Tabelle 3-11: Anlageuniversum DAX30 – Umschichtungsfrequenz, kombinierte Schätzer (S-R) ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

1 Monat

0,7237

0,7890

0,2920

3 Monate

0,8357

0,8020

0,3061

6 Monate

0,8141

0,7906

0,2440

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios für alternative Umschichtungsfrequenzen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Alle vorausgehenden Interpretationen hinsichtlich der Sharpe-Ratio gelten analog bei Messung des Anlageerfolgs über die Treynor/Black-Ratio, deren Ergebnisse in Tabelle 3-12 dargestellt sind. Die Signifikanzen der Treynor/Black-Maße bei monatlicher Umschichtungsfrequenz für die Strategien RIM+IND und ZEIT+IND bleiben auch für die veränderten Umschichtungsfrequenzen bestehen. Tabelle 3-12: Anlageuniversum DAX30 – Umschichtungsfrequenz, kombinierte Schätzer (T/B-R) ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

1 Monat

0,6362**

0,7162**

0,2621

3 Monate

0,7753**

0,7390**

0,2661

6 Monate

0,7602**

0,7257**

0,1930

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios für alternative Umschichtungsfrequenzen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Betrachtet man für die jeweiligen Kombinationen von RIM- und Zeitreihenschätzer mit der Indexrendite die Variation des Anlageerfolgs der Sub-Strategien bei drei- und sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz, so zeigt sich ein ähnliches Bild wie für die unkombinierten Schätzer in Abbildung 3-2: Die Variation der Sub-Strategien auf Basis der Kombination ZEIT+IND ist jeweils rund doppelt so hoch wie für die Kombination RIM+IND. Für die Dreimonatsfrequenz beträgt das Verhältnis der maximalen Sharpe-Ratio-Differenzen 0,14 zu 0,07 und für die Sechsmonatsfrequenz 0,21 zu 0,13.95

95

Auch für die in Kapitel 3.4.2 betrachteten Alternativstrategien wurde die Sensitivität des Anlageerfolgs hinsichtlich der Umschichtungsfrequenz untersucht. Keine der Strategien weist mit sinkender Umschichtungsfrequenz eine merklich ansteigende Sharpe-Ratio bzw. Treynor/Black-Ratio auf, so dass diese Strategien weiterhin hinter dem Bayesschen RIM+IND-Schätzer zurückbleiben. Die Rangfolge

96

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Es lässt sich festhalten, dass für das deutsche Untersuchungssample kein systematischer Einfluss der Umschichtungsfrequenz auf den Anlageerfolg der verschiedenen Strategien vorliegt. Die Strategien, welche auf dem RIM-Schätzer basieren, zeigen eine sehr hohe Stabilität des Anlageerfolgs, während die Stabilität für die Strategien unter Verwendung des Zeitreihenschätzers für die erwartete Rendite geringer ausgeprägt ist.

3.4.3.4 Transaktionskosten Transaktionskosten können den Erfolg insbesondere von Handelsstrategien institutioneller Anleger erheblich schmälern.96 Der bisherige Vergleich der Anlagestrategien unter Vernachlässigung von Transaktionskosten bevorzugt implizit die Strategien, welche im Mittel eine hohe Umschichtung des Anlageportfolios erfordern, gegenüber solchen, welche durch eine geringe mittlere Umschichtungsquote gekennzeichnet sind. Um diese Unterschiede in den Handelsvolumina der verschiedenen Strategien zu berücksichtigen, erfolgt in diesem Kapitel eine Korrektur der realisierten Portfoliorenditen um Transaktionskosten. Hierfür wird folgendes Vorgehen gewählt: Für eine hundertprozentige Umschichtung eines reinen Aktienportfolios97 werden Transaktionskosten unterstellt, die zu einem Renditeabschlag für das Gesamtportfolio von alternativ 25, 50, 75 oder 100 Basispunkten (BP) führen.98 Für jede Strategie wird in jedem Umschichtungszeitpunkt der Anteil des Portfolios ermittelt, welcher umgeschichtet wird. Durch Multiplikation dieser Umschichtungsquote mit der unterstellten Transaktionskostenhöhe ergibt sich die Renditeschmälerung einer Periode.99 Auf Basis der um Transaktionskosten bereinigten realisierten Portfoliorenditen werden dann wiederum die Sharpe-Ratios der Strategien bestimmt, welche in Tabelle 3-13 berichtet sind. Da in Hinblick auf transaktionskostenbedingte Performanceminderungen die Umschichtungsfrequenz eines Portfolios eine zentrale Rolle besitzt, sind in Tabelle 3-13 neben den um

96 97 98

99

der Alternativstrategien hinsichtlich des Anlageerfolgs bleibt über alle Umschichtungsfrequenzen unverändert. Vgl. beispielsweise Wermers (2000) oder Chalmers/Edelen/Kadlec (1999). Eine hundertprozentige Umschichtung entspricht einem Wechsel von 50% des investierten Vermögens in andere Aktien. Für deutsche Kapitalanlagegesellschaften stellen Transaktionskostenhöhen von 50 bis 75 Basispunkten eine realistische Größenordnung für liquide Marktsegmente dar. So ermitteln Johanning/Kleeberg/Schlenger (2003) bei der Untersuchung von neun großen deutschen Kapitalanlagegesellschaften durchschnittliche Gesamtkosten für eine Kauf- bzw. Verkauforder in Höhe von 68,4 Basispunkten. Ebenso unterstellen DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009) und Balduzzi/Lynch (1999) eine Transaktionskostenhöhe von 50 Basispunkten in Untersuchungen für den US-amerikanischen Markt. Sie motivieren diese Höhe mit empirischen Untersuchungen zu Transaktionskosten von Einzelaktien an der NYSE von Stoll/Whaley (1983), Bhardwaj/Brooks (1992) und Lesmond/Ogden/Trzcinka (1999). Die Transaktionskostenhöhe einer gegebenen Handelsstrategie muss in der empirischen Umsetzung jedoch nicht als fix angesehen werden, sondern kann beispielsweise durch eine Optimierung der Ordererteilung minimiert werden, vgl. Griese (2007) und Griese/Kempf (2006). Die Evaluation der Strategien unter Berücksichtigung von Tranksaktionskosten anhand von Sharpeoder Treynor/Black-Ratio ist somit unabhängig vom aufgrund der Höhe des Risikoaversionsparameters gewählten Anteil der risikolosen Anlage, wie dies auch in den vorausgegangenen Untersuchungen ohne Berücksichtigung von Transaktionskosten der Fall ist.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

97

Handelskosten korrigierten Sharpe-Ratios bei monatlicher Umschichtungsfrequenz auch die transaktionskostenkorrigierten Sharpe-Ratios für drei- und sechsmonatige Umschichtungsfrequenzen dargestellt. Für jede der drei Frequenzen werden die Sharpe-Ratios für die vier Transaktionskostenhöhen (25, 50, 75 und 100 Basispunkte) aufgeführt. Zum Vergleich sind ebenfalls die Sharpe-Ratios bei Vernachlässigung von Transaktionskosten angegeben. Weiterhin sind jeweils oberhalb der Sharpe-Ratios einer jeweiligen Umschichtungsfrequenz die mittleren Reduktionen der Sharpe-Ratios bei Erhöhung der Transaktionskosten um je 25 Basispunkte dargestellt. Diese Angabe dient der leichteren Vergleichbarkeit der Performanceminderungen durch Transaktionskosten über die verschiedenen Strategien und Umschichtungsfrequenzen.100 Anhand von Tabelle 3-13 ist zu erkennen, dass Transaktionskosten in den betrachteten, realistischen Größenordnungen den Anlageerfolg der Strategien merklich schmälern. Dies verdeutlicht, dass Transaktionskosten eine wichtige, bei der Implementierung von Handelsstrategien nicht zu vernachlässigende, Einflussgröße darstellen. Im Vergleich der Anlagestrategien zeigt sich jedoch auch, dass deutliche Unterschiede hinsichtlich des mittleren Umschichtungsgrades und somit der Minderung des Anlageerfolgs durch Transaktionskosten bestehen. Betrachtet man Zeile 3 von Tabelle 3-13,welche die mittleren Reduktionen der Sharpe-Ratios der monatlichen Umschichtungsfrequenz für die verschiedenen Strategien enthält, so zeigt sich, dass die Strategie auf Basis des mit der mittleren Indexrendite kombinierten RIM-Schätzers die geringste Performanceverschlechterung durch Portfolioumschichtungen und die damit verbundenen Transaktionskosten erfährt. Die erzielte Überrendite wird je Prozentpunkt realisierter Standardabweichung im Mittel um 6,8 Basispunkte verringert. Für die Strategie auf Basis der Kombination von Zeitreihenschätzer und Indexrendite liegt diese 100

Eine Verdopplung der Transaktionskostenhöhe führt (für eine gegebene Strategie und Umschichtungsfrequenz) zu einer Verdopplung des Renditeabschlags auf die Brutto-Rendite des Portfolios. Dass die Verringerung der Sharpe-Ratio bei Erhöhung der Transaktionskosten um je 25 Basispunkte in Tabelle 3-13 leicht variiert, resultiert aus der Veränderung der Standardabweichung bzw. Varianz der realisierten Portfoliorendite nach Transaktionskosten. Die Varianz dieser Netto-Rendite ergibt sich als die Varianz der Brutto-Rendite zuzüglich der Varianz des Renditeabschlags durch Transaktionskosten abzüglich zweimal der Kovarianz von Brutto-Rendite und Renditeabschlag durch Transaktionskosten: Var (rP  rTAK ) Var (rP )  Var (rTAK )  2 ˜ Std (rP ) ˜ Std (rTAK ) ˜ U rP , rTAK . Die Varianz des Renditeabschlags resultiert daher, dass die Umschichtungsquote des Portfolios im Zeitablauf variiert. Bei einer Verdopplung der Transaktionskostenhöhe vervierfacht sich die Varianz des Renditeabschlags und verdoppelt sich die Kovarianz, während die Varianz der Brutto-Rendite unverändert bleibt: Var (rP  rTAK ) Var (rP )  4 ˜ Var (rTAK )  2 ˜ Std (rP ) ˜ 2 ˜ Std (rTAK ) ˜ U rP , rTAK . Die Veränderung der Varianz durch eine 'Var (rP  rTAK )

Verdopplung der Transaktionskostenhöhe ergibt sich somit als: (4 ˜ Std (rTAK )) ˜ ( Std (rTAK )  Std (rP ) ˜ U rP , rTAK ) . Sofern das Produkt aus Standardabwei-

chung der Brutto-Rendite und Korrelation der Brutto-Rendite mit dem Renditeabschlag durch Transaktionskosten geringer ist als die Standardabweichung des Renditeabschlags durch Transaktionskosten, steigt die Varianz der Portfoliorendite nach Transaktionskosten (d.h. die Sharpe-Ratio verringert sich mit zunehmender Transaktionskostenhöhe um einen immer größeren Betrag). Ist das Produkt größer als die Standardabweichung des Renditeabschlags, so sinkt die Varianz der Portfoliorendite nach Transaktionskosten (d.h. die Sharpe-Ratio verringert sich mit zunehmender Transaktionskostenhöhe um einen immer geringeren Betrag).

98

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Reduktion der Überrendite mit 8,3 Basispunkten etwas höher.101 Die höchsten Transaktionskosten besitzt der traditionelle Ansatz der Portfoliooptimierung. Eine Erhöhung der Kosten um 25 Basispunkte führt im Mittel zu einer Verringerung der realisierten Sharpe-Ratio um 15 Basispunkte. Nur leicht geringer ist die Verringerung der Sharpe-Ratio für die Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer mit 14 Basispunkten. Im Mittelfeld liegt der unkombinierte RIM-Schätzer mit 9 Basispunkten.102 Diese Ergebnisse zeigen, dass die Berücksichtigung von Transaktionskosten zu einer Bestätigung der Ergebnisse von Kapitel 3.4.1. führt: Die dort als schlechteste Strategie identifizierte traditionelle Portfoliooptimierung besitzt auch die höchsten Transaktionskosten, wodurch sich ihr Ergebnis in Relation zu den weiteren Strategien nochmals verschlechtert.103 Dahingegen hat die bereits bei Vernachlässigung von Transaktionskosten erfolgreichste Strategie, die auf der Kombination des RIM-Schätzers mit der mittleren Indexrendite basiert, die geringsten Transaktionskosten und kann somit ihre Spitzenposition hinsichtlich der Performance gegenüber den anderen Strategien ausbauen. Der Vergleich des Einflusses der Transaktionskosten für die verringerten Umschichtungsfrequenzen zeigt, dass die – gegenüber der monatlichen Umschichtungsfrequenz auf ein Drittel bzw. ein Sechstel – verringerte Anzahl der Umschichtungszeitpunkte zu der erwarteten schwächeren Reduktion der Sharpe-Ratios durch Transaktionskosten führt. Im Vergleich der Strategien untereinander besitzt die Kombination RIM+IND auch für die niedrigeren Umschichtungsfrequenzen die geringsten Transaktionskosten, gefolgt von der Kombination ZEIT+IND. Beide Strategien sind wie bei der monatlichen Umschichtungsfrequenz somit für alle betrachteten Transaktionskostenhöhen besser als das Indexinvestment. Die Strategien auf Basis des Zeitreihenschätzers sowie der Kombination ZEIT+RIM besitzen hingegen bereits ohne Berücksichtigung von Transaktionskosten eine geringere Performance als der DAX30. Die RIM-Strategie ist die einzige Strategie, für die sich eine kritische Transaktionskostenhöhe ergibt, ab der das Indexinvestment der Portfoliooptimierung auf Basis des RIM-Schätzers vorzuziehen ist: Diese Transaktionskostenhöhe liegt für die monatliche Umschichtungsfrequenz bei gut 50 BP, für die dreimonatige Frequenz bei knapp 75 BP und für die sechsmonatige Frequenz bei knapp 100 BP.

101

102

103

Bei Implementierung der Strategie mit einer zu Indexinvestments vergleichbaren Standardabweichung in Höhe von 15% p.a. beträgt die Minderung der Überrendite somit 1,25% p.a. je 25 Basispunkte Transaktionskosten. Für die Strategie auf Basis der Kombination RIM+IND beträgt die Minderung nur 1% p.a. Bei einer Standardabweichung von 15% p.a. wird die realisierte Rendite der traditionellen Portfoliooptimierung um 2,25% p.a., die der Optimierung auf Basis der Kombination ZEIT+RIM um 2,10% p.a. und die auf Basis des RIM-Schätzers um 1,35% p.a. reduziert. Bezüglich signifikanter Unterschiede im paarweisen Vergleich der Sharpe-Ratios bei Berücksichtigung von Transaktionskosten vgl. Tabellen B-6, B-7 und B-8 in Anhang B.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

99

Tabelle 3-13: Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten (S-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

DAX30

Monatliche Umschichtung Mittlere S-RReduktion je 25 BP

0,1508

0,0918

0,0829

0,0676

0,1415

0,00

0 BP

0,1679

0,5232

0,7237

0,7890

0,2920

0,3406

25 BP

0,0153

0,4315

0,6420

0,7223

0,1486

0,3406

50 BP

-0,1364

0,3396

0,5594

0,6550

0,0063

0,3406

75 BP

-0,2867

0,2477

0,4761

0,5871

-0,1347

0,3406

100 BP

-0,4354*

0,1560

0,3921

0,5187

-0,2741

0,3406

3-monatige Umschichtung Mittlere S-RReduktion je 25 BP

0,0948

0,0622

0,0545

0,0476

0,0904

0,00

0 BP

0,2366

0,5160

0,8357

0,8020

0,3061

0,3406

25 BP

0,1402

0,4542

0,7819

0,7551

0,2144

0,3406

50 BP

0,0447

0,3921

0,7277

0,7077

0,1235

0,3406

75 BP

-0,0496

0,3297

0,6730

0,6598

0,0336

0,3406

100 BP

-0,1426

0,2672

0,6179

0,6116

-0,0553

0,3406

6-monatige Umschichtung Mittlere S-RReduktion je 25 BP

0,0756

0,0476

0,0424

0,0374

0,0722

0,00

0 BP

0,1941

0,5172

0,8141

0,7906

0,2440

0,3406

25 BP

0,1168

0,4700

0,7723

0,7537

0,1705

0,3406

50 BP

0,0406

0,4225

0,7301

0,7165

0,0978

0,3406

75 BP

-0,0345

0,3747

0,6875

0,6789

0,0260

0,3406

100 BP

-0,1084

0,3269

0,6446

0,6410

-0,0446

0,3406

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios für alternative Transaktionskostenniveaus. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Auch für die Stabilitätsuntersuchung hinsichtlich der Transaktionskosten wurde die Performance der Strategien anhand des Treynor/Black-Maßes evaluiert. Die Ergebnisse stimmen qualitativ mit den Ergebnissen auf Basis der Sharpe-Ratio überein: Die Kombination RIM+IND erfährt für alle Umschichtungsfrequenzen die geringste transaktionskostenbedingte Performanceminderung. Ebenso stimmt die Rangreihung der um Transaktionskosten bereinigten Treynor/Black-Maße mit der jeweiligen Rangreihung der Sharpe-Ratios überein. Für zwei

100

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

der betrachteten fünf Strategien ergeben sich kritische Transaktionskostenniveaus, ab denen eine positive Hinzunahme zum Indexinvestment nicht mehr zu einer Erhöhung der SharpeRatio des Indexinvestments führt. Dies sind die Strategien ZEIT und ZEIT+RIM. Für die erstgenannte Strategie liegen die Niveaus bei rd. 25, 55 und 50 Basispunkten in Abhängigkeit der Umschichtungsfrequenz von einem, drei und sechs Monaten, für die ZEIT+RIM-Strategie bei rd. 45, 75 und 65 Basispunkten. Tabelle 3-14: Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten (T/B-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

DAX30

Monatliche Umschichtung Mittlere TBReduktion je 25 BP

0,1489

0,0992

0,0951

0,0800

0,1400

-

0 BP

0,1536

0,4176

0,6362**

0,7162**

0,2621

-

25 BP

0,0028

0,3179

0,5424**

0,6370**

0,1201

-

50 BP

-0,1470

0,2184

0,4476

0,5573*

-0,0208

-

75 BP

-0,2953

0,1193

0,3521

0,4770

-0,1602

-

100 BP

-0,4421

0,0208

0,2560

0,3964

-0,2980

-

3-monatige Umschichtung Mittlere TBReduktion je 25 BP

0,0932

0,0672

0,0649

0,0577

0,0891

-

0 BP

0,2109

0,4120

0,7753**

0,7390**

0,2661

-

25 BP

0,1160

0,3448

0,7115**

0,6821**

0,1755

-

50 BP

0,0222

0,2776

0,6465**

0,6247**

0,0858

-

75 BP

-0,0705

0,2104

0,5814*

0,5667*

-0,0029

-

100 BP

-0,1619

0,1433

0,5159

0,5084

-0,0904

-

6-monatige Umschichtung Mittlere TBReduktion je 25 BP

0,0741

0,0506

0,0526

0,0454

0,0710

-

0 BP

0,1565

0,4185

0,7602**

0,7257**

0,1930

-

25 BP

0,0808

0,3681

0,7083**

0,6809**

0,1205

-

50 BP

0,0061

0,3175

0,6558**

0,6357**

0,0489

-

75 BP

-0,0675

0,2669

0,6031*

0,5901*

-0,0216

-

100 BP

-0,1397

0,2163

0,5499*

0,5441*

-0,0909

-

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios für alternative Transaktionskostenniveaus. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

101

Die vorausgehenden Analysen zeigen, dass die unter Vernachlässigung von Transaktionskosten beste Strategie auf Basis der Kombination von RIM-Schätzer und mittlerer Indexrendite gleichzeitig auch das geringste Transaktionskostenniveau besitzt. Hieraus folgt eine weitere Erhöhung der relativen Performance gegenüber den übrigen aktiven Anlagestrategien bei der Berücksichtigung von Transaktionskosten.

3.4.3.5 Gewichtsrestriktionen Zum Abschluss der Stabilitätsuntersuchungen wird nun der Einfluss von Gewichtsrestriktionen auf die Performance der in Kapitel 3.4.1 betrachteten Anlagestrategien untersucht. Die Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) lässt Leerverkaufspositionen in beliebigem Ausmaß zu. Eine Einschränkung dieser unbeschränkten Gewichtswahl für Einzelpositionen kann aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein. Zum einen stellt der unbeschränkte Leerverkauf von Wertpapieren meist keine zutreffende Abbildung der real gegebenen Handelsmöglichkeiten dar, beispielsweise für Fonds oder Privatinvestoren. Zum anderen existiert in der Literatur Evidenz, dass die unbeschränkte Wahl von Gewichten bei der traditionellen Implementierung der Markowitz-Optimierung zu sehr extremen Positionen in Einzelaktien führen kann, welche ex post den realisierten Anlageerfolg einer Strategie schmälern.104 Aufgrund der Tatsache, dass extreme Gewichte in Einzelaktien aus Schätzfehlern resultieren können,105 erfolgte in Kapitel 3.4.1 bereits die Kombination von Schätzern. Die extremen Positionen in einzelnen Werten wurden abgemildert, indem die Streuung der Schätzer der erwarteten Rendite durch eine Schrumpfung zum Prior reduziert wurde. Ein zweiter Ansatz zur Vermeidung extremer Positionen ist die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen. Von besonderem Interesse ist dabei, ob die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen bei Verwendung von Zeitreihen- und RIM-Schätzer eine vergleichbare Veränderung des Anlageerfolgs wie die Kombination dieser Schätzer bewirkt. Gehen durch die Gewichtsrestriktionen relevante Informationen für die relative Gewichtung der Aktien untereinander verloren, so ist eine Überlegenheit der unrestringierten Strategien auf Basis kombinierter Schätzer gegenüber restringierten Strategien auf Basis unkombinierter Schätzer zu erwarten.106

104 105

106

Vgl. hierzu bspw. Jagannathan/Ma (2003), Frost/Savarino (1988) oder Green/Hollifield (1992). Vgl. hierzu beispielsweise die Simulationsstudie von Kempf/Memmel (2002), die veranschaulicht, wie Aktien mit identischen Renditeparametern aufgrund von Schätzfehlern im Optimierungsprozess stark unterschiedliche Gewichte zugewiesen bekommen. Ebenso weist Drobetz (2003) darauf hin, dass in der Portfoliooptimierung Anlagealternativen mit extremen Verteilungsparametern tendenziell extremere Gewichte zugewiesen bekommen. Gerade die extremsten Verteilungsparameter sind jedoch in der Regel mit den höchsten Schätzfehlern behaftet. Auch Memmel (2004), S. 111, argumentiert in Bezug auf die traditionelle Portfoliooptimierung in vergleichbarer Weise: „Leerverkaufsbeschränkungen und andere Restriktionen mögen helfen, die Schätzfehler zu beschränken. Restriktionen wirken aber so wie zusätzliche Informationen. Sind diese Informationen fehlerhaft, dann können diese Fehler Effizienzgewinne aus der Beschränkung von Schätzrisiken überkompensieren. Dieser Effekt dürfte sich dann stark bemerkbar machen, wenn eine lange Kurshistorie zur Verfügung steht und so die Schätzfehler nicht mehr allzu groß sind.“

102

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Für die Analyse des Einflusses von Gewichtsrestriktionen auf die in Kapitel 3.4.1 betrachteten Anlagestrategien werden zwei unterschiedliche Ansätze der Beschränkung implementiert: Der erste Ansatz gibt Gewichtsgrenzen in absoluter Höhe vor. Ausgehend von einer Gewichtbeschränkung von 0%-100% je Aktie wird die Beschränkung schrittweise restriktiver. Bei Beibehaltung des Leerverkaufsverbots wird die Gewichtsobergrenze zunächst auf 50% und nachfolgend auf 20%, 10%, 7,5% bzw. 5% verringert.107 Der zweite Ansatz, welcher an das Vorgehen von Grauer/Shen (2000) angelehnt ist, gibt relative Gewichtsgrenzen vor. Wie bei der traditionellen Portfoliooptimierung werden Zeitreihenschätzer für die Inputparameter verwendet. Das Gewicht in jeder Anlagealternative muss positiv sein und darf nicht stärker als eine vorgegebene Grenze vom Gewicht dieser Anlage in der zugrunde gelegten Benchmark abweichen.108 Als Motivation für ihren Ansatz nennen Grauer/Shen (2000) die Begrenzung der Auswirkungen von Schätzrisiken, denen alternativ zu einer verbesserten Schätzung der Inputparameter durch die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen begegnet werden kann.109 Sie betonen zudem, dass die Wahl der Marktgewichtungen als Benchmarkgewichte die Verbindung der Implementierung der Markowitz-Optimierung mit dem theoretisch zu rechtfertigenden Argument, dass Investoren das Marktportfolio halten sollten, ermöglicht.110 Alternativ zur Marktgewichtung wählen Grauer/Shen (2000) die Gleichgewichtung aller Anlageobjekte als Ausgangspunkt der restringierten Optimierung. Aufgrund der größeren Anzahl von Anlageobjekten im Vergleich zu Grauer/Shen (2000), die ein Anlageuniversum von lediglich zwölf Assetklassen betrachten, wird in der vorliegenden Studie anstatt der von diesen gewählten Grenze von 5 bzw. 10 Prozentpunkten eine maximal zulässige Gewichtsabweichung vom Ausgangsgewicht in Höhe von 3 Prozentpunkten gewählt. Die Ergebnisse bei Auferlegung von absoluten Gewichtsrestriktionen für die Portfoliooptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers, des RIM-Schätzers, der Kombinationen dieser beiden Schätzer mit der mittleren vergangenen Indexrendite sowie der Kombination dieser 107

108

109

110

Ein aktuelles Beispiel für Gewichtsbeschränkungen bei der Implementierung der Portfoliooptimierung auf Basis von Zeitreihenschätzern ist der im Juni 2007 neu eingeführte Index der Deutschen Börse AG (DAXplus Maximum Sharpe-Ratio). Dort wird die Markowitz-Optimierung für das Anlageuniversum der Unternehmen des DAX30 unter Auferlegung von Gewichtsrestriktionen von 0-10% je Aktie implementiert. Die rückblickende Implementierung dieses Ansatzes für die fünf Jahre vor Einführung des Indexes zeigt eine deutlich überlegene Performance dieser Strategie gegenüber dem zugrunde liegenden Index DAX30. Dies gilt in ähnlicher Weise für vier weitere, im Juli 2007 eingeführte Indizes dieser Art für Frankreich, Japan, Schweiz und die USA, vgl. Deutsche Börse (2007b). Das Prinzip der Vorgabe von Benchmarkgewichten, ausgehend von denen im Rahmen der taktischen Asset Allocation Über- bzw. Untergewichtungen in den einzelnen Anlageklassen oder -titeln vorgenommen werden, ist weit verbreitet im praktischen Asset Management, vgl. bspw. Drobetz (2003), S. 205. Die Idee hinter dem Vorgehen von Grauer/Shen (2000) ist vergleichbar der Idee, welche hinter dem Ansatz von Black/Litterman (1992) steht. Auch dort werden Benchmarkgewichte (die des Marktportfolios, welche sich bei Unterstellung der Gültigkeit des CAPM ergeben) unter Verwendung weiterer Informationen angepasst. Der Unterschied der beiden Vorgehensweisen liegt darin, dass beim Vorgehen von Black/Litterman (1992) die Restriktionen in den Gewichten implizit über den modifizierten Schätzer in den (unrestringierten) Portfoliooptimierungsprozess eingehen, bei Grauer/Shen (2000) hingegen explizite Restriktionen bezüglich der Gewichte im Optimierungsprozess vorgegeben werden. Vgl. Grauer/Shen (2000), S. 1255f.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

103

beiden Schätzer untereinander sind in Tabelle 3-15 enthalten (Spalten 2 bis 6). In Spalte 7 sind die Differenzen zwischen der Sharpe-Ratio der besten und der schlechtesten Strategie für eine jeweilige Gewichtsrestriktion dargestellt. Als Benchmark ist in Spalte 8 die Sharpe-Ratio des Investments in den DAX30 dargestellt. Tabelle 3-15: Anlageuniversum DAX30 – Gewichtsrestriktionen (S-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

Max-Min

DAX30

Ohne Restr.

0,1679

0,5232

0,7237

0,7890

0,2920

0,6211

0,3406

0% - 100%

0,6550

0,6091

0,6158

0,5290

0,5755

0,1260

0,3406

0% - 50%

0,4508

0,6213

0,6136

0,5493

0,5029

0,1705

0,3406

0% - 20%

0,5293

0,5898

0,6389

0,5678

0,5745

0,1096

0,3406

0% - 10%

0,4809

0,5272

0,6286*

0,6348*

0,5277

0,1539

0,3406

0% - 7,5%

0,5177

0,5074

0,5833*

0,6445**

0,4847

0,1598

0,3406

0% - 5%

0,5256*

0,4995

0,5289*

0,6163**

0,5428**

0,1168

0,3406

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios für alternative absolute Gewichtsrestriktionen einer jeden Aktie. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Die mit Abstand deutlichste Ergebnisveränderung durch die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen erfährt die Strategie der traditionellen Markowitz-Optimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers. Werden die Gewichte der Einzelaktien auf 0% bis 100% beschränkt, so erhöht sich die Sharpe-Ratio auf 0,66 im Vergleich zur Sharpe-Ratio von 0,17 bei unbeschränkten Gewichten. Wie aus der Literatur bekannt, findet sich also auch für das vorliegende Sample der DAX30-Unternehmen eine deutliche Erhöhung des Anlageerfolgs durch diese relativ schwache Gewichtsbeschränkung in Form eines Leerverkaufsverbots der Aktien. Sogar der Anlageerfolg des Indexinvestments wird nun klar geschlagen. Für eine weitere Verschärfung der Gewichtsbeschränkungen verringert sich das Ergebnis leicht, bleibt jedoch deutlich oberhalb des Erfolgs der unrestringierten Optimierung und oberhalb des Indexinvestments. Durch die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen nähert sich der Anlageerfolg auf Basis des Zeitreihenschätzers somit dem Erfolg auf Basis des RIM-Schätzers an.111 Der Erfolg der RIM-Strategie erhöht sich bei der Auferlegung von Gewichtsrestriktionen zunächst leicht, sobald die Beschränkungen jedoch auf maximal 10% je Aktie und weniger gesetzt werden, fällt die Performance auf das Niveau der unrestringierten Anlage zurück. Eine deutliche Ergebnisverbesserung durch die Beschränkung der Einzelpositionen im Portfolio 111

Das in Kapitel 3.4.2 implementierte Portfolio-Resampling nach Michaud (1998), welches basierend auf Zeitreihenschätzungen Renditerealisationen simuliert, die dann wiederum zur Schätzung der erwarteten Renditen für die Portfoliooptimierung verwendet werden, wurde ebenfalls unter Auferlegung von Gewichtsrestriktionen durchgeführt. Bei einem Verbot von Leerverkäufen und Maximalgewichten von 100%, 50%, 20%, 10%, 7,5% und 5% je Aktie werden Sharpe-Ratios in Höhe von 0,5927, 0,5805, 0,5547, 0,5473, 0,5357 und 0,5134 realisiert, die damit dem Niveau der Sharpe-Ratios in Tabelle 3-15 vergleichbar sind.

104

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

erfährt neben der traditionellen Strategie die Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer. Der Zeitreihenschätzer dominiert im kombinierten Schätzer aufgrund seines betragsmäßig höheren Niveaus, weshalb die Gewichtsrestriktionen wie bei separater Verwendung des Zeitreihenschätzers eine starke Verbesserung des Anlageerfolgs bewirken. Ein entgegengesetztes Bild ergibt sich für die mit der vergangenen Indexrendite kombinierten Schätzer RIM+IND und ZEIT+IND. Deren Sharpe-Ratios verringern sich um rd. ein Viertel durch die Gewichtsrestriktionen. So sinkt bspw. die realisierte Sharpe-Ratio für die Kombination des RIM-Schätzers von 0,8 auf rd. 0,6. Insgesamt führt die Auferlegung der absoluten Gewichtsrestriktionen somit zu einer starken Angleichung des Anlageerfolgs aller Strategien.112 Wie in Spalte 7 von Tabelle 3-15 dargestellt, beträgt die Differenz der Sharpe-Ratios von bester und schlechtester Strategie im unrestringierten Fall 0,62. Diese Differenz sinkt für die betrachteten alternativen Gewichtsbeschränkungen im Mittel um rd. achtzig Prozent auf einen Wert von 0,14.113 Während sich die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen insbesondere positiv auf den Anlageerfolg unter Verwendung des Zeitreihenschätzers sowie dessen Kombination mit dem RIM-Schätzer, ZEIT+RIM, auswirkt, schadet sie dem Anlageerfolg der Bayesschen Strategien, für die der RIM- bzw. der Zeitreihenschätzer jeweils mit der mittleren Indexrendite kombiniert werden. Wie eingangs des Kapitels erläutert, können die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen und die Kombination von Schätzern als alternative Ansätze zur Vermeidung extremer Positionen aufgrund von Schätzfehlern und eines daraus resultierenden schlechten Anlageerfolgs gesehen werden. Durch die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen liegen die Sharpe-Ratios der (unkombinierten) Schätzer ZEIT und RIM bei einem Niveau von rd. 0,5 bis 0,6 (vgl. Spalten 2 und 3 in Tabelle 3-15). Der Erfolg der unrestringierten kombinierten Schätzer RIM+IND und ZEIT+IND liegt hingegen bei rd. 0,8 bzw. 0,7 (vgl. Spalten 2 und 3 in Tabelle 3-3). Dies deutet daraufhin, dass durch die Verwendung der kombinierten Schätzer eine bessere Vermögensallokation erreicht wird als durch die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen, weil durch Gewichtsrestriktionen nicht nur extreme Positionen in einzelnen Wertpapieren vermieden werden, sondern auch relevante, in den Schätzern enthaltene Informationen verloren gehen, welche insbesondere die relative Gewichtung der Wertpapiere untereinander bestimmen.114 Die Treynor/Black-Maße bei Auferlegung von Gewichtsrestriktionen sind in Tabelle 3-16 enthalten. Die Veränderungen gegenüber den unrestringierten Anlageerfolgen der Strategien sind vergleichbar zu den jeweiligen Veränderungen der Sharpe-Ratios. Die Strategien auf Basis des Zeitreihenschätzers sowie der Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer 112 113

114

Wie in der vorliegenden Studie zeigt sich auch bei Jagannathan/Ma (2003) eine deutliche Angleichung des Erfolgs verschiedener Strategien bei der Auferlegung von Gewichtsrestriktionen. Bei Reduzierung des zulässigen Höchstgewichts je Aktie auf den Kehrwert der zur Investition verfügbaren Aktienanzahl werden alle betrachteten Strategien zu Gleichgewichtungsstrategien mit einer Sharpe-Ratio in Höhe von 0,46 und die Performancedifferenzen reduzieren sich auf Null. Vgl. hierzu auch Fußnote 106.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

105

verbessern sich durch die Restriktionen deutlich, wobei die Streuung des Erfolgs jedoch über die verschiedenen Ausmaße der Restriktionen höher ist als bei der Sharpe-Ratio. Der RIMSchätzer erfährt eine leichte Erhöhung des Anlageerfolgs bei Auferlegung der Restriktionen. Für die schwächeren Restriktionen (0%-100%, 0%-50% und 0%-20%) ist diese etwas höher als für die stärkeren Restriktionen. Das Gegenteil gilt für die Kombinationen RIM+IND und ZEIT+IND. Dort ist der Anlageerfolg für die drei schwächeren Restriktionen deutlich verringert gegenüber den unrestringierten Strategien. Werden die Restriktionen weiter verschärft, so erhöht sich der Anlageerfolg und liegt – im Unterschied zur Sharpe-Ratio – schließlich sogar oberhalb des Erfolgs der unrestringierten Strategien. Tabelle 3-16: Anlageuniversum DAX30 – Gewichtsrestriktionen (T/B-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

Max-Min

DAX30

Ohne Restr.

0,1536

0,4176

0,6362**

0,7162**

0,2621

0,5626

-

0% - 100%

0,5726*

0,5354*

0,5552*

0,4085

0,4706

0,1641

-

0% - 50%

0,2950

0,5830*

0,5548*

0,4512

0,3764

0,2880

-

0% - 20%

0,4512

0,5657*

0,6234*

0,4990

0,5526*

0,1722

-

0% - 10%

0,4162

0,4969

0,7051**

0,6834**

0,5300*

0,2889

-

0% - 7,5%

0,5540*

0,4746

0,6792**

0,7477**

0,4657

0,2820

-

0% - 5%

0,6759**

0,4707

0,6513**

0,7987**

0,7190**

0,3280

-

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios für alternative absolute Gewichtsrestriktionen einer jeden Aktie. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Als zweite Stabilitätsuntersuchung in Hinblick auf Gewichtsbeschränkungen werden nun relative Grenzen für die Portfoliooptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers entsprechend Grauer/Shen (2000) vorgegeben. Die Anlageergebnisse in Form von Sharpe-Ratio und Treynor/Black-Maß sind in Tabelle 3-17 enthalten. Spalte 2 gibt die Ergebnisse bei Vorgabe einer maximalen Abweichung von drei Prozentpunkten von der Marktgewichtung der Unternehmen (GSMKT) wieder. Spalte 3 enthält die Ergebnisse bei Zulässigkeit einer solchen Abweichung jedes Aktiengewichts von der Gleichgewichtung (GSGG). Zum besseren Vergleich der Anlageergebnisse ist in Spalte 4 nochmals der Anlageerfolg der (unrestringierten) Optimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers, sowie in den Spalten 5 und 6 der Erfolg des Indexinvestments und der Gleichgewichtungsstrategie enthalten. Der Vergleich mit der traditionellen Implementierung erfolgt, da diese als der Extremfall des Ansatzes nach Grauer/Shen (2000) zu interpretieren ist, in dem die relativen Gewichtsgrenzen ausreichend hoch und somit nicht bindend sind. Das Indexinvestment bzw. die Gleichgewichtungsstrategie stellen jeweils den anderen Extremfall dar, in dem die relativen Gewichtsgrenzen derart streng sind, dass keine Abweichungen von den Ausgangsgewichten der Strategien zulässig sind.

106

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Tabelle 3-17: Anlageuniversum DAX30 – relative Gewichtsrestriktionen GSMKT

GSGG

ZEIT

DAX30

GLGW

Sharpe-Ratio

0,5371

0,1603

0,1679

0,3406

0,4609

T/B-Ratio

0,5226

-0,1743

0,1536

-

0,4541

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe- und Treynor/Black-Ratios für alternative relative Gewichtsrestriktionen einer jeden Aktie. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Der Vergleich der Sharpe-Ratios der restringierten Strategien nach Grauer/Shen (2000) mit der unrestringierten Strategie ZEIT zeigt, dass die Sharpe-Ratio für die restringierte Optimierung, welche von der Gleichgewichtung ausgeht, nahezu unverändert ist. Wird hingegen die Marktgewichtung als Ausgangspunkt der Optimierung gewählt, so kann eine Verdreifachung der Sharpe-Ratio gegenüber der traditionellen Portfoliooptimierung erzielt werden.115 Den schlechten Anlageerfolg der von der Gleichgewichtung ausgehenden restringierten Optimierung verdeutlicht auch der Vergleich mit ihrer Ausgangsstrategie: So beträgt die Sharpe-Ratio der GSGG-Strategie nur rd. ein Drittel der Sharpe-Ratio der Gleichgewichtungsstrategie.116 Auch anhand des Treynor/Black-Maßes zeigt sich ein negativer, wenn auch insignifikanter Erfolg der GSGG-Strategie. Für die restringierte Optimierung, welche von der Marktgewichtung der Aktien ausgeht, zeigt sich hingegen im Vergleich mit ihrer Ausgangsstrategie (DAX30) eine Erhöhung der Sharpe-Ratio auf mehr als das Anderthalbfache.117 Die von den Marktgewichten ausgehende Strategie der relativen Gewichtsbeschränkung reiht sich mit der realisierten Sharpe-Ratio in Höhe von 0,54 somit ebenfalls in das allgemeine Niveau der Sharpe-Ratios der Strategien unter absoluten Gewichtsbeschränkungen ein (vgl. Tabelle 3-15). Es stellt sich die Frage, warum die GSGG-Strategie als einzige der restringierten Strategien deutlich unterhalb dieses Niveaus bleibt. Für die Analyse dieser Fragestellung sind folgende drei Faktoren zu beachten: Die Ausgangsgewichte, die zur (restringierten) Anpassung der Ausgangsgewichte verwendeten Zeitreihenschätzer und das Zusammenspiel der beiden vorgenannten Faktoren, d.h. die vom Ausgangsgewicht abhängige bzw. zulässige Veränderung der Aktiengewichte auf Basis des Zeitreihenschätzers. Im Vergleich der Sharpe-Ratios der Ausgangsstrategien von GSGG und GSMKT besitzt die Gleichgewichtungsstrategie eine höhere Performance als die Marktgewichtungsstrategie. Die zur Anpassung der Ausgangsgewichte verwendeten Zeitreihenschätzer sind für 115

116 117

Die Niveaus der Performancemaße für die Strategien nach Grauer/Shen (2000) bleiben nahezu unverändert bei einer Verringerung der Umschichtungsfrequenz auf 3 bzw. 6 Monate. Für diese Frequenzen ist jedoch im Unterschied zur monatlichen Umschichtungsfrequenz sowohl die Sharpe-RatioDifferenz zum Indexinvestment als auch das Treynor/Black-Maß für die Strategie GSMKT signifikant positiv. Diese Verringerung der Sharpe-Ratio gegenüber der Gleichgewichtungsstrategie ist signifikant auf dem 10%-Niveau, vgl. Tabelle B-1 in Anhang B. Gegenüber der GSGG-Strategie realisiert die GSMKT-Strategie bei vergleichbarer Standardabweichung die dreifache Überrendite.

3.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

107

beide Strategien identisch und können somit für sich genommen ebenfalls nicht Ursache des schlechten Erfolgs der GSGG-Strategie sein. Die Ursache muss somit im Zusammenwirken von Ausgangsgewichten und restringierter Anpassung dieser Gewichte auf Basis der Zeitreiheninformation liegen. Deutlich wird dies auch im Vergleich von GSGG-Strategie und restringierter Portfoliooptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers bei absoluten Gewichtsbeschränkungen (vgl. Tabelle 3-15). Bei den absoluten Gewichtsbeschränkungen können – wie auch bei der GSMKT Strategie – einzelne Aktien aus der Anlage ausgeschlossen werden, während die GSGG-Strategie stets in alle Wertpapiere investiert sein muss. Die Ergebnisse zeigen, dass schon vergleichsweise geringe Unterschiede in den Restriktionen – wie z.B. zwischen der Zeitreihenschätzer-Strategie mit absoluten Gewichtsrestriktionen von 0% bis 5% bzw. 0% bis 7,5% und der GSGG-Strategie, deren Gewichte zwischen rd. 0,3% bis 6,3% liegen118 – zu großen Unterschieden in der Portfoliozusammensetzung und somit in der Performance führen können. So betragen die Korrelationen der realisierten Überrenditen für GSGG-Strategie mit den beiden vorgenannten Strategien unter absoluten Gewichtsrestriktionen lediglich 0,80 bzw. 0,70, was auf merkliche Unterschiede in der Portfoliozusammensetzung aufgrund der positiven Gewichtsuntergrenze hinweist. Die Korrelationen dieser beiden Strategien mit der GSMKT-Strategie betragen hingegen beide rund 0,90.119

3.4.4 Zusammenfassung Die vorausgehenden Untersuchungen des Kapitels 3.4 setzten den aus Analystenschätzungen und Bilanzinformationen auf Basis des Residual Income Modells bestimmten Schätzer der erwarteten Rendite erstmalig für die Implementierung der Markowitz-Optimierung ein. Dabei wurde der RIM-Schätzer ebenfalls erstmalig in Bayesscher Kombination verwendet. Für das betrachtete Sample der 30 größten deutschen Unternehmen des Index DAX30 zeigt sich der Anlageerfolg auf Basis des RIM-Schätzers dem Erfolg der traditionellen Optimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers sowie dem passiven Indexinvestment deutlich überlegen. In Bayesscher Kombination mit der historischen Indexrendite erzielt der RIM-Schätzer den besten Erfolg aller betrachteten Anlagestrategien, zu denen neben der traditionellen Optimierung und dem Indexinvestment auch die Gleichgewichtungsstrategie, das globalvarianzminimale Portfolio sowie die Portfoliooptimierung auf Basis von Schätzungen der erwarteten Rendite über das CAPM, über die Bayesschen Ansätze nach Black/Litterman (1992) und Jorion (1985) und der Portfolio-Resampling-Ansatz nach Michaud (1998) gehören.

