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German Pages 754 Year 2009
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Agoraphobie Der Therapieforscher Klaus Grawe und seine Mitarbeiter [86] fassten die Ergebnisse ihrer Literaturauswertung zur Psychotherapieforschung hinsichtlich der Konfrontationstherapie im Rahmen einer verhaltenstherapeutisch fundierten Angstbehandlung in ihrem Buch „Psychotherapie im Wandel. Von der Konfession zur Profession“ bereits im Jahr 1994 in einer Weise zusammen, wie dies auch heute noch immer gilt, wenngleich diese Ausführungen von Vertretern anderer Psychotherapiemethoden heftig kritisiert wurden: „Die massierte Reizkonfrontation muß nach dieser Faktenlage als ein außerordentlich wirksames Verfahren zur Reduktion von Ängsten und Zwängen angesehen werden... Während Agoraphobie und Zwänge noch vor dreißig Jahren zu den schwer behandelbaren Störungen zählten und Patienten mit diesen Störungen in großer Zahl die psychiatrischen Kliniken bevölkerten, hat sich dieses Bild heute dramatisch gewandelt. Patienten mit solchen Störungen haben heute eine eher günstige Prognose, und dies ist fast gänzlich den Reizkonfrontationstherapien zu verdanken... Man kann jedoch ohne Übertreibung feststellen, daß die Reizkonfrontationsverfahren sich inzwischen immer mehr als die Methode der Wahl zur Behandlung von Zwängen und agoraphobischen Störungen erwiesen haben.“
Viele Studien zur Reizkonfrontationstherapie [87] haben folgende Befunde ergeben: z Rund 75% der Agoraphobie-Patienten können dauerhaft geheilt werden. Nachuntersuchungen zeigen stabile Erfolgsergebnisse auch nach 13 Jahren. z Es wurden ähnliche Therapieergebnisse erzielt, egal ob die Behandlungen in Großbritannien, Deutschland, Holland, Frankreich, Spanien, Italien, Griechenland, der Türkei, den USA, Kanada oder Australien durchgeführt wurden. z Die vom Betroffenen selbst durchgeführte Reizkonfrontation ist die zuverlässigste und am längsten wirksame Behandlungsmethode. Die Reizkonfrontation in Begleitung eines Therapeuten ist nicht wirksamer als die allein durchgeführte. z Die Therapieerfolge sind gleichermaßen gut, unabhängig davon, ob die Reizkonfrontation von einem Psychiater, einem Psychologen, einer Krankenschwester oder vom Betroffenen allein durchgeführt wurde. z Die massierte Reizkonfrontation ist der gestuften überlegen bei reiner Agoraphobie, nicht jedoch bei einer Mehrfacherkrankung. z Bei vielen Patienten ist die symptombezogene Therapie (Konfrontationstherapie) ausreichend, ohne dass andere Probleme behandelt werden müssen. Nach der viel zitierten Marburger Untersuchung von Fiegenbaum [88] aus den 1980erJahren waren 78% von 104 Agoraphobikerinnen 5 Jahre nach Abschluss einer massierten Reizkonfrontationstherapie völlig symptomfrei. Nach einer neueren Untersuchung des Teams um Fiegenbaum [89] bei 61 Patienten bewerteten 74,2% der Patienten ihren Zustand als „sehr viel besser“ bzw. „viel besser“. Die Nachuntersuchung fünf Jahre nach der Konfrontationstherapie [90] ergab bei 30% der ehemaligen Patienten eine Verschlechterung der Partnerschaft bis hin zur Trennung. Angesichts des Umstands, dass in der gesunden Vergleichsgruppe eine ähnlich hohe Rate an Partnerschaftsproblemen und Trennungen gefunden wurde, ist dieses Ergebnis nach Auffassung der Autoren nicht als negativer Therapieeffekt zu werten. Ein Drittel an Beziehungsverschlechterungen bzw. Trennungen erscheint bedauerlich hoch, wenngleich im Einzelfall eine klare Trennung bzw. Scheidung als sinnvolle Problemlösung angesehen werden kann. Dies sollte Anlass sein, die aktuelle Partnerbeziehung von Therapiebeginn an stärker zu berücksichtigen.
Erfolge der Verhaltenstherapie bei Angststörungen
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Hand [91] fand bei 199 Agoraphobie-Patienten aus zwei Studien in Hamburg bei einer durchschnittlichen Nachuntersuchungszeit von 5,3 Jahren eine Erfolgsrate von 75%. 10-25% der Patienten lehnten eine Reizkonfrontation ab. 83-85% der Patienten hielten die Therapie durch. Agoraphobiker mit Panikattacken haben die besten Therapieergebnisse, wenn sie gleich an den ersten Übungstagen wiederholt Panikzustände erleben und deren Bewältigung erlernen. Dies lässt sich durch die sofort einsetzende kognitive Umstrukturierung im Rahmen dieser „Realitätstestung“ erklären. Hand [92] stellt dazu fest: „Am erfolgreichsten unter den phobischen Patienten scheinen jene aus den Phobieübungen hervorzugehen, die bereits am ersten Übungstag ein bis mehrere akute Panikattacken erleben und an ihnen eine erfolgreiche Bestätigung des ihnen vermittelten Therapieprinzips erfahren konnten. Patienten, die emotionale Reaktionen durchgängig ängstlich-gespannt unterdrücken, scheinen, wenn es dem Therapeuten nicht gelingt, diese Haltung zu lockern, kaum zu profitieren und die Therapie als ausgesprochen unangenehm zu erleben.“
Nach einer Studie sind 10 Übungstermine täglich hintereinander wesentlich wirkungsvoller als 10 Übungstermine über 10 Wochen verteilt. Eine intensive, engmaschig angelegte Angstbehandlung führt somit zu einem viel größeren Gesamteffekt. Auf derartigen Erkenntnissen beruht letztlich der Erfolg von Kurzzeit-Intensivtherapien wie z.B. in der Christoph-Dornier-Stiftung oder bei stationären Aufenthalten [93]. Eine andere Untersuchung [94] ergab den überraschenden Befund, dass ein standardisiertes Vorgehen bessere Erfolge erzielen kann als das individuelle Eingehen auf die Problemlage der Patienten. Dies hängt wohl damit zusammen, dass es bei Agoraphobikern zentral darauf ankommt, das Vermeidungsverhalten zu unterbrechen, wie dies im Standardprogramm vorgesehen ist, während in individualisierten Therapien zwar alle möglichen Probleme angesprochen werden, Patient und Therapeut jedoch leicht die Notwendigkeit eines direkten Unterbrechens des Vermeidungsverhaltens übersehen können. Ansonsten spricht diese Studie natürlich nicht gegen das Grundprinzip der individuellen Problemanalyse und Behandlungsplanung. Vergleichende Studien hinsichtlich gestufter und massierter Reizkonfrontation belegen, dass in der Regel eine Reizüberflutungstherapie (Flooding) rascher, effizienter und dauerhafter wirkt [95]. Zumindest gilt dies für Menschen mit Agoraphobie ohne weitere Störungen (Depression, Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch). Im klinischen Alltag findet man viele Patienten mit psychischer Mehrfacherkrankung, die oft nicht allein durch eine Konfrontationstherapie erfolgreich behandelt werden können. Wenn eine Agoraphobie mit einer anderen psychischen Störung (z.B. Depression) verbunden ist, sinkt die Erfolgsrate der Therapie von 75-80% auf 50-60% ab. Bei komorbiden Agoraphobikern ist eine gestufte Reizkonfrontation bei der Hälfte erfolgreich, sodass seine Anwendung im Rahmen von Selbsthilfeanleitungen gerechtfertigt ist. Das gestufte Vorgehen nach dem Selbsthilfemanual von Mathews u.a. [96] erbrachte in Hamburg immerhin einen Erfolg bei 54% der Fälle (schwere Agoraphobien). Das Agoraphobie-Behandlungsprogramm von Sigrun Schmidt-Traub setzt grundsätzlich auf eine gestufte Konfrontationstherapie. Den Therapeuten der Christoph-DornierStiftung sind dagegen die Erfolge der gestuften Angstbehandlung zu gering und die Rückfallsrate zu hoch. In einer Untersuchung von Hand et al. [97] war eine Gruppenbehandlung mit intensiver therapeutenbegleiteter Konfrontation einer Konfrontationstherapie nach einem Selbsthilfemanual nur dann effektiver, wenn eine besonders schwere Agoraphobie und/oder eine zusätzliche sekundäre Depression vorhanden war.
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Verschiedene Studien konnten nachweisen, dass eine therapeutengeleitete Konfrontationstherapie der Selbstkonfrontation nur wenig oder überhaupt nicht überlegen ist. Eine umfangreiche Studie des Teams um Marks in London [98] verglich die Therapieeffekte bei phobischen Patienten (Agoraphobie, soziale oder spezifische Phobie) unter drei Bedingungen: therapeutenbegleitete Konfrontationstherapie mit anschließender Selbstexpositionstherapie, reine Selbstexpositionstherapie, Entspannungstraining ohne Konfrontationstherapie. Nach achtwöchiger Therapie sowie 14 und 26 Wochen später waren beide Formen der Konfrontationstherapie der reinen Entspannungstechnik deutlich überlegen. Die tägliche sechsstündige, eigenständige Konfrontationstherapie hatte den größten und anhaltendsten Effekt. Eine zusätzliche neunstündige, therapeutenbegleitete Konfrontationstherapie führte zu keinen besseren Therapieeffekten, außer bei einigen Patienten mit sozialer Phobie. Unter dem Aspekt von Aufwand und Ertrag („ökonomisches Prinzip“ der Verhaltenstherapie) ist die vom Patienten allein durchgeführte Konfrontationstherapie die effektivste Behandlungsmethode bei Agoraphobie. Nach den Erfahrungen von Marks ergaben sich bei zahlreichen Patienten, die stundenlange therapeutenbegleitete Konfrontationstherapien erlebt, jedoch keine eigenständige Konfrontationstherapie unternommen hatten, rasch Rückfälle, wenn die Therapeutenbegleitung beendet wurde. In einer Studie [99] wurden Agoraphobiker unter drei Bedingungen behandelt: 1. vierwöchige intensive Selbstkonfrontation über täglich 2-5 Stunden ohne Begleitperson, jedoch mit Unterrichtung über gestufte und massierte Konfrontation sowie mit 5 zweistündigen Gesprächskontakten, 2. Partnergeleitete gestufte Konfrontation mit Erlaubnis zur Angstvermeidung, 3. Therapeutenbegleitete verlängerte Reizkonfrontation in der Gruppe. Die Selbstkonfrontationsgruppe erbrachte mindestens so gute Resultate wie die beiden anderen Behandlungsmethoden. Insgesamt waren 62% aus der Gruppe der Selbstkonfrontation deutlich gebessert oder völlig symptomfrei. Marks [100] fasste 1993 den Forschungsstand noch immer gültig derart zusammen: „Die Reizkonfrontation ist die Methode der Wahl bei der Behandlung der Agoraphobie/Panik, von sozialen, spezifischen und anderen Phobien, der Zwangskrankheit und vermutlich auch der posttraumatischen Streßerkrankung... Es ist unnötig, die Angst des Patienten während der Reizkonfrontation auf ein Maximum zu erhöhen, etwas Unbehagen scheint jedoch notwendig zu sein. Dies bezeichnet man als emotionale Beteiligung am Prozeß der Reizkonfrontation. Wenn sich der Patient während der Reizkonfrontation zurückzieht, ohne das Gefühl des üblichen Unbehagens als Merkmal seiner Angststörung zu erleben, ist eine Besserung unwahrscheinlich. Verläuft die Reizkonfrontation zu langsam, dann wird es zu lange dauern, bis eine deutliche Besserung eintritt... Früher war es üblich, die Reizkonfrontation in Gegenwart des Therapeuten durchzuführen; zahlreiche kontrollierte Studien haben jedoch gezeigt, daß seine Anwesenheit nicht unbedingt notwendig ist. Die Angst vermindert sich bei der Reizkonfrontation mit derselben Geschwindigkeit, unabhängig davon, ob der Therapeut anwesend ist oder nicht. Keine kontrollierte Studie hat bisher nachweisen können, daß die therapeutenbegleitete Reizkonfrontation signifikant überlegen ist. Entscheidend ist die vom Patienten selbst durchgeführte Reizkonfrontation. Wenn der Patient selbst keine Reizkonfrontation durchführt, dann ist es eher unwahrscheinlich, daß die Fortschritte, die mit Hilfe des Therapeuten erzielt werden, langfristig aufrechterhalten werden können. Die Rolle des Therapeuten besteht hauptsächlich in der eines Anleiters, Trainers und Überwachers. Diese Anleitung muß individuell auf den Patienten abgestimmt sein, wenn sie etwas bewirken soll... Die Erkenntnis der Bedeutung der vom Patienten selbst durchgeführten Reizkonfrontation und der Redundanz einer therapeutisch begleiteten Reizkonfrontation ist für die Behandlung wichtig. Sie hat den Zeitaufwand für den Therapeuten verkürzt, jedoch nicht für den Patienten, der hart arbeiten muß, um Verbesserungen zu erzielen...
Erfolge der Verhaltenstherapie bei Angststörungen
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Die vom Patienten durchgeführte Reizkonfrontation ist eine selbstregulierende Behandlungsart. Es wird den Patienten empfohlen, ein Selbstkonfrontationsmanual ... zu lesen, bevor sie mit der Behandlung beginnen, damit sie ein gutes Verständnis dafür bekommen, was notwendig ist, und zum Partner des Therapeuten werden, indem sie ihre eigene Behandlung gestalten, bewerten und ausführen. Ihnen wird erklärt, daß ihre eigenen Vorschläge und Initiativen zur Durchführung der Reizkonfrontation zu Hause wichtiger sind als die des Therapeuten. Sie werden unterwiesen, mit Rückfällen umzugehen, Rückschläge zu erwarten, und es wird vorher eingeübt, wie ein Rückfall im Keim erstickt werden kann. Hierzu werden geeignete Reizkonfrontationsaufgaben vorbereitet, um dem unverzüglich und schnell entgegenzuwirken. Die Patienten lernen, die Selbstkonfrontation als ständige Bewältigungsstrategie anzuwenden... Kurz gesagt, die vom Patienten selbst durchgeführte Reizkonfrontation ist die zuverlässigste und die am längsten wirksame Behandlungsmethode für die meisten Angsterkrankungen. Sie wird von den meisten Kranken akzeptiert und wird zu einer ständigen Bewältigungsstrategie... Die Reizüberflutungsform der Konfrontationsbehandlung ist üblicherweise unnötig, ebenfalls die Entspannungstechnik und die vom Therapeuten begleitete Reizkonfrontation.“
Marks fasste bereits im Jahr 2000 in seinem Artikel „Fear reductions by psychotherapies. Recent findings, future directions“ die Forschungsbefunde der 1990er-Jahre zusammen, wonach neben der Konfrontationstherapie auch nicht-konfrontative Behandlungsmethoden wirksam sind (d.h. das Dogma unbedingter Konfrontation ist veraltet): z Muskelanspannung bei Blutphobie zur Hebung des Blutdrucks. z Kognitive Therapie: bei Panikstörung mit und ohne Agoraphobie, Zwangsstörung, posttraumatischer Belastungsstörung, Hypochondrie. z Selbst-Reflexions-Training als eine bestimmte Form des Problemlösens bei generalisierter Angststörung. z Achtsamkeitsmeditation nach Kabat-Zinn: differenzierte Körperwahrnehmung (Body Scan), Hatha Yoga, Instruktion, alle während des Meditierens auftretenden Gedanken nur als Gedanken zu verstehen und bei diesen Gedanken zu verweilen, bis sie verschwinden, was man als eine Art der Konfrontationstherapie verstehen kann. Reinecker [101] stellt aufgrund der Studienergebnisse folgende Überlegungen an: „Als Resümee zu dem Problem der Konfrontation, Vermeidung und Angstreduktion kann man festhalten, daß Konfrontation praktisch in allen Fällen eine hinreichende Bedingung für die Angstreduktion darstellt. So gesehen steht die Bedeutung dieses Prinzips für die Behandlung von Phobien außer Frage. Auf der anderen Seite zeigen die verschiedenen Argumente, daß die Technik der Konfrontation offenbar nicht in jedem Falle notwendig ist, um einen Prozeß der Angstreduktion in Gang zu setzen.“
Die 2001 veröffentlichte Meta-Analyse von Ruhmland und Margraf [102] bezüglich psychologischer Studien bei Panikstörung mit Agoraphobie erbrachte im Vergleich zur Wartelistenkontrollgruppe große Effekte am Therapieende bezüglich der Konfrontation in vivo (ES = 1,64) und der kognitiv-behavioralen Therapie (ES = 1,19). Hinsichtlich der Reduktion der Lebensbeeinträchtigung und der Panikattacken war die Konfrontationstherapie in vivo die effektivste Therapiemethode (ES = 2,11 bzw. ES = 1,32), verglichen mit kognitiv-behavioraler Therapie, kognitiver Therapie und nondirektiver Therapie. 7-24 Monate später ergab sich hinsichtlich der Hauptsymptomatik der Panikstörung mit Agoraphobie bei der Konfrontation in vivo sogar eine sehr hohe Effektstärke von 3,23, d.h. eine wesentlich größere Wirksamkeit als am Therapieende, was die Stabilität der Therapieerfolge von Konfrontationstherapien in beeindruckender Weise aufzeigt. Bei der Auswertung von Langzeiteffekten einer Kurzzeit-Verhaltenstherapie im Rahmen von 11 Studien aus verschiedenen Ländern mit insgesamt 474 AgoraphobiePatienten konnte eine durchschnittliche Erfolgsrate von 76% ermittelt werden [103].
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Trotz der hohen Erfolgswahrscheinlichkeit wird die Expositionstherapie im deutschen Sprachraum viel zu wenig und selbst von deutschen Verhaltenstherapeuten zu selten eingesetzt. Eine mögliche Erklärung dafür sind die ungünstigen Bedingungen im Rahmen von Verhaltenstherapien, wenn sie von den Krankenkassen bezahlt werden (wie in Deutschland) oder zumindest bezuschusst werden (wie in Österreich). Eine Studie der italienischen Arbeitsgruppe um Fava belegt in beeindruckender Weise, wie erfolgreich ein Behandlungszyklus von 12 halbstündigen Selbst-Expositionen sein kann. Von 93 Patienten erreichten 81 eine vollständige Remission ihrer panischen und agoraphobischen Symptome, 76 waren nach 5 Jahren und 67 nach 7 Jahren noch symptomfrei. Von insgesamt 132 Panikpatienten mit Agoraphobie hatten nur 23% einen Rückfall, 77% der Patienten blieben durch die Konfrontation in vivo symptomfrei. Eine Konfrontationstherapie kann Auswirkungen auf die Partnerschaft haben: 1. bei Erfolg eine positive Veränderung der Ehequalität; 2. bei einem Teil der Patienten eine Irritation der Beziehung, ohne dass sich dies negativ auf den Therapieerfolg auswirken muss; 3. Auslösung von Störungen in der Zweierbeziehung, begleitet von Rückfällen. Nach einer Hamburger Untersuchung [104] ging eine erfolgreiche Konfrontationstherapie bei Patienten mit Eheproblemen – ähnlich wie bei der Marburger Studie – gehäuft mit Trennung oder Veränderung der Partnerschaft einher, sofern die Agoraphobie bei den Patienten nicht mit primären sozialen Ängsten und Defiziten verbunden war. Die Partner von Agoraphobikern müssen auf den raschen Symptomabbau vorbereitet werden. Wenn nach jahrelanger Krankheit eine Konfrontationstherapie die Symptomatik in 3-5 Tagen zu beseitigen vermag, kann dies beim Partner zu aggressiven Reaktionen statt zur Entlastung führen, weil er sich hinterher getäuscht und missbraucht fühlen kann. Innerhalb der verhaltenstherapeutisch orientierten Studien zeigte sich, dass die therapeutische Arbeit an Bewältigungsstrategien eine geringere Zahl an Abbrechern, höhere Erfolgsquoten und geringeres Wiederauftreten an Panikattacken bewirkte als eine reine Konfrontationstherapie. 10-25% der Agoraphobiker lehnen aus unterschiedlichen Gründen eine Konfrontationstherapie ab. Zur Thematik aller Angststörungen gibt es mehrere Meta-Analysen der Therapieeffekte bei Kombinationsbehandlungen von Verhaltenstherapie und Psychopharmakotherapie. Die Studienergebnisse und Überblicksstudien sind jedoch widersprüchlich, sodass erst weitere Studien endgültige Klarheit bringen werden. Grundsätzlich fällt auf, dass Psychologische Psychotherapeuten eher die Vorteile einer rein verhaltenstherapeutischen Behandlung betonen (vor allem die Zuschreibung der Erfolge auf das eigene Bemühen und nicht auf die Medikamente), während Psychiater, auch wenn sie Verhaltenstherapeuten sind, eher die Vorteile einer Kombinationstherapie hervorheben. Aus der Sicht von Psychiatern gibt es keine ausreichenden Studienbelege für die Behauptung, dass bei einer gleichzeitigen Pharmakotherapie die erreichten Behandlungserfolge langfristig gefährdet würden, weil die Erfolge der Konfrontationstherapie von den Patienten auf die Medikamente und nicht auf ihre eigenen Bemühungen zurückgeführt würden. In der Praxis sollte zumindest in der akuten Behandlungsphase eine Kombinationstherapie erfolgen, die in verschiedenen Studien deutliche Erfolgssteigerungen bewirkte. Zur Kombination von Konfrontations- und Benzodiazepin-Therapie gibt es nur einige wenige gute kontrollierte Studien aus den 1990er-Jahren, die laut Cochrane Collaboration (www.cochrane.org) zur Feststellung führen, dass die Kombinationstherapie nicht wirksamer ist als eine reine Psychotherapie.
Erfolge der Verhaltenstherapie bei Angststörungen
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1993 wurde eine umfangreiche Studie veröffentlicht, die unter Leitung von Marks [105] in London und Toronto bei Patienten mit Panikstörung mit Agoraphobie den Effekt einer Konfrontationstherapie im Vergleich zu Tranquilizer Alprazolam (Tafil®, Xanor®) im Rahmen einer achtwöchigen Therapie erhoben. Die Expositionsbehandlung hatte einen doppelt so hohen Effekt wie Alprazolam. Schrittweises Reduzieren und anschließendes Absetzen von Alprazolam führte bei der rein pharmakotherapeutisch behandelten Gruppe zu einem Rückfall auf das Ausgangsniveau. Bei der Gruppe mit Reizkonfrontation blieben die Erfolge stabil. Die Kombination von Alprazolam und Expositionsbehandlung bewirkte während der Behandlung kurzfristig sehr gute Effekte, bei der späteren Nachuntersuchung hatte die Gruppe mit nur Reizkonfrontation bessere Erfolge als die Gruppe mit der Kombination von Reizkonfrontation und Alprazolam. Mehrere Studien [106] weisen darauf hin, dass die Verringerung der Angst vor den Paniksymptomen die entscheidende Komponente ist, ob Panikpatienten die einmal eingenommenen Medikamente wie Alprazolam leicht wieder absetzen können oder langfristig beibehalten. Die kognitive Verhaltenstherapie und die Konfrontationstherapie verhelfen zur Erfahrung der Bewältigbarkeit von Panikattacken, sodass die Erwartungsängste geringer werden. Dieser Umstand scheint ausschlaggebend dafür zu sein, dass bei verschiedenen Studien die Kombinationstherapien nicht nur eine raschere, sondern auch eine bleibend bessere Wirksamkeit aufweisen als die Monotherapien. Neueste Tendenzen aus den USA erwecken den Eindruck, als wäre bei klarer Festlegung einer kurzen Einnahmezeit (z.B. zwei Wochen) und bei fixer Vereinbarung einer anschließenden Verhaltenstherapie die regelmäßige Einnahme einer niedrigen Dosis von Alprazolam keineswegs schädlich, wenn auf das anschließende Ausschleichen der Medikation geachtet wird [107]. Nach einer 1995 veröffentlichten niederländische Studie [108] zur Behandlung von Panikstörung mit Agoraphobie war die Kombination von Fluvoxamin (Fevarin®, Floxyfral®) und Expositionstherapie den drei anderen Therapiebedingungen (Exposition + Placebo, psychologisches Management + Exposition, reine Exposition) deutlich überlegen, zumindest kurzfristig. Eine weitere 1995 vorgelegte Studie [109] bestätigte die Überlegenheit einer gleichzeitigen Psycho- und Pharmakotherapie. Die Kombination Paroxetin (Seroxat®, Tagonis®) und kognitive Therapie war bei der Behandlung von Panikstörungen wirkungsvoller als die Kombination von kognitiver Therapie und Placebo. Eine umfangreiche amerikanische Therapiestudie zur Behandlung von Panikstörungen mit Agoraphobie weist darauf hin, dass die Kombination von Imipramin (Tofranil®) und Verhaltenstherapie (Reizkonfrontation und kognitive Therapie) wesentlich effektiver ist als die jeweilige Monotherapie [110]. Eine Analyse von 11 Studien [111] zur Kombinationstherapie bei Panik- und Agoraphobie-Patienten ergab, dass die Kombinationsbehandlungen den jeweiligen Monotherapien (Konfrontationstherapie bzw. Psychopharmakotherapie mit Antidepressiva oder Benzodiazepinen) bei Abschluss der Behandlung zumindest leicht überlegen war, soweit es die Beseitigung von phobischer Angst, phobischem Vermeidungsverhalten, Depression und psychosozialen Funktionsbeeinträchtigungen betraf. Die Kombinationstherapie erwies sich auch bei der Reduktion von Panikattacken der reinen Verhaltenstherapie leicht überlegen, der reinen Psychopharmakotherapie mit Imipramin jedoch nicht. Eine weitere Analyse zahlreicher Studien [112] zur Effizienz der Behandlung von Panikattacken und Agoraphobie mittels Verhaltenstherapie und Psychopharmakotherapie ergab, dass die Verhaltenstherapie und die Kombinationstherapie einen größeren Effekt aufwiesen als eine ausschließliche Psychopharmakotherapie.
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Nach einer anderen Zusammenfassung der Forschungsergebnisse [113] ist bei Berücksichtigung verschiedener Kriterien (Abbrecherquote, Erfolgs- und Rückfallsraten, kurz- und langfristige Effekte) die reine Verhaltenstherapie am effektivsten, während die Kombination von Verhaltenstherapie und Pharmakotherapie keinen entscheidenden Vorteil bei der Behandlung von Panikstörungen und Agoraphobie bringt. Die bedeutsamste, umfangreichste und aussagekräftigste Zusammenfassung des Forschungsstands zur Kombinationstherapie (23 Studien) wurde von der Cochrane Collaboration (www.cochrane.org) vorgenommen. Demnach ist die Kombinationstherapie von Psychotherapie und Antidepressiva bei der Behandlung von Panikpatienten mit und ohne Agoraphobie der jeweiligen Monotherapie in der akuten (anfänglichen) Behandlungsphase eindeutig überlegen. Langfristig gesehen ist die Kombinationstherapie gleich effektiv wie die Psychotherapie und besser wirksam als eine reine Antidepressivatherapie. Die Kombinationstherapie führte in der akuten Behandlungsphase zu mehr Ausfällen, bedingt durch die für verschiedene Patienten unerträglichen Nebenwirkungen der Antidepressiva. Die Überlegenheit der Kombinationstherapie blieb so lange bestehen, als Antidepressiva eingenommen wurden. Die reine Psychotherapie war langfristig nicht wirksamer als die Kombinationstherapie. Von den verschiedenen Psychotherapiemethoden zeigten die behavioralen und kognitiv-behavioralen Therapien die beste Wirksamkeit. Die Studienautoren geben bei Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie folgende Behandlungsempfehlungen ab: Die Therapie der ersten Wahl ist entweder die Kombinationstherapie oder eine reine (primär verhaltenstherapeutisch orientierte) Psychotherapie. Das Vorgehen hängt einerseits von den Wünschen der Patienten und andererseits von den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ab. Eine reine Antidepressivatherapie ist nicht die Methode der ersten Wahl, wenn eine wirksame Psychotherapie möglich ist Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, bleibt die Antidepressivatherapie leider als einzige Behandlungsform übrig. Ohne ausreichende Absicherung durch entsprechende Studien empfehlen die Autoren auch die Psychotherapie als einzige Methode der ersten Wahl und schlagen bei deren Scheitern eine anschließende Kombinationstherapie vor. Angesichts der vorliegenden Studien müssen jene Verhaltenstherapeuten umdenken, die bisher gegen jede begleitende Psychopharmakotherapie eingestellt waren. Der Gesichtspunkt, dass die Bewältigung einer Panikstörung mit Agoraphobie ausschließlich aus eigenen Kräften gelingen sollte, weil die Selbstzuschreibung des Erfolgs entscheidend sei für den Abbau von Erwartungsängsten hinsichtlich des Auftretens neuerlicher Panikattacken, scheint nicht im Widerspruch zu stehen mit einer gleichzeitig gegebenen medikamentösen Therapie. Auf der anderen Seite empfehlen biologisch orientierte Psychiater heute oft auch eine gleichzeitige Verhaltenstherapie, um bei einer Medikamentenreduktion die ansonsten häufig gegebene hohe Rückfallsgefahr zu vermindern.
Panikstörung Die Behandlung von Panikstörungen ohne Agoraphobie nach dem 15 Sitzungen umfassenden Therapiekonzept von Margraf und Schneider [114] brachte bei 80% eine dauerhafte Beseitigung der Panikattacken. Nach Studien in den USA, England, Deutschland und Italien sind zwei Jahre nach der Behandlung ebenfalls rund 80% der Panikpatienten nicht nur symptomfrei, sondern zeigten auch wesentliche Verbesserungen hinsichtlich allgemeiner Ängstlichkeit, panikrelevanter Denkmuster, phobischem Vermeidungsverhalten und Depression [115].
Erfolge der Verhaltenstherapie bei Angststörungen
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Nach der von Ruhmland und Margraf [116] 2001 veröffentlichten Meta-Analyse von sechs Studien zur kognitiv-behavioralen Therapie bei Panikstörung ohne Agoraphobie ergab sich in der Hauptsymptomatik und der Anzahl der Panikattacken eine Effektstärke von 1,32 bzw. von 1,24, d.h. ein sehr guter Therapieeffekt, verglichen mit einer Wartelistenkontrollgruppe. Bei zusätzlicher agoraphobischer Vermeidung ist, wie bereits erwähnt, eine Konfrontationstherapie am effektivsten. Gegenwärtig (2006-2009) läuft im Rahmen des Forschungsverbunds Psychotherapie eine Studie zur Verbesserung der Behandlung der Panikstörung. In einer Gruppe erfolgen Expositionen im Beisein des Therapeuten, in der anderen Gruppe führen die Patienten die Expositionen eigenständig durch. Daneben gibt es eine Wartekontrollgruppe. Eine Zusammenfassung [117] von 12 Kombinationsstudien (Imipramin und Konfrontationstherapie) bei Panikpatienten mit zumindest leichter zusätzlicher depressiver Symptomatik ergab eine deutliche Überlegenheit der Kombinationstherapie in Bezug auf die Verbesserung der phobischen Symptomatik im Vergleich zur reinen Psychopharmakotherapie. Die reine Konfrontationstherapie war zwar kurzfristig genauso wirksam wie die Kombinationsbehandlung, bei der Untersuchung der Langzeiteffekte zeigte sich jedoch eine Überlegenheit der Kombinationstherapie bei der Reduzierung der phobischen Symptomatik, der allgemeinen Ängstlichkeit und der Depressivität. Eine Studie von Margraf und Schneider [118] an 66 Patienten, die durchschnittlich seit sieben Jahren an Panikstörungen litten, ergab einen beträchtlichen Kosteneinsparungseffekt im Gesundheitssystem allein durch die Teilnahme an 15 Sitzungen der beschriebenen Gruppentherapie. Eine amerikanische Studie belegte, dass die kognitive Verhaltenstherapie wesentlich kostengünstiger ist als eine Psychopharmakotherapie.
Generalisierte Angststörung Die Erfolge der Verhaltenstherapie bei generalisierten Angststörungen sind noch unzureichend, wie Meta-Analysen von Ruhmland und Margraf aufzeigen (mittlere Prä-postEffektstärken zwischen 0,46 und 1,43). Die kognitiv-behaviorale Therapie (ES = 1,43) und die kognitive Therapie (ES = 1,20) erzielten die größten Erfolge bezüglich der Hauptsymptomatik der generalisierten Angststörung. Eine bedeutsame Studie erbrachte nach einem Jahr bei 57,9% der Behandelten nahezu eine Heilung [119]. Nach einem Studienüberblick durch die Cochrane Collaboration (www.cochrane.org) war die kognitiv-behaviorale Therapie bei 46% der Patienten erfolgreich. Die langfristigen Behandlungserfolge sind dagegen noch unzureichend belegt. Die Studienautoren plädieren für die Berücksichtigung erfolgreicher Konzepte aus der kognitiv-analytischen Therapie und der interpersonellen Therapie, um die Therapieerfolgsrate zu erhöhen. Die niedrigere Erfolgsrate hängt damit zusammen, dass bei dieser Störung der Aspekt der Vermeidung bestimmter Situationen nur eine geringe Rolle spielt und daher über Konfrontationstechniken allein kein ausreichender Therapieerfolg gesichert werden kann. Mangels umschriebener phobischer Symptomatik ist in vielen Fällen eine kognitive Therapie von zentraler Bedeutung. Die im Vergleich zu anderen Angststörungen unbefriedigenden Erfolgsraten im Rahmen der traditionellen verhaltenstherapeutischen Behandlungsmethoden können nur durch die Einbeziehung neuer Strategien erhöht werden. Unspezifische kognitive Therapien in Verbindung mit Entspannungstechniken zur Reduzierung des erhöhten Anspannungsniveaus sind unzureichende Behandlungsansätze.
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Effektiver ist die Konzentration auf den Prozess des ständigen Sich-Sorgens, dessen Provokation und Bewältigung. Neuere, spezifischere Konzepte von Dugas und Robichaud [120] führten bei 60-77% der Patienten zu Behandlungserfolgen und bei 62-65% zu wesentlich besserer Lebensqualität. Gegenwärtig (2009) läuft eine Vergleichsstudie zwischen kognitiver Verhaltenstherapie und analytischer Kurztherapie (25 Stunden) bei generalisierter Angststörung.
Spezifische Phobie Die erfolgreiche Behandlung monosymptomatischer Phobien begründete den Ruf der Verhaltenstherapie als effiziente Therapiemethode. Die meisten Therapiestudien der 1960er- und 1970er-Jahre belegten die Wirksamkeit der systematischen Desensibilisierung bei spezifischen Phobien. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich die gestufte bzw. massierte Reizkonfrontation als weitaus effizienter erwiesen. Die meisten Wirksamkeitsstudien beziehen sich auf folgende spezifische Phobien: Tierphobien, Blut-, Spritzen- und Verletzungsphobien, Dentalphobie, Klaustrophobie, Höhenphobie, Flugphobie. Insgesamt ergaben sich in 80-95% der Fälle klinische Verbesserungen [121]. Die Prä-post-Effektstärken für die Konfrontationsverfahren waren nach den MetaAnalysen von Ruhmland und Margraf durchwegs hoch (ES zwischen 1,42 und 2,06).
Soziale Phobie Die Kombination von sozialem Kompetenztraining, Reizkonfrontation in der Realität und kognitiver Umstrukturierung führt bei 80-85% der Sozialphobiker zu Besserungen. Nach amerikanischen Studien der Gruppe um Heimberg [122] ist die Kombination von kognitiver Therapie (Analyse und Änderung negativer Denkmuster in sozialen Situationen) und Konfrontationsübungen (Verhaltenstraining in der Gruppe und zu Hause) wirksamer als jedes der beiden Therapiekonzepte allein (Erfolgsraten: 60-80%). Während frühere Studien Gruppen- und Einzeltherapie als gleich wirksam ansahen, weisen neuere Studien auf größere Therapieeffekte bei Einzeltherapien hin. Nach den Meta-Analysen von Ruhmland und Margraf [123] ergaben sich mit einer durchschnittlichen Effektstärke von 1,0 gute und dauerhafte Verbesserungen der sozialphobischen Symptomatik durch Konfrontation und kognitiv-behaviorale Therapie. Im Einzelnen wurden folgende Effektstärken für die verschiedenen Behandlungsmethoden eruiert: kognitive Umstrukturierung + Exposition: 1,07; Exposition alleine: 1,76; kognitive Umstrukturierung alleine: 1,13; soziale Kompetenmztrainings: 0,85; Entspannungstraining: 0,44. Eine reine Konfrontationsbehandlung führt zu ebenso guten Ergebnissen wie deren Kombination mit kognitiver Umstrukturierung, doch auch eine reine kognitive Therapie ohne Konfrontation war sehr erfolgreich. Ein soziales Kompetenztraining verringert eine Sozialphobie nur dann, wenn es mit kognitiver Therapie verbunden wird. Neuere Studien zeigen eine beachtliche Effizienzsteigerung durch die kognitivbehaviorale Therapie von Clark und Wells [124]. Die Effektstärken für die kognitive Therapie generalisierter sozialer Ängste betrugen in einer ersten Therapiestudie am Therapieende ES = 2,14 und drei Monate danach ES = 2,57. Nach einer weiteren Studie war die kognitive Therapie (ES = 2,39 am Therapieende und ES= 2,41 drei Monate später) der Expositionstherapie überlegen (ES = 1,25 und ES = 1,28).
Erfolge der Verhaltenstherapie bei Angststörungen
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Zwangsstörung Die Cochrane Collaboration (www.cochrane.org) bestätigt in einer differenzierten Untersuchung der vorhandenen Studien die Wirksamkeit der behavioralen, kognitiven und kognitiv-behavioralen Therapiemethoden bei Zwangsstörungen [125]. Eine Meta-Analyse von 24 Studien zur Expositionstherapie mit Reaktionsverhinderung (Verzicht auf Rituale) durch Abramowitz belegte die Wirksamkeit der Therapie am Ende (ES = 1,16 nach Selbstbeurteilung, ES = 1,41 nach klinischer Beurteilung) ebenso wie zu einem späteren Zeitpunkt (ES = 1,10 bzw. 1,57). Eine zusätzliche kognitive Therapie verbessert den Therapieerfolg, sodass die kognitiv-behaviorale Therapie die wirksamste Psychotherapie bei Zwangsstörungen ist. Laut einer holländischen Studie ist die kognitive Therapie bei Patienten mit Zwangsstörungen mindestens so effektiv wie die Konfrontationstherapie mit Reaktionsverhinderung. Es finden sich immer mehr Hinweise darauf, dass – im Gegensatz zu früheren Auffassungen – in der Behandlung von Denkzwängen ähnliche Erfolge möglich sind wie bei der Behandlung von Handlungszwängen [126]. Nach der Analyse von 16 Effizienzuntersuchungen [127] weist die Verhaltenstherapie bei Zwangsstörungen eine Erfolgsquote von 50-80% auf (durchschnittlich 75%). Nach einer amerikanischen Meta-Analyse bewirkt die Expositionstherapie mit Reaktionsverhinderung bei drei Drittel der Zwangspatienten eine Besserung oder Heilung. Nach der 2001 veröffentlichten Meta-Analyse relevanter Studien von Ruhmland und Margraf ist mit kognitiv-behavioraler Therapie und Konfrontation eine deutliche Verbesserung der Zwangssymptomatik erreichbar, die analysierten Studien stammten jedoch aus dem Forschungsbereich (besondere Patientenselektion, Randomisierung und somit keine Wahl einer spezifischen Behandlung), weshalb auf die Notwendigkeit von mehr Studien aus der klinischen Praxis hingewiesen wurde. Es ist ein Faktum: Hohe Erfolgsquoten zwischen 70 und 80% stammen meist oft aus Universitätskliniken und Forschungseinrichtungen mit ausgelesenen Stichproben (vorwiegend isolierte Wasch- und Kontrollzwänge ohne Komorbidität). In der klinischen Praxis (stationär und ambulant) ergibt sich ein jahrelang anhaltender Behandlungserfolg nur bei etwa der Hälfte der Zwangskranken. Bei 39 Zwangspatienten der Hamburger Verhaltenstherapie-Ambulanz ergab sich eine Erfolgsrate von 66% (großteils Waschund Reinigungszwänge). Bei einer Gruppe von Zwangskranken im Rahmen des Versorgungsauftrags, die oft eine psychische Mehrfacherkrankung aufwiesen, konnte in der Hamburger Klinik gar nur eine Erfolgsquote von 49% erreicht werden [128]. Die Ergebnisse einer Langzeitverlaufsbeobachtung aller seit 1992 in der Klinik Windach bei München mit verhaltenstherapeutischen Methoden stationär behandelten Zwangspatienten [129] belegen die Grenzen der Therapie bei schweren Störungen. Von 148 untersuchten Patienten zeigten nach jeweils knapp vier Monaten stationärem Aufenthalt 70-85% eine Besserung. 3-8 Jahre (durchschnittlich 5,8 Jahre) nach der Entlassung wiesen nur mehr 51,5% eine deutliche oder leichte Besserung auf (3,3% sehr deutlich, 16,5% signifikant, 31,9% leicht gebessert, dagegen 37,3% gleich schlecht, 11% verschlechtert). Nach Reinecker [130] bestehen bei der Verhaltenstherapie von Zwangsstörungen folgende Misserfolge: 5-25% Therapieverweigerer, 0-12% Ausfälle während der Therapie (Drop-outs vor Zielerreichung), 15-40% Misserfolge in der Behandlung (d.h. keine Besserung um mehr als 30% der Problematik auf verschiedenen Messebenen), 20-30% Rückfälle nach 1-2 Jahren (oft durch psychosozialen Stress bedingt).
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Die Einbeziehung der Angehörigen verbessert die Ergebnisse, doch zeigen die Erfahrungen von Iver Hand [131], dass symptomzentrierte Interventionen zu Therapiebeginn den Therapieprozess beschleunigen. Eine Partnertherapie ist selten ausreichend. Eine partnerunterstützte Therapie brachte nach einer niederländischen Studie keine Verbesserung gegenüber einer Einzeltherapie. Nur wenige Patienten können als völlig geheilt bezeichnet werden. Häufig bleiben einige Reste an zwanghaften Gedanken oder Ritualen bestehen. An diesen halten die Betroffenen weiterhin fest, im Unterschied etwa zu Patienten mit Phobien und Panikstörungen. Dies weist auf die Massivität der verursachenden Bedingungen (kognitive Faktoren, soziale Defizite, biologische Komponenten) sowie auf die Bedeutung der Persönlichkeitsprägung durch die oft jahrzehntelangen Zwänge hin. Die Annahme einer zugrunde liegenden anankastischen Persönlichkeitsstörung stellt dagegen keine ausreichende Erklärung für den zwanghaften Rest dar. Rückfälle sind vor allem dann zu erwarten, wenn keine positiven Alternativen zu den früheren Zwängen aufgebaut werden. An der bleibenden Restsymptomatik zeigt sich die Bedeutung gesellschaftlichnormativer Aspekte für Zwänge. Was aus Überzeugung vertreten wird, lässt sich therapeutisch oft nur schwer ändern (wenn z.B. bestimmte Zwangsgedanken als berechtigt anerkannt werden). Es zeugt von Respekt gegenüber dem Wertesystem des Patienten, wenn der Therapeut es akzeptiert, dass der Patient mit den erreichten Erfolgen zufrieden ist, obwohl sich aus therapeutischer Sicht daraus ein erhöhtes Rückfallsrisiko ergibt. Die Kombination von Verhaltenstherapie und Psychopharmakotherapie hat sich auch bei der Behandlung der oft nur schwer therapierbaren Zwangsstörungen bewährt. Aufgrund der relativ bescheidenen Wirksamkeit der Pharmakotherapie (nur bei etwa 40%) ist eine zusätzliche Verhaltenstherapie unbedingt erforderlich; deren Wirksamkeit kann wiederum – zumindest in bestimmten Fällen – durch Medikamente erhöht werden. Nach einer englischen Studie [132] aus den 1980er-Jahren war die Kombination von Clomipramin und Verhaltenstherapie nach 8 Wochen wirksamer in der Behandlung von Zwangsstörungen als die Kombination von Placebo und Verhaltenstherapie. Eine amerikanische Studie [133] verglich die Behandlungserfolge unter vier Therapiebedingungen (Verhaltenstherapie, Clomipramin-Behandlung, Verhaltenstherapie + Clomipramin, Placebobehandlung) und fand bei der Konfrontationstherapie mit Reaktionsverhinderung die stärksten und dauerhaftesten Erfolge. Bei derartigen Studien ist sicherlich zu bedenken, dass es sich dabei um einen extrem hohen verhaltenstherapeutischen Aufwand durch Topexperten bei einer hoch selektiven Stichprobe handelt, sodass die Ergebnisse nicht einfach auf die klinische Praxis übertragen werden können. Eine neuere deutsche Multicenter-Studie (Freiburg, Hamburg, Mannheim) an 60 schweren, 10 Wochen stationär behandelten Zwangspatienten [134] brachte folgende Befunde zum Verhältnis von Verhaltenstherapie (graduierte Konfrontation) und Psychopharmakotherapie (Fluvoxamin) bei Zwangsstörungen: z Psychotherapie und Pharmakotherapie waren gleichermaßen erfolgreich. z Die Kombination von Verhaltenstherapie und Fluvoxamin (Fevarin®, Floxyfral®) erhöht den Erfolg (durchschnittlich verabreichte Dosis: 288 mg Fluvoxamin). z Leidet der Patient primär an Zwangshandlungen, ist eine Verhaltenstherapie ausreichend, die Gabe eines Serotonin-Wiederaufnahmehemmers bringt keinen zusätzlichen Effekt. Bei einem Überwiegen der Zwangsgedanken ist die Kombination mit einem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer der reinen Verhaltenstherapie überlegen. z Bei einer sekundären Depression verbessert ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer den Effekt einer Verhaltenstherapie. Antidepressiva sind in diesem Fall bedeutsam.
Erfolge der Verhaltenstherapie bei Angststörungen
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Posttraumatische Belastungsstörung Eine Meta-Analyse belegt die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie bei posttraumatischen Belastungsstörung (ES = 1,66). Die in den letzten Jahren immer häufiger eingesetzte Methode EMDR ist ebenfalls erfolgreich (ES = 1,43). Die Behandlungserfolge sind bei beiden Therapiemethoden auch nach einem Jahr noch aufrecht. 30% der Behandelten haben nach der Therapie jedoch noch immer eine posttraumatische Belastungsstörung. Unter Berücksichtigung der Abbrecherquoten haben nur 54-60% der Behandelten nach der Verhaltenstherapie keine posttraumatische Belastungsstörung mehr. Trotz dieser im Vergleich zu anderen Angststörungen begrenzten Therapierfolge ist die kognitive Verhaltenstherapie der Pharmakotherapie eindeutig überlegen. Bei einfachen posttraumatischen Belastungsstörungen sind naturgemäß größere Heilungsraten zu erwarten als bei komplexen Traumastörungen. Nach vielen Studien besteht die bei allen möglichen posttraumatischen Belastungsstörungen wirksamste Therapie in der Kombination von Exposition in sensu und Exposition in vivo, d.h. in der Verbindung von imaginativer Konfrontationstherapie mit realer Konfrontation ohne Vermeidungsverhalten (soweit diese angesichts des erlittenen Traumas und der realen Umstände möglich und sinnvoll ist). In bestimmten Fällen (z.B. bei komplexer Traumatisierung) kann die Wirksamkeit noch gesteigert durch die Kombination von Expositionstherapie und kognitiver Therapie (z.B. Erkennen und Verändern dysfunktionaler Annahmen, veränderte Zuschreibung von Schuld und Verantwortung, Umgang mit Wut und Ärger, Neustrukturierung des negativen Selbstbildes). In anderen Studien zeigte die alleinige mentale Konfrontationstherapie eine gute Wirkung. Nach Studien aus der amerikanischen Arbeitsgruppe um Foa führte die Einbeziehung kognitiver Strategien zu keiner wesentlichen Effizienzsteigerung der Kombination von imaginativer Konfrontationstherapie und Exposition in vivo. Nach Ehlers weist der von ihr entwickelte Behandlungsansatz die höchsten Erfolgsquoten auf, verglichen mit einer Wartelistengruppe (ES = 2,25 in der Selbstbeurteilung, ES = 2,18 in der Fremdbeurteilung). Dies hänge möglicherweise damit zusammen, dass bei ihrem Ansatz die kognitiven Methoden eng verzahnt seien mit dem imaginativen Nacherleben, während in anderen Studien die kognitiven Interventionen stets nach ca. einer Stunde Nacherleben durchgeführt wurden. Das Stressinokulationstraining nach Meichenbaum (eine Mehrkomponententherapie) ist ebenfalls erfolgreich. Nachgewiesen ist auch die Effizienzsteigerung durch die Integration anderer Therapieelemente. Angstmanagementtraining, Affektregulierungstechniken, Biofeedback, Stressbewältigungs-, Selbstsicherheits- und Entspannungstrainings haben sich jedoch nur als zusätzliche, nicht jedoch als eigenständige Behandlungskonzepte bewährt. Die Technik der mentalen Reizüberflutung ergab bei Vietnam-Kriegsteilnehmern nach mehreren Studien [135] eine deutliche Verringerung der typischen Symptome der Übererregbarkeit und der unkontrollierbaren Überflutung durch die traumatisierenden Ereignisse. Albträume, belastende Flashbacks, Konzentrationsstörungen, Angstgefühle, Depressionen und psychosomatische Störungen gingen dauerhaft zurück. Bei komplexer Traumatisierung war die reine Expositionstherapie dagegen nicht so erfolgreich. Gestufte und massierte Konfrontationstherapien in der Vorstellung bei Vergewaltigungsopfern und Opfern nichtsexueller Gewalt, wie sie von der amerikanischen Gruppe um Foa [136] durchgeführt wurden, waren gleichermaßen wirksam. Dreieinhalb Monate später machten sich jedoch die positiven Auswirkungen der Konfrontationstherapie als wesentlichster Therapiebestandteil bemerkbar.
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Perspektivenerweiterung in der Verhaltenstherapie bei Angststörungen: Achtsamkeit und Akzeptanz als Ergänzung zur Veränderungsorientierung In der Verhaltenstherapie liegt der Schwerpunkt der Behandlung traditionellerweise auf der Veränderung bzw. Kontrolle des körperlichen Befindens, des sichtbaren Verhaltens, der Einstellungen und der Gefühle sowie auf der Beseitigung von Symptomen. Es ist daher auf den ersten Blick sehr verwunderlich, dass gerade in der Verhaltenstherapie die Thematik von Achtsamkeit und Akzeptanz zuerst in den USA seit der Mitte der 1990erJahre und später auch in Deutschland seit den frühen 2000er-Jahren eine derartige Bedeutung gewonnen hat. In Deutschland wurde diese Entwicklung von Experten wie Martin Bohus, Thomas Heidenreich und Johannes Michalek vorangetrieben. Die beiden letztgenannten Verhaltenstherapeuten haben das Grundlagenwerk „Achtsamkeit und Akzeptanz in der Psychotherapie“ herausgegeben. Welche konkreten Auswirkungen diese Entwicklung auf die Behandlung der verschiedenen Angststörungen nach dem DSM-IV zukünftig haben wird, ist derzeit (2009) noch nicht absehbar. Erst die Forschung der Zukunft wird herausarbeiten, wann eher veränderungsorientierte und wann eher achtsamkeits- bzw. akzeptanzbasierte Strategien angezeigt sind. Die Dialektik von Achtsamkeit/Akzeptanz einerseits und Veränderung andererseits wird von Fachleuten wie Marsha Linehan als die zentrale Dynamik in der Psychotherapie bezeichnet. Die Einstellungen und Verhaltensweisen, die mit Achtsamkeit und Akzeptanz verbunden sind, ermöglichen Menschen mit Angststörungen den Ausstieg aus der Angstspirale, ohne ständige Kontrollversuche durch Unterdrückungs-, Ablenkungs- und Vermeidungsstrategien. Bei Angststörungen geht es immer um subjektive Bedrohungsszenarien: „Angst“ bezeichnet das Gefühl einer unbestimmten Bedrohung, „Furcht“ das Gefühl einer Bedrohung durch bestimmte äußere Reize, „Panik“ das Gefühl der Bedrohung durch plötzlich auftretende, unkontrollierbar erscheinende körperliche und geistige Vorgänge. Die Betroffenen leben mental immer in der Zukunft, in ständiger Befürchtung unkontrollierbarer Ereignisse. Ihre Bedrohungsszenarien werden verstärkt durch die Erinnerung an reale oder vermeintliche Bedrohungen in der Vergangenheit. Achtsamkeits- und akzeptanzbasierte Konzepte wurden in der Verhaltenstherapie – wie auch von psychodynamischen, humanistischen und körpertherapeutischen Methoden – explizit oder zumindest implizit berücksichtigt, jedoch nicht sehr systematisch: z Bei der Exposition in sensu und in vivo sollen Menschen mit Panikstörung, Agoraphobie, spezifischer Phobie und generalisierter Angststörung ihre Gedanken und körperlichen Zustände ohne reale oder kognitive Vermeidung zulassen lernen, ohne die Angstsymptomatik durch ständige Kontroll- und Vermeidungsstrategien aufzuschaukeln. Verhaltensbezogene Strategien wie die Konfrontationstherapie ermöglichen die unmittelbare Erfahrung, dass die Befürchtungen der Patienten unberechtigt sind, sodass die chronischen Erwartungsängste sukzessive abnehmen. Kognitive Strategien dienen der Identifizierung dysfunktionaler Denkmuster, sodass durch deren Umstrukturierung zugunsten hilfreicherer Sichtweisen das ständige Gefühl der Bedrohtheit verschwindet oder tolerierbarer erscheint. z In der Traumatherapie sollen die Betroffenen lernen, ihre traumatisierenden Erfahrungen durch Zulassen zu bewältigen. z In der kognitiven Verhaltenstherapie von Zwangsstörungen sollen die Betroffenen ihre Gedanken und Vorstellungen zulassen lernen, ohne dagegen anzukämpfen.
Perspektivenerweiterung in der Verhaltenstherapie bei Angststörungen
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Achtsamkeits- und akzeptanzbasierte Konzepte vermitteln durch die Förderung des Hier-und-Jetzt-Erlebens zentrale Grundhaltungen des Mensch-Seins (und damit einen neuen Lebensstil) und nicht einfach nur wirksame Techniken der Angstbewältigung im Sinne der effizienten Kontrolle von Symptomen. Zum besseren Verständnis werden im Folgenden die Achtsamkeitstherapie nach Kabat-Zinn sowie die Akzeptanz- und Commitmenttherapie nach Steven Hayes und Mitarbeitern vorgestellt. Beide Therapierichtungen wenden sich vor allem an Menschen mit chronischen körperlichen und psychischen Störungen und möchten einen hilfreichen Umgang damit ermöglichen, ohne eine Heilung durch Symptomkontrolle oder -beseitigung zu versprechen, wie dies etwa dem traditionellen Machbarkeitsanspruch der klassischen Verhaltenstherapie entspricht.
Achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung nach Kabat-Zinn Der Verhaltensmediziner Jon Kabat-Zinn, studierter Molekularbiologe und Anatomieprofessor, entwickelte in den USA in den späten 1970er-Jahren das Konzept der Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR), das seit vielen Jahren in zahlreichen amerikanischen und mittlerweile auch europäischen Kliniken zur Behandlung von Menschen mit Stress- und Schmerzstörungen eingesetzt wird. In seinem Buch „Gesund durch Meditation“ beschreibt Kabat-Zinn das Konzept des achtwöchigen Kursprogramms in der von ihm 1979 gegründeten und früher auch von ihm geleiteten Stress- und Schmerzklinik in Massachusetts (www.umassmed.edu/cfm). Die achtsamkeitsbasierte Stressreduktionsmethode kann als „säkularisierter Buddhismus“ in Kombination mit westlicher Medizin und Psychologie bezeichnet werden, d.h. sie erfordert keine buddhistische Grundhaltung, Es handelt sich um die Kombination der Achtsamkeitsmeditation mit dem Schwerpunkt auf der Vipassana-Tradition und des Hatha-Yoga. Als früherer Anatomieprofessor lernte Kabat-Zinn das Leiden chronischer Schmerzpatienten trotz aufwändiger medizinischer Behandlung kennen und entwickelte daher sein auf der Achtsamkeitsmeditation und dem Hatha-Yoga beruhendes stationäres, teilstationäres und ambulantes Trainingsprogramm als Zusatzbehandlung. Es ist mittlerweile für zahlreiche Störungen als erfolgreich nachgewiesen. Entsprechend der buddhistischen Denkweise werden leidvolle körperliche und psychische Zustände nicht bekämpft, kontrolliert, unterdrückt oder verleugnet, sondern mit Achtsamkeit angenommen und in jene Kraft umgewandelt, die wieder mehr Lebensqualität ermöglicht. Das können sich Angstpatienten anfangs nicht vorstellen, ist aber sehr wirksam. Das Programm besteht – neben der Vermittlung störungsspezifischen Wissens (Psychoedukation) – aus vier formellen Hauptübungen und einer informellen Übung für mehr Achtsamkeit im Alltag, die allesamt einen liebevolleren Umgang mit sich selbst (mehr Achtung und Mitgefühl für sich selbst) und mehr Vertrauen in den eigenen Körper zum Ziel haben, das durch langjährige negative Erfahrungen verloren gegangen ist: 1. Body-Scan: achtsame Körperwahrnehmungen (sukzessive Wahrnehmung und Erforschung jedes einzelnen Körperteils) und Beobachtung der Atmungsbewegungen. 2. Sanfte Hatha-Yoga-Übungen: achtsame Körperarbeit zur Vermittlung neuer und angenehmer Körpererfahrungen. 3. Sitzmeditation: „Da-Sein“ (Da-Sitzen) ohne Aktivität, achtsame Atembeobachtung; Wahrnehmungen, Empfindungen, Gedanken, Bilder, Gefühle kommen und gehen. 4. Gehmeditation: volle Achtsamkeit bei jedem Schritt bzw. beim Spazierengehen. 5. Achtsamkeit im Alltag: mehr Achtsamkeit bei alltäglichen Routinehandlungen.
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Die Achtsamkeitspraxis nach Kabat-Zinn umfasst sieben Faktoren, die gerade auch für Menschen mit Angststörungen im Umgang mit ihren Körperempfindungen, Denkmustern, Vorstellungen und Gefühlen sehr hilfreich sind: 1. Nicht-Beurteilen. Achtsamkeit ist dann gegeben, wenn man die inneren und äußeren Erfahrungen, d.h. die eigenen Empfindungen, Gedanken, Vorstellungen und Gefühle ebenso wie die äußeren Reize und Ereignisse bewusst beobachten kann, ohne diese zu bewerten. Man nimmt dabei die gewährend-akzeptierende Haltung eines neutralen unvoreingenommenen Beobachters ein, der alles registriert, jedoch nichts bewertet und daher auch nicht entsprechend reagiert. Es ist eine menschliche Eigenschaft, alles schnell zu beurteilen und zu kategorisieren. Dies hat Vor- und Nachteile. Menschen mit Angststörungen neigen dazu, alles Mögliche, das andere Personen bedenkenlos tolerieren können, als bedrohlich zu bewerten, aktivieren infolgedessen oft vorschnell ihren Körper und verharren dann mangels Entwarnung lange Zeit in einem körperlich und geistig angespannten Zustand. Es geht nicht darum, das vorschnelle Beurteilen und negative Bewerten zu verurteilen, zu vermeiden oder zu unterdrücken, sondern nur wahrzunehmen, dass es passiert. Die bewusste Wahrnehmung der oft unbewusst vorgenommenen Bewertungen ist die Voraussetzung für eine spätere Änderung. Wenn man eine Bedrohungseinschätzung akzeptieren und zulassen kann, ist bereits eine erste Änderung eingetreten, nämlich die Erkenntnis, dass es sich dabei nur einen Gedanken und nicht um die Realität handelt. 2. Geduld. Der Aspekt der Geduld betont den Umstand, dass Dinge Zeit brauchen, sich zu entfalten, und dass jeder Druck nur Anspannung erzeugt. Ungeduld zeigt sich beispielsweise in dem Umstand, dass unangenehme Dinge nicht schnell genug verschwinden oder dass man schon weiter (anderswo oder in der Zukunft) sein möchte, als noch länger im Hier und Jetzt verweilen zu müssen. Geduld ist die Fähigkeit, Probleme mit innerer Ruhe und Selbstbeherrschung hinzunehmen. In Verbindung mit Vertrauen und Mut lässt sich manches geduldiger ertragen. 3. Den Geist des Anfängers bewahren. Aufgrund vorgefasster Meinungen können wir uns oft schwer auf den jeweiligen Augenblick einlassen, weil wir glauben, über die aktuelle Situation und Befindlichkeit schon alles zu wissen. Dabei gleicht kein Augenblick dem anderen. Das Staunen des Kindes, das alles wie zum ersten Mal erlebt, und die Neugierde des Forschers, der stets mit Neuem rechnet, ermöglichen andere Sicht- und Erlebnisweisen angesichts altbekannter Sachverhalte. Die Bereitschaft zur Beobachtung und Erfahrung des Bekannten wird erleichtert durch die Neugierde, d.h. durch die Erwartung von etwas Neuem und Unbekannten. 4. Vertrauen. Durch die Achtsamkeitspraxis entwickelt sich Vertrauen zum eigenen Körper, in die eigenen Gefühle und Fähigkeiten. Das zunehmende Vertrauen in die eigene Autorität macht uns von anderen Menschen und von Autoritäten unabhängig. 5. Nicht-Greifen (Nicht-Streben). Jede Handlung verfolgt ein Ziel und erfüllt einen bestimmten Zweck. Bei der Achtsamkeitspraxis geht es dagegen um aktives NichtTun und Nichts-Erreichen-Wollen. Im Mittelpunkt steht die Gegenwart, ohne Anstrengungen zu unternehmen, etwas erreichen oder vermeiden zu wollen. 6. Akzeptanz. Annehmen, was in und um uns ist, bedeutet nicht, alles gut zu finden und in Passivität zu verharren, sondern alles nur als momentan vorhanden zu akzeptieren. Innere und äußere Störgeräusche, Symptome und Schwächen werden nicht Energie raubend bekämpft, sondern als momentan gegeben hingenommen. 7. Loslassen. Anhaften an Vergangenem und bestimmten Problemen führt zur Vermeidung der Gegenwart. Loslassen ermöglicht erst Einlassen auf das Hier und Jetzt.
Perspektivenerweiterung in der Verhaltenstherapie bei Angststörungen
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Fazit: Die achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung stellt dem Motto der Angstpatienten „Augen zu und durch“ bzw. „Wegschauen, um sich nicht zu fürchten“ das Motto gegenüber: „Augen auf und dabei bleiben“ bzw. „Hinschauen und alle Erfahrungen zulassen“. Im Gegensatz zur Verhaltenstherapie sollen Patienten nicht lernen, ihre Gedanken zu verändern, sondern vielmehr ihre Einstellungen zu ihren Gedanken, d.h. sie sollen ihre Gedanken, Vorstellungen und Gefühle als flüchtige geistige Ereignisse betrachten und auf diese Weise akzeptieren lernen, ohne sich mit ihnen zu identifizieren. Patienten mit Schulung in Achtsamkeit können aversive Emotionen besser wahrnehmen und tolerieren, sodass sie nicht zu mentalen und realen Vermeidungsstrategien greifen müssen. Erlebnisvermeider bekommen wahrscheinlicher eine Panikattacke als jene Menschen, die bereit sind, ihre Angst anzunehmen, und zwar vor allem dann, wenn sie aktiv versuchen, ihre Angstempfindung zu kontrollieren. Zehn Minuten Achtsamkeitstraining halfen bei Panikattacken mehr als Ablenkungsstrategien. Laut einer Studie des Psychologen Zeidler führt die Achtsamkeitsmeditation dazu, dass Menschen bei gefühlsbetonten Bildern weniger schreckhaft reagieren und sich weniger bedroht fühlen, obwohl sie ihre Gefühle intensiver wahrnehmen als Personen einer Vergleichsgruppe. Leider gibt es derzeit (2009) noch wenig Bücher und Artikel, die die Prinzipien der Achtsamkeitstherapie systematisch in die verhaltenstherapeutische Behandlung von Menschen mit Angststörungen integrieren. Am ehesten trifft dies gegenwärtig auf den Bereich der generalisierten Angststörung zu. In den USA sind Orsillo und Roemer führend bei der Integration der Achtsamkeitstherapie (und auch der Akzeptanz- und Commitmenttherapie) in die kognitiv-behaviorale Therapie bei generalisierter Angststörung, in Deutschland hat sich Jürgen Hoyer als erster dafür eingesetzt. Auf diese Weise soll die Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie bei generalisierter Angststörung erhöht werden, die im Vergleich zu anderen krankhaften Ängsten noch immer eine geringere Wirksamkeit aufweist. Viele Angstpatienten haben eine Störung der emotionalen Wahrnehmungsfähigkeit, die trainiert werden soll. Am weitesten fortgeschritten ist die erfolgreiche Integration der Achtsamkeitstherapie in die Behandlung von Menschen mit komplexer posttraumatischer Belastungsstörung nach der dialektisch-behavioralen Therapie (DBT) nach Marsha Linehan. Im deutschen Sprachraum hat die Arbeitsgruppe um Regina Steil ein Behandlungskonzept für Menschen mit komplexer posttraumatischer Belastungsstörung entwickelt, das die Achtsamkeitstherapie integriert. Das Selbsthilfe-Buch „Der Angst den Schrecken nehmen. Achtsamkeit als Weg zur Befreiung von Ängsten“ von Jeffrey Brantley geht neben der Darstellung der Achtsamkeitstherapie auch auf den Umgang mit Angst, Furcht und Panik ein. Bei Panikattacken sollen sich die Betroffenen achtsam auf die Ein- und Ausatmung konzentrieren und trotz der Intensität der Erfahrung den körperlichen Ablauf der Panikattacke neutral beobachten und den bewussten Kontakt zum Körper aufrechterhalten, ohne sich mit der Attacke zu identifizieren oder sich von ihr absorbieren zu lassen. Das Erleben einer Panikattacke wird genauso zum Objekt achtsamer Aufmerksamkeit, wie dies auch bei jeder BodyScan-Übung der Fall ist, indem man achtsam in das körperliche Erleben hineinatmet. Die nicht-beurteilende, neugierige Aufmerksamkeit in der Beobachter-Position schafft die nötige Distanz, um sich vom Panikgeschehen nicht mitreißen zu lassen. Man kann bei einer starken Panikattacke die Aufmerksamkeit auch auf andere Körperteile oder auf Geräusche der Umwelt verlagern. Die Betroffenen werden zudem angeleitet, die Furcht erregenden Gedanken in Bezug auf die Panikattacke achtsam wahrzunehmen und zuzulassen, ohne sich von ihnen bestimmen zu lassen (Einstellung „Komm her, Angst“).
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Akzeptanz- und Commitmenttherapie von Hayes und Mitarbeitern Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) wurde in der zweiten Hälfte der 1990er-Jahre in den USA vom Psychologen Steven Hayes und seinen Mitarbeitern auf dem Hintergrund der Verhaltenstherapie entwickelt und versteht sich als dritte Welle der Verhaltenstherapie (nach der lerntheoretischen und der kognitiven Phase). Es geht primär darum, jede Vermeidung unangenehmer Erlebnisweisen abzubauen und ein engagiertes, wertebezogenes Handeln aufzubauen. Das Grundkonzept wirkt auf den ersten Blick sehr theoretisch und abstrakt, ist aber bei einiger Mühe bald verstehbar. Angesichts der vielen chronischen körperlichen und seelischen Störungen wird keine Heilung, sondern nur ein anderer Umgang mit den Beschwerden zur Verbesserung der Lebensqualität angestrebt. Die klassische Verhaltenstherapie mit ihrer Machbarkeitsideologie (maximale Kontrolle und Beseitigung der Symptome) kommt der Sehnsucht vieler Angstpatienten nach totaler Kontrolle und vollständiger Beseitigung ihrer krankhaften Ängste sehr entgegen und verstärkt oft das Leiden der Betroffenen, wenn keine vollständige Heilung gelingt. Als bestes Arbeitsbuch für Therapeuten gilt das Werk „ACT-Training. Handbuch der Acceptance & Commitment Therapie. Ein Lernprogramm in 10 Schritten“ von Luoma, Hayes und Walser. Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie, die mit der kognitiv-behavioralen Therapie durchaus kombinierbar ist, beruht auf sechs zentralen therapeutischen Prozessen: 1. Akzeptanz (als Alternative zur Kontrolle). „Akzeptanz“ bezeichnet die Haltung, Ereignisse, Situationen, Empfindungen, Gedanken, Vorstellungen, Gefühle und Symptome aktiv und offen anzunehmen, anstatt diese vermeiden zu wollen. Körperliche und seelische Schmerzen und negative Erlebnisse sollen akzeptiert anstatt bekämpft werden, damit kein chronisches Leiden daraus entsteht. Akzeptieren, das nichts mit Resignieren zu tun hat, führt zur Veränderung der Beschwerden. Schmerzen werden als normale Erfahrungen im Leben betrachtet und entwickeln sich erst durch die Nicht-Bewältigung und die ständigen Unterdrückungs- und Vermeidungsstrategien der Betroffenen zu krankhaften Leidenszuständen. Die ständigen Kontrollversuche werden den Betroffenen als nicht zu gewinnendes Spiel vor Augen geführt. Während der Fortschritt unserer Gesellschaft auf der Kontrolle der Umwelt beruht, lässt sich unsere Innenwelt nicht in gleicher Weise kontrollieren. Chronische Beschwerden entstehen oft erst durch den falschen Problemlösungsversuch der Vermeidung. Die Vermeidung negativer emotionaler Erfahrungen für den Fall, dass Kontrolle nicht möglich erscheint, gilt als eine der zentralen Ursachen für psychische Störungen. Gegenüber dem Achtsamkeitsbegriff von Kabat-Zinn wird der Akzeptanzbegriff stärker als Gegensatz zur (emotionalen) Vermeidung gesehen. 2. Kognitive Defusion (aus sprachlichen Verstrickungen lösen: Abstand zu Gedanken). Menschen sind oft mit ihren Gedanken über die Realität verschmolzen („fusioniert“), ohne kritischen Abstand dazu, sodass sie ihre Gedanken und Sprachmuster mit der Realität gleichsetzen. Die Gedanken und die unmittelbar damit verbundenen Verhaltensweisen sollen voneinander gelöst (entkoppelt, „defusioniert“) werden. Die Betroffenen lernen, sich von ihren Gedanken zu distanzieren, ihre Sichtweisen als auswechselbar zu betrachten und nicht mit der Realität gleichzusetzen. Im Gegensatz zur kognitiven Verhaltenstherapie ist es nicht erforderlich, verzerrte und unrealistische Denkmuster zu ändern, bevor Änderungen im Verhalten möglich sind. Es reicht, durch verschiedene Defusionstechniken (z.B. die Gedanken beobachten, benennen und kategorisieren) auf Distanz zum Verstand gehen zu können.
Perspektivenerweiterung in der Verhaltenstherapie bei Angststörungen
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3. Achtsamkeit entwickeln (präsent/gegenwärtig sein, den Augenblick leben). Wie bei Kabat-Zinn geht es um die nicht-wertende, akzeptierende Einstellung gegenüber den eigenen inneren Reaktionen (Empfindungen, Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen und Handlungsimpulsen), um die Lenkung der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment, um das Nicht-Reagieren und Zulassen von Gedanken und Gefühlen, sodass im Hier und Jetzt neue Erfahrungen mit sich und der Umwelt möglich sind. 4. Kontakt zum Selbst. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen dem Selbst als Konzept (verbale Selbstbild-Annahmen; inhaltliches Selbst: Wer bin ich?) und dem Selbst als Kontext (Beobachter- oder „transzendentes“ Selbst, Kontinuität des Bewusstseins). Die Identifizierung/Verschmelzung mit den Selbstbild-Annahmen schränkt die Handlungsmöglichkeiten ein. Der bessere Kontakt mit dem BeobachterSelbst schafft eine Distanzierung und ermöglicht mehr Flexibilität. 5. Formulierung von persönlichen Werten. Werte helfen, nicht nur gefühlsbetont und stimmungsabhängig zu handeln. Die Patienten sollen sich nicht auf ihre Probleme und Beschwerden, sondern auf ihre zentralen Werte konzentrieren, bestimmte Werte als momentan relevant auswählen, daraus ganz konkrete Ziele ableiten und dementsprechende Handlungsplanungen vornehmen. Die Verbesserung der Lebensqualität erfordert ein Mehr des Guten und nicht einfach nur ein Weniger des Schlechten. 6. Engagiertes Handeln („Commitment“: Engagement/Verpflichtung zu notwendigen Verhaltensänderungen). Wertegeleitete Ziele sollen konsequent und engagiert realisiert werden, um die Vorstellungen von einem erfüllten Leben zu verwirklichen. Dabei können alle Strategien der kognitiv-behavioralen Therapie genutzt werden, vor allem auch die mentale, gestufte und massierte Konfrontationstherapie. Achtsamkeits- und akzeptanzbasierte Therapiekonzepte sind auch auf dem Hintergrund eines neurobiologischen Verständnisses von Angststörungen sehr hilfreich. Ausgehend vom limbischen System oder unbewussten kognitiven Prozessen erfolgt bereits eine körperliche Aktivierung, noch bevor die Betroffenen von bewussten Ängsten geplagt werden. Eine kognitive Umstrukturierung, wie dies in der kognitiven Therapie nach Aaron Beck erfolgt, greift bei Angststörungen oft zu kurz, was auch bei Depressionen zunehmend deutlich wird. Nach dem Abklingen der Depression waren die angeblich bereits prämorbid vorhandenen depressiven Denkmuster plötzlich verschwunden. Die kognitive Therapie geht davon aus, dass dysfunktionale Denkmuster und falsche Bedrohungseinschätzungen zu körperlichen Symptomen führen, sodass durch eine Änderung der Denkmuster eine emotionale und körperliche Beruhigung einsetzt. Es ist jedoch nach wie vor eine unentschiedene Frage, ob die typischen Denkfehler die Ursache oder die Begleiterscheinung von psychischen Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen sind. Ähnlich, wie man bei Depressionen fragen kann, ob Menschen depressiv werden, weil sie negativ denken, oder ob sie aus anderen Ursachen depressiv werden und dann negative Denkmuster entwickeln, kann man auch bei Angststörungen fragen, ob Menschen wirklich immer durch ihre ängstlichen Denkmuster massive körperliche Symptome entwickeln oder ob sie nicht angesichts andersartig bedingter körperlicher Symptome ängstliche Denkmuster und Bedrohungsszenarien entwickeln. Angstpatienten können lernen, mit ihren körperlichen, kognitiven und emotionalen Problemen zurechtzukommen, ohne dass sich zuerst ihr inneres Erleben oder ihre Umwelt ändern muss, bevor sie ein zufrieden stellendes Leben führen können. Oft reichen bereits andere Einstellungen zu den wahrgenommenen Symptomen und Beschwerden, wie sie durch achtsamkeits- und akzeptanzbasierte Therapiekonzepte vermittelt werden.
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Angstbewältigungstherapie bei ängstlichen Persönlichkeiten Trotz der nach zahlreichen Studien durchschnittlichen Erfolgsquote von etwa 75% bei einer Konfrontationstherapie ist ein dementsprechender therapeutischer Optimismus durch die Erfahrungen der klinischen Praxis nicht gedeckt. Die Angstpatienten vieler Studien dürften für die klinische Praxis oft nicht ausreichend repräsentativ sein. Außerdem lehnen 10-25% der Agoraphobie-Patienten eine Konfrontationstherapie ab. Möhlenkamp [137] hat in der Zeitschrift „Verhaltenstherapie und psychosoziale Praxis“ Vorschläge zur Einbeziehung psychoanalytischer Konzepte bei der Behandlung einer Agoraphobie von Menschen mit einer ängstlichen Persönlichkeitsstruktur vorgelegt. Möhlenkamp geht es im Wesentlichen darum, dass nicht einfach nur Symptome behandelt werden können, unabhängig von der Persönlichkeitsstruktur, vor allem wenn es sich um Agoraphobie-Patienten mit einer ängstlichen oder abhängigen Persönlichkeitsstörung handelt. Die erfolgreichen Methoden der verhaltenstherapeutischen Angstbehandlung, die auf einer Kombination von Konfrontationstherapie und kognitiver Neubewertung phobischer Signale beruhen, beinhalten ihren Wert, werden jedoch durch stärker persönlichkeitsbezogene Konzepte aus der Psychoanalyse ergänzt.
Berücksichtigung einer ängstlichen Persönlichkeitsstörung Bei 45% der Phobiker wurden Persönlichkeitsstörungen gefunden. 40-60% aller Patienten mit einer Panikstörung mit und ohne Agoraphobie weisen eine oder mehrere Persönlichkeitsstörungen auf [138]. Am häufigsten sind die dependente Persönlichkeitsstörung (12-25%) und die ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung (19-25%). In einer englischen Studie [139] über den Zusammenhang von Neurosen und Persönlichkeitsstörungen fand man bei Phobikern 18% mit einer zwanghaften Persönlichkeit und fast ebenso viele Menschen mit einer abhängigen Persönlichkeitsstörung. Unter Patienten mit einer generalisierten Angststörung fand man bei einem Viertel eine abhängige Persönlichkeitsstörung. Psychoanalytiker erklären die Verbindung von zwanghaften und dependenten Persönlichkeitsanteilen bei Angstpatienten folgendermaßen [140]: z Die Angst vor Bindungsverlust begründet eine starke Abhängigkeit von emotional wichtigen Bezugspersonen. z Das Zwanghafte dient dazu, Bindungen aktiv abzusichern, indem ein kontrolliertes und kontrollierendes Verhalten entwickelt wird. Phobiker sind affektiv beherrscht, harmonisierend und verzichtbereit, um Beziehungsprobleme zu vermeiden. Die Verbindung von Abhängigkeit und zwanghafter Kontrolliertheit zeigt sich besonders beim B-Typus des Herzphobikers nach Richter und Beckmann. Der Herzphobiker kann nur während akuter herzphobischer Krisen Hilflosigkeit, Angst und Abhängigkeit zulassen. Im Rahmen einer rein organisch wirkenden Erkrankung kann Hilfe angenommen werden, wenngleich nur von neutralen professionellen Instanzen (Arzt, Krankenhaus), was sonst als Schwäche und Kontrollverlust mit dem Selbstbild unvereinbar wäre.
Angstbewältigungstherapie bei ängstlichen Persönlichkeiten
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In der Verhaltenstherapie wurde zumindest in der Vergangenheit bei den bekannten Therapieprogrammen die Bedeutung spezifischer Klientenmerkmale stark unterschätzt. In einer englischen Studie [141] konnte bei Angststörungen, wie sie in psychiatrischen Praxen und bei Hausärzten vorkommen, nur eine Erfolgsquote von 50% erreicht werden. Wenn phobische Symptome im Rahmen einer Persönlichkeitsstörung auftreten, ist die Prognose ebenfalls ungünstiger, wie eine andere englische Studie gezeigt hat [142]. Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung haben schwerwiegendere Symptome (generalisierte Angststörungen und Panikstörungen) und profitieren von einer Konfrontationstherapie deutlich weniger als Patienten ohne Persönlichkeitspathologie. Im Rahmen der Überprüfung der Langzeiteffekte von kognitiver Verhaltenstherapie bei Agoraphobikern wurde festgestellt, dass bei Personen mit einer gleichzeitigen Persönlichkeitsstörung fünf Jahre später nur 53%, sieben Jahre später gar nur mehr 32% gebessert waren, während bei Patienten ohne Persönlichkeitsstörung fünf Jahre später 86% und sieben Jahre später noch 78% gebessert waren [143]. Der Stand der Forschung lässt sich folgendermaßen zusammenfassen [144]: „Nahezu alle Studien, die Patienten mit Angststörungen mit und ohne Persönlichkeitsstörungen nachuntersucht haben, konnten eine schlechtere Prognose bzw. eine geringere therapeutische Ansprechbarkeit der Gruppe von Angststörungen mit pathologischen Persönlichkeitszügen oder Persönlichkeitsstörungen gegenüber der Gruppe ohne solche Züge feststellen...“
Persönlichkeitsstörungen wurden in der Vergangenheit den beiden anderen Hauptkategorien psychischer Störungen (Neurosen und Psychosen) als kategoriell völlig andersartig gegenübergestellt. Diese letztlich auf ein biologistisches Krankheitsverständnis zurückgehende starre Abgrenzung beginnt sich in den neuen Diagnoseschemata DSM-IV und ICD-10 zu lockern zugunsten einer deskriptiven, atheoretischen Unterscheidung von Störungsbildern. Es erfolgt eine unvoreingenommene Beschreibung des Problemverhaltens ohne Bewertung und Ursachenerklärung, wodurch die Grenzen zwischen pathologischem und normalem Verhalten wieder fließend werden. Persönlichkeitsstörung und Persönlichkeitseigenschaft können verstanden werden als unterschiedliche Ausprägungsgrade auf einem Kontinuum. Die Persönlichkeitspathologie wird auf diese Weise wieder zu einem persönlichkeitspsychologischen Gegenstand. Dies ist auch für die Verhaltenstherapie relevant, die in ihrer Frühphase sehr kämpferisch gegen alle als stabil angesehenen Person-Eigenschaften („traits“) aufgetreten war und das situativ bedingte Verhalten („states“) überbetont hatte. Eine Änderung dieser Sichtweise zeigt sich auch darin, dass eines der besten Bücher über Persönlichkeitsstörungen von einem deutschen Verhaltenstherapeuten, Peter Fiedler [145], stammt, der Persönlichkeitsstörungen als interaktionell verfestigte, grundsätzlich jedoch änderbare Handlungstendenzen versteht. Die verhaltenstherapeutische Bedingungsanalyse wird um den persönlichkeits-psychologischen Aspekt erweitert. Der dispositionelle Faktor (Anlage, Charakter) ermöglicht ein besseres Verständnis für die großen interindividuellen Unterschiede in der Reaktion auf phobische Situationen und in der psychophysiologischen Störbarkeit. Durch die Berücksichtigung einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstruktur können neben einer Konfrontationstherapie noch andere Aspekte in den Mittelpunkt der Therapie gestellt werden.
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Agoraphobiker mit ängstlicher Persönlichkeitsstruktur zeigen ein besonderes Streben nach Unabhängigkeit und Selbstständigkeit, obwohl sie durch ihre Symptomatik faktisch relativ abhängig leben. Aufgrund ihres Bedürfnisses nach autonomer Selbstund Situationsbeherrschung reagieren Phobiker auf Hilflosigkeitserfahrungen und nicht unmittelbar kontrollierbare vegetative Stressreaktionen besonders empfindlich. Studien über die Persönlichkeitsmerkmale von Phobikern vor der Erkrankung bestätigen das auffallende, fast zwanghafte Bemühen um vorausschauende Absicherung gegenüber Hilflosigkeit. Bei phobischen Personen ist das Streben nach Unabhängigkeit Ausdruck der Motivation, Hilflosigkeitserfahrungen zu vermeiden. Es ist auch Ausdruck der Unfähigkeit, auf Unterstützung von außen (z.B. vom Partner) zu vertrauen, obwohl man gleichzeitig darauf angewiesen ist. Phobiker legen großen Wert darauf, sich selbst und ihre Bezogenheit auf andere unter Kontrolle zu haben. „Bezogenheit“ meint weniger die persönliche Abhängigkeit von einer ganz bestimmten Person, sondern vielmehr die Sicherheit und Geborgenheit, die der gewohnte Lebensrahmen vermittelt. Gesucht wird das „warme Nest“, der „sichere Hafen“. Phobiker sehnen sich in Notlagen nicht unbedingt nach ihrem Partner, sondern suchen den sicheren Ort, die rettende Zuflucht. Bezugspersonen können durchaus austauschbar sein, wenn sie Sicherheit gewähren. Möhlenkamp [146] formuliert folgende interessante Hypothesen zur Persönlichkeitsstruktur von Phobikern: 1. „Phobiker reagieren auf Störungen der Beziehungssicherheit habituell mit Angst, bzw. erhöhtem autonomen Erregungsniveau. Ein typischer angstinduzierender situativer Kontext ist z.B. die Ablösung von den Eltern, eine partnerschaftliche Krise oder der Verlust einer beruflich-kollegialen Bindung. 2. Zur Sicherung von Bindungsunsicherheit haben Phobiker dispositionelle Kontroll- und Anpassungsstrategien entwickelt: - Affektive Selbstkontrolle: Sie unterdrücken Empfindungen von Ärger und Enttäuschung. Ansprüche und Bedürfnisse, z.B. bezogen auf eine intensive partnerschaftliche Beziehung, werden wegen ihres Konfliktpotentials nicht offen zum Ausdruck gebracht. Die Grundeinstellung ist konfliktvermeidend. - Sicherung der Bindung durch Übernahme wichtiger Funktionen für den Partner (‚der Verdiener’, ‚der Organisator’, ‚der Versorger’, ‚der Helfer’). Die Grundeinstellung ist leistungsbetont. - Absicherung gegenüber Hilflosigkeitserfahrungen, die zu einer passiven Abhängigkeit führen könnten. Angewiesensein wird als Ausgeliefertsein erlebt und gefürchtet. Die Grundeinstellung ist defensiv-vorsichtig. - Rückversicherungstendenz, ob Bezogenheit gesichert ist, z.B. im Sinne von Besorgtheit, dem Partner/den Kindern etc. könnte etwas Schlimmes passieren. Der Drang nach Rückversicherung kann auch in der Gewohnheit zum Ausdruck kommen, in bestimmten Zeitabständen Kontakt aufzunehmen und sei es nur ein kurzes Telefonat. Gedanklich und in Phantasiebildern erfolgt auffallend oft eine Bezugnahme auf das Zuhause oder einen anderen wichtigen Bezugsort. Die Grundeinstellung ist kontrollierend-absichernd.“
Dieser Beziehungsstil spiegelt die reale kindliche Erfahrung wider, dass Zuwendung und Zugehörigkeit aktiv abgesichert werden mussten und nicht geschenkt wurden, wie dies unter günstigen Familienverhältnissen der Fall ist. Die erlebten Frustrationen bleiben unverarbeitet, eine kleine, beständige soziale Umwelt soll als Ersatz dienen.
Angstbewältigungstherapie bei ängstlichen Persönlichkeiten
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Der Zusammenhang von demonstrierter Unabhängigkeit und aktiver Bindungskontrolle einerseits und von Abhängigkeit und Angst vor Bindungsverlust andererseits kann durch die Persönlichkeitsdimension einer „kontrollierten Bezogenheit“ erklärt werden. Dieses Persönlichkeitsmerkmal macht nach Möhlenkamp [147] die Panik in den typisch phobischen Auslösesituationen verständlich: 1. „Unerwartet auftretende psychovegetative Streßreaktionen führen zu einer relativ starken Verunsicherung, da überraschend auftretende ungewohnte körperliche Sensationen und Affekte dem Selbstkontrollanspruch und Absicherungsbedürfnis des Phobikers zuwiderlaufen. ‚Das hatte ich doch früher nie’, lautet der erschrockene Kommentar. Verstärkt wird der erste Schrecken durch das Versagen der dispositionellen Copingstrategie, sich über aktiv-willentliche Kontrolle wieder ‚in den Griff’ zu bekommen. Psychovegetative Reaktionen wie Herzklopfen, hyper- oder hypotonische Symptome, orthostatische Störungen, Zittern, etc. lassen sich nicht ‚bezwingen’. Verstärkte Atmung zur Beseitigung von subjektiv empfundener Luftnot führt zum Beispiel zu zusätzlichen tetanischen Symptomen. Die unmittelbar nicht kontrollierbaren Symptome konfrontieren den Phobiker unvermittelt mit einem Ohnmachts- und Hilflosigkeitserleben, mit dem er nicht gelernt hat umzugehen. 2. Die Ohnmacht wird weiter verstärkt durch die besonderen Merkmale phobischer Situationen. Wenn von den objektiven Gegebenheiten her ein unmittelbares Fluchtverhalten, das Erreichen eines sicheren Ortes oder die Absicherung von Notrettungsmöglichkeiten (Erreichbarkeit eines Telefons, eines Arztes, einer Klinik) nicht möglich ist, erlebt sich der Phobiker unvermittelt abgetrennt und in seiner ständig sichernden Hinbewegung zum ‚sicheren Hafen’ blockiert. Der dispositionelle Drang, Bezogenheit abzusichern und sich jederzeit eines sicheren Fluchtpunktes vergewissern zu können, gibt dem räumlichen Blockiertsein eine besondere aversive Qualität. Blockiert wird die habituelle Tendenz, sich auf rettende Fluchtpunkte hin zu orientieren, z.B. im Verkehrsstau oder in der Warteschlange vor der Kasse, auf der Autobahn oder Schnellstraße ohne Umkehr- und Stoppmöglichkeit, in geschlossenen und engen Räumen wie Fahrstuhl oder Straßenbahn, in einer großen Menschenmenge, bei schutzloser Weite oder zu großer Entfernung vom rettenden Ort.“
Phobisches Verhalten kann bei jeder Angststörung ein bewährtes Instrument der Beziehungskontrolle, der Bindung und Steuerung von Bezugspersonen sein. Der Partner darf nichts allein unternehmen, muss ständig erreichbar sein und soll sich gegen diesen Zugriff in keiner Weise wehren, um Streit zu vermeiden. Der Phobiker kann über seine Störung eine Bindung absichern, ohne sich selbst dabei als abhängig zu erleben bzw. zu definieren. Er fühlt sich für seine Manipulation nicht verantwortlich, weil er sein Verhalten einer krankhaften Not zuschreibt, und kann sein Selbstbild und Selbstideal von persönlicher Autonomie und Unabhängigkeit aufrechterhalten, weil er die tatsächliche Abhängigkeit als fremdbestimmt (krankheitsbewirkt) erlebt. Der Phobiker baut Bindungen auf, ohne sich und anderen eingestehen zu müssen, dass er andere nötig hat, unabhängig von jeder Phobie. Dieser Mechanismus spielt bei den meisten Phobien eine mehr oder weniger bedeutsame Rolle, kann jedoch zum beherrschenden funktionalen Prinzip werden, wenn die durchgängige Bezogenheitsabsicherung zum zentralen Motiv wird. Lebensgeschichtlich zeigen sich bei persönlichkeitsgestörten Phobikern frühe Verlassenheits- und Vernachlässigungserfahrungen, häufiger Wechsel von Bezugspersonen oder auch traumatische Vertrauensbrüche, z.B. durch sexuellen Missbrauch, die eine derartige Tendenz verständlich erscheinen lassen. Die Angst vor dem Verlassenwerden ist eines der zentralen Merkmale bei Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Eine differenzialdiagnostische Abklärung ist daher sehr wichtig.
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Eine phobische Persönlichkeitsstörung ist nach Möhlenkamp dann zu vermuten, z wenn unabhängig von aktuellen Verunsicherungen eine durchgängige Tendenz besteht, sich über phobisches Verhalten Bezogenheit zu sichern, z wenn eine so große Angst vor Bezogenheitsverlust besteht, dass diese selbst in abgeschwächter Form nicht toleriert wird und zu generalisierten und anhaltenden Absicherungs-, Vermeidungs- und Rückversicherungsstrategien führt, z wenn eine „modulierte Angstabwehr“ nicht möglich ist. Modulierte Angstabwehr setzt nach Möhlenkamp die Fähigkeit voraus, auf eine potenziell bedrohliche Situation nicht sofort zu reagieren und sich für die Situationseinschätzung und Reaktionsweise Zeit lassen zu können. Der damit verbundene Zustand kognitiver Unsicherheit kann durch fundamentale Verunsicherungen in der Kindheit und fehlende positive Lernerfahrungen in der späteren Entwicklung nicht ertragen werden. Bei der Beurteilung subjektiver Gefährdung dominiert ein Entweder-oder-Muster. Differenzierungsmöglichkeiten nach dem Ausmaß der Bedrohlichkeit von Situationen und der Notwendigkeit entsprechender Reaktionen sind nicht vorhanden. Alles bedeutet höchste Gefahr und führt zu entsprechenden körperlichen Alarmreaktionen. Die spezifische Verletzbarkeit phobischer Persönlichkeiten liegt in ihrer Unsicherheit im Hinblick auf Bezogenheit und Zugehörigkeit. Nach der psychoanalytischen Ich-Psychologie handelt es sich dabei um strukturell ich-schwache Persönlichkeiten, die aufgrund früher Störungen keine ausreichende „Objektkonstanz“ entwickeln konnten. Sie haben zu wenig Beziehungsstabilität erlebt, um auf die ständige Rückversicherung von Bezogenheit verzichten zu können. Der innerlich ständig fantasierte Kontakt zu rettenden Personen und Orten stellt eine notwendige Beruhigung dar, wenn man äußerlich ganz allein ist. Der Partner dient als Hilfs-Ich, auch wenn er nicht da ist, ein Medikament als Hilfe, wenn man sich nicht mehr selbst helfen kann, ein sicherer Ort (z.B. eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus) als rettende Zuflucht, wenn man sich äußerlich ausgeliefert fühlt. Phobische Persönlichkeiten konstruieren sich auf der Fantasieebene ständig eine Beziehungssicherheit und sind damit immer „in Kontakt“. Sie können, wenn schon äußerlich allein, niemals innerlich allein sein. Massives Unbehagen und Panikattacken entstehen, wenn sich die Betroffenen plötzlich ganz allein fühlen und jede Fluchtmöglichkeit zu einem rettenden Ort abgeschnitten ist. Die Angst, bei einer Panikattacke zu sterben, legitimiert den ständigen inneren Kontakt mit einem Hilfs-Ich. Ängstliche Persönlichkeiten vermeiden unerträgliche Gefühle von Leere und Alleinsein. Auch wenn sie den Partner nicht mehr mögen, können sie sich doch nicht von ihm trennen, weil sie nichts mehr fürchten als das Alleinsein. Fehlende Beziehungssicherheit bewirkt ein tiefes Verlassenheitsgefühl, ein unerträgliches Gefühl innerer Leere und ein diffuses Bedrohungserleben. Die Betroffenen sind in der Fantasie ständig damit beschäftigt, die Nähe wichtiger Personen oder rettender Institutionen zu sichern, auch dann, wenn aktuell gar keine konkreten Erwartungsängste vorhanden sind, die ein solches Verhalten verständlich machen würden. Zusammenfassend gesehen, besteht das Problem phobischer Persönlichkeiten nach Möhlenkamp in ihrer Einengung auf eine aktiv-kontrollierende Selbstorganisation von Hilfe, Rettung und Bezogenheit. Lernziel wäre eine abwartend-gelassene Haltung auf Hilfe von außen bzw. der Aufbau von Vertrauen in die eigene Selbsthilfekompetenz.
Angstbewältigungstherapie bei ängstlichen Persönlichkeiten
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Modifikation der Angstbewältigungstherapie bei ängstlicher Persönlichkeitsstruktur Die Konfrontationstherapie ist auch für phobische Persönlichkeiten die angemessene Behandlungsmethode. Die Betroffenen lernen, dass die befürchtete Katastrophe auch ohne die gewohnten Ausweich-, Kontroll- und Vorsichtsstrategien ausbleibt. Eine Expositionstherapie darf jedoch nicht am Anfang der Behandlung stehen. Ein zu großer Veränderungsdruck vonseiten des Therapeuten kann vom Patienten als Bestätigung seines negativen Selbstbildes aufgefasst werden, nicht zu genügen. Der Patient verändert sich bereits positiv, wenn er sich selbst besser annehmen lernt. Beginnt man mit einer unmittelbaren Verhaltensänderung, kommt es oft zum Therapieabbruch, oder man gerät in eine unendliche Konfrontationstherapie. Nach anfänglichen Erfolgen kommt es regelmäßig „wie aus heiterem Himmel“ zum Rückfall. Viele ängstliche Persönlichkeiten lassen sich auf konfrontierende Übungen und Hausaufgaben nicht oder nur vordergründig ein. Sie üben zwar gerne zusammen mit dem Therapeuten, machen jedoch dann allein kaum weiter. Zwischendurch zeigen sie immer wieder ihren guten Willen, um den Therapeuten nicht zu entmutigen, sodass solche Angstbehandlungen wegen ausbleibender Fortschritte sehr lange dauern können. Die Betroffenen streben häufig keine Reduktion ihres Vermeidungsverhaltens an, sondern die Sicherung und Kontrolle der für sie wichtigen Beziehung zum Therapeuten. Der Therapeut hat oft eine unentbehrliche Hilfs-Ich-Funktion, die im Laufe der Therapie durchaus im Sinne von Veränderungen genutzt werden kann. Die Hauptmotivation für eine Konfrontationstherapie besteht oft darin, den Änderungswünschen der Angehörigen entgegenzukommen und Behandlungsbereitschaft zu demonstrieren. Am Beginn der Therapie steht der Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung. Chronische Angstpatienten haben chronische Vertrauensprobleme. Die Therapiebeziehung ist nach den zahlreichen Enttäuschungen im Leben eine Möglichkeit, sich und jemand anderem (der Person des Therapeuten) wieder mehr vertrauen zu lernen. Vertrauen ist nicht machbar, sondern nur riskierbar. Es ist daher ein wichtiges Therapieziel, sich vertrauensvoll fallen lassen zu können und eine größere Toleranz gegenüber Kontrollverlust aufzubauen. Es geht auch um ein besseres Kennenlernen der persönlichkeitsspezifischen Ängste, die durch Verunsicherungen im Beziehungsbereich entstehen. Phobiker müssen diese Ängste aushalten lernen und kompensatorische Absicherungsstrategien aufgeben, wenn sie mehr Vertrauen entwickeln möchten. Zu den ersten Therapieerfolgen zählt das bessere Annehmen des aktuellen Soseins. Die Methode der systematischen Selbstbeobachtung im Sinne von „awareness“Übungen (Selbstwahrnehmungsübungen) stellt eine der wirksamsten Aufgaben bei ängstlich-phobischen Persönlichkeiten dar. Das bewusste Registrieren und Protokollieren von Verhaltensabläufen und zugehörigen Kognitionen und Emotionen enthält keinen Veränderungsdruck, motiviert aber durch die dabei erlangten Erkenntnisse doch dazu, ein Mehr an Selbstkontrolle und Selbstwirksamkeit zu erreichen. Ein Beispiel für eine Selbstwahrnehmungsübung ist die Aufgabe, sich zu beobachten, wie lange man das Alleinsein ertragen kann, ohne real oder in der Fantasie Bezogenheit durch Kontaktaufnahme oder zwanghafte Rettungsfantasien herzustellen. Der Patient erkennt, dass er das Alleinsein ohne ängstliches Denken nicht aushält. Alleinsein wird aufgrund der Lebensgeschichte oft als „nicht geliebt werden“ interpretiert.
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Verhaltenstherapie bei Angststörungen
Hilfreich ist auch die Vorstellung, nach der Bewältigung der Ängste allein kleine Reisen und Aktivitäten zu unternehmen. Dabei stellt sich häufig heraus, dass die Betroffenen auch ohne Angst gar keine Lust auf Aktivitäten ohne andere Menschen haben. Wenn das phobische Denken als unverzichtbarer Schutz vor dem belastenden Gefühl des Alleinseins akzeptiert wird, kommt es nach Möhlenkamp [148] „zu einer Problemverschiebung zum Thema Alleinsein und den damit verbundenen Gefühlen des Abgeschnittenseins, der Leere und des Schreckens“. Dies wird üblicherweise Trauerarbeit genannt. Im Wiedererleben und Nacherleben (diesmal allerdings als Erwachsener) können die Katastrophenfantasien aus der Zeit der kindlichen Abhängigkeit und des existenziellen Angewiesenseins auf eine unverlässliche Umwelt bearbeitet und abgebaut werden. Man erlebt vielleicht mit großer Traurigkeit, dass man in der Kindheit keine Beziehungssicherheit gehabt hat und spürt auch jetzt noch schmerzhaft, dass man etwas vermisst. Das ständige Streben nach Beziehungssicherheit wird hinfällig, wenn der Verlust von Bezogenheit seinen Schrecken verliert und die Traurigkeit über einen eventuellen Geborgenheitsverlust besser ertragen werden kann. Möhlenkamp [149] weist auf die Gefahren einer Verhaltenstherapie hin, die zu sehr einem „Macher-Image“ nach dem Motto „Das haben wir bald im Griff“ zu entsprechen versucht: „Verhaltenstherapeutische Übungen und kognitive Strategien, die primär eine perfekte Selbstkontrolle zum Ziel haben und die Einstellung verstärken, daß Selbst- und Situationskontrolle aktiv erreicht und Hilflosigkeit überwunden werden können, wenn man nur richtig denkt und sich rational verhält, weisen vor diesem Hintergrund in die falsche Richtung. Das wäre nur mehr desselben, aber keine neue Lernerfahrung. Diese Zielsetzung, die Angst gleichsam zu besiegen und als irrational-krankhaften Kurzschluß möglichst schnell wieder zu reparieren, deckt sich mit der Wunschvorstellung, die Phobiker zu Beginn der Behandlung äußern. Sich hier nicht versuchen zu lassen, einem zum Zeitgeist passenden Kontroll- und Machbarkeitsmythos zu folgen, ist gerade für Verhaltenstherapeuten schwierig, da der Behaviorismus einschließlich seiner kognitiven Varianten mit einer solchen Einstellung ideologisch im Grunde d’accord geht.“
Möhlenkamp [150] zeigt auf, dass die kognitive Verhaltenstherapie, die eine notwendige Ergänzung zur Konfrontationstherapie darstellt, bei phobischen Persönlichkeiten erst dann voll wirksam werden kann, wenn zentrale affektive und interaktionelle Probleme bearbeitet sind: „Die kognitive Umstrukturierung der negativen Selbstbewertungen ist hier keine Frage übender Falsifikation sogenannter dysfunktionaler automatischer Gedanken. Das Angewiesensein auf Beziehungskontrolle, das Vermeiden bestimmter phobischer Situationen und das ständige ‚Funken’ in Richtung rettender Instanzen ist weniger durch erlernte Denkfehler bestimmt als durch tief eingeprägte aversive Affekte, die über informierendes Lernen nicht direkt beeinflußbar sind. Kognitives Training greift wahrscheinlich erst dann, wenn sich durch ein konsistent positives affektives Klima innerhalb der therapeutischen Beziehung die vorherrschende Alarmbereitschaft gelegt hat und Raum für kognitives Lernen und Gewöhnungsprozesse entsteht.“
Eine solche Therapie erfordert einen längeren Zeitraum als eine Kurzzeittherapie von 10-15 Stunden. Nach Möhlenkamp ist es wenig wahrscheinlich, dass bei Angstpatienten mit Persönlichkeitsstörung eine Behandlung unter zwei Jahren zu dauerhaften Veränderungen führt. Nach einer Intensivphase kann die Therapie später mit größeren Sitzungsabständen fortgeführt werden. Auf diese Weise kann verhindert werden, dass der Patient vom Psychotherapeuten abhängig wird.
7. Psychoanalyse bei Angststörungen Psychoanalytische Konzepte bei Angststörungen Die Langzeit-Psychoanalyse versteht sich als aufdeckendes und persönlichkeitsumstrukturierendes Verfahren. Ziel ist die Änderung der Persönlichkeit in einer Weise, dass den Angstsymptomen der Boden entzogen wird. Das allgemeine Behandlungsziel einer Langzeit-Psychoanalyse ist nur in geringem Umfang oder gar nicht auf bestimmte Symptome gerichtet, sondern auf die psychische Struktur und die unverarbeitete Lebensgeschichte des Patienten. Das Hauptziel bei der Behandlung angstneurotischer Patienten besteht in der Ich-Stärkung bzw. Nachreifung angesichts ihrer ich-strukturellen Störung. Die Art des psychoanalytischen Behandlungsansatzes bei Angststörungen hängt vom Ausmaß der Ich-Schwäche des Patienten ab. Schwer ich-gestörte Patienten geraten durch das klassische Setting der Psychoanalyse in eine für sie bedrohliche Regression und werden in ihrer ohnehin brüchigen Ich-Struktur noch zusätzlich erschüttert. Im ungünstigsten Fall kann dies bis zur psychotischen Entgleisung führen. Es geht bei diesen Personen zunächst nicht um das rasche Aufdecken von Konflikten, den dabei beteiligten Triebstrebungen und eingesetzten Widerstandsmustern, sondern um die Verbesserung der Angstbewältigungsmöglichkeiten. Dies kann im Rahmen einer psychoanalytisch orientierten Krisenintervention oder Kurzzeittherapie erfolgen. Bassler und Hoffmann [1] erstellten folgende Richtlinien für die psychoanalytische Behandlung angstneurotischer Patienten: 1. Bei somatisierten Angstzuständen (z.B. Herzphobie), wo aufgrund des fehlenden Angstaffekts die somatischen Angstäquivalente, d.h. die körperlichen Beschwerden, im Vordergrund stehen, ist anfangs eine organische Untersuchung angezeigt. 2. Psychopharmaka sollten nur langsam abgesetzt werden. Viele angstneurotische Patienten wünschen weniger eine innere Veränderung als eine rasche Entlastung von ihrer Angst. Ihre mangelhafte Angsttoleranz als Folge ihrer Ich-Schwäche führt häufig zu Alkohol- und Medikamentenmissbrauch. Diese Patienten sind daher stark suchtgefährdet. Bei schwer ich-gestörten Patienten wäre die Forderung nach Verzicht auf Beruhigungsmittel vor Therapiebeginn eine starke Überforderung. 3. Zunächst sollte der Aufbau einer vertrauensvollen Therapeut-Patient-Beziehung im Vordergrund stehen. In der psychoanalytischen Literatur gibt es wenig systematische Überlegungen zur Behandlung angstneurotischer Patienten. Es wird häufig nur die Empfehlung abgegeben, die mangelhaften Ich-Funktionen in der therapeutischen Beziehung nachreifen zu lassen. 4. Bei angstneurotischen Patienten ist ein strafferes psychoanalytisches Setting erforderlich als bei anderen Patienten. Angstneurotiker leiden sehr unter ihren starken Ängsten und möchten beruhigt werden. Sie klammern sich stark an den Therapeuten an und verlangen oft seine räumliche Nähe und ständige Verfügbarkeit. Der Therapeut wird wie der Partner oder andere nahe Bezugspersonen zu einer ständig stützenden Person degradiert, die den Patienten immer wieder neu beruhigen und ermuntern muss. Psychoanalytische Deutungen bleiben in dieser Phase meist wirkungslos, müssen aber dennoch begonnen werden, um den Patienten auf die Art der von ihm gewünschten „nährenden“ Beziehung hinzuweisen und ihn langsam an reifere Interaktionsmuster heranzuführen. Im Laufe der Nachreifungszeit sollte auch eine stärkere Angsttoleranz gelingen.
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Psychoanalyse bei Angststörungen
Das Ausmaß der Angst stellt nicht notwendigerweise einen Hinweis auf das Ausmaß der Ich-Störung dar. Früher so genannte „hysterische“ Patienten mit relativ guter IchStruktur können mit massiven Angstzuständen reagieren, wenn diese Angstanfälle einer bestimmten Konfliktlösung dienen (den Partner zu binden, sich selbst am Ausscheren aus der Ehe zu hindern usw.). Bei phobischen und zwangsneurotischen Patienten besteht im Gegensatz zu angstneurotischen Patienten meistens eine relativ gute IchStruktur, sodass eine klassische Psychoanalyse laut Experten ohne größere Probleme durchgeführt werden kann. Bei Bedarf kann eine ich-stützende, Autonomie fördernde Einzeltherapie durch eine analytische Gruppenpsychotherapie hilfreich ergänzt werden. Die oft vorhandenen sozialen Defizite können dadurch überwunden und die typischen Abwehrmechanismen durch die Reaktion der Gruppenmitglieder abgebaut werden. Früher wurde der psychoanalytische bzw. psychodynamische Ansatz der Verhaltenstherapie gegenübergestellt, die zudeckend und symptomzentriert arbeite, was zwar momentan wirke, jedoch wegen fehlender Behandlung der Grundstörung nicht lange anhalte oder nur zu einer Symptomverschiebung führe. Die Polemiken zwischen Psychoanalyse und Verhaltenstherapie sind als überholt anzusehen. Beide Psychotherapiemethoden haben sich weiterentwickelt und sind bereit, voneinander zu lernen. Das Buch „Praxis der Psychotherapie. Ein integratives Lehrbuch für Psychoanalyse und Verhaltenstherapie“ von Senf und Broda dokumentiert diese Tendenzen ebenso wie das von Bassler und Leidig herausgegebene Buch „Psychotherapie der Angsterkrankungen. Krankheitsmodelle und Therapiepraxis – störungsspezifisch und schulenübergreifend“. Psychoanalytiker erkennen immer häufiger die Notwendigkeit, die Dynamik der jeweiligen Angststörung zu unterbrechen, bevor deren Hintergründe (Ursachen, Funktionalitäten) bearbeitet werden können. Eine monate- oder gar jahrelange Psychoanalyse bei Angstpatienten ohne Reduktion des phobischen Vermeidungsverhaltens wird zunehmend als problematisch angesehen. Die klassische Psychoanalyse ist bei vielen Angstpatienten überhaupt nicht bzw. jedenfalls nicht zu Beginn anwendbar, wie viele psychoanalytische Theoretiker und Praktiker offen zugeben (z.B. Mentzos, S. O. Hoffmann, Bassler). Eine analytische Kurz- oder Fokaltherapie bei Angststörungen ist ähnlich stützend und symptomzentriert wie eine Verhaltenstherapie. Psychodynamische Therapiekonzepte in manualisierter Form werden für verschiedene Angststörungen in Deutschland und Amerika immer häufiger befürwortet und erstellt (z.B. von Autoren wie S. O. Hoffmann, Leichsenring, Luborsky, Shear, CritsChristoph, Milrod). In Deutschland haben Leichsenring und Mitarbeiter eine manualisierte, psychoanalytisch orientierte Fokaltherapie der generalisierten Angststörung und der sozialen Phobie für die psychotherapeutische Versorgung entwickelt, basierend auf der supportiv-expressiven Therapie von Luborsky, der das psychodynamische Konfliktkonzept auf Beziehungskonfliktthemata ausweitet. Generalisierte Ängste weisen interaktionelle Bezüge auf (unsichere Bindungen). Es handelt sich um Kurztherapien im Ausmaß von jeweils 25 Sitzungen (plus 5 probatorischen Sitzungen), die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert sind (Verbund Psychotherapie). Verhaltenstherapeuten anerkennen zunehmend die Problem- und Sachlage, auf die Psychoanalytiker hinweisen (ein Konflikt als Grundlage bei vielen Angststörungen, Angst als Symptom für etwas „tiefer Liegendes“, wie dies z.B. bei vielen Panikstörungen augenfällig ist, die Bedeutung von Persönlichkeitsfaktoren, lebensgeschichtliche Aspekte, Ausbau von Ressourcen), formulieren sie jedoch in einer Sprache, die mehr aus der Welt der wissenschaftlichen Psychologie stammt, und verwenden andere Strategien, um eine Bewältigung zu erreichen.
Psychoanalytische Konzepte bei Angststörungen
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Seit den 1990er-Jahren berücksichtigen psychoanalytisch orientierte psychosomatische Abteilungen in Deutschland den Ansatz der verhaltenstherapeutischen Konfrontationstherapie zur Musterunterbrechung. Freud forderte bereits 1919 in „Wege der Psychoanalytischen Therapie“, dass sich Phobiker den Angst auslösenden Situationen stellen müssten, anderenfalls könnte mit der psychoanalytischen Methode der freien Assoziation kein konfliktrelevantes Material zutage gefördert werden. Die in der phobischen Situation tatsächlich auftretende Angst und die sie begleitenden Fantasien seien dann in den Analysestunden zu besprechen. Freud musste es wissen, hatte er doch seine eigenen Ängste in seinem vierten Lebensjahrzehnt auf eine Weise behandelt, wie dies heutzutage Verhaltenstherapeuten nicht besser vorschlagen könnten. Auch die Begründung für eine derartige Konfrontation mit den gefürchteten Reizen, wie sie am Ende des folgenden Zitats von Freud [2] gegeben wird, trifft genau die Intentionen einer Verhaltenstherapie: „Unsere Technik ist an der Behandlung der Hysterie erwachsen und noch immer auf diese Affektion eingerichtet. Aber schon die Phobien nötigen uns, über unser bisheriges Verhalten hinauszugehen. Man wird kaum einer Phobie Herr, wenn man abwartet, bis sich der Kranke durch die Analyse bewegen läßt, sie aufzugeben. Er bringt niemals jenes Material in die Analyse, das zur überzeugenden Lösung der Phobie unentbehrlich ist. Man muß anders vorgehen. Nehmen Sie das Beispiel eines Agoraphoben; es gibt zwei Klassen von solchen, eine leichtere und eine schwerere. Die ersteren haben zwar jedesmal unter Angst zu leiden, wenn sie allein auf der Straße gehen, aber sie haben darum das Alleingehen noch nicht aufgegeben; die anderen schützen sich vor der Angst, indem sie auf das Alleingehen verzichten. Bei diesen letzteren hat man nur dann Erfolg, wenn man sie durch den Einfluß der Analyse dazu bewegen kann, sich wieder wie Phobiker ersten Grades zu benehmen, also auf die Straße zu gehen und während dieses Versuches mit der Angst zu kämpfen. Man bringt es also zunächst dahin, die Phobie so weit zu ermäßigen, und erst wenn dies durch die Forderung des Arztes erreicht ist, wird der Kranke jener Einfälle und Erinnerungen habhaft, welche die Lösung der Phobie ermöglichen.“
Die Psychoanalytiker S. O. Hoffmann und Markus Bassler [3] haben in Deutschland großen Anteil an der Integration der Konfrontationstherapie in ein psychoanalytisch orientiertes stationäres Gesamtkonzept zur Unterbrechung der Vermeidungshaltung: „Wir sind davon überzeugt, daß für eine erfolgreiche psychoanalytische (stationäre) Behandlung von Angsterkrankungen angstexponierende Therapieelemente unabdingbar sind (Freud empfahl bereits 1919 eine solche Vorgehensweise bei der Psychoanalyse von Phobien).“
Sie beschreiben das von ihnen entwickelte Konzept der integrativ, primär psychoanalytisch ausgerichteten psychosomatischen Fachklinik in Mainz folgendermaßen [4]: „Speziell für Angstpatienten haben wir seit 1992 ein Angstkonfrontationstraining eingeführt, das abgestimmt auf den einzelnen Patienten die aktive Auseinandersetzung mit der angstauslösenden Situation bzw. Stimulus intendiert. Dabei wird mit dem Patienten intensiv in Einzel- und Gruppengesprächen über seine dabei gemachten Erfahrungen, Eindrücke bzw. Phantasien gesprochen. Insgesamt bleibt also die Grundorientierung am Angstsymptom als Ausdruck bzw. Folge unbewußter Konflikte weiterhin ohne Einschränkungen erhalten, jedoch erscheint es uns unerläßlich, für Angstpatienten auch übende verhaltenstherapeutische Elemente in das Konzept von stationärer Psychotherapie zu integrieren.“
Nach psychoanalytischer Auffassung hängt es entscheidend von der Ich-Stärke ab, wann bei einer Agoraphobie eine Konfrontationstherapie durchgeführt werden kann. Bei ich-schwachen Agoraphobikern sollte zuerst ein ressourcenorientiertes Vorgehen gewählt werden, das ganz allgemein eine bessere Angstbewältigung ermöglicht.
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Psychoanalyse bei Angststörungen
Der Einfluss des Partners und naher Bezugspersonen auf die Aufrechterhaltung der Agoraphobie muss ebenfalls beachtet werden, was im Rahmen einer psychoanalytisch orientierten Einzel- oder Gruppentherapie oft zu wenig erfolgt. Partner und Angehörige haben oft ein unbewusstes Bedürfnis, die Angstsymptomatik aufrechtzuerhalten, weil dann ihre eigenen Probleme in den Vordergrund treten würden. Bei Panikstörungen ohne Agoraphobie sollte laut Bassler die psychoanalytische Therapie anfangs so gestaltet werden wie eine kognitive Verhaltenstherapie, bei der dem Patienten das „Teufelskreis-Modell“ erklärt und ein hilfreicher Umgang mit dem Körper trainiert wird, um ein Übermaß an Medikamenten bzw. Alkohol zu verhindern.
Psychoanalytische Konzepte bei Zwangsstörungen Analytische Konzepte zur Zwangsstörung beinhalten folgende Therapieziele [5]: z Bearbeitung der emotionalen Ambivalenz in der therapeutischen Beziehung auf der Ebene von Übertragung und Gegenübertragung (Macht-Ohnmacht- bzw. Autonomie-Abhängigkeitskonflikte). z Veränderung des rigiden Über-Ichs zugunsten von mehr Autonomie, Lebensentfaltung, Genussfähigkeit, Annahme und Befriedigung zentraler (Trieb-)Bedürfnisse, Selbstsicherheit gegenüber äußeren Normen und Autoritäten, persönliche Gewissensbildung ohne skrupulöse Einengung, Integration schwer akzeptabler Impulse bzw. widersprüchlicher Anteile im Denken, Fühlen und Handeln in die Person. z Hilfestellung bei der Bewältigung der subjektiv oft recht belastenden Schuldgefühle und beim Abbau der masochistischen Büßerhaltung. z Klärung von Autonomie-Abhängigkeitskonflikten in der aktuellen Lebenssituation. Dies kann die Einbeziehung des Partners in die Therapie erforderlich machen. z Konfrontation mit dem Abwehrmechanismus der Gefühlsisolierung mit dem Effekt von mehr emotionaler Spontaneität. Das affektzentrierte konfrontative Vorgehen soll ein besseres Erleben und Durcharbeiten der aktuellen Gefühle und Triebe (aggressive und libidinöse Impulse) ermöglichen. Zielgerichtete Wut und Ärgergefühle sollen ebenso wahrgenommen und zugelassen werden wie sexuelle Wünsche und Gefühle. z Toleranz einer Restunsicherheit im Denken und Handeln (bessere Ambiguitätstoleranz) sowie Erhöhung der Risikobereitschaft. Rationale Rekonstruktionen von Kindheitskonflikten sind oft wenig hilfreich, was auch von Psychoanalytikern zugegeben wird. Deutungen werden von den Patienten zwar oft eingesehen, bewirken jedoch mangels intensiven Erlebens aktueller Gefühlszustände häufig keine Änderungen des konkreten Verhaltens. Die Gefahr des Intellektualisierens wird durch das psychoanalytische Setting geradezu verstärkt [6]. Psychoanalytiker wie Joraschky zeigen eine zunehmende Offenheit gegenüber verhaltenstherapeutischen Konfrontationskonzepten bei der Behandlung von Zwangsstörungen [7]: „Als Stärke der Verhaltenstherapie kann die konfrontative Bearbeitung symptomaufrechterhaltender Faktoren etwa durch Expositionsbehandlung angesehen werden. Im Anschluß daran wären an der Persönlichkeit orientierte, längerfristige analytische Behandlungsformen und die Einbeziehung des Partners wichtige Ergänzungen. Gerade die mit Hilfe der Konfrontationstherapie erreichte verbesserte Selbstwertsituation macht ein konfliktzentriertes Arbeiten in vielen Fällen im Anschluß sinnvoll. Allerdings muß hier noch ein ausreichendes Verständnis und Flexibilität bei den Therapeuten der unterschiedlichen Schulen erreicht werden.“
Psychoanalytische Konzepte bei posttraumatischen Belastungsstörungen
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Psychoanalytische Konzepte bei posttraumatischen Belastungsstörungen Freud verstand bereits 1920 ein psychisches Trauma als Folge einer Reizüberüberflutung. In Erweiterung der traditionellen Konzepte interpretierte der amerikanische Psychoanalytiker Horowitz die Kernsymptome der posttraumatischen Belastungsstörung (Intrusion und Vermeidung) als bi-phasischen Versuch, das Trauma zu überwinden. Traumatisierte Patienten müssen sich – ähnlich wie in der Verhaltenstherapie – im therapeutischen Kontext neuerlich der traumatischen Erfahrung aussetzen, diese Schritt für Schritt durcharbeiten und durch die Integration der bisher unbewältigten Erfahrungen in die bewusstseinsfähige Erlebniswelt Kontrolle darüber gewinnen in einer Weise, dass die Erinnerungen bewusst zugelassen werden können und gleichzeitig wieder ein normales Leben möglich ist. Es gehört seither zu den grundlegenden Strategien psychoanalytischer Traumabearbeitung, in Abweichung von den traditionellen Behandlungskonzepten in einem aktiven Prozess das traumatisierende Geschehen sukzessive wieder zu erinnern, die damit einhergehenden Gefühle wieder zu erleben und mit Hilfe des Therapeuten auf einem kontrollierbaren Niveau zu verarbeiten. Die Integration der abgespaltenen Erinnerungen ermöglicht wieder eine biografische Kontinuität der Betroffenen. Für derartige Vorgangsweisen gibt es auch bereits erste erfolgreiche Therapieevaluierungsstudien. Der deutsche Psychoanalytiker Fischer, Mitautor des grundlegenden Werkes „Lehrbuch der Psychotraumatologie“, entwickelte ein integratives Behandlungskonzept für posttraumatische Störungen unter Einschluss verhaltenstherapeutischer Strategien, das in seiner manualisierten Form als Mehrdimensionale Psychodynamische Traumatherapie (MPTT) bekannt geworden ist und auch bereits gute Behandlungserfolge nachweisen kann. Das Manual berücksichtigt die verschiedenen Anforderungsprofile der Krisenintervention, der Akuttherapie und der Therapie komplexer chronischer psychischer Traumatisierungen. Diese individuumspezifische Therapie orientiert sich an vier Dimensionen, und zwar an den drei natürlichen Verarbeitungsphasen Schock-, Einwirkungs- und Erholungsphase und der traumatischen Reaktionsphase, in der an die vorhandenen Bewältigungsmechanismen der Betroffenen angeknüpft wird. Eine Akuttraumatherapie dauert nur 10 Sitzungen. Das Deutsche Institut für Psychotraumatologie in Köln, das Fischer 1991 gründete und deren Leiter er ist, gilt bundesweit als federführend in der Hilfe für Gewalt- und Unfallopfer. Ein weiteres, sehr bedeutsames Verfahren stellt die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT) der deutschen Nervenfachärztin Luise Reddemann dar, die für Menschen mit einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung gedacht ist. In dem sehr anschaulichen Behandlungsmanual werden neben der ausführlichen Beschreibung der drei Phasen der Stabilisierung, der Traumakonfrontation und der Integration auch andere wichtige Aspekte angesprochen. Die Autorin hat zahlreiche, sehr hilfreiche Imaginationstechniken entwickelt und in ihrem viel gelesenen Buch „Imagination als heilsame Kraft“ einem breiten Leserkreis bekannt gemacht. Sie berücksichtigt in ihrer Arbeit auch zentrale Aspekte der kognitiven Verhaltenstherapie, betont jedoch als Analytikern viel stärker den Aspekt der Beziehung und die Notwendigkeit einer ausgedehnten Stabilisierungsphase. Die Expertin weist darauf hin, dass die Bedeutung der Traumakonfrontation zumindest bei komplexen Traumafolgestörungen oft überschätzt wird und legt großen Wert auf die Beziehungsarbeit und die Ressourcenentwicklung. Mit ihrem sehr informativen Buch „Trauma“ wendet sie sich auch an Betroffene.
