Weiterbildungserfolg in betrieblichen Lehrveranstaltungen : Messung und Einflussfaktoren im Bereich Finance & Controlling 9783835093027, 3835093029 [PDF]

Preliminary; Einleitung; Betriebliche Weiterbildung als Bezugsrahmen der Untersuchung; Weiterbildungserfolg als Zielgrö

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Weiterbildungserfolg in betrieblichen Lehrveranstaltungen : Messung und Einflussfaktoren im Bereich Finance & Controlling
 9783835093027, 3835093029 [PDF]

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Zitiervorschau

Wolfgang Bihier Weiterbildungseriolg in betrieblichen Lehrveranstaltungen

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT

Wolfgang Bihier

Weiterbildungserfolg in betrieblichen Lehrveranstaltungen Messung und Einflussfaktoren im Bereich Finance & Controlling

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Diethelm Jungkunz

Deutscher Universitats-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Nationaibibliothek Die Deutsche Nationaibibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet uber abrufbar.

Dissertation Universitat Hohenheim, 2006 D100

I.Auflage September 2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel /Viktoria Steiner Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media, www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung aulSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden dijrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, Schel^litz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0458-1 ISBN-13 978-3-8350-0458-0

Geleitwort Im Unterschied zu einer isolierten Aneignung einzelner Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen, herrscht in der berufs- und wirtschaftspadagogischen Diskussion ein Konsens dariiber, dass das Ziel der beruflichen Aus- und Weiterbildung in einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz besteht, die sowohl tiichtigkeits- als auch miindigkeitsbezogene Elemente aufweist und auf den Komponenten der Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz beruht. Zur Beantwortung der Frage, ob dieses Ziel in der beruflichen Weiterbildung erreicht ist, scheint es unumganglich, den Weiterbildungserfolg und seine Einflussfaktoren zu untersuchen. Die bisher vorliegenden Untersuchungen messen diesen Erfolg zumeist theoretisch und empirisch verkurzt am Kriterium der Zufriedenheit der Weiterbildungsteilnehmer. Auch die Einflussfaktoren, die auf den Weiterbildungserfolg wirken, wurden bisher in der Regel nur isoliert und kaum systematisch sowie theoretisch fundiert untersucht. Sowohl der Weiterbildungserfolg als auch die entsprechenden Einflussfaktoren lassen sich einerseits durch Selbstwahmehmung und -beurteilung als auch durch die Fremdwahmehmung und -beurteilung (z.B. durch Dozenten) erfassen. Wie vorliegende Studien zeigen, ist die Selbstwahrnehmung und -beurteilung zum einen differenzierter als die Fremdwahmehmung durch Dozenten oder Vorgesetzte, und zum anderen hat sie eine handlungssteuemde Funktion, die mit beruflichem Erfolg deutlich korreliert und zudem fur die selbstgestalteten Lem- und Arbeitsprozesse in Untemehmen wichtig ist. Vor diesem Hintergrund ist es das Ziel der vorliegenden Studie, „den Weiterbildungserfolg und seine Einflussfaktoren aus subjektiver Sicht der betrieblichen Weiterbildungsteilnehmer zu klaren". Herr Bihler untersucht, (1) wie die Weiterbildungsteilnehmer ihren Weiterbildungserfolg wahmehmen, (2) welche Bedeutung sie den Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs zumessen und (3) welche Einflussfaktoren der Person und der Umwelt auf den subjektiven Weiterbildungserfolg wirken. Neuland betritt der Verfasser, wenn er die interne betriebliche Weiterbildung im Kontext ihrer Umwelt auf der Grundlage der Okologie der menschlichen Entwicklung von BRONFENBRENNER analysiert und die menschliche Entwicklung vor dem Hintergrund von Lem- und Arbeitsprozessen nach KELL betrachtet. Es wird deutlich, wie fmchtbar diese Ansatze fur die systematische und empirische Weiterbildungsforschung sind. Im Anschluss daran wird eine Analyse

und Diskussion der Ziele intemer betrieblicher Weiterbildung vorgenommen, einschlieBlich einer Erorterung der Evaluationsmoglichkeiten. Auch die durchweg gelungene Darstellung und Analyse der Zielproblematik betrieblicher Weiterbildung muss als richtungsweisend fur die Weiterbildungsforschung aufgefasst werden. Auf der Grundlage dieser allgemeinen theoretischen Grundlegungen geht der Verfasser in einem weiteren Schritt dem konkreten Weiterbildungserfolg in intemen betrieblichen Lehrveranstaltungen nach. Begrundet und intersubjektiv nachvollziehbar schlagt er Zufriedenheit, Lemerfolg und Transfererfolg als Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs vor. Dankenswerterweise wird (aufgrund des Neuigkeitsgehalts) der Transfererfolg besonders ausfuhrlich mit Bezug auf die Ansatze zur Okologie der menschlichen Entwicklung dargestellt. Sorgfaltig, begrundet und umfassend stellt Herr Bihler die von ihm vermuteten Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfolg vor. Er unterscheidet (1) Einflussfaktoren der Person mit kognitiven und nicht-kognitiven Faktoren, (2) Einflussfaktoren der Lemumgebung, (3) Einflussfaktoren der Arbeitsumgebung und (4) Einflussfaktoren der Weiterbildungsorganisation. Auf den bisherigen Uberlegungen aufbauend entwirft der Verfasser sodann ein theoretisches Modell von Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfolg. Dieses Modell wird einer empirischen Untersuchung unterzogen, die N = 458 Weiterbildungsteilnehmer aus 28 ausgewahlten intemen betrieblichen Lehrveranstaltungen der Finance Academy DaimlerChrysler umfasst. Die von Herm Bihler festgestellten Ergebnisse werden von ihm ausfahrlich auf einem hohen wissenschaftlichen Niveau und mit durchgangigem Bezug auf seine vorherigen theoretischen Uberlegungen diskutiert. Es zeigt sich insbesondere, dass nahezu alle angenommenen Zielkriterien aus der rekonstruierten Sicht der Weiterbildungsteilnehmer verifiziert werden konnen. Zuktinftige Forschungsarbeiten werden die Zielkriterien „Zufriedenheit", „Lemerfolg" (mit den Skalen „Wissenserwerb" und „Interessenforderung") und „Transfererfolg" (mit den Skalen „antizipierter Lemtransfer", „faktischer Lemtransfer" und „Verbreitungsleistung") beriicksichtigen mussen. Von den untersuchten Einflussfaktoren tragen die Einflussfaktoren der Umwelt bedeutend starker zur Varianzaufklarung des Weiterbildungserfolgs bei als die untersuchten Einflussfaktoren der Person. Die Faktoren der Lemumgebung sind von besonderer Relevanz fiir die Zufriedenheit und den Lemerfolg in den Lehrveranstaltungen, wahrend die Faktoren der Ar-

VI

beitsumgebung nur fur den Transfererfolg bedeutsam sind. Auch die Faktoren der Weiterbildungsorganisation spielen nach den vorliegenden Ergebnissen eine nicht zu unterschatzende RoUe fur den Weiterbildungserfolg. Bei den Einflussfaktoren der Person ist insbesondere die Bedeutung kognitiver und motivationaler Merkmale fur den Weiterbildungserfolg hervorzuheben. In der Gesamtbetrachtung beriicksichtigt Herr Bihler in seiner Untersuchung alle fiir die Bearbeitung seiner Fragestellungen relevanten objekttheoretischen Uberlegungen, und zwar nicht additiv, sondem in einer iiberzeugenden integrativen Weise. Der Verfasser nimmt vorhandene Theorien bzw. Konzepte fiir seine Problembearbeitung nicht einfach auf, vielmehr begrundet er deren Auswahl theoretisch, entwickelt sie geschickt weiter, stellt sie argumentativ in einen zum groBen Teil selbst entwickelten theoretischen Kontext und fiihrt anschliefiend mit gro13em Erfolg eine empirische Untersuchung durch. Prof. Dr. Diethelm Jungkunz

VII

Vorwort Diese Arbeit ist das Ergebnis eines bedeutsamen Entwicklungsprozesses, der von vielen Personen begleitet wurde. Ihnen alien gebuhrt mein besonderer Dank. An erster Stelle danke ich meinem Doktorvater Professor Dr. Diethelm Jungkunz, der mich wahrend der gesamten Promotion stets forderte und motivierte. Fiir die spontane Ubemahme des Zweitgutachtens bedanke ich mich bei Professor Dr. Walter Habenicht. Ebenso gilt mein Dank Professor Dr. Helmut Kuhnle fur die Bereitschaft, den Vorsitz in der mundlichen Prufung zu ubemehmen. Daruber hinaus bin ich alien Beteiligten der empirischen Untersuchung ftir ihre vielfaltige Unterstiitzung dankbar. Vor allem bedanke ich mich bei Dr. Thomas Riegler, dem Leiter der Finance Academy der DaimlerChrysler AG in Stuttgart, der mir den notigen Freiraum far die Erstellung der Arbeit gewahrte. Ebenso richtet sich mein Dank an alle involvierten Weiterbildungsteilnehmer und Referenten sowie an den Betriebsrat. Meinen Doktoranden- und ArbeitskoUegen danke ich ftir die sehr gute Zusammenarbeit und die gemeinsame Zeit bei der DaimlerChrysler AG. Mein personlicher Dank geht auch an die Teilnehmer des Doktorandenkolloquiums am Institut ftir Berufs- und Wirtschaftspadagogik der Universitat Hohenheim. Mit ihren hilfreichen Diskussionen und Anregungen haben sie wesentlich den Fortschritt dieser Arbeit beeinflusst. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Freundin Heike Schwadorf Ihre Unterstiitzung ist von unschatzbarem Wert, denn ohne sie ware diese Arbeit so nicht entstanden. Besonders dankbar bin ich auch meinen Eltem und Geschwistem. Mit ihrem Riickhalt und ihrer groBartigen Unterstiitzung in alien Phasen meines Lebens haben sie entscheidend meine berufliche Entwicklung gepragt und mehr zu dieser Arbeit beigetragen als sie selbst vermuten. Ihnen und Heike widme ich diese Arbeit. Wolfgang Bihler

IX

Inhaltsiibersicht

1

Einleitung

1

2

Betriebliche Weiterbildung als Bezugsrahmen der Untersuchung

7

3

Weiterbildungserfolg als ZielgroBe intemer betrieblicher Lehrveranstaltungen

65

4

Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfolg

121

5

Kennzeichnung der empirischen Untersuchung

177

6

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

199

7

Schlussbetrachtung

271

XI

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

XIX

Tabellenverzeichnis

XXI

Abkiirzungsverzeichnis Symbolverzeichnis

XXV XXVII

1

Einleitung

1

1.1

Problemstellung und Zielsetzung

1

1.2

Aufbau

4

2

Betriebliche Weiterbildung als Bezugsrahmen der Untersuchung

7

2.1

Grundlagen betrieblicher Weiterbildung

7

2.1.1

Weiterbildung als Bestandteil des Bildungssystems

7

2.1.2

Begriffsklarung betrieblicher Weiterbildung

8

2.1.3

Formen betrieblicher Weiterbildung

13

2.2

Bedeutung betrieblicher Weiterbildung

16

2.2.1

Veranderte Umwelt betrieblicher Weiterbildung

16

2.2.2

Quantitative Analyse betrieblicher Weiterbildung

21

2.2.3

Bestimmungsfaktoren intemer betrieblicher Weiterbildung

28

2.3

Interne betriebliche Weiterbildung im Kontext ihrer Umwelt

31

2.3.1

Kennzeichnung der Theorie BRONFENBRENNERs

31

2.3.2

Analyse der Umweltbeziehungen intemer betrieblicher Weiterbildung

34

Menschliche Entwicklung vor dem Hintergrund von Lem- und Arbeitsprozessen

42

2.3.3

XIII

2.4

Ziele interner betrieblicher Weiterbildung

47

2.4.1

Ziele interner betrieblicher Weiterbildung zwischen Qualifikation undBildung

47

Berufliche Handlungskompetenz als normative Zielkategorie interner betrieblicher Weiterbildung

51

2.4.2 2.4.3

Evaluation interner betrieblicher Lehrveranstaltungen zur Forderung der Zielerreichung 59

3

Weiterbildungserfolg als ZielgroBe interner betrieblicher Lehrveranstaltungen

65

3.1

Begriffsklarung des Weiterbildungserfolgs

65

3.2

Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

66

3.2.1

Vorbemerkungen zu den Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

66

3.2.2

Zufriedenheit

70

3.2.3

Lemerfblg

73

3.2.4

Transfererfolg

80

3.2.5

Beziehung der Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

87

3.3

Bedeutung der Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

92

3.3.1

Relevanz in der betrieblichen Weiterbildung

92

3.3.2

Stellenwert in der betrieblichen Evaluationspraxis

98

3.4

Lerntransfer als ausgewahlter Aspekt interner betrieblicher Lehrveranstaltungen

101

Transferproblematik beim Ubergang von der Lem- zur Arbeitssituation

101

Transferforderliche Gestaltung interner betrieblicher Lehrveranstaltungen

105

Selbstwahrnehmung und -beurteilung des Weiterbildungserfolgs

112

Fazit zum Weiterbildungserfolg

118

3.4.1 3.4.2

3.5

3.6

XIV

4

Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfolg

121

4.1

Vorbemerkungen zu den Einflussfaktoren

121

4.2

Einflussfaktoren der Person

121

4.2.1

Voriiberlegungen zur Auswahl der Faktoren

121

4.2.2

Kognitive Faktoren: Intelligenz, Selbstkonzept, Vorwissen und Berufsabschluss

122

4.2.3

Funf-Faktoren-Modell der Personlichkeit

128

4.2.4

Motivationale Faktoren: Lemmotivation, Interesse und Einstellung

131

Statusbestimmende Faktoren: Lebensalter, Geschlecht, beruflicher Status und Berufserfahrung

138

4.3

Einflussfaktoren der Lernumgebung

142

4.3.1

Voriiberlegungen zur Auswahl der Faktoren

142

4.3.2

Fachkompetenz des Referenten

144

4.3.3

Didaktische Kompetenzen des Referenten

144

4.3.4

Sozialklima

149

4.4

Einflussfaktoren der Arbeitsumgebung

153

4.4.1

Voriiberlegungen zur Auswahl der Faktoren

153

4.4.2

Anwendungsunterstutzung

156

4.2.5

4.4.3

Lem-und entwicklungsforderliche Arbeitstatigkeit

159

4.4.4

Arbeitsklima

161

4.5

Einflussfaktoren der Weiterbildungsorganisation

163

4.5.1

Voriiberlegungen zur Auswahl der Faktoren

163

4.5.2

Programmspezifische Faktoren: Zielgruppenorientierung, MaBnahmenstatus, Veranstaltungsdauer und Rahmenprogramm

165

4.5.3

Institutionelle Faktoren: Weiterbildungsimage und Lemkultur

168

4.6

Zusammenfassung: Theoretisches Modell von Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfolg

173

XV

5

Kennzeichnung der empirischen Untersuchung

177

5.1

Betrieblich-organisatorischer Rahmen

177

5.1.1

DaimlerChryslerAG

177

5.1.2

Finance Academy DaimlerChrysler

178

5.2

Hinweise zur Datenerhebung

179

5.3

Beschreibung der Erhebungsinstrumente

181

5.4

Beschreibung der Datenauswertung

188

5.5

Stichprobenbeschreibung

193

6

Ergebnisse der empirischen Untersuchung

199

6.1

Ergebnisse zum Weiterbildungserfolg

199

6.1.1

Ergebnisse zu den Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

199

6.1.1.1 Faktorenanalytische Ergebnisse

199

6.1.1.2 Mittelwerte, Standardabweichungen und Reliabilitatskoeffizienten

200

6.1.1.3 Ergebnisse der Korrelationsrechnung

205

6.1.1.4 Regressionsanalytische Ergebnisse zum antizipierten Lemtransfer ... 207 6.1.1.5 Regressionsanalytische Ergebnisse zum faktischen Transfererfolg ... 209 6.1.2

Ergebnisse zum globalen Weiterbildungserfolg

210

6.1.2.1 Mittelwerte, Standardabweichungen und Reliabilitatskoeffizienten

210

6.1.2.2 Ergebnisse der Korrelationsrechnung

212

6.1.2.3 Regressionsanalytische Ergebnisse zum globalen Weiterbildungserfolg

214

6.2

Ergebnisse zu den Einflussfalctoren

218

6.2.1

Einflussfaktoren der Person

218

6.2.2

Einflussfaktoren der Lemumgebung

223

6.2.3

Einflussfaktoren der Arbeitsumgebung

225

6.2.4

Einflussfaktoren der Weiterbildungsorganisation

227

6.2.5

Ergebnisse der Korrelationsrechnung zu ausgewahlten Einflussfaktoren

229

XVI

6.3

Ergebnisse zu den Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfblg

232

6.3.1

Gruppenspezifische Mittelwertvergleiche

232

6.3.2

Ergebnisse der Korrelationsrechnung

235

6.3.3

Regressionsanalytische Ergebnisse

245

6.4

Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse

257

7

Schlussbetrachtung

271

Literaturverzeichnis

277

Anhangverzeichnis

323

XVII

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1:

Kategorisierung der Weiterbildung nach ihren Inhalten

10

Abb. 2:

Kategorisierung beruflicher Weiterbildung nach ihrer Finanzierung

11

Formen betrieblicher Weiterbildung im engeren und weiteren Sinne

14

Betroffenheit einzelner Beschaftigtengruppen von steigenden Qualifikationsanforderungen

19

Reaktionen der Untemehmen bei gestiegenen Qualifikationsanforderungen

20

Weiterbildungsteilnehmer und ihre Umwelt aus okologischer Perspektive

36

Betriebliche Weiterbildungsziele zwischen Qualifikation und Bildung

50

Phasenmodell des Weiterbildungsprozesses und zugehorige Evaluationsfelder

60

Kriterienklassifikation zur Prazisierung von Weiterbildungserfolg nach KIRKPATRICK

68

Abb. 3:

Abb. 4:

Abb. 5:

Abb. 6:

Abb. 7:

Abb. 8:

Abb. 9:

Abb. 10: Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs von Teilnehmem betrieblicher Lehrveranstaltungen

70

Abb. 11: Lemziele beruflicher Handlungskompetenz in betrieblichen Lehrveranstaltungen

76

Abb. 12: Kategorienschema fur die Rekonstruktion von Lemergebnissen

81

Abb. 13: Transfereffekte vom Lemfeld in das Funktionsfeld

82

Abb. 14: Komponenten des Transfererfolgs Abb. 15: Beziehungen zwischen den Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

86 90 XIX

Abb. 16: Bedeutung des Lemerfolgs fiir die Forderung beruflicher Handlungskompetenz

94

Abb. 17: Theoretisches Modell zum Weiterbildungserfolg

118

Abb. 18: Didaktische Kompetenzen des Referenten

145

Abb. 19: Zuordnung der Einflussfaktoren der Arbeitsumgebung zur Systematisierung von PIEZZI Abb. 20: Einflussfaktoren der Weiterbildungsorganisation

156 164

Abb. 21: Theoretisches Modell von Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfolg Abb. 22: Mittelwerte der Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs Abb. 23: Korrelationskoeffizienten (r) zwischen den Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs (p< 0,1 %) Abb. 24: Regressionsanalytische Ergebnisse zum „Globalen Weiterbildungserfolg 1" (aufgeklarte Varianzanteile in %; p < 0,1 %) Abb. 25: Anzahl der Weiterbildungsteilnehmer nach der Hohe ihres Vorwissens Abb. 26: Regressionsanalytische Ergebnisse zum „Globalen Weiterbildungserfolg 2" (aufgeklarte Varianzanteile in %; p < 1 %)

XX

174 204

205 215 219

263

Tabellenverzeichnis

Tab. 1:

Angebot betrieblicher Weiterbildung

Tab. 2:

Angebot betrieblicher Weiterbildung nach der zeitlichen Struktur

22

von Lehrveranstaltungen

23

Tab. 3:

Weiterbildungsbeteiligung nach Teilnehmerfallen

25

Tab. 4:

Zeitlicher Weiterbildungsumfang nach Teilnahmestunden

25

Tab. 5:

Zeitlicher Weiterbildungsumfang einzelner Weiterbildungsformen an der gesamten betrieblichen Weiterbildung

26

Tab. 6:

Ubersicht zur Datenerhebung

180

Tab. 7:

Struktur des Fragebogens (Teil A)

182

Tab. 8:

Struktur des Fragebogens (Teil B)

182

Tab. 9:

Anzahl der befragten Weiterbildungsteilnehmer nach der organisatorischen Zugehorigkeit Tab. 10: Anzahl der befragten Weiterbildungsteilnehmer nach Altersklassen Tab. 11: Anzahl der befragten Weiterbildungsteilnehmer nach Geschlecht und Berufsabschluss

195

Tab. 12: Anzahl der befragten Weiterbildungsteilnehmer nach beruflichem Status

196

194 195

Tab. 13: Anzahl der befragten Weiterbildungsteilnehmer nach beruflichem Status und Berufsabschluss

197

Tab. 14: Beschreibung der Skala „Zufriedenheit"

200

Tab. 15: Beschreibung der Skala „Wissenserwerb"

201

Tab. 16: Beschreibung der Skala „Interessenforderung"

201

Tab. 17: Beschreibung der Skala „Antizipierter Lemtransfer"

202 XXI

Tab. 18: Beschreibung der Skala „Faktischer Lemtransfer"

203

Tab. 19: Beschreibung der Skala „Verbreitungsleistung"

203

Tab. 20: Regressionsanalytische Ergebnisse zum „Antizipierten Lemtransfer" (p < 1 %)

208

Tab. 21: Regressionsanalytische Ergebnisse zum „Faktischen Lemtransfer" und zur „Verbreitungsleistung" (p < 1 %)

209

Tab. 22: Beschreibung der Skala „Globaler Weiterbildungserfolg 1"

211

Tab. 23: Beschreibung der Skala „Globaler Weiterbildungserfolg 2"

211

Tab. 24: Korrelationskoeffizienten (r) zwischen den Zielkriterien und dem „Globalen Weiterbildungserfolg 1" bzw. „Globalen Weiterbildungserfolg 2" (p < 1 %)

213

Tab. 25: Regressionsanalytische Ergebnisse zum „Globalen Weiterbildungserfolg 2" (p < 0,1 %)

217

Tab. 26: Ergebnisse zu den Personlichkeitseigenschaften

220

Tab. 27: Ergebnisse zu den motivationalen Einflussfaktoren

221

Tab. 28: Anzahl der Weiterbildungsteilnehmer nach ihrer Bemfserfahmng

222

Tab. 29: Ergebnisse zu den Kompetenzen des Referenten

223

Tab. 30: Ergebnisse zum Sozialklima

225

Tab. 31: Ergebnisse zu den Einflussfaktoren der Arbeitsumgebung

226

Tab. 32: Ergebnisse zur Veranstaltungsdauer

228

Tab. 33: Ergebnisse zu den institutionellen Einflussfaktoren der Weiterbildungsorganisation Tab. 34: Korrelationskoeffizienten (r) zwischen Faktoren der Weiterbildungsorganisation und motivationalen Faktoren (p < 1 %)

228

XXII

231

Tab. 35: Gruppenspezifische Mittelwertvergleiche zwischen Pflicht- und Wahlveranstaltungen (p < 5 %)

232

Tab. 36: Gruppenspezifische Mittelwertvergleiche der Lehrveranstaltungen mit und ohne Rahmenprogramm (p < 0,1 %)

234

Tab. 37: Korrelationskoeffizienten (r) zwischen den Personlichkeitseigenschaften und dem Weiterbildungserfolg (p < 5 %)

236

Tab. 38: Korrelationskoeffizienten (r) zwischen den motivationalen Faktoren und dem Weiterbildungserfolg (p < 5 %)

237

Tab. 39: Korrelationskoeffizienten (r) zwischen den Faktoren der Lemumgebung und dem Weiterbildungserfolg (p < 5 %)

239

Tab. 40: Korrelationskoeffizienten (r) zwischen den Faktoren der Arbeitsumgebung und dem Weiterbildungserfolg (p < 5 %)

242

Tab. 41: Korrelationskoeffizienten (r) zwischen den Faktoren der Weiterbildungsorganisation und dem Weiterbildungserfolg (p < 5 %)

243

Tab. 42: Regressionsanalytische Ergebnisse zu den Zielkriterien „Zufriedenheit", „Wissenserwerb" und „Interessenfc)rderung" (p < 5 %)

246

Tab. 43: Regressionsanalytische Ergebnisse zu den Zielkriterien „Antizipierter Lemtransfer", „Faktischer Lemtransfer" und „Verbreitungsleistung" (p < 5 %)

247

Tab. 44: Skalen des Weiterbildungserfolgs

258

Tab. 45: Regressionsanalytische Ergebnisse zum Transfererfolg (p< 1 %)

261

Tab. 46: Bedeutung der Einflussfaktoren der Person far die Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

264

Tab. 47: Bedeutung der Einflussfaktoren der Umwelt far die Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

266

XXIII

Abkiirzungsverzeichnis

ANOVA

Analysis of Variance (einfaktorielle Varianzanalyse)

ASTD

American Society of Training and Development

BA

Bundesagentur fur Arbeit

BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz

BBiG

Berufsbildungsgesetz

BIBB

Bundesinstitut far Berufsbildung

BMBF

Bundesministerium fiir Bildung und Forschung

BMWA

Bundesministerium fur Wirtschaft und Arbeit

CO

Controlling

CVTS

Continuing Vocational Training Survey

DC

DaimlerChrysler

DS

Development, Finance and Controlling Sales Organization

FK

Fuhrungskraft

GdW

Grundlagen der Weiterbildung

GdWZ

Grundlagen der Weiterbildung - Zeitschrift

GdW-Ph

Grundlagen der Weiterbildung - Praxishilfen

lAB

Institut fur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

IM

Investitionsmanagement

IW

Institut der deutschen Wirtschaft

KMK

Kultusministerkonferenz

LV

Lehrveranstaltung

NACOS

New Accounting and Controlling System

NEO-FFI

NEO-Funf-Faktoren-Inventar

PS

Projektsystem

PSB

Priifsystem fur Schul- und Bildungsberatung

SB

Sachbearbeiter

SGB

Sozialgesetzbuch

SPSS

Statistical Package for the Social Sciences

US-GAAP

United States Generally Accepted Accounting Principles

XXV

Symbolverzeichnis

a

Reliabilitatskoeffizient

aij

Ladung der Variablen i auf den Faktor j

C

Kontingenzkoeffizient

Ax

Mittelwertdifferenz

hi^

Kommunalitat einer Variablen i

Max.

Maximum

Min.

Minimum

N

Anzahl der befragten Weiterbildungsteilnehmer

N*

Anzahl der gultigen Falle (Probanden)

n.s.

nicht signifikant

P r

Korrelationskoeffizient

R2

BestimmtheitsmaB

s

Standardabweichung

z

Summe

X

arithmetisches Mittel

t

Chi-Quadrat

®

Symbol fiir umgepoltes Item

Irrtumswahrscheinlichkeit

XXVII

1

Einleitung

1.1

Problemstellung und Zielsetzung

Grundlegende wirtschaftliche, technologische und gesellschaftliche Anderungen kennzeichnen gegenwartig die Untemehmens(um)welt. Deren zunehmende Dynamik, Komplexitat und Unsicherheit erfordem tief greifende Veranderungen in den Untemehmen zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfahigkeit. Ob es den Unternehmen gelingt, diesen veranderten Anforderungen gerecht zu werden, hangt entscheidend von der Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter^ ab. Notwendig ist die Forderung einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz, die sowohl tuchtigkeits- als auch mundigkeitsbezogene Kompetenzen beinhaltet. Nach SCHWADORF (2003, S. 70) bezeichnet berufliche Handlungskompetenz die „Fahigkeit und Bereitschafl, in beruflichen Situationen sachgerecht, gruppenund beziehungsorientiert sowie verantwortlich reflektiert zu handeln". Sie befahigt Fach- und Fiihrungskrafte, auch in rasch wechselnden und von zunehmender Unsicherheit gepragten Arbeitssituationen flexibel zu reagieren und das eigene berufliche Handeln kritisch zu reflektieren. Insbesondere die betriebliche Weiterbildung soil zur Forderung beruflicher Handlungskompetenz der Mitarbeiter beitragen. Reaktive WeiterbildungsmaBnahmen zur Behebung von Wissensdefiziten reichen hierzu nicht aus. Gefragt sind antizipativ ausgerichtete Konzepte, die sich den Herausforderungen des kontinuierlichen Lemens und Wandels in Untemehmen annehmen. Da sich die Anforderungen an die Mitarbeiter in Abhangigkeit der Untemehmen und Tatigkeitsbereiche stark unterscheiden, ist universelle Weiterbildung nicht hinreichend. Vielmehr sind WeiterbildungsmaBnahmen notwendig, die auf die spezifischen Weiterbildungsbediirfnisse der Fach- und Fiihmngskrafte unterschiedlicher betrieblicher Funktionsbereiche abgestimmt sind. Hier bietet vor allem die interne betriebliche Weiterbildung mit ihren Lehrveranstaltungen vielversprechende Ansatzpunkte, da sie die untemehmensspezifische Situation gut kennt und in Lehrveranstaltungen padagogisch stmkturierte Unterrichtsprozesse ablaufen, die geeignet sind, in kurzer Zeit komplexe Inhalte und Zusammenhange gezielt zu fbrdem.

