Call Center Controlling : ein Modell für die Planung, Kontrolle und Steuerung von Kundenservice-Centern 9783409126809, 3409126805, 9783834991508, 3834991503 [PDF]


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Call Center Controlling : ein Modell für die Planung, Kontrolle und Steuerung von Kundenservice-Centern
 9783409126809, 3409126805, 9783834991508, 3834991503 [PDF]

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Zitiervorschau

Florian Schumann/HorstTisson Call Center Controlling

Florian Schumann/Horst Tisson

Call Center Controlling Bin Modell fur die Planung, Kontrolle und Steuerung von Kundenservice-Centern

GABLER

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikatlon in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.

1. Auflage2006 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr.Th. Gabler I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Barbara Moller Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschlieftlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung aufterhalb derengen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen,Ubersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nichtzu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden durften. Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden Satz: FROMM MediaDesign GmbH, Selters/Ts. Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-409-12680-5

Vorwort

Die junge Call-Center-Disziplin hat in den letzten funfzehn Jahren mit viel Kreativitat und Pioniergeist eine Reihe interessanter Entwicklungen und Innovationen hervorgebracht. Insgesamt ist ein bunter und interessanter Facher an Themen aufgeschlagen worden - jeweils wichtige Bausteine fiir das Funktionieren von Call Centern. Bei naherer Betrachtung fallt allerdings auf, dass zum Call-Center-Controlling bisher relativ wenig gesagt wurde. Die meisten Call Center werden zwar geplant, kontrolliert und gesteuert, aber ein in sich geschlossenes Konzept ist bisher nicht veroffentlicht worden. Dies flihrt vielfach dazu, dass Call Center fehlgesteuert werden, Unmut bei Kunden entsteht und die Branche insgesamt keinen guten Ruf hat. Dieses Buch beschaftigt sich mit der Entwicklung eines Controlling-Ansatzes fiir Call Center und vergleichbare Organisationseinheiten. Damit wendet sich das Buch an einen Leserkreis, der mit Unternehmensbereichen zu tun hat, die als Kundenschnittstellen fungieren. Dazu gehoren Call Center im herkommlichen Sinne, weiter entwickelte Varianten wie Customer Care Center sowie Abfertigungsschalter von Fluggesellschaften oder Ladengeschafte mit nennenswerten Kundenvolumina (z. B. Fast-Food-Ketten). Die Entwicklung des Modells folgt der Grundannahme, dass in Call Centern die Kunden-, die Mitarbeiter- sowie die Unternehmererwartungen aufeinander treffen und ausbalanciert werden miissen. Dazu werden auf Basis eines Balanced-Scorecard-Ansatzes drei Perspektiven (Kunden, Mitarbeiter, Unternehmer) definiert und durch spezielle Ziel- und SteuerungsgroSen reprasentiert. Bei Kenntnis der Wechselwirkungen zwischen den ZielgroEen konnen Controller ihr Call Center im Hinblick auf die iibergeordneten Unternehmensplanungen mit Hilfe dieses Ansatzes steuern.

Es wird ein Modell beschrieben, das auf relevanten theoretischen Ansatzen, eigenen Forschungsergebnissen und Praxiserfahrungen der Autoren und ihres Teams basiert. Das Modell wird schrittweise hergeleitet, um am Ende des Buches in theoretisch fundierter und praktisch verwertbarer Form vorzuliegen. Erganzend konnen die Leser sich unter www.coronet-online.de eine vereinfachte Excel-Variante des Ansatzes herunterladen, die die Funktionsweise und die Zusammenhange anschaulich macht. Zusatzlich erleichtern viele Beispiele dem Leser den Zugang zu der Materie, die meisten Berechnungen werden anhand eines exemplarischen Modell-Call-Centers durchgefiihrt. Die Entstehung des Buches ist eng verbunden mit der in 2004 begonnenen Call-Center-Controlling-Studie CORONET. Viele wertvolle Hinweise und Anregungen aus dem Kreis der circa 30 Studienteilnehmer aus den verschiedensten Branchen konnten somit in das vorliegende Buch einfliefien. Hierfiir bedanken wir uns bei all denen, die uns mit ihrem Fachwissen und wichtigen Praxiserfahrungen unterstiitzt haben. Ganz besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Willi Kiipper von der Universitat Hamburg fiir seine immer wieder wertvollen Anregungen und dem Lehrstuhl fiir die Unterstiitzung und Betreuung des Forschungsprojektes CORONET.

Hamburg im Februar 2006

Dn Florian Schumann Horst Tisson

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

5

Struktur des Buches

9

1. Paradigmenwechsel

1.1 Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 1.2 Von der Produkt-zur Kundenorientierung 1.3 Bedeutung von Call Centern 2. Call-Center-Grundlagen

2.1 Typologie 2.2 Organisatorische Einbindung 2.2.1 Funktionale Sicht des Call Centers 2.2.2 Mitarbeiter im Beziehungsgefiige 2.3 Call-Center-Modell 2.3.1 Verkehrseigenschaften von Call Centern 2.3.2 Modellbildung 3. Controlling-Grundlagen

3.1 3.2 3.3 3.4 3.5

Historischer Abriss Begriff und Definitionen Funktionen Balanced Scorecard Immaterielle Werte

4. Call-Center-Controlling

4.1 4.2 4.3 4.4

Systematik Festlegung des strategischen Rahmens Bestimmung der Call Center relevanten Perspektiven Definition der Ziel- und SteuerungsgroSen 4.4.1 Kundenzufriedenheit 4.4.2 Arbeitszufriedenheit 4.4.3 Wirtschaftlichkeit

11

12 15 17 19

19 22 22 27 28 28 32 41

41 44 47 48 57 63

63 64 67 69 69 73 74

4.5 Wirkungszusammenhange von Kennzahlen 77 4.5.1 Bedeutung von Wirkungszusammenhangen 77 4.5.2 Darstellung von Abhangigkeiten 79 4.5.3 Bestimmung der Wirkungszusammenhange 82 4.5.4 Besonderheiten bei der Darstellung von Wirkungszusammenhangen 90 4.5.5 Analytische Verfahren 91 4.6 Planung 94 4.6.1 Verkehrsangebot und Kapazitaten (einfacher Fall) 98 4.6.2 Verkehrsangebot und Kapazitaten (komplexer Fall) .... 106 4.6.3 Erreichbarkeit Ill 4.6.4 Bediendauer 112 4.6.5 Betriebswirtschaftliche GroSen 115 4.6.6 Arbeitszufriedenheit 123 4.7 Abv^eichungsanalyse 125 4.7.1 Vorgehensmodell 126 4.7.2 Anw^endung der SMX 127 4.7.3 Kennzahlendefinitionen 139 4.8 Call-Center-Controlling im IT-Umfeld 140 4.9 Modell einer Call-Center-Scorecard 143 4.10 CheckHste: Schritte zu einem Call-Center-Controlling 148 5. Fazit und Ausblick

151

6. Thesenverzeichnis

153

Glossar Anmerkungen Abkiirzungsverzeichnis Literaturverzeichnis Stichw^ortverzeichnis Die Autoren

157 169 173 175 179 182

Inhaltsverzeichnis

Struktur des Buches

Damit dieses Buch moglichst effizient gelesen werden kann, werden verschiedene Orientierungshilfen angeboten. Alle Hauptkapitel beginnen mit einer Zusammenfassung, auf der zweiten Gliederungsebene werden zusatzlich Thesen zu den behandelten Inhalten aufgestelit. Leser, die einer These zustimmen, konnen auf deren Herleitung bzw. Begrlindung verzichten und direkt zum nachsten Abschnitt wechseln. Die gesamte Struktur des Buches zeigt die Ubersicht auf der folgenden Seite. Wer bestimmte Themen vertiefen mochte oder Aspekte in dem Buch nicht findet, kann Zusatzinformationen bei den Autoren anfordern - und selbstverstandHch das Gesprach suchen.

Paradigmenwechsel • Veranderungen der Wirtschaft: Zunehmende Dynamik und Komplexitat • Wandel der M^rkte: Von der Produkt- zur Kundenorientierung • Bedeutung von Call Centern: Strategische Wettbewerbsvorteile bei richtiger Nutzung

Call-Center-Grundlagen • Typologie: Klassifizierung von Call Centern anhand verschiedener Kriterien • Organisatorische Einblndung: Der Konzeption eines Call-Center-Controlling-Modells liegt die funktionale, nicht die institutionale Betrachtung eines Call Centers zugrunde. • Call-Center-Modell: Stochastische Systeme sind durch geeignete Warteschlangenmodelle abzubilden.

Controlling-Grundlagen • • • •

Historischer Abriss: Zunehmende Bedeutung des Controlling Call-Center-Controlling: In erster Linie operativ, aber mit den Strategien zu verknupfen FunktIonen: Controlling ist ein Regelkreissystem aus Planung, Kontrolle und Steuerung. Balanced Scorecard: Die BSC ist eine geeignete Grundlage, well sie strategische und operative sowie finanzielle und immaterielle Aspekte verknupfen kann. • Unternehmenserfolg: Die Berucksichtigung immaterieller Werte gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Call-Center-Controlling • • • •

Strategischer Rahmen: Planungsgrundlage sind strategische Vorgaben. Scorecard-Perspektiven: Anspruchsgruppenlogik „Kunden-Mitarbeiter-Unternehmer". Ziel- und SteuerungsgroSen: Lassen sich aus der Anspruchsgruppenlogik ableiten. Wirkungszusammenhange: Sind jeweils zu definieren und unabdingbare Voraussetzung fur Controlling. • Planung: Ziel- und SteuerungsgroSen sind individuell unter Berucksichtung der Wirkungszusammenhange zu planen (SOLL-Planung). • Abweichungsanalyse: Kontinuierliche SOLL-IST-Vergleiche auf unterschiedlichen Kennzahlenebenen und richtige Interpretationen liefern Entscheidungsgrundlage fur korrekte SteuerungsmaBnahmen. • Call-Center-Scorecard: Drei Perspektiven, Planung-Kontrolle-Steuerung, Wirkungszusammenhange, verschiedene Hierarchieebenen Fazit und Ausblick

Abbildung 1:

Buchstruktur zur Herleitung eines Call-Center-Controlling-Modells Quelle: Eigene Darstellung

10

Struktur des Buches

1.

Paradigmenwechsel

Summary Die Globalisierung und Internationalisierung wie auch die technologischen Entwicklungen - insbesondere des Internets - fiihren zu Veranderungen von Marktstrukturen und Wettbewerbssituationen. Kunden konnen sich heutzutage eingehend iiber Produkte und Services von Unternehmen informieren. In vielen Branchen haben sich die Markte von so genannten Verkaufer- zu Kaufermarkten entwickelt, d. h., ein Angebotsuberhang wie auch aufgeklartere Kunden fiihrten mittlerweile zu einer gestiegenen Nachfragemacht. Sehr hohe Anspriiche an die Qualitat von Produkten und an den Kundenservice sowie immer kurzere innovationszyklen verlangen von den Unternehmen groBe Anstrengungen, urn sich von den Wettbewerbern zu differenzieren. Investitionen fur Produkte und Dienstleistungen miissen in immer kiirzerer Zeit verdient werden. Unternehmen reduzieren deshalb ihre Fertigungstiefen, organisieren sich immer flexibler und konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenzen. Die in vielen Unternehmen eingefuhrte Prozessorientierung weitet sich mittlerweile iiber die Unternehmensgrenzen hinweg aus, es entwickeln sich virtuelle und kollaborative Strukturen. Auch das Marketing hat sich in den letzten Jahrzehnten verandert. Das Individualmarketing als Weiterentwicklung des Beziehungsmarketings rijckt dabei den einzelnen Kunden und seine Bediirfnisse ins Zentrum der Betrachtungen. Mit Hilfe der modernen Informationsverarbeitung sind heute auch Unternehmen mit einem groBen Kundenstamm in der Lage, die Kundenanforderungen zu ermittein und hieraus die richtigen Entscheidungen abzuleiten. Die Nachfrager erwarten von den Unternehmen iiber die angebotenen Produkte hinaus weitere Dienstleistungen. Neben effizienten und professionell organisierten Service- und Vertriebsprozessen verlangen Kunden von den Unternehmen zunehmend eine permanente Verfugbarkeit. Diese kann durch Call Center gewahrleistet werden.

11

1.1

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Wirtschaftsstrukturen und -mechanismen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark verandert. Die zunehmende Internationalisierung von Markten und Unternehmen fiihrt zu erheblichen Verschiebungen und verandert Wettbew^erbssituationen nachhaltig. Durch Fusionen und Kooperationen versuchen Unternehmen ihre Positionen im Markt zu starken. Aber auch die Kunden gewinnen als Marktteilnehmer immer mehr an Bedeutung. Durch den Internet-Boom der letzten Jahre und einen sich rasant entwickelnden Informations- und Wissensmarkt w^erden Markte, Unternehmen, Produkte und Dienstleistungen immer transparenter und vergleichbarer. Unternehmen miissen sich heute und zukiinftig den neuen Herausforderungen stellen. Durch die Verkiirzung von Produktions- und Innovationszyklen, durch den Qualitatsdruck aufgrund einer erhebHch verbesserten Vergieichbarkeit und durch den zunehmenden Druck seitens der Kunden miissen sie sich flexibel aufstelien, ohne dabei den BUck fiir die Kosten zu verheren. FlexibiHtat bedeutet dabei, organisatorisch und technologisch sow^ie produktbezogen in der Lage zu sein, den Anforderungen des Marktes nachzukommen und sich vom Wettbev^erb zu differenzieren. All dies erfordert ein Umdenken im Bereich der Organisationsstrukturen. Unternehmen miissen sich prozessorientiert ausrichten und zugleich aus Kostenund Flexibilitatsgriinden auf zentrale, stark speziaHsierte Funktionen w^ie z. B. Call Center zuriickgreifen. Die Integration dieser Funktionen in die Unternehmensprozesse, ob extern organisiert iiber Dienstleister oder als Inhouse-Losung, ist die erfolgsbestimmende Aufgabe fiir Unternehmen. Vom Anbieter- zum Nachfragermarkt Markte sind im Wesentlichen durch ihre Marktteilnehmer, die GroEe und Konzentration sov^ie die Angebots- und Nachfragestrukturen gepragt. Auf Verkaufermarkten iibersteigt die Nachfrage die Angebotsmenge. Anbieter haben kaum Konkurrenz und konnen die Nachfrage als gegeben ansehen. Aufgrund der sich daraus ergebenden Machtstellung konnen sie Qualitat, Menge und Preis vsreitgehend vorgeben. Die Aufgabe des Managements und des Marketings besteht deshalb darin, die Produkte zu „verteilen". Marketing kann sich darauf beschranken, Preise zu setzen und die Nachfrager iiber Veranderungen zu informieren.i

12

Paradigmenwechsel

Angebot

\ )

Angebotsdefizit

Abbildung 2:

/

Absatzpolitik \ ^ (Traditionelles \ Marketing)

Nachfrage

//

Verkaufer- bzw. Produzentenmarkt Quelle: Eigene Darstellung

Wenn die Nachfrage stagniert und/oder mehr Anbieter auf den Markt drangen, mlissen sich Anbieter mit ihren Marketingaktivitaten darauf einstellen. In Westdeutschland ergab sich diese Situation nach Abklingen des Wirtschaftswunders. Unternehmen reagierten darauf, indem sie sich starker verkaufsorientiert verhielten und entsprechende Instrumente des Marketing-Mix starker zum Zuge kamen. Die Verkaufsaktivitaten mussten intensiviert werden und die Anforderungen an Marketing und Vertriebscontrolling nahmen zu.^

Angebot

Abbildung 3:

\ /

Modernes Marketing

\. ^

Nachfrage

Ausgeglichener Markt Quelle: Eigene Darstellung

Auf Kaufermarkten iibersteigt das Angebot die Nachfrage. UrsachUch durch Nachfragesattigungen, die InternationaUsierung, neue Medien wie das Internet oder demografische Entwicklungen haben sich Kaufermarkte breit etabUert. Anbieter mlissen sich in solchen Marktsituationen verstarkt iiber die Nachfragewiinsche informieren und ihr Angebot danach ausrichten.3

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

13

Angebot

MarketingManagement

Nachfrage I Nachfragedefizit

Abbildung 4:

Konsumenten- bzw. Kaufermarkt Quelle: Eigene Darstellung

Heute gibt es kaum noch Branchen, in denen die Anzahl und die Vielfalt des Angebotes nicht iiber die Nachfrage hinausgehen. Wesentliche Marktbedingungen werden deshalb von den Kunden beeinflusst und erfordern von den Unternehmen eine konsequente Ausrichtung auf die Anforderungen der Nachfragerseite. Anforderungen an Produkte und Service Im Produktbereich sind deutliche Veranderungen feststellbar, wie z. B. an der Automobil- oder der Handy-Industrie zu sehen ist. Produkte werden immer schneller modifiziert und in kiirzeren Zyklen auf den Markt gebracht. Die Ursache dafiir liegt in einem veranderten Verhalten der Konsumenten, fiir die vor allem ein gutes Preis-Leistungs-Verhaltnis zunehmend wichtiger wird. Da sie die Produkteigenschaften, die Preise und den Service besser miteinander vergleichen konnen, ergibt sich eine ganz neue Wettbewerbsdynamik. Neben Verkauf und Beratung, der Betreuung und weiteren Serviceleistungen kommt der Reaktionsgeschwindigkeit der Anbieter eine immer groSere Bedeutung zu. Service- und damit auch Cail-Center-Leistungen miissen zur Verfiigung stehen, wenn die Kunden es wiinschen, dann jedoch schnell und unkompliziert. Aufierdem erwarten Kunden, dass sie ihre Anliegen an die Unternehmen auf alien moglichen Kommunikationskanalen adressieren konnen.

14

Paradigmenwechsel

1.2

Von der Produkt- zur Kundenorientierung

Die Konzepte und Ansatze, mit denen sich Produkte verkaufen lassen, sind im Laufe der Zeit immer wieder angepasst worden. Wurde friiher vom Transaktionsmarketing gesprochen, steht heute die Beziehung zum Kunden im Mittelpunkt der Betrachtung.4/5 Transaktionsmarketing Das traditionelle Marketing versteht Kaufvorgange als einmaiige, isoliert voneinander zu betrachtende Transaktionen. Der Akquisition von Neukunden wird vor diesem Hintergrund mehr Bedeutung beigemessen als dem Management des vorhandenen Kundenstamms. Unternehmen, die diesen Marketingansatz verfoigen, verlieren durchschnittiich alle fiinf Jahre die Haifte ihrer Kunden. Diese Tatsache wie auch die Grlinde dafur bleiben im Verborgenen, wenn Unternehmen die Fluktuation in ihrem Kundenstamm nicht messen.^ Vielfach setzen Umdenkprozesse bei den Unternehmen in Richtung einer starkeren Kundenorientierung erst ein, wenn Kunden- und Absatzprobieme bereits schwer zu bewaltigen sindJ Beziehungsmarketing Beim Beziehungsmarketing (Relationship Marketing) geht es um eine genaue Analyse von Marktsegmenten, um Zielgruppen intensiver an Unternehmen binden zu konnen. Transaktionen werden als Ausgangspunkt fiir eine Kundenbeziehung verstanden. Akquisitionskosten konnen dadurch gesenkt und die kunftige Umsatz- und Gewinnsituation stabilisiert werden.8 Individualmarketing Das Individualmarketing ist die konsequente Weiterentwicklung des Beziehungsmarketings zu einer individuelleren Betrachtung der Kundenbediirfnisse. Dabei findet eine Differenzierung der Kunden bis zur Ebene der Einzel- bzw. Endkunden statt. Die Unternehmen reagieren damit auf die immer individuelleren Anforderungen, beispielsweise durch mafigeschneiderte Leistungsangebote (Customized Marketing).^

Von der Produkt- zur Kundenorientierung

15

Kundenorientierung In der betriebswirtschaftlichen Theorie und Praxis setzt sich die Erkenntnis immer mehr durch, dass nachhaltige Kundenbeziehungen zum Wert eines Unternehmens beitragen. Das systematische Management von Kundenbestanden wie auch eine iibergreifende Marketingstrategie, die auf die Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden fokussiert ist, hat zum so genannten Customer Relationship Management (CRM) gefuhrt. CRM gilt als idealer Ansatz dafiir, neue Kunden zu akquirieren und neue Geschaftspotenziale bei bestehenden Kunden zu identifizieren.io Voraussetzung fiir ein erfolgreiches CRM sind allerdings bestimmte organisatorische, technologische und finanzielle MaSnahmen. Insbesondere spielen Kundenschnittstellen (z. B. Call Center) eine wichtige RoUe, weil die Qualitat der Kundenkommunikation entscheidend fiir die Kundenzufriedenheit und -treue ist. Kundenorientierung ist eine strategische Komponente, denn sie erfordert ein grundlegendes Umdenken im Management und der Organisation, die Abkehr von funktionalem und abteilungsbezogenem Denken sowie die zielorientierte Ausrichtung von Kundenprozessen. Die Service- und Vertriebsprozesse w^erden immer wichtiger, v^eil sie die Verbindung zwischen dem Kunden und dem Unternehmen herstellen. Es ist von essenzieller Bedeutung, diese Prozesse in die Gesamtstrategie eines Unternehmens einzubinden und die Ergebnisse und Erkenntnisse in die strategischen Planungen zuriickflieSen zu lassen.

Strategische und operative Vorgaben

> Call Center..,^^

1

Kunden

Service- und Vertriebsprozess Mitar- ^ - — - ^ U n t e r beiter nehmer

Abbildung 5:

^

^ ^

w w

Markt

^

Zielorientierte Ausrichtung von Kundenprozessen Quelle: Eigene Darstellung

16

Paradjgmenwechsel

1.3

Bedeutung von Call Centern

Call Center sind Dienstleistungsunternehmen oder zentrale Funktionsbereiche innerhalb von Unternehmen, die eine Reihe von Kommunikationsaufgaben und anderen Dienstleistungen iibernehmen. Call Center decken ein breites Tatigkeitsspektrum ab, beispielsweise von der Beratung und Information liber die Auftrags- und Bestellannahme, das Beschv^erdemanagement, die Markt- und Meinungsforschung bis bin zum NotfallService. Call Center entv^ickeln sich seit den achtziger Jahren, als vor allem Versandhandelsunternehmen die steigenden Serviceanforderungen erfiillen mussten. In den neunziger Jahren boomte die kommerzielle Nutzung, w^eil aufgrund der rasanten technischen Entw^icklungen entsprechende Investitionen finanziell fiir viele Unternehmen leichter realisierbar wurden. Vor allem die Computer Telephony Integration (CTI) ermoglichte die Zusammenfiihrung von Call-Center-Technologie mit den Enterprise Resource Planning- (ERP) und CRM-Systemen, was zu ganz neuen Moglichkeiten fiihrte: In vielen Call Centern v^erden mittlerv^eile komplette Service- und Vertriebsprozesse bearbeitet - ein Trend, der sich vermutlich fortsetzen w^ird. Konsequenterweise wird eine starkere Integration in die strategischen, operativen und steuernden Prozesse stattfinden - sov^ohl fiir Inhouse- als auch externe Dienstleistungs-Call-Center. Deshalb ist zu vermuten, dass Call Center aufgrund der sich verandernden Marketingansatze, einer zunehmenden Kunden- und Prozessorientierung sov^ie ihrer Funktion als Kundenschnittstelle eine immer v^ichtigere RoUe spielen und groSere betriebsv^irtschaftliche Bedeutung erlangen w^erden. Auch aus volksw^irtschaftlicher Perspektive hat sich der Call-Center-Bereich zu einem spiirbaren Faktor entwickelt. AUein die Anzahl der Arbeitsplatze in Deutschland v^ird mittlerv^eile auf 250 000 bis 300 000 in 2 500 bis 3 500 Call Centern geschatzt. Da in diesen Statistiken allerdings zahlreiche Inhouse-Call-Center, interne und externe Hotlines, Information Bedeutung von Call Centern

17

Desks und ahnliche Service- und Vertriebseinheiten nicht erfasst werden, diirfte insgesamt von weitaus grofieren Dimensionen auszugehen sein. Optimisten in der Branche schatzen, dass es im nachsten Jahrzehnt mehr als eine Million Agenten sein w^erden.n Branchenkenner gehen da von aus, dass heute die 5 000 groSten deutschen Unternehmen interne oder externe Call Center einsetzen.12

18

Paradigmenwechsel

2.

Call-Center-Grundlagen

Summary Es gibt verschiedene Typen von Call Centern. Unter anderem wird zwischen Inhouseund Dienstleistungs-Call-Centern unterschieden. Fur das Buch und den entwickelten Controlling-Ansatz ist die institutionelle Betrachtungsweise aber unerheblich, Call Center werden in einem funktionalen Zusammenhang gesehen, d. h. als spezialisierte Funktionseinheiten, die in die strategischen und operativen Prozesse ihrer Auftraggeber eingebunden sind. Fine Besonderheit bilden bei Dienstleistungs-Call-Centern allerdings die Kunden- und Mitarbeiterbeziehungen, so dass hierauf kurz eingegangen wird. Die besondere Stellung von Call Centern innerhalb des gesamten Funktionszusammenhangs ergibt sich auch aus der Eigenschaft, dass viele Prozesse zufallig eintreten. Call Center sind abhangig von Prognosen und Planungen anderer Abteilungen, sie erhalten zahlreiche Informationen aus diversen Quellen und dennoch kann daraus keine abgesicherte Ressourcen-Planung fiir das Call Center abgeleitet werden. Der Anrufstrom, die Aufleger und die Dauer der Gesprache sind zufallige Ereignisse. Call Center sind somit stochastische Systeme. Um trotzdem eine sinnvolle Planung - insbesondere des Personals - zu erreichen, werden unterschiedliche Rechenmodelle zugrunde gelegt, die allesamt wahrscheinlichkeits-theoretischen Uberlegungen folgen.

2.1

Typologie

In der Praxis haben sich verschiedene Formen von Call Centern herausgebildet. Neben den bekannten Inbound- und Outbound-Call-Centern konnen Differenzierungen aufgrund von unterschiedlichen Erfolgszurechnungen einer institutionalen oder funktionalen Sicht wie auch beziiglich der geografischen Verteilung vorgenommen v^erden.