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Psychoanalyse bei Angststörungen
Erfolge der Psychoanalyse bei Angststörungen Es gibt bislang nur wenig befriedigende empirisch-statistische Wirksamkeitsbelege zur psychoanalytischen Behandlung von Menschen mit Angststörungen, was auch Psychoanalytiker zugeben. Es fehlen Vergleiche mit unbehandelten oder anders behandelten Kontrollgruppen, bedingt durch die Art des therapeutischen Settings. Wenn Psychotherapie wissenschaftlich fundiert sein soll, wie dies im österreichischen und deutschen Psychotherapiegesetz verankert ist, haben alle Psychotherapiemethoden außer der Verhaltenstherapie noch einen Nachholbedarf, um die Wirksamkeit ihrer Behandlungsweise bei Angstpatienten empirisch zu belegen. Erste Erfolgsnachweise stellen zahlreiche Berichte von positiv abgeschlossenen Fällen dar. Amerikanische Psychoanalytiker weisen auf Erfolge bei der Behandlung der Panikstörung hin, dokumentiert allerdings nur durch Fallvignetten. Die untersuchten Panikpatienten waren starken psychosozialen Stressfaktoren ausgesetzt, die ein hohes Konfliktpotenzial zur Folge hatten. Als zentrale Konflikte zeigten sich folgende Themen: bedrohte Bindung, Verlassenheitsangst, Hilflosigkeits- und Ohnmachtsgefühle, verärgerte Vorwürfe, furchtsame Abhängigkeit. Die amerikanische Arbeitsgruppe um Shear berichtete von Erfolgen mit einer Kombination von psychodynamisch orientierter Einsichtstherapie und verhaltenstherapeutisch orientierter Konfrontationstherapie. Hoffmann und Bassler dokumentierten die Erfolge einer Manual-gestützten Fokaltherapie. An der psychosomatischen Fachklinik der Universität Mainz [8] wurde bei primär psychoanalytischer Ausrichtung (jedoch zunehmend ergänzt durch die Expositionstherapie aus der Verhaltenstherapie) der Erfolg bei verschiedenen Angststörungen überprüft. Die Erfolge waren am besten bei Agoraphobie (61,4% Besserung, 6,3% Verschlechterung) und bei Panikstörungen (52,5% Besserung, 6,5% Verschlechterung), während sie bei der generalisierten Angststörung (der früheren „Angstneurose“) wesentlich bescheidener ausfielen (nur 40,0% Besserung und 21,2% Verschlechterung). In den letzten Jahren haben sich auch Psychoanalytiker zunehmend bemüht, die Wirksamkeit psychodynamischer Methoden bei der Behandlung von Angst- und Panikstörungen zu dokumentieren auf der Basis der üblichen Forschungsstandards. Eine manualisierte psychodynamisch orientierte Therapie bei Menschen mit Panikstörungen, wie sie vom Team um Milrod eingesetzt wurde, konnte mithilfe eines randomisierten und kontrollierten Designs eine gute Wirksamkeit nachweisen und bestätigte damit die Ergebnisse aus offenen Studien zur panikfokussierten psychodynamischen Therapie. Nach der Meta-Analyse von Ruhmland und Margraf waren zwei psychodynamische Studien ebenso erfolgreich wie die kognitive Therapie (ES = 1,13), jedoch nicht stabil. Die Göttinger Psychoanalytiker Leichsenring und Leibing haben mit ihrem Team durch eine umfangreiche Meta-Analyse psychoanalytischer Studien zu allen möglichen psychischen Störungen die Wirksamkeit der Psychoanalyse aufgezeigt und möchten diese durch eigene Studien im Bereich der Angststörungen belegen. Leichsenring und Mitarbeiter evaluieren gegenwärtig im Rahmen des Forschungsverbunds SOPHO-NET (Social Phobia Psychotherapy Research Network) in fünf deutschen Forschungszentren (Göttingen, Bochum, Dresden, Jena, Mainz) die psychodynamische Kurzzeittherapie bei Menschen mit sozialer Phobie in Form einer randomisierten und kontrollierten Multicenter-Studie im Vergleich mit kognitiver Verhaltenstherapie. Die Autoren evaluieren auch eine manualisierte psychoanalytisch orientierte Fokaltherapie der generalisierten Angststörung in Form der supportiv-expressiven Therapie nach Luborsky im Vergleich zu kognitiver Verhaltenstherapie.
8. Selbsthilfe bei Angststörungen Bibliotherapie – Selbstheilung durch angeleitetes Lesen Bibliotherapie bezeichnet eine Selbstbehandlung durch angeleitetes Lesen, d.h. die Heilung von psychischen Störungen durch geeignete Behandlungsanleitungen. Es handelt sich dabei meist um Patientenratgeber und Selbsthilfemanuale, die von Fachleuten speziell für Betroffene und deren Angehörige verfasst wurden, aber auch um Betroffenenberichte und Autobiographien nach dem Motto „So habe ich mein Symptom XY überwunden“, häufig kommentiert von Fachleuten. Mittlerweile gibt es SelbsthilfeRatgeber zu allen Angststörungen nach dem ICD-10 sowie auch zu Zwangsstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen. Es handelt sich meist um eine Kombination von Psychoedukation (Informationen über die Störung) und konkrete Handlungsanleitungen. Die bewährten Prinzipien der verhaltenstherapeutischen Angstbehandlung durch Fachleute werden dabei in Form von Selbsthilfeprogrammen präsentiert. Selbsthilfebücher stellen auch eine sinnvolle, oft sogar notwendige Ergänzung der traditionellen psychotherapeutischen oder ärztlichen Behandlung dar. Auf diese Weise können die Betroffenen Therapiekosten sparen, während Ärzte und Psychotherapeuten bei weniger Zeitaufwand dennoch sehr effizient tätig sein können. Kurzzeittherapien in meiner Praxis leben oft von den positiven Effekten der Bibliotherapie. Verhaltenstherapeutisch orientierte Selbsthilfebücher können auch im Rahmen einer anderen Psychotherapiemethode Gewinn bringend eingesetzt werden. Wenn es gelingt, über ein Selbstbehandlungsmanual einen Durchbruch auf der Symptomebene zu erreichen, können die anderen Probleme (Partnerprobleme, berufliche Konflikte, unverarbeitete Erlebnisse aus der Vergangenheit, emotionale Probleme wie unterdrückte Aggressionen usw.) durchaus nach einer anderen Psychotherapiemethode bearbeitet werden. Studien belegen die heilende Wirkung von gedruckten, über Computer verfügbaren oder audiovisuellen Anleitungen zur Selbsttherapie bei Angst-, Panik-, Zwangs- und posttraumatischen Belastungsstörungen [1]. Eine Meta-Analyse von Studien zur Wirksamkeit von Selbsthilfemanualen ergab eine mittlere Effektstärke (ES = 0,68) [2]. Die Wirksamkeit von Selbsthilfeprogrammen wird erhöht, wenn diese durch einen minimalen Therapeutenkontakt unterstützt werden können. Immer größere Bedeutung werden jene Unterweisungen gewinnen, die die Möglichkeiten des Computers und des Internets nutzen. Selbst bei so schweren Störungen wie der posttraumatischen Belastungsstörung sind Internet-gestützte Selbstbehandlungsanleitungen als wirksam nachgewiesen. Wegen der positiven Wirkungen von Selbsthilfebüchern schreibe ich zusammen mit Journalisten derartige Patientenratgeber. Einen guten Überblick über zehn Angststörungen mit vielen Ratschlägen bietet mein Selbsthilfebuch „Die zehn Gesichter der Angst. Ein Selbsthilfe-Programm in 7 Schritten“, das ich mit der Journalistin Sigrid Sator als Koautorin verfasst habe, mit der ich anschließend auch das Buch „Wenn die Seele durch den Körper spricht. Psychosomatische Störungen verstehen und heilen“ veröffentlicht habe. Zur Thematik der hypochondrischen Ängste habe ich mit dem Journalisten Thomas Hartl das Selbsthilfebuch „Die Angst vor Krankheit verstehen und bewältigen“ geschrieben. Meinen Ratgeber „Die Angst zu versagen und wie man sie besiegt“ habe ich von einer Wiener Journalistin in eine leichter lesbare Form bringen lassen. Als nächstes Buch plane ich einen Selbsthilfe-Ratgeber mit dem Arbeitstitel „Wenn Angst zur Furcht wird. Spezifische Phobien verstehen und überwinden“.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Angst-Fragebogen – Angststörungen selbst erkennen Der folgende Angst-Fragebogen stammt aus der von Wittchen und anderen Experten [3] erstellten, kostengünstigen und empfehlenswerten Patienten-Informationsbroschüre „Hexal-Ratgeber Angst“. Es handelt sich um Fragen zu den fünf Angststörungen nach dem ICD-10. Der Fragebogen soll Sie auf eine eventuell vorhandene Angststörung hinweisen und anregen, die Selbstdiagnose durch die Diagnose eines Arztes oder Psychotherapeuten überprüfen zu lassen. Die Lektüre der Forschungskriterien nach dem ICD-10, wie sie bei den jeweiligen Angststörungen angeführt sind, kann Ihnen eine weitere Bestätigung bringen. Die Fragen sind jeweils durch Ankreuzen von „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten. Bei manchen Fragen werden Sie – falls Sie mit „Nein“ geantwortet haben – angewiesen, einige der folgenden Fragen zu überspringen. Tab. 14: Angst-Fragebogen nach Wittchen u.a [4] Fragen zur Panikstörung 1.
2.
3.
4. 5. 6. 7. 8.
Hatten Sie schon einmal einen Angstanfall, d.h., wurden Sie ganz plötzlich und unerwartet von starker Angst oder Beklommenheit überfallen, und zwar in Situationen, in denen die meisten Menschen nicht ängstlich sind? Solche Angstanfälle treten manchmal auf, wenn man wirklich in ernster Gefahr ist oder wenn man im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer steht. Treten Ihre Angstanfälle auch unabhängig von solchen Situationen auf? Versuchen Sie, sich an einen Ihrer schwersten Angstanfälle zurückzuerinnern! Hatten Sie während dieses Angstanfalls z Atemnot oder Schwierigkeiten, Luft zu bekommen? z Herzklopfen? z Schwindel, Benommenheitsgefühle? z ein Engegefühl oder Schmerzen in Brust oder Magen? z Kribbeln oder Taubheitsgefühle? z Erstickungsgefühle? z das Gefühl, einer Ohnmacht nahe zu sein? z geschwitzt? z gezittert oder gebebt? z Hitzewallungen oder Kälteschauer? z die Dinge um Sie herum als unwirklich empfunden? z die Befürchtung, dass Sie sterben könnten? z die Befürchtung, verrückt zu werden? z einen Brechreiz verspürt? z Beklemmungsgefühle? z einen trockenen Mund? Traten diese Beschwerden sehr plötzlich auf, und verschlimmerten sie sich dann innerhalb von Minuten? Hatten Sie jemals vier Angstanfälle innerhalb von 4 aufeinander folgenden Wochen? Hatten Sie nach einem solchen Angstanfall wochenlang ständig Angst davor, wieder einen solchen Angstanfall zu bekommen? Wann hatten Sie zum ersten Mal einen Angstanfall? Wann hatten Sie zum letzten Mal einen Angstanfall? Haben Sie die Fragen 1, 2, mindestens eine Beschwerde von Frage 3 sowie die Fragen 4 (oder 5) und 6 mit Ja beantwortet? Wenn dies zutrifft, haben Sie möglicherweise eine Panikstörung!
ja
ja
nein È Frage 9 nein È Frage 9
ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja
nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein
ja
nein
ja
nein
ja
nein
Angst-Fragebogen – Angststörungen selbst erkennen
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Fragen zur generalisierten Angststörung 9.
10. 11. 12. 13. 14.
15. 16.
Nun fragen wir nach lang andauernden Angstzuständen! Haben Sie sich jemals 6 Monate oder länger fast unablässig ängstlich, angespannt und besorgt gefühlt? Wie lange hielt die längste Phase an, während der Sie sich ängstlich und besorgt fühlten? Machten Sie sich ständig Sorgen über Dinge, die mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht eintreten würden? Machten Sie sich ständig Sorgen über Dinge, die eigentlich gar nicht so schwerwiegend sind? Machten Sie sich über verschiedene Dinge (Kinder, Familie, Gesundheit) Sorgen? In diesen Zeiten, wenn Sie sich ängstlich und besorgt fühlten, z waren Sie da leicht ermüdbar? z waren Sie sehr aufgeregt, nervös und schreckhaft? z zitterten Sie oder bebte Ihr Körper? z fühlten Sie sich rast- und ruhelos? z hatten Sie Muskelverspannungen oder -schmerzen? z hatten Sie große Konzentrationsprobleme? z waren Sie besonders leicht reizbar? z schwitzten Sie sehr stark? z litten Sie unter Herzklopfen oder Herzrasen? z hatten Sie kalte, feuchte Hände? z fühlten Sie sich schwindelig oder benommen? z hatten Sie einen trockenen Mund? z litten Sie unter Übelkeit oder Durchfall? z mussten Sie zu oft Wasser lassen? z hatten Sie Hitzewallungen oder Kälteschauer? z hatten Sie Atemnot oder das Gefühl zu ersticken? z hatten Sie Schluckbeschwerden? z hatten Sie Ein- oder Durchschlafschwierigkeiten? z hatten Sie Magenbeschwerden? z fühlten Sie sich einer Ohnmacht nahe oder unwirklich? z hatten Sie das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren? Wann hatten Sie solche Angstzustände zum ersten Mal? Wann hatten Sie solche Angstzustände zum letzten Mal?
ja
nein È Frage 17 Monate
ja
nein
ja
nein
ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja
nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein
ja ja ja ja ja
nein nein nein nein nein
Haben Sie die Fragen 9, 13 und fünf oder mehr Beschwerden von Frage 14 mit Ja beantwortet? Wenn ja, haben Sie möglicherweise eine generalisierte Angststörung! Fragen zur Agoraphobie
17.
Einige Menschen haben ohne klaren Grund eine solch starke Angst vor Menschenmengen, alleine das Haus zu verlassen oder Bus, Auto oder Eisenbahn zu benutzen, dass sie solche Situationen vermeiden oder nur unter großer Angst ertragen können. Hatten Sie jemals eine derart unbegründet starke Angst, z vor Menschenmengen oder Schlange zu stehen? z das Haus zu verlassen oder außerhalb des Hauses allein zu sein? z sich auf öffentlichen Plätzen (Markt, Kino) aufzuhalten? z sich im Auto, Zug, Bus oder Flugzeug zu befinden? z oder eine Brücke zu überqueren? Wenn Sie alle diese Fragen verneint haben, springen Sie zu Frage 28!
496 18.
19.
20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27.
Selbsthilfe bei Angststörungen Haben Sie in solchen Situationen z geschwitzt oder gebebt? z einen trockenen Mund gehabt? z Herzklopfen oder Herzrasen gehabt? z Atemnot oder Erstickungsgefühle gehabt? z sich benommen oder einer Ohnmacht nahe gefühlt? z befürchtet, die Kontrolle über sich selbst zu verlieren? Hatten Sie Angst, „verrückt“ zu werden? z oder dass Ihnen etwas Peinliches passiert? z oder dass Sie hilflos werden? Vermeiden Sie solche Situationen wegen Ihrer Angst? Haben Sie mit einem Arzt über diese Ängste gesprochen? Haben Sie wegen dieser Ängste Medikamente eingenommen? Haben diese Ängste oder das Vermeiden dieser Situationen wesentlich in Ihr normales Leben eingegriffen? Konnten Sie wegen dieser Ängste irgendwann einmal nicht verreisen, obwohl Sie dies gerne getan hätten? Waren Sie wegen dieser Ängste einmal einen ganzen Tag lang nicht in der Lage, Ihr Haus oder Ihre Wohnung zu verlassen? Wann hatten Sie zum ersten Mal eine solche Angst? Wann hatten Sie zum letzten Mal eine solche Angst?
ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja ja
nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein nein
ja
nein
ja
nein
ja
nein
Manche Menschen haben eine solche unbegründet starke Angst davor, etwas in Gegenwart anderer Menschen zu tun, dass Sie solche Situationen meiden oder Sie nur unter großer Angst durchstehen. Hatten Sie jemals solch starke Ängste z vor anderen Ihnen bekannten Personen zu sprechen? z auf die Toilette gehen zu müssen (Restaurant, Kino)? z in der Öffentlichkeit zu essen oder zu trinken?
ja ja ja
nein nein nein
z mit anderen zu sprechen, weil Sie möglicherweise nichts zu sagen hätten oder „Unsinn“ von sich geben könnten? z zu schreiben, wenn Ihnen jemand zuschaut?
ja ja
nein nein
ja ja ja
nein nein nein
ja ja
nein nein
ja
nein
ja
nein
ja
nein
Haben Sie zumindest eine der Beschwerden der Fragen 18 oder 19 sowie die Fragen 23-25 mit Ja beantwortet? Dann liegt bei Ihnen möglicherweise eine Agoraphobie vor! Fragen zur sozialen Phobie
28.
Wenn Sie eine, mehrere oder alle dieser Fragen mit Ja beantwortet haben, gehen sie weiter zu Frage 29! Haben Sie alle Fragen verneint, gehen Sie zu Frage 40!
29. 30. 31. 32.
Haben diese Ängste monatelang angedauert? Haben Sie mit einem Arzt über diese Angst gesprochen? Haben Sie wegen dieser Angst Medikamente eingenommen? Hat diese Angst oder das Vermeiden dieser Situation wesentlich in Ihr normales Leben eingegriffen? Hat diese Angst Sie jemals sehr belastet? Hat diese Angst Sie jemals daran gehindert, eine berufliche Aufgabe zu bewältigen, neue Verantwortlichkeiten an Ihrem Arbeitsplatz zu übernehmen oder eine neue Stelle anzutreten? Hat diese Angst Sie jemals daran gehindert, zu einer Feier oder einer sonstigen gesellschaftlichen Veranstaltung oder zu einem Treffen zu gehen? Wenn Sie sich in einer Angstsituation befanden oder sich vorstellten, in einer solchen Situation zu sein, wurden Sie da fast immer extrem nervös, z.B. schwitzten Sie, hatten Herzklopfen oder waren kurzatmig?
33. 34.
35. 36.
Angst-Fragebogen – Angststörungen selbst erkennen 37.
38. 39.
Oder erröteten oder zitterten Sie? z hatten Sie die Befürchtung, erbrechen zu müssen? z oder dass Ihnen etwas sehr Peinliches passieren könnte? Wann hatten Sie solche Ängste zum ersten Mal? Wann hatten Sie solche Ängste zum letzten Mal?
497 ja ja ja
nein nein nein
ja ja ja ja ja ja ja ja ja
nein nein nein nein nein nein nein nein nein
ja ja ja
nein nein nein
ja ja
nein nein
ja
nein
ja
nein
ja
nein
Haben Sie die Fragen 29 oder 35-37 mit Ja beantwortet? Dann haben Sie möglicherweise eine soziale Phobie! Fragen zur spezifischen Phobie
40.
Es gibt noch andere Situationen, in denen manche Menschen eine solche unbegründet starke Angst verspüren, dass sie sie zu vermeiden versuchen. Hatten Sie jemals eine unbegründet starke Angst z vor Höhen? z vor dem Fliegen? z davor, Blut zu sehen? z vor Stürmen, Donner oder Blitz? z vor Schlangen, Vögeln, Insekten oder anderen Tieren? z vor geschlossenen Räumen (z.B. Aufzugkabinen)? z vor Blut oder eine Spritze zu bekommen? z davor, im Wasser (z.B. Swimmingpool, Meer) zu sein? z vor irgendwelchen anderen Situationen? Welche? _______________________________________________________________
Wenn Sie eine, mehrere oder alle dieser Fragen mit Ja beantwortet haben, gehen Sie weiter zu Frage 41! Haben Sie alle Fragen verneint, beenden Sie den Fragebogen!
41. 42. 43. 44.
Hat eine dieser Ängste Monate oder gar Jahre angedauert? Haben Sie mit einem Arzt über diese Ängste gesprochen? Haben Sie wegen dieser Angst Medikamente genommen? Hat diese Angst oder das Vermeiden dieser Situation wesentlich in Ihr normales Leben eingegriffen? Hat diese Angst Sie jemals sehr belastet? Hat die Angst Sie jemals daran gehindert, eine berufliche Aufgabe zu übernehmen oder eine neue Stelle anzutreten? Hat die Angst Sie jemals daran gehindert, zu einer Feier oder einer sonstigen gesellschaftlichen Veranstaltung zu gehen? Wenn Sie sich in einer Angstsituation befanden oder wenn Sie an eine solche Situation dachten, wurden Sie da fast immer nervös oder „panisch“? Schwitzten Sie? Hatten Sie Herzklopfen? Waren Sie kurzatmig? Wann hatten Sie zum ersten Mal eine solche Angst? Wann hatten Sie zum letzten Mal eine solche Angst?
45. 46. 47. 48.
49. 50.
Haben Sie die Fragen 41, 44-46 oder 47 und 48 mit Ja beantwortet? Dann haben Sie möglicherweise eine spezifische Phobie!
Auf der Grundlage der Forschungskriterien des ICD-10 habe ich den nachfolgenden Fragebogen zur Erfassung von Angststörungen erstellt. Markieren Sie alle Symptome, die gegenwärtig auftreten, entweder plötzlich in Form von Panikattacken oder als Angstattacken in phobischen Situationen oder als Dauerzustand im Sinne einer generalisierten Angststörung. Geben Sie zusätzlich durch einen Vermerk an, falls Sie früher eine der Angststörungen 1.-4. hatten.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Tab. 15: Angst-Fragebogen nach den ICD-10-Forschungskriterien (vom Autor erstellt)
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25.
Treten die folgenden Symptome attackenartig (akut-plötzlich) oder länger dauernd auf? Sie können auch beides markieren. Herzrasen oder störendes Herzklopfen Schweißausbrüche fein- oder grobschlägiges Zittern Mundtrockenheit (nicht als Medikamentennebenwirkung) Atembeschwerden Beklemmungsgefühl Schmerzen oder Missempfindungen in der Brust Übelkeit oder sonstige Magenbeschwerden Schwindel, Unsicherheit, Schwäche oder Benommenheit Depersonalisation (sich weit weg, nicht ganz da fühlen) oder Derealisation (die Objekte erscheinen unwirklich) Angst vor Kontrollverlust, verrückt zu werden, auszuflippen Angst zu sterben (als Folge attackenartiger Symptome) Hitzewallungen oder Kälteschauer Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühle Muskelverspannung, akute und chronische Schmerzen Ruhelosigkeit und Unfähigkeit sich zu entspannen Aufgedrehtsein, Nervosität, psychische Anspannung Kloßgefühl im Hals oder Schluckbeschwerden Übertriebene Reaktionen auf Überraschung/Erschrecktwerden Konzentrationsschwierigkeiten, Leeregefühl im Kopf wegen der ständigen Sorgen oder Ängste anhaltende Reizbarkeit Einschlafstörung wegen der ängstlichen Besorgtheit Erröten oder Zittern (Angst, dadurch negativ aufzufallen) Angst zu erbrechen (Angst, dadurch negativ aufzufallen) Harn-/Stuhldrang bzw. Angst davor (wegen der Auffälligkeit)
attackenartig, akut O O O O O O O O O
länger dauernd O O O O O O O O O
O O O O O O O O O O
O O O O O O O O O O
O O O O O O
O O O O O O
1. Verdacht auf Panikstörung: gleichzeitiges Auftreten von mindestens 4 Symptomen aus 1.-14. (davon 1 Symptom aus 1.-4.) – attackenartig und spontan auftretend, nicht auf bestimmte Situationen oder Objekte bezogen (nicht vorhersagbar, weil nicht durch bestimmte Situationen bedingt); diese Symptome werden als gefährlich oder lebensbedrohlich erlebt (ohne körperliche Anstrengung und ohne sichtbare Ursache). Eine Panikstörung erfordert spontane, nicht-situationsbedingte Panikattacken. 2. Verdacht auf generalisierte Angststörung: mindestens 4 Symptome aus 1.-22. (davon ein Symptom aus 1.-4.) – mindestens 6 Monate lang in einem Zeitraum mit vorherrschender Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen in Bezug auf alltägliche Ereignisse und Probleme. Im Laufe der Zeit entsteht daraus oft eine Depression. 3. Verdacht auf Agoraphobie (Platzangst): mindestens 2 Symptome aus 1.-14. (davon 1 Symptom aus 1.-4.) – auftretend in mindestens 2 von 4 Situationen: Menschenmengen, öffentliche Plätze, allein Reisen, Reisen mit weiter Entfernung von Zuhause. Wenn Panikattacken nur in phobischen Situationen auftreten, haben Sie keine Panikstörung, sondern eine ausgeprägte Agoraphobie oder spezifische Phobie. 4. Verdacht auf soziale Phobie: mindestens 2 Symptome aus 1.-14. sowie mindestens 1 Symptom aus 23.-25. – auftretend jeweils in sozialen Situationen. Wenn Panikattacken nur in sozialen Situationen auftreten, haben Sie keine Panikstörung, sondern eine ausgeprägte soziale Phobie. Diese wird durch Symptome wie Erröten verstärkt.
Problem- und Zielanalyse bei Angststörungen
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Problem- und Zielanalyse bei Angststörungen Zur Erfassung der verschiedenen Angststörungen gibt es zahlreiche Fragebögen, die meist nur Fachleuten zugänglich sind. Vor allem Verhaltenstherapeuten legen einige davon ihren Patienten zur Beantwortung vor, um rasch einen Eindruck von der Art und dem Ausmaß der Störung zu bekommen. Bei Vorgabe derselben Verfahren zu Beginn und am Ende der Psychotherapie kann auf diese Weise der Therapieerfolg überprüft werden. Das von Hoyer und Margraf herausgegebene Buch „Angstdiagnostik. Grundlagen und Testverfahren“ beschreibt zu jeder Angststörung zahlreiche Fragebögen, die aus Platzgründen in diesem Buch nicht ausführlicher dargestellt werden können. Zu Beginn einer Psychotherapie erfolgen auch ohne Vorlage spezieller Fragebögen eine genaue Analyse des Problemverhaltens (in der Verhaltenstherapie „Verhaltensanalyse“ bzw. „Problemanalyse“ genannt) sowie eine Auflistung der konkreten Therapieziele. Wenn Sie die folgenden Fragen möglichst konkret beantworten können, haben Sie nicht nur ein besseres Verständnis Ihrer Angststörung erlangt, sondern auch eine gute Vorbereitung für eine eventuelle Psychotherapie getroffen. Bei Verhaltenstherapeuten werden Ihnen derartige Fragen möglicherweise als Hausaufgabe übermittelt, um die Art und den Kontext Ihrer Angststörung rasch zu erarbeiten. Eine detaillierte Problem- und Symptomerfassung ist die Voraussetzung für eine individuell abgestimmte Verhaltenstherapie.
Individuelle Verhaltensanalyse z Können Sie Ihre Ängste aufzählen, genau beschreiben und nach der Stärke reihen? z Welche körperlichen Zustände, Verhaltensweisen und Gedanken treten auf, wenn Sie Angst haben? Was sind für Sie die schlimmsten Angstsymptome? z Seit wann – wann – wo – wie – mit welchem Ablauf – wie oft – wie stark – mit wem zusammen – mit welchen unterschiedlichen Erscheinungsformen und Schwankungsbreiten treten Ihre Ängste auf? z In welchen Situationen treten Ihre Ängste derzeit vorwiegend auf? z Gibt es auch Ausnahmen? Gibt es Zeiten und Umstände, wo Ihre Ängste nicht oder kaum auftreten? Wenn ja, wie erklären Sie sich das? z Unter welchen Umständen sind Ihre Ängste entstanden? z Welche damaligen Umstände sind auch heute noch vorhanden? Welche davon haben auch jetzt noch eine ursächliche Bedeutung, welche dagegen nicht mehr? z Durch welche gegenwärtigen Umstände werden Ihre Ängste aufrechterhalten? z Durch welche Einstellungen werden Ihre Ängste geprägt und verstärkt? z Angenommen, Sie möchten Ihre Ängste schlimmer machen, was müssten Sie da tun? Wenn dies tatsächlich möglich ist, was können Sie daraus lernen? z Vermeiden ist das zentrale Symptom bei einer Agoraphobie. Was genau möchten Sie am liebsten vermeiden? Welche Symptome Ihres Körpers fürchten Sie am meisten? Was haben die gefürchteten Situationen miteinander gemeinsam? z Wenn Sie sich einmal entschlossen haben, eine Angst machende Situation durchzustehen, was führt schließlich doch dazu, dass Sie die betreffende Situation verlassen? Welche körperlichen Zustände, Gedanken und Gefühle haben Sie da? z Falls Sie Ihre Ängste schon längere Zeit haben, was genau macht die Situation gerade jetzt so belastend, dass Sie eine Psychotherapie beginnen möchten?
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Selbsthilfe bei Angststörungen Kontextuelle (systemische) Verhaltensanalyse
z Welche Zusammenhänge könnten zwischen Ihren Ängsten und Ihrer familiären bzw. partnerschaftlichen Situation bestehen? z Welche Zusammenhänge könnten zwischen Ihren Ängsten und Ihrer beruflichen oder schulischen Situation bestehen? z Hat ein Elternteil auch Ängste? Wenn ja: dieselben wie Sie oder andere? z Hat Ihr Partner auch Ängste? Wenn ja: dieselben wie Sie oder andere? z Haben andere Verwandte oder Bekannte ähnliche Ängste wie Sie selbst? z Wenn die Eltern oder der Partner auch Ängste haben: Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den Ängsten eines Elternteils bzw. des Partners und Ihren Ängsten? Wenn ja, welchen? z Was sind die wichtigsten Einstellungen, Lebensregeln und Wertvorstellungen, die Ihnen Ihre Eltern im Laufe der Erziehung vermittelt haben? Welche gelten für Sie auch jetzt noch? Wie könnten diese mit Ihren Ängsten zusammenhängen? z Welche Umstände, die mit Ihren Ängsten zusammenhängen, können weder durch Sie noch durch eine Psychotherapie verändert werden, sodass Sie besser damit leben lernen müssen? z Welche Folgen hätte die Angstbewältigung für Ihre Eltern bzw. Ihren Partner? z Wären Ihre Eltern bzw. Ihr Partner bereit, bei Bedarf an einer Psychotherapie teilzunehmen? Warum möchten Ihre Angehörigen vielleicht doch nicht teilnehmen?
Auswirkungen z Wie beeinträchtigen Ihre Ängste ganz konkret Ihr Leben? Welche Einschränkungen und Behinderungen sind damit verbunden? Nehmen Sie eine Rangreihung Ihrer Ängste nach dem Ausmaß der Belastungen und der negativen Auswirkungen vor. z Was sind die derzeit negativsten Folgen Ihrer Ängste für Ihre Lebenssituation? z Welche Folgen hätte es für Ihre Lebenssituation, wenn Ihre Ängste bestehen bleiben sollten? Worauf müssten Sie verzichten? Was wären die negativsten Konsequenzen? z Was könnte ohne Psychotherapie schlimmstenfalls passieren, wenn es so weiter ginge wie bisher? Wie nahe sind Sie dieser Situation im Moment schon? z Angenommen, es geschieht über Nacht ein Wunder: Sie wachen am Morgen auf und haben keinerlei Ängste mehr. Welche positiven und negativen Auswirkungen hätte dies auf Ihr Leben? Was würden Sie dann tun (sofort, in der nächsten Zeit, mittelfristig)? Woran würden die anderen erkennen, dass ein Wunder geschehen ist?
Reaktion der Umwelt z Welche Personen Ihrer Umwelt wissen von Ihrer Angststörung? Wenn kaum jemand darüber Bescheid weiß, was fürchten Sie, wenn andere davon wüssten? z Wie reagieren Ihre Angehörigen und Arbeitskollegen auf Ihre Ängste? z Was tun Ihre Angehörigen, um Ihre Ängste zu reduzieren bzw. im Gegenteil bewusst oder unbewusst zu verstärken? z Welche Reaktionen der Umwelt haben Ihnen bisher am meisten geholfen, welche am meisten geschadet?
Problem- und Zielanalyse bei Angststörungen
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Positive Aspekte der Angststörung z Können Sie an Ihren Ängsten auch irgendetwas Positives sehen? Wofür können sie vielleicht ganz gut sein? Welche Funktion könnten Ihre Ängste haben? z Wer hat mehr Vorteile von Ihrer Angststörung: Sie oder Ihre Umgebung? z Warum haben Sie es in der Vergangenheit – vielleicht nach mehrfachem Bemühen – aufgegeben, Ihre Angststörung zu überwinden? Können Sie darin auch etwas Gutes sehen? Welche Überlegungen haben Sie angestellt, dass Sie es trotz des Leidens unter Ihren Ängsten leichter finden, mit Ihrer Angststörung zu leben als ohne sie? z Welche schönen Dinge des Lebens können Sie trotz Ihrer Ängste derzeit noch erleben und genießen? Was davon baut Sie gegenwärtig am meisten auf?
Bisherige Problemlösungsstrategien z Welche Vermeidungsstrategien angesichts von Angstsituationen haben Sie bisher gewählt? Was tun Sie, um Ängste und Panikattacken möglichst zu vermeiden? z Verwenden Sie Alkohol oder Beruhigungsmittel zur Angstbewältigung? Wenn ja, welche Mittel in welcher Menge? Welche Folgen hatte die Einnahme dieser Mittel? z Was haben Sie bisher bereits selbst unternommen, um Ihre Ängste zu bewältigen? z Was davon hat Ihnen am meisten geholfen, was am wenigsten, was geschadet? z Welche Ratschläge und Warnungen würden Sie gleichfalls Betroffenen erteilen? z Was sollten Sie aufgrund zumindest vorübergehender Erfolge weiterhin tun? z Falls Sie bisher bereits ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen haben, was davon hat Ihnen am meisten geholfen, was war wirkungslos?
Erklärungsversuche z Welche Erklärungsversuche für Ihre Ängste haben Sie bisher selbst entwickelt? z Was genau halten Sie für die zwei oder drei wesentlichsten Ursachen Ihrer Ängste? z Was glauben Sie, warum Ihre Ängste auch jetzt noch, vielleicht nach vorübergehender Besserung, bestehen bleiben? z Wenn Sie einigermaßen überzeugende Erklärungsversuche für Ihre Ängste entwikkelt haben, können Sie dann vorhersagen, unter welchen Bedingungen Ihre Ängste nach vorübergehender Besserung wieder stärker auftreten müssten? z Wie sehr erwarten Sie von einer Psychotherapie (weitere) Erklärungsversuche, wie sehr konkrete Hilfestellungen zur Veränderung? z Falls Sie schon einmal ähnliche Ängste gehabt und vollständig überwunden haben, wie erklären Sie sich, dass diese Ängste jetzt wieder verstärkt auftreten und von Ihnen nicht mehr allein erfolgreich bewältigt werden können? z Welche Erklärungsversuche und Änderungsvorschläge für Ihre Ängste kommen vonseiten Ihrer Angehörigen und Bekannten? Wie stehen Sie dazu? z Welche Erklärungsversuche und Änderungsvorschläge für Ihre Ängste haben Sie bisher von Fachleuten (Ärzten, Psychologen, Psychotherapeuten) erhalten? z Welche Erklärungsversuche haben Sie in Büchern als für Sie relevant erkannt? z Glauben Sie, dass bessere Erklärungsversuche als bisher irgendetwas an Ihren aktuellen Ängsten ändern können?
502
Selbsthilfe bei Angststörungen Globale Therapieziele
z Welche positiven Dinge oder Verhaltensweisen müssen zusätzlich zur Angstbewältigung noch erreicht werden, damit es Ihnen auf Dauer gut gehen kann? z Welche positiven Auswirkungen auf Ihre zwischenmenschlichen Beziehungen erwarten Sie sich durch die Beseitigung Ihrer Ängste? z Was alles möchten Sie tun, wenn Sie Ihre Ängste nicht mehr haben? z Was davon könnten Sie eigentlich bereits jetzt zu tun versuchen, was müssen Sie bis zur Überwindung Ihrer Ängste aufschieben? z Was möchten Sie in absehbarer Zeit erreichen (a) in privater Hinsicht, (b) in familiärer bzw. partnerschaftlicher Hinsicht, (c) in beruflicher Hinsicht? z Können Sie alle Ihre Ziele in kurz-, mittel- und langfristige Ziele einteilen, sodass Sie im Laufe der Zeit die Effektivität Ihrer Veränderungsbemühungen beurteilen können?
Spezifische Therapieziele z Wenn Sie wählen können, in welcher Reihenfolge möchten Sie Ihre Ängste überwinden (welche zuerst, welche später)? Erstellen Sie eine Rangreihe Ihrer Ängste nach dem Ausmaß der Dringlichkeit ihrer Bewältigung. z Was genau soll anders werden (Denkmuster, Gefühle, Verhaltensweisen, körperliche Reaktionsweisen, Lebensbedingungen, Sozialbeziehungen)? z Möchten Sie bestimmte Fähigkeiten und Verhaltensweisen entwickeln bzw. ausbauen, wenn Sie Ihre Ängste überwunden haben (z.B. sich besser durchsetzen lernen, bestimmte Dinge erleben und genießen lernen)? z Was von den geliebten Dingen, die Sie gerne tun möchten, aber derzeit nicht tun können, geht Ihnen am meisten ab? Was möchten Sie daher möglichst schnell wieder tun? Worauf freuen Sie sich schon jetzt? z Wenn Sie eine Psychotherapie machen, welche konkreten Ziele müssen dabei auf jeden Fall erreicht werden? In welchem Zeitraum? z Welche Verbesserungen erwarten Sie ganz konkret bereits für die nächsten drei Monate? z Wie wichtig ist Ihnen eine konkrete Zielvereinbarung mit einem Therapeuten? Kriterien für Therapiefortschritte z An welchen vielleicht unscheinbar kleinen Dingen würden Sie zuerst erkennen, dass Ihre Ängste geringer werden? z Woran, an welchen Verhaltensweisen würden Ihre Angehörigen zuerst erkennen, dass Ihre Ängste zurückgehen? z Woran würden Sie zuerst erkennen, dass sich Ihre Ängste nach anfänglicher Besserung wieder zu verschlechtern beginnen? z Wenn die Bewältigung Ihrer Ängste nur stufenweise möglich sein sollte, welche kleinen Teilschritte und Teillösungen können Sie sich vorstellen? z Mit welchen konkreten Verbesserungen könnten Sie bereits zufrieden sein, falls keine optimale Problemlösung möglich sein sollte?
Problem- und Zielanalyse bei Angststörungen
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Motivationsanalyse z Warum streben Sie gerade jetzt eine Bewältigung Ihrer Ängste an und wie wichtig ist Ihnen diese Änderung? z Wie weit möchten Sie selbst etwas ändern und wie weit, damit andere (Partner, Eltern, Bekannte) zufrieden sind? z Wie viel Aufwand sind Sie bereit zu erbringen? Wann würden Sie den Aufwand für die in diesem Buch vorgeschlagene Therapie lohnenswert finden? z Versuchen Sie, sich mit Ihrer Situation ohne Änderung irgendwie zu arrangieren?
Verhaltensanalyse bei Panikattacken Panikattacken gelten als die „Angst aus heiterem Himmel“. Durch kontinuierliche Beobachtung und Analysen können Sie oft selbst Licht ins Dunkel bringen, wenn aus den oben angeführten Fragen noch immer keine Klarheit resultieren sollte. Dokumentieren Sie alle Panikattacken möglichst genau, um später daraus Schlussfolgerungen ziehen zu können. Legen Sie ein Angst-Tagebuch an und protokollieren Sie jede auftretende Panikattacke nach folgenden Kriterien: z An welchem Tag und über welchen Zeitraum tritt die Panikattacke auf? z Welche Situation ist auslösend für die Panikattacke? War vorher Ruhe oder Stress? z Welche Paniksymptome treten auf? Was sind die häufigsten Symptome? z Mit welchen Symptomen beginnt die Panikattacke? z Welche Symptome sind für Sie besonders belastend? z Wie stark ist für Sie eine Panikattacke (subjektive Bewertung von 0-10)? z Welche negativen Gedanken haben Sie während der Panikattacke gehabt? z Welche Gedanken und Gefühle haben Sie vorher gehabt? z Welche körperliche Befindlichkeit haben Sie vorher gehabt? z Wie haben Sie auf die Panikattacke reagiert? Was tun Sie gewöhnlich? Tab. 16: Angst-Tagebuch [5] Datum
15.6.2009
Zeit
17.45-17.55
Situation/ Auslöser
Paniksymptome
Geschäft, noch rasch Einkaufen.
Schwindel, Atemnot, Herzrasen
Intensität 0-10 8
Negative Gedanken
Folgen
Ich falle um. Ich renne Alle schau- aus dem en mich an. Geschäft.
Ein derart standardisiertes Angst-Tagebuch kann neben der dadurch erlangten Selbsterkenntnis auch eine wichtige Unterlage für eine Psychotherapie sein. Die Verwendung eines Angst-Tagebuches drückt einen aktiven Bewältigungsprozess im Umgang mit Panikattacken aus und spiegelt die Bereitschaft zur Selbstverantwortung wider. Möglichst bald nach einer Panikattacke erfolgte Eintragungen liefern einem Psychotherapeuten konkretere Informationen als spätere retrospektive Darstellungen. Auf diese Weise gelingt es leichter, die Entstehung und Aufrechterhaltung von Panikattacken zu verfolgen und effiziente Veränderungsschritte einzuleiten. Konkrete Eintragungen nach einer Panikattacke stellen bereits eine erste Form der Konfrontationstherapie dar, weil sie ein Vermeidungsverhalten (Ablenkung) verhindern.
504
Selbsthilfe bei Angststörungen
Zum Verständnis und zur Bewältigung von Panikattacken reicht es oft aus, wenn Sie erkennen, wie Sie durch Ihre Denkmuster und Verhaltensweisen eine Panikattacke ungewollt auslösen oder verstärken. Die ursprünglichen Ursachen von Panikattacken können ganz unterschiedlich sein (z.B. Grübeln, körperliche Befindlichkeitsstörung ohne Krankheitswertigkeit, ungewohnte Ruhe und Entspannung, Konflikte in Beruf, Familie oder Partnerschaft). Wahrscheinlich hätten Sie die früheren Umstände ebenso wenig beeinflussen können wie die späteren Auslöser (z.B. schlechter Schlaf, Überlastung). Viele Betroffene fragen sich, ob sie von Panikattacken dauerhaft geheilt werden können, wenn sie niemals die wahren Ursachen herausfinden sollten. Die frohe Botschaft der Verhaltenstherapie lautet: Sie können lernen, mit Panikattacken so umzugehen, dass Sie sich nicht mehr so davor fürchten wie bisher. Die Bewältigung von Panikattacken erfordert nicht immer das Verständnis der tieferen Ursachen, wenngleich dies sehr hilfreich sein kann. Vergegenwärtigen Sie sich eine frühere Panikattacke oder stellen Sie sich den nächsten Angstanfall so vor, wie Sie glauben, dass er ablaufen wird. Welche Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen stellen Sie bei sich fest? Wie gehen Sie mit einer aufkommenden Panikattacke um? Kämpfen Sie gegen die Panikattacke an? Versuchen Sie sich abzulenken? Reden Sie sich ein, die Panikattacke sei nicht gefährlich, können es aber doch nicht glauben? Panikattacken sind oft Ausdruck starker Gefühle oder Gefühlskonflikte (Ambivalenzen, z.B. „Ich liebe meinen Partner, aber oft bin ich wütend auf ihn“). Wie gut können Sie mit Gefühlen und emotionalen Zwiespältigkeiten umgehen? Diese bewirken oft eine massive körperliche Anspannung und gelangen irgendwann einmal in Form einer Panikattacke zur Entladung. Bekommen Sie bei Panikattacken die Angst, verrückt zu werden? Dahinter steht oft die falsche Vorstellung, dass „angespannte Nerven“ irgendwann einmal „reißen“ könnten, also die Befürchtung, einen hohen emotionalen Anspannungszustand auf Dauer nicht aushalten zu können, ohne verrückt zu werden, ähnlich wie andere Panikpatienten glauben, ihr Körper könnte längeres Herzrasen nicht ohne Schaden aushalten. Bedenken Sie, dass die ursprünglichen Ursachen von Panikattacken oft nicht Ängste sind, wie dies etwa der Fall sein kann bei Verlustängsten, sondern andere Gefühle wie Wut, Ärger, Ohnmachts- und Hilflosigkeitsgefühle. Welche dieser Gefühle könnten bei Ihnen mitspielen? Ängste werden oft erst später zu Auslösern von Panikattacken, wenn zunehmend die „Angst vor der Angst“ den Körper zu Angstanfällen aktiviert. Können Panikattacken bei Ihnen auch ausgelöst oder verstärkt werden durch ein Burnout, eine Depression oder Substanzmissbrauch (Alkohol, Drogen, Kaffee)? Fürchten Sie als Folge einer Panikattacke eher die soziale Auffälligkeit oder schränken Sie in Reaktion darauf Ihren Bewegungsradius ein? Im ersten Fall sollten Sie an die Möglichkeit einer zusätzlichen sozialen Phobie denken, im zweiten Fall an die Wahrscheinlichkeit einer zusätzlichen Agoraphobie. Viele Menschen mit Panikattacken haben im Laufe der Zeit zwar immer weniger Panikattacken, jedoch um den hohen Preis der Vermeidung aller Situationen, die dazu führen könnten. Erkaufen auch Sie die Verminderung Ihrer Panikattacken durch die massive Einschränkung Ihrer Lebensmöglichkeiten? Hängen Ihre Panikattacken mit ständigen Krankheitsängsten zusammen, die bei einem Angstanfall übersteigert zum Ausdruck kommen? Dann sollten Sie zum besseren Verständnis Ihrer Krankheitsängste mein Buch „Die Angst vor Krankheit verstehen und bewältigen“ lesen.
Verhaltensanalyse bei Panikattacken
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Aus der Beschreibung der Panikattacken können Sie im Idealfall erkennen, welche Zusammenhänge zwischen den Umständen bzw. Auslösern der Panikattacke, den Paniksymptomen, den negativen Gedanken und den Folgen der Panikattacke bestehen. Unterscheiden Sie zwischen den Ursachen der ersten Panikattacke (z.B. chronischer Stress, Verlusterlebnisse) und den späteren Auslösern (z.B. Hitze, Alkohol, Spannungsabfall). Auf diese Weise können Sie bereits selbst ein Erklärungsmodell für Ihre Panikattacken entwickeln und bei Bedarf viel zielstrebiger eine Psychotherapie angehen. Zur detaillierten Dokumentation der körperlichen Symptome bei einer Panikattacke können Sie eine Symptomliste (Tab. 17) verwenden. Tab. 17: Liste der möglichen Symptome bei einer Panikattacke [6] Symptome und deren Ausprägung zur Selbstbeantwortung (Zutreffendes ankreuzen) Symptome nach dem ICD-10 Herzklopfen, Herzrasen Schweißausbrüche Zittern Mundtrockenheit Atembeschwerden Beklemmungsgefühl Schmerzen oder Missempfindungen in der Brust Übelkeit oder Bauchbeschwerden Schwindel, Schwäche, Benommenheit Entfremdungsgefühle/Unwirklichkeitsgefühle Angst vor Kontrollverlust oder Verrücktwerden Angst zu sterben Hitzewallungen oder Kälteschauer Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühle Zusätzliche Symptome Ohnmachtsangst Druckgefühl im Kopf Kopfschmerzen Ohrensausen Taubheit/Kribbeln/Pelzigkeit im Gesicht Muskelzucken im Gesicht Rotwerden im Gesicht Sehstörungen Engegefühl im Hals („Kloßgefühl“) Erstickungsgefühl Verspannung/Schmerzen im Nacken Brechreiz Durchfall Harndrang Taubheit/Kribbeln in den Armen Taubheit/Kribbeln in den Beinen
überhaupt nicht
leicht, aushaltbar
mittelstark
1
2
3
stark, kaum aushaltbar 4
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Panikpatienten glauben oft, ihre Anfälle seien grundlos. Tatsächlich bestehen zahlreiche Angst machende „Was wäre, wenn“-Fragen ohne Antwort, d.h. ohne konkret vorstellbare Lösungsmöglichkeiten. Dies führt zu anhaltender Beunruhigung und körperlicher Anspannung, sodass derartige Gedanken und Vorstellungsbilder unterdrückt werden. Das Zulassen aller Gedanken, Gefühle und Empfindungen fördert dagegen die Selbstwahrnehmung und erleichtert die Panikbewältigung. Analysieren Sie, welche Faktoren bei Ihnen eine Panikattacke auslösen können: z Körperliche Beschwerden: Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Übelkeit, Hitze usw. z Verhalten: Aufsuchen einer Angstsituation, z.B. Betreten eines Supermarkts. z Bildhafte Vorstellungen: Fantasien über bevorstehende Angstsituationen. z Gedanken: bestimmte Angst machende Denkmuster. Folgende Denkmuster sind oft Auslöser oder Verstärker von Panikattacken [7]: z Mein Herz beginnt schon wieder zu rasen, gleich bekomme ich einen Anfall. z Ich bekomme keine Luft mehr, alles schnürt sich zusammen, jetzt muss ich sterben. z Mir wird so schwindlig, gleich falle ich bewusstlos um und wache nicht mehr auf. z Ich habe auf einer Körperseite unerklärliche Empfindungen, gleich bekomme ich einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt – oder ich habe Multiple Sklerose. z Wenn die Ärzte nicht bald herausfinden, woher meine Attacken kommen, dauert mein Leben bestimmt nicht mehr lange, denn lange hält dies mein Körper nicht aus. z Ich habe Angst zu sterben, Angst vor den Symptomen eines qualvollen Todes. z Wenn ich nochmals solche Symptome bekomme, sterbe ich bestimmt, weil mein Körper dies nicht mehr aushält. z Es wäre schlimm, wenn ich ähnlich schnell und unerwartet sterben sollte wie ein Bekannter oder Verwandter, der bis zuletzt völlig gesund war. z Ich habe Angst, wie mein Vater zu früh an einem Herzinfarkt zu versterben. z Ich bekomme bestimmt Brustkrebs (Magenkrebs), so wie meine Mutter. z Ich darf jetzt auf keinen Fall sterben, weil mich meine Kinder unbedingt brauchen. z Wenn mich mein Partner verlassen/betrügen würde, würde ich das nicht aushalten. z Wenn mein Partner stirbt (durch Unfall oder Krankheit), ist alles sinnlos. z Ich könnte es nicht überleben, wenn meinem Kind etwas passieren würde. z Mein Partner (Kind) ist noch immer nicht zu Hause. Ist ihm etwas passiert? z Ich wäre verzweifelt, wenn ein Elternteil sterben sollte. z Es wäre alles aus, wenn ich meinen Beruf verlieren sollte. z Wenn ich allein bin, dann heißt das, dass mich niemand mag. z Ich darf nie die Kontrolle verlieren, weil ich sonst nicht weiß, was mit mir passiert. z Wenn ich die Kontrolle verliere und etwas Schlimmes tue (ein Familienmitglied unabsichtlich verletze), komme ich in die Psychiatrie oder ins Gefängnis. z Wenn ich jetzt beim Autofahren wieder so einen Anfall bekomme wie zuletzt, könnte ich leicht einen Unfall verursachen und alle Mitfahrer gefährden. z Ich muss jede Situation fest im Griff haben, weil ich für alles verantwortlich bin. z Ich muss immer alle Aufgaben bewältigen können und muss immer der Beste sein. z Wenn ich etwas nicht kann, bin ich ein Versager. Niemand wird mich mehr mögen. z Wenn ich diese Prüfung nicht schaffe, sind alle meine Chancen dahin. z Ich muss mich zusammenreißen, damit niemand bemerkt, wie schlecht es mir geht. z Wenn die anderen um meine Panikattacken wissen, halten sie mich für verrückt. z Wenn ich neuerlich einen Anfall bekomme, muss ich wieder in ein Krankenhaus, werde ich krankgeschrieben, mache ich mich lächerlich, verliere ich meine Arbeit.
Entspannungstraining
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z Wenn ich umfalle, schauen alle auf mich her, stehen alle um mich herum und holen die Rettung, die mich in ein Krankenhaus bringt, obwohl ich dies nicht will. z Wenn ich umfalle, bleibe ich liegen und keiner hilft mir. z Wenn ich durch meine Symptome unangenehm auffalle, kann ich mich bei meinen Verwandten, Freunden, Nachbarn, Arbeitskollegen usw. nicht mehr blicken lassen. z Ich darf an keinen Anfall denken, sonst geht es gleich los wie immer. z Ich bin voller Wut über meinen Partner, ich sage jedoch lieber nichts, sonst zahlt er es mir wieder zurück, weil er keine Kritik verträgt. z An meiner Arbeitsstelle fühle ich mich ausgenützt, mich ärgert das alles sehr, aber aufbegehren bringt nichts, weil dann alles nur noch schlimmer wird, sodass ich meinen Ärger hinunterschlucken muss. z Meine Schwiegermutter ärgert mich sehr, aber das kann ich ihr nicht sagen, sonst ist sie mir wieder böse oder ich bekomme Spannungen mit meinem Partner.
Entspannungstraining Sind Sie durch Ihre Ängste körperlich und geistig sehr angespannt? Sie können lernen, Entspannung genauso zu konditionieren wie Ihre Angstzustände. In der Fachsprache wird dies die Ausbildung eines bedingten Reflexes („klassische Konditionierung“) genannt. Die Entspannungsreaktion in Angstsituationen wird durch bestimmte, von Ihnen festgesetzte Signale ausgelöst, die vorher im Rahmen eines Trainings mit Ruhe, Entspannung, Selbstsicherheit oder Erfolg gekoppelt wurden [8]: z Worte oder kurze Sätze. „Ruhe“, „Entspannung“, „warm“, „ich bin okay“. Alle Formeln und formelhaften Vorsatzbildungen aus dem autogenen Training können hier Anwendung finden. Sagen Sie sich das entscheidende beruhigende Wort in der Phase der Ausatmung innerlich vor, um den Entspannungseffekt zu verstärken. z Bilder oder Vorstellungen. Stellen Sie sich einen Ort oder eine Szene vor, die Sie mit angenehmen körperlichen Empfindungen, Gefühlen und Gedanken verbinden („Ruhebild“), z.B. eine angenehme Urlaubserinnerung, einen ruhigen See, das weite Meer, einen Berggipfel, eine blühende Wiese, ein wohlig warmes Bad, ein großes Erfolgserlebnis (Erleben höchster Kompetenz), das Gefühl, geliebt zu sein. z Zählen. Zählen Sie zur Einleitung einer Tiefenentspannung bei jedem langsamen Ausatmen eine Zahl von 1 bis 10 und vergegenwärtigen Sie sich bei 10 Ihr wirksamstes Ruhebild und verbinden Sie die Entspannung mit einem bestimmten Wort, Satz oder Symbol, um sie noch besser zu verankern und später rascher abrufen zu können (z.B. „Ich fühle mich wohl und bin ganz entspannt“ oder Meeresrauschen). Am Ende der Übung zählen Sie bei jeder Einatmung eine Zahl von 10 bis 1, bei 1 öffnen Sie Ihre Augen, schütteln Ihre Arme und Beine und sagen sich: „Ich bin jetzt wieder ganz im Hier und Jetzt und gehe gestärkt meine nächsten Aufgaben an.“ z Symbole. Symbole von Kraft, Stärke, Überlegenheit oder Distanziertheit können Selbstsicherheit verleihen, z.B. ein Baum, der fest verwurzelt ist, ein Fels in der Brandung, ein Adler, der über den Dingen kreist, eine Blume, die aufblüht. z Positive Körpersignale. Berühren oder halten Sie einen beruhigenden Gegenstand mit der rechten Hand, halten Sie die Hand des Partners, legen Sie die dominante Hand auf Ihre Bauchdecke, stellen Sie sich ein intensives Wärmegefühl im Magen vor (z.B. die Empfindung von warmem Tee oder warmer Suppe). Sie überlagern auf diese Weise die negativen Empfindungen.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
z Düfte. Atmen Sie einen beruhigenden Duft ein (z.B. ätherisches Öl, Blumenduft, Wald-, Berg- oder Meeresluft, Geruch des Partners, Duft des Badewassers). z Musik. Vergegenwärtigen Sie sich oder hören Sie Ihre Lieblingsmusik, singen oder summen Sie dazu. Spielen Sie, falls Sie dazu in der Lage sind, auf einem Instrument. Die entspannende Wirkung durch die totale Konzentration auf das Hier und Jetzt wurde durch die Bücher des Psychologen Mihaly Csikszentmihalyi als „Flow“-Erlebnis bekannt. Es handelt sich dabei um das völlige Aufgehen in einer Tätigkeit (Spiel, Sport, Musik, Hobby). Jedes Sinnesorgan und jede Tätigkeit kann genutzt werden, um Flow auszulösen. Die volle Konzentration auf Dinge, die man gerne tut, wirkt entspannend. Dies gilt auch für Tätigkeiten, die durchwegs anstrengend sein können und von anderen Menschen, die diese Beschäftigungen nicht mögen, als Belastung angesehen werden. Verschiedene Entspannungstechniken bei Angst- und Spannungszuständen werden im Folgenden näher beschrieben: Benson Meditation, autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Atemtechniken in Ruhe, Atemtechniken bei Bewegung, Nasenatmung über Duftanregung (Aromatherapie), Entspannung durch die Körperzuwendung nach der Achtsamkeitstherapie von Kabat-Zinn („Body-Scan“).
Benson Meditation (Relaxation Response) Der amerikanische Kardiologe Herbert Benson hat durch seine Studien den gemeinsamen Nenner aller östlichen und westlichen Entspannungstechniken herausgefunden. Zur Auslösung der Entspannungsreaktion sind zwei mentale Haltungen nötig, die auch bei der Achtsamkeitsmeditation nach Kabat-Zinn von zentraler Bedeutung sind: 1. Mentaler Fokus auf einen ganz bestimmten „Punkt“, d.h. Aufmerksamkeit auf einen Gedanken, ein Wort, einen Ton, ein Bild, ein Mantra oder auf den Atem, wodurch der ständige Strom der Alltagsgedanken unterbrochen wird. Die Konzentration auf einen bestimmten Körperteil, ein inneres Bild oder einen bestimmten Punkt („FocalPoint-Technik“) führt zur Ausblendung der Umwelt. „Konzentration“ ist eine gezielte Einengung der Aufmerksamkeit, „Unkonzentriertheit“ bedeutet Ablenkbarkeit. 2. Ausgesprochen passive Haltung gegenüber Ablenkungen und eindringenden Gedanken. Stressoren der Umwelt und belastende Gedanken werden durch die immer neue Konzentration auf den gewählten Fokus ausgeblendet. Jeder direkte Kampf gegen unerwünschte Gedanken bedeutet ein Festhalten derselben. Entspannung wird also durch folgende Vorgangsweise erleichtert und beschleunigt: z Wahl eines bestimmten Fokus (ein bestimmtes Wort oder Bild), visuelle oder akustische Konzentration auf einen Reiz, Konzentration auf die Ein- und Ausatmung, z bequeme und ruhige Körperhaltung oder rhythmische, monotone Bewegung, z Geschlossenhalten der Augen (um visuelle Ablenkungen auszublenden), z Entspannung der Muskeln (oft leicht erreichbar durch langsame Ausatmung), z langsame und natürliche Atmung, bei jeder Ausatmung Wiederholung des FokusWortes bzw. Vergegenwärtigung des Fokus-Bildes, z Ignorieren abschweifender Gedanken (kein Ankämpfen gegen störende Nebengedanken), ständig neue Konzentration auf den Fokus bei völlig passiver Haltung, z meditative Konzentration auf das Hier und Jetzt (nur der Augenblick zählt), z Übungsdauer zwischen 10 und 20 Minuten, am besten täglich.
Entspannungstraining
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Autogenes Training Das autogene Training wurde vom Berliner Nervenarzt Johannes H. Schultz in den 1920er- und 1930er-Jahren aus der Hypnose entwickelt mit dem Ziel, die Fremdsuggestion der Hypnose durch eine Form der Selbstsuggestion zu ersetzen. Das autogene Training ist eine standardisierte Form der Selbsthypnose. Es handelt sich dabei um eine konzentrative Selbstentspannung durch Körperzuwendung und Verbalsuggestionen. Das autogene Training sollte unbedingt in einem fachlich gut geleiteten Kurs (in der Regel 6-7 Termine) und nicht nur aus Büchern erlernt werden, um fehlerhafte Einübungen zu vermeiden. Zudem ist die Aufmunterung durch eine Gruppe oft sehr hilfreich. Die Unterstufe des autogenen Trainings besteht aus sechs Übungen, die nach längerem Training einen Ruhe- und Entspannungszustand herbeiführen. Die Übungen, die in Tab. 18 anschaulich dargestellt sind, werden nacheinander im Abstand von mindestens einer Woche gelernt, wobei zu Hause täglich geübt werden soll. Die Übungsformeln sollen jeweils 6-mal wiederholt werden. Zwischen den Übungen schaltet man immer wieder die Ruhetönung ein, deren Formel zweimal wiederholt wird. Tab. 18: Die Übungen des autogenen Trainings [9] Übungsart Ruhetönung
Übungsformel „Ich bin ganz ruhig.“
1. Schwereübung
„Der rechte Arm ist ganz schwer.“ (später auch der linke Arm und die Füße)
2. Wärmeübung
„Der rechte Arm ist ganz warm.“ (später auch der linke Arm und die Füße) „Das Herz schlägt ganz ruhig und regelmäßig.“
3. Herzübung
4. Atemübung
5. SonnengeflechtÜbung (Leibübung, Regulierung der Bauchorgane) 6. Kopfübung
„Die Atmung ist ganz ruhig (und gleichmäßig).“ „Sonnengeflecht strömend warm.“
„Stirn angenehm kühl.“
Wirkung Begleiterscheinungen Allgemeine Beruhigung von Körper und Psyche Muskelentspannung, Autogene Entladungen allgemeine Beruhigung in Form von Muskelzucken, was die beginnende Entspannung anzeigt Entspannung der Blut- Autogene Entladungen, gefäße, vermehrte Kribbelempfindungen Durchblutung, Wärmegefühl, Beruhigung Normalisierung der Bei organspezifischen Herzarbeit, Beruhigung Problemen eventuell ungute Empfindungen Harmonisierung und Bei organspezifischen Passivierung der AtProblemen eventuell mung, Beruhigung ungute Empfindungen Entspannung und Magengeräusche als Harmonisierung aller Entspannungszeichen, Bauchorgane, Beruhibei organspezifischen gung Problemen eventuell ungute Empfindungen Kühler, klarer Kopf, Autogene Entladungen, Entspannung der Blut- gelegentlich Kopfgefäße im Kopfgebiet, schmerzen und Beruhigung Schwindel
Am Ende des Trainings ist das „Zurücknehmen“ sehr wichtig (leichtes Anspannen und Entspannen der Muskulatur, insbesondere der Arme), um den normalen physiologischen Spannungszustand des Wachbewusstseins wiederzuerlangen, anderenfalls können verschiedene Missempfindungen auftreten.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Nach dem Erlernen aller Übungen werden die sechs Organbereiche in der angeführten Reihenfolge durchgegangen. Regelmäßiges Üben beschleunigt den Prozess der Entspannung. Untersuchungen haben gezeigt, dass für Entspannungszwecke die Schwere-, Wärme- und Atemübung völlig ausreichend sind, weil ein Generalisierungseffekt eintritt. Die mentale Wiederholung der bildhaft vorgestellten Kurzformeln führt zur Empfindung der Schwere (Ausdruck der Muskelentspannung) und der Wärme (Ausdruck der erfolgten Gefäßerweiterung). Die Atemübung verstärkt das Entspannungsgefühl (Ausatmen geht mit Muskelentspannung einher). Die monotone Wiederholung der Verbalsuggestionen, die plastische Vergegenwärtigung entsprechender Körpererfahrungen (z.B. Vergegenwärtigung der Schwerkraft bei der „Schwere“-Übung durch ein Hinunter-Gezogenwerden der Arme, bei der Wärmeübung Vorstellung eines warmen Bades, bei der Atemübung Vorstellung, in einem schaukelnden Boot zu liegen, das sich im Rhythmus der Wellen bewegt) und die passive Konzentration auf die sich sukzessiv einstellenden körperlichen Empfindungen beschleunigen die neurovegetative Umschaltung auf die körperliche Entspannung. Die formelhaften Vorsatzbildungen beim autogenen Training sollen bestimmte Einstellungs- und Verhaltensänderungen bewirken, ähnlich wie dies bei der Hypnose durch posthypnotische Aufträge in Form länger wirkender Suggestionen erfolgt. Im entspannten Zustand werden die ausgewählten Formeln im Unterbewusstsein gespeichert, sodass sie später auch ohne bewusste Erinnerung wirksam sein sollen. Einige Beispiele dafür sind die folgenden Formeln: z Ich glaube an mich, ich schaffe es. z Ich schaffe, was ich mir vornehme. z Ich kann die Angst aushalten. z Ich bin mutig und wage das Neue. z Ich bin ruhig und gelassen. z Ich kann mich voll Vertrauen fallen lassen. z Meine Atmung gibt mir Kraft und Energie. Schultz [10] verweist ausdrücklich auf das autogene Trainings bei Angststörungen: „Beherrscht ein Mensch die konzentrative Selbstentspannung, so kann er im Angstaugenblick sich selbst innerlich lösen. Aus dem überwältigenden Organismussturm des Angstgefühls wird ein blasser Angstgedanke, mit dem man fertig werden kann, es hat eine Selbstruhigstellung durch Resonanzdämpfung des Affekts, der Gemütsbewegung stattgefunden.“
Bei der Erlernung des autogenen Trainings durch Menschen mit Angststörungen können im Einzelfall folgende Probleme auftreten, die zu beachten sind: z Bestimmte (hypochondrische) Angstpatienten haben Schwierigkeiten mit der Zuwendung auf sich selbst bzw. auf bestimmte Körperorgane und werden vorübergehend durch das autogene Training noch unruhiger. Dies weist auf die Notwendigkeit einer verbesserten Selbstwahrnehmung hin. Herzphobische Patienten geraten leicht in Unruhe, wenn sie sich auf ihren Herzschlag konzentrieren sollen. Autogenes Training hilft Panikpatienten erst nach einer besseren Selbstaufmerksamkeit. z Stark verspannte Menschen können durch bestimmte Symptome als Folge einer sich plötzlich einstellenden Entspannung in Unruhe und Panik versetzt werden (z.B. Muskelzuckungen als Ausdruck elektrischer Muskelentladungen, Kribbelgefühle als Zeichen verstärkter Durchblutung der Kapillargefäße der Haut, Gefühl des mentalen Kontrollverlusts durch Verfließen der Ich-Grenzen).
Entspannungstraining
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z Nicht selten wird anfangs in den besonders stark verspannten Körperteilen eine noch größere Anspannung bis hin zu Schmerzen erlebt, was durch die Kontrastwirkung (überall sonst im Körper ist Entspannung eingetreten) erklärt werden kann. In ähnlicher Weise können anfangs durch einen sich ausbreitenden Wärmeeffekt schlecht durchblutete und daher als kalt erlebte Körperteile noch kälter empfunden werden. z Bei bestimmten Menschen mit chronischen Erwartungsängsten, körperlichen Anspannungszuständen, Schlafstörungen oder dem Bedürfnis, alles im Griff haben zu wollen, besteht das Grundproblem oft darin, loszulassen, sich fallen zu lassen, Vertrauen zu sich und zur Umwelt zu haben. Diese Personen tun sich zumindest anfangs häufig auch mit dem autogenen Training sehr schwer und profitieren mehr durch die aktivere Technik der progressiven Muskelentspannung, bestätigen mit diesen Problemen jedoch die Sinnhaftigkeit des autogenen Trainings. z Bestimmte Menschen mit Panikattacken oder einer Agoraphobie mit Schwindelzuständen, die einen chronisch niedrigen Blutdruck haben und bei einem weiteren Abfall eine Panikattacke zur Hebung des Blutdrucks erleben, sollten eher ein körperlich aktivierendes als ein entspannendes Trainingsprogramm durchführen oder die Technik der progressiven Muskelentspannung anwenden. Hilfreich ist auch der Einsatz einer Blutdruck stabilisierenden Formel (z.B. „Ich bin ruhig und frisch“).
Progressive Muskelentspannung nach Jacobson Der amerikanische Physiologe Edmund Jacobson veröffentlichte nach 20-jähriger Forschungsarbeit 1929 sein Konzept der progressiven Muskelentspannung. Dieses Verfahren wurde Ende der 1950er-Jahre von Wolpe als bevorzugte, weil rasch erlernbare Entspannungsmethode im Rahmen der systematischen Desensibilisierung eingesetzt und von den Verhaltentherapeuten in den USA populär gemacht. Im deutschen Sprachraum erreichte diese Methode erst Ende der 1960er-Jahre einen größeren Bekanntheitsgrad. Jacobson hatte aufgrund seiner Forschungen erkannt, dass sich ein Muskel gründlicher entspannt, wenn er vorher kräftig angespannt war. Die progressive Muskelentspannung bringt die chronische Anspannung von Angstpatienten durch eine kurzfristige maximale Muskelanspannung auf einen nicht mehr überbietbaren Höhepunkt, sodass die darauf folgende Muskelermüdung als Entspannung erlebt wird. Dieser Vorgang muss mehrfach wiederholt werden, um eine länger anhaltende Wirkung zu erreichen. Nacheinander werden jeweils verschiedene Muskelgruppen zuerst kurz und maximal angespannt und anschließend langsam entspannt. Dabei wird gelernt, auf den Unterschied zwischen Anspannung und Entspannung zu achten, und im Laufe der Zeit durch die Konzentration auf das Gefühl der muskulären Entspannung ein gesamtkörperliches Wohlbefinden zu erzeugen. Das Grundprinzip der progressiven Muskelentspannung beruht auf der Annahme von Wechselwirkungen zwischen Psyche und Muskulatur. Durch die Konzentration auf bestimmte Muskeln erfolgt eine Wahrnehmungseinengung und damit eine Ablenkung von irritierenden und ängstigenden Gedanken. Jacobson erkannte durch seine physiologischen Untersuchungen, dass Gefühle von Unruhe und Angst eine Erhöhung der Muskelspannung bewirken und umgekehrt die Entspannung der Muskulatur ein vorhandenes Angstgefühl reduziert. Das Jacobson-Training ermöglicht eine Sensibilisierung für die vorhandene chronische Anspannung, wenn diese im Vergleich zur erlebten Entspannung erfahren wird.
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Bernstein und Borkovec [11] haben in den frühen 1970er-Jahren in den USA aus dem langwierigen Verfahren von Jacobson ein Grundverfahren mit 16 Muskelgruppen entwickelt, die in vorgegebener Reihenfolge angespannt und entspannt werden: 1. Rechte Hand und rechter Unterarm (Linkshänder beginnen links). Formen Sie mit der Hand eine feste Faust und spannen Sie dadurch die Muskeln von Hand und Unterarm an. 2. Rechter Oberarm. Spannen Sie die Muskeln des rechten Oberarms an, ohne dabei die Muskeln des Unterarms und der Hand anzuspannen. Dies erreichen Sie am besten, wenn Sie den Ellbogen fest auf eine Unterlage (Armlehne) drücken. 3. Linke Hand und linker Unterarm. Üben Sie denselben Vorgang wie bei (1). 4. Linker Oberarm. Üben Sie denselben Vorgang wie bei (2). 5. Stirn. Ziehen Sie Ihre Augenbrauen so stark wie möglich hoch und spannen Sie dabei gleichzeitig die Stirn- und Scheitelregion an. 6. Obere Wangenpartie und Nase. Kneifen Sie die Augen fest zu, rümpfen Sie gleichzeitig die Nase und spannen Sie den gesamten mittleren Gesichtsbereich an. 7. Untere Wangenpartie und Kiefer. Beißen Sie die Zähne fest zusammen und ziehen Sie die Mundwinkel stark zurück, sodass die Muskulatur des unteren Gesichtsdrittels angespannt wird. 8. Nacken und Hals. Ziehen Sie das Kinn möglichst weit zur Brust, ohne die Brust tatsächlich zu berühren, während Sie gleichzeitig die Nackenmuskulatur anspannen. 9. Brust, Schultern und obere Rückenpartie. Atmen Sie tief ein, halten Sie die Luft an, ziehen Sie die Schultern zurück und pressen Sie dabei die Schulterblätter möglichst weit zusammen, sodass eine starke Anspannung von Brust, Schultern und oberer Rückenpartie entsteht. 10. Bauchmuskulatur. Spannen Sie den Bauch fest an und machen Sie diesen ganz hart, wie wenn Sie sich vor einem Schlag schützen müssten. 11. Rechter Oberschenkel. Spannen Sie den großen Muskel an der Vorderseite des Oberschenkels an, während Sie den hinteren Muskel gegenhalten. 12. Rechter Unterschenkel. Ziehen Sie die Zehen in Richtung Kopf hoch, sodass eine Anspannung entsteht. 13. Rechter Fuß. Strecken Sie den Fuß, drehen Sie ihn nach innen und beugen Sie gleichzeitig die Zehen. Verkrampfen Sie dabei die Muskeln nicht zu stark. 14. Linker Oberschenkel. Üben Sie denselben Vorgang wie bei (11). 15. Linker Unterschenkel. Üben Sie denselben Vorgang wie bei (12). 16. Linker Fuß. Üben Sie denselben Vorgang wie bei (13). Bei jeder Muskelgruppe müssen folgende Abläufe eingehalten werden: 1. Konzentrieren Sie sich auf die jeweilige Muskelgruppe. 2. Spannen Sie die betreffende Muskelgruppe an. Atmen Sie dabei gleichzeitig ein, um die Anspannung zu verstärken. 3. Halten Sie die Spannung 5-7 Sekunden aufrecht (besonders beim Unterschenkel keinesfalls länger wegen der Krampfgefahr). 4. Lösen Sie die Spannung in den betreffenden Muskelgruppen. Atmen Sie beim langsamen Loslassen der Muskelspannung langsam aus, sodass das Gefühl der Muskelentspannung verstärkt wird. 5. Konzentrieren Sie sich während des Lösens der Spannung auf die jeweilige Muskelgruppe und genießen Sie die Entspannung.
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Wenn Sie das Grundverfahren ausreichend beherrschen, können Sie eine zeitökonomische Kurzform mit vier Muskelgruppen als Standardprogramm wählen: 1. Anspannung von beiden Händen, Unterarmen und Oberarmen, 2. Anspannung der Gesichts- und Nackenmuskulatur, 3. Anspannung der Muskeln der Brust, der Schultern, des Rückens und des Bauches, 4. Anspannung der Muskeln von beiden Füßen, Unterschenkeln und Oberschenkeln. Bei gutem Übungsstand können Sie sich die erlebte Muskelentspannung durch reine Vorstellung vergegenwärtigen. Zur Intensivierung zählen Sie dabei im Rhythmus des Ausatmens von 1 bis 10, um bei 10 eine tiefe Muskelentspannung zu erleben.
Atemtraining Von allen vegetativ gesteuerten Körperfunktionen nimmt die Atmung eine Sonderstellung ein, weil sie willkürlich leicht beeinflussbar ist. Indirekt lässt sich dadurch auch der Herzschlag steuern (verlangsamen). Die Atmung in Ruhe soll 8-12 Atemzüge pro Minute betragen (5-6 pro Minute wirken sehr dämpfend, 3-4 noch mehr). Schneller atmen beschleunigt den Herzschlag, langsamer atmen vermindert die Herzschlagfrequenz. Verstärktes Einatmen fördert Anspannung und Verkrampfung, tief ausatmen entspannt, lockert und schafft Unterdruck in der Lunge, sodass das Einatmen von selbst erfolgt. Die verschiedenen Atemtherapien legen großen Wert auf eine frei fließende, möglichst ausgedehnte Ausatmungsphase, um die Blockierung des Ausatmens zu überwinden und den spontan einsetzenden Einatmungsreflex zu ermöglichen. Sportler achten auf die intensive Ausatmung durch den Mund (z.B. beim Laufen und Schwimmen), ungeübte Läufer und ängstliche Schwimmer konzentrieren sich auf die Einatmung mit dem Mund und bekommen bald Seitenstechen, Schwächezustände und Muskelkater. Das Einatmen in Ruhe sollte stets über die Nase erfolgen, und zwar möglichst lautlos. Bei der Nasenatmung wird die Luft gereinigt, befeuchtet und erwärmt. Bei der Einatmung durch die Nase werden die Nasenflügel durch den Atemsog vorne leicht angesaugt. Die Nase verschmälert sich beim Einatmen, und die Grübchen über den Nasenflügeln werden tiefer. Durch die Schmalstellung der Nasenöffnung (z.B. beim intensiven Einatmen eines angenehmen Geruchs) erhält die einströmende Luft einen Widerstand, wodurch die Einatmung verlangsamt und verlängert und die Zwerchfellatmung angeregt wird. Die Luft bleibt länger in der Lunge, die Durchblutung und die Lüftung von Lunge und Herz werden verbessert, die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn erhöht. Der Atem hat genügend Zeit, sich in den Lungenbläschen auszubreiten und in das Blut der Kapillargefäße einzudringen. Das Blut wird bei der langsamen, tiefen und längeren Atmung mit mehr Sauerstoff gesättigt und gleichzeitig vermehrt vom Abfallprodukt Kohlendioxid befreit. Dem Blut verbleibt mehr Zeit, bis in die Zellen der entferntesten Körperstellen zu gelangen und zu wirken. Eine intensive Zwerchfellatmung bewirkt auch eine bessere Durchblutung der Bauchorgane und erleichtert den venösen Rückstrom des Blutes zum Herzen. Einatmen durch den Mund führt zu übermäßiger Brustatmung, Verspannungen im Brustbereich (infolge der übermäßigen Atmung) und zu einem trockenen Mund, oft verbunden mit einem Hustenreiz. „Einschnüffeln“ von Luft bei geschlossenem Mund (z.B. sich einen angenehmen Geruch vorstellen und bewusst einatmen) erleichtert die Nasenatmung und lässt die Bewegungen des Zwerchfells besonders gut spürbar werden.
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„Lufteinschnüffeln“ (Schnuppern, Riechen) verlagert den Atemschwerpunkt vom Brustkorb in den Bauch. Beim Schnüffeln wird die Nase verengt (tiefere Grübchen über den Nasenflügeln), was die einströmende Luft bremst, eine gute Lüftung des obersten Nasengangs bewirkt, die Zwerchfellbewegungen intensiviert und sogar die Lippenbremse überflüssig macht. Einschnüffeln ermöglicht das Gefühl, ganz durchatmen zu können. Pflanzliche Duftstoffe und ätherische Öle wirken zusätzlich beruhigend. Das Ausatmen soll in Ruhe ebenfalls über die Nase erfolgen oder (bei Angst und innerem Druck) über die „Lippenbremse“: bei leicht geschlossenen oder lediglich durch einen kleinen Spalt geöffneten Lippen lässt man den Atemstrom ganz langsam und lange ausströmen, bis das Einatmen durch die Nase ganz von allein reflexhaft erfolgt. Die Lippenbremse stellt einen Ausatmungswiderstand dar und verlangsamt damit die Ausatmung. Nach einiger Zeit des Ausatmens über die Lippenbremse tritt ein intensiver Entspannungsprozess ein. Der Ausatemstrom klingt langsam und stetig immer mehr ab, die anschließende Atemstille dauert so lange, bis der Körper von selbst nach der Einatmung verlangt. Der Schwerpunkt des Atmungsvorgangs ist immer auf die Ausatmungsphase zu legen. Vollständiges Ausatmen ermöglicht erst intensives Einatmen. Das Ausatmen soll langsam erfolgen. Bei zu starker und zu rascher Ausatmung verschließen sich die kleinen Bronchien, wodurch die verbrauchte Luft in den Lungenbläschen zurückgehalten wird. Jedes weitere Einatmen behindert dadurch die Zufuhr sauerstoffreicher Luft. Selbst bei sportlicher Betätigung sollte man ruhig ausatmen. Der Ausatmungsstrom kann durch einen Laut oder Ton hörbar gemacht werden: z Zischlaute wie „SSS“ oder ein sanftes „SCH“, z Konsonanten wie „TT“, „MM“, „FF“, „PP“ oder „PFFF“, z Vokale wie „UU“, „OO“, „AA“, z Vokale und Konsonanten wie „OOOUUUMMM“. Das Atmen soll nicht erzwungen werden, sondern der Atem kommt und geht in rhythmischer Weise. Nach dem Einatmen soll die Luft nicht angehalten werden (dies darf nur bei Yoga-Übungen gemacht werden, die unter Anleitung gelernt werden), sondern es soll sofort ausgeatmet werden. Atemanhalten empfiehlt sich dagegen nach der vollständigen Ausatmung, um zu sehen, was passiert. Nach kurzer Zeit erfolgt ein wohltuender, intensiver Einatemreflex, gesteuert durch das Zwerchfell (vorausgesetzt, der Mund bleibt bei der Einatmung geschlossen), weil die Ansammlung von Kohlendioxid im Blut die Einatmung einfach erzwingt. Die Zwerchfellatmung lernen Sie am leichtesten im Liegen. Bei jeder Einatmung hebt sich die Bauchdecke, bei jeder Ausatmung senkt sich die Bauchdecke infolge der Schwerkraft. Dieses Auf und Ab entfällt beim Sitzen oder Stehen, weshalb hier die Zwerchfellatmung etwas schwerer zu erlernen ist. Wenn Ihnen die Bauchatmung schwer fällt, spannen Sie vorerst einmal Ihre Bauchmuskeln an und heben bzw. senken Sie auf diese Weise die Bauchdecke. Es fällt Ihnen dann vielleicht leichter, die Bauchdecke allein über die Zwerchfellatmung zu bewegen. Eine weitere Erleichterung: im Sitzen verschränken Sie zuerst Ihre Hände hinter dem Kopf, dann atmen Sie durch die Nase ein, anschließend werden Sie spüren, wie Sie locker aus dem Bauch heraus atmen. Die Intensivierung der Zwerchfellatmung bewirkt ein Weiterwerden der ganzen Taille und des ganzen Rumpfes beim Einatmen und ein Schmalwerden der Taille bei der Ausatmung. Beim Einatmen weiten sich neben der Bauchdecke auch die unteren Rippen (Flanken), an denen das Zwerchfell festgewachsen ist, und der untere Rückenteil (Kreuzbereich).
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Viele Menschen mit einer Zwerchfellschlaffheit, d.h. mit einer völligen Verkümmerung der Zwerchfellmuskulatur (als „Zwerchfellhochstand“ diagnostiziert), können nicht gut waagrecht liegen, weil der Bauchinhalt nach oben drückt und die Herztätigkeit behindert. Dies könnte gelegentlich bei jenen Panikpatienten der Fall sein, die Panikattacken bevorzugt im Liegen als Ausdruck der Behinderung der Herztätigkeit erleben.
Atemübungen in Ruhe 1. Kerzenflamme ausblasen. Stellen Sie eine Kerze einen Meter entfernt vor Ihnen auf und versuchen Sie, die Kerzenflamme auszublasen. Gelingt Ihnen dies nicht beim ersten oder zweiten Mal, sollten Sie unbedingt ein Atemtraining durchführen. 2. Atmung beobachten. Legen Sie Ihre rechte Hand nacheinander auf verschiedene Körperpartien, um die Atembewegung zu spüren: Schlüsselbein – Achselhöhle – Brustbein – seitlicher Brustkorb – Bauchdecke – Leistenbeuge. Wo ist viel, wo ist wenig Bewegung? Wenn sich Ihr Brustkorb mehr hebt als Ihre Bauchdecke, benötigen Sie ein Atemtraining. 3. Atemstrom spüren. Verfolgen Sie beim Einatmen den Atemstrom, wie dieser durch die Nase über den Rachenraum und die Luftröhre bis in den unteren Teil der Lunge gelangt. Spüren Sie, wie sich die Lunge beim Atmen ganz von alleine füllt und sich beim Ausatmen durch die Nase oder durch den Mund wieder leert. 4. Kerzenflamme bewegen. Atmen Sie durch die Nase ein und bei leicht geschlossenen Lippen aus („Lippenbremse“). Stellen Sie sich beim Ausatmen vor, möglichst lange eine 20 cm entfernte Kerzenflamme in Bewegung zu versetzen (ohne Ausblasen). 5. Suppe kühlen. Atmen Sie durch die Nase ein und durch die wie zum Pfeifen gespitzten Lippen aus, mit der Vorstellung, möglichst lange einen Löffel heißer Suppe blasend zu kühlen. Sie können imaginativ auch ein Fenster im Winter anhauchen oder durch einen Strohhalm in ein Wasserglas ausatmen, sodass Luftbläschen im Wasser aufsteigen. 6. Ausatmend zählen. Atmen Sie durch die Nase ein und zählen Sie beim Ausatmen im Rhythmus des Herzschlags bzw. jede Sekunde eine Zahl. Bis zu welcher Zahl kommen Sie? 7. Ausatmungslänge in Sekunden ermitteln. Stellen Sie eine Uhr mit Sekundenfunktion vor sich auf und achten Sie auf eine möglichst lange Ausatmungsphase. Wie viele Sekunden maximal dauert Ihre Ausatmung? Versuchen Sie durch etwas Übung die erreichte Sekundenzahl zu erhöhen. Atmen Sie anschließend bei geschlossenem Mund durch die Nase ein. 8. Doppelte Ausatmungslänge. Atmen Sie doppelt so lang aus als ein. Zählen Sie beim Einatmen innerlich 1-2 und beim Ausatmen 1-2-3-4, beim Gehen zusätzlich in Verbindung mit den Schritten (d.h. „1-2 ein“, „1-2-3-4 aus“). Diese Übung ist hilfreich für Agoraphobiker.
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9. Dreifache Ausatmungslänge. Atmen Sie 3-mal so lang aus als ein. Zählen Sie beim Einatmen innerlich 1-2-3 und beim Ausatmen 1-2-3-4-5-6-7-8-9 (dies ergibt rund fünf Atemzüge pro Minute, was sehr beruhigend wirkt). 10. Sinken lassen (Schwerkraft spüren). Lassen Sie sich im Liegen auf die Unterlage sinken. Stellen Sie sich dabei vor, Sie würden langsam in Ihr Bett, in eine Schaumgummimatte oder in weichen Sand am Strand einsinken und einen Abdruck hinterlassen. Bei jedem Ausatmen spüren Sie, wie die Schwerkraft Sie nach unten zieht und Ihr Körper schwerer und entspannter wird. Spüren Sie, welche Stellen Ihres Körpers besonders gut auf der Unterlage aufliegen, und welche Stellen bei mehr Entspannung ebenfalls noch besser auf der Unterlage aufliegen könnten. Sagen Sie sich: „Ich lasse mich jetzt ganz fallen, mit jeder Ausatmung immer mehr.“ Spüren Sie, wie beim Ausatmen die Spannung aus Ihrem Körper in die Unterlage fließt und die Muskeln Ihres Körpers ganz entspannt werden. 11. Hände auf Bauch und Brust legen. Legen Sie Ihre rechte Hand auf den Bauch unterhalb des Nabels und Ihre linke Hand auf die Brust (Linkshänder umgekehrt). Bei richtiger Zwerchfellatmung hebt und senkt sich fast nur die rechte Hand auf der Bauchdecke, während die linke Hand fast ruhig auf der Brust liegen bleibt. Bei richtiger Zwerchfellatmung weitet sich bei der Einatmung auch die Taille, bei der Ausatmung verengt sie sich wieder, wie Sie durch seitliches Händeauflegen feststellen können. 12. Beide Hände auf den Bauch legen. Legen Sie beide Hände auf den Unterbauch und beobachten Sie, wie sich diese beim Einatmen heben und beim Ausatmen senken (Einschnüffeln eines angenehmen Dufts erleichtert die Bauchatmung). Die Hände auf der Bauchdecke fördern die Konzentration auf die Bauchatmung und bewirken ein Wärmegefühl (zusätzlich warm in den Bauch hineinatmen). Durch die Berührung Ihrer Körpermitte finden Sie sozusagen Halt in Ihrer Mitte. 13. Druck auf die Bauchdecke beim Ausatmen. Legen Sie beide Hände auf den Unterbauch (knapp unterhalb des Nabels) und drücken Sie die Bauchdecke beim Ausatmen sanft hinein, sodass Sie beim Einatmen durch die Nase den Gegendruck Ihrer Hände überwinden müssen, um die Bauchdecke heben zu können. 14. Partner drückt auf die Bauchdecke beim Ausatmen. Wenn Ihnen die letzte Übung schwer fällt, ersuchen Sie Ihren Partner oder einen Bekannten, mit seiner Hand Ihre Bauchdecke beim Ausatmen langsam, jedoch relativ fest hineinzudrücken, sodass Sie beim Einatmen einen stärkeren Gegendruck ausüben müssen, um die Bauchdecke heben zu können. 15. Gegenstand auf die Bauchdecke legen. Legen Sie im Liegen eine Wärmeflasche (Wärme entspannt), einen 0,5-1 kg schweren Sack oder ein Buch auf Ihre Bauchdecke und bewegen Sie den Gegenstand durch die Bauchatmung auf und ab. Bei Problemen spannen Sie zuerst Ihre Bauchmuskulatur willkürlich an, um Ihren Unterbauch besser spüren zu lernen. Bei richtiger Zwerchfellatmung erfolgt dann jedoch kein Einsatz der Bauchmuskeln.
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16. Schaukelndes Boot. Stellen Sie sich vor, Sie liegen in einem kleinen Boot oder auf einer breiten Luftmatratze auf einem See oder im Meer bei leichtem Wellengang. Beobachten Sie, wie sich Ihre Bauchdecke beim Einatmen mit der Welle hebt und beim Ausatmen mit der Welle senkt. Die Vorstellung einer rhythmischen Bewegung wirkt entspannend. Die Vergegenwärtigung eines erholsamen Urlaubs bzw. wärmender Sonnenstrahlen kann zusätzlich entspannend wirken. 17. Atmung im Rhythmus der Meereswellen. Stellen Sie sich vor, Sie liegen wohlig entspannt am Ufer des Meeres. Beim Heranströmen und Hochspülen des Wassers am Ufer atmen Sie ein, wobei sich Ihre Bauchdecke hebt, beim Zurückfließen des Wassers atmen Sie aus, wobei sich Ihre Bauchdecke senkt. 18. Atem als Welle. Lassen Sie den Atem beim Einatmen wie eine Welle von unten nach oben „schwingen“ und beim Ausatmen von oben nach unten gehen. 19. Bauch wie einen Ballon aufblasen. Stellen Sie sich beim Einatmen vor, die Luft von unten (zwischen den Beinen) anzusaugen und Ihren Bauch wie einen Ballon aufzublasen, atmen Sie dann nach unten hin aus mit der Vorstellung, dass Ihr Bauch wieder kleiner wird. Spüren dabei, wie sich Ihre Bauchdecke beim Einatmen hebt. 20. Imaginative Einatmung durch den Unterleib bzw. (bei Frauen) durch die Scheide. Frauen stellen sich vor, durch die Scheide einzuatmen, d.h. den Luftstrom von unten anzusaugen, während sich die Bauchdecke mühelos hebt, und durch den Körper bis zur Nase hinaufzuziehen und anschließend den Atemstrom wieder abwärts durch die Scheide hindurch auszuatmen. Diese Übung bewährt sich bei Unterleibsschmerzen und sexuellen Problemen. 21. Energie einatmen. Stellen Sie sich vor, beim Einatmen Kraft und Energie einzuatmen (Sauerstoff, biochemisch gesehen) und beim Ausatmen alles Verbrauchte, Belastende und Ängstigende auszuatmen (Kohlendioxid oder Schlacken, biochemisch gesehen). Formelhafte Vorsatzbildungen in Verbindung mit der Atmung sind hilfreich („Mit jedem Atemzug gewinne ich mehr Energie und Selbstvertrauen“, „Mit jedem Mal Ausatmen gebe ich etwas Angst, Anspannung, Schmerz usw. ab“). 22. Geruch einatmen. Stellen Sie sich intensiv einen angenehmen Geruch vor: Wald-, Berg-, Meeres- oder Frischluft, Blumenduft (z.B. Rose), Parfum, Inhalationsmittel, ätherisches Öl (z.B. Minze, Orange), Gewürzkraut oder Räucherstäbchen. Atmen Sie diesen Duft durch die Nase ein und ziehen Sie ihn hoch (d.h. „schnüffeln“ Sie diesen ein) und atmen Sie dann durch die Lippenbremse aus. Konditionieren Sie sich auf einen bestimmten entspannenden und beruhigenden Duft, den Sie sich dann in jeder Angstsituation vergegenwärtigen. Anfangs können Sie vielleicht ein Duftfläschchen bei sich tragen und bei Bedarf daran riechen. Die Konzentration auf einen angenehmen Duft lenkt Sie von der im Rahmen des Atemtrainings vielleicht erfolgten übermäßigen Fixierung auf die richtige (Bauch-)Atmung ab. 23. Schaukel. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen auf einer Schaukel oder einem Schaukelstuhl und atmen bei der Vorwärtsbewegung aus und bei der Rückwärtsbewegung ein. Die Vorwärtsbewegung erfolgt mit Kraft, die Rückwärtsbewegung ohne.
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24. Rückenatmung. Legen Sie Ihre rechte Hand auf die Bauchdecke und Ihre linke Hand in den Rücken. Versuchen Sie die Einatemluft in den unteren Rücken zu dirigieren, sodass sich dieser etwas weitet, und atmen Sie dann entspannt aus. 25. Atmen durch das imaginierte Atemloch. Stellen Sie sich vor, dass die Luft bei der Einatmung durch das so genannte Atemloch in die Beckenschale hineinströmt und bei der Ausatmung wieder aus ihr hinausströmt. Das „Atemloch“ bezeichnet den Akupunkturpunkt „Hui-Yin“ auf der Mitte des Dammes zwischen After und Geschlechtsorgan. Der Unterleib wird dabei gut durchblutet. Sie stellen sich also vor, Sie würden die Luft von unten durch den Körper ansaugen und wieder so abgeben. 26. Erhobene Arme. Heben Sie beide Arme hinter Ihrem Kopf in die Höhe oder verschränken Sie die Hände hinter Ihrem Kopf und atmen Sie in dieser Haltung ein und aus. Die Brustmuskulatur wird dadurch gestreckt, sodass Sie nicht mit dem Brustkorb atmen können und die Zwerchfellatmung leichter erlernen. 27. Erden. Stellen Sie sich locker so hin, dass die Füße etwas auseinander und flach und sicher auf dem Boden stehen. Die Beine sind dabei nicht steif durchgestreckt, sondern minimal geknickt und dadurch leicht federnd (wie beim Schifahren). Spüren Sie die Schwerkraft der Erde, indem Sie beim Ausatmen erleben, wie das Gewicht Ihres Körpers über die Füße auf den Boden drückt. Ihre Füße sind fest auf dem Boden verankert, sie gleichen den Wurzeln eines Baumes, die bei allen Stürmen sicheren Halt geben. Stellen Sie sich mit geschlossenen Augen vor, beim Einatmen Kraft und Energie aus der Erde aufzunehmen, und erleben Sie dabei die tragende Kraft der Erde. Diese Übung ist sehr hilfreich bei Schwindelgefühlen und Ohnmachtsängsten, wie sie oft im Rahmen einer Agoraphobie vorkommen. 28. Tiefenatmung bewirkt ein Sich-Spüren. Spüren Sie beim Atmen Ihren momentanen körperlichen Zustand. Wenn Sie langsam tief ein- und ausatmen, können Sie eventuell nicht geahnte Gefühle provozieren, z.B. können Ihnen beim entspannten Ausatmen Tränen in die Augen kommen als Zeichen des Loslassens. Wenn Sie dagegen Ihre Gefühle bzw. Schmerzzustände unterdrücken, werden Sie auch tiefes Atmen unterdrücken. Viele Menschen haben sich wegen Schmerzen im Unterleib eine falsche Atmung angewöhnt. 29. Warmer Bauch. Stellen Sie sich beim Ausatmen vor, eine warme Flüssigkeit (Tee, Suppe usw.) aufzunehmen und verfolgen Sie den Weg bis in den Magen. Spüren Sie, wie diese Flüssigkeit Ihren Magen erwärmt. Vergegenwärtigen Sie sich eine konkrete Erfahrung oder trinken Sie einen warmen Tee und prägen Sie sich diese Erfahrung ein. Vom Magen strömt die Wärme weiter in Ihren Unterleib und in Ihr Becken und breitet sich wohltuend aus bis in Ihre Geschlechtsorgane. Diese Übung ist oft recht hilfreich bei Magen- und Darmproblemen sowie bei sexuellen Ängsten und Verspannungen. 30. Warmer Unterleib. Schicken Sie beim Ausatmen im Sitzen oder Liegen Ihren Atem warm in den Unterleib. Spüren Sie, wie Ihr Unterleib warm wird, und genießen Sie die Entspannung. Sie fühlen, wie mit dem Atem Kraft und Energie in den Unterleib strömen. Sie atmen ruhig ein und aus und denken „Ich lasse ganz los“.
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31. Konsonanten-Atmung. Verwenden Sie die Ausatmung auf Konsonantenbasis (mit „M“, „N“, „S“, „SCH“, „FF“, „PF“, „T“ usw.), wenn Sie den Körper durch Vibrieren zur Entspannung bringen möchten bzw. wenn Sie Druck ablassen möchten. 32. Vokalatmung. Singen Sie laut und lang gezogen Töne mit den Vokalen A-E-I-O-U. Die Vokalatmung fördert optimales Ausatmen. Vokale sind Klangträger, bei denen die Luft am strömungsfreiesten abgegeben wird, sodass eine Kerze im Abstand von einem halben Meter während des Tönens nicht flattern dürfte, wenn es einwandfrei gelingt. Beim Tönen der Vokale bleibt die Zunge locker, während bei den meisten Mitlauten das Ansatzrohr durch Zungenbewegungen verengt wird. 33. Mit einem Ton ausatmen. Atmen Sie langsam und lang mit einem bestimmten Ton aus, am besten mit „UU“ oder „OOUUMMOOUUMM“ (ein bekanntes Mantra), weil ein tiefer Ton seine Schwingungen mehr im Unterleib entfaltet und der Vokal „U“ beruhigend wirkt. Schließen Sie dabei die Augen und genießen Sie die Erfahrung einer derartigen Ausatmung. 34. Gesichtsschlottern auf „U-U-U“. Beugen Sie sich im Sitzen oder Stehen leicht vor und schütteln Sie Ihre Gesichtsmuskulatur locker schlotternd auf „U-U-U“ aus. Der Ton soll aus dem Unterleib kommen, während alle Muskeln gelockert sind. 35. Lieblingslied. Singen, summen oder pfeifen Sie Ihr Lieblingslied. Der Rhythmus des Liedes normalisiert Ihre Atmung und verhindert die Hyperventilation. Singen und Sprechen ist Ausatmen. Beides ist bei starker Anspannung beeinträchtigt. 36. Keuchen. „Keuchen“ Sie beim Ausatmen den Atem in kleinen Stößen heraus, bis sich Ihre Lunge leer anfühlt. Sie keuchen wie eine Lokomotive, die den Dampf in kurzen Abständen ablässt. Stoßweises Ausatmen ist die Ausatmung beim Joggen. 37. Seufzen und Stöhnen. Lernen Sie entspannendes Stöhnen. Stellen Sie sich locker in leichter Grätsche hin und lassen Sie Ihre Arme entspannt seitlich am Körper hängen. Atmen Sie durch die Nase ein und stöhnen Sie beim Ausatmen, indem Sie Ihren Oberkörper locker vornüber hängen lassen. Stöhnen Sie alles weg, was Sie hemmt, belastet, blockiert. 38. Durch ein Nasenloch atmen (Nasenenge). Verschließen Sie beim Sitzen oder Liegen mit dem rechten Zeigefinger das rechte Nasenloch, atmen Sie langsam durch das linke Nasenloch ein, verschließen Sie nach der Einatmung mit dem linken Zeigefinger das linke Nasenloch und atmen Sie durch das rechte Nasenloch aus. Atmen Sie anschließend in derselben Weise durch das rechte Nasenloch ein und durch das linke Nasenloch aus. Die Nasenenge öffnet Ihre Bronchien und regt Ihr Zwerchfell zu kräftigerer Arbeit an. Wiederholen Sie mehrfach diesen Wechsel (links einatmen, rechts ausatmen und rechts einatmen, links ausatmen). Empfehlenswert ist das Taschenbuch „Atme richtig“ von Hiltrud Lodes, aus dem viele der angeführten Übungen modifiziert übernommen wurden. Gute Atemtechniken findet man auch in Atemtherapie-Büchern für Asthmatiker. Die Atemblockade soll bei Asthmatikern durch die Forcierung der Ausatmung durchbrochen werden.
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Atemübungen bei Bewegung Die Atmung wird durch mechanische Atemantriebe über eine Art mechanischer Empfangsapparate (Mechanorezeptoren) in der Nähe der Gelenke angeregt, die mechanische Reize aufnehmen und zum Zentralnervensystem weiterleiten. Viele Bewegungsübungen können daher auch als Atemübungen angesehen werden. Atemübungen bei Bewegung erfolgen ebenfalls durch Einatmen über die Nase und Ausatmen durch die Lippenbremse bzw. über die Nase (wenn möglich). Bei körperlicher und seelischer Belastung ist es nicht notwendig, durch den Mund viel Luft einzuatmen, sondern im Bereich des Zwerchfells und der unteren Rippen zu atmen, wo Belüftung und Durchblutung der Lunge optimal sind (aufgrund der Schwerkraft ist im unteren Drittel der Lunge das meiste Blut, in das der Sauerstoff übergeht). Atmen Sie im Moment der stärksten Bewegung bzw. Anstrengung durch die Lippenbremse aus (z.B. auf „SCH“), anschließend atmen Sie durch die Nase ein. „Tief einatmen“ zur maximalen Sauerstoffaufnahme bei Bewegung ist irreführend und falsch, wenn es als intensive Mundatmung, als „tief Luft holen“ und „nach Luft schnappen“ verstanden wird, wo sich die Schultern in Richtung der Ohren heben und die Bauchdekke kaum bewegt. Wenn Sie gründlich ausatmen, geschieht die Einatmung ganz von allein, mit ausreichender Sauerstoffversorgung durch die Nasenatmung auch bei körperlicher und seelischer Belastung. Üben Sie nicht nur die Kombination von Atmung und Bewegung, sondern beginnen Sie jedes Atemübungsprogramm mit Lockerungsübungen. Sie können sich im Stehen, Sitzen oder bequem im Liegen rekeln, strecken und dehnen. Sie werden dadurch auch empfindungsfähiger und sensibler. Schütteln Sie dann Arme und Beine und den ganzen Körper. Übungen zur Beweglichmachung sind am Anfang einer Übungseinheit empfehlenswert, um die Gelenke, Bänder, Sehnen und Muskeln einzustimmen und auf alle möglichen Übungen vorzubereiten. „Nachgeben“ (in den verspannten Körperbereichen) ist dabei das oberste Gebot. Lassen Sie alles schwer sein, lassen Sie alles in den Boden bzw. auf die Unterlage sinken. Spüren Sie die Schwerkraft, die Anziehungskraft der Erde. Wenn Sie können, gähnen Sie dazu, da Ihre Atmungsorgane oder Atemmuskeln dadurch noch mehr entspannt werden und die Atmung tiefer wird. 1. Kreuz wölben. Ziehen Sie beim Liegen auf dem Rücken Ihre Beine so an, dass die Fußsohlen flach aufstehen, während die Arme seitlich liegen. Wölben Sie beim Einatmen das Kreuz und drücken Sie beim Ausatmen das Kreuz wieder flach auf den Boden. Diese Übung fördert das Erlernen der Zwerchfellatmung. Wenn Sie einatmen und das Kreuz leicht wölben, zieht sich das Zwerchfell nach unten zum Bauchraum zusammen, und wenn Sie ausatmen, wölbt sich das Zwerchfell kuppelförmig zum Brustraum nach oben. 2. Kreuz wölben mit Drehung der Arme. Ziehen Sie beim Liegen auf dem Rücken Ihre Beine so an, dass die Fußsohlen flach aufstehen, und strecken Sie Ihre Arme aus, sodass der Körper ein T bildet, wobei die Handflächen nach unten zeigen. Wölben Sie beim Einatmen durch die Nase das Kreuz und drehen Sie gleichzeitig die Arme am Boden nach oben, sodass die Handflächen nach oben zeigen. Beim Ausatmen drücken Sie das Kreuz wieder auf den Boden und drehen Sie die Arme so, dass die Handflächen wieder nach unten zeigen.
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3. Beckenschaukel. Ziehen Sie beim Liegen auf dem Rücken Ihre Beine an, heben Sie Ihr Becken von der Unterlage so weit als möglich ab, während Sie dabei durch den Mund ausatmen (z.B. mit „PFF“) und senken Sie es beim Einatmen durch die Nase. Die Arme liegen dabei seitlich ausgestreckt. 4. Beckenbodenübung. Ziehen Sie in Rückenlage Ihre Beine zum Gesäß an, sodass die Fußsohlen aufstehen. Lassen Sie nun Ihre Knie nach außen-seitwärts sinken, bis die Fußsohlen aneinander liegen und atmen Sie dabei ein. Dann schließen Sie Ihre Beine wieder, indem Sie Ihre Knie wieder anheben und einander annähern, während Sie dabei ausatmen. 5. Körper beugen im Stehen. Grätschen Sie die Beine hüftbreit und führen Sie die etwas auseinander gehaltenen Arme ausgestreckt nach vorne und dann nach oben. Atmen Sie dabei ein, bis Ihre Arme ganz hochgehalten sind. Dann beugen Sie sich mit geradem Rücken langsam nach unten, die Arme weiterhin gestreckt, atmen dabei aus und versuchen, mit den Händen den Boden zu berühren. Nach einer kurzen Atempause richten Sie sich mit geradem Rücken auf und atmen dabei ein, während Sie die Arme wieder nach oben strecken. 6. Brustschwimmen. Machen Sie im Stehen oder Sitzen dieselben Armbewegungen wie beim Brustschwimmen. Strecken Sie beim Ausatmen durch den Mund Ihre Arme nach vorne hin aus mit der Vorstellung, lange auf dem Wasser dahinzugleiten, und atmen Sie anschließend durch die Nase ein, während Sie die Arme kreisend zurückziehen, dann strecken Sie Ihre Arme beim Ausatmen wieder aus usw. Stellen Sie sich einige Zeit das ruhige Dahingleiten im Wasser vor. 7. Vogelschwingenatmen. Heben Sie beim Einatmen Ihre Arme seitlich ausgestreckt nach oben (mit den Handflächen nach unten) und senken Sie beim Ausatmen Ihre Arme wieder. Bewegen Sie im Atemrhythmus Ihre Arme wie Flügel eines großen Vogels, der ganz ruhig seine Schwingen beim Fliegen bewegt. 8. Jogging-Atmung. Beim Langsam-Laufen atmen Sie stoßweise aus mit einem hörbaren Laut und lassen das Einatmen von alleine geschehen (ungeübte Läufer betonen die Einatmung, überdehnen dadurch den Brustkorb und bekommen Seitenstechen). 9. Sitzend nach vorne beugen. Sitzen Sie aufrecht auf einem Sessel und ziehen Sie beim Einatmen durch die Nase das Kinn nach oben, sodass sich die Vorderseite Ihres Körpers streckt und die Bauchdecke hebt. Anschließend beugen Sie sich beim Ausatmen langsam nach vorne, gleichsam um die ganze Luft aus Ihrem Bauch herauszupressen, während Sie durch die Lippen so ausatmen, als ob Sie eine Kerze ausblasen wollten. 10. Sitzend nach vorne beugen mit gestreckten Armen. Auf einem Sessel sitzend heben Sie langsam beide Arme ausgestreckt, bis sie waagrecht sind, und atmen dabei durch die Nase ein, dann beugen Sie den Rumpf möglichst weit vorne hinunter, strecken die Arme nach rückwärts und atmen dabei durch den Mund aus.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
11. Zum gestreckten Knie hin ausatmen. Knien Sie sich mit dem linken Bein nieder und strecken Sie das rechte Bein aus. Heben Sie beide Arme hoch und beugen Sie dann Ihren Oberkörper zum ausgestreckten Fuß hin aus, gleichzeitig senken Sie Ihre ausgestreckten Arme und versuchen Sie damit die Fußspitze des ausgestreckten Beins zu erreichen, während Sie ausatmen. Anschließend machen Sie dieselbe Übung mit dem ausgestreckten linken Fuß. 12. Zur rechten Fußsohle einatmen, zur linken ausatmen. Verlagern Sie in leichter Grätsche bei lockeren Kniegelenken Ihr Körpergewicht auf den rechten Fuß. Atmen Sie in der Vorstellung zur Mitte der rechten Fußsohle ein und lassen Sie den Atem beinwärts Richtung Kopf strömen, dann verlagern Sie Ihr Gewicht auf den linken Fuß und lassen die Ausatmung in gegenläufiger Bewegung zur Mitte der linken Fußsohle wieder ausströmen. Nach der Atempause atmen Sie zur linken Fußsohle ein und zur rechten aus usw. 13. Kniebeugen und Liegestütz. Beim Beugen atmen Sie jeweils durch den Mund aus, beim Aufrichten durch die Nase ein. 14. Stiegensteigen. Am Fuß der Treppe holen Sie über die Nase tief Luft und steigen dann so lange die Stufen hinauf, wie Sie auf „SCH“ ausatmen können. Wenn das „SCH“ leiser wird, bleiben Sie sofort stehen, schöpfen erneut Atem über die Nase und steigen mit „SCH“ weiter voran usw. 15. Schrittatmung (rhythmisches Ein- und Ausatmen durch Schritte zählen beim Gehen, Laufen oder Stiegensteigen). Koppeln Sie Ihren Atemrhythmus mit Ihren Schritten, insbesondere bei körperlicher Anstrengung, aber auch bei Angst und Stress. Dies bringt ein Maximum an Sauerstoff und spart Kraft. Auch Leistungssportler oder Dauerläufer sind bestrebt, Bewegung und Atem zu rhythmisieren, denn jede rhythmische Bewegung spart Kraft. Beispiele: (a) 1-2-3 Schritte ausatmen, anschließend 1-2-3 Schritte einatmen; (b) 1-2-3-4 ausatmen, anschließend 1-2 einatmen beim Gehen, Laufen oder Stiegensteigen. Bei guter Kondition sind jeweils 4-5 Schritte ein- und ausatmen möglich. 6 Schritte sind für einen normalen Menschen das Höchstmaß, das nicht überschritten werden sollte, weil es sonst zu Verkrampfungen der Muskeln in den Atemwegen kommen kann. 16. Schlag mit beiden Händen. Schlagen Sie mit verschränkten Händen auf eine weiche Unterlage und atmen Sie dabei fest mit einem Ton aus (z.B. „HUUH“, „PUUH“). 17. Holzhacken. Stehen Sie mit gespreizten Beinen da. Strecken Sie beim Einatmen die verschränkten Hände nach oben und biegen Sie sich so weit als möglich zurück. Beim Ausatmen schlagen Sie mit den verschränkten Händen nach unten durch die Beine, wie beim Holzhacken, Ihr Atem strömt hörbar durch den Mund heraus. Atemübungen in Verbindung mit Bewegung sind bei Panikpatienten anfangs bessere Hilfsmittel, um einerseits den Aktivierungsschub durch einen Adrenalinstoß abzubauen und andererseits eine effiziente Ablenkung von der gefürchteten Panikattacke zu erreichen. Später sind dann auch durch Atemtechniken in Ruhe möglich, wenn die Zuwendung besser gelingt.
Atemtraining
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Atemübungen mit Düften (Aromatherapie) Aromatherapie, Heilen mit Düften, ist „in“. Sie kann bei Menschen mit Angststörungen hilfreich eingesetzt werden. Düfte können in Verbindung mit angenehmen Erlebnissen, Musik und Entspannungsübungen Ängste reduzieren [12]. Bei Angst- und Spannungszuständen mit flacher und rascher Atmung fördert der Duft ätherischer Öle die Einatmung durch die Nase und bewirkt dadurch eine intensivere Atmung sowie eine Beruhigung. Verschiedene Angstpatienten nehmen gerne ein Duftfläschchen mit, wenn sie das Haus verlassen, um daran zu riechen und sich durch den Duft gestärkt zu fühlen, wenn sie Probleme befürchten. Viele agoraphobische (klaustrophobische) Situationen haben mit Enge und Beengung zu tun. Die Anregung der Atmung durch einen Duftstoff verhindert die gefürchteten Beklemmungsgefühle. Ein Tipp: Nehmen Sie bei Agoraphobie mit Beklemmungsgefühlen ein Duftfläschchen mit, an dem Sie bei Bedarf riechen. Düfte lösen bestimmte körperliche und seelische Reaktionen aus. Der Geruchssinn steht wie kein anderes Sinnesorgan in direkter Verbindung zu jenen Gehirnzentren, die für die Auslösung emotionaler Reaktionen verantwortlich sind. Die entsprechenden Gehirnregionen haben sich phylogenetisch aus dem Riechhirn entwickelt. Duftreize gelangen über die Nase in das Riechhirn und von dort zum limbischen System (Zentrum der Emotionen), wo sie verarbeitet werden, und lösen über das autonome Nervensystem eine physiologische Aktivierung (sympathisches Nervensystem) oder eine Beruhigung (parasympathisches Nervensystem) aus. Die Duftinformationen werden zur Hypophyse geleitet, die den Hormonhaushalt reguliert und alle ihr untergeordneten endokrinen Drüsen steuert, die jeweils eine bestimmte Menge eines Hormons produzieren. Bei unangenehmen Gerüchen wird der Atem flacher. Bei angenehmen Düften reagiert das autonome Nervensystem mit einer Vertiefung der Atmung. Angenehme Düfte mobilisieren schöne Erinnerungen, die im Gehirn positive Gefühle, Entspannung und Wohlbefinden auslösen. Düfte führen zur vermehrten Produktion stimmungsverändernder Neurotransmitter und wirken belebend [13]. Der Duft von Ylang-Ylang bremst angeblich die Adrenalinproduktion und soll beruhigend wirken. Bei Kurzatmigkeit können bestimmte Düfte eingesetzt werden, um die Atmung zu vertiefen oder anzuregen, und zwar alle frischen oder minzigen, eukalyptolhaltigen ätherischen Öle: Latschenkiefer, Fichtennadel, Zirbelkiefer, Tanne, Pinie, Cajaput, Eukalyptus, Minze, Myrte. Bestimmte ätherische Öle sollen bei Angstzuständen wirksam sein: Basilikum, Benzoe, Bergamotte, Geranie, Jasmin, (Römische) Kamille, Lavendel, Mandarine, Melisse, Muskatellersalbei, Neroli (Bitterorangenblüten), Orange, Patchouli, Pampelmuse, Rose, Sandelholz, Vetiver, Weihrauch, Ylang-Ylang, Weihrauch, Ysop, Zeder, Zypresse [14]. Eine Mischung aus mehreren Ölen kann wirkungsvoller sein als ein einzelner Duft. Der Duft von Lavendel, Orange und Neroli wird bei Ängsten am häufigsten empfohlen. Nach EEG-Messungen löst Lavendel im Gehirn Alpha-Wellen aus, die für einen entspannten Zustand typisch sind. Nach einer österreichischen Studie wirkt Lavendel beruhigend, nach einer englischen Studie vermindert Lavendel Ängste vor der Zahnbehandlung. Nach einer österreichischen Studie wirkt Orangenduft in Zahnarztpraxen entspannend und angstmindernd. Nach dem deutschen Duft-Forscher Hanns Hatt, der bei Mäusen die schlaffördernde Wirkung von Jasmin nachgewiesen hat (Jasmin dockt an GABA-Rezeptoren an), spricht vieles dafür, dass Duftstoffe eine ähnliche Wirkung auf das Gehirn ausüben wie Psychopharmaka. Lavendel wirkt vermutlich dämpfend auf die wichtigsten erregenden Rezeptoren (NMDA-Kanäle). Nach einer österreichischen Studie wirkt Lavendel über die Haut sogar stärker auf das Gehirn als über die Nase.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Achtsamkeitstraining Die systematische Schulung der Achtsamkeit gilt als Herzstück der buddhistischen Meditation. Achtsamkeit bedeutet, jeden Augenblick bewusst zu erfassen. Meditation ist eine bewusste Beobachtung von Körper und Geist, bei der man alle auftauchenden Erfahrungen zulässt, ohne einzugreifen. Gedanken und Vorstellungen werden nicht unterdrückt oder verändert. Es geht darum, da zu sein, wo man gerade ist, und nicht darum, irgendwo anders hinzukommen. Das primäre Ziel ist nicht die Entspannung, sondern vielmehr die Wahrnehmung des aktuellen Erlebens (z.B. der Atmung), wobei Entspannung durchaus ein Nebenprodukt sein kann. Achtsamkeit fördert keine Passivität im Leben, sondern führt vielmehr zu einer neuen Form von Aktivität. Die bewusstere Wahrnehmung dessen, was in uns vorgeht, hat einen positiven Einfluss auf unser ganzes Leben und Handeln. Eine größere Achtsamkeit im Sinne einer besseren Selbstwahrnehmung führt zu einer größeren Selbstkontrolle. Achtsamkeit kann durchaus auch bedeuten, dass die anfangs störenden Gedanken, Gefühle und Empfindungen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt werden. Alles Störende wird dabei jedoch passiv angenommen und nicht bewertet, sodass im Laufe der Zeit die Unruhe verschwindet. Ängstliche Gedanken und Vorstellungen dürfen vorhanden sein und wirken aufgrund dieser Einstellung bereits weniger bedrohlich. Das empfehlenswerte Buch „Gesund durch Meditation“ des amerikanische Verhaltensmediziners Jon Kabat-Zinn beschreibt das Programm der von ihm früher geleiteten amerikanischen Stressklinik, das auf einem systematischen Training der Achtsamkeit beruht, einer Form der Meditation, die auf buddhistische Traditionen zurückgeht. Menschen mit Angststörungen werden von Kabat-Zinn ermutigt, der Angst nicht auszuweichen, sondern alle auftretenden Gedanken und Zustände durch bewusste Wahrnehmung und Methoden der Achtsamkeit besser ertragen zu lernen. Interessierte sollten unbedingt eine einschlägige Veranstaltung besuchen und nicht nur eigenständig üben. Die sieben zentralen Aspekte der Achtsamkeitspraxis sind: z Nicht-Beurteilen: Verzicht auf ständige Bewertung der körperlichen Empfindungen. z Geduld: Warten-Können, denn jedes Ding hat seine eigene Zeit. z Den Geist des Anfängers bewahren: für alles offen sein, wie wenn es neu wäre. z Vertrauen: Vertrauen in das eigene innere, grundlegendes Ganz-Sein. z Nicht-Greifen (Nicht-Streben): nichts direkt anstreben oder erzwingen wollen. z Akzeptanz: alle Zustände annehmen (dies bedeutet nicht, alles gut zu finden). z Loslassen: auch nichts Schönes festhalten wollen, um es zu bewahren. Verschiedene Methoden der Achtsamkeit wie Atemtechniken (Konzentration auf die Zwerchfellatmung), Body-Scan (bewusste Wahrnehmung aller Körperpartien) und sanfte Yoga-Übungen helfen zu einer besseren Wahrnehmung und Akzeptanz der momentanen Befindlichkeit und passen gut zum Konzept der Angstbewältigung. Entspannung resultiert aus Körperwahrnehmungsübungen, Atemtechniken und Vorstellungsübungen, wird aber nicht bewusst angestrebt, wodurch bei chronisch verspannten und ängstlichen Patienten Leistungsdruck und Versagensgefühle vermieden werden. Körperwahrnehmungsübungen („Body-Scan“) gelten als Übungen, sich besser kennen zu lernen. Panikpatienten erleben bei Zuwendung zum eigenen Körper anfangs oft eine Beunruhigung, die erst nach längerer Konzentration auf die körperlichen Vorgänge zur Entspannung führt. Panikpatienten beobachten sich nicht zu viel, sondern zu wenig; sie wenden sich bei Missempfindungen ängstlich ab, um Beunruhigung zu vermeiden.