'

Zur einfacheren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit nur die mannliche Form verwendet.

Untemehmen werden jedoch nur dann in betriebsinteme Lehrveranstaltungen investieren, wenn die Qualitat dieser MaBnahmen positiv ausfallt. Damit riickt die Frage nach der Sicherung und Steigerung der Effektivitat von Weiterbildung ins Zentrum wissenschaftlicher und praktischer Diskussionen. Hierzu ist es notwendig, den Weiterbildungserfolg und seine Einflussfaktoren zu evaluieren. Haufig ist jedoch unklar, was genau unter dem Weiterbildungserfolg verstanden wird und welche Zielkriterien zu seiner Prazisierung heranzuziehen sind. Empirische und praktische Untersuchungen weisen dariiber hinaus oft keine oder nur eine unzureichende theoretische Fundierung der Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs auf Sehr oft wird der Weiterbildungserfolg allein am Kriterium der Zufriedenheit gemessen. Dies greift zu kurz (vgl. z.B. WITTMANN 1997, S. 65; PIEZZI 2002, S. 217; RUONA, LEIMBACH, HOLTON & BATES 2002, S. 219). Neben der Zufriedenheit spielen auch die Lemergebnisse und der Transfer des Gelemten eine wichtige Rolle fur den Weiterbildungserfolg, da diese fiir gewunschte Handlungen am Arbeitsplatz notwendig sind. Deshalb wird in dieser Arbeit ein umfassendes Konstrukt des Weiterbildungserfolgs zugrunde gelegt, das neben der Zufriedenheit auch den Lem- und Transfererfolg beriicksichtigt. Als Einflussfaktoren des Weiterbildungserfolgs sind sowohl Faktoren der Person als auch der Umwelt zu berucksichtigen. Bislang konzentrieren sich Forschungen in diesem Bereich nur auf einzelne isolierte Faktoren (vgl. hierzu auch AWONIYI, GRIEGO & MORGAN 2002, S. 26; PIEZZI 2002, S. 226 f; HARING 2003, S. 282 f). Es fehlen empirische Untersuchungen, die Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfolg umfassend und systematisch analysieren. Deshalb wird mit der vorliegenden Arbeit ein ganzheitlicher Untersuchungsansatz verfolgt, der Einflussfaktoren der Person und Umwelt einbezieht. Der Komplexitat der Situation entsprechend werden Faktoren der Person, der Lemumgebung, der Arbeitsumgebung und erstmals der Weiterbildungsorganisation integriert. Da die Selbstwahmehmung und -beurteilung der Weiterbildungsteilnehmer hinsichtlich ihres Weiterbildungserfolgs bedeutend differenzierter erfolgt als die Fremdwahmehmung durch Vorgesetzte oder Referenten (vgl. auch JUNGKUNZ 1995, S. 114 ff; SIEGER-HANUS 2001, S. 286 f; MOSER 2004, S. 86 f), bietet die subjektbezogene Erforschung des Weiterbildungserfolgs vielversprechende Ansatzpunkte. Aufgrund ihrer handlungssteuemden Funktion ist die Fahigkeit

und Bereitschaft zur realistischen Selbsteinschatzung gerade bei der Weiterbildung von Erwachsenen sehr bedeutsam. So korreliert die Selbsteinschatzung erworbener Kompetenzen mit beruflichem Erfolg (vgl. STIEF 2001, S. 105 ff.) und beeinflusst das berufliche Leistungsverhalten (vgl. SONNTAG & SCHAFERRAUSER 1993, S. 163 ff.). Dariiber hinaus ist sie fur die selbstgesteuerte Gestaltung der eigenen Lem- und Entwicklungsprozesse in Untemehmen sehr wichtig (vgl. SCHWADORF 2003, S. 44). Aus berufs- und wirtschaftspadagogischer Sicht verspricht deshalb der sozialokologische Ansatz BRONFENBRENNERs (1981) als Forschungsrahmen der Untersuchung wertvoUe Erkenntnisse, da er das Subjekt und dessen Wahmehmungen, Definitionen, Einstellungen etc. ins Zentrum stellt, ohne die Wechselbeziehungen zwischen Subjekt und Umwelt zu vemachlassigen. Diese subjektbezogene Forschungsperspektive kommt zunehmend im Bereich der beruflichen Erstausbildung zur Anwendung (vgl. z.B. JUNGKUNZ 1993; 1995; SIEGERHANUS 2001; SCHWADORF 2003; TRAUTWEIN 2004). Hingegen besteht in der betrieblichen Weiterbildung ein Defizit an empirisch fundierten Erkenntnissen zum Weiterbildungserfolg und seinen Einflussfaktoren aus subjektbezogener Forschungsperspektive. Hier setzt die vorliegende Arbeit an. Ziel ist es, den Weiterbildungserfolg und seine Einflussfaktoren aus subjektiver Sicht der betrieblichen Weiterbildungsteilnehmer zu klaren. Im Vordergrund steht dabei die Beantwortung folgender zentraler forschungsleitender Fragestellungen: 1) Wie nehmen die Weiterbildungsteilnehmer ihren Weiterbildungserfolg wahr? 2) Welche Bedeutung haben die Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs aus Sicht der Weiterbildungsteilnehmer? 3) Welche Einflussfaktoren der Person und Umwelt wirken auf die Selbstwahrnehmung und -beurteilung des Weiterbildungserfolgs? Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf ausgewahlte interne betriebliche Lehrveranstaltungen aus dem Bereich Finanzen und Controlling. Diese betreffen Grundlagen- und Vertiefungsveranstaltungen, die sich an Each- und Fuhrungskrafte unterschiedlicher betrieblicher Hierarchieebenen richten. 3

1.2

Aufbau

Die vorliegende Arbeit besteht aus sieben Kapiteln. Nach der Einleitung wird im zweiten Kapitel die betriebliche Weiterbildung als Bezugsrahmen der Untersuchung vorgestellt. Neben den Grundlagen und der Bedeutung betrieblicher Weiterbildung wird die interne betriebliche Weiterbildung aus der sozialokologischen Perspektive BRONFENBRENNERs (1981) naher analysiert. AnschlieBend werden die Ziele intemer betrieblicher Weiterbildung ausfiihrlich erortert. Das dritte Kapitel befasst sich mit der theoretischen Klarung des Weiterbildungserfolgs als Zielgrofie intemer betrieblicher Lehrveranstaltungen aus berufs- und wirtschaftspadagogischer Sicht. Dabei werden die Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs theoretisch prazisiert und ihre Bedeutung ausfuhrlich analysiert. Ein Fazit mit einem theoretischen Modell zum Weiterbildungserfolg rundet dieses Kapitel ab. Im vierten Kapitel werden die Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfolg von Teilnehmem betrieblicher Lehrveranstaltungen theoretisch geklart. Entsprechend der sozialokologischen Perspektive wird zwischen Einflussfaktoren der Person und Umwelt unterschieden, wobei die Umweltfaktoren in die Einflussfaktoren der Lemumgebung, der Arbeitsumgebung und der Weiterbildungsorganisation weiter differenziert werden. Das vierte Kapitel schlieBt den theoretischen Teil der Arbeit mit einem Modell zu den Einflussfaktoren auf den Weiterbildungserfolg ab. Das fiinfte Kapitel widmet sich der Kennzeichnung der empirischen Untersuchung. Beginnend mit einer kurzen Darstellung des betrieblich-organisatorischen Rahmens der Untersuchung, folgen ausfiihrliche Hinweise zur Datenerhebung sowie detaillierte Ausfuhrungen zu den Erhebungsinstrumenten, zur Datenauswertung und zur Stichprobe. Im Mittelpunkt des sechsten Kapitels stehen die Darstellung und Interpretation der empirischen Untersuchungsergebnisse. Zunachst erfolgt die Analyse der Ergebnisse zum Weiterbildungserfolg. Diese erstreckt sich auf die einzelnen Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs und den globalen Weiterbildungserfolg. Es folgen die Ergebnisse zu den Einflussfaktoren der Person und der zentralen Umwelten des Weiterbildungsteilnehmers sowie die Analyse ihres Einflusses auf den

Weiterbildungserfolg. AbschlieBend werden die zentralen Ergebnisse der Untersuchung anhand von fiinf forschungsleitenden Unterfragen zusammengefasst. In der Schlussbetrachtung im siebten Kapitel erfolgt die komprimierte Beantwortung der eingangs formulierten drei zentralen forschungsleitenden Fragestellungen.

2

Betriebliche Weiterbildung als Bezugsrahmen der Untersuchung

2.1

Grundlagen betrieblicher Weiterbildung

2.1.1

Weiterbildung als Bestandteil des Bildungssystems

Weiterbildung hat sich neben dem Schul-, Hochschul- und dem dualen Berufsausbildungssystem als vierte Saule des deutschen Bildungssystems etabliert (vgl. VON BARDELEBEN, BEICHT & KREKEL 2001, S. 27 f.; NUISSL 2002, S. 333; KMK 2003, S. 60; KUWAN u.a. 2003, S. 1). Trotz der leicht rucklaufigen Entwicklung der Weiterbildungsteilnahme in den letzten Jahren expandierte der Weiterbildungsbereich in der langerfristigen Betrachtung erheblich. Von 1979 bis 2003 erhohte sich die Teilnahmequote^ an Weiterbildung von 23 % auf 41 % (vgl. KUWAN & THEBIS 2005, S. 12). Gemessen an den absoluten Teilnehmerzahlen mit ca. 20,4 Millionen im Jahr 2003 zahlt die Weiterbildung inzwischen zum groBten Sektor im deutschen Bildungssystem (vgl. KMK 2003, S. 60). Dies unterstreicht in Relation zu den tibrigen Sektoren des Bildungssystems die wachsende Bedeutung der Weiterbildung ftir die berufliche und personliche Entwicklung (vgl. FAULSTICH 2003, S. 625 f.).^ Im Gegensatz zur Berufsausbildung, welche auf der Grundlage des Berufsbildungsgesetzes eine relativ homogene Organisations-, Ziel- und Inhaltsstruktur aufweist, zeichnet sich der Weiterbildungsbereich durch eine enorme Vielfalt in Bezug auf Ziele, Inhalte, Formen, Trager und Finanzierung aus (vgl. MUNCH 1995a, S. 402; WALDEN 1999, S. 80; vgl. hierzu vertiefend DIEMER & PETERS 1998). Die daraus resultierende mangelnde Transparenz pragt das gegenwartige Bild der Weiterbildung und erschwert es dem Nachfrager, den Weiterbildungsbereich systematisch zu erfassen und zu durchschauen (vgl. VON BARDELEBEN, BEICHT & KREKEL 2001, S. 27; FAULSTICH 2003, S. 635). Im Vergleich zu anderen Sektoren des Bildungssystems unterliegt bislang nur ein

Die Teilnahmequote bezeichnet den Anteil der Bevolkerung im Alter zwischen 19 und 64 Jahren, der sich im Untersuchungsjahr an allgemeiner oder beruflicher Weiterbildung in Form von Kursen, Lehrgangen oder Seminaren beteiligt hat (vgl. KUWAN & THEBIS 2005, S. 12). Vor dem Hintergrund der gestiegenen Bedeutung der Weiterbildung innerhalb des Bildungssystems wird derzeit eine Diskussion um die Neustrukturierung und Verteilung von Lemzeiten zwischen Aus- und Weiterbildung gefiihrt (vgl. ausfuhrlich BAETHGE & SCHIERSMANN 1998, S. 58; SAUTER 2001, S. 27 ff.; GRUNEWALD, MORAAL & SCHONFELD 2003, S. 123 ff.).

geringer Teil der Weiterbildung rechtlichen Regelungen (vgl. WALDEN 1999, S. 80), welche zudem stark zersplittert sind (vgl. FAULSTICH 2003, S. 628). Dies ist durch die Entscheidung des Staates bedingt, auf dem Gebiet der Weiterbildung nur subsidiar tatig zu sein. So erfolgen staatliche Eingriffe immer nur dann, weirn die fur notwendig erachteten Anforderungen an den Weiterbildungsmarkt die privaten Initiativen und Anstrengungen iibersteigen (vgl. DIEMER 1998, S. 34). Beispielsweise erhalten Personen, die arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind, finanzielle staatliche Unterstiitzung fur berufliche Weiterbildung nach den Vorschriflen des Sozialgesetzbuchs (SGB) III. Deshalb existieren nach wie vor Forderungen nach einer allgemein gultigen, einheitlichen Rahmenregelung fur den gesamten Weiterbildungsbereich (vgl. LIPSMEIER 1991, S. 62; OCHS 1998, S. 104 f.; ARNOLD 1999a, S. 140). Diese konnte beispielsweise Mindeststandards in Bezug auf Transparenz, Qualitatssicherung, Chancengleichheit und Vergleichbarkeit der Abschliisse festschreiben (vgl. KUHNLEIN2001,S. 6).

2.1.2

Begriffsklarung betrieblicher Weiterbildung

Zur Klarung des Begriffs „betriebliche Weiterbildung" ist eine Analyse der beiden Bestandteile „Betrieb" und „Weiterbildung" erforderlich. Nach uberwiegender Auffassung der Betriebswirtschaftslehre stellen Betriebe planvoll organisierte Wirtschaftseinheiten dar, in denen Sachgiiter und Dienstleistungen erstellt und abgesetzt werden (vgl. WOHE 2000, S. 2 ff.). Dazu gehoren sowohl private als auch offentliche Betriebe, beispielsweise Industrie-, Handels-, Bank-, Verkehrs-, Versicherungsbetriebe und sonstige Dienstleistungsbetriebe, wie Hotels, Steuerund Wirtschaftsberatungen. Wahrend private Betriebe privatwirtschaftliche Zielvorstellungen, wie Gewinnsteigerung, Umsatzsteigerung oder Mindestrentabilitat, verfolgen, orientieren sich offentliche Betriebe in der Regel an gemeinwirtschaftlichen Zielvorstellungen, wie Kostendeckung oder Verlustminimierung (vgl. SCHWEITZER 2004, S. 34).^* Davon abzugrenzen sind private und offentliche Haushalte, die far den Eigenbedarf Giiter und Dienstleistungen erstellen (vgl. SCHWEITZER 2004, S. 31). Da bei den Haushalten die individuelle NutDie Begriffe Betrieb und Untemehmen werden in der Literatur teilweise unterschiedlich abgegrenzt (vgl. zusammenfassend WOHE 2000, S. 12). In der vorliegenden Arbeit werden diese Begriffe synonym verwendet.

zenmaximierung im Vordergrund steht, unterscheiden sie sich von den Betrieben und sind daher nicht Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre (vgl. WOHE 2000, S. 3 f). Die Starke Heterogenitat des Weiterbildungsbereichs erschwert den Versuch, den Begriff der Weiterbildung exakt abzugrenzen und zu definieren (vgl. BEHRINGER 1999, S. 23). Dies wird zusatzlich dadurch verstarkt, dass im angloamerikanischen Sprachraum der Begriff des Trainings far Weiterbildung verwendet wird. Im deutschen Sprachraum steht Training teilweise auch far das psychomotorische Einiiben festgelegter Verhaltensmuster (vgl. NORK 1991, S. 4). Da in der vorliegenden Arbeit vorrangig intemationale Studien zum Weiterbildungserfolg einbezogen werden, liegt dieser auch die intemationale Bedeutung des Begriffs Training im Sinne von Weiterbildung zugrunde. Deshalb werden im Folgenden die beiden Begriffe synonym verwendet (vgl. dazu auch NORK 1991, S. 4; HOLLING & LIEPMANN 2004, S. 349). Relativ weit verbreitet ist die allgemeine Definition des DEUTSCHEN BILDUNGSRATs (1970, S. 197), der Weiterbildung als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lemens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase bestimmt. Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der Beginn moglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in die voile Erwerbstatigkeit gekennzeichnet".^ Bei dieser Definition handelt es sich primar um eine zeitliche Verortung von Weiterbildung innerhalb des Bildungssystems. Inhaltlich wird Weiterbildung zunachst nicht naher besfimmt. Sie lasst sich jedoch, wie in Abb. 1 dargestellt, grob in berufliche und nicht-berufliche Weiterbildung gliedem (vgl. LIPSMEIER 1991, S. 43; BEHRINGER 1999, S. 23; FUSSEL 2001, S. 274; BAETHGE, BUSS & LANFER 2003, S. 87).^

In § 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) wird anstelle von Weiterbildung der Begriff der Fortbildung verwendet. Fort- und Weiterbildung werden vielfach synonym behandelt (vgl. BECKER 2002b, S. 155). Diese Auffassung wird auch in der vorliegenden Arbeit vertreten. Auch der im Berichtssystem Weiterbildung (vgl. KUWAN & THEBIS 2005, S. 8) zugrunde gelegte Weiterbildungsbegriff geht von der Definition des DEUTSCHEN BILDUNGSRATs aus und bezieht sich auf die Dreiteilung in berufliche, allgemeine und politische Weiterbildung. Dabei wird die politische Weiterbildung aufgrund ihrer marginalen Bedeutung der allgemeinen Weiterbildung subsumiert.

Weiterbildung

1

1

1 Nicht-berufliche Weiterbildung

Berufliche Weiterbildung

1

1

Allgemeine Weiterbildung

Abb. 1:

1 Politische Weiterbildung

Kategorisierung der Weiterbildung nach ihren Inhalten (in Aniehnung an LIPSMEIER 1991, S. 43)

Wahrend die berufliche Weiterbildung vor allem durch ihre Funktion flir die Berufswelt definiert ist, liegt die Funktion der nicht-beruflichen Weiterbildung schwerpunktmaBig auf der Bildung des Individuums und der Pflege der politischen Kultur (vgl. DIEMER 1998, S. 26). Obwohl sich diese Einteilung in Wissenschaft und Praxis bewahrt hat, ist eine trennscharfe Abgrenzung der beiden Bereiche nach inhaltlichen Gesichtspunkten nicht moglich (vgl. PETERS 1998, S. 102; BAETHGE, BUSS & LANFER 2003, S. 88). Beispielsweise konnen auch in der allgemeinen Weiterbildung (z.B. Fremdsprachenkurse) berufliche Inhalte vermittelt werden, wahrend umgekehrt berufliche WeiterbildungsmaBnahmen zunehmend auch allgemeinbildende und personlichkeitsforderliche Inhalte aufweisen (vgl. PETERS 1998, S. 102). Deshalb empfiehlt BEHRINGER (vgl. 2003, S. 68) die Abgrenzung zwischen beruflicher und nicht-beruflicher Weiterbildung anhand der subjektiv angenommenen Verwertbarkeit im Beruf, d.h. nach der primar beruflichen oder nicht-beruflichen Orientierung des Subjekts. Auch KELL (vgl. hierzu und im Folgenden 1987, S. 16) bezweifelt, Weiterbildung intersubjektiv-allgemein abgrenzen zu konnen. Nur durch und fur eine Person ist eine Abgrenzung und Definition letztlich moglich. KELL stellt in seinen Uberlegungen die Person, die Weiterbildung nachfragt, und deren Wahrnehmungen, Einschatzungen, Beurteilungen und damit das subjektive Verstandnis von Weiterbildung in den Mittelpunkt. Dabei stiitzt er sich auf den Ansatz von BRONFENBRENNER, menschliche Entwicklung in ihrem okologischen Kontext zu betrachten (s. Kap. 2.3).

10

Grundsatzlich problematisch an der Bezeichnung „berufliche Weiterbildung" ist nach LIPSMEIER (vgl. hierzu und im Folgenden 1991, S. 45) die Verwendung der Begriffe „Beruf' und „Bildung". Der Berufsbegriff verweist traditionell auf Erwerbsarbeit und Anforderungen der Arbeitswelt. Bildung steht dagegen in der deutschen Bildungstradition als elementarer padagogischer Begriff fur Personlichkeitsentwicklung und ist bislang nur wenig auf Beruf und Arbeit bezogen. Dennoch wird nicht von Weiterqualifizierung fur den Beruf gesprochen. Dies ist insofem legitim, da bei beruflicher Weiterbildung iiber funktionale Qualifikationen hinaus zunehmend auch soziale und personale Kompetenzen im Sinne der Personlichkeitsbildung gefordert werden (s. ausfiihrlich Kap. 2.4.1). Zudem hat der Begriff Weiterbildung sowohl in der wissenschaftlichen Diskussion als auch in der bildungspolitischen Praxis weite Verbreitung gefiinden. In der vorliegenden Arbeit wird deshalb am Begriff Weiterbildung festgehalten. Nach dem Kriterium der Finanzierung kann berufliche Weiterbildung wie in Abb. 2 unterteilt werden (vgl. BEHRINGER 1999, S. 25 ff).

Berufliche Weiterbildung

Betriebliche Weiterbildung

Abb. 2:

Individuelle Weiterbildung

Staatlich geforderte Weiterbildung

Kategorisierung beruflicher Weiterbildung nach ihrer Finanzierung

Die individuelle Weiterbildung wird von den Teilnehmem selbst fmanziert, die staatlich geforderte Weiterbildung vom Staat und die betriebliche Weiterbildung von Betrieben. Dabei verbucht die betriebliche im Vergleich zur individuellen und staatlich geforderten Weiterbildung den grofiten Anteil (vgl. WEISS 2000, S.41). PRENZEL, MANDL & REINMANN-ROTHMEIER (1997, S. 21) defmieren betriebliche Weiterbildung als „die von Seiten der Betriebe bzw. Arbeitgeber veranlassten oder fmanzierten MaBnahmen beruflicher Weiterbildung".

11

Dabei prazisieren sie nicht, was unter dem Zusatz „bzw. Arbeitgeber" zu verstehen ist. Zum einen ist denkbar, dass damit auch die privaten und offentlichen Haushalte als Arbeitgeber betriebliche Weiterbildung finanzieren konnen. Zum anderen kann dies ebenso in der Weise interpretiert werden, dass es sich nur dann um betriebliche Weiterbildung handelt, wenn Betriebe als Arbeitgeber fur ihre Mitarbeiter Weiterbildung finanzieren. Dann sind beispielsweise Lehrerfortbildungen, die von Betrieben finanziert werden, nicht als betriebliche Weiterbildung einzustufen. M.E. ist Letzteres anzunehmen, da die Unterscheidung zwischen Betrieben und Haushalten in den Sozialwissenschaften nicht gangig ist. Des Weiteren wird in anderen Definitionen explizit auf die Notwendigkeit eines Arbeitsverhaltnisses zwischen Betrieb und Weiterbildungsteilnehmer hingewiesen (vgl. BEHRINGER 1999, S. 29; GRUNEWALD, MORAAL & SCHONFELD 2003, S. 177). Auch den Definitionsbestandteil „veranlasst oder finanziert" erlautem PRENZEL, MANDL & REINMANN-ROTHMEIER nicht. Gewohnlich ist davon auszugehen, dass WeiterbildungsmaBnahmen vom Betrieb veranlasst und finanziert werden, so dass es sich eindeutig um betriebliche Weiterbildung handelt. Jedoch ist vor allem bei kleineren Untemehmen auch denkbar, dass MaBnahmen vom Betrieb zwar veranlasst, aber aufgrund hoher Weiterbildungskosten nicht finanziert werden konnen und deshalb vom Teilnehmer selbst zu tragen sind. Nach der Kategorisierung in Abb. 2 wurde es sich hierbei um individuelle Weiterbildung handeln, nach der Definition von PRENZEL, MANDL & REINMANNROTHMEIER (vgl. 1997, S. 21) um betriebliche Weiterbildung. Nach vorherrschender Meinung in der Literatur (vgl. BEHRINGER 1999, S. 28; BELLMANN 2003, S. 13) ist das Kriterium „veranlasst" nicht hinreichend zu operationalisieren. Das Spektrum der Veranlassung reicht von der Betonung der Wichtigkeit von Weiterbildung seitens des Betriebes tiber vom Betrieb erstellte konkrete Weiterbildungsangebote bis zur gezielten Aufforderung einzelner Mitarbeiter, an WeiterbildungsmaBnahmen teilzunehmen. Deshalb stutzen sich andere Definitionen nur auf das Kriterium der vollstandigen oder teilweisen Finanzierung (vgl. BEHRINGER 1999, S. 29; GRtJNEWALD, MORAAL & SCHONFELD 2003, S. 177). Zusammenfassend wird deshalb in Anlehnung an PRENZEL, MANDL & REINMANN-ROTHMEIER (vgl. 1997, S. 21) sowie GRUNEWALD, MO-

12

RAAL & SCHONFELD (vgl. 2003, S. 177) betriebliche Weiterbildung in der vorliegenden Arbeit defmiert als die von Seiten der Betriebe fiir ihre Beschaftigten ganz oder teilweise finanzierten MaBnahmen beruflicher Weiterbildung. Dieses Verstandnis von betrieblicher Weiterbildung zeigt, dass es im Ermessen der Betriebe liegt, ob und fur wen sie betriebliche Weiterbildungsmafinahmen anbieten. Die Beschaftigten haben in der Regel keinen Anspruch darauf (vgl. OCHS 1998, S. 107; KAUFER 2001, S. 294 f.). Vielmehr hangt die Finanzierung der Weiterbildung insbesondere von der wirtschaftlichen Situation der Betriebe sowie dem aktuellen betrieblichen Weiterbildungsbedarf ab.

2.1.3

Formen betrieblicher Weiterbildung

Aus traditioneller Sicht wird bei den Weiterbildungsformen von organisierter formaler Weiterbildung ausgegangen.^ Diese bezieht sich auf die Weiterbildung in Form von Lehrveranstaltungen, die raumlich und zeitlich losgelost vom beruflichen Arbeitsplatz stattfindet (vgl. PRENZEL, MANDL & REINMANNROTHMEIER 1997, S. 21 f.). Sie dient in erster Linie der Anpassungs- oder Aufstiegsweiterbildung der Beschaftigten (vgl. MUNCH 1995b, S. 66; EIGLER, JECHLE, KOLB & WINTER 1997, S. 585).^ Allerdings unterliegt dieses engere Verstandnis betrieblicher Weiterbildung einem Wandel. Neben den organisierten Weiterbildungsformen auBerhalb der Arbeit gewinnen zunehmend arbeitsplatznahe bzw. arbeitsintegrierte Formen betrieblicher Weiterbildung an Bedeutung (vgl. SCHIERSMANN & REMMELE 2002, S. 7). So beinhalten inzwischen auch die wichtigen Weiterbildungsstatistiken Informationen zu arbeitsplatznahen bzw. arbeitsintegrierten Formen (vgl. z.B. KUWAN u.a. 2003, S. 183 ff.; GRUNEWALD, MORAAL & SCHONFELD 2003, S. 125 ff.; WEISS 2003a, S. 2 ff). Diese werden jedoch unterschiedlich operationalisiert (vgl. zusammenfassend BAETHGE & SCHIERSMANN 1998, S. 32 f). Offensichtlich bestehen innerhalb der nicht organisierten 7

Vgl. dazu auch obige Definition des DEUTSCHEN BILDUNGSRATs (s. Kap. 2.1.2). Anpassungsweiterbildung zielt darauf ab, einmal erworbene berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten an die aktuellen Anforderungen anzupassen, wahrend Aufstiegsweiterbildung mit dem Ziel verfolgt wird, einen beruflich hoheren Status zu erlangen (vgl. MUNCH 1994, S. 63).