118 119

Sofern in einem Zeitpunkt aufgrund fehlender Daten nicht alle 30 Aktien im der Stichprobe enthalten sind, liegen die Gewichtsgrenzen jeweils geringfügig höher. Untereinander sind die realisierten Überrenditen der Strategien GSGG und GSMKT lediglich in Höhe von 0,49 korreliert, was die Unterschiede der beiden Strategien ebenfalls verdeutlicht.

108

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Die Überlegenheit der Kombination aus RIM-Schätzer und Index zeigt sich robust hinsichtlich der Erweiterung der Anlagealternativen auf die Unternehmen des HDAX, der Berücksichtigung von Transaktionskosten und der Verringerung der Umschichtungshäufigkeit des Portfolios. Auch bei Betrachtung des Anlageerfolgs für die drei während des Untersuchungszeitraums vorherrschenden Marktphasen zeigt sich eine hohe Stabilität der Ergebnisse. So besitzt die RIM+IND-Strategie in allen Teilperioden eine höhere Treynor/Black-Ratio als alle übrigen, nicht auf dem RIM-Schätzer basierenden Strategien. Für die Sharpe-Ratio gilt diese Überlegenheit jeweils in zwei der drei Teilperioden. Durch die Auferlegung von absoluten Gewichtsrestriktionen verringert sich der Erfolg der auf dem RIM+IND-Schätzer basierenden Strategie deutlich. Die Strategien mit schlechter Performance verbessern sich hingegen stark. Diese Angleichung des Erfolgs ist bedingt durch die mit Gewichtsrestriktionen einhergehende Angleichung der Portfoliogewichte, die für alle Strategien mit zunehmender Verschärfung der Restriktionen schließlich in Richtung der Gleichgewichtungsstrategie wirkt.

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

Das Vorgehen innerhalb der Analysen für den US-amerikanischen Kapitalmarkt erfolgt in Analogie zum Vorgehen für den deutschen Kapitalmarkt im vorausgehenden Kapitel 3.4. Das nun betrachtete Sample umfasst die 30 größten Unternehmen des S&P500. Nachfolgende Stabilitätsuntersuchungen erweitern dieses Sample auf die 100 größten bzw. alle 500 Mitgliedsunternehmen des S&P500. Die Beschränkung auf 30 Unternehmen in der Durchführung der Hauptanalysen dieses Kapitels soll die Vergleichbarkeit zu den Ergebnissen des Kapitels 3.4 gewährleisten.120

In Kapitel 3.5.1 wird zunächst untersucht, welchen Anlageerfolg der Einsatz des RIMSchätzers innerhalb des US-amerikanischen Samples im Vergleich zur traditionellen Portfoliooptimierung sowie zum Indexinvestment zeigt. Daran anschließend wird die Performance bei Portfoliooptimierung auf Basis der nach Bayesschem Verfahren kombinierten Schätzer ermittelt und mit den vorausgehenden Anlageergebnissen verglichen. In Kapitel 3.5.2 werden wiederum die fünf Alternativstrategien (CAPM, Black/Litterman (1992), PortfolioResampling, GMVP und Gleichgewichtung) für das US-amerikanische Sample analysiert, bevor in Kapitel 3.5.3 die Stabilitätsuntersuchungen hinsichtlich der Erweiterung des Anlageuniversums, der Unterteilung des Anlagezeitraums in Marktphasen, der Variation der Um120

So verstärkt eine Vergrößerung des Anlageuniversums bei unveränderter Präzision der Schätzer die Schätzfehlerproblematik bei Implementierung der Portfoliooptimierung. Die Simulationsergebnisse von Frost/Savarino (1986b) für die traditionelle Portfoliooptimierung zeigen, dass die Schätzfehlerproblematik für alle Fälle, in denen das Verhältnis von Größe der Datenstichprobe zur Anzahl der Anlageobjekte konstant ist, gleichermaßen bedeutend ist. Das Ausmaß des Schätzrisikos ist demnach im Fall mit 125 Renditebeobachtungen für 25 Anlagen ebenso ausgeprägt wie im Fall mit 500 Renditebeobachtungen für 100 Anlagen. Dies kann intuitiv damit erklärt werden, dass mit zunehmender Anzahl von Anlagen die Wahrscheinlichkeit ansteigt, eine Anlage mit sehr hohem Schätzfehler zu beobachten.

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

109

schichtungsfrequenz, der Berücksichtigung von Transaktionskosten sowie der Auferlegung von Gewichtsrestriktionen durchgeführt werden. Eine kurze Zusammenfassung der Hauptergebnisse erfolgt in Kapitel 3.5.4. In Kapitel 3.6 werden die Ergebnisse der Kapitel 3.4 und 3.5 gewürdigt.

3.5.1 Optimale Portfolioselektion unter Verwendung implizit erwarteter Renditen RIM-Schätzer vs. Zeitreihenschätzer In Tabelle 3-18 sind die Sharpe-Ratios der traditionellen Implementierung der MarkowitzOptimierung sowie der Implementierung unter Verwendung des RIM-Schätzers für den Zeitraum Dezember 1981 bis Oktober 2006 enthalten. Als Benchmark ist ebenfalls der Erfolg des (selbst errechneten) Index „S&P30“ dargestellt. Dieser wird bestimmt als das wertgewichtete Mittel der Renditen der 30 größten Unternehmen des S&P500.121 Tabelle 3-18: Anlageuniversum „S&P30“ ZEIT

RIM

„S&P30“

Sharpe-Ratio

0,0351*

-0,3179***

0,4691

T/B-Ratio

-0,0436

-0,3846*

-

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Die traditionelle Markowitz-Optimierung unter Verwendung des Zeitreihenschätzers zeigt mit einer Sharpe-Ratio von 0,04 den bekannten, schlechten Anlageerfolg. Überraschend ist jedoch der schlechte, deutlich negative Anlageerfolg der Portfoliooptimierung auf Basis des RIMSchätzers für das US-Sample – insbesondere in Hinblick auf die positiven Eigenschaften dieses Schätzers (vgl. Kapitel 2.4) sowie die Ergebnisse unter Verwendung dieses Schätzers für das deutsche Sample. Im Vergleich mit dem Erfolg des passiven Investment „S&P30“ zeigt sich, dass beide vorgenannten Strategien der aktiven Portfolioauswahl für das USSample einen signifikanten Performancenachteil besitzen.122

121

122

Auch der Index Dow Jones Industrial Average (DJIA) ist ein Index, der auf 30 der größten Aktien der USA basiert. Allerdings handelt es sich hierbei um einen preisgewichteten Index, d.h. die Gewichtung der Wertpapiere innerhalb des Indexes erfolgt entsprechend des Kurses der Aktie. Üblicherweise sind Indizes (wie bspw. der S&P100, der S&P500 oder auch der DAX30) hingegen wertgewichtet, d.h. das Indexgewicht eines Unternehmens ist proportional zum Gesamtwert aller Aktien und somit unabhängig von der Stückelung der Aktien. Zudem ist der DJIA ein Kurs- und kein Performanceindex. Aus diesem Grund wird im Folgenden die Rendite des wertgewichteten Portfolios der 30 größten Unternehmen des S&P500 als Rendite des „S&P30“ bezeichnet. Bezüglich der paarweisen Signifikanztests für die Differenzen der Sharpe-Ratios des vorliegenden Kapitels vgl. Tabelle B-10 in Anhang B.

110

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Auch bei Evaluation der Strategien anhand des alternativen Performancemaßes nach Treynor/Black (1973) in Tabelle 3-18 zeigt sich die schlechte Performance der beiden Strategien für das US-Sample. Während ein schlechter Anlageerfolg des Zeitreihenschätzers in der Literatur häufig berichtet wird, wirft insbesondere die schlechte Performance der RIMStrategie die Frage nach den Ursachen für dieses Ergebnis auf. Dieser Frage wird im Rahmen der Stabilitätsuntersuchungen in Kapitel 3.5.3, insbesondere bei der Unterteilung des Samples in Teilperioden, nachgegangen. Kombinierte Schätzer Die nach Bayesschem Verfahren kombinierten Schätzer werden trotz des schlechten Anlageerfolgs von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer auch für das US-Sample zur Implementierung der Markowitz-Optimierung verwendet. Denn auch wenn die separate Verwendung der Schätzer zu einem Anlageerfolg deutlich unterhalb des Indexinvestments führt, so ist bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis der nach Bayesschem Verfahren kombinierten Schätzer eine deutliche Verbesserung des Anlageerfolgs möglich.123 Tabelle 3-19: Anlageuniversum „S&P30“ – Kombinierte Schätzer ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

Sharpe-Ratio

0,4347

0,4910

-0,0121*

T/B-Ratio

0,2416

0,3043

-0,1072

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Die Ergebnisse in Tabelle 3-19 zeigen, dass durch die Kombination mit der mittleren vergangenen Indexrendite sowohl der Anlageerfolg des RIM-Schätzers als auch der des Zeitreihenschätzers deutlich gesteigert werden kann. So hat die Sharpe-Ratio für die Kombination RIM+IND eine Höhe von 0,49. Damit schlägt diese Strategie nun den Erfolg der Indexanlage. Für die Kombination von Indexrendite und Zeitreihenschätzer liegt die Sharpe-Ratio mit 0,43 nur leicht darunter. In Analogie zum deutschen Sample resultiert die Kombination der Schätzer mit der Indexrendite somit zum einen in einer deutlichen Steigerung des Anlageerfolgs jeder der beiden Strategien und zum anderen in einer Angleichung des Anlageerfolgs. Die Sharpe-Ratio des aus RIM- und Zeitreihenschätzer kombinierten Schätzers liegt wie für 123

Vgl. bspw. Timmermann (2006), S. 157, sowie Kapitel 3.4.1. In der empirischen Umsetzung sind Tests bezüglich der Überlegenheit eines Schätzers hinsichtlich des Kriteriums des erwarteten quadratischen Verlustes (dessen empirisches Äquivalent der MSE ist) weder hinreichend noch notwendig in Bezug auf die Frage, ob dieser Schätzer zur Kombination verwendet werden soll. So können sowohl Beispiele konstruiert werden, in denen ein Schätzer einen anderen in Bezug auf das Kriterium des erwarteten quadratischen Verlustes dominiert, eine Kombination aber dennoch optimal ist. Ebenso können jedoch Beispiele konstruiert werden, in denen zwei Schätzer einen identischen erwarteten quadratischen Verlust besitzen, es aber trotzdem aufgrund von Schätzfehlern in den Kombinationsgewichten nicht optimal ist, diese zu kombinieren.

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

111

Deutschland zwischen den Sharpe-Ratios der beiden zugrunde liegenden Schätzer und ist schwach negativ. Im Vergleich mit dem Indexinvestment ist der Performancenachteil auf dem 10%-Niveau signifikant. Die Treynor/Black-Maße zeigen in gleicher Weise wie die Sharpe-Ratio eine deutlich gesteigerte Performance von RIM- und Zeitreihenschätzer, wenn diese jeweils mit der mittleren historischen Indexrendite kombiniert werden. Im Vergleich der Kombinationen RIM+IND und ZEIT+IND untereinander besitzt auch für dieses Maß die Kombination unter Verwendung des RIM-Schätzers einen leichten Performancevorsprung. Für die Kombination aus Zeitreihen- und RIM-Schätzer ist das Treynor/Black-Maß ebenso wie die Sharpe-Ratio negativ.

3.5.2 Alternative Arten der Portfolioselektion Auch für das US-Sample wird die Evaluation des Anlageerfolgs der Portfoliooptimierung unter Verwendung von Analystenschätzungen nun anhand einer erweiterten Vergleichsbasis vorgenommen. Hierfür werden dieselben Alternativstrategien implementiert wie für das deutsche Sample in Kapitel 3.4.2. Die Anlageergebnisse sind in Tabelle 3-20 dargestellt. Tabelle 3-20: Anlageuniversum „S&P30“ – Alternativstrategien CAPM

BL

RS

GMVP

GLGW

Sharpe-Ratio

0,4205

0,1153

0,0355*

0,4583

0,4935

T/B-Ratio

0,2630

0,0185

-0,0417

0,2357

0,1916

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Hinsichtlich ihres Anlageerfolgs können die fünf Strategien in zwei Gruppen eingeteilt werden: Einen guten Anlageerfolg zeigen wie für Deutschland die Strategien auf Basis des CAPM-Schätzers sowie die GMVP-Strategie. Weiterhin erzielt für das US-Sample auch die Gleichgewichtungsstrategie einen sehr guten Erfolg.124 Der Ansatz nach Black/Litterman (1992) sowie die Strategie des Portfolio-Resamplings nach Michaud (1998) besitzen wie für das deutsche Sample einen schlechten Anlageerfolg. Das Niveau der Sharpe-Ratios ist für beide Strategien vergleichbar zu dem der traditionellen Portfoliooptimierung. Im Vergleich mit den Strategien des Kapitels 3.5.1 zeigt sich, dass keine der Alternativstrategien die 124

Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit den empirischen Ergebnissen aus DeMiguel/Garlappi/Uppal (2009), wo sich für verschiedene US-amerikanische Datensätze durchgängig ein sehr guter Anlageerfolg der Gleichgewichtungsstrategie im Vergleich mit alternativen Anlagestrategien zeigt. Jagannathan/Ma (2003) finden ebenfalls einen deutlich überlegenen Anlageerfolg der Gleichgewichtungsstrategie sowie der Investition in das GMVP im Vergleich mit der traditionellen Portfoliooptimierung.

112

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Performance der Kombination aus RIM-Schätzer und Index schlagen kann. Diese Strategie besitzt mit einer Sharpe-Ratio von 0,49 gemeinsam mit der Gleichgewichtungsstrategie den besten Anlageerfolg für das US-Sample. Die Bestimmung der Treynor/Black-Maße zeigt, dass die Strategie RIM+IND auch hinsichtlich dieses Performancemaßes mit 0,30 die beste Strategie für das US-Sample ist. Für die Rangreihung der Alternativstrategien untereinander gilt, dass CAPM-, GMVP- und Gleichgewichtungsstrategie wie hinsichtlich der Sharpe-Ratio deutlich vor der Black/LittermanStrategie sowie dem Portfolio-Resampling liegen. Die Analysen der Kapitel 3.5.1 und 3.5.2 für das US-amerikanische Sample führen somit zu folgenden zentralen Ergebnissen: Die traditionelle Implementierung der MarkowitzOptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers führt zu dem in der Literatur allgemein berichteten schlechten Anlageerfolg, welcher deutlich unterhalb des passiven Indexinvestments liegt. Die Portfoliooptimierung auf Basis des RIM-Schätzers führt zu einem überraschend schlechten, negativen Anlageerfolg. Das Problem des schlechten Anlageerfolgs kann jedoch durch die Kombination des RIM-Schätzers mit der mittleren historischen Indexrendite behoben werden. Hierdurch wird eine derart starke Performanceverbesserung der erzielt, dass diese Strategie die Beste aller elf betrachteten Strategien sowohl bei Evaluation anhand der Sharpe-Ratio als auch bei Evaluation anhand des Treynor/Black-Maßes ist. Diese Überlegenheit des Anlageerfolgs zeigte sich in gleicher Weise für das deutsche Sample. Einen leicht geringeren, jedoch ebenfalls sehr guten Anlageerfolg, erzielt wie für Deutschland die Kombination aus Zeitreihenschätzer und Index. Die Kombination von RIM- und Zeitreihenschätzer untereinander führt hingegen lediglich zu einer mittelmäßigen Performance. Von den betrachteten Alternativstrategien (CAPM, Black-Litterman, Portfolio-Resampling, GMVP und Gleichgewichtung) zeigen GMVP, CAPM und Gleichgewichtung einen besseren Anlageerfolg als die übrigen Strategien. Die Rangordnung der Strategien ist stabil hinsichtlich der betrachteten Performancemaße.

3.5.3 Stabilitätsuntersuchungen 3.5.3.1 Erweitertes Sample (S&P100, S&P500) Zunächst wird die Stabilität der vorausgehenden Untersuchungen in Hinblick auf eine Erweiterung des Aktienuniversums überprüft. Im ersten Schritt wird dazu das Untersuchungssample auf die 100 größten Unternehmen des S&P500, im zweiten Schritt auf alle Unternehmen des S&P500 erweitert.125 Auch innerhalb der Untersuchung für Deutschland erfolgte einer Erweiterung des Samples von den Unternehmen des DAX30 auf die Unternehmen des 125

Für eine Beschreibung der Methodologie zur Zusammenstellung der Indizes S&P100 und S&P500 vergleiche Standard and Poor’s (2008).

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

113

HDAX. Im Rahmen der dortigen Untersuchungen wurden zudem Hypothesen bezüglich der Veränderung des Anlageerfolgs der betrachteten Strategien durch eine Erweiterung des Anlageuniversums diskutiert (vgl. Kapitel 3.4.3.1). Für das deutsche Sample ging die Erweiterung des Anlageuniversums mit einer allgemeinen Performanceverbesserung aller Strategien einher. In Tabelle 3-21 sind die realisierten Sharpe-Ratios und Treynor/Black-Maße der traditionellen Markowitz-Optimierung und der RIM-Strategie für das auf 100 Unternehmen erweiterte Sample dargestellt. Ebenso findet sich dort der Anlageerfolg des Investments in den S&P100. Im Vergleich mit den Ergebnissen für das Anlageuniversum der 30 größten dieser 100 Unternehmen aus Tabelle 3-18 zeigt sich, dass beide aktiven Strategien weiterhin eine deutlich schlechtere Performance als das Indexinvestment realisieren. Das Performanceniveau liegt jeweils leicht unterhalb des Niveaus dieser Strategien für das kleinere Sample. Lediglich die Sharpe-Ratio des Indexinvestments erhöht sich im Vergleich zum Sample von 30 Unternehmen von 0,47 auf 0,59.126 Tabelle 3-21: Anlageuniversum S&P100 Sharpe-Ratio T/B-Ratio

ZEIT

RIM

S&P100

-0,0491**

-0,4555***

0,5930

-0,1229

-0,5266***

-

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Auch bei einer nochmaligen Erweiterung der Unternehmensstichprobe auf alle Unternehmen des S&P500 zeigen sich nur geringfügige Unterschiede hinsichtlich der Anlageerfolge von RIM- und Zeitreihenschätzer-Strategie im Vergleich zum kleineren Anlageuniversum von 30 Unternehmen, wie aus Tabelle 3-22 ersichtlich ist. Der Erfolg des passiven Indexinvestments liegt wie für das Sample der 100 Unternehmen etwas höher als für das Sample der 30 Unternehmen.127

126 127

Bezüglich der Signifikanztests der Sharpe-Ratio-Differenzen für das auf 100 Unternehmen erweiterte Sample vgl. Tabelle B-11 in Anhang B. Bezüglich der Signifikanztests der Sharpe-Ratio-Differenzen für das auf 500 Unternehmen erweiterte Sample vgl. Tabelle B-12 in Anhang B.

114

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Tabelle 3-22: Anlageuniversum S&P500 Sharpe-Ratio T/B-Ratio

ZEIT

RIM

S&P500

0,0402**

-0,3624***

0,6034

0,0300

-0,4923**

-

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Die Ergebnisse hinsichtlich der stufenweise erweiterten Samples zeigen somit, dass die Vergrößerung des Anlageuniversums für den US-Markt im betrachteten Zeitraum keine Verbesserung des Anlageerfolgs der Strategien bewirkt. Dies steht im Gegensatz zu den Ergebnissen der Stichprobenvergrößerung innerhalb der deutschen Untersuchung. In Anbetracht dieser Ergebnisse stellt sich die Frage, ob dennoch durch die Kombination der Schätzer eine vergleichbare Performanceverbesserung wie für das Sample von 30 Unternehmen erreicht werden kann. Insbesondere ist von Interesse, ob die Überlegenheit der Kombination RIM+IND gegenüber dem Indexinvestment bestehen bleibt. Die Ergebnisse der kombinierten Schätzer bei Erweiterung des Unternehmensquerschnitts auf 100 Unternehmen finden sich in Tabelle 3-23. Tabelle 3-23: Anlageuniversum S&P100 – Kombinierte Schätzer ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

Sharpe-Ratio

0,2531

0,3646

-0,0527**

T/B-Ratio

0,0786

0,2071

-0,1327

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Im Vergleich mit den unkombinierten Schätzern zeigt sich wie für das Sample von 30 Unternehmen, dass die Berücksichtigung von Schätzrisiken durch die Bayessche Kombination der Schätzer vorteilhaft ist. Durch die Kombination mit dem Prior der mittleren historischen Indexrendite erhöht sich die Sharpe-Ratio für den RIM-Schätzer von -0,46 auf 0,36. Für den Zeitreihenschätzer erfolgt eine Erhöhung von -0,05 auf 0,25. Die Sharpe-Ratio der Kombination ZEIT+RIM ist negativ und beträgt -0,05. Somit besitzt die Kombination aus RIM-Schätzer und Index den besten Anlageerfolg der kombinierten Schätzer. Allerdings kann sie den Anlageerfolg des Indexinvestments nun nicht mehr schlagen. Die Rangreihung der Treynor/Black-Maße entspricht der für die Sharpe-Ratios. Das Maß ist positiv für die Kombinationen der Indexrendite mit RIM- bzw. Zeitreihenschätzer. Für die Kombination ZEIT+RIM ist es wie die Sharpe-Ratio negativ. In Tabelle 3-24 sind die Anlageergebnisse für die kombinierten Schätzer bei Erweiterung des Anlageuniversums auf alle Unternehmen des S&P500 berichtet. Diese Ergebnisse erweisen

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

115

sich wiederum als sehr ähnlich zu denen des Samples aus 100 Unternehmen. Auch hier besitzt die Kombination aus Indexrendite und RIM-Schätzer die höchste Sharpe-Ratio aller aktiven Anlagestrategien, kann jedoch das Niveau des Indexinvestments nicht erreichen. Die Treynor/Black-Ratio ist nun – wie die Sharpe-Ratio – für alle kombinierten Schätzer positiv. Tabelle 3-24: Anlageuniversum S&P500 – Kombinierte Schätzer ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

Sharpe-Ratio

0,3052

0,3214

0,0622*

T/B-Ratio

0,1640

0,1337

0,0393

Legende: Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

In Hinblick auf die Erweiterung der US-amerikanischen Unternehmensstichprobe auf 100 bzw. 500 Unternehmen kann resümiert werden, dass die Rangfolgen des Erfolgs der Strategien unverändert gegenüber denen der kleineren Stichprobe von 30 Unternehmen bleiben. Die Kombination aus RIM-Schätzer und Indexrendite bleibt die Beste aller Strategien. Durch die Erweiterung des Anlageuniversums zeigt sich jedoch keine Erhöhung des Performanceniveaus wie in der deutschen Untersuchung, sondern eine leichte Verringerung. Dies gilt in gleicher Weise für die anderen Schätzer. Infolgedessen kann die Bayessche Kombination aus RIM-Schätzer und Indexrendite den Erfolg des passiven Indexinvestments für die vergrößerten Anlageuniversen nicht mehr schlagen. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass wie im Rahmen der Untersuchungen für das deutsche Sample auch für das auf 100 Unternehmen erweiterte US-Sample die Anlageerfolge der weiteren, in Kapitel 3.5.2 für die 30 größten Unternehmen des S&P500 betrachteten Vergleichsstrategien ermittelt wurden. Dabei zeigen sich die Performance der CAPMStrategie sowie der GLGW-Strategie nahezu unverändert gegenüber dem kleineren Sample in Tabelle 3-20, wodurch diese in den erweiterten Stichproben leicht oberhalb der Strategie RIM+IND liegen. Die Anlageerfolge der drei übrigen Strategien, BL, RS und GMVP, verringern sich im Vergleich mit dem kleineren Sample und besitzen somit weiterhin ein geringeres Niveau als für die Strategie RIM+IND. Vergleichbare Ergebnisse zeigen sich bei weiterer Vergrößerung der Stichprobe auf alle Mitgliedsunternehmen des S&P500.128

128

Auf eine explizite Darstellung der Anlageerfolge der fünf Alternativstrategien wird wie für Deutschland in den weiteren Stabilitätsuntersuchungen verzichtet. In Analogie zum deutschen Sample gilt jedoch, dass die Performance der Strategien bestenfalls vergleichbar zur Performance der Erfolgreichsten der berichteten Strategien ist.

116

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

3.5.3.2 Teilzeiträume Für die Analyse der zeitlichen Stabilität der Ergebnisse des Kapitels 3.5.1 erfolgt die Unterteilung des Untersuchungszeitraums nach Marktphasen. In Abbildung 3-3 ist die Wertentwicklung des auf Basis der 30 größten Unternehmen des S&P500 ermittelten Indexes für den Zeitraum Dezember 1981 bis Oktober 2006 dargestellt.129 Abbildung 3-3: Entwicklung des „S&P30“ im Zeitablauf 3000 2500

"S&P30"

2000 1500 1000 500

03

05 De z

De z

99

97

95

01 De z

De z

De z

93

De z

De z

89

87

85

91 De z

De z

De z

De z

83 De z

De z

81

0

Datum

Zunächst zeigt sich ein kontinuierlicher, aber moderater Anstieg, welcher die erste Hälfte des Untersuchungszeitraums bis April 1994 kennzeichnet. Mit Beginn der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraums wird dieser Anstieg deutlich steiler.130 Im August 2000 endet die dann nahezu 20 Jahre währende Aufschwungphase und es folgt die einzige längerfristige Phase des Abschwungs auf dem US-Markt während des Untersuchungszeitraums. Deren Tiefpunkt wird im Januar 2003 erreicht.131 Anschließend kehrt der Markt zu einer Aufwärtsbewegung zurück. Entsprechend dieser Marktphasen wird das Sample in vier Teilperioden untergliedert. 129

130

131

Als Ausgangspunkt der Darstellung wird ein Wert von 100 im Dezember 1981 gewählt. Die Wertentwicklung basiert auf der realisierten Monatsrendite des wertgewichteten Portfolios der 30 größten Aktien des S&P500. Die deutlich steilere Entwicklung in Marktphase zwei spiegelt sich auch im Verhältnis von Indexanstieg zur Länge der Marktphase wider. So erfolgt sowohl in Marktphase eins als auch in Marktphase zwei nahezu eine Verfünffachung des Indexstandes, jedoch ist Marktphase zwei lediglich halb so lang wie Marktphase eins. Während die Abschwungphase auf dem deutschen Markt bereits im März 2000 und somit fünf Monate früher als auf dem US-Markt einsetzt (vgl. Abbildung 3-1), stimmt der Beginn der nachfolgenden Aufschwungphase mit Februar 2003 für beide Märkte überein.

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

117

Die Anlageergebnisse gemäß der Marktphasenunterteilung finden sich in Tabelle 3-25, in welcher die realisierten Sharpe-Ratios dargestellt sind, sowie in Tabelle 3-26, welche die Treynor/Black-Ratios der Strategien enthält. Die Sharpe-Ratio des Indexinvestments spiegelt die Marktphasen wider mit dem zunächst lange andauernden moderaten Anstieg, dem darauf folgenden steilen Aufwärtstrend, auf welchen der Bärenmarkt mit vergleichsweise hoher Volatilität folgt, weshalb das Niveau der Sharpe-Ratio für diese Phase trotz ähnlicher Steigung zum vorausgehenden Bullenmarkt deutlich geringer ist, und der Rückkehr zum Aufwärtstrend. Tabelle 3-25: Anlageuniversum „S&P30“ – Marktphasen (S-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

„S&P30“

0,1891

-0,2930*

0,5617

0,8362

0,1613

0,4742

05.1994 – 07.2000

0,7032

-0,9604***

1,2178

0,4214**

0,4957**

1,4501

08.2000 – 01.2003

-0,9319

-0,3613

-0,6682

-0,4081

-1,0105

-0,9648

02.2003 – 10.2006

-1,2376***

0,9868

-0,0923

1,0590

-1,1302***

0,8395

12.1981 – 04.1994

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios der Marktphasen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Vor der Betrachtung des Anlageerfolgs der Strategien in den einzelnen Marktphasen sei daran erinnert, dass für den Gesamtzeitraum die RIM-Strategie die geringste Sharpe-Ratio aller Strategien realisiert und die Strategie auf Basis der Kombination aus RIM-Schätzer und Indexrendite die höchste Sharpe-Ratio. Die Unterteilung in Marktphasen gibt nun Aufschluss darüber, wie sich der Erfolg für diese und die weiteren Strategien über den Untersuchungszeitraum zusammensetzt. Die traditionelle Portfoliooptimierung, welche über den Gesamtzeitraum mit 0,04 eine deutlich geringere Sharpe-Ratio besitzt als das Indexinvestment mit 0,47, zeigt diesen im Vergleich zum Index schlechten Anlageerfolg durchgängig über alle Teilperioden. In Marktphase vier ist die negative Differenz zur Sharpe-Ratio des Indexinvestments sogar auf dem 1%-Niveau signifikant.132 Lediglich in der dritten Marktphase, dem Bärenmarkt, ist der Anlageerfolg vergleichbar dem des Indexinvestments, mit -0,93 jedoch deutlich negativ. Der Anlageerfolg der RIM-Strategie zeigt sich dem Indexinvestment in den Phasen eins und zwei signifikant unterlegen. Im Bärenmarkt der dritten Teilperiode besitzt diese Strategie im Vergleich mit allen anderen Strategien hingegen den besten Anlageerfolg. Auch in Phase vier zeigt sich die RIM-Strategie mit einer Sharpe-Ratio von 0,99 im Vergleich zu 0,84 dem Indexinvestment überlegen. Der schlechte Anlageerfolg der RIM-Strategie in den Teilperioden eins und zwei verlangt eine Ursachenanalyse. Die negative Sharpe-Ratio dieser Strategie impliziert eine jeweils 132

Für die Ergebnisse der paarweisen Signifikanztests der Marktphasenunterteilung vgl. Tabelle B-13 in Anhang B.

118

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

negative realisierte Überrendite der Strategie in den beiden Marktphasen. Dieser negative Erfolg der RIM-Strategie überrascht besonders, da alle anderen Strategien in diesen Phasen positive Überrenditen erzielen. Die Analyse des Tangentialportfolios der RIM-Strategie zeigt, dass in Phase eins häufig Short-Positionen im Tangentialportfolio eingegangen werden, während die Strategien RIM+IND sowie ZEIT+IND, die einen sehr guten Anlageerfolg aufweisen, in keiner Periode des gesamten Untersuchungszeitraums Short-Positionen im Tangentialportfolio eingehen. Eine Short-Position im Tangentialportfolio wird zur Optimierung der Präferenzfunktion eingegangen, wenn die (ex ante) erwartete Rendite des GMVP unterhalb des risikolosen Zinssatzes liegt. Wie die Analysen in Kapitel 2.4.1.2 gezeigt haben, besitzt die erwartete Rendite aus dem Residual Income Modell insbesondere in den 1980er Jahren im Vergleich zum risikolosen Zinssatz ein geringes Niveau. Werden die Anlagemonate der ersten Phase des Untersuchungszeitraums unterteilt nach Short- und Long-Positionen im Tangentialportfolio, so ergibt sich für die Monate mit ShortPositionen eine stark negative Sharpe-Ratio der RIM-Strategie in Höhe von -1,34 und für die Perioden mit Long-Positionen eine positive Sharpe-Ratio in Höhe von 0,57. Für die RIM+IND-Strategie hingegen liegt der Anlageerfolg mit 0,84 gegenüber -0,29 für die RIMStrategie sowohl für die gesamte erste Marktphase als auch mit 1,07 gegenüber 0,57 für die Monate von Marktphase eins, in denen die RIM-Strategie ein Long-Position im Tangentialportfolio eingeht, deutlich höher. Diese Performanceverbesserung durch die Kombination des RIM-Schätzers mit der Indexrendite kann auf zwei Effekte zurückgeführt werden: Zum einen resultiert aus der Kombination mit der Indexrendite ein Niveaueffekt, der zu einer Erhöhung der (ex ante) erwarteten Rendite des GMVP über den risikolosen Zinssatz führt, wodurch die Short-Positionen im Tangentialportfolio vermieden werden.133 Zum anderen wird durch die Kombination des RIM-Schätzers mit der mittleren historischen Indexrendite gleichzeitig wertvolle Informationen für die Zusammenstellung des Aktienportfolios geliefert, was sich – unabhängig von der Vermeidung der Short-Positionen im Tangentialportfolio – in der Erhöhung der Sharpe-Ratio von 0,57 auf 1,07 für die Perioden zeigt, in denen sowohl die RIM- als auch die RIM+IND-Strategie Long-Positionen im Tangentialportfolio eingehen. Für die zweite Phase des Untersuchungszeitraums ist der schlechte Anlageerfolg der RIMStrategie im Wesentlichen auf den zweiten Effekt, d.h. die schlechte Allokation in den einzelnen Aktien, zurückzuführen. So werden in dieser Phase – anders als in Teilperiode drei und vier – extreme (Long- und Short-)Positionen in den Einzelaktien eingegangen.134 Eine 133

134

Das bedeutet, dass die erwartete Überrendite des Tangentialportfolios durch die Kombination mit der Indexrendite positiv wird. Ein vergleichbares Ergebnis berichten Campbell/Thompson (2008). Diese finden nur dann eine positive Prognosegüte von fundamentalen Kennzahlen für die Risikoprämie des S&P500, wenn negative Prognosen nicht zulässig sind und auf Null gesetzt werden. Sie zeigen zudem die ökonomische Bedeutsamkeit der Restriktion für den out-of-Sample Anlageerfolg dieses Vorgehens. Die Analyse der mittleren Standardabweichung der Aktiengewichte im Tangentialportfolio für die RIMStrategie zeigt, dass diese in Phase zwei mit 20% um ein Vielfaches höher ist als in den Perioden drei und vier mit jeweils rd. 2%. Für die RIM+IND-Strategie liegt die mittlere Standardabweichung in allen

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

119

Short-Position im Tangentialportfolio wird in dieser Phase hingegen nur in einem einzigen Monat eingegangen. Durch die Kombination mit der Indexrendite werden dem RIM-Schätzer somit insbesondere in Phase zwei wertvolle aktienindividuelle Informationen zugeführt, was in einer Verbesserung der Aktienallokation und somit einer deutlichen Steigerung der realisierten Sharpe-Ratio von -0,95 auf 0,43 resultiert.135 Bei den kombinierten Schätzern zeigt sich für die Kombination aus Zeitreihenschätzer und RIM-Schätzer, ZEIT+RIM, die für den Gesamtzeitraum beobachtete schlechte Performance durchgängig über alle Marktphasen. Der Schätzer wird über alle Marktphasen vom Index und der Strategie ZEIT+IND dominiert. Deutlich anders ist das Ergebnis für die Kombination aus Zeitreihenschätzer und mittlerer Indexrendite. Diese schlägt den Erfolg des Indexinvestments in der ersten und dritten Teilperiode, wenn auch nur leicht. In Phase zwei liegt die SharpeRatio der Strategie geringfügig, in Phase vier hingegen deutlich unterhalb des Erfolgs des Indexinvestments. Im Vergleich mit den beiden anderen auf dem Zeitreihenschätzer basierenden Strategien ZEIT und ZEIT+RIM zeigt sich die Kombination aus Zeitreihenschätzer und Indexrendite jedoch über alle Marktphasen überlegen. Als beste aller Anlagestrategien erweist sich auch bei der Unterteilung nach Marktphasen die Strategie auf Basis der Kombination von RIM-Schätzer und Indexrendite. Diese Strategie besitzt als einzige in drei der vier Marktphasen eine bessere Performance als der Index. Lediglich in Marktphase zwei ist sie dem Indexinvestment unterlegen. Dieses Ergebnis gilt ebenso im Vergleich dieser Strategie mit der Kombination von Zeitreihenschätzer und Indexrendite. Im Vergleich der beiden Strategien fällt insbesondere der Unterschied in der Performance der vierten Marktphase auf: Während der Erfolg der Kombination von RIM+IND mit 1,06 deutlich positiv ist, realisiert die Kombination ZEIT+IND eine negative Sharpe-Ratio von -0,09. Erweitert man den Vergleich auf alle Strategien, so ist die Kombination aus RIM-Schätzer und Index sogar die beste aller Strategien in den Phasen eins und vier. Im Bärenmarkt der Phase drei besitzt sie gemeinsam mit der RIM-Strategie den höchsten Anlageerfolg. In Hinblick auf die Frage nach der Ursache der extremen Rangpositionen von RIM-Strategie als schlechteste und RIM+IND-Strategie als beste Strategie, sei auf die vorausgehenden Ausführungen dieses Kapitels verwiesen.

135

Marktphasen zwischen 1% und 2,5%. Auf eine Darstellung der Entwicklung der Portfoliogewichte im Zeitablauf wird für das US-Sample verzichtet. Die verbesserte Vermögensallokation von RIM+IND-Strategie gegenüber der RIM-Strategie zeigt sich in den Korrelationen zwischen Gewicht und nachfolgend realisierter Rendite für die Aktien, in die in einer Marktphase investiert wird. Während für die Marktphasen drei und vier, in denen RIM- und RIM+IND-Strategie sehr ähnliche Anlageerfolge erzielen, die 10%- bzw. 90%-Quantile der Verteilungen der Korrelationen nahezu identisch sind, erfolgt beim Wechsel von der RIM- zur RIM+INDStrategie eine Erhöhung des 10%-(90%-)Quantils von -0,50 (0,2) auf -0,16 (0,35). Der Mittelwert der Korrelationen über alle Aktien beträgt in Phase zwei für die RIM-Strategie -0,09 und für die RIM+INDStrategie 0,09.

120

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Bei Evaluation des Anlageerfolgs anhand der Treynor/Black-Ratio finden sich die zentralen Ergebnisse der Evaluation anhand der Sharpe-Ratio in gleicher Weise. So zeigt die Strategie auf Basis der Kombination von RIM-Schätzer und Index den besten Anlageerfolg aller Strategien in Phase eins und vier. In Phase eins ist die Treynor/Black-Ratio auf dem 5%Niveau signifikant positiv und mit 0,7 nahezu doppelt so hoch wie die Treynor/Black-Ratio der zweitbesten Strategie ZEIT+IND. Auch im Bärenmarkt in Phase drei zeigt die Kombination aus RIM-Schätzer und Indexrendite einen im Vergleich aller Strategien einen sehr guten Anlageerfolg, der – wie für die Sharpe-Ratio – nur leicht geringer ist als der Erfolg der besten Strategie auf Basis des unkombinierten RIM-Schätzers. Alle anderen Strategien besitzen für diese dritte sowie die vierte Phase eine negative Treynor/Black-Ratio. In Phase zwei ist die Treynor/Black-Ratio der Kombination RIM+IND leicht negativ. Eine positive Performance zeigen in dieser Phase nur der Zeitreihenschätzer und dessen Kombination mit dem Index. In Hinblick auf die Marktphasenuntersuchung kann damit festgehalten werden, dass die Kombination von RIM-Schätzer und Indexrendite in drei der vier Marktphasen unabhängig vom Performancemaß den besten Anlageerfolg aufweist – in Phase drei und vier gemeinsam mit dem unkombinierten RIM-Schätzer. Tabelle 3-26: Anlageuniversum „S&P30“ – Marktphasen (T/B-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

„S&P30“

12.1981 – 04.1994

0,0954

-0,2571

0,3975

0,7034**

0,0749

-

05.1994 – 07.2000

0,1520

-1,0994***

0,5322

-0,0606

-0,1095

-

08.2000 – 01.2003

-1,2568**

0,4091

-0,1901

0,3256

-0,9973

-

02.2003 – 10.2006

-1,2229**

0,7490

-0,4252

0,7765

-1,1725**

-

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios der Marktphasen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

3.5.3.3 Umschichtungsfrequenz In Analogie zu den Untersuchungen für die deutsche Stichprobe wird nun auch für das USSample die Ergebnisstabilität in Hinblick auf eine Variation der Umschichtungshäufigkeit untersucht. In Tabelle 3-27 sind die Sharpe-Ratios der Portfoliooptimierung für ein-, drei- und sechsmonatige Umschichtungsfrequenzen auf Basis des Zeitreihen- und des RIM-Schätzers dargestellt, sowie zum Vergleich der Erfolg des Indexinvestments. Hinsichtlich der Stabilität der Sharpe-Ratios stimmen die Ergebnisse mit denen des deutschen Samples überein: Die Sharpe-Ratio der traditionellen Strategie variiert wesentlich stärker über die verschiedenen Frequenzen als dies für den RIM-Schätzer der Fall ist. Im Unterschied zum deutschen Sample steigt die Sharpe-Ratio der traditionellen Portfoliooptimierung nun jedoch monoton von 0,04 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz auf 0,35 für die sechsmonatige

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

121

Frequenz. Für die RIM-Strategie bleibt die Sharpe-Ratio nahezu unverändert.136 Der mit sinkender Umschichtungsfrequenz ansteigende Anlageerfolg der Portfoliooptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers impliziert Momentumeffekte.137 Die Anlageerfolge deuten auf eine vergleichsweise geringe Frequenz der Autokorrelation der Renditen, da der Erfolg bei sechsmonatiger Umschichtung am höchsten ist und die Autokorrelation somit besser mit der Sechsmonatsfrequenz als mit den höheren Umschichtungsfrequenzen harmoniert. Tabelle 3-27: Anlageuniversum „S&P30“ – Umschichtungsfrequenz (S-R) ZEIT

RIM

„S&P30“

1 Monat

0,0351*

-0,3179***

0,4691

3 Monate

0,1913

-0,3397***

0,4691

6 Monate

0,3545

-0,3607***

0,4691

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios für alternative Umschichtungsfrequenzen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Bei Evaluation des Anlageerfolgs anhand des Treynor/Black-Maßes in Tabelle 3-28 zeigt sich die gleiche Abhängigkeit des Anlageerfolgs der Strategien von der Umschichtungsfrequenz wie bei der Sharpe-Ratio. So steigt die Treynor/Black-Ratio der Strategie auf Basis des Zeitreihenschätzers bei Verringerung der Umschichtungsfrequenz an und wird für die dreiund sechsmonatige Frequenz positiv. Der Erfolg der RIM-Strategie bleibt hingegen über alle Frequenzen signifikant negativ. Tabelle 3-28: Anlageuniversum „S&P30“ – Umschichtungsfrequenz (T/B-R) ZEIT

RIM

„S&P30“

1 Monat

-0,0436

-0,3846*

-

3 Monate

0,0948

-0,4083**

-

6 Monate

0,2495

-0,4317**

-

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios für alternative Umschichtungsfrequenzen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

136

137

Bezüglich der Signifikanzen der paarweisen Sharpe-Ratio-Differenzen bei Variation der Umschichtungsfrequenz vgl. Tabellen B-14 und B-15 in Anhang B. Auf den Bericht des Erfolgs der drei bzw. sechs Substrategien bei drei- bzw. sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz, wie in Kapitel 3.4.3.3 für das deutsche Sample, soll an dieser Stelle verzichtet werden. Es zeigt sich in Übereinstimmung mit der deutschen Stichprobe, dass der Anlageerfolg der traditionellen Strategie deutlich stärker mit den Reallokationszeitpunkten variiert als dies für die RIM-Strategie der Fall ist. Vgl. bspw. Jegadeesh/Titmann (1993). So führt eine positive Autokorrelation der Renditen dazu, dass Aktien, welche in der Vergangenheit eine hohe (geringe) Rendite besaßen und somit tendenziell ein hohes (geringes) Gewicht im Portfolio zugewiesen bekommen, auch nachfolgend eine hohe (geringe) Rendite realisieren. Wie aus der Literatur bekannt, können solche Autokorrelationen auf unterschiedlicher Frequenz bestehen. Vergleiche hierzu auch Campbell/Lo/MacKinlay (1997).

