Angewandte Industrieökonomik : Theorien, Modelle, Anwendungen [1. Aufl]
 3834902152, 9783834902153 [PDF]

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Zitiervorschau

Ulrich Blum/Simone Müller/Andreas Weiske Angewandte Industrieökonomik

Ulrich Blum/Simone Müller/Andreas Weiske

Angewandte Industrieökonomik Theorien – Modelle – Anwendungen

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Prof. Dr. Ulrich Blum ist Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle. Dr. Simone Müller ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Betriebswirtschaft und Marktforschung der Forschungsanstalt Geisenheim. Dipl.-Vw. Andreas Weiske ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung der Technischen Universität Dresden.

1. Auflage Oktober 1991 2. Auflage Mai 1998 1. Auflage Januar 1988

1. Auflage Februar 2006 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Susanne Kramer / Renate Schilling Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vevielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Ulrike Weigel, www.CorporateDesignGroup.de Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8349-0215-2

Marcet sine adversario virtus (Ohne Gegner erschlafft die Tugend) LUCIUS ANNAEUS SENECA (4 v. Chr. – 65 n. Chr.)

Vorwort Das moderne Unternehmertum stellt eine Mischung aus Bürgersinn und Abenteurertum dar. Bürgersinn bedeutet Wirtschaftlichkeit und Ehrlichkeit, letztlich das Beachten der Marktregeln; Abenteurertum bedeutet Aufbruch zu neuen Ufern, Pioniergeist, Innovation, Wettbewerb – und damit auch die mögliche Vernichtung des Konkurrenten. Der moderne Unternehmer ist damit in der Beschreibung von Werner SOMBART (1988) janusköpfig und bedarf einer speziellen Wirtschaftsgesinnung, die Max WEBER (1904, 1905) ausgiebig erörtert hat und die der Gewinnerzielung eine positive moralische Qualität zumißt. Die Theorie der Unternehmung der Neoklassik enthält nichts von dieser Qualität des realen Unternehmertums. Es ist die moderne Industrieökonomik, die versucht, Modelle zu entwickeln, die der Wirklichkeit näher stehen und eine empirische Überprüfung erlauben. Sie steht in vielerlei Hinsicht methodisch auf einer neoklassischen Basis, die durch das Konzept des strategischen Handelns, also eines Verhaltens, das die Reaktionen der anderen am Markt Beteiligten in das eigene Kalkül einbezieht, verbreitert ist. Dabei werden Elemente der Evolutionsökonomik, der Risikotheorie und der modernen Informationstheorie einbezogen. Die großen Fragen des Unternehmers, der letztlich am Markt einen höheren als den Normalgewinn anstrebt, lauten: Unter welchen Bedingungen soll ich in den Markt eintreten – und wann werden potentielle Konkurrenten dies ebenfalls tun? Wie soll ich meine Preise setzen und welche Reaktionen muß ich erwarten? Wie kann ich dem Mitbewerber freundliches Verhalten signalisieren? Wie kann ich mich von anderen Anbietern unterscheiden? Welche Bedeutung haben dabei Innovation und Werbung? Antworten auf diese Fragen geben drei große Kapitel über Irreversibilität und versunkene Kosten, über Preissetzung und Signale sowie über Forschung, Entwicklung und Innovation, an deren Anfang jeweils die zugrundeliegenden Verhaltensmuster in einem gesellschaftlichen – gelegentlich auch in einem historischen – Kontext aufgezeigt und an deren Ende die wirtschaftspolitischen Implikationen benannt werden. Diesen vorangestellt sind drei weitere Kapitel, von denen das erste in das strategische Denken als intellektuellen Kern der Industrieökonomik einführt, das zweite die bis heute für die Wettbewerbsleitbilder des Kartellrechts bedeutsame „alte“ Industrieökonomik darstellt und das dritte die neoklassischen Basismodelle präsentiert. Am Ende des Buches finden sich 30 Übungsaufgaben mit Kurzlösungen, die der Wiederholung und Vertiefung der formalen Modelle des Buches dienen sollen. Die ausführ-

VI

Vorwort

lichen Lösungswege stehen im Internet auf den Seiten des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (http://www.iwh-halle.de) zum Herunterladen bereit. Danken möchten wir denen, die uns unterstützten, dieses Buch zu schreiben und abzuschließen. Zunächst sind dabei die Université de Montréal, die TU Dresden und die Alexander-von-Humboldt-Stiftung als institutionelle Förderer zu nennen. Es folgt Frau Jana Ruge, die große Teile des Manuskriptes korrekturgelesen hat. Darüber hinaus halfen viele kritische Studierende, das Buch zu optimieren. Für die letzte Durchsicht danken wir Frau Margit Gröbke und Frau Elisa Victoria Blum, wenngleich alle Verantwortung für verbliebene errata bei uns liegt. Dresden und Halle (Saale) im November 2005

Ulrich Blum Simone Müller Andreas Weiske

Inhaltsverzeichnis Vorwort ..........................................................................................................................V 1. Einführung.................................................................................................................1 1.1 Strategisches Handeln und Strategeme...............................................................2 1.2 Ziel und Mittel unternehmerischen Handelns.....................................................7 1.3 Aufbau des Buches .............................................................................................8 2. Markt und Wettbewerb............................................................................................9 2.1 Der relevante Markt............................................................................................9 2.2 Wettbewerbstheorie ..........................................................................................13 2.3 Konzepte des funktionsfähigen Wettbewerbs...................................................14 2.3.1 Ordnungsrahmen und positive Sicht......................................................14 2.3.2 Workable Competition als Second Best und Effective Competition.....15 2.3.3 Konstituierende und regulierende Prinzipien einer Wettbewerbsordnung nach EUCKEN ......................................................16 2.3.4 Die optimale Wettbewerbsintensität von KANTZENBACH .....................17 2.3.5 Die Wettbewerbsvorstellungen der Chicago-School und der Angebotstheoretiker ..............................................................................18 2.3.6 Der informationsökonomische Ansatz von V. HAYEK ...........................19 2.3.7 Bewertung und offene Fragen ...............................................................19 2.4 Wettbewerbskräfte und -strategien nach PORTER .............................................20 2.4.1 Die fünf Wettbewerbskräfte nach PORTER ............................................22 2.4.2 Die drei Strategietypen nach PORTER ....................................................25 2.4.3 Synthese ................................................................................................26 2.5 Zusammenfassung ............................................................................................27

VIII

Inhaltsverzeichnis

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik............................................................. 29 3.1 Die formalen Grundlagen der Modelle ............................................................ 29 3.1.1 Die Modellierung der Angebotsseite .................................................... 29 3.1.2 Die Modellierung der Nachfrageseite................................................... 36 3.2 Die Marktform des Polypols ............................................................................ 40 3.2.1 Betrachtung eines Unternehmens ......................................................... 41 3.2.2 Betrachtung des Gesamtmarktes........................................................... 44 3.3 Die Marktform des Monopols.......................................................................... 46 3.3.1 Das COURNOT-Monopol ....................................................................... 46 3.3.2 Preiswahl im Monopol.......................................................................... 50 3.3.3 Gründe für die Existenz von Monopolen.............................................. 53 3.3.4 Wohlfahrtsaspekte und staatliche Regulierung..................................... 55 3.3.5 Preisdifferenzierung im Monopol......................................................... 56 3.4 Die Marktform der Monopolistischen Konkurrenz.......................................... 59 3.5 Marktformen des Oligopols ............................................................................. 61 3.5.1 Reaktionsfunktionen ............................................................................. 61 3.5.2 Das Duopolmodell von COURNOT ........................................................ 63 3.5.3 Kollusion im Mengen-Duopol .............................................................. 66 3.5.4 Das Duopolmodell von V. STACKELBERG ............................................. 69 3.5.5 Das Duopolmodell von BERTRAND ...................................................... 71 3.5.6 BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung................................... 75 3.6 Zusammenfassung und Ausblick ..................................................................... 78 4. Irreversibilität und versunkene Kosten................................................................ 81 4.1 Irreversibilität als strategische Waffe............................................................... 81 4.2 Bestreitbare Märkte und versunkene Kosten ................................................... 83 4.2.1 Theorie der bestreitbaren Märkte.......................................................... 83 4.2.2 Versunkene Kosten............................................................................... 85 4.2.3 Rationalität und versunkene Kosten ..................................................... 89 4.3 Irreversibilität in der Evolutionsökonomik ...................................................... 91 4.4 Versunkene Kosten und Marktstruktur ............................................................ 92 4.4.1 Versunkene Kosten im Duopol............................................................. 92

Inhaltsverzeichnis

IX

4.4.2 Exogene versunkene Kosten..................................................................99 4.4.3 Endogene versunkene Kosten..............................................................106 4.4.4 Spieltheoretische Formulierungen.......................................................107 4.5 Versunkene Kosten und Wettbewerb .............................................................109 4.5.1 Unternehmensstrategien ......................................................................109 4.5.2 Versunkene Kosten staatlicher Aktivität und Standortwettbewerb .....112 4.5.3 Zusammenfassung ...............................................................................113 5. Preissetzung und Signale ......................................................................................115 5.1 Die Suche nach dem fairen Preis ....................................................................115 5.1.1 Preisbildung im Altertum und im Mittelalter ......................................116 5.1.2 Der Übergang zur Neuzeit...................................................................117 5.1.3 Freie Preisbildung, Signale und Marktmoral.......................................118 5.2 Preise als strategisches Wettbewerbselement .................................................118 5.2.1 Signale.................................................................................................118 5.2.2 Preissetzung.........................................................................................120 5.2.3 Preise als Signale.................................................................................121 5.2.4 Freie Preise und Wettbewerbsaufsicht ................................................122 5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung .........................................123 5.3.1 BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung und Informationsasymmetrie......................................................................123 5.3.2 Das Limitpreis-Modell von MILGROM und ROBERTS ..........................127 5.3.3 Auktionen ............................................................................................145 5.3.4 Werbung ..............................................................................................160 5.4 Preissetzung, Signale und Wettbewerb...........................................................163 5.4.1 Preissetzung und Mißbrauch ...............................................................163 5.4.2 Selbstselektion und moral hazard........................................................167 5.4.3 Wohlfahrtseffekte von Informationsasymmetrien...............................169 5.4.4 Die UMTS-Auktion in Deutschland....................................................170 5.4.5 Werbung zwischen weichen Signalen und harten Informationen........173 6. Forschung und Entwicklung ................................................................................175 6.1 Wirtschaftsintegrierende Forschung und Entwicklung...................................175 6.2 Innovationen ...................................................................................................177

X

Inhaltsverzeichnis 6.2.1 Begriffsklärung ................................................................................... 177 6.2.2 Innovationstheorien ............................................................................ 179 6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien ...................................................... 191 6.3.1 Innovationswettbewerb....................................................................... 191 6.3.2 Kollusion und Kooperation................................................................. 197 6.3.3 Patente und Lizenzen.......................................................................... 201 6.3.4 Kompatibilität, Standardisierung und Normung................................. 206 6.4 Forschung, Entwicklung und Wettbewerb ..................................................... 213 6.4.1 Patente vs. Wettbewerbsfreiheit ......................................................... 213 6.4.2 Netzökonomien und Wettbewerbspolitik ........................................... 214 6.4.3 Der Wettlauf um die kritische Masse.................................................. 219

7. Übungsaufgaben ................................................................................................... 223 8. Kurzlösungen........................................................................................................ 245 Literaturverzeichnis................................................................................................... 281

Ersinne Finten, um den Feind zu schlagen und gegen ihn zu manövrieren! Aber auch der Feind wird Listen ersinnen und gegen Dich manövrieren! SCHAMSCHI-ADAD I. (18. Jh. v. Chr.)

1.

Einführung

Das vorliegende Buch hat das Ziel, die Grundlagen einer angebotsorientierten Ökonomik auf Basis der Erkenntnisse der modernen Industrieökonomik zu vermitteln und damit Gestaltungsmöglichkeiten sowohl für Unternehmer als auch für Politiker aufzuzeigen. Es zielt darauf ab, die Interdependenz der Entscheidungen von wirtschaftlichen Akteuren zu verdeutlichen, und betont die Relevanz strategischer Aspekte des unternehmerischen Handelns. Zentraler Untersuchungsgegenstand der Industrieökonomik ist die Angebotsseite der Wirtschaft. Betrachtet werden vor allem Situationen, in denen Unternehmen1 entweder über monopolistische Macht verfügen oder bei ihren Entscheidungen strategische Interaktionsmöglichkeiten besitzen. Analysiert werden insbesondere Technologien, Organisationsstrukturen sowie Verhaltensweisen wirtschaftlicher Akteure. Folgerichtig setzt dieses Buch folgende Schwerpunkte: (1) Darstellung der wesentlichen Aussagen der Industrieökonomik (Industrielle Organisationslehre), vor allem in Bezug auf unvollkommenen Wettbewerb, (2) Aufzeigen strategischer Handlungsmuster für Unternehmen, (3) Einordnung des Dargestellten in die staatliche Wirtschaftspolitik, insbesondere vor dem Hintergrund von in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Themen, wie

1

x

der Wettbewerbsordnung,

x

der Innovationspolitik oder

x

der Preissetzung von Unternehmen.

Im Sinne eines breiten Verständnisses wird der Begriff „Unternehmen“ für alle Arten von angebotsorientierten gesellschaftlichen Organisationen verwendet. Er geht damit über die enge betriebswirtschaftliche Abgrenzung als Ort der betrieblichen Leistungserstellung einschließlich des rechtlichen Rahmens hinaus. Tatsächlich ist der Prozeß der Bereitstellung von Gütern nämlich umfassender zu sehen, da „unternehmerisches Handeln“ auch anderen Institutionen eigen sein kann. Im Sinne der neueren Vertragslehre kann beispielsweise auch ein Ultraminimalstaat als Unternehmen identifiziert werden.

2

1. Einführung

Anknüpfungspunkt der theoretischen Betrachtungen ist der methodologische Individualismus einschließlich der marginalanalytischen Ansätze, die aus der Mikroökonomik bekannt sind. Durch diese methodologische Festlegung kann eine Reihe von Werkzeugen genutzt werden, nämlich x

das marginalanalytische Werkzeug der neoklassischen Theorie, insbesondere das Optimierungskalkül der paretianischen Wohlfahrtsökonomik,

x

die Spieltheorie,

x

die Prinzipal-Agent-Theorie.

Ökonomisches Handeln ist in moderner Vorstellung immer auch strategisches Handeln, d.h. der Versuch, die eigenen Alternativen vor dem Hintergrund der möglichen Reaktionen der anderen Wirtschaftssubjekte zu bewerten. Die moderne Industrieökonomik stellt eine Vielzahl von Modellen bereit, um dies zu erfassen. Die wichtigsten davon werden im Verlauf des Buches vorgestellt. Zuvor jedoch soll allgemein in die Denkwelt strategischen Handelns eingeführt werden.

1.1

Strategisches Handeln und Strategeme

Von strategischem Handeln wird gesprochen, wenn die Reaktionen anderer in das eigene Entscheidungskalkül mit einbezogen werden. Die strategische Handlung selbst wird als Strategem bezeichnet. Der dem altgriechischen Wort strategema (Feldherrntätigkeit) entstammende Begriff wird im deutschen Sprachraum selten verwendet; er findet sich hingegen öfter in der französischen und der englischsprachigen Literatur. Das Fremdwörterbuch des Dudenverlages definiert Strategem einerseits als Kunstgriff, oder List, andererseits als Kriegslist. Die Definition des Oxford Dictionary ist List, Kunstgriff zur Erlangung eines Vorteils, Gewandtheit im Ersinnen von Auswegen.2 Strategeme zu nutzen stellt in Asien Teil des täglichen, historisch begründeten Gebrauchs dar. Dies liegt sicher daran, daß die eigene Vorteilnahme im Kulturkreis östlicher Weisheit Bestandteil einer areligiösen, d.h. philosophischen Hochkultur ist und nicht per se verurteilt wird. Der Taoismus und der Konfuzianismus erlauben es beide, daß man deswegen kein schlechtes Gewissen haben muß. Es bedarf daher gegebenenfalls auch keiner Heuchelei, um makellos dazustehen bzw. das eigene Schuldgefühl zu überdecken. Zu den großen Meistern der Strategeme zählt SUN ZI (ca. 400 v. Chr.), ein Zeitgenosse von KONFUZIUS, der den militärischen Sieg als nachrangigen Wert, den Sieg durch List hingegen als vorrangiges Ziel einschätzte (dazwischen ordnete er die

2

Besonders treffend ist das am besten mit „durchtrieben, gerissen, listig, schlau” zu übersetzende englische Wort cunning.

1.1 Strategisches Handeln und Strategeme

3

Diplomatie ein). Dieser Sichtweise entspricht auch die Aussage aus dem Alten Testament der Bibel: „Wohlan, wir wollen sie mit List niederhalten, daß sie nicht noch mehr werden…“ (2. Mose 1,10). Die Kriegslist, von der im Alten Testament die Rede ist, hat durch das Neue Testament wie vieles andere auch eine Aufhebung oder Beendigung gefunden, so daß sie für Christen nicht anwendbar ist: „... wir meiden schändliche Heimlichkeit und gehen nicht mit List um ...“ (2. Korinther 4, 2). Im christlichen Ethos stellt somit das „Überlisten“ des anderen – auch wenn dies mit dessen eigenen Waffen geschieht – i.d.R. ein amoralisches „sündiges“ Verhalten dar. List als Mittel der Durchsetzung eigener Interessen findet sich an vielen Stellen der Geschichte und der Mythologie. Man denke nur an ODYSSEUS und die noch trickreicheren Götter als Protagonisten der Überlistung in der Antike oder an MACHIAVELLI in der Moderne. Auch der arabische Kulturkreis ist heute noch reich an Strategemen, die vor allem an die Jurisprudenz angelehnt sind. Die im folgenden näher beleuchteten drei Strategeme stellen nur eine kleine Auswahl dessen dar, was die Weltkulturen – insbesondere die chinesische und die arabische – an Strategemen anzubieten haben.3 Beispiel 1.1.1 (Das Strategem der offenen Stadttore): Reichskanzler KONG MING, auch ZHUGE LIANG genannt, war mit 5.000 Soldaten nach Xicheng gezogen, um den dort lagernden Proviant nach Hanzhong zu überführen. Da trafen auf fliegenden Pferden Boten ein, mehr als zehn an der Zahl, einer nach dem anderen. Sie berichteten, der feindliche General SIMA YI aus dem Reiche Wei rücke mit einem Heer von 150.000 Mann, einem Hornissenschwarm gleich, gegen Xicheng vor. Zu diesem Zeitpunkt stand dem Reichskanzler KONG MING kein einziger General mehr zur Seite. Nur noch ein Stab ziviler Beamter befand sich bei ihm. Von den mitgeführten 5.000 Soldaten hatte die eine Hälfte Xicheng bereits mit Proviant verlassen. In der Stadt waren nicht mehr als 2.500 Soldaten zurückgeblieben. Als die Beamten diese Nachricht vernahmen, wurden ihre Gesichter fahl vor Schrecken. Reichskanzler KONG MING begab sich auf die Stadtmauer und hielt Ausschau. Tatsächlich, da stiegen am Horizont Staubwolken zum Himmel auf. Das Heer des feindlichen Generals SIMA YI näherte sich mit einem großen Aufgebot an Soldaten. Reichskanzler KONG MING befahl: „Flaggen und Banner von der Stadtmauer herunternehmen und verbergen! Jeder Soldat auf seinen Posten! Wer diesen eigenmächtig verläßt und seine Stimme laut erhebt, der wird enthauptet. Die vier Stadttore sind weit zu öffnen. Bei jedem Stadttor haben 20 Soldaten, als einfache Leute verkleidet, die Straße zu kehren. Wenn das Heer des SIMA YI herankommt, handle niemand selbstherrlich. Ich habe mein besonderes Strategem.“ 3

Die Bezeichnungen dieser drei Strategeme entstammen einer Liste von insgesamt 36 Strategemen, die seit über 2.000 Jahren existieren und zur „chinesischen Kunst des Vorteils“ – einem wichtigen Bestandteil der chinesischen Kriegskunst – gehören. Die inhaltliche Bedeutung aller Strategeme wird anhand von Beispielen in dem hervorragenden Buch von SENGER (2001) erklärt.

4

1. Einführung

Darauf warf sich KONG MING einen Umhang aus Kranichfedern über, setzte sich einen nach oben gewölbten seidenen Hut auf und begab sich in Begleitung von zwei Knappen und mit einer Wölbbrettzither auf die Stadtmauer, um sich auf einem Beobachtungsturm unmittelbar vorne bei der Brüstung hinzusetzen. Er entzündete Duftkräuter und begann auf der Wölbbrettzither zu spielen. Unterdessen gelangten Späher der Vorhut des Generals SIMA YI zur Stadtmauer und erblickten all dies. Keiner der Späher wagte sich weiter vor. Eilends kehrten sie zu SIMA YI zurück und erstatteten Bericht. SIMA YI lachte ungläubig. Dann hieß er seine Truppen halten. Er selbst ritt auf fliegendem Pferd weiter, um von fern auf die Stadt zu schauen. Wahrhaftig! Dort erblickte er den Reichskanzler KONG MING, wie er auf dem Spähturm der Stadtmauer saß, mit heiter lächelndem Gesicht, die Wölbbrettzither spielend, dazu die Schwaden der brennenden Duftkräuter. Zu seiner Linken ein Knappe, der mit beiden Händen ein kostbares Schwert umfaßte, zu seiner Rechten ein Knappe mit einem Haarwedel. Im Stadttoreingang und davor standen etwa 20 gewöhnliche Leute, die mit gesenkten Köpfen gleichmütig die Straße kehrten. Als SIMA YI dies alles erblickte, stiegen große Zweifel in ihm auf. Er kehrte zu seinem Heer zurück, befahl Vor- und Nachhut, die Stellungen auszuwechseln und zog in Richtung auf die nördlich gelegenen Berge von dannen. Sein zweiter Sohn SIMA ZHAO meinte unterwegs: „Bestimmt hat ZHUGE LIANG keine Soldaten und daher diese Szene vorbereitet. Vater, warum zieht Ihr da die Truppen zurück?“ SIMA YI entgegnete: „ZHUGE LIANG pflegt vorsichtig und bedachtsam zu sein. Noch nie hat er ein Wagnis auf sich genommen. Weit geöffnet waren heute die Tore der Stadt. Das ließ mit Sicherheit auf einen Hinterhalt schließen. Wären meine Truppen in die Stadt eingedrungen, so wären sie bestimmt dem Strategem zum Opfer gefallen. Was weißt du schon! Ein schneller Rückzug war angezeigt.“ Und so zog das gesamte Heer des SIMA YI davon. KONG MING sah die feindlichen Truppen in der Ferne verschwinden. Er lachte und klatschte dabei in die Hände. Keiner aus der Reihe der Beamten, der nicht verblüfft gewesen wäre. Sie fragten KONG MING: „SIMA YI ist doch ein berühmter General des Staates Wei. Heute führte er 150.000 ausgesuchte Soldaten hierher, erblickte Euch, den Reichskanzler von Shu-Han, und zog sich dann eilends zurück. Weshalb?“ KONG MING erwiderte: „Dieser Mann ging davon aus, daß ich vorsichtig und bedachtsam zu sein pflege und mich auf keine Wagnisse einlasse. Als er eine solche Szene sah, vermutete er, Soldaten lauerten in einem Hinterhalt. Daher trat er den Rückzug an. An sich scheue ich waghalsige Unternehmungen, heute aber suchte ich bei einem solchen Zuflucht, weil ich keine andere Wahl hatte.“ All die Beamten beugten voller Staunen ihr Haupt und riefen aus: „Die Strategeme des Reichskanzlers vermögen selbst die Geister der Verstorbenen nicht zu ergründen. Wäre es nach uns gegangen, so hätten wir einfach die Stadt aufgegeben und wegeilen sollen.“ KONG MING sagte: „Ich hatte nicht mehr als 2.500 Soldaten. Hätten wir die Stadt aufgegeben und die Flucht ergriffen, dann wären wir bestimmt nicht weit gekommen. SIMA YI hätte uns gefangengenommen.“ ¸ Die perfekte Täuschung aus Beispiel 1.1.1 argumentiert in die Richtung der modernen Signaltheorie, beispielsweise im Hinblick auf die Frage, ob ein Marktsasse einen

1.1 Strategisches Handeln und Strategeme

5

Markteintrittswilligen davon überzeugen kann, daß der Markteintritt angesichts der ihm verfügbaren Technologien sinnlos ist. Die zentrale Frage in diesem Zusammenhang betrifft die Glaubhaftigkeit der dabei vom Marktsassen vorgebrachten Argumente. Beispiel 1.1.2 (Mit dem Messer eines anderen töten): Mit dem Messer eines anderen töten bedeutet, einen Gegner durch fremde Hände auszuschalten bzw. jemanden auf indirekte Weise zu schädigen, ohne sich dabei selbst zu exponieren. Es handelt sich dabei um ein Alibi- oder Stellvertreter-Strategem, für das es auch anschauliche Beispiele außerhalb des chinesischen Kulturkreises gibt. Ein Beispiel findet sich in der Bibel in Form des „Schwertes der Ammoniter“ aus dem zweiten Buch Samuels (Kapitel 11: Davids Ehebruch und Blutschande): „Und als das Jahr um war, zur Zeit, da die Könige ins Feld zu ziehen pflegen, sandte DAVID JOAB und seine Männer mit ihm und ganz Israel, damit sie das Land der Ammoniter verheerten und Rabba belagerten. DAVID aber blieb in Jerusalem. Und es begab sich, daß David um den Abend aufstand von seinem Lager und sich auf dem Dach des Königshauses erging; da sah er vom Dach aus eine Frau sich waschen; und die Frau war von sehr schöner Gestalt. Und David sandte hin und ließ nach der Frau fragen, und man sagte: Das ist doch BATSEBA, die Tochter ELIAMS, die Frau URIAS, des Hetiters. ... Am andern Morgen schrieb DAVID einen Brief an JOAB ... Er schrieb aber in dem Brief: Stellt URIA vornehin, wo der Kampf am härtesten ist, und zieht euch hinter ihm zurück, daß er erschlagen werde und sterbe. Als nun JOAB die Stadt belagerte, stellte er URIA dorthin, wo er wußte, daß streitbare Männer standen. Und als die Männer der Stadt einen Ausfall machten und mit JOAB kämpften, fielen einige vom Volk, von den Männern DAVIDS, und URIA, der Hetiter, starb auch. ... Und als URIAS Frau hörte, daß ihr Mann URIA tot war, hielt sie die Totenklage um ihren Eheherrn. Sobald sie aber ausgetrauert hatte, sandte DAVID hin und ließ sie in sein Haus holen, und sie wurde seine Frau und ¸ gebar ihm einen Sohn.“4 Das Beispiel 1.1.2 macht deutlich, daß es zweckmäßig sein kann, Konkurrenten zu erlauben, sich erst zu zerfleischen, bevor man anschließend selbst zuschlägt. So haben sich die großen Unternehmen der amerikanischen Automobilindustrie in den fünfziger Jahren einen Preiswettbewerb bis fast zur Erschöpfung ihrer Ressourcen geliefert, um danach in den sechziger Jahren leichtes Opfer japanischer Automobilhersteller zu wer-

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Bemerkenswert an diesem Bericht aus dem Alten Testament ist die Mißbilligung und Bestrafung der Anwendung des Strategems durch Gott: „Aber dem Herrn mißfiel die Tat, die DAVID getan hatte“ (2. Samuel 11, 27). Und „... weil du die Feinde des Herrn durch diese Sache zum Lästern gebracht hast, wird der Sohn, der dir geboren ist, des Todes sterben“ (2. Samuel 12, 13). Der Gedanke der göttlichen Sühne einer verwerflichen Strategemanwendung ist dem chinesischen Kulturkreis eher fremd, wenngleich auch Strategem-Benutzer mit bösen Bestrebungen, etwa in Werken der chinesischen Literatur, oft ein übles Ende nehmen. Dem griechischen Kulturkreis ist die göttliche Sühne verwerflicher Listen in Gestalt von Nemesis, der Göttin der vergeltenden Gerechtigkeit, bekannt.

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1. Einführung

den. Das Unternehmen General Motors wollte sich nämlich durch massive Preissenkungen des Zweitgrößten im Markt, Ford, entledigen. Auf der Strecke blieb tatsächlich der Vierte, American Motors, der von Chrysler übernommen wurde – seitdem ist der berühmte Jeep ein Chrysler. Tatsächlich übernahm sich jedoch Chrysler mit diesem Kauf und mußte mit Hilfe der US-Regierung saniert werden. Beispiel 1.1.3 (Einen Backstein hinwerfen, um einen Jadestein zu erlangen): Durch die Anwendung dieses Strategems kann mittels einer unbedeutenden Gabe oder Gunsterweisung mitunter ein großer Gewinn erzielt werden. Jade steht hier für das den Chinesen kostbarste Mineral; je nach seinem Gehalt an Eisen gehen die Farbtönungen von Schwarz über Rot, Blau und Grün bis Weiß. Der „Jade-Kaiser“ ist die höchste Gottheit in der chinesischen Volksreligion. Berühmt wurde die Idee des Strategems im europäischen Kulturkreis durch LA FONTAINES Fabel von Fuchs und Rabe: Meister Rabe hockte im Geäst, hielt im Schnabel einen Käse fest; Meister Fuchs, nachdem er dies gerochen, hat etwa das Folgende gesprochen: „Gott zum Gruß, mein bester Herr von Rabe, Schönster, den ich je gesehen habe! Wahrlich, stimmten Eure Lieder ebenbürtig zum Gefieder, Phönix wäret Ihr unter allen hier.“ Unser Rabe kann das Glück kaum fassen, will sein schönstes Lied erklingen lassen, sperrt den Schnabel auf, so daß die Beute fällt, unser Fuchs sie packt und diese Rede hält: „Jeder Schmeichler, Freund, ernährt sich von dem, der auf ihn hört. Daß ich also Euch gelehrt, ist wohl einen Käse wert. “ Reuig und verspätet schwört der Rabe, daß ihn keiner mehr zum besten habe.

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Dieses letzte Beispiel behandelt die Fehlleitung des Gegners, um den tatsächlich relevanten Ertrag zu vereinnahmen. So kann ein Unternehmen beispielsweise in einem Normungsausschuß mit seinen Konkurrenten kooperieren und sich großzügig beim Teilen des know-hows zeigen, um dadurch das Normungsergebnis zu verzögern und den anderen durch die Markteinführung eines überlegenen Standards zuvorzukommen.

1.2 Ziel und Mittel unternehmerischen Handelns

1.2

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Ziel und Mittel unternehmerischen Handelns

Im Vordergrund der Industrieökonomik steht unternehmerisches Handeln. Dieses hat ein einziges Ziel, nämlich die Differentialrente zu erhöhen. Sie ist hier das zentrale Maß für den Wettbewerbsvorteil. Der Begriff der Differentialrente stammt von RICARDO (1924), der ihn auf den Mehrertrag des Bodens anwendete, der sich ergibt, wenn der Preis steigt und es damit lohnend wird, auch schlechtere Böden (bis zu den „Grenzertragsböden“) in die Produktion aufzunehmen. Da die Kosten der bisherigen Böden (mit hoher Qualität) aber nicht stiegen, käme ihnen eine Differentialrente zugute. In diesem Sinne ist die Differentialrente der Betrag jenseits des Gewinns, den die Unternehmen über die Erwirtschaftung ihrer Kapitalkosten (und natürlich der sonstigen Kosten) hinaus verdienen. Differentialrenten erzielt man nur durch Ausweiten des Abstandes zwischen dem Preis am Markt und der Summe aus Lohn- und Gehaltskosten, Materialkosten, Vorleistungen und Kapitalkosten, also der Summe, die erforderlich ist, das Unternehmen im steady state zu halten. Dazu sind Persönlichkeitseigenschaften erforderlich, die einzigartig sind. Während sich das Entrepreneurship (vgl. BLUM, LEIBBRAND 2001, insbes. Kapitel 1) gezielt der Frage widmet, was ein Entrepreneur ist und über welche Eigenschaften er verfügen sollte, ist das Thema der Industrieökonomik die richtige wettbewerbliche Aufstellung und das Nutzen der strategischen Interaktion zum eigenen Vorteil. Einem Unternehmen bleibt – in einem fast DARWINistischen Sinne – nichts anderes übrig als x

andere Unternehmen in ihrer Entwicklung zu blockieren. Dies setzt Einzigartigkeit voraus.

x

sich mit anderen Unternehmen einen Wettlauf zu liefern. Dies ist vernünftig, wenn Zugangsblockaden (irgendwann) durchlässig werden und das eigene technologische und entrepreneurielle Potential hoch ist.

x

mit anderen Unternehmen zu kooperieren. Diese Strategie liegt dann nahe, wenn sich erhebliche Kooperationsgewinne, beispielsweise bei der Durchsetzung eines Standards, nur im Verbund lösen lassen.

x

der Untergang.

Die Wahl der richtigen Strategie hängt in erheblichem Maße von den eigenen Ressourcen und Kompetenzen ab. Die folgenden Kapitel versuchen, das erforderliche Wissen zu vermitteln.

8

1.3

1. Einführung

Aufbau des Buches

Das Buch befaßt sich in den beiden folgenden Kapiteln zwei und drei mit den Grundlagen der Industrieökonomik, die einmal sehr stark von wettbewerbspolitischen – und damit implizit auch von gesellschaftspolitischen – Vorstellungen getrieben sind, und die zum anderen methodisch auf dem mikroökonomischen Instrumentarium aufbauen. Das vierte Kapitel geht auf das „klassische“ Ausgangsproblem der Industrieökonomik, die irreversiblen Kosten, ein und zeigt, in welchem Umfang dadurch Marktstukturen beeinflußt werden. Im fünften Kapitel wird die Preissetzung als wichtiger Aspekt des Signalisierens bei asymmetrisch verteilten Informationen zwischen den auf engen Märkten Tätigen betrachtet. Schließlich befaßt sich das sechste Kapitel mit Forschung und Entwicklung und den damit eng verbundenen intellektuellen Eigentumsrechten wie Patenten und Normen. Übungsaufgaben mit Lösungen beenden das Buch.

Quidquid agis, prudenter agas et respice finem (Was auch immer du tust, handle klug und bedenke die Folgen) Sprichwort aus dem Mittelalter

2.

Markt und Wettbewerb

Ziel allen unternehmerischen Handelns ist das Gewinnen nachhaltiger Wettbewerbsvorteile, also von Marktmacht. Der staatliche Ordnungsrahmen hat zu gewährleisten, daß verwirklichte Marktmacht nur auf Zeit besteht, auf Dauer aber insbesondere durch freien Marktzutritt derartige Macht abgeschmolzen wird. Ist der Markt nicht in der Lage, dies selbst zu tun, so ist die Wettbewerbsaufsicht gefordert. Hier stellt sich die Frage, ab wann diese einschreiten soll und welche Maßnahmen dann zu ergreifen sind. Das Problem soll an einem praktischen Fall verdeutlicht werden: Microsoft hat wie kein anderes Unternehmen die Nutzung des PCs für die Allgemeinheit geöffnet und dominiert den Markt durch Verknüpfung eines Betriebssystems mit Anwendungssoftware. Das kartellrechtliche Verfahren in den USA stand vor folgenden Problemen: x

Ist die Marktmacht mißbräuchlich oder durch Unfähigkeit von Konkurrenten entstanden und wird sie mißbräuchlich genutzt?

x

Wenn ein Mißbrauch besteht, was ist zu tun, um diesen zu verhindern?

x

Wie wirkt diese Verhinderung auf den Anreizmechanismus, insbesondere die technologische Fortschrittsrate im gleichen Markt, und welche Signale ergeben sich daraus für andere Unternehmen – evtl. Abschreckung, weil Innovation bestraft wird?

Bevor in Abschnitt 2.2 die Wettbewerbstheorie näher beleuchtet wird, soll zunächst die Frage nach dem relevanten Markt eingegrenzt werden (Abschnitt 2.1). Es schließt sich in Abschnitt 2.3 ein Überblick über die wichtigsten Konzepte des funktionsfähigen Wettbewerbs an. Abschnitt 2.4 beinhaltet die aus Sicht von PORTER (1999) relevanten Wettbewerbskräfte und erläutert mögliche Unternehmensstrategien, um dem Druck dieser Kräfte zu entgehen.

2.1

Der relevante Markt

Das Verständnis des Begriffes „relevanter Markt“ wird erleichtert, wenn zunächst Klarheit über den allgemeineren Begriff „Markt“ geschaffen wird.

10

2. Markt und Wettbewerb

Definition 2.1.1 (Markt): Unter dem Markt versteht man den Ort der Koordination von Güterangebot und Güternachfrage. Man unterscheidet in der Realität verschiedene Märkte anhand folgender Kriterien: x

Nach der Art des gehandelten Gutes: Märkte für Waren, Dienstleistungen, Rechte, Arbeit, Geld und Kapital.

x

Nach der zeitlichen Verfügbarkeit des Gutes: Kassa- und Terminmärkte.

x

Nach der räumlichen Abgrenzung: lokale, regionale, nationale und internationale Märkte.

In theoretischen Betrachtungen wird von realen Märkten mehr oder weniger stark abstrahiert, um dadurch allgemeine ökonomische Gesetzmäßigkeiten aufzuzeigen. Oft werden Annahmen über die Eigenschaften eines betrachteten Marktes aufgestellt, auf deren Basis dann Aussagen über das Verhalten der Akteure und die erzielbaren Marktergebnisse getroffen werden. Eine ganze Reihe von marktbezogenen ökonomischen Aussagen basiert auf dem theoretischen Konstrukt des vollkommenen Marktes. Definition 2.1.2 (Vollkommener Markt): Ein Markt wird als vollkommener Markt bezeichnet, wenn er die folgenden Eigenschaften besitzt: (1) Das auf dem Markt gehandelte Gut ist homogen und vertretbar.5 (2) Der Marktzutritt ist frei. (3) Es herrscht vollkommene Markttransparenz. (4) Es existiert keine räumliche und/ oder zeitliche Differenzierung zwischen Angebot und Nachfrage. (5) Es existieren keine persönlichen Präferenzen von Käufern für bestimmte Verkäufer und umgekehrt. Der relevante Markt kann nun anhand der folgenden Kriterien abgegrenzt werden: (1) Homogenität: Gleichartige Güter sind zusammenzufassen (beispielsweise Kraftstoffe verschiedener Anbieter). (2) Industrie: Güter aus gleichen Branchen6 gehören zu einer Gruppe (beispielsweise Erzeugnisse der Stahlindustrie). 5 6

Vertretbar (oder fungibel) sind Güter dann, wenn sie im Verkehr nach Zahl, Maß oder Gewicht bestimmt zu werden pflegen (vgl. § 91 BGB). Im angelsächsischen Sprachgebrauch wird die Branche als „industry“ bezeichnet, was der Industrieökonomik ihren Namen gab – inhaltlich ist es eine „Branchenökonomik“.

2.1 Der relevante Markt

11

(3) Substituierbarkeit: Die Märkte werden so aufgeteilt, daß die auf ihnen gehandelten Güter eine hohe interne Substituierbarkeit aufweisen, jedoch gegenüber anderen Märkten sehr unterschiedlich sind, wodurch eine Substitutionslücke existiert. Ähnliche Bedarfsmärkte sind dann nicht substitutiv, wenn sie rechtlich, sprachlich oder beispielsweise logistisch faktisch getrennt sind (als Beispiel kann der Pkw-Markt verwendet werden, in dem mindestens eine Luxusklasse eindeutig vom Rest abgegrenzt werden kann). Eine logistische Trennung von Märkten ergibt sich daraus, daß Hersteller nicht alle Länder oder Regionen beliefern. (4) Produktionsflexibilität: Zusammengefaßt bzw. eingeschlossen werden solche Bedarfsmärkte, auf denen ein Hersteller aufgrund seiner Technologie innerhalb kurzer Zeit anbieten kann. Ex post kann dies über Kreuzpreiselastizitäten des Angebots erfaßt werden. In diesem Zusammenhang interessieren auch Anbieter, die aktuell noch nicht in einem bestimmten räumlichen Markt vertreten sind (d.h. die Technologie schließt auch die Logistik ein; vgl. die Distribution von Fahrzeugen). Die Frage der Umstellungsflexibilität besitzt im Zusammenhang mit der Nachfragemacht eine Bedeutung, weil hier zu prüfen ist, welche Bedarfsmärkte zugänglich sind (kann beispielsweise ein Hersteller von no-name Schokolade, die er an einen Filialisten liefert, von Konkurrenten unter Druck gesetzt werden, weil er keinen anderen Absatzweg besitzt?). Diese Unterscheidungen liefern bereits erste Hinweise auf sinnvolle Konkurrenzanalysen: Neben vorhandenen Konkurrenten sind dann Anbieter zu beachten, deren Güter Substitutionslücken füllen oder überwinden bzw. die in kurzer Zeit infolge ihrer Technologie in den Markt eindringen können. Aus räumlicher Sicht ist schließlich noch festzulegen, welche geographische Ausdehnung der relevante Markt besitzt. Die Antwort auf die Frage nach der Reichweite eines Gutes und damit nach der Marktgröße hängt von den Produktions- und Transportkosten der Anbieter und der Zahlungsbereitschaft der Nachfrager ab. Dabei muß die Transportunfähigkeit kein Grund für das Vorliegen eines lokalen Marktes sein, wie das Beispiel des Theaters, zu dem die Besucher aus aller Welt strömen, zeigt. Damit reduziert sich die übliche Unterscheidung zwischen Waren und Dienstleistungen auf den Aspekt der Lagerung bzw. der Gleichzeitigkeit von Produktion und Konsum, nicht aber auf die Reichweite. Tatsächlich nimmt die Reichweite von Dienstleistungen (und Rechten, insbesondere Intellectual Property Rights – IPR's) stetig zu. Es ist daher zweckmäßig, auf die Internationalität der Dienste gesondert einzugehen. BHAGWATI (1987) unterscheidet nach den Kategorien „Mobilität des Anbieters“ und „Mobilität des Nutzers“ sowie der „physischen Nähe“ zwischen beiden und kommt zur folgenden Einteilung, die der Suche nach dem relevanten Markt für Dienste und Rechte besser entspricht: (1) Physische Nähe ist zentral - Dienste auf kurze Entfernung: x

Mobiler Anbieter, immobiler Nutzer - der klassische Fall von Direktinvestitionen, um Dienstleistungen über eine Niederlassung vor Ort anbieten zu können.

12

2. Markt und Wettbewerb x

Immobiler Anbieter, mobiler Nutzer - wegen standörtlicher Bedingungen kann bei diesem klassischen Dienstleistungsexport die Erstellung räumlich nicht verlagert werden (z.B. Theater).

x

Immobiler Anbieter, immobiler Nutzer - der klassische Fall nichthandelbarer Dienstleistungen.

(2) Physische Nähe ist nicht zentral - Dienste auf weite Entfernung: x

Diese Dienste gewinnen weltwirtschaftlich eine immer größere Bedeutung infolge des Verfalls der Transportkosten und der neuen Kommunikations- und Informationstechnologien.

Die Kriterien zur Charakterisierung des relevanten Marktes sind in Abb. 2.1 nochmals schematisch dargestellt.

geographisch (regional, national, international)

räumlich

Raumabgrenzung Erreichbarkeit, Sprachraum, Rechtsraum

Homogenitätskonzept Kundensicht: Bedarfsmarktkonzept Substitutionskonzept sachlich Industriekonzept Konzept der Produktionsflexibilität

zeitlich

Abb. 2.1:

Unternehmenssicht: Nachfragemacht

Wettbewerbliche Entwicklung des Guts unter ähnlichen Vorzeichen zu einem früheren Zeitpunkt (z.B. exogener Schock)

Charakterisierung des relevanten Marktes

Die Frage nach der Größe des relevanten Marktes gewinnt eine entscheidende Bedeutung dann, wenn zu untersuchen ist, welche Wachstumsfaktoren diese Märkte treiben.

2.2 Wettbewerbstheorie

13

Lokale Güter sind auf die lokale Nachfrage angewiesen, die wiederum weitgehend Ergebnis der lokalen Produktionsleistung ist.7 Bei gegebener Nachfrage führt zusätzliches Angebot immer zu Verdrängungswettbewerb. Nur Anbieter überregional absetzbarer Güter sind in der Lage, stagnierende Heimatmärkte zu überwinden.

2.2

Wettbewerbstheorie

Ein weiterer zentraler Begriff der Industrieökonomik neben dem des relevanten Marktes ist der Begriff „Wettbewerb“. Definition 2.2.1 (Wettbewerb): Unter Wettbewerb versteht man eine Abfolge von Innovations- und Transferprozessen. Durch Innovationen werden neue Kombinationen (Produkte, Verfahren, Märkte, Organisationsformen) am Markt durchgesetzt, worauf anschließend die Marktanteile von den erfolglosen Unternehmen zum Innovator wandern. Im Fokus der Wettbewerbstheorie steht die Frage, unter welchen Bedingungen „richtiger“ Wettbewerb herrscht. Dabei stehen die Theoretiker vor dem Problem, daß eine Festlegung von Faktoren, welche die Wettbewerbsqualität bestimmen, nicht unabhängig von der Frage ist, was eigentlich unter „richtigem“ Wettbewerb zu verstehen ist. Definition 2.2.2 (Wettbewerbsintensität): Unter Wettbewerbsintensität versteht man die Geschwindigkeit, mit der die Vorsprungsgewinne von Innovatoren durch das Agieren von Nachahmern bzw. Verfolgern „weggefressen“ werden. Die Frage nach der Wettbewerbsqualität gewinnt nicht zuletzt eine politische Relevanz dort, wo sich die Frage nach staatlichem Eingriff zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs stellt. Die neoklassische mikroökonomische Theorie als „Nirwana ohne Zeit und Raum“ bietet für den realen Wettbewerb ein erstes Leitbild, das vor allem deshalb von Interesse ist, weil weniger der Wettbewerbsprozeß – der eigentlich keiner ist8 – als vielmehr die Ergebnisse Gegenstand der Analyse sind. Die Wohlfahrtstheorie stellt eine Anzahl von Maßstäben für allokative Effizienz bereit, die auch bei Abweichen von die-

7

8

Dies gilt dann nicht, wenn Kapitalimporte oder Transfers fließen, was jedoch eine Aufwertungstendenz auslöst, welche die internationale Produktion der Region schädigt (vgl. BLUM, SCHARFE 2001). Letztlich definiert die Technologie das Angebot und die Präferenzen die Nachfrage, weshalb der Wettbewerbsprozeß dem Austragen eines Fußballspiels entspricht, bei dem der Sieger bereits feststeht.

14

2. Markt und Wettbewerb

sem perfekten Leitbild von Interesse sind, beispielsweise im Sinne der „Theorie des Zweitbesten“. In der Entwicklung der Wettbewerbstheorie (und der Industrieökonomik) lassen sich drei Phasen unterscheiden: (1) Die Entwicklung der Konzepte des funktionsfähigen Wettbewerbs. (2) Die Theorie der bestreitbaren Märkte. (3) Die moderne Theorie der industriellen Organisationslehre. Ihnen gemein ist zunächst die neoklassische Basis, die sie aber in unterschiedlicher Form weiterentwickeln. Während die Punkte (2) und (3) erst in den nächsten Kapiteln abgehandelt werden, erfolgt in diesem Abschnitt eine Einführung in die Konzepte des funktionsfähigen Wettbewerbs. Diese stellten nämlich die Basis der Wirtschaftsordnungen in den liberalen Demokratien bereit und dienten vor allen Dingen der Formulierung der jeweiligen wettbewerbsrechtlichen Regulierungen.

2.3

Konzepte des funktionsfähigen Wettbewerbs

2.3.1

Ordnungsrahmen und positive Sicht

Ordnungsrahmen haben in einer Ökonomie die Aufgabe, Regeln zu etablieren, die es ermöglichen, Verträge abzuschließen bzw. die dabei anfallenden Transaktionskosten zu reduzieren. Damit werden „moralische Güter“ durch staatliches Handeln bereitgestellt, um effizientes Wirtschaften zu ermöglichen. Typische derartige öffentliche Güter sind Vertrauen, Fairneß, Gerechtigkeit, ohne die eine Schaffung oder Durchsetzung von Eigentumsrechten nicht möglich wäre und die durch entsprechende institutionelle Arrangements gesichert werden. Die Konzepte des funktionsfähigen Wettbewerbs basieren auf unterschiedlichen Wirtschaftsethiken und begründen damit verschiedenartige normative Ökonomiken. Diese normativen Leitbilder und Leitsätze sind allerdings stark aus positiver Sicht heraus formuliert worden und damit - zumindest im deutschsprachigen Raum - ein Ausfluß der Neueren Historischen Schule. Ziel der Vertreter dieser Schule war es, auf Grundlage der Erfahrungen zweier gesellschaftlich-ökonomischer Katastrophen eine moderne Wirtschaftskonzeption zu entwickeln, die kompatibel ist mit ihrem liberalen, demokratischen, föderativen und sozialen Anspruch. Insbesondere EUCKEN betonte immer wieder, daß dem Bürger ein Recht auf eine menschenwürdige Wirtschaftsordnung zukomme. Aber auch Einflüsse aus der Österreichischen Schule, die ganz im Gegensatz zur historischen Schule stand (vgl. Methodenstreit), finden sich in diesen Ansätzen: Wesentliche Kernpunkte beziehen sich auf die Betonung des methodologischen Individualismus und

2.3 Konzepte des funktionsfähigen Wettbewerbs

15

Subjektivismus und der Subjektivität jeglicher Präferenzreihung – bis hin zur Ablehnung der Vorstellung bzw. des Glaubens an ein Gemeinwohl –, dem Konzept des Grenznutzens sowie der Opportunitätskosten und dem Erkennen der Bedeutung von Zeitpräferenzen.

2.3.2

Workable Competition als Second Best und Effective Competition

Die negativen Schlußfolgerungen aus der Realität des unvollkommenen Wettbewerbs führten dazu, einen Ausweg in dem zwar inferioren aber tolerierbaren Ansatz des workable competition als der nächstbesten Lösung zu sehen. Dies geschah vor allem durch CLARK (1940), der zugleich sagte, daß durch „Gegengift“ (remedial imperfections), d.h. ebenfalls Unvollkommenheiten, andere Unvollkommenheiten aufgewogen werden können. So ließe sich beispielsweise die Transparenz bei oligopolistischem Wettbewerb durch Preismeldestellen erhöhen (vgl. auch Theorie des Zweitbesten). Später modifizierte CLARK sein erstes Konzept dahingehend, daß er – ganz in der SCHUMPETERschen Tradition – Marktunvollkommenheiten als Ausgangspunkt und Stimulans des Wettbewerbs ansah, insbesondere mit dem Ziel des technologischen und wirtschaftlichen Fortschritts (vgl. CLARK 1961). Damit aber verliert der Gleichgewichtsgedanke (als Leitbild der Preistheorie) gegenüber dem Entwicklungsgedanken (der Wettbewerbstheorie) an Gewicht. In der weiteren Tradition entwickelten vor allen Dingen MASON (1939) und BAIN (1949, 1954, 1956) den „Marktstruktur-, -verhaltens-, -ergebnis-Ansatz“ (structureconduct-performance-hypothesis/ SCP-hypothesis), der als wichtige Grundlage der Industrieökonomik zu betrachten ist. Es ist allerdings die Frage zu stellen, inwieweit die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs auf einem Markt nachweisbar ist. Der Marktstruktur, -verhaltens-, -ergebnis-Ansatz versuchte hierbei, eine Beziehung zwischen diesen drei Größen und der Qualität des Wettbewerbs zu finden. x

Eine erste These wäre es, einen Zusammenhang zwischen der Marktstruktur und der Wettbewerbsqualität zu postulieren, um zu erkennen, inwieweit für den Marktsassen die notwendigen und hinreichenden Bedingungen für Wettbewerb vorliegen.

x

In einer zweiten These könnte unterstellt werden, funktionsfähiger Wettbewerb führe zu bestimmten Abläufen des Marktprozesses und bestimmten Verhaltensweisen der einzelnen Marktteilnehmer, die dann Gegenstand der Untersuchung sein können.

x

In einer dritten These könnte ein Zusammenhang zwischen Wettbewerb und Marktergebnissen angenommen werden, um zu untersuchen, ob erkenntliche Beziehungen zu den Marktergebnissen, die ein funktionsfähiger Wettbewerb liefern müßte, festzustellen sind.

16

2. Markt und Wettbewerb

BAIN (1949) ging sogar davon aus, daß eine Beziehungskette zwischen Marktstruktur, Marktverhalten und Marktergebnis bestünde. Es läßt sich jedoch deutlich zeigen (vgl. BLUM 2004, S. 472 ff.), daß dem nicht so ist. Insbesondere versagen diese Ansätze aus theoretischen Gründen, weil keine Eindeutigkeit der relevanten Ausprägungen mit der Wettbewerbsqualität besteht. Dies bedeutet insbesondere, daß die klassischen betriebswirtschaftlichen Portfolioanalysen mit Vorsicht zu genießen sind. Weiterhin ist auch eine gegenteilige Abfolge denkbar, bei der es eine Innovation (Marktergebnis) erlaubt, andere Marktteilnehmer erfolgreich zu verdrängen (Transfermechanismus als Marktverhalten), so daß sich der Marktanteil des Innovators ausweitet (Veränderung der Marktstruktur). Die zugrundeliegende Struktur entspricht in allem den Vorstellungen von SCHUMPETER (1987). Sie veranlaßte DEMSETZ (1973, 1974), die Gültigkeit der SCP-Hypothesis als taugliches Instrument der Wettbewerbspolitik anzuzweifeln. Die Alte Industrieökonomik besitzt nur eine schwach ausgeprägte Mikrofundierung; dies stellt einen gravierenden Unterschied gegenüber der Neuen Industrieökonomik dar; insbesondere sind die Aussagen ersterer eher heuristischer Natur, so daß sie kaum auf die Entscheidungen rational handelnder Individuen (insbesondere auf deren diskrete Wahlentscheidungen) zurückzuführen ist.

2.3.3

Konstituierende und regulierende Prinzipien einer Wettbewerbsordnung nach EUCKEN

EUCKEN (1990) gibt für eine funktionsfähige Wettbewerbsordnung eine Reihe von konstitutiven Prinzipien (Spielregeln) an, die ausnahmslos erfüllt sein müssen: (1) Existenz eines funktionsfähigen Preissystems bei (relativ) vollständiger Konkurrenz, um die effiziente Allokation der Produktionsfaktoren zu garantieren. (2) Freiheit des Markteintritts, um einen maximalen Leistungswettbewerb zu gewährleisten. (3) Preisstabilität der Währung. (4) Garantie der Vertragsfreiheit als rechtliche Voraussetzung für die Koordinierung der Teilpläne der Wirtschaftseinheiten am Markt. (5) Privates Eigentum an Produktionsmitteln, da das Wettbewerbssystem vom Eigeninteresse der Wirtschaftseinheiten gesteuert werden soll. (6) Abbau der Haftungsbeschränkungen, damit die Sanktionierungsmechanismen des Marktes voll zur Geltung kommen. (7) Stetige und vorhersehbare Wirtschaftspolitik, um die Investitionsbereitschaft zu verstetigen und den risikobedingten Konzentrationstendenzen in der Wirtschaft entgegenzuwirken.

2.3 Konzepte des funktionsfähigen Wettbewerbs

17

Die konstitutiven Prinzipien sind hinreichend, um eine marktwirtschaftliche Wirtschaftspolitik zu konzipieren. Sie sind jedoch durch regulierende Prinzipien (Schiedsrichter) zu ergänzen. Folgende Forderungen erhebt EUCKEN (1990) dabei: (1) Monopolkontrolle durch eine Monopolaufsichtsbehörde, d.h. die Monopolauflösung. Erweist sich die Auflösung eines Monopols als unmöglich, ist dafür zu sorgen, daß die Preisfestsetzung den Wettbewerbsregeln folgt. Das wiederum bedeutet eine Verhinderung von x

Preisdifferenzierung,

x

monopolistischer Gestaltung der Geschäftsbedingungen,

x

Behinderungswettbewerb sowie

x

ruinöser Konkurrenz gegenüber neu auftretenden Anbietern.

(2) Durch eine aktive Steuerpolitik ist für eine Einkommenskorrektur zu sorgen, da das den Markt beherrschende Äquivalenzprinzip für sich allein genommen sozialethisch nicht akzeptabel erscheint. (3) Die Wirtschaftsrechnung ist überall dort zu korrigieren, wo im einzelwirtschaftlichen Kalkül Rückwirkungen auf andere Wirtschaftseinheiten oder die Allgemeinheit (sogenannte externe Effekte) nicht berücksichtigt werden. (4) Ineffizienzen, die durch das anomale Verhalten des Angebots ausgelöst werden (d.h. sinkende Preise führen zur Ausweitung des Angebots, z.B. bei Arbeitsangebot), müssen durch das Herstellen einer vollständigen Konkurrenz oder das Festsetzen von Entlohnungsuntergrenzen in Höhe der Grenzproduktivität vermieden werden. Das Konzept von EUCKEN weist dem Staat deutliche Aufgaben zu und enthält wichtige Ansätze für eine makroökonomische Steuerung, die der modernen Industrieökonomik fremd sind. Dies liegt in nicht unerheblichem Maß an der positiven Theoriebildung.

2.3.4

Die optimale Wettbewerbsintensität von KANTZENBACH

Nach KANTZENBACH (1967) ist Wettbewerb dann funktionsfähig oder wirksam, wenn er x

eine leistungsgerechte Einkommensverteilung,

x

die Konsumentensouveränität,

x

eine optimale Faktorallokation,

x

eine hohe Anpassungsflexibilität an außenwirtschaftliche Daten sowie

x

die Durchsetzung des technischen Fortschritts

18

2. Markt und Wettbewerb

bestmöglich erfüllt. Die ersten drei Funktionen sind statischer, die beiden anderen dynamischer Natur. Optimal ist die Wettbewerbsintensität im Sinne dieser (konkurrierenden) Ziele bei Vorliegen weiter Oligopole mit mäßiger Produktheterogenität und begrenzter Markttransparenz, weil Gewinnchancen, Existenzrisiken und Finanzierungsmöglichkeiten besonders günstig kombiniert sind. Hier wird das Maximum der effektiven Wettbewerbsintensität erreicht; die potentielle Wettbewerbsintensität ist als Konkurrenzbeziehung für den Fall definiert, daß keinerlei Absprachen existieren. Im Extremfall des Duopols herrscht theoretisch cut-throat competition, in der Praxis jedoch oft auch kollusives Verhalten (vgl. hierzu die formale Analyse des Abschnittes 3.5). Im engen Oligopol hingegen besteht die Gefahr funktionsloser Machtkämpfe oder wettbewerbsbeschränkenden Parallelverhaltens. Im Polypol besteht die Gefahr geringer Selbstfinanzierung, kleiner Unternehmenseinheiten und langsamer Strukturanpassung aus traditionellen Verhaltensroutinen heraus. KANTZENBACHs Konzept ist wegen seines einseitigen Bezugs auf die Angebotsseite und der fehlenden Eindeutigkeit der postulierten Beziehungen kritisiert worden. Hinzu treten Probleme der Abgrenzung zwischen „engen“ und „weiten“ Oligopolen. Schwierigkeiten bereitet es auch, den Begriff Wettbewerbsintensität als Geschwindigkeit, mit der Vorsprungsgewinne durch technischen Fortschritt von der Konkurrenz „weggefressen“ werden, in praxi zu operationalisieren. Dennoch hat das Konzept erheblichen Einfluß auf die Kartellgesetzgebung genommen. Die Neigung zu wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen wächst mit zunehmender potentieller Wettbewerbsintensität und nimmt auch mit geringer werdender Zahl der Anbieter zu; im engen Oligopol besteht die Notwendigkeit der Auflösung oder Entflechtung marktbeherrschender Unternehmen; bei einem weiten Oligopol muß die Konzentration verhindert und bei einem Polypol gefördert werden. Dem Staat wächst also durch eine Bewertung der Wettbewerbsqualität auch eine makroökonomische Steuerungsaufgabe zu.

2.3.5

Die Wettbewerbsvorstellungen der Chicago-School und der Angebotstheoretiker

Die Vertreter der Chicago-School und der angebotsorientierten Schule rechtfertigen zwar die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs durch staatliche Intervention im Falle von Preisabsprachen oder der Behinderung des Zugangs zu Ressourcen, postulieren aber, daß Skalenökonomien Großunternehmen begünstigen können und die monopolistische oder oligopolistische Struktur des Angebots solange unschädlich ist, wie diese Unternehmen den Markt optimal bedienen. Täten sie das nicht mehr, dann könnten übliche Markteintrittsschranken von newcomern überwunden werden (Konzentration als Momentaufnahme des dynamischen Wettbewerbs). Sie haben, wie später zu sehen sein wird, viele moderne industrieökonomische Konzepte absorbiert.

2.3 Konzepte des funktionsfähigen Wettbewerbs

2.3.6

19

Der informationsökonomische Ansatz von V. HAYEK

Es existiert keine geschlossene Wettbewerbstheorie von VON HAYEK. Allerdings besitzt sein ordnungsökonomischer Entwurf eine Vielzahl von wettbewerbstheoretischen Ansätzen. Dabei kritisiert er zunächst die unterstellten institutionellen Arrangements der jeweiligen totalitären Gesellschaftsordnungen und weist nach, daß ihre Funktionsprinzipien keinerlei Nachhaltigkeit besitzen (HAYEK 1937, 1945). In Anlehnung an MISES (1922) zeigt er, daß die reale Komplexität der Welt es nicht erlaubt, alle relevanten Informationen zu erfassen, die für zentrales Entscheiden erforderlich sind. Allein das Wettbewerbssystem ist in der Lage, dezentrale und verteilte Information dergestalt zu verdichten, daß daraus für alle effizient verwertbares Wissen entsteht. Damit sind die institutionellen Arrangements ebenso wie der Wettbewerb, der sich innerhalb derselben abspielt, Ergebnis eines evolutorischen Wettbewerbs, der versucht, neue Lösungen zu entdecken. Es handelt sich also um einen Selektionsprozeß. Damit ist die Institution des Markts, der erst Wettbewerb ermöglicht, ein Kulturgut ersten Ranges, weil er auf Vertrauen beruht. Freie Märkte sind ein wesentliches Kennzeichen offener Gesellschaften, in denen sich Wettbewerb – ob sozial, kulturell oder wirtschaftlich – manifestiert. Dieser besteht aus dem Innovationsprozeß, also dem erfolgreichen Durchsetzen von neuen Kombinationen am Markt (vgl. SCHUMPETER 1987), und dem Transferprozeß als Verschiebung der Marktanteile zu den innovierenden Unternehmen. Alles ist im Fluß, und durch Wettbewerb wird immer wieder spontan Ordnung in Gestalt bestimmter Arrangements hergestellt und zerstört. Die allgemeine Richtung der Entwicklung, also der Pfad (oder das Muster) mit seiner Fülle an Varianten, ist zu erkennen, exakte Ergebnisse können aber nicht prognostiziert werden. Diese Offenheit spiegelt sich wider in den evolutionsökonomischen Wettbewerbstheorien, denen das nicht-optimierende Verhalten der Wirtschaftssubjekte, die spontane Organisation institutioneller Arrangements und die pfadgebundene Entwicklung gemein sind. Die Interaktion der Marktteilnehmer verdichtet und vervollständigt die individuell begrenzten Informationsstände und erzeugt Wissen. Zentrale Planung bzw. Gestaltungspolitik des Staates stellt ein Anmaßen von tatsächlich nicht vorhandenem Wissen dar (HAYEK 1945). Damit wird der Erhalt der Wettbewerbsfreiheit (HOPPMANN 1968) zur zentralen wirtschaftspolitischen Aufgabe des Staates, der sich diskriminierenden Eingriffen zu enthalten hat.

2.3.7

Bewertung und offene Fragen

Die Weiterentwicklung der Wettbewerbstheorie, insbesondere der Alten Industrieökonomik ist gegenüber den Konzepten des funktionsfähigen Wettbewerbs dadurch charakterisiert, daß sie strikt normativ orientiert ist, im Gegensatz zu den eher positiven Theorien, die soeben vorgestellt wurden. Sie formalisiert damit eine Vielzahl der bisher be-

20

2. Markt und Wettbewerb

kannten Aussagen über Wettbewerb, widerlegt aber auch manche anderen, wie später gezeigt werden wird. Die zentralen stilisierten Fakten, die es zu erklären gilt, lauten (vgl. SHY 2004, S. 1f.): x

Die meisten Branchen bestehen nur aus wenigen Firmen.

x

Firmen stehen sowohl mit homogenen als auch mit heterogenen Produkten im Wettbewerb.

x

Die Kosten der Firmen in einer Branche beziehen sich häufig nicht nur auf die Produktion. Vor allem Transaktionskosten spielen eine bedeutende Rolle. Diese werden bewußt und wiederholt eingegangen und übersteigen sogar häufig die Produktionskosten.

x

Firmen setzen Mittel für Forschung und Entwicklung mit dem Ziel der Produktund der Prozeßinnovation ein – auch zum Zwecke der Imitation.

x

Es existieren stabile räumliche Spezialisierungsmuster, die nicht durch komparative Kostenvorteile zu erklären sind.

Aus wirtschaftspolitischer Sicht schränkt die hier vorgetragene, theoriegestützte Industrieökonomik durch ihren Bezug auf Technologien und unternehmerische Wahlentscheidungen das makroökonomische Steuerungspotential des Staates deutlich ein. Dies hat vor allem auch Konsequenzen für die Einschätzung kartellrechtlicher Möglichkeiten, um bestimmte Wettbewerbsleitbilder durchzusetzen.

2.4

Wettbewerbskräfte und -strategien nach PORTER

Der Erfolg eines Unternehmens oder eines Geschäftsfeldes hängt gemäß den Überlegungen von PORTER (1999) maßgeblich von der Wettbewerbsintensität in der entsprechenden Branche bzw. auf dem entsprechenden Markt ab. Zentrales Ziel des Unternehmens oder des Geschäftsfeldes ist es, dem Wettbewerb zu entkommen, d.h. einen eigenen monopolistischen Bereich aufzubauen. Dabei ist nicht nur der Branchenstruktur im wettbewerbspolitischen Sinne, sondern folgenden fünf Wettbewerbskräften Beachtung zu schenken (vgl. Abb. 2.2): x

Dem Wettbewerb in der Branche zwischen den bestehenden Unternehmen,

x

der Bedrohung durch potentielle neue Konkurrenten,

x

der Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste,

x

der Verhandlungsstärke der Lieferanten,

x

der Verhandlungsmacht der Abnehmer.

2.4 Wettbewerbskräfte und -strategien nach Porter

21

Potentielle neue Konkurrenten Bedrohung durch neue Konkurrenten

Verhandlungsstärke der Lieferanten

Wettbewerber in der Branche

Lieferanten Rivalität unter den bestehenden Unternehmen

Verhandlungsmacht der Abnehmer

Abnehmer

Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste

Substitutionsprodukte

Abb. 2.2:

Die Wettbewerbskräfte nach PORTER (1999, S. 34)

Aus der Analyse der fünf Wettbewerbskräfte muß ein Unternehmen eine Wettbewerbsstrategie ableiten, die den langfristigen Erfolg des Unternehmens sichert. PORTER (1999, S. 64f.) sieht strategische Alternativen darin: x

„Das Unternehmen so zu plazieren, daß seine Fähigkeiten die bestmögliche Abwehr gegen das existierende Bündel von Wettbewerbskräften bietet,

x

das Kräftegleichgewicht durch strategische Maßnahmen so zu beeinflussen, daß die Position des Unternehmens verbessert wird, oder

x

Veränderungen der Wettbewerbsgrundlagen vorherzusehen, frühzeitig auf sie zu reagieren und den Wandel auszunutzen, indem eine dem neuen Wettbewerbsgleichgewicht angepaßte Strategie ausgewählt wird, bevor die Konkurrenten sie entdecken.“

Im Laufe der Zeit wurde von Unternehmen eine Vielzahl verschiedener Wettbewerbsstrategien entwickelt. Jede Strategie spiegelt dabei die besonderen Bedingungen wider, denen sich ein Unternehmen bei der Strategiefestlegung ausgesetzt sah. Aufgrund dieser Strategie-Heterogenität erscheint es zunächst als schwierig, bestimmte Strategietypen zu identifizieren. PORTER (1999, S. 70ff.) ist es dennoch gelungen, drei in sich geschlossene Strategiegruppen voneinander abzugrenzen, die getrennt oder kombiniert verwendet werden können (vgl. Abb. 2.3):

22

2. Markt und Wettbewerb x

Die umfassende Kostenführerschaft,

x

die Differenzierung,

x

die Konzentration auf Schwerpunkte.

Strategisches Zielobjekt

Strategischer Vorteil

Abb. 2.3:

Branchenweit Beschränkung auf ein Segment

Singularität aus Sicht des Käufers

Kostenvorsprung

Differenzierung

Umfassende Kostenführerschaft

Konzentration auf Schwerpunkte (Fokussierung)

Die drei Strategiegruppen nach PORTER (1999, S. 75)

Zunächst werden die fünf Wettbewerbskräfte, anschließend die drei Strategiegruppen erläutert.

2.4.1

Die fünf Wettbewerbskräfte nach PORTER

Rivalität unter den bestehenden Wettbewerbern Folgende Indikatoren sprechen für einen intensiven Wettbewerb – speziell auch Preiswettbewerb – sowie eine niedrige Rentabilität zwischen den etablierten Unternehmen einer Branche: x

Geringes Branchenwachstum, weil in dieser Situation Unternehmen, die expandieren wollen, Marktanteile ihrer Wettbewerber erkämpfen müssen. Oft ist dies in engen lokalen Märkten der Fall.

x

Hoher Anteil der Fixkosten an der Wertschöpfung, weil hier ein Zwang besteht, die vorhandenen Produktionskapazitäten möglichst gut auszulasten. Dies wird notfalls durch Preissenkungen versucht.

x

Eine schlechte Lagerbarkeit des Produktes, weil auch dies eine ständig hohe und gleichmäßige Auslastung der Produktionskapazitäten erfordert. Um eine angemessene Auslastung sicherzustellen, sind auch hier Preissenkungen zu erwarten. Typisch ist dies für die Dienstleistungsbranche.

x

Fehlende Produktdifferenzierung, weil bei homogenen bzw. austauschbaren Gütern alleine der Preis das dominierende Kaufkriterium ist.

2.4 Wettbewerbskräfte und -strategien nach Porter

23

x

Hohe Marktaustrittsbarrieren (z.B. nicht mehr anderweitig verwertbare Aktiva, Notwendigkeit von Sozialplänen, emotionale Bindungen zur Branche), weil dadurch auch nicht mehr rentabel arbeitende Unternehmen lange im Markt bleiben und den Wettbewerb verschärfen. Hier droht „cut-throat competition“.

x

Ein großer Anteil von Eigentümer-Unternehmern, weil diese auch längerfristig im Markt bleiben, selbst wenn keine angemessene Rentabilität erzielbar ist. Derartige Nekrophilie ist soziologisch bedingt und nicht mittels rationaler Argumente auszumerzen.

Potentielle neue Konkurrenten Das Risiko des Markteintritts neuer Wettbewerber hängt von zwei Faktoren ab, nämlich den existierenden Eintrittsbarrieren sowie den vermuteten Reaktionen der etablierten Unternehmen. Je höher die Eintrittsbarrieren und je massiver die erwartete Vergeltung etablierter Wettbewerber, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit für einen Markteintritt neuer Unternehmen. Bei einer nur geringen Wahrscheinlichkeit für einen Markteintritt neuer Konkurrenten kann innerhalb der Branche ein vergleichsweise hohes Preisniveau und damit eine hohe Rentabilität erreicht werden. Verhandlungsmacht der Abnehmer Die Abnehmer haben Einfluß auf die Rentabilität einer Branche, indem sie beispielsweise Preiszugeständnisse erzwingen und höhere Qualitätsstandards durchsetzen. Typisch hierfür ist die Verkettung mittels Zertifizierung (ISO 9000 ff.). Die folgenden Faktoren geben Hinweise auf eine starke Marktstellung der Abnehmer: x

Ein Anbieter erwirtschaftet den Großteil seines Umsatzes mit nur wenigen Abnehmern.

x

Die von der Branche erzeugten Produkte stellen für die Abnehmer eine wesentliche Kostenkomponente dar.

x

Die Rentabilität der Abnehmer ist niedrig, was zu intensiven Kosteneinsparungsanstrengungen führt.

x

Die Abnehmer kennen die Kostenstruktur und die sonstigen Spezifika ihrer Anbieter sehr genau.

x

Die Abnehmer können glaubwürdig damit drohen, die Produkte ihrer Lieferanten auch selber zu produzieren (Rückwärtsintegration).

x

Der Abnehmer produziert bereits jetzt einen Teil seines Bedarfs selbst und bezieht den Rest von externen Lieferanten.

x

Für die Qualität des Produkts der Abnehmer ist das Branchenprodukt unwesentlich.

x

Der Markt ist transparent und die Käufer sind gut informiert. Sie kennen insbesondere die Produktqualitäten und die Preise für die Produkte aller alternativen Anbieter.

24

2. Markt und Wettbewerb x

Die von der Branche erzeugten Produkte sind wenig differenziert, was dazu führt, daß die Abnehmer nach Belieben zwischen verschiedenen Anbietern wechseln können.

Bedrohung durch Substitutionsprodukte Alle Unternehmen einer Branche konkurrieren mit Unternehmen anderer Branchen, die Substitutionsprodukte (Ersatzprodukte) herstellen, welche prinzipiell die gleiche Funktion erfüllen wie das Produkt der betrachteten Branche selbst. Folgende Faktoren geben Hinweise auf eine hohe Bedrohung der Branche durch Substitutionsprodukte: x

Die Preiselastizität der Nachfrage ist für die Produkte der Branche hoch.

x

Es gibt bereits Ersatzprodukte, die ein günstigeres Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen als das Produkt der Branche.

x

Durch technologische Veränderungen oder Veränderungen im Konsumentenverhalten ist zweifelhaft, ob langfristig überhaupt ein Bedarf an dem von der Branche angebotenen Produkt besteht.

x

Anbieter von Substitutionsprodukten zeigen ein hohes Wachstum und/oder eine hohe Ertragskraft. Hierdurch deutet sich bereits eine in Gang befindliche Verschiebung hin zu den Substitutionsprodukten an.

x

Neue technologische Entwicklungen lassen überlegene Substitutionsprodukte in anderen Branchen erwarten.

Zu prüfen ist auch, ob branchen- oder sektorfremde Substitute chancenreich sind: So läßt sich beispielsweise die Dienstleistung „Friseur“ teilweise durch einen Frisierstab oder ein Filmbesuch in Kino durch den Einsatz von Heimkinoanlagen substituieren. Nicht immer folgt also das Muster der Drei-Sektoren-Hypothese à la FOURASTIÉ (1954).9 Der Weg zu einer Substitution von Dienstleistungen durch Waren (in Haushaltsnutzung) ist erheblich. Verhandlungsstärke der Lieferanten Die Lieferanten besitzen dann Einfluß auf die Rentabilität einer Branche, wenn sie Preiserhöhungen durchsetzen können. Dies gilt gleichermaßen auch bei Veränderungen der außenwirtschaftlichen Bedingungen. Die Verhandlungsstärke der Lieferanten ist hoch, wenn folgende Faktoren gegeben sind:

9

Die Drei-Sektoren-Hypothese nach FOURASTIÉ (1954) besagt, daß wachsender Wohlstand und steigende Bedürfnisbefriedigung dazu führen, daß immer mehr Haushalte ihr Einkommen für die Nutzung von Dienstleistungen aufwenden werden. Der dafür notwendige Einsatz von zusätzlichen Arbeitskräften im Dienstleistungssektor (3. Wirtschaftssektor) wird durch das anhaltende Produktivitätswachstum in der Landwirtschaft und der Industrie (1. und 2. Sektor) ermöglicht.

2.4 Wettbewerbskräfte und -strategien nach Porter

25

x

Es gibt nur wenige, mögliche Lieferanten; dies ist vor allem ein Problem bei importierten, strategisch wichtigen Rohstoffen.

x

Die betrachtete Branche ist für den Lieferanten als Kundengruppe relativ unwichtig.

x

Die Lieferanten können glaubhaft eine Vorwärtsintegration androhen – vor allem Schwellenländer besitzen dieses Potential.

x

Die Lieferanten haben stark differenzierte Produkte, was einen Lieferantenwechsel sehr erschwert.

x

Es gibt keine Substitutionsprodukte für die Güter der Lieferanten.

x

Die Branche der Lieferanten ist nicht transparent, d.h. ein Vergleich der Qualitäten und Preise verschiedener potentieller Lieferanten ist kaum möglich.

2.4.2

Die drei Strategietypen nach PORTER

Differenzierung Eine Differenzierungsstrategie zielt darauf ab, ein Produkt oder eine Leistung anzubieten, die sich deutlich vom Produkt der Wettbewerber abhebt. Ziel der Differenzierungsstrategie ist es, einen intensiven Preiswettbewerb zu vermeiden. Für die erfolgreiche Realisierung einer Differenzierungsstrategie sind üblicherweise folgende Fähigkeiten erforderlich: x

Gute Marketingfähigkeiten, insbesondere die Existenz von Reputation (Markenname) infolge historisch und laufend versenkter Kosten (intensive Marktforschung),

x

Kreativität, insbesondere das Vorhandensein von IPRs,

x

Wettbewerb der Qualitäten und der technologischen Kompetenz – im weitesten Sinne der besseren Organisationsform,

x

eine enge Kooperation mit den Beschaffungs- und Vertriebskanälen,

x

enge Zusammenarbeit zwischen Marketing und Forschung und Entwicklung sowie

x

die Fähigkeit, überdurchschnittlich qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, d.h. das Vorhandensein von positiver corporate culture.

Umfassende Kostenführerschaft Diese Strategie zielt darauf ab, durch den Aufbau großer Produktionsanlagen, die Ausnutzung von Erfahrungskurvenvorteilen sowie durch ein striktes Kostenmanagement die niedrigsten Produktionskosten aller Anbieter einer Branche zu erzielen. Damit wird der

26

2. Markt und Wettbewerb

Markteintritt auch von Produzenten mit verbesserter Technologie, die zunächst nur kleine Stückzahlen absetzen können, unattraktiv. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, auch die günstigsten Preise anzubieten. Typische Anforderungen an ein Unternehmen, das eine solche Strategie verfolgt, sind nachfolgend aufgeführt: x

Gute Kapitalausstattung zur Finanzierung der hohen Investitionen, am besten gekoppelt mit versunkenen Kosten,

x

Verstetigung der Verfahrensinnovationen,

x

ein kostengünstiges Vertriebssystem,

x

relativ hochstandardisierte Produkte, die schon im Hinblick auf eine einfache Herstellung entwickelt worden sind,

x

Outsourcing von strategisch weniger wichtigen Komponenten, um Kosten zu reduzieren, ohne daß know how abfließt,

x

ein leistungsfähiges Controllingsystem für eine intensive Kostenkontrolle,

x

ein Anreizsystem für eine hohe Produktivität sowie

x

eine Organisationsstruktur mit klar gegliederten Verantwortlichkeiten (einschließlich Kostenverantwortung).