13

Weiterbildung erhebliche Schwierigkeiten einer eindeutigen Abgrenzung und Strukturierung ihrer vielfaltigen Formen, da hier die Grenzen zwischen Lemen und Arbeiten flieBend verlaufen (vgl. hierzu vertiefend FLASSE & STIELERLORENZ 2000, S. 195 ff.; SCHIERSMANN & REMMELE 2002, S. 29 ff.). Die Abgrenzung unterschiedlicher Weiterbildungsformen von GRUNEWALD & MORAAL (vgl. 1996, S. 12) ist weit verbreitet. Sie differenzieren im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten zur betrieblichen Weiterbildung zwischen der Weiterbildung im engeren und weiteren Sinne (s. Abb. 3).

Betriebliche Weiterbildung 1 Betriebliche Weiterbildung im engeren Sinne

1

Betriebliche Weiterbildung im weiteren Sinne

Arbeitsplatznahe Formen der betrieblichen Weiterbildung 1

Interne und externe betriebliche Weiterbildung

Konventionelle Formen arbeitsplatznaher Weiterbildung

1

1

Neuere Formen arbeitsplatznaher Weiterbildung

1

1

1

Interne Lehrveranstaltungen

Unterweisen durch Vorgesetzte und/oder Spezialisten

Austauschprogramme

1

1 Einarbeitung bei techn. Oder org. Umstellungen

Externe Lehrveranstaltungen

1

1 Tagungen/ Kongresse

1

1

1

Einarbeitung neuer Mitarbeiter(-innen)

Lernstatt

Fachmessen

1

1

Qualitatszirkel

Erfahrungsaustauschkreise

1

14

FachvortrSge

Job-Rotation

Selbstgesteuertes Lemen

Abb. 3:

informationsveranstaltungen

1 Sonstige Informationsveranstaltungen

Formen betrieblicher Weiterbildung im engeren und weiteren Sinne (GRUNEWALD & MORAAL 1996, S. 12)

1

Wahrend betriebliche Weiterbildung im engeren Sinne dem traditionellen Verstandnis von Weiterbildung entspricht, werden im weiteren Sinne auch die arbeitsplatznahen Formen (z.B. Unterweisen durch Vorgesetzte, Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Lemstatt, Qualitatszirkel und selbstgesteuertes Lemen)^ sowie Informationsveranstaltungen (z.B. Fachvortrage, Tagungen, Fachmessen und Erfahrungsaustauschkreise) der betrieblichen Weiterbildung subsumiert. Insofem bringt diese Einteilung nicht nur das gegenwartige erweiterte Verstandnis betrieblicher Weiterbildung zum Ausdruck. Sie eignet sich femer zur weiteren Einordnung des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen dieser Arbeit, die sich auf die betriebliche Weiterbildung im engeren Sinne und damit auf die organisierte Weiterbildung auBerhalb der Arbeitstatigkeit konzentriert. Bei der von den Betrieben fur ihre Beschaftigten ganz oder teilweise fmanzierten Weiterbildung im engeren Sinne wird zwischen intemer und extemer Weiterbildung unterschieden. Sie werden von GRUNEWALD & MORAAL wie folgt definiert: Interne betriebliche Weiterbildung umfasst diejenigen Lehrveranstaltungen^^, bei denen die Verantwortung fur Ziele, Inhalte und Organisation beim Betrieb selbst liegt. Der Veranstaltungsort kann innerhalb oder aufierhalb des Betriebes liegen, die Referenten konnen betriebsinterne Fach- und Filhrungskrafte^^ oder betriebsexterne Personen sein (vgl GRUNEWALD & MORAAL 1996, S. 11). Externe betriebliche Weiterbildung bezeichnet diejenigen Lehrveranstaltungen, bei denen die Verantwortung fur Konzeption, Organisation und Durchfuhrung bei einer betriebsexternen Weiterbildungseinrichtung liegt (vgl GRUNEWALD & MORAAL 1996, S. 11).

Vgl. zu den arbeitsplatznahen Weiterbildungsformen ausfuhrlich ACHTENHAGEN 1995, S. 160 ff.; PETERSEN 2000, S. 175 ff.; ARNOLD & SCHIERSMANN 2004, S. 43 f.; LEBER 2004b, S. 17 ff. Hinsichtlich des eher allgemeinen Begriffs der Lehrveranstaltung wird im Kontext betrieblicher Weiterbildung weiter zwischen Seminaren (bei Veranstaltungen bis 50 Stunden) und Lehrgangen oder Kursen (bei Veranstaltungen mit mehr als 50 Stunden) differenziert (vgl. EIGLER, JECHLE, KOLB & WINTER 1997, S. 586). Wenn im Folgenden von Mitarbeitem gesprochen wird, sind damit grundsatzlich Fach- und Fiihrungskrafte gemeint.

15

Kennzeichnend fur interne und exteme betriebliche Weiterbildung ist ihr enger Bezug zur Zielsetzung des Untemehmens. Dieser ist bei der intemen Weiterbildung tendenziell starker als bei der extemen Weiterbildung ausgepragt. Wahrend die interne Weiterbildung ausschlieBlich flir Untemehmensmitglieder durchgefiihrt wird, nehmen an extemen WeiterbildungsmaBnahmen in der Regel Mitarbeiter aus verschiedenen Untemehmen teil (vgl. SCHWUCHOW 1992, S. 26 f.). Zusammenfassend kann fiir die Weiterbildung in Bezug auf den weiteren Fortgang in dieser Arbeit festgehalten werden, dass sie durch eine ausgepragte Pluralitat und Multifunktionalitat gekennzeichnet ist (vgl. BEHRINGER 1999, S. 23). Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass sich eine eindeutige Abgrenzung und Definition von Weiterbildung bisher nicht durchsetzen konnte. Trotz dieser grundsatzlichen Schwierigkeiten eignet sich fur die vorliegende Arbeit die Definition des DEUTSCHEN BILDUNGSRATs. Dabei erfolgt eine Einengung auf die von den Betrieben ftir ihre Beschafligten ganz oder teilweise finanzierte Weiterbildung im engeren Sinne, die sich als interne oder exteme Weiterbildung in Form von Lehrveranstaltungen voUzieht. Andere Formen der Weiterbildung werden weitestgehend ausgeblendet. Sie sind im Folgenden nur dann Gegenstand, wenn abgrenzende Betrachtungen zur betrieblichen Weiterbildung im engeren Sinne vorgenommen werden. Dem Weiterbildungsverstandnis nach KELL folgend wird das Subjekt als Weiterbildungsteilnehmer ins Zentmm der Uberlegungen gestellt.

2.2

Bedeutung betrieblicher Weiterbildung

2.2.1

Veranderte Umwelt betrieblicher Weiterbildung

Aus systemischer Sicht gelten Untemehmen als offene soziale Systeme. In dieser Eigenschaft sind Untemehmen in permanente System-Umwelt-Beziehungen eingebunden. Dadurch stehen sie Anfordemngen und Bedingungen gegeniiber, die sie im Regelfall nur in geringem MaBe beeinflussen konnen (vgl. LEIMER 1990, S. 22). Um langfristig erfolgreich zu sein, sind Untemehmen daher gezwungen, sich den veranderten Umweltbedingungen flexibel anzupassen. Gmndlegende Verandemngen pragen gegenwartig das Umfeld der Untemehmen. Sie losen gravierende Verandemngsprozesse in den Untemehmen aus und stellen 16

die wesentliche Determinante fiir die Anforderungen der Untemehmen an ihre Fach- und Fuhrungskrafte dar (vgl. SCHLAFFKE 2002, S. 20; BELLMANN 2003, S. 15). Diese konnen zu folgenden „Megatrends" zusammengefasst werden (vgl. im Folgenden ACHTENHAGEN 1997, S. 610 ff.; BIETHAHN & SCHUMANN 1999, S. 53 f.; SLOANE 2000, S. 93 ff.; BAETHGE, BUSS & LANFER 2003, S. 19 ff.; BELLMANN 2003, S. 15 ff.; PICOT, REICHWALD & WIGAND 2003, S. 2 ff.; REGNET & HOFMANN 2003, S. 13): 1. Technologische Veranderungen Neue Technologien tragen wesentlich zur Innovationsdynamik im Bereich von Produkt- und Prozessinnovationen bei. Infolge leistungsfahigerer Informationsund Kommunikationstechniken sowie der Mikroelektronik verkurzen sich Produktentwicklungszeiten und Produktionsprozesse erheblich. Im verscharften globalen Wettbewerb steigem sie die Flexibilitat der Untemehmen, auf sich andemde Kundenwtinsche schnell und kostengiinstig zu reagieren. Rasche technologische Veranderungen ermoglichen zwar die Entlastung der Mitarbeiter von Routinetatigkeiten, erhohen andererseits jedoch die Geschwindigkeit zur Adaption an neue technische Moglichkeiten. 2. Globalisierung und Internationalisierung Untemehmen sind tief greifenden Verandemngen der Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt. Guter-, Arbeits- und Informationsmarkte globalisieren sich mit hoher Geschwindigkeit. So kommt es auf den Gtitermarkten neben dem Eintritt neuer Wettbewerber in bisher verschlossene Markte zu einer weltweiten Verteilung und Organisation von Wertschopflingsketten. Damit verbunden sind intemationale Kooperationen und global organisierte Untemehmen, die nahezu samtliche Mitarbeitergmppen in den Betrieben betreffen. Durch die intemationale Offnung der Arbeitsmarkte entstehen neue Beschaftigungsoptionen fur Mitarbeiter, die zugleich aber auch hohere Anfordemngen an ihre intemationale Konkurrenzfahigkeit stellen. Die Entwicklungen auf den Informationsmarkten sind durch Beschleunigungen in intemationaler Kommunikation und Kooperation aufgmnd neuer Informations- und Kommunikationstechniken gekennzeichnet. Sie setzen auch die Informationsbearbeitung in den Untemehmen zunehmend unter Dmck. 3. Tertiarisierung Die Verlagemng der Beschaftigung von der Landwirtschaft (primarer Sektor)

17

und Produktion (sekundarer Sektor) zum Dienstleistungsbereich (tertiarer Sektor) ist durch zwei wesentliche Entwicklungen gekennzeichnet. Zum einen verzeichnen originare Dienstleistungstatigkeiten eine Zunahme, zum anderen entstehen vermehrt produktbegleitende Dienstleistungen. Diese spielen fiir den Produkterfolg am Markt eine zunehmend wichtige RoUe und betreffen beispielsweise bei Fahrzeugprodukten die Bereiche Werbung, Versicherung und Finanzierung. Mit der wachsenden Verschrankung von Produkten und Dienstleistungen nehmen auch die Komplexitat und das Wissen in diesen Tatigkeitsbereichen stark zu. 4. Demografische Veranderungen Die demografische Entwicklung in Deutschland ist durch eine steigende Lebenserwartung und sinkende Geburtenzahlen gepragt, die nicht nur zu einem Riickgang, sondem auch zu einer massiven Alterung der Bevolkerung fuhrt. Diese Veranderungen ziehen Konsequenzen in den Betrieben nach sich. Gegeniiber der beruflichen Erstausbildung gewinnt die kontinuierliche Weiterbildung der Erwerbstatigen an Bedeutung. Zudem richtet sich zukunftig der Fokus auf die starkere Einbindung alterer Arbeitnehmer in betriebhche Weiterbildungsaktivitaten. 5. Wertewandel Der Wertewandel in der Arbeitswelt zeichnet sich vor allem in einer Ablehnung von Unterordnung, Verpflichtung und reiner Arbeitsausfiihrung ohne Handlungsspielraum aus. Demgegentiber riicken Eigenverantwortung, Selbstandigkeit, Individualitat und Mitbestimmung starker in den Vordergrund. Sie fordem die Lembereitschaft der Mitarbeiter. Mitarbeiter drangen zunehmend aus eigenem Interesse auf Weiterbildung. Femer mussen die geanderten Wertvorstellungen der Teilnehmer in den betrieblichen Weiterbildungsangeboten adaquat beriicksichtigt werden. 6. Veranderungen der Arbeits- und Organisationsformen Mit den technologischen Veranderungen gehen haufig neue Formen der Unternehmens- und Arbeitsorganisation einher. Untemehmen bedienen sich innovativer technologischer Potentiate, um sich anstelle tiefer hierarchischer Gebilde in neue Formen modularisierter, teilweise virtualisierter Untemehmensstrukturen zu reorganisieren. Sie agieren zunehmend problemabhangig und flexibel in zum Teil symbiotischen Netzwerken mit vor- und nachgelagerten Kooperationspartnem. Dadurch uberwinden Untemehmen Grenzen in Bezug auf raumliche Ent-

18

femungen, Kapazitaten, Zeit und Wissen. Neue Organisationsformen sind Ausdruck veranderter Wettbewerbsbedingungen, die der Aufrechterhaltung hoher Innovationsfahigkeit, Flexibilitat und Marktorientierung dienen. Damit verbunden sind die Auflosung starr geordneter Arbeitsplatze und die strikte Trennung von dispositiver und ausfuhrender Arbeit. In der Tendenz nehmen Aufgabenumfang und -verantwortung zu und fiihren insgesamt zu starker wissensbasierten Arbeitstatigkeiten. Vor dem Hintergrund dieser Veranderungen stellt sich im Kontext der vorliegenden Arbeit die Frage: Welche Konsequenzen resultieren daraus fiir die Anforderungen an die Beschaftigten und damit fiir die betriebliche Weiterbildung? Untersuchungsergebnisse zur betrieblichen Weiterbildung in Deutschland (vgl. GRUNEWALD, MORAAL & SCHONFELD 2003, S. 108 ff.) belegen, dass als Folge dieser Veranderungen fast ausschlieBlich steigende Qualifikationsanforderungen zu verzeichnen sind, die sich jedoch nicht auf alle Beschaftigtengruppen in gleicher Weise auswirken. Abb. 4 verdeutlicht, dass steigende Qualifikationsanforderungen Fach- und Fiihrungskrafte in starkem bis sehr starkem AusmaB betreffen, wahrend Un- und Angelemte weniger davon berlihrt sind.

Abb. 4:

Betroffenheit einzelner Beschaftigtengruppen von steigenden Qualifikationsanforderungen (GRUNEWALD, MORAAL & S C H O N F E L D 2003, S. 110)

Auf die Frage nach den Konsequenzen far die betriebliche Weiterbildung liefert die Erhebung von GRUNEWALD, MORAAL & SCHONFELD (vgl. 2003, 19

S. 113) ein deutliches Ergebnis (s. Abb. 5).

Abb. 5:

Reaktionen der Unternehmen bei gestiegenen Qualifikationsanforderungen (GRUNEWALD. MORAAL & S C H O N F E L D 2003, S. 113)

Durchschnittlich 92 % der befragten Unternehmen reagieren auf steigende Qualifikationsanforderungen als Folge der Globalisierung mit betrieblicher Weiterbildung. Betriebliche Weiterbildung ist die haufigste MaBnahme, mit der Unternehmen auf veranderte Anforderungen reagieren.^^ Ihr folgen mit Abstand Veranderungen der Arbeitsorganisation sowie Neueinstellungen. Von geringer Bedeutung sind Entlassungen oder der Ausbau von Teilzeitmodellen. Die hohe Bedeutung betrieblicher Weiterbildung infolge veranderter Anforderungen zeigen auch die Befunde von BELLMANN, DULL & LEBER (vgl. 2001, S. 115 ff) sowie KUWAN & THEBIS (vgl. 2005, S. 71 ff). Beide weisen einen positiven Zusammenhang zwischen veranderten betrieblichen, technologischen sowie arbeitsplatzbezogenen Bedingungen und der betrieblichen Weiterbildung nach. Insgesamt bestatigen diese Ergebnisse, dass betriebliche Weiterbildung am ehesten den Vorstellungen der Unternehmen zur Bewaltigung gestiegener Anforderungen an ihre Fach- und Fiihrungskrafte entspricht. Dabei kommt der betrieblichen Weiterbildung wesentlich zugute, dass sie als Subsystem des Untemehmens 12

20

Zum gleichen Ergebnis kommt eine Untemehmensbefragung des Bundesinstituts fur Berufsbildung (BIBB) aus dem Jahr 2000 (vgl. BIBB 2000, S. 2). Auch dort rangiert betriebliche Weiterbildung bei der Deckung des Qualifikationsbedarfs fur neue Aufgabenfelder an oberster Stelle.

eng mit dem System Untemehmen gekoppelt ist (vgl. GERSTENMAIER & HENNINGER 1997, S. 179 f.). In dieser Funktion steht sie in standiger Austauschbeziehung zum Untemehmen. Insofem stellt sie ein wichtiges Mittel dar, gestiegene Lemanforderungen in fur das Untemehmen geeignete Weiterbildungsmafinahmen zu iiberfiihren (vgl. GERSTENMAIER & HENNINGER 1997, S. 182; SCHLAFFKE 1999, S. 478). Um die veranderten Anfordemngen an die Weiterbildung in Untemehmen zu konkretisieren und ihre hohe Relevanz zu verdeutlichen, werden im folgenden Kapitel wesentliche Stmktumierkmale betrieblicher Weiterbildung anhand empirischer Weiterbildungserhebungen naher analysiert.

2.2.2

Quantitative Analyse betrieblicher Weiterbildung

Aus der Expansion und Heterogenitat von Weiterbildung resultieren deutliche Probleme beim Versuch, den Weiterbildungsbereich empirisch zu fassen (vgl. SEIDEL 2002, S. 155; FAULSTICH 2003, S. 626). In Deutschland hat sich die Datenlage zur betrieblichen Weiterbildung in den letzten Jahren eindeutig verbessert (vgl. WEISS 1998, S. 91).^^ Jedoch fehlt bislang eine bundeseinheitlichumfassende Gesamtstatistik (vgl. BELLMANN 2004, S. 69). Um Aussagen zur betrieblichen Weiterbildung treffen zu konnen, ist deshalb die Analyse einzelner weiterbildungsstatistischer Quellen erforderlich. Aufgmnd der Unterschiede in Bezug auf Defmitionen, Merkmalskataloge, Erhebungseinheiten und -zeitraume sind deren Ergebnisse untereinander nur begrenzt vergleichbar (vgl. GNAHS 2002, S. 205; BELLMANN 2003, S. 23). Hinzu kommen in Teilbereichen erhebliche Abgrenzungs- und Erfassungsprobleme. Dennoch ermoglichen diese Statistiken in sich einen guten Zeitvergleich und unter Beachtung des jeweiligen Erhebungskonzepts Feststellungen zur Bedeutung betrieblicher Weiterbildung (vgl. FLASSE & STIELER-LORENZ 2000, S. 192). Zur Analyse betrieblicher Weiterbildung eignen sich etablierte Betriebsbefragungen (vgl. BELLMANN & LE-

'^

Eine Ubersicht iiber die in Deutschland insgesamt regelmafiig erhobenen Daten zur Weiterbildung findet sich bei SEIDEL (vgl. 2002, S. 155 ff.). Im Wesentlichen sind Tragerstatistiken, amtliche Statistiken und empirische Erhebungen/Einzeluntersuchungen zu unterscheiden. Letztere werden in Betriebs- und Personenbefragungen weiter differenziert.

21

BER 2005, S. 82).^ Gegenstand sind die folgenden vier Strukturmerkmale, zu denen ausgewahlte Ergebnisse in Bezug auf die betriebliche Weiterbildung im engeren Sinne dargestellt werden: a) Weiterbildungsangebot, b) Weiterbildungsbeteiligung, c) zeitlicher Weiterbildungsumfang und d) Weiterbildungskosten. a) Weiterbildungsangebot IW

CVTS

Anteil weiterbildender Betriebe in %

1993

1999^^

1992

1995

1998

2001

Interne Lehrveranstaltungen

25,5

39,5

55,9

57,6

79,0

75,6

Externe Lehrveranstaltungen

53,7

61,0

59,9

58,8

88,5

84,3 1

Tab. 1:

Angebot betrieblicher Weiterbildung (vgl. zur CVTS-Erhebung GRUNEWALD & MORAAL 1996, S. 20 f.; GRUNEWALD, MORAAL & S C H O N F E L D 2003, S. 20 f. und zur IW-Erhebung WEISS 1996, S. 106; 2003a, S. 3)

Den Ergebnissen der IW-Erhebung zufolge boten 55,9 % der Betriebe im Jahr 1992 interne bzw. 59,9 % externe Lehrveranstaltungen an (s. Tab. 1). Von 1992 bis 2001 erhohte sich der Anteil v^eiterbildungsaktiver Betriebe um ca. 20 Prozentpunkte bei den intemen Lehrveranstaltungen, wahrend bei den extemen Lehrveranstaltungen der Anstieg um ca. 24 Prozentpunkte noch etwas hoher ausfiel. Demgegeniiber liegen die Werte der CVTS-Erhebung in den Vergleichsjahren merklich niedriger.^^ Auch wenn die absoluten Werte der beiden Erhebungen voneinander abvv^eichen, bestatigen beide im langerfristigen Vergleich einen deutlichen Anstieg intemer und extemer Lehrveranstaltungen. Insgesamt bieten

Zu den etablierten Betriebsbefragungen werden die Weiterbildungserhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die europaische Weiterbildungserhebung (CVTS), das Betriebspanel des Instituts fur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (lAB) sowie das BIBBReferenz-Betriebs-System gerechnet (vgl hierzu ausftihrlich BELLMANN 2003, S. 33 ff.). Des Weiteren existieren Personenbefragungen, die sich direkt an die Weiterbildungsteilnehmer richten. Hierbei ubemimmt das Berichtssystem Weiterbildung des Bundesministeriums fur Bildung und Forschung (BMBF) eine zentrale Funktion. Die CVTS-Werte fiir das Jahr 1999 basieren auf eigenen Berechnungen (vgl. zur Berechnungsgrundlage GRUNEWALD, MORAAL & SCHONFELD 2003, S. 20 f.). Die Unterschiede zwischen den beiden Erhebungen werden damit begriindet, dass groBere Betriebe, die einen hoheren Anteil an Lehrveranstaltungen aufweisen, in der IW-Erhebung tiberproportional haufig vertreten sind (vgl. WEISS 1996, S. 106). 22

mehr Betriebe exteme als interne Lehrveranstaltungen an. Gleichwohl zeigen die IW-Ergebnisse zwischen 1998 und 2001 einen leichten Riickgang des betrieblichen Weiterbildungsangebots. Das schwierige wirtschaftliche Umfeld wirkt sich hier nachteilig auf die Weiterbildungsaktivitaten der Betriebe aus (vgl. WEISS 2003a, S. 5 f.). Neueste Ergebnisse des lAB-Betriebspanels fur das erste Halbjahr 2003 belegen jedoch, dass der Anteil weiterbildender Betriebe wieder deutlich gestiegen ist (vgl. BELLMANN, DAHMS & WAHSE 2004, S. 67 f.; LEBER 2004a, S. 4). Hinsichtlich der zeitlichen Struktur intemer und extemer Lehrveranstaltungen zeigt Tab. 2, dass bei beiden Weiterbildungsformen kurzzeitige MaBnahmen in Form ein- oder mehrtagiger Seminare dominieren.

Anteil weiterbildender Betriebe in %

Interne Lehrveranstaltungen 1992

Externe Lehrveranstaltungen

2001

1992

2001

41,9

67,3

51,1

76,9

31,1

48,7

38,4

64,0

7,1

11,3

7,4

23,1

Teilzeitlehrgange (berufsbegleitend, in der Arbeitszeit)

14,8

23,7

9,3

23,4

Teilzeitlehrgange (berufsbegieitend, in der Freizeit)

9,5

20,4

12,7

34,3

55,9

75,6

59,9

84,3

Ein-Tages-Seminare Mehr-Tages-Seminare (2-5 Tage) Vollzeitlehrgange (ab 6 Tage)

Anteil der Betriebe mit mindestens einer Veranstaitungsform Tab. 2:

Angebot betrieblicher Weiterbildung nach der zeitlichen Struktur von Lehrveranstaltungen (vgl. WEISS 2002b, S. 61)

In 2001 nutzten bereits 67,3 % der Betriebe interne und 76,9 % der Betriebe exteme Tagesseminare. Langerfristige Vollzeitlehrgange wurden dagegen nur von 11,3 % der Betriebe intern und 23,1 % der Betriebe extern durchgefuhrt. Gegeniiber dem Jahr 1992 haben alle Veranstaltungsformen an Bedeutung gewonnen. Erheblichen Einfluss auf das betriebliche Weiterbildungsangebot hat die UnternehmensgroBe. Wahrend nach den Ergebnissen des lAB-Betriebspanels (vgl. BELLMANN & DULL 2001, S. 89) im ersten Halbjahr 1999 nur ca. 12 % der westdeutschen Betriebe mit weniger als 20 Beschaftigten interne Lehrveranstal23

tungen anbieten, liegt der Wert bei Betrieben mit mehr als 500 Beschaftigten bereits bei 88 %. Demgegeniiber nutzen ca. 26 % der kleinen Betriebe mit weniger als 20 Beschaftigten exteme Lehrveranstaltungen, bei Betrieben mit iiber 500 Beschaftigten sind es wie bei den intemen Lehrveranstaltungen 88 %. Vor allem Kleinbetriebe greifen tendenziell starker auf exteme WeiterbildungsmaBnahmen zuriick. Von den groBen Betrieben mit mehr als 1.000 Beschaftigten fuhren nahezu alle interne und exteme Lehrveranstaltungen durch. Das mit zunehmender BetriebsgroBe steigende Weiterbildungsangebot an intemen und extemen Lehrveranstaltungen bestatigen auch die IW-Erhebung (vgl. WEISS 2000, S. 28) und die CVTS-Erhebung (vgl. GRUNEWALD, MORAAL & SCHONFELD 2003, S. 78), wobei deren Ergebnisse bei den Kleinbetrieben etwas hoher liegen. Femer variiert das betriebliche Weiterbildungsangebot zwischen den Betrieben verschiedener Branchen, wobei Betriebe des Kredit- und Versichemngsgewerbes, des Gesundheits- und Sozialwesens sowie der Gebietskorperschaften und Sozialversichemngen besonders weiterbildungsaktiv sind (vgl. BELLMANN & LEBER 2005, S. 85; vgl. auch WEISS 2000, S. 32; EGNER 2001, S. 1015).^^ b) Weiterbildungsbeteiligung Anhaltspunkte ftir die Bedeutung betrieblicher Weiterbildung liefem auch Analysen zur Weiterbildungsbeteiligung. Hier werden im Wesentlichen die Indikatoren Teilnahmequote und Teilnehmerfalle unterschieden (vgl. im Folgenden KUWAN u.a. 2003, S. 11). Die Teilnahmequote gibt den Prozentanteil der Teilnehmer an den befi-agten Personen wieder, die sich im jeweiligen Zeitraum an betrieblicher Weiterbildung beteiligt haben. Teilnehmerfalle berucksichtigen demgegeniiber auch Mehrfachteilnahmen einer Person an Lehrveranstaltungen. Nach den Ergebnissen der CVTS-Erhebung (vgl. GRUNEWALD & MORAAL 2003, S. 10) lag die Teilnahmequote an betrieblicher Weiterbildung im Jahr 1993 bei 24 %. Bis zum Jahr 1999 erhohte sich die Teilnahmequote deutlich um 8 Prozentpunkte auf 32 %. Beim Vergleich mit den Ergebnissen des IW (vgl. WEISS 2003a, S. 7) ist zu beachten, dass anstelle einer Teilnahmequote Teilnehmerfalle ermittelt werden.^^ Trotz eines Ruckgangs zwischen 1998 und 2001 sind die TeilDaran zeigen sich die Auswirkungen des Wandels von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft (Tertiarisierung). Durch die Mehrfachzahlung bei den Teilnehmerfallen liegen die IW-Werte deutlich iiber den CVTS-Werten.

