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German Pages 337 Year 2007
Jürgen Ensthaler · Kai Strübbe · Leonie Bock Zertifizierung und Akkreditierung technischer Produkte
Jürgen Ensthaler · Kai Strübbe · Leonie Bock
Zertifizierung und Akkreditierung technischer Produkte Ein Handlungsleitfaden für Unternehmen
Mit 57 Abbildungen
123
Professor Dr. Dr. Jürgen Ensthaler Technische Universität Berlin Lehrstuhl für Wirtschafts-, Unternehmensund Technikrecht Straße des 17. Juni 135 10623 Berlin e-mail: J.Ensthaler @ww.tu-berlin.de
Dr. Kai Strübbe Technische Universität Kaiserslautern Wirtschaftswissenschaften Gottlieb-Daimler-Str. Gebäude 42/230 67653 Kaiserslautern e-mail: [email protected]
Ass. jur. Leonie Bock Technische Universität Berlin Lehrstuhl für Wirtschafts-, Unternehmensund Technikrecht Straße des 17. Juni 135 10623 Berlin e-mail: [email protected]
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ISBN 978-3-540-69435-9 Springer Berlin Heidelberg New York Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2007 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Text und Abbildungen wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet. Verlag und Autor können jedoch für eventuell verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Satz: Digitale Druckvorlage der Autoren Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig Einbandgestaltung: WMXDesign GmbH, Heidelberg SPIN 11894315
7/3180/YL – 5 4 3 2 1 0
Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort
Zur Gewährleistung der Warenverkehrsfreiheit für technische Produkte wurde von der Europäischen Kommission ein neues System der Akkreditierung und Zertifizierung von Waren aufgestellt (New Approach und Global Approach) und weiterentwickelt. Erst durch dieses System funktioniert der freie Warenaustausch mit technischen Produkten in Europa. Der vorliegende Leitfaden befasst sich mit den aus unternehmerischer Sicht praxisrelevanten neuesten Aspekten nach der Überarbeitung des Systems. Zu diesem Zweck werden die gesetzlichen, technischen und normativen Anforderungen für Juristen, Betriebswirte und Ingenieure dargestellt und anhand zahlreicher Beispiele verdeutlicht. Aber auch an die Organisationen, welche Zertifizierungen durchführen bzw. sicherheitstechnisch relevante Prüfungen überwachen, richtet sich dieses Handbuch. Danken möchten wir zunächst allen mitwirkenden Partnern und Teilnehmern in Industrie- und Forschungsprojekten, Workshops sowie Seminaren, ohne deren Engagement das vorliegende Werk nicht hätte entstehen können. Besonderer Dank gilt hier Herrn Marian Hayn und Herrn Matthias Honnacker. Unseren Mitarbeitern Frau Katrin Gebhard, Herrn Emin Genc, Frau Katja Wieck und Frau Simone Dux danken wir für die tatkräftige Unterstützung bei den Korrektur- und Recherchearbeiten sowie der drucktechnischen Aufbereitung dieses Werkes. Für den Anstoß, dieses Werk in Angriff zu nehmen, möchten wir uns recht herzlich bei den Mitarbeitern des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung bedanken. Berlin/Kaiserslautern, im Frühjahr 2007
Jürgen Ensthaler Kai Strübbe Leonie Bock
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung .......................................................................................... 1
2
Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe ....................................................................... 3 Grundlegende Systembeschreibung ................................................... 3 2.1.1 Ziel des Systems................................................................... 3 2.1.2 Genereller Aufbau des Systems ........................................... 4 2.1.3 Die Überprüfung von technischen Produkten ...................... 5 2.1.4 Akkreditierung in Deutschland .......................................... 10 2.1.5 Zertifizierung in Deutschland............................................. 14 Rolle der Zertifizierung und Akkreditierung im Europäischen Binnenmarkt ..................................................................................... 18 2.2.1 Die Eckdaten des New and Global Approach (Neues und Globales Konzept).............................................................. 18 Zertifizierung und Akkreditierung „weltweit“ ................................. 21 2.3.1 Das WTO-Abkommen ....................................................... 21 2.3.2 Mutual Recognition Agreement (MRA) ............................ 22 2.3.3 Verfahren zur Begutachtung im Rahmen der MRA........... 23
2.1
2.2
2.3
3 3.1
3.2 3.3 4 4.1
Begriffe und Definitionen............................................................... 27 Konformitätsbewertung.................................................................... 27 3.1.1 Konformitätsbewertung von technischen Produkten, Dienstleistungen, Prozessen, Systemen und Personen....... 28 3.1.2 Konformitätsbewertung von Stellen................................... 30 Normung........................................................................................... 33 Einordnung der Begriffe ins System der Konformitätsbewertung ... 35 Unternehmerische Vorteile/Zertifizierung und Produkthaftung............................................................................... 41 Vorteile durch die Zertifizierung...................................................... 41 4.1.1 Auswirkungen auf die Produkthaftungssituation ............... 41 4.1.2 Europäische Dimension ..................................................... 43
VIII Inhaltsverzeichnis
4.2
4.3
5 5.1 5.2 5.3
5.4
6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
Anforderungen durch die Produkthaftung........................................ 43 4.2.1 Zusammenhang Verhalten und Verletzung........................ 44 4.2.2 Anknüpfungspunkte ........................................................... 45 4.2.3 Ökonomische Grenzen ....................................................... 48 Vorteile von QS-Vereinbarungen..................................................... 49 4.3.1 Merkmale von QS-Vereinbarungen ................................... 49 4.3.2 Gründe für den Abschluss von QS-Vereinbarungen.......... 50 4.3.3 Regelungsinhalte ................................................................ 51 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem .................................................................. 55 Akkreditierung als Mittel zur Verwirklichung des Binnenmarktes.................................................................................. 55 Schaffung technischer Normen ........................................................ 57 Wie funktioniert die Akkreditierung für den europäischen Binnenmarkt? ................................................................................... 60 5.3.1 Qualifikation und Organisation der privaten Akkreditierer ...................................................................... 63 5.3.2 Grundsätze für die in den Richtlinien nach „Neuer Konzeption“ geforderten Konformitätsnachweise ............. 64 5.3.3 Standardisierte Mindestkriterien der benannten Stellen..... 66 5.3.4 Standardisierte Konformitätsbewertungsverfahren............ 66 5.3.5 Erläuterung des Modularen Konzepts im Einzelnen.......... 68 Europäische Erwartungen an Deutschland ....................................... 75 5.4.1 Grundsätzliche Überlegungen............................................ 75 5.4.2 Einzelne Aspekte der technischen Harmonisierung........... 75 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem........ 79 Grundstruktur und Funktion ............................................................. 79 Geschichte des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens .................................................................... 82 Das duale System Deutschlands....................................................... 85 6.3.1 Gesetzlich geregelter Bereich ............................................ 87 6.3.2 Gesetzlich nicht geregelter Bereich ................................... 91 Der Deutsche Akkreditierungsrat ..................................................... 94 6.4.1 Probleme beim DAR .......................................................... 96 6.4.2 Zukünftige Stellung des DAR............................................ 97 Zulassung zum Akkreditierer in Deutschland .................................. 98 6.5.1 Vorgaben seitens europäischer Dokumente an den nationalen Gesetzgeber (Mitgliedsstaaten) ........................ 99 6.5.2 Vorgaben seitens der SOGS-Dokumente an die Normen und die Leitfäden.......................................... 102
Inhaltsverzeichnis
IX
6.5.3
Vorgaben zur Auslegung der Normen durch die Leitfäden..................................................................... 103 6.5.4 Vorgaben zur Auslegung der Gesetze durch die Normen....................................................................... 103 6.6 Prozess der Anerkennung und Akkreditierung in Deutschland...... 105 6.6.1 Allgemeine Darstellung des Prozesses............................. 105 6.6.2 Anleitung zur Durchführung der Überprüfung von Konformitätsbewertungsstellen........................................ 108 6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems auf Basis einer gesetzlichen Lösung............................................... 110 6.7.1 Ausgangssituation: Kritik am aktuellen Systemaufbau.... 111 6.7.2 Die neue Rolle der Akkreditierung .................................. 113 6.7.3 Überblick über das Gesetz zur Neuordnung des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens... 113 6.7.4 Kritische Betrachtung einzelner Vorschriften.................. 115 6.7.5 Auswirkungen der deutschen Neuordnung auf gesetzlicher Basis ............................................................. 131 6.7.6 Ausblick ........................................................................... 138 6.8 Schutzzweck der Akkreditierung: Sicherheit ................................. 140 6.8.1 Sicherheit durch das System der Anerkennung und Akkreditierung ................................................................. 141 6.8.2 Gewährleistung von Sicherheit durch den Staat............... 142 6.8.3 Gefahrenabwehr ............................................................... 142 6.8.4 Risikovorsorge ................................................................. 143 6.9 Vorsorgeprinzip in Deutschland..................................................... 143 6.9.1 Vorsorgeprinzip in Gesetzen............................................ 144 6.9.2 Vorsorgeprinzip in der Rechtsprechung........................... 147 6.10 Geplante Neuerungen: Deutscher Akkreditierungsbeirat und zentrale Akkreditierungsstelle ................................................. 148 7 7.1 7.2 7.3 7.4
Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem..... 151 Anerkennung durch internationale Abkommen ............................. 151 Internationale Vereinbarungen im gesetzlich geregelten Bereich .. 152 Internationale Vereinbarungen im gesetzlich nicht geregelten Bereich............................................................................................ 154 Abbau internationaler Handelshemmnisse durch die WTO ........... 156 7.4.1 WTO: Aufbau und GATT als internationale Grundlage.................................................. 156 7.4.2 Das TBT – Abkommen .................................................... 159 7.4.3 Eckpunkte des WTO-Abkommens................................... 161
X Inhaltsverzeichnis
7.5
7.6 8 8.1 8.2 8.3 9 9.1
9.2 9.3
9.4
Das PECA-Abkommen .................................................................. 163 7.5.1 Ausschüsse und Organisation .......................................... 164 7.5.2 Akkreditierende Institutionen der unterzeichnenden Staaten................................................. 169 Das MRA........................................................................................ 172 Kennzeichnungen ......................................................................... 183 EU-Konformitäts-Selbstkennzeichnung......................................... 183 EU-Konformitätszeichen der zugelassenen Zertifizierungsstellen...................................................................... 184 CE-Konformitätszeichen ................................................................ 186 Normenentwicklung ..................................................................... 191 Akkreditierung, Zertifizierung und Normung ................................ 191 9.1.1 Neue Konzeption („New Approach“) .............................. 193 9.1.2 Gesetzlich geregelter Bereich .......................................... 194 9.1.3 Gesetzlich nicht geregelter Bereich ................................. 195 9.1.4 Normungsorganisationen ................................................. 196 Normenreihe 45000........................................................................ 197 Normenreihe 17000........................................................................ 199 9.3.1 DIN EN ISO/IEC 17000:2005-03 .................................... 200 9.3.2 DIN EN ISO/IEC 17011:2005-02 .................................... 202 9.3.3 DIN EN ISO/IEC 17020:2004-11 .................................... 203 9.3.4 DIN EN ISO/IEC 17021:2004-09 .................................... 204 9.3.5 DIN EN ISO/IEC 17024:2003-10 .................................... 206 9.3.6 DIN EN ISO/IEC 17025:2005-08 .................................... 206 9.3.7 DIN EN ISO/IEC 17040:2005-04 .................................... 207 9.3.8 DIN EN ISO/IEC 17050:2005-01 .................................... 209 9.3.9 DIN EN ISO/IEC 17050-1:2005-01................................. 209 9.3.10 DIN EN ISO/IEC 17050-2:2005-01................................. 210 9.3.11 Fazit zur Normenentwicklung.......................................... 210 Europäische Normungsinstitutionen – CEN und CENELEC......... 210 9.4.1 Zusammenarbeit zwischen CEN und CENELEC ............ 211 9.4.2 Organe von CEN und CENELEC .................................... 212 9.4.3 ETSI European Telecommunication Standards Institute........... 217
Inhaltsverzeichnis
10 10.1
10.2
10.3
10.4
XI
Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich .................................................................................. 221 Zertifizierung und Akkreditierung in Schweden ............................ 223 10.1.1 Geschichte ........................................................................ 224 10.1.2 Struktur und Aufbau von SWEDAC................................ 224 10.1.3 Aufgaben von SWEDAC ................................................. 227 10.1.4 Finanzierung..................................................................... 227 10.1.5 Akkreditierung und Anerkennungsverfahren mit Notifizierung .................................................................... 228 10.1.6 Marktüberwachung und Nachsorge ................................. 229 10.1.7 Fazit.................................................................................. 229 Zertifizierung und Akkreditierung in England ............................... 230 10.2.1 Geschichte ........................................................................ 231 10.2.2 Struktur und Aufbau von UKAS...................................... 231 10.2.3 Aufgaben von UKAS ....................................................... 232 10.2.4 Finanzierung..................................................................... 233 10.2.5 Akkreditierung, Benennung und Notifizierung................ 233 10.2.6 Marküberwachung und Nachsorge................................... 234 10.2.7 Fazit.................................................................................. 235 Zertifizierung und Akkreditierung in Frankreich ........................... 236 10.3.1 Geschichte ........................................................................ 236 10.3.2 Struktur und Aufbau von COFRAC................................. 236 10.3.3 Aufgaben von COFRAC .................................................. 239 10.3.4 Finanzierung..................................................................... 240 10.3.5 Akkreditierung, Benennung und Notifizierung................ 240 10.3.6 Marktüberwachung und Nachsorge ................................. 241 10.3.7 Fazit.................................................................................. 242 Vergleich und Vorgaben der Europäischen Kommission .............. 242 Anhang.......................................................................................... 251 Literaturverzeichnis ..................................................................... 323 Sachverzeichnis............................................................................. 329
1 Einleitung
Mit den Begriffen „Zertifizierung“, „Akkreditierung“ und „Normung“ sind jeweils Teile eines Systems angesprochen, das dazu dient, Waren und Dienstleistungen daraufhin zu überprüfen, ob sie bestimmten Anforderungen genügen. Diese Anforderungen, können sich aus gesetzlichen Regelungen ergeben, aus europäischen Richtlinien, aus den Qualitätssicherungsvereinbarungen die ein Hersteller mit seinen Zulieferern schließt oder eben aus Verbrauchererwartungen. Das System muss so gut beschaffen sein, dass diejenigen, die die Anforderungen stellen, darauf vertrauen können, dass nur die Ware oder Dienstleistung zertifiziert wird, die alle geforderten Qualitätsanforderungen erfüllt. Dies setzt wiederum voraus, dass die Einrichtungen, die zertifizieren, auch von fachkundigen und hinreichend neutralen Stellen überprüft bzw. akkreditiert werden. Das System wird durch Normungsaktivitäten begleitet. Die Normungsverbände schaffen Regelungen zur Spezifizierung der Qualitätsanforderungen für Waren und Dienstleistungen und bestimmen auch die Qualitätsanforderungen der Zertifizierer und Akkreditierer. In seiner abstraktesten Form beschreibt das System von Akkreditierung, Zertifizierung und Normung ein in vielen Bereichen vorfindbares allgemeines Überprüfungssystem: Es gibt Anforderungen, denen sich der Warenproduzent oder der Anbieter von Dienstleitungen unterwerfen muss, wenn er auf den Markt gelangen will bzw. auf dem Markt Erfolg haben möchte. Es gibt eine verantwortliche Stelle, die die Prüfer bestimmt und es gibt Bestimmungen für die Qualität der Prüfer, die dann für die Überprüfung der Waren verantwortlich sind. Das System weist Besonderheiten auf. Das System von Akkreditierung, Zertifizierung und Normung arbeitet nicht nur mit Gesetzen, sondern auch mit DIN-Normen bzw. EN- und ISO-Normen. Die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen ist zwar auch, aber nicht mehr allein, Angelegenheit des Staates, dies betrifft auch den sicherheitsrelevanten Bereich. Die Zertifizierungsstellen sind nicht nur staatliche Einrichtungen, Behörden, Bundesanstalten etc., sondern ebenso und zunehmend private Einrichtungen, die ein Akkreditierungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben. Das heutige System von Akkreditierung, Zertifizierung und Normung ist in erster Linie ein marktwirtschaftlich orientiertes System. Damit ist gemeint, dass
2
1 Einleitung
Akkreditierung in einem erheblichen Umfange privatwirtschaftlich organisiert ist, dass Zertifizierung in jedem Falle privatwirtschaftlich ausgeübt werden kann und, dass auch die Normung, die Bestimmung der Anforderungen, nicht mehr allein Angelegenheit des Gesetzgebers bzw. Richtliniengebers ist. Staatliche Verantwortung ist dabei nicht bedeutungslos. Indem der Staat zumindest eine Letztverantwortung für eine ordnungsgemäße Akkreditierung trägt, ist an der Spitze des Systems staatliche Verantwortung bzw. Kontrolle vorhanden. Wenn das beschriebene System zwar auch in Deutschland zumindest in einigen Gebieten Tradition hat, so wurde es doch durch das Binnenmarktkonzept der Europäischen Union ganz erheblich aufgewertet. Dieses System ist Teil des Binnenmarktkonzeptes; es soll sicherstellen, dass den Unternehmen unbürokratische Wege zur Verfügung stehen, die Konformität ihrer Produkte mit den rechtlichen Anforderungen (den Richtlinien) nachzuweisen. Wie auf allen Gebieten der Rechtsangleichung für den Binnenmarkt wurde auch hier das System der gegenseitigen Anerkennung verfolgt. Unter bestimmten Voraussetzungen werden die Konformitätsnachweise der Zertifizierungsstellen innerhalb des gesamten Binnenmarktes gegenseitig anerkannt. Die Unternehmen können sicher sein, dass sie mit derart zertifizierten Waren an jedem Ort des Binnenmarktes auf den Markt kommen, ohne dass weitere Überprüfungen erforderlich wären. Das System findet mit all seinen Vorteilen auch international Anwendung. So hat die Europäische Union mit zahlreichen Ländern, u.a. USA, Japan, Australien und Kanada Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung der Konformitätsbewertungen abgeschlossen. Diese sogenannten MutualRecognition-Agreements (MRA’s) gewährleisten, dass die Behörden des jeweiligen Importlandes die Bewertung eines Produkts einer im Exportland ansässigen akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle auch anerkennen. In letzter Zeit ist in der Fachliteratur vereinzelt zu lesen, dass das beschriebene System Ausdruck einer neuen staatlichen Verwaltungsstruktur ist. Diese Bewertung ist nicht richtig. Das System von Akkreditierung, Zertifizierung und Normung löst behördliche Verwaltungsstrukturen ab. Die vielfache Etablierung des Systems, gerade im internationalen Handel, ist Ausdruck einer weiteren Entstaatlichung bzw. Entbürokratisierung. Der Staat wirkt bei der Definition der Anforderungen an Akkreditierer, Zertifizierer und Produkte selbst mit, das darauf aufbauende System funktioniert ohne Staat. Aufbau und Funktionsweise des Systems sollen in diesem Buch dargestellt werden.
2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
2.1 Grundlegende Systembeschreibung Zertifizierung und Akkreditierung sind Teile eines Systems, das dazu dient, Waren und Dienstleistungen daraufhin zu überprüfen, ob sie bestimmten Anforderungen genügen. In den folgenden Abschnitten werden die einzelnen Systeme vorgestellt, so wie sie in der Bundesrepublik Deutschland, innerhalb der Europäischen Union und für den zwischenstaatlichen Handel außerhalb des Binnenmarktes geschaffen wurden. Das System von Zertifizierung und Akkreditierung ist in den einzelnen Staaten unterschiedlich ausgestaltet. Einführend werden die gemeinsamen Bezugspunkte aller Zertifizierungs- und Akkreditierungssysteme dargestellt. 2.1.1 Ziel des Systems Ziel des Systems ist es, von den Unternehmen gefertigte Produkte im Hinblick auf deren Konformität mit bestimmten Qualitätsvorgaben zu untersuchen und zu erreichen, dass diese Konformität von Personen bzw. Institutionen bestätigt wird, denen man vertrauen kann. Zertifizierung & Akkreditierung Zertifizierung und Akkreditierung, wie sie hier von Bedeutung sind, dienen der Überprüfung von Waren, Dienstleistungen und Unternehmensabläufen auf Gesetzes- und Normenkonformität bzw. auf das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften. Dieses Vertrauen soll je nach Ausgestaltung des jeweiligen Zertifizierungs- und Akkreditierungssystems in unterschiedlicher Art und Weise
4
2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
gewonnen werden. Auf dieses Vertrauen setzen die Marktteilnehmer, bei denen die Konformitätsbewertung vor allem der Vereinfachung von Geschäftsbeziehungen, der Erleichterung des internationalen Handels oder der Förderung des Absatzes beim Endkunden dient. 2.1.2 Genereller Aufbau des Systems An der Spitze des Systems stehen stets Regeln: Das können Gesetze, europäische Richtlinien, technische Normen und auch internationale Abkommen sein, die eine bestimmte Qualität einer Ware, einer Dienstleistung oder eines Unternehmensprozesses vorschreiben oder auch nur empfehlen. Am Ende des Systems stehen die Kunden, die sicher sein wollen Produkte, Dienstleistungen oder unter bestimmten (zumeist sicherheitsrelevanten) Prozessen gefertigte Waren etc. zu erhalten. Ebenso steht am Ende des Systems der eigene oder ein fremder Staat, der die Waren überhaupt nur dann zum Handel zulässt, soweit bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllt werden. Ebene 1: Anerkennungs- und Akkreditierungsstelle (z.B. für den Bausektor)
erzeugt Herstellervertrauen
1. Stufe:
Begutachten (=Konformitätsund Kompetenzbewertung)
Ebene 2: Konformitätsbewertungsstelle (Zertifizierungsstellen für Produkte/ für Qualitätssyteme/ für Umweltmanagementsysteme/ für Personen; Inspektionsstellen; Laboratorien; z.B. Prüflabor für Bauprodukte)
erzeugt Käufervertrauen Normative Anforderungen
2. Stufe:
Zertifizieren, inspizieren, prüfen (=Konformitätsbewertung)
Ebene 3:
Gegenstand der Konformitätsbewertung
(z.B. Bauprodukte-RL 89/106/EWG)
(Produkte, Dienstleistungen, Systeme, z.B. Styropor-Dämmplatten)
Abb. 2.1: Der Konformitätsbewertungsprozess
Das System ist zweistufig (s. Abb. 2.1). Produkte, Dienstleistungen, Prozesse und Personen werden durch Laboratorien, Inspektions- und vor allem Zertifizierungsstellen überprüft. Diese Konformitätsbewertungsstellen
2.1 Grundlegende Systembeschreibung
5
werden wiederum von fachkundigen und neutralen Stellen überprüft (akkreditiert). Damit bestätigt die Akkreditierung die Qualität des Zertifizierers. Der Zertifizierer wiederum bestätigt seinerseits die Qualität der Waren. Die Kenntnis vom Gesamtsystemaufbau und der verfügbaren Konformitätsbewertungsstellen versetzt den Unternehmer in die Lage, für seine Produkte einen entsprechend renommierten Zertifizierer gezielt auszuwählen. Er kann dadurch wiederum eine höhere Akzeptanz seiner geprüften Produkte auf nationalen, europäischen sowie internationalen Märkten erreichen. Zusätzlich spart er Kosten, die bei schlechter Marktakzeptanz und damit erneuter Produktüberprüfung auftreten würden. 2.1.3 Die Überprüfung von technischen Produkten Anforderungen an die Überprüfung
Soweit die Qualität einer Ware durch nationale gesetzliche Anforderungen, europäische Richtlinien, internationale Abkommen u.ä. bestimmt wird, müsste nun der Staat, innerhalb dessen Gebiet die Ware veräußert werden soll, Vorsorge dafür treffen, dass die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen auch erfüllt sind. Er müsste sich je nach Gefahrenpotential der einzelnen Waren durch Stichproben, durch Untersuchungen in jedem Einzelfall oder durch Marktüberwachungsmaßnahmen von der Rechtskonformität der Ware selber überzeugen. Soweit der Kunde bestimmte Qualitätserwartungen hat, ohne dass diese gesetzlich festgelegt sind, wäre es im Umkehrschluss an den Verbrauchern zu prüfen, ob die Ware den Qualitätsanforderungen standhält. Das System von Zertifizierung und Akkreditierung hat die Aufgabe, Staat und Verbraucher von der Durchführung dieser Überprüfung zu entlasten. Darüber hinaus bringt das System gerade auch den Unternehmen Vorteile. Angesichts wachsender Qualitätsansprüche wird der Hersteller einer Ware mit immer komplexeren Anforderungen belastet. Das System konkreter produktbezogener Normen und Leitfäden kann dem Hersteller helfen diesen Anforderungen gerecht zu werden, indem es ihn über die erwartete Qualität der Produkte in Kenntnis setzt. Im vorliegenden Werk soll der Zugang und der Umgang mit eben jenen Normen erleichtert werden.
6
2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
Gestaltungsspielräume bei der Überprüfung
Der Raum zwischen den Qualitätsanforderungen und dem Nachweis, dass diesen Anforderungen entsprochen wurde, kann folgendermaßen gefüllt werden: x Bürokratisch, d.h. durch die kostenintensive Einrichtung und Unterhaltung von Behörden, die ohne die Berücksichtigung von Marktpreisen die Produkte überprüfen, oder x unbürokratisch, d.h. kontrollieren dürften auch im gesetzlich geregelten Bereich alle, die sich „irgendwie“ für die Durchführung von Überprüfungen geeignet halten. Idealerweise sollte ein Kontrollsystem entsprechend der folgenden Parameter aufgebaut sein (siehe auch Abb. 2.2): (1) Nur so viel Staat wie nötig, (2) sichere Kontrollen durch akkreditierte Prüfer und (3) Ausnutzung der Marktpotentiale.
Erläuterung (1) „Nur so viel Staat wie nötig“ bedeutet, dass die Waren, Dienstleistungen etc. nicht oder zumindest nicht ausschließlich von Behörden, sondern von privaten Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen, die über die technische Kompetenz verfügen, überprüft werden. (2) „Sichere Kontrollen“ besagt dabei, dass die Prüfstellen selbst von unabhängigen und fachlich kompetenten Stellen (Akkreditierungsstellen) ständig überprüft werden. Es muss sichergestellt sein, dass diese Stellen in der Lage sind, die entsprechenden Waren auf die vordefinierten Anforderungen hin zu untersuchen und darüber hinaus so neutral sind, dass sie ein gewisses Vertrauen rechtfertigen. Akkreditierung bedeutet dabei, dass durch den Staat oder staatlich überwachte Stellen die Qualität der Zertifizierer sowohl im Hinblick auf fachliche Kompetenz wie auch im Hinblick auf Neutralität (Common Elements1) sichergestellt wird. (3) Unter Ausnutzung der „Marktpotentiale“ versteht man, dass für die Überprüfung der Waren, Dienstleistungen und Unternehmensprozesse jede private Prüfstelle geeignet ist, wenn sie von einer Behörde oder einer ebenso unabhängigen und fachlich ausgewiesenen Stelle berechtigt bzw. akkreditiert wurde.
1
Dies sind Anforderungscluster, die in Kap. 6 noch genau erläutert werden.
2.1 Grundlegende Systembeschreibung
7
Das System von Zertifizierung und Akkreditierung stellt innerhalb marktwirtschaftlicher Systeme den Idealfall bei der Überprüfung einer Ware auf Normenkonformität bzw. Verbrauchererwartung dar. Möglichkeiten der Zertifizierung / Akkreditierung Staatlicher/gesetzlich geregelter Bereich Anforderungen:
Privatwirtschaftlicher Bereich Anforderungen:
Gesetze, Verordnungen etc. verlangen bestimmte Produktqualitäten (z.B. Sicherheit, Umweltschutz, Verbraucherschutz)
Aus dem Markt, die Abnehmer stellen Qualitätsanforderungen
Mögliche Systemvarianten:
1. Akkreditierer unterwerfen sich keinen Normen und Regeln. Sie überprüfen die KBS nach eigenem Verständnis.
Mögliche Systemvarianten:
1. Staatliche Stellen akkrediteren, begutachten selbst ausschließlich (Durchführungsverantwortung liegt beim Staat)
2. Die Akkreditierungsstellen unterwerfen sich technischen Normen (DIN/EN, ISO/IEC) und europäischen und internationalen Standards die in Gremien wie z.B. European Accreditation (EA) oder in multilateralen Gegenseitigkeitsabkommen (MLAs) festgelegt sind. Sie vereinigen sich in Deutschland unter einer Dachorganisation, deren Aufgabe u.a. in der sachgerechten Koordination der nationalen, europäischen und internationalen Aufgaben besteht.
2. Staatliche Stellen überprüfen die von privaten durchgeführte Akkreditierung; begutachten aber nicht selbst bzw. nicht ausschließlich selbst (Gewährleistungs-/ Kontrollverantwortung liegt beim Staat)
Vertrauensdefizit gegenüber Behörden bzw. Unterschiede zur Akkreditierung durch Behörden
Normen und normative Dokumente regeln die technischen Anforderungen einer Stelle; es fehlen regelmäßig Anforderungen an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.
Aufhebung der Vertrauensdefizite
Die „gemeinsamen“ über die einzelnen technischen Bereiche hinausreichenden „Elemente“ ermöglichen erst ein Vertrauen wie es allgemein staatlichen Stellen gegenüber besteht. Vertrauensdefizite können entweder durch diesen Bereich regelnde Normen oder durch ein Akkreditierungsgesetz aufgehoben werden.
Akkreditierung funktioniert in beiden Bereichen
Abb. 2.2 Möglichkeiten der Überprüfung von technischen Produkten
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2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
Erläuterung x Kriterien, die von den Akkreditierungsstellen erbracht werden müssen -
-
Internationale Kriterien: Die normativen Dokumente für Akkreditierungsstellen werden von CASCO, dem ISO-Komitee für Konformitätsbewertung, ausgearbeitet und als ISO/IEC-Dokumente veröffentlicht. Zentrales Dokument ist die ISO/IEC 17011 (hat die Leitfäden ISO/IEC Guide 58 und 61, sowie die ISO/IEC TR 17010 abgelöst). Weitere Dokumente der Normenreihe ISO/IEC 17000 beziehen sich spezieller auf die Akkreditierung in bestimmten Bereichen (z. B. Managementsysteme 17021, Personen 17024 oder Kalibrierabkommen 170259). Europäische Kriterien: Für die Ausarbeitung und Veröffentlichung der europäischen Normen (EN) für Akkreditierungsstellen sind die europäischen Normenorganisatorien CEN und CENELEC zuständig. Im Gegensatz zu ISO/CASCO sind die europäischen normativen Dokumente immer in Form von Normen und nicht als Leitfäden veröffentlicht worden. Inhaltlich sind die Normen jedoch mit den ISO/IECLeitfäden identisch. Die Anforderungen an Akkreditierungsstellen sind in der Normenreihe DIN EN 45000/ DIN EN ISO/IEC 17000 niedergeschrieben (Begutachtung von Prüflaboratorien in DIN EN 450022, Kalibrierund Prüflaboratorien und die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen in DIN EN ISO/IEC 17011).
Es gibt allerdings keine Überprüfung der Erfüllung der Kriterien, die in den Normenreihen DIN EN 45000 bzw. DIN EN ISO/IEC 17000 festgelegt sind; bei dem Verdacht des Nichteinhaltens der Kriterien kann von einem Konkurrenten aber eine „Wettbewerbsklage“ eingereicht werden. x European Accreditation (EA): Erarbeitet „Anwendungsnormen“ (Eigenbegriff der TGA3), d.h. es werden europäische Vorgaben zur Umsetzung der Normenreihen DIN EN 45000 bzw. DIN EN ISO/IEC 17000 in Bezug auf Spezifikationen/Bereiche erarbeitet. x MLAs: In den multilateralen Gegenseitigkeitsabkommen sind ebenfalls Kriterien festgelegt, die von den privaten Akkreditierern zu beachten sind, wenn sie internationale Anerkennung begehren; in den 2 3
Wird durch die DIN EN ISO/IEC 17025 ersetzt werden. Trägergemeinschaft für Akkreditierung.
2.1 Grundlegende Systembeschreibung
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sog. „peer evaluations“ finden gegenseitige Anerkennungen der Akkreditierungsstellen statt. x Weitere Möglichkeiten in besonders sicherheitsrelevanten Fällen: Behörden beteiligen sich am Akkreditierungsverfahren und führen ggf. Marktüberwachungen durch (z.B. verlangt nach der EG Spielzeug Richtlinie). Herausforderung für Deutschland
Die besonderen Schwierigkeiten der Akkreditierung liegen darin, dass sie sich im internationalen Vergleich bewähren muss. Es kann sich so verhalten, dass ein bestimmter Staat die Akkreditierung durch private Institutionen akzeptiert, ein anderer Staat aufgrund seiner eigenen Rechtstradition aber nur die Akkreditierung durch staatliche Behörden anerkennt. Es gibt wohl zur Zeit weltweit keine Probleme mit der Anerkennung von privaten Zertifizierungseinrichtungen, soweit diese nur durch entsprechende staatliche Stellen überprüft und entsprechend ernannt wurden; es ist hingegen unsicher, ob weltweit eine Akkreditierung durch private Institutionen anerkannt wird. Für die Bundesrepublik Deutschland ist diese Frage in besonderem Maße interessant, weil es zur Zeit einen Gesetzesentwurf gibt, durch den das Akkreditierungsverfahren umfangreich „privatisiert“ werden soll. Es werden dort Kriterien definiert, die private Institutionen erfüllen müssen, wenn sie am System teilnehmen wollen. Abstrakt sind diese in § 6 AkkG beschrieben (s. Schaukasten). § 6 Akkreditierungsgesetz (AkkG) (1) Konkretisiert eine harmonisierte Norm oder eine Akkreditierungsregel eine oder mehrere in Rechtsvorschriften enthaltene Anforderungen an Konformitätsbewertungsstellen, so geht die Anerkennungsstelle bei einer Konformitätsbewertungsstelle, die durch eine Akkreditierung nachweist, dass sie die Anforderungen der harmonisierten Norm oder Akkreditierungsregel erfüllt, davon aus, dass sie auch den betreffenden Anforderungen der Rechtsvorschriften genügt. (2) Die Akkreditierungsstelle ermöglicht der Anerkennungsstelle, an Akkreditierungstätigkeiten teilzunehmen.
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2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
Der Staat soll nach diesem Gesetzesentwurf nur noch eine „Letztverantwortung“ tragen4. Dies bedeutet, dass er im Wege der Gesetzgebung im Vorfeld auf die Qualität der Akkreditierer Einfluss nimmt und anschließend durch das Instrument der Anerkennung die Akkreditierung formell bestätigt. 2.1.4 Akkreditierung in Deutschland Bevor in den weiteren Abschnitten der europäische und internationale Kontext erläutert wird, soll hier zunächst grundlegend die Funktion der Zertifizierung und Akkreditierung in Deutschland, deren Ablauf sowie die wichtigsten Institutionen vorgestellt werden. Wie bereits erläutert, ist unter Akkreditierung die Bestätigung zu verstehen, dass eine Zertifizierungsstelle - oder allgemeiner ausgedrückt einer Konformitätsbewertungsstelle - besonderen Anforderungen genügt, um Vertrauen in die Ergebnisse ihrer Prüfungstätigkeit zu schaffen. Die Anforderungen an die Kompetenz der Zertifizierungsstellen können sich sowohl aus Gesetz als auch aus technischen Normen ergeben. Hierbei könnte es sich beispielsweise um ein nationales Akkreditierungsgesetz oder um die Umsetzung europäischer Richtlinien in nationales Recht handeln. Die relevante Normenreihe für die Akkreditierung ist die DIN 17000 ff. Historie der Akkreditierung
Akkreditierung hat in Deutschland eine lange Tradition. Bereits im 19. Jhd. wurden technische Institute geschaffen, die Prüf- und Kontrollaufgaben für technische Produkte und Dienstleistungen durchführten. Auf den Gebieten des Bauwesens, des Eichwesens sowie der Sicherheitstechnik wurden in Deutschland frühzeitig Prüf- und Zertifizierungsstellen akkreditiert. Gegenstand solcher Akkreditierungen waren immer die Unabhängigkeit und die Zuverlässigkeit der Prüfstelle sowie ihre sachliche Kompetenz. In der Bundesrepublik Deutschland kam es im März 1991 mit der Gründung des Deutschen Akkreditierungsrates (DAR) zum Aufbau eines nationalen Akkreditierungssystems. Der DAR ist eine vom Bund, den Ländern und der Industrie getragene Arbeitsgemeinschaft. Als Verbindungsstelle obliegen dem DAR folgende Aufgaben: 4
Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Strübbe, Gestaltungsspielräume für staatliche Aufsichtssysteme angesichts des Vorsorgeprinzips im deutschen Sicherheitsrecht und den Entwicklungen im europäischen Raum, S. 69 ff.
2.1 Grundlegende Systembeschreibung
11
x Koordinierung der Tätigkeiten auf dem Gebiet der Akkreditierung, x Wahrnehmung der deutschen Interessen im internationalen Bereich und x die Führung von Zentralregistern für Akkreditierung. Eine Auflistung über die gesamten Akkreditierungsstellen in Deutschland gibt es auf den Internetseiten des DAR5. Die bedeutsamsten dabei sind6: x x x x x x x
Trägergemeinschaft für Akkreditierung (TGA), Deutsche Akkreditierungsstelle Chemie (DACH), Deutsche Akkreditierungsstelle Mineralöl (DASMIN), Deutsches Institut für Normung (DIN), Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), Bundesnetzagentur (BNetzA) und Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi).
Prozess der Akkreditierung
Der Prozess der Akkreditierung läuft, unabhängig von der zu beurteilenden Konformitätsbewertungsstelle, immer nach einem feststehenden Schema ab: (1) Antragsverfahren Bei einer fachlich zuständigen Akkreditierungsstelle wird offiziell die Akkreditierung beantragt. Die sachliche Zuständigkeit bestimmt sich im gesetzlich geregelten Bereich nach den einschlägigen Vorschriften und im übrigen nach dem Sektor7, auf dem die zu beurteilende Stelle tätig ist. (2) Begutachtungsverfahren Der allgemeinen Akkreditierung ist jeweils ein fachspezifisches Begutachtungsverfahren vorgeschaltet. Die Begutachtung erfolgt unter Anwendung der speziellen technischen Kriterien eines Sektors zum Begutachten von z.B. Prüflaboratorien, Zertifizierungsstellen oder Inspektionsstellen. Unter der Leitung von technischen Sachverständigen wird die zu begutachtende Stelle vor Ort besichtigt. Hierbei müssen alle technischen Betriebseinheiten, die durch den Antrag abgedeckt werden, einer Beurteilung unterzogen werden.
5 6 7
Zu finden unter www.dar.bam.de. Hierbei handelt es sich sowohl um staatliche wie um private Stellen. Eine Auflistung der Sektoren findet sich ebenfalls auf den Internetseiten des DAR unter www.dar.bam.de.
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2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
(3) Akkreditierung Wenn der Abschlussbericht der Begutachtung positiv ausfällt und auch alle allgemeinen Akkreditierungsvoraussetzungen8 erfüllt sind, empfiehlt ein Akkreditierungsausschuss des zuständigen Sektorkomitees, der Stelle für den definierten und beantragten Geltungsbereich die Akkreditierung auszusprechen. Den Schluss dieser drei Phasen bilden ein schriftlicher Bescheid und eine einheitliche Akkreditierungsurkunde. Doch mit dem Verleihen der Akkreditierungsurkunde durch die Überprüfung ist eine Akkreditierung nicht abgeschlossen. Akkreditierte Stellen unterliegen auch nach der Verleihung der Akkreditierungsurkunde einem regelmäßigen Überprüfungsverfahren (s. Abb. 2.3)9.
8 9
Nach der DIN 17011. Nur grundlegendes Schema; genauer Ablauf und Besonderheiten in Kap. 6.
2.1 Grundlegende Systembeschreibung
Abb. 2.3 Ablauf einer Akkreditierung
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2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
2.1.5 Zertifizierung in Deutschland Wie bereits im Zusammenhang mit der Akkreditierung gesagt, ist unter Zertifizierung die Überprüfung von Produkten, Prozessen, Systemen oder Personen im Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit Qualitätsstandards aus Gesetzen, technischen Normen10, Verordnungen und Richtlinien zu verstehen11. Für das Unternehmen hat die Zertifizierung besondere Relevanz; die Zertifizierung ist nicht nur eine Überprüfung auf Normenkonformität etc., sondern bietet dem Unternehmen auch häufig eine Anregung, Produktionsprozesse zu optimieren. Zweck der Zertifizierung
Die Prüfung von Erzeugnissen auf die Übereinstimmung mit technischen Spezifikationen entspricht unterschiedlichen Zielsetzungen. Die Zertifizierung der Produkte kann notwendig sein, weil nationale Rechtsvorschriften bestimmte technische Spezifikation verlangen. Die Zertifizierung kann aber auch einem allgemeinen Marktbedürfnis entsprechen. Im ersten Fall schreiben die Behörden Konformitätsnachweise vor, die der Hersteller etwa aus Gründen des Gesundheits- und Umweltschutzes, der Sicherheit usw. zu erbringen hat, bis er die Erzeugnisse in den freien Verkehr bringen kann. Im zweiten Fall wird die Prüfung der Erzeugnisse von den Käufern eines Produktes verlangt; die Überprüfung ist Teil einer Wettbewerbsstrategie des Unternehmens. Man kann also danach unterscheiden, ob die Zertifizierung gesetzlich abverlangt wurde oder freiwillig erfolgt. Bei Konformität, d.h. bei der Einhaltung der oben genannten Anforderungen, wird dem Auftraggeber das Ergebnis durch ein Zertifikat bzw. eine Konformitätsbescheinigung bestätigt. Die Konformitätsprüfung und die Ausstellung des Zertifikats erfolgen durch eine unabhängige, akkreditierte Zertifizierungsstelle.
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Alle relevanten technischen Normen für die Zertifizierung werden in Kap. 9 ausführlich beschrieben. DIN EN ISO/IEC 17000, 5.5, S. 15. Überprüft wird die Konformität mit Produktanforderungen, welche ursprünglich in EU-Richtlinien vorgegeben waren und durch technische Normen konkretisiert worden sind. Zusätzlich werden die Anforderungen an Produkte durch nationale Gesetze, vorwiegend aus den Bereichen Arbeitsschutz, Umweltschutz und Produkthaftung, formuliert. Der europarechtliche Kontext wir ausführlich in Kap. 5 beschrieben. Im vorliegenden Kapitel geht es ausschließlich um die Darstellung der Rolle der Zertifizierung im nationalen System.
2.1 Grundlegende Systembeschreibung
15
Wurde ein Zertifikat ausgestellt, so ist es dem Hersteller häufig erlaubt, ein entsprechendes Zeichen am Produkt anzubringen, das die Konformität dokumentiert; ein Beispiel hierfür ist das CE-Zeichen („Communauté Européenne“)12. Deutsche Zertifizierer
Beispiele für Zertifizierungen finden sich in den Bereichen des Arbeitsund Umweltschutzes (DIN 14001), der Überprüfung von Personal (DIN 17024), der Computersicherheit (BSI), des Qualitätsmanagements in der Industrie (DIN 9000 ff.) sowie daran angelehnt in der Lebensmittelindustrie. Eine Auflistung über die gesamten Zertifizierungsstellen in Deutschland gibt das DIN in einer veröffentlichten Broschüre13. Die bedeutsamsten dabei sind: x Deutsche Gesellschaft zur Zertifizierung von Managementsystemen (DQS), x Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM), x Det Norske Veritas Qualitätssicherungsservice, x Dekra AG und x TÜV-Zertifizierungsgemeinschaft. Prozess der Zertifizierung
Der Prozess der Zertifizierung läuft, unabhängig vom Gegenstand der Zertifizierung, immer nach einem feststehenden Schema ab14: (1) Zertifizierungsvorbereitung durch Selbstbeurteilung. Der Hersteller eines Produktes erhält eine Fragenliste, die er zu beantworten hat (Selbstbeurteilung). Die Zertifizierungsstelle urteilt anhand der Fragen, ob der Gegenstand der Zertifizierung schon so weit ausgereift ist, dass er einer Prüfung unterzogen werden kann. Das ausgewertete Ergebnis wird dem Hersteller in einem Bericht zugestellt. Hier wird entweder auf die Fortführung und/oder auf zu behebende Mängel hingewiesen.
12 13
14
BGBl. I Nr. 85 vom 24.05.2002, § 2 Abs. 3. Verzeichnis der Zertifizierungsstellen in der Bundesrepublik Deutschland, Deutscher Zertifizierungsrat im DIN, Hrsg.: Dt. Institut für Normung e.V. (DIN), Berlin/Köln. Genaue Beschreibung in Kap. 5.
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2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
(2) Benennung der Zertifizierer und Prüfung der relevanten Dokumente Seitens der Zertifizierungsstelle wird die durchführende Stelle der Zertifizierung benannt. In einem Handbuch und in Verfahrensanweisungen hat der Hersteller sein System dokumentiert. Diese Unterlagen übergibt der Hersteller an das Zertifizierungsinstitut, welches nun prüft, ob die Ausführung der Unterlagen die Annahme einer realistischen Übereinstimmung mit dem zugrundegelegten Normenwerk zulässt. Als Ergebnis erhält der Hersteller wiederum einen Bericht und wird mündlich ausreichend informiert. (3) Zertifizierungsaudit im Unternehmen Das Zertifizierungsaudit ist die eigentliche Überprüfung des Gegenstandes der Zertifizierung. Es beginnt mit einem Einführungsgespräch, wodurch der Auditleiter die gemeinsame Vorgehensweise abstimmt. Stichprobenartig wird der Zertifizierungsgegenstand dann anhand der anzuwendenden Norm15 überprüft. (4) Erteilung eines Zertifikats Wenn das Audit erfolgreich war bzw. wesentliche Abweichungen abgestellt wurden, wird aufgrund der Empfehlungen des Auditorenteams ein Zertifikat erteilt. Diese Zertifikate gelten drei Jahre. Vorausgesetzt ist allerdings allerdings, dass mindestens im jährlichen Turnus Überwachungsaudits durch die das Zertifikat ausstellende Einrichtung stattfinden. Diese Überwachungsaudits konzentrieren sich auf die vormals festgestellten Schwachpunkte.
15
Hierbei kann es sich sowohl um Voraussetzungen aus einem Gesetz, wie z.B. dem Lebensmittelgesetz, wie auch um Anforderungen aus einer technischen Norm, wie z.B. im Arbeits- und Umweltschutz der DIN 14001.
2.1 Grundlegende Systembeschreibung
Abb. 2.4 Ablauf der Zertifizierung
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2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
2.2 Rolle der Zertifizierung und Akkreditierung im Europäischen Binnenmarkt Das System von Zertifizierung und Akkreditierung hat den europäischen Binnenmarkt Wirklichkeit werden lassen. Ohne dieses System wäre der große Gemeinsame Markt ein Nebeneinander selbständig geordneter nationaler Märkte geblieben, die den Angehörigen lediglich Zutritt, aber nicht das Recht gewährt hätten, ihre Ware an jedem Ort des Binnenmarktes zu handeln. Es wäre bei einem Zustand geblieben, der sich als „binnenmarktähnlich“ beschreiben ließe.
Erläuterung x Die Europäische Kommission hatte erkannt, dass die Forderungen nach Konformitätsnachweisen schnell wieder zur Handelsschranken werden können, wenn die jeweils nationalen Kontrollbehörden die in jeweils anderen Mitgliedstaaten erbrachten Nachweise nicht akzeptieren. Warenverkehrsfreiheit kann nicht funktionieren, wenn die jeweils inländischen Behörden für eingeführte Produkte wiederholte Konformitätsprüfungen oder gar im Bestimmungsland ausgestellte Bescheinigungen verlangen. Dieses Problem veranlasste die Kommission zur Entwicklung ihres „Globalen Konzeptes“, das zu einer Transparenz der nationalen Systeme und einer Vergleichbarkeit der Kompetenz der Zertifizierungs- und Akkreditierungsstellen führen und so die Aussagekraft der Zertifikate fördern und das Anerkennungskonzept funktionsfähig machen sollte16. 2.2.1 Die Eckdaten des New and Global Approach (Neues und Globales Konzept) Die Kommission orientiert sich am Sitzlandprinzip, d.h. jeder Produzent soll die Möglichkeit haben, seine Waren im jeweiligen Inland auf Konformität hin überprüfen zu lassen. Damit dieses Überprüfungsergebnis auch von jedem anderen Mitgliedstaat anerkannt wird, ist es erforderlich, die Zertifizierungs- und Akkreditierungssysteme zu harmonisieren, d.h. ein Gesamtsystem zu schaffen, auf dessen Grundlage jeder Mitgliedstaat darauf vertrauen kann, dass die Zertifizierer sachkompetent und unabhängig technische Waren überprüfen.
16
In Europa arbeitet man zur Zeit an einer neuen Richtung, die ausführlich in Kap. 5 beschrieben wird.
2.2 Rolle der Zertifizierung und Akkreditierung…
19
Abb. 2.5 Europäisches Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
New Approach
Das Neue Konzept basiert im wesentlichen auf der Harmonisierung des Gefahrenabwehrrechts der einzelnen Mitgliedstaaten, insbesondere der Gesetze zum Schutz der Gesundheit, der Arbeitssicherheit, der Verbraucher und der Umwelt. Dieses Neue Konzept wurde im Jahr 1985 im Weißbuch der Europäischen Kommission17 vorgestellt, durch die entsprechende Entschließung des Rates rechtlich verankert18 und mittlerweile durch 21 Richtlinien europaweit präzisiert und harmonisiert. Das System der „gegenseitigen Anerkennung“ findet hier keine Anwendung, weil die angesprochenen Schutzbereiche von besonderer Bedeutung für die Bürger der Mitgliedstaaten sind. Eine weitere Angleichung – innerhalb des Neuen Konzepts – schafft die Ergänzung dieser Richtlinien durch einheitliche harmonisierte technische Normen. Diese haben keinen Gesetzescharakter. Die Mitgliedstaaten sol17
18
Europäische Kommission, Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat. Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Normung, Abl. Nr. C 136 v. 04.06.1985, S.1.
20
2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
len jedoch davon ausgehen, dass Erzeugnisse und Verfahren richtlinienkonform sind, wenn sie den Anforderungen der relevanten Normen genügen (Vermutungswirkung19). Es verhält sich demnach so, dass technische Normen (die im Auftrage der Europäischen Kommission von den europäischen Normungsverbänden geschaffen wurden) die europäischen „Gesetze“ (Richtlinien) derart ergänzen, dass ihnen schon Gesetzeskraft zukommt. Wer normenkonform produziert, erfüllt erwartungsgemäß die Anforderungen der technischen Richtlinien. Ergänzung durch Global Approach
Um dann zu einer Vergleichbarkeit der Kompetenz der Akkreditierungsund Zertifizierungsstellen zu gelangen, wurden im ergänzenden „Globalen Konzept“ neue europäische Mindestanforderungen für die Akkreditierungs-, Zertifizierungs- und Herstellerverfahren formuliert. Diese Anforderungen zur Durchführung der drei Verfahren beziehen sich jeweils auf die Organisation und Arbeitsweise der einzelnen Unternehmen (Akkreditierer, Zertifizierer und Hersteller)
19
Ausführlich zur „Vermutungswirkung“ s. Kap. 5.
2.3 Zertifizierung und Akkreditierung „weltweit“
21
2.3 Zertifizierung und Akkreditierung „weltweit“ Neben der Verwirklichung des Binnenmarkts innerhalb der EU gibt es das internationale Bestreben, einen weltweit funktionierenden freien Warenverkehr zu gewährleisten. So gibt es z.B. entsprechende zwischenstaatliche Vereinbarungen zwischen der EU, Japan und Kanada. Zentrales Anliegen ist dabei immer der Abbau von Handelshemmnissen. Der grundlegende Unterschied zwischen den internationalen Abkommen und den Angleichungen im Europäischen Binnenmarkt liegt im Umfang der Vereinbarungen. Während im Binnenmarkt die Anforderungen an die Zertifizierung und Akkreditierung umfassend harmonisiert wurden, sind im Rahmen der internationalen Abkommen lediglich die Zertifikatsnachweise anerkannt. Die konkrete Ausgestaltung der Verfahren sowie die Bestimmung der zuständigen Stellen verbleibt in der Zuständigkeit der jeweiligen Staaten. In diesem Zusammenhang ist von den Mitgliedern der WTO das WTO-TBTÜbereinkommen abgeschlossen worden20, das Grundlage der in diesem Kapitel behandelten Mutual Recognition Agreements (MRA) ist. 2.3.1 Das WTO-Abkommen Der Abbau technischer Handelshemmnisse soll durch zwei Grundprinzipien gewährleistet werden: Dem Gebot der Meistbegünstigung und dem Grundsatz der Inländerbehandlung21. Nach Art. 2.1. WTO-TBT-Übereinkommen sollen die Mitglieder der WTO sicherstellen, „dass aus dem Gebiet eines anderen Mitglieds eingeführte Waren in Bezug auf technische Vorschriften eine nicht weniger günstige Behandlung erhalten als gleichartige Waren inländischen Ursprungs [Grundsatz der Inländerbehandlung] oder gleichartige Waren mit Ursprung in einem anderen Land [Gebot der Meistbegünstigung].“ Den Mitgliedern werden Verhandlungen über den Abschluss von Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung der Ergebnisse von Konformitätsbewertungsverfahren empfohlen22. Damit durch die Abkommen das Vertrauen in die Konformitätsbewertung gewahrt bleibt, müssen bei der Ausarbeitung und Umsetzung folgende Punkte Berücksichtigung finden: Zum einen müssen die teilnehmenden Konformitätsbewertungsstellen über 20
21
22
ABl. Nr. L 336 v. 23.12.1994, S. 86, Übereinkommen über technische Handelshemmnisse (WTO-TBT-Übereinkommen), siehe hierzu auch Kap. 7. Siehe Osterheld, B.: Abkommen der EG, S. 91; diese Prinzipien sind im Zuge des GATT erarbeitet und im WTO-TBT-Übereinkommen beibehalten worden. Art. 6.3. WTO-TBT-Übereinkommen.
22
2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
den nötigen Sachverstand verfügen, der z.B. im Wege der Akkreditierung bestätigt werden kann. Zum anderen werden nur die Konformitätsbewertungsergebnisse der Stellen anerkannt, die vom Exportstaat und dessen Behörden benannt worden sind. 2.3.2 Mutual Recognition Agreement (MRA) Im Rahmen der WTO-Abkommen werden zwischen den teilnehmenden Staaten Vereinbarungen getroffen. Diese beziehen sich auf die Situation, dass es für die in Rede stehenden Produkte jeweils nationale Rechtsvorschriften gibt. Es geht demnach darum, unter welchen Voraussetzungen ausländische Konformitätsüberprüfungen anerkannt werden. Die Abkommen, in denen dies festgelegt ist, werden Mutual Recognition Agreements (MRA) genannt. MRA’s bestehen aus einem Rahmenabkommen (RA) und mehreren Sektoralen Anhängen (SAn). Das Rahmenabkommen beinhaltet generelle Begriffsdefinitionen, die für das Verständnis des MRA relevant sind, und generelle Erläuterungen über den Anwendungsbereich des Abkommens, die beteiligten Institutionen und die Verfahren, die zur Umsetzung des Systems zur gegenseitigen Anerkennung der Konformitätsbewertungsergebnisse notwendig sind. Die Sektoralen Anhänge beziehen sich jeweils auf Produktgruppen und beinhalten weiterführende spezifische Regelungen, anzuwendende Rechts- und Verwaltungsvorschriften und eine Aufführung der verantwortlichen Stellen und Behörden für den Produktbereich. Die EU hat auf Basis des WTO-TBT-Übereinkommens mit den Ländern USA (MRA-USA), Japan (MRA-Japan) Australien und Neuseeland (MRA-Australien), Schweiz (MRA-Schweiz), Israel (MRA-Israel) und Kanada (MRA-Kanada) Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung der Konformitätsbewertung abgeschlossen23. Des Weiteren sind im Rahmen von Assoziationsabkommen Protokolle über die Konformitätsbewertung und Anerkennung gewerblicher Produkte mit der Tschechischen Republik (PECA-Cz) und Ungarn (PECA-Hu) verabschiedet worden24. Sowohl die MRA als die PECA gehören zu den Abkommen im Sinne des Art. 6.3. WTO-TBT-Übereinkommen. 23
24
MRA-Australien, ABl. Nr. L 229 v. 17.8.1998; MRA-USA, ABl. Nr. L 31 v. 4.2.1999, MRA-Kanada, ABl. Nr. L 280 v. 16.10.1998; MRA-Israel, ABl. Nr. L 263 v. 9.10.1999; MRA-Japan, ABl. Nr. L 284 v. 29.10.2001; MRASchweiz, ABl. Nr. L 114 v. 30.4.2002. PECA-Cz, ABl. Nr. L 135 v. 17.5.2001; PECA-Hu, ABl. Nr. L 135 v. 17.5.2001.
2.3 Zertifizierung und Akkreditierung „weltweit“
23
Mit Ausnahme der Abkommen zwischen der EU und den Ländern USA, Kanada und Japan gelten die MRA und PECA nur für Ursprungswaren der Vertragsparteien. Der Warenursprung ist dem Staat zuzurechnen, in dem das Produkt vollständig erzeugt worden ist oder, sofern dies nicht gegeben ist, in dem die letzte wesentliche Be- oder Verarbeitung stattgefunden hat. Damit das Vertrauen in die gegenseitige Anerkennung gewahrt bleibt, müssen Konformitätsbewertungsstellen benannt, überprüft, suspendiert und deren Benennung widerrufen werden können. 2.3.3 Verfahren zur Begutachtung im Rahmen der MRA Die folgende Abb. 2.6 stellt den Verfahrensgang der Aufnahme einer Konformitätsbewertungsstelle grafisch dar. Die Verfahren zur Aufnahme der Konformitätsbewertungsstellen in den Sektoralen Anhang sind in allen MRA nahezu identisch. Dies beweist auch die einheitliche Handhabe der Europäischen Gemeinschaft. Gemischter Ausschuss BB
Partei A
Vorschlag zur Aufnahme einer KBS
Meldung der Benennung Einspruch
BB: Benennende Behörde KBS: Konformitätsbewertungsstelle SAn: Sektoraler Anhang
Reaktion
Überprüfung der KBS
Zustimmung
Änderung des SAn gem. Vorschlag
Partei B Frist von 60 Tagen + mögliche Fristverlängerung
Abb. 2.6 Aufnahme einer Konformitätsbewertungsstelle im Rahmen der MRA
Die Zulassung der Konformitätsbewertungsstelle wird durch die Zustimmung der anderen Vertragspartei innerhalb von 60 Tagen bewirkt. Diese kann ausdrücklich oder konkludent25 erfolgen. Während im MRAAustralien, im MRA-Schweiz und im MRA-Kanada sowohl eine aus25
Eine stillschweigende Willenserklärung ist konkludent.
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2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
drückliche als auch eine konkludente Zustimmung möglich ist26, schreibt das MRA-USA eine ausdrückliche Zustimmung vor27. Anders als in den anderen Abkommen kann im MRA-USA die zustimmende Vertragspartei gemäß Art. 7 lit. d) RA MRA-USA eine Fristverlängerung von 30 Tagen zur einhergehenden Prüfung der Unterlagen schriftlich beantragen28. Bestreitet die andere Vertragspartei die fachliche Kompetenz der Konformitätsbewertungsstelle oder die Erfüllung der Anforderungen durch diese Stelle innerhalb der vorgenannten Fristen, so kann der Gemischte Ausschuss29 eine Überprüfung der betreffenden Stelle beschließen30. Die Anfechtung ist in einem Schreiben mit objektiven und sachdienlichen Argumenten zu begründen31. Das MRA-Australien und das MRA Kanada sehen eine Überprüfung der Konformitätsbewertungsstelle allerdings nur in Ausnahmefällen vor32.
26
27 28
29
30 31 32
Art. 12 Abs. 6 lit. c) RA MRA-Australien, Art. XI Abs. 4 lit. b) RA MRAKanada, Art. 11 lit. b) RA MRA-Schweiz. Art. 7 lit. c) RA MRA-USA. Diese Interpretation der Fristverlängerung scheint logisch, da ansonsten eine solche Regelung keine Relevanz hätte. Gremium, das mindestens durch zwei unabhängige Vertragsparteien repräsentiert wird. Art. 12 Abs. 6 lit. d) RA MRA-Australien. Art. 8 Abs. 3 RA MRA-Australien. Art. 8 Abs. 2 RA MRA-Australien, Art. VIII Abs. 1 RA MRA-Kanada. Ausführliche Erläuterungen zu den internationalen Abkommen finden sich in Kapitel 7.
2.3 Zertifizierung und Akkreditierung „weltweit“
25
Checkliste: Eckdaten des Systems zur Zertifizierung und Akkreditierung von technischen Produkten 9 Zur Gewährleistung der Warenverkehrsfreiheit für technische Produkte wurde von der Europäischen Kommission ein neues System der Akkreditierung und Zertifizierung von Waren entwickelt (New Approach und Global Approach). Erst durch dieses System funktioniert der freie Warenaustausch mit technischen Produkten in Europa. Mittlerweile gibt es auch weltweite Abkommen. 9 Durch den EG-Vertrag wird die Warenverkehrsfreiheit in Europa zwar garantiert, wie diese Freiheit konkret von den Unternehmen benutzt werden kann, bestimmt jedoch ausschließlich das System von Zertifizierung und Akkreditierung. Dieses System ist für die Wirtschaft und das Funktionieren der nationalen und internationalen Zusammenarbeit bei Unternehmen von größter Bedeutung. 9 Ziel des Systems ist es, von den Unternehmen gefertigte Produkte im Hinblick auf deren Konformität mit bestimmten Qualitätsvorgaben zu untersuchen und zu erreichen, dass diese Konformität von Personen bzw. Institutionen bestätigt wird, denen man vertrauen kann. 9 An der Spitze des Systems stehen stets Regeln: Das können Gesetze, europäische Richtlinien, technische Normen und auch internationale Abkommen sein, die eine bestimmte Qualität einer Ware, einer Dienstleistung oder eines Unternehmensprozesses vorschreiben oder auch nur empfehlen. 9 Am Ende des Systems stehen die Kunden, die sicher sein wollen, Produkte, Dienstleistungen oder unter bestimmten (zumeist sicherheitsrelevanten) Prozessen gefertigte Waren etc. zu erhalten. Angesichts wachsender Qualitätsansprüche wird der Hersteller einer Ware mit immer komplexeren Anforderungen belastet. Das System konkreter produktbezogener Normen und Leitfäden kann dem Hersteller helfen, diesen Anforderungen gerecht zu werden, indem es ihn über die erwartete Qualität der Produkte in Kenntnis setzt. Dies bringt den Vorteil, dass der Unternehmer sich mit der Qualität seiner Produkte an den Anforderungen des Systems ausrichten und so den Marktwert mit beeinflussen kann: Je höher die Prüfqualität, desto höher auch die spätere Akzeptanz im In- und Ausland und dementsprechend der Marktwert. 9 Ebenso steht am Ende des Systems der eigene oder ein fremder Staat, der die Waren überhaupt nur dann zum Handel zulässt, soweit be-
26
2 Zertifizierung und Akkreditierung für effiziente Wirtschaftskreisläufe
stimmte Qualitätsanforderungen erfüllt werden. 9 Auch private Institutionen können überprüfen (zertifizieren); das Vertrauen in diese privaten Zertifizierer wird durch das System der Akkreditierung hergestellt. Akkreditierung bedeutet dabei, dass durch den Staat oder staatlich überwachte Stellen die Qualität der Zertifizierer sowohl im Hinblick auf fachliche Kompetenz wie auch im Hinblick auf Neutralität (Common Elements) sichergestellt wird. 9 Neben der Verwirklichung des Binnenmarkts innerhalb der EU gibt es das internationale Bestreben, einen weltweit funktionierenden freien Warenverkehr zu gewährleisten. So gibt es z.B. entsprechende zwischenstaatliche Vereinbarungen zwischen der EU, Japan und Kanada. Zentrales Anliegen ist dabei immer der Abbau von Handelshemmnissen. Der grundlegende Unterschied zwischen den internationalen Abkommen und den Angleichungen im Europäischen Binnenmarkt liegt im Umfang der Vereinbarungen. Während im Binnenmarkt die Anforderungen an die Zertifizierung und Akkreditierung umfassend harmonisiert wurden, sind im Rahmen der internationalen Abkommen lediglich die Zertifikatsnachweise gegenseitig anerkannt.
Leserorientierung: Das Kapitel 2 soll den Ingenieuren, Betriebswirten und Juristen in der Praxis das generelle Verständnis über das System der Zertifizierung und Akkreditierung von technischen Produkten vermitteln. Sowohl Unternehmen, die ihre technischen Produkte in den Binnenmarkt und internationalen Handel einführen wollen, als auch die staatlichen Behörden, die diese Produkte bewerten sollen, benötigen neben ihrem speziellen Fachwissen über die Zertifizierung und Akkreditierung den Überblick über die Zusammenhänge und Ursprünge des Gesamtsystems. Im Folgenden wird das Buch das notwendige juristische Wissen praxisnah und unmittelbar arbeitstauglich für die einzelnen Fachbereiche vertiefen. Das folgende Kapitel 3 dient als Register zum Nachschlagen der einzelnen Begriffe.
3 Begriffe und Definitionen
Für Unternehmen, die auf europäischer Ebene oder sogar weltweit handeln, stellen die national unterschiedlich verwendeten Begriffe eine Schwierigkeit dar. Gleiche Sachverhalte und Vorgänge werden in den Ländern oft mit verschiedenen Fachausdrücken beschrieben. In diesem Kapitel soll nun jedem Sachverhalt eindeutig ein Begriff zugeordnet werden. Ausgangspunkt der Begriffsbestimmungen sind die nationalen, europäischen und darüber hinaus gültigen Vorgaben aus der technischen Normung. Sie werden ergänzt durch Definitionen, die den rechtlichen Anforderungen der europäischen und nationalen Entwicklungen Rechnung tragen. Kompatibel müssen die Definitionen danach im Wesentlichen mit den Normen DIN EN ISO/ IEC 170001 und 170112 sein. Die Normen der Reihe DIN EN ISO/IEC 17000 ff. sind eine international anerkannte Grundlage zur Konformitätsbewertung und haben inzwischen die Normen aus der europäischen Reihe EN 45000 ff. abgelöst3.
3.1 Konformitätsbewertung Bei einer Konformitätsbewertung handelt es sich um die Darlegung, dass festgelegte Anforderungen erfüllt sind. Damit ist erstens die Überprüfung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen, Systemen und Personen durch Laboratorien bzw. Inspektions- oder Zertifizierungsstellen gemeint und ebenso zweitens die Überprüfung dieser Stellen durch eine übergeordnete unabhängige Einrichtung. Eine festgelegte Anforderung wird dabei definiert als ein Erfordernis oder eine Erwartung, die bspw. in Rechtsvorschriften, Normen oder technischen Spezifikationen schriftlich fixiert ist. Unternehmen können demnach diesen Anforderungen auf unterschiedliche Weise genügen. 1 2
3
Teilweiser Ersatz für DIN EN 45020:1998-07. Ersatz für DIN V 55390:1999-07, DIN EN 45003:1995-05 und DIN EN 45010:1998-03. Seit 11/2004: DIN EN ISO/IEC 17020.
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3 Begriffe und Definitionen
3.1.1 Konformitätsbewertung von technischen Produkten, Dienstleistungen, Prozessen, Systemen und Personen Im Zusammenhang mit der europäischen Rechtsharmonisierung dient die Konformitätsbewertung als Nachweis dafür, dass bestimmte Rechtsvorschriften oder technische Spezifikationen bzw. Kriterien eingehalten werden. Die Verfahren und Prozesse, die zu diesem Nachweis führen, werden im Folgenden beschrieben. In Abhängigkeit vom Gegenstand der Konformitätsbewertung handelt es sich hierbei um eine Prüfung, eine Inspektion, ein Audit oder eine Zertifizierung. Prüfung
Prüfen bedeutet die Ermittlung eines oder mehrerer Merkmale an einem Gegenstand der Konformitätsbewertung nach einem Verfahren4. Dieser Begriff bezieht sich üblicherweise auf Werkstoffe, Produkte oder Prozesse. Inspektion
Unter Inspektion ist hingegen die Untersuchung der Entwicklungs- und Konstruktionsunterlagen eines Produktes, eines Produktes5 selbst, eines Prozesses6 oder einer Anlage zu verstehen. Zusätzlich soll seine/ihre Konformität mit spezifischen oder allgemeinen Anforderungen ermittelt werden. Audit
Der Begriff Audit wird in Bezug auf Managementsysteme verwendet und beschreibt einen systematischen, unabhängigen und dokumentierten Prozess zur Erlangung von Aufzeichnungen, Darlegungen von Fakten oder anderen relevanten Informationen. Um zu ermitteln, inwieweit festgelegte Anforderungen erfüllt sind7, bedarf es einer objektiven Begutachtung dieser ermittelten Daten.
4 5
6
7
DIN EN ISO/IEC 17000, 4.2, S. 13. In der technischen Normung gibt es vor allem vier übergeordnete Produktkategorien. Dies sind Dienstleistungen (z.B. Transport), Software (z.B. Rechnerprogramm, Wörterbuch), Hardware (z.B. Motor, mechanisches Teil) und verfahrenstechnische Produkte (z.B. Schmiermittel). Dabei kann die Inspektion von Personen, Einrichtungen, Technologien und Methoden eingeschlossen sein. DIN EN ISO/IEC 17000, 4.4, S. 13.
3.1 Konformitätsbewertung
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Zertifizierung
Ein Zertifikat wird entweder vom Hersteller selbst ausgestellt oder durch eine vom Hersteller unabhängige Zertifizierungsstelle. Ein vom Hersteller selbst ausgestelltes Zertifikat wird als Herstellererklärung bezeichnet. Zertifikat Im Zusammenhang mit der Rechtsharmonisierung dient die Ausstellung eines Zertifikates als Nachweis dafür, dass das Produkt bestimmten Rechtsvorschriften oder sonstigen technischen Spezifikationen bzw. Kriterien entspricht, also mit diesen übereinstimmt (konform ist). Im sog. geregelten Bereich (s.a. Kap. 6.3.1) soll die Zertifizierung sicherstellen, dass die grundlegenden Anforderungen der jeweiligen europäischen Richtlinie beachtet wurden. Bei Vorschriften, welche einen Verweis auf technische Normen enthalten (Richtlinien nach neuer Konzeption), ist von der Einhaltung dieser Vorschriften insbesondere dann auszugehen, wenn die Übereinstimmung der Produkte mit den einschlägigen Normen festgestellt bzw. erklärt wird. Soweit es noch keine europäischen Normen gibt, ist es ausreichend, dass eine Konformität mit den europäisch anerkannten nationalen Normen besteht. Auf den Zertifikaten müssen dann die Dokumentnummern mit den Normen oder sonstigen technischen Spezifikationen aufgeführt werden, mit denen die Produkte übereinstimmen. Da die technischen Normen, auf die die Richtlinien verweisen, für den Produzenten jedoch nicht verbindlich sind, muss er die Möglichkeit haben die Richtlinienkonformität anders nachzuweisen. Ein Beispiel hierfür kann der Maschinenbaurichtlinie8 entnommen werden. Die Richtlinie sieht vor, dass bestimmt Maschinen einer Baumusterprüfung unterzogen werden müssen. Welche Maschinen geprüft werden, ist im Anhang IV der Richtlinie aufgeführt. Wenn die Maschine nach harmonisierten europäischen Normen gebaut wurde, findet keine Baumusterprüfung statt. Die Vorgehensweise bei der Konformitätsbewertung von Produkten hat der Rat der Europäischen Gemeinschaft im Dezember 1990 in einem Beschluss festgelegt. Dieser behandelt die in den technischen Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertungsverfahren. Bei der Ausarbeitung des sog. Mo-
8
Auszugsweise im Anhang J.
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3 Begriffe und Definitionen
dularen Konzeptes9 wurde von der Überlegung ausgegangen, dass dem Hersteller im Rahmen des Gemeinschaftsrechts alternative Möglichkeiten angeboten werden sollten, um die Konformität mit den technischen Harmonisierungsrichtlinien nachweisen zu können10. Das Konzept beschreibt acht verschiedene Module, in denen unterschiedlich strenge Maßnahmen der Qualitätssicherung, Prüfung und Zertifizierung vorgegeben werden. Erfüllt der Hersteller die Anforderungen einer Harmonisierungsrichtlinie nach der neuen Konzeption durch normenkonforme Bauweise, so kommt er häufig in den Vorteil eines vereinfachten Zertifizierungsverfahrens (d. h. die Herstellererklärung kann als Zertifizierungsform ausreichen). Baut er nicht entsprechend der Norm, bedarf es z. B. einer Baumusterprüfung durch eine unabhängige dritte Stelle. 3.1.2 Konformitätsbewertung von Stellen Um Qualität und damit Vertrauen und gegenseitige Akzeptanz innerhalb des Systems der Produktsicherheit zu schaffen, setzen andere Verfahren und Prozesse bereits bei den Produktbewertungen an. Durch diese Vorgehensweise kann die doppelte Prüfung von Produkten beim internationalen Handel vermieden werden. Diese zweite Art der Konformitätsbewertung bezieht sich auf die Überprüfung der Stellen, die die Produkte, Prozesse, Systeme, etc. überprüfen. Gesetzes- und Normenkonformität bzw. das Vorhandensein spezieller Eigenschaften werden bestimmt. Die Unternehmen sollen daher wissen, nach welchem Maßstab ihre Produkte überprüft werden, um so die spätere Akzeptanz auf dem Markt abschätzen zu können.
9 10
Weitere Erläuterungen siehe Kap. 5. Die Modulare Konzeption umfasst ausschließlich Konformitätsbewertungsmöglichkeiten, die im Zusammenhang mit der Umsetzung von technischen EG-Harmonisierungsrichtlinien angewendet werden und somit den gesetzlichen Bereich betreffen. Im privatwirtschaftlich geregelten Bereich gibt es keine vergleichbar systematische Konformitätsbewertung. Vielmehr gehen dort Produkt- und Qualitätssicherungsanforderungen auf individuelle Kundenwünsche zurück und werden zwischen den beteiligten Vertragspartnern ausgehandelt. Die Modulare Konzeption entstand auf der Grundlage des Globalen Konzeptes für Zertifizierung und Prüfwesen. Das Globale Konzept wurde im Sommer 1989 von der Europäischen Kommission vorgelegt und beschreibt einzelne Elemente der europäischen Zertifizierungspolitik.
3.1 Konformitätsbewertung
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Überprüfung
Das Vertrauen, das durch die Überprüfung geschaffen wird, gründet auf der Transparenz des Prüfungsverfahrens. Bislang wird bei der Überprüfung zwischen einer Begutachtung, die regelmäßig durch eine Behörde durchgeführt wird, und einer Akkreditierung, welche vornehmlich auf einen Vorgang durch eine private Einrichtung hindeutet, unterschieden. In beiden Fällen handelt es sich jedoch um den Prozess der Überprüfung einer Konformitätsbewertungsstelle. Die Verfahren können auch ineinander übergehen (s. Abb. 3.1). Eine private Akkreditierungsstelle benötigt im gesetzlich geregelten Bereich eine Befugnis, um Akkreditierungen durchzuführen, d.h. um die Kompetenz von Konformitätsbewertungsstellen zu überprüfen. Die Befugnis leitet sich dabei im gesetzlich geregelten Bereich von einer hoheitlichen Stelle ab11.
Abb. 3.1 Überprüfende Verfahren von Konformitätsbewertungsstellen
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DIN EN ISO/IEC 17000 sowie DIN EN ISO/IEC 17011.
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3 Begriffe und Definitionen
Begutachtung
Bei der Begutachtung entscheidet eine staatliche Einrichtung darüber, ob eine Konformitätsbewertungsstelle im Hinblick auf bestimmte Gesetze und Verordnungen für einen definierten Anwendungsbereich hinreichend qualifiziert ist12. Die Begutachtung bezieht sich nach dieser Definition immer auf die Konformitätsbewertungsstellen und wird vor allem im gesetzlich geregelten Bereich verwendet. Die Behörde kann jedoch bestimmte Aufgaben auf private Stellen delegieren. Diese akkreditieren dann für die Behörde, sie nehmen also eine Überprüfung vor. Dabei kann eine solche Akkreditierung die Inhalte der einschlägigen technischen Normen umfassen oder, je nach Auftrag, auch darüber hinausgehen. Der Begriff Begutachtung wird in der Literatur auch allgemein verwendet, bspw. im Zusammenhang mit Audit (s.o.). Akkreditierung
Im gesetzlich ungeregelten Bereich handelt es sich bei einem überprüfenden Verfahren meistens um eine Akkreditierung. Akkreditierung Die Akkreditierung ist Teil eines Systems, das der Überprüfung von Waren, Dienstleistungen und Unternehmensabläufen auf Gesetzes- und Normenkonformität bzw. auf das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften dient. Nach Abschn. 5.6. DIN EN ISO/IEC 17000 ist sie eine Bestätigung durch eine dritte Seite, die formal darlegt, dass eine Konformitätsbewertungsstelle die Kompetenz besitzt, bestimmte Konformitätsbewertungsaufgaben durchzuführen. Die Akkreditierung soll damit einen Nachweis über die Qualität der Konformitätsbewertung führen, indem Kompetenz und Eignung der Stellen regelmäßig anhand harmonisierter Anforderungen überprüft werden13. In der internationalen Norm ISO/IEC 17011 ist Akkreditierung bezeichnet als die Feststellung durch einen unparteiischen Dritten, dass eine Stelle festgelegte Anforderungen erfüllt und kompetent ist, bestimmte Konformitätsbewertungen durchzuführen. Damit ist Akkreditierung eine vertrauens12 13
DIN EN ISO/IEC 17011, 3.7, S. 12. DIN EN ISO/IEC 17000, 5.6, S. 15 sowie DIN EN ISO/IEC 17011, 3.1, S. 10.
3.2 Normung
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bildende Maßnahme besonderer Art und stellt folglich einen sehr bedeutsamen Teil des Gesamtsystems der Konformitätsbewertung dar. Im internationalen Zusammenhang dient die Akkreditierung dem Zweck, den grenzüberschreitenden Handelsverkehr zu erleichtern. Sie schafft über einen Zusammenschluss in regionalen und internationalen Organisationen die Grundlage dafür, dass die Konformitätsaussagen akkreditierter Konformitätsbewertungsstellen auf der Basis von Abkommen über die gegenseitige Anerkennung möglichst weltweit anerkannt werden können. Akkreditierungsstellen sind grundsätzlich darauf ausgerichtet, durch ständige Eigen- und Fremdkontrolle und andere Transparenzmechanismen eine von außen überprüfbare Gewähr für ihre Unparteilichkeit und Gemeinwohlausrichtung zu bieten. Dazu müssen diese Einrichtungen zu bestimmten Organisationsformen und Verfahrensregeln verpflichtet werden (oder sich selbst dazu verpflichten). Um die Anforderungen an die Konformitätsbewertungsstellen durchsetzen zu können, muss die Akkreditierungsstelle über eine ausreichende Autorität verfügen und mit entsprechenden Instrumenten zur Durchsetzung ausgestattet sein.
3.2 Normung Im Alltagssprachgebrauch kann man unter Normung Unterschiedliches verstehen. Zum einen kann damit die Schaffung von Rechtsnormen, also förmlichen Gesetzen, Rechtsverordnungen oder Satzungen gemeint sein, zum anderen die technische Normung. Als Fachausdruck in der Technik versteht man unter Normung das Schaffen von Regeln seitens nicht mit staatlicher Autorität versehener Institutionen. Gemeint sind in erster Linie die Normen des DIN-Verbandes. Technische und in der heutigen Zeit auch organisatorische Regeln sollen vereinheitlicht werden. Dies geschieht durch Festlegung technischer Spezifikationen oder sonstiger Kriterien für Produkte, Dienstleistungen usw. in Normdokumenten. Nach ihnen richten sich Hersteller und Anbieter von Dienstleistungen etc. Diese Regeln sind aber nicht verpflichtend. DIN-Normen werden von den interessierten Kreisen gemeinschaftlich aufgestellt. Zu dieser Gruppe, die sich entweder durch Entsendung von Fachleuten für die Durchführung der Normungsarbeiten oder durch Stellungnahmen zu Normentwürfen an der Normung beteiligen, zählen insbesondere Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften und auch Behörden. Die Koordination der Normungsarbeiten und die Annahme der durch die interessierten Kreise ausgearbeiteten Normentwürfe erfolgt durch private Normungsinstitutionen.
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3 Begriffe und Definitionen
Neben der beschriebenen Differenzierung zwischen Gesetzen etc. einerseits und der Normung durch Private andererseits gibt es eine weitere Einteilung. Die private Normung wird auch als überbetriebliche technische Normung bezeichnet und von der innerbetrieblichen, der sog. Werksnormung, abgegrenzt. Wenn festgestellt wurde, dass die Befolgung der technischen Normen und der Organisationsnormen, die von privater Seite geschaffen wurden, fakultativ sind, ist dies dahingehend einzuschränken, dass es mittelbare Zwänge zur Anwendung der Normen gibt. Es gibt Produkte, die den gesetzlichen Sicherheitsanforderungen genügen müssen. Um die Anforderungen tatsächlich erfüllen zu können, müssen die Produkte bestimmten technischen Spezifikationen entsprechen. Diese technischen Spezifikationen werden oft nicht in Gesetzesform festgelegt, sondern es wird auf technische Normen verwiesen. Man nimmt dann einfach an, dass die Sicherheitsanforderungen erfüllt werden, wenn die von der Vorschrift erfassten Produkte bestimmten DIN-Normen entsprechen14. Es werden zwei Arten von Verweisungen unterschieden: die rechtsnormergänzende Verweisung und die rechtsnormkonkretisierende Verweisung. Von Interesse ist hier die rechtsnormkonkretisierende Verweisung, weil sie Bestandteil der neuen Konzeption zur Durchführung der Rechtsharmonisierung für den Binnenmarkt ist. Diese Verweisung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Verweisungsgrundlage entweder im Tatbestand oder auf der Rechtsfolgenseite nur unvollständig formuliert ist. Das Gesetz behandelt die Verhaltenspflichten der Normadressaten nicht abschließend. Vielmehr bedarf es immer erst eines Rückgriffes auf die bezogene technische Norm, um den konkreten Inhalt des Gesetzesbefehls ermitteln zu können15. Für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland ist die Ansicht vorherrschend, dass diese Verweisungstechnik nur eine widerlegbare Vermutung der Übereinstimmung der entsprechenden Norm mit den gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsanforderungen darstellt. Für den Hersteller 14
15
Dieses vom Gesetzgeber häufig angewandte Prinzip wird als dynamischer Normverweis bezeichnet. Im Gegensatz hierzu gibt es die statische (starre) Verweisung, bei der in den Vorschriften unter Angabe von NormDokumentnummern auf bestimmte Normen verwiesen wird. Die statische Verweisung wird nur selten und nur in wenigen Ländern angewandt. Näheres dazu in R. Lukes, Überbetriebliche technische Normen in den Rechtsordnungen ausgewählter EWG- und EFTA-Staaten, Köln 1979. Vgl. dazu G. Breulmann, Normung und Rechtsangleichung in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, Berlin 1993, S. 132.