Konzentration auf Schwerpunkte (Fokussierung) Diese Strategie bietet sich an, wenn hinreichend große Substitutionslücken aufgebaut werden, was meist nur durch Reputation und das Erzeugen eines Markennamens möglich ist. Typische Anforderungen an ein Unternehmen, das eine solche Strategie verfolgt, sind nachfolgend aufgeführt: x

Laufendes Versenken von Kosten zum stetigen Etablieren des Markennamens,

x

stark integrierte Produktion, um zu verhindern, daß Lieferanten durch Einkauf der Technologie zu Konkurrenten aufsteigen.

Im Ergebnis der Konzentrationsstrategie erzielt das Unternehmen entweder eine Differenzierung (weil es die Anforderungen für ein bestimmtes Marktsegment besser erfüllen kann) oder niedrigere Kosten auf einem Teilmarkt – oder beides zusammen.

2.4.3

Synthese

Die genannten Analyseschritte können in eine Matrix integriert werden, um hierdurch eine erste Möglichkeit der übersichtlichen Klassifikation zu erhalten. In der folgenden Abb. 2.4 wird deutlich, daß von den drei Unternehmen, die in einem Markt tätig sind, eines mit einem geringen Absatzvolumen trotz geringer Wettbewerbsfähigkeit infolge der Wahl eines attraktiven Marktsegments erfolgreich tätig sein kann. Das volumenstärkste Unternehmen deckt ein durchschnittlich attraktives Marktsegment infolge sei-

2.5 Zusammenfassung

27

durchschnittlich gering

Marktattraktivität

gut

ner guten Wettbewerbsfähigkeit ab. Die Kombination geringer Marktattraktivität und durchschnittlicher Wettbewerbsfähigkeit könnte das geringe Absatzvolumen des dritten Unternehmens erklären.

gering

durchschnittlich

gut

Wettbewerbsvorteile

Abb. 2.4:

Marktattraktivität - Wettbewerbsvorteils – Matrix

Drei grundsätzliche strategische Ausrichtungen können somit den Unternehmen empfohlen werden: Diversifikation, Kostenführerschaft oder Fokussierung. Ihre Wahl ergibt sich aus der sorgfältigen Analyse von einer Vielzahl von Einflußgrößen, die insbesondere mit Kostenstrukturen, mit Marktstrukturen, mit Preissetzungsmöglichkeiten einschließlich Informationsasymmetrien, Marktgrößen und dem Innovationsverhalten verbunden sind. Zentrales Problem bereitet aber die strittige Eineindeutigkeit des structureconduct-performance-Ansatzes, die hier zwingend unterstellt wird.

2.5

Zusammenfassung

Die klassischen Ansätze der Wettbewerbstheorie, die hier vorgetragen wurden, sind vor allem aus dem Erfahrungsschatz beobachteten Wettbewerbsverhaltens und der zugehörigen Ergebnisse geboren worden. Folgerichtig spielt die formale Durchdringung eine untergeordnete Rolle. Vielmehr sind es vor allem die ordnungsökonomischen Grundlagen, also eine Mischung aus Wirtschaftsethik und Staatstheorie, die als wesentliche wettbewerbliche Spielregeln von Relevanz sind. Aus diesen leiten sich dann zwei grundlegende, dem freiheitlichen Liberalismus zuzuordnende Auffassungen ab, nämlich

28

2. Markt und Wettbewerb

(1) die große Skepsis gegenüber der Effizienz staatlichen Handelns und (2) die Bedeutung gesellschaftlicher Wert als Basis wirtschaftlicher Tätigkeit.

Ich behaupte aber, daß in jeder besonderen Naturlehre nur so viel eigentliche Wissenschaft angetroffen werden könne, als darin Mathematik anzutreffen ist. IMMANUEL KANT (1724 –1804)

3.

Die Basismodelle der Industrieökonomik

Die Welten, in denen die Wirtschaftssubjekte der nachfolgend betrachteten Modelle agieren, sind „neoklassisch“. Das bedeutet, daß die Individuen (zumeist) über vollkommene Information verfügen. Die Unternehmen besitzen dann genaue Kenntnis über ihre Konkurrenten, die Konsumenten kennen alle Eigenschaften der angebotenen Güter. Probleme, die auf die Existenz von Transaktionskosten oder Informationsasymmetrien zurückzuführen sind, werden ausgeblendet. Es wird zudem angenommen, daß sich die wesentlichen Modellaspekte durch (zumeist stetige und differenzierbare) Funktionen darstellen lassen.

3.1

Die formalen Grundlagen der Modelle10

3.1.1

Die Modellierung der Angebotsseite

In den nachfolgenden Abschnitten wird stets davon ausgegangen, daß auf der Angebotsseite der untersuchten Märkte Unternehmen auftreten, die dort die von ihnen produzierten Güter verkaufen wollen. Die betrachteten Unternehmen produzieren jeweils nur ein einziges Gut (d.h. Mehrprodukt-Unternehmen werden aus der Betrachtung ausgeschlossen). Bei der Güterproduktion kommt ein Produktionsverfahren zur Anwendung. Definition 3.1.1 (Produktionsverfahren): Unter einem Produktionsverfahren versteht man die Erstellung des Gutes x  ƒ  aus einer Kombination von Produktionsfaktoren v  ƒ m , m t 1, in einer notwendigen Produktionszeit t t 0.

10 Übungsaufgaben 1 bis 7.

30

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

Üblicherweise werden die (auch als Inputs bezeichneten) Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Boden bzw. Umwelt unterschieden, mitunter findet man auch differenziertere Einteilungen (vgl. BLUM 2004, S. 8 und 88ff.). Die hergestellten Güter (auch Outputs genannt) lassen sich einteilen in Sachgüter (das sind reale Gegenstände wie z.B. Brot, Fernseher oder Automobile), Dienstleistungen (erbracht durch Friseure, Ärzte, Unternehmensberater usw.) und besondere Rechte (z.B. Patentrechte und Lizenzen). Aus einem bestimmten Vorrat an Produktionsfaktoren kann (pro Zeiteinheit) nur eine begrenzte Gütermenge hergestellt werden, d.h. nur bestimmte Kombinationen von Produktionsfaktoren und hergestellten Gütern sind technisch realisierbar. Alle technisch realisierbaren Kombinationen von Inputs und Outputs gehören zur Technologie eines Produktionsverfahrens. Definition 3.1.2 (Technologie): Unter der Technologie T eines Produktionsverfahrens versteht man die Menge aller technisch möglichen Kombinationen von Produktionsfaktoren und Gütermenge, d.h. ein (m  1) -Tupel ( v, x) , wobei v den Vektor der Produktionsfaktoren und x die damit hergestellte Gütermenge bezeichnen.

Unterstellt man, daß sich die Unternehmen dem Rationalitätsprinzip verpflichtet fühlen, dann erachten sie von allen zur Technologie gehörenden Input-Output-Kombinationen nur diejenigen als relevant, die für einen gegebenen Bestand an Produktionsfaktoren die maximal herstellbare Gütermenge ergeben. Sämtliche mit dem Rationalitätsprinzip vereinbare Input-Output-Kombinationen liefert die Produktionsfunktion. Definition 3.1.3 (Produktionsfunktion): Die Produktionsfunktion P (v ) mißt die Gütermenge x  ƒ  , die mit einer gegebenen Menge an Produktionsfaktoren v  ƒ m , m t 1, maximal hergestellt werden kann (Rationalitätsprinzip). Sie besitzt die Eigenschaften (1) P wächst monoton in den Inputfaktoren vj, j = 1, ..., m, (2) P(0) = 0 und (3) P( v) ! 0 für v >> 0. Produktionsfunktionen werden u.a. danach unterschieden, ob der Mindereinsatz eines Produktionsfaktors durch den Mehreinsatz eines anderen Faktors ersetzbar ist. Besteht diese Möglichkeit, so spricht man von substitutiven oder substitutionalen, sonst von limitationalen Produktionsverfahren. Beispiel 3.1.1 (Technologie und Produktionsfunktion): Seien D0 und Dj konstante Parameter mit D0 > 0, Dj > 0 und j = 1, ..., m. Dann ist die COBB-DOUGLAS-Technologie folgendermaßen definiert: m

T

( v, x)  ƒ m1

mit

x dD0 ˜–v j

Dj

.

(3.1)

j 1

Die COBB-DOUGLAS-Produktionsfunktion – eine der bekanntesten Darstellungen der neoklassischen Produktionsfunktion (vgl. BLUM 2004, S. 99ff.) – hat dann folgendes Aussehen:

3.1 Die formalen Grundlagen der Modelle m

Dj

P( v) D 0 ˜ – v j ,

D0 > 0, Dj > 0, j = 1, 2, ..., m.

31 (3.2)

j 1

Die COBB-DOUGLAS-Produktionsfunktion dient zur Beschreibung substitutiver Produktionsverfahren. Seien Ej, j = 1, ..., m und Ej > 0 konstante Parameter, die angeben, wieviel Einheiten vom Produktionsfaktor vj mindestens benötigt werden, um eine Gütereinheit herzustellen. Dann ergibt sich die linear-limitationale Produktionsfunktion wie folgt: P( v)

­v v ½ min ® 1 ,..., m ¾ . Em ¿ ¯ E1

(3.3)

Diese Funktion wird auch als LEONTIEF-Produktionsfunktion bezeichnet.

¸

Von besonderem Interesse sind die Skalenerträge und der Homogenitätsgrad einer Produktionsfunktion. Bei der Untersuchung der Skalenerträge betrachtet man die Veränderung der Outputmenge, wenn die Mengen aller Inputs der Produktion proportional um einen Faktor O herauf- oder herabgesetzt werden (Skalierung des Inputvektors um ein konstantes Vielfaches). Definition 3.1.4 (Konstante Skalenerträge): Eine Produktionsfunktion P(v ) besitzt konstante Skalenerträge, wenn gilt:

P (O ˜ v )

O ˜ P( v )

für

O !0.

(3.4)

Definition 3.1.5 (Zunehmende Skalenerträge): Eine Produktionsfunktion P(v ) hat zunehmende Skalenerträge, wenn gilt: P (O ˜ v ) ! O ˜ P ( v )

für

O !1.

(3.5)

Definition 3.1.6 (Abnehmende Skalenerträge): Eine Produktionsfunktion P(v ) hat abnehmende Skalenerträge, wenn gilt: P (O ˜ v )  O ˜ P ( v )

für

O !1.

(3.6)

Angenommen der Skalierungsparameter O habe den Wert 2. Durch den Ausdruck P(O ˜ v ) P(2 ˜ v ) kann dann zunächst der Output berechnet werden, der sich bei einer Verdoppelung sämtlicher im Produktionsprozeß eingesetzter Faktoren ergibt. Anschließend läßt sich überprüfen, ob das neue Outputniveau (nach Skalierung des Inputvektors) genau doppelt so hoch ist wie das urspüngliche (vor der Skalierung). Ist das der Fall, so liegen nach Definition 3.1.4 konstante Skalenerträge vor. Entspricht das neue Outputniveau mehr als dem Doppelten des ursprünglichen, spricht man von zunehmenden, ist es weniger als das Doppelte von abnehmenden Skalenerträgen. In den Definitionen 3.1.4, 3.1.5, 3.1.6 ist v  D Ž ƒ m . Ein Definitionsbereich D wird deshalb eingeführt, weil eine Produktionsfunktion bereichsweise unterschiedliche Skalenerträge besitzen kann.

32

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

Definition 3.1.7 (Homogenitätsgrad einer Produktionsfunktion): Eine Produktionsfunktion P(v ) heißt homogen vom Grade r, wenn gilt:

P r ˜ P( v) ,

P( P ˜ v )

(3.7)

wobei v  ƒ m und P ! 0 ist. Für r 1 nennt man die Produktionsfunktion linear homogen. Zwischen der Art der Skalenerträge und dem Homogenitätsgrad einer Produktionsfunktion besteht nachfolgende Beziehung: Alle Produktionsfunktionen mit einem Homogenitätsgrad von

­ ½ ­ konstante ½ ° ° ° ° r ®!¾ 1 haben ®zunehmende¾ Skalenerträge. °abnehmende° ° ° ¯ ¿ ¯ ¿ Die Umkehrung gilt jedoch nicht. Beispiel 3.1.2 (Homogenitätsgrad und Skalenerträge):

Für den Homogenitätsgrad der allgemeinen COBB-DOUGLAS-Produktionsfunktion (vgl. Beispiel 3.1.1) erhält man: m

r

¦D

j



(3.8)

j 1

Folglich weist diese Produktionsfunktion konstante (zunehmende bzw. abnehmende) Skalenerträge auf, wenn die Summe der Exponenten Dj, j = 1, ..., m, gleich eins (größer als eins bzw. kleiner als eins) ist. Der Homogenitätsgrad der LEONTIEF-Produktionsfunktion ist gleich eins. Diese Produktionsfunktion besitzt demnach immer konstante Skalenerträge. ¸ Führt man für die Produktionsfaktoren v1 bis vm Preise ein, so kann bei Kenntnis der Produktionsfunktion die zugehörige Kostenfunktion hergeleitet werden. Definition 3.1.8 (Kostenfunktion): Die Kostenfunktion K (x) mißt die minimalen Kosten, um x Einheiten des Outputs bei einem vorgegebenen Vektor der Faktorpreise p ( p1 ,..., pm ) zu produzieren. Bezeichnet c die Fixkosten der Produktion, dann gilt:

K ( x) { min p ˜ v  c v

wobei v  D Ž ƒ m .

unter der Nebenbedingung: P ( v)

x,

(3.9)

3.1 Die formalen Grundlagen der Modelle

33

Beispiel 3.1.3 (Kostenfunktion):

Gesucht wird zunächst die Kostenfunktion zu folgender COBB-DOUGLAS-Produktionsfunktion mit zwei Inputfaktoren: D

D

D0 > 0, D1 > 0, D2 > 0.

P (v1 , v2 ) D 0 ˜ v1 1 ˜ v2 2 ,

(3.10)

Das Minimierungsproblem wird mit Hilfe der LAGRANGE-Methode gelöst (vgl. VARIAN 1994, S. 502ff.). Die LAGRANGE-Funktion lautet: D

L(v1 , v2 , O )

p1 ˜ v1  p2 ˜ v2  c  O ˜ (D 0 ˜ v1 1 ˜ v2

D2

 x).

(3.11)

Die notwendigen Bedingungen für das Vorliegen eines Minimums erhält man durch Differenzieren von (3.11) nach den Produktionsfaktoren v1 und v2 sowie dem LAGRANGE-Multiplikator O: wL(v1 , v2 , O ) wv1

p1  O ˜ D 0 ˜ D1 ˜ v1

wL(v1 , v2 , O ) wv2

p2  O ˜ D 0 ˜ D 2 ˜ v1 1 ˜ v2

wL(v1 , v2 , O ) wO

D 0 ˜ v1D1 ˜ v2D 2  x 0.

D1 1

˜ v2

D

D2

D 2 1

0,

(3.12)

0,

(3.13)

(3.14)

Hieraus folgen die Bestimmungsgleichungen für v1 und v2 (die sogenannten bedingten Faktornachfragefunktionen): D2

v1

v1 ( x)

§ D1 p2 · D1D 2 ¨¨ ˜ ¸¸ © D 2 p1 ¹

v2 ( x )

§ D 2 p1 · D1D 2 ¨¨ ˜ ¸¸ © D1 p2 ¹

1

§ x · D1D 2 , ˜ ¨¨ ¸¸ © D0 ¹

D1

v2

(3.15)

1

§ x · D1 D 2 . ˜ ¨¨ ¸¸ © D0 ¹

(3.16)

Werden diese in die Zielfunktion (3.9) eingesetzt, resultiert nach Zusammenfassen: 1

c  e ˜ x D1D 2 ,

K ( x)

(3.17)

wobei e D

1 0 D1 D 2 

˜

D1 p1D1D 2

˜

D2 p2 D1D 2

D2 D1 ª º § D1 · D1D 2 § D 2 · D1D 2 » « ¨ ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ ˜ ¨ ¸ . « D » © D1 ¹ «¬© 2 ¹ »¼

34

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

Der konstante Faktor e wird als Kostenskalierungsparameter bezeichnet. Man sieht, daß sich für D1 + D2 = 1 (also für eine linear homogene COBB-DOUGLAS-Produktionsfunktion eine lineare Kostenfunktion ergibt. Für D1 + D2 = ½ ist K(x) eine quadratische Funktion. Für die LEONTIEF-Produktionsfunktion mit zwei Inputfaktoren P (v1 , v2 )

­v v ½ min ® 1 , 2 ¾ , ¯ E1 E 2 ¿

E1 > 0, E2 > 0,

(3.18)

lauten die Bestimmungsgleichungen für die Produktionsfaktoren: v1

E 1 ˜ p1 ˜ x ,

(3.19)

v2

E 2 ˜ p2 ˜ x .

(3.20)

Als Kostenfunktion erhält man somit: K ( x)

c  e˜ x ,

(3.21)

wobei e

E 1 ˜ p1  E 2 ˜ p 2 .

¸

Kosten sind in Geld bewertete Mengen von Produktionsfaktoren (sowie Teile der öffentlichen Abgaben), die als Werteverzehr bei der Produktion von Gütern auftreten. Ihnen gegenüber stehen Leistungen durch Wertschöpfung. Man unterscheidet Kosten nach ihrem Bezug zur erzeugten Produktionsmenge in variable Kosten und Fixkosten. Während letztere unabhängig vom Output sind, steigen erstere bei Erhöhung der Produktionsmenge an. Um die Entwicklung der Produktionskosten bei Variation der Produktionsmenge genauer zu charakterisieren, werden häufig neben der Kostenfunktion auch die Durchschnittskosten- und die Grenzkostenfunktion betrachtet. Definition 3.1.9 (Durchschnittskostenfunktion): Die Durchschnittskostenfunktion DK (x) mißt die Kosten, die im Durchschnitt für jede erstellte Outputeinheit anfallen:

DK ( x) {

K ( x) . x

(3.22)

Definition 3.1.10 (Grenzkostenfunktion): Die Grenzkostenfunktion mißt die Änderung der Kosten für eine marginale Änderung des Outputs. Das heißt, bei jedem gegebenen Outputniveau x wird gefragt, wie sich die Kosten ändern, wenn der Output um eine kleine Menge dx variiert wird: GK ( x) {

dK ( x) . dx

(3.23)

3.1 Die formalen Grundlagen der Modelle

35

Um die Frage beantworten zu können, ob die Kosten, die einem einzigen Unternehmen bei der Erstellung einer beliebigen Outputmenge des Gutes x entstehen, geringer sind als die Summe der Kosten bei Aufteilung der Produktion auf mehrere Unternehmen, ist die Subadditivität der zugrundeliegenden Kostenfunktion zu analysieren.

Definition 3.1.11 (Subadditivität einer Kostenfunktion): Eine Kostenfunktion K (x ) wird als strikt subadditiv für alle x bezeichnet, wenn für beliebige Outputmengen xi mit 0  xi  x (i = 1, 2, ..., n) und ¦in 1 xi x gilt: n

K ( x) 

¦ K (x ) . i

(3.24)

i 1

Damit strikte Subadditivität vorliegt, muß im Grenzfall für n gleich große Mengenpartitionen des Angebots x gelten:

ª § x ·º K ( x)  n ˜ « K ¨ ¸» . ¬ © n ¹¼

(3.25)

Beispiel 3.1.4 (Charakterisierung der Kostenfunktion): Wird als spezielle Kostenfunktion K ( x)

c  e ˜ x2

(3.26)

ausgewählt, so ergibt sich folgende Durchschnittsfunktion: DK ( x)

c  e˜ x . x

(3.27)

Ihr Minimum besitzt die Durchschnittskostenfunktion an der Stelle: x DK

c . e

(3.28)

Die Grenzkostenfunktion lautet: GK ( x)

2˜e˜ x .

(3.29)

Erfolgt eine Aufteilung des Outputs in n gleichgroße Teile, dann erhält man gemäß (3.25) als Bedingung für das Vorliegen von strikter Subadditivität: 2 ª § x· º c  e ˜ x 2  n ˜ «c  e ˜ ¨ ¸ » . © n ¹ »¼ «¬

Umstellen der Ungleichung (3.30) nach x liefert:

(3.30)

36

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

x  n˜

c . e

(3.31)

Die kleinstmögliche Partition ist n x  xs strikt subadditiv, wobei:

xs



2 . Die Kostenfunktion (3.26) ist demnach für alle

c . e

(3.32)

Der Wert xs liegt jenseits des Durchschnittkostenminimums xDK.

¸

Die hier betrachteten Unternehmen versuchen stets, die Produktion so zu gestalten, daß ihre Gewinne, d.h. die Differenz zwischen den Erlösen aus dem Verkauf des hergestellten Gutes und den mit der Herstellung verbundenen Kosten, maximal werden. Die einem Unternehmen entstehenden Kosten werden zunächst durch die zur Verfügung stehenden technologischen Möglichkeiten determiniert, denn die verfügbare Technologie bestimmt - wie oben gezeigt - die funktionale Gestalt der Kostenfunktion. Durch die Festlegung einer Absatzmenge erhält man dann bei gegebener Kostenfunktion die Höhe der Kosten, die durch die Produktion verursacht werden. Die Erlöse eines Unternehmens (auch Umsatz genannt) ergeben sich durch Multiplikation von Verkaufspreis und Absatzmenge. Bezeichnet qi den von Unternehmen i verlangten Verkaufspreis und ist xi die bei Wahl dieses Preises absetzbare Gütermenge, symbolisieren des weiteren Ei und Ki die sich aus qi und xi ergebenden Erlöse bzw. Kosten, dann läßt sich der Gewinn des Unternehmens i wie folgt formalisieren:

Gi (qi , xi )

Ei (qi , xi )  K i ( xi )

qi ˜ xi  K i ( xi ) .

(3.33)

Aus Sicht von Unternehmen i interessiert nun, welcher Verkaufspreis und welche Absatzmenge festgelegt werden muß, damit (3.33) ein Maximum annimmt. Dabei ist zu beachten, daß Verkaufspreis und Absatzmenge nicht unabhängig voneinander wählbar sind. Wie in den nächsten Abschnitten verdeutlicht wird, hängt die Menge der zulässigen Preis-Mengen-Kombinationen einerseits vom postulierten Nachfrageverhalten der Konsumenten und andererseits von der Zahl der auf dem Markt des Gutes tätigen Unternehmen ab.

3.1.2

Die Modellierung der Nachfrageseite

Den Unternehmen auf der Angebotsseite stehen die Konsumenten auf der Nachfrageseite gegenüber. Jeder Konsument verfügt über ein individuelles Budget, das ihm in Abhängigkeit der Güterpreise und seines Einkommens den Erwerb von verschiedenen Güterbündeln gestattet. In den meisten Fällen wird angenommen, daß die Konsumenten dasjenige Bündel auswählen, welches ihnen bei Beachtung der Budgetrestriktion den

3.1 Die formalen Grundlagen der Modelle

37

höchsten Nutzen stiftet. Durch die Wahl eines Güterbündels legt ein Konsument seine individuelle Nachfrage für jedes am Markt angebotene Gut fest.11 Wählt man nun ein bestimmtes Gut x aus und addiert die von jedem Konsumenten individuell nachgefragte Menge dieses Gutes über alle Konsumenten, so ergibt sich die aggregierte Nachfrage für x. Hier wird angenommen, daß diese Nachfrage unabhängig vom Preis der anderen Güter und unabhängig vom Einkommen der Konsumenten ist. Allein die Variation des Preises von x beeinflusse die Höhe der aggregierten Nachfrage. Der Einfluß des Preises auf die Nachfrage sei zudem durch eine Funktion (die Nachfragefunktion) darstellbar.

Definition 3.1.12 (Nachfragefunktion): Die Nachfragefunktion x(q) eines Gutes gibt an, welche Menge des Gutes von den Konsumenten bei einem vorgegebenen Preis q insgesamt nachgefragt wird. Die Nachfragefunktion determiniert zugleich die von den Unternehmen zum Preis q maximal absetzbare Outputmenge. Für die folgenden Ausführungen wird angenommen, daß die Nachfragefunktion eine fallende Funktion des Preises ist, d.h. es gilt dx(q) dq  0 . Ein Preisanstieg führt dann immer zu einem Nachfragerückgang. Da dieses Verhalten der Nachfrage in der Realität für die überwiegende Mehrheit der Güter zutreffend ist, wird es als normales Preisverhalten bezeichnet. Resultiert ein Preisanstieg hingegen in einer Nachfragesteigerung, spricht man von anomalem Preisverhalten (vgl. BLUM 2004, S. 6). Oft ist nicht nur von Interesse, ob die Nachfrage mit steigendem Preis zu- oder abnimmt, sondern es interessiert vielmehr, wie stark die Nachfrage auf Preisänderungen reagiert. Um die Reaktionsstärke der Nachfrage zu bestimmen, wird auf den mathematischen Begriff der Elastizität Rückgriff genommen (vgl. hierzu z.B. KORTMANN 1999, S. 653f.).

Definition 3.1.13 (Preiselastizität der Nachfrage): Die Preiselastizität der Nachfrage, die auch als Nachfrageelastizität bezüglich des Preises bezeichnet wird, gibt an, um wieviel Prozent sich die Nachfrage eines Gutes bei Variation seines Preises um ein Prozent verändert. Für eine differenzierbare Nachfragefunktion x(q) ist die Preiselastizität der Nachfrage wie folgt formal definiert:

H x (q) {

dx(q) q ˜ . dq x(q)

(3.34)

Der Wert von Hx(q) ist bei normalem Preisverhalten negativ, bei anomalem dagegen positiv. Die Preiselastizität der Nachfrage heißt vollkommen unelastisch, fallsHx(q) = 0, 11 Die Theorie des individuellen Nachfrageverhaltens steht nicht im Fokus der vorliegenden Ar-

beit. Sie wird deshalb hier auch nicht weiter vertieft. Dem interessierten Leser können jedoch die umfassenden Ausführungen in VARIAN (1994, Kap. 7ff.) empfohlen werden.

38

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

unelastisch, falls 0 < |Hx(q) | < 1, proportional elastisch, falls |:Hx(q):|,=:1, elastisch, falls 1:x1 (q1 )  ...  xn (qn )@ .

(3.70)

Durch partielles Differenzieren nach qi (i = 1, ..., n) lassen sich folgende n Bedingungen für das Vorliegen eines Gewinnmaximums ermitteln:

wG (q1 ,..., qn ) wqi

xi (qi )  qi ˜

dxi (qi ) dx (q )  GK ( x) ˜ i i dqi dqi

0,

(3.71)

wobei x = x1 + ... + xn. Diese Bedingung läßt sich analog zu (3.64) umstellen zu:

ª 1 º » qi ˜ «1  « H xi (qi ) » ¬ ¼

GK ( x) ,

i = 1, .., n.

(3.72)

i ( qi ) Dabei ist H xi (qi ) { dxdq ˜ xi q( qi i ) die Preiselastizität der Nachfrage für Kundengruppe i. Es i sei angenommen, daß lediglich 2 Kundengruppen unterschieden werden können, d.h. n = 2, und daß H x1 (q1 ) ! H x2 (q2 ) gilt. Dann folgt q1  q2 . Der Kundengruppe, die auf Preissteigerungen besonders stark mit einem Rückgang der Nachfrage nach dem teurer gewordenen Gut reagiert (hohe Preiselastizität der Nachfrage – hier Gruppe 1), sollte das Gut zu einem geringeren Preis verkauft werden. Reagiert eine Kundengruppe dagegen auf eine Preiserhöhung nur mit einem geringen Nachfragerückgang, empfiehlt es sich, einen vergleichsweise hohen Preis zu verlangen. Typische Realisationen dieser Preispolitik finden sich im Verkehrs- und Telekommunikationssektor.

Neben den verschiedenen Preisdifferenzierungsarten besitzt ein Monopolist auch die Möglichkeit der Qualitätsdifferenzierung. Dabei handelt es sich um eine Form der Produktdifferenzierung, bei der alle Produkte des Herstellers zu einem einheitlichen Preis angeboten werden, sich jedoch hinsichtlich ihrer Produktqualität und damit in ihren Stückkosten unterscheiden.

20 Eine Möglichkeit der Preisdifferenzierung ersten Grades bietet die Durchführung von Auktio-

nen zur Versteigerung der Produkte eines Monopolisten. Allerdings sind dieser Möglichkeit schon aufgrund des hohen organisatorischen Aufwands enge Grenzen gesetzt.

3.4 Die Marktform der Monopolistischen Konkurrenz

3.4

59

Die Marktform der Monopolistischen Konkurrenz21

Der Fall, daß es für ein Gut überhaupt keine Substitute gibt (der z.B. bei bestimmten Medikamenten oder speziellen Ersatzteilen wie Druckerpatronen vorliegt), dürfte in der Realität genauso selten sein wie der Fall, daß die Produkte aller Anbieter eines Gutes vollkommen homogen sind (was allenfalls bei normierten Gütern wie Zement, Zucker, Salz, Strom, Trinkwasser, Motorenöl, Benzin usw. gegeben ist). Für die große Mehrzahl der in einer Ökonomie gehandelten Güter gilt sicherlich, daß diese zwar einzigartig sind, für jedes von ihnen jedoch eine Menge mehr oder weniger gut geeigneter Ersatzprodukte (sogenannte partielle Substitute) existiert. Auch wenn für ein Gut partielle Substitute existieren, ist der Anbieter des Gutes ein Monopolist. Allerdings sind die ihm zur Verfügung stehenden Preissetzungsspielräume (verglichen mit den Möglichkeiten bei einem Gut ohne Substitute) eingeschränkt. Hebt ein unter monopolistischer Konkurrenz agierendes Unternehmen seinen Preis an, gewinnen die partiellen Substitute an Attraktivität und veranlassen potentielle Kunden zum Kauf der Konkurrenzprodukte. Die Gefahr durch Konkurrenten liegt umso höher, je geringer die Substitutionslücke zwischen den Produkten der Anbieter ist. Sie hängt außerdem davon ab, wo sich potentielle Kunden gemäß ihren Präferenzen zwischen partiellen Substituten positionieren. Angenommen ein Unternehmen ist als Monopolist auf dem Markt eines bestimmten Gutes tätig. Die Kosten- und Nachfragesituation, der sich das Unternehmen gegenüber sieht, werde durch die in Abb. 3.8 dargestellten Funktionen charakterisiert. Punkt C ist dann die Preis-Mengen-Kombination, die den Monopolgewinn des Unternehmens maximiert. Da der Monopolpreis qM über den Durchschnittskosten zum Outputniveau xM liegt, erzielt das Unternehmen einen positiven Monopolgewinn. Angezogen durch den beobachteten Gewinn treten andere Unternehmen in den Markt des Gutes ein und bieten partielle Substitute an. Durch das Angebot partieller Substitute verliert der Monopolist einige seiner ehemaligen Kunden an die neuen Anbieter, so daß sich die Nachfrage nach seinen Produkten verändert bzw. sich seine Preis-AbsatzFunktion verschiebt. Unterstellt man, daß der Monopolist insbesondere Kunden mit einer geringen Zahlungsbereitschaft für seine Produkte verliert, dann dreht sich die PreisAbsatz-Funktion (und damit auch die Grenzerlösfunktion) in Punkt B in Richtung des Koordinatenursprungs. Durch die Drehung reduziert sich der Gewinn des Unternehmens und somit auch der Anreiz potentieller Konkurrenten, in den Markt einzutreten. Das Gleichgewicht bei Monopolistischer Konkurrenz ist dann gegeben, wenn die PreisAbsatz-Funktion gerade die Durchschnittskostenfunktion des betrachteten Unternehmens tangiert (Tangentialbedingung). Ist diese Bedingung erfüllt (Punkt A in Abb. 3.8), 21 Übungsaufgaben 17 und 18.

60

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

erzielt der Monopolist einen Nullgewinn und wird weiterhin als Anbieter auftreten. Für potentielle Konkurrenten besteht außerdem kein Anreiz mehr, in den Markt einzutreten.

q(x) GK(x) DK(x) GE(x) GK(x) B

C

qM q

DK(x)

MK

A

q(x) GE(x) GE'(x)

0

Abb. 3.8:

MK

x

q'(x) M

x

x

Bestimmung des Gleichgewichtes bei Monopolistischer Konkurrenz

Man beachte, daß sich das betrachtete Unternehmen nach wie vor einer fallenden PreisAbsatz-Funktion gegenübersieht und seinen Monopolgewinn maximiert, also die Angebotsmenge xMK wählt, für die Grenzerlös und Grenzkosten identisch sind. Allerdings hat sich seine Situation durch das Auftreten von Konkurrenten derart verschlechtert, daß der ursprünglich positive Monopolgewinn auf null gesunken ist, d.h. der Monopolpreis qMK den Durchschnittskosten des Outputniveaus xMK entspricht. Trotz Nullgewinn und vorherrschender Konkurrenz ist die im Gleichgewicht bei Monopolistischer Konkurrenz resultierende Situation nicht effizient. Der Wohlfahrtsverlust aufgrund des Monopols ist auch bei Monopolistischer Konkurrenz zu verzeichnen. Eine geringere Zahl von Anbietern könnte folglich mit erhöhter Effizienz produzieren, erhebliche Kapazitäten liegen jetzt brach. Allerdings besteht der Vorteil einer gesteigerten Produktdifferenzierung.

3.5 Marktformen des Oligopols

61

Marktformen des Oligopols22

3.5

Im folgenden sollen die Marktformen des Angebotsoligopols anhand der speziellen Struktur des Duopols eingeführt werden. Dabei wird davon ausgegangen, daß eine Branche mit zwei Unternehmen besetzt ist, die entweder ein homogenes Gut (COURNOT-Duopol, STACKELBERG-Duopol, reines BERTRAND-Duopol) oder ein Gut in leicht differenzierter Form (BERTRAND-Duopol bei Produktdifferenzierung) anbieten.

3.5.1

Reaktionsfunktionen

Zunächst wird das Verhalten der beiden Unternehmen für den Fall untersucht, daß als Entscheidungsvariable zur Maximierung des Unternehmensgewinns die Outputmenge fungiert. Handelt es sich um ein statisches (Einperioden-)Modell, dann muß jedes der beiden Unternehmen seine Produktionsentscheidung bei Unkenntnis über die Outputmenge des anderen Unternehmens treffen. Beispielsweise bildet Unternehmen 1 vor der Festlegung seines Outputs x1 Erwartungen über die Höhe des Outputs x2 des zweiten Unternehmens. Beabsichtigt Unternehmen 1 seinen Gewinn zu maximieren, so lautet sein Optimierungsansatz wie folgt: e

e

q( x1  x2 ) ˜ x1  K ( x1 ) o max .

G1 ( x1 , x2 )

x1

(3.73)

e

Dabei bezeichnet x2 die von Unternehmen 1 erwartete Outputmenge des zweiten Unternehmens. Als Lösung des Maximierungsproblems (3.73) ergibt sich eine funktionale Verknüpfung der Form: *

x1

e

f1 ( x2 )  ƒ  .

(3.74) e

Für jeden erwarteten Output x2 ergibt sich also für das erste Unternehmen ein eigener * gewinnmaximaler Output x1 . In völliger Analogie zur Ermittlung des gewinnmaximalen Outputniveaus des ersten Unternehmens erhält man das Maximierungsproblem des Unternehmens 2. Als Lösung resultiert folgende funktionale Beziehung: x2

*

e

f 2 ( x1 )  ƒ  .

(3.75)

Ist die Entscheidungsvariable der beiden Unternehmen nicht die Angebotsmenge, sondern der Verkaufspreis des hergestellten Gutes, dann wird der erzielbare Gewinn nicht 22 Übungsaufgaben 19 bis 26.

62

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

nur vom eigenen, sondern auch vom Preis des Konkurrenten abhängen. Ist dieser Preis unbekannt (wie es bei den hier betrachteten statischen Einperioden-Modellen unterstellt wird), dann sind die Duopolisten bei der Festlegung eines den Gewinn maximierenden Preises gezwungen, Erwartungen über den Preis des jeweiligen Konkurrenzproduktes zu bilden. Der Ansatz zur Gewinnmaximierung lautet in diesem Fall für das erste Unternehmen: e

e

e

q1 ˜ x1 (q1 , q2 )  K [ x1 (q1 , q2 )] o max ,

G1 (q1 , q2 )

q1

(3.76)

e

wobei q2 den vom ersten Unternehmen erwarteten Preis des Unternehmens 2 bezeichnet. Ähnlich wie oben resultiert als Lösung des Maximierungsproblems eine Funktion, die für jedes erwartete Preisniveau des Konkurrenzunternehmens den eigenen gewinnmaximalen Preis liefert: *

q1

e

g1 (q2 )  ƒ .

(3.77)

Analog ergibt sich der optimale Preis des zweiten Unternehmens als: q2

*

e

g 2 (q1 )  ƒ  .

(3.78)

Definition 3.5.1 (Reaktionsfunktionen): e e e e Die Funktionen f1 ( x2 ) und f 2 ( x1 ) sowie g1 (q2 ) und g 2 (q1 ) werden als Reaktionsfunktionen bezeichnet.

Die Reaktionsfunktion23 erlaubt es einem Unternehmen, für jede erwartete Produktionsmenge bzw. für jeden erwarteten Preis des Konkurrenten, den eigenen gewinnmaximalen Wert der entsprechenden Entscheidungsvariablen zu bestimmen. Allerdings wird ein Gewinnmaximum nur dann realisiert, wenn erwartete und tatsächliche Auswahl des Gegners übereinstimmen. Die Erwartungen wiederum werden umso genauer ausfallen, je besser ein Unternehmen über seinen Gegner, dessen Kostenfunktion, Organisation, usw. informiert ist. Entscheidend für den Erfolg sind somit möglichst präzise Informationen über das Konkurrenzunternehmen. Probleme, die sich für ein Unternehmen aus der mangelhaften Information über den anderen Duopolisten ergeben, sollen allerdings an dieser Stelle noch nicht erörtert werden. Vielmehr interessiert hier zunächst, durch welche Eigenschaften die Gleichgewichte der obengenannten Duopolmodelle bei vollständiger Information gekennzeichnet sind.

23 Obwohl die Bezeichnung Reaktionsfunktion allgemein üblich ist, führt sie etwas in die Irre.

Eine Reaktion im eigentlichen Sinne des Wortes ist den Unternehmen nämlich gar nicht möglich, denn die Wahl des Kontrahenten – gleich ob sie dessen Angebotsmenge oder Preis betrifft – ist beim Treffen der eigenen Entscheidung unbekannt.

3.5 Marktformen des Oligopols

3.5.2

63

Das Duopolmodell von COURNOT

Dem Duopolmodell von COURNOT liegt die Annahme zugrunde, daß die beiden Unternehmen einmalig und unabhängig voneinander ihre Angebotsmengen x1 und x2 festlegen. Weiterhin wird angenommen, daß sowohl die Preis-Absatz-Funktion als auch die Kostenfunktionen der Unternehmen allen Beteiligten bekannt sind und jeder weiß, daß sie allen bekannt sind (d.h. sie sind common knowledge). Welche Angebotsmengen bilden unter diesen Bedingungen ein Gleichgewicht? Definition 3.5.2 (COURNOT-Gleichgewicht eines Duopols): Eine Kombination (x1, x2) der Angebotsmengen zweier Duopolisten wird als COURNOT-Gleichgewicht eines Duopols bezeichnet, falls gilt:

x1

f1 ( x 2 ) ,

(3.79)

x2

f 2 ( x1 ) .

(3.80)

Beispiel 3.5.1 (COURNOT-Gleichgewicht eines Duopols):

Nachfolgend soll das COURNOT-Gleichgewicht in einem einfachen Duopolmodell bestimmt und analysiert werden. Dazu wird zunächst angenommen, daß eine lineare PreisAbsatz-Funktion gegeben sei (vgl. Beispiel 3.1.6 auf Seite 38): q( x)

A B˜x ,

A!0, B!0.

(3.81)

Da x = x1 + x2 gilt, kann (3.81) auch wie folgt geschrieben werden: A  B ˜ ( x1  x2 ) ,

q( x1 , x2 )

A!0, B!0.

(3.82)

Außerdem sei die Kostenfunktion des Unternehmens i: K i ( xi )

2

ci  ei ˜ xi ,

ci ! 0 , ei ! 0 , i  {1; 2}.

(3.83)

Die Gewinnfunktion des ersten Duopolisten, d.h. dessen Umsatzerlöse vermindert um die Produktionskosten, lautet somit: G1 ( x1 , x2 )

q ( x1 , x2 ) ˜ x1  K1 ( x1 ) .

(3.84)

Nach der Substitution von q( x1 , x2 ) und K1 ( x1 ) in (3.84) durch die rechte Seite von (3.82) bzw. (3.83) und einigen Umformungen resultiert: G1 ( x1 , x2 )

2

( B  e1 ) ˜ x1  B ˜ x2 ˜ x1  A ˜ x1  c1 .

(3.85)

Analog dazu kann die Gewinnfunktion des zweiten Duopolisten ermittelt werden: G2 ( x1 , x2 )

2

( B  e2 ) ˜ x2  B ˜ x1 ˜ x2  A ˜ x2  c2 .

(3.86)

64

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

Bevor die im Gleichgewicht angebotenen Mengen bestimmt werden, sollen in einem Mengendiagramm die Isogewinnlinien graphisch dargestellt werden. Eine Isogewinnlinie umfaßt die Menge aller Kombinationen von x1 und x2, die ein vorgegebenes Gewinniveau für eines der beiden Unternehmen determinieren. Um beispielsweise die Isogewinnlinie des ersten Unternehmens zu einem bestimmten Gewinniveau G11 zu erhalten, ist zunächst (3.85) nach x2 umzustellen, x2

x2 ( x1 )

A § e1 · G c  ¨1  ¸ ˜ x1  1 1 , B © B¹ B ˜ x1

(3.87)

und dann für G1 der Wert G11 einzusetzen. In Abb. 3.9 sind drei auf diesem Weg ermittelte Isogewinnlinien dargestellt, wobei G11 < G12 < G13 gilt.

x2 f1(x2)

G1

1

G12 G1 0

Abb. 3.9:

3

x1

Ausgewählte Isogewinnlinien des ersten Duopolisten sowie dessen Reaktions1 2 3 funktion im COURNOT-Duopol (G1 < G1 < G1 )

Neben den drei Isogewinnlinien enthält Abb. 3.9 die Reaktionsfunktion des ersten Unternehmens. Diese Funktion verbindet die Maxima sämtlicher Isogewinnlinien von Unternehmen 1. Diese Aussage läßt sich beweisen, indem man zunächst annimmt, daß die Reaktionsfunktion eines Unternehmens zumindest eine der Isogewinnlinien dieses Unternehmens in einem Punkt schneidet, der kein Maximum der Isogewinnlinien ist (d.h. im Schnittpunkt zwischen der Isogewinnlinie und der Reaktionsfunktion weist die Isogewinnlinie eine positive oder negative Steigung auf). In diesem Fall könnte das Unternehmen durch eine Ausweitung der Produktion (bei positiver Steigung) bzw. durch eine Reduktion der Produktion (bei negativer Steigung) eine Isogewinnlinie erreichen, die einen höheren Gewinn repräsentiert. Der betrachtete Schnittpunkt kann somit nicht

3.5 Marktformen des Oligopols

65

auf der Reaktionsfunktion liegen, da diese die gewinnmaximale Ausbringungsmenge bei gegebenem Angebot des Konkurrenten liefert. Dies stellt einen Widerspruch dar. Um die gewinnmaximale Angebotsmenge des ersten Duopolisten zu bestimmen, ist (3.85) nach x1 abzuleiten und gleich null zu setzen: wG1 ( x1 , x2 ) wx1

2 ˜ ( B  e1 ) ˜ x1  B ˜ x2  A

0.

(3.88)

Umstellen nach x1 führt zur Reaktionsfunktion des Unternehmens 1: x1

f1 ( x2 )

A B  ˜ x2 . 2 ˜ ( B  e1 ) 2 ˜ ( B  e1 )

(3.89)

Für das zweite Unternehmen gilt analog: x2

f 2 ( x1 )

A B  ˜ x1 . 2 ˜ ( B  e2 ) 2 ˜ ( B  e2 )

(3.90)

Der Schnittpunkt zwischen den beiden Reaktionsfunktionen bildet das gesuchte COURNOT-Gleichgewicht (Punkt C in Abb. 3.10). Um das Gleichgewicht zu bestimmen, wird für x2 in (3.89) die rechte Seite der Gleichung (3.90) eingesetzt und anschließend nach x1 aufgelöst. Es resultiert die gewinnmaximale Angebotsmenge für Duopolist 1: A ˜ ( B  2 ˜ e2 ) C { x1 . 4 ˜ ( B  e1 ) ˜ ( B  e2 )  B 2

x1

(3.91)

Zur Ermittlung der gewinnmaximalen Angebotsmenge des zweiten Duopolisten wird das Ergebnis (3.91) in (3.90) eingesetzt. Es folgt: x2

A ˜ ( B  2 ˜ e1 ) C { x2 . 2 4 ˜ ( B  e1 ) ˜ ( B  e2 )  B

Verfügen beide Duopolisten über die gleiche Technologie (d.h. es gilt c1 c2 e1 e2 e ), dann ergeben sich die Angebotsmengen im Gleichgewicht als: C

x1

x2

C

A . 3˜ B  2˜e

(3.92) c und

(3.93)

Um den Marktpreis zu berechnen, sind die Ergebnisse (3.91) und (3.92) in die PreisAbsatz-Funktion (3.81) einzusetzen. Die im Gleichgewicht erzielten Gewinne erhält man nach Einsetzen von x1C und x2C in die Gewinnfunktion (3.85) des Unternehmens 1 und (3.86) des zweiten Unternehmens. ¸

66

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik x2 f1(x2)

x2

C

C

f2(x1) 0 Abb. 3.10:

3.5.3

x1

C

x1

Gleichgewicht im COURNOT-Duopol

Kollusion im Mengen-Duopol

Die zentrale Annahme des COURNOT-Duopolmodells war, daß die beiden am Markt als Anbieter auftretenden Unternehmen ihre Angebotsmengen unabhängig voneinander festlegen. Nun soll untersucht werden, ob die Unternehmen durch Kollusion (Absprache) einen Gewinn über dem Gewinniveau des COURNOT-Gleichgewichts erreichen können. Dazu wird auf die Ergebnisse aus dem vorangehenden Abschnitt 3.5.2 zurückgegriffen. Beispiel 3.5.2 (Kollusion im Mengenduopol):

Zur Vereinfachung wird angenommen, daß die beiden Duopolisten aus Beispiel 3.5.1 die gleiche Technologie einsetzen. Ziel ist es, den Gesamtgewinn G ( x1 , x2 ) G1 ( x1 , x2 )  G2 ( x1 , x2 ) zu maximieren. Mit der linearen Preis-Absatz-Funktion (3.81) ergibt sich folgende Funktion des Gesamtgewinns: G( x1 , x2 )

2

2

( B  e) ˜ ( x1  x2 )  2 ˜ B ˜ x2 ˜ x1  A ˜ ( x1  x2 )  2 ˜ c .

(3.94)

Die notwendigen Bedingungen eines Maximums (Bedingungen erster Ordnung – BEO) lauten:

3.5 Marktformen des Oligopols

67

wG ( x1 , x2 ) wx1

2 ˜ ( B  e) ˜ x1  2 ˜ B ˜ x2  A

0,

(3.95)

wG ( x1 , x2 ) wx2

2 ˜ ( B  e) ˜ x2  2 ˜ B ˜ x1  A

0.

(3.96)

Umstellen von (3.96) nach x2, Einsetzen in (3.95) und Auflösen nach x1 liefert die Lösung: x1

A K { x1 . 4˜ B  2˜e

(3.97)

Aufgrund der identischen Kostenfunktionen gilt x2K = x1K. Die sich somit im Kollusionsfall ergebende Mengenkombination (x1K, x2K) ist in Abb. 3.11 durch den Punkt K markiert. In diesem Punkt befindet sich sowohl Unternehmen 1 als auch Unternehmen 2 auf einer höheren (weiter innenliegenden) Isogewinnlinie als in Punkt C (Gleichgewicht im COURNOT-Duopol). Die Isogewinnlinien der Unternehmen tangieren sich sogar im Punkt K und besitzen in K somit die gleiche Steigung. Anders ausgedrückt: Die durch den Punkt C verlaufenden Isogewinnlinien bilden eine Linse, welche die Menge aller Kombinationen der Angebotsmengen umfaßt, die beiden Unternehmen einen höheren Gewinn ermöglichen als in Punkt C. Da sich Punkt K innerhalb der Linse befindet, könnten folglich beide Unternehmen ausgehend von der COURNOT-Lösung ihren Gewinn durch Kollusion steigern.

x2 f1(x2)

BEO 1

C

x2

K

K

f2(x1) BEO 2

0 Abb. 3.11:

x1K

Kollusion und COURNOT-Duopol

x1

68

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

Im Gegensatz zum Punkt C befindet sich in K jedoch kein Gleichgewicht. Für jedes der beiden Unternehmen besteht nämlich der Anreiz, von diesem gemeinsamen Optimum in der Hoffnung abzuweichen, der Konkurrent würde weiterhin den Output bei kollusivem Verhalten anbieten. Hielte beispielsweise Unternehmen 2 seinen Output tatsächlich auf dem vereinbarten Niveau x2K, könnte Unternehmen 1 seine Produktion ausgehend von x1K erhöhen und damit auf Isogewinnlinien übergehen, die höhere Gewinniveaus repräsentieren. Der Gewinn von Unternehmen 2 würde sich bei diesem Vorgehen reduzieren. Die Ausweitung der Produktion wird Unternehmen 1 solange betreiben, bis es das durch seine Reaktionsfunktion bestimmte gewinnmaximale Outputniveau f1(x2K) erreicht hat. ¸ Der Sachverhalt läßt sich sehr gut durch das Grundspiel des „Gefangenendilemmas“ aus der Spieltheorie darstellen: x

Angenommen beide Duopolisten kolludieren bei der Festlegung ihrer Produktionsquoten. In diesem Fall erzielt jeder von ihnen einen Gewinn von 36 GE.24

x

Bricht einer der Beteiligten aus der Quotenvereinbarung aus und hintergeht den anderen, so steigt sein Gewinn auf 45 GE. Der Gewinn des hintergangenen Konkurrenten sinkt dagegen auf 18 GE.

x

Entscheiden sich beide Duopolisten, die vereinbarten Produktionsquoten zu brechen, resultiert ein COURNOT-Gleichgewicht, bei dem jeder 28 GE erhält.

Der Sachverhalt ist in der Matrix-Normalform in Abb. 3.12 nochmals dargestellt. Für beide Spieler ist das „Brechen der Quote“ die dominierende Strategie, da sie unabhängig von der Strategie des Gegners stets einen höheren Gewinn garantiert als bei „Beachten der Quote“. Folglich kann die (PARETO-) optimale Strategiekombination, in der beide Unternehmen die Quote beachten (Zelle A), kein (NASH-)Gleichgewicht sein. Das einzige Gleichgewicht dieses statischen Duopolspiels besteht in beidseitigem „Brechen der Quote“ (Zelle D), wodurch sich der Trend zu ruinöser Konkurrenz in Oligopolen erklären läßt. Unterstellt man hingegen, daß dieses Spiel (unendlich oft) wiederholt wird und somit die Beteiligten Erfahrungen über das Verhalten des Kontrahenten sammeln können, so kann unter bestimmten Bedingungen kooperatives Verhalten entstehen (vgl. AXELROD 2000).

Unternehmen 2 Beachten der Quote Brechen der Quote

Unternehmen 1 Abb. 3.12:

Beachten der Quote Brechen der Quote

36 / 36 45 / 18

A C B D

18 / 45 28 / 28

Mengen-Duopol als statisches Spiel

24 Die hier angegebenen Zahlenwerte werden in Übungsaufgabe 22 ermittelt.

3.5 Marktformen des Oligopols

3.5.4

69

Das Duopolmodell von V. STACKELBERG

Dem Duopolmodell VON STACKELBERGs liegt genau wie dem COURNOTs die Annahme zugrunde, daß die beiden Unternehmen einmalig und unabhängig voneinander ihre Angebotsmengen x1 und x2 festlegen. Allerdings wird jetzt angenommen, daß die Entscheidungen über die Höhe der Produktionsmenge nacheinander getroffen werden. Zunächst legt der sogenannte industrielle Führer (STACKELBERG-Führer) seine Angebotsmenge fest. Der STACKELBERG-Folger (Imitator oder schwächerer Konkurrent) beobachtet diese Menge und bestimmt danach sein gewinnmaximales Outputniveau. Sowohl Führer als auch Folger müssen bei ihrer Entscheidung das Verhalten des Konkurrenten berücksichtigen. Beispiel 3.5.3 (STACKELBERG-Gleichgewicht eines Duopols):

Um die Bestimmung der Gleichgewichtslösung in einem STACKELBERG-Duopolmodell zu demonstrieren, wird wiederum auf die lineare Preis-Absatz-Funktion aus Beispiel 3.1.6 zurückgegriffen: A  B ˜ ( x1  x2 ) ,

q( x1 , x2 )

A!0, B!0.

(3.98)

Anders als in den vorangegangenen Abschnitten weisen die Kostenfunktionen der beiden Anbieter jetzt konstante Grenzkosten auf. Die Kostenfunktion des Unternehmens i lautet deshalb: K i ( xi )

ci  ei ˜ xi ,

ci ! 0 , ei ! 0 , i  {1; 2}.

(3.99)

Die Funktionen (3.98) und (3.99) seien common knowledge. Angenommen Unternehmen 2 ist der STACKELBERG-Folger. Dann wird zunächst das Maximierungsproblem dieses Unternehmens betrachtet. Seine Gewinnfunktion lautet: G2 ( x1 , x2 )

q( x1 , x2 ) ˜ x2  K 2 ( x2 ) .

(3.100)

Ersetzen von q(x1, x2) und K 2 ( x2 ) in (3.100) durch die Spezifizierungen, d.h. die rechten Seiten von (3.98) bzw. (3.99), und anschließendes Ableiten nach x2 liefert die notwendige Bedingung für das Vorliegen eines Maximums. Aus dieser Bedingung kann dann die Reaktionsfunktion des Folgers ermittelt werden: x2

f 2 ( x1 )

A  e2 1  ˜ x1 . 2˜ B 2

(3.101)

Die Reaktionsfunktion liefert definitionsgemäß stets die gewinnmaximale Produktionsmenge x2 für ein vorgegebenes Outputniveau des STACKELBERG-Führers x1. Dem industriellen Führer ist das Verhalten des Imitators aus dessen Reaktionsfunktion f2(x1) bekannt, so daß sich seine Gewinnfunktion, G1 ( x1 , x2 )

q ( x1 , x2 ) ˜ x1  K1 ( x1 ) ,

(3.102)

70

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

wie folgt konkretisieren läßt: G1 ( x1 )

q>x1  f 2 ( x1 )@ ˜ x1  K1 ( x1 ) .

(3.103)

Mit der linearen Preis-Absatz-Funktion (3.98), der oben hergeleiteten Reaktionsfunktion (3.101) und der Kostenfunktion (3.99) erhält man dann nach wenigen Umformungen: G1 ( x1 )



B 2 § A  e2  2 ˜ e1 · ˜ x1  ¨ ¸ ˜ x1  c1 . 2 2 © ¹

(3.104)

Nach der Bestimmung der notwendigen Bedingung für das Vorliegen eines Maximums und anschließendem Umstellen dieser Bedingung nach x1 ergibt sich folgende gleichgewichtige Angebotsmenge für den STACKELBERG-Führer: x1

A  2 ˜ e1  e2 S { x1 . 2˜ B

(3.105)

Setzt man diese in die Reaktionsfunktion des Verfolgers ein, so berechnet sich: x2

A  2 ˜ e1  3 ˜ e2 S { x2 . 4˜ B

(3.106) ¸

Aufgrund des zeitlichen Vorsprungs ist es dem ersten Unternehmen möglich, ein höheres Outputniveau als im Gleichgewicht des COURNOT-Duopols zu wählen. Die optimale Angebotsmenge des zweiten Unternehmens ist deshalb geringer als im COURNOTDuopol.25 Die Mengenkombination des STACKELBERG-Gleichgewichtes markiert in der folgenden Abb. 3.13 Punkt S. Dieser läßt sich graphisch folgendermaßen ermitteln: Für jedes vom industriellen Führer gewählte Outputniveau bestimmt sich das Angebot des Folgers durch dessen Reaktionsfunktion. Unternehmen 1 kann deshalb durch die entsprechende Wahl von x1 jeden Punkt auf dem Graphen dieser Reaktionsfunktion festlegen. Die rationale (weil gewinnmaximierende) Wahl ist x1S, denn im zugehörigen Punkt S tangiert eine seiner Isogewinnlinien die Reaktionskurve des Folgers. Ein Abweichen von x1S nach unten oder oben führt zu Mengenkombinationen, durch die Isogewinnlinien verlaufen, die niedrigere Gewinniveaus repräsentieren. Wie man dabei sieht, erreicht der STACKELBERG-Führer im Vergleich zum COURNOT-Gleichgewicht (Punkt C) eine erhöhte Gewinnposition, während sich die des Folgers verringert. 25 Die Lösung im COURNOT-Duopol für die in diesem Abschnitt spezifizierten Kostenfunktionen

lautet: x1

C

A  2 ˜ e1  e 2 C und x 2 3˜ B

A  e1  2 ˜ e2 . 3˜ B

3.5 Marktformen des Oligopols

71

x2

C

x2 x2 S

C S

f2(x1)

0 Abb. 3.13:

3.5.5

x1 C

x1 S

x1

Gleichgewicht im V. STACKELBERG-Duopolmodell

Das Duopolmodell von BERTRAND

In den vorangehenden Abschnitten wurde stets unterstellt, daß die beiden Unternehmen einer Branche ihre Angebotsmenge festsetzen und dann dem Markt die Preisfindung überlassen. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, daß die Unternehmen ihre Angebotspreise wählen und der Markt die entsprechenden Mengen findet. Eine solche Situation wird als BERTRAND-Duopol bezeichnet und soll nachfolgend analysiert werden. Dazu wird angenommen, daß die von den Unternehmen hergestellten Güter homogen sind und vollkommene Markttransparenz herrscht. Weder existieren räumliche oder zeitliche Differenzen, noch bestehen persönliche Präferenzen von Käufern für bestimmte Verkäufer und umgekehrt. Die Nachfragefunktion sei genauso wie die Kostenfunktionen der Unternehmen common knowledge. Den Ausgangspunkt für die Bestimmung der Gleichgewichtspreise bilden die Gewinnfunktionen der Unternehmen. Deren Verlauf soll deshalb anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden. Beispiel 3.5.4 (Gewinnfunktionen im BERTRAND-Duopol):

Die Gesamtnachfrage des betrachteten Gutes sei gegeben durch: x(q1 , q 2 )

A  B ˜ min(q1 , q 2 ) .

(3.107)

Die beiden Unternehmen unterliegen keinerlei Kapazitätsbeschränkungen und versuchen, ihren Gewinn durch Wahl eines Verkaufspreises zu maximieren. Aufgrund der

72

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

Homogenität des angebotenen Gutes (und der anderen getroffenen Annahmen) werden die Kunden grundsätzlich bei dem Anbieter kaufen, der den niedrigsten Preis verlangt. Falls beide Anbieter den gleichen Preis fordern, wird jedes Unternehmen die Hälfte der dann resultierenden Gesamtnachfrage bedienen. Die Nachfragefunktion, der sich Unternehmen i gegenüber sieht, lautet deshalb:

xi ( q i , q j )

­ A  B ˜ qi , falls qi  q j , °1 ® 2 ˜ ( A  B ˜ qi ), falls qi q j , °0, falls qi ! q j , i  {1, 2}, j  {1, 2}, i z j. ¯

(3.108)

Beide Anbieter verwenden die gleiche Produktionstechnologie. Die Kostenfunktionen haben konstante Grenzkosten und folgende funktionale Form: K i ( xi ) e ˜ xi ,

e ! 0 , i  ^1,2` .

(3.109)

Für die Gewinnfunktionen der Unternehmen erhält man somit:

G1 (q1 , q2 )

falls q1  q2 , ­( A  B ˜ q1 ) ˜ (q1  e), °1 ® 2 ˜ ( A  B ˜ q1 ) ˜ (q1  e), falls q1 q2 , °0, falls q1 ! q2 , ¯

(3.110)

G2 (q1 , q2 )

falls q2  q1 , ­( A  B ˜ q2 ) ˜ (q2  e), °1 ® 2 ˜ ( A  B ˜ q2 ) ˜ (q2  e), falls q2 q1 , °0, falls q2 ! q1. ¯

(3.111) ¸

Der Graph der Gewinnfunktion (3.110) ist in Abb. 3.14 dargestellt. Um das Entscheidungsproblem des ersten Unternehmens zu verdeutlichen wird zunächst unterstellt, daß der Preis des zweiten Unternehmens q20 beträgt. Offensichtlich wäre es in diesem Fall von Unternehmen 1 unklug, einen Preis q1 > q20 zu wählen, da ein solcher Preis stets mit einem Nullgewinn verbunden ist. Würde das erste Unternehmen statt dessen q1 so setzen, daß q1 = q20 gilt, könnte es den positiven Gewinn G1= erzielen. Doch auch q1 = q20 ist nicht die optimale Wahl, da Unternehmen 1 einen Gewinn in Höhe von G1< erzielen kann, wenn es seinen Preis geringfügig unterhalb von q20 ansetzt. Durch eine Preissetzung q1 < q20 zieht das erste Unternehmen allerdings die gesamte Marktnachfrage auf sich, so daß der Gewinn des Konkurrenten auf null zurückgeht. Dieser wird deshalb seinerseits versuchen, den Preis von Unternehmen 1 um einen geringen Betrag P zu unterbieten, was wiederum eine Preissenkung des ersten Unternehmens provoziert usw. Welche Preise werden die Unternehmen dann im Gleichgewicht verlangen? Oder anders ausgedrückt: Welche Preiskombination (q1, q2) bietet keinem der Unternehmen einen Anreiz, bei gegebenem Preis des Konkurrenten den eigenen Preis zu verändern?

3.5 Marktformen des Oligopols

73

G1(q1,q2)
q2

0

Abb. 3.14:

q20

q1

Gewinnfunktion von Unternehmen 1 im BERTRAND-Duopol

Definition 3.5.3 (BERTRAND-Gleichgewicht eines Duopols): Eine Kombination (q1 , q2 ) der Angebotspreise zweier Duopolisten wird als BERTRAND-Gleichgewicht eines Duopols bezeichnet, falls gilt: q1

g1 (q2 ) ,

(3.112)

q2

g 2 (q1 ) .

(3.113)

Beispiel 3.5.5 (BERTRAND-Gleichgewicht eines Duopols): Analog dem Vorgehen zur Bestimmung des COURNOT-Gleichgewichtes (vgl. Abschnitt 3.5.2) werden erst die Reaktionsfunktionen der Akteure bestimmt, um anschließend die Angebotspreise im Gleichgewicht abzuleiten. Die Reaktionsfunktion von Unternehmen 1 ist:

q1

g1 ( q 2 )

­q M , ° °q 2  P , ® °t q 2 , °q  P , ¯ 2

falls q 2 ! q M , falls e  q 2 d q M , falls q 2

e,

(3.114)

falls 0 d q 2 d e,

wobei qM den Monopolpreis bezeichnet und P einen sehr kleinen positiven Wert besitzt. Als Reaktionsfunktion des zweiten Unternehmens erhält man:

74

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

q2

g 2 (q1 )

­q M , ° °q1  P , ® °t q1 , °q  P , ¯ 1

falls q1 ! q M , falls e  q1 d q M , falls q1

e,

(3.115)

falls 0 d q1 d e.

Jede Preiskombination, bei der einer der beiden Preise über den Grenzkosten liegt, ist folglich instabil in dem Sinne, daß zumindest ein Unternehmen ausgehend von dieser Kombination seinen Preis ändern möchte. Zudem gilt für alle Preiskombinationen mit q1 < e und q2 < e, daß mindestens einer der Anbieter eine Preiserhöhung anstrebt. Selbst wenn der Preis eines Unternehmens den Grenzkosten entspricht, während der Konkurrenzpreis von diesen verschieden ist, besteht für ein Unternehmen (nämlich für das zu Grenzkosten anbietende) ein Anreiz, seinen Preis zu ändern. Daraus folgt, daß im hier betrachteten Szenario nur dann ein Gleichgewicht vorliegt (es handelt sich um ein sog. NASH-Gleichgewicht), wenn die Preise beider Unternehmen gerade den Grenzkosten entsprechen, d.h. wenn q1B = q2B = e gilt.26 Die Unternehmensgewinne sind im BERTRAND-Gleichgewicht null. ¸ Gemäß dem soeben hergeleiteten Ergebnis sind bereits zwei Unternehmen in einer Branche ausreichend, um dort einen Wettbewerb zu gewährleisten, der das effiziente Ergebnis vollständiger Konkurrenz hervorruft. Diese Schlußfolgerung wird häufig als BERTRAND-Paradoxon bezeichnet. Das Paradoxe daran ist, daß zwei Unternehmen trotz Kenntnis des Sachverhaltes nicht in der Lage sein sollen, die ihnen verliehene Marktmacht zur Erzielung positiver Gewinne auszunutzen. Es gibt eine Reihe von Ansätzen, um das BERTRAND-Paradoxon aufzulösen. Eine Möglichkeit, die auf EDGEWORTH (1897) zurückgeht, besteht in der Einführung von Kapazitätsbeschränkungen. Aufgrund beschränkter Produktionskapazitäten kann jedes Unternehmen nur einen Bruchteil der Gesamtnachfrage bedienen. Selbst wenn ein Anbieter seinen Preis oberhalb des Konkurrenzpreises ansetzt, muß er dann nicht befürchten, daß alle Konsumenten fortan bei seinem Konkurrenten kaufen werden. Ein anderer spieltheoretischer Ansatz geht davon aus, daß obiges statisches Modell mehrfach wiederholt wird. Nach jedem Durchlauf erfahren die Kontrahenten, wie sich ihr Mitspieler verhalten hat. Die Spieler können somit Erfahrung über das Verhalten des anderen Duopolisten sammeln und diese bei der Festlegung des Verkaufspreises in zukünftigen Spielrunden nutzen. Kooperatives Verhalten kann somit belohnt, unkooperatives Verhalten bestraft werden. Der bereits weiter oben (in Abschnitt 3.5.3) erwähnte Beitrag von

26 Die Schlußfolgerung, daß im Gleichgewicht des BERTRAND-Duopols die Preise beider Unter-

nehmen den Grenzkosten entsprechen, ist nur gültig, wenn die Kostenfunktionen der Unternehmen identisch sind, konstante Grenzkosten aufweisen und eventuelle Fixkosten der Produktion vernachlässigt werden. Unterstellt man beispielsweise als Kostenfunktion die quadratische Funktion aus Beispiel 3.1.4, übersteigen die Gleichgewichtspreise die Grenzkosten (vgl. Übungsaufgabe 25).

3.5 Marktformen des Oligopols

75

AXELROD (2000) zeigt, daß in Spielen dieser Art unter bestimmten Bedingungen kooperatives Verhalten auftreten kann. Dies ist das spieltheoretische Äquivalent dessen, was bereits die Preisbildungstheorie nach CHAMBERLIN (1969, S. 48) besagt: If each (entrepreneur) seeks his maximum profit rationally and intelligently, he will realize that when there are only two or a few sellers his own move has a considerable effect upon his competitors, and that this makes it idle to suppose that they will accept without retaliation the losses he forces upon them. Since the result of a (price) cut by any one is inevitably to decrease his own profit, no one will cut and although the sellers are entirely independent, the equilibrium result is the same as though there were a monopolistic agreement between them.

Eine weitere Möglichkeit zur Erzielung von Gewinnen im BERTRAND-Duopol stellt die Differenzierung des produzierten Gutes dar (d.h. die Annahme homogener Produkte wird aufgegeben). Die Bestimmung und Analyse des sich dann ergebenden Gleichgewichtes hat der folgende Abschnitt zum Inhalt.

3.5.6

BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung

Bieten zwei Unternehmen ein Gut in leicht differenzierter Form an, so ist anzunehmen, daß die Nachfragefunktionen der beiden Varianten des Gutes interdependent sind. Welche Auswirkungen sich daraus für die Gleichgewichtspreise ergeben, soll anhand des folgenden Beispiels bestimmt werden.

Beispiel 3.5.6 (Gleichgewicht im BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung): Die Nachfragefunktionen der beiden Varianten eines Gutes seien gegeben durch: x1 (q1 , q2 )

a  b ˜ q1  d ˜ q2 ,

a !0, b ! d ! 0,

(3.116)

x2 (q1 , q2 )

a  b ˜ q2  d ˜ q1 ,

a !0, b ! d ! 0.

(3.117)

Außerdem seien die Kostenfunktionen der betrachteten Unternehmen wie folgt: K i ( xi )

ei ˜ xi .

ei ! 0 , i  {1; 2}.

(3.118)

Dabei bezeichnet ei die konstanten Grenzkosten von Unternehmen i. Die Produktion verursache keine Fixkosten. Jedes der beiden Unternehmen versucht, seinen Gewinn zu maximieren, wobei als Entscheidungsvariable der Preis des Gutes fungiert. Die Gewinnfunktion des ersten Unternehmens lautet: G1 (q1 , q2 )

q1 ˜ x1 (q1 , q2 )  K1 >x1 (q1 , q2 )@ .

(3.119)

76

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

Wird in (3.119) zunächst K1(x1) durch die rechte Seite von (3.118) ersetzt und anschließend x1 (q1 , q2 ) durch (3.116) substituiert, dann stellt sich die Gewinnfunktion von Unternehmen 1 wie folgt dar: G1 (q1 , q2 )

(q1  e1 ) ˜ (a  b ˜ q1  d ˜ q2 ) .

(3.120)

Um die Isogewinnlinien dieses Unternehmens in einem Preisdiagramm darstellen zu können, wird (3.120) nach q2 umgestellt: q2

q2 (q1 )

G1 a b ˜ q1   . d d ˜ (q1  e1 ) d

(3.121)

Für jedes gegebene Gewinniveau G1 resultiert somit eine eigene Isogewinnlinie. Aus der Menge aller Isogewinnlinien des ersten Unternehmens wurden exemplarisch drei in Abb. 3.15 dargestellt.27 Wie aus Abb. 3.15 weiterhin ersichtlich ist, verläuft die Reaktionsfunktion des ersten Unternehmens durch die Minima seiner Isogewinnlinien. Um die Reaktionsfunktion, die jetzt im Gegensatz zum Mengen-Duopol einen positiven Anstieg aufweist, formal herzuleiten, wird (3.120) nach q1 abgeleitet und gleich null gesetzt. Die resultierende Bedingung erster Ordnung für das Vorliegen eines Gewinnmaximums wird anschließend nach q1 umgestellt: q1

g1 ( q 2 )

a  b ˜ e1 d  ˜ q2 . 2˜b 2˜b

(3.122)

Analog zur Bestimmung der Reaktionsfunktion von Unternehmen 1 läßt sich aus der Gewinnfunktion des zweiten Unternehmens, G2 (q1 , q2 )

(q2  e2 ) ˜ (a  b ˜ q2  d ˜ q1 ) ,

(3.123)

dessen Reaktionsfunktion ermitteln. Sie lautet: q2

g 2 (q1 )

a  b ˜ e2 d  ˜ q1 . 2˜b 2˜b

(3.124)

Der Schnittpunkt zwischen den beiden Reaktionsfunktionen (Punkt D in Abb. 3.15) markiert die gleichgewichtige Preiskombination (q1D, q2D). Zur analytischen Bestimmung der Gleichgewichtspreise wird zunächst q2 in (3.122) durch den Ausdruck auf der rechten Seite von (3.124) ersetzt. Umstellen der resultierenden Gleichung nach q1 liefert den im Gleichgewicht von Unternehmen 1 geforderten Preis: 27 Man beachte, daß hier im Preiskoordinatensystem Isogewinnlinien des ersten Unternehmens,

die weiter von der q1-Achse entfernt liegen, höhere Gewinniveaus repräsentieren. Im MengenDuopol sank dagegen der Gewinn mit zunehmendem Abstand zwischen Isogewinnlinie und x1-Achse.

3.5 Marktformen des Oligopols q2

q2

D

77

G12 G1D G11

g1 ( q2 )

D

g2 ( q1 )

G2D

0 Abb. 3.15:

q1

q1D

q1

Gleichgewicht im BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung (G11 < G1D < G12)

2 ˜ b ˜ (a  b ˜ e1 )  d ˜ (a  b ˜ e2 ) D { q1 . 4 ˜ b2  d 2

(3.125)

Wird das Ergebnis (3.125) in die Reaktionsfunktion des zweiten Unternehmens (3.124) eingesetzt, so erhält man nach einigen Umformungen den Gleichgewichtspreis dieses Unternehmens: q2

2 ˜ b ˜ (a  b ˜ e2 )  d ˜ (a  b ˜ e1 ) D { q2 . 4 ˜ b2  d 2

(3.126)

Zur Bestimmung der im Marktgleichgewicht abgesetzten Mengen sind die Ergebnisse (3.125) und (3.126) in die beiden Nachfragefunktionen (3.116) und (3.117) einzusetzen. Die im Gleichgewicht von den Unternehmen erreichten Gewinne ergeben sich nach ¸ Einsetzen von q1D und q2D in die Gewinnfunktionen (3.120) und (3.123). Ähnlich wie im Mengen-Duopolmodell von COURNOT bilden die durch den Punkt D verlaufenden Isogewinnlinien eine Linse, welche die Menge aller Kombinationen der Angebotspreise umfaßt, die beiden Unternehmen einen höheren Gewinn ermöglichen als in Punkt D. Es besteht somit auch hier prinzipiell die Möglichkeit, durch kollusives Verhalten (d.h. konzertierte Preiserhöhungen) den Gewinn über das Gewinniveau im Gleichgewicht zu steigern. Um diesen „Zusatzgewinn“ erzielen zu können, sind jedoch glaubhafte Selbstverpflichtungen beider Unternehmen notwendig, abgesprochene Preiserhöhungen auch im vereinbarten Ausmaß durchzuführen. Bei einem einmaligen Durchlauf des Modells sind solche Verpflichtungen stets nicht glaubhaft, so daß eine Gefangenendilemmasituation ähnlich der in Abschnitt 3.5.3 geschilderten resultiert.

78

3. Die Basismodelle der Industrieökonomik

3.6

Zusammenfassung und Ausblick

Abb. 3.16 faßt die in den vorangehenden Abschnitten vorgestellten formalen Wettbewerbsmodelle geordnet nach der zugrundeliegenden Marktstruktur zusammen. Gemäß den getroffenen Annahmen stand den in diesen Modellen betrachteten Unternehmen als einzige Entscheidungsvariable entweder die Angebotsmenge oder der Angebotspreis zur Verfügung. Andere in der Realität existierende Handlungsmöglichkeiten wurden zunächst ausgeblendet. Insbesondere strategische Ansätze, die darauf abzielen, bestimmte Reaktionen von Konkurrenten zu provozieren, konnten somit nicht berücksichtigt werden. Auch eine Änderung der vorherrschenden Marktruktur durch die Unternehmen erlauben die Basismodelle nicht. Sie lassen deshalb wenig Raum für strategisches Handeln im Sinne von x

Verwendung alternativer Produktionsverfahren (Technologien) als Signal,

x

strategischer Preissetzung,

x

FuE-Prozessen als Teil des Innovationswettbewerbs (inkl. Patente, Lizenzen, Normen).

Marktstruktur

betrachtetes Wettbewerbsmodell Reines Monopol

Monopol Monopolistische Konkurrenz

COURNOT-Duopol STACKELBERG-Duopol

Entscheidungsvariable Angebotsmenge Preis ergibt sich aus Preis-Absatz-Funktion

oder Angebotspreis Menge ergibt sich aus Nachfragefunktion

Angebotsmengen Preis ergibt sich aus Preis-Absatz-Funktion

Kollusion im Duopol Oligopol Reines BERTRAND-Duopol BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung

Polypol

Abb. 3.16:

Vollständige Konkurrenz

Zusammenfassung der betrachteten Basismodelle

Angebotspreise Mengen ergeben sich aus Nachfragefunktion

Angebotsmengen Preis ist Datum

3.6 Zusammenfassung und Ausblick

79

Damit fehlen auch den auf den obigen Modellen aufbauenden Wettbewerbspolitiken wesentliche reale Anknüpfungspunkte. Die folgenden Kapitel stellen den Versuch dar, diese Lücken zu schließen.

Alea iacta est (Der Würfel ist geworfen) GAIUS IULIUS CAESAR (100 v. Chr. – 44 v. Chr.)

4.

Irreversibilität und versunkene Kosten

4.1

Irreversibilität als strategische Waffe

Institutionen beschränken das Handlungsfeld der Menschen, gleich ob sie sich durch materielle Infrastrukturen oder durch Normen, Werte und Rechte usw. in einer Gesellschaft manifestieren. Sie reduzieren dadurch das Risiko, weil das Handeln, vor allem das anderer, besser kalkuliert werden kann, als wenn derartige Beschränkungen nicht existieren. Institutionen entstehen oft im langandauernden zivilisatorischen Prozeß und prägen damit eine Kultur. Zugleich reduzieren sie die gesamtgesellschaftlichen Kosten.28 Oft schafft sich auch der einzelne derartige Beschränkungen, um damit die Glaubwürdigkeit des eigenen Handelns zu untermauern. Inwieweit diese Verhaltensweise rational ist, hängt auch vom Blickwinkel der Analyse ab. So schrieb der bereits eingangs erwähnte SUN ZI (ca. 400 v. Chr.): „Ist der kritische Augenblick gekommen, verhält sich der Feldherr wie jemand, der eine Leiter hinaufgeklettert ist und sie nun unter sich wegstößt“. Einige weitere berühmte geschichtliche Beispiele zeugen vom Wert der Erzeugung von Unumkehrbarkeit:

Beispiel 4.1.1 (AGAMEMNON und die Eroberung Trojas): Ein zentrales Ereignis der griechischen Mythologie ist der Trojanische Krieg, der den Stoff für die Illias des HOMER bildet. Die Entführung der schönen Helena (Agamemnons Schwägerin) nach Troja, veranlaßte die Griechen unter Führung von Agamemnon die Stadt anzugreifen. Der Eroberung und anschließenden Zerstörung Trojas ging eine 10jährige Belagerung voraus. Dabei mahnte AGAMEMNON in der Illias die Griechen zur Eroberung, damit die (unumkehrbar) Toten ihre Rechtfertigung fänden. ¸ Situationen, bei denen an eine transzendente, irreversible Instanz appelliert wird, um spezifisches Handeln zu rechtfertigen, sollen als AGAMEMNON-Syndrom bezeichnet werden. Ein typisches Beispiel aus der Gegenwart ist:

28 Vgl. hierzu BLUM ET AL. (2005).

82

4. Irreversibilität und versunkene Kosten x

Gutes Geld dem schlechten Geld hinterherzuwerfen: Die Firma Continental Reifenwerke entwickelte in den sechziger Jahren den Diagonalreifen. Kurz danach kam Michelin mit dem Gürtelreifen auf den Markt, der die Nachfrage in nicht gekanntem Ausmaße abzog. Anstatt sein inferiores Produkt aufzugeben, investierte Continental weiter in die Verbesserung seiner schlechteren Technologie – fast bis zur Insolvenz.