24

nehmerfalle ftir interne und exteme Lehrveranstaltungen zusammen seit 1992 drastisch gestiegen (s. Tab. 3). Die starke Zunahme ist iiberwiegend auf den Anstieg der Teilnehmerfalle bei intemen Lehrveranstaltungen zuruckzuftihren. IW

Teilnehmerfalle je 100 Mitarbeiter

1992

1995

1998

2001

Interne Lehrveranstaltungen

42,8

52,7

75,9

66,5

Externe Lehrveranstaltungen

11,0

10,3

9,9

14,9

Insgesamt

53,8

63,0

85,8

81,4

Tab. 3:

I

Wejterbildungsbeteiligung nach Teilnehmerfallen (vgl. WEISS 2003a, S. 7)

Femer belegen die Weiterbildungserhebungen (vgL zusammenfassend BELLMANN 2003, S. 53 ff.; KUWAN & THEBIS 2005, S. 25 ff.) auch den Einfluss statusbestimmender Merkmale auf die Weiterbildungsbeteiligung. Die Weiterbildungsbeteiligung fallt umso niedriger aus, je geringer das schulische bzw. berufliche Qualifikationsniveau und die berufliche Stellung der Mitarbeiter sind. Frauen nehmen weniger haufig an Weiterbildungsmafinahmen teil als Manner. Femer partizipieren altere Mitarbeiter seltener an Weiterbildung als jiingere. c) Zeitlicher Weiterbildungsumfang tjber den zeitlichen Weiterbildungsumfang in den Betrieben geben die Teilnahmestunden je Mitarbeiter Auskunft. Nach der IW-Erhebung (vgl. WEISS 2003a, S. 9) nahm im Jahr 2001 im Durchschnitt aller befragten Betriebe jeder Mitarbeiter 12,7 Stunden an Lehrveranstaltungen teil (s. Tab. 4). IW

Teilnahmestunden je Mitarbeiter

1992

1995

1998

2001

Interne Lehrveranstaltungen

12,9

7,7

13,6

8,1

Externe Lehrveranstaltungen

4,9

4,9

4,7

4,6

17,8

12,6

18,3

12,7

Insgesamt Tab. 4:

1

Zeitlicher Weiterbildungsumfang nach Teilnahmestunden (vgl. WEISS 2003a, S. 9)

Im Vergleich zu 1998 reduzierte sich dieser Wert um 5,6 Stunden, was groBtenteils durch den RUckgang des Stundenvolumens um 5,5 Stunden bei den intemen 25

Lehrveranstaltungen verursacht wurde. In diesem Rtickgang spiegeln sich die gesunkenen Teilnehmerfalle wider. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Teilnahmestunden, insbesondere die der intemen Lehrveranstaltungen, stark von der konjunkturellen Situation abhangig sind. Bezogen auf den einzelnen Weiterbildungsteilnehmer geben die Teilnahmestunden je Weiterbildungsteilnehmer Auskunft tiber die durchschnittliche Dauer einer Lehrveranstaltung. Fur 2001 ermittelte WEISS (vgl. 2001, S. 65 f.; 2003a, S. 10) bei intemen Lehrveranstaltungen ca. 14 Teilnahmestunden je Weiterbildungsteilnehmer. Damit sind sie um mehr als die Halfte ktirzer als exteme Lehrveranstaltungen, die eine durchschnittliche Dauer von ca. 34 Stunden je Teilnehmer aufweisen. Gegeniiber 1998 gingen die Teilnahmestunden je Weiterbildungsteilnehmer sowohl bei intemen als auch extemen Lehrveranstaltungen zurtick. Interessant in Bezug auf den zeitlichen Weiterbildungsumfang ist auch ein Vergleich des prozentualen Anteils einzelner Weiterbildungsformen am Zeitvolumen der gesamten betrieblichen Weiterbildung (s. Tab. 5). IW

Anteil betrieblicher Weiterbildungsformen in %

1992

1995

1998

2001

Interne Lehrveranstaltungen

15,4

15,0

21,5

16,5

Externe Lehrveranstaltungen

16,6

15,7

20,4

19,8

Lernen in der Arbeitssituation

44,8

45,4

39,0

44,2

Informationsveranstaltungen

10,3

10,9

10,9

11,1

Lernen mit Medien

10,9

11,4

6,9

7,1

2,0

1,6

1,3

1,3

100,0

100,0

100,0

100,0

Umschulungsmafinahmen [Insgesamt Tab. 5:

Zeitlicher Weiterbildungsumfang einzelner Weiterbildungsformen an der gesamten betrieblichen Weiterbildung (vgl. WEISS 2003a, S. 6)

Im Jahr 2001 kommen inteme und exteme Lehrveranstaltungen insgesamt auf einen Anteil von 36,3 %. Lemen in der Arbeitssituation, selbstgesteuertes Lemen mit Hilfe von Medien und Informationsveranstaltungen erreichen zusammen 62,4 %, wahrend die UmschulungsmaBnahmen mit 1,3 % den geringsten Anteil am Zeitvolumen betrieblicher Weiterbildung aufweisen. Verglichen mit den Ergebnissen friiherer Erhebungen bestatigen sich im Zeitverlauf relativ konstante 26

Anteile der verschiedenen Weiterbildungsformen, die damit die These der zunehmenden Substitution von Lehrveranstaltungen durch arbeitsplatznahe Weiterbildungsformen nicht stutzen (vgl. auch SCHIERSMANN, ILLER & REMMELE 2001, S. 9 f.; BELLMANN, DAHMS & WAHSE 2004, S. 73 f.). Vielmehr stehen die einzelnen Weiterbildungsformen in einer komplementaren Beziehung zueinander (vgl. FAUST & HOLM 2001, S. 68; WEISS 2003b, S. 37). d) Weiterbildungskosten Der Bedeutungszuwachs betrieblicher Weiterbildung zeigt sich auch am langerfristigen Entwicklungsverlauf der Weiterbildungskosten. Trotz methodischer Schwierigkeiten, reprasentative Ergebnisse von den Betrieben zu erhalten (vgl. BELLMANN 2004, S. 96), vermitteln die Kostenberechnungen zumindest einen Anhaltspunkt fur das Niveau und die Expansion betrieblicher Weiterbildungsinvestitionen. Fur das Jahr 1980 ermittelte FALK (vgl. 1982, zit. nach FAULSTICH 1998, S. 45) Gesamtkosten fur betriebliche Weiterbildung in Deutschland von 4,1 Mrd. €. Dieser Wert wurde von MATCHER (vgl. 1987, zit. nach FAULSTICH 1998, S. 45) fur das Jahr 1985 auf ca. 7,5 Mrd. € geschatzt und von WEISS (vgl. 2000, S. 41; 2003a, S. 13) auf 17,3 Mrd. € fur 1995, 17,5 Mrd. € fur 1998 sowie 16,9 Mrd. € fur 2001 hochgerechnet.^^ Dies deutet darauf hin, dass der seit Jahren anhaltende Trend steigender Weiterbildungskosten in jtingster Zeit auf hohem Niveau stagniert. Fiir die Zukunft gehen Experten davon aus, dass trotz konjunktureller Unterbrechungen betriebliche Weiterbildung insgesamt weiterhin expandieren wird, da Veranderungen in der Arbeitswelt ausgelost durch technologische Entwicklungsschiibe nicht abgeschlossen sind (vgl. FAULSTICH 2003, S. 657). Dabei werden interne und exteme Lehrveranstaltungen auch ktinftig eine bedeutende RoUe in den Weiterbildungsaktivitaten der Betriebe spielen. Zum einen bestatigen dies aktuelle Betriebsbefragungen (vgl. BIBB 2004, S. 1). Zum anderen zeigen Befragungen von Weiterbildungsteilnehmem, dass sie auch weiterhin stark an betrieblichen Lehrveranstaltungen interessiert sind (vgl. KUWAN & THEBIS 2005, S. 89). Zudem belegen neuere Untersuchungen die hohe Effektivitat betrieblicher Lehrveranstaltungen gegentiber anderen Weiterbildungsformen (vgl. Die jeweiligen Gesamtkosten betrieblicher Weiterbildung beziehen sich hier auf die Weiterbildung im weiteren Sinne. Da die intemen und extemen Lehrveranstaltungen die mit Abstand groBten Kostenfaktoren darstellen, entfallt auf sie auch der GroBteil der Gesamtkosten (vgl. z.B. WEISS 2003a, S. 12).

27

PRIVATUNIVERSITAT FLFR MANAGEMENT 2003, S. 5; ZWICK 2003, S. 43; KUWAN & THEBIS 2005, S. 106 f.).

2.2.3

Bestimmungsfaktoren interner betrieblicher Weiterbildung

Im Zuge der hohen Bedeutung betrieblicher Weiterbildung erhalt auch die Frage beziiglich ihrer effizienten Organisation ein deutlich hoheres Gewicht. Inwieweit betriebliche Weiterbildungsveranstaltungen intern oder extern organisiert werden, hangt vor allem von Wirtschaftlichkeitsuberlegungen und dem Grad der Spezifitat der Weiterbildung ab (vgl. STAUDT & MEIER 1996, S. 267, 325; ALEWELL 1997, S. 235 ff.; BAUMER 1999, S. 96). Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten muss beachtet werden, dass Weiterbildungsveranstaltungen einen hohen Anteil an Fixkosten verursachen und sich deshalb eine interne Organisation nur ab einer bestimmten Teilnehmerzahl rentiert. Kleinere Betriebe erreichen die fiir eine interne Organisation notwendige Anzahl haufig nicht. Deshalb nehmen kleinere Untemehmen in der Regel auch keine Investitionen in ein eigenes Weiterbildungsangebot vor (vgl. PAWLOWSKY 8L BAUMER 1996, S. 129; STORK 2001, S. 1174). Sie organisieren ihre Weiterbildung gewohnlich extern (vgl. SCHMIDT-LAUFF 1999, S. 49 f.). GroBere Untemehmen und Untemehmensverbiinde konnen hingegen von kostenreduzierenden Skaleneffekten profitieren (vgl. SCHIERSMANN, ILLER & REMMELE 2001, S. 16) und auch interne Weiterbildungsveranstaltungen anbieten. Neben Kostengesichtspunkten ist der Grad der Spezifitat der Weiterbildung ein wichtiger Bestimmungsfaktor (vgl. hierzu ausfuhrlich STORK 1999, S. 89 ff., 104 ff). Demnach entziehen sich MaBnahmen, die untemehmensspezifisches Wissen betreffen, weitestgehend einer marktlichen Steuerung und empfehlen sich far die interne Organisation, wahrend Standardveranstaltungen mit unspezifischen Inhalten (z.B. EDV-Schulungen, Rhetorik und Konfliktmanagement) eher extern zu organisieren sind (vgl. STAUDT & MEIER 1996, S. 325). In Analogic zum Kriterium der Spezifitat stehen auch die organisatorischen Konsequenzen der Weiterbildung, die aus dem Erhalt und der Weiterentwicklung untemehmerischer Kemkompetenzen resultieren. Nach der aktuellen Diskussion um den 28

Kemkompetenzansatz sollten Inhalte der betrieblichen Weiterbildung intern organisiert werden, wenn sie einen Beitrag zu den Kemkompetenzen des Unternehmens leisten, hingegen konnen nicht kemkompetenzrelevante Weiterbildungsmafinahmen fremdbezogen werden (vgl. STAUDT & KRIEGESMANN 1999a, S. 199 f.; STORK 2001, S. 1171 f). Kemkompetenzen^^ zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie wesentlichen Anteil am Kundennutzen haben, den Zugang zu verschiedenen Markten eroffnen und von der Konkurrenz nur schwer zu imitieren sind (vgl. PRAHALAD & HAMEL 1999, S. 59 f.). Dadurch sind sie sehr spezifisch und fur das Entstehen von Wettbewerbsvorteilen von zentraler Bedeutung (vgl. HOMP 2000, S. 14, 21; MARQUARDT 2003, S. 40). Grundlegend fur die Bildung betrieblicher Kemkompetenzen sind die Kombinationen der Fahigkeiten der Mitarbeiter mit den technologischen und organisatorischen Ressourcen (vgl. STORK 1999, S. 161 f.). Spezifische und kemkompetenzrelevante Weiterbildungsinhalte sprechen aus folgenden Griinden fur eine inteme Organisation: Zum einen sind derartige Inhalte fiir exteme Weiterbildungsanbieter nur schv^er zuganglich und von diesen nur unter hohem Aufwand anzueignen. Zum anderen besteht bei extemer Organisation dieser MaBnahmen die Gefahr einer Schwachung der Wettbewerbsposition durch Know-how-Abfluss an unmittelbare Konkurrenten (vgl. STORK 2001, S. 1171). Beispielsweise verzichtete die Deutsche Lufthansa AG auf die Auslagemng der kaufmannischen Weiterbildung, da ihre Weiterbildungsmafinahmen auch das sensible, wettbewerbsrelevante Know-how zu den betriebsintemen Buchungssystemen umfassen, die far das Untemehmen Kemkompetenzen und damit wichtige Wettbewerbsfaktoren darstellen (vgl. STAUDT & KRIEGESMANN 1999a, S. 194). Da der Bedarf an spezifischen und kemkompetenzrelevanten WeiterbildungsmaBnahmen tendenziell steigt (vgl. SCHIERSMANN, ILLER & REMMELE 2001, S. 18; CONRATHS 2002, S. 65; DEHNBOSTEL 2003, S. 3 f.), gewinnt die inteme Weiterbildung an Bedeutung. Diese Entwicklung hat bereits in vielen GroBuntemehmen zu einer organisatorischen Ausdifferenziemng betrieblicher Weiterbildungsabteilungen gefiihrt (vgl. FAULSTICH 2003, S. 642). So entstan20

Der Begriff der Kemkompetenzen wurde erstmalig im Jahr 1990 von PRAHALAD & HAMEL (1990) eingefuhrt. Er unterscheidet sich von dem berufs- und wirtschaftspadagogischen Verstandnis von Kompetenz (s. Kap. 2.4.2) als subjektive Voraussetzung zu individuellem Handeln (vgl. BECK 2005, S. 75).

29

den in den letzten Jahren neben den klassischen Funktionsbereichen fur Weiterbildung vermehrt untemehmensinteme Weiterbildungseinrichtungen in Form von Bildungsakademien bzw. Corporate Universities (vgl. WIMMER, EMMERICH & NICOLAI 2002, S. 1; DRUMM 2005, S. 437; HOLTBRUGGE & BERG 2005, S. 136).^^ Wesentliches Kennzeichen dieser Einrichtungen ist die starke Ausrichtung ihrer Weiterbildungsaktivitaten an den strategischen Untemehmenszielen, die sich in der Generierung, Aufbereitung und Vermittlung untemehmensspezifischer Weiterbildungsthemen widerspiegelt (vgl. STAUSS 1999, S. 125; KRAEMER 2000, S. 108 ff.; DOMSCH & ANDRESEN 2001, S. 534 f.)?^ Um die strategische Ausrichtung zu unterstreichen, sind Bildungsakademien daher haufig an die Untemehmensleitung angebunden (vgl. MUNCH 2003, S. 52). In dieser Form werden sie als zentrale und untemehmensweite Plattformen zur Unterstiitzung von Veranderungsprozessen und Weiterentwicklung der Kemkompetenzen des Untemehmens genutzt (vgl. WIMMER, EMMERICH & NICOLAI 2002, S. 10). Die primare Zielgruppe bilden die Fiihrungskrafte des Untemehmens, welche teilweise in enger Zusammenarbeit mit intemationalen Universitaten und Business Schools betriebsintem weitergebildet werden (vgl. DOMSCH & ANDRESEN 2001, S. 532). Demgegentiber konnen kleinere und mittlere Betriebe dem wachsenden Bedarf an untemehmensspezifischen WeiterbildungsmaBnahmen haufig nur durch enge Kooperationsstrategien mit extemen Anbietem begegnen (vgl. VON BARDELEBEN 1995, S. 113; STAUDT & MEIER 1996, S. 271). Eine Moglichkeit bietet sich hier in der Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Untemehmensverbande (vgl. DRUMM 2005, S. 430).^^ Sie verftigen tiber ein modemes beDiese Weiterbildungseinrichtungen verursachen erhebliche Kosten und bieten sich deshalb nur fur groBere Untemehmen an (vgl. STORK 2001, S. 1177). Mit der Verwendung der Begriffe Akademie und Firmenuniversitat soil vor allem der hochrangige innerbetriebliche Stellenwert der Weiterbildung, die Seriositat des Weiterbildungsangebots sowie der vielfach eingeschrankte Zugang ftir privilegierte Zielgruppen zum Ausdruck kommen (vgl. STAUSS 1999, S. 126; SEUFERT & GLOTZ 2002, S. 17 ff.). Mit der traditionellen Universitat haben diese Einrichtungen allerdings kaum Gemeinsamkeiten (vgl. SEUFERT & GLOTZ 2002, S. 16 f; SIMON 2002, S. 23; MUNCH 2003, S. 47 ff.). Zu den ersten Weiterbildungseinrichtungen dieser Art in Deutschland gehoren seit dem Jahr 1998 die Lufthansa School of Business, Bertelsmann University, Siemens Management Learning und DaimlerChrysler Corporate University. Vgl. zu unterschiedlichen Formen dieser Bildungsakademien ausfiihrlich ANDRESEN 2003, S. 235 ff. Eine Abgrenzung zwischen dem Konzept der Bildungsakademie und der traditionellen Weiterbildungsabteilung ist bei MEISTER (vgl. 1998, S. 23) zu fmden. Als Beispiele hierfar gelten die etablierten Weiterbildungsakademien der Banken und Sparkassen (vgl. SAUTER 1994, S. 172 ff).

30

triebliches Weiterbildungsangebot und fungieren im Sinne eines „quasi-intemen" Weiterbildungsdienstleisters (vgl. STORK 2001, S. 1175). Die interne betriebliche Weiterbildung unterstiitzt durch ihre untemehmensspezifische Ausrichtung die Mitarbeiter gezielt bei der Bewaltigung veranderter Anforderungen des Betriebs. Die Besonderheit intemer betrieblicher Weiterbildung liegt darin, dass sie vom einzelnen Betrieb bestimmt, jedoch losgelost von der Arbeitssituation in einer Weiterbildungseinrichtung des Betriebs durchgefUhrt wird. Dies verdeutlicht, dass interne Weiterbildungsteilnehmer mit unterschiedlichen Umwelten konfrontiert sind. Deshalb wird im Folgenden die Bedeutung der Umwelt aus der okologischen Perspektive fiir die interne betriebliche Weiterbildung naher analysiert.

2.3

Interne betriebliche Weiterbildung im Kontext ihrer Umwelt

2.3.1

Kennzeichnung der Theorie BRONFENBRENNERs

Okologisch orientierte Forschungsansatze bemiihen sich verstarkt darum, Verhalten und Erleben von Individuen in der aktuellen Umwelt zu untersuchen (vgl. DREESMANN 1994, S. 450; WOLF 1995a, S. 6)}"^ Einen entscheidenden Beitrag zur Verbreitung der okologischen Perspektive lieferte in den letzten Jahrzehnten das Werk von BRONFENBRENNER (1981) „Die Okologie der menschlichen Entwicklung" (vgl. NICKEL & WOLF 1995, S. 3). Ihm kommt das Verdienst zu, aufbauend auf anderen Systemen ein Modell entwickelt zu haben, das okologische Problemstellungen umfassend in einen Rahmen aufnimmt und integriert (vgl. NIMZIK 2000, S. 43). SofiihrenWOLF & PRIEBE (vgl. 2000, S. 60) BRONFENBRENNERs Erfolg darauf zuriick, dass er mit Hilfe allgemeiner und vielseitig verwendbarer Systemkategorien ein Ordnungsraster fiir vielfaltige Forschungsprobleme vorgegeben hat. „Die Okologie der menschlichen Entwicklung befasst sich mit der fortschreitenden gegenseitigen Anpassung zwischen dem aktiven, sich entwickelnden Menschen und den wechselnden Eigenschaften seiner unmittelbaren Lebensbereiche.

Vgl. zu den Grundmerkmalen der okologischen Perspektive ausfuhrlich WOLF 1995a, S. 8 ff.; WOLF & PRIEBE 2000, S. 60 f.

31

Dieser Prozess wird fortlaufend von den Beziehungen dieser Lebensbereiche untereinander und von den groBeren Kontexten beeinflusst, in die sie eingebettet sind" (BRONFENBRENNER 1981, S. 37). Als Hauptmerkmale dieses Ansatzes bezeichnet BRONFENBRENNER (vgl. 1990, S. 76), dass die Person als wachsende dynamische Einheit die Umwelt, in der sie lebt, fortschreitend in Besitz nimmt und umformt, die Umwelt aber auch die Entwicklung der Person mitbeeinflusst, wodurch ein Prozess wechselseitiger Anpassung notig wird. Um diese Dynamik wechselseitiger Anpassung zwischen Person und Umwelt schlieBlich adaquat erfassen zu konnen, verwendet BRONFENBRENNER einen erweiterten und differenzierten Umweltbegriff (vgl. STOLZ 1987, S. 7). Er defmiert die Umwelt „aus okologischer Perspektive topologisch als eine ineinandergeschachtelte Anordnung konzentrischer, jeweils von der nachsten umschlossener Strukturen" (BRONFENBRENNER 1981, S. 38). Diese Strukturen kategorisiert er als Mikro-, Meso-, Exo- und Makrosystem und kennzeichnet sie wie folgt: „Ein Mikrosystem [Herv. d. Verf.] ist ein Muster von Tatigkeiten und Aktivitaten, Rollen und zwischenmenschlichen Beziehungen, das die in Entwicklung begriffene Person in einem gegebenem Lebensbereich mit seinen eigentiimlichen physischen und materiellen Merkmalen erlebt" (BRONFENBRENNER 1990, S. 76). Ein Lebensbereich (z.B. Arbeitsplatz im Betrieb, Lemplatz in der Weiterbildungseinrichtung, Studienplatz an einer Universitat) ist ein Ort, „an dem Menschen leicht direkte Interaktionen mit anderen aufnehmen konnen. Tdtigkeit (oder Aktivitdt), Rolle und zwischenmenschliche Beziehung sind die Elemente (oder Bausteine) des Mikrosystems" (BRONFENBRENNER 1981, S. 38). Mit dem zentralen Begriff „erlebt" wird an dieser Stelle die phanomenologische Sichtweise^^ zum Ausdruck gebracht, denn nur „sehr wenige der auBeren Einflusse, die das menschliche Verhalten und die menschliche Entwicklung nennenswert beeinflussen, konnen als objektive physikalische Bedingungen und Ereignisse allein hinreichend beschrieben werden; am wirksamsten und uberwiegend wird der Verlauf des psychischen Wachstums von jenen Aspekten einer gegebenen Situation gelenkt, die fur die Person Bedeutung haben" (BRONFENBRENNER 1981, S. 38 f.). Um Aussagen zur Entwicklung im Wechselwirkungszusammenhang

^^

32

Die phanomenologische Sichtweise ist auch auf den ubrigen Umweltsystemebenen (Meso-, Exo- und Makrosystemebene) von Bedeutung (vgl. BRONFENBRENNER 1981, S. 41).

zwischen Lebensbereich und Person letztlich treffen zu konnen, miissen entwicklungsfbrderliche und entwicklungshinderliche Merkmale des Lebensbereichs bestimmt werden (vgl. SCHMIDT-PETERS & BUCHMANN 2000, S. 26). „Ein Mesosystem [Herv. d. Verf.] umfasst die Wechselbeziehungen zwischen den Lebensbereichen, an denen die sich entwickelnde Person aktiv beteiligt ist [...]. Ein Mesosystem ist somit ein System von Mikrosystemen" (BRONFENBRENNER 1981, S. 41). Als Beispiel konnen ftir Erwachsene die Beziehungen zwischen den Lebensbereichen Weiterbildungseinrichtung, Betrieb, Familie und Bekanntenkreis genannt werden. „Unter Exosystem [Herv. d. Verf.] verstehen wir einen Lebensbereich oder mehrere Lebensbereiche, an denen die sich entwickelnde Person nicht selbst beteiligt ist, in denen aber Ereignisse stattfmden, die beeinflussen, was in ihrem Lebensbereich geschieht, oder die davon beeinflusst werden" (BRONFENBRENNER 1981, S. 42). Beispiele eines Exosystems sind gesellschaftliche Subsysteme, wie das allgemeine und berufliche Bildungssystem sowie das Beschaftigungssystem (vgl. SCHMIDT-PETERS 1999, S. 89). „Der Begriff des Makrosystems [Herv. d. Verf.] bezieht sich auf die grundsatzliche formale und inhaltliche Ahnlichkeit der Systeme niedrigerer Ordnung (Mikro-, Meso- und Exo-), die in der Subkultur oder der ganzen Kultur bestehen oder bestehen konnten, einschlieBlich der ihnen zugrunde liegenden Weltanschauungen und Ideologien" (BRONFENBRENNER 1981, S. 42). Zum Makrosystem gehoren die grundsatzlichen Strukturen des Staates und der Wirtschaft, in denen voneinander unterscheidbare padagogische und okonomische Normvorstellungen, beispielsweise in Bezug auf Lemen und Arbeiten, dominant sind (vgl. BUCHMANN & KELL 1997, S. 595). Wahrend BRONFENBRENNER selbst die Anordnung der Umweltsysteme nicht grafisch umgesetzt hat, versuchten andere Autoren, seinem Modell in einer Abbildung gerecht zu werden (vgl. KELL 1989, S. 12 f; KLEBER 1995, S. 89; WOLF 1995b, S. 205). Auch wenn diese Abbildungen untereinander abweichen, bringen sie gemeinsam die Verflechtung und Verschachtelung der einzelnen Umweltsysteme mit ihren vielfaltigen horizontalen und vertikalen Beziehungen deutlich zum Ausdruck. Damit entsprechen sie zumindest in diesem wichtigen

33

Punkt BRONFENBRENNERs primarer Absicht eines multiplen Interdependenzmodells (vgl. WOLF 1995b, S. 204). Grundsatzlich wird mit der Berufung auf ein solches Person-Umwelt-Modell das Ziel verfolgt, menschliche Entwicklung sowohl in Abhangigkeit der Struktur des spezifischen okologischen Systems, in dem sich der Mensch befindet, als auch in Abhangigkeit von den Personlichkeitsmerkmalen des Individuums zu untersuchen (vgl. SCHMIDT-PETERS 2000, S. 75). Im Mittelpunkt steht dabei das Subjekt. So ist fiir das Verhalten und die Entwicklung ausschlaggebend, wie die Umwelt - insbesondere das Mikrosystem - von der Person wahrgenommen und definiert wird, und nicht, wie die Umwelt in der objektiven Wirklichkeit sein konnte (vgl. BRONFENBRENNER 1981, S. 20). Folglich setzt auch eine Betrachtung der Wechselwirkungen zwischen Person und Umwelt im Kontext der intemen betrieblichen Weiterbildung zunachst eine Analyse ihrer komplexen Umweltbeziehungen voraus. Auf dieser Basis werden im empirischen Teil relevante Umweltmerkmale der intemen betrieblichen Weiterbildung in der Wahrnehmung und Definition durch den Weiterbildungsteilnehmer auf ihre Entwicklungsforderlichkeit hin untersucht.

2.3.2

Analyse der Umweltbeziehungen interner betrieblicher Weiterbildung

KELL hat die eher allgemeinen theoretischen Uberlegungen BRONFENBRENNERs zur „Okologie der menschlichen Entwicklung" far den Bereich der Berufsbildung^^ und insbesondere far die Betrachtung des Verhaltnisses von Lemen und Arbeiten nutzbar gemacht. Damit forcierte er die Verbreitung der okologischen Perspektive in der Berufs- und Wirtschaftspadagogik. Wahrend sich KELLs Uberlegungen dabei zunachst primar auf den Sekundarbereich II (vgl. KELL 1991; 1995a) konzentrieren, folgen weitere Konkretisierungen der okologischen Perspektive far die berufliche Erstausbildung im Sekundar- und Tertiarbereich (vgl. JUNGKUNZ 1995; BUCHMANN & KELL 1997; BUCHMANN Berufsbildung ist unter dem Organisationsaspekt der Oberbegriff fiir die Organisation beruflicher Lehr-Lem-Prozesse in der vorberuflichen Bildung (Sekundarbereiche I und II), in der beruflichen Erstausbildung (nichtakademische Berufsausbildung im Sekundarbereich II und akademische Berufsausbildung im Tertiarbereich) sowie die berufliche Weiterbildung im Quartarbereich (vgl. KELL 1995a, S. 369).