19

Inbound und Outbound

Die Begriffe Inbound und Outbound bezeichnen die Richtung des primar initiierten Kommunikationsprozesses. Bei einem Inbound-Call-Center werden die Agenten angerufen, im Outbound-Betrieb wird das Call Center aktiv und ruft die Kunden an. Profit- und Cost-Center

Profit- und Cost-Center unterscheiden sich in ihrer finanziellen Zielsetzung. Wird ein Call Center daran gemessen, welchen Erfolg es in einer festgelegten Periode erbringt oder zu erbringen hat, dann liegt - unabhangig davon, ob es sich urn ein Inhouse-Call-Center oder ein externes Dienstleistungs-Call-Center handelt - die wirtschaftliche Form eines Profit-Centers vor. Cost-Center dagegen arbeiten kostenorientiert, d. h., sie miissen meistens nach Budgetvorgaben - kostenminimal arbeiten. Meistens sind an die Zielerreichung Vereinbarungen mit entsprechenden Erfolgsbeteiligungen fiir das Management gekniipft. Inhouse- und Dienstleistungs-Call-Center

Dass Call Center intern als unternehmenseigene Abteilungen oder extern als Dienstleistungs-Call-Center organisiert sein konnen, ist bereits angedeutet worden. Die Entscheidung fiir die eine oder andere Form hangt von verschiedenen Faktoren ab. So spielen finanzielle Aspekte (z. B. Prozesskosten) eine Rolle wie auch steuerliche, arbeitsrechtliche oder organisatorische Fragen. Es gibt auch Beispiele dafiir, dass Unternehmen eigene Call Center betreiben und fiir besondere Aufgaben auf externe Dienstleister zurlickgreifen. Oft werden externe Call Center zur Abfederung von Spitzenlasten genutzt, um z. B. kurzfristig Mehrarbeits- und Schichtzuschlage zu sparen. Virtuelle und verteilte Call Center

Ein virtuelles (virtuell = scheinbar) Unternehmen erscheint wie eine mit samtlichen Funktionen ausgestattete Organisation, tatsachlich werden bestimmte Aufgaben durch externe Dienstleister oder Partnerunternehmen iibernommen. Im Bereich der Buchhaltung, den Einkaufs- oder Produktionsbereichen sind derartige Kooperationen iiblich, virtuelle Unternehmensstrukturen haben sich in zahlreichen Branchen breit etabhert.

20

Call-Center-Grundlagen

Abbildung 6:

Typologie fur Call Center anhand der finanziellen Zielorientierung Quelle: Eigene Darstellung

Im Call-Center-Bereich haben sich in den letzten Jahren ebenfalls virtuelle Strukturen entwickelt. Diese sind aber im Gegensatz zu den oben beschriebenen Funktionsgliederungen durch eine geografische Verteilung gepragt. Durch technologische Entwicklungen und entsprechende Angebote auf dem Telekommunikationsmarkt konnen heute auf einfache Weise

Typologie

21

Lastverteilungen vorgenommen oder Lohnkostenvorteile ausgenutzt werden. Es werden folglich an verschiedenen Standorten die Anrufe entgegengenommen, dieses geschieht im Hintergrund und bleibt den Anrufern in der Kegel verborgen. Virtuelle Call Center sind somit geografisch verteilte Unternehmenseinheiten. Hinsichtlich der finanziellen Zielorientierung wie auch der Frage, ob CallCenter-Leistungen im eigenen Unternehmen oder durch externe Dienstleister erbracht werden, ergibt sich die in Abbildung 6 dargestellte Struktur. Die wesentlichen Unterschiede zwischen einem Inhouse- und einem externen Dienstleistungs-Call-Center bestehen in den jeweiligen Vertragssituationen und ihrer Ausgestaltung. Wie im folgenden Kapitel weiter verdeutlicht wird, hat hier die funktionale Betrachtung von Call Centern Vorrang vor der institutionalen Betrachtung.

2.2

Organisatorische Einbindung

2.2.1

Funktionale Sicht des Call Centers

In der Kegel haben Call Center eine Marketing- bzw. Vertriebsfunktion und fungieren als Kundenschnittstelle. Diese Schnittstellenfunktion kann grundsatzlich (von Mischformen einmal abgesehen) - wie in Kapitel 2.1 bereits beschrieben - in klassischer Eigenregie oder durch Kooperation mit Call-Center-Dienstleistern ausgeubt werden. Fiir eine Unternehmen-CallCenter-Beziehung ergeben sich zwei Grundformen:

22

Call-Center-Grundlagen

1. Ein Unternehmen fiihrt die gesamte Kommunikation eigenstandig durch, betreibt ein eigenes, internes Call Center, wie es z. B. viele Versicherungen und Banken praktizieren. 2. Ein Unternehmen iibergibt als Auftraggeber einen Service- und Vertriebsprozess an ein rechtlich und finanziell eigenstandiges Dienstleistungs-Call-Center, wodurch eine virtuelle Organisationsvariante entsteht. Diese ist in der Realitat vielfach bei Telekommunikationsunternehmen, Autoproduzenten oder Versandhandlern anzutreffen. Die klassische Grundform (1.) fasst alle Unternehmensfunktionen einschlieSlich eines Call Centers als Kundenschnittstelle in einer rechtlich eigenstandigen Organisation zusammen.

Abbildung 7:

Klassische Unternehmensform (Eigenregie) Quelle: In Aniehnung an Maurer u. a., 1997, S. 8

Uber virtuelle Unternehmen (2.) wird in der Fachw^elt nicht nur viel diskutiert, entsprechende Kooperationsformen sind in der Call-Center-Branche schon lange gangige Praxis. Call-Center-Dienstleister nehmen mittlerw^eile nicht mehr nur Anrufe aus TV-Response- oder Gev^innspielaktionen entgegen oder fungieren als Bestellannahmen, sondern bearbeiten komplette Vertriebs- und Kundenserviceprozesse. Diese vielfach mit dem Begriff Business Process Outsourcing in Verbindung gebrachten Organisationsformen sind Unternehmenskonstellationen auf Zeit, die gegeniiber Kunden und anderen Geschaftspartnern als geschlossene Einheit auftreten, mit der sich Transaktionen in gleicher Weise abw^ickeln lassen wie mit klassischen Unternehmen. 1^

Organisatorische Einbindung

23

Diese neueren Innovationspartnerschaften ermoglichen extreme Formen der iiberbetrieblichen Arbeitsteilung und Spezialisierung. Prozesse, die selbst nur suboptimal ausgefiihrt werden konnen, konnen problemlos und mit kalkulierbarem Risiko iiber ein Netz von Partnern bezogen werden. Traditionelle Unternehmen werden sich mehr und mehr zu Organisationen entwickeln, die sich auf Kernkompetenzen beschranken und ihre Leistung im Verbund mit Partnern steigern. Unternehmen wandeln sich zu Unternehmensfraktionen, in denen jeder BeteiHgte sich auf spezifische Prozesse oder Funktionen konzentriert. Solche Fraktionen schHefien sich zusammen, um ihre Kompetenzen fiir die Dauer eines Projektes zu biindeln, und spalten sich wieder auf, um sich eventuell spater in veranderter Konstellation zusammenzuschHeSen.i4 Nach auSen erscheinen die Leistungen einer virtuellen Organisation als eine Einheit, sie sind aber faktisch das Ergebnis eines auf viele - rechtHch und finanziell voneinander unabhangige - Leistungstrager verteihen Prozesses. Virtuelle Unternehmen reahsieren unternehmensiibergreifende Geschaftsprozesse, indem Prozessabschnitte oder ganze Geschaftsprozesse der beteihgten Unternehmen miteinander verkniipft werden. Die einzelnen Segmente des Geschaftsprozesses stehen in einer Kunden-Lieferanten-Beziehung zueinander. An den Schnittstellen der Segmente regeln Leistungsvereinbarungen die Ubergabe und Abnahme der Leistungen. Ein wichtiges Hilfsmittel zur Formahsierung der Kunden-Lieferanten-Beziehung sind Servicelevel-Agreements, in denen Daten wie Liefertermine und Leistungen festgelegt werden. Auch wenn der Geschaftsprozess primar der Zielerreichung des Kunden (Auftraggebers) dient, verfolgen die Lieferanten als rechtHch und finanziell eigenstandige Unternehmen eigene Interessen und Strategien. Der Begriff der virtuellen Unternehmung kann in einem institutionellen und einem funktionalen Sinne verwendet werden: « Institutionell: Aus der institutionellen Perspektive ist das virtuelle Unternehmen ein kooperatives flexibles Netzwerk rechtlich selbststandiger Unternehmen, welche jeweils ihre Starken einbringen. Diese Unternehmen verfolgen eine eigene Mission und Vision und sind immer so lange als Netzwerk organisiert, bis die Ziele erreicht sind. • Funktional: Aus der funktionalen Perspektive verfolgt ein virtuelles Unternehmen eine iibergeordnete Mission und Vision. Die beteiligten Unternehmen oder Organisationseinheiten sind also einer iibergeordneten Zielsetzung verpflichtet.

24

Call-Center-Grundlagen

Abbildung 8:

Schema einer virtuellen Unternehmung Quelle: In Aniehnung an Maurer u. a., 1997, S. 8

Demzufolge ergeben sich aus der Sicht der Beteiligten unterschiediiche Controlling-Anforderungen. Die in Abbildung 8 dargestellte Konstellation verlangt beispielsweise sechs ControUing-Varianten, die der Unternehmen A, B, C, D und E sowie des leistungsempfangenden Unternehmens (virtuelles Unternehmen). Zwischen den Unternehmen A bis E und dem Auftrag-

Organisatorische Einbindung

25

geber besteht eine Auftraggeber-Lieferanten-Beziehung. Zwischen dem virtuellen Unternehmen und den Konsumenten existiert eine wertschopfende Beziehung. Hieraus ergeben sich die spezifischen Controllinganforderungen, die Gegenstand dieses Buches sind. Bei einer Funktions- und Prozessauslagerung an einen zentraien Call-Center-Bereich ergeben sich besondere Anforderungen zwischen den am Leistungsaustausch beteiUgten Einheiten. In Abbildung 9 wird aufgezeigt, wie sich Leistungsbeziehungen zwischen dem Call Center, dem Auftraggeber und den Kunden ergeben.

Abbildung 9:

Beziehungsgefiige Unternehmen - Call Center - Kunde Quelle: Eigene Darstellung

Im Falle einer Leistungsubertragung an externe Unternehmen andert sich an dem Beziehungsgefiige und aus funktionaler Sicht nicht viel. Wenn beispielsweise aus einem internen Call Center aufgrund einer Konzernentscheidung ein rechtlich selbststandiges Profit-Center entsteht, ist grundsatzlich nicht von einer neuen Situation auszugehen. Andern wird sich prinzipiell nur die vertragliche Beziehung zwischen Unternehmen und Call Center, die Mitarbeiter befinden sich dann in einer vertraglichen Beziehung zum Call Center. Es wird deshalb im Folgenden auf die explizite Unterscheidung zwischen extern und intern verzichtet und von dem Leistungserbringer oder dem Call Center auf der einen Seite und dem Leistungsempfanger oder dem Auftraggeber auf der anderen Seite gesprochen.

26

Call-Center-Grundlagen

Wahrend derartige Vereinfachungen der Betrachtung in den 80er Jahren z. B. durch neuere Managementansatze wie Lean Management oder Lean Production und die Einfiihrung der Kunde-Lieferanten-Beziehung im unternehmensinternen Bereich zu revolutionaren Veranderungen im Prozessdenken und Quaiitatsmanagement fiihrten, wird eine neue Sichtweise in der Auftraggeber-Call-Center-Beziehung unter Umstanden ebenfalls wesentliche Veranderungen herbeifiihren. Es stellt sich dann namlich die Frage, inwieweit Call Center unabhangig von ihrer rechtlichen Position und bei einer rein funktionalen Betrachtung in strategische und operative Controlling-Prozesse eingebunden werden miissen und welche Modelle hierfiir zu entv^ickeln sind. Das Beziehungsgefiige in Abbildung 9 macht deutlich, dass ein Call Center fiir mehrere Auftraggeber tatig sein kann (z. B. im Bereich der Dienstleistungs-Call-Center), Auftraggeber aber auch mehrere Call Center beauftragen konnen, was tendenziell bei groSeren Unternehmen der Fall ist. Grundsatzlich ergibt sich somit fiir die Charakterisierung des Beziehungsgefiiges eine so genannte n:m-Beziehung, d. h., ein Auftraggeber kann mit mehreren Call Centern zusammenarbeiten und vice versa arbeiten Call Center mit mehreren Auftraggebern zusammen. Mit externen Call Centern werden Dienstleistungsvertrage, so genannte Servicelevel-Agreements (SLA) abgeschlossen, die die wesentlichen Bedingungen der Zusammenarbeit regeln. Je nach GroSe, Umfang und Relevanz fiir die Unternehmung werden die Vertragsbeziehungen zwischen dem Vorstand bzw. der Geschaftsfiihrung, einzelnen Bereichsleitern oder dem zentralen Einkauf auf der einen Seite und dem Call Center auf der anderen Seite hergestellt. Bei Inhouse-Call-Centern treten an die Stelle von Vertragen in der Kegel Zielvereinbarungen.

2.2.2

Mitarbeiter im Beziehungsgefuge

Call Center iibernehmen fiir ihre Auftraggeber wichtige Service- und Vertriebsfunktionen, sie bilden die Schnittstelle zwischen den Kunden und den Unternehmen. Durch die sehr spezifischen Arbeitsstrukturen konnen sie obwohl mittlerweile in viele Unternehmensprozesse eingebunden - dennoch als relativ eigenstandig betrachtet werden, quasi wie ein Unternehmen im Unternehmen. Die Planungsprozesse, Schichtdienste und die besonderen kommunikativen Anforderungen an die Mitarbeiter sowie die Flexibilitat fiir unterschiedliche Aufgabenstellungen fiihren in der Kegel zu einer eigenen Identifikation der Mitarbeiter.

Organisatorische Einbindung

27

Von den Mitarbeitern in einem Call Center wird Kompetenz und Belastbarkeit sowie Flexibilitat und ein groSes Maf? an Anpassungsfahigkeit verlangt. Neben den fachlich-kommunikativen Anforderungen miissen Call-Center-Agenten im Sinne des jeweiligen Auftraggebers agieren und sich dabei auf unterschiedlichste Bedingungen einstellen. Call Center und deren Mitarbeiter sind deshalb angemessen bei strategischen und operativen Aufgaben einzubinden. Call-Center-Mitarbeiter soUten darum nicht nur fachlich geschult, sondern mental auf die Auftraggeber und ihre Aufgabenstellungen vorbereitet werden. Entsprechend sind hinsichtlich der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern sowie der Arbeitszufriedenheit spezielle Anforderungen sowohl an das Call-Center-Management als auch die Auftraggeber gestellt. Demzufolge soUten sich Auftraggeber neben den iiblich vereinbarten Kennzahlen wie Servicelevel oder Deckungsbeitrag pro Anruf beispielsweise auch fur die Auslastung der Agenten oder deren Ausbildungsstand interessieren.

2.3

Call-Center-Modell

Fur die stufenweise Entwicklung des Call-Center-Controlling-Konzeptes werden im spateren Verlauf des Buches Beispiele konstruiert und beispielhafte Berechnungen durchgefiihrt. Die Grundlage dafiir ist das Modell eines Inbound-Call-Centers, das realitatsnahe Analysen und Betrachtungen zulasst. Aus Vereinfachungsgriinden wird allerdings teilweise abstrahiert, indem Annahmen getroffen und Teile der Realitat verklirzt dargestellt werden. 2.3.1

Verkehrseigenschaften von Call Centern

Call Center erhalten Anrufe von aufierhalb und miissen diese je nach Anzahl, Umfang und Anliegen bearbeiten. Die Anrufquote wird dabei in der Literatur mit X bezeichnet. Gehen beispielsweise in 2 Minuten 10 Anrufe 28

Call-Center-Grundlagen

ein, so ergibt sich fiir die Anrufrate X der Wert 5. Anrufe konnen sofort bedient werden, wenn ein Agent verfiigbar und eine Vermittlung moglich ist. Es sind in einem Call Center immer eine bestimmte Anzahl von Agenten am Arbeitsplatz, die anderen sind in Pausen, im Urlaub, krank oder werden geschult. Die am Platz befindlichen Agenten werden fiir Modellrechnungen mit der Anzahl c angegeben. Wenn alle c Agenten mit Telefonaten oder Nachbearbeitungen beschaftigt sind, kann der nachste Anrufer nicht bedient werden. Erst wenn wieder ein Agent frei wird und nicht mit anderen Tatigkeiten beschaftigt ist, kann der Anrufer angenommen werden. Damit nicht bei unregelmaSigen Anrufeingangen Anrufer sofort das Besetztzeichen erhalten, werden Warteschleifen eingerichtet. Das heii?t die Telefonanlage verfiigt iiber weitere Leitungen, in denen sich dann TQ Wartepositionen bilden. Wird nun die Anzahl der Leitungen mit T^ (Trunk, brutto) angegeben, so ergeben sich die frei verfiigbaren Leitungen aus TN = TB - c - QL, wobei TQ = J B - c Des Weiteren ist in Call Centern festzustellen, dass Anrufer nicht geduldig sind. Sie legen sofort nach Ertonen des Besetztzeichens oder einer bestimmten Wartezeit auf. Einige Aufleger werden ihren Anruf wiederholen, andere rufen nicht mehr an. Folgende Abbildung zeigt das Zusammenspiel der oben angefiihrten GroEen:

Agenten Wartepositionen (T°)

JG)

JK

Anrufe {X)

^

r

2

C|

Besets7tzeichen -

Auflegen (v) r

}r

1

^

( ^ ^ - - ^

XD

Abbildung 10: Call-Center-Schema mit Warteschlange und ungeduldigen Anrufern Quelle: In Aniehnung an Helber u. a., 2004, S. 14

Call-Center-Modell

29

Abbildung 10 macht deutlich, dass eine ganze Reihe von Faktoren den Weg des Anrufers zum Agenten beeinflusst und dass diese zufallig sein konnen. Der Zufall ist eines der groSten zu bewaltigenden Probleme, weshalb er hier etwas genauer betrachtet wird. Ausgegangen wird von dem in der Praxis kaum anzutreffenden Ideaifall, dass die Dauer aller Anrufe und die zeitlichen Abstande zv^ischen den Anrufen gleich gro6 sind. In der Abbildung 11 stellt die Lange der Pfeile die Gesprachslange und die Abstande dazwischen die Zwischenankunftszeiten dar:

Gesprachsdauer

A

i

a

Zeit

Abbildung 11: GleichmaSiger Eingang von Anrufen mit identischer Dauer Quelle: In Aniehnung an Helber u. a., 2004, S. 15

Wenn man die Pfeile nach rechts klappt, fiigen sie sich ohne Liicken aneinander (siehe Abbildung 12). Ein Agent, der es mit einem solchen Anruferverhalten zu tun hatte, ware exakt zu 100 Prozent ausgelastet:

Gesprachsdauer

A

m

>n

>n

>D

•D

>a

>o

>D

>

^

^eit

Abbildung 12: GleichmaSiger Eingang von Anrufen mit identischer Dauer (modifiziert) Quelle: In Aniehnung an Helber u. a., 2004, S. 15

30

Call-Center-Grundlagen

Tatsachlich sind die Gesprache aber unterschiedlich lang und es variieren die Zwischenankunftzeiten. Deshalb uberschneiden sich Anrufe, es kommt zu Wartezeiten - zumindest wenn in dem vorliegenden Beispiei nur ein Agent anwesend ware:

Gesprachsdauer

i

11

llL

1

H.

L^

- •

Zeit

Abbildung 13: UngleichmaBiger Eingang von Anrufen mit unterschiedlicher Dauer Quelle: In Aniehnung an Helber u. a., 2004, S. 16

Werden die Pfeile wieder nach rechts geklappt, wird der Effekt deutlicher:

Gesprachsdauer

A

dtDz n »

->Q-

^

- • Zeit

Abbildung 14: UngleichmaSiger Eingang von Anrufen mit unterschiedlicher Dauer (modifiziert) Quelle: In Aniehnung an Helber u. a., 2004, S. 16

Selbst wenn das Arbeitsvolumen der acht Anrufe wie im gewahlten Beispiei identisch ist, so ergibt sich grundlegend eine andere Planungs- und Steuerungssituation. Durch den zufalligen Eingang von Anrufen und die nicht vorhersehbare Lange der Gesprache entstehen, wie aus Abbildung 14 ersichtlich, zeitliche Uberlappungen. Bei gleich bleibender Personalkapazi-

Call-Center-Modell

31

tat fiihrt der Zufallseinfluss zu Wartezeiten, die in einem gewissen Mafie iiber Warteschlangen kompensiert werden konnen. Wartezeiten sind tendenziell umso langer, je grower - bei gegebenem Mittelwert - die Schwankungen der Bearbeitungszeiten und der Zwischenankunftszeiten sind.^^ 2.3.2

Modellbildung

Die Entwicklung eines Call-Center-Grundmodells zur Veranschaulichung der Fragestellungen und Thesen orientiert sich an der Allgemeinen Modelltheorie von Stachowiak, wonach Modelle drei Hauptmerkmale aufweisen: 1. Das Abbildungsmerkmal: „Modelle sind stets Modelle von etwas, namlich Abbildungen, Reprasentationen natiirlicher oder kiinstlicher Originale, die selbst wieder Modelle sein konnen." 2. Das Verkiirzungsmerkmal: „Modelle erfassen im Allgemeinen nicht alle Attribute des durch sie reprasentierten Originals, sondern nur solche, die den jeweiligen Modellerschaffern und/oder Modellbenutzern relevant scheinen." Modelle sind somit meist Vereinfachungen. 3. Das pragmatische Merkmal: „Modelle sind ihren Originalen nicht per se eindeutig zugeordnet. Sie erfiillen ihre Ersetzungsfunktion: -

fiir bestimmte - erkennende und/oder handelnde, modellbenutzende - Subjekte; innerhalb bestimmter Zeitintervalle und unter Einschrankung auf bestimmte gedankliche oder tatsachliche Operationen."i6

Modelle abstrahieren, vernachlassigen also bestimmte Merkmale aus Vereinfachungsgriinden mit dem Effekt, dass wesentliche Modelleigenschaften deutlicher hervortreten. Call Center konnen als ein stochastisches System betrachtet werden, ein System, welches zufallsgetrieben ist, weil die Anrufe, die jeweilige Dauer der Gesprache und die benotigten Skills von vornherein nicht bekannt sind.i^ Das Anruferverhalten ist die Summe aus vielen individuellen Einzelentscheidungen. Jeder Anrufer plant seine Anrufe individuell in Abhangigkeit von seiner Situation, seinen Interessen und seinen Anliegen. Diese Zufalligkeit und damit die Unwagbarkeiten kennzeichnen die Verkehrseigenschaften von Call Centern. Je nach Beschaffenheit der Verkehrsquellen wird zwischen Zufallsverkehr 1. und 2. Art unterschieden:

32

Call-Center-Grundlagen



Zufallsverkehr 1, Art, Zufallsverkehr mit einer unendlichen Anzahl von Verkehrsquellen, negativ-exponentiell verteilten Ankunftsabstanden und negativ-exponentiell verteilten Bediendauern wird auch als Erlang-Verkehr (Erlang traffic) bezeichnet. » Zufallsverkehr 2. Art. Zufallsverkehr mit einer endlichen Anzahl von Verkehrsquellen, negativ-exponentiell verteilten Ankunftsabstanden der Verkehrsquellen und negativ-exponentiell verteilten Bediendauern wird auch als Engset-Verkehr (Engset traffic) bezeichnet. Fiir das zugrunde zu legende Call-Center-Modell wird ein Zufallsverkehr 1. Art unterstellt, d. h., es wird eine unendliche Anzahl von Anrufern mit jeweils negativ-exponentiell verteilten Ankunftsabstanden und Bediendauern angenommen. Da Inbound-Call-Center komplexe Einheiten sind, in denen das Zusammentreffen der Erwartungen mehrerer Anspruchsgruppen zu einer Vielzahl von Wechselwirkungen fiihrt, die bei der Planung, Steuerung und Kontrolle beachtet werden miissen, sollte das Modell diesen Tatsachen so gut wie moglich Rechnung tragen und dennoch handhabbar sein. Deshalb werden folgende Annahmen getroffeni^: • • •

M



Die der Bedarfsberechnung zugrunde liegende(n) Anrufkategorie(n) ist (sind) homogen. Die Agenten verfiigen iiber identische Fahigkeiten, die Agentengruppe ist homogen. Die Anzahl der Agenten wird mit „c" abgekiirzt. Die Anzahl der Telefonleitungen (T^) ist begrenzt. Die Leitungen konnen durch sprechende oder wartende Anrufer belegt sein. Die Anzahl der Wartepositionen betragt TQ. Wenn alle Leitungen belegt sind, wird der Anrufer blockiert und erhalt ein Besetztzeichen. Das Kunden- oder Anruferverhalten ist die Summe aus sehr vielen individuellen Einzelentscheidungen.i^ Der zeitliche Abstand zwischen zwei Anrufen ist deshalb zufallsbedingt. Der Mittelwert des zeitlichen Abstands ist konstant. Die Anrufe kommen also mit einer im Mittel konstanten Rate X (Anrufe je Zeiteinheit (ZE)) im Call Center an.20 Auch die Gesprachs- und Nachbereitungszeit (Servicezeit) eines Anrufes unterliegt Schwankungen. Die durchschnittliche Servicezeit wird mit AHT (Average Handling Time) bezeichnet, die Bearbeitungsrate oder -geschwindigkeit betragt fi = I/AHT.21