Achtsamkeitstraining
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Führen Sie täglich für 5-10 Minuten folgende einfache Körperwahrnehmungsübung durch. Setzen Sie sich bequem hin und fragen Sie sich: Was geht gerade in mir vor? Wie fühle ich mich? Was spüre ich? Sie brauchen nur wahrzunehmen, was Sie im Moment erleben, ohne irgendetwas zu ändern. Führen Sie öfter folgende Body-Scan-Übung durch. Legen Sie sich hin, die Beine leicht gespreizt, die Arme entspannt neben dem Körper. Konzentrieren Sie sich auf den Atem, ohne diesen zu kontrollieren, und beobachten Sie, wie Sie durch die Nase einund ausatmen, und wie sich die Bauchdecke beim Einatmen hebt und beim Ausatmen senkt. Konzentrieren Sie sich dann bei jeder Einatmung auf eine bestimmte Muskelpartie Ihres Körpers und entspannen Sie diesen Bereich beim Ausatmen. Konzentrieren Sie sich so lange auf diese Körperregion, bis ganz von allein eine Entspannung eintritt, d.h. ohne diese bewusst anzustreben. Lassen Sie sich durch abschweifende Gedanken nicht beunruhigen und kämpfen Sie nicht dagegen an, sondern konzentrieren Sie sich wieder auf den Rhythmus des Ein- und Ausatmens. Gehen Sie beim Body-Scan Ihren Körper vom Kopf bis zum Fuß durch, indem Sie sich mit Ihren inneren Augen auf den jeweiligen Körperteil konzentrieren, z.B. Stirn – Schläfen – Wangen – Augen – Nase – Mund – Kinn – Nacken – Hals – Schultern – Arme – Brustkorb – Bauch – Rücken – Gesäß – Beine – Füße. Sie können Ihren Körper auch von unten oben wahrnehmen. Erspüren Sie beim Einatmen den momentanen Zustand der jeweiligen Körperpartie und lassen Sie über den Ausatemstrom alle Spannungen dahinfließen. Bleiben Sie so lange bei jedem Körperregion, bis die Anspannung schwindet. Hilfreich ist auch die Vorstellung, durch bestimmte Körperteile auszuatmen, d.h. lassen Sie den Ausatemstrom austreten durch die Zehen, die Finger, die Augen, die Stirn, den Unterleib und andere Körperteile. Die folgende Körperwahrnehmungsübung in Verbindung mit einer gewissen Entspannungsinstruktion ist in der Ich-Form formuliert und ist kein reiner Body-Scan nach Kabat-Zinn. Sie können diesen oder einen ähnlichen Text auf Tonband sprechen und anfangs zur Erleichterung der Wahrnehmung der verschiedenen Körperregionen und Körpervorgänge einsetzen. Sprechen Sie den Text ganz langsam, wiederholen Sie einige Ihnen besonders wichtig erscheinende Sätze und machen Sie zwischen den Sätzen eine Pause von mehreren Sekunden, um die Konzentration zu vertiefen. Entwickeln Sie nach einiger Zeit einen persönlichen Text, wenn die Entspannung rascher eintritt. Ich liege da auf dem Rücken, meine Arme sind ausgestreckt neben meinem Körper. Ich nehme mir jetzt eine halbe Stunde Zeit, um bewusst wahrzunehmen, wie ich mich körperlich fühle. Ich schließe meine Augen und bemerke, wie sich mein körperliches Erleben verändert, wenn ich das Sehen und damit die Umwelt ausschalte und mich ganz auf meine momentanen körperlichen Empfindungen einlasse. Was empfinde ich gerade jetzt? Welche körperlichen Zustände nehme ich momentan wahr? Welche inneren Bilder tauchen gerade auf? Ich wende mich meinem Körper zu und beobachte ihn ganz bewusst. Ich registriere alles, was kommt, lasse alles zu und möchte nichts Besonderes erreichen. Ich bleibe ganz im Hier und Jetzt, lebe von Augenblick zu Augenblick. Wenn ich mich vor dieser Übung etwas fürchte, ist es okay. Ich möchte nichts als negativ bewerten und unterdrücken und auch nichts direkt anstreben, weil beide Bemühungen nur meine Anspannung erhöhen und vom Erleben der unmittelbaren Gegenwart ablenken. Ich weiß, dass ich bisher meinen Körper oft ängstlich und kritisch beobachtet habe. Ich neige dazu, alles, was ich erlebe, kritisch zu bewerten. Ich brauche aber auch dieses Beurteilen und Interpretieren meiner körperlichen Empfindungen nicht zu unterdrücken. Ich mache mir bewusst, alles, was geschieht, lediglich zu beobachten und zu registrieren, ohne es als negativ oder positiv zu bewerten oder in irgendeiner Form darauf zu reagieren. Ich kann Anspannung genauso zulassen wie Angst oder Schmerz. Ich lasse störende Gedanken vorbeiziehen wie die Wolken am Himmel und konzentriere mich immer auf das, was gerade ist, was ich gerade spüre, und lasse mich überraschen, was kommen wird, ohne Vorausahnungen anzustellen. Wenn ich unruhiger werde, bin ich eben unruhiger, wenn ich entspannter bin, bin ich eben entspannter. Ich spüre mich, ohne etwas zu vermeiden oder anzustreben.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Ich konzentriere mich jetzt auf meine Atmung, spüre den Rhythmus des Aus- und Einatmens und lebe dadurch ganz im Augenblick, in der Gegenwart. Ich spüre, wie ich ganz von allein durch die Nase einatme und wie der Atemstrom in die Lunge hineinfließt, dann in den Bauchraum hinunterströmt und bis in das linke Bein, in den linken Fuß und in die Zehen des linken Fußes gelangt und durch in die Umwelt austritt. Ich stelle mir vor, wie ich durch die Zehen des rechten Fußes einatme und der Atemstrom durch das rechte Bein in den Körper herauf gelangt, in den Bauchraum und in die Lunge hineinfließt, bis hinauf zum Kopf weiterströmt und bei der Nase austritt. Ich lasse den warmen Atemstrom in meinen Bauch- und Beckenraum fließen und beobachte meine Empfindungen im Unterleib. Ich spüre, was mich gefühlsmäßig bewegt, in meinem Ober- und Unterbauch und lasse alles zu, was kommt. Ich kann in jeden Körperteil hineinatmen, der angespannt ist oder der mich ängstigt, und alles zulassen, was ich im momentan spüre. Wenn mich unangenehme Erinnerungen oder Befürchtungen überfallen, lasse ich sie zu, ohne dagegen anzukämpfen oder schönere Vorstellungen produzieren zu wollen. Ich darf mich fürchten, ärgern, traurig fühlen, egal ob es dafür einen Grund gibt oder nicht. In der Veränderung meines Atmens nehme ich wahr, dass Veränderungen ein natürlicher Bestandteil des Lebens sind. Wenn ich mich ärgere oder ängstigende, wird mein Atem schnell, wenn ich mich beruhe, wird mein Atem langsamer. Ich erlebe, wie meine Anspannung nachlässt, wenn ich langsam und vollständig durch den leicht geschlossenen Mund ausatme, und wie sich mein Körper mit Sauerstoff und Energie auftankt, wenn ich tief durch die Nase einatme. Ich spüre, wie beim Ausatmen ein angenehmes Gefühl der Entspannung und beim Einatmen ein natürliches Gefühl der Anspannung entsteht. Wenn mich etwas ablenkt und ich es merke, komme ich immer wieder zurück auf meinen Körper, konzentriere mich auf meine Atmung und erlebe das Auf und Ab der Bauchdecke als Ausdruck meiner ruhigen Zwerchfellatmung. Ich spüre die Atmung wie eine Welle, die meinen Körper durchflutet. Ich finde immer wieder meine Mitte, indem ich mich auf meinen Bauch konzentriere, wenn ich das Gefühl habe, verloren zu gehen oder unruhig zu werden. Die Lebendigkeit der Atmung zeigt mir, dass alles in Ordnung ist. Ich kann alles Unangenehme genau so registrieren wie alles Schöne, denn ich finde Beruhigung durch den Rhythmus meiner Atmung. In den Phasen, in denen ich ausatme, wird mein Körper immer schwerer, bedingt durch die nachlassende Muskelspannung. Ich kann jeden Teil meines Körpers spüren, der auf der Unterlage aufliegt, und ich lasse mich beim Ausatmen buchstäblich immer mehr fallen, im Vertrauen auf den festen Halt der Unterlage. Beim Ausatmen entspannen sich die Muskeln meiner Blutgefäße, sodass mehr Blut hindurchfließen kann und mein Körper warm wird. Ich spüre die zunehmende Wärme und Entspannung meines Körpers, aber auch jene Stellen, die vielleicht andere Empfindungen vermitteln. Je wärmer ich mich fühle, umso mehr vertieft sich meine Entspannung. Ich spüre die Berührungswärme an den Stellen meines Körpers, die auf der Unterlage aufliegen. Wenn ich mich jetzt in bestimmten Bereichen meines Körpers unwohl fühle, nehme ich das wahr und lasse es zu, ohne irgendetwas ändern zu wollen. Ich muss nichts erreichen, ich muss nichts vermeiden, ich bleibe ganz im Hier und Jetzt, in der Gegenwart, im Moment, und lasse mich überraschen was kommt, ohne ständig voraus denken zu müssen. Ich gehe in Gedanken meinen ganzen Körper durch und stelle mir alle Körperteile möglichst genau und plastisch vor. Meine Aufmerksamkeit ist ganz auf die jeweilige Körperstelle gerichtet, sodass ich die momentanen Empfindungen wahrnehmen kann. Ich brauche nichts zu ändern, sondern nur zu beobachten, wie warm oder kühl, wie entspannt oder angespannt, wie wohlig oder unbehaglich ich die verschiedenen Körperteile erlebe. Vom Fuß bis zum Kopf versuche ich in der Reihenfolge und in der Art, wie es mir gerade gefällt, jeden Teil meines Körpers zu spüren und bewusst als Teil von mir zu erleben. Das alles kann ich wahrnehmen: den rechten Fuß, den linken Fuß, die momentane Temperatur und Empfindung in den Füßen, die Zehen, die Durchblutung bis in die Zehen hinein, die Fußsohlen, das Aufliegen der Fersen, die momentane Anspannung oder Entspannung der Muskeln in den Unterschenkeln, die Kniegelenke, die Oberschenkel und die dabei vorhandenen Empfindungen, das Übergehen der Oberschenkel in den Körper, das Gesäß, das Becken, den Bauch mit seinen Organen, das Heben und Senken der Bauchdecke im Rhythmus der Atmung, ein eventuelles Geräusch im Darm als Zeichen zunehmender Entspannung, den Brustkorb, das momentane Schlagen des Herzens, den Schulterbereich, die Ober- und Unterarme bis hinein in jedes einzelne Fingerglied, die Schwere der Arme beim Ausatmen und die Berührung der Unterlage, das Aufliegen des Kopfes, die Empfindungen im Nacken, die Temperatur in den Ohren und in der Haut des Gesichts, den Mund, die Zunge, die Kiefermuskulatur, wie entspannt oder angespannt diese ist, die Temperatur in den Wangen, die Empfindungen in der Nase bei der Ein- und Ausatmung, die geschlossenen Augenlider mit den Augen darunter, die Stirn mit den momentanen Empfindungen. Wenn mein Kiefer angespannt ist, lasse ich beim Ausatmen los und spüre, wie sich mein Gesicht entspannt.
Achtsamkeitstraining
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Ich verweile überall dort, wo ich Anspannung oder Verkrampfung verspüre. Mit jedem Mal Ausatmen löst sich die Verspannung, und ich genieße die zunehmende Entspannung. Ich atme langsam und vollständig aus und atme dabei alles hinweg, was mich belastet und schmerzt. Wenn Anspannung oder Schmerzen an einer bestimmten Stelle zurückbleiben, während sich rundherum Entspannung breit macht, stelle ich mir vor, wie der kühlende Ausatemstrom dorthin geht und lindernd wirkt. Es mag mich eigenartig berühren, durch bestimmte Körperteile auszuatmen, ich stelle mir jetzt vor, durch verspannte oder schmerzende Körperteile auszuatmen: durch die Zehen, durch die Finger, durch den Unterleib, durch die Augen, durch die Stirn, durch die Schädeldecke, durch den Nacken. Beim Ein- und Ausatmen erlebe ich die Lebendigkeit meiner Person, den Rhythmus des Auf und Ab der Bauchdecke, bewirkt durch meine Zwerchfellatmung. Beim Einatmen durch die Nase spüre ich die Mitte meines Körpers, wie sich meine Bauchdecke hebt. Beim Ausatmen erlebe ich, wie meine Bauchdecke durch die Schwerkraft nach unten gezogen wird. So wie ich meine Atemmuskeln bei der Sauerstoffaufnahme beobachten kann, kann ich auch meinen Herzmuskel bei der Arbeit wahrnehmen. Ich spüre die Stelle in meiner Brust, wo sich mein Herz befindet, und konzentriere mich für einige Zeit ganz auf mein Herz, wie es gerade schlägt. Ich kann es aushalten, wenn ich mich dabei vielleicht etwas beunruhigt fühlen sollte. Ich weiß, dass nach einiger Zeit wieder Ruhe in meinen Körper einkehrt. Ich stelle mir vor, wie mein Herz das Blut aus dem Körper ansaugt, sich kräftig zusammenzieht und das warme Blut wieder in den Kreislauf auswirft. Der warme Blutstrom fließt durch die weit geöffneten Arterien bis in die letzten Verästelungen, die Kapillargefäße, wo der vermehrte Blutfluss ein Kribbelgefühl bewirkt. Die vermehrte Durchblutung der feinen Blutgefäße der Haut bewirkt ein angenehmes Wärmegefühl, ich kann aber auch spüren, an welchen Stellen meines Körpers die Wärme der Durchblutung vielleicht weniger gut ist. Ich stelle mir vor, wie das Blut vom Herzen weg in alle Stellen meine Körpers fließt und diesen mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt und wie das Kohlendioxid durch die Venen zum Herzen zurück transportiert wird, von dort in die Lunge gepumpt und beim Ausatmen ausgeschieden wird. Ich genieße die wohlige Wärme des Körpers. Wenn andere Empfindungen auftreten, die ich eigentlich nicht will, lasse ich sie zu, denn ich muss auch im Laufe der Zeit nichts erreichen. Wichtig ist nur zu spüren, wie der Blut- und Atemstrom meinen Körper durchfließen und mich lebend und gesund erhalten. Ich habe meinen Körper nun ausreichend beobachtet und gespürt und präge mir den angenehm entspannten Zustand ein, sodass ich beim nächsten Mal nur daran zu denken brauche und leichter in diesen Zustand gelange. Ich zähle jetzt im Rhythmus des Ausatmens langsam von 1 bis 10 und spüre, wie mit jeder Zahl und jeder Ausatmung meine Entspannung immer tiefer wird, sodass ich beim nächsten Mal auf diese Weise gleich zu Beginn in eine tiefere Entspannung als bisher gelangen kann. Bei 10 vergegenwärtige ich mir noch zusätzlich durch ein Wort oder Bild den Zustand der Entspannung und genieße es noch eine Weile, in diesem Zustand zu sein. Danach zähle ich langsam im Rhythmus des Einamtens von 10 bis 1 und spüre, wie dadurch Energie und Kraft in meinen Körper gelangt. Ich beende jetzt die Übung und spanne meine Gliedmaßen, die Hände und Füße, zwei- bis dreimal kurz und fest an. Ich rekle und strecke mich, atme ein paar Mal kräftig durch und öffne die Augen. Ich fühle mich frisch und erholt, ganz im Hier und Jetzt, gestärkt für die Aufgaben, die mich bald erwarten.
Die Botschaft der Achtsamkeitstherapie nach Jon Kabat-Zinn lautet: Menschen mit Angststörungen kämpfen nicht zu wenig, sondern zu viel gegen ihre ängstlichen Befürchtungen, unangenehmen Gefühle, körperlichen Verspannungen und negativen Erinnerungen. Die formale Achtsamkeitspraxis strebt auch nicht bewusst das Gegenteil (Beruhigung und Entspannung) an, sondern lehrt die Betroffenen im Rahmen eines achtwöchigen Kurses die Erfahrung, dass jede körperliche, emotionale und geistige Befindlichkeit durch einfaches Gewahr-Werden und Zulassen bewältigbar ist – ohne jede Anstrengung und ohne jeden Kampf, der die vorhandene Anspannung nur weiter verstärkt. Die Konzentration auf die Atmung strebt keine bewusste Entspannung an, sondern eine bessere Zentrierung und vertiefte Körperwahrnehmung. Das heilsame Motto lautet gleichsam: „Kontrolle durch Nicht-Kontrolle“. Dies ist nur möglich durch die Stärkung des Vertrauens in den eigenen Körper und in die eigenständige Handlungsfähigkeit ohne Sicherheitssignale und Vermeidungsstrategien, d.h. ohne Unterstützung durch andere Menschen oder bestimmte Hilfsmittel wie Medikamente oder Handy.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Akzeptanz- und Commitmenttraining Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie von Hayes und Mitarbeitern wird durch das allgemein verständliche, sehr empfehlenswerte, im Jahr 2008 erschienene Buch „Das Leben annehmen. So hilft die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT)“ des Psychologen Matthias Wengenroth erstmals im deutschen Sprachraum einem breiten Leserkreis bekannt gemacht. Diese neue Therapiemethode, die sich auf dem Boden der Verhaltenstherapie entwickelt hat, verwendet neben Akzeptanz- und Achtsamkeitsstrategien auch Strategien des engagierten, wertegeleiteten Handelns (Commitment). Sie lernen dabei, Ihre Flexibilität zu erhöhen, indem Sie sich in vollen Kontakt mit dem gegenwärtigen Moment begeben und je nach dem Erfordernis der aktuellen Situation Ihr Verhalten ändern oder beharrlich beibehalten. Ihr Verhalten wird nicht mehr einseitig gesteuert von Ihren Gefühlen, Stimmungen, Gedanken und körperlichen Zuständen, sondern von jenen Werten, die Sie ausgewählt haben, um Ihrem Leben Sinn und Halt zu geben. Wenn sich diese neue Richtung in der Verhaltenstherapie stärker durchsetzen sollte, werden in Zukunft andere Aspekte im Vordergrund stehen als jene, die gegenwärtig im Mittelpunkt der Behandlung stehen. Demnach müssen körperliche Anspannungen nicht mehr „wegentspannt“ oder durch körperliche Aktivität abgebaut werden, um das Aufkommen einer Panikattacke zu verhindern, „dysfunktionale Denkmuster“ nicht mehr „kognitiv umstrukturiert“ und weit überhöhte Erwartungswahrscheinlichkeiten bezüglich Gefahr und Bedrohung nicht mehr logisch analysiert und verändert werden. Logische Analysen, rationale Erklärungen und neue Einsichten reichen oft nicht aus, um therapeutische Veränderungen bewirken zu können. Sie werden angeleitet, im Rahmen einer Konfrontationstherapie weniger eine Gewöhnung (Habituation) an unangenehme Körpererfahrungen zu erwarten, die Ihre Angst erträglicher macht, sondern vielmehr trotz Angst jene Ziele anzustreben, die Ihr Leben sinnvoll und befriedigend machen. Ein alter Spruch lautet: „Gott, gib’ mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie möchte genau dazu verhelfen. Ein großer Teil seelischen Leidens entsteht durch die mangelnde Bereitschaft, unerwünschte Gedanken, Gefühle, Erinnerungen und körperliche Empfindungen zu erleben. Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie möchte nicht Ihre Gedanken und Gefühle ändern, sondern Ihre Beziehung zu diesen subjektiven, inneren Erlebnissen, indem Sie mehr Distanz dazu bekommen und sich nicht davon diktieren lassen (Motto: „Das sind nur Gedanken und Gefühle, das ist nicht die Realität“). Sie werden in typisch verhaltenstherapeutischer Manier aktiviert, nach Ihren persönlichen Zielen und Werten zu handeln. Sie können etwas tun, weil Ihnen eine Sache wichtig ist, auch wenn Sie das gerade nicht freut, und Sie können Dinge unterlassen, weil Sie sich entschlossen haben, etwas anderes zu tun, und nicht weil Sie keine Lust dazu haben. Der kontraproduktive Umgang mit Ihren inneren Erlebnissen soll zugunsten einer Handlungsorientierung und neuer Erfahrungen unterbrochen werden. Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie widerspricht radikal einem Grundsatz, der in unserer Kultur und in vielen Psychotherapiemethoden als zentrales Credo gilt, nämlich dass man sich immer gut fühlen müsse, wenn man das Richtige tut. Es heißt, „gute“ Gefühle sollten vermehrt und „schlechte“ Gefühle überwunden werden, wenn man nicht psychisch krank werden möchte. Angst, Wut und Traurigkeit müssen nach dieser Ideologie aufgelöst und beseitigt werden, sonst stimmt mit der betreffenden Person angeblich etwas nicht. Versuchen Sie ständig, Ihre Ängste durch Vermeiden zu vermindern?
Akzeptanz- und Commitmenttraining
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Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie möchte zuerst einmal Ihr Vermeidungsverhalten in Bezug auf Angst und Angstsituationen unterbrechen. Sie geht davon aus, dass seelische Schmerzen ganz normal sind und zum Leben dazugehören. Aus Ihren Ängsten wird erst dann ein Leiden im belastenden Sinn, wenn Sie damit nicht umgehen können, indem Sie zu ständigem Vermeidungsverhalten neigen oder sonstige, auf Dauer nicht wirksame Strategien einsetzen. Überlegen Sie doch einmal, welche der folgenden Vermeidungsstrategien Ihr Leben bisher in welchem Ausmaß bestimmt haben: z Ablenkung. Wie häufig lenken Sie sich ab, wenn unangenehme Gefühle, Gedanken, Erinnerungen und körperliche Zustände hochkommen und längere Zeit anhalten? z Positives Denken. Wie häufig möchten Sie angesichts von Befürchtungen positiv denken und auf diese Weise das Schlimmstmögliche in Gedanken nicht zulassen? z Vermeidung von Angst machenden Gedanken und Erinnerungen. Wie häufig vermeiden oder unterdrücken Sie Angst machende Gedanken und innere Bilder? z Rückversicherung vonseiten der Ärzte und der Angehörigen. Wie häufig fragen Sie zu Ihrer Beruhigung Ärzte und Angehörige, wenn Sie unsicher und ängstlich sind? z Vermeidung von Orten, Situationen, Personen und Objekten. Wie häufig weichen Sie gefürchteten Situationen aus, weil Sie glauben, diese nicht aushalten zu können? z Flucht aus Angst auslösenden Situationen. Wie häufig und entschieden ergreifen Sie die Flucht in Situationen, in denen Angst, Unsicherheit und Unruhe aufkommen? z Ständiges Grübeln und Sich-Sorgen. Wie häufig neigen Sie zum Grübeln und Sorgen-Machen, wenn Sie die Ungewissheit der Zukunft vor Augen haben? z Unterdrückungsversuche von Angst durch Alkohol und Medikamente. Wie häufig setzen Sie verschiedene Substanzen ein, um Ängste zu vermeiden oder zu mildern? z Ergreifen von Sicherheitsmaßnahmen. Wie häufig greifen Sie bei Angst und Furcht zu Sicherheitsstrategien (Handy, Medikamente, eine andere Person mitnehmen)? z Einsatz von beruhigenden Ritualen. Wie häufig müssen Sie etwas kontrollieren, waschen oder reinigen, wenn Sie Angst vor einem schuldhaften Verhalten haben? z Ständige Suche nach den Ursachen der Ängste. Wie häufig fragen Sie nach dem Woher und Warum Ihrer Ängste, anstatt wertegeleitet situationsbezogen zu handeln? Faktoren wie Kontrolle, Rationalität, Planung, Vorbeugung gegenüber Gefahren und das Bestreben, alles Ungewisse „im Griff“ haben zu wollen, machen den Erfolg unserer westlichen Leistungsgesellschaft aus und tragen in vielfacher Weise auch positiv zu unserer persönlichen Lebensentwicklung bei. Diese gegenüber der Außenwelt wirksamen Strategien versagen jedoch angesichts der Innenwelt unserer Gefühle, irrationalen Ängste und ständig wiederkehrenden Erinnerungen und Befürchtungen. Wir sind stolz darauf, äußere Gegebenheiten unter Kontrolle zu haben, und können es einfach nicht ertragen, unser Inneres nicht in dieser Weise kontrollieren zu können. Wenn Menschen mit belastenden Ängsten keine Kontrolle darüber haben, erwarten sie die anhaltende Beseitigung ihrer Angst und Furcht vom Arzt mithilfe von Medikamenten und vom Psychotherapeuten mithilfe rasch wirksamer „Psycho-Tricks“. Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie wird auf Personen mit Angststörungen vorerst einmal enttäuschend wirken, wenn es heißt, dass man Ängste erstens nicht kontrollieren kann und zweitens durch den Versuch der Kontrolle langfristig nur verschlimmert. Die anfangs oft frustrierende, letztlich jedoch heilsame Botschaft lautet: Man kann den Kampf gegen die Angst nicht gewinnen durch Kontrolle, sondern nur durch Annehmen der Angst. Angst zeigt, dass man ein Mensch und keine Maschine ist.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Es ist ganz normal, Angst zu haben. Es kommt darauf an, wie man damit umgeht. Die sechs Behandlungsprinzipien der Akzeptanz- und Commitmenttherapie werden im Folgenden in Form von Handlungsanleitungen dargestellt: 1. Akzeptanz und Bereitschaft: Akzeptieren Sie Ihre Ängste und lassen Sie sich bereitwillig auf Angst machende Erfahrungen ein, ohne sie zu vermeiden. Versuchen Sie nicht ständig, Ihre Ängste kontrollieren und beseitigen zu wollen. Wir vermeiden und fliehen Angst machende Situationen nicht deshalb, weil wir Angst haben, sondern weil wir nicht bereit sind, unsere Angst zuzulassen und zu spüren – aus Angst, die Kontrolle darüber zu verlieren. Wenn Ihnen etwas wichtig ist, dann tun Sie es – mit Angst und trotz Angst! Lassen Sie Ihre Angstgefühle zu, ohne ständig dagegen anzukämpfen, weil dies Ihre Anspannung nur verstärkt nach dem Motto: „Alles, was man unterdrücken möchte, verharrt länger und stärker im Bewusstsein – und kostet viel Energie.“ Diese Energie fehlt Ihnen dann bei der Umsetzung Ihrer Lebensziele. Durch den Kampf gegen unangenehme Gefühle, schmerzliche Erinnerungen und beunruhigende Zukunftsvorstellungen beschränken wir unser Leben auf die hartnäkkige Kontrolle der letztlich unkontrollierbaren Gefühle. Wir verlieren dabei alles aus den Augen, was uns im Leben wichtig ist. Während wir ständig dabei sind, die Angst als Beschränkung der Lebensmöglichkeiten beseitigen zu wollen, vergessen wir darauf, ein befriedigenden Leben bereits zu Zeiten großer Angst zu beginnen. Angstvermeidung ist Gefühls- und Erlebensvermeidung. Wer Angst machenden Situationen ausweicht, bringt sich um die Chance bereichernder Erfahrungen. Sind Sie bereit, sich auf neue und unsichere Situationen einzulassen, weil Sie etwas ganz Bestimmtes erreichen und erleben möchten? Sobald Sie dazu bereit sind, ist Angst nicht mehr das entscheidende Gefühl, das Ihr Erleben und Verhalten in verschiedenen Situationen bestimmt und Sie zu Vermeidung bzw. Flucht drängt. Hindert Sie Ihr irreales Ziel, zuerst keine Angst mehr zu haben und dann alles tun zu wollen, bei der Bewältigung derzeit Angst machender Situationen? Dann leben Sie nach dem schädlichen Motto: „Man muss sich bei allem, das im Leben gut ist, auch immer gut fühlen.“ Sie kennen diese Ratschläge: „Don’t worry, be happy“; „Sorge dich nicht, lebe“; „denke positiv, sei gelassen und locker; sei selbstbewusst und glaub’ an dich; sag’ dir, du brauchst keine Angst zu haben.“ Diese gut gemeinten Empfehlungen machen Ihnen nur Stress und verstärken Ihr Gefühl der Unfähigkeit, wenn Sie ohnehin schon lange genug nach dem Motto „Reiß’ dich mehr zusammen“ gelebt haben. Sie sind nicht willensschwach oder gar psychisch krank, weil Sie bestimmte Gefühle wie Angst, Traurigkeit oder Ärger haben. Sie machen deswegen alles noch schlimmer, weil Sie immer wieder dieselben unwirksamen Problemlösungsversuche anwenden, nämlich Ihre Gefühle unter Kontrolle („in den Griff“) zu bekommen und allen unangenehmen Empfindungen auszuweichen, anstatt diese durch Zulassen zu verarbeiten. Gefühle wie Angst können Sie nicht durch logische Analysen und großen Willenseinsatz „wegmachen“. Stellen Sie sich Angst machenden Situationen nicht mit dem Bedürfnis nach Kontrolle der Angst, auch nicht mit der Einstellung, dass nach einiger Zeit der Konfrontation ein Gewöhnungseffekt (Habituation) eintreten wird, sondern weil Ihnen ein bestimmtes Ziel sehr wichtig ist. Kämpfen Sie nicht gegen die Angst, sondern für ein besseres Leben. Begrüßen Sie Ihre Angst und treten Sie in einen Dialog mit der Angst, sagen Sie ihr: „Da bist du wieder, ich kenne dich schon. Jetzt gehen wir ein Stück gemeinsam weiter, dorthin, wo ich hingehen möchte. Du darfst mich begleiten wie mein Schatten, du darfst dabei sein, wenn ich jetzt mehr vom Leben haben möchte.“
Akzeptanz- und Commitmenttraining
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2. Entkoppelung von Gedanken und Realität (Defusion): Schaffen Sie einen Abstand zu Ihren Gedanken und Gefühlen. Wir sind oft mit unseren Gedanken und Vorstellungen verschmolzen (fusioniert) und fürchten uns dann vor dem, was wir uns denken und vorstellen. Wenn wir keinen Abstand zu unseren Gedanken und Gefühlen haben, sondern diese für hundertprozentig richtig halten, bekommen unsere inneren Erlebnisse große Macht über uns, sodass wir ständig ein Kontrollverlustgefühl haben. Unterscheiden Sie zwischen Ihren Gedanken und Gefühlen einerseits und der Realität andererseits. Nehmen Sie Ihre Gedanken nicht so wörtlich, betrachten Sie Ihre Gedanken, Gefühle und körperlichen Empfindungen als vorübergehend (als kommend und gehend, wie eine Welle oder wie die Wolken am Himmel). Sagen Sie sich: „Das sind nur meine momentanen Gedanken und Gefühle. Sie sind jetzt da und werden vorübergehen. Ich habe momentan diese Gedanken über die Wirklichkeit, aber meine Gedanken sind nicht die Realität.“ Sie sollten in bestimmten Situationen auch gar nicht versuchen, „positiv“ zu denken oder Ihre „falschen“ (dysfunktionalen) Gedanken durch „richtige“ (angemessenere) zu ersetzen, wie dies in der kognitiven Verhaltenstherapie im Sinne einer „kognitiven Umstrukturierung“ angestrebt wird. Negative und unrealistische Gedanken an sich (z.B. „Jetzt muss ich sterben“, „Gleich werde ich verrückt“, „Bald liege ich ohnmächtig da“, „Ich bin ein Versagern“, „Alle werden mich ablehnen“, „Ohne meinen Partner kann ich nicht überleben“) sind nicht wirklich das Problem; sie führen erst dann zur Beeinträchtigung unseres Lebens, wenn wir sie wörtlich nehmen, für die Wahrheit halten, und unser Leben danach ausrichten. Wenn bestimmte Gedanken, Gefühle und Empfindungen zur Belastung werden, geht es nicht darum, die jeweiligen Inhalte als falsch oder bewältigbar anzusehen, sondern zu den Gedanken als solchen eine innere Distanz, einen Abstand, dazu zu schaffen nach dem Motto: „Ich bemerke, wie ich Angst bekomme durch die Identifizierung und Verschmelzung mit meinen momentanen Gedanken und Gefühlen. Doch das sind nur Gedanken, die nicht die Realität wiedergeben, das sind nur Gefühle, die vorübergehen werden.“ Lassen Sie Ihre Gedanken und Gefühle in bestimmten Situationen ebenso zu wie Ihre körperlichen Zustände, ohne dagegen anzukämpfen, denn diese sind nur momentan vorhanden und werden von allein wieder verschwinden. Werden Sie zum distanzierten Beobachter Ihres inneren Erlebens, ohne sich davon überwältigen zu lassen. Bleiben Sie nicht in Ihren Gedanken, Gefühlen und Empfindungen stecken, treten Sie vielmehr heraus und schauen Sie sich diese aus einer gewissen Distanz wie ein interessierter Beobachter oder Wissenschafter an. Sagen Sie sich: „Ich habe jetzt einen bestimmten Gedanken, aber ich bin nicht mein Gedanke, ich und mein Gedanke sind nicht eins. Ich denke, das ist jetzt so, aber das ist nur mein momentaner Eindruck von der Realität.“ Sagen Sie sich innerlich Ihre Gedanken ganz bewusst vor und schreiben Sie diese auch auf (z.B. „Mein Partner wird mich verlassen“, „Ich glaube, dass mich dieses Herzrasen umbringen wird“, „Ich falle bei diesem Schwindel bewusstlos um“). Lassen Sie Ihre Gedanken (z.B. an ein negatives Erlebnis oder an die nächste Panikattacke mit Todesangst) zu, als wären Sie ein Zuschauer in einem Kino und lassen Sie diese Bilder wie einen Film an Ihnen vorüberziehen, ohne sich damit zu identifizieren und ohne sich in das Geschehen hineinzuversetzen. Beschreiben Sie auch Ihre momentan gefürchteten Impulse (z.B. „Ich könnte sie/ihn anschreien oder würgen“) und machen Sie die Erfahrung, dass Sie davon nicht überwältigt werden. Humor (über sich selbst lachen können) ist ebenfalls eine hilfreiche Distanzierungstechnik (z.B. „Ich lasse mich überraschen, woran ich bei der nächsten Panikattacke sterben werde“).
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Selbsthilfe bei Angststörungen
3. Achtsamkeit (englisch „Mindfulness“): Leben Sie achtsam im Augenblick. Wir leben gedanklich oft in der Vergangenheit oder in der Zukunft und viel zu wenig im Hier und Jetzt, im gegenwärtigen Augenblick. Der Begriff der Achtsamkeit ist von der buddhistischen Meditationspraxis geprägt und umfasst eine nicht-analysierende, nicht-beurteilende, bewusst annehmende Haltung gegenüber den eigenen inneren Reaktionen, die Lenkung der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment und das Nicht-Reagieren auf Gedanken und Gefühle (nichts erreichen und nichts bekämpfen wollen). Nehmen Sie Ihr ganzes Befinden (Gefühle, Gedanken, Vorstellungen, Erinnerungen, Befürchtungen, Impulse und körperliche Empfindungen) achtsam wahr, ohne dieses zu bewerten, und begrüßen Sie Ihre Gefühle, Gedanken, Empfindungen und Vorstellungen (z.B. „Da bist du wieder, mein Herzrasen, mein Schwindel, meine Furcht, meine Angst vor der Angst, mein Selbstzweifel, meine Traurigkeit, mein Ärger, mein Schmerz“). Richten Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Wahrnehmung des aktuellen Befindens: Wie ist gerade Ihre Atmung? Welche Empfindungen haben Sie in den verschiedenen Körperregionen? Was sehen, hören, spüren, riechen, schmecken, denken Sie gerade in diesem Moment? Bemerken Sie verschiedene Veränderungen Ihres Befindens von Augenblick zu Augenblick? Verzichten Sie darauf, Ihr inneres Erleben in irgendeine Richtung beeinflussen und einen unerwünschten Ist-Zustand in einen erstrebenswerten Soll-Zustand umwandeln zu wollen. Achtsamkeit will nichts Bestimmtes erreichen, nicht einmal Entspannung (wenn innere Ruhe eintritt, ist dies genauso okay wie vermehrte Unruhe als Folge der ungewohnten Selbstzuwendung). Führen Sie ein Tagebuch, in dem Sie Ihre Gedanken, Gefühle und Empfindungen zu bestimmten Ereignissen und Umständen in Form der wörtlichen Rede festhalten (z.B. „Ich befürchte eine Blamage beim nächsten Auftritt“, „Ich habe Angst vor dem Gespräch mit meiner Partnerin bzw. meinem Chef“, „Ich fühle mich meinem Mann ausgeliefert“, „Ich spüre den Druck auf der Brust, das starke Klopfen meines Herzens, die Schmerzen in meinem Nacken, das flaue Gefühl im Magen, die Enge im Hals, das Ziehen in meinen Beinen“). Sie können Achtsamkeitsübungen auch in Bezug auf vergangene, gegenwärtige oder zukünftige Situationen durchführen, indem Sie eine Tabelle mit vier Spalten verwenden. In der ersten Spalte beschreiben Sie die Situation bzw. das Ereignis möglichst genau, in der zweiten Spalte führen Sie Ihre körperlichen Empfindungen zu diesem Zeitpunkt an, in der dritten Spalte formulieren Sie Ihre Gedanken und Gefühle in dieser Situation, in der vierten Spalte vermerken Sie Ihre Gedanken und Empfindungen, die Sie gerade jetzt beim Aufschreiben haben. Achtsamkeitsübungen im Alltag können sich auch drehen um achtsam essen und trinken, achtsam sich bewegen, achtsam Routinehandlungen ausführen, achtsam andere Menschen beobachten. Für Menschen mit Angststörungen sehr hilfreich sind die Beobachtung der Atmung (ohne Einflussnahme darauf) und die „Körperreise“ (Body-Scan), die im Liegen oder Sitzen durchgeführt werden kann. Richten Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf Ihren Körper, indem Sie der Reihe nach die verschiedenen Stellen und Bereiche achtsam (ohne Bewertung und Vermeidung) wahrnehmen. Nehmen Sie bei jedem Körperteil die einzelnen Stellen und die momentanen Empfindungen wahr: linker Fuß (Zehen, Sohle, Ferse) – linkes Bein (Unter- und Oberschenkel) – rechter Fuß (Zehen, Sohle, Ferse) – rechtes Bein (Unter- und Oberschenkel) – Becken und Gesäß – Rumpf (Bauch, unterer und oberer Rücken, Brust, Schultern) – Hände (Finger, Innenflächen, Handrücken, Handgelenke) – Arme (Unter- und Oberarme, Ellenbogen) – Schultern und Nacken – Hals – Kopf (Gesicht, Stirn, Hinterkopf, Mund u.a.).
Akzeptanz- und Commitmenttraining
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4. Trennen Sie Ihr Selbst (als Kontext) von Ihren Gedanken und Erfahrungen (Inhalt). Jeder Mensch stellt sich die Fragen: „Wer bin ich?“ und „Was halten die anderen von mir?“ Das Bild, das wir von uns selbst haben, besteht aus einer Fülle von positiven und negativen Aussagen, die wir im Laufe der Zeit aufgrund der Erfahrungen mit uns selbst und mit der Umwelt gemacht haben. Vervollständigen Sie doch einmal rasch und spontan folgende Sätze: „Ich bin …“, „Ich bin nicht der Typ, der …“, „Ich habe schon immer …“, „Ich war noch nie …“, Ich war auch früher schon …“, „Ich werde auch in Zukunft …“, „Es fällt mir schwer, …“, „Es ist wieder einmal typisch, dass ich …“, „Wenn mir alles zu viel wird, dann …“, „Wenn ich vor neuen Situationen stehe, möchte ich am liebsten …“, „Wer mich näher kennt, der …“, „Mir liegt …“, „Ich mag an mir …“, „Drei typische Merkmale von mir sind …“. Erstellen Sie eine Hitliste der zehn häufigsten negativen Selbstaussagen. Lassen Sie diese dann wie auf einem Monitor an Ihnen vorbeiziehen und gehen Sie dazu auf Distanz. Je mehr wir uns mit den Aussagen über uns selbst identifizieren und mit diesen verschmelzen, desto rigider und unveränderlicher ist unser Selbstbild und umso weniger sind wir offen für neue Sichtweisen, Erfahrungen und Verhaltensweisen. Eine derartige Einstellung uns selbst gegenüber hält uns im Gefängnis unseres momentanen Selbstkonzepts fest und schränkt unsere Lernmöglichkeiten erheblich ein. Die Summe unserer Vorstellungen über uns selbst ist nicht endgültig feststehend, sondern ständig wechselnd je nach Sichtweise und Lernerfahrung. Neue Erfahrungen mit uns selbst und unserer Umwelt ermöglichen ein neues Selbstkonzept, das weitere Verhaltensmöglichkeiten eröffnet. So wie wir uns von unserem momentanen Befinden distanzieren können, ohne damit zu verschmelzen, können wir uns auch von unserem aktuellen Selbstbild als der Summe der gegenwärtigen Aussagen über uns selbst distanzieren. Wir sind mehr als das, was wir von uns halten. Wir sind mehr als unser momentanes Selbstkonzept und gehören nicht auf Dauer in eine bestimmte Schublade oder Diagnosekategorie. Die Aussage „Ich bin ein ängstlicher Typ“ legt unser weiteres Verhalten fest. Wir können auf Distanz zu unserem einengenden Selbst-Konzept gehen, indem wir uns aus einer Beobachter-Perspektive anschauen. Wir sind der Mensch, der Beobachter, der hinter den jeweiligen sich ändernden Befindlichkeiten und Selbstkonzepten steht, der sich durch seine Erfahrungen in der Vergangenheit und in der Zukunft von dem abhebt, was im gegenwärtigen Moment als Bild der Persönlichkeit sichtbar wird. Es ist nicht notwendig, unsere negativen und schädlichen Selbstaussagen durch positive und nützlichere zu ersetzen, damit wir anders handeln können. Es reicht, auf Distanz zu unseren einengenden Selbstkonzepten zu gehen und unser bisheriges Selbstbild mit neuen Sichtweisen zu verknüpfen – und zwar durch das Wort „und“. Die Feststellung: „Ich reagiere in unbekannter Umgebung rasch mit Angst und möchte jetzt doch einmal neue Orte und Situationen aufsuchen“ erweitert Ihren Handlungsspielraum. Die Sichtweise „Ich bin ein schüchterner Mann und kann bei der nächsten Gelegenheit eine Frau ansprechen“ ermutigt Sie zu einem neuen Verhalten, das Ihr momentanes Selbstbild aufgrund der gemachten Erfahrungen verändern wird. Eine Flugangst lässt sich möglicherweise durch folgende Aussage überwinden: „Ich bin nicht gerne abhängig von fremden Menschen und unbekannter Technik und ich lasse mich trotzdem auf einen Flug ein, weil ich gerne einmal mit meiner Familie in die Türkei fliegen möchte.“ Ihr Bewegungsspielraum kann sich auch durch folgende Sichtweise erweitern: „Hunde machen mir Angst und ich suche trotzdem Orte auf, wo ich bestimmt Hunde antreffe, weil ich mit meinen Kindern überall hingehen möchte.“
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Selbsthilfe bei Angststörungen
5. Entscheiden Sie sich für bestimmte Werte und daraus abgeleitete Richtungsziele im Leben. Die Entscheidung für bestimmte Werte gibt unserem Leben die nötige Orientierung und ermöglicht uns aufgrund der damit verbundenen Handlungsrichtlinien Einflussnahme und Kontrolle. Unsere Gedanken, Gefühle und körperlichen Empfindungen haben wir dagegen oft nicht unter Kontrolle. Unser Verhalten ausschließlich nach unserem Befinden steuern zu wollen, würde zu einer erheblichen Erschränkung unserer Handlungsmöglichkeiten führen. Wenn Gedanken (z.B. die Überzeugung, körperlich nicht attraktiv zu sein oder etwas nicht zu schaffen), Gefühle (z.B. Angst, Ekel oder Lustlosigkeit) und körperliche Zustände (z.B. Schwindel, Übelkeit oder Schmerzen) die entscheidenden Ursachen für unser Handeln wären, würden wir bald ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten und resignative Tendenzen entwickeln. Werte als Aussagen darüber, was unser Leben sinnvoll und lebenswert macht, ermöglichen die Ausrichtung unseres Verhaltens an den daraus abgeleiteten kurz-, mittel- und langfristigen Lebenszielen, unabhängig von unserem aktuellen Befinden. Es mag sein, dass wir unsere Ziele oft nicht oder nicht ausreichend erreichen, dennoch bleiben Werte als allgemeine Vorstellungen über die Gestaltung unseres Lebens weiterhin bestehen. Ein befriedigendes Leben erfordert mehr als die Beseitigung oder Linderung von Angststörungen, Depressionen, Schmerzen oder körperlichen Beschwerden. Oft können wir weder unerwünschte Zustände wie Angst, Traurigkeit oder Lustlosigkeit rasch und anhaltend überwinden noch angenehme Zustände wie Glück, Zufriedenheit oder Freude herbeiführen. Durch die Orientierung an unseren Werten und den daraus resultierenden Zielen können wir jedoch mehr Sinn in unser Leben bringen. Ein gutes Leben in Einklang mit unseren Werten, mit dem, was uns „lieb und teuer“ ist, ist auch dann möglich, wenn wir mit unserer körperlichen, seelischen und sozialen Befindlichkeit nicht zufrieden sind. Definieren Sie sich nicht einseitig nach Ihrem aktuellen Befinden (Denken, Gefühle, Empfindungen), sondern vielmehr nach dem, was Sie wichtig und wertvoll finden. Was sind Ihre zentralen Werte, Ihre kurz-, mittel- und langfristigen Lebensziele? Was motiviert Sie trotz Angst, Schmerzen, Lust- und Antriebslosigkeit? Welche Werte sind Ihnen so hoch und heilig, welche Ziele so attraktiv, dass Sie auch mit und trotz Angst und Furcht bemüht sind, entsprechend Ihren Wert- und Zielvorstellungen zu handeln? Sind Sie derzeit bereit, Ihre wertebasierten Ziele auch mit größerer Angst und unangenehmen körperlichen Zuständen zu realisieren? Was könnten Sie schon jetzt und nicht erst nach Überwindung Ihrer Ängste und sonstigen Beschwerden in Angriff nehmen? Treffen Sie die Entscheidung, welche Schritte zu einem besseren Leben Sie wann ganz konkret unternehmen möchten. 6. Handeln Sie engagiert entsprechend Ihren Wert- und Zielvorstellungen. Nehmen Sie sich das Versprechen ab und treffen Sie eine innere Festlegung (englisch „Commitment“) bezüglich der konsequenten Umsetzung Ihrer wertegestützten Ziele. Wenn die bisherigen Werte ihre Bedeutung verlieren, entscheiden Sie sich für neue Werte und lohnenswertere Ziele. Ängste lassen sich leichter überwinden, wenn die Ziele attraktiv genug sind. Es geht nicht einfach darum, weniger Angst zu haben, sondern mehr Motivation und Einsatz für das, was Ihnen wichtig ist. Konfrontieren Sie sich ohne Sicherheitsstrategien (Handy, Medikamente u.a.) und ohne Vermeidungsverhalten mit allem, was Ihnen Angst macht, um besser damit umgehen zu lernen. Beherzigen Sie den Spruch „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ (Erich Kästner) und den Ratschlag „Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun“ (Johann Wolfgang von Goethe).
Akzeptanz- und Commitmenttraining
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Nach dem Akzeptanz- und Commitmentkonzept ergeben sich zusammenfassend gesehen folgende Ratschläge im Umgang mit verschiedenen Angststörungen: z Jede Angst und Befürchtung lebt von „Was wäre, wenn …“-Gedanken. Was wäre, wenn ich an der nächsten Panikattacke doch sterbe, vor Schwindel im Supermarkt umfalle, im Flugzeug abstürze, von einem Hund gebissen werde, meinen Partner verliere, von anderen Menschen abgelehnt werde, von der Firma gekündigt werde? Lassen Sie diese Gedanken und Vorstellungen zu, ohne sie mit der Realität gleichzusetzen, weil Sie sonst Ihren Körper ständig im Sinne einer Kampf-Flucht-Reaktion aktivieren und mangels Entwarnung angespannt bleiben. Vergegenwärtigen Sie sich, dass es sich dabei um Ihre inneren Bilder und nicht um die äußere Realität handelt. z Akzeptieren Sie alle Gedanken, Vorstellungen, Erinnerungen, Befürchtungen, Impulse, Gefühle und körperlichen Empfindungen während einer Panikattacke, in einer agoraphobischen oder sozialphobischen Situation, im Rahmen einer spezifischen Phobie, einer generalisierten Angststörung, einer Zwangsstörung oder einer posttraumatischen Belastungsstörung. Es kostet viel Energie, ständig damit beschäftigt zu sein, unangenehme innere Zustände oder subjektiv bedrohliche äußere Umstände vermeiden, fliehen oder vermindern zu wollen, andauernd sich ablenken zu müssen, negative Gedanken durch positive Bilder zu ersetzen, mithilfe bestimmter Strategien (Atem-/Entspannungstechniken, Bewegung, Bedarfsmedikation) belastende Zustände „wegmachen“ zu müssen. Treten Sie in eine beobachtende, nicht-wertende Distanz zu Ihren Gedanken, Gefühlen und Empfindungen und lassen Sie in achtsamer Weise alles zu, was in Ihrem Geist und mit Ihrem Körper passiert. Ihre innere Befindlichkeit ohne Bewertung und ohne bewusste Veränderungsabsicht zu akzeptieren stellt keine Resignation dar, sondern ermöglicht Ihnen die Konzentration auf jene Werte und Lebensziele, deren Realisierung erst ein besseres Leben ausmachen. z Verwenden Sie regelmäßig Strategien wie die reale Konfrontation mit gefürchteten Situationen bzw. Objekten und die mentale Konfrontation mit inneren Zuständen (negativen Erinnerungen, Katastrophenfantasien) ohne jede Form der Ablenkung oder Vermeidung, jedoch nicht mit dem Ziel, dass dadurch eine Panikattacke, ein subjektives Bedrohungsszenario, ein phobisches Objekt, ein Zwangsgedanke oder die Erinnerung an ein traumatisches Erlebnis im Laufe der Zeit mehr oder weniger gleichgültig werden, sodass eine Gewöhnung (Habituation) eintritt, wie dies in der klassischen Verhaltenstherapie angestrebt wird. Jedes Bemühen, etwas kontrollieren zu wollen, das letztlich unkontrollierbar ist, wie dies bei Gedanken, Gefühlen, Vorstellungen, Erinnerungen und körperlichen Empfindungen der Fall ist, erzeugt wiederum Stress. Kämpfen Sie nicht gegen Ihre innere Befindlichkeit, sondern vergegenwärtigen Sie sich Ihre Ziele, deretwegen es sich lohnt, Angst machende Situationen aufzusuchen. Lassen Sie sich auf bestimmte Situationen nicht deswegen ein, weil Sie hoffen, dass nach einiger Zeit der körperlichen und emotionalen Erregung eine Gewöhnung einsetzt, sondern weil Ihnen bestimmte Lebensziele so wichtig sind, dass Sie diese auch unabhängig von Ihrer Befindlichkeit anstreben sollten. Es geht nicht darum, sich zuerst besser zu fühlen, um danach ein besseres Leben anfangen zu können, sondern darum, ein besseres Leben schon jetzt zu beginnen, obwohl Sie sich körperlich und emotional öfter unwohl fühlen. Zustände wie belastende Angst und unangenehme Körpersensationen sind tolerierbare Hürden, wenn Ihnen ein Ziel sehr wichtig ist. Kennen Sie Beispiele aus Ihrem Leben, wo Sie plötzlich Dinge umsetzen konnten, obwohl Sie vorher Angst davor hatten? Was glauben Sie, hat Ihnen in diesen Situationen geholfen, Ihre Ängste zu überwinden?
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Angstbewältigungstraining Systematische Desensibilisierung Bei Experten gilt das ursprüngliche Modell der systematischen Desensibilisierung, d.h. die Angstbewältigung in der Vorstellung unter Angst dämpfender Entspannung, als überholte, weil zu langsame und nur unzureichend wirksame Strategie, verglichen mit den Methoden der Konfrontationstherapie. Es handelt sich um eine Vorgangsweise nach dem Motto „Wasch’ mich, aber mach’ mich nicht nass!“ Wenn Sie gute Gründe haben, warum Sie unbedingt die Technik der systematischen Desensibilisierung einsetzen möchten, die früher als die Methode der Angstbewältigung in der Verhaltenstherapie galt, können Ihnen vielleicht folgende Ratschläge helfen: 1. Erstellen Sie in Zusammenhang mit Ihrer Phobie (z.B. Hundephobie, Flugphobie, Sexualphobie, Sozialphobie) eine Liste von ganz konkreten Situationen rund um das phobische Objekt oder Ereignis. Die Angstsituationen müssen so klar und präzise sein, dass sie ähnlich beobachtbar sind wie eine vorgestellte Filmszene. 2. Erstellen Sie eine Angsthierarchie, d.h. reihen Sie diese Situationen nach dem Ausmaß des angenommenen Angsterlebens, indem Sie Punktewerte von 0-100 als subjektive Belastungswerte vergeben. Eine Angsthierarchie sollte mindestens 10 Situationen umfassen, und zwar möglichst für jede Zehnerstufe eine Vorstellungsübung. 3. Entspannen Sie sich mit Hilfe einer Methode, die Sie gut beherrschen (autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Atemtechniken, Meditation, Selbsthypnose) und beschleunigen Sie die Entspannung durch ein bestimmtes Ruhebild (z.B. angenehme Urlaubsszene, warme Badewanne, aufbauendes Erfolgserlebnis). 4. Stellen Sie sich unter Entspannungsbedingungen die leichteste Situation in Bezug auf das phobische Objekt oder Ereignis möglichst plastisch vor, und zwar mindestens 30 Sekunden lang. Lassen Sie die Situation zuerst als Betrachter von außen auf sich wirken (wie bei einem Videofilm) und versetzen Sie sich dann in die Szene, wie wenn Sie das Ereignis gerade real erleben würden, indem Sie eine Vergegenwärtigung auf allen Sinneskanälen anstreben. Entspannen Sie sich verstärkt und kehren Sie zu Ihrem angenehmen Ruhebild zurück. Setzen Sie sich dann derselben Vorstellung noch zweimal aus, sodass Sie ein sicheres Bewältigungserlebnis haben. 5. Wenn Sie sich eine Situation angstfrei bzw. bei erträglicher Angst vorstellen können, gehen Sie zur nächsten Situation in Ihrer Angsthierarchie weiter, bis Sie die schwierigsten Situationen zumindest in der Vorstellung aushalten können. 6. Bei aufkommender Angst konzentrieren Sie sich auf die langsame Ausatmung. Solange Sie ausatmen, können Sie sich nicht reflexhaft anspannen. Wenn die Angst dennoch zu groß wird, lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit von der Angstsituation verstärkt auf das Ruhebild, um die Entspannung sicherzustellen. Von der Ruheszene aus wenden Sie sich dann anfangs der zuletzt bewältigten Vorstellung zu, bevor Sie die schwierigere Situation erneut angehen. 7. Die Übung sollte maximal 30 Minuten dauern, um Überforderungen zu vermeiden. 8. Aufgrund der Übungen kann eine Umstellung der Angsthierarchie erforderlich sein, weil einige Situationen leichter oder schwieriger sind als angenommen. 9. Wenn Sie die leichteren Angstsituationen in der Vorstellung gut ertragen können, sollten Sie diese Situationen in der Realität aushalten lernen nach dem Modell der gestuften Angstbewältigung. Auch hier können Sie durch Entspannungstechniken die jeweiligen Situationen erträglicher gestalten.
Angstbewältigungstraining
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Konfrontationstherapie Grundregeln der Angstbewältigung bei Agoraphobie Stellen Sie sich allen Angstsituationen, ohne auszuweichen! Wenn Sie Angst machenden Situationen ausweichen, wird Ihre Angst für die Zukunft fixiert, Ihr Selbstvertrauen reduziert, Ihr Bewegungsspielraum eingeengt und Ihre Abhängigkeit von anderen Menschen bzw. von Medikamenten verstärkt. Verzichten Sie auf das irreale Ziel eines angstfreien Lebens und nehmen Sie sich vor, alles trotz Ihrer Ängste anzugehen, was Ihnen wichtig erscheint. Es ist verständlich, dass Sie nach Ihren Gefühlen handeln wollen. Bei Angstzuständen werden Sie dadurch jedoch ebenso zum Sklaven Ihrer momentanen Gefühle wie bei Depressionen, die gerade darin bestehen, dass Sie sich aus Lustlosigkeit zu nichts aufraffen können, was Sie früher im Leben gerne getan haben. Bei der verhaltenstherapeutisch orientierten Depressionsbehandlung lautet das Motto: Aktivität verbessert die Stimmung. Dasselbe gilt bei der Behandlung der Agoraphobie. Die Betroffenen können nach den Grundprinzipien der Konfrontationstherapie allein vorgehen. Das Agoraphobie-Selbsthilfebuch „Platzangst“, von Mathews, Gelder und Johnston [15] in London erstellt und von Hand und Fisser-Wilke in Hamburg übersetzt und als erfolgreich überprüft, enthält 10 Regeln zur Bewältigung von Angst und Panik: 1. Denken Sie immer daran, daß Ihre Angstgefühle und die dabei auftretenden körperlichen Symptome nichts anderes sind als eine „Übersteigerung“ der normalen Körperreaktion in einer Streßsituation. 2. Solche Gefühle und Körperreaktionen sind zwar sehr unangenehm, aber weder gefährlich, noch in irgendeiner Weise schädlich. Nichts Schlimmes wird geschehen! 3. Steigern Sie sich in Angstsituationen nicht selbst durch Gedanken wie: „Was wird geschehen“ und „Wohin kann das führen“ in noch größere Ängste hinein. 4. Konzentrieren Sie sich nur auf das, was um Sie herum und mit Ihrem Körper wirklich geschieht – nicht auf das, was in Ihrer Vorstellung noch alles geschehen könnte. 5. Warten Sie ab und geben Sie der Angst Zeit, vorüberzugehen. Bekämpfen Sie Ihre Angst nicht! Laufen Sie nicht davon! Akzeptieren Sie die Angst. 6. Beobachten Sie, wie die Angst von selbst wieder abnimmt, wenn Sie aufhören, sich in Ihre Gedanken (Angst vor der Angst) weiter hineinzusteigern. 7. Denken Sie daran, daß es beim Üben nur darauf ankommt zu lernen, mit der Angst umzugehen – nicht, sie zu vermeiden. Nur so geben Sie sich selbst eine Chance, Fortschritte zu machen. 8. Halten Sie sich innere Ziele vor Augen, welche Fortschritte Sie schon – trotz aller Schwierigkeiten – gemacht haben. Denken Sie daran, wie zufrieden Sie sein werden, wenn Sie auch dieses Mal Erfolg haben. 9. Wenn Sie sich besser fühlen, schauen Sie sich um und planen Sie den nächsten Schritt. 10. Wenn Sie sich in der Lage fühlen weiterzumachen, dann versuchen Sie, ruhig und gelassen in die nächste Übung zu gehen.
Die Autoren [16] empfehlen folgende Selbstinstruktionen in Angstsituationen: 1. Meine Angstgefühle und die dabei auftretenden körperlichen Symptome sind verstärkte normale Streßreaktionen. 2. Ich bin und bleibe körperlich gesund trotz der Angstreaktionen. 3. Ich schwäche meine Angstreaktionen, wenn ich an etwas anderes denke. 4. Ich bleibe trotz Panikgefühlen in der Realität. Ich beobachte und beschreibe, was ich momentan wirklich erlebe. 5. Ich warte in der Situation, bis die Angst vorübergeht. 6. Ich beobachte, wann und wie die Angst von alleine wieder abnimmt.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
7. Ich gebe mir eine Chance, einen Fortschritt zu machen und stelle mich jeder Angstsituation ohne Vermeidung. 8. Ich führe jede Übung bis zum Abschluß durch. 9. Ich kann stolz sein auf meine bisherigen Bemühungen und Erfolge, auch die kleinsten. 10. Ich nehme mir Zeit für die Übungen.
Die verhaltenstherapeutisch orientierte Angstbehandlung beruht auf einem einfachen Grundsatz: Angstbewältigung kann nur erfolgen über ein intensives Erleben und Aushalten-Lernen von Angst. „Das Wesentliche im Umgang mit der Angst besteht darin, mit ihr mitzugehen, bis der Sturm vorüber ist“ (Marks [17]). Eine Panikattacke ist vergleichbar einer Meereswelle, die einen überflutet. Es ist besser, mit der Welle mitzuschwimmen, als gegen sie anzuschwimmen. Wenn Sie Ihre Angst unterdrücken oder stoppen wollen, anstatt sie zu akzeptieren und anzunehmen, bleiben Sie unnötig lange angespannt. Der ständige Kampf gegen die Angst kostet sehr viel Kraft und führt zu chronischer Erschöpfung. Lassen Sie Ihre Angst daher zu wie Ihre Tränen in Phasen der Trauer. Wenn Ihre Angst bei einer Konfrontationstherapie nach spätestens einer halben Stunde nicht abklingt, ist dies oft dadurch bedingt, dass Sie gegen das Auftreten einer Panikattacke ständig aktiv ankämpfen. Eine Konfrontationstherapie ist dann am wirksamsten, wenn Sie bewusst gerade jene Situationen aufsuchen, die zu einer Panikattacke führen können. Ihr unerschrockenes Verhalten wird Ihnen zeigen, dass es gar nicht so leicht ist, eine Panikattacke zu provozieren, wenn Sie bereit sind, diese voll zuzulassen. Verzichten Sie in Angstsituationen von sich aus auf jede Fluchtmöglichkeit und bestärken Sie sich darin immer wieder („Ich halte durch, was auch immer passiert!“), denn jeder Fluchtgedanke („Nichts wie weg!“) führt zu einer körperlichen Aktivierung. Sie erleben in allen Angstsituationen letztlich die Angst vor den eigenen unkontrollierbaren Körperreaktionen, die Sie aushalten lernen. Je mehr Sie sich in Angst machenden Situationen auf sich selbst verlassen und auf niemanden sonst (keinen Angehörigen oder anderen Helfer) und auch auf nichts anderes (kein Medikament oder anderes Hilfsmittel), umso schneller werden Ihre Ängste durch mehr Selbstvertrauen nachlassen. Lassen Sie sich am besten täglich auf eine Konfrontation mit der Angst ein, indem Sie sich in angstbesetzte Situationen begeben und so lange darin bleiben, bis Ihre Angst sinkt oder überhaupt verschwindet. Ihre anfängliche Angst bewirkt zuerst durch eine Adrenalinausschüttung eine Alarmreaktion Ihres Körpers, die nach 3-5 Minuten nachlässt, weil Sie sich an die Situation gewöhnt haben. Die weiteren Zustände Ihres Körpers sind leichter erträglich, wenn Sie nur die ersten fünf Minuten durchgehalten haben. Verlassen Sie die Situation erst dann, wenn keine Angstreaktion Sie dazu treibt. Dieses Vorgehen stärkt rasch Ihr Selbstvertrauen. Bedenken Sie: Es ist nicht das Ziel, keine Angst mehr zu haben, sondern jede Angst besser aushalten zu lernen. Die Konfrontation mit der Angst kann auf zweifache Weise erfolgen: 1. Gestufte Reizkonfrontation: In kleinen Schritten werden immer schwierigere Aufgaben bewältigt, sodass das Selbstvertrauen langsam wachsen kann. 2. Massierte Reizkonfrontation (Reizüberflutung): Es werden von Beginn an die größten Ängste provoziert, erlebt und ausgehalten, um Erwartungsängste zu verhindern. Die gestufte und die massierte Reizkonfrontation mit „Reaktionsverhinderung“ (Ausharren in den Angst machenden Situationen ohne Flucht und Erleben der jeweiligen Angstreaktionen ohne Unterstützung durch Entspannungstechniken oder Medikamente) führen zu einer raschen und dauerhaften Beseitigung der lebenseinengenden Ängste.
Angstbewältigungstraining
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Agoraphobie-Patienten mit Panikstörung sollten zu einer Kontrollverlusterfahrung im Sinne einer Panikattacke bereit sein, um besser mit ihrer Angst vor einer neuerlichen Panikattacke umgehen zu lernen. Die Angst vor einer Panikattacke ist meistens der Grund der Entscheidung für eine gestufte Angstbewältigung. Ich gebe meinen Panikpatienten mit Agoraphobie folgende Informationen: „Wenn Sie zu jenen Menschen gehören, die früher sehr selbstbewusst und ohne Zögern überall hingehen und hinfahren konnten und auch keinerlei Angst vor dem Alleinsein hatten, haben Sie Ihren Aktionsradius ziemlich sicher als Reaktion auf eine Panikattacke eingeschränkt. Sie fürchten nicht wirklich weite Plätze, enge Räume, Verkehrsmittel auf der Erde, unter der Erde oder in der Luft, große Entfernungen von zu Hause, Alleinsein zu Hause, Menschenmassen, die Abwesenheit von Vertrauenspersonen usw., sondern Sie fürchten, dass in diesen Situationen Ihr Körper verrückt spielen könnte und Sie ihn nicht in den Griff bekommen, sodass Sie sich aus Angst vor Ihrem Körper (Angst vor einer Panikattacke) und Ihrem Geist (Angst vor dem „Durchdrehen“) auf die Anwesenheit bestimmter Sicherheit gebender Personen (z.B. Partner) oder Mittel (z.B. Tabletten oder Handy) verlassen. Ein gestuftes Angstbewältigungstraining stellt für Sie keine wirklich neue Erfahrung dar, denn die dazu nötigen Fähigkeiten haben Sie früher schon oft genug gezeigt. Verhalten Sie sich wie vor der ersten Panikattacke, denn es kann Ihnen nichts passieren. Wenn Sie dazu nicht in der Lage sind, wissen Sie, dass Sie zuerst lernen müssen, mit Ihrem Körper umzugehen, dann werden Sie auch mit den jeweiligen Situationen zurechtkommen, denn Sie fürchten sich nur vor sich selbst. Wenn Sie vor sich selbst keine Angst mehr haben, wird Ihre Agoraphobie bald verschwinden.“
Gestufte Reizkonfrontation Es erfolgt ein schrittweises Vorgehen von leichteren zu schwierigeren Situationen, um langsam Selbstvertrauen aufzubauen. Spontan wird dieses Vorgehen von den meisten Betroffenen gewünscht, auch wenn sie oft nur langsam vorankommen und den nächstschwierigeren Aufgabenstellungen vielleicht mit Erwartungsängsten entgegenblicken.
Erstellung von Angsthierarchien Erstellen Sie eine Liste Ihrer Ängste und reihen Sie diese nach dem Grad ihrer Bedrohlichkeit (Bewertung von 0-100). Nach der Erstellung einer Angsthierarchie werden die Ängste nach steigendem Schwierigkeitsgrad zu bewältigen versucht. Man unterscheidet zwei Arten von Angsthierarchien (Auflistung der Ängste nach dem Schwierigkeitsgrad): 1. Annäherungshierarchien. Das Angstausmaß wird durch das Ausmaß der zeitlichen oder räumlichen Nähe zu bestimmten Dingen oder Situationen bestimmt. Die Angst steigt, je näher man einem gefürchteten Reiz kommt, und sinkt, je größer der Abstand ist. 2. Objekthierarchien. Die Ängste werden als unterschiedliches Ausmaß an Ängsten vor bestimmten Gegenständen, Lebewesen oder Situationen bestimmt. Vor bestimmten Objekten besteht eine größere Angst als vor anderen. Objekthierarchien sind sinnvoll, um die unterschiedlichen Angstsituationen nach dem Ausmaß ihrer Bedrohlichkeit darzustellen.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Grundprinzipien der gestuften Reizkonfrontation Eine gestufte Reizkonfrontation ist dann sinnvoll, wenn Sie trotz der beruhigenden und entängstigenden Informationen in diesem Buch eine massierte Konfrontation allein nicht wagen. Bei gestufter Reizkonfrontation sind folgende Punkte zu beachten [18]: 1. Legen Sie klare und konkrete Übungsziele auf einer Liste fest und reihen Sie diese der Schwierigkeit nach. Die Beschreibungen müssen so exakt sein, dass bei den verschiedenen Übungen Missverständnisse ausgeschlossen sind. 2. Gehen Sie schrittweise vor, indem Sie mit den leichtesten Übungen beginnen. Auf diese Weise sichern Sie sich Erfolgserlebnisse, die Ihnen Mut und Zuversicht zum weiteren Üben geben. Ein gewisses Ausmaß an Angst ist notwendig, um Angst machende Situationen bewältigen zu lernen. Keine Angstbewältigung ohne Angst! 3. Wiederholen Sie die einzelnen Übungen regelmäßig mit ansteigender Schwierigkeit, um Ihre Erfolge zu sichern und auszubauen. Wiederholen Sie die einzelnen Übungen zur Stärkung Ihres Selbstvertrauens bis zu dreimal täglich und steigern Sie den Schwierigkeitsgrad. Rechnen Sie damit, dass Sie gute und schlechte Tage haben und Ihnen die Übungen einmal leichter und einmal schwerer fallen werden. 4. Üben Sie in den nächsten Wochen so oft als möglich täglich mindestens 2-5 Stunden lang. Regelmäßiges Üben schafft rasch neue Gewohnheiten, während gelegentliches Üben stets neue Aufregung verursacht. Je öfter Sie etwas tun, umso selbstverständlicher wird es. Das ist das Wesen von Gewohnheitsverhalten. 5. Machen Sie „Zwischenübungen“ als Brücken zu schwierigeren Übungszielen. Wenn Sie einmal keine Fortschritte machen sollten, weil die Ziele zu hoch waren, wählen Sie Zwischenziele, um doch Erfolgserlebnisse zu haben. 6. Lassen Sie alle Angstsymptome zu, ohne dagegen anzukämpfen. So vermeiden Sie einen Anstieg der körperlichen und geistigen Anspannung. Beschreiben Sie Ihren inneren Zustand („Mein Herz rast, mir wird schwindlig, meine Brust wird eng“). 7. Wenn Sie aus Angst eine Situation verlassen haben, führen Sie dieselbe Übung noch am gleichen Tag erfolgreich durch. Auf diese Weise überwinden Sie Misserfolge. 8. Bei übermäßiger Angst entfernen Sie sich nur ein kleines Stück vom angstbesetzten Ort. Vermeiden Sie Flucht – und wenn, dann kehren Sie wieder in die Situation zurück, sobald Sie sich erholt haben. Ermutigen Sie sich durch aufmunternde Selbstgespräche („Ich schaffe es“, „Nach einer kleinen Erholungspause mache ich weiter“). 9. Verlassen Sie die Angst auslösende Situation erst dann, wenn Ihre Angst auf ein erträgliches Ausmaß gesunken ist. Verwenden Sie eine Angstskala von 0 (keine Angst) bis 10 (unerträgliche Angst) als „Angstthermometer“. Es ist kein Ziel, keine Angst mehr zu haben, sondern aufkommende Angst zu ertragen (z.B. Stufe 3-4). 10. Üben Sie auch an „schlechten Tagen“, dann vielleicht etwas weniger lang. Stimmungsschwankungen sind normal. Führen Sie Ihr Trainingsprogramm unabhängig von Ihrer Befindlichkeit durch. Sie benötigen die Erfahrung, dass Sie Ihre Ängste auch dann bewältigen können, wenn diese nach vorübergehender Besserung in einem Stimmungstief wieder vermehrt auftreten sollten. Sie müssen nicht topfit sein. 11. Üben Sie schwierigere Situationen zuerst zusammen mit einem Angehörigen oder einer Vertrauensperson. Wenn möglich, schließen Sie sich mit einer anderen, ebenfalls agoraphobischen Person zusammen oder trainieren Sie die Angstbewältigung im Rahmen einer Selbsthilfegruppe. Bewältigungserfahrungen zusammen mit anderen Menschen stärken Ihr Selbstvertrauen. Betrachten Sie jede aufgesuchte Situation jedoch erst dann als bewältigt, wenn Sie sich dieser auch allein auszusetzen wagen.
Angstbewältigungstraining
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12. Rechnen Sie mit Rückschlägen, ohne sich davor zu fürchten, und nutzen Sie diese als Chance, etwas daraus zu lernen. Die stärksten Rückschläge erfolgen oft aus einer Panikattacke heraus. In diesem Fall sollten Sie erkennen, dass eine gestufte Angstbewältigung allein unzureichend ist, weil Sie dabei nicht lernen, mit extrem starken Ängsten umzugehen, wie diese bei Panikattacken auftreten. 13. Überlegen Sie bei Erfolgen durch eine gestufte Reizkonfrontation eine massierte Reizkonfrontation. Anstelle der Methode „Wasch’ mich, aber mach’ mich nicht nass“ sollten Sie direkt in das „kalte Wasser“ der Angst springen und eine massierte Reizkonfrontation allein, mit Hilfe einer vertrauten Person oder eines Psychotherapeuten beginnen. In diesem Fall lernen Sie, Ihre stärksten Ängste zu provozieren und damit umzugehen. Was fürchten Sie bei einer Panikattacke wirklich, wenn Sie glauben können, dass Sie dabei nicht sterben? 14. Nehmen Sie weder vor der Übung Beruhigungsmittel ein noch führen Sie diese während der Übungen mit sich, auch wenn Sie vorhaben, keine einzunehmen. Lernen Sie von Beginn an, sich ausschließlich auf sich selbst zu verlassen und nicht auf Beruhigungsmittel, die Sie wie einen Talisman mit sich führen. Sie schaffen damit die Voraussetzungen, dass Sie alle erreichten Erfolge sich selbst und nicht den Tabletten zuschreiben. Lassen Sie bei allen Übungen auch Ihr Handy zu Hause. 15. Wenn Sie derzeit Beruhigungsmittel nehmen, setzen Sie diese in Absprache mit Ihrem Arzt langsam ab, bevor Sie mit den Übungen beginnen. Eine Woche vor Beginn der Übungen sollten Sie frei von Beruhigungsmitteln sein. Wenn Sie sich gegenwärtig dazu nicht in der Lage fühlen, sollten Sie wenigstens alle Übungsaufgaben inklusive der schwierigsten mit Hilfe der Beruhigungsmittel bewältigen können, ohne dass Sie diese wegen der Übungen in verstärktem Ausmaß einnehmen. Anderenfalls geben Sie letztlich zu, dass Sie sich nicht einmal unter dem Schutz Ihrer Medikamente in Angst machende Situationen zu begeben wagen. 16. Wenn Sie derzeit Angst dämpfende Antidepressiva einnehmen, insbesondere solche, die nachweislich gegen Panikattacken wirken (so genannte Serotonin-Wiederaufnahmehemmer), nehmen Sie diese in der verordneten Weise weiterhin ein, weil deren Wirksamkeit eine mehrmonatige kontinuierliche Einnahme erfordert. Wenn Sie zur mittelfristigen Unterstützung auf Anraten des Arztes diese Medikamente einnehmen sollen, beginnen Sie mit der Einnahme nicht gerade am Anfang der Konfrontationstherapie, zumindest nicht sofort mit der Zieldosis, sondern mit einer niedrigeren Dosis, d.h. nehmen Sie diese Medikamente in Absprache mit dem Arzt „einschleichend“ in wöchentlich steigender Dosis bis zur Zieldosis ein, weil diese Medikamente in den ersten zwei Wochen Nebenwirkungen haben können, wenngleich wesentlich geringere als ältere Antidepressiva. Sie könnten die Nebenwirkungen anderenfalls leicht als Angstsymptome im Rahmen Ihres Übungsprogramms interpretieren und wären dann gefährdet, Ihre Konfrontationstherapie einzustellen. 17. Achten Sie von Beginn Ihrer Konfrontationstherapie an darauf, dass Sie nicht so sehr gegen Ihre Ängste kämpfen, sondern vielmehr für Ihre Freiheit, tun und lassen zu können, was Sie wollen, d.h. üben Sie nicht nur das Aushalten unangenehmer Situationen, die auch weniger ängstliche Menschen ungern erleben, sondern unternehmen Sie viele Dinge, die Sie eigentlich gerne tun möchten. Dies stärkt Ihre Motivation zum Durchhalten. Vergegenwärtigen Sie sich, was Sie früher gerne getan haben, und malen Sie sich in der Fantasie möglichst plastisch aus, wie Sie jene Situationen aufsuchen können, deren Bewältigung Sie in der nächsten Zeit erst noch üben müssen. Hauptziel ist nicht, weniger Angst, sondern mehr Freude zu erleben.
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Übungsvorschläge für eine gestufte Reizkonfrontation Die folgenden Übungsvorschläge sollen eine Anregung darstellen, Ihre Ängste im Sinne einer Objekthierarchie darzustellen. Die einzelnen Aufgabenstellungen können Sie dann im Sinne einer Annäherungshierarchie je nach Bedarf leichter bzw. schwieriger gestalten. Führen Sie alle Übungen allein durch, um Ihr Selbstvertrauen zu stärken. z Gehen Sie mindestens 20 Minuten lang in einem Supermarkt umher. z Stellen Sie sich bei der Kasse in einer Schlange mit mindestens sechs Leuten an. z Schauen Sie 15 Minuten lang in einem Kleidergeschäft die neue Mode an. z Probieren Sie in Geschäften Kleidung oder Schuhe, ohne etwas zu kaufen. z Bleiben Sie eine halbe Stunde lang in einem Lokal oder Café in der Mitte sitzen. z Nehmen Sie ein Menü in einem überfüllten Restaurant ein. z Gehen Sie in ein Konzert, Theater, Kino, in eine öffentliche Versammlung oder in einen Gottesdienst und bleiben Sie bis zum Ende. z Setzen Sie sich im Kino oder bei einer Veranstaltung in die Mitte einer Reihe. z Leisten Sie sich beim Friseur einen zeitaufwändigen Haarschnitt. z Gehen Sie zum Zahnarzt, wenn Sie dies schon lange nicht mehr getan haben. z Besuchen Sie eine Sportveranstaltung oder eine Freiluftveranstaltung mit vielen Zuschauern und üben Sie dabei auch das Stehen in einer Menschenschlange. z Besuchen Sie einen Jahrmarkt oder Unterhaltungspark mit vielen Leuten. z Fahren Sie auf dem Rummelplatz mit bisher stets gemiedenen Fahrzeugen (z.B. mit dem Riesenrad oder der Hochschaubahn). z Gehen Sie für mindestens eine Stunde in ein überfülltes Hallenbad bzw. Freiluftbad. z Gehen Sie für eine Stunde in eine öffentliche Sauna (mit Aufguss). z Gehen Sie in einem Krankenhaus mindestens eine Stunde lang durch alle möglichen Abteilungen und fahren Sie möglichst oft mit dem Lift. z Fahren Sie mit der Straßenbahn eine halbe Stunde sitzend in einem Viererabteil. z Fahren Sie mindestens eine halbe Stunde lang stehend in einem Bus. z Fahren Sie eine Stunde lang in der Stoßzeit mit einem öffentlichen Verkehrsmittel. z Gehen Sie in einer überfüllten Straßenbahn von einem Ende bis zum anderen durch. z Machen Sie mit dem Bus einen Tagesausflug zu einem Ort, an dem Sie noch nie waren, und schicken Sie Verwandten oder Bekannten eine Grußkarte. z Fahren Sie mit dem Auto auf der Autobahn mindestens 100 km in eine Richtung. z Fahren Sie mit einem Schnellzug mindestens 200 km weit weg. z Besuchen Sie mindestens 100 km entfernte Verwandte oder Bekannte. z Fahren Sie mit einem Schiff oder Boot über einen See bzw. machen Sie eine Seerundfahrt. z Fahren Sie mit einer Seilbahn bis zur Endstation hinauf. z Fahren Sie mit dem Auto durch einen längeren Tunnel. z Fahren Sie in einem Hochhaus dreimal mit dem Lift auf und ab, ohne auszusteigen. z Machen Sie beim nächsten Flughafen einen mindestens halbstündigen Rundflug. z Gehen Sie durch einen langen düsteren oder unterirdischen Gang. z Nehmen Sie an einer unterirdischen Führung teil (Bergwerk, Katakomben). z Besteigen Sie einen Turm (z.B. den Dom oder Fernsehturm einer größeren Stadt). z Gehen Sie eine offene Wendeltreppe (z.B. einen Notausgang) hinauf und wieder hinunter, während Sie in die Tiefe hinabblicken. z Schauen Sie von einem mindestens sechs Stockwerke hohen Haus bei offenem Fenster oder vom Balkon hinunter, um Schwindelgefühle aushalten zu lernen.
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z Gehen Sie über eine gefürchtete Brücke und schauen Sie in der Mitte auf den Fluss hinunter. z Gehen oder laufen Sie mindestens eine Stunde lang durch einen Wald. z Gehen Sie bei Nacht mindestens eine halbe Stunde lang in einer belebten Straße spazieren. z Gehen Sie Blutspenden bei einer öffentlichen Blutsammelstelle. z Machen Sie einen dreistündigen Stadtbummel ohne Mitnahme von Beruhigungsmitteln und lassen Sie auch Ihr Handy zu Hause. z Fahren Sie in eine größere Stadt oder in eine Gegend, in der Sie sich nicht gut auskennen, und fragen Sie Leute auf der Straße nach einem bestimmten Ort. z Verreisen Sie über Nacht in eine Stadt, in der Sie noch nie waren, ohne jemanden zu informieren, wo Sie sind, und übernachten Sie dort allein in einem Hotel. z Übernachten Sie in einer voll belegten Jugendherberge. z Bleiben Sie Ängsten vor dem Alleinsein mindestens vier Stunden lang allein in der Wohnung, ohne mit jemandem Kontakt aufzunehmen (auch nicht telefonisch). z Bleiben Sie allein zu Hause und machen Sie bewusst etwas, wovor Sie sich bisher stets gefürchtet haben, z.B. Lesen eines Buches, in dem viel über gefürchtete Krankheiten steht, Vorstellung einer früheren oder zukünftig gefürchteten Panikattacke bei geschlossenen Augen, während Sie im Bett liegen.
Massierte Reizkonfrontation (Reizüberflutung) Mutigen und Ungeduldigen ist eine massierte Reizkonfrontation (Flooding) zu empfehlen. Nach Ausschluss organischer Ursachen für Ihre Angstzustände sollten Sie sich täglich mindestens 4-6 Stunden lang mit den stärksten Angstreizen überfluten. Binnen weniger Tage bzw. weniger Wochen werden Sie Ihren früheren Bewegungsspielraum wiedererlangen und das Vertrauen in Ihren Körper wiedergewinnen. Der bewusste Verzicht auf jede Fluchtmöglichkeit bei der Konfrontation mit den Angst auslösenden Reizen führt dazu, dass der Kampf-Flucht-Mechanismus nicht ausgelöst wird bzw. rasch wieder gedämpft wird. Die Fluchttendenz mit der entsprechenden körperlichen Aktivierung ist immer dann am größten, wenn noch eine reale Chance zu entkommen besteht (kurz vor der Abfahrt der Straßenbahn, des Zuges, des Lifts, des Flugzeugs, d.h. unmittelbar bevor die Tür zugeht). Wie rasch möchten Sie Ihre belastenden Ängste loswerden? Wenn Sie Ihre Ängste und Panikattacken schnell überwinden wollen, was hindert Sie dann eigentlich daran, zu den Mutigen zu gehören, wenn Sie glauben können, dass Sie körperlich gesund sind und durch eine intensive Konfrontation keinen körperlichen Schaden erleiden? Wenn Sie den Mut haben, die stärksten Angstsituationen gleich zu Beginn aufzusuchen, dies anfangs jedoch nicht allein zu tun wagen, wählen Sie eine Person Ihres Vertrauens aus, die Sie anfangs dabei begleitet, bis Sie das Vertrauen zu sich gefunden haben, die entsprechenden Situationen auch alleine bewältigen zu können. Dieses Vorgehen bringt die schnellsten und anhaltendsten Erfolge. Üben Sie die massierte Konfrontationstherapie vorher in der Vorstellung: Malen Sie sich die stärksten Belastungen aus – und auch, wie Sie darüber hinwegkommen. Es gilt das Motto: „Was man sich nicht als bewältigbar vorstellen kann, kann man auch nicht oder nur schwer tun.“ Stärken Sie Ihre Erfolgserwartung, indem Sie die gefürchteten Situationen zuerst mental bewältigen lernen, wie dies auch Spitzensportler tun.
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Wenn die Angstbewältigung trotz der richtigen Technik nicht gelingt Mangelhafte oder ausbleibende Übungserfolge bei der Bewältigung der Agoraphobie, insbesondere wenn diese in bester Absicht und „technisch“ richtig durchgeführt wurden, sollten Anlass sein, nach den Gründen zu suchen. Folgende Fragen sind hilfreich: z Welche Vorteile könnten Sie mit dem Verlust der Agoraphobie ebenfalls verlieren? z Welche anderen Probleme vermeiden Sie durch Ihre Agoraphobie? z Welche Auswirkungen hätte die Bewältigung Ihrer Ängste auf Ihr Leben, insbesondere auf Ihre familiäre, partnerschaftliche und berufliche Situation? z Was möchten Sie nach Beseitigung Ihrer Ängste tun und wie wichtig ist Ihnen dies? Ihre Ängste können die Funktion haben, Sie vor noch größeren Problemen als Ihre Agoraphobie oder Panikattacken zu bewahren. Werden Sie die wiedergewonnene Freiheit auf Anhieb tatsächlich nützen können? Hinter einer Agoraphobie kann die Angst vor Verantwortung und Freiheit stehen. Wenn Sie die Fesseln und Ketten Ihrer Ängste abgeworfen haben, können eventuell die Bürde der Verantwortung und der Freiheit sowie der Zwang zur Entscheidung zwischen verschiedenen Alternativen auf Sie warten. Nach der Beseitigung Ihrer Ängste können Sie vielleicht vor der Situation stehen, z Annehmlichkeiten zu verlieren (Umsorgtwerden, viel Zuwendung und Nachsicht, Unterstützung bei der Arbeit) und vieles wieder selbst erledigen zu müssen; z als Mutter weiterhin bei den Kindern zu Hause zu bleiben oder berufstätig zu werden, wo Sie doch beides in bestmöglicher Weise miteinander verbinden möchten; z den Arbeitsplatz wegen Unzufriedenheit zu wechseln und dabei das Risiko einzugehen, dies hinterher zu bereuen; z sich vom Partner zu trennen, dann aber die Vorteile der Beziehung zu verlieren; z sich dem Partner gegenüber zwar besser als früher durchsetzen zu können, aber deswegen auch Angst haben zu müssen, seine Zuwendung und Liebe zu verlieren; z als Jugendlicher von zu Hause auszuziehen und ein selbstständiges Leben zu beginnen oder weiter unter den Einschränkungen im Elternhaus zu leiden. Konfrontationstherapien können aus folgenden Gründen fehlschlagen: 1. Fehlende Bereitschaft zu einer Panikattacke Die Betroffenen stellen sich zwar allen Situationen, jedoch nur so, dass sie dabei auf keinen Fall eine Panikattacke erleben. Dies allein hält bereits eine Daueranspannung aufrecht. Ohne die innere Bereitschaft zu einer Panikattacke bleibt ein Dauerstress bestehen, weil man ja ständig Vermeidungs- und Unterdrückungsmechanismen anwenden muss oder mental oder real auf der Flucht ist und damit angespannt bleibt. Die Angst vor der Angst („Was wäre, wenn ...“) hält ständige Erwartungsängste aufrecht. Jede Vermeidungsreaktion verstärkt den Eindruck, einer bestimmten Erfahrung nicht gewachsen zu sein, sodass das weitere Vermeidungsverhalten bereits vorgezeichnet ist. 2. Die Art der körperlichen Symptome wirkt sich negativ aus Eine Gewöhnung (Habituation) erfolgt leichter bei Herz-Kreislauf- und Atmungsbezogenen Symptomen als bei chronischem Schwindel (bedingt durch Verspannung oder subklinische vestibuläre Missempfindungen) oder bei ständiger Durchfallangst.
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3. Unkenntnis oder Unterdrücken der ärgsten Angst Die wichtigsten Fragen bei einer Konfrontationstherapie lauten: z Was ist Ihre größte Angst bei einer Konfrontation mit gefürchteten Situationen? z Was fürchten Sie am meisten, wenn Sie sich allen Situationen stellen? z Welche Situationen fürchten Sie am meisten, sodass Sie diese vermeiden? z Welches Symptom fürchten Sie am meisten, welches darf auf keinen Fall auftreten? 4. Perfektionismus als Mittel der Angstbewältigung z Jeder Perfektionismus („Wenn schon, dann muss ich alles super schaffen“) ist bei einer Konfrontationstherapie schädlich, weil er den Stress erhöht. z Der Versuch, erlebte positive Erfahrungen bei einer Konfrontationstherapie zu generalisieren auf andere Situationen scheitert öfter an der mangelnden Fähigkeit zur Generalisierung von Erfahrungen. Der Grund liegt im Perfektionismus: „Es ist jetzt schon 20-mal gut gegangen, doch wird es auch beim 21. Mal gut gehen?“ z Intoleranz gegenüber jeder Form von Unsicherheit und Kontrollverlust verhindert jedes vertrauensvolle Sich-Einlassen auf neue oder unangenehme Situationen. 5. Eine Sozialphobie als Verstärkung der Agoraphobie Eine Sozialphobie, bei der es um das Sozialprestige und nicht um Leib und Leben geht, hält trotz erfolgreicher Konfrontationstherapie eine ständige Anspannung aufrecht: z Was werden die anderen über mich denken, wenn sie meine Symptome bemerken? z Wenn ich in irgendeiner Weise negativ auffalle, bin ich dann „nervenschwach“, „psychisch nicht belastbar“, ein Schwächling, weniger liebenswert, weil schwach? 6. Die Einnahme bestimmter Mittel als Schwächung des Selbstvertrauens Folgende Ratschläge können helfen: z Keine Tranquilizer einnehmen oder mitführen! z Keinen Alkohol als Pillenersatz verwenden! z Keine Notfallstropfen mitnehmen, denn es besteht kein Notfall! z Kein Handy verwenden, denn es besteht keine Lebensgefahr! z Nicht auf andere Personen verlassen, nicht das Vertrauen auf sich selbst durch das Vertrauen auf andere ersetzen! 7. Ständige Ablenkungsversuche statt Zuwendung Viele Angstpatienten möchten ihre Zustände durch Abwendung und Ablenkung bewältigen. Man wird jedoch eher ruhig, wenn man sich nicht pausenlos abzulenken versucht, sondern sich seinen Symptomen zuwendet und diese akzeptiert: „Ich spüre jetzt meinen Schwindel, mein Herzklopfen, meine weichen Knie usw., und ich gehe dennoch in die gefürchtete Situation und bleibe so lange, wie ich will, und nicht so lange, wie die Symptome diktieren möchten. Meine Symptome begleiten mich wie mein Schatten, doch ich bestimme den Weg.“ Laut Untersuchungen scheitert eine Konfrontationstherapie, wenn Patienten eine zu geringe emotionale Aktivierung aufweisen oder während der Expositionstherapie dissoziieren, d.h. sich ablenken und ihre Gefühle abspalten/unterdrücken.
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8. Sekundärer Krankheitsgewinn Symptome können zwar das Leben einschränken, aber auch verschiedene Vorteile haben, die von Psychoanalytikern „sekundärer Krankheitsgewinn“ genannt werden: z Gibt es letztlich auch Vorteile aus der Agoraphobie? z Was möchten Sie eigentlich vermeiden? Was steckt hinter Ihren Ängsten? z Welchen anderen Konflikten gehen Sie aus dem Weg, die sofort und unweigerlich auftreten, wenn Sie alle gefürchteten Situationen problemlos meisten können? 9. Aktuelle depressive Symptomatik Eine depressive Symptomatik ist u.a. charakterisiert durch eine körperliche und psychische Kraftlosigkeit. Man sollte daher in einer depressiven Phase gar nicht versuchen, durch eine derartige Aktivierung, wie sie bei einer gestuften oder massierten Konfrontationstherapie erforderlich ist, sein Selbstwertgefühl aufzubauen, denn es kann nur zu einem Misserfolg kommen, der die depressive Symptomatik noch weiter verstärkt. Eine Konfrontationstherapie ist ungeeignet, das schwache Selbstbewusstsein in der Depression aufzubauen, weil wieder alles auf Leistung und Durchhalten ausgerichtet ist. Ein derartiges Denkmuster ist oft der Grund für eine „Erschöpfungsdepression“. 10. Psychosoziale Konfliktsituationen (Probleme in der Ehe, Familie oder Arbeit) Oft stehen hinter einer Agoraphobie mit Panikstörung latente oder offene Partnerprobleme, die anfangs häufig nicht in Zusammenhang mit der Angststörung gesehen werden. Eine Agoraphobie stellt dann eine Pattsituation dar, die den unbefriedigenden gegenwärtigen Zustand aufrechterhält. Dies ist so lange eine durchaus sinnvolle Problemlösung auf der Symptomebene, als man noch keine Entscheidung darüber getroffen hat, wie es mit der Partnerschaft weitergehen soll, wenn die Agoraphobie überwunden ist. Neben Partnerproblemen sind sonstige familiäre Probleme (Konflikte mit den Eltern oder mit einem Kind) sowie Arbeitsplatzprobleme Panik begünstigende Stressfaktoren. Eine zu rasche Symptombeseitigung kann manchmal zu psychosozialen Problemen führen, mit denen die Betroffenen und deren Angehörige oft nicht gerechnet haben. 11. Mangelnde Veränderungsziele nach der Konfrontationstherapie Die „Wunder-Frage“ in der Psychotherapie nach Steve DeShazer lautet: „Stellen Sie sich vor, Sie wachen morgen in der Früh auf und Sie sind völlig gesund. Was würden Sie da tun? Was würde sich in Ihrem Leben dann ändern?“ Viele Angstpatienten haben vordergründig oft keine anderen Ziele, als ständig nur gegen ihre Ängste zu kämpfen. Beantworten Sie zur Abklärung folgende Fragen: z Was wollen Sie eigentlich im Leben erreichen, wenn Sie keine Symptome haben? Wenn es Ihnen nicht mehr schlecht geht, muss es Ihnen noch lange nicht gut gehen! z Wofür lohnt sich der ganze Aufwand der Angstbewältigung? Was motiviert Sie? z Was würden Sie sofort, in einem Monat, in sechs Monaten, in einem Jahr tun, wenn Sie keine krankhaften Ängste (Agoraphobie, Panikattacken) mehr hätten? z Wie gerne sind Sie allein, wenn Sie nach gelungener Konfrontationstherapie allein sein können? Aktivitäten unternehmen bedeutet auch, allein etwas tun können. Was können Sie mit sich selbst anfangen, wenn Sie allein sind?
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Kognitive Strategien der Angstbewältigung Mentales Training Der abstrakte Wille und Vorsatz allein ist auf Dauer für eine Verhaltensänderung eingefahrener Reaktionsmuster zu wenig. Plastisch-konkrete Vorstellungen des Gelingens stärken die Motivation in schwierigen Zeiten und richten den Blick auf die positiven Möglichkeiten statt auf die Fehler und Schwächen, die in vielen Psychotherapien oft zu einseitig im Mittelpunkt stehen. Angstpatienten können sich das, was sie fürchten, sehr bildhaft vorstellen, nicht aber die Art und Weise, wie es nach der Angstreaktion gut oder zumindest erträglich weitergehen könnte. Menschen mit Panikattacken beschäftigen sich in der Fantasie oft mit dem Eintreffen gefährlicher Ereignisse nach dem Motto „Was wäre, wenn …“. Sie grübeln ständig, sorgen sich um die Zukunft, malen sich schreckliche Bilder aus und brechen kurz vor dem Höhepunkt, vor dem negativsten Ereignis, ihre Fantasien ab, weil sie in Panik geraten. Sie begehen den Fehler, nicht weiterzudenken und nach Bewältigungsstrategien zu suchen, sondern bleiben bei der Hilflosigkeit und Ohnmacht stehen. Solange man nicht stirbt, gibt es immer mehrere Möglichkeiten, wie es weitergehen könnte. Das Durchspielen verschiedener Bewältigungsstrategien soll im Rahmen des mentalen Trainings gelernt werden. Angst ist immer Angst vor etwas. Genau das, was man real nicht erleben möchte, muss man zuerst einmal mental bewältigen lernen. Mentales Training dient bei Angststörungen dazu, in Gedanken bzw. durch möglichst bildhafte Vorstellung eine positive bzw. bewältigbare Lösung jener Situation durchzuspielen, vor der man Angst hat [19]. Was man sich nicht einmal vorstellen kann, kann man oft auch nur schwer tun. In diesem Sinn erleichtert jede anschauliche Vorstellung einer Bewältigungsreaktion die tatsächliche Handlungsbereitschaft. Die typischen Katastrophenvorstellungen von Angstpatienten sind negative Vorstellungsbilder (Worst-Case-Szenarien), die durch alternative oder positiv-kreative Visualisierungen ersetzt werden sollen. Der Begriff des mentalen Trainings ist sehr breit, theoretisch nicht eingeengt und aus dem Spitzensport gut bekannt, weshalb diese Bezeichnung in diesem Buch bevorzugt wird gegenüber Ausdrücken wie Visualisierung, Imagination, gelenkter Tagtraum, Selbsthypnose, hypnotische Trance. Visualisieren bezeichnet ein Denken in inneren Bildern. Ein entspannter Zustand erleichtert die Entwicklung von inneren Bildern und Vorstellungen, ist jedoch nicht unbedingt notwendig. Entscheidend ist vielmehr die intensive, durch alle Sinne erleichterte Konzentration auf einen bestimmten Sachverhalt im Sinne einer Wahrnehmungseinengung, wie dies auch bei einer Hypnose der Fall ist. Nach dem Carpenter-Effekt führt jeder Gedanke an eine bestimmte Tätigkeit zu entsprechenden Muskelstimulierungen. Dies gilt auch für Menschen mit Angststörungen. Der Gedanke, aus einer gefürchteten Situation am liebsten fliehen zu wollen, führt zu entsprechender muskulärer Aktivierung. Wenn Sie bei Ihren Konfrontationsübungen bewusst auf Flucht verzichten, werden Sie nicht jeden Moment, wo diese (noch) möglich ist, Ihren Körper im Sinne einer Kampf-Flucht-Reaktion aktivieren. Positive Vorstellungen (ein bestimmtes Ruhebild) sowie die Vorstellung des Gelingens einer Handlung (lebendige Vorstellung vom Ziel einer Übung bei Agoraphobie) bewirken angenehme körperliche Zustände. Die Vorstellung einzelner Körperpartien sowie deren momentane Befindlichkeit und Tätigkeit verbessert die Wahrnehmung und die Funktionen des eigenen Körpers und führt zu einem besseren Körpererleben.
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Mentales Training wird in den verschiedensten Bereichen eingesetzt [20]: z Die Astronauten der NASA werden auf Weltraumflüge vorbereitet, indem gefährliche, real nicht trainierbare Situationen mental simuliert werden, um die Reaktionsgeschwindigkeit in Notsituationen zu beschleunigen. Sie müssen „wie im Schlaf“ reagieren können bei Situationen, die sie noch nie erlebt haben. z In der Wirtschaft und im Verkauf kann mentales Training in Form einer Motivationsstärkung bei schwieriger Marktlage erfolgen. Auch ein erfolgreicher Verkäufer kann nicht jederzeit den Umsatz steigern, er wird jedoch daran glauben, dass er z.B. bei der Aufschließung eines neuen Marktes letztlich erfolgreich sein wird. z Bei Krebspatienten haben Visualisierungsübungen großen Anklang gefunden, die durch die plastisch-realistische Vorstellung der heilenden physiologischen Prozesse das Immunsystem und damit die Genesung unterstützen sollen. Diese Strategien verlängern nicht unbedingt das Leben, verbessern jedoch oft die Lebensqualität. z In der Rehabilitation lernen Menschen, sich ihre geschädigten Körperteile intensiv zu vergegenwärtigen, wie diese früher gesund in Bewegung waren, um dadurch deren zukünftiges Funktionieren zu fördern. z Im Sport wird das körperliche Training durch das mentale Training ergänzt, um die prinzipiell mögliche körperliche und psychische Leistungsfähigkeit zu mobilisieren. Mentales Training wird seit Jahrzehnten im Sport zur Leistungssteigerung eingesetzt. Sportler spielen die Aufgabenstellung im Geiste x-mal durch, um sie besser bewältigen zu lernen. Mentales Training bezeichnete ursprünglich ein mentales Bewegungstraining, d.h. ein planmäßig wiederholtes Sich-Vorstellen des zu erlernenden Bewegungsablaufs, und wird heute durch die Berücksichtigung kognitiver, emotionaler und motivationaler Aspekte im Sport viel umfassender eingesetzt. Einige typische Einsatzmöglichkeiten des mentalen Trainings im Sport [21]: z Zeit- und energiesparendes Leistungstraining. Auf dem Weg der oftmaligen Vorstellung erfolgt eine Automation und Verbesserung bestimmter Verhaltensweisen, ohne dass durch ständiges Training in der Realität die Leistungsreserven vorschnell ausgebeutet werden. Ein typisches Beispiel ist die vielfache mentale Bewältigung einer Lauf- oder Schwimmstrecke. z Rasche Einübung komplexer motorischer Bewegungen. Die Vergegenwärtigung von Bewegungsabläufen bei bestimmten Sportarten und die plastische Vorstellung des Ablaufs eines ganzen Wettkampfs ermöglichen das Eintrainieren neuer bzw. adäquaterer Verhaltensweisen: den Speer oder die Kugel im richtigen Moment werfen, den Rückhandschlag beim Tennis verbessern, die Wurfgenauigkeit bei KorbballFreiwürfen erhöhen, eine ungewohnte Sprungschanze überfliegen. z Mentale Bewältigung von Krisensituationen. Die innere Vorbereitung auf einen Ernstfall bzw. Notfall verhindert eine Verletzung oder Katastrophe: mentale Bewältigung einer Sturzgefahr beim Slalom wegen eines eisigen Streckenteils oder Vorstellung einer gefährlichen Situation im Motorsport. z Bestärkung des Glaubens an die Erreichbarkeit des Ziels. Ein Hochspringer sieht sich über eine bestimmte Marke springen, die er bisher noch nicht geschafft hat. Ein Slalomfahrer stärkt sein Selbstvertrauen, indem er eine schwierige Strecke im Geiste erfolgreich bewältigt. Ein Läufer sieht sich bei einem Wettlauf als erster im Ziel. z Besseres Durchhalten während der sportlichen Leistung. Bevor der Körper nachlässt, hat der Geist schon aufgegeben. Es gilt daher, das Durchhalten zu stärken.
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z Bessere Wettkampfvorbereitung von so genannten „Trainingsweltmeistern“, d.h. von Sportlern, die im Training oft erster werden, unter den Stressbedingungen des Wettkampfs jedoch versagen. Dies kann verschiedene Gründe haben: die Sportler können im Wettkampf mit dem Druck des Beobachtet-Werdens nicht umgehen; sie sind zu wenig spontan und locker, sondern bemüht-verkrampft; sie kämpfen mehr gegen das Versagen (und stellen sich dieses bereits sehr lebhaft vor) als für den Erfolg. Zahlreiche sportliche Erfolge und wissenschaftliche Untersuchungen belegen die Wirksamkeit des mentalen Trainings. Durch die revolutionären Entwicklungen in der Hirnforschung können mittlerweile mentale Bewegungsprozesse (z.B. bildhafte Vorstellungen) auf dem Computerbild festgehalten werden. „Einbildungen“ haben eine reale Grundlage im Gehirn und führen zu bestimmten physiologischen Befindlichkeiten. Mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) kann man Schnittbilder gewinnen, deren Farbgebung die örtliche Versorgung des Gehirns mit Blut und dem Energieträger Traubenzucker (Glukose) erkennen lassen. Mentales Training bei Angstzuständen umfasst vier Abschnitte [22]: 1. Entspannungsinduktion. Entspannung soll eine Sammlung der Aufmerksamkeit nach innen bewirken und die Lebendigkeit der Vorstellungen steigern. 2. Mentale Reizkonfrontation (Exposition in sensu). Intensive, plastisch-lebendige Begegnung mit den Angst machenden Situationen in der Vorstellung unter Einbeziehung aller Sinnesorgane, wodurch auch die bekannten körperlichen Angstreaktionen ausgelöst und toleriert werden. 3. Bewältigung. Bestimmte Angstbewältigungsstrategien werden mental durchgespielt. 4. Erfolgsinduktion (realistischer Erfolg). Die vorstellungsmäßige Vermittlung von realistischen Erfolgserlebnissen sichert die Motivation und bestärkt den Glauben an die Angstbewältigung in der Realität. Nach einer Untersuchung zur Behandlung von Prüfungsängsten mittels Hypnose ist die Konfrontation mit Angst machenden Situationen allein wenig Erfolg versprechend, entscheidend ist vielmehr das mentale Eintrainieren von Bewältigungsreaktionen. In ähnlicher Weise erreichten vergewaltigte Frauen, die mit Hilfe einer mentalen Konfrontationstherapie einen besseren Umgang mit den traumatischen Erinnerungen erlernt hatten, durch ein zusätzliches mentales Bewältigungstraining in Hinblick auf zukünftige ähnliche Situationen einen noch besseren Therapieerfolg. Menschen mit Agoraphobie und sozialer Phobie können durch mentale Strategien dazu ermutigt werden, sich der gefürchteten Realität zu stellen. Durch ein derartiges Vorgehen wird die Erfolgserwartung gestärkt und die Erwartungsangst abgebaut. Es kommt darauf an, sich zukünftige Problemsituationen durch mehrere konkret ausgestaltete Handlungsmöglichkeiten als lösbar vorstellen zu können. Angstkonfrontationen in der Vorstellung können folgenden Sinn haben: z Klärung und Identifizierung der konkreten Ängste: wahrnehmen und erkennen lernen, wovor man sich tatsächlich fürchtet, z.B. vor einer bestimmten körperlichen Reaktion, vor dem Blick der Leute, vor deren Nachrede. z Differenzierung von Gefühlszuständen in bestimmten Situationen: viele Angstpatienten neigen dazu, jede Erregung gleich mit Angst zu assoziieren, tatsächlich könnte es sich z.B. auch um eine wutbedingte Erregung handeln. z Vorstellung der katastrophalen Folgen, die man in realen Situationen noch nicht zulassen kann und daher meidet bzw. flieht.
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z Stärkung des Glaubens, dass man eine bestimmte Situation bewältigen kann, indem man sich diese einfach als bewältigbar vorstellt. Oft liegt das Problem gerade darin, dass man etwas tun soll, das man sich nicht einmal als bewältigbar vorstellen kann. z Gewöhnung an Angst machende Situationen durch besseren Umgang mit Erwartungsängsten. z Mentale Einübung neuer Fertigkeiten und Vorbereitung auf das Üben in einer ungewohnten oder gefürchteten Realsituation. Mentales Training ermöglicht nicht nur die Etablierung positiver Sichtweisen und Bewältigungsreaktionen, sondern auch die Klärung von Einstellungen, Empfindungen und Konflikten, indem durch inneres Probehandeln ohne Risiko Alternativen abgewogen und innere Barrieren überwunden werden können. Beim mentalen Training ist es wichtig, das Vorgestellte immer als gegenwärtig bzw. als bald, aber sicher eintretend zu visualisieren, auch wenn es sich um unsichere Situationen und zukünftige Ereignisse handelt. Hypnose, autogenes Training oder andere Entspannungstechniken verwenden ähnliche Vorgangsweisen. Typische Beispiele sind: z „Der rechte Arm ist ganz schwer.“ z „Die Atmung ist ruhig und regelmäßig.“ z „Der ganze Körper wird angenehm warm.“ z „Ich spüre, wie das langsame Ausatmen meinen Körper entspannt.“ z „Wenn mein Herz rast, wird es durch ruhiges Atmen wieder langsamer schlagen.“ z „Wenn mir beim Gehen schwindlig wird, bleibe ich aufrecht und gehe weiter.“ Grundsätzlich gibt es zwei Arten des Visualisierens [23]: 1. Beobachterposition (sich von außen sehen). Man erlebt das Vorgestellte wie in einem Film, d.h. man sieht sich selbst im Bild und beobachtet sich aus sicherer Distanz. In der Fachsprache bezeichnet man diesen Zustand als „Dissoziation“. Man sieht sich selbst wie auf einem Monitor oder einer Leinwand und spürt sich körperlich und gefühlsmäßig in der Rolle des Beobachters und nicht des Akteurs. Ein derartiges Vorgehen empfiehlt sich bei traumatisierenden Erfahrungen von Gewalt (z.B. körperliche Züchtigung, Vergewaltigung, schwerer Unfall), um eine unkontrollierbare emotionale Überwältigung und Retraumatisierung zu vermeiden, aber auch bei Ängsten, die die Betroffenen nicht frontal angehen möchten. Die Beobachterposition ermöglicht eine Distanzierung und erleichtert die Distanzierung gegenüber sich aufdrängenden Erinnerungen, die wie gegenwärtige Geschehnisse wirken. 2. Teilnehmerposition (sich von innen erleben: Einheit als Handelnder und Beobachtender). Man erlebt sich als Handelnder, als ob das Ereignis gerade jetzt stattfinden würde, vergegenwärtigt durch alle Sinneskanäle. In der Fachsprache wird dieser Vorgang „Assoziation“ genannt. Es entsteht ein intensives emotionales Erleben, das überall dort angezeigt ist, wo es gefördert werden soll (z.B. Erleben von Wut, Trauer oder sexueller Erregung) oder zumindest besser ertragen werden soll (bei Angstzuständen und unvermeidlichen körperlichen Missempfindungen). Jede schöne Urlaubserinnerung und jede intensive Angstvorstellung stellt eine Assoziation dar, d.h. ein Empfinden, als ob das Vorgestellte gegenwärtig Realität wäre. Bei sexuellem Missbrauch müssen es die Betroffenen wieder lernen, eine Assoziation zur aktuellen Situation mit ihrem Partner und ihren eigenen körperlich-sexuellen Empfindungen herzustellen. Dies kann anfangs auch mental trainiert werden.
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Wichtige Übungen können vorher auf Tonband gesprochen werden und dann immer wieder angehört werden. Die lebendige Vorstellung der Bewältigbarkeit einer Situation stärkt den Glauben daran, ähnlich wie die Vorstellung einer bevorstehenden Katastrophe die Angst vor deren Eintreten und damit das Vermeidungsverhalten bestärkt. In beiden Fällen ist es die plastisch-lebendige Vergegenwärtigung des Ausgangs eines Ereignisses in Form eines bestimmten Bildes oder einer Filmsequenz, die das vorherige Empfinden bestimmt (Angst oder Zuversicht). Menschen mit Ängsten betreiben ständig eine „negative Selbsthypnose“. Sie haben die Fähigkeit zu sehr bildhaftem Denken, was bei Ängsten zur Belastung wird. Die imaginativen Fähigkeiten werden in der Therapie positiv genutzt. Zur Entspannung können bestimmte Techniken eingesetzt werden, die einen leichten Trancezustand bewirken. Eine vorherige Entspannung ist jedoch nicht nötig, wenn durch die Vorstellungsübung eine konzentrierte Aufmerksamkeit auf die gewünschte Situation gelingt. Die möglichst plastisch-lebendige Vorstellung einer Angst machenden Situation (erlebte oder erwartete Panikattacke, realer oder gefürchteter Verlust eines geliebten Menschen, traumatisches Erlebnis, bevorstehendes Ereignis, phobische Situation) und deren Bewältigung kann durch folgendes Vorgehen gefördert werden: 1. Setzen Sie sich zu Hause in einen bequemen Lehnstuhl und schließen Sie die Augen. Stellen Sie sich vor, Sie schalten Ihren Fernsehapparat ein und schauen sich einen „Angstfilm“ an, einen Videofilm einer für Sie typischen Angstsituation (ähnlich wie Sie sich auch ein Urlaubsvideo anschauen würden). Sie haben dabei die Fernsteuerung in der Hand, um den Film je nach Bedarf steuern zu können. 2. Lassen Sie diesen Film mehrfach vor Ihren Augen ablaufen, bis zum Ende. Mit der Fernsteuerung können Sie diesen Film jederzeit vor- und zurückspielen bzw. anhalten, um ein Standbild zu erhalten. Sehen Sie sich selbst im Film, d.h. erleben Sie sich als distanzierter Beobachter. Entdecken Sie, dass Sie nur dann intensive Angst bekommen, wenn Sie sich selbst nicht mehr im Film sehen, sondern plötzlich als mitten drin im Geschehen erleben, wie wenn der Film gerade jetzt gedreht würde. 3. Vergegenwärtigen Sie sich bei aufkommender Angst beim Anschauen des „Angstfilms“, dass Sie zu Hause sitzen und sich das Angstgeschehen nur im Film ereignet. Nehmen Sie Ihre Körperposition im Lehnstuhl wahr und spüren Sie die Sitz- oder Liegefläche, die Lehne, die Ihren Rücken abstützt, den Stoff, den Ihre Hände berühren. Beobachten Sie den Raum, in dem Sie sich befinden, um das Hier und Jetzt zu betonen gegenüber vergangenen oder zukünftigen Angstsituationen. 4. Definieren Sie irgendeine Schlüsselerfahrung, die Sie zumindest durch ein Sinnesorgan sicher in der Gegenwart verankert, z.B. Ballen der Hand zu einer Faust, Blick auf ein bestimmtes Wohnzimmerbild, Hören Ihrer Lieblingsmusik im Hintergrund oder der Stimme einer vertrauten Person, Summen einer bestimmten Melodie, Zwerchfellatmung mit Heben und Senken Ihrer Hände auf der Bauchdecke, Spüren des Lehnstuhls, in dem Sie sitzen, Riechen des Geruchs des Partners oder des Wohnzimmers, Schmecken des Getränks, das Sie gerade trinken. 5. Wenn starke Angst aufkommt, können Sie den Film vorübergehend leiser oder dunkler drehen bzw. kurz ausschalten, jedoch nur dann, wenn Sie vorher bereit sind, nach kurzer Erholung den Film wieder einzuschalten, als Ausdruck dafür, nicht zu flüchten. Wenn Sie einen bestimmten „Angstfilm“ sehr bildhaft ablaufen lassen können, können Sie die Szenen auch laut kommentieren, wie wenn Sie diese einem Zuseher neben Ihnen beschreiben würden. Das Sprechen kann Ihnen während des Sitzens helfen, starke Anspannungen über die Mundbewegungen abzuführen.
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6. Wenn Sie diese Technik einigermaßen beherrschen, können Sie sich vorstellen, wie der vorher gesehene „Angstfilm“ gerade gedreht wird, mit Ihnen als Hauptdarsteller(in), d.h. Sie wechseln in die Teilnehmerposition über. 7. Vergegenwärtigen Sie sich Ihren Körper, wie Sie ihn bisher im „Angstfilm“ gesehen haben, und erleben Sie sich so, als ob die Ereignisse gerade jetzt stattfinden würden. Bei bestimmten traumatischen Erlebnissen (z.B. Vergewaltigung, Verbrechen, Unfall) sollten Sie dieses Vorgehen jedoch nicht allein anwenden, sondern nur in Anwesenheit eines Therapeuten oder zumindest einer vertrauten Person, um bei Bedarf Unterstützung zu haben. Dann können Sie Ihr Erleben noch vertiefen, indem Sie die Ereignisse in der Ich-Form beschreiben („Ich sehe ... höre ... spüre jetzt ...“). 8. Sie können diese Schilderung auch auf Tonband festhalten und später immer wieder anhören, um sich besser daran zu gewöhnen. Oft geht es dabei um die Bewältigung der Erfahrung des möglichen Todes oder einer schweren Demütigung, die als völlige Hilflosigkeit und Ohnmacht erlebt wurde und anhaltend das Vertrauen in eigene Person und in die Umwelt erschüttert hat. Das ungewollte Wiedererleben des völligen Ausgeliefertseins stellt später ein Problem dar, wenn die Betroffenen nicht lernen, diese Erfahrung in ihre Person und den Kontext ihrer Erinnerungen zu integrieren, wie dies etwa bei einer Verhaltenstherapie von Personen mit einer posttraumatischen Belastungsstörung gelernt wird. 9. Bei Bedarf wechseln Sie wieder in die Beobachterposition über und verankern Sie Ihr Erleben im Hier und Jetzt. Wenn Sie in mutiger Weise neuerlich in das Wiedererleben des belastenden Ereignisses einsteigen, tun Sie dies mit den seither gewonnenen Sichtweisen und Erfahrungen, d.h. Sie fügen den sich aufdrängenden Angstvorstellungen neue Elemente hinzu, sodass Sie trotz der realen Hilflosigkeit dennoch irgendwie stärker wirken. 10. Zur weiteren Stärkung Ihres Selbstvertrauens können Sie abschließend den Film in der Beobachter- und Teilnehmerposition wiederholt so ablaufen lassen, als würden Sie eine ähnliche Situation in der Zukunft erleben, wo es Ihnen allerdings gelingt, eine andere, positivere Bewältigungsstrategie anzuwenden und eine Wiederholung der traumatischen Ereignisse der Vergangenheit zu verhindern. Im Folgenden werden Übungsvorschläge zum mentalen Training bei Agoraphobie bzw. Panikstörung vorgestellt, die je nach Bedarf individuell abgewandelt werden können. Vorstellung einer real bewältigten Angstsituation (Blick zurück). Erinnern Sie sich an eine Situation, die Sie früher gefürchtet haben, nunmehr jedoch bewältigen können, weil Sie diese bereits mehrfach intensiv erlebt haben. Vergegenwärtigen Sie sich diese Erfahrung vom anfänglichen Unbehagen an bis zur gelungenen Bewältigung. Vorstellung einer erfolgreichen, in dieser Weise bisher noch nie gelungenen Angstbewältigung („Ein schöner Tagtraum“). Vermitteln Sie sich in Form eines Tagtraums die mentale Erfahrung der Bewältigung einer in der Realität noch nicht erfolgreich erlebten Situation. Was Sie sich konkret vorstellen können, wird Sie stärker motivieren. Vorstellung der erfolgreichen Angstbewältigung durch eine Modellperson. Stellen Sie sich vor, wie eine für Sie attraktive Modellperson die gefürchteten Angstsituationen meistert. Was würde diese Person in derselben Angstsituation denken und tun? Was tut diese Person, wozu Sie derzeit noch nicht in der Lage sind? Was lernen Sie daraus?
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Lautes Verbalisieren der Angst machenden Vorstellungen. Die Wirkung der imaginierten Reizkonfrontation wird erhöht, wenn Sie bei geschlossenen Augen alles, was Sie sich vorstellen, laut aussprechen, um auf diese Weise in der Angstsituation zu verbleiben. Sprechen Sie dabei in der Ich-Form und in der Gegenwartsform, als ob die Ereignisse jetzt passieren würden. Nehmen Sie Ihre Angstgedanken bis zur vermeintlichen Katastrophe, aber auch Ihre Gedanken nach der überlebten Katastrophe, auf Tonband auf und hören Sie diese Ausführungen später immer wieder an. Besprechen Sie das Tonband, als würden Sie die Panikattacke oder die traumatisierende Situation momentan erleben und hören Sie das Band dann zusammen mit einer Vertrauensperson an. Intensives Wiedererleben der letzten Panikattacke. Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich die Situation rund um die letzte Panikattacke ganz konkret vor. Erleben Sie die Panikattacke im Zeitlupentempo noch einmal mental durch, und zwar in der Ich-Form und in der Gegenwartsform, z.B. „Ich atme jetzt schneller, mein Herz beginnt zu rasen, mir wird leicht übel, ich zittere leicht usw.“ Wie fängt die Panikattacke an, was macht sie ärger? Was ist das Schlimmste? Erinnern Sie sich dabei auch, wie Sie diesen Angstanfall überlebt haben. Wenn Sie vom gegenwärtigen Standpunkt aus auf die Panikattakke zurückblicken, stärken Sie Ihren Glauben an deren Bewältigbarkeit. Bewusstes und intensives Erleben der bei einer Panikattacke ablaufenden Kreislaufreaktionen. Üben Sie folgende gelenkte Vorstellungsübung („Ohnmachtsangst“), um durch bewusste Konzentration auf die gefürchteten körperlichen Vorgänge diese besser ertragen zu lernen. Sprechen Sie den folgenden oder einen ähnlichen Text langsam und mit Pausen auf Tonband und hören Sie sich die Geschichte immer wieder an, bis Sie damit keine Probleme mehr haben. Ich stehe da und habe Angst, bald umzufallen. Ich weiß nicht warum und lasse diese Erfahrungen dennoch zu. Meine Blutgefäße erweitern sich und mein Blutdruck sackt ab. Ich erlebe Schwindel, Druck auf der Brust, Schweißausbruch, Übelkeit, weiche Knie und Kribbeln in den Händen. Ich fürchte mich davor, ohnmächtig zu werden. Rundherum sind Leute, die mich sehen könnten, wie ich zu Boden sinke. Was werden die Umstehenden tun? Mich anstarren, mich angreifen oder die Rettung rufen? Ich kenne meine Zustände und werde es ablehnen, mich von einem Rettungswagen in ein Krankenhaus bringen zu lassen. Und wenn ich doch mitfahren muss, werde ich dem Aufnahmearzt im Krankenhaus sagen, dass ich nicht aufgenommen werden möchte. Ich bin bereit, kurz ohnmächtig zu werden, die Kontrolle zu verlieren und mich den anderen Menschen hilflos auszuliefern. Ich möchte das wirklich einmal erleben, was ich die ganze Zeit fürchte, um die Erfahrung zu machen, dass ich es überlebe. Ich vergegenwärtige mir jene Situation, in der ich am ehesten umfallen oder eine Panikattacke erleben könnte. Ich stelle mir vor, wie sich in der Ohnmacht mein Blutdruck wieder normalisiert, sodass ich bald zu mir komme, sollte ich überhaupt ohnmächtig werden. Ich fürchte mich vor diesen Vorgängen, habe Angst umzufallen, möchte mich daher im Stehen am liebsten nicht bewegen oder zur Sicherheit hinlegen. Wenn ich mich jedoch nicht bewege, um den Blutdruck durch die Verengung meiner Blutgefäße rasch wieder zu heben, muss ich es aushalten lernen, wenn mein Herz durch einen Adrenalinstoß angekurbelt wird, um den Blutdruck zu heben. Ich spüre bereits, wie mein Herz zu rasen beginnt, um meinen Kreislauf wieder anzukurbeln. Das Pochen und Rasen meines Herzens macht mir Angst, dass mir etwas Gefährliches zustoßen könnte. Ich bewege mich intensiv, schüttle meinen Körper so, wie ein nasser Hund das Wasser abschüttelt, und erhöhe damit den Blutdruck derart, dass ich nicht mehr ohnmächtig umfallen kann. Die körperlichen Reaktionen zeigen mir, dass mein Körper richtig funktioniert und bemüht ist, mich vor einer Ohnmacht zu bewahren. Ich bin ganz gesund, wenn ich so dastehe und mein Herz und meinen Kreislauf bei der Arbeit erlebe. Ich beruhige mich, indem ich langsam durch den Mund ausatme und durch die Nase einatme. Was sich die Leute über mich denken, wenn Sie mich so sehen, ist mir egal. Jedem kann es einmal schlecht gehen. Doch nicht jeder hat den Mut, dies zu zeigen.