34

2000; SIEGER-HANUS 2001; SCHWADORF 2003) und die berufliche Weiterbildung (vgl. SCHMIDT-PETERS 1999). Demgegeniiber fehlen far die betriebliche Weiterbildung okologisch akzentuierte Betrachtungen. Angesichts der Dominanz betrieblicher Weiterbildung und der bislang nur punktuellen Rezeption des okologischen Ansatzes fiir den Weiterbildungsbereich ist eine Ausdehnung dieses Ansatzes auf die betriebliche Weiterbildung von besonderem Interesse (vgl. auch RECK-HOG 1999, S. 151). Insofem wird in Anlehnung an die allgemeinen theoretischen Uberlegungen BRONFENBRENNERs und den Konkretisierungen durch KELL sowie SCHMIDT-PETERS im Folgenden der Gegenstand der intemen betrieblichen Weiterbildung einer okologisch orientierten Betrachtung unterzogen. Dies impliziert unter dem Aspekt einer differenzierten und erweiterten Umweltdarstellung notwendigerweise auch den Einbezug daran angrenzender Umwelten, die den Bereich der beruflichen Weiterbildung insgesamt betreffen. Unter dieser okologischen Perspektive steht der Weiterbildungsteilnehmer als Subjekt im Mittelpunkt, der in zahlreichen Wechselbeziehungen zu den ihn umgebenden komplexen Umweltsystemen steht. Die unterschiedlichen Umweltsysteme mit ihren horizontalen und vertikalen Systembeziehungen beeinflussen als Entwicklungsrahmen die Entwicklungsmoglichkeiten des Weiterbildungsteilnehmers. Dies kann mit Hilfe eines Modells vereinfacht wie in Abb. 6 dargestellt werden:^^

^^

Aufgrund der kaum uberschaubaren Vielfalt innerhalb des Weiterbildungsbereichs reduziert sich dieses Modell auf die Darstellung der wesentlichen Person-Umwelt-Beziehungen. 35

Abb. 6:

Weiterbildungsteilnehmer und ihre Umwelt aus okologischer Perspektive (in Aniehnung an KELL 1989, S. 12 und SIEGER-HANUS 2001, S. 11)

a) Mikrosystemebene Das Modell zeigt, dass fur die personale Entwicklung aus Sicht intemer betrieblicher Weiterbildungsteilnehmer vor allem zwei verschieden strukturierte Mikrosysteme bedeutsam sind. Zum einen sind dies die Lernplatze als Orte, an denen interne Lehrveranstaltungen stattfinden. Dort gehen Weiterbildungsteilnehmer Beziehungen zu Lehrenden und mitlemenden Personen ein (vgl. PRENZEL, MANDL & REINMANN-ROTHMEIER 1997, S. 32; s. auch Kap. 4.3). Zur Durchfiihrung der Lehrveranstaltungen stehen neben eigens eingerichteten Seminarraumen oder Schulungszentren im Untemehmen auch exteme Seminarhotels zur Verfiigung (vgl. DREESMANN 1994, S. 485). Zum anderen erleben Weiterbildungsteilnehmer ihre betrieblichen Arbeitsplatze als Nahumwelten. Fiir die Gestaltung der Arbeitsplatze lassen sich theoretisch und empirisch begriindet entwicklungsforderliche Arbeitsplatzbedingungen ermitteln (vgl. z.B. VOLPERT

36

1989). Sie betreffen nach KELL (vgl. 1995a, S. 378) u.a. die Beziehungen der arbeitenden Person 1) zur Gesamtaufgabe (moglichst inhaltsreiche und komplexe Teilaufgaben), 2) zu den Sachen (hohe Gestaltungsfreiraume bei der Aufgabenerftillung im Sinne von selbstandiger Planung, Durchfiihrung und Kontrolle) und 3) zu anderen Personen (offene Kommunikations- und Kooperationsbeziehungen). Im Zusammenhang mit betrieblichen Lehrveranstaltungen sind die Arbeitsplatzbedingungen fiir den Transfer des Gelemten von Bedeutung. Hier steht beispielsweise die Qualitat der Beziehungen zwischen Weiterbildungsteilnehmer und seinem unmittelbaren Vorgesetzten sowie seinen Arbeitskollegen im Blickfeld (s. auch Kap. 4.4). Damit gilt fiir Lem- und Arbeitsplatze im Kontext der Weiterbildung, dass sie je nach Gestaltung fur die personale Entwicklung mehr oder weniger forderlich sein konnen. Entscheidend ist, wie der Weiterbildungsteilnehmer jeweils die beiden Mikrosysteme wahmimmt, beurteilt und welche subjektive Bedeutung er ihnen fiir die eigene Entwicklung zuweist (vgl. auch SCHMIDT-PETERS 2000, S. 75). b) Mesosystemebene Lem- und Arbeitsplatze als Mikrosysteme werden von den (ibergeordneten Mesosystemen bereitgestellt. Mesosysteme sind einzelne Institutionen bzw. Betriebe, die zu ihrer Aufgabenerfiillung organisatorisch in Abteilungen untergliedert sind (vgl. KELL 1995a, S. 376, 379). Wahrend interne betriebliche Weiterbildungseinrichtungen in Form von Weiterbildungsabteilungen, Bildungsakademien oder Corporate Universities primar Lemplatze fiir die Beschaftigten des Betriebs anbieten^^, definieren die nicht weiterbildungsbezogenen Abteilungen in einem Untemehmen (z.B. Beschaffiings-, Produktions-, Finanz- und ControUingabteilung) vorwiegend Arbeitsplatze.^^ Davon abzugrenzen sind die extemen Weiterbildungseinrichtungen als Mesosysteme, die Lemplatze im Rahmen der extemen betrieblichen oder bemflichen Weiterbildung bereitstellen. Beispielsweise bieten Fiir die in einer betriebliclien Weiterbildungseinrichtung Beschaftigten handelt es sich jedoch um Arbeitsplatze. Uberschneidungen und Gleichzeitigkeiten von Arbeits- und Lemplatzen konnen dann vorliegen, wenn arbeitsplatznahe oder arbeitsintegrierte Weiterbildungsformen (z.B. Lemstatt, Qualitatszirkel) durchgefuhrt werden (vgl. zur Zuordnung von Lem- und Arbeitsplatzen im Mesosystem Betrieb auch SIEGER-HANUS 2001, S. 12, 18).

37

private Weiterbildungsinstitute, staatliche Fach- und Hochschulen, Kammem und Volkshochschulen ein kaum tiberschaubares Spektrum an Weiterbildungsveranstaltungen an (vgl. HEEG & MUNCH 1993, S. 116 f.). Einfliisse des Mesosystems auf die ihnen zugeordneten Mikrosysteme sind vielfaltig. Interne Lehrveranstaltungen werden von der betrieblichen Weiterbildungseinrichtung und ihrer organisatorischen Gestaltung gepragt. Hinsichtlich der organisatorischen Gestaltung ist beispielsweise die Qualitat des Weiterbildungsprogramms, das Image der Weiterbildungseinrichtung, die Position in der betrieblichen Hierarchie und die Professionalitat des Weiterbildungspersonals von Bedeutung. Ebenso konnen Kooperationen intemer Weiterbildungseinrichtungen mit extemen Institutionen, wie staatlichen Hochschulen, auf Entwicklungsprozesse in Lehrveranstaltungen wirken. Auch die Zusammenarbeit mit anderen betrieblichen Abteilungen, beispielsweise zur Analyse des Weiterbildungsbedarfs, ist hier bedeutsam. tJberdies resultieren Einfliisse aus den Wechselbeziehungen, die zwischen den Lebensbereichen der Weiterbildungsteilnehmer existieren, an denen sie aktiv beteiUgt sind (vgl. BRONFENBRENNER 1981, S. 41). Hierzu gehoren vor allem die zeitlich vor einer Lehrveranstaltung erlebten Lem- und Arbeitssituationen in verschiedenen Weiterbildungseinrichtungen und Betriebsabteilungen. c) Exosystemebene Die Wechselbeziehungen auf der Mesosystemebene unterliegen den Einflussen der gesellschaftlichen Subsysteme auf der Exosystemebene. Hier stehen die die berufliche Weiterbildung pragenden Institutionen und Gruppen, welche dem beruflichen Bildungssystem oder dem Beschaftigungssystem zugeordnet werden konnen, im Zentrum (vgl. SIEGER-HANUS 2001, S. 12). Eine trennscharfe Abgrenzung der beiden Subsysteme ist jedoch nicht moglich, da auch im Beschaftigungssystem individuelle Entwicklungsprozesse (z.B. betriebliche Weiterbildung) stattfinden und das berufliche Bildungssystem durch die Beschaftigung von Lehrenden und Verwaltungspersonal zugleich ein Teil des Beschaftigungssystems ist (vgl. KELL 1995b, S. 294). Das Beschaftigungssystem bezieht sich im weitesten Sinne auf die Gesamtheit gesellschaftlicher Institutionen, die sich auf die Allokation, den Einsatz und die Entlohnung des Produktionsfaktors Arbeit spezialisiert haben (vgl. KUTSCHA

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1999, S. 93 f.). Es lasst sich grob in private und offentliche Betriebe gliedem. Einfliisse auf den einzelnen Betrieb und seine Weiterbildung ergeben sich hier allein schon aus der marktwirtschaftlichen Logik des Beschaftigungssystems, welche vor allem durch mehr oder weniger starke Wettbewerbsbedingungen gekennzeichnet ist. Interne betriebliche Weiterbildung ist primar an einer flexiblen Anpassung an die Bedingungen des Beschaftigungssystems orientiert (vgl. KURTZ 2002, S. 886). Dem entspricht, dass interne betriebliche Weiterbildung nur in geringem Umfang gesetzlich geregelt ist. Deshalb sind kaum institutionelle Regelungsinstanzen auf dieser Systemebene zu fmden. Die weitestgehend autonome Regelung der betrieblichen Weiterbildung durch die Betriebe wird lediglich durch die Interessengruppen Betriebsrat und Gewerkschaften eingeschrankt. Sie agieren auf der Basis von Betriebsvereinbarungen, Tarifvertragen oder des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) und nehmen sehr begrenzt Einfluss auf die Gestaltung und Durchfuhrung intemer betrieblicher Weiterbildung (vgl. DEDERING & FEIG 1993, S. 201 ff.; MUNCH 1994, S. 83; NIENHUSER 1999, S. 154). Beispielsweise besitzt der Betriebsrat nach § 97 BetrVG ein Beratungsrecht gegentiber dem Arbeitgeber bei der Errichtung und Ausstattung betrieblicher Einrichtungen zur Berufsbildung, wie Lehrwerkstatten, Schulungsraume oder Bildungszentren (vgl. DRUMM 2005, S. 439). Demgegeniiber existiert fur den nicht-betrieblichen Teil der beruflichen Weiterbildung ein weitaus engeres Netz von Regelungen (vgl. DOBISCHAT & LIPSMEIER 1991, S. 348). Auf Basis dieser Regelungen agieren verschiedene Institutionen, die dem beruflichen Bildungssystem zuzuordnen sind und dieses flir den Bereich der beruflichen Weiterbildung pragen.^^ Zu den zentralen Bestimmungen gehoren das Berufsbildungsgesetz (BBiG)^^ und die Forderung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) III. Auf der Grundlage des BBiG kann far eine einheitliche berufliche Fortbildung (z.B. Fortbildungen zum Meister, Each- und Betriebswirt) das Bundesministerium far Bildung und Forschung (BMBF) im Einvemehmen mit dem Bundesministerium far Wirtschaft und Arbeit (BMWA) oder dem sonst zustandigen Fachministerium nach Anhorung des Hauptausschusses des Bundesinstituts fur Berufsbildung (BIBB) Fortbildungsordnungen Unter dem beruflichen Bildungssystem wird allgemein das Segment des staatlichen Bildungssystems verstanden, in dem beruflich gelemt wird. Es ist vom allgemeinen Bildungssystem zu unterscheiden, das sich auf die vorberufliche Bildung bezieht. Vgl. zur Neuregelung des BBiG, das zum 1. April 2005 in Kraft getreten ist, ausftihrlich BMBF 2005.

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erlassen (vgl. § 53 BBiG). In den Aufgabenbereich der Kammem als zustandige Stellen (z.B. Industrie- und Handels- sowie Steuerberaterkammem) fallt die Regelung der Fortbildungsprufiingen, sofem auf Bundesebene nicht bereits Regelungen getroffen wurden (vgl. § 54 BBiG). Als weitere, das berufliche Bildungssystem beeinflussende Institution ubemimmt die Bundesagentur fur Arbeit (BA) nach den Vorschriften des SOB III die Forderung der beruflichen Weiterbildung von Arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit Bedrohten (vgl. § 77 SGB III). Das SOB III steht als Finanzierungsgesetz in engem Sachzusammenhang mit dem BBiG. Der regulierende Einfluss auf die Durchfuhrung der staatlich geforderten beruflichen Weiterbildung erfolgt uber Anforderungen an die Mafinahmentrager und die MaBnahmen hinsichtlich Lehrpersonal, Qualitatsstandards, Dauer und Teilnahmebedingungen (vgl. §§84 und 85 SGB III). Damit bestehen Beziehungen zu den Weiterbildungseinrichtungen auf der Mesosystemebene, die von der Finanzierung durch das SGB III abhangig sind. Insgesamt beschrankt sich der staatliche Einfluss auf die Ausgestaltung beruflicher Weiterbildung auf einen Bruchteil der bestehenden Weiterbildungseinrichtungen (vgl. ARNOLD & SCHIERSMANN 2004, S. 48). Dies hangt mit der Entscheidung des Staates zusammen, auf dem Sektor der beruflichen Weiterbildung nur eine subsidiare Funktion auszuuben. Er wird nur dann aktiv, wenn bestimmte Gruppen besonderer Forderung bediirfen (z.B. die Forderung nach den Vorschriften des SGB III) oder wenn es um die Einhaltung von Qualitatsstandards geht. Daraus resultiert zum grofien Teil die institutionelle Struktur auf der Exosystemebene. In diesem Gegeniiber von staatlicher und privater Weiterbildungsorganisation auf der Exosystemebene spiegelt sich auch das Spannungsfeld wider, in dem sich die berufliche Weiterbildung bewegt. Nach KELL (vgl. 1999, S. 89) ist es durch die auf der Makrosystemebene zu verortenden beiden Pole, den primar okonomischen Zielen des Beschaftigungssystems und den primar padagogischen Zielen des Bildungssystems gekennzeichnet. Da Zielbeschreibungen der Institutionen von den Systemzusammenhangen abhangig sind, in die sie eingebettet sind, bewegen sich die die berufliche Weiterbildung pragenden Institutionen der Mesosystemebene im Uberschneidungsbereich zwischen Bildungs- und Beschafti40

gungssystem. Sie sind darin unterschiedlich platziert, wodurch differierende Gewichtungen bei den Zielvorgaben fur das Lemen und Arbeiten in diesen Institutionen in Bezug auf die okonomische und padagogische Zieldimension resultieren (vgl. KELL 1999, S. 94). Fiir interne betriebliche Weiterbildungseinrichtungen, die dem Beschaftigungssystem zuzuordnen sind, gelten vorrangig okonomische Ziele.^^ Hingegen gewinnen in Institutionen des beruflichen Bildungssystems, die fiir den nicht-betrieblichen Teil der beruflichen Weiterbildung zustandig sind, neben okonomischen Zielen vermehrt auch padagogische Ziele an Bedeutung. Beispielsweise bieten staatHche Fachschulen Aufstiegsweiterbildungen zum Meister oder Techniker an, die neben vertiefter beruflicher Fachbildung explizit auch die Allgemeinbildung fordem (vgl. MUNCH 1994, S. 69). Analog dazu sind die kaufmannischen und gewerblich-technischen Lehrgange im Weiterbildungsangebot der Kammem einzuordnen (z.B. Lehrgange zum Each-, Betriebswirt oder Industriemeister). Davon komplett abzugrenzen sind die Institutionen des allgemeinen Bildungssystems (z.B. Realschule, Gymnasium), die vorrangig padagogische Zielsetzungen verfolgen. d) Makrosystemebene Die die Exosystemebene kennzeichnende Differenzierung zwischen dem Beschaftigungs- und dem allgemeinen bzw. beruflichen Bildungssystem beruht auf den auf der Makrosystemebene zu verortenden Traditionen, Vorstellungen, Wertorientierungen etc. in der Gesellschaft. Diese betreffen beispielsweise grundsatzliche Vorstellungen iiber die Beziehung zwischen Wirtschaft und Bildung oder Arbeiten und Lemen. Aus makrosystemischer Sicht kennzeichnen marktwirtschaftliche Prinzipien die Strukturen der Wirtschaft. Mit ihren dominant okonomischen Zielen, die im Gewinn- oder Renditestreben zum Ausdruck kommen, iibt dieser Teil des Makrosystems Einfluss auf das Beschaftigungssystem aus. Er steht femer in horizontaler Beziehung zu den bildungspolitischen Vorstellungen dieser Ebene, die determinierend ftir die Ausgestaltung des gesellschaftlichen Bildungssystems sind. Diese Beziehung zwischen Wirtschaft und Bildung bzw. Beschaftigungs- und Bildungssystem lasst sich am Berufsprinzip festmachen. Auf die berufliche Organisation der gesellschaftlichen Arbeit reagiert die Bildungspolitik bei der Strukturierung des Bildungssystems weitgehend

Insbesondere GroBbetriebe bieten vereinzelt auch allgemeine Weiterbildung (z.B. politische, kulturelle Weiterbildung) an, die nicht an okonomischen Zielen orientiert ist (vgl. MUNCH 1994, S. 68).

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durch die Anpassung an das Berufsprinzip (vgl. KELL 1995a, S. 382 f.). Auf der Ebene eines Arbeitsplatzes zeigt sich diese Beziehung in folgender Weise: Auf einen zu besetzenden Arbeitsplatz, der ein bestimmtes berufliches Anforderungsniveau voraussetzt, reagiert das Berufsbildungssystem grundsatzlich durch entsprechende Vermittlung von beruflichen Fahigkeitsbiindeln in der beruflichen Weiterbildung (vgl. KELL 1995a, S. 381). Die Analyse der Umweltbeziehungen intemer betrieblicher Weiterbildung verdeutlicht, dass die Entwicklung des Weiterbildungsteilnehmers durch komplexe wechselseitige Person-Umwelt-Beziehungen charakterisiert ist. Lem- und Arbeitsplatze stellen als unmittelbare Lebensbereiche des Weiterbildungsteilnehmers die zentralen Umwelten dar. Sie verweisen auf Lem- und Arbeitsprozesse als zwei grundlegende Dimensionen der Entwicklungsprozesse von Personen, die an Weiterbildung teilnehmen (vgl. KELL 1991, S. 305; 2000b, S. 150).

2.3.3

Menschliche Entwicklung vor dem Hintergrund von Lern- und Arbeitsprozessen

Menschliche Entwicklung versteht BRONFENBRENNER als „Prozess, durch den die sich entwickelnde Person erweiterte, differenziertere und verlasslichere Vorstellungen uber ihre Umwelt erwirbt. Dabei wird sie zu Aktivitaten und Tatigkeiten motiviert und befahigt, die es ihr ermoglichen, die Eigenschaften ihrer Umwelt zu erkennen und zu erhalten oder auf nach Form und Inhalt ahnlich komplexem oder komplexerem Niveau umzubilden" (BRONFENBRENNER 1981,8.44). Ausgehend von diesen eher impliziten Zielvorstellungen menschlicher Entwicklung (vgl. STOLZ 1987, S. 10) lassen sich zumindest ansatzweise Produkte von Entwicklungsprozessen feststellen. Zum einen verbindet SCHMIDT-PETERS (vgl. 1999, S. 97) mit erweiterten, differenzierteren und verlasslicheren Vorstellungen komplexer werdende kognitive Strukturen, die eine Person iiber ihre Umwelt erwirbt. Entwicklungen zeigen sich also dann, wenn der Aufbau von Wissensbestanden iiber individuell relevante Umweltbereiche (z.B. Lem- und Arbeitsumwelten) durch Lemen gelingt. Zum anderen zeigen sich Entwicklungen auch an zunehmender Motivation und hoheren Fahigkeiten zu umfassender Um42

welterkenntnis und aktiver Umweltgestaltung. Damit verweisen BRONFENBRENNERs Entwicklungsvorstellungen auch auf Veranderungen intrinsischer motivationaler Faktoren, wie Interessen, Einstellungen und Werte (vgl. SCHMIDT-PETERS 1999, S. 97; SCHWADORF 2003, S. 34). Sie bilden die notwendige Voraussetzung zur Anwendung der erworbenen Fahigkeiten im Sinne eines aktiven, selbsttatigen und produktiv verandemden Handelns der Person in seiner Umwelt. Von wesentlicher Bedeutung fur menschliche Entwicklung sind okologische Ubergange, da diese sowohl Folge als auch AnstoB von Entwicklungsprozessen sein konnen (vgl. BRONFENBRENNER 1981, S. 43). „Ein okologischer Ubergang findet statt, wenn eine Person ihre Position in der okologisch verstandenen Umwelt durch einen Wechsel ihrer Rolle, ihres Lebensbereichs oder beider verandert" (BRONFENBRENNER 1981, S. 43). In der intemen betrieblichen Weiterbildung ergeben sich okologische IJbergange vor allem 1) beim Wechsel des Weiterbildungsteilnehmers vom Arbeitsplatz zum Lemplatz in einer Lehrveranstaltung, 2) beim Wechsel zwischen verschiedenen Lemplatzen wahrend der Lehrveranstaltung und 3) beim Wechsel vom Lemplatz in einer Lehrveranstaltung zurtick an den Arbeitsplatz. Da der Einfluss okologischer Ubergange auf die menschliche Entwicklung von den strukturellen Unterschieden zwischen den verschiedenen Umwelten abhangt und diese zwischen Lem- und Arbeitsumwelten besonders groB sind, verdienen Ubergange zwischen Lem- und Arbeitsplatzen besondere Beachtung (vgl. KELL 1991, S. 305). Zusatzliche Entwicklungsimpulse gehen auch davon aus, dass Personen aufgrund gestiegener Lem- und Arbeitsplatzanfordemngen zunehmend haufiger in unterschiedlichen Wechselbeziehungen mit spezifischen betrieblichen Lem- und Arbeitsumwelten stehen. Lern- und Arbeitsprozesse konnen daher als die zwei gmndlegenden Dimensionen der Entwicklungsprozesse von Personen betrachtet werden, die sich in der betrieblichen Weiterbildung befmden (vgl. KELL 2000b, S. 150). Als menschliche Tatigkeiten bzw. Handlungen sind sie bewusst und zielgerichtet, unterscheiden sich jedoch in Bezug auf die Situation. Die Wahmehmung und Definition

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einer Situation hangt zum einen von der spezifischen Umwelt ab, zum anderen aber auch von der subjektiven Bedeutung, die das Individuum der Situation beimisst. DemgemaB lassen sich nach KELL Lem- und Arbeitssituationen wie folgt voneinander abgrenzen: „Eine Situation wird vom Individuum als Lernsituation wahrgenommen und definiert, wenn es diese bewusst und zielgerichtet dominant zur Veranderung der eigenen Person zu nutzen beabsichtigt. Bine Situation wird vom Subjekt als Arbeitssituation wahrgenommen und definiert, wenn es diese [bewusst und zielgerichtet; Anm. d. Verf.] dominant zur Veranderung seiner Umwelt zu nutzen beabsichtigt" (KELL 1989, S. 16). Lem- und Arbeitssituationen lassen sich nicht immer exakt unterscheiden. Wahrnehmungs- und Defmitionsspielraume konnen dazu fiihren, dass Uberschneidungen und Gleichzeitigkeiten von Lem- und Arbeitssituationen auftreten. Lemen und Arbeiten sind dialektisch so miteinander verkniipft, „dass die Verandemng der Umwelt durch die Arbeit einer Person nicht nur diese, sondem auch die Person selbst verandert und dass mit der Verandemng der Person durch Lemen sich ihre Wahmehmungen und Defmitionen der Umwelt verandem" (KELL 1991, S. 305 f.). In der betrieblichen Weiterbildung sind Lem- und Arbeitsprozesse wie folgt zu systematisieren: Betriebliche Lehrveranstaltungen werden vorrangig als Lemsituationen interpretiert, da hier losgelost vom Arbeitsplatz eindeutig die Verandemng der eigenen Person durch Lemprozesse im Vordergmnd steht. Demgegentiber sind Arbeitsprozesse an betriebliche Arbeitssituationen gebunden. Aus bemfspadagogischer Sicht sind diese vor allem dann entwicklungsforderlich, wenn sie sich von Routine und dem bloBem Vollzug von Arbeit losen und einen Handlungsspielraum bieten (vgl. KELL 1989, S. 17 f.). In dieser Hinsicht sind repetitive Tatigkeiten, wie z.B. das stundenlange Buchen gleichgelagerter Geschaftsvorfalle in der Finanzbuchhaltung, eindeutig als Arbeitssituationen ohne Lemmoglichkeiten zu klassifizieren, da sie ausschliel31ich auf eine Verandemng der Umwelt gerichtet sind. Hingegen kann bei Arbeitssituationen, wie der Leitung von Projekten, davon ausgegangen werden, dass sich hier neue Herausfordemngen fur den Mitarbeiter stellen und diese Situationen zugleich als entwicklungsforderliche Lemsituationen wahrgenommen und interpretiert werden. 44

Ebenso stellt sich fur den Lemtransfer die Frage, ob es sich bei der Anwendung des Gelemten in neuen Situationen am Arbeitsplatz um Arbeits- oder auch Lemsituationen handelt. Da sich Transferaktivitaten grundsatzlich auf neue Situationen beziehen, unterscheiden sie sich deutlich von Routinehandlungen. Sie fordem nicht nur zum Nachdenken heraus, sondem insbesondere zur kritischen Reflexion und selbsttatigen Auseinandersetzung mit bestehenden Arbeitsanforderungen hinsichtlich moglicher Verbesserungen. Dadurch sind sie zum einen auf Veranderungen der Umwelt gerichtet und entsprechend als Arbeitssituationen zu interpretieren, zum anderen aber zugleich als Lemsituationen zu deuten, die Entwicklungschancen bieten. Derartige Uberschneidungen von Lem- und Arbeitssituationen sind aus berufs- und wirtschaftspadagogischer Sicht wunschenswert. Die zu erwartenden Entwicklungen fallen dabei umso hoher aus, je entwicklungsfbrderlicher sich das zugrunde liegende Arbeitsumfeld insgesamt darstellt. Da sich menschliche Entwickiung in Wechselbeziehung zwischen Person und Umwelt ereignet, setzt aus berufs- und wirtschaftspadagogischer Sicht die positive Gestaltung von Lem- und Arbeitsprozessen in der Weiterbildung sowohl an personalen Voraussetzungen als auch spezifischen Umweltbedingungen an. Auf der Seite des Weiterbildungsteilnehmers sind innerpsychische (kognitive, motivational etc.) Faktoren zu identifizieren, von denen ein Einfluss auf das Lemen in betrieblichen Lehrveranstaltungen angenommen wird. Ansatze hierzu liefem vor allem padagogisch-psychologische Forschungen (vgl. z.B. KRAPP & WEIDENMANN 2001; ROST 2001). Auf der Umweltseite ist es nahe liegend, zunachst Einflussfaktoren der Mikrosysteme als zentrale Lebensbereiche des Weiterbildungsteilnehmers zu erforschen. Fiir die padagogische Gestaltung betrieblicher Lemsituationen bieten vorzugsweise die Didaktik bemfiichen Lemens sowie die Lehr-Lem-Forschung geeignete Ankniipfungspunkte (vgl. z.B. ACHTENHAGEN 1997; TWARDY 1999). Hinsichtlich betrieblicher Arbeitssituationen steht die lem- und entwicklungsforderliche Gestaltung im Vordergmnd (vgl. z.B. VOLPERT 1989). Femer ist die Gestaltung der Beziehungen zwischen Lem- und Arbeitssituationen sehr wichtig. Sie bestimmt, inwieweit die bei okologischen Obergangen gegebenen Entwicklungsmoglichkeiten von dem Weiterbildungsteilnehmer optimal genutzt werden (vgl. auch KELL 1996, S. 11). Vor diesem Hintergmnd sind bemfs-

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padagogische, psychologische und betriebswirtschaftliche Forschungen zur Erklarung und Forderung von Lemtransfer zu betrachten. So besteht das Problem in der betrieblichen Weiterbildung oflmals darin, die in Lehrveranstaltungen erworbenen Kenntnisse am Arbeitsplatz nicht entsprechend anwenden zu konnen (vgl. MANDL & GRUBER 1999b, S. 376). Innerhalb der Transferforschung existieren Ansatze (z.B. gemaBigt konstruktivistische Lehr-Lem-Philosophie), die sich mit den Moglichkeiten einer transferforderlichen Gestaltung der Beziehungen zwischen Lem- und Anwendungssituationen am Arbeitsplatz befassen (vgl. z.B. BERGMANN & SONNTAG 1999; MANDL & GRUBER 1999a; 1999b). Betriebliche Lem- und Arbeitssituationen werden auch von den sie umgebenden groBeren Kontexten beeinflusst. Aus diesem Grund hat die berufs- und wirtschaftspadagogische Forschung uber die Mikrosysteme hinaus entwicklungsbestimmende Faktoren zu identifizieren. Im Zuge der wachsenden Bedeutung betrieblicher Weiterbildung bieten sich hier insbesondere Analysen an, die sich mit der Organisation der Weiterbildung in den Betrieben (z.B. Strategic, Institutionalisierung und Konzeption) befassen. Sie bestimmen maBgeblich den Entwicklungsrahmen von Teilnehmem betrieblicher Lehrveranstaltungen. Insgesamt bietet das Modell von BRONFENBRENNER einen geeigneten Bezugsrahmen fur Forschungen in der betrieblichen Weiterbildung (vgl. RECKHOG 1999, S. 152). Es erlaubt einen umfassenden Blick auf das komplexe Umweltgefuge, in dem sich betriebliche Weiterbildung voUzieht (vgl. SCHMIDTPETERS 2000, S. 94), und ermoglicht dadurch eine systematische und differenzierte Analyse menschlicher Entwicklungsprozesse. Daruber hinaus verspricht die okologische Perspektive wertvoUe Erkenntnisse fiir die Evaluation von WeiterbildungsmaBnahmen und die erwachsenengerechte Gestaltung von Lem- und Arbeitsumwelten im Kontext betrieblicher Weiterbildung (vgl. auch RECK-HOG 1999, S. 154). Aus bemfs- und wirtschaftspadagogischer Sicht ist BRONFENBRENNERs Modell jedoch hinsichtlich der Frage zu konkretisieren, vor welchem normativen Hintergmnd menschliche Entwicklungsprozesse bewertet werden soUen (vgl. STOLZ 1987, 9 f.). Da er selbst keine normativen Ziele formuliert, verweisen seine impliziten Zielvorstellungen jedoch mindestens auf Kompatibilitat mit bemfs- und wirtschaftspadagogischen Normen (vgl. KELL 1989, S. 15). Diese

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werden von JUNGKUNZ (vgl. 1995, S. 18, 28 ff.) mit beruflicher Tuchtigkeit und Mtindigkeit fur den Bereich der beruflichen Bildung definiert. Um festzustellen, inwieweit Entwicklungsprozesse in der betrieblichen Weiterbildung stattfinden, ist daher zum einen das Ergebnis dieser Entwicklungsprozesse als Weiterbildungserfolg zu iiberprufen.^^ Zum anderen muss einer solchen Uberprufung jedoch die Klarung und Konkretisierung normativer Ziele vorausgehen, anhand derer eine Bewertung des Weiterbildungserfolgs vorgenommen werden kann. Inwieweit die interne betriebliche Weiterbildung den aus berufs- und wirtschaflspadagogischer Sicht normativen Zielkategorien beruflicher Tuchtigkeit und beruflicher Mtindigkeit gerecht wird, ist deshalb im Folgenden zu analysieren. Diese Analyse nimmt ihren Ausgangspunkt bei dem fiir die interne betriebliche Weiterbildung relevanten Umweltsystem.