Call-Center-Modell

33

9 Die Wartetoleranz der Anrufer ist begrenzt, sie sind ungeduldig. Einige Anrufer legen sofort auf, andere warten, legen spater auf und rufen nicht wieder an. Wahlwiederholer werden also nicht beriicksichtigt. Die Wartetoleranz der Anrufer ist unterschiedlich, ihr Mittelwert betragt 1/v. Um das Modell des Call Centers voUstandig und berechenbar zu machen, sind weitere Annahmen zu treffen. Die Eigenschaften von Warteschlangensystemen - wie es Inbound-Call-Center sind - werden vor allem durch zwei statistische Eigenschaften bestimmt, namlich die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Zeiten zwischen zwei aufeinander folgenden Ankiinften bzw. Anrufen und die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Servicezeiten.22 In realen Warteschlangensystemen konnen die Verteilungen viele Formen annehmen. Fiir die Formulierung eines Modells miissen jedoch Einschrankungen hingenommen werden. Die unterstellte Form soUte hinreichend realistisch sein, so dass verniinftige Vorhersagen moglich sind, gleichzeitig sollte sie hinreichend einfach sein, so dass das Modell mathematisch handhabbar ist. Aus diesen Griinden stellt die Exponentialverteilung die wichtigste Wahrscheinlichkeitsverteilung in der Warteschlangentheorie dar.23 Folgende Annahmen werden dabei zugrunde gelegt: » Die Zwischenankunftszeiten der Anrufe folgen alle einer einheitlichen Exponentialverteilung und sind voneinander unabhangig. M Die Servicezeiten folgen alle einer einheitlichen Exponentialverteilung und sind voneinander unabhangig. 9 Die Wartezeittoleranz der Anrufer folgt ebenfalls einer einheitlichen Exponentialverteilung, und auch die Toleranzen verschiedener Anrufer sind voneinander unabhangig.24 An einem einfachen Beispiel der Zwischenankunftszeiten lasst sich die Bedeutung der Exponentialverteilung verdeutlichen. Angenommen, es geht durchschnittlich alle 2 Minuten ein Anruf ein. Die Rate (Anrufe pro Minute) betragt dann X =1/2=0,5. Anhand der unten angegebenen Dichte- und Verteilungsfunktionen lasst sich bestimmen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Anrufe in Abstanden zwischen 0 und 2 Minuten eingehen. Genau sind es 1 - e-O'^ 2 = 1 - e-i = 63,2 Prozent. Das bedeutet, dass die Flache unter der Kurve der Dichtefunktion zwischen den Zeitpunkten t = 0 und t = 2 einen Anteil von 63,2 Prozent an der Gesamtflache hat. Der Rest der Zwischenankunftszeiten (36,8 Prozent) wird mehr als zwei Minuten betragen.25

34

Call-Center-Grundlagen

Verteilungsfunktion

Dichtefunktion 3

4

5

Anzahl Anrufe

Abbildung 15: Exponentialfunktion (Dichte- und Verteilungsfunktion) Quelle: Eigene Darstellung

Die Annahme einer Exponentialverteilung fiir die Zeitdauern eines Warteschlangensystems hat Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite hat sie die angenehme Eigenschaft, dass man „mit ihr noch halbwegs rechnen kann, was bei vielen anderen Verteilungen nicht der Fall ist".26 Auf der anderen Seite hat sie die Eigenschaft der „Gedachtnislosigkeit", weil die Kenntnis uber die bereits vergangene Zeitdauer keine Aussage dariiber zulasst, wie viel der gesamten Dauer noch verbleibt. Das Zugrundelegen der Exponentialverteilung ist also weder ideal noch vollkommen unzweckmafiig. Sie ist ein erster Ansatz, der seine Grenzen hat. Wenn diese Grenzen bekannt sind, kann mit ihr recht gut gearbeitet werden.^^ Call-Center-Modelle lassen sich nach der erweiterten Notation von Kendall28 beschreiben. Diese besteht aus einer Zeichenkette der Form [_]/[_]/[_]/[_]+[_].29 Die erste Position gibt Auskunft iiber die Verteilung des Ankunftsprozesses der Anrufer. Ist dieser exponentialverteilt, wird das Symbol M (Markov-Eigenschaft) verwendet. Die zweite Position zeigt die Verteilung der Servicezeiten, hier ebenfalls mit M symbolisiert. An der dritten Stelle folgt die Anzahl c identischer Agenten, an der vierten Stelle die Anzahl T^ der Telefonleitungen bzw. die maximale Anzahl von Anrufern im gesamten System. Wird von unendlich vielen Wartepositionen

Call-Center-Modell

35

ausgegangen, kann die vierte Position einfach weggelassen oder das Symbol „oo" fiir unendlich verwendet werden. Wird zusatzlich die Ungeduld der Anrufer berlicksichtigt, wird dies durch Anfiigen einer fiinften Position dargestellt. In diesem Fall „+M":

M Verteilung Ankunftsprozess

/

M Verteilung Servicezeiten

/

/

c Anzahl Agenten

+

T

M Verteilung Wartezeittoleranz

Anzahl Leitungen

Abbildung 16: M/M/c/T+M-Modell Quelle: Eigene Darstellung

Anstelle von „M" konnen alternativ andere Abkiirzungen benutzt werden, die Auskunft iiber die jeweils angenommene Verteilung geben: MMExponentialverteilung H D - deterministische Verteilung • G - allgemeine Verteilung Das artverwandte und in der Praxis weit verbreitete Erlang-C-Modell weist die Notation M/M/c/oo auf.

M Verteilung Ankunftsprozess

/

M Verteilung Servicezeiten

/

c Anzahl Agenten

/

00

Anzahl Leitungen

Abbildung 17: Eriang-C-Modell Quelle: Eigene Darstellung

Bei Verwendung des Erlang-C-Modells ist zu beriicksichtigen, dass aufgrund der nachfolgenden Restriktionen der ermittelte Personalbedarf tendenziell zu hoch liegt: « Geduldige Anrufer, d. h., es gibt im Erlang-C-Modell keine Aufleger. Gerade diese Annahme steht im Widerspruch zu kundenpsychologischen Aspekten wie sie in Kapitel 4.4.1 noch naher beschrieben werden.

36

Call-Center-Grundlagen



Unendliche viele Telefonleitungen, Anrufer erhalten somit nie ein Besetztzeichen. Wenn alle Agenten belegt sind, werden alle Anrufer in die Warteschlange gestellt und warten unbegrenzt.

Mit Hilfe des M/M/c/T+M-Modells lassen sich viele KenngroSen ausrechnen, die fiir ein Call-Center-ControUing-Modell unerlasslich sind. Die wichtigsten GroSen sind in der folgenden Tabeile zusammengefasst:

Ereignis B

Anrufer erhalt Besetztzeichen

Ereignis A

Anrufer legt nach einer gewissen Wartezeit auf

Ereignis S

Anrufer erreicht einen Agenten, d.h. er erhalt Service

P(B)

Anteil der Anrufer, der das Besetztzeichen erhalt

P(A)

Anteil der Anrufer, der auflegt

P(S)

Anteil der Anrufer, der Service erhalt

ASA

Mittlere Wartezeit der Anrufer

AQL1

Mittlere Anzahl von Anrufern in der Warteschlange

OCC

Mittlere Auslastung der Agenten

Abbildung 18: Wichtige KenngroBen in einem Call Center mit ungeduldlgen Anrufern und begrenzter Anzahl an Telefonleitungen Quelle: Eigene Darstellung

Die Wahrscheinlichkeit P(S), dass ein Anrufer mit einem Agenten verbunden wird, ergibt sich indirekt durch P(B) und P(A) und lasst sich nach folgender Formel berechen: P(S) = 1 - P ( B ) - P ( A ) In folgendem Beispiel werden zur VeranschauHchung drei verschiedene Falle gegeniibergesteUt. •i Fail-1: Unbegrenzte Anzahl von Telefonleitungen, geduldige Anrufer, (Erlang-C-Modell) » Fall-2: Begrenzte Anzahl von Telefonleitungen, geduldige Anrufer •i Fall-3: Begrenzte Anzahl von Telefonleitungen, ungeduldige Anrufer Hierzu w^ird fiir die nachfolgende Berechnung angenommen, dass durchschnittlich A, = 45 Anrufe pro Minute eingehen und die mittlere Bearbeitungszeit AFIT = 6,5 Minuten oder 390 Sekunden betragt. Die Arbeitslast

Call-Center-Modell

37

betragt damit X / \x = 292,5 Erlangs, die Brutto-Auslastung bei c = 293 Agenten betragt dann X/ c]x = 99,83 Prozent.

Abbildung 19: Vergleich Eriang C - Berucksichtigung Telefonleitungen und geduldige Anrufer Quelle: In Aniehnung an Helber u. a., 2004, S. 21

Die Gegeniiberstellung der drei Falle liefert folgende Erkenntnis: M Fall 1: Bei 293 Agenten wird ein schlechter Service mit einer mittleren Wartezeit von mehr als 12 Minuten geboten. Die Auslastung der Agenten betragt mehr als 99 Prozent. » Fall 2: Die Anzahl der Agenten betragt unverandert 293. Jedoch existieren 207 Wartepositionen (TQ = 500 - 293). 0,4 Prozent der Anrufer erhalten ein Besetztzeichen, also einer von 250 Anrufern. Die Wartezeit der anderen Anrufer reduziert sich deutlich von 12 auf unter zv^ei Minuten. W Fall 3: Hier kommt die Geduld der Anrufer ins Spiel. Sie sind durchschnittlich bereit, 1,5 Minuten oder 90 Sekunden zu warten, bevor sie auflegen (v = 60 / 90 Min.-i = 0,67 Min.-i). Die mittlere Wartezeit reduziert sich auf 0,03 Minuten bzw. 1,8 Sekunden, die Auslastung der Agenten sinkt auf ca. 96,9 Prozent, weil jetzt 3,1 Prozent der Anrufer auflegen.

38

Call-Center-Grundlagen

Die Gegeniiberstellung zeigt sehr deutlich, wie sich die Beriicksichtigung von Telefonleitungen und Wartezeittoleranzen auf das System auswirken. Die Situation verbessert sich insgesamt, wenn von begrenzten Warteschleifen und der Ungeduld der Anrufer ausgegangen wird. Das M/M/c/T+M-Modell bildet das Systemverhalten eines Call Centers theoretisch besser ab als Erlang C. In den folgenden Beispielen basieren die Berechnungen dennoch auf Erlang C. Das mag etv^as v^iderspriichlich erscheinen, wenn zuvor die Nachteile von Erlang C und die Vorteile eines anderen Modells herausgearbeitet w^urden. In der Praxis v^erden aber heute immer noch die meisten Personalbedarfsplanungen mit Erlang C durchgefiihrt. Die einzelnen nachfolgenden Berechnungen sollen das Grundverstandnis des Call-Center-Controlling vermitteln und die Leser in die Lage versetzen, die eine oder andere Berechnung selbst nachrechnen zu konnen. Hierzu konnen mittlerweile iiber das Internet zahlreiche Erlang-C-Programme kostenlos genutzt werden.^o £§ erscheint deshalb zweckmaSig, Erlang C zu verw^enden.

Call-Center-Modell

39

3.

Controlling-Grundlagen

Summary Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Unternehmen die ersten Controlling-Stellen geschaffen. In Deutschland entwickelte sich das Controlling erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Seitdem ist die Bedeutung von Controlling-Aufgaben enorm gewachsen, in Wissenschaft und Praxis hat das Controlling mittlerweile einen festen Platz. Controlling besteht aus den Funktionen Planung, Kontrolle und Steuerung, einem Regelkreislauf, in dem die Planungen standig uberpriift werden. Planungen konnen fur verschiedene Perioden aufgestellt werden. Dabei wird zwischen den sehr langfristigen Planungen, wie der Grundsatzplanung, und den kurzfristigen Planungen, wie der operativen Planung, unterschieden. Fur das Controlling ergeben sich in Aniehnung an die Planungshorizonte die gleichen Perioden, so dass auch hier z. B. von einem operativen Controlling gesprochen wird. Eine besondere Bedeutung im Controlling-Bereich hat mittlerweile die Balanced Scorecard erreicht. Mit Hilfe dieses von Kaplan/Norton Anfang der 90er Jahre entwickelten Modells lassen sich Strategien in operatives Handein umsetzen. Dabei wird nicht mehr ausschlieBlich auf finanzielle bzw. quantitative Kennzahlen - wie im betrieblichen Rechnungswesen - abgestellt, sondern es werden auch qualitative und immaterielle Ziele und Kennzahlen - auf die Strategie ausgerichtet - formuliert und ijberwacht. Eine besondere Rolle innerhalb der Balanced Scorecard spielen die Wirkungszusammenhange zwischen den Zielen und Kennzahlen.

3.1

HistorischerAbriss

Die Urspriinge des Controlling reichen bis ins GroEbritannien des 15. Jahrhunderts zuruck. Dort wurden erste Controlling-Aufgaben in der staatlichen Verwaltung von einem so genannten „Countroiler" wahrgenommen, der am Konigshof mit der Uberpriifung von Aufzeichnungen iiber den Geld- und Giiterverkehr betraut war. Im Frankreich des 15. Jahr41

hunderts hat sich ein offizielles Hofamt etabliert, das mit dem Fiihren der Gegenrolle („contre-r61e") betraut war.^i Im Jahre 1778 schuf der amerikanische Kongress die gesetzliche Grundlage fiir den Einsatz eines Controllers. „Dieses Amt wurde ,Comptroller, Auditor, Treasurer and six Commissioner's of Accountants' genannt."^^ Die Aufgabe des Comptrollers bestand in der Verwaltung des staatlichen Haushalts und der Uberwachung der Mittelverwendung. Das Amt hat sich bis heute in Form des „Comptroller General" als Leiter des „General Accounting Office" erhalten. In einem Wirtschaftsunternehmen wurde erstmals 1880 in den USA eine Controlling-Stelle geschaffen. Das Unternehmen „Atchinson, Topeka & Santa Fe Railway System" setzte den Controller vor allem fiir die Verwaltung der Finanzanlagen und des Grundkapitals sowie der Sicherheiten der Gesellschaften ein und war damit Vorbild fiir mindestens vier weitere Eisenbahngesellschaften.^^ 1892 fiihrte die „General Electric Company" als erstes Industrieunternehmen eine Controller-Stelle ein. 1900 existierte allerdings erst in acht von 175 amerikanischen Unternehmen die Stelle eines Controllers, weil die Aufgaben der friihen Controller im Normalfall ein fester Bestandteil bereits bestehender Stellen (Treasurer, General Auditor etc.) waren. In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts gab es eine Neuorientierung dieser Position, als die Unternehmenszusammenbriiche dieser Zeit (Weltwirtschaftskrise) Mangel des Rechnungswesens offenbarten, die nun behoben werden sollten. Die mit der Integration der Planung zur Bewaltigung zukunftsorientierter Aufgabenstellungen verbundene Tendenz zur Erweiterung des Rechnungswesens verband sich mit einer Aufwertung des Controiler-Amtes. Dem Chief Accountant bzw. Chief Auditor wurde der Controller als Chef des Rechnungswesens iibergeordnet und er wurde vielfach in die Unternehmensfiihrung (vice president) eingebunden.34 Der Bedarf nach neuen Controlling-Konzepten stieg standig, z. B. weil mit zunehmender Unternehmensgrofie auch die Koordinations- und Kommunikationsanforderungen wuchsen oder die volkswirtschaftliche Dynamik sich immer weiter erhohte. Lehre und Praxis trugen diesen Entwicklungen besonders seit 1930 Rechnung. 1931 wurde das „Controller's Institute of America" als berufsstandische Organisation gegriindet, die 1962 in „The Financial Executive" umbenannt wurde. 1934 erschien erstmals die Zeitschrift „The Controller" (heute „The Financial Executive"). Seit 1944 gibt es das Forschungsinstitut „ Controller ship Foundation" (heute „ Financial Executive Research Foundation").^^

42

Controlling-Grundlagen

Mitte der 50er Jahre erreichte die Controlling-Idee Deutschland, indem in deutschen Tochtergesellschaften amerikanischer Unternehmen zunehmend Controller-Stellen geschaffen wurden. Deutsche Unternehmen folgten diesen Beispielen zuriickhaltend. Als Grunde fiir die relativ spate Entwicklung der ControUing-Funktion in Deutschland lassen sich anfiihren: •

Die Internationale Isolierung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg fiihrte auch zu einer Abkoppelung von Entwicklungstrends. Mittelpunkt der Forschung war zunachst die Weiterentwicklung und Verbreitung der VoUkosten- und Deckungsbeitragsrechnung. W Die vorherrschende verrichtungsorientierte Linienstruktur der Unternehmen bedingte dezentrale Planungs- und Entscheidungsprozesse separat in den jeweiligen Ressorts. Ein zentrales Controlling widersprach den vorherrschenden Organisationsbeziehungen und hatte eine Einschrankung der Kompetenzen des Managements bedeutet. •i Zunachst bestand wenig Veranlassung zu einer Veranderung vorhandener Strukturen, weil in den Wirtschaftswunderzeiten nach dem Zweiten Weltkrieg Gewinnsteigerungen nahezu garantiert waren.^^ Veranderungen der Unternehmensumwelt und ein Umdenken im unternehmerischen Denken und Handeln haben zu wesentlichen Veranderungen im Controlling gefiihrt: H Mit herkommlichen Instrumenten konnten die vielfach entstehenden Profit-Center-Strukturen nicht mehr bedient werden. • Eine zunehmende Spezialisierung der Marktteilnehmer und die Konzentration auf die eigenen Starken fiihrten zu Kooperationen und virtuellen Unternehmensstrukturen. » Die Insolvenzwelle der 80er Jahre fiihrte auch bei kleinen und mittleren Unternehmen zum Einsatz neuer Planungs- und Steuerungskonzepte. * Die mit der Internationalisierung in den 90er Jahren verbundene Intensivierung des Wettbewerbs, Komplexitatssteigerung und Dynamisierung verlangte eine Anpassung der Controlling-Ansatze. Insbesondere das Prozessdenken erforderte Anpassungen im betrieblichen Rechnungswesen. • Neue theoretische Ansatze wie die Balanced Scorecard fanden in der Praxis eine breite Beachtung. • Internationale Vereinbarungen und gesetzliche Bestimmungen wie Basel II und KonTraG erforderten Anpassungen im betrieblichen Rechnungswesen und Controlling.

HistorischerAbriss

43

Die Bedeutung der Controlling-Funktion ist mittlerweile grofi. „Gegenwartig nimmt das Controlling - vor allem in Grofiunternehmen - eine dominante Stellung ein. Ebenso ist eine weiter gehende Ausdehnung des Controlling auf Klein- und Mittelunternehmen festzustellen."^^ Neben Wissenschaft und Praxis verdeutlichen zahlreiche Veroffentlichungen, Institute und Controller-Netzwerke die besondere Stellung des Controlling in der Wirtschaft. Die bekannteste Controlling-Organisation in Deutschland ist der Controller Verein in Gauting bei Miinchen.^^

3.2

Begriff und Definitionen

Controlling ist heutzutage in jedem groEeren Unternehmen vorhanden. Planungs- und Kontrollorientierung ist in sehr unterschiedlicher Weise interpretier- und auslegbar. Entsprechend trifft man in der Praxis sehr unterschiedliche Realisationsvarianten an.^^ Die Vielfaltigkeit von Betriebsablaufen in Unternehmen, die Abhangigkeit von Aktivitaten untereinander, die Bedeutung von Erwartungen fiir Entscheidungen, die zudem mit hohem Einsatz von finanziellen Mitteln und Geschaftsrisiken begleitet sind, erfordern eine realistische und moglichst genaue Planung der Unternehmensentw^icklung in der nahen, aber auch fernen Zukunft. Dementsprechend vv^ird das Controlling oftmals in eine kurzfristige, operative und eine langfristige, strategische Komponente zerlegt. Grundsatzplanung Die langfristigste und richtungweisende Planung ist die Grundsatzplanung. Sie beschaftigt sich mit dem Unternehmen und seinem Grundverstandnis. Ihre Aufgabe ist es, die Vision oder Mission festzulegen.

44

Controlling-Grundlagen

Abbildung 20: Planungshorizonte Quelle: In Aniehnung an Wohe, 2002, S. 105

Strategische Planung Die strategische Planung hat ebenfalls einen langfristigen Planungshorizont. Ihre Aufgabe ist es, das zukiinftige strategische Erfolgspotenzial des Unternehmens festzustellen und festzulegen, mit welchen MaSnahmen es moglichst umfassend reaUsiert werden kann. Dazu miissen neue Markte erschlossen und vorhandene ausgeschopft werden. Bei dem langfristigen Planungshorizont sind die PlanungsgroEen nur schwer quantifizierbar. Das bedeutet, dass es schwierig ist, konkrete Werte vorzugeben. Dennoch sollte versucht werden, Ziele und Visionen zu quantifizieren (z. B. 50 Prozent Marktanteil in fiinf Jahren), um hieraus Teilziele besser definieren zu konnen und damit die Unternehmenssteuerung zu verbessern.

Begriff und Definitionen

45

Taktische Planung Die Konkretisierung strategischer Ziele erfolgt in der taktischen und operativen Planung. Zum einen wird im Rahmen der taktischen Planung in der Kegel fiir den Zeitraum von einem Jahr ein MaEnahmenkatalog fiir erforderliche Kapazitaten, Personalentwicklungen, Investitions- und FinanzierungsmaSnahmen erstellt. Die Vorgaben der taktischen Planung sind sehr viel konkreter als die der strategischen Planung und fliefien in die jahrliche Budget-Planung ein. Operative Planung Fiir alle Teilbereiche des Unternehmens (Vertrieb und Service, Produktion, Materialwirtschaft und Beschaffung, Personal) werden - abgeleitet aus der Budget-Planung - detaillierte Planzahlen ermittelt. Die operative Unternehmenssteuerung befasst sich unter anderem mit der flexiblen Anpassung von Budgets an die aktuelle Geschaftsentv^icklung. So werden Zielanpassungen und KorrekturmaSnahmen durchgefiihrt und die laufenden Budgets auf das Ende des Planungszeitraumes fortgeschrieben.

Oberziele

Nachhaltige Existenzsicherung

ControllingSystem

Strateg. Controlling

Teilsysteme des Controlling und deren ZielgroSen

— •

-

„Wie konnen wir unsere Veranderungs- & Wachstumspotenziale fordern, urn unsere Vision zu verwirklichen?"

Abbildung 24: Grundstruktur der Balanced Scorecard Quelle: In Aniehnung an Kaplan u. a., 1997, S. 9

Balanced Scorecard

49

Die Ziele sind in konkrete, messbare Kennzahlen zu fassen, z. B. Umsatzwachstum oder Marktanteil in Zielregionen, -markten und -kundenkategorien.44 Auf diese Weise wird die Strategic in mehrere Teilziele zerlegt und die Zielerreichung messbar gemacht. Fiir die Kennzahlen sind Sollvorgaben zu definieren, damit im Rahmen des Controlling-Prozesses Abweichungsanalysen durchgefiihrt und Gegensteuerungsmafinahmen eingeleitet werden konnen. Die Ursachenanalyse kann AnstoSe fiir organisatorisches Lernen in der jeweiligen Organisationseinheit liefern. Letztlich sind MaSnahmen zur Zielerreichung zu definieren, die aufzeigen, wie die Ziele erreicht werden konnen. Die Marktwertsteigerung des borsennotierten Unternehmens z. B. kann durch Kostensenkung oder Fusion, die Umsatzsteigerung des Versicherers durch innovative Vertriebsformen erreicht w^erden. Hier v^ird deutlich, dass durch die Verknupfung der strategischen Planungen mit konkreten MaSnahmen deren Erfolgsbeitrag kontrolliert werden kann (Balanced Scorecard). Damit ergibt sich die Grundstruktur des Balanced-Scorecard-Ansatzes, die in Abbildung 24 grafisch dargestellt wird. Die vier Perspektiven sind nicht isoliert zu betrachten, vielmehr gibt es Wirkungszusammenhange und Kausalitaten, weshalb sie wechselseitig aufeinander abzustimmen sind (Balanced Scorecard). Der finanzielle Erfolg und damit die Zufriedenheit der Unternehmer basiert letztlich auf der Kundenzufriedenheit. Diese steigt in dem Mafie, wie die internen Prozesse des Unternehmens, z. B. der Innovationsprozess, der Lieferantenmanagementprozess, die Leistungserstellung und das Kundenmanagement, funktionieren. Eine Anpassung dieser Prozesse basiert auf der Fahigkeit, sich an die Veranderungen der Umfeldbedingungen anzupassen, und unterstreicht die Bedeutung der Lern- und Entwicklungsperspektive. Die Balanced Scorecard orientiert sich primar an den Anteilseignern bzw. Unternehmern und den Kunden. Deshalb wird vielfach kritisiert, dass sich weitere wichtige Anspruchsgruppen wie z. B. Mitarbeiter oder Lieferanten kaum in dem Konzept niederschlagen, obwohl sie sich im Rahmen der Umfeldanalyse durchaus als wichtige Einflussgruppen herausstellen. Willis schlagt vor, die Perspektiven „Environment" und „Human well-being" hinzuzufiigen.45 Den Mitarbeiteraspekt heben Partridge/Perren hervor, indem sie auf Unternehmen verweisen, die eine Mitarbeiterperspektive in ihre Balanced Scorecard aufgenommen haben^^. Friedag/Schmidt weiten

50

Controlling-Grundlagen

den Ansatz auf bis zu zehn mogliche Perspektiven aus und fiigen eine Lieferanten-, Kreditgeber-, Offentliche-, Kommunikations-, Organisationsund Einflihrungsperspektive hinzu.^^

Abbildung 25: Perspektiven der Balanced Scorecard im Zusammenhang Quelle: In Aniehnung an Baum u. a., 2004, S. 347

Diese Beispiele verdeutlichen die urspriingiiche Absicht von Kaplan/Norton, die Anzahl der verwendeten Perspektiven in Abhangigkeit von der Strategie und den Branchenbedingungen zu variieren, vorausgesetzt sie werden in die Kette der kausalen Zusammenhange integriert und stehen in Ubereinstimmung mit der Strategie.'*^ Damit wird deutlich, dass das Konzept nicht in der urspriinglichen Variante auf aiie Unternehmen angewandt w^erden kann, sondern angepasst w^erden solite. Die Balanced Scorecard eroffnet die Chance einer beliebigen Erw^eiterung oder Abanderung, so lange die Grundprinzipien eingehalten v^erden.'^^ ^[Q Jni v^eiteren Verlauf des Buches noch zu sehen sein v^ird, ist dies von besonderer Bedeutung flir die Entv^icklung eines Call-Center-Controlling-Ansatzes.^o

Balanced Scorecard

51

Die Idee der Ausgewogenheit (Balanced Scorecard) legt eine Mischung von Kennzahlen bzw. Indikatoren mit unterschiedlichen Eigenschaften nahe: M Es wird mit internen und externen MessgroSen gearbeitet. Interne Indikatoren (z. B. Durchlaufzeiten) messen den Zustand einer Organisation, externe Indikatoren (z. B. Kundenstatements) reflektieren die Wirkung nach aul?en. « Neben objektiven Indikatoren (z. B. Kosten) werden - trotz der Messprobiematik, aber wegen ihrer Relevanz fiir den Unternehmenserfolg auch subjektive Indikatoren (z. B. Arbeitszufriedenheit) verwendet. M Zusatzlich zu finanziellen Gro6en werden damit auch nicht-finanzielle GroSen genutzt. H Da nicht nur Ergebnisse bewertet werden sollen, was anhand nachlaufender Indikatoren (Spatindikatoren) geschieht, werden auch Leistungstreiber (Friihindikatoren) einbezogen, die sich jedoch erst spater auswirken. Diese werden in Ursache-Wirkungs-Ketten erfasst, die die innere Struktur der Balanced Scorecard erklaren.^i Die Darstellung der Wirkungszusammenhange ist essenziell, weil sie die innere Konsistenz einer Balanced Scorecard im Entstehungsprozess erklart und die Ansatzpunkte fur die Steuerung und Regelung aufzeigt, wie das folgende Beispiel verdeutlicht. Die Pfeile symbolisieren den Zusammenhang zwischen zwei Indikatoren, die Vorzeichen iiber den Pfeilen die Richtung der Ursache-Wirkungs-Beziehung. Ausgehend von der Lern- und Entwicklungsperspektive (vgl. Abbildung 26) fiihrt das interne Vorschlagswesen (Employees' Suggestions) zu einer Reduktion der Nachbereitungszeiten (Rework) auf der Prozessebene. Die Folge da von sind niedrigere Herstellungskosten (operating expenses) und damit eine Erhohung der Rendite auf das eingesetzte Kapital (Return on Capital Employed (RoCE)). Nach Kaplan/Norton hat die Einstellung der Mitarbeiter als weicher, subjektiver, nicht-finanzieller und vorlaufender Indikator Einfluss auf das Vorschlagswesen und ist die Quelle fiir Kundenzufriedenheit (Customer Satisfaction), die sich in einer erhohten Nachfrage, einem niedrigeren Forderungsbestand (Accounts Receivables) und somit ebenfalls einem hoheren RoCE niederschlagt.^2

52

Controlling-Grundlagen

financial

customer

internal business process

learning and growth

Abbildung 26: Beispiel einer Ursache-Wirkungs-Kette Quelle: In Aniehnung an Baum u. a., 2004, S. 349

Ursache-Wirkungs-Ketten konnen zur Unternehmenssteuerung beitragen, wenn 9 sie vollstandig sind, » Zusammenhange empirisch-statistisch untermauert werden und nicht nur auf Erfahrungswerten beruhen, * zeitliche Wirkungen, Vernetzungen und Vor- und Riickkoppelungen aufgezeigt werden. Einfache Wenn-Dann-Beziehungen sind unzureichend. Ein zentrales Anliegen des Scorecard-Konzeptes besteht in der Verkniipfung der strategischen Planungen und deren operativer Umsetzung. Dabei ist in Aniehnung an die Unternehmenshierarchie und Unternehmensorganisation (vgl. Abbildung 27) ein System von Scorecards auf den unterschiedlichen Ebenen zu implementieren.