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Zu-Ende-Denken der Angst machenden Gedanken im Sinne einer massierten Reizüberflutung („Die Katastrophe“: Das Allerschlimmste außer Sterben). Die negativen Gedanken, was alles passieren könnte, kehren immer wieder, ohne jemals richtig zu Ende gedacht zu werden (z.B. „Was wäre, wenn ich einen Herzanfall bekomme, wenn ich umfalle, wenn ich keine Luft bekomme, wenn ich am ganzen Körper zittere?“). Das ständige Grübeln über Angstsituationen, ohne wirklich eine genaue Vorstellung davon zu haben, was im Extremfall passieren könnte (außer sterben), stellt letztlich eine Meidung der gefürchteten Situationen und Zustände dar und ermöglicht infolgedessen auch keine mentale Bewältigung. Oft verhindert gerade der Gedanke an den Tod die mentale Bewältigung von Vorstellungen des Zweitschlimmsten. Lassen Sie in Ihrer Vorstellung einen Film ablaufen, der nicht kurz vor bzw. während der größten Angst durch einen „Filmriss“ endet, sondern mit einem Katastrophenschluss (außer Sterben), egal welcher Art, denn jeder Schluss vermittelt die Botschaft: „Das Überleben ist allemal gewiss.“ Stellen Sie sich danach vor, wie es nach der „Katastrophe“ weitergehen könnte und entwickeln Sie mindestens drei Schlussversionen dieses Katastrophenfilms. Positives Denken bedeutet nicht, das Negative zu leugnen oder auszublenden, sondern real mögliche Gefahren und Probleme für bewältigbar zu halten. Die Technik der Katastrophenfantasien wird auch von P. Watzlawick in dem Buch „Die Möglichkeit des Andersseins“ empfohlen: Klienten sollten mit dem Therapeuten nicht einfach nur darüber sprechen, wovor sie sich fürchten, sondern sich die katastrophalsten, unwahrscheinlichsten Folgen ausdenken, die ihr Problem haben könnte. Vergegenwärtigung des eigenen Todes. Panikattacken lassen sich sehr schnell überwinden, wenn man sich in mutiger Weise der Unausweichlichkeit des Todes stellt. Stellen Sie sich vor, Sie liegen auf dem Totenbett, noch voll bei Bewusstsein, aber in der Gewissheit, dass der Tod unmittelbar bevorsteht und vielleicht schon in der nächsten halben Stunde eintreten wird. Woran werden Sie sterben? Wie stellen Sie sich das Sterben vor? Wer soll nach Ihrem Wunsch an Ihrem Totenbett stehen? Von welchen Menschen fällt Ihnen der Abschied besonders schwer? Was möchten Sie den Umstehenden in Ihren letzten Worten mitteilen? Welches Testament werden Sie Ihren Angehörigen hinterlassen? Was kann Ihnen Hoffnung geben, dass die anderen nach einer Phase der Trauer ohne Sie gut weiterleben können? Von welchen nicht verwirklichten Lebensträumen müssen Sie Abschied nehmen? Auf welche der nicht gelebten Möglichkeiten können Sie am schwersten verzichten? Wie stellen Sie sich das „Sein nach dem Tode“ vor, z.B. als „Weiterleben“ in einer bestimmten Form oder als völlige Auslöschung Ihrer Person? Es gibt viele Beispiele dafür, dass Ruhe und Frieden in Sterbende und Todgeweihte einkehrt, wenn sie die Unvermeidbarkeit des Todes akzeptiert haben. Wenn Sie diese Übung nicht allein durchführen können, weil Sie die „totale Panik“ fürchten, dann sollte Ihnen bewusst werden, dass Unmengen von Beruhigungsmitteln nicht ausreichen werden, die mit den Panikattacken verbundenen Todesängste zu beseitigen. Brauchen Sie wirklich auch dann noch abhängig machende Beruhigungsmittel und/oder eine lange Psychotherapie, wenn Sie die Todesangst als das schmerzliche Bewusstwerden der Endlichkeit Ihrer Existenz akzeptiert haben? Brauchen Sie vielleicht gerade deshalb eine zumindest kürzere Psychotherapie, weil Sie mit diesen existenziellen Ängsten gegenwärtig nicht umgehen können? Wie groß ist – in einem Prozentwert angegeben – der Anteil der Todesangst an Ihren krankhaften Ängsten? Oder leiden Sie unter einer Hypochondrie? Im Falle von Krankheitsängsten empfehle ich Ihnen meinen Selbsthilfe-Ratgeber: „Krankheitsängste verstehen und überwinden.“
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Durchspielen der gefürchteten Situation in Form eines Rollenspiels, wobei Sie bei entsprechenden technischen Möglichkeiten auch eine Videoaufzeichnung vornehmen können. Stellen Sie sich zu Hause vor, wie Sie sich gerade in der Ernstsituation befinden. Wenn es Ihnen hilft, sich eine Situation möglichst realistisch zu vergegenwärtigen, können Sie dabei auch die Augen schließen. Spielen Sie dann buchstäblich in Form eines kleinen Stückes alles durch, was Ihnen real passieren könnte: Sie werden schwindlig, Sie schwanken, Sie wollen sich anhalten, tun es aber nicht, Sie beginnen vermehrt zu atmen oder halten die Luft an, Sie spüren, wie weich oder angespannt Ihre Knie sind, und lassen es zu, dass Sie umfallen, bleiben eine Weile liegen und versuchen sich dann langsam wieder zu erheben. Sie können den ganzen Ablauf auch so gestalten, dass Sie sich vorstellen, Sie seien eine Schauspielerin, die für die Zuschauer des Films genau das spielt und ausagiert, was Sie denken und fürchten. Vorstellen der nächsten Panikattacke mit erträglichem Ausgang. Vorhandene Ängste werden gerade dadurch panikartig gesteigert, dass am Höhepunkt der Angstvorstellung (bildhafte Vergegenwärtigung von Herzinfarkt, Ohnmacht, Erbrechen, soziale Auffälligkeit wie Zittern usw.) ein „Filmriss“ erfolgt. Die Panikvorstellung ist das Ende, es geht nicht mehr weiter. Lernen Sie, diesen „Film“ innerlich fortlaufen zu lassen, sodass es zu einem erträglichen Ausgang kommt. Entwickeln Sie mindestens drei Varianten, wie Sie die für Sie bedrohliche Situation einigermaßen gut überstehen können. In ähnlicher Weise lernen Menschen, wie sie mit Albträumen umgehen können, die sie nachts am Höhepunkt des Dramas, kurz vor dem vermeintlichen Ende, immer wieder munter werden lassen. In Tagträumen spielt man die Szene immer wieder durch und entwickelt ein Traumende mit konkreten Überlebensvorstellungen. Zwei Beispiele zur Imagination einer bevorstehenden Panikattacke: z Sie fürchten eine Panikattacke in der Straßenbahn oder im Bus. Sie bekommen bei geschlossenen Fenstern zu wenig Luft, Sie atmen verstärkt und spüren Ihren raschen Herzschlag. Es wird Ihnen übel und Sie haben Angst zu erbrechen. Sie fürchten sich davor, auffällig zu werden. Sie steigen jedoch nicht aus dem Verkehrsmittel aus, sondern setzen die Bauchatmung ein (zur Erleichterung Lufteinschnüffeln durch die Nase), während Sie Ihre Hand auf Ihre Bauchdecke legen und durch den Mund ausatmen. Nach einiger Zeit können Sie zwar erschöpft, jedoch mit einem Erfolgserlebnis an Ihrem Ziel aussteigen. z Sie fürchten eine Ohnmacht in einem Geschäft. Sie fühlen sich im Supermarkt plötzlich schwindlig und der Ohnmacht nahe. Sie möchten bei vollem Einkaufswagen flüchten, sehen jedoch die lange Warteschlange bei der Kasse, sodass Sie nicht hinauskommen. Sie sind in der Falle, Ihre Angst steigt dadurch. Sie spüren, dass Sie keine Luft mehr bekommen, Ihr Herz schlägt bis zum Hals, Sie beginnen zu schwitzen und zu zittern. Sie erinnern sich an Ihre letzte Panikattacke, wo Sie Angst zu sterben gehabt haben. Sie möchten sich am liebsten am Einkaufswagen festhalten, tun dies jedoch bewusst nicht, sondern stehen frei und sind bereit umzufallen und auffällig zu werden. Sie haben den Eindruck, dass jemand etwas bemerkt haben könnte. Sie schütteln Arme und Beine kräftig durch (mutig vor anderen oder in einer Ecke), atmen intensiv über die Lippenbremse aus und durch die Nase ein („Einschnüffeln“ bewirkt Zwerchfellatmung). Sie bleiben aufrecht, gehen umher und beschließen, noch mindestens eine Viertelstunde zu bleiben, um Ihre ständige Fluchtbereitschaft zu überwinden. Abschließend loben Sie sich kräftig.
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Negative Vorstellungen bei einer beginnenden Panikattacke durch positive überlagern. Vergegenwärtigen Sie sich die Empfindungen einer beginnenden Panikattacke und koppeln Sie diese mit einer anderen, positiven Körpererfahrung, z.B. mit einer gelungenen sportlichen Betätigung, einem schönen Urlaubserlebnis oder einer liebevollen Umarmung des Partners. Entwickeln Sie ganz konkrete, positive Vorstellungsbilder und damit verbundene angenehme Gefühle, die Ihre negativen Gedanken und Körperempfindungen überlagern. Setzen Sie dabei alle Sinneskanäle genauso ein, wie Sie dies unbewusst bei der Vorstellung von Angstsituationen tun. Trainieren Sie die vorstellungsmäßige Entwicklung wunderschöner Situationen, wo Sie sich grenzenlos wohl und geborgen fühlen, und überlagern Sie damit die aktuelle negative Befindlichkeit. Besonders hilfreich ist die Vergegenwärtigung schöner Erlebnisse. Mit dieser Übung sollen Sie lernen, einerseits negative Erinnerungen und Angst machende Vorstellungen bewusst zuzulassen, um sie dann durch einen positiven Fortgang zu bewältigen. Auf diese Weise machen Sie die Erfahrung, dass Sie nichts unterdrücken müssen. Einige Beispiele zur Imagination positiver Erlebnisse sollen zu eigenen Ideen anregen: z Urlaub am Meer. Sie liegen am Meer, lassen sich mit jeder Ausatmung angenehm schwer in Ihren Liegestuhl fallen, sehen die Weite des blauen Meeres, hören das Rauschen der Wellen, riechen den salzigen Seetang, spüren die warmen Sonnenstrahlen auf Ihrer Haut und die angenehm kühlende Wirkung der Meerestropfen in Ihrem Gesicht und genießen die Urlaubsstimmung. Was die Leute um Sie herum reden, ist Ihnen egal, auch wenn es über Sie sein sollte, denn Sie verstehen ihre Sprache überhaupt nicht. z Bergerlebnis. Sie stehen sicher und fest auf einem Berggipfel, schauen auf das einzigartige Panorama hinab, erleben das beruhigende Grün der Berghänge, blicken auf den blauen Himmel, hören den heißeren Schrei einer Krähe, spüren einen angenehmen Lufthauch über Ihr Gesicht streichen, atmen die frische Bergluft ein und tanken sich dadurch auf mit neuer Energie, fühlen sich abgehoben vom Lärm des Tales, alles schaut so weit weg aus. Sie stehen souverän über den Dingen und können entscheiden, wann Sie sich wieder auf das Gewühl im Tal einlassen. Wenn auf Sie etwas bedrückend wirkt wie ein dominierender Berg in einem engen Tal, dann stellen Sie sich vor, Sie sehen alles vom Gipfel aus und blicken hinunter von der Weite des Bergkamms. z Erfolgserlebnis. Vergegenwärtigen Sie sich eines Ihrer größten Erfolgserlebnisse und spüren Sie die dabei auftretenden körperlichen Empfindungen. Sehen Sie Ihr Verhalten wie in einem Videofilm vor sich und schlüpfen Sie in diesen Körper, wo Sie sich dann selbst nicht mehr sehen und plötzlich alles so erleben, als wäre es gegenwärtig. Spüren Sie mit allen Fasern Ihres Körpers die Kompetenz und den Wert Ihrer Person. Mit jeder Einatmung tanken Sie sich auf mit jener Kraft und Energie, die Sie aus diesem Erfolgserlebnis beziehen. Mit diesem Körpergefühl gehen Sie gelassen auf gefürchtete Situationen oder Personen zu. z Lieblingsmusik. Schließen Sie Ihre Augen und vergegenwärtigen Sie sich mental Ihre Lieblingsmusik. Stellen Sie sich vor, Sie haben erstklassige Kopfhörer auf, versinken tief in der Welt der Musik und blenden die ganze Umwelt für einen bestimmten Zeitraum aus, um sich aufzutanken. Hören Sie die Melodie, erleben Sie den Rhythmus, der Sie mitreißt, bewegen Sie Ihren Körper bzw. Ihre Lippen, um Ihre lebendige Teilnahme zu verstärken, spüren Sie das angenehme Kribbeln in Ihrem Körper und lassen Sie angenehme Bilder aufkommen, die zu dieser Musik passen.
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Verknüpfung bestimmter Körperempfindungen bei Panikattacken mit anderen Erlebnissen. Körperliche Zustände wie Herzrasen, Atembeschleunigung, Heißwerden, Schwitzen, Schwindel usw. treten in zahlreichen anderen Situationen auf, die üblicherweise nicht mit Angst und Panik verbunden sind. z Ein Saunabesuch. Stellen Sie sich die geschlossene Sauna kurz nach einem Aufguss vor und spüren Sie, wie Ihr Körper zu schwitzen beginnt und Sie so gut als möglich durchatmen. Vergegenwärtigen Sie sich, wie Ihr Herz dies aushält, auch die anschließende Abkühlung im kalten Wasser. z Unmittelbar nach einer sportlichen Höchstleistung. Stellen Sie sich vor, Sie sind gerade ein längeres Stück so schnell wie möglich gelaufen, die Stiegen bis zum achten Stock eines Hochhauses rasch hinaufgegangen usw. Spüren Sie das Herzrasen, die Atemnot, den Schweiß und die Erschöpfung. z Vorstellung eines großen Erfolgserlebnisses. Stellen Sie sich vor, Sie haben etwas geschafft und sind ganz aufgeregt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, z.B. Überreichung des Abschlusszeugnisses nach einer längeren Ausbildung. z Ein schönes sexuelles Erlebnis. Stellen Sie sich vor, wie Ihr Herz schlägt, Ihre Atmung hörbar und schnell geht, Ihr Körper ganz angespannt und heiß wird und schließlich von Schweiß überzogen ist, bis Sie schließlich im Orgasmus das Gefühl bekommen, ganz weggetreten zu sein. Nicht selten haben Panikpatienten wegen der dabei erlebten körperlichen Zustände auch Angst vor sexueller Erregung. Die Konzentration auf die Inhalte des mentalen Trainings wird oft durch Störgedanken oder Abschweifen beeinträchtigt. Ein direktes Dagegen-Ankämpfen führt jedoch oft zur Fixierung darauf. Hilfreich sind Vorstellungen, wie unerwünschte Gedanken von allein wieder so verschwinden werden, wie sie gekommen sind. Störende Gedanken z ziehen dahin wie die Wolken am Himmel, z taumeln weg wie die Blätter im Herbstwind, z werden weggetrieben wie Abfälle in einem Fluss, z lösen sich auf wie der Nebel, der eine schöne Landschaft freigibt, z werden in Kisten eingepackt wie Objekte und im Keller oder Dachboden abgestellt. Viele Menschen glauben, sie müssten ihre negativen und ängstlichen Vorstellungen durch positives Denken ersetzen. Einseitig positives Denken und übertrieben positive Tagträume („Luftschlösser“) führen zur Entfernung von der Alltagswelt und bewirken keine Verbesserungen im Leben, weil sie die Schattenseiten des Lebens ausblenden. Nach neueren psychologischen Forschungsbefunden sind positive Fantasien anfangs zwar sehr wichtig, um überhaupt Veränderungswünsche entstehen zu lassen, in weiterer Folge sind jedoch realistisch-negative Vorstellungen hilfreicher, um mit möglichen Problemen, Schwächen, Gefahren und Rückfällen besser umgehen zu lernen. Nur die Vorstellung der konkreten Bewältigbarkeit hilft uns, daran zu glauben, dass unsere Träume Wirklichkeit werden können und die befürchteten Probleme lösbar sind. In dem Buch „Psychologie des Zukunftsdenkens“ von Gabriele Oettingen werden verschiedene Studien beschrieben, die belegen, dass problemorientierte, realistische und damit auch negative Fantasien zu produktiveren Ergebnissen führen, als allzu positive Vorstellungen und Hoffnungen, die sich nicht mit konkreten Schritten beschäftigen, wie befürchtete Situationen bewältigt werden können. Die vorstellten mentalen Übungen zur Angstbewältigung entsprechen diesen psychologischen Erkenntnissen.
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Tagebuchschreiben und Tonbandgespräche – Therapeutischer Dialog mit der Angst Das regelmäßige Tagebuchschreiben und Besprechen eines Tonbandes bei starkem innerem Druck hat einen großen therapeutischen Effekt [24]. Der verbale Ausdruck von Gefühlen führt zu einer ersten emotionalen Entlastung, das Reden über traumatische Erfahrungen kann vor psychovegetativen Störungen bewahren. Das Schreiben über ein früheres traumatisches Ereignis an vier aufeinander folgenden Tagen führt zu einem Rückgang der Arztbesuche in den nächsten sechs Monaten. Jene Personen, die nicht nur über die Fakten des traumatischen Ereignisses, sondern auch über ihre Gefühle schreiben, profitieren vom Niederschreiben ihrer Erfahrungen am meisten. Diese Erkenntnisse hat der amerikanische Psychologe Pennebaker [25] durch mehrere Studien gewonnen. Belastende emotionale Zustände in Worte fassen zu können hat eine therapeutische Wirkung. Psychovegetative und psychosomatische Störungen sind oft ein sprachloser Ausdruck dafür, dass es irgendwo drückt. Mit dem Begriff „Alexithymie“ wird der Umstand bezeichnet, dass die betroffenen Patienten ihre Gefühlszustände nicht wahrnehmen, differenzieren und sprachlich ausdrücken können, sodass sich diese in körperlichen Zuständen einen Weg bahnen. Manchmal kann man eine bestimmte Situation nicht in den Griff bekommen, wohl aber seine Gedanken und Gefühle dazu formulieren und auf diese Weise die Erfahrung machen, dass dies eine gewisse Kontrolle ermöglicht, nämlich über den eigenen Körper. Nehmen Sie sich für Ihre Angstgedanken täglich etwas Zeit (10 Minuten sind oft ausreichend) und schreiben Sie in Tagebuchform auf, was Sie gerade beschäftigt. Schreiben Sie in Angstsituationen oder kurz danach alles auf, was Sie gerade denken, fühlen und zu sich sagen. Sprechen Sie Ihre Gedanken und Gefühle auch nach freiem Einfall auf ein Tonband. Lesen und hören Sie Ihre Aufzeichnungen immer wieder, um sich damit auseinanderzusetzen, bis die entsprechenden Dinge für Sie „erledigt“ sind. Beim Schreiben oder Reden zwingen Sie sich dazu, konfuse Gedanken zu ordnen, vage Befürchtungen zu Ende zu denken und damit irgendeinen Lösungsweg anzupeilen. Beim bloßen Nachdenken besteht die Gefahr, dass Sie ständig „im Kreis“ denken. Die Wirkung von Therapiegesprächen beruht zum Teil auf einem ähnlichen Effekt wie das Tagebuch- oder Briefschreiben und das Besprechen eines Tonbandes. Analysieren Sie später, wenn Sie einen gewissen Abstand dazu haben, Ihre Gedanken und Befürchtungen, die Sie auf Papier bzw. Tonband gebracht haben, um daraus zu lernen, was Sie ändern müssen, wenn es Ihnen besser gehen soll. Zu Beginn des Schreibens oder Sprechens auf Tonband kann es sein, dass es Ihnen seelisch und körperlich nicht besser, sondern schlechter geht, weil Sie Ihre bislang gemiedenen Gefühle bewusst provozieren, um damit umgehen zu lernen. Dies weist darauf hin, dass nicht Verdrängen, sondern Bewältigen von schmerzvollen Gefühlen zu dauerhaften Zustandsverbesserungen führt. Führen Sie einen Dialog mit Ihrer Angst: z Stellen Sie sich vor, Ihre Angst wäre eine menschliche Person, mit der Sie reden könnten oder der Sie einen Brief schreiben könnten („Meine liebe Angst!“). z Stellen Sie sich Ihre Angst als personifizierten Teil in Ihnen vor, der zu Ihnen gehört und mit dem Sie auch in Zukunft leben und zusammenarbeiten müssen. Stellen Sie sich daneben auch einen personifizierten Teil der Stärke und des Selbstvertrauens in Ihnen vor und lassen Sie diese beiden Teile oft miteinander in Dialog treten, mit allem Respekt voreinander, wie auch sonst Gespräche geführt werden sollen.
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Selbstinstruktionstraining Wir führen ständig bewusst und unbewusst innere Dialoge. Wir sprechen mit uns selbst und instruieren uns, was wir tun und lassen sollen. Bei Versagensangst demotivieren wir uns durch negative Selbstinstruktionen („negative Selbsthypnose“). Das Gehirn reagiert auf Bedrohungsvorstellungen ähnlich rasch wie auf äußere Gefahren. Bei der Behandlung von Ängsten kommt der Veränderung von Selbstgesprächen, inneren Monologen und Selbstinstruktionen eine große Bedeutung zu. Innerlich anders mit sich reden können schafft die Voraussetzung dafür, äußerlich anders handeln zu können. Butollo und Höfling [26] weisen in ihrem Buch zur Behandlung chronischer Ängste und Phobien auf das Gefühl der Kompetenz durch ein Selbstinstruktionstraining hin: „Nicht was man sich in diesen Augenblicken sagt ist wichtig, sondern daß man sich etwas sagt, und daß man an die Wirkung dieser Aussagen glaubt. Wenn man an die angstreduzierende Wirkung einer Selbstinstruktion, einer Bewältigungsstrategie, einer Ablenkung oder eines Stoßgebetes glaubt, tut man kognitiv etwas fundamental anderes als sich Angst-Machen durch Zweifeln an der eigenen Kompetenz... Letztlich scheint eine kognitive Bewältigungsstrategie die Bedeutung der Kontrollierbarkeit der Aversivität eines Ereignisses ... zu vermitteln. Die Kontrolle muß nicht unbedingt ausgeübt werden, um zu beweisen, daß sie effektiv ist, sie muß nicht einmal realistisch sein, es kann schon genügen, daß sie als effektiv bewertet wird.“
Die inneren Dialoge von Angstpatienten können durch ein Selbstinstruktionstraining gezielt verändert werden. Das Selbstinstruktionstraining geht auf die Forschungsergebnisse und Trainingsprogramme des kanadischen Psychologen Donald Meichenbaum in den 1970er-Jahren zurück. Selbstinstruktionsverfahren können gut mit den verschiedenen Methoden der Angstbehandlung (Konfrontationstherapie, Selbstsicherheitstraining) verbunden werden. Das Stressimpfungstraining nach Meichenbaum [27] ist ein auf Selbstinstruktionen aufgebautes Verfahren zur Bewältigung der verschiedensten Stressund Angstsituationen. Diese Technik zählt zu den Methoden der kognitiven Umstrukturierung und besteht aus vier sich zeitlich überlappenden Schritten: 1. Vorbereitung auf ein Angst auslösendes Erlebnis. Der Betroffene versucht sich zu orientieren, stellt klar, was zu tun ist, und versichert sich der einzelnen Verhaltensmöglichkeiten („Was muss ich jetzt zuerst tun?“, „Was genau erwartet mich jetzt?“, „Überlege Dir, was du machen kannst. Das ist besser, als ängstlich zu werden. Was du für Angst hältst, ist nur die Anspannung vor dem bevorstehenden Ereignis“). 2. Begegnung mit der Angstsituation und Umgang mit ihr. Der Betroffene erinnert sich, was er angesichts einer belastenden oder Angst machenden Situation ganz konkret tun sollte und vergegenwärtigt sich die vorher erarbeiteten Selbstinstruktionen („Ich gehe in kleinen Schritten vor“, „Ich lenke mich während einer Panikattakke ab“, „Ich atme durch“). 3. Bewältigung des Gefühls, überwältigt zu werden. Der Ernstfall und die drohende Panikattacke werden vorweggenommen. Entsprechende Selbstinstruktionen dienen der Verhinderung von Panikreaktionen („Es ist belastend, aber aushaltbar“, „Es geht bald vorbei, wie es bisher immer der Fall war“, „Ich konzentriere mich jetzt ganz auf die Umwelt“, „Ich bewege mich, um das Gefühl der Ohnmacht zu überwinden“). 4. Phase der Selbstverstärkung. Verstärkende Selbstaussagen im Sinne der Selbstbelohnung sollen das Bewältigungsverhalten aufrechterhalten. Der Patient soll sich dafür loben, dass er sich der Angst gestellt und neue Verhaltensweisen eintrainiert hat („Ich habe es geschafft“, „Das habe ich jetzt gut gemacht“, „Ich kann stolz sein“).
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Je nach der Art der Erwartungen können verschiedene Angst verstärkende Selbstinstruktionen in Angstsituationen unterschieden werden: z Selbstinstruktionen über Situationserwartungen beziehen sich auf die momentane Situation und deren Veränderungen, die ohne das eigene Verhalten zu erwarten sind: „Die morgige Prüfung wird bestimmt schwer.“ z Selbstinstruktionen über Kompetenzerwartungen beziehen sich darauf, inwieweit sich eine Person ein bestimmtes Verhalten zutraut (z.B. „Ich schaffe es bestimmt nicht, in dieser Situation auszuharren“, „Ich bleibe so lange in der Situation, bis ich es vor lauter Angst nicht mehr aushalten kann“, „Das schaffe ich nie“, „Ich werde kein Wort herausbringen“, „Ich werde bei der Prüfung bestimmt durchfallen“) bzw. inwieweit sie ein Gefühl der Kontrolle über ein unerwünschtes Verhalten zu haben glaubt (z.B. „Bestimmt gerate ich außer Kontrolle“, „Gleich werde ich ohnmächtig“, „Wenn die Panik kommt, muss ich sofort weg von hier“, „Wenn das Herz wieder zu rasen beginnt, halte ich das nicht mehr lange aus“, „Ich werde bestimmt rot“, „Gleich werde ich wieder stottern“). z Selbstinstruktionen über Folgeerwartungen haben das eigene Verhalten und seine Folgen und Auswirkungen zum Inhalt (z.B. „Wenn ich nicht rechtzeitig aus der Angstsituation flüchten kann, wird mir etwas passieren“, „Wenn ich zittere oder rot werde, bin ich bei den anderen erledigt“, „Die anderen merken, dass ich rot werde“, „Wenn ich jetzt versage, werde ich diese Situation nie mehr aufsuchen“). Verschiedene Anregungen für hilfreiche Selbstinstruktionen stammen aus folgenden zwei Büchern: z „Umarme Deine Angst“ von Kaestele (vergriffen) z „Angst, Panik und Phobien. Ein Selbsthilfeprogramm“ von Peurifoy.
Positive Selbstinstruktionen Aus dem Sport ist bekannt, dass bereits vor dem Aufgeben und dem tatsächlichen Versagen die Selbstgespräche kippen in die Richtung: „Das schaffe ich nicht.“ Psychologische Trainingsmethoden im Spitzensport zielen darauf ab, den Kampf um das Durchhalten über positive Selbstgespräche zu stärken. Dabei werden keine unrealistischen Ziele angepeilt, sondern realistische Leistungsmöglichkeiten vergegenwärtigt. Wenn Sie angesichts einer bestimmten Situation Angst haben und mit Problemen rechnen, heißt dies noch lange nicht, dass eine Katastrophe eintreten muss. Positives Denken bedeutet nicht unbedingt, einen problemlosen Ausgang zu erwarten, sondern sich mögliche Probleme als bewältigbar vorstellen zu können. Statt „Es wird schon nichts passieren“ lautet das Motto „Was auch immer passiert, ich werde damit zurechtkommen, weil ich noch alles irgendwie geschafft habe“; statt „Ich habe keine Angst“ oder „Wenn ich Angst bekomme, lenke ich mich schnell ab“ sagen Sie sich „Diese Angst kann ich ertragen“. Das positive Denken, wie es oft verstanden wird, birgt die Gefahr in sich, die negativen Aspekte des Lebens zu leugnen und nicht ausreichend darauf vorzubereiten. Die Akzeptanz von Gefahr lenkt den Blick auf das Mögliche. Positive Selbstinstruktionen werden unter verschiedenen Bezeichnungen eingesetzt: z als „Affirmationen“ (Selbstbestärkungen), z als „formelhafte Vorsatzbildungen“ im autogenen Training, z als „Selbstsuggestionen“ im Bereich der Selbsthypnose.
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Positive Selbstinstruktionen sollten nach folgenden Richtlinien gestaltet werden: z kurze, einfache und prägnante Sätze („Ich schaffe das“); z konkrete und klare Aussagen („Ich trete morgen auf jeden Fall zur Prüfung an“); z positive Formulierungen (z.B. „Ich kann in Geschäften ruhig und sicher umhergehen“ statt „Ich habe in Geschäften keine Angst mehr“); z immer in der Gegenwart formuliert, und zwar möglichst so, als sei das gewünschte Verhalten bereits eingetreten („Ich bin ganz ruhig und entspannt“, „Ich atme ruhig und gleichmäßig“, „Ich kann die Angst aushalten“). Mit Hilfe der Spaltentechnik können Sie Ihre Angst machenden Gedanken und negativen Selbstgespräche analysieren, in positive Selbstinstruktionen umformen und sich innerlich vorsagen lernen [28]. Jede positive Selbstaussage stärkt Ihre Selbstsicherheit, jede ängstliche Selbstinstruktion schwächt Ihre Handlungsfähigkeit. Unter großem Stress neigt man leicht zu „primitiveren“ Bewältigungsstrategien und fällt man schnell auf die früheren negativen Denkmuster zurück, sodass die neuen Einstellungen intensiv eintrainiert werden müssen, bevor sie aus dem Unterbewussten heraus wirksam werden können. Tab. 19: Spaltentechnik: Negative und positive Selbstinstruktionen Symptom Schwindel Herzrasen
Atemnot
Zittern Ohnmacht Unwirklichkeit Prüfungsangst Angst vor Leuten Zittern Sprechhemmung Unsicherheit Angst vor Kritik
Kontaktangst gegenüber dem anderen Geschlecht
Negative Selbstinstruktion Ich werde ohnmächtig.
Positive Selbstinstruktion Wenn der Blutdruck steigt, bleibe ich sicher bei Bewusstsein. Gleich bekomme ich einen HerzinEine Panikattacke überlebt man imfarkt und sterbe. mer. Ich habe sie bisher auch immer überstanden. Ich muss grauenvoll ersticken. Ich atme zuerst langsam und vollständig durch den Mund aus und dann langsam durch die Nase ein. Alle werden auf mich schauen. Bisher habe ich noch immer alles unauffällig geschafft. Ich liege da und keiner hilft mir. Ich komme ganz von allein wieder zu mir. Gleich werde ich verrückt. Ich fühle mich anders und bin dabei trotzdem normal. Ich werde bestimmt versagen. Ich probiere es auf jeden Fall, vielleicht geht es doch gut. Alle werden mich ablehnen. Ich möchte mich trotzdem so geben, wie ich mich fühle. Jeder wird meine Unsicherheit bemer- Alle Zuschauer haben Probleme, nur ken. andere als ich. Ich werde bestimmt stottern. Lieber spontan, echt und gesellig als schweigsam, verstellend und einsam. Jeder wird meine Unsicherheit bemer- Lieber unsicher handeln als sicher ken. schweigen. Bestimmt werden mich einige kritisie- Ich gehe meinen Weg. Irgendjemand ren. wird mich immer kritisieren, egal was ich tue. Mit mir wird bestimmt keine Frau Für den Anfang reicht es, dass ich längere Zeit reden wollen. eine Frau 10 Minuten lang in ein Gespräch verwickeln kann.
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Die wichtigsten Selbstinstruktionen können Sie auf ein kleines Kärtchen schreiben, stets bei sich tragen und bei Bedarf vorher durchlesen [29]. Die positiven Selbstinstruktionen sollten Sie auch im Rahmen von Entspannungsübungen gleichsam tief in Ihrem Unterbewusstsein verankern. Ein in „guten Tagen“ besprochenes Tonband oder bereitliegendes Tagebuch mit Ihren ermutigenden Selbstsuggestionen kann Ihnen gute Dienste leisten in “schlechten Tagen“. Sie werden dadurch wieder an Ihre positiven Kräfte erinnert. Entscheiden Sie sich nach einigem Herumprobieren für einige wenige, besonders passende Affirmationen, die Sie sich täglich innerlich mehrfach vorsagen, vielleicht sogar auch laut aussprechen, um dadurch Ihre Kraft und Energie zu spüren. Sie können diese Sätze eingebettet in einen umfassenderen Text auch auf Tonband sprechen, mit Musik untermalen und täglich in einem Entspannungszustand anhören. Auf diese Weise erstellen Sie Ihre eigene individuelle Kassette „Mentale Angstbewältigung“, wie Sie derartige Produkte in recht allgemein formulierter Weise als CD zu kaufen bekommen. Sie können einen passenden Satz auch im Sinne einer formelhaften Vorsatzbildung während des autogenen Trainings verwenden. Die folgenden Beispiele dienen als Anregung zur Entwicklung positiver Selbstinstruktionen in Angstsituationen bzw. zur Stärkung vor Angstsituationen: z Ich kann überall hingehen trotz meiner Angst vor Ohnmacht. z Ich habe einen mutigen Teil in mir, den ich durch jedes mutige Verhalten stärke. z Ich vertraue auf mich und kann Neues erleben. z Ich schaffe, was ich mir vornehme. z Was mir wirklich wichtig ist, erreiche ich bestimmt. z Ich nehme meine Angst an und begegne mutig meinen Angstsymptomen. z Ich akzeptiere meine Angstsymptome und tue, was zu erledigen ist. z Ich akzeptiere Unsicherheit und Restrisiko angesichts der Zukunft als normal. z Ich kann mich auf andere Menschen einlassen trotz meiner Angst. z Ich kann Angst haben und meine Sachen trotzdem erfolgreich erledigen. z Ich habe Angst, aber es wird trotzdem alles gut gehen. z Angst ist nicht gefährlich – nur unangenehm. Ich habe sie schon oft ausgehalten. z Meine Angst ist nur ein Adrenalinschub, und der ist bald vorbei. z Meine Angstreaktionen sind alte Gewohnheitsmuster. Ich werde sie bald los sein. z Ich tue alles, was mir wichtig ist, wenn es sein muss, auch mit Angstgefühlen. z Mein Motto lautet: „Alles mit der Angst, nichts gegen die Angst.“ z Meine Angst zeigt, dass mir die Sache wichtig ist, ich tue, was ich kann. z Ich kann die Angst nicht verhindern, ich kann ihr aber widerstehen. z Ich muss nicht perfekt sein, ich kann das aber aushalten. z Jetzt halte ich alles aus, was später kommt, werden wir sehen. z Ich mache etwas nicht gerne allein, aber ich kann es, wenn es sein muss. z Ich darf so sein wie ich bin. Ich darf auch schwach sein. z Es ist ein Zeichen von Stärke, seine Schwäche zuzulassen. z Angst macht mich gefühlvoll und menschlich. z Ich nehme alle aufkommenden Gefühle wahr und kann sie aushalten. z Meine Schwächen machen mich menschlich und liebenswert. z Ich mag mich, auch wenn ich mich ängstlich und hilflos fühle. z Ich akzeptiere mich im Moment so wie ich bin, egal wie viel Angst ich habe. z Die anderen mögen mich auch dann, wenn ich Angst habe. z Wenn ich durch Zittern, Schwitzen usw. auffalle, sehen die anderen wenigstens, dass ich mir nichts einbilde.
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Alternative Selbstinstruktionen Menschen mit Ängsten rechnen in jeder Situation gleich mit dem Schlimmsten. Tatsächlich sind jedoch mindestens drei Möglichkeiten gegeben: z ein negativer Ausgang (das Allerschlimmste, die Katastrophe), z ein positiver Ausgang (das Allerbeste, die Wunschlösung), z ein erträglicher Ausgang (belastend, jedoch aushaltbar). Tab. 20: Spaltentechnik: Alternative Selbstinstruktionen [30] Das Allerschlimmste (Die Katastrophe) Mein Herz beginnt zu rasen. Ich bekomme einen Herzinfarkt. Diese Prüfung schaffe ich nie.
Erträglicher Ausgang (Erleichterungsaussagen) Das Herzrasen ist lästig, in drei Minuten lässt es jedoch nach. Wenn ich durchfalle, schaffe ich es beim zweiten Mal. Gleich falle ich ohnmächtig um. Mir wird schwindlig, vielleicht falle ich auf, aber ich bleibe stehen.
Das Allerbeste (Positive Selbstinstruktion) Mein Herz ist gesund und schlägt ruhig. Ich habe so viel gelernt, dass ich die Prüfung sicher schaffe. Ich bewege mich kräftig, atme tief durch und fühle mich wohl.
Ein Spruch lautet: „Die Freiheit beginnt bei drei Möglichkeiten.“ Bei einer Möglichkeit steht man unter Zwang, bei zwei Möglichkeiten befindet man sich in einem Dilemma.
Negative Selbstinstruktionen in einen positiven Kontext einbetten Angstgedanken sind häufig strukturiert nach einem „Wenn-dann-Muster“, z.B. „Wenn ich mit dem Bus fahre, dann wird mir übel werden.“ Für bestimmte Situationen werden spezifische, belastende Reaktionen vorhergesagt, die im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung tatsächlich einzutreten drohen. Diese starr und automatisch ablaufenden negativen Gedanken lassen sich durch direktes Ankämpfen dagegen oft nicht überwinden, sodass es besser erscheint, sie anzunehmen und durch neue Gedankenverknüpfungen zu entschärfen, und zwar durch solche, die einen bewältigbaren Fortgang der befürchteten Ereignisse enthalten. Tab. 21: Spaltentechnik: Verknüpfung mit neuen Gedanken [31] Wenn-dann Wenn ich vor Leuten reden muss, dann werde ich zittern, Wenn ich allein auf der Straße gehe, dann wird mir schwindlig, Wenn ich mit anderen in einem Lokal sitze, dann halte ich es nicht lange aus, Wenn mein Mann nicht rechtzeitig nach Hause kommt, dann könnte ihm etwas passiert sein, Wenn ich mit dem Bus fahre, dann wird mir übel,
Verknüpfung (und, aber) und und und
und
und
neuer Gedanke ich werde mich kräftig bewegen, damit es nicht so auffällt. ich atme tief durch die Nase ein, sodass ich Sauerstoff bekomme. ich gehe kurz hinaus und komme dann wieder auf meinen Platz zurück. ich weiß, dass dies immer mein erster Gedanke ist, bis ich mich wieder beruhige. ich atme durch die Nase tief ein, stehe auf und öffne ein Fenster.
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Selbstinstruktion als Entscheidungsdialog Wählen und Entscheiden-Können sind zentrale Merkmale menschlicher Freiheit. Jeder Zwang, etwas tun zu müssen, und jedes Ohnmachtsgefühl, nichts anderes tun zu können bzw. zu dürfen, beeinträchtigt die Lebensqualität. Analysieren Sie, wie sehr Sie sich bereits durch Ihre Sprache in Ihren Handlungsmöglichkeiten einengen, und entwickeln Sie Sprachmuster, die Ihren Handlungsspielraum und Ihre Entscheidungskompetenz betonen. Das Gefühl der Wahlfreiheit verbessert die aktuelle Befindlichkeit. Sie müssen selbst im Rahmen einer Psychotherapie nicht alle Ängste überwinden. Sie können frei entscheiden, bestimmte Ängste lieber zu behalten, als den Aufwand zu ertragen, der zu deren Beseitigung erforderlich ist. Wenn Sie sich jedoch entschlossen haben, alle Ängste zu überwinden, die Ihre Bewegungsfreiheit einengen, sollten Sie Ihre alten Sprachmuster, die nur Angst- und Ohnmachtgefühle erzeugen (z.B. „Dieses Herzrasen ist nicht zu ertragen“), durch neue Selbstinstruktionen ersetzen, die Ihre Freiheit und Risikobereitschaft betonen (z.B. „Ich entscheide mich dafür, die gefürchtete Situation trotz Herzrasen auszuhalten“). Tab. 22: Handlungseinengende und handlungserweiternde Sprechweise [32] Handlungseinengende Sprechweise (Zwänge: „müssen“, „nicht anders können“) Ich kann nicht mit dem Bus fahren. Ich muss im Kino immer am Rand einer Reihe sitzen. Ich muss den Raum verlassen, wenn ich meine Angstzustände bekomme. Ich kann keine unbekannten Personen des anderen Geschlechts ansprechen. Aus Angst vor einem Ohnmachtsanfall kann ich nicht alleine unterwegs sein.
Handlungserweiterernde Sprechweise (Freiheit: „entscheiden“, „lieber tun wollen“) Ich möchte jetzt noch nicht Busfahren lernen. Ich entscheide mich, heute im Kino in der Mitte einer Reihe zu sitzen. Ich kann es einmal versuchen, alle körperlichen Zustände vor anderen Leuten zuzulassen. Aus Angst vor Ablehnung entscheide ich mich, vorläufig noch keine unbekannten Personen des anderen Geschlechts anzusprechen. Ich probiere es heute, allein fortzugehen, auch wenn ich dabei ohnmächtig umfallen sollte.
Panikbewältigungstraining Als Therapieziel bei Panikstörungen gilt der bessere Umgang mit Panikattacken, sodass die belastenden Erwartungsängste geringer werden. Ein sicheres Ausbleiben der gefürchteten Panikattacken kann dagegen nicht garantiert werden. Können Sie als Betroffener mit diesem Ziel zufrieden sein? Wenn Sie ein gewisses Restrisiko einer Panikattacke nicht ertragen möchten, zeigt Ihr Bedürfnis nach 100%iger Garantie, dass Sie vermutlich starke Todesängste oder ausgeprägte Krankheitsängste haben, auf keinen Fall sozial auffällig werden wollen oder zwanghaft-perfektionistische Tendenzen aufweisen. Weder viele Medikamente noch lange und tief schürfende Psychotherapien können Ihnen die Garantie geben, dass Sie keine der gefürchteten Panikattacken mehr erleben werden. Wenn eine verhaltenstherapeutisch orientierte Kurzzeittherapie bei einer seit Jahren vorhandenen Panikstörung mit Agoraphobie wirksam ist, dann oft deshalb, weil man nach zahlreichen Erfolgserlebnissen mit einem Restrisiko besser umgehen lernt. Ohne Bewältigungserfahrungen führt jede Angst vor einer neuerlichen Panikattacke zu ständigen Vermeidungsreaktionen und im Laufe der Zeit zu einer Daueranspannung.
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Allgemeine Ratschläge zur Panikbewältigung Panikattacken bewältigt man am besten durch Zulassen, weil der Kampf dagegen die Anspannung nur erhöht, ähnlich wie dies auch beim Rotwerden oder bei unterdrückten Tränen der Fall ist. Oft machen Panikattacken zentrale Fragen und Probleme des Lebens deutlich, die sich nicht mehr länger verdrängen und auch durch Übungen nicht einfach wegtrainieren lassen, sondern einer zumindest vorläufigen Bewältigung bedürfen. Einige Anregungen sollen als Hilfestellung dienen: z Wenn Sie merken, dass Ihre Panikattacken immer mit Todesangst gekoppelt sind, sollten Sie sich der Endlichkeit Ihres Lebens stellen und besser damit umgehen lernen. Was bedeutet der Tod für Sie, wenn er z.B. morgen eintreten würde? Hat Ihre Todesangst etwas mit religiösen Vorstellungen und Befürchtungen zu tun? z Warum dürfen Sie jetzt noch nicht sterben? Welche Mission müssen Sie noch erfüllen, welche Träume möchten Sie unbedingt noch im weiteren Leben verwirklichen, wer braucht Sie so dringend, dass Sie jetzt nicht dauerhaft fehlen dürfen? z Wenn Sie Angst vor einer bestimmten Krankheit haben, lassen Sie sich umfassend untersuchen (jedoch nicht ständig) und leben Sie entsprechend (z.B. Nikotinverzicht bei Lungenkrebsangst, Stressabbau und Gesundheitsverhalten bei Herzinfarktangst). z Wenn Sie Angst vor dem Ende Ihrer Partnerschaft haben, tun Sie etwas, um die Beziehung zu verbessern, oder stellen Sie sich einmal ganz konkret vor, wie es ohne den Partner einigermaßen erträglich weitergehen könnte. z Wenn Sie erkennen, dass die Paniksymptome mit Ihren Eltern oder Schwiegereltern zusammenzuhängen, widmen Sie sich der Lösung der anstehenden Probleme. z Wenn Sie merken, dass Ihre Angst- und Panikzustände immer dann verstärkt auftreten, wenn die Probleme im Beruf besonders groß sind (z.B. Überforderung, Kränkung durch Vorgesetzte, unerträglicher Konkurrenzkampf mit Arbeitskollegen, wirtschaftlich schlechte Situation Ihres Betriebes), sollten Sie die Klärung Ihrer beruflichen Probleme angehen, damit Sie nicht ständig deswegen in Krankenstand gehen. z Wenn Sie durch Unterdrückung von Ärger und Aggression Panikattacken bekommen, sprechen Sie Ihre Gefühle den Betroffenen gegenüber klar und deutlich aus. z Wenn Sie aus Angst vor Liebesverlust Ihrem Partner oder einem Elternteil Ihre Gedanken und Empfindungen nicht mitteilen können, stellen Sie sich vor, Sie hätten dies doch getan, und lernen Sie, die Folgen gedanklich besser auszuhalten. z Wenn Sie merken, dass Sie bei Panikattacken hauptsächlich Angst davor haben, negativ aufzufallen, sollten Sie sich Ihre positiven Seiten vor Augen halten, die auch andere kennen, damit Sie sich nicht so sehr vor Ablehnung fürchten. z Wenn Sie ständig Angst vor einer bestimmten Erfahrung haben, führen Sie diese bewusst herbei, um zu erleben, was passiert. Nehmen Sie anstelle von Fantasien eine gezielte Realitätstestung vor. Lassen Sie sich vor anderen Menschen absichtlich zu Boden sinken, beginnen Sie zu zittern, ringen Sie um Luft, greifen Sie an Ihr Herz, sagen Sie, es sei Ihnen übel oder es sei zu heiß im Raum, erzählen Sie anderen bewusst von Ihren Panikattacken, fragen Sie andere nach ähnlichen Erfahrungen. z Wenn Sie Angst vor Auffälligkeit durch bestimmte Symptome einer Panikattacke haben und den Beobachtern keinesfalls von Ihrer Störung erzählen wollen, legen Sie sich bestimmte Äußerungen zurecht, die etwas, aber nicht alles verraten (z.B. „Wenn ich zu viel arbeite und zu wenig schlafe, geht es mir immer so schlecht“). z Wenn Sie aus Angst vor Panikattacken bestimmte Situationen und Orte meiden, suchen Sie diese gezielt auf, um besser damit umgehen zu lernen.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Die ständige Beschäftigung mit Ihren Symptomen und irrealen Ängsten kann eine neurotische Vermeidungsstrategie derart sein, dass Sie sich vor den eigentlichen privaten, familiären, sozialen, beruflichen, ökonomischen oder gesundheitlichen Problemen ablenken. Je mehr Sie sich durch innere Anspannung und Angst gegen Ihre Katastrophenfantasien wehren, umso weniger sind Sie in der Lage, dort zeit- und sachgemäß einzugreifen, wo dies realistisch und sinnvoll ist. Das Hauptproblem irrationaler Ängste besteht darin, dass Sie sich auf real nicht relevante Bedrohungen fixieren und gerade dadurch realitätsangemessenes Handeln bei wirklichen Gefahren behindern. Die Verhaltenstherapeutin Schmidt-Traub [33] betont in ihrem Buch „Angst bewältigen. Selbsthilfe bei Panik und Agoraphobie“, einem guten Selbsthilferatgeber bei Panikattacken und Agoraphobie, folgende Aspekte zur Bewältigung von Panikattacken: z Schärfung der Wahrnehmung: Beobachten und Analysieren der Ängste. z Motivation: Mut machen zur Angstbekämpfung durch Sammeln von Informationen. z Umbewertung der körperlichen Symptome: Angst als sinnvolles Alarmsignal. z Konfrontation: Aufsuchen der Angstsituationen ohne Meidungsverhalten. z Konzentrationslenkung als Angstkontrolle: von negativer Selbstbeobachtung und Angst machenden Gedanken zu angenehmen oder neutralen Dingen schwenken. z Besseres Gesundheitsverhalten: mehr Sport, Entspannung, bessere Ernährung. z Lebensplanung: persönliche Herausforderungen für mehr Sinn im Leben suchen. z Stressmanagement: Belastungen früher erkennen und planvoll mildern. z Selbstbehauptung: bessere Durchsetzung und Abgrenzung gegenüber anderen. Folgende Ratschläge können bei der Bewältigung von Panikattacken nützlich sein: z Lassen Sie sich körperlich untersuchen, jedoch nur einmal. z Analysieren Sie nach jedem Anfall Ihre Angst und Panik. z Bleiben Sie bei einer akuten Panikattacke nicht ruhig, sondern bewegen Sie sich. z Verwenden Sie bei einer Panikattacke Atemtechniken mit Bewegung. z Beobachten Sie bei einer Panikattacke nicht den Körper, sondern die Umgebung. z Bleiben Sie bei einer Panikattacke im Hier und Jetzt, ohne negative Erwartungen. z Akzeptieren Sie Ihre Ängste und Symptome, ohne dagegen anzukämpfen. z Lassen Sie die Panikattacke vorbeiziehen wie ein heftiges Gewitter. z Stellen Sie sich Ihren größten Ängsten, die Sie in Panik versetzen. z Motivieren Sie sich durch Ziele jenseits von Angst und Panik. z Spielen Sie Panik erzeugende Situationen in der Vorstellung durch. z Betreiben Sie regelmäßig mentales Training mit der Vorstellung von Panik. z Stellen Sie sich allen Angstsituationen mit Panikgefahr, ohne auszuweichen. z Lernen Sie, Ihre Panikattacken durch Provokation zu kontrollieren. z Lernen Sie, besser mit Herzrasen, Schwindel und Fallangst umzugehen. z Stellen Sie sich bei Bedarf Ihrer unbegründeten Angst verrückt zu werden. z Schonen Sie Ihren Körper nicht ständig, sondern trainieren Sie ihn. z Machen Sie neben Ihrer Angst und Panik viele positive körperliche Erfahrungen. z Lernen Sie, sich zu entspannen und besser mit Stress umzugehen. z Leben Sie gesund bzw. entwickeln Sie ein verstärktes Gesundheitsverhalten. z Werden Sie selbstbewusster gegenüber anderen. Lernen Sie, Nein zu sagen. z Nehmen Sie trotz Angst vor Panikattacken möglichst wenig Beruhigungsmittel. z Vermeiden Sie längere Krankenstände und zu lange Krankenhausaufenthalte. z Vergegenwärtigen Sie sich während einer Panikattacke, dass Sie gesund sind und auch gesund bleiben und dass Ihre momentanen Todesängste nur Gedanken sind.
Panikbewältigungstraining
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Aufmerksamkeitslenkung Konzentration auf die Umwelt statt auf den Körper bei akuter Panik Beobachten Sie bei akuter Angst und Panik nicht den Körper, sondern die Umgebung! Die ständige Selbstbeobachtung und Konzentration auf die vorhandenen Symptome verstärkt bei vielen Betroffenen die Angstbereitschaft, wodurch die Beschwerden größer und die Panikattacken wahrscheinlicher werden. Wenden Sie sich daher bei beginnender Panikattacke vom Beobachten und Erleben des eigenen Körpers ab und konzentrieren Sie sich auf die Umgebung. Verzichten Sie auf jeden direkten Kampf gegen die Paniksymptome. Wenn Sie mit Ihren Panikattacken besser umgehen können, werden Sie eine Panikattacke auch durch Zuwendung auf Ihren Körper bewältigen lernen, indem Sie Achtsamkeitsübungen und Atemtechniken ohne Bewegung anwenden. Je mehr Sie gegen etwas direkt ankämpfen, umso stärker bleibt dies im Gedächtnis haften. Dies lässt sich anhand eines Beispiels demonstrieren. Stellen Sie sich eine Minute lang eine grüne Wiese vor, auf der ein weißer Elefant steht. Dann stellen Sie sich dieselbe grüne Wiese eine Minute lang ohne den weißen Elefanten vor. Wie können Sie das beharrliche Bild des weißen Elefanten am ehesten zum Verschwinden bringen? Ein Training der Konzentrationslenkung kann Ihnen helfen, beginnende Panikattakken zu beenden, indem Sie sich auf etwas anderes konzentrieren, solange Sie über keine distanzierte Selbstbeobachtungsfähigkeit verfügen. Verwenden Sie Konzentrationshilfen, die eine bessere Wahrnehmung der Umwelt über alle Sinne ermöglicht: z Was sehen und hören Sie jetzt gerade, wenn Sie sich auf die Umwelt konzentrieren? z Was riechen und schmecken Sie gegenwärtig, wenn Sie mehr darauf achten? z Was tasten und spüren Sie im Moment, soweit es die konkrete Umgebung betrifft? Sorgen Sie für den Notfall vor und überlegen Sie, welche der folgenden Anregungen für Sie nützlich sein könnten [34]: z Konzentrieren Sie sich auf etwas, das fünf Minuten lang Ihre ganze Aufmerksamkeit erfordert. Damit fangen Sie oft bereits die ärgste Panik ab. z Denken Sie an etwas, das Sie in der nächsten Zeit unbedingt tun müssen, wenn Sie nicht Nachteile in Kauf nehmen wollen, oder gehen Sie im Geist verschiedene Aufgaben durch, die Sie erledigen müssen (bestimmte Reparaturen, Speiseplanerstellung, Behördenwege, Ausflugsplanung u.a.). z Fixieren Sie einen Punkt oder Gegenstand, wodurch Sie ruhiger werden. z Beobachten Sie Häuser, Bäume, Pflanzen, Tiere, Autos, Nummernschilder, Plakate, Bilder, Schaufenster usw. und prägen Sie sich alles möglichst gut ein. z Beobachten Sie (z.B. in öffentlichen Verkehrsmitteln oder Geschäften) andere Menschen, ihre Haltung, Mimik, Kleidung usw. und versuchen Sie über diese Menschen etwas zu erraten (Alter, Beruf, Herkunftsland usw.). z Beobachten Sie beim Autofahren die Umgebung, hören Sie Radio, verwenden Sie einen MP3-Player und summen bzw. singen Sie laut zur Musik mit. z Drehen Sie den Fernsehapparat auf und suchen Sie den interessantesten Film aus. z Hören Sie Ihre Lieblingsmusik bzw. das, was Sie noch kaum gehört haben. z Verwenden Sie unterwegs einen MP3-Player wie Jugendliche mit Ihrer Lieblingsmusik und summen bzw. bewegen Sie sich dazu. z Klatschen Sie rhythmisch mit den Händen zu einem bestimmten Lied, das Sie gleichzeitig singen, vielleicht mit Unterstützung durch einen Tonträger.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
z Schauen Sie Ihre Fotos oder Videoaufnahmen an (z.B. vom letzten Urlaub). z Lesen Sie ein spannendes Buch, eine Zeitung oder Zeitschrift, am besten laut. z Wenn Sie zu Hause eine Panikattacke im Sitzen oder Liegen überfällt, stehen Sie auf und gehen Sie in der Wohnung umher. z Beginnen Sie mit einer Hausarbeit oder Gartenarbeit, die eine natürliche Form der Bewegung und Ablenkung darstellt. z Schreiben Sie einen Brief, machen Sie Notizen für bestimmte Planungen oder schreiben Sie auf, was Sie einkaufen müssen. z Konzentrieren Sie sich auf Rechenaufgaben, auf die Berechnung Ihrer wöchentlichen Haushaltsausgaben oder auf das Lösen von Kreuzworträtseln. z Spielen Sie etwas, das Sie fordert (z.B. Computerspiele, Gameboy, mit Tieren). z Gehen Sie in Ihr Bad und nehmen Sie eine Wechseldusche, mit warmem Wasser beginnend, mit kaltem Wasser endend. z Telefonieren Sie mit jemandem, wenn Sie allein zu Hause sind, ohne von Ihrer momentanen Panikattacke zu berichten, und warten Sie ab, ob Ihr Telefonpartner Ihre Unruhe überhaupt erkennt. Rufen Sie nur in Ausnahmefällen Ihren Partner, Arzt oder Psychotherapeuten an, ein Telefonat mit Verwandten, Bekannten, Behörden oder Firmen (z.B. Reisebüro wegen Urlaubsangeboten) tut es auch. z Wenn Sie allein zu Hause sind, verlassen Sie die Wohnung und gehen Sie spazieren, wenn nötig unter Menschen, ohne jemanden wegen Ihrer Zustände anzureden. z Wenn Sie allein unterwegs sind, sprechen Sie andere Menschen an und fragen Sie nach etwas, ohne von Ihrer Panik zu erzählen. z Lesen Sie im Geschäft die Aufschrift bei verschiedenen Produkten, suchen Sie nach ausgefallenen Artikeln oder beginnen Sie ein Gespräch mit einer Verkäuferin. z Genießen Sie etwas: Nahrungsmittel, Obst, Süßigkeit, Kaugummi, Getränk. z Riechen Sie einen angenehmen Geruch, den Sie in Ihrer Wohnung verbreiten (z.B. ein ätherisches Öl). z Betasten Sie mit Ihren Händen Dinge, die Sie mögen, um sich wohl zu fühlen. Streicheln Sie ein Tier oder Stofftier, um andere Empfindungen zu bekommen. z Wenn Sie sich von Ihrer Umwelt nicht verstanden fühlen oder diese in Ihre Probleme nicht einweihen möchten, benutzen Sie das Internet als Kontaktmöglichkeit mit gleichfalls Betroffenen, um auf diese Weise Verständnis und Hilfe zu erfahren.
Konzentration auf die Gegenwart statt auf die Zukunft Bleiben Sie bei Panik im Hier und Jetzt, ohne negative Erwartungen! Panikattacken sind nicht gefährlich; sie sind die normalen Körperreaktionen der Kampf-Flucht-Phase – nur zum falschen Zeitpunkt (meist in Ruhe). Akzeptieren Sie ohne negative Bewertung und ohne Dagegen-Ankämpfen das körperliche Geschehen und beobachten Sie das Kommen und Gehen der Symptome. Werden Sie zum distanzierten Beobachter des Geschehens und bleiben Sie ganz im momentanen Augenblick. Spätere Panikattacken werden oft ausgelöst durch bildhaft-konkrete Vorstellungen der ersten, letzten oder nächsten Panikattacke. Beim Auftreten harmloser körperlicher Symptome (leichtes Herzklopfen, Schwitzen, Kribbeln, Schwindel usw.) läuft gleichsam ein innerer Film bis zur befürchteten Panikattacke ab. Bei einer generalisierten Angststörung und einer sozialen Phobie werden ebenfalls negative Zukunftsvorstellungen entwickelt, die sich auf befürchtete Katastrophen bzw. soziale Kritik oder Ablehnung beziehen.
Panikbewältigungstraining
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Sie können lernen, Ihre Angstreaktionen nicht durch Furcht erregende Fantasievorstellungen zu verstärken, sondern durch die Konzentration auf die aktuelle Situation erträglicher zu gestalten. Folgende Tipps können Ihnen dabei helfen: 1. Widerstehen Sie negativen Bewertungen und Angst machenden Zukunftsvorstellungen. Bleiben Sie mental ganz in der Gegenwart, in der Realität, im Hier und Jetzt. Konzentrieren Sie sich auf den Augenblick, keine Sekunde früher oder später. 2. Beobachten Sie, was im Moment um Sie herum geschieht. Beobachten Sie, wie sich die heftige Erregung aufschaukelt und von allein wieder abklingt ohne Eingreifen. 3. Sprechen Sie mit sich selbst, indem Sie kommentieren, was Sie jetzt spüren. 4. Sagen Sie sich wiederholt, dass Sie das aushalten können, was Sie jetzt spüren. 5. Sagen Sie sich, dass Sie sich jetzt in einem Zustand befinden, den Sie schon x-mal überlebt haben und daher auch zukünftig aushalten können. 6. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Atmung und stellen Sie sich vor, wie Sie mit jeder Einatmung durch die Nase mehr Kraft und Zuversicht bekommen und mit jeder Ausatmung durch die leicht geschlossenen Lippen immer mehr Druck und Anspannung von sich geben. Während Sie Ihre Atmung beobachten, werden negative Gedanken ausgeblendet. Die Tiefenatmung bewirkt eine Verlangsamung der Atmung. Untersuchungen über die Effekte von Zuwendung bzw. Abwendung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Stressreize haben ergeben, dass die Abwendung vom Stressor kurzfristig bessere Resultate erbringt (in Akutsituationen wie starken Schmerzzuständen), die Zuwendung zum Stressor jedoch langfristig wirksamer ist (bei länger andauernden psychischen und physischen Stresssituationen). Daraus lässt sich ableiten, dass in akuten Paniksituationen eine wirksame Ablenkungstechnik hilfreich ist, während angesichts der chronischen Erwartungsängste und der erhöhten psychovegetativen Erregbarkeit eine Zuwendung zum Körper mit dem Ziel der besseren Wahrnehmung und Erträglichkeit der Symptome sinnvoller ist. Ablenkungstechniken sind wirksam, wenn man ganz in den alternativen Vorstellungen oder Tätigkeiten aufgehen kann, d.h. sie müssen fesselnd sein. Man muss dann auch nicht fürchten, dass der unerwünschte Gedanke doch auftreten könnte. Er verblasst angesichts der Attraktivität der Alternativen. Jedes so genannte Flow-Erlebnis (fasziniertes Aufgehen im Tun) ist demnach eine Ablenkung. Die genaue Beobachtung des Ist-Zustandes macht die Abwehr von etwas noch Schlimmerem überflüssig, weil der aktuelle Zustand aushaltbar ist. Die Zuwendung auf die eigene Person in Form der Selbstwahrnehmung der momentanen körperlichen, emotionalen und geistigen Befindlichkeit verhindert die drohende Entfremdung vom aktuellen Erleben und den gegenwärtigen Bedürfnissen. Das Gewahr-Werden bzw. GewahrSein der inneren und äußeren Ereignisse, die im Hier und Jetzt auftreten, ist die Voraussetzung für jede Veränderung von Problemen im Verhalten und Erleben. Das bessere Wahrnehmen und Zulassen der Ist-Situation ist erlernbar durch ein Training der Aufmerksamkeit auf die von außen einströmenden Informationen und die im Inneren entstehenden körperlichen, emotionalen und kognitiven Prozesse. Menschen mit Angst- und Panikzuständen fällt es schwer, sich ihrem Körper voll und ganz zuzuwenden, weil sie durch die Wahrnehmung der aktuellen Befindlichkeit (beginnende Angstsymptomatik) befürchten, die Symptomatik im Sinne des Teufelskreises der Angst bis zu einer Panikattacke aufzuschaukeln. Sie brechen daher den Wahrnehmungsprozess ab und können im Erstgespräch oft nicht einmal berichten, wie sich die körperliche Erregung genau entwickelt („Es kommt alles ganz plötzlich über mich“), weil die ersten Anzeichen gar nicht bewusst wahrgenommen wurden.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Angstpatienten fürchten auch die bei Entspannungsübungen öfter auftretenden unangenehmen Zustände wie Schwindel, Übelkeit, starkes Herzklopfen, Schweißausbrüche, Kribbelgefühle und Zucken der Muskeln als Ausdruck eines Kontrollverlusts. Sie vermeiden daher häufig Entspannungszustände oder fürchten sich vor dem Schlafengehen, weil in diesen Situationen nicht selten Panikattacken oder panikähnliche Zustände auftreten. Diese körperlichen Zustände werden bei geschlossenen Augen noch intensiver erlebt als bei offenen Augen. Entsprechende Situationen sollten daher gezielt aufgesucht werden, um besser damit umgehen zu lernen. Die Technik des „konstatierenden Beobachtens“ des aktuellen Geschehens anstelle Angst machender Zukunftsfantasien oder Ablenkungstechniken soll modellhaft bei einer beginnenden Panikattacke im Rahmen einer Agoraphobie dargestellt werden: Ich merke, wie sich meine Beine zu verkrampfen beginnen und wie ich unsicher dastehe. Ich habe Angst umzufallen, aber noch stehe ich. Meine Knie beginnen zu zittern, ich halte die Luft an, mir wird ganz schwindlig, jetzt glaube ich, dass ich gleich umfallen werde, am liebsten möchte ich mich irgendwo anhalten, aber ich stehe noch immer da. Mir wird etwas übel, ich atme einmal tief durch, vielleicht wird es dann besser. Mir wird vom Bauch aus bis zum Kopf ganz heiß, das kenne ich schon, ich öffne zwei Knöpfe meiner Kleidung, jetzt ist es etwas erträglicher. Mein Herz schlägt wie verrückt, das macht mir Angst, jetzt spüre ich das Pochen auch in den Adern. Das muss ich jetzt aushalten, warum muss mein Herz immer gleich so zu rasen beginnen. Jetzt fängt auch wieder dieser lästige Druck auf der Brust an. Ich schnaufe jetzt am besten einige Male tief durch, auch wenn mir dies etwas schwer fällt, am besten durch die Nase, nicht durch den Mund. Aber einmal muss ich noch durch den Mund tief Luft holen, sonst halte ich das nicht aus. Ich atme dafür auch ganz fest durch den Mund aus. Es wird leichter, wenn ich mich zu bewegen beginne. Nur nicht ruhig stehen bleiben, ich beuge meine Knie ein paar Mal etwas federnd durch und schüttle dabei meine Hände und meinen Kopf. Jetzt weiß ich, ich habe es wieder einmal geschafft, ich stehe noch immer aufrecht da und kann meinen Weg weitergehen. Es ist mir peinlich, wenn mich jetzt jemand beobachtet hat, aber eigentlich kann es jedem einmal schlecht gehen. Ich bin schon froh, wenn ich mich nicht mehr so unterkriegen lasse wie früher.
Die Achtsamkeitsmeditation nach Kabat-Zinn ist eine ausgezeichnete Vorgangsweise, wie man durch Zuwendung auf den Körper eine Panikattacke bewältigen lernen kann. Das leider vergriffene Taschenbuch „Die Spirale im Kopf. Von der Hartnäckigkeit unerwünschter Gedanken – Die Psychologie der mentalen Kontrolle“ des amerikanischen Psychologen Daniel Wegner [35] zeigt unter Hinweis auf psychologische Experimente eindrucksvoll auf, wie durch Unterdrückung unerwünschter Gedanken und Gefühle (Angst- und Zwangsgedanken, Erinnerungen an traumatische Erfahrungen, depressive Gedanken und Stimmungen, impulshaftes Verlangen nach Suchtmitteln usw.) die innere Unruhe noch stärker statt schwächer wird. Das bewusste Unterdrücken von Gedanken und Gefühlen, denen man sich vorher ausgiebig gewidmet hat, führt zu messbarer Anspannung, auch wenn diese subjektiv nicht erlebt wird. Kurzfristiges Zulassen der entsprechenden Gedanken und Empfindungen und gleichgültige Gelassenheit vertreiben die unerwünschten Zustände sehr schnell, während sie durch aktive Zuwendung und Bekämpfung fixiert werden. Das Geheimnis der mentalen Kontrolle besteht im Verzicht auf die permanenten, auf Dauer unwirksamen Unterdrückungsversuche unliebsamer Vorstellungen und Empfindungen zugunsten des kognitiven und emotionalen Einlassens auf die unerwünschten Inhalte. Der relativ kurze, wenngleich intensive Aufwand für die Auseinandersetzung mit den gefürchteten „Was wäre, wenn“-Inhalten steht in keinem Verhältnis zu den ständigen Unterdrükkungsversuchen, die sehr viel Energie kosten. Die Achtsamkeits- und Commitmenttherapie in der neueren Verhaltenstherapie betont die nicht-wertende Körperzuwendung.
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Bewegungstraining Bleiben Sie bei einer akuten Panikattacke nicht ruhig, sondern bewegen Sie sich! Eine Panikattacke entsteht durch einen heftigen Adrenalinstoß (oft aus emotionalen Gründen). Bei einer bereits eingetretenen Panikattacke helfen ohne ausreichendes Training keine Atem- und Muskelentspannungsübungen mehr, sondern nur intensive körperliche Bewegung, weil der Körper auf Aktivität, Kampf oder Flucht vorbereitet wird, wie bei einem Notfall. Umhergehen, auch wenn Sie oder andere Menschen dies bisher als Zeichen von Nervosität erleben, ist eine adäquate Reaktion, um die erlebte muskuläre Anspannung abzureagieren. Reine Atemtechniken, wie sie als Hilfe bei beginnender Panikattacke beschrieben werden, sind bei einer akuten Panikattacke oft ineffizient: z Die körperliche Anspannung erfordert körperliche Bewegung zur Abreaktion. z Atemtechniken fördern die Konzentration auf den eigenen Körper, was bei akuten Panikattacken nur die Wahrnehmung der Symptome intensiviert und bei vielen Betroffenen, die mit Zuwendung nicht umgehen können, die Panikreaktion verstärkt. Hilfreich sind folgende körperliche Betätigungen: 1. Jede Form von Gymnastik (wenn möglich bei offenem Fenster wegen der Frischluft): Kniebeugen, Liegestütz, Rumpfkreisen, Schnurspringen, Schigymnastik usw. 2. Laufen, Stiegensteigen oder in der Wohnung fünf Minuten auf der Stelle treten. 3. Verwendung eines Hometrainers oder liegend Rad fahrende Bewegungen machen. 4. Übung „nasser Hund“: den Körper im Stehen kräftig durchschütteln (Arme und Beine fest ausschütteln). 5. Tanzen bzw. laut singen, besonders zur Lieblingsmusik. 6. Körperlich arbeiten bis zur Erschöpfung. 7. Bewegung in Verbindung mit den beschriebenen Atemtechniken. Machen Sie auch dann intensive körperliche Bewegungen, wenn Sie meinen, Sie müssten sich aus Sicherheitsgründen ganz ruhig verhalten und schonen. Durch die intensive Körperarbeit werden die ausgeschütteten Stresshormone rascher abgebaut. Bewegung bietet Ihnen vor allem auch eine einfache Erklärung für die vegetative Aktivierung, die Ihnen bei einer Panikattacke in Ruhe oft unerklärlich erscheinen mag. Wenn Sie sich bei Panikattacken, die durch Hyperventilation ausgelöst werden, rhythmisch zu bewegen beginnen, zwingen Sie Ihre Atmung einfach durch die Art der Bewegung zu einem langsameren Tempo. Bei Bewegung verschwinden vor allem auch die typischen Hyperventilationssymptome, die stets nur bei körperlicher Bewegungslosigkeit auftreten. Wenn bei niedrigem Blutdruck in einer Schrecksekunde bzw. in einer Phase der Hilflosigkeit Ihr Blutdruck noch weiter absinkt (Schwindelgefühl, Ohrensausen, kalter Schweiß auf der Stirn, ein bestimmtes Gefühl im Magen) und Sie Angst vor Ohnmacht oder einer Panikattacke haben, können Sie außer Bewegung auch eine bestimmte Form der Muskelanspannung praktizieren, die sich bei Blut- und Verletzungsphobien bewährt hat, um eine rapide Absenkung des Blutdrucks zu verhindern: Spannen Sie die großen Skelettmuskeln (Brust, Arme, Oberschenkel) an und halten Sie diese Spannung 15-20 Sekunden lang an (d.h. länger als bei der progressiven Muskelanspannung). Dann lösen Sie die Spannung wieder bis auf das Ausgangsniveau, aber nicht bis zur Entspannung. Nach 30 Sekunden spannen Sie diese Muskeln wiederum an. Wenn Sie diesen Vorgang fünfmal wiederholen, steigt Ihr Blutdruck ganz bestimmt und verhindert wirksam eine Ohnmacht, wie dies bei Blutphobien nachgewiesen wurde.
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Panikprovokationstraining Lernen Sie, Ihre Panikattacken durch Provozieren zu kontrollieren! Wenn Sie sehr sensibel sind, unter großem Stress stehen und sich übermäßig fürchten vor Krankheit und Tod, dann bekommen Sie bei einem Anfall mit Kollapsneigung oder bei heftigen vegetativen Symptomen (Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Übelkeit, Zittern, Hitze- oder Kältegefühle) starke Angst vor Ohnmacht, Tod oder Kontrollverlust, ohne dass Sie die Ursachen der Angst sofort erkennen können. Eine schlimme Panikattacke kann Sie bereits traumatisieren, d.h. so in Angst und Schrecken versetzen, dass Sie gar keinen zweiten oder weiteren Angstanfall zur Festigung und Verstärkung Ihrer Ängste benötigen. Sie fürchten dann schon eine weitere Attacke, wenn Sie nur leichte Symptome spüren. Die ängstliche Selbstbeobachtung führt zu vermehrten vegetativen Beschwerden und verstärkten Alarm- oder Panikreaktionen. Denn das ängstlich-misstrauische Beobachten des eigenen Körpers wirkt selbsthypnotisch im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Durch die bewusste Provokation von anfangs leichteren, später stärkeren Symptomen können Sie lernen, mit den belastenden Körperreaktionen besser umzugehen, indem Sie diese unter Kontrolle bekommen und die Erwartungsängste dadurch geringer werden. Dies nennt man paradoxe Reaktion. Wenn man etwas tut, was man eigentlich fürchtet, fürchtet man es nicht mehr, sodass man dabei immer ruhiger wird. Die bewusste Auslösung von Symptomen, die bisher mit unkontrollierbarer Panik verbunden schienen, fällt vielen Betroffenen jedoch sehr schwer. Dies zeigt, wie groß die Angst selbst unter Therapiebedingungen ist, die Symptome letztlich doch nicht in den Griff zu bekommen, weshalb man sie lieber nicht auslösen möchte. In diesem Sinn ist die häufig gestellte Frage, ob es nicht doch ohne derartige Provokationsversuche gehe, sehr verständlich. Ein Teil der Betroffenen lehnt die Provokation panikähnlicher Symptome selbst nach „gelungener“ Agoraphobie-Behandlung ab, d.h. sie entscheiden sich, mit einer gewissen Erwartungsangst weiterzuleben, und sind mit folgenden Teilzielen zufrieden: z Zuversichtliche Gewissheit, dass man an Panikattacken nicht sterben kann. z Hoffnung, Panikattacken durch die gelernten Atem- und Bewegungsübungen abfangen zu können. z Erkenntnis der Auslöser (massive Verlustängste aufgrund entsprechender Erfahrungen, nicht bewältigte Trennung, nicht bewältigte Todesängste nach einer Krankheit). Bei Menschen mit Kontrollverlustängsten gelten folgende ideale Therapieziele: z Kontrolle durch Provokation der gefürchteten Symptome. z Wiederholte Erfahrung der Kontrollierbarkeit der Symptome anstelle von ständigem Einreden, dass nichts passieren kann, oder von anhaltenden Versicherungen von Ärzten und Psychotherapeuten, dass Panikattacken ungefährlich sind. z Erfahrungsorientiertes Lernen statt bloße Einsicht und Wissenserweiterung. Eine Konfrontation mit den körperlichen Symptomen der Angst kann am besten durch folgende Provokationstechniken erreicht werden: z Beschleunigung der Atmung (Hyperventilation), z Provokation von Herzsensationen: Beobachtung und Beschleunigung des Herzschlags, z Provokation von Schwindelzuständen.
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Provokation von Atembeschleunigung (Hyperventilation) Hyperventilation gilt als einfacher Provokationstest zur Überprüfung, ob auf diese Weise Panikattacken auslösbar sind. Menschen ohne Panikattacken haben vor einer Hyperventilation keine derartigen Ängste wie viele Panikpatienten. Durch die Überprüfung auf hyperventilationsbedingte Panikattacken könnten viele teure Untersuchungen und stationäre Aufenthalte, aber auch viele der häufigen Fehldiagnosen wie Depression oder psychovegetative Erschöpfung sowie unnötige Medikamente vermieden werden. Ein Tipp: Hyperventilieren Sie einmal bewusst, wenn Sie laut Arzt körperlich gesund sind. Setzen Sie sich aufrecht hin bzw. legen Sie sich hin und atmen Sie zwei Minuten lang so tief wie möglich mit dem Mund und über die Brust. Machen Sie 60 Atemzüge pro Minute, d.h. atmen Sie einmal pro Sekunde ein und aus. Dies ist mehr als 3-mal so schnell wie in Ruhe. Sie werden dabei vielleicht (allerdings in schwächerem Ausmaß) dieselben Symptome auslösen wie bei einer spontanen Panikattacke. Achten Sie im Rahmen der Hyperventilation auf eine schnelle und kräftige Ausatmung, ohne dass Sie sich dabei bewegen, denn dies führt rasch zu einem Kohlendioxidmangel mit den bekannten Symptomen. Beobachten Sie anschließend, was in Ihrem Körper vorgeht. Atmen Sie dann in Ruhe 8- bis 12-mal pro Minute ein und aus, und zwar doppelt so lang aus als ein, wodurch Sie wieder ruhiger werden. Schreiben Sie hinterher auf, welche Symptome dabei aufgetreten sind, und vergleichen Sie diese mit den Symptomen einer Panikattacke. Bereits zwei Atemzüge pro Minute mehr, als der Körper braucht (d.h. leichtes Hyperventilieren in Ruhe), führen zu unangenehmen Körpersensationen. Die Entwicklung einer Panikattacke hängt dabei jedoch nicht von der Atem- und Herzfrequenz ab, sondern von der Art, wie Sie diese bewerten. Wagen Sie es, in einem Selbstversuch (zumindest in Anwesenheit einer vertrauten Person) einen derartigen Zustand öfter auszulösen, in der Absicht, ihn anschließend kontrollieren zu lernen (durch Atemtechniken oder Bewegung). Solange Sie sich vor dem absichtlichen Hyperventilieren fürchten, dürfen Sie sich nicht wundern, dass Sie Ihre Erwartungsängste vor Panikattacken nicht verlässlich genug in den Griff bekommen. Mit jeder Vermeidung bewussten Hyperventilierens bestätigen Sie sich schließlich, dass ein derartiger Zustand vielleicht doch nicht ganz ungefährlich sein könnte. Eine niederländische Studie mit 20 Freiwilligen hat ergeben, dass man bei einer Hyperventilation nicht einmal für einige Sekunden ohnmächtig werden kann. Wenn Ihre Panikattacken durch Hyperventilation ausgelöst oder verstärkt werden, sollten Sie entsprechende Hyperventilationsübungen regelmäßig allein durchführen, bis Sie sich an diesen Zustand gewöhnt haben. Nicht wenige Patienten haben Angst, durch derartige Übungen den Verstand zu verlieren und „verrückt“ zu werden, weil sie eine Panikattacke in Erinnerung haben, bei der sie einigermaßen „weggetreten“ waren. Dies hängt mit den Symptomen der Hyperventilation oder mit einem veränderten Selbst- und Umwelterleben (Depersonalisation und Derealisation) zusammen. Diese Zustände sind völlig ungefährlich, obwohl sie bedrohlich erscheinen. Bei einem Provokationstest treten meist keine Brustschmerzen auf. Hyperventilation wird oft durch die Angst zu ersticken ausgelöst. Bei einer Panikattacke ziehen sich zwar die Hals- und Brustmuskeln zusammen, was vorübergehend die Atmung behindert, Sie können dabei jedoch nicht ersticken. Machen Sie dazu einen einfachen Test (wenn Sie körperlich gesund sind): Halten Sie länger als eine Minute die Luft an, stellen Sie sich dabei vor, wie sich Ihr Hals zusammenzieht und beobachten Sie, was passiert. Der Atemreflex wird nach einer gewissen Zeit mit aller Macht die Einatmung erzwingen.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Provokation von Herzsensationen Herzphobiker sind ständig besorgt um ihr Herz, letztlich aus Angst vor einem Herzinfarkt, auch angesichts negativer EKG-Befunde (erhöht ist oft lediglich der Puls als Ausdruck des Stresszustandes). Dahinter stehen bestimmte Lebens- und Todesängste. Folgende herzbezogene Übungen sind hilfreich: z Konzentrieren Sie sich fünf Minuten lang auf Ihren Herzschlag. Solange Sie bei dieser Übung unruhig sind, sollten Sie sie wiederholen. Es ist das Ziel, angst- und sorgenfrei auf Ihre Herztätigkeit achten zu können. z Stellen Sie sich anhand von Unterlagen das Herz- und Kreislaufsystem ganz konkret vor. Visualisieren Sie das Pumpen des Herzens und den vom Herzen ausgeworfenen Blutstrom bis hin in die verschiedenen Organe des Körpers. z Messen Sie Ihren Puls und versuchen Sie, diesen durch Hyperventilation zu beschleunigen. Eine Uhr mit Pulsmesser-Funktion erspart das Pulszählen. Erleben Sie anschließend, wie Sie über eine langsame Ausatmung oder eine andere Entspannungstechnik rasch eine Verlangsamung des Herzschlags herbeiführen können. z Lösen Sie Herzrasen durch intensive Bewegung und anstrengende körperliche Betätigung aus, die dem Körper kurzfristig eine hohe Leistung abverlangt: Laufen, Stiegensteigen, Kniebeugen usw. Der Puls soll bei Gesunden eine Zeitlang zwischen 140 und 160 liegen. Verwenden Sie auch einen Hometrainer, wenn Sie die Möglichkeit dazu haben, und lernen Sie, den rückgemeldeten höheren Puls auszuhalten. z Versuchen Sie bewusst, Ihr Herz zu beschleunigen, indem Sie ganz konkrete Angstvorstellungen entwickeln. z Beschleunigen Sie auf irgendeine Weise Ihren Herzschlag, stellen Sie sich eine Panikattacke vor und denken Sie dann ganz bewusst jene Gedanken, die Ihnen bisher bei einer Panikattacke gekommen sind (z.B. „Jetzt muss ich sterben, gleich ist es aus“; „Jetzt werde ich verrückt“; „Gleich falle ich um und alle schauen mich an“). z Stellen Sie sich vor, was bei einem Herzinfarkt passiert. Wenn Ihnen dies schwer fällt, lesen Sie darüber in einem Buch, um sich bewusst damit auseinanderzusetzen. z Vergegenwärtigen Sie sich – wenn möglich – den Herzinfarkt eines Verwandten oder Bekannten. Was genau ist da passiert bzw. was glauben Sie, ist da passiert? z Stellen Sie sich vor, woran Sie einmal sterben werden. Wenn Sie glauben, an einem Herzinfarkt zu sterben, malen Sie sich die näheren Umstände detailliert aus: in welchem Alter, an welchem Ort, durch welche Faktoren bewirkt? z Trinken Sie mehr Kaffee, als Sie normalerweise vertragen, wenn bei Ihnen einmal durch vermehrtes Kaffeetrinken eine Panikattacke ausgelöst wurde. z Trinken Sie ein anderes koffeinhaltiges Getränk, wenn Sie dies bisher aus Angst vor Herzrasen vermieden haben. z Wenn Sie glauben, dass Sie durch mäßigen Alkoholkonsum Herz-Kreislaufprobleme bekommen könnten, wagen Sie (wenn Sie keine Alkoholprobleme haben!) einen Selbstversuch. z Halten Sie sich längere Zeit in einem überhitzten Raum auf. z Gehen Sie in die Sauna und machen Sie alle damit verbundenen Erfahrungen. z Ziehen Sie sich übermäßig warm an, um das Hitzegefühl besser ertragen zu lernen. z Wenn Sie wegen des Angst machenden Herzklopfens bzw. aus Angst vor einem Herzinfarkt jede sexuelle Betätigung und einen Orgasmus zu vermeiden suchen, zeigen Sie Ihrem Partner bewusst Ihre Zuneigung auch wieder vermehrt in Form einer sexuellen Beziehung.
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Wenn diese Übungen für Sie nicht durchführbar sind und Sie gerade wegen derartiger Befürchtungen eine Panikattacke bekommen, sollten Sie unbedingt eine Psychotherapie beginnen. Medikamente stellen keine Lösung dar, wenn es gilt, die Angst vor einer Panikattacke, die völlig ungefährlich ist, in den Griff zu bekommen. Es ist nicht sinnvoll, mit Medikamenten Herzsensationen nur deswegen zu unterdrücken, weil letztlich der Gedanke an den Tod unerträglich erscheint. Wegen ganz normaler Todesängste sind Sie auch nicht depressiv und brauchen deswegen keine Antidepressiva.
Provokation von Schwindel und Fallangst Lernen Sie, besser mit Schwindel und Fallangst umzugehen! Der bei Menschen mit Agoraphobie bzw. Panikattacken so häufige Schwindel ist oft bedingt durch eine Schulter-Nacken-Verspannung oder eine Ganzkörperverspannng, manchmal auch durch unzureichende Sauerstoffzufuhr zum Gehirn infolge von niedrigem Blutdruck, Blutdruckabfall oder Hyperventilation, nur selten durch ein übersensibles Gleichgewichtsorgan im Ohr oder durch Verschwommensehen. Der medizinisch meist nicht klärbare und behandelbare Schwindel hängt häufig mit falscher Körperhaltung im Stehen bzw. mit mangelndem Kontakt der Füße zum Boden zusammen. Deswegen sind Bewegungsübungen und keine Liege- und Entspannungsübungen angezeigt. Bei Angstpatienten ist die Schwindelsymptomatik oft durch eine Störung im sensiblen System begründet (Störung in der Körperwahrnehmung). Empfehlenswert sich Übungen bei geschlossenen Augen, die diese Störung provozieren und bewältigen helfen. Mit geschlossenen Augen gehen und stehen fördert das Vertrauen in den eigenen Körper und in den Gleichgewichtssinn. Der bekannte Schwankschwindel drückt oft eine durch Angst und Verspannung bedingte Unsicherheit im Stehen aus: z Die Fußsohlen liegen nicht voll und entspannt auf dem Boden auf. z Die Beine sind angespannt, ohne federndes Sich-Durchbeugen und Ausbalancieren. z Das Rückgrat ist steif und unelastisch (wie wenn ein „Stock im Kreuz“ wäre). z Aus Angst vor dem Fallen wird der Schwerpunkt gehoben statt gesenkt. Viele Panikpatienten haben Angst umzufallen, verhalten sich daher ruhig und beobachten ständig ihren Körper. Die Betroffenen befürchten einen Blutdruckabfall und daraus resultierende Ohnmacht. Sie sollten sich vielmehr bewegen, denn dadurch würde der Blutdruck ansteigen, sollte er tatsächlich absinken. Aus Angst vor dem Fallen spannen viele ängstliche Schwindelpatienten die Beine an, drücken ihre Knie fest zusammen und stehen mit steif durchgestreckten Beinen da, was die Unsicherheit im Stehen verstärkt. Die Beine elastisch etwas durchzubeugen und den Körperschwerpunkt zu senken (wie beim Schifahren), gibt Sicherheit vor dem Fall. Beobachten Sie Kinder und Erwachsene, die gerade das Schifahren lernen. Wie elegant fahren doch Kinder den Hang hinunter, mit tiefer Hocke bzw. Rückenlage, ohne in den Schnee zu fallen. Kinder haben meist keine Angst vor dem Fall und verspannen sich daher auch nicht. Wie steif stehen dagegen viele Erwachsene auf den Brettern. Aus Angst vor dem Fall strecken sie ihre Beine zu stark durch und heben den Körper zu hoch. Je höher der Körperschwerpunkt, desto leichter fällt man bei einer kleinen Unebenheit hin. Menschen mit Fallängsten sind wie unsichere Schifahrer. Aus Angst vor dem Fallen strecken sie die Beine durch und heben den Körperschwerpunkt. Sie sind dadurch unelastisch und fühlen sich unsicher auf den Beinen.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Wenn Sie zu wenig Bodenkontakt und Erdverbundenheit spüren, verlieren Sie den „Boden unter den Füßen“ und das Gefühl für Ihren Körperschwerpunkt. Sie geraten dann aus dem Gleichgewicht und bekommen Angst vor dem Fallen. Beim Schifahren kommt es gerade dann zu Knochenbrüchen, wenn man die Beinmuskeln anspannt und sich gegen den Fall wehrt (trifft auf über 90% der Brüche zu). Die Knie durchzubeugen, mit dem Fall mitzugehen und sich dann wieder aufzurichten, verhindert dagegen einen Sturz. Wehren Sie sich nicht gegen den Fall, wenn er unvermeidlich sein sollte, machen Sie bewusst Fallübungen, indem Sie sich fallen lassen. Üben Sie aber auch, mit dem Körper bei offenen und geschlossenen Augen hin und her zu schwanken wie ein Baum im Wind. Machen Sie die Erfahrung, dass Sie fest am Boden aufstehen und Halt finden. Bewegen Sie sich so, dass Sie den Körper vom Becken aus bewegen wie beim Tanz. Die psychotherapeutische und physiotherapeutische Technik des „Erdens“ (besserer Kontakt mit dem Boden unter den Füßen) ist eine nützliche Hilfe. Das Verständnis für den bedeutsamen Vorgang des Kontaktnehmens zum Boden lässt sich auch über die „Fußreflexzonen“ noch vertiefen. Im Fuß haben alle Organe ihre zugeordneten Stellen, die so genannten Reflexzonen. Durch Druck auf Zehen-, Ballen-, mittleren oder Fersenbereich des Fußes belebt sich analog der Zuordnung der „Reflexzonen“ des Fußes die Atmung im oberen, mittleren oder unteren Körperbereich. Durch Lockern, Massieren und Bewegen der Füße kann dieser Kontakt zum Boden verstärkt werden. Bei akuten Schwindelbeschwerden schützt Hinlegen vor unkontrollierten Reaktionen. Langfristig hemmt die mit der ständigen Bettruhe verbundene Inaktivität die Koordinationszentren des Gleichgewichtssystems und beeinträchtigt so die körperlichen Erholungsmöglichkeiten. Wissenschafter der NASA konnten zeigen, dass bei Gesunden schon allein durch eine siebentägige Bettruhe das Koordinationssystem des Gleichgewichts empfindlich gestört werden kann. Ein Trainingsprogramm gegen Schwindel ist sehr hilfreich: z Bestimmte sportliche Aktivitäten wie Waldlauf oder Tischtennisspielen haben eine positive Wirkung auf das Gleichgewichtssystem. z Fixationsübungen benutzen die von Tänzern bekannte Erfahrung, dass man beim Drehen des Körpers durch Fixieren eines festen Punktes während einer Halbkreisdrehung den Schwindel weitgehend unterdrücken kann. z Augenfolgeübungen (mit den Augen einen sich langsam bewegenden Gegenstand verfolgen) fördern einen besseren Umgang mit Bewegungsreizen. z Rasche Dreh- und Bewegungsübungen sind gut geeignet zur Behandlung des Lagerungsschwindels. Bestimmte Ringelspiele auf dem Rummelplatz stellen eine ideale Schwindelprovokation dar. z Balancierungsübungen fördern einen besseren Gleichgewichtssinn. z Das Fixieren von Mustern, die sich bei längerem Hinschauen zu bewegen beginnen, provoziert einen Schwindelreiz und führt im Laufe der Zeit zur Gewöhnung. Übungen zum Balancieren, Fallen und Pendeln z fördern den ausgewogenen Einsatz der Schwer- und Muskelkraft, z verhindern Verspannungen und Verkrampfungen, z verbessern das Gefühl für den Körperschwerpunkt, der mit dem Organ-, Muskelsowie Atemzentrum im Unterleib zusammenfällt, z bewirken eine Spannungsbalance beim Stehen, Atmen, Singen und Sprechen, z fördern die Fähigkeit, sich fallen lassen zu können, und stärken dadurch das Selbstvertrauen und (bei Partnerübungen) das Vertrauen anderen gegenüber.
Panikbewältigungstraining
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Klinische Untersuchungsverfahren, wie sie von Neurologen regelmäßig vorgenommen werden, können im Selbstversuch erprobt werden: 1. Romberg-Stehversuch. Stellen Sie sich aufrecht so hin, dass sich die Füße innen berühren, und halten Sie beide Hände waagrecht ausgestreckt, während die Augen geschlossen sind. Bei Gleichgewichtsstörungen kommt es dabei zu auffälligen Körperschwankungen, manchmal auch mit Fallneigung in eine bestimmte Richtung. 2. Unterberger-Tretversuch. Treten Sie mit geschlossenen Augen und waagrecht erhobenen Armen kräftig auf der Stelle. 3. Blindgang. Gehen bzw. laufen Sie mit geschlossenen Augen und waagrecht ausgestreckten Armen auf einer gedachten Linie. Einige der folgenden Gleichgewichtsübungen stellen Variationen der Übungen aus dem Buch „Atme richtig“ von Hiltrud Lodes [36] dar und können nach Belieben abgewandelt werden, um Schwindelzustände auszulösen und das Vertrauen in die Körperfunktionen Gleichgewicht, Stehen und Gehen wiederzuerlangen (bei vielen Angst- und Panikpatienten löst allein bereits Schwindel eine Panikattacke oder Ohnmachtsangst aus): 1. Balancieren. Balancieren Sie auf Baumstämmen, Balken usw. Spannen Sie dabei plötzlich Ihren rechten Arm an und machen Sie mit der Hand eine Faust, um das Gleichgewicht halten zu müssen. 2. Kontaktnehmen zum Boden. Stehen Sie mit den Füßen fest am Boden, strecken Sie die Zehen aus und achten Sie auf einen guten Kontakt zum Boden. Spüren Sie den Boden unter Ihren Füßen und die Teile Ihrer Fußsohlen, die den Boden berühren. Gehen Sie dann mit gutem Kontakt Ihrer Füße zum Boden durch den Raum. 3. Atmung als Bewegung. Atmen Sie im Stehen bei geschlossenen Augen tief ein, achten Sie dabei auf eine gute Zwerchfellatmung und beobachten Sie, wie Ihre Atmung Ihren Körper in leichtem Ausmaß schwanken lässt. 4. Pendeln und Kreisen über den Füßen. Stellen Sie Ihre Füße knapp nebeneinander und kreisen Sie mit Ihrem Oberkörper. Stellen Sie sich vor, auf Ihrem Kopf einen Teller zu jonglieren. Bemerken Sie einen Unterschied bei geschlossenen Augen? 5. Verlagern des Körperschwerpunkts nach vor und zurück. Verlagern Sie den Körperschwerpunkt möglichst weit vor auf die Zehen und anschließend möglichst weit zurück auf die Fersen. Spüren Sie dabei die Atemanregung. 6. Über den Füßen vor- und zurückschaukeln. Schaukeln Sie in leichtem Grätschstand auf Ihren Füßen vor und zurück, indem Sie beim Einatmen Ihre Fersen anheben und dabei das Körpergewicht auf die Vorderfüße verlagern, beim Ausatmen die Fersen wieder sinken lassen und dabei das Körpergewicht bei gutem Bodenkontakt auf die Fersen verlagern. Die Kniegelenke bleiben dabei immer in lockerer Bereitschaftsstellung. 7. Verlagern des Körperschwerpunkts nach rechts und links im Wechsel. Verlagern Sie Ihr Körpergewicht abwechselnd auf die rechte und die linke Fußsohle. Vom belasteten Fuß aus soll der Körper durchgehend bis zum Kopf gestreckt sein. Heben Sie dabei den nicht belasteten Fuß ein wenig vom Boden ab. Zur Unterstützung der Bewegung heben Sie die Arme etwas an und balancieren Sie Ihren Körper, während das ganze Gewicht auf einem Fuß ruht. 8. Wippen aus dem Stand. Stehen Sie mit den Händen in den Hüften aufrecht da und heben Sie schwunghaft beide Fersen, und zwar so hoch wie möglich. Nach 3 Sekunden stellen Sie Ihre Füße wieder flach auf den Boden. Wiederholen Sie diese Übung 20-mal. Diese Übung bewirkt auch eine Kräftigung der Waden.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
9. In die Hocke gehen. Stehen Sie mit den Händen in den Hüften aufrecht da und gehen Sie langsam in die Knie. Wenn die Oberschenkel parallel zum Boden sind, halten Sie diese Position 3 Sekunden lang. Kehren Sie dann langsam in die Ausgangsposition zurück und wiederholen Sie die Übung 10-mal. Diese Übung kräftigt den Quadrizeps, den Muskel an der Vorderseite des Oberschenkels. 10. Anspannung des Körpers. Spannen Sie Ihren ganzen Körper eine Minute lang an, in dem Sie im Stehen Ihre Arm-, Bein-, Bauch-, Rücken-, Schulter- und Gesichtsmuskeln anspannen und beobachten Sie, welche Gefühle dies in Ihnen auslöst. 11. Gehen mit einem Krug oder Buch auf dem Kopf. Gehen Sie mit einem Krug, Buch oder ähnlichem Gegenstand auf dem Kopf durch den Raum. Halten Sie dabei nicht den Atem an vor lauter Konzentration! In Sammlung auf die zu lösende Aufgabe belebt sich die Atmung. Der Atemraum weitet sich durch das Aufrichten der Wirbelsäule. Lassen Sie beim Gehen die Beine locker aus der Hüfte schwingen, wobei die Leiste gestreckt ist. Die Füße spüren den Boden und rollen bei jedem Schritt auf den Fußsohlen ab. Um den Gegenstand gut auszubalancieren, richten Sie sich unwillkürlich auf, die Haltung korrigiert sich von selbst. Sobald Sie den Nacken einknicken oder ins Hohlkreuz gehen, fällt der Gegenstand vom Kopf. Bestimmte Augenübungen können leicht eine Schwindelsymptomatik auslösen: 1. Augenkreisen. Lassen Sie Ihre offenen Augen Kreisbewegungen ausführen und betrachten Sie dabei Ihre Umgebung ganz genau. Dann führen Sie das gleiche mit geschlossenen Augenlidern aus und entspannen sich wieder. 2. Spirale. Machen Sie mit geschlossenen Augen die Bewegungen einer Spirale, die sich vom Mittelpunkt nach außen hin erweitert. Dann gehen Sie wieder den umgekehrten Weg von außen nach innen bis zum Mittelpunkt zurück. Beobachten Sie dabei Ihre Atmung. Die Atembewegung folgt der Augenbewegung, indem sie sich einmal erweitert, dann wieder sammelt. 3. Die Atembewegung folgt den Augen. Schauen Sie mit geschlossenen Augen nacheinander eine Weile nach unten, nach oben, nach rechts und nach links, wobei Sie zwischendurch immer wieder zur Mitte zurückkehren. Beobachten Sie dabei, wo Ihre Atembewegung jeweils spürbar wird. Sie werden feststellen, dass Ihr Atem dahin geht, wohin Ihre Augen schauen: in den unteren, in den oberen Raum, in den Flankenbereich rechts und links. 4. Fixieren eines Punktes. Wenn Sie längere Zeit einen bestimmten Punkt fixieren, beginnt dieser zu verschwimmen bzw. sich zu bewegen, weil Sie rundherum auf keinen Bezugspunkt achten. 5. Fixieren konzentrischer Kreise, paralleler Linien oder auf einen Mittelpunkt zusammenlaufender Streifen. Die Vorlagen scheinen bald in Bewegung zu geraten. 6. Bilder mit sich bewegenden Mustern betrachten. Schauen Sie bestimmte Bilder (z.B. des Malers Escher) bzw. Muster so lange an, bis sich diese scheinbar bewegen. 7. Nachbilder erzeugen. Schauen Sie für 30 Sekunden in eine Lichtquelle und richten Sie anschließend Ihren Blick auf eine weiße Wand. Dies erzeugt ein Bild auf dem Augenhintergrund bzw. auf der Netzhaut. 8. Betrachten dahinziehender Wolken. Wenn Sie im Stehen auf sich relativ rasch bewegende Wolken blicken, entsteht die Illusion, in die entgegengesetzte Richtung zu kippen, doch erst die vermeintliche Ausgleichsbewegung führt zum Sturz.
Panikbewältigungstraining
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Drehen bzw. schnelles Bewegen des Kopfes kann rasch einen Schwindelzustand („Lagerungsschwindel“) und Benommenheit herbeiführen. Längeres Üben bewirkt eine Gewöhnung an den Schwindel, sodass er nicht mehr so belastend ist (diese Übungen sollten Sie nur machen, wenn Sie keine neurologischen Probleme haben): 1. Drehen Sie den Kopf für 30 Sekunden hin und her. 2. Legen Sie den Kopf für 30 Sekunden zwischen die Beine und bewegen Sie dann den Kopf ganz schnell wieder nach oben. 3. Drehen Sie sich bei geschlossenen Augen längere Zeit stehend im Kreis, bis Sie schwindlig werden. 4. Setzen Sie sich in einen Drehstuhl, drehen Sie sich eine Minute lang und halten Sie dann plötzlich an. Agoraphobiker mit Schwindel profitieren von einer Konfrontationstherapie oft weniger als andere Angstpatienten, weil sie anhaltende Ängste vor dem Fall haben. Der agoraphobische Schwindel hängt mit der Angst zu fallen zusammen. Die Fallangst lässt sich nicht einfach nur durch körperliche Übungen wegtrainieren, weil es sich dabei oft um ein ganz zentrales Persönlichkeitsmerkmal handelt. Die Betroffenen können sich häufig nicht fallen lassen, weil ihnen das Vertrauen fehlt, dass sie aufgefangen werden, was oft durch die Lebensgeschichte verständlich ist. Gibt es reale Auslöser für Ihre Fallangst? Haben Sie Ohnmacht bei sich oder anderen erlebt? Ist ein Verwandter oder Bekannter umgefallen und gestorben? Spiegelt sich in Ihrer Fallangst eine ganz reale Überforderung durch die Lebenssituation wider? In der Fallangst äußert sich oft der beharrliche Wunsch, stets die Standfestigkeit und Kontrolle über sich selbst zu behalten, was gerade angesichts der Erfahrung, dass man – bildlich gesehen – nur ungenügend auf seinen eigenen Füßen stehen kann, ein besonderes Bedürfnis ist. In der Fallangst zeigt sich neben der Angst vor Kontrollverlust und hilflosem Ausgeliefertsein auch die mangelnde Bereitschaft, von anderen Menschen im Bedarfsfall Hilfe annehmen zu wollen. Übungen des Fallens können als Übungen des Vertrauens gegenüber anderen, aber auch des Loslassens gegenüber sich selbst verstanden werden. Wenn Sie Angst haben, in der Öffentlichkeit umzufallen, trainieren Sie zu Hause, wie Sie fallen möchten, sollten Sie tatsächlich einmal umfallen. Machen Sie ein Falltraining mit sich selbst, indem Sie fünf Minuten lang bei geschlossenen Augen stehen bleiben, in der ständigen Erwartung bzw. in der fixen Absicht, danach umzufallen. Stellen Sie die Füße eng nebeneinander, strecken Sie die Beine durch, schwanken Sie mit dem Oberkörper leicht hin und her und sagen Sie sich: „Ich falle gleich um, gleich falle ich um“, verstärken Sie das Schwanken des Körpers, beobachten Sie Ihre Atmung, Ihren Herzschlag, die Spannung der Muskulatur in Ihren Beinen, achten Sie auf die momentanen Empfindungen und lernen Sie, die dabei auftretenden Gefühle besser auszuhalten. Stellen Sie sich möglichst konkret vor, wie Sie fallen werden, wenn Sie umfallen. Üben Sie danach, sich auf verschiedene Arten fallen zu lassen: rasch und plötzlich, langsam zusammensinkend, seitlich hinfallend auf der Suche nach einem Halt. Bleiben Sie dann einige Zeit liegen und lassen Sie alle Gedanken und Gefühle aufkommen bei der Vorstellung, andere Menschen würden miterleben, wie Sie umgefallen sind und nun daliegen. Wie geht es Ihnen dabei? Was sind Ihre stärksten Eindrücke? Warum wehren Sie sich so gegen den Fall? Was kann im schlimmstenfalls passieren, wenn Sie nicht bewusstlos werden und sich beim Fallen auch nicht verletzen? Üben Sie anschließend das Aufstehen, um die Erfahrung zu verstärken, dass Sie jederzeit wieder von allein auf die Füße kommen.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Alexander Lowen [37], der Begründer der Bioenergetik, setzte Fallübungen therapeutisch ein, um die Hemmungen aufzudecken, die einen Menschen verkrampfen, ihm den Boden unter den Füßen wegziehen und dadurch eine Fallangst auslösen: „Dann fordere ich den Patienten auf, sein ganzes Gewicht auf ein Bein zu verlagern und dessen Knie vollständig zu beugen. Der Fuß des anderen Beins darf den Boden leicht berühren, dient aber nur zur Balance. Die Anweisungen sind sehr einfach. Der Patient soll so lange in dieser Lage verharren, bis er hinfällt; er darf sich jedoch nicht mit Absicht fallen lassen. Wenn man sich bewußt löst oder lockert, fällt man nicht richtig, weil man den Sturz kontrolliert. Ein ‚wirksamer’ Fall muß ungesteuert und unwillkürlich sein. Wenn man seinen Geist darauf konzentriert, die eingenommene Position zu halten, stellt der Fall die Loslösung des Körpers von der bewußten Kontrolle dar. Da sich die meisten Menschen davor fürchten, die Kontrolle über ihren Körper zu verlieren, erzeugt schon dieser Vorgang Angst.“
Viele Menschen haben nach Lowen Angst, dass sie nicht mehr aufstehen könnten, wenn sie fallen würden. Hilflos am Boden liegen zu müssen, ist oft ein unerträglicher Gedanke. Lowen verweist in Anlehnung an Wilhelm Reich auf den Zusammenhang von Fallangst und falscher Atmung. Der Abfluss von Energie aus Füßen und Beinen, der durch die fehlende Zwerchfellatmung und die Blockade der unteren Körperhälfte bewirkt wird, führt nach Lowen zu einem Verlust des Bodenkontakts. Sich buchstäblich fallen lassen zu können, stellt auch eine Vertrauensübung gegenüber anderen Menschen dar. Ersuchen Sie eine Person, sich einen Meter hinter Ihnen aufzustellen und lassen Sie sich steif durchgestreckt zurückfallen. Wie viel Vertrauen haben Sie, dass der andere Sie sicher auffängt?
Paradoxe Intention – Gefürchtete Symptome bewusst provozieren Tun Sie absichtlich, was Sie bisher am meisten gefürchtet haben! Man spricht von Symptomverschreibung oder paradoxer Intention, wenn ein Psychotherapeut die bewusste Ausführung bislang unkontrollierbar erscheinender und daher gefürchteter Symptome und Verhaltensweisen als Hausaufgabe verschreibt. Die Methode der paradoxen Intention, die bereits vor Jahrzehnten von Viktor Frankl beschrieben wurde, ist eine der besten und am raschesten wirkenden Techniken bei sozialen Ängsten in Zusammenhang mit Panik und Agoraphobie. Es werden absichtlich jene Symptome provoziert oder zumindest simuliert, die Menschen mit sozialer Phobie aus Angst vor Auffälligkeit am meisten fürchten. Paradoxe Interventionen durchbrechen das Muster des Nicht-Auffallen-Wollens, was oft den Hauptgrund für ständige Anspannung in sozialen Situationen darstellt. Viele der bisherigen Provokationsübungen waren bereits paradoxe Aufgaben. Das Konzept der Konfrontationstherapie weist ebenfalls Elemente einer paradoxen Intervention auf. Angstpatienten vergeuden sehr viel Kraft und Energie durch das ständige Unterdrücken der gefürchteten Symptome. Das Unterdrücken von Angst ist auf die Dauer anstrengender als die innere Akzeptanz oder die Bekanntgabe der damit verbundenen Gedanken und körperlichen Zustände. Wenn Sie den Mut zu derartigen „Offenbarungsübungen“ aufbringen, können Sie den Angstkreislauf blitzartig durchbrechen. Setzen Sie bei der paradoxen Intention anfangs nur Ihren Willen ein, das zu tun, was Sie bisher nicht tun wollten, ohne lebhafte Vorstellungen über das Gefürchtete zu entwickeln, weil dieses sonst überhand gewinnen könnte.
Panikbewältigungstraining
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Folgende Übungen können für Sie hilfreich sein (selbstverständlich sollten Sie darauf achten, wo und vor wem Sie es wagen, sich derart auffällig zu verhalten): z Händezittern. Zittern Sie absichtlich so lange mit den Händen, während Sie ein Glas oder eine Tasse halten bzw. etwas unterschreiben, bis es jemand merkt, oder sprechen Sie den Sachverhalt selbst in humoriger Weise an (z.B. „Ich komme mir heute vor wie bei einem Alkoholentzug“, „Glauben Sie, dass ich schon die ParkinsonKrankheit bekomme?“, „Ich zittere heute so, dabei ist mir gar nicht kalt“). z Erröten. Versuchen Sie, möglichst schnell rot zu werden, und achten Sie darauf, ob es jemand bemerkt, anderenfalls sprechen Sie den Sachverhalt selbst an („Merkst Du, wie rot ich bin?“, „Immer, wenn ich einen Menschen mag, werde ich so rot“). z Schwitzen. Wischen Sie sich demonstrativ mit der Hand über die Stirn, um einen tatsächlichen oder vorgegebenen Schweiß wegzuwischen, und machen Sie selbst eine Bemerkung dazu (z.B. „Ich komme jetzt richtig ins Schwitzen“). z Ohnmachtsangst. Lassen Sie sich vor anderen Menschen demonstrativ zusammensinken, sagen Sie, dass es Ihnen körperlich nicht gut gehe, weil Sie Übelkeit, Schwindel oder Kreislaufprobleme hätten, geben Sie aber gleichzeitig zu verstehen, dass Sie deswegen auf keinen Fall einen Arzt benötigen. z Herzrasen. Greifen Sie mit der Hand demonstrativ zum Herzen und sagen Sie, dass es Ihnen jetzt einen komischen Stich gegeben habe. z Seufzen. Atmen Sie vor anderen laut ein und aus in Form einer Seufzeratmung. z Atemnot. Fragen Sie die Anwesenden im Raum, ob Sie kurz das Fenster oder die Tür aufmachen könnten, weil Sie im Moment zu wenig Luft bekommen würden. z Stottern. Verhalten Sie sich etwas nervös und stottern Sie beim Reden ein wenig, um die Reaktionen der anderen zu beobachten. z Klagen. Klagen Sie vor anderen Menschen laut über verschiedene Beschwerden, die Sie im Moment plagen, und beobachten Sie, wie die anderen darauf reagieren. z Angstbuch lesen. Lesen Sie vor anderen Leuten demonstrativ ein Buch über Ängste, das Ihren Namen enthält, bzw. lassen Sie es ganz offen liegen, sodass andere darauf aufmerksam werden, und warten Sie auf deren Reaktionen. z Angst vor einem Fehler offenbaren. Sprechen Sie Ihre Erwartungsängste in bestimmten Situationen offen und direkt an („Ich glaube, vor so vielen Leuten werde ich bald rot werden, stottern, zu schwitzen beginnen usw.“, „Ich habe Angst, dass ich jetzt einen Fehler mache, und alle lachen dann laut“, „Ich fürchte mich vor Kritik“). z Angstzustände offenbaren. Sagen Sie vor Bekannten oder fremden Menschen, mit denen Sie in Lokalen, öffentlichen Verkehrsmitteln oder anderen Orten ins Gespräch kommen: „Ich leide unter Ängsten. Ich bekomme alle Zustände, wenn ich irgendwo bin und nicht jederzeit weggehen kann. Ich fühle mich dann richtig eingeengt und glaube, dass ich keine Luft mehr bekomme. Manchmal bekomme ich auch aus unerklärlichen Gründen starkes Herzrasen, das mir große Angst einjagt. Ich war schon bei mehreren Ärzten, die alle gesagt haben, dass ich körperlich ganz gesund bin. Können Sie mir raten, was ich da tun soll? Wissen Sie, wie das ist? Kennen Sie jemand, der so etwas hat? Können das Panikattacken sein?“ Paradoxe Übungsaufgaben stellen eine Gelegenheit dar, unter bestimmten Umständen (sicherlich nicht jederzeit und überall) Schwäche zeigen zu können (nach dem Motto: „Es ist ein Zeichen von Stärke, seine Schwächen zeigen zu können“) und dabei die Erfahrung zu machen, dass man trotzdem liebenswert und sozial akzeptiert ist.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Konditionstraining Betreiben Sie (wieder) regelmäßig Sport und achten Sie auf ausreichende Bewegung, besonders bei einem sitzenden Beruf! Beginnen Sie mit einem Aufbautraining und üben Sie möglichst regelmäßig anstelle einer gelegentlichen exzessiven sportlichen Betätigung. Viele Panikpatienten waren früher oft überdurchschnittlich sportlich, haben jedoch nach Beginn der Panikstörung alle sportlichen Tätigkeiten eingestellt aus Angst, die Symptomatik dadurch zu provozieren. Sport ist eines der wirksamsten Mittel der Angstbewältigung für Menschen mit Panikstörung, Phobien und generalisierter Angststörung. Angstpatienten schonen sich oft mehr als Menschen nach einem Herzinfarkt, denen vom Arzt relativ rasch ein dosiertes körperliches Training verordnet wird. Erkundigen Sie sich, welches Trainingsprogramm Herzinfarktpatienten in REHA-Zentren absolvieren müssen. Die ständige Schonhaltung führt zu mangelnder körperlicher Fitness und verstärkt dadurch erst recht die Panikneigung. Wenn dies auch auf Sie zutrifft, werden Sie durch die regelmäßige Sportausübung und das damit verbundene körperliche Erfolgserlebnis rasch Ihr früheres Selbstbewusstsein wiedergewinnen. Für Menschen mit Schwindelzuständen und/oder Agoraphobie ist Gehen über längere Strecken die einfachste und gesündeste Form der körperlichen Aktivität. Unser Körper ist auf die Fortbewegung auf zwei Beinen angewiesen. Gehen (vor allem „Walking“) ist ein natürliches Training des Gleichgewichtssinns und fördert als aerobe Übung die Ausdauerbelastbarkeit. Gehen Sie täglich 5 km in 45 Minuten. Wenn Herz- und Atemfrequenz nach 45 Minuten langem Gehen nicht erhöht sind, gehen Sie schneller oder auf einer Strecke mit einer leichten Steigung. Die Gleichgewichtsregulierung ist eine wichtige Komponente beim Gehen. Beim Gehen erfolgt im Gehirn eine Verknüpfung von visueller, taktiler und propriozeptiver Stimulation. Visuelle Reize beim Stehen und Gehen helfen zur Lageorientierung. Tastrezeptoren melden den Kontakt mit der Erde. Propriorezeptoren in den Muskeln, Sehnen und Gelenken informieren das Gehirn über die exakte Position der Körperteile im Raum. Störungen in einem dieser Kanäle führen zu einem Gefühl des Schwankens. Schonen Sie Ihren Körper nicht ständig, sondern trainieren Sie ihn! Bewegung und Atmung spielen rhythmisch und harmonisch zusammen. Wie immer Sie sich bewegen, atmen Sie stets mit Bewegungsbeginn aus, am besten mit einem Stimmlaut („HUH“, „HA“ usw.). Das Prinzip der Ausatmung während der Belastung ist vom Sport her bekannt (das Ausatmen erfolgt z.B. im Tennis beim Schlag, beim Speerwerfen während des Abwurfs). Beim Radfahren, Schiwandern, Schwimmen, Laufen usw. gilt immer das gleiche Prinzip: die Koppelung von Bewegung und Atmung spart Kraft und bewirkt eine maximale Ausschöpfung des eingeatmeten Sauerstoffs. Vermehrte Bewegung baut überschüssige Energie ab, kräftigt den Herzmuskel (das Herz muss bei gleicher Arbeitsleistung weniger schlagen, weil die Pumpkraft erhöht wird), verbessert die Durchblutung, erhöht die Sauerstoffzufuhr, bewirkt eine schnellere Erholung nach Belastungen und bedeutet einen Reiz zur Bildung neuer Blutgefäße (Kapillargefäße). Sport verbessert die Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden. Beim Konditionstraining soll der Puls zwischen 140 und 160 betragen. In Bezug auf das Alter ist folgende (grobe) Formel für den oberen Pulswert bekannt: 180 Schläge pro Minute minus Lebensalter, d.h. 150 für einen 30-Jährigen. Ein echter Trainingseffekt ergibt sich nur bei regelmäßigem Training (3-mal pro Woche jeweils 30-45 Minuten). Die Leistungsfähigkeit wird durch ein derartiges Trainingsprogramm im Laufe der Zeit um 30-50% gesteigert.
Panikbewältigungstraining
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Aktivitätsaufbau Viele Menschen mit Agoraphobie schränken ihre Aktivitäten, Freizeitinteressen und Sozialkontakte zunehmend ein, weil dies zumeist erfordert, das Haus zu verlassen und sich Angst machenden Situationen zu stellen. Sie ziehen sich immer mehr vom bisherigen Bekanntenkreis zurück und werden sozial isoliert. Alle Tätigkeiten, die früher Spaß gemacht haben, werden aus Angst vor Panikattacken vermieden. Aus diesem Meidungsverhalten entwickelt sich häufig eine sekundäre Depression, in deren Rahmen noch weniger Aktivitäten erfolgen. Viele Betroffene wissen oft gar nicht mehr, ob sie aus Angst oder depressiver Lustlosigkeit frühere Aktivitäten nicht mehr ausüben. Zur Verhinderung einer depressiven Entwicklung sollten Sie Ihre früheren Freizeitaktivitäten außer Haus wieder aufnehmen bzw. entsprechende Interessen ausbauen. Besuchen Sie wieder Freunde und Verwandte, rufen Sie alte Bekannte an und vereinbaren Sie ein Treffen, nehmen Sie teil an gesellschaftlichen Ereignissen, unternehmen Sie nach der Arbeit wieder etwas mit Ihren Arbeitskollegen, gehen Sie in Clubs und Sportvereine, die Ihnen früher wichtig waren. Wenn Sie derzeit nicht berufstätig sind (was für viele Frauen zutrifft), überlegen Sie eine außerhäusliche Tätigkeit (z.B. eine Halbtagsarbeit, die Teilnahme an Frauen- und Mütterrunden sowie an Kursen zur Verbesserung Ihrer sportlichen, künstlerischen, geistigen oder beruflichen Fähigkeiten). Was haben Sie früher gerne getan, was würde Ihnen auch jetzt noch Spaß machen, wenn Sie nur Ihre Ängste überwinden könnten? Kämpfen Sie nicht so sehr gegen Ihre Ängste, sondern vielmehr für ein befriedigenderes Leben, indem Sie alles tun, was Ihnen gefällt. Angenommen, es geschieht ein Wunder, und Sie wachen morgen in der Früh auf und haben keine lebenseinengenden Ängste, keine Agoraphobie oder Panikattacken mehr, was würden Sie da tun? Erstellen Sie eine Liste aller gewünschten Tätigkeiten. Was davon könnten Sie schon jetzt tun, was erst nach Überwindung Ihrer Ängste? Viele Angstpatienten sind an „guten Tagen“ durchaus erfolgreich in ihren Bemühungen und werden inaktiv an „schlechten Tagen“. Nehmen Sie eine Tagesplanung unabhängig von Ihren Stimmungen und Ängsten vor. Erstellen Sie einen Tages- und Wochenplan, was Sie tun müssen und was Sie gerne tun wollen, und führen Sie diese Tätigkeiten zum gegebenen Zeitpunkt unabhängig von Ihrer Stimmung aus. Diese Vorgangsweise wird auch depressiven Patienten empfohlen (Motto: „Aktivität verbessert die Stimmung“). Bei Angstpatienten tritt die größte Angst immer erst dann auf, wenn sie etwas tun sollen oder wollen. Rechnen Sie damit, dass dies auch bei Ihnen so sein wird. Ihre relative Angstfreiheit ist erkauft um den Preis, dass Sie sich zu einer Meidung Angst machender Situationen entschlossen haben. Die Einstellung, verschiedene Aktivitäten erst dann zu unternehmen, wenn die Angst weg ist, ist ebenso handlungsblockierend wie der Vorsatz depressiver Patienten, wieder aktiv zu werden, wenn die Stimmung besser ist. Bei bestimmten Menschen ufern die Angst- und Panikzustände aufgrund eines unzureichend strukturierten Tagesablaufs stärker aus als bei anderen Personen. Hausfrauen, Studenten, Selbstständige, Arbeitslose und Rentner können Angstsituationen leichter vermeiden, weil sie nicht so sehr den Zwängen der Fremdbestimmung ausgesetzt sind, sondern sich den Tag je nach Stimmung einteilen können. Zu lange Krankenstände bei Angststörungen führen oft ebenfalls dazu, dass die Ängste nicht weniger werden, sondern nur vermieden werden, um dann umso heftiger aufzutreten, wenn die Gesundschreibung erfolgt.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Gesundheitsmaßnahmen Menschen mit einer Panikstörung leben oft ziemlich ungesund, was Panikattacken bewirken oder verstärken kann. Folgende Ratschläge können weiterhelfen: 1. Ernähren Sie sich gesund! Richtige Ernährung in Verbindung mit den notwendigen Vitaminen, Mineralstoffen (z.B. Calcium, Natrium, Phosphor, Magnesium) und Spurenelementen (z.B. Eisen, Chrom, Kobalt, Fluor, Jod) stärkt Ihren Körper. Holen Sie bei Bedarf entsprechende Informationen ein oder nehmen Sie eine Ernährungsberatung in Anspruch. Hungerkuren (Blutzuckerabfall) können ebenso Panikattakken auslösen wie größere Mengen von Süßigkeiten (vermehrte Adrenalinausschüttung zur Aktivierung der Zuckerneubildung). 2. Schränken Sie das Rauchen und übermäßige Kaffeetrinken ein! Viele Panikpatienten rauchen zu viel und/oder trinken zu viel Kaffee bzw. koffeinhaltige Getränke. Suchen Sie andere Möglichkeiten, wie Sie Stress begegnen können, ohne auf diese Genussmittel gänzlich verzichten zu müssen, wenn Sie damit kontrolliert umgehen können. 3. Vermeiden Sie übermäßigen Alkoholkonsum! Wenn Sie früher gerne Alkohol getrunken haben, ohne dabei Probleme von Missbrauch oder Abhängigkeit zu bekommen, können Sie dieses Genussmittel weiterhin in Maßen zu sich nehmen. 4. Vermeiden Sie übermäßige Schonung und Bettruhe tagsüber! Viele Panikpatienten schonen sich zu sehr und verlieren jene körperliche Fitness, die sie früher oft ausgezeichnet hat. Mangelnde körperliche Kondition begünstigt Panikattacken. 5. Achten Sie auf ausreichenden Schlaf! Zu wenig Schlaf sowie Ein- und Durchschlafstörungen verhindern die Regeneration und führen zu psychischer Überlastung. Schlafdefizite beeinträchtigen die Leistungsfähigkeit Ihres Immunsystems. Schlafgestörte Angstpatienten können von folgenden Hilfestellungen profitieren: z ein Glas warme Milch mit Honig vor dem Schlafengehen, z ein warmes Bad, kalte Armbäder (10-30 Sekunden) und kalte Fußwickel, z Baldrian- oder Baldrian-Hopfen-Präparate (z.B. Hova®, Hovaletten® N), z Lavendelgeruch (getrocknete Blüten oder ätherisches Öl) oder ein anderer Duft, z Schlafengehen erst bei Müdigkeit oder eine Stunde später als gewohnt, z morgens stets zur gleichen Zeit aufstehen, auch bei Schlaflosigkeit, z möglichst lange munter bleiben, was zum gegenteiligen Effekt führt, z mit offenen Augen im Finstern im Bett liegen (dies bewirkt eine Müdigkeit), z im Bett nicht essen, lesen oder fernsehen (Konditionierung: liegen = schlafen), z nach 15 Minuten Schlaflosigkeit aufstehen und etwas Ermüdendes tun, z bei weiterer Einschlafstörung wiederum nach 15 Minuten aufstehen, z Anwendung des autogenen Trainings oder von Atemübungen, z bewusste Anwendung von Körperwahrnehmungsübungen ohne Einschlafintention, z Achtsamkeitsmeditation nach Kabat-Zinn (dabei nichts erreichen wollen), z Verzicht auf Schlaf während des Tages trotz Müdigkeit, z ein ausgedehnter Spaziergang 4-5 Stunden vor dem Schlafengehen, z gute Durchlüftung des Schlafzimmers und Temperatur nicht höher als 16 Grad, z kein Alkoholkonsum (erleichtert zwar das Einschlafen, stört dann aber den Schlaf), z möglichst keine Benzodiazepinschlafmittel (Tranquilizer verändern die Schlafarchitektur und bewirken langfristig erst recht eine schwere Schlafstörung).