Beispiel 4.1.2 (ODYSSEUS und der Gesang der Sirenen): In der Odyssee berichtet HOMER, wie sich ODYSSEUS von seinen Gefährten an den Mast binden läßt, um dem Gesang der Sirenen zu lauschen, die alle Seefahrer dazu veranlassen, vom Kurs abzukommen und in den Strudeln zu ertrinken. Die Gefährten selbst müssen sich die Ohren mit Wachs verstopfen. ¸ Situationen, bei denen eine irreversible Selbstbindung vorgenommen wird, sollen als ODYSSEUS-Syndrom bezeichnet werden. Beispiele aus der gegenwärtigen Realität sind: x

Theaterabonnements: Durch den Kauf des Abonnements zwingt sich der Interessierte zum Theaterbesuch, da sonst die Ausgabe vergebens gewesen wäre.

x

Produktions- und Lieferverpflichtung bei Porzellan: Das Unternehmen Villeroy und Boch gibt auf sein hochwertiges Geschirr eine Nachkaufgarantie. Für die Kunden entsteht daraus ein Kaufanreiz, weil sie wissen, daß ein zerstörtes Teil aus dem erstandenen Service ersetzt werden kann.

Beispiel 4.1.3 (CAESAR und der Übertritt über den Rubicon): Mit der Überschreitung des Grenzflusses Rubicon am 10./ 11. Januar 49. v. Chr. drang CAESAR in das militärische Sperrgebiet um Rom ein, das Legionen in Formation ohne Genehmigung des Senats verboten war, und eröffnete den Bürgerkrieg gegen POMPEIUS. Dabei soll er ein zu seiner Zeit weitverbreitetes Sprichwort in griechischer Sprache ausgesprochen haben: „kußbow aönerrißfjv“ („Der Würfel soll geworfen sein“) als Ausdruck des Wagnisses, das eingegangen wurde, dessen Ausgang aber noch unbekannt ist. Durch die unverrückbare Tatsache des Rechtsbruchs hatte er die Autorität des Senats von Rom zerstört und damit eine unveränderliche Situation geschaffen, obwohl er theoretisch in der Lage gewesen wäre, seine Legionen noch über den Rubicon zurückzuführen, das Signal aber war ausreichend. ¸ Situationen, bei denen zwar ein irreversibles Signal gesetzt wird, die Handlung jedoch selbst nicht irreversibel ist, sollen als CAESAR-Syndrom bezeichnet werden. Typisches Beispiel aus der Realität von heute: x

Mobilmachung: Der Gegner kann sich nicht darauf verlassen, daß die gefechtsbereiten Truppen nicht losschlagen, und lenkt ein.

x

Ankündigung einer Produkteinführung: IBM kündigte in den sechziger Jahren regelmäßig neue Computerlinien mit veränderten Schnittstellen an, so daß die Hersteller von Peripheriegeräten bis zum tatsächlichen Marktauftritt – der oft dem angekündigten nicht entsprach, sondern viel später lag – ihre Geräte nicht entwickeln konnten.

4.2 Bestreitbare Märkte und versunkene Kosten

83

Beispiel 4.1.4 (CORTÉZ und das Verbrennen der Expeditionsflotte): Im Jahr 1519 landete Hernán CORTÉS in Mexico. Vor der Invasion der AztekenHauptstadt Tenochtitlan versenkte er den Großteil seiner Flotte, um den Soldaten zu verdeutlichen, daß eine Rückkehr (nach Kuba) unmöglich sei, und um Montezuma zu signalisieren, daß dies nun ein Kampf auf Leben und Tod würde. MONTEZUMA leistete keinen Widerstand, Tenochtitlan fiel ohne Gegenwehr. ¸ Situationen, bei denen ein irreversibles Signal gesetzt wird, deren zugrundeliegende Handlung selbst ebenfalls nicht rückgängig gemacht werden kann, sollen als CORTÉZSyndrom bezeichnet werden. Typische Beispiele aus der heutigen Wirtschaft sind: x

Kostenversenken in eine Chip-Fabrik: Da die Investitionskosten im Falle des Scheiterns kaum durch Verkauf zu erlösen sind, zwingt sich das Unternehmen, erfolgreich sein zu müssen.

x

Durchführung eines Genehmigungsverfahrens für den Betrieb einer Anlage: Wenn die Anlage nicht gebaut wird, dann war das Verfahren vergebens und sinnlos.

Unumkehrbarkeit ist kein Wert an sich – es kommt darauf an, was man daraus macht, und ob man dadurch wirklich als besserer Stratege ruhmreich vom Felde zieht. Eine hohe, irreversible Investition macht eine langfristige Verpflichtung deutlich. Wenn der Marktaustritt für alle Marktsassen unmöglich ist, dann kann aber ein Kapazitätsausbau weit über den Bedarf hinaus, um deutlich zu machen, daß man gewillt sei, andere zu verdrängen, tödlich sein – man ruiniert sich selbst.

4.2

Bestreitbare Märkte und versunkene Kosten

4.2.1

Theorie der bestreitbaren Märkte

Die Entwicklung der Theorie der bestreitbaren Märkte ist der Versuch der Fortentwicklung des neoklassischen Gedankengebäudes hin zu einem theoretisch stringenten System, das statische Referenzpunkte in einer dynamischen Wirtschaft definiert und damit Effizienzaussagen ermöglicht. Sie setzt sich von den Konzepten ab, die Wettbewerb als Entdeckungsverfahren ansehen und über die Analyse der Fälle von Marktversagen nicht hinauskommen können. Im neoklassischen Modell hängt die statische Effizienz entscheidend an der Bestreitbarkeit der betrachteten Märkte.

84

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

Definition 4.2.1 (Bestreitbarkeit eines Marktes): Ein Markt heißt bestreitbar, wenn die Markteintritts- und Marktaustrittskosten null sind. Ist ein Markt bestreitbar (BAUMOL ET AL. 1988 sprechen von vulnerability to hit-andrun entry), können die dort tätigen Anbieter keine dauerhaften Profite erzielen. Folgende Konsequenzen ergeben sich daraus (vgl. BRAULCKE 1983): (1) Alle Unternehmen im Markt arbeiten verlustfrei, und keines ist veranlaßt auszusteigen. Dadurch besteht eine zulässige Konfiguration. (2) Kein (potentieller) Konkurrent ist veranlaßt, in den Markt einzudringen, weil es keinen gewinnträchtigen Zutrittsplan gibt, der es erlaubt, das Preisniveau auch nur geringfügig zu unterbieten, um kostendeckend einzutreten und andere Firmen zu verdrängen. Ein derartiges Preissystem wird als tragfähig bezeichnet.

Definition 4.2.2 (Tragfähiger Preisvektor): Ein Preisvektor q für eine Gruppe von im Markt tätigen Anbietern heißt tragfähig, wenn er diesen Anbietern das langfristige Überleben gewährleistet und kein potentieller (zum Markteintritt bereiter) Konkurrent einen Absatzplan findet, der ihm mindestens einen Nullgewinn beläßt, d.h.: T

¦ t 1

qte ˜ xte  K ( xte )  Ks  0 , (1  i ) t

(4.1)

wobei qte den erwarteten Preis zum Zeitpunkt t, xte die für t erwartete Absatzmenge, i den Zinssatz, K s die versunkenen Markteintrittskosten sowie K die Funktion der fixen und der variablen Kosten des seinen Markteintritt in t 0 planenden Unternehmens bezeichnet. Vor allem für das Monopol, das Duopol und das enge Oligopol sind die Ergebnisse der Theorie der bestreitbaren Märkte revolutionär und konträr zu denjenigen, die im Rahmen der neoklassischen Analyse in den vorangegangenen Abschnitten entwickelt wurden. Ist ein Markt bestreitbar, so muß nämlich der potentiellen Konkurrenz quasi die gleiche Wirkung wie der tatsächlichen Konkurrenz zugebilligt werden. Je träger die Preisregime auf Änderungen von Präferenzen und Technologien reagieren, desto leichter ist das Eindringen eines Neuanbieters in einen bestreitbaren Markt. Sobald der Marktzutritt für Marktneulinge jedoch mit Kosten verbunden ist, die im Fall eines Rückzuges vom Markt nicht oder nur teilweise wieder zurückgewonnen werden können (sogenannte versunkene Kosten), ist die Bestreitbarkeit eingeschränkt oder gar nicht mehr gegeben.

4.2 Bestreitbare Märkte und versunkene Kosten

4.2.2

85

Versunkene Kosten

Die Kosten der Errichtung eines Kraftwerkes, wenn die Betriebsgenehmigung vor der Eröffnung widerrufen wird, der Material- und Personalaufwand für die Erstellung eines Angebots zur Erbringung ausgeschriebener Bauleistungen, wenn ein anderer Bieter den Zuschlag erhält, Ausgaben für die Errichtung eines Unternehmens (wie Anmelde- oder Notariatsgebühren), Forschungs- und Werbeausgaben für ein neues Produkt, das nicht am Markt etabliert werden kann, all das sind Beispiele für versunkene Kosten. Einmal ausgegeben, können diese nur wiederverdient werden, wenn die Unternehmen weiterhin am Markt tätig sind. Im Fall eines Rückzuges vom Markt sind sie dagegen verloren.

Definition 4.2.3 (Versunkene Kosten): Als versunkene Kosten bezeichnet man alle Kosten, die mit dem Marktein- oder -austritt verbunden sind und die bei nur endlicher Verweildauer im Markt anfallen, so daß sie beim Rückzug vom Markt nicht abgegolten werden. Ist die Führung eines Unternehmens davon überzeugt, durch Investition in Forschung und Werbung (also durch das Versenken von Kosten) einen Vorsprung und damit zusätzliche Gewinne (Renten) zu erzielen, dann ist es sicher sinnvoll, in diese Bereiche zu investieren. Bevor aber Forschungs- und Werbeausgaben getätigt werden, um ein neues Produkt auf einem bisher nicht bedienten Markt zu etablieren, sollte genau geprüft werden, in welchem Umfang die bereits etablierten Unternehmen Kosten versenkt und dadurch Vorsprünge erzielt haben. Daraus können die folgenden Rückschlüsse gezogen werden: x

Kosten zu versenken kann sich lohnen. Durch sie wird ein Teil der potentiellen Wettbewerber vom Markteintritt abgehalten. Mit anderen Worten: Die Bestreitbarkeit des Marktes wird reduziert.

x

Ist die Anzahl der Wettbewerber beschränkt, können von den im Markt befindlichen Unternehmen Renten realisiert werden.

x

Ein Unternehmen, das Kosten versenkt hat, kann dies nicht mehr ungeschehen machen. Es wird daher potentiellen Konkurrenten glaubhaft drohen, die Preise auf Durchschnittskosten ohne versunkene Kosten verfallen zu lassen.

x

Umgekehrt wird dieses Unternehmen selbst mit größerem Widerstand aus dem Markt ausscheiden als eines, das keine Kosten versenkt hat. Dies tut es, um wenigstens einen Teil der versunkenen Kosten durch künftige Erlöse zurückzugewinnen.

Offensichtlich spielt die Frage der Irreversibilität als Unmöglichkeit, eine vollzogene Handlung rückgängig zu machen, eine wichtige Rolle. Zunächst stellt sie ein naturwissenschaftliches Konzept dar (vgl. die Gesetze der Thermodynamik), dem sich die Wirtschaftswissenschaften früh angenommen haben, weil die Übertragung der Ergebnisse der neoklassischen Preistheorie auf reale Märkte wesentlich von deren kostenfreien Nutzung abhängt.

86

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

Da auch bei der Existenz von versunkenen Kosten ein Herausforderer seine Produkte nicht zu höheren Preisen verkaufen kann als seine Konkurrenten, wirken versunkene Kosten bei gleichen von den Unternehmen verwendeten Technologien als Markteintrittshemmnis (letztere sind bei hinreichend besseren Technologien überwindbar). Offensichtlich ist diese Marktkonstellation stabil im Sinne des Tragfähigkeitskonzepts, aber nicht effizient im Sinne des neoklassischen Gleichgewichts. Hohe versunkene Kosten eines Unternehmens signalisieren sowohl den tatsächlichen als auch den potentiellen Wettbewerbern, daß dieses Unternehmen mindestens solange im Markt bleiben will, bis die versunkenen Kosten durch entsprechende Erträge verdient wurden bzw. ein Preis für das produzierte Gut erzielbar ist, der über den Durchschnittskosten ohne versunkene Kosten liegt. Der Zeitraum von der Investition bis zur Einbringung der versunkenen Kosten soll Verpflichtungszeitraum genannt werden. Weiterhin stellt sich die Frage, wie die versunkenen Kosten in die üblichen Kostenkategorien einzuordnen sind. In den Wirtschaftswissenschaften unterscheidet man Kosten in x

variable Kosten, die einen Bezug zur erzeugten Produktionsmenge und zum Beschäftigungsgrad aufweisen, sowie

x

fixe Kosten, die in bezug zur Aufnahme des Produktionsprozesses stehen.

Versunkene Kosten findet man in beiden Kategorien. Sie sind beispielsweise fix im Falle von Anlagegütern und variabel bei Werbeausgaben (im Sinne der Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad der Unternehmung). Weiterhin ist zu prüfen, wer über das Versenken der Kosten entscheidet – das Umfeld oder der Unternehmer selbst: x

Exogen sind versunkene Kosten dann, wenn sie von der einzelnen Unternehmung unbeeinflußbar sind (z.B. Kosten für die Firmengründung).

x

Endogen sind solche, die im Einflußbereich der Unternehmung liegen (z.B. Investitionen in Anlagen, Werbeausgaben).

Der Begriff der versunkenen Kosten wurde zwar in der ökonomischen Literatur vor allem durch die Arbeiten von BAUMOL, PANZAR und WILLIG geprägt, tritt jedoch in anderer Form – zusammen mit dem Begriff der Bestreitbarkeit – bereits früher auf. So wird beispielsweise in der Regionalökonomik der Begriff der Bestreitbarkeit explizit im Zusammenhang mit den Kosten der Beharrung verwendet (LÖSCH 1962). Die Tab. 4.1 gibt eine Übersicht über verwandte Begriffe. Tab. 4.1:

Verwandte Erscheinungsformen von versunkenen Kosten

Verwandter Begriff

Erläuterung

asset specificity Idiosynkraise

alternativ nur beschränkt ALCHIAN (1984), WILLIAMSON (1990) einsetzbare Investitionen

Vertreter

Fortsetzung auf der nächsten Seite

4.2 Bestreitbare Märkte und versunkene Kosten

87

Fortsetzung Tab. 4.1:

Verwandter Begriff

Erläuterung

Vertreter

Quasi-Rente

Positive Differenz zwischen dem ausgehandelten Preis und dem besten alternativen Preis (Reservationspreis) eines alternativen Käufers Unumkehrbarkeit von Investitionsentscheidungen, Ausmaß, in dem Investition und Desinvestition einer Anlage nicht zum gleichen Marktpreis erfolgen („Preisabschlag bei der Liquidation“) graduelle Immobilität von Kapitalgütern im Sinne der abgestuften Möglichkeit, ihre Verwendung geänderten Verhältnissen anzupassen Kosten von Individuen, Standortveränderungen wahrzunehmen, vor dem Hintergrund zurückzulassender Anlagen Dauer, für welche ein Unternehmen an bestimmte Kosten gebunden ist

MARSHALL (1956), MYERS (1977), KLEIN/ CRAWFORD/ ALCHIAN (1978), ALCHIAN/ WOODWARD (1987)

Je größer das Verhältnis von Anschaffungskosten zu Veräußerungserlösen, desto stärker ist ein Gut auf die bisherige Verwendung fixiert und der Unternehmer an das Gut und seine gegenwärtige Verwendung gebunden Anpassungskosten einer Investition an veränderte Umweltbedingungen Zeit, die im üblichen Geschäftsablauf vergeht, bis Vermögensgegenstände zu liquiden Mitteln werden Differenz zwischen dem Liquidationserlös von Gütern und ihrem Wert in bester Verwendung

JOHNSON (1956), EDWARDS (1959)

Irreversibilität, fehlende Wertbeständigkeit

Abgestufte Lenkbarkeit des Kapitals

Kosten des Sich-Lösens

Abbaufähigkeit fixer Kosten, Festigkeit von Kosten, Mindestdauer der Unveränderlichkeit asset fixity

adjustment costs

Selbstliquidationsperiode

asset illiquidity

MARCHAK (1949), HART (1965), ARROW (1968), ARROW/ FISHER (1974), DIXIT (1980), KRAHNEN (1990, S. 23 f. und S. 35)

MISES (1940)

LÖSCH (1962)

SEICHT (1963), LAYER (1967), SÜVERKRÜP (1968), CHMIELEWICZ (1983, S. 69)

LUCAS (1967), GOULD (1968), LUCAS/ PRESCOTT (1971) STÜTZEL (1959), KRÜMMEL (1980)

SHLEIFER/ VISHNY (1992)

88

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

In Erweiterung von SCHAUB (1997) soll eine Unterscheidung versunkener Kosten nach drei Kriterien vorgenommen werden.29 Unterschieden wird nach dem: x

Zeitbezug: Welche Bedeutung besitzt die Tatsache, daß sich Preise in der Zeit ändern können? Dies gilt sowohl für einen Sekundärmarkt (also den „Verwertungsmarkt“ für den Verkauf des Gutes, das durch Kostenversenken geschaffen wurde) als auch für den Absatzmarkt. Über die Unternehmenswerttheorie ist vor allen Dingen der Verwertungsmarkt vom Absatzmarkt abhängig.

x

Marktbezug: Versunkene Kosten sind Folge von Beschaffungsentscheidungen auf einem Primärmarkt und der Unmöglichkeit, entsprechende Erlöse für das Objekt auf einem Sekundärmarkt zu erzielen.

x

Technologiebezug: Bei gegebener Absatzstruktur können technologische Veränderungen bei Investitionsgütern vorhandene Anlagen entwerten.

Hieraus folgen vier typische Definitionen der versunkenen Kosten: die traditionelle („Istkosten“), die historische, die simultane und die perspektivische Sicht. Bei historischer und perspektivischer Sichtweise treten erhebliche Probleme auf, weil Unsicherheit über Wertentwicklungen kalkuliert werden muß (vgl. Tab. 4.2). Tab. 4.2:

Kategorisierung für versunkene Kosten

Sunk-CostSichtweise

1. traditionelles 2. historische RechnungsSichtweise wesen (iSC) (hSC)

Definition (Meßvorschrift)

Alle vergangenen Ausgaben, die vor dem Entscheidungszeitpunkt (t0) angefallen sind (Istkosten vergangener Perioden)

Differenz zwischen historischen Ausgaben auf dem Primärmarkt und tatsächlichen oder potentiellen Einnahmen auf dem Sekundärmarkt heute

iS

3. simultane Sichtweise (sSC)

4. perspektivische Sichtweise (pSC)

Differenz von Ausgaben auf dem Primärmarkt und potentiellen Einnahmen auf dem Sekundärmarkt zum gleichen Zeitpunkt

Differenz von Ausgaben auf dem Primärmarkt und potentiellen Einnahmen auf dem Sekundärmarkt in der Zukunft

hS

sS

pS

Primärmarkt Sekundärmarkt

t0

t0

t0

t0

29 Anders als bei SCHAUB (1997) wird der Sekundärmarkt hier vollständig vom Absatzmarkt ab-

gegrenzt und beide einer eigenen zeitlichen Dimension unterworfen.

4.2 Bestreitbare Märkte und versunkene Kosten

4.2.3

89

Rationalität und versunkene Kosten

In der ökonomischen Literatur werden versunkenen Kosten teilweise diametral unterschiedliche Eigenschaften zugeschrieben: x

Sie werden als entscheidungsirrelevant angenommen. Hier liegt die Begründung darin, daß nach dem Versenken der Kosten diese nicht mehr beeinflußt werden können. Um im Beispiel des Theaterabonnements zu bleiben (ODYSSEUSSyndrom): Eine Bindung existiert eigentlich nicht, denn mit oder ohne Theaterbesuch können die Kosten des Abonnements nicht zurückgeholt werden (wenn die Karten nicht übertragbar sind).

x

Ihnen wird die Eigenschaft zugeschrieben, die Nachdrücklichkeit eines Engagements zu erhöhen. Es ist zwar klar, daß die eingegangenen Kosten nicht zurückgeholt werden können, aber man kann die Investition nutzen, um schließlich Gewinn auf dem Produktmarkt (oder Nutzen aus einem Engagement) zu ziehen.

Eine wichtige Bedeutung besitzen folglich die Nutzungsperspektiven nach dem Versenken von Kosten, und es ist von fundamentaler Bedeutung, den (Primär- und Sekundär-) Markt für das versunkene Objekt (Baugenehmigung, Theaterabonnement, Blut der Krieger, spezifische Anlage zur Erzeugung von Chips, geschaffener Markenname) vom Markt der damit erzeugten Güter (Haus, Theaterbesuch, Krieg, Chips, Parfum) und dessen Entwicklungsperspektiven zu unterscheiden. Da die versunkenen Kosten in den Marktwert der Unternehmung eingehen, sind diese damit auch – vgl. die Aussagen zum Zeitbezug in Tab. 4.2 – von der Absatzperspektive abhängig. Dies wird an einem einfachen Beispiel deutlich: Ein Individuum entschließt sich, ein Haus auf einem vorhandenen Grundstück zu bauen, und beantragt eine Baugenehmigung. Es erhält die Genehmigung einige Zeit später. Da die Person inzwischen aber ein Haus geerbt hat, möchte sie Grundstück und Baugenehmigung veräußern. Bei gleicher Marktlage wird nur das Grundstück bezahlt. Auch wenn also eine Baugenehmigung kein einzeln handelbares Gut darstellt, können nur bei einer Marktlage, die einen entsprechend erhöhten Preis zuläßt, diese Kosten auf den Käufer abgewälzt werden. Ökonomisch interpretiert: Wenn die Preissetzung den totalen Durchschnittskosten folgt, besteht kein Unterschied, ob das Unternehmen innerhalb der Verpflichtungsperiode weiterproduziert oder nicht, da noch bestehende fixe Kosten beim Rückzug aus dem Markt beispielsweise durch Verkauf der Anlagen zum Buchwert abgelöst werden können (gelänge dies nicht, so lägen anteilig versunkene Kosten vor). Infolge der Irreversibilität versunkener Kosten wird daraus häufig gefolgert, daß sie für im Markt befindliche Unternehmen entscheidungsirrelevant sind. Dies vernachlässigt aber die Tatsache, daß, wie oben ausgeführt, Renten durch Preissetzung oberhalb der totalen Durchschnittskosten abgeschöpft werden können und innerhalb der Verpflichtungsperiode ein effektiver Schutz vor Konkurrenz besteht. Damit kann das Versenken von Kosten in die Gegenwart hineinreichen und ein „Durchhalten“ auch unter widrigen Umständen angezeigt erscheinen lassen (vgl. WOLF 1970).

90

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

Tab. 4.3:

Rationalität und versunkene Kosten (SCHAUB 1997)

Modell

Erläuterung

Rationalitätsinterpretation

„Irrationalität“ (1) Entrapment-Modell Primär individueller Ansatz: (psychologischer Ansatz) Viele kleine Verluste werden nacheinander in der Hoffnung auf einen erlösenden Gewinn aufgewandt. Primär motivatorischer Ansatz: Einzelne Ursachen erklären die Motivation und psychologischen Mechanismen des Sunk-Cost-Verhaltens beim Entscheidungsträger, teilweise eingebettet in die Theorie der kognitiven Dissonanz. Primär individueller Ansatz: (3) Informationsverarbeitungsansatz und Das Sunk-Cost-Phänomen ist Erklärungsmodell der Ergebnis mangelhafter ProbProspect-Theorie lemwahrnehmung und Infor(ursprünglich) mationsverarbeitung (kognitive Unzulänglichkeiten). Die unterschiedliche Bewertung von Gewinnen und Verlusten und die relative Übergewichtung sicherer Ereignisse führt u. a. dazu, daß weitere Sunk-Cost-Ausgaben als relativ kleines Leid und Gewinne als deutlich größerer Nutzen erscheinen. (4) Reputations-Infomations- Primär individueller, hinsichtlich (2) auch integrativer Anasymmetrie-Ansatz satz: (ökonomischer Ansatz) Der Sunk-Cost-Effekt ist das Ergebnis rationalen Verhaltens von Agenten, die bei Vorliegen privater Information ihren Reputations- und Marktwert beibehalten oder steigern wollen (Delegationsrisiko aufgrund unvollkommener Anreizkomptabilität der Organisation) (2) Traditionelles Determinanten-Modell (sozialer Ansatz)

„retrospektive“ bzw. „expost-Rationalität“ (STAW 1981, STAW/ ROSS 1978) aus Sicht der Entscheidungsträger, sonst „Irrationalität“

„beschränkte Rationalität“, „Quasi-Rationalität“ (THALER 1991) (subjektive Rationalität)

Individuelle Rationalität, kollektive Irrationalität

Fortsetzung auf der nächsten Seite

4.3 Irreversibilität in der Evolutionsökonomik

91

Fortsetzung Tab. 4.3:

Modell

Erläuterung

Rationalitätsinterpretation

(5) Vollständig rationaler Ansatz (ökonomischer Ansatz)

Eine Unterscheidung nach individuellem und kollektivem Ansatz ist wegen Zielkonkordanz und Informationssymmetrie obsolet. Die Sunk-Cost-Eskalation ist Folge von Unsicherheit. Sequentielle Fortführungsentscheidungen sind die rationale Folge neuer, periodenweise eintretender Informationen/ nicht antizipierbarer Ex-postÜberraschungen der Umwelt.

Individuelle und kollektive Rationalität (bei Entscheidungssequenzen auch prozedurale Rationalität)

4.3

Irreversibilität in der Evolutionsökonomik

Wie flexibel können sich Institutionen, also auch Firmen, an veränderte Umfeldbedingungen anpassen, um z.B. Signale zu setzen? In der Neuen Industrieökonomik wird, wie oben ausgeführt, Irreversibilität mit versunkenen Kosten begründet. Sie steht damit am Anfang eines Entwicklungsprozesses, dem die Evolutionsökonomik eine Pfadgebundenheit zuerkennt. Am Anfang einer Trajektorie als „Umhüllende“ von Entwicklungspfaden steht damit i.d.R. ein irreversibler Prozeß. Im Ausgang der evolutorischen Wettbewerbstheorie stehen Innovationen. Wenn nun Innovationen das Versenken von Kosten erfordern und damit bei gegebener Radikalität neue Trajektorien eröffnen, dann kann dies durch Beschränkung der Wahlfreiheiten andere Entwicklungslinien entwerten und innerhalb des eigenen Trajektoriums den Wettbewerb intensivieren. Nur durch trial-and-error-Prozesse läßt sich deren Überlegenheit überprüfen. Solange der Wettbewerb in der Lage ist, durch Innovation die durch Kostenversenkung erzeugte Markteintrittsbeschränkung zu überwinden, wird die Evolutionsdynamik nicht (nachhaltig) beeinträchtigt. Vermutlich liegen die versunkenen Kosten bei hierarchischen Unternehmen höher als bei flachen und dort wieder höher als bei atomistischen Arrangements – dies dürfte vor allem für den materiellen Bereich gelten. Dann wären weniger stark bindende Trajektorien mit mehr Wettbewerb zu erwarten. Anders liegt der Fall, wenn Wahlfreiheiten durch den Staat eingeschränkt werden, beispielsweise durch den Zwang zum Versenken von Kosten (z.B. durch Genehmigungsverfahren), die das Informationssystem und damit die Evolutionsfähigkeit beschädigen; die so erzeugte anbieterseitige Verengung des Marktes kann häufig nicht durch Innovationen überwunden werden.

92

4.4

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

Versunkene Kosten und Marktstruktur30

In den folgenden Abschnitten soll der Einfluß versunkener Kosten auf unternehmerisches Verhalten – sei es das Verhalten der im Markt befindlichen Unternehmen oder das von (potentiellen) Wettbewerbern – eingehender untersucht werden. Den Ausgangspunkt bildet dabei das aus Abschnitt 3.5.4 bekannte Duopolmodell von V. STACKELBERG. Dieses erfährt in Abschnitt 4.4.1 zunächst eine Reinterpretation und wird anschließend zur Analyse der Auswirkung von versunkenen Kosten auf strategisches Handeln im Duopol benutzt (STACKELBERG-SPENCE-DIXIT-Modell). Danach soll der Einfluß, den versunkene Kosten auf die Marktstruktur ausüben, im Rahmen verallgemeinerter Oligopolmodelle analysiert werden (Abschnitte 4.4.2 und 4.4.3). Es erweist sich dabei als sinnvoll, exogene und endogene versunkene Kosten separat abzuhandeln (vgl. SUTTON 1996). Während exogene versunkene Kosten nämlich vor allem durch den Rechtsrahmen einer Gesellschaft festgelegt werden – wodurch der Staat unmittelbaren Einfluß auf die Gruppenstruktur einer Branche gewinnt –, unterliegen endogene versunkene Kosten primär dem Kalkül der Unternehmer. In Abschnitt 4.4.4 folgt eine Analyse der Bedeutung von versunkenen Kosten als Markteintrittsschranke. Wirtschaftspolitische Folgerungen sowie die Beantwortung der eingangs genannten Fragen schließen die Betrachtungen ab.

4.4.1

Versunkene Kosten im Duopol

In Abschnitt 3.5.4 wurde eine einfache Version des V. STACKELBERGschen Duopolmodells vorgestellt und analysiert. Das Besondere des Modells bestand in der Annahme, daß die beiden im Markt tätigen Unternehmen ihre Produktionsmengen nacheinander festlegen. Das Unternehmen, das sein Outputniveau als zweites festlegt (der STACKELBERG-Folger), wird aufgrund dieser Annahme in die Lage versetzt, vor der Wahl der eigenen Produktionsmenge die Menge des anderen Unternehmens (des STAKKELBERG-Führers) zu beobachten. Das Problem des STACKELBERG-Folgers besteht dann darin, die gewinnmaximale Reaktionsmenge für die Vorgabe des Führers zu ermitteln. Der STACKELBERG-Führer sucht den Output, der bei gegebener Reaktion des Folgers seinen Gewinn maximiert. Die Analyse des Modells ergab, daß es dem STACKELBERG-Führer aufgrund des zeitlichen Vorsprungs möglich ist, ein höheres Outputniveau als im Gleichgewicht des simultanen COURNOT-Duopols zu wählen. Die optimale Produktionsmenge des STAKKELBERG-Folgers ist deshalb geringer als im COURNOT-Duopol. Die veränderten Mengen führen dazu, daß der Gewinn des STACKELBERG-Führers im Vergleich zum Gewinn

30 Übungsaufgabe 27.

4.4 Versunkene Kosten und Marktstruktur

93

eines COURNOT-Duopolisten höher, der des STACKELBERG-Folgers dagegen niedriger ausfällt. Folgender bisher noch nicht erörterter Aspekt kennzeichnet das STACKELBERG-Gleichgewicht: Die Produktionsmenge des STACKELBERG-Führers befindet sich nicht auf dessen Reaktionsfunktion (vgl. Abb. 4.1 in Verbindung mit Abb. 3.13 auf Seite 71). Hat sich der STACKELBERG-Folger für die Abhängigkeitsmenge x2S entschieden, besteht für den STACKELBERG-Führer somit ein Anreiz, seine Produktionsmenge ausgehend vom ursprünglichen Gleichgewichtsniveau x1S zu verringern, um dadurch seinen Gewinn zu steigern. In Erwartung dieser Reaktion würde der Folger seinerseits ein höheres Outputniveau als x2S wählen. Die Mengenkombination (x1S, x2S) dürfte deshalb eigentlich kein Gleichgewicht bilden, es sei denn, der STACKELBERG-Führer verfügt über Möglichkeiten, sich irreversibel auf die Produktionsmenge x1S festzulegen. Eine solche Möglichkeit ist gegeben, wenn die Produktion das Versenken von Kosten erfordert.

x2

f1(x2)

C

x2 S x2

C S

f2(x1)

0 Abb. 4.1:

x1

C

x1

S

x1

Instabilität des Gleichgewichts im V. STACKELBERG-Duopolmodell

Um diese Aussage zu verdeutlichen, stellt man sich das STACKELBERG-Modell als ein Spiel mit zwei Perioden vor: In Periode 1 produziert der STACKELBERG-Führer den Output x1S. Nachdem der STACKELBERG-Folger x1S beobachtet hat, fertigt er in Periode 2 die Menge x2S. Am Ende von Periode 2 wird das Gesamtangebot x1S + x2S zum markträumenden Preis verkauft, wodurch die Unternehmen ihre Gewinne erzielen. Die in Periode 1 anfallenden Produktionskosten des ersten Unternehmens stellen in diesem Kontext versunkene Kosten dar, wenn es dem Unternehmen in Periode 2 nicht möglich ist, die hergestellten Produkte wieder vollständig in ihre Produktionsfaktoren zu zerlegen und diese zum Einkaufspreis am Markt zu verkaufen. Im Fall versunkener Produk-

94

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

tionskosten wird Unternehmen 1 seine in Periode 1 produzierte Menge x1S ganz sicher in Periode 2 zum Verkauf anbieten. Der daraus resultierende, im Vergleich zum COURNOT-Gleichgewicht höhere Gewinn des STACKELBERG-Führers basiert somit neben dem zeitlichen Vorsprung ganz entscheidend auf der Irreversibilität seiner Mengenentscheidung. Die oben angesprochene Modellierung des V. STACKELBERG-Duopolmodells als Spiel mit zwei Perioden liefert weitere interessante Ergebnisse, wenn man annimmt, daß die beiden Unternehmen sich, nicht wie oben unterstellt, bereits im Markt befinden, sondern gleichzeitig mit Festsetzung einer Produktionsmenge über ihren Marktzutritt entscheiden. Dieser erweiterte Modellrahmen ist als STACKELBERG-SPENCE-DIXIT-Modell bekannt. Aufbauend auf den Ausführungen des Abschnittes 3.5.4 werden nachfolgend die wesentlichen Ergebnisse dieses Modells hergeleitet.

Das STACKELBERG-SPENCE-DIXIT Modell Gegeben sei (wie schon im STACKELBERG-Duopol des Abschnittes 3.5.4) die PreisAbsatz-Funktion durch: A  B ˜ ( x1  x2 ) ,

q( x1 , x2 )

A!0, B!0.

(4.2)

Die Kostenfunktionen der beiden Unternehmen sind identisch und lauten: K i ( xi )

c  e ˜ xi ,

c ! 0 , e ! 0 , i  {1; 2}.

(4.3)

Der Parameter c bezeichnet dabei die Höhe der für die Produktionsaufnahme notwendigen Fixkosten. Wie schon erwähnt wurde, umfaßt das Modell zwei Perioden. Zunächst wird die zweite Periode betrachtet und davon ausgegangen, daß Unternehmen 1 in der Vorperiode in den Markt eingetreten ist. Die im Zusammenhang mit dem Marktzutritt gefällte Mengenentscheidung des ersten Unternehmens sei irreversibel im obenerläuterten Sinne. Unternehmen 2 steht noch vor dem Marktzutritt. Die Gewinnfunktion des zweiten Unternehmens lautet somit:

G2 ( x1 , x2 )

­q( x1 , x2 ) ˜ x2  K 2 ( x2 ) bei Markteintritt, ® sonst. ¯0

(4.4)

Unter Zuhilfenahme der spezifizierten Preis-Absatz- sowie Kostenfunktion kann die Gewinnfunktion auch wie folgt geschrieben werden: G2 ( x1 , x2 )

­°( A  e  B ˜ x1 ) ˜ x2  B ˜ x2 2  c bei Markteintritt, ® °¯0 sonst.

(4.5)

4.4 Versunkene Kosten und Marktstruktur

95

Wie sich aus (4.5) ergibt, wird ein Markteintritt des zweiten Unternehmens nur dann erfolgen, wenn das Unternehmen als Folge seiner Produktionstätigkeit einen positiven Gewinn erzielt.31 Da Unternehmen 2 hier als STACKELBERG-Folger agiert, ist zu prüfen, ob die STACKELBERG-Abhängigkeitsmenge ihm einen Gewinn größer als null verschafft. Aus Abschnitt 3.5.4 ist bereits bekannt, daß sich die optimale Produktionsmenge des STACKELBERG-Folgers aus seiner Reaktionsfunktion ergibt. Diese folgt nach Umstellen der notwendigen Bedingung für ein Gewinnmaximum und lautet für den Fall des Markteintrittes: x2

f 2 ( x1 )

Ae 1  ˜ x1 . 2˜ B 2

(4.6)

Einsetzen der Reaktionsfunktion für x2 in (4.5) und Zusammenfassen liefert den maximal erzielbaren Gewinn des Unternehmens 2:

G2 ( x1 )

­ ( A  e  B ˜ x1 ) 2 °  c bei Markteintritt, ® 4˜ B °¯0 sonst.

(4.7)

Gleichung (4.7) zeigt, daß die Markteintrittsentscheidung durch die zwei Größen x1 und c bestimmt wird (die Parameter A, B und e seien konstant). Der Markteintritt des zweiten Unternehmens hängt somit einerseits vom Outputniveau des ersten Unternehmens in der ersten Periode und andererseits vom Ausmaß der zur Aufnahme der Produktion notwendigen Fixkosten ab. Annahmegemäß verzichtet Unternehmen 2 immer dann auf einen Marktzutritt, wenn gilt:

ct

( A  e  B ˜ x1 ) 2 4˜ B

bzw.

x1 t

Ae c SSD  2˜ { x1 . B B

(4.8)

Für jedes Fixkostenniveau c besteht für das erste Unternehmen gemäß dem Ergebnis (4.8) die Möglichkeit, einen drohenden Marktzutritt des Unternehmens 2 zu verhindern. Unternehmen 1 muß dazu in der ersten Periode lediglich eine Produktionsmenge größer oder gleich dem Wert x1SSD wählen. Ob das Unternehmen jedoch in jedem Fall von dieser Möglichkeit Gebrauch machen sollte, ist noch zu klären. Dabei wird wie folgt vorgegangen.

31 Falls Unternehmen 2 infolge eines Markteintritts gerade einen Nullgewinn erzielt, ist es indif-

ferent zwischen den Alternativen „Markteintritt” und „kein Markteintritt”. Für diesen Fall wird angenommen, daß sich das Unternehmen gegen einen Markteintritt entscheidet.

96

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

In einem ersten Schritt bestimmt man den Bereich von c, für den der Marktzutritt des Folgers selbst dann blockiert ist, wenn Unternehmen 1 in Periode 1 den optimalen Monopoloutput xM wählt.32 Nach Einsetzen von xM für x1 in (4.8) folgt: ct

( A  e) 2 { cb . 16 ˜ B

(4.9)

Immer wenn c • cb gilt, bedarf es folglich keinerlei Abwehrmaßnahmen von Seiten des ersten Unternehmens um den Markteintritt des anderen zu verhindern. Unternehmen 1 kann als Monopolist agieren und den maximalen Monopolgewinn erzielen. Unternehmen 2 tritt nicht in den Markt ein, sein Gewinn ist null. Ist c hingegen kleiner als cb, würde die Wahl der optimalen Monopolmenge den Folger zum Markteintritt veranlassen. Zwei strategische Alternativen stehen Unternehmen 1 dann zur Verfügung: 1.

Das Unternehmen verhindert den Markteintritt des Folgers, indem es seine Produktionsmenge der ersten Periode vom optimalen Monopoloutput auf das Niveau x1SSD ausdehnt. Unternehmen 1 bleibt durch die Wahl von x1SSD zwar Monopolist, muß jedoch wegen der suboptimalen Produktionsmenge auf einen Teil des maximal erzielbaren Monopolgewinns verzichten. Der Gewinn des Unternehmens berechnet sich für diese Alternative (Einsetzen von x1SSD in die Gewinnfunktion eines Monopolisten) als: M

G1 (c | c  cb ) 2.

2 ˜ ( A  e) ˜

c  5˜c . B

(4.10)

Das Unternehmen 1 akzeptiert den Markteintritt des Folgers und wählt die Produktionsmenge des STACKELBERG-Führers. Sein Gewinn ist dann gegeben durch (vgl. Abschnitt 3.5.4): S

G1 (c | c  cb )

( A  e) 2 c . 8˜ B

(4.11)

32 Das optimale Outputniveau eines Monopolisten erhält man durch Ableiten der Gewinnfunk-

tion des Monopolisten, G ( x)

( A  B ˜ x) ˜ x  c  e ˜ x

( A  e) ˜ x  B ˜ x 2  c ,

nach der Variable x, anschließendem Nullsetzen der Ableitung und Umstellen nach x: x

Ae { xM . 2˜ B

4.4 Versunkene Kosten und Marktstruktur

97

Das erste Unternehmen wird sich stets für die Alternative entscheiden, bei der es für ein gegebenes Fixkostenniveau c den höheren Gewinn erhält. Die Entscheidung fällt somit zugunsten von Alternative 1 (Erhalt der Monopolstellung) aus, falls gilt: 2 ˜ ( A  e) ˜

c ( A  e) 2  5˜c t c. B 8˜ B

(4.12)

Diese Ungleichung kann nach c aufgelöst werden. Für den hier interessierenden Bereich c < cb erhält man:

ct

( A  e) 2 ˜ 3  8 { cm . 32 ˜ B





(4.13)

Erreichen die für die Produktionsaufnahme aufzuwendenden Fixkosten das Niveau cm (das Mindestniveau, ab dem Unternehmen 1 durch Mengenausweitung seine Monopolstellung verteidigen kann) nicht, sind somit zwei Unternehmen im Markt tätig und es resultiert das bekannte STACKELBERG-Gleichgewicht. Für die bisherige Analyse wurde unterstellt, daß Unternehmen 1 in der ersten Periode in den Markt eingetreten ist. Doch auch dieses Unternehmen wird sich nur dann für einen Markteintritt entscheiden, wenn es dadurch einen positiven Gewinn erzielen kann. Sind die versunkenen Fixkosten so hoch, daß sie nicht einmal im Gewinnmaximum eines Monopolisten33 vollständig gedeckt werden, d.h. falls gilt

ct

( A  e) 2 { cc , 4˜ B

(4.14)

wird kein Unternehmen das betrachtete Gut herstellen. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß im betrachteten Zwei-Perioden-Modell die Marktstruktur der zweiten Periode durch die Höhe der (im Fall des ersten Unternehmens versunkenen) Fixkosten relativ zum erzielbaren Bruttogewinn (Gewinn ohne Fixkosten) determiniert wird. Übersteigen die Fixkosten den Wert cc, besteht selbst für einen Monopolisten keine Möglichkeit, einen positiven Gewinn zu erwirtschaften. Die Anbieterzahl ist somit null. Nimmt c Werte im Intervall [cb, cc) an, tritt ausschließlich Unternehmen 1 als Anbieter auf und erzielt den maximalen Monopolgewinn. Der Marktzutritt von Unternehmen 2 ist in diesem Bereich blockiert (man spricht von 33 Den maximalen Monopolgewinn erhält man nach Einsetzen von xM in die Gewinnfunktion des

Monopolisten (vgl. Fußnote 32). Er lautet: GM

( A  e) 2 c . 4˜B

98

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

blocked entry), da er stets zu Verlusten führen würde. Auch wenn c im Intervall [cm, cb) liegt, wird das erste Unternehmen der einzige Anbieter des Gutes sein. Allerdings ist seine Monopolmacht in diesen Fällen beschränkt. Um seine Monopolstellung aufrecht zu erhalten, muß das Unternehmen seinen Output über den optimalen Monopoloutput ausweiten. Diese Mengenausweitung bewirkt einerseits die gewünschte Abschreckung des zweiten Unternehmens: Dessen optimale Reaktionsmenge wird so klein, daß der resultierende Gewinn null beträgt (deterred entry). Andererseits entgeht dem ersten Unternehmen durch die Ausweitung der Produktionsmenge ein Teil des maximalen Monopolgewinns. Je geringer c ausfällt, desto größer ist die eintrittsverhindernde Menge x1SSD und desto geringer der erzielbare Monopolgewinn. Für Fixkosten unterhalb von cm liegt dieser Monopolgewinn unter dem Gewinn eines STACKELBERG-Führers. Folglich ist es dann für Unternehmen 1 das Beste, sich mit dem Marktzutritt des Folgers abzufinden und durch Wahl der STACKELBERG-Unabhängigkeitsmenge den Gewinn zu maximieren (accommodated entry). Für Werte von c aus dem Intervall [0, cm ) folgt als Marktstruktur ein Duopol. Den Sachverhalt verdeutlicht Abb. 4.2, in der die Gewinnfunktionen der Unternehmen in Abhängigkeit von c abgetragen sind. Jenseits von cc verlaufen beide Graphen auf der Abszisse, da kein Marktzutritt erfolgt und die Unternehmensgewinne deshalb null betragen. Zwischen cb und cc ist der optimale Monopolgewinn des Unternehmens 1 eine fallende Funkion von c. Der Gewinn des zweiten Unternehmens ist weiterhin null. Für c < cb sind die Gewinnfunktionen für die beiden dem ersten Unternehmen zur Verfügung stehenden Alternativen (Abschreckung und Anpassung) dargestellt. Für den Fall der Abschreckung ist die Gewinnfunktion von Unternehmen 1 paraboloid, die von Unternehmen 2 verläuft auf der Abszisse. Bei Anpassung resultieren die linearen Funktionen des STACKELBERG-Führer- bzw. -Folgergewinns, die mit steigendem c fallen. Liegt der Monopolgewinn des ersten Unternehmens über dem Duopolgewinn eines STAKKELBERG-Führers, resultiert ein Monopol (Bereich cm ” c < cb), sonst ein Duopol (c < cm). Abschließend sei nochmals darauf hingewiesen, daß sämtliche strategische Möglichkeiten, über die das erste Unternehmen im Modell verfügt (Wahl der geringsten eintrittsverhindernden Menge, Wahl der STACKELBERG-Unabhängigkeitsmenge), auf der Irreversibilität seiner Mengensetzung in Periode 1 beruhen. Ist die Produktionsmenge hingegen reversibel, ergibt sich nach dem Marktzutritt des zweiten Unternehmens im Gleichgewicht die Lösung des COURNOT-Duopols (vgl. Abschnitt 3.5.2). Die gleichgewichtige Marktstruktur ist dann immer ein Duopol, falls

0dc

( A  e) 2 , 9˜ B

(4.15)

und ein Monopol, falls

( A  e) 2 d c  cc . 9˜ B Für Fixkosten von cc und höher gibt es weiterhin keine Anbieter.

(4.16)

4.4 Versunkene Kosten und Marktstruktur

99

G1(c) G2(c)

G1(c)

G2(c) 0 cm Abb. 4.2:

4.4.2

cb

cc

c

Gewinne der Unternehmen und Marktstruktur im STACKELBERG-SPENCE-DIXITModell

Exogene versunkene Kosten

Nachfolgend soll die im Gleichgewicht resultierende Marktstruktur eines Marktes für den Fall bestimmt werden, daß der Marktzutritt mit exogenen versunkenen Kosten verbunden ist.34 Dazu wird unterstellt, daß jedes Unternehmen, welches das Gut herstellen und auf dem Markt anbieten möchte, vor der Produktionsaufnahme Kosten in Höhe von k Geldeinheiten versenken muß.35 Ist die Entscheidung eines Unternehmens zugunsten eines Marktzutritts gefallen (und k unwiederbringlich verloren), erfolgt die Produktion des betrachteten Gutes zu konstanten Grenzkosten. Alle Unternehmen maximieren ihre Gewinne. Verzichtet ein Unternehmen auf den Marktzutritt, ist dessen Gewinn gleich null. Folglich lohnt sich der Eintritt in den Markt für ein Unternehmen nur dann, wenn dadurch zumindest ein Nullgewinn generiert wird. Wie hoch der Gewinn ausfällt, den ein im Markt tätiges Unternehmen durch den Ver-

34 Vgl. SUTTON (1996, S. 28ff.). 35 Der Parameter k kann als die Einrichtungskosten für ein Unternehmen mit minimaler effizien-

ter Größe abzüglich eines etwaigen Wiederverkaufswertes oder als die Kosten zur Erlangung sämtlicher behördlicher Genehmigungen interpretiert werden.

100

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

kauf seiner Produkte erzielt, hängt entscheidend von der Intensität des Wettbewerbs ab, dem die Anbieter des Gutes ausgesetzt sind. Deshalb wird die sich im Gleichgewicht ergebende Marktstruktur für Wettbewerbsmodelle mit unterschiedlicher Wettbewerbsintensität ermittelt. Betrachtet werden 1. das COURNOT-Oligopol, 2. das reine BERTRAND-Oligopol und 3. die Kollusion der Anbieter bei der Preiswahl. Die Situation kann als zweistufiges Spiel modelliert werden: Nachdem eines der drei genannten Wettbewerbsmodelle unterstellt wurde, entscheidet jeder potentielle Anbieter zunächst über einen Marktzutritt (Stufe 1). Anschließend legen alle Eintrittswilligen ihre Entscheidungsvariable des Wettbewerbsmodells (d.h. die Angebotsmenge im COURNOT-Oligopol bzw. den Verkaufspreis im BERTRAND-Oligopol und bei Kollusion) fest (Stufe 2). Für jedes Unternehmen resultiert schließlich ein Gewinn. Nachdem k auf Stufe 1 versenkt wurde, bleibt jedem in den Markt eingetretenen Unternehmen keine andere Möglichkeit mehr, als durch die Maximierung des Gewinns auf Stufe 2 (genaugenommen handelt es sich dabei um einen Deckungsbeitrag) den Gesamtgewinn zu maximieren. Die versunkenen Kosten spielen aufgrund ihres irreversiblen Charakters für die Entscheidung auf Stufe 2 keine Rolle mehr. Zur Bestimmung des Marktgleichgewichtes kann deshalb wie folgt vorgegangen werden. Zunächst wird Stufe 2 des Spieles betrachtet und angenommen, daß n identische Unternehmen im Markt tätig sind. Man bestimmt die Gleichgewichtsgrößen, insbesondere den Unternehmensgewinn. Dieser ist eine Funktion von n. Da die im Markt tätigen Unternehmen im Gleichgewicht zumindest einen Nullgewinn erzielen müssen, läßt sich anhand der Gewinnfunktion die Anzahl der Anbieter ermitteln, die bei einem gegebenen k profitabel im Markt arbeiten können. Dies soll nun für die genannten Wettbewerbsmodelle in einer einfachen Modellwelt mit nachfolgend angegebenen Spezifikationen demonstriert werden. Die Kostenfunktion eines Unternehmens i (i = 1, 2, ...) sei gegeben durch: K i ( xi )

e ˜ xi ,

et0.

(4.17)

Die Nachfrage wird durch die isoelastische Nachfragefunktion x(q)

S , q

S ! 0,

(4.18)

bestimmt, wobei x die nachgefragte Menge bezeichnet, S das aggregierte Einkommen aller Konsumenten symbolisiert (also ein Maß für die Größe des Marktes ist) und q für den Preis des Gutes steht. Für Preise, die den Wert q0 übersteigen, sei die nachgefragte Menge null.36

36 Diese Annahme ist notwendig, da bei der o.g. Nachfrage- und Kostenfunktion der Monopol-

preis sonst gegen unendlich gehen würde. q0 bezeichnet also den Monopolpreis.

4.4 Versunkene Kosten und Marktstruktur

4.4.2.1

101

Exogene versunkene Kosten im COURNOT-Oligopol

Die Stufe-2-Gewinnfunktion des Unternehmens i lautet im COURNOT-Oligopol:37 Gi ( xi , x i )

q ( xi , x i ) ˜ xi  K ( xi ) .

(4.19)

Die Preis-Absatz-Funktion q(xi, x–i) läßt sich aus der Nachfragefunktion (4.18) herleiten und lautet: q( xi , xi )

S . xi  xi

(4.20)

Mit (4.20) und (4.17) kann die Gewinnfunktion (4.19) des Unternehmens i alternativ geschrieben werden als: Gi ( xi , xi )



xi  e ˜ xi . xi  xi

(4.21)

Leitet man nun (4.21) partiell nach xi ab (wobei die Quotientenregel zu beachten ist) und setzt die Ableitung gleich null, so resultiert die notwendige Bedingung für ein Maximum der Gewinnfunktion: wGi ( xi , xi ) wxi



x i e ( xi  xi ) 2

0.

(4.22)

Da die Kostenfunktionen aller Unternehmen identisch sind, gilt x n ˜ xi (symmetrische COURNOT-Lösung) und somit xi x  xi (n  1) ˜ xi . Es folgt: e



(n  1) ˜ xi (n ˜ xi ) 2

S ˜ (n  1) . n 2 ˜ xi

(4.23)

Umstellen nach xi liefert die optimale Angebotsmenge von Unternehmen i in Abhängigkeit der Anbieterzahl n: xi

S ˜ (n  1) C { xi (n) . e ˜ n2

(4.24)

Ersetzt man in (4.21) zuerst (xi + x–i) durch n · xi und dann xi durch xiC(n), erhält man den maximalen Stufe-2-Gewinn des Unternehmens i bei gegebenem n:

37 Mit x wird hier die Angebotsmenge des Unternehmens i und mit x das Gesamtangebot der i –i

restlichen (n – 1) Unternehmen bezeichnet. Es gilt x = xi + x–i.

102

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

>

C

Gi xi (n)

@

S C  e ˜ xi (n) n

S C { Gi (n) . 2 n

(4.25)

Offenbar konvergiert GiC(n) mit zunehmender Anbieterzahl n gegen null, so daß ab einem bestimmten Schwellenwert n0 der Stufe-2-Gewinn nicht mehr ausreicht, um die in Stufe 1 versenkten Kosten vollständig abzudecken. Um n0 zu berechnen, ist der Wert n zu ermitteln, der folgende Gleichung erfüllt: C

Gi (n)  k

S k n2

0.

(4.26)

Man erhält: S { n0 . k

n

(4.27)

Für die gleichgewichtige Anbieterzahl muß somit n ” n0 gelten. Keines der eintrittswilligen Unternehmen würde es dann c.p. bevorzugen, auf den Marktzutritt zu verzichten. Zusätzlich zu dieser Gleichgewichtsbedingung darf für Unternehmen, die sich gegen einen Marktzutritt entschieden haben, kein Anreiz bestehen, in den Markt einzutreten. D.h. der Marktzutritt eines weiteren Unternehmens müßte für alle Anbieter zu Verlusten führen. Somit ist die Anzahl der Unternehmen, die im Gleichgewicht auf Stufe 1 in den Markt eintreten, um auf Stufe 2 im COURNOT-Mengenwettbewerb ihre Güter anzubieten, die größte natürliche Zahl, die kleiner oder gleich n0 ist. Die resultierende Marktstruktur wird durch das Verhältnis von Marktgröße S und Ausmaß der exogenen versunkenen Kosten k determiniert. Entspricht S mindestens dem vierfachen von k, ergibt sich eine duopolistische Marktstruktur. Für drei Unternehmen muß S zumindest dem neunfachen von k entsprechen, für vier Unternehmen mindestens dem sechzehnfachen usw.38 Durch die Existenz exogener versunkener Kosten wird abhängig von deren Höhe relativ zur Größe des Marktes eine untere Grenze der Konzentration bei Mengenwettbewerb bestimmt.

38 Damit die Marktstruktur ein Monopol ist, muß für den Monopolgewinn gelten:

G M (q0 )  k

Daraus folgt: q0 t

e˜S . S k

( q 0  e) ˜

S  k t 0. q0

4.4 Versunkene Kosten und Marktstruktur

4.4.2.2

103

Exogene versunkene Kosten im BERTRAND-Oligopol

Um zu zeigen, welchen Einfluß exogene versunkene Kosten auf die Marktstruktur ausüben, wenn die Unternehmen auf Stufe 2 anstelle der Angebotsmengen die Preise ihrer Produkte festlegen, wird auf die Schlußfolgerungen des Abschnittes 3.5.5 zurückgegriffen. Dort wurde das (NASH-)Gleichgewicht eines reinen BERTRAND-Duopols (das sog. BERTRAND-Gleichgewicht) bestimmt, wobei beide Unternehmen (wie auch hier) die gleiche Kostenfunktion mit konstanten Grenz- und Durchschnittskosten besaßen. Wie sich herausstellte, verlangt in diesem Gleichgewicht jedes Unternehmen einen Preis, der gerade den Grenzkosten entspricht und erzielt einen Nullgewinn. Dieses Ergebnis kann problemlos vom Duopol auf eine Situation mit n Unternehmen verallgemeinert werden. Folgende Implikationen ergeben sich daraus für das hier betrachtete Modell: Ist der Marktzutritt mit exogenen versunkenen Kosten verbunden und ergibt sich nach dem Marktzutritt mehrerer Unternehmen ein reines BERTRAND-Oligopol, dann wird die Marktstruktur unabhängig vom Ausmaß der versunkenen Kosten immer ein Monopol sein. Diese Aussage läßt sich wie folgt begründen: Treten mehrere Unternehmen in den Markt ein, erzielen diese auf Stufe 2 einen Nullgewinn. Da die auf Stufe 1 versenkten Kosten somit nicht gedeckt werden können, realisieren alle in den Markt eingetretenen Unternehmen einen Verlust und besitzen c.p. einen Anreiz, auf den Zutritt zu verzichten. Eine Situation, in der mehrere Unternehmen als Anbieter tätig sind, kann also kein Gleichgewicht sein. Tritt dagegen nur ein Unternehmen in den Markt ein, kann dieses als Monopolist agieren. Übersteigt der dann erzielte Monopolgewinn auf Stufe 2 die versunkenen Kosten der ersten Stufe, liegt eine Gleichgewichtssituation vor. Weder wünscht der Monopolist einen Marktaustritt, noch würde ein anderes Unternehmen in den Markt eintreten wollen.

4.4.2.3

Exogene versunkene Kosten und Kollusion bei der Preiswahl

In einem reinen statischen BERTRAND-Oligopol (der in Abschnitt 3.5.5 untersuchte Duopolfall läßt sich ohne Probleme auf n Unternehmen verallgemeinern) wird man niemals ein kollusives Verhalten der Anbieter beobachten. Zwar wird jedem Oligopolisten sicher bewußt sein, daß alle Unternehmen einen positiven Gewinn erzielen könnten, wenn sie sich absprechen und ihre Preise gemeinsam über die Grenzkosten anheben würden (z.B. auf den Monopolpreis). Da es jedoch nicht möglich ist, die Konkurrenten zu einer bestimmten Preissetzung zu zwingen, und auch ein Abweichen von einem vereinbarten Preis nicht sanktioniert werden kann (wenn die Spieler die Preissetzung ihrer Mitspieler erfahren, ist das Spiel bereits zu Ende), besteht für jedes Unternehmen der Anreiz, den vereinbarten Preis zu unterbieten. Um der Gefahr zu entgehen, von den anderen Unternehmen für seine Gutgläubigkeit ausgenutzt zu werden, wird ein rationales Unternehmen (im Gleichgewicht des statischen BERTRAND-Duopols) den Preis wählen, der gerade den Grenzkosten entspricht.

104

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

Damit auf der zweiten Stufe des hier betrachteten Spiels kollusives Verhalten vorliegt, muß deshalb folgende Modifikation vorgenommen werden.39 Anstelle eines einmaligen BERTRAND-Preiswettbewerbs zwischen den n Oligopolisten wird unterstellt, daß die Stufe 2 unendlich viele Perioden umfaßt, in denen je ein Durchlauf eines BERTRANDOligopolspiels stattfindet. Am Ende einer jeden Periode erfahren die n Unternehmen, welche Preise die Konkurrenten gesetzt haben und welche Auszahlung sie deshalb erhalten. Der Stufe-2-Gewinn eines Unternehmens ergibt sich dann als die Summe der diskontierten Auszahlungen der einzelnen Perioden. Jedes in den Markt eingetretene Unternehmen verfügt über eine eigene Preisstrategie. Diese kann von den beobachteten Preisen vorangegangener Perioden abhängen und sagt dem Unternehmen, welchen Preis es in der kommenden Periode setzen soll. Die Preisstrategie eines Unternehmens könnte beispielsweise sagen, daß in Periode 0 der Monopolpreis gewählt werden soll. Weiterhin ist in den anderen Perioden der Monopolpreis zu wählen, falls in sämtlichen vorausgehenden Perioden alle Unternehmen den Monopolpreis gewählt haben, andernfalls ist ein Preis gleich den Grenzkosten zu verlangen.40 Verwenden alle Unternehmen diese Strategie und ist der Diskontfaktor w zur Diskontierung späterer Auszahlungen hinreichend groß41, so ist es für jedes auf Stufe 1 in den Markt eingetretene Unternehmen optimal, sich auf Stufe 2 kollusiv zu verhalten. Bezeichnet GM(q0) jetzt die Summe der diskontierten Auszahlungen 3M(q0), die ein Monopolist bei Wahl des Monopolpreises in den einzelnen Perioden erzielt, d.h. f

G M (q0 ) {

¦w ˜3 t

M

(q0 ) ,

(4.28)

t 0

so berechnet sich der Stufe-2-Gewinn des Unternehmens i bei Kollusion, falls n Unternehmen im Markt tätig sind, gemäß:

39 Vgl. ausführlicher TIROLE (1999, S. 537ff.). 40 Diese Strategie wird als Trigger-Strategie (vgl. TIROLE 1999, S. 539 oder GIBBONS 1992, S.

91) oder als Strategie “permanenter Vergeltung” (vgl. AXELROD 2000, S. 14) bezeichnet. 41 Entscheidet sich ein Unternehmen für den Monopolpreis q , erzielt es in jeder Periode den 0 M

n-ten Teil der Auszahlung eines Monopolisten 3 (q0). Weicht das Unternehmen von q0 geM ringfügig nach unten ab, kann es in der Periode der Abweichung 3 (q0) nahezu vollständig vereinnahmen. Die Trigger-Strategie bildet demnach ein Gleichgewicht, falls:

3 M (q 0 ) ˜ (1  w  w 2  ...) t 3 M (q 0 ). n Umstellen nach w liefert (Beachte: (1  w  w2  ...) 1 (1  w) ): wt

n 1 . n

4.4 Versunkene Kosten und Marktstruktur K

Gi (n)

105

G M (q0 ) . n

(4.29)

Damit läßt sich (analog zum Vorgehen in Abschnitt 4.4.2.1) eine obere Schwelle der Anbieterzahl im Gleichgewicht berechnen:

n

G M ( q0 ) { n0 . k

(4.30)

Wiederum ist die gleichgewichtige Anbieterzahl durch die größte natürliche Zahl gegeben, die kleiner oder gleich n0 ist. Allerdings wird die Zahl der Anbieter jetzt durch das Verhältnis aus Monopolgewinn und Ausmaß der exogenen versunkenen Kosten k bestimmt.

4.4.2.4

Exogene versunkene Kosten – Zusammenfassung

Ist der Zutritt zu einem Markt mit exogenen versunkenen Kosten verbunden, wird die gleichgewichtige Anzahl der im Markt tätigen Unternehmen 1. durch die Intensität des sich auf dem Markt entwickelnden Wettbewerbes und 2. durch das Ausmaß der versunkenen Kosten relativ zur Marktgröße bestimmt. Beide Zusammenhänge spiegelt Abb. 4.3 wider.

n 5 4 COURNOT-Oligopol 3 Kollusion 2 1 BERTRAND-Oligopol 0 0 Abb. 4.3:

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

22

k

Anzahl der Anbieter in Abhängigkeit vom Ausmaß der exogenen versunkenen M Kosten (Beispiel mit q0 = 5, e = 1, S = 25, G (q0) = 20)

106

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

Der Zusammenhang zwischen Anbieterzahl und Wettbewerbsintensität ist negativ. Resultiert bedingungsloser BERTRAND-Preiswettbewerb (hohe Wettbewerbsintensität), ergibt sich im Gleichgewicht selbst bei einem geringen Ausmaß der exogenen versunkenen Kosten ein Monopol (d.h. eine niedrige Anbieterzahl). Die höchste Anbieterzahl resultiert dagegen im wettbewerbsarmen Kollusionsfall. Der gemäßigte COURNOTMengenwettbewerb liegt zwischen diesen beiden Fällen. Auch der Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der exogenen versunkenen Kosten (relativ zur Marktgröße) und der Anzahl der im Markt tätigen Unternehmen ist negativ. Für alle drei betrachteten Wettbewerbsfälle führt ein Anstieg von k tendenziell zu einem Absinken der Anbieterzahl.

4.4.3

Endogene versunkene Kosten

4.4.3.1

Die Beeinflussung der Marktstruktur durch das Unternehmen

Endogene versunkene Kosten können in sehr verschiedener Form vorliegen, sei es als gewählte Produktionskapazität, sei es als Forschungs- und Entwicklungskosten, sei es als Werbeausgaben und vieles mehr. Versunkene Kosten fallen auch nicht notwendigerweise immer als Fixkosten an. Es sei unterstellt, ein Unternehmen könne Erfahrungskurveneffekte bei einem Gut realisieren, das über zwei Perioden verkauft wird. Hohe Produktionszahlen in der ersten Periode bedeuten niedrigere Grenzkosten in der zweiten Periode. Dies erfordert in der ersten Periode niedrige Verkaufspreise. Bestehen erhebliche Erfahrungskurveneffekte, kann es notwendig werden, in der ersten Periode zu Preisen unterhalb der Grenzkosten zu verkaufen, um dadurch den Gesamtgewinn zu maximieren. Die Differenz zwischen dem Verkaufspreis, den das Unternehmen in der ersten Periode verlangen würde, wenn keine Erfahrungskurveneffekte realisierbar wären, und dem tatsächlichen Verkaufspreis pro Stück stellt versunkene Stückkosten dar. Diese Differenz multipliziert mit der tatsächlichen Produktionsmenge ergibt die Höhe der versunkenen Kosten. Dies zeigt, daß versunkene Kosten nicht unbedingt beim Marktaustritt als Geldbetrag anfallen müssen, da eine nicht buchmäßig erfaßte Größe (hier der potentiell zu erzielende Verkaufspreis) zur Bestimmung der Höhe der versunkenen Kosten herangezogen werden muß.42

42 Vgl. hierzu TIROLE (1989, S. 329) und die dort angegebene Literatur. Der geneigte Leser mag

sich überlegen, inwieweit die obengeschilderte Strategie nicht zeitweise typisch für japanische Firmen beim Überrollen ausgewählter Märkte war.

4.4 Versunkene Kosten und Marktstruktur

4.4.3.2

107

Strategische Positionierung der Werbung

Es sei angenommen, Werbung habe den Effekt, c.p. den Marktanteil des Werbenden zu erhöhen. Es werden nur Werbemittel betrachtet, die Kosten von einem festen Betrag verursachen (z.B. Ausgaben für Fernsehwerbung). Auf Grund sonstiger versunkener Markteintrittskosten befinde sich eine bestimmte Anzahl von Anbietern im Markt, wobei kein Anreiz zu weiterem Zutritt bestehe. Keiner betreibe im Moment Werbung. Zumindest über einen bestimmten Bereich von Werbeausgaben hinweg sei der durch Werbung zusätzlich erzielte Gewinn höher als die dafür ausgegebenen Mittel. Folglich hat mindestens ein Unternehmen einen Anreiz, Kosten für Werbung zu versenken. Die Marktanteile der anderen im Markt befindlichen Unternehmen werden verringert, sie erleiden Verluste. Da die Mittel für Werbung durch höhere Marktanteile wieder zurückgewonnen werden müssen, ist es nicht für alle profitabel, Werbung zu betreiben. Die Anbieterzahl sinkt solange, bis der zusätzliche Gewinn durch weiteres Ausgeben von Werbemitteln für alle noch im Markt befindlichen Unternehmen null ist. Die Marktkonzentration ist somit höher als bei nur exogenen versunkenen Kosten. Eine Vergrößerung des Marktes führt hier eher zu einer Erhöhung der Werbeausgaben der im Markt befindlichen Unternehmen als zu erneutem Marktzutritt.

4.4.4

Spieltheoretische Formulierungen

Die Behinderung des Markteintritts hängt, solange eine hinreichende Teilbarkeit des Angebots vorhanden ist, nicht von der Höhe der versunkenen Kosten ab. Dies läßt sich aus folgendem spieltheoretischen Modell ableiten.

4.4.4.1

Grundmodell

Es seien zwei Unternehmen gegeben, die in den Markt eintreten wollen. Der Gewinn des zuerst eintretenden Unternehmens, das damit zum Monopolisten wird, betrage G. Unterlassen des Markteintritts führt für beide Parteien zu einem Gewinn G = 0. Mit dem Markteintritt sind grundsätzlich versunkene Kosten von K verbunden mit 0 < K < G. Damit ergibt sich das in Abb. 4.4 dargestellte Spiel, in dem die Auszahlungswerte für die Zeit vom Markteintritt des ersten Unternehmens bis nach der Entscheidung des zweiten Unternehmens wiedergegeben sind. Offensichtlich führen bereits geringste versunkene Kosten K dazu, daß sich ein Markteintritt für das zweite Unternehmen nicht mehr lohnt, nachdem das erste bereits den Eintritt vollzogen hat (vgl. das am Ende des vorangegangenen Abschnitts Gesagte). Damit ergibt sich als Schlußfolgerung: Soll als wirtschaftspolitische Maßnahme Wettbewerb erzwungen werden, so können entweder durch staatliche Subventionen die versunkenen Kosten überwunden oder durch eine entsprechende Mindestpreissetzung, die einen Marktzutrittsplan ermöglicht, Anreize zum Markteintritt erzeugt werden. Diese Instrumente weisen allerdings erhebliche Nachteile auf, wird doch langfristig der Anreiz

108

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

für Innovationen zerstört und stellen sie doch einen Eingriff in die Verteilungsstruktur, insbesondere der Konsumenten- und der Produzentenrente dar.

Unternehmen 2 Kein Eintritt

Eintritt

Unternehmen 1 Abb. 4.4:

4.4.4.2

Eintritt Kein Eintritt

–K/–K 0 / (G – K)

A C B D

(G – K) / 0 0/0

Spieltheoretische Implikationen versunkener Kosten

Stabilität

Die hier skizzierte Marktkonstellation des Monopols ist zwar stabil im Sinne des Tragfähigkeitskonzepts, aber nicht im Gleichgewicht entsprechend der neoklassisch-mikroökonomischen Analyse. Die dort unterstellte Möglichkeit des verlustlosen Marktzutritts existiert nicht in dem hier betrachteten System ohne Unsicherheit und technischen Fortschritt. Die oben für eine statische Welt gefundenen Aussagen (im komparativstatischen Sinne, weil nur Zeitpunkte betrachtet werden) gelten auch für eine dynamische Wirtschaft, solange technischer Fortschritt und Risiko nicht in einem Maße auftreten, daß hierdurch die versunkenen Kosten als Markteintrittsschranken überwunden werden können.

4.4.4.3

Konkurrenz um den Markt

Werden die Kosten in t 0 für einen Verpflichtungszeitraum T versenkt, kann der Konkurrent frühestens in t *  T (nur kurz vor einer erneuten Kostenversenkung durch den bisherigen Anbieter) zum Zuge kommen. STIEGLITZ (1987, S. 895 ff.) verweist auf die mögliche Konsequenz, daß der im Markt befindliche Monopolist vorzeitig in t c (d.h. in 0  t c  t *  T ) erneut Kosten versenkt, um seine Monopolstellung aufrechtzuerhalten, so daß sich infolge potentiellen Wettbewerbs ein zu hoher Investitionsrhythmus mit ineffizienter Kapitalnutzung und damit Wohlfahrtsverluste ergeben.

4.4.4.4

Mehrgütermärkte

Die hier getroffenen Aussagen können nicht problemlos auf Mehrgütermärkte übertragen werden. JUDD (1985) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß versunkene Kosten bei stark substitutiven Gütern auch einen Anreiz zum Markteintritt darstellen können. Es sei hierfür zunächst unterstellt, ein Unternehmen will Orangensaft herstellen und versenkt Kosten in Periode t 0 bei einer Verpflichtungsperiode von T. Es droht einem Markteintrittswilligen damit, die Preise unter die totalen Durchschnittskosten verfallen zu lassen, so daß dieser abgeschreckt wird. Nun sei angenommen, der vorhan-

4.5 Versunkene Kosten und Wettbewerb

109

dene Anbieter erzeuge gleichzeitig Orangen- und Apfelsaft und habe hierfür ebenfalls Kosten versenkt. Die Drohung gegenüber einem Markteintrittswilligen, der Orangensaft herstellen will, den Preis verfallen zu lassen, wäre nicht glaubhaft, weil damit Apfelsaft als partielles Substitut schwer verkäuflich werden würde. Eine effiziente Gleichgewichtslösung dieses Spiels besteht nach JUDD (1985) darin, dem Konkurrenten den Orangensaftmarkt zu überlassen und sich selbst auf den Apfelsaftmarkt zu konzentrieren, d.h. eine Strategie der Marktaufteilung zu verfolgen.43

4.5

Versunkene Kosten und Wettbewerb

Die Ausführungen haben deutlich gemacht, daß nicht Fixkosten, sondern versunkene Kosten für die Markstruktur eine entscheidende Bedeutung besitzen, und daß diese fix oder variabel sein können. Dort, wo die versunkenen Kosten (i.d.R. durch staatliche Regulierung oder durch Festlegung auf eine best-practice-Referenztechnologie) exogen vorgegeben sind, ergibt sich quasi automatisch eine Folge für die Gruppenstruktur. In anderen Fällen, also bei endogenen versunkenen Kosten, besitzt das Unternehmen Wahlmöglichkeiten, und die Entscheidung wird von zwei (interdependenten) Gesichtspunkten abhängen, nämlich von der x

Entwicklung des Anteils versunkener Kosten an den Gesamtkosten vor allen Dingen bei perspektivischer Sichtweise und der

x

Einschätzung der strategischen Antworten von dritten Agenten (vor allem der Mitwettbewerber).

4.5.1

Unternehmensstrategien

4.5.1.1

Best practice Industrien

In best-practice-Industrien existieren praktisch keinerlei Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der zu verwendenden Produktionstechnologie. Typisch hierfür ist beispielsweise die Mikroelektronik oder die petrochemische Industrie. Das Fehlen alternativer Produktionstechnologien liegt im einfachsten Fall darin begründet, daß nur ein Produktionsverfahren mit der zugehörigen Technik bekannt ist. Oft läßt sich der ausschließliche Einsatz einer bestimmten Technologie auch auf staatliche Regulierungen (z.B. gesetzliche

43 Der durch die Flottenverbrauchsregelung der USA erzwungene Markteintritt des Baby-Benz

dürfte die komfortable Marktaufteilung zwischen BMW und Daimler Benz zerstört haben.

110

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

Umweltanforderungen) zurückführen. Zudem kann der Wettbewerb auf Investitionsgütermärkten, die selbst meist als enge Oligopole aufgestellt sind, zu einer Beschränkung des Angebotes alternativer Produktionstechnologien führen. Die zentrale Steuerungsgröße für Unternehmen einer best-practice-Industrie ist die Anzahl der vom Unternehmen betriebenen Produktionsmodule. Für welche Anzahl sich ein Unternehmen entscheidet, wird von einer Reihe von Gesichtspunkten abhängen. Diese werden nachfolgend unten noch erläutert. Bedeutend sind dabei insbesondere: x

Das Produktspektrum (homogene oder differenzierte Güter).

x

Der Grad der Aggressivität des Wettbewerbs (Krieg oder Frieden).

4.5.1.2

Produktdifferenzierung im Oligopol als Friedensangebot

Das Modell der monopolistischen Konkurrenz (vgl. Teilabschnitt 3.4) zeigt, daß durch Produktdifferenzierung der Wettbewerb im Bereich des Produktkerns gering und nur an den Substitutionsrändern intensiv ist. Der Markteintritt mit einem Substitut signalisiert die Bereitschaft, keinen Wettbewerb in die Kernkompetenzen des Marktsassen zu bringen. Bei weitgehend immobilen Produkten signalisiert ein hinreichend großer geographischer Abstand Analoges. Es ist interessant, darauf zu verweisen, daß der Wettbewerbsdruck selbst eine Verringerung der Substitutionsabstände erzwingt – beispielsweise im Sinne der geographischen Agglomerationstheorie.44 Typisches Beispiel: x

Ansiedlung eines Frischwarengeschäfts neben einem Massendiscounter, der selbst keine oder kaum Frischwaren führt.

4.5.1.3

Unterinvestition in Anlagen als Friedensangebot

Analog zur Lösung des BERTRAND-Paradoxons durch EDGWORTH (1897) kann das Schaffen kleinerer als marktüblicher Kapazitäten als Friedensangebot an die etablierte Konkurrenz angesehen werden. Hierdurch wird sich der große Marktsasse nicht genötigt fühlen, einen Vernichtungskrieg zu initiieren. Oft geht derartiges Verhalten einher mit einer geringfügigen Produktdifferenzierung. Typisches Beispiel: x

Kleine Bauunternehmen im Umfeld der Großen: Letztere wissen genau, daß die Kleinen gewisse Leistungen nicht erstellen können, und benötigen sie möglicherweise zum Ausgleich erhöhter Nachfrage.

44 Hiermit befassen sich die Standortmodelle in der Tradition von HOTELLING (1929).

4.5 Versunkene Kosten und Wettbewerb

4.5.1.4

111

Überinvestition in Anlagen als Kriegserklärung

Im Gegensatz zu einer Unterinvestition kommt eine Überinvestition in Anlagen mit hoher Spezifität vor allem dann einer Kriegserklärung gleich, wenn damit Produkte im Kernbereich des Marktsassen angeboten werden sollen. Typisches Beispiel: x

Der exzessive Ausbau der japanischen Automobilindustrie in den siebziger Jahren.

4.5.1.5

Überinvestition in Werbung als Kriegserklärung

Auch die Ausgabe erheblicher Mittel für Werbung (variable versunkene Kosten) stellt eine Kriegserklärung dar, da diese nur durch langandauernden Erfolg zurückgewonnen werden können. Letztlich führt sie bei gegebenen Mengenbeschränkungen dazu, daß Kosten aufgewendet werden, um künftige Kosten zu reduzieren oder Preise zu erhöhen. Typisches Beispiel: x

Weniger der (vorhandene) Produktionsapparat als vielmehr die Werbung für die Zeitschrift „Focus“ mußten dem „Spiegel“ deutlich machen, daß hier ein Markteintritt erzwungen werden sollte.

4.5.1.6

Überinvestition in Forschung und Entwicklung als Kriegserklärung

Auch das Ausgeben erheblicher Mittel für Forschung und Entwicklung (variable versunkene Kosten) kann in diesem Sinne als Kriegserklärung verstanden werden. Es lohnt sich aber nur dann, wenn sich die damit verbundenen externen Ökonomien45 auf das eigene Unternehmen beschränken, also keine Übertragung auf andere Unternehmen erfolgt (spill-overs). Wenn also ein Elektronikkonzern erhebliche Mittel in die Erforschung neuer Speichermedien zugunsten seiner verschiedenen, weltweit gestreuten Betriebstätten versenkt, dann ist dies nur dann sinnvoll, wenn die Externalität im Unternehmen bleibt und nicht auf – möglicherweise im lokalen Cluster ebenfalls angesiedelte – Konkurrenten übergeht.

4.5.1.7

Meistbegünstigungsklausel

Wie kann ein Unternehmen, das mit hohen versunkenen Kosten im Markt operiert, verhindern, daß ein Herausforderer angesichts eines erwarteten Gewinns in den Markt einsteigt? Es wird versuchen, seinen Preisspielraum nicht vollständig auszunutzen. Da aber Informationsasymmetrien bezüglich der Kosten zwischen dem Marktsasse und dem po-

45 Das sind die Skalenökonomien, die intern (Massenproduktion, Lernkurven) oder extern zur

Unternehmung sein können, die Verbundvorteile und die Netzwerkeffekte.