Balanced Scorecard

53

Unternehmensebene (corporate level)

Unternehmen

GB1

JL E3

GB2

1 F

1

A

F

B

Geschaftsbereichsebene (business level)

GB3

1

1

A

B

F

A

Ebene der Funktionen (functional level)

Abbildung 27: Die drei Ebenen der strategischen Planung Quelle: In Aniehnung an Bea u. a., 2001, S. 60

Die verschiedenen Ebenen sind miteinander zu verkniipfen, indem Topdown ausgehend von der Unternehmensstrategie strategische Ziele als Vorgabe fiir die Geschaftsbereiche und von dort fiir die Funktionsbereiche definiert v^erden. Bottom-up werden die MaSnahmen nach oben verdichtet und mit den strategischen Vorgaben auf Konsistenz gepriift. Die folgende Abbildung stellt einen dreistufigen hierarchischen Implementierungsprozess dar:

-Abstimmung der MaUnahmenUnternehmens-BalancedScorecard Strat. Ziele

Wie

Kennzahlen Vorgaben MaBn.

Abteilungs-BalancedScorecard Strat. Ziele —n

Wie Was

Kennzahlen

^

Vorgaben

Team-/lndividuelleBalanced-Scorecard

Malin.

Strat. Ziele —n

I Was

Kennzahlen—,

>

Vorgaben

-Fokus auf die strategischen Ziele

Abbildung 28: Hierarchische Implementierung von Balanced Scorecards Quelle: In Aniehnung an Baum u. a., 2004, S. 352

54

Controlling-Grundlagen

Das Beispiel von Mobil Oil (vgl. Abbildung 29) zeigt eine praktische Variante dieses hierarchischen Prozesses. Die Unternehmens-Scorecard definiert die gemeinsamen strategischen Prioritaten, z. B. die finanzielle Starke, die Kundenzufriedenheit oder die Umweltfreundiichkeit (#1). Die Scorecards der unterstiitzenden Einheiten - das konnen Zentralbereiche, Stabsund Serviceeinheiten (z. B. Human Resources, Manufacturing Services, Gasoline Marketing) sein - lassen sich daraus ableiten (#2). Ebenso entv^ickeln die anderen strategischen Geschaftseinheiten (SGE) eigene, zur Unternehmensstrategie konsistente Scorecards (#3), aus denen sich Mreiter Abteilungs- und Teamscorecards ableiten lassen (#4).

Abbildung 29: Verkniipfung der Scorecards verschiedener Ebenen am Beispiel von Mobil Oil Quelle: In Aniehnung an Baum u. a., 2004, S. 352

Balanced Scorecard

55

Die Balanced Scorecard ist kein neues Kennzahlensystem. Innovative Unternehmen verw^enden sie als strategisches Managementsystem, um kritische Managementprozesse zu meistern und ihre Strategie langfristig verfolgen zu konnen.53 im ersten Schritt (vgl. Abbildung 30) v^erden dazu die Vision und die Strategie den Mitarbeitern erklart und transparent gemacht. Den Mitarbeitern soil verstandlich werden, wie sie personlich durch die Gestaltung der in ihrem Verantw^ortungsbereich stehenden Erfolgstreiber zum Gesamterfolg beitragen konnen. Bei der Ubersetzung von Vision und Strategie kommt den Ursache-Wirkungs-Ketten groSe Bedeutung zu.^4 In diesem Schritt soil durch klare Kommunikation der Ziele ein allgemeiner Konsens im Hinblick auf die Ziele erreicht werden. Im zv^eiten Schritt sind operative Ziele festzulegen und z. B. ein Anreizsystem zur Erreichung der Zielvorgaben zu entwickeln. Im dritten Schritt w^erden konkrete Zielvorgaben formuliert und in Mafinahmen iibersetzt, v^obei entsprechende personelle und materielle Ressourcen geplant werden. Die vierte Stufe dient der Unterstiitzung des so genannten Double-Loop-Learning. LFber Kontrollen und Abweichungsanalysen wird hier ein Feedback zur Erreichung der strategischen Ziele gegeben. Zusatzlich werden Strategien durch Feedforward auf ihre Eignung uberpriift und gegebenenfalls revidiert.^^

Abbildung 30: Die Balanced Scorecard als strategischer Handlungsrahmen Quelle: In Aniehnung an Kaplan u. a., 1997, S. 10

56

Controlling-Grundlagen

„Aufgrund der Offenheit der Balanced Scorecard beziiglich einer Anpassung an die individuellen Bedingungen des einzelnen Unternehmens (z. B. Wahl der Perspektiven aufgrund spezifischer Stakeholder oder beliebige Anpassbarkeit der Strategy Map je nach Geschaftssystem) ist die Balanced Scorecard im praktischen Einsatz vielfaltig nutzbar und derzeit wohl das am haufigsten praktizierte Performance Measurement System. "^^

3.5

Immaterielle Werte

„Wie wertvoll ist eine Unternehmenskultur, die Mitarbeiter in die Lage versetzt, die iibergeordneten Ziele, die Vision und die wichtigsten Werte ihres Arbeitgebers zu verstehen und daran zu glauben?"^^ Diese Frage konnte dann beantwortet werden, wenn solchen nicht-materiellen Aspekten ein finanzieller Wert zugeschrieben werden kann, wozu das herkommliche Rechnungswesen in der Kegel heute nicht beitragen kann. Eine der groSen Herausforderungen der Unternehmensflihrung besteht deshalb zukiinftig in der Bewertung immaterieller Werte. Wer z. B. die Rendite einer Investition in ein Wissensmanagementsystem oder in eine Kundendatenbank ermitteln oder bewerten kann oder beurteilen kann, ob die Fahigkeiten aller Mitarbeiter fiir die verschiedenen Aufgabenstellungen ausreichen oder diese sich auf wenige Personen in Schliisselbereichen konzentrieren, verfiigt iiber eine breitere und aussagefahigere Entscheidungsbasis.^8 Uberall dort, wo die Kundenbeziehung die Qualitat des eingesetzten Personals erfordert, um einen bestmoglichen Umsatz zu erzielen und dies von der Kundenorientierung der Mitarbeiter beeinflusst werden kann, sollten Moglichkeiten geschaffen werden, die Wertschopfung immaterieller Giiter zu messen und auf die Strategie auszurichten.

Immaterielle Werte

57

Einem immateriellen Aspekt wie „motiviertes, gut vorbereitetes Personal" kann in der Kegel kein konkreter finanzieller Wert zugerechnet werden. Die Wertschopfung entsteht nur im Kontext mit der Strategie. Ein Unternehmen kann jedoch messen, ob das Personal gut ausgebildet und motiviert genug ist, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.^^ „Beim Messen der Wertschopfung immaterieller Giiter geht es also darum zu schatzen, wie stark dieses Kapital auf die Firmenstrategie ausgerichtet ist. Ist die Strategie solide und sind die immateriellen Werte darauf ausgerichtet, ist Erfolg moglich. Sonst wird immaterielles Kapital nur wenig zur Wertschopfung beitragen"60 _ selbst wenn viel darin investiert wurde. Als Kaplan/Norton die Balanced Scorecard entwickelten, arbeiteten sie in der Lern- und Wachstumsperspektive drei Kategorien immaterieller Werte heraus, die fiir die Implementierung jeder Strategie von wesentlicher Bedeutung sind: ii Personal: Fahigkeiten, Talente und Kenntnisse von Mitarbeitern « Informationstechnik: Technische Infrastruktur w^ie Datenbanken, Informationssysteme, Netze etc. • Organisation: Unternehmenskultur, Identifikation der Mitarbeiter mit der Strategie, Fahigkeiten zum Austausch von Kenntnissen. Fine Strategy Map (Strategiekarte, vgl. Abbildung 31) macht den Zusammenhang zwischen immateriellen Werten und konkret messbaren Leistungen sowie der Unternehmensstrategie sichtbar. Strategiekarten sind von oben nach unten aufgebaut. Zunachst werden die langfristigen Finanzziele festgelegt, danach das konkrete Produktangebot, das die Verwirklichung der Finanzziele ermoglicht. AnschlieSend werden die Prozesse definiert, die zum Erzeugen und Liefern notwendig sind, und letztendlich wird festgelegt, welches Personal, welche Informationstechnik und welche Organisationsform dazu benotigt werden.^i

58

Controlling-Grundlagen

Die Strategiekarte Die Strategiekarte ermoglicht, immaterieile Werte mit dem Schaffen von Shareholder-Value zu verknupfen. Dazu braucht man vier Perspektiven, die miteinander in Beziehung stehen. Finanzen: Welche greifbaren Ergebnisse bringt die Strategic? Gemeint sind Werte, die sich mittels Kennzahlen wie dem Return on Investment (ROI), dem Shareholder-Value, der Rentabilitat, dem Umsatzwachstum oder den Stuckkosten ausdrucken lassen.

Kunden: Welche Art von Angebot wird das Unternehmen seinen Kunden unterbreiten, um sie zum Kauf zu bewegen und eine Kundenbindung zu erzeugen? Dieses Angebot ist der Kontext, der immaterieile Wertschopfung ermoglicht. Interne Prozesse: Welche wenigen, aber entscheidenden Prozesse bieten den Kunden Merkmale, die sich von dem Angebot der Konkurrenz unterscheiden?

Lernen und Wachstum: Welche immateriellen Werte sind fur die Strategic am wichtigsten? Dieser Bereich bildet die Basis der Karte. Die Ziele geben Auskunft dariiber, welche Aufgaben (Mitarbeiter), welche Systeme (Informationstechnik) und welches Umfeld (Organisation) das Unternehmen zur Unterstutzung der Wertschopfungsprozesse braucht. Sie mussen in die internen Prozesse integriert werden.

-Shareholder-Value schaffen-ProduktivitatsstrategieVermogensgegenstande starker nutzen

Kostenstruktur verbessern

Kunden

1

\

Preis

Qualitat

U msatzwachstu msstrateg ie—i

Auswahl

Verfugbarkeit

Management der Betriebsablaufe, Guter und Dienstleistungen produzieren und liefern

Wie immaterieile Werte zur Strategic passen

Lern- und Wachstumsperspektive

Umsatzmdglichkeiten ausweiten

pSpezifisches Angebot erstellen

Produkt- jnd Dienst-

Interne Prozesse

Kundenwert steigern

Personal • Fahigkeiten • Schulung • Wissen

Service

Partnerschaft

^Kundenbe ziehung-J '

Den Wert fur den Kunden erhohen

Strategische Jobkategorien

Funktionalitat


r (1) Angebotene Anrufe (2) Bearbeitete Anrufe (3) Erfolglose Anrufversuche (4) Lost Calls

^r (5) Gesamtumsatz bzw. -nutzen (6) Gesamtkosten (7) Gesamtdeckungsbeitrag (8) Umsatze bzw. Nutzen pro Anruf (9) Kosten pro Anruf (10) DeckungsbeJtrag pro Anruf

Abbildung 40: MessgroBen bzw. Kennzahlen zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit Quelle: Eigene Darstellung

76

Call-Center-Controlling

Die hergeieitete Auswahl der MessgroSen und Kennzahlen ist weder voUstandig noch als Vorgabe zu verstehen. Gerade vor dem Hintergrund der Umsetzung einer Unternehmensstrategie in operatives Handeln sind Kennzahlen so zu entwickeln, dass sie individuell in die Gesamtzielsetzung passen und deren Erreichung messbar und erkiarbar machen.

4.5

Wirkungszusammenhange von Kennzahlen

4.5.1

Bedeutung von Wirkungszusammenhangen

Es wurde bereits mehrfach aufgezeigt, wie die Balanced Scorecard als Bindeglied zwischen der Unternehmensstrategie und der operativen Unternehmenssteuerung positioniert ist^o. Die Strategie eines Unternehmens ist aus der Mission, der Vision und den Zielen abzuleiten. Sie ist ein Geflecht von Zielen und Kennzahlen, die sich gegenseitig bedingen. Vollig unabhangige Ziele, die in keinem Zusammenhang stehen oder deren Wirkungen untereinander nicht bekannt sind, sollten bei einer Strategieformulierung unberiicksichtigt bleiben.^i Die Gesamtheit der Ursache-Wirkungs-Zusammenhange von Zielen und Kennzahlen ist nichts anderes als die Strategie des Unternehmens oder, w^ie Kaplan/Norton es nennen, die „Strategy Map". Eine richtig aufgestellte Balanced Scorecard ist ausgedriickt durch ein Netzw^erk von Zielen und Kennzahlen. Die Ziele stehen dabei in einem vermuteten kausalen Zu-

Wirkungszusammenhange von Kennzahlen

77

sammenhang, die die Strategie-Story der Unternehmung wiedergeben: „A strategy is a set of hypotheses about cause and effect (...). A properly constructed scorecard should tell the story of the business units strategy through such a chain of cause-effect-relationships. "82 Das Kennzahlensystem sollte die Hypothesen, d. h. die formulierten Ziele und ihre Wirkungszusammenhange innerhalb der definierten Perspektiven und zwischen den Perspektiven, explizit machen. Dadurch entsteht ein handhabbares Controllingsystem.8^ Die im Rahmen der Strategieformulierung zu entwickelnden UrsacheWirkungs-Zusammenhange enthalten bekannte und vermutete Ziel- bzw. Kennzahlenbeziehungen, wenngleich auch zwischen den unterstellten Wirkungszusammenhangen die Starke der Einfliisse nicht immer bekannt ist. Ziel bei der Erstellung einer „Strategy Map" muss es deshalb auch sein, das Beziehungsgefiige zu operationalisieren und damit von einer rein qualitativen Betrachtung zu einem quantifizierbaren, in ControUingsystemen abzubildenden Modell, zu kommen. Auch Kaplan/Norton erwahnen bereits in ihrem Standardwerk, dass es zwischen den durch UrsacheWirkungs-Zusammenhange miteinander verkniipften Zielen Korrelationen geben miisste. Durch eine entsprechende Korrelationsanalyse konne man priifen, inwieweit die beschriebene Unternehmensstrategie die richtige sei.84 Es geht bei der Ermittlung von Korrelationen vorrangig darum, den durch die Balanced Scorecard vorgeschlagenen Prozess einer Strategieentwicklung zu festigen und in iterativen Prozessen gegebenenfalls Ziel- und Kennzahlanpassungen vorzunehmen. Es wird ausdriicklich darauf hingewiesen, dass die in Theorie und Praxis weit verbreitete und erprobte Balanced Scorecard nicht durch statistische Verfahren zur Ermittlung von Kennzahlenbeziehungen ersetzt werden soil. Fiihrt man sich allerdings die zahlreichen wissenschaftlichen Veroffentlichungen, Fachbeitrage oder Projektberichte vor Augen, so wird meistens unterstellt, dass gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter das Funktionieren der effizienten Prozesse (z. B. freundliches, kompetentes Telefonieren) sicherstellen, diese wiederum zur Kundenzufriedenheit fiihren, die als Voraussetzung fiir die Erreichung der wirtschaftlichen Ziele (z. B. der Umsatzmaximierung) gilt^^. Selbst wenn dieses Modell auch auf Call Center iibertragbar ware, ware in einer ersten Betrachtungsweise von Bedeutung, welche Variablen bzw. Faktoren iiberhaupt zu einer Arbeitszufriedenheit fiihren und den Mitarbeiter Prozesse so ausfiihren lassen, dass sich eine Kundenzufriedenheit einstellt. In einer weiteren tJberlegung stellt sich die

78

Call-Center-Controlling

Frage, ob die Arbeitszufriedenheit die einzige erklarende Variable fiir funktionierende Prozesse ist. Denkbar ist auch, dass Mitarbeiter zufrieden sind und dennoch nicht so arbeiten, wie es sich die Unternehmensieitung vorstellt. Das Erklarungsmodeil fiir funktionierende Prozesse ist sehr viel komplexer, zahlreiche Untersuchungen hierzu belegen dies. Ob ein Mitarbeiter so arbeitet, wie es im Sinne der Zielsetzungen von Unternehmensund Kundenperspektive erwartet wird, hangt sicheriich von seinen emotionalen und intellektuellen v^ie auch anderen durch die Unternehmung zu schaffenden Ralimenbedingungen ab^^. Die Aufgaben einer Strategieentw^icklung und -iiberw^achung liegen also zunachst in einem eher abstrakten und vermuteten Ursache-Wirkungs-Modell, das hinsichtlich der Ziel- und Strategieausrichtung logischen Uberlegungen folgt. Zur Veranschaulichung dieser Zusammenhange bieten sich grafische Darstellungen und Matrizen an. Im Folgenden wird ein eigener pragmatischer Weg vorgeschlagen, Ziele und Kennzahlen sowie ihre Wirkungszusammenhange aufzuzeigen und zu verwalten, um hieraus spater ein handhabbares ControUing-Modell zu entwickeln. Dabei wird auch auf Fragen der analytischen Uberpriifung der Wirkungszusammenhange kurz eingegangen.

4.5.2

Darstellung von Abhangigkeiten

Beziehungszusammenhange konnen in verschiedenen Formen dargestellt werden. Uberwiegend wird mit grafischen Darstellungen und Matrizen gearbeitet. Grafische Darstellung

Die an der Schnittstelle zum Anwender, d. h. dem Management und den Mitarbeitern, am haufigsten genutzte Beschreibung von Zusammenhangen ist die grafische Darstellung, bei der zwischen die Entitaten, in unserem Fall die Unternehmensziele und Kennzahlen, Grafen gelegt werden. Grafen konnen dabei in gerichteter und ungerichteter Form reprasentiert werden. Die Darstellung eines Wirkungszusammenhangs zwischen zwei Kennzahlen ist die Verbindung zwischen diesen iiber einen gerichteten Grafen, d. h., eine Kennzahl wirkt auf eine andere Kennzahl iiber einen gerichteten Grafen.87

Wirkungszusammenhange von Kennzahlen

79

Zu den Vorteilen einer grafischen Darstellung von Wirkungszusammenhangen gehort sicherlich, dass Zusammenhange ubersichtlich und einpragsam fiir den Anwender aufgezeigt werden konnen. Grafische Darstellungen haben allerdings auch erhebliche Nachteile, denn sie sind eher statisch, lassen sich EDV-technisch nicht verarbeiten (es sei denn, sie sind das Ergebnis einer andersartigen Reprasentationsform) und beginnen ab einem bestimmten Komplexitatsgrad uniibersichtlich zu werden. Solange nur einige wenige Kennzahlen und Wirkungszusammenhange dargestellt werden sollen, empfiehlt sich ihre grafische Reprasentation. Werden die Betrachtungsmodelle komplexer und sollen die reprasentierten Wirkungszusammenhange in ein Controllingsystem einfliefien, empfiehlt sich eine andere Form der Darstellung.

Darstellung in Matrizen Eine Matrix (Plural: Matrizen) ist eine Anordnung von Zahlenwerten aber auch anderen Objekten wie Operatoren) in Tabellenform. Die Tabelle enthalt Spalten und Zeilen, die auch als Vektoren (d. h. Zeilenvektoren und Spaltenvektoren) bezeichnet werden. Die Objekte, die in der Matrix angeordnet sind, werden Komponenten oder Elemente der Matrix genannt. Es gibt verschiedene Formen von Matrizen wie z. B. die Korrelationsmatrix, gewichtete Matrizen oder die Adjazenzmatrix. Im Bereich des Call-Center-Controlling und vor dem Hintergrund einer erarbeiteten Strategy Map im Sinne der Balanced Scorecard konnten die Unternehmensziele und Kennzahlen in Matrixform dargestellt werden. Werden n Kennzahlen zugrunde gelegt, ergibt sich, wenn alle Kennzahlen in die Matrix einflieSen, eine Matrix mit n x n Elementen. Zur anschaulichen Darstellung werden die Zeilen- und Spaltenvektoren links und oben gekennzeichnet. Die Beziehung zwischen zwei Kennzahlen wird im nachfolgenden Beispiel zunachst mit einer „ 1 " (positive Wirkung) oder einer „ - l " (negative Wirkung) gekennzeichnet. In diesem Fall „wirkt" eine Zeilen-Kennzahl auf eine Spalten-Kennzahl, d. h., die Matrix wird immer von links nach rechts gelesen:

80

Call-Center-Controlling

Abbildung 41: Beispiel einer Adjazenzmatrix Quelle: Eigene Darstellung

Die Kennzahl Kl wirkt auf die Kennzahlen K2 und K3 jeweils negativ, die Kennzahl K2 wirkt auf die Kennzahl K3 positiv. In grafischer Form wiirde dieser Zusammenhang foigendermafien aussehen:

K1 )

1—•( K3 )

-1

V

— • ( K2

Abbildung 42: Grafische Darstellung von Wirkungszusammenhangen Quelle: Eigene Darstellung

Auf ein Call Center iibertragen konnte beispielsweise die Kennzahl Kl die Auslastungsquote (OCC) der Mitarbeiter reprasentieren, K2 konnte der Servicelevel sein und K3 fiir die Gesprachsqualitat stehen. Das heiSt, die Auslastungsquote OCC als ein Ma6 fiir die Belastung der Mitarbeiter wirkt im Extremfall bekanntermaSen auf die Gesprachsfiihrung und damit auch auf die Kundenzufriedenheit. Bei einer zu hohen aber auch zu geringen Auslastung werden Mitarbeiter unzufrieden. Die Auslastungsquote wirkt sich auf die Gesprachsqualitat aus, weil mit steigender Belastung tendenziell der Druck auf die Bearbeitungszeit wachst, die Gesprache werden unter Umstanden ktirzer und der Kunde wird „abgefertigt". Das vorliegende Beispiel ist sehr einfach gewahlt und soil nur das Prinzip der Darstellung von Wirkungszusammenhangen verdeutlichen. In der Realitat gibt es eine Fiille von Beziehungen zwischen Kennzahlen und es wird vor dem Hintergrund eines einfachen und iiberschaubaren Controlling-

Wjrkungszusammenhange von Kennzahlen

81

Modelis die Aufgabe sein, die richtigen Abstraktionen zu bilden, d. h. die wenigen relevanten Kennzahlen und Wirkungsbeziehungen zu identifizieren, die eine Unternehmenssteuerung handhabbar machen. 4.5.3

Bestimmung der Wirkungszusammenhange

In dem folgenden Abschnitt wird auf einige besondere Aspekte von Kennzahlen und Wirkungszusammenhangen eingegangen: H Skalierung - Kennzahlen liegen in quantitativer und qualitativer Form vor. Zur Abbildung der qualitativen Kennzahlen miissen diese „rechenbar" gemacht werden. « Standardisierung - Durch unterschiedlich zugrunde gelegte Skalen lassen sich Kennzahlen eventuell schwer vergleichen oder in Grafiken darstellen. Die Standardisierung bewirkt eine skalenmaEige Angleichung, ohne dabei nachfolgende Berechnungen wie beispielsweise Korrelationsanalysen zu verfalschen. » Periodizitdt - Kennzahlen werden in unterschiedlichen Zeiteinheiten geplant und entsprechend fiir das Controlling erhoben. Beispielsweise werden Umsatze meistens monatlich berichtet, Kundenzufriedenheitskennzahlen viertel- oder halbjahrlich gemessen und der Servicelevel halbstiindlich ermittelt. Die unterschiedlichen Periodizitaten erfordern fiir Kennzahlenvergleiche sinnvolle Aggregationsregeln. ti Bewertung von Kennzahlenbeziehungen - In der Korrelationsanalyse werden Wirkungszusammenhange zwischen Kennzahlen durch mathematisch-statistische Verfahren ermittelt. In einer Vorstufe kann auf Basis der definierten Kennzahlen-Beziehungen die jeweilige Wirkung dieser Beziehung eingeschatzt werden. Skalierungen Auf den Unterschied zwischen quantitativen und qualitativen Kennzahlen wurde mehrfach eingegangen. Qualitative Kennzahlen, wie die Kundenzufriedenheit, miissen zunachst transformiert werden, damit man sie in einem Controlling-System abbilden und mit ihnen „rechnen" kann. Fiir eine Quantifizierung qualitativer Kennzahlen empfiehlt sich eine dekadische Skalierung. Die einzelnen Klassen sollten sehr prazise beschrieben werden, so dass es bei der Zuordnung zu einer Klasse keine Zweifel geben kann. Dabei sind die Bedingungen fiir eine Klassifizierung exakt zu definieren. Am Beispiel einer Kundenbefragung und abgeleiteter Mittlervariab82

Call-Center-Controlling

len (Hilfsvariablen, iiber deren Auspragung auf die originare Variable geschlossen werden kann) soil dieses Vorgehen verdeutlicht werden. Bei den Kunden wird mittels eines statistisch fundierten Verfahrens anhand eines Fragenkataloges iiberpriift, wie sie den Service des Call Centers empfinden. Die Antwortmoglichkeiten bewegen sich auf einer (Likert-)Skala von - 2 (sehr schlecht) bis +2 (sehr gut). Anhand exakt definierter Klassenbedingungen kann beispielsv^eise eine qualitative Kennzahl wie die Kundenzufriedenheit quantifiziert werden. Die Bedingungen selbst hangen von der jeweiligen Aufgabenstellung ab und sind individuell festzulegen:

Abbildung 43: Skalierung einer qualitativen Kennzahl durch Festlegung von Bedingungen Quelle: Eigene Darstellung

Eine Befragung von Kunden kann in der Kegel nur in groSeren Zeitabstanden durchgefiihrt werden. Da Call Center aber sehr dynamische OrWirkungszusammenhange von Kennzahlen

83

ganisationen mit permanentem Kundenkontakt sind und Kundenreaktionen aufgrund von Service- und Qualitatsproblemen starke Ausv^irkungen auf die betrieblichen Zahlen haben konnen, empfiehlt sich eine kombinierte Vorgehensw^eise aus Kundenbefragungen und einer permanenten, zeitnahen Beobachtung von Mittlervariablen, die aus den Kundenbefragungen abgeleitet w^urden.