3.3 Einordnung der Begriffe ins System der Konformitätsbewertung
35
bedeutet dies: Bei einer normgemäßen Produktionsweise besteht die widerlegbare Vermutung, dass das betreffende Produkt nicht gegen die geltenden gesetzlichen Bestimmungen verstößt. Der Produzent hat aber auch die Möglichkeit, seine Produkte anders herzustellen, als es in dem technischen Regelwerk vorgeschrieben ist. Dann trägt er aber die Beweislast für die Gesetzeskonformität. Das gleiche Ergebnis lässt sich für die europäischen Sicherheitsvorschriften aus den Leitlinien herleiten. In diesen Leitlinien der neuen Konzeption für die technische Harmonisierung und Normung wird eindeutig darauf hingewiesen, dass die Normen ausschließlich freiwillig zu beachtende technische Spezifikationen darstellt16. In allen auf der Grundlage der sog. Modulrichtlinie verabschiedeten Richtlinien wird den Herstellern ausdrücklich die Möglichkeit offen gelassen, den Nachweis der Konformität ihres Produkts auch auf andere Weise als durch ein normgemäßes Herstellungsverfahren zu erbringen. Europäische Normen sind mithin auch keine gesetzlichen Sicherheitsvorschriften. Ein mittelbarer Zwang zur Produktion nach europäischen Normen wird aber, wie bereits eingangs erwähnt, schon dadurch ausgeübt, dass eine normenkonforme Produktion die ungehinderte und erfolgreiche Teilnahme am freien Warenverkehr erleichtert. Die Beachtung von Sicherheitsnormen hat schließlich auch Bedeutung für die Produkt- bzw. Produzentenhaftung17. Nach § 3 ProdHG ist das Produkt fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden kann. Technische Normen, DIN-Vorschriften, VDE-Bestimmungen usw. beinhalten jedenfalls den Mindeststandard an Sicherheit die die Bevölkerung allgemein erwartet. Die Beachtung der Sicherheitsvorschriften lässt vermuten, dass das Produkt den Sicherheitserwartungen entspricht18. Allerdings ist auch hierbei eine abweichende Beurteilung nicht ausgeschlossen. Die genannten Regeln können ergänzungsbedürftig sein, wenn die Vereinbarungen nicht mehr dem neusten Stand der Wissenschaft und Technik entsprechen.
3.3 Einordnung der Begriffe ins System der Konformitätsbewertung Gerade die Vielzahl von Definitionen für gleiche Verfahren und Einrichtungen – schon im nationalen Bereich – führt häufig zu Missverständnis16 17 18
Vgl. ABl. EG Nr. C 136 v. 4.6.1985, S. 2 ff. Ausführlicher in Kap. 4.2. Palandt T., BGB, § 3 ProdHG, Rdnr. 9.
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3 Begriffe und Definitionen
sen. Durch die klare Einordnung der Stellen und Verfahren in die unterschiedlichen Wirkungsebenen wird eine scharfe Abgrenzung gegeben und die Konzentration auf die Funktion der einzelnen Systemelemente ermöglicht. Systemaufbau x An der Spitze des Systems stehen Regeln, Gesetze, europäische Richtlinien, technische Normen und internationale Abkommen, die eine bestimmte Qualität einer Ware, Dienstleistung oder eines Prozesses vorschreiben oder auch nur empfehlen. x Am Ende des Systems stehen die Kunden, die sicher sein wollen, Produkte, Dienstleistungen oder unter bestimmten Prozessen und auf einem bestimmten technischen Sicherheitsniveau gefertigte Waren zu erhalten. Diese Gegenstände der Konformitätsbewertung werden durch den eigenen oder einen fremden Staat auf einem Markt zugelassen, wenn definierte Qualitätsanforderungen erfüllt sind. Der Raum zwischen den Qualitätsanforderungen und dem Nachweis, dass diese eingehalten wurden, wird – national unterschiedlich – durch das System der Konformitätsbewertung ausgefüllt. Die Länder haben trotz der Unterschiede dennoch oft ähnliche Elemente im Konformitätsbewertungssystem, z. B. besitzen sie etwa klare Akkreditierungsstellen oder ein bestimmtes Konformitätsbewertungsverfahren. Die staatliche Vorsorgepflicht (s. Kap. 6) verlangt das Einrichten und Unterhalten von Behörden, die in besonders sicherheitsrelevanten Bereichen die Überprüfung von Produkten etc. sicherstellen. Gesundheitsschutz, öffentliche und technische Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz sind zentrale Ziele des Staates und hoheitliche Aufgaben zum Schutz der Bürger. Hier gibt es Gebührenregelungen für Konformitätsbewertungen ohne Berücksichtigung von Marktpreisen. Daneben steht der Bereich der unkontrollierten Zulassung, welcher jedoch nicht klar abgegrenzt werden kann. Theoretisch kann hier jeder tätig werden, der sich irgendwie für die Durchführung von Überprüfungen geeignet hält. Reguliert wird hier durch das marktwirtschaftliche Prinzip, dass die Nachfrage das Angebot bestimmt. Die Nachfrage der Verbraucher nach sicheren und qualitativ hochwertigen Produkten fördert das Angebot von Waren, welche nachweislich diesen Anforderungen entsprechen.
3.3 Einordnung der Begriffe ins System der Konformitätsbewertung
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Dem Nachweis, dass bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllt sind, liegt folgendes Prüfungsverfahren zugrunde: An erster Stelle steht eine Überprüfung der Einrichtungen, die die Gegenstände der Konformitätsbewertung für einen Markt zulassen. Hierbei kann es sich um eine Begutachtung (durch den Staat) oder um eine Akkreditierung (im privatwirtschaftlichen Bereich) handeln. Das Ergebnis der Begutachtung im gesetzlich geregelten Bereich ist in der Regel die Benennung bzw. Anerkennung einer Konformitätsbewertungsstelle in Form eines Verwaltungsakts. Die anderen Mitgliedstaaten werden durch eine Benachrichtigung der Europäischen Kommission über die Benennung bzw. Anerkennung einer Konformitätsbewertungsstelle informiert. Dieses Verfahren erfolgt im Rahmen der europäischen Harmonisierungstätigkeiten und ist notwendig, um eine europaweite Zulassung bzw. Anerkennung dieser Stelle zu erreichen. Der Staat übernimmt durch die Notifizierung offiziell die Verantwortung für die Benannte Stelle. Wird die Stelle von der EU bzw. der Kommission bestätigt, ist diese für den entsprechenden Tätigkeitsbereich berechtigt Konformitätsnachweise durchzuführen, welche dann europäische Gültigkeit besitzen. Die Aktivitäten sind dabei nicht nur auf das Land beschränkt, in dem die Benennung erfolgte, sondern können auch in anderen Ländern der EU stattfinden. Das Ergebnis des Akkreditierungsverfahrens im gesetzlich nicht geregelten Bereich ist in der Regel die privatrechtliche Ausstellung einer Bescheinigung. Diese stärkt das Vertrauen in eine Konformitätsbewertungsstelle. Tätig werden kann sie aber auch ohne eine Bescheinigung. Im gesetzlich nicht geregelten Bereich erfolgt keine Notifizierung. Wie in Abb. 3.2 dargestellt gliedert sich die Konformitätsbewertung demnach in drei hierarchische Ebenen und zwei Arten von Konformitätsbewertungsverfahren. Auf der 3. Ebene befinden sich die Gegenstände der Konformitätsbewertung19. Diese umfassen die Produkte/Dienstleistungen, Systeme und Prozesse, die einer Konformitätsbewertung zu unterziehen sind. Bei dem Konformitätsbewertungsverfahren kann es sich um eine Zertifizierung, eine Inspektion oder Prüfung handeln. Durchgeführt wird sie von der 2. Ebene, der Konformitätsbewertungsstelle. Auf der 1. Ebene ist die benennende/ anerkennende bzw. begutachtende Behörde oder die Akkreditierungsstelle angesiedelt. Diese Einrichtungen überprüfen neben der Konformität auch die Kompetenz einer Konformitätsbewertungsstelle. 19
Die in der technischen Norm EN ISO/IEC 17000:2004 benutzten Begriffe Gegenstand der Konformitätsbewertung und Gegenstand umfassen jeden Werkstoff, jedes Produkt, jede Anlage, jeden Prozess, jedes System, jede Person oder Stelle, welche der Konformitätsbewertung unterliegen. Eine Dienstleistung ist durch die Definition Produkt erfasst.
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3 Begriffe und Definitionen
Abb. 3.2 Einordnung der Begriffe in das System der Konformitätsbewertung
3.3 Einordnung der Begriffe ins System der Konformitätsbewertung
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Checkliste: Grundlegende Begriffe und Definitionen 9 Konformitätsbewertung: Darlegung, dass festgelegte Anforderungen bezogen auf ein Produkt, einen Prozess, ein System, eine Person oder eine Stelle erfüllt sind. 9 Die Konformitätsbewertung ist je nach Gegenstand als Prüfung, Inspektion, Audit oder Zertifizierung ausgestaltet. Die Konformitätsbewertung von produktbewertenden Stellen wird als Begutachtung durch staatliche Behören bzw. als Akkreditierung durch private Organisationen bezeichnet. 9 Konformitätsbewertung ist das Bindeglied zwischen Qualitätsvorgaben für Produkte oder Dienstleistungen und dem Anspruch der Verbraucher nach Waren, die diesen Vorgaben entsprechen. 9 Prüfung ist die Ermittlung von Merkmalen nach einem Verfahren. 9 Inspektion ist die Untersuchung eines Produktes oder dessen Fertigung und die gleichzeitige Ermittlung der Konformität mit bestimmten Anforderungen. 9 Audit ist ein Verfahren, welches bei Managementsystemen zur Erlangung, Fixierung und Bewertung konformitätsrelevanter Informationen dient. 9 Zertifizierung: Nachweis über die Konformität eines Produktes mit bestimmten Vorschriften.
Leserorientierung: Das Kapitel 3 dient als Register zum Nachschlagen der wesentlichen Fachbegriffe. Die Kurzdefinitionen sollen vom Leser beim Vertiefen der jeweiligen Spezialbereiche immer wieder herangezogen werden. Im nachfolgenden Kapitel 4 stellt das Handbuch die Vorteile für den Unternehmer durch die Teilnahme am System der Zertifizierung und Akkreditierung dar.
4 Unternehmerische Vorteile/Zertifizierung und Produkthaftung
Die Teilnahme am System der Konformitätsbewertung ermöglicht den Unternehmen die Qualitätsanpassung auch bei arbeitsteiliger Fertigung: Die Unternehmen müssen sich bei ihrer Produktionsplanung nicht an unterschiedliche Anforderungen der jeweiligen Vertragspartner anpassen, sondern haben die Möglichkeit, sich an den offiziellen internationalen Standards zu orientieren. Außerdem kann Kapital, was erstmals in die Vorbereitung und Durchführung von Zertifizierungen investiert wurde, durch die spätere Vermeidung von Haftungssituationen wieder gutgemacht oder sogar noch in Gewinn umgewandelt werden.
4.1 Vorteile durch die Zertifizierung In Zeiten „schlanker Unternehmen“ werden immer mehr Aufgabenbereiche ausgelagert und von Zulieferbetrieben durchgeführt, wobei diese letzteren Unternehmen dann den technischen, ökonomischen und auch juristischen Standards des Assemblers genügen müssen. Von den zumeist mittelständischen Zuliefererbetrieben wird heute vielfach die Zertifizierung nach DIN EN ISO 9000 ("DIN EN ISO 9000ff."-Normen) verlangt. Die DIN EN ISO-Normen 9000ff. enthalten Regelungen zum Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems. Maßnahmen für die Fehlererkennung und Fehlervermeidung werden erstmalig in größerem Umfange systematisiert, standardisiert, normiert und internationalisiert. Die ISOZertifizierung führt von dem unternehmens- und produktbezogenen Qualitätsmanagement zur produktunabhängigen Darstellung von Qualitätsmanagementsystemen. 4.1.1 Auswirkungen auf die Produkthaftungssituation Die organisatorischen Anforderungen, die an das Unternehmen nach den ISO-Normen gestellt werden, sind geeignet, das Produkthaftungsrisiko zu
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4 Unternehmerische Vorteile/Zertifizierung und Produkthaftung
mindern. Dies lässt sich sowohl für die Produzentenhaftung nach den §§ 823 ff. BGB wie auch für die Produkthaftung nach dem ProdHG begründen. Qualitätsmanagementsysteme, die den Anforderungen der DIN EN ISO 9000ff. entsprechen, setzen voraus, dass der Hersteller Verfahren zur ständigen Qualitätsbeobachtung seiner Produkte einrichtet und auch entsprechend dokumentiert. Der Hersteller kann anschließend den im Rahmen der deliktsrechtlichen Produzentenhaftung verlangten Entlastungsbeweis leichter führen. Auch für den Bereich der Produkthaftung (Gefährdungshaftung) kann ein Qualitätsmanagementsystem hilfreich sein. Der Begriff „Fehler“ in § 3 ProdHG ist an der Beschaffenheit orientiert, welche die entsprechenden Verbraucherkreise an Produktsicherheit erwarten können. Ein an DIN EN ISO 9000ff. orientiertes Qualitätssicherungssystem wiederum verlangt eine gründliche Auseinandersetzung mit den technischen Standards, denen das Produkt genügen muss. DIN EN ISO 9000ff. im Einzelnen: x Die DIN EN ISO 9000 enthält allgemeine Richtlinien zur Auswahl und Anwendung der Qualitätsmanagementsysteme nach DIN EN ISO 9001. Sie ist eine Art "Bauanleitung", welche zur Anwendung der in der DIN EN ISO 9001 niedergelegten Systeme zum Qualitätsmanagement für den konkreten Fall geeignet ist und die praktische Umsetzung zeigt. x DIN EN ISO 9001 enthält ein Modell zum Qualitätsmanagement/ zur QM-Darlegung in – Design/Entwicklung, – Produktrealisierung, – Montage und – Wartung. Dieses Modell ist eines der umfassendsten und liegt daher zumeist der Zertifizierung eines Gesamtunternehmens zugrunde. x DIN EN ISO 9004 enthält einen Leitfaden zur Einführung eines Qualitätsmanagements. Dadurch wird gewährleistet, dass das Unternehmen im Schadensfalle den Vorwurf, fehlerhaft produziert zu haben, widerlegen kann. Mit „Gefährdungshaftung“ ist eben nicht Verschuldenshaftung gemeint, weshalb hier hinreichend Raum für die Darlegung, dass trotz des Schadensereignisses fehlerfrei produziert wurde, bleibt.
4.2 Anforderungen durch die Produkthaftung
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4.1.2 Europäische Dimension Der europäische Markt für technische Produkte ist durch zahlreiche Handelshemmnisse gekennzeichnet, die auf den unterschiedlichen Sicherheitssystemen der Mitgliedstaaten beruhen. Beim Export vieler Produkte bedarf es deshalb häufig besonderer Sicherheitsprüfungen. Zertifizierung bedeutet in diesem Zusammenhang, dass von staatlicher Seite überprüfte (akkreditierte) Zertifizierer kontrollieren, ob die Anforderungen aus europäischen Richtlinien erfüllt worden sind. Die Aufgaben der Zertifizierer können dabei recht unterschiedlich sein. Mal kann von ihnen die Überprüfung eines Baumusters, mal die Überwachung eines Produktionsprozesses, mal die Überwachung jedes einzelnen Gerätes verlangt sein. Modulbeschluss des Ministerrats
Der Ministerrat (der Europäischen Union) hat das System durch seinen „Modulbeschluss“ verfeinert: Das modulare Konzept (s.a. Kap.3 und 5) für den Nachweis der Übereinstimmung eines Produktes mit den Anforderungen der jeweils einschlägigen europäischen Richtlinie stellt verschiedene Konformitätsbewertungsverfahren zur Verfügung, die dann in den Einzelrichtlinien angeordnet werden können. Bei verschiedenen Modulen kann der Nachweis der Richtlinienkonformität durch ein vom Hersteller unterhaltenes und zugelassenes Qualitätssicherungssystem ersetzt werden. Eine Zertifizierungsstelle muss zuvor bescheinigt haben, dass das jeweilige Sicherungssystem hinreichend zuverlässig arbeitet und in Übereinstimmung mit den normativen Vorgaben steht. Die Verwendung zertifizierter Qualitätsmanagementsysteme, die den harmonisierten Normen DIN EN ISO 9000 - 9004 entsprechen, führt dazu, dass die zuständige Zertifizierungsstelle regelmäßig von der Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen auszugehen hat.
4.2 Anforderungen durch die Produkthaftung Den Unternehmen bereitet es Schwierigkeiten, die Sachverhalte im Vorfeld einzugrenzen, die im Hinblick auf die Produkthaftung gefährlich sind. Das ist nachvollziehbar, weil schon die Zurechnungstatbestände der Produkthaftung anders als im allgemeinen Deliktsrecht definiert sind. Zentraler Begriff für das Verständnis der Produkthaftung ist der Rechtsbegriff „Verkehrssicherungspflichten“.
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4 Unternehmerische Vorteile/Zertifizierung und Produkthaftung
Dieser Begriff impliziert zweierlei: x Es wird verständlich, dass nicht die Produktion gefährlicher Güter „an sich“ verboten ist, ansonsten wäre bei der hohen Anzahl von Verkehrstoten schon die Produktion von Pkws verboten, x es wird erkennbar, dass der Begriff „Verkehrssicherungspflichten“ nicht nur dem Juristen Arbeitshilfe ist, sondern den Unternehmen die konkreten Verhaltensanforderungen nennt, die es zu beachten gilt, wenn das Unternehmen nicht in die Haftungssituation kommen will. 4.2.1 Zusammenhang Verhalten und Verletzung Für eine Verletzung eines Rechtsgutes ist der Schädiger nur verantwortlich, wenn sie auf ein ihm zurechenbares Verhalten zurückzuführen ist. Das Verhalten des Herstellers muss zunächst ursächlich für die Verletzung sein. Üblicherweise wird dann die Zurechenbarkeit nach der Frage entschieden, ob ein erfahrener und sorgfältiger "Beobachter" mit der Möglichkeit eines Schadenseintrittes gerechnet hätte. Diese Fragestellung reicht aber bei der Produzentenhaftung zur Begründung der Ursächlichkeit nicht aus. Das liegt daran, dass dem Hersteller nur in Ausnahmefällen die Herstellung und das Inverkehrbringen des Produkts selbst vorgeworfen werden kann; diese Handlungen sind regelmäßig haftungsrechtlich irrelevant. Beispiel: Jede Automobilfabrik kann nach ihrem Anteil am Kraftfahrzeugstand etwa berechnen, wie viel Verkehrstote jährlich auf ihre Fabrikate entfallen. Die Tötung von Menschen ist bei diesen Produkten nicht bloß eine adäquate, sondern sogar eine statistisch sichere Folge von Produktion und Verkauf.
Daraus folgt, dass nicht alle Umstände, die für eine Verletzung von Rechtsgütern ursächlich sind, für die Haftung herangezogen werden dürfen, weil sonst jedes Inverkehrbringen eines irgendwie gefährlichen Produkts mit Haftung bedroht wäre. Die Verkehrssicherungspflichten haben daher auch wesentlich die Funktion, den deliktsrechtlich relevanten Verantwortungsbereich der Hersteller zu bestimmen. Sie sagen dem Hersteller, welche Handlungen oder welches Unterlassen zur Haftung führen kann, d.h. welches Verhalten im Zusammenhang mit der Herstellung und
4.2 Anforderungen durch die Produkthaftung
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dem Invekehrbringen eines Produkts geeignet erscheint, für einen bestimmten Schaden ursächlich (kausal) zu sein. Verkehrssicherungspflichten sind daher ernstzunehmende Verhaltensanweisungen. Nicht jedes Verhalten kann die Haftung begründen, sondern nur ein Verhalten, das gegen eine Verkehrssicherungspflicht verstößt. Ein Unternehmen, das seine Organisation auch im Hinblick auf die Vermeidung von Produkthaftungsfällen organisiert, muss zumindest die seitens der höchstrichterlichen Rechtsprechung genannten Verkehrssicherungspflichten auf die betriebliche Relevanz hin analysieren und in klare Verhaltensdirektiven für die Mitarbeiter umsetzen. Wer ein Produkt herstellt oder importiert und es anderen überlässt (es in den Verkehr bringt), muss die aus dem Produkt anderen drohenden Gefahren nach Möglichkeit gering halten. Unterlässt er dies, so haftet er jedem, der befugtermaßen in den Gefahrenkreis der Sache gekommen ist. Dieser Rechtssatz ist im Grunde nur eine Konsequenz aus dem im gesamten Zivilrecht geltenden Verbot des widersprüchlichen Verhaltens. Ein widersprüchliches Verhalten fällt sicher demjenigen zur Last, der Kunden in seinen Gefahrenbereich „lockt“ (den Kunden seine Waren überlässt) und sie dort ohne den nach der Verkehrsanschauung (Üblichkeit) zu erwartenden Schutz lässt. 4.2.2 Anknüpfungspunkte Auch die Verkehrspflichten des Herstellers bestimmen sich demnach in Inhalt und Umfang nach dem allgemeinen Grundsatz, dass diejenigen Maßnahmen zu treffen sind, die zur Vermeidung bzw. Beseitigung einer Gefahr sowohl erforderlich als auch zumutbar sind. Um das zu präzisieren, wurden (vertypte) Pflichtenbereiche entwickelt, die aber immer an allgemeine Anforderungen anknüpfen. Gerade die Aufzählung der allgemeinen Kriterien gibt dem Unternehmen wertvolle Informationen im Hinblick auf die Entwicklung von Haftungsminderungsstrategien. Erwartungshorizont der Verkehrsteilnehmer:
Maßgebend ist die durchschnittliche Erwartung derjenigen Verbraucher, für die das Produkt bestimmt ist. Wird das Produkt von Fachleuten verwendet, darf der Hersteller die bei diesen zu erwartenden Fachkenntnisse voraussetzen. Höhere Anforderungen bestehen bei Produkten, die für den Haushalt gedacht sind, z.B. chemische Produkte, und typischerweise auch in Hände ganz unerfahrener Personen gelangen können.
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4 Unternehmerische Vorteile/Zertifizierung und Produkthaftung
„Höhere Sicherheitsanforderungen“ werden regelmäßig dort verlangt, wo Lebens- und Gesundheitsgefahren drohen, die über den Bereich kleiner körperlicher Beeinträchtigungen hinausgehen; gerade dort sind nach der Rechtsprechung Gefahrabwendungsmaßnahmen zumutbar, auch wenn sie die Unternehmen erheblich finanziell belasten; es sind besonders hohe technische Sicherheitsstandards zu erreichen. Hohe Anforderungen werden auch bei notwendiger Spezialisierung (notwendiges Fachwissen wird vorausgesetzt) gestellt. In Anlehnung an gesetzliche Sprachgebräuche werden die technischen Anforderungen häufig anhand eines Dreistufenmodells dargestellt: x allgemein anerkannte Regeln - Mindestsorgfalt x Stand der Technik - mittleres Sicherheitsniveau x Stand von Wissenschaft und Technik - höchste Anforderungen Die einzelnen Ebenen haben den folgenden Hintergrund: x allgemein anerkannte Regeln der Technik: in Kreisen der betreffenden Techniker als richtig anerkannt; in der Praxis erprobt und bewährt x Stand der Technik: keine eigenständige Bedeutung, weil gegenüber dem „Stand von Wissenschaft und Technik“ keine wirkliche Differenzierung möglich ist. x Stand von Wissenschaft und Technik: Erkenntnisse, die nach dem letzten gesicherten Forschungstand in Technik bzw. Naturwissenschaften die rechtzeitige Wahrnehmung und Vermeidung von Produktgefahren ermöglichen. Die Beachtung (überbetrieblicher) technischer Normen ist für den Bereich der Produkthaftung (nur) ein Indiz für die Beachtung entsprechender Verkehrspflichten, denn: x Technische Normen sind regelmäßig nicht die einzige Möglichkeit, den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ zu genügen. Weil sie keine gesetzlichen Normen sind und regelmäßig nicht den einzig sicheren Weg beschreiben, können abweichende Lösungswege einzuschlagen sein. Der Inhalt der Regelwerke ist nicht identisch mit den anerkannten Regeln der Technik. x Technische Normen haben aber sachliche Autorität. Jeder, der von ihnen abweicht, steht auch haftungsrechtlich unter Begründungszwang. Er muss ggf. begründen und beweisen, dass alternative Regelungen gleichwertig sind. x Eine Unterschreitung der Sicherheitsstandards, die in überbetrieblichen technischen Normen (DIN EN, VDE, DVGW usw.) oder öffentlich-
4.2 Anforderungen durch die Produkthaftung
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rechtlichen Regelwerken vorgeschrieben sind, indiziert eine Verkehrspflichtverletzung. Fehlt für den entsprechenden Bereich eine solche Norm, hat sich der Hersteller über etwaige Gefahren und den anerkannten Stand der Technik selbst zu orientieren. Sind Normen vorhanden, so muss der Hersteller - über ihren Wortlaut hinaus - eigenverantwortlich prüfen, ob sie auch die konkreten Gefahren erfassen. Im Übrigen hat der Hersteller, soweit ihm das möglich und zumutbar ist, auch den Stand von Wissenschaft und Technik zu berücksichtigen. Dieser kann im Einzelfall durchaus über das Sicherheitsniveau eines Regelwerkes hinausgehen. Insbesondere bei älteren Regelwerken ist eine Überprüfung angezeigt, ob sie noch neuen Erkenntnissen entsprechen. Keinesfalls genügt es, z.B. nur DIN-Normen oder VDE-Bestimmungen zu erfüllen, wenn die technische Entwicklung darüber hinausgegangen ist. Um den Ansprüchen zu genügen, muss der Hersteller eine Organisation schaffen, die eine Berücksichtigung der jeweils relevanten Forschungsergebnisse gewährleistet und - insbesondere bei neuen Produkten - eine intensive Produktbeobachtung betreibt. Jedem Hersteller muss eine gewisse Zeit zur Einstellung auf technische Neu- und Weiterentwicklungen zustehen. Er handelt nicht pflichtwidrig, wenn er die praktische Erprobung zunächst beobachtet und die technische Verwertbarkeit prüft (keine voreilige Übernahme einer Neuentwicklung).
Einteilung der Verkehrssicherungspflichten
Rechtsprechung und juristische Literatur klassifizieren die Verkehrssicherungspflichten nach bestimmten Fehlerkategorien bzw. Fallgruppen. Die folgende Einteilung ist in Rechtsprechung und Literatur üblich geworden: Unterschieden wird zwischen Konstruktionsfehlern, Fabrikationsfehlern, Instruktionsfehlern und unzureichender Produktbeobachtung. Beispiel Konstruktionsfehler: Das Produkt ist schon seiner Entwicklung nach so beschaffen, dass es unter dem gebotenen Sicherheitsstandard bleibt. Die Gründe sind unnötig gefährliche Materialien, unzulängliche Dimensionierung an sich ungefährlicher Materialien oder eine gefährliche Bauweise. Konstruktionsfehler zeichnen sich dadurch aus, dass sie der ganzen Serie anhaften,
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4 Unternehmerische Vorteile/Zertifizierung und Produkthaftung
sie können zu außerordentlich hohen Ersatzansprüchen führen. Um hinreichend sichere Produkte zu konstruieren, ist es notwendig, jede Neuentwicklung einem der Eigenart des Produkts und seiner späteren Verwendungsmöglichkeit entsprechenden Test- und Prüfverfahren zu unterziehen. Dabei ist von dem bestimmungsgemäßen Gebrauch auszugehen, ferner sind zweckfremde Verwendungen, die jedoch nahe liegend sind, zu berücksichtigen. Der Hersteller kann sich in Haftungsfragen nicht damit entlasten, dass er vor den Gefahren zweckfremder Benutzung gewarnt hat, soweit es sich um nahe liegende Abweichungen vom bestimmungsgemäßen Gebrauch handelt. Die Prüfgeräte und Verfahren müssen dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Besitzt der Hersteller nicht die erforderlichen Geräte bzw. verfügen seine Mitarbeiter nicht über die erforderlichen Kenntnisse, dann müssen gegebenenfalls externe Fachleute, Prüfstellen, wissenschaftliche Institute beauftragt werden.
4.2.3 Ökonomische Grenzen Die Rechtsprechung steht dem Argument, dass betriebswirtschaftliche Zwänge die Verkehrssicherungspflichten reduzieren könnten, mit „spürbarer“ Zurückhaltung gegenüber. Grundsätzlich soll gelten: Ein Produkt muss die zu seiner Benutzung erforderliche Mindestsicherheit immer aufweisen. Geräte, die eine Basissicherheit (Orientierungspunkt: Übereinstimmung mit den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“) nicht haben, dürfen nicht in den "offenen Verkehr" kommen. Eine an ökonomischen Zwängen orientierte Relativierung beginnt erst bei der „höheren Sicherheit“. Dadurch wird sichtbar, dass die Bedeutung ökonomischer Zwänge für den Haftungsbereich nicht sehr weit reichend ist. Gerade dort sind nach der Rechtsprechung Gefahrabwendungsmaßnahmen zumutbar, auch wenn sie die Unternehmen erheblich finanziell belasten. Der Verbraucher, der aus einem Produktangebot das billigste herausgreift, kann umgekehrt nicht erwarten, dass ihm die höchstmögliche Sicherheit gegen alle Beeinträchtigungen geboten wird; er kann nicht damit rechnen, dass alle möglichen Vorkehrungen getroffen sind, um bei Unfällen die Schadensfolgen gering zu halten. Ein weiterer hier relevanter Anknüpfungspunkt ist die stetige Fortentwicklung des Standes von Wissenschaft und Technik. Eine Verpflichtung des Herstellers zur sofortigen Anpassung seiner Produkte an neue sicherheitstechnische Erkenntnisse wird die Allgemeinheit ernsthaft nur bei ganz
4.3 Vorteile von QS-Vereinbarungen
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bedeutsamen Sicherheitsgewinnen vermuten und entsprechendes Verhalten erwarten, etwa bei Gefahren für Leben und Gesundheit in besonders sensiblen technischen Bereichen (z.B. Kraftfahrzeugsektor). Ansonsten wird es dem Hersteller aus Kostengründen zuzubilligen sein, Kosten angemessen umzustellen. Der Hersteller hat aber ggf. durch Preisabstriche, Warnungen u.ä. den Verbraucher auf das Sicherheitsdefizit seiner (alten) Waren hinzuweisen. Ob die Unternehmensgröße als solche für den Pflichtenbereich mitentscheidend sein kann, ist bislang offen. Die juristische Literatur diskutiert kontrovers. Dagegen spricht, dass der Verbraucherschutz nicht von Fragen der Wettbewerbspolitik abhängen kann. Wer den allgemein erwarteten Sicherheitsstandards nicht genügen kann, hat dem Markt fernzubleiben. Dafür spricht, dass die Produktion von Waren, bei denen die Grundsicherheit (Basissicherheit) beachtet ist, nur dann rechtswidrig ist, wenn es dem jeweiligen Hersteller angesichts der Restgefahr zumutbar gewesen wäre, eine höhere Sicherheit zu gewährleisten. Der Kostenspielraum, der dem jeweiligen Unternehmen für die Produktsicherheit eröffnet ist, kann nicht völlig außer Betracht bleiben. Seitens der Literatur wird jedenfalls zunehmend die Ansicht vertreten, dass dem Hersteller Gelegenheit bleiben sollte, die etwaigen Grenzen für den Sicherheitsaufwand in einem Betrieb der von ihm geführten Art aufzuzeigen.
4.3 Vorteile von QS-Vereinbarungen
4.3.1 Merkmale von QS-Vereinbarungen Eine QS-Vereinbarung ist ein Vertrag, der zwischen dem Endhersteller und dessen Zulieferer geschlossen wird. Diese Vereinbarung wird meist einseitig vom Endhersteller aufgestellt, hat aber zweiseitige Wirkung. Sie enthält meist formularmäßig vorformulierte Regelungsvereinbarungen und zählt deshalb zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. QS-Vereinbarungen: QS-Vereinbarungen sind als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 I BGB aufzufassen, da sie vorformuliert und standardisiert sind und nicht zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt werden. Ein Aushandeln würde erst dann vorliegen, wenn der
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4 Unternehmerische Vorteile/Zertifizierung und Produkthaftung
Endhersteller die vorformulierten QS-Vereinbarungen dem Zulieferer zur Disposition stellt. "Aushandeln" bedeutet dabei mehr als Verhandeln. Anstatt einer bloßen Besprechung der Vertragsklauseln müsste eine gründliche Erörterung vorliegen. Ein Indiz hierfür wären tatsächliche Abänderungen des vorformulierten Vertragstextes.
4.3.2 Gründe für den Abschluss von QS-Vereinbarungen Die flexible Fertigung einer Just-In-Time- Produktion macht es für den Endhersteller erforderlich, eine genaue Abstimmung der überbetrieblich arbeitsteiligen Prozesse zu erreichen. Um den Leistungserstellungsprozess weiter straffen zu können, muss der Endhersteller durch ein Single Sourcing versuchen, Zulieferer mit hohem Qualitätsniveau in langfristige Lieferbeziehungen einzubinden (vertikale Konzentration). Durch eine weitergehende Übertragung von Verantwortungsbereichen auf den Zulieferer verringert sich das Risikopotential des Endherstellers. Ferner kann der Endhersteller durch die stärkere Einbindung des Spezialwissens der Zulieferer einen innovativen und variativen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten herausschlagen. Aber auch für den Zulieferer ergeben sich Vorteile aus dem Abschluss von QS-Vereinbarungen, wenn er nicht gerade aufgrund der wirtschaftlichen Stärke des Endherstellers gezwungen ist, für ihn ungünstige QSVereinbarungen zu akzeptieren. Die Einführung eines QM-Systems beim Zulieferer ermöglicht diesem eine qualitätssteigernde Produktion. Zudem sichert die langfristige Lieferbeziehung den Absatzmarkt seiner Produkte. Ziele des Abschlusses von QS-Vereinbarungen sind demnach folgende: Präventionsfunktion
Unter der Präventionsfunktion versteht man die Schaffung von Voraussetzungen für sichere Fertigungsprozesse beim Zulieferer. Rationalisierungsfunktion
Durch die Gewährleistung einer Kosten-Nutzen- optimalen Verteilung und Abstimmung der einzelnen Qualitätsmaßnahmen im gesamten Produktionsprozess werden Mehrfachfachprüfungen überflüssig.
4.3 Vorteile von QS-Vereinbarungen
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Perpetuierungsfunktion
Mithilfe der Förderung der generellen Qualitätsfähigkeit des Zulieferers, wird eine jederzeit kurzfristig aktivierbare Bezugsquelle aufgebaut und gleichzeitig eine dauerhafte Versorgungsbeziehung geschaffen. Haftungsverteilungsfunktion
Die Verantwortungsbereiche und Haftungsrisiken von Zulieferer und Endhersteller werden festgelegt und begrenzt. 4.3.3 Regelungsinhalte Um diese Ziele zu erreichen, ist es notwendig, in den QS-Vereinbarungen neben den organisatorischen und technischen Inhalten (wie etwa die Beschreibung von einzelnen Arbeitsschritten oder technischen Lieferbedingungen) auch rechtliche Regelungen über die Verteilung der Risiken auf die einzelnen beteiligten Unternehmen im Falle der Gewährleistung und Produkthaftung zu vereinbaren. Besonders wichtig bei der Beurteilung einzelner Vertragsklauseln von QS-Vereinbarungen dahingehend, inwieweit diese mit den §§ 305 ff. BGB vereinbar sind, ist es, den gesamten Vertrag als einheitliches Ganzes zu beurteilen. Eine für eine Vertragspartei nachteilige Klausel kann somit unter Umständen durchaus rechtmäßig sein, wenn diese ungünstigen Umstände etwa durch weitere Regelungen zugunsten dieser Partei ausgeglichen werden. Die §§ 305 ff. BGB schränken die Wirksamkeit von Vertragsklauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen insbesondere in den §§ 307 ff. BGB ein. Nach § 305c BGB soll durch den Ausschluss überraschender Klauseln ein redlicher Geschäftsverkehr gewährleistet werden, bei dem kein Vertragspartner vom anderen "überrumpelt" werden kann. Die Generalklausel der „unangemessenen Benachteiligung“ des § 307 BGB ist auslegungsbedürftig. In den §§ 308, 309 BGB finden sich Kataloge unwirksamer, d.h. verbotener Klauseln. Wie die Generalklausel des § 307 BGB im Zusammenhang mit Regelungen in QS-Vereinbarungen interpretiert werden kann, soll anhand zweier Beispiele verdeutlicht werden:
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4 Unternehmerische Vorteile/Zertifizierung und Produkthaftung
Zwei Beispiele: (1) Sämtliche Schadensersatzansprüche vom Endhersteller gegen den Lieferer sind auf den Warenwert der dem Schadensersatzanspruch zugrunde liegenden Lieferung begrenzt. Der Lieferer ist verpflichtet, eine entsprechende Haftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer dieser Vereinbarung aufrechtzuerhalten. Die Begrenzung der Schadensersatzhöhe und die Versicherungsverpflichtung dienen dem Schutz des Zulieferers und sind eine sinnvolle Vereinbarung. (2) Der Auftragnehmer garantiert, dass die gelieferten Produkte bzw. Teile den vereinbarten Spezifikationen und Prüfvorschriften entsprechen und nicht mit Fehlern behaftet sind. Er hat die einschlägigen Sicherheitsnormen geprüft und entsprechende Maßnahmen geplant, die Produktsicherheit zu steigern und Risiken zu begrenzen. Der Begriff der Garantie ist gesetzlich in § 443 BGB verankert. Da Zusicherungen und Garantien regelmäßig über den gesetzlichen Normalfall hinausgehen, dürften sie AGB-rechtlich unwirksam sein, wenn sie in formularmäßigen QS-Vereinbarungen enthalten sind. Gehen Endhersteller und Zulieferer QS-Vereinbarungen ein, so erwachsen jeder Vertragspartei hieraus Rechte und Pflichten, deren wichtigste in der nachfolgenden Tabelle aufgelistet sind.
4.3 Vorteile von QS-Vereinbarungen
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Checkliste für den Endhersteller und den Zulieferer Der Endhersteller hat das Recht: 9 die Wareneingangskontrolle abzubedingen. 9 Genehmigungsvorbehalte der Erstmuster zu äußern. 9 das Zulieferunternehmen zu betreten und (begrenzte) Einsicht in Unterlagen zu nehmen. Der Endhersteller ist verpflichtet: 9 Einsichtnahmen in den Zulieferbetrieb rechtzeitig anzukündigen. 9 durch entsprechende Vorgaben die geforderten QS-Maßnahmen zu spezifizieren. 9 den Zulieferer über bestimmte Bereiche (z.B.: Anforderungsänderungen) zu informieren. 9 einen QS-Beauftragten bereitzustellen 9 zur Geheimhaltung Der Zulieferer ist verpflichtet: 9 ein QM- System zu unterhalten bzw. einzuführen. 9 eine (verstärkte) Warenausgangskontrolle durchzuführen. 9 die Fehlerfreiheit der gelieferten Ware zu gewährleisten. 9 Erstmuster einzureichen. 9 die Durchführung der QS-Maßnahmen zu dokumentieren. 9 den Hersteller über bestimmte Bereiche (z.B. über Qualitäts- oder Lieferprobleme) zu informieren. 9 einen QS -Beauftragten bereitzustellen. 9 zur Geheimhaltung.
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4 Unternehmerische Vorteile/Zertifizierung und Produkthaftung
Ergänzung Neben diesen meist ausdrücklich in QS-Vereinbarungen angesprochenen Vertragsgegenständen lassen sich darüber hinaus weitere Obliegenheiten implizieren, wie etwa: x die Beweislast im Haftungsfalle bei Regressansprüchen, x die Informationspflicht bei Produkthaftungsprozessen gegenüber dem Vertragspartner bei Haftungsansprüchen Dritter und x die Lieferantenauswahl und -beurteilung durch den Endhersteller (Auditierung). Leserorientierung: In den vorherigen Kapiteln wurde ein Überblick über das System gegeben und die wichtigsten Begriffe zum Nachschlagen zusammengestellt. In diesem Kapitel wird dem Hersteller von Produkten und dem Anbieter von Dienstleistungen zum ersten Mal gezeigt, welche Vorteile ihm die aktive Teilnahme am System der Zertifizierung bietet. Häufig zeigt sich der Nutzen erst, wenn ein Schaden auftritt. Durch den Nachweis von korrekten Produktprüfungen kann bspw. die Zahlung der Versicherungssummen in voller Höhe sichergestellt werden. Kapitel 5 zeigt dem Hersteller und den Prüfstellen die Spezifika des europäischen Systems und wie Grenzen möglichst nicht zum Handelshemmnis werden.
5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
5.1 Akkreditierung als Mittel zur Verwirklichung des Binnenmarktes Das System von Akkreditierung, Zertifizierung und Normung hat den europäischen Binnenmarkt Wirklichkeit werden lassen. Ohne dieses System wäre der große gemeinsame Markt ein Nebeneinander selbständig geordneter nationaler Märkte geblieben, die den Angehörigen lediglich Zutritt, aber nicht das Recht gewährt hätten, ihre Ware an jedem Ort des Binnenmarktes zu handeln. Es wäre bei einem Zustand geblieben, der sich als binnenmarktähnlich beschreiben ließe. DIN EN ISO/IEC 17011 Akkreditierung i. S. v. DIN EN ISO/IEC 17011: Feststellung durch einen unparteiischen Dritten, dass eine Stelle festgelegte Anforderungen erfüllt und kompetent ist, bestimmte Konformitätsbewertungen durchzuführen Der Grund liegt darin, dass die Verwirklichung der Warenverkehrsfreiheit, wie auch alle anderen wirtschaftlichen Freiheiten zur Schaffung des Binnenmarktes, unter dem Vorbehalt der Schaffung sog. sekundären Gemeinschaftsrechts steht. Die römischen Verträge, insbesondere der EG-Vertrag aus dem Jahre 1957, mussten die Tatsache berücksichtigen, dass die Nationalstaaten über eine sehr lange Zeit ihre Märkte durch jeweils eigene Vorschriften geordnet bzw. von den Märkten der anderen Staaten abgegrenzt hatten. Der Grund für die jeweiligen Marktordnungen lag zum Teil in unterschiedlichen Auffassungen im Hinblick auf dem Verbraucher-, Gesundheits- und auch Umweltschutz. Eine umfassende Rechtsharmonisierung war erforderlich aber nicht realisierbar.
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Bei der europäischen Kommission fand deshalb ein „Paradigmenwechsel“ statt. In ihrem Weißbuch zur Verwirklichung des Binnenmarktes1 aus dem Jahre 1985 (Weißbuch der europäischen Kommission zur Vollendung des Binnenmarktes, KOM (85) 310-final vom 14.06.1985) wurde nun ein anderes Konzept verfolgt. Da sich eine vollständige Rechtsangleichung als unmöglich erwiesen hatte, verfolgte die Kommission nun den Weg der Mindestharmonisierung. Sie ging dabei – vordergründig – von der Überlegung aus, dass die jeweils einschlägigen Vorschriften der Mitgliedstaaten weitgehend gleichwertig seien, so dass es im Prinzip genügen dürfte, die einzelstaatlichen Vorschriften gegenseitig anzuerkennen. Das Vorbild für diese Überlegungen stammt vom EuGH; am bekanntesten ist wohl der Fall Cassis-de-Dijon aus dem Jahre 1979 (EuGH/E 1979, S649)2. Die europäische Kommission machte sich diese Rechtsprechung zu eigen und entwickelte im Weißbuch das Konzept der Mindestharmonisierung (Richtlinien), bei größtmöglicher Anerkennung fremder Rechte. Es heißt im Weißbuch: Mindestharmonisierung Die Gemeinschaft soll sich künftig bei der Angleichung von Rechtsvorschriften für das Inverkehrbringen von Erzeugnissen maßgeblich auf die Festlegung der „grundlegenden Anforderungen“ beschränken. Je nach dem Zweck der zu erlassenden Richtlinien sind dies Anforderungen an Sicherheit, Gesundheit, Umweltschutz, Verbraucherschutz und ähnliches. Mit dieser Mindestharmonisierung im Zusammenhang mit der gegenseitigen Anerkennung jeweils fremder Rechte war aber nur eine Angleichung auf „halbem Wege“ erreicht. Diese Mindestharmonisierung war und ist ein Mittel, um den Binnenmarkt schnell zu verwirklichen; sie ist aber kein Konzept für eine dauerhafte Lösung. Das Prinzip der Mindestharmonisierung hat nur einen Wert, soweit es um den Abbau künstlich geschaffener Handelshemmnisse geht, also nicht darum, Fragen des Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutzes ansich zu erledigen. Mindestharmonisierung und gegenseitige Anerkennung können so weit reichen, wie der Verbraucher-, Gesundheits- und Umwelt-
1
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Weißbuch der Kommission zur Vollendung des Binnenmarktes, Doc. kom. (85) 310 endg. v. 14.6.1985. EuGHE 1979, 649, dazu C. Moench, NJW 1982, S. 2690 ff.
5.2 Schaffung technischer Normen
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schutz nicht in Frage steht; damit sind Werte genannt, deren Beachtung der EG-Vertrag selbst verlangt. Schaffung harmonisierter technischer Normen Die Kommission hat deshalb das Konzept der Mindestharmonisierung ergänzt, und zwar durch die Schaffung harmonisierter technischer Normen. Diese technischen Normen haben keinen Gesetzescharakter, sie ergänzen die Richtlinien nur; aber die Beachtung dieser Normen erleichtert den Unternehmen den Zugang zum Binnenmarkt. Werden die Normen beachtet, haben die Mitgliedstaaten davon auszugehen, dass die entsprechend ausgewiesenen Erzeugnisse bzw. (Fertigungs-) Verfahren mit den Mindestanforderungen der neuen Richtlinien übereinstimmen. Wenn man es zusammenfassen will: Die beschriebene Mindestharmonisierung hat zur Folge, dass auf Richtlinienebene die Anforderungen an die Produkte nur noch relativ abstrakt festgelegt werden und erst die Ergänzung durch technische Normen (EN = European Norm = vergleichbar den nationalen DIN) die gewünschte Produktbeschaffenheit im Hinblick auf Umwelt-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz konkretisiert.
5.2 Schaffung technischer Normen Technische Normen haben keinen Gesetzescharakter, ihre Beachtung bleibt aber dennoch nicht rein fakultativ. Werden die technischen Normen beachtet, haben die Mitgliedstaaten davon auszugehen, dass die entsprechend ausgewiesenen Erzeugnisse mit den Mindestanforderungen der Richtlinien übereinstimmen. Es wird somit auf die Unternehmen Druck ausgeübt, normenkonform zu produzieren. Die rechtliche Grundlage für diese Verfahrensweise folgt aus der „Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985“3 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Normung; im Anhang II dieser Entschließung wird unter den Überschriften „Leitlinien“, „Prinzipien“, „freier Warenverkehr“, „Verwaltung der Normenliste“ der Zweck dieses Konzepts vorgestellt und die folgenden Regeln festgelegt:
3
ABl. Nr. C 136 v. 4.6.1985.
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
x Normen enthalten nur noch grundlegende Sicherheitsanforderungen; von den Normungsinstitutionen sind technische Spezifikationen auszuarbeiten, die die Unternehmen benötigen, um richtlinienkonform herzustellen; x diese technischen Spezifikationen erhalten „keinerlei obligatorischen Charakter“, sie bleiben „freiwillige Normen“; x die Verwaltungen (der Mitgliedstaaten) werden jedoch „verpflichtet“, bei normenkonformer Herstellung eine Übereinstimmung mit den in den Richtlinien aufgestellten „grundlegenden Anforderungen“ anzunehmen. Das bedeutet: Der Hersteller hat zwar die Wahl, nicht nach den Normen zu produzieren, er trägt dann aber die Beweislast für eine Richtlinienkonformität; x für eine Übergangszeit – solange für bestimmte Bereiche noch keine europäischen Normen geschaffen wurden – genügt für den Nachweis der Richtlinienkonformität das Herstellen nach jeweils nationalen Normen. Voraussetzung dafür ist, dass die Mitgliedstaaten der Kommission den Wortlaut ihrer einschlägigen nationalen Normen mitteilen. Die Kommission sorgt dann für eine Überprüfung der Normen (durch den „Ausschuss“)4 und veröffentlicht die Normen gegebenenfalls im Amtsblatt der EU. Damit war die Normungsebene für die Schaffung des Binnenmarktes berücksichtigt. Dies ist in Abb. 5.1 noch einmal verdeutlichend dargestellt. Es fehlte aber noch ein wesentliches Element, damit dieses „Neue Konzeption“ funktionieren konnte: Die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsnachweisen. Denn Handelsschranken würden dann wieder aufgebaut, wenn die nationalen Kontrollbehörden die in anderen Mitgliedstaaten erbrachten Nachweise über die Erfüllung von Richtlinien und/oder Normen nicht akzeptierten. Häufig verlangten die nationalen Behörden – oder im gesetzlich nicht geregelten Bereich die Abnehmer – für eingeführte Produkte oder implementierte Managementsysteme wiederholte Prüfungen oder im Bestimmungsland ausgestellte Bescheinigungen. Zur Beseitigung solcher Handelsschranken war es notwendig, ein System zu schaffen, mit dem die Mitgliedstaaten grundsätzlich die durch unabhängige Stellen durchgeführten Konformitätsprüfungen und die nach erfolgreicher Überprüfung ausgestellten Konformitätsbescheinigungen auch gegenseitig anerkennen.
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Zum „Ausschuss“ nach der Richtlinie 83/189/EWG.
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5.2 Schaffung technischer Normen
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Cassi-de-Dijon-Philosophie
Mindestanforderungen
nicht ausreichend Überprüfung durch Akkreditierung: begründet Vertrauen auf RL und normengetreue Produkte
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Harmonisierte Richtlinien
technische Normen ergänzen Verkehrsfähigkeit der Waren ist erst nach Überprüfung auf Normen- und Gesetzeskonformität möglich
Abb. 5.1. Die Verwirklichung des Binnenmarktes
Die gegenseitige Anerkennung von Prüfungen und Zertifikaten setzt nach Ansicht der EG-Kommission Vertrauen voraus. Dabei wurde von der einfachen Überlegung ausgegangen, dass Vertrauen in die Qualität der Produkte auf der einen und Vertrauen in die Qualität und die Kompetenz der Hersteller dieser Produkte auf der anderen Seite nur gerechtfertigt sein
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
kann, wenn sichergestellt ist, dass die Prüf- und Zertifizierungsstellen selbst die erforderliche Qualität und Zuverlässigkeit besitzen. Entschließung des Rates zu einem Gesamtkonzept für die Konformitätsbewertung Nicht nur die Produkte werden auf die verlangte Qualität hin untersucht, sondern auch die für die Überprüfung der Produkte zuständigen Einrichtungen müssen sich einem Überprüfungsverfahren (Akkreditierung) unterziehen. Geschaffen wurde das „Globale Konzept für Zertifizierung und Prüfwesen“ (Mitteilung der Kommission an den Rat über ein globales Konzept für Zertifizierung und Prüfwesen – ABl. Nr. C267 vom 19.10.89) sowie das Gesamtkonzept für die Konformitätsbewertung nach der Entschließung des Rates (ABl. Nr. C10 vom 16.01.90) wodurch erreicht werden sollte, dass nicht nur die Produkte auf die verlangte Qualität hin untersucht werden, sondern auch die für die Überprüfung der Produkte zuständigen Einrichtungen sich einem Überprüfungsverfahren (Akkreditierung) unterziehen müssen.
5.3 Wie funktioniert die Akkreditierung für den europäischen Binnenmarkt? Durch die Einführung des Globalen Konzepts sind demnach systemimmanent zwei Arten von Konformitätsbewertungsverfahren im Binnenmarkt eingeführt: x die Überprüfung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen, Systemen und Personen durch Laboratorien, Inspektions- oder Zertifizierungsstellen, und x die Überprüfung der Konformitäts- und Kompetenzbewertung dieser Stellen durch Akkreditierung unter Aufsicht der Behörden der jeweiligen Mitgliedstaaten (Aufgabe der Mitgliedstaaten nach dem Globalen Konzept ist es, die akkreditierten/begutachteten Konformitätsbewertungsstellen als solche anzuerkennen und sie der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten zu melden; ABl. Nr. C267 v. 19.10.89, S. 3. 23). Die beiden vorgestellten Systeme, die „Neue Konzeption“ (oder: New Approach) und das „Globale Konzept“ sind auf normativer Ebene miteinander verbunden (s. Kap. 2.2.1).
5.3 Wie funktioniert die Akkreditierung für den europäischen Binnenmarkt?
61
Die Richtlinien nach der „Neuen Konzeption“ regeln nicht nur die Mindestanforderungen an die Produkte, Dienstleistungen und Prozesse, sondern auch die Mindestanforderungen an die Qualifikation der Konformitätsbewertungsstellen selbst, welche wiederum durch Normen ergänzt werden. Noch zu beantworten bleibt die Frage, wer innerhalb des Binnenmarktes die Verantwortung für eine kompetente, qualifizierte Durchführung des Akkreditierungsverfahrens trägt. Die Produkte, Dienstleistungen etc. müssen den Richtlinien und Normen entsprechen; die diese Qualität überwachenden Konformitätsbewertungsstellen müssen ebenfalls den Anforderungen nach Richtlinien und technischen Normen genügen. Wer ist nun dafür verantwortlich, dass die Akkreditierungsstellen qualifiziert sind, die ihnen obliegenden Überprüfungen durchzuführen? Die Verantwortung für die „Anerkennung“ der Konformitätsbewertungsstellen liegt in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Es entspricht der politischen Entscheidung des Rates, dass die Anerkennung von technischen Einrichtungen als Konformitätsbewertungsstellen im Rahmen der neuen Richtlinien eine rein nationale Zuständigkeit ist. Dies hat bis in die heutige Zeit Gültigkeit (vgl. die „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur „Verbesserten Umsetzung der Richtlinien des Neuen Konzepts“ vom 07.05.2003). Das soll heißen, die Art und Weise der Akkreditierung/Begutachtung und der Anerkennung der Konformitätsbewertungsstellen folgt dem Subsidiaritätsprinzip. Subsidiaritätsprinzip Es ist Angelegenheit des einzelnen Mitgliedstaates ein Akkreditierungsverfahren zu organisieren, das geeignet ist, die Qualifikation der Konformitätsbewertungsstellen zu überprüfen; die Mitgliedstaaten haben dabei Gestaltungsmöglichkeiten. Im Ratsbeschluss 93/465/EWG wird insofern ausgeführt: „Diese Verantwortung bringt für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung mit sich, sich davon zu überzeugen, dass die benannten Stellen ständig über die von den Richtlinien verlangte technische Kompetenz verfügen und die zuständigen einzelstaatlichen Behörden über die Erfüllung ihrer Aufgaben auf dem Laufenden zu halten ...“. In der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt die Verantwortung für die Benennung fachlich kompetenter Prüf- und Zertifizierungsstellen. Von den Behörden der Mitgliedstaaten ist nicht verlangt, dass sie diese Überprü-
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
fungen selbst durchführen; vorgegeben ist nur, dass der Nationalstaat die Verantwortung dafür trägt, dass die zu benennende Stelle, die Konformitätsbewertungsstelle, entsprechend den vorgegebenen Richtlinien und Normen qualitativ geeignet ist. Die Letztverantwortung liegt beim Staat. Die Frage, in welchem Umfange er diese Letztverantwortung übernimmt, durch Akkreditierung allein durch seine Behörden, durch Prüfung seitens privater Institutionen, die er bei der Anerkennung zugrunde legt oder durch ein Mischsystem, obliegt allein der politischen Entscheidung bzw. den verfassungs- und gesetzesrechtlichen Vorgaben der einzelnen Nationalstaaten (vgl. Mitteilung der Kommission an den Rat und das europäische Parlament: Verbesserte Umsetzung der Richtlinien des Neuen Konzepts, KOM (2003) 240 v. 07.05.03, S. 9). Anerkennung der Akkreditierung In dem System von Akkreditierung, Zertifizierung und Normung steht die Akkreditierung an oberster Stelle. Nur akkreditierte Prüf- und Zertifizierungsstellen sind in der Lage Zertifizierungen bzw. Prüfbescheinigungen auszustellen, die von den Nationalstaaten anzuerkennen sind. In der Bundesrepublik Deutschland verhält es sich bis heute so, dass die Durchführung des Überprüfungsverfahrens und die Feststellung ihres positiven Ergebnisses (Benennung/Anerkennung) überwiegend im Verantwortungsbereich der Bundesländer bzw. einzelner Bundesbehörden liegt; es ist der Staat, der in Deutschland für Akkreditierung und Benennung verantwortlich ist und sie auch durchführt. Diese Überprüfungstiefe ist allerdings vom europäischen Recht nicht verlangt. Die Situation im europäischen Ausland ist der in Deutschland vergleichbar. Für die Benennung/Anerkennung sind die Ministerien oder nachgeordnete Behörden allein zuständig. In den meisten Staaten (z. B. Finnland, Frankreich, Irland, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden) liegt auch die Verantwortung für die Begutachtung (Akkreditierung) bei den Behörden bzw. beliehenen Stellen. Akkreditierung ohne gesetzliche Anforderungen – Akkreditierung im gesetzlich nicht geregelten Bereich Zu dem nicht geregelten Bereich gehört das Gebiet von Akkreditierung, das nicht durch Richtlinien der neuen Art (New Approach) geregelt ist und bei dem nicht nationale Vorschriften eine Überprüfung und Bewertung allein durch Behörden verlangen. Wenn man den ungeregelten Bereich eindeutig vom geregelten Bereich abgrenzen will, lautet die Definition:
5.3 Wie funktioniert die Akkreditierung für den europäischen Binnenmarkt?
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Der ungeregelte Bereich Der ungeregelte Bereich umfasst alle Produkte und Dienstleistungen, für die es keine Richtlinienanforderungen und keine jeweils nationalen gesetzlichen Regelungen dafür gibt, dass allein staatliche Stellen zur Akkreditierung, d.h. zur Überprüfung der Konformitätsbewertungsstellen zuständig sein sollen. Akkreditierung im beschriebenen privaten ungeregelten Bereich bezieht sich auch auf: x Die Überprüfung von Prüflaboratorien, Inspektions- und Zertifizierungsstellen, x Die Akkreditierung von Stellen, die Managementsysteme zertifizieren und x Die Akkreditierung von Stellen, die Personen zertifizieren, u. a. in den Bereichen: Schweißen, Qualitätsfachpersonal, Umweltauditoren, KfzSachverständige, Sachverständige für die Bewertung von Maschinen, für die Bewertung von Grundstücken u.v.m.. 5.3.1 Qualifikation und Organisation der privaten Akkreditierer Grundsätzlich könnte jede private Organisation eine Akkreditierungsstelle aufbauen und die Bedingungen, die zu einer „privaten Akkreditierung“ führen, selbst bestimmen. Aber völlig losgelöst von nationalen, europäischen oder internationalen Standards wäre keine private Akkreditierungsstelle in der Lage, Konformitätsbewertungsstellen so zu beurteilen, dass der Markt sie akzeptieren würde. Vertrauen Eine Akkreditierung ist den betroffenen Unternehmen und Verbrauchern nur insoweit von Wert, wie die Akkreditierungsstelle selbst nachweislich qualifiziert, d. h. vertrauensbildend ist. Die Normen enthalten dabei nicht nur Anforderungen an die technische Qualifikation der Akkreditierungsstellen, sondern auch an ihre Unabhängigkeit. Weiterhin werden europäische Normen und auch internationale Standards in Internationalen Gremien unterstützt. So erarbeitet European Ac-
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
creditation (EA) „Anwendungsnormen“, d. h. europäische Vorgaben zur Umsetzung der Normenreihe EN 450005. Die genannte Normenreihe und die genannten europäischen, internationalen und nationalen Stellen verfolgen die Zielsetzung, die Akkreditierungen vergleichbar zu machen, Vertrauen in ihre Arbeitsergebnisse aufzubauen und damit auch mittelbar das Qualitätsniveau der Produkte und Dienstleistungen anzuheben. In den meisten der alten Mitgliedsländer der Europäischen Union gibt es zudem Akkreditierungsgesetze, die private Akkreditierer nur unter bestimmten Qualitätsanforderungen zulassen. In Deutschland entscheidet letztlich der Markt über die Anerkennung solcher Akkreditierungsstellen. Die Qualität der privat geführten Akkreditierungsstellen wird bisher durch die Erwartung der Marktteilnehmer, dass die Stellen auch über eine normengerechte Qualifikation verfügen erreicht und durch das Wettbewerbsrecht unterstützt, welches die Werbung mit in Wahrheit nicht erfüllten Qualitätsanforderungen verbietet. Zertifizierungen aufgrund der Richtlinien nach „Neuer Konzeption“ (Modulares Konzept). 5.3.2 Grundsätze für die in den Richtlinien nach „Neuer Konzeption“ geforderten Konformitätsnachweise Alle sektoralen Richtlinien nach „Neuer Konzeption“ sind nach einem einheitlichen Schema mit weitestgehend gleichlautenden Standardartikeln aufgebaut; sie entsprechen den vom Rat am 7. Mai 1985 genehmigten Leitlinien6. In den Leitlinien wurde auch festgelegt, wann die Einschaltung unabhängiger Stellen für die Ausstellung von Zertifikaten durch die Richtlinien verlangt werden sollte und welche Kriterien die Mitgliedstaaten bei der Anerkennung verschiedener Bescheinigungen zu berücksichtigen haben. 5
6
EN 45000 ff. (harmonisierte Normen für Prüflaboratorien, Zertifizierungsstellen und Überwachungsstellen für deren Qualitätssicherungssysteme), s. Kap 9. Zu den Inhalten dieser Normen gehören jeweils zwischen 30 und 45 Kriterien, die die fachliche Kompetenz, die Verantwortlichkeiten und die Entlohnung des Personals, die Ausstattung, die Organisation und die Verfahrensabläufe der Stellen usw. zum Gegenstand haben. Außerdem gibt es Regelungen, die die organisatorische und finanzielle Unabhängigkeit der Stellen betreffen. Jedes einzelne Kriterium kann als „Qualitätssicherungsmaßnahme“ betrachtet werden, wobei alle Kriterien zusammengefasst als „Qualitätssicherungssystem“ bezeichnet werden können. Die Normenreihe EN 45000 ff. wurde mittlerweile abgelöst durch die Reihe EN ISO 17000. Entschließung des Rates v. 7.5.1985, ABl. C 136/1 v. 4.6.1985.
5.3 Wie funktioniert die Akkreditierung für den europäischen Binnenmarkt?
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Über die Bewertungsverfahren selbst lag bei Annahme der Leitlinien noch kein einheitliches Konzept vor. Dies wurde erst vier Jahre später geschaffen (durch das bereits vorgestellte „Globale Konzept“), so dass es noch nicht Grundlage der bis dahin erlassenen Richtlinien mit Normenverweis sein konnte. Wenn auch die Verfahren selbst noch nicht standardisiert waren, so hat sich aber an den Grundsätzen, die für die Richtlinien nach „Neuer Konzeption“ seit 1985 gelten, nichts geändert. Grundsätzlich wird in den Richtlinien nur darauf verwiesen, dass von der Einhaltung der zwingend vorgeschriebenen grundlegenden Sicherheitsanforderungen auszugehen ist, wenn die Produkte einschlägigen Normen entsprechen. Dennoch wird kein Hersteller gezwungen, seine Produkte nach europäischen Normen oder europäisch anerkannten nationalen Normen herzustellen. Es bleibt den Produzenten selbst überlassen, wie sie die Anforderungen der Richtlinien erfüllen. Produzieren die Hersteller allerdings nicht nach den Normen, so wird ihnen vorgeschrieben, für den Nachweis der grundlegenden Anforderungen unabhängige Stellen einzuschalten, die die Einhaltung der Rechtsvorschriften überprüfen und bescheinigen7. Zur Ausstellung der Zertifikate sind nur solche Stellen berechtigt, die von den Mitgliedstaaten für die Prüfung und Zertifizierung der entsprechenden Produkte benannt und allen anderen Mitgliedstaaten sowie der Kommission mitgeteilt wurden. Richten sich die Hersteller nach den Normen, so wird in den Richtlinien nach „Neuer Konzeption“ im Allgemeinen nur die Herstellererklärung als Nachweis für die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen verlangt. Diese Wahlmöglichkeit besteht jedoch nicht für alle Produktarten oder typen, nach denen in den sektoralen Richtlinien8 unterschieden wird. Je nach Produktart und den zu berücksichtigenden Sicherheitsaspekten kann unabhängig von der Übereinstimmung mit einschlägigen Normen - auch die Zertifizierung durch eine benannte Stelle vorgeschrieben werden. Die Behörden der Mitgliedstaaten haben jedenfalls von der Übereinstimmung des Erzeugnisses mit den grundlegenden Anforderungen auszugehen, wenn eine der den Herstellern in der entsprechenden Richtlinie zur Wahl stehenden Bescheinigungen vorgelegt werden kann. Sie haben also die Zertifikate grundsätzlich zu akzeptieren und dürfen die Wahlmöglich-
7 8
Vgl. Rat (Hrsg.), Entschließung v. 7.5.1985, Abl. C 136/1 v. 4.6.1985. Die einzelnen Produktsektoren sind: 1. einfache Druckbehälter, 2. Spielzeug, 3. Bauprodukte, 4. elektromagnetische Verträglichkeit von IT-Produkten, 5. Maschinen, 6. persönliche Schutzausrüstungen, 7. nicht selbsttätige Waagen, aktive implantierbare medizinische Geräte, Gasverbrauchseinrichtungen, Telekommunikationsendeinrichtungen.
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
keit weder für inländische, noch für Hersteller oder Importeure eingeführter Erzeugnisse einschränken. Bei berechtigten Zweifeln können die Behörden der Mitgliedstaaten allerdings Angaben über die durchgeführte Sicherheitsprüfung von den Herstellern verlangen, wenn lediglich eine Herstellererklärung ausgestellt wurde. 5.3.3 Standardisierte Mindestkriterien der benannten Stellen In den Richtlinien nach „Neuer Konzeption“ werden Mindestkriterien festgelegt, die von den jeweiligen Stellen erfüllt werden müssen, die von den Mitgliedstaaten für die Prüfung, Zertifizierung und Überwachung benannt werden können. Von der Einhaltung dieser Mindestkriterien haben die Mitgliedstaaten auszugehen, wenn die Stellen die Beurteilungskriterien der einschlägigen harmonisierten Normen erfüllen. Einschlägige Normen hierfür sind insbesondere die harmonisierten Normen der Normenreihe EN 450009, welche mittlerweile durch die Normenreihe EN ISO 17000 abgelöst ist (s.Kap.9). 5.3.4 Standardisierte Konformitätsbewertungsverfahren Vier der standardisierten Verfahren sehen die Konformitätsbewertung durch Qualitätssicherungssysteme vor. Den Herstellern jeder Produktart soll in den Richtlinien jedoch mindestens ein Verfahren angeboten werden, bei dem sie nicht auf den Betrieb eines Qualitätssicherungssystems angewiesen sind. Entscheidet sich ein Hersteller für die Unterhaltung eines Qualitätssicherungssystems, so muss dieses System geprüft, zertifiziert und überwacht werden. Dabei muss von der Erfüllung der für die Verfahren vorgeschriebenen Anforderungen an Qualitätssicherungssysteme ausgegangen werden, wenn sich die Hersteller bei der Anwendung der Syste9
EN 45000 ff. (harmonisierte Normen für Prüflaboratorien, Zertifizierungsstellen und Überwachungsstellen für deren Qualitätssicherungssysteme), s. S. 22. Zu den Inhalten dieser Normen gehören jeweils zwischen 30 und 45 Kriterien, die die fachliche Kompetenz, die Verantwortlichkeiten und die Entlohnung des Personals, die Ausstattung, die Organisation und die Verfahrensabläufe der Stellen usw. zum Gegenstand haben. Außerdem gibt es Regelungen, die die organisatorische und finanzielle Unabhängigkeit der Stellen betreffen. Jedes einzelne Kriterium kann als "Qualitätssicherungsmaßnahme" betrachtet werden, wobei alle Kriterien zusammengefasst als "Qualitätssicherungssystem" bezeichnet werden kann.
5.3 Wie funktioniert die Akkreditierung für den europäischen Binnenmarkt?
67
me nach den einschlägigen harmonisierten Normen richten. Als einschlägige Normen gelten hierfür die harmonisierten Normen der Reihe EN 2900010. Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen standardisierten Verfahren Für jede Produktart sollen den Herstellern in den sektoralen Richtlinien verschiedene standardisierte Verfahren zur Auswahl gestellt werden. Es muss aber gewährleistet sein, dass bei Anwendung der zur Auswahl stehenden Verfahren die Übereinstimmung der Produkte mit den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie festgestellt werden kann. Die Verfahren sollen nur dann durch einzelne Richtlinien verändert werden bzw. durch zusätzliche Bestimmungen innerhalb der Richtlinien ergänzt werden, wenn es die besondere Sachlage einer Produktart erfordert. Die zur Auswahl stehenden standardisierten Bewertungsverfahren werden in den Anhängen der sektoralen Richtlinien unter den folgenden Titeln aufgeführt: x Interne Fertigungskontrolle mit und ohne Einschaltung einer benannten Stelle, x Baumusterprüfung, x Konformität mit der Bauart, x Qualitätssicherung Produktion, x Qualitätssicherung Produkt, x Prüfung der Produkte, x Einzelprüfung, x umfassende Qualitätssicherung. Positives Bewertungsverfahren Fällt die Durchführung eines dem Hersteller zur Wahl stehenden Bewertungsverfahrens positiv aus, ist er berechtigt, eine Herstellererklärung auszustellen und das für alle Richtlinien nach „Neuer Konzeption“ geltende CEZeichen an seinem Produkt anzubringen.
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Bzw. entsprechend die DIN ISO 9000er Reihe.
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Für das Inverkehrbringen der unter eine Richtlinie nach „Neuer Konzeption“ fallenden Produkte sind die Ausstellung der Herstellererklärung und die Kennzeichnung des Erzeugnisses durch den Hersteller mit dem CEZeichen zwingend vorgeschriebene Voraussetzungen. Wird außerdem die Zertifizierung durch eine benannte Stelle verlangt, muss für den Vertrieb des Produkts auch die Bescheinigung der durchführenden Stelle vorliegen. Die Bestimmungen über Anbringung und Aussage des CE-Zeichens sind in den Richtlinien, die vor Anwendung der standardisierten Bewertungsverfahren erlassen wurden, nicht einheitlich geregelt. Daher hat die Kommission dem Rat am 5. Juni 1991 einen Vorschlag für eine Verordnung „über die Anbringung und Verwendung des CE-Zeichens auf Industrieerzeugnissen“ vorgelegt, welche die diesbezüglichen Bestimmungen vereinheitlichen soll (ABl. C 160/14 v. 20.6.1991)11. In diesem Verordnungsvorschlag wird die Bedeutung des CE-Zeichens folgendermaßen definiert: Das auf den Industrieerzeugnissen angebrachte CE-Zeichen bedeutet, dass die natürliche oder juristische Person, die die Anbringung durchführt oder veranlasst, sich vergewissert hat, dass das Erzeugnis allen einschlägigen zwingenden Gemeinschaftsvorschriften entspricht; es ist kein Qualitätssiegel und auch kein Qualitätsnachweis12. Falls eine oder mehrere Stellen zur Überwachung eingeschaltet wurden, steht hinter dem CE-Zeichen die Kennummer der eingeschalteten Stelle. Die Anbringung anderer Zeichen ist erlaubt (bspw. des deutschen GSZeichens für „Geprüfte Sicherheit“), sofern sie die Lesbarkeit des CEZeichens nicht beeinträchtigen und sich auch eindeutig davon unterscheiden. Bestimmungen bezüglich des Schriftbildes des CE-Zeichens, der Mindestgröße und der Anbringungsweise sind in dem Verordnungsentwurf geregelt. 5.3.5 Erläuterung des Modularen Konzepts im Einzelnen Bei dem Konformitätsbewertungsverfahren wird von dem Prinzip ausgegangen, dass die Wahl des am besten geeigneten Verfahrens für die Bewertung der Konformität soweit wie möglich dem Hersteller überlassen bleiben sollte. Neben der Herstellerwahl ist die Benutzung der einzelnen Module von der Intensität der Gefahr, die von einem Produkt ausgehen kann, abhängig.
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Dieser Vorschlag ist inzwischen angenommen, siehe Abl. C28/ 16, 35 vom 2.2.1993 sowie Abl. L220/ 1, 23 vom 30.8.1993. 93/465/ZWG: Beschluss vom 22.7.1993.
5.3 Wie funktioniert die Akkreditierung für den europäischen Binnenmarkt?
69
In jeder EU-Richtlinie, die nach der Verabschiedung des Globalen Konzepts geschaffen wurde, ist für ihren Geltungsbereich festgelegt, welche nach dem Globalen Konzept möglichen Verfahren vom Hersteller benützt werden dürfen. Entwicklungs- und Produktionsstufe Bei der Entwicklung der einzelnen Module wurde davon ausgegangen, dass sich bei einem Herstellungsverfahren die Konformitätsbewertung immer auf zwei Stufen bezieht, und zwar auf die Entwicklungsstufe und die Produktionsstufe. Für jede dieser zwei Stufen gibt es dann modulare Verfahren. Der Vorstellung der einzelnen Module oder Bausteine ist demnach der Hinweis voranzustellen, dass die Wahlmöglichkeit für den Hersteller nur in dem Umfang besteht, wie die jeweilige Richtlinie sie zulässt. Die einzelnen Maßnahmen oder Module können zu einem kompletten Verfahren zusammengestellt werden. Für die gleiche Funktion können in einer Richtlinie mehrere Module vorgesehen sein, wobei die Ergebnisse einen bestimmten Äquivalenzgrad aufweisen sollen. Die Module beziehen sich auf: x Herstellererklärung13, x Drittprüfung und Zertifizierung, x Baumusterprüfung mit anschließender Herstellererklärung und Produktionsüberwachung, x Baumusterprüfung mit anschließender Herstellererklärung und bestehendem zertifiziertem Qualitätssicherungssystem beim Hersteller. Die Module im einzelnen:
x Modul A: interne Fertigungskontrolle Dieses Modul betrifft sowohl die Entwurfs- als auch die Entwicklungsstufe. Der Hersteller erklärt hier, dass die Produkte den Anforderungen der betreffenden Richtlinie entsprechen und hält technische Unterlagen zur Verfügung, aus denen Konstruktion, Herstellung und Betrieb des Erzeugnisses ersichtlich sind. Die technischen Unterlagen müssen nationalen Behörden für mindestens zehn Jahre nach Herstellung des letzten 13
Der Begriff „Herstellererklärung“ (Manufactories declaration) wird international nicht verwandt; für den internationalen Sprachgebrauch hat man sich auf das Wort „Anbietererklärung“ geeinigt.
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x
x
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Produktes zu Kontrollzwecken zur Verfügung gehalten werden. Der Hersteller bringt an den Erzeugnissen das CE-Zeichen an und stellt die Konformitätserklärung aus. Das Modul A.a. entspricht weitestgehend dem Modul A. Unterschiede bestehen insofern, als die entsprechende Richtlinie weiterreichendere Prüfverfahren, wie insbesondere die Durchführung von Stichproben, vorschreiben kann. Modul B: EG-Baumusterprüfung Dieses Modul bezieht sich lediglich auf die Entwurfsstufe und muss somit von einem der Module C bis F begleitet sein. Eine benannte Stelle bestätigt und bescheinigt, dass ein für die geplante Produktion repräsentatives Muster den Vorschriften der anzuwendenden Richtlinie entspricht. Sie prüft die technischen Unterlagen bzw. lässt die Prüfungen durchführen, die zum Nachweis der Konformität mit den Bestimmungen der Richtlinie erforderlich sind. Die benannte Stelle muss sich dabei auf das für den Konformitätsnachweis erforderliche Minimum beschränken und stellt abschließend eine EG-Baumusterbescheinigung aus. Das CEZeichen wird in dieser Phase nicht angebracht. Modul C: EG-Erklärung über die Konformität mit der zugelassenen Bauart Dieses Modul bezieht sich nur auf die Produktionsstufe, deren Entwurfsphase durch die gerade beschriebene EG-Baumusterprüfbescheinigung abgesichert wurde. Der Hersteller versichert und erklärt, dass das betreffende Produkt mit der Bauart übereinstimmt, die in der EGBaumusterprüfbescheinigung beschrieben wurde, und, dass es den Anforderungen der betreffenden Richtlinie entspricht. Der Hersteller bringt dann das CE-Zeichen an die Produkte an und stellt die Konformitätserklärung aus. Ferner kann die Richtlinie Stichproben bei den Produkten vorschreiben. Modul D: EG-Erklärung über die Konformität mit der zugelassenen Bauart (Qualitätssicherung Produktion) Das Modul bezieht sich nur auf die Produktionsstufe. Bei Verwendung ohne die EG-Baumusterprüfung müssen die Teile des Moduls A eingefügt werden, damit die technischen Unterlagen in dieses Modul aufgenommen werden können. Der Hersteller versichert und erklärt, dass die betreffenden Produkte mit der Bauart übereinstimmen, welche in der EG-Baumusterbescheinigung beschrieben wurde bzw. dass die grundlegenden Anforderungen erfüllt sind und Übereinstimmung mit der geltenden Richtlinie besteht. Er unterhält ein QS-System zur Herstellung, Endabnahme und Prüfung (wie in EN 29.002 beschrieben) und unterliegt der EG-Kontrolle. Das CE-Zeichen wird durch das Zeichen der be-
5.3 Wie funktioniert die Akkreditierung für den europäischen Binnenmarkt?
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nannten Stelle, die die EG-Kontrolle durchführt, ergänzt. Der Hersteller bringt das CE-Zeichen an den Erzeugnissen an und stellt eine Konformitätserklärung aus. x Modul E: EG-Erklärung über die Konformität mit der zugelassenen Bauart (Qualitätssicherung Produkt) Dieses Modul bezieht sich nur auf die Produktionsstufe. Üblicherweise wird es in Verbindung mit einer EG-Baumusterprüfung angewandt, es kann jedoch auch unter denselben Bedingungen wie bei Modul D allein zur Anwendung kommen. Der Hersteller versichert und erklärt, dass die betreffenden Produkte mit der Bauart übereinstimmen, welche in der EG-Baumusterbescheinigung beschrieben wurde bzw., dass die grundlegenden Anforderungen erfüllt sind und die Produkte den Anforderungen der geltenden Richtlinie entsprechen. Der Hersteller unterhält ein zugelassenes QS-System für Endabnahme und Prüfung (wie in EN 29.003 beschrieben), nach dem alle Erzeugnisse einzeln untersucht und geprüft werden. Er unterliegt der EG-Kontrolle, er bringt das CEZeichen an den Erzeugnissen an und stellt eine Konformitätserklärung aus. Das CE-Zeichen wird durch das Zeichen der benannten Stelle, die die EG-Kontrolle durchführt, ergänzt. x Modul F: EG-Prüfung der Produkte Das Modul bezieht sich nur auf die Produktionsstufe. Normalerweise wird es in Verbindung mit einer EG-Baumusterprüfung durchgeführt, es kann jedoch auch unter denselben Bedingungen wie bei Modul D allein zur Anwendung kommen. Die benannte Stelle prüft und bescheinigt, dass die betreffenden Produkte mit der Bauart übereinstimmen, welche in der EG-Baumusterbescheinigung beschrieben wurde, bzw., dass die grundlegenden Anforderungen erfüllt sind und den Anforderungen der geltenden Richtlinie entsprochen wird. Der Hersteller kann sich hier für eine statistische Prüfung entscheiden, wenn er alle erforderlichen Maßnahmen trifft, um einen einheitlichen Herstellungsprozess zu erreichen; der Herstellungsprozess muss in Übereinstimmung mit der durch die Baumusterprüfung beschriebene Bauart stehen bzw. die Übereinstimmung der Produktion mit den technischen Unterlagen garantieren. Das CE-Zeichen wird durch das Zeichen der benannten Stelle ergänzt. Das CE-Zeichen wird entweder durch die benannte Stelle oder durch den Hersteller selbst entsprechend den Bestimmungen der Richtlinie an die Produkte angebracht. Die benannte Stelle stellt die Konformitätsbescheinigung aus. x Modul G: EG-Einzelprüfung Dieses Modul betrifft sowohl die Entwurfs-, als auch die Produktionsstufe. Es findet normalerweise in der Einzelfertigung oder bei Kleinse-
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
rienproduktionen Anwendung. Die benannte Stelle prüft und bescheinigt, dass das betreffende Produkt die Anforderungen der geltenden Richtlinie erfüllt. Die benannte Stelle bringt das CE-Zeichen an und stellt eine Konformitätserklärung aus. Das CE-Zeichen wird durch das Zeichen der benannten Stelle ergänzt. x Modul H: EG-Konformitätserklärung (umfassende QS) Dieses Modul betrifft sowohl die Entwurfs- als auch die Produktionsstufe. Der Hersteller gewährleistet und erklärt, dass die betreffenden Produkte den Anforderungen der geltenden Richtlinie entsprechen. Er unterhält ein zugelassenes QS-System für Entwurf, Fertigung, Endabnahme und Prüfung (wie in EN 29.001 beschrieben). Die Richtlinie kann den Hersteller in bestimmten Fällen verpflichten, eine benannte Stelle damit zu beauftragen, die Konformität des Entwurfs mit den Anforderungen der Richtlinie zu prüfen und zu bestätigen. Er unterliegt der EG-Kontrolle, er bringt das CE-Zeichen an den Erzeugnissen an und stellt eine Konformitätserklärung aus. Das CE-Zeichen wird durch das Zeichen der benannten Stelle, die die EG-Kontrolle durchführt, ergänzt.
5.3 Wie funktioniert die Akkreditierung für den europäischen Binnenmarkt?
Hersteller Konformitätserklärung
Einzelprüfung
x hält technische Unter-
lagen zur Verfügung der einzelstaatlichen Behörden x erklärt Konformität mit grundlegenden Anforderungen x bringt CE-Zeichen an
Gemeldete Stelle x prüft bestimmte Aspekte des Produkts*
x führt Stichproben durch*
x legt technische Unter-
x prüft Konformität mit
x unterhält zugelassenes
x kontrolliert QS-System x überwacht QS-Sstem x prüft Konformität der
lagen vor x führt Produkt vor
Konformitätserklärung (umfassende QS) EN 29001
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QS-System für Produktentwürfe, Produktion und Prüfung x erklärt Konformität x bringt CE-Zeichen an
grundlegenden Anforderungen x Stellt Konformitätsbescheinigung aus x bringt CE-Zeichen an
Entwürfe*
x stellt Entwurfsprü-
fungsbescheinigung aus*
Baumusterprüfung
x legt technische Unter-
x Prüft Konformität mit
Erklärung über Konformität mit zugelassener Bauart
x erklärt Konformität
x prüft bestimmte As-
Erklärung über Konformität mit zugelassener Bauart (QS-Produktion) EN 29002
x unterhält zugelassenes
lagen und Baumuster vor
mit zugelassener Bauart x bringt CE-Zeichen an QS-System für Produktion und Prüfung x erklärt Konformität mit zugelassener Bauart x bringt CE-Zeichen an
grundlegenden Anforderungen x stellt Baumusterprüfbescheinigung aus pekte des Produkts*
x führt Stichproben durch*
x erkennt QS-System an x überwacht QS-System
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Konformitätserklärung (QS-Produkt) EN 29003
x unterhält zugelassenes
x erkennt QS-System an x überwacht QS-System
EG-Prüfung
x gewährleistet Konfor-
x prüft Konformität x stellt Konformitätsbe-
QS-System für Produktion und Prüfung x erklärt Konformität mit zugelassener Bauart bzw. grundlegenden Anforderungen x bringt CE-Zeichen an
mität mit zugelassener Bauart bzw. grundlegenden Anforderungen
scheinigung aus
x bringt CE-Zeichen an
Abb. 5.2 Modulares Konzept im Überblick ( Die Entschließung des Rates über die zu verwendenden Module v. 13.12.90 wurde im Hinblick auf die CEKonformitätskennzeichnung geringfügig geändert, und zwar durch die Entschließung des Rates vom 22. Juli 1993. Hinsichtlich des Inhalts der Module gibt es keine nennenswerten Änderungen (ABl. L 220 vom 30.8.93)). * Weitere Bestimmungen können in Einzelrichtlinien festgelegt werden. Kombination der einzelnen Module
Die einzelnen Module können auf verschiedene Weise zu Verfahren kombiniert werden, wobei einige Module, die ausschließlich die Produktionsstufe betreffen, selbständig als Verfahren fungieren können. Die Module D, E und F können in Sonderfällen auch einzeln, also auch ohne die EGBaumusterprüfung (Modul B) verwendet werden. Das Modul C setzt hingegen zwingend die EG-Baumusterprüfung voraus. Diese Verfahren sind mit unterschiedlichem Aufwand im Hinblick auf das Produkt- oder Herstellungsverfahren und die QS-Systeme verbunden. In den Richtlinien wird jeweils festgelegt, welche verschiedenen Verfahren oder Kombinationen für die Behörden die Garantie darstellen, dass die erforderliche Mindestsicherheit erreicht ist. Zwischen welchen Modulen der Hersteller zur Erfüllung der Konformität wählen oder kombinieren darf, richtet sich u. a. nach der Produktart, dem Produktbereich und auch der Produktionsweise. Die verschiedenen Alternativen werden aber in den einschlägigen Richtlinien festgelegt und in ihren Anhängen ausführlich erläutert.