112

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

tentiellen Wettbewerber bestehen, steht ersterer vor dem Problem, einen eintrittsverhindernden Preis zu setzen. Eine Lösung des Problems besteht darin, einen hohen Preis zu nehmen, aber gleichzeitig allen Stammkunden eine Meistbegünstigung anzubieten, also einen möglichen Rabatt, falls ein Dritter mit einem günstigeren Preis als dem verlangten anbietet. Derartige Programme sind nicht besonders weitverbreitet, weil sie erhebliche Transaktionskosten aufwerfen. Kaufhäuser bieten dieses Regime gelegentlich im Rahmen von Verkaufsoffensiven an („nobody can beat our price …“).

4.5.1.8

Bindungen

Vertriebsbindungen können räumlich durch Gebietsschutz oder auf der Handelsebene auftreten und sind kartellrechtlich grundsätzlich problematisch. Ziel ist es, hohe spezifische Kosten, seien sie nun fix oder variabel, abzusichern. Durch den spezifischen Vertriebsweg bleibt der Weg zu eigenem strategischen Handeln dann offen, wenn das Verhalten des Endverkäufers beobachtet werden kann.46 Durch Bindungen wird die Wettbewerbsintensität verringert und es entsteht hierdurch praktisch eine erzwungene Differenzierung der Produkte (vgl. Abschnitt 4.5.1.4). Typisch hierfür war die Vertriebsbindung im Bereich des Kfz-Handels, die seitens der EU durch eine Gruppenfreistellung genehmigt war und vor allem mit der Qualitätssicherung im Rahmen der Wartung der Fahrzeuge und der hierfür erforderlichen hohen Investitionen gerechtfertigt wurde.

4.5.1.9

Kuppelgeschäfte und Produktbündelung

Durch Kuppelgeschäfte gelingt es einem Hersteller, ein meist leicht zu substituierendes Produkt durch die Bindung an ein Produkt, bei dem er Marktmacht besitzt, zu monopolisieren. So monopolisierte Microsoft den Markt für Internet-Browser, indem es seinen Internet-Explorer kostenlos mit dem Betriebssystem MS Windows bündelte, das einen Marktanteil von über 90% auf dem Markt für Betriebssysteme inne hatte. Damit konnte der Browser von Netscape anteilsmäßig stark zurückgedrängt werden.

4.5.2

Versunkene Kosten staatlicher Aktivität und Standortwettbewerb

In den meisten Fällen wird es sich bei den versunkenen Kosten staatlicher Aktivität um fixe versunkene Kosten handeln. Sie betreffen zunächst alle irreversiblen Aktivitäten, 46 In diesem Prinzipal-Agent-Kontext reicht die Beobachtbarkeit der Einhaltung des Vertrages

dann aus, wenn die Durchsetzung mittels des Rechtssystems möglich ist. Herrscht hingegen Informationsasymmetrie, dann besteht die Gefahr, daß der Händler den Hersteller hintergeht.

4.5 Versunkene Kosten und Wettbewerb

113

die Voraussetzung zum Aufbau einer Produktion sind und die unabhängig von der tatsächlich durchgeführten Investition erforderlich sind. Im einzelnen handelt es sich um x

Kosten der Standortauswahl,

x

Kosten für Genehmigungsverfahren,

x

Kosten für Verkehrsakte, insbesondere Notariatsgebühren und Grunderwerbssteuern.

Mancherorts erzwingt der Staat das Versenken von Kosten dadurch, daß Standortprofile schlecht aufbereitet sind – dann muß das Unternehmen im schlimmsten Fall Kosten beim Evaluieren mehrerer alternativer Standorte versenken, bevor es zur Entscheidung kommt. Aber auch variable versunkene Kosten sind zunehmend zur Kenntnis zu nehmen. Hierzu zählen vor allem alle beschäftigungsabhängigen Irreversibilitäten, die der Sozialstaat den Unternehmen aufzwingt. Je stärker derartige Effekte in einzelnen Wirtschaftszweigen durchschlagen, desto stärker werden sie zu einer engen Gruppenstruktur neigen. In dem Maße jedoch, in dem die versunkenen Kosten zwischen Wirtschaftsstandorten differieren, ergibt sich ein Standortwettbewerb. Wenn nun vor allem zu den staatlich erzwungenen versunkenen Kosten noch hohe fixe versunkene Kosten auftreten, dann ergibt sich ein Wettbewerb um vor der Ansiedlung mobile, nach der Ansiedlung immobile Unternehmen, der i.d.R. BERTRANDsche Züge annimmt: Die Staaten oder Regionen (als Oligopol) unterbieten sich mit Fördermitteln (Subventionen), deren Grenze wohl bei der Höhe der versunkenen Kosten liegt.

4.5.3

Zusammenfassung

Durch das Versenken von Kosten, also durch die Wahl einer speziellen Technologie, können Signale an Kunden und Konkurrenten ausgesandt werden, die deren Entscheidungsverhalten verändern (können). Damit wird die Technologie zu einer wichtigen Determinante der Marktstruktur. Allerdings läßt sich nicht verkürzt argumentieren, durch fixe (z.T. versunkene) Kosten (im Sinne der structure-conduct-performance-Hypothese) ergäben sich derartige Festlegungen quasi automatisch. Es wurde gezeigt, daß auch variable versunkene Kosten gleiche Effekte haben können. Darüber hinaus kann nicht apriori geklärt werden, ob nicht auch eine Inzidenz der „performance“ auf die „structure“ erfolgt, wie dies SCHUMPETER (1987) postuliert. Denn der Entrepreneur saugt im Rahmen des Transferprozesses infolge seiner Innovation Nachfrage von den „Unterlassern“ ab und erhöht damit seinen Marktanteil. Dies wird vor allem von DEMSETZ (1973, 1974) hervorgehoben. Weiterhin zeigt die Analyse, daß der Unterscheidung zwischen Preis- und Mengenwettbewerb sowie deren Dynamik ein hohes Augenmerk geschenkt werden muß. Denn Preise sind strategische Komplemente (sie bewegen sich in die gleiche Richtung) und Mengen strategische Substitute (das Mehr des einen ist das Weniger des anderen), und dies

114

4. Irreversibilität und versunkene Kosten

wird vor allem unter zeitlichen Gesichtspunkten, hier modelliert für den Zwei-PeriodenFall, bedeutsam. Deutlich wurde das beispielsweise beim Fall der Frage des Marktzutritts: Um Friedfertigkeit im Preiswettbewerb zu signalisieren, beschränken Unternehmen ihre Mengen; Unternehmen, die ihre Mengen ausbauen, werden in der Folgeperiode heftigsten Preiswettbewerb auslösen. Damit gewinnt die Beobachtung des Preisund des Mengenverhaltens eine strategische Bedeutung. Für den Unternehmer folgt aus diesen Ausführungen, daß er sich besinnen muß, welche unumkehrbaren Festlegungen er treffen will und welcher Erfolg der alternative Einsatz der Ressourcen bringt. Und oft stellt sich ein Abwägen auch innerhalb der versunkenen Kosten: Soll der Konkurrent am Markteintritt durch den Ausbau von Überkapazitäten (fixe versunken Kosten) gehindert werden, oder erlaubt man ihm den Zutritt, bindet aber die Kunden durch Rabattprogramme, Bonussysteme und den Markennamen usw. (variable versunkene Kosten)? Sollen Preise eintrittsverhindernd gesetzt werden im Sinne des Tragfähigkeitskonzepts, oder sind die Mittel besser in einer Differenzierungsstrategie eingesetzt?

Kairo?n gnvqji (Kairon gnothi, Den richtigen Augenblick erkenne!) PITTAKOS von Mytilene (ca. 650 – 570 v. Chr.)

5.

Preissetzung und Signale

In der mikroökonomischen Theorie ist der Preis zunächst ein Indikator für die Knappheit von Gütern. Die Knappheit eines Gutes ergibt sich aus der Relation von angebotener zu nachgefragter Menge. Bei freier Preisbildung wird über den Preis ein Ausgleich von Angebot und Nachfrage hergestellt. Liegt das Angebot über der Nachfrage, sinkt der Preis, liegt es darunter, fällt er. Anhand der vorherrschenden Preise können Haushalte Pläne über ihr Konsum- und Unternehmen über ihr Angebotsverhalten aufstellen. Preise sind jedoch, wie später noch näher beleuchtet wird, weit mehr als nur Knappheitsindikatoren. Sie sind auch Signale, die Informationen über die Kostenstruktur oder die Kampfbereitschaft eines Unternehmens an Konkurrenten und sonstige Wirtschaftssubjekte übermitteln können. In dieser Funktion werden Preise häufig durch zusätzliche Signale ergänzt, die „richtig“ interpretiert werden müssen, um im Wettbewerb zu obsiegen, also die Gunst der Stunde zu nutzen.

5.1

Die Suche nach dem fairen Preis

Die Suche nach moralisch vertretbaren Verfahren der Preisbildung von Gütern zählt zu den Gebieten, denen sich die Philosophie bereits im Altertum angenommen hat. Alle historische Erfahrung lehrt, daß Gesellschaften selten allein durch die Produktion, häufig hingegen durch Handel reich geworden sind. Man kann hierzu eine Vielzahl von Begründungen heranziehen. Mit Sicherheit von besonderer Bedeutung ist der hohe Humankapitalbedarf bei den Händlern dann, wenn ein weiträumiger Austausch vorliegt und wenn sich ein zunehmend transparentes Preissystem entwickelt. Die Händlergesellschaft des Altertums nahm bereits die moderne Entwicklung vorweg, der zufolge eine Erosion der klassischen Produktionsfaktoren Boden und Arbeit zu verzeichnen ist.47 In der Tat stellt Handel eine der wichtigsten Medien des Austausches von Wissen dar, was

47

Vgl. hierzu KOMMISSION (1998).

FÜR

ZUKUNFTSFRAGEN

DER

FREISTAATEN BAYERN

UND

SACHSEN

116

5. Preissetzung und Signale

vor allem die neue Handelstheorie thematisiert hat.48 Insofern ist der häufig anzutreffende Wohlstand der Händler oder der Händlergesellschaften nicht primitiver Maloche und deren Vermehrung geschuldet, sondern dem strategischen Einsatz von Wissen und einer Geisteshaltung, die dieses möglich machte.

5.1.1

Preisbildung im Altertum und im Mittelalter

Am Beispiel der griechischen Gottheiten HERMES und DEMETER wird die Wirtschaftsgesinnung der Antike unmittelbar deutlich, repräsentierten doch beide die wichtigsten Wirtschaftssektoren der damaligen Zeit: den Handel und die landwirtschaftliche Produktion. HERMES war der Gott der Kaufleute, der Wegelagerer und Diebe, DEMETER die Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit. Der scheinbar voluntaristischen Preissetzung des Händlers stand der sichtbare Schweiß des Ackerbauern, der mit Fruchtbarkeit entlohnt wurde, gegenüber. Sinn erhält dies vor dem Hintergrund der Werttheorie der damaligen Zeit, die das abendländische Denken bis in die Neuzeit beeinflußt hat. Bereits im 5. Jh. v.Chr. befaßten sich Philosophen wie XENOPHON (450-354 v. Chr.), PLATON (427-347 v.Chr.) und ARISTOTELES (384-322 v. Chr.) mit der Frage der Beziehung zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten und den zugehörigen ethischen und gesellschaftlichen Normen. Man versteht das scheinbar Verwerfliche und Unproduktive im kaufmännischen Handeln, wenn man sich die volkswirtschaftlichen Vorstellungen von ARISTOTELES vor Augen führt: In einer stationären Wirtschaft änderten sich über Jahrhunderte hinweg die Produktionstechnologien kaum, und auch wirtschaftliches Wachstum ergab sich allenfalls aus Verbesserungen der „internationalen“ Arbeitsteilung, also Handel, und dieser war wieder eingebunden in koloniale Abhängigkeiten. Auf dieser Entwicklungsstufe ohne wirtschaftliche Expansion sind Preise kaum in der Lage, Knappheitssignale für die Produktion zu liefern, die diese umsetzen kann. Insbesondere führt ein Zins auf Kredite, die Investitionen dienen, zu einer Umverteilung von Arbeit zu Kapital, dem unterstellt wird, daß es mehr Marktmacht besäße und dadurch in der Lage sei, die konstante Wertschöpfung (=Entlohnung) zu seinen Gunsten zu verändern, um die Zinsen bezahlen zu können. Daher trat ARISTOTELES für ein Zinsverbot ein. Das Kapital durfte also nicht entlohnt werden, besaß damit keinen ökonomischen Wert. Bei der Arbeit unterschied er bereits die drei Wertansätze, nämlich den Gebrauchswert, den Tauschwert und den Arbeitswert. Er forderte einen gerechten Preis,

48

Hier sind vor allem die Arbeiten von BHAGWATI (1987), HELPMAN und KRUGMAN (1990) sowie GROSSMAN und HELPMAN (1992) zu nennen, die u.a. der Frage nachgehen, wie durch den Einsatz von Humankapital, durch Lerneffekte und durch Wissensaustausch selbst Handelsvorteile errungen werden können.

5.1 Die Suche nach dem fairen Preis

117

wobei dieser einen Bezug zum Status des Handelnden bzw. des Erzeugers besitzen mußte. Diese Vorstellungen wurden von THOMAS VON AQUIN (1225-1274) weitgehend übernommen. Für VON AQUIN war das Wirtschaften eine Realität der Schöpfung, das dem Ziel der vollendeten Glückseligkeit unterstand und im Füreinander eine soziale Dimension erhielt. Er erkannte bereits, daß Tausch auf freien Märkten nur dann stattfinden konnte, wenn beide Tauschpartner einen Vorteil erzielen, so daß sich dann der gerechte Preis als Ergebnis von zwei fair handelnden Marktpartnern ergibt. Den objektiven Wert eines Gutes bemaß er nach labor et expensae (Arbeit und Ausgaben), wobei er durchaus sah, daß die Tauschwerte hiervon abweichen können und damit einerseits Profitrenten andererseits auch Konkurse denkbar waren. Tatsächlich waren die Preistaxen und Ständeordnungen des Mittelalters vor allem dem Mißtrauen gegenüber einem freien Wirtschaftssystem geschuldet. Sie dienten der Finanzierung des Staates, der Gewährleistung und der Sicherung einer „standesgemäßen Nahrung“. Letzteres hat sich bis in die Neuzeit vor allem bei den „freien“ Berufen mit ihren staatlichen Gebührenordnungen erhalten.

5.1.2

Der Übergang zur Neuzeit

Daß Handel in der Lage sei, Werte zu schaffen, wurde von der ersten wirtschaftstheoretischen Schule, den Physiokraten, abgestritten. Die Physiokraten, die mit dem tableau économique (FRANÇOIS QUESNAY 1694-1774) erstmalig die Input-Output-Beziehungen einer Volkswirtschaft darstellten, postulierten, daß nur die Natur produktiv sei. Die Vorstellung von produktiven und unproduktiven Arbeiten übernahmen auch die Klassiker: Der Wert eines Guts ergab sich aus der eingebrachten Arbeit und der Wohlstand aus dem Grad von Arbeitsteilung, Spezialisierung und Handel, wobei die Preise aber durch den Arbeitswert gegeben waren (ADAM SMITH 1996; DAVID RICARDO 1924).49 Zwei berühmte Antiklassiker runden dieses Bild ab: KARL MARX (1867) übernahm weitgehend die Arbeitswertlehre der Klassiker. Da allein die Arbeit produktiv sei, die Kapitalisten aber in der Lage seien, sich den Mehrwert aus der Kombination von Arbeit und Kapital anzueignen, entstünde Ausbeutung, weil die Entlohnung nicht nach dem Arbeitswert, sondern nach einem niedrigeren Wert erfolgte – einem Wert, der es der Arbeiterklasse ermöglicht, sich zu reproduzieren. Die Vorstellung von einem objektiven Arbeitswert der Güter erzeugte eine Wirtschaftsauffassung, die den Handelsfunktionen feindlich gegenüberstand – die Gesellschaften des realexistierenden Sozialismus lieferten hierfür einen nachdrücklichen Beleg. 49 Der Wert des Kapitalumlaufs wurde von JEAN BAPTISTE SAY (1803) hervorgehoben, bei dem

sich der Wert eines Gutes als Ergebnis der Addition von Grundrente (als Entlohnung des Bodens), Arbeitswert und Kapitalprofit ergab.

118

5. Preissetzung und Signale

FRIEDRICH LIST (1848) postulierte, daß die Fähigkeit zum Wohlstand wichtiger sei als der Wohlstand selbst. Da Handel in erheblichem Maße auch Wissenstransfer darstellt bzw. die Exportfähigkeit auf technologischer Kompetenz beruht, hob er die Bedeutung entsprechender staatlicher Bildungsinstitutionen hervor. Als Pionier der Humankapitaltheorie betonte er zwar nicht Freihandel und freie Preisbildung, aber die wissensintegrierende Wirkung des Güteraustausches.

5.1.3

Freie Preisbildung, Signale und Marktmoral

Die Fähigkeit des wettbewerblichen Freihandels zur Marktintegration und Wohlfahrtssteigerung wurde vor allem von der österreichischen Schule – und hier hauptsächlich von FRIEDRICH AUGUST VON HAYEK (1969) – betont. Er führt aus, daß Handel letztlich Informationsaustausch sei und durch den Wettbewerb ein unbekanntes Ergebnis entdeckt würde, das alle vorhandenen Informationen einbezöge, wenngleich nicht jeder Marktteilnehmer vollständige Markttransparenz besitzen müsse. Zentrales „Vehikel“ dieses Prozesses sei die freie Preisbildung, die eine Vielzahl von Signalen transportiere. Um dies zu ermöglichen, müsse auf dem Markt Vertrauen herrschen, so daß der Wettbewerb zugleich zu einer moralischen Veranstaltung würde, bei der auch nicht jeder Teilnehmer fähig sein müsse, den Sinn jedes moralischen Handlungsgebots einzusehen. Es bilde sich dann zugleich ein gesellschaftlicher Wettbewerb um die besseren zugrundeliegenden Ethiken heraus, die sich in der Wirtschaftsgesinnung realisieren würden. Der Wettbewerb ist in diesem Sinne ein ergebnisoffener Prozeß, weshalb sich staatliche Eingriffe von selbst verbieten, bei denen von konkreten (unerwünschten) Ergebnissen ausgegangen wird.

5.2

Preise als strategisches Wettbewerbselement

5.2.1

Signale

Der Begriff Signal bezeichnet ein optisches oder akustisches Zeichen, das eine bestimmte Bedeutung besitzt. Signale dienen der Übertragung von Informationen. Grundlegend für die Notwendigkeit von Signalen in einer Ökonomie ist eine ungleiche (d.h. asymmetrische) Informationsverteilung unter den am Markt Handelnden, was wiederum zur Voraussetzung hat, daß nicht Inspektions-, sondern Erfahrungs- oder Vertrauensgüter betrachtet werden. Was kann beispielsweise ein Gebrauchtwagenhändler tun, um zu verhindern, daß seine Produkte wegen falscher Qualitätseinschätzungen der potentiellen Käufer unverkäuflich sind? Welches Signal soll er senden? Im einfachsten Fall bietet er

5.2 Preise als strategisches Wettbewerbselement

119

eine Mobilitätsgarantie an, möglicherweise besitzt er aber auch Reputation, die moralisches Fehlverhalten teuer werden läßt, da es dem Ruf schadet. Signale müssen glaubhaft sein. Sie sind es dann, wenn: (1) die Kosten des Signals umgekehrt mit der Qualität des Anbieters korrelieren. Die Signalkosten eines Hochqualitätsanbieters liegen damit stets unter denen eines Niedrigqualitätsanbieters. (2) die Kosten des Signals unter ihrem Nutzen liegen, der sich durch die Trennung des Angebots in unterschiedliche Segmente ergibt. Dieser Ertrag kann dem Sender oder dem Empfänger des Signals zufließen. Ist die besser informierte Marktseite in der Lage, eine vollkommene Garantie50 zu geben, wodurch das betrachtete Gut letztlich zum Inspektionsgut wird, dann verringert sich die Informationsasymmetrie. Schränkt sie die Garantie ein, so läßt sich daraus auf die geringere Qualität schließen. Es läge also ein exaktes Signal für die Produktqualität vor, das eine Trennung des Marktes in „gute“ und „schlechte“ Produkte erlaubte. Dies ist für einen Anbieter dann möglich und sinnvoll, wenn er allein für die Qualität des Produkts verantwortlich ist. In einer realen Welt mit Transaktionskosten kann es aber keine vollkommene Garantie geben, weil x

die andere Marktseite, beispielsweise der Kunde, einem moral-hazard-Problem unterliegt: Er gibt einfach an, das Gut sei schadhaft, tatsächlich hat er es aber unsachgemäß benutzt. Dieses Verhaltensrisiko des Konsumenten kann der Anbieter nicht tragen.

x

die Garantie hohe Durchsetzungskosten aufwirft. Es ist nämlich erforderlich, die tatsächliche Qualität objektiv zu messen und letztlich vor Gericht zu verifizieren.

Im Falle wiederholter Markttransaktionen ist der Reputationsmechanismus in der Lage, die entsprechenden Signale zu geben. Vor allem bei Erfahrungsgütern ist er geeignet, wenn die bisherige bzw. gegenwärtige Erfahrung einen relevanten Faktor für die Einschätzung der zukünftigen Qualität darstellt. Bei konstanter Qualität wird Reputation akkumuliert (Qualität eines Autos), bei variabler Qualität wird sich die Reputation auf die Bereiche erstrecken, die gewährleistungsfähig sind (beispielsweise die Pünktlichkeit der Anlieferung von Saisonfrüchten). Werbung stellt in diesem Zusammenhang eine wichtige Maßnahme zur Schaffung von Reputation (neben der Information über Neuigkeiten usw.) dar.

50 Eine Garantie liegt dann vor, wenn die Marktseite ein Eigeninteresse an der Gewährung die-

ser Sicherheit besitzt; das ist bei einer Bürgschaft nicht gegeben.

120

5.2.2

5. Preissetzung und Signale

Preissetzung

Im Kapitel drei sind zunächst die beiden „einfachen“ Formen der Preissetzung eingeführt worden: x

Preissetzung im Polypol: Im Polypol sind die Preise für die Marktteilnehmer ein Datum, so daß diese sich nur mengenmäßig anpassen können.

x

Preissetzung im Monopol: Der Monopolist ist in der Lage, entweder Preise oder Mengen zu setzen. Beides gleichzeitig ist dagegen nicht möglich.

Die Abschnitte 3.3 bis 3.5 brachten darüber hinaus Kenntnisse über weitere Preissetzungsmöglichkeiten, nämlich die: x

Preissetzung im Monopol bei mehreren Kundengruppen: Die Preissetzung im Monopol folgt der Dringlichkeit der Nachfrage einzelner Kundengruppen. Diese Preisdifferenzierung ist nur dann möglich, wenn zwischen den Kundengruppen mit unterschiedlicher Preiselastizität der Nachfrage keine Arbitragemöglichkeiten durch Weiterverkauf des Gutes bestehen (vgl. Abschnitt 3.3.5).

x

Preissetzung bei Monopolistischer Konkurrenz: Die Preissetzung entlang der Durchschnittskostenkurve bei monopolistischer Konkurrenz spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn eine Gefährdung durch Rosinenpicken nicht auszuschließen ist.

x

Die Preissetzung im Oligopol gemäß den Modellen von COURNOT, VON STAkund BERTRAND.

KELBERG

Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, daß die Preissetzung von den üblichen Effizienzstrukturen der Neoklassik abweichen kann. Insbesondere ist eine Preisbildung entlang der Grenzkosten nicht zwingend, sondern erfolgt beispielsweise entlang der Durchschnittskosten, wie dies bei monopolistischer Konkurrenz der Fall ist. Auch können dabei Renten entstehen, die nicht notwendigerweise durch Markteintritte erodieren – vgl. hierzu die Aussagen des vierten Kapitels. Abschnitt 3.3.5 (Seite 56f.) zeigte, daß die Möglichkeit der Preisdifferenzierung besteht, wenn Märkte separierbar sind und damit unterschiedliche Dringlichkeiten der Nachfrage ausgenutzt werden können. Ansonsten sind die Unternehmen nur in der Lage, die Preise nach Maßgabe der Produktdifferenzierung zu variieren, also als Preis die Grenzkosten zuzüglich der Kosten der Produktvariation zu verlangen. Typische Methoden der Preisdifferenzierung beinhalten x

Ausverkäufe,

x

Rabattprogramme,

x

Bündelungsprogramme,

x

Meistbegünstigungsklauseln,

5.2 Preise als strategisches Wettbewerbselement

121

um nur einige zu nennen. Sie finden meist in oligopolistischen Märkten statt, bei denen jeder Anbieter versucht, entlang seiner (residuellen) Nachfragefunktion anzubieten. Üblicherweise werden daher Preise verwendet, die aus zwei oder mehr Komponenten bestehen. Im Falle der monopolistischen Konkurrenz besteht beispielsweise die Möglichkeit, den Kunden die Differenzierung des Produkts bezahlen zu lassen; dies wird in Annäherung an die Raumwirtschaftslehre als f.o.b.-Preissetzung bezeichnet (free on board, also Preise ab Werk, Fracht zahlt der Empfänger). Alternativ ist die c.i.f.-Preissetzung möglich, die Endpreise ausweist (cost, insurance, freight).

5.2.3

Preise als Signale

Preise sind über das Erwirtschaften der Kosten hinaus auch Instrumente, um den Kunden und den Konkurrenten bestimmte Signale zu übermitteln. Dabei kann dieser Effekt, vor allem in mehrperiodischen Spielen, durchaus dominant werden. In den üblichen einperiodischen, d.h. statischen Modellen konnten nämlich die Unternehmen aus den im Laufe der Marktperiode gewonnenen Erfahrungen keinen Nutzen ziehen. Erst bei Mehrperiodenmodellen ist das Unternehmen zu strategischem Verhalten in der Lage und kann aus den Handlungen der Konkurrenten auf deren Informationen und Strategien schließen. Es kann daher auch sinnvoll werden, eigene Strategien so zu wählen, daß damit ein Maximum an Informationen über die Konkurrenz gewonnen werden kann. In diesem Abschnitt sollen einige Verfahren der strategischen Preissetzung untersucht werden, nämlich x

die ausbeuterische Preissetzung (predatory pricing) beispielsweise als herabgesetzte Preise zur Ausnutzung von Erfahrungskurveneffekten,

x

die Limit-Preissetzung (limit-pricing) beispielsweise als Preissetzung unterhalb des Monopolpreises, um potentielle Konkurrenten abzuschrecken,

x

das Setzen von Verdrängungspreisen,

x

das Setzen von Dumpingpreisen sowie

x

die Hedonistische Preissetzung.

Definition 5.2.1 (Limitpreis): Als Limitpreis bezeichnet man den höchstmöglichen Preis, der den Markteintritt von potentiellen Konkurrenten verhindert. Definition 5.2.2 (Verdrängungspreis): Als Verdrängungspreis bezeichnet man den Preis, der mindestens gesetzt werden muß, um Dritte aus dem Markt zu verdrängen.

122

5. Preissetzung und Signale

Definition 5.2.3 (Penetrationspreis): Als Penetrationspreis bezeichnet man den Preis, der mindestens gesetzt werden muß, um in einen Markt einzudringen. Definition 5.2.4 (Dumping): Als Dumping bezeichnet man eine Preissetzung, bei der auf einem abgeschotteten Markt der Monopolpreis verlangt wird (bzw. Preisdifferenzierung betrieben wird), während gleichzeitig auf einem Wettbewerbsmarkt zu Grenzkosten (bzw. sogar unter diesen im Sinne der Limit- und Verdrängungspreise) angeboten wird. Definition 5.2.5 (Hedonistische Preissetzung): Als hedonistische Preissetzung wird ein Verhalten bezeichnet, bei dem die Preissetzung nach Qualitätscharakteristika variiert wird. Dies kann, muß aber nicht, preisdifferenzierend sein.

5.2.4

Freie Preise und Wettbewerbsaufsicht

Wie frei ist ein Unternehmen in seiner Preissetzung? Ist es zulässig, daß ein marktmächtiges Luftfahrtunternehmen, ehemaliger Staatsmonopolist, die Preise drastisch senkt, um den Neueintritt eines Wettbewerbers zu behindern? Dürfen große Filialisten nachhaltig ihre Preise senken, wenn dadurch der mittelständische Einzelhandel bedroht wird? Zwei Fragen sind in diesem Zusammenhang zu beantworten: x

Besteht eine marktbeherrschende Stellung?

x

Was ist der faire Wettbewerbspreis?

Beide Fragen sind interdependent, denn die Frage nach dem Preis stellt sich dann nicht, wenn keinerlei Marktmacht vorhanden ist, die mißbräuchlich genutzt werden kann. Damit gewinnen Konzepte der Bewertung von Marktmacht und der Berechnung eines fairen Preises, beispielsweise des Einstandspreises oder eines nicht markteintrittsverhindernden Preises, ihre zentrale Bedeutung. Und schließlich stellt sich eine moralphilosophische Frage: Wie ist der Eingriff in die privaten Eigentumsrechte zu rechtfertigen, wenn man einem Unternehmen verbietet, sich der Konkurrenz zu erwehren, indem es einige Zeit Preise senkt und damit Verluste in Kauf nimmt? Darf man den Wettbewerb als Entdeckungsverfahren reglementieren, weil eine Vermutung existiert, daß das Ergebnis – ein verengter Markt – möglicherweise nicht wünschenswert ist, wohlwissend, daß auch andere Ergebnisse denkbar sind?

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

5.3

123

Strategien der Preissetzung und der Signalgebung51

Der folgende Abschnitt führt in verschiedene Verfahren der Preissetzung ein und stellt dar, welche strategischen Gestaltungsmöglichkeiten das Unternehmen aufgrund seiner Angebotsposition wahrnehmen kann. Dabei wird insbesondere in den Abschnitten 5.3.1 und 5.3.2 der Frage nachgegangen, welche Bedeutung dem Preis als verallgemeinertem Signal bei asymmetrisch verteilter Information zukommt. Der dabei zugrundeliegende Modellrahmen ist das Duopol. Zunächst wird das einperiodische BERTRAND-Duopolmodell mit Produktdifferenzierung (vgl. Abschnitt 3.5.6) durch die Annahme asymmetrischer Information erweitert (Abschnitt 5.3.1). Anschließend wird in 5.3.2 das Limitpreis-Modell von MILGROM und ROBERTS (1982) präsentiert. Der Begriff des Limitpreises geht auf BAIN (1949) zurück. Dieser postuliert, daß immer dann, wenn ein positiver Zusammenhang zwischen der Höhe des Preises, den ein Marktsasse verlangt, und der Häufigkeit von Marktzutritten besteht, ein etabliertes Unternehmen einen Anreiz habe, seinen Preis zu senken, um dadurch einen Marktzutritt potentieller Konkurrenten zu verhindern. MILGROM und ROBERTS beantworten die von BAIN offen gelassene Frage, unter welchen Bedingungen und in welcher Weise ein niedriger Preis einen Marktzutritt verhindert. Abschnitt 5.3.3 ist dem Themengebiet „Auktionen“ gewidmet. Auktionen sind ein Verfahren zur Preisbestimmung, welches zur Anwendung kommen sollte, wenn die Festlegung eines optimalen Preises durch den Anbieter unmöglich ist. Preise stellen Signale dar und sind damit auch ein Instrument der Werbung. Bereits in Kapitel 4 wurde gezeigt, daß derartige endogene versunkene Kosten die Zahl der Anbieter verkleinern. In Abschnitt 5.3.4 wird deutlich gemacht, in welchem Umfang Werbung für ein Unternehmen sinnvoll ist.

5.3.1

BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung und Informationsasymmetrie

In Abschnitt 3.5.6 wurde ein BERTRAND-Duopolmodell analysiert, in dem zwei Unternehmen ein Gut x in leicht differenzierter Form anbieten. Im Gegensatz zu einem BERTRAND-Duopol, in dem die Unternehmen ein homogenes Gut produzieren (vgl. Abschnitt 3.5.5), ermöglicht die Produktdifferenzierung den Duopolisten im Gleichgewicht die Erzielung eines positiven Gewinns. Die Annahme einer nur leichten Differenzierung soll zudem gewährleisten, daß die Nachfragefunktionen der beiden Unternehmen inter51 Übungsaufgaben 28 und 29.

124

5. Preissetzung und Signale

dependent sind und weder eine monopolistische Preissetzung möglich ist noch monopolistischer Wettbewerb auftritt. Mit den linearen Nachfragefunktionen: x1 (q1 , q 2 )

a  b ˜ q1  d ˜ q 2 ,

a !0, b ! d ! 0,

(5.1)

x 2 (q1 , q 2 )

a  b ˜ q 2  d ˜ q1 ,

a !0, b ! d ! 0,

(5.2)

e1 ! 0 ,

(5.3)

e2 ! 0 ,

(5.4)

und den linearen Kostenfunktionen: K1 ( x1 ) e1 ˜ x1 , e2 ˜ x2 ,

K 2 ( x2 )

ergaben sich die im Gleichgewicht (bei Informationssymmetrie) von den Unternehmen geforderten Preise in den Gleichungen (3.125) und (3.126) durch:

q1

D

q1

D

q2

q2

sym

sym

2 ˜ b ˜ (a  b ˜ e1 )  d ˜ (a  b ˜ e2 ) , 4 ˜ b2  d 2 2 ˜ b ˜ (a  b ˜ e2 )  d ˜ (a  b ˜ e1 ) . 4 ˜ b2  d 2

(5.5) (5.6)

Bei der Bestimmung der obigen Gleichgewichtspreise wurden die Parameter e1 und e2 der Kostenfunktionen (die gleichzeitig die Grenz- und Stückkosten der Produktion darstellen) als allen Beteiligten bekannte Größen vorausgesetzt (d.h. sie sind common knowledge). Wie ändert sich das Ergebnis, wenn diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt, d.h. die Information über die Kostenstruktur der Unternehmen asymmetrisch verteilt ist?52 Zur Beantwortung dieser Frage wird nun angenommen, daß die Höhe von e1 eine private Information von Unternehmen 1 sei (d.h. nur das erste Unternehmen kennt sie), während das Ausmaß von e2 weiterhin allgemein bekannt sei. Vereinfachend wird weiterhin angenommen, daß e1 lediglich zwei Ausprägungen annehmen könne, nämlich „niedrige Kosten“ e1n und „hohe Kosten“ e1h. Die Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten niedriger bzw. hoher Kosten seien: n

P (e1

e1 )

p,

P (e1

e1 ) 1  p .

0  p 1,

h

(5.7) (5.8)

Zunächst wird die Situation aus Sicht des schlechter informierten Unternehmens 2 betrachtet. Klar ist, daß Unternehmen 1 nach wie vor seinen Gewinn, G1 (q1 , q2 ) (q1  e1 ) ˜ (a  b ˜ q1  d ˜ q2 ) , 52 Zu den nachfolgenden Ausführungen vgl. TIROLE (1999, S. 804ff.).

(5.9)

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

125

maximieren wird. Zur Bestimmung des den Duopolgewinn des ersten Unternehmens maximierenden Preises q1 ist Gleichung (5.9) zunächst auszumultiplizieren und anschließend die partielle Ableitung nach q1 zu berechnen. Der resultierende Ausdruck wird gleich null gesetzt (notwendige Bedingung für das Vorliegen eines Maximums) und nach q1 umgestellt. Man erhält die bereits aus Abschnitt 3.5.6 bekannte Reaktionsfunktion des Unternehmens 1: q1

a  b ˜ e1 d  ˜ q2 . 2˜b 2˜b

g1 (q2 )

(5.10)

Allerdings ist jetzt e1 für Unternehmen 2 eine Unbekannte, so daß für dieses Unternehmen auch die genaue Lage der Reaktionsfunktion des Konkurrenten unbekannt ist. Falls Unternehmen 1 sich entschließt, die „wahren Kosten“ e1 zu verheimlichen, ist Unternehmen 2 folglich gezwungen, Erwartungen über die Höhe der Kosten und somit auch über die Lage von g1(q2) zu bilden: n

h

e

E (e1 )

p ˜ e1  (1  p ) ˜ e1 { e1 ,

E (q1 )

a  b ˜ e1 d e  ˜ q2 { q1 . 2˜b 2˜b

(5.11)

e

(5.12)

Genau wie sein Konkurrent möchte Unternehmen 2 seinen Gewinn, (q2  e2 ) ˜ (a  b ˜ q2  d ˜ q1 ) ,

G2 (q1 , q2 )

(5.13)

durch Wahl seines Angebotspreises q2 maximieren. Verschweigt Unternehmen 1 jedoch die Höhe von e1, kann das zweite Unternehmen den Gleichgewichtspreis des konkurrierenden Duopolisten nicht eindeutig voraussagen, so daß lediglich das Maximum des Erwartungsgewinns, E >G2 (q1 , q2 )@ (q2  e2 ) ˜ (a  b ˜ q2  d ˜ q1 ) , e

(5.14)

ermittelt werden kann. Dazu wird (5.14) ausmultipliziert, partiell nach q2 abgeleitet und die resultierende Ableitung gleich null gesetzt. Anschließendes Umstellen nach q2 liefert: q2

e

g 2 (q1 )

a  b ˜ e2 d e  ˜ q1 . 2˜b 2˜b

(5.15)

Wird q1e in (5.15) durch die rechte Seite von (5.12) ersetzt und die sich dadurch ergebende Gleichung nach q2 aufgelöst, so folgt für den von Unternehmen 2 bei Unkenntnis von e1 geforderten Preis: e

q2

2 ˜ b ˜ (a  b ˜ e2 )  d ˜ (a  b ˜ e1 ) asym . { q2 2 2 4˜b  d

(5.16)

126

5. Preissetzung und Signale

Unternehmen 1, das diese Preissetzung des Konkurrenten antizipiert, steht nun vor der Entscheidung, seine „wahren“ Kosten e1 zu offenbaren oder zu verheimlichen. Offenbart das erste Unternehmen den Wert von e1, bestimmt sich q2 gemäß (5.6). In diesem Fall wird die ursprünglich asymmetrisch zwischen den Duopolisten verteilte Information über die Kostenstrukturen ausgeglichen und es ergibt sich das bereits in Abschnitt 3.5.6 analysierte Gleichgewicht bei symmetrischer (vollständiger) Informationsverteilung. Verheimlicht dagegen Unternehmen 1 seine „wahren“ Kosten, wählt Unternehmen 2 seinen Preis q2 entsprechend (5.16), dem Gleichgewichtspreis bei asymmetrisch verteilter Information. Wie wird sich Unternehmen 1 entscheiden? Da das erste Unternehmen annahmegemäß seinen Gewinn zu maximieren versucht, wird es, je nachdem, ob durch Verheimlichung oder Offenbarung sein Gewinn höher ausfällt, die Höhe der Kosten bekannt geben oder nicht. Zwei Fälle sind jetzt zu unterscheiden: x

Fall 1: Die Kosten des Unternehmens 1 sind niedrig, es gilt e1 = e1n und

x

Fall 2: Die Kosten des Unternehmens 1 sind hoch, so daß e1 = e1h gilt.

Die Situation im Fall 1 (e1 = e1n) ist im linken Diagramm der Abb. 5.1 graphisch dargestellt. Würde Unternehmen 1 in diesem Fall seine „wahren“ Kosten offenbaren, wüßte Unternehmen 2, daß der tatsächliche Verlauf der Reaktionsfunktion des ersten Unternehmens durch g1(q2|e1n) gegeben ist. Folglich ergäbe sich das Gleichgewicht in Punkt n Dn (dem Schnittpunkt zwischen g1(q2|e1 ) und g2(q1)) mit den Gleichgewichtspreisen sym sym q1 und q2 . Wenn Unternehmen 1 seine „wahren“ Kosten dagegen verheimlicht, erwartet das zweite Unternehmen die Reaktionsfunktion g1(q2|e1e) und setzt den Preis q2asym. Die gewinnmaximale Reaktion des ersten Duopolisten (widergegeben durch die tatsächliche Reaktionsfunktion g1(q2|e1n)) lautet q1asym und ermöglicht Unternehmen 1 im resultierenden Gleichgewicht (Punkt An) einen höheren Gewinn als bei Offenbarung der Kosten (die durch den Punkt An verlaufende Isogewinnlinie liegt oberhalb derjenigen, die durch den Punkt Dn verläuft). Somit wird Unternehmen 1 im ersten Fall der niedrigen Kosten die „wahren“ Kosten verheimlichen. Anders verhält es sich in Fall 2, in dem e1 = e1h gilt. Verheimlicht das Unternehmen 1 seine hohen Kosten, ergibt sich das im rechten Diagramm von Abb. 5.1 durch den Punkt Ah markierte Gleichgewicht. Der dabei von Unternehmen 1 erzielbare Gewinn kann durch Bekanntgabe der „wahren“ Kosten gesteigert werden: Die Isogewinnlinie durch den Punkt Dh (der gleichgewichtigen Preiskombination bei symmetrischer Informationsverteilung bzgl. e1) liegt oberhalb der Isogewinnlinie, die durch den Punkt Ah verläuft. Im Falle hoher Kosten wird Unternehmen 1 seinen Konkurrenten somit stets über seine Kostenfunktion informieren. In Anbetracht der Ergebnisse, daß Unternehmen 1 einerseits bei hohen Kosten Unternehmen 2 immer über seine Kosten informiert, während es andererseits stets versuchen wird, niedrige Kosten zu verheimlichen, ist es dem zweiten Unternehmen möglich, aus dem Informationsverhalten des Konkurrenten Rückschlüsse über dessen „wahre“ Kosten zu ziehen. Selbst wenn das Unternehmen 1 schweigt, weiß Unternehmen 2, daß der Konkurrent niedrige Kosten aufweist. Wäre dem nämlich nicht so, würde er bereitwillig

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

127

über seine Kosten sprechen. Die ursprünglich private Information über die Kosten e1 wird somit zu allgemeinem Wissen (common knowledge).

n

h

Fall 1: e1 = e1

Fall 2: e1 = e1

g1(q2|e1h)

q2

q2

g1(q2|e1n)

e

e

g1(q2|e1 )

g1(q2|e1 )

n

h

g1(q2|e1 )

q2asym q2sym

0

Abb. 5.1:

5.3.2

An Dn

q1sym q1asym

g1(q2|e1 )

g2(q1)

q2sym q2asym

q1

0

Dh

g2 ( q1 )

Ah

q1asym q1sym

q1

Preissetzung im BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung bei asymmetrischer Informationsverteilung

Das Limitpreis-Modell von MILGROM und ROBERTS

1982 haben MILGROM und ROBERTS ein spieltheoretisches Modell zur Ermittlung eines höchstmöglichen Preises vorgestellt, durch den der Marktzutritt von potentiellen Konkurrenten bei asymmetrischer Informationsverteilung verhindert werden kann (vgl. MILGROM und ROBERTS 1982). Nachfolgend wird eine vereinfachte Version dieses Modells betrachtet (vgl. hierzu TIROLE 1999, S. 819ff.). Es wird angenommen, daß nur zwei Unternehmen in der Lage sind, ein bestimmtes Gut x anzubieten. Zudem existiert die gedachte Modellwelt genau zwei Perioden. Unternehmen 1 tritt in beiden Perioden als Anbieter auf. Unternehmen 2 entscheidet hingegen erst nach Ablauf der ersten Periode über einen Markteintritt und somit darüber, ob es in Periode 2 Anbieter von x sein wird. Beide Unternehmen streben danach, ihren Unternehmensgewinn zu maximieren. Die Entscheidungsvariable ist dabei der Preis des Gutes. Aufgrund der oben getroffenen Annahmen ergibt sich in Periode 1 für den Markt des Gutes x als Marktstruktur ein Monopol, wobei Unternehmen 1 der Monopolist ist. Entscheidet sich Unternehmen 2 anschließend für einen Markteintritt, resultiert in Periode 2

128

5. Preissetzung und Signale

ein Duopol. Tritt das Unternehmen 2 dagegen nicht in den Markt ein, bleibt das Monopol des ersten Unternehmens erhalten. Da das erste Unternehmen (im Gegensatz zu Unternehmen 2) bereits in Periode 1 als Anbieter tätig ist, wird es nachfolgend als das etablierte Unternehmen oder als Marktsasse bezeichnet. Weil der Marktzutritt von Unternehmen 2 ex ante ungewiß ist, wird Unternehmen 2 im Folgenden auch potentieller Konkurrent genannt. Wie bereits im Fall des in Abschnitt 5.3.1 analysierten BERTRAND-Duopols mit Produktdifferenzierung und Informationsasymmetrie sei die Information über die Höhe der Grenzkosten von Unternehmen 1 (die wiederum nur die beiden Ausprägungen „niedrige Kosten“ und „hohe Kosten“ annehmen kann) zunächst asymmetrisch zwischen den beiden Unternehmen verteilt: Während dem Marktsassen seine Grenzkosten genau bekannt sind, weiß der potentielle Konkurrent zu Spielbeginn wiederum nur, daß die Grenzkosten des etablierten Unternehmens mit der Wahrscheinlichkeit p niedrig und mit der Residualwahrscheinlichkeit 1 – p hoch sind. D.h. aus Sicht von Unternehmen 2 gelten folgende a-priori-Wahrscheinlichkeiten: n

P (e1

e1 )

P (e1

e1 ) 1  p .

h

p,

0  p 1,

(5.17) (5.18)

Nach Festlegung des Verkaufspreises (die zugehörige Absatzmenge ergibt sich dann aus der Nachfragefunktion) resultiert jeweils am Periodenende für jedes Unternehmen ein Unternehmensgewinn. Ist lediglich Unternehmen 1 im Markt tätig, erzielt dieses bei Wahl des Preises q1 einen Monopolgewinn, der im folgenden mit M1t(q1) symbolisiert wird. Der Index t deutet auf die Höhe der Grenzkosten hin, mit denen das etablierte Unternehmen produziert, und kann hier entweder den Wert n (niedrige Kosten) oder den Wert h (hohe Kosten) annehmen.53 M1t(q1) sei streng konkav über q1. Der zum maximalen Ein-Perioden-Monopolgewinn führende Monopolpreis werde bei niedrigen Grenzkosten des ersten Unternehmens mit qmn bezeichnet und mit qmh, wenn die Grenzkosten hoch sind. Es gilt qmn < qmh. Der maximale Ein-Perioden-Monopolgewinn werde durch M1n bzw. M1h symbolisiert, wobei M1t Ł M1t(qmt).54 Für den Fall, daß allein Unternehmen 1 im Markt tätig ist, erzielt Unternehmen 2 einen Nullgewinn.

53 Der Buchstabe t steht dabei für „Typ des ersten Unternehmens”. Während in der hier betrach-

teten Modellversion lediglich zwei diskrete Typen (Niedrig- und Hochkostenanbieter) unterschieden werden, lassen MILGROM und ROBERTS (1982) ein Kontinuum von Typen (also möglichen Kostenniveaus) zu. 54 D.h. M t(q ) ist die Gewinnfunktion eines Monopolisten vom Typ t in Abhängigkeit des Prei1 1 t ses q1. Wird eine lineare Nachfragefunktion für Gut x unterstellt, so resultiert für M1 (q1) eine quadratische Funktion, deren Graph eine nach unten geöffnete Parabel 2. Grades ist. Der Mot t nopolpreis qm bildet die x-Koordinate, der Monopolgewinn M1 die y-Koordinate des Parabelt n h n h scheitelpunktes S . Da qm < qm gilt, liegt S links von S .

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

129

Auch wenn beide Unternehmen Gut x anbieten, können die Unternehmensgewinne je nach Höhe der tatsächlichen Grenzkosten des etablierten Unternehmens unterschiedlich hoch ausfallen. Deshalb wird analog zu oben folgende Symbolik verwendet: Der Duopolgewinn des Unternehmens i, i  (1;2) , erhält das Symbol Din bei niedrigen Grenzkosten des etablierten Unternehmens und Dih, falls die Grenzkosten des Marktsassen hoch sind. Es wird angenommen, daß für den Duopolgewinn des zweiten Unternehmens gilt: n

h

D2  0  D2 .

(5.19)

Wären dem potentiellen Konkurrenten unter diesen Umständen die wahren Grenzkosten des Marktsassen bekannt (läge also Informationssymmetrie vor), würde ein Marktzutritt von Unternehmen 2 genau dann erfolgen, wenn die Grenzkosten des ersten Unternehmens hoch sind, d.h. wenn e1 = e1h gilt. Andernfalls würde der potentielle Konkurrent auf einen Marktzutritt verzichten, um den sonst sicheren Verlust zu vermeiden. Unternehmen 1 setzt bei symmetrischer Information in Periode 1 den Monopolpreis qmn bei niedrigen und qmh bei hohen Grenzkosten und erzielt damit den Erst-Perioden-Gewinn M1n bzw. M1h. Sind die Grenzkosten des etablierten Unternehmens niedrig, lautet dessen Zweit-Perioden-Gewinn M1n, sonst (aufgrund des Marktzutritts von Unternehmen 2) D1h (vgl. Tab. 5.1). Tab. 5.1:

Auszahlungen der Unternehmen bei symmetrisch verteilter Information im Limitpreis-Modell von MILGROM und ROBERTS

Grenzkosten Marktsasse n

e1 = e1 e1 = e

h 1

Periode 1 Untern. 1 Untern. 2 M1

n

M1

h

0 0

Periode 2 Untern. 1 Untern. 2 n

0

h

D2

M1 D1

h

Aufgrund der unterstellten Informationsasymmetrie kennt Unternehmen 2 jedoch die tatsächliche Höhe der Grenzkosten des etablierten Unternehmens nicht (und kann sie auch nicht selbständig in Erfahrung bringen). Seiner Entscheidung über einen Marktzutritt kann das zweite Unternehmen deshalb nur den erwarteten Duopolgewinn, E ( D2 )

n

h

p ˜ D2  (1  p ) ˜ D2 ,

(5.20)

zugrundelegen – es sei denn, das etablierte Unternehmen informiert seinen potentiellen Konkurrenten über die Höhe von e1.55 Für die weitere Analyse wird angenommen, daß dem ersten Unternehmen nur der in Periode 1 für das Gut x in Rechnung gestellte Preis 55 Man spricht in solchen Fällen häufig davon, daß der Besserinformierte (hier Unternehmen 1)

dem Schlechterinformierten (Unternehmen 2) Signale sendet (engl. signaling).

130

5. Preissetzung und Signale

q1 als Mittel zur Verfügung steht, um Unternehmen 2 über die Höhe von e1 zu informieren. Folgende Probleme ergeben sich daraus: Da M1t > D1t für t = n, h gilt, bevorzugt es ein Marktsasse unabhängig von der tatsächlichen Höhe seiner Grenzkosten immer, auch in Periode 2 Monopolist zu sein. Ein etabliertes Unternehmen mit hohen Grenzkosten wird deshalb versuchen, durch eine geeignete Preissetzung in Periode 1 die vorherrschende Informationsasymmetrie so auszunutzen, daß es den bei symmetrischer Information sicheren Marktzutritt des zweiten Unternehmens verhindert. Folgende Überlegung soll das verdeutlichen: Der den Erst-Perioden-Monopolgewinn eines etablierten Unternehmens mit hohen Grenzkosten maximierende Preis ist der Monopolpreis qmh. Von diesem Preis könnte das erste Unternehmen nach unten abweichen und statt dessen den Preis qmn wählen – den Monopolpreis, der den Erst-Perioden-Monopolgewinn bei niedrigen Grenzkosten maximiert. Durch diese alternative Preissetzung würde das etablierte Unternehmen zwar auf einen Teil des in Periode 1 maximal erzielbaren Gewinns verzichten (nämlich auf M1h – M1h(qmn)), falls Unternehmen 2 aufgrund der Beobachtung von qmn jedoch (fälschlicherweise) auf niedrige Grenzkosten des Marktsassen schließt und deshalb von einem Markteintritt absieht, könnte dieser Erst-Perioden-Verzicht durch einen zusätzlichen Gewinn in Periode 2 (in Höhe von M1h – D1h) mehr als kompensiert werden. Fraglich ist allerdings, ob Unternehmen 2, wenn es den niedrigen Preis qmn beobachtet, wirklich von einem Marktzutritt absehen wird. Denkt der potentielle Konkurrent rational, so ist er sich der oben dargestellten Desinformationspolitik eines Marktsassen mit hohen Grenzkosten bewußt und schließt deshalb nicht direkt vom niedrigen Preis qmn auf niedrige Grenzkosten e1n. Daraus wiederum folgt, daß selbst wenn die Grenzkosten eines etablierten Unternehmens tatsächlich niedrig sind, ein rationaler potentieller Konkurrent durch die Wahl des Preises qmn nicht davon überzeugt werden kann. Unter noch näher zu untersuchenden Bedingungen (vgl. Abschnitt 5.3.2.1) zwingt die Informationsasymmetrie einen Marktsassen mit niedrigen Grenzkosten zu einem Erst-PeriodenPreis q1, der deutlich unterhalb des Monopolpreises qmn liegt. Die in den voranstehenden Absätzen beschriebene Situation kann als dynamisches Spiel56 mit unvollkommener Information57 aufgefaßt werden. Plausible Gleichgewichte 56 Im Gegensatz zu statischen Spielen, in denen alle Spieler während des gesamten Spieles nur

eine einzige Entscheidung treffen müssen und dies gleichzeitig tun (bzw. zeitversetzt, aber die gewählten Aktionen der anderen Spieler nicht kennen), erwirbt in dynamischen Spielen zumindest ein Spieler (hier Unternehmen 2) bevor er seine individuelle Entscheidung trifft (Markteintritt oder nicht) Informationen über die Entscheidungen anderer Spieler (Preiswahl des ersten Unternehmens in Periode 1). 57 Eigentlich handelt es sich um ein Spiel mit unvollständiger Information, da Unternehmen 2 über die Eigenschaften (Kostenfunktion) seines Gegenspielers nicht vollständig informiert ist. Ein Spiel mit unvollständiger Information kann jedoch in eines mit unvollkommener Information umgewandelt werden, d.h. in eines, in dem mindestens ein Spieler über Handlungen der anderen Spieler in Vorperioden nicht informiert ist (vgl. HARSANYI 1967/68). Dazu wird hier

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

131

für diese Art von Spielen können anhand des Gleichgewichtskonzeptes „PerfektBayesianisches Gleichgewicht“ ermittelt werden.58 Wie MILGROM und ROBERTS ausführen, kommen dabei zwei Arten von Gleichgewichten in Frage: Trennungsgleichgewichte (separating equilibria) und Pooling-Gleichgewichte. In einem Trennungsgleichgewicht wählt ein Marktsasse mit niedrigen Grenzkosten einen anderen Erst-Perioden-Preis q1 als einer mit hohen Grenzkosten. Nachdem er q1 beobachtet hat, weiß der potentielle Konkurrent folglich mit Gewißheit, ob das etablierte Unternehmen mit niedrigen oder hohen Grenzkosten produziert. Die a-priori-Unsicherheit des zweiten Unternehmens über die Höhe der Grenzkosten des Marktsassen weicht somit der Sicherheit, die ursprüngliche Informationsasymmetrie wird eliminiert. In einem Pooling-Gleichgewicht hingegen setzt ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten den gleichen Erst-Perioden-Preis q1 (Pooling-Gleichgewichtspreis) wie eines mit hohen Grenzkosten. Der potentielle Konkurrent gewinnt durch das Preissignal keine neuen Informationen, so daß die nach Beobachtung von q1 von Unternehmen 2 geschätzten a-posteriori-Wahrscheinlichkeiten über die Höhe der Grenzkosten des Marktsassen mit seinen a-priori-Wahrscheinlichkeiten übereinstimmen. Die Informationsasymmetrie bleibt in diesem Gleichgewicht erhalten. Der ausführlichen Analyse von Trennungs- und Pooling-Gleichgewicht seien noch folgende Annahmen vorangestellt: Sofern die Entscheidung des potentiellen Konkurrenten zugunsten eines Markteintritts ausfällt und das Unternehmen nicht schon aus der Preissetzung des etablierten Unternehmens in Periode 1 auf dessen wahre Grenzkosten schließen konnte, soll es sofort nach dem Markteintritt Kenntnis über die Höhe von e1 erlangen.59 Für den Preiswettbewerb, der sich dann in der zweiten Periode innerhalb des Duopols entwickelt, spiele zudem der Preis der ersten Periode keine Rolle.60 Für den Markteintritt seien des weiteren keine Kosten aufzuwenden. Die Unternehmen verwenden den Diskontfaktor w, um in Periode 2 erzielte Gewinne zu diskontieren.

zunächst ein zusätzlicher Spieler „Natur” eingeführt, der die Eigenschaften (Kostenfunktion) des ersten Unternehmens bestimmt. Anschließend wird angenommen, daß Unternehmen 1 die Eigenschaften erfährt, während diese für das zweite Unternehmen eine Zufallsvariable darstellen, deren Verteilung Unternehmen 2 bekannt ist (vgl. TIROLE 1999, S. 967). 58 Zur Bestimmung Perfekt-Bayesianischer Gleichgewichte in dynamischen Spielen mit unvollkommener Information vgl. GIBBONS (1992, S. 173ff.). 59 Mit dieser Annahme wird erreicht, daß die Unternehmen problemlos die Duopol-Gleichgewichtspreise und –gewinne bestimmen können. 60 Das bedeutet, daß der Erst-Perioden-Preis keine Bindungswirkung besitzt. Würde der ErstPerioden-Preis hingegen eine Bindungswirkung besitzen, müßte Unternehmen 2 damit rechnen, daß dieser Preis auch nach seinem Markteintritt erhalten bliebe.

132

5. Preissetzung und Signale

5.3.2.1

Trennungsgleichgewicht

Zwei notwendige Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ein Trennungsgleichgewicht vorliegt.

Bedingung 1: Für ein etabliertes Unternehmen mit hohen Grenzkosten darf es nicht von Vorteil sein, in Periode 1 den Gleichgewichtspreis eines Unternehmens mit niedrigen Grenzkosten zu verlangen. In einem Trennungsgleichgewicht teilt Unternehmen 1 durch seine Preissetzung dem potentiellen Konkurrenten mit, ob es hohe oder niedrige Grenzkosten hat. Signalisiert Unternehmen 1 hohe Grenzkosten, wird Unternehmen 2 in den Markt eintreten. Ein etabliertes Unternehmen mit hohen Grenzkosten wird somit in Periode 1 den entsprechenden Monopolpreis qmh wählen und insgesamt M1h + w · D1h erwirtschaften. Es bezeichne q1n den Preis, den ein Unternehmen mit niedrigen Kosten verlangt. Würde das Unternehmen mit hohen Kosten diesen Preis verlangen, würde es den potentiellen Konkurrenten vom Marktzutritt abhalten und insgesamt einen Gewinn M1h(q1n) + w · M1h erzielen. Die notwendige Bedingung 1 für das Trennungsgleichgewicht lautet also formal: h

h

h

n

h

M 1  w ˜ D1 t M 1 (q1 )  w ˜ M 1 .

(5.21)

Wird auf beiden Seiten von Ungleichung (5.21) der Term M1h(q1n) + w · D1h subtrahiert, erhält man: h

n

h

h

y1 (q1 ) t w ˜ ( M 1  D1 ) ,

(5.22)

wobei y1h(q1n) Ł M1h – M1h(q1n). Der Ausdruck y1h(q1n) symbolisiert den Teil des maximal erzielbaren Erst-Perioden-Gewinns, auf den ein Marktsasse mit hohen Grenzkosten verzichtet, wenn er (um dadurch den potentiellen Konkurrenten vom Markt fernzuhalten) in Periode 1 statt des Monopolpreises qmh den Preis q1n verlangt. Gemäß (5.22) muß dieser Gewinnverzicht den diskontierten (durch die erlangte Monopolstellung erzielten) zusätzlichen Gewinn in Periode 2 übersteigen, damit Bedingung 1 erfüllt ist.

Bedingung 2: Für ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten darf es nicht von Vorteil sein, in Periode 1 den Gleichgewichtspreis eines Unternehmens mit hohen Grenzkosten zu verlangen. Analog zu oben muß q1n derjenige Preis sein, für den sich ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Kosten entscheidet, wenn es seinen Gewinn maximiert. Weil es statt dessen in Periode 1 auch seinen Monopolpreis verlangen könnte, dadurch den Marktzutritt des zweiten Unternehmens provoziert und folglich insgesamt M1n + w · D1n erzielen würde und weil es im Gleichgewicht M1n(q1n) + w · M1n erwirtschaftet, lautet die notwendige Bedingung 2 für das Trennungsgleichgewicht formal:

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung n

n

n

n

n

M 1  w ˜ D1 d M 1 (q1 )  w ˜ M 1 .

133 (5.23)

Nach Subtraktion von M1n(q1n) + w · D1n auf beiden Seiten von (5.23) folgt: n

n

n

n

y1 (q1 ) d w ˜ ( M 1  D1 ) ,

(5.24)

wobei y1n(q1n) Ł M1n – M1n(q1n). Analog zu oben symbolisiert der Ausdruck y1n(q1n) den Teil des maximal erzielbaren Erst-Perioden-Gewinns, auf den ein Marktsasse mit niedrigen Grenzkosten verzichten muß, wenn er in Periode 1 statt des Monopolpreises qmn den niedrigeren Preis q1n verlangt. Der Term M1n – D1n in (5.24) gibt an, auf welchen Gewinn das etablierte Unternehmen in Periode 2 verzichtet, wenn es durch die Preissetzung in Periode 1 den Marktzutritt des zweiten Unternehmens provoziert. Solange der Verzicht in Periode 1 den diskontierten Gewinnverzicht in Periode 2 nicht übersteigt, ist nach (5.24) Bedingung 2 eines Trennungsgleichgewichtes erfüllt. Interessant wird die Analyse dann, wenn es kein Trennungsgleichgewicht gibt, in dem sich sowohl ein Marktsasse mit niedrigen als auch einer mit hohen Grenzkosten genauso wie im Gleichgewicht bei symmetrischer Informationsverteilung verhält, d.h. in Periode 1 den jeweiligen Monopolpreis wählt. Deshalb wird zusätzlich angenommen, daß folgende dritte Bedingung erfüllt sein muß: h

h

h

n

h

M 1  w ˜ D1  M 1 (qm )  w ˜ M 1 .

(5.25)

Bedingung (5.25) besagt, daß der Monopolpreis qmn die Bedingung 1 eines Trennungsgleichgewichtes nicht erfüllen darf, so daß qmn auch kein Trennungsgleichgewichtspreis sein kann. Um mehr über die Menge der Preise q1n aussagen zu können, die den Bedingungen (5.22) und (5.24) genügen, sind weitere Annahmen notwendig. Zunächst wird angenommen, daß sich die Funktionen y1n(q1n) und y1h(q1n) höchstens einmal schneiden. Durch diese Annahme wird erreicht, daß der Gewinnverzicht bei Wahl eines geringeren Preises für ein Unternehmen mit hohen Grenzkosten immer höher ausfällt als für eines mit niedrigen Grenzkosten.61 Außerdem gelte: h

h

n

n

M 1  D1  M 1  D1 .

(5.26)

D.h. die Gewinnsteigerung, die ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten beim Übergang vom Duopol zum Monopol erzielt, ist größer als die eines Marktsassen mit hohen Grenzkosten.62 Schließlich wird angenommen, daß Unternehmen 2 immer 61 Diese als single-crossing-Bedingung (oder auch als Sortierbedingung) bezeichnete Annahme

wird in Abschnitt 5.3.2.3 erläutert. Es wird dort zudem gezeigt, daß die Annahme erfüllt ist, wenn die Nachfrage- sowie die Kostenfunktion des etablierten Unternehmens linear sind. 62 Unter welchen Voraussetzungen diese Annahme erfüllt ist, wird in Abschnitt 5.3.2.4 ermittelt.

134

5. Preissetzung und Signale

dann von hohen Grenzkosten des Marktsassen ausgeht, wenn der Preis q1 nicht der Menge {q1n, qmh} angehört.63 In Abb. 5.2 ist nun eine Situation dargestellt, die sämtlichen oben getroffenen Annahmen genügt. Für jede der beiden notwendigen Bedingungen des Trennungsgleichgewichtes wurde in dieser Abbildung der Teil des Definitionsbereiches von q1n markiert, in dem die Bedingung erfüllt ist.64 Man erkennt dadurch, daß ein Intervall [q1**, q1*] existiert, in dem q1n sowohl Bedingung 1 als auch Bedingung 2 erfüllt, und das somit alle Trennungsgleichgewichtspreise enthält. Daß im Trennungsgleichgewicht ein Marktsasse mit niedrigen Grenzkosten jedoch stets den Preis q1* wählen wird, während ein etabliertes Unternehmen mit hohen Grenzkosten den Monopolpreis qmh setzt, ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Sämtliche Preise q1n, die kleiner oder gleich q1* sind, erfüllen die Bedingung 1 des Trennungsgleichgewichtes. Würde ein etabliertes Unternehmen mit hohen Grenzkosten in Periode 1 anstatt qmh einen Preis q1n mit q1n ” q1* wählen, wäre der dadurch entgangene Teil des maximal erzielbaren Erst-Perioden-Gewinns y1h(q1n) mindestens so groß wie der Vorteil aus der Verhinderung des Marktzutrittes des potentiellen Konkurrenten, also w · (M1h – D1h).65 Produziert das etablierte Unternehmen mit hohen Grenzkosten, kann es sich folglich durch die Wahl von q1n mit q1n ” q1* in Periode 1 nicht besser stellen (sondern verschlechtert sich sogar, falls q1n < q1* gilt) als durch das Setzen des ErstPerioden-Monopolpreises qmh, der einen Marktzutritt des Konkurrenten provoziert. Es besteht somit für einen Marktsassen mit hohen Grenzkosten in Periode 1 weder ein Anreiz, von qmh auf q1* noch auf einen geringeren Preis abzuweichen. Da für einen Marktsassen mit hohen Grenzkosten kein Anreiz besteht, in Periode 1 den Preis q1* zu verlangen, gibt es für ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten auch keinen Grund, einen niedrigeren Preis aus dem Intervall [q1**, q1*] als q1* zu setzen. Ein geringerer Preis würde genau wie q1* einen Marktzutritt des potentiellen Konkurrenten verhindern, ist für Unternehmen 1 jedoch mit einem geringeren ErstPerioden-Gewinn verbunden. q1* ist somit der „am wenigsten kostspielige“ Preis unter allen Trennungsgleichgewichtspreisen, so daß Unternehmen 1 mit niedrigen Grenzkosten ihn gegenüber allen anderen Preisen im Intervall [q1**, q1*] bevorzugt (er kommt qmn am nächsten).

63 Beobachtet Unternehmen 2 einen anderen als einen Gleichgewichtspreis, ist die a-posteriori-

Wahrscheinlichkeitseinschätzung des Unternehmens unbestimmt (das Unternehmen ist nicht in der Lage, die a-posteriori-Wahrscheinlichkeiten nach der Bayesschen Regel zu berechnen). Für diesen Fall ist vorzugeben, wie das Unternehmen 2 dann reagiert. 64 Damit Bedingung 1 erfüllt ist, muß der Graph von y h(q n) gemäß (5.22) oberhalb oder auf der 1 1 h h Horizontalen w · (M1 – D1 ) liegen. Bedingung 2 ist laut (5.24) immer dann erfüllt, wenn der n n n n Graph von y1 (q1 ) auf oder unterhalb der Horizontalen w · (M1 – D1 ) verläuft. 65 Wie aus Abb. 5.2 ersichtlich ist, übersteigt der Funktionswert von y h(q n) den konstanten 1 1 * h h n Wert w · (M1 – D1 ) für alle q1 < q1 .

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung h

135

n

y1 (q1 ) n n y1 (q1 )

h

n

n

n

y1 (q1 )

y1 (q1 )

w × ( M 1 - D1 ) n

n

w × ( M 1 - D1 ) h

0

q1

**

q1

*

qm

n

qm

h

q1n

h

Bedingung 2 Bedingung 1

Abb. 5.2:

Bedingung 1

Graphische Bestimmung des Trennungsgleichgewichtes im Limitpreis-Modell von MILGROM und ROBERTS

Zusammenfassend ist festzustellen, daß es ein eindeutiges „vernünftiges“ Trennungsgleichgewicht gibt. Für dieses gilt: x

Ein etabliertes Unternehmen mit hohen Grenzkosten setzt in Periode 1 den Monopolpreis qmh und akzeptiert den Markteintritt des potentiellen Konkurrenten in Periode 2. Die in der ersten Periode erzielte Auszahlung des ersten Unternehmens ist der maximale Ein-Perioden-Monopolgewinn bei hohen Grenzkosten M1h. In der Folgeperiode resultieren die Duopolgewinne D1h für Unternehmen 1 und D2h für Unternehmen 2 (vgl. Tab. 5.2).

x

Ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten wählt in Periode 1 den höchsten eintrittsverhindernden Preis q1* und ist auch in Periode 2 Monopolist. Der Preis q1* muß dabei für einen Marktsassen mit hohen Grenzkosten mit Gewinneinbußen in Periode 1 verbunden sein, die mindestens so hoch sind, wie der Zusatzgewinn aufgrund des verhinderten Markteintritts in der zweiten Periode. Die Auszahlungen des ersten Unternehmens sind M1n(q1*) in Periode 1 und M1n in Periode 2 (vgl. Tab. 5.2).

136 Tab. 5.2:

5. Preissetzung und Signale Auszahlungen der Unternehmen im Trennungsgleichgewicht bei asymmetrisch verteilter Information im Limitpreis-Modell von MILGROM und ROBERTS

Grenzkosten Marktsasse n

e1 = e1

Periode 1 Untern. 1 Untern. 2 n

*

M 1 (q 1 )

h

e1 = e1

M1

h

Periode 2 Untern. 1 Untern. 2 n

0

h

D2

0

M1

0

D1

h

Folgende Schlußfolgerungen für das Trennungsgleichgewicht lassen sich aus der obigen Analyse ziehen: (1) Ein Marktzutritt des potentiellen Konkurrenten erfolgt bei Informationsasymmetrie genau dann, wenn er auch bei symmetrischer Information erfolgen würde (und zwar bei Vorliegen hoher Grenzkosten des Marktsassen). (2) Ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten verlangt bei Informationsasymmetrie in Periode 1 einen geringeren Preis, als es bei symmetrischer Information verlangen würde. Die mit dem geringeren Preis (es handelt sich um den höchsten eintrittsverhindernden Preis) verbundene Gewinneinbuße in Periode 1 ist notwendig, um den potentiellen Konkurrenten bei Informationsasymmetrie davon zu überzeugen, daß Unternehmen 1 tatsächlich mit niedrigen Grenzkosten produziert.66 (3) Ein etabliertes Unternehmen mit hohen Grenzkosten verlangt bei Informationsasymmetrie in Periode 1 genau wie bei symmetrischer Information seinen Monopolpreis. (4) Die soziale Wohlfahrt ist bei Informationsasymmetrie höher als bei symmetrischer Information. Zwar ergibt sich in Periode 2 keine Wohlfahrtsveränderung, da ein Marktzutritt immer dann erfolgt, wenn er auch bei symmetrischer Information erfolgen würde, in Periode 1 aber steigt die soziale Wohlfahrt aufgrund des geringeren Preises, den ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten bei asymmetrisch verteilter Information setzen muß.

5.3.2.2

Pooling-Gleichgewicht

Bevor das Pooling-Gleichgewicht genauer analysiert werden kann, ist zunächst zu klären, ob ein solches Gleichgewicht im hierbetrachteten Kontext überhaupt existiert. Entscheidet sich der potentielle Konkurrent bei Unsicherheit über die Grenzkosten des etablierten Unternehmens immer dann für einem Marktzutritt, wenn sein erwarteter Duo-

66 Diese Gewinneinbuße wird häufig auch als Kosten der Signalübermittlung bei asymmetrisch

verteilter Information bezeichnet.

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

137

polgewinn (5.20) größer oder gleich null ist (d.h. er ist risikoneutral), so ist für die Existenz eines Pooling-Gleichgewichts die Erfüllung folgender Bedingung notwendig: n

h

p ˜ D2  (1  p) ˜ D2  0 .

E ( D2 )

(5.27)

Um dies zu beweisen, wird für einen Moment angenommen, daß die Bedingung (5.27) nicht erfüllt sei. Der erwartete Gewinn E(D2) ist somit nicht negativ, so daß sich Unternehmen 2 für einen Marktzutritt entscheidet. Da der Pooling-Gleichgewichtspreis dem zweiten Unternehmen keine Möglichkeit bietet, neue Informationen über die „wahren“ Grenzkosten des etablierten Unternehmens zu gewinnen (die a-posteriori-Wahrscheinlichkeiten unterscheiden sich nicht von den a-priori-Wahrscheinlichkeiten), kann Unternehmen 1 (egal, ob es niedrige oder hohe Grenzkosten besitzt) den Marktzutritt des potentiellen Konkurrenten nicht verhindern. Kann der Marktzutritt durch die Wahl eines Pooling-Preises jedoch nicht verhindert werden, so stellt sich Unternehmen 1 am besten, wenn es in der ersten Periode seinen jeweiligen Ein-Perioden-Monopolpreis verlangt. Da sich dieser Monopolpreis bei hohen Grenzkosten von dem bei niedrigen Grenzkosten unterscheidet, folgt, daß es dann kein Pooling-Gleichgewicht gibt. Damit überhaupt ein Pooling-Gleichgewicht existieren kann, muß somit (5.27) erfüllt sein. Angenommen (5.27) sei erfüllt. Zudem wird wiederum unterstellt, daß Unternehmen 2 immer dann von hohen Grenzkosten des Marktsassen ausgeht, wenn Unternehmen 1 einen anderen als den Gleichgewichtspreis wählt (vgl. Fußnote 63). Folgenden beiden notwendigen Bedingungen muß ein Pooling-Preis q1 dann genügen, damit ein PoolingGleichgewicht vorliegt.

Bedingung 1: Für ein etabliertes Unternehmen mit hohen Grenzkosten darf es nicht von Vorteil sein, in Periode 1 anstelle des Pooling-Preises seinen Monopolpreis zu verlangen. Verlangt ein Marktsasse mit hohen Grenzkosten in Periode 1 den Pooling-Preis q1, so erzielt das Unternehmen in Periode 1 den Monopolgewinn M1h(q1). In Periode 2 kann der Marktsasse dann den Monopolgewinn M1h verzeichnen, da der potentielle Konkurrent durch Wahl des Pooling-Preises vom Markteintritt abgehalten wurde. Würde das etablierte Unternehmen in Periode 1 statt q1 den Monopolpreis qmh in Rechnung stellen und somit Unternehmen 2 annahmegemäß zum Markteintritt animieren, wäre der Gesamtgewinn M1h + w · D1h. Folglich lautet die notwendige Bedingung 1 für das PoolingGleichgewicht formal: h

h

h

h

M 1 (q1 )  w ˜ M 1 t M 1  w ˜ D1 .

(5.28)

Wird auf beiden Seiten von Ungleichung (5.28) der Term M1h(q1) + w · D1h subtrahiert, erhält man: h

h

h

w ˜ ( M 1  D1 ) t y1 (q1 ) ,

(5.29)

138

5. Preissetzung und Signale

wobei y1h(q1) Ł M1h – M1h(q1). Der Ausdruck y1h(q1) symbolisiert wie schon bei der Ableitung des Trennungsgleichgewichts die Gewinneinbuße, die das etablierte Unternehmen mit hohen Grenzkosten in Periode 1 erleidet, wenn es (um den Marktzutritt des potentiellen Konkurrenten zu verhindern) von seinem Monopolpreis qmh auf den PoolingPreis q1 abweicht. Solange diese Einbuße in der ersten Periode den diskontierten (durch die erlangte Monopolstellung erzielten) zusätzlichen Gewinn in Periode 2 nicht übersteigt, ist Bedingung 1 erfüllt.

Bedingung 2: Für ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten darf es nicht von Vorteil sein, in Periode 1 statt des Pooling-Preises seinen Monopolpreis zu verlangen. Die Argumentation verläuft analog zu Bedingung 1: Verlangt ein Marktsasse mit niedrigen Grenzkosten in Periode 1 den Pooling-Preis q1, so erzielt das Unternehmen den Gesamtgewinn M1n(q1) + w · M1n . Wählt es stattdessen den Monopolpreis qmn (und provoziert dadurch gemäß der getroffenen Annahme den Marktzutritt von Unternehmen 2) resultiert M1n + w · D1n. Formal ergibt sich somit für Bedingung 2 eines PoolingGleichgewichts: n

n

n

n

M 1 (q1 )  w ˜ M 1 t M 1  w ˜ D1 .