Periode

-f—1?>

Kunden+8 befragung ' 1

t"

SL (%)

85

80

V

^

85

1 ^^

50

65

SL (Grafik)

Abweichung

1 "^

o

0

!

Abbildung 44: Mittlervariable Quelle: Eigene Darstellung

In einem Controlling-System v^iirde beispielsw^eise ein Wert der Kundenzufriedenheit aus einer Kundenerhebung bis zur nachsten Befragung bestehen bleiben, wahrend der Servicelevel - ebenfalls als ein Mafi fiir die Kundenzufriedenheit - innerhalb der halbstiindlich festgelegten ControllingIntervalle ermittelt wird. Ergibt sich in einem Intervall ein Servicelevel von z. B. 50 Prozent, v^ahrend der durch die Kundenbefragung festgelegte SollWert mindestens 85 Prozent betragt, kann kurzfristig auf ein Problem in der Personaleinsatzplanung geschlossen v^erden. Im Abgleich mit dem iiber einen langeren Zeitraum festgelegten Wert der Kundenzufriedenheit muss noch nicht befiirchtet w^erden, dass die Kundenzufriedenheit insgesamt schwindet. Erst bei haufigerem Auftreten von Servicelevels, die signifikant unter 85 Prozent liegen, kann auf eine Verschlechterung der Kundenzufrie-

84

Call-Center-Controlling

denheit geschlossen werden, was sich vermutlich dann in der nachsten Befragung zur Kundenzufriedenheit niederschlagen wird. Bei der Formulierung der Fragen zu einer Kundenerhebung sollte mit Blick auf die oben vorgeschlagene Klassifizierung und damit Operationalisierung der Messung von qualitativen Aussagen darauf geachtet werden, den Fragenkatalog moglichst konstant zu lassen. Auch die Einteilung der Klassen sollte im Zeitverlauf moglichst stabil bleiben, da ansonsten eine Vergleichbarkeit iiber einen langeren Zeitraum wenig sinnvoU ist. Standardisierung Bei der Betrachtung von Kennzahlenabhangigkeiten tritt immer wieder das Problem auf, dass Kennzahlen mit unterschiedlichen Mafien und Skalierungen verglichen werden soUen. Beispielsweise stellt sich die Frage, ob es eine Abhangigkeit zwischen der Kundenzufriedenheit und dem Umsatz gibt oder ob ein Zusammenhang zwischen dem Auslastungsgrad der Mitarbeiter und der Gesprachsqualitat besteht. Die verschiedenen Kennzahlen haben betragsmaEig betrachtet sehr unterschiedliche GroSenordnungen. Die Messung der Kundenzufriedenheit ergibt dem obigen Beispiel folgend eine Kennzahlenauspragung von 1 < x < 10, wahrend der Umsatz sehr groSe Werte annehmen kann. Die unterschiedliche Skalierung fiihrt dazu, dass Abhangigkeiten viel schwieriger erkannt werden konnen und auch Auswertungen erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Kennzahlen soUten deshalb auf ein einheitliches Grundmafi zusammengefiihrt werden, um eine bessere Ubersichtlichkeit zu erzielen oder auch grafische Darstellungen zu verbessern. Hierzu bietet sich eine KennzahlenStandardisierung an, bei der vom jeweiligen Messwert der Mittelwert abgezogen und dann das Ergebnis durch die Standardabweichung dividiert wird:

wobei

Xij = Beobachtungswert der Variablen Xj bei Objekt i xj = Mittelwert der Beobachtungen der Variablen Xj Sj = Standardabweichung der Variablen Xj

Folgendes kleines Beispiel soil die Standardisierung verdeutlichen. Es wird unterstellt, dass es einen Wirkungszusammenhang zwischen der Mitarbeiterauslastung OCC (K}^) und der Kundenzufriedenheit KZF (Kj) gibt. Die Kundenzufriedenheit wird in diesem Beispiel nach einer sechsstufigen SkaWlrkungszusammenhange von Kennzahlen

85

la bewertet und zeitkongruent mit dem Auslastungsgrad gemessen und diesem gegeniibergestellt. Es warden willkiirlich 12 Perioden ti (1=1, ..., 12) ausgewahlt:

Abbildung 45: Beispiel einer Messreihe mit zwei Variablen (nicht standardisiert) Quelle: Elgene Darstellung

Fiir beide Kennzahlenreihen werden zunachst die Mittelwerte errechnet. Fiir die Kundenzufriedenheit ergibt sich ein Mittelwert Xarithm = ^'^^ Der Mittelwert fiir die Mitarbeiterauslastung OCC ergibt yKk

= 85,33.

Die jeweiligen Standardabweichungen betragen Qj = 1,56 und Q^ = 6,05. Der Korrelationskoeffizient88 als Ausdruck fiir den Wirkungszusammenhang zwischen den beiden Kennzahlen ergibt +0,98 und lasst damit auf einen nahezu voilstandigen Zusammenhang schlie(?en. In dem aufgezeigten Beispiel wird aber deutlich, dass Skalierungen starke Unterschiede aufweisen konnen und die GroSenordnungen erheblich variieren. Aus den genannten Griinden werden deshalb Kennzahlenreihen nach dem oben beschriebenen Verfahren standardisiert. Fiir die Kennzahlenreihen in Abbildung 45 ergeben sich die folgenden Werte:

Abbildung 46: Beispiel einer Messreihe mit zwei Variablen (standardisiert) Quelle: Elgene Darstellung

86

Call-Center-Controlling

Der sich ergebende Korrelationskoeffizient ergibt den gleichen Wert wie auf Basis der Originaltabelle. Es wird damit deutlich, dass es fiir das KorrelationsmaS unerheblich ist, ob die Originaldatenreihe oder die standardisierten Werte zur Analyse herangezogen werden.

Periodizitaten von Kennzahlen Um Wirkungszusammenhange zwischen verschiedenen Kennzahlen feststellen zu konnen und bei weiteren Entscheidungen zu beriicksichtigen, sind die Kennzahlen bezogen auf den Zeitraum vergleichbar zu machen. Viele Messgrofien, wie beispielsweise der Servicelevel, werden heute in Call Centern halbstiindlich ermittelt. Ein Vergleich mit einer monatlich erhobenen Kennzahl wie der Fluktuationsrate wiirde die Frage aufwerfen, wie ein Monats-Servicelevel ermittelt werden kann, der in der Kegel halbstiindlich gemessen wird. Die einfache Aufsummierung der Werte dividiert durch 480 (20 Arbeitstage a 12 Stunden) wiirde zwar zu einem durchschnittHchen Servicelevel fiir den zu betrachtenden Monat fiihren, dieses Vorgehen fiihrt aber zu falschen Aussagen. An einem Beispiel von zwei Perioden soil dies verdeutlicht werden. In der einen Periode wird ein Anrufaufkommen X^ von 5 Anrufen und ein Servicelevel SLi von 50 Prozent ermittelt, in der zweiten Periode betragt das Anrufaufkommen A.2 = 1 000 Anrufe und der Servicelevel SL2 = 90 Prozent. FlieSen nun beide Werte mit dem gleichen Gewicht in den Aggregationswert, ergibt sich ein Servicelevel SLAggr = 70 Prozent, was sicherlich ein falsches Bild von der Performance des Call Centers wiedergeben wiirde. Bei einer gewichteten Berechnung auf Basis des Anrufaufkommens ergibt sich ein Servicelevel von 89,8 Prozent und damit ein weitaus realistischeres Bild der Call-Center-Leistung. Es ist deshalb sinnvoU, bei aggregierten Werten gewichtete Durchschnitte zu errechnen, um damit untypische AusreiSer zu kompensieren. Fiir einen gewichteten Servicelevel ergibt sich dann:

SL

gew _ 2 ^ t = i A t o L t

Zt=iAt

Wirkungszusammenhange von Kennzahlen

87

Als Gewichtungsfaktoren sollten die Grofien herangezogen werden, auf die sich der jeweilige zu aggregierende Wert bezieht. Ein Servicelevel bezieht sich z. B. auf die Anzahl der Gesprache, die Mitarbeiterauslastung auf Agenten:

Abbildung 47: Beispiele fiir Bezugsgrol^en zur Kennzahlenaggregation Kennzahlenmatrix Quelle: In Aniehnung an Helber u. a., 2004, S. 33

Nachdem nun die wesentlichen Grundlagen fiir die Darstellung von Kennzahlen in Matrizen sowie die Vergleichbarkeit der Werte geschaffen wurden, wird an dieser Stelle nochmals auf die bekannte Adjazenzmatrix^^ eingegangen, die im Weiteren wegen der Abbildung der verschiedenen Kennzahlenzusammenhange Strategy-Map-Matrix (SMX) genannt wird. Bislang wurde in der Matrix zum Ausdruck gebracht, ob es zwischen zwei Kennzahlen einen Wirkungszusammenhang gibt oder nicht. Eine weitere Aussage dariiber, ob der Zusammenhang stark ist oder zu einer positiven oder negativen Veranderung der abhangigen Kennzahl fiihrt, wurde bisher nicht getroffen. Unabhangig von den analytischen Verfahren, auf die im nachsten Gliederungspunkt kurz eingegangen wird, soil an dieser Stelle ein pragmatisches Verfahren vorgeschlagen werden, das keinerlei statistische Kenntnisse oder Erfahrungen in der praktischen Anwendung von Grafentheorien voraussetzt und dennoch sinnvoUe Ergebnisse liefern kann. Hierzu wird von dem bekannten Beispiel mit den Kennzahlen K l , K2 und K3 ausgegangen:

88

Call-Center-Controlling

Abbildung 48: Beispiel SMXOl (Adjazenzmatrix) Quelle: Eigene Darstellung

Die vorliegende Matrix wird SMXOl (qualitative Beschreibung der Beziehung) genannt und nun iiberfiihrt in eine Matrix SM02 (Quantifizierung des Beziehungszusammenhangs), indem die beschriebenen Abhangigkeiten geschatzt werden. Dabei wird beispielsweise folgende grobe Einteilung zugrunde gelegt: » M « «

0,25: Es besteht 0,50: Es besteht 0,75: Es besteht 1,00: Es besteht

kaum ein Zusammenhang ein Zusammenhang ein starker Zusammenhang ein 100-prozentiger Zusammenhang

Abbildung 49: Beispiel SMX02 (Adjazenzmatrix - bewertete SMXOl) Quelle: Eigene Darstellung

Die Tabelle SMXOl wird quasi wie eine Korrelationsmatrix verstanden, die einzelnen Werte beruhen dabei aber auf subjektiven Erfahrungen und Einschatzungen oder auch auf zugrunde gelegten Modellrechnungen, wie z. B. der Erlang-C-Formel. Auf Basis der so beschriebenen direkten und indirekten Kennzahlenbeziehungen konnen somit Abweichungsanalysen durchgefuhrt werden, auf die spater naher eingegangen wird.

Wirkungszusammenhange von Kennzahlen

89

4.5.4

Besonderheiten bei der Darstellung von Wirkungszusammenhangen

Im Zusammenhang mit der Darstellung von Kennzahlen und ihren Beziehungen bzw. Wirkungszusammenhangen mit Hilfe von Adjazenzmatrizen soil an dieser Stelle noch auf folgende Eigenschaften und eventuell auftretende Probleme hingewiesen werden: « Distanzwirkungen (in der Grafentheorie „Erreichbarkeiten" genannt) ii Riickkopplungen » indirekte „Korrelationen" Distanzwirkungen

Distanzwirkungen sind genau genommen Wirkungsketten. Durch Kennzahlenbeziehungen Kl -> K2 und K2 -^ K3 in einem so genannten exogenen (beschreibenden) Schema entsteht in einem endogenen (abgeleiteten) Schema aufgrund der festgelegten Definition implizit die Beziehung Kl ^ K3. Wirkt sich eine hohe Auslastungsquote OCC auf die Arbeitszufriedenheit negativ aus und w^ird infolgedessen die Gesprachsqualitat darunter leiden, so ergibt sich automatisch der Zusammenhang: Eine hohe Auslastung fiihrt zu einer Verschlechterung der Gesprachsqualitat. Es wird unterschieden zwischen einem exogenen Schema, in dem die Kennzahlen und ihre Wirkungszusammenhange definiert werden, und einem endogenen Schema, das sich implizit aus dem exogenen Schema ergibt. Folgende Notation wird hierfiir gewahlt: • •

SMXOl - Exogenes Schema, Wirkungszusammenhang SMXOl - Exogenes Schema, Bewertung der Beziehungen

sr

KW(«V-H=°

Endogenes Schema ( OCC ) (Distanzstufe 1)

•( GQ

= SMX11 SMX12

Abbildung 50: Exogenes und endogenes Schema mit einer Distanzstufe Quelle: Eigene Darstellung

90

Call-Center-Controlling

Das endogene Schema ist abhangig von der Anzahl der Kennzahlen und den definierten Wirkungszusammenhangen. Die Matrizen SMXil und SMXi2 fiir i = l,...,n stellen die verschiedenen Distanzwirkungen dar. In dem hier beschriebenen Modell ergibt sich fiir i maximal ein Wert von i = 1, da es lediglich eine Distanzstufe gibt. Ruckkopplungen Riickkopplungen oder vergleichbare Effekte konnen entstehen, wenn iiber einen Zyklus von einer Kennzahl Wirkungen ausgehen und im Zeitverlauf iiber zw^ei oder mehr Stufen eine Wirkung w^ieder auf die ursprungliche Kennzahl zuriickzeigt. Beispielsw^eise stehen Auslastungsquote und Servicelevel in einem direkten Wirkungszusammenhang. Bei hoher Auslastung ist der Servicelevel niedrig und vice versa. Eine hohe Auslastung und ein niedriger Servicelevel fiihren zu einer Kundenwwzufriedenheit, aber auch zu einer Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern. Die Agenten beginnen beispielsw^eise nun, ungeplante Pausen einzulegen, w^as sich w^iederum verstarkend negativ auf die Auslastungsquote ausw^irken kann. Indirekte „Korrelationen" Durch die Hinterlegung von Beziehungsstarken (vgl. Abbildung 49) konnen Wirkungsdistanzen auch „berechnet" v^erden. Die sich ergebenden Werte geben unter Umstanden einen ersten Hinw^eis auf die Starke einer indirekten Wirkung, es muss aber darauf hingew^iesen w^erden, dass es sich nicht um verlassliche Korrelationen handelt.^o 4.5.5

Analytische Verfahren

AUe bisherigen Darstellungen der Abhangigkeiten zwischen Kennzahlen beruhen auf Einschatzungen und zugrunde gelegten Modellen. Bei den vermuteten und w^eniger bekannten Abhangigkeiten empfiehlt sich zur Verbesserung des Controlling die Anw^endung von analytischen Verfahren. Die Statistik stellt hierftir verschiedene Methoden und Verfahren zur Verfiigung, die hier kurz erlautert w^erden: » • M ii

Korrelationsanalyse Regressionsanalyse Varianzanalyse Faktorenanalyse

Wirkungszusammenhange von Kennzahlen

91

Die Korrelationsanalyse misst die Starke eines Zusammenhangs zwischen Variablen bzw. Kennzahlen, die in einem linearen Zusammenhang stehen. Ergebnisse von Korrelationsberechnungen konnen zwischen - 1 und +1 liegen. Positive Werte deuten darauf hin, dass eine unabhangige Variable positiv auf eine Abhangige wirkt und umgekehrt. Die Starke der Korrelation hangt davon ab, wie nahe der errechnete Korrelationskoeffizient betragsmaSig an „ 1 " heranreicht. Wahrend die Korrelationsanalyse untersucht, ob die Variablen in einer w^echselseitigen Beziehung zueinander stehen, hat die Regressionsanalyse die Aufgabe, den Wert einer abhangigen Variablen aufgrund der Auspragung einer unabhangigen Variablen zu bestimmen bzw. vorherzusagen. Dabei muss jedoch eine einseitige Abhangigkeit unterstellt sein. Die Feststellung, welche Variable als abhangige bzw. als unabhangige gilt, unterliegt allerdings dem menschlichen Ermessen bzw. einer Plausibilisierung. In der Betriebswirtschaft ist insbesondere das Modell der linearen Mehrfachregression von Bedeutung, da die empirisch zu beobachtenden Veranderungen einer okonomischen Variablen meist nur durch mehrere Variablen hinreichend erklart werden konnen.^i Auch im Call-Center-Bereich ist von dieser Annahme auszugehen. Die Varianzanalyse ist ein der Regressionsanalyse verwandtes Verfahren zur Untersuchung von Kausalzusammenhangen. Es wird auch hier der Einfluss einer Variablen auf eine oder mehrere abhangige Variablen untersucht. Wahrend die Regressionsanalyse jedoch fiir alle Variablen ein metrisches Skalenniveau vorschreibt, bedarf es bei der Varianzanalyse fiir die unabhangige Variable nur eines Nominalniveaus. Unter einem metrischen Skalenniveau wird eine numerische Skalierung verstanden wie beispielsweise UmsatzgroSen, Kosten, Prozessdauern. Nominalskalen sind z. B. Kundenklasse A, B, und C. Die Faktorenanalyse gehort zu einer Gruppe von Verfahren, die vor dem Hintergrund immer umfassenderer Datenmengen versuchen, eine Datenreduktion auf die wesentlichen Faktoren vorzunehmen. Sie wird vielfach auch zur faktoriellen Neustrukturierung eines untersuchten Gebietes angewendet. Dabei dienen die Abhangigkeitsbeziehungen (Korrelationen) unter den Variablen als Ansatzpunkt, um diese zu Faktoren zusammenzufassen. Es sei noch darauf hingewiesen, dass es lineare und nicht-lineare Abhangigkeiten gibt, die bei statistischen Untersuchungen zu beachten sind. Bei einer linearen Funktion besteht - am Beispiel eines Koordinatensystems mit X- und y-Werten - ein proportionaler Zusammenhang zwischen einer 92

Call-Center-Controlling

unabhangigen Variablen X und dem Funktionswert bzw. der abhangigen Variablen Y. Werden in das Koordinatensystem verschiedene Wertepaare von Xi und yi eingetragen, so ergibt sich bei voUstandiger Korrelation eine exakte Linie, bei einer starken Korrelation kann ebenfalls naherungsweise eine Linie durch die Wertepaare gelegt bzw. mit Regressionsanalyseverfahren eine lineare Funktion bestimmt werden.

Abbildung 51: Lineare und nicht-lineare Regressionsverfahren Quelle: Eigene Darstellung

Bei nicht-iinearen Funktionszusammenhangen wie dem Zusammenhang zwischen eingesetzten Agenten und dem Servicelevel (abnehmender Grenznutzen) konnen lineare Analyseverfahren zu unbefriedigenden Ergebnissen fiihren. Zwar werden in den meisten Fallen noch Korrelationskoeffizienten zu ermitteln sein, die auf einen starken Zusammenhang hindeuten, eine Regressionsanalyse wiirde dann aber Funktionen liefern, die nur approximativen Charakter batten. Hier sei auf die nicht-linearen Verfahren verwiesen, die es in verschiedenen Statistikprogrammen gibt.

Wirkungszusammenhange von Kennzahlen

93

4.6

Planung

In Kapitel 4.4 sind Ziel- und SteuerungsgroSen hergeleitet worden, die die Kennzahlenbasis fiir ein Call-Center-Controlling-Konzept bilden konnen. Planung bedeutet, fiir jede GroSe einen SoUwert zu ermitteln, damit im Rahmen des Controlling-Regelkreislaufes SoU-Ist-Vergleiche angestellt und Abweichungsanalysen durchgefiihrt werden konnen. Call Center sind Instrumente zur Umsetzung der Unternehmensstrategie. Fiir die Planung von Call Centern gibt es keine einheitlichen Verfahren. Es sollte aber darauf geachtet werden, dass die ermittelten Kennzahlen trotz der in der Kegel sehr feinen, z. B. halbstiindigen Planungen, zusatzlich in Einklang mit der im Unternehmen ublichen Planungs- und Reportingfrequenz (Monat, Quartal, Jahr) zu bringen sind. Die Call-Center-Planungen sind deshalb eng mit der Planung anderer Unternehmensbereiche zu verkniipfen, da aus diesen Anhaltspunkte fiir das Call-Center-Controlling zu gewinnen sind. Ausgangspunkt der Planung ist die mit einzelnen Geschaftsbereichen abgestimmte, unter Umstanden periodeniibergreifende Mengenplanung.92 Die Planungshorizonte im Call-Center-Bereich beziehen sich in der Kegel auf das laufende und das kommende Jahr. Im Rahmen der Jahresplanungen werden konstitutive Entscheidungen beispielsweise der Personalkapazitaten, Leitungskapazitaten oder Raumlichkeiten getroffen. Dieser Planungsbereich kann als Rahmenplanung bezeichnet werden. Die unterjahrige Detailplanung beschaftigt sich mit konkreteren Fragestellungen bis hin zu Einsatzplanen. Hier wird in der Regel mehrere Monate im Voraus iiber die An- und Abwesenheiten (Urlaub, Seminare) entschieden und es werden konkrete Einsatzplane bis hinunter auf die Intervallebene erstellt. Nach dem Prinzip der deduktiven Zielauflosung werden die Unternehmensziele iiber Geschaftsbereichsziele (strategische Geschaftseinheiten) auf Funktionsbereichsziele (z. B. Fertigung, Personal, Marketing, Sales und damit Call Center) herunter gebrochen. Denkbar ist, dass ein Unternehmen iiber ein zentrales Call Center verfiigt, das fiir den Unternehmensbereich A eine Million und fiir den Unternehmensbereich B zwei Millionen Anrufe im Planjahr zu bearbeiten hat. Zu beriicksichtigen dabei ist, dass die verschiedenen Unternehmensbereiche unter Umstanden unterschiedliche inhaltliche Anforderungen an die Agenten stellen wie auch das unterjahrige Anrufaufkommen unterschiedliche Verteilungskurven aufweisen kann.

94

Call-Center-Controlling

Unternehmensziel 20% des Umsatzes in Asien im Jahr 2007

1

i Unternehmensbereich A 12% Umsatz in Asien in 2007 \ 1 Vertriebsabteilung • 30% Neukunden • 10% mehr Umsatz bei Bestandskunden

1

1 1

Andere Abteilungen im Unternehmensbereich A

1 Unternehmensbereich B 23% Umsatz in Asien in 2007 \ \ \ 1 1 1 Vertriebsabteilung Andere Abteilungen im • 100 neue Kunden Unternehmens- • Umsatzstabilisierung bereich B bei Bestandskunden

1

1 t Call Center • 1 Million Anrufe aus A • 2 Millionen Anrufe aus B

Abbildung 52: Beispiel fur eine deduktive Zielauflosung Quelle: In Aniehnung an Kohloffel, 2000, S. 27

Call-Center-Planungen konnen sehr umfassend und detailliert sein, wenn aufgrund verschiedener Aufgabenstellungen unterschiedliche Anforderungen an ein Call Center gestellt werden, denen mit vielfach qualifizierten Agenten begegnet werden soil. Aufgrund von individuellen Lebenslaufen, Erfahrungen und FortbildungsmaEnahmen ergeben sich Skillprofile, die aus Griinden einer effizienten und damit kostengiinstigen Personalplanung idealerweise mit den externen Anforderungen in Einklang zu bringen sind. Die Komplexitat eines Systems ist die Summe aus den im System befindlichen Elementen, ihren Eigenschaften und Zustanden sowie ihren Beziehungen zueinander. Werden Call Center z. B. allein anhand der Anrufervielfalt und Agentenqualifikationen beschrieben, ergeben sich vier Klassen von Call-Center-Strukturen (siehe Abbildung 53).