122

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Werden die beiden Schätzer mit der mittleren Indexrendite kombiniert, so bleiben die Trends in der Entwicklung des Anlageerfolgs bestehen: Wie aus Tabelle 3-29 ersichtlich, sinkt die Sharpe-Ratio der Strategie RIM+IND von 0,49 bei monatlicher Umschichtung auf 0,34 bei sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz. Die Verschlechterung des Anlageerfolgs impliziert einen negativen Einfluss der Vernachlässigung aktueller, monatlich verfügbarer Informationen durch die weniger häufige Anpassung der Portfoliogewichte. Für den Schätzer ZEIT+IND erfolgt hingegen eine Steigerung von 0,43 auf 0,65 bei einer entsprechenden Verringerung der Frequenz. Die Sharpe-Ratio der Strategie auf Basis des aus RIM- und Zeitreihenschätzer kombinierten Schätzers liegt wie für Deutschland für alle Umschichtungsfrequenzen zwischen den Sharpe-Ratios der beiden zugrunde liegenden Schätzer. Sie zeigt ebenfalls den mit verringerter Umschichtungsfrequenz ansteigenden Trend der Sharpe-Ratio der beiden anderen Strategien ZEIT und ZEIT+IND, die auf dem Zeitreihenschätzer basieren. Tabelle 3-29: Anlageuniversum „S&P30“ – Umschichtungsfrequenz, kombinierte Schätzer (S-R) ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

1 Monat

0,4347

0,4910

-0,0121*

3 Monate

0,5272

0,3456

0,1003

6 Monate

0,6496

0,3386

0,2355

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios für alternative Umschichtungsfrequenzen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Die Performanceentwicklung besteht für die kombinierten Schätzer in gleicher Weise hinsichtlich des Treynor/Black-Maßes, wie aus Tabelle 3-30 ersichtlich. Die gegensätzliche Entwicklung des Erfolgs der Strategien RIM+IND und ZEIT+IND führt dazu, dass innerhalb des US-Samples für die verringerten Umschichtungsfrequenzen die Kombination aus RIMSchätzer und Index von der Kombination aus Zeitreihenschätzer und Index geschlagen werden kann.138

138

Die Sensitivität des Anlageerfolgs auf die Umschichtungsfrequenz wurde auch für die in Kapitel 3.5.2 betrachteten Alternativstrategien untersucht. Es zeigt sich erneut wie für das deutsche Sample, dass auch im Vergleich mit diesen weiteren Strategien die Kombinationen von Zeitreihenschätzer und RIMSchätzer mit der Indexrendite die erfolgreichsten aller Strategien bleiben: Für die monatliche Umschichtungsfrequenz bleibt der derart kombinierte RIM-Schätzer die beste Strategie. Für die drei- sowie die sechsmonatige Umschichtungsfrequenz bleibt die Kombination aus Indexrendite und Zeitreihenschätzer die erfolgreichste Strategie. Für die Alternativstrategien zeigt sich ebenfalls der bei der separaten Verwendung des Zeitreihenschätzers beobachtete Anstieg des Anlageerfolgs mit abnehmender Umschichtungshäufigkeit - außer für die Gleichgewichtungsstrategie, welche die einzige Strategie ist, für die weder die Schätzung der erwarteten Renditen noch der Varianz-Kovarianz-Matrix der Renditen erforderlich ist. Die Rangordnung der Strategien hinsichtlich ihres Anlageerfolgs bleibt im Vergleich mit der monatlichen Umschichtungsfrequenz erhalten: Die Strategien mit vergleichsweise hohem Anlageerfolg sind CAPM, GMVP und GLGW. Einen schlechten Anlageerfolg erzielen der Black/LittermanAnsatz und die Strategie des Portfolio-Resampling nach Michaud (1998).

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

123

Tabelle 3-30: Anlageuniversum „S&P30“ – Umschichtungsfrequenz, kombinierte Schätzer (T/B-R) ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

1 Monat

0,2416

0,3043

-0,1072

3 Monate

0,3409*

0,1417

-0,0156

6 Monate

0,4697**

0,1195

0,1135

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios für alternative Umschichtungsfrequenzen. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

3.5.3.4 Transaktionskosten Im Folgenden wird die Robustheit der Ergebnisse des US-amerikanischen Samples aus Kapitel 3.5.1 bei Berücksichtigung von Transaktionskosten analysiert. Hierzu werden für eine hundertprozentige Portfolioumschichtung alternative Transaktionskostenhöhen von 25, 50, 75 und 100 Basispunkten unterstellt.139 Die unter Berücksichtigung dieser Transaktionskostenhöhen ermittelten Strategierenditen bei monatlicher, drei- sowie sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz sind in Tabelle 3-31 enthalten. Ebenso sind in der Tabelle für jede Frequenz oberhalb der transaktionskostenbereinigten Renditen die Renditen unter Vernachlässigung von Transaktionskosten sowie die mittlere Verringerung der realisierten Sharpe-Ratio bei der Erhöhung der Transaktionskosten um je 25 Basispunkte angegeben.140 Die Ergebnisse in Tabelle 3-31 zeigen, dass sich die Strategien wie im deutschen Sample deutlich hinsichtlich ihres mittleren Umschichtungsgrades und dem daraus folgenden transaktionskostenbedingten Performanceverlust unterscheiden. Die mit Abstand höchsten Transaktionskosten besitzen analog zur deutschen Untersuchung die traditionelle Portfoliooptimierung sowie die Optimierung auf Basis der Kombination aus RIM- und Zeitreihenschätzer. Für die monatliche Umschichtungsfrequenz führt eine Erhöhung der Transaktionskosten um 25 Basispunkte für eine hundertprozentige Umschichtung dieser Portfolios zu einer Verringerung der realisierten Überrendite um rd. 22 Basispunkte je Prozentpunkt Standardabweichung. Geringer sind die Transaktionskosten für die Kombination aus Indexrendite und Zeitreihenschätzer mit rd. 15 Basispunkten. Die niedrigsten Transaktionskosten besitzen die Strategien auf Basis des RIM-Schätzers: Die Verringerung der Sharpe-Ratio um je 25 Basispunkte

139 140

Bezüglich Details hinsichtlich der Berücksichtigung von Transaktionskosten in den Strategierenditen vgl. Kapitel 3.4.3.5. Für eine Erläuterung, weshalb die Verringerung der Sharpe-Ratios bei einer Erhöhung des Transaktionskostenniveaus um jeweils 25 BP nicht konstant ist, vergleiche Fußnote 100.

124

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Transaktionskosten beträgt für den unkombinierten Schätzer 8 und für die Bayessche Kombination mit dem Mittelwert der vergangenen Indexrendite 9 Basispunkte.141 Tabelle 3-31: Anlageuniversum „S&P30“ – Transaktionskosten (S-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

„S&P30“

0,0835

0,1520

0,0943

0,2217

0,00

Monatliche Umsichtung Mittlere SRReduktion je 25BP

0,2168

0 BP

0,0351*

-0,3179***

0,4347

0,4910

-0,0121*

0,4691

25 BP

-0,1831**

-0,4020***

0,2830

0,3972

-0,2351***

0,4691

50 BP

-0,4007***

-0,4857***

0,1310

0,3030

-0,4575***

0,4691

75 BP

-0,6172***

-0,5691***

-0,0211**

0,2085

-0,6789***

0,4691

100 BP

-0,8321***

-0,6519***

-0,1732***

0,1138*

-0,8989***

0,4691

3-monatig Umschichtung Mittlere SRReduktion je 25BP

0,1227

0,0484

0,0852

0,0540

0,1241

0,00

0 BP

0,1913

-0,3397***

0,5272

0,3456

0,1003

0,4691

25 BP

0,0685

-0,3882***

0,4422

0,2917

-0,0237**

0,4691

50 BP

-0,0543**

-0,4367***

0,3570

0,2378

-0,1478**

0,4691

75 BP

-0,1770***

-0,4851***

0,2717

0,1837

-0,2719***

0,4691

100 BP

-0,2995***

-0,5333***

0,1863

0,1295

-0,3959***

0,4691

6-monatig Umschichtung Mittlere SRReduktion je 25BP

0,0851

0,0366

0,0597

0,0408

0,0868

0,00

0 BP

0,3545

-0,3607***

0,6496

0,3386

0,2355

0,4691

25 BP

0,2698

-0,3973***

0,5901

0,2980

0,1490

0,4691

50 BP

0,1848

-0,4339***

0,5305

0,2573

0,0623*

0,4691

75 BP

0,0996

-0,4705***

0,4707

0,2165

-0,0246**

0,4691

100 BP

0,0143*

-0,5071***

0,4108

0,1756

-0,1116**

0,4691

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios für alternative Transaktionskostenniveaus. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau. 141

Die Rangreihung dieser drei Strategien mit vergleichsweise geringen Transaktionskosten, RIM, RIM+IND und ZEIT+IND, unterscheidet sich von der Rangreihung der Strategien im deutschen Sample (vgl. Tabelle 3-13): Dort besitzt die Strategie auf Basis des unkombinierten RIM-Schätzers ein mittleres Transaktionskostenniveau, während die jeweiligen Kombinationen von RIM-Schätzer und Zeitreihenschätzer mit der Indexrendite ein nochmals deutlich geringeres Niveau besitzen.

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

125

Unter Berücksichtigung dieser strategieindividuellen Kostenniveaus ergeben sich folgende Konsequenzen für die transaktionskostenbereinigte Performance der Strategien: Die Kombination aus RIM-Schätzer und Indexrendite besitzt den höchsten Anlageerfolg vor Transaktionskosten und zudem gemeinsam mit dem unkombinierten RIM-Schätzer die geringste Transaktionskostenhöhe. In Analogie zum deutschen Sample besitzt diese Strategie somit auch die beste Performance nach Berücksichtigung von Transaktionskosten von allen aktiven Anlagestrategien und kann ihren relativen Performancevorsprung gegenüber den anderen Strategien sogar ausbauen. Lediglich das als transaktionskostenlos unterstellte Indexinvestment kann diese Strategie unter Berücksichtigung von Transaktionskosten für das US-Sample nicht mehr schlagen. Bei Verringerung der Umschichtungsfrequenz auf drei bzw. sechs Monate verbessert sich die Performance der Kombination aus Indexrendite und Zeitreihenschätzer gegenüber der Kombination aus Indexrendite und RIM-Schätzer (vgl. auch Kapitel 3.5.3.3). Trotz der größeren mittleren Umschichtungsquote der erstgenannten Strategie bleibt diese deshalb selbst beim höchsten unterstellten Transaktionskostenniveau von 100 Basispunkten der dann zweitplatzierten Strategie RIM+IND überlegen. Im Vergleich mit dem Indexinvestment („S&P30“) führt die vergleichsweise hohe Umschichtungsquote jedoch dazu, dass die Strategie ZEIT+IND das Indexinvestment bei dreimonatiger Umschichtungsfrequenz nur bei einer sehr geringen Transaktionskostenhöhe von unter 20 Basispunkten schlagen kann. Für die sechsmonatige Frequenz ist dies bis zu einer Transaktionskostenhöhe von rd. 75 Basispunkten der Fall. In Tabelle 3-32 wird der transaktionskostenbereinigte Anlageerfolg anhand des Treynor/Black-Maßes evaluiert. Es zeigt sich die gleiche Rangreihung der Strategien für die verschiedenen Umschichtungsfrequenzen wie für die Sharpe-Ratio. Die Strategie auf Basis des Schätzers RIM+IND besitzt für jede Umschichtungsfrequenz bis zu einem Transaktionskostenniveau von rd. 70 Basispunkten eine positive Treynor/Black-Ratio. Dies gilt für die ZEIT+IND-Strategie bei monatlicher Umschichtung nur bis zu einem Transaktionskostenniveau von rd. 30 Basispunkten, bei dreimonatiger Umschichtung von rd. 85 Basispunkten und bei sechsmonatiger Umschichtung für jedes der betrachteten Transaktionskostenniveaus. Für die sechsmonatige Frequenz ist die Performanceverbesserung in Bezug auf das Indexinvestment sogar bis zu einem Transaktionskostenniveau von gut 50 Basispunkten statistisch signifikant. Von den weiteren Strategien, RIM, ZEIT und ZEIT+RIM, zeigen sich nur die beiden letztgenannten geeignet, durch positive Beimischung zum Indexinvestment eine Erhöhung der Sharpe-Ratio zu erzielen – dies jedoch nur für die sechsmonatige Umschichtungsfrequenz für ein Transaktionskostenniveau von nicht höher als 70 bzw. 30 Basispunkten.

126

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Tabelle 3-32: Anlageuniversum „S&P30“ – Transaktionskosten (T/B-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

„S&P30“

Monatliche Umschichtung Mittlere TBReduktion je 25BP

0,2194

0,0838

0,1721

0,1069

0,2259

-

0 BP

-0,0436

-0,3846*

0,2416

0,3043

-0,1072

-

25 BP

-0,2645

-0,4691**

0,0697

0,1979

-0,3345*

-

50 BP

-0,4847**

-0,5532***

-0,1025

0,0910

-0,5612***

-

75 BP

-0,7037***

-0,6368***

-0,2747*

-0,0161

-0,7867***

-

100 BP

-0,9210***

-0,7199***

-0,4467**

-0,1234

-1,0107***

-

0,0488

0,0986

0,0615

0,1277

-

3-monatige Umschichtung Mittlere TBReduktion je 25BP

0,1252

0 BP

0,0948

-0,4083**

0,3409*

0,1417

-0,0156

-

25 BP

-0,0306

-0,4572**

0,2425

0,0804

-0,1433

-

50 BP

-0,1559

-0,5060**

0,1439

0,0190

-0,2710

-

75 BP

-0,2811

-0,5548***

0,0452

-0,0426

-0,3988**

-

100 BP

-0,4061**

-0,6034***

-0,0536

-0,1042

-0,5263***

-

6-monatige Umschichtung Mittlere TBReduktion je 25BP

0,0889

0,0356

0,0689

0,0448

0,0916

-

0 BP

0,2495

-0,4317**

0,4697**

0,1195

0,1135

-

25 BP

0,1579

-0,4636**

0,4066**

0,0808

0,0191

-

50 BP

0,0701

-0,5004**

0,3360*

0,0340

-0,0714

-

75 BP

-0,0179

-0,5373***

0,2653

-0,0128

-0,1620

-

100 BP

-0,1060

-0,5741***

0,1943

-0,0598

-0,2528

-

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios für alternative Transaktionskostenniveaus. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

3.5.3.5 Gewichtsrestriktionen Die fünfte und letzte Stabilitätsuntersuchung widmet sich der Frage, ob und in welcher Weise die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen die zentralen Ergebnisse des Kapitels 3.5.1 beeinflusst. Für diese Stabilitätsuntersuchung werden wie im deutschen Sample zunächst

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

127

Gewichtsgrenzen in absoluter Höhe und daran anschließend entsprechend des Vorgehens von Grauer/Shen (2000) relative Gewichtsgrenzen vorgegeben. In Tabelle 3-33 finden sich die Anlageerfolge bei Vorgabe absoluter Gewichtsrestriktionen, d.h. bei generellem Leerverkaufsverbot und schrittweiser Einschränkung des zulässigen Höchstgewichts einer einzelnen Aktie von 100% bis auf 5%. Im Vergleich mit den Ergebnissen für das deutsche Sample in Kapitel 3.4.3.5 (Tabelle 3-15) zeigt sich wiederum bereits durch die Auferlegung der lockersten Gewichtsrestriktion von 0%-100% eine deutliche Verringerung der Sharpe-Ratio-Differenz der besten und der schlechtesten Strategie. Diese Differenz ist nahezu monoton abnehmend mit der Restriktivität der Gewichtsbeschränkungen und erreicht ihr Minimum in Höhe von 0,10 bei der strengsten Gewichtsbeschränkung von 0%-5% je Aktie. Die stärkste Performanceverbesserung im Vergleich zur unrestringierten Anlage erfährt durch die Gewichtsbeschränkung von 0%-100% (d.h. lediglich Auferlegung eines Leerverkaufsverbots für Aktien) die RIM-Strategie. Deren realisierte Sharpe-Ratio erhöht sich gegenüber der unrestringierten Anlage von -0,32 auf 0,40. Wie bereits in Kapitel 3.5.3.2 analysiert, sind in Teilperiode eins insbesondere Short-Positionen im (unterhalb des GMVP liegenden) Tangentialportfolio, in Teilperiode zwei extreme Positionen innerhalb des Tangentialportfolios für eine schlechte Vermögensallokation und den daraus resultierenden schlechten Gesamterfolg der unrestringierten RIM-Strategie verantwortlich. Die Auferlegung des Leerverkaufsverbots verhindert diese extremen Positionen und wirkt damit in dieselbe Richtung wie die Bayessche Kombination des RIM-Schätzers mit der Indexrendite.142 So kann eine deutliche Performancesteigerung für die Phasen eins und zwei und somit auch für den Gesamtuntersuchungszeitraum erreicht werden.143 Im Vergleich des Erfolgs der restringierten RIM-Strategie in Tabelle 3-33 mit dem Erfolg der unrestringierten RIM+IND-Strategie in Tabelle 3-19 zeigt sich jedoch wie für Deutschland, dass die Nutzung der Information des RIM-Schätzers besser durch die Bayessche Kombination des Schätzers anstatt über die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen im Rahmen des Optimierungsprozesses erfolgt. So ist die Sharpe-Ratio der unrestringierten RIM+INDStrategie mit 0,49 stets größer als die Performance der restringierten RIM-Strategien in

142 143

Vergleiche hierzu Fußnote 134. Während die unrestringierte Portfoliooptimierung auf Basis des RIM-Schätzers für die Teilperioden eins und zwei jeweils negative Sharpe-Ratios realisiert (vgl. Tabelle 3-25), betragen die Sharpe-Ratios für die Gewichtsrestriktion von 0%-100% in Phase eins 0,56 und in Phase zwei 0,22. Die Erfolge der Perioden drei und vier mit -0,23 und 1,08 sind nur vergleichsweise geringfügig höher als die Erfolge der unrestringierten RIM-Strategie mit -0,36 und 0,99.

128

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Tabelle 3-19, die im Maximum 0,41 (für die Gewichtsrestriktion von 0% bis 5% je Aktie) beträgt.144 Tabelle 3-33: Anlageuniversum „S&P30“ – Gewichtsrestriktionen (S-R) Ohne Restr.

ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

Max-Min

„S&P30“

0,0351

-0,3179

0,4347

0,4910

-0,0121

0,8089

0,4691

0% - 100%

0,1389

0,4019

0,2960

0,4847

0,2252

0,3458

0,4691

0% - 50%

0,4052

0,3380

0,3220

0,4583

0,4587

0,1367

0,4691

0% - 20%

0,4490

0,3386

0,4147

0,4633

0,4283

0,1247

0,4691

0% - 10%

0,4705

0,3376

0,4817

0,4986

0,4768

0,1610

0,4691

0% - 7,5%

0,4550

0,3511

0,4725

0,4791

0,4365

0,1280

0,4691

0% - 5%

0,4580

0,4128

0,4998

0,5137

0,4603

0,1009

0,4691

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe-Ratios für alternative absolute Gewichtsrestriktionen einer jeden Aktie. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Hinsichtlich des unkombinierten Zeitreihenschätzers sowie des aus Zeitreihen- und RIMSchätzer kombinierten Schätzers gilt in gleicher Weise wie für den RIM-Schätzer, dass die Anlageerfolge für jedes Ausmaß der Restriktion deutlich höher sind als bei der unrestringierten Gewichtswahl. Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit den Ergebnissen des deutschen Untersuchungssamples. Die Kombination aus Zeitreihenschätzer und Indexrendite hingegen erfährt für die vergleichsweise lockeren Gewichtsrestriktionen, die oberhalb von 0%-10% je Aktie liegen, deutliche Performanceeinbußen. Erst ab der Gewichtsrestriktion von 0%-10% erreicht der Erfolg dieser Strategie wieder das Niveau der unrestringierten Anlage. In Hinblick auf die Kombination aus RIM-Schätzer und Indexrendite gilt: Der Anlageerfolg zeigt sich für alle unterschiedlichen Ausmaße der Gewichtsbeschränkung jeweils allen anderen Strategien überlegen. Damit ist diese Strategie nicht nur im unrestringierten, sondern auch im restringierten Fall stets die beste Strategie. Im Vergleich mit den anderen Strategien besitzt die Kombination aus RIM-Schätzer und Indexrendite zudem die höchste Konstanz des Anlageerfolgs. Die Sharpe-Ratio variiert für die verschiedenen Gewichtsrestriktionen lediglich zwischen 0,46 und 0,51 und bleibt somit nahezu unverändert gegenüber der Sharpe-Ratio der unrestringierten Strategie in Höhe von 0,49.145 Dies ist auch das Niveau der Sharpe-Ratio der Gleichgewichtungsstrategie (vgl. Tabelle 3-20), an das sich der Anlageerfolg aller 144

145

Dass durch die Auferlegung der absoluten Gewichtsrestriktionen dem RIM+IND-Schätzer keine weitere, wertvolle Information hinzugefügt werden kann, zeigt der nahezu unveränderte Anlageerfolg nach Auferlegung der absoluten Gewichtsrestriktionen, vgl. Tabelle 3-19 und Tabelle 3-33. Für das deutsche Sample hingegen erfuhr die Kombination RIM+IND durch die Auferlegung von Gewichtsrestriktionen eine deutliche Performanceverschlechterung. Eine derartige Konstanz des Anlageerfolgs bei Auferlegung alternativer Gewichtsrestriktionen war dort für den unkombinierten RIMSchätzer zu beobachten.

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

129

Strategien durch die Verschärfung der Gewichtsrestriktionen annähert.146 Unterhalb dieses einheitlichen Performanceniveaus bleibt nur – selbst bei Betrachtung der strengsten Restriktionen von 0% bis 5% je Aktie, welche nur noch vergleichsweise geringe Abweichungen unter den Strategien hinsichtlich der Anzahl der berücksichtigten Aktien sowie deren Gewichtungen im Portfolio zulassen – die Strategie auf Basis des RIM-Schätzers. Mit Differenzen von 0,10 bis 0,15 zur Sharpe-Ratio der unrestringierten Anlage auf Basis des kombinierten Schätzers RIM+IND, zeigt sich somit ebenfalls in Analogie zum deutschen Sample, wo die Differenzen mit 0,2 bis 0,3 sogar doppelt so hoch sind, dass die Verbesserung des Anlageerfolgs des RIM-Schätzers durch die Kombination mit der mittleren Indexrendite nicht nur auf eine Vermeidung extremer Gewichte reduziert werden kann. Der kombinierte Schätzer nutzt im RIM-Schätzer enthaltene wertvolle Informationen, welche bei der Auferlegung von bindenden Gewichtsrestriktionen verloren gehen. Deshalb führt die Verwendung des kombinierten Schätzers ohne Gewichtsrestriktionen zu einer vergleichsweise überlegenen Vermögensallokation.147 Tabelle 3-34: Anlageuniversum „S&P30“ – Gewichtsrestriktionen (T/B-R) ZEIT

RIM

ZEIT+IND

RIM+IND

ZEIT+RIM

Max-Min

„S&P30“

Ohne Restr.

-0,0436

-0,3846*

0,2416

0,3043

-0,1072

0,6889

-

0% - 100%

-0,0973

0,1651

0,0436

0,2418

-0,0271

0,3391

-

0% - 50%

0,1387

0,0521

-0,0144

0,1920

0,1983

0,2127

-

0% - 20%

0,1376

-0,0611

0,0842

0,1605

0,1005

0,2216

-

0% - 10%

0,1361

-0,1559

0,1565

0,1911

0,1488

0,3470

-

0% - 7,5%

0,0754

-0,1648

0,1249

0,1416

0,0342

0,3064

-

0% - 5%

0,0401

-0,0726

0,1722

0,2100

0,0470

0,2826

-

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Treynor/Black-Ratios für alternative absolute Gewichtsrestriktionen einer jeden Aktie. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

In Tabelle 3-34 sind die Treynor/Black-Maße der restringierten Strategien enthalten. Die Strategie auf Basis des kombinierten Schätzers RIM+IND ist auch nach dem Treynor/BlackMaß stets die beste Strategie, einen gleich guten Anlageerfolg erzielt lediglich bei der Gewichtsbeschränkung auf 0%-50% die ZEIT+RIM-Strategie. Zudem ist die RIM-IND-

146 147

Bei Verringerung des maximalen Gewichts je Aktie auf den Kehrwert der Aktienanzahl entsprechen die restringierten Strategien der Gleichgewichtungsstrategie. Ergänzend sei angemerkt, dass wie für das deutsche Sample auch für das US-Sample das PortfolioResampling nach Michaud (1998) unter Berücksichtigung von Gewichtsrestriktionen implementiert wurde. Unter Ausschluss von Leerverkäufen und Maximalgewichten von 100%, 50%, 20%, 10%, 7,5% und 5% je Aktie im Portfolio werden Sharpe-Ratios in Höhe von 0,2536, 0,3437, 0,4215, 0,4527, 0,4649 und 0,4818 realisiert. In Analogie zur restringierten Portfoliooptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers ergibt sich auch für diesen Ansatz eine deutliche Verbesserung des Anlageerfolgs durch die Gewichtsrestriktionen.

130

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Strategie die einzige Strategie mit durchgängig positiver Treynor/Black-Ratio für jede Art der Gewichtsrestriktion. In Tabelle 3-35 sind die Sharpe-Ratios und Treynor/Black-Maße bei der Auferlegung von relativen Gewichtsbeschränkungen entsprechend des Vorgehens nach Grauer/Shen (2000) dargestellt. Die Ausgangsgewichtung der beiden Strategien entspricht der Markt- bzw. der Gleichgewichtung aller Aktien. Zulässig ist jeweils eine maximale Abweichung von +/-3%Punkten von den Ausgangsgewichten bei gleichzeitigem Leerverkaufsverbot. Zum Vergleich sind in Tabelle 3-35 nochmals die Anlageerfolge der Strategien auf Basis der zugrunde liegenden Ausgangsgewichte (Spalten 5 und 6) sowie der (unrestringierten) Portfoliooptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers (Spalte 4) dargestellt. Diese Strategien können als die Extremfälle der relativen Gewichtsbeschränkung interpretiert werden (vgl. Kapitel 3.4.3.5). Tabelle 3-35: Anlageuniversum „S&P30“ – relative Gewichtsrestriktionen GSMKT

GSGG

ZEIT

„S&P30“

GLGW

Sharpe-Ratio

0,4927

0,3011

0,0351*

0,4691

0,4935

T/B-Ratio

0,1552

-0,0747

-0,0436

-

0,1916

Legende: Die Tabelle enthält die realisierten Sharpe- und Treynor/Black-Ratios für alternative relative Gewichtsrestriktionen einer jeden Aktie. Der Test auf statistische Signifikanz erfolgt für beide Performancemaße im Vergleich zum Indexinvestment. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Der Vergleich der restringierten Strategien nach Grauer/Shen (2000) mit der traditionellen, unrestringierten Portfoliooptimierung (ZEIT) zeigt für beide Strategien einen deutlich besseren Anlageerfolg hinsichtlich der Sharpe-Ratio.148 In Hinblick auf den Verzicht von Leerverkäufen und die Vermeidung extremer Positionen durch (relative) Gewichtsrestriktionen sind die Strategien nach Grauer/Shen (2000) auch mit der traditionellen Optimierung unter absoluten Gewichtsrestriktionen in Tabelle 3-33 zu vergleichen. Es zeigt sich, dass die Sharpe-Ratio der GSMKT-Strategie dem Erfolg der Optimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers bei absoluten Gewichtsrestriktionen wie für Deutschland vergleichbar ist, während der Erfolg für die GSGG-Strategie geringer ist. Im Vergleich mit den Strategien auf Basis der jeweils zugrunde liegenden Ausgangsgewichte kann durch die von der Wertgewichtung („S&P30“) ausgehende Anpassung der Aktiengewichte eine leichte Erhöhung der SharpeRatio erreicht werden. Ausgehend von der Gleichgewichtung (GLGW) hingegen ist die Sharpe-Ratio mit 0,30 deutlich geringer als bei der einfachen Gleichgewichtungsstrategie. Diese Ergebnisse waren in analoger Weise für Deutschland zu beobachten (vgl. Kapitel 3.4.3.5). Dort wurde bereits darauf hingewiesen, dass die GSGG-Strategie – anders als die GSMKT-Strategie und die Strategien mit absoluten Gewichtsrestriktionen – stets in alle zur 148

Die Differenz der Sharpe-Ratios der Strategien GSMKT und ZEIT ist auf dem 5%-Niveau statistisch signifikant, vgl. Tabelle B-10 in Anhang B.

3.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

131

Verfügung stehenden Aktien (mit positivem Gewicht) investieren muss, während die anderen Strategien einzelne Aktien ausschließen können. Wie für Deutschland zeigt auch für das USSample der vergleichsweise hohe Anlageerfolg der Gleichgewichtungsstrategie, dass die Berücksichtigung aller Aktien im Portfolio für sich genommen nicht der Grund für die geringe Performance des von der Gleichgewichtung ausgehenden Ansatzes nach Grauer/Shen (2000) sein kann. Dieser liegt vielmehr in dem Zusammenspiel von Zeitreihenschätzer und Anpassungsmöglichkeit der Ausgangsgewichte.149 Das Treynor/Black-Maß zeigt im Vergleich der Strategien die gleiche Unterteilung hinsichtlich der Performance wie die Sharpe-Ratio. So besitzen die in Hinblick auf die Sharpe-Ratio erfolgreichsten Strategien GSMKT und GLGW eine jeweils positive Treynor/Black-Ratio von knapp 0,2, während die GSGG-Strategie wie die traditionelle Portfoliooptimierung eine negative Performance bezüglich dieses Maßes realisiert.

3.5.4 Zusammenfassung Der Einsatz des RIM-Schätzers in der Portfoliooptimierung nach Markowitz zeigt in Übereinstimmung mit den Ergebnissen für Deutschland auch für das US-amerikanische Sample des Zeitraums 1981 bis 2006 den besten Erfolg aller betrachteten Anlagestrategien, wenn der RIM-Schätzer in Bayesscher Kombination mit der historischen Indexrendite verwendet wird. Die Performance des unkombinierten RIM-Schätzers hingegen ist im Unterschied zum deutschen Sample gegenüber den Alternativstrategien für die erste Hälfte des Untersuchungszeitraums gering. Dieses Ergebnis konnte auf eine vergleichsweise schlechte Vermögensallokation – unter anderem aufgrund des aus der Hochzinsphase der 1980er Jahre resultierenden relativ geringen Niveaus des RIM-Schätzers für die erwartete Überrendite – zurückgeführt werden, die durch die Bayessche Kombination mit dem Mittelwert der historischen Indexrendite in dieser Phase bedeutend verbessert werden kann. Eine solche Kombination ist für spätere Phasen zur Erzielung eines sehr guten Anlageerfolgs nicht notwendig. Insgesamt wurden für das US-Sample fünf Arten von Stabilitätsuntersuchungen hinsichtlich 1) Größe des Anlageuniversums, 2) Berücksichtigung von Transaktionskosten, 3) Variation der Umschichtungsfrequenz, 4) Unterteilung nach Marktphasen und 5) Auferlegung von Gewichtsrestriktionen durchgeführt. Wie für das deutsche Sample zeigt die Überlegenheit der Anlagestrategie auf Basis der Bayesschen Kombination von RIM-Schätzer und Indexrendite eine hohe Stabilität in diesen Untersuchungen. So bleibt die RIM+IND-Strategie bei einer 149

Die Korrelationen der realisierten Überrenditen sind jeweils vergleichbar den analogen Größen für Deutschland (vgl. Kapitel 3.4.3.5). So ist die Überrendite der GSMKT-Strategie mit den Überrenditen der Strategien unter absoluten Gewichtsrestriktionen von 0%-5% und 0%-7,5% jeweils mit rund 0,90 sehr hoch korreliert. Die Korrelationen mit der GSGG-Strategie liegen deutlich niedriger bei jeweils rund 0,60. Die Korrelation der Überrenditen von GSMKT- und GSGG-Strategie beträgt 0,45.

132

3 Portfoliooptimierung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Erweiterung des Anlageuniversums auf 100 bzw. 500 Unternehmen die beste aller aktiven Anlagestrategien. Einzig die Indexinvestments der Samples, welche für den betrachteten Untersuchungszeitraum im internationalen Vergleich eine außergewöhnlich gute Performance besitzen (vgl. Dimson/Marsh/Staunton (2003)), können durch diese Strategie nicht geschlagen werden. Im Unterschied hierzu übertraf innerhalb des deutschen Samples die RIM+INDStrategie unabhängig von der Samplegröße stets alle Strategien hinsichtlich des Anlageerfolgs. Die umschichtungsinduzierten Transaktionskosten besitzen für den RIM-Schätzer und dessen Kombination mit der Indexrendite für das US-Sample in Übereinstimmung mit den Ergebnissen für Deutschland die geringste Höhe, wodurch sich der relative Performancevorsprung des kombinierten Schätzers gegenüber den anderen aktiven Anlagestrategien unter Berücksichtigung von Transaktionskosten weiter erhöht. Bei einer Verringerung der Anpassungshäufigkeit der Portfoliogewichte zeigt sich für das US-amerikanische Sample ein Momentumeffekt, der bei einer Verringerung der Umschichtungsfrequenz einen steigenden Anlageerfolg der Strategien bewirkt, die auf Zeitreihenschätzungen basieren, während die Vernachlässigung aktueller Informationen für die Portfoliooptimierung auf Basis des RIM+IND-Schätzers einen abnehmenden Anlageerfolg bewirkt. In Hinblick auf eine zeitliche Unterteilung des Samples nach Marktphasen kann die Kombination RIM+IND hinsichtlich beider betrachteten Performancemaße alle Vergleichsstrategien in drei von vier betrachteten Phasen schlagen, was die Überlegenheit dieser Strategie für den Gesamtuntersuchungszeitraum begründet. Die fünfte Stabilitätsuntersuchung bezüglich der Auferlegung von Gewichtsrestriktionen führt zu einer Nivellierung des Performancevorsprungs des aus RIM-Schätzer und Indexrendite kombinierten Schätzers. Während der Erfolg dieser Strategie gegenüber der unrestringierten Anlage nahezu unverändert bleibt, erfahren alle übrigen Strategien eine deutlich Verbesserung des Anlageerfolgs und nähern sich dadurch der Performance der RIM+IND-Strategie an.

3.6 Würdigung

Im vorliegenden Kapitel 3 wurde untersucht, ob unter Verwendung des aus dem Residual Income Modell nach Ohlson (1995) gewonnenen Schätzers der erwarteten Rendite ein überlegener Anlageerfolg in der Implementierung der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952) erzielt werden kann. Motiviert ist diese Untersuchung durch die Analysen des Kapitels 2, wo sich der RIM-Schätzer und dessen Kombination mit dem Prior der mittleren historischen Indexrendite durch sehr positive Eigenschaften auszeichnen. Hinsichtlich dieser positiven Eigenschaften heben sich beide Schätzer insbesondere vom traditionellen Zeitreihenschätzer ab, auf dessen Basis traditionell die Implementierung der MarkowitzOptimierung erfolgt. Die Analysen des vorliegenden Kapitels beziehen sich auf die jeweils 30 größten Unternehmen des deutschen Aktienindexes DAX sowie des US-amerikanischen Aktienindexes von

3.6 Würdigung

133

Standard&Poor’s. Für beide Samples zeigt sich übereinstimmend, dass die Portofoliooptimierung unter Verwendung des RIM-Schätzers zum besten Anlageerfolg der betrachteten Strategien führt, wenn der RIM-Schätzer nach Bayesschem Vorgehen mit dem Prior in Höhe der mittleren historischen Indexrendite kombiniert wird. Dieses zentrale Ergebnis erhält eine hohe Aussagekraft dadurch, dass zum Vergleich eine umfangreiche Anzahl alternativer Anlagestrategien implementiert wird. Diese umfassen die Investition in das globalvarianzminimale Portfolio, die Gleichgewichtungsstrategie, das Indexinvestment, den PortfolioResampling-Ansatz nach Michaud (1998) und die Portfoliooptimierung auf Basis von Zeitreihenschätzungen der erwarteten Rendite, Schätzungen der erwarteten Rendite unter Verwendung des CAPM sowie der Bayesschen Ansätze nach Black/Litterman (1992) und Jorion (1985). Zudem werden zahlreiche Stabilitätsuntersuchungen – hinsichtlich der Größe des Anlageuniversums, Teilperioden, Umschichtungsfrequenz, Transaktionskosten und Gewichtsbeschränkungen – durchgeführt, welche die Vorteilhaftigkeit der Anlageentscheidungen auf Basis des RIM+IND-Schätzers unterstreichen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studien für Deutschland und die USA empfehlen die gemeinsame Verwendung der Informationen aus Analystenschätzungen, Bilanzinformationen und historischer Marktrendite zur Bestimmung der erwarteten Rendite, welche über die Bayessche Kombination des RIM-Schätzers mit der mittleren historischen Indexrendite zur Implementierung gewinnbringender Anlagestrategien genutzt werden können.

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen Das vierte Kapitel dieser Arbeit widmet sich der Fragestellung nach Determinanten der Preise an Kapitalmärkten. Der aus dem Residual Income Modell gewonnene Proxy der erwarteten Rendite wird verwendet, um die bekanntesten Marktgleichgewichtsmodelle, denen der Annahmerahmen des CAPM zugrunde liegt, zu testen. Die Auswahl der in den Tests berücksichtigten Kapitalmarktmodelle erfolgt unter der Prämisse einer theoretischen Fundierung der Modelle. Dieses Vorgehen steht in Übereinstimmung mit der aktuellen Forschungsentwicklung im Bereich der Erklärung und Prognose von erwarteten Renditen, welche eine Rückbesinnung auf theoriebasierte Ansätze fordert. So resümiert beispielsweise Campbell (2008) in Hinblick auf rein datenbasierte – und somit nicht theoriebasierte – Modelle zur Vorhersage erwarteter Renditen: „[…] the apparent precdictability of stock returns might be spurious. […] These problems are exacerbated if researchers are data mining, considering large numbers of variables and reporting only those results that are apparently statistically significant. […] The lesson I draw from this experience is that one is more likely to predict stock returns successfully if one uses finance theory.”1 In Übereinstimmung mit dieser Perspektive wird insbesondere auch die Betrachtung der sog. „Fama/French-Faktoren“ ausgeklammert, welche in der Kapitalmarktforschung weite Verbreitung gefunden haben.2 Neben der fehlenden theoretischen Fundierung der Faktoren aus Fama/French (1992) und Fama/French (1993) erscheint deren Berücksichtigung auch insbesondere deswegen nicht erforderlich, da sie bei Berücksichtigung anderer, theoriebasierter Faktoren in jüngeren empirischen Studien oftmals keine zusätzliche Erklärungskraft besitzen. Liu (2006) beispielsweise findet bei Berücksichtigung eines Liquiditätsrisikofaktors neben dem Marktrisikofaktor weder empirische Evidenz für die Existenz eines Size-Effekts noch eines Buch-zu-Marktwert-Effekts.3 Die nachfolgenden empirischen Analysen werden für den deutschen und den USamerikanischen Markt durchgeführt. Sie erweitern die bestehende Literatur zu Kapitalmarktmodelltests, die üblicherweise unter Verwendung von Renditerealisationen durchgeführt werden. Aufgrund der in Kapitel 2 analysierten positiven Eigenschaften des Schätzers der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell lässt dessen Verwendung in den folgenden Modelltests wichtige neue Erkenntnisse erwarten.

1 2 3

Vgl. Campbell (2008), S. 3f. Vgl. Fama/French (1992), Fama/French (1993). Die Vermutung, dass der Size-Effekt eigentlich ein Liquiditätseffekt ist, findet sich bspw. Stehle (1997), Datar/Naik/Radcliffe (1998) und Kempf (1999).

136

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

4.1 Problemstellung und Stand der Literatur Das Capital Asset Pricing ModeOl (CAPM) ist auch heute noch – mehr als vierzig Jahre nach seiner Veröffentlichung durch Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) – eines der wichtigsten Modelle der Finanzmarktökonomen. Es liefert Aussagen über die erwarteten Renditen risikobehafteter Anlagen im Kapitalmarktgleichgewicht und wird unter anderem eingesetzt zur Bestimmung von Kapitalkosten, im Rahmen des Risikomanagements und zur Überprüfung des Anlageerfolges. Gleichzeitig liefern empirische Studien allerdings oft wenig empirische Unterstützung für das CAPM. Die Literatur, welche diesen empirisch unbefriedigenden Ergebnissen hinsichtlich des CAPM begegnet, kann in zwei Teilbereiche untergliedert werden. Der eine Teil befasst sich mit der Entwicklung von alternativen Kapitalmarktmodellen. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Verbesserung der verwendeten Testverfahren. Als Untergruppen des ersten Literaturstrangs können einerseits Modelle angesehen werden, welche rein datengeleitet sind, und zum anderen Modelle, welche eine theoretische Fundierung besitzen. Zur Untergruppe der datengeleiteten Modelle zählen zahlreiche Faktor-Modelle, welche zur Erklärung der Unterschiede in durchschnittlichen Renditen von Aktien vorgeschlagen wurden. Als Faktoren werden hierbei typischerweise makroökonomische oder firmenspezifische Faktoren verwendet. Makroökonomische Faktoren werden beispielsweise von Chan/Chen/Hsieh (1985), Chen/Roll/Ross (1986), Flannery/Protopapadakis (2002) und Shanken/Weinstein (2006) verwendet, firmenspezifische Faktoren dagegen beispielsweise von Banz (1981), Rosenberg/Reid/Lanstein (1985), Fama/French (1992), Chan/Karceski/Lakonishok (1998) und Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1998). Das Vorgehen zur Bestimmung dieser Modelle, welche aus Daten gewonnen werden und nicht aus einer Theorie abgeleitet sind, stellt das zentrale Problem dieser Modelle dar. So weisen Lo/MacKinlay (1990) sowie Kothari/Shanken/Sloan (1995) darauf hin, dass datengeleitete Faktormodelle dem Risiko ausgesetzt sind, dass die Ergebnisse durch einen Data-Snooping- und Sample-Selection-Bias verzerrt sein können. Black (1993) betont zu Recht, dass mit datengeleiteten Faktormodellen zwar möglicherweise die durchschnittlichen Renditen über einen bestimmten Zeitraum gut erklärt werden, nicht aber die erwarteten Renditen. Datengeleitete Faktormodelle sind somit von theoriebasierten Kapitalmarktmodellen wie dem CAPM strikt zu unterscheiden, da sie auf unterschiedliche Erklärungsgegenstände abzielen.4 4

Für eine aktuelle empirische Analyse der durchschnittlichen Renditen am deutschen Aktienmarkt sei auf Ziegler/Schröder/Stehle/Schulz (2007) verwiesen. Diese Studie untersucht die Kovarianz der realisierten Rendite mit Faktoren unter Durchführung von Zeitreihenregressionen und stellt somit eine Längsschnittsuntersuchung dar. Im Unterschied dazu sind die empirischen Analysen der Kapitel 4.4 und 4.5 zu sehen, welche den Querschnittszusammenhang von erwarteten Renditen und Faktoren untersuchen und somit auch bewertungsrelevante Faktoren identifizieren können. Zu einer Diskussion der unterschiedlichen Zielsetzungen der vorgenannten Arten von Längs- und Querschnittsstudien vgl. bspw. Chan/Karceski/Lakonishok (1998). Black (1993), S. 36, resümiert in Hinblick auf die unterschiedlichen Zielsetzungen von Längsschnittsstudien, welche die Erklärung (durchschnittlicher) reali-

4.1 Problemstellung und Stand der Literatur

137

Neben datengeleiteten Modellen wurden jedoch auch zahlreiche theoretische Weiterentwicklungen des Standard-CAPM nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) vorgenommen, denn die schwache empirische Evidenz für das Standard-CAPM kann auch von einer Vernachlässigung wesentlicher Aspekte der Realität durch das Modell herrühren. So wurde bspw. eine Erweiterung des Standard-CAPM um steuerliche Effekte von Brennan (1970) entwickelt. Erweiterungen um Liquiditätseffekte erfolgten durch Kempf (1999) und Jacoby/Fowler/Gottesman (2000). Im CAPM mit unvollständigen Informationen von Merton (1987) wird berücksichtigt, dass Investoren nicht alle am Markt gehandelten Wertpapiere kennen. Eine Nicht-Berücksichtigung solcher bewertungsrelevanter Effekte in empirischen Tests kann zu einer Verzerrung der geschätzten Einflüsse der bereits berücksichtigten Variablen (bspw. des Betarisikos) führen, welche im Extremfall sogar vollständig durch die Einflüsse anderer, nicht berücksichtigter Variablen überdeckt werden können.5 Der zweite Teilbereich der Literatur, welcher der schwachen empirischen Evidenz hinsichtlich des CAPM begegnet, zielt auf die empirischen Testverfahren. Auch hier können wiederum zwei Untergruppen unterschieden werden: Die erste zielt auf die Verfeinerung ökonometrischer Methoden, die andere auf die Bestimmung der in den Tests verwendeten Proxys unbekannter Variablen, insbesondere des Proxys der erwarteten Rendite. Hinsichtlich der ersten Untergruppe können als Beispiele die Arbeiten zum Test des bedingten CAPM genannt werden. In diesen Arbeiten wird das Beta zeitvariabel – beispielsweise bedingt auf makroökonomische Faktoren – geschätzt.6 Der Ansatz der zweiten Untergruppe, welcher auf den Proxy der erwarteten Rendite abstellt, ist jedoch als mindestens ebenso plausibel anzusehen. So liefert das CAPM theoretische Aussagen über die erwartete Rendite, die empirischen Überprüfungen erfolgen aber typischerweise auf Basis von realisierten Renditen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Bestimmung eines alternativen Proxys der erwarteten Rendite ein bedeutsamer Lösungsansatz. Eine entsprechende Meinung vertritt auch Sharpe (1978), der betont: "All the econometric sophistication in the world will not completely solve the basic problem associated with the use of ex post data to test theories dealing with ex ante prediction, however. The Capital Asset Pricing Model deals with predictions concerning a future period“.7 Wie in Kapitel 2 erläutert, hat schon Merton (1980) gezeigt, dass erwartete Renditen nur sehr unpräzise aus realisierten Renditen geschätzt werden können. Folglich ist es schwierig, Einflussfaktoren für die erwarteten Renditen nachzuweisen, wenn nicht extrem lange Datenzeiträume analysiert werden. Lundblad (2007) zeigt mittels Simulationen, dass selbst

5 6

7

sierter Renditen verfolgen, und Querschnittsstudien, welche die Erklärung erwarteter Renditen zum Ziel haben: „Explaining variance is easy [...] Estimating expected return is hard.“ Zum sog. “Omitted-Variables-Problem” vgl. beispielsweise Greene (2000), S. 334f. Während Jagannathan/Wang (1996) finden, dass ein solcher Ansatz Querschnittsrenditen gut erklärt, finden Lewellen/Nagel (2006) keine wesentliche Erhöhung der Erklärungskraft gegenüber Tests des unkonditionierten CAPM. Vgl. Sharpe (1978), S. 920.