Panikbewältigungstraining
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Emotionstraining Viele Menschen mit Angststörungen können weder mit Angst noch mit anderen Gefühlen umgehen. Panikattacken entstehen oft aus unterdrückten Gefühlen (z.B. Wut, Verlustangst). Viele Panikpatienten versuchen, störende Emotionen zu ignorieren oder zu verdrängen, wodurch diese erst recht außer Kontrolle geraten. Die Betroffenen befürchten, durch die Beschäftigung mit ihrer Angst eine unkontrollierbare Angstüberflutung zu provozieren, und bevorzugen daher Angstmeidungs- und Unterdrückungsstrategien. Starker Gefühlsdruck wird oft als geistige Störung („verrückt“) fehlinterpretiert. Nur ein besseres Wahrnehmen, Erleben und Annehmen der dem Verhalten zugrunde liegenden Gefühle kann neben der Änderung des Denkens zu dauerhaften Verhaltensänderungen bei Angstpatienten führen. Das Akzeptieren von Angst-, Verlassenheits- und Hilflosigkeitsgefühlen bewirkt bereits eine Veränderung. Nehmen Sie Ihre Angst bzw. Furcht an, und sie wird sich wandeln vom Feind zum Freund. Wenn Sie Ihrer Angst ausweichen oder gegen sie kämpfen mit dem Ziel, dass sie verschwindet, werden Sie sich laufend bedroht fühlen und damit den Angstkreislauf nur schwer verlassen können. Analysieren Sie, welche Gefühle Sie haben Situationen, die Sie mit Angst oder belastenden körperlichen Beschwerden verbinden. Menschen mit Angststörungen bezeichnen verschiedene Gefühlszustände mit dem Begriff „Angst“, ähnlich wie zahlreiche depressive Patienten jedes unangenehme Gefühl mit depressiver Stimmung verbinden. Achten Sie darauf, ob statt oder neben einem Angstgefühl auch folgende Gefühle auftreten: Hilflosigkeit, Schwäche, Lustlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit, Ohnmachts- und Sinnlosigkeitsgefühle, Bedürfnis zu weinen, Enttäuschung, Wut, Ärger, Unruhe, Abneigung (Aversion), Ekel, Einsamkeit, Verlassenheitsgefühl, Sehnsucht nach Geborgenheit, Wunsch nach Gehalten-Werden. Oft besteht eine ausgeprägte Gefühlsambivalenz (z.B. Liebe und Hass, Ärger und Mitleid, Wut und Ohnmacht), die einen starken inneren Druck bewirkt, sodass eine große körperliche und geistige Anspannung entsteht und in sehr unangenehmer Weise bestehen bleibt. Welche Gefühle lehnen Sie bei sich eigentlich ab? Besteht Ihre Angst dann nicht einfach darin, diese Gefühle doch zu bekommen bzw. einfach zuzulassen (z.B. Angst vor Hilflosigkeit, Schwäche, Weinen oder Wutausbruch)? Wenn Sie Angst haben, ist dies ein ganz normales Gefühl. Was genau gibt Ihnen den Eindruck, dass es sich dabei um etwas Abnormales handelt? Aus welchen früheren Lebenserfahrungen kennen Sie derartige Bewertungen? Warum wollen Sie immer stark sein? Wer sagt, dass Sie immer stark sein müssen? Es ist ein Zeichen von Stärke, seine Schwächen zulassen und zeigen zu können in dem Vertrauen, dass „Echtheit“ mehr Beziehung, Nähe und Anerkennung bewirkt als das Aufsetzen einer Maske und die Übernahme einer Rolle. Können Sie unterscheiden, wann Sie aufgrund der Umstände verständliche und normale, wenngleich unangenehme Gefühle haben, und wann Sie krankhafte Zustände von Angst oder depressiver Antriebs- und Lustlosigkeit haben? Diese Unterscheidungsfähigkeit ist Voraussetzung für den sinnvollen Umgang mit Medikamenten. Es ist nicht sinnvoll, jedes unangenehme Gefühl gleich mit einem Medikament dämpfen oder beseitigen zu wollen. Wann sind Sie verärgert und wann einfach nur angespannt? Das bessere Wahrnehmen und Ausdrücken Ihrer Gefühle wird erleichtert durch regelmäßige Tagebuch-Aufzeichnungen, die neben den Tagesereignissen auch eine Darstellung Ihrer Gefühlszustände enthalten. Wenn bei Angststörungen unterschiedliche Psychotherapiemethoden wirksam sind, dann oft deshalb, weil sie helfen, mit unangenehmen, diffusen und zwiespältigen Gefühlszuständen besser umgehen zu lernen.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Stressbewältigungstraining Strategien zur Stressbewältigung sind nach zahlreichen Studien dann erfolgreich, wenn sie Vorhersagbarkeit, Verständnis für Zusammenhänge, Wissen und Gefühle von Kontrollierbarkeit und Bewältigbarkeit von Situationen vermitteln. Stress hängt oft mit den Aspekten Unsicherheit und mangelnde Kontrolle von Situationen zusammen. Manchmal gelingt es schon, die übermäßige Ausschüttung des Stresshormons Kortisol zu stoppen, wenn man in belastenden und überfordernden Situationen als Ausdruck der Handlungsbereitschaft irgendetwas tut bzw. etwas, das man noch nicht versucht hat. Menschen mit Panikstörungen leben oft unter großem Stress, der Panikattacken begünstigt. Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie bestehen in einer Kontrollverlustangst. Viele Verhaltensweisen, die die Betroffenen oft bis zu einer Erschöpfungsdepression überfordern, stellen den Versuch dar, die Dinge und den eigenen Körper immer und überall „im Griff“ zu haben (Motto: „Alles unter Kontrolle“). Folgende Ratschläge zur Stressbewältigung können nützlich sein [38]: z Analysieren Sie Ihren privaten und beruflichen Stress, indem Sie Ihre Stressfaktoren auf einer Liste festhalten und nach dem Ausmaß der Belastung reihen. z Unterscheiden Sie zwischen jenem Stress, der durch Ihre Lebenssituation gegeben ist, und jenem Stress, der letztlich durch Ihre Denkmuster und Einstellungen bewirkt wird, völlig unabhängig von situativen Gegebenheiten. z Unterscheiden Sie zwischen dem Stress, den Sie sich selbst machen, und dem Stress, den Ihnen andere Menschen und bestimmte Umstände bereiten. z Erstellen Sie eine Prioritätenliste Ihrer Aktivitäten. Treffen Sie eine Unterscheidung zwischen dem, was wichtig ist und deshalb getan werden sollte, und dem, was wohl auch wünschenswert wäre, jedoch momentan eine Überforderung darstellt, sodass Sie in der nächsten Zeit bewusst darauf verzichten. z Erstellen Sie Ihren Terminkalender so, dass Sie nicht bereits durch zu viele Termine und fehlende Pausen in Stress geraten, noch dazu, wenn unvorhersehbare Ereignisse eintreten. Planen Sie im Tagesablauf bewusst Pausen von einer Viertelstunde ein. z Analysieren und ändern Sie jene Denkmuster, die den größten Stress erzeugen und das Risiko von Panikattacken erhöhen (z.B. ständige „Was wäre, wenn“-Gedanken, alles „im Griff“ haben wollen, sich für alle und alles verantwortlich fühlen, permanente Überforderung durch überhöhte Ziele, alles perfekt machen wollen, Perfektionismus zur Vermeidung von Kritik oder Minderwertigkeitsgefühlen, jedem alles recht machen wollen, sich nicht abgrenzen und nicht Nein sagen können, alles lieber „hinunterschlucken“ statt Ärger offen aussprechen und Konflikte riskieren). z Achten Sie auf Entspannungsmöglichkeiten und Zeiten der Ruhe und Erholung. z Verbessern Sie Ihre persönliche Stresstoleranz, indem Sie Phasen der Anspannung mit einem körperlichen Bewegungsprogramm ausgleichen. z Lernen Sie, die ersten körperlichen, seelischen und gedanklichen Anzeichen von überforderndem Stress zu erkennen, um Panikattacken vermeiden zu können. z Treffen Sie bei Bedarf eine vielleicht schon seit längerem hinausgeschobene Neuorientierung Ihres Lebens, z.B. die Klärung einer belastenden familiären, partnerschaftlichen oder beruflichen Situation. Belastend ist oft nicht der Stress an sich, sondern der hilflos und ohnmächtig machende Stress. z Wenn Sie durch die soziale Situation in chronischen und übermäßigen Stress geraten, achten Sie auf emotionale Unterstützung durch Menschen Ihres Vertrauens.
Bewältigungsstrategien bei sozialen Ängsten
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Bewältigungsstrategien bei sozialen Ängsten Haben Sie schon einmal das Folgende bedacht? Panikattacken resultieren oft aus unterdrücktem Ärger oder Konflikten in zwischenmenschlichen Situationen. Folgende Empfehlungen können hilfreich sein: 1. Äußern Sie Ihre Wünsche und berechtigte Kritik! Sagen Sie im Umgang mit anderen Menschen klar, was Sie wollen und was Sie stört. 2. Lernen Sie, Nein zu sagen, und grenzen Sie sich ab gegenüber unberechtigten Forderungen! Wo sagen Sie aus Angst Ja, wo Sie lieber Nein sagen sollten? 3. Werden Sie selbstständiger gegenüber den Eltern und dem Partner! Angstpatienten hängen oft zu sehr am Partner und an den Eltern. Neben den schönen Seiten einer (über-)engen Beziehung zeigen sich hier auch die Schattenseiten: Sie behindern die Entwicklung eines eigenständigen Lebens, sodass latente oder offene Angst vor dem Alleinsein besteht, mit dem man nicht umgehen kann. Die Angehörigen möchten den Betroffenen ihre Ängsten dadurch erleichtern, dass sie ihnen alle möglichen Aufgaben abnehmen (Einkäufe, Autofahrten, Behördenwege u.a.). Angstpatienten werden dadurch noch abhängiger von ihren Angehörigen, noch ängstlicher und hilfloser. Dies führt zu reduziertem Selbstwertgefühl und wiederholten Depressionen. 4. Leben Sie auch dann ein selbstständigeres Leben, wenn sich Angehörige plötzlich darüber beschweren sollten, dass Sie seit Ihrer Angstbewältigung weniger verfügbar sind. Langfristig wird Ihre größere Freiheit und Zufriedenheit auch Ihren Angehörigen zugute kommen. Zahlreiche Menschen mit Panikstörung mit und ohne Agoraphobie haben auch soziale Ängste, ähnlich wie Menschen mit sozialen Ängsten und Phobien oft zu situationsspezifischen Panikattacken neigen. Neben dem effizienten Umgang mit sich selbst müssen viele Angstpatienten auch einen besseren Umgang mit anderen Menschen erlernen. Es gibt zahlreiche Selbsthilfebücher zur Bewältigung sozialer Ängste und Phobien. Eines der hilfreichsten Bücher für Betroffene und deren Angehörige, das nicht nur die Aspekte Schüchternheit, Selbstsicherheit, Selbstbehauptung und ähnliche Aspekte, sondern den vollen Begriffsumfang der Diagnose „soziale Phobie“ thematisiert, stammt von der englischen Psychologin und Verhaltenstherapeutin Gillian Butler und heißt in deutscher Übersetzung „Schüchtern – na und? Selbstsicherheit gewinnen“. Es berücksichtigt die kognitiven Konzepte und erfolgreichen Behandlungsmethoden der englischen Psychologen und Verhaltenstherapeuten Clark und Wells, wie sie in den entsprechenden Abschnitten dieses Buches dargelegt wurden. Kurz zusammengefasst bedeutet dieses Erklärungsmodell sozialer Ängste und Phobien für Ihr Sozialverhalten Folgendes: In einer bestimmten sozialen Situation werden bei Ihnen lebensgeschichtlich bedingte grundlegende Überzeugungen (z.B. „Ich bin nicht okay, nicht liebenswert“) und negative automatische (unbewusste) Gedanken bzw. Annahmen (z.B. „Die anwesenden Personen werden mich ablehnen“) aktiviert, die z eine erhöhte Aufmerksamkeit auf Ihre Person bewirken (ständige Selbstaufmerksamkeit mit mangelnder Konzentration auf die Aufgaben und Interaktionspartner), z ein Sicherheitsverhalten auslösen (anhaltende Vermeidungs-, Flucht-, Unterdrükkungs- und Kompensationstendenzen, z.B. soziale Situationen vermeiden, Unsicherheit durch Perfektion überspielen wollen, lange im Voraus über die bevorstehende Situation nachdenken, Alkohol oder Beruhigungsmittel einnehmen), z körperliche Symptome erzeugen (z.B. Schwitzen, Erröten, Zittern, Herzklopfen).
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Schließlich beeinflussen sich die genannten Faktoren wechselseitig in negativer Weise. Im Rahmen einer „Selbstbehandlung“ können Sie lernen, diesen Teufelskreis zu unterbrechen, ohne dass Sie zuerst ein anderer Mensch werden und jahrelang an Ihrem Selbstbewusstsein und Ihrer Selbstbehauptung arbeiten müssen – wenngleich es natürlich Ihre Aufgabe ist, im Laufe des Lebens Ihre Ressourcen auszubauen und alle Chancen zur Verbesserung Ihrer sozialen Lebensmöglichkeiten zu nutzen. Das empfohlene Selbsthilfebuch bietet zur Unterstützung verschiedene Arbeitsblätter an und beschreibt im Detail vier Hauptmethoden zur Überwindung sozialer Ängste: 1. Denkmuster ändern. Erkennen und hinterfragen Sie Ihre Denkmuster im Umgang mit anderen Menschen. Sind Sie aus Angst vor Kritik und Ablehnung zu sehr darauf fixiert, was andere über Sie denken könnten? Dann sollten Sie Ihre negativen Denkweisen über die vermutete Beziehung der anderen Menschen Ihnen gegenüber ändern, weil sonst Ihr Denken Ihre Gefühle und Verhaltensweisen ständig ungünstig beeinflusst. Analysieren Sie zuerst schriftlich anhand eines Protokolls Ihre Gefühle und Gedanken in bedeutsamen sozialen Situationen, um Ihre verzerrten Denkmuster detailliert zu erfassen, und suchen Sie anschließend nach alternativen Denkweisen. 2. Verhaltensweisen ändern. Verzichten Sie auf jedes Sicherheits- und Vermeidungsverhalten, weil Ihre sozialen Ängste dadurch langfristig verstärkt werden und nur kurzfristig eine Entlastung von unangenehmen körperlichen und mentalen Zuständen erfolgt. Verwenden Sie alle möglichen Tricks, wie Sie einer befürchteten Blamage entkommen oder möglichst unauffällig soziale Situationen überstehen könnten? Dann wagen Sie verschiedene Experimente, um neue positive Erfahrungen ohne Sicherheits- und Vermeidungsverhalten zu machen, die Ihre negativen Erwartungen und lebendig-plastischen Katastrophenfantasien widerlegen. Machen Sie Vorhersagen, was ohne Sicherheitsverhaltensweisen schief gehen könnte (Was wäre das Schlimmste, das passieren könnte?) und vergleichen Sie diese Befürchtungen dann später mit den tatsächlich gemachten Erfahrungen (Was geschieht wirklich, wenn Sie sich „ungeschützt“ in gefürchtete Situationen begeben?). 3. Selbstaufmerksamkeit und Befangenheit abbauen. Konzentrieren Sie sich in sozialen Situationen ganz bewusst auf andere Menschen bzw. auf Ihre Aufgaben, weil die ständige Selbstbeobachtung aus Angst vor sozialer Auffälligkeit nur zu mangelnder Spontaneität in Sozialkontakten und zu mangelnder Konzentration in Leistungssituationen führt. Betreiben Sie in sozialen Situationen eine ständige Beobachtung Ihrer körperlichen Reaktionen und Ihres verbalen und nonverbalen Verhaltens? Dann sollten Sie Ihre Aufmerksamkeit ganz auf das richten, was um Sie herum geschieht, damit Sie in sozialen Situationen möglichst viele Informationen von außen erhalten, anstatt ständig um Ihre eigenen Gedanken und körperlichen Empfindungen zu kreisen. Blicken Sie andere Menschen 100%ig an, anstatt sich selbst so zu beobachten, wie Sie glauben, dass die anderen Menschen Sie wahrnehmen und beobachten. 4. Vertrauen in sich selbst aufbauen. Wenn Ihr Selbstvertrauen in sozialen Situationen trotz Umsetzung der ersten drei Strategien nur unzureichend oder nur sehr langsam ansteigt, sollten Sie als vierten Schritt die zugrunde liegenden negativen Überzeugungen in Bezug auf Ihre Person analysieren und verändern. Sind Sie sich selbst gegenüber kritischer, als andere Menschen dies Ihnen gegenüber jemals sein könnten? Dann spiegelt Ihre Angst vor sozialer Ablehnung letztlich nur Ihre übertriebene Selbstkritik wider. Neue Erfahrungen mit sich selbst durch verschiedene erfolgreiche Aktivitäten und eine positivere Einstellung sich selbst gegenüber fördern Ihr Selbstvertrauen und vermindern Ihre Angst vor sozialer Bewertung und Ablehnung.
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Bei Bedarf: Soziale Kompetenzen verbessern lernen Lernen Sie, selbstbewusster und unabhängiger gegenüber anderen Menschen zu werden! „Selbstbewusstsein“ ist mehr als sicheres Auftreten, Durchsetzungskraft und psychische Stärke. „Sich seiner selbst bewusst zu sein“ bedeutet, seine eigenen Bedürfnisse, Gefühle und körperlichen Zustände voll wahrnehmen und annehmen zu können, sodass man deswegen nicht die Ablehnung durch andere fürchten muss. Wer sich in seiner momentanen Befindlichkeit selbst ablehnt, kann der befürchteten oder tatsächlichen Kritik durch die soziale Umwelt kaum etwas entgegensetzen. Sich selbst in seinem Sosein besser anzunehmen, stellt bereits die erste positive Veränderung dar. Überlegen Sie, ob Sie aus Angst vor Kritik bzw. Ablehnung oder wegen mangelnder sozialer Fertigkeiten nach dem Motto „Wie gehe ich auf andere zu?“ Kontaktprobleme haben. Viele Menschen mit Sozialphobie streben primär deshalb bessere Kommunikationsstrategien an, weil sie hoffen, dadurch die belastende Angst vor Ablehnung überwinden zu können. In diesem Fall ist anfangs eher ein Ablehnungstraining (Ablehnung provozieren und besser ertragen lernen) als ein Kommunikationstraining angezeigt. Wer die möglichen Folgen sozialer Kompetenz (z.B. Kritik vonseiten anderer) nicht ertragen kann, wird eher zum Nachgeben neigen. Die folgenden Übungsvorschläge – aus einschlägigen populären und Fachbüchern entnommen – bieten Hilfen für beide Bereiche an. Lernen Sie, andere Menschen bewusst wahrzunehmen und zu beobachten. Jemanden anzusprechen gelingt Ihnen leichter, wenn Sie zuerst einmal nonverbal eine Beziehung zu jemandem aufgebaut haben. Die genaue Beobachtung anderer Personen ist die erste und einfachste Methode, ihnen gegenüber sicherer zu werden. Die Konzentration auf die beobachtbaren Reaktionen anderer Menschen ist in Angstsituationen auch eine hilfreiche Ablenkung von der ständigen ängstlichen Selbstbeobachtung und den Befürchtungen über das unmittelbar Bevorstehende. Folgende Tipps sind hilfreich: z Beobachten und beschreiben Sie innerlich für sich die äußeren Merkmale vorbeigehender oder Ihnen gegenübersitzender Personen: Kleidung, Gesicht, Augen, Frisur, Figur, Körperhaltung, Bewegungen. z Nehmen Sie eine persönliche Einschätzung dieser Personen vor, d.h. wie diese auf Sie wirken (deprimiert, aggressiv, gehetzt, lustig, freundlich, sympathisch, unsympathisch, ablehnend, Angst einflößend, selbstbewusst, unsicher, ängstlich usw.). z Nehmen Sie Ihre Gefühle, Gedanken und körperlichen Reaktionen wahr und beschreiben Sie diese innerlich, während Sie anderen gegenübersitzen oder -stehen. Welche Verhaltensweisen anderer Menschen bewirken bei Ihnen welche Zustände? z Wenn Ihnen die Nähe anderer Menschen unangenehm ist, weichen Sie aus Übungszwecken dennoch nicht aus, sondern beobachten Sie, welche Gefühle und Gedanken auftreten. Nennen Sie nicht alles gleich „Angst“, wenn Sie vielleicht andere Gefühle haben (z.B. Einsamkeitsgefühle, Wunsch nach Kontakt, Ärger über andere). Lernen Sie, mit anderen Menschen nonverbal in Kontakt zu treten: z Üben Sie in Straßenbahnen, Bussen, Zügen, Lokalen usw. den Blickkontakt mit anderen, ohne dabei um die Länge des Blickkontakts zu kämpfen, sondern überprüfen Sie nur die Wirkung eines direkten, verlängerten Blicks. z Lächeln Sie Ihrem Gegenüber zu und beobachten Sie die Reaktion des anderen. z Lächeln Sie eine sympathische Person des anderen Geschlechts an. z Gehen Sie aufrecht und selbstbewusst auf eine unbekannte Person zu, mit direktem Blickkontakt, und beobachten Sie, ob diese ausweicht.
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Lernen Sie, körperliche Nähe zu ertragen: z Lernen Sie, in einem überfüllten Bus, Lift, Kaufhaus, Lokal, Kino, Schwimmbad, Wartezimmer oder Veranstaltungssaal die Nähe fremder Menschen zu ertragen. z Besuchen Sie eine Sauna oder lassen Sie sich bei Verspannungen massieren. z Fragen Sie in einem vollen Speiselokal an einem Tisch die Anwesenden, ob Sie sich dazusetzen dürfen, und halten Sie sich dort mindestens eine Stunde lang auf. z Nehmen Sie an Kursen teil, wo Sie mit fremden Menschen in Interaktion treten müssen (z.B. bestimmte Kurse in Einrichtungen der Erwachsenenbildung). z Nehmen Sie an Selbsterfahrungs- bzw. Selbstsicherheitsgruppen oder ähnlichen Veranstaltungen teil, wo über den verbalen Ausdruck innerer Zustände gezielt die Nähe unter den Kursteilnehmern gefördert wird. z Nehmen Sie an einer mehrtägigen Gruppenreise mit unbekannten Personen teil. z Organisieren Sie eine Party, zu der Sie mehr Leute einladen als bisher. Lernen Sie, andere Menschen anzusprechen: z Fragen Sie Passanten nach einer Straße, nach einem komplizierten Weg, nach der Uhrzeit, nach einem Geschäft oder Gebäude. z Stellen Sie sich vor eine Telefonzelle hin und fragen Sie Passanten, ob sie Ihnen eine Münze wechseln können. z Begrüßen Sie freundlich eine unbekannte Person und fragen Sie diese, ob es sein kann, dass Sie sich von irgendwoher kennen. z Reden Sie im Bus, Zug oder Lokal sowie auf einer Parkbank fremde Personen an. z Erheben Sie neben verschiedenen anderen Informationen auch die persönliche Meinung der Befragten (z.B. „Welches Lokal würden Sie mir empfehlen?“). z Sprechen Sie im Freien verschiedene Verkäufer an (Zeitungs-, Blumen-, Würstelverkäufer) und führen Sie ein kurzes Gespräch mit ihnen. z Sprechen Sie in Geschäften Verkäufer an, um sich beraten zu lassen, ohne etwas zu kaufen. Reden Sie dabei jene Menschen an, die Sie aus verschiedenen Gründen spontan eher nicht ansprechen würden. Lernen Sie, Forderungen zu stellen: z Versuchen Sie, in Geschäften die Verkäufer über Sachfragen zu bestimmten Produkten (z.B. elektrische Geräte) möglichst lange in Gespräche zu verwickeln, ohne etwas zu kaufen. Stellen Sie bestimmte Anforderungen an die Qualität der Waren. z Gehen Sie in ein Schuhgeschäft und probieren Sie mindestens drei Paar Schuhe, ohne welche zu kaufen. Handeln Sie ähnlich in einem Kleidergeschäft. z Wenn es irgendwo laut zugeht, sagen Sie den betreffenden Personen, sie mögen leiser sein. z Stellen Sie eine Forderung an Ihren Partner, die Ihnen wichtig ist, ihn aber vielleicht verärgern könnte. z Äußern Sie in Ihrer Wohnumwelt gegenüber bestimmten Menschen eine Beschwerde zu einem Sachverhalt, der Sie innerlich schon lange beschäftigt. z Richten Sie Forderungen an Verwandte, deren Verhalten Sie schon lange ärgert. z Äußern Sie an Ihrer Arbeitsstelle bei Ihrem Vorgesetzten oder bei einem Arbeitskollegen einen berechtigten Wunsch, auch wenn wenig Aussicht auf Erfüllung besteht. Es ist nicht immer möglich, alles gleich durchzusetzen, doch bietet erst ein beharrlich vorgetragenes Anliegen die Chance dazu. z Sagen Sie Freunden und Arbeitskollegen, was Sie stört, und was Sie sich wünschen.
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Lernen Sie, soziale Auffälligkeit zu ertragen und machen Sie Mittelpunktsübungen: z Verstreuen Sie in einem Café etwas Zucker oder lassen Sie den Teelöffel fallen. z Gehen Sie in einem Lokal langsam bis zum Ende und tun Sie so, als würden Sie jemanden suchen. z Rufen Sie in einem öffentlichen Verkehrsmittel, in einem Lokal oder auf der Straße einem weiter entfernt stehenden Bekannten etwas so laut zu, dass Sie auffallen. z Rufen Sie in einem vollen Lokal dem Kellner zu, der fünf Meter entfernt ist. z Husten oder schnäuzen Sie sich so laut, dass sich jemand umdreht. z Stellen sich an einem sehr frequentierten Platz in auffälliger Weise hin. z Versuchen Sie sich absichtlich in einer Sportart, die Sie nicht gut können, während Ihnen andere Leute dabei zuschauen. z Verhalten Sie sich in einem Geschäft der Verkäuferin gegenüber so aufgeregt, dass Sie dabei etwas stottern und nicht so recht herausbringen, was genau Sie eigentlich kaufen möchten. Provozieren Sie genau das, was Sie eigentlich fürchten. z Legen Sie im Geschäft bei der Kasse einige Gegenstände zurück mit der Begründung, dass Sie nicht so viel Geld mithaben. z Lassen Sie im Supermarkt bei der Kasse, wo hinter Ihnen eine längere Schlange steht, den ganzen Einkaufswagen beiseite stellen, weil Sie plötzlich „entdecken“, dass Sie Ihre Geldbörse vergessen haben. z Versuchen Sie in einem Supermarkt, wo eine längere Schlange bei der Kasse steht, mit der Begründung, dass Sie nur einen einzigen Gegenstand gekauft haben, zur Kasse vorgelassen zu werden. z Tragen Sie einmal eine bestimmte Kleidung, mit der Sie sicher Aufsehen erregen. z Gehen Sie in einem großen Lokal langsam umher, blicken Sie die Gäste an und verhalten Sie sich so, also würden Sie einen Bekannten suchen. Lernen Sie, Ihre Ablehnungsangst zu bewältigen. Verhalten Sie sich bestimmten Menschen gegenüber absichtlich so, dass Sie mit einer Ablehnung rechnen müssen: z Ersuchen Sie jemand, Ihnen Kleingeld zum Telefonieren zu schenken. z Fragen Sie eine unbekannte Dame, ob Sie ihr den Koffer tragen dürfen. z Fragen Sie einen eilig vorbeigehenden Passanten, der wenig Zeit zu haben scheint, nach einem komplizierten Weg. z Fragen Sie einen streng und seriös wirkenden Herrn, ob er Ihnen ein gutes Speiselokal in der Nähe empfehlen kann. z Fragen Sie in einem Lokal ein Paar, ob Sie sich dazusetzen dürfen, weil sonst nichts mehr frei sei. z Reden Sie, wenn Sie allein unterwegs sind, eine Person des anderen Geschlechts an und versuchen Sie, sich fünf Minuten mit ihr zu unterhalten, obwohl Sie den Eindruck haben, dass diese Person nicht mit Ihnen reden wird. z Bewerben Sie sich, wenn Sie derzeit arbeitslos sind, absichtlich bei einer Stelle, wo Sie mit einer Absage rechnen müssen. z Setzen Sie sich in einem Lokal oder Zugsabteil auf einen reservierten Platz, um die Erfahrung des Aufstehen-Müssens ertragen zu lernen. z Versuchen Sie, in einem Geschäft bei einem Produkt einen um 5% niedrigeren Preis auszuverhandeln, obwohl dies ziemlich unwahrscheinlich erscheint. z Verhandeln Sie in einem Geschäft mit einem Verkäufer, etwas billiger zu bekommen, weil es leicht beschädigt sei, obwohl dies nur unwesentlich der Fall ist. z Interviewen Sie Passanten mit einem Mikrofon zu einem bestimmten Thema.
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Selbsthilfe bei Angststörungen Zwanzig Tipps zur Bewältigung von Versagensängsten
Soziale Ängste stehen häufig in Zusammenhang mit Versagensängsten, die auch unabhängig von sozialer Bewertung, Kritik und Ablehnung in jedem von uns vorhanden sind. Wir möchten etwas gut machen und fürchten uns manchmal gerade deswegen, es schlecht zu machen. Wenn wir uns selbst übermäßig kritisieren, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass wir uns oft auch vor dem Urteil anderer Menschen fürchten. Von normalem Lampenfieber bis hin zu krankhaften Versagensängsten gibt es unterschiedliche Formen, wie Menschen mit Leistungsanforderungen in Ausbildung, Beruf und Sozialbeziehungen umgehen. Die Angst zu versagen zeigt sich in vielfältiger Weise als Leistungs- und Prüfungsangst in Schule und Ausbildung, als Versagensangst im Beruf, als Präsentationsangst in beruflichen und privaten Situationen, als Angst vor Minderleistung in den Bereichen von Sport, Kunst, Kultur und Wissenschaft, als Furcht vor Blamage in vielen an sich angenehmen Freizeitsituationen, als sexuelle Versagensangst in der Partnerschaft, als Angst vor Versagen angesichts familiärer Rollen und Verpflichtungen, als Angst vor Statusverlust bei finanzieller Notlage. Psychologen unterscheiden zwei Komponenten von Prüfungs- und Versagensängsten: Erregung, soweit es die körperlichen und emotionalen Aspekte betrifft, und Besorgtheit, soweit es die gedanklichen Aspekte betrifft. Die unkontrollierbare Besorgtheit angesichts von subjektiv schwierigen Leistungssituationen ist das Hauptproblem. Die körperlichen Erregungssymptome werden durch die Angst im Kopf verschlimmert. Die Erregung verstärkt die Befürchtung zu versagen – ein Teufelskreis. Wenn die körperliche Erregung subjektiv zum Hauptproblem wird, beruht dies gewöhnlich auf dem unangenehmen Gefühl von dauernder körperlicher Anspannung. Ich habe zur Thematik der Versagensängste ein Selbsthilfebuch verfasst: „Die Angst zu versagen und wie man sie besiegt“. Besiegen kann man die Versagensangst nicht, man kann nur lernen, besser mit ihr zurechtzukommen – für den Titel ist der Verlag verantwortlich. In Form von 20 Schritten vermittle ich darin Strategien im Umgang mit Versagensängsten, die im Folgenden zusammenfassend dargestellt werden: 1. Motivieren Sie sich durch attraktive Ziele und lassen Sie sich nicht erst durch äußere Notwendigkeit anspornen. Das Motto lautet: Wollen statt müssen. Der Erfolg gelingt Ihnen leichter, wenn Sie etwas tun wollen – statt es tun zu müssen. Sie erreichen mehr, wenn Sie eine starke Triebfeder für Ihr Tun haben. Entwickeln Sie eine Zug-Motivation („Ich will etwas verwirklichen“, „Ich freue mich darauf, dieses Ziel zu erreichen“) anstatt einer Druck-Motivation („Ich muss eine Sache angehen“, „Ich sollte endlich etwas tun, damit nicht alles noch schlimmer wird“). 2. Streben Sie nach Erfolg und nicht so sehr nach der Vermeidung von Misserfolg. Das Motto lautet: Maximierung der Erfolgswahrscheinlichkeit statt Minimierung der Misserfolgswahrscheinlichkeit. In Leistungssituationen unterscheiden sich Menschen dadurch, ob sie getragen sind von der Hoffnung auf Erfolg, den sie erreichen wollen, oder von der Furcht vor Misserfolg, den sie vermeiden möchten. Bemühen Sie sich weniger darum, Misserfolge zu verhindern, denn Scheitern ist immer möglich, sondern konzentrieren Sie sich vielmehr darauf, die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs zu erhöhen. Sich selbst erfüllende Prophezeiungen veranschaulichen anhand der Folgen, wie sehr es darauf ankommt, das Gute zu erwarten und anzustreben, statt ständig das Negative zu fürchten.
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3. Formulieren Sie Ihre Ziele positiv und setzen Sie sich keine negativ formulierten Ziele, bei denen es nur darum geht, einen Misserfolg zu vermeiden. Das Motto lautet: Kampf für etwas statt gegen etwas. Das Unbewusste kennt keine Verneinung. Etwas nicht zu wollen, z.B. keinen Fehler zu machen, stellt dies erst recht in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Machen Sie sich klar: Sie möchten etwas erreichen. Anstrebungsziele sind positiv formuliert; sie gewinnen dadurch ihre Anziehungskraft. Verzichten Sie auf negativ formulierte Ziele. Es geht nicht primär darum, etwas zu vermeiden. Vermeidungsziele sollen Sie nur vor einem unangenehmen Zustand bewahren; sie helfen Ihnen nicht, einen erwünschten Zustand zu erreichen. 4. Setzen Sie sich realistische, erreichbare Ziele und provozieren Sie nicht Ihr Versagen durch unrealistische Ziele. Das Motto lautet: Den Erfolg in Teilschritten anstreben. Verzichten Sie auf unerreichbare Ideale, die Sie von Anfang an nur entmutigen. Halten Sie durchaus an hohen, prinzipiell erreichbaren Endzielen fest, setzen Sie sich jedoch klare und vernünftige Zwischen- bzw. Teilziele. Sind Ihre Teil- und Endziele konkret formuliert, können Sie später Erfolg oder Misserfolg überprüfen. 5. Visualisieren Sie den Erfolg und produzieren Sie keine abschreckenden Horrorvisionen. Das Motto lautet: Mentales Training wie im Spitzensport. Nutzen Sie die Kraft Ihrer Vorstellungen. Dieselbe „Einbildung“, die Ihre Versagensängste produziert, hilft Ihnen auch, sich erfolgreiche Lösungswege auszumalen. Sie glauben mit Hilfe positiver Bilder stärker an Ihren Erfolg. Stellen Sie sich genau vor, was Sie erreichen möchten. Sie werden an den Erfolg Ihrer Bemühungen umso eher glauben, je mehr Sie ihn in Ihrer Vorstellung vorwegnehmen. Was Sie sich nicht einmal vorstellen können, können Sie nur schwer tun. Beim mentalen Training handeln wir geistig „auf Probe“: Wir spielen Situationen und unser Verhalten gedanklich durch. 6. Bleiben Sie in Leistungssituationen im Hier und im Jetzt und verzichten Sie auf negative Gedanken an Vergangenheit oder Zukunft. Das Motto lautet: Tu’, was genau jetzt zu tun ist. Konzentration ist eine Einengung der Aufmerksamkeit auf die unmittelbare Gegenwart. Konzentrieren Sie sich ganz auf das, was Sie gerade jetzt tun. Sie leben dann ganz für den Augenblick. Beschäftigen sich aufmerksam mit der aktuellen Aufgabe – und mit sonst nichts. Sie werden unkonzentriert, wenn Sie sich auf zu vieles gleichzeitig konzentrieren. Ihre Konzentration lässt nach, sobald Sie an etwas anderes denken: sei es der soeben begangene kleine Fehler oder eine zukünftige Hürde. Blicken Sie nicht in die Vergangenheit oder in die Zukunft. Denken Sie auch nicht zu sehr an das Ziel, während Sie gerade eine Leistung erbringen. 7. Konzentrieren Sie sich intensiv auf die gegenwärtige Aufgabe und achten Sie nicht ständig auf Ihre Mitmenschen oder Ihre körperlichen Reaktionen. Das Motto lautet: Bleiben Sie im Tun, anstatt die Beobachter-Perspektive einzunehmen. Wenn Sie sich einer Herausforderung stellen, dann ignorieren Sie Ihre Umgebung. Achten Sie nicht auf die anderen Menschen, die Sie beobachten oder mit denen Sie im Wettbewerb stehen. Kontrollieren Sie auch nicht ständig Ihren Körper nach Symptomen, die andere wahrnehmen könnten. Konzentrieren Sie sich stattdessen voll und ganz auf die Tätigkeit, auf die es gerade ankommt. Ruhen Sie in Leistungssituationen in sich und stehen Sie nicht ständig neben sich. Begleiten Sie bei Bedarf Ihr Handeln durch ein inneres Sprechen, denn so können Sie sich besser auf Ihre Aufgabe konzentrieren.
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8. Lernen und trainieren Sie sich gezielt und vermeiden Sie reine Absichtserklärungen und unkoordinierte Aktionen. Das Motto lautet: Erfolg durch ein detailliertes Trainingsprogramm. Bereiten Sie sich auf alle Leistungssituationen so gut wie möglich vor. Sie verunsichern sich unnötig, wenn Sie sich überhaupt nicht oder nur schlecht vorbereiten. Wenn Sie eine Situation immer wieder vermeiden, lernen Sie nicht, damit umzugehen. Erstellen Sie einen konkreten Lern- und Trainingsplan mit Teilzielen, die Sie der Reihe nach umsetzen. Sie bestärken sich mit den erreichten Zwischenzielen und glauben fester an Ihren endgültigen Erfolg. Ihre Fortschritte werden Sie zu weiteren Aktivitäten anspornen. Für Motivationskrisen gilt: Warten Sie nicht zu lange auf den richtigen Schwung. Just do it – tun reicht, es muss nicht immer Spaß machen. Beginnen Sie Ihre Aufgabe mit einem Teil, der Sie weiter anspornt und in Schwung hält. Wenn Sie sich wenigstens für kurze Zeit mit bestimmten Aufgaben beschäftigen, werden Sie leichter damit fortfahren. Gestehen Sie sich ein: Ihr Interesse an einer Sache entsteht häufig erst durch Ihre Beschäftigung damit – nicht durch den häufig vergeblichen Versuch, sich schon vorher dafür zu begeistern. 9. Erinnern Sie sich an Ihre Erfolge und starren Sie nicht ständig auf Ihre Misserfolge. Das Motto lautet: Rufen Sie in Ihrem Gehirn Ihre Erfolgsfilme ab. Wenn Sie sich unsicher und verzagt fühlen, vergegenwärtigen Sie sich möglichst anschaulich Ihre bisherigen Erfolge. Sie werden sich beim Gedanken daran gleich kompetenter fühlen und sich mehr zutrauen. Spielen Sie vor Ihrem inneren Auge einen Erfolgsfilm bezüglich einer früheren Tätigkeit ab, dann werden diese angenehmen Erfahrungen erneut in Ihnen lebendig. Ihre Angst zu versagen lässt nach, sobald Sie erkennen, was Sie in Ihrem Leben bereits geleistet haben. Sagen Sie sich: „Ich habe eine ähnliche Aufgabe schon öfter geschafft, es kann mir auch heute gelingen.“ 10. Akzeptieren Sie Ihre Versagensangst und Fehleranfälligkeit und fürchten Sie sich nicht ständig vor Misserfolgen. Das Motto lautet: Aus jedem Fehler können Sie etwas lernen. Erlauben Sie sich ausdrücklich, Fehler zu machen. Wenn Sie sich diese Möglichkeit zugestehen, brauchen Sie Misserfolge nicht mehr zu fürchten. Sagen Sie sich: „Irren ist menschlich und macht menschlich.“ Nehmen Sie Ihre Angst zu versagen an. Akzeptieren Sie sich selbst mit Ihren Schwächen. Mit diesem Schritt haben Sie sich bereits verändert. Dies ist Ihr bestes Mittel gegen ständige Versagensängste. Die Bereitschaft zu einem Versuch-Irrtum-Lernen bietet Ihnen die Chance, etwas Neues dazuzulernen, anstatt aus Angst vor Fehlern immer nur im Gewohnten zu verharren. Bedenken Sie: Sie sind oft kritischer als Ihre Umwelt. 11. Stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl und entwerten Sie sich nicht ständig selbst. Das Motto lautet: Sie sind schon etwas und müssen nicht erst etwas werden. Vertrauen Sie bei einer Herausforderung auf sich und Ihr Können. Machen Sie sich Ihre Stärken und Fähigkeiten bewusst. Halten Sie sich nicht für unfähig und minderwertig. Erkennen Sie den Wert Ihrer Person. Sie werden auf diese Weise unabhängig von Lob und Anerkennung anderer Menschen. Sie sind dann frei, zu tun und zu lassen, was Ihnen beliebt. Ständige Selbstkritik macht Sie dagegen anfällig für Fremdkritik. Menschen mit Selbstbewusstsein sind sich ihrer selbst bewusst. Sie kennen ihre Fähigkeiten ebenso wie ihre Schwächen. Wenn Sie Ihre Wünsche, Ihre Bedürfnisse und Ihre momentane Leistungsfähigkeit wahrnehmen und akzeptieren, schaffen Sie sich damit eine ideale Basis für ein gesundes Selbstwertgefühl.
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12. Führen Sie aufbauende Selbstgespräche und machen Sie sich innerlich nicht ständig runter. Das Motto lautet: Innere Dialoge zur positiven Selbstinstruktion nutzen. Reden Sie mit sich selbst so, wie Sie möchten, dass andere mit Ihnen sprechen. Sprechen Sie nett und aufbauend mit sich. Spornen Sie sich durch Ihre inneren Dialoge an, als wären Sie Ihr eigener Trainer. Schreiben Sie auf, wie Sie vor, in und nach Leistungssituationen denken und mit sich reden. Verändern Sie anschließend Ihre Selbstgespräche so, dass diese Sie auf dem Weg zum Erfolg unterstützen statt hemmen. Wenn Sie innerlich anders mit sich reden, werden Sie anders handeln. 13. Gestalten Sie Ihr Leben und fühlen Sie sich nicht als Opfer der Umstände. Das Motto lautet: Handeln statt jammern. Betrachten Sie sich nicht stets als armes Opfer ungünstiger Umstände oder einer schlechten Kindheit. Nutzen Sie Ihre Chancen. Nehmen Sie Ihr Leben aktiv in die Hand. Gestalten Sie Ihre Zukunft. Gehen Sie Ihre Aufgaben aktiv an und handeln Sie gezielt. Verfallen Sie bei einer Herausforderung nicht in das Verhalten Ihrer Kindheit mit ihren unangenehmen Erfahrungen. Halten Sie sich lieber Ihre Möglichkeiten als erwachsener Mensch bewusst vor Augen. 14. Konfrontieren Sie sich mit Ihren Versagensängsten und körperlichen Symptomen und fliehen Sie nicht ständig vor allen Belastungen. Das Motto lautet: Der Angst ins Angesicht blicken statt davonlaufen und sich ihr ausliefern. Angst lebt vom Vermeiden und Ausweichen. Stellen Sie sich Ihren Versagensängsten. Konfrontieren Sie sich bewusst mit Gedanken, Situationen, Symptomen und Personen, die Ihnen Angst einflößen. Suchen Sie alle Situationen ohne äußere oder innere Vermeidung auf. Wenn Sie der Angst ausweichen, wird sie nur immer stärker. Bleiben Sie mindestens so lange in jeder Angstsituation, bis Sie spüren, wie Ihre Angst nach einiger Zeit nachlässt. Je öfter Sie sich in eine Angst machende Situation begeben, umso schneller gewöhnt sich Ihr Körper daran. Führen Sie einen inneren Dialog mit Ihrer Angst. 15. Treten Sie echt und glaubwürdig auf und spielen Sie anderen keine unechten Rollen vor. Das Motto lautet: Bleiben Sie authentisch. Bleiben Sie bei allen Auftritten echt. Zeigen Sie sich nach außen so, wie Sie sind und sich fühlen. Bleiben Sie Ihrem Wesen treu und spielen Sie keine Rollen, die nicht zu Ihnen passen. Verstellen Sie sich nicht aus lauter Angst vor dem Publikum. Klammern Sie sich bei Ihren Auftritten nicht an vorgefertigte Verhaltensmuster. Verlassen Sie sich nicht zu sehr auf Techniken, sondern vielmehr auf Ihre individuellen Fähigkeiten. Handeln Sie aus der Kraft Ihrer Spontaneität. Vertrauen Sie darauf, dass Ihre persönliche Note Sie bei jedem Auftritt sympathisch und überzeugend macht. 16. Wechseln Sie Stress und Erholung ab und powern Sie sich nicht mit ununterbrochener Arbeit aus. Das Motto lautet: Systematischer Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung. Spitzensportler und Führungskräfte sind auf Dauer nur erfolgreich durch den systematischen Wechsel zwischen überdurchschnittlicher Leistungsbereitschaft und maximalem Stress einerseits und angemessenen Erholungspausen andererseits. Bauen Sie sich einen Lebens- und Leistungsrhythmus auf, der Ihnen gut tut. Wechseln Sie regelmäßig und zeitgerecht zwischen Anspannung und Entspannung. Geben Sie vollen Einsatz, gönnen Sie sich anschließend entsprechende Erholungsphasen. Andauernde Anspannung erschöpft Sie und macht Sie krank. Zu viel Muße und Entspannung verhindert den nötigen Energieaufbau.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
17. Achten Sie auf Ihre körperliche Entspannung und vermeiden Sie ständige Anspannung mit der Folge psychosomatischer Störungen. Das Motto lautet: Lernen Sie passende Entspannungstechniken. Verringern Sie Ihre körperliche Anspannung, indem Sie in einem Kurs bestimmte Entspannungstechniken erlernen. Überprüfen Sie bei ständiger innerer Angespanntheit, ob Sie sich eher durch körperliche Aktivität oder eher durch passive Übungen entspannen können. Die wichtigsten Entspannungstechniken sind Atemübungen, autogenes Training, progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga und Zen-Meditation; immer mehr Bedeutung gewinnen auch Tai chi und Qi Gong. 18. Stellen Sie keine zu hohen Ansprüche an sich selbst und vermeiden Sie jede länger dauernde Überforderung. Das Motto lautet: Beugen Sie einem Burn-out vor. Erfolg und Versagen hängen damit zusammen, wie Sie mit sich selbst umgehen. Überprüfen Sie, ob Sie zu hohe Anforderungen an sich selbst stellen und relativieren Sie Ihre Ansprüche – spätestens wenn ein körperlicher und seelischer Zusammenbruch droht. Seien Sie realistisch in Bezug auf die Leistungen, die Sie von sich selbst erwarten. Berücksichtigen Sie Ihre Möglichkeiten und die gesamten Umstände. Stellen Sie eine gesunde Balance her zwischen Ihren beruflichen, familiären und individuellen Bedürfnissen. Geben Sie durchaus Ihr Bestes in Ihrem Beruf, für Ihre Familie, Ihre Ideale und die Entwicklung Ihrer Fähigkeiten. Achten Sie dabei jedoch mehr als bisher auf sich selbst, auf Ihre Wünsche und Bedürfnisse. Engagieren Sie sich wie bisher mit Feuereifer für Ihre Mitmenschen und Ihre Ziele. Schützen Sie sich jedoch davor, auszubrennen oder innerlich zu verbrennen. 19. Legen Sie Ihre Überverantwortung ab und vermeiden Sie ein Helfersyndrom. Das Motto lautet: Schauen Sie auf sich so, dass Sie auch weiterhin anderen helfen können. Handeln Sie verantwortungsbewusst, jedoch nicht überverantwortlich. Sie sind nicht für alles und jeden verantwortlich. Es ist nicht Ihr Versagen, wenn andere ihre Verantwortung nicht wahrnehmen oder Fehler begehen. Fühlen Sie sich nicht schuldig, wenn andere Menschen ihren Verpflichtungen nicht gerecht werden. Auch wenn Sie anderen Menschen helfen, müssen sich diese für ihr Handeln selbst verantworten. Erkennen Sie den gefährlichen Teufelskreis der Verantwortungsfalle: Je mehr Hilfe Sie leisten, desto hilfloser verhalten sich die Menschen rundherum. Je mehr Sie sich als Retter anbieten, umso mehr verlassen sich andere auf Sie. Tun Sie nichts, was die anderen selbst tun können. 20. Treten Sie kompetent auf und verkaufen Sie nicht unter Ihrem Wert. Das Motto lautet: Verbessern Ihre soziale Kompetenz. Entwickeln Sie Ihre sozialen Fertigkeiten, um vor anderen Menschen kompetenter aufzutreten. Es ist heute zunehmend wichtig, sich selbst besser präsentieren und „verkaufen“ zu können. Dazu sollten Sie Ihre Angst vor Blamage und Kritik überwinden. Angst hemmt nur Ihre Spontaneität und Kreativität. Treten Sie selbstbewusster auf als bisher. Machen Sie durch Ihr Verhalten auf sich aufmerksam. Stellen Sie sich bewusst in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit anderer Menschen. Stehen Sie zu Ihren Auffassungen und vertreten Sie Ihre Werte. Äußern Sie notwendige Kritik. Wagen Sie zu widersprechen. Stellen Sie berechtigte Forderungen. Schlagen Sie überzogene Bitten ab. Sagen Sie Nein zu allem, was gegen Ihre Interessen ist. Tolerieren Sie öffentliche Beachtung. Schauen Sie anderen direkt in die Augen. Nehmen Sie eine selbstsichere Körperhaltung ein.
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Bewältigungsstrategien bei generalisierten Ängsten Es ist ganz normal, wenn Sie sich im Vergleich zu anderen Menschen etwas mehr Sorgen machen über alltägliche Dinge des Lebens und über mögliche zukünftige Bedrohungen – solange Ihnen und Ihren Angehörigen Ihre ständigen Befürchtungen und Vorahnungen nicht selbst zur Belastung werden. Wenn jedoch eine Sorge die nächste jagt, Sie unter ständiger Anspannung und ängstlichem Grübeln leiden, ohne dieses abstellen zu können, und Ihre Sorgen keine sinnvolle Vorbereitung auf mögliche Lösungen darstellen, lesen Sie das Selbsthilfe-Buch „Gut leben – mit kleinen und großen Sorgen. Das Übungsbuch“ von Chad Lejeune und versuchen Sie das folgende Selbsthilfeprogramm: 1. Erstellen Sie in einem Sorgen-Tagebuch, das Sie immer bei sich tragen, eine Liste z der häufigsten Sorgen-Themen und reihen Sie diese nach dem Ausmaß der Bedeutung für Sie (Was sind die belastendsten Sorgen?); z der häufigsten körperlichen Symptome, die Sie gegenwärtig belasten (Waren Sie schon einmal oder mehrfach bei Ärzten wegen Symptomen wie Einschlafstörungen, rasche Erschöpfung, Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Durchfall oder Schwindel, bei denen keine organischen Ursachen zu finden waren, sodass diese Beschwerden als Ausdruck Ihrer ängstlichen Angespanntheit zu betrachten sind?); z der Vermeidungsstrategien (bestimmte Informationen nicht wissen wollen, überhaupt nicht mehr an die Sorgen denken wollen, unangenehme Gedanken vermeiden, das mögliche Unglück keinesfalls bildlich vorstellen, von einer Sorge zur nächsten springen, um durch längeres Verweilen nicht beunruhigt zu werden); z der Rückversicherungen (z.B. bei Angehörigen nachfragen, um sich abzusichern, dass alles passt, sich von anderen beruhigen lassen, dass nichts Gefährliches geschehen wird, übermäßige Arztgesuche aus Sorge um das Kind); z der Kontrollen von Angehörigen(z.B. die Tochter überall hin begleiten, damit ihr nichts zustößt, die Kinder per Handy kontrollieren, wo sie sich gerade aufhalten); z der besorgten Ermahnungen (z.B. den Partner erinnern, dass er vor dem Autofahren keinen Alkohol trinken solle, dem Sohn ständig sagen, dass er beim Autooder Motorradfahren aufpassen solle, um einen Unfall zu vermeiden). 2. Analysieren Sie z die Eigenart Ihrer Sorgen und Befürchtungen: Was löst Ihre Sorgen aus und was hält sie aufrecht? Wann und mit welchen Schwankungen treten sie auf? Wie und wodurch verschwinden sie wieder? Wann haben Sie eigentlich keine oder fast keine Sorgen? Versuchen Sie ständig, Ihre Sorgen zu unterdrücken, und erkennen Sie allmählich, dass Sie dadurch noch schlimmer werden? Verdrängen und Ablenken kostet viel Kraft und verstärkt die Sorgen, weil Sie nicht damit umgehen lernen. Werden Ihre Sorgen schlimmer, wenn Ihre Stimmung in ein depressives Tief übergeht? In diesem Fall sollten Sie auch ein Antidepressivum erwägen. Das Verstehen von Ursachen und Zusammenhängen erleichtert die spätere Änderung. Was sind realistische Sorgen, wo Sie später Problemlösungen finden sollten (z.B. zunehmende Verschlechterung der Partnerschaft, sich verschärfende Konflikte am Arbeitsplatz)? Was sind völlig unrealistische Sorgen bzw. unlösbare Probleme, wo weiteres Nachdenken unproduktiv ist (z.B. ein naher Angehöriger könnte schwer krank werden, einen Unfall haben oder gar sterben)? z die situativen (umweltbedingten) Auslöser Ihrer Befürchtungen: Welche familiären, partnerschaftlichen, beruflichen oder schulischen Stressfaktoren bewirken bzw. verstärken Ihre Besorgtheit? Oft sind Lebensveränderungen ein Auslöser.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
z die Grundstrukturen Ihrer ängstlichen Denkmuster: Was sind Ihre zentralen Gedanken (z.B. „Das schaffe ich nie“, „In der nächsten Zeit wird etwas Schlimmes passieren“, „Ich bin ein Pechvogel“, „Ich muss jede Unsicherheit beseitigen“)? Finden Sie auch heraus, was der positive Sinn Ihrer Sorgen und Befürchtungen ist. Was hilft es Ihnen, über eine befürchtete Katastrophe nachzudenken, wenn Sie glauben, darauf ohnehin keinen Einfluss zu haben? Glauben Sie etwa in einer Art magischem Denken, durch intensives Grübeln ein mögliches Unglück vielleicht verhindern bzw. durch zu positive Erwartungen gar heraufbeschwören zu können? Leben Sie nach dem Motto: „Wenn ich mögliches Unglück schon nicht verhindern kann, kann ich wenigstens etwas tun, nämlich darüber nachdenken“? Bekommen Sie auf diese Weise das Gefühl der Kontrolle über die Situation derart, dass Sie wenigstens das Unheil vorhergesehen haben, sodass Sie dann nicht überrascht sind und sagen können: „Ich hab’s ja gewusst“? Wenn Sie Ihre Sorgen letztlich als hilfreich erleben, um mit der Ungewissheit der Zukunft besser zurechtzukommen, werden Sie diese nur schwer abstellen können. Betreiben Sie eine intensive Sorgen-Konfrontation. Nehmen Sie sich öfter eine ganze Stunde Zeit für Ihre Sorgen und denken Sie jede Sorge möglichst bildhaft bis zum schlimmstmöglichen Ausgang zu Ende, ohne sich dabei abzulenken. Halten Sie dieses Worst-Case-Szenario in Ihrem Sorgen-Tagebuch fest, denn reines Nachdenken führt rasch zu unproduktiven Sorgenketten. Bleiben Sie stets bei einem Sorgenthema und einem schlimmen Ausgang, ohne sich durch andere gefürchtete Katastrophen abzulenken, wie Sie dies zu Ihrer kurzfristigen Entlastung bei Ihren ständigen Sorgenketten tun, wo Sie von einer Sorge zur nächsten springen und dabei keine wirklich bewältigen. Schreiben Sie in dieser Weise im Laufe der Zeit eine Sorgengeschichte nach der anderen auf. Lassen Sie alle Gefühle und körperlichen Empfindungen zu und notieren Sie diese ebenfalls in Ihrem Sorgen-Tagebuch. Vergegenwärtigen Sie sich, dass es sich bei Ihren Befürchtungen nur um bildhafte Vorstellungen und nicht um die Realität handelt. Sie überwinden Ihre belastendsten Ängste dann am schnellsten, wenn Sie sie einfach zulassen und darauf warten, bis sie von alleine vergehen, ohne dass Sie aktiv eingreifen. Ihre Sorgen werden erst abnehmen, wenn Sie sich nicht mehr vor ihnen fürchten, d.h. wenn Sie sich diese möglichst bildhaft und emotional bewegt vergegenwärtigen. Das Motto lautet: Blicken Sie Ihren Sorgen ins Angesicht und sie werden ihren Schrecken verlieren. Praktizieren Sie das Achtsamkeitstraining, wie es im entsprechenden Abschnitt dieses Buch beschrieben ist. Lassen Sie dabei alle Sorgen ohne Bewertung zu. Reduzieren Sie sukzessive Ihr Vermeidungs-, Rückversicherungs- und Kontrollverhalten. Stellen Sie sich auch real allen Situationen, die Ihnen Angst machen, und lernen Sie, Ihre Gefühle und bildhaften Vorstellungen ohne Ablenkung und Verdrängung wahrzunehmen und Ihre Unsicherheit auszuhalten, ohne sich ständig bei anderen Menschen absichern zu müssen. Entwickeln Sie Problemlösungsstrategien, statt ständig unproduktiv über Ihre Probleme zu grübeln. Entwickeln Sie verschiedene Lösungswege, nehmen Sie Bewertungen vor, treffen Sie dann eine Entscheidung und setzen Sie die beste Lösung um. Verbessern Sie Ihre körperliche Befindlichkeit und Ihr Gesundheitsverhalten. Erlernen und pflegen Sie regelmäßig verschiedene Entspannungstechniken (z.B. progressive Muskelentspannung, Gi Gong). Entwickeln Sie ein sportliches Aktivitätsprogramm (z.B. Gymnastiktraining und Ausdauersportarten wie Walking, Radfahren oder Schwimmen) und ändern Sie bei Bedarf auch Ihr Ernährungsverhalten.
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Bewältigungsstrategien bei Zwangsstörungen Allgemeine Ratschläge Bei Zwängen sind aufgrund der Hartnäckigkeit der Symptomatik Selbsthilfeprogramme ohne begleitende Psychotherapie weniger erfolgreich als bei einer Agoraphobie oder Panikstörung, sodass auch eine Verhaltenstherapie nötig wird. Die Selbsthilfetipps beruhen auf Fachbüchern und Selbsthilfebüchern: „Hör endlich auf damit“ (vergriffen) von Foa und Wilson [39], „Alles unter Kontrolle“ von Baer [40], „Wenn Zwänge das Leben einengen“ von Hoffmann [41], „Wege aus dem Zwang. Wie Sie Zwangsrituale verstehen und überwinden“ von Ambühl [42], „Die Krankheit des Zweifelns. Wege zur Überwindung von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen“ von Ecker. Das Selbsthilfeprogramm zur Überwindung Ihrer Zwänge besteht aus vier Teilen: 1. Konfrontation in der Vorstellung. Stellen Sie sich vor, wie Sie sich einer bisher gemiedenen Situation (Ekel, „Schmutz“, „Unordnung“ usw.) aussetzen. 2. Konfrontation in der Realität. Konfrontieren Sie sich gestuft oder massiert mit gefürchteten Situationen Ihrer Umwelt (z.B. Verunreinigung Ihres Körpers, Ihrer Kleidung, Ihrer Lieblingsgegenstände und Wohnungseinrichtung mit Blut oder Staub). 3. Ritualverhinderung. Verzichten Sie auf die Ausführung von kognitiven und verhaltensbezogenen Ritualen (z.B. Waschen, Reinigen, Kontrollieren, zwanghaftes Zählen). Lernen Sie, alle auftretenden Gedanken, Gefühle und körperlichen Empfindungen wahrzunehmen und besser als bisher auszuhalten. Begrenzen Sie vor allem auch das Ausmaß Ihres Verantwortungsgefühls für ein mögliches Unglück. 4. Änderung der Denkmuster. Bewerten Sie realistischer als bisher, wie gefährlich bestimmte Situationen und Objekte wirklich sind. Analysieren Sie Ihre perfektionistischen Bewältigungsversuche, die jedes Restrisiko ausschließen sollen. „Alles unter Kontrolle“ bedeutet, keine Angst haben zu müssen, statt Angst aushalten zu lernen. Für Ihr Trainingsprogramm beachten Sie folgende hilfreiche Vorgangsweisen: 1. Analysieren Sie Ihre Zwänge. Stellen Sie Ihre Zwänge anhand einer Liste mit vier Spalten dar. In der ersten Spalte beschreiben Sie die Art des Handlungs- bzw. Gedankenzwangs möglichst präzise, in der zweiten Spalte vermerken Sie Ihre Gedanken und Gefühle in Zusammenhang mit dem Zwang, in der dritten Spalte führen Sie an, welche Konsequenzen Sie im Falle der Nichtausführung des Zwangs fürchten, in der vierten Spalte charakterisieren Sie jeden Zwang hinsichtlich des Ausmaßes von Angst, Unruhe oder Unbehagen durch einen Punktewert von 0-10 als subjektiven Belastungswert. Versuchen Sie auf diese Weise, Ihre Zwänge besser zu verstehen, und forschen Sie nach den Auslösern und Ursachen, die es dafür geben könnte. Welche Gedanken, Vorstellungen, Impulse, äußere Reize und Situationen lösen Ihre Zwänge aus? Was genau fürchten Sie, wenn Sie Ihre Zwänge nicht ausführen? Was möchten Sie ohne Zwänge wieder tun? Das motiviert Sie zu deren Überwindung. 2. Reihen Sie alle Zwänge nach dem Schweregrad (Erstellung einer Situationshierarchie), beschreiben Sie die Hauptsymptome und beginnen Sie Ihr Übungsprogramm mit Zwängen mittelstarker Belastung (gering zwangsauslösende Situationen stellen kein Belastungstraining dar), und konfrontieren Sie sich im Laufe der Zeit systematisch mit den stärker ausgeprägten Zwängen ohne Rituale und ohne Vermeidung. 3. Lernen Sie, sich vom Druck der Zwänge emotional zu distanzieren. Wenn der Druck zu stark wird, sagen Sie sich: „Das bin nicht ich, das ist mein Zwang.“
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4. Prüfen Sie, wie realistisch der jeweilige Zwangsinhalt ist, und geben Sie einen Wahrscheinlichkeitsgrad an (z.B. 1:10000), um das wahre Risiko zu verdeutlichen. 5. Konfrontieren Sie sich bei Bedarf mit den gefürchteten inneren und äußeren Reizen bzw. Situationen zuerst in der Vorstellung, anderenfalls gleich in der Realität. 6. Konfrontieren Sie sich mit den zwangsauslösenden Reizen und Situationen in der Vorstellung („in sensu“) und in der Realität („in vivo“) so lange, bis Angst, Unruhe oder Unbehagen um mindestens das halbe Ausmaß abnehmen. Es ist nicht das Ziel, die Konfrontation erst dann zu beenden, wenn Sie keine negativen Gedanken und Gefühle mehr aufweisen, sondern wenn die zwangsauslösenden Reize und Reaktionen erträglicher werden als bisher, ohne dass Sie dabei ein Zwangsritual einsetzen. 7. Verzichten Sie so gut als möglich auf jede Form von Vermeidung der bislang zwangsauslösenden Reize sowie auf die Ausführung von Ritualen jeder Art. 8. Verstärken Sie das Wahrnehmen und Erleben der momentanen Gefühle, indem Sie diese während der Konfrontation laut aussprechen bzw. auf Tonband aufnehmen. Machen Sie die Erfahrung, dass Sie die aufkommenden Gefühle ertragen können. 9. Wenn Angst und Unbehagen in der Vorstellung bzw. in der Realität angesichts eines bestimmten Reizes nicht absinken, stellen Sie sich dieser Situation einige Zeit später oder am nächsten Tag erneut bzw. verlängern Sie die Dauer der Konfrontation um eine weitere Stunde, bis Sie ein Erfolgserlebnis haben. 10. Üben Sie täglich mindestens 1-2 Stunden lang, da regelmäßige Konfrontationen mehr Effekt haben als nur gelegentliche Expositionen. 11. Wenn Sie die geübte Situation dauerhaft ertragen können, steigern Sie den Schwierigkeitsgrad der Konfrontationsübungen gemäß der Auflistung Ihrer Zwänge nach dem Ausmaß der Belastung. Lassen Sie sich dabei durch Tagesschwankungen Ihrer Erfolge nicht entmutigen, denn kleine Rückfälle (neuerliche Rituale) sind normal. 12. Wenn Sie bezüglich Ihres Verhaltens unsicher geworden sind, erlauben Sie sich zu Beginn Ihres Selbsthilfeprogramms die Ausführung Ihres Zwangsrituals maximal einmal, und zwar nach einer vorher festgesetzten Zeitspanne (z.B. frühestens nach einer Stunde) für einen bestimmten Zeitraum (z.B. drei Minuten waschen), d.h. Sie dürfen nur einmal nach Abschluss einer Handlung neuerlich waschen, kontrollieren, ordnen usw. Sie sollen lernen, einer einzigen Kontrolle zu vertrauen und sich bei einer späteren Unsicherheit an diese Kontrolle zu erinnern. Wenn Sie Ihrer eigenen Kontrolle nicht mehr vertrauen, wird Ihr Zwangsverhalten bald extrem ausufern. Sie werden nach vielen Kontrollen vielleicht sogar andere fragen müssen, ob alles in Ordnung ist und nichts passieren kann. Dies kann Ihnen zwar kurzfristig Erleichterung bringen, untergräbt jedoch langfristig Ihr Selbstvertrauen völlig. 13. Erstellen Sie vor der einmaligen Ausführung Ihres Zwangsrituals verlässliche Kriterien, anhand derer Sie danach genau erkennen können, ob Ihr Ritual den erwünschten Effekt erbracht hat. Ihr Zwangsverhalten beruht teilweise darauf, dass Sie vorher keine ausreichend klar überprüfbaren Maßstäbe entwickelt haben, die Ihnen hinterher helfen, dem Druck Ihrer Angst und Unruhe standzuhalten. Wie erkennen Sie, dass Ihre Hände nicht mehr verseucht sind? Legen Sie vor dem Waschen fest, was Ihre Sauberkeit ausmacht. Überlegen Sie bei Wasch- und Reinigungszwängen, wann Ihre Ekelgefühle beseitigt sind. Bestimmen Sie vor dem Kontrollieren, was „ausreichend kontrolliert“ bedeutet. Achten Sie dabei auf Ihre sinnliche Wahrnehmung (Sehen, Hören, Spüren, Riechen) und damit auf Tatsachen, statt sich nur von Ihrem Gefühl „Es passt noch nicht“ bestimmen zu lassen.
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14. Zur Sicherung des Effekts der einmaligen Ausführung Ihres Zwangsrituals (Waschen, Kontrolle, Ordnen, Zählen usw.) in Hinblick auf Ihre spätere Beruhigung unternehmen Sie alles, um die oft durch Angst und Unruhe beeinträchtigte Aufmerksamkeit während der Ausführung des Rituals zu verbessern. Bei einem Kontrollzwang des Ofens atmen Sie z.B. während der Kontrolle der verschiedenen Schalter aus, um in Entspannung das Ergebnis Ihrer Kontrolle aufmerksam zu registrieren. Zur Sicherung der geschlossenen Fenster und Türen erstellen Sie eine Liste der zu kontrollierenden Objekte und haken Sie den entsprechenden Punkt erst dann ab, wenn Sie sicher sind, dass alles passt. 15. Bei späterer Verunsicherung erinnern Sie sich an Ihre einmalige Kontrolle oder betrachten Sie Ihre Liste. Bei Besserung verzichten Sie wieder auf die Kontrolle mittels einer Liste. Vergegenwärtigen Sie sich möglichst konkret und bildhaft Ihre letzte Kontrolle bzw. Ihr letztes Waschritual, um das Vertrauen in Ihr Tun zu stärken. 16. Bedenken Sie, dass Ihre Zwänge oft durch ein übermäßiges Verantwortungsbewusstsein geprägt sind, und lernen Sie, ein gewisses Restrisiko zu ertragen. Vergegenwärtigen Sie sich, welche Verantwortung Sie nicht einzugehen wagen, weil Sie im Falle von Fehlern unerträgliche Schuldgefühle befürchten. 17. Setzen Sie vor der Handlung bzw. Kontrolle Selbstinstruktionstechniken ein, z.B. „Ich gehe jetzt zur Tür, kontrolliere sie einmal und gehe dann sofort zum Bus.“ 18. Setzen Sie zur Unterstützung Ihres Sicherheitsgefühls nach der Handlung Selbstinstruktionstechniken ein. Sagen Sie sich vor, was Ihnen mehr Sicherheit geben kann („Vor einer Stunde war ich unsicher, ob der Ofen, Wasserhahn, Lichtschalter usw. abgedreht ist. Ich habe genau kontrolliert und kann meiner Kontrolle vertrauen“, „Ich habe meine Hände vor 10 Minuten gründlich mit Seife gewaschen. Es reicht jetzt, sonst werden meine Hände durch das ständige Waschen noch ganz trocken, spröde und aufgeraut und machen mich erst recht anfällig für Infektionen“). 19. Nehmen Sie bei Bedarf die Hilfe von Personen Ihres Vertrauens in Anspruch, um die Konfrontation zu erleichtern und den Verzicht auf Zwangsrituale durchzuhalten, verwenden Sie diese Hilfspersonen jedoch nicht zur Absicherung (keine Einbindung in Zwangsrituale wie Kontrollieren, Fragen um Bestätigung u.a.). Nutzen Sie andere Personen auch zur Orientierung dafür, was „normales“ Verhalten ist. 20. Akzeptieren Sie, dass Sie mit diesem Selbsthilfeprogramm vorerst nur Ihr Verhalten besser in den Griff bekommen können. Ihre Gedanken, Gefühle und Impulse werden anfangs noch gleich belastend und unkontrollierbar erscheinen. Das Gefühl, dass Ihre Hände noch immer schmutzig sind bzw. dass irgendetwas passieren könnte, wird noch immer da sein. Dies wird sich erst später ändern. Neues Verhalten schafft mit der Zeit neues Denken und Fühlen. 21. Verlassen Sie anfangs nach der Konfrontation die Situation für 1-4 Stunden, um der Gefahr von Zwangshandlungen zu entkommen (z.B. neuerliches Waschen und Kontrollieren). Eine Ortsveränderung zwingt Sie zum Aushalten von Unsicherheit. 22. Protokollieren Sie alle Übungen hinsichtlich Art, Zeitpunkt und Dauer und verzeichnen Sie das Ausmaß von Angst und Unbehagen anhand einer Skala von 0-10. 23. Treffen Sie bei Handlungszwängen, vor allem bei Kontrollzwängen, Vorkehrungen dafür, dass Sie sich richtig erinnern können, was Sie getan bzw. wie genau Sie kontrolliert haben. Zur besseren Nutzung der motorischen Informationen aus dem Handlungsvollzug sollten Sie daher die jeweiligen Kontrollen auch mit geschlossenen Augen durchführen, um auf Weise die motorischen Vollzüge besser in Ihrem Gedächtnis zu speichern und später abrufen zu können.
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24. Finden Sie heraus, welche intrapsychischen und interaktionellen Funktionen Ihre Zwänge könnten. Welche an sich guten Ziele verfolgen Ihre Zwänge? Was können Sie damit bei Ihrer Umwelt erreichen, was Ihnen sonst nicht so leicht gelingen würde (z.B. die Durchsetzung bestimmter Wünsche)? Welche Sicherheit in Beziehungen gewinnen Sie durch die Ausführung von Kontroll- und Reinigungszwängen (z.B. Verhinderung von Kritik wegen fehlerhafter Arbeitsweise)? Wie können Sie in Beziehungen mehr Vertrauen lernen, ohne ständig Kontrolle ausüben zu müssen? 25. Lassen Sie im Zusammenhang mit der Konfrontation und Reaktionsverhinderung (Verzicht auf Rituale) bei jeder Übung alle Gefühle zu, auch die unangenehmsten. Auf diese Weise können Sie vielleicht erkennen, welche Gefühle Sie innerlich wirklich beschäftigen, z.B. Ärger, Wut, Traurigkeit. Je mehr Sie Ihre Gefühle und Gedanken unterdrücken, umso häufiger und bedrängender werden sie auftreten. 26. Machen Sie bei Zwangsbefürchtungen („Was wäre, wenn“-Gedanken) eine „Exposition in sensu“, indem Sie alles bis zum Ende durchdenken und zulassen. Die emotionale Auseinandersetzung mit den auftauchenden Themen (z.B. Tod, Schuldgefühle, Ohnmachtserleben) ist heilsam. 27. Überprüfen Sie, welche Erwartungen und Befürchtungen sich nach der Konfrontation mit Reaktionsverhinderung als unberechtigt herausgestellt haben. Erstellen Sie dann auch für alle anderen zwangsauslösenden Gedanken eine Tabelle, wo Sie die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens angeben (z.B. brennender Ofen bei nicht abgedrehter Herdplatte: 1:100). Diskutieren Sie diese Erwartungswahrscheinlichkeiten mit Ihren Bekannten, um eine realistischere Einschätzung zu gewinnen, und überprüfen Sie diese Befürchtungen durch weitere Verhaltensexperimente. 28. Analysieren und verändern Sie Ihre Denkmuster, die bestimmte Zwänge begünstigen. Andere Menschen haben oft ähnliche Gedanken, bewerten sie jedoch nicht als so gefährlich und moralisch bedenklich, sodass sie sich auch nicht ständig damit beschäftigen müssen. Typische Denkmuster in Verbindung mit Zwängen sind z.B.: z „Ich bin für jeden Gedanken verantwortlich, der mir unterkommt.“ z „Ich muss meine Gedanken jederzeit unter Kontrolle haben.“ z „Wenn ich daran denke, dass ich etwas tun könnte, dann ist dies moralisch genauso verwerflich wie die Tat selbst.“ z „Wenn mir ein Gedanke kommt, dass ich jemand anderem etwas antun könnte, muss ich unbedingt etwas dagegen unternehmen, damit nichts passiert.“ z „Wenn ich nichts dagegen unternehme, bedeutet dies, dass ich das Betreffende eigentlich wünsche, und ich meine Befürchtungen zu wenig erst nehme.“ z „Wenn ich an etwas gedacht habe, das später tatsächlich passiert ist, bin ich schuld daran, dass ich es nicht verhindert habe.“ Wenn dieses Vorgehen nicht zum Erfolg führt, beantworten Sie folgende Fragen: z Welche positive Bedeutung und welche Funktion könnten Ihre Zwänge haben, sodass Sie sie derzeit noch nicht aufgeben können? z Welche Verhaltensweisen müssten Sie entwickeln, um Ihre Ziele zu erreichen? z Wo müssten Sie zukünftig sagen „Ich will nicht“ statt „Ich kann nicht“? z Fürchten Sie die Folgen eines zwangsfreien Lebens? Welche möglichen Konsequenzen der Durchbrechung Ihrer Zwänge möchten Sie auf keinen Fall riskieren? Möchten Sie deshalb bestimmte Zwänge lieber beibehalten als aufgeben? z Welche Gedanken und Wertvorstellungen verhindern die Durchbrechung Ihrer Zwänge? Welche zentralen Glaubenssätze vereiteln jeden Fortschritt?
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Selbsthilfeprogramm bei Wasch- und Reinigungszwängen Einige Informationen und Empfehlungen sollen Ihnen das Einhalten eines vernünftigen Ausmaßes an Sauberkeit erleichtern. Der Wiener Dermatologe Jurecka [43] weist auf folgende dermatologisch relevante Fakten hin, die von Menschen mit Waschzwängen unbedingt beachtet werden sollten: „Die Haut ist unter normalen Umständen relativ undurchlässig für chemische Substanzen bzw. krankmachende Keime. Der Schutz gegen diese Substanzen ist vorwiegend in der Hornzellschicht der Oberhaut (Epidermis) gelegen und wird vor allem durch den Säurefettschutzmantel der Haut erzeugt. Dies ist ein dünner Film von Lipiden (Fetten), der durch die Talgdrüsen an die Hautoberfläche gelangt. Das saure Milieu an der Hautoberfläche mit einem pH-Wert von ungefähr 5,5 entsteht einerseits durch das Sekret der Schweißdrüsen, andererseits durch Spaltung von Lipiden wie Triglyzeriden in freie Fettsäuren und Cholesterin. Dieser sogenannte Säurefettschutzmantel der Haut hat eine doppelte Funktion: Zum einen sorgen die Fette dafür, daß die Haut geschmeidig bleibt und keine wesentlichen Risse oder Rauhigkeiten an der Hautoberfläche entstehen. Zum anderen sorgt das saure Milieu an der Hautoberfläche dafür, daß verschiedene chemische Substanzen neutralisiert werden bzw. daß verschiedene pathogene Keime an der Hautoberfläche ein schlechtes Milieu für ihr Wachstum vorfinden, da die meisten dieser Keine eher ein neutrales Milieu bevorzugen. Durch einen verstärkten Waschzwang kommt es vor allem zu einer Zerstörung der Säureschutzschicht der Haut. Der intensive Gebrauch von Wasser bewirkt ein Aufquellen der Hornschicht an der Hautoberfläche, so daß der feste mechanische Verband der Hornzellen zerstört und damit das Eindringen von chemischen Substanzen bzw. krankmachenden Keimen in die Haut erleichtert wird. Seifen erfüllen ihre Waschfunktion vor allem dadurch, daß sie zu einer massiven Entfettung der Haut führen. Die meisten konventionellen Seifen sind mit ihrem pHWert im basischen Bereich angesiedelt. Somit ist es gut verständlich, daß häufiger Gebrauch von Seifen zu einer Zerstörung des Säurefettschutzmantels der Haut führen kann. Eine so geschädigte Haut imponiert meistens als eine sehr trockene, teilweise rissige und rauhe Haut. Auch können mehr oder weniger diskrete Rötungen, Entzündungen und Schuppungen entstehen. Sind diese aufgetreten, spricht man von einem Exsikkations- oder Austrocknungsekzem. Diese vorgeschädigte Haut ist prädestiniert für die Entwicklung weiterer Hautprobleme. Die harmlosesten sind sicherlich die Entstehung verschiedener Ekzeme, die nach Kontakt mit chemischen Substanzen auftreten können und meist toxisch (giftig)irritativer Natur sind. Es kann jedoch auch zu einer leichteren Sensibilisierung gegenüber allergieauslösenden Substanzen kommen, so daß es nicht verwundert, wenn Patienten mit Waschzwang auch gehäuft unter allergischen Hauterkrankungen leiden. Wesentlicher jedoch dürfte das erhöhte Risiko für infektiöse Hauterkrankungen sein. Besonders zu erwarten ist das vermehrte Auftreten von verschiedenen Pilzerkrankungen. Aber auch das Auftreten einer Impetigo contagiosa (oberflächliche bakterielle Infektion der Haut) oder einer tieferen Infektion der Haut unter Mitbeteiligung der Weichteile sind zu erwarten.“
Beachten Sie beim Waschen grundsätzlich folgende Richtlinien: 1. Stellen Sie sich allen Situationen, die einen Waschzwang auslösen könnten. Vermeiden Sie keine Gelegenheit nur deshalb, weil Sie sich selbst sonst mehrfach waschen oder die Wohnung stundenlang putzen müssten. Je mehr Sie zu jeder Konfrontation bereit sind, umso eher werden Sie Ihre Zwänge überwinden. 2. Waschen Sie Ihre Hände nur nach dem Benutzen der Toilette, vor dem Essen, vor dem Umgang mit Lebensmitteln oder wenn Ihre Hände sichtbar schmutzig sind. 3. Legen Sie Ziele und Kriterien fest. Waschen Sie sich (auch unter Berücksichtigung von Punkt 2) die Hände nicht öfter als 5-mal am Tag, jedes Mal nur 1-2 Minuten lang, und baden bzw. duschen Sie täglich nur einmal für höchstens 10 Minuten. 4. Verwenden Sie Seife nur bei sichtbarem Schmutz. 5. Vermeiden Sie es, Ihre Angehörigen in Ihren Waschzwang einzubeziehen. Auf diese Weise lernen Sie, sich mit den gefürchteten Situationen auseinanderzusetzen und aus sich selbst heraus Vertrauen in Ihr Handeln zu gewinnen.
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Gehen Sie zur Selbstbehandlung von Wasch- und Reinigungszwängen derart vor: 1. Wählen Sie aus der Liste Ihrer Waschzwänge, die Sie nach den oben angeführten Kriterien erstellt haben, einen Waschzwang mittleren Schwierigkeitsgrades aus und erstellen Sie vor der Konfrontation klare Beurteilungskriterien für „sauber“. 2. Sagen Sie sich aufgrund der Selbstanalyse innerlich vor, was Sie bei der Konfrontation fürchten und stehen Sie dazu, z.B. „Ich habe Angst, dass ich mich verschmutze. Wenn ich mich dann nicht gleich wasche, habe ich die Befürchtung, meine Tochter anzustecken, sodass sie krank wird oder gar stirbt, weil sie noch so klein ist.“ Verwenden Sie während der Übung keine kognitiven und Verhaltensrituale. 3. Berühren Sie mit Ihren Händen intensiv einen „verschmutzten“ Gegenstand (Türgriff mit den Bazillen anderer Menschen, Fleischmesser mit Blut, Schuhsohle mit dem Schmutz der Straße, Verpackungsmaterial für bestimmte chemische Produkte usw.), eine „verseuchte“ Oberfläche (Abfallkübel, Mülltonne, Klobrille, Boden usw.) oder mit Ihren Fingern eine Körperausscheidung (Schweiß, Urin, Vaginalsekret, Menstruationsblut). Halten Sie die Berührung so lange durch, bis Angst, Unruhe und Unbehagen deutlich abnehmen und erträglich erscheinen. 4. Erleichtern Sie sich bei großem Unbehagen das Durchhalten durch entspannende Atemübungen mit Betonung der verlängerten Ausatmung (später ohne Atemtechniken) sowie durch bestimmte Selbstinstruktionen („Das ist ekelig, aber nicht gefährlich“, „Es muss mir nicht gut gehen, ich muss es nur aushalten“). Rechnen Sie damit, dass Sie anfangs vielleicht längere Zeit und wiederholtes Üben benötigen. 5. „Verseuchen“ Sie mit Ihren „verschmutzten“ Händen Ihren ganzen Körper (Gesicht, Haar, Arme, Beine, Kleidung), weiters Ihre Angehörigen, alle Wohnräume und Gegenstände (Türgriffe, Polstermöbel, Sesseln, Schreibtisch, Esstisch, Essbesteck, Lichtschalter, Elektrogeräte, Bettzeug, Handtücher, saubere Kleidung im Schrank, Arbeitsplatte in der Küche usw.). Über ein intensiv berührtes Tuch können Sie auch gefürchteten Schmutz von außerhalb Ihrer Wohnung mit nach Hause nehmen, Ihre Angehörigen damit „anstecken“ und durch Wischen überall verteilen. 6. Verzichten Sie hinterher auf alle Reinigungsrituale (Waschen, Putzen, Desinfizieren), kognitive Rituale (Stoßgebete, magisches Zählen usw.) oder Absicherungsfragen an Ihre Angehörigen („Kann wirklich nichts passieren?“). Ihre Hände waschen Sie frühestens nach drei Stunden maximal 1-3 Minuten lang ohne spätere Wiederholung, probeweise waschen Sie sich die Hände einmal den ganzen Tag nicht. Tolerieren Sie die Verschmutzung und provozieren Sie bewusst ein mögliches Unglück („Wer wird schwer krank werden oder gar sterben müssen?“). Die Wohnung reinigen Sie frühestens erst nach 3-7 Tagen, das „verschmutzte“ Bettzeug wechseln Sie ebenfalls erst nach diesem Zeitraum. Vielleicht kann ein anderes Familienmitglied den nächsten Wohnungsputz übernehmen, damit nicht alles so ordentlich gereinigt ist, wie Sie dies tun würden. Sie müssen aber nicht so radikal und schnell vorgehen. 7. Konfrontieren Sie sich am besten durch ein 2- bis 4-wöchiges Intensivprogramm mit allen Reizen, die Wasch- und Reinigungszwänge auslösen können. 8. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, derartige Übungen sofort in der Realität auszuführen, üben Sie die Konfrontation mehrfach in der Vorstellung, beschreiben Sie mit geschlossenen Augen den ganzen Vorgang in der Ich-Form und in der Gegenwart (z.B. „Ich berühre jetzt mit der Hand einen ‘verschmutzten’ Gegenstand und anschließend den Fußboden und die Wohnungstür“), diktieren Sie den Ablauf auf Tonband (ohne kognitive Rituale) und hören Sie den Text mehrfach täglich an, bis Sie eine Konfrontation in der Realität wagen.
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9. Denken Sie die unangenehmen Szenen möglichst bildhaft bis zum Ende durch, lassen Sie einen inneren Film ablaufen mit der größtmöglichen Katastrophe, bewerten Sie die Wahrscheinlichkeit eines derartigen Endes und wägen Sie ab, ob Sie angesichts des möglichen Gewinns (mehr Lebensqualität und innere Freiheit) dieses Risiko eigenverantwortlich (ohne Absicherung bei anderen) eingehen möchten. 10. Bei Schwierigkeiten, mit verschiedenen Übungen zu beginnen oder durchzuhalten, denken Sie daran, dass Sie öfter vielleicht mehr ein Gefühl von Ekel als von Angst und Unbehagen haben werden (z.B. im Kontakt mit den eigenen Körperausscheidungen). Ekel führt oft zu Übelkeitsgefühlen. Das ist ganz normal. Sie müssen Ekelgefühle nicht überwinden, sondern nur besser aushalten lernen.
Selbsthilfeprogramm bei Kontrollzwängen 1. Wählen Sie für die erste Konfrontationsübung einen Kontrollzwang mittlerer Schwierigkeit aus bzw. einen, der sich gegenwärtig als recht störend erweist, sodass Sie eine hohe Motivation haben, ihn zu überwinden. 2. Machen Sie sich bewusst, durch welche Motive Ihr Kontrollzwang bedingt ist. Was möchten Sie verhindern? Was möchten Sie erreichen? Treffen Sie Vorkehrungen dafür, dass die jeweilige Arbeit mit maximaler Aufmerksamkeitsleistung erfolgt. Wenn Sie sich während der Kontrolltätigkeit recht bildhaft vergegenwärtigen, was passieren kann, falls Sie nicht ausreichend kontrollieren, vermindern Sie durch die dabei auftretenden Angstzustände Ihre Aufmerksamkeit für die jeweilige Handlung. Die angstbedingte Unkonzentriertheit während des Kontrollverhaltens ist ein Grund dafür, dass Sie bald den Zwang zu neuerlicher Kontrolle verspüren werden. Viele Zwangspatienten haben das Gefühl, während der Kontrollen nicht ganz da zu sein, alles verschwommen zu sehen, irgendwie den eigenen Augen nicht trauen zu können, später auch nicht dem Gedächtnis, sodass sie bei einer neuerlichen Kontrolle alles besser machen wollen. Halten Sie sich an klare Beurteilungskriterien, die Sie bereits vorher erstellt haben, um dem Gefühlsdruck widerstehen zu können. 3. Erlauben Sie sich bei Unsicherheit eine einmalige Kontrolle jeder Tätigkeiten, und zwar erst nach einem bestimmten, vorher festgelegten Zeitraum für eine bestimmte Dauer. Legen Sie bereits vor der Kontrolle die Kriterien für eine zuverlässige Prüfung fest, um dadurch die spätere Tendenz zu neuerlicher Kontrolle zu mildern. 4. Prägen Sie sich den jeweiligen Kontrollvorgang ganz fest ein, u.a. auch bei geschlossenen Augen. Atmen Sie während des Kontrollierens von jedem Ofen- oder Lichtschalter, jedem Fenstergriffes usw. entspannt aus, schließen Sie anschließend die Augen und stellen Sie sich vor, wie Sie die jeweilige Aufgabe richtig erledigt haben. Gehen Sie erst dann zur Kontrolle des nächsten Objekts bzw. weiteren Sachverhalts über, wenn Sie sich die zuletzt vorgenommene Kontrolle bildlich vergegenwärtigen können. Verlassen Sie nach der Kontrolle die jeweiligen Situationen, Orte und Objekte, um nicht der Versuchung zu erneuten Kontrollen zu unterliegen. 5. Wenn Sie später neuerlich ein Kontrollbedürfnis überfällt, verzichten Sie auf jede weitere Kontrolle und lassen Sie auch keine andere Person die Kontrolle vornehmen, auch wenn Ihnen dies sehr schwer fällt. Vergegenwärtigen Sie sich ganz intensiv die durchgeführten Kontrollen. Eine neuerliche Kontrolle entwertet Ihr letztes Kontrollverhalten völlig und untergräbt dadurch systematisch Ihr Selbstvertrauen. Lernen Sie, das dabei auftretende Unbehagen und Angstgefühl auszuhalten.
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6. Zur Sicherung einer einzigen Kontrolle erstellen Sie zu Beginn der Konfrontationsübungen eine Liste der zu kontrollierenden Objekte bzw. Sachverhalte. Bei Kontrollzwängen in der Wohnung schreiben Sie jedes zu kontrollierende Objekt auf und haken es erst dann als erledigt ab, wenn Sie dies bei voller Aufmerksamkeit unter Entspannungsbedingungen (entspannte Ausatmung) geprüft haben. 7. Wenn Sie später doch unsicher werden sollten, betrachten Sie den entsprechenden Vermerk auf Ihrer Liste und lernen Sie auf diese Weise, Ihrer Prüftätigkeit zu vertrauen. Lernen Sie, im Laufe der Zeit ohne derartige Listen auszukommen, indem Sie Ihr Gedächtnis entsprechend trainieren. 8. Geben Sie Ihr Absicherungsdenken auf und fragen Sie niemanden, ob Sie ausreichend kontrolliert haben. Lernen Sie, selbst die Verantwortung für Ihr Verhalten zu übernehmen. Sie werden anderenfalls völlig von Ihrer Umwelt abhängig. 9. Verzichten Sie auf magische Rituale, die Sie zur Vereinfachung und Abkürzung Ihrer Kontrollen entwickelt haben, und lernen Sie, mit einem Restrisiko zu leben. 10. Zögern Sie bei großem Kontrollbedürfnis dieses zumindest zeitlich etwas hinaus, um mit dem Druck besser umgehen zu lernen, und lenken Sie sich dabei ab, indem Sie sofort nach der Kontrolle etwas anderes machen, z.B. Einkaufen gehen. Wichtiger als der Kampf gegen alle Zwänge ist der (Wieder-)Aufbau von Vertrauen: z Vertrauen zum eigenen Gedächtnis, dass Sie alles richtig erinnern können. z Vertrauen zu Ihren Sinnesorganen, dass Sie alles richtig wahrgenommen haben. z Vertrauen zu Ihren Impulsen, dass Sie nichts gegen Ihre Moral unternehmen. z Vertrauen zu Ihren Gedanken, dass diese Sie zu nichts bewegen können, was Sie nicht wollen, und dass Sie auch etwas denken können, was Sie dann doch nicht tun werden, wenn Sie es nicht wirklich tun möchten. z Vertrauen darauf, dass Sie in jeder Situation zumindest für den Moment spontan richtig denken, fühlen und handeln können, ohne ständig darauf achten zu müssen. z Vertrauen darauf, dass Sie in allen Situationen Ihrer Verantwortung jederzeit gerecht werden können und nicht ständig Schuldgefühle haben müssen. z Vertrauen darauf, dass Sie alle körperlichen, geistigen und emotionalen Anspannungen aushalten, die mit der Nicht-Ausführung von Zwangsritualen verbunden sind. z Vertrauen darauf, dass Sie sich in zwischenmenschlichen Situationen angemessen durchsetzen können und nicht ständig zur Waffe der Zwänge greifen müssen.
Selbsthilfeprogramm bei Zwangsbefürchtungen Viele Menschen mit Ängsten und/oder Zwängen leiden unter Zwangsbefürchtungen und Zwangsimpulsen. Dies steht gewöhnlich in Zusammenhang mit den nicht bewältigbar erscheinenden Kontrollverlustängsten als Folge der erlebten Panikattacken. Die Betroffenen haben Angst, das eigene Kind zu töten, jemanden mit einem Messer zu verletzen, sich selbst mit einem Messer oder einem Glassplitter zu verletzen, sich durch Umweltgifte zu schädigen, mit dem Auto gegen einen Baum zu fahren, von einer Brücke oder einem hohen Haus hinunterzuspringen, einen Unfall zu verursachen, ohne es zu bemerken, in einem Geschäft ungewollt etwas zu stehlen, unabsichtlich einen Schaden anzurichten (z.B. Feuer zu legen), laut etwas Peinliches zu sagen oder zu tun. Rituale (z.B. Gegengedanken, ständige Bitten um Beruhigung durch andere, Kontrollzwänge) können diese Zwangsbefürchtungen jeweils nur kurz beseitigen.
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Hilfreich ist oft folgendes Vorgehen, das Ihre Zwangsgedanken provoziert: 1. Erstellen Sie eine Liste Ihrer Zwangsgedanken und Zwangsbefürchtungen, bewerten Sie diese nach der subjektiven Belastung von 0-10 und beginnen Sie das folgende Übungsprogramm mit einer Zwangsbefürchtung mittlerer Belastung. 2. Rufen Sie Ihre zwanghaften Gedanken und Befürchtungen bewusst hervor und denken Sie diese bis zum bitteren Ende durch, ohne Ablenkung und kognitive oder verhaltensbezogene Rituale. Erzeugen Sie durch sehr lebendige Vorstellungen im Sinne eines mentales Trainings die zwangsauslösenden Situationen und erleben Sie diese kognitiv, emotional und körperlich voll durch. Es sind ja nur Gedanken! 3. Sprechen Sie Ihre Zwangsgedanken und quälenden Zwangsbefürchtungen auf Tonband, schreiben Sie sie in ein Heft, gestalten Sie sie in Form eines Drehbuches für einen Film, lassen Sie sie als Film vor Ihren Augen ablaufen, schreiben Sie sie in Form eines Briefes an einen fiktiven Freund, zeichnen Sie sie auf ein Blatt Papier oder singen Sie sie in Form einer bestimmten Melodie. Tun Sie dies regelmäßig zu festgesetzten Zeitpunkten (am besten täglich für eine Stunde, um eine rasche Wirksamkeit zu erreichen), ohne dabei ein Ritual auszuführen. Weichen Sie nicht aus! 4. Setzen Sie sich den diktierten, geschriebenen oder gezeichneten Zwangsbefürchtungen täglich mindestens zweimal für eine bestimmte Zeitdauer aus, um diese neuerlich intensiv zu provozieren und ohne Rituale besser ertragen zu lernen. 5. Bleiben Sie bei jeder Übung, die Sie mit steigendem Schwierigkeitsgrad durchführen, mental voll und ganz in der jeweiligen Angst machenden Situation, ohne Rituale einzusetzen, und beenden Sie jede Übung erst dann, wenn das Ausmaß Ihrer Angst und Unruhe um mindestens 50% abgenommen hat. 6. Lassen Sie nach dem Prinzip der Achtsamkeit alle Gedanken und Vorstellungen ohne Bewertung und ohne Dagegen-Ankämpfen zu. Lassen Sie Zwangsgedanken vorbeiziehen wie Wolken am Himmel oder wie die Landschaft beim Autofahren. 7. Machen Sie die Erfahrung, dass spontane oder absichtlich provozierte Gedanken nicht dazu führen, in die Wirklichkeit umgesetzt zu werden. Sie können etwas denken und müssen es deswegen keinesfalls ausführen. Der Gedanke, jemandem etwas anzutun, fremdzugehen, etwas zu stehlen usw. stellt immer eine Möglichkeit dar, ob Ihnen das nun passt oder nicht. Etwas zu denken, ist eine Sache, etwas auszuführen, eine andere Sache. Lösen Sie die Vermischung von Denken und Handeln auf. Dazwischen liegt der Bereich der menschlichen Freiheit. Sie unterliegen der „Magie des Denkens“, wenn Sie glauben, dass Gedachtes gleich Wirklichkeit wird. 8. Wiederholen Sie eine Übung am nächsten Tag und verlängern Sie die Zeit der mentalen Konfrontation, wenn eine bestimmte Zwangsbefürchtung in ihrem bedrängenden Effekt nicht geringer werden sollte. Der Gedanke muss nur erträglicher werden. 9. Konfrontieren Sie sich im Laufe der Zeit auch mit den ärgsten Zwangsbefürchtungen, ohne Rituale einzusetzen. Wenn Sie dies nicht tun und mit teilweisen Erfolgen bei weniger belastenden Zwangsbefürchtungen zufrieden sind, besteht die Gefahr, dass Ihre Störung bald wieder stärker auftreten und schließlich doch zu zeitaufwändigen Zwangshandlungen und gedanklichen Ritualen führen wird. 10. Verwenden Sie dieses Selbsthilfeprogramm für Zwangsgedanken auch dann, wenn Sie primär unter Zwangshandlungen leiden, weil Zwangshandlungen aus der Sicht der kognitiven Verhaltenstherapie durch Zwangsgedanken ausgelöst werden. 11. Anstelle von kognitiven Ritualen können Sie bei anfänglichen Schwierigkeiten in der Konfrontation mit Ihren Zwangsbefürchtungen entspannendes Ausatmen einsetzen, um diese ohne körperliche Verspannungen besser ertragen zu lernen.
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Selbsthilfe angesichts des Modells von Zwangsstörungen als neurobiologische Störungen Die angeführten Selbsthilfeprogramme beruhen auf Konzepten, die Zwangsstörungen als rein psychogen bedingt verstehen. Angesichts der neuen Erkenntnisse über die neurobiologischen Ursachen von Zwangsstörungen wurden von Verhaltenstherapeuten neue Behandlungsmethoden entwickelt, die die bisherigen nicht ersetzen, sondern ergänzen sollen. Der amerikanische Psychiater und Verhaltenstherapeut Jeffrey Schwartz [44] versteht in seinem (vergriffenen) Selbsthilfebuch „Zwangshandlungen und wie man sich davon befreit“ Zwangsstörungen als bewirkt durch ein biochemisches Ungleichgewicht im Gehirn. Er zeigt durch sein Konzept der „kognitiv-biobehavioralen Selbstbehandlung“ auf, wie ein verhaltenstherapeutisches Selbsthilfeprogramm in vier Schritten oft ohne Einnahme von Medikamenten diese Störungen im Gehirn dauerhaft zu beheben vermag: 1. Neu-Benennen. Es geht anfangs um das Erkennen der Gedanken- und Handlungszwänge und deren Bewertung als biologisch bedingte, krankhafte Beeinträchtigung („Dieser Gedanke ist eine Zwangsvorstellung“, „Dieser Drang ist eine Zwangshandlung“). Eine derartige Selbstbeobachtung unterbricht den spontanen Zwangsimpuls. Durch eine Art Selbstinstruktionstraining sollen die zwanghaften Gedanken oder Drangzustände mit ihrem wirklichen Namen genannt werden („Ich glaube oder empfinde überhaupt nicht, dass meine Hände schmutzig sind. Ich habe die Zwangsvorstellung, meine Hände seien schmutzig“, „Ich muss mir jetzt nicht die Hände waschen. Ich habe den Handlungszwang, mir die Hände waschen zu müssen“, „Ich habe den Drang, den Ofen nochmals zu kontrollieren. Dies ist jedoch kein Wunsch, sondern ein Kontrollzwang, der mich quält“). Der Hinweis auf hirnorganische Ursachen der Zwangsstörung soll den Betroffenen alle Schuldgefühle nehmen, für die Störung irgendwie verantwortlich zu sein, wodurch auch der moralische Druck entfällt, durch mehr Engagement die persönlichen Schwächen überwinden zu müssen. Bei der Behandlung von Zwangsstörungen wird damit ähnlich vorgegangen wie bei organischen Krankheiten (z.B. bei Zuckerkrankheit, die durch einen Diätplan kontrolliert werden kann) oder bei bestimmten psychiatrischen Störungen (z.B. bei Schizophrenie, die als Stoffwechselstörung im Gehirn nicht nur durch Medikamente, sondern zusätzlich auch durch psychoedukative Programme erfolgreich behandelt werden kann). Obwohl Zwangsstörungen nicht als psychisch, sondern hirnorganisch bedingt verstanden werden, können die persönlichen Reaktionen auf die Zwangsgedanken und -handlungen so verändert werden, dass die Betroffenen widerstehen können und die biochemischen Fehlfunktionen innerhalb einiger Monate positiv beeinflusst und nachweisbar sogar beseitigt werden. 2. Neu-Zuordnen. Aus dem ersten Schritt des Selbstbehandlungsprogramms ergibt sich der zweite Schritt in Form der Selbstinstruktion: “Das bin nicht ich – das ist meine Zwangsstörung.“ Dies wirkt entlastend und stressreduzierend. Zwangsgedanken und Zwangshandlungen werden zu falschen Botschaften des Gehirns erklärt, damit zu ignorieren und schließlich zu überwinden gelernt („Dieser Gedanke oder Drangzustand hört nicht auf, weil es sich dabei um eine biochemische Störung im Gehirn handelt“). Die Fehlfunktionen in den entsprechenden Gehirnarealen (Nucleus caudatus, Putamen, orbitaler Kortex) werden durch allgemein verständliche medizinische Informationen vor Augen geführt und durch PET-Bilder des Gehirns anschaulich dargestellt. Die biologische Bedingtheit von Zwangsstörungen wird als Begründung
Bewältigungsstrategien bei Zwangsstörungen
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dafür angeführt, dass der direkte Kampf dagegen sinnlos ist, sondern vielmehr eine Ablenkung und Konzentration auf andere Denk- und Verhaltensweisen erfolgen sollte. Das deprimierende Gefühl, den Kampf gegen die Zwänge ständig zu verlieren, auch bei größtem Willenseinsatz, wird damit vermieden. Zwänge werden durch den Versuch, direkt dagegen anzukämpfen, erst recht in den Mittelpunkt gestellt. Diese Sicht entspricht dem Konzept der Achtsamkeits- und Commitmenttherapie. 3. Neu-Einstellen. Nach der kognitiven Umstrukturierung der ersten beiden Schritte, die die verschiedenen Zwangsstörungen als biochemische Ungleichgewichte im Gehirn versteht und damit von einem sinnlosen Kräfte raubenden Kampf dagegen abhalten soll, werden schließlich im dritten Schritt aktive Ablenkungsmethoden eingesetzt: Hobbys, Musik hören, lesen, Spazierengehen, sportliche Betätigung, Fernsehen, Computerspiele usw. Konzentration erfordernde Betätigungen unterbrechen die Fixierung auf die Zwänge am schnellsten. Bestimmte Selbstinstruktionen sollen dies erleichtern („Ich habe gerade wieder einen Zwangsgedanken bzw. Handlungszwang. Als Alternative muss ich gleich ein anderes Verhalten dagegensetzen“). Ablenkungsmethoden bewirken genau das, was gesunden Personen bei ähnlichen Gedanken ohne Schwierigkeiten gelingt: Sie konzentrieren sich nicht auf die „blöden“ Gedanken und Impulse, weil sie diese nicht für bedeutungsvoll und handlungsleitend halten. Die Fünfzehn-Minuten-Regel soll dazu verhelfen, einen Zwangsgedanken oder eine Zwangshandlung mindestens 15 Minuten hinauszuschieben, wenngleich den Betroffenen anfangs oft nur ein Aufschub von 5 Minuten gelingen wird. Als Grundsatz gilt jedenfalls, keine Zwangshandlung auszuführen, ohne eine Zeitlang gewartet zu haben und die beiden ersten Schritte angewandt zu haben. Dieses Vorgehen führt rasch zu der Erfahrung, dass der jeweilige Zwang umso stärker nachlässt, je länger er hinausgeschoben wurde. Ähnlich wirksam ist auch das Verschieben der Ausführung eines Drangzustandes bei Alkoholabhängigkeit oder Bulimie. In der Zwischenzeit etwas anderes zu tun, führt rasch zur Ablenkung von den unangenehmen Gefühlen. Was zählt, ist nicht, wie man sich fühlt, sondern was man tut. Wenn man etwas Hilfreiches und Angenehmes tut, werden sich im Laufe der Zeit auch die Gefühle ändern. Dies ist ein bekanntes Prinzip aus der Behandlung von Depressiven nach dem Motto: „Aktivität verbessert die Stimmung.“ Bei Zwangsstörungen gilt derselbe Grundsatz: „Ändere zuerst dein Verhalten, und es wird sich im Laufe der Zeit auch dein Denken und Fühlen ändern.“ Eine Veränderung des Verhaltens führt zu einer Veränderung des Gehirns. 4. Neu-Bewerten. Nach erfolgreicher Durchführung der ersten drei Schritte wird es eher leicht fallen, die Gedanken- und Handlungszwänge neu zu bewerten. Den Zwängen wird nicht mehr jenes Gewicht beigemessen, wie dies früher der Fall war. Schwartz [45] fasst seine über langjährigen Forschungsbemühungen und die Ergebnisse seines Vier-Schritte-Therapiekonzepts bei über 1000 Zwangspatienten, die einzeln oder in allwöchentlichen Therapiegruppen behandelt wurden, folgendermaßen zusammen: „Zum allerersten Mal im gesamten Bereich der Psychiatrie und psychotherapeutischen Technik haben wir wissenschaftliche Beweise dafür, daß kognitive Verhaltenstherapie tatsächlich biochemische Veränderungen in den Gehirnfunktionen der Betroffenen schafft. Wir konnten deutlich machen, daß Sie sich durch eine Änderung Ihres Verhaltens von der Gehirnblockade frei machen, die biochemischen Funktionen Ihres Gehirns beeinflussen und die Erlösung von den schrecklichen Zwangssymptomen erlangen können. Das Endresultat ist: Vermehrte Selbstkontrolle und verstärkte Selbstbestimmung, dadurch eine erhöhte Selbstachtung.“
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Selbsthilfe bei Angststörungen
Aus dem kognitiv-behavioralen Therapiekonzept von Schwartz [46] ergeben sich folgende Konsequenzen: „Sobald jemand gelernt hat, die vier Schritte den Regeln entsprechend nachzuvollziehen, ereignen sich zwei äußerst positive Dinge. Zunächst gewinnt man eine bessere Kontrolle über Verhaltensreaktionen auf Gedanken und Empfindungen, wodurch das ganze Leben weitaus glücklicher und gesünder wird. Sodann verändert man durch den Wandel der Verhaltensreaktionen die schadhafte Biochemie des Gehirns, die Ursache der heftigen Beschwerden durch die Zwangssymptome war. Nachdem es wissenschaftlich erwiesen ist, daß die biochemischen Gehirnabläufe bei diesem psychiatrisch schwerwiegenden Leiden durch die Anwendung der vier Schritte verändert wird, ist es durchaus wahrscheinlich, daß man seine biochemischen Gehirnabläufe durch neue Reaktionen auf Verhaltensprobleme oder schlechte Gewohnheiten mit Hilfe der Vier-Schritte-Methode verändern kann. Das Ergebnis könnte eine Verringerung der Intensität und Aufdringlichkeit der unerwünschten Gewohnheiten und Verhaltensweisen sein, so daß sie leichter aufzubrechen sind.“
Der Therapieansatz von Schwartz ist insofern kritisch zu betrachten, als die unzutreffende Annahme einer rein biologischen Fundierung der Zwangsstörung dafür herhalten muss, dass Zwangspatienten den permanenten Kampf gegen ihre Zwänge aufgeben können. Die paradoxe Intervention, die Konfrontationstherapie und die Achtsamkeitsund Commitmenttherapie beruhen ebenfalls auf dem Verzicht der willentlichen Kontrolle von Angst und Unruhe erzeugenden Gedankenmustern.
Selbsthilfegruppen für Angst- und Zwangskranke In Deutschland und Österreich gibt es verschiedene Selbsthilfegruppen für Betroffene mit Angststörungen (zumeist für Panikpatienten mit und ohne Agoraphobie). Für Menschen mit Zwangsstörungen werden Selbsthilfegruppen aufgebaut. Entsprechende Initiativen durch Ärzte und Psychotherapeuten können diese Entwicklung fördern. Die wissenschaftliche Überprüfung des Erfolgs von Selbsthilfegruppen im Bereich der Angst- und Zwangsstörungen bestätigt die Sinnhaftigkeit derartiger Bemühungen. Erkundigen Sie sich über Selbsthilfegruppen in Ihrer Gegend. Für die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe sprechen folgende Punkte: 1. Emotionale Wärme und Annahme in einer Gruppe gleichfalls Betroffener, was dazu führt, dass man sich selbst besser annehmen kann. Vor jeder Veränderung ist es auch wichtig, sich selbst so annehmen zu können, wie man eben gerade ist. 2. Bessere Selbsterkenntnis und Möglichkeit des Vergleichs durch die kontinuierliche Begegnung mit anderen Betroffenen. 3. Gemeinsame Problemlösungsversuche durch die Möglichkeiten einer Gruppe, die oft Ratschläge, relevantes Informationsmaterial und bestimmte Aktivitäten anzubieten vermag. Wenn in Ihrer Gegend keine Selbsthilfegruppe existiert, werden Sie durch ein Inserat in Ihrer Regionalzeitung möglicherweise bald Leidensgenossen finden, die froh sind, durch Ihre Initiative aus ihrer Isolierung heraustreten zu können. Aus organisatorischen Gründen empfiehlt sich der Anschluss an einen bestehenden Dachverband der Selbsthilfegruppen, der Sie auch über bereits bestehende Gruppen informieren kann. Die Erfahrung zeigt, dass Selbsthilfegruppen von Zwangskranken stärker der Unterstützung durch Fachleute bedürfen als Angst- und Panik-Selbsthilfegruppen.
9. Ratschläge für Angehörige Ratschläge für Angehörige von Angstpatienten Die folgenden Fragen und Anregungen sollen Ihnen, wenn Sie Angehöriger sind, Hilfestellungen bieten, wie Sie mit Ihrem angstkranken Partner (bzw. Elternteil oder Kind) besser umgehen können. Die einzelnen Punkte beziehen sich auf eine angstkranke Frau [1]. Dieselben Hinweise gelten auch für einen angstkranken Mann.
Analysieren Sie, ob Sie vielleicht die Angstsymptomatik Ihrer Partnerin verstärken 1. Überlegen Sie, ob Sie bislang in irgendeiner Form bewusst und/oder unbewusst die Angstsymptomatik Ihrer Partnerin unterstützt haben. 2. In welchen Bereichen haben Sie eine bestimmte Unterstützung aus sich heraus angeboten, wo und wann nur deshalb, weil Sie Ihre Partnerin dazu gedrängt hat? 3. Haben Sie sich den angstbedingten Wünschen Ihrer Partnerin gefügt, um Streit zu vermeiden (z.B. keine Ausflüge allein machen, weil die Partnerin aus Angst nicht allein zu Hause bleiben möchte)? 4. Haben Sie gelernt, die Ängste Ihrer Partnerin als unveränderlich hinzunehmen und damit eine neue Lebensaufgabe zu entwickeln, für sie da zu sein? 5. Haben Sie irgendein Interesse daran, dass Ihre Partnerin nicht zu selbstständig wird, wenn sie alle ihre Ängste verliert? 6. Haben Sie selbst Ängste, die den Ängsten Ihrer Partnerin ähnlich sind? 7. Haben Sie früher Ängste gehabt, die Sie vielleicht dadurch verloren haben, dass Sie durch die Beziehung zu einer ebenfalls eher ängstlichen Partnerin an Stärke gewinnen konnten? 8. Haben Sie Probleme, Dinge ohne Ihre Partnerin zu tun? Machen Sie Ausflüge und bestimmte Aktivitäten auch allein, wenn Ihre Partnerin wegen ihrer Ängste nicht daran teilnehmen möchte? Können Sie sich zu Hause ohne Partnerin wohl fühlen? 9. Wären Sie bereit, auf Wunsch Ihrer Partnerin oder eines Psychotherapeuten an einer Therapie teilzunehmen? Oder legen Sie großen Wert darauf, dass Ihre Partnerin eine rein individuelle Störung hat, die nichts mit Ihrer Beziehung zu tun hat? 10. Wie hat sich Ihre Partnerbeziehung verändert, seit Ihre Partnerin Ängste hat?
Fragen Sie sich, was sich ändern würde, wenn Ihre Partnerin keine Ängste mehr hätte 1. Welche Folgen hätte es für Sie, wenn Ihre Partnerin keine Ängste mehr hätte? 2. Welche Auswirkungen hätte eine Angstfreiheit Ihrer Partnerin für Ihre Beziehung? 3. Was würde sich vielleicht hinsichtlich der ganzen Lebensgestaltung ändern (z.B. andere Arbeit, mehr soziale Aktivitäten)? 4. Angenommen, Ihre jetzt nicht berufstätige Partnerin möchte nach der Überwindung ihrer Angststörung (wieder) berufstätig werden, wie stehen Sie dazu? 5. Stellen Sie sich vor, Ihre Partnerin wäre bereits in drei Wochen frei von allen lebenseinengenden Ängsten, was würde dies für Ihre Beziehung bedeuten? Was wäre endlich möglich? Welche Konflikte und Gefahren könnten drohen?
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Ratschläge für Angehörige Unterstützen Sie das Angstbewältigungstraining Ihrer Partnerin
1. Sagen Sie Ihrer Partnerin von Anfang an klar und bestimmt, dass Sie unbedingt eine Beseitigung ihrer Ängste wünschen, zumindest soweit Sie selbst dadurch betroffen sind. Lassen Sie sie jedoch die Art der Angstbewältigung selbst auswählen: eigenständig mit Hilfe von Selbstbehandlungsliteratur – gemeinsam mit Ihnen – Psychotherapie allein oder mit Ihnen zusammen. 2. Anerkennen und loben Sie jedes eigenständige Bemühen Ihrer Partnerin, mit Angst machenden Situationen umzugehen. Kritisieren Sie sie nicht bei Rückfällen, sondern ermutigen Sie sie, ihr Übungsprogramm fortzusetzen. 3. Übergehen Sie geduldig die klagenden und deprimierten Äußerungen Ihrer Partnerin, statt sie durch übermäßige Beachtung und Zuwendung zu verstärken. 4. Unterstützen Sie ein Angstbewältigungstraining durch möglichst attraktive Ziele, wo Ihre Partnerin auf jeden Fall gerne hingehen würde, wenn sie sich nur irgendwie dazu überwinden könnte. 5. Planen Sie in einem bestimmten zeitlichen Abstand Urlaubsreisen, die Ihre Gattin auch gerne mitmachen würde, derzeit aus Angst vor dem Fliegen, der weiten Entfernung u.a. jedoch nicht zu unternehmen wagt. Schränken Sie sich nicht auf den Radius Ihrer Partnerin ein, weil sie dann keinen Anreiz zur Änderung verspürt. 6. Übernehmen Sie keine Aufgabe, die Ihre Partnerin bereits selbst erledigen kann bzw. könnte. Ihre Zurückhaltung bewirkt, dass Ihre Partnerin rasch selbstständig und selbstbewusst wird. 7. Überlegen Sie, ob Sie Ihrer Partnerin durch Ihre Unterstützung wirklich helfen, angstfreier und eigenständiger zu werden oder ob Sie damit nicht eher ihre Bequemlichkeit unterstützen. Ist es wirklich Angst, wenn Ihre Partnerin nicht mit dem öffentlichen Verkehrsmittel in die Arbeit fahren kann oder ist es einfach nur bequemer, von Ihnen mit dem eigenen Auto dorthin gebracht zu werden? Nicht alles, was man nicht allein tun möchte, hängt mit Angst zusammen. Im Rahmen der Angstzustände hat Ihre Partnerin oft nur gelernt, dass es einfacher und angenehmer ist, sich auf die Hilfe anderer Menschen verlassen zu können. 8. Fragen Sie Ihre Partnerin, wo sie zur besseren Angstbewältigung Ihre Hilfe wünscht (z.B. Begleitung in anfangs allein nicht bewältigbar erscheinenden Situationen) und überlegen Sie gemeinsam, wo dies eher schädlich wäre (z.B. Begleitung in Situationen, wo Ihre Partnerin zwar ein ungutes Gefühl hat, jedoch bereits auf Bewältigungserfolge zurückblicken kann). 9. Selbst wenn Sie gemeinsame Übungen planen, überlegen Sie, wie Ihre Partnerin dabei zumindest zeitweise allein üben kann (z.B. allein in das gefürchtete Geschäft hineingehen; gemeinsame Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel, jedoch ohne Nebeneinandersitzen; im Kino ebenfalls getrennt voneinander sitzen; eine Viertelstunde vor Ihnen allein in ein Lokal gehen). 10. Sagen Sie Ihrer agoraphobischen Partnerin nicht, was sie tun soll, sondern unterstützen und ermutigen Sie sie bei der Erreichung der selbstgesteckten Ziele. Kontrollieren und diktieren Sie Ihre Partnerin nicht, sondern bieten Sie Hilfe zur Selbsthilfe im gewünschten Ausmaß an. 11. Schlagen Sie spontan gemeinsame Aktivitäten ohne lange vorherige Planungen vor, weil dadurch rasch Erfolgserlebnisse vermittelt werden können. Lange Planungen verstärken nur die Erwartungsängste und die Vermeidungstendenz Ihrer Partnerin, weil sie viel Zeit zum Nachdenken hat.
Ratschläge für Angehörige von Angstpatienten
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12. Achten Sie darauf, dass Ihre Partnerin Angst machende Situationen möglichst oft auch ohne Ihre Begleitung aufsucht und bei Angst vor dem Alleinsein zu Hause in zunehmendem Ausmaß allein in der Wohnung verbleibt. Vereinbaren Sie, wann und wie oft Ihre Partnerin mit Ihnen telefonischen Kontakt aufnehmen darf, um der Gefahr vorzubeugen, ständig angerufen zu werden, weil Ihre Partnerin das zeitweise Alleinsein nicht ertragen kann. 13. Wenn Ihre Partnerin bei Aktivitäten in Ihrer Anwesenheit eine Panikattacke bekommt, ermutigen Sie sie, die angstbesetzte Situation nicht zu verlassen, bevor die Angst abgeklungen ist. Bringen Sie Ihre Partnerin weder nach Hause noch zu einem Arzt oder in ein Krankenhaus, sondern ermutigen Sie sie durchzuhalten, bis der Angstzustand vorbei ist, ohne dass eine Flucht aus der jeweiligen Situation erfolgt. Ermutigen Sie sie, höchstens ein wenig Luftschnappen zu gehen und dann wieder gestärkt in die Angst machende Situation zurückzukommen, um das Erfolgserlebnis des Durchhaltens genießen zu lernen. Fragen Sie Ihre Partnerin in dieser Zeit nicht ständig nach ihrem Befinden, weil Sie sie dadurch auf ihre Symptomatik fixieren, sondern lassen Sie sie etwas in Ruhe oder suchen Sie nach Ablenkungsmöglichkeiten (z.B. ein anderes Gesprächsthema). 14. Ermutigen Sie Ihre Partnerin, zu ihren Ängsten zu stehen und diese öffentlich bekannt zu geben, wenn dadurch der innere Druck und das Versteckenspielen vor der Umwelt reduziert werden können. Die vielen „Notlügen“ sollten ein baldiges Ende finden. Die Angst vor sozialer Kritik bei Bekanntwerden der Ängste kann am besten durch Ihre emotionale Unterstützung überwunden werden.