Planung

95

> c

0) D)

2 B

x: V.

konvergierend

allgemein

einfach

divergierend

3 C




Auslastung (OCC)

-(0.75>

Umsatz/ Anruf (UG)

Abbildung 77: Ausgewahlte Wirkungszusammenhange im Call Center (bewertet) Quelle: Eigene Darstellung

In Kapitel 4.5 wurde beschrieben, wie Kennzahlen und deren Wirkungszusammenhange in die SMX einzutragen sind. In einem ersten Schritt werden in die SMXOl die Abhangigkeiten qualitativ eingetragen, in einem zweiten Schritt sind sie in der SMXOl zu bewerten. Die Beschreibung der Zusammenhange erfolgt dabei immer unmittelbar zwischen zwei Kennzahlen. Diese Beziehungen werden deshalb auch „Binarbeziehungen" genannt:

Abbildung 78: SMXOl (Exogenes Schema, Binarbezlehungen) Quelle: Eigene Darstellung

128

Call-Center-Controlling

Abbildung 79: SMX02 (Exogenes Schema, Binarbeziehungen bewertet) Quelle: Eigene Darstellung

In dem endogenen Schema (SMXil und SMXi2 fiir i = 1, ...n; dabei ist n abhangig von der Anzahl der im exogenen Schema implizit festgelegten Distanzstufen) konnen iiber Rechenoperationen die verschiedenen Distanzen und Stufen ermittelt werden. Das beschriebene Beispiei mit den Kennzahlen Umsatz pro Anruf (UG), Auslastungsquote (OCC), Quote der Folgeanrufe (^.p) und durchschnittUche Wartezeit ASA der Anrufer ergibt folgende Matrizen-Eintrage:

Abbildung 80: SMX11 (Endogenes Schema, Distanzstufe 1, Binarbeziehung) Quelle: Eigene Darstellung

Abweichungsanalyse

129

Abbildung 81: SMX12 (Endogenes Schema, Distanzstufe 1 bewertet) Quelle: Eigene Darstellung

Das vorliegende Beispiei zeigt, wie eine Abhangigkeit zwischen der Wartezeit ASA und der Auslastungsquote OCC analytisch ermittelt werden kann. In dem exogenen Schema der Abbildung 78 wurden jeweils direkte Beziehungen zwischen der Wartezeit ASA und den Folgeanrufen X^ sowie zwischen den Folgeanrufen und der Mitarbeiterauslastung OCC unterstellt. Diese Beziehungen wurden jeweils durch Eintragung einer „ 1 " in der SMXOl hinterlegt. Des Weiteren wurden die unterstellten Beziehungen im exogenen Schema bewertet. Zwischen der Wartezeit und den Folgeanrufen wird eine mittlere Abhangigkeit angenommen, fiir die ein Wert in Hohe von 0,50 eingetragen wurde. D. h. es besteht zwischen den beiden Kennzahlen ein positiver Zusammenhang, wenngleich dieser als nicht iibermaSig starkio^ angesehen werden muss. Wie oben beschrieben, konnte eine indirekte Abhangigkeit zwischen der Wartezeit und der Auslastung ermittelt werden, so dass sich rechnerisch der Beziehungswert zwischen Wartezeit und Auslastung in Hohe von 0,375 aus dem Produkt zwischen 0,5 und 0,75 ergibt. In der Matrix wurde der errechnete Wert auf 0,38 gerundet. In einer dritten abschliel?enden Iteration ergibt sich eine letzte Beziehung, der indirekte Zusammenhang zwischen der Wartezeit (ASA) und dem Umsatz pro Anruf (UG). Das heiSt, durch ein analytisches Verfahren kann ein Wirkungszusammenhang zwischen den Wartezeiten von Anrufern und Umsatzen pro Anruf nachgewiesen werden:

130

Call-Center-Controlling

Abbildung 82: SMX21 (Endogenes Schema, Distanzstufe 1, Binarbeziehung) Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 83: SMX22 (Endogenes Schema, Distanzstufe 2, bewertet) Quelle: Eigene Darstellung

Es lassen sich arithmetische Operationen unter Einbeziehung der Vorzeichenregeln anwenden. Zwischen der Wartezeit und dem Umsatz UQ ergibt sich ein Zusammenhang von -0,28. In der Interpretation heifit das, steigende Wartezeiten werden zu einer sinkenden UmsatzgroSe pro Anruf fiihren. Des Weiteren lasst auf den ersten Blick der Wert von -0,28 auf einen nicht allzu groSen Zusammenhang schheEen. Hier ist aber Vorsicht geboten: Die uber Distanzen berechneten Werte dlirfen nicht als Korrelation im Sinne einer statistisch korrekten Berechnung interpretiert w^erden. Abweichungsanalyse

131

Aufgrund unterschiedlicher Kurvenverlaufe und Skalierungen ergeben sich in einer Korrelationsanalyse andere Werte als im endogenen Schema. Die berechneten „Distanz-Werte" sollen nur Anhaltspunkte geben. Es wird deshalb empfohlen, die Analyse von Abweichungen bestimmter Kennzahlen lediglich auf Basis der qualitativen Beziehungsdefinitionen vorzunehmen. Eine „Ruckwartsauflosung" des Modells auf Basis der qualitativen Matrizendefinitionen in SMXil soil nun von einer zu analysierenden Kennzahl zu ihren bestimmenden Faktoren fiihren. 1st im vorliegenden Beispiel eine Abweichung des tatsachlichen Umsatzes pro Anruf vom Soil- bzw. PlanUmsatz pro Anruf festzustellen, dann konnen folgende Analysepfade ermittelt w^erden: UG^OCC(-I)

Der Umsatz pro Anruf wird durch die Auslastungsquote der Agenten negativ beeinflusst. Agenten, die unter einer groSen Belastung stehen, werden - wie bereits oben beschrieben wurde - die Gesprache auf das MindestmaS dessen zuriickfiihren, was originar vom Anrufer erwartet wird. Der Spielraum fiir Sekundare Verkaufshandlungen wird erheblich eingeschrankt. Da aufgrund der vermuteten und definierten Binarbeziehung der Auslastungsquote der grofite Einfluss zugerechnet wird, soUte die Analyse dieses bestimmenden Faktors auch moglichst griindlich erfolgen. Es ist besonders kritisch zu hinterfragen, welche Einflussgrofien den Faktor „OCC" bestimmen. Reicht insofern die Erklarung, dass die Auslastung der Agenten keinen Freiraum fiir eine weitere verkaufsmotivierende Gesprachsfiihrung zulasst, oder konnten andere Variablen diese These zudem sogar noch stiitzen.^ Gibt es eventuell sogar Gegenthesen, also Kausalitaten, die gegebenenfalls die urspriinglichen Wirkungsdefinitionen in Frage stellen? Es empfiehlt sich immer, die Beziehungszusammenhange moglichst voUstandig zu beschreiben, um Ursache-Wirkungs-Zusammenhange zu verstehen und Erklarungen fiir Planungsabweichungen zu erhalten. Dariiber hinaus konnen unterschiedliche Eingangsbedingungen dafiir verantwortlich sein, dass ein erwarteter Zusammenhang zwischen zwei Kennzahlen entweder eintritt oder nicht eintritt. Die erwartete Umsatz-pro-AnrufReduzierung basiert beispielsweise auf der Annahme, dass die Agenten mit gleich bleibender Motivation und Produktivitat ihren Job ausfiihren. Was passiert aber, wenn infolge einer gestiegenen Belastung die Bediendauern langer werden, Agenten also selbstregulierend in den Prozess eingreifen?

132

Call-Center-Controlling

Bei jeder Abweichungsanalyse sind deshalb auch die einzelnen Kennzahlen, ihre Formeln und Herleitungen sowie die Besonderheiten des Call Centers in die Betrachtungen einzubeziehen. Fiir den unterstellten Zusammenhang zwischen der Auslastungsquote der Agenten und dem Umsatz pro Anruf konnte sich namlich auch eine vollig entgegengesetzte Kausalitat ergeben: der Umsatz pro Anruf wird nicht durch die Auslastungsquote beeinflusst, er bleibt gleich oder steigt vielleicht sogar. Hierzu ist die Definition der Auslastung vor Augen zu fiihren:

APTi

Die Auslastungsquote in einem Intervall i ist der Quotient aus der Produktiv-Arbeitszeit bzw. Produktivzeit (AHT) und der Nettoarbeitszeit (APT). Dabei umfasst die Netto-Arbeitszeit die Produktivzeit sowie die Warteund Riistzeiten und die ungeplanten Pausen. Die Produktivzeit ist die Summe aus Gesprachs- und Nachbearbeitungszeit. Folgende Tabelle verdeutlicht die Zusammenhange:

Abbildung 84: Schema zur Berechnung der Auslastung Quelle: Eigene Darstellung

Da sich die Produktivzeit (AHT) als Summe aus der Gesprachs- und Nachbearbeitungszeit ergibt und die Nettozeit als „Anwesenheitszeit" verstanden wird, kann eine Ausdehnung der Bedienzeit zu einer hoheren Auslastung fiihren. Dieses um so mehr, wenn sich die Anrufwartezeiten und Riistzeiten der Agenten reduzieren und die Anzahl der Gesprache steigt. Die urspriingii-

Abweichungsanalyse

133

che These, dass sich der Umsatz pro Anruf mit einer steigenden Auslastung verringert, konnte mit dieser Interpretation gestiitzt werden. Agenten konzentrieren sich dann vermutHch nur noch auf die konkreten AnUegen der Anrufer und vernachlassigen Sekundare Verkaufshandlungen. Verandern die Agenten aufgrund der steigenden Belastung aber die Bediendauern in den einzelnen Gesprachen und nehmen weniger Anrufe als vorher an, so HeSe sich die Gegenthese stiitzen. Der Umsatz pro Anruf konnte konstant bleiben oder sogar steigen, weil die Agenten mehr Ruhe und Zeit haben, die Anrufer zu bedienen und Sekundare Verkaufshandlungen anzustoSen. Die Auslastungsquote konnte konstant bleiben oder steigen, ohne dass dies von den Agenten so empfunden wird. Problematisch wird die Situation, wenn bei einer steigenden Anzahl von Anrufen die Anzahl und Langen der nicht geplanten, auslastungsbedingten Pausen zunehmen. Dabei werden Warte- und Riistzeiten durch Pausen substituiert, der Agent ist nicht mehr vermittelbar und der Servicelevel kann sich unter Umstanden sprunghaft verschlechtern. UG^XF(-I)

Im exogenen Schema wurde ein direkter Zusammenhang zwischen Auslastung und dem Umsatz pro Anruf wie auch eine Abhangigkeit Auslastung von der Folge-Anruf-Quote unterstellt. Es kann somit im dogenen Schema eine Beziehung zwischen dem Umsatz pro Anruf und Anrufquote ermittelt werden.

der der ender

Wird nun unterstellt, dass die beschriebenen Abhangigkeiten richtig und die Definition der Wirkungszusammenhange voUstandig beschrieben sind, dann besteht kein direkter Zusammenhang zwischen dem Umsatz pro Anruf UG und der Anrufquote Xf. In der Abweichungsanalyse ist deshalb die Frage zu beantworten: In welcher Weise beeinflusst die Rate der Folgeanrufe die Auslastung und welche Faktoren sind fiir die Anrufquote verantwortlich? Die Analyse der Anrufquote Xp erfolgt also wie auch die Auslastungsquote OCC in zwei Richtungen: wie werden eine oder mehrere andere Kennzahlen beeinflusst und wie beeinflussen andere Kennzahlen und Umstande die betrachtete Kennzahl? Uber die ACD-Anlage konnen verschiedene Kennzahlen ermittelt werden, um Aussagen liber das Anruferverhalten zu erhalten: M wie hoch ist das gesamte Anrufaufkommen in einer Periode? « wie grol? ist der Anteil der Sofort-Aufleger?

134

Call-Center-Controlling



wie groE ist der Anteil der Spat-Aufleger (nach einer bestimmten Wartezeit)? « wie hoch ist jeweils der Anteil der Anrufwiederholungen der SofortAufleger und Spat-Aufleger? K in welchem MaCe werden diese Kennzahlen von den Wartezeiten beeinflusst? K in welchem Ma6e beeinflussen diese Kennzahlen die Auslastungsquote? Da es nicht moglich ist, jeden einzelnen Anrufer wegen moglicher Nummernunterdriickungen zu identifizieren, miissen auch hier mit statistischen Verfahren Schatz- bzw. Erwartungswerte ermittelt werden. Abgesehen von den Sofort-Auflegern konnen kritische Wartezeiten ermittelt werden, die zu einer signifikanten Erhohung des Verkehrsaufkommens infolge von Folgeanrufen fiihren. UG^ASA(-I)

Die letzte Kennzahl der Wirkungskette, die zu analysieren ist, korreliert ebenfalls nicht direkt mit dem Umsatz pro Anruf. Dennoch ist auch sie zu iiberpriifen, da bekanntlich eine indirekte Wirkung ermittelt wurde. Auch wenn in dem zugrunde gelegten Beispiel die Wartezeit das letzte Glied in der Wirkungskette ist, miissen die Fragen beantwortet werden: » wie beeinflusst die Wartezeit die Rate der Folgeanrufe? •i wie wird die Wartezeit von anderen Variablen beeinflusst? Anhand eines einfachen Modells konnte gezeigt werden, wie ausgehend von einer Umsatzabweichung auf die Ursachen geschlossen werden konnte. Anhand des Analyse-Ansatzes kann riickverfolgt werden, welche Faktoren hierfiir verantwortlich sind. In dem Beispiel waren die Wartezeit, die Anzahl der Folgeanrufe sowie die Auslastung der Agenten bestimmend fiir das angenommene Umsatzproblem. Fiir eine voUstandige und umfassende Analyse miissten die relevanten Kennzahlen und Wirkungszusammenhange in der beschriebenen Form definiert und in einem Controlling-System hinterlegt werden. Bereits herkommliche Tabellenkalkulationsprogramme konnen hier schon einen wertvollen Dienst leisten. Sehr umfassende und komplexe Controlling-Modelle machen unter Umstanden den Einsatz von Informationssystemen erforderlich, die auf solche Aufgabenstellungen zugeschnitten sind.

Abweichungsanalyse

135

Kombiniertes Modell einer Ruckwartsauflosung Die einfachste Form eines Wirkungszusammenhangs entsteht, wenn eine Kennzahl von nur einer Variablen abhangig ist. Der weitaus schwierigere und in der Praxis relevantere Fall zeichnet sich hingegen dadurch aus, dass mehrere Einflussfaktoren auf eine Kennzahl wirken. Es entstehen insofern Kombinationen von Variablenauspragungen, die kompensierend oder verstarkend wirken konnen (vgl. Abbildung 85). Beispielsweise kann eine gleichzeitige Erhohung des Umsatzes und Abnahme der Kosten jeweils pro Anruf eine erhebliche Deckungsbeitragssteigerung bewirken. Im extremen Fall einer Kompensation konnte eine positive Mengenabweichung bei sinkenden Preisen zu einem gleich bleibenden Umsatz pro Anruf fiihren. Es existiert zunachst augenscheinlich kein Handlungsbedarf bzw^. die Notwendigkeit einer Abweichungsanalyse, obw^ohl diese zw^ingend notwendig ware. Bei Mehrfachabhangigkeiten einer Kennzahl bedarf es deshalb einer weitaus umfassenderen Analyse, indem auch Ursachenkombinationen zu untersuchen sind.

UG

(30 €)



DBG

(28,10 €)

KG

(1,90€)

Abbildung 85: Soll-Deckungsbeitrag pro Gesprach fur Produkt A Quelle: Eigene Darstellung

In der Kegel kommt es zu Abweichungen zwischen Soil- und Ist-Werten. Fiir das vorliegende Beispiel einer Deckungsbeitragsanalyse pro Anruf konnten sich insofern verschiedene Kombinationen ergeben, wobei aus Griinden der Vereinfachung nur eine Ausschnittsbetrachtung vorgenommen wird. In Abbildung 86 werden unterschiedliche Ist-DeckungsbeitragsSzenarien dargestellt und die hierzu bestimmenden Umsatz- und KostengroSen untersucht. Beispielsweise ist in Kombination Kl eine Deckungsbeitragsabweichung von 1,65 Euro feststellbar. Es zeigt sich, dass zugleich Umsatz- und Kostenveranderungen pro Anruf fiir diese positive Abweichung verantwortlich

136

Call-Center-Controlling

sind. In einem anderen Fall (K4) zeigt sich ein Beispiel fur eine Kompensation, d. h., der Deckungsbeitrag entspricht dem urspriinglichen Soll-Wert, wahrend aber Umsatz- und Kostenveranderungen stattfinden.

Abbildung 86: Ist-Deckungsbeitrags-Szenarien fiir Produkt A Quelle: Eigene Darstellung

Ausgehend von den oben genannten Abweichungen sind die Call-Centerspezifischen Umsatz- und Kostenabweichungen zu analysieren:

Abbildung 87: Ursachen fur Umsatz- und Kostenabweichungen Quelle: Eigene Darstellung

Abweichungsanalyse

137

Es ist fiir die Interpretation der Deckungsbeitragsabweichung nicht so sehr von Bedeutung, wie sich die einzelnen Preise verandern, denn diese Groi?en sind eher extern bedingt und entziehen sich der Einflussmoglichkeit durch das Call Center. Vielmehr liegt der Gestaltungsspielraum in der Bestimmung der Mengenkomponenten pro Anruf. Im Bereich der Kosten haben die Anzahl der Agenten sowie die Bedienzeiten direkten Einfluss, im Bereich der Umsatze sind es die Verkaufsmengen, die von der Gesprachsqualitat und ebenfalls von der Bediendauer abhangen. Die Bediendauer ist eine Mengenkomponente, die sich mittelbar auf die (Sekundar-)Umsatze (vgl. Kapitel 4.6.4) und direkt auf die Kosten pro Gesprach ausw^irken kann. Werden Bediendauern also nicht nur als Kostenverursacher, die minimiert werden sollen, sondern als Umsatzgenerierer angesehen, ergibt sich eine ganz andere Entscheidungsgrundlage. Bei der Planung der Gesprache sind die von der Bediendauer abhangigen Chancen und Risiken abzuwagen. Balanced Scorecard und Komplexitat Kaplan/Norton empfehlen, zur Operationalisierung einer Strategic den Umfang der definierten Kennzahlen iiberschaubar zu halten. Die Idee ist richtig, denn sie zielt ahnlich der Faktorenanalyseios darauf ab, die relevanten Faktoren(-kennzahlen) zu ermitteln, um komplexe Zusammenhange einfacher und iibersichtlicher darzustellen. In den verschiedensten Bereichen gab es diesen Ansatz bereits - wenn auch nicht so explizit herausgestellt - vor Entw^icklung der Balanced Scorecard. Eine alte BankerRegel besagt z. B., dass die Unternehmenssituation auf dem Bankkonto abgelesen werden kann. In der Medizin spielen die Korpertemperatur oder die weiSen Blutkorperchen eine wichtige RoUe, um Krankheiten zu identifizieren. In der Klimaforschung stutzen sich Wettervorhersagen auf Windgeschwindigkeiten, Temperaturen und den Luftdruck. Samtliche genannten Beispiele haben eines gemeinsam: die ausgewahlten Kennzahlen haben indikatorischen Charakter. Sie ermitteln zeitpunkt- und zeitraumbezogene Werte, Trends und in einem Gesamtzusammenhang betrachtet erlauben sie auch, durch Zugrundelegung von Wirkungszusammenhangen, Aussagen iiber zukiinftige Entwicklungen und Ereignisse. Die Feststellung, dass sich Kennzahlenwerte entgegen einer Prognose oder Planung anders einstellen, entbindet jedoch nicht von einer unter Umstanden sehr detaillierten Analyse. Das obige Beispiel hat versucht, anhand von

138

Call-Center-Controlling

nur vier Kennzahlen die Komplexitat einer Abweichungsanalyse zu verdeutlichen. In dieser Phase des Controlling muss viel tiefer an die Wurzeln herangegangen werden, als dies die zahlreichen Veroffentlichungen iiber die Balanced Scorecard vermuten lassen. Erst wenn die hoch aggregierten Kennzahlen (Faktoren) der Balanced Scorecard als gesichert im Sinne des Ursache-Wirkungs-Zusammenhangs anzusehen sind, lassen sich Call Center mit diesen Kennzahlen auch steuern. Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass die betriebswirtschaftliche Analyse im Call-Center-Bereich sehr umfassend ist, insbesondere die das Call Center bestimmenden Faktoren unterliegen sehr komplexen Wirkungszusammenhangen, die nur mit Hilfe von Methoden und Verfahren sowie EDV-gestiitzten Werkzeugen in den Griff zu bekommen sind. Die Strategy-Map-Matrix und ihre Anwendung stellt hierzu einen Vorschlag dar, um mit der Komplexitat sinnvoll umgehen zu konnen. Aufgrund der im Call-Center-System zugrunde zu legenden Stochastik erscheinen zur Losung des beschriebenen Problems im weiteren aber Simulationsverfahren und die bereits erwahnten Statistikverfahren zur Ermittlung von Kennzahlenzusammenhangen und zur Vorbereitung von Entscheidungen als sinnvoll und geeignet.

4.7.3

Kennzahlendefinitionen

Bei der Verv^endung von Kennzahlen, ihrer Analyse und Interpretation ist es von besonderer Bedeutung, von exakten und allgemein verstandlichen Begriffsdefinitionen auszugehen. In dem obigen Beispiel w^urde bereits angedeutet, dass es mitunter verschiedene Sichtw^eisen und Interpretationen in Abhangigkeit von den zugrunde gelegten Kennzahlendefinitionen gibt. Zahlen Pausen zur Netto-Arbeitszeit hinzu oder gehoren sie in die BruttoArbeitszeit? Was ist unter Produktivitat zu verstehen, w^enn von dem CallCenter-Manager mehr Produktivitat der Mitarbeiter gefordert w^ird? Welcher Anteil des Unternehmenserfolgs lasst sich dem Call Center zuordnen und w^ie w^irkt sich dies auf den Cashflow aus? Separierte Unternehmens- und Kennzahlenbereiche gehoren der Vergangenheit an. Selbst wenn die virtuelle Unternehmung ihren Siegeszug durch die Betriebswirtschaft angetreten hat, die organisatorisch-funktionale und prozessuale Integration gewinnt immer mehr an Bedeutung. Die Zeit, in der sich EDV-Spezialisten, Call-Center-Fachleute und andere Experten hinter ihrem Fachchinesisch verstecken konnten, ist vorbei. Durch die zunehmende vor allem prozessuale Verzahnung verschiedenster UnternehAbweichungsanalyse

139

men und ihrer Bereiche steigt der Druck auf die Schaffung gemeinsamer Begrifflichkeiten. Interessanterweise nehmen Call Center hierbei noch eine gewisse Sonderstellung ein, denn anders lasst sich die haufig unterschiedlich zu beobachtende Interpretation von Kennzahlen und Wirkungszusammenhangen nicht erklaren. Die Forderung nach einer durchgangigen einheitlichen Begriffswelt sowie einem fiir alle Beteiligten notwendigen Verstandnis der Wirkungszusammenhange ist evident. Ein Call-Center-Manager muss verstehen, w^as die Unternehmensleitung unter einer Produktivitatssteigerung versteht und welches Problem konkret damit verbunden ist. Umgekehrt muss aber auch die Unternehmensleitung verstehen, welche Moglichkeiten zur Produktivitatssteigerung im Call Center bestehen und wie sich eine solche Forderung unter Umstanden auswirken kann.

4.8

Call-Center-Controlling im IT-Umfeld

Eine der vvrichtigsten Aufgaben zur Steuerung von Unternehmen und ihren einzelnen Bereichen ist die Festlegung eines integrierten ControllingModells. Unternehmen haben heute unterschiedliche operative Systeme zur Abbildung ihrer Geschaftsfalle im Einsatz. In modernen ERP-Systemen sind bereits zahlreiche Funktionalitaten auf Basis integrierter und konsistenter Datenbanken abgebildet. Diese Systeme sind aus der traditionellen Betriebsv^irtschaft und ihren originaren Aufgaben wie beispielsweise Produktion, Vertrieb, Materialwirtschaft, Einkauf, Finanz- und Anlagenbuchhaltung gewachsen. Weitere Funktionen wie Personal, Service, Versand, Lagerverwaltungen oder Fuhrparkmanagement sind hinzugekommen, in vielen Fallen aber nicht Bestandteil des so genannten Standards. Anwendungen im Call-Center-Bereich sind, wie auch viele andere Spezialanwendungen, auEerhalb der ERP-Systeme entstanden. Primar ging es zunachst bei Call Centern darum, die eingehenden und ausgehenden Telefo-

140

Call-Center-Controlling

nate zu organisieren und dabei die Randfunktionalitaten wie z. B. die Personaibedarfs- und Schichtplanung zu beriicksichtigen. Vor diesem Hintergrund steht bei der Einfiihrung eines Controlling-Systems insbesondere die Integrationsfrage im Vordergrund, d. h., welche Systeme verwalten welche Daten und Informationen und wie sind diese sinnvoll zu einem Steuerungssystem zusammenzufiihren. Es gibt hierfiir keinen standardisierten Ansatz, weil jedes Unternehmen und jede Situation unterschiedlich sind. Deshalb ist es kaum moglich, eine konkrete Losung vorzuschlagen, vielmehr sollten folgende Fragen geklart werden: • Welche Systeme insgesamt sind im Einsatz? • Welche Daten werden wo verwaltet? ii Wie konnen aus Daten Informationen werden, indem sie sinnvoU so zusammengefiihrt werden, dass mit ihnen das Unternehmen gesteuert werden kann? H Bieten die im Einsatz befindlichen Systeme flexible Auswertungs- und Analysefunktionen ? 9 Wie kann in einem solchen Informationssystem navigiert und konnen dabei unter Umstanden auch ad hoc neue Informationsinhalte geschaffen werden? In der Praxis ha ben sich zwischenzeitlich viele Hersteller von ControllingSoftware darauf spezialisiert, flexible und robuste Anwendungen mit umfassenden Modellierungs- und Analysefunktionen anzubieten. Vor allem die so genannten OLAP-Systeme (Online Analytical Processing - mehrdimensionale Datenbanksysteme) bieten ihren Nutzern mittlerweile hervorragende Anwendungsmoglichkeiten. Im Folgenden soil anhand einer fiktiven Systemwelt kurz erlautert werden, wie Informationen in den verschiedenen Anwendungen und zwischen ihnen verarbeitet werden, welche so genannten Systemschnittstellen also bestehen (vgl. Abbildung 88). Der spezifische Planungsablauf fiir Call Center wurde in den vorangegangenen Kapiteln ausfiihrlich beschrieben. Dabei wurde erlautert, wie aus einer Vertriebsplanung und den abgeleiteten Prognosen fiir das Verkehrsaufkommen eine Personalbedarfsplanung sowie die Umsatze und Kosten pro Gesprach abgeleitet werden konnen. In Kapitel 4.6.5 wurde auf die Problematik verursachungsgerechter Erfolgszurechnung auf verschiedene Kostentrager eingegangen.