138

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

ein Zeitraum von 50 Jahren nicht ausreicht, um einen in den Daten vorhandenen RenditeRisiko-Zusammenhang aufzudecken. Inhalt des vorliegenden Kapitels ist es, aus dem CAPM abgeleitete Hypothesen über die erwarteten Renditen zu testen, ohne hierbei auf realisierte Renditen als Proxy für erwartete Renditen zurückzugreifen. Die Tests basieren auf den in Kapitel 2 bestimmten implizit erwarteten Renditen, welche mittels des Modells von Ohlson (1995) aus Gewinnerwartungen von Analysten abgeleitet wurden, die somit als Proxy für die Gewinnerwartungen der Marktteilnehmer verwendet werden. Alle bisherigen CAPM-Tests für den deutschen Markt verwenden hingegen ausschließlich realisierte Renditen.8 Ebenso testen die allermeisten Studien zum US-Markt das CAPM auf Basis realisierter Renditen, doch gibt es hier Ausnahmen.9 Brav/Lehavy/Michaely (2005) verwenden Kursprognosen von Analysten, um erwartete Renditen zu bestimmen und Kapitalmarktmodelle zu testen.10 Friend/Westerfield/Granito (1978) bestimmen die erwartete Rendite auf Basis des Dividendenbarwertmodells und testen das CAPM.11 Lee/Ng/Swaminathan (2008) testen ein internationales CAPM unter Verwendung implizit erwarteter Renditen aus dem Residual Income Modell. Sie analysieren, inwiefern erwartete Renditen durch das Weltmarkt-Beta, das landesspezifische Beta sowie das aus dem Währungsrisiko resultierende Beta erklärt werden. Pastor/Sinha/Swaminathan (2008) verwenden ein Discounted Free Cash Flow Modell zur Ermittlung der erwarteten Rendite auf Länderebene und untersuchen empirisch den intertemporalen Zusammenhang zwischen erwarteter Marktrendite und Marktrisiko entsprechend des Modells von Merton (1973). Campello/Chen/Zhang (2008) bestimmen erwartete Renditen für Einzelunternehmen aus den Zinsspreads von Unternehmensanleihen basierend auf dem Modell von Merton (1974) und verwenden diese für den Test von Kapitalmarktmodellen.12 In der vorliegenden Arbeit werden in Hinblick auf einen möglicherweise zu restriktiven Annahmerahmen des CAPM nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) neben dem traditionellen CAPM auch die Implikationen drei weiterer CAPM-Varianten getestet. Dies sind das Steuer-CAPM, das Liquiditäts-CAPM und das CAPM mit unvollständigen Informationen. Diese Modellvarianten erfassen, dass Anleger in der Realität steuerliche Aspekte berücksichtigen, auf nicht perfekt liquiden Märkten agieren und nicht Kenntnis über 8 9 10

11

12

Für einen Überblick zu empirischen Tests verschiedener Varianten des CAPM für den deutschen Kapitalmarkt vgl. Tabelle C-1 in Anhang C. Für eine Auswahl an Studien, welche verschiedene Varianten des CAPM für den US-Markt testen, vgl. Tabelle C-2 in Anhang C. Getestet werden dort das CAPM und das Carhart-Fama/French-4-Faktoren-Modell. Bezüglich der Nachteile des von Brav/Lehavy/Michaely (2005) verwendeten Ansatzes zur Schätzung erwarteter Renditen im Vergleich mit dem in der vorliegenden Arbeit verwendeten Ansatz vgl. Kapitel 2. Schon Sharpe (1978) kritisiert allerdings in seiner Diskussion des Beitrages, dass nur unter sehr restriktiven Annahmen die Vorgehensweise von Friend/Westerfield/Granito (1978) zur Gewinnung erwarteter Renditen gerechtfertigt werden kann. Die empirische Umsetzung des Schätzansatzes auf Basis des Dividendenbarwertmodells birgt zudem in Kapitel 2 genannte Probleme. Getestet wird in dieser Arbeit neben dem CAPM auch das Carhart-Fama/French-4-Faktoren-Modell.

4.1 Problemstellung und Stand der Literatur

139

alle am Markt gehandelten Wertpapiere besitzen. Die Tests werden zunächst jeweils entsprechend des traditionellen Vorgehens in der Literatur unter Verwendung realisierter Renditen durchgeführt, bevor daran anschließend erstmalig der RIM-Schätzer zum Test dieser verschiedenen Varianten des CAPM verwendet wird.13 Die Untersuchungen werden jeweils für die Unternehmensstichprobe des deutschen Marktes (HDAX) für den Zeitraum 1996 bis 2006, sowie für die US-amerikanische Stichprobe (S&P 500) für den Zeitraum 1981 bis 2006 durchgeführt. Die zentralen Ergebnisse der Modelltests lauten: (1) Für das deutsche sowie das US-amerikanische Sample besitzen das systematische Risiko, die Dividendenrendite und die Illiquidität einer Aktie einen signifikanten Einfluss auf deren erwartete Rendite in der Weise, wie es das Steuer-CAPM und das Liquditäts-CAPM vorhersagen. (2) Für das umfangreichere US-Sample findet sich zudem empirische Evidenz für den Einfluss des Illiquiditätsrisikos, wie er vom Liquiditäts-CAPM bei Berücksichtigung stochastischer Liquidität vorhergesagt wird. Ebenso besitzen das unsystematische Risiko sowie die Bekanntheit eines Unternehmens signifikante Einflüsse in der Weise, wie sie das CAPM mit unvollständigen Informationen vorhersagen. (3) Führt man dieselben Untersuchungen auf Basis von realisierten Renditen durch, so findet sich hingegen keinerlei Unterstützung der theoretischen Modelle für das deutsche Sample bzw. nur schwache Evidenz für das US-amerikanische Sample. Der weitere Aufbau des Kapitels ist wie folgt: In Kapitel 4.2 werden die zu testenden CAPMVarianten vorgestellt. Daran anschließend wird in Kapitel 4.3 das Design der empirischen Tests erläutert. Die zur Bestimmung der erklärenden Variablen verwendeten Daten werden vorgestellt und deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen präsentiert. Ebenfalls wird kurz auf das für die Modelltests verwendete Schätzverfahren nach Fama/MacBeth (1973) sowie das Verfahren der gepoolten Regression eingegangen. In den Kapiteln 4.4 und 4.5 werden die Ergebnisse der empirischen Tests der CAPM-Varianten für den deutschen sowie den US-amerikanischen Markt berichtet. Die Robustheit der Testergebnisse wird für beide 13

Eine Verwendung der in Kapitel 2 vorgestellten kombinierten Schätzer ist im Rahmen der nachfolgenden Modelltests nicht sinnvoll. Da die zur Bestimmung des Zeitreihenschätzers verwendeten Renditerealisationen dem gleichen Zeitraum entstammen wie die zur Bestimmung der erklärenden Variablen verwendeten Daten (bspw. die Dividendenrendite), ist eine Durchführung der Modelltests auf Basis der Schätzer ZEIT+IND, d.h. der Kombination aus Zeitreihenschätzer und mittlerer historischer Indexrendite, sowie ZEIT+RIM, d.h. der Kombination aus Zeitreihenschätzer und RIM-Schätzer, unzulässig. Die aufgrund der Datenstruktur konstruktionsgemäß bestehenden Korrelationen zwischen den Erklärungsfaktoren und der abhängigen Variable (bspw. sinkt ceteris paribus die Dividendenrendite, falls der Kurs steigt, was gleichbedeutend mit einer Erhöhung des Zeitreihenschätzers ist) lassen keine aussagekräftigen Tests der betrachteten Modelle zu. Für die Kombination RIM+IND besteht diese Problematik nicht. Wie die Analysen in Kapitel 2.4.1 gezeigt haben, wird durch die Kombination mit dem Mittelwert der historischen Indexrendite das Niveau der erwarteten Renditen erhöht und die Querschnittsvariation deutlich reduziert. Bei Verwendung des RIM+IND-Schätzers für die im vorliegenden Kapitel durchgeführten CAPM-Tests zeigen sich Ergebnisunterschiede im Vergleich zur Verwendung des RIMSchätzers im Wesentlichen in einer Erhöhung der Konstante der Regression sowie einer Verringerung der geschätzten Koeffizienten für die erklärenden Variablen der Modelle. Auf einen Bericht der Ergebnisse unter Verwendung des RIM+IND-Schätzers wird deshalb verzichtet.

140

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Samples mit Stabilitätsuntersuchungen überprüft. Die Untersuchung schließt mit einer Würdigung der Ergebnisse in Kapitel 4.6.

4.2 Kapitalmarktmodelle im Test Nachfolgend werden die zu testenden Modelle, das sind das traditionelle CAPM nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966), das Steuer-CAPM nach Brennan (1970) und Wiese (2004), das Liquiditäts-CAPM nach Kempf (1999) und Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) sowie das CAPM mit unvollständigen Informationen nach Merton (1987), mit ihren Modellgleichungen und ihren jeweiligen ökonomischen Intuitionen vorgestellt. Ebenso werden die aus den Modellen resultierenden Schätzgleichungen aufgeführt. Für die Herleitungen der Modelle sei auf die jeweilige Originalliteratur verwiesen.

4.2.1 Standard-CAPM nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) In dem von Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) abgeleiteten Standard-CAPM wird die erwartete Rendite Pi eines Wertpapiers i durch die Wertpapiermarktlinie bestimmt:

Pi





rf  Ei P M  rf .

(4.1)

Die erwartete Rendite eines Wertpapiers i lässt sich demnach unterteilen in eine Zeitprämie für die Überlassung des Kapitals in Form des risikolosen Zinssatzes r f sowie eine Prämie für das mit dem Halten von Wertpapier i übernommene systematische Risiko. Diese Risikoprämie entspricht der erwarteten Überrendite des wertgewichteten Portfolios aller am Markt verfügbaren riskanten Wertpapiere, P M  r f , multipliziert mit dem Beitrag von Wertpapier i zum Risiko dieses Marktportfolios, Ei .14 Gemäß dem CAPM nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) hängen die erwarteten Renditen von Aktien positiv von deren systematischem Risiko (Beta) ab. Dies ergibt unmittelbar die erste Hypothese: H 1:

Der Einfluss von Beta auf die erwartete Rendite ist positiv.

14

Der Risikobeitrag von Wertpapier i zum Marktportfolio entspricht dem Verhältnis der Kovarianz der Rendite von Wertpapier i mit der Marktrendite geteilt durch die Varianz der Marktrendite: Cov(ri , rM ) Ei . Var (rM )

4.2 Kapitalmarktmodelle im Test

141

Für die empirische Untersuchung dieser Hypothese wird aus der Modellgleichung des Standard-CAPM folgende Schätzgleichung abgeleitet:

mi ,t

D 0  D1 Betai ,t  H i ,t ,

(4.2)

wobei die zu erklärende Variable mi ,t der Schätzer für die erwartete Überrendite der Aktie i im Zeitpunkt t ist. Diese ergibt sich als Differenz zwischen dem Schätzer der erwarteten Rendite Pˆ i ,t und dem risikolosen Zinssatz rf ,t . Der Schätzer des systematischen Risikos für Aktie i im Zeitpunkt t ist mit Betai ,t bezeichnet und Hi ,t sind die Residuen der Regression. 4.2.2 Steuer-CAPM nach Brennan (1970) und Wiese (2004) Brennan (1970) zeigt in einer Erweiterung des Standard-CAPM, dass unter Berücksichtigung von steuerlichen Effekten bei uneinheitlicher Besteuerung von Dividendeneinkünften und Kursgewinnen auf Anlegerebene neben dem systematischen Risiko auch die Höhe der Dividendenrendite einen Einfluss auf die erwartete Rendite besitzt. Wiese (2004) passt das Modell von Brennan (1970) den steuerlichen Gegebenheiten in Deutschland an.15 Unter den Annahmen deterministischer Dividendenzahlungen, identischer Besteuerung von Zins- und Dividendeneinkünften eines Anlegers und Steuerfreiheit von Kapitalgewinnen sowie einheitlicher Steuersätze für alle Investoren16 lässt sich die erwartete Rendite vor Steuern von Wertpapier i ausdrücken als:

Pi

17 r f 1  W  Ei ª¬ P M  W rMD  r f 1  W º¼  W riD .

(4.3)

Der für Zins- und Dividendeneinkünfte identische Steuersatz wird mit W bezeichnet. Die erwartete Gleichgewichts(brutto)rendite von Wertpapier i , Pi , ist im Steuer-CAPM definitorisch gegeben als die Summe von erwarteter Rendite aus Kapitalgewinnen und (sicherer)

15 16

17

Vgl. hierzu auch Jonas/Löffler/Wiese (2004) sowie Stehle (2004) und Schulz (2006). Beide Modelle lassen jeweils auch individuelle Steuersätze für die Marktteilnehmer zu. Aufgrund der Unbeobachtbarkeit individueller Steuersätze der Marktteilnehmer sind die Modelle in dieser Form jedoch nicht empirisch testbar. Alternativ kann (4.3) dargestellt werden als Pi rf 1  W  Ei ª¬ P M  r f 1  W º¼  W ª¬ E i rMD  riD º¼ . Für jeweils unterschiedliche Steuersätze auf Zins- und Dividendeneinkünfte sowie Kapitalgewinne lautet ª 1W Z 1 W Z º W K W D » ª E i rMD  riD º , das Modell in allgemeiner Form: Pi r f  Ei « P M  r f ¼ K « 1 W 1 W K » 1W K ¬ ¬ ¼ vgl. auch Stehle (2004), S. 914ff.













142

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Dividendenrendite, ri D .18 Im Marktgleichgewicht des Steuer-CAPM ergibt sich Pi als die risikolose Verzinsung des Kapitals nach Steuern auf Zinsen, r f 1  W , zuzüglich der zum übernommenen systematischen Risiko, Ei , proportionalen Marktrisikoprämie. Diese Risikoprämie entspricht der erwarteten (Brutto-)Rendite des Marktportfolios, P M , unter Berücksichtigung von Steuerzahlungen auf Dividenden, W rMD , abzüglich des um Steuerzahlungen reduzierten risikolosen Zinssatzes, r f 1  W . Weiterhin wird neben der Risikoentschädigung für das übernommene systematische Risiko im Steuer-CAPM eine Entschädigung für Steuern auf Dividendenzahlungen in Höhe von W ri D gezahlt. Diese entspricht der vom Anleger geforderten Entschädigung für die Renditeminderung, welche dadurch entsteht, dass er anstatt der Möglichkeit zur Realisierung von (steuerfreien) Kapitalgewinnen steuerlich benachteiligte Dividendenzahlungen bekommt. Für die Anpassung der Modellannahmen in Hinblick auf das Halbeinkünfteverfahren, welches in Deutschland hinsichtlich der privaten Einkommensteuer seit dem 1. Januar 2002 gilt, wird die Besteuerung der Zinseinkünfte aller Anleger mit einem einheitlichen Satz W , die Dividendeneinkünfte mit einem ebenfalls für alle Anleger einheitlichen, aber nur halb so hohen Satz

1 W , unterstellt. Für die erwartete Rendite gilt dann: 2

Pi



1 ª r f 1  W  Ei « P M  W rMD  r f 1  W 2 ¬

º»¼  12 W r

i

D 19

.

(4.4)

Aufgrund der steuerlichen Benachteiligung von Dividendenzahlungen gegenüber Kursgewinnen, verlangt ein Anleger bei Unternehmen mit hohen Dividendenzahlungen eine höhere erwartete Rendite als bei Unternehmen mit geringen Dividendenzahlungen. Daraus folgt die zweite Hypothese: H2:

Sowohl der Einfluss von Beta als auch der Einfluss der Dividendenrendite auf die erwartete Überschussrendite sind positiv.

Entsprechend der beiden unterschiedlichen Steuersysteme werden in Kapitel 4.4 für den Test des Steuer-CAPM für den deutschen Aktienmarkt zwei unterschiedliche Testspezifikationen verwendet. Für den Zeitraum 1996 – 2001, für den in Deutschland das Anrechnungsverfahren

18 19

Analog gilt für die erwartete Rendite des Marktportfolios, dass diese der Summe aus erwarteter Rendite aus Kapitalgewinnen und (sicherer) Dividendenrendite des Marktes entspricht. Vgl. Stehle (2004), S. 915f.

4.2 Kapitalmarktmodelle im Test

143

galt, werden identische Steuersätze auf Dividenden- und Zinseinkünfte unterstellt, woraus sich folgender Schätzansatz ergibt: mi ,t

D 0  D1 Betai ,t  D 2 DRi ,t  H i ,t .

(4.5)

Dabei bezeichnet DRi ,t die Dividendenrendite von Aktie i zum Zeitpunkt t . Die weiteren Variablen sind wie für Schätzansatz (4.2) definiert. Der Koeffizient D1 entspricht der Netto-



Marktrisikoprämie, ª P M  W rMD  r f 1  W ¬

º¼ , und

D 2 ist als gewogener Durchschnitt des

Steuersatzes W über alle Anleger zu interpretieren.20 Der modifizierte Schätzansatz für das deutsche Sample nach Einführung des Halbeinkünfteverfahrens lautet:

mi ,t

1 2

D 0  D1 Betai ,t  D 2 DRi ,t  H i ,t .

(4.6)

Dieser wird für den Test des Steuer-CAPM auf dem deutschen Markt in den Jahren 2002 bis 2006 verwendet. Für den Test des Steuer-CAPM für das US-amerikanische Sample in Kapitel 4.5 wird durchgängig der Schätzansatz entsprechend (4.5) verwendet. Wie bspw. in Dhaliwal/Krull/Li/Moser (2005) berichtet, variierte die steuerliche Benachteiligung von Dividendenzahlungen gegenüber Kursgewinnen in den USA während des Untersuchungszeitraums. Aus diesem Grund wird unter Verwendung von (4.5) auf den grundsätzlichen Effekt einer höheren erwarteten Rendite wegen der steuerlichen Benachteiligung von Dividenden getestet. Der geschätzte Koeffizient kann dann jedoch lediglich zur Ableitung eines im Mittel über die verschiedenen Steuerregime (und Investoren) während des Untersuchungszeitraums geltenden Dividendensteuersatzes verwendet werden.

4.2.3 Liquiditäts-CAPM nach Kempf (1999), Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) und Acharya/Pedersen (2005) Der Einfluss der Liquidität eines Wertpapiers auf dessen erwartete Rendite wurde erstmals von Amihud/Mendelson (1986) unter der Annahme risikoneutraler Anleger analysiert und später von Kane (1994) auf risikoscheue Investoren erweitert. In diesen Modellen unterscheiden sich Aktien bezüglich ihrer Liquidität. Anleger wollen dafür entschädigt werden, dass sie 20

Die Gewichtungen sind dabei abhängig von den investorenspezifischen Risikoaversionen, vgl. Wiese (2004), S. 9.

144

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

bereit sind weniger liquide Aktien zu halten. Deshalb ist die erwartete Rendite einer Aktie im Marktgleichgewicht umso höher, je weniger liquide sie ist.21 In Weiterentwicklungen des Modells unter Verwendung der Modellannahmen des CAPM wie in Kempf (1999), Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) und Acharya/Pedersen (2005) kann das Ausmaß der Illiquidität eines Wertpapiers selbst eine zufällige Größe sein. In diesem Fall ist nicht nur das Niveau der Illiquidität (wie schon in Amihud/Mendelson (1986)) bewertungsrelevant für den Kurs eines Wertpapiers, sondern auch das Risiko der Illiquidität. Unter Berücksichtigung von stochastischen Illiquiditätskosten in Form von Preisaufschlägen bzw. -abschlägen für den Kauf bzw. Verkauf eines Wertpapiers kann die erwartete Brutto-Rendite des Wertpapiers i ausgedrückt werden als:22

Pi

Cov(ri  li , rM  lM ) . rf  E (li )  ª¬ P M  rf  E (lM ) º¼ Var (r  l ) M

(4.7)

M

Die Variablen li und lM bezeichnen die unsicheren Abschläge auf die Rendite des Wertpapiers i bzw. die Rendite des Marktes aufgrund der Illiquiditätskosten.23 Die Struktur des

21

22

23

Da sich die Anleger in diesen Modellen bezüglich ihres Anlagezeitraums unterscheiden, kommt es im Gleichgewicht zu einem Klienteleffekt: Je länger der Anlagehorizont desto illiquider das vom Investor gewählte Wertpapier. Der aus diesem Zusammenhang resultierende Einfluss der Illiquidität auf die erwartete Rendite ist nicht linear, sondern konkav. Die hier gewählte Modelldarstellung ist angelehnt an die Darstellung in Kempf (1999) und Acharya/Pedersen (2005). Im Modell von Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) besteht ein linearer Zusammenhang zwischen erwarteter Netto-Rendite und liquiditätsadjustiertem Beta. Wird das Modell von Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) hingegen in Brutto-Renditen ausgedrückt, so findet sich im Gegensatz zu Kempf (1999) und Acharya/Pedersen (2005) ein konvexer Zusammenhang zwischen erwarteter (Brutto-)Rendite und erwarteten Illiquiditätskosten: Mit steigendem Prozentsatz der Illiquiditätskosten muss die Brutto-Rendite überproportional ansteigen, damit die Netto-Rendite konstant bleibt. Dieser Unterschied resultiert aus unterschiedlichen Modellierungen der Liquiditätskosten. Während in den Modellen von Kempf (1999) und Acharya/Pedersen (2005) die Liquiditätskosten als (unsichere) Prozentpunkte ausgedrückt werden, die von der Brutto-Rendite abgezogen werden, werden die Liquiditätskosten bei Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) als (unsicherer) Prozentsatz auf die Brutto-Rendite ausgedrückt. Damit resultiert der (unsichere) Renditeabschlag in den Modellen von Kempf (1999) und Acharya/Pedersen (2005) lediglich aus der Stochastik der Illiquiditätskosten, im Modell von Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) hingegen resultiert er aus dem Produkt der Stochastiken in den Illiquiditätskosten und dem zukünftigen Kurs. Der Zusammenhang im Modell von Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) soll an folgendem Beispiel veranschaulicht werden: Es sei eine erwartete Brutto-Rendite in Höhe von R=120% unterstellt, wobei R als die Summe von eins und der erwarteten Rendite definiert ist. Bei Liquiditätskosten von 0% entspricht die Brutto- der Netto-Rendite. Bei einer Erhöhung der Liquiditätskosten auf 10% muss sich die erwartete Brutto-Rendite auf 133% erhöhen, damit netto 120% verbleiben. Entsprechend muss für weitere Erhöhungen der Liquiditätskosten auf 20% (30%, 40%) eine Erhöhung der geforderten Brutto-Rendite auf 150% (171%, 200%) erfolgen, damit die erwartete Netto-Rendite konstant bei 120% bleibt. Es besteht somit ein überproportionaler Anstieg der geforderten Brutto-Rendite in den (erwarteten) Liquiditätskosten. Bei Kempf (1999) und Acharya/Pedersen (2005) hingegen bedeutet ein Anstieg der Liquiditätskosten um einen Prozentpunkt auch einen Anstieg der Brutto-Rendite um einen Prozentpunkt. Diese Renditeabschläge aufgrund von Transaktionskosten sind unabhängig von der gehandelten Wertpapiermenge. Demzufolge werden auch in den nachfolgenden empirischen Untersuchungen Illi-

4.2 Kapitalmarktmodelle im Test

145

geforderten Renditezuschlags aufgrund des mit Wertpapier i übernommenen Risikos bleibt gegenüber dem Standard-CAPM unverändert. Er entspricht der Risikoprämie des Marktes multipliziert mit der aktienspezifischen Menge an systematischem Renditerisiko. Allerdings führt die Existenz von Illiquiditätskosten zu einer Verringerung der Marktrisikoprämie um die aus dem Handel des Marktportfolios resultierenden erwarteten Illiquiditätskosten. Ebenso resultiert das systematische Renditerisiko nun aus den Kovarianzen der Netto-Renditen nach Berücksichtigung der Illiquiditätskosten. Bei Zerlegung des systematischen Renditerisikos und mit O P  r  E (l ) kann die erwartete Brutto-Rendite von Wertpapier i aus (4.7) M

f

M

ausgedrückt werden als:

Pi

Cov(ri , rM ) Cov(li , lM ) Cov(ri , lM ) Cov(li , rM ) O O O rf  E (li )  O Var (rM  lM ) Var (rM  lM ) Var (rM  lM ) Var (rM  lM )

(4.8)

bzw. als

Pi

rf  E (li )  OE RiRm ,i  OE LiLm,i  OE RiLm ,i  OE LiRm ,i .

(4.9)

Das Beta unter Berücksichtigung von Illiquiditätskosten aus (4.7) kann also zerlegt werden in das aus dem Standard-CAPM bekannte Beta, E RiRm , sowie drei weitere Liquiditätsbetas,

E LiLm , E RiLm , E LiRm , die drei verschiedene Dimensionen des Illiquiditätsrisikos erfassen: (i) Die Commonality von Wertpapier- und Marktliquidität, Cov (li , lM ) , (ii) die Sensitivität der Wertpapierrendite auf die Marktliquidität, Cov (ri , lM ) , und (iii) die Sensitivität der Wertpapierliquidität auf die Marktrendite, Cov (li , rM ) . Während die ersten beiden der vier Betas einen positiven Einfluss auf die erwartete Rendite besitzen, d.h. eine positive Kovarianz von Wertpapierrendite und Marktrendite bzw. Wertpapierliquidität und Marktliquidität stellt ein nicht diversifizierbares Rendite- bzw. Liquiditätsrisiko dar, das zu entlohnen ist, besitzen die beiden weiteren Betas einen negativen Einfluss auf die erwartete Rendite. Dieser negative Einfluss entspricht der Intuition, dass ein Wertpapier einen höheren Kurs bzw. eine niedrigere erwartete Rendite besitzt, wenn es gerade dann eine hohe Rendite erwirtschaftet, wenn der Markt sehr illiquide ist. Ebenso wird der Investor für eine Aktie eine geringere Rendite fordern, wenn diese dann eine hohe Illiquidität besitzt, wenn die Marktrendite hoch ist und umgekehrt liquide ist, wenn die Marktrendite gering ist. Werden die Illiquiditätskosten in (4.8) als deterministisch unterstellt, so werden die hinteren drei Summanden gleich Null. Die erwartete Überrendite von Aktie i ergibt sich dann als die quiditätsmaße verwendet, deren Höhe nicht mit der gehandelten Wertpapiermenge variiert. Zu einem Überblick über verschiedene Illiquiditätsmaße vgl. bspw. Kempf (1999).

146

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

erwartete Marktrisikoprämie (nach Illiquiditätskosten) multipliziert mit dem zugehörigen, aus dem Standard-CAPM bekannten, Betafaktor zuzüglich eines Renditezuschlags in Höhe der aktienspezifischen Illiquiditätskosten von Aktie i . Unter der Annahme deterministischer Illiquiditätskosten sowie der Existenz des aus der Arbeit von Amihud/Mendelson (1986) bekannten Klienteleffekts wird folgende Hypothese aufgestellt: H3a: Sowohl der Einfluss von Beta als auch der Einfluss des Ausmaßes der Illiquidität auf die erwartete Überschussrendite sind positiv. Der Zusammenhang von erwarteter Rendite und quadrierter Illiquidität ist hingegen negativ.

Werden hingegen stochastische Illiquiditätskosten unterstellt, so wird auf Basis von Modellgleichung (4.8) folgende Hypothese abgeleitet: H3b: Sowohl der Einfluss des Betarisikos E RiRm , des Betarisikos E LiLm als auch der Einfluss

des erwarteten Ausmaßes der Illiquidität, E (li ) , auf die erwartete Überschussrendite sind positiv. Der Zusammenhang der erwarteten Überschussrendite mit dem Betarisiko E RiLm sowie mit dem Betarisiko E LiRm ist hingegen negativ. Die aus Hypothese 3a abgeleitete Schätzgleichung lautet: mi ,t

D 0  D1 Betai ,t  D 2 ILi ,t  D 3 IL2i ,t  H i ,t .

(4.10)

Die aus Hypothese 3b abgeleitete Schätzgleichung lautet: mi ,t

D 0  D1 ILi ,t  D 2 RiRmi ,t  D 3 LiLmi ,t  D 4 RiLmi ,t  D 5 LiRmi ,t  H i ,t

(4.11)

Die Testspezifikation in (4.11) ist so gewählt, dass für alle Betas unterschiedliche Risikoprämien zugelassen werden.

4.2.4 CAPM mit unvollständigen Informationen nach Merton (1987) Im Modell von Merton (1987) besitzen Anleger nur Kenntnis über einen Teil der am Markt verfügbaren Wertpapiere. Aufgrund der unvollständigen Information können sie, wie im Modell von Levy (1978), durch Diversifikation das unsystematische Risiko nicht vollständig vermeiden. Deshalb hängt die Höhe der erwarteten Rendite neben dem systematischen auch vom unsystematischen Risiko eines Wertpapiers ab. In Anlehnung an die Arbeit von Merton

4.2 Kapitalmarktmodelle im Test

147

(1987) kann die gleichgewichtige erwartete Rendite bei unvollständiger Information ausgedrückt werden als:

Pi





rf  Ei P M  r f  G

xi Zi2 , qi

(4.12)

wobei Ei wie im Standard-CAPM das Betarisiko von Wertpapier i bezeichnet. Der Parameter G steht für die Risikoaversion des repräsentativen Investors. Die gleichgewichtige Nachfrage nach Wertpapier i wird durch die Variable xi beschrieben. Sie stellt den relativen Anteil von Aktie i am Marktportfolio dar. Das unsystematische Risiko dieser Aktie ist Zi2 . Die Variable, welche die unvollständige Information der Investoren über die am Markt vorhandenen Unternehmen erfasst, ist qi . Sie gibt den Anteil aller Investoren wider, welche das Wertpapier i kennen. Die Entschädigung für das übernommene unsystematische Renditerisiko, Zi2 , wird im dritten Term von (4.12) erfasst. Diese Entschädigung ist umso größer, je größer das Unternehmen ist und je weniger bekannt das Unternehmen ist. Dieser Zusammenhang ist ökonomisch intuitiv eingängig, wenn zwei Aktien mit folgenden Charakteristika verglichen werden: Beide Aktien besitzen ein hohes unsystematisches Risiko, wobei die erste Aktie jedoch ein geringes Gewicht im Marktportfolio hat und vielen Anlegern bekannt ist, während die zweite Aktie ein hohes Gewicht im Marktportfolio besitzt und nur wenigen Anlegern bekannt ist. Da die erste Aktie nur ein geringes Gewicht im Marktportfolio hat und zudem vielen Anlegern bekannt ist, hat sie folglich auch nur ein geringes Gewicht im Portfolio des einzelnen Anlegers, der diese Aktie kennt (und somit hält). Je geringer der Anteil einer Aktie am Portfolio, desto geringer ceteris paribus auch ihr Beitrag zum unsystematischen Risiko des Portfolios und umso geringer auch der Renditezuschlag, der aufgrund unsystematischen Risikos für diese Aktie gefordert wird.24 Für die zweite Aktie gilt hingegen, dass sie aufgrund ihrer Größe und der geringen Bekanntheit bei den Anlegern einen großen Anteil am Vermögen der Investoren ausmachen, die sie halten. Dadurch kann keine starke Diversifikation des unsystematischen Risikos im Portfolio dieser Investoren erzielt werden, weshalb für diese Aktie ein vergleichsweise hoher Renditezuschlag aufgrund des hohen übernommenen unsystematischen Risikos gefordert wird. Das vorausgehende Beispiel veranschaulicht neben dem Einfluss des unsystematischen Risikos auch den Einfluss der Größe eines Unternehmens auf die erwartete Rendite: Je größer ein Unternehmen, desto höher ceteris paribus auch die für dieses Unternehmen im Gleichgewicht geforderte Rendite. Dieser im Modell von Merton (1987) beste24

Dieser Zusammenhang ergibt sich aus der Möglichkeit zur Diversifikation unsystematischer Risiken durch das Halten jeweils lediglich geringer Vermögensanteile in vielen Aktien.

148

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

hende Zusammenhang steht somit im Widerspruch zu dem in der Literatur vielfach berichteten Size-Effekt.25 Aus dem Modell von Merton (1987) kann folgende testbare Hypothese abgeleitet werden: H4:

Sowohl das systematische als auch das unsystematische Risiko besitzen einen positiven Einfluss auf die erwartete Rendite. Der Einfluss des unsystematischen Risikos ist dabei umso stärker, je größer ein Unternehmens ist und je weniger bekannt das Unternehmen ist.

Für die empirische Überprüfung von Hypothese 4 wird folgender Schätzansatz implementiert:

mi ,t

D 0  D1 Betai ,t  D 2,i ,tURi ,t  H i ,t

(4.13)

mit

D 2,i ,t

J 0  J 1 Ai ,t  J 2 Bi ,t .

(4.14)

Die Einflüsse des systematischen Risikos, Beta , sowie des unsystematischen Risikos, UR , auf die erwartete Überrendite werden durch lineare Terme erfasst. Die sich aus dem Modell von Merton (1987) ergebenden Interaktionseffekte zwischen dem unsystematischen Risiko und der Bekanntheit des Unternehmens, A , sowie zwischen dem unsystematischen Risiko und der Größe des Unternehmens, B , werden über die Variable D 2,i ,t in Gleichung (4.14) modelliert.

4.3 Design der empirischen Studie

Für die empirische Implementierung der in Kapitel 4.2 vorgestellten CAPM-Varianten müssen die jeweiligen Modellvariablen aus empirischen Daten bestimmt werden. Die Darstellung der zur Implementierung der Modelle verwendeten Daten ist Inhalt der folgenden Kapitel 4.3.1 und 4.3.2. In Kapitel 4.3.1 wird zunächst auf die für die deutsche Studie verwendeten Daten sowie die Bestimmung der Modellvariablen aus diesen Daten eingegangen. Die Beschreibung des Datensatzes sowie der Bestimmung der Modellvariablen für das US-amerikanische Sample erfolgt in Kapitel 4.3.2. Detaillierte Ausführungen werden jedoch nur dort gemacht, wo Unterschiede im Vergleich zum deutschen Sample bestehen.

25

Vgl. beispielsweise Banz (1981).

4.3 Design der empirischen Studie

149

4.3.1 Daten 4.3.1.1 Beschreibung des deutschen Samples Die CAPM-Tests für den deutschen Kapitalmarkt erfolgen auf Basis der Mitgliedsunternehmen des HDAX im Zeitraum 1996 bis 2006. Die Bestimmung der abhängigen Variablen, d.h. der erwarteten Rendite, war bereits Inhalt von Kapitel 2.3. Dort wurde die Schätzung der erwarteten Rendite unter Verwendung des Residual Income Modells ausführlich dargestellt. Auch wurde dort beschrieben, auf Basis welcher Daten in der vorliegenden Arbeit die realisierte Rendite bestimmt wird, welche traditionell für empirische Tests von Kapitalmarktmodellen verwendet wird. Im Folgenden wird somit ausschließlich auf die Bestimmung der unabhängigen Variablen der Modelltests sowie deren Datengrundlage eingegangen. Alle nachfolgend verwendeten Daten entstammen der Datenbank von Thomson Financial Datastream sowie der über Datastream verfügbaren I/B/E/S-Datenbank. Folgende sechs unabhängige Variablen sind in den Schätzgleichungen der verschiedenen CAPM-Varianten unter 4.2 enthalten: das Betarisiko, Betai ,t , die Dividendenrendite, DRi ,t , das Illiquiditätsmaß, ILi ,t , das unsystematische Risiko, URi ,t , die Bekanntheit eines Unternehmens, Ai ,t ,

sowie die Größe eines Unternehmens, Bi ,t . Diese Variablen lassen sich

unterteilen in direkt am Markt beobachtbare Größen ( DRi ,t , ILi ,t , Ai ,t und Bi ,t ) und Größen, die aus am Markt beobachtbaren Größen geschätzt werden müssen ( Betai ,t und URi ,t ).26 Für die Dividendenrendite, DRi ,t , wird die Dividendenzahlung, die während der 12 Monate nach t geleistet wird, verwendet, wenn sie bereits in t bekannt war. Ansonsten wird die Konsensusschätzung der Analysten bezüglich der Dividende im Folgejahr verwendet. Diese Dividendenzahlung wird bezogen auf den Kurs der Aktie i zum Zeitpunkt t .27 Als Illiquiditätsmaß, ILi ,t , wird für das deutsche Sample die relative Geld-Brief-Spanne verwendet, welche im Folgenden mit SPi ,t bezeichnet wird. Die relative Spanne wird ermittelt als

26

Dabei kann nochmals unterschieden werden zwischen DRi ,t , ILi ,t und Bi ,t als direkt beobachtbare und vom Modell verwendete Variablen und Ai ,t als zwar direkt beobachtbare, jedoch als Proxy für den im Modell auftretenden Parameter verwendete Variable. Für das US-amerikanische Sample gilt, dass keine direkten Beobachtungen für ILi ,t vorliegen. Deshalb wird ILi ,t für das US-Sample, wie nachfolgend un-

27

ter 4.3.2 beschrieben, geschätzt. In empirischen Untersuchungen kann zwischen den folgenden beiden Bestimmungsweisen der Variable Dividendenrendite unterschieden werden: Für die „long-run“-Dividendenrendite wird die 12-MonatsDividende auf den aktuellen Aktienkurs bezogen, bei der „short-run“-Dividende wird lediglich dem Monat eine von Null verschiedene Dividendenrendite zugeordnet, in dem die Dividendenzahlung tatsächlich erfolgt. Vgl. hierzu bspw. König (1990), S. 140, oder Schulz (2006), S. 83ff. Aufgrund der Kritik von Miller/Scholes (1982) hinsichtlich der Verwendung der „short-run“-Dividendenrendite verwenden die meisten Autoren den Ansatz der „long-run“-Dividendenrendite.

150

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Differenz zwischen dem Brief- und dem Geldkurs der Aktie im Zeitpunkt t bezogen auf den Spannenmittelpunkt im Zeitpunkt t . Als Proxy für die Bekanntheit eines Unternehmens, d.h. im strengen Sinne des Modells der Anteil aller Investoren, welche das Unternehmen i kennen, Ai ,t , wird die Anzahl der Analystenschätzungen verwendet, aus denen die Gewinnschätzung mit 1-Jahreshorizont ermittelt wird.28 Die relative Größe des Unternehmens, Bi ,t , wird bestimmt als die Marktkapitalisierung des Unternehmens i zum Zeitpunkt t bezogen auf die Gesamtkapitalisierung aller Unternehmen der Stichprobe zum Zeitpunkt t . Das systematische Risiko einer Aktie i , Betai ,t , wird anhand eines Marktmodells geschätzt. Als Marktrendite wird die Rendite des Performanceindex des HDAX verwendet. Die Schätzung des Betas mittels des Marktmodells erfolgt auf Basis täglicher Renditedaten der Aktien aus dem Jahr vor t .29 Das unsystematische Risiko, URi ,t , wird ebenfalls aus dem Marktmodell ermittelt als die Volatilität des Residuums.

4.3.1.2 Beschreibung des US-amerikanischen Samples Für das US-amerikanische Untersuchungssample erfolgt der Test der CAPM-Varianten auf Basis der Mitgliedsunternehmen des S&P500 im Zeitraum 1981 bis 2006. Abgesehen von den Geld- und Briefkursen sind für dieses Sample alle benötigten Datentypen analog zum deutschen Sample verfügbar. Dementsprechend erfolgt die Bestimmung der Variablen DRi ,t ,

URi ,t , Ai ,t und Bi ,t wie unter 4.3.1 beschrieben auch für den US-amerikanischen Datensatz. Das systematische Risiko, Betai ,t , wird entsprechend des Vorgehens im deutschen Sample unter Verwendung des Performanceindex S&P500 geschätzt. Das für die Implementierung des Liquiditäts-CAPM verwendete Maß für die Illiquidität, ILi ,t , unterscheidet sich von dem für den deutschen Markt verwendeten Maß, da für den USamerikanischen Markt keine Daten über historische Geld- und Briefkurse verfügbar sind. Daher wird für ILi ,t im US-amerikanischen Sample das von Amihud (2002) entwickelte Maß

ILLIQ verwendet. Dieses Maß hat sich als sehr guter Proxy für die effektive Geld-Brief-

28

29

Auch Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996) untersuchen den Einfluss der Anzahl von Analysten, welche ein Unternehmen verfolgen, auf die erwartete Rendite und motivieren diese Variable mit dem Einfluss der Bekanntheit eines Unternehmens auf dessen erwartete Rendite entsprechend des Modells von Merton (1987). Die tägliche Datenfrequenz wird in Hinblick auf die mit steigender Datenfrequenz zunehmende Präzision des Schätzers der Varianz-Kovarianz-Matrix gewählt, vgl. beispielsweise Merton (1980) sowie die Ausführungen in Kapitel 3.3.1. Mit diesem Vorgehen wird einem möglichen Errors-inVariables-Problem in der Betaschätzung entgegengetreten. Wie Aït-Sahalia/Mykland/Zhang (2005) gezeigt haben, gilt das Argument von Merton (1980) selbst im Fall von durch Mikrostruktureffekte verunreinigten Renditen.

4.3 Design der empirischen Studie

151

Spanne erwiesen.30 Es entspricht dem über einen gegebenen Zeitraum bestimmten Mittelwert des Verhältnisses von Absolutwert der Tagesrendite zu Handelsvolumen des Tages in Dollar und gibt somit die mittlere prozentuale absolute Kursveränderung pro Dollar Handelsvolumen wider. ILLIQ wird für jede Aktie i zu jedem Zeitpunkt t als der Durchschnitt über den vorausgehenden Monat bestimmt, d.h. über maximal 23 Handelstage.31 Je illiquider eine Aktie desto höher die Kursveränderung in Reaktion auf einen Kauf bzw. Verkauf dieser Aktie und desto höher folglich ILLIQ . Aufgrund eines Trends im Handelsvolumen weist ILLIQ einen deutlichen sinkenden Verlauf über die Zeit auf. Um den aus diesem Trend resultierenden Niveauunterschied von ILLIQ im Zeitablauf abzumildern, wird ILLIQ logarithmiert. Um zudem die Vergleichbarkeit der Untersuchungsergebnisse mit der deutschen Studie herzustellen, wird die gepoolte Verteilung des logarithmierten ILLIQ an die Verteilung des effektiven Spreads für den amerikanischen Markt angepasst.32 Diese Anpassungen haben keinen Einfluss auf die Signifikanzen der Variable in den nachfolgenden Modelltests. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird das logarithmierte und in Mittelwert und Standardabweichung angepasste ILLIQ -Maß mit ILLIQ * bezeichnet.