5.4 Europäische Erwartungen an Deutschland
75
5.4 Europäische Erwartungen an Deutschland
5.4.1 Grundsätzliche Überlegungen Die europäischen Entwicklungstendenzen durch die Überarbeitung des Neuen Konzepts in Verbindung mit dem Globalen Konzept und dem modularen Ansatz geben auch dem deutschen System der Konformitätsbewertung bestimmte Mindestanforderungen vor. Grundlegend stimmt die deutsche mit der europäischen Philosophie darin überein, dass – um Vertrauen zu schaffen – es von elementarer Bedeutung ist, die Akkreditierung (als Bestandteil des Konformitätsbewertungssystems) in ihrer Bedeutung zu stärken. Dies kann ebenso durch ein der Qualität einer Akkreditierung entsprechendes überprüfendes Verfahren geschehen. Stärkung geschieht einerseits durch staatliche Akzeptanz (d.h. zum Beispiel durch ein behördliches Anerkennungsverfahren auch für den privatwirtschaftlichen Bereich) und andererseits durch die Schaffung von mehr Transparenz. Genau dies gestaltet sich aber in Deutschland schwierig. Aufgrund des föderalen Aufbaus der Republik existiert ein sehr stark gesplittetes Konformitätsbewertungssystem. Selbst in hoch sicherheitsrelevanten Bereichen, wie der Lebensmittelüberwachung, gilt das Prinzip der Länderhoheit. Die hohe Anzahl von begutachtenden bzw. akkreditierenden Einrichtungen und die noch höhere Anzahl von Konformitätsbewertungsstellen macht das deutsche System schwer überschaubar – insbesondere für die anderen europäischen Mitgliedstaaten. Dies schwächt die ausländische Akzeptanz von sicherheitsrelevanten Waren zunehmend. Die europäischen Anforderungen konzentrieren sich (noch im Entwurfsstadium) zunehmend auf die Umsetzung des Einplatzprinzips in den Mitgliedstaaten.
5.4.2 Einzelne Aspekte der technischen Harmonisierung Die Europäische Kommission hat die Anwendung und Wirkung des Neuen Konzepts in der Praxis beobachtet, um dessen Weiterentwicklung zu ermöglichen und vorzubereiten. Es hat sich gezeigt, dass dem Neuen Konzept eine starke Abhängigkeit von der Tätigkeit der Normungsgremien eigen ist und insbesondere durch die tendenziell eher an der Industrie orientierten Ausgestaltung mit traditionell auf europäischer Ebene behan-
76
5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
delten Bereichen wie dem Umwelt- und Verbraucherschutz eher weniger in Verbindung zu bringen ist. Aus den Überlegungen, welche die Kommission in den Jahren 2005 und 2006 zu einem horizontalen Rechtsetzungskonzept für die technische Harmonisierung angestellt hat14, lässt sich ein Eindruck von den Ergebnissen der Konsultationen und damit auch von den Aspekten, welche die Kommission für eine effektive Schaffung und Umsetzung harmonisierter technischer Normen für unabdingbar hält. Die Kommission betont, dass sich Rechtsakte der Union generell auf die wesentlichen Anforderungen beschränken sollten und dabei auch auf von Fachgremien erstellte technischen Normungen Bezug nehmen könnten. Die Konformitätsbewertung im allgemeinen muss nach Ansicht der Kommission nach international anerkannten Standards erfolgen, um transparent und nachweislich fachlich einwandfrei zu sein. Dies könne etwa durch die Zusammenstellung eines „Menüs“ verschiedener Verfahrensschemata bewerkstelligt werden, welche für die jeweiligen spezifischen Sektoren vom Gesetzgeber eingesetzt würden. Zur effektiven Umsetzung hält die Kommission des weiteren einen transparenten und unkomplizierten Informationsaustausch zwischen nationalen Behörden für absolut erforderlich. Dies wiederum setzt die einheitliche Verwendung von Begriffen und Definitionen voraus. Unabdingbar sei dabei, dass die Behörden die Akkreditierung als staatliche Aufgabe anerkennen, so dass die Verfolgung kommerzieller Interessen im Wege eines freien Wettbewerbs von Anfang an ausgeschlossen ist. Dies ist erforderlich, da die Akkreditierung auf der letzten Stufe innerhalb des Konformitätsbewertungssystems eine zuverlässige und effektive Kontrollebene darstellen muss, um das geforderte Vertrauen in das System zu rechtfertigen. Soweit staatliche Behörden die Akkreditierungstätigkeit nicht selbst ausführen, muss daher zumindest eine enge Anbindung an den Staat sichergestellt sein. Das so genannte Einplatzprinzip, also die Idee einer Akkreditierung von zentraler Stelle aus, wird in den Überlegungen der Kommission nicht explizit formuliert, kommt aber in den Forderungen nach einheitlichen und transparenten Prüfmechanismen je Sektor zum Ausdruck. Als Schwachpunkte des Neuen Konzepts, welche es zu bearbeiten gilt, sieht die Kommission im wesentlichen folgende Aspekte: Die uneinheitlichen Benennungsverfahren in den einzelnen Mitgliedstaaten verbunden mit unvollständigen Kriterien für die Bewertung der benannten Stellen, unzureichend vorhandene Infrastrukturen zur Durchführung von Akkreditierungen sowie mangelnde Koordinierung der Tätigkeit der benannten Stellen untereinander. 14
CERTIF-Dok. 2005-16 Rev. 2- SOGS N529 DE.
5.4 Europäische Erwartungen an Deutschland
77
Die Kommission betonte in ihren Überlegungen unter anderem auch noch die enorme Bedeutung der Rückverfolgbarkeit von Produkten, welche durch Mindestanforderungen in sämtlichen Rechtsakten sicherzustellen sei, um eine wirksame Marktaufsicht zu ermöglichen. Das SOGS-Dokument N524 ist bereits überholt. Die heute in Kraft befindlichen Dokumente N560-1 / -2 sind eine überarbeitete Version und gelten als Vorläufer zukünftiger Rechtsetzungsakte auf nationaler wie europäischer Ebene. Am 14. Februar 2007 hat die Europäische Kommission Vorschläge für eine Verordnung und eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates im Rahmen der Überarbeitung des Neuen Ansatzes vorgelegt, in denen ein gemeinsamer Rechtsrahmen der Mitgliedstaaten für die Vermarktung von Produkten, insbesondere für die Akkreditierung und die Marktüberwachung, niedergelegt ist15. Das grundlegende Konzept –die Festlegung bloßer Ziele für die Sicherheit von Waren in derzeit 22 Richtlinien- soll zwar beibehalten werden. Da jedoch zwischen den EU-Staaten erhebliche Unterschiede bestehen, was Häufigkeit und Qualität der Kontrollen angeht, will die Kommission einen neuen, übergeordneten Rechtsrahmen schaffen. Ziel ist etwa, die stark differierenden Akkreditierungskosten (zwischen 500 und 5.000 €) anzugleichen, den Behördenaufbau zu zentralisieren bzw. die Kommunikation zwischen den verschiedenen Stellen sowie deren Kenntnisse über neue Geschäftsformen wie etwa den Internethandel zu verbessern und gegen den Missbrauch des CEKennzeichens vorzugehen16.
15 16
Siehe auch http://ec.europa.eu/enterprise/newapproach/review_en.htm. Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung, SEC (2007) 173, 174; siehe auch Ausgabe der FAZ, 20.2.2007, S.17.
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5 Das europäische Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Checkliste: Europäische Prinzipien 9 Akkreditierung: Feststellung durch einen unparteiischen Dritten, dass eine Stelle festgelegte Anforderungen erfüllt und kompetent ist, bestimmte Konformitätsbewertungen durchzuführen. 9 Subsidiaritätsprinzip: Es obliegt den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, Akkreditierungsverfahren zu organisieren, welche geeignet sind, die Qualifikation der Konformitätsbewertungsstellen zu überprüfen. 9 Mindestharmonisierung: Die Gemeinschaft soll sich demgegenüber bei der Vorgabe von Anforderungen z.B. an die Produktqualität auf die Festlegung grundlegender Kriterien beschränken. Damit soll überragend wichtigen Schutzgütern im Sinne der Allgemeinheit gedient werden, wie z.B. Gesundheit, Umweltschutz, Verbraucherschutz u.ä.. 9 Der Ungeregelte Bereich umfasst alle Waren, für die es keine vorgegebenen Anforderungen aus Richtlinien oder nationalen Gesetzen gibt. Insbesondere ist in diesem Bereich die Fähigkeit zur Akkreditierung nicht auf staatliche Stellen beschränkt. Kontrolliert wird die Akkreditierungstätigkeit hier allein durch die betroffenen Unternehmen und die Verbraucher.
Leserorientierung: Das Kapitel 5 richtet sich sowohl an das Fachpersonal von überprüfenden Einrichtungen (wie Zertifizierungsstellen, Prüflaboratorien, Inspektionsstellen) und an die Hersteller von Produkten. Es wird gezeigt, welche europäischen Spezifika zu beachten und wie Produkte zu kennzeichnen sind. Im nachfolgenden Kapitel 6 findet eine Übertragung auf die deutsche Anwendung statt.
6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
6.1 Grundstruktur und Funktion Eine Akkreditierung der Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen ist eine wichtige vertrauensbildende Maßnahme. Eine Zertifizierung wird nur dann die Warenverkehrsfreiheit innerhalb des europäischen Binnenmarktes fördern, wenn das Vertrauen in die Prüftätigkeit der Institutionen in den Mitgliedsstaaten vorhanden ist. Eine rechtliche Verpflichtung zur Akkreditierung besteht für Zertifizierungsstellen und Laboratorien, welche nach den Richtlinien der EU arbeiten und dem Status einer notifizierten Stelle erreichen wollen. Die Kommission kann aber zusätzliche Nachweise über die Qualifikation der Einrichtungen verlangen; daraus ergibt sich ein mittelbarer Druck zur Akkreditierung. Im nichtgeregelten Bereich erhoffen die Zertifizierungsstellenn und Laboratorien von einem Nachweis ihrer Kompetenz gewisse Wettbewerbsvorteile. Die Akkreditierung soll die Kompetenz eines Prüf- oder Kalibrierlaboratoriums oder einer Zertifizierungsstelle formell anerkennen. Die Stelle ist damit offiziell berechtigt bestimmte Prüfungen durchzuführen. Die regelmäßigen Überprüfungen der Stellen sollen transparent sein; dies wird dadurch erreicht, dass die Bewertung europaweit nach den gleichen administrativen und fachlichen Vorschriften erfolgt. Die normative Grundlage der Akkreditierung von Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen bildet nach der Ratsentschließung vom 21. Dez. 1989 die Normenreihe EN 45000. Sie legt allgemeingültige Regelungen für die Organisation, die technische Kompetenz, die personelle Ausstattung und die Arbeitsweise jener Stellen fest, die eine Akkreditierung, eine Zertifizierung oder eine Prüfaufgabe durchführen wollen. Die Normenreihe verfolgt die Zielsetzung, die Akkreditierungs-, Prüfund Zertifizierungsstellen auf europäischer Ebene vergleichbar zu machen. Es soll das Vertrauen in deren Arbeitsergebnisse aufgebaut und mittelbar das Qualitätsniveau der Produkte und Dienstleistungen angehoben werden.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Die Normen dieser Reihe haben grundsätzlich keinen rechtlich verbindlichen Charakter. Bei einer Einhaltung der Normen wird aber davon ausgegangen, dass diese Stellen den gesetzlichen Mindestanforderungen entsprechen und die notwendige Kompetenz besitzen. Die folgende Abbildung zeigt die Normen im Überblick:
EN
Normenreihe EN 45000
45001
allgemeine Kriterien zum Betreiben von Prüflaboratorien
45002
allgemeine Kriterien zum Begutachten von Prüflaboratorien
45003
allgemeine Kriterien für Stellen, die Prüflaboratorien akkreditieren
EN 45011 45012 EN 45013 45014
allgemeine Kriterien für Stellen, die Produkte zertifizieren allgemeine Kriterien für Stellen, die Qualitätssicherungssysteme zertifizieren allgemeine Kriterien für Stellen, die Personal zertifizieren allgemeine Kriterien für Konformitätserklärungen von Anbietern Abb. 6.1 Überblick über die Normenreihe EN 45000
Die 45000er Reihe ist faktisch durch die 17000er Reihe abgelöst worden. Die Besonderheit dabei ist, dass die Reihe 45000 mandatiert war. Da dieser Status jedoch von der Reihe 17000 nicht einfach übernommen werden kann, ist der Status dieser Reihe umstritten.
6.1 Grundstruktur und Funktion
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Beispiel: Konformitätsbewertung für Qualitätsmanagementsysteme Ein mittelständisches Unternehmen produziert im Bereich Kunststofftechnik und Plastikspritzguss. Es wurde durch das VDE Institut zertifiziert, das von der TGA-GmbH für den Bereich Qualitätsmanagement nach der ISO 17000er Normenreihe akkreditiert wurde. Welche Gründe haben das Unternehmen dazu bewegt, freiwillig ein Qualitätsmanagementsystem nach der ISO 9001 einzuführen? Und warum entschieden sie sich zur Überprüfung durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle? Die Kunden- und Marktanforderungen spielen im System des Qualitätsmanagements eine bedeutende Rolle. Häufig sind die Standards aus einschlägigen technischen Normen die Grundvoraussetzung für eine Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Zulieferer. Das arbeiten nach der ISO 9001 wird von den Zulieferbetrieben in den meisten Fällen vorausgesetzt. Das Beispielunternehmen des Kunststoffbereiches konnte durch die Umstrukturierung in den Produktionsprozessen die Kundenzufriedenheit, gemessen an der Reklamationsquote, deutlich steigern. Weiterhin konnten die interne Ausschussquote, die Termintreue und die mittelsowie langfristige Mitarbeiterzufriedenheit verbessert werden1. Dem gegenüber steht natürlich zunächst ein erhöhter Aufwand durch die Einführung des genormten Qualitätsmanagements sowie Kosten für die Rezertifizierung. Im betrachteten mittelständischen Unternehmen mussten z.B. alle drei Jahre 5000 € für das Rezertifizierungsverfahren und zusätzlich 3500 € für dazwischenliegende Überwachungsaudits aufgebracht werden. Auffällig bei den Erhebungen war, dass nicht nur die Konformitätsbewertung, also die Produktprüfung, sondern auch die übergeordnete Akkreditierung nach der ISO 17000er Normenreihe, also die Überprüfung der Konformitätsbewertungsstelle, Einfluss auf das Qualitätsergebnis und die Anerkennung des Unternehmens hatte.
1
Die TU Kaiserslautern hat in den Jahren 2000 bis 2006 empirische Erhebungen zum unternehmerischen Nutzen von Konformitätsbewertungen in verschiedenen Wirtschaftssektoren durchgeführt.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Sonderfall „Automotive“ Unternehmen unterziehen sich oftmals freiwillig Konformitätsbewertungen im Bereich des Qualitätsmanagements, um mit den marktwirtschaftlichen Veränderungen Schritt zu halten. Dies ist besonders in der automobilen Industrie stark ausgeprägt. Zusätzlich greifen sektorspezifische Mechanismen, die sich in eigenen Lieferbedingungen und herstellerdiktierten Regelungen äußern. Neben dem klassischen Konformitätsbewertungssystem besteht quasi ein eigenständiges System. Es basiert auf langjähriger Zusammenarbeit und wirtschaftlich enger Verknüpfung zwischen Zulieferbetrieben und Automobilherstellern. So müssen die Zulieferer meist die vom Hersteller vorgeschlagenen Zertifizierer annehmen, wenn es zum Handel kommen soll. Eigentlich ist eine Zertifizierung einer ganz bestimmten Einrichtung nicht der einzige Weg um seine Rechtskonformität nachzuweisen, vielmehr werden hier sektorspezifische Marktmechanismen zur vermeidlichen Steigerung der Produktivität erhoben.
6.2 Geschichte des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens In der deutschen Akkreditierungsgeschichte hat die staatliche Einflussnahme auf vertrauensbildende Maßnahmen eine verhältnismäßig lange Tradition, so z. B. bei den Kontrollen durch staatliche technische Institute. Bereits im 19. Jahrhundert entstanden entsprechende Einrichtungen, die Prüf- und Kontrollaufgaben durchführten, um einen gewissen Mindestanspruch sicherzustellen. Die Einrichtungen wurden nicht ausschließlich staatlicherseits geführt, sondern lagen zum Teil auch in privaten Händen. Nachdem ihnen eine hinreichende technische Sachkompetenz attestiert werden konnte, waren diese Einrichtungen berechtigt, die vorgeschriebenen Prüfungen durchzuführen. Hierfür erhielten sie eine staatliche Genehmigung. Diese staatliche Begutachtungen von Prüfstellen, welche zu einer Genehmigung bzw. Anerkennung führte, entsprach prinzipiell der heutigen Akkreditierung. Der Neutralitätsstatus, dem der Staat zu genügen hatte und hat, ist im gesamten Anerkennungs- und Akkreditierungswesen von eminenter Bedeutung. Die staatlichen Stellen werden immerhin damit beauftragt eine Einschätzung der Sachlage zu liefern, welche auch immer das Wohl der
6.2 Geschichte des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens
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Bevölkerung berücksichtigen soll. In der Praxis muss dies immer wieder gerechtfertigt werden. Die Zuverlässigkeit, Unabhängigkeit und die fachliche Kompetenz der Prüfstellen bildet seit Beginn der deutschen Akkreditierungsgeschichte einen Grundpfeiler. Dieser ist auch heute noch in der Normenüberwachung eine unerlässliche Bedingung. Anerkannte bzw. akkreditierte Prüfstellen, Laboratorien und Überwachungsgemeinschaften entstanden auf den Gebieten der Sicherheitstechnik, des Eichwesens und des Bauwesens. Diese Wirtschaftszweige werden heute unter dem Titel „gesetzlich geregelter Bereich“ geführt. Die Prüfstellen sind immer noch überwiegend in staatlicher Hand, da die Durchführung durch staatliche Strukturen sehr unkompliziert gehandhabt werden kann. Trotzdem fand bereits in den Anfängen der Zertifizierungstätigkeit und der Akkreditierung der Stellen durch den Staat eine Delegierung von Aufgaben an private Stellen statt. Die privaten Prüfstellen sind durchaus anerkannt worden (siehe auch Abb. 6.2). Der privatwirtschaftliche Markt hatte seinerseits mit ähnlichen Strukturen Erfolge erzielt. Die Überwachung und Kontrolle privater Stellen durch neutrale Begutachter (Akkreditierer) trug zur Sicherung und Steigerung des Qualitätsniveaus bei. Bereits 1925 wurde in Deutschland der RAL (Reichsausschuss für Lieferbedingungen) gegründet, welcher die Regelungen für den Bereich der Gütesicherung und Warenkennzeichnung aktiv umsetzte. Seit damals sind für weitere Bereiche private Institutionen gegründet worden, die in dem gesetzlich nicht geregelten Bereich für ein hohes Qualitätsniveau und -bewusstsein sorgten und sorgen. Durch die Schaffung einheitlicher Bedingungen und durch die regelmäßige Überprüfung hat das private Akkreditierungssystem seinen Teil zur Umsetzung der Normen beigetragen. In diesem Sektor steht und fällt das Konformitätsbewertungssystem mit dem Vertrauen in die Stellen und deren Methoden. In Deutschland ist eine entsprechend gute Reputation über die Jahrzehnte entstanden2.
2
Vgl. Hansen, Zertifizierung und Akkreditierung von Produkten und Leistungen der Wirtschaft, S. 47.
84
6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Abb. 6.2 Konformitätsbewertung in Deutschland
6.3 Das duale System Deutschlands
85
6.3 Das duale System Deutschlands Die historisch gewachsenen Strukturen des nationalen Akkreditierungsund Zertifizierungswesens in Deutschland weichen in mancher Hinsicht von den Anforderungen der EG ab, sodass es im Rahmen der europaweiten Angleichung zu Schwierigkeiten kommen kann3. Vor dem Hintergrund nationaler und europäischer Entwicklungen hat sich dabei in Deutschland ein sektorales Akkreditierungssystem herausgebildet, das sich insbesondere durch seine hohe fachspezifische Kompetenz in seinen Sektoren positiv auszeichnet. Dabei gibt es sowohl im gesetzlich geregelten als auch im gesetzlich nicht geregelten Bereich mehrere Akkreditierungsstellen, die jeweils für bestimmte Sachgebiete zuständig sind. In den meisten anderen Mitgliedsstaaten der EU haben sich hingegen einflussreiche zentrale Akkreditierungsstellen gebildet oder es sind zumindest partiell begrenzte Strukturen vorhanden. Das Ziel des deutschen Akkreditierungswesens ist es, die Qualität und Fachkompetenz der deutschen Laboratorien und Zertifizierungsstellen sicherzustellen und zu erhöhen. Auf diese Weise bleiben die deutschen Produkte auf den europäischen und internationalen Märkten konkurrenzfähig. Durch eine enge Zusammenarbeit in den Ausschüssen, die auf nationaler und europäischer Ebene stattfindet, soll das Vertrauen und die gegenseitige Anerkennung von Prüfergebnissen und Zertifikaten in Europa und auch auf nationaler Ebene gefördert werden. Dies gilt sowohl für den gesetzlich geregelten als auch für den gesetzlich nicht geregelten Bereich4. Die Abb. 6.3 fasst die Institutionen und Aktivitäten im Rahmen des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens zusammen und macht die relativ strikte Trennung zwischen dem gesetzlich geregelten und dem nicht geregelten Bereich deutlich. Dies ist eher uncharakteristisch für die nationalen Akkreditierungssysteme der EU-Mitgliedsstaaten5.
3
4 5
Hasenteufel, in: Supelco (Hrsg.), Themen der Umweltanalytik – Akkreditierung Zertifizierung Applikation Qualitätssicherung, S. 111 (112). DAR (Hrsg.), Das deutsche Akkreditierungssystem, S. 4. Sharafi, in: Supelco (Hrsg.), Themen der Umweltanalytik – Akkreditierung Zertifizierung Applikation Qualitätssicherung, S. 137 (142), Günzler (Hrsg.), Akkreditierung und Qualitätssicherung in der Analytischen Chemie, S. 5.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Gesetzliche Anforderungen Gesetzlich geregelter Bereich
Anforderungen des Marktes Nicht geregelter Bereich Gesetzgeber
Bund/Land Ermächtigung
oder
Beliehene juristische Person des Privatrechts Feststellung der Kompetenz und Konformität nach gesetzlich festgelegten Vorschriften und relevanten technischen Normen
Überprüfung der Einhaltung von (in Rechtsvorschriften) festgelegten Anforderungen
Konformitätsbewertungsstelle Überprüfung der Einhaltung bestimmter Anforderungen
Organisation bzw. Produkte/Verfahren/ Prozesse/Personen
Unternehmen
Organisation bzw. Produkte/Verfahren/ Prozesse/Personen
Feststellung der Kompetenz und Konformität nach festgelegten Anforderungen
Konformitätsbewertung
Konformitätsbewertungsstelle
Akkreditierungsstelle kann grundsätzlich von jeder privaten Organisation aufgebaut werden insb. von Verbänden der Wirtschaft geschaffen
Anerkennungs-/ Akkreditierungsebene
Bundes-/ Landesbehörde
Abb. 6.3 Gesetzlich geregelter und gesetzlich nicht geregelter Bereich des Anerkennungs- und Akkreditierungswesens in Deutschland
Die gestrichelten Pfeile in Abb. 6.3 deuten an, dass in manchen Fällen die Dienste privater Akkreditierungsstellen von Seiten der deutschen Behörden in Anspruch genommen werden. Sowohl der gesetzlich geregelte als auch der gesetzlich nicht geregelte Bereich werden im Folgenden genauer beschrieben. Danach wird der Deutsche Akkreditierungsrat (DAR) vorgestellt. Es handelt sich hierbei um eine Dachorganisation für Akkreditierung in Deutschland. Im Gegensatz zu der Vielzahl der branchenbezogenen Akkreditierungsstellen in Deutschland, hat sich in den meisten anderen europäischen Ländern nur eine zentrale Akkreditierungsstelle herausgebildet. Auch die rela-
6.3 Das duale System Deutschlands
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tiv strikte Trennung in einen gesetzlich geregelten und einen gesetzlich nicht geregelten Bereich ist für Europa eher unüblich6. 6.3.1 Gesetzlich geregelter Bereich Als gesetzlich geregelt gelten diejenigen Bereiche, in denen durch Rechtsvorschriften Regelungen bezüglich der Akkreditierung, Zertifizierung, Prüfung und ähnlicher Verfahren festgelegt sind. Dabei kann es sich um Rechtsvorschriften auf nationaler oder europäischer Ebene handeln. In den Rechtsvorschriften sind die Anforderungen an die Produkte, Verfahren, Prozesse oder Personen definiert. Deren Einhaltung muss durch eine Konformitätsbewertungsstelle festgestellt werden. Für die Überprüfung der Kompetenz dieser Stellen sind im gesetzlich geregelten Bereich grundsätzlich Behörden des Bundes oder der Länder oder beliehene juristische Personen des Privatrechts zuständig. Sie werden aufgrund spezieller bundesoder landesrechtlicher Ermächtigungen tätig. Die meisten staatlichen Akkreditierungsstellen auf Bundesebene haben sich in der Koordinierungsgruppe des gesetzlich geregelten Bereichs (KOGB) zusammengeschlossen. Diese Organisation innerhalb des gesetzlich geregelten Bereiches unterscheidet sich maßgeblich von der Organisation im gesetzlich ungeregelten Bereich durch die Art der Koordination der Einrichtungen untereinander. Die Stellen im gesetzlich geregelten Bereich haben weitgehend abgegrenzte Aufgabenbereiche und es ist eher die Ausnahme als die Regel, dass diese Stellen zusammenarbeiten. Die KOGB hat eine übergeordnete, integrierende Lenkungs- und Überwachungsfunktion im gesetzlich geregelten Bereich. Es zählt darüber hinaus zu den Aufgaben der KOGB, die Entwicklung eines transparenten, einheitlichen und international anerkannten Konformitätsbewertungssystems im Hoheitsbereich der BRD voranzutreiben. Die Abb. 6.4 zeigt schematisch die Struktur im gesetzlich geregelten Bereich7. Mit dieser Plattform erhalten die Akkreditierungs- bzw. Anerkennungsstellen des gesetzlich geregelten Bereichs die Möglichkeit, abgestimmte
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7
Sharafi, Normenserie 45000 ff – Akkreditierung der Prüflaboratorien und die deutsche Akkreditierungslandschaft, S. 142, in: Supelco, Themen der Umweltanalytik, S. 137-143. Im Hinblick auf die Überarbeitung des New Approach sowie einen noch ausstehenden europäischen Rechtsakt wurde beim BMWi ein Akkreditierungsbeirat gegründet und außerdem ein Forum der Anerkennungs- und Akkreditierungsstelle für den gesetzlich geregelten und den ungeregelten Bereich gemeinsam eingerichtet.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Empfehlungen, Stellungnahmen und Vorschläge zu erarbeiten. Dadurch wird eine einheitlichere Außendarstellung erreicht. Der KOGB versteht sich als Teil des deutschen Akkreditierungssystems, der aus dem DAR hervorgegangen ist und weiterhin mit ihm in einer Kooperation steht. Aufgrund des föderativen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland liegt die Gesetzgebungskompetenz in der Regel beim Bund. Der Vollzug der Gesetze wird teilweise vom Bund und ansonsten von den Ländern durchgeführt. Da es unterschiedliche Konformitätsbewertungsstellen je nach Bundesland und/oder Bereich gibt, ist eine Mindestabstimmung erforderlich um Diskriminierungen zu vermeiden. Außerdem wurden aufgrund der föderalen Struktur in Deutschland sektorbezogen verschiedene Systeme beim Bund und bei den Ländern aufgebaut. Über die Zeit haben sich die unterschiedlichsten Formen der staatlichen Einflussnahme, Anerkennung und Akkreditierung herausgebildet. Die folgende Auflistung zeigt exemplarisch einige aktuelle Ausgestaltungsformen: x Zentrale Stellen der Länder für Anerkennung und Akkreditierung (z.B. ZLS, ZLG), x Bundesbehörden (z.B. RegTP, KBA), x Länderbehörden in den einzelnen Länderministerien (z.B. AKS), x Private Stellen, die im Auftrag des Staates arbeiten (z.B. DAU) und x Zusammenarbeit zwischen Behörden und privaten Stellen unter Nutzung gemeinsamer Akkreditierungskriterien (z.B. im Umweltbereich)8 Zuständig für die Kontrolle von Anerkennungs- und Akkreditierungsstellen im gesetzlich geregelten Bereich einschließlich der staatlichen Stellen sind die dienstaufsichtsführenden Behörden9.
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9
Bundesanstalt für Materialforschung (BAM), S. 42, Anerkennung und Akkreditierung in Deutschland – Beispiele anderer Länder, S. 4. Spirgath, Informationen zum Stand der Umsetzung der Beschlüsse der Umweltministerkonferenz zur Akkreditierung und Notifizierung von Messstellen und Prüflaboratorien in gesetzlich geregelten Umweltbereichen. DAR (Hrsg.), Das deutsche Akkreditierungssystem, S. 15.
6.3 Das duale System Deutschlands
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Abb. 6.4 Akkreditierungsstruktur im gesetzlich geregelten Bereich10
10
Abb. nach Ensthaler, Zertifizierung, Akkreditierung und Normung für den europäischen Binnenmarkt, S. 39.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Die Behörden bzw. die Beliehenen müssen sicherstellen, dass die Konformitätsbewertungsstellen die erforderliche Kompetenz dauerhaft besitzen. Dabei sind zum einen fachspezifische Anforderungen zu berücksichtigen, die in den jeweiligen Rechtsvorschriften verbindlich festgelegt sind. Darüber hinaus können die Normenreihen EN 45000 ff. bzw. ISO 17000 ff. zur Auslegung diesbezüglicher Rechtsvorschriften hinzugezogen werden11. Die Kompetenzfeststellung erfolgt meist im Rahmen eines Anerkennungs- und Akkreditierungsverfahrens. Die Regelungen zur Anerkennung und Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen sind jeweils in den sektorspezifischen Gesetzestexten zu finden. Ein übergeordnetes Gesetz zur Anerkennung und Akkreditierung gibt es in Deutschland hingegen nicht. Die Gesetzgebungskompetenz liegt in Deutschland in der Regel beim Bund, die Bundesländer sind oft aber für den Vollzug zuständig. Dies bedingt vielfach eine Zuständigkeit der Länder im Akkreditierungsbereich. Für verschiedene Bereiche haben die Länder daher Zentralstellen eingerichtet, z.B. die ZLG für das Medizinproduktegesetz sowie das ZLS für den Bereich der Geräte- und Produktsicherheit. Wir verzeichnen also in Deutschland eine Vielzahl von Akkreditierungsstellen im gesetzlich geregelten Bereich. Diese sind entweder auf Bundes- oder Landesebene tätig. Auf Bundesebene sind dies beispielsweise die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, das Kraftfahrt-Bundesamt oder die Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter (DAU) mbH. Darüber hinaus existiert eine Vielzahl von Stellen auf Landesebene, die Akkreditierungstätigkeiten zur Ausführung des jeweiligen Landesrechtes durchführen. Beispielsweise sind im Rahmen des Vollzugs von Umweltvorschriften verschiedene Behörden der Länder für die Kompetenzfeststellung von Konformitätsbewertungsstellen verantwortlich (siehe Abb. 6.4). Im gesetzlich geregelten Bereich gibt es die unterschiedlichsten Formen der Zusammenarbeit zwischen den Behörden und dem privatwirtschaftlichen Akkreditierungsbereich. Viele Stellen arbeiten auf verschiedene Weise zusammen und werden auch in unterschiedlichen Wirtschaftssektoren von der KOGB koordiniert. In dem Bereich, der von EU-Richtlinien gesetzlich geregelt wird, muss die Bundesregierung der EU-Kommission die betreffenden Stellen melden. Diese Prüflaboratorien, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen sind dann befugt, Konformitätsbewertungsverfahren im Rahmen der EURichtlinien durchzuführen. Die Anforderungen der Normenreihen DIN EN 11
Begründung zum AkkG, S. 3 f., o.V., Neuordnung des Akkreditierungswesens, KAN-Brief 2/2003, S. 8 (8).
6.3 Das duale System Deutschlands
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45000 ff. und DIN EN ISO/IEC 17000 ff. müssen erfüllt werden. Die Anerkennung dieser Stellen ist ein hoheitlicher Akt. Dieser wird entweder von der entsprechenden Bundes- oder Landesbehörde durchgeführt oder aber von einer Akkreditierungsstelle, die von der entsprechenden Behörde dazu beauftragt wurde. Sachgebiete im gesetzlich geregelten Bereich12 Der gesetzlich geregelte Bereich umfasst Sachgebiete, die vom gesetzlich nicht geregelten Bereich nicht bearbeitet werden dürfen, wie z.B. Lebensmittel, Prüfverfahren im nationalen und internationalen Straßenverkehrsrecht, Veterinärmedizin, Wasser, EG-Öko-Audit-Verordnung, Landwirtschaft, Umweltmanagementsysteme, Medizinprodukte, Medizinische Laboratorien, Qualitätsmanagementsysteme bei Herstellern von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen.
6.3.2 Gesetzlich nicht geregelter Bereich Als gesetzlich nicht geregelt werden diejenigen Bereiche bezeichnet, in denen weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene Rechtsvorschriften bezüglich der Akkreditierung, Zertifizierung und Prüfung existieren. Dennoch werden in diesen Bereichen Akkreditierungen durchgeführt, da der Markt dies erfordert. Solche Aktivitäten basieren dabei auf freiwilligen Verträgen. Die Akkreditierung im privatwirtschaftlichen Bereich dient der Vertrauensbildung im Geschäftsverkehr. Dem Kunden oder Endverbraucher wird beispielsweise durch ein Produkt, welches von einer akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle zertifiziert wurde, signalisiert, dass dieses qualitativ hochwertig ist. Auch wenn vom privatwirtschaftlichen Bereich gesprochen wird, sind dennoch häufig Aspekte des Allgemeinwohls das Thema so z. B. der Umweltschutz. Der Inhalt und die Form der Kompetenzfeststellungen in diesem Bereich sind aber nur von Seiten der Vertragsparteien festgelegt und nicht durch gesetzliche Vorschriften geregelt13. Für den privatwirtschaftlichen, gesetzlich nicht geregelten Bereich haben sich in Deutschland mehrere Akkreditierungsstellen gebildet. Hier kann grundsätzlich jede private Organisation eine Akkreditierungsstelle einrichten, d.h. es ist keine Ermächtigung seitens des Gesetzgebers erfor12 13
Vom DAR genannte Beispiele. Pritzkow, in: Supelco (Hrsg.), Themen der Umweltanalytik – Akkreditierung Zertifizierung Applikation Qualitätssicherung, S. 117 (117).
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
derlich. Vor allem Verbände der Wirtschaft haben privatwirtschaftlich organisierte Akkreditierungsstellen aufgebaut. Jede Akkreditierungsstelle des gesetzlich nicht geregelten Bereichs kann prinzipiell ihre eigenen Akkreditierungsregeln definieren, da sie keinen gesetzlichen Bestimmungen unterworfen ist. Meistens finden jedoch auch hier die Normenreihen EN 45000 ff. bzw. EN 17000 ff. als Grundlage für die Akkreditierung Anwendung. Deshalb ist eine gewisse Vergleichbarkeit zum gesetzlich geregelten Bereich gegeben. In der Privatwirtschaft gibt es seit 1990 einen koordinierenden Dachverband – die Trägergemeinschaft für Akkreditierung GmbH (TGA). Im Jahre 2003 bekam die TGA aber aus kartellrechtlichen Gründen Schwierigkeiten, welche aus ihrer kraftvollen Marktstellung resultierten. Im August 2003 stellte die TGA ihre Tätigkeit ein, da deren Position so stark war, dass eine Monopolstellung vermutet wurde. Diese hätte einen ordentlichen Wettbewerb gefährdet. Die koordinierende Aufgabe, die sie, überparteilich erfüllen sollte, wurde somit offiziell in Frage gestellt14. Im Jahr 2004 wurde jedoch die Wettbewerbsklage gegen die TGA zurückgezogen. Seither verfolgt sie wieder ihr ursprüngliches Ziel der Koordinierung des privatwirtschaftlichen Bereichs15. Die TGA setzt sich aus den führenden Verbänden der deutschen Wirtschaft zusammen, die am aktuellen Akkreditierungsgeschehen interessiert sind. Die TGA selbst akkreditiert nur im Bereich Managementsysteme und Personal. Alle sonstigen Bereiche werden von anderen privaten Akkreditierern abgedeckt. Generell lässt sich feststellen, dass in Deutschland die Akkreditierung durch private Stellen wenig Akzeptanz seitens staatlicher Behörden und Ministerien findet. Für eine formelle Anerkennung ist eine behördliche Instanz aber unerlässlich. Es existiert kein einheitliches, verbindliches Regelwerk, welches eine garantierte/geregelte Grundlage für eine hinreichende Kompetenz im privatwirtschaftlichen Bereich ermöglicht. Zwei Möglichkeiten der Akkreditierung für Private (1) In Bereichen mit geringem Besorgnispotential gibt es Produkte und Fragestellungen, bei denen die Prüfung und auch die Kompetenzbestätigung der Konformitätsbewertungsstelle (z.B. die Akkreditierung eines Laboratoriums) nicht gesetzlich vorgeschrieben ist. Dann kann die Überprüfung und Akkreditierung auf freiwilliger Basis geschehen. (2) Es gibt Produktbereiche und Fragestellungen, die geprüft werden müssen. Dies schließt dann auch eine Prüfung der Konformitäts14 15
Kindler, DAR-aktuell 02/2003, S. 962 ff. Vgl. http://www.tga-gmbh.de/ (News, Stand 12.07.2005).
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bewertungsstellen (z.B. die prüfenden Laboratorien) ein. In diesem Fall können private Akkreditierungsstellen nur in Kooperation mit einer staatlichen begutachtenden Stelle die Überprüfung übernehmen. Im Lebensmittelbereich sieht dies in Deutschland wie folgt aus: Biologische oder chemisch-analytische Prüflaboratorien, die akkreditiert werden müssen, stellen bei der Deutschen Akkreditierungssystem Prüfwesen GmbH (DAP) einen Antrag auf Akkreditierung. Die DAP darf auf der Grundlage der Gegenprobensachverständigen-Prüflaboratorienverordnung (PrüflabV) in Zusammenarbeit mit einer staatlichen Akkreditierungsstelle, zum Beispiel die Staatliche Akkreditierungsstelle Hannover (AKS) akkreditieren. Das bedeutet, dass es eine Kooperationsakkreditierung zwischen den staatlichen Stellen AKS und der DAP gibt. Sie besagt, dass nach erfolgter Akkreditierung durch die private Stelle, die gesetzliche Stelle die durchgeführte Prüfung berücksichtigt. D.h. die staatliche Stelle überprüft den Sachverhalt nicht erneut, sondern akzeptiert die private Prüfleistung. Dies basiert auf einem Vertrauensverhältnis, welches aus der kontinuierlichen Zusammenarbeit der zwei Stellen entstanden ist. Die Transparenz bei den Prüfungen oder die Kompetenz der jeweiligen Gutachter, die im Vorfeld im Rahmen eines Pools benannt werden, sind dabei Voraussetzungen für eine effektive Zusammenarbeit.
Der DAR übt momentan eine integrierende Funktion zwischen dem gesetzlich geregelten Bereich (Anerkennung/Akkreditierung auf gesetzlicher Grundlage) und dem nicht geregelten Bereich (Akkreditierung auf freiwilliger Basis auf der Grundlage von technischen Normen) aus. Selber führt der DAR keine Akkreditierungen oder Anerkennungen durch. Die Akkreditierungsstellen die im DAR vertreten sind (sowohl geregelter als auch nicht geregelter Bereich), arbeiten auf der Grundlage der internationalen Normenreihe DIN EN ISO/IEC 17000 ff. und nach den Beschlüssen, die im DAR gefasst wurden.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Sachgebiete im gesetzlich nicht geregelten Bereich16 Der gesetzlich nicht geregelte Bereich befasst sich mit folgenden Sachgebieten: Laboratoriumsdiagnostik, Chemie, Biologie, Bauwesen und Brandschutz, Lebensmittel, Luftanalytik, Windenergie, Maritime Technik, Fügetechnik und Schweißen, Umwelt, Gebrauchsgüter, Geräusche und Schwingungen, Sicherheit und Akustik, Messwesen, mineralölbezogene Umweltanalytik, Zertifizierung von Produkten und Dienstleistungen, Erdöl/Mineralölerzeugnisse.
Erläuterung Die Unterscheidung zwischen gesetzlich geregeltem und nicht geregeltem Bereich allein nach Produktgruppen ist offensichtlich nicht möglich, da nach der jeweiligen Fragestellung für die Bescheinigung, Begutachtung oder Messung zu differenzieren ist. Fragestellungen hinsichtlich Wertbestimmung, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation oder Forschung fallen in der Regel in den nicht geregelten Bereich. Im gesetzlich geregelten Bereich geht es zum Beispiel um die Einhaltung von vorgeschriebenen Grenzwerten, gesundheitlicher Unbedenklichkeit oder rechtlich vorgegebenen Mindestanforderungen.
6.4 Der Deutsche Akkreditierungsrat Im Jahr 1991 wurde der Deutsche Akkreditierungsrat (DAR) als gemeinsames Gremium von Staat und Wirtschaft gegründet. Dieser koordiniert die Anerkennungen und Akkreditierungen von Konformitätsbewertungsstellen in Deutschland. Sowohl Akkreditierungs-/Anerkennungsstellen als auch andere Institutionen, die für das deutsche Akkreditierungswesen von Bedeutung sind, können Mitglied im DAR sein17. Sämtliche im DAR vertretenen Akkreditierungsstellen arbeiten auf der Basis der Normenreihe DIN EN 45000 ff. bzw. DIN EN ISO/IEC 17000 ff. und auf der Grundlage der Beschlüsse des DAR. Darüber hinaus sind die Verfahrensregeln der einzelnen Akkreditierungsstellen zu beachten, in denen fachspezifische 16 17
Vom DAR genannte Beispiele. Die Voraussetzungen zur Mitgliedschaft im DAR sind in DAR-2-GL-01 festgelegt, die Mitglieder sind in DAR-2-GL-02 aufgeführt, beide Dokumente sind abrufbar unter http://www.dar.bam.de/doc2.html.
6.4 Der Deutsche Akkreditierungsrat
95
Kriterien zur Begutachtung und spezielle Regelungen zum Verfahren festgelegt sind. Deutscher Akkreditierungsrat Gekennzeichnet ist der DAR durch einen dualen Aufbau, d.h. er befasst sich mit dem gesetzlich geregelten und ungeregelten Bereich. Der DAR ist eine vom Bund, den Ländern und der Industrie getragene Arbeitsgemeinschaft Neben seinen koordinierenden Aufgaben ist der DAR dafür zuständig, ein zentrales deutsches Akkreditierungs-/Anerkennungsregister zu führen. Außerdem vertritt er die deutschen Interessen in Einrichtungen, die sich auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene mit den Themen der Akkreditierung und der Anerkennung befassen. Die Struktur des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens, das sich unter dem Dach des DAR versammelt hat, ist in der Abb. 6.5 schematisch dargestellt. Ziel und Aufgabe des DAR ist es in erster Linie, die Anerkennungs- und Akkreditierungstätigkeiten in Deutschland zu koordinieren. Dabei sollten die Verfahren effizient gestaltet und auf einem einheitlichen hohen Qualitätsniveau gehalten werden. Jedoch ist es dem DAR nicht gelungen, einheitliche Regeln für alle Akkreditierungsstellen durchzusetzen, was auf seine fehlende gesetzliche Grundlage zurückgeführt wird. Auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene hat das deutsche Akkreditierungswesen in den letzten Jahren an Vertrauen, Akzeptanz und Einfluss eingebüßt. Dies liegt vor allem an der Zersplitterung in eine Vielzahl von Stellen, an der strikten Trennung in einem gesetzlich geregelten und einem gesetzlich nicht geregelten Bereich sowie an dem damit verbundenen Mangel an Transparenz. Die wesentlichen Probleme des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens werden im Folgenden zusammengefasst.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Abb. 6.5 Das deutsche Anerkennungs- und Akkreditierungswesen unter dem Dach des DAR18
6.4.1 Probleme beim DAR Die Akkreditierungsstellen, die dem DAR angehören, dürfen mit der Zustimmung des DAR dessen Urkunden und Loge zur Akkreditierung verwenden. Dabei stellt sich das Problem, dass der DAR als Arbeitsgemeinschaft nicht in der Lage ist die Anwendung der festgelegten Regeln zu überprüfen und sicherzustellen. Dies hat zur Folge, dass verschiedene Stellen bzw. Personen des DAR die Regeln unterschiedlich auslegen und anwenden. Folglich weichen einzelne Anerkennungs- und Akkreditierungsstellen voneinander ab, sowohl in der Arbeitsweise als auch in der Kompetenz. Betrachtet man die meisten anderen europäischen Länder, so ist festzustellen, dass das deutsche Akkreditierungswesen vergleichsweise zersplit18
Abbildung nach http://www.dar.bam.de/struktur.html (Stand: 29.07.2005).
6.4 Der Deutsche Akkreditierungsrat
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tert ist. Dies betrifft die 16 unterschiedlichen Länderzuständigkeiten und insbesondere die Trennung in den gesetzlich geregelten und gesetzlich nicht geregelten Bereich. Aufgrund dieser Zersplitterung häufen sich die Fälle, in denen beispielsweise ein Laboratorium bzgl. seiner Kompetenz nach DIN EN ISO/IEC 17025 mehrfach von verschiedenen Anerkennungs- und Akkreditierungsstellen begutachtet wird. Aufgrund der starken Zersplitterung und der darüber hinaus unzureichenden Zusammenarbeit zwischen den Anerkennungs- und/oder Akkreditierungsstellen, benötigen die Konformitätsbewertungsstellen für ihr jeweiliges Tätigkeitsfeld häufig eine Vielzahl an Anerkennungen bzw. Akkreditierungen. Diese werden von unterschiedlichen Stellen erteilt. Dadurch entstehen erhebliche Kosten, die in der Regel an die Hersteller weitergegeben werden und letztendlich auch vom Verbraucher getragen werden müssen. Aufgrund dieser Mängel und den daraus entstehenden Schäden für Konformitätsbewertungsstellen und andere betroffene Kreise, ist eine Neuordnung des gesamten Systems notwendig. Diese soll auf der Basis einer gesetzlichen Regelung erfolgen. Daher wurde beim damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) ein Gesetz zur Neuordnung des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens19 vorbereitet. Im Rahmen einer öffentlichen Anhörung am 29. April 2004 wurden die Eckpunkte, auf denen dieses Gesetz aufbaut, vorgestellt. Dabei wurde sichtbar, dass die deutsche Industrie und die Spitzenverbände der Wirtschaft sowie verschiedene Fachverbände dieses neue Gesetz begrüßen20. 6.4.2 Zukünftige Stellung des DAR Der Deutsche Akkreditierungsrat (DAR), dessen Aufgabe es bislang war, die Tätigkeiten der Akkreditierungsstellen zu koordinieren, soll dies auch während der Planung und Vorbereitung der Neustrukturierung des deutschen Systems der Konformitätsbewertung tun. Ergänzend wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) auf deutsche Vertreter in internationalen Gremien zurückgreifen. Welche Aufgaben der DAR nach einer möglichen Reform des Systems übertragen bekommt und welche Gewichtung den Entscheidungen des Gremiums dann zukommt, ist noch abzuwarten. In der Diskussion ist die Schaffung einer übergeordneten 19 20
Im Folgenden als Akkreditierungsgesetz (AkkG) bezeichnet. O.V., Gesetz zur Neuordnung des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens, DASMIN News Nr. 1/2004, S. 2 (2), Wloka, DAR-aktuell 1/2004, S. 1 (1).
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
und zentralen Akkreditierungsstelle, welche sicherlich zumindest einen Teil der Befugnisse des DAR übernehmen würde21. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch der neu gegründete Akkreditierungsbeirat. Weiterhin hat der DAR bereits seinen Anspruch auf die Außenvertretung abgegeben. Die Außenvertretung in den Akkreditierungsangelegenheiten wird derzeit durch das BMWi wahrgenommen. Ein weiterer Ausblick auf die geplanten Neuerungen der Konformitätsbewertung in Deutschland wird am Ende dieses Kapitels gegeben.
6.5 Zulassung zum Akkreditierer in Deutschland Die allgemeinen Anforderungen sowie die Ausformulierungen und Erläuterungen zu der Zulassung als Akkreditierer in Deutschland sind hierarchisch aufgebaut. Dabei ist die Struktur so, dass man innerhalb dieser Hierarchie in den Formulierungen und Vorgaben der Gesetze, Normen und Leitfäden stets präziser wird und somit den Interpretationsspielraum immer wieder einengt. Eine Sonderstellung innerhalb dieser Hierarchie stellen die SOGS- oder CERTIF- Dokumente dar.
Erläuterung x SOGS: Senior Officals Group on Standardisation and Conformity Assessment Policy; es handelt sich hier um Dokumente, die von der SOGS Arbeitsgruppe erstellt und als Vorschlag für die Europäische Kommission veröffentlicht wurden; in ihrer Bezeichnung enthalten sie das Kürzel SOGS und eine Nummerierung. x CERTIF: CERTIF-Dokumente behandeln spezielle Themen der Konformitätsbewertung, sie sind offizielle Arbeitsdokumente der Europäischen Kommission; in ihrer Bezeichnung enthalten sie das Kürzel CERTIF, eine entsprechende Jahreszahl und eine Nummerierung. x Nicht alle SOGS-Dokumente sind CERTIF-Dokumente, nicht alle CERTIF-Dokumente sind SOGS-Dokumente. Der Aufbau ist in der Abb. 6.6 angegeben. Die Abbildung verdeutlicht durch ihren spitzen Verlauf, dass der Interpretationsspielraum in der Pyramide von den Gesetzen bis hin zu den Leitfäden stets abnimmt.
21
Röhl/Schreiber, Konformitätsbewertung in Deutschland, S. 169 ff., Pressemitteilung vom 15.9.2006 http://www.bmwi.de.
6.5 Zulassung zum Akkreditierer in Deutschland
99
Leitfäden z.B. EA Leitfäden
Normen z.B. DIN EN ISO/IEC 17011
CERTIFoder SOGSDokumente z.B. SOGS N560 EN
Gesetze (Mitgliedsstaaten) z.B. AkkG
Abb. 6.6 Hierarchie der Gesetze, Normen, Leitfäden und EU-Dokumente22
Die seitens der Europäischen Union verfassten und herausgegebenen SOGS- oder CERTIF-Dokumente haben eine Sonderstellung, da sie alle drei Ebenen behandeln. Sie beziehen sich auf die Gesetze, auf die Normen als auch auf die Leitfäden. All diese Grundsätze, Vorgaben und Empfehlungen in den Gesetzen dienen der Vereinheitlichung der nationalen Akkreditierungen bzw. den Akkreditierungssystemen innerhalb der EU und der Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens. Eine Angleichung der einzelnen Systeme der Mitgliedsstaaten wird somit gefördert. Es sollen für alle Akkreditierer innerhalb der EU die gleichen Maßstäbe gelten, so dass die Akzeptanz und die Transparenz des Systems gestärkt werden. 6.5.1 Vorgaben seitens europäischer Dokumente an den nationalen Gesetzgeber (Mitgliedsstaaten) Die EU gibt in ihren SOGS- und CERTIF-Dokumenten Vorgaben bzw. Empfehlungen an die nationalen Behörden weiter, wie diese die nationale 22
Die Pfeile in der Abbildung stellen Vorgaben und Empfehlungen dar.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Akkreditierung einrichten sollten, um in der EU ein einheitliches System zu gewährleisten. Ursprünglich wurde im Dokument SOGS N524 DE23 festgesetzt, welches die Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen der nationalen Behörden in Bezug auf die Anerkennungen und die Akkreditierungen sind. Aber in der weiteren Entwicklung entstand das SOGSDokument N 529 ab. Das SOGS-Dokument N 560 zeigt den aktuellen Stand der Entwicklungslinie. Es wird als Vorläufer des zukünftigen europäischen Rechtsaktes gehandelt. Geplant ist eine europäische Verordnung, welche eine direkte nationalstaatliche Wirkung hätte. Die EU gibt dabei folgende allgemeine Grundsätze vor: x „Accreditation is a public authority responsibility“24: Übernahme der Verantwortung durch die staatlichen Behörden für die Durchführung und Aufrechterhaltung der Akkreditierung, um die Akzeptanz der akkreditierten Konformitätsbewertungsergebnisse der staatlichen Behörden zu fördern und uns ebenso die Akzeptanz der Ergebnisse des freien Marktes glaubwürdiger zu machen. Die EU sieht hierfür eine grundlegende Bedeutung um den Schutz und die Vereinheitlichung der Akkreditierung zu gewährleisten. Dies muss aber nicht heißen, dass der Staat die Akkreditierungen selber durchführt. x Den nationalen Behörden steht es frei die Tätigkeit der Akkreditierung von einer privatrechtlichen Stelle, welche unter dem Einfluss der nationalen Behörden und deren politischer Verantwortung arbeitet, durchführen zu lassen. Die nationale Behörde kann aber auch selbst eine staatliche Stelle einrichten, welche mit der Akkreditierung betraut ist. Den Mitgliedsstaaten wird somit also eine gewisse Wahlmöglichkeit im Bezug auf die Einrichtung nationaler Akkreditierungssysteme eingeräumt. Bei diesem Konzept, dass den Staaten einen Freiraum bzgl. der Ausgestaltung des nationalen Akkreditierungssystems einräumt, existieren aber auch noch weitere Grundsätze25: x Richten die Mitgliedsstaaten in ihrem Hoheitsbereich eine nationale Akkreditierungsstelle oder ein nationales Akkreditierungssystem ein, so sollten sie dies auf der Grundlage einer spezifischen behördlichen Entscheidung tun. x Abhängig von der Ausgestaltung des nationalen Akkreditierungssystems soll im Falle der Akkreditierung durch nicht-staatliche Behörden ge23
24 25
Die weitere Entwicklung des Dokuments SOGS N524DE wird in Kapitel 5 beschrieben. SOGS N560-1 EN, Article 30 II. Entwurf CERTIF 2005-12, SOGS N524 DE, 27.9.2005, S.2ff.
6.5 Zulassung zum Akkreditierer in Deutschland
101
währleistet werden, dass eine starke Anbindung der privaten Akkreditierungsstelle an die staatlichen Behörden geschieht. Somit gibt es die folgende Zielsetzung für die nationale Akkreditierungsstelle: – Die Akkreditierung als Dienstleistung soll im Einklang mit dem öffentlichen Interesse durchgeführt werden, – die formale Anerkennung der Akkreditierungsstelle erfolgt seitens der nationalen Behörde, um so im Namen der staatlichen Stelle akkreditieren zu können, – die Akkreditierungsstelle soll unter der Ägide der Regierung arbeiten. Es soll gewährleistet werden, dass die Akkreditierungsstelle innerhalb der Amtsgewalt und der Verantwortung der staatlichen Behörden arbeitet. So kann besser kontrolliert werden, ob bei der Tätigkeit der Akkreditierung die europäischen und internationalen Normen umgesetzt und eingehalten werden. x Europa fordert das System „free from commercial competition“26 und will sogar die Umsetzungsform vorgeben. Die Akkreditierung soll ohne kommerziellen Wettbewerb organisiert sein. Die Betrauung mit der Akkreditierung soll einer einzelnen nationalen Akkreditierungsstelle oder einem nationalen System vorbehalten bleiben. Man spricht hier auch vom nationalstaatlichen Einplatzprinzip. Als Umsetzungsfrist wird der erste Januar 2010 angestrebt. Hinsichtlich der Durchführung und Unterstützung der Akkreditierung von den nationalen Behörden bestehen noch weitere Verpflichtungen gegenüber den nationalen Akkreditierungsstellen und auch gegenüber der EU. Es geht also und die Vertrauenswürdigkeit des gesamten europäischen Akkreditierungssystems: x Seitens der nationalen Behörden muss für eine effiziente politische Kontrolle des Akkreditierungssystems gesorgt werden, x die Mitgliedsstaaten sollten die Akkreditierungsstelle bei der Erreichung ihrer Ziele unterstützen, x es sollten ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen für die Akkreditierungsstelle seitens der nationalen Behörde zur Verfügung gestellt werden, x fachliche und politische Entscheidungsfindungen sollten getrennt werden, um die fachliche Entscheidung unabhängig von politischem Druck durchführen zu können,
26
SOGS N 560-1 EN, Article 32 III.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
x Die Bestimmung bzw. Genehmigung der Akkreditierungsregeln für die nationale Akkreditierungsstelle soll auf den europäischen und internationalen Normen aufbauen, x Die Sicherstellung des erforderlichen hohen Niveaus, der fachlichen Kompetenz und der Fähigkeit der Akkreditierungsstelle die Akkreditierungen in den jeweiligen Bereichen durchzuführen ist wichtig. Dies geschieht unter Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen aus den Rechtvorschriften, x Die Sicherstellung durch die Mitgliedsstaaten soll erfolgen, so dass deren nationale Akkreditierungsstelle Unterzeichner der EA-MLA ist, an regelmäßigen Begutachtungen auf europäischer Ebene teilnimmt und die EA-MCA Entscheidungen ordnungsgemäß umsetzt und x Die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Akkreditierungssysteme von EA-MLA Unterzeichnern soll den freien Binnenhandel und die Wettbewerbsfähigkeit fördern. 6.5.2 Vorgaben seitens der SOGS-Dokumente an die Normen und die Leitfäden In den SOGS-Dokumenten werden Vorgaben und Empfehlungen an die Normen bzgl. der Anwendung und Ausgestaltung der Normen und deren Leitfäden getroffen. Zur Ausgestaltung der Normen sind die Punkte zu nennen, welche den grundlegenden Aufbau vorgeben und teilweise auch widerspiegeln. Weiter noch geben die SOGS-Dokumente die Inhalte für die Normen bzw. für die Kritik an den Normen (wie geschehen in SOGS N514 DE). Hier werden Elemente aus der Norm näher kontrolliert und ergänzt in Bezug auf die Haftpflichtversicherung, fachliche Kompetenz und die Vergabe von Unteraufträgen. Dabei kommt man zum Ergebnis, dass es kaum Zweifel gibt, die den Inhalt betreffen. Bedarf gibt es jedoch für konkretere Erläuterungen wie Leitdokumente und Leitfäden. Die Vorgaben zur Anwendung der Normen werden auch zur Vereinheitlichung des europäischen Akkreditierungssystems getroffen. So müssen alle Akkreditierungsstellen die Kriterien der Normen DIN EN ISO/IEC 17011 erfüllen und umsetzen. Die Idee dahinter ist eine weitere Harmonisierung des Konformitätsbewertungssystems durch die einheitliche Anwendung der Normen und Leitfäden in den jeweiligen Mitgliedsstaaten. Befolgen alle Mitgliedsstaaten die Anwendung der DIN EN ISO/IEC 17011 so wird untereinander eine Vermutungswirkung27 ausgelöst. Das heißt, ein Mitgliedsstaat erkennt die Akkreditierung des anderen Mit27
Detailliert zur Vermutungswirkung siehe KAN-Studie 30.
6.5 Zulassung zum Akkreditierer in Deutschland
103
gliedsstaates an, sofern dieser mit der relevanten technischen Norm gearbeitet hat. 6.5.3 Vorgaben zur Auslegung der Normen durch die Leitfäden In der ISO/IEC TR 1701028 sind z.B. „allgemeine Anforderungen an die Stellen zur Akkreditierung von Inspektionsstellen“ beschrieben, welche dann in dem dazugehörigen Leitdokument EA-Leitfaden zur Anwendung der ISO/IEC TR 17010 weiter erläutert und ergänzt werden. In den Normen sind die Anforderungen generell und ausführlich aber noch relativ abstrakt formuliert. Um diesen Interpretationsspielraum einzugrenzen werden Leitdokumente z.B. von der EA verfasst. Der Zweck der Leitdokumente ist die Präzisierung der in den Normen getroffenen Anforderungen und deren Erläuterung. 6.5.4 Vorgaben zur Auslegung der Gesetze durch die Normen Die Norm DIN EN ISO/IEC 17011 formuliert Vorgaben für die nationalen Behörden. Sie beschreibt die Anforderungen, wie die nationalen Akkreditierungssysteme ausgestaltet werden sollten. Der Gesetzentwurf des AkkG der Bundesrepublik Deutschland nimmt nur die Hauptpunkte dieser technischen Norm auf. Somit präzisiert die Norm 17011 das Gesetz. Sie konkretisiert, welche Anforderungen ein Akkreditierer grundlegend erfüllen muss und wie ein System beschaffen sein muss, um Transparenz und Vertrauen zu erwecken. Die Anforderungen an die Akkreditierungsstellen sind in dem Gesetzentwurf in §7 AkkG recht unpräzise formuliert; es findet sich eher eine abstrakte Umschreibung. Die Paragraphen 1 bis 11 rekurrieren sich aus der Norm 17011, welche sich wiederum aus den europäischen Vorgaben des „New Approach“ ableiten. Eine allgemeine Übersicht der „technischen Normen der Konformitätsbewertung“ zeigt Abb. 6.7. Sie gibt die Zuordnung der Normen an, indem sie beschreibt, welche Norm oder welcher ISO-Guide, für welche Art von Konformitätsbewertung relevant ist.
28
ISO/IEC TR 17010 wurde durch die Norm DIN EN ISO/IEC 17011 abgelöst, allerdings ist noch kein Leitfaden für die DIN EN ISO/IEC 17011 veröffentlicht.
104
6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Abb. 6.7 Normen der Konformitätsbewertung
Anforderungen an Akkreditierungsstellen orientieren sich grundsätzlich an den einschlägigen Common Elements (siehe Abb. 6.8)29. Common Elements
Struktur
Ressourcen
Prozess
Managementsystem
Abb. 6.8 Common Elements
29
Ausführlich zu „Common Elements“ siehe auch KAN-Studie 30 und Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Strübbe in Gestaltungsspielräume für staatliche Aufsichtssysteme angesichts des Vorsorgeprinzips. Detaillierte Beschreibungen zum Vorgang der Zulassung von Akkreditierern in Deutschland befinden sich in Abschnitt 6.7.4.
6.6 Prozess der Anerkennung und Akkreditierung in Deutschland
105
6.6 Prozess der Anerkennung und Akkreditierung in Deutschland 6.6.1 Allgemeine Darstellung des Prozesses Akkreditierungen unter dem Dach des DAR richten sich meistens nach den internationalen Normenreihen DIN EN ISO/IEC 17000 ff. und teilweise noch nach der EN 45000er Reihe (die noch nicht von CASCO30 überarbeitet wurden). Im DAR werden allgemeine Regelungen für die Akkreditierungsverfahren auf Grundlage dieser Normenreihe festgelegt. Man orientiert sich auch hier an den sog. Common Elements. Die spezielle Regelungen zum Verfahren sowie fachspezifische Kriterien zur Beurteilung sind in den Verfahrensregeln der einzelnen Akkreditierungsstellen formuliert. Sie liegen ausdrücklich in der fachlichen Kompetenz dieser Stellen. Das Verfahren kann wie in Abb. 6.9 dargestellt werden. Das Antragsverfahren wird bei der fachlich zuständigen Akkreditierungsstelle offiziell beantragt und eröffnet. Der Geltungsbereich der zu akkreditierenden Stelle muss den Antragsunterlagen beigefügt werden, damit Art und Umfang, gegebenenfalls auch die Erzeugnisse selbst, vor der Überprüfung bekannt sind. Informationen über die Ausstattung des Prüflaboratoriums, des Qualitätssicherungssystems und die Qualifikation des Fachpersonals müssen der Akkreditierungsstelle vorher mitgeteilt werden. Diese Informationen sind wichtig, damit die Akkreditierungsstelle entsprechende Vorbereitungen treffen kann. Die zuständigen Sektorkomitees erstellen darauf aufbauend fachspezifische Prüfunterlagen (Prüfbausteine), deren Normen von der zu prüfenden Stelle eingehalten werden müssen31. Grundsätzlich zu prüfen sind die jeweiligen normativen Anforderungen der 17000er Reihe. Auf die produktspezifische Kompetenz wird dabei besonders Wert gelegt. Nachdem die formalen Vorbereitungen abgeschlossen sind, wird der technische Sachverständige mit der Durchführung der Prüfung beauftragt. Auch an ihn werden gewisse Forderungen gestellt, wie etwa die Vertrautheit mit den Kriterien des Begutachtungsverfahrens, die technischen Kenntnisse über die Prüfungsart und seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit etc.
30
31
CASCO = „Conformity Assessment Committee“, Normungsabteilung zur Erarbeitung von einheitlichen Normen zur Konformitätsbewertung. Siehe SOGS N377 DE, S. 5.
106
6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Abb. 6.9 Überprüfung von Konformitätsbewertungsstellen32
Die Begutachtung unter der Leitung des technischen Sachverständigen erfolgt ebenfalls nach festgelegten Kriterien der DIN EN ISO/IEC 17000er Normenreihe (speziell die EN 17011). Bei der Begutachtung wird eine Vor-Ort-Überprüfung vorgenommen, die sämtliche Methoden, Verfahren und technische Einrichtungen der zu akkreditierenden Stelle auf Richtlinien- und Prüfbausteinkonformität überprüft.
32
Abb. aus Deutscher Akkreditierungsrat, Das deutsche Akkreditierungssystem, S. 11 (DAR-Handbuch – Systembeschreibung).
6.6 Prozess der Anerkennung und Akkreditierung in Deutschland
107
Wenn der Abschlußbericht der Begutachtung positiv ausfällt, empfiehlt das entsprechende Sektorkomitee dem Akkreditierungsausschuss, die Stelle für den angegebenen Geltungsbereich zu akkreditieren. Wird der Empfehlung nachgekommen, so erhält die antragstellende Einrichtung einen schriftlichen Bescheid und eine Akkreditierungsurkunde. Die Akkreditierung/Anerkennung einer benannten Stelle ist befristet und schließt eine regelmäßige Überwachung mit ein. Eine Überprüfung der akkreditierten Stelle wird bei Bedarf – mindestens aber einmal pro Jahr – durchgeführt. Eine erneute Re-Akkreditierung/-Anerkennung des gesamten Bereichs erfolgt alle fünf Jahre. Die Überprüfung soll ein permanent hohes Qualitätsniveau gewährleisten. Falls die Kriterien jedoch nicht eingehalten werden, wird die Benennung widerrufen. Die Beurteilung der zu benennenden Stelle und deren Benennung sind Aufgabe des Bundes bzw. der Länder. Die zuständigen Behörden (Bundesoder Landesbehörden) müssen durch irgendein überprüfendes Verfahren die in den Richtlinien festgelegten Kriterien sicherstellen. Die zu prüfenden Kriterien entstammen zum einen der Normenreihe DIN EN ISO/IEC 17000 ff. und zum anderen umfassen die Prüfbausteine auch die für den jeweiligen Bereich zutreffenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften z.B. Medizinproduktegesetz, Gerätesicherheitsgesetz und den hierzu erlassenen Verordnungen etc. Die zuständigen benennenden Behörden (DIBt, RegTP, ZLG und ZLS) repräsentieren in dem entsprechenden Rechtsgebiet zugleich auch die zuständige Akkreditierungsstelle. Ihnen obliegt die Verantwortung für die Durchführung der vorgeschriebenen regelmäßigen Überprüfungen. Die Bundesregierung bzw. das zuständige Ministerium z.B. BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie), BMG (Bundesministerium für Gesundheit) o.ä. benennt die anerkannte (akkreditierte) Stelle für einen bestimmten Aufgabenbereich oder ein dem entsprechendes Verfahren. Nach Abschnitt 6.2 des Leitfadens für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien (Blue Guide), handelt es sich bei der Notifizierung um eine Unterrichtung der Kommission und der anderen Mitgliedsstaaten darüber, dass eine Stelle den Anforderungen entspricht. Sie darf Konformitätsbewertung entsprechend der Richtlinien durchführen. Die Meldung (Notifizierung) der benannten Stelle erfolgt in Deutschland in der Regel durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, das hier federführend für alle Fachministerien tätig wird. Das Wirtschaftsministerium hat für die Durchführung die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin beauftragt. Die benannten Stellen werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht.
108
6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
6.6.2 Anleitung zur Durchführung der Überprüfung von Konformitätsbewertungsstellen In Abb. 6.9 ist abstrakt der Verfahrensgang abgebildet. Im Folgenden werden die einzelnen Prüfschritte und deren Vorbereitung konkret beschrieben. Antrag auf Akkreditierung
Bei einer fachlich zuständigen Akkreditierungsstelle wird offiziell die Akkreditierung beantragt. Entsprechend der DIN EN ISO 17011 muss der Geltungsbereich einer Akkreditierung „durch Bezugnahme auf eine oder mehrere Prüfungen oder Prüfungsarten und gegebenenfalls Erzeugnisse“ eindeutig definiert werden. Die Prüfungen sind zu diesem Zwecke so genau wie möglich durch Bezugnahme auf die Erzeugnisse, die einer Prüfung unterzogen werden, auf die zu messenden Merkmale oder Leitungen und die anzuwendenden Prüfverfahren festzulegen und in den Antrag aufzunehmen. Der Antragsstellende liefert darüber hinaus umfassende Informationen, die unter anderem Aufschluss über die technische Ausstattung des Prüflaboratoriums, des zugrunde liegenden Qualitätssicherungssystems und über die Qualifikation des eingesetzten Fachpersonals geben. Vorbereitung der Begutachtung
Bevor die eigentliche Begutachtung beginnt, werden durch das zuständige Sektorkomitee fachspezifische Prüfgrundlagen (so genannte Prüfbausteine) vorbereitet. Diesen muss die zu prüfende Stelle neben den normativen Anforderungen genügen. Die vorbereitenden Handlungen erstrecken sich weiterhin auf die sorgfältige Auswahl und anschließende Ernennung technischer Sachverständiger, die mit der Durchführung der Begutachtung beauftragt werden. An die technischen Sachverständigen sind verschiedene Forderungen gerichtet, wie etwa die: x Vertrautheit mit Akkreditierungskriterien und den betreffenden Begutachtungsverfahren, x technische Kenntnis über die Prüfungen oder Prüfungsarten, x Fähigkeit zur effektiven Kommunikation, x Unabhängigkeit von Interessen, die ihn veranlassen könnten, anders als unparteiisch, vertraulich und nicht diskriminierend zu handeln.
6.6 Prozess der Anerkennung und Akkreditierung in Deutschland
109
Begutachtung
Die Begutachtung erfolgt unter Anwendung der allgemeinen Kriterien zum Begutachten von Prüflaboratorien, Zertifizierungsstellen oder Inspektionsstellen (ISO/IEC 17011) und den speziellen technischen Kriterien der Akkreditierungsstelle. Unter der Leitung der ernannten technischen Sachverständigen wird die zu akkreditierende Stelle vor Ort besichtigt. Hierbei müssen alle technischen Betriebseinheiten, die durch den Antrag abgedeckt werden, einer Beurteilung unterzogen werden. In der Begutachtung soll festgestellt werden, ob die allgemeinen Kriterien und die technischen Erfordernisse der Prüfbausteine erfüllt werden, um für den beantragten Geltungsbereich akkreditiert werden zu können. Wenn Zweifel an der Kompetenz der Stelle bestehen, so kann die Akkreditierungsstelle Eignungsversuche veranlassen. Unter diesen Eignungsversuchen werden Vergleichsprüfungen verstanden, die von verschiedenen Prüfstellen durchgeführt werden. Sie geben Aufschluss über die Prüffähigkeit der zu akkreditierenden Stelle. Erteilung der Akkreditierung
Wenn der Abschlussbericht der Begutachtung positiv ausfällt und alle Voraussetzungen erfüllt sind, so empfiehlt ein Akkreditierungsausschuss des zuständigen Sektorkomitees für den definierten und beantragten Geltungsbereich die Stelle zu akkreditieren. Im Allgemeinen folgt der Akkreditierungsausschuss den fachlich begründeten Vorschlägen des Sektorkomitees und spricht daraufhin die formale Anerkennung der Stelle für den beantragten Prüfumfang aus. Den Schluss dieser vier Phasen bildet ein schriftlicher Bescheid und eine einheitliche Akkreditierungsurkunde. Doch mit dem Verleihen der Akkreditierungsurkunde ist eine Akkreditierung nicht abgeschlossen. Akkreditierte Stellen unterliegen auch nach der Verleihung einer regelmäßigen Überprüfung. Notifizierung
Bei der Umsetzung von EU-Richtlinien kommt dem Staat die Aufgabe zu, akkreditierte Zertifizierungsstellen und Prüflaboratorien der Kommission der Europäischen Gemeinschaft zu melden. Die Stellen werden daraufhin im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Die Notifizierung wird auf Antrag der akkreditierten Stellen durch den Bundesminister vorgenommen, in dessen Verantwortungsbereich die EU-Richtlinie fällt. Mit der Notifizierung übernehmen die Mitgliedsstaaten die Gewähr, dass diese Stellen den in den EU-Richtlinien aufgeführten Mindestkriterien genügen. Die Notifizierung beschränkt sich nicht notwendigerweise auf Stellen, die im gesetzlich ge-
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
regelten Bereich akkreditiert wurden. Vielmehr können auch im privatwirtschaftlich geregelten Bereich akkreditierte Stellen gemeldet werden, wenn sich die notifizierende Behörde von deren Kompetenz und Zuverlässigkeit überzeugen konnte. Die als „notified bodies“ anerkannten Stellen können in allen Mitgliedsstaaten der EU gleichermaßen Zertifizierungsbzw. Prüfaufgaben wahrnehmen. Überwachung
Akkreditierte Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen unterliegen auch nach Verleihung der Akkreditierung einer regelmäßigen Überprüfung. Nach den allgemeinen Kriterien zum Begutachten von Prüflaboratorien hat die akkreditierende Stelle in regelmäßigen Abständen Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass anerkannte Prüflabors weiterhin den allgemeinen und spezifischen Voraussetzungen genügen, die der Akkreditierung zugrunde liegen. Nach spätestens fünf Jahren wird das Prüflaboratorium einer erneuten Beurteilung unterzogen. Werden dabei Versäumnisse oder Missstände festgestellt, obliegt es der Akkreditierungsstelle, die verliehene Akkreditierung x außer Kraft zu setzen, x bis zur Beseitigung der Beanstandungen ruhen zu lassen oder x ihren Geltungsbereich einzuschränken. Inwieweit in Zukunft Überwachungsaufgaben an andere unabhängige Stellen deligiert werden können, ist zur Zeit Diskussionsgegenstand verschiedener Gremien der Europäischen Union. Die europäischen Normungsorganisationen CEN und CENELEC haben bereits einen Normentwurf (EN 45004) vorbereitet, der die allgemeinen Kriterien für das Betreiben von Stellen, die Überwachungen durchführen, festlegen soll. Die Vorbereitung der Begutachtung erstreckt sich auch auf die sorgfältige Auswahl und anschließende Ernennung der technischen Sachverständigen, die mit der Durchführung der Begutachtung beauftragt werden sollen.
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems auf Basis einer gesetzlichen Lösung Um die Akzeptanz des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungssystems sowie eine europäische und internationale Kompatibilität zu gewährleisten, ist eine Neuordnung geplant Diese soll international anerkannte Normen und die Elemente überarbeiteten des neuen Konzeptes berücksich-
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
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tigen. Grundlegendes Ziel eines Anerkennungs- und Akkreditierungssystems muss es dabei sein, das Vertrauen aller Beteiligten in dieses System zu fördern. Auch der grenzüberschreitende Handel soll erleichtert werden, indem im Rahmen der Neuordnung europäische und internationale Absprachen berücksichtigt werden. Es wird gehofft, dass dies zu einer höheren Akzeptanz der deutschen Waren im Ausland führt. Ziel ist es, darauf zu achten, dass Mehrfachbewertungen identischer Sachverhalte weitgehend vermieden werden. Eine Möglichkeit wäre es eine Neubewertung des deutschen Konformitätsbewertungssystems auf der Basis eines nationalen Gesetzes herbeizuführen. Vorschläge für eine solche Gestaltung und deren Folgen werden in den anschließenden Abschnitten diskutiert, nachdem die grundlegenden Probleme des aktuellen Systems identifiziert wurden33. 6.7.1 Ausgangssituation: Kritik am aktuellen Systemaufbau Die bisherige Entwicklungsgeschichte des deutschen Konformitätsbewertungswesens scheint erst in der jüngeren Vergangenheit eine deutliche Veränderung zu erleben. Die Bedeutung der Anerkennung und Akkreditierung für den nationalen, europäischen und internationalen Warenverkehr bzw. für die Wirtschaft generell hat stark zugenommen und ist mittlerweile ein wesentlicher Bestandteil eines Systems, das Qualität und Sicherheit gewährleisten kann. Die geschichtlich gewachsene Struktur des deutschen Systems ist in Anbetracht der Entwicklungen in den Nachbarländern rückständig. In Deutschland wird, wie in den meisten anderen Ländern, die Akkreditierung als Schlüssel zum Markt verstanden. Einer Überwindung von technischen Handelshemmnissen und einer Akzeptanz auf internationaler Ebene wird ein ebenso hoher Stellenwert zugesprochen wie der Stärkung des Vertrauens in nationale Produkte und Dienstleistungen. Im Gegensatz zu anderen Mitgliedsstaaten ist die Trennung in einen gesetzlich geregelten und einen nicht geregelten Bereich – mit der in Deutschland einhergehenden Trennung in einen staatlichen und einen privatwirtschaftlichen Bereich – besonders stark ausgeprägt. Durch zahlreiche Akkreditierungsstellen auf Landes- oder Bundesebene, die jeweils nur auf bestimmten Bereichen nach den einschlägigen Richtlinien oder natio33
Dabei können sich die Begriffe für die Ausschüsse der derzeitig vorliegenden Entwürfe im Laufe der anhaltenden nationalen und europäischen Diskussion noch ändern. Die dargestellten Sachverhalte, Funktionen und Mechanismen werden jedoch weiterhin ihre Gültigkeit haben.
112
6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
nalen Gesetzen arbeiten, wird der Missstand von nationalen Mehrfachakkreditierungen begünstigt. Im privatwirtschaftlichen Bereich ist die Sachlage ähnlich. Durch die undurchsichtigen Strukturen und die relativ geringe Unterstützung durch den Staat, wird nicht nur der nationale Kunde verunsichert, sondern auch der internationale, wenn es z.B. darum geht MLA mit anderen Ländern zu vereinbaren. Die Zuständigkeiten, wer welche Aufgaben übernehmen kann und darf, sind durch die stark untergliederte Struktur nicht mehr eindeutig zuzuordnen. Dieser Zustand fördert nicht die eigentliche Absicht das Vertrauen in die deutschen Prüf- und Zertifizierungsstellen zu stärken (bzw. das Vertrauen in die Stellen, die diese überprüfen). Ein weiterer Kritikpunkt, der mit der verhältnismäßig großen Anzahl an Akkreditierungsstellen zusammenhängt, bezieht sich auf die mögliche Konkurrenz der Stellen untereinander – zumindest im gesetzlich nicht geregelten Bereich. Diese Situation ist im Vergleich zu anderen EU-Ländern recht einzigartig, da jene überwiegend zentrale Strukturen haben. Durch die Konkurrenz leidet besonders das Vertrauen in die Qualität und Unabhängigkeit der Akkreditierungsstellen, dabei der Bewertung wirtschaftliche Interessen eine Rolle spielen könnten. Auch die Konstruktion des zwischen den beiden Bereichen koordinierenden DAR ist weltweit als einzigartig zu bezeichnen. Die Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft ist grundsätzlich als positiv zu werten, da an einem gemeinsamen Ziel mit vereinter Kraft gearbeitet wird. Dennoch wird keine gesamtdeutsche Einheit des Anerkennungs- und Akkreditierungswesens erreicht, da der DAR ein von Staat und Wirtschaft getragenes Gremium ist, in dem die Beteiligten freiwillig arbeiten34. Die koordinierenden Anstrengungen haben keinerlei bindenden Charakter für die Mitglieder, was dazu führt, dass die Stellung des DAR auf internationaler Ebene eher schwach ist. Andere EU-Staaten haben bei der nationalen Umsetzung die Strukturierung nach dem Einplatzprinzip gewählt und nur eine Akkreditierungsstelle anerkannt. Dies ist entweder staatlich oder privatwirtschaftlich dann aber mit staatlicher Unterstützung bzw. Beteiligung. Dies führt zu den erwähnten Vorteilen des Einplatzprinzips. Großbritannien weist aus eigener Erfahrung auf die Vorteile hin und kann das System für andere Mitgliedsstaaten empfehlen. Die internationale Reputation kann verbessert werden, wenn nur mit einem Verhandlungspartner Abstimmungsprozesse vorgenommen werden müssen (z.B. bei multilateralen Abkommen (MLAs)). Die Vertreter anderer Länder haben hingegen mit den deutschen privaten 34
Vgl. Deutscher Akkreditierungsrat, Verfahrensregeln des Deutschen Akkreditierungsrates (DAR-2-GL-01), S. 2.