2.4

Ziele interner betrieblicher Weiterbildung

2.4.1

Ziele interner betrieblicher Weiterbildung zwischen Qualifikation und Bildung

Die Besonderheit interner betrieblicher Weiterbildung liegt darin, dass sie nicht im beruflichen Bildungssystem, sondem im Beschaftigungssystem stattfindet. Deshalb wird die interne betriebliche Weiterbildung insbesondere von den dort vorherrschenden okonomischen Zielvorstellungen gepragt. Damit steht sie unter dem Anpassungsdruck des Beschaftigungssy stems. Die Dominanz okonomischer Ziele fuhrt dazu, dass Betriebe ihre Weiterbildung vorrangig an Zielen betrieblicher Rentabilitat ausrichten (vgl. KELL 1999, S. 94; KURTZ 2002, S. 886). Ihr Interesse besteht damit zunachst an einer unmittelbaren okonomischen Verwertbarkeit entwickelter Fahigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse im Arbeitsprozess (vgl. PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 13). Diese soUen dem Untemehmen Nutzen stiften, beispielsweise in Form von Umsatz- und Produktivitatssteigerungen, Kostensenkungen oder Qualitatsverbesserungen. Dem okonomischen Verwertungsinteresse liegen Qualifikationen als Produkte betrieblicher Weiterbildungsaktivitaten zugrunde. Qualifikationen bezeichnen die vom Betrieb nachgefragten, aktuell verwertbaren Fahigkeiten von

Vgl. hierzu auch KELL 2000b, S. 15L

47

Personen, Leistungsanforderungen in konkreten beruflichen Situationen gerecht zu werden (vgl. BAETHGE 1989, S. 479; REETZ 1999, S. 38). Insofem stehen Qualifikationen fur die Anpassung des Individuums an die vom Beschaftigungssystem defmierten Anforderungen (vgl. WILSDORF 1991, S. 45; GEORG & SATTEL 1995, S. 127). Qualifikationen betonen die Fahigkeit zur Reproduktion des Gegebenen (vgl. auch RAUNER 2002, S. 540). Ihren Wert gewinnen Qualifikationen daher lediglich als Mittel fur die Bearbeitung bzw. Bewaltigung innerer und auBerer Handlungsaufgaben, in denen es auf die Besonderheit der Menschen, der Dinge und der sozialen Beziehungen nicht ankommt (vgl. KADE 1983, S. 864 f). Durch technologische, wirtschaflliche und gesellschaftliche Megatrends (s. Kap. 2.2.1) verandem sich jedoch die Anforderungen an betrieblichen Arbeitsplatzen erheblich (vgl. KELL 2000a, S. 235; HARTEIS, HEID, BAUER & FESTNER 2001, S. 224 f). Diese dehnen sich verstarkt in Bereiche aus, die eher dem Bereich der Personlichkeitsentwicklung zuzuordnen sind (vgl. ARNOLD & LIPSMEIER 1995, S. 16; BECK 2001, S. 27; ARBEITSSTAB FORUM BILDUNG 2001, S. 2). Deshalb erkennen die Betriebe inzwischen immer deutlicher, dass zur Bewaltigung der Anforderungen mehr als nur Qualifikationen zur Anpassung zu fordem sind (vgl. ARNOLD 1999b, S. 253; TRIER 1999, S. 48; BECKER 2002b, S. 159). Dieses erforderliche Mehr an Qualifikationen ist Ausdruck einer neuen Qualitat betrieblicher Weiterbildung und hat viel mit Bildung im Sinne von Personlichkeitsbildung zu tun (vgl. ARNOLD 1999b, S. 253; vgl. auch REETZ 1999, S. 34; SCHMIDT-PETERS 1999, S. 18). Darunter fallen beispielsweise Fahigkeiten zur kritischen Reflexion beruflicher Gegebenheiten, eigenstandiges Denken, Urteils- und Verantwortungsfahigkeit sowie die Fahigkeit, aus Einsicht zu handeln (vgl. WILSDORF 1991, S. 38). Ebenso fordem PRENZEL, MANDL & REINMANN-ROTHMEIER (vgl. 1997, S. 26) den untemehmerisch denkenden und handelnden Mitarbeiter, der an der Entwicklung und Gestaltung des Untemehmens mitwirkt. Auch HEID (vgl. 2003, S. 17) erachtet Kreativitat, Kritik als Motor der Veranderung und neue gute Ideen als wichtige Voraussetzungen fur den wirtschaftlichen Erfolg von Untemehmen. Diese Aspekte tragen somit wesentlich zur Bildung des Individuums im betrieblichen Kontext bei, die auf so zentrale Begriffe wie Miindigkeit, Selbstreflexion, Selbstbestimmung. Autonomic und personliche Identitat verweist (vgl. KELL 2000a, S. 212; vgl. auch WILSDORF 1991, S. 38 f).

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Auch wenn diese Entwicklungstendenzen in der betrieblichen Weiterbildung letztlich einem okonomischen Kalkiil entspringen (vgl. KURTZ 2002, S. 888), kommen sie den individuellen Bediirfnissen und Interessen der Mitarbeiter entgegen und dienen dem padagogischen Ziel der Personlichkeitsbildung (vgl. REETZ 1994, S. 4). Nach KELL (vgl. 1999, S. 102) bieten derartige Weiterbildungsprozesse dann auch die Chance, als padagogisch wiinschenswerte Bildungsprozesse interpretiert zu werden. Ihre Grenzen sind dabei allerdings durch den Untemehmenszweck bestimmt (vgl. PRENZEL, MANDL & REINMANNROTHMEIER 1997, S. 26). Aus berufs- und wirtschaftspadagogischer Perspektive wird berufliche Bildung mit den beiden normativen Zielkategorien berufliche Ttichtigkeit und berufliche Miindigkeit konkretisiert (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 28 ff.). Nach JUNGKUNZ (1995, S. 31) wird berufliche Ttichtigkeit definiert „als die durch Lem- und Arbeitsprozesse erworbene, von der Person selbst und anderen Personen wahrgenommene und beurteilte relativ dauerhafte Eigenschaft einer Person, bestimmten Erfordemissen voll und ganz gentigen zu konnen". Demnach steht bei der Ttichtigkeit die Erfiillung konkret defmierter extemer Leistungsanforderungen im Vordergrund, die auf die funktionale Seite der Weiterbildung im Sinne von Qualifikationen verweisen. Unter dem Anpassungsdruck des Beschaftigungssystems ist betriebliche Weiterbildung daher zunachst an beruflicher Ttichtigkeit orientiert (vgl. SCHMIDT-PETERS 2000, S. 71). Hingegen umfasst berufliche Mundigkeit „den kritischen, selbstreflexiven Gebrauch der fur die berufliche Ttichtigkeit erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen sowie die kritische Reflexion betrieblicher, beruflicher und gesellschaftlicher Strukturen in sozialer Verantwortung durch das Individuum" (JUNGKUNZ 1995, S. 36). Wahrend berufliche Ttichtigkeit auch ohne Mtindigkeit denkbar ist, setzt berufliche Mtindigkeit das Vorhandensein beruflicher Ttichtigkeit notwendigerweise voraus (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 36). Insofem ist mit einem Zuwachs an Ttichtigkeit auch die Moglichkeit zu einem Zuwachs an Mtindigkeit gegeben (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 37). In dieser Konstellation stellen Ttichtigkeit und Mtindigkeit bzw. Qualifikation und Bildung keine gegensatzlichen Prinzipien beruflichen Lemens dar (vgl. KADE 1983, S. 868), sondem sind eher als sich erganzende GroBen zu charakterisieren.

49

In der betrieblichen Weiterbildung wird die Grenze zur Miindigkeit im Sinne von Personlichkeitsbildung also dann iiberschritten, wenn Lemprozesse so gestaltet sind, dass ein Individuum nicht nur Kenntnisse, Fertigkeiten und Einstellungen erwirbt, sondem sich damit selbsttatig, selbstorganisiert sowie mit kritischem Urteil auseinandersetzen kann (vgl. KELL 1987, S. 30; ARNOLD 1995, S. 16). Die Forderung solcher Lemprozesse ist in zahlreichen Betrieben bereits Kemanliegen modemer Weiterbildung (vgl. ARNOLD 1995, S. 17; LISOP 1995, S. 42). Da auch Aspekte der beruflichen Mundigkeit und Personlichkeitsentwicklung in der betrieblichen Weiterbildung gefordert und gefordert werden, beinhaltet der Begriff „Weiterbildung" zu Recht den Wortbestandteil „Bildung" (vgl. auch ARNOLD & SCHIERSMANN 2004, S. 34). Jedoch ist zu beachten, dass betriebliche Weiterbildungsziele gegenuber berufs- und wirtschaftspadagogischen Bildungszielen eingeschrankt sind (s. Abb. 7). Betriebliche Weiterbildungsziele erfahren ihre Begrenzung dadurch, dass sie okonomischen MaBstaben unterliegen. Sie sind aber mit den berufs- und wirtschaftspadagogischen Zielkategorien beruflicher Tiichtigkeit und beruflicher Mundigkeit grundsatzlich kompatibel. Inwieweit jedoch betriebliche Lemprozesse bemfliche Tiichtigkeit und bemfliche Mundigkeit tatsachlich fordem und als Bildungsprozesse verlaufen, kann letztlich nur empirisch geklart werden.

Abb. 7:

50

Betriebliche Weiterbildungsziele zwischen Qualifikation und Bildung (in Aniehnung an SCHWADORF 2003, S. 49)

2.4.2

Berufliche Handlungskompetenz als normative Zielkategorie interner betrieblicher Weiterbildung

Das Konzept einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz hat sich als Ziel modemer beruflicher Bildung durchgesetzt (vgl. P A T Z O L D 1999, S. 57). Mit dem Anspruch, eine iiber die Qualifizierung hinausgehende, mtindigkeitsorientierte Bildungsarbeit zu ermoglichen (vgl. DEHNBOSTEL 2003, S. 7), konkretisiert berufliche Handlungskompetenz das Ziel beruflicher Bildung im Sinne von beruflicher Tiichtigkeit und beruflicher Miindigkeit (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 59 f.). Die Einfiihrung des Kompetenzbegriffs in den 1970er Jahren durch den DEUTSCHEN BILDUNGSRAT signalisierte ein neues Lem- und Lemzielverstandnis, das gegeniiber dem funktionalen Qualifikationsverstandnis starker die personlichkeits- und handlungsorientierte Bildungsarbeit in den Vordergrund stellte (vgl. PATZOLD 1999, S. 245). Erst im Zuge der Neuorientierung der beruflichen Bildung in den 1980er Jahren aufgrund veranderter Anforderungen des Beschaftigungssystems kristallisierte sich berufliche Handlungskompetenz verstarkt als neue Zielorientierung heraus (vgl. BADER 1997, S. 70). Heute gilt die Forderung beruflicher Handlungskompetenz vor allem in der beruflichen Erstausbildung als Leitziel (vgl. BADER 2000, S. 211; DEHNBOSTEL 2003, S. 7). Auch in der betrieblichen Weiterbildung hat sich berufliche Handlungskompetenz inzwischen als zentrale Zielkategorie in Theorie und Praxis etabliert (vgl. z.B. SONNTAG & SCHAPER 1999, S. 211; ERPENBECK & SAUER 2000, S. 303; BADER & MULLER 2002, S. 176; KAUFFELD 2003, S. 178; DEHNBOSTEL & PATZOLD 2004, S. 19; SONNTAG 2004, S. 829). So wird betriebliche Weiterbildung als wesentlicher Bestandteil der Personalentwicklung bei MUNCH (vgl. 1995b, S. 15 f.) defmiert als Mittel zur Weiterentwicklung der Handlungskompetenz der Mitarbeiter mit dem Ziel, den Untemehmenserfolg unter weitestgehender Berucksichtigung der Mitarbeiterinteressen zu sichem (vgl. auch KAUFFELD & GROTE 2000, S. 170). Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass Handlungskompetenz in der betrieblichen Weiterbildung anders akzentuiert wird als in der beruflichen Erstausbildung (vgl. SCHWADORF 2003, S. 59). Handlungskompetenz als ZielgroBe betrieblicher Weiterbildung ist starker auf den Untemehmenserfolg ausgerichtet, weshalb teilweise auch der Ausdruck „betriebliche Handlungskompetenz" Verwendung fmdet (vgl. BECK 2005, 51

S. 83). Gleichwohl bestehen Gemeinsamkeiten in der Erweiterung gegeniiber dem Qualifikationsbegriff (vgl. DEHNBOSTEL 2003, S. 8). Da der Begriff der beruflichen Handlungskompetenz haufig undifferenziert verwendet und unterschiedlich konkretisiert wird, erfolgt eine Annaherung tiber die Abgrenzung der Begriffe Handlung und Kompetenz. Handlungen sind „zielgerichtete, in ihrem inneren Aufbau verstandene Vollziige, die ein fassbares Ergebnis erzeugen" (AEBLI 2001, S. 182). Sie stellen Prozesse dar, die auf Gestaltungsspielraumen des Subjekts basieren und dabei sowohl Veranderungen der Umwelt als auch des Individuums einschlieBen (vgl. SCHWADORF 2003, S. 63). Durch ihren mehrdimensionalen Charakter umfassen Handlungen nicht nur gedankliche Konstruktionen, sondem auch psychomotorische Leistungen (vgl. SCHWADORF 2003, S. 63). Aufgrund der im Handlungsbegriff zum Ausdruck kommenden zielgerichteten und bewussten Aktivitaten des Individuums, die Veranderungen der Umwelt, aber auch der Person hervorrufen, ist dieser m.E. auch mit BRONFENBRENNERs Vorstellungen menschlicher Entwicklung vereinbar (s. Kap. 2.3.3). Handlungen sind das sichtbare Moment, welche durch die zugrunde liegenden individuellen Kompetenzen bestimmt werden. Kompetenzen werden deshalb auch als „Lemerfolg im Hinblick auf den Lemenden selbst und seine Befahigung zu selbstverantwortlichem Handeln" defmiert (DEUTSCHER BILDUNGSRAT 1974, S. 65). Insofem sind Kompetenzen in erster Linie subjektzentriert, schlie13en aber eine Verwertbarkeit keineswegs aus (vgl. BADER 1997, S. 72). Hierin besteht der entscheidende Unterschied zu Qualifikationen, die den Lemerfolg in Bezug auf die Verwertbarkeit in beruflichen Situationen betonen und daher sachverhaltszentriert sind (vgl. ERPENBECK & VON ROSENSTIEL 2003, S. 11). Jedoch werden Kompetenzen zur Handlung inzwischen haufig nicht nur durch Handlungsfahigkeit, sondem als Handlungsfahigkeit und Handlungsbereitschaft defmiert (vgl. BERGMANN 1999, S. 32; STAUDT & KRIEGESMANN 1999b, S. 37; BADER & MULLER 2002, S. 176; SCHWADORF 2003, S. 65 ff).^^

^^

52

STAUDT & KRIEGESMANN (vgl. 1999b, S. 37) erganzen als weiteres Element der Kompetenz zur Handlung im organisatorischen Kontext die Zustandigkeit als formale Legitimation fur Personen, in einem Untemehmen bestimmte Handlungen ausfiihren zu diirfen.

Damit soil neben dem kognitiven Aspekt der Handlungsfahigkeit auch der motivationale Aspekt der Handlungsbereitschaft betont werden. a) Handlungsfahigkeit Das Element der Handlungsfahigkeit verweist auf Kompetenzen als Fahigkeitspotentiale, die ein Individuum in der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt erwirbt (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 60). Sie stellen die kognitive Grundlage fur Handlungen dar (vgl. STAUDT & KRIEGESMANN 1999b, S. 37) und sind als Tiefenstrukturen im Menschen reprasentiert (vgl. HEURSEN 1995, S. 472). Dadurch entziehen sie sich einer direkten Beobachtung. Das Fahigkeitspotential eines Menschen lasst sich nur indirekt liber die Qualitat der Ausfuhrung individueller Arbeitshandlungen (Performanz) erschlieBen. b) Handlungsbereitscliaft Handlungsbereitschaft stellt die motivationale Grundlage des Handelns dar und ist ebenso Teil der menschlichen Tiefenstruktur. Ohne eine entsprechende Motivation konnen Fahigkeiten nicht zur Anwendung gelangen, was langfristig zu einem Abbau des Fahigkeitspotentials fuhren kann (vgl. MANDL & KRAUSE 2001, S. 7). Umgekehrt wird die Bereitschaft durch die vorhandenen Fahigkeiten begrenzt. Damit stehen beide in enger Wechselbeziehung und sind nicht exakt voneinander abzugrenzen (vgl. STAUDT u.a. 1997, S. 59; SCHWADORF 2003, S. 68). Ein solches Kompetenzverstandnis, das den engen Zusammenhang von Fahigkeit und Bereitschaft hervorhebt, verdeutlicht, dass in der betrieblichen Weiterbildung nicht nur Kompetenz als Fahigkeit, sondem zugleich auch motivationale Aspekte wie Interessen, Einstellungen und Werte gefordert werden sollen (vgl. BUTSCH, GAIRING, PETERSSEN & RIEDL 1991, S. 34 f). Insofem ist auch der Kompetenzbegriff mit BRONFENBRENNERs menschlicher Entwicklung kompatibel, in deren Verlauf Personen zu Aktivitaten und Tatigkeiten befahigt und motiviert werden (s. Kap. 2.3.3). Unter Eingrenzung der Handlungen auf berufliche Situationen kann auft)auend auf den beiden Elementen Handlung und Kompetenz berufliche HandlungsIcompetenz defmiert werden als „die Fahigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen Situationen sachgerecht, gruppen- und beziehungsorientiert sowie 53

verantwortlich reflektiert zu handeln" (SCHWADORF 2003, S. 70 in enger Anlehnung an BADER 1997, S. 70). Sie ermoglicht, anstehende Aufgaben- und Problemstellungen zielorientiert auf der Basis von Wissen und Erfahrungen sowie durch eigene Ideen selbstandig zu losen, die Losungen zu bewerten und die individuelle Handlungsfahigkeit weiterzuentwickeln (vgl. BADER 1990, S. 11). Ausgehend von diesem Kompetenzverstandnis sind vor dem Hintergrund der Zielstellung der vorliegenden Arbeit die beiden Aspekte der Struktur und Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz naher zu betrachten. a) Struktur beruflicher Handlungskompetenz Entsprechend der Definition beruflicher Handlungskompetenz kann ihre kompetenzanalytische Struktur mit den drei Dimensionen 1) Sachkompetenz (sachgerechtes Handeln), 2) Sozialkompetenz (gruppen- und beziehungsorientiertes Handeln) und 3) Selbstkompetenz (verantwortlich reflektiertes Handeln) konkretisiert werden (vgl. SCHWADORF 2005, S. 67). Diese dreidimensionale Struktur beruflicher Handlungskompetenz hat sich auch in der betrieblichen Weiterbildung iiberwiegend durchgesetzt (vgl. MEYERDOHM 1988, S. 258; DEHNBOSTEL 1998, S. 185; LISOP 1998, S. 44; SONNTAG & SCHAPER 1999, S. 212).^^ In ihr kommt in Anlehnung an die Definition des DEUTSCHEN BILDUNGSRATs (vgl. 1974, S. 49) die Beziehung zwischen Sachgegenstand (Sachkompetenz), Gesellschaft (Sozialkompetenz) und Individuum (Selbstkompetenz) zum Ausdruck. Aus diesem Grund stellt die Dreiteilung eine angemessene und ausgewogene Differenzierung dar (vgl. SCHWADORF 2003, S. 87; TRAUTWEIN 2004, S. 38). Daruber hinaus existieren auch Kompetenzmodelle mit vier Dimensionen, die zwischen Sach-, Sozial-, Selbst- und Methodenkompetenz unterscheiden (vgl. P A T Z O L D 1999, S. 57; WEISS 2002a, S. 75; KAUFFELD 2003, S. 178). Allerdings ist eine Ausgliederung der Methodenkompetenz aus handlungstheoretischer Sicht nicht sinnTeilweise unterscheiden sich die Modelle hinsichtlich der Bezeichnung der Kompetenzdimensionen. Die Selbstkompetenz wird synonym auch als Personalkompetenz (vgl. MEYER-DOHM 1988, S. 258; SONNTAG & SCHAPER 1999, S. 212) oder Humankompetenz (vgl. DEHNBOSTEL 1998, S. 185) bezeichnet. Anstelle von Sachkompetenz wird auch der Begriff der Fachkompetenz verwendet (vgl. SONNTAG & SCHAPER 1999, S. 212; DEHNBOSTEL 1998, S. 185).

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voll. Als Fahigkeit und Bereitschaft zu zielgerichtetem und planmaBigem Vorgehen bei der Bearbeitung beruflicher Aufgaben (vgl. BADER & MLFLLER 2002, S. 178) ist sie nicht nur integraler Bestandteil der Sachkompetenz (vgl. LISOP 1998, S. 49), sondem auch der Sozial- und Selbstkompetenz (vgl. BADER & RUHLAND 1993, S. 234). Ohne Methodenkompetenz sind Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz nicht zu entwickeln. Berufliche Sachkompetenz ist die Fahigkeit und Bereitschaft, berufliche Aufgaben- und Problemstellungen selbstandig, sachgerecht und unter Beachtung von Normen und Vorschriften sowie methodengeleitet zu bearbeiten und das Ergebnis zu beurteilen (vgl. BADER 1991, S. 443). Hierzu gehoren auch extrafiinktionale Qualifikationen, wie das analytische, abstrahierende und integrierende Denken sowie das Erkennen von System- und Prozesszusammenhangen (vgl. BADER & Muller 2002, S. 178). Mit dem Begriff der Sache wird Bezug auf den zugrunde liegenden Sachgegenstand genommen (vgl. SCHWADORF 2003, S. 77). Dadurch hebt sich die Sachkompetenz beispielsweise von den sozialen Beziehungen ab, die bei der Sozialkompetenz im Mittelpunkt stehen und nicht als Sachgegenstande zu klassifizieren sind. Sachgegenstande unterscheiden sich in Abhangigkeit des ausgeiibten Berufs. Deshalb handelt es sich bei der Sachkompetenz um die berufsspezifischen Kenntnisse, Fahigkeiten und Fertigkeiten zur Bewaltigung konkreter beruflicher Arbeitsanforderungen (vgl. PATZOLD 1999, S. 58; SONNTAG 2004, S. 829). Diese Kenntnisse werden uber die anstehende Sache in Form von Fachstrukturen erschlossen und sind als Wissensbestande verfugbar, die zu vollstandigen Handlungen im Sinne selbstandiger Planung, Durchfuhrung und Kontrolle befahigen sollen (vgl. BADER 1991, S. 443). Da bei der Sachkompetenz primar die Erftillung beruflicher Arbeitsanforderungen im Vordergrund steht, ist sie dominant der Zielkategorie berufliche Tiichtigkeit zuzuordnen (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 62). Dennoch ergeben sich m.E. aus der Definition von BADER (1991) auch Ansatzpunkte, die den Erwerb beruflicher Miindigkeit innerhalb der Sachkompetenz zulassen. Wenn in der betrieblichen Weiterbildung uber das fachlich Notwendige hinaus auch fachiibergreifende System- und Prozesszusammenhange bewusst gefordert werden, eroffnen sich Moglichkeiten, dass diese vom Weiterbildungsteilnehmer in ihrer Vielschichtigkeit erkannt und zunehmend kritisch hinsichtlich ihrer Bedeutung und Sinnhaftigkeit reflektiert werden konnen. Spezifische fachliche Aufgaben- und Problem-

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stellungen mussen in iibergeordnete wirtschaftliche Zusammenhange eingebettet werden, um damit verbundene Problemsichten erkennbar und hinterfragbar zu machen (vgl. auch SCHMIDT-PETERS 1999, S. 36 f., 205). Unter diesen Voraussetzungen sind kritische Beurteilungen denkbar, die in Richtung Miindigkeit zielen und auch der Sachkompetenz subsumiert werden konnen. So bestatigt sich in der empirischen Untersuchung von SCHWADORF (vgl. 2003, S. 224, 300), dass die kritische Beurteilung fachlicher Inhalte eng mit diesen Inhalten verbunden ist und damit die Dimension der Sachkompetenz nicht nur Aspekte beruflicher Tiichtigkeit, sondem auch beruflicher Miindigkeit umfasst. Berufliche Sozialkompetenz bezeichnet die Fahigkeit und Bereitschaft, sich mit anderen Personen rational und verantwortungsbewusst auseinander zu setzen und sich gruppen- und beziehungsorientiert zu verhalten (vgl. WILSDORF 1991, S. 43 in Anlehnung an BADER 1990, S. 10). Fur den kaufmannischen Bereich konnen mit der beruflichen Kooperationskompetenz und Verhandlungskompetenz zwei zentrale Komponenten unterschieden werden (vgl. SIEGER-HANUS 2001, S. 70 ff.).^^ Die Kooperationskompetenz verweist auf die Fahigkeit und Bereitschaft zur kollegialen Einordnung und konsensorientierten Zusammenarbeit in einer Gruppe und erfasst damit Aspekte wie Integrations- und Teamfahigkeit. Verhandlungskompetenz bezeichnet die Fahigkeit und Bereitschaft zur konsensorientierten Koordination von eigenen und fremden Zielen iiber Verhandlungsakte und damit Aspekte wie sicheres Auftreten und verkauferische Fahigkeiten. Als vermittelndes Glied zwischen beruflicher Sachkompetenz und Selbstkompetenz zielt berufliche Sozialkompetenz auf die Herstellung einer Balance zwischen gesellschaftlichen Anforderungen und individuellen Bedtirfnissen (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 63). Dadurch kann sie sowohl der beruflichen Tuchtigkeit als auch der beruflichen Miindigkeit zugeordnet werden (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 63). Berufliche Selbstkompetenz bezeichnet die Fahigkeit und Bereitschaft, sich selbst in der beruflichen Arbeit zu entwickeln sowie eigene Begabung, Motivation und Leistungsbereitschaft zu entfalten (vgl. WILSDORF 1991, S. 42; vgl. auch BADER 1989, S. 75; KAUFFELD 2003, S. 179). Bei der Selbstkompetenz

Fine ahnliche Unterscheidung trifft SCHWADORF (vgl. 2003, S. 81 f.), die zwischen den beiden Komponenten „Teanikompetenz" und „Auftreten gegenuber anderen Personen" differenziert.