4.3.2 Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen 4.3.2.1 Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen für das deutsche Sample In Tabelle 4-1 sind deskriptive Statistiken für die exogenen Variablen im deutschen Untersuchungssample angegeben. In der zweiten Spalte wird der Mittelwert über die monatlich im Querschnitt bestimmten Mittelwerte der Größen berichtet. Die dritte Spalte gibt den Median der monatlichen Mittelwerte an. Die Standardabweichung der monatlichen Mittelwerte (vierte 30

31 32

Vgl. Goyenko/Holden/Trzcinka (2009) und Hasbrouck (2009). Im Unterschied zur relativen Spanne wird bei der Berechnung der effektiven Spanne nicht die Geld-Brief-Spanne in Relation zum Mittelwert der Geld-Brief-Spanne gesetzt, sondern die Differenz aus effektivem Transaktionspreis und Mittelwert der Geld-Brief-Spanne (im Betrag) in Relation zum effektiven Transaktionspreis (vgl. bspw. Chalmers/Kadlec (1998), S. 162 oder Chordia/Roll/Subrahmanyam (2000), S. 8). Da in den USA aufgrund der Organisation des Wertpapierhandels Transaktionen üblicherweise nicht wie in Deutschland zu Kursen der quotierten Spanne erfolgen, sondern häufig zu Kursen innerhalb dieser Spannen durchgeführt werden, ist die effektive Spanne besser geeignet, um die erwarteten Handelskosten der Investoren abzubilden, vgl. Petersen/Fialkowski (1994). Auch Acharya/Pedersen (2005) verwenden in ihrer Studie zum Test des Liquiditäts-CAPM das auf diese Weise berechnete Illiquiditätsmaß. Grundlage der Anpassung sind die Daten aus Chalmers/Kadlec (1998), S. 164ff. In ihrem Sample sind alle US-amerikanischen Aktien enthalten, die an Amex und NYSE zwischen 1983 und 1992 gehandelt werden. Es erfolgt eine Anpassung der Verteilung von ILLIQ an die dortige Verteilung der effektiven Spanne, welche einen Mittelwert von 1,185% und eine Standardabweichung von 1,145% besitzt. Auch Acharya/Pedersen (2005) verwenden das auf Basis von Tagesdaten eines Monats bestimmte Illiquiditätsmaß ILLIQ und nehmen anschließend eine Anpassung dieses Maßes an die Daten in Chalmers/Kadlec (1998) vor.

152

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Spalte) gibt Informationen über die Schwankungen der Mittelwerte im Zeitablauf, während der Mittelwert über die monatlichen Standardabweichungen (fünfte Spalte) Informationen über die durchschnittliche Variation in einem Zeitpunkt gibt. Tabelle 4-1:

Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen – Deutschland

Variable

Mittelwert monatlicher Mittelwerte

Median monatlicher Mittelwerte

Standardabweichung monatlicher Mittelwerte

Mittelwert monatlicher Standardabweichung

BETA

0,66213

0,68509

0,11368

0,33185

DR

0,01462

0,01549

0,00443

0,00963

SP

0,00782

0,00679

0,00292

0,00497

UR

0,09179

0,09680

0,01997

0,02968

B

0,01253

0,01157

0,00224

0,02025

A

19,8401

18,6287

7,55777

6,89733

Legende: Beta gibt den Betakoeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und die relative Geld-Brief-Spanne mit SP. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen.

Das durchschnittliche Beta der im deutschen Sample enthaltenen Aktien beträgt 0,66.33 Die durchschnittliche Dividendenrendite beträgt etwa 1,5% p.a. Die relative Geld-Brief-Spanne beträgt 0,8% im Mittel. Das unsystematische Risiko beträgt im Durchschnitt knapp 10%. Im Mittel macht ein Unternehmen etwas mehr als 1% am Markt aus und zwanzig Analysten verfolgen durchschnittlich ein Unternehmen.34 Man erkennt aus der zweiten und dritte Spalte der Tabelle, dass sich Mittelwert und Median nur unwesentlich unterscheiden, was darauf hindeutet, dass die Schiefe der Verteilungen kein Problem darstellt. Aus den Werten der vierten und fünften Spalte erkennt man, dass die exogenen Größen sowohl im Zeitablauf als auch im Querschnitt einer beträchtlichen Variation unterliegen. In Tabelle 4-2 sind die mittleren Korrelationen zwischen den exogenen Variablen berichtet. Zur Gewinnung dieser Werte sind zunächst in jedem Zeitpunkt aus dem Querschnitt der 33

34

Dieser auf den ersten Blick überraschend niedrige Wert erklärt sich aus der Tatsache, dass es sich hierbei um ein arithmetisches Mittel handelt, d.h. die Betas großer und kleiner Unternehmen gehen mit demselben Gewicht ein. Da in den Index die Aktien wertgewichtet eingehen, ist nur bei einer wertgewichteten Mittelung der Betas ein durchschnittliches Beta von Eins zu erwarten. Durch die Gleichgewichtung erhalten niedrig (hoch) kapitalisierte Aktien im Vergleich zum Index ein höheres (geringeres) Gewicht. Da im betrachteten Sample kleine Unternehmen geringere Betas aufweisen (vgl. nachfolgende Tabelle 4-2), ist das gleich gewichtete mittlere Beta kleiner als Eins. Eine entsprechende Korrelationen von Beta und Unternehmensgröße berichtet bspw. auch Stehle (1997), S. 249. Der über 1% liegende Durchschnittswert resultiert aus der Tatsache, dass nicht für alle Aktien des HDAX immer die benötigten Daten vorliegen, weshalb diese Aktien aus der Untersuchung ausgeschlossen werden mussten.

4.3 Design der empirischen Studie

153

Aktien die Korrelationen zwischen den betreffenden Größen geschätzt. Anschließend sind diese zeitpunktbezogenen Korrelationen über alle Zeitpunkte gemittelt.

Tabelle 4-2:

Korrelationsmatrix der erklärenden Variablen – Deutschland SP

UR

Variable

BETA

BETA

1

DR

- 0,20

1

SP

- 0,36

0,01

1

UR

0,04

- 0,25

0,46

1

B

0,48

- 0,04

- 0,48

- 0,39

1

A

0,38

- 0,05

- 0,46

- 0,32

0,49

DR

B

A

1

Legende: Beta gibt den Betakoeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und die relative Geld-Brief-Spanne mit SP. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen.

Die Tabelle zeigt teilweise deutliche Korrelationen zwischen den erklärenden Variablen. Allerdings sind die gefundenen Werte nicht so groß, dass ein Multikollinearitätsproblem bei der Schätzung der Modelle aus den Kapiteln 4.2.1 bis 4.2.4 auftreten könnte. Besonders stark sind die Korrelationen zwischen der Bedeutung des Unternehmens, der Anzahl der das Unternehmen verfolgenden Analysten und der Geld-Brief-Spanne des zugehörigen Aktienkurses. Die gefundenen Zusammenhänge entsprechen der ökonomischen Intuition: Die Aktien großer Unternehmen sind liquider als diejenigen kleiner Unternehmen. Auch werden große Unternehmen von einer größeren Anzahl von Analysten verfolgt als kleine Unternehmen. In Hinblick auf die nachfolgenden empirischen Modelltests sind die Korrelationen von Beta mit der Dividendenrendite sowie mit der relativen Spanne zu beachten. Aufgrund der vorliegenden negativen Korrelationen von Beta mit diesen beiden Variablen kann eine NichtBerücksichtigung der Dividendenrendite bzw. der relativen Spanne in der Schätzung des Standard-CAPM zu (negativ) verzerrten Schätzern für den Einfluss des Betarisikos führen.

4.3.2.2 Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen für das US-amerikanische Sample Tabelle 4-3 enthält die deskriptiven Statistiken der exogenen Variablen für die Unternehmen des S&P500. Analog zum deutschen Sample werden dort Mittelwert und Median der monatlichen Mittelwerte dargestellt sowie die Standardabweichung der monatlichen Mittelwerte als Maß der Zeitreihenvariation und der Mittelwert der monatlichen Standardabweichung als Maß der Querschnittsvariation aufgeführt. Das durchschnittliche Beta des US-amerikanischen

154

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Samples beträgt 0,93. Im Vergleich mit dem Sample des deutschen Kapitalmarkts in Tabelle 4-1 liegt dieser Mittelwert wesentlich näher am wertgewichteten Beta des Marktes in Höhe von Eins. Dies ist auf die deutlich geringere Korrelation zwischen Beta und relativer Marktkapitalisierung in Höhe von 0,10 für die Unternehmen des S&P500 im Vergleich zu 0,48 für die Unternehmen des HDAX (vgl. nachfolgende Tabelle 4-4 sowie Tabelle 4-2) zurückzuführen.35 Tabelle 4-3:

Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen – USA

Variable

Mittelwert monatlicher Mittelwerte

Median monatlicher Mittelwerte

Standardabweichung monatlicher Mittelwerte

Mittelwert monatlicher Standardabweichung

BETA

0,92963

0,93782

0,08193

0,37556

DR

0,02609

0,02479

0,00981

0,01940

ILLIQ *

0,01308

0,01485

0,00785

0,00862

UR

0,07854

0,07328

0,01719

0,02785

B

0,00226

0,00219

0,00021

0,00390

A

18,8987

18,8535

1,99711

7,83162

Legende: Beta gibt den Betakoeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und das Illiquiditätsmaß mit ILLIQ * . Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen.

Ebenso unterscheidet sich die durchschnittliche Dividendenrendite auf beiden Märkten innerhalb der jeweiligen Untersuchungszeiträume deutlich. Sie beträgt für die Unternehmen des S&P500 im Mittel 2,6%, während sie für die Unternehmen des HDAX lediglich 1,5% beträgt. Dieser Unterschied ist jedoch auf die divergierenden Zeiträume der beiden Samples zurückzuführen. So hat die mittlere Dividendenrendite im Unternehmensquerschnitt in den vergangenen Jahrzehnten deutlich abgenommen.36 Eine Ursache hierfür ist die Erhöhung des Anteils aller Unternehmen, welche keine Dividenden zahlen.37 Für das betrachtete USamerikanische Sample sinkt die Dividendenrendite von rd. 5,5% im Jahr 1981 auf rd. 1,5% im Jahr 2006. Wird die durchschnittliche Dividendenrendite für das US-amerikanische Sample für den Zeitraum des deutschen Samples von Dezember 1996 bis Oktober 2006 berechnet, so ergibt sich mit 1,7% ein dem deutschen Sample vergleichbarer Wert.

35

36

37

Auch Stehle (1997), S. 249, weist darauf hin, dass die auf dem deutschen Kapitalmarkt vorzufindende deutlich positive Korrelation von Marktkapitalisierung und Beta auf dem US-amerikanischen Markt nicht existiert. Vgl. hierzu Abbildung A-1 und Abbildung A-2 in Anhang A, welche die Entwicklung der Querschnittsmittelwerte der Dividendenrendite im Zeitablauf für die in dieser Arbeit betrachteten Unternehmensstichproben wiedergeben. Vgl. beispielsweise Fama/French (2001), S. 7.

4.3 Design der empirischen Studie

155

Der Mittelwert des Illiquiditätsmaßes ILLIQ * beträgt 0,013 und ist somit fast doppelt so hoch wie die mittlere relative Spanne für das deutsche Sample. Auch hier ist allerdings der unterschiedliche Betrachtungszeitraum der beiden Studien zu beachten, denn auch die mittlere Illiquidität im Unternehmensquerschnitt besitzt einen fallenden Trend. Bildet man den Mittelwert von ILLIQ * über die Zeitspanne Dezember 1996 bis Oktober 2006, so beträgt dieser rd. 0,005 und liegt nur leicht oberhalb des Mittelwertes der halben Spanne für Deutschland in Höhe von rd. 0,004. Das unsystematische Risiko hat eine mittlere Höhe von rund 8% und ist somit im Vergleich zu Deutschland etwas geringer. Im Mittel macht innerhalb des USamerikanischen Samples ein Unternehmen etwas mehr als 0,2% am Markt aus38 und neunzehn Analysten verfolgen durchschnittlich ein Unternehmen. Wie für das deutsche Sample besteht auch hier nur ein geringer Unterschied von Mittelwert und Median bei den erklärenden Variablen. Die Spalten vier und fünf in Tabelle 4-3 zeigen eine deutliche Schwankungsbreite der exogenen Größen sowohl im Längs- als auch im Querschnitt. Bezüglich des Beta und des unsystematischen Risikos sind die Größenordnungen vergleichbar zum deutschen Markt. Die Dividendenrendite besitzt sowohl im Zeitablauf mit 1% als auch im Querschnitt mit 2% eine deutlich stärkere Variation als im deutschen Sample. Auch die Variation des Illiquiditätsmaßes ist höher. Für beide vorgenannten exogenen Größen gilt, dass ihre Schwankungsmaße für das US-amerikanische Sample rund doppelt so hoch sind wie für das deutsche Sample. Zu berücksichtigen beim Vergleich der Variation der exogenen Größen ist jedoch insbesondere in Hinblick auf die zeitliche Variation, dass der Untersuchungszeitraum für den S&P500 mehr als doppelt so viele Jahre umfasst wie der Untersuchungszeitraum für den HDAX. Die relative Unternehmensgröße B besitzt für das US-amerikanische Sample eine dem deutschen Sample vergleichbare Variation.39 Bezüglich der Anzahl an Analysten, welche ein 38

39

Wie innerhalb des deutschen Samples ergibt sich der leicht oberhalb (des bei 500 Mitgliedsunternehmen des Indexes zu erwartenden Anteils) von 0,2% liegende Wert durch die Unvollständigkeit der benötigten Daten, weshalb einige Aktien aus der Untersuchung ausgeschlossen werden mussten. Der Mittelwert der mittleren Marktkapitalisierung im Unternehmensquerschnitt beträgt 11,3 Mrd. $. Dabei steigt der Querschnittsmittelwert der Marktkapitalisierung im Untersuchungszeitraum deutlich an. Zu Beginn der Untersuchung im Dezember 1981 liegt er für die Unternehmen des S&P500 bei 2,1 Mrd. $ und steigt bis zum Oktober 2006 auf 25,9 Mrd. $ an. Die mittlere Marktkapitalisierung hat für das deutsche Sample im Dezember 1996 eine Höhe von 4,4 Mrd. € und erhöht sich bis Oktober 2006 auf einen Wert von 12,4 Mrd. €. Der Mittelwert der Querschnittsmittelwerte über den Untersuchungszeitraum beträgt für Deutschland 9,7 Mrd. €. So beträgt das Verhältnis der mittleren Querschnittsstandardabweichung zum Mittelwert der Mittelwerte für das US-amerikanische Sample 1,73, während es für das deutsche Sample 1,61 beträgt. Die Variation von B im Längsschnitt (in Relation zum Mittelwert der Mittelwerte) ist für das deutsche Sample höher als für das US-amerikanische Sample (D: 0,18 zu USA: 0,09). Dies ist darauf zurückzuführen, dass im deutschen Sample die Anzahl der im Querschnitt betrachteten Unternehmen aufgrund geringerer Datenverfügbarkeit etwas stärker schwankt als für das US-Sample, was sich in den relativen Gewichten niederschlägt. Wird nicht die Schwankung der relativen, sondern der absoluten Unternehmenswerte betrachtet, so gibt das Verhältnis die höhere Längsschnittsvariation für das (deutlich längere) US-amerikanische Sample wider (D: 0,35 zu USA: 0,71).

156

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Unternehmen verfolgen, ist die Querschnittsvariation mit 7,8 ebenfalls vergleichbar zu der von Deutschland mit 6,9. Auffallend ist die für Amerika deutlich geringere Schwankung der mittleren Analystenanzahl im Zeitablauf. Mit einem Wert von 2 beträgt diese nur rund ein Viertel der Vergleichsgröße für Deutschland. Dies ist insbesondere auf den deutlich stärkeren Rückgang der mittleren Anzahl an Analystenschätzungen innerhalb des deutschen Samples im Bärenmarkt der Jahre 2001 und 2002 zurückzuführen.40 Tabelle 4-4 enthält die mittleren Querschnittskorrelationen zwischen den exogenen Variablen. Die Korrelationen besitzen eine sehr ähnliche Größenordnung wie innerhalb des deutschen Samples. Dies gilt auch für die paarweisen Korrelationen der Dividendenrendite DR mit den drei Variablen Illiquidität ILLIQ* , relative Unternehmensgröße B und Analystenanzahl A , die zwar ein umgekehrtes Vorzeichen im Vergleich zum deutschen Sample besitzen, jedoch sind die Korrelationen wie innerhalb des deutschen Samples sehr schwach (positiv oder negativ). Bezüglich der Stärke der Korrelationen bestehen nur für das systematische und das unsystematische Risiko untereinander sowie auch jeweils mit den anderen exogenen Variablen Niveauunterschiede. So ist BETA mit UR deutlich stärker positiv korreliert als innerhalb des deutschen Samples, wohingegen die Korrelationen von BETA mit B bzw. A deutlich geringer positiv sind. Die Korrelation von BETA mit DR ist etwas stärker negativ, während die Korrelation von BETA mit ILLIQ* etwas geringer negativ ist. Hinsichtlich dieser beiden letztgenannten, negativen Korrelationen von BETA ist wie für das deutsche Sample das Problem des potentiell negativ verzerrten Koeffizientenschätzers für BETA im StandardCAPM aufgrund der Vernachlässigung bewertungsrelevanter Variablen zu berücksichtigen. In Analogie zum deutschen Sample besteht die der ökonomischen Intuition entsprechende starke Korrelation zwischen der Bedeutung des Unternehmens, der Analystenanzahl und der Illiquidität der zugehörigen Aktie.41 40

41

Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996) führen eine Querschnittsstudie bezüglich der Determinanten erwarteter Renditen für den Zeitraum Januar 1977 bis Dezember 1989 durch. Sie betrachten ein Sample an der NYSE gehandelter Aktien, welches neben Aktien des S&P500 auch weitere, kleinere Aktien umfasst, was der Vergleich des gepoolten Mittelwertes der Marktkapitalisierung von 1,3 Mrd. bzw. des Medians von 0,4 Mrd. Dollar (vgl. Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996), S. 168) mit Mittelwert und Median der vorliegenden Studie für den Zeitraum Dezember 1981 bis Dezember 1989 in Höhe von 3,8 Mrd. bzw. 2,0 Mrd. widerspiegelt. Analoges gilt für die Analystenanzahl mit Mittelwert 10 (Vergleichswert der vorliegenden Studie 20,2), Median 8 (20) und Standardabweichung 8,3 (8,2), für die Dividendenrendite mit Mittelwert 4,3% (3,5%), Median 3,6% (3,1%) und Standardabweichung 8,9% (2,6%). Bezüglich der Ergebnisse der Studie von Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996) vergleiche Tabelle C-2 in Anhang C. Die Korrelationen der unabhängigen Variablen sind hinsichtlich Vorzeichen und Höhe vergleichbar zu denen in Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996), S. 169. So ist die Unternehmensgröße deutlich positiv mit der Analystenanzahl sowie deutlich negativ mit dem Illiquiditätsmaß korreliert. Weiterhin sind die Korrelationen der Dividendenrendite mit der Unternehmensgröße sowie mit der Analystenanzahl geringfügig positiv sowie von Dividendenrendite mit Illiquiditätsmaß schwach negativ. Auch die deutlich negative Korrelation von Analystenanzahl und Illiquiditätsmaß wird in Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996) berichtet.

4.3 Design der empirischen Studie Tabelle 4-4:

157

Korrelationsmatrix der erklärenden Variablen – USA ILLIQ *

UR

Variable

BETA

BETA

1

DR

-0,39

1

ILLIQ *

-0,16

-0,05

1

UR

0,44

-0,46

0,28

1

B

0,10

0,06

-0,64

-0,26

1

A

0,15

0,03

-0,60

-0,10

0,42

DR

B

A

1

Legende: Beta gibt den Betakoeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und das Illiquiditätsmaß mit ILLIQ * . Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen.

4.3.3 Schätzverfahren Die Tests der Kapitalmarktmodelle werden unter Verwendung zweier alternativer Schätzverfahren durchgeführt. Zunächst wird das zweistufige Vorgehen nach Fama/MacBeth (1973) angewendet, daran anschließend werden die Modelle alternativ mit der Methodik der gepoolten Regression getestet. Das Verfahren von Fama/MacBeth (1973) ist das standardmäßig für die Durchführung von Kapitalmarktmodelltests verwendete Verfahren42 und besitzt bereits eine lange Historie.43 In jüngerer Zeit wird als alternativer Ansatz das Verfahren der gepoolten Regression verwendet.44 In Bezug auf die Wahl des Schätzverfahrens muss auch die Problematik bezüglich der Schätzung von Beta betrachtet werden. So bringt die Schätzung des Betafaktors das bereits unter 4.3.1.1 angesprochene Errors-in-Variables Problem mit sich. Um diesem Problem zu begegnen, wurden in der Literatur verschiedene Ansätze vorgeschlagen, wie beispielsweise die Bildung von Wertpapierportfolios für die präzisere Schätzung von Beta.45 Alternativ 42 43

44 45

Vgl. Shanken/Zhou (2007) und Petersen (2009). Vgl. z.B. Banz (1981), Bhandari (1988), Fama/French (1992) und Chan/Jegadeesh/Lakonishok (1996), Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996). Fama/MacBeth (1973) entwickelten dieses Schätzverfahren, um Schätzproblemen aufgrund von Autokorrelation in den Residuen bei dem bis zu diesem Zeitpunkt standardmäßig verwendeten Verfahren der einmaligen Querschnittsregression zu begegnen, vgl. Fama/French (2004). Bei diesem Ansatz wird lediglich eine Querschnittsregression von durchschnittlichen Renditen aller Wertpapiere auf deren zugehörige Betaschätzer durchgeführt. Vgl. z.B. Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996) und Subrahmanyam (2005). Vgl. beispielsweise Black/Jensen/Scholes (1972), Blume/Friend (1973) oder Fama/MacBeth (1973) sowie die kritische Beurteilung dieser Portfoliobildung durch bspw. Roll (1977) und Lo/MacKinlay (1990). Die in der Literatur diskutierten Nachteile der Portfoliobildung können wie folgt zusammengefasst werden: (i) Durch eine Portfoliobildung geht die Variation in den Variablen zurück und damit gehen aktienindividuelle Informationen verloren [Fama/French (1992)], so dass es leichter ist, signifikante Einflüsse zu finden [Roll (1977)]. (ii) Die Art der Portfoliobildung kann einen Einfluss auf die Ergebnisse besitzen [(Lo/MacKinlay (1990)], weshalb der Portfolioansatz anfällig ist für Data-Snooping [Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996)]. (iii) Die Anzahl der Portfolios wächst exponentiell mit der

158

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

schlagen Litzenberger/Ramaswamy (1979) und (in einer Verallgemeinerung) Shanken (1992) eine Korrektur der Standardfehler zur Behebung einer Verzerrung des geschätzten Einflusses von Beta vor.46 Schließlich kann dem Problem der Schätzfehler in Beta auch durch eine Erhöhung der für die Betaschätzung verwendeten Datenfrequenz begegnet werden.47 Dann kann auf eine Portfoliobildung, welche die Probleme der Beseitigung von Querschnittsvariation sowie des „Data-Snooping Bias“ aufgrund der strategischen Wahl der Kriterien zur Portfoliosortierung mit sich bringt, verzichtet werden. Dieser Ansatz wird in der vorliegenden Arbeit gewählt (vgl. Kapitel 4.3.1.1). Die nachfolgenden empirischen Tests werden also für Einzelaktien entsprechend des Schätzverfahrens nach Fama/MacBeth (1973) unter Verwendung einer erhöhten Datenfrequenz zur Schätzung der Unternehmensbetas durchgeführt. Die Ergebnisse der zudem durchgeführten gepoolten Regressionen können als Stabilitätsuntersuchung hinsichtlich des verwendeten Schätzverfahrens nach Fama/MacBeth (1973) gesehen werden. Im Folgenden sollen beide Verfahren kurz dargestellt werden. Im Schätzansatz nach Fama/MacBeth (1973) wird für jede Periode des Untersuchungszeitraums eine Querschnittsregression des Typs

Eic,t Ot  H i ,t

Pˆ r ,i ,t

mit i 1, 2,..., N für jede Periode t ,

(4.15)

durchgeführt.48 Dabei bezeichnet Pˆ r ,i ,t den Schätzer der erwarteten Überrendite von Aktie i für Periode t .49 Der (( M  1) u1) -Vektor Ei ,t

(1, E1,t ,..., E M ,t )c enthält neben einer Konstanten

die Ausprägungen der M Variablen von Unternehmen i für Periode t , welche die Höhe der erwarteten Überrendite determinieren. Die Anzahl und Art dieser unabhängigen Variablen variiert

Ot

über

die

verschiedenen

Varianten

des

CAPM.

Der

(( M  1) u1) -Vektor

(O0 , O1 ,..., OM )c beschreibt die Regressionskoeffizienten der Konstanten sowie der M

unabhängigen Variablen.50 Die Variable H i ,t ist der Fehlerterm für Aktie i in Periode t . Die Durchführung der Kleinstquadrateschätzung über den Querschnitt von N Unternehmen in Periode t führt zu folgendem Schätzwert für den Vektor der Regressionskoeffizienten:

46 47 48 49

50

Anzahl der erklärenden Variablen, wodurch schon bei einer geringen Anzahl von Variablen, nach denen sortiert wird, einzelnen Portfolio möglicherweise keine Aktien mehr zugeordnet werden können [Bauer/Pavlov/Schotman (2005)]. Vgl. hierzu auch Shanken/Zhou (2007). Vgl. hierzu Kapitel 4.3.1.1 sowie Merton (1980) und Aït-Sahalia/Mykland/Zhang (2005). Die nachfolgenden Darstellungen der Schätzverfahren sind angelehnt an Cochrane (2005), S. 229ff. Traditionell wird im Test von Kapitalmarktmodellen für diesen Schätzer die realisierte Überrendite der Periode t verwendet. Die Regressionskoeffizienten der M unabhängigen Variablen geben somit die Höhe der geschätzten Risikoprämien bzw. der Renditezuschläge für die Charakteristika eines Unternehmens wider.

4.3 Design der empirischen Studie

Oˆt

1 EtcEt EtcPˆ r ,t .

159 (4.16)

Dabei bezeichnet Pˆ r ,t den ( N u1) -Vektor der Schätzer für die erwarteten Überrenditen der N

betrachteten Wertpapiere. Die Variable E t beschreibt eine ( N u ( M  1)) -Matrix, deren N Zeilen als Einträge die (1u ( M  1)) -Vektoren Ei ,tc für alle Unternehmen i 1,..., N für die Periode t enthalten. Die Kleinstquadrateschätzungen werden für alle T Perioden durchgeführt. Den letztendlichen Schätzwert eines jeden Regressionskoeffizienten O j erhält man durch Mittelung der Schätzwerte aller einzelnen Perioden:

Oˆ j

1 T ˆ ¦ O j ,t T t1

für j

0,1,..., M .

(4.17)

Unter Berechnung der t-Statistiken aller unabhängigen Variablen,

tj

Oˆ j Vˆ j

T

für j

0,1,..., M ,

(4.18)

wird die statistische Signifikanz der Einflüsse der M unabhängigen Variablen sowie der Konstanten der Regressionen überprüft. Eine Korrektur für Autokorrelation und Heteroskedastie des Schätzers der Standardabweichung, Vˆ j , erfolgt entsprechend des Verfahrens nach Newey/West (1987).51 Bei der Durchführung der Modelltests unter Anwendung des Verfahrens der gepoolten Regression wird lediglich eine einzige Regression über das hinsichtlich Längs- und Querschnitt zusammengefasste Sample durchgeführt. Die Struktur des Vektors der Regressionskoeffizienten entspricht der unter (4.16). Der einzige Unterschied besteht nun darin, dass die Vektoren der Charakteristika und der erwarteten Überrenditen über Längs- und Querschnitt gepoolt sind. Die Panelstruktur der Daten wird durch eine Anpassung der Standardfehler der geschätzten Koeffizienten mittels der Methode der Panel Corrected Standard Errors (PCSE) berücksichtigt.52

51 52

Vgl. Shanken (1992), S. 12. Vgl. Beck/Katz (1995).

160

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Abschließend sei angemerkt, dass für den Fall, dass die Unternehmenscharakteristika zeitinvariant sind, d.h. E i ,t

Ei , und die Fehlerterme H i ,t zwar im Querschnitt jedoch nicht über die

Zeit korreliert sind, die Schätzer und Standardfehler des Verfahrens nach Fama/MacBeth (1973) und die der über Längs- und Querschnitt gepoolten Regression für ein Sample mit im Querschnitt konstanter Beobachtungsanzahl übereinstimmen.53 Variieren die Charakteristika über die Zeit, wie es für die betrachteten Samples der Fall ist, so weichen die Ergebnisse der beiden Schätzverfahren voneinander ab. Dies liegt darin begründet, dass bei der Durchführung von mehreren Querschnittsregressionen im Zeitablauf beim Fama/MacBeth-Verfahren der zeitliche Zusammenhang der Variablen nicht berücksichtigt wird.54 Während im Rahmen der gepoolten Regressionen eine Korrektur der Standardfehler der geschätzten Koeffizienten für Korrelationen der Fehlerterme im Längsschnitt mittels PCSE erfolgt, wird im Rahmen des Fama/MacBeth-Ansatzes eine Korrektur der Standardfehler der geschätzten Koeffizienten für Längsschnittkorrelation nach Newey/West (1987) durchgeführt. Geringfügig variierende geschätzte Korrelationsstrukturen, welche den beiden Regressionsansätzen zugrunde liegen, können so leichte Abweichungen der Ergebnisse der beiden Ansätze zur Folge haben. Für die vorliegende Arbeit resultieren leichte Ergebnisunterschiede zudem daher, dass die Beobachtungsanzahl der betrachteten Untersuchungssamples im Zeitablauf geringfügig variiert. So erhalten Beobachtungen aus Perioden mit einer geringeren Beobachtungsanzahl im Fama/MacBeth-Ansatz ein höheres Gewicht als die Beobachtungen der übrigen Perioden, während in der gepoolten Regression alle Beobachtungen das gleiche Gewicht besitzen.

4.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

In diesem Kapitel erfolgt der Test der Hypothesen des Abschnitts 4.2 für den deutschen Aktienmarkt. Zunächst werden in Abschnitt 4.4.1 die Ergebnisse der Untersuchungen unter Verwendung realisierter Renditen, wie es bisher in der Literatur üblich ist, berichtet. Abschnitt 4.4.2 enthält dann die Ergebnisse von Tests, bei denen die erwarteten Renditen entsprechend der Ausführungen in Kapitel 2.3 ermittelt sind. Nachfolgend werden im analog aufgebauten Kapitel 4.5 die Ergebnisse des US-amerikanischen Untersuchungssamples berichtet.

53

Vgl. Cochrane (2005), S. 249. In diesem Fall entspricht der Kleinstquadrateschätzer der gepoolten Regression, OˆOLS , dem Schätzer des Fama/MacBeth-Verfahren, OˆFM : T 1 T ˆ ¦ OFM ,t T t1 T t1 Vgl. Cochrane (2005), S. 250.

OˆOLS

54

1 1 E cE E c ¦ Pˆ r ,t

OˆFM .

4.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

161

4.4.1 Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen Betrachtet man die Ergebnisse aus Tabelle 4-5, so erkennt man unmittelbar, dass keines der vier Modelle durch die Daten gestützt wird.55 In der ersten Spalte sind in Klammern die aus der Theorie erwarteten Vorzeichen der Koeffizienten angegeben. So sollte Beta einen positiven Einfluss besitzen, besitzt aber tatsächlich in keiner Modellspezifikation einen signifikant positiven Einfluss. Auch bezüglich der Dividendenrendite, die im Steuer-CAPM (Spalte 3) neben Beta einen positiven Einfluss besitzen sollte, zeigen sich keine signifikanten Ergebnisse.56 Dies gilt ebenso für das Liquiditäts-CAPM (Spalte 4), indem weder Beta noch die Spanne einen signifikanten Einfluss besitzen. Im CAPM mit unvollständigen Informationen (Spalte 5) ist der Einfluss des unsystematischen Risikos im Widerspruch zur Theorie signifikant negativ und der Einfluss der Bekanntheit des Unternehmens entgegen der Theorie signifikant positiv.57 Die durchschnittliche Erklärungsgüte variiert zwischen 4,5% für das Standard-CAPM und knapp 9% für das Merton-CAPM.58 Führt man die Modelltests unter Verwendung realisierter Renditen mit gepoolten Regressionen durch (Tabelle C-3 in Anhang C), so ergeben sich qualitativ gleichwertige Ergebnisse. Im Steuer-CAPM wird der Einfluss der Dividendenrendite signifikant positiv. Der geschätzte Koeffizient in Höhe von 4,94 ist jedoch ökonomisch unplausibel, da er einen Steuersatz auf Dividendeneinkünfte größer als 100% impliziert.59 Außerdem fällt auf, dass die Erklärungsgüte der Modelle extrem niedrig ist. Sie liegt im Maximum bei 0,29 %. Die gefundenen Ergebnisse sind konsistent mit den Resultaten anderer Studien zum deutschen Kapitalmarkt. Auch dort werden die theoretischen Modelle durch die Daten im Wesentlichen nicht gestützt. Weder Möller (1988), Warfsmann (1993), Oertmann (1994), Ulschmid (1994), Schlag/Wohlschieß (1997) noch Bunke/Sommerfeld/Stehle (1999) oder Wallmeier (2000) finden einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen erwarteter Rendite und Beta. Elsas/El-Shaer/Theissen (2003) können einen solchen Zusammenhang nur nachweisen, wenn

55 56 57

58

59

Die abhängige Variable ist die annualisierte monatliche Rendite. Bei dem Test des Steuer-CAPM wurde berücksichtigt, dass sich die Besteuerung von Dividenden im Untersuchungszeitraum geändert hat. Im Januar 2002 wurde das Halbeinkünfteverfahren eingeführt. Wird das CAPM von Merton (1987) in der linearen Modellspezifikation mi ,t D 0  D1 Betai ,t  D 2URi ,t  D 3 Bi ,t  D 4 Ai ,t  H i ,t getestet, so ist lediglich der Einfluss der Bekanntheit auf dem 5%-Niveau signifikant positiv. Das R 2 besitzt somit eine vergleichbare Höhe wie in anderen CAPM-Tests für den deutschen Kapitalmarkt. So hat die Erklärungsgüte im Test des Standard-CAPM für den Zeitraum 1968 bis 2002 von Schulz (2006) eine Höhe von 0,0311, bei einem ebenfalls insignifikanten Einfluss von Beta. Ihr Test des Steuer-CAPM für denselben Zeitraum besitzt ein R 2 in Höhe von 0,0466. Der Test des Standard-CAPM in Wallmeier (2000) besitzt bei einem insignifikanten Einfluss von Beta ein R 2 von 0,0230. Der Koeffizient entspricht im Modell der durch Eins weniger dem Steuersatz auf Kapitalgewinne geteilten Differenz aus dem Steuersatz auf Dividendeneinkünfte und dem Steuersatz auf Kapitalgewinne.

162

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

sie zwischen steigenden und fallenden Märkten unterscheiden.60 König (1990) findet im Rahmen des Steuer-CAPM einen signifikant positiven Einfluss der Dividendenrendite, jedoch ist der für Beta gefundene Einfluss signifikant negativ. Tabelle 4-5:

Konstante

BETA (+)

Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen – Deutschland CAPM

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

CAPM mit unvollständigen Infos

0,1139

0,0649

0,2092

0,2260

(1,77)*

(0,86)

(2,78)***

(3,26)***

-0,0458

-0,0358

-0,0842

-0,0532

(-0,58)

(-0,46)

(-1,09)

( -0,61)

3,1254

DR (+)

(1,56) -17,5317

SP (+)

(-1,19) 548,6404

SP 2 (-)

(0,57) -1,8431

UR (+)

(-1,93)* 0,1741

B ˜ UR (+)

( 0,01) 0,0563

A ˜ UR (-)

R

2

(1,90)* 0,0452

0,0625

0,0652

0,0870

Legende: In der ersten Spalte sind neben dem adjustierten R2 als Maß der Erklärungsgüte (R2) die erklärenden Variablen mit den gemäß Theorie zu erwarteten Richtungen des Einflusses angegeben. Beta gibt den Betakoeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und die relative Geld-Brief-Spanne mit SP. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

60

Bei Verwendung des konditionalen Ansatzes von Elsas/El-Shaer/Theissen (2003) finden sich für den in dieser Arbeit verwendeten Datensatz in steigenden Märkten ein auf dem 5%-Niveau signifikant positiver und in fallenden Märkten ein auf dem 1%-Niveau signifikant negativer Einfluss von Beta.

4.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

163

4.4.2 Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen In diesem Abschnitt werden die Hypothesen nun auf Basis erwarteter Renditen, welche gemäß den Ausführungen in Kapitel 2.3 aus Analystenschätzungen mittels des Residual Income Modells abgeleitet sind, getestet.61 Zunächst werden in Kapitel 4.4.2.1 die zentralen Ergebnisse dieser Tests präsentiert, bevor in Kapitel 4.4.2.2 deren Stabilität überprüft wird.

4.4.2.1 Zentrale Ergebnisse In Tabelle 4-6 finden sich die Ergebnisse der Modellschätzungen unter Verwendung des Fama/MacBeth-Verfahrens. Die Ergebnisse für das Standard-CAPM in der zweiten Spalte zeigen, dass dieses Modell durch die Daten nicht gestützt wird. Berücksichtigt man Beta als alleinige erklärende Variable, so besitzt diese keinen signifikanten Einfluss auf die erwarteten Renditen. Die Erklärungsgüte des Modells ist entsprechend niedrig. Berücksichtigt man zusätzlich zu Beta noch die Dividendenrendite (Spalte 3), so besitzt nicht nur die Dividendenrendite einen der Hypothese entsprechenden signifikanten Einfluss, auch der Einfluss von Beta wird nun signifikant positiv.62 Bei Unterstellung eines Steuersatzes von 0% auf Kursgewinne liegt der von den Ergebnissen implizierte Steuersatz jedoch bei einer unplausiblen Höhe von 100%.63 Die vierte Spalte von Tabelle 4-6 zeigt, dass die Daten das Liquiditäts-CAPM in seiner linearen Spezifikation stützen. Beta besitzt einen signifikant positiven Einfluss auf die erwartete Rendite, ebenso wie die Geld-Brief-Spanne. Für einen nichtlinearen Einfluss der Illiquidität, d.h. einen konvexen Zusammenhang wie in Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) bzw. einen konkaven Zusammenhang wie in Amihud/Mendelson (1986), der über die quadrierte Geld-Brief-Spanne in der Schätzung berücksichtigt wird, findet sich hingegen keine empirische Evidenz. Der geschätzte Koeffizient der Geld-Brief-Spanne impliziert, dass 61

62

63

Wie in Kapitel 2.3 ausgeführt, wird bei der Bestimmung der erwarteten Rendite unterstellt, dass die erwarteten Residualgewinne nach Jahr t  5 ein reales Wachstum von 0 besitzen, d.h. die langfristige Wachstumsrate wird der Inflationsrate gleichgesetzt. Alternativ wurde die erwartete Rendite auch für die Annahme eines nominalen Wachstums von 0 nach Jahr t  5 bestimmt und für die nachfolgenden CAPM-Tests verwendet. Da die Ergebnisse sich qualitativ nicht von den im vorliegenden Kapitel berichteten Ergebnissen unterscheiden, wird auf deren Darstellung verzichtet. Die Nicht-Berücksichtigung relevanter Variablen („Omitted Variables“) führt zu verzerrten Schätzern für die Einflüsse berücksichtigter Variablen. Wird bspw. im Standard-CAPM eine bewertungsrelevante Variable nicht berücksichtigt, so gilt für den (fehlerhaft) geschätzten Koeffizienten des Beta: Stdt ( X ) D1,geschätzt D1,wahr  D 2,t U Beta , X , wobei X die nicht berücksichtigte relevante Variable bezeicht t Stdt ( Beta ) net. Wie aus Tabelle 4-2 bekannt, sind Beta und Dividendenrendite mit -0,20 miteinander korreliert. Die Vernachlässigung der Dividendenrendite im Standard-CAPM führt somit zu einem nach unten verzerrten Koeffizientenschätzer für Beta. Das analoge Argument gilt im Vergleich von Standard- und Liquiditäts-CAPM. Einen signifikanten Einfluss der Dividendenrendite, welcher einen Steuersatz von über 100% impliziert, finden unter Verwendung der realisierten Rendite als Proxy der erwarteten Rendite auch Naranjo/Nimalendran/Ryngaert (1998), S. 2041ff.

164

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

eine Erhöhung der Spanne um einen Prozentpunkt mit einer um 1,59 Prozentpunkte höheren erwarteten Rendite p.a. einhergeht.