Call-Center-Controlling im IT-Umfeld

141

Abbildung 88: Enterprise- und Call-Center-Controlling-Modell Quelle: Eigene Darstellung

In dem angenommenen Systemmodell spielt die Kosten- und Leistungsrechnung eine zentrale Rolle, denn hier fliefien die wesentlichen Unternehmenskennzahlen zusammen, aus denen schliefilich auch die verschiedenen Verrechnungssatze ermittelt werden. Um welche Art von Kostenrechnungssystem es sich dabei handelt, wird an dieser Stelle offen gelassen. Wichtig ist nur, dass eine sinnvoile Kosten- und Umsatz-(Leistungs-)Rechnung erfolgt, die die erbrachte Call-Center-Leistung in das richtige Licht riickt. Die Kosten- und Leistungsrechnung erhalt vor allem Informationen

142

Call-Center-Controlling

aus der Finanzbuchhaltung und gibt an diese ebenfalls Informationen zur Verrechnung (z. B. Abgrenzungsbuchungen) zuriick. Des Weiteren benotigt die Kosten- und Leistungsrechnung Informationen aus der Personalbuchhaltung (Zeitmeldungen, Personaikosten etc.) und direkt aus der ACD-Anlage, um permanent die Verrechnungssatze zu iiberpriifen und diese wieder anderen Modulen zur Verfiigung zu stellen. Zentrale Zielsysteme sind die Data Marts (Teilbereiche von Data Warehouses) des Enterprise- und des Call-Center-Controlling, in denen sowohl die Planungen wie auch Ist-Daten unter Beriicksichtigung fundierter Beund Verrechnungsalgorithmen zusammenflieSen. Die Verbindung zwischen den beiden Controlling-Systemen soil den integrativen ControUing-Ansatz verdeutlichen.

4.9

Modele einer Call-Center-Scorecard

Aufbau Eine Scorecard sollte das zentrale Planungs-, Kontroll- und Steuerungsinstrumentarium einer Unternehmung sein. Eine Call-Center-Scorecard ist dabei mit der Unternehmensstrategie zu verzahnen und in die Service- und Vertriebsprozesse zu integrieren. Kunden, Mitarbeiter und die Unternehmer stellen die Anspruchsgruppen dar, aus deren Perspektive die jev^eils relevanten Ziele und Kennzahlen zu beriicksichtigen sind. Eine Verzahnung mit der Gesamtunternehmensstrategie erfolgt dadurch, dass samtliche Ziel- und SteuerungsgroEen mit den Unternehmensplanungen in Einklang gebracht werden. Insofern stellt die Call-Center-Scorecard zv^ar ein fiir sich abgegrenztes Informationssystem dar, erhalt aber in grofiem Ma6e Vorgaben und Informationen vom Gesamtunternehmen und muss diese aufbereitet v^iederum zuriickliefern.

Modele einer Call-Center-Scorecard

143

Um das diffizile und komplexe System eines Call Centers zielfiihrend steuern zu konnen, muss eine Call-Center-Scorecard die realen Wirkungszusammenhange abbilden.

Abbildung 89: Hierarchischer Aufbau der Call-Center-Scorecard Quelle: Eigene Darsteilung

Die Grundstruktur der Call-Center-Scorecard folgt der Anspruchsgruppenlogik. Auf der hochst aggregierten Ebene werden die drei Perspektiven Kunde, Mitarbeiter und Unternehmer dargestellt. Verschiedene Aggregationsstufen soUen es dem Controlling ermoglichen, neben den aggregierten auch die hierfiir verantwortlichen Detaildaten analysieren zu konnen. Es wurde in den vorangegangenen Kapiteln aufgezeigt, wie Kennzahlen zusammenhangen und in ihrem Beziehungsgefiige auf die strategischen ZielgroEen wirken. Die Call-Center-Scorecard muss deshalb nachvollziehbar machen, wie Kennzahlenabweichungen zustande kommen. Beispiel Den Ausgangspunkt bildet ein Panel, das lediglich wenige hoch verdichtete Kennzahlen enthalt. Auf dieser Ebene wird im vorliegenden Beispiel angenommen, dass es moglich ist, in jeder einzelnen Perspektive die beeinflussenden Faktoren jeweils zu einer Kennzahl zusammenzufiihren. Demzufolge ware es denkbar, ein Call Center auf der obersten Ebene mit drei Kennzahlen zu steuern. Hinter den aggregierten Ziel- und Steuerungsgrofien liegen spezifische Einzelkennzahlen, also Indikatoren, anhand derer die 144

Call-Center-Controlling

Call-Center-Leistung aus der jeweiligen Perspektive beurteilt werden kann. Zudem sollte beachtet werden, gegebenenfalls unterschiedliche Dimensionen bzw. Sichten auf das ControUing-Modell wie beispielsweise die Zeitdimension zuzulassen. Die Scorecards soilten deshalb kontextbezogen nach beliebigen, aber relevanten zeitlichen Dimensionen dargestellt werden.

Abbildung 90: Panel mit drei hoch verdichteten Kennzahlen Quelle: Eigene Darstellung

Eingang finden sowohl qualitative ais auch quantitative Aspekte, die direkt erhoben oder iiber Mittlervariablen beriicksichtigt werden. Um die Transparenz zu erhohen und die unterschiedlichen Ma6e (z. B. Geldeinheiten, Mengen oder qualitative Auspragungen) vergleichbar zu machen, werden alle Kennzahlen auf ein einheitliches Grundmafi, wie in Kapitel 4.5.3 dargestellt, gebracht. Die Scorecards sind nach dem Controlling-Grundprinzip, dem Soll-IstVergleich, aufgebaut. Fiir jede Ziel- und Steuerungsgrofie gibt es deshalb Soil- und Ist-Varianten. Die SoU-Ist-Abweichungen werden in absoluten Differenzen sowie prozentual ausgedriickt. Um den Informationsgehalt zu erhohen und auf mogliche Probleme aufmerksam zu machen, wird die Zielerreichung bzw. der Zielstatus mittels Farbcodierungen oder Symbolen dargestellt. Um der Dynamik in einem Call Center Rechnung zu tragen, wird auSerdem eine Trendanzeige verwendet. Da nicht alle Kennzahlen die gleiche Bedeutung haben miissen, werden sie unter Beriicksichtigung von Gewichtungsfaktoren aggregiert.

Modele einer Call-Center-Scorecard

145

Abbildung 91: Moglicher Aufbau einer Einzelkarte Quelle: Eigene Darstellung

Anhand der in Kapitel 4.4 beschriebenen Systematik konnen die gewiinschten Ziel- und Steuerungsgrofien fiir die Einzelperspektiven hergeleitet werden. Danach kann die Kundenkarte, die die Call-Center-Performance aus der Sicht der Kunden darstellt, etwa folgende Gestalt annehmen:

Abbildung 92: Moglicher Aufbau einer Kunden-Scorecard Quelle: Eigene Darstellung

146

Call-Center-Controlling

Auch auf der Detailebene konnen je nach Aufgabenstellung unterschiedliche Aggregationsstufen gewahlt werden. Im Call-Center-Bereich ist es zweckmaKig, auf den untersten Ebenen mindestens mit Tages- und Intervalldaten zu arbeiten und fiir nachfolgende Analysen Kommentierungen vorzusehen.

Mi. 06.11.02 Do. 07.11.02 Fr. 08.11.02 Sa. 09.11.02 So. 10.11.02 Mo. 11.11.02 Di. 12.11.02 Mi. 13.11.02 Do. 14.11.02 Fr. 15.11.02 Sa. 16.11.02 So. 17.11.02 Mo. 18.11.02 Gesamt

SL (%) SL (Sek) ASA 85 20 12 78 10 15 98 15 10 60 15 10 87 19 11 88 33 34 y^( i y 98 60 28/ 16 57 29 15 87 15 r 85 10 r 11 78 r 98 16 r 81 18

Bear. Wahlw. Folge Aufl. Impl. Sach. Sof. 180 58 8 58 8 90 90 7 210 48 48 8 89 89 100 10 60 7 67 67 60 67 11 67 198 7 78 78 234 77 20 77 6 98 98 221 61 9 7 75 75 61 87 12 87 7 87 87 190 180 16 76 80 76 8 80 187 8 60 8 67 67 60 16 57 189 57 9 78 78 193 25 15 25 7 98 98 203 4 6 87 87 33 33 199 22 60 60 7 65 65 12 191 7 81 81

ISO 100

^""^^

y ^ \ .

50

^-

0 ASA

8:30 110

9:00 90

9:30 10:00 10:30 11:00 11:30 90 120 50 60 70

12:00 12:3( 13:00 13:30 14:00 14:3( 90

100

105

105

50

30

15:00 15:30 16:00 16:30 17:00 17:M 80

85

90

80

75

4flL

0 80

^

J

Abbildung 93: Kundendaten verdichtet auf Intervallebene Quelle: Eigene Darstellung

Auf Basis der vorliegenden Call-Center-Scorecard und den verschiedenen Soll-Ist-Darstellungen von Kennzahlen lassen sich auch die Abweichungsanalysen durchfiihren. Hierzu ist das Modell der Riickwartsauflosung anzuwenden, wie am Beispiel der Deckungsabweichung erlautert wurde. Das Ergebnis hieraus sind - abweichend von der Grundstruktur - kontextabhangige Analyse-Scorecards, in denen die fiir die Abw^eichungen verantv^ortlichen Bestimmungsfaktoren(-kennzahien) enthalten sind.

Modele einer Call-Center-Scorecard

147

Im Anschluss an die Abweichungsanalysen schlieSen sich in Anlehnung an den ControUing-Regelkreislauf die SteuerungsmaSnahmen an, d. h., an dieser Stelle bzw. zu diesem Zeitpunkt sind Entscheidungen dariiber zu fallen, wie Abweichungen an das Soil angeglichen werden konnen. Da nicht nur die qualitativen Wirkungszusammenhange sondern auch die Beziehungsstarken bekannt sind, konnen die einzelnen bestimmenden Kennzahlen somit in der Analyse priorisiert werden. Die Entscheidungsgrundlage ist - im Gegensatz zu einer intuitiven Ursachenermittlung signifikant verbessert und GegensteuerungsmaSnahmen sind somit gezielt moglich.

4.10 Checkliste: Schritte zu einem Call-Center-Controlling Die folgende Checkliste zeigt, in welchen Schritten ein Call-Center-Controlling-Konzept entwickelt werden kann. Die Erlauterungen sind ein Extrakt der vorangegangen Kapitel. Die anzuwendenden Methoden sind im Einzelfall zu priifen und sollten gegebenenfalls variiert werden. Erganzend zu den Erlauterungen im vorliegenden Buch konnen Sie sich unter www.coronet-online.de eine vereinfachte Excel-Variante des Ansatzes herunterladen, die die Funktionsweise und die Zusammenhange anschaulich macht.

148

Call-Center-Controlling

Festlegung des strategischen Rahmens fur Call Center

Im ersten Schritt sind konstitutive Entscheidungen zu treffen, beispielsweise ob ein Inboundund/oder Outboundbereich eingesetzt wird, zu welchen Zeiten welche Services angeboten werden mussen, welcheTechnologien verwendet werden, welche Prozesse abzubilden sind. Zusatzlich wird ermittelt, welche Unternehmensziele relevant im Hinblick auf die Call-CenterAktivitaten sind. Aus den Vorgaben lassen sich Call-Center-Ziele fur die nachsten Jahre bestimmen. Beispielsweise lassen sich aus Umsatzzielen Anrufvolumina ableiten. Die langfristigen Ziele bilden den Rahmen fur weitere, operative Call-Center-Vorgaben.

Bestimmung der Call Center relevanten Perspektiven

Hier wird festgelegt, welche Perspektiven fur eine Call-Center-Scorecard als notwendig angesehen werden. In diesem Buch wird von den Perspektiven „Kunden - Mitarbeiter- Unternehmen" ausgegangen.

Definition der Zielund Steuerungsgrof^en

Dem Balanced-Scorecard-Ansatz folgend werden Perspektiven iiber Kennzahlen reprasentiert. Das bedeutet, dass z. B. fiir die Kundenperspektive festgelegt werden sollte, welche Kennzahlen geeignet sind, die Wahrnehmung der Call-CenterLeistung aus der Kundenperspektive zu reprasentieren. Analog wird mit der Mitarbeiter- und der Unternehmerperspektive verfahren.

Definition derWirkungszusammenhange

Der erfolgreiche Einsatz von Balanced Scorecards hangt davon ab, ob die Wechselwirkungen zwischen den Perspektiven bekannt sind. Dazu wird festgestellt, wie die einzelnen Kennzahlen sich gegenseitig beeinflussen. Zunachst wird die Richtung des Zusammenhangs ermittelt, anschlieBend die Starke. Wenn moglich wird mit konkreten, funktionalen Zusammenhangen gearbeitet.

Checkliste: Schritte zu einem Call-Center-Controlling

149

Planung der SollVorgaben

Um eine Zielsteuerung durchfijhren zu konnen, miissen Ziele definiert werden. Fur alle Kennzahlen werden individuelle Soll-Vorgaben bestimmt. So muss z. B. fur ein bestimmtes Call Center ein eigener Servicelevel ermittelt werden. Gleiches gilt fur die Gesprachszeit und alle anderen Zielund SteuerungsgrolSen, die sich aus den Perspektiven ableiten lassen.

1st- und Abweichungsanalyse

Im Rahmen der Analyse wird fur jede Ziel- und SteuerungsgrofSe der aktuelle Stand festgelegt. Das bedeutet, dass Werte fur Kunden-, Mitarbeiter- und Unternehnnerkennzahlen ernnittelt werden. Dies kann anhand von Auswertungen, Messungen und Befragungen geschehen. Wichtig in diesem Zusammenhang sind die Mittlervariablen.

Steuerungsmaf^nahmen

SteuerungsmafSnahmen sind notig, wenn es zu Abweichungen zwischen den Soil- und den IstGrofSen kommt. In diesenn Fall sollten Entscheidungen gefallt werden, die die Erreichung der Ziele unterstijtzen. Grundsatzlich konnen auch die Zielvorgaben revidiert werden. Die Entscheidung darijber hangt von der Bedeutung der Kennzahlen und dem MafS der Abweichung ab.

Feedback

Da Call-Center-Aktivitaten zur Unnsetzung der Unternehnnensstrategie dienen und dieVorgaben aus den ijbergeordneten Unternehmensplanungen stannmen, muss der Informationsfluss umgekehrt in Richtung der Unternehmensplanungen erfolgen. Das bedeutet, dass der Zielerreichungsgrad der Call-Center-Aktivitaten riJckgemeldet werden muss, um die fur die Unternehmensplanungen relevanten Informationen zurVerfugung zu stellen.

150

Call-Center-Controlling

5.

Fazitund Ausblick

Kunden bewerten die Leistungserstellung von Unternehmen in ihrer Gesamtheit, also das Kernprodukt und die Zusatzleistungen. Die Bedeutung von Serviceleistungen ist in diesem Zusammenhang unumstritten. Deshalb wird es fiir Unternehmen immer v^ichtiger, eine gut funktionierende Kundenschnittstelle bereitzustellen - eine Aufgabe, die heute Call Center zu losen haben. Eine Erfolg versprechende Arbeit mit Call Centern setzt allerdings voraus, dass sie strategisch und operativ in den Gesamtzusammenhang der Unternehmung eingebunden sind. Das vorliegende Buck versteht diese Integration funktional und abstrahiert dabei von einer institutionalen Sicht. Das heifit, dass Call Center - unabhangig davon, ob es sich um InhouseLosungen oder externe Dienstleister handelt - organisatorisch in die Service- und Vertriebsprozesse eingebunden sind und eng mit den Unternehmensplanungen verzahnt v^erden. Ein v^eiterer Erfolgsfaktor fiir die Unternehmens-Kunden-Interaktion ist die Strategic Readiness des Personals. Bereits Kaplan und Norton haben in der Anfang der neunziger Jahre entw^ickelten Balanced Scorecard auf die Bedeutung der Innovations- und Lernperspektive hingew^iesen. Innerhalb dieser Perspektive w^urde aber insbesondere in den letzten Jahren die Bedeutung der Mitarbeiter immer groEer. Die Strategic Readiness im Personalbereich geht davon aus, dass Mitarbeiter sow^ohl sachinhaltsbezogen wie auch emotional entsprechend vorbereitet sein miissen, um die Unternehmensstrategie erfolgreich in operatives Handeln umsetzen zu konnen. Call Center sind im besonderen Ma6e von der Strategic Readiness beriihrt, da nahezu samtliche Prozesse sehr personalabhangig sind. Ein Controlling-Ansatz fiir Call Center ist insofern relativ w^eit zu fassen. Denn ein Call Center bedient mehrere Anspruchsgruppen und die CallCenter-Aktivitaten w^irken sich uber die Call-Center- bzw. Unternehmensgrenzen hinw^eg aus.

151

Diesem Umstand wird Rechnung getragen, indem im vorliegenden Buch ein Controlling-Ansatz prasentiert wird, dessen Grundkonstruktion sich an der Anspruchsgruppenlogik orientiert. Diese spiegelt die Kunden-, die Mitarbeiter- sowie die Unternehmererwartungen wider, die - Vorgehensweise und Struktur des Balanced-Scorecard-Ansatzes folgend - iiber eine Reihe von Ziel- und SteuerungsgroSen in Form von Perspektiven reprasentiert werden. Fiir die Steuerungsgrofien v^erden unter Beriicksichtigung der Unternehmensplanungen und der Erv^artungen der Anspruchsteller Zielvorgaben geplant und die Wechselv^irkungen definiert und integriert. Auf Basis dieses umfassenden Ansatzes sind Call-Center-basierte Serviceund Vertriebsprozesse in ihrer Komplexitat zu erfassen und auf die iibergeordneten Unternehmensziele hin zu optimieren.

152

Fazitund Ausblick

6.

Thesenverzeichnis

153

154

Thesenverzeichnis

Thesenverzeichnis

155

Glossar

ACD(-Anlage)

Automatic Call Distributor. Besondere, im Bereich von Inbound-CallCentern eingesetzte Telefonanlage. Solche Anlagen sind programmierbare Systeme, die Anrufe automatisch annehmen, in Warteschlangen stellen und an die Agenten verteilen. Zusatzlich werden Daten gesammelt, die fiir Auswertungen in Echtzeit sowie der Vergangenheit genutzt werden konnen. AHT (Average Handle Time)

Durchschnittliche Bearbeitungszeit. Die Summe aus durchschnittlicher Gesprachszeit und durchschnittlicher Nachbearbeitungszeit. Adjazenzmatrix

Die Adjazenzmatrix (Plural: Adjazenzmatrizen) spielt in der Grafentheorie eine wichtige Rolle. Ein Graf ist ein Gebilde von Knoten und Kanten, w^elche die Knoten miteinander verbinden. Es gibt ungerichtete und gerichtete Grafen sow^ie Grafen mit und ohne Mehrfachkanten. Ein Graf mit n Knoten kann durch eine Matrix mit n x n Zellen reprasentiert werden. Dabei nummeriert man die Knoten von 1 bis n durch und tragt die Knoten jeweils in den l...i...n Zeilen und l...j...n Spalten der Matrix ein. Besteht zwischen zwei Knoten i und j eine Beziehung, wird an dem Schnittpunkt der i-ten Zeile und der j-ten Spalte eine 1 eingetragen. Bei ungerichteten Grafen gelten die Knoten als benachbart und die Matrix als symmetrisch. Da ungerichtete Grafen keine Schleifen besitzen, sind in der Hauptdiagonalen der Matrix iiberall jeweils Nullen eingetragen. Bei gerichteten Grafen wird ebenfalls eine 1 eingetragen, der i-te Knoten ist dabei aber abweichend von der obigen Interpretation der Vorganger des j-ten Knotens. Bei Grafen mit Mehrfachkanten konnen Knoten mehrere Aus- oder Eingange zu oder von anderen Knoten besitzen. Alternativ zur 0 oder 1 konnen auch andere Werte in die Knoten-Koordinaten eingetragen werden, wenn die Kanten bewertet werden soUen. Adjazenzmatrizen dienen vor allem der Speicherung und Weiterverarbeitung von Grafen in Computern. 157

I Angebotene Anrufe

Samtliche Versuche, die Anrufer unternehmen, um ein Call Center zu erreichen. I Auslastung

Verhaltnis zwischen der Arbeitszeit und Anwesenheitszeit der Agenten. Im engeren Sinne ist es die Relation aus Bearbeitungszeit und Intervalllange, im weiteren Sinne die Relation aus Arbeitszeit und Anwesenheitszeit (vgl. Kapitel 4.7.2). I Balanced Scorecard

Die Balanced Scorecard ist eine Methode zur Umsetzung einer Unternehmensstrategie in operatives Handeln. Dabei wird Top-down von der Mission (Selbstverstandnis des Unternehmens) uber die Vision (Ziele) auf die Grundstrategien einer Unternehmung geschlossen. AnschlieSend werden auf alien wesentlichen Ebenen des Unternehmens Teilziele und Kennzahlen abgeleitet und ein Netzwerk der Ziele (Kennzahlen) festgelegt, welches zielgerichtet die Erreichung der ubergeordneten Strategien unterstiitzen soil. Die amerikanischen Professoren Robert S. Kaplan und David R Norton richteten ihren Ansatz an einer nachhaltigen Unternehmenswertsteigerung aus und entwickelten zunachst ein am Stakeholder-Prinzip orientiertes Vier-Perspektiven-Modell (Finanzen, Kunde, Prozesse, Lernen und Innovation, damit implizit Mitarbeiter). Durch die konsequente Einbeziehung der Mitarbeiter und die roUierende Durchfiihrung des Planungsprozesses auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse kann die Balanced Scorecard zudem als Lernsystem fiir Unternehmensorganisationen gelten. I Bearbeitungszeit Die Summe aus Gesprachszeit und Nachbearbeitungszeit. Business Process Center I Mit Business Process Outsourcing wird heute in einer institutionalen Sicht

das Auslagern von Prozessen an externe Dienstleister, in einer funktionalen Sicht an zentrale Funktionseinheiten verstanden. Die funktionale Begriffsbestimmung umfasst somit sowohl die externen Dienstleister wie auch die Inhouse-Losungen. In Anlehnung an den Call-Center-Begriff werden diese Funktionen Business Process Center genannt, wenn sie komplette Unternehmensprozesse iibernehmen. Call Center sind in vielen Fallen bereits als

158

Glossar

Business Process Center einzustufen, denn neben der Telefonie werden voUstandige Unternehmensprozesse wie beispielsweise Auftragsabwicklungen iibernommen. Business-to-Business

Geschaftskontakt zwischen Unternehmen. Business-to-Consumer

Geschaftskontakt zwischen Unternehmen und Konsument. Controlling-Funktionen

Die wichtigsten ControUing-Funktionen sind Planung, Kontrolle, Steuerung sowie Informationsbeschaffung und -aufbereitung. Data Mart

Data Marts sind Ausschnitte aus einem Data Warehouse. Dabei werden meist fiir bestimmte Organisationen, Funktionsbereiche oder Anwendungen ganze oder teilweise Kopien des Data Warehouses erstelh. Data Warehouse

Der Begriff des Data Warehouse stammt aus der Informatik und beschreibt eine zentrale Datensammlung (Datenbank), deren Inhah sich aus den unterschiediichsten Datenquellen zusammensetzt. Die Daten gelangen in der Kegel iiber so genannte ETL-Prozesse (Extract-Transformation-Load) in das Data Warehouse und sind dort in entsprechend aufbereiteter Form fiir Datenanalysen und als betriebswirtschaftHche Entscheidungshilfen gespeichert. Das Management greift somit fiir Analysen und Auswertungen nicht auf die operativen Systeme und deren Daten zu, sondern verwendet konsistente und fiir Management-Entscheidungen relevante Informationen. Waren noch vor Jahren die Informationen wochen- oder vortagesaktueli, so entwickeln sich Data Warehouses zunehmend zu Real-Time-Data-Warehousing. Einzelkosten I Kosten, die einem Kostentrager direkt zugerechnet werden konnen, wer-

den als Einzelkosten (direkte Kosten) bezeichnet. Im Gegensatz zu den Einzelkosten stehen die Gemeinkosten.