56

stehen Aspekte der Personlichkeitsentwicklung des Individuums im Mittelpunkt. Hierzu gehoren vor allem Fahigkeiten zu selbstverantwortlichem und reflektiertem Handeln sowie Kritikfahigkeit (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 63 f.; PATZOLD 1999, S. 58; SCHWADORF 2003, S. 83 f.). Deshalb kann berufliche Selbstkompetenz dominant der normativen Zielkategorie berufliche Mtindigkeit zugeordnet werden (vgl. JUNGKUNZ 1995, S. 64). Berufliche Handlungskompetenz setzt das Vorhandensein von Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz voraus (vgl. SCHWADORF 2003, S. 86). Diese konnen aber nicht unabhangig voneinander betrachtet werden. Vielmehr bedingen sich die einzelnen Kompetenzdimensionen bei der Bewaltigung konkreter Arbeitsaufgaben wechselseitig und werden in unterschiedlicher Intensitat beansprucht (vgl. SONNTAG 1997, S. 47; PATZOLD 1999, S. 58). So variieren die Kompetenzanforderungen stark in Abhangigkeit von der ausgeiibten beruflichen Tatigkeit (vgl. z.B. HEYSE, ERPENBECK & MICHEL 2002). Beispielsweise wird fur einen Vertriebsmitarbeiter im AuBendienst Sozialkompetenz wichtiger sein als fiir einen Buchhalter im Rechnungswesen. Femer resultieren Unterschiede auch hinsichtlich der beruflichen Stellung in einem Untemehmen. Fur Fachkrafte mit Sachbearbeitertatigkeiten sind eher Sachkompetenzen erforderlich, wahrend sich bei Fuhrungskraften Verschiebungen zugunsten von Sozial- und Selbstkompetenzen ergeben (vgl. SAUTER 1994, S. 166; ERPENBECK & HEYSE 1996, S. 82 f.; SCHMIDT-PETERS 1999, S. 57; vgl. auch BECKER 2003, S. 16 f.). Hier rticken mit dem Aufstieg in der betrieblichen Hierarchic zunehmend Fahigkeiten wie Fuhrungsgeschick, Kommunikationsfahigkeit, sicheres Auftreten, Verantwortungsbewusstsein und Kritikfahigkeit in den Vordergrund. b) Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz Die Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz ist als lebenslanger Prozess zu verstehen, der iiber die berufliche Erstausbildung hinaus zunehmend auf die Unterstiitzung durch Weiterbildung angewiesen ist (vgl. BADER & RUHLAND 1993, S. 235; ERPENBECK & HEYSE 1996, S. 19). Deshalb sollte betriebliche Weiterbildung die Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz als Einheit von Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz in den Mittelpunkt stellen. Ein solches Verstandnis der Kompetenzentwicklung berucksichtigt die folgenden Aspekte (vgl. im Folgenden BADER & RUHLAND 1993, S. 233; BECK 2005, S. 89 ff.):

57

1) Auch wenn sich Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz nicht exakt voneinander trennen lassen, ist die dimensionale Struktur beruflicher Handlungskompetenz vorteilhaft, um Schwerpunkte der jeweils angestrebten Kompetenzentwicklung benennen und didaktische Konzepte zu ihrer Forderung entwerfen zu konnen (horizontale Kompetenzentwicklung). Diese Forderung kann sich an Anforderungs- Oder Kompetenzprofilen orientieren, um gezielt einzelne Kompetenzen zu entwickeln (vgl. SAUTER 1994, S. 162). Dazu empfiehlt sich der Einsatz geeigneter Kompetenzentwicklungsmethoden. So weisen SONNTAG & SCHAPER (vgl. 1999, S. 212 ff.) in ihrem Klassifizierungsversuch den einzelnen Kompetenzdimensionen getrennt nach Fach- und Fuhrungskraften geeignete Fordermethoden zu. Beispielsweise schlagen sie zur Forderung von Sachkompetenz bei Fiihrungskraften den Einsatz von Planspielen und Fallstudien vor und fiir die Sozialkompetenz bei Fachkraften MaBnahmen, wie Team- oder Gruppentrainings. 2) Kompetenzentwicklung beinhaltet nicht nur die Entwicklung peripherer Wissensbestande, sondem auch die Veranderung tiefer liegender Personlichkeitsmerkmale, wie Motivationen, Einstellungen oder Werte (vertikale Kompetenzentwicklung). Wahrend beispielsweise Fachwissen relativ leicht angeeignet werden kann, sind sehr tief liegende Personlichkeitsmerkmale (z.B. Werte) wesentlich schwieriger zu verandem. 3) Kompetenzentwicklung bedeutet tiber die von auBen gesteuerte Qualifizierung hinausgehend eine vorwiegend vom Individuum regulierbare Veranderung verborgener Fahigkeitspotentiale. Danach bezieht sich Kompetenzentwicklung auf den einzelnen Lemenden. 4) Kompetenzentwicklung zielt auf die Fahigkeit, den Vollzug von Arbeitshandlungen im Sinne von Performanz zu ermoglichen. Damit schlieBt sie immer auch die Befahigung zum Transferieren ein (vgl. BERGMANN 1996, S. 158; BAETHGE, BUSS & LANFER 2003, S. 96; SCHWADORF 2003, S. 65). Von den Mitarbeitem eines Untemehmens wird heute verstarkt gefordert, dass sie in Situationen von zunehmender Unbestimmtheit in der Lage sind, diese aus eigener Kraft zu bewaltigen und Gelemtes auch auf neue Situationen anzuwenden (vgl. ERPENBECK & SAUER 2000, S. 303 f.; SCHWADORF 2003, S. 65). Die aus den Ergebnissen einer Transferhandlung gewonnenen Erkenntnisse fiihren dann emeut zu einer Veranderung der beruflichen Handlungskompetenz.

58

Inwieweit die Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz bzw. einzelner Kompetenzdimensionen durch betriebliche Weiterbildung gefordert wird, ist im Rahmen der Evaluation intemer betrieblicher Lehrveranstaltungen zu tiberprtifen.

2.4.3

Evaluation interner betrieblicher Lehrveranstaltungen zur Forderung der Zielerreichung

Die Durchfuhrung betrieblicher Lehrveranstaltungen ist aus Untemehmenssicht mit der Erwartung verbunden, die berufliche Handlungskompetenz der Mitarbeiter zu fordem (vgl. SONNTAG & SCHAFER-RAUSER 1993, S. 163). Urn zur Forderung beruflicher Handlungskompetenz beizutragen, benotigt berufspadagogisches Handeln jedoch systematisch Riickmeldungen liber das Erreichte (vgl. REISCHMANN 1998, S. 256). In der betrieblichen Weiterbildung wird diese Aufgabe von der Evaluation tibemommen. Evaluationen bezeichnen dort Mal3nahmen, die sich mit der Beschreibung und Bewertung der Ablaufe und Ergebnisse von Lehr-Lem-Prozessen in der Weiterbildung befassen (vgl. BEYWL 1999, S. 33; REISCHMANN 2003, S. 18). Daneben existieren ahnliche Begriffe wie Bildungscontrolling (vgl. GNAHS & KREKEL 1999, S. 13 ff.; SEEBER 2000, S. 19 ff.) und Qualitatssicherung (vgl. FEUCHTHOFEN & SEVERING 1995; BOTEL & KREKEL 2004, S. 19 ff.; JUTTE 2004, S. 229 ff), die keine scharfen Abgrenzungen, sondem teilweise erhebliche Uberschneidungen zur Evaluation aufweisen (vgl. KREKEL 1999, S. 35; DITTON 2002, S. 782). In welcher Beziehung diese Begriffe zueinander stehen, ist relativ offen und vom jeweiligen Standpunkt abhangig. So halten die einzelnen Vertreter oftmals ihren Ansatz far den jeweils ubergreifenden (vgl. BEYWL & SCHOBERT 2000, S. 18). Dennoch sind verschiedene Schwerpunkte erkennbar. Da Qualitatssicherung eher einen technischen Akzent setzt, Bildungscontrolling vor allem einen betriebswirtschaftlichen (vgl. GNAHS & KREKEL 1999, S. 32), wird in der vorliegenden Arbeit von Evaluation gesprochen. Der Evaluationsbegriff ist iiberwiegend padagogisch besetzt und auf die personennahen Aspekte der Weiterbildung gerichtet (vgl. GEISSLER 1999, S. 147; GNAHS & KREKEL 1999, S. 14; BEYWL & SCHOBERT 2000, S. 18 f). Damit fugt er sich in das subjektzentrierte Verstandnis von Weiterbildung in der vorliegenden Arbeit ein. 59

Ankniipfend an die Definition von Evaluation liegen ihre zentralen Funktionen zum einen in der Steuerung und Optimierung von Weiterbildungsprozessen, zum anderen in der Bewertung und Beurteilung ihrer Ergebnisse (vgl. WILL, WJNTELER & KRAPP 1987, S. 23; PEKRUN 2000, S. 271). Insofem bezieht ein umfassendes Evaluationskonzept neben der Ergebnisbewertung auch die iibrigen Phasen des Weiterbildungsprozesses ein (vgl. H A R I N G 2003, S. 45). Darstellungen zum Weiterbildungsprozess unterscheiden sich teilweise im Detaillierungsgrad und ihrer inhaltlichen Schwerpunktsetzung (vgl. exemplarisch BALLER & MANDL 1996, S. 5; PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 91 f.; PIEZZI 2002, S. 183; SONNTAG 2002, S. 61; VON STEIN & TRAUTWEIN 2002, S. 13 ff.; WILKENING 2002, S. 213; HARING 2003, S. 45). Dennoch lassen sich im Kern vier idealtypische Phasen und ihre entsprechenden Evaluationsfelder identifizieren (s. Abb. 8): Bedarfsanalyse (Kontextevaluation), Programmplanung und MaBnahmenkonzeption (Inputevaluation), Durchfuhrung der MaBnahme (Prozessevaluation) und Erfolgskontrolle (Output-, Produktevaluation).

^

Programmplanung und MaBnahmenkonzeption (Inputevaluation)

^f

Durchfuhrung der Maftnahme

Bedarfsanalyse (Kontextevaluation)

(Prozessevaluation)

Ai

Erfolgskontrolle (Output- bzw. Produktevaluation)

Abb. 8:

^ ^

Phasenmodell des Weiterbildungsprozesses und zugehorige Evaluationsfelder (in Aniehnung an WILL, WINTELER & KRAPP 1987, S. 19 und HARING 2003, S. 45)

Auf diese Weise kann die Erfolgssteuerung und Optimierung betrieblicher Lehrveranstaltungen prozessbegleitend erfolgen. Dazu stehen fiir jede Phase spezifische Evaluationsinstrumente zur Verfiigung (vgl. exemplarisch die Ubersicht bei THIERAU-BRUNNER, STANGEL-MESEKE & WOTTAWA 1999, S. 274). Sie soUen Informationen liber den Prozessverlauf bereitstellen, um im Abwei60

chungsfall fruhzeitig steuemd und korrigierend eingreifen zu konnen (vgl. VON STEIN & TRAUTWEIN 2002, S. 15; vgl. auch RIEDEL 1992, S. 25). Die einzelnen Prozessphasen bzw. Evaluationsfelder lassen sich in Form eines Regelkreises darstellen. Beginnend mit der Bedarfsanalyse werden im Folgenden die inhaltlichen Schwerpunkte der einzelnen Phasen naher gekennzeichnet: 1. Phase: Bedarfsanalyse (Kontextevaluation) Ausgehend von der iibergeordneten Zielsetzung der Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz steht in der ersten Phase des Weiterbildungsprozesses die Festlegung des Entwicklungsbedarfs einzelner Mitarbeiter oder Mitarbeitergruppen im Vordergrund. Dazu werden mittels Bedarfsanalysen Kompetenzanforderungen auf der Grundlage gegenwartiger und zuktinftiger Aufgaben des Unternehmens (Soil) abgeleitet und mit den vorhandenen Kompetenzen der Mitarbeiter (1st) abgeglichen (vgl. SEEBER 2000, S. 38). Ziel dieses Soll-Ist-Abgleichs ist das moglichst friihzeitige Erkennen von Kompetenzdefiziten und des Entwicklungsbedarfs (vgl. STAUDT, BESTEL & MUHLEMEYER 1994, S. 308). AnschlieBend werden daraus allgemeine Weiterbildungsziele fiir die Steuerung der weiteren Schritte generiert. Eine systematische und strategisch ausgerichtete Bedarfsanalyse ist daher grundlegende Voraussetzung fur eine effektive und erfolgreiche Durchfiihrung des Weiterbildungsprozesses in den folgenden Phasen (vgl. ARNOLD 1996, S. 201; HUMMEL 1999, S. 49). Umso wichtiger ist deshalb eine sorgfaltige Bedarfsermittlung, die auf geeignete Analyseinstrumente (z.B. Organisations-, Arbeits-, Potentialanalysen, Vorgesetztenbefragungen, Mitarbeiterfordergesprache und Selbsteinschatzungen) zurUckgreift (vgl. PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 108 ff; SONNTAG 1999, S. 22 ff). Dadurch soil sichergestellt werden, dass der betriebliche Entwicklungsbedarf moglichst konkret prognostiziert wird. In der betrieblichen Weiterbildungspraxis erfolgt die Bedarfsanalyse jedoch haufig noch unsystematisch (vgl. STAUDT, BESTEL & MUHLEMEYER 1994, S. 308; BECKER 2002a, S. 130). Als Ursachen werden zumeist mangelnde personelle und zeitliche Ressourcen angeflihrt (vgl. STAUDT, BESTEL & MUHLEMEYER 1994, S. 308; EIGLER, JECHLE, KOLB & WINTER 1997, S. 570). Aufgabe der Kontextevaluation ist in dieser Phase zu priifen, ob der Entwicklungsbedarf richtig erfasst und die Weiterbildungsziele davon korrekt abgeleitet wurden (vgl. RIEDEL 1992, S. 21).

61

2. Phase: Programmplanung und MaOnahmenkonzeption (Inputevaluation) In der zweiten Phase des Weiterbildungsprozesses erfolgt die Planung und Konzeption betrieblicher Lehrveranstaltungen. Der ermittelte Entwicklungsbedarf wird zunachst in die Programmplanung iiberfuhrt. Dabei werden Anzahl und Dauer der Lehrveranstaltungen bestimmt und zeitlich in den Planungshorizont eingeordnet. Zudem ist die Definition der Zielgruppen und die Festlegung der einzelnen Lehrveranstaltungen als Wahl- oder PflichtmaBnahmen erforderlich. Ausgehend von diesen Planungsvorgaben erfolgt die Konzeption der Lehrveranstaltungen. Auf der Grundlage der in der Bedarfsermittlung festgelegten Weiterbildungsziele werden konkrete Lemziele definiert, die mit Hilfe der Lehrveranstaltung erreicht werden sollen (vgl. STARX 1998, S. 17 f.). Die Lemziele dienen als Grundlage fiir die methodisch-didaktische Planung der Lehrveranstaltung. Da der Erfolg der Lehrveranstaltung wesentlich von der methodischdidaktischen Aufbereitung beeinflusst wird (vgl. SCHWUCHOW 1992, S. 96), verdienen die damit verbundenen Entscheidungen besondere Beachtung. Hierzu gehoren insbesondere die Auswahl der Leminhalte und Lemmethoden sowie die Festlegung der fachlichen und didaktischen Anforderungen an die Referenten (vgl. STARK 1998, S. 18; HARING 2003, S. 27). Line sorgfaltige Mafinahmenplanung beriicksichtigt hierbei auch die individuellen Voraussetzungen der Weiterbildungsteilnehmer, wie beispielsweise Vorerfahrungen, Vorwissen, Lemmotivation und Einstellungen (vgl. EIGLER, JECHLE, KOLB & WINTER 1997, S. 600). AuBerdem fallt in die Phase der Konzeption von Lehrveranstaltungen die Vorbereitung der Transferuntersttitzung und -sicherung (vgl. STARK 1998, S. 19). Deshalb sollte nicht nur die Lemumgebung anwendungsorientiert geplant sein, sondem auch die Arbeitsumgebung transferforderliche Rahmenbedingungen aufweisen (vgl. PIEZZI 2002, S. 186 f.). Lehrveranstaltungsbezogene Transferhilfen konnen sich z.B. auf das Vereinbaren von Transferzielen oder Fuhren von Vorbereitungsgesprachen zwischen Weiterbildungsteilnehmer und Vorgesetzten beziehen, Insgesamt setzt die Programmplanung und MaBnahmenkonzeption die Kenntnis der Wirkungsweise zahlreicher Einflussfaktoren voraus. Deshalb dient die Inputevaluation in dieser Phase der systematischen Uberpriifung aller Faktoren, die 62

sich unmittelbar auf die Durchfuhrung einer Lehrveranstaltung auswirken konnen (vgl. MERZENICH-HIEKER 1996, S. 45). 3. Phase: Durchfuhrung der MaBnahme (Prozessevaluation) Im Rahmen der MaBnahmendurchfuhrung wird die Konzeption in konkrete LehrLem-Prozesse umgesetzt (vgl. STARK 1998, S. 19). Dabei soil sichergestellt werden, dass die Weiterbildungsinhalte fachlich sowie methodisch-didaktisch fundiert gelehrt werden (vgl. STAUDT, BESTEL & MLFHLEMEYER 1994, S. 309). Dies erfordert eine Orientierung an den Bediirfnissen der Weiterbildungsteilnehmer. Um den Lemprozess und Lemfortschritt in dieser Phase zu kontroUieren und zielorientiert zu steuem, sind regelmaBige Ruckmeldungen uber den Lehr-Lem-Prozess erforderlich. Fiir die Prozessevaluation stehen situationsspezifisch verschiedene Instrumente (z.B. Gesprache, Beobachtungen, Befragungen. Tests) zur Verfugung (vgl. GOTZ 2001a, S. 82 f.). Sie liegen im Verantwortungsbereich der Referenten und Teilnehmer und soUen Storungen sowie Schwachen, beispielsweise in Bezug auf das Referentenverhalten, die Seminarausstattung oder das Lemmaterial, aufdecken (vgl. JUTTE 2004, S. 235 f.; BECKER 2005, S. 205). 4. Phase: ErfolgskontroUe (Output- bzw. Produktevaluation) Im Rahmen der Kontrolle des Weiterbildungserfolgs soil festgestellt werden, ob und in welchem Umfang die mit einer Lehrveranstaltung verfolgten Ziele auch tatsachlich erreicht wurden (vgl. ARNOLD & K R A M E R - S T U R Z L 1995, S. 5). Bezogen auf das Ziel der Forderung beruflicher Handlungskompetenz in betrieblichen Lehrveranstaltungen ist deshalb zu prlifen, inwieweit Entwicklungen beim Weiterbildungsteilnehmer eingetreten sind. Die Kontrolle des Weiterbildungserfolgs dient zum einen der Ergebnisfeststellung, zum anderen ermoglicht sie auf dieser Basis erst die gezielte Steuerung und Optimierung des Weiterbildungsprozesses (vgl. SCHWUCHOW 1992, S. 130 f; PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 93). Indem sie als letzte Phase im Regelkreis far Klarheit in Bezug auf die im Vorfeld defmierten Anforderungen sorgt, liefert sie gleichzeitig den Input fur die Bedarfsanalyse in der nachsten Planungsperiode (vgl. RIEDEL 1992, 5. 18; PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 93). Dadurch bestimmt sie wesentlich mit, ob es zur Wiederholung, Modifikation oder Beendigung der betrachteten Lehrveranstaltung kommt (vgl. THIERAU 1991, S. 69).

63

Insofem bleibt festzuhalten, dass eine systematische Evaluation einen wesentlichen Beitrag zur Forderung beruflicher Handlungskompetenz in betrieblichen Lehrveranstaltungen leisten kann, indem sie hierzu entscheidungsrelevante Informationen zur Verfugung stellt. Mafigebliche ZielgroBe im Evaluationsprozess ist die Ermittlung des Weiterbildungserfolgs. Zunehmend wird seitens der Betriebe die Evaluation des Weiterbildungserfolgs gefordert (vgl. BECKER 2005, S. 198). Jedoch ist haufig unklar, was genau als Weiterbildungserfolg betrieblicher Lehrveranstaltungen anzusehen ist und welche Kriterien zu seiner Prazisierung heranzuziehen sind (vgl. PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 160; ARNOLD & K R A M E R - S T O R Z L 1997, S. 133). Deshalb wird der Weiterbildungserfolg im Folgenden naher betrachtet.

64

3

Weiterbildungserfolg als ZielgroBe interner betrieblicher Lehrveranstaltungen

3.1

Begriffsklarung des Weiterbildungserfolgs

Im betrieblichen Kontext kommt dem Erfolgsbegriff eine herausragende Bedeutung zu. Erfolg entscheidet in vielen Untemehmen tiber Ressourcenzuweisungen, den Stellenwert oder die Daseinsberechtigung einzelner Abteilungen, Bereiche Oder Geschaftsfelder. Insbesondere in Zeiten knapper finanzieller Ressourcen muss auch die betriebliche Weiterbildung ihre Erfolge eindeutig belegen, um ihre Existenz langfristig zu sichem (vgl. REISCHMANN 1993, S. 201 f.; VON BARDELEBEN & HERGET 1999, S. 79 f.). KLEINBECK (1977, S. 346) bezeichnet als Erfolg „ein positives Handlungsergebnis, das in bestimmten Situationen von handelnden Personen erreicht wird". Zur Ergebnisbewertung bedarf es jedoch eines Mafistabs, der aus einer Zielorientierung resultiert. Demnach kann von einem Erfolg nur dann gesprochen werden, wenn das Ergebnis einen bestimmten Zielerreichungsgrad iiberschreitet (vgl. KLEINBECK 1977, S. 346). Handlungsergebnisse werden dann umso positiver und damit erfolgreicher beurteilt, je hoher der Grad der Zielerreichung ist. Aus diesem Grund verweisen auch die theoretisch gefiihrten Diskussionen zur Evaluation von Weiterbildungserfolg auf die Notwendigkeit praziser Zielbeziige (vgl. z.B. FISCHER truktur erfolgt:

in unveranderter Form

in veranderter Form

Abb. 12:

unter vertrauten Bedingungen

unter neuen Bedingungen

Reproduktion

Anwendung (Transfer)

Transformation

Anwendung (Transfer)

Kategorienschema fur die Rekonstruktion von Lernergebnissen (MESSNER1978, S. 53)

Die Besonderheit des Transfers zeigt sich in der Rekonstruktion unter neuen Bedingungen. Dabei handelt es sich nicht um eine einfache Wissensiibertragung (vgl. PRENZEL & MANDL 1993, S. 702 f). Vielmehr wird mit dem Begriff der Rekonstruktion beim Transfer betont, dass bereits vorhandene kognitive Strukturen unter veranderten Bedingungen emeut hergestellt werden. Dabei ist nicht auszuschlieBen, dass auch in der Anwendungssituation zusatzliche Lemprozesse stattfinden, die zu weiteren Differenzierungen kognitiver Strukturen fiihren (vgl. MESSNER 1978, S. 21). Lemen und Transfer konnen nicht losgelost vom situativen Kontext betrachtet werden. So bestimmt einerseits der Kontext der Lemsituation maBgeblich, wie der Lemende Wissen konstruiert, und andererseits der gegeniiber der Lemsituation mehr oder weniger stark veranderte Kontext der Anwendungssituation den Rekonstmktionsprozess (vgl. PRENZEL & MANDL 1993, S. 703). Konstmktion und Rekonstmktion kognitiver Stmkturen sind damit stets durch Wechselbezie81

hungen zwischen personenintemen Faktoren und situativen Gegebenheiten gekennzeichnet (vgl. auch GRUBER, MANDL & RENKL 2000, S. 144). Damit ist Wissen situiert und nicht einfach als bloBe Substanz in den Kopfen von Personen zu interpretieren (vgl. REINMANN-ROTHMEIER & MANDL 1996, S. 126). Der gemal3igt konstruktivistische Transferbegriff nach MESSNER wird auch in der vorliegenden Arbeit zugrunde gelegt. Er ist mit dem Entwicklungsbegriff von BRONFENBRENNER und dem Kompetenzbegriff zu vereinbaren. Ihnen gemeinsam sind die Wechselbeziehungen zwischen Person und Situation, denen Konstruktions- bzw. Rekonstruktionsleistungen zugrunde liegen, die subjektiv und stark situationsspezifisch gepragt sind (vgl. SCHWADORF 2003, S. 70 f., 101; vgl. auch GRUBER, PRENZEL & SCHIEFELE 2001, S. 127). Anhand der fur Transferbetrachtungen vorgenommenen Trennung von Lemen und Anwenden lassen sich idealtypische Transfereffekte im Anschluss an eine betriebliche Lehrveranstaltung identifizieren (vgl. MANDL, PRENZEL & GRASEL 1992, S. 127 ff.). Sie geben auch Aufschluss daruber, wann von einem erfolgreichen Transfer gesprochen werden kann (s. Abb. 13).