Tabelle 4-6:

Konstante

BETA (+)

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen – Deutschland CAPM

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

CAPM mit unvollständigen Infos

0,0465

0,0285

0,0292

0,0393

(23,67)***

(12,58)***

(7,93)***

(8,87)***

0,0011

0,0070

0,0095

0,0125

(0,52)

(4,31)***

(3,89)***

(4,34)***

1,0047

DR (+)

(19,13)*** 1,5922

SP (+)

(3,27)*** -25,8047

SP 2 (-)

(-1,27) 0,0091

UR (+)

(0,25) -2,7615

B ˜ UR (+)

(-6,76)*** 0,0001

A ˜ UR (-)

R

2

(0,08) 0,0119

0,1084

0,0330

0,0505

Legende: In der ersten Spalte sind neben dem adjustierten R2 als Maß der Erklärungsgüte (R2) die erklärenden Variablen mit den gemäß Theorie zu erwarteten Richtungen des Einflusses angegeben. Beta gibt den Betakoeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und die relative Geld-Brief-Spanne mit SP. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Zusätzlich wurde das Liquiditäts-CAPM auch unter Berücksichtigung stochastischer Liquidität geschätzt, wie es von Kempf (1999), Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) und

4.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

165

Acharya/Pedersen (2005) vorgeschlagen wurde.64 Hierbei zeigt sich, dass Beta und das Niveau der Geld-Brief-Spanne weiterhin einen positiven Einfluss besitzen. Die drei zusätzlichen Liquiditätsbetas, die das Liquiditätsrisiko abbilden, besitzen dagegen nur einen geringen Einfluss auf die erwartete Rendite. Lediglich eines der Liquiditätsbetas, RiLm , ist der Theorie entsprechend auf dem 1%-Niveau signifikant von Null verschieden.65 Das R2 der Regression erhöht sich durch die Berücksichtigung der Liquiditätsbetas nur ganz geringfügig. Die Ergebnisse legen die Vermutung nahe, dass auch die Begrenztheit des Samples das Auffinden von signifikanten Einflüssen bei dieser feinen Aufgliederung der Effekte der Illiquidität erschwert, weshalb ein Test des CAPM bei stochastischer Liquidität für das umfangreichere US-Sample erfolgversprechender erscheint. Die letzte Spalte von Tabelle 4-6 enthält die Testergebnisse für das CAPM nach Merton (1987). Es zeigt sich, dass dieses Modell für den deutschen Datensatz nicht gestützt wird. Lediglich der Einfluss des Beta auf die erwartete Rendite ist entsprechend der Theorie signifikant positiv.66 Der geschätzte Koeffizient impliziert eine Marktrisikoprämie in Höhe von 1,25% p.a. Die Bedeutung des Unternehmens, welche über die relative Marktkapitalisierung gemessen wird, besitzt einen signifikant negativen Zusammenhang mit der erwarteten Rendite. Dieses Ergebnis steht in Widerspruch zur Theorie von Merton (1987). Es stützt hingegen den empirisch oft vorgefundenen Size-Effekt.67 Die Erklärungsgüte der Modelle variiert zwischen 1 % (Standard-CAPM) und 11 % (Steuer-CAPM).68 64

65

66

67

68

Die Schätzer der vier Betas, RiRmi ,t , LiLmi ,t , RiLmi ,t und LiRmi ,t , die für die Implementierung des Modells entsprechend Gleichung (4.11) benötigt werden, werden unter Verwendung der Daten über die relative Geld-Brief-Spanne geschätzt, welche wie in Kapitel 4.3.1.1 beschrieben als Maß für das Illiquiditätsniveau verwendet wird. Es wird eine (mittlere) monatliche Handelsfrequenz der Wertpapiere unterstellt, weshalb der illiquiditätsbedingte monatliche Renditeabschlag der Höhe der Geld-Brief-Spanne geteilt durch 21 (Handelstage) entspricht. Die (handels-)täglichen Illiquiditätskosten des Marktes werden als gleich gewichtetes Mittel der Illiquiditätskosten der einzelnen Wertpapiere des Unternehmensquerschnitts ermittelt. Ein analoges Vorgehen wählen bspw. auch Amihud (2002) oder Acharya/Pedersen (2005). Die Ergebnisse des Modelltests finden sich in Anhang C in Tabelle C-4. RiLm besitzt auch im Test des Liquiditäts-CAPM mit stochastischer Liquidität unter Verwendung realisierter Renditen einen signifikant negativen Einfluss. Es ist dort die einzige Variable mit einem der Theorie entsprechenden Einfluss. Die Ergebnisse werden nicht berichtet. Erstmalig berichtet wurde ein signifikanter Einfluss der Kovarianz der Wertpapierrendite mit der Marktliquidität auf die Wertpapierrendite von Pastor/Stambaugh (2003). Diese berücksichtigen in ihrer Untersuchung jedoch nicht gleichzeitig das Niveau der Illiquidität. Im Gegensatz zu Arbeiten, welche Beta „totgesagt“ haben, deutet der signifikante Einfluss von Beta in allen betrachteten Erweiterungen des Standard-CAPM vielmehr darauf hin, dass dies für das StandardCAPM anstatt für Beta gilt. Auch in der linearen Modellspezifikation (vgl. Fußnote 57) besitzen nur das systematische Risiko und die Bedeutung des Unternehmens einen signifikanten Einfluss. Die Vorzeichen der geschätzten Koeffizienten stimmen mit denen der nichtlinearen Spezifikation überein. Die Erklärungsgüte ist vergleichbar der anderer Studien unter Verwendung implizit erwarteter Renditen auf Einzelaktienbasis. Vergleiche hierzu beispielsweise Friend/Westerfield/Granito (1978), welche das CAPM unter Verwendung implizit erwarteter Renditen aus einem Dividendenbarwertmodell testen oder Campello/Chen/Zhang (2008), welche es unter Verwendung von implizit aus Zinsspreads von Unternehmensanleihen ermittelten erwarteten Renditen testen. Lee/Ng/Swaminathan (2008) bestimmen die implizit erwartete Renditen von Einzelaktien entsprechend dem in der vorliegenden Arbeit verwendeten Vorgehen von Claus/Thomas (2001) und berichten für den Test eines internationalen CAPM ein adjus-

166

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Die Konstante der Regression ist für alle CAPM-Varianten signifikant positiv. Aufgrund der vielfach vorgefundenen empirischen Evidenz für eine systematische Überschätzung von erwarteten Gewinnen durch Analysten69 kann dies auf eine daraus resultierende Überschätzung des Niveaus der erwarteten Rendite zurückgeführt werden. Eine andere Erklärung für die Signifikanz der Konstante ist die mögliche Vernachlässigung bewertungsrelevanter Variablen in den betrachteten CAPM-Varianten. Die Ergebnisse der Modelltests bei Durchführung gepoolter Regressionen auf Basis der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell zeigen qualitativ vergleichbare Ergebnisse (Tabelle C-5 in Anhang C). Man erkennt, dass Beta und die Dividendenrendite weiterhin einen Einfluss besitzen, wie das Steuer-CAPM es vorhersagt. Bei Unterstellung eines Steuersatzes von 0% auf Kursgewinne beträgt der von den Ergebnissen implizierte Dividendensteuersatz nun 58%. Im Liquiditäts-CAPM ist der Einfluss der Geld-Brief-Spanne nun positiv und konkav.70 Das bedeutet, dass die erwartete Rendite einer Aktie mit wachsender Illiquidität der Aktie zwar zunimmt, sich der Einfluss der Illiquidität mit dem Niveau der Illiquidität jedoch verringert. Um den Einfluss der Illiquidität abzuschätzen, kann beispielhaft von dem in Tabelle 4-1 berichteten Durchschnittswert der Spanne in Höhe von 0,8 % ausgegangen werden. Die geschätzten Koeffizienten für die Spanne und die quadrierte Spanne implizieren dann, dass eine Erhöhung der Spanne um einen Prozentpunkt mit einer um 1,5 Prozentpunkte höheren erwarteten Rendite einhergeht. Für das CAPM mit unvollständigen Informationen erweisen sich die Ergebnisse als nicht robust. Zwar besitzt das systematische Risiko weiterhin einen signifikant positiven Einfluss, doch zeigt die Bedeutung des Unternehmens anders als unter Verwendung des Fama/MacBeth-Verfahrens nun keinen signifikanten Einfluss. Dagegen sind die Einflüsse von unsystematischem Risiko und Bekanntheit des Unternehmens in Übereinstimmung mit der Theorie nun signifikant positiv bzw. negativ.71 Diese Instabilität der Ergebnisse des Merton-Modells wird sich in den folgenden Stabilitätsuntersuchungen des Kapitels 4.4.2.2 bestätigen. Das adjustierte R 2 der Modelle variiert zwischen 0% und 10%.

69

70

71

tiertes R 2 von 1% bzw. bei Hinzunahme vier weiterer (Kontroll-)Variablen ein adjustiertes R 2 von 8%. Für das von Wallmeier (2005) betrachtete Sample der Unternehmen des DAX100 im Zeitraum 1991 bis 2000 überschätzen Analysten Gewinne im Mittel um 3,15%, wobei der relative Prognosefehler als die Differenz zwischen der Prognose und der Realisation des Gewinns bezogen auf den Buchwert des Unternehmens definiert ist. Für das in dieser Arbeit betrachtete deutsche Sample beträgt dieser Wert rd. 3,3%, für das betrachtete US-Sample rd. 4,5%. Dieses Ergebnis steht in Übereinstimmung mit dem konkaven Zusammenhang in Amihud/Mendelson (1986). Im Gegensatz dazu finden bspw. Jacoby/Gottesman/Fowler (2001) einen konvexen Zusammenhang zwischen realisierten Monatsrenditen und dem relativen Spread für ein Sample von NASDAQ-Aktien im Zeitraum Juli 1984 bis Juni 1997. Neben der logarithmierten und der quadrierten relativen Spanne wird dort auch der Einfluss von Beta berücksichtigt, welcher ebenfalls signifikant positiv ist. In der linearen Modellspezifikation besitzen unter Verwendung des Fama/MacBeth-Ansatzes nur das systematische Risiko und die Bekanntheit des Unternehmens einen signifikanten Einfluss. Die Vorzeichen der Koeffizienten entsprechen der Vorhersage des Modells.

4.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt

167

In Bezug auf die Erklärungsgüte der Modelltests sei abschließend auf Folgendes hingewiesen: Der Vergleich der Erklärungsgüte der Modelltests unter Verwendung realisierter Renditen in Kapitel 4.4.1 mit denen unter Verwendung erwarteter Renditen im vorliegenden Kapitel zeigt, dass die adjustierten R 2 eine vergleichbare Größenordnung besitzen. Ein signifikanter Einfluss der verschiedenen Modellvariablen findet sich jedoch nur unter Verwendung der erwarteten Renditen. Ursache hierfür ist, dass die t-Statistiken der erklärenden Variablen eine hohe Variabilität der jeweiligen Parameterschätzer über die monatsweise durchgeführten Querschnittsregressionen erfassen, was sich nachfolgend gegebenenfalls in insignifikanten Einflüssen der betreffenden Variablen niederschlägt. Eine solche Berücksichtigung der Variabilität der Parameterschätzer erfolgt bei der Bestimmung des mittleren adjustierten R 2 über alle Querschnittsregressionen nicht. Dieses berechnet sich als Mittelwert der adjustierten R 2 über alle Querschnittsregressionen. In jedem einzelnen Zeitpunkt kann deshalb die Anpassungsgüte der Regression sehr hoch sein, während der Einfluss der erklärenden Variablen über die Zeit sehr stark schwankt.72 Dass das Vorgehen nach Fama/MacBeth (1973) eine solche individuell hohe Anpassungsgüte im Querschnitt von im Zeitablauf jedoch sehr instabilen Einflüssen ermöglicht, wurde bereits im Vergleich der adjustierten R 2 des Fama/MacBeth-Ansatzes mit denen der gepoolten Regressionen unter Verwendung realisierter Renditen deutlich (vgl. Tabelle 4-5 und Tabelle C-3 in Anhang C). So basieren die bei der gepoolten Regression geschätzten Einflüsse auf dem gesamten Sample, was eine individuelle (jedoch instabile) Anpassung der Parameter in den einzelnen Zeitpunkten nicht ermöglicht. Infolgedessen beträgt das adjustierte R 2 bei der Durchführung der gepoolten Regression unter Verwendung realisierter Renditen im Maximum nur noch 0,29%. Die hingegen im Zeitablauf deutlich stabileren Einflüsse, welche unter Verwendung der erwarteten Rendite aus dem RIM gefunden werden (und die sich somit ergebenden signifikanten t-Statistiken), spiegeln sich in vergleichbaren Niveaus der adjustierten R 2 auch bei Durchführung gepoolter Regressionen wider.

4.4.2.2 Stabilitätsuntersuchungen Im Folgenden werden die Ergebnisse der vorausgehenden Tests der verschiedenen CAPMVarianten, die auf den aus Analystenschätzungen ermittelten erwarteten Renditen basieren, bezüglich ihrer zeitlichen Stabilität überprüft. Hierzu wird eine Einteilung des Samples in Hinblick auf die vorherrschende Marktphase durchgeführt. Die Entwicklung des HDAX während des Untersuchungszeitraums ist sehr ähnlich der Entwicklung des DAX30, welche in Abbildung 3-1 in Kapitel 3.4.3.2 dargestellt ist. Dies überrascht nicht, da die Unternehmen 72

Zur Verdeutlichung sei das Beispiel betrachtet, in dem eine Variable in jeder Periode einen von Null verschiedenen Einfluss besitzt, der in jeder Periode eine identische Höhe hat jedoch in der Hälfte der Fälle ein positives und in der anderen Hälfte ein negatives Vorzeichen besitzt. Während die t-Statistik dieser Variable den Wert Null besitzt, kann die Erklärungsgüte dieser Querschnittsregression im Extremfall 100% betragen.

168

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

des DAX30 Bestandteil des HDAX sind und die höchsten Marktkapitalisierungen der in diesem Index enthaltenen Unternehmen aufweisen.73 Dementsprechend wird in Analogie zu Kapitel 3 eine Unterteilung in folgende drei Teilstichproben vorgenommen: Dezember 1996 bis Februar 2000 (Bullenmarkt), März 2000 bis Januar 2003 (Bärenmarkt) und Februar 2003 bis Oktober 2006 (Bullenmarkt). Man erkennt aus dem Vergleich der Werte in den einzelnen Zellen von Tabelle 4-7, dass die Ergebnisse in den betrachteten Marktphasen für das Steuer-CAPM und das Liquiditäts-CAPM qualitativ ähnlich sind, wenngleich aufgrund der geringen Beobachtungszahl teilweise Signifikanzen verloren gehen. Für das Liquiditäts-CAPM zeigt sich bei Betrachtung der drei Teilperioden für die ersten beiden Teilperioden neben dem signifikant positiven Einfluss der Spanne nun auch ein signifikant negativer Einfluss der quadrierten Spanne. Somit ist der Einfluss der Illiquidität auf die erwartete Rendite in diesen Perioden positiv und konkav.74 In der dritten Teilperiode ist der Einfluss der relativen Spanne insignifikant. Allerdings zeigt sich für die quadrierte Spanne ein signifikant positiver, d.h. konvexer, Zusammenhang, welcher eine höhere erwartete Rendite bei zunehmender Größe der relativen Spanne impliziert.75 Hinsichtlich des Einflusses von Beta gilt, dass dessen Niveau im Standard-CAPM stets geringer ist als in den drei anderen Modellen. Für Teilperiode 1 ist er im Standard-CAPM sogar signifikant negativ. Da der Einfluss des Beta in den anderen Modellen durchgängig positiv ist – im CAPM nach Merton (1987) sogar signifikant in allen Perioden – sprechen auch die Ergebnisse der Teilperioden für eine verzerrte Schätzung des Einflusses von Beta aufgrund der Vernachlässigung relevanter Variablen.76 Der im Merton-CAPM für das Gesamtsample vorgefundene, der Theorie widersprechende, signifikant negative Einfluss der Bedeutung eines Unternehmens ist stabil über alle Teilperioden. Die Betrachtung des Einflusses des unsystematischen Risikos sowie der Bekanntheit eines Unternehmens zeigt, dass die für das Gesamtsample vorgefundenen insignifikanten Einflüsse beim unsystematischen Risiko aus signifikanten, jedoch in den einzelnen Teilperioden entgegengesetzten Einflüssen resultieren, während der Einfluss der Bekanntheit in allen Teilperioden durchgängig insignifikant ist. Die Stabilität des Merton-CAPM erweist sich somit geringer als bei Steuer- und LiquiditätsCAPM.

73 74 75 76

So betrug die Marktkapitalisierung des DAX30 zum Ende des Untersuchungszeitraums rund 80% der Marktkapitalisierung des HDAX. Dieser positive und konkave Zusammenhang findet sich auch bei Durchführung gepoolter Regressionen für die ersten beiden Marktphasen, vlg. Tabelle C-6 in Anhang C. Bei Durchführung der gepoolten Regression für die dritte Teilperiode bleibt der Einfluss der relativen Spanne signifikant positiv. Der Einfluss des quadrierten Terms bleibt negativ, wird jedoch insignifikant. Vgl. Kapitel 4.4.2, Fußnote 62.

4.4 Empirische Untersuchung für den deutschen Kapitalmarkt Tabelle 4-7:

Konstante

BETA (+)

169

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen für verschiedene Marktphasen – Deutschland CAPM

Steuer-CAPM

0,0351***

0,0170***

-0,0002

-0,0001

0,0504***

0,0262***

0,0314***

0,0533***

0,0534***

0,0402***

0,0530***

0,0628***

-0,0059***

0,0007

0,0129***

0,0047*

-0,0027

0,0056

0,0041

0,0170**

0,0135***

0,0106***

0,0158***

0,0099***

Liquiditäts-CAPM

CAPM mit unvollständigen Infos

0,7595*** 1,2290***

DR (+)

1,0478*** 4,4819*** SP (+)

1,8130** -1,0792 -131,3073***

SP 2 (-)

-41,8756** 77,7734** 0,2649***

UR (+)

-0,0886* -0,1387*** -3,3330***

B ˜ UR (+)

-0,0886*** -0,9911* 0,0022

A ˜ UR (-)

-0,0004 -0,0014

R

2

-0,0040

0,0544

0,0250

0,0250

0,0255

0,1525

0,0381

0,0919

0,0155

0,1218

0,0362

0,0413

Legende: In den Zellen sind jeweils die geschätzten Koeffizienten für den Bullenmarkt Dezember 1996 – Februar 2000 (1. Zeile), den Bärenmarkt März 2000 – Januar 2003 (2. Zeile) und den Bullenmarkt Februar 2003 – Oktober 2006 (3. Zeile) angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

170

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

Wie bereits in Kapitel 2.3 erläutert, ist die Datenverfügbarkeit für den amerikanischen Markt im Vergleich zum deutschen Markt deutlich höher. Dies gilt sowohl in Hinblick auf die Datenhistorie als auch in Hinblick auf den Querschnitt an verfügbaren Daten. Trotz der deutlich größeren Datensätze finden sich jedoch auch in Tests der verschiedenen CAPMVarianten für den US-amerikanischen Kapitalmarkt keine einheitlichen Ergebnisse bezüglich der verschiedenen Modelle.77 Somit besteht auch für diesen Markt noch Forschungsbedarf hinsichtlich der empirischen Gültigkeit der vorgenannten Kapitalmarktmodelle. Hierauf zielen die nachfolgenden Untersuchungen ab. Die größere Datenmenge lässt hier für traditionelle Tests der Kapitalmarktmodelle unter Verwendung realisierter Renditen zumindest vereinzelt signifikante Einflüsse dort erwarten, wo diese aufgrund der geringeren Datenmenge für das deutsche Sample nicht zu finden sind. Dies erlaubt neben dem Vergleich der empirisch vorgefundenen Zusammenhänge mit den theoretischen Vorhersagen der Modelle auch eine Erkenntnis in Bezug darauf, ob die bei Verfügbarkeit größerer Mengen an Daten für traditionelle Kapitalmarktmodelltests gefundenen Ergebnisse in Einklang mit denen unter Verwendung des alternativen Proxys der erwarteten Rendite aus dem RIM stehen.

4.5.1 Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen Die Ergebnisse der Modelltests unter Verwendung realisierter Renditen für den US-Markt sind in Tabelle 4-8 dargestellt. In Analogie zum deutschen Sample wird keines der vier getesteten Modelle durch die Daten gestützt. Der Einfluss des Beta im Standard-CAPM ist wie bei den dortigen Ergebnissen insignifikant (vgl. Kapitel 4.4.1, Tabelle 4-5). Im SteuerCAPM (Spalte 3) allerdings findet sich für das deutlich größere US-amerikanische Sample nun ein signifikant positiver Einfluss des Beta. Die Höhe der Marktrisikoprämie von 6,6% ist vergleichbar zu früheren Studien auf Basis realisierter Renditen für den amerikanischen Kapitalmarkt.78 Der Einfluss der Dividendenrendite ist insignifikant. Im Liquiditäts-CAPM (Spalte 4) haben weder Beta noch die Spanne einen signifikanten Einfluss auf die erwartete Rendite.79 Im CAPM mit unvollständigen Informationen (Spalte 5) besitzt lediglich die Bedeutung des Unternehmens einen signifikanten Einfluss auf die erwartete Rendite, welcher 77

78 79

So sind die Ergebnisse empirischer Tests des Standard-CAPM und des Steuer-CAPM widersprüchlich. Für das Liquiditäts-CAPM findet sich hinsichtlich des Niveaus der Liquidität in den meisten Arbeiten positive Evidenz. Eine Ausnahme bildet die Arbeit von Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996), in der ein signifikant negativer Einfluss des Liquiditätsniveaus auf die Rendite besteht. Für das Merton-CAPM findet sich empirische Evidenz nur für die Variablen, welche im Liquiditäts-CAPM (ohne Stochastik) enthalten sind. Für eine Auswahl empirischer Tests der CAPM-Varianten für den US-Markt vgl. Tabelle C-2 in Anhang C. Für einen Überblick über Schätzungen der Marktrisikoprämie für den amerikanischen Kapitalmarkt vgl. Welch (2000). Wird das Liquiditäts-CAPM ohne Berücksichtigung des quadrierten ILLIQ*-Maßes geschätzt, so besteht ein auf dem 5%-Niveau signifikant positiver Einfluss der Illiquidität. Der Einfluss von Beta bleibt weiterhin insignifikant. Diese Ergebnisse entsprechen den Ergebnissen einer analogen Regression in Jacoby/Gottesman/Fowler (2001).

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

171

jedoch im Widerspruch zur Theorie negativ ist. Die Einflüsse des unsystematischen Risikos sowie der Bekanntheit eines Unternehmens sind im Gegensatz zum deutschen Sample insignifikant.80 Die Erklärungsgüte der Modelle ist durchgängig geringer als im deutschen Sample. Tabelle 4-8:

Konstante

BETA (+)

Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen – USA CAPM

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

CAPM mit unvollständigen Infos

0,0543

0,0233

0,0390

0,0709

(1,84)*

(0,68)

(1,26)

(2,01)**

0,0515

0,0657

0,0478

0,0464

(1,56)

(2,15)**

(1,42)

(1,58)

0,6715

DR (+)

(1,55) 1,1166

ILLIQ * (+)

(0,79) 25,6079

ILLIQ *2 (-)

(0,59) -0,0735

UR (+)

(-0,18) -42,7709

B ˜ UR (+)

(-2,00)** -0,0063

A ˜ UR (-)

R2

(0,64) 0,0400

0,0540

0,0529

0,0751

Legende: In der ersten Spalte sind neben dem adjustierten R2 als Maß der Erklärungsgüte (R2) die erklärenden Variablen mit den gemäß Theorie zu erwarteten Richtungen des Einflusses angegeben. Beta gibt den Betakoeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und das Illiquiditätsmaß mit ILLIQ*. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die tStatistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

80

Wird das Modell von Merton (1987) in der linearen Spezifikation mi ,t D 0  D1 Betai ,t  D 2URi ,t  D 3 Bi ,t  D 4 Ai ,t  H i ,t getestet, so besitzt für den US-Markt keine der Variablen einen signifikanten Einfluss.

172

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Werden die Kapitalmarktmodelle für den US-amerikanischen Markt alternativ unter Durchführung gepoolter Regressionen getestet (Tabelle C-7 in Anhang C), so sind die Ergebnisse sehr ähnlich zu den vorgenannten unter Verwendung des Ansatzes nach Fama/MacBeth (1973). Einzig im Steuer-CAPM ist anders als beim Fama/MacBeth-Verfahren der Einfluss von Beta insignifikant, der Einfluss der Dividendenrendite jedoch signifikant positiv. Der geschätzte Koeffizient der Dividendenrendite ist allerdings größer eins und impliziert damit bei jeder beliebigen Höhe des Steuersatzes auf Kursgewinne für den Steuersatz auf Dividendeneinkünfte einen Wert von über 100%. Auch für die gepoolten Regressionen liegt die Erklärungsgüte der Modelle unterhalb der des deutschen Samples. Sie beträgt im Maximum lediglich 0,07 %.81 Der insignifikante Einfluss von Beta im Test des Standard-CAPM steht in Einklang mit Ergebnissen früher Studien unter Verwendung realisierter Renditen zum Standard-CAPM für den US-Markt wie beispielsweise der Studien von Blume/Friend (1973), Reinganum (1981), Lakonishok/Shapiro (1986) oder Fama/French (1992). Einen signifikant positiven Einfluss von Beta im Standard-CAPM finden hingegen Black/Jensen/Scholes (1972), Fama/MacBeth (1973) oder Kothari/Shanken/Sloan (1995).82 Auch die Ergebnisse zum Test des SteuerCAPM sind uneinheitlich. Einen signifikanten Einfluss von Beta sowie einen insignifikanten Einfluss der Dividendenrendite entsprechend der Ergebnisse in Tabelle 4-8 findet sich beispielsweise in Black/Scholes (1974). Einen signifikant positiven Einfluss der Dividendenrendite finden hingegen Rosenberg/Marathe (1979), Litzenberger/Ramaswamy (1979) sowie Naranjo/Nimalendran/Ryngaert (1998). Bezüglich des Niveaus der Illiquidität finden die meisten Arbeiten im Gegensatz zu den Ergebnissen in Tabelle 4-8 einen der Theorie entsprechenden signifikanten positiven Einfluss, vgl. z.B. Amihud/Mendelson (1986) und Jacoby/Gottesman/Fowler (2001). Eine Ausnahme bildet die Arbeit von Brennan/Chordia/Subrahmanyam (1996), die einen signifikant negativen Einfluss der relativen Geld-Brief-Spanne auf die Rendite berichtet. Das CAPM mit unvollständigen Informationen wurde bisher nur durch Amihud/Mendelson (1989) getestet. Diese finden für Beta sowie für die Bekanntheit eines Unternehmens einen jeweils der Theorie entsprechenden Zusammenhang mit der Rendite.83

81 82

83

Vgl. hierzu auch die Ausführungen hinsichtlich der mittleren Erklärungsgüte bei Verwendung des Fama/MacBeth-Ansatzes in Kapitel 4.4.2. Für das in dieser Arbeit betrachtete US-amerikanische Sample findet sich bei Verwendung des konditionalen Ansatzes von Elsas/El-Shaer/Theissen (2003) in steigenden Märkten ein auf dem 1%Niveau signifikant positiver sowie in fallenden Märkten ein auf dem 1%-Niveau signifikant negativer Einfluss von Beta. Im Unterschied zur vorliegenden Studie wird in der Arbeit von Amihud/Mendelson (1989) die GeldBrief-Spanne als Proxy für die Bekanntheit eines Unternehmens verwendet.

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

173

4.5.2 Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen Die Modelltests für den US-amerikanischen Markt werden nun unter Verwendung der implizit erwarteten Renditen aus dem Residual Income Modell durchgeführt. Zunächst werden wiederum die zentralen Ergebnisse der Tests präsentiert und nachfolgend deren Stabilität analysiert.

4.5.2.1 Zentrale Ergebnisse In Tabelle 4-9 sind die Ergebnisse der CAPM-Tests unter Anwendung des Fama/MacBethVerfahrens dargestellt. Das Standard-CAPM wird wie für den deutschen auch für den USamerikanischen Markt bei Verwendung des präziseren Schätzers für die erwartete Rendite aus dem Residual Income Modell nicht gestützt. Dies gilt trotz des deutlich umfangreicheren Datensatzes für die USA. Wird neben Beta jedoch auch die Dividendenrendite im Modell berücksichtigt, wie es das Steuer-CAPM vorhersagt, so besitzen beide Variablen einen hochsignifikant positiven Einfluss auf die erwartete Rendite. Die Marktrisikoprämie ist mit 0,7%p.a. relativ gering, der Koeffizient der Dividendenrendite impliziert eine Höhe des mittleren Steuersatzes von rd. 32% bei Unterstellung eines Steuersatzes auf Kursgewinne von 0%. Der Test des Liquiditäts-CAPM zeigt, dass auch für das US-amerikanische Sample der Zusammenhang von erwarteter Rendite und Illiquidität eines Wertpapiers positiv ist. In Analogie zum deutschen Sample zeigt sich unter Verwendung des Fama/MacBeth-Verfahrens keine signifikante nichtlineare Beziehung zwischen der Illiquidität und der erwarteten Rendite. Der Einfluss von Beta im Liquiditäts-CAPM ist positiv und signifikant. Der Test des CAPM nach Merton (1987) zeigt in Übereinstimmung mit der Theorie einen positiven Einfluss des unsystematischen Risikos auf die erwartete Rendite, der umso geringer ist, je bekannter ein Unternehmen ist. Ebenfalls in Übereinstimmung mit der Theorie ist der Einfluss des unsystematischen Risikos umso stärker, je bedeutender ein Unternehmen (gemessen über die relative Marktkapitalisierung) ist. Für Beta hingegen findet sich kein signifikanter Zusammenhang mit der erwarteten Rendite.84 Die relative Erklärungsgüte der Modelle ist analog zu den Ergebnissen des deutschen Samples, wo ebenfalls das StandardCAPM das geringste und das Steuer-CAPM das höchste adjustierte R 2 besitzt.

84

Wird das Modell von Merton (1987) in der linearen Modellspezifikation mi ,t D 0  D1 Betai ,t  D 2URi ,t  D 3 Bi ,t  D 4 Ai ,t  H i ,t getestet, so zeigen die Ergebnisse die gleichen Vorzeichen und Signifikanzen wie in der in Tabelle 4-9 berichteten Modellspezifikation. Lediglich der Einfluss der Bedeutung eines Unternehmens wird bei einer t-Statistik von 1,54 insignifikant.

174

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Tabelle 4-9:

Konstante

BETA (+)

Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen – USA CAPM

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

CAPM mit unvollständigen Infos

0,0240

0,0107

0,0188

0,0195

(12,83)***

(5,64)***

(10,02)***

(9,80)***

0,0007

0,0070

0,0023

0,0005

(0,95)

(10,11)***

(3,33)***

(0,63)

0,3228

DR (+)

(23,70)*** 0,3775

ILLIQ * (+)

(7,45)*** -0,1482

ILLIQ *2 (-)

(-0,10) 0,1190

UR (+)

(12,37)*** 2,6059

B ˜ UR (+)

(3,11)*** -0,0035

A ˜ UR (-)

R2

(-10,61)*** 0,0093

0,0451

0,0230

0,0287

Legende: In der ersten Spalte sind neben dem adjustierten R2 als Maß der Erklärungsgüte (R2) die erklärenden Variablen mit den gemäß Theorie zu erwarteten Richtungen des Einflusses angegeben. Beta gibt den Betakoeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und das Illiquiditätsmaß mit ILLIQ*. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

In Tabelle C-8 in Anhang C sind die Ergebnisse der Modelltests bei Durchführung gepoolter Regressionen enthalten. Die Ergebnisse für das Standard-CAPM sowie das Steuer-CAPM sind robust gegenüber der Veränderung des Schätzverfahrens. Auch der positive Zusammenhang zwischen erwarteter Rendite und Niveau der Illiquidität, wie ihn das Liquiditäts-CAPM vorhersagt, bleibt bestehen. Jedoch zeigt sich wie im deutschen Sample mit dem Wechsel des Schätzverfahrens ein signifikant negativer Einfluss des quadrierten Illiquiditätsmaßes, d.h. ein

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

175

positiver und konkaver Einfluss der Illiquidität.85 Anders als für Deutschland, wo bei der gepoolten Regression alle drei Variablen einen der Theorie entsprechenden signifikanten Einfluss besitzen, ist der Einfluss von Beta jetzt allerdings insignifikant.86 Auch im MertonModell ist der Einfluss von Beta bei der gepoolten Regression wie beim Fama/MacBethVerfahren insignifikant. Das unsystematische Risiko sowie die Bekanntheit des Unternehmens behalten ihre hoch signifikanten, der Theorie entsprechenden Einflüsse. Die Bedeutung eines Unternehmens hingegen wird insignifikant.

4.5.2.2 Zentrale Ergebnisse für das CAPM mit stochastischer Liquidität nach Kempf (1999), Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) und Acharya/Pedersen (2005) Im vorausgehenden Test des Liquiditäts-CAPM für den US-amerikanischen Kapitalmarkt wurden die Kosten für den Kauf bzw. Verkauf eines Wertpapiers als deterministisch unterstellt, d.h. die Kosten sind einem Anleger zu Beginn der Halteperiode des Wertpapiers bekannt. Dies hat zur Folge, dass lediglich das Niveau der Illiquiditätskosten die Höhe der gleichgewichtigen erwarteten Wertpapierrendite beeinflusst. Sind die Kosten der Illiquidität hingegen stochastisch, d.h. ein Anleger weiß zu Beginn der Haltperiode noch nicht, welche Kosten die Auflösung der von ihm gehaltenen Wertpapierpositionen verursachen, so beeinflusst neben dem erwarteten Niveau der Illiquiditätskosten auch das Illiquiditätsrisiko die erwartete Rendite eines Wertpapiers. Im Folgenden wird der Test des Liquiditäts-CAPM, welcher in Kapitel 4.5.2.1 unter der Annahme deterministischer Liquiditätskosten implementiert wurde, unter Berücksichtigung stochastischer Liquiditätskosten durchgeführt. Damit wird untersucht, ob neben dem erwarteten Niveau der Illiquidität gleichzeitig auch eine empirische Bewertungsrelevanz hinsichtlich systematischer Liquiditätsrisiken besteht.87 Es ist davon auszugehen, dass die Analyse einer derart komplexen Fragestellung, wie der nach unterschiedlichen Dimensionen des Liquiditätsrisikos und deren empirischer Nachweis, eine sehr umfangreiche Datenbasis erfordert. Die vorliegende Datenstichprobe für die USA ist somit wesentlich besser geeignet für einen Test des CAPM mit stochastischer Liquidität als die für Deutschland vorliegende Stichprobe. Aus diesem Grund werden das Vorgehen zum

85

86

87

Geht man von einem Durchschnittswert des Illiquiditätsmaßes für den US-Markt in Höhe von 1,3% aus (vgl. Tabelle 4-3), so implizieren die geschätzten Koeffizienten des Illiquiditätsmaßes und des quadrierten Illiquiditätsmaßes bei einer Erhöhung des Illiquiditätsmaßes um einen Prozentpunkt eine Erhöhung der erwarteten Rendite um 0,35 Prozentpunkte. Wird das Liquiditätsmodell ohne Berücksichtigung der quadrierten Spanne geschätzt, so ist sowohl der Einfluss von ILLIQ * als auch der von Beta auf dem 1%-Niveau signifikant positiv. Wie in Kapitel 4.2.3 erläutert, basiert die Darstellung des CAPM mit stochastischer Liquidität in Gleichung (4.8) und die daraus abgeleitete Schätzgleichung (4.11) auf den Darstellungen in Kempf (1999) bzw. Acharya/Pedersen (2005). Bezüglich der Unterschiede dieser Modellformulierungen zu der in Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) vgl. Fußnote 22.

176

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

empirischen Test dieses Modells sowie dessen Ergebnisse für die USA ausführlicher dargestellt als für das deutsche Sample.88 Aus der Darstellung des CAPM mit stochastischer Liquidität in Kapitel 4.2.3 unter Gleichung (4.8) ist bekannt, dass die Determinanten der erwarteten Rendite des Modells so zerlegt werden können, dass neben dem Illiquiditätsniveau und dem aus dem Standard-CAPM bekannten Betarisiko, E RiRm ,89 drei weitere Risikofaktoren die Höhe der erwarteten Rendite bestimmen, welche im Folgenden als die drei Dimensionen des Liquiditätsrisikos, E LiLm ,

E RiLm und E LiRm , bezeichnet werden sollen. Die verschiedenen Dimensionen des Liquiditätsrisikos wurden bereits mehrfach in der empirischen Literatur untersucht. So wurde empirische Evidenz für die Commonality von Wertpapierliquidität, E LiLm , von Huberman/Halka (2001), Chordia/Roll/Subrahmanyam (2000) und Hasbrouck/Seppi (2001) gefunden.90 Der aus der Commonality resultierende Einfluss auf die erwartete Rendite wurde jedoch erstmalig von Acharya/Pedersen (2005) im Rahmen ihres Tests des Liquiditäts-CAPM entsprechend (4.11) untersucht. Diese finden für ein Sample von Aktien der NYSE und der AMEX über den Zeitraum 1963 bis 1999 jedoch keinen signifikanten Einfluss von E LiLm auf die erwartete Rendite.91 Tang/Yan (2007), welche den Einfluss von E LiLm auf die Höhe des durchschnittlichen Spreads von Credit Default

88 89

90

91

Für die Ergebnisse des deutschen Samples vergleiche Kapitel 4.4.2.1 sowie Tabelle C-4 in Anhang C. Der aus der Kovarianz von Wertpapier- und Marktrendite resultierende Risikofaktor im StandardCAPM, welcher mit Beta bezeichnet wurde, unterscheidet sich im Nenner von dem aus der Kovarianz von Wertpapier- und Marktrendite resultierenden Risikofaktor im CAPM mit stochastischer Liquidität, vgl. Fußnote 14 sowie Gleichung (4.8). Deswegen wird im Folgenden für dieses Risiko die Bezeichnung E RiRm anstatt Beta verwendet. Studien zur Commonality untersuchen den Zusammenhang von Wertpapier- und Marktliquidität. Der Begriff der Commonality wurde dabei ursprünglich von Chordia/Roll/Subrahmanyam (2000) zur Bezeichnung des durch die Variation der Marktliquidität erklärten Anteils der Variation der Wertpapierliquidität verwendet. Eine Ursache für die insignifikanten Ergebnisse kann die Art der Portfolioeinteilung der Studie sein. Die Aktien des Untersuchungssamples werden anhand des Illiquiditätsmaßes in 25 Portfolios eingeteilt. Wie anhand von Tabelle 1, S. 391, in Acharya/Pedersen (2005) ersichtlich ist, weisen die drei Liquiditätsbetas der Portfolios jedoch keine unabhängige Variation im Querschnitt auf, wodurch ein Multikollinearitätsproblem existiert, vgl. auch die nachfolgenden Ausführungen des vorliegenden Kapitels. Da die Liquiditätsbetas einmalig für den gesamten Untersuchungszeitraum geschätzt werden, ist ebenfalls keine zeitliche Variation vorhanden. Der trotz des insignifikanten Ergebnisses in Acharya/Pedersen (2005) berichtete Renditezuschlag in Höhe von 0,08% p.a. für Aktien mit dem höchsten gegenüber den Aktien mit dem geringsten Commonality-Risiko basiert deshalb nicht auf einer Schätzung des Einflusses von LiLm entsprechend Schätzgleichung (4.11). Der Renditeunterschied basiert stattdessen auf der restringiert geschätzten Marktrisikoprämie entsprechend Gleichung (7), S. 381, in Acharya/Pedersen (2005) in Höhe von 1,512% pro Monat, welche für Rendite- und Liquiditätsrisiko zusammen gilt. Durch nachfolgende Multiplikation dieses Wertes mit der Differenz des LiLm der Portfolios mit dem höchsten gegenüber dem mit dem geringsten Commonality-Risiko und Annualisierung des Ergebnisses ergibt sich der berichtete Wert von 0,08%p.a.

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

177

Swaps untersuchen, finden hingegen einen der Theorie entsprechenden signifikant positiven Einfluss von E LiLm . Die zweite Dimension des Liquiditätsrisikos, E RiLm , welche auf der Kovarianz von Wertpapierrendite und Marktliquidität beruht, wurde empirisch bereits von Pastor/Stambaugh (2003) untersucht. Diese finden einen der Theorie entsprechenden, signifikant negativen Einfluss dieses Risikofaktors auf die erwartete Rendite.92 Weitere Evidenz für diese zweite Dimension des Liquiditätsrisikos zeigt sich in den Arbeiten von Sadka (2006) und Wang (2003). Acharya/Pedersen (2005) finden einen positiven, allerdings insignifikanten Einfluss dieses Faktors.93 Der in Tang/Yan (2007) bestehende Zusammenhang ist negativ und marginal signifikant. Keine Evidenz für einen Einfluss dieses Risikofaktors findet sich hingegen in Hasbrouck (2009). Hinsichtlich des dritten Risikofaktors, E LiRm , gilt, dass weder der ihm zugrunde liegende Zusammenhang von Wertpapierliquidität und Marktrendite, Cov (li , rM ) , noch sein Einfluss auf erwartete Renditen vor Acharya/Pedersen (2005) empirisch untersucht wurden. Auch für diesen Risikofaktor finden Acharya/Pedersen (2005) keinen signifikanten Zusammenhang mit der Rendite, erachten ihn jedoch als den wichtigsten Faktor des Liquiditätsrisikos.94 Wie aus der vorausgehenden Literaturdiskussion ersichtlich, erfolgt ein gemeinsamer Test der drei Dimensionen des Illiquiditätsrisikos in Acharya/Pedersen (2005). Bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Illiquiditätsniveaus, wie es der Modellgleichung des CAPM mit stochastischer Liquidität entspricht, zeigt sich bei freier Schätzung der Einflüsse jedoch wie erwähnt weder das Illiquiditätsniveau noch eines der Risiken als signifikante Einflussgröße

92

93

94

Der von Pastor/Stambaugh (2003) berichtete Zusammenhang ist zwar signifikant positiv, dieses Ergebnis entspricht doch der theoretischen Vorhersage des Liquiditäts-CAPM, da das von ihnen verwendete Risikomaß auf der Liquidität anstatt auf der Illiquidität eines Wertpapiers basiert. Pastor/Stambaugh (2003) beziehen in ihre Untersuchung das Liquiditätsniveau nicht mit ein, weshalb kein über das Liquiditätsniveau hinausgehender Einfluss des Liquiditätsrisikos nachgewiesen werden kann. Entsprechend des unter Fußnote 91 berichteten Vorgehens berichten sie jedoch einen Renditeunterschied zwischen dem Portfolio mit dem höchsten gegenüber dem Portfolio mit dem geringsten Risiko dieser Art von 0,16%. Diese Schlussfolgerung basiert auf dem wiederum entsprechend Fußnote 91 ermittelten Einfluss des Risikos E LiRm auf die Rendite. So ergibt sich ein Renditeabschlag von 0,82% p.a. für Aktien mit dem höchsten gegenüber denen mit dem geringsten Risiko dieser Art, d.h. Investoren sind bereit, einen höheren Kurs für eine Aktie zu zahlen, die liquide ist, wenn die Marktrendite gering ist (positive Kovarianz = positives E LiRm ). Umgekehrt sind sie nur zur Zahlung eines geringeren Kurses bereit, wenn die Aktie gerade dann illiquide ist, wenn die Marktrendite gering ist (negative Kovarianz = negatives E LiRm ). Bezüglich der Wahrnehmung des Risikofaktors, E LiRm , in der Praxis durch institutionelle Vermögensverwalter verweisen Acharya/Pedersen (2005) auf Hinweise von Asset-Management-Firmen an ihre Kunden, dass der Erwerb von Anteilen an kleineren Firmen mit potentiellen Schwierigkeiten beim Verkauf diese Anteile in fallenden Märkten verbunden sein kann.

178

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

der Rendite.95 Lediglich bei Schätzung des Liquiditäts-CAPM entsprechend (4.7), ohne Zerlegung des Betarisikos in seine einzelnen Komponenten, hat das Betarisiko einen signifikant positiven Einfluss auf die Rendite. Der geschätzte Koeffizient impliziert eine Renditedifferenz zwischen dem Portfolio mit dem höchsten Betarisiko (dieses schließt in diesem Fall neben den drei Dimensionen des Liquiditätsrisikos auch das Standard-Beta mit ein) im Vergleich zu dem mit dem niedrigsten Betarisiko in Höhe von 1,1% p.a. Zusammen mit dem durch das Illiquiditätsniveau verursachten Renditezuschlag ergibt sich ein Gesamteffekt von 4,6% p.a.96 Tang/Yan (2007) untersuchen in ihrer bereits erwähnten Studie den gemeinsamen Einfluss der Determinanten der erwarteten Rendite aus dem CAPM mit stochastischer Liquidität auf die Höhe der durchschnittlichen Spreads von Credit Default Swaps.97 Für den Untersuchungszeitraum 1997 bis 2006 finden sie der Theorie entsprechend einen signifikant positiven Einfluss von E LiLm sowie einen marginal signifikant negativen Einfluss von E RiLm . Als Proxy für das Illiquiditätsniveau verwenden sie die relative Geld-Brief-Spanne, deren Einfluss schwach signifikant positiv ist.98 Für den nachfolgenden empirischen Test des CAPM mit stochastischer Illiquidität entsprechend Gleichung (4.11) müssen die vier Betas des Modells geschätzt werden. Wie für die Bestimmung des Illiquiditätsniveaus (vgl. Kapitel 4.3.1.2) wird auch für die Bestimmung der Betas der Liquiditätsproxy aus dem Verhältnis von absoluter Tagesrendite zu Handelsvolumen in Dollar verwendet. Für die Bestimmung von LiLm wird zunächst die Kovarianz der Illiquidität von Wertpapier i mit der Illiquidität des Marktes auf Basis von Daten mit (handels-)täglicher Frequenz des vorausgehenden Jahres bestimmt.99 Anschließend wird diese Kovarianz durch die Varianz der Differenz von Marktrendite und Illiquiditätskosten geteilt. Diese Varianz wird ebenfalls aus Tagesdaten des dem Schätzzeitpunkt vorausgehenden Jahres ermittelt.100 Analog erfolgt die Bestimmung der drei anderen Betarisiken RiRm , RiLm und LiRm .101 Für das Illiquiditätsniveau wird wiederum das Maß ILLIQ * verwendet. 95

96 97 98 99 100

101

Vgl. Acharya/Pedersen (2005), S. 395, Panel A, Zeile 8. Die im Rahmen der freien Schätzungen gefundenen, jedoch insignifikanten Ergebnisse, implizieren eine Renditedifferenz von -7,62% p.a. für das Portfolio mit dem höchsten E LiLm gegenüber dem mit dem geringsten E LiLm (anstatt des von Acharya/Pedersen (2005) interpretierten Renditezuschlags von 0,08% p.a.), eine Differenz von -0,76% p.a. für E RiLm (anstatt 0,16% p.a.) sowie von 9,51% p.a. für E LiRm (anstatt 0,82% p.a.). Die für E LiLm und E RiLm gefundenen Einflüsse besitzen somit jeweils das zur Theorie entgegen gesetzte Vorzeichen. Vgl. Acharya/Pedersen (2005), S. 398. Neben diesen Determinanten berücksichtigen sie zudem neun weitere (Kontroll-)Variablen in ihrer Regression. Tang/Yan (2007) testen auch den Einfluss des Illiquiditätsniveaus und des unzerlegten Betas und finden für beide Variablen einen signifikant positiven Einfluss. Wie für die deutsche Studie wird auch hier eine monatliche Handelsfrequenz unterstellt, so dass das an die relative Spanne angepasste Illiquiditätsmaß durch 21 (Handelstage) geteilt wird. Die (handels-)täglichen Illiquiditätskosten des Marktes werden wie für die deutsche Studie als gleich gewichtetes Mittel der Illiquiditätskosten der einzelnen Wertpapiere des Unternehmensquerschnitts ermittelt. Ein analoges Vorgehen wählen bspw. auch Amihud (2002) oder Acharya/Pedersen (2005). Bezüglich der deskriptiven Statistiken der Betarisiken vgl. Tabelle C-9 in Anhang C. Die Mittelwerte der Liquiditätsrisiken sind vom gleichen Vorzeichen wie in Acharya/Pedersen (2005): So besitzt die

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

179

Tabelle 4-10: Korrelationsmatrix der erklärenden Variablen im CAPM mit stochastischer Liquidität – USA Variable

ILLIQ *

ILLIQ *

1

RiRm

-0,16

1

LiLm

-0,05

0,26

RiLm

-0,08

-0,02

-0,02

1

LiRm

-0,09

-0,02

-0,03

0,19

1

LIQ 4

-0,10

0,99

0,26

-0,03

-0,03

RiRm

LiLm

RiLm

LiRm

LIQ 4

1

1

Legende: ILLIQ * bezeichnet das Niveau der Liquidität. RiRm gibt die Kovarianz von Wertpapierrendite mit der Marktrendite geteilt durch die Varianz der um Liquiditätskosten korrigierten Marktrendite an. Die drei weiteren Risikofaktoren im Liquiditäts-CAPM mit stochastischer Liquidität sind mit LiLm , RiLm und LiRm bezeichnet und sind Maße für die Kovarianz zwischen Wertpapierliquidität und Marktliquidität, für die Kovarianz zwischen Wertpapierrendite und Marktliquidität und für die Kovarianz von Wertpapierliquidität und Marktrendite. LIQ 4 bezeichnet den unzerlegten Betafaktor, welcher aus der Kovarianz der Netto-Rendite nach Liquiditätskosten eines Wertpapiers mit der Netto-Rendite des Marktes berechnet wird.