(5.30)

Subtraktion von M1n(q1) + w · D1n auf beiden Seiten von Ungleichung (5.30) liefert: n

n

n

w ˜ ( M 1  D1 ) t y1 (q1 ) ,

(5.31)

wobei y1n(q1) Ł M1n – M1n(q1). Damit Bedingung 2 eines Pooling-Gleichgewichtes erfüllt ist, darf die Gewinneinbuße, die ein Marktsasse mit niedrigen Grenzkosten bei Wahl von q1 in Periode 1 erleidet, den diskontierten zusätzlichen Gewinn in Periode 2 nicht übersteigen. Um die Menge der Pooling-Gleichgewichtspreise graphisch bestimmen zu können, wurden in Abb. 5.3 zunächst die Graphen der Funktionen y1n(q1) und y1h(q1) sowie die Konstanten w · (M1n – D1n) und w · (M1h – D1h) dargestellt.67 Zudem ist für jede notwendige Bedingung eines Pooling-Gleichgewichtes der Teil des Definitionsbereiches von q1 markiert, für den diese Bedingung erfüllt ist. Wie sich zeigt, resultiert auch für das Pooling-Gleichgewicht ein Intervall [q1+, q1++] mit Preisen, die sowohl Bedingung 1 als auch Bedingung 2 genügen. Das Intervall enthält somit sämtliche Pooling-Gleichgewichtspreise.68 Im Gegensatz zum Trennungsgleichgewicht, in dem es gelang, aus der Menge aller Gleichgewichte ein einziges „vernünftiges“ zu extrahieren, ist es hier nicht ohne 67 Wiederum liegt der Abbildung die Annahme zugrunde, daß sich die Funktionen y n(q ) und 1 1 h

h

h

n

n

y1 (q1) höchstens einmal schneiden und daß M1 – D1 < M1 – D1 gilt. Vgl. Abschnitt 5.3.2.3 und 5.3.2.4. 68 Wie Abb. 5.3 zeigt, liegen auch die beiden Monopolpreise q n und q h im Intervall [q +, q ++]. m m 1 1

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

139

weiteres möglich, einige Gleichgewichte auszuschließen. Der Ansatz zum Ausschluß einiger (oder aller) Gleichgewichte besteht in der Einführung zusätzlicher Restriktionen für die Wahrscheinlichkeitseinschätzung des zweiten Unternehmens (vgl. Fußnote 32 in TIROLE 1999, S. 829). Ihm soll hier nicht weiter nachgegangen werden. Statt dessen wird angenommen, daß sowohl ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen als auch eines mit hohen Grenzkosten im Pooling-Gleichgewicht den Monopolpreis eines Anbieters mit niedrigen Grenzkosten qmn wählt (wodurch Bedingung 2 eines Pooling-Gleichgewichtes irrelevant wird). Folgende Schlußfolgerungen lassen sich dann ziehen: (1) Der Marktzutritt des potentiellen Konkurrenten wird bei Informationsasymmetrie stets verhindert. (2) Ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten verlangt bei Informationsasymmetrie in Periode 1 genau wie bei symmetrischer Information den Monopolpreis. (3) Ein etabliertes Unternehmen mit hohen Grenzkosten verlangt bei Informationsasymmetrie in Periode 1 einen geringeren Preis, als es bei symmetrischer Information verlangen würde. Die mit dem geringeren Preis (es handelt sich um den höchsten eintrittsverhindernden Preis) verbundene Gewinneinbuße in Periode 1 ist notwendig, um zu verhindern, daß der potentielle Konkurrent aus dem beobachteten Erst-Perioden-Preis Rückschluß auf die Grenzkosten des Marktsassen ziehen kann.

n

y1 (q1 ) h y1 (q1 )

n

h

y1 (q1 )

y1 (q1 )

w × ( M 1 - D1 ) n

n

w × ( M 1 - D1 ) h

0

+

q1

qm

n

qm

h

q1

++

h

q1

Bedingung 1 Bedingung 2

Abb. 5.3:

Graphische Bestimmung des Pooling-Gleichgewichtes im Limitpreis-Modell von MILGROM und ROBERTS

140

5. Preissetzung und Signale

(4) Die Veränderung der sozialen Wohlfahrt beim Übergang von symmetrischer zu asymmetrischer Information ist unbestimmt. Zwar ist die Wohlfahrt in Periode 1 bei Informationsasymmetrie aufgrund des niedrigeren Preises eines etablierten Unternehmens mit hohen Grenzkosten höher als bei symmetrischer Information. Da es aber in Periode 2 bei Informationsasymmetrie nie zu einem Marktzutritt kommt (während bei einer symmetrischen Informationsverteilung Unternehmen 2 zumindest bei Vorliegen hoher Grenzkosten des Marktsassen in den Markt eintritt) ist das Wohlfahrtsniveau in der zweiten Periode geringer (vgl. Tab. 5.3). Tab. 5.3:

Auszahlungen der Unternehmen im Pooling-Gleichgewicht bei asymmetrisch verteilter Information im Limitpreis-Modell von MILGROM und ROBERTS

Grenzkosten Marktsasse

Periode 1 Untern. 1 Untern. 2

n

e1 = e1 e1 = e

5.3.2.3

M1

h 1

h

n

Periode 2 Untern. 1 Untern. 2

0 n

M 1 (q m )

0

M1

n

0

M1

h

0

Die single-crossing-Bedingung

Die Nachfragefunktion, der sich das erste Unternehmen in Periode 1 gegenübersieht, sei gegeben durch x1(q1). Die Kostenfunktion des Unternehmens laute: K1 ( x1 )

c1  e1 ˜ x1 ,

c1 t 0 , e1 ! 0 .

(5.32)

Der Monopolgewinn in Abhängigkeit des Preises q1 sowie des Parameters e1 der Kostenfunktion berechnet sich dann als: M 1 (q1 , e1 )

q1 ˜ x1 (q1 )  c1  e1 ˜ x1 (q1 ) .

(5.33)

Die partielle Ableitung von (5.33) nach q1 (der Anstieg der Gewinnfunktion) lautet wM 1 (q1 , e1 ) wq1

x1 (q1 )  q1 ˜

wx1 (q1 ) wx (q )  e1 ˜ 1 1 wq1 wq1

(5.34)

und gibt Auskunft darüber, wie sich der Monopolgewinn ändert, wenn der Preis des Gutes x ausgehend von q1 um eine marginale Einheit erhöht wird. Unterstellt man, daß die Nachfrage nach Gut x mit steigendem Preis sinkt (also die Ableitung der Nachfragefunktion x1(q1) nach q1 negativ ist), so ist bereits aus (5.34) ersichtlich, daß eine Erhöhung des Kostenskalierungsparameters e1 den Wert erhöht, um den sich der Monopolgewinn bei einer marginalen Preiserhöhung verändert. Formal kann dieser Sachverhalt auch wie folgt gezeigt werden:

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung ª wM (q , e ) º w« 1 1 1 » wq1 ¬ ¼ we1

2

w M 1 (q1 , e1 ) wq1we1



141

wx1 (q1 ) !0. wq1

(5.35)

Für alle Preise q1 gilt somit, daß der Anstieg der Gewinnfunktion eines Monopolisten mit hohen Grenzkosten immer größer ist als der Anstieg der Gewinnfunktion eines Monopolisten mit niedrigen Grenzkosten: h

n

wM 1 (q1 ) wM 1 (q1 ) ! . wq1 wq1

(5.36)

Für die Funktionen y1h(q1) Ł M1h – M1h(q1) und y1n(q1) Ł M1n – M1n(q1), die jeweils den Teil des maximal erzielbaren Monopolgewinns ergeben, auf den ein Monopolist mit hohen bzw. niedrigen Grenzkosten verzichtet, wenn er anstelle seines Monopolpreises den Preis q1 setzt, folgt damit:69 h

n

wy1 (q1 ) wy1 (q1 )  . wq1 wq1

(5.37)

Wie in Abb. 5.4 zu sehen ist, besitzen y1h(q1) und y1n(q1) an der Stelle q1s denselben Funktionswert. Erfolgt ausgehend von q1s eine Erhöhung oder eine Absenkung des Preises q1, müssen die Funktionswerte zwangsläufig divergieren, da der Anstieg von y1n(q1) gemäß (5.37) stets größer ist als der von y1h(q1). Es folgt daraus, daß es außer q1s keinen weiteren Preis geben kann, für den y1h und y1n identische Werte aufweisen. Dadurch ist gewährleistet, daß sich die Funktionen y1n(q1) und y1h(q1) höchstens einmal schneiden. Wie aus Abb. 5.4 weiterhin ersichtlich, ist eine Preissenkung für einen Monopolisten mit niedrigen Grenzkosten stets vorteilhafter als für einen mit hohen Grenzkosten: Einerseits fällt die Reduktion der Gewinneinbuße bei einer (marginalen) Preissenkung ausgehend vom Preisniveau q1h für ein Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten stärker aus als für eines mit hohen. Wird andererseits der Preis ausgehend von q1n (marginal) gesenkt, so steigt die Gewinneinbuße eines Monopolisten mit niedrigen Grenzkosten weniger stark an als die eines Monopolisten mit hohen Grenzkosten. Eine Preissenkung ist für Unternehmen mit hohen Grenzkosten somit immer teurer als für eines mit niedrigen Grenzkosten.

69 Es gilt ˜y t(q )~˜q = – ˜M t(q )~˜q . Durch Subtraktion von ˜M h(q )~˜q + ˜M n(q )~˜q auf 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 n

h

beiden Seiten von (5.36) erhält man zudem – ˜M1 (q1)~˜q1 > – ˜M1 (q1)~˜q1, so daß sich (5.37) ergibt.

142

5. Preissetzung und Signale n

y1 (q1 ) h y1 (q1 )

n

h

y1 (q1 )

y1 (q1 )

0

q1

n

q1

s

q1

h

q1

Graphische Veranschaulichung der single-crossing-Bedingung

Abb. 5.4:

5.3.2.4

Der Vorteil des Marktsassen aus dem Erhalt seiner Monopolstellung

In den voranstehenden Erläuterungen wurde angenommen, daß ein etabliertes Unternehmen mit niedrigen Grenzkosten einen größeren Vorteil aus dem Erhalt seiner Monopolstellung in Periode 2 zieht als eines mit hohen Grenzkosten, also: h

h

n

n

M 1  D1  M 1  D1 .

Nun soll untersucht werden, unter welchen Bedingungen diese Annahme erfüllt ist. Dazu werden zunächst die Auswirkungen einer Veränderung der Grenzkosten e1 auf die Höhe des optimalen Monopol- sowie Duopolgewinns eines etablierten Unternehmens ermittelt. Dabei findet der sogenannte Umhüllenden-Satz Verwendung, dessen einfachste Form zuvor kurz wiedergegeben wird (vgl. VARIAN 1994, S. 495). Anschließend ist abzuleiten, wie die Differenz aus Monopol und Duopolgewinn auf Veränderungen von e1 reagiert.

Exkurs: Der Umhüllenden-Satz Angenommen f(x, a) ist eine Funktion von x und a, wobei a einen exogenen Parameter bezeichnet und x die zu untersuchende Variable. Es werde nun der Wert von x gewählt, der für ein vorgegebenes a die Funktion f optimiert. Normalerweise werden sich für unterschiedliche Werte von a auch verschiedene optimale Werte x ergeben. Unter Umständen ist es dann möglich, die Funktion x(a) aufzustellen, die für jeden beliebigen Pa-

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

143

rameterwert a das zugehörige optimale x liefert. Falls es möglich ist, x(a) zu bestimmen, kann folgende (Optimal-) Wertefunktion definiert werden: O(a) { f ( x(a), a) .

(5.38)

Diese Funktion gibt an, welchen optimalen Wert die Funktion f bei gegebenem a besitzt. Oft interessiert es, wie der Optimalwert auf Veränderungen des Parameters a reagiert. Dazu sind beide Seiten von (5.38) nach a zu differenzieren: dO (a) da

wf ( x(a), a) wx(a) wf ( x(a), a) ˜  . wx wa wa

(5.39)

Da x(a) die Funktion f maximiert, gilt: wf ( x(a), a) wx

0.

(5.40)

Wird dieser Ausdruck in (5.39) eingesetzt, folgt: dO (a) da

wf ( x(a), a) . wa

(5.41)

Das läßt sich besser schreiben als:

dO(a) da

wf ( x, a ) wa

.

(5.42)

x x(a )

(5.42) besagt, daß die totale Ableitung der Wertefunktion nach dem Parameter gleich der partiellen Ableitung der Funktion f nach a ist, vorausgesetzt die Entscheidungsvariable wird auf ihrem Optimalwert konstant gehalten (Umhüllenden-Satz). Dieses Ergebnis läßt sich wie folgt begründen. Eine marginale Veränderung von a hat zwei Auswirkungen: Zunächst verändert sie den Funktionswert von f direkt. Außerdem ändert sie x, was indirekt zu einer weiteren Änderung von f führt. Wurde x allerdings optimal gewählt, hat eine kleine Veränderung von x keine Auswirkung auf f. Die indirekte Wirkung fällt deshalb weg und es bleibt nur die direkte Wirkung erhalten. ¸ Zunächst wird der Monopolgewinn betrachtet. Dieser berechnet sich in Abhängigkeit des Preises q1 sowie des Parameters e1 der Kostenfunktion als (vgl. Abschnitt 5.3.2.3): M 1 (q1 , e1 )

q1 ˜ x1 (q1 )  c1  e1 ˜ x1 (q1 ) .

(5.43)

Der den Monopolgewinn maximierende Monopolpreis ist eine Funktion von e1 und werde deshalb mit q1M(e1) bezeichnet. Dann ergibt sich der maximale Monopolgewinn (die Wertefunktion) für vorgegebene Parameterwerte e1 als:

144

5. Preissetzung und Signale M

M 1 (e1 ) { M 1 (q1 (e1 ), e1 ) .

(5.44)

Nun interessiert, wie der maximale Monopolgewinn auf Veränderungen von e1 reagiert. Gemäß dem Umhüllenden-Satz gilt:

dM 1 (e1 ) de1

M

wM 1 (q1 (e1 ), e1 ) we1

M

 x1 (q1 (e1 ))

 x1 (q1 ) q

1

q1M ( e1 )

0.

(5.45)

Tritt Unternehmen 2 in der zweiten Periode in den Markt ein (wird also aus dem Monopol ein Duopol), lautet die Nachfragefunktion, der sich das erste Unternehmen gegenüber sieht, x1(q1, q2). Die Kostenfunktion des Unternehmens bleibt selbstverständlich weiterhin (5.32). Als Duopolgewinn des etablierten Unternehmens ergibt sich somit in Abhängigkeit der Preise q1 und q2 sowie des Parameters e1 der Kostenfunktion: q1 ˜ x1 (q1 , q2 )  c1  e1 ˜ x1 (q1 , q2 ) .

D1 (q1 , q2 , e1 )

(5.46)

Die im Gleichgewicht resultierenden Duopolpreise sind wiederum Funktionen von e1. Der gleichgewichtige Duopolpreis des etablierten Unternehmens wird deshalb durch q1D(e1), der des potentiellen Konkurrenten durch q2D(e1) symbolisiert. Für den maximalen Duopolgewinn (die Wertefunktion) des Marktsassen für vorgegebene Parameterwerte e1 erhält man dann: D

D

D1 (e1 ) { D1 (q1 (e1 ), q 2 (e1 ), e1 ) .

(5.47)

Um die Reaktion des optimalen Duopolgewinns auf Veränderungen von e1 zu bestimmen, wird nochmals auf den Umhüllenden-Satz zurückgegriffen. Es folgt:70 dD1 (e1 ) de1

D

D

D

D

D

wD1 (q1 (e1 ), q2 (e1 ), e1 ) wq2 (e1 ) wD1 (q1 (e1 ), q2 (e1 ), e1 ) ˜  wq2 we1 we1 D

D

q1 (e1 ) ˜

D

 e1 ˜

D

D

wx1 (q1 (e1 ), q2 (e1 )) wq2 (e1 ) ˜ wq2 we1 D

D

wx1 (q1 (e1 ), q2 (e1 )) wq2 (e1 ) D D ˜  x1 (q1 (e1 ), q2 (e1 )) , wq2 we1

was wiederum geschrieben werden kann als:

70 Man beachte, daß aufgrund des Hüllkurven-Satzes die indirekte Wirkung einer Veränderung D

D

von e1 auf D1 über q1 wegfällt. Die indirekte Wirkung über q2 muß dagegen beachtet werden.

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung dD1 (e1 ) de1

D

(q1  e1 ) ˜

145

D

wx1 (q1 , q2 (e1 )) wq2 (e1 ) D ˜  x1 (q1 , q2 (e1 )) wq2 we1 q

.

(5.48)

D 1 q1 ( e1 )

D

D

Da q1D – e1 > 0 und wx1 (q1 , q2 ) wq2 ! 0 gilt, ist der erste Term von (5.48) positiv, falls ˜q2D(e1)~˜e1 > 0. Diese Bedingung kann (unter wenig restriktiven zusätzlichen Voraussetzungen) als erfüllt betrachtet werden (vgl. TIROLE 1999, S. 825). Der zweite Term von (5.48) ist immer negativ, da x1(q1D, q2D) > 0. Unter Verwendung der Ergebnisse (5.45) und (5.48) folgt somit für die Differenz aus optimalem Monopol- und optimalem Duopolgewinn: d >M 1 (e1 )  D1 (e1 )@ 0 de1

œ

M

D

D

x1 (q1 ) ! x1 (q1 , q2 ) .

(5.49)

Verringert sich beim Übergang vom Monopol zum Duopol die im Gleichgewicht abgesetzte Menge des etablierten Unternehmens, dann sinkt M1 – D1 mit steigendem e1 und es gilt M1h – D1 h < M1n – D1 n.

5.3.3

Auktionen

In den bisherigen Ausführungen wurde unterstellt, daß den Anbietern das Nachfrageverhalten der Konsumenten vollständig bekannt ist. Die vorgegebene Nachfragefunktion (bzw. deren Inverse, die Preis-Absatz-Funktion) gab den Unternehmen Auskunft über die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager und erlaubte es ihnen, im jeweiligen Kontext die optimalen Preise zu berechnen. Die Berechnung optimaler Preise erschwert sich jedoch, wenn die Unternehmen nur unvollständig über die Zahlungsbereitschaft der Nachfrager für die angebotenen Güter informiert sind. Stehen die Güter langfristig in größerer Stückzahl zur Verfügung, können Märkte etabliert und der Preismechanismus zur optimalen Preissetzung genutzt werden. Handelt es sich bei den angebotenen Gütern dagegen um Einzelobjekte, dürfte die Festlegung eines optimalen Preises durch den Anbieter unmöglich sein. In diesen Fällen bietet sich ein als Versteigerung oder Auktion bezeichnetes Verfahren zur Preisbestimmung an.

5.3.3.1

Begriffsbestimmung und Klassifikation

Auktionen kommen in der Regel in Situationen zur Anwendung, die durch folgende drei Merkmale gekennzeichnet sind: 1.

Es existiert ein Anbieter, der ein Einzelobjekt anbietet.

2.

Es gibt mehrere Nachfrager, die dieses Objekt kaufen möchten.

146

5. Preissetzung und Signale 3.

Es herrscht Informationsasymmetrie: Während jedem Nachfrager seine individuelle maximale Zahlungsbereitschaft bekannt ist, besitzt der Anbieter lediglich unsichere Erwartungen darüber.

Grundsätzlich ist es dem Anbieter in solchen Situationen möglich, auf Basis seiner Erwartungen einen Preis für das Objekt festzulegen. Die Wahrscheinlichkeit, dabei einen Betrag zu verlangen, der gerade der maximalen Zahlungsbereitschaft des Nachfragers mit der höchsten Zahlungsbereitschaft entspricht, ist allerdings sehr gering. Viel wahrscheinlicher ist es dagegen, entweder einen zu hohen Preis anzusetzen, so daß niemand das Objekt kaufen möchte, oder einen zu niedrigen Preis festzulegen, was den Verzicht auf einen Teil des maximal möglichen Verkaufserlöses impliziert. Um beides zu vermeiden, ist dem Anbieter als Alternative die Durchführung einer Auktion zu empfehlen. In einer Auktion fordert der Anbieter die Nachfrager (die im folgenden auch als Bieter bezeichnet werden) auf, durch die Abgabe von Preisgeboten miteinander um das angebotene Objekt zu konkurrieren. Anhand der Gebote werden dann gemäß einem zuvor festgelegten Regelwerk der Käufer (üblicherweise der Bieter mit dem höchsten Preisgebot) sowie der zu zahlende Kaufpreis bestimmt. Um sich gegen seine Konkurrenten durchzusetzen, wird jeder Bieter im Preisbildungsprozeß die gesamte ihm zur Verfügung stehende Information über seine Zahlungsbereitschaft einsetzen. Der Kaufpreis kommt deshalb der höchsten Zahlungsbereitschaft unter den Nachfragern sehr nahe (wenngleich er sie nicht ganz erreicht). Beispiel 5.3.1 (Auktionen):

Ein Paradebeispiel für Auktionen bildet die Versteigerung eines Kunstobjektes (z.B. eines Gemäldes). Hierbei handelt es sich im allgemeinen um ein Unikat, was mehrere Anbieter von vornherein ausschließt. Aufgrund der vielfältigen Präferenzen der Kunstliebhaber ist der optimale Preis dem Anbieter eines solchen Kunstgegenstandes ex ante unbekannt. Neben Kunstgegenständen werden aber auch „klassische“ Wirtschaftsgüter versteigert. Genannt seien Immobilienauktionen sowie die Versteigerung von Agrarprodukten (Blumenauktion in Amsterdam) und Förderrechten (Bohrrechte für Ölfelder). Häufig bedient sich auch der Staat der Versteigerung zur Preisbestimmung. Entweder bietet er Güter an, für die er die Rechte zur Erstellung versteigert (Straßeninfrastruktur) oder er reguliert über Auktionen den Zutritt zu Märkten (UMTS-Mobilfunk-Lizenzen). Seit Gründung des Unternehmens „eBay“ im September 1995 besteht praktisch für jedermann die Möglichkeit, Objekte zu geringen Transaktionskosten im Internet zu verbzw. ersteigern. ¸ In der Realität können die verschiedensten Auktionen beobachtet werden (vgl. Beispiel 5.3.1). Eine Möglichkeit, diese zu klassifizieren, basiert auf Unterschieden zwischen den Werten, die zu versteigernde Gegenstände für die einzelnen Bieter besitzen. Der Wert, den ein Auktionsgegenstand für einen Bieter besitzt, ergibt sich aus den Präferenzen des Bieters für den Gegenstand und entspricht dem in Geld ausgedrückten Nutzen, der dem Bieter aus dem Besitz des Gegenstandes erwächst. Folgende drei Auktionsklassen lassen sich anhand der Unterschiede zwischen den Werten bilden (vgl. RASMUSEN 1989, S. 294):

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

147

x

Private-value Auktionen: In einer Privatwert-Auktion sind die Präferenzen der Bieter verschieden, so daß jeder Bieter dem zu versteigernden Objekt einen anderen monetären Wert zumißt. Es existiert somit kein für alle Bieter einheitlicher Wert für das Objekt. Beispiel: Versteigerung eines nicht zum Weiterverkauf bestimmten Kunstobjektes.

x

Common-value Auktionen: In dieser Auktionsklasse wird davon ausgegangen, daß der Auktionsgegenstand einen einheitlichen „objektiven“ (Markt-) Wert besitzt. Die Werte aller Bieter sind somit identisch. Beispiel: Versteigerung eines Geldbeutels.71

x

Correlated-value Auktionen: In Auktionen dieser Klasse sind die Werte der Bieter zwar unterschiedlich, zwischen ihnen besteht jedoch ein gewisser Zusammenhang – eine Korrelation. Beispiel: Versteigerung einer bestimmten Immobilie unter Bietern mit unterschiedlichen Nutzungskonzepten.

Reale Auktionen werden typischerweise in der dritten Klasse eingeordnet. Je nachdem, welche Gegenstände dabei zur Versteigerung anstehen, wird jedoch die Korrelation zwischen den Werten der einzelnen Bieter mehr oder weniger stark ausfallen. Eine reale Auktion läßt sich somit bei geringer Korrelation der Werte durch eine private-value Auktion und bei hoher Korrelation durch eine common-value Auktion approximieren.72 Deshalb erfolgt in der Auktionstheorie zumeist eine Beschränkung der Analyse auf (die einfacher zu modellierenden) private-value und common-value Auktionen.

5.3.3.2

Modellierung und Ziel der Analyse

Auktionen können als zweistufiges Spiel mit n + 1 Spielern (n Bieter und ein Verkäufer) modelliert werden. Zunächst wählt der Verkäufer auf der ersten Stufe eine bestimmte Auktionsform, wobei unter Auktionsform ein eindeutig festgelegtes System von Regeln verstanden wird, über das sowohl der Käufer als auch der Kaufpreis einer Auktion bestimmt werden. Stufe 2 bildet die eigentliche Versteigerung des Gegenstandes, d.h. die Gebotsabgabe durch die Bieter. Folgende Ansätze werden in der Theorie verfolgt: Private-value Auktionen: Bei der Diskussion von private-value Auktionen wird angenommen, daß jedem Bieter der Wert, den das Versteigerungsobjekt für ihn besitzt, genau bekannt ist, während die Werte, die das Objekt für andere Bieter hat, geschätzt wer-

71 Aufgrund unvollständiger Information können die Wertvorstellungen der Bieter (d.h. deren

individuellen Schätzungen des Wertes) vom tatsächlichen Wert des Versteigerungsgegenstandes abweichen. Siehe hierzu Absatz 5.3.3.7. 72 Private-value Auktion und common-value Auktion können somit auch als die beiden Extremfälle von correlated-value Auktionen aufgefaßt werden, bei denen die Korrelation zwischen den Werten der Bieter 0 bzw. 1 ist.

148

5. Preissetzung und Signale

den müssen. Gesucht wird das optimale Regelwerk (die Auktionsform), welches den vom Verkäufer erwarteten Kaufpreis maximiert. Common-value Auktionen: Bei der Analyse von common-value Auktionen geht man davon aus, daß das Auktionsobjekt für alle Bieter einen einheitlichen Wert besitzt, der jedoch den Bietern vor der Versteigerung noch unbekannt ist. Anhand der zu seiner Verfügung stehenden Informationen versucht jeder Bieter, diesen mit v bezeichneten Wert so gut wie möglich zu schätzen. Die Schätzung des Bieters i (seine Wertvorstellung) erhält das Symbol vˆi .

Man beachte, daß aus der Identität der Werte nur dann auf gleiche Wertvorstellungen geschlossen werden kann, wenn sämtliche zur Bestimmung der Wertvorstellung relevanten Informationen symmetrisch zwischen den Bietern verteilt sind. Differieren die den Bietern zu Verfügung stehenden Informationen, so folgt, daß die Wertvorstellungen der Bieter trotz identischer Werte unterschiedlich ausfallen können. Lernt ein Bieter im Verlauf einer common-value Auktion die Wertvorstellungen anderer Bieter kennen, kann er diese Information nutzen, um die eigene Wertvorstellung zu korrigieren.

5.3.3.3

Auktionsformen

Die Auktionsform umfaßt sämtliche Regeln zur Bestimmung von Käufer und Kaufpreis in einer Versteigerung. In der Praxis existiert eine Vielzahl verschiedener Auktionsformen. Die vier bekanntesten werden nachfolgend vorgestellt. Es handelt sich dabei um die Englische Auktion, die verdeckte Höchstpreisauktion, die Holländische Auktion sowie die nach ihrem Erfinder benannte VICKREY-Auktion. Während die drei erstgenannten Formen regelmäßig in der Praxis eingesetzt werden, findet man VICKREYAuktionen dort eher selten. Die VICKREY-Auktion besitzt jedoch aufgrund ihrer Eigenschaften eine große Bedeutung für die Auktionstheorie. Gemeinsam ist den vier genannten Auktionsformen, daß immer der Bieter mit dem höchsten Preisgebot die Auktion gewinnt. Unterschiede existieren bezüglich der beiden Merkmale: x

Gestaltung der Gebotsabgabe und

x

zu zahlender Kaufpreis.

Diese Merkmale können jeweils zwei Ausprägungen annehmen. Die Gebotsabgabe kann entweder offen oder verdeckt („in verschlossenem Umschlag“) erfolgen. Während ein Bieter im Verlauf einer Auktion mit offener Gebotsabgabe Kenntnis von den Geboten der anderen Bieter erlangt und diese bei der Festlegung des eigenen Gebots berücksichtigen kann, ist ihm das bei einer verdeckten Gebotsabgabe nicht möglich. Nachdem der Gewinner einer Auktion ermittelt wurde, kann der von ihm zu zahlende Kaufpreis einerseits seinem Höchstgebot entsprechen. Andererseits besteht die Möglichkeit, daß der Gewinner lediglich einen Preis in Höhe des zweithöchsten Gebotes bezahlt. Man erhält somit vier verschiedene Merkmalskombinationen. Aus Tab. 5.4 läßt sich entnehmen, durch welche Kombinationen die hier betrachteten Auktionsformen gekennzeichnet sind.

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung Tab. 5.4:

149

Standardauktionsformen der Auktionstheorie

Zu zahlender Preis

höchstes Preisgebot zweithöchstes Preisgebot

Gestaltung der Gebotsabgabe offen verdeckt Englische Auktion Holländische Auktion -

Verdeckte Höchstpreisauktion VICKREY-Auktion

Englische Auktion (first-price open-cry)

In einer Englischen Auktion werden ausgehend von einem Mindestpreis des Verkäufers sukzessiv höhere Gebote von den Bietern genannt. Jeder Bieter kann mehrere Gebote abgeben, muß jedoch stets den zuletzt genannten Preis überbieten. Wird schließlich das Gebot eines Auktionsteilnehmers nicht mehr überboten, erhält dieser den zu versteigernden Gegenstand. Der zu zahlende Preis entspricht der Höhe seines letzten Gebotes. Die Englische Auktion ist somit eine Höchstpreisauktion mit offener Gebotsabgabe.73 Verdeckte Höchstpreisauktion (first-price sealed-bid)

Im Standardfall einer verdeckten Höchstpreisauktion übergibt jeder Bieter maximal ein Gebot verdeckt (i.d.R. schriftlich in einem verschlossenen Umschlag) an den Verkäufer. Den Auktionsgegenstand erhält derjenige Bieter, der das höchste Gebot abgegeben hat. Der zu entrichtende Kaufpreis entspricht dem Höchstgebot.74 Holländische Auktion (descending)

Die Holländische Auktion ist ebenfalls eine Höchstpreisauktion. Zu Beginn des Versteigerungsprozesses wird durch den Anbieter ein Maximalpreis festgelegt. Dieser sinkt schrittweise, bis einer der Bieter den zuletztgenannten Preis akzeptiert. Dieser Bieter gewinnt die Auktion und bezahlt den von ihm akzeptierten Preis (Höchstpreis). In einer Holländischen Auktion erfolgt die Gebotsabgabe offen. Allerdings wird nur ein einziges offenes Gebot abgegeben, denn die Auktion endet gleichzeitig mit der Abgabe des ersten Gebotes.75 73 Die Englische Auktion ist die „klassische“ Auktionsform, die in Auktionshäusern (z.B.

Sotheby’s oder Christie’s) bei der Versteigerung von Kunstgegenständen angewandt wird. 74 Die verdeckte Höchstpreisauktion wird häufig für Ausschreibungen der öffentlichen Hand

eingesetzt. Beispielsweise sieht die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) diese Auktionsform für die Vergabe öffentlicher Bauleistungen vor. Dabei erhält jedoch nicht das Gebot mit dem höchsten Preis den Zuschlag, sondern das unter Berücksichtigung mehrerer Kriterien am wirtschaftlichsten erscheinende (vgl. VOB Ausgabe 2002, Teil A, §22 Nr. 1 und § 25 Nr. 3 Abs. 3). 75 Die Holländische Auktion findet z.B. bei der Versteigerung von Blumen auf holländischen Blumenmärkten Anwendung.

150

5. Preissetzung und Signale

VICKREY-Auktion (second-price sealed-bid)

In einer Standard-VICKREY-Auktion übergibt jeder Bieter dem Verkäufer maximal ein verdecktes Gebot. Den Zuschlag erhält dann wiederum das höchste Gebot. Der zu zahlende Preis entspricht jedoch nur der Höhe des zweithöchsten Gebotes.76 Ausgehend von den Regeln der vorgestellten Standardauktionsformen lassen sich durch Modifikation beliebig viele alternative Auktionsformen generieren. Modifikationen sind beispielsweise bezüglich folgender Punkte denkbar: x

Festlegung eines Mindestgebotes,

x

Festlegung einer Mindeststeigerungsrate der Gebote,

x

Begrenzung der maximalen Zahl an Geboten je Bieter sowie

x

Festlegung mehrerer Bietrunden bei Auktionen mit verdeckter Gebotsabgabe.

5.3.3.4

Kaufpreis bei private-value Auktionen für die betrachteten Auktionsformen

Bei der theoretischen Betrachtung von private-value Auktionen wird, wie bereits gesagt, nach der Auktionsform gesucht, die den vom Verkäufer erwarteten Kaufpreis maximiert. Für die soeben vorgestellten Auktionsformen werden deshalb nachfolgend Aussagen über die (zu erwartende) Höhe des Kaufpreises abgeleitet. Englische Auktion (first-price open-cry)

Angenommen die n Bieter lassen sich nach der Höhe ihrer Reservationswerte in eine Rangfolge bringen. Der Bieter mit dem höchsten Reservationswert erhalte den Rang 1, der mit dem zweithöchsten den Rang 2 usw. Dem Reservationswert eines jeden Bieters wird als Index der Rang des Bieters in runden Klammern zugewiesen, so daß v(1) den höchsten Reservationswert aller Bieter und v(n) den niedrigsten bezeichnet.77 Der Bieter mit Rang n wird genau dann aus einer Englischen Auktion ausscheiden, wenn das aktuelle Gebot seinen Reservationswert v(n) überschreitet. Im Verlauf des Bietprozesses folgen die Spieler mit den Rängen n – 1, n – 2 usw. Zum Schluß bleiben die zwei Bieter mit den Reservationswerten v(1) und v(2) übrig. Solange das aktuelle Gebot unter v(2)

76 Wie noch gezeigt wird, besitzt die VICKREY-Auktion unabhängig von der Risikoneigung der

Bieter eine streng dominante Bietstrategie. Trotz dieses Vorteils kommt diese Auktionsform kaum zum Einsatz. Aufgrund der Ungleichheit zwischen Gebot und zu zahlendem Preis ist sie insbesondere bei öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen (vgl. KRÄKEL 1993). 77 Nachfolgend steht ein Index ohne Klammern für einen bestimmten Bieter (z.B. steht v für den i Reservationswert des Bieters i) und ein Index in runden Klammern für den Rang, den die indizierte Variable einnimmt (so steht v(1) beispielsweise für den höchsten Reservationswert aller Bieter, also denjenigen mit Rang 1).

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

151

liegt, werden sich die beiden gegenseitig überbieten. Erst wenn der Bieter mit Rang 1 einen Betrag v(2) + H nennt (wobei H klein und positiv ist), wird der Bieter mit dem zweiten Rang kein höheres Gebot mehr abgeben wollen. Der Bieter mit dem höchsten Reservationswert gewinnt somit die Englische Auktion bei einem Gebot v(2) + H und erreicht eine Auszahlung (Nutzen) in Höhe von:

u(1)

v(1)  (v( 2)  H ) .

(5.50)

Der Kaufpreis ist gleich dem Höchstgebot v(2) + H. Für H = 0 entspricht der Kaufpreis exakt dem zweithöchsten Reservationswert v(2).78 Die Auszahlungen der Bieter mit den Rängen 2 bis n sind null. Verdeckte Höchstpreisauktion (first-price sealed-bid)

Im Standardfall der verdeckten Höchstpreisauktion gibt jeder Bieter ein einziges Gebot in einem verschlossenen Umschlag ab. Für die Bieter besteht daher keine Möglichkeit, die Gebote oder Reservationswerte der anderen Auktionsteilnehmer zu erfahren. Die Probleme, die sich daraus für die Bieter bei der Festlegung eines Preisgebotes ergeben, sollen zunächst stellvertretend für den Bieter mit dem höchsten Reservationswert dargestellt werden. Anschließend wird das optimale Gebot diskutiert. Angenommen der Bieter mit Rang 1 gibt ein Gebot in Höhe seines Reservationswertes v(1) ab. Dann würde er die Auktion zwar mit Sicherheit gewinnen, aufgrund der Identität von Reservationswert und Kaufpreis wäre seine Auszahlung jedoch null. Beschließt der Bieter deshalb sein Gebot ausgehend von v(1) zu reduzieren, ergeben sich für ihn zwei Konsequenzen. Erstens erhöht sich seine Auszahlung, falls das reduzierte Gebot nach wie vor das Höchstgebot ist. Zweitens ist der Gewinn der Auktion für ihn nicht mehr sicher. Es besteht nun eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß ein anderer Auktionsteilnehmer ein höheres Gebot abliefert. Beide Konsequenzen verstärken sich, je weiter das Gebot des Bieters seinen Reservationswert v(1) unterschreitet. Jeder Teilnehmer an einer verdeckten Höchstpreisauktion muß bei der Wahl seines Preisgebotes somit immer zwischen einem hohen Gebot (verbunden mit einer hohen Gewinnwahrscheinlichkeit und einer niedrigen Auszahlung im Gewinnfall) und einem niedrigen Gebot (mit niedriger Gewinnwahrscheinlichkeit und hoher Auszahlung im Gewinnfall) abwägen. Für welches Gebot sich ein Bieter in dieser Situation entscheidet, hängt einerseits von seiner individuellen Risikoeinstellung und andererseits von seinen Vorstellungen über die Gebote der anderen Bieter ab. Die Bestimmung einer allgemeinen Gleichgewichtslösung ist nicht möglich (vgl. RASMUSEN 1989, S. 296). Deshalb wird ein Spezialfall mit folgenden Annahmen betrachtet: 1.

Es nehmen n risikoneutrale Bieter an der Auktion teil.

78 H = 0 ergibt sich, wenn der Verkäufer in einer Englischen Auktion den Verkaufspreis langsam

erhöht, und jeder Bieter anzeigt, ob er noch aktiv an der Auktion teilnimmt.

152

5. Preissetzung und Signale 2.

Jeder Bieter geht davon aus, daß die Gebote aller Bieter unabhängig voneinander sind und einer Gleichverteilung über dem Intervall [0, B] entstammen.

Aus der ersten Annahme folgt, daß jeder Bieter durch die Wahl seines Gebotes, die von ihm erwartete Auszahlung zu maximieren versucht. Das mit einem bestimmten Gebot verbundene Risiko, die Auktion nicht zu gewinnen, spielt bei der Gebotswahl keine Rolle. Gemäß der zweiten Annahme hält jeder Bieter Gebote von konkurrierenden Bietern zwischen den Werten 0 und B für gleich wahrscheinlich. Die Verteilungsfunktion für die Gebote lautet somit: falls b  0, ­0 ° ®b B falls 0 d b d B, °1 falls b ! B. ¯

F (b)

(5.51)

Die Dichtefunktion für die Gebote ist:

­1 B falls 0 d b d B, ® sonst. ¯0

f (b)

(5.52)

Sowohl Dichte- als auch Verteilungsfunktion der unterstellten Verteilung sind in Abb. 5.5 dargestellt.

f (b)

F (b)

1 B

1

0

Abb. 5.5:

B

b

0

B

b

Dichte- und Verteilungsfunktion der Gebote

Die erwartete Auszahlung eines Bieters i läßt sich wie folgt schreiben: E[ui (vi , bi )] (vi  bi ) ˜ Pi ,

(5.53)

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

153

wobei Pi die Wahrscheinlichkeit bezeichnet, daß Bieter i die Auktion mit dem Gebot bi gewinnt.79 Für welches Gebot bi ist (5.53) dann maximal? Als erster Schritt zur Beantwortung dieser Frage ist die Höhe von Pi zu bestimmen. Bei der Bestimmung von Pi ermittelt man zunächst die Wahrscheinlichkeit dafür, daß bi das Gebot eines einzelnen Bieters j (mit j  i) übersteigt. Diese ist: P (b j d bi )

F (bi )

bi . B

(5.54)

Da die Gebote der Bieter unabhängig voneinander sind, läßt sich die Wahrscheinlichkeit, daß bi die Gebote aller n – 1 Konkurrenten übertrifft, durch Potenzieren von (5.54) mit (n – 1) berechnen: Pi

F

n 1

(bi )

§ bi · ¨ ¸ ©B¹

n 1

.

(5.55)

Nach Ersetzen von Pi in (5.53) durch den Ausdruck auf der rechten Seite von (5.55) stellt sich die erwartete Auszahlung von Bieter i wie folgt dar: §b · E[ui (vi , bi )] (vi  bi ) ˜ ¨ i ¸ ©B¹

n 1

.

(5.56)

Diese Gleichung verdeutlicht nochmals das Problem eines Bieters: Reduziert er sein Gebot, so kann er dadurch zwar die Auszahlung erhöhen, die er bei Gewinn der Auktion erhält, er verringert aber gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit, die Auktion zu gewinnen. Um das optimale Gebot zu berechnen, wird (5.56) nach bi abgeleitet (man beachte die Produktregel) und die Ableitung gleich null gesetzt: wE[ui (vi , bi )] wbi

vi ˜ (n  1) n2 § bi · ˜ bi  ¨ ¸ B n1 ©B¹

n 1

 bi ˜

(n  1) n2 ˜ bi B n1

0.

(5.57)

Auflösen nach bi liefert: bi

§ n 1·

¨ ¸ ˜ vi { bi . © n ¹

(5.58)

Man sieht, daß durch eine Erhöhung der Bieterzahl n das Gebot jedes Auktionsteilnehmers steigt. Für n o f gibt jeder Bieter sogar ein Gebot entsprechend seinem

79 Bieter i gewinnt die Auktion, wenn er das höchste Gebot abgibt. P symbolisiert also die i

Wahrscheinlichkeit, daß das Gebot des Bieters i größer ist als die Gebote aller anderen Bieter.

154

5. Preissetzung und Signale

Reservationswert ab, so daß der Verkaufspreis dem höchsten Reservationswert v(1) gleich ist. Gilt dagegen n  f , ergibt sich ein geringerer Preis als v(1). Die optimale Bietstrategie gemäß (5.58) stützt sich auf die Annahme, daß die Bieter risikoneutral sind. Unterstellt man statt dessen risikoaverse Bieter, werden die Gebote der Auktionsteilnehmer vergleichsweise höher ausfallen.80 Durch die Abgabe höherer Gebote mindern die Bieter ihr Risiko, die Auktion zu verlieren, auf Kosten der zu erzielenden Auszahlung bei Gewinn der Auktion. Jedoch geben auch risikoscheue Bieter kein Gebot ab, welches ihren Reservationswert übersteigt. Es gilt demzufolge auch hier b(1) d v(1) . Holländische Auktion (descending)

In einer Holländischen Auktion wird der Preis des Auktionsgegenstandes ausgehend von einem Maximalwert schrittweise reduziert. Der Auktionsteilnehmer, der als erster den angezeigten Preis akzeptiert, erhält den Zuschlag und zahlt den akzeptierten Preis. Auch wenn die Auktionsform eine offene Abgabe der Gebote vorsieht, gestattet sie es den Teilnehmern nicht, im Verlauf der Auktion auf die Gebote der anderen Bieter zu reagieren (denn mit Abgabe des ersten Gebotes ist die Auktion beendet). Die Teilnehmer einer Holländischen Auktion müssen deshalb ihre individuellen Gebote genau wie die Bieter in einer verdeckten Höchstpreisauktion vor Auktionsbeginn festlegen (auch wenn die meisten Auktionsteilnehmer später nicht dazu kommen, diese abzugeben). Da die Gebote somit in beiden Auktionsformen c.p. identisch ausfallen müssen, werden Holländische Auktion und verdeckte Höchstpreisauktion als strategisch äquivalent bezeichnet. Unter sonst gleichen Bedingungen liefern die beiden Auktionsformen identische Auktionsergebnisse. Die im vorherigen Abschnitt getroffenen Aussagen über den Kaufpreis in einer verdeckten Höchstpreisauktion gelten deshalb gleichermaßen für den Kaufpreis einer Holländischen Auktion. VICKREY-Auktion (second-price sealed-bid)

Die Besonderheit der VICKREY-Auktion besteht darin, daß der Gewinner in einer Auktion mit verdeckter Gebotsabgabe nur das zweithöchste Gebot als Kaufpreis für das Auktionsobjekt zu zahlen hat. Das bedeutet, daß der vom Bieter mit dem höchsten Gebot zu zahlende Preis von der Höhe seines Gebotes unabhängig ist. Deshalb kann ein Bieter in einer VICKREY-Auktion (anders als in einer verdeckten Höchstpreisauktion) durch die Veränderung seines Gebotes nur die Gewinnwahrscheinlichkeit nicht jedoch die Höhe des Kaufpreises direkt bestimmen. Wie sich aus den folgenden Überlegungen ergibt (vgl. KRÄKEL 1992, S. 19f.), entspricht das optimale Gebot bi des an einer VICKREY-Auktion teilnehmenden Bieters i unabhän-

80 KRÄKEL (1992, S. 26ff.) zeigt exakt, daß ein risikoaverser Bieter ein höheres Gebot abgibt als

ein risikoneutraler Bieter, der den gleichen Reservationswert besitzt.

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

155

gig von seiner Risikoeinstellung und unabhängig von seinen Vorstellungen über die Gebote der anderen Bieter gerade seinem Reservationswert vi. Es sei zunächst angenommen, Bieter i würde statt bi = vi einen Betrag bi < vi anbieten (vgl. Abb. 5.6). Dann sind zwei verschiedene Konsequenzen denkbar. Erstens kann der Ausgang der Auktion unverändert bleiben, und zweitens wäre eine Änderung des ursprünglichen Auktionsergebnisses möglich. Bleibt der Ausgang der Auktion unverändert, ist i entweder nach wie vor Gewinner der Auktion und zahlt den ursprünglichen Kaufpreis oder er ist nach wie vor Verlierer. Die Höhe seiner Auszahlung wird in diesem Fall durch die Verringerung des Gebotes nicht beeinflußt. Ändert sich bei bi < vi hingegen das Auktionsergebnis, dann nur in der Weise, daß der Bieter i mit dem Gebot bi = vi die Auktion gewonnen hätte, während er bei bi < vi nicht mehr den Zuschlag erhält. Das Gebot weicht in diesem Fall soweit vom Reservationswert ab, daß mindestens ein Bieter j existiert, für den bi < bj < vi gilt. Alles, was Bieter i durch die Abgabe eines Gebotes bi < vi erreicht, ist somit die Gefährdung des Gewinns der Auktion. Um diese Gefahr zu vermeiden, wird ein rational entscheidender Bieter niemals ein kleineres Gebot als seinen Reservationswert abgeben.

Bieter i ist mit bi = vi Gewinner 0

Abb. 5.6

b(2)

vi

Bieter i ist mit bi = vi Verlierer bi

0

vi

b(1)

bi

Bestimmung des optimalen Gebots eines Bieters i in einer VICKREY-Auktion

Auch wenn sich Bieter i anstelle von bi = vi für ein Gebot bi > vi entscheiden würde, gäbe es zwei mögliche Konsequenzen. Einerseits könnte ein vom Reservationswert nach oben abweichendes Gebot ohne Auswirkung auf den Ausgang der Auktion bleiben, und andererseits könnte sich daraufhin ein anderes Auktionsergebnis einstellen. Das Gebot bi > vi ist ohne Auswirkung auf den Ausgang der Auktion, falls der Bieter bereits bei bi = vi Gewinner der Auktion war oder wenn ein Bieter, der bereits bei bi = vi ein Verlierer war, auch bei bi > vi die Auktion nicht gewinnt. Eine Änderung des Auktionsergebnisses ergibt sich dagegen, wenn ein vorheriger Verlierer i infolge eines Gebotes bi > vi den Zuschlag für das Auktionsobjekt erhält. In diesem Fall gilt vi < bj < bi für mindestens einen Bieter j, so daß i einen Verlust in Höhe von vi – bj realisiert. Für alle Bieter einer VICKREY-Auktion ist es somit auch nicht rational, ein höheres Gebot als vi abzugeben. Die optimale Höhe des Gebotes von Bieter i ist demnach in einer VICKREY-Auktion durch seinen individuellen Reservationswert gegeben, d.h. es gilt bi = vi. Da der zu zahlende Preis durch das zweithöchste Gebot bestimmt wird, entspricht der Kaufpreis in einer VICKREY-Auktion dem zweithöchsten Reservationswert v(2). Die Wahl der VICKREY-Auktion bietet folgende Vorteile: „Zum einen ist die Kalkulation der optimalen Preisofferte für jeden Bieter unter minimalem Aufwand zu realisieren.

156

5. Preissetzung und Signale

Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit für einen ineffizienten Ausgang der Ausschreibung aufgrund einer falschberechneten optimalen Bietstrategie äußerst gering“ (KRÄKEL 1993, S. 280). Allerdings ist diese Auktionsform besonders anfällig für Bieterabsprachen. Um das zu zeigen, wird davon ausgegangen, daß ein Auktionsgegenstand im Rahmen einer VICKREY-Auktion versteigert werden soll, und der Verkäufer dafür ein Mindestgebot von b0 festgelegt hat.81 Die geordneten Reservationswerte der k Mitglieder des Bieterkartells seien v(1), ..., v(k) (mit k > 1 und k < n), die der restlichen Auktionsteilnehmer v(1), ..., v(n – k). Zunächst wird innerhalb des Kartells eine VICKREY-Auktion durchgeführt, mit deren Hilfe die beiden höchsten Reservationswerte v(1) und v(2) unter den Kartellmitgliedern ermittelt werden. Das Kartellmitglied mit dem höchsten Reservationswert gibt dann in der eigentlichen Auktion ein Gebot in Höhe von v(1) ab. Ihm fällt damit die Aufgabe zu, die Auktion für das Kartell zu gewinnen. Alle anderen Mitglieder des Kartells bieten entweder b0 oder nehmen nicht an der Auktion teil. Sind die beiden Bieter mit den höchsten Reservationswerten Mitglieder des Kartells, entsteht die in Abb. 5.7 dargestellte Situation. Ohne das Kartell würde das Auktionsobjekt zu einem Preis in Höhe von v(2) verkauft werden. Mit Kartell lautet der Preis v(1), für den v(1) < v(2) gilt. Wie die Abbildung außerdem verdeutlicht, ist der zu zahlende Preis am geringsten, wenn alle Bieter Mitglied des Kartells sind, da dann der Zuschlag zum Mindestgebot b0 erfolgt. Der unter allen Kartellmitgliedern aufzuteilende Kartellgewinn ist die Differenz v(2) – v(1). Der Normalgewinn, der dem Höchstbieter auch ohne Kartell zufließen würde, lautet v(1) – v(2). Man erkennt, daß kein Kartellgewinn erzielt werden kann, falls v(1) > v(2) gilt.

Kartellgewinn

b0

Abb. 5.7:

v(1)

Normalgewinn

v(2)

v(1)

Bieterkartell in einer VICKREY-Auktion

Da jeder durch den Beitritt zum Kartell seine Auszahlung um den anteiligen Kartellgewinn erhöhen kann, ist es für alle Bieter rational, Mitglied im Bieterkartell zu werden. Deshalb wird angenommen, daß alle Bieter dem Kartell angehören. Bei der Abgabe der Gebote besteht dann weder für den Bieter mit dem höchsten Reservationswert ein Anreiz von v(1) abzuweichen, noch will einer der anderen Bieter mehr als b0 bieten. Ersterer kann durch ein Abweichen von v(1) weder Normal- noch Kartellgewinn beeinflussen, letztere schmälern durch höhere Gebote als b0 lediglich den Kartellgewinn (und mithin auch die ihnen zustehenden Teile). Der Gewinn der Auktion und eine Auszahlung in

81 Der Verkäufer möchte für die Abgabe des Auktionsgegenstandes also zumindest den Betrag

b0 erhalten. Bieten alle Auktionsteilnehmer weniger als b0 behält er den Gegenstand.

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

157

Höhe des Normalgewinns zuzüglich eines Teils des Kartellgewinns sind dem Bieter mit dem höchsten Reservationswert somit sicher. Anders verhält es sich dagegen bei der Veranstaltung einer verdeckten Höchstpreisauktion. Will der Bieter mit dem höchsten Reservationswert die gleiche Auszahlung wie im Kartell einer VICKREY-Auktion erzielen, müssen alle Bieter (also auch er selbst) Gebote in Höhe von b0 abgeben. Unter der Annahme, daß die Gebote der anderen genau b0 betragen, besteht jedoch für jeden Bieter der Anreiz, b0 geringfügig zu überbieten. Beispielsweise kann der Bieter mit dem zweithöchsten Reservationswert bei Abgabe des Gebotes b0 + H eine Auszahlung v(2) – (b0 + H) erreichen. Er wird folglich nur dann das Gebot b0 abgeben, wenn das Kartell ihm eine Auszahlung in gleicher Höhe verspricht. Analog fordert der Bieter mit dem dritthöchsten Gebot zumindest v(3) – (b0 + H), damit er b0 bietet, der vierte v(4) – (b0 + H) usw. Da die aggregierten Forderungen aller Bieter den Kartellgewinn übersteigen, wird das Kartell nicht etabliert.

5.3.3.5

Strategische Äquivalenz zwischen den Auktionsformen

Bereits bei der Herleitung des Kaufpreises in einer Holländischen Auktion wurde festgestellt, daß Holländische Auktion und verdeckte Höchstpreisauktion strategisch äquivalent sind. In beiden Auktionsformen sind die Bieter gezwungen, ihre Gebote in Unkenntnis der Wertvorstellung der Mitbieter noch vor Auktionsbeginn festzulegen. Eine Reaktion auf die Gebote der anderen Bieter ist nicht möglich. Die Gebote sollten somit in beiden Auktionsformen identisch ausfallen. In einer Englischen Auktion gibt ein Bieter i solange immer höhere Gebote ab, bis sein individueller Reservationswert vi erreicht ist. Der Bieter mit dem höchsten Reservationswert gewinnt die Auktion, wobei der zu zahlende Preis der Wertvorstellung v(2) entspricht. Wie oben gezeigt wurde, stellt sich das gleiche Ergebnis in einer VICKREYAuktion ein. Auch dort erhält der Bieter mit dem höchsten Reservationswert den Zuschlag und zahlt einen Preis, der v(2) entspricht. Englische Auktion und VICKREYAuktion sind daher ebenfalls strategisch äquivalent.

5.3.3.6

Die Auszahlung des Verkäufers und das RevenueEquivalence Theorem

Aufgrund der paarweisen strategischen Äquivalenz der vier Standardauktionsformen werden im folgenden nur die Verdeckte Höchstpreisauktion und die VICKREY-Auktion betrachtet, um die vom Verkäufer zu erwartenden Verkaufspreise miteinander zu vergleichen. Bei der VICKREY-Auktion erhält der Verkäufer eine Auszahlung, die exakt dem zweithöchsten Reservationswert v(2) entspricht. Hat der Verkäufer im Fall einer Verdeckten Höchstpreisauktion keine Vorstellung über die Verteilung der Wertvorstellungen vi , i = 1, …, n, im Intervall [0, B] und nimmt er deshalb an, daß jede Wertvorstellung gleich wahrscheinlich ist, wird er bei risikoneutralen Bietern die gleiche Auszahlung in Höhe von v(2) erzielen. Im Mittel führt die Schätzung der Wertvorstellung v(2) zu deren tatsächlichem Wert.

158

5. Preissetzung und Signale

Dies bedeutet, daß „jede der vier Standardauktionsformen - Englische Auktion, Holländische Auktion, VICKREY-Auktion und Höchstpreisauktion - mit gleichem Mindestpreis bei risikoneutralen Bietern zum gleichen erwarteten Gewinn für den Verkäufer [führt]“ (KRÄKEL 1992, S. 31). Dieses als Revenue-Equivalence Theorem bezeichnete Ergebnis impliziert, daß hinsichtlich der Auszahlung des Verkäufers die Wahl der Auktionsform irrelevant ist. Gültigkeit besitzt dieses Theorem jedoch nur, wenn die Bieter risikoneutral sind. Zwar wird in einer VICKREY-Auktion das gleiche Ergebnis auch bei risikoscheuen Bietern erreicht, risikoscheue Bieter geben jedoch in einer Verdeckten Höchstpreisauktion ein höheres Gebot ab.

5.3.3.7

Der Fluch des Gewinners bei common-value Auktionen

Das Kennzeichnende einer common-value Auktion liegt darin, daß der tatsächliche Wert des Versteigerungsobjektes für alle Bieter identisch ist, d.h. es gilt vi v .82 Würde unter dieser Annahme vollständige Information vorherrschen, besäßen alle Bieter auch die gleichen Wertvorstellungen, nämlich vˆi vi v . Geht man dagegen davon aus, daß die Informationsstände der verschiedenen Bieter verschieden sind (asymmetrische Informationsverteilung), dann werden die Wertvorstellungen der Bieter mehr oder weniger stark um v streuen. Eine graphische Darstellung dieses Sachverhaltes liefert Abb. 5.8, in der für die Verteilung der Wertvorstellungen die Normalverteilung N (v, V 2 ) unterstellt wurde. Dabei bezeichnet V die Varianz der Wertvorstellungen, d.h. einen Parameter der Verteilung, der das Ausmaß der Streuung der Wertvorstellungen um v und somit die Unsicherheit der Bieter hinsichtlich des wahren Wertes beschreibt. Bei einer common-value Auktion ist es das Ziel der Bieter, v so genau wie möglich zu bestimmen. Denn jedes Gebot, welches v übersteigt, ist im Fall des Gewinns der Auktion mit der Realisierung von Verlusten verbunden. Zudem gefährden Gebote, die weit unterhalb von v liegen, den Gewinn der Auktion. Unterstellt man nun, daß jedes Gebot bi eine streng monoton wachsende Funktion der Wertvorstellung vˆi ist, so erhält immer der Bieter mit der höchsten Wertvorstellung den Zuschlag.83 Bei einer Normalverteilung der Wertvorstellungen bedeutet dies, daß derjenige Bieter gewinnt, der v am weitesten überschätzt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird dann das Höchstgebot den Wert des Versteigerungsobjektes übersteigen, so daß der Sieger der Auktion einen Verlust erleidet. Dieses Phänomen wird in der Literatur Fluch des Gewinners (engl. winner's curse) genannt (vgl. THALER 1992, S. 50 ff.). 82 Damit diese Bedingung bei der Analyse von Sachverhalten aus der Wirtschaftsrealität, wie

z.B. Ausschreibungen von Bauleistungen der öffentlichen Hand, erfüllt ist, muß vereinfachend angenommen werden, daß eine einzige optimale Technologie existiert, die allen Bietern zur Verfügung steht. 83 Der unterstellte Zusammenhang impliziert, daß von zwei Bietern immer derjenige das höhere Gebot abgibt, der auch die höhere Wertvorstellung besitzt.

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

159

f (vi)

0

Abb. 5.8:

vi = v

vi

Dichtefunktion der Wertvorstellungen in einer common-value Auktion

Bei einer common-value Auktion steht der Sieger somit vor folgendem Problem: Entweder hat er v richtig eingeschätzt und alle anderen Bieter haben eine zu geringe Wertvorstellung oder (und das ist wahrscheinlicher) er ist derjenige Bieter, der v am weitesten überschätzt hat. Zur Lösung dieses Problems schlägt THALER (1992, S. 61) folgendes vor: „If you react by optimally reducing your bids, then you will avoid paying too much for leases, but you will also win very few auctions. In fact, you may decide not to bid at all!“ Wie alle Lösungsvorschläge kann auch dieser nicht völlig überzeugen. „The winner's curse is a prototype for the kind of problems that is amenable to investigation using modern behavioral economics, a combination of cognitive psychology and microeconomics“ (THALER 1992, S. 62). Eine allgemeingültige optimale Strategie kann an dieser Stelle nicht abgeleitet werden.

5.3.3.8

Die Strategie des Verkäufers

Ziel des Verkäufers ist es, seine Auszahlung durch die Versteigerung des von ihm angebotenen Gutes zu maximieren. Auf der Basis der in den vorangegangenen Abschnitten dargestellten Eigenschaften verschiedener Auktionsformen lassen sich folgende Schlüsse bezüglich der Strategie des Verkäufers ableiten.

x

Vermeiden von Kollusion: Der Verkäufer sollte eine Auktionsform wählen, die wenig anfällig für Bieterabsprachen ist, da ansonsten sein Gewinn geschmälert wird.

x

Bieterwettbewerb: Der Verkäufer sollte einen hohen Bieterwettbewerb anstreben, da dann gemäß (5.58) die Gebote höher ausfallen. Er sollte n, die Zahl der Bieter, also möglichst groß wählen. Auch in der VICKREY-Auktion geht für n o f die Differenz v(1)  v( 2) gegen null, d.h. die Auszahlung für den Verkäufer nähert sich der maximalen Zahlungsbereitschaft v(1) unter den Bietern.

160

5. Preissetzung und Signale

x

Festlegung eines Reservationspreises: Der Verkäufer sollte den Opportunitätsnutzen des zu versteigernden Gutes bestimmen, d.h. jene Preisschwelle, ab der er einen Nichtverkauf dem Verkauf des Gutes vorzieht.

x

Wahl der Informationspolitik: Bei einer common-value Auktion (z. B. Ausschreibung von Bauleistungen durch die öffentliche Hand) ist die Bereitstellung von umfangreichen Informationen zur Bestimmung von v auch für den Verkäufer vorteilhaft. Erstens vermeidet er dadurch, daß die Sieger langfristig Verluste realisieren, die sie an der Teilnahme an späteren Ausschreibungen hindern. Zweitens kann der zu realisierende Verlust unmittelbar zum Ausscheiden des Siegers aus dem Markt führen, was auch Auswirkungen auf die gewonnene Auktion haben kann: Der Höchstbieter ist nicht mehr in der Lage, die geforderte Leistung zu erbringen.

x

Wahl der Standardauktion: In Abhängigkeit von der Bieterstruktur und der Auktionsform sollte sich der Verkäufer für eine der Standardauktionen entscheiden. Handelt es sich um eine private-value Auktion und sind die Bieter risikoscheu, ist eine verdeckte Höchstpreisauktion vorzuziehen, da dann das Gebot b(1) höher ausfällt als v(2). Umgekehrt führt eine Auktion mit offener Gebotsabgabe bei einer common-value Auktion zur Generierung neuer Informationen für die Bieter, die sie zur Bestimmung von v heranziehen können.

5.3.4

Werbung

In entwickelten Gesellschaften werden hohe Beträge für Werbung aufgewendet, nicht nur seitens der Wirtschaft, sondern auch durch andere Institutionen, beispielsweise die Politik. Während im neoklassisch-polypolistischen Idealsystem Informationen umfassend überall verfügbar sind, zeigt sich die Realität als Welt voller Informationsasymmetrien. Durch Werbung als Ausformung der Signalgebung werden Informationen über Produkte, deren Preise und Qualitäten sowie standörtliche Verfügbarkeit ausgegeben. Werbung zielt auf Kunden, Konkurrenten sowie das eigene Unternehmen. Bereits der eigene Augenschein verrät, daß die Werbeintensität einzelner Branchen höchst unterschiedlich ausfällt. Es ist jedoch nicht einfach, eine konsistente Typisierung abzuleiten. Entsprechend den Aussagen des Abschnittes 4.4 ist zu vermuten, daß die Enge des Marktes und der Anteil der versunkenen Kosten im Konsumgüterbereich mit der Höhe der Werbung verbunden sind. Weiterhin dürften Inspektionsgüter, deren Eigenschaften vor dem Konsum bekannt sind, weniger werbeintensiv sein als Erfahrungsoder Vertrauensgüter.

5.3.4.1

Ziel der Werbung

Ein Großteil der Werbung zielt darauf ab, Informationsasymmetrien zu verringern. Teilweise verfolgen Unternehmen mit Werbung jedoch auch das Gegenteil, d.h. eine

5.3 Strategien der Preissetzung und der Signalgebung

161

Vergrößerung von Unterschieden in der Informationsverteilung. Zwei Ansätze sind von Bedeutung:

x

Überzeugungswerbung: Mit Hilfe von Überzeugungswerbung wird versucht, einerseits das Interesse potentieller Konsumenten für bestimmte Produkte zu wecken und andererseits vorhandene Kunden zu einer stärkeren Nachfrage zu bewegen.

x

Informative Werbung: Informative Werbung hat die Aufgabe, Aussagen zu Produkteigenschaften wie Preis, Qualität usw. und Informationen über Verkaufsstellen zu transportieren.

5.3.4.2

Überzeugungswerbung eines Monopolisten

Wie in Abschnitt 3.3.1 ausgeführt wurde, sieht sich der „klassische“ Monopolist einer gegebenen Preis-Absatz-Beziehung gegenüber, so daß er entweder den Preis wählen kann (die dann absetzbare Menge ergibt sich gemäß der Nachfragefunktion) oder die Absatzmenge festlegt (wobei die Preis-Absatz-Funktion den maximal erzielbaren Preis bestimmt). Wird zweites unterstellt, so besagt die Lösung des Gewinnmaximierungsproblems eines Monopolisten folgendes: Die Angebotsmenge ist so zu wählen, daß die Grenzkosten der Produktion, d.h. die aus der Herstellung einer weiteren Einheit des angebotenen Gutes resultierenden Kosten, gerade dem Grenzerlös, d.h. dem Erlös aus dem Verkauf dieser Einheit, entsprechen. Die den Gewinn maximierende Preis-MengenKombination wurde als COURNOT-Punkt bezeichnet (vgl. Abb. 3.4). Durch Werbung sei der Monopolist in der Lage, auf die Lage der Nachfragefunktion (bzw. der Preis-Absatz-Funktion) Einfluß zu nehmen. Man könnte beispielsweise vereinfacht davon ausgehen, daß in einer linearen Welt durch Werbung die Nachfragefunktion nach oben verschoben wird, so daß der Prohibitivpreis steigt. Statt einer linearen soll nachfolgend jedoch die isoelastische Nachfragefunktion,

x( q )

S , qK

S ! 0 , K !1 ,

(5.59)

unterstellt werden, bei der S als Maß für die Größe des Marktes fungiert. Durch Werbung sei es möglich, S zu erhöhen, wobei folgender Zusammenhang angenommen wird:

S

s ˜ aD ,

s ! 0 , a ! 0 , 0 D 1.

(5.60)

In (5.60) bezeichnet a die Höhe der Ausgaben für Werbung. Durch Einsetzen von (5.60) in (5.59) folgt für die Nachfrage des Gutes x:84

84 Die Definitionsbereiche der Exponenten D (der Nachfrageelastizität bezüglich a) und K (die

Nachfrageelastizität bezüglich q) in (5.61) wurden mit Bedacht gewählt: Die Nachfrage rea-

162

5. Preissetzung und Signale

s ˜ aD , qK

x ( a, q )

s ! 0 , a ! 0 , 0 D 1, K !1 .

(5.61)

Die Ausgaben für Werbung mögen den Charakter von Fixkosten aufweisen. Die Kostenfunktion des betrachteten Unternehmens besitze deshalb folgende Form: a  c  e˜ x,

K ( x)

at0, c !0, e!0.

(5.62)

In welchem Umfang sollte nun ein nach der Maximierung seines Gewinns trachtender Monopolist unter den obenbeschriebenen Bedingungen Ausgaben für Werbung tätigen? Zur Beantwortung dieser Frage ist zunächst die Gewinnfunktion des Unternehmens aufzustellen, die in allgemeiner Form

G ( a, q )

q ˜ x(a, q)  K >x(a, q)@

(5.63)

lautet und sich nach Ersetzen von K und x(a, q) durch die rechte Seite von (5.62) bzw. (5.61) wie folgt darstellt:

G ( a, q )

s ˜ aD ˜ q1K  a  c  e ˜ s ˜ aD ˜ q K .

(5.64)

Danach wird zur Bestimmung des den Gewinn maximierenden Preises q* (5.64) partiell nach q differenziert und die resultierende Ableitung gleich null gesetzt (notwendige Bedingung für das Vorliegen eines Gewinnmaximums):

wG (a, q) wq

s ˜ aD ˜ (1  K ) ˜ q K  e ˜ s ˜ aD ˜ (K ) ˜ q K 1

0.

(5.65)

Division dieser Bedingung durch den Term s ˜ aD ˜ q K und anschließendes Umstellen nach q liefert:

q

K (K  1)

˜ e { q* .

(5.66)

In einem weiteren Schritt ist die notwendige Bedingung eines Gewinnmaximums bezüglich der Werbungsausgaben a zu ermitteln. Dazu wird die partielle Ableitung von (5.64) nach a bestimmt und gleich null gesetzt:

wG (a, q) wa

s ˜ D ˜ aD 1 ˜ q1K  1  e ˜ s ˜ D ˜ aD 1 ˜ q K

0.

(5.67)

giert elastisch auf Änderungen des Preises, jedoch unelastisch auf Variationen der Werbeausgaben. Wäre das Gegenteil der Fall, so würde sich Werbung ad infinitum lohnen.

5.4 Preissetzung, Signale und Wettbewerb

163

Nach Division durch s ˜ D ˜ aD 1 ˜ q K und Umstellen nach a erhält man: 1

ª º D 1 qK { a* . « »  ˜ ˜ q e s ( ) D ¬ ¼

a

(5.68)

Nun wird die Nachfragefunktion (5.61) mit q a erweitert,

x ( a, q ) ˜

q a

s ˜ aD q ˜ qK a

s ˜ aD 1 , qK 1

(5.69)

und danach der Kehrwert gebildet:

a q˜x

qK 1 . s ˜ aD 1

(5.70)

Schließlich wird in (5.70) a durch a * gemäß (5.68), q durch q * gemäß (5.66) und x durch x* x(a * , q * ) ersetzt. Es folgt nach Zusammenfassen:

a* q ˜ x* *

D . K

(5.71)

Im Optimum entspricht also der Anteil der Werbeausgaben am Umsatz dem Verhältnis der Elastizitäten. Man kann zudem zeigen, daß der Werbeaufwand des Monopolisten über dem sozialen Optimum im Sinne des Zweitbesten liegt, weil bekanntlich die erstbeste Lösung Grenzkostenpreise verlangt.

5.4

Preissetzung, Signale und Wettbewerb

5.4.1

Preissetzung und Mißbrauch

5.4.1.1

Kriterien der strategischen Interdependenz

Die Ausführungen des dritten Kapitels sowie dieses Kapitels haben deutlich gemacht, daß die Preissetzung ein zentrales Element unternehmerischen Handelns darstellt und daß sich der Unternehmer sehr bewußt sein muß, welche Reaktionen er auslöst, wenn er seine eigenen Preise manipuliert. Die Interdependenz der Preise zwischen Unternehmen nimmt zu, wenn

164

5. Preissetzung und Signale

x

die Produkte im Vergleich zu denen der Konkurrenz einen hohen Grad an Homogenität besitzen; diese kann eventuell sogar durch eine Norm (wie beispielsweise bei Treibstoffen) untersetzt sein,

x

die Unternehmen eine ähnliche Technologie nutzen,

x

die Zahl der Unternehmen in diesem Markt überschaubar ist (oligopolistische Struktur).

Sobald eine marktbeherrschende Stellung seitens mindestens eines Unternehmens vorliegt, werden dessen Preisvorstöße unter kartellrechtlichen Bedingungen zu würdigen sein. Das Unternehmen kann damit rechnen, daß die Konkurrenz nicht reagiert, wenn der übrige Markt zu zersplittert ist, so daß die Betroffenheit der übrigen Anbieter begrenzt ist, und bei differenzierten Produkten. Wenn dem aber nicht so ist, dann müßte eigentlich jeder Preisvorstoß in einen Preiskampf münden, der schließlich auf dem Niveau der Grenzkosten endet – also im BERTRAND-Wettbewerb. Tatsächlich brechen in überschaubaren (engen) Oligopolen nicht permanent Preiskämpfe aus, oft bewegen sich die Preise aller Anbieter, wie von unsichtbarer Hand gesteuert, innerhalb kurzer Fristen in die gleiche Richtung. So stellt sich die Frage, was derartiges Parallelverhalten auslöst bzw. stabilisiert. Eine Erklärung hierfür liefert die von Anatol RAPOPORT einst für das wiederholte Gefangenendilemma erfundene Strategie TIT FOR TAT.

5.4.1.2

TIT FOR TAT

1979 schickte Robert AXELROD einer Reihe professioneller Spieltheoretiker eine Einladung zu einer speziellen Art von Wettbewerb, in dem es darum ging, möglichst viele Strategien für das wiederholte Gefangenendilemma in einem Turnier jede gegen jede antreten zu lassen. Sieger sollte die Strategie sein, die insgesamt mehr Punkte einbrachte als irgendeine andere. AXELROD bat darum, die Strategien in Form von ComputerProgrammen einzureichen. Ein solches Programm sollte auf das K (für Kooperation) oder D (für Defektion/ Nichtkooperation) eines anderen Spielers mit K oder D antworten können und dabei das Verhalten dieses Spielers bei früheren Begegnungen berücksichtigen. Die Entscheidung brauchte nicht deterministisch zu sein; es war also jederzeit erlaubt, einen Zufallsgenerator zu Rate zu ziehen. Das Siegerprogramm war das kürzeste und hieß TIT FOR TAT (Wie du mir, so ich dir). TIT FOR TAT verfolgte eine sehr simple Taktik: Kooperiere im ersten Zug; danach tue stets das, was der andere Spieler im Zug davor getan hat. Die Strategie zeichnet sich durch folgende vier Eigenschaften aus, vgl. AXELROD (2000) und HOFSTADTER (1983):

x

Nettigkeit: AXELROD bezeichnet eine Strategie, die nie defektiert, bevor ihr Gegenspieler damit anfängt, als „nett“. Man beachte, daß „nett“ keinesfalls heißt, daß eine Strategie nie defektiert. TIT FOR TAT defektiert durchaus, wenn es provoziert wird, gilt aber trotzdem als nett.

5.4 Preissetzung, Signale und Wettbewerb

165

x

Provozierbarkeit: Diese Eigenschaft verlangt, daß ein Spieler sich nicht von seinen Mitspielern ausnutzen lassen soll. Unnötige Defektionen sind sofort zu bestrafen.

x

Versöhnlichkeit: Danach sollte ein Spieler nachsichtig nach der erfolgten Antwort auf eine Provokation sein. Dadurch wird ermöglicht, daß die Spieler auch nach Defektionen wieder die höheren Auszahlungen wechselseitiger Kooperation erzielen können.

x

Unkompliziertheit (Klarheit): „Was allzu kompliziert ist, wirkt oft völlig chaotisch. Wenn Sie eine Strategie verfolgen, die willkürlich scheint, dann werden die anderen Sie für unbeeinflußbar halten. Wenn Sie aber unbeeinflußbar sind, gibt es auch keinen Grund mehr, mit Ihnen zu kooperieren. So kompliziert zu sein, daß keiner Sie mehr versteht, ist also sehr gefährlich.“

Zwar entspricht nicht jede Situation in der Realität exakt dem spieltheoretischen Gefangenendilemma, wesentliche Elemente der TIT FOR TAT Strategie finden sich dennoch häufig im Alltag wieder. Ein schönes Beispiel, bei dem die Erfahrung der Beteiligten, daß Preiskämpfe nach einigen Runden nur allen Beteiligten schaden, Berücksichtigung findet, stellt der Preiskampf der US-Luftfahrtindustrie im Jahr 1998 dar (vgl. GARICANO, GERTNER 2001). Dessen Ablauf wird in Tab. 5.5 wiedergegeben. Tab. 5.5:

Preiskampf in der US-Luftfahrtindustrie im Jahre 1998

Zeitpunkt

Ereignis

März

Northwest führt Spezialtarife für 14-Tage-Vorausbuchungen ein. Andere schließen sich an. Continental versucht zweimal, den Round-Trip-Freizeittarif um 20 % zu erhöhen. Andere folgen. Northwest stoppt jedoch beide Versuche. Northwest führt eine Preissenkung von 25 % für 21-Tage-Vorausbuchung ein. Andere schließen sich an. Später versucht Continental, alle regulären Tarife um 5 % zu erhöhen. United Airlines, Delta und USAir folgen, Northwest nicht. Die Erhöhung wird zurückgenommen. Continental erhöht den Round-Trip-Freizeittarif um 20 $. Northwest verhindert dies. Delta und American erhöhen die Tarife um 4 %; Northwest blockiert. American erhöht die Tarife um 4 % in Märkten, die Northwest nicht bedient; alle anderen außer Northwest schließen sich an. Delta nimmt die Erhöhungen zurück; andere Fluglinien folgen. Northwest erhöht die Tarife um 4 %. Alle anderen Fluglinien übernehmen die Preiserhöhung. Northwest nimmt die Preiserhöhung zurück; USAir und TWA folgen am gleichen Tage. American, Delta, Continental vollziehen die Umkehr nach; weitere folgen. Northwest erhöht die Preise um 4 %; andere Fluglinien schließen sich an.

April Mai

Juli 11. August 14. August 17. August 18. August 19. August 20. August 21. August

166

5. Preissetzung und Signale

Wichtige Elemente, um Preiskämpfe vor allem bei weitgehend homogenen Produkten zu vermeiden, also eine Substitutionslücke aufzubauen, sind Kundenbindungsprogramme: EuroWings klagte im Jahr 1999 auf Aufnahme in das Vielfliegerprogramm Miles&More der Lufthansa, weil seine Preisvorstöße ins Leere gingen – vor allem Geschäftsreisende blieben wegen der schließlich im Urlaub zu verwertenden Meilen der Lufthansa treu.

5.4.1.3

Preis- und Mengenwettbewerb

Der Unternehmer, der in engen Märkten auftritt, muß die Folgen des eigenen Handelns durch eine möglichst genaue Zielanalyse der Konkurrenz beherrschbar machen. Dabei ist einer der wichtigsten Gesichtspunkte, ob Preis- oder Mengenwettbewerb gespielt wird. Grundsätzlich sind Preise strategische Komplemente – man tut immer das, was der andere auch macht (vgl. BERTRAND-Modell) – während Mengen strategische Substitute darstellen, d.h. die Handlung ist immer entgegengesetzt zu der des Konkurrenten (vgl. COURNOT-Modell). In den obigen Beispielen der Luftfahrtindustrie dominierte das Preiselement; dies bedeutet, daß der Unternehmer, bei gegebenem Preis der Konkurrenz, den eigenen Preis gewinnoptimal festlegt (vgl. die Aussagen zu den Reaktionskurven in Abschnitt 3.5.1). Alternativ ist aber auch eine Mengenpolitik denkbar, wie dies bei versunkenen Kosten angesprochen wurde (vgl. Abschnitt 4.4.1). Man kann die Reaktionsfunktionen wie in Abb. 5.9 darstellen.

x2

q2

g1B(q2)

f1B(x2)

g1A(q2) g1C(q2)

f1A(x2) C

g2(q1)

A B C A B

f1C(x2)

f2(x1) x1

Abb. 5.9:

q1

Reaktionsfunktionen bei Mengen- (linkes Diagramm) und Preiswettbewerb (rechtes Diagramm) sowie Kostenfunktionen der Form Ki (xi ) = ci + ei · xi

5.4 Preissetzung, Signale und Wettbewerb

167

Im linken Teil der Abb. 5.9 findet sich die Situation bei Mengenwettbewerb. Es sei angenommen, zwei Zementwerke stünden in Konkurrenz und müßten sich langfristig mittels Lieferverträgen binden. Die ursprünglichen Reaktionsfunktionen seien mit f1A(x2) für Unternehmen 1 und mit f2(x1) für Unternehmen 2 gegeben (Ausgangssituation). Die gleichgewichtige Mengenkombination in der Ausgangssituation wird durch Punkt A wiedergegeben. Nun baut das erste Unternehmen ein neues Werk, wodurch sich seine Grenzkosten reduzieren. Die Reaktionsfunktion des Unternehmens verschiebt sich somit nach oben und entspricht fortan f1B(x2). Im neuen Gleichgewicht (Punkt B) hat sich die Angebotsmenge von Unternehmen 1 erhöht, während der zweite Duopolist seine Angebotsmenge verringerte. Die Gewinne verteilen sich analog um. Auf die Aggression erfolgt eine „freundliche“ Antwort. Wenn dagegen der Umweltminister des Landes das erste (inländische) Unternehmen mit einer Umweltsteuer je angebotener Einheit des Gutes belastet, während der Konkurrent im Ausland hiervon frei ist, dann verschiebt sich die Reaktionsfunktion von f1A(x2) nach f1C(x2), so daß sich das Gleichgewicht in Punkt C einstellt. Auf die Verschiebung der Reaktionsfunktion eines konkurrierenden Duopolisten aufgrund verteuerter Produktion ist die Produktionsausweitung (und damit auch Gewinnausweitung) die angemessene Antwort. Im rechten Teil von Abb. 5.9 findet sich die Situation des Preiswettbewerbs. Es sei analog zu den vorangegangenen Ausführungen angenommen, zwei Fluglinien stünden in Konkurrenz. Die Reaktionsfunktionen in der Ausgangssituation seien durch g1A(q2) für Unternehmen 1 und g2(q1) für Unternehmen 2 gegeben. Das Gleichgewicht der Ausgangssituation befindet sich in Punkt A. Nun gelingt es dem ersten Unternehmen (z.B. durch die Reduktion von Bordpersonal) seine Grenzkosten zu senken, so daß sich seine Reaktionsfunktion nach links auf g1B(q2) verschiebt und das Gleichgewicht in Punkt B resultiert. Die beste Antwort des Konkurrenten auf die Preissenkung von Unternehmen 1 ist es, ebenfalls die Preise zurückzunehmen. Steigen hingegen die Grenzkosten des ersten Unternehmens (z.B. infolge einer Besteuerung von Kerosin), so verschiebt sich die Reaktionsfunktion ausgehend von g1A(q2) nach g1C(q2). Im neuen Gleichgewicht (Punkt C) berechnen dann beide Duopolisten höhere Preise.