Was Sie bei anderen Ängsten Ihrer Partnerin tun können z Wenn Ihre Partnerin an einer reinen Panikstörung (ohne Agoraphobie) leidet, lassen Sie Ihre Partnerin zeitweise auch allein. Die irrationale Angst, ohne Ihre Anwesenheit und Hilfe im Falle einer Panikattacke vielleicht sterben zu müssen, führt ansonsten zu einer immer größeren Abhängigkeit von Ihnen. Achten Sie darauf, dass Sie aus diesem Grund auch nicht jede Minute des Tages über das Telefon oder das Handy erreichbar sind. Vereinbaren Sie Zeiten, in denen Ihre Gattin Sie keinesfalls anrufen soll, damit sie lernt, auf sich selbst gestellt zurechtzukommen. Lassen Sie sich nicht ständig durch Anrufe bei der Arbeit stören. z Wenn Ihre Partnerin unter einer Sozialphobie leidet, reduzieren Sie deswegen weder Einladungen von Bekannten und Verwandten in Ihrer Wohnung noch schränken Sie Ihre außerhäuslichen sozialen Aktivitäten ein. Laden Sie Ihre Partnerin immer wieder zu sozialen Aktivitäten ein, zwingen Sie sie jedoch nicht dazu, sondern nehmen Sie alleine an den geplanten Treffen mit anderen Leuten teil. z Wenn Ihre Partnerin unter einer generalisierten Angststörung mit vielen verschiedenen Ängsten leidet, sagen Sie ihr klar und bestimmt Ihre Meinung dazu, geben Sie jedoch nicht immer wieder dieselben Antworten auf die gleichen Fragen. Dies wird Sie mit der Zeit immer mehr ärgern und Ihre Partnerin von Ihrer Beruhigung abhängig machen. Sagen Sie Ihrer Partnerin z.B. „Du weißt, wenn ich dich jetzt wieder beruhige, wird es nur so lange halten wie zuletzt. Meine Meinung kennst du ja. Wenn du dich sorgst, tue etwas dagegen, reden allein hilft dir nicht.“ z Wenn Ihre Partnerin unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, helfen Sie ihr angesichts der traumatischen Erinnerungen bei der Verankerung im Jetzt.
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Ratschläge für Angehörige
Ratschläge für Angehörige von Zwangspatienten Die Anweisungen für Angehörige von Angstkranken gelten analog auch für Angehörige von Zwangskranken. Auf einige spezielle Aspekte soll jedoch hingewiesen werden [2]: 1. Lernen Sie Zwangsstörungen verstehen durch Bücher wie „Der Zwang in meiner Nähe. Rat und Hilfe für Angehörige von zwangskranken Menschen“ von Rufer und Fricke, „Wege aus dem Zwang“ von Ambühl und „Zwangsstörungen. Wenn die Sucht nach Sicherheit zur Krankheit wird“ von Althaus, Niedermeier und Niescken. Reden Sie mit Ihrem zwangskranken Angehörigen über diese Informationen. 2. Sprechen Sie Ihren Angehörigen auf seine Zwangsstörung hin an. Sagen Sie ihm, Sie könnten sich viele seiner Verhaltensweisen nur so erklären, dass er unter Zwängen leide. Zwangskranke versuchen ihre Störung so lange als möglich zu verbergen, auch vor den Angehörigen, weil sie letztlich wissen, dass ihr Verhalten nicht normal ist. Vermitteln Sie Ihrem Angehörigen das Gefühl, dass Sie seine Person mögen, seine Zwänge jedoch nicht akzeptieren können. 3. Verzichten Sie auf moralische Appelle an den Zwangskranken, sich mehr zusammenzunehmen, seine Zwänge zu unterdrücken und vernünftig zu denken. Appelle an den Verstand können bei einem Problem, das mit unerträglichen Gefühlen (Angst oder Unbehagen) zusammenhängt, nichts ausrichten. Verweisen Sie vielmehr darauf, dass der Betroffene Ihrer Meinung nach eine medizinische Abklärung und eine psychotherapeutische Behandlung benötigt. Wenn Sie Ihren Angehörigen schon zu keiner Psychotherapie bewegen können, legen Sie ihm die regelmäßige Einnahme bestimmter Antidepressiva nahe, die auch bei Zwängen wirken. 4. Verzichten Sie auf Ursachendiskussionen. Es bringt nichts außer Streit und Enttäuschung, wenn Sie sich auf die Suche nach dem Schuldigen (Sie selbst, der Angehörige selbst, seine Eltern) begeben. Zwänge haben nicht eine Ursache und daher auch nicht einen Schuldigen, sondern können durch eine Vielfalt von Faktoren bedingt sein. Entscheidend ist für den Anfang vielmehr, den falschen Problemlösungsversuch zu unterbrechen, eine durch zwangsauslösende Reize bedingte Angst und Unruhe letztlich doch wieder durch ein Zwangsritual zu beseitigen, das nur kurzfristig hilft und die Zwangssymptomatik langfristig verstärkt. 5. Unterstützen und ermutigen Sie den Zwangskranken in jeder nur erdenklichen Weise, ausgenommen die Ausführung seiner Zwänge. Schlagen Sie gemeinsame Aktivitäten vor (z.B. Spaziergänge, sportliche Betätigung, Spiele, Kinobesuche, Einkaufsfahrten, Ausflüge, Verwandtenbesuche), um den Angehörigen von der Ausführung seiner Zwänge abzulenken. Sie stärken dadurch die gesunden Persönlichkeitsanteile des Zwangskranken und beleben Ihre Beziehung. 6. Helfen Sie dem Zwangskranken nicht bei der Ausführung seiner Zwänge, weil er selbst nicht mehr damit zurechtkommt (z.B. Hilfestellung bei bestimmten Kontrollen, damit der Betroffene schneller fertig wird). Sie geraten dadurch unvermeidlich in den starken Sog der Zwangsstörung. Nehmen Sie dem Betroffenen auch keine Routinehandlungen ab, die er vermutlich wegen seiner zwanghaften Langsamkeit nicht zeitgerecht ausführen kann (z.B. Einkäufe, Kochen, Wohnungsreinigung, Behördenwege). Erst dadurch wird dem Betroffenen richtig bewusst, dass seine Genauigkeit letztlich nur dazu führt, dass nichts mehr rechtzeitig fertig wird. Lassen Sie sich auf keinen Fall in die Zwangssymptomatik Ihres Angehörigen einbinden, auch nicht auf größtes Drängen hin, weil dadurch nur die Zwangsstörung fixiert und verstärkt wird. Helfen Sie durch Nicht-Helfen!
Ratschläge für Angehörige von Zwangspatienten
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7. Führen Sie selbst keinerlei Zwangshandlungen aus, um den Zwangskranken dadurch zu beruhigen. Übernehmen Sie auf keinen Fall die Standards zwangsbedingter Sauberkeit, Ordnung und Kontrolle. Weigern Sie sich, Türen, Fenster, Elektrogeräte, Gasherd, Wasserhahn, Türklinken, Fußboden, Kleidung, Nahrung u.a. immer wieder zu überprüfen oder bestimmte Reinigungsrituale zur Angstreduktion des Zwangspatienten auszuführen. Waschen Sie Ihre Hände nicht mehr als nötig, wechseln Sie auch nicht die Kleidung, wenn sie noch sauber ist. Wenn Sie nach Hause kommen, setzen Sie sich im Wohnzimmer mit der momentanen Straßenbekleidung nieder, ohne dass Sie sich vorher umziehen oder duschen. Wenn Sie von der Arbeit heimkommen, greifen Sie weiterhin die Tür mit der bloßen Hand und nicht mit einem Taschentuch an, das Sie nachher sofort in den Mülleimer werfen müssen. Verweigern Sie eine übertriebene Reinigung Ihrer Schuhe, wenn Sie nach Hause kommen. Wischen Sie nichts in der Wohnung stärker und häufiger ab, als Ihnen nötig erscheint. Werfen Sie keine Lebensmittel weg, die Ihnen noch schmekken, auch wenn sie nach Auffassung Ihres Angehörigen mit irgendetwas infiziert sein könnten. Ein derart hartes Vorgehen steht in scheinbarem Widerspruch zu menschlicher Wärme und partnerschaftlicher Liebe, ist jedoch im Interesse des Zwangskranken sowie zur Vermeidung der Eskalation der Zwänge auf das ganze Familienleben unbedingt erforderlich. Übernehmen Sie auch nicht die typischen Ausdrücke des Zwangskranken („verseucht“, schmutzig“, „ekelig“ „gefährlich“). 8. Achten Sie darauf, dass auch die anderen Familienmitglieder (insbesondere kleinere Kinder) die Zwänge nicht ausführen. Der Zwangskranke muss durch eine klare „Gegenwelt“ erfahren, dass seine Welt nicht normal ist, anderenfalls entsteht kein Veränderungsdruck. Es ist unvermeidlich, dass vorübergehend mehr familiäre Spannungen auftreten werden, als vorher bestanden haben. 9. Achten Sie darauf, dass alle Familienmitglieder die Fragen des Zwangskranken nach Rückversicherung nicht beantworten. Fragen wie „Ist die Klobrille jetzt sauber?“, „Sind nun wirklich alle Reste des chemischen Mittels beseitigt?“, „Sind alle Fenster tatsächlich fest verschlossen?“, „Habe ich den Ofen garantiert abgedreht?“, „Kann mir wirklich nichts passieren, wenn ich mich jetzt nicht (mehr) wasche?“ sollten vereinbarungsgemäß (und dem Zwangskranken vorher angekündigt) folgendermaßen beantwortet werden: „Du weißt, wir haben ausgemacht, dass du diese Frage selbst beantworten musst“, „Du sollst lernen, auf dich selbst zu vertrauen, daher werde ich deine Frage nicht beantworten, weil dir das nicht hilft“, „Ich rede mit dir jetzt gerne weiter, aber nicht über deine zwanghaften Fragen“, „Erinnere dich an die Therapieprinzipien, die wir gemeinsam in der Therapiestunde gehört haben.“ Wenn Ihnen derartige Antworten schwer fallen, dürfen Sie sich auch auf die Anweisungen des Psychotherapeuten ausreden: „Du weißt, dass ich dir auf diese Frage bisher immer eine Antwort zu deiner Beruhigung gegeben habe. Der Therapeut hat jedoch gesagt, dass das für dich nicht gut ist, und daran halte ich mich jetzt.“ Bedenken Sie: Wenn Sie sich verändern, wird sich auch Ihr Angehöriger leichter verändern, weil er durch Ihre Änderung einfach dazu gezwungen wird. 10. Vertreten Sie Ihre Prinzipien freundlich und bestimmt, ohne dass Sie sich auf gehässige Streitereien einlassen. Rechnen Sie jedoch damit, dass der Zwangskranke durch Ihr konsequentes Verhalten in großen Druck geraten und zu einer aggressiven Entlastungsreaktion neigen kann, manchmal sogar zu Tätlichkeiten, die sonst nie vorkommen, weil Zwangskranke typischerweise recht aggressionsgehemmt sind (die Aggression ist jedoch unterschwellig oft deutlich spürbar).
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Ratschläge für Angehörige
11. Hindern Sie den Zwangskranken nie direkt oder gar mit Druckmitteln bzw. Brachialgewalt an der Ausführung seiner Zwänge. Ihr Angehöriger ist ein freier Mensch wie Sie und hat das Recht zur Ausführung seiner Zwänge, so wie Sie das Recht haben, nicht nach diesen Zwängen leben zu müssen. Loben Sie ihn für jede noch so kleine Verbesserung und schimpfen Sie nicht bei Rückfällen. 12. Wenn Sie hinsichtlich der sexuellen Beziehung mit Ihrem zwangskranken Partner unzufrieden sind, bedenken Sie, dass sich eine Zwangsstörung oft auch in Form sexueller Ängstlichkeit, Verklemmtheit und mangelnder Spontaneität äußert. Legen Sie schon auch in Ihrem Interesse auf eine Therapie der Grundstörung Ihres Partners großen Wert. Unternehmen Sie zusammen vieles andere, das Sie verbindet. Zunehmende Aktivitäten verhindern auch eine depressive Entwicklung. 13. Verweisen Sie bei anhaltenden Spannungen immer wieder auf die Notwendigkeit einer Psychotherapie, wenn sich die familiären und partnerschaftlichen Beziehungsstrukturen bessern sollen. Sie können die Anweisungen für den Umgang mit Zwangskranken auf Dauer nur schwer allein durchhalten, weil Sie der Zwangskranke ständig bezichtigen wird, dass Sie ihn nicht mehr lieben, sonst würden Sie auf seine (zwanghaften) Bedürfnisse mehr Rücksicht nehmen. Die Dynamik einer Zwangsstörung besteht wesentlich darin, dass der Betroffene versucht, seine Ängste so gering wie möglich zu halten und daher alle Familienmitglieder in die Zwangsstörung einzubeziehen. Angehörige von Zwangskranken können niemals die Therapeutenrolle übernehmen, weil sie damit den familiären Machtkampf extrem verschärfen. Der Hilferuf der Angehörigen an Außenstehende wie Ärzte oder Psychotherapeuten stellt daher eine oft schon längst fällige Entlastung für das familiäre Klima dar. Geben Sie Ihrem Angehörigen zu verstehen, dass Sie ihn deshalb nicht verachten, sondern eine Hilfe in dieser Situation als etwas durchaus Normales betrachten, wobei Sie auf Wunsch des Therapeuten sogar an der Psychotherapie teilnehmen würden (dies ist tatsächlich oft sinnvoll bzw. sogar notwendig). 14. Bei der Überlegung einer stationären Behandlung sollten Sie folgende Aspekte bedenken. Selbst im Falle einer sehr schweren Zwangsstörung ist gegen den Willen Ihres Angehörigen keine „Unterbringung“ (Zwangseinweisung) in eine psychiatrische Anstalt möglich, sofern nicht eine akute Selbst- und Fremdgefährdung gegeben ist. Eine stationär-psychiatrische Behandlung kann sinnvoll sein zum Zweck einer möglichst nebenwirkungsarmen Einstellung auf bestimmte Medikamente, wird jedoch noch viel effektiver sein, wenn so rasch als möglich eine stationär beginnende und ambulant fortgeführte Psychotherapie eingeleitet wird. Oft wird dabei eine symptombezogene Therapie im Sinne der Verhaltenstherapie den Anfang darstellen. Eine stationäre Behandlung wird dann wenig hilfreich sein, wenn die wichtigsten zwangsauslösenden Reize im Krankenhausumfeld nicht oder kaum auftreten. Erwarten Sie in diesem Fall nicht zu viel von einer stationären Behandlung. 15. Bereiten Sie sich auf die Besserung Ihres zwangskranken Angehörigen durch folgende Fragen vor: Was möchten Sie zusammen mit Ihrem Angehörigen unternehmen, wenn er durch die Reduktion seiner Zwänge mehr Zeit für andere Dinge hat? Welche positiven und negativen Änderungen in Ihrer Beziehung könnten durch die Beseitigung der Zwänge eintreten? Haben Sie selbst perfektionistische Tendenzen, deretwegen Ihr Angehöriger vielleicht wieder stärkere Zwänge entwickeln könnte, z.B. verstärkte Reinigungszwänge, um Ihrer Kritik zu entgehen? Sind Sie recht dominant, sodass sich Ihr Angehöriger in bestimmten Situationen wiederum durch Zwänge Ihnen gegenüber durchsetzen müsste?
10. Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen Dieses Kapitel informiert über Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren der Pharmakotherapie bei Angststörungen, differenziert nach Medikamentengruppen und der Art der Angststörungen. Der Text beruht auf zahlreichen Büchern und Artikeln von Fachleuten [1] sowie auf den offiziellen Verzeichnissen aller Arzneimittel; wichtige Datenquellen: z „Kompendium der Psychiatrischen Pharmakologie“ von Benkert und Hippius, z „Psychopharmakologischer Leitfaden für Psychologen und Psychotherapeuten“ von Benkert, Hautzinger und Graf-Morgenstern, z „Medikamentöse Behandlung von Angst- und Zwangs- und posttraumatischen Belastungsstörungen. Behandlungsleitlinien der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP)”, bearbeitet von Bandelow u.a., z Datenbanken: Austria Codex (österr. Med.), www.rote-liste.de (deutsche Med.), www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed (Medline), www.cochrane.org, www.netdoktor.de.
Anxiolytika (Tranquilizer) Anxiolytika („Angstlöser“) oder Tranquilizer („Beruhigungsmittel“) sind Psychopharmaka zur Behandlung von Angst- und Spannungszuständen. Als klinischen Tranquilizer-effekt bezeichnet man die Angst lösenden, beruhigenden und emotional entspannenden Wirkungen. Nach der chemischen Struktur unterscheidet man folgende Gruppen: 1. Benzodiazepine. Mit den Benzodiazepinen begann in den frühen 1960er-Jahren der Siegeszug der Tranquilizer (1960 Librium®, 1963 Valium®). Benzodiazepine sind aufgrund ihrer pharmakologischen Vorzüge trotz Abhängigkeitsgefahr unersetzbar. 2. Chemisch andersartige Tranquilizer ohne Abhängigkeitseffekt (häufig bei generalisierter Angststörung eingesetzt): z Buspiron (Bespar®, Buspar®), ein partieller Agonist an 5-HT1A-Rezeptoren, hat abnehmende Bedeutung wegen SSRI, Venlafaxin, Pregabalin u.a. z Opipramol (Insidon®) ist den trizyklischen Antidepressiva nahestehend. z Hydroxyzin (Atarax®) wirkt als Antihistaminikum über die Histaminblockade sedierend und wird eingesetzt bei Angst, Anspannung und Schlafstörungen. z Pregabalin (Lyrica®), ein Antiepileptikum, hat sich bei generalisierter Angststörung als wirksam erwiesen (auch bei sozialen Angststörungen). 3. Niedrig dosierte Neuroleptika. Der Einsatz klassischer Neuroleptika (SchizophrenieMedikamente) in niedriger Dosierung als Tranquilizerersatz bei Angstpatienten ist obsolet, atypische Neuroleptika werden in bestimmten Fällen zusätzlich eingesetzt. 4. Beta-Rezeptoren-Blocker. Beta-Blocker (Propanolol, Atenolol u.a) gelten bei körperlichen Angstsymptomen als kurzfristige Alternative zu Benzodiazepinen. 5. Phytopharmaka: Baldrian, Hopfen, Melisse, Passionsblume, Kava-Kava (verboten). Meprobamat (Microbamat®, Miltaun®, Visano N® u.a.) und Barbiturate (Sedativa und Schlafmittel) sollten wegen der weniger spezifischen Wirkung, der ungünstigen Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, des hohen Missbrauchspotentials, der raschen Abhängigkeit und der Toxizität (Schädlichkeit) nicht mehr als Beruhigungsmittel eingesetzt werden. Sie wirken stärker auf den Organismus ein als Tranquilizer; sie dämpfen unspezifisch das Zentralnervensystem, was eher einer Betäubung gleichkommt.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Benzodiazepine Wirkungen und Einsatzbereiche Benzodiazepine schirmen das limbische System gegen übermäßige Reize ab und dämpfen die Reaktion darauf. Der Begriff „Tranquilizer“ charakterisiert nur sehr unvollständig den Wirkungs- und Anwendungsbereich der darunter zusammengefassten Substanzen. Tranquilizer dienen nicht einfach nur zur Beruhigung, sondern zur Linderung von Angstzuständen jeglichen Ursprungs mit Ausnahme psychotischer Ängste. Alle Benzodiazepintranquilizer wirken mehr oder weniger gleich: z angstlösend (anxiolytisch): Angstlösung, Reduktion von Konfliktspannung, z antipanisch: Kupierung typischer Paniksymptome, z antiaggressiv, z emotional dämpfend und sedierend: vegetative und hormonale Reaktionen auf emotionale Reize werden gedämpft, was stressreduzierend wirkt, z hypnotisch: schlafanstoßend, z muskelentspannend: zentrale Verminderung des Skelettmuskeltonus, z krampflösend (antikonvulsiv, antiepileptisch): Erhöhung der zerebralen Krampfschwelle. Eine Trennung dieser Wirkungen ist bisher nicht gelungen. Bei den einzelnen Substanzen stehen jedoch unterschiedliche Effekte im Vordergrund. Manche Benzodiazepine wie Alprazolam (D: Tafil®, Ö: Xanor®), Clobazam (Frisium®) und Prazepam (Demetrin®) haben eine relativ geringe sedierende Wirkung, bei anderen Benzodiazepinen wie Diazepam (D: Valium®, Ö: Valium®, Gewacalm®, Psychopax®) ist die Sedierung dagegen stark ausgeprägt. Das Ausmaß der Dämpfung ist hierbei von der einzelnen Substanz, insbesondere von der Dosierung abhängig. Viele Tranquilizer wirken in höherer Dosierung schlafanstoßend (hypnogen). Manche Benzodiazepine sind deshalb als Hypnotika (Schlafmittel) im Handel, z.B. Nitrazepam (D: Mogadan®, Ö: Mogadon®), Flunitrazepam (Rohypnol®), Triazolam (Halcion®). Einige Benzodiazepine haben durch die Erhöhung der Krampfschwelle im Hippocampus eine ausgeprägte krampflösende Wirkung, z.B. Diazepam (Valium®) oder Clonazepam (Rivotril®), weshalb sie zur Epilepsiebehandlung eingesetzt werden. Als Zielsymptome für die Verordnung von Tranquilizern gelten: Angst, Unruhe, motorische Spannung, Hypervigilanz, Gereiztheit, vegetative Übererregbarkeit und Schlafstörungen. Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen Affekten und vegetativen Funktionen äußert sich die emotional entspannende Wirkung der Benzodiazepine auch in der Dämpfung psychovegetativer Symptome, wie dies bei Ängsten der Fall ist. Benzodiazepine wirken rasch und zuverlässig nach ca. 20 Minuten. Den Spitzenwert ihrer Plasmakonzentration erreichen sie (je nach Medikament) nach 0,5-2 Stunden. Durch Injektionen und Infusionen tritt die Wirkung schneller ein [2]. Bei der Substanz Oxazepam (Adumbran®, Praxiten®), die einen mittellang wirksamen Tranquilizer und das Endprodukt des Abbaus zahlreicher Benzodiazepine darstellt, wird der maximale Blutspiegel erst nach 2-4 Stunden erreicht. Die langsame Resorption bewahrt vor einer raschen Abhängigkeit, das Fehlen aktiver Metaboliten verhindert eine unerwünschte Langzeitwirkung. Aus diesem Grund wird Oxazepam von Ärzten häufig verschrieben. Bei längerer und regelmäßiger Einnahme tritt jedoch auch bei Oxazepam ein Abhängigkeitseffekt auf. Oxazepam wird oft als Schlafmittel eingesetzt.
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Benzodiazepine haben aufgrund ihres breiten Wirkungsspektrums, ihrer rasch einsetzenden Wirkung sowie ihrer im Vergleich zu Barbituraten geringeren Nebenwirkungen folgende Einsatzbereiche: z Angststörungen (Phobien, Panikstörungen, generalisierte Angststörungen, soziale Phobien; bei Zwangsstörungen besteht keine Wirksamkeit, Ausnahme: Rivotril®); z Angst- und Spannungszustände im Rahmen von akuten Belastungsstörungen und angstgefärbten Anpassungsstörungen (bei psychosozialen Konfliktsituationen sollte der Einsatz nur als kurzfristige Notmaßnahme erfolgen, bis problemlösungsorientierte Maßnahmen greifen); z akute Dekompensation im Rahmen psychischer Krisen (vor allem auch zur Reduktion einer Selbstmordgefahr); z akute Angst- und Erregungszustände bei anderen psychischen Störungen: ängstliche Depressionen, angsterfüllte Zustände bei akuten schizophrenen Psychosen, massive Aggressionszustände unter Alkoholeinwirkung (in der psychiatrischen Akutsituation erfolgt durch eine Valium®-Injektion eine besonders schnelle Wirkung); z psychosomatische und psychovegetative (funktionelle, somatoforme) Störungen; z Behandlung von Entzugssyndromen; z Schlafstörungen (die entsprechenden Tranquilizer werden „Hypnotika“ genannt); z neurologische Syndrome: zur Muskelentspannung bei Epilepsien und Muskelspasmen; z Anästhesiologie: Einleitung von Narkosen und begleitende Analgesie; z kombinierte Schmerzbehandlung (Schmerz- und Beruhigungsmittel); z Bereiche außerhalb der Psychiatrie (z.B. innere Medizin, Frauenheilkunde, Pädiatrie, Orthopädie, Chirurgie), wo allerdings besonders strenge Indikationskriterien eingehalten werden sollten, d.h. keine leichtfertige Verschreibung (anders als der gängigen Praxis entspricht). Bei Tranquilizern ist die Einnahme nach Bedarf (z.B. bei Panikattacken) aus lerntheoretischer Sicht nicht unproblematisch. Nach dem Prinzip der operanten Konditionierung (Mechanismus der positiven Verstärkung) wird das Auftreten von Angst durch die Einnahme eines Tranquilizers „belohnt“. Wegen der raschen Wirksamkeit wird später wiederum ein Beruhigungsmittel eingenommen, sodass die Entwicklung einer Abhängigkeit gefördert wird. Zahlreiche Panikpatienten, die Psychopharmaka gegenüber eher kritisch eingestellt sind und ein Benzodiazepin-Medikament aus Angst vor Abhängigkeit so wenig wie möglich einnehmen möchten, nehmen dann in bestimmten Situationen aus Angst vor einer Panikattacke gleich zwei Stück davon, was bedeutet, dass sie bei einem schnell wirksamen Mittel wie Alprazolam die Spiegelschwankungen durch den raschen Anstieg und den relativ raschen Abfall der Wirksamkeit in unangenehmer Weise spüren werden. In Krisensituationen kann daher die kurzzeitige Einnahme eines Tranquilizers in regelmäßigen Intervallen (panikunabhängig) sinnvoller sein, z.B. 1-2 Wochen lang dreimal täglich eine halbe Tablette Alprazolam 0,5 mg, d.h. über den Tag verteilt insgesamt 1,5 mg Tafil® (in Österreich Xanor®). Ehemalige Alkoholiker betreiben nicht selten einen Tranquilizermissbrauch. Die Benzodiazepineinnahme erfolgt entweder, weil der Alkoholkonsum problematisch geworden ist und daher durch die unauffällige und weniger kontrollierbare Tablette ersetzt werden soll oder weil die Alkoholentzugssymptome damit beseitigt werden sollen. Manche Patienten mit Alkoholabhängigkeit, die sich ihr Problem nicht gerne eingestehen, missdeuten Entzugssymptome als „Panikattacken“.
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Pharmakologischer Wirkmechanismus der Benzodiazepine Benzodiazepine wirken über einen spezifischen Rezeptor im Gehirn, der 1977 entdeckt wurde. Ein Rezeptor (Empfänger) ist ein hoch spezialisiertes Eiweißmolekül in der Zellmembran einer Effektorzelle, mit dem eine Substanz in Kontakt kommen muss, um ihre Wirkung ausüben zu können. Es gibt unterschiedliche Rezeptoren für Benzodiazepine (dieselbe Unterscheidung gilt auch für andere Psychopharmaka): z Agonisten sind Substanzen, die analog zum natürlichen Mediator den Rezeptor in die aktivierte Konformation überführen, d.h. sie verstärken die Rezeptorwirkung. Benzodiazepine sind wie Alkohol und Barbiturate GABA-Rezeptor-Agonisten. z Antagonisten sind Substanzen, die durch die Art der Rezeptorbindung dessen aktiven Zustand verhindern, d.h. sie hemmen die Rezeptorwirkung. Der körpereigene Agonist des Benzodiazepinrezeptors ist bis jetzt unbekannt. Es muss in der Natur eine Substanz geben, die auf diesen Rezeptor anspricht und dadurch starke Angst verhindert, beruhigend wirkt, das Einschlafen ermöglicht, überstarke Muskelspannungen reduziert und Krampfanfälle verhindert. Bis jetzt wurden 8 natürliche Benzodiazepine aus Kartoffeln und Weizenkörnern isoliert. Benzodiazepine wirken auf der Rezeptorebene nicht selbst, sondern verstärken den Effekt der natürlichen Substanz Gamma-Aminobuttersäure (GABA), der in einer Hemmung der noradrenergen, serotonergen und dopaminergen Neuronensysteme besteht. GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im Zentralnervensystem. Der Benzodiazepinrezeptor bildet mit dem GABAA-Rezeptor einen Komplex, der über den Weg des Chloridionen-Kanals den Chloridionen-Einstrom in die Zelle steuert und diese dadurch weniger erregbar macht (Hyperpolarisierung). Aufgrund der funktionellen Einheit zwischen Benzodiazepinrezeptoren und postsynaptischen GABA-Rezeptoren bewirkt eine Besetzung der Benzodiazepinrezeptoren durch Benzodiazepine eine verbesserte Koppelung zwischen dem GABA-Rezeptor und dem Chloridionen-Kanal, was zu einer zusätzlichen Öffnung der durch GABA gesteuerten Chloridionen-Kanäle und damit zu einer verstärkten Hemmung am Neuron führt. Experten [3] beschreiben die GABA-Mechanismen für Nichtmediziner: „Wird GABA an einer Synapse freigesetzt, wird das nachgeschaltete Neuron kurzfristig für erregende Überträgerstoffe unempfindlich. Damit können z.B. bestimmte von außen auf das Gehirn einwirkende Reize oder Empfindungen, die momentan bedeutungslos sind, besser gedämpft und biologisch sinnvoll verarbeitet werden. Die Benzodiazepin-Rezeptoren bilden – mit den postsynaptischen GABA-Rezeptoren gleichsam verkoppelt – eine funktionelle Einheit. Werden diese Benzodiazepin-Rezeptoren von ihren Agonisten – den Benzodiazepinen – besetzt, kommt es zu einer verbesserten Koppelung zwischen dem GABARezeptor und dem Chlorid-Ionen-Kanal. Dies führt zu einer zusätzlichen Öffnung der durch GABA gesteuerten Chloridkanäle und damit zu einer verstärkten Hemmung am Neuron. Auf diese Weise bewirken die Benzodiazepine einen verstärkten (natürlichen) ‚Bremseffekt’ auf das ZNS... Eine Frage bleibt noch offen: Warum hat sich der Organismus einen spezifischen Benzodiazepin-Rezeptor geschaffen, ohne daß er wußte, dass eines Tages Medikamente – die Benzodiazepine – Verwendung finden, die in ihrer Struktur diesem Rezeptor angepaßt sind? Es liegt nahe anzunehmen, daß es, ähnlich wie beim Opiat-Rezeptor die Endorphine, auch beim Benzodiazepin-Rezeptor endogene, also körpereigene Stoffe gibt, die mit diesem Rezeptor interferieren.“
Nach einer nicht ausreichend belegten Hypothese ist bei Angststörungen der GABABenzodiazepinkomplex verändert und in seiner Empfindlichkeit gestört.
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GABAA-Rezeptoren werden ausschließlich im Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark) gefunden, besonders in der Großhirnrinde, in Teilen des limbischen Systems und im Kleinhirn. Dies erklärt die zentralnervöse Organspezifität der Benzodiazepinwirkung, die ein weiterer Experte [4] folgendermaßen charakterisiert: „Aus der jeweiligen neuroanatomischen Lokalisierung wird auch die Vielzahl der unter Benzodiazepinen registrierbaren Effekte verständlicher: der ataktische Effekt durch Vermittlung von Benzodiazepinrezeptoren im Kleinhirn, der sedative im Hirnstamm oder Cortex, der neuroendokrine (Verringerung von ACTH und Cortisol, Erhöhung von HGH) im Hypothalamus, der amnestische im Hippocampus, der konfliktlösende und anxiolytische in der Amygdala, im Hippocampus und anderen limbischen Hirnstrukturen ...“
Julien [5] beschreibt in seinem für Nichtmediziner verfassten Buch „Drogen und Psychopharmaka“ die pharmakologische Wirkungsweise der Benzodiazepine: „Die klinischen und psychischen Wirkungen der Benzodiazepine entstehen alle als Folge der GABAinduzierten neuronalen Hemmung in den verschiedenen Regionen des Zentralnervensystems, in denen GABAA-Rezeptoren vorkommen. Geringe Dosen vermindern durch ihre Effekte auf die im Hippocampus und im Corpus amygdaloideum (Amygdala, Mandelkern) lokalisierten Rezeptoren Angst, Erregung und Furcht. Geistige Verwirrung und Amnesie scheinen mit den Wirkungen auf die GABA-Neuronen in der Großhirnrinde und im Hippocampus zusammenzuhängen. Die sedativ-hypnotischen Wirkungen werden offenbar durch Effekte auf Rezeptoren in der Großhirnrinde ausgelöst. Die leicht muskelentspannenden Eigenschaften der Benzodiazepine werden vermutlich durch ihre anxiolytische Wirkung und durch gewisse Effekte auf GABA-Rezeptoren im Rückenmark, Kleinhirn und Hirnstamm hervorgerufen und ihre antiepileptischen Wirkungen sind wahrscheinlich durch gewisse Effekte auf GABARezeptoren unter anderem im Neocortex und im Hippocampus bedingt. Das Mißbrauchspotential und die psychische Abhängigkeit schließlich entstehen möglicherweise infolge der Wirkungen auf GABARezeptoren, welche die Erregung solcher Neuronen modulieren, die am verhaltensverstärkenden System im Gehirn beteiligt sind und Belohnungsgefühle vermitteln ...“
Die Angst lösende Wirkung der Benzodiazepine entsteht wahrscheinlich nicht als unmittelbare Folge der Vorgänge am GABAA-Rezeptor, sondern über die Zwischenschaltung anderer Transmitter, deren Wirkungen durch GABA modifiziert werden. Benzodiazepine können den GABA-Effekt nicht über einen bestimmten Schwellenwert hinaus verstärken. Barbiturate können dagegen eine Öffnung des Chloridionen-Kanals auch ohne GABA bewirken, was bei Missbrauch und Überdosis ihre Gefährlichkeit ausmacht. Benzodiazepine wirken auf fast alle GABAA-Rezeptoren im Gehirn und nicht angstspezifisch. Sie aktivieren stets alle vier GABAA-Rezeptoren (alpha1, alpha2, alpha3, alpha5). Neben den erwünschten Wirkungen (Angst lösend, muskelentspannend) kommt es dadurch auch zu unterwünschten Nebenwirkungen (Sedierung, Abhängigkeit). Aufgrund der Wirkungsweise der Benzodiazepine führt selbst eine in suizidaler Absicht eingenommene hohe Benzodiazepindosis zu keiner Selbsttötung. Schwere Komplikationen können jedoch in Verbindung mit Alkohol auftreten. In Selbstmordabsicht eingenommene trizyklische Antidepressiva sind viel lebensbedrohlicher, weil sich diese stark auf die Herz- und Kreislauftätigkeit auswirken. Die verschiedenen Rezeptoren im Zentralnervensystem sind durch eine hohe (jedoch nicht absolute) Spezifität oder Affinität für die Moleküle der passenden Wirksubstanz charakterisiert. Das am besten zum Rezeptor passende Molekül löst die stärkste Reaktion in der Zelle aus. Die Wirkpotenz wird durch die Rezeptoraffinität bestimmt. Man unterscheidet Präparate mit hoher Wirkpotenz (Tagesdosis unter 1 mg) und geringer Wirkpotenz (Tagesdosis über 20 mg).
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Die Selektivität (Spezifität) der Wirkung einer Substanz beruht auf folgenden Faktoren: z Spezifität der betreffenden Substanz für bestimmte Rezeptoren, z selektive Verteilung der Rezeptoren, z Stärke der Bindung an den Rezeptor („Affinität“), d.h. passendere Moleküle anderer Substanzen können verdrängend wirken (Lorazepam, Triazolam, Lormetazepam Flunitrazepam und Alprazolam haben die höchste Rezeptoraffinität, Diazepam, Bromazepam, Oxazepam und Clobazam haben eine geringere Rezeptoraffinität), z Folgen der Wechselwirkung zwischen Substanz und Rezeptor. Für die Tranquilizerwirksamkeit entscheidend ist die Konzentration am Wirkort (Benzodiazepinrezeptor) und nicht im Plasmaspiegel. Wirkungen am Benzodiazepinrezeptor können den nachweisbaren Plasmaspiegel weit überdauern und zu klinisch relevanten Effekten führen. Gegenwärtig werden partielle Agonisten entwickelt und geprüft, die die positiven Wirkungen der Benzodiazepine (Angstlösung), nicht jedoch deren unerwünschte Wirkungen (Abhängigkeit, Nebenwirkungen wie z.B. Sedierung) aufweisen. Zu diesen Substanzen, die ebenfalls am Benzodiazepinrezeptor ansetzen, zählen Anxiolytika wie Abecarnil, Bretazenil, Divaplon und Suriclon. In der nächsten Zeit ist jedoch noch nicht mit der Marktreife zu rechnen. Es gibt mittlerweile auch bereits Benzodiazepinantagonisten, z.B. Flumazenil (Anexate®), die durch die Besetzung der Benzodiazepinbindungsstelle des GABAARezeptors die Wirkung der Benzodiazepine sofort aufheben, d.h. diese beseitigen eine Benzodiazepinwirkung im Rahmen einer Operation oder eines Selbstmordversuchs. Die Entdeckung verschiedener Subtypen des Benzodiazepinrezeptors und die Entwicklung hochspezifischer Liganden für die jeweiligen Rezeptorsubtypen führte nicht nur zu einem besseren Verständnis der Wirkungsweise der Benzodiazepine, sondern auch zur Entwicklung neuer Hypothesen zur Neurobiologie von Angststörungen. Eine Forschergruppe der Universität und der ETH Zürich ist in der Erforschung und besseren medikamentösen Behandlung einen wesentlichen Schritt weitergekommen. Die Forscher haben durch Studien an Mäusen erkannt, dass Diazepam (Valium®) die Nebenwirkungen Schläfrigkeit und Vergesslichkeit über den alpha1-Subtyp und die Angst lösende Wirkung über den alpha2-Subtyp entfaltet. Alpha2-GABAA-Rezeptoren finden sich hauptsächlich im limbischen System (z.B. dem Hippocampus), von wo aus der Hormonhaushalt und das vegetative Nervensystem gesteuert werden. Sie sind dort an strategischen Stellen lokalisiert, vor allem dem Anfangssegment von Axonen erregender Nervenzellen. Auf diese Weise werden über alpha2-Rezeptoren bestimmte erregende Zellen an der Weitergabe Ihrer Information gehindert. Dies dürfte nach neuestem Erkenntnisstand der neuronale Mechanismus der Angst lösenden Wirkung der Benzodiazepine sein. Es ist das Ziel, Tranquilizer zu entwickeln, die selektiv an den alpha2-Subtyp der GABAA-Rezeptoren binden und damit anxiolytisch wirken mit möglichst wenigen Nebenwirkungen. Fazit: Zukünftige Anxiolytika werden einerseits aus der Gruppe jener Substanzen stammen, die als subtypische Agonisten und Partialagonisten am GABAA-Rezeptoren bekannt sind, aber auch aus anderen, völlig unterschiedlichen Substanzgruppen: z Azapirone (vorwiegend 5-HT1A-Agonisten, wie Buspiron): Gepiron, Ipsapiron u.a. z Antikonvulsiva (wie Pregalin): Gabapentin, Vigabatrin, Levetiracetam, Tiagabin. z Deramciclan (5-HT2A-Antagonist und inverser Agonist am 5-HT2C-Rezeptor und Agomelatin (5-HT2C-Antagonist). z CRH-1-Rezeptorantagonisten (Aktivierung des CRH-1-Rezeptors).
Anxiolytika (Tranquilizer)
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Einteilung der Benzodiazepine nach der Eliminationshalbwertszeit Die Plasmaeliminationshalbwertszeit (t1/2) als Maß für die Verweildauer der jeweiligen Substanz im Organismus ist für jedes Arzneimittel wichtig und wird daher in jedem Medikamentenverzeichnis angeführt. Die Eliminationshalbwertszeit ist jene Zeit, in der die Konzentration des Medikaments im Blutplasma um die Hälfte reduziert wird, in Abhängigkeit von Clearance (Plasmavolumen) und Verteilungsvolumen (scheinbares Volumen als Quotient von Pharmakonmenge im Körper zu Plasmakonzentration des Pharmakons). Die zweite Hälfte der eingenommenen Dosis wird viel langsamer abgebaut, sodass bestimmte Substanzen oft noch nach einigen Tagen im Körper nachweisbar sind. Die Halbwertszeit ist entscheidend für die Wirkdauer eines Stoffes oder möglicher Substanzen, die im jeweiligen Stoffwechsel aus ihnen hervorgehen. Psychopharmaka zerfallen während des biologischen Stoffwechsels in verschiedene Zwischen-, Abbau- oder Endprodukte. Die Stoffwechselzwischenprodukte nennt man Metaboliten. Diese können therapeutisch unwirksam, teilweise oder voll wirksam sein. Zur Halbwertszeit des eigentlichen Medikaments muss man auch noch die Halbwertszeit der wirksamen Metaboliten hinzuzählen, wodurch die Gesamtwirkungsdauer der eingenommenen Substanz oft erheblich verlängert wird. Dies erklärt, warum Tranquilizer oft länger wirken als gewünscht. Die unterschiedliche Wirkdauer der verschiedenen Benzodiazepine hängt vor allem zusammen mit Unterschieden in der Plasmaeliminationshalbwertszeit, der Verteilung und der Verstoffwechselung (aktive Metaboliten). Man unterscheidet kurz, mittellang und lang wirksame Benzodiazepine. Die unterschiedlich lange Wirkungsdauer von Benzodiazepinen hat Vor- und Nachteile. Die in der Literatur zu findenden Halbwertszeiten stellen Mittelwerte mit teilweise erheblichen interindividuellen Streuungen dar. Die Eliminationshalbwertszeit (und damit die in therapeutischer Hinsicht bedeutsame Wirkdauer) wird durch bestimmte Substanzen beträchtlich verlängert (z.B. Ethanol, Propranolol, Fluoxetin, orale Kontrazeptiva, Cimetitin), bedingt durch die Art der Verstoffwechselung. Zwischen Halbwertszeit und klinischer Wirkdauer besteht kein direkter Zusammenhang. Die Betroffenen erleben öfter keine Medikamentenwirkung mehr, obwohl das Mittel im Organismus noch nachweisbar ist. Tab. 23: Benzodiazepine nach Eliminationshalbwertszeit und sedierender Wirkung [6] Eliminationshalbwertszeit kurz: 2-5 Stunden mittellang: < 24 Stunden
lang: > 24 Stunden
leicht
Alprazolam (D: Tafil®, Ö: Xanor®) Clobazam (D/Ö: Frisium®) Prazepam (D/Ö: Demetrin®)
Sedative (beruhigende) Wirkung mittel Brotizolam (D: Lendormin®, Ö: Lendormin®) Oxazepam (D/Ö: Adumbran®, Praxiten®, Ö: Anxiolit®) Lorazepam (D: Tavor®, Ö: Temesta®) Bromazepam (D/Ö Lexotanil®) Dikaliumclorazepat (D/Ö: Tranxilium®), Chlordiazepoxid (D: Librium®, Ö: nicht mehr auf dem Markt)
stark Triazolam (D/Ö: Halcion®) Flunitrazepam (D/Ö: Rohypnol®, Ö: Somnubene®) Temazepam (D: Remestan®) Diazepam (D/Ö: Valium®, Ö: Gewacalm®, Psychopax®) Flurazepam (D: Dalmadorm®, Staurodorm®)
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen Kurz wirksame Benzodiazepine
Kurz wirksame Benzodiazepine (weniger als 5 Stunden), die gleichzeitig auch keine wirksamen Metaboliten aufweisen, lassen sich in der Wirkung gut steuern. Es kommt zu keiner Anhäufung (Kumulation) des Stoffes im Organismus und damit zu keinem oder nur geringem Überhang („hang-over“). Nachwirkungen am nächsten Morgen bzw. in den kommenden Tag hinein werden vermieden. Der Wirkungseintritt wird als rascher empfunden und deshalb gerne bei akuten oder situationsbedingten Störungen genutzt (z.B. Trauer- oder Konfliktreaktionen, auf Reisen usw.). Dafür kann die Wirkung gelegentlich weniger konstant ausfallen. Als Beruhigungsmittel am Tag sind diese Medikamente weniger geeignet. Substanzen mit einer kurzen Halbwertszeit wie Triazolam (Halcion®) besitzen wegen des geringen Kumulationsrisikos Vorteile beim Einsatz als Schlafmittel sowie bei älteren Patienten, sie führen jedoch oft zu einem Rebound-Effekt (überschießende Gegenreaktion nach dem Absetzen, z.B. Angstzustände, noch größere Schlafstörung). Bereits nach 1-2 Tagen spüren verschiedene Menschen vermehrte Unruhe und Angst, nach einiger Zeit kann ein Gedächtnisverlust für die Zeit vor dem Zubettgehen auftreten. Es besteht auch eine größere Abhängigkeitsgefahr. Der Körper ist nach der raschen Ausscheidung sehr sensibel für die dabei auftretenden Stoffwechselveränderungen und recht aufnahmebereit für die als angenehm erlebte Substanz. Triazolam wird vom Zentralnervensystem sehr schnell aufgenommen und kann kurz nach der Einnahme euphorische Zustände auslösen. Das Präparat Halcion® wurde wegen häufiger Gedächtnisstörungen in England bereits verboten.
Mittellang wirksame Benzodiazepine Mittellang wirksame Benzodiazepine (5-24 Stunden) haben als Nachteil eine mehr oder weniger ausgeprägte Kumulationsgefahr. Besonders bei mehrfacher Einnahme pro Tag ist die Zufuhr zunächst größer als die Abbaurate im Organismus. Die Folge ist eine Wirkungserhöhung, vielleicht sogar drohende Überdosierung. Es kann sich um eine unerwünschte Dämpfung als Nacheffekt eines Schlafmittels oder um eine zunehmende Müdigkeit und Mattigkeit als Folge der regelmäßigen Einnahme eines Tagestranquilizers handeln. Als Gegenmittel zur medikamentösen Dämpfung dienen häufig Kaffee, Schwarztee, Cola-Getränke oder Rauchen. Anstelle einer Überdosierung gilt es, bei Bedarf die individuelle Dosis eines Benzodiazepinhypnotikums herauszufinden, bei der die Nachwirkung am nächsten Morgen erträglich ist, ohne dass der schlaffördernde Effekt darunter leidet. Die Benzodiazepine Alprazolam (D: Tafil®, Ö: Xanor®), Bromazepam (Lexotanil®), Lorazepam (D: Tavor®, Ö: Temesta®) und Oxazepam (D/Ö: Adumbran®, Praxiten®, in Ö auch Anxiolit®) zählen zu den im klinischen Alltag am meisten verschriebenen Tranquilizern. Das Benzodiazepinschlafmittel Flunitrazepam (Rohypnol®) steht in der Missbrauchsstatistik an oberster Stelle. Die Substanz ist rasch spürbar, was den bekannten „Kick“ ausmacht, lässt in der Wirkung jedoch bald nach, sodass der Körper nach einer neuerlichen Einnahme verlangt. Das Präparat lässt sich auch auflösen, sodass der Wirkstoff gespritzt werden kann, was besonders von ehemaligen Drogenabhängigen als billige und legale Form der Bewusstseinsveränderung eingesetzt wird.
Anxiolytika (Tranquilizer)
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Lang wirksame Benzodiazepine Lang wirksame Benzodiazepine (über 24 Stunden) haben meist aktive Stoffwechselprodukte, die im Einzelfall bis zu 75 Stunden nachwirken können (bei Tranxilium®), sodass eine Kumulationswirkung mit verstärkten Nebenwirkungen und möglichen Komplikationen besteht. Die möglichen Kumulationsgefahren müssen bedacht werden, wenngleich ernstere Nebenwirkungen erstaunlich selten auftreten. Leichtere Begleiterscheinungen, die nicht gleich auffallen, dürfen keineswegs verharmlost werden. Dazu gehören leichtere Benommenheit, kurzfristige Orientierungs-, Merk- und Konzentrationsstörungen, Erinnerungslücken, Reaktionszeitverlängerungen durch geistig-körperliche Verlangsamung, Einschränkung der Aufmerksamkeit, vorübergehende Bewegungsunsicherheit, gegebenenfalls länger anhaltende Muskelerschlaffung mit erhöhtem Unfallrisiko (Sturzgefahr vor allem nachts beim Toilettengang, aber auch tagsüber). Abends zur Behandlung von Schlafstörungen eingesetzte Benzodiazepine mit langer Halbwertszeit (länger als 24 Stunden) bewirken zumeist einen unerwünschten morgendlichen Hang-over (Tagesrestwirkung, Residualeffekt). Benzodiazepine mit langer Halbwertszeit führen bei längerer Einnahmedauer zu Tagessedierung, Kumulations- und Toleranzentwicklung mit negativen Auswirkungen auf Verkehrstauglichkeit und Reaktionsvermögen. Tranquilizer mit längerer Halbwertszeit sind – wenn schon – vorwiegend bei chronischen Angstzuständen indiziert. Sie besitzen Vorteile bezüglich der EinnahmeBequemlichkeit. Oft reicht schon eine Einmaldosis, um die erwünschte Wirkung zu erzielen. Bei kürzer wirksamen Tranquilizern wird im Falle einer Bedarfsmedikation anschließend oft ein plötzliches und unangenehmes Ausbleiben der Wirkung erlebt, was bei länger wirksamen Tranquilizern nicht in dieser Weise der Fall ist. Von relativ kurz wirksamen und hoch potenten Tranquilizern wie Alprazolam (D: Tafil®, Ö: Xanor®) wird man als Folge einer Bedarfsmedikation, die noch dazu oft in höherer Dosis erfolgt, schneller abhängig als von einem länger wirksamen und nicht so hoch potenten Tranquilizer in niedriger Dosierung wie Diazepam (Valium®). Zur Vermeidung der unerwünschten Wirkungen von Benzodiazepinschlafmitteln erhalten Schlafgestörte seit einiger Zeit neu entwickelte Substanzen: Zolpidem (Stilnox®, Bikalm®) und Zopiclom (Ximovan®). Diese Mittel haben zwar ein günstigeres Wirkungsprofil, wegen ihrer Ähnlichkeit mit Benzodiazepinen ist jedoch mit ähnlichen Nebenwirkungen (insbesondere Abhängigkeitsgefahr, wenngleich bei geringerer Wahrscheinlichkeit) zu rechnen. Es bleibt ein Faktum: Schlafstörungen können mit chemischen Schlafmitteln nicht geheilt werden, sondern nur kurzfristig gelindert werden, bei einer regelmäßigen Einnahme über 4 Wochen wird die Schlafstörung sogar verstärkt. Zur Orientierung werden in Tab. 24 die wichtigsten Benzodiazepintranquilizer mit der Wirksubstanz, den Handelsnamen in Deutschland und Österreich, der Halbwertszeit von Wirksubstanz und Metaboliten (Stoffwechsel-Zwischenabbausubstanzen) sowie der Äquivalenzdosis angeführt. 10 mg Diazepam Referenzdosis entsprechen 1 mg Alprazolam, 2 mg Lorazepam, 1 mg Flunitrazepam, 0,25 mg Triazolam, 4,5 mg Bromazepam, 40 mg Oxazepam, d.h. niedrige Werte weisen auf eine hohe Potenz und eine große Abhängigkeitsgefahr hin.
626
Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Tab. 24: Die häufigsten Benzodiazepine in Deutschland und Österreich [7] Wirkungsdauer Wirksubstanz Handelsname (H = Hypnotikum, primär Schlafmittel)
Halbwertszeit/ des aktiven Metaboliten in Stunden
Äquivalenzdosis (in mg)
Kurz wirksam:
Brotizolam (H)
Lendormin® (D), Lendorm® (Ö)
4-7 / -
0,25
Weniger als 5 Stunden
Cinolazepam (H)
Gerodorm® (Ö)
4-6 / -
40
®
Midazolam (H)
Dormicum (D/Ö)
1,5-2,5 / -
7,5
(keine Kumulation)
Triazolam (H)
Halcion® (D/Ö) Halcion® mite (D)
2-4 / -
0,25
Mittellang wirksam: 5-24 Stunden
Alprazolam
Tafil® (D) Cassadan® (D) Xanor® (Ö) Alprazolam Firmenname (D/Ö) Alprastad® (Ö)
12-15 / -
1
(aktive Metaboliten, d.h. Stoffwechselabbauprodukte: kaum)
Bromazepam
Lexotanil®(D/Ö), Gityl® (D) Bromazepam Firmenname (D/Ö) Bromazanil® (D), Normoc® (D) Bromazep-CT (D), neo-OPT® (D) Lexostad® (D)
15-28 / -
4,5
vorhanden)
Clonazepam
Rivotril® (D/Ö)
39-40 / -
2
Flunitrazepam (H)
Rohypnol® (D/Ö), Fluninoc® 1 (D) Flunitrazepam Firmenname (D) Somnubene® (Ö)
18 / -
1
Lorazepam
Tavor® (D), Tolid® (D) Temesta® (Ö), Merlit® (Ö) Lorazepam Firmenname (D/Ö)
13-14 / -
2
Lormetazepam (H)
Noctamid® (D/Ö), Ergocalm® (D) Lormetazepam Firmenname (D) Loretam® (D)
10-14 / -
1
Nitrazepam (H)
Mogadan® (D), Mogadon® (Ö) Nitrazepam Firmenname (D) Radedorm® (D), Novanox® (D) Dormo-Puren® (D), imeson® (D)
20-40 / -
2,5
Oxazepam (H)
Praxiten® (D/Ö), Praxiten® forte (D/Ö) Adumbran® (D/Ö) Anxiolit® (Ö) oxa-CT (D) Oxazepam Firmenname (D)
5-15 / -
40
Anxiolytika (Tranquilizer) Wirkungsdauer Wirksubstanz Handelsname (H = Hypnotikum, primär Schlafmittel)
Lang wirksam: über 24 Stunden
627 Halbwertszeit/ des aktiven Metaboliten in Stunden
ÄquivalenzDosis (in mg)
Librium® (D), Multum® (D) Radepur® (D) Limbitrol® (Ö): Mischpräparat
10-15 / 50-90
20
Frisium® (D/Ö)
18-42 / 36-80
20
24-48 / 50-80
10
- / 25-80
20
Dalmadorm® (D) Staurodorm® Neu (D) Flurazepam Firmenname (D)
1,5 / 50-100
30
Medazepam
Rudotel® (D), Rusedal® (D)
2-5 / 50-80
20
Prazepam
Demetrin® (D/Ö) Mono Demetrin® (D)
0,6 / 50-90
20
Chlordiazepoxid
(Bildung von langlebigen, Clobazam aktiven Metaboliten, z.B. Diazepam Desmetyldiazepam, wodurch die Halbwertszeit und damit die Wirksamkeit verlängert wird, d.h. starke Kumulationsneigung bei wiederhol- Dikaliumclorazepat ter Anwendung Flurazepam (H)
®
®
Valium (D/Ö), Gewacalm (Ö) Psychopax® (Ö) Diazepam Firmenname (D/Ö) Faustan® (D) Stesolid® (D/Ö) Valiquid® (D), Diazep® (D) Valocordin®-Diazepam (D) Betamed® (Ö): Mischpräparat Harmomed® (Ö): Mischpräparat Harmomed® forte (Ö): Mischpräp. Tranxilium® (D/Ö)
Benzodiazepine in der Angstbehandlung Faust [8] stellt in seinem Psychopharmaka-Führer „Medikament und Psyche“ fest: „Beruhigungsmittel sind die am häufigsten verlangten und verordneten Psychopharmaka. Das war so, das ist so, das wird vermutlich noch einige Zeit so bleiben. Überforderung, Anspannung, Streß, innere Unruhe, Nervosität, Angstzustände und Einschlafstörungen sind die häufigsten Befindensschwankungen an der Grenze zur seelischen Störung. Sie münden über die psychosozialen Folgen (Partnerschaft, Familie, Beruf) in einen Teufelskreis, der irgendwann einmal medikamentös unterbrochen werden soll, weil die nichtmedikamentöse Eigeninitiative zu wünschen übrig läßt und Arzneimittel einen schnelleren und scheinbar problemloseren Behandlungserfolg garantieren.“
Faust [9] weist auf die Grenzen der Beruhigungsmittel bei seelischen Konflikten hin: „Eine medikamentöse Konfliktlösung ist durch Tranquilizer in der Regel nicht möglich. Zwar werden die anstehenden Probleme ggf. ‚entaktualisiert’ und dadurch leichter bearbeitbar bzw. überstehbar. Doch dies setzt eine konsequente Eigenleistung voraus: Aussprache, Korrekturversuche (Partnerschaft, Beruf usw.), Entspannungsverfahren lernen, Genußgifte einschränken, regelmäßige körperliche Aktivität usw. Nur so läßt sich auf Dauer die Krise überwinden und die Gefahr eindämmen, immer wieder zu einer ‚medikamentösen Krücke’ Zuflucht nehmen zu müssen, bis man hängenbleibt.“
628
Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Benzodiazepine sind nach wie vor bei akuten Angstzuständen das Mittel der ersten Wahl für einen Zeitraum von 1-2 Wochen. Benzodiazepine können bei Angststörungen kurzfristig in zweifacher Weise sinnvoll sein: z bei der Erstmanifestation einer Angststörung: Beschränkung auf wenige Wochen in möglichst niedriger Dosierung (3-4, höchstens 6 Wochen lang regelmäßig), z in der Einstellphase einer antidepressiven Therapie bei Panikstörung und generalisierter Angststörung (1-2 Wochen lang, bis die Antidepressiva voll wirken). Bei kritischer Beurteilung ist der Einsatz von Tranquilizern nur dort gezielt und hilfreich, wo Angstpatienten ihre Angstsituationen nur sehr selten aufsuchen bzw. aufsuchen müssen, wenn sie nicht bestimmte Nachteile in Kauf nehmen wollen, oder wo eine akute Erregung besteht. Beispiele für den kurzfristigen Tranquilizereinsatz sind: z rasch wirksame Dämpfung bei akuter Erregung, insbesondere auch im Rahmen einer schweren psychischen Störung, die einen stationären Aufenthalt erfordert, z akute psychosoziale Belastungssituation, z kurzfristiger beruflicher Stress mit Kündigungsgefahr bei Versagen, z entscheidende Bewerbungssituation, z unerwünschte Auffälligkeit in einer wichtigen sozialen Situation, z Prüfungsangst, z negative Folgen bei einer wichtigen, nicht bestandenen Prüfung, z Flugangst bei nur gelegentlichen Flügen. Anstelle eines routinemäßigen Einsatzes von Benzodiazepinen wegen Überanspannung, Stress usw. sollte eine spezifische Behandlung aufgrund einer genauen Analyse bzw. Diagnose des jeweiligen Beschwerdekomplexes erfolgen. Gesunde Personen mit lebenssituativen Belastungen sollten nur in bestimmten wohlüberlegten Fällen Tranquilizer erhalten. Die psychosoziale Belastung hält in der Regel länger an, als Beruhigungsmittel wegen der Gefahr der Abhängigkeit eingenommen werden können. Entscheidend ist hier die Unterstützung durch ärztliche oder psychotherapeutische Gespräche. Wo eine regelmäßige Wiederholung der Angst machenden Situationen ohne gleichzeitige Erlernung von Bewältigungsstrategien zu erwarten ist, sind die ärztlichen Empfehlungen, Tranquilizer „nur bei Bedarf“ zu nehmen, nichts als leere Worte. Ohne Zuversicht hinsichtlich der Bewältigbarkeit der Ängste werden Benzodiazepine immer mehr auch vorbeugend eingenommen, um Angst- und Panikzustände zu verhindern. Bei einer generalisierten Angststörung sind Benzodiazepine als einzige Behandlungsmittel wegen der Abhängigkeitsgefahr unbedingt zu vermeiden. Bei Bedarf sollen Benzodiazepine in der Akutphase je nach Halbwertszeit 1-3-mal täglich in der jeweils niedrigstmöglichen Dosis verordnet werden. Bei unzureichender Linderung der Beschwerden kann die Dosis innerhalb der ersten Behandlungswoche gesteigert werden. Die Medikation ist immer individuell zu bestimmen und in den Kontext einer umfassenden Arzt-Patient-Beziehung zu stellen. Bei Besserung der Symptome wird eine allmähliche Dosisreduktion versucht, diese kann auch in Form einer Intervallbehandlung (Einnahme bei Bedarf) stattfinden. Eine wiederholte Überprüfung der weiteren Notwendigkeit der ursprünglich etablierten Dosishöhe erfolgt durch vorsichtiges Reduzieren und schließlich probeweises Absetzen. Tranquilizer sollten nach einigen Wochen ausschleichend abgesetzt werden, um unangenehme Effekte zu vermeiden.
Anxiolytika (Tranquilizer)
629
Patienten mit früherem oder aktuellem Alkohol- bzw. Drogenmissbrauch sollten keine Benzodiazepine einnehmen, sondern Antidepressiva mit Angst dämpfendem Effekt. Bei akutem und kurzfristigem Einsatz ist die Wirksamkeit, gute Verträglichkeit und Sicherheit von Benzodiazepinen unbestritten. Bei länger dauernden Angstzuständen sind andere medikamentöse sowie psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten anzustreben. Laux [10] erstellte 1995 in der Fachzeitschrift „Nervenarzt“ folgende Richtlinien und Empfehlungen für den Einsatz von Benzodiazepinen: „Als Grundlage für eine adäquate Therapie mit Benzodiazepinen ist das Vorliegen einer klaren Indikation anzusehen... Die Behandlung muß eingebettet sein in eine ‚psychologische Basisberatung/behandlung’. Lassen sich psychodynamische Faktoren für die Entstehung oder Aufrechterhaltung der vorliegenden Störung eruieren, sollte der Patient einer psychotherapeutischen Behandlung zugeführt werden. In vielen Fällen hat sich die Kombination einer (intermittierenden) Pharmakotherapie mit (kognitiver) Verhaltenstherapie bewährt. Benzodiazepine sollten initial niedrig, aber ausreichend dosiert werden, Ziel ist eine kurzfristige Verordnung (z.B. Überbrückung der Wirklatenz von Antidepressiva). Bei Patienten mit intermittierend auftretenden, situativ bedingten Symptomen sollte primär eine diskontinuierliche Therapie im Sinne einer Bedarfsmedikation erfolgen. Es ist unbedingt darauf zu achten, daß nur ein Benzodiazepin verordnet wird (nicht gleichzeitig ‚Tagestranquilizer’ und Benzodiazepinhypnotikum; Benzodiazepine zusätzlich in Kombinationspräparaten; Parallelverordnungen durch Simultankonsultationen). Benzodiazepine bedürfen wie alle Psychopharmaka einer persönlichen Verordnung durch den Arzt, insbesondere bei Wiederholungsrezepturen... Benzodiazepine sollten in der Regel nicht länger als 4 Wochen – nach der Empfehlung der FDA nicht länger als 4 Monate – kontinuierlich verordnet werden. Allerdings kann für einige Patienten mit chronischen Angsterkrankungen eine Langzeitbehandlung mit Benzodiazepinen indiziert sein. Dies impliziert aber, daß eine engmaschige ärztliche Führung mit regelmäßigen Absetzversuchen und Initiierung anderer Therapien durchgeführt wird. Klinische Erfahrungen der zurückliegenden Jahre haben gezeigt, daß das Absetzen, die Dosisreduktion von Benzodiazepinen sehr langsam vorgenommen werden muß. Als Richtlinie kann gelten, maximal ca. ¼ der Tagesdosis pro Woche zu reduzieren. Offenbar sind insbesondere Patienten mit Panikerkrankungen sensibel für die Dosisreduktion... Langzeitbehandlungen mit Benzodiazepinen sollten nach Möglichkeit vermieden werden und auf schwere, chronische Störungen beschränkt bleiben, die ohne Medikamente nicht hinreichend gebessert werden können. Regelmäßig muß deren Notwendigkeit durch langsame Absetzversuche überprüft werden. Als Alternative zu einer Benzodiazepinlangzeitbehandlung gilt im allgemeinen die Medikamentenfreiheit.“
Laux et al. [11] beschreiben in ihrem Buch „Psychopharmaka. Ein Leitfaden“ die Möglichkeiten und Gefahren der Tranquilizereinnahme folgendermaßen: „Tranquilizer bieten die Möglichkeit, psychovegetative Krisen, den ‚psychovegetativen Störkreis’ zu durchbrechen (hierbei verstärkt Angst psychovegetative und psychosomatische Störungen, welche ihrerseits zu neuen Ängsten führen). Auch zur Dämpfung überschießender Emotionen sind sie gut geeignet. Pathologische Ängste, die adäquates Konfliktverhalten blockieren, können somit gemindert und der Weg zu einer Psychotherapie – falls erforderlich – kann geebnet werden. Der behandelte Patient empfindet rasch eine spürbare Erleichterung von vorher oft sehr quälenden Symptomen. Dies kann jedoch Gefahren in sich bergen: Tranquilizer können so bei manchen Patienten dazu führen, daß sie sich der Auseinandersetzung mit ihren Problemen nicht mehr stellen oder daß sie die Seele ‚wie in einer temperierten Glasglocke’ vor dem Alltagsstreß medikamentös abschirmen. Beruhigungsmittel dürfen deshalb niemals das ärztliche Gespräch ersetzen; bei allen Patienten, die Benzodiazepine erhalten, ist es von vornherein notwendig, einen Gesamtbehandlungsplan zu erstellen, in welchem der Medikamente verordnende Arzt nicht als ‚bloßer Lebenserleichterer’ fungieren darf. Die medikamentöse Therapie soll nur kurzzeitig erfolgen (in der Regel nicht länger als 2 Monate), der Patient darf mit dem Medikament nicht allein gelassen werden...“
630
Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Studien zur Tranquilizerwirksamkeit haben Folgendes ergeben: z Benzodiazepine reduzieren rasch und wirksam ängstliche Sorge, innere Unruhe und eine Fülle körperlicher Angstäquivalente, speziell bei Panikattacken. z Benzodiazepine waren in verschiedenen Untersuchungen am Ende der Studiendauer kaum wirksamer als Placebomedikamente (Scheinmedikamente, d.h. nicht wirksame Substanzen), wenngleich sie zu Behandlungsbeginn unverkennbar besser wirksam waren. Der oft nur verschwindende Unterschied von Placebo gegenüber Benzodiazepinen mahnt dazu, die Indikationsstellung auf klinisch bedeutsame Angstsyndrome einzuschränken. z Nach dem Absetzen des Tranquilizers treten die ursprünglichen Angstsymptome meist wieder auf (je nach Medikament in 35-90% der Fälle, wie Übersichtsstudien eindeutig belegen). Bei etwa 50-75% der Patienten ist bereits einige Wochen nach dem Absetzen der Benzodiazepine langsam mit einem Wiederauftreten des ursprünglichen Beschwerdebildes zu rechnen. Dies zeigt, dass die alleinige Verordnung von Tranquilizern ohne psychosoziale Konfliktbewältigung bzw. ohne Psychotherapie keine Problemlösung darstellt und nur zur Dauermedikation und Abhängigkeit führt. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, bei allen Patienten, die Benzodiazepine erhalten, vorher einen Gesamtbehandlungsplan zu erstellen. z Bei Panikstörung mit und ohne Agoraphobie hat Alprazolam (D: Tafil®, Ö: Xanor®) in den ersten Wochen eine recht gute Wirkung, die nach mehrwöchiger Einnahme auch durch bestimmte Antidepressiva erreicht wird, bei mehrmonatiger Einnahme bestehen große Absetzschwierigkeiten und Abhängigkeitsgefahren. Ähnlich gute Wirkungen werden mit den Benzodiazepinen Lorazepam (Tavor®) und Clonazepam (Rivotril®) erreicht, doch nur Alprazolam hat weltweit die Anerkennung als Mittel zur Behandlung von Panikstörungen erlangt. Die Retard-Form von Alprazolam (Alprazolam XR) ist in Europa noch nicht erhältlich, ermöglicht die lediglich einmalige tägliche Einnahme, hat dadurch ein günstigeres Nebenwirkungsprofil, das Risiko der Abhängigkeitsentwicklung bleibt dabei jedoch unverändert bestehen. In den USA wurde eine Tagesdosis bis zu 10 mg verordnet, in Deutschland ist eine Tagesdosis von mehr als 4 mg den Psychiatern vorbehalten. z Bei generalisierten Angststörungen, die neben Panikstörungen traditionellerweise den Haupteinsatzbereich der Benzodiazepine darstellen, wird nach ca. 6 Wochen eine maximale Wirkung erreicht, die sich nicht mehr steigern lässt, bis zu sechs Monaten anhält und danach nachlässt bzw. überhaupt verschwindet. Aus diesem Grund sollte bei längerer Medikamentenverordnung anstelle eines Benzodiazepins eine Substanz wie Buspiron (D: Bespar®, Busp®, Ö: Buspar®), ein Antidepressivum (ein SSRI, Venlafaxin oder ein trizyklisches Antidepressivum), Opipramol, Hydroxin oder Pregabalin eingenommen werden. z Bei sozialen Phobien erwies sich ebenfalls Alprazolam, jedoch nur in relativ hoher Dosis (6 mg Tagesdosis), sowie Clonazepam (Rivotril®), und zwar ebenfalls in höherer Dosis (3 mg Tagesdosis) als wirksam, ähnlich wie bei der Panikstörung. Bei längerer Einnahme bedeutet dies ein hohes Abhängigkeitsrisiko. Gegenwärtig wird neben verschiedenen SSRI der MAO-Hemmer Moclobemid (Aurorix®) als hilfreiches Medikament bei sozialen Phobien angesehen. z Bei spezifischen Phobien ist höchstens eine kurze Tranquilizereinnahme angebracht, ansonsten eine Verhaltenstherapie. Aus diesem Grund gibt es daher kaum entsprechende Medikamentenstudien.
Anxiolytika (Tranquilizer)
631
Alprazolam (Tafil®, Xanor®) – Bei Panikattacken am wirksamsten? Alprazolam (D: Tafil®, Ö: Xanor®), ein hoch potenter, weder dämpfender noch muskelentspannender Tranquilizer, gilt als wirksamster Tranquilizer bei Panikstörungen. Das Mittel dient auch zur symptomatischen Behandlung von akuten und chronischen Angst-, Erregungs- und Spannungszuständen. Wegen der kurz- bis mittellangen Wirksamkeit ist eine Tagesdosis von 3-mal 0,5 mg üblich, bei schwerer Panikstörung von 3-mal 1 mg (USA: bis zu 10 mg/Tag). In Deutschland darf eine Tagesdosis über 4 mg nur von Psychiatern verschrieben werden. Die Halbwertszeit beträgt 10-15 Stunden. Ein zu 50% aktiver Metabolit hat eine Halbwertszeit von 11-15 Stunden. Der maximale Plasmaspiegel wird nach 1-2 Stunden erreicht (Retard-Form: 5-11 Stunden). In den USA und in Deutschland wurde Alprazolam als einziges Benzodiazepin mit der Indikation für Panikstörungen zugelassen. In Deutschland wurde die Zulassung von Alprazolam für Panikstörungen und deren längerfristige Verschreibung folgendermaßen formuliert [12]: z „Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie, sofern therapeutische Alternativen nicht erfolgreich waren oder nicht geeignet sind.“ z „Die längerfristige Behandlung und die Verordnung höherer Dosierungen (über 4 mg täglich hinaus) darf nur durch einen Psychiater erfolgen.“
Die Wirkungsweise von Alprazolam lässt sich folgendermaßen erklären [13]: „Unter der Dosierung von 2-6 mg, und in wenigen Fällen auch bis 10 mg bessert sich die Paniksymptomatik häufig innerhalb von wenigen Tagen. Als therapeutischer Wirkmechanismus wird dabei die Bildung des GABA-Benzodiazepin-Rezeptorkomplexes mit einer Verstärkung der inhibitorischen Neurotransmission angenommen. Dadurch wird jedoch die körpereigene Produktion der GABA gedrosselt. Die Kenntnis dieses psychophysiologischen Vorganges ist deswegen von Wichtigkeit, da das Absetzen des Benzodiazepins nur in langsamen Schritten (über mehrere Wochen) erfolgen sollte, da ansonsten schwerwiegende Absetzerscheinungen auftreten, die meistens zu einer Fortsetzung der Benzodiazepinmedikation führen. Neben Alprazolam liegen auch Untersuchungen über andere Benzodiazepine wie Diazepam, Oxazepam bzw. Lorazepam vor, die jeweils eine günstige Wirkung bei Angststörungen erkennen lassen. Da Alprazolam jedoch keine sedierende bzw. muskelrelaxierende Wirkung hat, ist es den anderen Medikamenten wegen der geringeren Nebenwirkungen und daraus folgenden besseren Compliance vorzuziehen.“
Deutsche Experten [14] beschreiben die Vor- und Nachteile von Alprazolam: „Mit den Benzodiazepinen Alprazolam, Clonazepam und Lorazepam ist eine Therapie der Panikattakken möglich. Für Alprazolam ist in groß angelegten Studien der Wirksamkeitsnachweis bei Panikattakken erbracht worden ... Alprazolam soll auch das Vermeidungsverhalten reduzieren ... Der Wirkungseintritt ist schneller und die Compliance aufgrund des geringer ausgeprägten Nebenwirkungsprofiles besser als bei einem trizyklischen Antidepressivum, z.B. Imipramin ... Es sind allerdings recht hohe Dosen notwendig, um einen antipanischen Effekt zu erzielen, z.B. für Alprazolam durchschnittlich 6 mg ... Kurze Halbwertszeiten von Alprazolam können zur Zunahme der Angst zwischen den Einnahmezeiten führen und damit zu einer unkontrollierten Dosissteigerung. Dies wurde für Clonazepam mit seiner langen Halbwertszeit nicht berichtet. Mehrere Faktoren sind als Risiken der oft langjährigen Einnahme durch die Patienten und die Verschreibungspraxis des Arztes anzusehen: auf der einen Seite die akute Wirksamkeit und gute Verträglichkeit ..., auf der anderen Seite aber auch Benzodiazepinrebound- und Entzugsphänomene und Rückfälle nach Absetzen ... Wegen der damit bestehenden doppelten Problematik bei Beendigung einer Benzodiazepinbehandlung ist es in vielen Fällen nicht möglich, die Benzodiazepine über einen Zeitraum von 4 Wochen abzusetzen ... Oft ist nach langfristiger Gabe ein langsames, schrittweises Absetzen über mehrere Monate notwendig ... Das Absetzen von Benzodiazepinen kann durch zusätzliche Gabe von Carbamazepin erleichtert werden ...“
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Zur Einnahme von Alprazolam ist zusammenfassend festzustellen [15]: 1. Alprazolam wirkt in der Akutsituation rasch und verlässlich. Die meisten Studien beschränken sich jedoch auf einen kurzen Beobachtungszeitraum (mehrere Wochen oder Monate) und vernachlässigen die Langzeiteffekte (Abhängigkeit). 2. Alprazolam verstärkt zwar die hemmende Wirkung des natürlichen Neurotransmitters GABA, führt aber nach 2-3 Monaten dazu, dass die Produktion der körpereigenen hemmenden Substanz reduziert wird, wodurch eine Abhängigkeit entsteht. 3. Aufgrund seines Wirkungsprofils (rasche Aufnahme im Körper, relativ kurze Wirksamkeit, stärkere Wirksamkeit der Einzelsubstanz als bei anderen Benzodiazepinen, auf Milligrammebene 10-mal wirksamer im Vergleich zu Diazepam – alles an sich wünschenswerte Effekte bei kurzfristigem Einsatz) führt Alprazolam schneller zur Abhängigkeit als andere Tranquilizer, insbesondere bei hoher Dosis, wie diese bei Panikattacken in den USA empfohlen wird. Nach einer Studie bevorzugen Benzodiazepinabhängige Alprazolam gegenüber Diazepam bei einer Äquivalenzrelation von 1:10, nicht jedoch bei einer weniger effektiven Relation von 1:14. Die fortgesetzte Einnahme einer niedrigeren Dosis macht ebenfalls bald abhängig, weil es sich bei Alprazolam um einen hoch potenten Tranquilizer handelt. Es gehört zu den typischen Folgen von Panikattacken, dass die Betroffenen nach einem Dauermedikament zur Bewältigung ihrer chronischen Erwartungsängste suchen. Aufgrund der Wirksamkeit zu Beginn der Einnahme wird von diesem Medikament ein Dauereffekt erwartet, was sich bald als Irrtum herausstellt. 4. Alprazolam hat keine antidepressive Wirkung, wie früher oft behauptet wurde. 5. Die ursprüngliche Vorstellung, dass Alprazolam eine besondere antipanische Wirksamkeit aufweist, musste in Vergleichsstudien relativiert werden, wo die Tranquilizer Diazepam (Valium®, Gewacalm®, Psychopax®), Clonazepam (Rivotril®) und Lorazepam (Tavor®, Temesta®) eine ähnliche Wirkung aufwiesen. Die übliche Verordnungsdosis von Alprazolam in niedriger Dosis (0,5 mg 3-mal täglich) ist kein generell wirksameres Panikmittel als andere Tranquilizer. 6. Alprazolam wurde in den USA nur in sehr hohen Dosen als wirksamster Tranquilizer bei Panikattacken nachgewiesen. In vielen Fällen erforderte die vollständige Kontrolle von Panikanfällen nicht eine Tagesdosis von 1-2 mg, wie diese in Europa verordnet wird, sondern von 6 mg bzw. sogar von 10 mg pro Tag. Die meisten amerikanischen Studien beruhen auf einer Alprazolamdosis von durchschnittlich 4-6 mg. Der Preis von derart hohen Dosen, wie sie von amerikanischen Ärzten bedenkenloser verordnet werden als von europäischen, besteht in einer raschen Abhängigkeitsgefahr bei längerer Einnahme. Alprazolam hat eine relativ kurze Halbwertszeit und kann daher nach einem mehrstündigen Intervall vor der nächsten Einnahme „Durchbruchs“-Angstsymptome bewirken. Deshalb muss die Tagesdosis auf 3-4 Einnahmezeitpunkte verteilt werden. Die gut gemeinte Einnahme von Alprazolam nur bei Bedarf, dafür dann aber in höherer Dosis, rächt sich bald mit Symptomen als Folge der relativ kurzen Wirkungsdauer. Manchmal ist daher die Umstellung auf das länger wirksame Clonazepam (Rivotril®) vorteilhaft. 7. Eine US-Studie fand nach anfänglicher Besserung der Panikzustände und dem späteren Absetzen von Alprazolam innerhalb eines Zeitraums von 8-12 Monaten eine Rückfallsrate von ca. 80%. Eine andere US-Studie fand bei 55% ein Wiederauftreten der Panikzustände nach Absetzen des Medikaments, nur 14% konnten das Medikament überhaupt absetzen und symptomfrei bleiben. Nach längerer Alprazolameinnahme bestehen somit beträchtliche Absetzschwierigkeiten.
Anxiolytika (Tranquilizer)
633
8. Die bislang größte internationale Studie an 1168 Panikpatienten aus 11 Ländern verglich die Wirksamkeit von Alprazolam, Imipramin und Placebo und kam zum Ergebnis, dass Imipramin nach 4 Wochen Alprazolam noch unterlegen war, nach 8 Wochen jedoch gleich wirksam war. Andere Untersuchungen bestätigen den Befund gleicher Wirksamkeit von Imipramin und Alprazolam am Studienende, sogar auch bei Patienten mit generalisierter Angststörung. Warum sollten Angstpatienten dann bei längerer Medikamenteneinnahme einen abhängig machenden Tranquilizer einnehmen? Durch selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (z.B. Paroxetin, Sertralin, Escitalopram) werden Nebenwirkungen wie bei Imipramin vermindert. 9. Bei einer Nachuntersuchung der erwähnten internationalen Studie an einer Teilgruppe von 423 Panikpatienten, die in der Behandlungsphase von mehreren Wochen Alprazolam bzw. Imipramin erhalten hatten, nahmen 3-6 Jahre später 55% weiterhin Psychopharmaka, und zwar 23,4% Benzodiazepine, 11,7% Antidepressiva, 9% beide Substanzgruppen und 11,2% andere Medikamente. Nur 18,2% der Gesamtgruppe waren nach der kurzen Behandlungsphase durchgehend völlig symptomfrei geblieben, weitere 12,7% wurden im Rahmen der Beobachtungszeit gesund. Von der nicht ausreichend genesenen Restgruppe (über zwei Drittel) waren 23,6% nur phasenweise symptomfrei, 26,8% wiesen anhaltende subklinische Symptome auf, 18% litten an einer dauerhaft schweren Panikstörung. 10. Die klinische Erfahrung zeigt, dass Panikpatienten mit einer Alprazolam-Langzeiteinnahme von 8-12 Monaten eine höhere Dosis langsam reduzieren können. Das letzte Milligramm Alprazolam bzw. Lorazepam ist jedoch schwer absetzbar. Oft kommt es schon nach geringer Dosisreduktion zur heftigen Wiederkehr der Panikattacken. Manchmal handelt es sich dabei nicht um eine Entzugssymptomatik, sondern um ein Rebound-Phänomen, das nach 1-2 Wochen abnimmt. Vor der Einnahme von Alprazolam sollten Sie folgende Hinweise beachten: z Nehmen Sie aus Erwartungsangst vor einer Panikattacke möglichst keine oder nur wenig Medikamente! Panikattacken beruhen auf einem Adrenalinstoß, der oft durch harmlose körperliche Reaktionen und deren Bewertung als gefährlich ausgelöst wird. Wenn Sie schon Alprazolam einnehmen, suchen Sie alle Situationen auf, die Sie bisher gemieden haben. Wenn Sie Ihr Vermeidungsverhalten dennoch beibehalten, zeigen Sie offensichtlich wenig Vertrauen in die Wirksamkeit des Mittels. z Die erlebte Benzodiazepinwirkung sofort nach der Einnahme ist als Placeboeffekt zu erklären. Die Wirkung setzt erst nach ca. 20 Minuten, die volle Wirksamkeit erst nach 30-60 Minuten ein. Der Glaube an die Wirksamkeit ist bereits Angst lindernd. Die Placebowirkung von Tranquilizern zeigt sich auch in dem Umstand, dass viele Angst- und Panikpatienten das Mittel überall mitführen, ohne es einzunehmen. z Wenn Sie in einer chronischen Stresssituation ständig an der Grenze zur Überforderung leben, nehmen Sie eine Änderung Ihrer Lebensumstände vor! Wenn dies nicht möglich ist, nehmen Sie regelmäßig ein anderes Medikament zur längerfristigen Stabilisierung ein, das nicht abhängig macht und wenige Nebenwirkungen aufweist, wie dies bei einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer der Fall ist. Bei einer in absehbarer Zeit unveränderlichen Belastungssituation, die immer wieder zu Panikattacken führt und auch durch eine Psychotherapie nicht kurzfristig änderbar ist, wird ein Medikament „bei Bedarf“ in der Art des Alprazolam Ihre Leistungsfähigkeit und Ihre psychische Befindlichkeit auf Dauer mehr beeinträchtigen als ein regelmäßig eingenommener Serotonin-Wiederaufnahmehemmer.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
z Wenn Sie schon einen hoch potenten Tranquilizer wie Alprazolam bei Bedarf nehmen, nehmen Sie nicht plötzlich zwei oder gar drei Tabletten, weil Sie dann nach einigen Stunden die nachlassende Wirkung erst recht in Form von unangenehmen Symptomen erleben und den Griff zur nächsten Tablette tun könnten. z Wenn Sie Ihren Arzt um ein rasch wirksames Mittel gegen Ihre Panikattacken bzw. gegen Ihre Ängste davor ersuchen, wird er Ihnen einen Tranquilizer in der Art von Alprazolam verschreiben. Können Sie sich vorstellen, dass Ihnen ein aufklärendes Gespräch Ihres Arztes bzw. allein die Empfehlung einer Psychotherapie hilft, ohne dass Sie von Ihrem Arzt gleichzeitig die Verschreibung eines rasch wirksamen Medikaments erwarten? Ärzte erfüllen oft nur die Rollenerwartungen ihrer Patienten.
Störungen durch Substanzkonsum Das ICD-10 [16] unterscheidet folgende Störungen durch Substanzkonsum: z Akute Intoxikation (Substanzintoxikation): vorübergehendes Zustandsbild nach Aufnahme von Alkohol oder anderen psychotropen Substanzen mit Störungen des Bewusstseins, kognitiver Funktionen, der Wahrnehmung, des Affektes, des Verhaltens oder anderer psychophysiologischer Funktionen und Reaktionen. z Schädlicher Gebrauch (Substanzmissbrauch): ein Konsummuster psychotroper Substanzen mit der Folge einer Gesundheitsschädigung, entweder in Form einer organischen Störung (Hepatitis) oder einer psychischen Störung (depressive Episode). z Entzugssyndrom (Substanzentzug): Symptomkomplex von unterschiedlicher Zusammensetzung und wechselndem Schweregrad, bei absolutem oder relativem Entzug einer Substanz, die wiederholt und zumindest über einen längeren Zeitraum oder in hoher Dosierung konsumiert wurde. Beginn und Verlauf des Entzugssyndroms sind zeitlich begrenzt und abhängig von der Substanzart und der Dosis, die unmittelbar vor dem Absetzen verwendet worden ist. z Abhängigkeitssyndrom (Substanzabhängigkeit). Gleichzeitiges Vorhandensein von mindestens drei der folgenden ICD-10-Kriterien während des letzten Jahres [17]: 1. Übermächtiger Wunsch, Substanzen oder Alkohol zu konsumieren. 2. Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Konsums. 3. Substanzgebrauch zur Milderung von Entzugssymptomen. 4. Körperliches Entzugssyndrom. 5. Toleranzentwicklung (Dosissteigerung, um die gleiche Wirkung zu erreichen). 6. Vernachlässigung anderer Interessen zugunsten des Substanzkonsums. 7. Anhaltender Substanz- oder Alkoholkonsum trotz Nachweises schädlicher Folgen (körperlich, psychisch, sozial). Man unterscheidet zwei Arten von Abhängigkeit: z Psychische Abhängigkeit: kaum widerstehliches Verlangen, den bekannten Effekt des Suchtstoffs erneut zu erfahren und den Konsum fortzusetzen. Die psychische Abhängigkeit ist die Triebfeder jeder süchtigen Entwicklung. Bei bestimmten psychotropen Substanzen (z.B. Kokain, Cannabis) entwickelt sich nur eine psychische Abhängigkeit, die aber deswegen nicht weniger belastend ist. z Physische Abhängigkeit: Auftreten von körperlichen Entzugserscheinungen bei plötzlichem Absetzen. Der Begriff der „Abhängigkeit“ wird heute allgemein anstelle von „Sucht“ verwendet. „Substanz“ bezeichnet das Mittel der Abhängigkeit.
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Negative Effekte von Benzodiazepinen Die Einnahme von Benzodiazepinen kann folgende negative Auswirkungen haben: z Hang-over-Effekt. Nachwirkungen der Einnahme: ein Benzodiazepinschlafmittel kann z.B. Müdigkeit und Unkonzentriertheit am nächsten Morgen bewirken. z Kurz- und langfristige Nebenwirkungen bei regelmäßiger Einnahme. z Überdosierungserscheinungen bzw. Vergiftungserscheinungen. Überhöhte Dosis. z Paradoxer Effekt. Gegenteilige Wirkung: Erregung, Aggressivität, Schlaflosigkeit. z Rebound-Phänomen. Beim Absetzen des Benzodiazepins zeigt sich eine gegenregulatorisch wirkende Anpassungsreaktion, die zu einem verstärkten Wiederauftreten der ursprünglichen Symptomatik vor Medikamenteneinnahme führt. Dies ist keine Entzugssymptomatik! z Entzugssymptome. Auftreten von Symptomen, die vor der Medikamenteneinnahme noch nicht vorhanden waren, d.h. Folgezustände des Absetzens des Benzodiazepins.
Nebenwirkungen von Benzodiazepinen Ohne Überdosierung oder Abhängigkeit sind die Nebenwirkungen bei Tranquilizern vergleichsweise gering. Bei älteren Menschen treten Nebenwirkungen etwa viermal häufiger auf als bei jüngeren. Folgende Nebenwirkungen sind möglich [18]: Psychisch/psychosozial: z Sedierung: Müdigkeit, Schläfrigkeit, Benommenheit, z reduzierte Bewusstseinshelligkeit, z Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörung, was sich gerade in Leistungssituationen (z.B. bei Prüfungen) ungünstig auswirken kann, z paradoxe Reaktionen: Unruhe, akute Erregungszustände, Wutanfälle, z Gedächtnisstörungen: bereits geringe Mengen (z.B. 5 mg Diazepam) beeinträchtigen das Kurzzeitgedächtnis, bei hohen Mengen kommt es zu einer anterograden Amnesie (Vergesslichkeit für Informationen nach der Benzodiazepineinnahme; wegen der Gefahr von Gedächtnislücken wurde das Benzodiazepinschlafmittel Halcion® in einigen Ländern bereits eingezogen), z „Maskierungseffekt“, Realitätsflucht (Verdecken der Probleme), z geistig-seelische „Bindung“, psychische Abhängigkeit, z affektive (depressive) Verstimmungen. Körperlich: z Blutdruckabfall (insbesondere bei schneller intravenöser Verabreichung, was bei Panikpatienten mit ohnehin recht niedrigem Blutdruck erneute Panikattacken begünstigen und bei Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen zu gefährlichen Komplikationen führen kann), z Atembeschwerden (aus einer zentralnervös bedingten Abflachung der Atemzüge kann insbesondere bei zu schneller intravenöser Verabreichung leicht eine Atemdepression, d.h. ein Atemstillstand, entstehen, vor allem bei Patienten mit Lungenkrankheiten), z Schwindel, z Mundtrockenheit,
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Magen-Darm-Beschwerden, Appetitstörungen, Appetitzunahme, Muskelschwäche (Ataxie), z.B. „weiche Knie“ und allgemeine Kraftminderung, Koordinationsstörungen: Beeinträchtigung der visuomotorischen Koordination, psychomotorische Verlangsamung: verlängerte Reaktionszeit im Straßenverkehr (Fahruntüchtigkeit) und Gefährdung bei der Arbeit mit Maschinen, z Artikulationsstörungen (verwaschene Sprache), z Sexualstörungen und Minderung des sexuellen Verlangens (nur bei sexuell Gehemmten führen geringe Dosen zur Minderung der Sexualängste und damit zu befriedigender Sexualität), z Menstruationsstörungen.
Auswirkungen von Benzodiazepin-Langzeitgebrauch Bei Langzeiteinnahme (regelmäßig über mehr als 4 Monate) muss mit folgenden Zuständen und Beschwerden gerechnet werden [19]: Psychisch/psychosozial: z Persönlichkeitswandel: Gleichgültigkeit, Antriebsverlust, dysphorische Verstimmung, z gleichgültige bis euphorische Grundstimmung (inhaltloses Glücksgefühl), z fehlende Belastungs- und Konfliktfähigkeit, z fehlende Vorausplanung („in den Tag hinein leben“), z Dauersedierung: Benommenheit, Müdigkeit und Schläfrigkeit, sodass Unmengen von Kaffee, Coca-Cola, Red Bull und Aufputschmittel zur Aufmunterung eingesetzt werden, z Einschränkung der Aufmerksamkeit, Konzentrationsstörung, z allgemeine seelisch-körperliche (psychomotorische) Verlangsamung, z Reaktionszeitverlangsamung mit potenziell gefährlichen Folgen im Verkehr, Beruf und Haushalt, z Vergesslichkeit (Erinnerungslücken): Gedächtniseinbußen hinsichtlich der Aufnahme neuer Informationen in den Langzeitspeicher, nicht dagegen hinsichtlich der Erinnerungsfähigkeit an früher (vor dem Missbrauch) gelernter Inhalte, z hirnorganisches Psychosyndrom bzw. substanzbedingte Demenz bei älteren Personen, deren Stoffwechsel lang wirkende Benzodiazepine und ihre aktiven Zwischenprodukte nur sehr langsam abbauen kann (bei unerklärlichem Demenzverdacht kann das langsame Absetzen der Tranquilizerschlafmittel einen Medikamenteneffekt aufzeigen und anschließend eine Besserung der „Demenz“ bewirken), z mangelnde Belastbarkeit mit Leistungsabfall, nicht zuletzt bei plötzlichem Aufgabenzuwachs oder krankheits- bzw. urlaubsbedingten Versetzungen, bei denen die bisherige Routine nicht mehr kompensatorisch wirken kann, z dysphorisch-depressive Verstimmung, wechselnde Verstimmungszustände, z gemütsmäßiger Kontrollverlust mit Reizbarkeit und eventuell aggressiven Durchbrüchen, manchmal regelrecht feindseliges Verhalten, z innere Unruhe, Nervosität, Fahrigkeit, unerklärliche und unbestimmte Angstzustände: Tranquilizer verstärken langfristig die ursprünglich vorhandene Angst (nach spätestens 4 Monaten bleiben Angst dämpfende Effekte überhaupt aus),
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z zunehmende Furchtbereitschaft (vor Situationen, Personen, Dingen), z Flucht vor der Realität (Vermeidungsverhalten), z gelegentlich Orientierungsstörung (örtlich, zeitlich, zur eigenen Person, im Extremfall Verwirrtheitszustände), z unerklärliche Bewusstseinstrübungen, delirähnliche Zustände, wahnhafte Reaktionen mit Trugwahrnehmung. Körperlich: z wenig erholsamer Schlaf, z EEG-Veränderungen (Zunahme der langsamen Beta-Wellen, Abnahme der AlphaWellen), z Schlafstörungen mit Albträumen (insbesondere bei Absetzversuchen), z Appetit- und Gewichtszunahme bzw. Appetitlosigkeit, z Juckreiz, z Störungen der Monatsblutung, z Libidostörung: Nachlassen von sexuellem Verlangen und Potenz, z Kopfschmerzen, z Herzrasen, unklare Herzschmerzen, z Zittern, z Gefühlsstörungen, z Schwindel, z Bewegungsunsicherheit bis zur Kollapsgefahr (durch die Muskelerschlaffung, was besonders im höheren Lebensalter ein Problem ist), z uncharakteristische Sehstörungen (Unscharfsehen bis flüchtige Doppelbilder), z Gefahr der Abhängigkeit (Suchtgefahr), z paradoxe Reaktionen (Unruhe, Gespanntheit, Überdrehtheit, Erregung, Reizbarkeit, Aggression, Angst, Panik, Ein- und Durchschlafstörungen, Umkehr des WachSchlaf-Rhythmus), besonders im Alter, z besondere Nebenwirkungen im höheren Lebensalter: allgemeine Verminderung der Bewusstseinslage, apathisch, verlangsamt, schläfrig, Verwirrtheitszustände, DelirGefahr, Schwindel, Kollapszustände (besonders bei ohnehin niedrigem Blutdruck und häufigem Liegen), Gehstörungen, erhöhte Unfallgefahr wegen Muskelerschlaffung (Oberschenkelhalsfraktur, Schädelprellung), paradoxe Reaktionen. Tranquilizer verkürzen die Einschlafzeit, verlängern die Gesamtschlafdauer, vermindern das nächtliche Wachliegen, vermehren den Anteil des leichteren Schlafs (Stadium 2), vermindern jedoch sehr stark den Tiefschlaf (Stadium 3 und 4). Sie reduzieren nicht nur den Tiefschlafanteil (Deltaschlafanteil), sondern in hoher Dosis auch den Anteil des REM-Schlafs, d.h. sie unterdrücken die Traumphasen. Tiefschlaf und REM-Schlaf stellen die erholsamsten Schlafphasen dar, sodass man sich morgens oft trotz schlafanstoßender Wirkung der Benzodiazepine nicht erholt, sondern wie gerädert fühlt. Nach dem Absetzen erfolgt vor allem bei Benzodiazepinen mit kurzer Halbwertszeit eine Rebound-Schlafstörung mit der Gefahr einer weiteren Einnahme und einer Niedrigdosisabhängigkeit. Die negativen Auswirkungen der Benzodiazepinschlafmittel (Hypnotika) auf das Schlafverhalten werden in der Bevölkerung noch immer zu wenig beachtet. Viele Angstpatienten geraten gerade wegen einer Schlafstörung als Folge der ständigen Anspannung in eine Schlafmittelabhängigkeit. Benzodiazepinschlafmittel sollten nicht länger als vier Wochen regelmäßig eingenommen werden.
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Angstpatienten mit Schlafstörung, die Benzodiazepine gewohnheitsmäßig als Einschlafhilfe verwenden, stellen in der klinischen Praxis eine der schwierigsten Patientengruppen dar. Einschlafstörungen sind Abschaltstörungen, die die psychische und körperliche Regeneration beeinträchtigen. Viele Angstpatienten hätten ohne Schlafstörung wesentlich mehr Kraft, die vielfältigen Ängste am Tag durch eigenständige Konfrontation zu überwinden. Eine Entzugsbehandlung und eine Beseitigung der Schlafstörung sind vorrangige Behandlungsziele.
Überdosierungseffekte und schleichende Vergiftung bei Langzeiteinnahme Überdosierungen sind auch bei gleich bleibend niedriger Dosierung möglich, weil viele Benzodiazepine nur langsam ausgeschieden werden. Im Extremfall können Vergiftungserscheinungen auftreten. Bei einer Überdosierung sind folgende Symptome typisch [20]: z Schläfrigkeit und allgemeine Apathie, z seelische und körperliche Verlangsamung, z Gedächtnisstörung (anterograde Amnesie): „Zerstreutheit“, z Muskelschwäche/-erschlaffung (Ataxie): matt, unsicher, z Gangunsicherheit, z ernstere Schwindelzustände, z verstärkte Übelkeit, z wachsende Kopfschmerzen, z verwaschene („schleifende“) Aussprache (Dysarthrie), z Augenmuskelstörungen (Doppelbilder), z scheinbar erfreuliche Gelassenheit, die eine Gleichgültigkeit (Wurstigkeit) darstellt (oft nicht erkannt von den Betroffenen, wohl aber von den Angehörigen), z zunehmendes Desinteresse an Hobbys, Aufgaben, Umwelt, Familie, Beruf, z „Einebnung“ der Persönlichkeit (Persönlichkeitsveränderungen/-verlust), z missgestimmt-depressive Dauerzustände, z Appetitlosigkeit.
Benzodiazepinabhängigkeit Im Wirkprofil der Benzodiazepine zeigen die einzelnen Wirkkomponenten eine unterschiedlich schnelle Toleranzentwicklung. Während die dämpfende Komponente schon nach wenigen Tagen spürbar abnehmen kann, die muskelentspannende und krampflösende Wirkung nach Wochen bis wenigen Monaten deutlich nachlässt, ist die Angst lösende Komponente meist noch nach Monaten nachweisbar. Doch auch sie führt allmählich zu einer Toleranzentwicklung, sodass eine Dosissteigerung nötig ist. Während verschiedene Angstpatienten auch von einer Langzeittherapie mit Benzodiazepinen profitieren, sprechen einige Studien dafür, dass Therapieeffekte nicht über ein halbes Jahr gegeben sind. Nach spätestens 4 Monaten bleiben die Angst lösenden Effekte aus, es treten dann oft gegenteilige bzw. unerwünschte Effekte auf. Nach spätestens viermonatiger Einnahme führt ein plötzliches Absetzen zu Entzugssymptomen.
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Angesichts der Toleranzentwicklung ist es sinnlos, verschiedene Benzodiazepinpräparate zu kombinieren oder auf ein „stärker wirksames“ Benzodiazepin umzusteigen. Klinisch bedeutsam ist auch, dass die auffälligen EEG-Veränderungen bei Langzeiteinnahme kaum oder gar nicht abnehmen, sondern dass sie bei einer Dosissteigerung noch ausgeprägter werden. Benzodiazepine machen abhängig [21]: z nach 3- bis 6-monatiger Einnahme bei 60%, nach einjähriger Einnahme bei 80-90% (bereits nach 4-6 Wochen können Entzugssymptome auftreten), z in jeder Anwendungsform (Tabletten, Bruchrillentabletten, Dragees, Zäpfchen, Tropfen, Injektionsflüssigkeit für intramuskuläre oder intravenöse Gabe), z bei länger eingenommener höherer Dosis, z selbst in gering erscheinender Dosierung (Niedrigdosisabhängigkeit), z auch in gleich bleibender (niedriger) Dosierung ohne Dosiserhöhung, z auch in Kombinationspräparaten als Beimischung zu Antidepressiva, Schmerzmitteln, herzstützenden und krampflösenden Mitteln u.a. Die körperliche Abhängigkeit (Toleranzentwicklung) entsteht durch die Induktion abbauender Enzyme in der Leber und durch die Anpassung der Gehirnzellen an die Substanz. Die Toleranzentwicklung beruht auf der Anpassung der Rezeptoren im Sinne einer Gegensteuerung sowohl hinsichtlich der Bindungsaktivität als auch hinsichtlich der Funktion der Benzodiazepin-GABAA-Rezeptoren [22]. Beim Benzodiazepinentzug macht sich die Abwesenheit der Substanz an den Benzodiazepinbindungsstellen ebenso bemerkbar wie die infolge des chronischen Substanzgebrauchs erhöhte Anzahl der Rezeptoren (regelmäßige Benzodiazepineinnahme erhöht die Zahl der Benzodiazepinrezeptoren). Das Abhängigkeitsrisiko steigt durch folgende Faktoren: 1. Einnahme höherer Dosen. Am höchsten ist das Abhängigkeitsrisiko bei Einnahme höherer Dosen von relativ kurz wirksamen Benzodiazepinen, insbesondere von Alprazolam (D: Tafil®, Ö: Xanor®), Lorazepam (D: Tavor®, Ö: Temesta®) oder Bromazepam (Lexotanil®), wie dies bei Panikpatienten oft der Fall ist. Bei lang wirksamen Substanzen wie Diazepam (Valium®) oder Clonazepam (Rivotril®) dauert es länger bis zur Abhängigkeit. Entzugssymptome treten bei Benzodiazepinen mit kurzer Halbwertszeit abrupter auf und verlaufen häufig auch schwerer als bei länger wirksamen Benzodiazepinen. 2. Rasche Anflutungsgeschwindigkeit an die Rezeptoren im Gehirn. Je schneller die Wirkung einsetzt, desto größer ist das Abhängigkeitspotential. Die kürzer wirksamen Benzodiazepine Alprazolam und Lorazepam zählen zu den Substanzen mit der kürzesten Anflutungsgeschwindigkeit. 3. Einnahme über einen längeren Zeitraum. Spätestens nach 3-4-monatiger Einnahme muss mit Entzugssymptomen gerechnet werden. Leichtere Entzugssyndrome und Rebound-Symptome können auch schon nach wesentlich kürzerer Zeit auftreten. Zur Verringerung der Abhängigkeitsgefahr sollten Benzodiazepine bei regelmäßiger Verordnung nur über einen möglichst kurzen Zeitraum (4-6 Wochen) eingenommen werden, und zwar in möglichst geringer Dosis. Bei Substanzen mit kürzerer Halbwertszeit sind 2-4 geringe Dosierungen pro Tag zu wählen. Wenn schon, dann sollte stets nur ein Benzodiazepin eingenommen werden. Anderenfalls treten nur verstärkte Nebenwirkungen ohne bessere Wirksamkeit auf.
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Früher galt die Toleranzentwicklung (Gewöhnung: Dosissteigerung zur Erreichung der gleichen Wirkung) als unbedingtes Definitionsmerkmal für eine Substanzabhängigkeit. Mittlerweile wird auch das Phänomen der Niedrigdosisabhängigkeit stärker beachtet. Tranquilizer und Schlafmittel können auch abhängig machen, ohne dass die Dosis stetig erhöht werden muss. Die Betroffenen bleiben bei einer relativ niedrigen Dosierung, ohne dass sie selbst oder die Umwelt die eingetretene Abhängigkeit erkennen. Die größte Gruppe mit einer derartigen Abhängigkeit sind Menschen über 50 Jahre, insbesondere Frauen, die ein Benzodiazepin zum Einschlafen verwenden. Die eingetretene Abhängigkeit ist durch einen Absetzversuch leicht zu überprüfen. Der ein- bis zweiwöchige Verzicht auf das Beruhigungsmittel führt innerhalb von 1-2 Tagen bzw. erst nach 3-6 Tagen (je nach Substanz) zu Entzugserscheinungen. Eine US-Studie [23] unterscheidet vier Typen von Benzodiazepinabhängigen: 1. Körperlich Kranke, die Benzodiazepine im Rahmen der Therapie nehmen. Sie erhalten Benzodiazepine von Nicht-Psychiatern (z.B. Internisten) und steigern die Dosis nicht. 2. Angstkranke mit Agoraphobie und/oder Panikstörung. Sie erhalten Benzodiazepine von einem Psychiater oder Allgemeinarzt und steigern die Dosis nur selten. 3. Patienten mit wiederholten Dysthymien (Verstimmungszuständen). Sie erhalten Benzodiazepine von vielen Ärzten und steigern die Dosis oft, auch in Kombination mit Alkohol, was zur Wirkungspotenzierung führt. 4. Patienten mit chronischen Schlafstörungen. Trotz der Problematik der Langzeitbehandlung mit Hypnotika bestehen die Betroffenen oft auf der fortgesetzten Verschreibung. Die Schlafmittelabhängigkeit entwickelt sich oft aus einer ReboundInsomnie, d.h. aus dem Umstand, dass bei Absetzen des Mittels eine Schlafstörung auftritt, die durch die weitere Einnahme beseitigt wird. Bei der Mehrzahl der Benzodiazepinabhängigen wurden bereits vor der Abhängigkeitsentwicklung bestimmte Krankheiten vorhanden [24]: z Angsterkrankungen aller Art, z affektive Psychosen (Zyklothymien, monopolare Depressionen), z depressive Reaktionen, z chronische Schlafstörungen, insbesondere Einschlafstörungen, z chronische Schmerzzustände. Die psychische Abhängigkeit einer Substanz entsteht durch ihre verhaltensverstärkende Wirkung auf das Belohnungssystem im Gehirn. Es handelt sich dabei um das in den letzten Jahren erforschte mesolimbische Suchtsystem im Zentralnervensystem, das aus folgenden Gehirnbereichen besteht: Area tegmentalis ventralis, medialer Vorderhirnbügel, Nucleus accumbens und zugehörige Teile der Rinde des Vorderhirns (präfrontaler Kortex). Das mesolimbische Belohnungssystem hat eine physiologische Funktion bei der positiven, affektiven Färbung von Belohnungen und kann durch viele Suchtstoffe aktiviert werden [25]. Suchtmittel aktivieren oder intensivieren je nach Substanz unterschiedlich stark (am stärksten Kokain und Amphetamine) im Gehirn vorhandene neuronale Schaltkreise, die Gefühle wie Lust und Belohnung erzeugen. Das mesolimbische System bewirkt die positiven (Abhängigkeit erzeugenden) Wirkungen von Suchtstoffen, nicht jedoch die Entzugserscheinungen. Dabei haben die dopaminergen und endorphinergen Neurone eine große Bedeutung, die durch die verschiedenen Suchtstoffe in unterschiedlichem Ausmaß aktiviert werden.
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Entzugssymptome im eigentlichen Sinne schließen das Auftreten von neuen Symptomen ein, die noch keinen integralen Bestandteil des ursprünglichen Beschwerdebildes darstellen. Entzugserscheinungen entwickeln sich 1-4 Halbwertszeiten nach dem plötzlichen Absetzen von Benzodiazepinen, d.h. sie treten innerhalb einiger Tage nach abruptem Abbruch der Benzodiazepinmedikation auf und sind im Extremfall erst nach 2-3 Monaten restlos beseitigt. Die Entzugssymptome setzen gewöhnlich am 2. oder 3. Tag nach dem Absetzen ein, erreichen am Ende der ersten Woche ihren Höhepunkt und sind gewöhnlich nach frühestens 3-4 Wochen beseitigt. Die Entzugssymptome sind lästig bzw. unangenehm und beeinträchtigen die allgemeine Stimmung und Leistungsfähigkeit. Das Risiko eines Entzugssyndroms hängt von der eingenommenen Dosis, der Dauer der Einnahme, vom Typ des Präparats, vor allem bei relativ kurzer Halbwertszeit, von der Abruptheit des Absetzvorgangs, aber auch von Persönlichkeitsfaktoren ab. Die Entzugssymptome werden mehr durch die Länge der Einnahmedauer als durch die Dosishöhe bestimmt. Die Entzugssymptome können in fünf Gruppen eingeteilt werden: psychische Entzugserscheinungen, Wahrnehmungsstörungen, vegetative Entzugserscheinungen, Entzugspsychosen, Entzugskrampfanfälle. Die häufigsten Entzugssymptome sind Einschlafstörungen, Angst- und Unruhezustände. Die Absetzprobleme bei Benzodiazepinen kann man nach drei verschiedenen Arten von Symptomen kategorisieren (Rebound- und Rückfallsymptome sind an die Grundkrankheit gebunden, bei Entzugssymptomen ist dies nicht der Fall [26]): z Rebound-Symptome (Rebound-Effekt). Es handelt sich dabei um das akute und verstärkte Wiederauftreten der ursprünglichen Symptome (Angst, Unruhe, Schlaflosigkeit u.a.) vor Einnahme des Tranquilizers nach 4- bis 6-wöchiger regelmäßiger Einnahme, d.h. nach dem Absetzen der Benzodiazepine entsteht ein Effekt der GABA-ergen Gegenregulation. Rebound-Symptome sind zumeist von vorübergehender Natur. Die Angstsymptome können dabei kurzfristig eine stärkere Intensität als vor Behandlungsbeginn annehmen. Rebound-Phänomene dürfen nicht automatisch als Anzeichen einer bestehenden Abhängigkeit gewertet werden. Die fortgesetzte Benzodiazepineinnahme zur Vermeidung von Rebound-Effekten führt oft zur Abhängigkeit. z Rückfallsymptome. Es handelt sich dabei um anhaltende Angstsymptome nach dem Absetzen der Benzodiazepine. z Entzugssymptome. Es handelt sich dabei um Symptome, die vor der Einnahme von Benzodiazepinen nicht vorhanden waren: - Leichte Entzugssymptome. Vegetative Störungen, die bei etwa 50% der Abhängigen auftreten: vermehrte Angst, verstärkte innere Unruhe, Schlafstörungen, erhöhte Reizbarkeit und Affektinstabilität, Dysphorie, Herzrasen, Zittern (Tremor), Schwitzen, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Muskelverspannungen. - Schwere Entzugssymptome (nach hohen Dosen). Bei ca. 20% der Patienten treten schwere Absetzsymptome auf: epileptische Anfälle meist vom Grand-mal-Typ, Delire, Verwirrtheitszustände, Depersonalisation und Derealisation, schwere depressiv-ängstliche Verstimmungen, paranoid-halluzinatorische Psychosen, Überempfindlichkeit auf allen Sinneskanälen (z.B. Hyperakusis), Muskelzittern, Körpermissempfindungen (Dysästhesien), übermäßiges Schlafen (Hypersomnie). - Spezifische Entzugssymptome. Sensorische Wahrnehmungsstörungen (Liftgefühl, Lichtempfindlichkeit, optische Verzerrungen), Depersonalisations- und Derealisationsphänomene (gestörtes Erleben der eigenen Person und der Umwelt), gestörter Umweltbezug, sexuelle Fantasien, Fahrigkeit, Zerstreutheit.
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Nach einer anderen Einteilung gibt es folgende Entzugserscheinungen [27]: Psychisch/psychosozial: z Affektlabilität, z Passivität oder Lustlosigkeit (Dysphorie), z Stimmungsschwankungen: Wechsel zwischen inhaltslosem Glücksgefühl und depressiv-weinerlich-ängstlich-zurückgezogen leben, z depressive Verstimmungen, z reizbar-aggressive Reaktionsbereitschaft, z Überempfindlichkeit, leichte Verletzbarkeit, z Angstanfälle/Panikattacken: „Rückschlag-Angst“ (Rebound-Phänomen), nachdem die Ängste früher nur chemisch unterdrückt waren, z phobische Ängste: klassische Phobien, Lärmphobien, Sexualphobien, Krankheitsphobien (z.B. Angst vor Herzstillstand), z diffuse Ängste (Ängstlichkeit), z Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen: hirnorganisches Psychosyndrom, z abnorme Bewegungswahrnehmung, z Desorientierung (örtlich, zeitlich, gegenüber sich selbst), z Fremdheitsgefühl gegenüber sich selbst (Depersonalisation) und der Umwelt (Derealisation), z Halluzinationen (Hör-, Seh-, Gefühls-, Geschmacks- und Geruchs-Trugwahrnehmung), wobei die Betroffenen wissen, dass die Wahrnehmungsstörungen irreal sind, weshalb sie oft die Angst haben, verrückt zu werden, z Verwirrtheit, Delir-Gefahr: wie bei Alkoholikern, wobei aber häufiger Veränderungen der Sinneswahrnehmungen auftreten, der Tremor ist nur feinschlägig, z psychotische Symptomatik: nur sehr selten psychotische Zustände mit Wahn und Stupor, noch seltener paranoide Psychosen und Halluzinosen. Körperlich: z Schweißausbrüche, z Muskelanspannung: Zittern (Tremor), z Muskelschmerzen (Myalgien) oder Muskelzucken, z Kopfschmerzen bzw. Dröhnen im Kopf, z Herzrasen, „Herzschlag bis zum Hals“, z Blutdruckänderungen: im Gegensatz zu Alkoholabhängigen meist Blutdruckabfall, z Schwindel, z Übelkeit, Brechreiz oder Erbrechen, z Appetitmangel bzw. Appetitlosigkeit, z innere Unruhe, z allgemeines Schwächegefühl, z verschwommenes Sehen bzw. Sehstörung (Mikropsie, Makropsie), z Berührungs- und Schmerzüberempfindlichkeit, z Licht- oder Gehörüberempfindlichkeit (sensorische Hypersensitivität), z Geruchsüber- oder -unterempfindlichkeit, z Schlafstörungen mit belastenden Träumen: „Rückschlag-Schlafstörung“, weil der Schlaf zuvor nur chemisch erzwungen wurde (Schlafgestörte erleben während der Entzugsphase größere Schlafstörungen als vor der Benzodiazepineinnahme), z Gefahr von Krampfanfällen (epileptische Anfälle): EEG-Veränderungen.
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Arzneimittel-Wechselwirkungen Die Kombination von Benzodiazepinen und zentral dämpfenden Psychopharmaka (Alkohol, Hypnotika/Barbiturate, Neuroleptika, Antihistaminika) bewirkt eine verstärkte Sedierung. Benzodiazepine haben bei anderen Substanzen mit GABA-erger Wirkung (Alkohol, Antikonvulsiva) eine stärker dämpfende und muskelerschlaffende Wirkung. Es kommt nicht nur zur Summierung, sondern zur Potenzierung, d.h. zur Vervielfachung der Wirkung. Dies gilt sowohl für den Wirkeffekt als auch für die unerwünschten Begleiterscheinungen. Bereits geringer Alkoholkonsum kann zu ungeahnten Beeinträchtigungen führen, die man bisher anderen Ursachen zuschrieb (Wetter, Stress, Überforderung). Die gleichzeitige Einnahme von Benzodiazepinen und Alkohol kann folgende Symptome bewirken [28]: z Müdigkeit, Mattigkeit, Abgeschlagenheit, z Gedämpftheit, z Blutdruckabfall mit Schwindel, z Übelkeit, z Schwung- und Initiativelosigkeit, z Merkfähigkeitsstörung, z Konzentrationsstörung, z psychomotorische Verlangsamung (Beeinträchtigung im Straßenverkehr), z Koordinationsstörungen, insbesondere Gehstörungen, z Stimmungslabilität, z fehlende Frische am Morgen: kein erholsamer Schlaf durch Veränderung der Schlafstadien infolge von Alkohol- und Benzodiazepineinnahme am Vorabend. Bei Einnahme von Benzodiazepinschlafmitteln (insbesondere von lang wirkenden Benzodiazepinen) wirkt sich schon relativ geringer abendlicher Alkoholgenuss bis in den folgenden Tag hinein aus. Alkohol und Benzodiazepinschlafmittel bewirken keinen natürlichen und erholsamen Schlaf, sondern einen flachen und unruhigen Schlaf und einen Hang-over-Effekt am nächsten Tag. Tranquilizer verändern die Schlafarchitektur: leichte Reduzierung der erholsamen Traum-(REM-)Phasen, starke Beeinträchtigung der Tiefschlafstadien. Es entsteht nach Faust [29] eine schnell einsetzende und (etwas reduziert auch) traumaktive, jedoch unnatürliche und belastende „Miniatur-Narkose“. Die langzeitige Einnahme von Tranquilizern bzw. Tranquilizerschlafmitteln führt zu einer starken Dämpfung (besonders auch am Morgen), die nur durch Kaffee, Coca-Cola, Red Bull, Nikotin, Kokain und verschiedene Psychostimulanzien (koffeinhältige Präparate und legal nicht mehr erhältliche Amphetamine) überwunden werden kann. Es entsteht ein Dämpfungs-Aktivierungs-Dämpfungs-Kreislauf: immer stärkere Sedierung erfordert eine immer stärkere Stimulierung, um überhaupt noch zeitweise leistungsfähig sein zu können. Die erreichte Stimulierung kann abends nur durch eine starke Dämpfung beseitigt werden, die am nächsten Morgen wiederum durch starke Aufputschmittel überwunden werden muss. Benzodiazepine können auch die Wirkung von Antidepressiva verstärken. Möglich ist vor allem auch durch die geringere Verstoffwechselung ein höherer Plasmaspiegel bestimmter Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Fluoxetin, Fluvoxamin), weshalb sicherheitshalber bei einer Kombinationstherapie oft andere SSRI (Sertralin oder Escitalopram) verordnet werden, bei denen kaum Interaktionseffekte zu befürchten sind.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Nicht-Benzodiazepintranquilizer Buspiron Buspiron (D: Bespar®, Busp®, Ö: Buspar®) ist ein Anxiolytikum aus der Substanzklasse der Azapirone. Die Substanz dient zur Behandlung von Angst, innerer Unruhe und Spannungszuständen im Rahmen einer Angststörung. Buspiron bindet nicht an den Benzodiazepinrezeptoren und hat keinen Einfluss auf das GABA-erge Neurotransmittersystem. Buspiron wirkt stark auf das serotonerge System und nur mäßig (im Gegensatz zu früheren Auffassungen) auf das dopaminerge System. Während bei den Benzodiazepinen die Angst lindernde Wirkung mit der Bindung an GABAA-Rezeptoren zusammenhängt, beruht die Wirkung von Buspiron darauf, dass diese Substanz selektiv an eine bestimmte Untergruppe der Serotoninrezeptoren bindet. Buspiron bindet spezifisch an den 5-HT1A-Rezeptor, der sowohl prä- als auch postsynaptisch vorkommt. Buspiron wirkt postsynaptisch an 5-HT1A-Rezeptoren als partieller Agonist und hat dadurch eine serotonerge Wirkung. Durch die spezifische Wirkung am 5-HT1A-Rezeptor bleiben auch bei starker Anxiolyse Müdigkeit, Konzentrations- und Reaktionsstörungen aus. Buspiron ist auch noch bei weiteren Interaktionen zentralnervöser Neurotransmitter beteiligt. Es besteht keine Sedierung (auch nicht in höherer Dosis), keine Müdigkeit, keine schlafanstoßende Wirkung, keine Muskelentspannung, keine psychomotorische Beeinträchtigung, keine Euphorisierung, keine Alkoholpotenzierung, keine Kreuztoleranz mit Benzodiazepinen, keine Abhängigkeitsgefahr, keine Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung, keine Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen, kein Rebound-Effekt. Buspiron hat nur wenige mögliche Nebenwirkungen zu Behandlungsbeginn: Unruhe, Erregung, erhöhte Nervosität, Schwindel, Kopfschmerzen, Sedierung, Benommenheit, Übelkeit, Durchfall, Magenbeschwerden, Schweißausbrüche, Herzrasen. Laut Studien ist der Angst lösende Effekt gegenüber Benzodiazepinen geringer ausgeprägt. Es besteht ein verzögerter Wirkungseintritt. Der maximale Therapieeffekt wird erst nach 3-6 Wochen kontinuierlicher Einnahme erreicht. Aus diesem Grund kann in der Akutphase der Angst eine zweiwöchige Benzodiazepin-Einnahme sinnvoll sein. Die Eliminationshalbwertszeit liegt bei nur 2,5 Stunden. Erforderlich ist daher eine Tagesdosis von 3-mal 5 mg bzw. 3-mal 10 mg (maximale Tagesdosis: 60 mg). Buspiron galt früher als das Mittel der ersten Wahl bei generalisierten Angststörungen. Bei Panikstörungen ergaben sich keine überzeugenden Behandlungsergebnisse. Durch die Zulassung bestimmter Antidepressiva (Paroxetin, Sertralin, Escitalopram, Venlafaxin), Opipramol und Pregabalin als Mittel bei generalisierten Angststörungen hat Buspiron an Bedeutung verloren. Eine Langzeiteinnahme wie bei einem SSRI ist zudem nicht ratsam, die dreimal tägliche Einnahme für viele Patienten unbequem.
Opipramol Opipramol (Insidon®), ein trizyklisches Piperazinylderivat, ist ein Anxiolytikum zur Behandlung generalisierter Angststörungen und somatoformer Störungen. Die Substanz hat eine milde antagonistische Wirkung auf Dopaminrezeptoren, hemmt aber die neuronale Rückaufnahme von Serotonin und Noradrenalin nicht. Klinisch hat die Substanz neben beruhigend-entspannenden und Angst lösenden Wirkeigenschaften eine leicht antidepressive, stimmungsaufhellende Wirkung.
Neuroleptika
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Die thymoleptische Wirkung des Mittels dürfte auf dem selektiven Dopaminantagonismus beruhen. Im Vergleich zu Benzodiazepinen fehlen ein muskelentspannender sowie ein direkter schlafanstoßender Effekt. Ähnlich wie bei Antidepressiva ist der Wirkungseintritt nicht so rasch wie bei Benzodiazepinen. Die Tagesdosis ist je nach Bedarf 50-200 mg (Hauptdosis abends). Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 6-9 Stunden. Häufige Nebenwirkungen sind: Müdigkeit, Mundtrockenheit, Schwindel, allergische Hautreaktionen, Benommenheit, Kopfschmerzen, Appetitmangel, Unruhe, Verstopfung, Übelkeit, verschwommenes Sehen.
Hydroxyzin Hydroxyzin (Atarax®), ein bereits älteres Antihistaminikum (blockierende Wirkung an H1-Rezeptoren), wird aufgrund seiner anxiolytischen und sedierenden Wirkung auch bei Angst- und Spannungszuständen, emotional bedingten Unruhezuständen sowie Ein- und Durchschlafstörungen eingesetzt. Es gibt Hinweise auf Wirksamkeit bei der generalisierten Angststörung. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt ca. 20 Stunden, der maximale Plasmaspiegel wird nach 2 Stunden erreicht. Die Tagesdosis beträgt je nach Bedarf 37,5-75 mg bzw. 50-150 mg, aufgeteilt auf 2-3 Einzelgaben (mit der höchsten Dosis abends). Alkohol verstärkt die Wirkung. Häufige Nebenwirkungen sind: Benommenheit, Schwindel, Müdigkeit, Mundtrockenheit, Kopfschmerzen.