In Tabelle 4-10 sind die Korrelationen der unabhängigen Variablen im Liquiditäts-CAPM mit stochastischer Illiquidität erfasst. Wie zu erwarten, ist das unzerlegte Betarisiko, LIQ 4 , nahezu perfekt mit RiRm korreliert. Alle weiteren Korrelationen sind vergleichsweise gering. Die Korrelationen zwischen RiRm und LiLm (bzw. LIQ 4 und LiLm ) sowie zwischen RiLm und LiRm sind mit Werten von 0,26 bzw. 0,19 die einzigen weiteren positiven

Korrelationen zwischen den unabhängigen Variablen. Alle weiteren Korrelationen sind betragsmäßig noch geringer und besitzen jeweils ein negatives Vorzeichen. Das geringe Ausmaß der Korrelationen verdeutlicht, dass die verschiedenen Dimensionen des Liquiditätsrisikos nahezu unabhängig voneinander variieren. Nur so ist es möglich, die Einflüsse der verschiedenen Dimensionen des Liquiditätsrisikos zu untersuchen und empirische Evidenz für diese zu finden.102

102

Commonality, LiLm , einen positiven Mittelwert, während die Mittelwerte von RiLm und LiRm negativ sind. Anhand der Standardabweichungen in den Spalten 4 und 5 von Tabelle C-9 ist ersichtlich, dass alle Betas sowohl im Quer- als auch im Längsschnitt eine deutliche Variation besitzen. Dies stellt einen Unterschied zu der Arbeit von Acharya/Pedersen (2005) dar, wo die Betas aufgrund der einmaligen Schätzung über den Gesamtuntersuchungszeitraum überhaupt keine Längsschnittsvariation besitzen. Der Vergleich der Korrelationen in Tabelle 4-10 mit den analogen Korrelationen der Liquiditätsbetas für Einzelaktien in der Studie von Acharya/Pedersen (2005), Tabelle 3 auf S. 393, zeigt eine Übereinstimmung aller Vorzeichen. Die Stärke der Korrelationen variiert bei Acharya/Pedersen (2005) jedoch betragsmäßig zwischen 0,02 und 0,685 im Vergleich zu 0,02 bis 0,28 in der vorliegenden Studie. In Hinblick auf den Modelltest sei darauf hingewiesen, dass dieser in Acharya/Pedersen (2005) nicht auf Einzelaktienebene, sondern auf Basis von 25 Aktienportfolios durchgeführt wird. Die Korrelationen der Liquiditätsbetas für diese 25 Portfolios (Tabelle 2, S. 393 in Acharya/Pedersen (2005)) stimmen hinsichtlich des Vorzeichens mit denen der Einzelaktien überein, liegen jedoch betragsmäßig deutlich höher und variieren zwischen 0,441 und 0,972, woraus – wie Acharya/Pedersen (2005), S. 392, selbst anmerken – ein Multikollinearitätsproblem resultiert. Die Sortierung und Portfoliobildung führt zur Beseitigung der unabhängigen Variation der Liquiditätsrisiken, wodurch das Auffinden signifikanter Zu-

180

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Tabelle 4-11: Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen bei stochastischer Liquidität – USA

Konstante

ILLIQ * (+)

RiRm (+)

Modellvariante 1

Modellvariante 2

Modellvariante 3

Modellvariante 4

Modellvariante 5

Modellvariante 6

0,0349

0,0305

0,0277

0,0350

0,0245

0,0333

(1,14)

(1,00)

(0,90)

(1,14)

(0,81)

(1,08)

1,8096

1,5636

1,8793

1,7842

1,6770

1,6894

(1,94)*

(1,75)*

(2,08)**

(1,97)**

(1,97)**

(1,86)*

0,0508

0,0447

0,0526

0,0498

0,0463

(1,42)

(1,22)

(1,43)

(1,39)

(1,24)

180,9694

LiLm (+)

105,1973 (0,19)

(0,30)

RiLm (-)

1,1366

3,4123

( 0,12)

(0,36)

LiRm (-)

-5,3712

-4,4889

(-1,66)*

(-1,55) 0,0489

LIQ 4 (+)

R

2

(1,49) 0,0524

0,0594

0,0596

0,0551

0,0681

0,0514

Legende: ILLIQ * bezeichnet das Niveau der Liquidität. RiRm gibt den Betafaktor an, welcher aus Kovarianz von Wertpapierrendite und Marktrendite resultiert. Die drei weiteren Risikofaktoren im LiquiditätsCAPM mit stochastischer Liquidität sind mit LiLm , RiLm und LiRm bezeichnet und sind Maße für die Kovarianz zwischen Wertpapierliquidität und Marktliquidität, für die Kovarianz zwischen Wertpapierrendite und Marktliquidität und für die Kovarianz von Wertpapierliquidität und Marktrendite. LIQ 4 bezeichnet den unzerlegten Betafaktor, welcher aus der Kovarianz der Netto-Rendite nach Liquiditätskosten eines Wertpapiers mit der Netto-Rendite des Marktes resultiert. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Tabelle 4-11 enthält die empirischen Ergebnisse bezüglich des Einflusses der verschiedenen Illiquiditätsrisiken bei Verwendung des Ansatzes nach Fama/MacBeth (1973) und der realisierten Rendite als Proxy der erwarteten Rendite. Ausgehend vom Liquiditäts-CAPM bei

sammenhänge mit der erwarteten Rendite erschwert bzw. unmöglich gemacht wird. Dies spricht für die Bevorzugung des in der vorliegenden Arbeit verwendeten Ansatzes auf Basis von Einzelaktien gegenüber dem Portfolioansatz. Weiterhin sei angemerkt, dass im Unterschied zur zeitvariablen Bestimmung der Betas in der vorliegenden Studie in Acharya/Pedersen (2005) alle vier Betas einer Aktie nur einmal auf Basis aller verfügbaren Datenpunkte für diese Aktie bestimmt werden. Hierdurch werden Informationen über die zukünftige Kovarianz von Illiquidität und Rendite verwendet, um deren Einfluss auf die erwartete Rendite zu untersuchen. Da diese Informationen den Kapitalmarktteilnehmern als Grundlage ihrer Erwartungsbildung nicht verfügbar sind, erscheint dieser Ansatz fragwürdig.

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

181

deterministischer Liquidität (Modellvariante 1)103 wird zunächst jedes der drei Liquiditätsbetas separat auf seinen zusätzlichen Erklärungsgehalt für die Rendite getestet (Modellvariante 2 bis 4). Mit Modellvariante 5 wird dann das CAPM mit stochastischer Liquidität getestet, wobei die verschiedenen Betarisiken simultan berücksichtigt werden. Im Unterschied dazu testet Modellvariante 6 die Bewertungsrelevanz des nicht zerlegten Betafaktors. Die Ergebnisse der Spalten 3 und 4 zeigen, dass unter Verwendung der realisierten Rendite als Proxy für die erwartete Rendite keine Evidenz für den Einfluss der Commonality, LiLm , sowie des Pastor/Stambaugh-Faktors, RiLm , auf die Rendite gefunden werden kann. Die dritte Art des Liquiditätsrisikos, LiRm , besitzt einen schwach signifikanten, der Theorie entsprechenden negativen Einfluss auf die Rendite (Spalte 5). Der Koeffizient in Höhe von -5,37 impliziert eine um 1,04 Prozentpunkte höhere Rendite p.a. bei Verringerung von LiRm um eine Querschnittsstandardabweichung.104 Das Niveau der Illiquidität besitzt in allen vier Spezifikationen einen der Theorie entsprechenden signifikant positiven Einfluss. Berücksichtigt man alle vier Betarisiken auf einmal, wie es das CAPM bei stochastischer Liquidität postuliert, so bleibt der Einfluss aller Betas insignifikant. Dies gilt ebenfalls, wenn das Beta nicht in seine einzelnen Komponenten zerlegt wird (Spalte 6). In diesen beiden Fällen besitzt wiederum nur das Niveau der Illiquidität einen signifikant positiven Zusammenhang mit der Rendite. In Tabelle 4-12 sind die Ergebnisse der Modelltests unter Verwendung der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell enthalten. Ausgangspunkt der Analyse ist wiederum das Liquiditäts-CAPM bei deterministischer Liquidität in Spalte 2: Sowohl das Betarisiko als auch das Niveau der Illiquidität besitzen einen signifikanten Einfluss auf die erwartete Rendite. Wird außer dem Renditebeta, RiRm , auch die Commonality, LiLm , in der Modellspezifikation berücksichtigt, so besitzt auch dieser Faktor einen signifikanten, der Theorie entsprechenden positiven Einfluss auf die erwartete Rendite. Bemerkenswert ist, dass die Berücksichtigung der Commonality, LiLm , nahezu keine Veränderung des Einflusses des Niveaus der Illiquidität, ILLIQ * , auf die erwartete Rendite bewirkt. Beide Variablen besitzen bei simultaner Berücksichtigung einen hoch signifikanten Einfluss auf den Kurs eines Wertpapiers. Der geschätzte Koeffizient in Höhe 54,62 impliziert die Erhöhung der erwarteten Rendite um 16 Basispunkte bei Erhöhung von LiLm um eine Standardabweichung.105

103

104

105

Der in der Schätzung des Modells in Spalte 2 von Tabelle 4-11 verwendete Betafaktor unterscheidet sich geringfügig aufgrund des Nenners von dem in Tabelle 4-8 und Fußnote 79 für das LiquiditätsCAPM verwendeten Betafaktor, vgl. hierzu auch Fußnote 89. In der Interpretation von Acharya/Pedersen (2005) ist das LiRm -Beta das bedeutendste der drei Liquiditätsrisiken. Bei einer Erhöhung von LiLm vom Niveau des 10%-Quantils auf das des 90%-Quantils beträgt der Effekt 0,55%. Der in der Interpretation von Acharya/Pedersen (2005) vorgefundene Effekt beträgt 0,08% zwischen dem Portfolio mit der höchsten und dem mit dem geringsten LiLm -Risiko.

182

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Berücksichtigt man neben dem Renditerisiko aufgrund der Kovarianz von Wertpapier- und Marktrendite auch das aus der Kovarianz von Wertpapierrendite und Marktliquidität resultierende Risiko, RiLm , so zeigen die Ergebnisse in Spalte 4 keinen signifikanten Einfluss dieser zweiten Dimension des Liquiditätsrisikos. Einen Einfluss gefunden haben für diesen Faktor erstmalig Pastor/Stambaugh (2003).106 Tabelle 4-12: Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen bei stochastischer Liquidität – USA

Konstante

ILLIQ * (+)

RiRm (+)

Modellvariante 1

Modellvariante 2

Modellvariante 3

Modellvariante 4

Modellvariante 5

Modellvariante 6

0,0194

0,0185

0,0192

0,0196

0,0184

0,0179

(10,37)***

(10,53)***

(10,55)***

(10,46)***

(10,78)***

(9,35)***

0,3305

0,3104

0,3240

0,3070

0,2858

0,3246

(11,01)***

(11,21)***

(11,49)***

(10,70)***

(11,27)***

(10,71)***

0,0020

0,0014

0,0021

0,0020

0,0015

(2,83)***

(1,65)*

(3,06)***

(2,73)***

(1,96)**

54,6214

LiLm (+)

51,5952 (3,02)***

(2,96)***

RiLm (-)

-0,0979

0,0641

(-0,30)

(0,20)

LiRm (-)

-0,7041

-0,6706

(-6,57)***

(-6,60)*** 0,0031

LIQ 4 (+) R2

(4,54)*** 0,0231

0,0278

0,0289

0,0251

0,0349

0,0245

Legende: ILLIQ * bezeichnet das Niveau der Liquidität. RiRm gibt den Betafaktor an, welcher aus Kovarianz von Wertpapierrendite und Marktrendite resultiert. Die drei weiteren Risikofaktoren im LiquiditätsCAPM mit stochastischer Liquidität sind mit LiLm , RiLm und LiRm bezeichnet und sind Maße für die Kovarianz zwischen Wertpapierliquidität und Marktliquidität, für die Kovarianz zwischen Wertpapierrendite und Marktliquidität und für die Kovarianz von Wertpapierliquidität und Marktrendite. LIQ 4 bezeichnet den unzerlegten Betafaktor, welcher aus der Kovarianz der Netto-Rendite nach Liquiditätskosten eines Wertpapiers mit der Netto-Rendite des Marktes resultiert. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Wird hingegen anstelle von RiLm die dritte Dimension des Liquiditätsrisikos, LiRm , in der Schätzung berücksichtigt (Spalte 5), so besitzt dieses einen hoch signifikant negativen 106

In der Untersuchung für das deutsche Sample ist RiLm die einzige Dimension des Liquiditätsrisikos, für die sich empirische Evidenz findet, vgl. Tabelle C-4 in Anhang C.

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

183

Zusammenhang mit der erwarteten Rendite. Für Aktien, deren Illiquidität gerade dann hoch ist, wenn die Rendite des Marktes sehr gering ist, wird der Theorie entsprechend eine höhere Risikoprämie verlangt. Eine Verringerung von LiRm um eine Standardabweichung führt entsprechend des geschätzten Koeffizienten in Höhe von 0,7041 zu einer Erhöhung der erwarteten Rendite um 14 Basispunkte pro Jahr.107 Auch in dieser Testspezifikation besitzt das Niveau der Illiquidität einen hoch signifikant positiven Einfluss auf die erwartete Rendite. Eine Erhöhung des Illiquiditätsniveaus um eine Standardabweichung führt zu einer Erhöhung der erwarteten Rendite p.a. von 26 Basispunkten. Das zentrale Ergebnis dieses Abschnitts stellt der Test von Modellvariante 5 in Tabelle 4-12 dar. Dort werden die Einflüsse aller Dimensionen des Liquiditätsrisikos sowie des (erwarteten) Niveaus der Liquidität gemeinsam getestet, wie es der Aussage des CAPM mit stochastischer Liquidität entspricht. Es zeigt sich, dass auch bei gemeinsamer Berücksichtigung aller Liquiditätsrisiken das aus der Commonality resultierende Risiko, LiLm , sowie das Risiko, welches durch die Kovarianz von Wertpapierliquidität und Marktrendite entsteht, LiRm , einen jeweils der Theorie entsprechenden, signifikanten Einfluss auf die Wertpapierkurse besitzen. Auch das Niveau der Illiquidität besitzt weiterhin einen theoriekonformen, signifikant positiven Einfluss ebenso wie das Renditebeta RiRm . Der Test des CAPM mit stochastischer Liquidität unter Verwendung von erwarteten Renditen liefert somit erstmalig empirische Evidenz bezüglich der Entschädigung von Investoren für die Übernahme systematischer Illiquiditätsrisiken verschiedener Dimensionen bei Aktien.108 Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung des Illiquiditätsrisikos für die Bewertung von Wertpapieren. Der signifikante Einfluss des Liquiditätsrisikos der Dimension LiRm stellt zudem generell erstmalige empirische Evidenz hinsichtlich der Bewertungsrelevanz dieser Dimension des Liquiditätsrisikos dar. Sowohl in den Arbeiten von Acharya/Pedersen (2005) als auch von Tang/Yan (2007) findet sich keine Evidenz für diesen Faktor. Abschließend zeigt der Test des CAPM mit stochastischer Liquidität auch einen hoch signifikanten Einfluss des liquiditätsadjustierten Betarisikos, wenn dieses nicht in seine einzelnen Komponenten zerlegt wird (Modellvariante 6). Dieses Ergebnis überrascht aufgrund der theoriekonformen empirischen Einflüsse von drei der vier Komponenten des Beta in Modellvariante 5 nicht. Da Modell 6 jedoch für jede Komponente des Betarisikos eine identische Höhe der Risikoprämie voraussetzt und somit restriktiver ist als Modell 5, welches

107

108

Die Verringerung des LiRm vom Niveau des 90%-Quantils auf das des 10%-Quantils impliziert eine Erhöhung der erwarteten Rendite um 0,37%. Die von Acharya/Pedersen (2005) berichtete Renditedifferenz zwischen den Portfolios mit höchstem bzw. geringstem LiRm beträgt 0,16%. Zur Einordnung der Ergebnisse von Acharya/Pedersen (2005) vgl. die vorausgehenden Diskussionen dieses Kapitels. Tang/Yan (2007) finden ebenfalls Signifikanzen hinsichtlich zweier Dimensionen des Liquiditätsrisikos, sie untersuchen jedoch deren Einfluss auf die Spreads von Credit Default Swaps und nicht auf Aktien.

184

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

Prämien in jeweils individueller Höhe zulässt, ist die Erklärungsgüte dieses Modells geringer als die Erklärungsgüte von Modell 5.

4.5.2.3 Stabilitätsuntersuchungen Im Folgenden wird die zeitliche Stabilität der Ergebnisse der CAPM-Tests der Kapitel 4.5.2.1 und 4.5.2.2 für das US-amerikanische Sample analysiert. Die Untersuchung erfolgt bezüglich der unterschiedlichen Marktphasen während des Untersuchungszeitraums entsprechend der Unterteilung in Kapitel 3.5.3.2. Die betrachteten Teilperioden umfassen die Zeiträume Dezember 1981 bis April 1994, Mai 1994 bis Juli 2000, August 2000 bis Januar 2003 und Februar 2003 bis Oktober 2006. Tabelle 4-13 zeigt, dass wie für das deutsche Sample für die Dividendenrendite und das Illiquiditätsniveau im Steuer- bzw. Liquiditäts-CAPM unabhängig von der Marktphase der von der Theorie vorhergesagte Zusammenhang mit der erwarteten Rendite besteht. Für die Konvexität des Zusammenhangs von Illiquidität und erwarteter Rendite findet sich durchgängig keine Evidenz. So ist der Einfluss des quadrierten Illiquiditätsmaßes in den ersten drei Teilperioden insignifikant. In der vierten Teilperiode impliziert der schwach signifikant positive Zusammenhang einen konkaven Einfluss der Illiquidität, wie ihn das CAPM von Jacoby/Fowler/Gottesman (2000) vorhersagt. Im CAPM nach Merton (1987) besitzt nur die Bekanntheit des Unternehmens ein für alle Teilperioden der Theorie entsprechend negatives Vorzeichen. Die Einflüsse des unsystematischen Risikos sowie der Bedeutung des Unternehmens erweisen sich als instabil. Mit Ausnahme des Steuer-CAPM zeigt sich zudem der Einfluss des Beta instabil über die Marktphasen. Für den Bärenmarkt im Zeitraum August 2000 bis Januar 2003 ist die geschätzte Marktrisikoprämie p.a. signifikant negativ mit einer Höhe zwischen -0,46% und -0,63%. Für das Standard-CAPM ist der Einfluss von Beta auch in der zweiten Teilperiode signifikant negativ. Werden die Stabilitätsuntersuchungen für die verschiedenen Marktphasen auf Basis gepoolter Regressionen durchgeführt, so sind die Ergebnisse qualitativ ähnlich. Im CAPM nach Merton (1987) besitzt nun jedoch das unsystematische Risiko durchgängig den von der Theorie vorhergesagten positiven Einfluss. Im Standard-CAPM ist der negative Einfluss des Beta in der zweiten Teilperiode nicht signifikant. Das quadrierte Illiquiditätsniveau ist durchgängig insignifikant.

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

185

Tabelle 4-13: Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen für verschiedene Marktphasen –USA CAPM

Konstante

BETA (+)

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

CAPM mit unvollständigen Infos

-0,0036

0,0059***

0,0027

0,0127***

0,0163***

0,0239***

0,0364*** 0,0384***

0,0484*** 0,0470***

0,0491*** 0,0488***

0,0043***

0,0103***

0,0049***

0,0009

-0,0041**

0,0037**

0,0010

-0,0052***

0,0018

0,0008

0,0049***

-0,0046*** 0,0004

-0,0007 -0,0063*** 0,0053***

0,0094*** 0,0279*** 0,0527*** 0,0473***

0,2218*** DR (+)

0,4363*** 0,6029*** 0,2878***

ILLIQ * (+)

0,2436*** 0,7197*** 0,5554*** 0,1360** -2,6106

2

ILLIQ * (-)

0,8924 1,6080 5,1392*

UR (+)

0,1501*** 0,1471*** 0,1406*** -0,0444***

B ˜ UR (+)

7,0265*** -6,8241*** -1,1586 6,1113***

A ˜ UR (-)

-0,0016*** -0,0064*** -0,0052*** -0,0037***

0,0273 0,0079 0,0025 0,0141 0,0539 0,0166 0,0467 0,0430 R 0,0245 0,0592 0,1223 0,0533 0,0340 0,0096 0,0137 0,0395 Legende: In den Zellen sind jeweils die geschätzten Koeffizienten für den moderaten Bullenmarkt Dezember 1981 – April 1994 (1. Zeile), den Bullenmarkt Mai 1994 – Juli 2000 (2. Zeile), den Bärenmarkt August 2000 – Januar 2003 (3. Zeile) und den Bullenmarkt Februar 2003 – Oktober 2006 (4. Zeile) angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau. 2

186

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

In Tabelle 4-14 sind die Ergebnisse der Stabilitätsuntersuchungen für das CAPM mit stochastischer Liquidität enthalten. Wie bereits für das Liquiditäts-CAPM, welches ausschließlich das Niveau der Liquidität berücksichtigt (Modellvariante 1), zeigt sich auch für das CAPM bei gleichzeitiger Berücksichtigung der stochastischen Liquidität ein sehr robuster positiver Zusammenhang zwischen erwarteter Rendite und Illiquiditätsniveau. Ein stabiler Einfluss auf die erwartete Rendite findet sich ebenso für die Illiquiditätsrisiken der Dimensionen LiLm und LiRm . Sie besitzen in jeweils drei der vier Teilperioden einen signifikanten, theoriekonformen positiven bzw. negativen Einfluss, wobei dieses Ergebnis unabhängig davon ist, ob jedes dieser Illiquiditätsrisiken jeweils nur zusammen mit dem Illiquiditätsniveau und dem Betarisiko RiRm getestet wird oder ob alle drei Dimensionen des Illiquiditätsrisikos gleichzeitig erfasst werden. Lediglich in jeweils einer der Teilperioden ist der Einfluss von LiLm und LiRm insignifikant. Instabil sind hingegen die Einflüsse des Renditerisikos RiRm und des Liquiditätsrisikos der Dimension RiLm . Wie schon bei den Stabilitätsuntersuchungen der CAPM-Varianten in Tabelle 4-13 ist der Einfluss von RiRm in der ersten Subperiode, welche die erste Hälfte des Untersuchungszeitraums von Dezember 1981 bis April 1994 umfasst, durchgängig positiv und hoch signifikant. Dahingegen besitzt RiRm in der dritten Teilperiode ein durchgängig (meist signifikant) negatives Vorzeichen für alle Modellvarianten. Der Einfluss in den übrigen beiden Perioden ist für alle Modellvarianten bis auf eine Ausnahme insignifikant. Für das Liquiditätsrisiko der Dimension RiLm , dessen Einfluss über den Gesamtuntersuchungszeitraum insignifikant ist, findet sich ausschließlich in der vierten Teilperiode ein theoriekonformer, schwach signifikant negativer Zusammenhang mit der erwarteten Rendite.

4.5 Empirische Untersuchung für den US-amerikanischen Kapitalmarkt

187

Tabelle 4-14: Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen bei stochastischer Liquidität für verschiedene Marktphasen – USA

Konstante

ILLIQ * (+)

RiRm (+)

Modellvariante 1

Modellvariante 2

Modellvariante 3

Modellvariante 4

Modellvariante 5

0,0059***

0,0065***

0,0060***

0,0062***

0,0067***

0,0035**

0,0172***

0,0151***

0,0175***

0,0172***

0,0155***

0,0163***

0,0489***

0,0467***

0,0463***

0,0498***

0,0448***

0,0488***

0,0485***

0,0455***

0,0481***

0,0486***

0,0452***

0,0484***

0,1650***

0,1581***

0,1851***

0,1512***

0,1671***

0,1543***

0,6633***

0,6143***

0,6407***

0,6144***

0,5609***

0,6602***

0,6135***

0,5667***

0,5363***

0,5876***

0,4615***

0,6173***

0,1414***

0,1426***

0,1191**

0,1298**

0,1074**

0,1406***

0,0052***

0,0054***

0,0046***

0,0052***

0,0048***

0,0007

-0,0002

-0,0002

0,0005

-0,0008

-0,0059***

-0,0077***

-0,0016

-0,0058***

-0,0034**

-0,0035*

0,0000

-0,0013

-0,0011

LiLm (+)

-0,0026

-21,4407

-21,2007

173,0836***

158,1286***

110,6836**

110,4974**

72,9058***

RiLm (-)

Modellvariante 6

77,1155*** 0,0858

0,0604

0,7371

1,3330***

-2,0330

-1,5683

-0,8506*

-0,9868**

LiRm (-)

-0,2165**

-0,1923**

-1,5031***

-1,4996***

-2,0679***

-1,9157***

-0,1083

-0,0707 0,0069*** 0,0014

LIQ 4 (+)

-0,0055*** -0,0010

R2

0,0052

0,0081

0,0095

0,0049

0,0120

0,0077

0,0482

0,0553

0,0517

0,0536

0,0621

0,0486

0,0657

0,0702

0,0877

0,0719

0,0975

0,0654

0,0144 0,0210 0,0185 0,0156 0,0267 0,0145 Legende: In den Zellen sind jeweils die geschätzten Koeffizienten für den moderaten Bullenmarkt Dezember 1981 – April 1994 (1. Zeile), den Bullenmarkt Mai 1994 – Juli 2000 (2. Zeile), den Bärenmarkt August 2000 – Januar 2003 (3. Zeile) und den Bullenmarkt Februar 2003 – Oktober 2006 (4. Zeile) angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

188

4 Test von Kapitalmarktmodellen unter Verwendung implizit erwarteter Renditen

4.6 Würdigung

Das vorausgehende Kapitel widmete sich der Frage nach Determinanten der Preise an Kapitalmärkten. Dazu wurden empirische Tests theoretischer Kapitalmarktmodelle, namentlich des CAPM nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) sowie Erweiterungen dieses Modells um Steuer- und Liquiditätseffekte sowie Effekte unvollständiger Information an Kapitalmärkten durchgeführt. Die Analysen erweitern die bestehende Literatur zu Kapitalmarktmodelltests um Tests unter Verwendung des neuartigen Proxys der erwarteten Rendite, welcher aus Erwartungen von Analysten anhand des Residual Income Modells abgeleitet wird. Tests des CAPM wurden für den deutschen Markt bisher ausschließlich unter Verwendung realisierter Renditen als Proxy der erwarteten Rendite durchgeführt. Auf dem US-amerikanischen Markt wurden weder das Standard-CAPM, das um Liquiditätseffekte erweiterte CAPM, noch das um Effekte der unvollständigen Information erweiterte CAPM unter Verwendung des Proxys der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell getestet. Ausgangspunkt der empirischen Analysen dieses Kapitels bilden die traditionellen Tests der betrachteten Kapitalmarktmodelle unter Verwendung realisierter Renditen. Dabei lassen sich für die deutsche Unternehmensstichprobe keinerlei theoriekonforme Einflüsse der Determinanten der erwarteten Rendite aus den verschiedenen CAPM-Varianten nachweisen. Für das in Längs- und Querschnitt deutlich umfangreichere US-amerikanische Sample finden sich solche signifikanten Einflüsse nur vereinzelt. Werden die Tests hingegen unter Verwendung der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell durchgeführt, zeigt sich sowohl für das deutsche als auch das US-amerikanische Sample empirische Evidenz für die Bewertungsrelevanz verschiedener Determinanten der erwarteten Rendite aus den CAPM-Varianten. Dieses ist das erste zentrale Ergebnis von Kapitel vier: Unter Verwendung des präziseren Proxys der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell findet sich – anders als bei Verwendung des stark verrauschten Proxys in Form der realisierten Rendite – empirische Evidenz für theoretisch fundierte Determinanten der erwarteten Rendite. Die empirische Evidenz hinsichtlich der einzelnen Modelle ist wie folgt: Sowohl für das deutsche als auch das US-amerikanische Sample sind das systematische Risiko (Beta), das Niveau der Liquidität sowie die Dividendenrendite (aufgrund deren steuerlicher Benachteiligung gegenüber Kursgewinnen) empirisch bewertungsrelevante Parameter von Wertpapierkursen, wie es das Steuer- und des Liquiditäts-CAPM postulieren. Desweiteren deuten die empirischen Ergebnisse hinsichtlich der Standard-CAPM daraufhin, dass dieses Modell zu restriktiv zur Abbildung realer Zusammenhänge ist, da es das Betarisiko als einzige Determinante der erwarteten Rendite enthält. Dadurch werden offensichtlich empirisch bedeutsame Effekte wie der Einfluss von Steuern und Handelskosten von Wertpapieren

4.6 Würdigung

189

vernachlässigt. Diese Vernachlässigung relevanter Parameter schlägt sich im Test des Standard-CAPM in einem verzerrten und dadurch insignifikanten Einfluss des Betarisikos nieder. Hinsichtlich des CAPM mit unvollständigen Informationen sind die Ergebnisse für beide Samples uneinheitlich: Während für Deutschland nur Beta einen theoriekonformen Einfluss auf die erwartete Rendite besitzt, gilt dies im US-amerikanischen Sample sowohl für das unsystematische Risiko, die Bedeutung als auch die Bekanntheit eines Unternehmens. Bei Berücksichtigung stochastischer Liquidität im Rahmen des Liquiditäts-CAPM zeigt sich für das US-Sample unter Verwendung der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell ein signifikanter Einfluss der Dimension des Liquiditätsrisikos, welche aus dem systematischen Zusammenhang von Wertpapierliquidität und Marktrendite resultiert. Die Bewertungsrelevanz dieses Faktors wurde bisher nicht empirisch gestützt. Weiterhin zeigen sich im Test des CAPM mit stochastischer Illiquidität für das US-Sample erstmalig theoriekonforme Einflüsse mehrerer Dimensionen des Liquiditätsrisikos bei gleichzeitiger Relevanz des Liquiditätsniveaus. Neben diesem zentralen Ergebnis der Bewertungsrelevanz von Liquiditätsrisiken und Liquiditätsniveau deuten insbesondere die Tests des CAPM mit stochastischer Liquidität darauf hin, dass die Verwendung des präziseren Schätzers der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell sowie die Verwendung eines umfangreicheren Datensamples bei Durchführung von Kapitalmarktmodelltests in die gleiche Richtung wirken: sie begünstigen das Auffinden signifikanter Zusammenhänge zwischen den Modellvariablen und der erwarteten Rendite.

5 Zusammenfassung und Ausblick Die präzise Schätzung erwarteter Renditen ist von zentraler Bedeutung in vielfältigen Bereichen der Finanzwirtschaft. Üblicherweise werden erwartete Renditen dabei aus realisierten Renditen abgeleitet. Solche traditionell verwendeten Schätzverfahren führen jedoch zu Schätzern der erwarteten Rendite, die aufgrund ihrer geringen Qualität unbrauchbar zur Anwendung auf Fragestellungen der modernen Kapitalmarkttheorie sind (vgl. Black (1993) und Elton (1999)). Die vorliegende Arbeit beschritt einen alternativen Weg: Anstatt auf realisierte Renditen der Vergangenheit zurückzugreifen, wurden die erwarteten Renditen aus den Erwartungen von Kapitalmarktteilnehmern abgeleitet. Dies geschah auf Basis der Gewinnerwartungen von Aktienanalysten, welche zur Implementierung des Residual Income Modells nach Ohlson (1995) verwendet wurden. Der abgeleitete Schätzer der erwarteten Rendite basiert somit nicht auf historischen Daten, sondern auf zum Schätzzeitpunkt aktuellen Erwartungen von Analysten über die zukünftige Unternehmensentwicklung. Dieser Schätzer der erwarteten Rendite wurde zur Untersuchung zweier zentraler Themen der modernen Kapitalmarkttheorie verwendet: 1)

Die empirische Umsetzung der Portfoliooptimierung nach Markowitz (1952).

2)

Die empirische Überprüfung theoretischer Kapitalmarktmodelle auf Basis des Annahmerahmens des CAPM nach Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966).

Bezüglich beider Fragestellungen haben bisherige empirische Untersuchungen keine einheitlichen und zufrieden stellenden Ergebnisse erbracht. So führt die empirische Umsetzung der Markowitz-Optimierung in der Regel zu einem geringen Anlageerfolg, der deutlich hinter heuristischen Strategien zurückbleibt. Ebenso führt die empirische Überprüfung theoretisch fundierter Kapitalmarktmodelle in den meisten Fällen zu insignifikanten Einflüssen der Determinanten der erwarteten Rendite. Mutmaßlich ist dies auf die Verwendung eines schlechten Proxys der erwarteten Rendite zurückzuführen. Enthalten die Erwartungen der Analysten wertvolle Informationen bezüglich der erwarteten Rendite und sind diese weniger verrauscht als realisierte Renditen, so lässt die Untersuchung der vorgenannten Fragestellungen auf Basis dieser Erwartungen neue Erkenntnisse erwarten. Im ersten Hauptteil der Arbeit zeigt die Analyse der empirischen Eigenschaften des neuartigen Schätzers, dass er eine geringe Korrelation mit traditionellen Schätzern besitzt. Damit enthält der Schätzer aus dem Residual Income Modell offensichtlich andere Informationen. Bedeutender ist jedoch, dass die im Schätzer enthaltene Information präziser ist als die

192

5 Zusammenfassung und Ausblick

Information traditioneller Schätzer, was sich in einer höheren Güte des Schätzers aus dem Residual Income Modell widerspiegelt. Motiviert durch diese guten Eigenschaften erfolgt im zweiten Hauptteil die Implementierung der Markowitz-Optimierung für umfangreiche Datenstichproben des deutschen und des USamerikanischen Marktes. Es zeigt sich, dass die Implementierung auf Basis des RIMSchätzers zum höchsten out-of-sample Anlageerfolg aller betrachteten Strategien führt, wenn der aktienindividuelle RIM-Schätzer nach Bayesschem Vorgehen mit dem Prior der historischen Indexrendite kombiniert wird. Die Überlegenheit dieses Schätzers gilt auch im Vergleich mit zahlreichen weiteren in der Literatur vorgeschlagenen Schätzern, aber auch im Vergleich zu heuristischen Strategien wie der Gleichgewichtung oder dem Indexinvestment. Die Ergebnisse zeigen eine hohe Robustheit. Zu betonen sind insbesondere die geringen Transaktionskosten der Strategie, die zu einer weiteren Verbesserung des relativen Anlageerfolgs im Vergleich zu den Benchmarkstrategien bei Berücksichtigung von Transaktionskosten führt, sowie die Robustheit der Ergebnisse bei Auferlegung von Gewichtsbeschränkungen. Diese führen zwar zu einer deutlichen Performanceverbesserung der Alternativstrategien, können jedoch auch so den Erfolg der Bayesschen Kombination des RIM-Schätzers nicht schlagen. Der Einsatz des Schätzers aus dem Residual Income Modell im dritten Hauptkapitel zum Test der Gültigkeit theoretischer Kapitalmarktmodelle führt ebenfalls zu wichtigen Erkenntnissen. So kann für den deutschen Markt erstmalig empirische Evidenz für die Determinanten der erwarteten Rendite aus dem Steuer-CAPM sowie dem Liquiditäts-CAPM gefunden werden. Auch für den US-amerikanischen Markt besitzen diese Größen einen der Theorie entsprechenden Einfluss. Für das umfangreichere US-Sample kann zudem Evidenz für die Bewertungsrelevanz verschiedener Dimensionen des Liquiditätsrisikos gefunden werden, für die in der Literatur bisher keine signifikante empirische Evidenz vorliegt. Auch für das unsystematische Risiko, die Bedeutung eines Unternehmens, sowie die Bekanntheit eines Unternehmens, welche neben dem systematischen Risiko die Determinanten der erwarteten Rendite im CAPM mit unvollständigen Informationen nach Merton (1987) sind, bestehen innerhalb des US-Samples der Theorie entsprechende Zusammenhänge mit der erwarteten Rendite. Werden – wie in der Literatur üblich - statt der implizit erwarteten Renditen aus dem Residual Income Modell die realisierten Renditen verwendet, so finden sich innerhalb des deutschen Samples keinerlei signifikante Einflüsse der Determinanten des CAPM. Für das US-Sample können solche Einflüsse nur in Einzelfällen gefunden werden. Die Analysen der vorliegenden Arbeit führen somit zu zwei zentralen Hauptergebnissen: Auf Basis der erwarteten Rendite aus dem Residual Income Modell kann eine bessere Performance in der Markowitz-Optimierung erzielt werden als auf Basis des traditionell verwendeten

5 Zusammenfassung und Ausblick

193

Zeitreihenschätzers, dem Indexinvestment und zahlreichen weiteren in der vorliegenden Arbeit betrachteten Alternativstrategien, wenn der Schätzer in Bayesscher Kombination mit der historischen Indexrendite verwendet wird. In Hinblick auf den Einfluss der vom CAPM und dessen Erweiterungen postulierten Determinanten der erwarteten Rendite findet sich empirische Evidenz, welche die Theorien stützt. Bei den Analysen auf Basis realisierter Renditen bleibt diese Unterstützung für die theoretischen Modelle hingegen verdeckt. Offensichtlich beinhalten Analystenschätzungen, welche in den neuartigen Schätzer eingehen, wertvolle Informationen über die erwartete Rendite und sind nicht so unpräzise wie Schätzer auf Basis realisierter Renditen. Die Nutzung dieser Information erscheint somit auch für andere Fragestellungen, welche präzise Schätzungen der erwarteten Rendite erfordern, erfolgversprechend. Beispiele für solche Fragestellungen sind der intertemporale RisikoRendite-Zusammenhang, dessen Gültigkeit noch immer kontrovers ist, optimale Anlageentscheidungen im Rahmen der Länderallokation oder der Einfluss von Wettbewerbsintensität bzw. Regulierungen auf die erwartete Rendite von Unternehmen.

Anhang A Anhang zu Kapitel 2 Abbildung A-1: Entwicklung der mittleren Dividendenrendite im Zeitablauf – Deutschland 3,5%

Dividendenrendite pro Jahr

3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5%

De z

06

05 De z

De z

De z

04

03

02 De z

01

00

De z

De z

De z

99

98 De z

De z

De z

96

97

0,0%

Datum

Abbildung A-2: Entwicklung der mittleren Dividendenrendite im Zeitablauf – USA 7,0%

5,0% 4,0% 3,0% 2,0% 1,0%

05 De z

03 De z

01 De z

97

99 De z

95

Datum

De z

De z

93 De z

91 De z

89 De z

87 De z

85 De z

83 De z

81

0,0% De z

Dividendenrendite pro Jahr

6,0%

196

Anhang A

Abbildung A-3: Entwicklung des Volatilitätsindex VDAX-NEW im Zeitablauf 60 50

VDAX

40 30 20 10

De z

06

05 De z

04 De z

03 De z

02 De z

De z

01

00 De z

99 De z

98 De z

De z

De z

96

97

0

Datum

0,1%

0,0%

0,0%

ZEIT

RIM

De z

De z

De z

03 De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

Datum

Std. der erwarteten Überschuss-Rendite pro Monat (RIM)

1,0%

06

0,2%

05

2,0%

04

0,3%

02

3,0%

01

0,4%

00

4,0%

99

0,5%

98

5,0%

97

0,6%

96

6,0%

De z

Std. der erwarteten Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT)

Variation im Zeitablauf – Deutschland Abbildung A-4: Entwicklung der Querschnittstandardabweichungen der Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – Deutschland

Anhang A

197

0,2%

1,0%

0,1%

0,0%

0,0% De z

04

De z

De z

02

De z

De z

De z

00 De z

De z

De z

De z

Std. der erwarteten Überschuss-Rendite pro Monat (RIM+IND und ZEIT+IND)

2,0%

06

0,3%

05

3,0%

03

0,4%

01

4,0%

99

0,5%

98

5,0%

97

0,6%

96

6,0%

De z

Std. der erwarteten Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT+RIM)

Abbildung A-5: Entwicklung der Querschnittstandardabweichungen der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – Deutschland

Datum ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

Tabelle A-1: Deskriptive Statistiken der Verteilungen der Querschnittmittelwerte – Deutschland Variable

Mittelwert monatlicher Mittelwerte

Median monatlicher Mittelwerte

Std. monatlicher Mittelwerte

10%-Quantil monatlicher Mittelwerte

90%-Quantil monatlicher Mittelwerte

ZEIT

0,00862

0,00972

0,01837

-0,01330

0,03010

RIM

0,00396

0,00363

0,00160

0,00222

0,00652

ZEIT  IND

0,00561

0,00568

0,00114

0,00426

0,00694

RIM  IND

0,00497

0,00483

0,00050

0,00442

0,00583

ZEIT  RIM

0,00628

0,00712

0,00943

-0,00394

0,01708

Legende: Der Zeitreihenschätzer für die monatliche Überrendite ist mit ZEIT bezeichnet und der Schätzer aus dem Residual Income Modell mit RIM. Die mit dem Mittelwert der vergangenen Überrendite des Index kombinierten Schätzer sind mit ZEIT+IND bzw. RIM+IND bezeichnet. ZEIT+RIM ist die Kombination von Zeitreihen- und RIM-Schätzer für die monatliche Überrendite. Berichtet werden deskriptive Statistiken (Mittelwert, Median, Standardabweichung; 10%-Quantil und 90%-Quantil) der Verteilung der monatlichen Querschnittmittelwerte. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Periode von Dezember 1996 bis Oktober 2006.