5.4.2

Selbstselektion und moral hazard

5.4.2.1

Adverse Selektion und das Untergehen von Märkten

Bei adverser Selektion verdrängt die schlechtere Ware die bessere vom Markt. Dies war bereits eindrücklich von AKERLOF (1970) beschrieben worden. Wenn Kunden nicht die Qualität der Fahrzeuge unterscheiden können, die nur dem Verkäufer bekannt ist, dann werden Anbieter mit guten Fahrzeugen am Markt nicht auftreten, denn sie müßten ihr Auto für weniger, als es wert ist, veräußern. Dann werden am Markt nur Autos geringer Qualität gehandelt.

168

5. Preissetzung und Signale

5.4.2.2

Versicherungsverträge und Selbstselektion

Die Versicherungsgesellschaft als Prinzipal bietet am Markt einen Krankenversicherungsvertrag mit Prämie q an, bei dem die Kosten im Krankheitsfall voll ersetzt werden. Die Versicherten besitzen ein heterogenes Krankheitsrisiko, d.h. die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung p streut. Diese Verteilung ist für die Versicherung zwar insgesamt bekannt, aber nicht individuell zuzuordnen (also bei Antrag eines Versicherten zu beobachten). Allerdings ist den risikoscheuen Kunden ihr Krankheitsrisiko bekannt. Die Versicherung kalkuliert nun so, daß die erwarteten Prämieneinnahmen die erwarteten Ausgaben decken. Der Kunde mit schlechtem Risiko wird von dem „durchschnittlich“ kalkulierten Tarif profitieren und einen Vertrag abschließen. Auch der durchschnittliche Kunde wird dies infolge seiner Risikoscheu tun. Für sehr gute Risiken ist jedoch der Tarif unattraktiv, sie werden auf den Vertrag verzichten. Für die Versicherung, die somit Verlust schreibt, besteht keine Möglichkeit der Tarifsenkung, weil diese alle träfe – mangels vorhandener Unterscheidungsmöglichkeit. Nur über eine Zwangsversicherung könnte man die guten Risiken in den Vertrag zwingen, was möglicherweise über Gerechtigkeitsvorstellungen zu begründen ist. Ansonsten gäbe es überhaupt keine Versicherung. Anders sähe die Lage aus, wenn die Versicherung alternative Versicherungsverträge anböte, um die Kunden damit zu bewegen, ihre Präferenzen zu offenbaren. Ein Vertrag könnte beispielsweise – bei hohem Tarif – mit Vollabdeckung arbeiten, ein günstigerer mit einer Teilabdeckung. Durch eine derartige Kombination von erhöhten Franchisen (Selbstbehalte) und abgesenkten Tarifen könnte die Versicherung dem Kunden einen Anreiz bieten, sein Risiko zu offenbaren. Die hier dargestellte Verfahrensweise wird als screening bezeichnet. Sie erfolgt durch das Anbieten eines speziell ausgestalteten Vertrages, der Selbstselektion rational werden läßt. Durch effizientes screening kann man erreichen, daß in bezug auf ihr Risiko unterschiedliche Kunden verschiedene Verträge, die nach Preisen differenziert sind, nachfragen. Diese Situation bezeichnet man als Trennungsgleichgewicht. Gelingt dies nicht, liegt ein Poolinggleichgewicht vor.85

5.4.2.3

Gentests und Wettbewerb im Versicherungsmarkt

Die hier diskutierte Problematik gewinnt an Brisanz, wenn man sie auf die Frage anwendet, ob Ergebnisse einer Genuntersuchung an die Krankenkassen, vor allem an private Kassen (z. B. auch Lebensversicherungen) weitergereicht werden können.

x

Angenommen nur der Patient weiß, daß er aufgrund seiner Gene ein „schlechtes“ Risiko ist. Die Kranken- oder Lebensversicherung kann nur auf der Basis von Standardtabellen kalkulieren, weiß also über das einzelne Risiko nicht Be-

85 Vgl. dazu auch Abschnitt 5.3.2.

5.4 Preissetzung, Signale und Wettbewerb

169

scheid. Dann würden sich diejenigen versichern, bei denen sich dies bezüglich der Leistung lohnt – für die guten Risiken wäre das zu teuer. Die Versicherung würde defizitär, müßte schließen oder staatliche Hilfen in Anspruch nehmen. Der Wettbewerb käme zum Erliegen.

x

Der Staat könnte die guten Risiken zwingen, in die Versicherung einzutreten. Dies führt aber zu erheblichen Anreizproblemen, weil diese – angesichts der hohen Beiträge – der Neigung folgen werden, ihre Beiträge auszulasten; das aber zerstört das Solidarsystem des Finanzausgleichs. Auch hier ginge der Wettbewerb unter.

x

Besser ist es, wenn die mit schlechten Genen versehenen Menschen ihre Daten der Versicherung offenbaren, und diese dann die Mittel für den erforderlichen Risikoausgleich vom Staat zurückerhielte. Dann ließe sich effizienter Wettbewerb im Bereich der normalen Risiken durchsetzen.

5.4.3

Wohlfahrtseffekte von Informationsasymmetrien

5.4.3.1

Enge Annahmen

Die für das in Abschnitt 5.3.2 vorgestellte Limitpreis-Modell von MILGROM und ROgültigen Einschränkungen dürfen nicht unerwähnt bleiben, wenn eine industrieökonomische Bewertung zu wirtschaftspolitischen Zwecken gewünscht wird:

BERTS

(1) Irreversibilitäten, beispielsweise Kapazitätsbindungen, spielen keine Rolle; insbesondere geht von hohen vorhandenen Kapazitäten keine Wirkung auf niedrige Preise aus. (2) Zwischen den Kosten des Marktsassen und denen des eintrittswilligen Unternehmens darf kein Zusammenhang bestehen; wäre das Gegenteil der Fall, erführe der Neuanbieter dies aber erst nach Markteintritt, dann wären die vorgeschlagenen Strategien ineffizient, wenn hohe Kostendegressionspotentiale vorhanden wären. Dann nämlich würden symmetrische Preissenkungen bei beiden Anbietern den Markt ausweiten und die Gewinne steigern - der Marktsasse würde dabei aber verlieren, weil der Duopolgewinn unter dem Monopolgewinn läge. Es könnte dann naheliegen, zur Verhinderung des Eintritts einen sehr hohen Preis zu setzen, weil dies signalisiert, daß der Markt klein ist. (3) Solange nicht klar ist, ob sich der Marktsasse mit dem Eintrittswilligen arrangieren soll oder nicht, kann für die Preissetzung keine Empfehlung gegeben werden.

170

5. Preissetzung und Signale

5.4.3.2

Umkehr der Ergebnisvoraussagen der Alten Industrieökonomik

Trotzdem sind einige der bisher dargestellten Ergebnisse bezogen auf die Aussagen der alten Industrieökonomik überraschend: Das Vorliegen von Informationsasymmetrien kann wohlfahrtstheoretisch - wenn auch unter sehr engen Annahmen - günstig sein. Wenn also die Gruppenstruktur eines Marktes sehr eng ist, evtl. sogar ein Monopol vorliegt, können Informationsasymmetrien (quasi als Gegengift im Sinne einer Strategie des Zweitbesten) effizienzverbessernd wirken. Das Setzen eines höchsten eintrittsverhindernden Preises ist damit durchaus auch als positiv zu bewerten. Damit widerlegt die Analyse eine klassische Vorstellung, die auf BAIN (1949) zurückgeht. Dieser postulierte, daß immer dann, wenn ein positiver Zusammenhang zwischen Preishöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit von Konkurrenten besteht (wie dies in der Regel angenommen wird), etablierte Unternehmen einen Anreiz haben, Kosten zu senken, um den Markteintritt zu verhindern. Wirtschaftspolitisch ergab sich daraus die widersinnige Situation, einerseits fallende Preise als in der Regel positiv anzusehen, zum anderen sie jedoch unter den kartellrechtlich relevanten Behinderungspraktiken einordnen zu müssen mit der Folge, im schlimmsten Fall ein Unternehmen wegen Preissenkung kartellrechtlich belangen zu müssen. Dieses Modell zeigt, daß unter den gegebenen Bedingungen die theoretische Basis für ein kartellrechtliches Belangen des etablierten Unternehmens immens dünn wird. Von Interesse bleibt allerdings der Fall des Verdrängungswettbewerbs, d.h. des Setzens von Preisen, die dazu führen sollen, Konkurrenten aus dem Markt zu drücken, um schließlich diesen monopolisieren zu können. Ziel ist es hier, längerfristig erhöhte Gewinne zu erzielen, welche die momentanen Gewinneinbußen überkompensieren.

5.4.4

Die UMTS-Auktion in Deutschland

Vom 31. Juli bis 18. August 2000 erfolgte im Rahmen eines Auktionsverfahrens die Vergabe von Lizenzen für UMTS/IMT-2000 (Universal Mobile Telecommunications System / International Mobile Telecommunications at 2000 MHz), Mobilkommunikation der dritten Generation. Durch die Ersteigerung einer sog. UMTS - Lizenz konnten die Bieter das Recht erwerben, bis Ende 2020 ein Mobilfunknetz nach dem UMTS/ IMT-2000 Standard in Deutschland zu betreiben. Teilnahmeberechtigt waren Unternehmen, die 1.

einen Antrag auf Zulassung zur Versteigerung gestellt,

2.

bestimmte Zulassungsvoraussetzungen erfüllt (Beauty contest),

3.

an der Bieterschulung teilgenommen und

4.

eine Erklärung zum regelkonformen Verhalten während der Auktion unterschrieben hatten.

5.4 Preissetzung, Signale und Wettbewerb

171

Sieben Unternehmen erfüllten diese Bedingungen (vgl. Tab. 5.6). Die Versteigerung fand im Dienstgebäude der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post statt und wurde in zwei Abschnitte geteilt. Im ersten Versteigerungsabschnitt konnten die Teilnehmer um Lizenzen mit einer Frequenzausstattung von mindestens 2 x 10 MHz (gepaart) und höchstens 2 x 15 MHz (gepaart) bieten. Dabei wurden insgesamt 12 abstrakte Frequenzblöcke à 2 x 5 MHz (gepaart) angeboten. Im zweiten Versteigerungsabschnitt standen weitere 5 Frequenzblöcke von jeweils 1 x 5 MHz (ungepaart) zur Versteigerung. Außerdem sollten hier die im ersten Abschnitt nicht zugeschlagenen Frequenzblöcke angeboten werden. Tab. 5.6:

Ergebnis der deutschen UMTS-Lizenzauktion (Angaben in Mio. DM)

Bieter

Gebote Abschnitt 1

Abschnitt 2

Gesamtgebot

Lizenzgebot

Höchstgebot Block 5 MHz

---

16.418,2

73,6

16.491,8

8.304,6

---

16.446,0

122,7

16.568,7

8.170,0

8.200,0

---

16.370,0

121,0

16.491,0

Höchstgebot 1. Block 2 u 5 MHz

2. Block 2 u 5 MHz

3. Block 2 u 5 MHz

E-Plus Hutchison

8.143,9

8.274,3

Group 3G

8.141,4

MobilCom Multimedia Mannesmann Mobilfunk T-Mobil

8.143,8

8.330,0

---

16.473,8

121,0

16.594,8

8.277,9

8.304,3

---

16.582,2

122,7

16.704,9

VIAG Interkom

8.206,6

8.310,4

---

16.517,0

---

16.517,0

Debitel Multimedia

ausgeschieden in Runde 127

Lizenzsumme:

98.807,2

Auktionserlös:

99.368,2

Aus ökonomischer Sicht galt es, folgende Punkte zu beachten:

x

Verhinderung von Bieterabsprachen während der Aktion,

x

Anstreben eines hohen Bieterwettbewerbs,

x

Vermeidung gravierender Unterschiede zwischen den Lizenzpreisen um gleiche Startbedingungen für alle UMTS-Mobilfunkanbieter zu schaffen und

x

Bereitstellung von Informationen während der Auktion zur Vermeidung des Fluches des Gewinners.

172

5. Preissetzung und Signale

Deshalb umfaßte jede der beiden Versteigerungsabschnitte der UMTS-Auktion mehrere Bietrunden, in denen die Bieter simultan verdeckte Gebote abgegeben konnten. In jeder Runde durfte ein Bieter für maximal 3 Frequenzblöcke bieten. Vor Gebotsabgabe erfuhren alle Bieter das jeweilige Höchstgebot für die Blöcke sowie die zugehörigen Höchstbieter. Ein Mindestgebot, ein Mindestinkrement und die sogenannte Aktivitätsregel sollten für einen raschen Verlauf der Auktion sorgen. Das Bietverfahren würde enden, wenn in einer Auktionsrunde für keinen der 12 Frequenzblöcke ein valides Gebot (d.h. ein Gebot, das bis dahin abgegebenes Höchstgebot um das geltende Mindestinkrement übersteigt) abgegeben wird. Nur wer am Ende des ersten Versteigerungsabschnitts für mindestens zwei Frequenzblöcke à 2 x 5 MHz (gepaart) Höchstbieter ist, sollte eine Lizenz erhalten. Einen zusätzlichen Frequenzblock konnte erwerben, wer im zweiten Abschnitt das Höchstgebot für einen der dort versteigerten Frequenzblöcke abgibt. Der Zuschlag erfolgte zum Höchstgebot. Das in Deutschland gewählte Verfahren zur Vergabe der UMTS–Lizenzen weist somit Elemente der Englischen und der verdeckten Höchstpreisauktion auf. Elemente der Englischen Auktion sind die Festlegung mehrerer Bietrunden und die Forderung, daß valide Gebote das bisherige Höchstgebot übersteigen müssen. Typisch für die verdeckte Höchstpreisauktion ist die simultane, unabhängige und geheime Abgabe der Gebote. Kollusives Verhalten zwischen den Bietern war gemäß Punkt 9 der Auktionsregeln verboten. Bei Zuwiderhandlung war mit dem Ausschluß vom weiteren Auktionsverfahren und dem Widerruf der Lizenzerteilung bei Aufrechterhaltung der Zahlungsverpflichtung zu rechnen. Außerdem fand die im Vorfeld der Auktion veranstaltete Bieterschulung getrennt nach Bietern an verschiedenen Tagen statt. Während der Auktion waren die Bieter in separaten Räumen untergebracht. In diesen Räumen bestand außer einer Telefonverbindung zum Auktionator sowie je einer Telefon- und Faxverbindung zu den Entscheidungsträgern in den Unternehmen keine weitere Kommunikationsmöglichkeit. Eine direkte Kommunikation der Bieter bei der Gebotsabgabe war mithin nicht möglich. Um zu verhindern, daß durch die Wahl geeigneter Gebote indirekt kommuniziert wird (signaling), durften Gebote nur in vollen 100.000 DM-Beträgen abgegeben werde. Ziel der Behörde war es, durch die variable Lizenzausgestaltung einen möglichst hohen Wettbewerb auf dem (zukünftigen) Markt für Mobilkommunikation der dritten Generation zu schaffen. Deshalb wurde festgelegt, daß jeder Bieter nur eine einzige Lizenz erwerben kann. Die Frequenzausstattung einer Lizenz wurde auf maximal 2 x 15 MHz (gepaart) begrenzt. Falls alle Lizenznehmer die maximale Frequenzausstattung wählen, würden dann insgesamt 4 Lizenzen vergeben - zufällig (?) die Anzahl der Marktsassen (D1-Telekom, D2-Mannesmann, E-Plus und VIAG-Interkom). Wenn jeder Lizenznehmer dagegen nur 2 Blöcke à 2 x 5 MHZ (gepaart) ersteigert, könnten 6 Lizenzen erteilt werden. Wieviel Lizenzen tatsächlich vergeben werden, sollte der Markt entscheiden. Das Komplizierte des gewählten Verfahrens lag aus Sicht der beteiligten Unternehmen darin, daß alle bietenden Parteien Wertvorstellungen über zwei oder drei gepaarte Frequenzblöcke mit oder ohne zusätzliche ungepaarte Frequenzblöcke bilden mußten, was eine erhebliche Heterogenität erzeugte.

5.4 Preissetzung, Signale und Wettbewerb

173

Von den sieben angetretenen Bietern ist einer (Debitel Multimedia) in Runde 127 ausgeschieden (vgl. Abb. 5.10). Alle anderen haben eine Lizenz erworben. Erst nach 173 Bietrunden war der erste Versteigerungsabschnitt abgeschlossen. Das Ergebnis wies zur Überraschung aller Sachverständigen sechs Bieter mit je zwei gepaarten Blöcken auf (vgl. Tab. 5.6). Bis auf VIAG erwarben alle in Abschnitt 2 einen weiteren Frequenzblock zu 5 MHz (ungepaart). Der Auktionserlös belief sich auf rund 100 Mrd. DM.

Mrd. DM 100

80

60

40

20 Ausscheiden von Debitel (Runde 127) 0 10

Abb. 5.10:

5.4.5

20

30

40

50

60

70

80

90

100 110 120 130 140 150 160 170

Auktionsrunde

Summe der Lizenzgebote bei der deutschen UMTS-Lizenzauktion

Werbung zwischen weichen Signalen und harten Informationen

Werbung stellt ein entscheidendes Element der Wettbewerbswirtschaft dar. Wenn Sportler um den Sieg ringen, dann kämpfen Unternehmen auf den Trikots und anderen Ausrüstungsgegenständen um Marktanteile. Aus ökonomischer Sicht sind die immensen Summen, die die Unternehmen in die Werbeschlacht um Marktanteile und um Wachstum werfen, zunächst nicht zu begründen. Denn der rationale, aufgeklärte Konsument benötigt nur „richtige“ Informationen, um „richtige“ Wahlentscheidungen am Marktplatz treffen zu können, d.h. er benötigt Angaben über die Existenz des Produkts und seine Verfügbarkeit, Eigenschaften und den Preis. Was ist dann die Bedeutung der weichen Informationen, der darüber hinausgehenden Signale? Warum geben rationale Her-

174

5. Preissetzung und Signale

steller viel Geld für scheinbar sinnlosen Schnickschnack aus? Und warum reagieren Kunden darauf – reagieren sie wirklich darauf? Die erste ökonomische Antwort bezieht sich darauf, daß durch Werbung, auch durch weiche Informationen, Informationsasymmetrien verringert werden, da es sich oft um Erfahrungs- und um Vertrauensgüter handelt, die vertrieben werden. Scheinbar sinnlose Information wird verbreitet, um Signale an den Kunden zu senden, und die Qualität des Produkts ist Rechtfertigung für das Ausgabenvolumen (NELSON 1974). Demzufolge müßte mit zunehmender Informationsasymmetrie der Anteil der Werbung, der in die weichen Signale fließt, zunehmen. Zentral ist hierbei die Frage, ob der Kunde den Inhalt oder die Häufigkeit der Werbung als Indikator für Qualität sieht. Entsprechend den Aussagen der Signaltheorie müssen gute Anbieter billiger signalisieren können als schlechte. MORTHY und HAWKINS (2005) legten Kunden Werbungen in ausländischer Sprache vor, welche die Leser nicht verstehen konnten. Sie fanden heraus, daß Kunden nur auf die Menge der Anzeigen reagieren – dann wäre das Qualitätselement im Signal nicht gegeben und schlechte Unternehmen könnten sich durch häufiges Werben als gute ausgeben. Tatsächlich wirbt eine Vielzahl der Unternehmen antizyklisch, um einen Rückgang des Werts einer Marke in der Rezession zu vermeiden; dies spricht wiederum für den Wert des Signals.

Vitae summa brevis spem nos vetat incohare longam

(Des Lebens kurze Spanne verbietet es uns, Pläne auf lange Sicht zu machen) HORAZ (65 v. Chr. – 8 v. Chr.)

6.

Forschung und Entwicklung

Unternehmen wenden erhebliche Beträge für Forschung und Entwicklung auf. Ziel ist es, über Innovationen einen Wettbewerbsvorsprung zu erlangen. Wettbewerb, bestehend aus Innovation und Transfer, stellt den eigentlichen dynamischen Faktor der Wirtschaft in der neueren Wettbewerbstheorie dar, sei sie nun eher evolutionsökonomisch ausgerichtet oder durch die Weiterentwicklungen der Neoklassik, insbesondere die Industrieökonomik und die Neue Institutionenökonomik, geprägt.

6.1

Wirtschaftsintegrierende Forschung und Entwicklung

Der Forschungs- und Entwicklungsprozeß beginnt in seiner einfachsten Ausformung auf der Ebene des erkenntnisorientierten Handelns und mündet schließlich über Kooperationsformen mit zunehmender Marktausrichtung in die Implementierung. Wirtschaftsintegrierende Forschung umfaßt damit die Kooperation zwischen (einem oder mehreren) Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen. Diese Struktur ist aus Sicht der Wettbewerbstheorie von hohem Interesse, weil nachhaltige Wettbewerbsvorsprünge, aber damit auch marktbeherrschende Positionen, hier begründet werden – und diese möglicherweise unter Zuhilfenahme öffentlicher Förderung. Als „wirtschaftsintegrierend“ wird dabei ein Forschungssystem bezeichnet, das Kooperationen wie folgt beinhaltet:

x

Diese setzen Technologien voraus, die aber unspezifisch sind; sie können also in verschiedenen Funktionen eingesetzt werden, wie beispielsweise Produkte der Mikroelektronik.

x

Sie sind marktorientiert, bevorzugen dabei aber nicht einen speziellen Teilmarkt (beispielsweise nur im Sinne obigen Beispiels die Elektronikindustrie) oder bestimmte Gruppenstrukturen (also beispielsweise nur Großunternehmen).

Integration setzt zwingend kooperative Netzwerkbildung voraus. Damit wird in der Regel eine Interaktion zwischen mindestens einem Unternehmen und mindestens einem Forschungsinstitut gegeben sein. Im Einzelfall kann diese Kooperation jedoch auch in-

176

6. Forschung und Entwicklung

nerhalb eines Unternehmens stattfinden, wenn dieses über weitgehend verselbständigte Forschungseinrichtungen verfügt. Zwei Kooperationsformen sind im Rahmen der Integration von Unternehmen und Forschungsinstitutionen denkbar: (1) Die Kooperationen, die man als „Plattform-FuE“ bezeichnen kann, weil sie gemeinsame überwiegend vorwettbewerbliche Voraussetzungen in marktnahen Bereichen schaffen, die allen Beteiligten offen sind; als typisch wäre die generelle Verbesserung der Schweißtechnologie oder eine Vereinheitlichung von Signalsystemen zu nennen, womit sie standardisierungs- bzw. normungsnah sind. Sie besitzen damit weitgehend horizontalen Charakter und werden als Kooperationstyp HK (Horizontale Kooperation) bezeichnet: Diese Form kommt überwiegend im anwendungsorientierten, aber weniger marktnahen Bereich vor und umfaßt Unternehmenskooperationen auf gleicher Wertschöpfungsstufe sowie die diese Technologien bereitstellenden Forschungsinstitute. Soweit sie im vorwettbewerblichen Bereich angeordnet sind, liegen im wettbewerblichen Sinne keine essential facilities86 vor und sollen sich auch nicht entwickeln. Diese Form der kooperativen FuE erfaßt auch das moderne Konzept des Hybridisierens von Wissen, d.h. des organisierten Erzeugens neuen Wissens durch „Kombination“ erwünschter Eigenschaften aus bereits bekannten Produkten bzw. Verfahren.87 Sie werden immer dann kartellrechtlich problematisch, wenn diese Plattformen abgeschottet werden. (2) Die Kooperationen, die vor allem der Stärkung einzelner Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette durch eigene FuE oder Partnerschaften mit FuEEinrichtungen dienen und damit in hohem Maße unternehmensspezifischer Natur sind. Sie besitzen damit überwiegend vertikalen Charakter und werden als Kooperationstyp VK (Vertikale Kooperation) bezeichnet: Diese Form kommt überwiegend in Bereichen vor, in denen Forschung ein spezifischer Hebel der Markteinführung eines innovativen Produkts ist, und umfaßt Unternehmen (evtl. mit Zulieferern) und Forschungsinstitute. Oft liegen hier Grundlagenforschung und Marktverwertung sehr nah beieinander, weshalb sich sehr schnell wettbewerbsrelevante Bevorzugungen und Benachteiligungen ergeben können. Typisch hierfür ist beispielsweise die Entwicklung silikatbeschichteter Kunststoffbrillengläser, mit dem ein Unternehmen Marktführer wurde. Vor allem die Förderung vertikaler Kooperationen ist problematisch, weil sie einzelne Unternehmen bzw. Konsortien und deren Technologien bevorzugt, also eine staatliche Selektion erzeugt. Damit können auch spezielle Entwicklungspfade begründet werden, die sich aus späterer Sicht als suboptimal ergeben. 86 Wesentliche Einrichtung der Infrastruktur, die im Besitz eines Monopolisten ist, der den Zu-

gang blockieren kann. 87 In diesem Sinne ist der FuE-Prozeß mit der Arbeit in einer Zuchtanstalt vergleichbar, in der

gewünschte Erbanlagen zusammengebracht werden.

6.2 Innovationen

6.2

177

Innovationen

Ziel der Forschung- und Entwicklungsaktivitäten ist die Realisierung von Innovationen.88 Die dabei aufgewendeten Kosten müssen für das Unternehmen in überschaubarer Zeit wieder eingefahren werden. Daher besitzen Innovationen Potentialcharakter: Bereits die Aktivitäten Forschung und Entwicklung können die Konkurrenz „stören“. Mit der Markteinführung beginnt der Prozeß der Umverteilung von Marktanteilen, der mit der Durchsetzung am Markt seinen Höhepunkt erreicht; über die gesamte Lebensdauer ergeben sich strategische Reaktionen des Umfeldes, insbesondere der Konkurrenten.

6.2.1

Begriffsklärung

Durch Forschung und Entwicklung versucht der Mensch, zielgerichtet Neues zu entdekken oder zu erfinden (Invention). Doch erst die wirtschaftliche Nutzung von Entdekkungen und Erfindungen ist aus Sicht der Unternehmen interessant. Glückt die Nutzung spricht man von Innovation.89 Definition 6.2.1 (Innovation): Unter Innovation versteht man die wirtschaftliche Umsetzung und Nutzbarmachung von Erfindungen und Entdeckungen.

Innovationen lassen sich unterscheiden in Innovationen mit geringer Wirkung und Innovationen mit erheblicher Wirkung. Von ökonomischer Bedeutung sind vor allem letztere. Anhand der Wirkung, die eine Prozeßinnovation auf die Marktstruktur ausübt, soll die Unterscheidung zwischen beiden verdeutlicht werden. In der Ausgangslage soll eine Marktsituation vorherrschen, die alle Eigenschaften eines Polypols (oder eines BERTRAND-Oligopols) aufweist. Sämtliche auf dem Markt tätigen Unternehmen verwenden die gleiche Produktionstechnologie, die konstante Grenzkosten in Höhe von e0 verursache. Der sich im Marktgleichgewicht einstellende Preis, bei dem keine positiven Gewinne entstehen, sei mit q0 bezeichnet. Die gleichgewichtige Absatzmenge betrage x0 (vgl. Abb. 6.1).

88 Dies ist nicht zwingend; in einer Vielzahl von Fällen kommt Innovation auch ohne FuE aus,

beispielsweise im Design oder der Mode. Dieser Aspekt, der vor allem starke kulturelle Determinanten besitzt, wird hier nicht weiter verfolgt, wenngleich die kulturelle Disposition zum schöpferischen Handeln für alle Vorstufen der Innovation zentrale Bedeutung besitzt – im wirtschaftlichen Bereich beeinflußt sie das Entrepreneurship erheblich. 89 Die Unterscheidung zwischen Invention und Innovation wurde von SCHUMPETER (1987) eingeführt.

178

6. Forschung und Entwicklung

q(x) GE(x) GK(x)

qM(e1)

C1

e0

q1 = q0

e1

C2

qM(e2)

q(x)

e2 GE(x) 0

Abb. 6.1:

x1 x0

x2

x

Klassifikation von Prozeßinnovationen

Nun gelingt einem der Unternehmen eine Prozeßinnovation, so daß die Grenzkosten dieses Unternehmens sinken. Welche Wirkung übt dies auf den Gleichgewichtszustand aus? Zwei Fälle sind zu unterscheiden:

x

Bei einer vergleichsweise geringfügigen Prozeßinnovation, die beispielsweise zu einem Sinken der Grenzkosten auf e1 führt, würde ein Monopolpreis qM(e1) oberhalb des bisherigen Gleichgewichtspreises resultieren. Damit ist jedoch das Ausüben einer Monopolposition durch das innovative Unternehmen nicht möglich. Das betrachtete Unternehmen wird deshalb entweder weiterhin den bisherigen Gleichgewichtspreis verlangen oder diesen geringfügig unterbieten, um die maximale Absatzmenge allein verkaufen zu können. Die Innovation wird in diesem Fall als „Innovation mit geringer Wirkung“ bezeichnet.

x

Sinken hingegen die Grenzkosten auf e2, so geht damit ein Monopolpreis qM(e2) einher, der unter dem bisherigen Wettbewerbspreis liegt. Das Unternehmen agiert fortan als Monopolist auf dem Markt, weshalb die Innovation als „Innovation mit erheblicher Wirkung“ bezeichnet wird. Möglicherweise handelt es sich um eine Basisinnovation.

6.2 Innovationen

6.2.2

179

Innovationstheorien

Der folgende Abschnitt enthält einen Überblick über verschiedene Ansätze, die sich direkt oder indirekt mit Innovationen auseinandersetzen. In den ersten drei Unterabschnitten werden dabei in der historischen Reihenfolge die Ansätze der Humankapitaltheorie von LIST, der Innovationsansatz von SCHUMPETER sowie der Ansatz der Evolutionsökonomik dargestellt. Im Anschluß daran wird der institutionelle Aspekt von Innovationen untersucht, der die Schaffung von Eigentumsrechten beispielsweise in Form von Patenten, und die Festlegung von Normen und Standards umfaßt. Die Darstellung der Innovationstheorien schließt ab mit einer Übersicht über Theorien zu Innovationen auf Branchen-, Regionen- und Betriebsebene, die jeweils auch Implikationen für eine Forschungsförderung enthalten.

6.2.2.1

Humankapital und der Wissensgehalt der Wirtschaft

Zu den strategischen Erfolgsfaktoren einer Volkswirtschaft zählt ihr Wissensgehalt. Friedrich LIST (1848), der als Begründer der modernen Humankapitaltheorie gelten kann, machte deutlich, was Deutschland tun müsse, um als Wirtschaftsstandort gegenüber England aufzuholen bzw. es zu überholen (BLUM 2004, S. 67f): (1) Ausweitung des Humankapitals, insbesondere Schaffen einer differenzierten Qualifikationsstruktur, mit Hilfe einer intensiven Ausbildung. Vor allem der Ausbildung am Arbeitsplatz komme eine zentrale Bedeutung für die Entwicklung zu. (2) Import der besten verfügbaren Technologien dort, wo sie im Land nicht zur Verfügung stehen. (3) Integration von Humankapital und investiertem Kapital: Die Fähigkeit, Wohlstand zu erzeugen, sei wichtiger als der Wohlstand selbst. (4) Die Bedeutung des verarbeitenden Gewerbes für die Entwicklung der Wirtschaft, weil dieses die Entwicklungen der übrigen Sektoren begünstige. (5) Die Bedeutung eines Ordnungs- und Institutionenrahmens: Nur hierdurch sei eine konstante nationale Wirtschaftspolitik zu gewährleisten. Zugleich wirke dieser transaktionskostensenkend. Diese Erfolgsfaktoren, die die Bedeutung von Qualifikation, Ausbildung und sektoraler Kooperationen betonen, haben auch nach mehr als 150 Jahren nicht an Aktualität eingebüßt und finden sich in ähnlicher Form in aktuellen Reformprogrammen Deutschlands.

6.2.2.2

Die schöpferische Zerstörung

SCHUMPETER (1987, S. 100f.) macht deutlich, daß die durch die Wissensproduktion angeregten Innovationen in folgende fünf Kategorien eingeteilt werden können: 1.

neue Produkte,

180

6. Forschung und Entwicklung 2.

neue Verfahren,

3.

neue Beschaffungsmärkte,

4.

neue Absatzmärkte und

5.

neue Organisationsformen.

Innovation als die erfolgreiche „Durchsetzung neuer Kombinationen“ am Markt (vgl. SCHUMPETER, 1987, S. 100) besitzt eine Vielzahl von Facetten; insbesondere der fünfte Punkt betrifft einen immer wichtiger werdenden Aspekt der Wettbewerbswirtschaft: Zunehmend stehen nämlich Unternehmen nicht mehr allein mit differenzierten Produkten und den zugehörigen Qualitäten im Wettbewerb, sondern auch mit ihrer Organisationsstruktur (einschließlich der corporate identity).

6.2.2.3

Evolutionsökonomische Ansätze

Die moderne Evolutionsökonomik ist der Auffassung, daß sich der Wissensgehalt einer Volkswirtschaft durch Versuch und Irrtum ändert, also keinem deterministischen Zielkalkül unterliegt, sondern vielmehr heuristischen Entscheidungen und begrenzter Information folgt (NELSON, WINTER 1982). Damit entstehen Innovationen, die zu technologischen Entwicklungslinien (Trajektorien) führen, die wiederum die Wahlfreiheit zukünftiger Entwicklung einschränken.

6.2.2.4

Produktlebenszyklen

Über den Produktlebenszyklus definiert sich, was als Grundlagenforschung, was als vorwettbewerbliche Forschung und was als marktnahe Forschung und Entwicklung und Implementierung zu klassifizieren ist. Durch Investitionen in Forschung und Entwicklung werden insbesondere die frühen Phasen des Produktlebenszyklus mit erheblichen Verlusten belastet, weshalb nicht diversifizierte Unternehmen ein erhebliches Risiko eingehen, was für größer und breiter aufgestellte Unternehmen nicht existiert. Insbesondere steuerliche Vorteile greifen für erstere kaum, und wenn diese Durststrecke lang anhält, dann sind sogar Verlustvor- und -rückträge nicht geeignet, das Risiko zu vermindern. Die Fähigkeit zu Innovationen ist möglicherweise auch von den Unternehmern abhängig, wie dies die Marktphasentheorie von HEUSS (1965) postuliert. Es sind die Pionierunternehmer („Entrepreneure“), vielleicht auch die unter Druck spontan imitierenden Unternehmer, die „den Markt machen“, nicht die Unterlasser, die sich im Preiswettbewerb verzehren und den Markt durch kollusives Verhalten vermachten. Diese herauszufiltern kann daher einen Erfolgsfaktor darstellen.

6.2.2.5

Neue Wachstumstheorie und Intellektuelle Eigentumsrechte

Die moderne Wachstumstheorie (BARRO, SALA-I-MARTIN 1998) postuliert, daß gesamtwirtschaftlich verfügbares Wissen mit hohem Öffentlichkeitsgrad und damit der

6.2 Innovationen

181

Fähigkeit zu positiven Externalitäten (bzw. spill-overs) zu den zentralen Wachstumstreibern einer Ökonomie zählt. Der Wissensgehalt einer Gesellschaft oder einer Wirtschaft wird dabei über das Konstrukt des Humankapitals erfaßt und als der zentrale Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung von Gesellschaften angesehen. Diese Art von Wissen wird vor allem durch das Bildungssystem und die Grundlagenforschung bereitgestellt. Die Verbesserung des Wissensgehalts auf dezentraler (betrieblicher bzw. unternehmerischer) Ebene würde immer einen Vorteil für die Allgemeinheit erzeugen, da vor allem Forschungs- und Entwicklungsprozesse öffentliche Güter bereitstellen, deren Erträge der gesamten Wirtschaft als externe Vorteile zuflössen (ROMER 1986). Wissen kann gutstechnisch in öffentliches Wissen, Clubwissen und privates Wissen untergliedert werden. Welche Qualität vorherrscht, ist nicht zwingend ein Ergebnis des Innovationsprozesses selbst, sondern flankierender Schutzrechte, die gewährt werden, um entsprechende Anreize zu entfalten. Deshalb ist es zweckmäßig, das Ergebnis des originären FuE-Prozesses von der Ebene der Verrechtlichung von Wissen abzugrenzen. Intellektuelle Eigentumsrechte werden, wenn sie explizites Wissen darstellen, in entwikkelten Ländern oft durch Rechtstitel geschützt, beispielsweise durch Patentschutz oder Markenschutz (vgl. auch 6.2.2.6). Ansonsten sind sie Wertbestandteile der Unternehmen, die oft als originärer goodwill nicht bilanziert sind. Der Wissensgehalt einer Wirtschaft wird auf Unternehmensebene zunehmend zu einer zentralen Bestimmungsgröße des Unternehmenswertes. TOBIN (1969) wies nach, daß Marktwert und Wiederbeschaffungswert eines Unternehmens – das Verhältnis von Marktwert und Wiederbeschaffungswert wird auch als TOBIN-q bezeichnet - langfristig übereinstimmen müssen. Liegt der Quotient über eins, dann müßte dies starke Investitionen in das Sachkapital auslösen, weil diese Unternehmen im Vergleich zu ihrer Rendite am Markt preiswert sind, und sich folglich ein Ausweiten der Produktion lohnt.90 Zunehmend wird aber vermutet, daß stabile q-Werte über eins auf intangibles und intellectual property rights (IPRs), die nicht im Anlagevermögen der Unternehmen verbucht sind, zurückzuführen sind (SMITHERS, WRIGHT 2000). In Abb. 6.2 wird zwischen unterschiedlich starken Ausprägungen von Marktnähe und Öffentlichkeitsgrad von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten unterschieden: (1) Niedrige Marktnähe und geringer Öffentlichkeitsgrad sind beispielsweise typisch für die Forschung der Pharmaindustrie, die Grundlagenforschung oft auch direkt in Marktprodukte umsetzen kann. Hier entsteht weitgehend privates Wissen, das keines weiteren rechtlichen Schutzes bedarf. (2) Ein mittlerer Öffentlichkeitsgrad ist charakterisierend für kooperative Forschung mit Plattformcharakter (Typ HK), eine vorwettbewerbliche Forschung und Entwicklung in Clubs. Typisch hierfür sind beispielsweise gemeinsame, staatlich unterstützte Forschungen für neue Speichermedien in der Mikroelektronik.

90 Bekanntermaßen kann aber auch eine Kurskorrektur am Aktienmarkt geschehen.

182

6. Forschung und Entwicklung

(3) Ein hoher Öffentlichkeitsgrad bei geringer Marktnähe ist eher typisch für die Hochschulforschung. Zumindest theoretisch sind diese Ergebnisse allgemein zugänglich; in der Praxis ergaben sich jedoch oft Verwertungsprobleme, auch infolge des „Hochschullehrerprivilegs“. Dieses ordnete die Schutzrechte zunächst den Hochschullehrern zu. Die Reform des Jahres 2003 hat dies geändert – nun liegen zunächst die Eigentumsrechte bei der Universität und sind theoretisch „öffentlicher“ geworden – wenn der Hochschullehrer seine Universität korrekt unterrichtet, was ein Anreizproblem darstellt. (4) Eine marktnahe Forschung mit privaten Ergebnissen besitzt eine hohe Spezifität, die dazu führt, daß das gewonnene Wissen nicht oder nur mit hohen Kosten von anderen eingesetzt werden kann. Hier liegt ein wettbewerblich hochsensibler Bereich vor, beispielsweise bei der Hilfe zum Bau spezieller Solarkollektoren. (5) Ein mittlerer Öffentlichkeitsgrad bei kooperativer Forschung und Entwicklung birgt hohe Gefahren für wettbewerbliche Kollusion, es sei denn, hier fände ein überbetrieblicher Vereinheitlichungsprozeß statt. Hier gewinnt folglich die Standardisierung oder die (staatliche) Normung Bedeutung. Als Beispiel kann die Norm für GMS und UTMS gelten. (6) Bei Marktnähe und hohem Öffentlichkeitsgrad entstehen durch Forschung und Entwicklung erhebliche spill-overs. Insofern bestehen hier zunächst geringe Anreize für die Unternehmen zu investieren. Durch Patentschutz, beispielsweise von pharmazeutischen Produkten, kann das Innovationsinteresse gestärkt werden.

Öffentlichkeitsgrad niedrig niedrig

(1)

(2)

(3)

hoch

(4)

(5)

(6)

Marktnähe

Abb. 6.2:

6.2.2.6

hoch

Klassifikation von Forschung und Entwicklung (FuE)

Patentschutz

Der Fall (6) in Abb. 6.2 zeigt deutlich die erheblichen Anreizprobleme für FuE, falls die Früchte nicht exklusiv ausgebeutet werden können, sondern durch spill-overs weitergereicht werden und Dritte begünstigen, die keinerlei erhebliche Aufwendungen geleistet haben. Forschung ist in diesem Fall nur dann sinnvoll, wenn parallel in hohem Maße implizites Wissen (z.B. in Form von Lernkurveneffekten) erzeugt wird, welches das öffentlich zugängliche Wissen schützt. Typisch sind diese Kostenreduktionen durch Lernkurveneffekte für die Mikroelektronik. Ansonsten kann ein Schutz auf Zeit durch das Erteilen eines Patents erworben werden. Patente werden gemäß § 1 Abs. 1 PatG für Er-

6.2 Innovationen

183

findungen erteilt, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Schutzrechte in Form von Patenten werden für Produkte (Güter, Substanzen, etc.) und Verfahren vergeben. Daneben existieren Schutzrechte für Warenzeichen. Das Patent hat die Wirkung, daß allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung zu benutzen (§ 9 PatG). Nach § 16 Abs. 1 PatG dauert das Patent in Deutschland zwanzig Jahre, die mit dem Tag beginnen, der auf die Anmeldung der Erfindung folgt. Ein Patent ist somit ein Eigentumsrecht an einer Erfindung, das auf Zeit vergeben wird, um ein exklusives Recht auf Ausbeutung als Anreiz für Innovationstätigkeit zu geben. Die aus dem Schutzrecht resultierende (zeitlich begrenzte) Monopolrente erlaubt es dem Unternehmen, vorhergegangene Aufwendungen abzutragen. Ein Modell, welches die Wohlfahrtswirkungen von Patenten in Abhängigkeit von deren Laufzeit untersucht, wird in 6.3.3 dargestellt. Jedermann – insbesondere Interessierten – steht gemäß § 31 Abs. 1 PatG die Einsicht in das Register und die Akten von Patenten frei, wodurch das einem Patent zugrundeliegende Wissen öffentlich wird, also ein erster Schritt im Technologietransfer erfolgt. Außerdem wird vor der Erteilung eines Patents geprüft, ob Rechte Dritter berührt sind und das Eigentumsrecht überhaupt geschützt werden kann; gerade letztgenannter Punkt wird in verschiedenen Ländern sehr unterschiedlich gehandhabt. So erlaubt das Patentrecht der USA einen Patentschutz von Software, der in Deutschland nicht möglich ist. Der Grund für einen staatlich sanktionierten Patent-Schutz liegt in der weitgehenden Öffentlichkeit von Ergebnissen aus Forschung und Entwicklung sowie in den Möglichkeiten illegaler Beschaffung und des Duplizierens. In der Regel stellen FuE-Aktivitäten (meist fixe) versunkene Kosten dar. Ihr Eingehen und die damit verbundene Verpflichtungszeit für den Markt würde das Unternehmen dann hohen Risiken aussetzen, wenn durch das Versenken selbst kein Schutz entstünde. Das Patent ist für das Unternehmen folglich nur insoweit interessant, als für die Ergebnisse der FuE-Aktivität nicht anderweitige Schutzmöglichkeiten existieren, beispielsweise Handhabungskenntnisse, die dem Konkurrenten nicht zugänglich sind. Damit wird zugleich erklärlich, weshalb in manchen Bereichen nur eine geringe Patentintensität vorhanden ist: Wenn durch FuE privates Wissen mit einer hohen Unternehmensspezifität erzeugt wurde, dann bietet sich das Patentieren nicht an. Daher sehen viele Unternehmen von einem derartigen Schritt ab, vor allem dann, wenn komplexe, schwer zu kopierende Routinen geheim gehalten werden sollen, deren Spezifität durch ein Patent mit einhergehender Veröffentlichung unter Umständen sogar gesenkt würde. Werden die vom Staat befristet gewährten exklusiven Nutzungsrechte aus Patenten an Dritte weitergereicht, so spricht man von Lizenzen. Eine Weiterreichung auf andere kann beschränkt oder unbeschränkt erfolgen, sie kann exklusiv auf ein Unternehmen oder auch auf mehrere Unternehmen geschehen. Hier ist oft strategisches Gespür für das richtige Handeln entscheidend, weil das breite Lizenzieren oft erst die Plattform für die Durchsetzung am Markt erzeugt, die gerade für Netzwerkgüter (vgl. im folgenden 6.3.4.1) notwendig ist. Manchmal ist das breite Lizenzieren auch Voraussetzung für ein Stillhalten der Kartellbehörden, die oft vor dem Problem stehen, daß hier Marktstellungen entstehen, die ein Aufgreifen im Rahmen der Mißbrauchsaufsicht nahelegen. Stra-

184

6. Forschung und Entwicklung

tegisches Lizenzieren spielt auch im Außenwirtschaftsverkehr eine Rolle, weil es international tätigen Unternehmen hierdurch möglich ist, Gewinne zu verschieben.

6.2.2.7

Normen und Standards

FuE-Aktivitäten haben schließlich eine erhebliche Bedeutung für Normung und Standardisierung. Ihnen kommt die Aufgabe zu, die Kompatibilität von Produkten und Verfahren zu gewährleisten. Standards sind dabei Festlegungen auf der Ebene von Unternehmen oder Unternehmensgruppen, die für diese ein Clubgut darstellen, während die Norm (zumindest in ihrem Geltungsbereich) ein öffentliches Gut darstellt. Neben der Normung und der Standardisierung spielt auch noch die Typung für die intraindustrielle Fertigung eine wichtige Rolle. Im angelsächsischen Raum wird zwischen Normung und Standardisierung kein sprachlicher Unterschied gemacht (standardization). Normung erfolgt auf deutscher Ebene über Vereinbarungen der „interessierten Kreise“ u.a. unter Koordination durch das Deutsche Institut für Normung (DIN), das zwar als e.V. firmiert, aber durch vertragliche Festlegung mit dem Bund eine herausragende gestalterische Bedeutung besitzt. Technische Regelsetzung wird in Deutschland von ca. 150 privatrechtlichen Organisationen wahrgenommen, deren bekanntester Vertreter das DIN ist. Unternehmen besitzen einen Anreiz zur Normung dadurch, daß innerhalb der Ausschüsse die Beteiligten know-how austauschen und auch Entwicklungsprozesse begleiten, so daß hieraus Vorsprungsrenten entstehen können. Standardisierung findet tendenziell stärker bei technologischen Eigenschaften von Endprodukten oder als Schnittstellen in verbundenen Unternehmen bzw. innerhalb von Unternehmen Anwendung; sie stellt ein Signal für den Willen zur Marktvorherrschaft dar. Normen hingegen besitzen häufig einen Bezug zu Komponenten, zu Schnittstellen – hier verstärken sie die Schaffung gleicher Wettbewerbsvoraussetzungen für die Marktteilnehmer, und sind bedeutsam als „horizontale Normen“ für die Bereiche Sicherheit und Qualität. Normung, insbesondere überbetriebliche Normung, ist janusköpfig91: Auf der einen Seite fördert sie den Wettbewerb dadurch, daß sie ein level playing field bereitstellt und so die Vergleichbarkeit von Gütern erleichtert, was die Markttransparenz erhöht, Informationsasymmetrien abbaut und die Wahlmöglichkeiten des Kunden erleichtert. Auf der anderen Seite stellt gerade das Erreichen von Marktmacht eine wesentliche Antriebsfeder unternehmerischen Handelns dar, so daß Normung nicht als primäres Ziel erfolgreicher Entrepreneure angesehen werden kann. Anders herum gewendet bedeutet dies, daß Unternehmen, die erfolgreich Marktführerschaft anstreben, tendenziell der Normung wenig Interesse entgegenbringen.

91 Vgl. hierzu auch BLUM ET AL. (2000) und BLUM, JÄNCHEN (2002).

6.2 Innovationen

185

Diese Dichotomie wird in Märkten mit kurzen Produktlebenszyklen noch verstärkt: Hier kann eine marktbeherrschende Stellung schnell zu hoher Wettbewerbsintensität infolge geringer Substitutionsabstände zwischen den konkurrierenden Produkten umschlagen, und die Produkte entwerten sich innerhalb kürzester Zeit fast völlig.92 Da Normung mit der Offenlegung von Technologien verbunden ist, kann die Teilnahme an der Normung und der damit einhergehende Verzicht auf exklusive Nutzung eines erwarteten Vorsprungs nur über starke Risikoscheu begründet werden. Die Vereinbarung von Industriestandards stellt eine wettbewerbspolitisch und damit auch kartellrechtlich relevante Form der Kooperation dar. Die überbetriebliche Normung ist sowohl vom Kartellverbot § 2 Abs. 1 GWB als auch vom Empfehlungsverbot § 22 Abs. 1 GWB ausgenommen, sofern sie unter Anleitung eines Rationalisierungsverbandes (beispielsweise des DIN) erarbeitet werden. Für die Wettbewerbsqualität – bei gegebenen Märkten – unmittelbar entscheidend ist die vorwettbewerbliche sowie die marktnahe Forschung und Entwicklung, wenn diese für Innovationen erforderlich sind, also die Bereiche (4) bis (6) in Abb. 6.2, sowie Situationen, in denen die marktferne und die marktnahe Phase ineinander übergehen. Dies spielt insbesondere in den Bereichen eine Rolle, in denen die Forschung immer näher an die Verwertung, also den Markt, heranrückt; typische Beispiele sind die Genforschung oder die Nanotechnologie. In vielen Bereichen werden über vertragliche Regelungen durch Normen Mindestanforderungen an Produkte festgelegt. Deren Nichterfüllung kann im Schadensfall dann zu einer Umkehr der Beweislast führen, wenn vertragliche Verpflichtungen, den in aktuellen DIN-Normen ausgedrückten Stand der Technik zu beachten, nicht eingehalten wurden. Durch den Marktprozeß stellen Normen eine Plattform für Wettbewerb bereit. Im Sinne der Theorie der bestreitbaren Märkte (vgl. Abschnitt 4.2) stellen Normung und Standardisierung versunkene Kosten dar. Bei der Normung verteilt sich die Last auf viele Schultern, durch die Öffentlichkeit der Information sind aber geringere Vorsprungsgewinne zu erwarten; demgegenüber können aber Erträge aus Netzwerkexternalitäten entstehen. Bei der Standardisierung liegen die versunkenen Kosten höher, aber auch die Chance der Vorsprungsrente; allerdings stellen Industriestandards vor allem dann, wenn sie auf den Markt bezogen sind (und nicht im Sinne von Schnittstellen auf die Lieferverflechtung), häufig Mittel zum Erlangen einer marktbeherrschenden Stellung dar – und hier kann man scheitern. So war der Versuch, im Alleingang das bessere System Video 2000 durchzusetzen, der Vorgehensweise einer großzügigen Lizenzierung von VHS schließlich unterlegen. In jedem Fall verengen Normung und Standardisierung den Markt, entweder im Hinblick auf die internationale Konkurrenz – mit dem Vorteil einer

92 GREENSTEIN (1995) bringt dies auf den Nenner: „Diamonds are forever, chips are not“, wenn

er darauf hinweist, daß sich beim Generationenwechsel für die technologisch abgelösten Produkte ein Gebrauchtmarkt auftut (z.B. bei Automobilen), daß dies aber bei modernen Hochtechnologieprodukten oft nicht der Fall ist.

186

6. Forschung und Entwicklung

breiten „polypolistischen“ nationalen Plattform – oder einer Konkurrenz von Standardisierungskonsortien. Durch die versunkenen Kosten müssen Standards und Normen nicht immer den Anforderungen der Gegenwart genügen. So wurde die Schreibmaschinentastatur QWERTY (QWERTZ auf Deutsch) entwickelt, um das Tippen angesichts einer komplizierten Mechanik künstlich zu verlangsamen. Eine bessere und ergonomisch sinnvollere Tastatur ist aber kaum durchsetzbar, weil die Wechselkosten astronomisch hoch liegen. Der Wettbewerb der Standards zwischen Firmen bzw. der Normen zwischen Ländern ist einem Spiel vergleichbar, und es hängt von der technologiebedingten Höhe der jeweiligen Auszahlungen ab, ob eine einheitliche oder konkurrierende Festlegung erfolgt. Die wettbewerbliche Relevanz von Normung und Standardisierung ergibt über das Gesagte hinaus infolge der Möglichkeit, Größenproduktionsvorteile (economies of scale) und Verbundeffekte (economies of scope) zu erzielen. Vor allem spielen hierbei sogenannte Netzwerkexternalitäten eine herausragende Rolle. Deshalb werden in Abschnitt 6.3.4 Preisstrategien beim Vorliegen von Netzwerkeffekten sowie die in einem Markt tragfähige Konfiguration von Standards in Abhängigkeit der Konsumentenpräferenzen modelltheoretisch analysiert.

6.2.2.8

Kritische Masse zur Durchführung von Forschung und Entwicklung

Die Gruppenstruktur ist entscheidend für die Fähigkeit, Kooperationen zu bilden. Fallen die Unternehmensgrößen unter eine kritische Größe, sind die Akteure kaum in der Lage, die Mittel und Zeiten für FuE-Aktivitäten bzw. deren Koordination zu erübrigen. Schon weit vorher haben sie ihre Systemfähigkeit verloren, d.h. die Kompetenz, Angebote „aus einem Guß“ in einem Konsortium zu erstellen. Insbesondere die ostdeutschen Unternehmen sind hier benachteiligt. Sie müßten demzufolge in eine aktive Kooperationsoder Fusionsstrategie verfolgen. Der Wettlauf um die kritische Masse wird in 6.4.3 näher betrachtet. Je nach der Bedeutung von Eigentumsrechten an Forschung und Entwicklung werden sich Unternehmen unterschiedlich aufstellen. Neben der Entscheidung, ob überhaupt geforscht wird und ob Forschung und Entwicklung im eigenen Haus durchgeführt oder nach außen vergeben werden, differenzieren sich hier auch die Spezialisten mit hoher Wertschöpfungstiefe gegenüber den Generalisten mit niedriger Wertschöpfungstiefe aus. Erstere schützen ihr Wissen dadurch, daß sie im strategischen Bereich FuEAktivitäten im Haus behalten, letztere nutzen hingegen den Markt aus, um möglichst kostengünstige Zulieferungen zu erhalten und über Kosten- oder Preisführerschaft den Markt zu beherrschen. Die Tendenz zum Ausgliedern begann in den achtziger Jahren bei den Autozulieferern, die nach einiger Zeit erkennen mußten, daß in erheblichem Maß Kernkompetenzen und forschungsrelevantes know-how abflossen. Seitdem finden „Rückholaktivitäten“ ebenso statt wie ein gemeinsames Forschen mit den Zulieferern. Dies wiederum erzeugt das Problem, daß Zulieferer in den Genuß von Wissen geraten, das für andere Autohersteller, die ebenfalls beliefert werden, relevant sein kann.

6.2 Innovationen

6.2.2.9

187

Sektorale Innovationspolitiken

TIDD, BESSANT und PAVITT (1997) haben die Branchen nach den wesentlichen technologischen Pfaden geordnet; sie unterscheiden (vgl. Tab. 6.1): (1) Zuliefererdominierte Sektoren: Diese umfassen die Land- und Forstwirtschaft sowie die traditionelle gewerbliche Wirtschaft, die vor allem externe Technologien, oft von Zulieferern, nutzen, um ihre Wettbewerbsposition zu stärken. Interne Effizienzsteigerung erfolgt vor allem über Lernkurveneffekte. (2) Sektoren mit Massenproduktionsvorteilen: Vor allem die Automobilwirtschaft und die Bauwirtschaft sind hier zu nennen, bei denen sich die Technologien durch Produktionsengineering, Lernkurveneffekte, das Design und hochspezialisierte Lieferanten ändern. Der technische Fortschritt findet hier in kleinen inkrementellen Schritten in einem komplexen Umfeld statt, und ein Schwerpunkt liegt dabei im best practice der Produktion und best design der Erzeugnisse. (3) Informationsintensive Sektoren: Typischerweise werden hier der Finanzsektor, der Einzelhandel, Reisebüros und das Verlagswesen erwähnt. Neue Technologien stammen meist von Softwareherstellern und Systemhäusern sowie hochspezialisierten Anbietern. Die Bewältigung der Informationskomplexität und die stetige Bereitstellung neuer Systemprodukte stellt die wesentliche Herausforderung dar. (4) Wissenschaftsbasierte Sektoren: Hier sind die life sciences und die elektronische Industrie zu nennen, die Grundlagenforschung schnell umsetzen, so daß sich die Unternehmen in einer ständigen Neudefinition ihrer Märkte befinden. (5) Hochspezialisierte Anbieter: Sie sind vor allem im Maschinenbau, im Komponentenbau und in der Softwareindustrie zu finden. Ihre Aufgabe besteht darin, in Rückkopplung mit führenden Nutzern neue Technologien bereitzustellen. Tab. 6.1:

Fünf wesentliche technologische Entwicklungspfade

Entwicklungspfad

Typische Sektoren

Zulieferdominierte Sektoren

Landwirtschaft, Dienstleistung, traditionelles verarbeitendes Gewerbe Massengüter, Fahrzeuge, Bauwirtschaft

Sektoren mit Massenproduktionsvorteilen

Hauptquelle der Technologie

Hauptaufgaben einer Technologiestrategie

Zulieferer, Lernkurveneffekte

Nutzen auswärtiger Technologie, um Wettbewerbsvorteile zu verstärken

Produktionsengineering, Lernkurveneffekte, Entwicklungsbüros, spezialisierte Lieferanten

Inkrementelle Integration des Wandels in komplexen Systemen; Diffusion von best design und best practice in der Produktion

Fortsetzung auf der nächsten Seite

188

6. Forschung und Entwicklung

Fortsetzung Tab. 6.1:

Entwicklungspfad

Typische Sektoren

Hauptquelle der Technologie

Hauptaufgaben einer Technologiestrategie

Informationsintensive Sektoren

Finanzsektor, Handel, Reisebüros, Verlagsgewerbe

Software- und Systemhäuser, spezialisierte Anbieter

Wissenschaftsbasierte Sektoren

Elektronik, Chemie

Forschung und Entwicklung, Grundlagenforschung

Spezialisierte Anbieter

Maschinenbau, Feinmechanik, Software

Design, fortgeschrittene Anwender

Design und Bedienung komplexer Informationsverarbeitungssysteme verwandter Produkte Ausbeuten der Grundlagenforschung, Entwicklung verwandter Produkte, Schaffen komplementärer Werte, Neuausrichtung der Organisation Monitoring der Bedürfnisse fortgeschrittener Anwender, Integration von neuen Technologien in kleinen Schritten

Quelle: Übersetzung aus TIDD, BESSANT , PAVITT (1997)

Die fünfte Gruppe stellt den interessantesten originären Treiber des technischen Fortschritts dar, der mittels neuer Informationstechnologien aufgewertet wird, da technologische Kenntnisse und kundenspezifische Rückkopplungen hier besonders relevant sind. Dies gilt zu einem geringeren Grad für die vierte Gruppe, da ein erheblicher Teil des Wissens hier als Wettbewerbselement der Geheimhaltung unterliegt. In der dritten Gruppe ist der unmittelbare Struktureffekt infolge eines hohen Reorganisationsdrucks bei verbesserten Informationstechnologien besonders deutlich. Die ersten beiden Sektoren werden entweder indirekt über ihre Lieferanten oder durch kleine Prozeßschritte betroffen sein. Die Einordnung eines Sektors in diese Struktur kann sich ändern - das Verlagswesen wäre früher eher in der zweiten Kategorie zuzuordnen gewesen. Die Relevanz dieser Struktur besteht in folgenden Aspekten:

x

Forschung und Entwicklung und damit auch FuE-Förderung besitzen in diesem System einen sehr unterschiedlichen Hebel für die wirtschaftliche Entwicklung. Vor allem bei den wissenschaftsbasierten Sektoren ist ein wesentlicher Ansatzpunkt darin zu sehen, die allgemeine Innovationsbreite zu stärken – aber eher in längerfristiger Sicht.

x

Bei den zulieferdominierten Sektoren ist über vertikale Kooperationen und deren Förderung das Hineintragen von Wissen zu erleichtern.

6.2 Innovationen

189

x

Spezialisierte Anbieter benötigen eine breite FuE-Plattform, was vor allem für vorgelagerte horizontale Kooperationsformen und deren Förderung spricht.

x

Bei den informationsintensiven Sektoren erscheint staatliche Hilfe ebensowenig erforderlich wie bei den Sektoren mit Massenproduktionsvorteilen.

6.2.2.10

Regionale Innovationstheorien

Die moderne regionale Innovationstheorie betont in Anlehnung an die schwedische Schule der Regionalökonomie (HÄGERSTRAND 1952) die face-to-face-groups und weist insbesondere auf die Bedeutung der Informationsnetzwerke hin. Dadurch besteht die Möglichkeit zu sich selbstverstärkenden kumulativen Prozessen, die sich dann zu Wachstumspolen entwickeln (BOUDEVILLE 1972, PERROUX 1964) und heute gerne als Leuchttürme bezeichnet werden (BROUWER ET AL. 1999). Ob derartige Leuchttürme das Umland eher fördern oder „auswaschen“, ist offen (HIRSCHMAN 1958, MYRDAL 1964). In jedem Fall werden über derartige Prozesse des räumlichen und auch sektoral ungleichgewichtigen Wachstums die regionalen Standortqualitäten verändert, was oft den Staat auf die Tagesordnung ruft, einerseits agglomerationsverstärkend, andererseits kompensatorisch einzugreifen.93 Bereits bei der Betrachtung des Humankapitalansatzes von Friedrich LIST wurde deutlich, daß das räumliche Umfeld einen erheblichen Beitrag zum Erfolg staatlicher Forschungshilfen spielen kann, weil es in der Lage ist, verstärkend oder abschwächend zu wirken. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die FuE-Förderung ein geeignetes Instrument ist, wirtschaftlich zurückliegende Regionen in ihrem Aufholprozeß zu unterstützen. Oft ist die Benachteiligung von Regionen eine direkte Folge der Bevorteilung anderer Regionen, wodurch Abwanderungsprozesse unterstützt werden; insbesondere sind hier die agglomerationsverstärkenden Wirkungen von Subventionen anzuführen, die den Ballungsräumen überproportional zugute kommen (sozialer Wohnungsbau, Straßenbau, Nahverkehrssysteme) und die dann wieder zu kompensierenden Regionalhilfen führen. Weit wichtiger erscheint der Ansatz, ob die wirtschaftliche Entwicklung zurückliegender Regionen grundsätzlich durch vermehrte Innovationen beschleunigt werden kann. Die räumliche Version des Produktlebenszyklus (VERNON 1966) postuliert, daß mit zunehmender Marktreife Produktionen sukzessive von den Zentren in die Peripherie verlagert werden. Dies kann auch als Chance begriffen werden, zwar nicht die aktuellsten, aber doch tragfähige Technologien anzusiedeln. Grundsätzlich erfordern alle innovationsfördernden Regionalpolitiken ein standörtliches Umfeld, das die entsprechende Absorptionsfähigkeit besitzt. Zu fragen ist auch, ob die Förderung eines Leuchtturms das Umland eher auslaugt oder fördert. Dies hängt in erheblichem Maße ab von der vorherrschenden räumlichen Ar93 Für einen Überblick siehe BLUM (1986).

190

6. Forschung und Entwicklung

beitsteilung und den Fähigkeiten, die Konkurrenz um (qualifizierte) Arbeit durch Einsatz entsprechender Technologien bestehen zu können. Durch die zunehmende Mobilität der Arbeit ist dieses Phänomen inzwischen nicht nur für Stadt-Umland-Probleme relevant, es trifft auch für die Konkurrenz der Regionen um qualifiziertes Personal zu. Neben der regionalen Konkurrenz entsteht immer mehr ein Wettbewerb der großen mit den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), den letztere finanziell oft nicht bestehen können. Unter diesen Umständen wird eine Bereitstellung hinreichender Mengen an Qualifizierten zur Überlebensfrage der Wirtschaft.

6.2.2.11

Innovationen auf betrieblicher Ebene

Von ABERNATHY und UTTERBACK (1975) stammt eine interessante These zum Wechselspiel zwischen Produkt- und Verfahrensinnovation (vgl. Abb. 6.3). In der Phase umfangreicher Produktinnovationen, die neue Bedürfnisse wecken bzw. aufnehmen und die eher unkoordiniert und spontan ablaufen, spielt das Produktionsverfahren selbst eine eher untergeordnete Rolle. Wenn diese Güter zur Reife geführt werden, dann spielen im zunehmenden Konkurrenzkampf systematisch entwickelte Verfahrensverbesserungen, die einen erhöhten Kapitaleinsatz nötig machen, eine gewichtige Rolle. Durch diese sinkt tendenziell die Produktionsflexibilität und der Grad der Standardisierung steigt.

Innovationsrate

Bedürfnisinduzierung Kostenkontrolle Technologische Opportunitäten Entwurfsinduzierung

Prozeßinnovation Produktinnovation

Innovationsstufe Art des Prozesses

unkoordinierte Prozesse

segmentorientierte Prozesse

systematisch ausgereifte Prozesse

Ziel

Produktmaximierung

Leistungsmaximierung

Kostenminimierung

Abb. 6.3:

Innovationsmodell von ABERNATHY und UTTERBACK

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien

191

Die verbesserten Preisspielräume gehen zu Lasten der Fähigkeit, den sich ändernden Marktanforderungen gerecht zu werden. Infolge dieser Fokussierung entsteht eine Knappheit an die Bedürfnisse deckenden Produktinnovationen, die erst durch neue Güter auf dem Markt gelöst wird. Aus der Sicht der wirtschaftsintegrierenden und kooperativen Forschung oszilliert der Innovationsprozeß damit zwischen den eher markt- und produktorientierten vertikalen und den eher verfahrensorientierten, horizontalen Kooperationsformen. Die Fähigkeit, den Wissensgehalt des Unternehmens zu steigern, kann unter strukturkrisenähnlichen Entwicklungen einer Branchenschrumpfung leiden, wenn infolge ähnlicher Technologien (aufgrund von hoch korrelierten Investitionszyklen) ein Ausscheiden aus dem Markt nach dem Alter des Kapitalstocks nicht geschieht. Dann kann es erforderlich sein, Kooperationen, evtl. sogar Zusammenschlüsse zu fördern, um die Wissenskompetenzen im Unternehmen zu erhalten. Damit spielen weiter vorne bereits erörterte Investitionsirreversibilitäten und Risikoprofile eine entscheidende Rolle.

6.3

Forschungs- und Entwicklungsstrategien94

Die bisher eingeführten Konzepte der kooperativen Forschung und Entwicklung, des Innovationswettbewerbs, der Patentierung und Lizenzierung sowie von Kompatibilität, Standardisierung und Normen werden im folgenden anhand von industrieökonomischen Modellen näher betrachtet.

6.3.1

Innovationswettbewerb

6.3.1.1

Rechtzeitige Markteinführung

Die rechtzeitige Einführung in den Markt spielt eine herausragende Rolle im Innovationsprozeß, einmal wegen der Exklusivität der Vermarktungsrechte (beispielsweise geschützt durch ein Patent), zum anderen wegen der mit dem Innovationswettbewerb einhergehenden Einschätzung als Qualitätsanbieter durch die Konsumenten. Es wird nachfolgend davon ausgegangen, daß zwei Unternehmen auf dem Markt eines Gutes als Anbieter auftreten. Keines der beiden Unternehmen hat bisher Ausgaben für Forschung und Entwicklung getätigt. Entscheidet sich nun eines der Unternehmen zur Investition in FuE, so ist ein Betrag von I (z.B. zur Einrichtung eines Forschungslabors)

94 Übungsaufgabe 30.

192

6. Forschung und Entwicklung

aufzuwenden. Nach Investition von I und Aufnahme der Forschungstätigkeit gelingt dem Unternehmen i (i = 1, 2) eine Innovation mit Wahrscheinlichkeit pi. Resultiert die Forschungstätigkeit eines Unternehmens in einer Innovation, dann erzielt es einen Gewinnzuwachs 'Gi V , falls es das einzig innovierende Unternehmen ist. Gelingt dem konkurrierenden Unternehmen gleichzeitig eine Innovation, beträgt der Gewinnzuwachs des betrachteten Unternehmens lediglich 'Gi V 2 . Es sei zunächst angenommen, daß nur eines der Unternehmen in der Lage ist, den Investitionsbetrag I aufzuwenden. Wann lohnt es sich für dieses Unternehmen, in FuE zu investieren? Tab. 6.2 verdeutlicht die Auswirkungen, die sich aus der Investition in FuE für den Gewinn des Unternehmens ergeben. Der Erwartungswert des Gewinnzuwachses ergibt sich somit als:

E ('Gi )

pi ˜ (V  I )  (1  pi ) ˜ (0  I )

pi ˜ V  I .

(6.1)

Unternehmen i ist risikoneutral (d.h. es orientiert sich bei seiner Investitionsentscheidung am Erwartungswert). Der Betrag I wird dann in Forschung investiert, falls der Erwartungswert des Gewinnzuwachses größer bzw. gleich null ist:

E ('Gi ) t 0 .

(6.2)

Nach Einsetzen von (6.1) und Umstellen folgt, daß die Forschungsinvestition getätigt wird, falls gilt:

I d pi ˜ V .

Tab. 6.2:

(6.3)

Auswirkung der FuE auf den Unternehmensgewinn, falls ein Unternehmen forscht

Ergebnis der FuE-Aktivität für Unternehmen i Wahrscheinlichkeit Unternehmensgewinn

Erfolg

Mißerfolg

pi

1 – pi

V–I

0–I

Wird angenommen, daß Unternehmen i bereits in FuE investiert hat und auch Unternehmen j (j = 1, 2, j  i) in der Lage ist, den notwendigen Investitionsbetrag I aufzuwenden, dann stellt sich die Frage, ob es sich für Unternehmen j überhaupt lohnt, in FuE zu investieren. Die Auswirkungen auf die jeweiligen Unternehmensgewinne werden in Abb. 6.4 dargestellt. Der erste Wert in jeder Zelle entspricht dabei dem Gewinn von Unternehmen j, der zweite dem des Unternehmens i. Deutlich werden die beiden Unsicherheiten, denen sich die Unternehmen gegenübersehen: Einerseits herrscht technologische Unsicherheit (d.h. es ist unsicher, ob einem Unternehmen überhaupt eine Innovation gelingt), andererseits besteht eine Marktunsicherheit (d.h. die Unsicherheit darüber, ob die Forschung des Konkurrenzunternehmens Erfolg hat oder nicht).

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien

193 Unternehmen i

Erfolg (pj)

Unternehmen j

Abb. 6.4:

Mißerfolg (1 – pj)

Erfolg (pi)

Mißerfolg (1 – pi)

V 2I , V 2I

V I , 0I

0I , V I

0I , 0I

Auswirkung der FuE auf den Unternehmensgewinn, falls zwei Unternehmen forschen

Der Erwartungswert des Gewinnzuwachses für Unternehmen j, falls Unternehmen i bereits forscht, lautet:

E ('G j )

ª §V º · p j ˜ « pi ˜ ¨  I ¸  (1  pi ) ˜ V  I » ¹ ¬ ©2 ¼  (1  p j ) ˜ > pi ˜ 0  I  (1  pi ) ˜ 0  I @ .

(6.4)

Er läßt sich zusammenfassen zu: E ('G j )

p · § p j ˜ V ˜ ¨¨1  i ¸¸  I . 2¹ ©

(6.5)

Man beachte den negativen Einfluß, den die Forschungstätigkeit des Unternehmens i auf den erwarteten Gewinnzuwachs des Unternehmens j ausübt (negativer externer Effekt). Unternehmen j sei genau wie Unternehmen i risikoneutral, so daß der Betrag I dann in Forschung investiert wird, falls der Erwartungswert des Gewinnzuwachses größer bzw. gleich null ist:

E ('G j ) t 0 .

(6.6)

Nach Einsetzen von (6.5) und Umstellen folgt, daß die Forschungsinvestition getätigt wird, falls gilt: p · § I d p j ˜ V ˜ ¨1  i ¸ . 2¹ ©

(6.7)

Für den Fall, daß p · § p j ˜ V ˜ ¨1  i ¸  I d pi ˜ V 2¹ © ist somit Unternehmen i das einzig forschende Unternehmen.

(6.8)

194

6. Forschung und Entwicklung

Aufgrund der negativen externen Effekte, die sich aus der Forschungstätigkeit eines Unternehmens für die FuE-Aktivitäten des anderen Unternehmens (und umgekehrt) ergeben, stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen die Forschungstätigkeit zweier Unternehmen effizient ist bzw. unter welchen Umständen ein forschendes Unternehmen die effiziente Lösung darstellt. Erfolgt eine Beurteilung anhand des Erwartungswertes95, so sollten nur dann beide Unternehmen in FuE investieren, wenn die Summe deren erwarteter Gewinnzuwächse gleich dem erwarteten Gewinnzuwachs eines einzigen forschenden Unternehmens ist oder diesen sogar übersteigt, d.h.

E ('Gi )  E ('G j ) t E ('Gi )

(6.9a)

pj · § p · § ¸¸  I  p j ˜ V ˜ ¨1  i ¸  I t pi ˜ V  I . pi ˜ V ˜ ¨¨1  2 ¹ 2¹ © ©

(6.9b)

bzw.

Nach Umstellen und Zusammenfassen resultiert:

I d p j ˜ V ˜ 1  pi .

(6.10)

Die hergeleiteten Ergebnisse faßt Tab. 6.3 zusammen. In Abb. 6.5 wird der Zusammenhang zudem für den Fall pi p j graphisch verdeutlicht. Dabei wird dem Verhältnis aus Investitionssumme und Gewinnzuwachs die Wahrscheinlichkeit gegenübergestellt, eine Innovation zu erzielen. Tab. 6.3:

Forschungs- und Entwicklungswettbewerb zwischen zwei Unternehmen

Ausmaß des Investitionsbetrages I

Anzahl in FuE investierender Unternehmen

0  I d p j ˜ V ˜ (1  p i )

2 Unternehmen / effizient

p · § p j ˜ V ˜ (1  pi )  I d p j ˜ V ˜ ¨1  i ¸ 2¹ ©

2 Unternehmen / ineffizient

p · § p j ˜ V ˜ ¨1  i ¸  I d p i ˜ V 2¹ ©

1 Unternehmen / effizient

pi ˜ V  I

0 Unternehmen

95 Nicht beachtet wird dabei, daß bei zwei forschenden Unternehmen die Wahrscheinlichkeit ei-

ner Innovation und damit des Nutzens für die Gesellschaft größer ist als bei nur einer forschenden Unternehmung: p i  p j ˜ (1  p i ) ! p i ,

für 0  pi  1 und 0  p j  1 .

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien

195

I V p

1

p 1

0

1

p 2

2a (sozial ineffizient) 2b (sozial effizient) 0

Abb. 6.5:

p (1 p) 1

p

Forschungs- und Entwicklungswettbewerb zwischen zwei Unternehmen

Vier Bereiche sind zu unterscheiden: (0) Solange der Erwartungswert des Innovationserfolges selbst für ein alleinig forschendes Unternehmen negativ ist, erfolgt keine Investition in FuE. Links der 45° Linie liegen somit alle Kombinationen von I V und p, bei denen kein Unternehmen forscht. (1) Rechts der 45° Linie ist es folglich für mindestens ein Unternehmen lohnend, I zu investieren und FuE zu betreiben. Solange VI ! p ˜ (1  2p ) gilt, wird dieses Unternehmen das einzig forschende bleiben, da das andere Unternehmen keinen positiven Gewinn aus einer Investition in FuE erwartet. (2) Gilt dagegen VI d p ˜ (1  2p ) , so ist der Erwartungswert des Innovationsgewinns für beide Firmen positiv. Alle Kombinationen von I V und p unterhalb des oberen Parabelastes implizieren deshalb, daß beide Unternehmen in FuE investieren. Dabei sind jedoch zwei Regionen mit verschiedenen Wohlfahrtswirkungen zu unterscheiden. (2a) Alle ( I V , p ) -Kombinationen oberhalb der unteren Parabel sind ineffizient in dem Sinne, daß der erwartete Gewinn von zwei forschenden Unternehmen geringer ist, als der eines forschenden Unternehmens. (2b) Dagegen sind alle Kombinationen unterhalb dieser Parabel als sozial effizient zu betrachten.

196

6. Forschung und Entwicklung

6.3.1.2

Erwarteter Termin einer Erfindung

Es sei zunächst wieder unterstellt, ein einziges Unternehmen betreibe Forschung und Entwicklung. Nun beschreibe p die Wahrscheinlichkeit, in einer vorgegebenen Periode (z.B. einem Jahr) die Erfindung erfolgreich zu vollenden. Damit wäre (1  p ) die Wahrscheinlichkeit, daß dies nicht gelingt, p ˜ (1  p ) die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs in der Folgeperiode und (1  p ) 2 die Wahrscheinlichkeit für Mißerfolg in zwei aufeinanderfolgenden Perioden. Der erwartete Zeitpunkt t für den Erfolg bei zeitlich invariantem (d.h. konstantem) p wäre dann: p ˜ 1  (1  p ) ˜ p ˜ 2  (1  p ) 2 ˜ p ˜ 3  (1  p )3 ˜ p ˜ 4  ...

E1 (t )

f



¦ t ˜ (1  p)

t 1

t 1

1 e { t1 . p

(6.11)

Treten zwei Unternehmen an und wird weiterhin angenommen, daß die Erfindungswahrscheinlichkeit über die Zeit invariant ist, was angesichts des nun vorhandenen Konkurrenzdrucks nicht zwingend folgt, so läßt sich analog verfahren. Die erforderlichen Terme für Periode t sind jetzt: x

(1  p) 2 : Wahrscheinlichkeit, daß kein Unternehmen innoviert,

x

1  (1  p ) 2 p ˜ (2  p ) : Wahrscheinlichkeit, daß mindestens ein Unternehmen innoviert und

x

(1  p ) 2 ˜ p ˜ (2  p) : Wahrscheinlichkeit, daß kein Unternehmen in Periode 1 aber mindestens eines in Periode 2 innoviert.

Es ergibt sich damit analog zu (6.11): E2 (t )

p ˜ (2  p ) ˜ 1  (1  p ) 2 ˜ p ˜ (2  p) ˜ 2  (1  p ) 4 ˜ p ˜ (2  p ) ˜ 3  ... f

p ˜ (2  p) ˜

¦ t ˜ (1  p) t 1

2˜( t 1)

1 e { t2 . p ˜ (2  p)

(6.12)

Vergleicht man (6.11) mit (6.12) folgt: e

t1

1 1 ! p p ˜ (2  p)

e

t2 .