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
113
und staatlichen Stellen zu verhandeln, die jeweils in den Gremien wie EA, ILAC oder IAF aktiv sind. Durch die doppelte Repräsentation der deutschen Akkreditierungsstellen kann es leicht zu internationalen Missverständnissen oder Verunsicherungen kommen. 6.7.2 Die neue Rolle der Akkreditierung Von diesem Missstand inspiriert, wurde ein Gesetzesentwurf erstellt, der das deutsche Anerkennungs- und Akkreditierungswesen restrukturieren soll. Diese Umgestaltung wird weit reichende Veränderung sowohl volkswirtschaftlich als auch betriebswirtschaftlich mit sich bringen. Vor allem auf der Ebene der überprüfenden Einrichtungen sind einschneidende Veränderungen zu erwarten. Ein solches Gesetzesvorhaben wird derzeit auch in den Ländern vorbereitet, in denen ebenfalls mehrere überprüfende Einrichtungen nebeneinander arbeiten (z.B. Japan, USA und China). Eine direkte, drastische Verwirklichung eines komplett neuen Systems wird aber nicht ohne weiteres umzusetzen sein. Die gewachsenen Strukturen werden respektiert und die Maxime der Berufsfreiheit – die in Deutschland für die Wahl des aktuellen Lösungsansatzes maßgeblich verantwortlich war – spricht gegen eine Diktatur eines Systems. Ein Gesetz kann nur die bisherige Struktur auf eine einheitliche Basis stellen, es hat nicht die Aufgabe, Sanktionsmaßnahmen vorzuschreiben. Die nationale Koordinierung der Anerkennung und Akkreditierung wird die derzeitige Teilung in einen gesetzlich geregelten und einen gesetzlich nicht geregelten Bereich weitestgehend aufheben. Die Konformitätsbewertung auf oberster Ebene (Begutachtung bzw. Akkreditierung) wird sich dagegen klarer in die beiden Verfahren Anerkennung bzw. Benennung vs. Akkreditierung abgrenzen. Das bereits vorgestellte dreistufige (bzw. vierstufige, incl. Anerkennung im staatlichen Bereich) Konformitätsbewertungssystem aus Kapitel 2.2 wird grundsätzlich beibehalten. Zusätzlich wird ein Zulassungsverfahren eingeführt, um einer überprüfenden Einrichtung (z.B. einer privaten Akkreditierungsstelle) einen Zugang zu dem neuen System zu gewähren. 6.7.3 Überblick über das Gesetz zur Neuordnung des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf den Referentenentwurf für das Gesetz zur Neuordnung des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens. Dadurch, dass zu diesem Entwurf noch kein Be-
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
schluss durch den Bundesrat erfolgt ist, besitzt dieser Referentenentwurf naturgemäß noch keinerlei Rechtsverbindlichkeit. Ebenso muss die Struktur des geplanten Gesetzes nicht endgültig sein. Das geplante Akkreditierungsgesetz ist in 6 Abschnitte unterteilt, die Regelungen zu den folgenden Bereichen treffen: 1. Allgemeine Vorschriften, 2. Pflichten der Akkreditierungsstelle und der Anerkennungsstelle, 3. Zulassung und Überwachung, 4. Ausschüsse, 5. Zeichen und 6. Schlussvorschriften. Im Abschnitt über die „Allgemeinen Vorschriften“ werden der Zweck, der Anwendungsbereich und grundlegende Begriffsbestimmungen festgelegt. Abschnitt 4 regelt die Teilnahme an den Ausschüssen zur Zusammenarbeit zwischen Staat und Privatwirtschaft, um einerseits einen Akkreditierungsausschuss zu bilden, der der Bundesregierung beratend zur Seite steht und andererseits einen Erfahrungsaustauschkreis zu etablieren, der die sektorübergreifende Koordination und Administration übernimmt. Abschnitt 5 regelt die Verwendung des Zeichens und Abschnitt 6 trifft Bestimmungen hinsichtlich der zu entrichtenden Bußgelder und der sonstigen Übergangsbestimmungen. Die kritischsten Aspekte des Gesetzesvorhabens sind in Abschnitt 2 „Pflichten der Akkreditierungsstelle und der Anerkennungsstelle“ und vor allem in Abschnitt 3 „Zulassung und Überwachung“ zu finden. Abschnitt 2 regelt im Wesentlichen mit dem §6 AkkG das Verhältnis zwischen Einrichtungen, die anerkennen bzw. benennen, und Stellen, die akkreditierende Verfahren durchführen. Weiterhin unterteilt sich Abschnitt 2 in die §§ 4-6 mit den folgenden Bezeichnungen: x § 4 Allgemeine Pflichten der Akkreditierungsstelle, x § 5 Besondere Pflichten der Akkreditierungsstelle, x § 6 Zusammenarbeit zwischen Anerkennungsstellen und Akkreditierungsstellen. Abschnitt 3 untergliedert sich in die §§ 7-10 und regelt vor allem die Anforderungen an Akkreditierungsstellen für eine Zulassung. Die Zulassung erfolgt für bestimmte Sektoren: x x x x
§ 7 Anforderungen an Akkreditierungsstellen, § 8 Zulassung, § 9 Überwachung, § 10 Zulassungsstelle.
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
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Die Anforderungen und Pflichten der Akkreditierungsstellen sollen grundsätzlich denen der internationalen Normen, in Anlehnung an die EN ISO/IEC 17011, entsprechen. Das Ziel des Gesetzgebungsvorhabens ist damit eine europäische/internationale Kompatibilität zu erreichen. Der § 6 AkkG legt die Grundlagen für die Zusammenarbeit zwischen der Anerkennungs- und Akkreditierungsstelle fest. Er bestimmt, dass bei Erfüllung aller relevanten Anforderungen beim akkreditierenden Verfahren eine abschließende Anerkennung zu erfolgen hat (formelle Aussprache der Akkreditierung). Dadurch will man der staatlichen Letztverantwortung gerecht werden (der Staat behält sich das Recht der Anerkennung vor; schwierig bleibt es jedoch den Umfang der staatlichen Handlungspflichten zu bestimmen, um dem Vorsorgegrundsatz zu entsprechen). Zuständig für die Überwachung von Akkreditierungsstellen sind die jeweiligen Aufsichtsbehörden (Rechtsverankerung ist in Abschnitt 3, § 9 zu finden). 6.7.4 Kritische Betrachtung einzelner Vorschriften Dem Gesetzesentwurf ging ursprünglich die Erarbeitung einiger Eckpunkte für ein Gesetz zur Neuordnung des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens voraus. Diese wurden auf einer Anhörung im April 2004 von allen betroffenen Kreisen diskutiert. Seit August 2005 liegt ein überarbeiteter Referentenentwurf vor, der diesen Ausführungen zugrunde liegt. Allgemeine Vorschriften
Nach § 1 des Gesetzesentwurfes besteht der Zweck des Gesetzes darin, ein Anerkennungs- und Akkreditierungssystems das auf Dauer angelegt und verlässlich ist, zu schaffen. Die bisherigen Erfahrungen in Deutschland haben gezeigt, dass nur auf dieser Grundlage Vertrauen und Akzeptanz in das System auf nationaler und internationaler Ebene geschaffen werden kann. In diesem Zusammenhang ist es auch erforderlich, dass Akkreditierungs- und Konformitätsbewertungsstellen nach weltweit anerkannten, einheitlichen Anforderungen arbeiten. Dadurch können die Ergebnisse verschiedener Akkreditierungen miteinander verglichen werden. Ein weiteres wesentliches Ziel des Gesetzes ist es, die Anerkennung von der Akkreditierung klar abzugrenzen. Unter Anerkennung ist dabei eine behördliche Erlaubnis zu verstehen, die einer Konformitätsbewertungsstelle von der dafür zuständigen Stelle erteilt wird. Die Akkreditierung als Kompetenzfeststellung der Konformitätsbewertungsstelle ist die notwen-
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
dige Voraussetzung für die Anerkennung, ist dieser also vorgelagert. Im Gesetzesvorschlag ist dem entsprechend eine funktionale Trennung von Anerkennung und Akkreditierung vorgesehen. Durch das so definierte Verhältnis soll es den Konformitätsbewertungsstellen ermöglicht werden, dass sie auch bei Akkreditierungen im Rahmen des gesetzlich geregelten Bereichs auf die Dienste privater Akkreditierungsstellen zurückgreifen können. Pflichten der Akkreditierungs- und der Anerkennungsstelle
Abschnitt 2 des AkkG unterscheidet zwischen Pflichten der Akkreditierungsstelle und Pflichten der Anerkennungsstelle. Die Pflichten der Akkreditierungsstelle unterteilen sich in allgemeine und in besondere Pflichten. Neben der Einhaltung der Akkreditierungsregeln zählen zu den allgemeinen Pflichten der Akkreditierungsstelle deren Fachkunde, Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit. Um die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Akkreditierungsstellen zu gewährleisten, müssen außerdem Akkreditierung und Konformitätsbewertung strikt voneinander getrennt werden. Somit dürfen Akkreditierungsstellen nicht gleichzeitig Aufgaben von Konformitätsbewertungsstellen übernehmen. Auch kapitalbedingte und personelle Verflechtungen sind zu vermeiden. Als wesentliche Neuerung enthält § 5 die Forderung, dass vom Gesetz erfasste Akkreditierungsstellen bei ihren Akkreditierungstätigkeiten (Teil-) Ergebnisse früherer Akkreditierungstätigkeiten berücksichtigen, wenn diese nach in § 4 Abs. 2 definierten Regeln durchgeführt wurden. Dies gilt auch sektorübergreifend. Dadurch sollen Mehrfachbewertungen identischer Sachverhalte soweit wie möglich vermieden werden. Die Zusammenarbeit zwischen den Anerkennungs- und den Akkreditierungsstellen ist in § 6 des Gesetzesentwurfes geregelt (siehe Abb. 6.10). Danach muss eine Anerkennungsstelle eine Konformitätsbewertungsstelle anerkennen, wenn sie feststellt, dass eine Akkreditierung für den beantragten Bereich bereits vorliegt, die den Anforderungen des Gesetzes genügt. Dies gilt auch dann, wenn sonstige Anforderungen, die in anderen Rechtsvorschriften an die Konformitätsbewertungsstellen gestellt werden, erfüllt sind. Nur wenn weitergehende Anforderungen aus Spezialgesetzen nicht oder nicht vollständig durch vorgelegte Akkreditierungen nachgewiesen sind, muss die Anerkennungsstelle die erforderliche Kompetenzfeststellung selbst durchführen. Dieses Anerkennungsverfahren soll die Letztverantwortung des Staates gewährleisten. Die Anerkennungsstelle kann sich auf Wunsch an den Akkreditierungstätigkeiten einer Akkreditierungsstelle beteiligen, wenn die Akkreditierung die Grundlage für die betreffende Anerkennung ist. Eine solche Beteili-
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gung ist als sinnvoll zu erachten, da sie es der Anerkennungsstelle erleichtert, darüber zu entscheiden, ob durch ein entsprechendes überprüfendes Verfahren die Voraussetzungen zur Erteilung einer Anerkennung gegeben sind. Außerdem werden durch die Beteiligung die Fortentwicklung und der Erfahrungsaustausch sowohl seitens der Akkreditierungsstelle als auch der Anerkennungsstelle gefördert.
Abb. 6.10 Zusammenarbeit zwischen Anerkennungs-, Akkreditierungs- und Konformitätsbewertungsstelle
Konformitätsbewertungsstelle
Konformitätsbewertungsstellen sind Organisationen, die folgende Dienstleistungen zur Konformitätsbewertung bereitstellen: Prüfung, Inspektion, Zertifizierung von Managementsystemen, Zertifizierung von Personen, Zertifizierung von Produkten und im Kontext mit der Norm ISO/IEC 17011 Kalibrierung. Dabei erhält die Konformitätsbewertungsstelle das Recht zur Bewertung von Anerkennungs- und Akkreditierungsstellen. Erst durch Akkreditierung und Anerkennung dieser Akkreditierung ist die Konformitätsbewertungsstelle zur Aufnahme der entsprechenden Arbeit berechtigt. Je nach angestrebtem Bearbeitungsfeld (z.B. Telekommunikation, Lebens-mittel, etc.) gelten verschiede Vorschriften und Anforderungen für die Akkreditierung einer Konformitätsbewertungsstelle. Dabei trägt die Konformitätsbewer-
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
tungsstelle dem Verlangen der Gesellschaft nach einer objektiven Bewertung von Produkten Rechnung35.
Erläuterung zu §6 AkkG x In dieser Norm werden drei Stellen zur Zusammenarbeit verpflichtet. Konformitätsbewertungsstelle, Akkreditierungsstelle und Anerkennungsstelle. Hat die Konformitätsbewertungsstelle die notwendige Akkreditierung erhalten, so kann die Anerkennungsstelle davon ausgehen, dass die Konformitätsbewertungsstelle allen rechtlichen Anforderungen genügt, d.h. die Konformitätsbewertungsstelle hat von der entsprechenden Akkreditierungsstelle nach einer Überprüfung die notwendige Akkreditierung erhalten. Gleichzeitig geht die Anerkennungsstelle davon aus, dass das benötigte technische Wissen in Form von Prüfmethoden, Prüftechniken und ausreichender Schulung der Mitarbeiter bei der Konformitätsbewertungsstelle vorhanden ist. Durch Akkreditierung und Anerkennung ist die Konformitätsbewertungsstelle befugt, eine Beurteilung vorzunehmen und diese zu publizieren. Eine gesonderte Überprüfung ist nicht mehr notwendig. Damit fallen die Kontrolle und die Überprüfung dieser Anforderungen einzig der Akkreditierungsstelle zu. x Die Grundlagen der Zusammenarbeit sind in Abb. 6.10 verdeutlicht. Auf Grundlage des Gesetzestextes wird die allgemeine Zusammenarbeit dargestellt. Eine Anerkennungsstelle kontrolliert die Akkreditierungsstelle und stellt in einem formalen Akt die Anerkennung der Akkreditierung aus. Die Akkreditierungsstelle bewertet ihrerseits Konformitätsbewertungsstellen. Erst diese Stellen bewerten dann Produkte, Dienstleistungen und Anbieter. Um eine Akkreditierung aufrecht zu erhalten, müssen von der Konformitätsbewertungsstelle noch weitere Vorgaben von der Akkreditierungsstelle erfüllt werden. So muss die Konformitätsbewertungsstelle auf Anfrage Räumlichkeiten für eine erneute Überprüfung seitens der Akkreditierungsstelle zur Verfügung stellen und muss so eine Zusammenarbeit ermöglichen. Durch den Gebrauch der Akkreditierung darf die Konformitätsbewertungsstelle den Ruf der Akkreditierungsstelle in keiner Weise schädigen und auch die entsprechenden Gebühren sind immer an die Akkreditierungsstelle zu entrichten.
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DIN EN ISO/IEC 17011, S. 6.
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Zulassung, Überwachung und Sektoralisierung
Der Gesetzentwurf sieht eine Zulassungsstelle beim Bundesamt für Materialforschung (BAM) vor36. Ihre Aufgabe ist es zu überprüfen, ob ein privater Akkreditierer die Anforderungen zur Zulassung zum vorgesehenen Akkreditierungssystem erfüllt. Diese Prüfkriterien ergeben sich, wie bereits erwähnt aus § 7 AkkG und der technischen Norm 17011. Falls weitere Konkretisierungen notwendig sein sollten, kann dies nach § 7 Abs. 2 AkkG durch Zulassungsregeln geschehen. Um den Prozess der Akkreditierung zu steuern, können vom BMWi Akkreditierungsregeln erlassen werden. Zulassungs- und Akkreditierungsregeln sind strikt zu trennen. x Zulassungsregeln sind die vom BMWi bekannt gemachten Regeln, die Anforderungen an Akkreditierungsstellen enthalten. x Akkreditierungsregeln sind die vom BMWi gemäß §11 Abs. 3 bekannt gemachten allgemeinen und sektoralen Regeln, die die Anforderungen für Akkreditierungstätigkeiten konkretisieren oder ergänzen. Die Idee hinter diesem Gesetzentwurf ist es, ein sich selbst regulierendes System zu schaffen, indem die Teilnehmer des Systems, sowohl private als auch staatliche Akkreditierer, aktiv an der Ausarbeitung dieser Zulassungsund Akkreditierungsregeln beteiligt werden. Die Erarbeitung dieser soll weitgehend autark, ohne direkten staatlichen Einfluss, durch Fachleute der Akkreditierungsgemeinschaft im Akkreditierungsbeirat erfolgen. Der Staat hat insofern Einfluss auf das System, da das BMWi die Zusammensetzung und folglich die Stimmverteilung des Akkreditierungsbeirats bestimmt und die Mitglieder beruft. In ihm sollen sachverständige Personen insbesondere aus dem Kreis: x x x x
der Anerkennungs- und Akkreditierungsstellen, der Konformitätsbewertungsstellen, der Wirtschaft und der Verbraucher
arbeiten. Um europäisch sowie international akzeptiert zu werden, sollten sich die erarbeiteten Zulassungsregeln an internationalen Interpretationen der einschlägigen Normen (17011) von z.B. der EA oder ILAC orientieren. Der Akkreditierungsbeirat stellt folglich das selbstregulierende Element des vorgesehenen Akkreditierungssystems dar. Die regulierende Komponente des Systems ist die Einflussnahme des BMWi auf die Sitzverteilung 36
Entwurf zum AkkG, §10 Abs. 1, Stand 14.9.2005.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
des Akkreditierungsbeirats. Deshalb spricht man hier von einem „reguliertem selbstregulierenden System“. Somit kann das BMWi auf das selbstregulierende System Einfluss nehmen, falls es kein zufrieden stellendes Ergebnis gibt. Verbindlichkeit erreichen diese Zulassungs- bzw. Akkreditierungsregeln erst durch die Veröffentlichung im Bundesanzeiger durch das BMWi (in Absprache mit den weiter betroffenen Bundesministerien) stellvertretend für den Akkreditierungsbeirat. Durch den Einfluss auf den Akkreditierungsbeirat und die Veröffentlichung der Zulassungs- bzw. Akkreditierungsregeln soll die staatliche Letztverantwortung erhalten bleiben. Bei Anwendung der Zulassungsregeln kommt als neues Element das Prinzip der Vermutungswirkung (vgl. Modulbeschluss des Rates und kommentierend dazu die KAN-Studie 30) zum Tragen. Dies bedeutet: Erfüllt der Akkreditierer die Anforderungen aus den Zulassungsregeln, so wird unterstellt („vermutet“), dass er auch die in §7 Abs. 1 AkkG gestellten Anforderungen erfüllt. Die Abb. 6.11 veranschaulicht den Gesetzesentwurf mit seinen Kontrollinstrumenten. Mit der Einführung einer Zulassungsstelle entsteht eine vierte Ebene im deutschen Konformitätsbewertungssystem. Sie trägt die Verantwortung für die Zulassung und übernimmt die Überwachung der Akkreditierungsstellen. Jedoch ist nach diesem Modell auch die Deregulierung der Überwachung vorgesehen. Um eine Art Eigenüberwachung zu erreichen sollen sich die Akkreditierer in ein Peer-Assessement-System einbinden, wie dies bereits die DIN EN ISO/IEC 17040 beschreibt. Die Zulassungsstelle wird erst dann aktiv, wenn es bei der gegenseitigen Überwachung einen Verdacht für einen Verstoß bei einem Akkreditierer gibt.
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
Abb. 6.11 Das geplante Akkreditierungssystem
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, dass bei der Zulassungsstelle auch fachliche Kompetenz vorhanden ist. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Zulassungsstelle zu einer „Stempelbehörde“ verkommt. Dies würde bedeuten, dass diese langfristig ihre fachliche Kompetenz verliert und keine Möglichkeit mehr hätte ihrer Verantwortung für die Zulassung und Überwachung der Akkreditierer aus fachlicher Sicht gerecht zu werden. Letztendlich könnte sie dann jeden Antrag ohne kompetente Prüfung bewilligen. Wie bereits beschrieben hat das deutsche Akkreditierungssystem vor allem zwei Probleme: x Es gibt zu viele Akkreditierungsstellen und x Es besteht die Trennung des Systems in einen gesetzlich geregelten und ungeregelten Bereich. Letzteres Problem wird durch den Entwurf zum AkkG gelöst. Ersteres möchte man folgendermaßen lösen: Da die Akkreditierungsstellen nicht einfach einem Fusionszwang zu unterwerfen sind, versucht man dies indirekt zu erreichen. Man stellt zum einen sehr hohe gesetzliche Anforderungen an die Zulassung zum Akkreditierer und zum anderen gibt man vor, dass sich Akkreditierer nur für einen vollständigen bzw. mehrere vollständige Sektoren bewerben dürfen. Die Zulassung zu Teilen von Sektoren soll nicht möglich sein37. Hierdurch wird erreicht, dass kleine, „schmalspurige“ akkreditierende Einrichtungen, die sich lediglich auf Teilsektoren konzentrieren, vom System ausgeschlossen werden. Versprochen wird sich von diesen Maßnahmen ein mittelbarer Fusionszwang der Stellen untereinander. Im wirtschaftlich getragenen Bereich sind bereits Fusionen zu beobachten. Im staatlichen Bereich erwartet man dies mittel bzw. langfristig. Das Endziel wäre ein System mit möglichst wenigen oder gar nur einer Akkreditierungsstelle, wie dies in England bereits realisiert ist und von der EU empfohlen wird. Wie bereits mehrfach in den obigen Ausführungen erläutert, sieht der Gesetzentwurf zum AkkG die Öffnung des Akkreditierungssystems für privatwirtschaftliche Akkreditierer vor. Das Gesetz öffnet folgende acht Sektoren, in denen Akkreditierungsstellen aus dem privatwirtschaftlichen Bereich ihre Zulassung beantragen können: x Kalibrierlaboratorien, x Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen für physikalische Eigenschaften von Produkten, 37
Entwurf zum AkkG, § 8 Abs. 2, Stand 14.9.2005.
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
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x Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen für chemisch-biologische Eigenschaften von Produkten, x Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen für elektrotechnische Eigenschaften von Produkten, x Medizinische Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen, x Zertifizierungsstellen für Managementsysteme, x Zertifizierungsstellen für Personen und x Inspektionsstellen, wenn sie die Voraussetzungen des Entwurfs zum §7 AkkG bzw. die Zulassungsregeln erfüllen. Hier lässt sich die Frage stellen, wie mit sensiblen bzw. sicherheitsrelevanten Bereichen in den Sektoren umgegangen wird (z.B. im Bereiche der Atomkraft, der Medizinprodukte oder auch der Lebensmittel) und ob es im Falle einer Öffnung für die privaten Akkreditierer seitens des Staates möglich bleibt seiner staatlichen Vorsorgepflicht nachzukommen. Nur §7 AkkG und die Zulassungsregeln berücksichtigend könnte man davon ausgehen, dass es für private Akkreditierer später irgendwann möglich wäre in den hoch sicherheitsrelevanten Bereichen tätig zu werden. Dem wird jedoch seitens des Gesetzentwurfs bzw. seitens des BMWi ein zusätzlicher Riegel vorgeschoben (siehe Abb. 6.12). Die Akkreditierungsregeln des AkkG sehen vor, dass der Staat Einfluss auf die Tätigkeitsbereiche der privaten Akkreditierer haben soll38. Das heißt, dass die Ergebnisse eines privaten Akkreditierers nur dann anerkannt werden, wenn es für diese Bereiche auch eine Akkreditierungsregel gibt. Diese Regeln werden vom Akkreditierungsbeirat ermittelt und vom BMWi gemeinsam mit anderen Bundesministerien im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Unterbleibt aber diese Bekanntmachung der Akkreditierungsregel, so gibt es keine rechtliche Grundlage für die Annerkennung der Akkreditierung durch den privaten Akkreditierer. Der private und der staatliche Akkreditierer werden folglich nicht gleich behandelt. Es gibt aber eine Verknüpfung über die Anerkennung in § 6 Abs. 1 AkkG.
38
Im Gegensatz zu den Zulassungsregeln, die sich auf eine Stelle/Einrichtung beziehen, beschreiben die Akkreditierungsregeln das Verfahren/den Prozess/ die Tätigkeit.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Abb. 6.12 Funktionsweise der Akkreditierungsregeln
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
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Beispiel: zu Abb. 6.12 Ein privater Akkreditierer wird für einzelne Sektoren zugelassen, z.B. für den Sektor Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen für physikalische Eigenschaften von Produkten. Nun möchte eine Konformitätsbewertungsstelle im Bereich des Strahlenschutzes tätig werden, hierfür benötigt sie eine Akkreditierung. Um diese Akkreditierung im Bereich des Strahlenschutzes zu erhalten muss die Konformitätsbewertungsstelle vom Bundesamt für Strahlenschutz begutachtet werden. Die Konformitätsbewertungsstelle könnte nun aber sagen, dass sie bereits von privatem Akkreditierer - welcher Mitglied des neuen Akkreditierungssystems ist und eine Zulassung für den Sektor Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen für physikalische Eigenschaften von Produkten besitzt - mit Erfolg begutachtet wurde. Für diesen Bereich des Strahlenschutzes existiert nun aber keine, durch das BMWi, im Bundesanzeiger bekannt gegebene Akkreditierungsregel für private Akkreditierer. Hier greift folglich die Regel: „Keine Akkreditierungsregel, keine Annerkennung der Akkreditierung“.
Hiermit behält sich der Staat also die Möglichkeit vor, zu bestimmen wer die sicherheitsrelevanten Bereiche tatsächlich begutachtet und stellt auf diese Art seine staatliche Vorsorgepflicht sicher. Es besteht jedoch die prinzipielle Möglichkeit, wenn sich durch die Erfahrung herausstellen sollte, dass sich das System der Akkreditierung mit den privaten Akkreditierern auch in schwierigen Bereichen bewährt hat, nach und nach auch sensiblere Bereiche durch das Erstellen von Akkreditierungsregeln zu öffnen. Das BMWi sieht im AkkG vor, dass ein Akkreditierer aus dem bisher gesetzlich nicht geregelten Bereich aufgenommen werden kann, wenn er die in § 7 AkkG beschriebenen Anforderungen erfüllt39. Konkretisiert wird das Gesetz, wie oben bereits erwähnt in der Norm 17011. Durch das bisherige Fehlen von Leitdokumenten zur ISO/IEC 17011 und fehlender Zulassungsregeln, seitens des BMWi, kann der Vorgang der Zulassung von Akkreditierungsstellen aus dem gesetzlich nicht geregelten Bereich noch nicht endgültig erläutert werden. Allerdings ist es möglich mit Hilfe von Expertenwissen und unter zur Hilfenahme der DIN EN ISO/IEC 17040 Norm, welche die Begutachtung unter gleichrangigen Akkreditierungsstel-
39
Entwurf zum AkkG, § 7 Abs. 1, Stand 14.9.2005.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
len (Peer-Assessment) beschreibt, in einer exemplarischen Übersicht darzustellen, wie das Zulassungsverfahren aussehen könnte40.
Abb. 6.13 Exemplarische Zulassung
Die Abb. 6.13 gibt einen möglichen Verlauf bzw. mögliche Prüfkriterien einer exemplarischen Zulassung wieder. Entsprechend der Begutachtung unter Gleichrangigen wird versucht, mittels stichhaltiger Punkte einen Gesamteindruck der Akkreditierungsstelle - also des Antragstellers41 - zu bekommen. Es wird untersucht ob sie entsprechend der Norm 17011 arbeitet. In einem ersten Schritt wird die Qualitätspolitik des Antragstellers durch einen Vertreter einer anderen Stelle begutachtet42. Im weiteren Verfahren der Begutachtung unter 40
41
42
Das beschriebene Verfahren wird bereits bei der Begutachtung unter gleichrangigen Akkreditierungsstellen (Peer-Evaluation) der gesetzlichen Stellen untereinander genutzt. Antragsteller: Stelle, die Gegenstand des Begutachtungsprozesses unter Gleichrangigen ist. (EN ISO/IEC 17040, S.12). Vertreter einer anderen Stelle ist ein Begutachter bei der Begutachtung unter Gleichrangigen (EN ISO/IEC 17040, S.12).
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
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Gleichrangigen werden die Handbücher überprüft. So wird kontrolliert, wie die Akkreditierung selbst durchgeführt wird, worüber laut Norm 17011 Aufzeichnungen existieren müssen. Ein weiterer wichtiger Punkt beim Erhalt eines Gesamteindrucks vom Antragsteller ist die Kontrolle relevanter und ausschlaggebender Kennzahlen. Eine solche ist z.B., ob die sich durch den Antragsteller selbst auferlegten Fristen auch tatsächlich von ihm eingehalten wurden. Sollte diese Kontrolle positiv verlaufen, so kann dies ein Indiz dafür sein, dass der Antragsteller gut gearbeitet hat. Ähnliche Anhaltspunkte bietet die Kontrolle der Beschwerdeordnung, welche auch Aufschluss über die Tätigkeiten des Antragstellers geben kann. Hier werden sich z.B. seitens der Vertreter der anderen Stelle folgende Fragen gestellt: x x x x
Wer hat sich beschwert? Wie werden die Beschwerden verwaltet und abgearbeitet? In welchen Zyklen werden die Beschwerden abgearbeitet? Wird das Feststellen von Verbesserungspotential dokumentiert oder berücksichtigt?
Weiterhin können noch Vor-Ort-Begutachtungen bei der Arbeit von Begutachtern des Antragstellers bei einem Institut (Konformitätsbewertungsstelle) durch einen Vertreter einer anderen Stelle gemacht werden. Am Ende der Begutachtung unter Gleichrangigen wird an Hand des Gesamteindrucks entschieden, ob die Stelle normenkonform arbeitet. Entscheidend ist zusätzlich, dass der Ermessensspielraum lediglich in der Interpretation der 17011 Norm besteht. Es existiert kein Ermessensspielraum in der Anwendung weiterer Normen, d.h. zur Akkreditierung darf nur die Norm 17011 angewandt werden; alternative Normen, z.B. die DIN EN ISO/IEC 9001, sind ausgeschlossen. Bei der Öffnung des gesetzlich geregelten Bereiches für private Akkreditierer, stellt sich die entscheidende Frage welche Konsequenzen dies für das deutsche Akkreditierungssystem haben wird. x Können private Akkreditierer eine so sensible Aufgabe wie die der Akkreditierung verantwortungsvoll und kompetent ausführen? x Wie werden sich die Qualitätsstandards entwickeln? Auf der Seite der staatlichen Akkreditierer befürchtet man eine massive Verschlechterung der Qualität der Akkreditierungen. Als Gründe werden diskutiert: x die Entstehung einer „Stempelbehörde“ (d.h. eine Einrichtung mangelnder Qualität),
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
x eine private Organisation wird vermutlich immer ergebnisorientiert (auch wenn sie dies nach dem Gesetz eigentlich nicht darf) arbeiten. Dadurch und durch den freien Wettbewerb besteht die Gefahr, dass es zu einem Preiskampf unter den Akkreditierern kommt, der negative Auswirkung auf die Qualität der Akkreditierung haben könnte43, x private Stellen sind vermutlich anfälliger bzgl. Unparteilichkeit. Bei staatlichen Stellen scheint Unabhängigkeit besser gegeben, da diese unabhängig vom Ergebnis arbeiten und x manche Märkte sind einfach zu klein und somit nicht lukrativ genug für einen privaten Akkreditierer. In diesen Märkten muss somit ein staatlicher Akkreditierer tätig werden. Hierzu ein Beispiel: Ein deutsches Unternehmen will in Neuseeland seine Produkte vertreiben. Um dies zu tun, möchte er eine Konformitätsbewertung seiner Produkte von einer in Neuseeland ansässigen Konformitätsbewertungsstelle durchführen lassen. Diese Stelle benötigt hierfür eine Akkreditierung seitens eines deutschen Akkreditierers. Um diese Akkreditierung durchführen zu können sind grundlegende Informationen (Rechtskenntnisse, etc.) über Neuseeland nötig, welche vom Akkreditierer kostenintensiv zu beschaffen wären. Dieser Aufwand ist bei der Akkreditierung einer einzelnen Konformitätsbewertungsstelle genauso hoch wie bei der Akkreditierung mehrerer. Aus diesem Grund wäre es für einen privaten Akkreditierer wohl unattraktiv. Da der staatliche Akkreditierer nicht ergebnisorientiert arbeitet, wird dieser Aufwand trotzdem in Kauf genommen. Insgesamt überwiegt auf der Seite der staatlichen Akkreditierer die Meinung, dass eine so sensible Aufgabe wie die der Akkreditierung nicht für private Organisationen geöffnet werden bzw. nicht dem freien Wettbewerb unterliegen sollte, sondern ausschließlich von staatlicher Seite übernommen werden kann. Dem setzt die Seite der privaten Akkreditierer folgende Argumente entgegen: x Die privaten Akkreditierer (z.B. DACH, DAP, DASMIN, DATech und TGA) arbeiten nicht ergebnisorientiert, da sie nicht zum Selbstzweck der Akkreditierung und nicht zum Erzielen von Gewinnen gegründet wurden. Die Träger der privaten Akkreditierungsstellen sind fast ausnahmslos eingetragene Vereine, die selber nicht die Beteiligung an gewinnorientierten Gesellschaften zum Zweck haben. Daher hat keine der genannten Stellen Gewinne an die Träger ausgeschüttet. Die Unterneh43
Siehe hierzu auch Ensthaler; Gesmann-Nuissl; Strübbe, Gestaltungsspielräume für staatliche Aufsichtssysteme angesichts des Vorsorgeprinzips im deutschen Sicherheitsrecht und den Entwicklungen im europäischen Raum, S. 59f.
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
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men beteiligen sich also nicht an der Akkreditierung um dort Geld zu verdienen, sondern letztendlich um besonders hohe Qualitätsstandards auf der Ebene der Produkte zu verwirklichen. Dadurch wollen sie Vertrauen in die Qualität ihrer Produkte bei den Endverbrauchern erreichen um schließlich mehr Produkte absetzen zu können. Also haben die privaten Akkreditierer ein Eigeninteresse an einem angesehenen, kompetenten und zuverlässigen Akkreditierungssystem, x die Qualität der Akkreditierungen durch die privaten Akkreditierer befindet sich auf einem sehr hohen Niveau. Dies wird u.a. durch eine regelmäßige und wirksame Überwachung seitens der EA sichergestellt. Das Akkreditierungsgesetz wird die Qualität eher noch verbessern, da sich dann auch die staatlichen Akkreditierungsstellen der Überwachung stellen müssen. Aktuell ist es nämlich nicht möglich sie restriktiv auf die Erfüllung der in der Norm 17011 bzw. den zugehörigen Leitfäden der EA oder ILAC gestellten Anforderungen/Regeln zu überprüfen und x die privaten Akkreditierer betrachten sich nicht als Konkurrenten der staatlichen Stellen. In vielen Bereichen arbeitet man bereits gemeinsam, um Synergieeffekte zu nutzen. Durch das Akkreditierungsgesetz würde die Zusammenarbeit eine solide Grundlage erhalten. Insgesamt folgt man der Meinung der privaten Akkreditierer und man steht dem Gesetzesentwurf positiv gegenüber. Folgende Aussagen trifft das BMWi selbst zum Gesetzesentwurf: x Die Befürchtung, dass sich die Zulassungsstelle langfristig zu einer „Stempelbehörde“ entwickeln wird teilt man nicht. Man hat durch die Verpflichtung, dass fachliche Kompetenz bei der Zulassungsstelle verbleibt und durch die Einführung des Peer-Assessment ausreichend Vorsorge getroffen. Im Vergleich zum Ausland (bspw. England) hat man hier sogar intensiver vorgesorgt, x der Argumentation der privaten Akkreditierer, dass Akkreditierung kein Selbstzweck ist stimmt man zu und befürchtet daher keinen Qualitätsverlust, x dem Kritikpunkt, dass private Akkreditierer vermutlich anfälliger bezüglich der Unparteilichkeit sind, setzt man entgegen, dass die privaten Stellen von Verbänden und nicht von einzelnen Unternehmen getragen werden,
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
x desweiteren muss der Staat auch finanzielle Aspekte mit ins Kalkül einbeziehen, da das gegenwärtige Akkreditierungssystem hohe Kosten verursacht, die der Staat langfristig nicht allein tragen kann und x der Kritik, dass die staatliche Letztverantwortung durch den Gesetzesentwurf gefährdet ist, setzt das BMWi folgende Argumentation entgegen: „Keine Akkreditierungsregel, keine Akkreditierung“44. Ausschüsse
Durch die Einrichtung eines pluralistisch besetzten Akkreditierungsbeirats gemäß § 11 AkkG und eines Akkreditierungsausschusses gemäß § 12 AkkG wird die Mitwirkung aller beteiligten Kreise gewährleistet. Der Akkreditierungsbeirat wird beim BMWi gebildet und berät die Bundesregierung in allen Fragen des Akkreditierungswesens. Dies beinhaltet auch die Unterstützung der Bundesregierung in Koordinierungs- und Informationsaufgaben, einschließlich der Koordinierung der Vertretung des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens in europäischen und internationalen Expertengremien (z.B. EA, ILAC, IAF). Der Akkreditierungsbeirat hat als Fachgremium zum einen die Aufgabe Zulassungs-, Überwachungs- und Akkreditierungsregeln zu ermitteln, insbesondere auf der Basis nationaler und internationaler Normen (z.B. EN 17000 ff. und EN 45000 ff.) und technischer Spezifikationen. Auch Übereinkünfte von europäischen und internationalen Expertengremien (z.B. EA, ILAC, IAF) sollen berücksichtigt werden. Zum anderen ist der Akkreditierungsbeirat dafür zuständig, die Gleichwertigkeit anderer Regeln zu ermitteln. Um die Transparenz und Stabilität des Systems zu gewährleisten, müssen die Akkreditierungsstellen akkreditierte Konformitätsbewertungsstellen der Geschäftsstelle des Akkreditierungsbeirates melden. Dabei sind sowohl die verwendeten Akkreditierungsregeln als auch die Bereiche anzugeben, für welche die Konformitätsbewertungsstelle akkreditiert wurde. Des Weiteren muss die Akkreditierungsstelle melden, wenn sie Akkreditierungen ganz oder teilweise zurückzieht. Durch diese Meldungen wird die Führung eines Zentralverzeichnisses von Konformitätsbewertungsstellen ermöglicht. Nach § 12 AkkG ist die Einrichtung eines Akkreditierungsausschusses vorgesehen. Dieser soll koordinierende Aufgaben wahrnehmen, die einheitliche Anwendung der Akkreditierungsregeln unterstützen und Begut44
Für die umfassenden Recherchen zum Entwurf des Akkreditierungsgesetzes und die Unterstützung bei deren Aufbereitung gilt unser besonderer Dank den Seminarteilnehmern Daniel Gerstner und Manuel Metzmann.
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
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achtungen unter Gleichrangigen organisieren. Die Akkreditierungsstellen sind gemäß § 5 Abs. 3 AkkG zur Zusammenarbeit im Akkreditierungsausschuss verpflichtet und sollen sich gemäß § 5 Abs. 4 AkkG an Begutachtungen unter Gleichrangigen beteiligen. Durch Begutachtungen unter Gleichrangigen wird gewährleistet, dass die teilnehmenden Akkreditierungsstellen den an sie gestellten Anforderungen genügen und nach den für sie geltenden Regeln arbeiten. Sowohl national als auch international ist diese Art der Begutachtung ein anerkanntes Instrument zur effektiven gegenseitigen Kontrolle. Nimmt eine Akkreditierungsstelle an Begutachtungen unter Gleichrangigen teil, sollen sich für sie Erleichterungen im allgemeinen Überwachungsverfahren ergeben, das von der Zulassungs- und Überwachungsstelle durchgeführt wird. Zeichen
Zur Förderung des Vertrauens in das neue deutsche Anerkennungs- und Akkreditierungssystem im nationalen und internationalen Geschäftsverkehr sind ein Akkreditierungskennzeichen und ein Akkreditierungssymbol vorgesehen. Ersteres wird von den Akkreditierungsstellen verwendet. Es beinhaltet den Bundesadler und sorgt für ein einheitliches Auftreten der nach dem Gesetz tätigen Akkreditierungsstellen. Der Bundesadler verdeutlicht den hohen Stellenwert einer Akkreditierung nach dem Gesetz. Die Erlaubnis zur Nutzung des Akkreditierungssymbols kann von den Konformitätsbewertungsstellen bei der Akkreditierungsstelle beantragt werden, die ihnen eine Akkreditierung ausgesprochen hat. Mit der Verwendung des Symbols kann die Konformitätsbewertungsstelle verdeutlichen, dass sie von einer Akkreditierungsstelle akkreditiert wurde, welche ein Mitglied im deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungssystem ist45. 6.7.5 Auswirkungen der deutschen Neuordnung auf gesetzlicher Basis Insgesamt ist bei Einführung eines derartigen gesetzlichen Rahmens mit einer größeren Akzeptanz des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungswesens bei allen Betroffenen zu rechnen, und zwar sowohl auf nationaler als auch auf europäischer und internationaler Ebene. Dabei unterstützt das Akkreditierungsgesetz die deutsche Exportwirtschaft, da ein einheitliches Akkreditierungssystem die Marktstellung und die Wettbe45
§ 16 AkkG, Begründung zum AkkG, S. 33.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
werbsfähigkeit sichert. Im Rahmen der Vereinheitlichung des europäischen Marktes ist die Einführung des deutschen Anerkennungs- und Akkreditierungsgesetzes daher von erheblichem Vorteil. Durch das Gesetz wird es außerdem möglich, dass Akkreditierungstätigkeiten, für die bisher Behörden zuständig waren, nun von privaten Akkreditierungsstellen übernommen werden können. Dies bedeutet, dass Behörden entlastet werden und Kosten reduzieren können, wenn sie im Rahmen der Kompetenzfeststellung von Konformitätsbewertungsstellen auf Ergebnisse oder Teilergebnisse von Akkreditierungen (zugelassener Stellen) zurückgreifen. Die Kooperation staatlicher und privater Stellen auf Basis der Anwendung gemeinsamer Regeln wird dabei durch den zentralen Erfahrungsaustausch im Akkreditierungsausschuss gefördert und dient damit auch der Vermeidung von Mehrfachakkreditierungen46. Das kann auch zu einer Einsparung von Kosten bei den Unternehmen die Kunden von Konformitätsbewertungsstellen sind führen. Aufgrund des potenziellen Wegfalls von Mehrfachakkreditierungen ergeben sich erhebliche Einsparpotenziale für das deutsche Anerkennungsund Akkreditierungswesen. Für die Konformitätsbewertungsstellen reduziert sich mit der Anzahl der erforderlichen Akkreditierungen außerdem der interne Aufwand für Vorbereitungen, sodass auch indirekt Kosteneinsparungen zu erwarten sind. Einsparungen auf der Konformitätsbewertungsebene können dabei auch an die Kunden der Konformitätsbewertungsstellen, die Unternehmen der deutschen Wirtschaft, weitergegeben werden. Insgesamt soll bei Einführung des geplanten Gesetzes somit das Anerkennungs- und Akkreditierungswesen effizienter gestaltet werden. Das Ziel ist eine Entlastung der deutschen Wirtschaft. Kosten für den Bund entstehen in Zusammenhang mit der Einrichtung und Unterhaltung der Zulassungsstelle des Bundes gemäß § 10 AkkG. Denkbar ist aber auch, dass die Zulassungsstelle des Bundes eine juristische Person des Privatrechts ist, die vom BMWi mit den entsprechenden Aufgaben der Zulassung und Überwachung beliehen wird. Diese privatrechtliche Stelle müsste selbst die entsprechenden Verwaltungskosten tragen. Ein großer Teil der Finanzierung der Zulassungs- und Geschäftsstelle
46
Diese können sich immer dann ergeben, wenn es zu Kompetenzüberschneidungen kommt. Dies können unklare Zuständigkeiten bei Bundes- und Länderkompetenzen, sich überschneidende privatwirtschaftlich und gesetzlich geregelte Überprüfungsbereiche oder Kompetenzen die sich genau an Grenzbereichen von Sektoren befinden sein. Unklar ist z.B. die Überprüfung im Bereich des Trinkwassers (es ist nicht klar abgegrenzt, ob dieser Teilsektor zum Lebensmittelbereich zählt oder nicht).
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
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kann durch Einnahmen aus der Lizenzierung des Akkreditierungssymbols gemäß § 14 AkkG gedeckt werden. Rechtliche Folgen der Neustrukturierung
Die Gesetzgebung könnte zur Folge haben, dass die bisher fakultativen Anforderungen an die Akkreditierungsstellen nach den Normen der Reihe DIN EN 45000 ff. bzw. den internationalen Normen DIN EN ISO/IEC 17000 ff. (im wesentlichen betrifft das die Anforderungen nach Fachkunde, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Zuverlässigkeit; siehe, DIN EN ISO/IEC 17011) in das Gesetz übernommen und dadurch obligatorisch werden. Das Fehlen einer einheitlichen Anerkennungs- und Akkreditierungsstruktur infolge der Ermangelung einer bindenden Regelung hat bisher die Transparenz beeinträchtigt und die Trennung in zwei Bereiche begünstigt. Die Qualität der Verfahren und der Ergebnisse sind nicht eindeutig ersichtlich. Die internationale Reputation hat unter der zu stark untergliederten deutschen Struktur gelitten. Als absehbare Folgen der Restrukturierung sind nachstehend aufgeführte Entwicklungen denkbar: x Eine Beleihung im öffentlichen Auftrag, im gesetzlich geregelten Bereich, ist durch die einheitliche Anforderung an die Stellen per Gesetz erleichtert (Prämisse: Qualitätseinbußen müssen ausgeschlossen sein), x Akkreditierer des nicht geregelten Bereichs müssen sich externen Vorgaben hinsichtlich Qualität und Verfahren beugen (extern deswegen, da durch Gesetz vorgegeben), x der Wettbewerb unter den Akkreditierern wird sich auf andere Bereiche verlagern (Zusatzleistungen wie z.B. Beratung, schnelle Verfahren o.ä.), die einen Zweifel an der Akkreditierungsleistung nicht zulassen, x das bisherige System wird durch eine Restrukturierung übersichtlicher gestaltet und verkleinert werden und x private Akkreditierungsorganisationen können ihre Leistungen auch in dem gesetzlich geregelten Bereich anbieten. Eine unmittelbare Folge des Anerkennungs- und Akkreditierungsgesetzes wäre in dem geänderten Status bisheriger Akkreditierungsstellen zu sehen, die diesen gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen und bisher auf andere Weise ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt haben. Es ist eine Übergangsfrist von 2 Jahren vorgesehen, um sich den Anforderungen des Gesetzes zu unterwerfen. Die bisherigen Stellen verlieren somit nicht unmittelbar ab dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes ihren Status als Akkreditierungsstelle.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Diejenigen Stellen, die einen behördlichen Charakter besitzen, bleiben von der Gesetzeseinführung nahezu unberührt, da sie bereits vorher gesetzeskonform (bzw. ISO normenkonform) gearbeitet haben und damit die vorgegebene Qualität nachweisen. Viele Anforderungen werden durch die behördliche Struktur bereits abgedeckt. Die privaten Stellen bleiben somit vorerst bestehen, müssen aber unter Umständen ihre aktuelle Struktur innerhalb dieser 2 Jahre an die Anforderungen anpassen, um erneut als Akkreditierungsstelle tätig werden zu können. Direkte Folge ist demnach eine Selektion nach extern vorgegebenen Qualitätsanforderungen (durch normative Vorgaben). Die Zulassung neuer Akkreditierungsstellen bzw. eine Wiederzulassung erfolgt nach Sektoren, in denen die Konformitätsbewertung durchgeführt werden soll. Die Akkreditierungsstelle ist aber keineswegs auf einen bestimmten Sektor festgelegt und kann theoretisch für jeden Bereich als Akkreditierungsstelle zugelassen werden – auch für Bereiche auf denen bisher nur der Staat tätig war. Unmittelbarer struktureller Effekt der Neuordnung wird die Aufhebung der Trennung in einen gesetzlich ungeregelten und einen gesetzlich geregelten Bereich sein. Ein weiteres Hauptziel liegt in der Verringerung von Mehrfachakkreditierungen durch unklare Zuständigkeiten der Akkreditierungsstellen. Eine Anerkennung der Akkreditierungsleistung hat per Gesetz zu erfolgen, wenn keine begründeten Zweifel vorliegen. Die staatlichen Stellen haben gegenüber den privaten Stellen den Vorteil, dass die Leistung einer Anerkennung angeboten werden kann. Aus diesen Überlegungen ergeben sich sowohl Chancen als auch Risiken für die privaten und staatlichen Akkreditierungsstellen. Neue Märkte auf der einen Seite stehen verschärften und eventuell ungleichen Wettbewerbssituationen auf der anderen Seite gegenüber. Nutznießer einer Restrukturierung sollen vor allem die Konformitätsbewertungsstellen und deren Kunden sein. Die Konformitätsbewertungsstellen könnten durch einheitlichere Akkreditierungen eine umfassendere Zulassungskompetenz erreichen, auf Kosten- und Serviceseite von der Konkurrenzsituation profitieren und durch die gesteigerte Transparenz in den überprüfenden Verfahren mehr Vertrauen erhalten. Eine gesetzliche Reglung sollte die staatliche Anerkennung speziell für private Anbieter einer Akkreditierungsleistung vereinfachen. Gleichgültig, wer die Leistung erbringt (Staat oder privater Anbieter), es würde prinzipiell für den Kunden ohne Bedeutung sein, da das Ergebnis gleich wäre. Ob sich auch der gleiche Nutzen einstellt, wird die Nachfrage bestimmen. An dieser Stelle kann natürlich die Frage gestellt werden, wie die Restrukturierung von den einzelnen Beteiligten (Staat/Privatwirtschaft) gesehen wird. Die privaten Anbieter von Akkreditierungstätigkeiten dürften
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von dieser Entwicklung generell profitieren. Die Restrukturierung würde eine Liberalisierung des Marktes nach sich ziehen und die Möglichkeiten dahingehend eröffnen, dass private Organisationen im gesetzlich geregelten Bereich ihre Dienste anbieten können. Die Anerkennung der privaten Akkreditierungsleistungen durch den Staat und in internationalen Gremien würde erleichtert werden. Die Reputation der privaten Akkreditierer generell würde positiv beeinflusst werden, da eine gesetzliche Grundlage besteht. Genau der Sachverhalt der „Privatisierung“ wird von öffentlichen Einrichtungen bei der Neustrukturierung als der kritischste angesehen. Darüber hinaus sieht das Akkreditierungsgesetz keine Begrenzung auf eine gewisse Höchstzahl an Akkreditierungsstellen in den einzelnen Sektoren vor, wodurch theoretisch mehrere Anbieter dieselbe bereichsspezifische Leistung anbieten können. Die Konkurrenzsituation, die durch die Liberalisierung ermöglicht wird, lässt Kritik dahingehend zu, dass es zu Qualitätseinbußen kommen könnte. Der bisherige Wettbewerb begrenzte sich auf den gesetzlich nicht geregelten Bereich. Dieser Bereich unterliegt nur in geringem Maße der staatlichen Vorsorgepflicht. In dem gesetzlich geregelten Bereich kann eine Neustrukturierung tendenziell als gesellschaftsgefährdender – in Bezug auf technische Sicherheitsaspekte – betrachtet werden (genaueres zu Chancen und Risiken der „Privatisierung“ siehe Abschnitt 6.7.4). Ökonomische Aspekte der Neugestaltung
Unter ökonomischen Auswirkungen sind die volks- und betriebswirtschaftlichen Effekte zu verstehen. Die volkswirtschaftlichen Aspekte sind relativ schwer abzuschätzen. Sie werden sich ohnehin erst nach der tatsächlichen Restrukturierung offenbaren. Dennoch scheinen einige Effekte einer Umstrukturierung bereits jetzt offenkundig zu sein, die sich vor allem in den folgenden Punkten widerspiegeln: x Reduktion der Transaktionskosten und Vereinfachung des bilateralen und multilateralen Handels, x langfristiges Kosteneinsparpotenzial (den zunächst hohen Umstrukturierungskosten entgegenstehen) und x weiterer Abbau von Handelshemmnissen auf europäischer Ebene. Transaktionskosten können unterschiedlichsten Ursprungs sein. Abb. 6.14 zeigt eine mögliche Kategorisierung nach Böhme. In der derzeitigen Entwicklungsphase einer neuen Strategie fallen vor allem erhöhte interne Transaktionskosten an. Wenn eine Entscheidung für
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
eine bestimmte Lösung gefallen ist, entstehen weitere Kosten für den organisatorischen Wandel. Einerseits werden durch den Wandel Kapazitäten freigesetzt, andererseits müssen kostenintensive Anpassungsinvestitionen erfolgen (Kosten für die Anpassung an die per Gesetz geforderten Mindestkriterien). Transaktionskosten
Externe Transaktionskosten
Interne Transaktionskosten
Kosten der Vertragsanbahnung
Kosten für die Entwicklung von Managementsystemen
Vereinbarungskosten
Kosten der Bewältigung interner Interessenkonflikte
Kontrollkosten
Kostend dysfunktionaler Wirkungen bürokratischer Organisation
Kosten der Vertragsanpassung
Kosten der Ermittlung von Preisen im Falle interner Koordination
Abwicklungskosten
Kosten organisatorischen Wandels
Transportkosten
Kosten des Vertrauensaufbaus
Abb. 6.14 Interne und externe Transaktionskosten47
47
Abb. aus Böhme, Die Ausgestaltung von Abnehmer-Zulieferer-Beziehungen, S. 18 f.
6.7 Neuordnung des deutschen Konformitätsbewertungssystems…
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Die externen Transaktionskosten (Kosten der Koordination) nach Abb. 6.14, weisen aber ein langfristiges Kosteneinsparpotenzial auf. Eine Restrukturierung zielt genau auf die dargestellten Kostenaspekte ab, und versucht diese in der Zukunft zu reduzieren. In dem System der Anerkennung und Akkreditierung spielt der Punkt „Kosten der Vertrauensbildung“ eine besondere Rolle. Diese Kosten haben einen sehr stark erhöhenden und unmittelbaren Effekt auf die anderen Kosten. Besteht eine Vertrauensbasis, können die Kosten für Kontrolle, Vertragsanbahnung und -anpassung sowie die Vereinbarungskosten generell gesenkt werden (zumindest nach der Transaktionskostentheorie). Eine Restrukturierung des deutschen Systems sollte zumindest die europäische/internationale Akzeptanz verbessern, da durch transparentere Strukturen die Vergleichbarkeit mit unterschiedlichen Systemen gefördert wird. Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen sind aus heutiger Sicht nur qualitativ zu bewerten. Diejenigen, die am meisten profitieren könnten, sind die Kunden der Konformitätsbewertungsstellen. Betriebswirtschaftlich sind vor allem folgende Effekte durch eine Restrukturierung zu erwarten: x Verbesserung der Qualität durch strukturierte, klare Vorgaben bezüglich der angewandten Verfahren und Arbeitsabläufe, x eine Neuordnung erhöht die Transparenz sowohl national aber vor allem international, was mit gesteigerter Reputation für die beteiligten Unternehmen (siehe volkswirtschaftliche Auswirkungen) einhergeht, x der Kunde erhält einen verbesserten Einblick in die Konformitätsbewertungsstrukturen und dadurch kann Vertrauen in die Prüf- und Zertifizierungsstellen aufgebaut werden, x verbesserte Vergleichbarkeit der angebotenen Leistungen für den Kunden, x es werden durch den Rückgang der Mehrfachakkreditierungen Kapazitäten bei den akkreditierenden „Unternehmen“ und deren Kunden freigesetzt, die anderweitig einsetzbar sind und x die Strukturen werden stärker entbürokratisiert. Eine gesetzliche Regelung hätte eine Homogenisierung des „Produktes“ Akkreditierung zur Folge. Die Qualität wird per Gesetz vorgeschrieben, die Preise bilden sich durch den Markt (falls es keine Gebührenordnung gibt), wobei sich der eigentliche Wettbewerb in den Zusatz-/Nebenleistungen niederschlagen könnte. Eine verbesserte Akzeptanz des deutschen Systems könnte dazu führen, dass auf der Ebene der Zertifizierung bzw. Prüfung von Konformitätsbewertungsgegenständen die Nachfrage steigt. Die Investition für eine
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Markterweiterung durch die Zertifizierung bzw. Prüfung erhält eine überschaubare Dimension. Auf der einen Seite signalisiert ein Zertifikat dem nationalen Verbraucher, dass gewisse Mindeststandards erfüllt werden und zum anderen besteht eine Berechtigung für den europaweiten Vertrieb. Der Kunde kann damit einen Wettbewerbsvorteil in zwei Richtungen erzielen. Zudem wird ein besserer Vergleich der Konformitätsbewertungsnachweise ermöglicht, sodass auch der Endkunde die Möglichkeit hat, eine gezieltere Leistung, seinen Bedürfnissen entsprechend, zu wählen. Für die europäischen und internationalen Handelsbeziehungen ist ein gut ausgebautes und wohl strukturiertes Akkreditierungs- bzw. Konformitätsbewertungssystem von enormer Bedeutung geworden. Je besser die qualitative Umsetzung und Transparenz der jeweiligen Systeme ist, desto schneller kann Vertrauen aufgebaut werden. Vertrauen in die Qualität steigert die Akzeptanz der Verbraucher und wirkt somit wiederum positiv auf den ökonomischen Erfolg einer Volkswirtschaft. 6.7.6 Ausblick Die gesetzliche Rahmenlösung für mehr Akzeptanz
Die geplante Neuordnung durch ein Akkreditierungsgesetz – wobei der Einführungszeitpunkt noch nicht abzusehen ist – scheint ein vielversprechender erster Schritt in die richtige Richtung zu sein. Ein Gesetz ist zumindest in der Lage die gemeinsamen Bedingungen für den gesetzlich geregelten und privatwirtschaftlichen Bereich zu schaffen. Die Anforderungen sollen nach einem bestehenden Gesetzesentwurf festgelegt werden, wobei dieser sich wiederum nach den aktuellen internationalen Normenreihen richtet. Wesentlichstes Kriterium ist die Sicherstellung der Qualität, die unter keinen Umständen unter der Restrukturierung leiden darf, denn die Qualität ist das entscheidende Kernelement, um das Vertrauen in die Konformitätsbewertungen zu gewährleisten. Im Hinblick auf die Beachtung bzw. Wahrung des Vorsorgegedankens bleibt die staatliche Letztverantwortung ein Thema, das einer eindeutigen Bestimmung bedarf. Staatliche Behörden, die Akkreditierungen durchführen, sind von dieser Problematik ausgeschlossen. Die Liberalisierung in dem gesetzlich geregelten Bereich muss die staatliche Letztverantwortung bei privaten Akkreditierungsorganisationen berücksichtigen. Die gesetzlich festgelegte Anerkennung von Akkreditierungen bei der Kompetenz-
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feststellung von Seiten der Behörden ist ein wesentlicher Schritt, um die Rolle der Akkreditierung zu stärken. Im SOGS-Dokument N 560 EN, wohl der Vorläufer eines zukünftigen europäischen Rechtsaktes, ist für die Mitgliedsstaaten eine Umsetzung des Akkreditierungssystems nach dem Einplatzprinzip angedacht. Wenn Europa diesen Rechtsakt wie momentan geplant als Verordnung umsetzt, hätte dies direkte Wirkung auf die Nationalstaaten. Nationale Gesetze – wie das angedachte Deutsche Akkreditierungsgesetz – wären nur noch ergänzende Rahmenregelungen. Problematisch erscheint zur Zeit, dass die Organisation nach dem Einplatzprinzip im aktuellen Gesetzesentwurf nicht verlangt wird, d.h. es könnte in den einzelnen Sektoren zu einer Wettbewerbssituation unter Akkreditierern kommen. Hinsichtlich der Folgen liegt hier die Vermutung nahe, dass die Qualität der Akkreditierung leiden könnte. Der bisherige Gesetzesentwurf sieht keine Gebührenverordnungen oder entsprechende Vorgaben vor. Somit bliebe die Preisgestaltung den Anbietern überlassen. Würde wirklich die Qualität unter dem Wettbewerb und damit unter dem Kostendruck leiden, erlaubt der Gesetzesentwurf aber eine bußgeldliche Ahndung. Der Gesetzesentwurf gilt ebenso für den gesetzlich nicht geregelten Bereich. Dadurch, dass einheitliche Anforderungen per Gesetz vorgegeben werden, nimmt die Anzahl an Akkreditierungen insgesamt ab. Die Anzahl an Akkreditierungsstellen wird sich voraussichtlich ebenfalls reduzieren. Da aber durch die beabsichtigte Neuordnung keine konkretisierende Bestimmung hinsichtlich der Struktur vorgenommen wird, ist zu vermuten, dass in einigen Sektoren mehrere Akkreditierungsstellen aktiv werden könnten. Wenn man sich die aufgeführten Problemfelder ansieht, wird klar, dass noch erheblicher Diskussionsbedarf besteht, bevor das Gesetz in seiner endgültigen Fassung verabschiedet werden kann. Dabei müssen vor allem Unklarheiten beseitigt werden, die die Sektoralisierung sowie Überschneidungen mit anderen Vorschriften zur Anerkennung und Akkreditierung (z.B. UAG) betreffen. Sonst besteht die Gefahr, dass sich Bestimmungen aus den unterschiedlichen Gesetzen widersprechen und das Anerkennungsund Akkreditierungswesen in Deutschland weiter verkompliziert wird. Insbesondere scheinen die deutschen Überlegungen zur Neuordnung den europäischen Gedanken entgegenzulaufen. Kompatibilität mit europäischen Entwicklungstendenzen
Im Rahmen der Überarbeitung des Neuen Konzeptes in Verbindung mit dem Globalen Konzept und dem Modularen Ansatz spielt die Akkreditie-
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
rung eine zentrale Rolle. Grundsätzlich ist man sich darüber einig, dass die Akkreditierung gestärkt werden soll, insbesondere im Rahmen des Notifizierungsverfahrens. Damit ist gemeint, dass es allgemein verbindliche Regeln für die Mitgliedsstaaten bei der Kompetenzfeststellung von Konformitätsbewertungsstellen geben soll. Dabei soll das Verfahren der Akkreditierung aber nicht als einzige Möglichkeit zur Kompetenzfeststellung gelten. Um die Akkreditierung als Instrument zur Verwirklichung des gemeinsamen Marktes zu unterstützen, soll zunächst die Rolle der Europäischen Organisation für die Zusammenarbeit im Bereich Akkreditierung (EA) als behördenähnliche Organisation gefestigt werden. Dadurch könnte es der EA ermöglicht werden, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Akkreditierungstätigkeiten auf europäischer Ebene effektiv zu vereinheitlichen. Als Instrument dient dazu insbesondere die Begutachtung unter Gleichrangigen, an der sich die Akkreditierungsstellen der Mitgliedsstaaten regelmäßig beteiligen sollen. Auf nationaler Ebene wird es weiterhin den Mitgliedsstaaten überlassen bleiben, wie sie ihre Systeme konkret ausgestalten. Die Mitgliedsstaaten müssen aber – in welcher Weise auch immer – den Anforderungen nachkommen, die von europäischer Seite an sie gestellt werden. Dabei wird in Bezug auf die Akkreditierung insbesondere das Einplatzprinzip diskutiert, das von den meisten Mitgliedsstaaten einer wettbewerbsoffenen Lösung vorgezogen wird. Diesbezüglich schwimmt Deutschland gegen den Strom, da im Gesetzesentwurf grundsätzlich keine Beschränkung der Anzahl an Akkreditierungsstellen vorgesehen ist.
6.8 Schutzzweck der Akkreditierung: Sicherheit Der Begriff der Sicherheit findet in verschiedenen Zusammenhängen Verwendung. Beispielhaft seien die Verbrauchersicherheit, die Sicherheit der Altersvorsorge und die Sicherheit vor Kriminalität erwähnt. Sicherheit stellt ein Grundbedürfnis des Menschen dar48. Die nächsten Punkte beschäftigen sich daher mit den Fragen, wie das System der Anerkennung und Akkreditierung zur Sicherheit beiträgt und auf welche Arten Sicherheit gewährleistet werden kann.
48
Stoll, Sicherheit als Aufgabe von Staat und Gesellschaft, S. 1.
6.8 Schutzzweck der Akkreditierung: Sicherheit
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6.8.1 Sicherheit durch das System der Anerkennung und Akkreditierung Die Gewährleistung der Grundfreiheiten des EG-Vertrags zur Schaffung des Binnenmarktes hat seit Unterzeichnung der römischen Verträge höchste Priorität für die Europäische Union. Die wirtschaftlichen Grundfreiheiten setzen sich aus Warenverkehrsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit, Freizügigkeit der Arbeitnehmer und freiem Kapitalverkehr zusammen. Zur Verwirklichung der Grundfreiheiten, insbesondere der Warenverkehrsfreiheit, präsentierte die Europäische Kommission im Jahre 1985 ihr „Weißbuch zur Vollendung des Binnenmarktes“. Die Warenverkehrsfreiheit war beispielsweise durch nationale Anforderungen eingeschränkt, die es ausländischen Anbietern nicht ermöglichten, ihre Waren in dem betreffenden Staat anzubieten. Da eine vollständige Angleichung der Rechte der einzelnen Nationalstaaten kaum möglich erschien, schlug die Kommission den Weg 0der Mindestharmonisierung vor. Die einzelnen Mitgliedsstaaten sollten ihre jeweiligen Vorschriften gegenseitig anerkennen, da davon ausgegangen wurde, dass die nationalstaatlichen Vorschriften im Großen und Ganzen als gleichwertig angesehen werden können. Das Konzept der Mindestharmonisierung bei größtmöglicher Anerkennung fremder Rechte fordert, dass sich die Gemeinschaft bei der Angleichung von Rechtsvorschriften, die das Inverkehrbringen von Waren betreffen, darauf beschränken soll, nur die „grundlegenden Anforderungen“ festzulegen. Bei der zu erlassenden Richtlinie sind dies Anforderungen an Sicherheit, Umweltschutz, Gesundheit, Verbraucherschutz und ähnliches49. Da diese Mindestharmonisierung lediglich eine Angleichung auf halbem Wege war, wurden die Richtlinien auf vielen Gebieten durch einheitliche, harmonisierte Normen ergänzt. Diese Normen besitzen zwar keinen Gesetzescharakter, ihre Einhaltung ist dennoch nicht rein fakultativ. Werden Waren normenkonform produziert, sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, anzunehmen, dass die Erzeugnisse den Mindestanforderungen der Richtlinien genügen. Es entsteht jedoch ein Handelshemmnis, wenn die Konformitätsnachweise von Kontrollbehörden anderer Mitgliedsstaaten angezweifelt werden. Dann werden beispielsweise Produkte, die in einem Mitgliedsstaat zertifiziert wurden, in ihrem freien Warenverkehr eingeschrämkt, da die Zertifizierung in einem anderen Mitgliedsstaat nicht anerkannt wird. Dies führte zur Entwicklung des „Globalen Konzeptes“ durch die Kommission. Das System der Anerkennung und Akkreditierung soll hierbei sicherstel49
Ensthaler, Zertifizierung, Akkreditierung und Normung für den Europäischen Binnenmarkt, S. 9.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
len, dass Zertifikate von autorisierten Stellen verliehen werden. Der Nachweis der Normenkonformität eines Erzeugnisses ist also fachlich und durch die Einhaltung allgemeiner Anforderungen autorisiert. Von der Kommission wurde die Verantwortung den Nationalstaaten übertragen, die die Ausgestaltung des Systems nach ihren nationalstaatlichen Anforderungen selbst übernehmen. Die Anerkennung und die Akkreditierung bescheinigen Konformitätsbewertungsstellen die notwendige Kompetenz. So kann davon ausgegangen werden, dass Erzeugnisse der Mitgliedsstaaten den Anforderungen der Richtlinien entsprechen und die Anforderungen an Sicherheit, Gesundheit, Verbraucherschutz usw. erfüllen. 6.8.2 Gewährleistung von Sicherheit durch den Staat Nachdem im vorangegangenen Abschnitt beschrieben wurde, wie das System von Anerkennung und Akkreditierung für Sicherheit sorgen kann, soll nun geklärt werden, welche grundsätzlichen Möglichkeiten sich dem Staat bieten, Sicherheit zu gewährleisten. 6.8.3 Gefahrenabwehr Ein Instrument, durch das der Staat die erforderliche Sicherheit gewährleisten kann, ist die staatliche Gefahrenabwehr. Diese kommt dann zum Einsatz, wenn der Schaden bereits eingetreten ist oder das Eintreten des Schadens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorausgesagt wird. Sind die Umstände bekannt kann mit Hilfe von Erfahrungsregeln oder einer Prognose auf die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schädigenden Ereignisses geschlossen werden. Dabei wird nicht nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit differenziert, sondern nach dem Ausmaß des möglicherweise eintretenden Schadens. Je größer und folgenschwerer dieser ist, desto geringere Anforderungen sind an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts zu stellen.
6.9 Vorsorgeprinzip in Deutschland
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6.8.4 Risikovorsorge Die im vorigen Punkt genannten Umstände lassen erkennen, dass die Gefahrenabwehr in der Regel nur kurzfristig greift, da die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadensseintritts Voraussetzung ist50. Aus diesem Grund gewann der Begriff der Risikovorsorge immer größere Bedeutung. Der Staat soll öffentliche Sicherheit nicht mehr nur dadurch gewährleisten, dass er erst nach dem Eintritt eines schädigenden Ereignisses oder, wenn dessen Eintritt als sicher vorhergesagt werden kann, abwehrende Maßnahmen ergreift. Vielmehr ist es Aufgabe des Staates, präventiv für Sicherheit zu sorgen. Der Staat wendet das Vorsorgeprinzip an, wenn keine Gewissheit besteht, ob und inwieweit ein Geschehensablauf zu Gefährdungen und Schäden führt, die Gefahrenschwelle also noch nicht erreicht wurde. Er ist an das Vorsorgeprinzip gebunden, welches seinen Ursprung im Umwelt-, Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzrecht findet. Mittlerweile ist dieses Prinzip im Recht der Europäischen Union, der Mitgliedsstaaten der EU, der Vereinigten Staaten von Amerika, der WTO und auch allgemein im Völkerrecht fest eingebunden und besitzt für alle Bereiche des Sicherheitsrechts Relevanz51. Daher soll in den folgenden Punkten das Vorsorgeprinzip als Untersuchungsgegenstand dienen und ein Vergleich zwischen dem Vorsorgeprinzip auf nationalstaatlicher Ebene und der Ebene der Europäischen Union erfolgen.
6.9 Vorsorgeprinzip in Deutschland Nachfolgend soll die Bedeutung des Vorsorgeprinzips auf nationalstaatlicher Ebene herausgearbeitet werden. Hierzu wird zunächst auf die Verankerung des Vorsorgeprinzips im Grundgesetz und spezifischen Gesetzen eingegangen.
50
51
Prittwitz, Gefahrenabwehr – Vorsorge – Strukturelle Ökologisierung – Drei Idealtypen der Umweltpolitik, S. 5. Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Strübbe, Gestaltungsspielräume für staatliche Aufsichtssysteme im Hinblick auf das deutsche und europäische Sicherheitsrecht für technische Produkte, S. 8.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
6.9.1 Vorsorgeprinzip in Gesetzen Der Staat hat die im Grundgesetz niedergelegten Grundrechte zu garantieren. Diese Schutzpflicht kann er durch die Mittel der Gefahrenabwehr und Risikovorsorge erfüllen. Allgemein lässt sich die Schutzpflicht des Staates daraus herleiten, dass er für eine Friedensordnung zu sorgen hat. Dies gewährleistet er durch das Verbot der Gewaltanwendung unter Privaten, aus welcher sich die Verpflichtung ergibt, die Bürger auch gegen rechtswidrige Angriffe Dritter zu schützen. Eine der wichtigsten Aufgaben des Staates besteht darin, Leben, körperliche Unversehrtheit, Freiheit und Eigentum gegen rechtswidrige Eingriffe Dritter zu schützen.52. All dies soll der Staat jedoch nicht nur durch die ihm zur Verfügung stehenden Mittel der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gewährleisten, sondern auch präventiv durch die Risikovorsorge. Im Grundgesetz sind einige Pflichten zur allgemeinen Vorsorge des Staates enthalten. Art. 1 Abs. 1 GG bspw. beschreibt die Schutzpflicht des Staates für die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Das Persönlichkeitsrecht mit seinen Ansprüchen etwa auf Schutz vor der Veröffentlichung von Briefen oder vor Bespitzelung lässt sich aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG herleiten. Art. 2 Abs. 2 GG garantiert jedem das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Das menschliche Leben stellt die Voraussetzung aller Grundrechte dar, weshalb staatliche Eingriffe, auch in das ungeborene Leben, verboten sind und der Staat sich schützend und fördernd vor dieses Leben zu stellen und es vor rechtswidrigen Eingriffen Dritter zu bewahren hat. Neben diesen allgemeinen Pflichten des Staates zur Vorsorge ist im Grundgesetz auch die staatliche Vorsorgepflicht im technischen Sicherheitsbereich enthalten. Insbesondere der Bereich der Technik beinhaltet Risiken und Gefahren für die zu schützenden Güter Leben und körperliche Unversehrtheit. Schutz hat der Staat auch dann zu gewährleisten, wenn die Gefahren und Risiken von Dritten hervorgerufen werden. Der Staat muss in diesem Fall Regelungen, die der Prävention dienen, erlassen. Das Prinzip der Vorsorgepflicht wird dementsprechend in vielen speziellen Gesetzen verwendet. Zur Erfüllung seiner Pflicht kann der Staat Dritten z.B. eine Prüfpflicht auferlegen. Geht von einer technischen Anlage oder einem Produkt eine begründete Lebensgefahr aus, hat der Staat die Aufgabe, ein verwaltungsgerichtliches Verbot dieser Anlage oder des Produktes zu erwirken, um seiner Vorsorgepflicht nachzukommen. Es ist im technischen Bereich jedoch unmöglich, jede Gefahr zu vermeiden und völlig ungefähr52
Murswiek, Die staatliche Verantwortung für die Risiken der Technik, S. 103.
6.9 Vorsorgeprinzip in Deutschland
145
det zu arbeiten. Daher ist das Gebot der Verhältnismäßigkeit einzuhalten, das besagt, dass nicht schon bei der geringsten Gefährdung ein Verbot oder ähnliches erlassen werden soll53. Die Risikovorsorge findet ihre verfassungsrechtliche Rechtfertigung also in den Schutzpflichten des Grundgesetzes und kann als Vorverlagerung der Gefahrenabwehr verstanden werden54. Aber nicht nur im Grundgesetz, sondern auch in speziellen Gesetzen findet sich das Vorsorgeprinzip wieder. Beispielhaft soll im Folgenden auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das Atomgesetz und das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz eingegangen werden. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz, das wohl bedeutendste Gesetz auf dem Gebiet des Umweltschutzes, trat 1974 in Kraft und ist durch eine doppelte Zielführung geprägt. Einerseits versucht es durch Schutz vor Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen die durch Immissionen bedingten Probleme zu bewältigen. Andererseits beinhaltet das Gesetz Regelungen, die Anlagen betreffen, von denen besondere Gefahren ausgehen und die aus diesem Grunde genehmigungsbedürftig sind. Diese Regelungen betreffen nicht nur den Immissionsschutz, sondern enthalten Vorgaben zum Schutz vor beliebigen Gefahren. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz bildet einen Teil des Sicherheitsrechts.. § 1 BImSchG beinhaltet sowohl eine Schutz(Gefahrenabwehr) als auch eine Vorbeugepflicht (Vorsorge). Zum einen wird der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen behandelt. Zum anderen sollen über diese Gefahrenabwehr hinaus die Umweltbelastungen möglichst gering gehalten werden, wobei eine vollständige Vermeidung nicht möglich und auch nicht das Ziel ist. Ebenso wie § 1 enthält auch § 5 BImSchG sowohl eine Schutz- wie auch eine Vorsorgepflicht. Die Schutzpflicht umfasst dabei belegbare schädliche Umwelteinwirkungen, wohingegen die Vorsorgepflicht gewährleisten soll, dass schädlichen Umwelteinwirkungen generell vorgebeugt wird. Ziel der Vorsorge ist es dabei, eine Sicherheitszone vor der Gefahrenschwelle zu schaffen und dort einzugreifen, wo eine Zuordnung von Immission und Emittent noch möglich ist. Die Forderung an die Verhältnismäßigkeit ist erfüllt, wenn sich das Maß der geforderten Vorsorge nach dem Stand der Technik richtet und die Maßnahmen danach angemessen sind55.
53
54 55
Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Strübbe, Gestaltungsspielräume für staatliche Aufsichtssysteme im Hinblick auf das deutsche und europäische Sicherheitsrecht für technische Produkte, S. 11. Stoll, Sicherheit als Aufgabe von Staat und Gesellschaft, S. 322. Jarass, Bundes-Immissionsschutzgesetz Kommentar, S. 160.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Auch in dem im Jahr 1959 erlassenen Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) sind Gefahrenabwehr und Risikovorsorge enthalten. Zweck des Atomgesetzes ist nach §1 Nr. 2 AtG der Schutz vor Gefahren der Kernenergie56. § 7 Abs. 2 Nr. 3 schreibt vor, dass die Genehmigung für eine Anlage nur dann erteilt werden darf, wenn „die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderliche Vorsorge gegen Schäden durch die Einrichtung und den Betrieb der Anlage getroffen ist“57. Die Abstufung zwischen Gefahr, Risiko und Restrisiko hat sich in der Literatur durchgesetzt. Im Bereich der Gefahren greift das Mittel der Gefahrenabwehr. In dem des Risikos, welches unterhalb der Gefahrenschwelle angesiedelt ist, kommt die Risikovorsorge unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit zur Anwendung. Soweit die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gegeben ist, wird vom Restrisiko gesprochen, welches die Allgemeinheit zu tragen hat. Neben dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Atomgesetz soll als Letztes auf das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) eingegangen werden, welches 2004 in Kraft trat. Der Zweck des Gesetzes besteht darin, die Gesundheit der Anwender von Produkten zu schützen. Ein Produkt muss daher bestimmte Anforderungen an die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit erfüllen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 GPSG) und von derartiger Beschaffenheit sein, dass sich bei ordnungsgemäßem Gebrauch oder vorhersehbarer Fehlanwendung keine Gefährdung für den Anwender ergibt (§ 4 Abs. 2 GPSG). Das Gesetz beinhaltet auch Vorsorgepflichten für denjenigen, der das Produkt herstellt, in Verkehr bringt oder ähnliches (§ 5 GPSG). So sind die notwendigen Informationen für eine Gefahrenabwehr bereitzustellen, es sind Vorkehrungen zur Vermeidung von Produktgefahren zu treffen, es besteht eine Produktbeobachtungspflicht sowie eine Pflicht, die zuständigen Behörden zu alarmieren, wenn eigene Produkte in den Verkehr gebracht wurden, die eine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit von Personen darstellen. § 8 GPSG umfasst weiter die Überwachung zuständiger Behörden, die dann erforderliche Maßnahmen ergreifen sollen, wenn ein Produkt nicht den Anforderungen nach § 4 GPSG entspricht58.
56
57 58
Nolte, Rechtliche Anforderungen an die technische Sicherheit von Kernanlagen, S. 49. § 7 Abs. 2 Nr. 3 AtG. Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Strübbe, Gestaltungsspielräume für staatliche Aufsichtssysteme im Hinblick auf das deutsche und europäische Sicherheitsrecht für technische Produkte, S. 22.
6.9 Vorsorgeprinzip in Deutschland
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6.9.2 Vorsorgeprinzip in der Rechtsprechung Die staatliche Schutz- und Vorsorgepflicht findet sich in vielen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts wieder. Auszugsweise sollen hier Urteile aus dem allgemeinen wie auch aus dem technischen Sicherheitsbereich wiedergegeben werden. Das Urteil vom Februar 1975 befasst sich mit der Werteordnung des Grundgesetzes zum Schwangerschaftsabbruch59. Weitere Urteile, die den Gedanken grundrechtlicher Schutzpflichten des Staates festigten und sich größtenteils auf die Schutzgüter Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG bezogen, folgten. Bei einer Beeinträchtigung durch terroristische Angriffe60, durch Gefahren der Kernenergie61, durch Flug-62 und Straßenverkehrslärm63 bejahte das Bundesverfassungsgericht staatliche Schutzpflichten. Diese Urteile verpflichten den Staat, die Freiheitssphäre Einzelner vor Eingriffen Dritter zu schützen64. Die im Vorsorgeprinzip realisierte Schutzpflicht des Staates findet sich auch in der Rechtssprechung zum technischen Sicherheitsbereich wieder. Der Stellenwert der Vorsorge gegenüber der Gefahrenabwehr wird aus einem Urteil des BVerwG zum Immissionsrecht von 2003 deutlich. „Die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht als Instrument der Gefahrenabwehr greift ein, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. (…) Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen erfasst mithin mögliche Schäden, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können, weshalb noch keine Gefahr, sondern nur ein Gefahrenverdacht oder ein Besorgnispotential besteht (…). Gibt es hinreichende Gründe für die Annahme, dass Immissionen möglicherweise zu schädlichen Umwelteinwirkungen führen, ist es Aufgabe der Vorsorge, solche Risiken unterhalb der Gefahrengrenze zu minimieren (…)65.“
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60 61 62 63 64
65
Kröger, Grundrechtsentwicklung in Deutschland – von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, S. 91. BVerfGE 46, 160 und 49, 24, http://www.oefre.unibe.ch/law/dfr. BVerfGE 49, 89 und 53, 30, http://www.oefre.unibe.ch/law/dfr. BVerfGE 56, 54, http://www.oefre.unibe.ch/law/dfr. BVerfGE 79, 174, http://www.oefre.unibe.ch/law/dfr. Kröger, Grundrechtsentwicklung in Deutschland – von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, S. 91. BVerwG vom 11.12.2003, http://lexetius.com/2003,3042.
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
6.10 Geplante Neuerungen: Deutscher Akkreditierungsbeirat und zentrale Akkreditierungsstelle In Bezug auf das deutsche System der Akkreditierung sind aktuell verschiedene Ansätze zur Umstrukturierung in der Diskussion. An dieser Debatte beteiligt sind nicht nur Organe der deutschen und europäischen Gesetzgebung, sondern auch Interessenvertreter aus den Akkreditierungsstellen sowie Verbraucher und Mitarbeiter aus dem wissenschaftlichen Bereich. So untersuchte etwa Prof. Dr. Hans Christian Röhl von der Universität Konstanz im Auftrag des BMWi die Struktur der Konformitätsbewertung in Deutschland. Im Zuge dessen analysierte Röhl auch den aktuellen Aufbau des deutschen Akkreditierungswesens und gab im zweiten Teil der Studie Empfehlungen sowohl für den Bereich der Konformitätsbewertung als auch für die Ebene der Akkreditierung. Der Kernpunkt der Beurteilungsergebnisse ist der Aufbau einer zentralen, übergeordneten Akkreditierungsstelle für Deutschland, welche für verschiedene Sektoren zuständig ist. Röhl schlägt vor, eine privatrechtlich organisierte Stelle im Wege einer staatlichen Beleihung mit der Aufgabe der Akkreditierung zu betrauen66. Zur Beratung des BMWi bei den geplanten Neuerungen im deutschen Akkreditierungssystem wurde am 31.8.2006 der Deutsche Akkreditierungsbeirat berufen. Dieser wird durch Vertreter der Akkreditierungs- und Konformitätsbewertungsstellen sowie der Verbraucherverbände und außerdem durch ausgewählte Experten von Seiten des Bundes und der Länder gebildet. Den Vorsitz hat Prof. Dr. Manfred Hennecke übernommen, Präsident der Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM), wo auch die Geschäftsstelle des Akkreditierungsbeirates eingerichtet wurde. Die Aufgabe der Stellvertretung liegt bei Günther Beer von der Siemens AG. Mit der Errichtung einer zentral zuständigen Akkreditierungsstelle soll das deutsche System an die Vorstellungen und Zielsetzungen der Europäischen Kommission angepasst werden. So soll die internationale Anerkennung der deutschen Akkreditierungstätigkeit, der prüfenden und anerkennenden Stellen sowie letztlich der einbezogenen Produkte erreicht werden67.
66 67
Röhl/Schreiber, Konformitätsbewertung in Deutschland, S. 237 ff. Siehe auch Pressemitteilung des BMWi: http:// bmwi.de/BMWi/Navigation/ europa (Stand: 01.03.2007).
6.10 Geplante Neuerungen…
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Checkliste: 9 In Deutschland wird zwischen einem gesetzlichen und einem freiwilligen Bereich unterschieden. Mittlerweile wird jedoch – im Rahmen der EU-weiten Behandlung dieses Themas – immer mehr von einem gesetzlich geregelten und einem gesetzlich nicht geregelten bzw. ungeregeltem Bereich gesprochen. 9 Der gesetzlich geregelte Bereich betrifft vor allem den Arbeits-, Umwelt-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz, also diejenigen Bereiche, die einer besonderen Sorgfaltspflicht des Staates unterliegen. Hier gibt es auch deshalb gesetzliche Regelungen, da nationale oder europäische Rechtsvorschriften bestimmte technische Spezifikationen verlangen und keine Wahlmöglichkeit zwischen Beachtung und Nichtbeachtung der Richtlinien besteht. Insbesondere sei auch hier erneut auf den Vorsorgegedanken verwiesen, dem der Staat besondere Aufmerksamkeit zollt. 9 Ungeregelter Bereich: Gewisse Bereiche unterliegen einer Selbstregulierung, die innerhalb eines gesetzlich vorgeschriebenen Rahmens gestattet sind – ohne dass der Staat eingreift. Dennoch kann auch im ungeregelten Bereich ein gewisser Zwang zur Richtlinienkonformität bestehen, nämlich dann, wenn eine Nachweispflicht seitens der Käufer gefordert wird. Die Folge eines solchen Marktbegehrens ist eine Art nachfrageinduzierte Konformitätspflicht, die den Hersteller gegebenenfalls zu einem Umdenken seiner Unternehmensstrategie leiten kann. 9 Allein in Deutschland besteht eine relativ große Anzahl an Stellen, die auf öffentlich-rechtlicher Basis als Prüf-, Zertifizierungs- und Akkreditierungsstellen arbeiten. Diese Stellen sind überwiegend in dem gesetzlich geregelten Bereich aktiv. Aufgrund des staatlichen Einflusses wird diesen Einrichtungen (auch geschichtlich bedingt) ein verhältnismäßig hohes Maß an Vertrauen zugesprochen. 9 Auswertung zum gesetzlich ungeregelten Bereich: Der ungeregelte Bereich hat diesbezüglich mit einigen Vorurteilen zu kämpfen, die weniger die fachlichen Kompetenzen als die Unparteilichkeit gegenüber den Herstellern betreffen. National besteht für die privaten Konformitätsbewertungsstellen keine Pflicht zur Akkreditierung. Der Verbraucher weiß also nicht, ob die Konformitätsbewertungsstelle kompetent ist und unabhängig von den Herstellerinteressen prüft. Wird auf eine Akkreditierung verzichtet, ist einzig und allein die Angabe der Prüfstelle selbst „Beweis“ für deren Kompetenz. Wenn je-
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6 Das deutsche Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
doch eine Akkreditierung seitens einer unabhängigen dritten Stelle vorgenommen wird, die dieser Prüfstelle einen Konformitätsnachweis nach unabhängigen Kriterien attestiert bzw. ausstellt und deren Fähigkeit bestätigt, kann der Verbraucher eher ein Vertrauen in deren ausgestellte Zertifikate entwickeln. Bei den erwarteten Entwicklungen in näherer Zukunft, die den Ausbau des Anerkennungs- und Akkreditierungswesens betreffen, dürfte dieser Bereich ganz besonders daran interessiert sein, ein einheitliches und gut funktionierendes Prüf-, Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem zu verwirklichen. Der ungeregelte Bereich ist bisher bei der europäischen Entwicklung unterrepräsentiert und genießt keine starke Position, wie sie der gesetzlich geregelte Bereich einnimmt. Dies könnte sich durch die bevorstehende Restrukturierung ändern. Ein geschickter Aufbau der Organisationsstrukturen im privatwirtschaftlichen Bereich und eine überlegte Zusammenarbeit mit dem geregelten Bereich kann sich vorteilhaft auf die zukünftige Entwicklung des nicht harmonisierten Bereichs auf nationaler und europäischer Ebene auswirken.