198

Anhang A

0,0%

0,0% De z

De z

De z

De z

De z

93

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

Std. der erwarteten Überschuss-Rendite pro Monat (RIM)

0,1%

05

1,0%

03

0,2%

01

2,0%

99

0,3%

97

3,0%

95

0,4%

91

4,0%

89

0,5%

87

5,0%

85

0,6%

83

6,0%

81

Std. der erwarteten Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT)

Variation im Zeitablauf – USA Abbildung A-6: Entwicklung der Querschnittstandardabweichungen der Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – USA

Datum ZEIT

RIM

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

De z

Datum

Std. der erwarteten Überschuss-Rendite pro Monat (RIM+IND und ZEIT+IND)

0,0% 05

0,0% 03

0,1%

01

1,0%

99

0,2%

97

2,0%

95

0,3%

93

3,0%

91

0,4%

89

4,0%

87

0,5%

85

5,0%

83

0,6%

81

6,0%

De z

Std. der erwarteten Überschuss-Rendite pro Monat (ZEIT+RIM)

Abbildung A-7: Entwicklung der Querschnittstandardabweichungen der kombinierten Schätzer der erwarteten Rendite im Zeitablauf – USA

Anhang A

199

Tabelle A-2: Deskriptive Statistiken der Verteilungen der Querschnittmittelwerte – USA Variable

Mittelwert monatlicher Mittelwerte

Median monatlicher Mittelwerte

Std. monatlicher Mittelwerte

10%-Quantil monatlicher Mittelwerte

90%-Quantil monatlicher Mittelwerte

ZEIT

0,00851

0,00949

0,01149

-0,00708

0,02179

RIM

0,00216

0,00204

0,00152

0,00043

0,00439

ZEIT  IND

0,00499

0,00509

0,00119

0,00338

0,00636

RIM  IND

0,00360

0,00349

0,00064

0,00304

0,00451

ZEIT  RIM

0,00530

0,00586

0,00577

-0,00230

0,01149

Legende: Der Zeitreihenschätzer für die monatliche Überrendite ist mit ZEIT bezeichnet und der Schätzer aus dem Residual Income Modell mit RIM. Die mit dem Mittelwert der vergangenen Überrendite des Index kombinierten Schätzer sind mit ZEIT+IND bzw. RIM+IND bezeichnet. ZEIT+RIM ist die Kombination von Zeitreihen- und RIM-Schätzer für die monatliche Überrendite. Berichtet werden deskriptive Statistiken (Mittelwert, Median, Standardabweichung; 10%-Quantil und 90%-Quantil) der Verteilung der monatlichen Querschnittmittelwerte. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Periode von Dezember 1981 bis Oktober 2006.

Anhang B Anhang zu Kapitel 3

2500%

25%

2000%

20%

1500%

15%

1000%

10%

500%

5%

0% 6 -500% z9 De

0% z De

97

z De

98

z De

99

z De

00

z De

01

z De

02

z De

03

z De

04

z De

05

z De

06

-5%

-1000%

-10%

-1500%

-15%

-2000%

-20%

-2500%

Realisierte Monatsrendite (Präferenzfunktion)

Realisierte Monatsrendite (Tangentialportfolio)

Abbildung B-1: Realisierte Monatsrenditen bei Implementierung der MarkowitzOptimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers der erwarteten Rendite

-25% Datum Tangentialportfolio

Präferenzfunktion

Legende: Die Abbildung zeigt die realisierten Monatsrenditen bei Implementierung der MarkowitzOptimierung für das Anlageuniversum des DAX30 im Zeitraum Dezember 1996 bis Oktober 2006 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Die Implementierung erfolgt über die Bestimmung des Tangentialportfolios und alternativ über die Optimierung der Präferenzfunktion bei gegebener Risikoaversion J .

202

Anhang B

Abbildung B-2: Aktiengewichte bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers der erwarteten Rendite 9000% 7000% 5000%

06 De z

05 De z

04 De z

03 De z

De z

02

01 De z

00 De z

99 De z

98 De z

-3000%

De z

96

-1000%

97

1000%

De z

Aktiengewicht

3000%

-5000% -7000% -9000% Datum

Legende: Die Abbildung stellt die Entwicklung der Gewichte in Einzelaktien (als Anteil am reinen Aktienportfolio) bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des Zeitreihenschätzers durch Optimierung der Präferenzfunktion bei gegebener Risikoaversion J dar. Betrachtet wird das Anlageuniversum des DAX30 im Zeitraum Dezember 1996 bis Oktober 2006 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz.

Anhang B

203

Abbildung B-3: Aktiengewichte bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des RIM-Schätzers der erwarteten Rendite 9000% 7000% 5000%

06 De z

05 De z

04 De z

03 De z

02 De z

01 De z

00 De z

99 De z

98 De z

-3000%

De z

96

-1000%

97

1000%

De z

Aktiengewicht

3000%

-5000% -7000% -9000% Datum

Legende: Die Abbildung stellt die Entwicklung der Gewichte in Einzelaktien (als Anteil am reinen Aktienportfolio) bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des RIM-Schätzers durch Optimierung der Präferenzfunktion bei gegebener Risikoaversion J dar. Betrachtet wird das Anlageuniversum des DAX30 im Zeitraum Dezember 1996 bis Oktober 2006 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz.

204

Anhang B

Abbildung B-4: Aktiengewichte bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des RIM+IND-Schätzers der erwarteten Rendite 100% 80% 60%

20%

06 De z

05 De z

04 De z

03 De z

De z

02

01 De z

00 De z

99 De z

98 De z

97

-20%

De z

96

0% De z

Aktiengewicht

40%

-40% -60% -80% -100% Datum

Legende: Die Abbildung stellt die Entwicklung der Gewichte in Einzelaktien (als Anteil am reinen Aktienportfolio) bei Implementierung der Markowitz-Optimierung auf Basis des RIM+IND-Schätzers durch Optimierung der Präferenzfunktion bei gegebener Risikoaversion J dar. Betrachtet wird das Anlageuniversum des DAX30 im Zeitraum Dezember 1996 bis Oktober 2006 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz.

RIM

-0,35525

-0,20054

-0,55579*

-0,06531

-0,26584

-0,62110

0,49704

0,43173

0,23119

-0,12406**

ZEIT+IND RIM+IND ZEIT+RIM

CAPM

-0,41625

0,08078

0,01548

-0,18506

-0,54031

BL

0,45667

0,04042

0,53746

0,47215

0,27161

-0,08364***

RS

0,09716***

0,55383

0,13758**

0,63462

0,56931*

0,36877

0,01352**

GMVP

-0,57137

-0,47421

-0,01754

-0,43379

0,06325

-0,00206

-0,2026

-0,55785

GLGW

0,26489

-0,30648

-0,20932

0,24735

-0,1689

0,32814

0,26283

0,06229

-0,29296

-0,07618

0,18871

-0,38266

-0,2855

0,17117

-0,24508

0,25195

0,18665

-0,01389

-0,36914

GSMKT

GSGG

0,37682

0,30064*

0,56553*

-0,00584

0,09132

0,54799

0,13174

0,62878**

0,56347

0,36293

0,00768

DAX30

-0,18037

0,19645

0,12027

0,38516

-0,18621

-0,08905

0,36762

-0,04863

0,44841

0,38310

0,18256

-0,17269

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des DAX30 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in den Tabellen 3-2, 3-3, 3-4 und 3-17 enthaltenen Strategien.

GSGG

GSMKT

GLGW

GMVP

RS

BL

CAPM

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

Tabelle B-1: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30

Anhang B 205

RIM

-0,14988 -0,28731

-0,43719

ZEIT+IND

0,00135

-0,28595*

-0,43584

RIM+IND

0,32185

0,3232

0,0359

-0,11398*

ZEIT+RIM

HDAX

0,31541

0,63726**

0,63862*

0,35131

0,20143

-1,32134** 0,2396 -0,94665** -1,28787** 0,53337 0,26525

-1,18516 0,07499 -1,26803** -1,1517*** 0,36876* -0,05614 0,13617 -0,16461 -0,32138

RIM+IND

-0,11334 -0,14709 -0,11403 -0,07987 0,14669 1,09787* 1,20800** -0,38668 0,83262** 1,07182 -0,22207 1,15401**

ZEIT+RIM

DAX30 -1,30336* 0,90756 -0,89503 -1,2699 1,20133*** 0,31687 0,01797 0,66796 0,05162 -0,1182 0,83257* 0,37301 -1,19002* 1,05464 -0,781

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des DAX30 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält drei Einträge, wobei der erste Eintrag die paarweise Sharpe Ratio-Differenz für den Zeitraum Dezember 1996 – Februar 2000, der zweite Eintrag die für den Zeitraum März 2000 bis Januar 2003 und der dritte Eintrag die für den Zeitraum Februar 2003 bis Oktober 2006 angibt. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-7 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

ZEIT+IND

RIM

-0,03347 -0,29377 -1,2119*

Tabelle B-3: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Marktphasen

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des HDAX bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in den Tabellen 3-5 und 3-6 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

Tabelle B-2: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum HDAX

206 Anhang B

RIM

-0,27949 -0,31965

-0,59914*

ZEIT+IND

0,03366

-0,28599*

-0,56548

RIM+IND

0,49592

0,52957*

0,20993

-0,06956

ZEIT+RIM

DAX30

-0,03451

0,46141

0,49507

0,17542

-0,10407

-0,32313 -0,29694

-0,62007*

ZEIT+IND

0,02356

-0,27338

-0,59651

RIM+IND

0,54655

0,57012*

0,27318

-0,04996

ZEIT+RIM

-0,09661

0,44994

0,4735

0,17657

-0,14657

DAX30

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des DAX30 bei sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in den Tabellen 3-9 und 3-11 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

RIM

Tabelle B-5: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – sechsmonatige Umschichtungsfrequenz

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des DAX30 bei dreimonatiger Umschichtungsfrequenz. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in den Tabellen 3-9 und 3-11 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

Tabelle B-4: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – dreimonatige Umschichtungsfrequenz

Anhang B 207

-0,2908* -0,31533* -0,33935** -0,36276** -0,08033 -0,09555 -0,11097 -0,1266

-0,21047 -0,21979 -0,22838 -0,23616

DAX30

0,09089 -0,00098 -0,09289 -0,18465 0,30136 0,2188 0,1355 0,05151 0,38169 0,31435 0,24647 0,17811 -0,19201 -0,33432 -0,4753 -0,61468

0,57369 0,64867 0,72177* 0,79279*

-0,32536 -0,47701 -0,62733 -0,7760*

0,2829 0,33334 0,38241 0,43003 0,49337 0,55312* 0,61079* 0,66618**

-0,13336** -0,14269** -0,15203*** -0,16132***

ZEIT+RIM

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des DAX30 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält vier Einträge, die den Differenzen der Sharpe Ratios bei Transaktionskosten für eine hundertprozentige Portfolioumschichtung in Höhe von 25 BP (Zeile 1), 50 BP (Zeile 2), 75 BP (Zeile 3) und 100 BP (Zeile 4) entsprechen. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-13 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

-0,70705 -0,79136* -0,87379** -0,95411**

-0,62672* -0,69582** -0,76282** -0,8275**

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

-0,41625 -0,47603 -0,53444 -0,59134

Tabelle B-6: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten, monatliche Umschichtungsfrequenz

208 Anhang B

-0,30092* -0,31566* -0,33015* -0,34435** 0,02683 0,02 0,01318 0,00636

-0,32775 -0,33566 -0,34334 -0,35071

DAX30

0,11357 0,05142 -0,01093 -0,0734 0,44132 0,38708 0,3324 0,27731 0,41449 0,36708 0,31922 0,27094 -0,12621 -0,21709 -0,30703 -0,39588

0,5407 0,58418 0,62625 0,66683*

-0,20047 -0,2959 -0,39021 -0,48326

0,23978 0,26852 0,2961 0,32248 0,56752* 0,60418* 0,63943** 0,67319**

-0,07426 -0,0788 -0,08318 -0,08738

ZEIT+RIM

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des DAX30 bei dreimonatiger Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält vier Einträge, die den Differenzen der Sharpe Ratios bei Transaktionskosten für eine hundertprozentige Portfolioumschichtung in Höhe von 25 BP (Zeile 1), 50 BP (Zeile 2), 75 BP (Zeile 3) und 100 BP (Zeile 4) entsprechen. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-13 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

-0,61496 -0,66298 -0,70943* -0,7542*

-0,64178* -0,68298** -0,72261** -0,76057**

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

-0,31404 -0,34732 -0,37928 -0,40986

Tabelle B-7: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten, dreimonatige Umschichtungsfrequenz

Anhang B 209

-0,65548* -0,6895** -0,72203** -0,75299** -0,30234 -0,30763 -0,31276 -0,31769

-0,63691 -0,67594 -0,71349* -0,74947* -0,28378* -0,29407* -0,30422* -0,31418* 0,01856 0,01356 0,00854 0,00351

RIM+IND -0,05363 -0,05717 -0,06055 -0,06378 0,2995 0,3247 0,34872 0,37151 0,60185* 0,63233** 0,66148** 0,6892** 0,58328 0,61877 0,65293* 0,68569*

ZEIT+RIM -0,2238 -0,30004 -0,37517 -0,44906 0,12933 0,08182 0,0341 -0,01377 0,43167 0,38945 0,34686 0,30392 0,41311 0,37589 0,33832 0,30041 -0,17017 -0,24288 -0,31462 -0,38528

DAX30

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des DAX30 bei sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält vier Einträge, die den Differenzen der Sharpe Ratios bei Transaktionskosten für eine hundertprozentige Portfolioumschichtung in Höhe von 25 BP (Zeile 1), 50 BP (Zeile 2), 75 BP (Zeile 3) und 100 BP (Zeile 4) entsprechen. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-13 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

ZEIT+IND

RIM

-0,35313 -0,38187 -0,40927 -0,43529

Tabelle B-8: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Transaktionskosten, sechsmonatige Umschichtungsfrequenz

210 Anhang B

0,08007 0,07196 0,02202 -0,1076 -0,13714* -0,11678*** 0,08683 0,06435 0,0711 -0,00615 -0,06126 -0,08736

-0,00676 0,00762 -0,04908 -0,10145 -0,07588 -0,02942

0,03359 0,11835 0,0153 -0,00047338 0,02269 -0,04331 0,04035 0,11073 0,06438 0,10097 0,09856 -0,01389 -0,04648 0,04639 -0,00672 0,10713 0,15982 0,0734

0,0795 -0,05214 -0,0452 -0,04678 0,03297 -0,01717

ZEIT+RIM

0,26845 0,28063 0,24918 0,18655 0,16675 0,15886 0,27521 0,27301 0,29826 0,2880* 0,24263* 0,18828* 0,18838 0,20867 0,22716 0,29415* 0,30389** 0,27564** 0,23486 0,16228 0,23388 0,18703 0,14407 0,20217**

0,31436 0,11014 0,18868 0,14025 0,17703 0,1850*

DAX30

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des DAX30 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält sechs Einträge, die den Differenzen der Sharpe Ratios bei Gewichtsrestriktionen von 0%-100% je Aktie (Zeile 1), 0%-50%, 0%-20%, 0%-10%, 0%-7,5% bzw. 0%-5% je Aktie (Zeilen 2 bis 6) entsprechen. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-15 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

0,12598 -0,09852 -0,03848 -0,1539 -0,12685 -0,09064

0,03915 -0,16287 -0,10958 -0,14775* -0,06559 -0,00328

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

0,04591 -0,17049 -0,0605 -0,0463 0,01028 0,02614

Tabelle B-9: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum DAX30 – Gewichtsrestriktionen

Anhang B 211

RIM

0,3530

-0,7526***

-0,3996***

-0,0563

-0,8088***

-0,4558*

0,5030*

0,4468***

-0,3058

0,0472

ZEIT+IND RIM+IND ZEIT+RIM

CAPM

-0,4326*

0,0705

0,0142

-0,7384**

-0,3854*

BL

0,3052

-0,1273**

0,3757

0,3194**

-0,4331

-0,0801***

RS

0,0798***

0,3850*

-0,0475

0,4555*

0,3992***

-0,3533

-0,0003

GMVP

-0,4229

-0,3431

-0,0379

-0,4704*

0,0326

-0,0236

-0,7762***

-0,4232

GLGW

-0,0352

-0,4580*

-0,3782

-0,0730

-0,5056**

-0,0025

-0,0588

-0,8114***

-0,4584*

GSMKT

0,0007

-0,0344

-0,4573**

-0,3775*

-0,0723

-0,5048**

-0,0018

-0,0581

-0,8106***

-0,4576**

GSGG

0,1916

0,1924

0,1572

-0,2657

-0,1858

0,1194

-0,3132

0,1899

0,1336

-0,6190**

-0,2660

-0,1681

0,0236

0,0243

-0,0108

-0,4337*

-0,3539

-0,0487

-0,4812*

0,0218

-0,0345

-0,7870***

-0,4340*

„S&P30“

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des „S&P30“ bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in den Tabellen 3-18, 3-19, 3-20 und 3-35 enthaltenen Strategien.

GSGG

GSMKT

GLGW

GMVP

RS

BL

CAPM

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

Tabelle B-10: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“

212 Anhang B

RIM

0,40643 -0,70856***

-0,30214**

ZEIT+IND

-0,11155

-0,82012***

-0,41369

RIM+IND

0,41733*

0,30577**

-0,40279

0,00363

ZEIT+RIM

S&P100

-0,64575**

-0,22842

-0,33997

-1,04854***

-0,64211**

RIM

0,40256 -0,66757***

-0,26501**

ZEIT+IND

-0,01621

-0,68378***

-0,28121

RIM+IND

0,2592

0,24299**

-0,42458

-0,02201

ZEIT+RIM

S&P500

-0,54122*

-0,28202

-0,29823

-0,9658***

-0,56323**

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des S&P500 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in den Tabellen 3-22 und 3-24 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

Tabelle B-12: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum S&P500

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des S&P100 bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in den Tabellen 3-21 und 3-23 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

Tabelle B-11: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum S&P100

Anhang B 213

-0,37263** -0,51458 -0,26373 -1,14524** -0,85469* -2,17821*** 0,30684 1,07913*

-0,64709* 0,28182 -0,52378 -2,29662*** -1,12915*** -1,38181*** 0,04679 -0,07225 -0,27446 0,7964** -0,26005 -1,15138**

RIM+IND 0,02779 0,20751* 0,07862 -0,10741 -0,45426 -1,45612** 0,64919 2,11695** 0,40042** 0,7221** 0,34235 1,03783** 0,67488* -0,0743 0,6024 2,18921***

ZEIT+RIM -0,28516 -0,74689 0,03288 -2,07709*** -0,76722* -2,41052*** 0,60345 0,14727 0,08747 -0,23231 0,29661 -0,93185 0,36193 -1,02871** 0,55666 0,21953 -0,31295 -0,9544** -0,04574 -1,96968***

„S&P30“

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des „S&P30“ bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält vier Einträge, wobei der erste Eintrag die paarweise Sharpe Ratio-Differenz für den Zeitraum Dezember 1981 – April 1994, der zweite Eintrag die für den Zeitraum Mai 1994 bis Juli 2000, der dritte Eintrag für den Zeitraum August 2000 bis Januar 2003 und der vierte Eintrag die für den Zeitraum Februar 2003 bis Oktober 2006 angibt. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-25 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

ZEIT+IND

RIM

0,48205 1,66363*** -0,57057 -2,22437**

Tabelle B-13: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – Marktphasen

214 Anhang B

RIM

0,53093* -0,86686***

-0,33593**

ZEIT+IND

0,18162

-0,68524***

-0,15432

RIM+IND

0,24532

0,42693***

-0,43992

0,091*

ZEIT+RIM

-0,36888

-0,12356

0,05805

-0,8088***

-0,27788

„S&P30“

RIM

0,71527** -1,01034***

-0,29506*

ZEIT+IND

0,31105**

-0,69929***

0,01599

RIM+IND

0,10302

0,41407***

-0,59627**

0,11901**

ZEIT+RIM

-0,23361

-0,13059

0,18046

-0,82988***

-0,1146

„S&P30“

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des „S&P30“ bei sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in den Tabellen 3-27 und 3-29 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

Tabelle B-15: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – sechsmonatige Umschichtungsfrequenz

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des „S&P30“ bei dreimonatiger Umschichtungsfrequenz. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in den Tabellen 3-27 und 3-29 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

Tabelle B-14: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – dreimonatige Umschichtungsfrequenz

Anhang B 215

-0,58034** -0,70374** -0,82568*** -0,94586*** -0,79919*** -0,78876*** -0,77757*** -0,76566*** -0,1142 -0,17203 -0,22966 -0,28704*

RIM+IND 0,05194 0,0568 0,06176 0,06681 -0,1669 -0,02822 0,10987 0,247 0,51808*** 0,58851*** 0,65778*** 0,72562*** 0,63228** 0,76053*** 0,88744*** 1,01267***

ZEIT+RIM

„S&P30“ -0,65228** -0,86986*** -1,08631*** -1,30121*** -0,87112*** -0,95488*** -1,03821*** -1,12101*** -0,18614 -0,33815 -0,4903** -0,64239*** -0,07194 -0,16612 -0,26063 -0,35535* -0,70422*** -0,92666*** -1,14808*** -1,36802***

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des „S&P30“ bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält vier Einträge, die den Differenzen der Sharpe Ratios bei Transaktionskosten für eine hundertprozentige Portfolioumschichtung in Höhe von 25 BP (Zeile 1), 50 BP (Zeile 2), 75 BP (Zeile 3) und 100 BP (Zeile 4) entsprechen. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-31 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

ZEIT+IND -0,46614*** -0,53171*** -0,59602*** -0,65882*** -0,68498** -0,61673** -0,54791** -0,47862*

RIM

0,21884 0,08502 -0,04811 -0,1802

Tabelle B-16: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – Transaktionskosten, monatliche Umschichtungsfrequenz

216 Anhang B

-0,37366** -0,41124*** -0,44863*** -0,48575*** -0,83036*** -0,79363*** -0,7567*** -0,7196***

-0,22325 -0,29205 -0,36065 -0,42896 -0,67994*** -0,67443*** -0,66872*** -0,66281*** 0,15041 0,11919 0,08798 0,05678

RIM+IND 0,0922* 0,0935* 0,09492* 0,09644* -0,3645 -0,28888 -0,21316 -0,13741 0,46586*** 0,50475*** 0,54354*** 0,58219*** 0,31545 0,38556 0,45557* 0,5254**

ZEIT+RIM -0,40065 -0,52343** -0,64612** -0,76864*** -0,85734*** -0,90581*** -0,9542*** -1,00249*** -0,02699 -0,11219 -0,1975 -0,28289 -0,1774 -0,23138 -0,28548 -0,33967 -0,49285** -0,61693** -0,74104*** -0,86507***

„S&P30“

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des „S&P30“ bei dreimonatiger Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält vier Einträge, die den Differenzen der Sharpe Ratios bei Transaktionskosten für eine hundertprozentige Portfolioumschichtung in Höhe von 25 BP (Zeile 1), 50 BP (Zeile 2), 75 BP (Zeile 3) und 100 BP (Zeile 4) entsprechen. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-31 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

ZEIT+IND

RIM

0,45669 0,38238 0,30808 0,23385

Tabelle B-17: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – Transaktionskosten, dreimonatige Umschichtungsfrequenz

Anhang B 217

-0,32039** -0,34574** -0,3711** -0,39644*** -0,98749*** -0,96445*** -0,94123*** -0,91784***

-0,02821 -0,07251 -0,11689 -0,1613 -0,69532*** -0,69122*** -0,68701*** -0,68269*** 0,29217* 0,27323* 0,25421 0,23514

RIM+IND 0,12074** 0,12247** 0,12421** 0,12595** -0,54637* -0,49624* -0,44592 -0,39545 0,44112*** 0,46821*** 0,49531*** 0,52239*** 0,14895 0,19499 0,2411 0,28725

ZEIT+RIM -0,19938 -0,28437 -0,36953 -0,45481* -0,86649*** -0,90308*** -0,93966*** -0,97621*** 0,121 0,06137 0,00157 -0,05837 -0,17117 -0,21186 -0,25265 -0,29351 -0,32012 -0,40685* -0,49374** -0,58076**

„S&P30“

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des „S&P30“ bei sechsmonatiger Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält vier Einträge, die den Differenzen der Sharpe Ratios bei Transaktionskosten für eine hundertprozentige Portfolioumschichtung in Höhe von 25 BP (Zeile 1), 50 BP (Zeile 2), 75 BP (Zeile 3) und 100 BP (Zeile 4) entsprechen. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-31 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

ZEIT+IND

RIM

0,6671** 0,61871** 0,57013* 0,5214*

Tabelle B-18: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – Transaktionskosten, sechsmonatige Umschichtungsfrequenz

218 Anhang B

-0,08283 -0,12037* -0,12464 -0,16100** -0,12804** -0,10089** -0,18872 -0,13632 -0,0486 -0,01689 -0,00666 -0,01382

0,10589 0,01595 -0,07605 -0,14411 -0,12138 -0,08706

0,17665 -0,12068 -0,08969 -0,13928 -0,08545 -0,04756 0,07076 -0,13663 -0,01365 0,00483 0,03594 0,03951 0,25948 -0,00031 0,03495 0,02172 0,0426 0,05333

-0,08637 -0,05347 0,02064 -0,00632 0,01846 -0,00231

ZEIT+RIM

-0,06728 -0,13118 -0,13052 -0,13158 -0,11807 -0,05638 -0,17317 -0,14713 -0,05448 0,01253 0,00331 0,03068 0,01555 -0,01081 -0,00588 0,02942 0,00997 0,0445 -0,24393 -0,0105 -0,04083 0,0077 -0,03263 -0,00883

-0,33029 -0,06397 -0,02019 0,00138 -0,01417 -0,01114

„S&P30“

Legende: Die Tabelle enthält die Differenzen der Sharpe-Ratios der Strategien (Zeile – Spalte) für das Sample des „S&P30“ bei monatlicher Umschichtungsfrequenz. Jede Zelle enthält sechs Einträge, die den Differenzen der Sharpe Ratios bei Gewichtsrestriktionen von 0%-100% je Aktie (Zeile 1), 0%-50%, 0%-20%, 0%-10%, 0%-7,5% bzw. 0%-5% je Aktie (Zeilen 2 bis 6) entsprechen. Die marginalen Signifikanzniveaus auf Basis des Jobson-Korkie-Tests (korrigiert nach Memmel (2003)) sind mit * für 10%-Niveau, ** für 5%-Niveau und *** für 1%-Niveau gekennzeichnet. Die markierten Ränder umfassen die in der Tabelle 3-33 enthaltenen Strategien.

ZEIT+RIM

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

ZEIT

-0,34585 -0,05316 -0,01431 -0,02804 -0,02414 -0,05564

-0,15713 0,08316 0,03428 -0,01115 -0,01748 -0,04182

RIM+IND

ZEIT+IND

RIM

-0,26302 0,06721 0,11033 0,13296 0,1039 0,04524

Tabelle B-19: Differenzen der Sharpe-Ratios: Anlageuniversum „S&P30“ – Gewichtsrestriktionen

Anhang B 219

Anhang C Anhang zu Kapitel 4 Tabelle C-1: Literaturüberblick zu Tests von CAPM-Varianten – Deutschland Modell im Test StandardCAPM SteuerCAPM

Proxy erw. Rendite Realisierte Rendite Realisierte Rendite

Warfsmann (1993)

StandardCAPM

Realisierte Rendite

Oertmann (1994)

StandardCAPM

Realisierte Rendite

Ulschmid (1994)

StandardCAPM

Realisierte Rendite

Schlag/Wohlschieß (1997)

StandardCAPM

Realisierte Rendite

Wallmeier (2000)

StandardCAPM

Realisierte Rendite

Elsas/ElShaer/Theissen (2003)

StandardCAPM

Realisierte Rendite

Schulz (2006)

StandardCAPM, SteuerCAPM

Realisierte Rendite

Autor Möller (1988) König (1990)

1

Zeitraum / Sample

Signifikanzen1

1961 – 1979, deutsche Aktiengesellschaften 1959 – 1986, deutsche (Beta) Aktiengesellschaften Dividendenrendite 1954 – 1991, Aktien der Deutschen Kapitalmarktdatenbank in Karlsruhe 1985 – 1991, Aktien der Deutschen Kapitalmarktdatenbank in Karlsruhe 1988 – 1991, Aktiengesellschaften, die zum Ende des Untersuchungszeitraums im DAX30 enthalten 1965 – 1987, Aktien der Deutschen Finanzdatenbank 1967 – 1994, Aktien der Deutschen Kapitalmarktdatenbank in Karlsruhe 1960 – 1995, Aktien der Deutschen Kapitalmarktdatenbank in Karlsruhe Standard1968 – 2002, Aktien im CAPM:(Beta) amtlichen Handel der SteuerFrankfurter CAPM:(Beta), Wertpapierbörse Dividendenrendite

Theoriekonträre Signifikanzen sind durch Klammern gekennzeichnet.

222

Anhang C

Tabelle C-2: Literaturüberblick zu Tests von CAPM-Varianten – USA Autor Friend/Blume (1970) Miller/Scholes (1972) Black/Jensen/Scholes (1972) Fama/MacBeth (1973) Blume/Friend (1973) Black/Scholes (1974)

2

Modell im Test StandardCAPM StandardCAPM StandardCAPM StandardCAPM StandardCAPM SteuerCAPM

Proxy erw. Rendite Realisierte Rendite Realisierte Rendite Realisierte Rendite Realisierte Rendite Realisierte Rendite Realisierte Rendite Erwartete Rendite aus Dividendenbarwertmodell

Zeitraum / Signifikanzen2 Sample 1960 – 1968, Aktien der NYSE 1954 – 1963, Beta Aktien der NYSE 1931 – 1965, Beta Aktien der NYSE 1935 – 1968, Beta Aktien der NYSE 1955 – 1968, Aktien der NYSE 1926 – 1966, Beta Aktien der NYSE

Friend/Westerfield/ Granito (1978)

StandardCAPM

1974 – 1977, Aktien der NYSE

Litzenberger/ Ramaswamy (1979)

SteuerCAPM

Realisierte Rendite

1936 – 1977, CRSP-Datenbank

Rosenberg/Marathe (1979)

SteuerCAPM

1931 – 1966, CRSP-Datenbank

Ang/Peterson (1985)

SteuerCAPM

Realisierte Rendite Erwartete Rendite aus Dividendenbarwertmodell

1973 – 1983, USAktien

Beta, Dividendenrendite

Amihud/Mendelson (1989)

CAPM mit unvollständiger Information

Realisierte Rendite

1961 – 1980, Aktien der NYSE

Beta, Bekanntheit

Theoriekonträre Signifikanzen sind durch Klammern gekennzeichnet.

Beta, Dividendenrendite Dividendenrendite

Anhang C

223

Tabelle C-2: Literaturüberblick zu Tests von CAPM-Varianten – USA (Fortsetzung) Brennan/Chordia/ Subrahmanyam (1996)

LiquiditätsCAPM, SteuerCAPM

Realisierte Rendite

1977 – 1989, Aktien der NYSE

LiquiditätsCAPM: Liquiditätsniveau Beta, Dividendenrendite Beta, Liq.niveau, quadriertes Liq.-niveau

Naranjo/Nimalendran/ Ryngaert (1998)

SteuerCAPM

Realisierte Rendite

1963 – 1994, Aktien der NYSE

Jacoby/ Gottesman/Fowler (2001)

LiquiditätsCAPM (Niveau)

Realisierte Rendite

1984 – 1997, Aktien der NASDAQ

Acharya/Pedersen (2005)

LiquiditätsCAPM (mit Stochastik)

Realisierte Rendite

Brav/Lehavy/ Michaely (2005)

StandardCAPM

Erwartete Rendite aus Zielkursen

Dhaliwal/Krull/Li/ Moser (2005)

SteuerCAPM

Erwartete Rendite aus Residual Income Modell

1964 – 1999, Aktien von NYSE und AMEX 1975 – 2001, Aktien von NYSE, AMEX und NASDAQ 1980 – 2001, Aktien von NYSE, AMEX und NASDAQ

Tang/Yan (2007)

LiquiditätsCAPM (mit Stochastik)

Spreads von Credit Default Swaps

1997 – 2006, Datensatz von CreditTrade

Liquiditätsniveau, Liquiditätsrisiko

Campello/Chen/Zhang (2008)

StandardCAPM

Zinsspreads von Unternehmensanleihen

1973 – 1998, Unternehmen im Datensatz von Lehman Brothers

Beta

Liquiditätsniveau

Beta

Beta, (Dividendenrendite)

224

Anhang C

Tabelle C-3: Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen – Deutschland, Gepoolte Regression

Konstante BETA (+)

CAPM

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

0,1094

0,0165

0,2327

0,1913

(2,04)***

(0,26)

(2,62)***

(2,32)**

0,0042

0,0373

-0,0557

0,0406

(0,06)

(0,51)

(-0,71)

(0,47)

4,9411

DR (+)

(2,12)** -12,7569

SP (+)

(-1,56) 149,8788

SP 2 (-)

(1,35) -1,7534

UR (+)

(-1,70)* -33,4327

B ˜ UR (+)

(-1,90)* 0,0483

A ˜ UR (-)

R

2

CAPM mit unvollständigen Infos

(1,04) -0,0001

0,0014

0,0010

0,0029

Legende: In der ersten Spalte sind neben dem adjustierten R2 als Maß der Erklärungsgüte (R2) die erklärenden Variablen mit den gemäß Theorie zu erwarteten Richtungen des Einflusses angegeben. Beta gibt den Beta-Koeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und die relative GeldBrief-Spanne mit SP. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Anhang C

225

Tabelle C-4: Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen bei stochastischer Liquidität – Deutschland Modellvariante 1

Konstante

ILLIQ * (+) RiRm (+)

Modellvariante 2

Modellvariante 3

Modellvariante 4

Modellvariante 5

0,0392

0,0396

0,0392

0,0391

0,0392

0,0391

(14,32)***

(13,98)***

(14,07)***

(14,54)***

(13,54)***

(14,22)***

0,5078

0,5074

0,4486

0,4829

0,3422

0,5129

(2,74)***

(2,31)**

(2,45)**

(2,50)**

(1,45)

(2,77)***

0,0064

0,0064

0,0070

0,0064

0,0072

(2,70)***

(2,67)***

(2,60)***

(2,72)***

(2,71)***

-16,5467

LiLm (+)

18,2619 (0,43)

(-0,41) -3,9372

RiLm (-)

-0,3065

(-4,16)***

LiRm (-)

(-4,04)*** 0,3797

0,8138

(1,01)

(2,00)** 0,0064

LIQ 4 (+) R2

Modellvariante 6

(2,71)*** 0,0309

0,0315

0,0367

0,0282

0,0342

0,0312

Legende: ILLIQ * bezeichnet das Niveau der Liquidität. RiRm gibt den Beta-Faktor an, welcher aus Kovarianz von Wertpapierrendite und Marktrendite resultiert. Die drei weiteren Risikofaktoren im LiquiditätsCAPM mit stochastischer Liquidität sind mit LiLm , RiLm und LiRm bezeichnet und sind Maße für die Kovarianz zwischen Wertpapierliquidität und Marktliquidität, für die Kovarianz zwischen Wertpapierrendite und Marktliquidität und für die Kovarianz von Wertpapierliquidität und Marktrendite. LIQ 4 bezeichnet den unzerlegten Beta-Faktor, welcher aus der Kovarianz der Netto-Rendite nach Liquiditätskosten eines Wertpapiers mit der Netto-Rendite des Marktes resultiert. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

226

Anhang C

Tabelle C-5: Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen – Deutschland, Gepoolte Regression CAPM

Konstante BETA (+)

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

0,0485

0,0375

0,0275

0,0434

(12,83)***

(8,19)***

(5,45)***

(8,58)***

0,0002

0,0041

0,0106

0,0087

(0,04)

(0,85)

(2,14)**

(1,86)*

0,5817

DR (+)

(3,76)*** 2,0703

SP (+)

(5,22)*** -19,1220

SP 2 (-)

(-3,55)*** 0,2371

UR (+)

(5,46)*** -1,3225

B ˜ UR (+)

(-1,08) -0,0122

A ˜ UR (-)

R2

CAPM mit unvollständigen Infos

(-6,98)*** -0,0001

0,0248

0,0437

0,1007

Legende: In der ersten Spalte sind neben dem adjustierten R2 als Maß der Erklärungsgüte (R2) die erklärenden Variablen mit den gemäß Theorie zu erwarteten Richtungen des Einflusses angegeben. Beta gibt den Beta-Koeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und die relative GeldBrief-Spanne mit SP. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%Niveau.

Anhang C

227

Tabelle C-6: Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen für verschiedene Marktphasen – Deutschland, Gepoolte Regression CAPM

Konstante

BETA (+)

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

CAPM mit unvollständigen Infos

0,0364***

0,0175**

0,0141*

0,0083

0,0489***

0,0288***

0,0219**

0,0537***

0,0600***

0,0438***

0,0448***

0,0485***

-0,0078

-0,0013

0,0057

0,0050

0,0072

0,0131*

0,0159*

0,0222**

0,0057

0,0071

-0,0019

0,0003

0,8287*** DR (+)

0,9982*** 1,1781*** 2,1304***

SP (+)

2,3513*** 1,7289*** -20,4387***

SP 2 (-)

-21,1880* -13,0755 0,2302*

UR (+)

0,0803 0,1444*** -3,0124*

B ˜ UR (+)

-5,0842*** 3,1018 0,0005

A ˜ UR (-)

-0,0098*** -0,0008

R2

0,0042

0,0661

0,0404

0,0505

0,0034

0,0773

0,0616

0,1393

-0,0003 0,0838 0,0407 0,0373 Legende: In der ersten Spalte sind neben dem adjustierten R2 als Maß der Erklärungsgüte (R2) die erklärenden Variablen mit den gemäß Theorie zu erwarteten Richtungen des Einflusses angegeben. Beta gibt den Beta-Koeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und die relative GeldBrief-Spanne mit SP. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen. In den zugehörigen Zellen sind jeweils die geschätzten Koeffizienten für den Bullen-Markt Dezember 1996 – Februar 2000 (1. Zeile), den BärenMarkt März 2000 – Januar 2003 (2. Zeile) und den Bullenmarkt Februar 2003 – Oktober 2006 (3. Zeile) angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

228

Anhang C

Tabelle C-7: Modellschätzung unter Verwendung realisierter Renditen – USA, Gepoolte Regression

Konstante BETA (+)

CAPM

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

0,0702

0,0159

0,0393

0,0754

(2,06)**

(0,38)

(1,00)

(1,68)*

0,0309

0,0534

0,0381

0,0381

(0,89)

(1,52)

(1,11)

(0,97)

1,3673

DR (+)

(2,38)** 1,2941

SP (+)

(0,60) 32,3202

SP 2 (-)

(0,65) -0,0421

UR (+)

(-0,07) -86,3809

B ˜ UR (+)

(-2,44)** 0,0030

A ˜ UR (-)

R

2

CAPM mit unvollständigen Infos

(0,25) 0,0001

0,0007

0,0006

0,0004

Legende: In der ersten Spalte sind neben dem adjustierten R2 als Maß der Erklärungsgüte (R2) die erklärenden Variablen mit den gemäß Theorie zu erwarteten Richtungen des Einflusses angegeben. Beta gibt den BetaKoeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und das Illiquiditätsmaß mit ILLIQ*. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

Anhang C

229

Tabelle C-8: Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen – USA, Gepoolte Regression CAPM

Konstante BETA (+)

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

CAPM mit unvollständigen Infos

-0,0015

-0,0174

-0,0150

-0,0035

(-0,73)

(-6,66)***

(-4,73)***

(-1,51)

0,0005

0,0052

0,0021

0,0007

(0,36)

(3,83)***

(1,49)

(0,54)

0,2891

DR (+)

(7,90)*** 0,6705

SP (+)

(5,96)*** -8,9914

SP 2 (-)

(-3,06)*** 0,1215

UR (+)

(5,31)*** -2,5433

B ˜ UR (+)

(-0,82) -0,0044

A ˜ UR (-)

TREND

R2

(-4,07)*** 0,0002

0,0002

0,0002

0,0002

(28,41)***

(29,48)***

(21,78)***

(27,69)***

0,1612

0, 1825

0,1736

0,1717

Legende: In der ersten Spalte sind neben dem adjustierten R2 als Maß der Erklärungsgüte (R2) die erklärenden Variablen mit den gemäß Theorie zu erwarteten Richtungen des Einflusses angegeben. Beta gibt den Beta-Koeffizienten aus dem Marktmodell an. Die Dividendenrendite ist mit DR bezeichnet und das Illiquiditätsmaß mit ILLIQ*. Das aus dem Marktmodell ermittelte unsystematische Risiko (Standardabweichung) ist mit UR bezeichnet. B gibt den Anteil der Marktkapitalisierung des Unternehmens an der gesamten Marktkapitalisierung an. A bezeichnet die Anzahl der Analysten, die ein Unternehmen verfolgen. Es erfolgt eine Korrektur des Zeittrends mittels TREND. In den zugehörigen Zellen sind jeweils der geschätzte Koeffizient und in Klammern der zugehörige Wert der t-Statistik angegeben. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%Niveau, ** auf dem 5%-Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

230

Anhang C

Tabelle C-9: Deskriptive Statistiken der erklärenden Variablen im CAPM mit stochastischer Liquidität – USA Mittelwert Variable

monatlicher Mittelwerte

Median monatlicher Mittelwerte

Standardabweichung

Mittelwert monatli-

monatlicher

cher Standardabwei-

Mittelwerte

chung

RiRm

0,90743

0,90832

0,07861

0,36997

LiLm

0,00006

0,00006

0,00003

0,00003

RiLm

-0,00036

-0,00034

0,00073

0,00106

LiRm

-0,00026

-0,00023

0,00078

0,00193

LIQ 4

1,01994

1,05727

0,09247

0,40296

Legende: RiRm gibt die Kovarianz von Wertpapierrendite mit der Marktrendite geteilt durch die Varianz der um Liquiditätskosten korrigierten Marktrendite an. Die drei weiteren Risikofaktoren im LiquiditätsCAPM mit stochastischer Liquidität sind mit LiLm , RiLm und LiRm bezeichnet und sind Maße für die Kovarianz zwischen Wertpapierliquidität und Marktliquidität, für die Kovarianz zwischen Wertpapierrendite und Marktliquidität und für die Kovarianz von Wertpapierliquidität und Marktrendite.

Anhang C

231

Tabelle C-10: Modellschätzung unter Verwendung implizit erwarteter Renditen für verschiedene Marktphasen – USA, Gepoolte Regression

Konstante

BETA (+)

CAPM

Steuer-CAPM

Liquiditäts-CAPM

CAPM mit unvollständigen Infos

-0,0127*** 0,0191*** -0,3076*** 0,2793***

-0,0257*** -0,0120 -0,3070*** 0,2681***

-0,0206*** -0,0088 -0,3138*** 0,2720***

-0,0213*** 0,0189** -0,3258*** 0,2984***

0,0040* -0,0042 -0,0057*** 0,0000

0,0090*** 0,0036 0,0007 0,0043**

0,0048** 0,0017 -0,0053*** -0,0005

-0,0014 -0,0010 -0,0071*** 0,0040**

0,1920*** 0,4709*** 0,6061*** 0,3126***

DR (+)

0,5175* 0,9216*** 0,5502*** 0,1269

ILLIQ * (+)

-7,9851 -8,3351 7,5052 9,0000

2

ILLIQ * (-)

UR (+)

0,1981*** 0,1689*** 0,1454*** 0,0008

B ˜ UR (+)

10,0026 -8,3114* -2,7397 5,0769

A ˜ UR (-)

-0,0016 -0,0064*** -0,0049*** -0,0049***

TREND

R2

0,0003*** 0,0001* 0,0015*** -0,0008*** 0,1281 0,0032 0,1434 0,1719

0,0003*** 0,0001*** 0,0014*** -0,0008*** 0,1412 0,0451 0,2316 0,2000

0,0003*** 0,0001*** 0,0015*** -0,0008*** 0,1315 0,0339 0,1682 0,1739

0,0003*** 0,0000 0,0016*** -0,0009*** 0,1419 0,0327 0,1661 0,1880

Legende: In den Zellen sind jeweils die geschätzten Koeffizienten für den moderaten Bullenmarkt Dezember 1981 – April 1994 (1. Zeile), den Bullenmarkt Mai 1994 – Juli 2000 (2. Zeile), den Bärenmarkt August 2000 – Januar 2003 (3. Zeile) und den Bullenmarkt Februar 2003 – Oktober 2006 (4. Zeile) angegeben. Es erfolgt eine Korrektur des Zeittrends mittels TREND. Die t-Statistiken der Koeffizientenschätzer sind unter Berücksichtigung von Heteroskedastie und Autokorrelation der Residuen ermittelt. *** bezeichnet Signifikanz auf dem 1%-Niveau, ** auf dem 5%Niveau und * auf dem 10%-Niveau.

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