Der erwartete Zeitpunkt einer Innovation liegt um so früher, je mehr Unternehmen Investitionen in FuE tätigen. Dabei ist der Effekt, daß sich der Innovationsdruck und damit die -effizienz eines Unternehmens durch potentielle Wettbewerber erhöhen kann, noch nicht berücksichtigt. Je früher eine Innovation den Konsumenten zur Verfügung steht, desto eher können diese ihren Nutzen durch deren Konsum erhöhen. Ein Beispiel hierfür ist der Pharmabereich, wo Kranke auf Medikamente für Krankheiten warten, die

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien

197

derzeit noch nicht medikamentös behandelt werden können. Aus der Pharmabranche ist gleichzeitig auch die Ausgliederung von Forschungsaktivitäten in mehrere kleine, einem großen Konzern assoziierte Forschungseinheiten bekannt. Neben dem institutionenökonomischen Argument der vereinfachten Organisationsstruktur kann dabei auch ein durch Parallelforschung erhoffter früherer Innovationszeitpunkt eine Rolle spielen.

6.3.2

Kollusion und Kooperation

6.3.2.1

Die wettbewerbliche Flanke

Forschung und Entwicklung erzeugen in erheblichem Maße positive Externalitäten durch spill-over-Effekte. Die Neue Wachstumstheorie (vgl. 6.2.2.5) hat diese Externalitäten als treibende Kraft des technischen Fortschritts identifiziert – und damit gleichsam den technischen Fortschritt in der Theoriebildung endogenisiert. Dadurch ist die Begrenzung der Exklusivität von Forschungsanstrengungen gegeben, und es entsteht ein Anreiz zu kollusiven Arrangements, die die externen Effekte von FuE-Aufwendungen innerhalb der verursachenden Einheit endogenisieren sollen. Die Frage, die an dieser Stelle untersucht wird, ist, in welchem Verhältnis das Ausmaß der spill-over-Effekte und die Tendenz der Kollusion von Unternehmen zusammenhängen. Im folgenden Abschnitt sollen zwei verschiedene Modellierungsansätze – ein nichtkooperativer und ein kooperativer – dargestellt und die erzielten Resultate (konkret die Unternehmensgewinne) verglichen werden.96 Dabei sind zunächst die Grenzkostenfunktionen ei ( ri , r j ) (i = 1,2; j = 1,2; i z j) der Unternehmen zu analysieren, die abhängig seien vom jeweiligen FuE-Aufwand ri , r j der beiden Unternehmen. Bei Verwendung einer einfachen linearen Struktur zur Berücksichtigung positiver spill-over-Effekte bedeutet dies:

ei ( r1 , r2 )

e0  G i ˜ ri  E i ˜ r j ,

ei ! 0 , G i ! 0 , E i ! 0 ,

(6.13)

i  ^1,2` , j  ^1,2` , i z j . Während der Koeffizient Gi in (6.13) die Kostendegressionseffekte der eigenen Forschung angibt, drückt der Faktor Ei die Kostenreduktion für Unternehmen i aus, die sich aufgrund der FuE-Ausgaben des Unternehmens j ergeben (durch Ei werden hier also die spill-overs formalisiert). Da zu vermuten ist, daß die eigenen Grenzkosten stärker durch die eigene Forschungsanstrengung als durch den Forschungseinsatz Dritter reduziert werden, gelte Gi >Ei. Der Parameter e0 gibt die Höhe der Grenzkosten wieder, falls keines der Unternehmen Ausgaben für Forschungszwecke tätigt.

96 Vgl. SHY (2004, S. 229ff).

198

6. Forschung und Entwicklung

Schließlich sei unterstellt, daß Forschung mit abnehmenden Skalenerträgen verbunden F ist, so daß die Forschungskostenfunktion K i (ri ) folgende Struktur besitzt:97 2

F

K i (ri )

6.3.2.2

ri . 2

(6.14)

Nichtkooperative Forschung und Entwicklung

Gesucht wird ein teilspielperfektes NASH-Gleichgewicht, in dem zwei Unternehmen in der ersten Periode ihre Forschungsvolumina festlegen und in der zweiten Periode eine Ausbringungsmenge bestimmen. Dieses Gleichgewicht läßt sich dadurch ermitteln, daß zunächst das NASH-Gleichgewicht der zweiten Periode bestimmt wird, um daraus das Forschungsvolumen in der ersten Periode abzuleiten. Man greift also auf die bewährte Methode zurück, aus dem sinnvollen Endergebnis die relevanten Strategien abzuleiten. Die beiden Firmen befinden sich bezüglich ihrer Entscheidung über die Ausbringungsmengen im COURNOT-Wettbewerb (Vgl. Abschnitt 3.5.2). Wichtig für die Analyse dieses Spiels mittels Teilspielperfektheit ist die Tatsache, daß zu Beginn der zweiten Periode beide Firmen wissen müssen, wie hoch ihr eigenes Forschungsvolumen und wie groß das des Wettbewerbers in der ersten Periode war. Dies läßt sich leicht durch die Darstellung in extensiver Form zeigen (Hinweis: Teilspiele zerteilen keine Informationsmengen). Für die lineare Kostenfunktion K i ( xi )

ei ˜ xi ,

ei ! 0 , i  {1; 2}

(6.15)

A!0, B!0,

(6.16)

und die lineare Preis-Absatz-Funktion q( x)

A B˜x ,

ergeben sich die beiden Reaktionsfunktionen im COURNOT-Duopol als: xi

f (x j )

A  ei 1  ˜ xj , 2˜ B 2

i  {1; 2}, j  {1; 2}, i z j .

(6.17)

Der Schnittpunkt der Reaktionsfunktionen liefert die im Gleichgewicht angebotenen Mengen. Sie lauten: C

x1

A  2 ˜ e1  e2 3˜ B

(6.18)

und

97 Der Term wird durch 2 geteilt, um nach der Differenzierung einen „schöneren“ Ausdruck zu

erlangen – darüberhinaus hat die 2 keine Bedeutung.

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien x2

199

A  e1  2 ˜ e2 . 3˜ B

C

(6.19)

Im COURNOT-Gleichgewicht resultiert ein Preis von A  e1  e2 3

qC

(6.20)

und die Unternehmensgewinne der zweiten Periode sind: C

G1

( A  2 ˜ e1  e2 ) 2 9˜ B

(6.21)

( A  e1  2 ˜ e2 ) 2 . 9˜ B

(6.22)

und

G2

C

Für die erste Periode sind nun die (nichtkooperativen) FuE-Aufwandniveaus abzuleiten. Hierzu werden e1 und e2 in (6.21) bzw. (6.22) durch die tatsächlichen Grenzkostenfunktionen (6.13) ersetzt und die Forschungskosten abgezogen: C

Gi (ri , r j )

>A  2 ˜ (e

0

 G i ˜ ri  E i ˜ r j )  (e0  G j ˜ r j  E j ˜ ri ) 9˜ B

@

2

2



ri . 2

(6.23)

Nachfolgend soll unterstellt werden, daß beide Unternehmen die gleiche Forschungstechnologie einsetzen, was die Gleichheit der Forschungskostendegressionskoeffizienten bedingt, d.h. es gilt G i G j G und E i E j E . Mit diesen Annahmen vereinfacht sich (6.23) zu: C

Gi (ri , r j )

>A  e

0

 (2 ˜ G  E ) ˜ ri  (2 ˜ E  G ) ˜ r j 9˜ B

@

2

2



ri . 2

(6.24)

Um den gewinnmaximalen Forschungsaufwand des Unternehmens i zu bestimmen, wird (6.24) nach ri abgeleitet und die resultierende Ableitung gleich null gesetzt (Notwendige Bedingung für das Vorliegen eines Gewinnmaximums): C

>

wGi (ri , r j )

2 ˜ A  e0  (2 ˜ G  E ) ˜ ri  (2 ˜ E  G ) ˜ r j

wri

9˜ B

@ ˜ (2 ˜ G  E )  r

i

0. (6.25)

Da das System symmetrisch ist, gilt im Gleichgewicht ri r j . Unter Ausnutzung dieser Gleichheit kann Bedingung (6.25) wie folgt umgeschrieben werden:

ri

2 ˜ ( A  e0 ) ˜ (2 ˜ G  E ) NK { ri , 9 ˜ B  2 ˜ (G  E ) ˜ (2 ˜ G  E )

i  {1; 2}.

(6.26)

200

6. Forschung und Entwicklung

Dieser optimale nichtkooperative Forschungsaufwand wird im folgenden mit dem nun zu ermittelnden kooperativen FuE-Aufwand verglichen werden.

6.3.2.3

Kooperative Forschung und Entwicklung

In diesem Fall legen beide Unternehmen gemeinsam das optimale Forschungsvolumen fest, indem sie den gemeinsamen Gewinn maximieren. Das Maximierungsproblem stellt sich somit formal dar als:

>

C

C

@

max Gi (ri , r j )  G j (ri , r j ) , ri ,r j

(6.27)

wobei die Gewinnfunktionen GiC und GjC wiederum durch (6.24) gegeben sind. Ableiten des Ausdrucks in der eckigen Klammer nach ri, Nullsetzen der Ableitung und anschließendes Ersetzen von rj durch ri (denn wiederum gilt im Gleichgewicht ri r j ) liefert das Forschungsniveau bei kooperativem Verhalten: 2 ˜ ( A  e0 ) ˜ (G  E ) K { ri . 9 ˜ B  2 ˜ (G  E ) 2

ri

(6.28)

Dieses Ergebnis ist nun mit dem FuE-Niveau bei Nichtkooperation (6.26) zu vergleichen. Beide Gleichungen unterscheiden sich nur im dritten Faktor des Zählers und im Subtrahenden des Nenners: Ersetzt man den Term (2 ˜ G  E ) in (6.26) durch (G  E ) , so resultiert (6.28). Es folgt: ri

NK

ri

K

œ

2 ˜G  E

G E.

(6.29)

Somit sind die Forschungsniveaus bei Kooperation und Nichtkooperation gleich, wenn G 2 ˜ E gilt. Ist hingegen G  2 ˜ E (bzw. 2 ˜ G  E  G  E ), folgt ri NK  ri K ; und umgekehrt. Man sieht, daß steigende Werte für E als Maß der Kostenreduktion des Unternehmens i aufgrund von FuE-Ausgaben des Unternehmens j (spill-over-Effekte) kooperative Lösungen begünstigen und nichtkooperative benachteiligen. Der ökonomische Hintergrund dieses Tatbestands ist einfach zu erklären: Mit zunehmenden spill-over-Effekten führt die Erhöhung der eigenen Forschungsleistung auch zu positiven Wirkungen beim Wettbewerber. Dadurch wird der Anreiz zu innovieren beschränkt. Erst durch Kollusion verbessert sich dies. Bei geringen spill-over-Effekten sind die Unternehmen unabhängig voneinander. Ohne Kooperation gewinnt also das Unternehmen viel von den eigenen Anstrengungen.

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien

6.3.3

201

Patente und Lizenzen

Wenn das Patent durch das gewährte Monopol auf Zeit einen Anreiz für Forschung und Entwicklung darstellt (vgl. 6.2.2.6), dann stellen sich u.a. folgende drei Fragen: x

Was sind die wohlfahrtstheoretischen Aspekte des Patents?

x

Wie hoch ist die optimale Laufzeit eines Patents?

x

Welche FuE-Intensität folgt aus der zeitlichen Begrenzung des Patentschutzes?

6.3.3.1

Wohlfahrtstheoretische Aspekte

Durch das Patent gelingt es dem Erfinder bzw. Entwickler, seine erhöhten Kosten am Markt zu verdienen. Könnte das Wissen durch Konkurrenten ohne eigene Zusatzkosten ausgebeutet werden, fielen für alle Unternehmen im Markt die Kosten, und es entstünden Wettbewerbssituationen, die u.a. durch die Marktstruktur des Polypols, des Oligopols (STACKELBERG oder BERTRAND) oder der monopolistischen Konkurrenz beschrieben sind. Sind nämlich die Kosten für FuE weitgehend fix, weil sie vor dem Produktionsbeginn auftreten, dann beeinflussen sie die eigenen Grenzkosten nicht. Sind sie variabel, dann liegen gegenüber der Konkurrenz erhöhte Grenzkosten vor, die der Markt aber ohne Schutzrecht nicht entlohnt. In jedem Fall entsteht durch das Patent ein Wohlfahrtsverlust auf Zeit, der nur dadurch gerechtfertigt werden kann, daß ohne diesen die FuE-Aktivitäten gegebenenfalls niedriger ausfallen würden. Im folgenden soll von einer Verbesserungsinnovation ausgegangen werden, die durch vorangegangene fixe Kosten erzielt wurde und die die Grenzkosten nachhaltig senkt (vgl. Abb. 6.6). Die Grenzkosten fallen für das innovierende Unternehmen um den Betrag r von e0 auf e1, während alle anderen Unternehmen weiterhin mit Grenzkosten in Höhe von e0 produzieren. Wäre den anderen Unternehmen die neue Technologie verfügbar, sänke bei vollständiger Konkurrenz der Marktpreis von den alten auf die neuen Grenzkosten, also von q0 auf q1ƍ. So aber bleibt der ursprüngliche Marktpreis erhalten, es gilt also weiterhin q1 q0 . Das innovierende Unternehmen produziert demzufolge die Menge x0, realisiert aber aufgrund der Innovation geringere Kosten und damit einen höheren Gewinn. Diesen benötigt es jedoch, um die vorher angefallenen FuE-Kosten zu entlohnen. Das innovierende Unternehmen vereinnahmt pro Periode eine Innovationsrente, die der Fläche des Rechtecks A-B-D-E entspricht (also in Höhe der Absatzmenge x0 multipliziert mit dem Kostenvorteil r). Wohlfahrtstheoretisch entsteht der Gesellschaft ein deadweight-loss entsprechend der Dreiecksfläche B-D-F. Nach Ablauf des Patentschutzes fällt der Preis auf q1ƍ. Der gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsgewinn entspricht dann der Fläche A-B-F-D-E.

202

6. Forschung und Entwicklung

q(x) GE(x) GK(x)

q1 = q0 q1'

E

D

e0

F A

e1 = e0 – r

B

q(x)

GE(x) 0

Abb. 6.6:

6.3.3.2

x

x1 = x0 x1'

Wohlfahrtseffekte des Patentierens

Der optimale Forschungsaufwand

Hier soll untersucht werden, wie hoch – bei gegebener, gesetzlich festgelegter Patentlaufzeit T – die optimale Forschungs- und Entwicklungsintensität r eines Unternehmens liegt. Unterstellt wird dabei wiederum die lineare Preis-Absatz-Funktion: q( x)

A B˜x ,

A!0, B!0.

(6.30)

Ziel des Unternehmens ist es, den Barwert der zukünftigen Gewinnzahlungen (d.h. die Summe der unter Verwendung des (konstanten) Zinssatzes i diskontierten Periodengewinne der auf die Patentanmeldung folgenden T Perioden) abzüglich der Forschungskosten zu maximieren. Formal gilt: ªT º max «¦ w t 1 ˜ G (r )  K F (r )» , r ¬t 1 ¼

(6.31)

wobei w { 1 (1  i ) den Diskontfaktor, G(r) den periodisch anfallenden Gewinn aufgrund des Patentes und KF(r) die Forschungskostenfunktion bezeichnet, deren Struktur wiederum gegeben sei durch:

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien r2 . 2

K F (r )

203 (6.32)

Der Gewinn des innovierenden Unternehmens ist (vgl. Abb. 6.6):98 G (r )

x0 ˜ r

§ A  e0 · ¨ ¸˜r . © B ¹

(6.33)

Nach Einsetzen der rechten Seiten von (6.33) und (6.32) für G(r) bzw. KF(r) in (6.31) stellt sich das Maximierungsproblem des Unternehmens wie folgt dar: T ª§ A  e 0 · r2 º max «¨¨ ¸ ˜ r ˜ ¦ w t 1  » . ¸ r 2¼ t 1 ¬© B ¹

(6.34)

Mit der Summenformel für die endliche geometrische Reihe99 resultiert: ª§ A  e0 · § 1  wT max «¨ ¸ ˜ ¨¨ r ¬«© B ¹ © 1  w

· r2 º ¸¸ ˜ r  » . 2 ¼» ¹

(6.35)

Um die gewinnmaximale Forschungsintensität der Firma zu bestimmen, wird (6.35) nach r differenziert und gleich null gesetzt. Nach Umstellen ergibt sich: ( A  e0 ) ˜ (1  wT ) { r . B ˜ (1  w)

r

(6.36)

Damit wird deutlich, daß die optimale Forschungs- und Entwicklungsintensität

98

x

mit der Länge der Patentlaufzeit T zunimmt (allerdings ist diese Zunahme nicht proportional!),

x

mit steigendem Diskontparameter w (bzw. sinkendem Zins i) zunimmt,

Man beachte, daß es sich bei der Erfindung um eine nicht erhebliche Innovation handelt (vgl. Abschnitt 6.2.1). Aus der Gleichgewichtsbedingung e0 q 0 q ( x 0 ) A  B ˜ x 0 folgt nach Umstellen für die Absatzmenge des innovierenden Unternehmens: A  e0 . B Für w z 1 gilt: x0

99

T

¦ t 1

w t 1

1  wT . 1 w

204

6. Forschung und Entwicklung

x

mit Zunahme des Prohibitivpreises A (und somit der Nachfrage) steigt und

x

mit wachsenden Grenzkosten der Produktion e0 sinkt.

6.3.3.3

Die gesellschaftlich optimale Patentlaufzeit

Bevor das in Abschnitt 6.3.3.2 betrachtete Unternehmen entscheidet, mit welcher Intensität es Forschung und Entwicklung betreiben möchte, hat der Staat die Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Patentlaufzeit gesetzt. Der benevolente Planer überlegt also (in diesem Spiel), welche Patentlaufzeit angesichts gewinnmaximierender Unternehmen unter Wohlfahrtsgesichtspunkten optimal ist. Formal lautet das Optimierungsproblem des Staates: ªf max « wt 1 ˜ G (r )  T t ¬t 1

¦

f

¦

wt 1 ˜ DL(r ) 

T 1

(r ) 2 º », 2 ¼

(6.37)

wobei r den optimalen Forschungsaufwand gemäß (6.36) und DL(r ) den durch den Patentschutz verursachten periodischen Wohlfahrtsverlust bezeichnet. Dieser entspricht dem Dreieck B-D-F in Abb. 6.6 (vgl. Abschnitt 6.3.3.1) und berechnet sich als: DL(r )

( x1 ' x0 ) ˜ r 2

r2 . 2˜ B

(6.38)

Mit der Summenformel für die unendliche geometrische Reihe100 resultiert: ª§ A  e0 · r * wT (r ) 2 (r ) 2 º  ˜  max «¨ ¸˜ » T 2 ¼ ¬© B ¹ (1  w) 2 ˜ B (1  w) unter der Nebenbedingung: r

r (T )

(6.39)

( A  e0 ) ˜ (1  wT ) . B ˜ (1  w)

In Abb. 6.7 ist die zu maximierende Wohlfahrtsfunktion (6.39) für eine spezielle Parameterkombination graphisch dargestellt. Die formale Maximierung nach der optimalen Patentlaufzeit T soll hier nicht weiter verfolgt werden, weil intuitiv folgendes klar ist: (1) Für eine Patentlaufzeit T r * (1)

100

A  e0 . B

Für w  1 gilt: f

¦w t 1

t 1

1 (1  w) .

1 ergibt sich: (6.40)

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien

205

W(T) [000] 200

160

120

80

40

0 0

Abb. 6.7:

4

8

12

16

20 T*

24

28

32

36

40

44

48

52

56

60 T

Optimale Patentlaufzeit, falls A = 25, B = 1, e0 = 7, i = 6%

Setzt man dieses Ergebnis in die zu maximierende Zielfunktion (6.39) ein, so folgt: 2

ª 1 1 w 1 º § A  e0 · « (1  w)  2 ˜ B ˜ (1  w)  2 » ˜ ¨ B ¸ { W (1) . ¹ ¬ ¼ © (2) Für eine Patentlaufzeit von T

r * (f )

(6.41)

f ergibt sich:

A  e0 . B ˜ (1  w)

(6.42)

Setzt man dieses Resultat analog zu oben in (6.39) ein, so folgt: 2

1 1 § A  e0 · ˜ ˜ ¸ { W (f ) . 2 ¨ 2 (1  w) © B ¹

(6.43)

Vergleicht man beide Wohlfahrtswerte (6.41) und (6.43), so gilt: W (1) ! W (f) œ

1 1 w 1 1 1 œ i! B.  ˜  ! ˜ (1  w) 2 ˜ B (1  w) 2 2 (1  w) 2

(6.44)

206

6. Forschung und Entwicklung

Dies macht deutlich, daß die Vorstellung, eine Patentlaufzeit müßte unendlich lang sein, aus Wohlfahrtssicht nicht richtig ist, d.h. die Ineffizienz des Monopols ist größer als der Vorteil der Innovationsrente. Damit liegt ein trade off zwischen der Wohlfahrt und den Innovationsanreizen für das Unternehmen vor, da aus klassischer Wohlfahrtsbetrachtung jeder Tag Patentlaufzeit einer zuviel ist.

6.3.4

Kompatibilität, Standardisierung und Normung

6.3.4.1

Netzwerkexternalitäten

Die Relevanz von Netzwerkexternalitäten ist insbesondere im Telekommunikationsbereich ersichtlich: Der Nutzen steigt für den einzelnen Kunden mit der Gesamtzahl der Kunden, wenn nicht durch Überfüllungseffekte Beschränkungen entstehen. Das Netz ist in diesem Sinne ein Clubgut für die Kunden. Netzwerkexternalitäten sind in den vergangenen Jahren in das Zentrum der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung gerückt. Ihr Anwendungsgebiet ist beschränkt, aber dominant: Telekommunikation, Multimedia, Computer; Bereiche also, die im wesentlichen durch schnellebige Produktzyklen und hohe Marktdynamik mit raschem Wachstum gekennzeichnet sind. Obwohl eine steigende Anzahl von Publikationen zu Netzwerkexternalitäten vorliegt, haben diese nicht unbedingt der wissenschaftlichen Präzision gedient, denn bezogen auf den überdimensionalen Raum in der Forschung erscheint die reale Innovation, d.h. das Neue im Vergleich zu den bisherigen externen Ökonomien, eher begrenzt. Die Anzahl der Wirtschaftssubjekte einer Ökonomie, die einen Anschluß an das Telefonnetz eines als Monopolist operierenden Anbieters von Telefondienstleistungen beantragen könnten, werde mit N bezeichnet.101 Der Wunsch nach einem Anschluß sei bei den potentiellen Konsumenten unterschiedlich stark ausgeprägt, und es wird angenommen, daß die Wirtschaftssubjekte entsprechend ihrer Wertschätzung für Telefondienstleistungen in eine Rangfolge gebracht werden können. Der niedrigste Rang werde dem potentiellen Konsumenten mit der höchsten Vorliebe für einen Telefonanschluß zugewiesen, das Wirtschaftssubjekt mit der geringsten Wertschätzung erhalte den höchsten Rang. Werden die Rangzahlen durch N dividiert, resultiert für jedes Wirtschaftssubjekt ein Index x im Intervall [0;1], der Auskunft über seine Wertschätzung eines Anschlusses an das Telefonnetz gibt. Außerdem erhält man (näherungsweise) ein Kontinuum der mit x indexierten potentiellen Kunden im Einheitsintervall [0;1], wobei niedrige x-Werte für Subjekte stehen, die einen hohen Nutzen aus einem Telefonanschluß ziehen. Wird mit n der Anteil der Wirtschaftssubjekte bezeichnet, die tatsächlich einen Anschluß erwerben,

101

Zum nachfolgenden Modell vgl. SHY (2004, S. 256ff.).

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien

207

und sei der Anschlußpreis q, so läßt sich die Nutzenfunktion eines Konsumenten mit Index x wie folgt definieren:

Ux

­n ˜ (1  x)  q bei Erwerb eines Anschlusses, ® bei Verzicht auf den Erwerb. ¯0

(6.45)

Durch den Term (1  x) in (6.45) wird der mit steigendem Index zurückgehenden Wertschätzung eines Telefonanschlusses Ausdruck verliehen. Die Multiplikation des Terms mit n formalisiert den positiven Netzwerkeffekt, der sich für einen Konsumenten aufgrund weiterer Nutzer des Telefondienstes ergibt (denn mit steigendem n erhöht sich c.p. der Nutzen eines Konsumenten). Nachfolgend soll die Preis-Absatz-Funktion für Telefonanschlüsse bestimmt werden, der sich der monopolistische Anbieter gegenübersieht. Dazu wird das Wirtschaftssubjekt betrachtet, das gerade indifferent ist zwischen den Alternativen a) Erwerb eines Anschlusses und b) Verzicht auf den Erwerb. Für dieses Subjekt, dessen Index mit xˆ bezeichnet wird, gilt gemäß (6.45):

n ˜ (1  xˆ )  q

0.

(6.46)

Da sämtliche Wirtschaftssubjekte mit einem geringeren Index als xˆ einen höheren Nutzen aus einem Telefonanschluß ziehen als das betrachtete Subjekt, entspricht der Anteil n der Wirtschaftssubjekte, die einen Telefonanschluß erwerben, gerade xˆ . Gleichung (6.46) kann somit umgeschrieben werden zu: xˆ ˜ (1  xˆ )  q

0,

(6.47)

xˆ ˜ (1  xˆ ) .

(6.48)

bzw. q

q( xˆ )

Durch (6.48) kann der Monopolist einerseits den Preis q bestimmen, den er verlangen muß, um genau xˆ Telefonanschlüsse abzusetzen (Preis-Absatz-Funktion). Andererseits liefert sie ihm (indirekt) auch die absetzbaren Anschlüsse zu einem vorgegebenen Preis. Die Funktion ist in Abb. 6.8 graphisch dargestellt. Ihr Graph ist eine nach unten geöffnete Parabel mit den Nullstellen 0 und 1. Um sämtliche potentielle Nachfrager mit einem Anschluß zu versorgen (d.h. xˆ 1 ), wäre demnach ein Preis von 0 nötig. Es ist somit bereits hier festzuhalten, daß ein Anschluß aller interessierter Wirtschaftssubjekte für einen seinen Gewinn maximierenden Monopolisten nicht optimal sein kann. Wählt der Monopolisten einen Preis in Höhe von q0, dann ergeben sich, wie aus Abb. 6.8 zu entnehmen, zwei mögliche Versorgungsniveaus der Bevölkerung mit Telefonanschlüssen. Ein niedriges Niveau n xˆ0 n, auf dem eine vergleichsweise kleine Gruppe von Telefonnutzern mit hoher Wertschätzung für Telefondienste über einen Telefonanschluß verfügt, und ein hohes Niveau n xˆ0 h, auf dem eine relativ große Gruppe von Wirtschaftssubjekten mit einem Telefonanschluß versorgt wird. Allerdings handelt es sich nur bei letztgenanntem Niveau um ein stabiles Nachfragegleichgewicht, da eine auch

208

6. Forschung und Entwicklung

nur geringe Erhöhung der Nutzerzahl ausgehend von n xˆ0 n c.p. den Nutzen aus einem Anschluß steigen läßt und Individuen mit Indizes aus dem Intervall [xˆ0 n, xˆ0 h], die sich zunächst gegen den Erwerb entschieden haben, nun einen Anschluß wünschen.102

q (xˆ ) 0,25 0,20 A

B

q0

0,15 0,10 0,05

0

0,2 xˆ0n

0,4

0,6

0,8 xˆ0h

1



n

Abb. 6.8:

Preis-Absatz-Funktion für Telefonanschlüsse

Gegeben die Preis-Absatz-Funktion (6.48) stellt sich nun die Frage, welchen Preis der Monopolist für einen Telefonanschluß in Rechnung stellen (bzw. wie viele Telefonanschlüsse er den potentiellen Konsumenten zum Kauf anbieten) soll, um seinen Gewinn zu maximieren. Zur Vereinfachung der Herleitung wird angenommen, daß die Grenzkosten der Bereitstellung eines weiteren Telefonanschlusses vernachlässigbar (also gleich null) seien (z.B. weil bereits alle Häuser verkabelt und die Anschlüsse nur noch freizuschalten sind) und die zur Bereitstellung der Anschlüsse aufzuwendenden Fixkosten versunkene Kosten darstellen. Die zu maximierende Gewinnfunktion des betrachteten Anbieters lautet somit: G ( xˆ )

q( xˆ ) ˜ xˆ .

(6.49)

Ersetzt man q(xˆ ) in (6.49) durch die rechte Seite von (6.48), so ergibt sich: G ( xˆ )

102

xˆ ˜ (1  xˆ ) ˜ xˆ

n

 xˆ 3  xˆ 2 .

(6.50)

Die Stelle xˆ 0 wird in der Literatur auch als „kritische Masse“ zum vorgegebenen Preis q0 bezeichnet. Dadurch soll angedeutet werden, daß zu einem gegebenen Preis ein Anstieg der h Nutzerzahl zu einer Verlagerung der Nachfrage auf xˆ0 führt.

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien

209

Ableiten nach xˆ und Nullsetzen liefert die notwendige Bedingung für das Vorliegen eines Gewinnmaximums: dG ( xˆ ) dxˆ

3 ˜ xˆ 2  2 ˜ xˆ

0.

(6.51)

Nach Umstellen dieser Bedingung nach xˆ zeigt sich, daß die Stellen xˆ1 0 und xˆ 2 23 Extremstellen von (6.49) sind. Einsetzen der beiden Werte in die zweite Ableitung der Gewinnfunktion, d 2G ( xˆ ) dxˆ 2

6 ˜ xˆ  2 ,

(6.52)

offenbart jedoch, daß es sich nur bei xˆ 2 um eine Maximalstelle von G handelt. Zur Verdeutlichung des Sachverhaltes ist der Graph der Gewinnfunktion (6.49) in Abb. 6.9 abgetragen. Der monopolistische Anbieter von Telefondienstleistungen wird zur Maximierung seines Unternehmensgewinns zwar mehr als die Hälfte (nämlich xˆ 23 ) der an einem Telefonanschluß interessierten Wirtschaftssubjekte bedienen, eine vollständige Versorgung der Bevölkerung erfolgt jedoch nicht. Der für einen Anschluß in Rechnung gestellte Preis beträgt: q( xˆ )

2

9

{ q ,

(6.53)

der Monopolgewinn im Optimum: G ( xˆ )

4

27

{ G .

(6.54)

G (xˆ ) * G 0,15

0,10 0,05

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

xˆ*

Abb. 6.9:

Gewinnfunktion eines Telefondienste anbietenden Monopolisten



210

6. Forschung und Entwicklung

6.3.4.2

Standardisierung und Variation

Geht man von der Bereitstellung eines einzigen Dienstes ab, werden also Varianten von Gütern einbezogen, so stellt sich die Frage, wie Kunden mit heterogenen Präferenzen hierauf reagieren.103 Es wird angenommen, daß lediglich zwei Varianten A und B eines Gutes x existieren. Außerdem existieren N Konsumenten des Gutes, deren Präferenzen sich dahingehend unterscheiden, daß sie entweder Variante A oder Variante B bevorzugen. Sei NA der Anteil der Konsumenten, die Variante A bevorzugen, und bezeichne NB den Anteil Konsumenten, die B gegenüber A präferieren, dann gilt N A  N B 1 . Zudem wird angenommen, daß 0  N A  1 und 0  N B  1 gelte. Der Nutzen, der einem Konsumenten aus dem Erwerb einer bestimmten Variante des Gutes x erwächst, steige mit der Anzahl der Konsumenten, die sich für den Kauf derselben Variante entscheiden. Kauft ein Konsument jedoch die weniger präferierte Variante, so sinkt sein Nutzen um G ! 0 . Die Nutzenfunktion eines Konsumenten, der A präferiert, kann somit wie folgt formal dargestellt werden: UA

­n A ® ¯n B  G

bei Kauf der Variante A, bei Kauf der Variante B.

(6.55)

In (6.55) bezeichnet n A den Anteil der Konsumenten, die Variante A kaufen. Analog dazu ist nB der Anteil der Konsumenten, die Variante B erwerben. Es gilt n A  nB 1 sowie 0 d n A d 1 und analog 0 d nB d 1 . Gleiches gelte für die Nutzenfunktion eines die Variante B präferierenden Konsumenten, die wie folgt lautet: UB

­n A  G ® ¯n B

bei Kauf der Variante A, bei Kauf der Variante B.

(6.56)

Folgendes sei nun vereinbart:

103

x

Für den Fall, daß n A 1 und nB 0 gilt, wird nur Variante A des betrachteten Gutes gekauft, so daß eine Standardisierung auf diese Variante vorliegt. Dieser Fall ist möglich, obwohl ein Teil der Konsumenten (nämlich NB) die Variante B präferiert.

x

Für den Fall, daß n A 0 und nB 1 gilt, wird ausschließlich Variante B des Gutes gekauft. Es erfolgt somit eine Standardisierung auf Variante B.

x

Für den Fall, daß 0  n A  1 und 0  nB  1 gilt, also beide Varianten gekauft werden, liegen zwei inkompatible Netzstandards vor.

Zu den nachfolgenden Ausführungen vgl. FARRELL und SALONER (1986) und SHY (2004, S. 259ff.).

6.3 Forschungs- und Entwicklungsstrategien x

211

Eine Gleichgewichtsallokation der Käufer zwischen den beiden Standards ist gegeben, wenn kein Konsument einen Vorteil dadurch gewinnt, daß er zu einer anderen Variante überwechselt (sofern die anderen Konsumenten bei der von Ihnen gewählten Variante verbleiben).

Von besonderem Interesse ist nun der Fall, in dem zwei inkompatible Standards am Markt aufrechterhalten werden. Dann gilt, daß jeder Käufer entsprechend seiner Vorliebe kauft, d.h. der Anteil der Konsumenten, der Variante A des Gutes x kauft, entspricht gerade dem Anteil der Konsumenten, der Variante A präferiert. Im Gleichgewicht müßte somit gelten: n A N A und nB N B . Im Gleichgewicht hat kein Konsument den Anreiz, von seiner gewählten Variante des Produkts abzuweichen. Es muß dann folglich gelten: N A ! NB  G ,

(6.57)

d.h. Konsumenten, die A präferieren, wechseln nicht zu Variante B, und NA  G  NB ,

(6.58)

so daß Konsumenten, die B bevorzugen, nicht zu Variante A wechseln. Aus beiden Bedingungen folgt durch die Summenbeschränkung N A  N B 1 , daß im Gleichgewicht zwei inkompatible Standards vorliegen, wenn eine der beiden folgenden Bedingungen (die sich gegenseitig bedingen) erfüllt ist: 1G 1 G ,  NA  2 2

(6.59)

1G 1 G  NB  . 2 2

(6.60)

Nur wenn für jede der beiden Varianten hinreichend viele Konsumenten existieren, die die jeweilige Variante bevorzugen, ist im vorliegenden Modell ein Gleichgewicht mit zwei inkompatiblen Standards möglich. Besitzt beispielsweise der Parameter G den Wert ǩ, dann muß jede Variante von mindestens 43,75 % aller Konsumenten präferiert werden. Bevorzugen weniger als 43,75% der Konsumenten eine Variante, dann wird sich diese Variante nicht am Markt durchsetzen und eine Standardisierung auf die andere Variante erfolgen. Anhand obiger Bedingungen erkennt man, daß der Mindestanteil der Konsumenten, die in einem Gleichgewicht mit zwei Standards eine bestimmte Variante bevorzugen, umso größer ausfallen muß, je kleiner der Parameter G ist. Das Diagramm in Abb. 6.10 stellte den Sachverhalt graphisch dar. Die darin eingezeichnete Gerade von N B 1 nach N A 1 gibt sämtliche Aufteilungsmöglichkeiten der Konsumenten hinsichtlich ihrer Präferenzen für die beiden Varianten A und B des Gutes x wieder. Der Bereich der Gerade jeweils oberhalb der Achsenparallelen (1  G ) 2 entspricht dem Bereich, in welchem eine Standardisierung auf die jeweilige Variante er-

212

6. Forschung und Entwicklung

folgt, da nicht genügend Nachfrager für die alternative Variante existieren; der Nutzenverlust dieser Konsumenten durch den Kauf der nicht präferierten Variante wird durch den Netzwerkeffekt der großen installierten Basis der standardisierten Variante überkompensiert. Im Überschneidungsbereich existieren zwei inkompatible Standards. Dieser wächst, je größer G ist, da hier eine um so größere installierte Basis der nicht präferierten Variante vorhanden sein muß, um den höheren Nutzenverlust beim Konsum der nicht präferierten Variante zu kompensieren.

NB 1 nB=1 Vorliegen zweier inkompatibler Standards nA= NA, nB= NB

1 G 2 1G 2

nA=1 G

0

Abb. 6.10:

G

1G 2

1 G 2

1

NA

Vorliegen zweier inkompatibler Standards eines Guts

In Abhängigkeit von Wohlfahrtsmaßen kann nun untersucht werden, ob eine „falsche“ Spezialisierung vorhanden ist. Wichtig ist vor allem, darauf zu verweisen, daß dies dann möglich ist, wenn eine umfangreiche installierte Basis vorhanden ist, gegen die der bessere Standard nicht in der Lage ist anzutreten – beispielsweise wegen versunkener Kosten.

6.4 Forschung, Entwicklung und Wettbewerb

6.4

Forschung, Entwicklung und Wettbewerb

6.4.1

Patente vs. Wettbewerbsfreiheit

213

Im vorangegangenen Abschnitt wurde deutlich gemacht, daß die Patenlaufzeit aus wohlfahrtstheoretischer Sicht nach oben zu beschränken ist. Bei den klassisch patentfähigen Ideen wurde der Schutz ohnehin erst nach einer gewissen Zeit wirksam, weil die Konkurrenz in der Zeit, die vergeht, bis ein Erfolg am Markt sichtbar wird, also die Phase der Markteinführung, ohnehin zunächst abwartet. Zusätzlich zu dieser Phase des Attentismus sind noch Zeiten zu berücksichtigen, in denen Produktionsanlagen aufgebaut werden müssen, Qualitätsnachweise zu erbringen sind, die allesamt Teile der Patentlaufzeit absorbieren104. Inhaber gewerblicher Schutzrechte können zunächst frei über deren Nutzung bestimmen. Was aber geschieht, wenn sich ein gewerbliches Schutzrecht für ein Verfahren zu einer de-facto-Norm entwickelt? Die Nichtgewährung einer Lizenz, die grundsätzlich kein Mißbrauch von Marktmacht darstellt, würde dann den Markteintritt von Konkurrenten behindern. Wenn Geschäftsmodelle und Software patentfähig werden, kann diese Problematik auftreten. So verurteilte die Europäische Kommission die Firma IMS Health, die ein Verfahren, genannt „1860 Bausteine, zur Einteilung von Deutschland in Segmente zum Einsatz von Verkaufsmitarbeitern“ entwickelt und geschützt hatte, auf Erteilung von Lizenzen an Wettbewerber. Damit wird diese Struktur als essential facility angesehen. Die Rechtsdoktrin der essential facilities stammt aus der US-Rechtsprechung. Ein Kläger, der Zugang zu einer derartigen facility durch Gerichtsentscheidung sucht, muß nachweisen, daß

104

x

die Einrichtung in der Kontrolle einer (i.d.R. juristischen) Person liegt, die auch Monopolist ist,

x

es dem Wettbewerber bzw. Markteintrittswilligen nicht zuzumuten ist, die entsprechende Einrichtung zu duplizieren,

x

der Zugang zu dieser Einrichtung durch die kontrollierende Person blockiert bzw. nicht ermöglicht wird,

x

eine vernünftige Regelung bzgl. des Zugangs zur Einrichtung durchaus möglich ist.

Dies gilt insbesondere für Arzneimittel, denen deshalb in vielen Ländern eine erhöhte Patentlaufzeit zuerkannt wird.

214

6. Forschung und Entwicklung

Typische essential facilities können damit sein: x

Betriebsablaufsystem in Verkehrsnetzen (für den Bahn- oder Luftverkehr ebenso wie das Buchungssystem eines Reisebüros),

x

Betriebssysteme (beispielsweise Windows von Microsoft),

x

Marktplattformen (beispielsweise Ebay oder Amazon).

Offen ist, inwieweit die Nichtzurverfügungstellung der Einrichtung mit geschäftlichen Gründen begründet werden kann. Zunächst galten insbesondere Telekommunikationsnetze, Stromnetze und Bahnnetze als essential facilities. Dabei sind es weniger die Netzstrukturen selbst als vielmehr die Betriebsrechte, die wettbewerblich von Bedeutung sind. Der deutsche Gesetzgeber hat die essential-facilites-Doktrin ausdrücklich in § 19 Abs. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz - GWB) spezifiziert. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seiner Entscheidung „Magill“ ihre Anwendbarkeit unter Art. 82 EG-Vertrages (EG) anerkannt (Sammlung 1995, I-808, I822ff.). Allerdings bleibt zu berücksichtigen, daß der EuGH die Anwendbarkeit der essential-facilities-Doktrin auf bloße Vertriebseinrichtungen stark eingeschränkt hat („Oskar Bronner“, Sammlung 1998, I-7817, I-7831). Insoweit bleibt abzuwarten, ob jede Zugangsverweigerung einen Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung begründet oder, ob nicht nur eine Anspruch auf diskriminierungsfreien Zugang zu Marktplätzen und anderen Einrichtungen des elektronischen Geschäftsverkehrs besteht.

6.4.2

Netzökonomien und Wettbewerbspolitik

6.4.2.1

Drei Ebenen von Netzwerkexternalitäten

Netzwerkexternalitäten sind eine der wichtigsten Gründe für nachhaltige Wettbewerbsvorteile, vor allem auch in der new economy. Drei Ebenen lassen sich unterscheiden: (1) Auf der ersten Ebene steigt der Wert eines Produkts mit seiner Verbreitung, beispielsweise der Kommunikationsanschluß mit der Gesamtzahl der Kommunikationsanschlüsse; hier wird folglich die gleiche Produktebene angesprochen, und es liegt eine direkte Wirkung vor. (2) Auf der zweiten Ebene ergibt sich ein indirekter Effekt, weil die Nutzung des Netzes beim Kunden positive Skaleneffekte auslöst; damit wird die Netzbasis verbreitert. Dies ist typisch für kommunikationsfähige Software oder Handelsplattformen. (3) Auf der dritten Ebene ergeben sich allgemeine Lerneffekte der Gesellschaft und ein zunehmender Bekanntheitsgrad, beispielsweise die Anordnung der Tastatur auf Schreibmaschinen QWERTY.

6.4 Forschung, Entwicklung und Wettbewerb

6.4.2.2

215

Bestreitbarkeit in Netzen

Wenn, wie üblich, der Nutzen eines Netzes von dessen Größe abhängt und wenn, wie ebenfalls üblich, das Unternehmen gezwungen ist, erhebliche Kosten in dessen Aufbau zu versenken, dann muß eine kritische Größe überschritten werden, um am Markt nachhaltige Gewinne zu realisieren. Durch die Marktgröße und evtl. auch den Grad der Produktdifferenzierung bei jedem Anbieter wird determiniert, wie viele Netze schließlich im Wettbewerb stehen können. Durch das Versenken von Kosten in eine Netzinfrastruktur entsteht Irreversibilität, so daß die begrenzte Bestreitbarkeit zu Renten führen kann, die aber durch Markteintritte nicht abgeschmolzen werden, weil der Zutrittswillige keinen zulässigen Markteintrittsplan findet. Der Markt vermachtet und der Wettbewerbsprozeß kommt zum Erliegen. Auf der Seite der Anbieter komplementärer Güter ergeben sich Vorteile durch das vermehrte Angebot, das auf der vorgegebenen Spezifikation aufbaut und das mit Kostendegressionseffekten erstellt werden kann (Ein Beispiel sind Anwendungsprogramme für das Windows-Betriebssystem). Das führt zu indirektem Nutzen der Konsumenten, die aber nunmehr aufgrund der verengten Anwenderwelt ein spezifisches Wissen aufbauen, das verloren wäre, wenn sich ein Systemwandel ergäbe. Auch hierdurch entsteht Irreversibilität. Diese Kombination aus Netzwerkeffekten, Kostendegressionseffekten und versunkenen Kosten führt dazu, daß die klassischen Ergebnisvorhersagen des Wettbewerbsprozesses ihre Gültigkeit einbüßen. Sie verbinden sich mit den Begriffen x

der „installierten Basis“ als Erfordernis, eine Mindestnetzgröße zu erreichen, um unter den Bedingungen der Irreversibilität der Kosten und der Überproportionalität der Nutzen profitabel arbeiten zu können,

x

der lock-in-Effekte als Ausdruck, das vorhandene System dann nicht verlassen zu können, weil sich angebotsseitig die Investitionen und nachfrageseitig Investitionen und Humankapital entwerten würden, sowie

x

der Intellectual Property Rights (IPRs) als Ausdruck spezifischer Schutzrechte, die Marktzutritte verhindern können.

Es empfiehlt sich, zwischen einem harten und einem weichen Schutz der IPRs zu unterscheiden (FARRELL 1989). Im erstgenannten Fall kann der Eigentümer effektiv Konkurrenten von der Nutzung ausschließen. Bei einem weichen Schutz ergeben sich hierbei Probleme, weil entweder die Verifizierung der Schutzverletzung problematisch ist oder rechtliche Restriktionen Grenzen setzen. Harte Schutzrechte befördern den Innovationsanreiz – die Monopolsituation führt aber zu überhöhten Preisen und einem zu kleinen Markt. Weiche Schutzrechte begünstigen die schnelle Verbreitung und Marktdurchdringung, besitzen aber einen geringen Innovationsanreiz, so daß die zugrundeliegenden IPRs möglicherweise gar nicht entstehen. Damit entsteht ein institutionelles Problem der Mischung von optimalem Innovationsanreiz und optimaler Verbreitung im Markt. Der betrieblich effiziente Umgang mit IPRs reduziert sich damit auf zwei Aspekte: Geheimhaltung, solange ein Produkt (oder ein Markennamen) am Markt noch nicht einge-

216

6. Forschung und Entwicklung

führt ist, und Ausschöpfung der Marktmacht, wenn dies nach der Produkteinführung schließlich möglich ist. Eine etwaige Mißbrauchskontrolle entwertet IPRs, denn das betroffene Unternehmen kann keinerlei Risikoprämie einfahren. Es zerstört möglicherweise aber auch den Kern des Wettbewerbsprozesses selbst, weil damit der Innovationsanreiz untergeht und innovative Reaktionen der Konkurrenz ausbleiben. Denn anstatt die Herausforderung aufzunehmen und ebenfalls innovativ zu sein, kann sie sich nun auf die Beschränkungen der Handlungsfreiheit des Wettbewerbers durch die Wettbewerbsbehörde verlassen. Die Auseinandersetzungen im Microsoft-Kartellverfahren zeigten dies deutlich. Eine völlige Enthaltsamkeit der Wettbewerbsaufsicht erzeugt aber ebenfalls Probleme. Diese ist nämlich kaum in der Lage abzuschätzen, ob der Wettbewerbsvorsprung nicht anschließend langfristig mittels nicht wettbewerblicher Methoden zementiert wird, wodurch dann (mögliche) Konkurrenten untergehen, d.h. Markteintritte unterbleiben. Denn unter den Bedingungen der Netzwerkökonomie ist es möglich, daß die Nutzen mit Vergrößerung der Marktdurchdringung stärker steigen als die Kosten, so daß eine wohlfahrtstheoretisch überhöhte Innovationsrente entsteht. Jegliche Entscheidung kann demzufolge aus theoretischer Sicht angezweifelt werden, und aus praktischer Perspektive tritt die Erkenntnis hinzu, daß ein Eingriff, wenn er durch alle rechtlichen Instanzen läuft, Zeit benötigt, die der Sachverhalt selbst nicht hergibt, weil bis dahin Irreversibilitäten entstehen und sich die lock-in-Problematik weiter verstärkt, was die Marktmacht zusätzlich zementiert.

6.4.2.3

Ambivalenz der Wettbewerbsvorhersagen in der Standardisierung

Werden die Werksnormen als fünfte Alternative des Unternehmens in der weiteren Analyse vernachlässigt, so steht das Unternehmen vor der Entscheidung, einen eigenen Standard allein oder in Kooperation zu entwickeln und durchzusetzen, sich an einem überbetrieblichen Normungsprozeß zu beteiligen oder sich an die von außen gegeben Bedingungen anzupassen. Entwickelt das Unternehmen seinen eigenen Standard, dann geht es hohe Risiken ein, da ein Markterfolg nicht zwingend ist. Es wird sich auch im Wettbewerb mit anderen Standards, wenn es für diese keine Schutzrechte gibt, keinerlei Penetrations- oder Limitpreissetzung erlauben können, weil ein erweiterter Markt einem beliebigen später Eingetretenen zugute kommt. Der Preissenkung unter die Durchschnittskosten würde nämlich kein erhöhter Preisspielraum in Zukunft gegenüberstehen, um die aufgelaufenen Verluste abzubauen. Unter den Bedingungen eines engen Marktes kann die Standardisierung dann negativ sein, wenn ein dominanter Anbieter vorhanden ist, denn diese würde ihn zwingen, die Preise unter den Monopolpreis zu setzen, um Markteintritte zu verhindern. Damit könnte der standardisierende potentielle Konkurrent seine Innovationskosten nicht verdienen. Sobald versunkene Kosten auftreten, gelten obige Aussagen nicht mehr. Wenn infolge der Unteilbarkeit der Investition jeder Anbieter eine Mindestkapazität erstellen muß,

6.4 Forschung, Entwicklung und Wettbewerb

217

was beispielsweise typisch für best-practice-Technologien (vgl. 4.5.1.1) ist, dann kann eine Produktionskapazität der Anbieter unter dem optimalen Volumen liegen, weshalb erhöhte Gewinne auftreten. Diese erodieren aber nicht, weil der Zutritt sich ab einem bestimmten Moment für einen Interessierten dann nicht mehr lohnt, wenn dies die Preise unter die Durchschnittskosten drücken würde. Damit ist eine Limitpreissetzung als Abwehr nicht erforderlich. Senkt ein Unternehmen die Preise, so stellt dies nur dann eine sinnvolle Strategie dar, wenn die finanziellen Ressourcen dies erlauben, um durch gestiegene Preise infolge des Ausscheidens eines Konkurrenten die Verluste zu einem späteren Zeitpunkt durch erhöhte Preise zu kompensieren. Sobald Netzwerkeffekte vorhanden sind, muß auch diese Aussage korrigiert werden. Denn durch den mit der Netzgröße entstehenden überproportionalen Nutzenzuwachs können Anfangsverluste dann kompensiert werden, wenn die im Vergleich zu den Wettbewerbern schneller installierte Basis einen nachhaltigen Wettbewerbsvorsprung generiert. Insbesondere durch das Vorhandensein versunkener Kosten ist bei hinreichender Größe des Marktes eine Koexistenz unterschiedlicher Netze und Standards möglich. Dies hat dann möglicherweise einen „Schlafmützenwettbewerb“ zur Folge: x

Das Marktwachstum wird begrenzt, wenn Kunden unter den Bedingungen der Technologieunsicherheit geringe Kaufbereitschaft zeigen. Typisches Beispiel waren die DVD-Brenner infolge der Existenz von mindestens fünf verschiedenen Standards.

x

Hohe Preise werden dauerhaft am Markt gegeben sein, weil die Anbieter infolge einer zu geringen Kapazität nicht in ihrem jeweiligen Kostenminimum anbieten können. Dies war lange Zeit das Problem des GSM-Standards in den USA, der den Markt erst jetzt zu durchdringen beginnt. Dies könnte weltweit ein Problem für UMTS werden, vor allem für Anbieter, die nicht über Kunden aus dem GSM-Netz verfügen bzw. von dort quersubventionieren können.

x

Die spezifischen IPRs sind gesichert, und es gibt wenig Neigung zur Vereinheitlichung, insbesondere im Sinne einer Evolution zu einem gemeinsamen Standard. Typisches Beispiel sind die Handy-Netze der zweiten Generation in den USA.

x

Der beste Standard setzt sich nicht zwingend durch, wenn die Wechselkosten aus einem ineffizienten Standard heraus zu hoch liegen. Dies ist die Malaise von HDTV, das sich bis heute noch nicht durchsetzen konnte.

Der überbetriebliche Normungsprozeß erscheint dann als sinnvolle Lösung des technologischen Standardisierungsprozesses, wenn es möglich ist, eine technologische Plattform in angemessener Zeit mittels eines geeigneten Verfahrens auszuwählen. Zunächst ist zu fragen, ob eine effiziente technologische Plattform überhaupt unter Auslassung des Wettbewerbsprozesses ausgewählt wird. Unter der informationsökonomischen Prämisse der konstitutionellen Unwissenheit ist dies zu bezweifeln. Nun ist es grundsätzlich denkbar, daß der Wettbewerbsprozeß bereits hinreichend Informationen, vor allem explizites Wissen in Form von Patenten usw., bereitgestellt hat, die es erlauben, eine

218

6. Forschung und Entwicklung

Komiteelösung zu finden. Dann wird aber die Ausgangsposition der Unternehmen, die zur Erstellung der überbetrieblichen Norm beitragen, relevant: (1) Im einfachsten Fall wird ein vorhandener Industriestandard eines dominanten Unternehmens zur Überbetrieblichen Norm erhoben. Selbst wenn dieser Standard bisher offen war, kann dessen zusätzlich vorhandenes implizites Wissen einen erheblichen Wettbewerbsvorsprung erzeugen, der dann noch auf einen vergrößerten Markt trifft. (2) Interessensgruppen können die Normung verzögern, um eigene Wettbewerbsvorteile auszubauen. (3) Der Normungsprozeß selbst erzeugt schließlich ein Clubgut, das wiederum als Vorsprungswissen strategische Bedeutung besitzt. Zu den öffentlichen IPRs der Normung gesellt sich damit ein wettbewerbsrelevantes strategisches Wissen, das vor allem Kenntnisse über die Mitbewerber im Markt, die am Normungsprozeß teilnehmen, beinhaltet. Hinzu tritt möglicherweise privates Handhabungswissen. Der drittgenannte Punkt erscheint als der wettbewerbspolitisch problematischste, denn ein Unternehmen, das andere einem dominanten Standard ausliefern will, kann den Normungsprozeß, wie unter dem zweiten Punkt genannt, blockieren bzw. verzögern. Und einer Blockade kann sich ein benachteiligtes Unternehmen nur entziehen, indem es einen alternativen Industriestandard verfolgt und hierdurch Druck auf das Gremium ausübt – wenn es dazu die finanziellen Mittel besitzt. Im Normungsprozeß besitzt das dabei vor der Offenlegung erzeugte Wissen, das Clubgut, strategische Relevanz. Aus der Tatsache, daß Normungsprozesse erhebliche Zeit (ca. fünf Jahre) in Anspruch nehmen, zu folgern, daß für dynamische Märkte hieraus keine Gefahr droht, erscheint unter den Bedingungen von versunkenen Kosten und Netzwerkexternalitäten als kurzsichtig. Denn die Netzwerkeffekte kommen möglicherweise nur einem begrenzten Kreis von Nutzern zugute. Das aus ihnen erzeugte Wachstumsmoment wirkt nämlich sehr unterschiedlich auf die einzelnen Marktteilnehmer. Insbesondere ist es möglich, daß durch das Überschreiten einer kritischen Schwelle im Sinne der installierten Basis der unternehmerische Nutzen überproportional zu den Kosten wächst, die versunkenen Kosten aber den Marktzutritt begrenzen. Dann erscheint auch, wie oben bereits ausgeführt, der Schutz bzw. eine technologische Gewährleistung der Norm über die überbetriebliche Normung als kaum zu rechtfertigen, verstärkt sie doch Marktmacht. Treten über die Netzwerkeffekte hinaus auch noch spill-over-Effekte auf, dann kann sich eine Differenzierung des Interesses an der Standardisierung nach Unternehmensgrößen ergeben (FARRELL 1989), da bei differenzierten Produkten vor allem Preisdifferenzen des Angebots zwischen Anbietern eine herausragende Rolle spielen. Wenn nun kleine Unternehmen von derartigen spill-overs besonders profitieren, dann wird deren Kostenbasis bzw. deren Preissetzungsmöglichkeit verbessert. Dann verlieren große Unternehmen das Interesse an der Standardisierung. Umgekehrt liegt der Fall dann, wenn die Absorptionsfähigkeit des Wissens mit der eigenen technologischen Kompetenz korreliert (BLUM ET AL. 2001).

6.4 Forschung, Entwicklung und Wettbewerb

219

6.4.3

Der Wettlauf um die kritische Masse

6.4.3.1

Ein ökonomisches, aber auch ein psychologisches Problem

Obige Ausführungen haben deutlich gemacht, daß in Netzwerkökonomien, aber nicht nur dort, die kritische Masse eine besondere Bedeutung besitzt. Kritische Massen ergeben sich durch eine Vielzahl von Effekten; aus ökonomischer (technologischer) Sicht zu nennen sind x

Skalenökonomien,

x

Verbundeffekte,

x

Netzwerkeffekte.

Eher psychologische Faktoren sind x

der Herdentrieb,

x

Lerneffekte.

Zu den zentralen Problemen zählt es, neue Ideen als Innovation zu plazieren, was bekanntermaßen nur einem Bruchteil gelingt. Der Mißerfolg kann viele Väter haben: Durch ein falsches Placement unterbleibt der Herdentrieb, weshalb Kostenvorteile auf der Produktionsseite nicht ausgenutzt werden können, weshalb wiederum kein Sog des Marktes über Netzwerkeffekte zustandekommt.

6.4.3.2

Die Dynamik der kritischen Masse

Die kritische Masse stellt keine feste Größe dar, sie ist als Teil des Marktes zunächst offen. Wird ein neues Produkt positioniert, so stellt sich für den einzelnen die Frage nach dem Kauf auch vor dem Hintergrund des Kaufs anderer. Daraus kann eine spieltheoretische „Falle“ entstehen: Hängt nämlich die Kaufbereitschaft von den tatsächlichen Käufen anderer ab, dann kauft möglicherweise keiner. Ökonomisch gesprochen: Der Nutzen des Guts hängt nicht nur von der eigenen Verfügbarkeit, sondern auch der des anderen ab, also ein “virtueller“ Netzwerkeffekt. Der Einfachheit halber sei unterstellt, ein Gut koste € 5 und besitze einen eigenen Nutzen von € 2, aber einen Nutzen von € 10, wenn es andere auch kaufen; der Nutzen sei € 0, wenn es niemand kauft; kaufen es nur die anderen, so entstünde ein negativer Nutzen von € – 2 . Die Wahrscheinlichkeiten gleichen Verhaltens seien mit 10%, 50% und 90% gegeben. In der nachfolgenden Abb. 6.11 sind die Auszahlungen aus Sicht des entscheidenden Individuums (Zeilenspieler) vor dem Hintergrund des Verhaltens aller anderen abgetragen; in den grauhinterlegten Feldern finden sich die Wahrscheinlichkeiten, und in der Spalte rechts außen die Werte des Erwartungsnutzens aus Sicht des einzelnen Käufers. Ist gleichgerichtetes Verhalten unwahrscheinlich, dann wird der einzelne nicht kaufen; man sieht deutlich, daß in dem gewählten Beispiel der Wert im nordwestlichen Quadranten eine erhebliche Bedeutung besitzt: Je stärker dieser sinkt, je geringer also der

220

6. Forschung und Entwicklung

Nutzen des Guts aus allein individueller Sicht ist, desto höher muß die Wahrscheinlichkeit gleichgerichteten Verhaltens, also der Herdentrieb, liegen, um das Produkt durchzusetzen.

Alle anderen

Der Einzelne

kaufen kauft

kauft nicht

Abb. 6.11:

10 – 5 = 5

–2–0=–2

kaufen nicht 0,1 0,5 0,9 0,9 0,5 0,1

2–5=–3

0

Erwartungsnutzen des Einzelnen

0,9 0,5 0,1 0,1

– 2,2 1,0 4,2 – 1,8

0,5 0,9

– 1,0 – 0,2

Kaufdilemma bei Herdentrieb

Folgendes kann das Unternehmen tun, um den Herdentrieb für sich zu nutzen: x

Hängt der Besuch einer Sitzung davon ab, daß andere kommen, dann kann das Unternehmen einfach eine gewisse Anzahl von Teilnehmern zum Erscheinen verpflichten.

x

Hängt der Erfolg eines Produkts von einem ersten Erfolg in einem lead market ab, so kann das Unternehmen diesen zunächst bevorzugt bedienen.

6.4.3.3

Das strategische Management der kritischen Masse

Wichtig ist zu wissen, daß die kritische Masse im obigen Beispiel tatsächlich instabil ist, weil natürlich (vgl. das Beispiel des Produkts am Markt oben) Wettbewerber ebenfalls versuchen werden, den lead market zu besetzen. Glauben diese, den Kampf verloren zu haben, können sie immer noch zu Maßnahmen greifen, die es auch dem scheinbar Glücklichen schwer machen, die kritische Masse zu erreichen. Hierzu einige Beispiele: (1) Um einen eigenen Standard schneller in den Markt zu drücken, kann es zweckmäßig sein, Konkurrenten großzügig eine Lizenz zu gewähren. Dies war u.a. die erfolgsbegründende Strategie von Matsushita-JVC mit dem Format VHS gegen Grundig-Philips mit dem technisch besseren Format Video-2000. (2) Um das Etablieren einer überbetrieblichen Norm zu verhindern, kann man den Normungsprozeß im entsprechenden Gremium verzögern, bis die eigene Position innerhalb oder auch außerhalb dieser Norm hinreichend gefestigt ist. Diese Verzögerung kann durch Bestehen auf Perfektionismus, durch Blockade wegen einer anderen Auffassung zum Standard usw. geschehen.

6.4 Forschung, Entwicklung und Wettbewerb

221

(3) Will man eine starke Marktposition erhalten, so kann man durch Ankündigung neuer Produkte den Markt zum Attentismus zwingen – und wenn für diese neuen Produkte dann die Systemeigenschaften nicht (völlig) bekannt sind, dann ist die Konkurrenz angesichts totaler Kaufenthaltung der Kunden hilflos. Dies praktizierte IBM erfolgreich, um sich der Konkurrenz der Hersteller von Peripheriegeräten zu erwehren – bis das US-Kartellamt dies verbot. (4) Schließlich gilt ganz allgemein das Versenken von Kosten als Signal, die kritische Masse überwinden zu wollen. Wenn dies aber zu viele wollen, dann werden viele einen Fehlschlag erleiden. Alle großen Gründerwellen sind von den sich hieraus entwickelnden Spekulationsblasen gekennzeichnet – und gezeichnet gewesen.

Repetitio est mater studiorum

(Die Wiederholung ist die Mutter des Studierens) Römisches Sprichwort

7.

Übungsaufgaben

Aufgaben zu Abschnitt 3.1 Aufgabe 1 (Technologie – Produktionsfunktion – Kostenfunktion):

Gegeben sei die Technologie: T

a)

(v1 , v 2 , x)  ƒ 3 ,

mit x d 4 v1 ˜ v2 .

Leiten Sie die Produktionsfunktion P(v1 , v2 ) aus der Technologie T ab!

b) Zeigen Sie, daß P abnehmende Skalenerträge aufweist! c)

Bestimmen Sie die zur Produktionsfunktion P gehörige Kostenfunktion K(x)! Gehen Sie dabei von Fixkosten in Höhe von c aus!

d) Bestimmen Sie die Kostenfunktion zur COBB-DOUGLAS-Produktionsfunktion: D

D

P (v1 , v2 ) D 0 ˜ v1 1 ˜ v2 2 ,

D 0 ! 0 , D1 ! 0 , D 2 ! 0 .

Aufgabe 2 (Limitationale Produktionsfunktion):

Die einer gewerblichen Anlage zur Produktion von Roheisen zur Verfügung stehende Technologie erlaubt es, 1 Tonne Roheisen aus 3,125 Tonnen Eisenerz herzustellen, wobei 2,5 Tonnen Steinkohle zur Energiegewinnung verbraucht werden. a)

Wie lautet die Produktionsfunktion der Anlage?

b) Leiten Sie aus der Produktionsfunktion die Kostenfunktion her! Gehen Sie dabei von Fixkosten in Höhe von c aus. c)

Der jährliche Ausstoß der Anlage wird mit 32.000 Tonnen veranschlagt. Welche Kosten entstehen dem Betreiber der Anlage, wenn der Preis für Eisenerz 32 GE und der für Steinkohle 40 GE beträgt? Die Fixkosten seien c = 600.000 GE.

Aufgabe 3 (Quadratische Kostenfunktion):

Gegeben sei die Kostenfunktion: K ( x)

c  e ˜ x2 ,

c !0, e!0.

224 a)

7. Übungsaufgaben Ermitteln Sie die Grenzkostenfunktion GK(x), die Durchschnittskostenfunktion DK(x) sowie die Funktion der durchschnittlichen variablen Kosten DKV (x)! An welcher Stelle xd besitzt die Durchschnittskostenfunktion ein Minimum?

b) Nehmen Sie an, daß der Kostenskalierungsparameter e gleich 2 ist. Zudem betragen die Fixkosten c = 4. Stellen Sie die Kosten-, Grenzkosten- und Durchschnittskostenfunktion sowie die Funktion der durchschnittlichen variablen Kosten graphisch dar und markieren Sie die Stelle, an der die Durchschnittskosten minimal sind! c)

Für welche Outputmengen x ist es kostengünstiger, die Produktion von einem einzigen Unternehmen durchführen zu lassen, für welche führt eine gleichmäßige Aufteilung des herzustellenden Outputs auf zwei Unternehmen zu geringeren Kosten?

Aufgabe 4 (Lineare Kostenfunktion):

Lösen Sie die Aufgabe 3 unter der Annahme, daß die dort gegebene Kostenfunktion wie folgt lautet: K ( x)

c  e˜x,

c !0, e!0.

Aufgabe 5 (Lineare Nachfragefunktion):

Gegeben sei die (aggregierte) Nachfragefunktion des Gutes x durch: x(q)

a b˜q ,

a ! 0 , b ! 0.

Dabei bezeichnen q den Preis des Gutes und x die insgesamt abgesetzte Menge. Die Buchstaben a sowie b sind konstante Parameter der Nachfragefunktion. a)

Um welches Gut handelt es sich hinsichtlich der Nachfragereaktion auf Preisänderungen? Begründen Sie ihre Antwort!

b) Charakterisieren Sie die Nachfragefunktion kurz! Bestimmen Sie dabei den Prohibitivpreis sowie die Sättigungsmenge! c)

1. Definieren Sie allgemein (verbal und formal) den mathematischen Begriff Elastizität! 2.

Bestimmen Sie anschließend formal die Preiselastizität der Nachfrage (auch Nachfrageelastizität bezüglich des Preises genannt) für obige Nachfragefunktion! Was wird durch diese Größe angegeben?

3.

Für welche Werte von q ist die Preiselastizität der Nachfrage vollkommen elastisch, proportional elastisch, vollkommen unelastisch?

4.

Stellen Sie die Nachfragefunktion für die Parameterwerte a 5 2 und b 1 8 graphisch dar und markieren Sie den elastischen sowie den unelastischen Bereich der Funktion!

7. Übungsaufgaben

225

Aufgabe 6 (Isoelastische Nachfragefunktion):

Zeigen Sie, daß die Nachfragefunktion x( q )

S , qK

S !0, K !0,

an jeder Stelle ihres Definitionsbereiches H x (q) K besitzt!

D

(0, f)

eine Preiselastizität von

Aufgabe 7 (Konsumentenrente):

a)

Erläutern Sie den Begriff „Konsumentenrente“! Fertigen Sie dazu eine Graphik an und verwenden Sie die in Aufgabe 5 gegebene Nachfragefunktion. Markieren Sie in Ihrer Graphik die Konsumentenrente!

b) Wie läßt sich die Konsumentenrente formal bestimmen? Berechnen Sie den Zahlenwert, den sie bei einem Marktpreis von qM 20 3 annimmt! Die Parameterwerte der Nachfragefunktion seien a 5 2 und b 1 8 .

Aufgaben zu Abschnitt 3.2 Aufgabe 8 (Gewinnmaximierung bei vollständiger Konkurrenz):

Betrachtet wird ein Unternehmen i, das ausschließlich das Gut x produziert. Die im Unternehmen verwendete Produktionstechnologie zur Herstellung des Gutes führt zu folgender Kostenfunktion: K i ( xi )

2

c  e ˜ xi ,

c !0, e!0.

Es wird angenommen, daß auf dem Markt des Gutes x vollständige Konkurrenz herrsche. Das Unternehmen maximiert seinen Gewinn. a)

Erläutern Sie den Begriff „vollständige Konkurrenz“!

b) Bestimmen Sie allgemein die Erlösfunktion des betrachteten Unternehmens und leiten Sie formal die Bedingung her, die für das Vorliegen eines Gewinnmaximums bei vollständiger Konkurrenz erfüllt sein muß! c)

Stellen Sie die Erlösfunktion und die Kostenfunktion des Unternehmens graphisch dar! Nehmen Sie dazu an, daß der Marktpreis q 20 3 betrage. Setzen Sie außerdem für die Parameter der Kostenfunktion die Werte c 4 und e 2 ein. Markieren Sie die den Gewinn maximierende Angebotsmenge! VK

d) Ermitteln Sie die Angebotsfunktion xi (q ) des Unternehmens i, falls keine Fixkosten anfallen (d.h. c 0 gilt) und stellen Sie die Angebotsfunktion graphisch dar! e)

VK

Ermitteln Sie die Angebotsfunktion xi (q ) für den Fall, daß Fixkosten in Höhe von c ! 0 existieren.

226

7. Übungsaufgaben

Aufgabe 9 (Vollständige Konkurrenz – graphische Analyse):

In der nachfolgenden Abbildung sind die Grenz- sowie die Durchschnittskosten des in der vorigen Aufgabe betrachteten Unternehmens graphisch dargestellt. Außerdem enthält die Abbildung eine mit q bezeichnete Gerade, deren vertikaler Abstand zur x-Achse dem Marktpreis entspricht.

GKi(xi) DKi(xi)

DK i ( xi ) =

4 + 2 × xi xi

GK i ( xi ) = 4 × xi

10

q=

5

0

a)

1

20 3

2

xi

Markieren Sie die gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination!

b) Welches geometrische Gebilde in der Abbildung entspricht 1. 2. 3. 4. 5. 6. c)

dem Stückerlös, den Gesamterlösen, den variablen Kosten, den Fixkosten, den Gesamtkosten, dem Gesamtgewinn?

Zeichnen Sie in die Graphik die im Gleichgewicht resultierende Preisgerade ein. Zeigen Sie anhand der Abbildung, daß der Unternehmensgewinn im Gleichgewicht gleich null ist!

Aufgabe 10 (Marktgleichgewicht bei vollständiger Konkurrenz):

Die aggregierte Nachfrage aller Konsumenten eines Gutes x sei vollständig beschrieben durch die lineare Nachfragefunktion: x(q)

a b˜q ,

a ! 0 , b ! 0.

7. Übungsaufgaben

227

Zudem existiere zur Erstellung des Gutes nur eine einzige Technologie, die in der folgenden Kostenfunktion eines Anbieters i resultiert:105 K i ( xi )

2

c  e ˜ xi ,

c !0, e!0.

.

Jedem Interessenten steht es frei, in den Markt einzutreten und das Gut x anzubieten. Die im Markt tätigen Unternehmen versuchen, ihren Gewinn zu maximieren, und verhalten sich dabei stets wie unter Bedingungen vollständiger Konkurrenz. a)

Bestimmen Sie die im Marktgleichgewicht von Unternehmen i angebotene Menge xi, den gleichgewichtigen Marktpreis qM sowie die Höhe des Unternehmensgewinns Gi! Greifen Sie hierbei auf Ihre Ergebnisse aus Aufgabe 8 zurück. Wie viele Unternehmen treten im Gleichgewicht als Anbieter auf dem Markt des Gutes x auf?

b) Weisen Sie nach, daß im Marktgleichgewicht jeder Anbieter diejenige Angebotsmenge wählt, die seine Durchschnittskosten minimiert! c)

Stellen Sie die Gleichgewichtssituation auf dem Markt des Gutes x in einem Mengen-Preis-Diagramm graphisch dar! Verwenden Sie dabei die Parameterwerte a 7 und b c e 1 .

Aufgaben zu Abschnitt 3.3 Aufgabe 11 (COURNOT-Monopol – formale Analyse):

Die Kostenfunktion eines als Monopolist operierenden Unternehmens sei K ( x)

c  e ˜ x2 ,

c !0, e!0.

.

Die Nachfragefunktion des von diesem Unternehmen am Markt angebotenen Gutes x laute x(q ) a)

a b˜q ,

a ! 0 , b ! 0.

Leiten Sie aus der Nachfragefunktion die Preis-Absatz-Funktion q(x) her!

b) Bestimmen Sie die Erlösfunktion des Unternehmens und stellen Sie diese graphisch dar! Verwenden Sie als Parameterwerte a 5 2 und b 1 8 ! c)

Nehmen Sie an, daß der Monopolist seinen Gewinn maximieren möchte. Leiten Sie die formale Bedingung für das Vorliegen eines Gewinnmaximums her! Bestimmen Sie anschließend die gewinnmaximale Angebotsmenge!

105

Branchen, in denen praktisch keine Wahl in der Produktionstechnologie existiert, werden als best-practice-Industrien bezeichnet. Vgl. hierzu Abschnitt 4.5.1.1.

228

7. Übungsaufgaben

d) Ergänzen Sie in Ihrer unter Teilaufgabe b) erstellten Graphik die Kostenfunktion des Unternehmens! Setzen Sie dazu c 4 und e 2 . Markieren Sie die den Gewinn maximierende Angebotsmenge und erklären Sie anhand der Graphik, warum es sich um ein Gewinnmaximum handeln muß! e)

Bestimmen Sie den Monopolpreis qC !

Aufgabe 12 (COURNOT-Monopol – graphische Analyse):

Die nachfolgende Abbildung zeigt die in Aufgabe 11a) hergeleitete Preis-AbsatzFunktion für das Gut x. Außerdem sind in der Abbildung die Grenz- sowie die Durchschnittskostenfunktion des bereits in der vorigen Aufgabe betrachteten Monopolisten graphisch dargestellt.

q(x) GK(x) DK(x) 20

15

GK(x) = 4 x

10

DK(x) = 4x + 2 x 5

q(x) = 20 - 8 x 0

a)

1

2

x

Fügen Sie die Grenzerlösfunktion des Monopolisten in die Abbildung ein!

b) Markieren Sie die gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination (COURNOTPunkt)! c)

Welches geometrische Gebilde in der Abbildung entspricht 1. 2. 3. 4.

dem Stückerlös (Monopolpreis), den Gesamterlösen, den Stückkosten (Durchschnittskosten), den Gesamtkosten,

7. Übungsaufgaben 5. 6. 7. 8.

229

den variablen Kosten, den Fixkosten, dem Stückgewinn, dem Gesamtgewinn

des Monopolisten? Als sozialen Überschuß bezeichnet man die Summe aus Produzenten- und Konsumentenrente, vgl. BLUM (2004, S. 144). Die „Rente des Produzenten“ ist der Überschuß des am Markt erzielten Erlöses über die Kosten der Produktion. Sie entspricht dem Gewinn eines Unternehmens.106 d) Welcher Fläche in der obigen Abbildung entspricht der soziale Überschuß auf dem Markt des Gutes x, falls das Güterangebot von einem seinen Gewinn maximierenden Monopolisten bestimmt wird? Aufgabe 13 (COURNOT-Monopol und Wohlfahrt):

Es ist der Wohlfahrtsverlust zu bestimmen, der durch ein seine Monopolmacht ausnutzendes Unternehmen in der Gesellschaft hervorgerufen wird. Die Kostenfunktion des Unternehmens sei wie in den vorangehenden Aufgaben K ( x)

c  e ˜ x2 ,

c !0, e!0.

Die Nachfragefunktion des Gutes x bleibt ebenfalls unverändert und lautet x(q ) a)

a b˜q ,

a ! 0 , b ! 0.

Zeigen Sie, daß die Angebotsmenge im Marktgleichgewicht bei einem Verhalten des Unternehmens wie unter vollständiger Konkurrenz größer ist als bei Ausnutzung seiner Monopolmacht! Greifen Sie dabei auf Ihre Ergebnisse aus den Aufgaben 8b) und 11b) zurück.

b) Bestimmen Sie für das sich wie unter vollständiger Konkurrenz verhaltende Unternehmen den numerischen Wert, den die Gesamtangebotsmenge im Gleichgewicht annimmt. Verwenden Sie dazu die Parameterwerte a 5 2 , b 1 8 , c 4 und e 2 ! Wie lautet der zu dieser Gleichgewichtsmenge korrespondierende Marktpreis? c)

Zeichnen Sie die in Teilaufgabe b) ermittelte Preis-Mengen-Kombination in Ihre Graphik aus Aufgabe 12 ein. Welcher Fläche entspricht der soziale Überschuß, der durch diese Kombination erzielt werden kann?

106

Der Begriff „Rente des Produzenten“ wird in der Literatur unterschiedlich definiert. Wir folgen hier der Definition von TIROLE (1999, S. 17).

230

7. Übungsaufgaben

d) Um wieviel ließe sich der soziale Überschuß erhöhen, wenn sich das Unternehmen anstatt wie ein gewinnmaximierender Monopolist wie unter Bedingungen vollständiger Konkurrenz verhalten würde? Markieren Sie diesen Bereich in Ihrer Graphik! Aufgabe 14 (COURNOT-Monopol – Berechnung des Wohlfahrtsverlustes):

Wenn sich das Unternehmen aus Aufgabe 13 anstatt wie unter Bedingungen vollständiger Konkurrenz wie ein gewinnmaximierender Monopolist verhält, entsteht ein Wohlfahrtsverlust. Zeigen Sie, daß sich dieser Wohlfahrtsverlust durch die Formel

'SÜ

a2 2 ˜ b ˜ (1  2 ˜ b ˜ e) ˜ (2  2 ˜ b ˜ e) 2

berechnen läßt. Leiten Sie dazu formal den sozialen Überschuß sowohl für das Monopolgleichgewicht als auch für das Gleichgewicht bei einem Verhalten wie unter vollständiger Konkurrenz her und ermitteln Sie die Differenz dieser beiden Größen. Aufgabe 15 (AMOROSO-ROBINSON-Relation):

Zur Maximierung seines Gewinns kann der Monopolist aus Aufgabe 11 alternativ zur Angebotsmenge auch den Verkaufspreis des von ihm hergestellten Gutes autonom festlegen. a)

Stellen Sie die Gewinnfunktion des betrachteten Unternehmens bei Wahl des Preises formal dar! Ermitteln Sie die notwendige Bedingung für das Vorliegen eines Gewinnmaximums! Welchen Preis qM wird der Monopolist setzen?

b) Wie hoch ist die Preiselastizität der Nachfragefunktion an der Stelle qM? Wo würden Sie diese Elastizität im Spektrum zwischen vollkommen unelastisch und vollkommen elastisch einordnen? Begründen Sie Ihre Antwort! c)

Leiten Sie aus der in Teilaufgabe a) ermittelten Bedingung für das Vorliegen eines Gewinnmaximums folgende Beziehung her (AMOROSO–ROBINSON–Relation): § 1 ·¸ q ˜ ¨1  ¨ H x (q) ¸¹ ©

GK ( x) .

d) Erklären Sie anschließend unter Zuhilfenahme dieser Beziehung, warum ein Monopolist nie im unelastischen Bereich der Nachfragefunktion anbieten wird. Liefern Sie auch eine intuitive Erklärung! Aufgabe 16 (Preisdifferenzierung im Monopol)

a)

Was versteht man unter Preisdifferenzierung und welche Arten der Preisdifferenzierung lassen sich allgemein unterscheiden? Nennen Sie typische Beispiele aus der Praxis, in denen Preisdifferenzierung erfolgt!