Leserorientierung: Das Kapitel 6 soll dem Leser einen Überblick über die Geschichte und den Aufbau des Systems der Konformitätsbewertung in Deutschland geben. Dem Leser sollen Kritikpunkte aufgezeigt werden und es soll ein Verständnis für die Zusammenhänge und Schwierigkeiten bei der Neustrukturierung des Systems entstehen. Begriffe wie die des Dualen Systems werden in diesem Kapitel erläutert. Außerdem wird ein Überblick und eine praktische Anleitung zur Akkreditierung und zum Aufbau des zentralen Gremiums, des DAR, nochmals ausführlich dargestellt, bevor auf die geplanten Neuerungen im System näher eingegangen wird. Das neue Akkreditierungsgesetz soll überblicksmäßig betrachtet werden und in einigen, einzelnen Vorschriften erfolgt auch bereits eine Kommentierung. Danach werden dem Leser der Schutzzweck sowie die gesetzlichen Verankerungen der Akkreditierung näher erläutert.
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
7.1 Anerkennung durch internationale Abkommen Die EU hat auf Basis des WTO-TBT-Übereinkommen mit den Ländern USA, Japan, Australien, Neuseeland, Schweiz, Israel und Kanada Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung der Konformitätsbewertungen abgeschlossen. Diese so genannten Mutual-Recognition-Agreements (MRAs) gewährleisten, dass die Behörden des Importlandes die Bewertung eines Produktes einer im Exportland ansässigen akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle anerkennen. Die Bewertung basiert auf den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Importlandes. Internationale Aktivitäten Neben der Verwirklichung des Binnenmarkts innerhalb der EU gibt es außerdem internationale Bestrebungen, einen weltweiten freien Warenverkehr durch Akkreditierung zu gewährleisten. Die MRAs sind Gegenseitigkeitsabkommen in dem Bereich, den wir binnenmarktbezogen den geregelten Bereich nennen. Auch hier ist verlangt, dass die teilnehmenden Konformitätsbewertungsstellen über einen angemessenen und gleich bleibenden Sachverstand verfügen, der regelmäßig im Wege der Akkreditierung geprüft wird. Außerdem werden – gleich dem geregelten Bereich in Europa – nur die Konformitätsbewertungsergebnisse derjenigen Stellen anerkannt, die vom Exportstaat und dessen Behörden benannt worden sind.
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7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
7.2 Internationale Vereinbarungen im gesetzlich geregelten Bereich Im gesetzlich geregelten Bereich gelten MRAs als Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen reglementierter Erzeugnisse. Auf Grundlage eines MRAs werden die jeweilig exportierenden Vertragsparteien ermächtigt, Erzeugnisse vor dem eigentlichen Export in ihrem eigenen Staatsgebiet nach den Regelungen der anderen Vertragspartei zu prüfen und zu zertifizieren. Jedes importierende Land willigt durch Zustimmung zu den Bedingungen des MRAs ein, alle Prüfungen, Bescheinigungen und Genehmigungen von zugelassenen Konformitätsbewertungsstellen des ausführenden Landes zu akzeptieren, so dass die Erzeugnisse ohne zusätzliche Verfahren ausgeführt und auf den Markt der anderen Vertragspartei gebracht werden können. Basierend auf dem entsprechenden Mandat aus dem Jahre 1992 wurden MRAs von der EU abgeschlossen mit: x USA, x Kanada, x Japan, Australien, Neuseeland, Schweiz und Israel. MRAs haben einen einheitlichen Aufbau. Sie bestehen aus einem Rahmenabkommen und mehreren Sektoralen Anhängen. Das Rahmenabkommen beinhaltet generelle Begriffsdefinitionen, die für das allgemeine Verständnis des MRA notwendig sind. Weiterhin beinhaltet es Erläuterungen über den Anwendungsbereich des MRA und die beteiligten Institutionen und Verfahren, die zur Durchführung der gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen notwendig sind. Die sektorbezogenen Anhänge enthalten insbesondere den Anwendungs- und Geltungsbereich, ordnungspolitische Anforderungen, die Liste der benannten Konformitätsbewertungsstellen, die Verfahren und die für die Benennung dieser Stellen verantwortlichen Behörden sowie gegebenenfalls Übergangszeiten. Es können nach und nach weitere sektorbezogene Anhänge hinzugefügt werden.
7.2 Internationale Vereinbarungen im gesetzlich geregelten Bereich
153
Beispiel: Ökonomischer Nutzen von Gegenseitigkeitsabkommen Die Europäische Union hat mit den USA eine Vereinbarung getroffen. Die Konformitätsbewertung für Hersteller von Geräten im Bereich Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen soll gegenseitig anerkannt werden. Das Abkommen umfasst die Anerkennung von Regelungen für Prüfstellen sowie über Vereinbarungen, die über Bescheinigungen und Kennzeichnungen getroffen wurden. So soll ein vereinfachter Markteintritt ins jeweilige Partnerland ermöglicht werden. Dieses Gegenseitigkeitsabkommen erlaubt den Konformitätsbewertungsstellen des einen Landes bestimmte Produkte nach den Regeln und Vorschriften des anderen Landes zu bewerten. Verglichen mit dem Gesamtaufkommen der Zulassungen europäischer Konformitätsbewertungsstellen für den US-amerikanischen Markt stiegen die europäischen Zulassungen in den ersten drei Jahren seit Beschluss der Vereinbarung bereits um das 12fache. Die europäischen Konformitätsbewertungsstellen konnten schon im Jahr 2004 einen Marktanteil von 22,8% verbuchen. Hiervon entfielen alleine auf Deutschland 15,3%1. Die steigende Zahl der Zulassungen europäischer Konformitätsbewertungsstellen für den US-amerikanischen Markt ist vor allem auf die Umsetzung des Drittstaatenabkommens MRA zwischen der Europäischen Union und den USA zurückzuführen. Die Maßnahmen haben zu einer deutlichen Senkung von Handelshemmnissen und Transaktionskosten geführt. Einheitliche Bescheinigungen und Kennzeichnungen haben zum einen den Marktzutritt für Prüfstellen und zum anderen den internationalen Handel von Produkten im Bereich Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen erleichtert. Mit einheitlichen internationalen Systemen sind jedoch nicht nur Vorteile verbunden. So entstanden auf der amerikanischen Seite den Unternehmen aus der elektrotechnischen Industrie erhöhte Aufwendungen durch zusätzliche Auflagen.
1
Quelle: Erhebungen der Bundesnetzagentur über die Zulassung europäischer Konformitätsbewertungsstellen für den US-amerikanischen Markt.
154
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
7.3 Internationale Vereinbarungen im gesetzlich nicht geregelten Bereich Im privatwirtschaftlichen, gesetzlich nicht geregelten Bereich werden Gegenseitigkeitsvereinbarungen durch MLAs getroffen. MLA steht für Multilateral Recognition Arrangement. Dies sind Abkommen zwischen Akkreditierungsstellen zur gegenseitigen Anerkennung von Akkreditierungen. Der Beitritt zum MLA ist nach einer erfolgreichen Beurteilung unter Gleichrangigen durch eine Gruppe ausgewählter und geschulter Vertreter dieser Akkreditierungsstellen möglich. Es existieren aktuell MLAs für Akkreditierer von Laboratorien für Prüflaboratorien, Kalibrierlaboratorien, Zertifizierungsstellen und Inspektionsstellen. MLA Durch das MLA wird ein einheitlicher Maßstab bei der Akkreditierung durch alle Stellen gesichert. Das bedingt wiederum, dass Mehrfachbegutachtungen reduziert oder überhaupt vermieden werden können. Mit der Unterzeichnung eines MLA erkennen die Akkreditierungsstellen gegenseitig ihre ausgesprochenen Akkreditierungen in allen MLAUnterzeichnerländern an. Sie fördern die gegenseitige Äquivalenz ihrer Systeme, Zertifikate sowie Prüf- und Kalibrierberichte und unterstützen die Anerkennung und Akzeptanz der Zertifikate und Berichte. Die Akkreditierungsstellen haben auf internationaler Ebene zwei Organisationen aufgebaut, die MLAs organisieren bzw. deren Leitfäden Basis für MLAs sind: x IAF (International Accreditation Forum) im Bereich der Akkreditierung von Zertifizierungsstellen (Produkte, Systeme, Personen) und x ILAC (International Laboratory Accreditation Cooperation) im Bereich der Akkreditierung von Prüf- und Kalibrierlaboratorien. Die IAF ist die größte Vereinigung für Akkreditierungsstellen für Laboratorien. Ziel der IAF ist es in erster Linie sicherzustellen, dass Akkreditierungsstellen nur diejenigen Konformitätsbewertungsstellen akkreditieren, welche die erforderliche Kompetenz aufweisen. Die IAF ist folgender Abbildung entsprechend aufgebaut2.
2
Siehe auch www.iaf.nu.
7.3 Internationale Vereinbarungen im gesetzlich nicht geregelten Bereich
155
Abb. 7.1 Aufbau der internationalen Organisation IAF
Das ausführende Komitee (Executive committee) ist verantwortlich für die Umsetzung der Entscheidungen, die im Direktorengremium (Board of Directors) gefällt werden. ILAC ist die höchste internationale Instanz für Laborakkreditierung, wobei deren Mitglieder weltweite Akkreditierungsstellen und angeschlossene Organisationen sind. Die Idee für ILAC entstand im Jahr 1978 und beinhaltete das Ziel der internationalen Kooperation zum Abbau von Handelshemmnissen durch die gegenseitige Akzeptanz von Akkreditierungsergebnissen. 1996 wurde die ILAC durch das Unterzeichnen eines Memorandum of Understanding von 44 nationalen Akkreditierungsstellen in Amsterdam als legal entity neu gegründet. Die ILAC ist beteiligt an: x der Entwicklung von Methoden und Verfahren zur Laborakkreditierung, x an der Mithilfe bei der Entwicklung von Akkreditierungssystemen und x an der Anerkennung kompetenter Prüf- und Kalibriereinrichtungen weltweit. ILAC ist in mehrere Komitees3 aufgeteilt, wobei die Komitees verschiedene Bereiche abdecken: x Komitee für Akkreditierung Verantwortlich für die Harmonisierung und Verbesserung von Akkreditierungsverfahren auf internationaler Ebene, 3
Weitere Komitees unter www.ilac.org/structure.html.
156
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
x Komitee für Labortätigkeit Überwacht und organisiert den Informationsaustausch zwischen ILAC und Vereinigungen der Labortätigkeit, x Komitee für Marketing und Kommunikation Verantwortlich für interne und externe Kommunikation und Marketing im weitesten Sinne; dies umfasst den Vertrieb von Newslettern, Veröffentlichungen und sonstigen Informationen, x Komitee zur Pflege der Gegenseitigkeitsvereinbarungen Verantwortlich für die tägliche Pflege der Vereinbarungen, x Komitee für Entwicklungsländer Zusammen mit IAF verantwortlich für Beratung von Entwicklungsländern und deren Repräsentation, x Komitee für Finanzen Verantwortlich für den finanziellen Haushalt der ILAC, x Gemeinschaftskomitee für Zusammenarbeit Organisation der Zusammenarbeit zwischen ILAC und IAF, x Gemeinschaftskomitee für Inspektionsstellen Verantwortlich für die Harmonisierung der Akkreditierungsverfahren und der ILAC - IAF Aktivitäten.
7.4 Abbau internationaler Handelshemmnisse durch die WTO
7.4.1 WTO: Aufbau und GATT als internationale Grundlage Die World Trade Organisation (WTO) geht auf das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade, GATT) von 1947 zurück. Die eigentliche Aufgabe dieses Abkommens war es, Zollsenkungen zwischen den Vertragspartnern bzw. den Mitgliedern des GATT vertraglich festzuhalten. Die USA beabsichtigte zunächst, darüber hinaus weitere Verträge zur Regelung des internationalen Handels abzuschließen, die Durchführung dieses Vorhabens scheiterte jedoch. Daher wurde GATT umfangreicher als zunächst geplant und im Laufe der Zeit durch zahlreiche Ergänzungen erweitert. GATT hatte dennoch zahlreiche inhaltliche Lücken, insbesondere gab es keinen effektiven Streitschlichtungsmechanismus4. 4
Volz, G.: Die Organisationen der Weltwirtschaft, München, Wien, Oldenbourg
7.4 Abbau internationaler Handelshemmnisse durch die WTO
157
Daher begannen 1988 Verhandlungen über die Reform von GATT, diese Verhandlungen fanden in Punta del Este in Uruguay statt, daher werden sie auch als „Uruguay-Runde“ bezeichnet. 1994 wurden in Marakesch, Marokko die ausgehandelten Verträge unterzeichnet. Damit war die WTO als Organisation gegründet5. Die Aufgabe der WTO als Organisation besteht darin, den verschiedenen Abkommen eine organisatorische Struktur zu verleihen und so den Texten einen inneren Zusammenhalt zu geben. Die WTO wendet eigene Verfahrensregeln an und setzt Streitschlichtung und Überwachung der Handelspolitik als Instrumente ein, um diese Aufgabe zu erfüllen. begründet
WTO
GATT überwacht, organisiert
Materielles Regelwerk für Welthandel
Verhandlungsforum
Handelsorganisation
TBT
….
Abb. 7.2 Aufbau und Zusammenhänge von GATT und WTO
Für das System von GATT/WTO lassen sich drei verschiedene Funktionsbereiche unterscheiden: Materielles Regelwerk für den Welthandel, Handelsorganisation und Verhandlungsforum (Abb. 7.2). Die WTO als Welthandelsorganisation bildet den gemeinsamen institutionellen Rahmen für die internationale Zusammenarbeit in den Gebieten Wirtschaft, Recht und Politik. Sie soll die in den Anlagen zum WTO-Abkommen aufgezählten zusätzlichen Abkommen betreuen und für weitere Verhandlungen in dem vorgegeben Rahmen das Forum bilden6. Die WTO ist eine eigenständige Rechtspersönlichkeit (Art. VIII7) und hat als Organe die Ministerkonferenz, den Allgemeinen Rat, Spezialräte, Ausschüsse, Generaldirektor und Sekretariat (Abb. 7.3). Die Ministerkonferenz ist das größte Organ der WTO; sie setzt sich aus Vertretern von al-
5 6 7
1998, S. 70-72. Volz, G. S. 72-74. Vgl. Beise, M., S. 156. Art. VIII des agreement establishing the WTO, s.a. www.wto.org.
158
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
len Mitgliedsländern zusammen und tritt mindestens alle zwei Jahre zusammen. Sie übernimmt alle Aufgaben der WTO und entscheidet, welche Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Der Allgemeine Rat ist das wichtigste Organ der WTO und kommt zwischen den Treffen der Ministerkonferenz zusammen, um deren Aufgaben zu übernehmen. An der Spitze des Sekretariats steht der Generaldirektor, der von der Ministerkonferenz ernannt wird. Er ist dafür zuständig, die Beschlüsse des Ministerrates und des Allgemeinen Rates durchzuführen. Darüber hinaus gibt es die Spezialräte, darunter fallen der Warenhandelsrat, der Dienstleistungsrat und der TRIPs-Rat. Bei Entscheidungen, die von der WTO getroffen werden, wird nach dem Konsensverfahren vorgegangen8.
Abb. 7.3 Struktur der WTO
Die Mitglieder der WTO haben ihr die Rechtsfähigkeit eingeräumt, die zum Ausführen ihrer Aufgaben notwendig ist und haben ihr somit auch die Möglichkeit gegeben, mit anderen Organisationen in Verhandlungen zu treten. 1995 wurde das Committee on Trade and Environment (CTE) gegründet. Im Dezember 1996 hat es einige Ergebnisse auf der Ministerial Konferenz in Singapur präsentiert, darunter z.B. die Beziehung zwischen den Regeln des multilateralen Handelssystems und den MEAs (multilateral environmental agreement), sowie zwischen deren strittigen Festlegungsmechanismen. Beim CTE mitwirken können die vollständigen Mitglieder und einige zwischenstaatliche Organisationen, die innerhalb des „Meetings“ einen Beobachterstatus haben. Durch ihr weitgefasstes Mandat trägt die CTE dazu bei, dass Umgebungs- bzw. Umwelt- und langfristige Entwicklungen in die Hauptarbeit der WTO mit einfließen. Die Aufgaben des CTE sind: 8
Vgl. Beise, M., S. 186-200.
7.4 Abbau internationaler Handelshemmnisse durch die WTO
159
x die Beziehung zwischen Handels- und Umgebungsmaße identifizieren, um eine dauerhafte und langfristige Entwicklung zu fördern. x gültige Empfehlungen zu entwickeln, durch die Änderungen der Bestimmungen des multilateralen Handelssystem gefordert werden und die vereinbar mit der offenen, gerechten und nicht diskriminierenden Natur des Systems sind. Die Arbeit des CTE wird u.a. davon geprägt, dass die Kompetenzen der WTO zur Gestaltung von Politik auf den Handel und die Bereiche, die mit dem Handel in Verbindung stehen und erheblichen Einfluss auf die WTO Mitglieder haben beschränkt ist. 7.4.2 Das TBT – Abkommen Das TBT-Abkommen9 ist Teil der Multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde10. Durch dieses Abkommen verpflichten sich die Mitglieder der WTO, die internationalen Normen als Grundlage für ihre technischen Normen zu verwenden. Die Vorrangstellung der internationalen Normen war bereits durch eine Vereinbarung zwischen ISO/CEN bzw. IEC/CENELEC festgelegt worden und wurde durch das TBT-Abkommen auch auf politischer Ebene festgeschrieben. Das Abkommen geht über die europäischen Regelungen insofern hinaus, als in den internationalen Normen auch Anforderungen an den innerbetrieblichen Arbeitsschutz enthalten sind. In den Geltungsbereich des Abkommens fallen nur solche Verfahren und Produktionsvorschriften, die sich direkt auf das Produkt beziehen, mit dem gehandelt werden soll. Außerdem haben die nationalen Staaten die Möglichkeit, die internationalen Normen bei der Ausarbeitung von Vorschriften im Bereich der Produktnormung außer Acht zu lassen, falls dies aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Sicherheit geboten sein sollte. Ziel des TBT Abkommens ist es also, die technischen Vorschriften durch die Anwendung von internationalen Normen zu harmonisieren. Grundsätzlich gilt dabei, dass jedes WTO Mitgliedsland das Recht hat, technische Normen zu erlassen und anzuwenden. Dabei sollen jedoch unnötige Handelshemmnisse vermieden werden. Bei der Realisierung dieses Vorhabens spielen vor allem Prinzipien wie Transparenz, Nichtdiskrimi9 10
Abkommen über technische Handelshemmnisse (technichal barriers to trade). Vgl. Beschluss des Rates vom 22.Dezember 1994, Amtsblatt Nr. L 336 vom 23/12/1994 S. 0001-0002, http://kan.de/pdf/basisdokumente/deu/WTO-TBTAbkommen-de.pdf.
160
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
nierung, gegenseitige Anerkennung der Konformitätsbewertung anderer Mitgliedsländer und Gleichwertigkeit technischer Vorschriften eine Rolle11. Das Abkommen verpflichtet die Mitglieder der WTO, importierte Waren bzgl. technischer Vorschriften genauso zu behandeln wie inländische Waren. Außerdem müssen die Staaten sicherstellen, dass technische Normen nicht angewendet werden, um unnötige Hemmnisse für den internationalen Handel zu schaffen. Die nationalen Normungsinstitutionen sollen sich an den internationalen Verhaltenskodex halten. Außerdem sollen sich die Länder aktiv an der internationalen Harmonisierung von technischen Normen beteiligen und prüfen, ob die technischen Normen anderer Länder anerkannt werden können. Bestehende internationale Normen sollen als Grundlage für nationale technische Vorschriften herangezogen werden und bei Übereinstimmung bzw. Entsprechung einer nationalen und internationalen Norm soll angenommen werden, dass kein unnötiges Handelshemmnis besteht12.
Ziele der WTO-Mitglieder x Weiterentwicklung der Endziele von GATT 1994. x Anerkennung der wichtigen Stellung von internationalen Standards und Konformitätsbewertung. x Sicherstellung, dass technische Verfahren, Standards und Prozesse zur Bewertung von Konformität mit technischen Regeln und Standards keine unnötigen Hindernisse für den internationalen Handel bewirken. x Kein Land soll daran gehindert werden, notwendige Maßnahmen zur Sicherung der Qualität ihrer Exporte, oder zum Schutz von Leben oder Gesundheit, der Umwelt oder zum Schutz vor irreführenden Praktiken durchzuführen.
11
12
Berg, Ch.: Internationale Harmonisierung – Auswirkungen auf Sicherheit und Gesundheitsschutz. Vgl. o.A.: Nichttarifäre Handelshemmnisse, www.bmelv.de.
7.4 Abbau internationaler Handelshemmnisse durch die WTO
161
7.4.3 Eckpunkte des WTO-Abkommens Artikel 1
Generelle Grundlagen: Die Definitionen der UN bzgl. der Begriffe und Bedeutung von Standardisierung und Verfahren zur Konformitätsbewertung gelten als Grundlage für dieses Abkommen. Artikel 2
Vorbereitung, Übernahme und Anwendung von technischen Regelungen durch zentrale staatliche Organisationen: Die Mitglieder sollen sicherstellen, dass importierte Produkte im Bezug auf technische Verfahren nicht schlechter gestellt werden als inländische und dass technische Regeln nicht aufgestellt werden, um den internationalen Handel zu behindern. Es sollen keine unnötigen technischen Standards existieren und die existierenden technischen Standards sollen von den Mitgliedern angewendet werden. Wird eine neue technische Regel angewendet, vorbereitet oder übernommen, muss das Mitglied erklären, dass diese Regel keine unnötigen Handelshemmnisse aufbaut und bei der Entwicklung von neuen Standards sollen die Mitglieder durch Mitarbeit in internationalen Standardisierungsorganisationen aktiv an der Vorbereitung teilnehmen. Existiert ein wichtiger internationaler Standard nicht, oder ist ein Standard unvollständig, oder besteht eine Bedrohung für die Gesundheit, die Sicherheit oder die Umwelt, sollen die Mitglieder darüber informiert werden. Artikel 3
Vorbreitung, Übernahme und Anwendung von technischen Regelungen durch lokale staatliche und nicht staatliche Organisationen: Die Mitglieder sollen den Kontakt mit anderen Mitgliedern, durch die Benachrichtigung, Beschaffung von Informationen und Diskussionen bei Änderungen bzw. Vorbereitung von neuen technischen Regelungen und bei Gefahr für die Sicherheit, Gesundheit und Umwelt fördern.
162
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Artikel 4
Vorbereitung, Übernahme und Anwendung von Standards: Die Mitglieder sollen sicherstellen, dass ihre staatlichen und nichtstaatlichen Standardisierungsorganisationen den Code of Good Practice bei ihrer Arbeit anwenden und erfüllen. Die Mitglieder haben diese Organisationen über das Abkommen zu informieren. Artikel 7
Verfahren zur Konformitätsbewertung durch lokale staatliche Organisationen: Die Mitglieder sollen untereinander zur Bekanntmachung und Bereitstellung von Informationen, für Kommentare und zur Diskussion in Kontakt treten. Die Mitglieder sind für die Einhaltung der Bestimmungen in Artikel 5 und 6 verantwortlich und sollen Mechanismen zu deren Überwachung entwickeln und durchführen. Artikel 8
Verfahren zur Konformitätsbewertung durch nicht staatliche Organisationen: Die Mitglieder sollen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass auch nicht-staatliche Organisationen die Artikel 5 und 6 einhalten und sollen sicherstellen, dass die nicht-staatlichen Organisationen zuverlässige Konformitätsbewertungsverfahren durchführen. Die Mitglieder sollen sicherstellen, dass sich ihre zentralen staatlichen Organisationen auf die Konformitätsbewertungsverfahren der nichtstaatlichen Organisationen verlassen können. Artikel 12
Spezielle und unterschiedliche Behandlung von Mitgliedern aus Entwicklungsländern: Mitglieder aus Entwicklungsländern sollen bevorzugt behandelt werden, ihre besonderen Entwicklung-, Finanz- und Handelserfordernisse sollen berücksichtigt werden und bei der Entwicklung von neuen Standard und Verfahren soll deren Kultur berücksichtigt werden.
7.5 Das PECA-Abkommen
163
Artikel 13
Das Committee in Technical Barriers to Trade (CTE): Das Committee on Technical Barriers to Trade ist durch diesen Vertrag eingesetzt und setzt sich aus Bevollmächtigten aus jedem Mitgliedsland zusammen, es wählt einen Vorsitzenden und setzt Working Parties und andere Organe ein, die mit bestimmten Vollmachten ausgestattet werden.
7.5 Das PECA-Abkommen Die Europa-Abkommen sind eine besondere Form der Assoziierungsabkommen. Sie werden zwischen der Europäischen Union (EUREX®) und bestimmten assoziierten Ländern geschlossen (Artikel 310 EG-Vertrag) und regeln deren Vorbereitung auf den Beitritt zur EU. Die EuropaAbkommen schreiben die Achtung der Menschenrechte, der Demokratie, sowie der Rechtsstaatlichkeit fest und verankern den Grundsatz der Marktwirtschaft. Die Europa-Abkommen werden zunächst für unbegrenzte Dauer geschlossen; sie setzen sich aus mehreren Teilen zusammen: x einem politischen Teil, in dem die bilateralen und multilateralen Konsultationen zu Fragen von beiderseitigem Interesse geregelt werden; x einem handelspolitischen Teil, der die Schaffung einer Freihandelszone vorsieht; x einem Teil "Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Kultur und Finanzen"; x einem Teil, der auf die Angleichung der Rechtsvorschriften, insbesondere in den Bereichen geistiges Eigentum und Wettbewerb abstellt. Die assoziierte Mitgliedschaft ist in dem sogenannten PECA (Protocol to the Europe Agreements on Conformity Assessment and Acceptance of Industrial Products) besiegelt und stattet die einzelnen Staaten mit bestimmten Rechten aus, sich in der Europäischen Union auch ohne vollständige Erfüllung der Beitrittskriterien zu engagieren. Sie können beispielsweise an den Tagungen des Rats der Europäischen Union teilnehmen, in verschiedenen Arbeitsgruppen mitwirken, wobei ihnen auch Stimmrecht gewährt wird. Allerdings ist es ihnen untersagt, Konsensentscheidungen der EU durch Stimmenthaltung oder ein Nein zu blockieren. Der Sinn der assoziierten Mitgliedschaft ist in der Festigung der EU-Strukturen zu sehen sowie der Vorbereitung der jeweiligen Länder auf eine ordentliche Mitgliedschaft. Im Zusammenhang mit dem PECA stehen verschiedene Organe, deren
164
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
berät
M itg lie de rv er tre te n du rc h
unterstützt
im
im
entsendet Mitglieder, macht Vorschläge hinsichtlich zukünftiger Maßnahmen
en et
durch Minister vertreten
tr er rv de lie itg M
verpflichtet
h rc du
erteilt
Zusammenspiel für die Umsetzung von Erweiterungszielen der Europäischen Union von Bedeutung ist (Abb. 7.4). Dies soll am Beispiel der Länder Ungarn und Tschechien verdeutlicht werden.
Abb. 7.4 Zusammenhang der Organe
7.5.1 Ausschüsse und Organisation Der Assoziationsrat
Der Assoziationsrat wacht über die Umsetzung eines Europa-Abkommens. Er setzt sich aus Vertretern des Rates und der Kommission der Europäischen Union einerseits und Vertretern der Regierung des assoziierten Staates andererseits zusammen. Den Vorsitz im Assoziationsrat führt abwech-
7.5 Das PECA-Abkommen
165
selnd ein Mitglied des Rates der Europäischen Gemeinschaft und ein Mitglied der Regierung des assoziierten Staates13. Der Assoziationsrat ist dem Rat der Europäischen Union vergleichbar, nur dass er auf einer anderen Ebene agiert, nämlich auf jener der assoziierten Staaten. Hauptanliegen ist es, die Erweiterung der EU voranzutreiben. Dem Rat obliegt die Verantwortung für das wirksame Funktionieren des PECA. In diesem Rahmen ist er beispielsweise dazu berechtigt, Änderungen der Anhänge im PECA vorzunehmen, Teams mit der Überprüfung der fachlichen Kompetenz notifizierter Stellen zu beauftragen und eine Prüfung der Konformitätsbewertungsverfahren vorzunehmen (Abb. 7.5)14. Kommission der EU
Regierungsvertreter aus CZ bzw. HU
Rat der EU vertreten im
vertreten im
Assoziationsrat Überwacht Umsetzung des PECA Beauftragt Überprüfung notifizierter Stellen Kann Änderung der Anhänge vornehmen Überprüft Konfomitätsbewertungsstellen
Abb. 7.5 Der Assoziationsrat
Der Assoziationsausschuss
Der Assoziationsausschuss unterstützt den Assoziationsrat bei der Erfüllung seiner Aufgaben durch seine beratende Funktion. Im Assoziationsausschuss sind ebenfalls Mitglieder des Rates und der Kommission der Europäischen Union vertreten, sowie die Regierung des assoziierten Staates. Der Assoziationsrat kann seine Befugnisse dem Assoziationsausschuss ü13 14
Vgl. ABl. L 160, Artikel 105, Absatz 4. Vgl. ABl. L 135/5-6 bzw. ABl. L 135/39-40, Artikel 14.
166
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
bertragen15. In der Regel arbeitet der Assoziationsausschuss Empfehlungen für den Assoziationsrat aus. Die Europäische Kommission
Die Europäische Kommission ist mit Initiativ-, Durchführungs-, Management- und Kontrollbefugnissen ausgestattet. Sie hat drei unterschiedliche Funktionen: x sie unterbreitet Rechtsetzungsvorschläge; x sie ist die Hüterin der Verträge; x sie führt die EU-Politiken durch und ist zuständig für die internationalen Handelsbeziehungen. Die Kommission ist ein Kollegium aus 20 unabhängigen Mitgliedern. Sie wird von den Mitgliedsstaaten einvernehmlich für fünf Jahre ernannt und muss vom Europäischen Parlament, dem sie verantwortlich ist, bestätigt werden. Die Kommission ist dafür zuständig, dass vertragliche Regelungen von den Mitgliedsstaaten auch tatsächlich umgesetzt werden. Eine bedeutende Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit der Union spielen die von der Kommission ausgehandelten und anschließend vom Rat unterzeichneten Handels- und Kooperationsabkommen mit einzelnen Drittländern oder Gruppen von Drittländern. So erklärten sich beispielsweise Ungarn und Tschechien dazu bereit, in Abstimmung mit der Europäischen Kommission geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Gemeinschaftsrecht in Bereichen wie Normung, Konformitätsbewertung und Akkreditierung beizubehalten bzw. die Übernahme zu vollenden16. Notifizierung von Stellen
Die folgende Abbildung zeigt das von der Europäischen Union vorgeschriebene Verfahren zu Notifizierung von Zertifizierungsstellen17.
15 16 17
Vgl. ABl. L 135/1 bzw. ABl. L 135/35. Vgl. ABl. L 135/4 bzw. ABl. L 135/38, Artikel 3. Vgl. ABl. L 135/5 bzw. ABl. L 135/39, Artikel 10.
7.5 Das PECA-Abkommen
167
Schriftliche Mitteilung einer Notifizierung
Europäische Union
Ungarn/Tschechien Schriftliche Zustimmung der anderen Vertragspartei erforderlich
Gültigkeit der Notifizierung und fachlichen Kompetenz für die Konformitätsbewertung Rücknahme der Notifizierung einer Stelle unter der Gerichtsbarkeit einer Vertragspartei
Schriftliche Mitteilung an die andere Vertragspartei
Abb. 7.6 Verfahren zu Benennung von Stellen
Die Europäische Union stellt hier eine der beiden Vertragsparteien dar, Ungarn oder Tschechien verkörpern den jeweiligen Vertragspartner. Plant eine Partei die Benennung einer Stelle, muss sie die andere schriftlich benachrichtigen und auf ihre schriftliche Zustimmung warten. Erst nach einer Zustimmung ist die Notifizierung gültig und die Stelle verfügt rechtlich über die fachliche Kompetenz zur Konformitätsbewertung. Liegt der umgekehrte Fall vor und eine Partei plant die Notifizierung einer Stelle rückgängig zu machen, muss sie die andere Vertragspartei ebenfalls schriftlich davon in Kenntnis setzen und diese Rücknahme öffentlich bekannt geben. Die bisher durchgeführten Konformitätsbewertungen dieser Stelle bleiben dabei gültig, außer der Assoziationsrat beschließt gegenteiliges. Die Stelle muss spätestens am Tag der Rücknahme ihrer Benennung die Bewertung der Konformität einstellen.
168
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Überprüfung der notifizierten Stellen
Im PECA wird weiterhin eine Regelung zur Überprüfung bereits notifizierter Stellen getroffen. Abbildung 7.7 zeigt das Verfahren am Beispiel von Ungarn und Tschechien auf, welches anschließend erläutert wird18.
Abb. 7.7 Verfahren zur Überprüfung notifizierter Stellen
Auch hier stellt die Europäische Gemeinschaft eine Vertragspartei dar, Ungarn oder Tschechien die jeweils andere. Eine Partei kann ein Ersuch zur Überprüfung einer notifizierten Stelle an die andere Vertragspartei stellen. Hierbei wird die fachliche Kompetenz und die Erfüllung der gestellten Anforderungen überprüft. Die Partei, die eine Überprüfung fordert, muss ihre Forderung begründen. Die andere Partei ist zu einer umgehenden Berichterstattung ver18
Vgl. ABl. L 135/5 bzw. ABl. L 135/39, Artikel 11.
7.5 Das PECA-Abkommen
169
pflichtet. Falls gewünscht, ist auch eine gemeinsame Untersuchung möglich. Allerdings erfordert diese die uneingeschränkte Zusammenarbeit aller Stellen und Behörden beider Parteien. Falls die Überprüfung – gleich, ob von nur einer Vertragspartei oder gemeinsam durchgeführt – zu keinem befriedigenden Ergebnis für beide Parteien führt, kann der Vorsitzende des Assoziationsrats benachrichtigt werden. Solange sich der Vorsitzende des Assoziationsrats mit der Angelegenheit befasst und noch keinen Beschluss gefasst hat oder diesbezüglich anders entscheidet, ist die Notifizierung der Stelle ganz oder teilweise ausgesetzt. 7.5.2 Akkreditierende Institutionen der unterzeichnenden Staaten Die Norm DIN EN 17024 „Allgemeine Anforderungen an die Begutachtung und Akkreditierung von Zertifizierungsstellen“ dient als Grundlage aller Akkreditierungsverfahren im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Es bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, wie und ob sie diese Norm umsetzen. Sie stellt die einzigen Anforderungen an die Akkreditierungsstellen. Ein anderes oder spezifischeres Regelwerk gibt es nicht. Die Behörden der Mitgliedsstaaten haben sich nur nach Mindestkriterien zu richten, damit nicht unnötig in ihre Kompetenz oder die Hoheit der Mitgliedsstaaten eingegriffen wird. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft vertrauen gegenseitig auf die Umsetzung der empfohlenen Richtlinien und Normen im nationalen Recht, was - bei entsprechender Durchführung - weitere Vorschriften in diesem Bereich auch überflüssig macht. Daher gibt es z.B. in Deutschland auch kein Akkreditierungsgesetz, in anderen Staaten der Gemeinschaft teilweise schon; dies verdeutlich die individuelle Umsetzung in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Weiter lässt sich erwähnen, dass die Akkreditierung in einen gesetzlich geregelten und einen gesetzlich nicht geregelten Bereich aufgeteilt ist. Im gesetzlich geregelten Bereich existieren – wie der Name schon sagt – „durch Rechtsvorschriften festgelegte Regelungen“, während im gesetzlich nicht geregelten Bereich „keine Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder nationale Rechtsvorschriften existieren und alle Aktivitäten freiwillig auf Vertragsbasis geregelt werden“. In Deutschland z.B. hat der Deutsche Akkreditierungsrat (DAR) ein Regelwerk für diesen gesetzlich nicht geregelten Bereich entworfen. Die Mitgliedschaft ist freiwillig, setzt aber die Einhaltung dieses Regelwerks voraus. Die Vorgehensweise bei der Akkreditierung einer Stelle ist in der Norm
170
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
DIN EN 17024 aufgeführt. Sie empfiehlt eine Prüfung aller relevanten Dokumente der zu akkreditierenden Stelle durch eine fachlich kompetente, unparteiische und unabhängige Person bzw. Gremium. Eine weitere Person oder Gremium wird mit der Begutachtung vor Ort beauftragt, um sicherzustellen, dass die Stelle über die entsprechende Ausstattung an Personal und Prüfeinrichtungen verfügt, ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit gewährleistet ist, so dass sie ihren Kunden die entsprechende Vertraulichkeit bieten kann. Alle Vorgänge in Zusammenhang mit der Akkreditierung sind zu dokumentieren und nach gegebenen Vorschriften aufzubewahren. Nähere Umschreibungen über Anforderungen an die Akkreditierungsstellen und das Akkreditierungsverfahren sind in der Norm DIN EN 17024 zu finden; u.a. auch eine Beschreibung der Struktur einer Akkreditierungsstelle. Diese Struktur wird im folgenden für Ungarn und Tschechien dargestellt werden.
Abb. 7.8 Akkreditierung in Tschechien
7.5 Das PECA-Abkommen
171
Abb.:7.9 Akkreditierung in Ungarn
Um die Zusammenarbeit zwischen den Staaten und den verschiedenen Organisationen zu gewährleisten, schreibt das PECA gezielt die gegenseitige Verpflichtung zum Informationsaustausch vor (siehe Abb. 7.10)19. Zur Umsetzung dieser Forderung dienen nationale und internationale Verbindungen. National müssen die Vertragsparteien die Richtlinien und Normen der Europäischen Union in ihrem nationalem Recht umsetzen. Weiterhin wird gefordert, dass jeder Staat auf die Mitarbeit und Zuverlässigkeit seiner benannten Stellen und Behörden zählen kann und ihnen bzgl. der Einhaltung der Richtlinien vertrauen kann. Länderübergreifende Verbindungen bestehen zwischen den Regierungen der beteiligten Staaten, aber auch zwischen deren notifizierten Stellen und notifizierenden Behörden.
19
Vgl. ABl. L 135/5 bzw. ABl. L 135/39, Artikel 12
172
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Abb. 7.10: Informationsaustausch
7.6 Das MRA Das Mutual-Recognition-Agreements (MRA) umfasst das 7-seitige Rahmenabkommen sowie sechs Sektorale Anhänge in den Bereichen x x x x x x
Telekommunikation, Elektromagnetische Verträglichkeit, Elektrische Sicherheit, Sportboote, Gute Hertsellungspraxis und Medizinprodukte.
Das am 14. Mai 1998 verabschiedete Rahmenabkommen besteht aus insgesamt 20 Artikeln und einem Einführungstext. In diesem Text geben die zwei Vertragsparteien, die Europäische Gemeinschaft und die Regierung von Kanada, ihre Motivation und den Zweck des Abkommens bekannt. Das Abkommen wurde nach dem Abkommen von 1976 über die handelspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit zur „Weiterentwicklung des Dialoges im Bereich der Normen“ getroffen, um „einen förmlichen Rahmen für die Zusammenarbeit im Bereich der gegenseitigen Anerken-
7.6 Das MRA
173
nung der Konformitätsbewertung zu schaffen“20. Der Zweck des Abkommens besteht darin, die Regeln für einen freien, ungehinderten Welthandel zu stärken. Durch gegenseitige Anerkennung der Konformitätsprüfungen, Bescheinigungen und Kennzeichen und unter Aufrechterhaltung der hohen Gesundheits- und Sicherheitsstandards kommen die Vertragsparteien somit ihren Verpflichtungen aus dem WTO-Übereinkommen über technische Handelshemmnisse nach. Begriffe
Rahmenabkommen
Sektorale Anhänge Allgemeine Geltungsbereich Pflichten Übergangsregelungen Zivilrechtliche Haftung KonformitätsÜberprüfung & Benennende Behörden bewertungsstellen Suspendierung Gemischte Informations- Überwachung des Gemischter Ausschuss InformationsSektorgruppe austausch Abkommens austausch Sektorale Sektorale Schutzmaßnahmen Marktzugang Gebühren Kontaktstelle Kontaktstelle Geographischer Inkrafttreten, Änderung, SchlussDrittstaaten Geltungsbereich Geltungsdauer bestimmungen Telekommunikationsendgeräte Elektromagnetische Sicherheit Elektrische Sicherheit Sportboote Gute Herstellungspraxis Medizinprodukte
Abb. 7.11 Aufbau des MRA Kanada
In Artikel I werden zunächst folgende, für das Abkommen wichtige Begrifflichkeiten definiert: x x x x x x 20
Abkommen, Konformitätsbewertung, Konformitätsbewertungsstelle, Benennende Behörde, Benennung und Regelungsbehörde. MRA Kanada, S. 4.
174
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Die Begriffsdefinitionen sind sehr kurz, aber dennoch prägnant gehalten. Allerdings bleiben weiterführende Fragen offen; so ist etwa die Konformitätsbewertung ohne weitere Erläuterung als systematische Prüfung definiert. Außerdem bleibt den Definitionen vorbehalten, dass sie in den Sektoralen Anhängen näher erläutert werden. Allgemein werden durch die Definitionen schon die Beziehungen der relevanten Organisationen untereinander deutlich. Eine Konformitätsbewertungsstelle führt die Konformitätsbewertung, welche in unserem Sprachgebrauch mit Zertifizierung bezeichnet wird, für ein Produkt, ein Verfahren oder eine Dienstleistung durch. Die Benennende Behörde benennt, überwacht oder suspendiert in ihrem Gebiet die Konformitätsbewertungsstellen, weswegen diese als Benannte Stellen bezeichnet werden. Die Benennung ist demnach die Anerkennung einer Konformitätsbewertungsstelle durch die Benennende Behörde. Der Begriff Akkreditierung taucht in den Begriffsbestimmungen und auch in dem gesamten Rahmenabkommen nicht auf, sondern wird vielmehr erst in dem Sektoralen Anhang für Medizinprodukte näher bestimmt.
Abb. 7.12 Allgemeine Pflichten
Im Anschluss an die Begrifflichkeiten folgen im Artikel II die Allgemeinen Pflichten; sie bestimmen zum einen die Sektoralen Anhänge als Teil des Abkommens und erkennen die Gültigkeit des Abkommens nach einer eventuellen, in den Sektoralen Anhängen bestimmten Übergangszeit an. Zum anderen folgen 3 Absätze von wesentlich größerer Bedeutung: Demnach erkennt die kanadische Regierung die Ergebnisse der europäischen vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren und deren Konformi-
7.6 Das MRA
175
tätskennzeichnung an und vice versa. Die dafür vorgesehenen Vorschriften stehen in den Sektoralen Anhängen. Somit ist also jede Vertragspartei dazu verpflichtet, die von den Benannten Stellen im anderen Wirtschaftsraum durchgeführte Zertifizierung anzuerkennen. Art. III Abs. 5 betont allerdings, dass dies weder eine gegenseitige Anerkennung der Normen oder technischen Vorschriften bedingt noch eine gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit der Normen oder technischen Vorschriften, es sei denn, dies ist explizit in den Sektoralen Anhängen erwähnt. In Artikel III wird der Geltungsbereich geregelt: Das Abkommen gilt demnach für die unter die Sektoralen Anhänge fallende Produkte, im Falle des MRA Kanada also für die bereits oben erwähnten Bereiche der sechs Sektoralen Anhänge. Artikel III enthält einen Katalog von Regelungsbereichen: x Angabe der unter den Anhang fallenden Produkte, x Angabe von Rechts- und Verwaltungsvorschriften bzgl. des Konformitätsbewertungsverfahrens und der technischen Vorschriften, x Liste oder eine Bezugsquelle der Liste von Bewertungsstellen, x Liste der zuständigen Behörden für die Benennung von Bewertungsstellen, x Beschreibung der Verpflichtungen zur gegenseitigen Anerkennung, x sektorale Übergangsbestimmungen, x Beschreibung der Gemischten Sektorgruppe, x Kontaktstelle im Gebiet jeder Vertragspartei für den betreffenden Sektor und x Leitlinien für Korrekturmaßnahmen. Diese Inhalte sind zwar nicht verpflichtend, stellen aber dennoch eine Art Mindestanforderung an die Inhalte der Sektoralen Anhänge dar, da diese Punkte dort bestimmt werden und nicht im Rahmenabkommen.
Abb. 7.13 Übergangsregelungen gemäß Art. IV
Daran schließt sich Artikel IV über Übergangsregelungen an, nach dem Regeln für die Übergangsphase bis zur Geltung des Abkommens festgelegt
176
7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
werden müssen. Normalerweise wird der Schritt zur gegenseitigen Anerkennung nach der Übergangsphase vollzogen, wenn nicht anhand von Dokumenten der Nachweis für die mangelnde fachliche Kompetenz der Konformitätsbewertung einer Vertragspartei erbracht wird. Im Artikel V wird die zivilrechtliche Haftung bestimmt. Dort wird geregelt, dass das Abkommen in keiner Weise eine Änderung der im Gebiet einer Vertragspartei geltenden Rechtsvorschriften über die zivilrechtliche Haftung der in dem Zertifizierungsprozess involvierten Organisationen und Behörden berührt wird. Des Weiteren sollen die Konformitätsbewertungsstellen „angemessene Vorkehrungen“ für die Haftung im Zusammenhang mit ihren Geschäften und Tätigkeiten im Rahmen dieses Abkommens treffen; diese angemessenen Vorkehrungen werden allerdings nicht weiter spezifiziert. Auch sind die Parteien bei Klagen oder eingeleiteten Verfahren bzgl. dieses Abkommens zur Zusammenarbeit bei der Ermittlung und Verteidigung und auch zu gegenseitiger Information verpflichtet. Die Regelungen bezüglich der Benennenden Behörden bilden den Gegenstand des Artikels VI. Demnach sind die Benennenden Behörden für die Benennung der in den Sektoralen Anhängen aufgeführten Konformitätsbewertungsstellen zuständig und darüber hinaus für deren Überwachung, Suspendierung und auch dem Widerruf der Bennennung. Zudem müssen die Benennenden Behörden sicherstellen, dass sie x über die „erforderliche Befugnis“ für diese Aufgaben verfügen, x über die Suspendierung einer Benannten Stelle und deren Aufhebung unverzüglich die andere Vertragspartei und den Gemischten Ausschuss informieren und x Informationen über diejenigen Verfahren austauschen, mit denen sie sicherstellen, dass die Benannten Stellen die in dem MRA angegebenen Rechts- und Verwaltungs-vorschriften auch einhalten. Artikel VII behandelt die Konformitätsbewertungsstellen. Im Anhang der Benennung gibt die Benennende Behörde an, für welche Konformitätsbewertungen die Benannte Stelle akkreditiert und benannt wurde. Voraussetzung für die Benennung ist „ausreichende fachliche Kompetenz“ für die Dienste und Leistungen einer Konformitätsbewertungsstelle. In der Anlage V des Sektoralen Anhangs über Medizinprodukte finden sich allgemeine Bedingungen und Anforderungen an Konformitätsbewertungsstellen. Demnach verfügen Benannte Stellen über x Wissen, Verständnis und Erfahrung bezüglich der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der anderen Vertragspartei,
7.6 Das MRA
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x technische Kenntnis der betreffenden Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen, x Verständnis der technischen Normen und der allgemeinen Anforderungen an den Schutz gegen Risiken, x Erfahrung mit den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, x materielle Voraussetzungen für die Durchführung der Konformitätsbewertung, x eine angemessene Verwaltung, x etwaige andere Voraussetzungen für die Gewährleistung einer dauerhaft angemessenen Durchführung der Bewertungen und x auf international anerkannte Dokumente gestützte fachliche Kompetenz sowie spezifische Unterlagen über ihre Auslegung. In Anlage III des Sektoralen Anhangs finden sich Kriterien, die Bestandteile eines Programms zur Vertrauensbildung sein sollen. In den Anlagen 4, 5 und 6 des Sektoralen Anhangs zur Guten Herstellungspraxis sind ähnliche Kriterien aufgeführt, die ebenso als ein Grundgerüst der Anforderungen an eine Konformitätsbewertungsstelle verstanden werden können. Dazu gehören unter anderem die Notwendigkeit der gegenseitigen Prüfung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Richtlinien und Maßnahmen, Methoden des Qualitätsaudit, Methoden der wissenschaftlich-technischen Bewertung, Bewertungs- und Prüfberichte, Warn- und Krisenmanagementsysteme und viele andere. Die Beachtung dieser Kriterien fördert letztendlich auch eine einheitliche Durchführung der Konformitätsbewertung. Die Forderung nach Austausch von Dokumentationen beider Vertragsparteien bzgl. der eben erwähnten Punkte verpflichtet im Grunde beide Parteien, die Standards, nach denen sie zertifizieren, offen zu legen. Nach dieser Offenlegung bewerten die Parteien noch in der Prüfphase die Methoden der anderen Partei und erkennen deren Vorteile und Mängel. Über diese können sie sich in der Prüfphase noch einig werden. Somit ist es scheinbar Aufgabe der Sektoralen Anhänge, derartige Bestimmungen festzulegen. Trotzdem finden sich solche Bestimmungen nur in den zwei benannten Sektoralen Anhängen. Ein möglicher Grund dafür ist, dass es für den Medizinischen Bereich schon andernorts sehr ausführliche Leitlinien gibt, beispielsweise das MEDDEV-Dokument, die derartige Kriterien regeln. Bedenkt man allerdings, dass sich die Sektoralen Anhänge nur mit den für ihren Bereich relevanten Punkte befassen, kann man die erwähnten Bestimmungen und Kriterien nicht für allgemeingültig für alle Produktbereiche erklären. Somit bedürfen die in Artikel VII angesprochenen Voraussetzungen zur Durchführung der Konformitätsbewertung dringend auch in den anderen Sektoralen Anhängen einer Konkretisierung. Artikel VIII behält jeder Vertragspartei das Recht vor, in Ausnahmefäl-
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7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
len die fachliche Kompetenz einer Konformitätsbewertungsstelle und damit die Erfüllung der Anforderungen durch diese Stelle anzufechten. Die Anfechtung wird an den Gemischten Ausschuss unter schriftlicher Darlegung objektiver und sachdienlicher Argumente gerichtet. Dieser kann daraufhin eine Überprüfung der Stelle und danach eine Suspendierung anordnen. In gegenseitigem Einvernehmen können die Vertragsparteien auch Zusammenarbeit bei der Überprüfung beschließen; ansonsten überprüft nur die Partei, in deren Gebiet die Benannte Stelle ihren Sitz hat. Es findet sich allerdings keinerlei Hinweis darauf, wie eine solche Überprüfung verläuft. Bereits erteilte Konformitätsbescheinigungen bleiben allerdings selbst bei einem Widerruf der Benennung gültig, soweit die „zuständige Regelungsbehörde“ keine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit durch die zertifizierten Produkte, Verfahren oder Dienstleistungen erwartet. Den Widerruf der Benennung kann der Gemischte Ausschuss oder die Benennende Behörde erteilen.
Abb. 7.14: Überprüfung und Suspendierung lt. Art. VIII
Ein reger Informationsaustausch zwischen den zwei Parteien wird durch Artikel IX gefordert. Er soll sich über die Durchführung der Verwaltungsund Rechtsvorschriften der Sektoralen Anhänge, über Änderungen dieser Vorschriften und über Änderungen ihrer Benennenden Behörden und Benannten Stellen erstrecken. Zuständige Organe für diesen Informationsaustausch werden nicht benannt. Durch diesen Artikel ist jedoch sichergestellt, dass jede Partei über die Anforderungen und die Bestimmungen der Sektoralen Anhänge informiert ist und auf Änderungen reagieren kann. Zur Überwachung dieses Abkommens können jederzeit Konsultationen im Gemischten Ausschuss abgehalten werden und eine Überprüfung und neue Bewertung einer Benannten Stelle eingeleitet werden. In Artikel XI werden eingehend die Aufgaben und Befugnisse des Or-
7.6 Das MRA
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gans des Gemischten Ausschusses geklärt. Demnach wird dieser aus beiden Parteien zusammengesetzt und ist für das wirksame Funktionieren des Abkommens verantwortlich. Er tritt mindestens einmal jährlich zusammen und gibt seine Beschlüsse einvernehmlich ab. Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehören das Einsetzen einer Gemischten Sektorgruppe im Rahmen eines Sektoralen Anhangs und die Prüfung aller mit dem Funktionieren des Abkommens zusammenhängenden Fragen. Seine Zuständigkeit wird noch mit einem nicht abschließenden Katalog von Aufgaben spezifiziert, die in Abb. 7.15 aufgeführt sind. Inkraftsetzung eines Beschlusses zur Benennung oder Widerrufung der Bennennung einer Konformitätsbewertungsstelle (KBS)
Änderung der Sektoralen Anhänge
Informationsaustausch über Verfahren zur Feststellung der erforderlichen Kompetenz einer KBS
Gemischter Ausschuss
...
Behandlung aller Fragen im Zusammenhang mit der Durchführung des MRA
Informationsaustausch und Notifizierung der Änderungen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Sektoralen Anhänge
Bestimmung des Status einer KBS, deren fachliche Kompetenz angefochten wurde
Abb. 7.15 Aufgaben des Gemischten Ausschusses
Das Verfahren für die Benennung einer Konformitätsbewertungsstelle bildet Absatz 4 des Artikels XI. Artikel XII befasst sich in gleicher Weise mit der Gemischten Sektorgruppe, welche aus Vertretern der Benennenden Behörde, der Regelungsbehörden und Sachverständigen beider Parteien zusammengesetzt ist und sich mit spezifischen Konformitätsbewertungs- und Regelungsfragen eines Sektors befasst. Die Gemischte Sektorgruppe ist demnach am engsten mit den jeweiligen Forderungen und Verfahrensweisen der Konformitätsbewertung eines Bereiches vertraut und prüft sogar die Auslegung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Sie ist somit ein sehr einflussreiches Organ in der Kette der MRA-Organisationen.
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7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
Abb. 7.16 Aufgaben der Gemischten Sektorgruppe
Artikel XIV regelt, dass jede Vertragspartei gemäß ihres innerstaatlichen Rechts geeignete Maßnahmen treffen darf, um ein unter den Sektoralen Anhang fallendes Produkt vom Markt zu nehmen, dessen Einführung oder freien Verkehr zu verhindern oder auch eine Produktrückrufaktion durchzuführen, wenn das Produkt die Gesundheit oder die Sicherheit der Anwender gefährdet oder auch eine andere Anforderung des Sektoralen Anhangs nicht erfüllt. Dafür ausreichend ist bereits der Grund zu der Annahme einer Gefährdung oder Nichterfüllung der Anforderungen. Gemäß Artikel XV ist die Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung davon abhängig, dass jede Vertragspartei den Marktzugang für zertifizierte Produkte aufrecht erhält und sie Verwaltungs- und Regelungsbehörden zur Durchführung dieses Abkommens einsetzt.
7.6 Das MRA
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Checkliste: Internationale Abkommen 9 MLA: Multilateral Recognition Agreements sind internationale Abkommen im gesetzlich nicht geregelten Bereich. Sie werden u.a. zwischen einzelnen Akkreditierungsstellen getroffen und legen Kriterien fest, nach denen private Akkreditierer arbeiten müssen, wenn sie international anerkannt sein wollen. 9 MRA: Mutual Recognition Agreements sind länderübergreifende Abkommen im gesetzlich geregelten Bereich über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen reglementierter Erzeugnisse. Die jeweils exportierenden Partei des Abkommens wird ermächtigt, Erzeugnisse vor dem eigentlichen Export in ihrem eigenen Staatsgebiet nach den Regelungen der anderen Vertragspartei zu prüfen und zu zertifizieren. Die importierende Parte wiederum willigt durch Zustimmung zu den Bedingungen des MRAs ein, alle Prüfungen, Bescheinigungen und Genehmigungen von zugelassenen Konformitätsbewertungsstellen des ausführenden Landes zu akzeptieren, so dass die Erzeugnisse ohne zusätzliche Verfahren ausgeführt und auf den Markt der anderen Vertragspartei gebracht werden können. 9 WTO: World Trade Organisation, geht auf das allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade, GATT) von 1947 zurück. Die ursprüngliche Aufgabe dieses Abkommens war es, Zollsenkungen zwischen den Vertragspartnern bzw. den Mitgliedern des GATT vertraglich festzuhalten. Im Rahmen der Reform von GATT wurde WTO 1994 gegründet. WTO koordiniert verschiedene Abkommen, z.B. durch Streitschlichtungs- oder Überwachungsmaßnahmen. WTO ist materielles Regelwerk, Handelsorganisation und Verhandlungsforum. 9 TBT: Das Abkommen über technische Handelshemmnisse (technical barriers to trade) verpflichtet die Mitglieder der WTO, die internationalen Normen als Grundlage für ihre technischen Normen zu verwenden und somit auch Anforderungen an den innerbetrieblichen Arbeitsschutz miteinzubeziehen. Ziel des TBT Abkommens ist es, die technischen Vorschriften durch die Anwendung von internationalen Normen zu harmonisieren. Das Abkommen verpflichtet die Mitglieder importierte Waren bzgl. technischer Vorschriften genauso zu behandeln wie inländische Waren. Außerdem müssen die Staaten sicherstellen, dass technische Normen nicht angewendet werden, um unnötige Hemmnisse für den internationalen Handel zu schaffen.
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7 Das weltweite Zertifizierungs- und Akkreditierungssystem
9 PECA: Protocol to the Europe Agreements on Conformity Assessment and Acceptance of Industrial Products. Es handelt sich um Assoziierungsabkommen, die zwischen der Europäischen Union (EUREX®) und bestimmten assoziierten Ländern geschlossen werden (Artikel 310 EG-Vertrag) und deren Vorbereitung auf den Beitritt zur EU regeln. Die assoziierte Mitgliedschaft ist im PECA besiegelt und stattet die einzelnen Staaten mit bestimmten Rechten aus, sich in der Europäischen Union auch ohne vollständige Erfüllung der Beitrittskriterien zu engagieren.
Leserorientierung: Kapitel 7 soll dem Leser einen Überblick über die Förderung des freien Warenverkehrs, wie sie über die Grenzen des europäischen Binnenmarktes hinaus durch internationale Abkommen betrieben wird, geben. Anhand der Qualifikation von Akkreditierungsstellen wird die gegenseitige Akzeptanz von Prüfungsergebnissen sowohl für den gesetzlich geregelten als auch für den ungeregelten Bereich dargestellt und insbesondere die Begriffe der MRAs und MLAs erläutert. Die praktische Umsetzung international kompatibler Akkreditierungstätigkeit wird dem Leser mittels der ausführlichen Darstellung einzelner Abkommen näher gebracht; im Anschluss an die Darstellung von WTO und TBT wird insbesondere auf PECA unter Bezugnahme auf die konkreten Beispiele Tschechien und Ungarn näher eingegangen, wobei auch die zuständigen Organe mit ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich vorgestellt werden.
8 Kennzeichnungen
8.1 EU-Konformitäts-Selbstkennzeichnung Schon vor dem Globalen Konzept sahen einzelne Richtlinien vor, dass die Hersteller in eigener Verantwortung bei Erfüllung der Voraussetzungen der jeweiligen Richtlinie eine Kennzeichnung auf den Produkten anbringen konnten, sog. Konformitäts-Selbstkennzeichnung. Es gab zahlreiche Kennzeichnungstypen. Am bekanntesten dürfte hier das EG-Zeichen sein. Wird dieses auf Fertigpackungen neben Angaben zur Füllmenge gesetzt, so bedeutet das, dass die Füllmenge der EG-Richtlinie 76/211/EWG vom 20. Januar 1976 entspricht, die durch die Fertigverpackungs-Verordnung in das deutsche Recht umgesetzt wurde. Abb. 8.1 zeigt noch weitere Selbstkennzeichnungen. Durch die Verwendung verschiedener Kennzeichen entstand - insbesondere für den Verbraucher - eine unübersichtliche Situation. Seit 1988 wird daher nur noch das CE-Zeichen in den Richtlinien verwandt. Nr. 1
Zeichen
Bedeutung a) Messgerät, das den Bestimmungen einer EG-Einzelrichtlinie entspricht, bei dem jedoch eine EWG-Bauartzulassung nicht erforderlich ist b) Sicherheit von elektrischen Geräten der Human- und Veterinärmedizin
EGRichtlinie Nr., vom 71/316 EWG 26. Juli 1971 84/539/EWG 17. Sept. 1984
184
8 Kennzeichnungen
Abb. 8.1 Weitere Selbstkennzeichnungsymbole
8.2 EU-Konformitätszeichen der zugelassenen Zertifizierungsstellen Alle deutschen Prüfstellen, die durch die Gerätesicherheits (GS)-Prüfstellen-Verordnung anerkannt sind (siehe Abb. 8.2), sind ebenfalls Zertifizierungsstellen nach der Niederspannungsrichtlinie 73/23/EWG und daher im Amtsblatt der EU mit ihren Konformitätszeichen aufgeführt, sofern sie für elektrische Arbeitsmittel benannt sind. Die EG-Konformität wird hier also durch ein nationales Konformitätszeichen ausgedrückt.
Abb. 8.2 Das GS-Zeichen
Es existieren etwa 70 verschiedene Zeichen innerhalb der gesamten EU. Es handelt sich hierbei um freiwillige Prüfungen, für die ein einheitliches Zeichen bisher vom Markt nicht gefordert wurde. In Sektoren, in denen die Einhaltung der EU-Richtlinie durch nationale,
8.3 CE-Konformitätszeichen
185
meist staatliche Stellen obligatorisch überprüft wird, wie z.B. Eichwesen, Explosionsschutz und Lärmschutz, wurden dagegen einheitliche EUKonformitätszeichen eingeführt. Die Tabelle zeigt, dass diese Einheitlichkeit nur für die jeweilige Richtlinie ihre Gültigkeit hatte. Diese obligatorischen EU-Zeichen waren weit von einer benutzerfreundlichen Transparenz entfernt. Die Rolle der EU-Zeichen wird nun von dem -Zeichen übernommen, das mit dem Zeichen der jeweiligen Zertifizierungsstelle versehen wird1. Nr.
Zeichen
Bedeutung
EGRichtlinie Nr., vom
1
EWG-Bauartzulassung von Messgerä- 71/316/EWG ten (mit Angabe der Zulassungsbehör- 26. Juli 1971 de, des Zulassungsjahres und einer Kenn-Nr.)
2
EWG-Eichzeichen für die EWG-Erst- 71/316/EWG eichung 26. Juli 1971
3
EWG-Bauartzulassung eines Messge- 71/316/EWG rätes, für das keine EWG-Ersteichung 26. Juli 1971 vorgeschrieben ist.
4
Baumustergeprüftes elektrisches Be- 79/196/EWG triebsmittel für explosionsgefährdete 8. Feb. 1979 Räume Bescheinigter Schalleistungspegel in 84/532/EWG Dezibel (A) über 1 Pikawatt bis 84/538/EWG 17.Sept.1984 Abb. 8.3 Verwendungsbeispiele
1
ABl. 1993, L 220 v. 30.8.1993.
186
8 Kennzeichnungen
8.3 CE-Konformitätszeichen Die Konformität mit den Richtlinien wird heute in allen Fällen durch das Anbringen des CE-Kennzeichens dokumentiert2. Die Kennzeichnung wurde durch die CE-Änderungsrichtlinie und den Modul-Beschluss vom 22.7.93 vereinheitlicht. Die Änderungsrichtlinie harmonisiert die verschiedenen Richtlinien, die nach der neuen Konzeption erlassen wurden, soweit die Richtlinien voneinander abweichende Kennzeichnungsgrundsätze enthalten. (Art. 1 der RL v. 22.7.933 nennt die insoweit geänderten Richtlinien). Einheitlich wird in den Richtlinien der Begriff „EG-Zeichen“ durch die Bezeichnung „CEKennzeichen“ ersetzt. Das Inkrafttreten der neuen Kennzeichnungsregeln wurde auf den 1.1.1995 festgesetzt. Es gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren, die allerdings an die Mitgliedstaaten gerichtet ist und die diese nicht „auszuschöpfen“ brauchen. Das CE-Zeichen ist seitdem auf allen Produkten, die unter eine Richtlinie nach neuer Konzeption fallen, anzubringen, wenn die entsprechende Richtlinie nationalstaatlich umgesetzt ist, und vom Nationalstaat evtl. bestimmte Übergangsfristen abgelaufen sind. Wenn der Hersteller sich bereits während der Übergangszeit nach den Anforderungen der jeweiligen Richtlinie richtet, so darf er das CE-Zeichen schon zu dieser Zeit anbringen. In diesem Fall müssen die den Erzeugnissen beiliegenden Unterlagen die Nummern der für die Erzeugnisse geltenden Richtlinien entsprechend ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt tragen (Modul-Beschluss, Anhang I Bc)4. Es soll zweifelsfrei erkennbar sein, welche Richtlinien beachtet wurden und welche nicht.
Abb. 8.4 Das CE-Kennzeichen
2
3 4
Vgl. Beschluss des Rates v. 22.7.1993 (Modulbeschluss und „Regeln für die Anbringung und Verwendung der CE-Konformitätskennzeichnung) ABl. Nr. L 220 v. 30.8.93. ABl. Nr. 220 v. 30.8.93. ABl. Nr. L 220, 23, 26 und ABl. Nr. L 220/1, 7 Art. 5 Nr. 6, 3.
8.3 CE-Konformitätszeichen
187
„CE“ ist keine Abkürzung mit eigenem Sinngehalt, sondern verdeutlicht, dass das so gekennzeichnete Produkt den einschlägigen Rechtsvorschriften, die auf europäischem Recht beruhen, entspricht. Das CE-Zeichen ist daher ein Verwaltungszeichen, eine Art "Reisepass" für Konsum- und Industriegüter. Nach Ansicht der EU-Kommission ist das Zeichen in erster Linie für den Prüfer bestimmt, der für die Marktüberwachung zuständig ist, denn es signalisiert diesem, dass sich der Hersteller, wenn auch nur nach eigener Einschätzung, rechtskonform verhalten hat5. Der Hersteller hat sich vor dem Anbringen des Zeichens zu vergewissern, dass das Erzeugnis alle Gemeinschaftsrichtlinien die es berührt, erfüllt und allen vorschriftsmäßigen Konformitätsverfahren unterzogen worden ist. Durch das CE-Zeichen wird also eine Konformitätsvermutung begründet. Das bedeutet für die Praxis, dass nicht der Hersteller zunächst die Übereinstimmung mit den Richtlinien beweisen, sondern die überwachende Behörde nachweisen muss, dass insoweit Defizite bestehen6. Das CE-Kennzeichen ist für das Teilgebiet des gesetzlich geregelten Bereiches relevant. Dort müssen die Produkte das CE-Zeichen - äußerlich sichtbar - tragen, wenn sie den grundlegenden Anforderungen der einschlägigen Richtlinien nach der "neuen Konzeption" genügen. Fällt das Produkt unter mehrere Richtlinien, so bedeutet die Anbringung des CE-Zeichens die Konformität mit allen diesen Richtlinien. Nationale 5
6
Aus dem Anhang II der MaschRL i.V.m. Art. 8 Abs. 1 MaschRL folgt, welchen Inhalt die vom Hersteller abzugebende Konformitätserklärung haben muss: Namen und Anschrift des Herstellers oder seines in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten, eine Beschreibung der Maschine, die Angabe aller einschlägigen Bestimmungen, denen die Maschine entspricht, ggf. die Nummer der EG-Baumusterbescheinigung, die Fundstellen der harmonisierten Normen oder nationalen technischen Normen, die angewandt wurden. Der Hersteller hat diese Dokumentation nur anzulegen, nicht prüfen zu lassen. Nur bei den Maschinen, die in Anhang IV der MaschRL aufgeführt sind und die von den nach Art. 5 MaschRL erlassenen Normen abweichen, reicht die Herstellerbescheinigung nicht aus. Vgl. Reuter, CR 1990, S. 540, 543. Es dürfen keine zusätzlichen staatliche oder sonstige Bescheinigungen verlangt werden. Die Mitgliedstaaten dürfen weder den Import noch die Inbetriebnahme des Produkts von weiteren Prüfungen oder Zertifizierungen abhängig machen. Im Anwendungsbereich der Maschinenrichtlinie gibt es allerdings ein „Sonderverfahren“ (Art. 6 u. 7 MaschRL). Es kommt dann in Betracht, wenn ein Mitgliedstaat zu der Auffassung kommt, dass harmonisierte Normen nicht vollständig den einschlägigen grundlegenden Anforderungen der Richtlinie entsprechen bzw. wenn ein Mitgliedstaat feststellt, dass CE-gekennzeichnete Maschinen die Sicherheit von Personen und ggf. von Haustieren und Gütern zu gefährden drohen.
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8 Kennzeichnungen
Zeichen für die Konformität mit europäischen oder nationalen Normen können weiterhin neben dem CE-Zeichen bestehenbleiben, jedoch können diese nationalen Konformitätszeichen keine Übereinstimmung mit Rechtsvorschriften der Gemeinschaft anzeigen. Auch darf ein Nebeneinander mehrerer Zeichen nicht zu Verwechslungen führen. Die Kommission hat Zweifel hinsichtlich der Verwendung nationaler Zeichen angemeldet7. Bei der Verwendung des GS-Zeichens beispielsweise besteht jedoch keine (optische) Verwechslungsgefahr; außerdem ist zu berücksichtigen, dass das GS-Zeichen im Gegensatz zur CE-Kennzeichnung ein „freiwilliges Zeichen“ ist8. CE-Kennzeichnung und andere Zeichen Allein die CE-Kennzeichnung bescheinigt, dass ein Produkt allen Anforderungen entspricht, die nach den einschlägigen, die CE-Kennzeichnung vorschreibenden Richtlinien vom Produkthersteller zu erfüllen sind. Die Mitgliedstaaten sehen davon ab, in ihre einzelstaatlichen Rechtsvorschriften eine Bezugnahme auf eine andere Konformitätskennzeichnung aufzunehmen, die eine Konformität mit den Zielen der CE-Kennzeichnung bedeuten würde. Ein Produkt kann mit zusätzlichen Zeichen versehen sein, sofern diese: x eine andere Funktion als sie CE-Kennzeichnung erfüllen, x nicht zu Verwechslungen mit der CE-Kennzeichnung führen können und x Weder die Leserlichkeit noch die Sichtbarkeit der CEKennzeichnung beeinträchtigen. Aus dem CE-Zeichen geht nicht hervor, mit welchen Richtlinien und/oder Normen das Produkt übereinstimmt, diese Informationen sind vielmehr aus den Prüfberichten und Bescheinigungen (gegebenenfalls aus einer beigefügten Liste) zu ersehen. Das CE-Zeichen muss grundsätzlich am Produkt selbst angebracht werden (z. B. im Bereich der Maschinenrichtlinie), allerdings kann in einzelnen Richtlinien auch die Anbringung an der Verpackung oder den Begleitunterlagen zugelassen werden (z. B. im Anwendungsbereich der Spielzeugrichtlinie). Ist durch ein Modul die Einschal7 8
Reuter, CR 1990, S. 540, 544. Vgl. Chr. Tünnesen-Harmes, DVBl 1994, S. 1334, 1341.
8.3 CE-Konformitätszeichen
189
tung einer dritten Stelle für den Bereich der Produktionsstufe des Konformitätsbewertungsverfahrens vorgesehen, so bringt diese Stelle ihr Zeichen direkt neben dem CE-Zeichen an. Das Zeichen sollte ursprünglich die letzten beiden Ziffern des Anbringungsjahres tragen; seit dem 1.1.1995 muss stattdessen das Baujahr auf dem Herstellerschild angegeben werden (Maschinenrichtlinie). Bei einer zusätzlich geforderten Beschriftung steht die Kennummer der Stelle, die bei der Produktionsüberwachung eingeschaltet wurde, hinter dem CE-Zeichen. Das Gerät oder das Typenschild muss dann zusätzlich die folgende Beschriftung tragen: x x x x x
Name und Kennzeichen des Herstellers, Handelsbezeichnung des Geräts, gegebenenfalls Art der Stromversorgung, Gerätekategorie und die letzten beiden Ziffern des Jahres, in dem die CE-Kennzeichnung angebracht wurde.
Es können weitere ergänzende Kennzeichnungen für Endeinrichtungen in der betreffenden Richtlinie verlangt werden. Hier seien noch das Symbol für die Eignung zum Anschluss an das öffentliche Telekommunikationsnetz und das Energieeffizienzzeichen erwähnt.
190
8 Kennzeichnungen
Checkliste: Kennzeichnungen 9 Selbstkennzeichnung: Hersteller kann in bestimmten Bereichen in eigener Verantwortung bei Erfüllung der Voraussetzungen der jeweiligen Richtlinie eine Kennzeichnung auf den Produkten anbringen. 9 CE-Zeichen: Nachweis der Konformität zu bestimmten europäischen Richtlinienanforderungen. Es handelt sich jedoch nicht um einen Qualitätsnachweis. 9 GS-Zeichen: Wird im Gegensatz zum CE-Zeichen als „Qualitätssiegel“ verstanden.
Leserorientierung: Das Kapitel 8 klärt die Unterschiede der einzelnen Kennzeichnungstypen. Je nachdem, welches Ziel der Unternehmer mit der Überprüfung seiner Ware verfolgt (rechtliche Erfordernis, Minimierung der Haftungssituation oder wirtschaftliche Interessen) sollte er frühzeitig das Ergebnis der Konformitätsbewertung (das Kennzeichen des Produktes) und dessen Bedeutung in seine Entscheidung einbeziehen. Das folgende Kapitel listet die wichtigsten Ansprechpartner bei Normungsfragen auf und zeigt die grundlegenden Normenreihen in ihrer Entwicklung.
9 Normenentwicklung
Die Europäische Union ist eine Wirtschaftsgemeinschaft. Die Schaffung eines von Handelshemmnissen befreiten EU-Binnenmarktes ist das erklärte Ziel der gemeinsamen europäischen Politik. Warenverkehrsfreiheit ist dabei der wichtigste Aspekt. Zu deren Umsetzung müssen gemeinsame Marktzutrittsbestimmungen in der EU gelten. Im Rahmen der Verwirklichung eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes ist es Aufgabe der Europäischen Union, eine qualitative Vergleichbarkeit der Produkte zu ermöglichen, welche in diesem Markt angeboten werden. Jeder EU-Bürger soll sichergehen können, dass u.a. technische Produkte einen Qualitätsstandard erfüllen, unabhängig davon ob das Produkt in Finnland, Deutschland oder Spanien hergestellt wurde. Sichergestellt werden kann dies nur, wenn sich die Hersteller an Vorgaben bzw. Normen bei der Produktion halten müssen, welche in der gesamten EU harmonisiert sind. Eine solche Überprüfung für jedes Land, in dem das Produkt angeboten werden soll, wäre, zeitlich und auch finanziell, sehr aufwändig. Von einem einheitlichen Binnenmarkt könnte nicht die Rede sein. Der gemeinsame Binnenmarkt der EU basiert deshalb auf den harmonisierten Regeln der Normung und Zertifizierung, um im internationalen Vergleich konkurrenzfähig zu sein. Durch sie wird ein hohes Maß an Verbraucherschutz (u.a. in Form von EU-weiten Mindestgewährleistungsfristen) gegeben. Der Qualität eines mit dem CE-Zeichen versehenen Produktes kann somit vertraut werden.
9.1 Akkreditierung, Zertifizierung und Normung Produkte und Dienstleistungen werden von einer Konformitätsbewertungsstelle einer Prüfung/Zertifizierung unterzogen, welche sicherstellen soll, dass diese den vorgegebenen Anforderungen entspricht. Um den Gegenstand der Konformitätsbewertung eindeutig und richtig zu beurteilen muss sichergestellt sein, dass die Konformitätsbewertungsstelle, welche den Gegenstand zertifiziert hat, überhaupt die Kompetenz
192
9 Normenentwicklung
und Mittel besitzt, um einen solche Zertifizierung durchzuführen. Mit anderen Worten: Die Konformitätsbewertungsstelle muss akkreditiert sein. Eine solche Akkreditierung wird von Akkreditierungsstellen durchgeführt. Dabei wird die Qualität und Kompetenz der Konformitätsbewertungsstelle anhand von Anforderungen einer Norm überprüft. Eine Akkreditierung schafft Vertrauen beim Kunden, da dieser sichergehen kann, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt worden sind. Den formalen Ablauf eines Akkreditierungsverfahrens zeigt Abb. 9.1. Die allgemeinen Kriterien, die die Akkreditierungsstellen erfüllen müssen, damit die ihre Aufgabe erfüllen können, müssen der großen Verantwortung, die diese Stellen innehaben, Rechnung tragen. Das Akkreditierungssystem basiert grundsätzlich auf dem Vorsorgeprinzip des Staates. Dieser trägt, aus dem Grundgesetz abgeleitet, Verantwortung für seine Bürger. In Deutschland ist das Akkreditierungswesen bisher in einen gesetzlich geregelten und einen gesetzlich nicht geregelten Bereich unterteilt. Die Koordinierung zwischen den Akkreditierungsstellen in diesen Bereichen wurde zunehmend schwieriger, deshalb wurde eine rechtliche Lösung in Form eines Akkreditierungsgesetzes in Auftrag gegeben. In der Schweiz und in Österreich gibt es ein solches Gesetz bereits. Die internationale Anerkennung wurde seit 1989 durch die Normenreihe EN 45000ff geregelt. Um eine weltweite Harmonisierung der Normen bezüglich der Akkreditierung zu erreichen, musste dieses europäische Regelwerk überarbeitet werden. Hierzu hat die EU eine „Neue Konzeption“ („New Approach“) entwickelt. In Arbeitsgruppen wurde anschließend die neue EN 17000er Normenreihe als Ersatz für die EN 45000er ausgearbeitet. Hierbei wurden die bestehenden Normen überprüft, aktualisiert und den internationalen ISO Leitfäden angepasst. Die international harmonisierten Normen sind im Rahmen der Globalisierung von weitreichender Bedeutung für den freien Welthandel. Sie dienen als Bindeglied nationaler und internationaler Arbeitsteilung, fördern Innovationen & Wettbewerb und helfen bei der technisch-praktischen Umsetzung rechtlicher Pflichten. Durch die Freiwilligkeit der Anwendung von Normen werden Flexibilität und Rechtssicherheit miteinander verknüpft. Somit hat Normung einen großen Nutzen für Politik, Gesellschaft und Industrie1.
1
Siehe Positionspapier BDI 2004.
9.1 Akkreditierung, Zertifizierung und Normung
193
ANTRAGSVERFAHREN a) Anfrage b) Vorgespräch c) Antrag auf Akkreditierung d) Bestätigung des Akkreditierungsantrags e) Antragsprüfung f) Akkreditierungsvertrag
BEGUTACHTUNGSVERFAHREN a) Auswahl der Begutachter im Einverständnis mit dem Antragsteller b) Beauftragung der Begutachter c) Fachliche Prüfung der Antragsunterlagen d) Begutachtung vor Ort: - Überprüfung der Konformität mit der DIN EN 45000 Reihe/DIN EN ISO/IEC 17000 Reihe und - Überprüfung der fachlichen Kompetenz auf Grundlage spezieller technischer Kriterien der Akkreditierungsstelle e) Begutachtungsbericht
AKKREDITIERUNG a) Prüfung der Begutachtungsergebnisse und Akkreditierungsergebnisse b) Akkreditierungsurkunde c) Veröffentlichung im Register
ÜBERWACHUNGSVERFAHREN Überwachung akkreditierter Stellen und Verlängerung der Akkreditierung erfolgt entsprechend den Regelungen der Akkreditierungsstellen
Abb. 9.1 Allgemeines Ablaufschema eines Akkreditierungsverfahrens
9.1.1 Neue Konzeption („New Approach“) Die EU-Komission hat am 07. Mai 1985 das Konzept der „Neuen Konzeption“ verabschiedet. Die Erstellung von Richtlinien für Produkte soll hierdurch schneller und effizienter werden. Es werden nur noch grundlegende
194
9 Normenentwicklung
Anforderungen an Produkte staatlich festgelegt, keine technischen Details mehr. Die Hersteller bekommen dadurch während der Entwicklungs- und Produktionsphase viel Eigenverantwortung für die Produktsicherheit. Behörden oder gesetzlich autorisierte Prüf-, Zertifizierungs- und Genehmigungsstellen schalten sich nur noch bei hohen potenziellen Sicherheitsrisiken der Produkte ein. Der Staat übernimmt im übrigen nur noch Aufgaben im Bereich der Akkreditierung der Benannten Stellen im gesetzlich geregelten Bereich. Die mitgliedsstaatlichen Behörden melden der EU-Kommission die Benannten Stellen. Diese besitzen die Berechtigung bestimmte Konformitätsbewertungsverfahren im Rahmen von EG-Richtlinien durchzuführen. Die technischen Details werden in Normen festgeschrieben, welche von nicht-staatlichen Organisationen in Fachgremien ausgearbeitet werden. Hierfür zuständig ist das Europäische Komitee für Normung (CEN). Die Normen bleiben freiwillige Empfehlungen für die Hersteller, ihre Anwendung liefert aber die Vermutung der Konformität mit der EURichtlinie. Da die Normen regelmäßig überprüft werden (DIN-Normen alle 5 Jahre), ist ein hohes Maß an Aktualität auch der technischen Richtlinien gegeben. Gesetze dagegen sind auf längere Sicht gedacht und daher unflexibel bezüglich Ergänzungen, Erweiterungen und Überarbeitungen. Die neuen Richtlinien nach der „Neuen Konzeption“, auch der Ergänzung in Rahmen des „Globalen Konzeptes“ („Global Approach“), regeln neben den Mindestanforderungen an die Produkte auch die Mindestanforderungen an die Kompetenz und Qualität der Konformitätsbewertungsstellen selbst. 9.1.2 Gesetzlich geregelter Bereich Im gesetzlich geregelten Bereich der Akkreditierung werden Inhalt und Anforderungen an die Konformitätsbewertung durch Gesetze und Verordnungen vorgegeben. Der Staat setzt damit bestimmte Qualitätsstandards in denjenigen Bereichen, in denen die körperliche Unversehrtheit von Personen oder Vermögensgegenständen aufgrund der Beschaffenheit bestimmter Produkte gefährdet ist (z.B. Sicherheit, Umwelt- und Verbraucherschutz). Akkreditierungen werden entweder von staatlichen Behörden vorgenommen, die die ausschließliche Verantwortung für die Begutachtung haben, oder aber von privaten Akkreditierern, welche dann jedoch ihrerseits von Behörden überprüft werden müssen. Hierbei hat der Staat die Gewährleistungs- und Kontrollverantwortung zu tragen.