Glossar

159

Endogenes Schema

Der Begriff „endogen" bedeutet im Griechischen „im Innern". In verschiedenen Wissenschaften wird der Begriff unterschiedlich verwendet. Die Medizin spricht von endogenen Stoffen und Krankheiten, wenn diese im Innern des menschlichen Korpers entstehen, die Psychologie versteht unter endogenen Faktoren oder Prozessen das Entstehen dieser aus der psychischen Veranlagung eines Individuums, und die Wirtschaftswissenschaften bezeichnen die Faktoren als endogen, die ein Wirtschaftssystem von innen heraus beeinflussen. Im vorliegenden Buch wird unter dem endogenen Schema die innew^ohnende Struktur von Wirkungszusammenhangen verstanden, die sich aus der Definition des exogenen Schemas implizit ergibt und die damit ebenfalls auf das Gesamtsystem Einfiuss hat. Eriang C

Alle modernen Methoden zur Optimierung von Telefonnetzwerken haben ihren Ursprung in den Arbeiten von Agner Krarup Eriang (1878 bis 1929), einem v^issenschaftlichen Mitarbeiter der Copenhagen Telephone Company. UrspriingUch sollte die Frage beantwortet v^erden, v^ie viele Leitungen fiir ein gegebenes Telefonaufkommen benotigt v^erden. Durch die Abbildung eines zufallsgesteuerten Telefonaufkommens mit Hilfe eines mathematischen Modells auf Grundlage statistischer Wahrscheinlichkeitsrechnungen (Poisson-Verteilung) entstand so auch die Erlang-C-Formel. Mit ihrer Hilfe konnen Bedarfsberechnungen zur Bestimmung der personellen Starke eines Call Centers durchgefiihrt werden. Heute v^ird das Erlang-CModell immer noch in vielen Personalplanungsprogrammen eingesetzt, w^enngleich seine Kritiker bemangeln, dass w^esentliche reale Zusammenhange nicht voUstandig abgebildet sind. So geht das Erlang-C-Modell beispielsweise von einer unbegrenzten Anzahl von Telefonleitungen und einer nicht vorhandenen Ungeduld der Anrufer (Auflegeverhalten) aus. Neuere Modellansatze beziehen diese Schwachen ein. Exogenes Schema

Der Begriff „exogen" setzt sich aus den griechischen Wortbestandteilen „exo-„ (von auCen, auEerhalb) und ,,-gen" (etw^as verursachen, hervorbringen, entstehen) zusammen. Ein exogenes Schema ist demnach ein von auSen verursachtes oder sich ergebendes (Struktur-)Schema - w^ie beispielsweise die Wirkungszusammenhange von Kennzahlen und Zielen. Der Begriff „exogen" v^ird analog in den unter „Endogenes Schema" genannten Wissenschaften verv^endet und meint hier folglich die Wirkungen von auSen. 160

Glossar

Exponentialverteilung

Die Exponentialverteilung ist eine kontinuierliche Wahrscheinlichkeitsverteilung liber die Menge der positiven reellen Zahlen. Sie ist definiert durch die Wahrscheinlichkeitsdichte f;^(x) = A-e-^^ fur x < 0. Der Erwartungswert der Exponentialverteilung ist definiert mit p = 1/A.. Exponentialverteilungen bzv^. -funktionen sind fur die Beschreibung vieler technischer und okonomischer Vorgange - vor allem Wachstums- und Zerfallsvorgangen von groEer Bedeutung. In Call-Center-Modellen konnen mit der Exponentialfunktion Ankunftsprozesse beschrieben werden. Die Zeit in Minuten zv^ischen zwei Anrufen im Call Center ist exponentialverteilt mit dem Parameter X = 0,4. Die Wahrscheinlichkeit, dass zv^ischen dem Eintreffen von zwei Anrufen v^eniger oder gleich zwei Minuten verstreichen, betragt dann W(X oo) und sehr kleinen Wahrscheinlichkeiten (W^O) kann die Poissonverteilung als Approximation der Binomialverteilung verv^endet w^erden. Die Poisson-Verteilung findet in vielen empirischen Problemstellungen Anw^endung, w^ie sie in der technischen Statistik und der Warteschlangentheorie vorkommen. Die PoissonVerteilung hat die Funktion f(x) = p^e-p/x! fiir x = 0, 1, ... (e = 2,71828...) und f(x) = 0 sonst. Prozess

Prozesse sind zusammenhangende Folgen von Tatigkeiten und Aufgaben in einem Unternehmen, die zielgerichtet ausgerichtet sind (sein soUten). Prozesse werden unterschiedlich klassifiziert: Es gibt primare (wertschopfende) und sekundare (unterstiitzende), Haupt- und Nebenprozesse, Kernprozesse und weitere charakterisierende Begriffsbildungen (siehe hierzu auch Staudt, 2001).

164

Giossar

Prozess-Kosten

Prozess-Kosten ergeben sich aus der Zurechnung von direkt zurechenbaren Einzelkosten und geschliisselten Gemeinkosten auf einzelne Prozesse. Dabei werden in der Kegel die Kostenstellenkosten auf die verschiedenen Teilprozesse und Aufgaben leistungsmengen-induziert auf den einzelnen Kostenversucher heruntergerechnet und in einem zweiten Schritt die leistungsmengen-neutralen Kosten im Verhaltnis der Imi-Kosten geschliisselt. Ziel der Prozess-Kostenrechnung ist dabei beispielsweise zu ermitteln, wie viel die Auftragsbearbeitung eines einzelnen Produktes A kostet. Das Wissen iiber detaillierte Prozess-Kosten kann besonders wertvoll auch fur den Fremdbezug von Leistungen (make or buy) sein. Queue

Warteschlange, die Anrufe aufnimmt, bis ein Agent verfiigbar ist. RoCE

Der RoCE (Return on Capital Employed ist eine Finanzkennzahl, die die Profitabilitat einer Unternehmung unter Berlicksichtigung des eingesetzten Kapitals misst. Der RoCE berechnet sich als Quotient aus dem EBIT (Earnings before Interest and Tax, Gew^inn vor Zinsen und Steuern) und dem gesamten Kapital abziiglich kurzfristiger Verbindlichkeiten (Kredite) und liquider Mittel (Bargeld, kurzfristige Forderungen): RoCE = EBIT / (Gesamtkapital - kurzfr. FK - liquide Mittel). I Riickkopplung

In einem System von Knoten und Kanten (Grafen) oder Kennzahlen und Wirkungszusammenhangen konnen Riickkopplungen entstehen. Darunter v^erden Schleifen verstanden, in denen beeinflussende, unabhangige Variablen (Kennzahlen) entw^eder direkt (exogenes Schema) oder indirekt (endogenes Schema) selbst zu beeinflussten, abhangigen Variablen (Kennzahlen) w^erden. Beispielsv^eise beeinflusst die Inflationsrate die Lohnverhandlungen und die Lohne steigen, im Weiteren wird dadurch wieder das Preisniveau beeinflusst (Lohn-Preis-Spirale). I RiJckwartsauflosung

Durch die Beschreibung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhangen in einem exogenen Schema entstehen mehrstufige Abhangigkeiten zwischen Kennzahlen in dem endogenen Schema, d. h., beeinflusst die Variable a die

Glossar

165

Variable b und beeinflusst b die Variable c, dann besteht auch eine Beziehung zwischen a und c. In einer Ruckwartsauflosung kann festgestellt werden, dass c von b und a beeinflusst wird. I Servicelevel

Prozentsatz von Anrufen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums angenommen w^erden. Ein Servicelevel von 70/40 bedeutet beispielsweise, dass 70 Prozent der Anrufe innerhalb von 40 Sekunden angenommen v^erden. I Six Sigma Six Sigma ist eine Methode zur Verbesserung von Ertrag und Kundenzufriedenheit durch eine kontinuierliche Verbesserung der Unternehmensprozesse. Der Ansatz stellt die Kundenorientierung und messbare finanzielle Ergebnisse in den Vordergrund der Betrachtung. Als Unternehmensphilosofie und Strategie formuliert, bindet Six Sigma alle Mitarbeiter in den Optimierungsprozess ein und versucht, systematisch Engpasse zu erkennen, zu analysieren und hieraus Verbesserungen herbeizufiihren. Eine zentrale Rolle spielen die einzelnen Kennzahlen und die Standardabweichung. Es wird jeweils ein Six-Sigma-Wert von 3,4 Fehlern pro Million Fehlermoglichkeiten angestrebt, um die Leistungsfahigkeit von Prozessen zu erhohen. I Skill-Based-Routing

Der einfachste Fall fiir die Betrachtung und Modellbildung von Call Centern sind homogene Anrufe. Dabei wird davon ausgegangen, dass jeder Anruf bezogen auf die benotigte Anforderung im Call Center gleich ist, d. h. auch nur einen Typ von Agent benotigt. In der Realitat ist das aber anders. Verschiedene Anrufer mit unterschiedlichen Anliegen benotigen verschiedene Agenten-Profile, d. h., die Agenten miissen mit ihren unterschiedlichen Erfahrungen und ihrem individuellen spezifischen Wissen (zusammen Skills) den Anrufern so zugewiesen werden, dass dem Anrufer optimal geholfen werden kann. Hierzu kann in den Telefonanlagen das jeweilige Skill-Profil hinterlegt werden. Durch bestimmte Telefonnummern und/oder vorgeschaltete Abfragen zum jeweiligen Anliegen konnen dann die Anrufer auf den Agenten „geroutet" werden, der optimal zu der in diesem Augenblick benotigten Fragestellung passt.

166

Glossar

I Strategy Map

Als Strategy Map wird die komplette Zusammenfassung der Unternehmensstrategie in Form einer iiberschaubaren Formulierung von Mission, Vision, Strategien und der zielgerichteten Festlegung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhangen verstanden. Vielfach w^ird die Strategie eines Unternehmens auf einer einzigen Strategie-Landkarte festgeschrieben und in verstandlicher und iibersichtlicher Form im Unternehmen kommuniziert. I Strategy Map Matrix

Die Strategy Map Matrix ist die Abbildung einer Strategy Map in einer Adjazenzmatrix.

I Im Call-Center-Bereich ist der Begriff „Trunk" mittlerv^eile eine feste GroTrunk

Se. Hierunter v^ird die technisch zur Verfiigung gestellte Kapazitat an Telefonleitungen verstanden, iiber die ein Call Center erreichbar ist bzw. im Outbound hinaustelefonieren kann. Strategische Geschaftseinheit

Unternehmenseinheit, auf die eine Strategieart bezogen ist und auf die MaSnahmen oder Ressourcen zugeteilt werden konnen. Strategische Geschaftseinheiten sollten abgrenzbar sein, um den Erfolg der Strategie eigenstandig abzurechnen, und eindeutige Fiihrungszustandigkeiten aufweisen. In der Kegel handelt es sich um einheitliche Kundengruppen, Regionen oder eindeutig abgrenzbare Markte (Konkurrentengruppen). Verrechnungsschlussel

Der Verrechnungsschlussel spielt in der Kostenrechnung eine groSe RoUe. Dabei v^ird im Bereich der indirekten Gemeinkosten festgelegt, wie diese auf die Kostentrager zu verrechnen sind. Die verursachten Kosten durch das Call-Center-Management oder den Supervisor sind als Gemeinkosten einzustufen. Bearbeitet das Call Center beispielsw^eise Auftrage fur die Produkte A und B und werden zusatzlich fiir den Auftraggeber Serviceleistungen in samtlichen Unternehmensbereichen erbracht, dann muss ein gerechter Schliissel gefunden werden, um die Gemeinkosten auf die verschiedenen Kostentrager zu finden. Sind die Serviceleistungen sehr heterogen, kann dies zu erheblichen Anforderungen an das Management (Controller, Kostenrechner) und die informationsverarbeitenden Systeme (Verfiigbarkeit relevanter Daten) fiihren. Glossar

167

Virtuelles Call Center

Ein virtuelles Call Center ist auf mehrere Standorte verteilt. Entgegen einem so genannten virtuellen Unternehmen, bei dem Funktionen an externe Dienstleister ausgelagert werden, ist bei einem Call Center die „geografische Verteilung" relevant, um von „virtuell" sprechen zu konnen. Aufgrund technologischer Moglichkeiten konnen heute virtuell verschiedenste Standorte „zugeschaltet" werden. Call Center konnen somit Spitzenlasten verteilen, Mengeneffekte (economies of scale) und regionale Kostenvorteile ausnutzen. Warteposition

Innerhalb einer Warteschlange ergeben sich Wartepositionen von 1 bis TQ, wobei TQ die Differenz aus T^ (Anzahl der Telefonleitungen) und c (Anzahl Agenten) ist. Es gilt also TQ = T^ - c. Das heiSt, stehen insgesamt 500 Telefonleitungen zur Verfiigung und befinden sich 350 Agenten in Gesprachen, dann konnen maximal noch 150 Anrufer in die Warteschlange. Werden von diesen 150 moglichen Wartepositionen weitere 90 durch Anrufer belegt, ergibt sich eine netto frei verfiigbare Anzahl von 60 Leitungen. Diese GroSe wird im vorliegenden Buch mit T N (Trunks, netto) bezeichnet.

168

Glossar

Anmerkungen

1 2 3 4

Vgl. Freyer, 2001, S. 44. Vgl. Freyer, 2001, S. 47. Vgl. Freyer, 2001, S. 45 f. Vgl. Freyer, 2001, S. 44.

5 6

Vgl. Rapp, 2003, S. 1504 f. Vgl. Rapp, 2000, S. 26.

7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

Vgl. Messner 2005, S. 20. Vgl. Messner 2005, S. 20. Vgl. Messner 2005, S. 21. Vgl. Messner 2005, S. 21. Vgl. Steinhoff, 2005, S. 76. Vgl. Steinhoff, 2005, S. 66. Vgl. Fink u. a., 2004, S. 11. Finku. a.,2004,S. 11. Vgl. Helber u. a., 2004, S. 16. Stachowiak, 1973, S. 131 ff. Helber u. a., 2004, S. 4. Vgl. Helber u. a., 2004, S. 14. Schiimann, 2002, S. 25. Vgl. Helber u. a., 2004, S. 14. Vgl. Helber u. a., 2004, S. 14. Vgl. Hillier, 1997, S. 511. Vgl. Hillier, 1997, S. 511. Vgl. Helber u. a., 2004, S. 17. Vgl. Helber u. a., 2004, S. 17. Helberu. a.,2004, S. 18. Vgl. Helber u. a., S. 18. Vgl. Ashley, 2000, S. 3 ff. Vgl. Helber u. a., 2004, S. 34 f. Vgl. www.coronet-online.de. Vgl. Peemoller, 2002, S. 27. Vgl. Peemoller, 2002, S. 27. Vgl. Peemoller, 2002, S. 27.

169

34 35 36 37 38 39 40

Vgl. Peemoller, 2002, S. 27 ff. Vgl. Peemoller, 2002, S. 29. Vgl. Peemoller, 2002, S. 30. Peemoller, 2002, S. 31. Vgl. Peemoller, 2002, S. 30-31. Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort „Controlling". Vgl. BDU, 2000 .

41 42 43 44

Vgl. Kaplan u. a., 1997, S. 9. Vgl. Baum, 2004, S. 345 f. Vgl. Kaplan u.a, 1997, S. 50. Vgl. Kaplan u. a., 1997, S. 50.

45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74

Vgl. Willis, 1994, S. 16-27. Vgl. Partridge/Parren, 1997, S. 50 f. Vgl. Friedag/Schmidt, 1999, S. 197 ff. Vgl. Kaplan u. a. 1997, S. 33-34. Vgl. Baum, 2004, S. 348. Vgl. Kapitel 3. Vgl. Baum, 2004, S. 348-349. Vgl. Baum, 2004, S. 349-350. Vgl. Kaplan u. a., 1997, S. 10. Vgl. Baum, 2004, S. 353. Vgl. Baum, 2004, S. 353. Baum, 2004, S. 354. Kaplan u.a, 2004, S. 19. Kaplan u. a., 2004, S. 19. Vgl. Kaplan u. a., 2004, S. 21. Kaplan u. a., 2004, S. 21. Vgl. Kaplan u. a., 2004, S. 21. Kaplan u. a., 2004, S. 24. Vgl. Kaplan u. a., 2004, S. 25-26. Kaplan u. a., 2004, S. 33. Vgl. Meffert u. a., 2003, S. 200. Vgl. Kapitel 3.4. Kaplan u. a., 1997, S. 33. Vgl. Kaplan u. a., 1997, S. 33. Vgl. Preissner, 2003, S. 22-36. Vgl. Schiimann, 2002, S. 180 ff. Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort „Qualitat". Schumann,2002,S. 97-115. Kaplan u. a., 1997, 142-156. Kaplan u. a., 2004, S. 19-33.

170

Anmerkungen

75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108

Vgl. Schulz von Thun, 1989, S. 19 f. Vgl. Thieme, 1999, S. 206. Schumann, 2002, S. 93. Schumann, 2002, S. 93. Zimbardo, 1992, S. 378. Vgl. z. B. Kapitel 3.4. Vgl. Gaiser, 2001, S. 39. Vgl. Kaplan u. a., 1999, S. 149. Vgl. Kaplan u. a., 1997, S. 144. Vgl. Gaiser, 2001, S. 41. Vgl. Schumann, 2002, S. 117-147. Vgl. Kapitel 4.4.2. Vgl. Ebert, 1981, S. llff. Siehe hierzu auch Kapitel 4.5.5. Vgl. Kapitel 4.5.2. Siehe hierzu auch Kapitel 4.7.2. Vgl. Bleymuller, 2002, S. 163. Vgl. Bolte, 2002, S. 137. Vgl. Helber u. a., 2002, S. 131. Vgl. Kapitel 3.2. Vgl. Helber u. a., 2002, S. 131 f. Vgl. Helber u. a., 2002, S. 133. Vgl. Kapitel 2.3. Forderreuther, 1999, S. 292. Vgl. Kapitel 4.4.1. Vgl. Homburg, 2003, S. 1001 f. Vgl. Nippa, 1999, S. 5. Vgl. Nippa, 1999, S. 6. Vgl. Schiimann, 2002, S.191 ff. Vgl. Horvath, 2001, S. 487. Siehe hierzu Kapitel 3.2. Vgl. Kapitel 4.6.4. Vgl. Kapitel 4.5.3. Vgl. Bamberg/Baur, 2001, S. 233 ff.

Anmerkungen

171

Abkijrzungsverzeichnis

ACD AHT APT AQLl

AQLl

ASA BAB B2B B2C c CRM CTI DBQ DLYDLY

ERP GQ IVR k KG KL Kp K^^ KZF X

Automatic Call Distribution Average Handling Time - Bearbeitungszeit Netto-Arbeitszeit Average Queue Length 1 - durchschnittliche Anzahl der Anrufer in der Warteschlange inklusive der Zeit, in der keine Warteschlange existiert Average Queue Length 2 - durchschnittliche Anzahl der Anrufer in der Warteschlange auf Basis der Zeit, in der tatsachlich eine Warteschlange existiert Average Speed of Ansv^er - durchschnittliche Zeit bis zur Anrufannahme Betriebsabrechnungsbogen Business-to-Business Business-to-Consumer Anzahl Agenten Customer Relationship Management Computer Telephony Integration Deckungsbeitrag pro Gesprach Average Delay of Delayed Calls - durchschnittliche Zeit bis zur Anrufannahme der Anrufer, die tatsachlich warten mussten Enterprise Resource Planning Gesprachsqualitat Interactive Voice Response Anzahl der Kunden Kosten pro Gesprach (Bearbeitungszeit) Leitungskosten pro Gesprach (Leitungsbelegung aus Wartezeit und Bearbeitungszeit) Prozesskosten Leitungskosten w^ahrend der Wartezeit Kundenzufriedenheit Arrival Rate - Anrufrate

173

MZF OCC OLAP OLTP QL SL RoCE SGE T TB TN TQ Tw UG

174

Mitarbeiterzufriedenheit Occupancy - Auslastung der Agenten Online Analytical Processing Online Transaction Processing Queue Length - Anzahl der Anrufer in der Wartschlange Servicelevel Return on Capital Employed Strategische Geschaftseinheit Leitungen (Trunks) Anzahl insgesamt verfiigbarer Leitungen (Trunks, brutto) Anzahl der freien Wartepositionen (Trunks, netto) Anzahl der Wartepositionen insgesamt Arbeitszeit Umsatz pro Gesprach

Abkurzungsverzeichnis

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Literaturverzeichnis

177

Stichwortverzeichnis

Abbildungsmerkmal 32 Abweichungsanalyse 125 Activity Based Costing 120 Adjazenzmatrix 80, 90 allgemeine Verteilung 36 Anrufrate 29 Anspruchsgruppen 33, 67 Anspruchsgruppenlogik 144 Appell 70 Arbeitszufriedenheit 73 Auslastungsquote 133

B Balanced Scorecard 48 Bedarf 104 Bediendauer 112 Beziehungshinweis 70 Beziehungsmarketing 15 Binarbeziehungen 128 Bottom up 54 Break-Even-Berechnung 125 Business Process Outsourcing 23

Cali-Center-Controlling-Modell 64 Call-Center-Scorecard 143 Controlling 4 1 , 44 Cost Center 20 CRM 16

Cross-Selling 60 Cross-Selling-Potenzial 113 Cross-Selling-Rate 49 Customer Relationship Management 16 Customized Marketing 15

Data-Marts 143 Data-Mining-Verfahren 126 deduktive Zielauflosung 94 Detailplanung 104 Determinanten der Arbeitszufriedenheit 73 deterministische Verteilung 36 Dienstleistungs-Call-Center 20 Distanzstufe 129 Distanz-Werte 132 Distanzwirkungen 90 Double-Loop-Learning 56

Einsatzplanung 104 Einzelkosten 122 Endogenes Schema 129 Erlang-C-Modell 36 Erlang-C-Programme 39 Erlang 38 ERP-Systeme 140 Exogenes Schema 128 Exponential verteilung 35, 36 extrinsisch 73

179

M Face-to-Face-Kommunikation 71 Faktorenanalyse 91 Feedforward 56 funktionale Perspektive 24

Gedachtnislosigkeit 35 Geduld 38 Gemeinkosten 122 Gesamtdeckungsbeitrag 75 Gesamtkosten 75 Gesamtumsatz 75 Grundsatzplanung 44 I implizite Ebene 71 Inbound 20 Individualmarketing 15 Inhibitory Force 114 Instigating Force 114 institutionelle Perspektive 24 intrinsisch 73 Istwerte 101

Kaufermarkte 13 Kennzahlenbeziehungen 82 Korrelationsanalyse 91 Korrelationsmatrix 80 Kostenverrechnung 120 Kundenanforderungen 14 Kundenorientierung 16 Kundenperspektive 67 Kundenzufriedenheit 69

leistungsmengen-induziert 120 leistungsmengen-neutral 120

180

M/M/cAT+M-Modell 37 Marketing-Mix 13 Markov-Eigenschaft 35 Matrix 80 Matrizen 80 Mehrfachabhangigkeiten 136 Mitarbeiterperspektive 67 Mittlervariable 84, 111 Modell der Sekundaren Verkaufshandlung 113 Modell des Nachrichtenquadrates 70 Modelleigenschaften 32 Modelltheorie 32

N Notation von Kendall 35

OLAP 141 Operationalisierung 85, 138 operative Planung 46 originare Verkaufshandlung 113 Outbound 20 Outsourcing 26

Panel 144 Performance Measurement System 57 Periodizitat 82 Personaleinsatzplanung 84 Personalkapazitaten 102 Perspektiven 49 Phasenschema 64 Planung 111 Planwerte 101 pragmatisches Merkmal 32 Profit-Center 20 Prozesskostenrechnung 120 Stichwortverzeichnis

Rahmenbedingungen 71 Realtime-Steuerung 47 Regressionsanalyse 91 Riickkopplungen 91 Riickwartsauflosung 127

Sachinhalt 70 Sachinhaltsebene 72 Schichtplanung 104, 110 Schichtsequenzen 104 Sekundare Verkaufshandlung 113 sekundarer Umsatz 113 Selbstoffenbarung 70 Servicezeiten 34 Skalierung 82 Skillprofile 95 SMX 88 Soll-Kapazitat 104 Sollwerte 101 Spaltenvektoren 80 Stakeholder 57 Standardisierung 82 stochastisches System 32 Strategic Readiness 60, 123 Strategiekarte 58 strategische Planung 45 Strategy Map 57, 58, 77, 80 Strategy-Map-Matrix 88

U Unternehmerperspektive 68

Varianzanalyse 91 Vektoren 80 Verkaufermarkte 12 Verkehrsangebot 99 Verkehrseigenschaften Verkehrsverlaufe 99 Verkiirzungsmerkmal VerrechnungsschlUssel virtuelle Unternehmen

28 32 122 23

W Wahlwiederholer 34 Wahrscheinlichkeit 37 Wahrscheinlichkeitsverteilung 34 Wartepositionen 29 Wartetoleranz 34 Wartezeittoleranz 34 Wirkungszusammenhange 52, 77 Wirtschaftlichkeit 74 Wirtschaftswunder 13

Zeilenvektoren 80 Zufallsverkehr 1. Art 33 Zufallsverkehr 2. Art 33 Zufriedenheit 70 Zwischenankunftszeiten 30, 34

taktische Planung 46 Top down 54 Transaktionsmarketing 15

Stichwortverzeichnis

181

Die Autoren

Dr. Florian Schumann ist seit fast 20 Jahren in unterschiedlichen Call-Center-Bereichen tatig. Nachdem er wahrend des BWL-Studiums erste Telefonmarketing-Erfahrungen sammelte, baute er zwischen 1993 und 1999 mehrere Call Center auf und sammelte als Call-Center-Manager viel Praxiserfahrung. Bis 2004 begleitete er als Berater fiir ein bekanntes Softwarehaus fiir Call-CenterLosungen Unternehmen beim Aufbau und der Optimierung von Inhouse-Call-Centern. Seit 2005 ist er selbstandiger Unternehmensberater. Als Spezialist fiir Kundenbeziehungsmanagement unterstiitzt er Unternehmen bei der Strategieimplementierung im Bereich des Kundenbeziehungsmarketing bzw. -management. Ende der 90er Jahre startete Dr. Florian Schiimann seine wissenschaftliche Laufbahn. Von 2000 bis 2002 promovierte er an der Universitat Hamburg und untersuchte den Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit und okonomischen Kenngrofien in Call Centern. 2003 initiierte Dr. Florian Schiimann das Forschungsprojekt CORONET. CORONET beschaftigt sich mit der Entwicklung eines Ansatzes bzw. Modells, das das Controlling von Call-Center-gestiitzten Unternehmensstrategien unterstiitzen soil. Dr. Schiimann arbeitet mit drei Hochschulen und Lehrinstituten zusammen, entwickelt Fernlehrkonzepte und arbeitet als HochschuUehrer. Dr. Schiimann publiziert regelmafiig in Fachmagazinen und Biichern.

182

Die Autoren

Dipl.-Kfm. Horst Tisson begann nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre seine berufliche Laufbahn bei IBM und arbeitete dort als Berater im Bereich fiir Informationssysteme. Anschliefiend war er fiir Andersen Consulting (heute Accenture) tatig. Im Bereich Financial Services war er als Manager verantwortlich fiir Migrationsprojekte bei Banken. Nachdem er im Anschluss mehrere Jahre als Partner innerhalb der Thomas J. C. Matzen-Gruppe MBO-Transaktionen betreute, griindete er 1995 die Tisson-Managementberatung und 1996 das Softwareunternehmen u-GAIN IT Consulting. Seine besonderen Beratungsschwerpunkte liegen im Bereich Controlling und Data Warehousing.

DieAutoren

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