7. Übungsaufgaben

231

Gehen Sie im folgenden davon aus, daß ein Monopolist mit der Kostenfunktion K(x) zwischen zwei Konsumentengruppen mit den Nachfragefunktionen x1 (q1 ) und x2 (q2 ) ohne zusätzliche Kosten differenzieren kann (Preisdifferenzierung dritten Grades). b) Zeigen Sie, daß im Gewinnmaximum des Unternehmens von der Konsumentengruppe mit der (betragsmäßig) größeren Preiselastizität der Nachfrage ein geringerer Preis verlangt wird als von der Konsumentengruppe mit der (betragsmäßig) kleineren Preiselastizität der Nachfrage! D.h. es gilt:

İ x1 (q1 ) ! İ x2 (q2 )

Ÿ

q1  q2 .

Stellen Sie dafür die Gewinnfunktion des Monopolisten auf und bestimmen Sie die notwendigen Bedingungen für das Vorliegen eines Gewinnmaximums! c)

Die Nachfragefunktionen der beiden Konsumentengruppen aus Teilaufgabe b) seien gegeben durch: x1 (q1 )

2  q1 ,

x2 ( q 2 )

4  q2 .

Gehen Sie davon aus, daß das Gut, wenn es einmal gekauft worden ist, nicht weiterverkauft werden kann (den Konsumenten der beiden Gruppen bieten sich somit keine Arbitragemöglichkeiten). Bei der Produktion des Gutes entstehen dem Monopolisten keine Fixkosten; die Grenzkosten seien eins. Berechnen Sie für jede der beiden Konsumentengruppen die im Gleichgewicht nachgefragte Menge, den Gleichgewichtspreis sowie die Preiselastizität der Nachfrage. Stellen Sie außerdem die gleichgewichtigen Preis-Mengen-Kombinationen in einer Graphik dar! d) Nehmen Sie jetzt an, daß die Konsumenten aus Teilaufgabe c) das Gut kostenlos miteinander handeln können (der Monopolist kann also nicht länger die Preise differenzieren). Welchen (einheitlichen) gewinnmaximalen Preis q setzt der Monopolist in diesem Fall? Verdeutlichen Sie den Sachverhalt auch in Ihrer unter c) erstellten Graphik!

Aufgaben zu Abschnitt 3.4 Aufgabe 17 (Monopolistische Konkurrenz):

Die Kostenfunktion eines als Monopolist operierenden Unternehmens107 sei

107

Beispielsweise der Hersteller von Marken-Sportschuhen, der außer Sportschuhen keine weiteren Sportartikel anbietet.

232

7. Übungsaufgaben K ( x)

c  e ˜ x2 ,

c !0, e!0.

Die Nachfragefunktion des vom betrachteten Unternehmen angebotenen Gutes x laute: x(q)

a b  ˜q, n 1 n 1

a ! 0 , b ! 0,

wobei x die Nachfragemenge des Gutes, q dessen Preis und n die Anzahl der Anbieter naher Substitute des Gutes x bezeichnen. Die Buchstaben a und b sind feste Parameter der Nachfragefunktion. a)

Leiten Sie aus der Nachfragefunktion die Preis-Absatz-Funktion her und verdeutlichen Sie graphisch die Veränderungen der Funktionsverläufe, die sich aus der Variation von n ergeben!

b) Bestimmen Sie jeweils in Abhängigkeit von n die gewinnmaximale Ausbringungsmenge, den Monopolpreis sowie den Gewinn des Monopolisten! c)

Stellen Sie in einem Mengen-Preis-Diagramm die Marktsituation für den Fall graphisch dar, daß keine Anbieter naher Substitute existieren und a = c = 4, b = ѿ sowie e = 2 gilt!

d) Kann es sich bei der in Teilaufgabe c) dargestellten Situation um ein Marktgleichgewicht handeln, wenn die vorherrschende Wettbewerbsform die „Monopolistische Konkurrenz“ ist? Begründen Sie Ihre Antwort und erläutern Sie zuvor kurz, was unter „Monopolistischer Konkurrenz“ zu verstehen ist. e)

Bestimmen Sie die Anzahl der Anbieter naher Substitute des Gutes x im Gleichgewicht bei monopolistischer Konkurrenz! Welche Ausbringungsmenge maximiert dann den Gewinn des Monopolisten? Wie lautet der Gleichgewichtspreis und welchen Gewinn erzielt das betrachtete Unternehmen?

f)

Ergänzen Sie die Gleichgewichtssituation bei monopolistischer Konkurrenz in Ihrer Graphik aus Teilaufgabe c)! Verwenden Sie die dort angegebenen Parameterwerte für a, b, c und e!

Aufgabe 18 (Monopolistische Konkurrenz):

Lösen Sie die Aufgabe 17 unter der Annahme, daß die dort gegebene Nachfragefunktion wie folgt lautet: x(q)

4

(n  1) ˜q. 4

7. Übungsaufgaben

233

Aufgaben zu Abschnitt 3.5 Aufgabe 19 (COURNOT-Duopol):

Es wird eine Branche mit zwei Unternehmen betrachtet, die beide ein homogenes Gut x produzieren.108 Außer dem Gut x stellen die beiden Unternehmen keine weiteren Güter her. Da die Unternehmen über die gleiche Technologie verfügen, sind ihre Kostenfunktionen identisch. Sie lauten: 2

4  2 ˜ xi ,

K i ( xi )

i  {1; 2}.

Die Konsumenten des Gutes x richten sich bei ihren Kaufentscheidungen ausschließlich nach dem Preis q des Gutes. Es wird angenommen, daß die aggregierte Nachfrage durch folgende lineare Nachfragefunktion determiniert wird: x(q) a)

7 1  ˜q . 2 8

Leiten Sie aus der Nachfragefunktion die Preis-Absatz-Funktion q(x) (inverse Nachfragefunktion) her!

b) Bestimmen Sie die Gewinnfunktionen Gi ( x1 , x2 ) mit i  {1; 2} der beiden Unternehmen! Stellen Sie die Isogewinnlinien des Unternehmens 1 in einem ( x1 , x2 ) Mengendiagramm für die Gewinniveaus G1 0 , G1 6 sowie G1 12 graphisch dar! c)

Nehmen Sie an, daß beide Unternehmen versuchen, durch Wahl der Angebotsmenge ihren Gewinn zu maximieren. Leiten Sie aus den notwendigen Bedingungen für das Vorliegen eines Gewinnmaximums die Reaktionsfunktionen der Unternehmen her und zeichnen Sie die Graphen dieser Funktionen in die unter Teilaufgabe b) erstellte Graphik ein!

d) Bestimmen Sie analytisch die im Gleichgewicht von den Unternehmen produzierC C ten Mengen x1 und x2 ! Markieren Sie das Gleichgewicht in der Graphik aus b)! e)

Bestimmen Sie die Gleichgewichtsmengen im COURNOT-Duopol für den Fall, daß die Kostenfunktionen der Unternehmen K i ( xi )

2

ci  ei ˜ xi ,

i  {1; 2}, c ! 0 , e ! 0 ,

lauten und die Nachfragefunktion folgende Gestalt besitzt: x(q)

108

a b˜q ,

Z.B. Zement oder Zucker.

a ! 0 , b ! 0.

234

7. Übungsaufgaben

Aufgabe 20 (COURNOT-Oligopol):

Bestimmen Sie die Gleichgewichtsmengen sowie den Gleichgewichtspreis eines COURmit n identischen Unternehmen, wenn die Kostenfunktionen der Unternehmen

NOT-Oligopols

K i ( xi )

2

c  e ˜ xi ,

i  {1, ..., n}, c ! 0 , e ! 0 ,

lauten, die Nachfragefunktion die Gestalt x(q)

a b˜q ,

a ! 0 , b ! 0,

besitzt und sämtliche Unternehmen ihren Gewinn maximieren. HINWEIS: Bestimmen Sie zunächst die Preis-Absatz-Funktion, dann die Gewinnfunktion eines Unternehmens i. Bezeichnen Sie dabei mit xi die Angebotsmenge des Unternehmens i und mit xi das Gesamtangebot der restlichen (n  1) Unternehmen. Nutzen Sie schließlich die Annahme, daß alle Unternehmen identisch sind. Aufgabe 21 (Kollusion im Mengen-Duopol):

Aufgrund der identischen Kostenstruktur stimmen die Produktionsmengen der beiden Duopolisten aus Aufgabe 19 im COURNOT-Gleichgewicht überein. Außerdem erreichen beide Unternehmen das gleiche Gewinniveau. Mit dem Ziel, durch Kooperation einen Gewinn über dem Gewinniveau des COURNOT-Gleichgewichts zu erreichen, beschließen die beiden Duopolisten, die jeweiligen Angebotsmengen so zu wählen, daß der Gesamtgewinn maximal wird. Anschließend soll jedes Unternehmen die Hälfte des insgesamt erwirtschafteten Gewinns erhalten. a)

Bestimmen Sie die Funktion des Gesamtgewinns G ( x1 , x2 ) und leiten Sie daraus die gewinnmaximalen Angebotsmengen der Unternehmen bei Kollusion her!

b) Kennzeichnen Sie das sich im Kollusionsfall ergebende Gleichgewicht in Ihrer Graphik aus Aufgabe 19! Weisen Sie anhand der Graphik nach, daß bei Kollusion jedes der beiden Unternehmen einen höheren Gewinn erzielen kann als im COURNOT-Gleichgewicht! c)

Bestimmen Sie die Angebotsmengen bei Kollusion unter Verwendung der in Teilaufgabe 19e) gegebenen Funktionen!

Aufgabe 22 (Kooperation vs. Nichtkooperation im Mengen-Duopol):

Gegeben sei die Nachfragefunktion des Gutes x durch: x(q)

a b˜q ,

a ! 0 , b ! 0.

Das Angebot erfolgt durch zwei Produzenten, deren Kostenfunktionen identisch sind:

7. Übungsaufgaben K i ( xi ) a)

235

c  e ˜ xi ,

i  {1; 2}, c ! 0 , e ! 0 .

Bestimmen Sie die Angebotsmengen der beiden Unternehmen, den Marktpreis sowie die Unternehmensgewinne, falls 1.

beide Unternehmen nicht kooperieren (COURNOT-Duopol),

2.

beide Unternehmen kooperieren, so daß die Produktionsmenge jedes Unternehmens der Hälfte des Monopoloutputs entspricht,

3.

Unternehmen i mit i  {1; 2} kooperiert und die Hälfte des Monopoloutputs produziert, während Unternehmen j mit j  {1; 2} und j z i nicht kooperiert und gewinnmaximierend auf das Angebot des i reagiert.

b) Ergänzen Sie in der nachfolgenden Matrix-Normalform die Auszahlungen (Gewinne), die von den Unternehmen 1 und 2 je nach Strategie-Kombination erzielt werden können, wenn a 25 , c 36 und b e 1 gilt!

Unternehmen 2 Kooperation

keine Kooperation

Kooperation

Unternehmen 1 keine Kooperation

A C B D

Welchem Grundspieltyp der Spieltheorie entspricht diese Situation? Welche Strategie-Kombination bildet ein Gleichgewicht, falls die Unternehmen versuchen, ihre Gewinne zu maximieren, und die Interaktion nur einmal stattfindet? Begründen Sie Ihre Antwort! c)

Gehen Sie im folgenden davon aus, daß die Interaktion Periode für Periode bis in die Unendlichkeit wiederholt wird. Nach jedem Durchlauf erfahren die Unternehmen, wie sich ihr Kontrahent verhalten hat, so daß sie diese Information in nachfolgenden Entscheidungssituationen verwenden können. Gewinne in späteren Perioden werden zudem als weniger wichtig erachtet als gegenwärtige. Deshalb erfolgt eine Diskontierung mit Hilfe eines Diskontparameters w. 1.

Wie läßt sich begründen, daß Auszahlungen in späteren Spieldurchläufen als weniger wichtig erachtet werden als gegenwärtige?

2.

Bestimmen Sie den Barwert der Gewinnzahlungen für den Fall, daß beide Unternehmen kooperieren!

236

7. Übungsaufgaben 3.

Für welchen Wert von w lohnt es sich, in der ersten Periode nicht zu kooperieren, wenn bekannt ist, daß das andere Unternehmen auf Nichtkooperation mit „permanenter Vergeltung“ reagiert?

4.

Angenommen das andere Unternehmen kooperiert nie. Welche Strategie ist zu wählen, um den Gewinn zu maximieren?

Aufgabe 23 (STACKELBERG-Duopol):

Wie bereits in Aufgabe 22 sei die Nachfragefunktion des Gutes x gegeben durch: x(q)

a ! 0 , b ! 0.

a b˜q ,

Auch die Kostenfunktionen der beiden Anbieter des Gutes bleiben unverändert: K i ( xi )

c  e ˜ xi ,

i  {1; 2}, c ! 0 , e ! 0 .

Beide Unternehmen maximieren ihren Gewinn. Es wird zudem angenommen, daß Unternehmen 1 (STACKELBERG-Führer) zuerst seine Angebotsmenge festlegt. Anschließend wählt Unternehmen 2 (STACKELBERG-Folger) seinen Output. Sowohl Führer als auch Folger berücksichtigen bei ihrer Mengenentscheidung das Verhalten des Konkurrenten. a)

Berechnen Sie die gewinnoptimalen Angebotsmengen für STACKELBERG-Führer und -Folger, den Marktpreis sowie die Unternehmensgewinne im STACKELBERGGleichgewicht! Wie hoch ist die Produzentenrente auf dem Markt des Gutes x?

x2 25

20

15

10 C

C

x2

5

0

5

x 1C

10

15

20

25

x1

7. Übungsaufgaben

237

b) Punkt C in obiger Abbildung stellt die Kombination der Angebotsmengen x1 und x2 dar, die sich im COURNOT-Gleichgewicht unter Verwendung der Parameter a 25 , c 36 und b e 1 einstellt. Ergänzen Sie die Mengenkombination des STAKKELBERG-Gleichgewichts! Bestimmen Sie zuvor die Funktion der vom STACKELBERG-Führer im Gleichgewicht erreichten Isogewinnlinie sowie die Reaktionsfunktion des STACKELBERG-Folgers und skizzieren Sie die Graphen beider Funktionen in der Abbildung. c)

Ermitteln Sie die Konsumentenrente im STACKELBERG-Gleichgewicht! Vergleichen Sie das Ergebnis mit dem Wert, den die Konsumentenrente im COURNOTGleichgewicht bzw. bei Kollusion der Duopolisten annimmt. HINWEIS: Für die lineare Nachfragefunktion x(q) tenrente durch (vgl. Aufgabe 7):

a  b ˜ q berechnet sich die Konsumen-

2

KR(qM )

b §a · ˜ ¨  qM ¸ . 2 ©b ¹

Dabei bezeichnet qM den Marktpreis. d) Bestimmen Sie den sozialen Überschuß, der im STACKELBERG-Gleichgewicht, im COURNOT-Gleichgewicht bzw. bei Kollusion der Duopolisten erreicht wird! Setzen Sie zur Bestimmung des numerischen Wertes a 25 , c 36 und b e 1 ! e)

Wie läßt sich begründen, daß die Unternehmen ihre Mengenentscheidungen nacheinander treffen?

f)

Warum ist es für die Existenz eines STACKELBERG-Gleichgewichts notwendig, daß der Führer zuerst seine Angebotsmenge festlegt und diese auch im nachhinein nicht mehr revidieren kann? Welche Möglichkeiten bieten sich einem Unternehmen, sich irreversibel auf eine bestimmte Angebotsmenge festzulegen?

Aufgabe 24 (BERTRAND- vs. COURNOT-Duopol):

Betrachtet wird ein homogenes Gut x, dessen Marktnachfrage durch die Nachfragefunktion x( q )

40 2  ˜q 9 9

gegeben ist. Als Anbieter des Gutes x treten zwei Unternehmen auf. Die den Unternehmen zur Verfügung stehende Technologie resultiert in den Kostenfunktionen K i ( xi )

2 ˜ xi ,

i  {1; 2}.

238 a)

7. Übungsaufgaben Bestimmen Sie die Angebotsmengen, den Marktpreis sowie die Gewinne der Unternehmen, wenn diese sich als COURNOT-Duopolisten verhalten!

b) In welcher Annahme unterscheiden sich BERTRAND- und COURNOT-Duopolmodell? Nennen Sie auch die Annahmen, die in beiden Modellen identisch sind! Gehen Sie im folgenden davon aus, daß sich die Unternehmen wie BERTRANDDuopolisten verhalten. c)

Bestimmen Sie formal die Nachfragefunktion des zweiten Unternehmens x2 (q1 , q2 ) !109 Stellen Sie diese Nachfragefunktion graphisch in einem PreisMengen-Diagramm dar! Gehen Sie dabei davon aus, daß q1 11 gilt.

d) Ermitteln Sie formal die Gewinnfunktion des zweiten Unternehmens G2 (q1 , q2 ) ! Stellen Sie diese Funktion in Abhängigkeit des Preises q2 graphisch dar. Setzen Sie dazu den Preis des ersten Unternehmens wiederum gleich 11! e)

Finden Sie die Reaktionsfunktion g 2 (q1 ) des Unternehmens 2! Was können Sie für die Reaktionsfunktion g1 (q2 ) von Unternehmen 1 schlußfolgern?

f)

Wie lautet das NASH-Gleichgewicht im BERTRAND-Duopol? Welche Angebotsmengen und welcher Marktpreis ergeben sich in diesem Gleichgewicht? Bestimmen Sie zudem die Höhe der Gewinne, die von den Unternehmen im Gleichgewicht erzielt werden! Vergleichen Sie Ihre Resultate mit den Ergebnissen, die sich im Gleichgewicht des COURNOT-Duopols sowie im Gleichgewicht eines Polypols einstellen!

g) Angenommen dem ersten Unternehmen gelingt es, durch eine Innovation seine Grenzkosten von 2 auf 1 zu senken. Welches Marktgleichgewicht wird sich dann einstellen? g) Durch welche Strategie besteht für die Unternehmen ein Ausweg, einem BERTRAND-Wettbewerb zu entgehen? Aufgabe 25 (BERTRAND-Duopol mit quadratischer Kostenfunktion):

Nehmen Sie an, daß die Kostenfunktionen der beiden in Aufgabe 24 betrachteten BERTRAND-Duopolisten nicht mehr linear sind, sondern wie folgt lauten: K i ( xi )

2

4  2 ˜ xi ,

i  {1; 2}.

a)

Zeigen Sie (formal oder graphisch), daß die Preiskombination (q1 = 8, q2 = 8) unter dieser Annahme ein NASH-Gleichgewicht bildet!

109

Für den Fall, daß beide Unternehmen den gleichen Preis wählen, entspreche die Nachfrage eines Unternehmens genau der Hälfte der gesamten Marktnachfrage.

7. Übungsaufgaben

239

b) Weisen Sie anschließend nach, daß im obenangegebenen Gleichgewicht die Preise die Grenzkosten der Produktion übersteigen und die Unternehmen positive Gewinne erzielen. Aufgabe 26 (BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung):

Auf dem Markt des Gutes x treten die Unternehmen 1 und 2 als Anbieter auf und bieten x in leicht differenzierter Form an. Die Nachfragefunktionen der beiden Unternehmen sind somit interdependent und lauten: x1 (q1 , q2 ) 16  2 ˜ q1  q2 , x2 (q1 , q2 ) 16  2 ˜ q2  q1 . Die Kostenfunktionen der betrachteten Unternehmen seien gegeben durch: K1 ( x1 ) e1 ˜ x1 , K 2 ( x2 )

e2 ˜ x2 ,

e1 ! 0 , e2 ! 0 ,

wobei e1 bzw. e2 die konstanten Grenzkosten der Produktion sind und x1 sowie x2 die Outputmengen der Unternehmen bezeichnen. Die Produktion verursacht keine Fixkosten. Jedes der beiden Unternehmen versucht, seinen Gewinn zu maximieren, wobei als Entscheidungsvariable der Preis des Gutes fungiert. a)

Bestimmen Sie die Gewinnfunktionen der beiden Unternehmen in Abhängigkeit der Preise q1 und q2! Wie lautet die Funktion der Isogewinnlinien des ersten Unter1 2 nehmens? Stellen Sie die Isogewinnlinien für die Gewinniveaus G1 9, G1 18 3 und G1 27 in einem (q1 , q2 ) -Preisdiagramm graphisch dar! Nehmen Sie dazu an, daß e1 e2 7 gilt.

b) Ermitteln Sie die Reaktionsfunktionen g1 (q2 ) sowie g 2 (q1 ) ! Zeichnen Sie die Graphen der Reaktionsfunktionen in Ihre Graphik aus Teilaufgabe a) ein! Verwenden Sie dazu die in Teilaufgabe a) gegebenen Parameterwerte für ei (i = 1, 2). c)

Berechnen Sie die im Gleichgewicht von den Unternehmen verlangten Preise q1D und q2D! Markieren Sie das sich für e1 e2 7 ergebende Gleichgewicht in Ihrer unter Teilaufgabe a) erstellten Graphik! Welchen Gewinn erzielen die Unternehmen 1 und 2 im Gleichgewicht?

d) Bestimmen Sie die Gleichgewichtspreise für den Fall, daß die Nachfragefunktionen die Gestalt x1 (q1 , q2 )

a  b ˜ q1  d ˜ q2 ,

a !0, b ! d ! 0,

x2 (q1 , q2 )

a  b ˜ q2  d ˜ q1 ,

a !0, b ! d ! 0,

besitzen.

240

7. Übungsaufgaben

Aufgaben zu Abschnitt 4.4 Aufgabe 27 (STACKELBERG-SPENCE-DIXIT-Modell):

Die Branchenstruktur sei durch das in Aufgabe 23 analysierte STACKELBERG-Duopol gegeben. Die Nachfragefunktion sowie die Kostenfunktionen der beiden Unternehmen bleiben unverändert, d.h. a ! 0 , b ! 0.

a b˜q ,

x(q)

K i ( xi )

c  e ˜ xi ,

i  {1; 2}, c ! 0 , e ! 0 .

Der Parameter c bezeichnet dabei die Höhe der für die Produktionsaufnahme notwendigen (versunkenen) Fixkosten. a)

Welchen Einfluß übt die Höhe der Fixkosten c auf die gewinnmaximalen Angebotsmengen von STACKELBERG-Führer bzw. -Folger, auf deren Gewinne sowie auf den Marktpreis im STACKELBERG-Gleichgewicht aus? Verwenden Sie zur Beantwortung der Frage Ihre Ergebnisse aus Aufgabe 23a)!

b) Stellen Sie den Gewinn der beiden Duopolisten in Abhängigkeit der Fixkosten c unter Verwendung der Parameter a 25 sowie b e 1 graphisch dar! c)

Die Fixkosten, die dem STACKELBERG-Folger im Gleichgewicht gerade einen Nullgewinn ermöglichen, seien mit cb bezeichnet. Bestimmen Sie den Wert von cb ! Welchen Gewinn erzielt Unternehmen 1, der STACKELBERG-Führer, falls c cb gilt?

d) Welche Marktstruktur wird sich einstellen, wenn die Fixkosten den Wert cb übersteigen? Bestimmen Sie den Gewinn des ersten Unternehmens, falls c cb  H , wobei H klein und positiv ist! Ergänzen Sie in Ihrer unter Teilaufgabe b) erstellten Graphik die Gewinnfunktionen der Unternehmen in Abhängigkeit der Fixkosten, falls c > cb! Für welchen Wert der Fixkosten cb wird der Gewinn des Führers null? e)

Betrachten Sie nun den Fall, daß c  cb . Erklären Sie, warum in diesem Fall für den Führer ein Anreiz bestehen kann, eine andere als die seinen Gewinn als STAKKELBERG-Führer maximierende Produktionsmenge zu wählen!

f)

Welche Angebotsmenge x1 { x1 muß der Führer wählen, um den Markteintritt des Folgers zu verhindern? Bestimmen Sie den Gewinn, den der Führer bei Wahl von x1SSD erzielt.

SSD

g) Zeigen Sie, daß die Fixkosten größer als 2

cm



b §a · ˜ ¨  e¸ ˜ 3  8 32 © b ¹



sein müssen, damit es sich für den Führer lohnt, den Marktzutritt des Folgers zu verhindern!

7. Übungsaufgaben

241

Aufgaben zu Abschnitt 5.3 Aufgabe 28 (BERTRAND-Duopol mit Produktdifferenzierung und asymmetrischer Informationsverteilung):

Seit einigen Tagen kursieren Gerüchte, wonach Unternehmen 1 aus Aufgabe 26 durch die Einführung einer neuen Technologie die Grenzkosten auf e1 1 reduzieren konnte. Bisher verweigert die Leitung des Unternehmens dazu jedoch jeglichen Kommentar. Von den Verantwortlichen in Unternehmen 2 wird die Wahrscheinlichkeit, daß dem Konkurrenzunternehmen die Kostensenkung geglückt ist, auf ½ geschätzt. Die geschätzte Wahrscheinlichkeit, daß es sich bei den Gerüchten um Falschmeldungen handelt, ist folglich ebenfalls ½. Solange Unternehmen 1 die „wahren“ Grenzkosten e1 verheimlicht, sieht sich Unternehmen 2 bei der Festlegung seines Preises gezwungen, Erwartungen über die Höhe von e1 zu bilden. a)

Bestimmen Sie die Höhe der Grenzkosten von Unternehmen 1, die das zweite Unternehmen erwartet!

b) Da die Reaktionsfunktion des ersten Unternehmens von dessen Grenzkosten abhängt, muß das zweite Unternehmen bei Unkenntnis der wahren Grenzkosten e1 auch über den Verlauf dieser Reaktionsfunktion Erwartungen bilden. Welchen Verlauf von g1 (q2 ) wird Unternehmen 2 erwarten? Welchen Preis wird es folglich setzen? c)

Nehmen Sie nun an, daß Unternehmen 2 bei Unkenntnis der wahren Grenzkosten e1 aufgrund seiner Erwartungen über den Verlauf der Reaktionsfunktion des ersten asym Unternehmens stets einen Preis von q2 9,6 setzen wird. Außerdem sei es dem ersten Unternehmen tatsächlich gelungen, die Grenzkosten auf e1 1 zu senken. Ist dann aus Sicht von Unternehmen 1 die praktizierte Verheimlichung der wahren Grenzkosten die richtige Strategie zur Maximierung des Unternehmensgewinns, oder ist es eher ratsam, die Höhe der wahren Grenzkosten zu offenbaren? Welche Preise und Gewinne resultieren im Gleichgewicht?

d) Würden Sie an Stelle der Leitung des ersten Unternehmens das Konkurrenzunternehmen 2 informieren, falls die Bemühungen zur Senkung der Grenzkosten erfolglos waren, so daß weiterhin e1 7 gilt? Begründen Sie Ihre Antwort! e)

Ist es im Fall asymmetrisch verteilter Information über die Höhe der Grenzkosten des ersten Unternehmens wirklich notwendig, daß die Leitung des Unternehmens 2 Erwartungen über den Wert von e1 bildet? Argumentieren Sie anhand Ihrer Ergebnisse aus den Teilaufgaben c) und d)!

Aufgabe 29 (Limitpreis-Modell von MILGROM und ROBERTS):

Angenommen der Markt für ein Gut x, dessen Nachfragefunktion gegeben sei durch x(q )

a b˜q ,

a ! 0 , b ! 0,

242

7. Übungsaufgaben

existiere noch genau zwei Perioden. Unternehmen 1 (etabliertes Unternehmen) ist in Periode 1 Monopolist und setzt den Erst-Perioden-Preis q1. Die Kostenfunktion des ersten Unternehmens sei: K1 ( x1 ) e1 ˜ x1 ,

e1 t 0 .

Nach Beobachtung von q1 entscheidet Unternehmen 2 (potentieller Konkurrent), ob es in Periode 2 in den Markt eintritt oder nicht. Im letzteren Fall bleibt Unternehmen 1 Monopolist, im ersteren resultiert ein COURNOT-Duopol. Da mit einem Markteintritt Fixkosten in Höhe von 48 Geldeinheiten verbunden sind, lautet die Kostenfunktion des zweiten Unternehmens: K 2 ( x2 )

48  4 ˜ x2 .

Wie schon in Aufgabe 28 sind die „wahren“ Grenzkosten e1 des Unternehmens 1 den Entscheidungsträgern des zweiten Unternehmens zunächst unbekannt. Man geht in Unternehmen 2 jedoch davon aus, daß e1 mit der Wahrscheinlichkeit p niedrig und mit der Wahrscheinlichkeit (1  p) hoch ist: P (e1

1)

p,

P (e1

7)

(1  p) ,

0  p 1.

Sofern sich Unternehmen 2 zum Marktzutritt entschließt, erhält es sofort nach Zutritt zuverlässige Informationen über die Kosten des ersten Unternehmens. a)

Bestimmen Sie die Gewinnfunktion G1(q1) des etablierten Unternehmens in Periode 1 sowohl für den Fall, daß dessen Grenzkosten niedrig sind, als auch für den Fall hoher Grenzkosten! Wie lauten die den Erst-Perioden-Gewinn maximierenden Monopolpreise, wie die zugehörigen Erst-Perioden-Gewinne?

b) Falls Unternehmen 1 in der ersten Periode einen anderen als den Monopolpreis wählt (in der Hoffnung, seinen potentiellen Konkurrenten dadurch vom Marktzutritt abzuhalten), entgeht ihm ein Teil des maximal erzielbaren Erst-PeriodenGewinns. Bestimmen Sie formal die Funktion des so entgangenen Gewinns und stellen Sie diese graphisch dar! Verwenden Sie Ihre Ergebnisse aus Teilaufgabe a) sowie die Parameter a 25 und b 1 . c)

Angenommen Unternehmen 2 tritt in der zweiten Periode in den Markt ein. Wie hoch sind dann die erzielten Zweit-Perioden-Gewinne der beiden Duopolisten bei niedrigen, wie hoch bei hohen Grenzkosten e1? Wie würde die Marktzutrittsentscheidung des zweiten Unternehmens folglich bei symmetrischer Informationsverteilung lauten?

d) Zwei Arten von potentiellen Gleichgewichten kommen in dem obenbeschriebenen dynamischen Spiel mit unvollkommener Information in Frage: Trennungsgleichgewichte und Pooling-Gleichgewichte. Erklären Sie kurz, was darunter zu verstehen ist!

7. Übungsaufgaben

243

Die Wahrscheinlichkeit p, daß Unternehmen 1 niedrige Grenzkosten aufweist, wird von den Sachverständigen in Unternehmen 2 auf ½ geschätzt. Zudem verwenden beide Unternehmen den Diskontfaktor w 0,8 , um Gewinne aus Periode 2 zu diskontieren. e)

Bestimmen Sie die Menge aller Pooling-Gleichgewichte!

f)

1.

Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit ein Trennungsgleichgewicht vorliegt? Bestimmen Sie die Gleichgewichtsstrategie des etablierten Unternehmens im Trennungsgleichgewicht. Nutzen Sie dabei auch Ihre unter Teilaufgabe b) erstellte Graphik!

2.

Die „wahren“ Grenzkosten des ersten Unternehmens seien gleich 1. Bestimmen Sie die angebotenen Mengen, den Preis sowie die erzielten Gewinne im Marktgleichgewicht!

3.

Welches Ergebnis ist im Marktgleichgewicht zu verzeichnen, wenn e1 = 7 gilt?

4.

Welche Auswirkung hat die ursprüngliche Informationsasymmetrie auf die Wohlfahrt?

Aufgaben zu Abschnitt 6.3 Aufgabe 30 (Forschungs- und Entwicklungswettbewerb):

Nach den jüngsten Erfolgen in der Genforschung hat sich die Interessengruppe „Progressive Landwirte“ kürzlich dazu entschlossen, einen Forschungspreis in Höhe von V für die Schaffung eines revolutionären Nutztiers - der sogenannten eierlegenden Wollmilchsau - auszuloben. Wie bekannt wurde, haben daraufhin zwei verschiedene Forschungsgruppen die Forschungstätigkeit aufgenommen. Diese konnten bisher jedoch noch keinen Forschungserfolg vorweisen. Die Geschäftsleitung des privaten Forschungsinstituts „European Genome Laboratory (EGL)“ überlegt nun, ob auch ihr Institut am Forschungswettbewerb teilnehmen sollte. Zwar verfügen die Mitarbeiter über gute Erfahrungen auf dem Gebiet der Genforschung, die notwendige Laborausrüstung zur Genmanipulation müßte allerdings erst beschafft werden. Dabei ist mit (versunkenen) Kosten in Höhe von I zu rechnen. Ob die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in der gesetzten Frist Erfolg hat, ist unsicher. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Forschungsgruppe i (i= 1, 2, 3) die Forschungen erfolgreich abschließt, beträgt pi. Sollten mehrere Gruppen am Stichtag eierlegende Wollmilchsäue präsentieren, wird der Forschungspreis zu gleichen Teilen unter den erfolgreichen Gruppen aufgeteilt. a)

Bis zu welchem Investitionsbetrag I lohnt es sich für EGL, in die Labortechnik zu investieren und am Forschungswettbewerb teilzunehmen? Gehen Sie davon aus, daß die Geschäftsführung risikoneutral ist. Bestimmen Sie I zunächst allgemein und berechnen Sie anschließend den numerischen Wert unter der Annahme, daß V = 120.000 € und pi = 1 2 (i = 1, 2, 3) gilt!

244

7. Übungsaufgaben

Noch bevor die Investitionsentscheidung getroffen wird, unterbreitet der Projektleiter einer bereits tätigen Forschungsgruppe der Geschäftsleitung von EGL den Vorschlag, ein gemeinsames Forschungsteam zu bilden und die bereits bestehende Laborinfrastruktur zu nutzen. EGL könne so auf die Investition in ein eigenes Labor verzichten und würde statt dessen lediglich die Hälfte der Investitionssumme I als Beteiligung zahlen. Außerdem erhielte EGL 50 Prozent des gemeinsam erzielten Gewinns. Ein solches Vorgehen sei vorteilhaft, so die Argumentation, da infolge der steigenden Konzentration von Fachleuten die Erfolgswahrscheinlichkeit bei Kooperation deutlich steigen würde. b) Welchen Gewinn kann EGL erwarten, falls ein eigenes Forschungslabor eingerichtet wird und die dafür nötige Investitionssumme I = 10.000 € beträgt? Es gelte weiterhin V = 120.000 € und pi = 1 2 (i = 1, 2, 3). c)

Welchen Wert müßte die Erfolgswahrscheinlichkeit des Joint Venture c.p. mindestens erreichen, damit sich die Zusammenarbeit für EGL lohnt?

Die Geschäftsleitung von EGL schätzt den unter c) ermittelten Wert als nicht erreichbar ein und nimmt deshalb von einer Zusammenarbeit Abstand. Um den erwarteten Gewinn dennoch zu erhöhen, soll statt dessen versucht werden, eine staatliche Forschungssubvention zu erhalten. Als Begründung für die Förderwürdigkeit des Projektes will man auf den enormen gesamtwirtschaftlichen Nutzen eierlegender Wollmilchsäue und das sich daraus ergebende große öffentliche Interesse am Einsatz dieser Nutztiere verweisen. Bei drei forschenden Gruppen, so das Hauptargument von EGL, wäre die Wahrscheinlichkeit, daß mindestens eine Gruppe fristgemäß ein derartiges Tier vorweisen kann, höher als bei nur zwei Forschungsgruppen. Eine Subvention wäre somit durchaus gerechtfertigt. d) Zeigen Sie, daß dieses Argument zutreffend ist!

Acti labores iucundi

(Arbeiten sind angenehm, wenn sie getan sind) MARCUS TULLIUS CICERO (106 v. Chr. - 43 v. Chr.)

Kurzlösungen110

8.

Lösung Aufgabe 1:

zu a) x 2

1 3

2

1

4

v2

5

0 1 2 3 4 5

P

P (v )

v1

max^x (v1 , v 2 , x)  T `

P(v1 , v 2 )

4

v1 ˜ v 2 .

zu b) 1

1

Da für O ! 1 stets O 2  O gilt, folgt: P(O ˜ v)

O 2 ˜ P ( v )  O ˜ P (v ) .

zu c)

110

Ansatz:

K ( p1 , p 2 , x)

Lösung:

K ( x)

min> p1 ˜ v1  p 2 ˜ v 2  c @ u.d.NB.: v1 , v2

c  e ˜ x 2 , wobei e

4

v1 ˜ v 2

x.

2 ˜ p1 ˜ p 2 .

Die ausführlichen Lösungswege stehen im Internet auf den Seiten des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (http://www.iwh-halle.de) zum Herunterladen bereit.

246

8. Kurzlösungen

zu d) Ansatz:

min> p1 ˜ v1  p 2 ˜ v 2  c @ u.d.NB.: D 0 ˜ v1 ˜ v 2 t x . D

K ( p1 , p 2 , x)

Lösung: K ( p1 , p 2 , x)

D

1 0 D E 

D

E

˜ p1 D  E ˜ p 2 D  E

ª §D ˜ «¨¨ « E «¬©

E

D

· D E § E · D E ¸¸ ¨ ¸ ©D ¹ ¹

Lösung Aufgabe 2:

zu a) P

P (v )

P(v1 , v 2 )

­v v ½ max^x (v1 , v 2 , x)  T ` min ® 1 ; 2 ¾ . ¯K1 K 2 ¿

ĺ Linear-limitationale oder LEONTIEF-Produktionsfunktion. v1 10

x=3

x=2 5

K1

x=1

0

K2

5

10

v2

zu b) K ( x)

c  (K1 ˜ p1  K 2 ˜ p 2 ) ˜ x .

zu c) K (32.000)

7.000.000 GE.

Lösung Aufgabe 3:

zu a) GK ( x) {

dK ( x) dx

DK ( x) {

K ( x) x

E

v1 , v2

2 ˜ e ˜ x oder GK ( x)

dK v ( x) dx

K ( x) c  e ˜ x , DK V ( x) { V x x

2˜e˜ x ,

e ˜ x , xd

c . e

º 1 » ˜ x D E  c . » »¼

8. Kurzlösungen

247

zu b) K(x) GK(x) DK(x) DKV(x) 40 K(x) 30

20 GK(x) DK(x) DKV(x)

10

0

1

xd

2

3

4

x

zu c) ­ ½ ° ° x® ¾ x s °! ° ¯ ¿

c m˜ e

­ ein Unternehmen ½ ° ° 2 o ®kein Kostenunterschied ¾ . ° zwei Unternehmen ° ¿ ¯

Lösung Aufgabe 4:

zu a) GK ( x) {

dK ( x) dx

e oder GK ( x)

dK v ( x) dx

e,

DK ( x) {

K ( x) x

K ( x) c  e , DK V ( x) { V x x

e.

Es existiert kein Durchschnittskostenminimum. zu b) (Abbildung nächste Seite) zu c) Für alle Outputniveaus ist es kostengünstiger, die Produktion von einem einzigen Unternehmen durchführen zu lassen.

248

8. Kurzlösungen K(x) GK(x) DK(x) DKV(x) 20

15 K(x) 10

5 DK(x) GK(x), DKV(x) 0

1

2

3

4

x

Lösung Aufgabe 5:

zu a) Normales Gut (vgl. BLUM 2004, S. 6), denn

wx wq

b  0 .

zu b) Prohibitivpreis:

0

x (q P )

Sättigungsmenge: x(0)

a  b ˜ q p ĺ qP

a . b

a.

zu c) 1. Es seien x und y die Bezeichnungen zweier Variablen. Zwischen den Größen x und y kann, muß aber keine kausale Abhängigkeit bestehen. Meist wird jedoch davon ausgegangen, daß es sich um einen kausalen Zusammenhang handelt, bei dem Änderungen von x (unabhängige Variable) ursächlich für Änderungen von y (abhängige Variable) sind. Die Elastizität zwischen den Variablen y und x werde durch Hy(x) symbolisiert. Sie gibt an, um wieviel Prozent sich der Wert der Variable y ändert, wenn der Wert der Variable x um ein Prozent zu- oder abnimmt. Die Elastizität ist demnach der Quotient zweier relativer (prozentualer) Änderungen. Im Zähler steht i.d.R. die Änderung von y (also wy) bezogen auf den y-

8. Kurzlösungen

249

Wert vor der Änderung; im Nenner steht die Änderung von x (also wx) bezogen auf den x-Wert vor der Änderung. Formal ist die Elastizität somit wie folgt definiert:

wy y H y ( x) { wx x



 H x (q)

wy x ˜ . wx y

b ˜ q . a b˜q

3. Vollkommen elastisch:

q f

a (Prohibitivpreis, vgl. Teilaufgabe b). b

Proportional elastisch:

q 1

1 a ˜ . 2 b

Vollkommen unelastisch: q 0

0.

4. x(q)

relativ elastischer Bereich

5 1 x(q) = - × q 2 8

2

1

5 q0

Unelastischer Bereich

10 q-1

15 Elastischer Bereich

20 q q-

8

0

q

250

8. Kurzlösungen

Lösung Aufgabe 7:

zu a) x

q

xM Nachfragefunktion Preis-Absatz-Funktion Konsumentenrente qM

Konsumentenrente 0

0

q

qM

xM

zu b) qP

f

KR (q M )

³

qM

x(q ) dq

³

b §a · ˜ ¨  qM ¸ 2 ©b ¹

a-b ˜ q dq

qM

2

100 | 11,11 . 9

Lösung Aufgabe 8:

zu b) E ( x) GK ( x)

q˜x , q.

(Der Preis ist ein Datum) (Grenzkosten-Preis-Regel)

zu c) Ei(xi) Ki(xi) Ei(xi) = 20 3 xi

15

Ki(xi) = 4 + 2 xi2

10

5

0

1

xiVK

2

xi

x

8. Kurzlösungen

251

zu d)

xi

VK

(q)

1 ˜q . 2˜e

q GKi(xi) DKi(xi)

xi

Angebotsfunktion

(inverse) Angebotsfunktion

DKi(xi)

GKi(xi) 0

xi

0

q

zu e) xi

VK

(q)

­ 1 ˜ q, falls q t q 0 ° ®2˜e °0, falls q  q 0 ¯

4˜c ˜e, 4 ˜ c ˜ e.

q GKi(xi) DKi(xi)

xi

Angebotsfunktion

xi0 (inverse) Angebotsfunktion DKi(xi)

q0 GKi(xi) 0

xi0

xi

0

q0

q

252

8. Kurzlösungen

Lösung Aufgabe 9:

zu a) / b) / c) GKi(xi) DKi(xi)

DK i ( xi ) =

4 + 2 × xi xi

GK i ( xi ) = 4 × xi

10 G

q0 5

F

D

q=

C

A

B

0

1

0

xi

20 3

E

xiVK

2

xi

zu b) 0.

Absatzmenge xiVK: Strecke A-E.

1.

Stückerlös (Marktpreis q): Strecke A-G.

2.

Gesamterlöse: Rechteck A-E-F-G.

3.

Variable Kosten KV ( xi ) : Dreieck A-E-F.

4.

Fixkosten: Dreieck A-C-D.

5.

Gesamtkosten: Fläche A-E-F-C-G.

6.

Gesamtgewinn: Trapez D-C-F-G.

VK

Lösung Aufgabe 10:

zu a) und b) Falls n Unternehmen im Markt tätig sind, gilt: q ( n)

2˜a ˜e , xi ( n) n  2˜b ˜e

a , G i ( n) n  2˜b˜e

a2 ˜e c. ( n  2 ˜ b ˜ e) 2

Aus der Gleichgewichtsbedingung Gi(n) = 0 folgt: n



x i (n VK )

e  2 ˜ b ˜ e { nVK , q(n VK ) c

4 ˜ c ˜ e { q VK ,

c VK { x i ĺ Minimum der Durchschnittskosten (vgl. Aufgabe 3). e

8. Kurzlösungen

253

zu c)

8

6

4

qM* 2 q(x)

0

2

4

x1*

6

8

x

x*

Lösung Aufgabe 11:

zu a) q( x)

a 1  ˜x b b

E ( x)

( A  B ˜ x) ˜ x

A B˜x

20  8 ˜ x ,

B ˜ x 2  A ˜ x

(Abbildung nächste Seite) zu b)

dq( x) ˜ x  q( x) GK ( x) . dx GE(x) x

A 2 ˜ ( B  e)

a { xM 2 ˜ (1  b ˜ e)

1.

wobei A {

1 a und B { . b b

8 ˜ x 2  20 ˜ x .

254

8. Kurzlösungen

zu a und c) E(x) K(x) 2

K(x) = 4 + 2 x

15

10 2

E(x) = 20 x - 8 x

5

0

1 M x

2

x

zu d) A ˜ ( B  2 ˜ e) 2 ˜ ( B  e)

q( x M )

a (1  2 ˜ b ˜ e) ˜ { qM . b ( 2  2 ˜ b ˜ e)

Lösung Aufgabe 12:

zu a) / b) / c) q(x) GK(x) DK(x) GE(x) 20

H

15

qM

C

D

GK(x) = 4 x

10

DK(x) = 4x + 2 x

F

G

5

E

GE(x) = 20 - 16 x A

0

q(x) = 20 - 8 x

B

1 xM

2

x

8. Kurzlösungen

255

zu a) dE ( x) dx

GE ( x)

A 2˜ B˜ x

20  16 ˜ x .

zu b) M

0.

Absatzmenge x : Strecke A-B.

1.

Stückerlös (Monopolpreis q ): Strecke C-B.

2.

Gesamterlöse: Rechteck A-B-C-D, denn E

3.

Stückkosten (Durchschnittskosten) DK ( x M ) : Strecke F-B.

4.

Gesamtkosten: Rechteck A-B-F-G, denn K ( x M )

5.

Variable Kosten K V ( x M ) : Dreieck A-B-E, denn K V ( x M )

M

qM ˜ xM .

DK ( x M ) ˜ x M .

³

xM

GK ( x) dx .

0

K ( x M )  KV ( x M ) .

6.

Fixkosten K F : Trapez A-E-F-G, denn K F

7.

Stückgewinn: Stecke C-F, denn Stückgewinn = Stückerlös – Stückkosten.

8.

Gewinn: Rechteck G-F-C-D, denn Gewinn = Gesamterlöse – Gesamtkosten.

zu c) Konsumentenrente: Fläche des Dreiecks D-C-H. Produzentenrente: Fläche des Rechtecks G-F-C-D. Sozialer Überschuß: Fläche des Trapezes G-F-C-H. Lösung Aufgabe 13:

zu a) x VK

a a ! 1 2˜b ˜e 2  2˜b ˜e

x VK

5 | 1,67 (Zum Vergleich: x M 3

xM ,

denn 1  2 ˜ b ˜ e  2  2 ˜ b ˜ e .

zu b)

q( x VK )

2˜ A˜e B  2˜e

2˜a˜e 1 2 ˜b ˜ e

q VK

1 ). 20 | 6,67 (Zum Vergleich: q M 3

12 ).

256

8. Kurzlösungen

zu c) q(x) GK(x) DK(x) GE(x) 20

H

15

q

M

C

D

GK(x) = 4 x

10

qVK

DK(x) = 4x + 2 x

K

L G

5

E

F

GE(x) = 20 - 16 x A

B

0

1 xM

q(x) = 20 - 8 x

J

x

2

xVK

Preis-Mengen-Kombination: Punkt K. Konsumentenrente: Fläche des Dreiecks L-K-H. Produzentenrente: Fläche G-F-E-K-L, denn Produzentenrente = Gewinn = Gesamterlöse – Gesamtkosten. 0.

Absatzmenge xVK: Strecke A-J.

1.

Stückerlös (Preis qVK): Strecke J-K.

2.

Gesamterlöse: Rechteck A-J-K-L, denn E

3.

Fixkosten KF: Trapez A-E-F-G (siehe Aufgabe 12c).

4.

Variable Kosten: Dreieck A-J-K, denn KV ( xVK )

5.

q VK ˜ x VK .

Gesamtkosten: Fläche A-J-K-E-F-G, denn K ( x VK )

Sozialer Überschuß:

³

xVK

GK ( x) dx .

0

K F  K V ( x VK ) .

Fläche G-F-E-K-H.

zu d) Veränderung des Sozialen Überschusses: Fläche E-K-C (deadweight loss of monopoly).

8. Kurzlösungen

257

Lösung Aufgabe 14:

Konsumentenrente: Bei Ausnutzung der Monopolmacht:

KR M

a2 . 2 ˜ b ˜ ( 2  2 ˜ b ˜ e) 2

Bei vollständiger Konkurrenz:

KR VK

a2 . 2 ˜ b ˜ (1  2 ˜ b ˜ e) 2

Bei Ausnutzung der Monopolmacht:

PR M

a2 c. 4 ˜ b ˜ (1  b ˜ e)

Bei vollständiger Konkurrenz:

PR VK

a2 ˜e c . (1  2 ˜ b ˜ e) 2

Bei Ausnutzung der Monopolmacht:

SÜ M

a 2 ˜ (3  2 ˜ b ˜ e) c . 2 ˜ b ˜ ( 2  2 ˜ b ˜ e) 2

Bei vollständiger Konkurrenz:

SÜ VK

a2 c. 2 ˜ b ˜ (1  2 ˜ b ˜ e)

Veränderung Sozialer Überschuß:

'SÜ

Produzentenrente:

Sozialer Überschuß:

a2 . 2 ˜ b ˜ (1  2 ˜ b ˜ e) ˜ (2  2 ˜ b ˜ e) 2

Lösung Aufgabe 15:

zu a) G (q )

q

q ˜ x(q)  K >x(q)@ .

a (1  2 ˜ b ˜ e) ˜ { qM . b ( 2  2 ˜ b ˜ e)

zu b)

H x (q M )

(1  2 ˜ b ˜ e)

1,5 (elastisch).

Lösung Aufgabe 16:

zu b) G (q1 , q 2 )

q1 ˜ x1 (q1 )  q 2 ˜ x 2 (q 2 )  K >x1 (q1 )  x 2 (q1 )@ .

258

8. Kurzlösungen § 1 q1 ( x1 ) ˜ ¨¨1  H x1 (q1 ) ©

§ 1 GK ( x) und q 2 ( x 2 ) ˜ ¨¨1  H x2 ( q 2 ) ©

· ¸ ¸ ¹

zu c) x1

1 M , q1 2

M

x2

3 M , H x1 (q1 ) 2

3 M , q2 2

M

3 ,

5 M , H x2 ( q 2 ) 2

5  . 3

q1 ( x 1 ) q2 ( x 2 ) GE1(x1) GE2(x2)

4

3 q2

M

q1

M

C2

2 C1

GK(x) q2(x2)

1

q1(x1)

GE2(x2)

GE1(x1) 0 x1M

1

x2

M

2

3

zu d) (Aggregierte) Nachfragefunktion:

x(q)

­6  2 ˜ q, falls q  2, ® falls q t 2. ¯4  q ,

(Aggregierte) Preis-Absatz-Funktion: q( x)

falls x  >0,2 , ­4  x , ° ®3  1 ˜ x, falls x  >2,6@. °¯ 2

4

x1 x2

· ¸ ¸ ¹

GK ( x) .

8. Kurzlösungen

259

Grenzerlösfunktion:

­4  2 ˜ x, falls x  >0,2 , ® falls x  >2,6@. ¯3  x,

GE ( x)

ĺ 2 Schnittpunkte zwischen Grenzerlöskurve und Grenzkostenkurve: Punkt I:

( xI

*

Punkt II: ( x II

*

1,5 , q I 2 , q II

*

*

2,5 ) 2)

Vergleich der Gewinne: *

GI ( x I )

*

2,25 ! GII ( x II )

2 Ÿ q*

2,5 .

q(x) GE(x)

4

3 C

M

q

2

q(x)

GK(x)

1

q1(x)

0

1

q2(x)

GE(x)

x

M

2

3

4

5

Lösung Aufgabe 17:

zu a) q( x)

A  (n  1) ˜ B ˜ x ,

wobei A {

a 1 und B { . b b

(Abbildung nächste Seite) zu b)

x M ( n)

G ( n)

a , q M ( n) 2 ˜ ( n  1  b ˜ e) a2 c . 4 ˜ b ˜ ( n  1  b ˜ e)

a ˜ ( n  1  2 ˜ b ˜ e) , 2 ˜ b ˜ ( n  1  b ˜ e)

6

x

260

8. Kurzlösungen q (x)

a b

x(q)

a n1 + 1

q (x) x(q )

a n2 + 1

q¢(x)

x¢(q )

0

a b

q

0

a n2 + 1

zu c) Es gilt: n = 0. Preis-Absatz-Funktion:

q( x) 12  3 ˜ x .

Grenzerlösfunktion:

GE ( x) 12  6 ˜ x .

Grenzkostenfunktion:

GK ( x)

4˜ x .

Durchschnittskostenfunktion:

DK ( x)

4  2˜ x . x

Monopolmenge:

x M (0)

a 2 ˜ (1  b ˜ e)

Monopolpreis:

q M (0)

a ˜ (1  2 ˜ b ˜ e) 2 ˜ b ˜ (1  b ˜ e)

Monopolgewinn:

G M ( 0)

a2  c { 3,2 . 4 ˜ b ˜ (1  b ˜ e)

1,2 . 8,4 .

(Abbildung nächste Seite) zu d) Nein. zu e) n MK

a2  (1  b ˜ e) , x MK 4˜b˜c

2˜b˜c , q MK a

Der Gewinn ist definitionsgemäß null.

a 2˜b˜c ˜e .  a 2˜b

a n1 + 1

x

8. Kurzlösungen

261

zu c) und f) q(x) GK(x) DK(x) GE(x) 14

GK(x)

12 10 C

qM q

MK

DK(x)

8 A

6 q(x)

4 GE(x)

2 GE ¢(x)

0 xMK

q ¢(x)

1

xM

2

3

4

Lösung Aufgabe 18:

zu a) q( x)

16 4  ˜x. (n  1) (n  1)

(Abbildung nächste Seite) zu b) 16 § 2  e ˜ n  e · ˜¨ ¸, (n  1) © 4  e ˜ n  e ¹

x M ( n)

8 , q M (n) 4 e˜n  e

G M ( n)

64 c . (n  1) ˜ (4  e ˜ n  e)

x

262

8. Kurzlösungen

x(q) a

q(x)

16 n1 + 1

x(q) q(x)

16 n2 + 1

xc(q)

qc(x)

0

16 n1 + 1

16 n2 + 1

0

a

q

q

zu c) Es gilt: n = 0. Preis-Absatz-Funktion:

q( x) 16  4 ˜ x .

Grenzerlösfunktion:

GE ( x) 16  8 ˜ x .

Grenzkostenfunktion:

GK ( x)

4˜ x .

Durchschnittskostenfunktion:

DK ( x)

4  2˜ x . x

Monopolmenge:

x M (0)

8 4e

Monopolpreis:

q M (0)

16 § 2  e ˜ n  e · ˜¨ ¸ (n  1) © 4  e ˜ n  e ¹

Monopolgewinn:

G M (0)

64 c (n  1) ˜ (4  e ˜ n  e)

(Abbildung nächste Seite) zu d) Nein. zu e) n MK

1 , x MK

1 , q MK

6.

Der Gewinn ist definitionsgemäß null.

4 | 1,33 . 3

32 | 10,67 . 3 20 | 6,67 . 3

8. Kurzlösungen

263

zu c) und f) q(x) GK(x) DK(x) GE(x) 16 GK ( x) = 4 × x

14 12

C

qM

10

GE(x)

DK ( x) =

8 q

MK

6

4 + 2× x x

A1

q(x)

GE'(x)

4 q'(x)

2 0

1 xMK xM

2

3

4

x

Lösung Aufgabe 19:

zu a) q( x)

28  8 ˜ x ,

bzw.

q( x1 , x 2 )

28  8 ˜ ( x1  x 2 ) .

zu b) G1 ( x1 , x 2 )

q( x1 , x 2 ) ˜ x1  K1 ( x1 )

G2 ( x1 , x 2 )

q( x1 , x 2 ) ˜ x 2  K 2 ( x 2 )

x2

2

10 ˜ x1  (28  8 ˜ x 2 ) ˜ x1  4 , 2

10 ˜ x 2  (28  8 ˜ x1 ) ˜ x 2  4 .

G 4 7 5  ˜ x1  1 (Isogewinnlinien Unternehmen 1). 2 4 8 ˜ x1

(Abbildung nächste Seite) zu c) x1

f1 ( x 2 )

7 2  ˜ x2 , 5 5

x2

f 2 ( x1 )

7 2  ˜ x1 . 5 5

264

8. Kurzlösungen

zu b) / c) / d) x2

f1(x2)

3

2

C

C

x2 1 G1= 0

G1= 6

f2(x1)

G1=12

0

1 x1C

2

3

x1

zu d) x1

C

x1

C

x2

C

1.

zu e) a ˜ (1  2 ˜ b ˜ e2 ) C , x2 4 ˜ (1  b ˜ e1 ) ˜ (1  b ˜ e2 )  1

Falls e1 x1

C

x2

e und c1

e2 C

c2

a ˜ (1  2 ˜ b ˜ e1 ) . 4 ˜ (1  b ˜ e1 ) ˜ (1  b ˜ e2 )  1

c:

a . 3 2˜b˜e

Lösung Aufgabe 20: C

x i ( n) C

Gi (n)

a , q C ( n) 1 n  2˜b ˜ e

a § 1 2 ˜b ˜ e · ¨ ¸, b ©1 n  2 ˜b ˜ e ¹

a2 (1  b ˜ e) ˜ c. b (1  n  2 ˜ b ˜ e) 2

8. Kurzlösungen

265

Aus der Gleichgewichtsbedingung GiC(n) = 0 folgt: a˜

n

q(n C )

1 b ˜e  (1  2 ˜ b ˜ e) { n C , xi (n C ) b˜c

b˜c C { xi , 1 b ˜e

(1  2 ˜ b ˜ e) b˜c ˜ { qC . b 1 b ˜ e

Lösung Aufgabe 21:

zu a) q( x1 , x 2 ) ˜ ( x1  x 2 )  K1 ( x1 )  K 2 ( x 2 )

G ( x1 , x 2 )

2

2

10 ˜ x1  10 ˜ x 2  28 ˜ x1  28 ˜ x 2  16 ˜ x1 ˜ x 2  8 ,

x1

K

x1

7

K

9

.

zu b) x2

3

f1(x2)

2 BEO 1

C

1 K

x2

K f2(x1) BEO 2 0

1

2

3

x1

K

x1

zu c) x1

K

a ˜ e2 K , x2 2 ˜ (e1  e2  b ˜ e1 ˜ e2 )

a ˜ e1 . 2 ˜ (e1  e2  b ˜ e1 ˜ e2 )

266

8. Kurzlösungen Falls e1 x1

K

x2

e und c1

e2 K

c2

c:

a . 4  2˜b˜e

Lösung Aufgabe 22:

zu a)

Unternehmen 1

Angebotsmengen:

Unternehmen 2 Kooperation

keine Kooperation

Kooperation

a b˜e a  b ˜ e , 4 4

a  b ˜ e 3 ˜ ( a  b ˜ e) , 4 8

keine Kooperation

3 ˜ ( a  b ˜ e) a  b ˜ e , 8 4

a b˜e a b˜e , 3 3

Unternehmen 1

Marktpreise:

Unternehmen 2 Kooperation

keine Kooperation

Kooperation

a  b˜e 2˜b

3˜ a  5˜b ˜e 8˜b

keine Kooperation

3˜ a  5˜b ˜e 8˜b

a  2˜b˜e 3˜b

Unternehmensgewinne:

Unternehmen 2

Unternehmen 1

Kooperation 2

Kooperation

keine Kooperation 2

1 ( a  b ˜ e) 1 ( a  b ˜ e) ˜ c, ˜ c 8 8 b b

keine 9 ( a  b ˜ e) 2 3 ( a  b ˜ e) 2 ˜ c , ˜ c Kooperation 64 b b 32

3 ( a  b ˜ e) 2 9 ( a  b ˜ e) 2 ˜ c, ˜ c 32 64 b b 1 ( a  b ˜ e) 2 1 ( a  b ˜ e) 2 ˜ c , ˜ c b b 9 9

zu b)

Unternehmen 1

Unternehmen 2 Kooperation

keine Kooperation

Kooperation

R = 36, R = 36

S = 18, T = 45

keine Kooperation

T = 45, S = 18

P = 28, P = 28

8. Kurzlösungen

267

NASH-Gleichgewicht: (keine Kooperation, keine Kooperation) Spieltyp: Gefangenendilemma, denn T > R > P > S. zu c) 1. Existenz Kapitalmarktzinssatz, Unsicherheit über Fortsetzung der Interaktion. 2. BW K

§ 1 · ¨ ¸˜R. ©1 w ¹

3. BW D

T R § w · T ¨ ¸˜P ĺ w  1  w T P © ¹

9 | 0,529 . 17

4. Nie kooperieren! Lösung Aufgabe 23:

zu a) x1

S

G1

S

Ae 2˜ B

a b˜e S , x2 2

( A  e) 2 c 8˜ B

Ae 4˜ B

a b˜e , qS 4

( a  b ˜ e) 2 S  c , G2 8˜b

A  3˜e 4 2

( A  e) c 16 ˜ B

3 ˜ ( a  b ˜ e)  2˜c. 16 ˜ b

zu b) Ae 1 1  ˜ x1 12  ˜ x1 (Reaktionsfunktion). 2˜ B 2 2

x2

f 2 ( x1 )

x2

Ae ( A  e) 2  x1  B 8 ˜ B 2 ˜ x1

(Abbildung nächste Seite)

24  x1 

2

( a  b ˜ e) c, 16 ˜ b

2

PR S

a  3˜b ˜e , 4˜b

72 (Isogewinnlinie). x1

268

8. Kurzlösungen x2 25

20

15

10 x

C

C 2

x2S

S

5

f 2( x 1 )

0

5

x 1C

10

x1S

15

20

25

x1

zu c) und d) Größe

Kollusion

COURNOT

STACKELBERG

x1

a b˜e =6 4

a  b˜e =8 3

a b˜e = 12 2

x2

a  b˜e =6 4

a  b˜e =8 3

a  b˜e =6 4

x

a b˜e = 12 2

2 ˜ ( a  b ˜ e) = 16 3

3 ˜ ( a  b ˜ e) = 18 4

qM

a  b˜e = 13 2˜b

a  2˜b˜e =9 3˜b

a  3˜b ˜ e =7 4˜b

G1

( a  b ˜ e) 2  c = 36 8˜b

( a  b ˜ e) 2  c = 28 9˜b

( a  b ˜ e) 2  c = 36 8˜b

G2

( a  b ˜ e) 2  c = 36 8˜b

( a  b ˜ e) 2  c = 28 9˜b

( a  b ˜ e) 2 c = 0 16 ˜ b

PR

1 ( a  b ˜ e) 2 ˜  2 ˜ c = 72 4 b

2 ( a  b ˜ e) 2 ˜  2 ˜ c = 56 9 b

3 ( a  b ˜ e) 2 ˜  2 ˜ c = 36 16 b

KR

1 ( a  b ˜ e) 2 = 72 ˜ 8 b

2 ( a  b ˜ e) 2 = 128 ˜ 9 b

9 ( a  b ˜ e) 2 = 162 ˜ 32 b



3 ( a  b ˜ e) 2 ˜  2 ˜ c = 144 8 b

4 ( a  b ˜ e) 2 ˜  2 ˜ c = 184 9 b

15 ( a  b ˜ e) 2 ˜  2 ˜ c =198 32 b

8. Kurzlösungen

269

Lösung Aufgabe 24:

zu a) C

x1

x2

4 C , q 3

C

8 , G1

C

G2

C

8.

zu c) x2 (q1.q2 )

falls q2 ! q1 , ­0, ° q 20 9  1 9 ˜ , falls q2 q1 , ® 2 °40 9  2 9 ˜ q , falls q  q . 2 2 1 ¯

Mit q1 11 :

x2 (q1.q2 )

falls q2 ! 11, ­0, ° falls q2 11, ®1, °40 9  2 9 ˜ q , falls q  11. 2 2 ¯

x2(q2,q1) 5 4 x2(q2,q1=11) 3 2 1

0

5

10

q1

15

zu d) G2 (q1.q2 )

falls q2 ! q1 , ­0, ° 2 falls q2 q1 , ®(q2  22 ˜ q2  40) 9 , °(2 ˜ q 2  44 ˜ q  80) 9 , falls q  q . 2 2 2 1 ¯

Mit q1 11 :

G2 (q1.q2 )

falls q2 ! 11, ­0, ° falls q2 11, ®9, °(2 ˜ q 2  44 ˜ q  80) 9 , falls q  11. 2 2 2 ¯

20

q2

270

8. Kurzlösungen G2(q2,q1)

20 G2(q2,q1=11)

15

10

5

0

5

10

15

q1

20

q2

zu e)

q2

­ qM , ° ° q  P, g 2 (q1 ) ® 1 °t q1 , °q  P , ¯ 1

falls q1 ! q M , falls e  q1 d q M , falls q1 e, falls 0 d q1  e.

Dabei bezeichnet qM den Monopolpreis. Mit q M

11 und e

2 folgt:

q2

­ 11, ° q  P, ° g 2 (q1 ) ® 1 °t 2, °¯q1  P ,

falls q1 ! 11, falls 2  q1 d 11, falls q1 2, falls 0 d q1  2.

q1

­ 11, ° q  P, ° g1 (q 2 ) ® 2 °t 2, °¯q 2  P ,

falls q 2 ! 11, falls 2  q 2 d 11, falls q 2 2, falls 0 d q 2  2.

zu f) NASH-Gleichgewicht: (q1 q1

B

q2

B

2 , x1

B

x2

B

e, q 2 2 , G1

e) , d.h. Preis = Grenzkosten. B

G1

B

0.

8. Kurzlösungen

271

zu g) q1

B

2  P , q 2 t 2 , x1

B

4

G1

B

B

4

2 B ˜ P | 4 , x2 9

34 2 B ˜ P  ˜ P 2 | 4 , G2 9 9

0,

0.

Lösung Aufgabe 25:

zu a) 1. Nachfragefunktion des Unternehmens 2:

x 2 (q1 .q 2 )

Mit q1

falls q 2 ! q1 ,½ ­0, °° °° 1 ® ˜ (a  b ˜ q 2 ), falls q 2 q1 ,¾ ° °2 falls q 2  q1 ,°¿ °¯a  b ˜ q 2 ,

falls q 2 ! q1 , ­0, ° ®20 9  1 9 ˜ q 2 , falls q 2 q1 , °40 9  2 9 ˜ q , falls q  q . 2 2 1 ¯

8:

x 2 (q1 .q 2 )

falls q 2 ! 8, ­0, ° falls q 2 8, ®4 3 , °40 9  2 9 ˜ q , falls q  8. 2 2 ¯

x2(q2,q1) 5 4 x2(q2,q1= 8) 3 2 1

0

5

q1

10

15

20

q2

2. Gewinnfunktion Unternehmen 2:

G2 (q1.q2 )

falls q2 ! q1 , ­0, ° 2 ®q2 ˜ (a  b ˜ q2 ) 2  c  e ˜ (a  b ˜ q2 ) 4 , falls q2 q1 , °q ˜ ( a  b ˜ q )  c  e ˜ ( a  b ˜ q ) 2 , falls q2  q1. 2 2 ¯ 2

272

8. Kurzlösungen falls q 2 ! q1 , ­0, ° 2 ®(11 ˜ q 2  260 ˜ q 2  1124) 81, falls q 2 q1 , °(26 ˜ q 2  680 ˜ q  3524) 81, falls q  q . 2 2 2 1 ¯

G2 (q1 .q 2 )

Mit q1

8:

G2 (q1 .q 2 )

falls q 2 ! 8, ­0, ° falls q 2 8, ®28 9 , °(26 ˜ q 2  680 ˜ q  3524) 81, falls q  8. 2 2 2 ¯

G2(q2,q1)

10

G2(q1,q2)|q2q1)

0

5

q1

10

20 q2

15

3. Reaktionsfunktionen:

q2

­ qM , ° ° q  P, g 2 (q1 ) ® 1 ° q1 , °q  P , ¯ 1

falls q1 ! q M , falls q    q1 d q M , falls q  d q1 d q   , falls 0 d q1  q  .

Dabei bezeichnet qM den Monopolpreis. Mit q M

q2

170 13 | 13,08 , q  | 5,7 , q  

­ ° ° g 2 (q1 ) ® ° °¯

8 und e

170 13 , falls q1 ! 170 13 , q1  P ,

falls 8  q1 d 170 13 ,

q1 ,

falls 5,7 d q1 d 8,

q1  P ,

falls 0 d q1  5,7.

2 folgt:

8. Kurzlösungen

q1

273

­ 170 13 , ° q  P, ° g 1 (q 2 ) ® 2 ° q2 , °¯q 2  P ,

falls q 2 ! 170 13 , falls 8  q 2 d 170 13 , falls 5,7 d q 2 d 8, falls 0 d q 2  5,7.

4. NASH-Gleichgewichte: Alle Preise q1 und q2, für die gilt: q1 = q2 und q+ ” q1 ” q++ ĺ q1

B

q2

B

8 ist ein NASH-Gleichgewicht!

zu b) B

GK i ( xi )

4 ˜ xi

B

16 B | 5,33  qi 3

8 , Gi

B

28 | 3,11 ! 0 . 9

Lösung Aufgabe 26: zu a) Gewinnfunktionen: G1 (q1 , q 2 )

(q1  e1 ) ˜ (16  2 ˜ q1  q 2 ) , G2 (q1 , q 2 )

(q 2  e2 ) ˜ (16  2 ˜ q 2  q1 ) .

Isogewinnlinien: q2

q 2 (q1 )

Mit e1 q2

2 ˜ q1 

G1  16 . (q1  e1 )

7 folgt:

q 2 (q1 )

2 ˜ q1 

G1  16 . (q1  7)

(Abbildung nächste Seite) zu b) Reaktionsfunktionen: q1

g1 (q 2 )

Mit e1 q1

e2

g 1 (q 2 )

8  e1 1  ˜ q2 , q2 2 4

g 2 (q1 )

8  e2 1  ˜ q1 . 2 4

7: 15 1  ˜ q 2 ĺ q2 2 4

4 ˜ q1  30 , q 2

g 2 (q1 )

15 1  ˜ q1 . 2 4

274

8. Kurzlösungen q2

g1(q2)

G1=27 G1=18 G1=9

15 g2(q1)

D

D

q2 10

G 2D

5

0

5

10 q1D

q1

15

zu c) q1

2 ˜ (40  4 ˜ e1  e2 ) D , q2 15

D

Mit e1 q1

D

q1

D

e2 q2

D

2 ˜ (40  e1  4 ˜ e2 ) . 15

7: 10 , G1

D

G2

D

18 .

zu d)

2 ˜ b ˜ (a  b ˜ e1 )  d ˜ (a  b ˜ e2 ) D , q2 2 2 4˜b  d

2 ˜ b ˜ (a  b ˜ e2 )  d ˜ (a  b ˜ e1 ) . 4 ˜ b2  d 2

Lösung Aufgabe 27: zu b) S

G1 (c)

1 ( a  b ˜ e) 2 ˜ c 8 b

S

72  c , G2 (c)

1 ( a  b ˜ e) 2 ˜ c 16 b

36  c .

(Abbildung nächste Seite) zu c) 1 ( a  b ˜ e) 2 ˜ 16 b

cb

S

36 , G1 (cb )

1 ( a  b ˜ e) 2 ˜  cb 8 b

1 ( a  b ˜ e) 2 ˜ 16 b

zu d) M

G1 (cb  H )

1 ( a  b ˜ e) 2 ˜  (cb  H ) b 4

3 ( a  b ˜ e) 2 ˜ H b 16

108  H .

36 .

8. Kurzlösungen

275

1 ( a  b ˜ e) 2 ˜ 4 b

cc

144 .

zu f) x1

SSD

M

a b˜e  2˜ b˜c ,

(c )

>

G1 x1

SSD

(c )

@



( a  b ˜ e) ˜ b˜c  5˜c . b

zu b) / d) / f) G1(c) G2(c) 140 120 100 G1(c)

80 60 G2(c)

40 20 0 cm

20

40 cb

60

Lösung Aufgabe 28: zu a) E (e1 )

e

4 { e1 .

zu b) E >g1 (q 2 )@ 6  q2

asym

9,6 .

1 e ˜ q 2 { q1 , 4

80

100

120

140 cc

c

276

8. Kurzlösungen

zu c) / d) / e) e1

n

verheimlichen

E1 offenbaren

h

verheimlichen

offenbaren

q2

9,6

9,2

9,6

10

q1

6,9

6,8

9,9

10

G1

69,62

67,28

16,82

18

G2

9,62

9,68

17,42

18

n

1 : ĺ Verheimlichen, denn 69,62 > 67,28.

h

7 : ĺ Offenbaren, denn 18 > 16,82.

Fall 1: e1

e1

Fall 2: e1

e1

Fall 1: e1

e1

n

Fall 2: e1

1

g1(q2|e1h)

q2

e1

h

7

g1(q2|e1n)

q2

g1(q2|e1e)

e

g1(q2|e1 )

h

g1(q2|e1n)

g1(q2|e1 )

15

15

q2asym

g2 ( q1 )

An Dn

q2sym

g2 ( q1 )

Dh

q2sym

Ah

q2asym 5

5

0

5 10 q1sym q1asym

15

0

q1

Lösung Aufgabe 29: zu a) 2

G1 (q1 ) b ˜ q1  (a  b ˜ e1 ) ˜ q1  a ˜ e1 , M

q1 (e1 )

a  b ˜ e1 , M 1 (e1 ) 2˜b

2

(a  b ˜ e1 ) . 4˜b

5

q1asym q1sym

15

q1

8. Kurzlösungen

277

Bezeichnungen: n

M

n

qm { q1 (e1 ) ,

h

n

M 1 { M 1 (e1 ) ,

qm { q1 (e1 ) , n

h

M 1 { M 1 (e1 ) , n

M 1 (q1 ) { G1 (q1 | e1

qm

n

n

n

M 1 (q1 )

h

16 , M 1

n

h

h

25 , b 1 und e1 13 , qm

h

M 1 (q1 ) { G1 (q1 | e1

e1 ) , n

Mit a

M

1 bzw. e1 144 , M 1

h

7 folgt:

h

81 ,

h

2

h

e1 ) .

2

q1  26 ˜ q1  25 , M 1 (q1 )

q1  32 ˜ q1  175 .

zu b) n

M 1  M 1 (q1 ) b ˜ (qm  q1 ) 2 ,

h

M 1  M 1 (q1 ) b ˜ (qm  q1 ) 2 .

y1 (q1 )

y1 (q1 )

n

n

n

h

h

h

n

Mit a 25 , b 1 und e1 1 bzw. e1 aufgabe a) bestimmten Größen: n

q1  26 ˜ q1  169 ,

h

q1  32 ˜ q1  256 .

y1 (q1 ) y1 (q1 )

h

7 folgt unter Verwendung der in Teil-

2

2

(Abbildung nächste Seite) zu c) D1 (e1 )

( A  2 ˜ e1  4) 2 9˜ B

(a  2 ˜ b ˜ e1  4 ˜ b) 2 , 9˜b

D2 (e1 )

( A  8  e1 ) 2  48 9˜ B

(a  8 ˜ b  b ˜ e1 ) 2  48 . 9˜b

Bezeichnungen: n

n

h

D1 { D1 (e1 ) , n

n

h

D2 { D2 (e1 ) ,

Mit a D1

n

h

h

D2 { D2 (e1 ) . n

1 bzw. e1

n

12 , D2

25 , b 1 und e1 81 , D1

h

D1 { D1 (e1 ) ,

25 , D2

h

h

7 folgt: 16 .

278

8. Kurzlösungen n

M 1 (q1 ) h M 1 (q1 ) M1

n

140

M 1 (q1 ) = -q1 + 26 × q1 - 25 n

2

120 M 1 (q1 ) = -q1 + 32 × q1 - 175 h

100 M1

h

2

80 60 40 20 0

5

10 qm

n

15 qm

20

h

25

30

q1

25

30

q1

n

y1 (q1 ) h y1 (q1 ) y1 (q1 ) = q1 - 26 × q1 + 169 n

140

2

y1 (q1 ) = q1 - 32 × q1 + 256 h

120

2

100 80 60 40 20 0

5

10 qm

n

15 qm

20 h

zu e) n

p ˜ D2  (1  p) ˜ D2

h

1 1 ˜ (12)  ˜ 16 2 2

ĺ es gibt kein Pooling-Gleichgewicht.

2 ! 0.

8. Kurzlösungen

279

zu f) h n h h 1. Bedingung 1: y1 (q1 ) t w ˜ ( M 1  D1 ) . h

h

2

Mit M 1 81 (vgl. Teilaufgabe a), y1 (q1 ) q1  32 ˜ q1  256 (vgl. Teilaufgah 25 (vgl. Teilaufgabe c) und w 0,8 folgt: be b), D1 n

n

n

n

*

(q1 ) 2  32 ˜ q1  211,2 t 0 ĺ q1 d q1 | 9,3 und 22,7 d q1 . n

n

n

n

Bedingung 2: w ˜ ( M 1  D1 ) t y1 (q1 ) . n

n

2

Mit M 1 144 (vgl. Teilaufgabe a), y1 (q1 ) q1  26 ˜ q1  169 (vgl. Teilaufn gabe b), D1 81 (vgl. Teilaufgabe c) und w 0,8 folgt: n

n

n

**

0 t (q1 ) 2  26 ˜ q1  118,6 ĺ q1 | 5,9 d q1 d 20,1 . n

y1 (q1 ) h y1 (q1 ) y1 (q1 ) = q1 - 26 × q1 + 169 n

140

2

y1 (q1 ) = q1 - 32 × q1 + 256 h

120

2

100 80 w × ( M 1 - D1 ) = 50,4 n

n

60 40 w × ( M 1 - D1 ) = 44,8 h

20 0

5 q1

**

q1

*

10

15 q1

n

q1

20

25

h

Bedingung 2 Bedingung 1

Bedingung 1

30

h

q1

280

8. Kurzlösungen

2. / 3. / 4. e1 Information:

symmetrisch

Periode 1: q1

n

e1 asymmetrisch *

n

qm = 13 n

x1

xm = 12

G1 Periode 2: q x1

qm = 16

x = 15,7

xm = 9

M1 (q1 ) = 130,4

n

qm = 13

n

xm = 12

qm = 13 xm = 12

h

q1 = 9,3

n

M1 = 144

n

symmetrisch

h

*

h

M1 = 81

n

q = 12

n

x1 = 5

C

h

D2 = 16

M1 = 144

D1 = 25

G2





D2 = 16

Mit V = 120.000 € und pi = ½ (i = 1, 2, 3): I = 35.000 €. zu b) E(Gk) = 25.000 €. zu c) pj

JV

2 . 3

C

q = 12

D1 = 25

M1 = 144

pi ˜ p j pi p j · § ¸. p k ˜ V ˜ ¨¨1    3 2 2 ¸¹ ©

M1 = 81

h

G1

I

h

x2 = 8

x2 = 8

zu a)

h

xm = 9

x =5



Lösung Aufgabe 30:

h

qm = 16

C

– n

asymmetrisch

C

x2 n

h

C

C

h h

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