9.1 Akkreditierung, Zertifizierung und Normung
195
International gelten Gegenseitigkeitsabkommen zwischen Staaten, welche die Anerkennung von Konformitätsbewertungen gewährleisten (Mutual-Recognition-Agreements, MRAs). Die EU hat solche Vereinbarungen mit den USA, Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Israel und der Schweiz2. 9.1.3 Gesetzlich nicht geregelter Bereich Der privatwirtschaftliche Bereich der Akkreditierung wird durch nicht durch Rechtsvorschriften, sonder durch die Qualitätsanforderungen der Verbraucher, also von der marktwirtschaftlichen Seite her, geprägt. Die Verbraucher verlangen Produkte, bei denen sie sich auf die Qualität verlassen können. Um diese Nachfrage befriedigen zu können, müssen einheitliche harmonisierte Bestimmungen an die Qualität der einzelnen Produkte geschaffen werden. Aufgrund der Größe des Europäischen Binnenmarktes und seiner Entwicklung war es nötig, die bisher nationalstaatlich unterschiedlichen Anforderungen zu harmonisieren. Ein einheitliches Qualitätsmerkmal für Produkte wurde in Form des CE-Zeichens geschaffen. Alle Produkte, die dieses Zeichen tragen entsprechen den hohen europäischen Standards. Auf Seiten der Verbraucher wird so Vertrauen in die Produkte geschaffen. Die Zertifizierungsstellen müssen nach vereinheitlichten Standards arbeiten, um die Konformität der Produkte mit diesen Standards sicherzustellen. Die Akkreditierungsstellen halten sich bei der Akkreditierung der Zertifizierungsstellen an technische Normen, europäische und internationale Richtlinien, die in Gremien von Normungsorganisationen ausgearbeitet oder in multilateralen Gegenseitigkeitsabkommen (MLA) festgelegt werden. Dadurch wird gewährleistet, dass im gesamten Gültigkeitsbereich der Normen gleiche Qualitätsstandards in den Bereichen Akkreditierung und Zertifizierung erreicht werden. Folgende Bereiche fallen unter den gesetzlich nicht geregelten, privatwirtschaftlichen, Bereich: x Überprüfung von Prüf- und Kalibrierlaboratorien, x Inspektions- und Zertifizierungsstellen, x Akkreditierung von Stellen, die Managementsysteme oder Personen zertifizieren. Auch in diesem Bereich gibt es internationale Gegenseitigkeitsabkommen für die Anerkennung von Akkreditierungen (Multilateral-Recognition2
Ensthaler/Strübbe 2005, S. 6f & 22ff.
196
9 Normenentwicklung
Arrangement, MLAs). Auf internationaler Ebene haben die Akkreditierungsstellen zwei Organisationen aufgebaut, welche die MLAs organisieren. Dies sind das International Accreditation Forum (IAF), welches für die Akkreditierung von Zertifizierungs-stellen zuständig ist, sowie die International Laboratory Accreditation Cooperation (ILAC), welche für die Laboratorien zuständig ist. MLAs hat die EU ebenso wie bei den MRAs mit den USA, Kanada, Japan, Australien, Neuseeland, Israel und der Schweiz abgeschlossen. 9.1.4 Normungsorganisationen International gültige Richtlinien werden in Form von Leitfäden (Guides) von der International Organization for Standardization (ISO) erstellt. Die ISO ist für nicht-elektrotechnische Normen zuständig. Im elektrotechnischen Bereich der internationalen Normung ist die International Electrotechnical Commission (IEC) verantwortlich. Das ISO-Komitee für Konformitätsbewertung ist die CASCO. Sie arbeitet die normativen Dokumente für Akkreditierungsstellen aus. Europäische normative Dokumente werden von dem Comité Européen de Normalisation (CEN) ausgearbeitet und in Form von Europäischen Normen (EN) veröffentlicht. Inhaltlich sind sie mit den ISO/IEC Leitfäden identisch. Das Pendant zum IEC ist in Europa das Comité Européen de Normalisation Electrotechnique (CENELEC). Zudem gibt es die European Co-operation for Accreditation (EA), welche europäischen Vorgaben zur Umsetzung der Normenreihen DIN EN 45000 bzw. DIN EN ISO/IEC 17000 in Bezug auf Spezifikationen erarbeitet. Das Deutsche Institut für Normung e.V. (DIN) ist in Deutschland für die Erstellung von Normen zuständig. Europäische Normen werden im Rahmen der „Neuen Konzeption“ automatisch als DIN EN ***3 übernommen. Eine internationale technische Norm, die von der ISO/IEC erstellt wurde und als europäischen Norm verabschiedet wurde und dadurch die Umsetzung in eine nationale Norm beschlossen wurde, trägt die Bezeichnung DIN EN ISO/IEC ***. Die Umsetzung eines ISO-Leitfadens in eine EN- oder DIN-Norm ist fakultativ, jedoch werden diese oft in gemeinsamen Arbeitsgruppen erarbeitet und daher auch oftmals wortgleich übernommen (in beide Richtungen). Die Wiener Vereinbarung (1991) regelt, dass Normungsprojekte auf nationaler und internationaler Ebene nicht gleichzeitig bearbeitet werden. 3
*** steht für die entsprechende Nummer.
9.2 Normenreihe 45000
197
9.2 Normenreihe 45000 Die Normenreihe EN 45000ff bildete ursprünglich die normative Grundlage der Akkreditierung4. Sie wurde auf Grundlage des EU Ratsbeschlusses 93/465/EWG (22. Juli 1993), zur Unterstützung der Konformitätsbewertungsverfahren, erstellt. In ihr werden die technische Kompetenz, die personelle Ausstattung, die Organisation sowie die Arbeitsweise und die erforderliche Unabhängigkeit der Zertifizierungsstellen festgelegt. Nur wenn die Zertifizierungsstelle die jeweilige Norm erfüllt, kann sie akkreditiert werden. Der freie Warenverkehr im Binnenmarkt wird mit der Vereinheitlichung der Akkreditierung, durch diese harmonisierten Normen, erleichtert. Die Akkreditierung von Stellen ist jeweils auf bestimmte Tätigkeitsbereiche beschränkt. Eine Zertifizierungsstelle kann nicht pauschal nach der EN 45000er Reihe akkreditiert werden, sondern immer nur nach den jeweiligen Anforderungen der einzelnen Normen. Die EN 45000er Reihe umfasst die Akkreditierung von Prüf- und Kalibrierlaboratorien (EN 45001, EN 45002 & EN 45003), Inspektionsstellen (EN 45004) sowie von Zertifizierungsstellen (EN 45010), die Produkte (EN 45011), Qualitätsmanagementsysteme (EN 45012) oder Personen (EN 45013) zertifizieren und enthält zudem die Anforderungen an Konformitätserklärungen (EN 45014). Grundlage für die EN 45000er Normen bilden ISO/IEC Guides von ISO/CASCO (mit zwei Ausnahmen: EN 45004:1995 und EN 45013:1989). Sie wurden wortgleich übernommen, also nicht eigens von der CEN erstellt5. Die Vermutung der Konformität mit den Kriterien zur Anerkennung für notifizierte Stellen soll im Bereich aller Mitglieder der EU mit der Akkreditierung einhergehen. Damit sollen Doppelbewertungen für die selben Anforderungen im Binnenmarkt vermieden werden6. Jedoch hat die Normenreihe EN 45000 seit Inkrafttreten einige Schwachstellen offenbart: x Festlegungen in den EG-Richtlinien lassen sich nicht mehr allein mit den in dieser Normenreihe abgedeckten Anforderungen erfüllen, welche zudem auch nicht immer richtig umgesetzt wurden. Eine Akkreditie4
5
6
Aktuell befindet sich die 45000er Normenreihe in der Ablöse durch die 17000er Normenreihe. Siehe Interview mit Experten aus dem Arbeitsausschuss NQSZ-3 zum KAN Bericht 30 (2003), in: DIN-Mitteilungen Nr. 11/2003, S. 19. Stadler 2005, S. 4f.
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9 Normenentwicklung
rungsstelle muss bei ihrer Arbeit inzwischen auch die Richtlinien nach der „Neuen Konzeption“ erfüllen. Die Vermutungswirkung der Normenreihe EN 45000 lässt sich in heutiger Zeit formal nicht mehr begründen. Diese bezog sich auf die ursprünglich harmonisierten Normen der Reihe EN 45000. Diese lassen sich den acht Grundmodulen der Konformitätsbewertungsverfahren des (rechtlich unverbindlichen) „Blue Guide“ nicht in nachvollziehbarer Weise zuordnen. Die Mitgliedsstaaten konnten mit den Normen der Reihe EN 45000 unterschiedliche Normen für die Benennung einer Stelle mit den gleichen Konformitätsbewertungstätigkeiten anwenden. Die Mandatierung der harmonisierten Normen EN 45000 durch die EUKommission bedarf einer Erneuerung, um die Rechtssicherheit bei der Anwendung der Ergebnisse der Konformitätsbewertung sicherzustellen. Die Unabhängigkeitskriterien unterscheiden sich in den Normen der Reihe EN 45000 von den EG-Richtlinien der „Neuen Konzeption“. Außerdem ist die Risikohaftpflichtversicherungsabdeckung nicht verpflichtend. Die Bedingungen für die Unterbeauftragung sind ebenso nicht in allen Fällen identisch. Die Mitgliedsstaaten haben zu viel Gestaltungsmöglichkeiten bei dem Aufbau der Benennungs- und Meldeverfahren sowie der Akkreditierungs- und Überwachungssysteme. Diese fehlenden rechtsverbindlichen Vorgaben führen dazu, dass eine europaweite Vergleichbarkeit nur eingeschränkt vorhanden ist. Rechtliche Anforderungen an Benennungs- und Notifizierungsverfahren, an Akkreditierungs- und Überwachungssysteme sowie die Benennenden Behörden sind nicht einheitlich in Europa. Unterschiede gibt es hier bereits bei den Begriffsdefinitionen und der Verwendung der Begriffe.
Um das Vertrauen in die Akkreditierungsstellen zu rechtfertigen und die Schwachstellen zu beseitigen, hat die ISO/CASCO WG 23 sogenannte „Common Elements“ definiert, welche die Akkreditierungsstellen erfüllen müssen. Im KAN-Bericht Nr. 30 wurden diese „Common Elements“ zum Teil übernommen, angepasst und überarbeitet. Sie enthalten Anforderungen an die Struktur, die Unparteilichkeit, die Vertraulichkeit und an das Managementsystem7. Diese Vielzahl von Schwachstellen der Normenreihe EN 45000, die sich im Zuge der „Neuen Konzeption“, ihrer Erweiterung des „Globalen Kon7
Vgl. ISO/CASCO Dokument WG 23/16 (Rev) Juni, 2002 und KAN-Bericht Nr. 30 2003, Kap. 2.1.2, S. 44f und Kap. 5.3.2, S. 130ff.
9.3 Normenreihe 17000
199
zeptes“ und im praktischen Umgang ergeben haben, führten dazu, dass die Überführung der Normen in Ergänzung der ISO/IEC Leitfäden der 17000er Reihe in eine neue internationale Normenreihe für die Konformitätsbewertung vorangetrieben wurde. Als Ergebnis ist die EN 17000er Reihe entstanden.
9.3 Normenreihe 17000 Die Normenreihe DIN EN ISO/IEC 17000ff ist keine auf den europäischen Raum begrenzte Normenreihe mehr, sondern hat internationale Gültigkeit. Sie bildet in einer Weiterentwicklung der EN 45000 ff., sowie in einer Harmonisierung mit den ISO Guides eine vollständige Sammlung aller Normen, welche für den Bereich Konformitätsbewertung vorhanden sind. Durch sie wird die Konformitätsbewertung im gesamten Anwendungsbereich wieder vereinheitlicht. Die Ergebnisse der Konformitätsbewertungen akkreditierter Stellen werden somit vergleichbar und gegenseitig anerkannt. Konformitätsbewertungsstellen sind Akkreditierungsstellen, Inspektionsstellen, Zertifizierungsstellen für Produkte, Managementsysteme und Personen sowie Kalibrier- und Prüflaboratorien. Die Benannten Stellen müssen über unabhängige, unparteiliche und fachlich kompetente Mitarbeiter in ausreichender Anzahl verfügen können. Diese müssen das Berufsgeheimnis wahren und integer sein. Zudem muss die Konformitätsbewertungsstelle eine ausreichende Haftpflichtversicherung nachweisen8. Mit der Umsetzung dieser Normenreihe können sie diese geforderte Organisation und Kompetenz nachweisen. Abgesichert wird dies mit der Vermutungswirkung. Eine Akkreditierung nach dieser Normenreihe ist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Die EN 45011, welche die Anforderungen an Stellen, welche Produkte zertifiziert, enthält, wurde noch nicht in eine EN ISO Norm umgesetzt. Die Anforderungen an diesen Bereich der Konformitätsbewertung sind noch in dieser EN 45011 sowie dem ISO Guide 65 geregelt, welche inhaltlich identisch sind. Der Aufbau von Qualitätsmanagementsystemen wird in den ISO Normen 9000, 9001 und 9004 beschrieben. Ein Leitfaden für Audits von Qualitäts- und Umweltmanagementsystemen ist die DIN EN ISO 19011. Es sind und waren somit keine EN 45000er Normen, jedoch wird in verschie8
Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Strübbe 2005, S. 68f.
200
9 Normenentwicklung
denen Normen der EN 17000er Reihe, insbesondere der DIN EN ISO/IEC 17025, auf diese Bezug genommen. Die Anforderungen an eine Akkreditierung von Medizinischen Laboratorien stehen in der DIN EN ISO 15189. Dies ist im Bereich der Akkreditierung die Ausnahme, welche nicht in der Normenreihe EN 45000 steht und somit auch nicht in die EN 17000 überführt wird. Abb. 9.2 zeigt die schematische Anordnung der einzelnen Normen der Konformitätsbewertung. Zur Zeit wird in der WG 23 an den sogenannten „Common Elements“ gearbeitet, welche die Normenschreiber nutzen sollen, um gleiche Sachverhalte in den Normen auch mit gleichen Anforderungen zu belegen. Dadurch soll die Überarbeitung der Normen in Zukunft erleichtert werden.
Abb. 9.2 Anordnungen der Normenreihe EN 17000
9.3.1 DIN EN ISO/IEC 17000:2005-03 Begriffe der Konformitätsbewertung, Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen und der Anwendung der Konformitätsbewertung zur Förderung des freien Warenverkehrs werden in der DIN EN ISO/IEC 17000 festgelegt. Es handelt sich jedoch keineswegs um ein Lexikon der Konformitätsbewertung. Nur wenn bereits genormte Definitionen für diese internationale Norm nicht mehr zutreffend sind, werden sie hier neu definiert9. 9
Kaufmann, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 16.
9.3 Normenreihe 17000
201
Aus der DIN EN 45020:1998-07 wurden die Abschnitte 12 bis 17 überarbeitet und in diese neue Norm übernommen. Es ist nun nicht mehr richtig von „Produkten und Dienstleistungen“ zu sprechen, da die Definition aus der ISO 9000:2000, 2.2.4, Dienstleistungen als eine Produktkategorie beinhaltet. Der Begriff „Konformitätssicherung“ wird in die Benennung „Bestätigung“ geändert, eine Konformitätssicherung wird nun durch die „Konformitätsaussage“ gegeben. Unterschiede zwischen Zertifizierung und Akkreditierung werden mit diesen klaren Definitionen international deutlicher herausgestellt10. Diese Norm beschreibt den funktionalen Ansatz der Konformitätsbewertung. Konformitätsbewertung wird hierbei in die Funktionen Auswahl, Ermittlung und Bewertung/Bestätigung unterteilt (siehe Abb. 9.3)11.
Abb. 9.3 Funktionaler Ansatz für Konformitätsbewertungen
Form A ist als Prozess und Form B als das aus dem Prozess hervorgegangene Ergebnis zu verstehen. Erarbeitet wurde diese Norm vom Technischen Komitee ISO/CASCO (Committee on conformity assessment) in Zusammenarbeit mit dem Technischen Komitee CEN/CENELEC/TC 1 (Kriterien für Konformitätsbegutachtungsstellen). Sie musste bis zum Mai 2005 von den Mitgliedsstaaten in eine nationale Norm umgesetzt werden, der DIN tat dies bereits im März 2005. Sie ersetzt die bisherige DIN EN 45020:1998, sowie den 2. Teil des ISO/IEC Guides 2:1996. 10 11
Vgl. Nationales Vorwort DIN EN ISO/IEC 17000:2005-03. Beer, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 21f
202
9 Normenentwicklung
9.3.2 DIN EN ISO/IEC 17011:2005-02 Auch Akkreditierungsstellen müssen Anforderungen erfüllen. Diese finden sich in dieser Norm. Folgende Dienstleistungen werden von einer Akkreditierungsstelle durchgeführt: Prüfung, Inspektion, Zertifizierung von Managementsystemen, Personen und Produkten; im Rahmen dieser Norm außerdem Kalibrierung. Eine Akkreditierungsstelle ist somit, wie nach der Definition in der DIN EN ISO/IEC 17000, keine Konformitätsbewertungsstelle. Die Anerkennung akkreditierter Konformitätsbewertungsstellen durch Behörden ist gegeben, da diese den Akkreditierungsstellen vertrauen, sofern diese nach der DIN EN ISO/IEC 17011 aufgebaut sind. Die Anforderungen an die Akkreditierungsstellen, die in dieser Norm geregelt sind, beziehen sich auf das Management und das Personal. Akkreditierungsstellen müssen andere Konformitätsbewertungstätigkeiten, welche sie bisher neben der Akkreditierungstätigkeit noch durchgeführt haben, unterlassen. Nur so kann die weltweite Anerkennung der Arbeit gewährleistet werden, da die Unparteilichkeit der Akkreditierungsstelle ein sehr wichtiger Aspekt ist12. Um die kontinuierliche Einhaltung dieser Norm zu überwachen, sind auf regionaler und internationaler Ebene Mechanismen zur Evaluierung unter Gleichrangigen geschaffen worden. Regelmäßige Re-Evaluierungen stellen dies sicher. Diejenigen Akkreditierungsstellen, die diese Evaluierung durchlaufen haben, können Mitglieder der gegenseitigen Anerkennungsvereinigungen werden13. Die Wiederholungsbegutachtung muss alle zwei Jahre durchgeführt werden. Wenn eine Kombination mit einer Überwachung durchgeführt wird, muss dies alle innerhalb von fünf Jahren geschehen. Diese Anerkennungsvereinsrungen sind ein wichtiger Teil der gesamten 17000-Reihe, da sie das Verfahren zur einmaligen Konformitätsbewertung durch gegenseitige Anerkennung, Förderung und Akzeptanz der Konformitätsbewertungen erleichtern. Sie ermöglichen somit die gewünschte Vermeidung von Doppel- oder Mehrfachakkreditierungen einer Konformitätsbewertungsstelle in einem Wirtschaftsgebiet. Dadurch werden Handelshemmnisse abgebaut und die Schaffung des Binnenmarktes gefördert. Erarbeitet wurde diese Norm von der internationalen Arbeitsgruppe ISO/CASCO/WG 18 (Assessment and accreditation). Bereits seit Jahresbeginn 2005 werden die internationalen Evaluierungen auf Grundlage dieser Norm durchgeführt. Die regionalen Gruppen (Europa: EA) hatten bis zum Beginn des Jahres 2006 Zeit bis zur Umsetzung. Intern hat der DAR 12 13
Wloka, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 23ff. Vgl. Einleitung DIN EN ISO/IEC 17011:2005-02.
9.3 Normenreihe 17000
203
bereits im Jahr 2005 begonnen Evaluierungen auf diese neue Basis umzustellen. In eine nationale Norm wurde die DIN EN ISO/IEC 17011 im März 2005 umgesetzt. Sie ersetzt die bisherige DIN EN 45003 (identisch mit ISO Guide 58), die DIN EN 45010 (identisch mit ISO Guide 61), sowie die DIN V 55390 (ISO/IEC TR 17010). 9.3.3 DIN EN ISO/IEC 17020:2004-11 Inspektionsstellen überprüfen für ihre Auftraggeber (private Kunden, Unternehmensorganisationen, Behörden) Werkstoffe, Erzeugnisse, Werkseinrichtungen, Anlagen, Verfahren, Arbeitsvorgänge oder Dienstleistungen mit dem Ziel, deren Normenkonformität festzustellen. Dabei werden Kenngrößen wie Menge, Qualität, Sicherheit, Gebrauchstauglichkeit sowie fortdauernde Erfüllung sicherheitstechnischer Anforderungen der Anlagen und Systeme während des Betriebes ermittelt. Die Kriterien, welche hierbei zu beachten sind, um die Abnahme dieser Dienstleistung von Kunden oder von Aufsichtsbehörden zu fördern, sind in dieser Norm harmonisiert. Die Inspektion kann auf allen Entwicklungs- und Planstufen der Anlage, des Erzeugnisses oder der Werkseinrichtung durchführt werden14. Die Inspektoren müssen unter anderem Einzelfallbeurteilungen von in Betrieb befindlichen Anlagen vor Ort vornehmen. Daher darf die Inspektion nur von kompetenten und erfahrenden Sachverständigen vorgenommen werden. Diese müssen auch regelmäßige Schulungen absolvieren. Ganz klar geregelt ist in der DIN EN ISO/IEC 17020, dass Inspektionsstellen keine finanziellen, kommerziellen oder anderen Beeinflussungen unterlegen sein dürfen. Die Unabhängigkeit der Inspektoren ist zwingend vorgeschrieben. Äußere Einwirkungen dürfen keinerlei Einfluss auf die Inspektionsergebnisse haben. Daher werden in dieser Norm die Inspektionsstellen in verschiedene Unabhängigkeitsklassen unterteilt, welche jedoch nicht als wertende Abstufungen anzusehen sind, sondern die Klassifizierung hängt ab von den Bedingungen, unter denen sie ihre Dienstleistung erbringen. x Typ-A: Die Inspektionsstelle und ihre Mitarbeiter dürfen nicht Konstrukteur, Hersteller, Lieferer, Errichter, Käufer, Eigentümer, Benutzer, Instandhalter oder bevollmächtigter Vertreter des zu beurteilenden Gegenstandes sein. x Typ-B: Die Inspektoren müssen eindeutig organisatorisch von der Herstellung, dem Vertrieb, der Errichtung, der Benutzung und der Instandhaltung des zu inspizierenden Gegenstandes abgegrenzt sein. 14
Vgl. Einleitung DIN EN ISO/IEC 17020:2004-11.
204
9 Normenentwicklung
x Typ-C: Innerhalb der Stelle muss eine Trennung von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit Inspektionsleistungen sichergestellt sein. Desweiteren müssen Inspektionsstellen ergänzend Anforderungen in den Bereichen Vertraulichkeit, Organisation und Geschäftsführung, Qualitätsmanagementsystem, Einrichtungen und Geräte, Inspektionsverfahren und Verfahrensanweisungen, Umgang mit Proben und Gegenständen der Inspektionen, Aufzeichnungen, Inspektionsberichte und Inspektionsbescheinigungen, Unterbeauftragung, Beschwerden und Einsprüche sowie Zusammenarbeit erfüllen15. Erstellt wurde die DIN EN ISO/IEC 17020 ursprünglich durch die CEN/CENELEC/TC 1 und im März 1995 als EN 45004 verabschiedet. Die ISO/CASCO übernahm diese 1998 als ISO/IEC 17020. Im Jahr 2003 wurde die DIN EN 45004 in die international gültige DIN EN ISO/IEC 17020 überführt, ohne inhaltliche Änderungen vorzunehmen. Seit März 2005 muss diese nun national umgesetzt sein. Sie wurde bereits im November 2004 im DIN veröffentlicht. 9.3.4 DIN EN ISO/IEC 17021:2004-09 Der Normentwurf E DIN EN ISO/IEC 17021:2004 wurde vom Technischen Komitee ISO/CASCO zusammen mit dem Technischen Komitee CEN/CENELEC/TC 1 erarbeitet. Er stellt die unter deutscher Beteiligung erzielten Ergebnisse der Arbeitsgruppe ISO/CASCO/WG 21 „Management system certification“ dar. Der beteiligte Normenausschuss auf Seiten des DIN ist der NA 147 „Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen“ (NQSZ), speziell das Gremium NQSZ-3-21 „Zertifizierung von Managementsystemen“. Die derzeitige DIN EN 45012:1998 und die ISO Guides 62 (Qualitätsmanagement) und 66 (Umweltmanagement) sollen durch die DIN EN ISO/IEC 17021 ersetzt werden. Diese internationale Norm bildet die normative Grundlage für die Akkreditierung von Zertifizierungsstellen für Managementsysteme. Organisationen lassen ihre Managementsysteme zertifizieren, um sicherzugehen, dass sie ihre Tätigkeiten, Dienstleistungen und Produkte in Einklang mit ihrer Politik umgesetzt haben. Meist handelt es sich um Qualitäts- oder Umweltmanagementsysteme, welche bisher nach den Richtlinien der DIN EN ISO 9001 bzw. ISO 14001 aufgebaut sind. Durch eine Zertifizierung erhält eine Organisation den Nachweis, dass ihr Managementsystem festgelegte Anforderungen erfüllt, in der Lage ist, 15
Pflumm/Schaub, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 26ff.
9.3 Normenreihe 17000
205
regelmäßig seine festen Ziele zu erreichen und es wirksam umgesetzt ist. Eine zertifizierte Organisation erhält als Nachweis ein Zertifikat oder eine Zertifizierungsurkunde16. Die Norm setzt kompetentes Personal, Unparteilichkeit, Anforderungen für Audits (Erstaudit, Überwachungsaudit, Re-Zertifizierungsaudit) in einem Zertifizierungszyklus, Durchführung von Erstaudits als Zwei-StufenAudits und die Präferenz für die Anwendung der ISO 9001 als Basis des Qualitätsmanagementsystems für eine Zertifizierung voraus17. Die Veröffentlichung als DIN EN ISO/IEC 17021 ist im Laufe dieses Jahres (2006) geplant. Der Schlussentwurf (FDIS) sollte im Dezember 2005 erstellt werden. Darin eingearbeitet werden sollten die Abstimmungsergebnisse und Kommentare zum bisherigen DIS 2-Status. Ende Oktober 2005 hatte der NQSZ-3 entschieden, nicht auf der Vollversammlung der ISO/CASCO im November für die prISO/IEC 17021 zu stimmen, da die 2. Option des Managementsystems (zwingend erforderlich bei Einhaltung der ISO 9001) zu diesem Zeitpunkt nicht akzeptiert werden konnte. Stattdessen sollte das Managementsystem in der Norm selbst (analog zu den anderen Normen der Konformitätsbewertung) beschrieben werden und nur eine Anmerkung bezüglich der ISO 9001 einfügt werden. Zudem sollte die Norm den neuen Entwicklungen der EU-Kommission angepasst werden, um eine Mandatierung zu ermöglichen. Bei der internationalen Abstimmung erhielt die prISO/IEC 17021 jedoch mehrheitlich die Zustimmung18. Ein zweiter Teil zu dieser Norm, ausgehend von der DIN EN ISO 19011 und den IAF-Leitfäden, in dem dann die Anforderungen an die Kompetenz der Auditoren, an das Management von Auditprogrammen und an die Vorbereitung, Durchführung und Berichterstattung von „Third-PartyAudits“ festgelegt werden soll, soll von der Arbeitsgruppe WG 21 erarbeitet werden. Zudem sollen für die verschiedenen Arten von Managementsystemen jeweils spezifische Module hinzugefügt werden19. Dies lehnte der NQSZ-3 bei der Abstimmung ebenfalls ab. Er vertritt die Auffassung, dass die DIN EN ISO 19011, falls erforderlich, überarbeitet werden solle. Bei der ISO/CASCO Vollversammlung wurde dennoch beschlossen, einen „New Item Proposal“ zu dem zweiten Teil der Norm vorzubereiten20.
16 17 18 19 20
Vgl. Einleitung prEN ISO/IEC 17021:2004-09. Saalfeld, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 30f. Siehe „Neues aus der Normung, NQSZ“ in: DAR-aktuell Nr. 03/2005, S. 2. Saalfeld, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 31. Siehe „Neues aus der Normung, NQSZ“ in: DAR-aktuell Nr. 03/2005, S. 2.
206
9 Normenentwicklung
9.3.5 DIN EN ISO/IEC 17024:2003-10 Neben Managementsystemen und Produkten können sich auch Personen zertifizieren lassen. Personenzertifizierungsstellen nehmen der zu zertifizierenden Person eine Prüfung ab. Diese soll sicherstellen, dass die Person die Anforderungen des Zertifizierungsprogrammes erfüllt. Die Kompetenz der zertifizieren Person wird in der Prüfung durch objektive Kriterien dokumentiert und begutachtet. Dadurch geht die Begutachtung der Personen einheitlich, neutral, unabhängig und fair vonstatten. Die wichtigsten Abschnitte der Norm sind „Anforderungen an die Personenzertifizierungsstellen“, „Anforderungen für das Personal der Zertifizierungsstelle“ und „Zertifizierungsprozess“. Ein weltweit akzeptierter Prozess der Überwachung und periodischer Wiederbegutachtung (Re-Zertifizierung), wobei die Periodenlänge nicht explizit angegeben ist, stellt das Vertrauen in das Zertifizierungsprogramm sicher. Durch dieses harmonisierte System können zertifizierte Personen weltweit tätig werden. Neben einer Prüfung wurden alternative Anforderungen in die Norm mit übernommen, um das Risiko eines Interessenkonfliktes möglichst klein zu halten. Zertifizierungsstellen, welche auch Schulungen anbieten, dürfen diejenigen Personen, die diese absolvieren, nicht selbst einer Prüfung unterziehen21. Um eine gleich bleibende, vergleichbare und zuverlässige Arbeitsweise der Personenzertifizierungsstellen zu gewährleisten, kann es notwendig werden, diese Norm veränderten Marktentwicklungen oder rechtlichen Anforderungen anzupassen22. Erarbeitet wurde die DIN EN ISO/IEC 17024 vom Technischen Komitee ISO/CASCO mit der Unterstützung des Technischen Komitees CEN/CENELEC/TC 1. Die nationale Umsetzungsfrist endete im Oktober 2003. Die alte DIN EN 45013:1990 wurde abgelöst. 9.3.6 DIN EN ISO/IEC 17025:2005-08 Prüf- und Kalibrierlaboratorien, welche nachweisen wollen, dass sie ein Managementsystem betreiben, technisch kompetent und fähig sind, fachlich fundierte Ergebnisse zu erzielen, können sich nach den Anforderungen der DIN EN ISO/IEC 17025 zertifizieren lassen. Diese wird von der Akkreditierungsstelle als Grundlage für die Akkreditierung genommen. Das Managementsystem, welches in diese Norm gefordert wird, soll da21 22
Schondey, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 32ff. Vgl. Einleitung DIN EN ISO/IEC 17024:2003-10.
9.3 Normenreihe 17000
207
bei den Standards der ISO 9001:2000 entsprechen. Dies heißt jedoch nicht, dass Laboratorien, welche die ISO 9001 erfüllen auch gleichzeitig als DIN EN ISO/IEC 17025-konform anzusehen sind. Ebensowenig sagt eine Zertifizierung nach dieser Norm aus, dass das Qualitätsmanagementsystem den Anforderungen nach ISO 9001 entspricht. Die kann der Fall sein, entspricht jedoch keiner Sowohl-als-auch-Regel. Alle Staaten, die diese internationale Norm anwenden, akzeptieren die Ergebnisse nach dieser Norm für zertifizierte Prüf- oder Kalibrierlaboratorien23. Diese Norm vereinigt die Anforderungen an Technik und Management, besitzt eine große Flexibilität in der Anwendung und erhöht die Freiheitsgrade der Laboratorien24. Das Management des betreffenden Unternehmens ist nun aufgefordert sich ständig weiterzuentwickeln, zu verbessern sowie funktional zu bleiben. Die Aussagen zur Qualitätspolitik müssen in einem Managementhandbuch dokumentiert werden. In den Prozess der ständigen Verbesserung des Qualitätsmanagements ist auch das Personal mit einzubeziehen. Um die Verbesserungen auf allen Ebenen zu gewährleisten, muss das Laboratorium einen Informationsrückfluss vom Kunden einführen. Die Wirksamkeit von Schulungen der Mitarbeiter muss beurteilt werden25. Bereits nach der DIN EN ISO/IEC 17025:2000-04 zertifizierte Laboratorien haben eine Übergangsfrist bis Ende Mai 2007, um die Neuerungen umzusetzen26. Die DIN EN ISO/IEC 17025:2005-08 ist die Nachfolgenorm der DIN EN 45001:1990-05. Sie ersetzt die zwischenzeitlich erstellte DIN EN ISO/IEC 17025:2000-04, welche nach der Revision der ISO 9001 und ISO 9002:1994 und der darauf folgenden Herausgabe der ISO 9001:2000 überarbeitet werden musste. Diese Norm wurde von der Arbeitsgruppe ISO/CASCO/WG 25 „Alignment of ISO/IEC 17025:1999 with ISO 9001:2000“ unter deutscher Beteiligung erarbeitet. Die CEN/ CENELEC/TC 1 hat diese übernommen. Bis November 2005 galt die Umsetzungsfrist in eine nationale Norm. 9.3.7 DIN EN ISO/IEC 17040:2005-04 Diese Norm harmonisiert die grundlegenden Begriffe zur gegenseitigen Anerkennung von gleichrangigen Akkreditierungsstellen und Zertifizie23 24 25 26
Vgl. Einleitung DIN EN ISO/IEC 17025:2005-08. Bosch, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 40. Meyer/Bruggmann 2005, S. 2f. Siehe „Neues aus internationalen Organisationen“ in: DAR-aktuell Nr. 02/2005, S. 2.
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9 Normenentwicklung
rungsstellen. Hierzu gab es zuvor nur die DIN V 55391 (ISO/IEC Guide 68). Die allgemeinen Anforderungen an die Evaluierung von Akkreditierungsstellen sowie an das Peer Assessment unter Gleichrangigen zu Zertifizierungs- und anderen Konformitätsbewertungsstellen sind in der DIN EN ISO/IEC 17040 erstmals beschrieben. Berufsverbände und andere Gruppen Gleichrangiger haben mit dieser Norm eine internationale Harmonisierung der allgemeine Aspekte des Begutachtungsprozesses neuer Mitglieder. In erster Linie ist diese Norm für Gruppen von Gleichrangigen im Bereich der Konformitätsbewertung gedacht, sie kann jedoch auch von Gruppen anderer Arbeitsgebiete angewandt werden27.
Abb. 9.4 Genereller Begutachtungsprozess unter Gleichrangigen
Ein beispielhafter Beurteilungsprozess zur Aufnahme neuer Mitglieder in eine Gruppe Gleichrangiger ist in der Norm abgebildet (siehe Abb.9.4). Das Vertrauen in gute und kompetente Durchführung der Arbeit derer, die die Ergebnisse der Konformitätsbewertung nutzen oder von diesen abhängig sind, wird mit dieser internationalen Norm gestärkt. Dadurch können Mehrfachprüfungen bei Produkten reduziert werden, da die weltweite Zusammenarbeit zwischen Konformitätsbewertungsstellen verbessert wird28. 27 28
Vgl. Einleitung DIN EN ISO/IEC 17040:2005-04. Kreß, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 42.
9.3 Normenreihe 17000
209
Diese Norm wurde unter der Leitung der ISO/CASCO mit Beteiligung der deutschen Arbeitsgruppe ISO/CASCO/WG 19 „Peer assessment“ erarbeitet. Als nationales Gremium war der Arbeitsausschuss NQSZ-3 „Zertifizierungsgrundlagen (Grundlagen der Konformitätsbewertung)“ zuständig. Im Juli 2005 endete bei der DIN EN ISO/IEC 17040 die nationale Umsetzungsfrist. 9.3.8 DIN EN ISO/IEC 17050:2005-01 Die Konformitätserklärung von Anbietern ist besser bekannt unter dem Begriff „Herstellererklärung“. Darin versichert der Hersteller, dass sein Produkt bestimmte Richtlinien erfüllt. Sie kann auch für Managementsysteme, Stellen und Personen angewandt werden29. An der Erarbeitung unter der Leitung von ISO/CASCO, war die deutsche Arbeitsgruppe ISO/CASCO/WG 24 „Supplier's declaration of conformity and its supporting documentation“ beteiligt. Die DIN EN ISO/IEC 17050 ist unterteilt in die DIN EN ISO/IEC 17050-1 und -2. Diese mussten bis zum April 2005 in nationale Normen umgesetzt werden. Abgelöst wurde hiermit die DIN EN 45014:1998 und der ISO Guide 22. 9.3.9 DIN EN ISO/IEC 17050-1:2005-01 Diese Norm legt die Anforderungen an die Bestätigung der Konformität durch die erste Seite (first party) fest. Die Konformität des Produktes (auch Dienstleistung), des Prozesses, des Managementsystems, der Person oder der Stelle mit den für diesem geltenden normativen Dokumenten (Normen, Leitfäden, Technische Spezifikationen, Gesetze, Vorschriften) wird mit der Konformitätserklärung also direkt vom Anbieter garantiert. Für die Aussagen, die in der Erklärung stehen, ist der Anbieter direkt haftbar, da es sich um ein rechtsverbindliches Dokument handelt. Die Anforderungen, welche an die Konformitätserklärung gestellt werden (Inhalt, Form, Zugänglichkeit, Produktkennzeichnung und Fortdauer der Gültigkeit) finden sich in dieser Norm.
29
Beer, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 43.
210
9 Normenentwicklung
9.3.10 DIN EN ISO/IEC 17050-2:2005-01 Das Vertrauen in die Konformitätserklärung und deren Akzeptanz kann gesteigert werden, wenn der Anbieter die Angaben, welche die Grundlage der Erklärung bilden, als Dokument erstellt und auch verfügbar macht30. Die Anforderungen (Rückverfolgbarkeit, Verfügbarkeit, Dauer der Aufrechterhaltung, Inhalt) an eine solche unterstützende Dokumentation sind in diesem zweiten Teil der Norm enthalten. Den Überwachungsbehörden wird mit dieser Art der Dokumentation die Arbeit erleichtert31. 9.3.11 Fazit zur Normenentwicklung Das System der Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen bekommt mit der EN 17000er Reihe eine neue Grundlage. Die internationale Harmonisierung der technischen Normen in Form der neuen EN 17000er Reihe erleichtert nicht nur den Binnenhandel in Europa, sondern vereinheitlicht die Anforderungen an Konformitätswertungsstellen weltweit. Das zuvor für international agierende Konformitätsbewertungsstellen unübersichtliche Geflecht von nationalen, europäischen Normen sowie den internationalen Leitfäden wird durch die neuen DIN EN ISO/IEC 17000er Normen entzerrt. Mehrfachakkreditierungen werden durch die gegenseitige Anerkennung der Ergebnisse vermieden, durch Reduzierung der Handelshemmnisse wird die Warenverkehrsfreiheit erhöht und durch die erhöhten Qualitätsstandards profitieren nicht zuletzt die Verbraucher. Da die Normen sich in einer permanenten Entwicklung befinden, trägt das neue Normungssystem zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit akkreditierter Stellen für die Zukunft bei.
9.4 Europäische Normungsinstitutionen – CEN und CENELEC Auf einer gemeinsamen Sitzung der Vertreter der nationalen Normungsorganisationen der EU- und EFTA-Länder wurde am 23. März 1961 in Paris das "Comité Européen de Coordination des Normes" (CEN) gegründet. 1975 wechselte CEN seinen Sitz nach Brüssel, wo sich die Einrichtung als 30 31
Vgl. Einleitung DIN EN ISO/IEC 17050-2:2005-01. Beer, DIN-Mitteilungen Nr. 10/2005, S. 43.
9.4 Europäische Normungsinstitutionen – CEN und CENELEC
211
internationaler gemeinnütziger Verein nach belgischem Recht eintragen ließ. Der Aufgabenbereich CENs liegt in der Durchführung der Normung auf europäischer Ebene für materielle und immaterielle Gegenstände nichtelektrotechnischer Art. Jede nationale Normungsinstitution (mit entsprechender Zuständigkeit) eines europäischen Landes, das Mitglied der EU oder der EFTA ist, oder eines europäischen Landes, das Mitglied der EU oder der Freihandelszone werden könnte, kann als Mitglied im CEN aufgenommen werden. Zur Zeit setzen sich die CEN-Mitglieder aus den nicht-elektrotechnischen Normungsinstitutionen aller Mitgliedstaaten der EU und der EFTA-Staaten zusammen. CENELEC (Comité Européen de Normalisation Electrotechnique) beruht auf einem Zusammenschluss von Normungsorganisationen der EUund der EFTA-Länder. Die Organisation ist 1973 auf Drängen der Kommission entstanden. Das Sekretariat von CENELEC ist ebenfalls in Brüssel eingerichtet und dort als internationaler gemeinnütziger Verein nach belgischem Recht eingetragen. Der Aufgabenbereich CENELECs umfasst die Normungstätigkeiten auf europäischer Ebene für elektrotechnische Gegenstände mit Ausnahme von Geräten und Netzen für die Telekommunikation. Im CENELEC sind die nationalen Normungsinstitutionen der EU- und der EFTA-Länder Mitglied, die in diesen Staaten für die elektrotechnische Normung zuständig sind. 9.4.1 Zusammenarbeit zwischen CEN und CENELEC Anfang der achtziger Jahre, zu einem Zeitpunkt als die Kommission ihre Vorbereitungsarbeiten dafür traf, Richtlinien mit der Verweisung auf Normen auszuarbeiten, drängte sie die beiden Normungsinstitutionen dazu, enger zusammenzuarbeiten und ihre Normungsverfahren zu vereinheitlichen32. In den „allgemeinen Leitsätzen für die Zusammenarbeit zwischen der EG-Kommission und den europäischen Normungsorganisationen CEN und CENELEC“ vom April 1985 verpflichteten sich die beiden Normungsinstitutionen, noch enger zusammenzuarbeiten und einheitliche Normungsverfahren einzuführen. Hierfür setzten sie noch im gleichen Jahr eine Arbeitsgruppe ein, die eine gemeinsame Geschäftsordnung für die weiterhin 32
Vgl. u. a. CEN/CENELEC/Kommission (Hrsg.), allgemeine Leitsätze, in: CEN/CENELEC/Memorandum Nr. 4, 1985, S. 30.
212
9 Normenentwicklung
rechtlich eigenständigen Institutionen CEN und CENELEC ausarbeitete. Diese im Jahre 1986 in Kraft getretene Geschäftsordnung regelt eine weitgehend einheitliche "Organisation und Verwaltung", stellt "gemeinsame Regeln für die Normungsarbeit" auf und legt die "Regeln für die Abfassung und Gestaltung Europäischer Normen" fest33. Da diese gemeinsame Geschäftsordnung die Grundlage der Organisationsstruktur und der Zuständigkeiten der einzelnen Organe in beiden Einrichtungen ist, unterscheiden sich CENELEC und CEN nur in wenigen Punkten. Daher können Organisationsstruktur und die wesentlichen Zuständigkeiten der einzelnen Organe durch die Darstellung von CEN beschrieben werden. 9.4.2 Organe von CEN und CENELEC CEN-Organe
x Zentralsekretariat (CS = Central Secretariat) Das Zentralsekretariat, das zur Zeit etwa sechzig Mitarbeiter beschäftigt, führt alle laufenden Arbeiten des CEN am Sitz des Vereins, also in Brüssel, aus. Die Leitung unterliegt einem Generalsekretär, der nicht nur für die Ausführung der Tätigkeiten des Sekretariats verantwortlich ist, sondern auch für die Ausführung aller Beschlüsse, die auf einer Sitzung eines anderen Organs gefasst wurden. Zu den Sitzungen anderer Organe sind Vertreter des Zentralsekretariats deshalb grundsätzlich zugelassen. Mit Ausnahme der Tätigkeiten des Zentralsekretariats finden die Arbeiten aller anderen Organe des CEN bei den nationalen Normungsinstitutionen statt, wobei sich die Mitglieder der jeweiligen Organe meist über den Schriftverkehr verständigen und nur gelegentlich gemeinsame Sitzungen abhalten. x Generalversammlung (AG = Assemblée Générale) Die Generalversammlung ist das oberste Gremium des Vereins. An der Versammlung, die unter Leitung des CEN-Präsidenten stattfindet, nehmen Delegationen aller CEN-Mitglieder teil. Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten und mehreren Vizepräsidenten des CEN. Die EUKommission und das EFTA-Sekretariat sowie andere regionale oder internationale Normungsorganisationen sind dabei durch Beobachter vertreten. 33
Entsprechend lauten die Titel der Teile I, II und III der CEN/CENELECGeschäftsordnung.
9.4 Europäische Normungsinstitutionen – CEN und CENELEC
213
Organe und deren Zuständigkeiten im CEN (und CENELEC) Generalversammlung - AG
Zentralsekretariat
Verwaltungsrat - CA Technisches Büro - BT Programmkomitees - PC
CENCER-Lenkungskomitee für Zertifizierungssysteme
Technische Sektorbüros - BTS
Technisches Komitee - TC
Zertifizierungskomitees
(Unterkomitees – SC) Arbeitsgruppen - WG
Abb. 9.5 Organisationsaufbau con CEN (und CENELEC)
x Verwaltungsrat (CA = Conseil d'Administration) Im Verwaltungsrat werden die CEN-Mitglieder durch die Direktoren der nationalen Normungsinstitutionen vertreten. Der Verwaltungsrat ist für allgemeine Fragen der Tätigkeiten des CEN entscheidungsbefugt, obgleich seine Entscheidungen von der Generalversammlung überprüft werden können. x Technisches Büro (BT = Bureau Technique) Dem Technischen Büro (BT) gehört ein Vertreter je CEN-Mitglied an, sowie ein CEN-Vizepräsident, der den Vorsitz des BT innehat. Beobachter der EU-Kommission und des EFTA-Sekretariats sind zu den Sitzungen des BT zugelassen. Dem BT kommt eine starke Entscheidungsfunktion zu. Es ist verantwortlich für die Koordinierung, die Arbeitsverfahren und die Planung des Normungsprogramms. So entscheidet das BT beispielsweise über die Aufnahme von Normprojekten in das Arbeitsprogramm des CEN, die Einrichtung oder Auflösung von Technischen Komitees, die Auflage oder Aufhebung einer Stillhalteverpflichtung für die CEN-Mitglieder, etc.
214
9 Normenentwicklung
x Technische Sektorbüros (BTS = Bureaus Techniques Sectorielles) Nur für die Sektoren bzw. Disziplinen Bauwesen, Maschinenbau, Gesundheit und Umwelt gibt es zur Zeit jeweils ein Technisches Sektorbüro, das dem Technischen Büro und den Technischen Komitees zwischengeschaltet ist. Sie übernehmen in diesen Sektoren die Koordinierungsfunktion zwischen den Technischen Komitees, die jeweils die Normungsarbeiten nur für bestimmte Produktgruppen oder einzelne Produkte durchführen. Ihren Sitzungen dürfen die EUKommission und das EFTA-Sektretariat als Beobachter beiwohnen. x Programmkomitees (PC = Program Committees) Programmkomitees werden eingerichtet, um eine zusammenhängende Programmplanung eines ganzen Bereiches zu ermöglichen. Daher wurden für die Bereiche Eisenbahnwesen, Gastechnik, Lebensmittel und Transport Programmkomitees eingesetzt. Das Programmkomitee Eisenbahnwesen wird gemeinsam mit dem CENELEC betrieben. Den Programmkomitees gehören jeweils drei Vertreter der CEN-Mitglieder (für das gemeinsame Programmkomitee auch CENELEC-Mitglieder) an. Diese Vertreter gehören in der Regel der höheren Managementebene der interessierten Kreise (Unternehmen, die Mitglied in den nationalen Normungsinstitutionen sind) an, um den Bedarf an europäischen Normen in diesen Bereichen festzustellen. Ihre Empfehlungen richten sie an das BT. Die Kommission und das EFTA-Sekretariat sind in den Programmkomitees durch Beobachter vertreten. x Technische Komitees (TC = Comités Techniques) In den Technischen Komitees (TC) wird die eigentliche Normungsarbeit durch ehrenamtliche Fachleute aus den interessierten Kreisen durchgeführt. Das Aufgabengebiet eines TC ist auf die Erstellung von Normentwürfen für einzelne Produkte oder für bestimmte Produktarten abgegrenzt. Sie haben dabei grundsätzlich alle internationalen Normungsarbeiten (beispielsweise von ISO oder IEC) und die Arbeiten der nationalen Normungsinstitutionen zu berücksichtigen, die ihre Projekte betreffen. Wenn die TCs ihre Normungsarbeiten abgeschlossen haben, werden sie bis zur nächsten Prüfung der Normen bezüglich der Notwendigkeit ihrer Überarbeitung - die spätestens nach fünf Jahren erfolgt - vom Technischen Büro für "ruhend" erklärt. Ein CEN-Mitglied stellt das Sekretariat des TC. Gibt es bereits ein Technisches Komitee in den internationalen Normungsinstitutionen (ISO/IEC), dann wird das Sekretariat des TC üblicherweise von derjenigen Normungsinstitution übernommen, die auch schon das entsprechende Sekretariat für ISO/IEC führt. Die Entscheidung darüber, welches Mitglied das Sekretariat stellen wird, liegt in jedem Fall beim Techni-
9.4 Europäische Normungsinstitutionen – CEN und CENELEC
215
schen Büro. Der vom Sekretariat des TC nominierte und vom Technischen Büro ernannte Vorsitzende des TC-Sekretariats, hat auf seine strikte Unparteilichkeit zu achten und hat bei möglichen Abstimmungen kein Stimmrecht. Beschlüsse sollen einmütig gefaßt werden. Mehrheitsbeschlüsse sind zu vermeiden. Wenn eine Einmütigkeit nicht zu erreichen ist, hat der Vorsitzende zu versuchen, einen Konsens herbeizuführen. Neben dem Vorsitzenden wird auch noch ein Sekretär ernannt, der für den Arbeitsablauf des TCs verantwortlich ist. Er gehört zu der Normungsinstitution, die das Sekretariat stellt und hat wie der Vorsitzende Unparteilichkeit zu bewahren. Die Mitglieder der TCs erledigen ihre Arbeit möglichst über den Schriftverkehr, halten aber auch Sitzungen ab, zu denen bis zu drei Delegierte eines jeden CEN-Mitglieds entsandt werden und an denen Vertreter der Kommission und des EFTA-Sekretariats als Beobachter teilnehmen. In der Regel werden die Sitzungen in einer der drei offiziellen Sprachen des CEN abgehalten, also in Französisch, Englisch oder Deutsch. Auf Wunsch werden vom TC Dolmetscher für die Sitzungen gestellt. Zur Zeit gibt es etwa 220 TCs im CEN, zudem werden fortlaufend neue TCs eingesetzt. Verteilung der Sekretariate der im April 1992 bestehenden 226 TCs des CEN: Belgien Deutschland Dänemark Frankreich
11 66 9 48
Großbritannien Irland Italien Niederlande
51 2 16 12
Österreich Schweden Schweiz Spanien
1 6 3 1
x Arbeitsgruppen (WG = Working Groups) und Unterkomitees (SC = Subcommittees) Nur wenn das Arbeitsprogramm eines Technischen Komitees sehr groß ist und das Technische Büro seine Zustimmung dazu gibt, können die TCs Unterkomitees einrichten. Im Regelfall setzen sie jedoch nur Arbeitsgruppen ein, die kurzfristige Aufgaben durchführen und dann wieder aufgelöst werden. In diese Arbeitsgruppen können Fachleute berufen werden, die nicht notwendigerweise Mitglieder der TCs sein müssen. x CENCER-Lenkungskomitee für Zertifizierungssysteme mit angeschlossenen Zertifizierungskomitees Unter dem "CEN" Certification Steering Committee (Cencer) im CEN werden je nach Bedarf Zertifizierungskomitees eingerichtet, die sich nur mit Gegenständen eines Technischen Komitees (TC) befassen.
216
9 Normenentwicklung
Abweichungen der Organisationsstruktur des CENELEC zu der des CEN
Das Personal des seit kurzem in einem benachbarten Gebäude von CEN untergebrachten CENELEC-Zentralsekretariats umfasst zur Zeit etwa vierzig Angestellte. Dem Verwaltungsrat im CENELEC gehören nicht wie im CEN die Direktoren der Mitglieder an, sondern der Präsident von CENELEC, drei CENELEC-Vizepräsidenten, ein Schatzmeister und, aus vereinsrechtlichen Gründen, ein Vertreter des belgischen CENELEC-Mitglieds. Neben dem mit CEN gemeinsam geführten Programmkomitee für Eisenbahnwesen gibt es im CENELEC die Programmkomitees für Elektrotechnik und Elektronik. CENELEC unterhält keine Technischen Sektorbüros. Im CENELEC werden spezielle Arbeitsgruppen zur Ausarbeitung von Normentwürfen auch außerhalb der Technischen Komitees eingesetzt, falls die Einrichtung eines Technischen Komitees nicht für zweckmäßig gehalten wird. Im Gegensatz zu den bisher etwa 220 Technischen Komitees im CEN gibt es im CENELEC bislang nur etwa 60 Technische Komitees. In den insgesamt etwa 280 Technischen Komitees von CEN und CENELEC sind zur Zeit ungefähr 1.600 Arbeitsgruppen beschäftigt. Im März 1991 waren in etwa 1.500 Arbeitsgruppen ca. 25.000 ehrenamtliche Fachleute tätig34. Dem "CENCER-Lenkungskomitee für Zertifizierungssysteme" im CEN entspricht im CENELEC das "Prüfzeichenkomitee" (MC = Marking Committee), das durch das unabhängige "European Electrotechnical Sectoral Committee for Testing and Certification" (ELSECOM) abgelöst werden soll. CEN/CENELEC angeschlossene und assoziierte Normungsinstitutionen35
Die Mitglieder des CENELEC haben 1974 das "CENELEC Electronic Components Committee"36 (CECC) gegründet, das entsprechend den Ausarbeitungs- und Annahmeverfahren von CENELEC europäische Normen für Bauelemente der Elektronik erstellt. Die Arbeitsergebnisse des CECC wurden bis April 1991 als sogenannte "CECC-Spezifikationen" herausgegeben. Seither veröffentlicht das CECC seine Arbeitsergebnisse als euro34 35
36
Vgl. DIN (Hrsg.), Stellungnahme zum Grünbuch, 1991, S. 2. Zu den Möglichkeiten der Übertragung von Normungsarbeiten vgl. Anhang II der Entschließung des Rates v. 7.5.85, ABl. Nr. C 136 v. 4.6.1985. Das Generalsekretariat des CECC wird geführt durch die Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN und VDE (DKE) mit Sitz in Frankfurt a. M.
9.4 Europäische Normungsinstitutionen – CEN und CENELEC
217
päische Normen (EN). Die CECC-Spezifikationen wurden bis Ende 1992 in europäische Normen umgewandelt. CEN und CENELEC übertragen Normungsarbeiten für die Luft- und Raumfahrt der mit ihnen assoziierten "Association Européene des Constructeurs de Matériel Aérospatial" (AECMA). Die von AECMA ausgearbeiteten Normentwürfe werden dem Annahmeverfahren von CEN bzw. CENELEC unterzogen. Normentwürfe für die Eisen- und Stahlnormung werden vom "European Committee for Iron and Steel Standardization" (ECISS) erarbeitet. ECISS, das heute dem CEN angeschlossen ist, ging im Jahre 1986 aus der schon im Jahre 1953 gegründeten und später der EU-Kommission angeschlossenen "Commission de Coordination" (COCOR) für Eisen- und Stahlnormung hervor. Die von dem damaligen Ausschuß erstellten "Euronormen" für Eisen und Stahl wurden durch das CEN in europäische Normen (EN) umgewandelt. Die Annahme und Veröffentlichung der von ECISS ausgearbeiteten Normentwürfe als europäische Normen erfolgt durch das CEN. 9.4.3 ETSI - European Telecommunication Standards Institute Entstehung
Der Bereich Informations- und Telekommunikationstechnologie ist für die wirtschaftliche Entwicklung der industrialisierten Länder heute von größter Bedeutung. Daher war der Kommission daran gelegen, in diesen Bereichen eine beschleunigte Harmonisierung der Normen herbeizuführen. Hierzu wandte sie sich im Jahre 1984 mit der Bitte um die Vorlage von Vorschlägen für eine entsprechende Normungspolitik direkt an die Hersteller aus den Bereichen Informations- und Telekommunikationstechnologie, an die Post- und Fernmeldeverwaltungen der Mitgliedstaaten, sowie an andere daran interessierten Kreise. CEN, CENELEC und die "Conférence Européene des Administrations des Postes et Télécommunications" (CEPT) gründeten kurz darauf das "Information Technology Steering Committee" (ITSTC bzw. ITLenkungskomitee). CEPT arbeitete seinerzeit Normentwürfe für den Telekommunikationsbereich aus. In ihr hatten sich die Post- und Fernmeldebehörden der EU- und der EFTA-Staaten sowie der Länder Malta, Monaco, der Türkei und Zypern zusammengeschlossen. Im März 1988, drei Jahre nach Gründung des ITSTC, riefen die CEPTMitglieder außerdem das "European Telecommunication Standards Institute" (ETSI) ins Leben. CEN und CENELEC hatten die Gründung dieser eu-
218
9 Normenentwicklung
ropäischen Normungsinstitution mit der Begründung, daß dies eine Zersplitterung der europäischen Normungstätigkeiten hervorrufen würde, entschieden abgelehnt37. Demgegenüber stand die Kommission der Gründung von ETSI unterstützend zur Seite, weil in ETSI neben den Gründungsmitgliedern jede interessierte juristische Person als Mitglied aufgenommen werden konnte. Die Beteiligung der interessierten Kreise an der europäischen Normungsarbeit in ETSI findet somit nicht wie bei CEN/CENELEC über Delegationen der nationalen Normungsinstitutionen statt, sondern durch die direkte Beteiligung der interessierten Kreise als Mitglieder der europäischen Normungsorganisation. Auf diese Weise sollte die Harmonisierung von Telekommunikationsnormen wesentlich beschleunigt werden. Das von CEN und CENELEC im Jahre 1985 gegründete IT-Lenkungskomitee (ITSTC) wurde zu einem gemeinsamen Ausschuß von CEN, CENELEC und ETSI ausgebaut, mit dem die sich überschneidenden Normungsarbeiten der drei Organisationen im IT-Bereich koordiniert werden. Außerdem können sich Fachorganisationen über das IT-Lenkungskomitee an der europäischen Normungsarbeit für Gegenstände der Informationstechnologie direkt beteiligen. ETSI verpflichtete sich dazu, bei seiner Normungsarbeit das schon vor seiner Gründung zwischen CEN/CENELEC und CEPT vereinbarte Arbeitsprogramm für das Gebiet der Telekommunikationstechnologie zu übernehmen. Dieses Arbeitsprogramm schreibt insbesondere vor, internationale Normungsarbeiten, wenn immer solche bereits vorliegen, für die Erstellung europäischer Normen heranzuziehen. Dies betrifft vor allem die Übernahme der von den internationalen Normungsinstitutionen CCIR38 und CCITT39 ausgearbeiteten Normen. Aufgabenbereich und Mitglieder40
Die Aufgabe ETSIs ist die Erstellung europäischer Normen für Telekommunikationsnetze und -endgeräte. Die von ETSI durchgeführten Normungsarbeiten betrafen bislang insbesondere Mobilfunk-Telefongeräte, das "Integrated Services Digital Network" (ISDN) sowie Auftragsarbeiten der Kommission für Telekommunikationsendgeräte und -systeme hinsicht37
38
39
40
Vgl. u.a. C. Mohr, Bericht über die CEN-Generalversammlung im Oktober 1987, in: DIN-Mitt. 1988, S. 44; R. Winckler/K. L. Orth, 26. CENELECGeneralversammlung im Oktober 1989, in: DIN-Mitt. 1990, S. 98. CCIR = Comité Consultatif International des Radiocommunications (in der UIT = Union Internationale des Télécommunications). CCITT = Comité Consultatif International des Télégraphique et Téléphonique (in der UIT, siehe vorige Fußnote). Vgl. ETSI (Hrsg.), Rules of Procedure, Edition 1991, Article 1.
9.4 Europäische Normungsinstitutionen – CEN und CENELEC
219
lich ihrer elektromagnetischen Verträglichkeit41. Mitglieder im ETSI gehören folgenden Kategorien an: Hersteller aus dem Bereich Telekommunikationstechnologie (z. Zt. ca. 60 % der Mitglieder), Betreiber öffentlicher Netze (ca. 15 %), Fernmeldebehörden und nationale Normungsinstitutionen (ca. 10 %), Anwenderorganisationen (ca. 9 %), Dienstleistungsunternehmen und Forschungsinstitutionen (ca. 5 %). Bei ETSI wird zwischen Vollmitgliedern und außerordentlichen Mitgliedern unterschieden. Erstere haben Stimmberechtigung und müssen in einem der CEPT-Länder ansässig sein, also in einem der EG- oder der EFTA-Länder oder in Malta, Monaco, der Türkei oder Zypern. Zusammen mit den außerordentlichen Mitgliedern aus Tschechien, der Slowakei und Polen hat ETSI momentan knapp dreihundert Mitglieder. Organisationsstruktur und Zuständigkeiten der Organe im ETSI
Die Organisationsstrukturen und die Zuständigkeiten der Organe im ETSI, welche die Generalversammlung von ETSI durch die "Rules of Procedure" festgelegt hat, unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der beiden anderen europäischen Normungsinstitutionen. Das Sekretariat, das die laufenden Arbeiten der Institution übernimmt, besteht aus einem Mitarbeiterstab, der von einem Direktor und einem stellvertretenden Direktor geleitet wird. Das Sekretariat befindet sich in Valbonne Cedex in Südfrankreich, zwischen Nizza und Cannes. Auch im ETSI ist das oberste Gremium die Generalversammlung, auf der alle Mitglieder vertreten sind. Dem Technischen Büro im CEN/CENELEC entspricht im ETSI die "Technische Versammlung", in die Vertreter der Mitglieder berufen werden. ETSIs Technischen Komitees sind Unterkomitees und sogenannte "Project Teams" angeschlossen, die mit den Arbeitsgruppen im CEN/CENELEC zu vergleichen sind. Bisher gibt es nur zwölf Technische Komitees, die sich aus Abgesandten der interessierten Mitglieder zusammensetzen. Insgesamt arbeiten momentan etwa zweitausend ehrenamtliche Fachleute in den Projektgruppen der Technischen Komitees von ETSI. In allen Organen ETSIs haben die EU-Kommission sowie das EFTA-Sekretariat das Beobachtungsrecht. Die von ETSI veröffentlichten Arbeitsergebnisse basieren wie bei CEN/CENELEC nicht nur auf Arbeiten der eigenen Technischen Komitees, sondern auch auf Entwurfsvorschlägen, die durch Fachorganisationen erstellt wurden, mit denen ETSI Kooperationsverträge abgeschlossen hat, oder auf Dokumenten, die von internationalen Normungsinstitutionen ausgearbeitet wurden. 41
Vgl. RL 89/336/EWG und RL 91/263/EWG.
220
9 Normenentwicklung
Checkliste: Normenentwicklung 9 Technische Normen haben keinen rechtsverbindlichen Charakter solange ein verbindlicher Rechtsakt nicht explizit auf diese verweist. Sie dienen normalerweise den Unternehmen und überprüfenden Einrichtungen als Hilfestellung, um abstrakt formulierte Richtlinien ordnungsgemäß umzusetzen. 9 International Organization for Standardisation (ISO): erstellt international gültige Richtlinien in form von Leitfäden (Guides). 9 International Electrotechnical Commission (IEC): ist zuständig für den elektrotechnischen Bereich der internationalen Normung. 9 Comité Européen de Normalisation (CEN): erarbeitet und veröffentlicht europäische normative Dokumente in Form von europäischen technischen Normen (EN). 9 Das Pendant zum IEC ist in Europa das Comité Européen de Normalisation Electrotechnique (CENELEC). 9 Deutsches Institut für Normung (DIN): ist in Deutschland für die Erstellung von Normen zuständig.
Leserorientierung: Kapitel 9 zeigt, dass das System der Zertifizierung und Akkreditierung mit der technischen Normenreihe EN 17000 eine neue zentrale Grundlage bekommt. Durch vereinheitlichte Anforderungen an Konformitätsbewertungsstellen soll der Binnenhandel in Europa erleichtert werden. Weiterhin werden die zentralen internationalen, europäischen und nationalen Normungsorganisationen vorgestellt. Im Anhang sind zusätzlich deren Adressen angegeben. Das folgende Kapitel 10 vergleicht unterschiedliche Konformitätsbewertungssysteme in Europa. Es soll den Unternehmen aufzeigen, welche nationalen Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Jahr 1957 haben es sich die Mitgliedsstaaten unter anderem zur Aufgabe gemacht einen gemeinsamen Markt einzurichten. Diese Aufgabe verfolgten sie mit dem Ziel: x den freien Verkehr von Waren zu gewährleisten, x Handelshemmnisse zu verhindern und abzubauen, x sichere Produkte auf der Grundlage von Harmonisierungsrichtlinien in den Verkehr zu bringen und x die Gebrauchs-, Anwendungs- und Verkehrssicherheit zu gewährleisten, zum Beispiel durch Prüfungen und Marktüberwachung. Es wurde in den letzten 50 Jahren viel unternommen, um den gemeinsamen Europäischen Markt zu realisieren. Dennoch kann man heutzutage im Hinblick auf den Europäischen Markt nicht von einem Binnenmarkt sprechen, da weiterhin Handelshemmnisse existieren. Diese sind nicht auf Einfuhrbeschränkungen, sondern vielmehr auf mangelnde Anerkennung von Prüfergebnissen und Zertifikaten zurückzuführen. Um diese Hindernisse abzubauen wurde vor 20 Jahren das Neue Konzept (New Approach) proklamiert, welches in den 90er Jahren um das Globale Konzept (Global Approach) ergänzt wurde. Eine Forderung des „Global Approach“ ist, dass in jedem Land Akkreditierungsstellen eingerichtet werden, die nach einheitlichen Kriterien arbeiten.
222
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
Abb. 10.1 Akkreditierung im gesetzlich geregelten und nicht geregelten Bereich1
10.1 Zertifizierung und Akkreditierung in Schweden
223
Wie aus Abb. 10.1 ersichtlich, bilden die Akkreditierungsstellen das Kernelement des nationalen Prüf- und Zertifizierungssystems.1 Innerhalb der EU ist es Aufgabe der einzelnen Mitgliedsstaaten, ein Akkreditierungssystem aufzubauen. Da weder für die Akkreditierung, noch für das durchzuführende Verfahren einheitliche Vorschriften existieren, bleibt es dem Mitgliedstaat überlassen, entsprechende Vorschriften zu erarbeiten2. Dabei muss jedoch bei der Einrichtung und dem Betreiben eines Akkreditierungssystems den Vorgaben der Europäischen Kommission auf Unabhängigkeit, Fachkompetenz und Objektivität Rechnung getragen werden. Alle Systeme sind vor ungefähr 10 Jahren aus den Entscheidungen der einzelnen Regierungen hervorgegangen und haben sich über die Jahre bewährt, oder, wie im Falle Deutschlands, als unzureichend herausgestellt. Nachdem in Kapitel 6 das Akkreditierungssystem in Deutschland vorgestellt wurde, soll das vorliegende Kapitel einen Überblick über Geschichte und aktuelle Praxis der Akkreditierung in anderen europäischen Staaten geben. Schweden, England und Frankreich sollen als Beispiele dienen, um einen Vergleich der einzelnen Systeme und damit der unterschiedlichen Umsetzung der europäischen Ideen und Vorgaben zu ermöglichen.
10.1 Zertifizierung und Akkreditierung in Schweden “The Swedish Board for Accreditation and Conformatiy Assessment“ SWEDAC ist die einzige Akkreditierungs- und Notifizierungsstelle in Schweden, legitimiert durch die von dem schwedischen Reichstag und der Regierung erlassenen Gesetze und Verordnungen zur Konformitätsbewertung. SWEDAC ist eine staatliche Einrichtung, die unter der Verantwortung des Außenministeriums und des Wirtschaftsministeriums arbeitet3.
Abb. 10.2 Logo von SWEDAC
1 2 3
O.V., DAR-aktuell 1/1994, S. 1-2 (1). Deutsche Behörden, SOGS N377 DE, S. 3. Europäische Kommission, SOGS/WG1 N017 S.1.
224
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
10.1.1 Geschichte Akkreditierung in ihrer heutigen Form hat in Schweden schon eine 30 jährige Tradition. Bereits seit 1973 führte das „National Testing Institute“ Akkreditierungen im Bereich Kalibrierung durch. Im Jahr 1985 wurde erstmals ein Gesetz erlassen, welches Akkreditierung auf freiwilliger Basis im Bereich Prüfungslaboratorien ermöglichte und eine stärkere Anwendung der Akkreditierung unterstützte. Im Rahmen einer Umstrukturierung im Jahr 1989 wurden die Akkreditierungsstellen in dem „National Board for Measurement and Testing“ fusioniert. Dieses wurde 1991 in “The Swedish Board for Technical Accreditation” umbenannt. Im Jahr 1995 bekam die Einrichtung den heutigen Namen “The Swedish Board for Accreditation and Conformity Assessment“ (SWEDAC)4. 10.1.2 Struktur und Aufbau von SWEDAC SWEDAC ist eine staatliche Einrichtung, deren Vorstandsmitglieder (Members of the Board) von der Regierung eingesetzt werden. Sie sind Vertreter der Wirtschaft, der öffentlichen Behörden und der Berufsverbände. Es existieren keine Vorschriften über die Anzahl der Vertreter pro Interessensgruppe, sondern es liegt in der Verantwortung der Regierung, die Plätze repräsentativ für die verschiedenen Interessensgruppen zu vergeben. Die Regierung ernennt den Generaldirektor, der die Aufgabe des Geschäftsführers von SWEDAC innehat. Sein Mandat beträgt 6 Jahre und kann einmal erneuert werden. Alle weiteren Positionen innerhalb SWEDAC werden durch ein öffentliches Bewerbungsverfahren besetzt. Innerhalb von SWEDAC gibt es drei Abteilungen, die technische Abteilung, die Verwaltungsabteilung und die Abteilung für Rechtliche Angelegenheiten. Die Leiter der jeweiligen Abteilungen werden für einen Zeitraum von 3 Jahren eingestellt; ihre Mandate sind beliebig oft erneuerbar. Somit ist alle drei Jahre die Möglichkeit gegeben, neue Abteilungsleiter einzusetzen.
4
Mittmann, Modules for the training in the field of conformity assessment, S. 147.
10.1 Zertifizierung und Akkreditierung in Schweden
Abb. 10.3 Struktur SWEDAC´s
225
226
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
Die Verwaltungsabteilung ist für eine ordnungsgemäße Buchführung und die allgemeine Ausstattung und Wartung des Kommunikationssystems verantwortlich, sie ist für Personalfragen und die Ausschreibung offener Stellen zuständig und führt die Registrierung sämtlicher Schriftstücke gemäß dem Öffentlichkeitsprinzip in Schweden durch. Die Abteilung für Rechtliche Angelegenheiten ist verantwortlich für die Arbeit der Konformitätsbewertung. Daneben bearbeitet sie alle Sachverhalte mit Bezug zu gesetzlichen oder handelspolitischen Themen. Ferner ist die Abteilung für Rechtliche Angelegenheiten die zentrale Einrichtung für die Koordination der Marktüberwachung in Schweden. Zusätzlich leitet und koordiniert sie die internationalen Projekte von SWEDAC5. Innerhalb der Technischen Abteilung ist eine internationale Stelle eingerichtet, die die Mitarbeit von SWEDAC in europäischen und internationalen Gremien fördert und unterstützt. Die eigentliche Technische Abteilung setzt sich aus sechs Fachabteilungen zusammen, die für verschiedene Sektoren und Aufgabenbereiche zuständig sind (s. Abb. 10.3: Interne Struktur SWEDAC´s). In jeder dieser Fachabteilungen ist ein Leiter für die Durchführung des operativen Geschäfts zuständig. Er besitzt die Kompetenz Entscheidungen über wiederholte Begutachtungen, Entzug der Akkreditierung im Falle der Zustimmung der betroffenen akkreditierten Stelle und Änderung der Vorraussetzungen für eine Akkreditierung zu treffen. Um eine gewisse Neutralität bei den Akkreditierungsentscheidungen sicherzustellen darf der Fachabteilungsleiter keine Entscheidung treffen, soweit er an der Begutachtung persönlich beteiligt war. In diesem Fall sowie auch bei erstmaliger Akkreditierung in gewissen Bereichen trifft die Entscheidung der Leiter der Technischen Abteilung. In Fragen des Entzugs der Akkreditierung oder der Einschränkung des Zuständigkeitsbereiches entgegen dem Willen der Akkreditierten Stelle ist der Leiter der technischen Abteilung befugt, gewisse Entscheidungen zu treffen. Bestimmte Entscheidungen werden dem Generaldirektor überlassen. Auch hier gilt, dass, soweit der Leiter der technischen Abteilung unmittelbar in den Bewertungsprozess der Akkreditierung eingebunden ist, die Entscheidungsgewalt auf den Generaldirektor übergeht6. Jeder Akkreditierungsprozess der Fachabteilungen wird von einem Hauptamtlichen Mitarbeiter geleitet. Dieser ist Fachexperte auf seinem Gebiet und ist für den Akkreditierungsprozess und die ausführenden Mitarbeiter verantwortlich. Häufig wird externes Fachpersonal zu den eigenen Mitarbeitern hinzugezogen, um die umfassenden Bewertungsaufgaben 5 6
Jonsson, Operations Manual, S. 7. Holmqvist, Routine 19 Decisions, S.1-2.
10.1 Zertifizierung und Akkreditierung in Schweden
227
wahrzunehmen7. So ist zu erklären, das SWEDAC als nationale Akkreditierungsstelle nur zirka 100 eigene Mitarbeiter hat, ihr demgegenüber aber weitere 200 externe Fachexperten zur Verfügung stehen. 10.1.3 Aufgaben von SWEDAC Die Hauptaufgabe SWEDAC’s besteht in der Akkreditierung von Laboratorien, Zertifizierungs-, Prüf- und Überwachungsstellen und Notifizierung in den verschiedensten Sektoren. Darüber hinaus arbeitet SWEDAC national und international an der weiteren Harmonisierung der Richtlinien mit, um ein größtmöglichstes Maß an Sicherheit und einen freien Handel zu gewährleisten. In Schweden gibt es drei Ebenen bei der Gesetzgebung: Die oberste ist der schwedische Reichstag, welcher Gesetze erlässt; sodann hat die Regierung das Recht, Verordnungen festzulegen; in letzter Instanz sind die Behörden berechtigt, Rechtsvorschriften in ihrem Zuständigkeitsbereich zu verordnen. Dementsprechend hat SWEDAC als Behörde für Metrologie die Aufgabe, Rechtsvorschriften zu erlassen. Als Behörde trägt sie zudem die Verantwortung für die Marktüberwachung im Bereich der Metrologie. SWEDAC ist auch die zentrale Regulierungsbehörde für Edelmetalle und trägt ferner die Verantwortung für die Koordination der Marktüberwachung in ganz Schweden. 10.1.4 Finanzierung SWEDAC ist eine sich selbst über Gebühren finanzierende Einrichtung. Für die Akkreditierungs- und Notifizieriungstätigkeiten stehen SWEDAC keine finanziellen staatlichen Mittel zur Verfügung. Jedoch wird SWEDAC für die Vertretung nationaler Interessen auf europäischer und internationaler Ebene vom Staat finanziell unterstützt. In den vergangen Jahren ist es sogar einmal vorgekommen, dass SWEDAC einen Teil der Gebühren an seine Kunden Zurück zahlen musste, da SWEDAC als öffentliche Behörde keine Überschüsse erzielen darf. Für dieses Jahr wird der Umsatz von SWEDAC auf 135 Millionen SEK (ca. 14,6 Mio. €)berechnet, davon werden rund 25% vom Staat getragen. Der restliche Anteil wird durch Gebühren finanziert.
7
Jan Sjögren, SWEDAC´s role in assessing and notifying bodies under various EU-directives, S.2.
228
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
10.1.5 Akkreditierung und Anerkennungsverfahren mit Notifizierung Bei der Akkreditierung wird neben der Forderung nach der Kriterienkonformität auch die zu akkreditierende Stelle von SWEDAC im Hinblick auf ihre finanzielle Lage und die Führung der Geschäfte geprüft. Dies geschieht, bevor die technischen Kompetenzen überprüft werden. In Schweden ist die Akkreditierung keine Vorraussetzung für die Notifizierung, sondern SWEDAC konzentriert sich bei einem Antrag auf Notifizierung vielmehr auf die noch zu überprüfenden Anforderungen, falls eine Akkreditierung im entsprechenden Fachbereich vorliegt. Vor dem eigentlichen Annerkennungsverfahren nimmt SWEDAC mit der zuständigen Behörde Kontakt auf. Dabei werden die grundsätzlichen und speziellen Anforderungen, die über die EN 45000/ISO 17000Standards hinausgehen, abgeglichen und in dem Anerkennungsverfahren berücksichtigt. In der Regel ist die zuständige Behörde an dem Anerkennungsverfahren beteiligt, indem sie Fachleute oder, bei unreichender Fachkompetenz, Beobachter in den Entscheidungsprozess entsendet. Dadurch wird die Transparenz des Anerkennungsverfahrens sichergestellt und die zuständige Behörde kann sich von der Kompetenz der zu notifizierenden Stelle überzeugen. Nach einem erfolgreichen Anerkennungsverfahren und der Absprache mit der zuständigen Behörde notifiziert SWEDAC bei der EU-Kommission die Stelle. Gleichzeitig setzt SWEDAC die Regierung und die Behörde über die Notifizierung in Kenntnis. Eine Benennung wie sie in Deutschland gebräuchlich ist findet in Schweden nicht statt. Die notifizierte Stelle ist dazu verpflichtet, SWEDAC über ihre Arbeit und jegliche Änderungen, die ihre Position und Aufgaben als notifizierte Stelle betreffen, zu informieren. Es besteht keine Pflicht der jährlichen Berichterstattung8. Zurzeit gibt es in Schweden vier öffentliche Behörden, die zugleich notifizierte Stellen sind. In diesem Fall entscheidet die Regierung über die Notifizierung, sobald sichergestellt ist, dass daraus keine Interessenkonflikte oder Wettbewerbsnachteile für andere notifizierte Stellen hervorgehen. Es gibt keine Beschränkung der Anzahl notifizierter Stellen in einem Sektor; nach dem schwedischen Prinzip ist dies dem Markt überlassen9. SWEDAC ist zuständig für die jährliche Überprüfung und Sicherstellung der technischen Kompetenz der einzelnen Behörden sowie der anderen notifizierten Stellen. 8 9
Europäische Kommission, SOGS/WG1 N017, S. 5. Jan Sjögren, SWEDAC´s role in assessing and notifying bodies under various EU-directives, S.1.
10.1 Zertifizierung und Akkreditierung in Schweden
229
10.1.6 Marktüberwachung und Nachsorge Die Koordination der Marktüberwachung liegt in der Verantwortung von SWEDAC. Die eigentliche Marktüberwachung ist Aufgabe der öffentlichen Behörden, die in ihrem Bereich dafür zuständig sind, dass die Produkte die gesetzlich vorgegebenen Standards erfüllen10. Demzufolge ist SWEDAC auch direkt für die Überwachung in dem Bereich der Metrologie, Konformitätsbewertung und Notifizierung zuständig. Bei der Überwachung der notifizierten Stellen ist darauf hinzuweisen, dass obwohl SWEDAC generell für die Notifizierung in Absprache mit dem Ministerium zuständig ist, bei der Frage des Lizenzentzugs die Regierung die endgültige Entscheidung trifft11. SWEDAC gibt zuerst der betroffenen Stelle die Möglichkeit, Korrekturen vorzunehmen. Falls dies nicht in ausreichendem Maß geschieht, meldet SWEDAC die notifizierte Stelle an die Regierung. Prinzipiell sind die notifizierten Stellen dazu verpflichtet, die Behörden mit relevanten Informationen in Bezug auf die Marktüberwachung zu versorgen12. In Bezug auf die Nachsorge übernimmt SWEDAC keine Aufgaben, da sie sich lediglich als Akkreditierungsstelle sieht und keine Verantwortung für die Produktkonformität übernimmt. Intern existiert jedoch bei SWEDAC ein Beschwerdeverfahren für zertifizierte, nichtkonforme Produkte, um die jeweiligen Zertifizierungsstellen darüber zu informieren. 10.1.7 Fazit SWEDAC nimmt im Vergleich zu anderen Akkreditierungsstellen eine sehr machtvolle Position ein. SWEDAC ist sowohl nationale Akkreditierungs- als auch Notifizierungsstelle. Interessant hierbei ist, dass ursprünglich die Notifizierung Aufgabe einzelner staatlicher Behörden bzw. Ministerien war. Auf Grund des sehr schlanken Staatsapparats in Schweden haben die Behörden jedoch nicht das notwendige Fachpersonal, um die Notifizierung eigenständig durchzuführen. Nach einer Untersuchung im Jahr 1992 wurde SWEDAC durch das Gesetz SFS 1992:1119 und die Verordnung SFS 1993:1065 die Aufgabe der Notifizierung anvertraut. Ein großer Vorteil von SWEDAC’s öffentlicher Trägerschaft und der starken gesetzlichen Verankerung ist die sehr enge Zusammenarbeit mit der Regierung. Dies ermöglicht eine frühe Einflussnahme in Bezug auf 10 11 12
http://www.swedac.se/sdd/System.nsf/(GUIview)/index_eng.html am 26.01.05 §4 Abs. 1 SFS 1992:1119. Europäische Kommission, SOGS/WG1 N017, S. 1.
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10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
neue Gesetze und sichert der Akkreditierung einen hohen Stellenwert. Hinzu kommt, das durch die Verordnung SFS 1993:1065 §1 alle öffentlichen Behörden dazu angehalten werden, jede neue Rechtsvorschrift, die Konformitätskriterien enthält, mit SWEDAC abzusprechen. SWEDAC ist somit eine zentrale Stelle, die viele Kompetenzen in sich vereint. Eine Frage, die sich daraus ergibt, ist, in wieweit die Funktion als Behörde und Akkreditierungsstelle zugleich Interessenskonflikte hervorruft. Außerdem stellt sich die Frage, ob bei einer Akkreditierung im Bereich der Metrologie die erwünschte Beurteilung eines Dritten gegeben ist.
10.2 Zertifizierung und Akkreditierung in England Der „United Kingdom Accreditation Service“ (UKAS) ist die einzige staatlich anerkannte Akkreditierungsstelle in Großbritannien. Sie hat ihren Status durch das am 1. August 1995 vom „Department for Trade and Industrie“ (DTI) unterzeichnete Memorandum of Understanding verliehen bekommen13.
Abb. 10.4 . Logo von UKAS
Darin wird vorgesehen, dass die Regierung für Tests, Prüfungen oder Zertifizierungen, die zum Nachweis der Erfüllung von Richtlinien notwendig sind, normalerweise Laboratorien, Prüf- oder Zertifizierungsstellen benennt, die durch die UKAS akkreditiert sind oder von ihr empfohlen werden. UKAS verpflichtet sich u.a., im öffentlichen Interesse zu handeln und sich einer regelmäßigen Kontrolle zu unterziehen14.
13
14
Department of Trade and Industrie, Memorandum of Understanding, Artikel 1. Department of Trade and Industrie, Conformity assessment Policy in the United Kingdom, S. 5.