Pregabalin Aus der Gruppe der Antiepileptika wird hier nur kurz auf den später ausführlicher beschriebenen Kalziumkanalmodulator Pregabalin (D/Ö: Lyrica®) hingewiesen, der in den letzten Jahren als Anxiolytikum anerkannt wurde (zur Behandlung der generalisierten Angststörung). Es bestehen auch Hinweise auf Wirksamkeit bei sozialen Phobien.
Neuroleptika Klassische Neuroleptika wirken auf das dopaminerge System ein und blockieren einen bestimmten Subtyp der postsynaptischen Dopaminrezeptoren (Dopamin2-Rezeptoren). Sie üben dadurch eine antipsychotische Wirkung aus und sind daher wirksame Medikamente zur Behandlung schizophrener Psychosen. Niedrig potente Neuroleptika oder hoch potente Neuroleptika in niedriger Dosierung wurden und werden nach wie vor von zahlreichen Psychiatern in Deutschland und Österreich (im Gegensatz zu den USA) – begründet mit der Abhängigkeitsgefahr bei suchtgefährdeten Personen – als Alternative zu Tranquilizern verordnet, da sie dämpfend wirken und nicht abhängig machen. Die klassischen Neuroleptika besitzen keine unmittelbar Angst lösende Wirkung. Angstgetönte motorische Unruhezustände können durch dämpfende Neuroleptika zwar rasch gemildert werden, die subjektiv erlebbare Angst lösende Wirkung bleibt jedoch erheblich hinter derjenigen von Benzodiazepinen und Antidepressiva zurück, während das Risiko von Nebenwirkungen größer ist. Die im deutschen Sprachraum weit verbreitete Neuroleptanxiolyse mithilfe klassischer Neuroleptika ist wegen der Nebenwirkungen und wegen des Vorhandenseins zahlreicher besserer Möglichkeiten obsolet.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Tab. 25: Häufige klassische Neuroleptika nach Potenz (Ausmaß der D2-Blockade) [30] Neuroleptische Potenz Niedrig potente Neuroleptika schwächere D2-Blockade geringe antipsychotische Wirkung bei starker Sedierung Mittel potente Neuroleptika
Hoch potente Neuroleptika starke D2-Blockade antipsychotische Wirkung ohne Sedierung (bei Angstpatienten in niedriger Dosis)
Chemische Bezeichnung Chlorprothixen Levomepromazin Melperon Thioridazin Perazin Triflupomazin Zuclopenthixol Flupentixol Fluphenazin Fluspirilen Haloperidol Perphenazin Pimozid
Handelsname Truxal® (D/Ö) Nozinan® (Ö), Neurocil® (D) Buronil® (Ö), Eunerpan® (D) Melleril® (D/Ö) Taxilan® (D) Psyquil® (D/Ö) Ciatyl-Z® (D), Cisordinol® (Ö) Fluanxol® (D/Ö) Dapotum® (D/Ö), Lyogen® (D) Imap® (D) (niedrige Dosis: Imap® 1,5) Haldol® (D/Ö) Decentan® (D/Ö) Orap® (D/Ö)
Die klassischen Neuroleptika sind bei Angstpatienten nicht angezeigt wegen der auch in niedriger Dosis größeren Nebenwirkungen als bei Tranquilizern (z.B. extrapyramidale Symptomatik, d.h. Parkinson-Syndrom, weiters Bewegungsstörungen, Krämpfe, Sitz-, Steh- und Gehunruhe, erhebliche Gewichtszunahme, Speichelfluss, Libidoverlust, funktionelle Sexualstörungen, Blutbildschäden, hormonelle Störungen, ständige Müdigkeit, psychomotorische Verlangsamung, Konzentrationsstörung) und wegen der bei einer Langzeittherapie nicht ausschließbaren negativen Folgen (irreversible Spätdyskinesien, d.h. unwillkürliche Bewegungen der Zungen-, Mund- und Gesichtsmuskulatur, Grimassieren, bizarre Körperbewegungsstörungen). Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft rät vom Neuroleptikaeinsatz bei Angst- und Spannungszuständen ab. Selbst in der Schizophrenie-Behandlung werden die besser verträglichen atypischen Neuroleptika bevorzugt: Amisulpirid (Solian®), Aripiprazol (Abilify®), Clozapin (Leponex®), Olanzapin (Zyprexa®), Quetiapin (Seroquel®), Risperidon (Risperdal®), Serdintol (Serdolect®), Ziprasidon (Zeldox®), Zotepin (Nipolept®). Die klassische Substanz Sulpirid (Dogmatil®, Meresa®) hat Ähnlichkeiten mit den atypischen Neuroleptika. Nach ersten Hinweisen können die Präparate Zyprexa®, Seroquel® und Risperdal® bei Zwangsstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen als Zusatztherapie neben den primär indizierten Antidepressiva hilfreich sein (Zyprexa® ist auch wirksam bei generalisierter Angststörung, Seroquel® bei generalisierter Angststörung und Panikstörung). Die Wirksamkeit von Olanzapin (Zyprexa®), Quetiapin (Seroquel®) und Risperidon (Risperdal®) bei Angststörungen beruht auf der Blockade von 5-HT2A-Rezeptoren. Benkert und Hippius weisen in ihrem Standardwerk „Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie“ darauf hin, dass man auch bei den atypischen Neuroleptika das Nebenwirkungsrisiko berücksichtigen müsse, z.B. die Gewichtszunahme unter Zyprexa®. Es seien primär Antidepressiva und zusätzlich therapeutische Alternativen (Psychotherapie, Pregabalin) zu bevorzugen; erst bei Nicht-Ansprechen seien atypische Neuroleptika indiziert. Konventionelle Neuroleptika sollten wegen ihrer typischen Nebenwirkungen keine routinemäßige primäre Verwendung bei der Behandlung von Menschen mit Angststörungen finden. Wörtlich schreiben die Autoren [31]: „Hochpotente, nicht oder kaum sedierende Antipsychotika wie Fluspirilen, Flupentixol oder Fluphenazin als „Minor Tranquilizer“ sollten bei Angststörungen wegen der Gefahr von EPS (Anmerkung: extrapyramidale Symptomatik) und Spätdyskinesien nicht mehr gegeben werden.“
Antidepressiva
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Antidepressiva Angstpatienten mit depressiver Symptomatik als Folge der Angststörung werden durch eine längerzeitige (mehrmonatige) Einnahme von Antidepressiva oft handlungsfähiger. Antidepressiva sind bei der Behandlung von Angststörungen überhaupt die bedeutsamste medikamentöse Alternative zu Benzodiazepinen. Sie haben einen Angst und Anspannung lösenden Effekt und machen nicht abhängig. Sie können in geringeren oder höheren Dosen 3-12 Monate oder länger als Dauermedikation verwendet werden. Sie sind nicht sporadisch oder punktuell, sondern kontinuierlich einzunehmen. Antidepressiva wirken erst nach 1-3 Wochen regelmäßiger Einnahme Angst lösend, stimmungsaufhellend bzw. dämpfend. Im stationären Bereich können Infusionen den Wirkungseintritt mitunter beschleunigen. Während der ersten 2-3 Wochen treten bei 25-30% der Patienten Nebenwirkungen auf, die insbesondere Panikpatienten an ihre gefürchteten Symptome erinnern, weshalb die Medikamente nicht selten abgesetzt werden: Übelkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstörungen, Zittern, Herzrasen, Angstgefühle, Unruhe, Nervosität u.a. Nebenwirkungen treten bei empfindlichen Personen, zu denen viele Panikpatienten gehören, insbesondere auch dann auf, wenn die angestrebte Wirkdosis nicht langsam steigend eingenommen wird. Eine „einschleichende Medikation“ ist unbedingt zu empfehlen, z.B. alle 3-4 Tage Steigerung in Schritten von 5, 10 bzw. 25 mg (je nach SSRIMedikament unterschiedlich). Im weiteren Behandlungsverlauf können medikamentenspezifische Nebenwirkungen auftreten. Die Nebenwirkungen sind am stärksten bei den trizyklischen Antidepressiva (TZA) und am geringsten bei selektiven SerotoninWiederaufnahmehemmern (SSRI). Zur Verminderung der möglichen Nebenwirkungen (z.B. übermäßige Sedierung) sollten trizyklische Antidepressiva zur Angstbehandlung am besten täglich nur einmal, und zwar abends, eingenommen werden, da sie wegen der relativ langen Halbwertszeit auch am nächsten Tag noch voll wirksam sind. Wegen der Vorteile der SSRI sind die für Krankenkassen relativ billigen Trizyklika nicht mehr die Mittel der ersten Wahl bei Angststörungen (auch nicht mehr bei Depressionen). Das spätere Absetzen der Antidepressiva muss langsam-stufenweise erfolgen („ausschleichend“ über mehrere Wochen), um panikähnliche Nebenwirkungen zu vermeiden. Antidepressiva machen nicht abhängig, daher treten auch keine Entzugserscheinungen auf, bei plötzlichem Absetzen (z.B. wegen vermeintlicher Unwirksamkeit oder wegen des Beginns einer Psychotherapie) ist jedoch mit folgenden Absetzerscheinungen zu rechnen: innere Unruhe und Anspannung, Reizbarkeit, Missgestimmtheit, Angstzustände, vegetative Symptome (z.B. Übelkeit, Magen-Darm-Störungen, Schwindel, Bewegungsstörungen, Schlafstörung). Angstpatienten erhalten folgende Antidepressiva (chemische Substanz in Klammer): 1. Trizyklische Antidepressiva (Amitriptylin, Imipramin, Clomipramin) 2. MAO-Hemmer: Reversible Monoaminoxidase-A-Hemmer (RIMA: Moclobemid) 3. SSRI Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin, Citalopram, Escitalopram) 4. NaSSA Noradrenalin-Serotonin-selektive Antidepressiva (Mirtazapin) 5. SNRI Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (Venlafaxin, Duloxetin, Milnacipran) 6. NARI Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (Reboxetin) 7. SRE Serotonin-Wiederaufnahmeverstärker (Tianeptin) 8. Serotonin-Modulatoren (Trazodon)
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Tab. 26: Antidepressiva zur Behandlung von Angststörungen [32] Antidepressivaklasse
Chemische Substanz
Handelsname (Markenpräparat fett)
Indikation und Wirkung
Mögliche Nebenwirkungen
Trizyklische Antidepressiva
Amitriptylin
Deutschland: Saroten® Amineurin® Amioxidneuraxpharm® Amitriptylin Firmenname Equilibrin® Syneudon®
Agitiertängstliche Depressionen zuerst dämpfend und Angst lösend, später stimmungsaufhellend
Mundtrockenheit, Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, Hypotonie, orthostatische Dysregulation, Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Übelkeit, Verstopfung, Kopfschmerzen, Verschwommensehen, Harnverhalten, Appetitsteigerung, Gewichtszunahme, Sexualstörungen, Libidoverlust, Menstruationsstörungen, reduziertes Reaktionsvermögen
agitiertängstlichdepressive Syndrome Depressionen Angstneurosen Angst- und Spannungszustände, psychosomatische Beschwerden zuerst dämpfend und Angst lösend, später stimmungsaufhellend
Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit, Zittern, Hypotonie, orthostatische Dysregulation, Herzrasen, Schwitzen, Mundtrockenheit, Verstopfung, Appetitsteigerung, Gewichtszunahme, Störungen beim Harnlassen, Kopfschmerzen, Gangunsicherheit, Beinödeme, Verschwommensehen, reduziertes Reaktionsvermögen, Sexualstörungen, Menstruationsstörungen
gehemmtdepressive Syndrome Depressionen Panikattacken generalisierte Angststörung zuerst aktivierend und antriebssteigernd, später stimmungsaufhellend
Mundtrockenheit, Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Hypotonie, Herzrasen, Schwitzen, Verstopfung, Gewichtszunahme, Zittern, Verschwommensehen, Mundtrockenheit, Gangunsicherheit, Blasenstörung, reduziertes Reaktionsvermögen, Libidoverlust, Menstruationsstörungen
(Halbwertszeit: 10-21 Stunden; Metabolit: 30 Stunden)
Österreich: Saroten® Tryptizol® Doxepin (Halbwertszeit: 12 Stunden; Metabolit: 25-51 Stunden)
Deutschland: Sinquan® Aponal® Doneurin® Doxepin Firmenname Doxe TAD® Mareen® Österreich: Sinequan® Doxepin Firmenname
Imipramin (Halbwertszeit: 7-26 Stunden)
Deutschland: Tofranil® ImipraminFirmenname Österreich: Tofranil®
Antidepressiva
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Antidepressivaklasse
Chemische Substanz
Handelsname (Markenpräparat fett)
Indikation und Wirkung
Mögliche Nebenwirkungen
Trizyklische Antidepressiva
Clomipramin
Deutschland: Anafranil® Clomipramin Firmenname
gehemmtdepressive Syndrome Depressionen mit Angstzuständen oder Agitiertheit Panikattacken Zwangsstörungen Phobien zuerst aktivierend und antriebssteigernd später stimmungsaufhellend
Mundtrockenheit, Zittern, Benommenheit, Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit, Brechreiz, Appetitsteigerung, Gewichtszunahme, Verstopfung, Harnverhalten, Schwitzen, Hypotonie, Herzrasen, Verschwommensehen, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Gangunsicherheit, Menstruationsstörungen, Libidoverlust, funktionelle Sexualstörungen
Depressionen Angst, Hemmung und Organbeschwerden ängstlichgehemmte Depressionen Zwangsstörung soziale Phobie psychomotorisch aktivierend, Angst lösend
Müdigkeit, Benommenheit, orthostatische Hypotonie, Schwindel, Kopfschmerzen, Unruhe- und Erregungszustände, Schwitzen, Zittern, Schlafstörung, Appetitsteigerung, Unverträglichkeit mit vielen Medikamenten, Unverträglichkeit von Tyramin-hältigen Nahrungsmitteln (bei Missachtung Gefahr einer hypertonen Blutdruckkrise)
Depressionen soziale Phobie hebt die Stimmung und die psychomotorische Aktivität lindert Dysphorie, Erschöpfung, Antriebsund Konzentrationsprobleme
Übelkeit, Schlafstörung, Angst, Unruhe, Mundtrockenheit, Verstopfung, Herzrasen, Blutdruckabfall, Hautausschläge, Magen-DarmBeschwerden, Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Schwitzen, wegen möglicher Komplikationen (hypertone Blutdruckkrise, Hautreaktionen) sollte keine Kombination mit Serotonin-Wiederaufnahmehemmern erfolgen
(Halbwertszeit: 16-36 Stunden Metabolit: etwas länger)
MAO-Hemmer
Tranylcypromin (MAOHemmer, 1. Generation) (Halbwertszeit: 1-3 Stunden; jedoch längere Wirkung)
Moclobemid (MAOHemmer, 2. Generation) (Halbwertszeit: 16 Stunden)
Österreich: Anafranil® Clomicalm®
Deutschland: Jatrosom N®
Österreich: nicht mehr im Handel
Deutschland: Aurorix® Moclobemid Firmenname Moclobeta® Österreich: Aurorix® Moclobemid Firmenname
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Antidepressivaklasse
Chemische Substanz
Handelsname (Markenpräparate fett)
Indikation
Mögliche Nebenwirkungen
Selektive SerotoninWiederaufnahmehemmer
Citalopram
Deutschland: Cipramil® Citalopram Firmenname CitaLich® Citalon® Citalogamma Futuril®
Depressionen Panikstörung mit und ohne Agoraphobie soziale Phobie Zwangsstörung
Übelkeit, Brechreiz, Völlegefühl, Kopfschmerzen, Schwitzen, Mundtrockenheit, Durchfall, Verstopfung, Schwächegefühl, Schläfrigkeit, innere Unruhe, Bewegungsunruhe, Schwindel, Angst- und Erregungszustand Schlafstörung
Depressionen Panikstörung mit und ohne Agoraphobie soziale Phobie generalisierte Angststörung Zwangsstörung
Übelkeit, Schwindel, Appetitlosigkeit, Durchfall, Verstopfung, vermehrtes Schwitzen, Einschlafstörung, Sexualstörungen (Ejakulationsstörungen, Libidominderung, Orgasmusstörungen und bei Frauen)
Depressionen Zwangsstörung Panikstörung posttraumatische Belastungsstörung Bulimie
Übelkeit, Mundtrockenheit, Brechreiz, innere Unruhe, Bewegungsunruhe, Angst- und Erregungszustand, Nervosität, Herzklopfen, Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Appetitverlust, Gewichtsabnahme, Schwächegefühl, Benommenheit, Schwindel, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Schlafstörungen, allergische Hautausschläge, Schwitzen, Zittern, sexuelle Funktionsstörungen
(Halbwertszeit: 19-45 Stunden)
Österreich: Seropram® Citalopram Firmenname Citalostad® Eostar® Pram® Escitalopram
Deutschland: Cipralex®
(Halbwertszeit: 30 Stunden) Österreich: Cipralex® Escitalopram Firmenname Fluoxetin (Halbwertszeit: 2-3 Tage; Metabolit: 7-9 Tage)
Deutschland: Fluctin® Fluoxetin Firmenname Fluoxe Q LuoxeLich® Fluoxgamma® Fluox-Puren® Fluxet®
Österreich: Fluctine® Fluoxetin Firmenname Felicium® Floccin® Fluoxibene® Fluoxistad® Flux® Fluxomed® Mutan® Nufluo® Positivum®
Antidepressiva
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Antidepressivaklasse
Chemische Substanz
Handelsname (Markenpräparate fett)
Indikation
Mögliche Nebenwirkungen
Selektive SerotoninWiederaufnahmehemmer
Fluvoxamin
Deutschland: Fevarin® Fluvoxamin Firmenname FluxoHEXAL
Depressionen Zwangsstörung Panikstörung soziale Phobie Binge-EatingStörung Bulimie
Übelkeit, Brechreiz, Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, innere Unruhe, Bewegungsunruhe, Angst- und Erregungszustände, Kopfschmerzen, Zittern, Blutdruckabfall, Mundtrockenheit, Schwitzen, Durchfall, Verstopfung, verzögerte Ejakulationen, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, Reaktionszeitbeeinträchtigung
Depressionen Panikstörung mit und ohne Agoraphobie soziale Phobie generalisierte Angststörung posttraumatische Belastungsstörung Zwangsstörungen
Übelkeit, Brechreiz, Schwindel, Unruhe, Bewegungsunruhe, Angst- und Erregungszustände, Zittern, Schlafstörungen, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Schwitzen, Sexualstörungen
Depressionen Panikstörung mit und ohne Agoraphobie soziale Phobie generalisierte Angststörung Zwangsstörung posttraumatische Belastungsstörung
Übelkeit, Brechreiz, Durchfall, Mundtrockenheit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, Zittern, Schwitzen, Ejakulationsverzögerungen
(Halbwertszeit: 17-22 Stunden)
Österreich: Floxyfral®
Paroxetin (Halbwertszeit: 24 Stunden)
Deutschland: Seroxat® Paroxetin Firmenname Paraxalon® ParoLich® Paroxat® Tagonis® Österreich: Seroxat® Paroxetin Firmenname Allenopar® Dropax Ennos® Parocetan® Paroxat® Stiliden®
Sertralin (Halbwertszeit: 25-28 Stunden)
Deutschland: Zoloft® Sertralin Firmenname Sertra-ISIS® Sertralon® Sertra-Q 50 Österreich: Gladem® Tresleen® Sertralin Firmenname Adiuvin Sertrapel
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Antidepressivaklasse
Chemische Substanz
Handelsname (Markenpräparate fett)
Indikation
Mögliche Nebenwirkungen
NoradrenalinSerotoninselektive Antidepressiva (NaSSA)
Mirtazapin
Deutschland: Remergil® Mirtazapin Firmenname
Depressionen soziale Phobie Zwangsstörung Angstsyndrome
Mundtrockenheit, Schläfrigkeit, Sedierung, Verstopfung, Appetit- und Gewichtszunahme
Depressionen mit und ohne begleitende Angstzustände soziale Phobie generalisierte Angststörung Panikstörung mit und ohne Agoraphobie Zwangsstörungen, posttraumatische Belastungsstörungen
Übelkeit, Schwindel, Müdigkeit, Verstopfung, Durchfall, Verdauungsbeschwerden, dosisabhängiger Blutdruckanstieg, Asthenie, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Agitiertheit, Zittern, Mundtrockenheit, Sexualstörungen (Ejakulationsstörungen, Impotenz, Libidoverlust)
Depressionen möglicherweise auch bei Ängsten
Schwindel, Schwitzen, Angst, Übelkeit, Dysurie, Kopfschmerz, Mundtrockenheit, Magen-Darmbeschwerden, Verstopfung
Depressionen generalisierte Angststörung Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie Fibromyalgie
Übelkeit, Appetitverminderung, Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Durchfall, Angst, Nervosität, Agitiertheit, Schwindel, Tremor, Durchfall, Verstopfung, Hitzewallungen, vermehrtes Schwitzen, Muskelsteifigkeit, sexuelle Funktionsstörungen Mundtrockenheit, Schwindel, Verstopfung, Schwitzen, Kopfschmerz, Schlaflosigkeit, Übelkeit, Tachykardie
(Halbwertszeit: 20-40 Stunden)
Österreich: Remeron® Mirtrazapin Firmenname Mirtabel® Mirtabene® Mirtaron® Mirtel® SerotoninNoradrenalinWiederaufnahmehemmer (SNRI)
Venlafaxin (Halbwertszeit: 3-12 Stunden)
Deutschland: Trevilor® Trevilor® retard Venlafaxin Firmenname Venlasan® Österreich: Efectin® Efectin® ER Venlafaxin Firmenname Venaxibene Venlafab
Milnacipran (Halbwertszeit: 8 Stunden)
Duloxetin
Deutschland: Nicht erhältlich Österreich: Dalcipran® Ixel® Deutschland Cymbalta Österreich: Cymbalta
NoradrenalinWiederaufnahmehemmer (NARI)
Reboxetin (Halbwertszeit: 12 Stunden)
Deutschland: Edronax® Solvex® Österreich: Edronax®
Depressionen Panikstörung soziale Phobie Fibromyalgie
Antidepressiva
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Antidepressivaklasse
Chemische Substanz
Handelsname (Markenpräparate fett)
Indikation
Mögliche Nebenwirkungen
SerotoninWiederaufnahmeverstärker (SRE)
Tianeptin
Deutschland: Nicht erhältlich
Depressionen ängstlichdepressive Zustandsbilder Somatisierung von Depression und Angst
Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Somnolenz, Angst, Übelkeit, Mundtrockenheit, Schwindel, Verstopfung, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen
SerotoninModulatoren
Trazodon
Ängstlichdepressive Syndrome Angstsyndrome im Rahmen von Depressionen sedierend Angst lösend
Dämpfung, Müdigkeit, Schwindel, Blutdrucksenkung, orthostatische Hypotonie, ventrikuläre Extrasystolen, „weiche Knie“, Kopfschmerzen, Mundtrockenheit, Unruhe, Übelkeit, Verdauungsbeschwerden, Libidosteigerung
(Halbwertszeit: 2,5 Stunden)
(Halbwertszeit: 4-14 Stunden)
Österreich: Stablon®
Deutschland: Thombran® Trazodon Firmenname Österreich: Trittico® Trittico® retard
Trizyklische Antidepressiva Bis zu 90% aller depressiven Patienten leiden unter Angstzuständen. Zu ihrer Behandlung wurden früher trizyklische Antidepressiva eingesetzt, in den letzten Jahren haben sich jedoch die nebenwirkungsärmeren Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) durchgesetzt, sodass der Einsatz der Trizyklika gegenwärtig immer mehr auf Spezialfälle (z.B. Therapieresistenz unter SSRI) beschränkt ist. Die Bezeichnung „trizyklisch“ weist auf die Drei-Ring-Struktur dieser Antidepressiva hin. Alle trizyklischen Antidepressiva („Trizyklika“) hemmen bzw. reduzieren die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin in die präsynaptischen Nervenendigungen und bewirken zusätzlich in therapeutischer Dosierung durch ihre Affinität zu synaptischen Rezeptoren wie den Histamin-H1-Rezeptoren, den adrenergen (alpha1)Rezeptoren und cholinergen Rezeptoren relativ starke Nebenwirkungen. Trizyklika hemmen eher die Noradrenalin-Wiederaufnahme in den präsynaptischen Rezeptor. Die Noradrenalinerhöhung in den Synapsen bewirkt eine Stimmungs- und Antriebssteigerung sowie eine Verstärkung der blutdruckerhöhenden Noradrenalineffekte, aber auch Nebenwirkungen wie z.B. Erektions- und Ejakulationsstörungen, Zittern und Vigilanzveränderungen. Wegen der Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmung können in den ersten zwei Wochen Unruhe, Erregung und panikähnliche Zustände auftreten. Unter den Trizyklika hat Clomipramin (Anafranil®) die stärkste SerotoninWiederaufnahmehemmung. Die neueren Antidepressiva (SSRI) wirken selektiver und führen zu einer stärkeren Hemmung der Serotonin-Wiederaufnahme. Von allen trizyklischen Antidepressiva haben die Substanzen Amitriptylin und Doxepin den stärksten sedierenden Effekt, weshalb sie oft zur dämpfenden Behandlung bei Ängsten, Erregtheit und Unruhe eingesetzt werden. Die frühere Annahme, stärker sedierende Substanzen hätten eine bessere Angst lösende Wirkung, hat sich nicht bestätigt.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Je nach Art der Angststörung werden unterschiedliche Trizyklika verordnet: 1. Clomipramin (Anafranil®). Unter den trizyklischen Antidepressiva hat sich Clomipramin seit Jahrzehnten in der Behandlung von Panik- und Zwangsstörungen bewährt, insbesondere wegen der im Vergleich zu den anderen Trizyklika deutlich höheren Serotonin-Wiederaufnahmehemmung. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 16-60 Stunden, der maximale Plasmaspiegel wird nach 3-4 Stunden erreicht (RetardPräparat: 5-8 Stunden). Die Tagesdosis beträgt 100-150 mg (zu Beginn 25-75 mg), bei Zwangsstörungen bis zu 300 mg. 2. Imipramin (Tofranil®). Der amerikanische Psychiater Donald Klein erkannte 1962 die Wirksamkeit von Imipramin in der Behandlung von Panikattacken. Es besteht eine etwa gleich starke Wiederaufnahmehemmung von Serotonin und Noradrenalin. Der antipanische Effekt setzt nach etwa 3-5 Wochen, der antiphobische Effekt nach ca. 2-3 Monaten ein. Laut Studien sollte bei Panikstörungen Imipramin der Vorzug gegenüber Clomipramin gegeben werden. In Vergleichsstudien erreichte Imipramin nach einigen Wochen die gleiche Wirksamkeit wie der Tranquilizer Alprazolam (D: Tafil®, Ö: Xanor®), die Nebenwirkungsrate war jedoch höher. Es bestehen dieselben Nebenwirkungen wie bei anderen Trizyklika. Daher empfiehlt sich zu Behandlungsbeginn eine Tagesdosis von 10 oder 25 mg und eine langsame Steigerung (täglich um 10 mg oder alle 2-4 Tage um 25 mg). Die Tagesdosis ist 100-150 mg (bei Zwängen bis 300 mg). In einer Studie bewirkte Imipramin 150 mg/Tag nach 8 Wochen bei Panikpatienten eine Erhöhung der Herzfrequenz und des Blutdrucks, was bei sensiblen Patienten zu beachten ist. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 11-25 Stunden, der maximale Plasmaspiegel wird nach 2,2 Stunden erreicht. 3. Amitriptylin (D: Saroten®, Amineurin®, Syneudon®, Ö: Saroten®, Tryptizol®). Die Substanz wirkt bei Agitiertheit und Unruhe und wird auch bei generalisierten Angststörungen verschrieben. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 10-28 Stunden, der maximale Plasmaspiegel wird nach 1-5 Stunden erreicht. Die anxiolytischsedierende Wirkung tritt daher oft schon nach 1-2 Stunden ein, spätestens nach einer Woche. Wenn dies – wie bei vielen Patienten – nicht der Fall ist, ist auch später keine Wirkung zu erwarten. Die Tagesdosis beträgt je nach Bedarf 50-150 mg (anfangs 3-mal 10 bzw. 25 mg pro Tag), bei höherer Dosis treten meist die typischen Nebenwirkungen der trizyklischen Antidepressiva auf. 4. Doxepin (D: Sinquan®, Mareen®, Aponal®, Doneurin®, Ö: Sinequan®). Chemisch dem Amitriptylin ähnlich, wird bei 50-150 mg/Tag eine Angst lösende Wirkung erwartet. Nach Vergleichsstudien besteht eine Gleichwertigkeit mit Benzodiazepinen. Niedrig dosierte Trizyklika (vor allem Amitriptylin und Doxepin) werden öfter (ohne entsprechende Studienbelege) bei generalisierter Angststörung eingesetzt. Bei Panikstörungen wurde aus der Gruppe der Trizyklika vor allem die Wirkung von Imipramin (Tofranil®) belegt. Bei spezifischen und sozialen Phobien ohne Begleitdepression sind trizyklische Antidepressiva nicht indiziert, es liegen daher kaum Studien vor. Trizyklika müssen mindestens 4-8 Wochen lang eingenommen werden, bevor ihre Wirkung verlässlich beurteilt werden kann. Laut Studien besteht ohne gleichzeitige Verhaltenstherapie bei Absetzen des Mittels – ähnlich wie bei SSRI – eine hohe Rückfallsgefahr. Alle trizyklischen Antidepressiva binden mehr oder weniger stark an serotonerge, histaminerge, adrenerge und cholinerge Rezeptoren und weisen dadurch typische Nebenwirkungen auf. In Abhängigkeit von der jeweiligen Rezeptorblockade finden sich folgende typische Nebenwirkungen:
Antidepressiva
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z Antiserotonerge Nebenwirkungen. Die Blockade der Serotonin-Wiederaufnahme in die präsynaptischen Nervenendigungen bewirkt vermehrte Angst- und Unruhezustände, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Völlegefühl, Schlafstörungen, Gewichtszunahme und Sexualstörungen. z Antinoradrenerge Nebenwirkungen. Die Blockade der Noradrenalin-Wiederaufnahme in die präsynaptischen Nervenendigungen kann zu Sedierung, Zittern, Unruhe, niedrigem Blutdruck, Herzrasen, Erektions- oder Ejakulationsstörungen führen. z Antiadrenerge Nebenwirkungen. Die Blockade von alpha1-adrenergen Rezeptoren verstärkt die Wirkung von Antihypertonika (blutdrucksenkenden Medikamenten) und bewirkt oft Schwindel, orthostatische Hypotonie und Reflex-Tachykardie. z Antihistaminerge Nebenwirkungen. Die Blockade von Histamin-H1-Rezeptoren verstärkt die Wirkung zentralnervös dämpfender Wirkstoffe und führt zu Benommenheit, Sedierung (Dämpfung therapeutisch oft erwünscht), Gewichtszunahme und Hypotonie. Die dämpfenden trizyklischen Antidepressiva (z.B. Amitriptylin, Doxepin, Mianserin) sind starke Antagonisten der Histamin-H1-Rezeptoren. z Anticholinerge Nebenwirkungen. Die Blockade von Acetylcholinrezeptoren (Muskarinrezeptoren) hat Nebenwirkungen auf das periphere Nervensystem: Mundtrockenheit (Durstgefühl), Austrocknung der Schleimhäute, Schwitzen, Schwindel (insbesondere am Morgen nach dem Aufstehen), Sehstörungen (Verschwommensehen), Erhöhung des Augeninnendrucks, Appetit- und Gewichtszunahme, Verstopfung, Harnverhalten, besonders gefährlich ist jedoch die Dämpfung der Herztätigkeit in Verbindung mit einer Blutdrucksenkung (kann bei ohnehin niedrigem Blutdruck Panikattacken begünstigen), Verlangsamung der Überleitung im Herzen (Herzrhythmusstörungen als Folge der verlangsamten Erregungsüberleitung) und Herzrasen (Sinustachykardie). Bedenklich sind die anticholinergen Nebenwirkungen auf das Zentralnervensystem, die sich in Form von kognitiven Störungen äußern können (Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, der Konzentration und des Gedächtnisses, besonders problematisch im Verkehr und Beruf sowie bei älteren Personen, die oft ohnehin bereits leichte Merkfähigkeitsstörungen aufweisen), aber auch in Form von Müdigkeit, Unruhe, feinschlägigem Fingerzittern und verwaschener Sprache. z Antidopaminerge Nebenwirkungen. Die Blockade von Dopamin-D2-Rezeptoren bewirkt möglicherweise Parkinson-ähnliche Bewegungsstörungen (Zittern), endokrine Veränderungen und bei Männern sexuelle Funktionsstörungen. Trizyklische Antidepressiva können zur Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit, der Reaktionsgeschwindigkeit und des Gedächtnisses führen. Dies hängt einerseits mit den anticholinergen Effekten und andererseits mit dem sedierenden Effekt bestimmter Substanzen wie Amitriptylin und Doxepin zusammen. Trizyklika können auch das Blutbild ungünstig verändern, sodass regelmäßige Blutbildkontrollen angezeigt sind; sie können allergische Ausschläge, Juckreiz und Ödeme verursachen, haben nicht selten potenziell gefährliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und verstärken die Alkoholwirkung. Trizyklische Antidepressiva haben folgende Vor- und Nachteile [33]: „Ein Vorteil der Trizyklika gegenüber Benzodiazepinen und Neuroleptika besteht darin, dass sie nicht zu Abhängigkeitsentwicklungen und Spätdyskinesien führen. Gleichwohl müssen mögliche andere unerwünschte Wirkungen bedacht werden. Zu erwähnen sind vor allem Blutzellschädigungen, Leberund Nierenfunktionsstörungen sowie vor allem vielfältige zentrale und periphere vegetative Begleitwirkungen. Die bisweilen kritiklose Anwendung von Benzodiazepinen und Neuroleptika darf daher nicht durch eine kritiklose Anwendung von Trizyklika bei generalisierten Angststörungen ersetzt werden.“
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Autoren wie Laux [34] warnen ebenfalls davor, eine problematische Langzeitbehandlung mit Benzodiazepinen unkritisch durch eine solche mit Antidepressiva oder Neuroleptika zu ersetzen, da auch diese oft unerwünschte Effekte haben können. Wegen der anticholinergen Nebenwirkungen und der möglicherweise gefährlichen Folgen für das Herz-Kreislauf-System (vor allem bei Überdosierung und gezielten Selbstmordversuchen, die wegen der kardialen Nebenwirkungen oft tödlich ausgehen können) werden die trizyklischen Antidepressiva bei der Behandlung von Angststörungen zunehmend durch die selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) ersetzt. Sie behalten jedoch in speziellen Fällen weiterhin ihre Bedeutung, z.B. bei erwünschter stärkerer Dämpfung im stationären Rahmen sowie als Einschlafhilfe, da die SerotoninWieder-aufnahmehemmer keinen ausreichend sedierenden Effekt haben. Namentlich handelt es sich dazu um die Substanzen Amitriptylin (Saroten®) und Doxepin (D: Sinquan®, Ö: Sinequan®), die jedoch zunehmend durch andere, neuere dämpfende Antidepressiva ersetzt werden, vor allem Trazodon (D: Thombran®, Ö: Trittico®) und Mirtazapin (D: Remergil®, Ö: Remeron®).
MAO-Hemmer (Monoaminooxydase-Hemmer) Monoaminooxydase-Hemmer hemmen das Enzym Monoaminooxydase (MAO), insbesondere den Typ MAO-A, der die Neurotransmitter Noradrenalin, Dopamin und Serotonin metabolisiert (verstoffwechselt) und steigern dadurch die Mengen dieser Transmitter in den präsynaptischen Nervenendigungen. Infolgedessen können mehr Transmittermoleküle in den synaptischen Spalt freigesetzt werden, wenn die Nerven stimuliert werden. Man unterscheidet zwei Typen von MAO-Hemmern: 1. Irreversible, nicht-selektive MAO-Hemmer (MAO-Hemmer der 1. Generation) mit der Substanz Tranylcypromin (D: Jatrosom®; in Ö nicht mehr im Handel). 2. Reversible, selektive MAO-A-Hemmer (MAO-Hemmer der 2. Generation, RIMA) mit der Substanz Moclobemid (Aurorix®).
Irreversible, nicht-selektive MAO-Hemmer Irreversible, nicht-selektive Hemmer der Monoaminoxidase A und B wie Tranylcypromin (D: Jatrosom N® , Ö: nicht mehr auf dem Markt) sind heutzutage praktisch bedeutungslos, weil aufgrund verschiedener Einschränkungen nur ein enggesteckter klinischer Einsatzbereich möglich ist: strenge Diätvorschriften (keine Tyramin-hältigen Nahrungsmittel und Getränke, d.h. Verbot von gereiftem Käse, fermentierten Würsten, getrockneten Früchten, Schokolade, Alkohol), keine Zusatzmedikation wegen möglicher Wechselwirkungen (z.B. bei Sympathomimetika), Einhaltung von Umstellungszeiten nach anderen Medikamenten. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer dürfen wegen der potenziell tödlichen Interaktion keinesfalls gleichzeitig oder unmittelbar davor eingenommen werden. Die Nichtbeachtung dieser Umstände führt zu einem lebensbedrohlichen Blutdruckanstieg (hypertensive Krise). Die ambulante Tagesdosis beträgt 20-40 mg (verteilt auf 1-3 Einnahmezeitpunkte), stationär bis 60 mg. Empfohlen wird am Anfang eine einschleichende und am Ende eine ausschleichende Dosierung. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 1,5-3 Stunden, der maximale Plasmaspiegel wird nach 0,5-3 Stunden erreicht.
Antidepressiva
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Reversible, selektive MAO-A-Hemmer Reversible, selektive MAO-A-Hemmer (RIMA: Reversible Inhibitoren der Monoaminooxidase A) sind derzeit nur in Form der Substanz Moclobemid (D/Ö: Aurorix®) auf dem Markt. Moclobemid hemmt hochselektiv und in reversibler Weise die MAO-A und macht Diätvorschriften wegen der normalen Tyramin-Verstoffwechselung überflüssig (außer dem Verzicht auf ein Übermaß an gereiftem Käse und der empfohlenen Einnahme am Ende der Mahlzeiten). Es bestehen auch nur mehr wenige Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. In der Praxis ist Folgendes wichtig: MAO-Hemmer dürfen nicht in Kombination mit SSRI, die den Serotoninspiegel steigern, verschrieben werden, weil dadurch Komplikationen auftreten können (z.B. Hyperthermie, Konfusion, Hyperreflexie, Myoclonus). SSRI und auch Clomipramin müssen vorher ausgeschlichen sein, beim Umstieg auf SSRI muss das Mittel zwei Wochen vorher abgesetzt werden. Moclobemid hemmt den präsynaptischen Abbau von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin und erhöht damit die Verfügbarkeit dieser Neurotransmitter im synaptischen Spalt. Die oft bereits nach einer Woche einsetzende Verbesserung der Stimmung und der psychomotorischen Aktivität führt zur Reduktion von Symptomen wie Dysphorie, Erschöpfung, Antriebsmangel und Konzentrationsschwierigkeiten. Obwohl ein sedierender Effekt fehlt, kommt es auch zu einer Besserung der Schlafqualität. Die selektive Hemmung der MAO-A gilt als ein wichtiger Faktor zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen, weil Noradrenalin und Serotonin bei Menschen fast ausschließlich durch MAO-A katabolisiert werden und Störungen der noradrenergen und serotonergen Neurotransmission als Angst und Depression erzeugend angesehen werden. Das Mittel wirkt häufig dort, wo Trizyklika und SSRI nicht ansprechen. Die Substanz ist zugelassen zur Behandlung von Depressionen und Sozialphobien. In einer umfangreichen Studie wurde die Wirksamkeit bei der sozialen Phobie nachgewiesen. Insgesamt haben sich jedoch in weiteren Studien die erhofften positiven Wirkungen bei der Sozialphobie nicht erfüllt, sodass mittlerweile die SSRI die Mittel der ersten Wahl auch bei sozialen Phobien sind. Wegen der aktivierenden, antriebssteigernden Eigenschaften liegt der Hauptanwendungsbereich der RIMA bei ängstlichgehemmten depressiven Zuständen. Eine dämpfende Wirkung ist nicht gegeben. Die Wirkung bei Panikstörungen ist unzureichend nachgewiesen, wenngleich sie durch Effizienzstudien mit irreversiblen, selektiven MAO-Hemmern indirekt belegt ist. Es gibt auch keine kontrollierten Behandlungsergebnisse für generalisierte Angststörungen. Die Substanz ist somit in ihrer Wirksamkeit für Angststörungen, ausgenommen die Sozialphobie, noch nicht bestätigt (entsprechend den üblichen Forschungskriterien). Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 2-7 Stunden, die Dauer der MAO-Hemmung 14-24 Stunden. Die Tagesdosis beträgt anfangs 300 mg (sofortige Dosierung ohne Einschleichen), nach einer Woche kann eine Steigerung auf 600 mg erfolgen. 600 mg sind laut einer Studie wirksamer als 300 mg. Bei einer Sozialphobie wird eine Zieldosis von 600 mg/Tag empfohlen. Es treten eher wenige Nebenwirkungen auf, vor allem deutlich weniger vegetative bzw. anticholinerge Symptome. Es erfolgt keine zentrale Dämpfung und somit keine kognitive Beeinträchtigung. Mögliche Nebenwirkungen sind: Herzrasen, Schwindel, Schlafstörung, Agitiertheit, Erregung, Reizbarkeit, innere Unruhe, Nervosität, verstärktes Angstgefühl, Zittern, Mundtrockenheit, Hautreaktionen (Jucken), Übelkeit, Durchfall, Verstopfung, Magenbrennen, Kopfschmerzen, Schwächegefühl, Parästhesien.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Die derzeit sechs selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI: selective serotonin reuptake inhibitors) Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin, Citalopram und Escitalopram hemmen die normalerweise rasch erfolgende Wiederaufnahme des Neurotransmitters Serotonin in den präsynaptischen Teil der Synapse serotonerger Neurone, indem sie die entsprechenden Rezeptoren besetzen, wodurch im synaptischen Spalt mehr Serotonin zur Verfügung steht. SSRI bewirken also eine Vermehrung von Serotonin im synaptischen Spalt durch Hemmung der Wiederaufnahme in die Präsynapse und stimulieren gleichzeitig auch alle drei postsynaptischen Serotoninrezeptoren. SSRI wirken Angst lösend, ohne dämpfend zu sein, während das trizyklische Antidepressivum Amitriptylin (Saroten®, Amineurin®, Tryptizol®) Angst lösend und gleichzeitig recht dämpfend wirkt. Bei akuter Verabreichung von SSRI setzt die Blockade rasch ein. Bei regelmäßiger Einnahme kommt es zu adaptiven Veränderungen an den prä- und postsynaptischen Serotoninrezeptoren, die der Grund dafür sind, dass diese Substanzen bei Depressionen oft erst nach 2-4 Wochen, bei Zwangsstörungen gar erst nach 8 bzw. 10-12 Wochen therapeutisch wirksam sind. Neuere Studien mit anfangs rascher Dosissteigerung haben allerdings ergeben, dass im Vergleich zur Placebobehandlung bereits nach einer Behandlungswoche eine leichtere, aber signifikante Symptomreduktion eintreten kann. SSRI sollten über einen Zeitraum von 6-12 Monaten regelmäßig eingenommen werden, bei Zwangsstörungen viel länger. Die Serotoninerhöhung hat eine antipanische, stimmungs- und antriebssteigernde Wirkung, hemmt möglicherweise den Appetit (wirkt also im Vergleich zu anderen Antidepressiva wenig appetitanregend), bewirkt am ehesten eine vorübergehende Übelkeit und dämpft manchmal die Libido und die sexuelle Funktionsfähigkeit (Orgasmusprobleme, Ejakulationsverzögerung). Serotonerge Neurone sind im Zentralnervensystem besonders im limbischen System lokalisiert, das mit der Steuerung emotioneller Reaktionen in Verbindung steht. Die serotonergen Systeme haben Bahnen zum Locus coeruleus (= noradrenerge Neurone) und auch zur Substantia nigra (dopaminerg), sodass Serotonin als Komodulator von Noradrenalin und Dopamin angesehen wird. Ein Mangel an Serotonin und Noradrenalin in den Synapsen bzw. ein neurochemisches Ungleichgewicht zwischen Serotonin, Noradrenalin und Dopamin werden nach den gängigen biologischen Theorien als mögliche Ursachen bestimmter Depressionen angesehen. Eine Serotonin-Dopamin-Balance-Störung wird auch bei Zwängen angenommen. Die Wirksamkeit der SSRI ist mittlerweile bereits – je nach Substanz – für alle wichtigen Angststörungen belegt. Trotz der Gemeinsamkeiten zwischen den SSRI bestehen auch Unterschiede, die noch kaum erforscht sind. Bei Unwirksamkeit einer Substanz kann daher der Umstieg auf einen anderen SSRI durchaus zum erwünschten Effekt führen. SSRI haben wegen der fehlenden anticholinergen, antihistaminergen und antiadrenergen Nebenwirkungen ein vergleichsweise günstiges Nebenwirkungsprofil. SSRI sind wegen der geringeren Nebenwirkungen, der geringeren Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, der relativen Risikoarmut bei Überdosierung (im Falle eines Selbstmordversuchs keine kardiotoxische Wirkung) und der fehlenden Verstärkung von Alkohol sowohl den Tranquilizern als auch den anticholinerg wirkenden trizyklischen Antidepressiva vorzuziehen. SSRI sind aufgrund der hohen Entwicklungskosten allerdings viel teurer als Tranquilizer und trizyklische Antidepressiva.
Antidepressiva
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SSRI bewirken keine vegetativ-anticholinerge Symptomatik (keine Mundtrockenheit, keine Gewichtszunahme usw.) und keine Herz-Kreislaufbeschwerden (keine Beeinflussung von Blutdruck und Herzrhythmus) wie Trizyklika. Wegen der fehlenden Sedierung muss bei Bedarf ein Tranquilizer oder ein dämpfendes Antidepressivum (Amitriptylin, Doxepin, Trazodon, Mianserin, Mirtazapin) zusätzlich verabreicht werden (abends zur Vermeidung möglicher Nebenwirkungen). Am ehesten werden Trizyklika bei einer SSRI-Therapie zur Schlafverbesserung verabreicht. In diesem Fall sollte ein SSRI gewählt werden, der wenige Interaktionen aufweist, z.B. Sertralin. Mögliche Nebenwirkungen der SSRI in den ersten 2-4 Wochen: Übelkeit, Brechreiz, Durchfall, Appetitminderung, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, Schwitzen, innere Unruhe (Agitiertheit), Angst- und Erregungszustände, Sexualstörungen (Ejakulationsverzögerung bei Männern, Orgasmus- oder Libidoprobleme bei Frauen). Sexuelle Nebenwirkungen kommen bei Fluvoxamin seltener vor. Es kommt zu Nebenwirkungen durch die indirekte Stimulation der Rezeptorsubtypen: 5-HT2A: Ängstlichkeit, Agitiertheit, sexuelle Funktionsstörungen, 5-HT2C: Appetitminderung, Reizbarkeit, sexuelle Funktionsstörungen, 5-HT3: Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen. Unter Fluoxetin und Paroxetin sind auch extrapyramidale Nebenwirkungen möglich (Akathisie: Sitz-, Steh- und Bewegungsunruhe; Dyskinesien: Bewegungsstörungen). Fluoxetin kann in höherer Dosis zu einer (oft erwünschten) Gewichtsabnahme führen. Subjektiv kann anfangs vor allem das „Jitteriness“-Syndrom (Zustand von Ängstlichkeit und Nervosität) belastend sein. Die Nebenwirkungen können durch eine einschleichende, langsam ansteigende Medikation verhindert oder reduziert werden, d.h. in der ersten Woche wird am besten nur die halbe Dosis (5, 10 bzw. 25 mg) eingenommen. Als zentrales „Serotonin-Syndrom“ bei SSRI und Venlafaxin (auch bei serotonerg wirksamen trizyklischen Antidepressiva) bezeichnet man die serotonerge Überaktivität in Form des gleichzeitigen Auftretens von mindestens drei der folgenden Nebenwirkungen: Erregung, Verwirrtheit, Hypomanie, Tremor, Myoklonien, Hyperreflexie, Rigor, Ataxie, Hyperaktivität, Hypo- oder Hyperthermie, Tachykardie, Schüttelfrost, Schweißausbrüche, Durchfall. Das Serotonin-Syndrom, das überwiegend innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Einnahme eines SSRI auftritt, kommt vorwiegend bei einer Kombinationstherapie mit einen anderen Psychopharmakon vor. Nach umfangreichen Erhebungen in den USA wurde (nach Placebobereinigung) Nausea (Übelkeit) als die häufigste SSRI-Nebenwirkung festgestellt, mit Häufigkeiten von 26,0% bei Fluvoxamin, 16,4% bei Paroxetin, 14,3% bei Sertralin und 11,0% bei Fluoxetin. Durchfall (8,4%) und Mundtrockenheit (7,0%) plagen vor allem Depressive mit Sertralin-Einnahme. Ejakulationsstörungen ergaben sich am häufigsten bei Sertralin (13,3%) und Paroxetin (12,9%). Die oft erwünschte Nebenwirkung Gewichtsverlust trat mit 6,4% der Fälle bei Fluoxetin am häufigsten auf. Libido- und Ejakulationsstörungen kommen bei Sertralin rund 6-mal häufiger vor als bei Fluoxetin. Extrapyramidalmotorische Störungen treten nur sehr selten auf, am ehesten bei Paroxetin. Bei allen SSRI kann plötzliches Absetzen 1-10 Tage (im Mittel 3 Tage) später zu typischen Absetzeffekten führen, die durchschnittlich 7-14 Tage anhalten, wie groß angelegte Erhebungen in England und Australien ergaben. Es handelt sich dabei um keine Entzugssymptome wie bei Benzodiazepinen, da SSRI nicht abhängig machen. Es zeigen sich nur jene Veränderungen, die auftreten, wenn das Psychopharmakon durch das plötzliche Absetzen nicht mehr auf den Rezeptor wirken kann. In Abgrenzung zu den Entzugssymptomen bei Tranquilizern spricht man von Absetzeffekten oder einem Absetzsyndrom, weil danach die ursprünglichen Symptome wieder auftreten.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Vorübergehend können auch Entzugssymptome im Sinne bisher unbekannter Symptome auftreten, die durch neuerliche Einnahme des SSRI bald wieder verschwinden. Diese Forschungsergebnisse haben dazu geführt, dass viele Patienten eine große Angst vor einer Abhängigkeit von SSRI entwickelt haben, was unbegründet ist. Bei 45% der englischen Patienten traten neurologische Symptome auf (Schwindel, Kopfschmerzen, Parästhesien). Bei 25% ergaben sich gastrointestinale und andere somatische Beschwerden, z.B. bei 10% Übelkeit, bei manche Patienten Erbrechen oder Mundtrockenheit. Bei 23% traten neuropsychiatrische Zustände und Verhaltensstörungen auf, z.B. bei 4% Schwächegefühle, bei anderen Reizbarkeit oder Angstzustände, bei 5% Schlafstörungen (Schlaflosigkeit, lebhafte Träume). Beachtliche 16% bezeichneten die Ausprägung der Absetzsymptome als stark. Die Absetzeffekte sind naturgemäß stärker bei jenen SSRI, die eine kürzere Halbwertszeit haben (z.B. Paroxetin, Fluvoxamin) als bei jenen SSRI, die eine längere Halbwertszeit aufweisen (Fluoxetin). Bei Paroxetin wurden in England die mit 5,1% häufigsten Absetzeffekte festgestellt, was u.a. mit der kurzen Halbwertszeit und dem fehlenden aktiven Metaboliten zusammenhängen dürfte. Bei den anderen SSRI ergaben sich nur sehr geringe Absetzeffekte (0,06-0,9%), die geringsten bei Fluoxetin wegen der langen Halbwertszeit der Muttersubstanz und des aktiven Metaboliten Norfluoxetin (6-9 Tage). Eine australische Studie kam zu ähnlichen Befunden. Demnach waren Schwindel, Übelkeit, Lethargie, Parästhesien (Körpermissempfindungen), Albträume, Reizbarkeit und Stimmungsveränderungen die häufigsten Absetzsymptome. Die geringen Absetzeffekte bei Fluoxetin und Sertralin wurden durch die längere Eliminationshalbwertszeit beider Substanzen erklärt. Zusammenfassend gesehen können beim Absetzen von SSRI folgende Symptome auftreten: Schwindel, Kopfschmerzen, Parästhesien (Körpermissempfindungen), Gleichgewichtsstörungen, Ataxie (Schwäche), Zittern, Augenzucken, Tinnitus (Ohrgeräusche), Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Muskelschmerzen, Schlafstörungen (Schlaflosigkeit, lebhafte Träume), Angstzustände, Reizbarkeit, Aggressionen, Hyperaktivität. Gelegentlich sind auch Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie Depressionen zu finden. Bei neuerlicher Einnahme eines SSRI-Antidepressivums verschwinden die Absetzsymptome innerhalb von 1-2 Tagen. Beim Absetzen eines SSRI ist daher auf ein langsames Ausschleichen zu achten. Ungünstige Effekte einer medikamentösen Kombinationstherapie wurden bisher noch zu wenig beachtet. Für die Behandlungspraxis bedeutsam ist der Umstand, dass SSRI (insbesondere Fluoxetin, Fluvoxamin und Paroxetin) den Plasmaspiegel von gleichzeitig eingenommenen trizyklischen Antidepressiva auf den vier- bis sechsfachen Wert erhöhen und den serotonergen Effekt verstärken können, weshalb die Kombination von SSRI und Trizyklika riskant ist. SSRI blockieren je nach Präparat in unterschiedlicher Weise das Enzym Cytochrom P450, über dessen Wirksystem viele andere Medikamente abgebaut werden. Dieser Umstand kann die Wirkung anderer Medikamente vervielfachen, sodass die Gefahr einer toxischen Plasmakonzentration bei einem anderen eingenommenen Psychopharmakon besteht, weshalb von einer unkontrollierten Einnahme abzuraten ist. Sertralin, Citalopram und Escitalopram weisen die geringsten Interaktionen mit dem CytochromP450-System auf, d.h. sie lassen sich besser als andere SSRI mit anderen Psychopharmaka kombinieren und werden daher häufig bei Kombinationstherapien eingesetzt. SSRI dürfen wegen der (an sich seltenen) Gefahr eines Serotonin-Syndroms auch nicht mit MAO-Hemmern (z.B. Moclobemid: Aurorix®) kombiniert werden.
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Bei SSRI bestehen auch Placeboeffekte: Depressive Patienten, die auf eine SSRITherapie sehr früh ansprachen (im Sinne eines antizipierten Placeboeffekts), profitierten bei einer Langzeittherapie von Placebo, während Patienten mit einem anfänglich verzögerten Ansprechen zur Rückfallsvorbeugung ein Antidepressivum benötigten. Wenn depressive Patienten also schon sehr früh auf SSRI ansprachen, machte es keinen Unterschied, ob sie bei einer Langzeittherapie ein Placebo oder einen SSRI erhielten. Die derzeit auf dem Markt befindlichen sechs SSRI (Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin, Citalopram, Escitalopram) werden im Folgenden näher dargestellt, weil sie bei Angstpatienten gegenwärtig als die Mittel der ersten Wahl gelten. Die Verordnung von SSRI-Antidepressiva stieg zwischen 1997 und 2006 um fast 700 Prozent an.
Fluoxetin Fluoxetin (D: Fluctin®, Ö: Fluctine®, USA: Prozac®) war der erste SSRI auf dem Markt (in den USA seit 1988). Neben dem Originalpräparat gibt es – wie bei anderen SSRI – mittlerweile zahlreiche Generika, d.h. Medikamente, die auch andere Firmen erzeugen dürfen, weil der Patentschutz erloschen ist. Prozac® wurde in den USA durch ein Buch, das zum Bestseller wurde, als „Glückspille“ bekannt, was nicht zutreffend ist. Gesunden Menschen geht es nach Einnahme dieser Substanz nicht besser, sondern schlechter. Fluoxetin hat die Zulassung für Depressionen, Zwangsstörungen und Bulimia nervosa. Bei Panikstörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen besteht ebenfalls Wirksamkeit. Eine Dosis von 20 mg/Tag ist meist ausreichend, bei Zwangsstörungen ist eine langsame Steigerung auf 40-60 mg/Tag empfehlenswert. Wenn nach 10 Wochen keine Besserung der Zwänge einsetzt, sollte ein Wechsel auf eine andere Substanz erwogen werden. Bei Panikpatienten sollte mit einer Einschleichdosis von 10 mg begonnen werden. Fluoxetin wirkt stimmungsaufhellend ohne Tagesmüdigkeit. Die Eliminationshalbwertszeit der Muttersubstanz beträgt 4-6 Tage, des Metaboliten Norfluoxetin 4-16 Tage. Dies ist viel länger als bei allen anderen SSRI und hat Vorund Nachteile. Die sehr lange Wirkungsdauer verhindert zwar Rückfälle bei unregelmäßiger Medikamenteneinnahme bzw. Symptome beim plötzlichen Absetzen, erschwert jedoch den raschen Umstieg auf ein anderes Mittel bei Wirkungslosigkeit der Substanz. Es bestehen keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Häufige Nebenwirkungen zu Behandlungsbeginn und bei höherer Dosierung sind: Appetitlosigkeit, (meist erwünschte) Gewichtsabnahme, Übelkeit (gelegentlich bis zum Erbrechen), Durchfall, vermehrtes Schwitzen, Angst, innere Unruhe und Erregungszustände (Agitiertheit), Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Tremor, Schwindel, sexuelle Funktionsstörungen (insbesondere Ejakulationsverzögerungen), Hautausschlag, Juckreiz, Herzklopfen. Bei trotz einschleichender Dosierung anhaltenden Erregungszuständen mit Unruhe, Angst, Desorientierung und Schlafstörungen muss das Präparat gewechselt werden. Bei Diabetikern ist eine Hypoglykämie möglich, nach dem Absetzen eine Hyperglykämie. Fluoxetin hemmt das Cytochrom P450IID6 Isoenzym, sodass die Wirkung aller Medikamente, die dadurch metabolisiert werden, erhöht wird (Dosisreduktion des anderen Mittels ist zu überlegen). Fluoxetin beeinflusst die Dopaminfunktion, was bei anderen SSRI nicht der Fall ist. Die Substanz stellt nicht das Mittel der ersten Wahl bei Angst- und Panikstörungen dar, weil die Wirksamkeit im Vergleich zu anderen SSRI weniger gut belegt ist. Bei einer placebokontrollierten Studie zeigte sich jedoch eine Verminderung der Panikattacken und der damit verbundenen Angstsymptome.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen Fluvoxamin
Fluvoxamin (D: Fevarin®, Ö: Floxyfral®) wirkt antidepressiv, zwangslindernd und Angst lösend. Das Mittel ist zugelassen zur Behandlung von Depressionen, Panikstörungen und Zwangsstörungen. Es wurde auch bei sozialer Phobie, Binge-EatingStörung und Bulimie als wirksam nachgewiesen. Die Substanz hat nicht jene Bedeutung und Verbreitung erlangt, wie dies bei den anderen SSRI der Fall ist. Die Tagesdosis beträgt in der 1. Woche 50 mg, ab der 2. Woche 100 mg, bei Bedarf später 150 mg, bei Zwangsstörungen 200-300 mg. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt ca. 20 Stunden. Es bestehen keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften. Häufige Nebenwirkungen sind zu Behandlungsbeginn und bei höherer Dosierung: Appetitlosigkeit, Übelkeit (gelegentlich mit Erbrechen), Durchfall, innere Unruhe und Agitiertheit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Tremor, Schwindel, Schwitzen, sexuelle Funktionsstörungen (insbesondere Ejakulationsverzögerung). Wegen verschiedener Interaktionsmöglichkeiten mit anderen Psychopharmaka und anderen Medikamenten ist eine gewissenhafte Verordnung und Überprüfung angezeigt.
Paroxetin Paroxetin (D/Ö: Seroxat®), das zu den selektivsten SSRI gehört, ist aufgrund vieler Studien zugelassen für Depressionen, Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie, soziale Angststörungen, generalisierte Angststörungen, posttraumatische Belastungsstörungen und Zwangsstörungen. Umfangreiches Datenmaterial belegt weiters, dass Paroxetin auch die Ängste im Rahmen einer depressiven Episode wirksam beseitigt (im Rahmen einer depressiven Episode treten bei mindestens 60-90% der Patienten auch Ängste auf). Bei Panikpatienten und Sozialphobikern ist eine einmalige Tagesdosis von 20 mg morgens ausreichend, bei Bedarf (bei Zwangsstörungen unbedingt) kann eine Steigerung auf 50-60 mg vorgenommen werden (Intervall der Dosissteigerung mindestens eine Woche). Zumindest bei Panikpatienten sollte zur Vermeidung bzw. Minimierung des Risikos einer möglichen Verschlechterung der Panikstörung anfangs mit einer subtherapeutischen Dosis von 10 mg/Tag begonnen werden und dann wöchentlich um jeweils 10 mg/Tag bis zur Zieldosis gesteigert werden. Bei einer Dosis von 40 mg ließ sich die Anzahl kompletter Panikattacken im Vergleich zu niedrigeren Dosierungen und zu Placebo am stärksten reduzieren. Der Rückgang der Angstsymptomatik setzt im Vergleich zu anderen Antidepressiva und Placebo bereits nach einer Woche ein. Bei einer Dosisfindungsstudie für Panikpatienten waren Dosen von 10 und 20 mg Paroxetin nicht bzw. nur wenig besser als Placebo, während 40 mg die beste Wirkung erbrachten. Häufige Nebenwirkungen zu Therapiebeginn sowie bei Dosissteigerung sind: sexuelle Funktionsstörungen (insbesondere verzögerte Ejakulation), Übelkeit, Brechreiz, Magen-Darmbeschwerden, Durchfall, Verstopfung, verminderter Appetit, Mundtrokkenheit, Schwitzen, Tremor, Unruhe, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Schwindel, erhöhte Cholesterinwerte (bei Herz-Kreislauf-Patienten besonders beachten!). Ein abruptes Absetzen sollte vermieden werden, weil vorübergehend bestimmte Symptome auftreten können, vor allem Benommenheit, sensorische Störungen, Schlafstörungen, Agitation, Ängstlichkeit, Übelkeit oder Schwitzen. Absetzphänomene sind stärker als bei anderen SSRI. Bei Kombination mit Trizyklika, Benzodiazepinen, Neuroleptika und Lithium kann ein vorher stabiler Plasmaspiegel stark ansteigen.
Antidepressiva
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Wie bei anderen SSRI sollte gleichzeitig keinesfalls ein MAO-Hemmer (Aurorix®) eingenommen werden (Abstand von 14 Tagen), weil es dadurch zu Erregung, Unruhe, Zittern, Herzrasen und gastrointestinalen Beschwerden wie Übelkeit oder Durchfall kommen kann. Paroxetin kann ein neuroleptisches malignes Syndrom auslösen. Paroxetin kann anfangs erregend und stimulierend wirken, z.B. in Form von Schlaflosigkeit, Nervosität und vermehrtem Antrieb. Bei Patienten mit Selbstmordgedanken, Erregung und Schlafstörung sollte daher anfangs zusätzlich ein beruhigendes bzw. schlafförderndes Mittel (ein dämpfendes Antidepressivum oder ein Tranquilizer in fallender Dosierung) verordnet werden. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt ca. 16 Stunden (8-30 Stunden), ein Steadystate-Plasmaspiegel wird nach ca. 7-14 Tagen erreicht. Paroxetin und Fluvoxamin haben eine kürzere Halbwertszeit als andere SSRI. Die belastenden anticholinergen und antihistaminergen Nebenwirkungen fehlen. Paroxetin weist unter den selektiven SerotoninWiederaufnahmehemmern die geringste Affinität zu den Histamin-H1-, alpha1- und cholinergen Rezeptoren auf. Paroxetin war lange Zeit neben Sertralin eines der häufigsten Mittel zur Behandlung von Panikstörungen und wird immer mehr zugunsten des wesentlich nebenwirkungsärmeren Escitalopram ersetzt. Die Substanz wirkt im Vergleich zu Fluoxetin schneller, stärker Angst lösend und weist höhere Ansprechraten auf. Paroxetin zeigte im Vergleich mit Clomipramin einen deutlich früheren Wirkungsbeginn und war nach 12 Wochen gleich wirksam bei weniger Nebenwirkungen als das trizyklische Antidepressivum. 1995 wurde die erste SSRI-Studie bei Panikpatienten (großteils mit Agoraphobie) vorgestellt, bei der Paroxetin und Placebo jeweils in Kombination mit einer kognitiven Therapie eingesetzt wurden. Dabei war die Kombination von Pharmakotherapie und kognitive Therapie der anderen Behandlungsform überlegen. Eine Reduktion um mindestens 50% der Panikattacken nach 3 Monaten war bei 82% der Paroxetin-Gruppe und bei 50% der Placebogruppe festzustellen. 1997 wurde eine in 11 Ländern durchgeführte Placebo- und Clomipramin-kontrollierte Doppelblindstudie veröffentlicht, die den Effekt von Paroxetin bei 367 Panikpatienten nach 3 Monaten erhob. Nach 3 Monaten hatten 50,9% der Paroxetin-Gruppe, 36,7% der Clomipramin-Gruppe und 31,6% der Placebogruppe keine Panikattacken mehr. Das Kriterium der Panikattackenreduktion um mindestens die Hälfte ergab in allen 3 Gruppen doppelt so hohe Erfolgswerte (76,1% vs. 64,5% vs. 60,0%). Paroxetin und Clomipramin waren gleich wirksam, allerdings wirkte Paroxetin rascher und hatte weniger Nebenwirkungen. Beachtlich ist der relativ hohe Placeboeffekt. In einer weiteren Erfolgsüberprüfung nach einem Jahr [35] wurden die in der Studie verbliebenen 176 Panikpatienten untersucht. Es handelt sich dabei um die erste längerfristige SSRI-Studie mit Placebokontrolle bei Panikstörungen. Insgesamt ergab sich eine weitere Besserung mit denselben bereits angeführten Effekten. Am Studienende hatten 85% der Paroxetin-Gruppe, 72% der Clomipramin-Gruppe und 59% der Placebogruppe keine Panikattacken mehr. Die Prozentwerte für eine Reduktion der Panikattacken auf die Hälfte betrugen bei den 3 Gruppen 98%, 92% bzw. 88%. Paroxetin erwies sich auch nach einem Jahr als wirksames, sicheres und gut verträgliches Mittel zur Behandlung von Panikstörungen. Trotz des Ausfalls zahlreicher PlaceboGruppenteilnehmer war bei verschiedenen Patienten auch noch nach einem Jahr eine anhaltende Placebowirkung feststellbar, obwohl Beratungsgespräche möglichst reduziert worden waren. Die Teilnahme an einer Studie stellt nach Auffassung der Autoren an sich bereits einen Placeboeffekt dar.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Drei placeobokontrollierte Studien mit insgesamt 566 Patienten mit generalisierter Angststörung bestätigten die Wirksamkeit bei generalisierter Angststörung nach achtwöchiger Behandlungsdauer. Die Wirksamkeit bei einer posttraumatischen Belastungsstörung ist empirisch ebenfalls als erwiesen anzusehen. Paroxetin ist auch bei Zwangsstörungen mindestens so gut wirksam wie die Referenzsubstanz Clomipramin. Nach 12 Wochen ergab sich bei über 50% der Zwangspatienten eine deutliche Reduktion der Zwangssymptomatik (nötige Dosis: 40-60 mg). Nach einem Behandlungsjahr konnte die nach 12 Wochen erreichte Besserung beibehalten bzw. gesteigert werden.
Sertralin Sertralin (D: Gladem®, Zoloft®, Ö: Gladem®, Tresleen®) ist ein hochselektiver SSRI zur Behandlung folgender Störungen: Depressionen (inklusive Rezidivprophylaxe depressiver Störungen und Depressionen in Begleitung von Angstzuständen), Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie, Zwangsstörungen (auch bei Kindern und Jugendlichen), generalisierte Angststörungen, soziale Phobien und posttraumatische Belastungsstörungen. Die Wirksamkeit ist durch zahlreiche Studien belegt. Die Standarddosis beträgt unabhängig vom Alter 50 mg pro Tag und kann bei Bedarf und guter Verträglichkeit um jeweils weitere 50 mg pro Woche auf die Zieldosis auf 100-200 mg erhöht werden, was vor allem bei Zwangspatienten angezeigt ist. Dosisfindungsstudien haben gezeigt, dass eine Tagesdosis von 50 mg in den meisten Fällen ausreichend ist. Diese Dosis entspricht auch der Erhaltungsdosis. Der Wirkungseintritt erfolgt relativ rasch, erste Effekte sind oft bereits nach einer Woche festzustellen. Sertralin weist für ein Antidepressivum recht günstige Eigenschaften auf: z langsame Absorption, z einmalige 50 mg Dosierung pro Tag, z von Beginn an ohne Einschleichen einnehmbar, während bei den anderen SSRI oft eine einschleichende Dosierung empfehlenswert ist, z dosisproportionale Plasmakonzentrationen, d.h. die Beziehung zwischen SertralinDosis und Sertralin-Plasmaspiegel ist – im Gegensatz zu anderen SSRI – über die gesamte therapeutische Dosierungsbreite von 50-200 mg pro Tag linear, z altersunabhängige Pharmakokinetik, d.h. bei älteren Menschen ist keine spezielle Dosisanpassung nötig, wie dies bei Citalopram und Paroxetin empfohlen wird, z keine klinisch relevante Metabolitenaktivität, z keine relevante Affinität zu cholinergen, histaminergen, serotonergen, dopaminergen, alpha1-, alpha2- oder beta-adrenergen Rezeptoren, auch nicht zu GABA- oder Benzodiazepinrezeptoren, z Eliminationshalbwertszeit von ca. 26 Stunden (Einmal-pro-Tag-Dosierung), z bei gleichzeitiger Einnahme anderer Medikamente kaum Wechselwirkungen. Sertralin hat im Vergleich zu Paroxetin, Fluoxetin und Fluvoxamin auch ein geringeres Interaktionsrisiko mit anderen Medikamenten. Es verträgt sich eher mit Trizyklika, Benzodiazepinen und Medikamenten für ältere Menschen. Häufige Nebenwirkungen zu Therapiebeginn und bei Dosissteigerung sind: Übelkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Durchfall, Mundtrockenheit, Tremor, Schwindel, Schlafstörungen, Müdigkeit, sexuelle Funktionsstörungen (insbesondere Ejakulationsverzögerung), vermehrtes Schwitzen, Dyspepsie, Kopfschmerzen.
Antidepressiva
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Sertralin hemmt nicht so stark wie andere SSRI den Abbau des Enzymsystems Cytochrom P450 (Isoenzym 2D6, aber auch Isoenzyme 2C9 und 2C10), das für den Abbau vieler Arzneimittel (auch Lebensmittel) zuständig ist, und verstärkt nicht in unkontrollierbarer Weise die Wirkung anderer gleichzeitig eingenommener Medikamente. Vergleichsstudien zwischen Sertralin und Fluoxetin ergaben, dass die Angstsymptomatik durch Sertralin tendenziell besser beeinflusst wurde als durch Fluoxetin. Bei einer deutschen 15-Wochen-Studie zum Vergleich von Sertralin (50-150 mg) und Paroxetin (40-60 mg) ergab sich die gleiche Wirksamkeit, jedoch eine bessere Verträglichkeit von Sertralin (keine Verschlechterung während der Ausschleichphase; ParoxetinPatienten erlebten beim Absetzen mehr Panikattacken und generell eher eine Verschlechterung des Zustandsbildes). In den USA wurden mehrere multizentrische, placebokontrollierte Doppelblindstudien mit einer Dosis von 50, 100 und 200 mg Sertralin durchgeführt. Die Studien dauerten zumeist 10-12 Wochen. Tab. 27 zeigt die hohe Wirksamkeit von Sertralin, aber auch die hohen Placeboeffekte. Tab. 27: Sertralin-Studien bei Panikpatienten Patientenzahl 177 168 88 176 152
Panikreduktion in der Sertralin-Gruppe 65% 77% 71% 79% 84%
Panikreduktion in der Placebogruppe 39% 51% 39% 59% 29%
Eine Meta-Analyse von 4 placebokontrollierten Doppelblindstudien bei Panikpatienten, die 407 Sertralin-Gruppenteilnehmer und 257 Placebo-Gruppenteilnehmer umfasste, ergab bei 69% der Sertralin-Gruppenteilnehmer und bei 47% (!) der Placebogruppenteilnehmer eine Reduktion der Panikattacken, aber auch der Erwartungsangst (67% vs. 50%). Die Besserungen durch die Sertralin-Behandlung zeigten sich auch anhand der Hamilton-Angst-Skala, anhand einer globalen Erfolgsbeurteilung u.a. Bei einer Studie an 320 Panikpatienten führte Sertralin im Vergleich zu Placebo zu weniger Panikattacken, weniger Erwartungsangst, weniger phobischer Vermeidung, geringerer soziale Beeinträchtigung, besserer sozialer, familiärer und beruflicher Funktionsfähigkeit, vermehrten Freizeitaktivitäten, besserer Stimmung u.a. Bei einer Studie mit fixen Dosierungen von 50, 100 und 200 mg/Tag waren 76% der Patienten nach 6 Wochen frei von Panikattacken. Dabei bestand kein Zusammenhang zwischen der Höhe der Dosierung und dem Zurückgehen der Panikattacken. Zwei placebokontrollierte Studien dokumentierten die Wirksamkeit von Sertralin in der Akutbehandlung der posttraumatischen Belastungsstörung, im Rahmen einer späteren Verlaufsuntersuchung zeigte sich eine stabile Besserung bei anhaltender Dauerbehandlung bis zur 36. Woche. Eine kanadische 20-Wochen-Muticenterstudie erbrachte die Wirksamkeit bei Patienten mit einer generalisierten Sozialphobie. Eine große Sertralin-Studie zur Behandlung von Zwangsstörungen in 11 amerikanischen Zentren bei insgesamt 324 Zwangspatienten ergab in der Sertralin-Gruppe gegenüber der Placebogruppe in allen Bereichen signifikante Verbesserungen bei verschiedenen Skalen. Nach einer Globalbeurteilung zeigten sich 52,8% der Sertralin-Gruppe und 35% der Placebogruppe „viel gebessert“ oder „sehr viel gebessert“.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Der im Vergleich zu früheren Studien wesentlich größere Placeboeffekt dürfte damit zusammenhängen, dass auch Patienten mit leichterer Zwangsstörung in die Studie aufgenommen wurden, von denen ein Teil auch ohne Medikament eine Besserung erreichte. Dies weist auf die Wirksamkeit von unspezifischen Therapieeffekten hin. Vier weitere Studien belegen ebenfalls den Behandlungseffekt von Sertralin bei Zwangsstörungen.
Citalopram Citalopram (D: Cipramil®, Ö: Seropram®) war vor Escitalopram, das von derselben Firma entwickelt wurde, der selektivste Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. Citalopram ist zugelassen zur Behandlung von Depressionen, Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie, soziale Phobien und Zwangsstörungen und zählte wegen der geringen Nebenwirkungen vor dem Erscheinen des Nachfolgepräparates Escitalopram zu den in der klinischen Praxis am meisten verschriebenen SSRI. Bei den meisten Angst- und Panikpatienten ist eine Zieldosis von 20-30 mg/Tag ausreichend, bei Zwangspatienten wird bei Verträglichkeit der Substanz eine Dosis bis zu 60 mg/Tag empfohlen. Bei manchen Panikpatienten treten anfangs verstärkte Angstsymptome auf. Diese paradoxe Zunahme der Angst ist in der ersten Behandlungswoche am stärksten und lässt im Laufe von zwei Wochen nach. Durch eine niedrige Anfangsdosis von 10 mg/Tag in der ersten Woche kann dies oft verhindert werden. Die Wirkung von Citalopram setzt schneller ein als die von Fluoxetin (maximaler Plasmaspiegel nach 3 Stunden). Der Steady-state-Plasmaspiegel wird innerhalb von 1-2 Wochen erreicht. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt ca. 33 Stunden. Das Medikament sollte ausschleichend abgesetzt werden (pro Woche 10 mg weniger). Citalopram beeinflusst die Wiederaufnahme von Noradrenalin, Dopamin und Gamma-Aminobuttersäure (GABA) nicht oder nur in geringem Maß. Im Gegensatz zu vielen trizyklischen Antidepressiva und einigen Serotonin-Wiederaufnahmehemmern zeigt Citalopram keine oder nur geringe Affinität zu einer Reihe von Rezeptoren wie 5-HT1ARezeptoren und 5-HT2-Rezeptoren, dopaminergen D1- und D2-Rezeptoren, Histamin H1-Rezeptoren, verschiedenen Adrenorezeptoren, muskarinischen cholinergen Rezeptoren sowie Benzodiazepin- und Opioid-Rezeptoren. Die fehlende Wirkung auf diese Rezeptoren erklärt das Fehlen von Nebenwirkungen wie z.B. Mundtrockenheit, Blasenund Darmstörungen, verschwommenes Sehen, Sedierung, Kardiotoxizität, orthostatische Hypotonie. Citalopram unterdrückt den REM-Schlaf, erhöht die Tiefschlafphase, bewirkt keine psychomotorische Verlangsamung und keine kognitive Beeinträchtigung und nur eine minimale Sedierung. Häufige Nebenwirkungen zu Therapiebeginn bzw. bei höherer Dosierung sind: Übelkeit (gelegentlich bis zum Erbrechen), Appetitlosigkeit, Durchfall, verstärkte Schweißneigung, innere Unruhe, Agitiertheit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Tremor, Schwindel und Zwangsgähnen, aber auch sexuelle Funktionsstörungen (insbesondere Ejakulationsverzögerungen, Orgasmusstörungen, Libidominderung). Geringe Interaktionen mit anderen Medikamenten sind möglich, die Komplikationen mit anderen Medikamenten sind jedoch geringer als bei Paroxetin. In einer großen Untersuchung an 401 Zwangspatienten wurde Citalopram auch als wirksames Mittel zur Behandlung der Zwangsstörung nachgewiesen. Die Wirksamkeit der Substanz war im Wesentlichen unabhängig von der Höhe der Dosierung (Tagesdosen von 20, 40 und 60 mg).
Antidepressiva
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Nach zwei offenen Studien und einer Placebo- und Clomipramin-kontrollierten Doppelblindstudie in 4 Ländern (Finnland, Schweden, Niederlande und Großbritannien) bei 475 Panikpatienten mit und ohne Agoraphobie besteht Wirksamkeit bei Panikstörungen [36]. Die Untersuchung des Dosiseffekts ergab folgende Befunde: 10-15 mg Citalopram waren nicht wirksamer als Placebo, während eine Dosis von 20-30 mg bzw. 40-60 mg der Placebobehandlung signifikant überlegen war. Mit 20-30 mg wurden sogar bessere Ergebnisse erzielt als mit einer höheren Dosis, d.h. die Standardbehandlung mit 20 mg ist meist ausreichend. Bei einer Vergleichsstudie an Panikpatienten war Citalopram nach 60 Tagen bei 86% wirksam und Paroxetin bei 84%.
Escitalopram Escitalopram (D/Ö: Cipralex®) ist der neueste und gleichzeitig stärkste selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, der eine Weiterentwicklung von Citalopram darstellt. Aus der einschlägigen Fachliteratur stammen folgende Informationen: Escitalopram ist das pharmakologisch wirksame Enantiomer des Citaloprams, eines so genannten Razemats. Citalopram ist ein Razemat aus einem rechtsdrehenden (R-) Enantiomer, das therapeutisch wirkungslos und sogar kontraproduktiv ist, und einem linksdrehenden (S-) Enantiomer, das für die therapeutische Wirksamkeit verantwortlich ist. Links- und rechtsdrehende Moleküle, die zueinander gleich sind, werden Enantiomere genannt, die zur Unterscheidung mit R und S gekennzeichnet sind. Als Razemat bezeichnet man das Gemisch der beiden Enantiomere. Durch die neuen Möglichkeiten der technischen Trennung der beiden Komponenten konnte das reine (S)-Citalopram entwickelt werden, das eine noch höhere Serotonin-Spezifität aufweist, bei bereits erheblich niedrigerer Dosierung wirkt und entsprechend weniger Nebenwirkungen hat. Escitalopram weist gegenüber Citalopram folgende Verbesserungen auf: Es erfolgt eine noch selektivere Serotonin-Wiederaufnahmehemmung; die Wirkung tritt deutlich früher ein; mehr Patienten sprechen darauf an und werden symptomfrei; die Substanz ist genauso gut verträglich wie Citalopram, sogar mit noch weniger Nebenwirkungen. Wegen der besseren Wirksamkeit bei relativ günstigem Preis möchte die Herstellerfirma Escitalopram durch das früher bewährte Citalopram sukzessive ersetzen. Escitalopram ist anerkannt zur Behandlung von Depressionen, Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie, Zwangsstörungen, generalisierten und sozialen Angststörungen. Gegenüber Venlafaxin-Retard-Präparaten 75-150 mg wirkte Escitalopram schneller und war gleich gut bei besserer Verträglichkeit. Einnahmeempfehlungen: in der ersten Woche 5 mg/Tag, danach 10 mg pro Tag, bei Bedarf später 20 mg/Tag (bei Zwängen 30 mg/Tag). Bei einer Eliminationshalbwertszeit von 30 Stunden reicht eine Tablette pro Tag aus. Der maximale Plasmaspiegel wird nach 4 Stunden erreicht. Das Wirkungsmaximum wird nach etwa drei Monaten erreicht. Die Einnahmedauer sollte bei erstmaligem Auftreten der Symptome mindestens mehrere Monate, eher jedoch 6 Monate und nach einem Rückfall sogar 12 Monate umfassen. Häufige Nebenwirkungen zu Behandlungsbeginn und bei höherer Dosierung: Übelkeit (gelegentlich bis zum Erbrechen), Appetitlosigkeit, Durchfall, Appetitlosigkeit, vermehrtes Schwitzen, innere Unruhe, Agitiertheit, Kopfschmerzen, Schwindel, Tremor, Einschlafstörung, sexuelle Funktionsstörungen (Ejakulationsverzögerung, Libidominderung, Orgasmusstörungen). Es gibt nur wenige Arzneimittelinteraktionen, sodass sich das Mittel gut zur Kombinationstherapie eignet.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Noradrenalin-Serotonin-selektive Antidepressiva (NaSSA) Mirtazapin Mirtazapin (D: Remergil®, Ö: Remeron®) hat eine tetrazyklische Struktur und ist das Nachfolgepräparat von Mianserin. Es ist ein noradrenerges und spezifisch serotonerges Antidepressivum (NaSSA) mit einem dualen Wirkmechanismus. Es werden die präsynaptischen adrenergen alpha2-Rezeptoren am noradrenergen Neuron (= Autorezeptor) und am serotonergen Neuron (= Heterozeptor) blockiert. Durch diese Rezeptorblockade wird ein Neurotransmittermangel vorgetäuscht. Im Sinne einer negativen FeedbackRegulation erfolgt eine vermehrte Freisetzung von Noradrenalin und Serotonin. Zusätzlich stimuliert das noradrenerge Neuron die nachgeschaltete serotonerge Nervenzelle, was die Serotonin-Freisetzung fördert. Die Aktivierung von Neuronen durch Serotonin über den Subtyp der 5-HT1A-Rezeptoren führt zur erwünschten antidepressiven und Angst lösenden Wirkung. Die unerwünschte Wirkung der Stimulierung der 5-HT1ARezeptoren (Mirtazapin ist ein H1-Rezeptoragonist) bewirkt Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Benommenheit, Mundtrockenheit und vor allem häufige Gewichtszunahme. Die gleichzeitige Blockierung der 5-HT2- und 5-HT3-Rezeptoren auf postsynaptischer Ebene, die gegenwärtig kein anderes Antidepressivum bewirkt, verhindert die typischen serotonergen Nebenwirkungen. Dadurch werden SSRI-Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall, Schlafstörungen und Sexualstörungen vermieden. Mirtazapin wirkt antidepressiv, schlaffördernd und Angst lösend. Es besteht zwar offiziell nur eine Indikation für depressive Erkrankungen, die Substanz wird jedoch auch jenen Angstpatienten verordnet, die gleichzeitig eine Sedierung benötigen, ohne dass deswegen Tranquilizer eingesetzt werden sollen. Die Tagesdosis beträgt 30 mg abends (beginnend mit 15 mg), bei Nichtansprechen wird auf 45 mg erhöht. Bei Hypotoniepatienten ist eine Verstärkung der Hypotonie bei Bedarf durch eine Dosisreduktion zu vermeiden. Das Mittel wird ausschleichend abgesetzt. Wirkungen und Nebenwirkungen beruhen auf folgenden Rezeptoreinwirkungen: z Die Blockade der präsynaptischen alpha2-Autorezeptoren bewirkt eine erhöhte Freisetzung von Noradrenalin und infolgedessen eine erhöhte noradrenerge Neurotransmission, was einen antidepressiven Effekt hat. z Die Blockade der präsynaptischen alpha2-Heterorezeptoren verhindert den hemmenden Effekt von Noradrenalin auf die Serotoninfreisetzung (Serotoninerhöhung). z Die agonistische Wirkung auf die alpha1-Adrenorezeptoren bewirkt eine Serotoninerhöhung (noradrenerge Neurone steuern die Impulsrate von serotonergen 5-HTNeuronen über alpha1-Adrenorezeptoren, die sich auf den 5-HT-Zellkörpern befinden, d.h. die Stimulation der alpha1-Adrenorezeptoren durch Noradrenalin führt zu einem Anstieg der Impulsrate der 5-HT-Neurone, was eine vermehrte Serotoninfreisetzung bewirkt). In seltenen Fällen kann sich dieser Mechanismus negativ als orthostatische Hypotonie, Reflextachykardie und Schwindel äußern. z Die spezifische Stimulation der 5-HT1A-Rezeptoren hat eine antidepressive und Angst lösende Wirkung. z Die Blockade der 5-HT2-Rezeptoren wirkt schlaffördernd und Angst lösend (eine 5-HT2-Stimulation bewirkt Agitiertheit, Nervosität, Schlaf- und Sexualstörungen). z Die Blockade der 5-HT3-Rezeptoren verhindert Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. z Die Blockade der Histamin-H1-Rezeptoren bewirkt eine erwünschte Sedierung, im negativen Fall Schläfrigkeit, Benommenheit und Gewichtszunahme (Hungergefühl).
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Mirtazapin wirkt relativ rasch (oft bereits in der ersten Woche) und hat eine nur leicht sedierende Wirkung, weil der aktivierende Noradrenalin-Effekt die sedierende Wirkung über die Histaminrezeptoren teilweise kompensiert. Anticholinerge, antiadrenerge und serotonerge Nebenwirkungen treten selten auf. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 20-40 Stunden (bis 65 Stunden möglich). Dies rechtfertigt die Empfehlung zur Einmalgabe. Der maximale Plasmaspiegel wird nach zwei Stunden, der Steady-statePlasmaspiegel nach 3-4 Tagen erreicht, danach erfolgt keine weitere Akkumulation. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Sedierung, Müdigkeit (manchmal „hang over“Effekt am nächsten Morgen), Appetit- und Gewichtszunahme (Heißhungerphasen), gelegentlich auch Mundtrockenheit, Verstopfung, Schwindel, orthostatische Hypotonie, Kopfschmerzen, akute Knochenmarksdepression. Wegen der möglichen Blutbildschädigung sind regelmäßige Laborkontrollen empfehlenswert. Das in der Praxis größte Problem stellt die oft relativ starke Gewichtszunahme dar. Die Beeinträchtigung von Wachheit, Aufmerksamkeit und Konzentration (vor allem in den ersten Wochen) ist bezüglich Verkehrstauglichkeit zu beachten. Anticholinerge Wirkungen fehlen. Mirtazapin verstärkt die Wirkung von Benzodiazepinen, was bei gleichzeitiger Einnahme zu beachten ist, und verstärkt auch die Wirkung von Alkohol, sodass eine strikte Alkoholabstinenz eingehalten werden muss. Mirtazapin ist bei viel weniger Nebenwirkungen gleich wirksam wie Amitriptylin, Clomipramin und Doxepin und wirksamer als Trazodon. Im Vergleich zu den SSRI fehlen Nebenwirkungen wie Übelkeit, und es zeigt sich ein (oft erwünschter) leicht sedierender Effekt. Mirtazapin führt zu keiner Hemmung metabolisierender Enzymsysteme (insbesondere Cytochrom P450), sodass ein eher geringes Interaktionspotenzial besteht.
Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) Venlafaxin (D: Trevilor®, Ö: Efectin®), Milnacipran (Ö: Dalcipran®, Ixel®, in D nicht auf dem Markt) und das relativ neue Duloxetin (Cymbalta®) sind spezifische SerotoninNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI specific serotonin and noradrenalin reuptake inhibitors); sie hemmen die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt ohne die Trizyklika-Wirkungen auf andere Rezeptorsysteme.
Venlafaxin Venlafaxin ist ein selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) (mit zusätzlicher schwacher Dopamin-Wiederaufnahmehemmung). Diesen Wirkmechanismus findet man auch bei Trizyklika wie Clomipramin oder Amitriptylin, jedoch weniger spezifisch, weshalb cholinerge Nebenwirkungen auftreten. Venlafaxin hemmt bei niedriger Dosis die Serotonin-, bei mittlerer Dosis zusätzlich die Noradrenalin- und bei hoher Dosis auch noch die Dopamin-Rückaufnahme aus dem synaptischen Spalt. Die Substanz wirkt stimmungsaufhellend und Angst lösend. Die Wirkung setzt in höherer Dosis im Vergleich zu SSRI schneller ein. Der Angst lösende Effekt erfolgt schnell, die stimmungsaufhellende Wirkung erst nach zwei Wochen. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 5 Stunden (Retard-Präparat: 14-18). Der maximale Plasmaspiegel wird nach 2-4 Stunden (retard: 8-9), die Steady-State-Dosis nach 3 Tagen erreicht.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Venlafaxin ist zugelassen mit der Indikation für Depressionen mit und ohne begleitende Angstsymptomatik (auch für Rezidivprophylaxe depressiver Störungen), generalisierte Angststörungen und soziale Phobien (nicht für Zwangsstörungen zugelassen). Die Angst lösende Komponente von Venlafaxin wurde auch bei depressiven Patienten mit gleichzeitiger Angstsymptomatik im Vergleich zu Fluoxetin und Placebo nachgewiesen. Das Mittel erzielt nach einer multizentrischen Studie über 6 Monate bei ambulanten Patienten mit einer generalisierten Angststörung auch dann gute Erfolge, wenn keine depressive Begleitsymptomatik besteht. Die häufige Komorbidität von Angststörung und Depression verschlechtert die Prognose, sodass eine effiziente Behandlung sehr wichtig ist. Venlafaxin stellt oft das Mittel der ersten Wahl dar, weil es den Vorteil hoher Wirksamkeit gegenüber beiden Erkrankungen in einem Präparat vereint. Die Tagesdosis beträgt 75-150 mg (beginnend mit 37,5 mg), auf 2-mal 75 mg verteilt, bei Bedarf Steigerung bis auf 225 mg. Wegen besserer Verträglichkeit sind Retardpräparate (D: Trevilor® retard, Ö: Efectin® ER) empfehlenswert. Venlafaxin hat im Vergleich zu Trizyklika weniger Nebenwirkungen, weil andere Transmittersysteme nicht wesentlich beeinflusst werden, oft zeigen sich jedoch mehr Nebenwirkungen als bei SSRI. Es besteht keine Affinität für cholinerge, H1-Histamin-, alpha1-adrenerge, Benzodiazepin-, Opiat-, N-methyl-d-Asparaginsäure (NMDA)- und Phenzyklidin (PCP)-Rezeptoren. Häufigkeit und Intensität der Nebenwirkungen nehmen im Verlauf der Behandlung und nach Reduktion der Dosis ab. Häufige Nebenwirkungen zu Behandlungsbeginn und bei Dosissteigerung: Übelkeit (gelegentlich mit Erbrechen), Durchfall, Appetitlosigkeit, vermehrter (nächtlicher) Schweiß, innere Unruhe, Agitiertheit, Angstzustände, Tremor, Nervosität, Sehstörungen, dosisabhängig Blutdruckanstieg und Herzbeschwerden, Schlafstörung, Parästhesien, Hautausschlag, sexuelle Funktionsstörungen. Ein sedierender Effekt fehlt.
Milnacipran Milnacipran (Ö: Ixel®, Dalcipran®, in D nicht auf dem Markt) hemmt selektiv die Wiederaufnahme von Serotonin und Noradrenalin, ohne direkt die postsynaptischen Rezeptoren zu beeinflussen. Das Mittel hat keine Auswirkungen auf die cholinergen Rezeptoren, die H1-Histaminrezeptoren, die dopaminergen Rezeptoren, die Benzodiazepin- und Opiatrezeptoren. Gegenüber Venlafaxin hemmt Milnacipran das serotonerge und das noradrenerge System in gleich starker Weise. Venlafaxin wirkt in niedriger Dosis wie ein SSRI, während die noradrenerge Komponente erst bei einer Tagesdosis von über 150 mg zum Tragen kommt. Milnacipran ist zugelassen zur Behandlung von Depressionen. Es gibt erste Hinweise auf Wirksamkeit bei Angststörungen. Die Substanz weist im Gegensatz zu den meisten SSRI und Trizyklika eine lineare Kinetik auf. Es besteht eine lineare Beziehung zwischen der verabreichten Dosis und der Plasmakonzentration. Kumulations- oder Sättigungsphänomene treten nicht auf. Es gibt keine dosisabhängige Wirkung auf die verschiedenen Transmittersysteme und keine Wechsel- und Nebenwirkungen wie bei den trizyklischen Antidepressiva. Die Substanz unterliegt keiner Biotransformation durch das Cytochrom P450-System. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören: Schwindel, übermäßiges Schwitzen, Angstzustände, Schlafstörungen, Hitzewallungen, Schwitzen, Dysurie, Übelkeit, Erbrechen, Mundtrockenheit, Verstopfung, Tremor, Herzklopfen, Agitiertheit, Hautausschlag. Gastrointestinale und sexuelle Nebenwirkungen sind seltener als bei den SSRI.
Antidepressiva
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Bei Angstpatienten kann Milnacipran wegen möglicher cholinerger Nebenwirkungen (z.B. Verstopfung, Übelkeit, vermehrtes Schwitzen, Tachykardie, Müdigkeit, Tremor) anfangs zu Agitation und Unruhezuständen führen, sodass folgendes Vorgehen zu empfehlen ist: Beginn mit 25 mg, Steigerung auf 50 mg nach drei Tagen, später Steigerung auf 100-200 mg. Die Wirksamkeit setzt nach 1-3 Wochen ein. Rezeptorbindungsstudien haben jedoch gezeigt, dass Milnacipran keine erhebliche Affinität zu cholinergen Rezeptoren aufweist. Wegen der kurzen Eliminationshalbwertszeit von ca. 8 Stunden ist eine zweimalige Einnahme pro Tag erforderlich. Nach mehrmaliger Gabe wird ein Steady-State-Plasmaspiegel nach 2-3 Tagen erreicht.
Duloxetin Duloxetin (D/Ö: Cymbalta®) ist ein neuerer Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer. Die Substanz ist zugelassen bei Depressionen, Schmerzstörungen (Schmerzen bei diabetischer Polyneurophathie, Fibromyalgie), generalisierter Angststörung und stressbedingtem Harnabgang (Harninkontinenz). Es besteht ein rascher Wirkungseintritt (nach einer Woche) bei einem günstigen Nebenwirkungsprofil, ohne bedeutsame Affinität für andere Rezeptoren (keine anticholinergen oder antihistaminergen Eigenschaften, keine Blockade dopaminerger, serotonerger oder opioiderger Rezeptoren). Die Tagesdosis ist 60-120 mg (anfangs 30 mg). Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 9-19 Stunden (durchschnittlich 12,5 Stunden), maximaler Plasmaspiegel nach 2-6 Stunden. Häufige Nebenwirkungen zu Therapiebeginn: Übelkeit (bis zum Erbrechen), Appetitverminderung, Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Kopfschmerzen, Durchfall, Angst, Nervosität, Agitiertheit, Schwindel, Tremor, Durchfall, Verstopfung, Hitzewallungen, vermehrtes Schwitzen, Muskelsteifigkeit, sexuelle Funktionsstörungen (Libidoverminderung, Orgasmusstörungen, erektile Dysfunktion), Herzrasen, Mundtrockenheit u.a.
Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (NARI) Reboxetin Reboxetin (Edronax®) ist ein spezifischer Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (NARI: specific noradrenalin reuptake inhibitor). Die Substanz hemmt den Rücktransport des Neurotransmitters Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt in das vorgeschaltete Neuron. Der Transport von Serotonin wird kaum, das Dopaminsystem überhaupt nicht beeinflusst. Reboxetin dient der Behandlung akuter depressiver Störungen sowie der Erhaltungstherapie. Erste Studien weisen auf die Wirksamkeit bei Patienten mit Panikstörung hin und stellen damit die reine Serotoninhypothese bei Angststörungen in Frage. In einer Doppelblindstudie bei Patienten mit Panikstörung führte Reboxetin nach 8 Wochen gegenüber Placebo zu einer signifikanten Verbesserung. Reboxetin kann – zumindest als Zusatztherapie – auch bei jenen Angstpatienten eingesetzt werden, die sich antriebsschwach und ständig müde fühlen. Das Mittel dient vor allem auch der sozialen Aktivierung, die gerade bei depressiv gestimmten Angstpatienten sehr wichtig ist. Im Vergleich zur Behandlung mit Trizyklika und SSRI tritt eine raschere Verbesserung der sozialen Funktionsfähigkeit auf. Das Mittel führt zur Steigerung von Interesse, Reizempfinden, Antrieb, Motivation, Energie und Vigilanz.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Edronax ist eine Behandlungsalternative für Patienten mit Gewichtszunahme nach SSRI-Langzeiteinnahme. Bei Verträglichkeit kann Edronax in Kombination mit einem SSRI den Therapieerfolg verbessern. Die Tagesdosis beträgt zweimal 4 mg (anfangs 3 Tage lang 2 x 2 mg). Die antidepressive Wirkung setzt nach etwa 14 Tagen ein. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 13-20 Stunden. Die maximale Plasmakonzentration wird nach 2 Stunden, der SteadyState-Plasmaspiegel nach 5 Tagen erreicht. Es besteht keine Bindung an muskarinischen, histaminergen, dopaminergen oder adrenergen Rezeptoren. Dadurch wird es möglich, erstmals die Noradrenalin-Konzentration im Gehirn zu erhöhen und die möglichen Nebenwirkungen trizyklischer Antidepressiva zu vermindern. Es bestehen nur sehr geringe Interaktionen mit anderen Medikamenten. Häufige Nebenwirkungen sind: Mundtrockenheit, Verstopfung, Appetitverlust, Übelkeit, Herzrasen, orthostatische Hypotonie, Kopfschmerzen, vermehrtes Schwitzen, Schlafstörungen, innere Unruhe, Tremor, Harnverhaltung (hauptsächlich bei Männern), sexuelle Funktionsstörungen (Ejakulationsverzögerung, erektile Dysfunktion).
Serotonin-Wiederaufnahmeverstärker (SRE) Tianeptin Tianeptin (Ö: Stablon®, D: nicht auf dem Markt) ist ein neueres Antidepressivum im deutschsprachigen Raum, in Frankreich ist die Substanz seit längerem zugelassen. Das Mittel ist ein Serotonin-Wiederaufnahmeverstärker (Enhancer). Statt selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmung erhöht Tianeptin die Serotonin-Rückaufnahme aus dem synaptischen Spalt und widerspricht damit gängigen Theorien. Tianeptin erhöht die Feuerungsrate der Neuronen im Hippocampus. Die Substanz steigert erstens die spontane Aktivität von Pyramidenzellen im Hippocampus und beschleunigt ihre Wiederherstellung nach funktioneller Hemmung und steigert zweitens die Wiederaufnahme von Serotonin durch die Nervenzellen in der Hirnrinde sowie im Hippocampus. Tianeptin wird neben der Behandlung von Depressionen wegen der anxiolytischen Komponente auch bei Angststörungen eingesetzt. Doppelblindstudien fehlen jedoch. Die Substanz nimmt eine Mittelstellung zwischen sedativen und stimulierenden Antidepressiva ein und hat eine starke Wirkung auf somatische Beschwerden, besonders auf die mit Angst und Stimmungsschwankungen verbundenen gastrointestinalen Beschwerden. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt 3 Stunden, was leider eine tägliche Mehrfacheinnahme erfordert. Die Tagesdosis ist 37,5 mg (dreimal 12,5 mg). Das Mittel ist gut verträglich und sollte wie alle Antidepressiva nur ausschleichend abgesetzt werden. Es bestehen keine MAO-Aktivität und keine Effekte an anderen Neurotransmittern (keine Metabolisierung über das Cytochrom P450). Bei gleich guter Wirksamkeit gegenüber SSRIs und besserer Akzeptanz als Trizyklika weist die Substanz einige Vorteile auf, die den Einsatz durchaus bei Angstpatienten überlegenswert machen. Anticholinerge Symptome fehlen. Die häufigsten Nebenwirkungen sind: Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Somnolenz, Angst, Mundtrockenheit, Verstopfung, Bauchschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, seltener sind Ein- und Durchschlafstörungen, Erbrechen, Dyspepsie, Durchfall, Appetitmangel, Hautveränderungen (Pruritus), Sehstörungen. Die Nebenwirkungen nehmen bei fortgesetzter Behandlung und Dosisreduktion ab.
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Serotonin-Modulatoren Trazodon Trazodon (D: Thombran®, Ö: Trittico®) unterscheidet sich in seinem Wirkmechanismus von allen anderen Antidepressiva. Es handelt sich um einen schwachen SerotoninWiederaufnahmehemmer, der gleichzeitig einen ausgeprägten Antagonismus gegenüber 5-HT2-Rezeptoren und alpha-Adrenorezeptoren, aber praktisch keine anticholinerge Wirkung hat, d.h. das Mittel hemmt präsynaptisch die Serotonin-Wiederaufnahme und blockiert postsynaptisch die 5-HT2A-Rezeptoren. Dieses Wirkungsprofil ist verantwortlich für die Verstärkung der antidepressiven Wirkung besonders in den Bereichen Anxiolyse, Besserung von Schlafstörungen und Aufrechterhaltung der sexuellen Funktion. Trazodon wird eingesetzt Behandlung von Depressionen unterschiedlicher Ursachen mit und ohne Angstkomponente sowie bei anhaltenden Schlafstörungen bei Depressionen. Es fördert den Tiefschlaf, vermindert psychovegetative (somatoforme) Symptome und ist auch zugelassen zur Behandlung chronischer Schmerzzustände und funktioneller Sexualstörungen. Zur Behandlung von Panikattacken ist das Mittel nicht geeignet. Die Substanz wirkt sedierend, Angst lösend und weist nur wenig Nebenwirkungen auf (keine anticholinergen Effekte), weshalb es Angstpatienten gerne zur Beruhigung verschrieben wird (abendliche Einnahme zwecks Reduktion von Nebenwirkungen). Die sedierende Wirkung setzt meist unmittelbar bereits in den ersten Tagen ein, die stimmungsaufhellende Wirkung gewöhnlich erst nach 1-3 Wochen. Das Mittel wird in der klinischen Praxis oft als Alternative zu Mirtazapin (D: Remergil®, Ö: Remeron®) bei depressiv bedingten Schlafstörungen eingesetzt, weil SSRI keine dämpfende und schlaffördernde Wirkung haben, sondern zumindest zu Behandlungsbeginn oft Schlafstörungen bewirken (weshalb zu deren Vermeidung die SSRI-Einnahme am Morgen und bei wiederholter Einnahme spätestens zu Mittag erfolgt). Zu Behandlungsbeginn ist eine niedrige abendliche Dosis von 50 mg zu empfehlen, anschließend erfolgt eine graduelle Steigerung auf die Zieldosis von 100-150 mg (wenn eine stärkere Dämpfung und eine schlafanstoßende Wirkung bei einer Schlafstörung gewünscht werden). Die Tagesdosis wird verabreicht entweder als Einmaldosis, vorzugsweise abends, oder in zwei Dosen, wobei die höhere Dosis abends eingenommen werden soll. Zwecks besserer Verträglichkeit wird das Mittel in Österreich auch als Retard-Präparat verkauft, wo der Wirkstoff verzögert an den Körper abgegeben wird. Die in Österreich üblichen Retard-Präparate mit 75 mg und 150 mg sind auf drei Teile teilbar und ermöglichen daher eine individuelle Dosierung. Häufige Nebenwirkungen zu Behandlungsbeginn und bei Überdosierung sind: Schläfrigkeit, Benommenheit, Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit, Mundtrockenheit, Verstopfung, Durchfall, beschleunigter oder verlangsamter Herzschlag, orthostatische Hypotonie, Sehstörungen, Hautausschlag, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Nervosität, Zittern. Ein möglicher Blutdruckabfall sollte zu Behandlungsbeginn und bei Menschen mit niedrigem Blutdruck beachtet werden. Bei gleichzeitiger Beta-BlockerEinnahme zur Blutdrucksenkung ist die mögliche Wirkungsverstärkung zu beachten. Wegen möglicher Herz-Kreislaufprobleme werden oft andere Mittel bevorzugt. Zu Behandlungsbeginn ist aufgrund der sedierenden Wirkung die Aufmerksamkeit und Reaktionsgeschwindigkeit und damit auch die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigt, was vor allem am Morgen beachtet werden muss.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Kombinationspräparate Es gibt zur Behandlung von Menschen mit Ängsten in Österreich auch noch verschiedene Kombinationspräparate, die in Deutschland wegen der problematischen Kombination der Substanzen mittlerweile nicht mehr auf dem Markt sind: 1. Kombination von Tranquilizer und älterem (trizyklischen) Antidepressivum: z Harmomed® (2,5 mg Diazepam und 14 mg Dosulepin) mit der Empfehlung einer dreimal täglichen Einnahme des Dragees, z Limbitrol® (5 mg Chlordiazepoxid und 12,5 mg Amitriptylin) mit täglicher Einnahme von 2-6 Kapseln (Hauptdosis abends). Wegen des Tranquilizeranteils in Limbitrol und Harmomed besteht bei Langzeiteinnahme Abhängigkeitsgefahr. 2. Kombination von Tranquilizer und Beta-Rezeptoren-Blocker: z Betamed® (2,5 Diazepam und 60 mg Bupranolol) mit empfohlener zweimal täglicher Einnahme. Die Tablette ist ein Kombinationspräparat für Angstsyndrome mit kardiovaskulären Symptomen. Beide Substanzen des Präparats sind bei länger dauernder Einnahme wegen möglicher Folgestörungen problematisch. 3. Kombination von älterem (trizyklischen) Antidepressivum (Melitracen) und älterem Neuroleptikum (Flupentixol): z Deanxit® bzw. Deanxit® forte, bereits seit den 1950er-Jahren auf dem Markt, wird von manchen Ärzten als Tranquilizeralternative 1-2-mal täglich verordnet.
Antiepileptila Der Kalziumkanalmodulator Pregabalin (D/Ö: Lyrica®) aus der Gruppe der Antikonvulsiva ist neben der Indikation für Epilepsie und neuropathische Schmerzen wegen seiner anxiolytischen Wirkung auch für generalisierte Angststörungen zugelassen und auch bei sozialer Phobie wirksam. Pregabalin bindet an die alpha2-delta-Untereinheit spannungsabhängiger Kalziumkanäle auf Nervenzellmembranen und moduliert den Kalziumeinstrom in die Nervenzelle. Ein durch Pregabalin verminderter Kalziumeinstrom bewirkt bei neuronaler Übererregung, dass weniger erregende Transmitter wie Glutamat oder Substanz P freigesetzt werden. Die Stimulation der postsynaptischen Rezeptoren ist daher geringer, das Neuron reduziert seine Entladungstätigkeit. Pregabalin wirkt bei geringer ausgeprägtem sedierenden Effekt genauso schnell wie Benzodiazepine (Alprazolam) und erzeugt anfangs weniger Unruhe als Venlafaxin. Das Mittel wirkt auch etwas schlafanstoßend, was bei Schlafstörungen günstig ist, beim Autofahren und Arbeiten aber bedacht werden muss. Es kann auch Alkohol und Tranquilizer verstärken. Die mittlere Eliminationshalbwertszeit beträgt 6,3 Stunden. Die Tagesdosis ist 300-600 mg (beginnend mit 75 mg und wöchentlicher Steigerung). Umstände wie rascher Wirkungseintritt, meist gute Verträglichkeit, Kombinierbarkeit, kaum sexuelle Funktionsstörungen und fehlende Abhängigkeit empfehlen das Mittel als Erfolg versprechende Alternative zu Benzodiazepinen und SSRI. Häufige Nebenwirkungen: Benommenheit, Schläfrigkeit, Schwindel, Sexualstörungen, Tremor, Verstopfung, Appetit- und Gewichtszunahme, Stimmungsänderungen, Sehstörungen. Das Antiepileptikum Gabapentin (Neurontin®) ist bei sozialen und generalisierten Angststörungen wirksam (geringfügig auch bei Panikstörungen). Antiepileptika werden bei Angststörungen noch weiter erforscht und überprüft, vor allem auch andere Substanzen mit anxiolytischer Wirksamkeit (Tiagabin, Vigabatrin, Levetiracetan).
Beta-Blocker
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Beta-Blocker Beta-Blocker (eigentlich Beta-Rezeptoren-Blocker) werden seit den 1970er-Jahren auch zur Behandlung von körperlichen Angstsymptomen eingesetzt (Herzklopfen, Herzrasen, Erröten, Schwitzen, Zittern, Magen-Darm-Beschwerden). Beta-Blocker bestehen aus dem Wirkstoff Bisoprolol (Concor®), Metoprolol (Beloc®, Lopresor®), Oxprenolol (Trasicor®), Pindolol (Visken®), Propranolol (Inderal®, Dociton®) u.a. Sie dienen zur Behandlung von Angina Pectoris, Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Herzkranzverengungen, Hyperthyreose sowie zur Behandlung nach einem Herzinfarkt. Bei Ängsten mit Körpersymptomen wird in der Praxis vor allem Propanolol eingesetzt. Beta-Blocker haben eine blutdrucksenkende Wirkung, indem sie die Kontraktion steigernden und Frequenz erhöhenden Eigenschaften von Noradrenalin am Herzen hemmen und die Blutgefäße erweitern. Die Stimulation der beta1-adrenergen Rezeptoren bewirkt eine Erweiterung der Arterien, eine Erhöhung der Herzfrequenz, eine Erweiterung der Bronchien, eine Renin-Auschüttung und eine gesteigerte Glykogenolyse (Zuckerbildung). Beta-Blocker blockieren einen Teil der Erregungsübertragung vom Sympathikus auf die Organe und bewirken dadurch eine niedrigere Pulsrate, eine Senkung des erhöhten Blutdrucks und eine Hemmung der Schweißsekretion. Beta-Blocker verhindern einen Adrenalinstoß. Beta-Blocker (z.B. vorübergehende Einnahme von 20-40 mg Inderal® bzw. Dociton®) schwächen den physiologischen Teil der Angstreaktion, indem weniger Adrenalin und Noradrenalin freigesetzt und dadurch Herzfrequenz und Blutdruck gesenkt und das Kreislaufsystem stabilisiert werden. BetaBlocker wirken bei „nervösem“ Herzrasen (hyperkinetischem Herzsyndrom) so zuverlässig, dass die Diagnose falsch ist, wenn sie versagen. Es handelt sich dann um andere Ursachen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion, schwere psychische Krankheiten). Beta-Blocker verhindern durch die reduzierte Stimulation der beta-adrenergen Rezeptorfunktionen die Rückmeldung körperlicher Veränderungen an das Gehirn. Körperliche Veränderungen im Rahmen von Angstreaktionen werden damit nicht wahrgenommen, wodurch eine Aufschaukelung der Ängste verhindert wird, d.h. der Teufelskreis der Angstaufschaukelung wird unterbrochen. Anders ausgedrückt: Man erlebt weniger körperliche Angstsymptome und fühlt sich dadurch weniger ängstlich. BetaBlocker bewirken eine Entkoppelung von psychischen und vegetativen Symptomen. Während die körperlichen Symptome der Angst relativ gut verhindert bzw. beseitigt werden können, sind die psychischen Symptome der Angst (Nervosität, Reizbarkeit, Ruhelosigkeit) durch Beta-Blocker weniger gut behandelbar. Beta-Blocker machen nicht abhängig und sind weniger sedierend als Benzodiazepine. Sie bewähren sich daher bei einigen Situationsphobien (Auftritt von Solisten, Sängern oder Schauspielern, Redeangst in der Öffentlichkeit, Prüfungsängste). Die Einnahme von Beta-Blockern ist sinnvoll eine halbe Stunde vor einer Prüfung oder einer anderen akuten Belastungssituation. Herzrasen, Erröten und Zittern stellen zentrale Symptome vieler Angstzustände dar. Beta-Blocker reduzieren die unangenehmen körperlichen Symptome, ohne gleichzeitig Aufmerksamkeit und Konzentration zu beeinträchtigen, sodass die volle Leistungsfähigkeit gegeben ist, d.h. Beta-Blocker wirken nicht dämpfend wie die Benzodiazepine. Beta-Blocker sind in ihrer Wirkung den Angst dämpfenden Antidepressiva und Tranquilizern deutlich unterlegen. Wenn nicht die körperlichen, sondern die psychischen Symptome im Vordergrund stehen, sollten primär Angst lösende Antidepressiva eingenommen werden. Betablocker mögen zwar das Lampenfieber von Musikern reduzieren, wie die Praxis zeigt, helfen aber Sozialphobikern nicht im erwünschten Ausmaß.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Eine Beta-Blocker-Behandlung ist bei Panikstörungen unwirksam. Die peripheren bzw. vegetativen Symptome sind nicht das Hauptproblem bei Panikattacken. Die Herzfrequenz ist nicht so stark erhöht, wie dies von Panikpatienten inadäquat wahrgenommen wird. Zudem haben manche Panikpatienten einen niedrigen oder labilen Blutdruck, sodass schon allein deshalb von einer derartigen Behandlung abzuraten ist. Von einer Langzeiteinnahme ist dringend abzuraten, obwohl keine Abhängigkeitsgefahr gegeben ist. Angstpatienten benötigen keine Dauerverordnung von Beta-Blockern. Durch die möglichen Nebenwirkungen (insbesondere Blutdrucksenkung und Verlangsamung des Herzschlags) kann die Angstsymptomatik und die körperbezogene Besorgtheit der Betroffenen oft noch verstärkt werden, vor allem wenn keine regelmäßige ärztliche Kontrolle erfolgt. Mögliche Nebenwirkungen sind: Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit, Blutdruckabfall, Pulsverlangsamung, Kopfschmerzen, Durchblutungsstörungen (kalte Hände oder Füße), Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen, Übelkeit, Erbrechen, Verdauungsschwierigkeiten, Magen-Darmbeschwerden, Atemschwierigkeiten, Bronchialkrämpfe, depressive Zustände, Potenzprobleme, Hautreaktionen, reduzierte Aufmerksamkeit, Verwirrtheitszustände (bei älteren Menschen). Menschen mit Asthma, niedrigem Blutdruck, Zuckerkrankheit oder Durchblutungsstörungen der Gliedmaßen sollten Beta-Blocker nicht oder nur kurzfristig einnehmen, in speziellen Fällen nur nach fachärztlicher Beurteilung. Die Kontraktion der Bronchialmuskulatur kann Atemnot bewirken, weshalb Asthmatiker keine Beta-Blocker verwenden dürfen. Der verringerte Blutdruck kann zu Kreislaufstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen und Müdigkeit führen, insbesondere in Kombination mit Alkohol, was bei Herzpatienten zu beachten ist. Bei Diabetespatienten besteht die Gefahr einer lebensgefährlichen Unterzuckerung. Beta-Blocker wirken bei vorbeugender Einnahme beruhigend und ausgleichend und erhöhen die körperliche und psychische Belastbarkeit. Sie sind daher im Leistungssport verboten und stehen auf der Dopingliste. Viele Menschen mit hoher psychischer Belastung verwenden Beta-Blocker missbräuchlich. Die Dosierungen der Beta-Blocker bei der Behandlung von Angstsymptomen sind im Allgemeinen niedrig und liegen gewöhnlich unter den Dosen bei internistischer Indikation. Eine zu lange Verwendung von Beta-Blockern sowie eine Überdosierung können zu einer Blutdrucksenkung mit dem Risiko von Panikattacken oder depressiven Zuständen führen. Obwohl prinzipiell bei jedem Beta-Blocker eine depressive Begleitsymptomatik auftreten kann, ist diese doch besonders wahrscheinlich bei längerzeitiger Einnahme des häufig verschriebenen Beta-Blockers Propranolol (Inderal®, Dociton®). Beta-Blocker sollen einschleichend verordnet und über mehrere Tage ausschleichend abgesetzt werden. Die Einnahme darf nicht plötzlich beendet werden (auch nicht bei niedriger Dosis). Durch eine überschießende Reaktion („Rebound“) können Puls und Blutdruck stark ansteigen und Herzprobleme auftreten. Nach längerer Einnahme ist ein plötzliches Absetzen zugunsten eines langsamen Ausschleichens auch deshalb zu vermeiden, weil Angstzustände mit Zittern und Schmerzen in der Brust auftreten könnten (Angina-Pectoris-ähnliche Anfälle). Die Dauereinnahme von Beta-Blockern erhöht die Zahl der Beta-Rezeptoren, sodass durch das Überangebot an Beta-Rezeptoren die herzaktivierende Wirkung von Noradrenalin und Adrenalin verstärkt wird.