10.2 Zertifizierung und Akkreditierung in England
231
10.2.1 Geschichte Seit 1984 unterhält die Regierung ein eigenes Akkreditierungssystem, um sicherzustellen, dass bei allen Akkreditierungen innerhalb des Vereinten Königreiches der gleiche Standard angewendet wurde15. Im Jahr 1995 wurde beschlossen, lediglich eine Einrichtung mit der Akkreditierung zu beauftragen. Daraufhin sind die bis dahin zuständigen behördlichen Stellen, NAMAS (National Measurement Accreditation Service), NACCB (National Accreditation Council for Certification Bodies) und NAIB (National Accreditation of Inspection Bodies) unter dem Dach einer privaten Gesellschaft, dem United Kingdom Accreditation Service (UKAS), vereint worden16. 10.2.2 Struktur und Aufbau von UKAS UKAS ist eine private, nicht gewinnausschüttende Unternehmung mit beschränkter Haftung17. Alle erzielten Gewinne werden in den Ausbau neuer Bereiche investiert, in denen Akkreditierungen durchgeführt werden können. Die Besonderheit an der Organisation ist, dass es keine Anteilseigner gibt, sondern nur Mitglieder, die ein Interesse an der Akkreditierung haben. Diese Mitglieder setzen sich aus direkten Kunden, der Industrie, den Endverbrauchern und der nationalen und lokalen Regierung zusammen18. Der Innenminister ist ein permanentes von den insgesamt 15 Mitgliedern UKAS. Es ist die Aufgabe des Direktors, ein Policy Advisory Committee (PAC) einzurichten. Dieses soll sicherstellen, dass sich der Direktor über die Interessen der von der Akkreditierung betroffenen Parteien bewusst ist. Darin soll über die Entwicklung, die Umsetzung und Anwendung der nationalen, europäischen und internationalen Standards, Verfahren und Richtlinien in Bezug auf die Akkreditierung diskutiert werden. Die Aufgabe des PAC ist es den Verwaltungsrat in allen Belangen der Entwicklung und der Tätigkeiten von UKAS im Bezug auf das Memorandum of Understanding und die Satzung der Gesellschaft zu beraten und UKAS über die Interessen der Mitglieder zu unterrichten. Den Mitgliedern von UKAS wird die Möglichkeit gegeben, die Zusammensetzung und die einzelnen Mitgliedschaften zu genehmigen. Der Ver15
16 17 18
Department of Trade and Industrie, Conformity assessment Policy in the United Kingdom, S. 5. http://metrologyforum.tm.agilent.com/ukas.shtml am 20.01.05. http://www.unkas.com/about_UKAS/default.asp vom 10.01.2006. Europäische Kommission, SOGS/WG1 N019, S. 1.
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10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
waltungsratsvorsitzende und der Geschäftsführer sind von Amts wegen Mitglieder des PAC. Das DTI hat permanente Plätze in dem Policy Advisory Committee. Die einzelnen Organisationen werden aufgefordert, ihre Vertretung alle drei Jahre bestätigen zu lassen19. Der Vorsitzende des PAC wird von dem Mitgliedern des Komitees mit Ausnahme der Beschäftigten von UKAS gewählt. Es finden in dem Komitee keine Abstimmungen statt außer über die inneren Angelegenheiten des Komitees. Die Aufgabe des PAC ist eine rein beratende Tätigkeit und in ihm werden nur Anliegen besprochen, die die direkten Mitglieder von UKAS betreffen. Innerhalb von UKAS wurden 14 Technical Advisory Committees (TAC) eingerichtet. Der Vorsitzende eines jeden Komitees wird vom technischen Direktor ernannt, gemeinsam wählen sie die Mitglieder des Komitees aus. Dabei reicht das Spektrum der Mitglieder von unabhängigen Fachexperten über Akademiker bis hin zu Vertretern von Zertifizierungsstellen. Ziel des TAC ist es, UKAS in technischen, sehr speziellen Fragen zu beraten. Darunter fällt die Beurteilung von Verfahren und Kriterien, die zur Kompetenzüberprüfung von Zertifizierungsstellen eingesetzt werden. Daneben gehören die Erforschung neuer, möglicherweise zukünftiger Tätigkeitsfelder, sowie die Bewertung europäischer und internationaler Entwicklungen zum Aufgabenbereich des TAC20. 10.2.3 Aufgaben von UKAS Die primäre Aufgabe von UKAS ist es, unabhängige Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen zu akkreditieren. Jede bereits einmal akkreditierte Stelle wird jährlich von UKAS überprüft und im Rhythmus von vier Jahren folgt ein komplettes, neues Akkreditierungsverfahren. Ein weiteres Betätigungsfeld von UKAS ist die Entwicklung neuer Bereiche für Akkreditierung in Zusammenarbeit mit der Regierung und der Industrie. Der Staat hat sich bereit erklärt, UKAS über Entwicklungen und Änderungsvorschläge in der Politik zu informieren und sich gegebenenfalls mit UKAS zu beraten21. UKAS erarbeitet gemeinsam mit den zuständigen Ministerien Vorschläge für die Umsetzung von Richtlinien, die Konformitätskriterien beinhalten. Für die endgültige Umsetzung in nationale Vorschriften oder Gesetze 19
20 21
http://www.ukas.com/about_UKAS/PolicyAdvisoryCommittee.asp am 28.01.06. http://www.ukas.com/about_UKAS/committees.asp am 28.01.06. Department of Trade and Industrie, Memorandum of Understanding, Artikel 2.
10.2 Zertifizierung und Akkreditierung in England
233
ist die Regierung verantwortlich. Darüber hinaus informiert UKAS die Ministerien über alle relevanten Erkenntnisse im Bezug auf die Akkreditierung. Das Senior Management von UKAS trifft sich in regelmäßigen Abständen mit dem Wirtschaftsminister und weiteren Fachministern, um eine enge Zusammenarbeit zu gewährleisten22. UKAS hat in Zusammenarbeit und mit der Genehmigung des Innenministeriums unparteiische und objektive Verfahren eingeführt, um Einigungen im Falle einer Anklage bezüglich der Akkreditierungsentscheidung herbeizuführen. 10.2.4 Finanzierung UKAS ist eine sich selbst durch Gebühren finanzierende private Unternehmung. Für Aufgaben außerhalb der Akkreditierungstätigkeit ist UKAS berechtigt, finanzielle Unterstützung vom Staat einzufordern, dies gilt insbesondere für die europäischen und internationalen Aufgaben von UKAS23. 10.2.5 Akkreditierung, Benennung und Notifizierung In Großbritannien gibt es kein nationales Akkreditierungsgesetz. Die Akkreditierung ist nicht Voraussetzung für die Notifizierung und auch nicht verpflichtend. Im gesetzlich geregelten Bereich ist die Akkreditierung keine Vorraussetzung für die Benennung. UKAS beurteilt die Kompetenz der zu benennenden Stellen anhand der von den zuständigen Behörden genannten Kriterien. Dabei ist zu beachten, dass UKAS den Gebrauch der EN 17000 nicht als verpflichtend ansieht, sondern vielmehr nur als Ausgangspunkt für die Beurteilung. Anhand der Ergebnisse entscheidet UKAS, ob sie eine Empfehlung ausspricht. Die Benennung wird durch die zuständigen Ministerien, die für die Umsetzung der Richtlinien verantwortlich sind, auf Grundlage der Empfehlung von UKAS durchgeführt. Durch diese behördliche Entscheidung über die Benennung wird der Staat seiner Letztverantwortung gerecht24. Daneben entscheidet die zuständige öffentliche Behörde, ob die Anzahl der notifizierten Stellen begrenzt wird. In manchen Sektoren stehen die notifizierten Stellen im Wettbewerb zueinander.. 22 23 24
Mittmann(Hrsg.),Modules for the training, S. 59. Department of Trade and Industrie, Memorandum of Understanding. Department of Trade and Industrie, Assessment of Applicants for Appointment as Notified Bodies S.1.
234
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
Die Notifizierung erfolgt durch das DTI, dabei wird eine Notifizierungsurkunde (Notified Body´s letter of appointment) in Form eines Vertrags zwischen dem DTI und der notifizierten Stelle unterzeichnet. Darin werden spezifische Anforderungen und Bedingungen an die benannte Stelle festgeschrieben.
Abb. 10.5 Das nationale Akkreditierungssymbol für verschiedene Bereiche
Hat das DTI eine Stelle notifiziert, so setzt sie UKAS über die Entscheidung in Kenntnis und übermittelt eine Kopie der Notifizierungsurkunde. Hat UKAS einen begründeten Verdacht, dass eine akkreditierte und notifizierte Stelle die geforderten Kriterien nicht erfüllt, so kann sie nach erneuter Überprüfung der Sachlage die Akkreditierung widerrufen. In diesem Fall informiert UKAS das DTI, in deren Ermessenspielraum es liegt, ob die Notifizierung ebenfalls für nichtig erklärt wird25. Den Ministern wird in den „implementing regulations“ das Recht zugestanden, die Notifizierung aufzuheben. Im gesetzlich nicht geregelten Bereich akkreditiert UKAS die Organisation und überreicht ihr eine Akkreditierungsurkunde. Damit verbunden ist das Recht, sich mit dem nationalen Akkreditierungszeichen von UKAS ausweisen zu dürfen. Im gesetzlich geregelten Bereich werden keine Urkunden verliehen und das Akkreditierungszeichen darf nicht verwendet werden. 10.2.6 Marküberwachung und Nachsorge UKAS ist verantwortlich für die Überwachung der notifizierten Stellen. Das Ministerium beauftragt UKAS, die Stellen anhand der in der Notifizierungsurkunde festgeschriebenen Kriterien zu überprüfen. UKAS ist verpflichtet, das Ministerium über die Ergebnisse in Form eines schriftlichen Berichts zu informieren. Die Überprüfung wird jährlich durchgeführt, bei Bedarf auch in kürzeren Abständen. Neu benannte Stellen werden bereits nach einem halben Jahr einer Überprüfung unterzogen und im Rhythmus 25
Europäische Kommission, SOGS N326 DE, S. 3.
10.2 Zertifizierung und Akkreditierung in England
235
von vier Jahren durchlaufen alle benannten Stellen ein komplettes, neues Beurteilungsverfahren26. Die Verantwortung für Marktüberwachung liegt in Großbritannien bei den Behörden, von denen Unparteilichkeit und Unabhängigkeit gefordert wird. Notifizierte Stellen dürfen keine Marktüberwachung durchführen. Jedoch ist es den öffentlichen Behörden möglich, die Dienstleistungen der notifizierten und akkreditierten Stellen in Anspruch zu nehmen, um die Konformität von Produkten zu überprüfen. Die endgültige Entscheidung über die Produktkonformität fällt die öffentliche Behörde. Die lokalen Handelsaufsichtsbehörden (Trading Standards Departments) haben die Verantwortung für die Einhaltung der gesetzlichen Regeln in Bezug auf den Handel und den Verbraucherschutz. Im April 2002 haben die Handelsaufsichtsbehörden gemeinsam mit dem DTI ein „National Performance Framework“ ins Leben gerufen, mit der Absicht, nationale Richtlinien für die Aufgaben der 202 Handelsaufsichtsbehörden zu definieren. Innerhalb der lokalen Regierungen gibt es zwei Netzwerke, das „network of regional coordination groups“, in dem innerbetriebliche, politische und technische Aspekte diskutiert werden, und das „national IT network (TS Interlink)“. TS Interlink ist ein geschlossenes Intranet System, das den lokalen Behörden eine enge Zusammenarbeit ermöglicht. Unter anderem werden Informationen über nicht konforme Produkte ausgetauscht. So ist es den lokalen Behörden möglich, schnell in das Marktgeschehen einzugreifen27. Die Beschwerden über mangelhafte zertifizierte Produkte nimmt UKAS entgegen. Ausgehend von dem Produkt, den entsprechenden Sicherheitsvorschriften und den Richtlinien überprüft UKAS den Anspruch der Beschwerde. Wird dieser stattgegeben, so lässt UKAS der entsprechenden Behörde eine Kopie der Beschwerde zukommen. Die Behörde ist berechtigt und eingeladen, an weiteren Untersuchungsmaßnahmen teilzunehmen. Die Untersuchungsergebnisse werden nicht veröffentlicht. 10.2.7 Fazit Obwohl die innerste Struktur von UKAS nicht aufgedeckt werden konnte, so bleibt festzuhalten, dass es in Großbritannien lediglich eine Akkreditierungsstelle gibt, die für alle Bereiche zuständig ist. Eine enge Zusammenarbeit mit der Regierung wird durch diverse Ausschüsse und Gremien ge26 27
Europäische Kommission, SOGS/WG1 N019, S. 5. http://www.dti.gov.uk/strd/marketsurveill.pdf vom 05.01.2006.
236
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
fördert. Nach ihrer Rechtlichen Form ist sie eine eigenständige private Organisation, die vom DTI ihre Legitimierung erhält. UKAS verfügt über keine besonderen Rechte; sie ist lediglich in der Lage zu akkreditieren und Akkreditierungen zu widerrufen.
10.3 Zertifizierung und Akkreditierung in Frankreich Aufgrund eines Regierungsentschlusses zum Aufbau eines nationalen Akkreditierungssystems wurde 1994 das „Comité Français d'Accréditation“ COFRAC gegründet. COFRAC’s Anerkennung als nationale Akkreditierungsstelle gründet sich auf die am 23.12.2003 unterzeichnete Vereinbarung mit den Ministern. Die Tätigkeiten von COFRAC werden vom Wirtschaftsministerium überwacht28. 10.3.1 Geschichte Alles begann 1957 mit der Gründung der ersten Vereinigung zur Kontrolle von Industrie und Qualität „l’Association Française pour le Contrôle Industriel et la Qualité“ (AFCIQ). Im Jahr 1979 wurde das „Réseau National d´Essais“ (R.N.E.) als staatliche Forschungsanlage und zur Überwachung der Forschungs- und Untersuchungsanstalten gegründet. Durch den Zusammenschluss mehrerer Organisationen im Jahr 1991 entstand die Bewegung „Mouvement Français pour la Qualité“ (MFQ). Drei Jahre später, 1994, wurde aus der Vereinigung von R.N.E. und dem BNM (Bureau National de Métrologie) das „Comité Francais d´Accréditation“ (COFRAC), wobei zum ersten Mal von Akkreditierung gesprochen wird29. 10.3.2 Struktur und Aufbau von COFRAC COFRAC ist eine private, nicht gewinnorientierte, sich selbst finanzierende Organisation („association loi 1901“). Ihre Mitglieder lassen sich in aktive und passive Mitglieder einteilen, wobei die aktiven Mitglieder in vier Interessensgruppen aufgeteilt werden: x x x x 28 29
Konformitätsbewertungsstellen (A) Berufsverbände (B) Verbraucherorganisationen (C) öffentlichen Behörden (D) COFRAC, Status, S. 1. http://qualite.univ-lyon1.fr/grandesdapes.htm vom 29.01.06.
10.3 Zertifizierung und Akkreditierung in Frankreich
237
Innerhalb von COFRAC findet eine besondere Gewichtung der Interessensgruppen statt. So verfügen die Konformitätsbewertungsstellen über sieben, die Berufsverbände über sechs und die anderen zwei Gruppen über je vier Plätze im Verwaltungsrat.
Abb. 10.6. Logo von COFRAC
Die Verwaltungsratsmitglieder werden von den aktiven Mitgliedern der entsprechenden Interessensgruppe (A,B,C) in der Generalversammlung gewählt. Der Landwirtschaftsminister, der Verbraucherminister, der Umweltminister und der Wirtschaftsminister bestimmen je ein Mitglied des Verwaltungsrates. Eine Amtsperiode dauert drei Jahre und kann beliebig oft erneuert werden. Der Präsident darf sein Amt maximal drei Amtsperioden innehaben und wird ebenfalls in der Generalversammlung gewählt. Er gehört zu den passiven Mitgliedern und seine Funktion liegt in der Repräsentation von COFRAC’s Interessen gegenüber Dritten und der Überwachung der Entscheidungen. Die Generalversammlung trifft sich mindestens einmal jährlich, um Entscheidungen auf Empfehlung des Verwaltungsrates zu treffen. Es wird dort sowohl über Satzungsänderungen, Kassenberichte, die Entlastung des Präsidenten und strittige Fragen entschieden, als auch der zukünftige Mitgliederbeitrag festgelegt. Alle Entscheidungen müssen mit der absoluten Mehrheit getroffen werden, außer Änderungen der Satzungen, für die eine zweidrittel Mehrheit erforderlich ist. Stimmberechtigt sind lediglich die aktiven Mitglieder30. Der Verwaltungsrat ist die oberste Instanz COFRAC’s. Dort werden der Vize-Präsident und Kassenwart gewählt, sowie der Generaldirektor auf Vorschlag des Präsidenten ernannt. Der Verwaltungsrat ist für die Führung der operativen Geschäfte und die Umsetzung, der auf der Generalversammlung beschlossenen Entscheidungen, verantwortlich. Für jedes Sektoralkomitee und die interne Begutachtungskommission benennt der Verwaltungsrat Präsident und Vizepräsident. Hinsichtlich kritischer Akkreditierungsentscheidungen und Einsprüche stellt der Verwaltungsrat die oberste Instanz dar.
30
COFRAC, Status, S. 5.
238
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
Abb. 10.7 Aufbau COFRAC
Zudem unterliegt es der Kompetenz des Verwaltungsrates, über die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen sektoralen Komitees zu befinden und deren Mitglieder zu ernennen. Jedes Sektoralkomitee ernennt einen hauptamtlichen Sekretär, der sich der einzelnen Akkreditierungsfälle annimmt. Das Sektoralkomitee ist berechtigt, in strittigen Fällen Experten anzurufen. Die Zusammensetzung des Sektoralkomitees spiegelt die Interessensgruppen wieder, die dem jeweiligen Zuständigkeitsbereich angehören. Innerhalb des Komitees verfügt jede Interessensgruppe über einen paritätischen Stimmanteil. Aufgabe des Sektoralkomitees ist es, dem Verwaltungsrat Regelungen für die sektorenbezogenen Referenzdokumente und die Zusammenstellung der einzelnen Komitees vorzuschlagen. Die Überprüfung und Anerkennung der für die Akkreditierung notwendigen Dokumente obliegt dem Sektoralkomitee, ebenso die Bearbeitung von Einsprüchen auf erster Instanz in Bezug auf Akkreditierungsentscheidungen.
10.3 Zertifizierung und Akkreditierung in Frankreich
239
Die untergeordneten Akkreditierungskomitees werden vom Sektoralkomitee ernannt und überwacht. Die Interne Begutachtungskommission, berufen vom Verwaltungsrat, ist eine Kontrollinstanz innerhalb von COFRAC. Sie setzt sich aus zehn Mitgliedern zusammen, von denen jeweils zwei den vier Interessensgruppe angehören, ergänzt um zwei besonders qualifizierte Mitglieder. Die Amtszeit ist auf ein Mandat von drei Jahren beschränkt und schließt die Mitgliedschaft in einem weiteren Organ COFRAC’s aus31. Aufgabe der Internen Begutachtungskommission ist es, die Organe und Tätigkeiten COFRAC’s zu überwachen. Unter anderem werden die Aktivitäten im Hinblick auf die Ziele und Missionen COFRAC’s überprüft. Bei Unstimmigkeiten und Auftreten von Interessenskonflikten werden der Generaldirektor unmittelbar in davon in Kenntnis gesetzt. In einem jährlichen Bericht gibt die Interne Begutachtungskommission dem Verwaltungsrat einen Überblick über ihre Aktivitäten. Der Generaldirektor kann als Geschäftsführer von COFRAC angesehen werden. Zu seinem Aufgabenbereich gehört es, über die Politik COFRAC’s und deren Umsetzung zu entscheiden, das Budget zu verwalten und in Zusammenarbeit mit dem Sektoralkomitee Entscheidungen über die Akkreditierung einzelner Stellen zu treffen. Der Generaldirektor ist dem Verwaltungsrat gegenüber rechenschaftspflichtig. 10.3.3 Aufgaben von COFRAC COFRAC akkreditiert Konformitätsbewertungsstellen und beurteilt sie anhand der gültigen nationalen und europäischen Normen und Richtlinien32. Dabei muss COFRAC eine neutrale Rolle einnehmen und die Entscheidungen auf Grundlage der internationalen Normen und der Richtlinien der Ministerien begründen. Es ist die Aufgabe der jeweiligen Sektoralkomitees von COFRAC, die Stellen zu akkreditieren und bei entsprechendem Anlass die Akkreditierung zu widerrufen. Falls COFRAC einer notifizierten Stelle die Akkreditierung entziehen möchte, so behalten sich die notifizierenden Behörden die Entscheidung vor, ob die Notifizierung aufrecht erhalten wird33. Es fällt somit in den Kompetenzbereich der Ministerien, ob einer notifizierten Stelle die Lizenz entzogen wird. COFRAC wird von den öffentlichen Behörden anerkannt und über31 32 33
COFRAC, Status, S. 9. Convention-Cadre, Artikel 1. Europäische Kommission, SOGS N356 EN, S. 4.
240
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
wacht. Die öffentlichen Behörden können COFRAC beauftragen, spezielle Dienstleistungen zu erbringen die mit öffentlichen Mitteln bezahlt werden. Außerdem stehen für die Entwicklung neuer Akkreditierungsbereiche öffentliche Mittel zur Verfügung. Es ist Aufgabe der Regierung, für die Umsetzung der internationalen Richtlinien in nationale Gesetze zu sorgen. In diesem Bereich gibt es keine Zusammenarbeit mit COFRAC. COFRAC beschäftigt 200 hauptamtliche Mitarbeiter, die für die Durchführung des operativen Geschäfts zuständig sind. Zusätzlich stehen weiter 700 Fachexperten für die Durchführung der Akkreditierungsaufgaben zur Verfügung34. 10.3.4 Finanzierung COFRAC ist eine hauptsächlich sich selbst finanzierende Organisation. Das Jahresbudget für 2006 beträgt 10 Millionen Euro, von denen 599.333,00 € (ca. 6%) durch öffentliche Gelder und 1% durch Mitgliederbeiträge finanziert werden. Die öffentlichen Mittel werden ausschließlich für die europäische und internationale Zusammenarbeit und die von den Ministerien erteilten Aufträge eingesetzt. 10.3.5 Akkreditierung, Benennung und Notifizierung Die einzige im gesetzlich geregelten Bereich anerkannte Akkreditierungsstelle ist COFRAC, jedoch ist eine Akkreditierung nicht zwingend erforderlich. Die Akkreditierung durch COFRAC wird bei der Benennung der Ministerien berücksichtigt. Um der Zuständigkeit der Ministerien jedoch ein größeres Gewicht zu verleihen, ist die Akkreditierung kein ausreichender Nachweis, um als Stelle benannt zu werden. Die Ministerien berücksichtigen zusätzlich zu den sektorspezifischen Anforderungen die ehemaligen nationalen Richtlinien, nach denen die öffentliche Hand die Aufgabe der Konformitätsbewertung wahrgenommen hatte. Die Kriterien und Aufgaben, die die notifizierte Stelle zu erfüllen hat, werden in den meisten Fällen in einem Vertrag zwischen dem zuständigen Ministerium und der zu benennenden Stelle festgehalten. Unter anderem ist es so möglich, einer Stelle eine Probezeit aufzuerlegen, um deren Kompetenz zu überprüfen oder um einer unabhängigen Stelle den Zutritt zu einem bisher staatlichen Sektor zu ermöglichen. Eine dem Prime Minister untergeordnete Abteilung wird durch die je34
http://www.cofrac.fr/fr/cofrac/qui.htm vom 29.01.06.
10.3 Zertifizierung und Akkreditierung in Frankreich
241
weiligen Ministerien über die Benennung informiert, daraufhin übernimmt diese zentrale Einrichtung die Notifizierung. Die Anzahl der notifizierten Stellen ist immer beschränkt, um eine Zergliederung der Zuständigkeitsbereiche und einen damit einhergehenden Kompetenzverlust zu vermeiden. Es liegt im Ermessensspielraum der Ministerien, wie viele notifizierte Stellen in einem Sektor zugelassen werden. In Sektoren, in denen eine starke Kontrolle durch eine öffentliche Behörde notwendig ist, ist es möglich, dass lediglich eine Stelle notifiziert wird. Die notifizierten Stellen unterliegen einer regelmäßigen Kontrolle durch die zuständigen Ministerien. Falls eine Akkreditierung vorliegt, so werden die Entscheidungen und Ergebnisse COFRAC’s in Bezug auf die Überwachung berücksichtigt. Auf der Grundlage von jährlichen Aktivitätsberichten überprüfen die Ministerien die Qualität der technischen Akten und ob sich die Stelle innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs bewegt hat. Die öffentlichen Behörden widmen diesen Aspekten eine sehr große Aufmerksamkeit, kontrollieren aber auch andere Bereiche, wie z.B. die Beteiligung an den nationalen Koordinierungsgruppen. Die öffentlichen Behörden haben den Aufbau von je einer nationalen Koordinierungsgruppe pro Richtlinie unterstützt. Diese erleichtert die internationale Arbeit und ermöglicht es, jeweils nur einen Vertreter für die notifizierten Stellen zu entsenden35. 10.3.6 Marktüberwachung und Nachsorge So wie europaweit vereinbart, liegt auch in Frankreich die primäre Verantwortung für fehlerhafte Produkte beim Hersteller. In zweiter Instanz ist der Zertifizierer verantwortlich und erst die dritte bzw. vierte Instanz bildet COFRAC. Deswegen ist die Haftung COFRAC’s für Schäden aufgrund von fehlerhafter Akkreditierungstätigkeit sehr gering. Dennoch ist COFRAC per Gesetz verpflichtet, sich hiergegen zu versichern. Mit Hilfe von Zertifizierungszeichen ist es möglich, die Zertifizierungsstelle ausfindig zu machen. COFRAC nimmt die Beschwerden von Konsumenten über fehlerhafte Produkte entgegen und bei gegebenem Anlass wird eine erneute Überprüfung der Zertifizierungsstelle durch die Konformitätsbewertungsstelle veranlasst. Aus dem Endprodukt ist nicht ersichtlich, ob die Zertifizierungsstelle von einer akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle geprüft ist, und wer diese Prüfung vorgenommen hat. Bei COFRAC wurde intern kontrovers diskutiert, ob die Endprodukte mit dem Akkreditierungszeichen von 35
Europäische Kommission, SOGS N356 EN, S. 2.
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10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
COFRAC versehen werden sollten. Doch Aufgrund der Übersichtlichkeit für den Endverbraucher und der eigentlichen Aufgabe COFRAC’s, der Akkreditierungstätigkeit, hat man auf die Auszeichnung verzichtet. 10.3.7 Fazit An dem Aufbau des französischen Akkreditierungssystems wird die starke Position des Staatsapparats deutlich. Akkreditierung wird als wichtiges Instrument angesehen, dennoch behalten es sich die Ministerien vor, den zu benennenden Stellen weitere Kriterien aufzuerlegen. Die Unabhängigkeit COFRAC’s ist eindeutig gewährleistet, wobei offen bleibt, in wie weit das starke Gewicht der Konformitätsbewertungsstellen Einfluss auf die Politik COFRAC’s hat.
10.4 Vergleich und Vorgaben der Europäischen Kommission Zurzeit gibt es bei der Europäischen Kommission und speziell in der Beratungsgruppe der Hohen Beamten für Normungs- und Konformitätsbewertungspolitik (SOGS) umfangreiche Aktivitäten zur Überarbeitung des New Approach. Eine besondere Rolle spielt dabei Herr McMillan, der als Vertreter der Europäischen Kommission innerhalb der SOGS mitarbeitet. Im Dezember 2005 hat Herr McMillan durch einen vorläufigen Entwurf die Europäische Kommission darüber informiert, dass der endgültige Entwurf zur Überarbeitung des New Approach der Kommission im Sommer 2006 vorgelegt wird. Voraussichtlich im Jahr 2007 soll der Entwurf dem Europa Rat und Parlament vorgelegt werden. Eine besondere Beschlussfassung zur Akkreditierung soll es jedoch nicht geben. Die Akkreditierung erfolgt unter dem Aspekt „Public Authority“, das heißt der Nationalstaat übernimmt in letzter Konsequenz die Verantwortung für die Akkreditierung und die Umsetzung von Korrekturmaßnahmen36. In diesem Entwurf von Herrn McMillan „SOGS N529 EN“ werden die Anforderungen und Kriterien an die nationalen Akkreditierungssysteme formuliert, die im folgenden mit der Umsetzung auf nationaler Ebene verglichen werden.
36
Wloka, DAR-aktuell 3/2005, S. 3.
10.4 Vergleich und Vorgaben der Europäischen Kommission
243
Es ist die Aufgabe eines jeden Staates eine Akkreditierung als eine behördliche Aktivität anzuerkennen und unter Beachtung der folgenden Regeln durchzuführen: x Wenn Mitgliedsstaaten ein Akkreditierungssystem einrichten, so soll dies auf der Grundlage einer speziellen behördlichen Entscheidung oder eines Gesetzes aufbauen. x Falls die Akkreditierung nicht durch eine staatliche Einrichtung ausgeübt wird, so muss der Staat dafür Sorge tragen, dass eine enge Anbindung der Akkreditierungsstelle an den Staat durch Gesetze oder Verträge sichergestellt ist. x Mitgliedsstaaten sollen das Akkreditierungssystem frei von kommerziellem Wettbewerb gestalten und lediglich eine Akkreditierungsstelle oder ein System von einzelnen Akkreditierungsstellen einrichten. Diese drei Kriterien werden von McMillan als die fundamentalen Bedingungen angesehen, die jedes Akkreditierungssystem erfüllen sollte. Die Mitgliedsstaaten sollen Akkreditierung unterstützen und die Verantwortung für die ordnungsgemäße Ausübung der Akkreditierung übernehmen. Dementsprechend sollten folgende Kriterien vom Staat erfüllt werden37: x Die Anwendung der Akkreditierung in Industrie und Behörden soll gefördert werden. x Die Akkreditierungsstelle/en für die Wahrnehmung besonderer Aufgaben (zum Beispiel internationale Zusammenarbeit) soll finanziell unterstützt werden, das Kerngeschäft sollte jedoch selbstfinanzierend sein. x Einheitliche Verfahrensregeln sollen für die Beschwerden über und die Anklage gegen Akkreditierungsentscheidungen formuliert. x Sicherstellung der technischen Kompetenz der Akkreditierungsstelle und der hinreichenden Ausstattung in personeller und finanzieller Hinsicht für die professionelle Ausübung ihrer Tätigkeiten soll gegeben sein. x Regelmäßige Informationen über die finanzielle Situation der Akkreditierungsstelle sind einzuholen und von Zeit zu Zeit sind Überprüfungen der Akkreditierungsstellen durchzuführen.
37
Europäische Kommission, SOGS N529 EN, S. 19.
244
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
Anforderungen an den Staat Vorgabe Gesetzesgrundlage/ Behördliche Entscheidung starke Anbindung der AS an den Staat kein Wettbewerb zwischen den AS / „Einplatzprinzip“ Förderung der Akkreditierung Finanzielle Unterstützung Einheitliche Beschwerdeverfahren
Bemerkung
D
S
UK
F
³
z
z
z in S: AS per Gesetz beauftragt
in D: im g.g.B. per Gesetz, im g.n.g.B. keine Anbindung | z z in UK: „Memorandum of Understanding“ in F: „Convention-Cadre“ in D: Wettbewerb im gesetzlich ³ z z nicht geregelten Bereich, da Vielzahl von AS z
z
z
z in S: per Gesetz verankert
z
z
z (s. Finanzierung)
³
in UK: zusammen mit Innenministerium erarbeitet
z
in F, S, UK: sind gibt es ca. 100 Fachexperten und ca. 500 externe Fachexperten Sicherstellung z z z z in D: größte Anzahl an beschäftigder Kompetenz ten Experten im Bereich der Akkreditierung Überprüfung der in F: durch Behörden überwacht ³ z z in UK: dem DTI unterstellt AS Legende: Kriterium vollständig z erfüllt Kriterium erfüllt, da AS behördliche Einrichtung Kriterium teilweise er| füllt ³ Kriterium nicht erfüllt
AS
Akkreditierungsstelle
g.g.B.
gesetzlich geregelter Bereich
gesetzlich nicht geregelter Bereich D,S,UK,F Länderabkürzungen
g.n.g.B.
10.4 Vergleich und Vorgaben der Europäischen Kommission
245
Neben den Anforderungen an die einzelnen Nationalstaaten gibt es auch grundlegende Vorgaben für die einzelnen Akkreditierungsstellen38. x Akkreditierungsstellen müssen juristische Personen sein und die Haftung für ihre Tätigkeiten übernehmen. x Die Organisationsstruktur soll Unabhängigkeit und Objektivität der Akkreditierungsstelle sicherstellen, dabei ist auf eine ausgewogene Interessensvertretung zu achten. Alle an der Evaluation beteiligten Personen sollen frei von finanziellen oder anderen Einflüssen entscheiden, um die Objektivität zu gewährleisten. Die endgültige Entscheidung ist von einer kompetenten, nicht am Evaluationsprozess beteiligten Person zu treffen. x Die Akkreditierungsstelle muss eine genaue Beschreibung des Zuständigkeitsbereiches, für den die Zertifizierungsstelle akkreditiert ist, erstellen. x Es sollen Verfahren für interne Revisionen innerhalb der Akkreditierungsstelle etabliert sein, um eine ordnungsgemäße Führung der Geschäfte und die Richtlinienkonformität sicherzustellen. Folgende Kriterien sieht McMillan als optional an: x Die Akkreditierung sollte als eine nicht gewinnorientierte Tätigkeit ausgeführt werden, unabhängig davon, ob sie staatlich oder privat organisiert ist. x Den Interessen aller Beteiligen an der Akkreditierung soll Rechnung getragen werden. x Zusammenarbeit innerhalb der europäischen Gremien und spezielle Arbeitsgruppen sollen unterstützt werden, um die internationale Akzeptanz der Akkreditierung zu fördern. Die Mitarbeit sollte sich dabei proportional zu der Größe, dem Zuständigkeitsbereich und der Kompetenz der Akkreditierungsstelle verhalten. Zusätzlich zu den von McMillan geforderten Kriterien werden folgende Punkte eingeführt: x Berücksichtigung des Prinzips der Nachsorge; die Akkreditierungsstellen nimmt sich den fehlerhaften zertifizierten Produkten an und verfolgen den Weg zurück. x Anhand von Kennzeichen sollte eindeutig erkenntlich sein, wer die Akkreditierung vorgenommen hat. x Transparenz im Bereich der Nachsorge: Es werden die fehlerhaften Produkte und deren Zertifizierer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 38
Europäische Kommission, SOGS N529 EN, S. 13-15.
246
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
Vorgaben für die Akkreditierungsstelle/n Vorgabe
D S UK F Bemerkung in UK, F: private Organisation C B A A in D: sowohl Behörden als auch private Organisationen
juristische Person objektiver Entscheider eindeutige Abgrenzung des Zuständigkeitsbereichs
A
in S: Entscheidungskompetenz
C A A
A
Interne Revision
D
A
Non-profit
A B C
A
A A
A
C A A
A
D A
A
Interessensvertretung aller Beteiligter europäische Zusammenarbeit Nachsorge durch AS eindeutige Kennzeichnung Transparenz Legende A B C D AS g.g.B. g.n.g.B. D,S,UK,F
C
A
C D D
in D: im g.n.g.B. keine eindeutige Abgrenzung in F: Interne Begutachtungskommission in UK: nicht Gewinn ausschüttend, dennoch auf Gewinn ausgerichtet in S: Aufgabe des Staates in F,UK: Durch Mitglieder in D: Bedingt durch Vielzahl der AS im g.n.g.B. nicht alle international beteiligt in S: Aufgabe des Verbraucherschutzes
A in D: im g.n.g.B. geplant D in D: geplant, Ansatz in GSPG
Kriterium vollständig erfüllt Kriterium erfüllt, da AS behördliche Einrichtung Kriterium teilweise erfüllt Kriterium nicht erfüllt Akkreditierungsstelle gesetzlich geregelter Bereich gesetzlich nicht geregelter Bereich Länderabkürzungen
10.4 Vergleich und Vorgaben der Europäischen Kommission
247
Bei dem Vergleich der Systeme ist außerdem zu erwähnen, dass den Akkreditierungssystemen in Frankreich und England ein sehr ähnlicher Aufbau zugrunde liegt. In beiden Ländern wird eine private Organisation vom Staat mit dem Recht zur Akkreditierung beliehen und erhält den Status als einzige national anerkannte Akkreditierungsstelle (vgl. DAU in Deutschland). Aus dem oben gezogenen Vergleich ergeben sich in jedem der Länder Verbesserungspotentiale. So ist zum Beispiel im Bereich der Nachsorge sowohl in England als auch in Frankreich die Transparenz des Akkreditierungs- und Zertifizierungssystems kein wesentliches Thema. Es werden im Bereich der zertifizierten und fehlerhaften Produkte Untersuchungen angestellt, jedoch werden die Ergebnisse der Untersuchungen nicht als öffentliches Druckmittel gegenüber den Zertifizierungsstellen eingesetzt. Im Ganzen erfüllen die Akkreditierungssysteme in den Ländern Frankreich, Schweden und England die wesentlichen die Anforderungen der Europäischen Union. Für Deutschland bleibt abschließend festzuhalten, dass es ein großes Potential für die Entwicklung neuer Lösungsansätze gibt. Dabei sei auf die Problematik und neuen Rolle des DAR hingewiesen. In der nahen Zukunft kann von einer starken Verbesserung und Veränderung innerhalb des Deutschen Akkreditierungssystems ausgegangen werden39. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der Vergleich nicht alle Vorgaben der Europäischen Union abdeckt. Folgende Kriterien wären weiterführend zu betrachten: x Einrichtung eines effektiven Kontrollmechanismusses, der sicherstellt, dass die vertraglichen oder gesetzlichen Vereinbarungen von der Akkreditierungsstelle eingehalten werden und eine klare Trennung zwischen der politischen und technischen Entscheidungsgewalt innerhalb der Akkreditierungsstelle vorliegt40. x Alle Aufgaben und Verantwortungen des Personals der Akkreditierungsstelle, die die Neutralität der Beurteilung beeinflussen können müssen dokumentiert sein. Die Geschäftsleitung trägt besondere Verantwortung für die Entwicklung von Richtlinien, deren Umsetzung und die Entscheidungen bezüglich Akkreditierung. x Die Akkreditierungsstelle hat Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um alle vertraulichen Informationen aus dem Evaluationsprozess geheim zu halten. 39
40
Für die umfassenden Recherchen zum Vergleich der nationalen Systeme und die Unterstützung bei deren Aufbereitung gilt unser besonderer Dank dem Seminarteilnehmer Sebastian Ohrendorf. Europäische Kommission, SOGS N529 EN, S. 19.
248
10 Europäische Konformitätsbewertungssysteme im Vergleich
x Um ein hohes Niveau der Akkreditierung sicherzustellen, sollen Entscheidungs- und Bewertungsprozesse aufgezeichnet und Bewertungsbögen von den Kunden ausgefüllt werden. x Es soll kein Wettbewerb zwischen den Akkreditierungsstellen auf nationaler und internationaler Eben stattfinden. x Veröffentlichung der Akkreditierungsverfahren und deren Veränderung. Dabei sollen unter anderem die europäische Gremien und die jeweils sektorspezifische Europäische Kommission benachrichtig werden41. Checkliste: Nationale Akkreditierungssysteme 9 Schweden: SWEDAC ist eine staatliche Einrichtung, die sich aus Vertretern von Behörden, Berufsverbänden und wirtschaftlichen Einrichtungen zusammensetzt. SWEDAC akkreditiert Laboratorien, Zertifizierungs-, Prüf- und Überwachungsstellen und notifiziert in verschiedenen Sektoren. Darüber hinaus arbeitet SWEDAC national und international an der weiteren Harmonisierung der Richtlinien mit, um ein größtmöglichstes Maß an Sicherheit und einen freien Handel zu gewährleisten. 9 England: Der United Kingdom Accreditation Service (UKAS) ist die einzige staatlich anerkannte Akkreditierungsstelle in Großbritannien und verpflichtet, im öffentlichen Interesse zu handeln und sich staatlichen Kontrollen zu unterwerfen. Es handelt sich um eine private, nicht gewinnausschüttende Unternehmung. Die primäre Aufgabe von UKAS ist es, unabhängige Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen zu akkreditieren. UKAS erarbeitet gemeinsam mit den zuständigen Ministerien Vorschläge für die Umsetzung von Richtlinien, die Konformitätskriterien beinhalten42. 9 Frankreich: Aufgrund eines Regierungsentschlusses zum Aufbau eines nationalen Akkreditierungssystems wurde 1994 das „Comité Français d'Accréditation“ COFRAC gegründet. COFRAC ist eine private, nicht gewinnorientierte, sich selbst finanzierende Organisation und wird vom Wirtschaftsministerium überwacht. COFRAC akkreditiert Konformitätsbewertungsstellen und beurteilt sie anhand der gültigen nationalen und europäischen Normen und Richtlinien. COFRAC wird von den öffentlichen Behörden anerkannt und überwacht. Die öffentlichen Behörden können COFRAC beauftragen, 41 42
Europäische Kommission, SOGS N529 EN, S. 15ff. Persönliche Mitteilung von Sarah Argent (Quality Manager of UKAS) am 20.01.06.
10.4 Vergleich und Vorgaben der Europäischen Kommission
249
spezielle Dienstleistungen zu erbringen die mit öffentlichen Mitteln bezahlt werden. Außerdem stehen für die Entwicklung neuer Akkreditierungsbereiche öffentliche Mittel zur Verfügung. Es ist Aufgabe der Regierung, für die Umsetzung der internationalen Richtlinien in nationale Gesetze zu sorgen. In diesem Bereich gibt es keine Zusammenarbeit mit COFRAC.
Leserorientierung: Kapitel 10 stellt dem Leser die Zertifizierungs- und Akkreditierungssysteme Schwedens, Englands und Frankreichs vor, um einen Vergleich der Systeme untereinander sowie auch mit dem deutschen System herzustellen. Auf diese Weise werden dem Leser Vor- und Nachteile der einzelnen Systeme plastisch vor Augen geführt. Es wird jeweils auf Entstehung und Struktur des jeweiligen Systems und insbesondere auch auf die eingesetzten Organe, deren rechtliche Ausgestaltung und Finanzierung sowie die einzelnen Verfahrensarten eingegangen. Im Anschluss an jeden Abschnitt wird das betrachtete System kurz bewertet. Dieses Fazit wird abgerundet durch einen weiter angelegten Vergleich am Ende des Kapitels, welcher sich an den Vorgaben der Europäischen Kommission orientiert und für den Leser anschaulich in Tabellen zusammengefasst wird.
ANHANG
Anhang A Kriterien für die Benennung und Beurteilungbenannter Stellen (Auszüge aus den Richtlinien neuerer Art) A1.
Richtlinie Medizinprodukte 93/42/EWG
ANHANG XI MINDESTKRITERIEN FÜR DIE BEAUFTRAGUNG DER ZU BENENNENDEN STELLEN 1. Die benannte Stelle, ihr Leiter und das mit der Durchführung der Bewertungen und Prüfungen beauftragte Personal dürfen weder mit dem Autor des Entwurfs (Auslegung), dem Hersteller, dem Lieferer, dem Monteur oder dem Anwender der Produkte, die sie prüfen, identisch noch Beauftragte einer dieser Personen sein. Sie dürfen weder unmittelbar noch als Beauftragte an der Auslegung, an der Herstellung, am Vertrieb oder an der Instandhaltung dieser Produkte beteiligt sein. Die Möglichkeit eines Austauschs technischer Informationen zwischen dem Hersteller und der Stelle wird dadurch nicht ausgeschlossen. 2. Die benannte Stelle und das mit der Prüfung beauftragte Personal müssen die Bewertungen und Prüfungen mit höchster beruflicher Zuverlässigkeit und größter erforderlicher Sachkenntnis auf dem Gebiet der Medizinprodukte durchführen und unabhängig von jeder möglichen Einflussnahme - vor allem finanzieller Art - auf ihre Beurteilung oder die Ergebnisse ihrer Prüfung sein, insbesondere von der Einflussnahme durch Personen oder Personengruppen, die an den Ergebnissen der Prüfungen interessiert sind. Wenn eine benannte Stelle spezielle Arbeiten im Zusammenhang mit der Feststellung und Verifizierung von Sachverhalten einem Unterauftragnehmer überträgt, muß sie zuvor sicherstellen, dass die Be-
252
ANHANG
stimmungen der Richtlinie, insbesondere dieses Anhangs, von dem Unterauftragnehmer eingehalten werden. Die benannte Stelle hält die einschlägigen Dokumente zur Bewertung der Sachkompetenz des Unterauftragnehmers und zu den von diesem im Rahmen dieser Richtlinie ausgeführten Arbeiten zur Einsichtnahme durch die nationalen Behörden bereit. 3. Die benannte Stelle muß in der Lage sein, alle in einem der Anhänge II bis VI genannten Aufgaben, die einer solchen Stelle zugewiesen werden und für die sie benannt ist, wahrzunehmen, sei es, dass diese Aufgaben von der Stelle selbst, sei es, dass sie unter ihrer Verantwortung ausgeführt werden. Sie muß insbesondere über das Personal verfügen und die Mittel besitzen, die zur angemessenen Erfüllung der mit der Durchführung der Bewertungen und Prüfungen verbundenen technischen und verwaltungsmäßigen Aufgaben erforderlich sind; ebenso muß sie Zugang zu der für die Prüfungen erforderlichen Ausrüstung haben. 4. Das mit den Prüfungen beauftragte Personal muß folgendes besitzen: -
eine gute berufliche Ausbildung in bezug auf alle Bewertungen und Prüfungen, für die die Stelle benannt worden ist;
-
eine ausreichende Kenntnis der Vorschriften für die von ihm durchgeführten Prüfungen und eine ausreichende praktische Erfahrung auf diesem Gebiet;
-
die erforderliche Eignung für die Abfassung der Bescheinigungen, Protokolle und Berichte, in denen die durchgeführten Prüfungen niedergelegt werden.
5. Die Unabhängigkeit des mit der Prüfung beauftragten Personals ist zu gewährleisten. Die Höhe der Bezüge jedes Prüfers darf sich weder nach der Zahl der von ihm durchgeführten Prüfungen noch nach den Ergebnissen dieser Prüfungen richten. 6. Die Stelle muß eine Haftpflichtversicherung abschließen, es sei denn, diese Haftpflicht wird vom Staat aufgrund nationalen Rechts gedeckt oder die Prüfungen werden unmittelbar von dem Mitgliedstaat durchgeführt.
7. Das Personal der Stelle ist - außer gegenüber den zuständigen Verwaltungsbehörden des Staates, in dem es seine Tätigkeit ausübt, - durch das Berufsgeheimnis in bezug auf alles gebunden, wovon es bei der Durchführung seiner Aufgaben im Rahmen die-
Anhang A
253
ser Richtlinie oder jeder anderen innerstaatlichen Rechtsvorschrift, die dieser Richtlinie Wirkung verleiht, Kenntnis erhält. A2.
Richtlinie Druckgeräte 97/23/EG
ARTIKEL 12 BENANNTE STELLEN (1) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten mit, welche Stellen sie für die Durchführung der Verfahren nach Artikel 10 und Artikel 11 benannt haben, welche spezifischen Aufgaben diesen Stellen übertragen wurden und welche Kennummern ihnen zuvor von der Kommission zugeteilt wurden. Die Kommission veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften eine Liste der benannten Stellen unter Angabe ihrer Kennummer und der ihnen übertragenen Aufgaben. Sie sorgt für die Aktualisierung dieser Liste. (2) Bei der Auswahl dieser Stellen wenden die Mitgliedstaaten die Kriterien gemäß Anhang IV an. Bei Stellen, die den Voraussetzungen der einschlägigen harmonisierten Normen genügen, wird davon ausgegangen, daß sie die entsprechenden Kriterien nach Anhang IV erfüllen. (3) Ein Mitgliedstaat, der eine Stelle benannt hat, muß die Benennung zurückziehen, wenn er feststellt, daß die Stelle die in Absatz 2 genannten Kriterien nicht mehr erfüllt. Er unterrichtet unverzüglich die übrigen Mitgliedstaaten und die Kommission über die Zurücknahme der Benennung. ANHANG IV MINDESTKRITERIEN FÜR DIE BESTIMMUNG DER BENANNTEN STELLEN GEMÄSS ARTIKEL 12 UND DER ANERKANNTEN UNABHÄNGIGEN PRÜFSTELLEN GEMÄSS ARTIKEL 13 1. Die Stelle, ihr Leiter und das mit der Durchführung der Bewertungen und Prüfungen beauftragte Personal dürfen weder mit dem Urheber des Entwurfs, dem Hersteller, dem Lieferanten, dem Aufsteller oder dem Betreiber der Druckgeräte oder Baugruppen, die diese Stelle prüft, identisch noch Beauftragte einer dieser Personen sein. Sie dürfen weder unmittelbar noch als Beauftragte an der Planung, am Bau, am Vertrieb oder an der Instandhaltung dieser Druckgeräte oder Baugruppen beteiligt sein. Dies schließt nicht aus, dass zwischen dem Hersteller der Druckgeräte oder Baugruppen und der Stelle technische Informationen ausgetauscht werden können.
254
ANHANG
2. Die Stelle und ihr Personal müssen die Bewertungen und Prüfungen mit höchster beruflicher Zuverlässigkeit und größter technischer Sachkunde durchführen und unabhängig von jeder Einflussnahme - vor allem finanzieller Art - auf ihre Beurteilung und die Ergebnisse ihrer Prüfung sein, insbesondere von der Einflussnahme durch Personen oder Personengruppen, die an den Ergebnissen der Prüfungen interessiert sind. 3. Die Stelle muß über das Personal und die Mittel verfügen, die zur angemessenen Erfüllung der mit der Durchführung der Kontrollen oder Überwachungsmaßnahmen verbundenen technischen und administrativen Aufgaben erforderlich sind; ebenso muß sie Zugang zu den für außerordentliche Prüfungen erforderlichen Geräten haben. 4. Das mit den Kontrollen beauftragte Personal muß folgende Voraussetzungen erfüllen: -
Es muß eine gute technische und berufliche Ausbildung haben.
-
Es muß ausreichende Kenntnisse der Vorschriften für die von ihm durchgeführten Kontrollen und eine ausreichende praktische Erfahrung auf diesem Gebiet haben.
- Es muß die erforderliche Eignung zur Abfassung der Beschei-
nigungen, Prüfprotokolle und Berichte haben, in denen die durchgeführten Prüfungen niedergelegt werden.
5. Die Unparteilichkeit des Kontrollpersonals ist zu gewährleisten. Die Höhe des Arbeitsentgelts der Prüfer darf sich weder nach der Zahl der von ihnen durchgeführten Kontrollen noch nach den Ergebnissen derselben richten. 6. Die Stelle muss eine Haftpflichtversicherung abschließen, es sei denn, diese Haftpflicht wird aufgrund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften vom Staat übernommen oder die Kontrollen werden unmittelbar von dem Mitgliedstaat durchgeführt. 7. Das Personal der Stelle ist (außer gegenüber den zuständigen Behörden des Staates, in dem es seine Tätigkeit ausübt) durch das Berufsgeheimnis in bezug auf alles gebunden, wovon es bei der Durchführung seiner Aufgaben im Rahmen der Richtlinie oder jeder innerstaatlichen Rechtsvorschrift, die der Richtlinie Wirkung verleiht, Kenntnis erhält.
Anhang A A3.
255
Richtlinie Gasverbrauchseinrichtungen 90/396/EWG
ANHANG V MINDESTKRITERIEN FÜR DIE BEWERTUNG BENANNTER STELLEN Die von den Mitgliedstaaten bestimmten Einrichtungen müssen die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllen: – – –
– –
erforderliches Personal sowie entsprechende Mittel und Ausrüstungen; technische Kompetenz und berufliche Integrität des Personals; Unabhängigkeit der Führungskräfte und des technischen Personals von allen Kreisen, Gruppen oder Personen, die direkt oder indirekt an dem Gerätebereich interessiert sind, hinsichtlich der Durchführung der Prüfungsverfahren und der Erstellung von Berichten, der Ausstellung von Bescheinigungen und der Überwachungstätigkeiten gemäß dieser Richtlinie; Einhaltung des Berufsgeheimnisses durch das Personal; Abschluss einer Haftpflichtversicherung, sofern die Haftung aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschriften nicht vom Staat getragen wird.
Die Erfüllung der Voraussetzungen unter dem ersten und zweiten Gedankenstrich werden von den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats oder von Stellen, die der Mitgliedstaat benennt, regelmäßig geprüft. A4.
Richtlinie Aufzüge 95/16/EG
ANHANG VII VON DEN MITGLIEDSTAATEN ZU BERÜCKSICHTIGENDE MINDESTKRITERIEN FÜR DIE BENENNUNG DER PRÜFSTELLEN 1. Die Prüfstelle, ihr Leiter und das mit der Durchführung der Prüfungen beauftragte Personal dürfen weder mit dem Urheber des Entwurfs noch mit dem Konstrukteur, dem Lieferanten oder dem Hersteller der zu prüfenden Sicherheitsbauteile oder dem Montagebetrieb der zu prüfenden Aufzüge noch mit dem Bevollmächtigten einer dieser Personen identisch sein. Ferner dürfen die Prüfstelle, ihr Leiter und das mit der Überwachung der Qualitätssicherungssysteme gemäß Artikel 8 der Richtlinie beauftragte Personal weder mit dem Urheber des Entwurfs noch mit
256
ANHANG
dem Konstrukteur, dem Lieferanten oder dem Hersteller der zu prüfenden Sicherheitsbauteile oder dem Montagebetrieb der zu prüfenden Aufzüge noch mit dem Bevollmächtigten einer dieser Beteiligten identisch sein. Sie dürfen weder unmittelbar noch als Bevollmächtigte an Planung, Bau, Vertrieb oder Wartung dieser Sicherheitsbauteile oder am Einbau dieser Aufzüge beteiligt sein. Dies schließt nicht aus, dass zwischen dem Hersteller der Sicherheitsbauteile bzw. dem Montagebetrieb und der Prüfstelle technische Informationen ausgetauscht werden können. 2. Prüfstelle und Prüfpersonal müssen die Prüfungen und Überwachungsmaßnahmen mit höchster beruflicher Integrität und technischer Kompetenz durchführen; sie müssen unabhängig sein und frei von jeder Einflussnahme - vor allem finanzieller Art - auf ihre Beurteilung oder die Ergebnisse der Prüfung, was insbesondere für die Einflussnahme seitens Personen oder Personengruppen gilt, die an den Ergebnissen der Prüfungen oder Überwachungsmaßnahmen interessiert sind. 3. Die Prüfstelle muss über das Personal und die Mittel verfügen, die zu einer angemessenen Erfüllung der mit den Prüfungen oder Überwachungsmaßnahmen verbundenen technischen und administrativen Aufgaben erforderlich sind; sie muss außerdem Zugang zu den für außerordentliche Prüfungen erforderlichen Geräten haben. 4. Das mit den Kontrollen beauftragte Personal muss folgende Voraussetzungen erfüllen: -
Es muss eine gute technische und berufliche Ausbildung haben.
-
Es muss ausreichende Kenntnisse der Vorschriften für die von ihm durchgeführten Kontrollen und eine ausreichende praktische Erfahrung auf diesem Gebiet haben.
-
Es muss die erforderliche Eignung zur Abfassung der Bescheinigungen, Prüfprotokolle und Berichte haben, in denen die durchgeführten Prüfungen niedergelegt werden.
5. Die Unabhängigkeit des Kontrollpersonals ist zu gewährleisten. Die Höhe des Arbeitsentgelts der Prüfer darf sich weder nach der Zahl der von ihnen durchgeführten Kontrollen noch nach den Ergebnissen derselben richten. 6. Die Prüfstelle muss eine Haftpflichtversicherung abschließen, es sei denn, diese Haftpflicht wird aufgrund der innerstaatlichen
Anhang A
257
Rechtsvorschriften vom Staat übernommen oder die Kontrollen werden unmittelbar durch den betreffenden Mitgliedstaat durchgeführt. 7. Das Personal der Prüfstelle ist (außer gegenüber den zuständigen Behörden des Staates, in dem es seine Tätigkeit ausübt) durch das Berufsgeheimnis in bezug auf alles gebunden, wovon es bei der Durchführung seiner Aufgaben im Rahmen der Richtlinie oder jeder anderen innerstaatlichen Rechtsvorschrift, die der Richtlinie Wirkung verleiht, Kenntnis erhält. A5.
Richtlinie Persönliche Schutzausrüstungen 89/686/EWG
ANHANG V VORAUSSETZUNGEN, DIE VON DEN GEMELDETEN STELLEN ZU ERFÜLLEN SIND (Artikel 9 Absatz 2) Die von den Mitgliedstaaten benannten Stellen müssen folgende Mindestvoraussetzungen erfüllen: 1. erforderliches Personal sowie entsprechende Mittel und Ausrüstungen; 2. technische Kompetenz und berufliche Integrität des Personals; 3. Unabhängigkeit der Führungskräfte und des technischen Personals von allen Kreisen, Gruppen oder Personen, die direkt oder indirekt an den PSA interessiert sind, hinsichtlich der Durchführung der Prüfungsverfahren und der Erstellung von Berichten, der Ausstellung von Bescheinigungen und der Überwachungstätigkeiten gemäß der Richtlinie; 4. Einhaltung des Berufsgeheimnisses; 5. Abschluss einer Haftpflichtversicherung, sofern die Haftung nicht vom Staat durch inländisches Recht geregelt wird. Die Voraussetzungen nach den Ziffern 1 und 2 werden von den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten regelmäßig überprüft.
258
ANHANG
A6. Richtlinie Maschinen 2006/42 vom 17.5.2006
ANHANG XI VON DEN MITGLIEDSTAATEN ZU BERÜCKSICHTIGENDE MINDESTKRITERIEN FÜR DIE BENENNUNG DER STELLEN 1. Die Stelle, ihr Leiter und das mit der Durchführung der Prüfungen betraute Personal dürfen weder mit dem Urheber des Entwurfs, dem Hersteller, dem Lieferanten oder dem Installateur der zu prüfenden Maschinen identisch noch Beauftragte einer dieser Personen sein. Sie dürfen weder unmittelbar noch als Beauftragte an der Planung, am Bau, am Vertrieb oder an der Instandhaltung dieser Maschinen beteiligt sein. Die Möglichkeit eines Austauschs technischer Informationen zwischen dem Hersteller und der benannten Stelle wird dadurch nicht ausgeschlossen. 2. Die Stelle und das mit der Prüfung beauftragte Personal müssen die Prüfungen mit höchster beruflicher Integrität und größter fachlicher Kompetenz durchführen und müssen unabhängig von jeder Einflussnahme - vor allem finanzieller Art - auf ihre Beurteilung oder die Ergebnisse ihrer Prüfung sein, insbesondere von der Einflussnahme seitens Personen oder Personengruppen, die an den Ergebnissen der Prüfungen interessiert sind. 3. Die Stelle muss für jede Art von Maschinen, für die sie benannt ist, über Personal mit einer für die Konformitätsbewertung ausreichenden Fachkunde und Erfahrung verfügen. Sie muss über die Mittel verfügen, die zur angemessenen Erfüllung der mit der Durchführung der Prüfungen verbundenen technischen und administrativen Aufgaben erforderlich sind; sie muss außerdem Zugang zu den für außergewöhnliche Prüfungen erforderlichen Geräten haben. 4. Das mit den Prüfungen beauftragte Personal muss Folgendes besitzen: -
eine gute technische und berufliche Ausbildung,
-
ausreichende Kenntnisse der Vorschriften für die von ihm durchgeführten Prüfungen und ausreichende praktische Erfahrung mit solchen Prüfungen,
Anhang A
-
259
die erforderliche Eignung für die Abfassung der Bescheinigungen, Protokolle und Berichte, in denen die durchgeführten Prüfungen bestätigt werden.
5. Die Unabhängigkeit des mit der Prüfung beauftragten Personals ist zu gewährleisten. Die Höhe der Vergütung eines Prüfers darf sich weder nach der Zahl der von ihm durchgeführten Prüfungen noch nach den Ergebnissen dieser Prüfungen richten. 6. Die Stelle muss eine Haftpflichtversicherung abschließen, es sei denn, diese Haftpflicht wird aufgrund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften vom Staat gedeckt oder die Prüfungen werden unmittelbar von dem Mitgliedstaat durchgeführt. 7. Das Personal der Stelle ist (außer gegenüber den zuständigen Behörden des Staates, in dem es tätig ist) zur Verschwiegenheit in Bezug auf alles verpflichtet, wovon es bei der Durchführung seiner Aufgaben im Rahmen dieser Richtlinie oder jeder anderen innerstaatlichen Rechtsvorschrift zur Umsetzung dieser Richtlinie Kenntnis erhält. 8. Die benannten Stellen wirken bei Koordinierungstätigkeiten mit. Sie wirken außerdem unmittelbar oder mittelbar an der europäischen Normung mit oder stellen sicher, dass sie über den Stand der einschlägigen Normen unterrichtet sind. 9. Die Mitgliedstaaten können alle Maßnahmen ergreifen, die sie für notwendig erachten, damit im Falle der Einstellung des Geschäftsbetriebs einer benannten Stelle die Kundenunterlagen einer anderen Stelle übergeben werden oder dem Mitgliedstaat, der die Stelle benannt hatte, zugänglich sind. A7.
Richtlinie Einfache Druckbehälter 87/404/EWG
ANHANG III VON DEN MITGLIEDSTAATEN ZU BERÜCKSICHTIGENDE MINDESTKRITERIEN FÜR DIE BENENNUNG DER PRÜFSTELLEN 1. Die Prüfstelle, ihr Leiter und das mit der Durchführung beauftragte Personal dürfen weder mit dem Urheber des Entwurfs, dem Hersteller, dem Lieferanten oder dem Installateur der zu prüfenden Druckbehälter identisch noch Beauftragte einer dieser Personen
260
ANHANG
sein. Sie dürfen weder unmittelbar noch als Beauftragte an der Planung, am Bau, am Vertrieb oder an der Instandhaltung dieser Druckbehälter beteiligt sein. Die Möglichkeit eines Austausches technischer Informationen zwischen dem Hersteller und der Prüfstelle wird dadurch nicht ausgeschlossen. 2. Die Prüfstelle und das mit der Prüfung Beauftragte Personal müssen die Prüfungen mit höchster beruflicher Integrität und größter technischer Kompetenz durchführen und unabhängig von jeder Einflussnahme - vor allem finanzieller Art - auf ihre Beurteilung oder die Ergebnisse ihrer Prüfung sein, insbesondere von der Einflussnahme seitens Personen oder Personengruppen, die an den Ergebnissen der Prüfungen interessiert sind. 3. Die Prüfstelle muss über das Personal verfügen und die Mittel besitzen, die zur angemessenen Erfüllung der mit der Durchführung der Prüfungen verbundenen technischen und administrativen Aufgaben erforderlich sind; sie muss außerdem Zugang zu den für außerordentliche Prüfungen erforderlichen Geräten haben. 4. Das mit den Prüfungen beauftragte Personal muss folgendes besitzen: -
eine gute technische und berufliche Ausbildung;
-
eine ausreichende Kenntnis der Vorschriften für die von ihm durchgeführten Prüfungen und eine ausreichende praktische Erfahrung auf diesem Gebiet;
-
die erforderliche Eignung für die Abfassung der Bescheinigungen, Protokolle und Berichte, in denen die durchgeführten Prüfungen niedergelegt werden.
5. Die Unabhängigkeit des mit der Prüfung beauftragten Personals ist zu gewährleisten. Die Höhe der Entlohnung jedes Prüfers darf sich weder nach der Zahl der von ihm durchgeführten Prüfungen noch nach den Ergebnissen dieser Prüfungen richten. 6. Die Prüfstelle muss eine Haftpflichtversicherung abschließen, es sei denn, diese Haftpflicht wird aufgrund der innerstaatlichen Rechtsvorschriften vom Staat gedeckt oder die Prüfungen werden unmittelbar von dem Mitgliedstaat durchgeführt. 7. Das Personal der Prüfstelle ist (außer gegenüber den zuständigen Behörden des Staates, in dem es seine Tätigkeit ausübt) durch das Berufsgeheimnis in Bezug auf alles gebunden, wovon es bei der
Anhang A
261
Durchführung seiner Aufgaben im Rahmen dieser Richtlinie oder jeder anderen innerstaatlichen Rechtsvorschrift, die dieser Richtlinie Wirkung verleiht, Kenntnis erhält. A8.
Richtlinie In-vitro-Diagnostika 98/79/EG
ARTIKEL 15 BENANNTE STELLEN (1) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten die Stellen mit, die sie für die Durchführung der Aufgaben im Zusammenhang mit den Verfahren des Artikels 9 benannt haben; sie teilen außerdem die spezifischen Aufgaben mit, mit denen die Stellen betraut wurden. Die Kommission weist diesen Stellen, im folgenden als "benannte Stellen" bezeichnet, Kennummern zu. Die Kommission veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ein Verzeichnis der benannten Stellen einschließlich ihrer Kennummern sowie der Aufgaben, für die sie benannt wurden. Die Kommission sorgt für die Fortschreibung dieses Verzeichnisses. Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, Stellen zu benennen. (2) Die Mitgliedstaaten wenden für die Benennung der Stellen die Kriterien gemäß Anhang IX an. Von den Stellen, die den Kriterien entsprechen, welche in den zur Umsetzung der einschlägigen harmonisierten Normen erlassenen nationalen Normen festgelegt sind, wird angenommen, daß sie den einschlägigen Kriterien genügen. (3) Die Mitgliedstaaten führen eine ständige Überwachung der benannten Stellen durch, um sicherzustellen, daß diese den in Anhang IX genannten Kriterien genügen. Ein Mitgliedstaat, der eine Stelle benannt hat, muß diese Benennung widerrufen oder beschränken, wenn er feststellt, daß die Stelle den Kriterien gemäß Anhang IX nicht mehr genügt. Er setzt die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission von jedem Widerruf oder jeder Beschränkung der Benennung dieser Stelle unverzüglich in Kenntnis. (4) Die benannte Stelle und der Hersteller oder sein in der Gemeinschaft niedergelassener Bevollmächtigter legen im gemeinsamen Einvernehmen die Fristen für die Durchführung der Bewertungen und Prüfungen gemäß den Anhängen III bis VII fest. (5) Die benannte Stelle unterrichtet die anderen benannten Stellen und die zuständigen Behörden über alle ausgesetzten oder widerrufenen Bescheinigungen sowie auf Anfrage über ausgestellte oder verweigerte Bescheini-
262
ANHANG
gungen. Sie stellt ferner auf Anfrage alle einschlägigen zusätzlichen Informationen zur Verfügung. (6) Stellt eine benannte Stelle fest, daß einschlägige Anforderungen dieser Richtlinie vom Hersteller nicht erfüllt wurden oder nicht länger erfüllt werden, oder hätte eine Bescheinigung nicht ausgestellt werden dürfen, so setzt sie - unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - die ausgestellte Bescheinigung aus oder widerruft sie oder erlegt Beschränkungen auf, es sei denn, daß der Hersteller durch geeignete Abhilfemaßnahmen die Übereinstimmung mit diesen Anforderungen gewährleistet. Die benannte Stelle unterrichtet die zuständige Behörde, falls die Bescheinigung ausgesetzt oder widerrufen wird oder Beschränkungen auferlegt werden oder sich ein Eingreifen der zuständigen Behörde als erforderlich erweisen könnte. Der Mitgliedstaat unterrichtet die übrigen Mitgliedstaaten und die Kommission. (7) Die benannte Stelle stellt auf Anfrage alle einschlägigen Informationen und Unterlagen einschließlich der haushaltstechnischen Unterlagen zur Verfügung, damit der Mitgliedstaat überprüfen kann, ob die Anforderungen nach Anhang IX erfüllt sind. ANHANG IX KRITERIEN STELLEN
FÜR
DIE
BEAUFTRAGUNG
DER
BENANNTEN
1. Die benannte Stelle, ihr Leiter und das mit der Durchführung der Bewertungen und Prüfungen beauftragte Personal dürfen weder mit dem Autor des Entwurfs (der Auslegung), dem Hersteller, dem Lieferer, dem Monteur oder dem Anwender der Produkte, die sie prüfen, identisch noch Bevollmächtigte einer dieser Personen sein. Sie dürfen weder unmittelbar noch als Bevollmächtigte an der Auslegung, an der Herstellung, am Vertrieb oder an der Instandhaltung dieser Produkte beteiligt sein. Die Möglichkeit eines Austauschs technischer Informationen zwischen dem Hersteller und der Stelle wird dadurch in keiner Weise ausgeschlossen. 2. Die benannte Stelle und deren Mitarbeiter müssen die Bewertungen und Prüfungen mit höchster beruflicher Zuverlässigkeit und größter erforderlicher Sachkenntnis auf dem Gebiet der Medizinprodukte durchführen und unabhängig sein von jeder möglichen Einflußnahme - vor allem finanzieller Art - auf ihre Beurteilung oder die Ergebnisse ihrer Prüfung, insbesondere von der Einfluß-
Anhang A
263
nahme durch Personen oder Personengruppen, die an den Ergebnissen der Prüfung interessiert sind. Wenn eine benannte Stelle spezielle Arbeiten im Zusammenhang mit der Feststellung und Verifizierung von Sachverhalten einem Unterauftragnehmer überträgt, muß sie zuvor sicherstellen, daß die Bestimmungen der Richtlinie von dem Unterauftragnehmer eingehalten werden. Die benannte Stelle hält die einschlägigen Dokumente zur Bewertung der Sachkompetenz des Unterauftragnehmers und zu den von diesem im Rahmen dieser Richtlinie ausgeführten Arbeiten zur Einsichtnahme durch die nationalen Behörden bereit. 3. Die benannte Stelle muß in der Lage sein, alle in einem der Anhänge III bis VII genannten Aufgaben, die einer solchen Stelle zugewiesen werden und für die sie benannt ist, wahrzunehmen, sei es, daß diese Aufgabe von der Stelle selbst, sei es, daß sie unter ihrer Verantwortung ausgeführt werden. Sie muß insbesondere über das Personal verfügen und die Mittel besitzen, die zur angemessenen Erfüllung der mit der Durchführung der Bewertungen und Prüfungen verbundenen technischen und verwaltungsmäßigen Aufgaben erforderlich sind. Dies schließt ein, daß in der Organisation ausreichend wissenschaftliches Personal vorhanden ist, das die entsprechenden Erfahrungen und Kenntnisse besitzt, um die biologische und medizinische Funktion und Leistung der Produkte, für die die Stelle benannt worden ist, in bezug auf die Anforderungen dieser Richtlinie und insbesondere die Anforderungen des Anhangs I zu bewerten. Ebenso muß die benannte Stelle Zugang zu den für die Prüfungen erforderlichen Ausrüstungen haben. 4. Das mit den Prüfungen beauftragte Personal muß folgendes besitzen: -
eine gute berufliche Ausbildung in bezug auf alle Bewertungen und Prüfungen, für die die Stelle benannt worden ist;
-
eine ausreichende Kenntnis der Vorschriften für die von ihm durchgeführten Prüfungen und eine ausreichende praktische Erfahrung auf diesem Gebiet;
-
die erforderliche Eignung für die Abfassung der Bescheinigungen, Protokolle und Berichte, in denen die durchgeführten Prüfungen niedergelegt werden.
5. Die Unabhängigkeit des mit der Prüfung beauftragten Personals ist zu gewährleisten. Die Höhe der Bezüge jedes Prüfers darf sich
264
ANHANG
weder nach der Zahl der von ihm durchgeführten Prüfungen noch nach den Ergebnissen dieser Prüfungen richten. 6. Die Stelle muß eine Haftpflichtversicherung abschließen, es sei denn, diese Haftpflicht wird vom Staat aufgrund einzelstaatlichen Rechts gedeckt oder die Prüfungen werden unmittelbar von dem Mitgliedstaat durchgeführt. 7. Das Personal der Prüfstelle ist (außer gegenüber den zuständigen Verwaltungsbehörden des Staates, in dem es seine Tätigkeit ausübt) durch das Berufsgeheimnis in bezug auf alle Informationen gebunden, von denen es bei der Durchführung seiner Aufgaben im Rahmen dieser Richtlinie oder einer einzelstaatlichen Rechtsvorschrift, die dieser Richtlinie Wirkung verleiht, Kenntnis erhält.
ANHANG B
265
ANHANG B Auszug aus dem Medizinproduktegesetz vom 2. August 1994 (BGBl. I S. 1963 vom 9. August 1994), zuletzt geändert durch die Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 (BGBl I 2006, 2407) § 15 Benennung und Überwachung der Stellen, Beauftragung von Prüflaboratorien (1) Das Bundesministerium für Gesundheit teilt dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die von der zuständigen Behörde für die Durchführung von Aufgaben im Zusammenhang mit der Konformitätsbewertung nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 37 Abs. 1 benannten Stellen und deren Aufgabengebiete mit, die von diesem an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum weitergeleitet werden. Voraussetzung für die Benennung ist, dass die Befähigung der Stelle zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben sowie die Einhaltung der Kriterien des Anhangs 8 der Richtlinie 90/385/EWG, des Anhangs XI der Richtlinie 93/42/EWG oder des Anhangs IX der Richtlinie 98/79/EG entsprechend den Verfahren, für die sie benannt werden soll, durch die zuständige Behörde in einem Akkreditierungsverfahren festgestellt wurden. Die Akkreditierung kann unter Auflagen erteilt werden und ist zu befristen. Erteilung, Ablauf, Rücknahme, Widerruf und Erlöschen der Akkreditierung sind dem Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich anzuzeigen. Auf Verlangen der Stelle hat nach Akkreditierung ihre Benennung zu unterbleiben. (2) Die zuständige Behörde überwacht die Einhaltung der in Absatz 1 für Benannte Stellen festgelegten Verpflichtungen und Anforderungen. Sie trifft die zur Beseitigung festgestellter Mängel oder zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die Überwachung der Benannten Stellen, die an der Durchführung von Konformitätsbewertungsverfahren für Medizinprodukte, die ionisierende Strahlen erzeugen oder radioaktive Stoffe enthalten, beteiligt sind, wird insoweit im Auftrag des Bundes durch die Länder ausgeführt. Die zuständige Behörde kann von der Benannten Stelle und ihrem mit der Leitung und der Durchführung von Fachaufgaben beauftragten Personal die zur Erfüllung ihrer Überwachungsaufgaben erforderlichen Auskünfte und sonstige Unterstützung verlangen; sie ist befugt, die Benannte Stelle bei Überprüfungen zu begleiten.
266
ANHANG
Ihre Beauftragten sind befugt, zu den Betriebs- und Geschäftszeiten Grundstücke und Geschäftsräume sowie Prüflaboratorien zu betreten und zu besichtigen und die Vorlage von Unterlagen insbesondere über die Erteilung der Bescheinigungen und zum Nachweis der Erfüllung der Anforderungen des Absatzes 1 Satz 2 zu verlangen. Das Betretungsrecht erstreckt sich auch auf Grundstücke des Herstellers, soweit die Überwachung dort erfolgt. § 26 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend. (3) Stellen, die der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf Grund eines Rechtsaktes des Rats oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften von einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum mitgeteilt wurden, sind ebenfalls Benannte Stellen nach Absatz 1. (4) Die Benannten Stellen werden mit ihren jeweiligen Aufgaben und ihrer Kennnummer von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften und vom Bundesministerium für Gesundheit im Bundesanzeiger bekannt gemacht. (5) Soweit eine Benannte Stelle zur Erfüllung ihrer Aufgaben Prüflaboratorien beauftragt, muss sie sicherstellen, dass diese die Kriterien des Anhangs 8 der Richtlinie 90/385/EWG, des Anhangs XI der Richtlinie 93/42/EWG oder des Anhangs IX der Richtlinie 98/79/EG entsprechend den Verfahren, für die sie beauftragt werden sollen, erfüllen. Die Erfüllung der Mindestkriterien kann in einem Akkreditierungsverfahren durch die zuständige Behörde festgestellt werden.
Belgien (SOGS N383 EN; SOGS/WG 1 N020)
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Akkreditierer
Designation De- Managed by Min. partment (nicht of Economic Affairs weiter spezifiziert, aber sektorspezifisch / Ministerium) Abschließende Entscheidung auf Grundlage des Akkreditierungsergebnisses
Benennung/ Benennende Behörde ja
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht? Ja, Akkreditierung als Voraussetzung für Benennung
Nein; es existieren keine richtlinienspezifischen Leitlinien für die Begutachtung; Begutachtungsteam wird von zust. Beamten des entsprechenden Richtlinienbereiches begeleitet; „Seltsame“ Einschränkung auf EN 17020
Unterauftragnehmer und Auslandsniederlassungen werden nur auf Basis von Beschwerden begutachtet
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
Übersicht über die nationalen Benennungssysteme der Mitgliedstaaten (auf Basis der von den Mitgliedstaaten sowie dem EFTA-Staat Norwegen in SOGS WG 1 vorgelegten Systembeschreibungen)
Anhang C
Anhang C 267
Benennung/ Benennende Behörde
Akkreditierer
Dänemark Fachministerium DANAK, selbstist verantwortständiger Teil einer (SOGS Behörde, arbeitet N374 DE) lich und entscheidet kostendeckend, Akkreditierung beinhaltet Vereinbarung, dass DANAK die Überwachung der Benannten Stelle übernimmt Behörden auf Dezentrale System; DeutschBundes- bzw. Koordinierung inland Länderebene nerhalb des gesetz(SOGS lich geregelten BeN377 DE; reiches (KOGB), NQSZ-3 Teil des DAR AK 1 N6)
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Nein; vorgeschrieben ist eine Begutachtung durch die jeweils zuständige Behörde
Mindestkriterien der Werden in SektorRichtlinien sowie komitees der beNormen EN 17000 nennenden Behörden festgelegt
Zum Teil (bei Gasverbrauchseinrichtungen) liegen Zuständigkeit und Benannte Stelle in einer Behörde
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
Nicht generell; Nein, da Sache der in bestimmten Fachministerien Fällen wird Akkreditierung nach EN 17000 und weitere technische Kompetenz verlangt
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht?
268 ANHANG
Kein klares ja; Normen für formale Akkreditierung weder vorgeschrieben noch ausreichend
Akkreditierung, wird verlangt, jedoch nicht als ausreichender Nachweis der Kompetenz betrachtet. Allein gilt sie in jedem Fall als unzureichend.
FINAS, „i.d.R. damit betraut, die Kompetenz der ... Stellen zu bewerten und ihre Akkreditierung vorzunehmen“
COFRAC
Durch zuständiges Fachministerium, das für die Bewertung verantwortlich ist. Benannte Stelle schickt FINASBewertungsbericht an zuständiges Ministerium. Durch zuständiges Ministerium (= Zulassung)
Finnland (SOGS N375 DE)
Frankreich (SOGS N356 DE)
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht?
Akkreditierer
Benennung/ Benennende Behörde
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Grundsätzlich gelten CertifAnforderungen sowie die in den Richtlinien genannten Anforderungen
Bezug zu RL 93/465/EWG Abschnitt I A k-m, Mindestkriterien der Richtlinien und EN 17000
Allg. übergreifende Anforderungen wie Teilnahme an der Normung, Erfahrungsaustausch, Trennung der staatlichen von den privaten Tätigkeiten
Andere Verwendung der Begriffe: Benennung = Notifizierung; Eigentliche Benennung = Zulassung
Ministerium für Handel und Industrie überprüft die Benennungen vor der Weitergabe
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
Anhang C 269
Gemäß griechischer „decision“ Pflicht, muss sich aber auf bestimmte Richtlinie beziehen, d.h. geht über EN 17000 hinaus
Nein, aber einer Akkreditierung wird Rechnung getragen, insb. wenn sie den betroffen Richtlinienbereich abdeckt
Hellenic national Accreditation System
NAB, National Accreditation Board (staatlich)
Nationale Behörden sind verantwortlich; „Ministry of Development shall verify whether relevant conditions have been complied and issue a verification certificate“ Jeweilige Ministerien/ staatliche Stellen; verlangen, dass richtlinienspezifische Anforderungen erfüllt sein müssen
Griechenland (SOGS N402 EN Version 2.0)
Irland (SOGS N412 DE)
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht?
Akkreditierer
Benennung/ Benennende Behörde
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Certif etc. Keine EN 17000 wird als Referenz verwendet; Verwendung ist jedoch nicht verpflichtend
Uniform, reliable and transparent method governing the initial assessment; Anhang der Entscheidung beschreibt allg. Kriterien
Dezentrales System
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
270 ANHANG
1
Benennung/ Benennende Behörde
Zuständige Ministerien, meist in Verbindung mit Überwachungsbehörde (inspection service); Beurteilung der Stellen erfolgt durch politische Abteilungen
Keiner; aber Lux. Amt für Akkreditierung und Aufsicht (OLAS ) wird gegründet RvA, private nonprofit Organisation
Akkreditierer
Nein, Akkreditierung nicht gefordert, aber „widely used“
Nein, da keine Akkreditierungsbehörde vorhanden ist
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht? Es gibt sog. „Joint designation policies” in einigen Schlüsselbereichen ... Nicht klar; meist Kombination aus allen anwendbaren Normen der Reihe EN 17000 sowie darüber hinausgehende Richtlinienanforderungen Gibt zum Teil „directive specific accreditation schemes“ (RISA), da die Richtlinien zum Teil nicht konkret genug sind
... jedoch auch sektorspezifische Unterschiede
Es existiert eine private Vereinbarung zw. Regierung und RvA; NL plädiert für eine richtlinienspezifische Def. der fachlichen Kompetenz, ist gegen Akkreditierung als einzige Möglichkeit
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
Allerdings ist innerhalb des Dokuments – im Gegensatz zu allen anderen Dokumenten – die SOGS-Nummer nicht vermerkt.
Niederlande (SOGS N370 DE; SOGS/WG 1 N018)
Zuständige MiLuxemnisterien burg (SOGS N420 DE)1
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Anhang C 271
Akkreditierer
NA; hat in Zusammenarbeit mit benennenden Behörden ein Akkreditierungssystem für Benannte Stellen erarbeitet
Benennung/ Benennende Behörde
Zuständige Fachministerien; Begutachtung erfolgt meist in Verbindung mit entsprechendem Direktorat
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Norwegen (EFTA) (SOGS N391 EN Version 2.0)
Nein. Compliance to 17000 (nicht Akkreditierung) wird explizit nur bei Maschinen- und PSA-Richtlinie gefordert bzw. erwähnt
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht? Ministerium hat Leitlinie für Benennung und Überwachung erarbeitet
EN 17000 plus ver- Dezentralisieröffentlichte Guide- tes System line plus Richtlinienanforderungen; außerdem Teilnahme an Normung, Erfahrungsaustausch etc. gefordert
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
272 ANHANG
Österreich (SOGS N389A1 DE)
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Akkreditierer
BMWA i.d.R. BMWA zusammen mit zuständigem Fachministerium
Benennung/ Benennende Behörde Als Kompetenznachweis ist i.d.R. die Akkreditierung als Zertifizierungsoder Prüfstelle ausreichend, wenn beim Antrag auf Akkreditierung ein Antrag auf nachfolgende Notifizierung bereits bekannt ist. Dann werden die Erfordernisse für die Notifizierung bei der Akkreditierung überprüft
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht? Sehr einseitige Beschreibung des Systems aus Blickwinkel der Akkreditierungsstelle
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
Anhang C 273
Portugal (SOGS N390 DE)
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Akkreditierer
Meist WirtInstituto Português schaftsminida Qualidade (IPQ) sterium, in Praxis durch das ihm unterstellte IPQ, bzw. Fachministerium mit zuständigem Büro; dieses führt die Bewertung durch
Benennung/ Benennende Behörde Nein, nicht zwingend; Bei vorhandener Akkreditierung wird ggf. eine Bewertung durchgeführt, um die Übereinstimmung mit den Richtlinienanforderungen zu gewährleisten.
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht? EN 17000 plus Richtlinienanforderungen
Bislang existieren unterschiedliche Kriterien in den einzelnen Ministerien. Es ist geplant, die Verfahren für alle Ministerien zu vereinheitlichen
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
274 ANHANG
Akkreditierer
ENAC, Beschreibung mehrdeutig: staatlicher Akkreditierer, private Stelle
Benennung/ Benennende Behörde
Zulassung der Kontroll-Stellen erfolgt durch zuständige (regionale) Industriebehörde; die Benennung durch die Staatsbehörde (Ministerium)
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Spanien (SOGS N378 DE)
Fachliche Bewertung durch ENAC; 17000 wird zugrunde gelegt; bei Antrag auf Benennung muss ENACAkkreditierungsurkunde für entsprechende Bereiche vorgelegt werden
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht? Königlicher Erlass enthält Durchführungsbestimmungen/ Rahmenvorschriften/ Anforderungen für Kontrollstellen (Criterios Generales de Acreditation)
Begriff der „Benennung“ wird doppeldeutig verwendet. Zum einen als Benennung der Kontrollstelle (national), zum anderen als Benennung/Notifizierung durch die Staatsbehörde
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
Anhang C 275
Schweden (SOGS N332 DE; SOGS/WG 1 N017)
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
Akkreditierer
SWEDAC SWEDAC als einzige hierfür ermächtigte Stelle ist verantwortlich für die Bewertung und Notifizierung; Zurückziehung der Benennung erfolgt durch die Regierung; oft ist die entsprechende Regulierungsbehörde bei der Bewertung einer Stelle beteiligt
Benennung/ Benennende Behörde Nicht explizit gefordert/genannt; Akkreditierung ist keine Voraussetzung, aber „dienlich“
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht? EN 17000 als Bewertungsgrundlage plus alle Richtlinienanforderungen
Jeweils (sektorale) Absprache mit Regelungsbehörde
Bei Behörden als zu benennende Stellen trifft die Regierung die Entscheidung über die Notifizierung (ansonsten entscheidet der Markt)
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
276 ANHANG
Benennung/ Benennende Behörde
Vereinig- Zuständige Mites König- nisterien reich (SOGS N326 DE; SOGS/WG 1 N019)
Mitgliedstaat (Referenzdokumente)
UKAS
Akkreditierer
Akkreditierung nicht zwingend vorgeschrieben
Akkreditierung nach EN 45000 Pflicht? EN 17000 als Grundlage
Ministerien entwickeln mit Unterstützung von UKAS Richtlinien für die Bewertung
Vereinbarung des DTI, nach der UKAS im Namen der Regierung als einzige Akkreditierungsstelle anerkannt wird; „Semizentralisiertes“ System (neben DTI auch DoH/MDA u.a.)
Einheitliche AnKonkrete, sektor- Besonderheiforderungen in al- spezifische Anforten / len Sektoren? derungen über EN Bemerkungen 17000 hinaus?
Anhang C 277
Anhang D
Übersicht des nationalen Notifizierungssystems: DEUTSCHLAND (NQSZ-3 AK 1 N 6)
Die Begutachtung umfasst die Bewertung der technischen Kompetenz sowie der allgemeinen Aspekte (z.B. Akkreditierung).
Verwaltungsakt des Mitgliedstaates (der benennenden Behörde).
Bei der Notifizierung handelt es sich um die formelle Unterrichtung der Kommission und der Mitgliedstaaten.
Reg TP: Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post.
ZLG: Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten.
ZLS: Zentralstelle der Länder für Sicherheitstechnik.
2
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5
6
7
Allgemeines 1. Koordinierung: Zentralisiertes/ dezentralisiertes System?
Auf Grund der föderalen Struktur Deutschlands liegt im Allgemeinen die Gesetzgebungsbefugnis in Bezug auf die Richtlinien des neuen Konzepts beim Bund (Bundesebene) und die Durchführungsbefugnis bei den Ländern (Länderebene). Demnach wurde folgende sektororientierte Struktur zum Zwecke der Begutachtung2, Benennung3 und Notifizierung4 angenommen: Die Begutachtung und die Benennung erfolgen auf Bundes- bzw.
ANHANG
1. ROLLEN UND ZUSTÄNDIGKEITEN
278
Länderebene. Die Reg TP5, die ZLG6 und die ZLS7 sind Behörden mit Zuständigkeit für die Begutachtung und Benennung auf dem jeweiligen Rechtsgebiet. Die Behörden arbeiten innerhalb der "Koordinierungsgruppe des gesetzlich geregelten Bereiches" zusammen, die Teil des Deutschen Akkreditierungsrates ist. 2. Rolle der Akkreditierung Die deutsche Gesetzgebung zur Umsetzung der Richtlinien des neuen Konzepts schreibt eine Begutachtung vor (wobei die Verfahren als Grundlage für die Benennung durchzuführen sind). 3. Beziehung zwischen Akkredi- Öffentliche Behörden sind für die Begutachtung (siehe Fußnote Nr. 1) und tierungsstelle und öffentlichen die Benennung im gesetzlich geregelten Bereich zuständig. Behörden Zuständige Behörden: 1. Bei der Notifizierung Die Notifizierung stammt vom entsprechenden Bundesministerium und wird der Europäischen Kommission über das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie übermittelt. 2. Bei der Benennung Die öffentlichen Behörden mit Zuständigkeit für die Begutachtung benannter Stellen (z.B. Reg TP, ZLG, ZLS und DIBt) sind auch für die Benennung dieser Stellen zuständig. 3. Bei der Begutachtung Die jeweils zuständigen öffentlichen Behörden, z.B. Reg TP, ZLG und ZLS.
Anhang D 279
3. Möglichkeit zur Beanstandung solcher Verfahren?
Grundsätzlich kann die Rechtsentscheidung in der Regel innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe beanstandet werden; das Gleiche gilt für Änderungen der Entscheidung. Näheres ist in der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) festgelegt.
Verhältnis zwischen Behörden und benannter Stelle 1. Rechtsverhältnis: Vertrag, Grundlage für die Benennung sind ein Antrag der um eine Benennung Rechtsakt, Sonstiges? nachsuchenden Stelle sowie eine Rechtsentscheidung der öffentlichen Behörde gemäß dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), die die Bedingungen für die Durchführung der betreffenden Tätigkeiten enthält. Ablehnungen (negative Entscheidungen) sind möglich. 2. Verfahren für die Aussetzung Die Rechtsentscheidung enthält Bestimmungen zur Aussetzung und zum bzw. den Widerruf der BenenWiderruf der Benennung. Das maßgebliche Gesetz und die zugrundelienung? genden Begutachtungsregeln enthalten Bedingungen für die Aussetzung bzw. den Widerruf der Benennung.
280 ANHANG
Angewandt wird die Norm EN 17011, soweit sie mit dem Gemeinschaftsrecht und den deutschen Verwaltungsvorschriften vereinbar ist. Bei der Begutachtung zu benennender Stellen wird die Norm EN 17025 für Prüfungen sowie die Normen EN 45011, EN 17021 und EN 45013 für Zertifizierungen zur Zurückführung auf die Mindestkriterien der einschlägigen EG-Richtlinien angewandt. Besondere für die benannten Stellen verbindliche Anforderungen und Bedingungen sind in den Begutachtungsregeln und in der Rechtsentscheidung festgelegt. CERTIF- und MEDDEV-Unterlagen werden auch verwendet.
3. Sonstige Grundlagen. Wenn Die Sektorkomitees der öffentlichen Behörden legen die Mindestausstatja, welche? tung und Mindestkriterien für die Durchführung einer bestimmten Prüfungsart sowie andere relevante Kriterien für das die Aufgaben der benannten Stellen durchführende Personal fest.
2. Zusätzliche allgemeine Anforderungen
2. BEGUTACHTUNG, EINSCHLIEßLICH AKKREDITIERUNG Begutachtungsgrundlage 1. Anwendung von Normen der Reihe EN 17000
Anhang D 281
Anforderungen zur technischen Kompetenz 1. Richtlinienspezifische Anfor- Die benannten Stellen müssen über die notwendige technische und proderungen duktspezifische Kompetenz für die Durchführung der Konformitätsbewertungsverfahren in Übereinstimmung mit den in den jeweiligen Richtlinien festgelegten Kriterien (entsprechend den beantragten Modulen und Produkten) verfügen. Sind die Anforderungen der Richtlinien nicht ausreichend detailliert beschrieben, werden sie durch sektorspezifische Begutachtungsregeln (siehe "Sonstige Grundlagen") spezifiziert und ergänzt. • Personal Entsprechend geschultes und ausgebildetes Personal mit ausreichender Erfahrung auf dem Gebiet der Prüfung und Zertifizierung (z.B. Personal mit technischem bzw. medizinischem Hochschulgrad sowie fünfjähriger Erfahrung) ist in den sektorspezifischen Begutachtungsregeln vorgeschrieben. Jede benannte Stelle muss ihre eigenen Qualifikationsanforderungen in ihrem Qualitätssicherungssystem umsetzen; die Überprüfung dieser Anforderungen sowie der Aufzeichnungen über jeden Experten ist Bestandteil der Begutachtungen. • Technische Einrichtungen Die sektorspezifischen Anforderungen werden durch die Sektorkomitees festgelegt. 2. Festlegung des Geltungsbe- Der Geltungsbereich der Benennung (Module, Produkte) wird entsprereichs der Benennung chend dem Antrag und den Begutachtungsergebnissen festgelegt.
282 ANHANG
• Ggf. Zusammenhang mit der Die deutsche Gesetzgebung zur Umsetzung der Richtlinien des neuen KonAkkreditierung zepts schreibt eine Begutachtung vor; die Akkreditierung ist Bestandteil der Begutachtung (siehe Fußnote Nr. 1). Bedingungen für im Unterauf- Die Vergabe von Unteraufträgen (z.B. an Prüflaboratorien bzw. einzelne trag an ausländische Tochter- Auditoren/Experten) im Sinne des "Blue Guide" ist erlaubt und in den Begesellschaften vergebene Ar- gutachtungsregeln geregelt. Unterbeauftragte Laboratorien werden durch die zuständige öffentliche Behörde gemäß den jeweiligen Richtlinien sowie beiten und Tätigkeiten? die Norm EN ISO 17025 begutachtet. Ausländische Tochtergesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit werden als Unterauftragnehmer betrachtet; die Entscheidung zur Konformitätsbewertung ist durch die benannte Stelle zu treffen. Gruppen benannter Stellen 1. Mitwirkungspflicht? Auf nationaler Ebene wird eine Gruppe benannter Stellen für jede einzelne Richtlinie eingerichtet. Benannte Stellen sind (normalerweise durch eine Klausel in der Rechtsentscheidung) zur Teilnahme verpflichtet. Soweit kein Delegationsprinzip vereinbart wird, ist eine Teilnahme an den europäischen Gruppen benannter Stellen vorgeschrieben. 2. Anwendung von "EmpfehObwohl die Anwendung von "Empfehlungen" der Gruppen benannter Stellungen" der Gruppen benannter len nicht rechtsverbindlich ist, wird im Allgemeinen deren Anwendung als Stellen? Leitlinien bei der Konformitätsbewertung gefördert (wobei das Genehmigungsverfahren, und insbesondere die Teilnahme der Mitgliedstaaten, verbesserungsbedürftig ist).
Anhang D 283
2. Akkreditierungsstelle (falls zutreffend)
Zuständigkeit für die Überwachung 1. Benennende Behörde
3. ÜBERWACHUNG
2. Abgedeckte Risiken
Haftpflichtversicherung 1. Höhe
Normung 1. Verpflichtung der benannten Stellen zur Teilnahme bzw. Verfolgung der Arbeit?
Benennende Behörden sind zuständig für die regelmäßige Überwachung und für ggf. erforderliche Korrekturmaßnahmen, die zum Teil- bzw. vollständigen Widerruf der Benennung führen können. Siehe Nr. 1.
Eine ausreichende Haftpflichtversicherung, die die Aufgaben und Risiken der benannten Stelle abdeckt, ist vorgeschrieben. Vermögensschäden (am wichtigsten), Sachschäden bzw. Verlust und Personenschäden.
Traditionellerweise wirken benannte Stellen an der Normungsarbeit in dem jeweiligen Tätigkeitsbereich mit. Eine Teilnahme an der Normungsarbeit wird nachdrücklich empfohlen. Auf jeden Fall müssen die benannten Stellen über den Stand der Entwicklungen auf dem jeweiligen Normungsgebiet informiert sein.
284 ANHANG
• der Neubegutachtungen, falls zutreffend
2. Häufigkeit • der Überwachungen
1. Überwachungsmittel (Witness-Begutachtungen, Audits, Überprüfung der Dokumentation usw.)
Praktische Aspekte
Regelmäßige Überprüfungen werden gemäß den Begutachtungsregeln, aber mindestens einmal im Jahr durchgeführt. Eine Benennung ist im Allgemeinen auf eine Zeitdauer von fünf Jahren begrenzt, wonach ein neuer Antrag zu stellen ist.
Die Anerkennung/Akkreditierung einer benannten Stelle ist zeitlich begrenzt und beinhaltet Begutachtungen in regelmäßigen Abständen. Regelmäßige Begutachtungen sollen sicherstellen, dass die benannte Stelle sowie ihre Unterauftragnehmer die im Verwaltungsakt der Akkreditierung festgelegten Anforderungen erfüllen. In der Zeit zwischen zwei Begutachtungen, und insbesondere zwischen einer ersten Begutachtung und einer Neubegutachtung, soll eine repräsentative Auswahl von Elementen begutachtet werden, die das Gesamtgebietangemessen darstellen. Elemente von Qualitätssicherungssystemen sowie bestimmte technische Aspekte werden begutachtet. Die Überwachung benannter Stellen geht z.B. aus der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Überwachung der Tätigkeiten der benannten Stellen hervor. Sie erfolgt durch Dokumentationen bzw. Begutachtungen vor Ort, stichprobenweise und fallbezogene Überprüfungen, Witness-Prüfungen und -Audits, die Auswertung von Ringprüfungsergebnissen usw. In der Zeit zwischen zwei Begutachtungen soll eine repräsentative Auswahl von Elementen begutachtet werden. Anhang D 285
Der benennenden Behörde ist aus statistischen Gründen ein Bericht vorzulegen, der die Anzahl der von der benannten Stelle ausgestellten Bescheinigungen angibt. • Inhalt Die Begutachtungsregeln und die Rechtsentscheidung enthalten Bestimmungen zur Berichterstattung von - allen relevanten (z.B. organisatorischen, personellen) Änderungen, - Angaben über ausgestellte, geänderte, ergänzte, ausgesetzte bzw. zurückgezogene Bescheinigungen, - Aussagen über zu beobachtende Fälle. • Häufigkeit Sofort bzw. auf Anforderung. 2. Unterrichtung der zuständiIn diesem Fall sollte die benannte Stelle die zuständige Behörde benachgen Behörden über die inkorrek- richtigen. te Verwendung der CEKennzeichnung bzw. von benannten Stellen ausgestellter Bescheinigungen Siehe "Bedingungen für im Unterauftrag an ausländische TochtergesellÜberwachung von in Unterauftrag vergebenen Tätigkei- schaften vergebene Arbeiten und Tätigkeiten?". Benannte Stellen müssen ten sowie Tätigkeiten auslän- ein Verzeichnis der Unterauftragnehmer und Unteraufträge sowie dokudischer Tochtergesellschaften mentierte Verfahren für deren Begutachtung und Überwachung führen.
Berichterstattungspflichten 1. Schriftliche Berichte?
286 ANHANG
Anhang E
287
Anhang E
SOGS N377 DE – Akkreditierungs-/Anerkennungs-, Benennungs- und Notifizierungsverfahren in Deutschland im Geltungsbereich des EG-Vertrages (Auszug) Die vorliegende Beschreibung erläutert die Vorgehensweise und die Verfahren in Deutschland für die Richtlinien, die im „Leitfaden für die Umsetzung der nach dem Neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien„ (Blue Guide), herausgegeben von der Europäischen Kommission, aufgeführt sind. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, aufzuzeigen, nach welchen für die Mitgliedstaaten rechtsverbindlichen Bestimmungen der Gemeinschaft und – sollten diese fehlen – nach welchen nationalen Vorschriften bei der Akkreditierung/Anerkennung, Benennung und Notifizierung zu verfahren ist.
1. Vorbemerkung Mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) haben sich die Mitgliedstaaten zur Aufgabe gemacht, u.a. einen Gemeinsamen Markt (Binnenmarkt) einzurichten (Art. 1 und 2 EG-V), mit dem Ziel, den freien Verkehr unter anderem von Waren zu gewährleisten (Art. 14, ex-Art. 7a EG-V), Handelshemmnisse zu verhindern (Art. 75/81/82, ex-Art. 79/85/86 EG-V), sichere Produkte auf der Grundlage von Harmonisierungsrichtlinien (Art. 94/95, ex-Art. 75/100/100a EG-V) in den Verkehr zu bringen. Zu diesem Zweck enthalten die Harmonisierungsrichtlinien Anforderungen an x Produkte (z. B. grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen, effektive Frequenznutzung, Verträglichkeitsanforderungen EMV, Brauchbarkeit) x Bauwerke x Hersteller (Konformitätsbewertungsverfahren) x benannte Stellen (Mindestkriterien)
288
ANHANG
Die benannten Stellen können im Rahmen der Konformitätsbewertungsverfahren tätig werden als x Prüflaboratorien x Zertifizierungsstellen für - Produkte -
Qualitätssicherungssysteme
-
Personal
2. Rechtliche und sonstige Verfahrensgrundlagen Die nachstehend aufgeführten Vorschriften und Regelungen werden in Deutschland bei den Akkreditierungs-/Anerkennungs-, Benennungs- und Notifizierungsverfahren angewendet: 2.1 Ratsbeschluss 93/465/EWG
Der Beschluss ist für die Mitgliedstaaten verbindlich, soweit sie als Adressat genannt sind. Von besonderer Bedeutung ist der Anhang mit den Abschnitten I.A. Buchstabe k (Notifizierung, Rücknahme der Benennung), l (Vergabe von Unteraufträgen, Kontrolle durch Mitgliedstaat) und m (Erfordernis einer Akkreditierungs-/Anerkennungsbescheinigung oder anderer Nachweise für die Benennung). 2.2 Mindestkriterien der EG-Richtlinien
Durch die Umsetzung einer Richtlinie werden die dort aufgeführten Mindestkriterien für Benannte Stellen zur rechtsverbindlichen Grundlage für die Beurteilung und Benennung einer Stelle. Zur Präzisierung dieser Kriterien können auf freiwilliger Basis die Normen EN 45000 herangezogen werden 2.3 Grundlegende Anforderungen der EG-Richtlinien
Diese Anforderungen bilden neben den Konformitätsbewertungsverfahren die Grundvoraussetzungen für das Inverkehrbringen eines Produkts. Ihre Einhaltung ist von den benannten Stellen zu überprüfen und zu bescheinigen. Die Stellen müssen daher abhängig von jeder einzelnen Richtlinie die hierfür erforderliche produktspezifische technische Kompetenz besitzen.
Anhang E
289
Der Nachweis der Kompetenz muss sich auf das Personal, die Verfahren, die Prüfmittel und die Räumlichkeiten erstrecken. Beim Personal ist besonders auf die Fähigkeit zu achten, die vorgegebenen Prüfverfahren umzusetzen. Die alleinige Einhaltung der Normenreihe EN 45000 reicht nicht aus. 2.4 Harmonisierte Normen
Die Anwendung von Normen ist freiwillig; dies gilt auch für die Normenreihe 17000. Die in den einschlägigen Richtlinien und im Ratsbeschluss 93/465/EWG genannte Vermutungswirkung ist im rechtlichen Sinne nur für die harmonisierten Normen gegeben, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beschlusses bereits gültig waren. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Vermutungswirkung sich nur auf die Punkte der EGMindestkriterien erstrecken kann, die auch tatsächlich in den Normen behandelt wurden. Die Normenreihe EN 45000 befasst sich jedoch ausschließlich mit formellen Managementaspekten ohne direkten Produktbezug. Durch die in der Zwischenzeit erfolgte grundlegende Überarbeitung der Normenreihe 45000 ist die Vermutungswirkung nicht mehr zwangsläufig gegeben. Die neuen Normen wurden weder mandatiert noch sind sie im EG-Amtsblatt veröffentlicht (Anlage 1). Eine Bewertung dieser neuen Normen im Verhältnis zu den Anforderungen in den EG-Richtlinien steht noch aus. Der Leitfaden (Blue Guide) und die Arbeiten in EA werden diesem Anspruch nicht gerecht. 2.5 Empfehlende Dokumente der Europäischen Kommission
Unter Beteiligung der Mitgliedstaaten wurden z.B. Certif und MEDDEVDokumente zur Vereinheitlichung der Vorgehensweise bei der Akkreditierung/Anerkennung erarbeitet. Diese werden auch in Deutschland angewandt und – soweit relevant – in nationale Akkreditierungsregeln übernommen. Im Medizinproduktebereich existieren mit dem Dokument MEDDEV 2.10/2 "Designation and Monitoring of Notified Bodies within the Framework of EC Directives on Medical devices" und mit von der Global Harmonization Task Force (GHTS) übernommenen Empfehlungen besonders umfangreiche Vorgaben. 2.6 Drittstaatenabkommen
Bei der Benennung der Konformitätsbewertungsstellen (CABs) im Rahmen Drittstaatenabkommen (MRA’s) ergeben sich für die Akkreditie-
290
ANHANG
rungsstellen abhängig von den einzelnen Abkommen besondere Anforderungen. Heranzuziehen sind jeweils die in den Drittstaaten geltenden Rechtsvorschriften. 2.7 Nationale Vorgaben
Die Feststellung der Kompetenz der Stellen ist Sache der Mitgliedstaaten. Aus dem Charakter der Mindestkriterien ergibt sich die Notwendigkeit für Regelungen, auf welche Weise die Einhaltung der Mindestkriterien festzustellen ist. Da weder für die Akkreditierung/Anerkennung noch für das durchzuführende Verfahren harmonisierte Vorschriften existieren, bleibt es dem Mitgliedstaat überlassen, entsprechende Vorschriften zu erarbeiten. In Deutschland gibt es kein übergeordnetes Akkreditierungs-/Anerkennungsgesetz für die Durchführung von Akkreditierungen/ Anerkennungen, sondern Regelungen für die Akkreditierungsverfahren in verschiedenen Spezialgesetzen, wie Medizinproduktegesetz, Gerätesicherheitsgesetz, EMV-Gesetz, Telekommunikationsgesetz. Das Gesetz über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG), das Teile des Telekommunikationsgesetz ablösen wird, enthält jedoch keine Forderung mehr, dass der Kompetenznachweis für die benannten Stellen über ein Akkreditierungs-/Anerkennungsverfahren zu erbringen ist. Da im gesetzlich geregelten Bereich in Deutschland grundsätzlich Behörden für die Akkreditierung/Anerkennung zuständig sind, gelten die national verbindlichen Gesetze und Verwaltungsvorschriften. Dabei werden die für die Akkreditierungsstellen relevanten Normen EN 45003 und 45010 in der aktuellen Fassung berücksichtigt, soweit ihre Bestimmungen mit dem EG-Recht und den deutschen Verwaltungsvorschriften vereinbar sind. Bei der Akkreditierung/Anerkennung von Prüflaboratorien und Zertifizierungsstellen werden die Normen EN 45001, 45011, 45012 und 45013 zur Präzisierung der Mindestkriterien der entsprechenden EG-Richtlinie angewendet. Konkrete, für die benannten Stellen verbindliche Anforderungen und Auflagen werden in den Akkreditierungs-/Anerkennungsregeln und Bescheiden niedergelegt.
3. Zuständigkeiten Auf Grund des föderativen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland liegt die Gesetzgebungskompetenz in der Regel beim Bund, der Vollzug zumeist bei den Ländern. Gleiches gilt für das europäische Recht. Im Bereich der Akkreditierung/Anerkennung , Benennung und Notifizierung gelten
Anhang E
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folgende Regelungen: Akkreditierung/Anerkennung und nationale Benennung sind Bundes- bzw. Ländersache. DIBt, RegTP, ZLG und ZLS sind die zuständigen Akkreditierungsstellen in den entsprechenden Rechtsgebieten (Anlage 2). Diese Behörden sind grundsätzlich auch die Benennungsstellen. Die Notifizierung gegenüber der Gemeinschaft setzt ein erfolgreiches Akkreditierungs-/Anerkennungsverfahren voraus und erfolgt durch die Bundesregierung.
4. Akkreditierung/Anerkennung, Benennung, Notifizierung Die nach EG-Vertrag vorgeschriebene Umsetzung (Art. 249, ex-Art. 189) der Harmonisierungsrichtlinien in deutsches Recht erfolgt zusammengefasst für Produktgruppen in Gesetzen und Verordnungen (z.B. Medizinproduktegesetz, Gerätesicherheitsgesetz und hierzu erlassenen Verordnungen), in denen zunehmend unter anderem bestimmt wird, dass vor der nationalen Benennung und der europäischen Notifizierung einer Stelle ein Akkreditierungs-/Anerkennungsverfahren durchzuführen ist (Anlage 3). 4.1 Akkreditierung/Anerkennung
Nach Abschn. 12.11 der EN 17020 bedeutet "Akkreditierung" ein Verfahren, nach dem eine autorisierte Stelle die formelle Anerkennung erteilt, dass eine Stelle oder Person kompetent ist, bestimmte Aufgaben auszuführen. Diese Definition ist allgemein gefasst und keiner speziellen Vorschrift oder Norm zugeordnet. In Deutschland erfolgt im gesetzlich geregelten Bereich die Akkreditierung/Anerkennung auf der Basis sämtlicher unter Abschn. 2 aufgeführten rechtlichen und sonstigen Grundlagen und beschränkt sich nicht auf die Verfahren im Rahmen der Normen EN 17000, 17020, 17011. Das Anerkennungs-/Akkreditierungsverfahren beginnt mit der Antragstellung bei der zuständigen Akkreditierungsstelle; es folgt eine Begutachtung unter Berücksichtigung der unter Abschn. 2 aufgeführten rechtlichen und sonstigen Grundlagen, wobei besonderer Wert auf die produktspezifische Kompetenz der Stelle gelegt wird. Die Beurteilung dieser Kompetenz wird anhand von Prüfkriterien (Prüfbausteinen) durchgeführt, die ausgehend von den grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der entsprechenden EG-Richtlinie von Sachverständigen in Sektorkomitees ausgearbeitet wurden (Anlagen 4-7). Nach erfolgreich durchgeführter Begutachtung vor Ort erhält der Antragsteller einen Bescheid, der Nebenbestimmungen (Auflagen) u.a. über die Verpflichtung zur Teilnahme am Er-
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ANHANG
fahrungsaustausch enthält. Die Akkreditierungsstelle behält sich vor, bei Missachtung gesetzlicher Bestimmungen und der Auflagen die Akkreditierung/Anerkennung und damit auch die Benennung zurückzunehmen. Dies hat zwangsläufig einen Widerruf der europäischen Notifizierung zur Folge. Die Akkreditierung/Anerkennung einer benannten Stelle ist befristet und schließt eine regelmäßige Überwachung mit ein. Regelmäßige Überwachungen werden durchgeführt, um sicherzustellen, dass die benannte Stelle einschließlich ihrer Unterauftragnehmer die im Anerkennungsbescheid aufgeführten Anforderungen einhält. Überwachungsaktivitäten werden bei Bedarf, mindestens jedoch einmal pro Jahr durchgeführt. Wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die benannte Stelle die festgelegten Anforderungen nicht einhält, prüft die akkreditierende/anerkennende Stelle unverzüglich. Alle fünf Jahre erfolgt eine Re-Akkreditierung/-Anerkennung des gesamten Bereiches. Während des Zeitraums zwischen zwei Wiederholungsbegutachtungen bzw. zwischen Erstbegutachtung und der ersten Wiederholungsbegutachtung wird angestrebt, eine repräsentative Auswahl an Elementen zu begutachten, die den gesamten Bereich der Anerkennung angemessen darstellen. Hierbei werden sowohl Elemente des QM-Systems als auch fachtechnischen Belange begutachtet. 4.2 Benennung
Die anerkannten (akkreditierten) Stellen werden von den zuständigen Behörden in der Regel von den Akkreditierungsstellen dem zuständigen Bundesministerium bezw. BMWi für einen bestimmten Aufgabenbereich und für ein bzw. mehrere Konformitätsbewertungsverfahren benannt. Der Umfang der Benennung stützt sich auf die im Anerkennungsverfahren (Akkreditierungsverfahren) festgestellte Kompetenz hinsichtlich der konkreten Aufgabenbereiche nach den einschlägigen produktbezogenen Richtlinien. 4.3 Notifizierung
Nach Abschn. 6.2 des Leitfadens für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien handelt es sich bei der Notifizierung um die Unterrichtung der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten darüber, dass eine die Anforderungen erfüllende Stelle dafür benannt wurde, die Konformitätsbewertung gemäß einer Richtlinie vorzunehmen. In Deutschland erfolgt die Notifizierung von den zuständigen Fachministerien zentral über das für die verwaltungsmäßige Abwick-
Anhang E
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lung zuständige Bundeswirtschaftsministerium an die Europäische Kommission.
5. Schlussbemerkung Die in Deutschland angewandten Akkreditierungsverfahren beschränken sich nicht auf die im "Blue Guide" aufgeführten EG-Richtlinien, sondern kommen auch in anderen Rechtsgebieten zur Anwendung, wie Umwelt, ökologischer Landbau, Lebensmittel, Gefahrstoffe, GLP, Kraftfahrzeuge und Meßeinrichtungen. Es ist geplant, diese Bereiche in einer erweiterten Beschreibung miteinzubeziehen.
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ANHANG
Anhang F Normungsgremien 1. AENOR (Spanien) Asociación Espanola de Normalización y Certificación Genova, 6 Z-28004 Madrid www.aenor.es 2. AFNOR (Frankreich) Association francaise de normalisation 11, rue Francis de Pressense F-93571 La Plaine www.afnor.org UTE (Frankreich) F-92052 Paris La Défense Cedex 64 Union technique de l'électricité www.ute-fr.com 3. BSI (Vereinigtes Königreich) British Standards 389 Chiswick High Road London W4 4AL www.bsi-global.com 4. DS (Dänemark) Dansk Standardiseringsraad Kollegievej 6 DK-2920 Charlottenlund www.ds.dk DEK (Dänemark) Dansk Elektroteknisk Komité Strandgade, 36 st. DK-1401 Kobenhavn K
5. DIN (Deutschland) Deutsches Institut für Normung e.V. Burggrafenstraße 6 Postfach 1107 D-10787 Berlin www.din.de DKE (Deutschland) Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN und VDE Stresemannallee 15 D-60596 Frankfurt am Main www.dke.de 6. ELOT (Griechenland) Ellinikos Organismos Typopoiisis Acharnon 313 GR-111 45 Athens www.elot.gr 7. IBN/BIN (Belgien) Institut belge de normalisation Belgisch Instituut voor Normalisatie 29, avenue de la Brabanconne B-1040 Bruxelles/Brussel www.ibn.be CEB/BEC (Belgien) Comité électronique belge Belgisch Elektrotechnisch Comité Boulevard A. Reyerslaan, 80 B-1030 Brussels www.bec-ceb.be
Anhang F
8. IPQ (Portugal) Instituto Portugues da Qualidade Rua Antonio Giao, 2 P-2829-513 La parica www.ipq.pt 9. ITM (Luxemburg) Inspection du travail et des mines 3, rue des Primeurs L-2361 Strassen www.itm.public.lu Service de l'Energie de l'Etat 34, avenue de la Porte Neuve L-2010 Luxembourg www.sel.lu 10. NSAI (Irland) National Standards Authority of Ireland Glasnevin IRL-Dublin 9 www.nsai.ie ETCI (Irland) Electro-Technical Council of Ireland ZTCI Offices, Unit H 12 Centre point business park, Oak Road, IRL-Dublin 12 www.etci.ie 11. NNI (Niederlande) Nederlands Normalisatie Instituut Vlinderweg 6 Postbus 5059 NL-2623 AX Delft www.nni.nl NEC (Niederlande) Nederlands Elektrotechnisch Comité Postbus 5059 NL-2600 GB Delft
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12. UNI (Italien) Ente Nazionale Italiano di Unificazione Via Samio 2 I-20137 Milano www.uni.com CEI (Italien) Comitato Elettrotecnico Italiano Via Saccardo 9 I-20134 Milano www.ceiweb.it 13. CEN Comité européen de normalisation 36, rue de Stassart B-1050 Bruxelles CENELEC Comité européen de normalisation électrotechnique 35, rue de Stassartstraat B-1050 Bruxelles
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ANHANG
Anhang G Nationale Normungsgremien in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft CEN 36, rue de Stassartstraat B-1050 Bruxelles Belgien Tel. +32-2-5 19 68 71 Fax +32-2-5 19 68 19 www.cenorm.be
Referat für Europäische Normung im DIN Burggrafenstr. 6 D-10787 Berlin Fax +49-30-2 60 11260 Tel. +49-30-26010 www.din.de
CENELEC 35, rue de Stassart B-1050 Bruxelles Belgien Tel. +32-2-2 19 68 71 Fax +32-2-5 19 69 19 www.cenelec.org
Referat für Europäische Normung im DIN Burggrafenstr. 6 D-10787 Berlin Tel. +49-30-2 60 15 75 Fax +49-30-2 60 12 31
ETSI 650, route des Lucioles 06921 Sophia-Antipolis F-Cedex Tel. +33-492944200 Fax +33-493654716 Telex 470 04 0F www.etsi.org EOTC 15, rue d’Egmont B-1000 Bruxelles Belgien Tel. +32-2-5024141 Fax +32-2-5024239 www.etoc.be
Referat E/B/3 Bundesministerium für schaft und Technik Villenomblerstr. 76 D-53107 Bonn Tel. +49-228-4492-210
Wirt-
Office des publications officielles des CE 2, rue Mercier L-2985 Luxembourg Luxembourg Tel. +35-2-29291 Telex 1324 PUBOF LU www.publications.europa.eu
Anhang G
Vertretungen der KEG in Deutschland: Bertha-von-Suttner-Platz 2-4 D-53111 Bonn Tel. +49-2 28-53 00 90 Fax +49-2 28-53 00 950 Unter den Linden 78 D-10117 Berlin Tel. +49-30-2280-2000 Fax +49-30-2280-2222 Erhardtstr. 27 D-80331 München Tel. +49-89-2424480 Fax +49-89-242448-15
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ANHANG
Anhang H
Richtlinien nach "Neuer Konzeption" (Auszug) 1.
Richtlinie des Rates vom 25. Juni 1987 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über einfache Druckbehälter. RL 87/404/EWG, ABl. Nr. L 220 vom 8.8.1987, S. 48
2.
Richtlinie des Rates vom 3. Mai 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Sicherheit von Spielzeug. RL 88/378/EWG, ABl. Nr. L 187 vom 16.7.1988, S. 1
3.
Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte. RL 89/106/EWG, ABl. Nr. L 40 vom 11.2.1989, S. 12
4.
Richtlinie des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über elektromagnetische Verträglichkeit (gültig bis 19.7.2007) RL 89/336/EWG, ABl. Nr. L 139 vom 23.5.1989, S. 19
5.
Richtlinie des Rates vom 17.5.2006 über Maschinen und Änderung der RL 95/16/EG RL 2006/42/EG, ABl. Nr. L 157 vom 9.6.2006, S. 24
6.
Richtlinie des Rates vom 21. Dezembaer 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über persönliche Schutzausrüstungen. RL 89/686/EWG, ABl. Nr. L 399 vom 30.12.1989, S. 18
Anhang H
7.
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Richtlinie des Rates vom 20. Juni 1990 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über nichtselbsttätige Waagen. RL 90/384/EWG, ABl. Nr. L 189 vom 20.7.1990, S. 1
8.
Richtlinie des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte. RL 90/385/EWG, ABl. Nr. L 189 vom 20.7.1990, S. 17
9.
Richtlinie des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Gasverbrauchseinrichtungen. RL 90/396/EWG, ABl. Nr. L 196 vom 26.7.1990, S. 15
10. Richtlinie des Rates vom 9. März 1999 über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen und die gegenseitige Anerkennung ihrer Konformität RL 1999/5/EG, ABl. Nr. L 91 vom 7.4.1999, S. 10 11. Richtlinie des Rates vom 23.3.1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen RL 94/9/EG, ABl. Nr. L 100 vom 19.4.1994, S. 1
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ANHANG
Anhang I Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und der Normung ( 85/C 136/01 ) -AuszugDER RAT im Anschluß an seine Schlußfolgerungen vom 16 . Juli 1984 über die Normung ( Anhang I ) ; betont , daß die Behebung der gegenwärtigen Lage auf dem Gebiet der technischen Handelshemmnisse und der sich daraus für die Wirtschaftssubjekte ergebenden Ungewißheit dringend ist ; unterstreicht die Wichtigkeit und Nützlichkeit der neuen Konzeption , in deren Rahmen vorrangig den europäischen und erforderlichenfalls den nationalen Normen vorübergehend die Aufgabe zugedacht werden soll , die technischen Merkmale der Erzeugnisse zu definieren ; diese Konzeption wurde , nachdem das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 16 . Oktober 1980 diesbezuegliche Leitsätze verabschiedet hatte , von der Kommission in deren Mitteilung vom 31 . Januar 1985 in Verfolgung der Schlußfolgerungen des Rates vom 16 . Juli 1984 entwickelt ; ist sich bewusst , daß die neue Konzeption durch Schritte bei der Bewertung der Konformität ergänzt werden muß ; er ersucht die Kommission um vorrangige Behandlung dieses Dossiers und um Beschleunigung aller ihrer einschlägigen Arbeiten ; genehmigt die Leitlinien in der Fassung des Schemas der Hauptgrundsätze und -elemente , die den Kern der Richtlinien bilden sollen ( Anhang II ) ; ersucht die Kommission um möglichst rasche Vorlage geeigneter Vorschläge.
Anhang I
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ANHANG I SCHLUSSFOLGERUNGEN ZUR NORMUNG ( Am 16 . Juli 1984 vom Rat gebilligt ) Der Rat ist der Auffassung , dass die Normung einen wichtigen Beitrag zum freien Verkehr mit Industriewaren darstellt ; darüber hinaus trägt sie mit der Schaffung eines allen Unternehmen gemeinsamen technischen Umfeldes zur industriellen Wettbewerbsfähigkeit insbesondere auf dem Gebiet der neuen Technologien sowohl auf dem Gemeinschaftsmarkt als auch auf den Außenmärkten bei . Er stellt fest , dass die von den Mitgliedstaaten verfolgten Ziele im Bereich des Schutzes von Sicherheit und Gesundheit der Bürger und ferner im Bereich des Verbraucherschutzes grundsätzlich gleichwertig sind , auch wenn die technischen Mittel zu ihrer Erreichung voneinander abweichen . Unter diesen Umständen verabschiedet der Rat die folgenden Grundsätze einer europäischen Normungspolitik : x Verpflichtung der Mitgliedstaaten zu einer ständigen Überprüfung der de jure oder de facto in ihrem Hoheitsgebiet anwendbaren technischen Vorschriften , damit überholte oder überflüssige Vorschriften abgeschafft werden ; x Verpflichtung der Mitgliedstaaten , auf die Gewährleistung der gegenseitigen Anerkennung der Versuchsergebnisse zu achten , und erforderlichenfalls Aufstellung harmonischer Vorschriften in Bezug auf die Arbeitsweise der Zertifizierungsstellen ; x Bereitschaft zu raschen Konsultationen auf geeigneter Ebene innerhalb der Gemeinschaft im Einklang mit den Zielen der Richtlinie 189/83/EWG , wenn wichtige einzelstaatliche Regelungsinitiativen oder Verfahren sich negativ auf das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken würden ; x in der Gemeinschaftspraxis im Bereich der technischen Harmonisierung Erweiterung der Verweisung vorrangig auf europäische und erforderlichenfalls auf einzelstaatliche Normen bei der Festlegung der technischen Merkmale der Erzeugnisse , soweit die hierfür erforderlichen Voraussetzungen - insbesondere in Bezug auf Schutz von Gesundheit und Sicherheit - erfüllt sind ; x sehr zügiger Ausbau der Normungskapazität vorrangig auf europäischer Ebene, um dadurch einerseits die gemeinschaftliche Rechtsangleichung und andererseits die industrielle Entwicklung insbesondere in den neuen
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ANHANG
Technologien zu erleichtern, was unter besonderen Umständen die Schaffung neuer Verfahren durch die Gemeinschaft zur Verbesserung der Normenentwicklung (z.B. Normungsstellen , Ad-hoc-Ausschüsse) einschließen kann. Die Einführung europäischer Normen würde der Genehmigung durch europäische Normungsgremien unterstehen. Insbesondere in den spitzentechnologischen Bereichen sollte ermittelt werden , wo gemeinsame Spezifikationen und Normen eine wirksame Nutzung der Gemeinschaftsdimension und der Öffnung des Sektors der öffentlichen Bau - und Lieferaufträge gestatten , damit die hierfür erforderlichen Entscheidungen erlassen werden können. ANHANG II LEITLINIEN EINER NEUEN KONZEPTION FÜR DIE TECHNISCHE HARMONISIERUNG UND NORMUNG Die neue Konzeption stützt sich auf die folgenden vier Grundprinzipien : x Die Harmonisierung der Rechtsvorschriften beschränkt sich auf die Festlegung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen ( oder sonstigen Anforderungen im Interesse des Gemeinwohls ) im Rahmen von Richtlinien nach Artikel 100 des EWG-Vertrags , denen die in den Verkehr gebrachten Erzeugnisse genügen müssen ; daraus folgt , dass für diese Erzeugnisse der freie Warenverkehr in der Gemeinschaft gewährleistet sein muss . x Den für die Industrienormung zuständigen Gremien wird unter Berücksichtigung des Standes der Technologie die Aufgabe übertragen , technische Spezifikationen auszuarbeiten , die die Beteiligten benötigen , um Erzeugnisse herstellen und in den Verkehr bringen zu können , die den in den Richtlinien festgelegten grundlegenden Anforderungen entsprechen. x Diese technischen Spezifikationen erhalten keinerlei obligatorischen Charakter, sondern bleiben freiwillige Normen. x Gleichzeitig werden jedoch die Verwaltungen dazu verpflichtet , bei Erzeugnissen , die nach harmonisierten Normen (bzw. . vorläufig nach nationalen Normen) hergestellt worden sind , eine Übereinstimmung mit den in der Richtlinie aufgestellten " grundlegenden Anforderungen " anzunehmen (was bedeutet , dass der Hersteller zwar die Wahl hat , nicht nach den Normen zu produzieren , dass aber in diesem Fall die Beweislast für die Übereinstimmung seiner Erzeugnisse mit den grundlegenden Anforderungen der Richtlinie bei ihm liegt). …
Anhang I
303
SCHEMA DER HAUPTGRUNDSÄTZE UND -ELEMENTE , DIE DEN KERN DER RICHTLINIEN BILDEN SOLLTEN … B . HAUPTELEMENTE … … V . Nachweis der Übereinstimmung und Auswirkungen 1 . Die Mitgliedstaaten gehen von der Einhaltung der Abschnitte II und III bei Erzeugnissen aus , die mit einer Bescheinigung nach Abschnitt VIII versehen sind , in dem ihre Übereinstimmung bestätigt wird : a ) mit den harmonisierten Normen , die von der im Anwendungsbereich der Richtlinie besonders zuständigen europäischen Normungsorganisation festgelegt wurden , wenn diese Normen in Übereinstimmung mit den zwischen dieser Organisation und der Kommission vereinbarten , allgemeinen Leitlinien verabschiedet und ihre Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht worden sind ; diese Veröffentlichung muß darüberhinaus auch durch die Mitgliedstaaten vorgenommen werden ; b ) oder - als Übergangsmaßnahme - mit den in Ziffer 2 genannten nationalen Normen , sofern auf dem betreffenden Gebiet noch keine harmonisierten Normen vorliegen . 2 . Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut ihrer nationalen Normen mit , die nach ihrer Auffassung den Abschnitten II und III entsprechen . Die Kommission teilt diesen Wortlaut unverzueglich den anderen Mitgliedstaaten mit . Sie teilt den Mitgliedstaaten nach dem unter Abschnitt VI Ziffer 2 vorgesehenen Verfahren die nationalen Normen mit , bei denen von der Vermutung ausgegangen werden kann , daß sie den Abschnitten II und III entsprechen . Die Mitgliedstaaten haben für die Veröffentlichung der Fundstellen dieser Normen zu sorgen . Die Kommission sorgt für die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften . 3 . Die Mitgliedstaaten akzeptieren , daß Erzeugnisse , bei denen der Hersteller keinerlei Norm angewendet hat ( wegen Fehlens der in Ziffer 1
304
ANHANG
Buchstaben a ) und b ) genannten Normen oder aus sonstigen aussergewöhnlichen Gründen ) , als den Abschnitten II und III entsprechend betrachtet werden , wenn ihre Übereinstimmung durch eine der in Abschnitt VIII Ziffer 1 Buchstaben a ) und b ) genannten Bescheinigungen bestätigt wird . 1 . Nur die in Abschnitt VIII vorgesehenen Bescheinigungsarten ziehen notwendigerweise die Konformitätsvermutung nach sich . 2 . Die Vermutung der Übereinstimmung leitet sich daraus ab , daß die Übereinstimmung eines Erzeugnisses mit den harmonisierten oder nationalen Normen in einer Bescheinigung nach Abschnitt VIII erklärt wird . Falls das Erzeugnis keiner Norm entspricht , weil keine einschlägige Norm besteht oder der Hersteller , z . B . im Falle einer Innovation , die Anwendung anderer Herstellungskriterien seiner Wahl vorzieht , wird die Übereinstimmung mit den Abschnitten II und III in einer von einer unabhängigen Stelle ausgestellten Bescheinigung erklärt . 3 . In den unter Abschnitt V Ziffern 1 und 3 geregelten Fällen haben die Mitgliedstaaten somit immer das Recht , eine der unter Abschnitt VIII genannten Bescheinigungen zu verlangen , wenn die Vermutung gelten soll . 4 . Für die Ausarbeitung und Verabschiedung der in Ziffer 1 Buchstabe a ) genannten harmonisierten Normen durch CEN und CENELEC - diese beiden Einrichtungen sind in der Regel die " besonders zuständigen europäischen Normeninstitutionen " - sowie die Verpflichtung zur Umsetzung in nationale Normen gelten die Geschäftsordnung und die Regeln beider Institutionen für ihre Normungsarbeit . Zur Zeit wird an einer Angleichung der Geschäftsordnung von CEN und CENELEC gearbeitet . Es ist jedoch nicht auszuschließen , daß die in Ziffer 1 genannten harmonisierten Normen von anderen Einrichtungen als CEN und CENELEC ausgearbeitet werden , die diese Aufgabe auf bestimmten Gebieten übernehmen können . In diesem Fall ist jedoch für die Verabschiedung der harmonisierten Normen die Zustimmung von CEN/CENELEC erforderlich. Die Ausarbeitung und Festlegung der in Abschnitt V genannten harmonisierten Normen muß auf jeden Fall den Leitlinien entsprechen, die von der Kommission und diesen Institutionen vereinbart wurden . Die Leitlinien erstrecken sich insbesondere auf folgende Grundsätze und Bedingungen :
Anhang I
305
x Verfügbarkeit einer geeigneten personellen und technischen Infrastruktur bei dem Normungsgremium , dem die Kommission Normungsaufträge erteilt ; x Beteiligung der Behörden und der betroffenen Kreise ( insbesondere Hersteller , Benutzer , Verbraucher , Gewerkschaften ) ; x Verabschiedung der harmonisierten Normen , ihre Umsetzung in nationale Normen oder zumindest Annullierung abweichender nationaler Normen nach den von der Kommission bei der Erteilung eines Normungsauftrags genehmigten Bedingungen nach Konsultierung der Mitgliedstaaten . 5 . Bei der Wahl der nationalen Normen wird den praktischen Schwierigkeiten , die gegebenenfalls mit dieser Wahl zusammenhängen , gebührend Rechnung getragen . Auf nationale Normen wird lediglich im Rahmen einer Übergangsmaßnahme zurückgegriffen . Grundsätzlich wird also die Entscheidung , auf solche Normen zurückzugreifen , mit einem Mandat an die zuständigen europäischen Normungsorganisationen Hand in Hand gehen , demzufolge diese innerhalb einer bestimmten Frist unter den obengenannten Bedingungen die entsprechenden europäischen Normen auszuarbeiten bzw . anzupassen haben . … … VIII . Bescheinigungen über die Übereinstimmung 1 . Von den Beteiligten kann auf folgende Bescheinigungen nach Abschnitt V zurückgegriffen werden : a ) Konformitätsbescheinigungen oder Prüfzeichen , die von Dritten ausgestellt worden sind ; b ) Ergebnisse von Prüfungen , die von Dritten durchgeführt worden sind ; c ) Konformitätserklärung des Herstellers oder seines in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten . Zusätzlich kann ein Überwachungssystem gefordert werden ; d ) sonstige gegebenenfalls in der Richtlinie festzulegende Bescheinigungen .
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ANHANG
2 . Je nach Art der unter die Richtlinie fallenden Erzeugnisse bzw . Gefahren kann die Möglichkeit für die Beteiligten , zwischen diesen verschiedenen Bescheinigungsarten zu wählen , eingeschränkt oder aufgehoben werden . 3 . Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten mit , welche nationalen Stellen Prüfzeichen oder Konformitätsbescheinigungen ausstellen können . 1 . In den Einzelrichtlinien werden die geeigneten Bescheinigungsarten unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse des jeweiligen Anwendungsbereichs festgelegt und erläuters . Es sei daran erinnert , daß die von den Mitgliedstaaten bestimmten Stellen zur Ausstellung der unter den Buchstaben a ) und b ) genannten Bescheinigungen vor allem dann tätig zu werden haben , wenn Normen fehlen oder wenn der Hersteller bestehende Normen nicht angewendet hat ( vgl . Abschnitt V Ziffer 3 ) . 2 . Die unter Ziffer 3 genannten Stellen haben ihre Aufgabe nach international anerkannten Praktiken und Grundsätzen und insbesondere nach den ISO-Richtlinien auszuführen . Für die Kontrolle der Arbeit dieser Stellen sind die Mitgliedstaaten verantwortlich . Bei Fragen über die Durchführung der Prüfungen und der Zertifizierung kann der nach Abschnitt IX eingesetzte Ausschuß angerufen werden . 3 . Bei Konformitätserklärungen des Herstellers haben die nationalen Behörden das Recht , wenn sie gute Gründe für die Annahme haben , daß ein Erzeugnis nicht in jeder Hinsicht die verlangte Sicherheit bietet , vom Hersteller oder Importeur Angaben über die durchgeführten Sicherheitsprüfungen zu verlangen . Eine Weigerung seitens des Herstellers bzw . Importeurs , die Angaben zu liefern , ist ein ausreichender Grund , um die vermutete Übereinstimmung in Frage zu stellen . 4 . Die Festlegung einer erschöpfenden Liste von Bescheinigungen betrifft nur das System der Konformitätsvermutungen , darf aber nicht dazu führen, daß die Möglichkeit für die Beteiligten eingeschränkt wird , im Rahmen einer Anfechtung oder eines gerichtlichen Verfahrens den Beweis für die Übereinstimmung des Erzeugnisses mit den Abschnitten II und III durch jedes Mittel ihrer Wahl zu erbringen . …
Anhang J
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Anhang J RICHTLINIE 2006/42/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG (Neufassung) DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION — gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95, auf Vorschlag der Kommission (1), nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2), gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (3), in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Mit der Richtlinie 98/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Maschinen (4) wurde eine Kodifizierungder Richtlinie 89/392/EWG (5) vorgenommen. Da nun neue substanzielle Änderungen der Richtlinie 98/37/EG vorgenommen werden, ist es aus Gründen der Klarheit angebracht, diese Richtlinie neu zu fassen. (2) Der Maschinenbau ist ein wichtiger technischer Teilsektor und einer der industriellen Kernbereiche der Wirtschaft in der Gemeinschaft. Die sozialen Kosten der durch den Umgang mit Maschinen unmittelbar hervorgerufenen zahlreichen Unfälle lassen sich verringern, wenn der Aspekt der Sicherheit in die Konstruktion und den Bau von Maschinen einbezogen wird und wenn Maschinen sachgerecht installiert und gewartet werden. (3) Es obliegt den Mitgliedstaaten, in ihrem Hoheitsgebiet die Sicherheit und die Gesundheit von Personen, insbesondere von Arbeitnehmern und Verbrauchern, und gegebenenfalls von Haustieren und Sachen, insbesondere in Bezug auf Risiken beim Umgang mit Maschinen, zu gewährleisten. (4) Um den Benutzern Rechtssicherheit zu garantieren, sollten der Anwendungsbereich dieser Richtlinie und die für ihre Anwendung maßgebenden Begriffe so genau wie möglich definiert sein. (5) Die verbindlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten für Baustellenaufzüge zur Personenbeförderung oder zur Personen- und Güterbeförderung, die häufig durch de facto verbindliche technische Spezifikationen und/oder durch freiwillige Normen ergänzt werden, haben nicht notwendigerweise ein unterschiedliches Maß an Sicherheit und Gesundheitsschutz zur Folge, bilden aber wegen ihrer Verschiedenheit ein Hemmnis für den
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ANHANG
innergemeinschaftlichen Handel. Zudem weichen die einzelstaatliche Konformitätsnachweissysteme für solche Maschinen stark voneinander ab. Es ist deshalb angebracht, Baustellenaufzüge zur Personenbeförderung oder zur Personen- und Güterbeförderung nicht aus dem Anwendungsbereichder vorliegenden Richtlinie auszuschließen. (6) Waffen, einschließlich Feuerwaffen, die der Richtlinie 91/477/EWG des Rates vom 18. Juni 1991 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (6) unterliegen, sollten aus dem Anwendungsbereich der vorliegenden Richtlinie ausgeschlossen werden; dieser Ausschluss von Feuerwaffen sollte nicht für tragbare Befestigungsgeräte mit Treibladung und andere Schussgeräte gelten, die ausschließlich für industrielle oder technische Zwecke ausgelegt sind. Es ist erforderlich, Übergangsregelungen vorzusehen, die es den Mitgliedstaaten gestatten, das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme solcher Maschinen zuzulassen, die gemäß den zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Richtlinie geltenden einzelstaatlichen Bestimmungen hergestellt wurden; dies gilt auch für Bestimmungen zur Durchführung des Übereinkommens über die gegenseitige Anerkennungder Beschusszeichen für Handfeuerwaffen vom 1. Juli 1969. Zudem werden solche Übergangsregelungen es den europäischen Normenorganisationen gestatten, Normen auszuarbeiten, die ein Sicherheitsniveau entsprechend dem Stand der Technik gewährleisten. (7) Diese Richtlinie gilt nicht für das Heben von Personen mit Maschinen, die hierfür nicht ausgelegt sind. Dies berührt jedoch nicht das Recht der Mitgliedstaaten, mit Blick auf die Durchführung der Richtlinie 89/655/EWG des Rates vom 30. November 1989 über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit (Zweite Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (7) im Einklang mit dem Vertrag einzelstaatliche Maßnahmen in Bezug auf diese Maschinen zu ergreifen. L 157/24 DE Amtsblatt der Europäischen Union 9.6.2006 (1) ABl. C 154 E vom 29.5.2001, S. 164. (2) ABl. C 311 vom 7.11.2001, S. 1. (3) Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2002 (ABl. C 271 E vom 12.11.2003, S. 491), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 18. Juli 2005 (ABl. C 251 E vom 11.10.2001, S. 1) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Beschluss des Rates vom 25. April 2006. (4) ABl. L 207 vom 23.7.1998, S. 1. Geändert durch die Richtlinie 98/79/EG (ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1).
Anhang J (5) Richtlinie 89/392/EWG des Rates vom 14. Juni 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für Maschinen (ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 9). (6) ABl. L 256 vom 13.9.1991, S. 51. (7) ABl. L 393 vom 30.12.1989, S. 13. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2001/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 195 vom 19.7.2001, S. 46).
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ANHANG
Anhang K
BESCHLUSS DES RATES vom 22. Juli 1993 über die in den technischen Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertungsverfahren und die Regeln für die Anbringung und Verwendung der CE- Konformitätskennzeichnung (93/465/EWG) -AuszugDER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a, auf Vorschlag der Kommission (1), in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament (2), nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (3), in Erwägung nachstehender Gründe: Der Beschluß 90/683/EWG des Rates vom 13. Dezember 1990 über die in den technischen Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertungsverfahren (4) muß an verschiedenen Stellen erheblich geändert werden. Im Interesse der Klarheit und der Zweckmässigkeit ist eine Kodifizierung seiner Bestimmungen durch den vorliegenden Beschluß angebracht. Der Rat hat am 21. Dezember 1989 die Entschließung über ein globales Konzept für die Konformitätsbewegung (5) verabschiedet. Die Bereitstellung harmonisierter Instrumente der Konformitätsbewertung sowie die Annahme eines gemeinsamen Grundprinzips für ihre Anwendung sind dazu geeignet, die Verabschiedung künftiger technischer Harmonisierungsrichtlinien über das Inverkehrbringen von Industrieerzeugnis-
Anhang K
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sen zu erleichtern und so die Verwirklichung des Binnenmarktes zu fördern. Diese Instrumente sollen sicherstellen, daß die Produkte den in den technischen Harmonisierungsrichtlinien festgelegten grundlegenden Anforderungen entsprechen, um insbesondere den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Benutzer und Verbraucher zu gewährleisten. Diese Konformität soll ohne Festlegung von die Hersteller unnötig belastenden Vorschriften und durch eindeutige und verständliche Verfahren erreicht werden. Eine begrenzte Flexibilität sollte bei der Anwendung zusätzlicher Module oder Variationen in den Modulen eingeführt werden, wenn die besonderen Bedingungen in einem bestimmten Sektor oder bei einer bestimmten Richtlinie dies erfordern; diese Flexibilität darf jedoch nicht so weit gehen, daß das Ziel dieses Beschlusses unterlaufen wird, und sie darf nur mit ausdrücklicher Begründung Anwendung finden. Mit der genannten Entschließung vom 21. Dezember 1989 hat der Rat den Erlaß einer gemeinsamen Regelung über die Verwendung der CEKennzeichnung als Leitgrundsatz gebilligt. Mit dem Beschluß 90/683/EWG hat der Rat vorgesehen, daß die Industrieerzeugnisse, die unter die technischen Harmonisierungsrichtlinien fallen, erst dann in Verkehr gebracht werden können, wenn der Hersteller auf ihnen die CE-Kennzeichnung angebracht hat. Um die Überwachung des Gemeinschaftsmarktes durch Prüfer zu erleichtern und die Verpflichtungen der Wirtschaftsbeteiligten hinsichtlich der Kennzeichnung im Rahmen der verschiedenen Gemeinschaftsvorschriften zu verdeutlichen, sollte eine einheitliche CE-Kennzeichnung verwendet werden. Zweck der CE-Kennzeichnung sind die Bescheinigung der Konformität eines Erzeugnisses mit dem in den Richtlinien zur vollständigen Harmonisierung festgelegten allgemein relevanten Schutzniveau sowie die Bestätigung des jeweiligen Wirtschaftsbeteiligten, daß sein Erzeugnis allen gemäß Gemeinschaftsrecht relevanten Bewertungsverfahren unterzogen worden ist.
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ANHANG
BESCHLIESST: Artikel 1 (1) Die in den technischen Harmonisierungsrichtlinien über das Inverkehrbringen von Industrieerzeugnissen anzuwendenden Verfahren für die Konformitätsbewertung werden unter den im Anhang aufgeführten Modulen nach den in diesem Beschluß festgelegten Kriterien und den im Anhang enthaltenen allgemeinen Leitlinien ausgewählt. Diese Verfahren dürfen nur dann von den Modulen abweichen, wenn die besonderen Umstände in einem bestimmten Sektor oder bei einer bestimmten Richtlinie dies erfordern. Diese Abweichungen von den Modulen dürfen nur begrenzt sein und müssen in der entsprechenden Richtlinie ausdrücklich begründet werden. (2) Dieser Beschluß regelt die Anbringung der CE-Kennzeichnung im Bereich der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften betreffend Entwurf, Herstellung, Inverkehrbringen, Inbetriebnahme und/oder Verwendung der Industrieerzeugnisse. (3) Die Kommission berichtet regelmässig über die Anwendung dieses Beschlusses sowie darüber, ob die Konformitätsbewertungsverfahren und CE-Kennzeichnungsverfahren zufriedenstellend wirken oder geändert werden müssen. Die Kommission berichtet ferner spätestens vor Ablauf des Übergangszeitraums im Jahre 1997 bzw. in festgestellten Dringlichkeitsfällen früher über besondere Probleme, die sich aus der Einbeziehung der Richtlinie 73/23/EWG des Rates vom 19. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen (6) in den Anwendungsbereich der CE-Kennzeichnungsverfahren ergeben haben, und insbesondere darüber, ob die Sicherheit gefährdet ist. Sie führt ferner die Probleme auf, die sich durch die Überschneidung von Richtlinien des Rates ergeben und gibt an, ob weitere Gemeinschaftsmaßnahmen erforderlich sind.
Anhang K
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Artikel 2 (1) Der Beschluß 90/683/EWG wird aufgehoben. (2) Bezugnahmen auf den aufgehobenen Beschluß gelten als Bezugnahmen auf den vorliegenden Beschluß. Geschehen zu Brüssel am 22. Juli 1993. Im Namen des Rates Der Präsident
M. OFFECIERS-VAN DE WIELE (1) ABl. Nr. C 160 vom 20. 6. 1991, S. 14, und ABl. Nr. C 28 vom 2. 2. 1993, S. 16.(2) ABl. Nr. C 125 vom 18. 5. 1992, S. 178, ABl. Nr. C 115 vom 26. 4. 1993, S. 117, und Beschluß vom 14. Juli 1993 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).(3) ABl. Nr. C 14 vom 20. 1. 1992, S. 15, und ABl. Nr. C 129 vom 10. 5. 1993, S. 3.(4) ABl. Nr. L 380 vom 31. 12. 1990, S. 13.(5) ABl. Nr. C 10 vom 16. 1. 1990, S. 1(6) ABl. Nr. L 77 vom 26. 3. 1973, S. 29.
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ANHANG
Anhang L KONFORMITÄTSBEWERTUNGSVERFAHREN UND CEKENNZEICHNUNG IN TECHNISCHEN HARMONISIERUNGSRICHTLINIEN I. ALLGEMEINE LEITLINIEN A. Die wichtigsten Leitlinien für die Anwendung von Konformitätsbewertungsverfahren in technischen Harmonisierungsrichtlinien lauten folgendermassen: a) Hauptziel eines Konformitätsbewertungsverfahrens ist es, die Behörden in die Lage zu versetzen, sich zu vergewissern, daß die in den Verkehr gebrachten Produkte insbesondere in bezug auf den Gesundheitsschutz und die Sicherheit der Benutzer und Verbraucher den Anforderungen der Richtlinien gerecht werden. b) Die Konformitätsbewertung kann in Module unterteilt werden, die sich auf die Produktentwurfs- oder die Produktfertigungsstufe beziehen. c) In der Regel sollte ein Produkt auf beiden Stufen kontrolliert werden. Bei positiven Ergebnissen kann es anschließend in den Verkehr gebracht werden (1)(). d) Es gibt mehrere Module, die auf die beiden Stufen unterschiedlich angewandt werden können. In den Richtlinien muß festgelegt werden, unter welchen Möglichkeiten der Rat wählen kann, um gegenüber den Behörden das geforderte hohe Maß an Sicherheit für das jeweilige Produkt bzw. den betreffenden Produktionssektor zu gewährleisten. e) Bei Festlegung der Wahlmöglichkeiten für den Hersteller muß in den Richtlinien insbesondere folgendes berücksichtigt werden: Eignung der Module für die Produktart, Art der Gefahren, wirtschaftliche Infrastruktur des Sektors (z. B. Existenz oder Nichtexistenz neutraler Stellen), Produktionsweise und -umfang usw. Die berücksichtigten Faktoren müssen in diesen Richtlinien ausdrücklich genannt werden. f) Bei der Festlegung der möglichen Module für ein Produkt oder einen Produktionssektor in den Richtlinien muß versucht werden, dem Hersteller so viele Wahlmöglichkeiten zu lassen, wie mit der Gewährleistung der Erfuellung der Anforderungen zu vereinbaren ist.
Anhang L
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In den Richtlinien müssen die Kriterien festgelegt werden, nach denen die Hersteller unter den in den Richtlinien niedergelegten Modulen die für ihre Produktion geeignetsten Module wählen. g) Es sollte vermieden werden, in den Richtlinien unnötigerweise Module vorzuschreiben, die im Verhältnis zu den Zielen der betreffenden Richtlinie zu grosse Belastungen bedeuten. h) Den benannten Stellen sollte empfohlen werden, die Module so anzuwenden, daß für die Unternehmen kein unnützer Aufwand entsteht. Zum Zwecke der einheitlichen technischen Anwendung der Module sorgt die Kommission im Benehmen mit den Mitgliedstaaten für eine enge Zusammenarbeit zwischen den benannten Stellen. i) Zum Schutz der Hersteller soll den benannten Stellen nur die technische Dokumentation übermittelt werden, die ausschließlich zur Bewertung der Konformität notwendig ist. Vertrauliche Informationen müssen rechtlich geschützt sein. j) Wenn die Richtlinien dem Hersteller die Verwendung von Modulen auf der Grundlage von Qualitätssicherungstechniken gestatten, so muß dieser auch die Möglichkeit haben, eine Kombination von Modulen unter Verzicht auf die Qualitätssicherung zu verwenden und umgekehrt, es sei denn, daß zur Erfuellung der von den Richtlinien festgelegten Anforderungen ausschließlich die eine oder die andere Methode angewendet werden muß. k) Für die Anwendung der Module teilen die Mitgliedstaaten in eigener Verantwortung die ihrer Gerichtsbarkeit unterstehenden Stellen mit, die sie unter den technisch kompetenten Stellen ausgewählt haben, die die Anforderungen der Richtlinien erfuellen. Diese Verantwortung bringt für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung mit sich, sich davon zu überzeugen, daß die benannten Stellen ständig über die von den Richtlinien verlangte technische Kompetenz verfügen und die zuständigen einzelstaatlichen Behörden über die Erfuellung ihrer Aufgaben auf dem laufenden halten. Macht ein Mitgliedstaat die Benennung einer Stelle rückgängig, so trifft er die geeigneten Maßnahmen, damit eine andere benannte Stelle die Dossiers übernimmt, um die Kontinuität zu gewährleisten. l) Was die Konformitätsbewertung betrifft, so unterliegt die Weitergabe von Aufträgen bestimmten Bedingungen, die folgendes garantieren müssen:
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–
ANHANG
die Kompetenz der Einrichtung, die den Untervertrag erhält, unter Einhaltung der Normen der Reihe EN 45000, und die Fähigkeit des Mitgliedstaats, der die den Unterauftrag vergebende Stelle benannt hat, eine wirksame Kontrolle der Einhaltung der Normen zu garantieren; die Fähigkeit der benannten Stelle, die Verantwortung für die im Rahmen des Untervertrags durchgeführten Arbeiten wirksam zu übernehmen.
m) Bei benannten Stellen, die ihre Übereinstimmung mit den harmonisierten Normen (Reihe EN 45000) durch eine Akkreditierungsbescheinigung oder durch andere Unterlagen nachweisen können, wird davon ausgegangen, daß sie die Anforderungen der Richtlinien erfuellen. Mitgliedstaaten, die Stellen benannt haben, die ihre Übereinstimmung mit den harmonisierten Normen (Reihe EN 45000) nicht nachweisen können, können ersucht werden, der Kommission die entsprechenden Nachweise vorzulegen, aufgrund deren die Benennung erfolgte. n) Die Kommission veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften eine Liste der benannten Stellen, die laufend auf den neuesten Stand gebracht wird. B. Die wichtigsten Leitlinien für die Anbringung und Verwendung der CEKennzeichnung lauten folgendermassen: a) Mit der CE-Kennzeichnung wird Konformität mit allen Verpflichtungen bescheinigt, die der Hersteller in bezug auf das Erzeugnis aufgrund der Gemeinschaftsrichtlinien hat, in denen ihre Anbringung vorgesehen ist. Diese Konformität soll daher nicht lediglich auf die grundlegenden Anforderungen für Sicherheit, Volksgesundheit, Verbraucherschutz usw. beschränkt werden, da einige Richtlinien besondere Auflagen enthalten könnten, die nicht zwangsläufig Teil der sogenannten grundlegenden Anforderungen sind. b) Die CE-Kennzeichnung auf Industrieerzeugnissen bedeutet, daß die natürliche oder juristische Person, die die Anbringung durchführt oder veranlasst, sich vergewissert hat, daß das Erzeugnis alle Gemeinschaftsrichtlinien zur vollständigen Harmonisierung erfuellt und allen vorschriftsmässigen Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen worden ist.
Anhang L
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c) Falls die Industrieerzeugnisse unter andere Richtlinien fallen, die andere Aspekte behandeln und in denen die CE-Kennzeichnung vorgesehen ist, wird mit dieser Kennzeichnung angegeben, daß auch von der Konformität der Erzeugnisse mit den Bestimmungen dieser anderen Richtlinien auszugehen ist. Steht jedoch laut einer oder mehrerer dieser Richtlinien dem Hersteller während einer Übergangszeit die Wahl der anzuwendenden Regelung frei, so wird durch die CE-Kennzeichnung lediglich die Konformität mit den Bestimmungen der vom Hersteller angewandten Richtlinien angezeigt. In diesem Fall müssen die den Erzeugnissen beiliegenden Unterlagen, Hinweise oder Anleitungen oder gegebenenfalls das Typenschild die Nummern der für die Erzeugnisse geltenden Richtlinien entsprechend ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften tragen. d) 1. Die CE-Kennzeichnung besteht aus den Buchstaben "CE" mit folgendem Schriftbild: Bei Verkleinerung oder Vergrösserung der CE-Kennzeichnung müssen die sich aus dem oben abgebildeten Raster ergebenden Proportionen eingehalten werden. 2. Werden in den Richtlinien keine genauen Abmessungen angegeben, so gilt für die CE-Kennzeichnung eine Mindestgrösse von 5 mm. 3. Die CE-Kennzeichnung wird auf dem Produkt oder dem daran befestigten Schild angebracht. Falls die Art des Produktes dies nicht zulässt oder hierfür keinen Anlaß gibt, wird sie auf der Verpackung (falls vorhanden) und den Begleitunterlagen angebracht, wenn die Richtlinien diese Unterlagen vorsehen. 4. Die CE-Kennzeichnung wird gut sichtbar, leserlich und dauerhaft angebracht. e) Sofern in den technischen Harmonisierungsrichtlinien nach dem globalen Konzept nichts anderes vorgesehen ist, muß jedes Industrieerzeugnis, das unter die Richtlinien fällt, mit der CE-Kennzeichnung versehen werden; es handelt sich nicht darum, von der Kennzeichnung, sondern vielmehr von den Verwaltungsverfahren für die Konformitätsbewertung abzuweichen, die in einigen Fällen als zu schwerfällig erachtet werden. Ohne ausreichende Begründung darf es keine Ausnahme oder Abweichung von der Kennzeichnung geben.
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ANHANG
Allein die CE-Kennzeichnung bescheinigt die Übereinstimmung der Industrieerzeugnisse mit den Richtlinien nach dem globalen Konzept. Zu diesem Zweck sehen die Mitgliedstaaten davon ab, hinsichtlich der Übereinstimmung mit allen Bestimmungen im Sinne der Richtlinien, die die CE-Kennzeichnung vorsehen, eine Bezugnahme auf eine andere ordnungsgemässe Konformitätskennzeichnung als die CEKennzeichnung in ihre einzelstaatlichen Regelungen aufzunehmen. f) Die CE-Kennzeichnung erfolgt im Verlauf der Produktionsüberwachungsphase. g) Hinter der CE-Kennzeichnung steht die Kennummer der gemäß Abschnitt A benannten Stelle, die gegebenenfalls bei der Produktionsüberwachung im Sinne dieses Beschlusses eingeschaltet wurde. Die Kennummer wird von der Kommission im Rahmen des Verfahrens der Notifizierung der Stellen vergeben. Die Verzeichnisse der benannten Stellen werden von der Kommission im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht und regelmässig auf den neuesten Stand bebracht. Eine benannte Stelle erhält auch dann nur eine einzige Kennummer, wenn sie im Rahmen mehrerer Richtlinien benannt wird. Die Kommission gewährleistet, daß jede benannte Stelle nur eine einzige Kennummer erhält, ungeachtet der Zahl der Richtlinien, im Rahmen derer sie benannt wird. h) Bei einigen Erzeugnissen sind Bestimmungen über ihre Verwendung erforderlich. In diesen Fällen steht hinter der CE-Kennzeichnung und der Kennummer der benannten Stelle ein Piktogramm oder ein anderer Hinweis zur Erläuterung z. B. der Verwendungsart. i) Es ist nicht zulässig, irgendeine andere Kennzeichnung anzubringen, durch die Dritte hinsichtlich der Bedeutung und des Schriftbildes der CE-Kennzeichnung irregeführt werden könnten. j) Ein Erzeugnis kann verschiedene Zeichen tragen, z. B. zur Angabe der Konformität mit nationalen oder europäischen Normen oder mit den klassischen Richtlinien zur fakultativen Harmonisierung, sofern sie nicht zu Verwechslungen mit der CE-Kennzeichnung führen können.
Anhang L
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Daher dürfen diese Angaben nur dann auf dem Erzeugnis, der Verpackung oder den Begleitunterlagen angebracht werden, wenn sie Leserlichkeit und Sichtbarkeit der CE-Kennzeichnung nicht beeinträchtigen. k) Die CE-Kennzeichnung wird dem Hersteller oder seinem in der Gemeinschaft ansässigen Bevollmächtigten angebracht. In begründeten Ausnahmefällen können die Einzelrichtlinien vorsehen, daß die CEKennzeichnung von dem für das Inverkehrbringen des Produkts auf dem Gemeinschaftsmarkt Verantwortlichen angebracht werden kann. Die Kennummer der benannten Stelle wird unter deren Verantwortlichkeit entweder von ihr selbst, vom Hersteller oder von seinem in der Gemeinschaft ansässigen Bevollmächtigten angebracht. l) Die Mitgliedstaaten erlassen alle erforderlichen innerstaatlichen Rechtsvorschriften, um jede Verwechslung und jeden Mißbrauch der CEKennzeichnung zu unterbinden. Unbeschadet der Bestimmungen in der betreffenden Richtlinie über die Anwendung der Schutzklausel ist bei der Feststellung durch einen Mitgliedstaat, daß die CE-Kennzeichnung unberechtigterweise angebracht wurde, der Hersteller oder sein in der Gemeinschaft ansässiger Bevollmächtigter verpflichtet, das Produkt wieder in Einklang mit den Konformitätsbestimmungen zu bringen und den weiteren Verstoß unter den von diesem Mitgliedstaat festgelegten Bedingungen zu verhindern. Falls die Nichtübereinstimmung weiterbesteht, muß der Mitgliedstaat alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um das Inverkehrbringen des betreffenden Produkts einzuschränken oder zu untersagen bzw. um zu gewährleisten, daß es nach den in den Schutzklauseln vorgesehenen Verfahren vom Markt zurückgezogen wird. II. MODULE FÜR DIE KONFORMITÄTSBEWERTUNG Erläuterungen In Einzelrichtlinien kann vorgeschrieben werden, daß die CEKennzeichnung auf der Verpackung oder den Begleitunterlagen statt auf dem Produkt selbst angebracht werden kann. Die Konformitätserklärung oder -bescheinigung (je nachdem, welches Papier in der betreffenden Richtlinie genannt ist) gilt entweder für ein einzelnes oder für mehrere Produkte und wird den Produkten entweder beigefügt
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ANHANG
oder vom Hersteller aufbewahrt. Wie im Einzelfall vorzugehen ist, wird in der betreffenden Richtlinie angegeben. Wird auf einen Artikel verwiesen, so bezieht sich dies auf die Standardabsätze des Anhangs II B der Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 (ABl. Nr. C 136 vom 4. 6. 1985, S. 1), die Standardartikel der auf dem neuen Konzept basierenden Richtlinien geworden sind. Im Rahmen von INSIS ist vorgesehen, die DV-gestützte Übermittlung der Bescheinigungen und sonstigen Dokumente der benannten Stellen weiterzuentwickeln. In Einzelrichtlinien können die Module A, C und H durch weitere, in den Feldern der Module angegebene Abschnitte mit zusätzlichen Bestimmungen ergänzt werden. Das Modul C ist in Verbindung mit Modul B (EG-Baumusterprüfung) zu verwenden. Die Module D, E und F werden normalerweise ebenfalls in Verbindung mit Modul B verwendet; in Sonderfällen (beispielsweise bei sehr einfachem Entwurf und einfacher Bauweise der Produkte) können sie allerdings auch einzeln verwendet werden.
Anhang M
Anhang M
M
US
TE
R
Muster Akkreditierungsurkunde
321
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ANHANG
Anhang N
M
US
TE
R
Muster Zertifizierungsurkunde
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Sachverzeichnis
Akkreditierung 3 ff., 18, 21, 22 ff., 31 ff., 37, 39, 55, 62, 75 ff., 110, 154, 169, 191 ff., 210 Akkreditierungsausschuss 12, 107, 109, 114, 131 f. Akkreditierungsbeirat 98, 119, 123, 130, 148 Akkreditierungsgesetz 113 f., 129 ff., 138 f., 150, 169, 233 Akkreditierungsregel 9, 92, 102, 116, 119, 120 ff., 130 Akkreditierungsstelle 6, 8 f., 11, 18 Akkreditierungsstellen 85 ff., 101 ff., 111 ff., 125, 128 ff., 139 f., 148 f., 154 f., 169 f., 181 f., 192, 195 f., 198 f., 202, 207, 221 ff., 229, 243, 245, 248 Akzeptanz 5, 75, 154 f., 182, 202, 210, 245 Anbringungsjahr 189 Anerkennung 37, 64, 85, 100 ff., 151 ff., 160, 173, 175, 180 f., 192, 195, 202, 207, 210 In Deutschland 82, 88, 90 ff., 105, 107, 109, 113 ff., 123, 134 f., 138 ff., 148 Anforderung 27, 29, 32 f., 39 Antrag 109 Antragsverfahren 11, 105 Arbeitsgruppen 215 f., 219
Audit 16, 28, 32, 39, 177, 199, 205 Baumusterprüfung 30, 67, 69 ff., 74 Begutachtung 28, 31 f., 37, 39, 61 f., 95, 106 ff., 113, 169 f., 194, 206, 208 Begutachtung unter Gleichrangigen 125 ff., 131, 140 Benennende Behörde 173 f., 178 Binnenmarkt 18, 21, 26, 34, 55 ff., 60, 79, 141, 191, 197, 202 Blue Guide 107, 198 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) 11, 97 f., 119 ff., 129 ff., 148 CASCO 8, 105, 196, 201, 204, 209 Cassis-de-Dijon 56 CEN und CENELEC 110, 211 f., 216 ff. CERTIF-Dokumente 98 f. CE-Zeichen 15, 67 ff., 183, 186 ff., 195 Common Elements 26, 104 f. DAR 86, 93 ff., 105, 112, 150, 202, 247 DAU 88, 90 Deutscher Akkreditierungsrat 86, 94 ff. DTI 230, 232, 234 ff., 244
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Sachverzeichnis
Duales System 85 EA 8, 64, 102 f., 113, 119, 129 f., 140 EFTA 210 ff. Einplatzprinzip 75 f., 101, 112, 139 f. EN 45000 8, 27, 64, 66, 79 ff., 196 ff., 228 EN 45000ff 192, 197 EN 45003 197, 203 EN 45010 197, 203 Energieeffizienzzeichen 189 Entschließung des Rates 57 ETSI 217 ff. Europäische Gemeinschaft 29, 109 freier Warenverkehr 57 GATT 156 f., 160, 181 Gefahrenabwehrrecht 19 gesetzlich geregelter Bereich 83, 87 ff., 93, 194, 244, 246 Globales Konzept 18 Globalisierung 192 Handelshemmnisse 21, 43, 56, 111, 135, 155 f., 159, 161, 173, 181, 202, 210, 221 harmonisierte Norm 9 Harmonisierung 19, 56 f., 75 f., 160, 192, 208, 210, 217 f. Herstellererklärung 29 f., 65 f., 209 ILAC 113, 119, 129 f., 154 f. Inspektion 28, 37, 39, 60, 202 ff. Inspektionsstellen 11, 78, 109, 123, 154 f. Kalibrierlaboratorien 122, 154, 197, 206 f. KOGB 87 ff. Konformitätsbescheinigung 71 Konformitätsbewertung 4, 8, 21 f., 27 ff., 60, 66, 69, 75 f., 84, 90, 97 f., 102 ff., 107,
110 ff., 116, 120, 134, 148, 150, 160, 167, 173 f., 177, 191, 194, 196 ff., 208, 223, 226, 229, 240 Konformitätsbewertungsstelle 9 ff., 23 f., 31 f., 37, 60 ff., 75, 78, 87 f., 90, 97, 106, 108, 115 ff., 130, 134, 137, 140, 149, 151 ff., 174 ff., 181, 191 f., 199, 202, 237, 239, 241 f., 248 Konformitätsbewertungsverfahren 29, 66, 68, 189 Konformitätserklärung 70 ff., 80 Konformitätsnachweis 14, 64, 70 Konformitätsselbstkennzeichnung 183 Konformitätsvermutung 187 Konformitätszeichen 184, 186, 188 Kontrollmechanismus 247 Kosten 49 Leitfäden 8, 98 f., 102 f., 129, 154, 192, 196, 199, 205, 210, 220 Marktüberwachung 77, 187, 221, 226 f., 229, 235, 241 Mindestharmonisierung 56 f., 78 Mindestkriterien 66, 109, 169 MLA 8, 112, 154, 181, 195 Modulares Konzept 64 MRA 21 ff., 151 f., 172, 181, 196 neue Konzeption 57 Normung 27, 33 f., 55, 57, 191 ff., 205, 211, 216, 220 Notifizierung 37, 107, 109, 166, 198, 227 ff., 233 f., 239 ff. Organe im CEN (und CENELEC) 212 PECA 22 f.
Sachverzeichnis
Peer-Assessment 126, 129 Privatisierung 135 Produkthaftung 41 ff., 46, 51 Produktsicherheit 30, 42, 49, 52, 194 Prüfen 28 Prüflaboratorien 6, 8, 63, 78 ff., 90, 109 f., 122 ff., 154, 199 Qualitätssicherungssystem 66, 69, 80 Richtlinien 19, 42, 56 ff., 171, 183, 186 ff., 204, 220, 227, 230, 232, 239, 247 Risiko 50, 146 Risikovorsorge 143 ff. Sanktionsmaßnahmen 113 Sektoren 76, 114, 122 ff., 134 f., 139, 184, 214, 233 Selbstregulierung 149 SOGS 77, 98 f., 102, 223, 228 f., 231, 234 f., 239, 241 ff., 247 f. Sorgfaltspflicht 149 Subsidiaritätsprinzip 61, 78 SWEDAC 223 ff., 248 Synergieeffekte 129 TBT 21 f., 151, 159, 181 f. Technische Komitees 214, 216, 219 Technische Normen 35 Telekommunikationsnetz 189, 218 Trägergemeinschaft für Akkreditierung GmbH (TGA) 8, 11, 92, 128
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Transaktionskosten 135 ff. externe 137 interne 135 Typenschild 189 Überwachungsverfahren 131 UKAS 230 ff., 248 Ungeregelter Bereich 91, 92, 149 Vermutungswirkung 20, 102, 120, 198 f. Vertrauen 30 f., 37, 59, 63 f., 75 f., 83, 85, 95, 103, 111 f., 115, 129, 134, 137 f., 149 f., 192, 195, 198, 206, 208, 210 Verwaltungszeichen 187 Vorsorgegedanken 138, 149 Warenverkehrsfreiheit 79 Wettbewerb 76, 92, 101, 128, 133, 135, 137, 163 working groups 215 WTO 21 f., 143, 151, 156 ff., 173, 181 f. Zertifikat 29 Zertifizierung 3, 5, 7, 10, 14 ff., 21, 25 ff., 37, 39, 41 ff., 54 f., 64 f., 68 f., 79, 85, 137 f., 150 f., 174 f., 191 f., 195, 201 ff., 220, 223, 230, 236 Zertifizierung von Managementsystemen 117 Zertifizierungsstelle 10, 14 ff., 29, 43, 60 ff., 79, 109, 123, 149, 154, 166, 169, 184 f., 195 ff., 204 ff., 229 ff., 247 Zulassungsstelle 114, 119 ff., 129, 132 Zuständigkeiten 112, 134