Pharmakotherapie bei verschiedenen Angststörungen
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Dosierungsempfehlungen von Psychopharmaka bei Angststörungen In Tab. 28 werden die Dosierungsempfehlungen bei Angststörungen laut Fachbüchern zusammengefasst (bei Zwangsstörungen werden in Klammer höhere Maximaldosierungen angeführt). Diese Angaben stellen jedoch nur allgemeine Richtwerte dar. Bei einer Pharmakotherapie werden drei Phasen unterschieden: z Akutphase: bis 8 Wochen, höhere Dosierung erforderlich, eine Besserung sollte innerhalb von 3 Monaten einsetzen, anderenfalls sollte eine Umstellung erfolgen. z Erhaltungsphase: bis 6 Monate, langsame Dosisreduktion bei Besserung. z Rezidivprophylaxe: bis 1 Jahr und länger, niedrigere Dosierung möglich. Zwecks besserer Verträglichkeit wird bei Antidepressiva zuerst einschleichend eine niedrige Dosis verabreicht und später auf die Zieldosis umgestellt. Menschen mit Panikstörung reagieren sehr empfindlich auf Überdosierungen und mögliche Medikamentennebenwirkungen, sodass der richtigen Einstellung eine große Bedeutung zukommt. Bei älteren Menschen sind oft niedrigere Dosierungen ausreichend, weil der Abbau der Medikamente langsamer erfolgt. Es ist stets auch auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Psychopharmaka sowie mit anderen einzunehmenden Medikamenten zu achten (z.B. Blutdruckabsenkung bei gleichzeitiger Beta-Blocker-Einnahme). Bei unzureichender Wirkung führt eine Dosiserhöhung oft zu keiner Verbesserung, sondern zu einer Verschlechterung aufgrund der zunehmenden Nebenwirkungen. In diesem Fall ist neben einem Wechsel des Präparats auch eine Kombinationstherapie mit zwei verschiedenen Antidepressiva anstelle einer Monotherapie zu überlegen. Antidepressiva sollen mindestens 6 Monate (nach Rückfall 12 Monate) lang eingenommen und nach anhaltender Besserung vorsichtig ausgeschlichen werden, Tranquilizer sollen nicht länger als 6 Wochen regelmäßig eingenommen werden. Rückfälle hängen oft mit unzureichend langer Einnahmedauer bzw. plötzlichem Absetzen der Antidepressiva zusammen, wodurch Absetzeffekte (keine Entzugssymptome) auftreten können. Diese Erkenntnisse bei depressiven Patienten werden auch auf die medikamentöse Behandlung von Angstpatienten übertragen, vor allem dann, wenn gleichzeitig auch eine depressive Symptomatik gegeben ist. Neben einem SSRI (z.B. Citalopram, Paroxetin, Sertralin) kann daher zur Aktivierung ein NARI (Reboxetin) und zur Dämpfung ein anderes Antidepressivum (Trazodon) nötig sein. Tab. 28: Dosierungsempfehlungen bei Angst- und Zwangsstörungen [37] Chemische Bezeichnung Benzodiazepine Alprazolam Bromazepam Chlordiazepoxid Clobazam Clonazepam Diazepam Dikaliumclorazepat Lorazepam Oxazepam Azapiron Buspiron
Handelsname (häufige Präparate) Tafil® (D), Xanor® (Ö) Lexotanil® (D/Ö) Librium® (D) (in Ö nicht mehr auf dem Markt) Frisium® (D/Ö) Rivotril® (D/Ö) Valium® (D/Ö), Gewacalm® (Ö) Tranxilium® (D/Ö) Tavor® (D), Temesta® (Ö) Adumbran® (D/Ö), Praxiten® (D/Ö) Bespar® (D), Buspar® (Ö)
Empfohlene Tagesdosis (mg) 0,5-3,0 6 15-50 20-30 1-4 5-15 (20) 10-50 1-3 20-40 15-60
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Antihistamine Hydroxyzin Trizykl. Piperazinylderivat Opipramol Trizyklische Antidepressiva Amitriptylin Clomipramin Doxepin Imipramin Selektive SerotoninWiederaufnahmehemmer (SSRI) Citalopram Escitalopram Fluoxetin Fluvoxamin Paroxetin Sertralin Selektiver SerotoninNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) Duloxetin Milnacipran Venlafaxin SerotoninWiederaufnahmeverstärker (SRE) Tianeptin Noradrenalin-Serotoninspezifische-Antidepressiva (NaSSA) Mirtazapin Selektive NoradrenalinWiederaufnahmehemmer (NARI) Reboxetin Serotonin-Modulatoren Trazodon Irreversible MAO-Hemmer Tranylcypromin Reversible MAO-A-Hemmer (RIMA) Moclobemid Antikonvulsiva Pregabalin Atypische Neuroleptika Olanzapin Quetiapin Risperidon Beta-Blocker Propranolol
Atarax® (D/Ö))
37,5-75
Insidon® (D/Ö)
50-200
Saroten® (D/Ö), Tryptizol® (Ö) Anafranil® (D/Ö) Aponal® (D), Sinquan® (D), Sinequan® (Ö) Tofranil® (D/Ö)
100-150 (300) 75-150 (300) 100-150 (300) 75-200 (300)
Cipramil® (D), Seropram® (Ö) Cipralex® (D/Ö) Fluctin® (D), Fluctine® (Ö), Mutan® (Ö) Fevarin® (D), Floxyfral® (Ö) Seroxat® (D/Ö), Tagonis® (D) Zoloft® (D), Gladem® (Ö), Tresleen® (Ö)
20-40 (60) 10-20 (30) 20-40 (60) 100-150 (300) 20-40 (60) 50-100 (200)
Cymbalta® (D/Ö) Dalcipran® (Ö), Ixel® (Ö) (in D nicht auf dem Markt) Trevilor® retard (D), Efectin® ER (Ö)
60-120 50-100 (200) 75-150 (300)
Stablon® (Ö) (in D nicht auf dem Markt)
37,5
Remergil® (D), Remeron® (Ö)
30-45
Edronax® (D/Ö), Solvex® (D)
4-8
Thombran® (D), Trittico® (Ö)
150-200
Jatrosom N® (D) (in Ö nicht mehr auf dem Markt)
20-40
Aurorix® (D/Ö)
300-600
Lyrica® (D/Ö)
300-600
Zyprexa® (D/Ö) Seroquel® (D/Ö) Risperdal® (D/Ö)
5-15 150-300 0,5-2
Dociton® (D), Inderal® (Ö)
10-40
Pharmakotherapie bei verschiedenen Angststörungen
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Pharmakotherapie bei verschiedenen Angststörungen Aus psychologisch-psychotherapeutischer Sicht sind Psychopharmaka bei Angststörungen eine sinnvolle Ergänzung, wenn der Patient dadurch z seine Berufsfähigkeit ohne einen längeren Krankenstand erhalten kann und damit einen Beitrag zur Sicherung seines Arbeitsplatzes leistet, z eine drohende Berentung wegen zahlreicher Folgesymptome vermeiden kann, z eine depressive Folgesymptomatik bei einer bereits chronifizierten Angststörung rascher überwinden kann, z bei schwerer Beeinträchtigung überhaupt erst einmal die Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Psychotherapie erreicht (z.B. nach traumatischen Erlebnissen), z die psychotherapeutischen Erkenntnisse und Erfahrungen besser umsetzen kann, d.h. dadurch lernfähiger wird, weil im Zustand hochgradiger Angst und Erregung kein Lernen möglich ist, z Rückfällen besser vorbeugen kann, und zwar vor allem angesichts von starken und andauernden psychosozialen Belastungen, die auch durch eine Psychotherapie nicht verändert, sondern nur erträglicher gestaltet werden können. In den Behandlungsleitlinien der Weltvereinigung der Gesellschaften für Biologische Psychiatrie [38] wird der aktuelle Stand der Psychopharmakotherapie bei Angststörungen folgendermaßen zusammengefasst: „Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRIs) stellen derzeit die Medikamente der ersten Wahl für die Panikstörung dar. Typische Antidepressiva (TCAs) sind ebenso wirksam, werden aber weniger gut vertragen als SSRIs. In therapieresistenten Fällen können Benzodiazepine wie Alprazolam verwendet werden, wenn bei diesen Patienten anamnestisch keine Abhängigkeit oder Toleranz bekannt ist… Für die Behandlung der generalisierten Angststörung können Venlafaxin und die SSRIs empfohlen werden; alternativ kommt eine Behandlung mit Buspiron und Imipramin infrage. (Pregabalin stellt eine neue Therapieoption dar.) Für die soziale Angststörung werden SSRIs (und Venlafaxin) als Medikamente der ersten Wahl und … Moclobemid und Benzodiazepine als Mittel der zweiten Wahl empfohlen. Die Zwangsstörung wird mit SSRIs und Clomipramin behandelt. In therapieresistenten Fällen kann ein SSRI mit einem atypischen Neuroleptikum kombiniert werden. Für die medikamentöse Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung stellen SSRIs die Mittel der ersten Wahl dar.“
Pharmakotherapie bei Panikstörungen mit und ohne Agoraphobie Die psychobiologische Begründung der Wirksamkeit von Psychopharmaka bei Panikstörungen beruht auf der wissenschaftlich abgesicherten Annahme, dass es sich bei Panikattacken um Funktionsstörungen im Serotonin-, Noradrenalin- und GABA-System handelt. Daneben dürften auch bestimmte Neuropeptide und Steroide fehlreguliert sein. Panikattacken gehen aus neurobiologischer Sicht vom Hirnstamm aus, auch wenn sie durch psychische Faktoren (Angst, Ärger, Stress) ausgelöst werden. Im Bereich der Raphekerne im Hirnstamm üben Serotonin-Neurone einen hemmenden Einfluss auf noradrenerge Neurone aus. Eine vermehrte Serotoninfreisetzung durch die bei Angststörungen heutzutage indizierten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer dämpft die CRHNeurone im Locus coeruleus. Angst und Stress bewirken, wie in diesem Buches bereits ausführlich dargestellt wurde, eine Erhöhung der CRH-Konzentration im Locus coeruleus sowie eine verstärkte Aktivität noradrenerger Neurone. Noradrenalin stimuliert ebenfalls die Freisetzung von CRH.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Bei Angst- und Panikstörungen ist folgender Ablauf relevant: Eine Aktivierung des Locus coeruleus bewirkt eine erhöhte Noradrenalin-Freisetzung und damit einen erhöhten Blutdruck und eine erhöhte Herzfrequenz. Im Hypothalamus bewirkt der Nucleus paraventricularis eine erhöhte Aktivität des endokrinen Stresshormonsystems, was zur erhöhten Freisetzung von Kortikosteroiden führt. Es kommt also zu einer sehr starken Aktivierung des sympathischen Nervensystems. Neben der SSRI-bedingten vermehrten Serotoninfreisetzung in den Raphekernen verstärken Benzodiazepine den Effekt des hemmenden (inhibitorischen) Transmitters GABA und wirken damit beruhigend. In der Akuttherapie bewähren sich laut Studien die hoch potenten Benzodiazepine Alprazolam, Clonazepam und Lorazepam, die zwar weniger Nebenwirkungen aufweisen als Tranquilizer wie Diazepam, bei höherer Dosis aber dennoch unerwünschte Nebenwirkungen haben. Benzodiazepine sollten bei akuter Paniksymptomatik nicht länger als 1-2 Wochen und insgesamt wegen der Abhängigkeitsgefahr nicht länger als 4-6 Wochen verordnet werden (Absetzversuche sind nach spätestens 6 Wochen angezeigt). Die Wirksamkeit der trizyklischen Antidepressiva Imipramin und Clomipramin ist gut belegt. In den USA wurde das trizyklische Antidepressivum Imipramin bereits 1959 erstmals bei einer Panikstörung eingesetzt und galt in der Forschung bislang als Standard- und Referenz-Substanz. In Deutschland wurde Clomipramin, das potenteste Serotonin-Wiederaufnahme-hemmende Trizyklikum, als erstes Antidepressivum mit der Indikation für die Panikstörung zugelassen. Später waren in der klinischen Praxis und in kleineren Studien auch andere Trizyklika (Amitriptylin, Doxepin) wirksam. Wegen des günstigeren Nebenwirkungsprofils haben sich im Laufe der Jahre die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer als Mittel der ersten Wahl erwiesen. Studien belegen die Wirksamkeit der sechs SSRI (Fluctine, Paroxetin, Fluvoxamin, Sertralin, Citalopram, Escitalopram). Sie wirken erst nach 2-4 Wochen, spätestens nach 8 Wochen und sollten 6-12 Monate lang eingenommen werden. In den ersten zwei Wochen erfolgt bis zur vollen Wirksamkeit des SSRI die Kombination mit einem Tranquilizer (Alprazolam oder Lorazepam 0,5-1 mg), was der Akutwirkung und der Unterdrückung möglicher Nebenwirkungen dient. Wegen des im Vergleich zu anderen SSRI günstigeren Interaktionsprofils mit anderen Medikamenten wurde früher oft die Kombination mit Sertralin gewählt, in neuerer Zeit ist immer häufiger Escitalopram das Mittel der ersten Wahl bei einer anfänglichen Kombinationstherapie mit Alprazolam oder Lorazepam. In neuerer Zeit wurde die Wirksamkeit des Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmers Venlafaxin sowie auch (wenngleich noch nicht ausreichend genug belegt) des Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmers Reboxetin nachgewiesen. Weil viele Panikpatienten im Vergleich zu depressiven Patienten körperlich sensibler sind und Nebenwirkungen schwerer tolerieren können, sollte eine einschleichende Verordnung von SSRI und Venlafaxin erfolgen, d.h. anfangs jeweils nur eine halbe Tablette des jeweiligen Präparats, um die Wirkung zu testen und die Compliance zu fördern. Als dritte Wahl sind Gabapentin oder Mirtazapin zu überlegen. Der RIMA Moclobemid sowie der 5-HT1A-Agonist Buspiron zeigten keine bzw. keine ausreichende antipanische Wirksamkeit. Beta-Blocker, die nur die vegetativen, nicht jedoch die psychischen Symptome der Angst vermindern und für Panikpatienten auch in niedrigeren Dosierungen unangenehme Nebenwirkungen haben können (z.B. Herzschlagverlangsamung, Blutdruckabsenkung), sind ebenfalls unwirksam. Die hohe Placeborate (30-50%) bei Studien zur medikamentösen Angstbehandlung weist darauf hin, dass gerade Menschen mit einer Panikstörung auch durch Placebos motivierbar sind, weil sie nach einer oft lang dauernden Resignation wieder Hoffnung schöpfen, dass ihr Zustand änderbar ist.
Pharmakotherapie bei verschiedenen Angststörungen
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Hoffnungen für die Zukunft geben verschiedene derzeit in Erprobung befindliche Substanzen. Es wurden einerseits Tranquilizer – spezifische Agonisten des Alpha2GABAA-Rezeptorsubtyps – entwickelt, die in der Behandlung von Panikstörungen bei gleicher Wirksamkeit weniger Missbrauchs-, Toleranz- und Abhängigkeitspotenzial haben als die Benzodiazepine, andererseits stehen verschiedene spezielle 5-HTAgonisten und 5-HT-Antagonisten in Entwicklung und Erprobung, die vor allem bei der generalisierten Angststörung wirksam sein sollen.
Pharmakotherapie bei generalisierten Angststörungen Bei der generalisierten Angststörung werden aus neurobiologischer Sicht ähnliche Fehlregulierungen angenommen wie bei der Panikstörung, vor allem eine Störung zentraler Serotoninsysteme. Als Mittel der ersten Wahl gelten laut Studien bestimmte SerotoninWiederaufnahmehemmer (Paroxetin, Escitalopram, Sertralin) und die SerotoninNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin (XR) und Duloxetin. Die Behandlungsdauer beträgt 6-12 Monate, viele Fachleute empfehlen 1-2 Jahre wegen des chronischen Verlaufs. Antidepressiva sind schon allein wegen der hohen Komorbidität mit depressiven Störungen sinnvoll. Sie mildern vor allem die psychischen Symptome der generalisierten Angststörung (ständige Sorgen, Anspannung, Grübeln, Ängste im zwischenmenschlichen Bereich). Nach älteren Studien ist auch das trizyklische Antidepressivum Imipramin wirksam. Beta-Blocker lindern zwar die vegetative Begleitsymptomatik, beeinflussen jedoch nicht die Kernsymptomatik der generalisierten Angststörung. Zur Akutbehandlung haben sich laut Studien auch hoch potente Benzodiazepine (Alprazolam, Diazepam, Lorazepam) bewährt, über einen etwas längeren Zeitraum als Mittel der zweiten Wahl auch Nicht-Benzodiazepin-Tranquilizer, die insbesondere bei suchtgefährdeten Patienten mit generalisierter Angststörung eingesetzt werden können: z Opipramol, das den trizyklischen Antidepressiva nahe steht und bereits seit einigen Jahrzehnten auf dem Markt ist, hat sich in einer Studie als erfolgreich erwiesen. z Hydroxyzin, das antihistaminerge, adrenolytische und anticholinerge Eigenschaften hat und in höherer Dosierung stark sedierend wirkt, hat sich in einer Studie bei niedriger, nicht sedierender Dosis als wirksames Angstmittel gezeigt. z Buspiron, ein Azapiron und ein 5-HT1A-Agonist, wurde in der Vergangenheit aufgrund von Studien als das Mittel der ersten Wahl angesehen, verliert jedoch zunehmend seine Bedeutung durch den Siegeszug der SSRI. z Pregabalin, ein Kalziumkanalmodulator aus der Gruppe der Antiepileptika, wurde in neuerer Zeit ebenfalls als wirksame Substanz nachgewiesen.
Pharmakotherapie bei sozialen Phobien Während es bei spezifischen Phobien trotz des Einsatzes von Benzodiazepinen und verschiedenen SSRI in bestimmten Fällen keine umfangreichen Wirksamkeitsstudien gibt, wurden im Bereich der sozialen Phobien in den letzten Jahren zahlreiche Wirksamkeitsstudien durchgeführt. Als Mittel der ersten Wahl gelten die SerotoninWiederaufnahmehemmer Fluvoxamin, Paroxetin, Fluoxetin, Sertralin, Citalopram und Escitalopram sowie der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Venlafaxin. Die Erfolgsrate liegt bei ca. 50%
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Im Gegensatz zur rascher einsetzenden antidepressiven Wirkung tritt die antiphobische Wirkung von Escitalopram und Venlafaxin oft erst mit zeitlicher Verzögerung auf. Trizyklische Antidepressiva und Neuroleptika wurden nie in kontrollierten Studien auf ihre Wirksamkeit geprüft. Der reversible MAO-A-Hemmer Moclobemid erhielt als erstes Antidepressivum die Indikation für soziale Phobien, zeigt jedoch über die Studien hinweg keine konsistent positive Wirkung und ist nicht so effizient wie SSRI. Die Antikonvulsiva Pregabalin (Lyrica®) und Gabapentin (Neurontin®) sind laut Studien ebenfalls erfolgreich, das Azapiron Buspiron ist dagegen nicht wirksam. Kurzfristig sind hoch potente Benzodiazepine hilfreich, damit wichtige soziale Situationen nicht vermieden werden, nachgewiesen ist zumindest die Wirksamkeit von Clonazepam. Langfristig besteht bei anhaltender Symptomatik eine Missbrauchsgefahr. Beta-Blocker (Propanolol, Atenolol), die bei spezifischer Sozialphobie wegen der sehr belastenden und auffällig machenden körperlichen Symptome wie Zittern, Schwitzen oder Rotwerden oft eingesetzt werden, waren in Studien bei Sozialphobikern nicht wirksamer als Placebo. Wenn schon von Sozialphobikern ein Medikament als hilfreiches Mittel zur Bewältigung sozialer Situationen gewünscht wird, sollte dieses auf die „Zentrale“, d.h. auf das Gehirn (wie bei den SSRI), und nicht auf die „Peripherie“ (wie bei den Beta-Blockern) einwirken. Beta-Blocker werden häufig von psychisch gesunden Menschen (Künstlern, Musikern und Prüfungskandidaten) scheinbar erfolgreich eingenommen, wie die Praxis zeigt. Propanolol gilt sogar als die „Musikerdroge“. Psychiatrie- und Psychopharmakotherapie-Kritiker behaupten, dass mit der relativ neuen Diagnose der Sozialphobie immer mehr Menschen zu psychisch Kranken erklärt und immer mehr Personen aus der Bevölkerung zu Konsumenten der Produkte der Pharmaindustrie gemacht werden sollen. Wer nie den Leidensdruck von Sozialphobikern kennen gelernt hat, kann sich gar nicht vorstellen, wie man dazu neigen kann, angesichts von ganz normalen zwischenmenschlichen Situationen zu einem Medikament zu greifen. Spätestens bei einer depressiven Folgesymptomatik erscheint dies dann verständlich, obwohl es gilt, gerade diese buchstäblich mit allen Mitteln zu vermindern.
Pharmakotherapie bei posttraumatischen Belastungsstörungen Die drei Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Sertralin, Paroxetin und Fluoxetin gelten laut Studien als Mittel der ersten Wahl, es sind aber auch Venlafaxin und Mirtazapin wirksam. Die Wirksamkeit der Antidepressiva ist geringer als bei Depressionen (nur bei 40-50% der Betroffenen). Die Trizyklika Amitriptylin und Imipramin waren in älteren Studien zwar ebenfalls wirksam, haben jedoch viele Nebenwirkungen. Benzodiazepine (namentlich Alprazolam) können nach traumatischen Erlebnissen in der Akutphase, also kurzfristig, sehr hilfreich sein, und zwar vor allem gerade angesichts der Kernsymptomatik der Übererregungssymptome (z.B. Schlafstörungen, erhöhte Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit), führen jedoch bei längerer Einnahme, wie diese aufgrund der Chronizität der Störung zu befürchten ist, zur Abhängigkeit. Dies gilt insbesondere für schnell wirksame hochpotente Tranquilizer wie Alprazolam. Antikonvulsiva (z.B. Lamotrigin) haben sich klinisch (ohne ausreichende Studien) zur Behandlung der Kernsymptomatik als wirksam erwiesen, was damit begründet wird, dass traumatische Erlebnisse die limbischen Strukturen sensitivieren und prägen. Für den Einsatz von Neuroleptika gibt es mit Ausnahme einer Wirksamkeitsstudie mit dem atypischen Neuroleptikum Risperidon keine Effizienzbelege.
Pharmakotherapie bei verschiedenen Angststörungen
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Pharmakotherapie bei Zwangsstörungen Bereits Ende der 1960er-Jahre wurde die Effizienz von Clomipramin bei der Behandlung von Zwangsstörungen erkannt. Heute gelten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin, Sertralin, Citalopram, Escitalopram) als Mittel der ersten Wahl. Sie sind auch dann indiziert, wenn neben den Zwängen eine Depression besteht, wenn Zwangsgedanken dominieren, wenn eine Verhaltenstherapie ohne ausreichenden Erfolg endet, wenn der Patient noch nicht zu einer Konfrontationstherapie mit Verzicht auf Rituale bereit ist. Aus neurobiologischer Sicht besteht bei Zwangsstörungen neben einer Störung des kortiko-striato-thalamo-kortikalen Regelkreises und einer manchmal zusätzlich gegebenen anderen Störung des Gehirns eine serotonerge Dysfunktion, die auch durch den Befund bestätigt wird, dass durch die Verabreichung des Serotoninagonisten m-Chlorophenylpiperazin (m-CPP) eine Verschlechterung der Zwangssymptomatik auftritt. Das bisher bekannte Wissen zur pharmakotherapeutischen Behandlung von Zwangsstörungen lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: z Zur Wirksamkeit des trizyklischen Antidepressivums Clomipramin liegen zwar verschiedene Studien vor, wegen möglicher Herz-Kreislauf-Probleme und anticholinerger Nebenwirkungen (Mundtrockenheit, Schwitzen u.a.) sind jedoch SSRI zu bevorzugen. Clomipramin kann aufgrund anticholinerger Nebenwirkungen auch Gedächtnisstörungen bewirken, was gerade bei Menschen mit Zwangsstörungen sehr ungünstig ist. Der umfangreichste Effizienznachweis stammt aus einer groß angelegten Studie an 520 Zwangspatienten, wo mehr als die Hälfte so gut auf Clomipramin ansprachen, dass sie im Alltagsleben nicht oder kaum mehr eingeschränkt waren. z Mittlerweile gibt es zahlreiche große Studien mit Zwangspatienten, die mit SSRI mindestens so erfolgreich behandelt wurden wie mit Clomipramin, allerdings bei deutlich geringeren Nebenwirkungen. Die SSRI bewirken eine gewisse Distanzierung gegenüber der Bedrängung durch die Zwänge, ohne diese zu beseitigen. z Zur optimalen Wirksamkeit ist eine höhere Tagesdosis nötig als bei Depressionen oder Angst- und Panikstörungen (Clomipramin: bis zu 300 mg, Fluvoxamin: bis zu 300 mg, Fluoxetin: bis zu 80 mg, Paroxetin: bis zu 60 mg, Sertralin: bis zu 200 mg, Citalopram: bis zu 60 mg, Escitalopram: bis zu 30 mg, Venlafaxin: bis zu 300 mg). z Zur Vermeidung von unerwünschten Nebenwirkungen, die zur Beendigung der Medikamenteneinnahme führen könnten, ist eine einschleichende Dosierung angezeigt (anfangs sehr niedrige und langsam steigende Dosierung). Dies ist besonders wichtig bei einer Unverträglichkeit von Fluoxetin, das zusammen mit dem aktiven Metaboliten im Vergleich zu anderen Substanzen eine lange Halbwertszeit aufweist. z Der therapeutische Effekt der SSRI in der Behandlung von Zwangsstörungen setzt oft erst später ein als bei Depressionen und Panikstörungen. Der sichtbare Wirkungseintritt erfolgt häufig erst nach 6-12 Wochen. Ein SSRI sollte zumindest über 12 Wochen eingenommen werden, bevor der Erfolg beurteilt und ein Medikamentenwechsel erwogen wird. Bei 30% bleibt eine SSRI-Monotherapie erfolglos. z Bei Wirkungslosigkeit nach 3 Monaten sollte ein Umstieg auf einen anderen SSRI erfolgen. Wenn auch ein dritter SSRI wirkungslos bleibt, sollte eine alternative Therapie versucht werden, z.B. eine Kombination von zwei SSRI, ein SerotoninNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (Venlafaxin) oder die Zugabe eines atypischen Neuroleptikums zur Affektdistanzierung (z.B. Risperidon oder Quetiapin), doch ist hier die Dosis deutlich geringer als bei schizophrenen Patienten. Bei diesen Medikamenten sind jedoch mehr Nebenwirkungen wahrscheinlich als bei SSRI.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
z Atypische Neuroleptika (Quetiapin, Olanzapin, Risperidon) in Kombination mit SSRI sind laut Studien in bestimmten Fällen erfolgreicher als SSRI allein. z Klassische Neuroleptika sind unwirksam zur Behandlung der Kernsymptomatik von Zwängen. Klinisch und auch laut einer Studie ist Haloperidol (Haldol®) erfolgreich. Klassische Neuroleptika sind nur bei zusätzlicher Schizophrenie bzw. Tics indiziert. z Benzodiazepine sind bei Zwängen im Gegensatz zu den klassischen Angststörungen völlig ineffektiv (laut einer Studie wirkt am ehesten noch Clonazepam). Sie dämpfen die physiologische Erregung, nicht jedoch Angst, Unruhe und Zwänge. Manchmal kann auch das Nicht-Benzodiazepin Buspiron hilfreich sein. z Zur Wirksamkeit von MAO-Hemmern bzw. RIMA gibt es keine größeren Studien. z Aufgrund der Schwere und Dauer vieler Zwangsstörungen ist in der Regel eine längerzeitige Einnahme des Medikaments erforderlich (mindestens 6-12 Monate). z Beim Absetzen muss zur Vermeidung unerwünschter Effekte auf ein sehr langsames Ausschleichen geachtet werden (insbesondere bei vorher recht hoher Dosis). z Je nach Studie erreichen 50-70% der Patienten eine deutliche Symptomreduktion, meist jedoch keine Heilung. Oft wird nur bei 40-50% eine echte Besserung erreicht. z Bei Absetzen des Medikaments treten bei bis zu 89% der Patienten Rückfälle auf, wenn nicht gleichzeitig eine Psychotherapie (Verhaltenstherapie) stattgefunden hat. Zur Verhinderung der häufigen Rückfälle bei Absetzen des Medikaments ist langfristig oft eine niedrige Erhaltungsdosis angezeigt, jedenfalls so lange, bis die Psychotherapie bleibende Wirkung zeigt. Die Erhaltungstherapie sollte länger durchgeführt werden als bei anderen Angststörungen (12-24 Monate oder noch länger). Bei mehr als zwei Rückfällen ist eine Langzeitmedikation zu überlegen. z Bei Komorbidität mit einer depressiven oder einer Angststörung ist ein SSRI unbedingt indiziert, um die Begleitsymptomatik zu beseitigen, sodass in Anschluss daran auch die Grundsymptomatik psychotherapeutisch besser bewältigbar ist. z SSRI verbessern die Wirksamkeit einer Verhaltenstherapie insbesondere bei den schwer behandelbaren Zwangsgedanken. Wenn ein Patient primär an Zwangshandlungen leidet, bringt die Pharmakotherapie nach einer deutschen Multicenter-Studie keinen zusätzlichen Effekt gegenüber einer Verhaltenstherapie, d.h. bei Zwangshandlungen ohne Zwangsgedanken und ohne Depression ist unter idealen Umständen eine intensive Verhaltenstherapie allein oft ausreichend. Nach einer englischen Studie war die Kombination von Clomipramin und Verhaltenstherapie nach 8 Wochen der Kombination von Verhaltenstherapie und Placebo jedoch überlegen. z Bei sekundärer Depression neben der Zwangsstörung kann ein SSRI den Erfolg einer Verhaltenstherapie verbessern. Bei starker Depression zu Behandlungsbeginn zeigte sich am Behandlungsende eine signifikant schlechtere Reduktion der Zwangssymptomatik durch die Pharmakotherapie als bei nicht depressiven Patienten. z Der Placeboeffekt von 5-10% ist bei Zwangspatienten wesentlich geringer als bei Angstpatienten. Dies könnte jedoch mit der Art der Medikamente zusammenhängen. Das Fehlen der typischen Nebenwirkungen trizyklischer Medikamente ermöglicht einen Rückschluss auf eine Placebogruppenteilnahme. Eine hohe ClomipraminDosierung führt z.B. zur meist unvermeidlichen Mundtrockenheit und lässt auf die Teilnahme an der Behandlungsgruppe schließen. Die Placeboeffekte sind in den neueren Studien mit SSRI größer als in den älteren Studien mit Clomipramin. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass in die neueren Studien auch leichtere Zwangspatienten aufgenommen werden, die sich ohne Medikamenteneinnahme durch den Effekt unspezifischer Therapiemaßnahmen bessern.
Der Placeboeffekt von Medikamenten
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Der Placeboeffekt von Medikamenten Bei Psychopharmaka sind psychologische Faktoren bedeutsam, die unter dem Begriff „Placebo“ bekannt sind. Das Wort Placebo kommt aus dem Lateinischen und heißt „Ich werde gefallen.“ Der Arzt entspricht dem Wunsch des Patienten nach einem Medikament und verabreicht ein Scheinmedikament, weil er glaubt, dass der Betroffene in Hinblick auf die vorgebrachten Beschwerden kein echtes Medikament benötige. Placebos sind Leerpräparate mit harmlosen Stoffen (Stärke, Milchzucker oder Kochsalzlösung), die durch den Glauben des Patienten an eine Wirkung tatsächlich Wirkeffekte zeigen, obwohl pharmakologisch keine gegeben sind. Pseudoplacebos sind Scheinmedikamente derart, dass sie zwar bestimmte Stoffe (Vitamine, Metalle, Pflanzenextrakte usw.) enthalten, die jedoch nicht die behauptete Wirkung ausüben können. Nach einer anonymen Befragung verschreiben 54% der deutschen Ärzte regelmäßig Pseudoplacebos, d.h. Präparate wie Vitaminpillen, die zwar keinen pharmakologischen Effekt haben, dem Patienten jedoch das Gefühl geben, dass seine Beschwerden behandelt werden.
Der Placeboeffekt bei der medikamentösen Behandlung verschiedener Krankheiten Im Rahmen der klinischen Erprobung neuer Medikamente werden Placeboeffekte vor allem als Störgrößen betrachtet, weil sie sich mit den spezifischen Wirkungen der untersuchten Substanz vermischen und eine zuverlässige Beurteilung des Versuchspräparats erschweren. Bei Medikamentenstudien werden Placebos als Leerpräparate bei Kontrollgruppen verwendet, um die Wirksamkeit einer bestimmten neuen Substanz („Verum“ genannt) in der Versuchsgruppe zu erweisen. Neue Medikamente werden in Doppelblindstudien getestet, wo weder behandelnde Ärzte noch Patienten wissen, wer die Wirksubstanz und wer das identisch aussehende Placebo erhält. Am Ende einer Studie werden die Therapieerfolge bei der Arzneimittelgruppe und der Placebogruppe miteinander verglichen. Das neue Medikament ist umso besser, je größer die Unterschiede zwischen beiden Gruppen sind. Als spezifischer Medikamenteneffekt wird die Differenz zwischen den unter dem Versuchspräparat auftretenden Veränderungen und jenen unter der Placeboverabreichung angesehen. Im Rahmen von Medikamentenstudien wird auch von Pharmafirmen anerkannt, dass bei einer Placebogruppe eine Symptomreduktion gegenüber einer unbehandelten Kontrollgruppe eintritt. Der Effekt des neuen Medikaments muss nur größer sein als der Placeboeffekt. Im Abschlussbericht zu einer Medikamentenstudie heißt es z.B.: „Das Medikament bewirkte in der Behandlungsgruppe bei 60% der Patienten eine signifikante Symptomreduktion, während dies in der Placebogruppe nur bei 35% der Fall war.“ Placeboeffekte findet man auch bei vielen Menschen mit organischen Störungen. Medikamente für Asthma und Herpes, die heutzutage als wirkungslos erkannt sind, führten in den 1960er-Jahren in den USA bei knapp 70% von etwa 7000 Patienten zu Besserungen (40% ausgezeichnete Resultate, 30% zumindest gute Erfolge). Die psychologisch bedingte Wirksamkeit von Placebos bedeutet nicht, dass bestimmte Symptome (z.B. Schmerzen) deshalb rein psychisch bewirkt waren, sie zeigen nur den zumindest kurzfristig schmerzlindernden Effekt psychischer Faktoren an. Die Placeboeffekte sind bei den verschiedensten Störungen erstaunlich hoch [39]:
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
„Für die Placebobehandlungen bei verschiedenen körperlichen und psychischen Krankheiten sowie Symptomen wurde eine durchschnittliche Placeboreagibilität von 35 bis 42% errechnet (Netter et al. 1986) ... Die größten Effekte wurden bei Erkältungen, Magen-Darm-Störungen, Rheuma, multipler Sklerose, bei Angina pectoris, Neurosen und Psychosen erzielt. Asthmapatienten regierten in 35% der Fälle auf die orale Gabe von Placebos mit einer Reduktion ihrer Asthmabeschwerden und in 53% auf die Placeboinjektion ... Kopfschmerzpatienten reagierten je nach Studie in 46 bis 96% auf Placebo, Migränekopfschmerz besserte sich bei den Kranken zwischen 20 und 58%. In 11 Doppelblindstudien von 1959 bis 1974 an 908 Patienten mit vergleichbarer Schmerzintensität gaben 36% der Untersuchten unter Placebo eine Verminderung der Beschwerden um mehr als die Hälfte an ... Auch andere Schmerzen mit gesichertem morphologischen Substrat (Tumor, Operationswunde, Wehen) konnten durch eine Placebobehandlung gebessert werden, wobei die Belastung von Patienten mit Streß die Wirksamkeit der Placebos erhöhte (10mal so wirksam ...).“
Placebos wirken am besten bei Symptomen oder Störungen, die zeitlichen Schwankungen unterliegen, z.B. bei Depressionen, Angststörungen und chronischen Schmerzen. Bei der Verabreichung von Placebos als Schmerzmittel oder als Psychopharmaka (z.B. als Beruhigungsmittel) erlebten bis zu 70% der Patienten eine lindernde Wirkung. 40% gaben sogar Nebenwirkungen an. Nach einer US-Studie über 50 Wochen macht es bei jenen Patienten, die so früh auf eine antidepressive Therapie angesprochen hatten, dass ein Placeboeffekt angenommen werden muss, keinen Unterschied, ob sie in der Langzeittherapie ein Placebo oder ein SSRI-Antidepressivum erhielten. Eine Placeboreaktion ist wahrscheinlicher, wenn die Behandlung auf eine Funktion des Zentralnervensystems gerichtet ist (wie bei psychischen Störungen). Das Vorhandensein von Angst ist die beste Voraussetzung für eine Placebowirkung. Die Angstspannung wird durch die suggestiven Effekte rund um die Placebobehandlung reduziert. Patienten ohne Angst reagieren auf Placebos schlechter. Die britische Psychologe Irving Kirsch [40] veröffentlichte 1998, 2002 und 2008 drei Meta-Analysen von Antidepressiva-Studien. Antidepressiva-Wirkungen würden meist auf Placeboeffekten beruhen und nur bei sehr schweren Depressionen echt sein. Bei der ersten Meta-Analyse von 19 Doppelblindstudien fand er einen Placeboeffekt von 75% (Verbesserungen beruhen zu 25% auf dem Antidepressivum, zu 51% auf dem Placeboeffekt und zu 24% auf anderen Faktoren, bekannt als „Spontanremissionen“). In einer zweiten Meta-Analyse von 30 Antidepressiva-Studien ergab sich ein Placeboeffekt von 78%. Bis zu 80% der Versuchspersonen konnten erraten, ob sie sich in der Verum- oder in der Placebogruppe befanden. Dies hängt mit den Nebeneffekten des Versuchspräparats zusammen, die den Studienteilnehmern vor Beginn der Behandlung mitgeteilt werden müssen. Die Erkenntnis der Versuchsteilnehmer „Je mehr Nebenwirkungen, desto eher befindet man sich in der Behandlungsgruppe“ stärken den Glauben an die Wirksamkeit des Medikaments. Dieser Umstand hat zur Folge, dass im Doppelblind-Versuch mit mehreren Antidepressiva und Placebos jene Tabletten am besten wirkten, die die spürbarsten Nebenwirkungen hatten. Die dritte, 2008 veröffentlichte Meta-Analyse beruht auf 35 Studien mit Antidepressiva, die zwischen 1989 und 1999 in den USA zugelassen wurden (Fluoxetin, Paroxetin, Venlafaxin und das mittlerweile aus dem Handel genommene Nefadozon; die Studien mit Sertralin und Citalopram wurden wegen unvollständiger Datenlage nicht einbezogen). Dabei entsprach die Placebowirkung bei etwa 80% der Wirkung der modernen Antidepressiva. Nicht bei leichten und mittelschweren, sondern nur bei sehr schweren Depressionen (Werten ab 28 bei der Hamilton-Depressions-Skala) bestand eine antidepressive Wirksamkeit. Bei dieser schwer kranken Patientengruppe sei der Placeboeffekt geringer, sodass Antidepressiva deswegen bessere Wirkung zeigen würden. Nur diese Patienten sollten SSRI erhalten.
Der Placeboeffekt von Medikamenten
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Die erfolgreiche Wirkung eines untersuchten Antidepressivums wird gewöhnlich nachgewiesen durch einen Abfall des Wertes auf der Hamilton-Depressions-Skala um mindestens 50%. Dieser Effekt ist häufig auch mit einem Placebo relativ leicht erreichbar. Dieser Umstand ist einer der Hauptgründe, warum das getestete Antidepressivum oft nicht wesentlich besser ist als das Placebomittel. Ein Drittel der Antidepressiva-Studien bleibt wegen fehlender Signifikanz unveröffentlicht. Das Team um Kirsch berücksichtigte daher auch Studien, die wegen fehlender Wirksamkeit des Antidepressivums nicht veröffentlicht wurden. Studien anderer Autoren belegen, dass medikamentöse Wirkeffekte durch die gängige einseitige und Daten verzerrende Veröffentlichungspraxis der Pharmafirmen überschätzt werden. Auch Kritiker der Kirsch-Studien wie Möller anerkennen, dass die Differenzen zwischen dem Effekt von Verum und Placebo meist nur etwa 20 Prozentpunkte betragen, was als mittelstarke bis starke Wirksamkeit gilt, und dass die Wirksamkeit durch die hohe Arzt-Patient-Interaktionsdichte im Rahmen der Studien wesentlich erhöht wird. Das amerikanische Gesundheitsministerium gab bekannt, dass die verschiedenen Antidepressiva im Laufe der Jahrzehnte nicht besser (gleich bleibende Wirksamkeit bei 50%), sondern nur nebenwirkungsärmer geworden sind. Die Wirksamkeit von Placebos wurde mit einem durchschnittlichen Wert von 32% beurteilt. Dies ist das Ergebnis der vom US-Ministerium finanzierten Analyse von 315 seit 1980 durchgeführten Studien, wo auch die neueren SSRI eingesetzt wurden. Fazit: Medikamentenstudien im Bereich der Angst- und Depressionsbehandlung ergaben durchschnittlich bei 25-40% der Patienten der Placebogruppe eine scheinbare pharmakologische Wirkung im Sinne des Verums, verglichen mit Kontrollgruppen ohne jede medikamentöse Behandlung. Der Placeboeffekt bei Zwangsstörungen war in früheren Studien mit 5-6% erstaunlich gering und ist in neueren Studien deutlich angestiegen. Dies hängt vermutlich mit der Aufnahme leichter beeinträchtigter Patienten in den neueren Studien zusammen, die sich durch unspezifische Therapieeffekte besserten. Studien mit Panikpatienten ergaben Placeboeffekte von 26% bis über 50%. Dies ist umso auffälliger, als die Teilnehmer an Medikamentenstudien vorher über die Möglichkeit der Zuordnung zu einer Placebogruppe informiert werden müssen. Bei Panikpatienten zeigte sich ein deutlicher Rückgang der Häufigkeit und des Schweregrades von Panikattacken insbesondere in den ersten Wochen der Placeboeinnahme. Der kurzfristige Placeboeffekt einer völligen Symptombeseitigung hielt jedoch oft nicht länger als acht Wochen an, dann setzten wiederum vermehrt stärkere Panikattacken ein. Die Hälfte der Patienten mit schwerer Panikstörung bei gleichzeitiger Agoraphobie brach die „Behandlung“ vorzeitig wegen Wirkungslosigkeit ab, einige Betroffene auch wegen vermeintlicher Nebenwirkungen der Placeboverabreichung. Die Placebowirkung ist bei situativen Panikattacken besser als bei spontan auftretenden Panikattacken. Bei Menschen mit generalisierter Angststörung wurden in den ersten Behandlungswochen ebenfalls hohe Placeboeffekte festgestellt. Bei Menschen mit Phobien traten positive Effekte erst nach mehrwöchiger Placeboeinnahme auf. Eine 1997 veröffentlichte, in 11 Ländern durchgeführte Paroxetinstudie weist auf deutliche, bis zu einem Jahr anhaltende Placeboeffekte bei Panikpatienten hin (ein Teil der Placebo-Gruppenteilnehmer stieg allerdings aus der Studie aus). Kontrollierte Studien mit Benzodiazepinen zeigen auf, dass die Unterschiede der Therapieeffekte im Vergleich zu Placebo häufig kaum eine Signifikanz am Ende der Studiendauer erreichen, wenngleich anfangs eine Besserung unter Benzodiazepinen bzw. die Überlegenheit gegenüber Placebo sichtbar war.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Studien ergaben, dass nicht nur Patienten, sondern auch Ärzte in Doppelblindstudien mit hoher Wahrscheinlichkeit erraten können, ob der Patient eine aktive Substanz oder ein Placebo erhält. Versuchspersonen können aufgrund der ihnen bekannten Nebenwirkungen des Verums (z.B. Mundtrockenheit, Übelkeit, Schwindel) in bis zu 80% der Fälle richtig raten, ob sie sich in der Verum- oder in der Placebogruppe befinden. Placebos können ähnliche und ebenso lang anhaltende Verhaltensänderungen hervorrufen wie pharmakologisch aktive Substanzen. 30-60% der Wirkung aller Medikamente und aller therapeutischen Maßnahmen sind auf den Placeboeffekt zurückzuführen, d.h. auf die positiven Erwartungen von Arzt bzw. Therapeut und Patient. Placeboeffekte sind auch bei Psychotherapien wirksam, was durchaus positiv zu bewerten ist. Deutsche Psychiater [41] schreiben über Placeboeffekte: „Ein Placebo-Effekt konnte auch beim Vergleich von Placebopatienten einer Doppelblindstudie mit einer ‚no pills’ Gruppe nachgewiesen werden ... Allerdings wird die ‚Blindheit’ pharmakologischer Studien immer wieder in Frage gestellt, da ja erfahrene Ärzte, aber auch die Patienten anhand der Nebenwirkungen vermuten können, ob es sich bei dem Medikament um Verum oder Placebo handelt ... Andererseits werden in einer Medikamentenstudie tatsächlich vorhandene Verum/Placebo-Unterschiede nicht selten dadurch verwischt, daß durch die Zuwendung, die die Patienten bei einer aufwendigen Studie erhalten, Placebo- und Verumpatienten gleichermaßen einer unspezifischen Psychotherapie unterliegen... Das Ausfüllen von Angstskalen dürfte einen ähnlichen Effekt haben wie eine kognitive Therapie: Der Patient lernt, welche Symptome zu der Angsterkrankung gehören. Untersuchungen, die von der pharmazeutischen Industrie gesponsert werden, unterliegen einem weiteren Problem, dem ‚publication bias’. Studien, in denen sich das Prüfmedikament nicht besser oder gar schlechter wirksam als Placebo zeigte, werden seltener veröffentlicht ...“
Wirkmechanismen von Placebos Die Wirkung von Placebos beruht auf einer „Heilung durch Glauben“ (Benson [42]). Ein Placeboeffekt ist auch bei einer vermeintlichen Alkoholeinnahme mit dem Ziel der Angstdämpfung nachweisbar. Männer, die der Meinung waren, Alkohol konsumiert zu haben, zeigten weniger Angst als Personen, die glaubten, nüchtern zu sein. Im Einzelnen lassen sich Placeboeffekte durch folgende Faktoren erklären [43]: z Persönlichkeitsvariablen des Patienten, z experimentelle Einflussfaktoren, z situative Einflussfaktoren (Persönlichkeitsvariablen des Arztes, Art der Arzt-PatientBeziehung, Art des Behandlungsmilieus).
Persönlichkeitsvariablen des Patienten Als persönlichkeitsrelevante Faktoren des Patienten für eine Placebowirkung gelten Alter, Geschlecht, Lebensgewohnheiten, Vorerfahrung mit bestimmten Medikamenten, bestimmte situative Bedingungen (z.B. Empfänglichkeit aufgrund aussichtsloser Behandlungssituation) und verschiedene Persönlichkeitsfaktoren (Suggestibilität, Erwartung, Hoffnung). Je stärker die Schmerzen und der Leidensdruck sind, umso größer ist der Placeboeffekt. Placebos stellen nicht einfach nur Täuschungsversuche des Patienten dar. Placebowirkungen beruhen auf den Selbstheilungskräften des Menschen. Gauler und Weihrauch [44] beschreiben die Placebowirkfaktoren folgendermaßen:
Der Placeboeffekt von Medikamenten
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„Die Placeboreaktion ... wird durch Linderung der Angstzustände und mentale Suggestion erklärt ... Man glaubt, daß ängstliche Patienten der Suggestion leichter zugänglich sind. Shapiro behauptete sogar, daß Patienten ohne Angst generell schlechter auf Placebos reagieren ... Subjektiv stark empfundene Hilfsbedürftigkeit erhöht ebenfalls die Reaktionsfähigkeit auf Placebos. Besonders empfänglich sind psychomotorisch Kranke mit begleitenden Angst- und Depressionszuständen aufgrund ihrer Verunsicherung, ihres fehlenden Selbstvertrauens und ihres Entscheidungsfähigkeitsverlustes ... Immer wieder hat sich gezeigt, daß eine Medizin dann am besten wirkt, wenn die Not am stärksten empfunden wird. Hierbei wird gerne von Streßfaktoren gesprochen, die durch Krankheitssymptome wie Fieber, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Schmerzen, sowie das damit verbundene ‚psychische Elend’ in Form von Angst, Depression, Verstimmung, geringer Selbstachtung und fehlender sozialer Unterstützung (Krankenrolle) ausgelöst werden. In einem solchen emotional-aktivierten Zustand ist der Patient beeinflußbar und reagiert deshalb besser auf Placebos. Der universellen Wirksamkeit des Placebos entspricht auch die Vorstellung, daß die Streßwirkung die gemeinsame Grundlage aller Adaptationsreaktionen des menschlichen Körpers ist ... Cleghorn et al. konnten bei Patienten nach subkutaner Kochsalzinjektion eine Stimulierung der Nebennierenrinde feststellen ... Durch Placebogabe kann also eine positive Streßreaktion im Sinne einer Nebennierenrinden-Stimulation (NNR) ausgelöst werden. Beecher wies darauf hin, daß angstvolle Patienten häufig Störungen der Nebennierenrinde (aktiviertes adrenerges System) aufweisen und möglicherweise deshalb besser auf Placebos reagieren.“
Experimentelle Einflussfaktoren Bestimmte experimentelle Einflussfaktoren verstärken aufgrund der Erkenntnisse der Placeboforschung den Effekt von Placebos [45]: z Verabreichungsform. Injektionen und Infusionen wirken stärker als oral verabreichte Kapseln oder Tabletten, Placebosalben besser als Placebotabletten. z Aussehen (Form und Farbe). Blaue Tabletten werden als eher sedierend, rote oder pinkfarbene als eher stimulierend erlebt. Weiße Tabletten stehen am unteren Ende der Wirksamkeitsskala, farbige Pillen suggerieren spezifischere Wirkungsweisen. Grüne Placebos helfen besonders bei Angstzuständen, blaue mehr bei Erregungszuständen, gelbe mehr bei Depressionen, rote bei jeder Art von Schmerzen und Entzündungen. Während früher viele Medikamente weiß und rund waren, wird heutzutage von den Pharmafirmen auf die optische Gefälligkeit geachtet. z Größe. Sehr kleine und sehr große Tabletten sind wirksamer als normal große. z Geschmack. Präparate mit Geschmackszusätzen werden als wirkungsvoller beschrieben. Ein unangenehmer Geschmack wirkt stärker als ein angenehmer. z Dosis. Hohe Dosierungen wirken stärker als niedrige.
Situative Einflussfaktoren (Arzt-Patient-Beziehung) Verhaltensweisen und Persönlichkeit des behandelnden Arztes sowie die damit verbundene Arzt-Patient-Beziehung bestimmen entscheidend die Placebowirkung [46]: z Die Instruktionen oder Suggestionen des Arztes hinsichtlich eines bestimmten Medikaments, Erklärungen zur geplanten Therapie sowie die Voraussage über Wirkung und Nebenwirkung des verabreichten Medikaments beeinflussen die Wahrnehmung und Erwartung des Patienten. Ein Placebo, das einmal als Beruhigungsmittel und einmal als Stimulans angekündigt wurde, hatte unterschiedliche psychische und physiologische Wirkungen. Das als „Stimulans“ verabreichte Placebo bewirkte eine
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deutliche Erhöhung der Herzfrequenz innerhalb eines Zweistundenzeitraumes, das als „Tranquilizer“ beschriebene Placebo führte nach zwei Stunden zu einer Verringerung des Herzschlags. z Die Gerichtetheit und Präzision von Instruktionen (z.B. genau 5 Tropfen eines Saftes nehmen) verstärkt die Wirkungserwartung, weil implizit ein Zusammenhang zwischen Menge und Wirkung vermittelt wird. z Bestimmte Persönlichkeitsvariablen des Arztes (positive bzw. negative Einstellung zum Medikament, für den Patienten Vertrauen erweckende Haltung usw.) unterstützen die Erfolgserwartung des Patienten und damit auch den Effekt der Medikamentenwirkung. Der Glaube des Arztes in die Wirksamkeit der Medikation verstärkt den Wirkeffekt beim Patienten. Nach Placebostudien genesen die Patienten skeptischer Ärzte viel seltener als die Patienten von Ärzten, die sich begeistert über das „Medikament“ äußern, wirken Placebos, die von einem Primararzt verabreicht werden, besser als solche, die von einer Krankenschwester gegeben werden, lösen junge, engagierte und optimistische Ärzte größere Wirkungen aus als routinierte Ärzte, die sich wenig Zeit für den Patienten nehmen. Doppelblindstudien mit Arzneimitteln bestätigen die besseren Effekte bei jungen, begeisterten Ärzten, die ihren Optimismus auf die oft verzweifelten Patienten übertragen können. Ärzte, die eine neue Behandlungsmethode einführen, erreichen oft bessere Behandlungseffekte als Ärzte, die später dieselbe Methode anwenden. Dies erklärt neben anderen Faktoren wie Selektionseffekten auch, warum Medikamente bei den Wirksamkeitsstudien oft besser wirken als bei der späteren klinischen Routineanwendung. Behandelnde Ärzte, denen vermittelt wurde, dass ein Placebopräparat ähnlich wie Morphin wirke, erreichten größere Effekte bei ihren Patienten, als wenn ihnen erklärt wurde, dass es sich um Aspirin handle. Nach der Aufklärung über das Placebopräparat fiel die Wirkung beim Patienten um die Hälfte ab. Die ethisch notwendige Ankündigung, dass bei einem bestimmten Medikament möglicherweise genau umschriebene Nebenwirkungen auftreten können, führt bei bestimmten Patienten (z.B. bei Menschen mit Angstund Panikstörungen) tatsächlich zu einer größeren Auftrittswahrscheinlichkeit. Placebopräparate wirken sogar dann, wenn Arzt und Patient von Beginn an wissen, dass ein Placebo verabreicht wird. Dies lässt sich durch langjährige Konditionierung erklären. Jedes im Laufe des Lebens eingenommene Kopfwehmittel verstärkt die Assoziation zwischen der weißen Pille und dem Gefühl der Besserung. Medikamente wirken bei Studien oft besser als im klinischen Alltag. Dies hängt damit zusammen, dass die Ärzte bei einer Studie mit den Patienten aufgrund der häufigen und ausführlichen Befragungen intensiver in Kontakt treten müssen, als dies in der Alltagspraxis der Fall ist. Bei einer internationalen Studie der Weltgesundheitsorganisation über den Effekt der medikamentösen Behandlung bei Panikstörungen mit Alprazolam (D: Tafil®, Ö: Xanor®) und Imipramin (Tofranil®) ergab sich der Befund, dass dieselben Medikamente bei Patienten in der Dritten Welt eine viel bessere Wirkung aufwiesen als in der westlichen Welt. Aufgrund der Art der Studie mussten sich die Ärzte mehr mit ihren Patienten beschäftigen, als dies in der Dritten Welt üblich ist. Neben den Medikamenten wirkte der vermehrte Arzt-Patient-Kontakt zusätzlich heilsam. Die stärkere Arzt-Patient-Interaktion bei Medikamentenstudien wird auch als zentraler Wirkeffekt bei Befindlichkeitsverbesserungen in Placebogruppen angesehen. Wenn für viele Menschen allein die Nähe zur Medizin und zu Ärzten bereits Symptom lindernd wirkt, muss dieser Effekt auch in Placebogruppen angenommen werden.
Der Placeboeffekt von Medikamenten
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Theorien zur Placebowirkung Die verschiedenen Erklärungskonzepte zur Wirksamkeit von Placebopräparaten lassen sich nach Deter [47] folgendermaßen zusammenfassen: -
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„Die Placebowirkungen zur Schmerzreduktion könnte durch eine zentral vermittelte Endorphinfreisetzung zustandekommen (Netter et al. 1986). Viele der Placebowirkungen auf das Vegetativum sind den Körpereffekten nach Entspannungstechniken vergleichbar. Durch eine Fremd- bzw. Autosuggestion lassen sich entsprechende psychische und körperliche Veränderungen hervorrufen. Ein dritter Erklärungsansatz auf lerntheoretischer Grundlage bezieht sich auf Patienten, bei denen eine Verumtherapie gewirkt hat und bei denen nun eine Wirkungserwartung gegenüber der Placebotherapie besteht. Hierbei gilt das früher wirksame Pharmazeutikum als unkonditionierter Stimulus, das Aussehen und die Applikationsart des Präparates, der Ort der Einnahme und das Pflegepersonal als neutraler Stimulus, der in der Lage ist, die frühere positive Wirkung des unkonditionierten Stimulus nun seinerseits hervorzurufen ... Nach einem attributionstheoretischen Modell könnte der Patient zufällige Änderungen des körperlichen und psychischen Befindens auf das Placebo beziehen und ihm die Ursachen für die Veränderungen zuschreiben.“
Der Placeboeffekt ist ein unspezifischer Behandlungseffekt, der bei jeder medizinischen und psychotherapeutischen Behandlung wirksam ist. Er stellt eine unbewusste Aktivierung der Selbstheilungskräfte des Menschen dar und ist keineswegs bloß Einbildung, sondern hat durchaus klar und objektiv messbare körperliche Gesundungseffekte. Die genaue Wirksamkeit von Placebos beruht auf den komplizierten Zusammenhängen zwischen Psyche, Nerven- und Immunsystem. Mögliche Wirkmechanismen sind Konditionierung, Entwicklung einer Erwartungshaltung und Freisetzung endogener Überträgersubstanzen einschließlich der Endorphine (körpereigene Peptide mit morphinähnlicher Wirkung) und der adrenalinähnlichen Katecholamine. Die Wirksamkeit von Placebos bei körperlichen Störungen kann nicht bloß durch Einbildung und Erfolgserwartung erklärt werden. Vielmehr ist bereits seit längerem nachgewiesen, dass zumindest bei bestimmten Schmerzpatienten der Glaube an die Schmerz dämpfenden Effekte des Placebos zur Ausschüttung endogener analgetisch wirkender Stoffe führt. Es handelt sich dabei um die vermehrte Ausschüttung von Endorphinen, d.h. körpereigenen Opiaten zur Schmerzdämpfung. Endorphine als körpereigene Agonisten binden an denselben Rezeptoren des Schmerz dämpfenden Systems (Opioidrezeptoren) wie Analgetika. Endorphine hemmen dadurch die Ausschüttung Schmerzimpuls vermittelnder Neurotransmitter. Die freigesetzten Endorphine blockieren die vom Hinterhorn des Spinalmarks eintreffenden Schmerzimpulse. Die durch das Placebo bewirkte Schmerzdämpfung nimmt nach einiger Zeit ab, d.h. es setzt eine Toleranz ein, die durch eine Dosissteigerung überwunden werden muss – ein typischer Suchtmechanismus. Bei plötzlichem Absetzen des Placebos können sogar Entzugserscheinungen auftreten. Der analgetische Effekt des Placebos lässt sich zumindest bei einem Teil der Patienten durch einen Opiatantagonisten (z.B. Nalaxon mit dem Präparat Narcanti®) aufheben. Der Umstand, dass die Schmerzdämpfung bei einem Teil der Patienten trotz der Blockierung der Endorphinrezeptoren anhält, weist darauf hin, dass Placebos noch über andere Schmerz hemmende Systeme wirken müssen, die andere Neurotransmitter freisetzen. Laut einer PET-Studie führen positive Erwartungen im Sinne des Placeboeffekts auch zur vermehrten Ausschüttung von Dopamin, das einen Belohnungseffekt darstellt.
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Medikamentöse Behandlung bei Angststörungen
Nebenwirkungen von Placebos Bei Placebos können schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten. Placebonebenwirkungen sind oft krankheits- oder präparatespezifisch: Schwindel bei psychiatrischen Störungen, Kopfschmerzen bei Bluthochdruck-Patienten und Angina-PectorisPatienten, Magen-Darm-Beschwerden bei Ulkuspatienten. Viele Placebonebenwirkungen sind eher subjektive Zustände, die nur schwer objektivierbar sind. Nach Placeboverabreichungen werden in 10-30% der Fälle folgende Nebenwirkungen berichtet [48]: Mundtrockenheit, Übelkeit, Brechreiz, Schwindelgefühl, Benommenheit, Ohnmachtsneigung, Müdigkeit, Schweregefühl, Schwächegefühl, Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit, Erregung, Angstzustände, Kopfschmerzen, Tinnitus, Sehstörungen, Schweißausbruch, Juckreiz, Appetitlosigkeit, Verstopfung, Bauchschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Verwirrung. Die unerwünschten Nebenwirkungen von Placebos nehmen bei Dosissteigerung zu. Oft treten auch objektiv überprüfbare, mitunter sogar schwerwiegende Placebonebenwirkungen auf: Herzrasen, Blutdruckänderungen, Kollaps, Wärme- und Kältezustände, Fieber, Mundtrockenheit, Durst, Durchfall, Erbrechen, Harnverhalten, Menstruationsstörungen, Zittern, Hautausschläge, Depression, Halluzinationen, Allergien, Haarausfall, Cholesterinspiegel-Änderungen usw. 30% einer Gruppe von Krebspatienten, die unter dem Anschein eines neuen Chemotherapeutikums mit einem Placebo behandelt wurden, litten unter Übelkeit und Haarausfall. Nebenwirkungen lassen sich sogar in Abhängigkeit von der Placeboreaktionsbereitschaft feststellen. Bei Personen, die gut auf Placebos ansprechen, zeigen sich Nebenwirkungen hauptsächlich im Zentralnervensystem (Dämpfung, Schwindel, Denkstörungen), bei Personen, die eher schlecht auf Placebos ansprechen, treten Nebenwirkungen vor allem im Magen-Darm-Bereich auf. Viele Placebonebenwirkungen entsprechen den erwarteten Nebenwirkungen des neuen Medikaments, sodass unter den Studienteilnehmern Lernprozesse (Modelllernen) angenommen werden müssen. Die Nebenwirkungen von Placebos werden im Rahmen der jeweiligen Studien anhand von Fragebögen in gleicher Weise erhoben wie bei den untersuchten Medikamenten. Die Art und Häufigkeit der Nebenwirkungen von Placebos (aber auch von Verumpräparaten) ist dabei stark von der Art der Erfassung abhängig. Das Vorlegen einer Liste mit 25 möglichen Nebenwirkungen führt dazu, dass selbst die meisten gesunden Menschen einige Symptome ankreuzen. Vorhandene Missempfindungen und Beschwerden werden oft dem Placebomittel zugeschrieben. Mehrere Studien an insgesamt über 4000 Personen ergaben, dass der Großteil der Beschwerden, die als Nebenwirkungen des Placebos angegeben wurden, schon vor der Behandlung vorhanden waren, dann aber auf das Placebopräparat attribuiert wurden. Echte Placebonebenwirkungen lassen sich nur durch Vergleichsstudien mit Placebo- und unbehandelten Kontrollgruppen ermitteln. Aufgrund des Aufwands fehlen letztere oft sogar bei umfangreichen Studien. Die echten Placebonebenwirkungen können jedoch nur aus der Differenz des Effekts des Placebos und des Effekts der unbehandelten Kontrollgruppe ermittelt werden.
11. Phytopharmaka bei Angststörungen Verschiedene pflanzliche Mittel (Phytopharmaka) gelten in der Volksmedizin als beruhigend, Angst dämpfend, entspannend und schlaffördernd. Es handelt sich um folgende Pflanzen: Baldrian, Hopfen, Melisse, Johanniskraut, Passionsblume, Orangenblüte und Lavendel. Kava-Kava ist seit 2002 wegen möglicher Leberschäden EU-weit verboten. Im Folgenden werden die relevanten Phytopharmaka näher dargestellt: z Baldrian wird in der Volksmedizin bei Angstzuständen, Nervosität und Schlafstörungen eingesetzt und enthält über 100 Bestandteile. Die wirksamen Inhaltsstoffe sind unbekannt. Die Gesamtwirkung von Baldrian beruht auf synthetisch völlig unterschiedlichen Wirkstoffen. Baldrian bewirkt eine erhöhte GABA-Konzentration im synaptischen Spalt durch eine erhöhte GABA-Ausschüttung und eine gleichzeitige Hemmung der Wiederaufnahme, was Angst und Anspannung dämpft [1]. Baldrian wirkt nicht nur auf die GABAA-Rezeptoren ein, sondern auch auf die Adenosinrezeptoren (Adenosin ist ein schlaffördernder Wirkstoff, der tagsüber im Gehirn angereichert und in der Nacht abgebaut wird). Dies erklärt die sedativen und schlaffördernden Effekte. Als Nebenwirkungen können sehr selten Kopfschmerzen oder Übelkeit auftreten. Hang-over-Phänomene am Morgen, Überdosierungseffekte oder Abhängigkeitseffekte sind unbekannt. Baldrian macht selbst in hohen Dosen nicht müde, sondern lindert Angst und die damit verbundenen körperlichen Begleiterscheinungen. Die sedativ-hypnotischen Wirkungen von Baldrian werden durch Hopfen verstärkt, weshalb Kombinationspräparate den Monopräparaten in der Wirksamkeit überlegen sind. Das Baldrian-Hopfen-Präparat Hova® (Ö) bzw. Hovaletten® N (D) enthält 200,2 mg Trockenextrakt aus der europäischen Baldrianwurzel und 45,5 mg Trockenextrakt aus Hopfenzapfen. Das Präparat hat einen beruhigenden, muskelentspannenden und krampflösenden Effekt und führt zu keiner Beeinträchtigung am nächsten Tag. Bei Schlafstörungen sollten 2-3 Tabletten eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen eingenommen werden, bei Unruhe, Nervosität und Angstzuständen 2-3 Tabletten pro Tag. 1-2 Wochen „Anlaufzeit“ sind abzuwarten. Laut neueren Erkenntnissen sind 600-900 mg Baldrian-Trockenextrakt pro Tag erforderlich. Die Wirksamkeit bei Angststörungen ist nicht überzeugend belegt. z Hopfen wird als Beruhigungsmittel bei Unruhe, Angst- und Spannungszuständen sowie nervösen Schlafstörungen verwendet. Die wirksamen Inhaltsstoffe wurden noch nicht gefunden. Der während der Lagerung aus Humulon und Lupulon entstehende Alkohol Methylbutenol ist als einer der wirksamsten Inhaltsstoffe anzusehen, möglicherweise erfolgt auch nach der oralen Aufnahme im Körper eine entsprechende Umwandlung aus Lupulon. Methylbutenol zeigte im Tierversuch eine deutlich sedative Wirkung. Hochklassige Wirksamkeitsstudien beim Menschen fehlen. Methylbutenol ist eine äußerst flüchtige Substanz und daher in Extrakten nicht mehr vorhanden. In Kombinationspräparaten (Hopfen mit Baldrian und/oder Melisse) kommt die sedierende Wirkung des Hopfens dagegen besser zur Geltung. z Melisse wirkt beruhigend und wird bei nervös bedingten Einschlafstörungen, zur Appetitanregung und bei psychosomatischen Beschwerden (Herz, Magen-DarmTrakt) angewandt. Die Wirksamkeitsnachweise sind allgemein unbefriedigend. z Lavendel wirkt schwach beruhigend. Die Wirksamkeit ist noch wenig erforscht. z Orangenblüten werden zwar in der Volksmedizin als Beruhigungsmittel eingesetzt, eine wissenschaftliche Bestätigung der Wirkung liegt jedoch nicht vor.
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Phytotherapie bei Angststörungen
z Passionsblumenkraut wird gegen nervöse Unruhe, psychosomatische Störungen, Einschlafschwierigkeiten und Angst eingesetzt. Die Wirkung ist nicht erwiesen. z Johanniskraut-(Hypericum)-Extrakte sind laut vielen Studien wirksam bei leichten und mittelschweren Depressionen, in Bezug auf Angststörungen fehlen überzeugende Wirksamkeitsbelege. Aus der Wirksamkeit bei leichten und mittelschweren Depressionen kann ohne seriöse Studien keinesfalls die Wirksamkeit bei Angststörungen abgeleitet werden. Die bisherigen Befunde sind enttäuschend: Johanniskraut hat leider keine bedeutsame angstlösende Wirkung. Die Tagesdosis sollte jedenfalls mindestens 900 mg Johanniskrautextrakt betragen. Wechselwirkungen mit vielen anderen Medikamenten sind zu bedenken. Der Wirkmechanismus beruht auf der Wiederaufnahmehemmung von Serotonin, Noradrenalin und Dopamin, GABA und Glutamat bei gleichzeitiger Steigerung der Sekretion von GABA, Aspartat und Glutamat, der Hauptmechanismus besteht wohl in der Modulation von Ionenkanälen. z Kava-Kava als nachweislich bei Angststörungen wirksamstes pflanzliches Mittel wurde wegen möglicher Leberschäden EU-weit verboten. Tab. 29: Wirkungsspektrum pflanzlicher Präparate laut Volksmedizin [2] Pflanzliche Substanz Baldrian
Verwendete Teile Wurzel
Hopfen
Zapfen
Melisse
Blätter
Wirkung beruhigend, schlaffördernd beruhigend, schlaffördernd beruhigend
Johanniskraut
Kraut
mild antidepressiv
Passionsblume
Kraut
Lavendel Kava-Kava (seit 2002 verboten)
Kraut Wurzelstock
beruhigend, krampflösend beruhigend Angst lösend, beruhigend, entspannend
Anwendung Angstzustände, Nervosität, Schlafstörungen Unruhe, Angstzustände, Nervosität, Schlafstörung Einschlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden depressive Verstimmung, nervöse Angst und Unruhe, psychovegetative Störungen nervöse Unruhe Unruhe, Einschlafstörung nervöse Angst-, Spannungsund Unruhezustände
Phytopharmaka werden seit längerem in wissenschaftlichen Studien mithilfe standardisierter Extrakte ähnlich wie Psychopharmaka geprüft. Die Standardisierung (und damit auch die wissenschaftliche Überprüfbarkeit) ist jedoch nicht immer leicht, denn angesichts der Fülle der enthaltenen Substanzen sind bei den meisten Heilpflanzen die eigentlichen Wirksubstanzen oft noch nicht ausreichend bekannt. In der seriösen Cochrane-Datenbank wurden die vorhandenen Studien zur Behandlung von Patienten mit Angststörungen mithilfe von Phytopharmaka zusammengefasst – mit dem ernüchternden Ergebnis, dass Baldrian bei Panikpatienten und Passionsblumenkraut bei Patienten mit Angststörungen keinesfalls überzeugend wirksam sind. Die zahlreichen Kombinationspräparate (bestehend aus 2-3 Extrakten von Baldrian, Passionsblumenkraut, Melisse oder Johanniskraut) sind allein schon wegen ihrer jeweils zu geringen Extraktmenge unzulänglich bei der Behandlung krankhafter Ängste. Meine großen Hoffungen auf gute Wirksamkeitsnachweise für Phytopharmaka bei Angststörungen wurden bislang leider enttäuscht, sodass dieses Kapitel im Vergleich zu früheren Auflagen dieses Buches nicht erweitert, sondern sogar erheblich gekürzt wurde, um keine falschen Erwartungen zu erwecken.
12. Persönliches Schlusswort Die Erfahrungen in der stationären und ambulanten Behandlung von vielen Patienten mit Angst- und Panikstörungen haben meine Auffassung bekräftigt, dass die beste, schnellste und erfolgreichste Therapie von Ängsten in einem individuellen, auf den Betroffenen abgestimmten Vorgehen besteht. Als Verhaltenstherapeut bin ich skeptisch gegenüber allen Standardtherapieprogrammen, von denen ich mich mit zunehmender Erfahrung immer mehr entfernt habe. Das Ziel einer Angstbewältigungstherapie ist nicht einfach, belastende Angstzustände und Panikattacken mit den effizienten Techniken der Verhaltenstherapie „wegzumachen“, sondern das Vertrauen der Betroffenen zu sich selbst (zu ihrem Körper, ihren Gefühlen und ihren Gedanken) und zur Bewältigbarkeit ihrer Lebenssituation wieder aufzubauen. Angstbewältigung gelingt nicht durch die Unterdrückung und Abspaltung Angst machender Erfahrungen, sondern nur durch die Integration dieser Erlebnisse in die Gesamtpersönlichkeit und in das Gedächtnis als Basis der Lebenskontinuität. Angstpatienten haben einmal, mehrfach oder vielmals die Kontrolle verloren über z ihren Körper (Panikattacken mit todesähnlicher Erfahrung), z ihren Geist (Angst verrückt zu werden und nie mehr klar und „normal“ denken zu können, unkontrollierbare Sorgen und Befürchtungen über alles Mögliche), z ihre Gefühle (Angst, die Emotionen nicht im Griff zu haben und öffentlich heftig zu weinen, laut zu schreien oder herumzuhauen), z ihre Lebenssituation (Angst vor dem Zerbrechen der Partnerbeziehung, real erlittene Verlusterlebnisse durch Trennung oder Tod, Bedrohung des Arbeitsplatzes). Wenn nicht grundsätzlich eine ängstlich-vermeidende, dependente, zwanghafte oder Borderline-Persönlichkeitsstruktur gegeben ist, ist das Leben vieler Angst- und Panikpatienten von dem Motto geprägt: „Nichts ist mehr so, wie es einmal war.“ Das sinnvolle Gegenteil von Angst ist nicht „keine Angst mehr haben“, sondern „Vertrauen, Mut und Zuversicht entwickeln“. Alles, was geeignet ist, das Vertrauen der Betroffenen zu sich selbst zu stärken, sodass wieder mehr Mut zu bestimmten Taten möglich ist, fördert die Zuversicht, dass die vorhandene Angststörung mehr oder weniger vollständig bewältigbar ist und die weiteren Lebenspläne umsetzbar sind. Das Ziel der Therapie bei Angststörungen besteht nicht in der Beseitigung von Ängsten im Sinne des Wegtherapierens aller Angstgefühle, wie dies viele Betroffene zu Beginn der Therapie erwarten („Meine Ängste sollen verschwinden“, „Ich möchte wieder alles ohne Angst und Panik tun können“), sondern im Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit jeder Form von Angst- und Panikstörung, sodass mehr Selbstkontrolle und Kontrollierbarkeit in Angst machenden Situationen gegeben ist und das Leben wieder lebenswerter wird. Dies kann für jeden Patienten etwas anderes bedeuten in Abhängigkeit von dem, was er loswerden möchte, und dem, was er hinzugewinnen möchte. Ich bemühe mich, jeden Patienten dort abzuholen, wo er steht, und dorthin zu führen, wohin er will. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mir dies im Rahmen von Einzeltherapien viel rascher und effizienter gelingt als über Gruppentherapien (obwohl diese sehr nützlich sein können, wenn gleichzeitig auch eine Einzeltherapie angeboten werden kann), sodass ich bei Menschen mit Angststörungen nur Einzeltherapien mache. Bei Bedarf und Möglichkeit werden die Angehörigen in die Verhaltenstherapie einbezogen, um den Therapieprozess zu beschleunigen und zu vertiefen. Bei relativ kompetenten Patienten reichen oft wenige Gespräche in Verbindung mit Selbsthilfeliteratur.
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Persönliches Schlusswort
Grundsätzlich achte ich bei einer Verhaltenstherapie von Menschen mit Angst- und Panikstörungen auf folgende Aspekte: z Aufbau einer guten Therapiebeziehung. Das Vertrauen zum Therapeuten und die Erwartung von Erfolg sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass die Betroffenen an ihre baldige Selbstkompetenz glauben können. Wie groß der Placeboeffekt im Sinne einer Selbstheilungstendenz ist, habe ich in den letzten Jahren an dem Umstand erkannt, dass viele Angstpatienten – noch ohne mich persönlich zu kennen – aufgrund meiner Bücher und meiner Homepage www.panikattacken.at die Hoffnung auf Erfolg entwickelt haben. z Vermittlung störungsspezifischer Informationen. Ein besseres Verständnis der Symptome und Dynamiken einer Angststörung ist bereits ein erster Schritt zu deren Bewältigung. Die Erkenntnis der Körper-Seele-Zusammenhänge, wie sie durch die bekannten psychophysiologischen Modelle vermittelbar ist, beendet die fruchtlosen Diskussionen, was biologisch (und daher nur mit Psychopharmaka) und was psychologisch (und daher nur durch eine lange Psychotherapie) veränderbar ist. z Genaue Problem- und Verhaltensanalyse. Die genaue Kenntnis der individuellen (körperlichen, emotionalen und kognitiven) Faktoren und der systemischen (partnerschaftlichen, familiären und beruflichen) Faktoren, die die Angststörung bewirkt haben und gegenwärtig aufrechterhalten, erlauben präzisere und effektivere Interventionen als die blinde Anwendung von Techniken und Strategien, die angeblich bereits aus sich selbst heraus wirksam sind. z Vermittlung eines besseren Selbstverständnisses hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen der spezifischen Angststörung und der persönlichen Lebenssituation. Viele Angstpatienten sind erst dann für verhaltenstherapeutische Interventionen offen, wenn sie plausible Antworten bekommen haben auf Fragen wie „Warum gerade ich?“, „Warum gerade jetzt?“, „Warum hat bisher noch nichts geholfen?“ z Individueller Therapieplan. Das konkrete Vorgehen richtet sich primär nach den Ergebnissen der Verhaltensanalyse und den Zielen des Patienten. z Stellenwert behavioraler Techniken. Die Konfrontationstherapie wird als sehr wichtig dargestellt und durch konkrete Hilfestellungen vorbereitet, erfolgt jedoch immer ohne Therapeutenbegleitung. Die Erfahrung hat mich gelehrt, wenn Agoraphobieund Panikpatienten nicht zu einer heftigen Panikattacke bereit sind (wie dies anfangs oft der Fall ist), hat eine massierte Konfrontationstherapie wenig Sinn. Wichtiger sind mir dagegen mentale und körperbezogene Übungen im Therapieraum. z Kognitive Therapie. Oft reichen, wie meine langjährige persönliche Erfahrung zeigt, kognitive Interventionen aus, was durch die neuere Therapieforschung bestätigt ist. z Systemische (interaktionelle, psychosoziale) Aspekte. Die Berücksichtigung partnerschaftlicher, familiärer und/oder beruflicher Probleme stellt sich oft als entscheidender Faktor für einen raschen Therapieerfolg heraus. z Sonstige Hilfen (Psychopharmakotherapie, Phytotherapie). Es ist das Idealziel, die jeweilige Angststörung ohne Medikamente zu bewältigen, wenn die Betroffenen dies wünschen, ich unterstütze jedoch als Psychologe die vorübergehende Einnahme von chemischen oder pflanzlichen Mitteln und fördere die nötige Compliance. z Therapiedauer. Es gilt das Motto: „So kurz wie möglich, so lange wie notwendig.“ Als Verhaltenstherapeut in Österreich, wo es keine Kassenverträge, sondern für alle Patienten nur einen Kostenzuschuss gibt, muss ich unter Berücksichtigung der begrenzten finanziellen Ressourcen vieler Patienten mit noch weniger Stunden auskommen, als dies für eine Verhaltenstherapie ohnehin typisch ist.
Anmerkungen Kapitel 1
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40.
zit. nach Ledergerber, 1988, a.a.O., S. 116 Wandruszka, M., 1981, a.a.O., S. 8 Marks, 1993a, a.a.O., S. 3 Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 4 Marks, 1993a, a.a.O., S. 4 Selye, 1974, a.a.O. Hamm, 1997, a.a.O. Marks, 1993a, a.a.O. Marks, 1993a, a.a.O., S. 75 f. Grünn, 1995, a.a.O., S. 36 Delumeau, 1989, a.a.O. Sims & Snaith, 1993, a.a.O., S. 44 Marks, 1993a, a.a.O., S. 72 ff.; Sims & Snaith, 1993, a.a.O., S. 77 Butollo, 2000, a.a.O. Sims & Snaith, 1993, a.a.O., S. 10 Wolf, 1996, a.a.O., S. 46 f. Wolf, 1996, a.a.O., S. 48 ff. zit. nach Richter, 1994, a.a.O., S. 13 Kierkegaard, 1960, a.a.O. Condreau, 1996, a.a.O., S. 39 Riemann, 1992, a.a.O., S. 15 Riemann, 1992, a.a.O., S. 199 f. Huber, 1995, a.a.O., S. 16 ff. Semler, 1994, a.a.O.; Huber, 1995, a.a.O., S. 16 ff. Flöttmann, 1993, a.a.O., S. 26; Bräutigam & Senf, 1996, a.a.O., S. 245 Reinecker, 1993, a.a.O., S. 6 f.; Schmidt-Traub, 2001, a.a.O., S. 12 ff. Butollo & Höfling, 1984, a.a.O. Watzlawick et al., 1974, a.a.O. Kapfhammer 1993a, a.a.O., S. 35 ff. Strian, 1995, a.a.O., S. 16 zit. nach Richter, 1994, a.a.O., S. 125 zit. nach Heuer, 1994, a.a.O., S. 108 Heuer, 1994, a.a.O.; Margraf & Rudolf, 1995, a.a.O., S. 12 zit. nach Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 19 f. zit. nach Richter, 1994, a.a.O., S. 78 Jones, 1960, a.a.O. zit. nach Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 3 Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 3 Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 20 Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 3
Kapitel 2 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Reinecker, 1993, a.a.O., S. 4 f. Deister, 1995, a.a.O., S. 40 Degkwitz et al., 1980, a.a.O., S. 49 ff. Freud, 1895b, a.a.O., S. 317 ff. Dilling et al., 2008, a.a.O. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 168 ff.; Dilling et al., 2006, a.a.O., S. 115 ff. DSM-IV als Textrevision DSM-IV-TR von Saß et al., 2003. a.a.O., auf Deutsch veröffentlicht
698 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63.
Anmerkungen S. 26–75 Saß et al., 2003, a.a.O. Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 5 zit. nach Huber, 1995, a.a.O., S. 29 zit. nach Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 5 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 483 f. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 493 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 115 ff. Bartling et al., 1980, a.a.O.; Fiegenbaum & Tuschen, 1996, a.a.O., S. 312 f. Brasch & Richberg, 1994, a.a.O., S. 29 f. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 15 Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 76 ff. Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143 Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143; Magee et al., 1996, a.a.O., S. 161; Kessler et al., 2006, a.a.O.; Kessler & Wang, 2008, a.a.O. Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 151; Wittchen & Vossen, 1996, a.a.O., S. 229 f. Wittchen & Zerssen, 1987, a.a.O.; Kapfhammer, 1993a, a.a.O.; Bronisch, 1995b, a.a.O. Brasch & Richberg, 1994, a.a.O., S. 30 f. Marks, 1993a, a.a.O., S. 93 Wlazlo, 1995, a.a.O., S. 18 Wlazlo, 1995, a.a.O., S. 18 Freud, 1895a, a.a.O., S. 185 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 482 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 481 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 490 f. Dilling et al., 2008, a.a.O, S. 118 f. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 10 Ehlers, 1994, a.a.O., S. 31; Nutzinger, 1992, a.a.O., S. 188 zit. nach Richter, 1994, a.a.O., 73 f. Richter & Beckmann, 1995, a.a.O. Csef, 1993, a.a.O.; Richter & Beckmann, 1995, a.a.O. Stuhr, 1997, a.a.O., S. 344 Csef, 1993, a.a.O., S. 71 Hajak & Bandelow, 1996, a.a.O., S. 28 Hajak & Bandelow, 1996, a.a.O., S. 29 Hajak & Bandelow, 1996, a.a.O., S. 29 Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 76 ff. Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 8 Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 8 Brasch & Richberg, 1994, a.a.O., S. 34 f. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 93 f.; Brasch & Richberg, 1994, a.a.O., S. 33 f. Buller & Benkert, 1990, a.a.O., S. 651 Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143 Eaton et al., 1994, a.a.O.; Kessler et al., 1994, a.a.O.; Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O. Kessler et al., 2006, a.a.O.; Kessler & Wang, 2008, a.a.O. Kasper, 1996, a.a.O. Hamm, 1997, a.a.O., S. 82 f., bezogen auf die Studie von Cox et al., 1995, a.a.O. Wittchen & Perkonigg, 1993, a.a.O. Wittchen, 1991, a.a.O.; Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 7 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 487 Schneider, 1995, a.a.O. Cassano et al., 1997, a.a.O. Saß et al., 2003, a.a.O., S 528 f. Dilling et al. 2008, a.a.O., S. 175 Dilling et al., 2008, a.a.O. S. 119 f. Becker & Margraf, 1995, a.a.O., S. 207 f. Kessler et al., 1994, a.a.O., S. 143; Wittchen et al., 1994, a.a.O. Becker & Margraf, 1995, a.a.O., S. 208; Margraf & Becker, 1996, a.a.O., S. 271
Anmerkungen S. 76–134 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114. 115. 116. 117.
699
Bach & Nutzinger, 1995, a.a.O., S. 157 Strian, 1995, a.a.O., S. 42 f. Saß et al., 2003. a.a.O., S. 500 f. Saß et al., 2003. a.a.O., S. 495 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 117 f. Öst, 1996, a.a.O., S. 33 f.; Hamm, 1997, a.a.O., S. 69 Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143; Magee et al., 1996, a.a.O., S. 161 zit. nach Marks, 1993a, a.a.O., S. 101 vgl. zur sozialen Phobie die Bücher von Stangier & Fydrich, 2002, a.a.O.; Stangier, Heidenreich & Peitz, 2003, a.a.O.; Stangier, Clark & Ehlers, 2006, a.a.O.; Stefan & Otto, 2008, a.a.O. Saß et al., 2003. a.a.O., S. 507 f. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 116 f. Margraf & Rudolf, 1995, a.a.O., S. 23 nach Margraf & Rudolf, 1995, a.a.O., S. 31 Margraf & Rudolf, 1995, a.a.O., S. 24; Münchau, Demal, Hand, 1998, a.a.O.; Andre & Legeron, 2001, .a.a.O. Margraf & Rudolf, 1995, a.a.O., S. 24 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 502 f. Margraf & Rudolf, 1995, a.a.O., S. 28 Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143 Kessler, 1994, a.a.O., S. 12; Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143; Juster et al., 1996, a.a.O., S. 44; Magee et al., 1996, a.a.O., S. 161; Ruscio et al., 2008, a.a.O. Juster et al., 1996, a.a.O., S. 44 Wlazlo, 1995, a.a.O., S. 11 Wlazlo, 1995, a.a.O., S. 11; Buller & Winter, 1995, a.a.O., S. 74 Hand, 1993c, a.a.O.; 1995, a.a.O. Wlazlo, 1995, a.a.O., S. 11 Reinecker, 1994, a.a.O., S. 7 Saß et al., 2003. a.a.O., S. 514 F. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 177 f. und S. 180 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. S. 179 Dilling et al., 2006, S. S 121 f. Foa & Wilson, 1994, a.a.O. Foa & Wilson, 1994, a.a.O. Hand, 1992, a.a.O., S. 175 f. Emmelkamp & van Oppen, 2000, a.a.O., S. 7 ff. Reinecker, 1994, a.a.O., S. 42 Reinecker, 1994, a.a.O., S. 39 f. Reinecker, 1994, a.a.O., S. 40 f.; Kapfhammer, 1996, a.a.O., S. 34 f. Baer, 1993, a.a.O., S. 43 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 155 f.; Dilling et al., 2006, S. 251 Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143 Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143 Reinecker, 1994, a.a.O., S. 13 Reinecker, 1994, a.a.O., S. 13 f. Reinecker, 1994, a.a.O., S. 15 Saigh, 1995, a.a.O., S. 11 zit. nach Saigh, 1995, a.a.O., S. 11 Freud, 1896, a.a.O., S. 437 Herman, 1994, a.a.O., S. 50 Saigh, 1995, a.a.O., S. 12 ff. Saigh, 1995, a.a.O., S. 12; Bronisch, 1997, a.a.O., S. 196 Horowitz, 1986, a.a.O. Herman, 1994, a.a.O., S. 27 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 520 f. Dilling et al., 2006, S. 123 f. Flatten et al., a.a.O., 2004, S. 18 f. u. S. 29 ff.
700 118. 119. 120. 121. 122. 123. 124. 125. 126. 127. 128. 129. 130. 131. 132. 133. 134. 135. 136. 137. 138. 139. 140. 141. 142. 143. 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157. 158. 159. 160. 161. 162. 163. 164. 165. 166. 167. 168. 169. 170. 171. 172. 173.
Anmerkungen S. 135–168 zit. nach Herman, 1993, a.a.O., S. 169 f. zit. nach Flatten et al., 2004, a.a.O., S. 35 zit. nach Flatten et al., 2004, a.a.O., S. 46 Kessler et al., 1995, a.a.O. ; Flatten et al., 2004, a.a.O., S. 51 ff. Kessler & Wang, 2008, a.a.O. Flatten, 2004, a.a.O., S. 53 f.; Maerker & Rosner, 2006, a.a.O. Herman, 1994, a.a.O.; Saigh, 1995, a.a.O.; Flatten et al., a.a.O. Herman, 1994, a.a.O. Abueg & Fairbank, 1995, a.a.O., S. 132 f. Calhoun & Atkeson, 1994, a.a.O., S. 37 Abueg & Fairbank, 1995, a.a.O., S. 132 Flatten et al., 2004, a.a.O., S. 50 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 183 Dilling et al., 2006, a.a.O., S. 122 f. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 524 f. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 532 ff. Kasper & Jung, 1995, a.a.O. Strian, 1995, a.a.O., S. 91 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 533 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 533 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 536 Poser & Poser, 1996, a.a.O., S. 166 f.; Julien, 1997, a.a.O., S. 169 ff. Poser & Poser, 1996, a.a.O., S. 164; Julien, 1997, a.a.O., S. 170 Julien, 1997, a.a.O., S. 112 f. Buller & Winter, 1995, a.a.O., S. 61 f.; S. 207; Baving & Olbrich, 1996, a.a.O., S. 86 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 256 f. Poser & Poser, 1996, a.a.O., S. 144 ff. Julien, 1997, a.a.O., S. 133 ff. u. 153 ff. Julien, 1997, a.a.O., S. 134 Saß et al., 2003, a.a.O., S. S. 268 Brosch & Junke, 1993, a.a.O., S. 129; Julien, 1997, a.a.O., S. 329 f. Julien, 1997, a.a.O., S. 141 ff. Julien, 1997, a.a.O., S. 144 ff. Poser & Poser, 1996, a.a.O., S. 146 f.; Brosch & Junke, 1993, a.a.O., S. 115 f. Saß et al., 2003, a.a.O., S. Saß et al., 2003, a.a.O., S. S. 302 Brosch & Junke, 1993, a.a.O., S. 117 Brosch & Junke, 1993, a.a.O., S. 120 ff; Julien, 1997, a.a.O., S. 351 ff. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 274 f. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 275 f. Brosch & Junke, 1993, a.a.O.; Saß et al., 2003, a.a.O., S. 279 ff. Brosch & Junke, 1993, a.a.O., S. 123 ff.; Saß et al., 2003, a.a.O.; Julien, 1997, a.a.O., S. 321 ff. Brosch & Junke, 1993, a.a.O., S. 125 ff.; Saß et al., 2003, a.a.O., S. 281 ff. Kasper & Jung, 1995, a.a.O. Julien, 1997, a.a.O., S. 178 ff; Julien, 1997, a.a.O., S. 184 ff. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 310 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 317 f. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 529 ff. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 529 ff. Nutzinger, 1992, a.a.O.; Strian, 1995, a.a.O.; Wilms & Kraus, 1995, a.a.O.; Strian et al., 1996, a.a.O.; Schmidt-Traub, 2001, a.a.O. Strian et al., 1996, a.a.O., S. 236 Strian et al., 1996, a.a.O., S. 236 Schmidt-Traub, 2008, a.a.O.; 2001, a.a.O. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 330 Dilling et al., 2006, a.a.O., S. 197 f.
Anmerkungen S. 169–184
701
Kapitel 3 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52.
Saß et al., 2003, a.a.O., S. 743 ff. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 744 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 186 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 743 Degkwitz et al., 1980, a.a.O., S. 76 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 747 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 587 ff. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 588 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 587 f. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 589 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 211 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 575 ff. Degkwitz et al., 1980, a.a.O., S. 50 Küchenhoff & Ahrens, 1997, a.a.O., S. 314 ff. Küchenhoff & Ahrens, 1997, a.a.O., S. 314 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 189 ff. Rief, 1996, a.a.O., S. 174 Rief, 1996, a.a.O. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 198 ff. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 539 ff. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 188; Saß et al., 2003, a.a.O., S. 540 ff. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 199 f. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 200 f. Rief, 1996, a.a.O. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 559 ff. Salkovskis, 1997, a.a.O., S. 322 f. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 562 f. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 172 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 564 ff. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 564 Wlazlo, 1995, a.a.O., S. 22 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 204 ff. Wlazlo, 1995, a.a.O., S. 24 zit. nach Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 29 zit. nach Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 41 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 176 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 35; Kasper, 1998, a.a.O., S. 29 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 35 Kockott, 1996, a.a.O., S. 297 f. Schmidt & Arentewicz, 1993, a.a.O. Csef, 1995, a.a.O., S. 133 f. Csef, 1995, a.a.O., S. 134; Kockott, 1996, a.a.O., S. 298 ff. Saß et al., 2003, a.a.O., S. 592 Saß et al., 2003, a.a.O., S. 625 ff. Csef, 1995, a.a.O., S. 131 f. Csef, 1995, a.a.O., S. 131 f. Strian, 1995, a.a.O., S. 67 f. Fiedler, 2007, a.a.O. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 251 f. Fiedler, 2007, a.a.O. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 252 Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 246 ff.; Fiedler, 2007, a.a.O.; Saß et al., 2003, a.a.O., S. 749 ff.
702
Anmerkungen S. 185–198 Kapitel 4
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49.
Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143 Wittchen & Zerssen, 1987 a.a.O.; Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 143 Kessler & Wang, 2008, a.a.O. Kessler et al., 2005, a.a.O. Kessler et al., 2006, a.a.O. http://www.thieme.de/fz/gesu/pdf/s216-s222.pdf Margraf & Fehm, 1996, a.a.O., S. 278; Margraf & Poldrack, 2000, a.a.O.; Schulze et al., 1997, a.a.O., S. 6 Linden et al., 1996, a.a.O. Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 152; Linden et al., 1996, a.a.O., S. 210 Linden et al., 1996, a.a.O., S. 209 Linden et al., 1996, a.a.O., S. 213 Perkonigg & Wittchen, 1995, a.a.O., S. 152; Linden et al., 1996, a.a.O., S. 213 f. Linden et al., 1996, a.a.O., S. 212 Schulze et al., 1997, a.a.O., S. 6 Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 25; Margraf & Poldrack, 1997, a.a.O. Wittchen & Vossen, 1996, a.a.O., S. 227 Wittchen, 1991, a.a.O.; Wittchen & Vossen, 1996, a.a.O., S. 223 Magee et al., 1996, a.a.O.; Wittchen & Vossen, 1996, a.a.O., S. 223 Wittchen & Vossen, 1996, a.a.O., S. 223 Wittchen & Vossen, 1996, a.a.O., S. 223 Magee et al., 1996, a.a.O.; Wittchen & Vossen, 1995, a.a.O., S. 125; Wittchen & Vossen, 1996, a.a.O., S. 223 Bronisch, 1995a, a.a.O., S. 58; Wittchen & Vossen, 1996, a.a.O., S. 223 Wittchen & Zerssen, 1987 a.a.O. Bronisch, 1995b, a.a.O., S. 104 Wittchen & Vossen, 1995, a.a.O., S. 128; 1996, a.a.O., S. 227 Wittchen & Vossen, 1995, a.a.O., S. 128 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 31 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 32 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 32 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 32 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 36; Wittchen & Perkonigg, 1996, a.a.O., S. 104 f. Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 36 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 39 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 40 f. Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 38 Baving & Olbrich, 1996, a.a.O., S. 83 Baving & Olbrich, 1996, a.a.O., S. 85 Kapfhammer, 1993a, a.a.O., S. 32 Wittchen & Vossen, 1995, a.a.O., S. 123; Kessler et al., 1997, a.a.O. Bronisch, 1995b, a.a.O., S. 103 Buller & Winter, 1995, a.a.O., S. 73; Baving & Olbrich, 1996, a.a.O., S. 85 Baving & Olbrich, 1996, a.a.O., S. 84 Baving & Olbrich, 1996, a.a.O., S. 83 Baving & Olbrich, 1996, a.a.O., S. 83 Baving & Olbrich, 1996, a.a.O., S. 86 Baving & Olbrich, 1996, a.a.O., S. 87 Eaton et al., 1994, a.a.O.; Magee et al., 1996, a.a.O.; Wittchen & Vossen, 1996, a.a.O., S. 230 Reinecker, 1994, a.a.O., S. 17 f.; Kapfhammer, 1996, a.a.O., S. 35 Reinecker, 1994, a.a.O., S. 18
Anmerkungen S. 199–246
703
Kapitel 5 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51.
Reinecker, 1993, a.a.O., S. 83 ff. Hamm, 1997, a.a.O., S. 97 f. Kasper & Möller, 1995, a.a.O.; Bandelow, 2001, a.a.O. Hamm, 1997, a.a.O.; gute Darstellung der psychophysischen Zusammenhänge Thompson, 1994, a.a.O., S. 22; Birbaumer & Schmidt, 1996, a.a.O., S. 453 ff.; Kolb & Whishaw, 1996, a.a.O., S. 37 ff. Julien, 1997, a.a.O., S. 486 Goleman, 1996, a.a.O., S. 388 Birbaumer & Schmidt, 1996, a.a.O., S. 453 ff. Goleman, 1996, a.a.O. LeDoux, 1998, a.a.O. Hamm, 1997, a.a.O. Hüther, 1997, a.a.O. LeDoux, 1998, a.a.O. Strian, 1995, a.a.O., S. 388 Goleman, 1996, a.a.O., S. 44 Goleman, 1996, a.a.O., S. 46 f. Goleman, 1996, a.a.O., S. 47 f. Goleman, 1996, a.a.O., S. 39 Goleman, 1996, a.a.O., S. 40 f.; LeDoux, 1998, a.a.O. Davis, 1992, a.a.O. Hamm, 1997, a.a.O., S. 123, modifiziert nach Davis, 1992, a.a.O.; Bandelow, 2001 a.a.O. Thompson, 1994, a.a.O., S. 63 ff.; Birbaumer & Schmidt, 1996, a.a.O., S. 101; Kolb & Whishaw, 1996, a.a.O., S. 55 ff.; Julien, 1997, a.a.O., S. 488 ff. Albus, 1995, a.a.O., S. 58 Brosch, 1996, a.a.O., S. 35 ff. modifiziert nach Brosch, 1996, a.a.O., S. 35 Hemmeter & Holsboer-Trachsler, 1995, a.a.O. Hemmeter & Holsboer-Trachsler, 1995, a.a.O.; Sieghart, 1995, a.a.O. Brosch, 1996, a.a.O., S. 123 f.; Julien, 1997, a.a.O., S. 516 Julien, 1997, a.a.O., S. 58 f. Weyers & Fritze, 1995, a.a.O., S. 254 vgl. die umfangreiche Tabelle 7 in Bandelow, 2001, a.a.O. Baumgarten & Grozdanovic, 1995, a.a.O., S. 3 f. Baumgarten & Grozdanovic, 1995, a.a.O., S. 6 f. Hemmeter & Holsboer-Trachsler, 1995, a.a.O., S. 187 f. Sieghart, 1996, a.a.O., S. 214 Sieghart, 1995, a.a.O., S. 213 f. Sieghart, 1995, a.a.O., S. 215 Brosch, 1996, a.a.O., S. 37; Schmitz & Dorow, 1996, a.a.O., 41 ff. Hemmeter & Holsboer-Trachsler, 1995, a.a.O.; Sieghart, 1995, a.a.O. Sieghart, 1995, a.a.O., S. 217 Ehlers, 1994, a.a.O., S. 39 Hellhammer & Pirke, 1996, a.a.O., S. 835 ff. Hellhammer & Pirke, 1996, a.a.O., S. 838 Birbaumer & Schmidt, 1996, a.a.O. Brosch, 1996, a.a.O., S. 28 f. Hellhammer & Pirke, 1996, a.a.O., S. 838 f. Hamm, 1997, a.a.O., S. 56 ff. Hamm, 1997, a.a.O., S. 69. Selye, 1974, a.a.O. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O.; Schmidt-Traub, 2001, a.a.O. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O.; Juli & Engelbrecht-Grewe, 1992, a.a.O.; Leidig, 1994, a.a.O.; Adler et al., 1996, a.a.O.; Birbaumer & Schmidt, 1996, a.a.O.; Lieb & Pein, 1996, a.a.O.; Ahlers, 1997, a.a.O.; Deter, 1997, a.a.O.; Schmidt-Traub, 2008, a.a.O.; 2001, a.a.O.;
704 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106.
Anmerkungen S. 247–337 Ladwig et al., 1998, a.a.O. modifiziert nach Strian, 1995, a.a.O., S. 85 Lempert, 1999, a.a.O. Lamparter, 1997, a.a.O., S. 339 Huppert et al., 1994, a.a.O., S. 422 Huppert et al., 1994, a.a.O., S. 422 Vaitl & Hamm, 1995, a.a.O. Brooks et al., 1997, a.a.O. Klein, 1964, a.a.O.; Huber, 1992, a.a.O., S. 72 f.; Schneider, 1995, a.a.O., S. 70 f. Klein, 1993, a.a.O. Schneider, 1995, a.a.O., S. 71 Schneider, 1995, a.a.O., S. 71 f. Charney et al., 1993, a.a.O.; Goleman, 1996, S. 257 ff. Ehlert et al., 1999, a.a.O. Baumgarten & Grozdanovic, 1995, a.a.O.; Benkert & Lenzen-Schulte, 1997, a.a.O., S. 59 Flatten et al., 2004, S. 77 ff. Hohagen, 1992, a.a.O.; Kuhl, 1996, a.a.O.; Benkert & Lenzen-Schulte, 1997, a.a.O., S. 60 f.; Ecker, 2002, a.a.O Schwartz & Beyette, 1997, a.a.O., S. 117 f. Reinecker, 1993, a.a.O., S. 66 ff. Meyer, 1966, a.a.O. Reinecker, 1993, a.a.O., S. 73 ff.; Hamm, 1997, a.a.O., S. 93 ff. Schneider, 1995, a.a.O., S. 78 ff. Schneider, 1995, a.a.O. Kanfer et al., 1996, a.a.O. Wlazlo, 1995, a.a.O., S. 15 zit. nach Meichenbaum, 1979, a.a.O., S. 182 Beck et al., 1985, a.a.O. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 72 Reinecker, 1993, a.a.O., S. 97 ff. Foa & Kozak, 1986, a.a.O. Reinecker, 1993, a.a.O., S. 96 ff. Ehlers & Lüer, 1996, 376 ff. Schneider, 1995, a.a.O., S. 82 ff. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 22 ff. Schneider, 1995, a.a.O., S. 86 ff. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 22 ff.; Schneider, 1995, a.a.O., S. 88 ff. Ehlers et al., 1988, a.a.O. Ehlers, 1994, a.a.O., S. 29 Schneider, 1995, a.a.O., S. 90 f. Ehlers, 1994, a.a.O., S. 39 f. Schneider, 1995, a.a.O. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 209 ff. Miltner, 1986, a.a.O. zit. nach Heuer, 1994, a.a.O., S. 122 Kossak, 1993, a.a.O., S. 236 f. Reinhardt, 1993, a.a.O.; S. 108 Rief, 1995, a.a.O., S. 177 f. Kupfer et al., 2001, a.a.O. Rachman, 2000, a.a.O. Borkovec et al., 2004, a.a.O. Beck et al., 1985, a.a.O.; Juster et al., 1996, a.a.O. Wells, 1997, a.a.O. zit. nach Margraf & Rudolf, 1995, a.a.O., S. 29 Juster et al., 1996, a.a.O., S. 47 Clark & Wells, 1995, a.a.O.; Stangier & Heidenreich, 1997, a.a.O. Clark & Ehlers, 2002, a.a.O.
Anmerkungen S. 338–392
705
107. Meyer, 1966, a.a.O. 108. Herrlich, 1994, a.a.O., S. 57 109. Reinecker, 1992b, a.a.O., S. 343; Reinecker, 1994a, a.a.O., S. 58 f.; Salkovskis & Kirk, 1996, a.a.O. 110. Foa & Wilson, 1994, a.a.O., S. 95 111. Foa & Wilson, 1994, a.a.O.; Salkovskis & Kirk, 1996, a.a.O., S. 64; Margraf & Becker, 1997, a.a.O., S. 283 f. 112. De Silva, P. & Rachman, S., 1992, a.a.O.;. Salkovskis & Kirk, 1996, a.a.O., S. 66; Lakatos & Reinecker, 1999, a.a.O.; Salkovskis, 2002, a.a.O. 113. Hoffmann, 1996, a.a.O., S. 55 114. Reinecker, 1994, a.a.O.; Süllwold et al., 1994, a.a.O.; Hoffmann, 1996, a.a.O.; Salkovskis & Kirk, 1996, a.a.O.; Lakatos & Reinecker, 1999, a.a.O. 115. Hand, 1993c, a.a.O., S. 511 116. Hand, 1995, a.a.O., S. 13 117. Hoffmann & Hofmann, 2008, a.a.O 118. Foy et al., 1995, a.a.O., S. 53 f. 119. Foa & Rothbaum, 1996, a.a.O., S. 109 120. Jones & Barlow, 1996, a.a.O. 121. Ehlers, 1999, a.a.O.; Ehlers & Clark, 2000, a.a.O. 122. Bassler & Hoffmann, 1993, a.a.O., S. 548; 1997, a.a.O., S. 248 123. Bassler & Hoffmann, 1993, a.a.O. 124. Hufnagel & Senf, 1994, a.a.O., S. 85 125. Mentzos, 1982, a.a.O., S. 166 ff. 126. Mentzos, 1984, a.a.O.; Tress et al., 1995, a.a.O. 127. Willi, 1975, a.a.O. 128. Richter & Beckmann, 1995, a.a.O.; Tress et al., 1995, a.a.O., S. 375 f. 129. Bassler & Hoffmann, 1993, a.a.O., S. 551 130. Bassler & Hoffmann, 1993, a.a.O. 131. Mentzos, 1984, a.a.O. 132. Quint, 1988, a.a.O.; 1993, a.a.O.; Joraschky, 1996, a.a.O. 133. Mentzos, 1982, a.a.O., S. 163 f. 134. Hoffmann, S.O., 2002, a.a.O. 135. Willi, 1975, a.a.O. 136. Hand, 1989, a.a.O., S. 47 137. Hafner, 1986, a.a.O.; 1988, a.a.O. 138. Nardone, 1997, a.a.O. 139. Hand, 1992, a.a.O., S. 163 f.; 1993c, a.a.O.; 1995, a.a.O., S.14 140. Wakolbinger, 1996, a.a.O. 141. Nissen, 1995, a.a.O., S. 13 f. 142. Maerker, 1995, a.a.O., S. 35 143. Leimkühler, 1995, a.a.O.; Schmidt-Traub, 2001, a.a.O. 144. Hafner, 1988, a.a.O. 145. Roth, 1996, a.a.O.
Kapitel 6 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Margraf, 1996a, a.a.O.; 1996b, a.a.O. Kanfer et al. 1996, a.a.O. Frank, 1985, a.a.O. Grawe, 1994, a.a.O.; Grawe et al., 1994, a.a.O. Zarbock, 1996, a.a.O., S. 20 f. Kanfer et al. 1996, a.a.O., S. 138 ff. Rief & Fichter, 1995, a.a.O. modifiziert nach Rief & Fichter, 1995, a.a.O., S. 401 Rief & Fichter, 1995, a.a.O., S. 401 Rief & Fichter, 1995, a.a.O., S. 402
706 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. 60. 61.
Anmerkungen S. 392–430 Rief, 1993, a.a.O., S. 63 f. Hand, 1993a, a.a.O., S. 544 ff. Hand, 1989, a.a.O., S. 58 Hand, 1989, a.a.O., S. 55 Caspar, nach Strian, 1995, a.a.O., S. 117 Caspar, nach Strian, 1995, a.a.O., S. 117 zit. nach Fliegel et al., 1981, a.a.O., S. 153 Maerker, 1996, a.a.O. Reinecker, 1996, a.a.O., S. 73 Hand, 1993a, a.a.O., S. 539 Hand, 1993a, a.a.O., S. 541 Hand, 1993a, a.a.O., S. 543; 1993b, a.a.O., S. 63; 1996, a.a.O., S. 143 Marks, 1993a, a.a.O. Bartling et al., 1980, a.a.O.; Reinecker, 1993, a.a.O., S. 108 ff.; Fiegenbaum & Tuschen, 1996, a.a.O., S. 305 f. Bartling et al., 1980, a.a.O. Bartling et al., 1980, a.a.O., S. 32 Birbaumer, zit. nach Bartling et al., 1980, a.a.O., S. 43 Bartling et al., 1980, a.a.O., S. 149 Bartling et al., 1980, a.a.O.; Hand, 1993a, a.a.O., S. 541; Fiegenbaum & Tuschen, 1996, a.a.O., S. 305 f. Möhlenkamp, 1995, a.a.O. Marks, 1993b, a.a.O., S. 53 Bartling et al., 1980, a.a.O.; Hand, 1993a, a.a.O., S. 542; Fiegenbaum & Tuschen, 1996, a.a.O., S. 305 Hand, 1993a, a.a.O., S. 541 Mathews et al., 1994, a.a.O. Hand, 1993a, a.a.O., S. 541 Marks, 1993a, a.a.O., S. 200 Hand, 1989, a.a.O., S. 54 Hand, 1993a, a.a.O., S. 541 Rachman et al., 1986, a.a.O. Al-Kubaisky, et al., 1992, a.a.O. Côté et al., 1994, a.a.O.; Gould & Clum, 1995, a.a.O. Hand, 1993b, a.a.O., S. 62 Für zusätzliches Informationsmaterial: Christoph-Dornier-Stiftung Münster, Salzstraße 52, D-48143 Münster Hand, 1993a, a.a.O., S. 541 Hand, 1996, a.a.O., S. 143 Hand, 1996, a.a.O., S. 145 Hand, 1989, a.a.O., S. 48 f. Hand, 1996, a.a.O. Janisch, 1995, a.a.O., S. 147 ff.; Vortrag beim 1. Weltkongreß für Psychotherapie in Wien im Juli 1996 (Tonband); Butollo et al., 1997, a.a.O. Butollo & Höfling, 1984, a.a.O. Margraf & Schneider, 1990, a.a.O. Schmidt-Traub, 2008, a.a.O. Newman et al., 2004, a.a.O. Öst, 1996, a.a.O. Öst, 1996, a.a.O., S. 33 f. Öst, 1996, a.a.O., S. 35 Öst, 1996, a.a.O., S. 35 Öst, 1996, a.a.O., S. 35 f. Clark & Wells, 1995, a.a.O.; Becker & Hoyer, 2005, a.a.O.; Becker & Margraf, 2007, a.a.O.; Wlazlo, 1995a.a.O. Stangier et al., 2009, a.a.O. Heimberg & Becker, 2002, a.a.O.
Anmerkungen S. 431–468 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69. 70. 71. 72. 73. 74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85. 86. 87. 88. 89. 90. 91. 92. 93. 94. 95. 96. 97. 98. 99. 100. 101. 102. 103. 104. 105. 106. 107. 108. 109. 110. 111. 112. 113. 114.
707
Ullrich & de Muynck, 1995, a.a.O. Ullrich & de Muynck, 1995, a.a.O., S. 78 Hinsch & Pfingsten, 2007, a.a.O Alsleben & Hand, 2006, a.a.O Metzig & Schuster, 2005, a.a.O. Meyer, 1966, a.a.O.; Hand, 1992, a.a.O.; 1993c, a.a.O.; 1995, a.a.O.; Reinecker, 1994, a.a.O.; Salkovskis & Kirk, 1996, a.a.O. Foa & Wilson, 1994, a.a.O.; das Buch ist derzeit vergriffen Reinecker, 1994, a.a.O., S. 88 f. Hand, 1993c, a.a.O.; Reinecker, 1994, a.a.O.; Salkovskis & Kirk, 1996, a.a.O.; Ecker, 2002, a.a.O.; Hoffmann & Hofmann, 2004, a.a.O. Reinecker, 1994, a.a.O.; Salkovskis & Kirk, 1996, a.a.O.; Lakatos & Reinecker, 1999, a.a.O. Süllwold & Herrlich, 1994, a.a.O., S. 72 ff. Hand, 1988, a.a.O.; 1992, a.a.O.; 1993c, a.a.O.; 1995, a.a.O. Hand, 1992, a.a.O., S. 166 f. Hand, 1992, a.a.O., S. 167 f. Münchau et al., 1996, a.a.O. Hand, 1995, a.a.O.; Salkovskis & Kirk, 1996, a.a.O.; Lakatos & Reinecker, 1999, a.a.O. Herman, 1994, a.a.O. Piper & Bengel, 2008, a.a.O. Herman, 1994, a.a.O., S. 256 f. Zarbock, 1996, a.a.O., S. 122 Ehlers, 1999, a.a.O. Horowitz, 1986, a.a.O. nach Herman, 1994, a.a.O., S. 304 f. Bandelow, et al., 1995, a.a.O., S. 452 Grawe et al., 1994, a.a.O., S. 338 f. u. S. 343 Hand, 1993a, a.a.O., S. 544 f.; 1996, a.a.O.; Marks, 1993b, a.a.O., S. 53 ff.; Schulze et al., 1997, a.a.O., S. 6 Fiegenbaum, 1990, a.a.O.; Fiegenbaum et al., 1992, a.a.O.; Fiegenbaum & Tuschen, 1996, a.a.O. Fiegenbaum et al., 1992, a.a.O., S. 339 Fiegenbaum & Tuschen, 1996, a.a.O., S. 310 f. Hand, 1993a, a.a.O., S. 544 Hand, 1996, a.a.O., S. 147 vgl. z.B. Rief, 1993, a.a.O. Schulte, 1991, a.a.O.; Schulte et al., 1992, a.a.O. Fiegenbaum, 1990, a.a.O.; Fiegenbaum et al., 1992, a.a.O.; Fiegenbaum & Tuschen, 1996, a.a.O., Hand, 1996, a.a.O. Mathews, Gelder & Johnston 1994, a.a.O. Hand et al., 1986, a.a.O. Al-Kubaisky et al., 1992, a.a.O. Fisser, 1996, a.a.O. Marks, 1993b, a.a.O., S. 53 ff. Reinecker, 1993, a.a.O., S. 179 Ruhmland & Margraf, 2001, a.a.O. Hand, 1993a, a.a.O., S. 544 Peter et al., 1993, a.a.O., S. 129 Marks et al., 1993a, a.a.O. Bruce et al., 1995, a.a.O.; Barlow & Lehman, 1996, a.a.O., S. 729 Barlow & Lehman, 1996, a.a.O., S. 729 de Beurs et al. 1995, a.a.O. Berger, 1996, a.a.O., S. 36 Barlow & Lehman, 1996, a.a.O., S. 729 Telch & Lucas, zit. Frommberger et al., 1995, a.a.O., S. 181 Clum; zit. nach Frommberger et al., 1995, a.a.O., S. 181 Michelson & Marchione, zit. nach Frommberger et al., 1995, a.a.O., S. 181 Margraf & Schneider, 1990, a.a.O.
708
Anmerkungen S. 468–492
115. Bandelow et al.,1995, a.a.O., S. 454; Barlow & Lehman,1996, a.a.O.; Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 24 f. 116, Ruhmland & Margraf, 2001, a.a.O. 117. Boerner, 1995, a.a.O., S. 214 118. Neumer & Margraf, 1996, a.a.O., S. 548 119. Barlow & Lehman, 1996, a.a.O., S. 729 120. Dugas, Robichaud, 2007, a.a.O. 121. Barlow & Lehman, 1996, a.a.O., S. 732 122. Barlow & Lehman, 1996, a.a.O., S. 731 f.; Juster et al., 1996, a.a.O. 123. Ruhmland & Margraf, 2001, a.a.O. 124. Stangier et al., 2006, a.a.O., S. 95 125. Diese beeindruckende Studie kann unter www.cochrane.org heruntergeladen werden. 126. Hand, 1992, a.a.O., S. 169; 1995, a.a.O. 127. Foa & Kozak, zit. nach Barlow & Lehman, 1996, a.a.O., S. 730 f.; Hand, 1993, a.a.O.; 1995, a.a.O., S. 16 128. Hand, 1995, a.a.O., S. 16 129. Reinecker, 1994, a.a.O., S. 128; Reinecker & Zaudig, 1995, a.a.O. 130. Reinecker, 1994, a.a.O., S. 114 ff. 131. Hand, 1992, a.a.O., S. 165 f. 132. Marks, zit. nach Volk, 1994, a.a.O., S. 113 133. Foa & Liebowitz, zit. nach Barlow & Lehman, 1996, a.a.O., S. 731 134. Hohagen et al., 1997, a.a.O. 135. Barlow & Lehman, 1996, a.a.O., S. 732 136. Reinecker, 1994, a.a.O., S. 88 f. 137. Möhlenkamp, 1995, a.a.O. 138. Bronisch, 1995a, a.a.O., S. 58 139. Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 377 f. 140. Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 378 141. Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 376 142. Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 376 143. Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 376 144. 145. 146. 147. 148. 149. 150.
Bronisch, 1995a, a.a.O., S. 59 Fiedler, 2007, a.a.O. Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 378 f. Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 379 f. Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 386 Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 380 f. Möhlenkamp, 1995, a.a.O., S. 385
Kapitel 7 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
Bassler & Hoffmann, 1993, a.a.O., S. 552 f. Freud, 1919, a.a.O., S. 191; zit. nach Margraf & Schneider, 1996, a.a.O., S. 20 Bassler & Hoffmann, 1994, a.a.O., S. 224 Bassler & Hoffmann, 1994, a.a.O., S. 218 Quint, 1993, a.a.O.; Joraschky, 1996, a.a.O. Quint, 1993, a.a.O., S. 531 Joraschky, 1996, a.a.O., S. 62 Bassler & Hoffmann, 1994, a.a.O., S. 217
Anmerkungen S. 493–612
709
Kapitel 8 1. Gosh & Marks, 1987, a.a.O.; Gould et al., 1993, a.a.O.; Gould & Clum, 1995, a.a.O.; Thiels et al., 1995, a.a.O.; Angenendt, 1996, a.a.O. 2. Antony & Stein, 2008, a.a.O. 3. Wittchen et al., 1995, a.a.O. 4. Wittchen et al., 1995, a.a.O., S. 65 ff. 5. Becker & Schneider,1995, a.a.O., S. 417; Schmidt-Traub, 2008, a.a.O. 6. modifiziert nach Leidig, 1994, a.a.O., S. 89 f. 7. Beck et al., 1985; Margraf & Schneider, 1990, a.a.O., S. 72; Peurifoy, 2006, a.a.O. 8. Kossak, 1993, a.a.O.; Alman & Lambrou, 1995, a.a.O. 9. modifiziert nach Eberspächer, 1995, a.a.O., S. 71 10. zit. nach Wahl & Kohl, 1995, a.a.O., S. 457 11. Bernstein & Borkovec, 1982, a.a.O., S. 67 ff. 12. Hanisch & Ferstl, 1993, a.a.O. 13. Keller, 1995, a.a.O., S. 66 14. Keller, 1995, a.a.O., S. 64 u. 85 15. Mathews et al., 1994, a.a.O., S. 60 16. modifiziert nach Mathews et al., 1994, a.a.O., S. 61 17. Marks, 1993a, a.a.O., S. 224 18. Mathews et al., 1994, a.a.O., S. 39 ff. 19. Christmann, 1996, a.a.O. 20. Christmann, 1996, a.a.O. 21. Reinhardt, 1993, a.a.O.; Eberspächer, 1995, a.a.O. 22. Christmann, 1996, a.a.O., S. 55 f. 23. Es handelt sich dabei um Techniken aus der Hypnose und dem Neurolinguistischen Programmieren (NLP). 24. Calhoun & Atkeson, 1994, a.a.O., S. 100 25. Pennebaker, 1993, a.a.O.; Calhoun & Atkeson, 1994, a.a.O., S. 100 26. Butollo & Höfling, 1984, a.a.O., S. 23 27. Meichenbaum, 1979, a.a.O. 28. Peurifoy, 2006, a.a.O.; Kaestele, 1994, a.a.O.; Schmidt-Traub, 2001, a.a.O. 29. Peurifoy, 2006, a.a.O. 30. Kaestele, 1994, a.a.O., S. 82 f. 31. Kaestele, 1994, a.a.O., S. 85 f. 32. Kaestele, 1994, a.a.O., S.106 f. 33. Schmidt-Traub, 2001, a.a.O. 34. Schmidt-Traub, 2001, a.a.O. 35. Wegner, 1995, a.a.O. 36. Lodes, 1991, a.a.O. 37. Lowen, 1984, a.a.O., S. 179 38. Kaluza, 1996, a.a.O. 39. Foa & Wilson, 1994, a.a.O., S. 190 ff.; es handelt sich dabei um ein radikales Programm 40. Baer, 2001, a.a.O.; dieses Buch ist Betroffene und Fachleute geeignet 41. Hoffmann, 1996, a.a.O.; dieses Buch ist nach wie vor ein „Dauerbrenner“ 42. Ambühl, 2004, a.a.O.; dies ist das neueste und wohl beste Selbsthilfebuch bei Zwängen 43. Jurecka, 1996, a.a.O., S. 7 f. 44. Schwartz & Beyette, 1997, a.a.O. 45. Schwartz & Beyette, 1997, a.a.O., S. 26 46. Schwartz & Beyette, 1997, a.a.O., S. 30
Kapitel 9 1. Mathews et al., 1994, a.a.O., S. 74 ff. 2. Baer, 2001, a.a.O.
710
Anmerkungen S. 613–690 Kapitel 10
1. Kapfhammer, 1995, a.a.O.; Kasper, 1995, a.a.O.; Laux et al., 1995, a.a.O.; Wurthmann, 1995, a.a.O.; Brosch, 1996, a.a.O.; Poser & Poser, 1996, a.a.O.; Benkert & Hippius, 2009, a.a.O. 2. Kapfhammer, 1995, a.a.O., S. 273 3. Laux et al., 1995, a.a.O., S. 40 ff. 4. Kapfhammer, 1995, a.a.O., S. 276 5. Julien, 1997, a.a.O., S. 86 6. modifiziert nach Laux, 1993, a.a.O., S. 473 7. Laux, 1993, a.a.O.; S. 473; Kapfhammer, 1995, a.a.O., S. 273; Benkert & Hippius, 2009, a.a.O.; 8. Faust, 1995, a.a.O., S. 33 9. Faust, 1995, a.a.O., S. 217 10. Laux, 1995, a.a.O., S. 319 f. 11. Laux et al., 1995, a.a.O., S. 47 12. Benkert & Hippius, 2009, a.a.O., S. 341 13. Kasper, 1996, a.a.O. 14. Frommberger et al., 1995, a.a.O., S, 176 15. Rickels, 1993, a.a.O.; Bach & Nutzinger, 1995, a.a.O.; Kapfhammer, 1995, a.a.O., S. 283 ff. 16. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 96 ff. 17. Dilling et al., 2008, a.a.O., S. 99 f. 18. Faust, 1995, a.a.O., S. 219 f. 19. Faust, 1995, a.a.O., S. 220 f. 20. Faust, 1995, a.a.O., S. 221 f. 21. Faust, 1995, a.a.O., S. 235 22. Julien, 1997, a.a.O., S. 89 23. Poser & Poser, 1996, a.a.O., S. 117 24. Poser & Poser, 1996, a.a.O., S. 119 25. Poser & Poser, 1996, a.a.O., S. 38 ff. 26. Benkert & Hippius, 2009, a.a.O., S. 333. 27. Faust, 1995, a.a.O., S. 235 ff. 28. Faust, 1995, a.a.O., S. 231 ff. 29. Faust, 1995, a.a.O., S. 232 30. Faust, 1995, a.a.O., S. 92; Laux et al., 1995, a.a.O., S. 108 f.; Benkert & Hippius, 2009, a.a.O. 31. Benkert & Hippius, 2009, a.a.O., S. 325 32. Benkert & Hippius, 2009, a.a.O.; Schmitz & Dorow et al., 1996, a.a.O. 33. Wurthmann, 1995, a.a.O., S. 304 34. Laux, 1995, a.a.O. 35. Lecrubier, Judge et al., 1997, a.a.O. 36. Wade et al., 1997, a.a.O. 37. Laux et al., 1995, a.a.O., S. 51 ff.; Benkert & Hippius, 2009, a.a.O.; Poser & Poser, 1996, a.a.O. 38. Bandelow et al., 2005, a.a.O. 39. Deter, 1997, a.a.O., S. 53 f. 40. Die Kirsch-Studien werden von vielen Psychiatern als voreingenommen abgelehnt. 41. Bandelow et al., 1995, a.a.O., S. 453 42. Benson, 1997, a.a.O. 43. Deter, 1997, a.a.O., S. 54 f. 44. Gauler & Weihrauch, 1997, a.a.O., S. 15 f. 45. Gauler & Weihrauch, 1997, a.a.O., S. 25 f. 46. Deter, 1997, a.a.O., S. 54 f.; Gauler & Weihrauch, 1997, a.a.O., S. 19 ff. 47. Deter, 1997, a.a.O., S. 55 48. Gauler & Weihrauch, 1997, a.a.O., S. 35 ff.
Kapitel 11 1. Schulz & Hänsel, 1996, a.a.O., S. 82 f. 2. Sengupta et al., 1992, a.a.O.
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Über den Autor
Hans Morschitzky, geb. 1952, Dr. phil., Klinischer Psychologe und Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut (Zusatzbezeichnungen „Verhaltenstherapie“ und „Systemische Familientherapie“) Er ist seit 1983 in der oberösterreichischen Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg in Linz angestellt (seit 1999 nur mehr 20 Wochenstunden) und hat seit 1987 eine eigene Praxis mit dem Schwerpunkt Angststörungen, Burn-out und psychosomatische Störungen. Er war seit 2002 auf der psychosomatischen Station der Nervenklinik beschäftigt und ist seit 2005 auf der psychosomatischen Tagesklinik tätig. Hans Morschitzky vertritt ein integratives Behandlungsmodell auf der Basis der Verhaltenstherapie unter Berücksichtigung anderer Psychotherapiemethoden. In seinen bisher acht Büchern war es ihm immer wichtig, zentrale Aspekte aus dem Bereich der psychischen und psychosomatischen Störungen einem möglichst großen Leserkreis zu vermitteln und damit eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Ebenfalls bei Springer, Wien, erschienen sind seine Bücher: „Somatoforme Störungen. Diagnostik, Konzepte und Therapie bei Körpersymptomen ohne Organbefund“ (2007, 2., erweiterte Auflage) und „Psychotherapie Ratgeber. Ein Wegweiser zur seelischen Gesundheit“ (2007).