Kompetenzgrad

i

4 3 Lernerfolg

2 1

Funktions feld

Abb. 13:

Lemfeld

Funktionsfeld

Transfereffekte vom Lernfeld in das Funktionsfeld (vgl. MANDL, PRENZEL & G R A S E L 1992, S. 128)

82

t

In der Abbildung wird zunachst von einem Lemerfolg in der Lehrveranstaltung ausgegangen, der in einem Anstieg der Kompetenz zum Ausdruck kommt. Dieser Zuwachs an Kompetenz im Lemfeld ist notwendige Voraussetzung fur den Transfer des Gelemten im Funktionsfeld. Ein Transfererfolg liegt dann vor, wenn entweder ein lateraler oder vertikaler Transfer stattgefiinden hat. Lateraler Transfer (3) bezieht sich auf die Anwendung der im Lemfeld erworbenen Kompetenzen in einer neuen Situation am Arbeitsplatz, wahrend vertikaler Transfer (4) nicht nur die Anwendung, sondem sogar eine weitere Steigerung der Kompetenz im Sinne eines weiteren „Dazu-Lemens" umfasst. Im Sinne der Terminologie von MESSNER kommt es in dieser Anwendungssituation zunachst zu einer Rekonstruktion kognitiver Strukturen, die zugleich aber zusatzliche konstruktive Lemprozesse induziert. In den anderen beiden Fallen handelt es sich um einen negativen Transfer bzw. Null-Transfer. Negativer Transfer (1) tritt dann auf, wenn die Anwendung des Gelemten schlechter gelingt als die routinemaBige Beherrschung vor der Intervention. Beim Null-Transfer (2) wird die im Lemfeld erworbene Kompetenz nicht genutzt. Eine Anwendung des Gelemten fmdet in diesem Fall nicht statt. Dies zeigt, dass positive Lemeffekte nicht notwendigerweise auch zu einem Transfererfolg fuhren. Um einen Transfererfolg nachzuweisen, sind geeignete Transferkriterien zu definieren. Dazu existieren in der Literatur unterschiedliche Vorschlage (vgl. exemplarisch MUNCH & MULLER 1988, S. 47 f; CREE 2000, S. 43). MUNCH & MULLER listen beispielsweise folgende Transferkriterien auf: a) Schnelligkeit, mit der Teilnehmer neu gelemte Fahigkeiten auf die Bedingungen ihrer Arbeitssituation iibertragen, b) Effizienz, mit der Teilnehmer in ihrem Aufgabenfeld Probleme bewaltigen, c) Grad der Kooperation, mit der Teilnehmer ihre Aufgaben am Arbeitsplatz angehen, d) Qualitat der Losungen, welche die Teilnehmer am Arbeitsplatz erarbeiten, e) Qualitat der Kommunikation, mit der Teilnehmer ihre Aufgaben am Arbeitsplatz wieder aufnehmen, f) Handlungsfahigkeit der Teilnehmer am Arbeitsplatz, g) Entscheidungsfahigkeit der Teilnehmer am Arbeitsplatz. Der Katalog verdeutlicht das breite inhaltliche Spektmm an Vorstellungen tiber mogliche Transferkriterien, die sich z.B. auf die Schnelligkeit oder die Losungs83

qualitat einer Transferleistung beziehen. Zudem enthalten die Kriterien relativ abstrakte Formulierungen, wie beispielsweise Handlungsfahigkeit und Entscheidungsfahigkeit der Teilnehmer. Daher geben sie kaum weiterfuhrende Hinweise auf konkrete Verhaltensanderungen am Arbeitsplatz. Die Ubersicht von MUNCH & MULLER bestatigt femer die generelle Schwierigkeit, Transferkriterien, die fiir verschiedene berufliche Tatigkeiten Giiltigkeit besitzen, zu definieren (vgl. PIEZZI 2002, S. 248). Insofem konnen solche Kriterienkataloge lediglich Anhaltspunkte zur Bestimmung von Transferkriterien fiir die eigene Untersuchung liefem (vgl. H A R I N G 2003, S. 40). MaBgeblich fiir die Festlegung der Transferkriterien ist die jeweils einer Untersuchung zugrunde liegende Zielsetzung (vgl. auch REESfMANN-ROTHMEIER, MANDL & GOTZ 1993, S. 6). Im Wesentlichen sind tatigkeitsgebundene und tatigkeitsungebundene Transferkriterien zu unterscheiden. Tatigkeitsgebundene Transferkriterien orientieren sich an der spezifischen Arbeitstatigkeit eines Weiterbildungsteilnehmers. Ihre Festlegung erfordert eine detaillierte Analyse der Arbeitstatigkeit im Vorfeld und ist mit einem sehr hohen Aufwand verbunden, da in den Fachabteilungen unterschiedliche Tatigkeiten vorliegen (vgl. BERGMANN & SONNTAG 1999, S. 289). Tatigkeitsungebundene Transferkriterien weisen hingegen einen geringeren Konkretisierungsgrad auf und gelten fur unterschiedliche Arbeitstatigkeiten. Ihr Aussagegehalt kommt dann eher Pauschalurteilen gleich (vgl. PIEZZI 2002, S. 250). Soil der Transfererfolg tiber verschiedene Lehrveranstaltungen hinweg einheitlich evaluiert werden, dann ist die tatigkeitsungebundene Erhebung vorzuziehen. Die vorangehenden Ausfuhrungen zum Transfer konzentrierten sich auf die individuelle Anwendung des Gelemten im Funktionsfeld. Dieses Transferverstandnis wird teilweise erweitert. Uber die individuelle Ebene hinaus soil sichergestellt werden, dass erworbene Kenntnisse, Fahigkeiten und Fertigkeiten vom einzelnen Mitarbeiter entkoppelt und anderen Mitarbeitem zur Anwendung iibertragen werden (vgl. PAWLOWSKY & B A U M E R 1996, S. 156; BERGMANN 1999, S. 79). Der Transfer des Gelemten vollzieht sich in dieser erweiterten Form vom Individuum in die Gruppe bzw. in den engeren Arbeitsbereich."*^ Zum einen kon-

PAWLOWSKY & B A U M E R (vgl. 1996, S. 156 f.) unterscheiden hier zwischen einem Transfer erster Ordnung (Transfer vom Lemfeld in das Funktionsfeld) und einem Transfer zweiter Ordnung (Transfer vom Funktionsfeld in die Gruppe/Kollektiv).

84

nen individuell erworbene Kenntnisse, Fahigkeiten und Fertigkeiten auch fiir andere Mitarbeiter forderlich sein (vgl. DIETTRICH 1997, S. 58). Dies gilt beispielsweise dann, wenn innerhalb kurzer Zeit neue fachliche Anfordemngen abteilungs- oder untemehmensweit umzusetzen sind, die eine groBe Mitarbeiterzahl betreffen, oder die Anwendung einheitlicher Arbeitsmethoden innerhalb betrieblicher Funktionsbereiche sichergestellt werden soil. Transfer wirkt in diesem Sinne als Multiplikator. Zum anderen reduziert sich die Gefahr eines Know-howVerlustes, die insbesondere dann besteht, wenn Mitarbeiter aus dem Untemehmen ausscheiden (vgl. PAWLOWSKY & B A U M E R 1996, S. 156). Bin Weiterbildungsteilnehmer, der seine ArbeitskoUegen in Bezug auf die gelemten Inhalte weiterbildet, libt damit eine wichtige Transfertatigkeit aus und tragt wesentlich zur Verbreitung ihrer Anwendung bei (vgl. PIEZZI 2002, S. 249). Dazu stehen unterschiedliche Methoden, beispielsweise der Erfahrungsaustausch zwischen KoUegen, institutionalisierte Sitzungen und Projektgruppen zur Verfugung (vgl. PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 157). In welchem Umfang Transferleistungen vom Individuum in die Arbeitsgruppe erfolgen, soUte situationsspezifisch geregelt werden. Hier gilt es, „eine Balance zwischen gemeinsam geteilten Qualifikationen und individuellen, spezifischen Qualifikationen herzustellen" (PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 157). Die betriebliche Weiterbildung ubemimmt in diesem Prozess die Aufgabe, entsprechende Rahmenbedingungen und geeignete Evaluationsmethoden bereitzustellen, urn mogliche StorgroBen im Transferprozess aufzudecken. Evaluationen des Transfererfolgs konnen bereits zum Ende einer Lehrveranstaltung, also noch im Lemfeld, stattfmden. In diesem Fall steht die Messung einer Transferintention bzw. eines „antizipierten" Lemtransfers im Vordergrund (vgl. GOTZ 2001a, S. 157)."^^ Sie prognostiziert einen Transfer in der Form, dass zumindest die Abschatzung einer spateren Anwendung am Arbeitsplatz erkennbar wird. GOTZ (vgl. 2001a, S. 161) hebt in diesem Zusammenhang besonders die handlungsmotivierende Wirkung hervor, die mit der Antizipation eines angestrebten Ziels verbunden sein kann. Danach lost bereits die Antizipation der Zielsetzung einer Anwendung des Gelemten entsprechende zielorientierte Handlungen beim Lemenden aus (vgl. GOTZ 2001a, S. 161). Jedoch liefert eine Messung zu diesem Zeitpunkt keine verlasslichen Daten iiber tatsachliche TransferleistunDie Erhebung des antizipierten Lemtransfers wird teilweise auch mit der Erhebung des Lemerfolgs und der Zufriedenheit kombiniert (vgl. HARING 2003, S. 215).

85

gen und damit den „faktischen" Lemtransfer. Fiir die Feststellung eines faktischen Lemtransfers im Funktionsfeld liegen die Empfehlungen bei wenigen Wochen (vgl. WUNDERER & FROHLICH 1991, S. 22), zwei bis drei Monaten (vgl. RIEDEL 1992, S. 27; REISCHMANN 1993, S. 205; KIRKPATRICK 1998, S. 55) Oder sechs bis zwolf Monaten (vgl. WUNDERER & FROHLICH 1991, S. 22). Die Entscheidung fiir den geeigneten Feststellungszeitpunkt kann m.E. nur so getroffen werden, dass weder ein zu kurzer Zeitraum (Transfer noch nicht erfolgt) noch ein zu langer Zeitraum (zu viele weitere neue EinflussgroBen) gewahlt wird. Die vorliegende Arbeit beriicksichtigt in Bezug auf den Transfererfolg sowohl den antizipierten als auch den faktischen Transfererfolg (s. Abb. 14).

Transfererfolg

1

1 Faktischer Transfererfolg

Antizipierter Transfererfolg

1 Antizipierter Lerntransfer

Abb. 14:

1

1

Faktischer Lerntransfer

Verbreitungsleistung

Komponenten des Transfererfoigs

Mit den Komponenten des antizipierten und faktischen Lemtransfers wird Jewells der individuelle Transfer vom Lemfeld in das Funktionsfeld erfasst. Gegeniiber dem Prognosecharakter einer ausschlieBlich antizipierten Transfererhebung konnen durch den Einbezug des faktischen Lemtransfers Diskrepanzen zwischen der bloBen Intention einer Verhaltensandemng und der tatsachlich eingetretenen Verhaltensandemng aufgedeckt werden, die wesentlich mehr Aufschluss iiber die Effektivitat und ktinftige Gestaltung einer Lehrveranstaltung geben (vgl. FEIGL, RANK & WAKENHUT 1998, S. 232). Zusatzlich wird der faktische Transfererfolg um die Komponente der Verbreitungsleistung, die den Transfer vom Individuum in die Arbeitsgmppe kennzeichnet, erganzt. Zwar ware auch in diesem Fall die Erhebung der Verbreitungsleistung als antizipierte Transferkomponente durchaus denkbar. Aus Sicht der Zielsetzung in der vorliegenden 86

Arbeit liegt das Interesse in Bezug auf diese Komponente jedoch an den faktischen Transferresultaten.

3.2.5

Beziehung der Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

Beim mehrdimensionalen Konstrukt des Weiterbildungserfolgs stellt sich auch die Frage, in welcher Beziehung die einzelnen Zielkriterien zueinander stehen. Ausgangspunkt hierzu bildet zunachst das dieser Arbeit zugrunde liegende Modell von KIRKPATRICK mit seinen Pramissen (vgl. im Folgenden ALLIGER & JANAK 1989, S. 331 ff.; EICHENBERGER 1992, S. 67 ff.; GULPEN 1996, S. 32 ff.; ROLLING & LIEPMANN 2004, S. 371). So wird dort implizit eine hierarchische Struktur der Zielkriterien unterstellt, die von kausalen Zusammenhangen ausgeht. Dies bedeutet, dass Veranderungen auf einer bestimmten Ebene zu Veranderungen auf der nachsthoheren Ebene fuhren, somit Zufriedenheit zu Lemerfolg und Lemerfolg wiederum zu einem Transfererfolg fahrt. Diese Annahmen wurden in verschiedenen Untersuchungen tiberpruft und teilweise kritisiert. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die beiden Metaanalysen von ALLIGER & JANAK (1989) und ALLIGER u.a. (1997). Auf der Grundlage von zwolf Studien aus dem Bereich betrieblicher Weiterbildungsmafinahmen ermitteln ALLIGER & JANAK (vgl. 1989, S. 337) insgesamt nur geringe Korrelationswerte zwischen den einzelnen Zielkriterien."^^ Wahrend Zusammenhange zwischen Zufriedenheit und Lemerfolg (r = .07) sowie zwischen Zufriedenheit und Transfererfolg (r ^ .05) kaum nachzuweisen sind, zeigt sich zwischen Lemerfolg und Transfererfolg mit r = .13 ein etwas hoherer, aber dennoch geringer Wert (vgl. ALLIGER & JANAK 1989, S. 337). Auch in der umfassenderen Folgeuntersuchung von ALLIGER u.a. (vgl. 1997, S. 348 ff), die sich auf 34 Studien stiitzt, bestatigen sich emeut die schwach positiven Korrelationen zwischen den einzelnen Zielkriterien. Beispielsweise betragt der durchschnittliche korrelative Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Lemerfolg ebenso nur r = .07. Damit lasst sich den beiden Metaanalysen zufolge die von KIRK-

ALLIGER & JANAK (vgl. 1989, S. 336) stellen fest, dass nur ca. 2 % der veroffentlichten Studien Korrelationen zwischen den drei Zielkriterien Zufriedenheit, Lemerfolg und Transfererfolg ermitteln, wahrend die iiberwiegende Mehrheit empirischer Studien nur ein Kriterium zugrunde legt.

87

PATRICK implizit angenommene kausale Beziehung zwischen den Zielkriterien nicht generell aufrechterhalten (vgl. TANNENBAUM & YUKL 1992, S. 425; ROLLING & LIEPMANN 2004, S. 371). Folglich fuhrt Zufriedenheit mit einer Lehrveranstaltung nicht zwingend zu einem Lemerfolg. Auf der anderen Seite kann ein hoher Lemerfolg durchaus mit mangelnder Teilnehmerzufriedenheit einhergehen. Das Kriterium der Zufriedenheit sollte deshalb auch nicht als Indikator far einen Lemerfolg herangezogen werden (vgl. ALLIGER u.a. 1997, S. 350). Zudem erlauben die Korrelationen zwischen Lemerfolg und Transfererfolg ebenso wenig den Schluss, dass es bei Lemerfolgen in jedem Fall zur Anwendung des Gelemten kommt. Die nur schwach ausgepragten oder zum Teil fehlenden Beziehungen zwischen Zufriedenheit und Lemerfolg werden auch in weiteren Weiterbildungsstudien bestatigt. So konnen NOE & SCHMITT (vgl. 1986, S. 516 ff), WARR & BUNCE (vgl. 1995, S. 370) sowie GULPEN (vgl. 1996, S. 183) keine Zusammenhange nachweisen. Ebenso zeigt sich bei COLQUITT, LEPINE & NOE (vgl. 2000, S. 695) sowie ARTHUR, TUBRE, PAUL & EDENS (vgl. 2003, S. 280 ff.), dass Zufriedenheit und Lemerfolg nur schwach korrelieren. Davon abgesehen konnten sich auch aus den Untersuchungen universitarer Lehrveranstaltungen bedeutsame Hinweise fiir die zu vermutende Relation zwischen Zufriedenheit und Lemerfolg ergeben. Sie sind insofem relevant, da sie hohe stmkturelle Gemeinsamkeiten zu betrieblichen Lehrveranstaltungen aufweisen und in der Vorgehensweise vorliegender Arbeit sehr ahnlich sind. Hierbei zeigen sich in mehreren Studien zwischen der Zufriedenheit mit einer Lehrveranstaltung und dem Lemerfolg mittlere bis hohe Korrelationen, wobei sie den Lemerfolg als selbst eingeschatzten Wissenszuwachs erheben (vgl. DANIEL 1994, S. 123; ROSEMANN & SCHWEER 1996, S. 178; HEISE, HASSELHORN & HAGER 2003, S. 52).^^ Je starker also die Uberzeugung vorliegt, viel gelemt zu haben, umso hoher fallt die Zufriedenheit mit der Lehrveranstaltung aus. Insgesamt liegen die korrelativen Zusammenhange subjektiver Lemerfolgseinschatzungen mit der Zufriedenheit tendenziell iiber denen objektiver Lemerfolgsbeurteilungen, die Leistungen beispielsweise durch Wissenstests oder Klausuren erfassen (vgl.

^^

Beispielsweise liegen die Korrelationen zwischen Zufriedenheit und subjektivem Lemerfolg in der Studie von HEISE, HASSELHORN & HAGER (vgl. 2003, S. 52) fur unterschiedliche Lehrveranstaltungen zwischen .58 < r < .60.

WARR, ALLAN & BIRDI 1999, S. 370). Letzteres entspricht auch der Befundlage in anderen Bereichen. Untersuchungen in der Organisationspsychologie zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung gering ausgepragt ist (vgl. SIX & ECKES 1991, S. 36 f.; vgl. auch ALLIGER u.a. 1997, S. 352).^^ Ebenso belegen Studien aus dem Bereich der beruflichen Erstausbildung, dass Unterrichtszufriedenheit und objektive SchuUeistungen (Schulnoten) in keinem direkten Zusammenhang stehen (vgl. JUNGKUNZ 1992, S. 433; vgl. auch ROSEMANN & SCHWEER 1996, S. 179). Unbedeutend scheinen die Beziehungen zwischen Zufriedenheit und Transfererfolg zu sein. „Despite their widespread use, participant reactions do not seem to contribute greatly to predicting transfer of learning" (RUONA, LEIMBACH, HOLTON & BATES 2002, S. 226 f). Dies bestatigen nicht nur die Ergebnisse der obigen Metaanalysen, sondem auch die Studien von WARR & BUNCE (vgl. 1995, S. 362) sowie WARR, ALLAN & BIRDI (vgl. 1999, S. 362), die keine signifikanten Zusammenhange zwischen Zufriedenheit und Transfererfolg feststellen. Mit Ausnahme von GULPEN (vgl. 1996, S. 183 f), die bei der Untersuchung einer betrieblichen Lehrveranstaltung eine mittlere Korrelation von r = .33 ermittelt, liegen keine Nachweise uber bedeutsame Relationen zwischen den Zielkriterien Zufriedenheit und Transfererfolg im Kontext betrieblicher Lehrveranstaltungen vor. Zufriedenheit stellt folglich auch kein geeignetes Ersatzkriterium fur den Transfer des Gelemten dar (vgl. TANNENBAUM & YUKL 1992, S. 425; ARTHUR, BENNETT, EDENS & BELL 2003, S. 235). Hinsichtlich der Beziehung zwischen Lernerfolg und Transfererfolg zeigen Forschungsergebnisse betrieblicher WeiterbildungsmaBnahmen ein differenziertes Bild. Wahrend COLQUITT, LEPINE & NOE (vgl. 2000, S. 695) mittlere bis hohe Korrelationen zwischen Lemen und Transfer feststellen, gibt es eine weitere Anzahl von Untersuchungen, in denen beide Kriterien nur schwach miteinander korrelieren (vgl. ROUILLER & GOLDSTEIN 1993, S. 386; ALLIGER u.a. 1997, S. 349; WARR, ALLAN & BIRDI 1999, S. 370). Schliefilich existiert eine dritte Gruppe mit Studien, die keine signifikanten Beziehungen nachweisen konnen (vgl. NOE & SCHMITT 1986, S. 516; TRACEY, TANNENBAUM & KAVANAGH 1995, S. 248; GULPEN 1996, S. 183; FEIGL, RANK & WAKEN-

^'

So ermitteln SIX & ECKES (vgl. 1991, S. 36) im Rahmen einer Metaanalyse eine durchschnittliche Korrelation zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung von r = .17.

89

HUT 1998, S. 212; PIEZZI 2002, S. 382). Offensichtlich fuhrt ein Lemerfolg nicht zwangslaufig zum Transfer. Vielmehr belegen die Ergebnisse, dass Lemen zwar eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung fiir die Anwendung des Gelemten darstellt (vgl. TANNENBAUM & YUKL 1992, S. 425). Trotz holier Lemerfolge konnen andere Faktoren, beispielsweise aus der Lem- und Arbeitsumgebung, Transferleistungen des Weiterbildungsteilnehmers stark beeintrachtigen (vgl. PIEZZI 2002, S. 385; ARTHUR, BENNETT, EDENS & BELL 2003, S. 235). Aus den vorangehenden Ausfiihrungen leiten sich die fur die vorliegende Arbeit vermuteten Beziehungen zwischen den einzelnen Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs ab, die in folgender Abb. 15 dargestellt sind. Die Starke der angenommenen Beziehungen wird durch die Pfeildicke und die Wirkungsrichtung durch die Pfeilrichtung symbolisiert.

Faktischer Transfererfolg

t Antizipierter Lerntransfer

^^^-'' .'-' Zufriedenheit

Abb. 15:

-'-'

^— Lemerfolg

Beziehungen zwischen den Zielkriterien des Weiterbildungserfoigs

Zwischen der Zufriedenheit mit einer betrieblichen Lehrveranstaltung und dem Lemerfolg wird von einem mittelstarken positiven Zusammenhang ausgegangen. Diese Annahme sttitzt sich primar auf die Ergebnisse derjenigen Studien, die Zufriedenheit und Lemerfolg auch als Selbsteinschatzung erheben. Dabei bestehen Wechselwirkungen derart, dass einerseits die subjektive Einschatzung eines hohen Lemerfolgs zur Zufriedenheit mit dieser Veranstaltung beitragt und andererseits zufriedene Weiterbildungsteilnehmer ihren eigenen Lemzuwachs besser beurteilen. 90

Bei der Beziehung zwischen Zufriedenheit und Transfererfolg ist zwischen antizipiertem Lemtransfer und faktischem Transfererfolg zu unterscheiden. So wird fur die Beziehung zum antizipierten Lemtransfer nur ein schwacher positiver Zusammenhang vermutet, da Zufriedenheit in einer globalen Form als Einstellung des Weiterbildungsteilnehmers zur Lehrveranstaltung erhoben wird, wahrend bei einer starker transferbezogenen Zufriedenheitserfassung (z.B. Zufriedenheit in Bezug auf den praktischen Nutzen) wahrscheinlich von einer hoheren Korrelation auszugehen ware. Im Hinblick auf den faktischen Transfererfolg wird gemaB der relativ eindeutigen empirischen Befunde kein signifikanter Zusammenhang angenommen. Demgegenuber wird der korrelative Zusammenhang zwischen Lemerfolg und antizipiertem Lemtransfer im schwachen bis mittleren Bereich erwartet. Insbesondere far inteme betriebliche Lehrveranstaltungen mit stark untemehmensspezifischer Ausrichtung ist tendenziell ein starkerer Anwendungsbezug der Seminarinhalte wahrscheinlich. Dies begtinstigt nicht nur den Erwerb transferrelevanten Wissens, sondem wirkt sich zugleich positiv auf die am Ende der Veranstaltung erhobene Einschatzung aus, das Gelemte spater am Arbeitsplatz auch anwenden zu konnen. Andemfalls wiirde nur abstraktes Wissen gelemt, ohne dass potentielle Anwendungsmoglichkeiten ersichtlich sind. Im Gegensatz zum Lemerfolg beriicksichtigt die Einschatzung zum antizipierten Lemtransfer bereits das Wissen des Weiterbildungsteilnehmers um die vorherrschenden Transferbedingungen am Arbeitsplatz. Aus diesem Gmnd wird vermutet, dass der antizipierte Lemtransfer starker mit dem faktischen Transfererfolg korreliert als mit dem Lemerfolg. Somit spielen fur die Beziehung zwischen Lemerfolg und faktischem Transfererfolg auch die situativen Bedingungen der Arbeitsumgebung eine bedeutende RoUe. Letztlich kann jedoch nur empirisch geklart werden, welche Beziehungen tatsachlich zwischen den einzelnen Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs bestehen.

91

3.3

Bedeutung der Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs

3.3.1

Relevanz in der betrieblichen Weiterbildung

Die Zielkriterien des Weiterbildungserfolgs haben in Bezug auf die Forderung beruflicher Handlungskompetenz unterschiedliche Bedeutung. 1) Relevanz der Zufriedenheit Wenn betriebliche Weiterbildung auf die Forderung beruflicher Handlungskompetenz von Mitarbeitem und damit auf den Leistungsaspekt abzielt, stellt sich die Frage, warum iiberhaupt Zufriedenheitsurteile von Weiterbildungsteilnehmem erhoben werden sollen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der Ergebnisse zahlreicher Untersuchungen, die allenfalls nur geringe Korrelationen zwischen Zufriedenheits- und Leistungsaspekten belegen (s. Kap. 3.2.5). Auch wenn Zufriedenheit in keinem direkten systematischen Zusammenhang zur Leistung steht, hat sie sich inzwischen als unverzichtbarer BewertungsmaBstab betrieblicher Lehrveranstaltungen durchgesetzt. Einschatzungen zur Zufriedenheit stellen eine einfache und schnelle Moglichkeit dar, Lehrveranstaltungen zu bewerten und untereinander zu vergleichen (vgl. REISCHMANN 1993, S. 203; WESTERMANN, HEISE, SPIES & TRAUTWEIN 1996, S. 18; WEISS 1997, S. 105; H A R I N G 2003, S. 257). Zufriedenheitsurteile konnen im Sinne eines Fruhwamsystems wirken, wenn die Faktoren, die sich als Pradiktoren von Unzufriedenheit erweisen, zum Anlass far die Optimierung betrieblicher Lehrveranstaltungen herangezogen werden (vgl. WEISS 1997, S. 105; HEISE, HASSELHORN & HAGER 2003, S. 55). Dies tragt indirekt zur Forderung beruflicher Handlungskompetenz bei. So zeigt beispielsweise eine Untersuchung von MATHIEU, TANNENBAUM & SALAS (vgl. 1992, S. 842 f), dass Zufriedenheit die Beziehung zwischen Lemmotivation und Lemerfolg in der Weise beeinflusst, dass unzufriedene Weiterbildungsteilnehmer eine geringere Lemmotivation aufweisen und dadurch auch weniger lernen (vgl. MATHIEU, TANNENBAUM & SALAS 1992, S. 834, 842 f). BERGMANN (vgl. 1999, S. 264) vermutet sogar, dass sich Unzufriedenheit selbst auf den Transfer negativ auswirkt.

92

Dariiber hinaus stellt Zufriedenheit schon ein Wert^^ an sich dar (vgl. HOFMANN & STIKSRUD 1994, S. 170; VON ROSENSTIEL 2003, S. 223; vgl. hierzu und im Folgenden auch JUNGKUNZ 1996, S. 400 ff.). Deshalb sollte berufs- und wirtschaftspadagogisches Handeln in der betrieblichen Weiterbildung zum Ziel haben, dass moglichst viele Teilnehmer mit ihrer Weiterbildung zufrieden sind. Weiterbildungsteilnehmer haben aus erziehungswissenschaftlichen und humanitaren Grunden einen Anspruch auf eine sie zufrieden stellende Weiterbildung. Der erste Grund beinhaltet, dass sich nur auf dieser Basis soziale Interaktionen zwischen Lehrenden und Lemenden so realisieren lassen, wie sie fiir eine sinnvoUe padagogische Unterrichtspraxis erforderlich sind. Der zweite Grund bezieht sich auf die funktionalistische Annahme, nach der Zufriedenheit in der Weiterbildung zur Verbesserung der Arbeitszufriedenheit beitragt (vgl. HENDRICH 2000, S. 38). Arbeitszufriedenheit wiederum ist eine zentrale Voraussetzung fur das physische und psychische Wohlbefinden sowie fur die allgemeine Lebenszufriedenheit (vgl. NERDINGER 2001, S. 351; SIX & FELFE 2004, S. 604). 2) Relevanz des Lernerfolgs Die Bedeutung erfolgreichen Lemens in der Weiterbildung wachst mit zunehmender Komplexitat beruflicher Anforderungen. Zur Bewaltigung dieser Anforderungen ist die Forderung beruflicher Handlungskompetenz der Mitarbeiter erforderlich. Berufliche Handlungskompetenz ist durch die beiden zentralen Komponenten der Handlungsfahigkeit und Handlungsbereitschaft gekennzeichnet. Wahrend ftir die Handlungsfahigkeit der Erwerb von Wissen grundlegend ist, setzt die Handlungsbereitschaft das Vorhandensein geeigneter motivationaler Bedingungen voraus (s. Abb. 16).

„Ein Wert ist eine Auffassung (explizit oder implizit), die ein Individuum oder eine Gruppe vom Wiinschenswerten hegt, und welche die Wahl moglicher Verhaltensweisen, Handlungsaltemativen und -ziele beeinflusst" (KLUCKHOHN 1951, S. 395, zit. nach STAEHLE1999, S. 171 f.).

93

Berufliche Handlungskompetenz

y

v.

Handlungsfahigkeit

Handlungsbereitschaft

+

f

Wissenserwerb

Interessenforderung

^

^ Lemerfolg

Abb. 16:

Bedeutung des Lernerfoigs fur die Forderung beruflicher Handlungskompetenz

a) Wissenserwerb und Handlungsfahigkeit Als Folge beschleunigter Veranderungen in der betrieblichen Umwelt sinkt die Halbwertszeit von Wissen in alien Wirtschaftsbereichen und steigt gleichzeitig das Wachstum und die Verbreitung von Wissen (vgl. HUBNER, KUHL & PUTZING 2003, S. 103 f.). Vor allem das Fachwissen ist stark von dieser Entwicklung betroffen (vgl. SEMBILL u.a. 2001, S. 257). Fachwissen im Sinne von deklarativem und prozeduralem Wissen ist unverzichtbarer Bestandteil beruflicher Handlungsfahigkeit und grundlegend fur den Aufbau von Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz (vgl. FREY 1999, S. 31). Es bezieht sich auf diejenigen fachlichen Kenntnisse und Fahigkeiten, die fur eine Spezialisierung der Person sorgen und fur die Erfullung einer bestimmten beruflichen Tatigkeit zwingend notwendig sind (vgl. FREY 1999, S. 32). Eine aktuelle Studie zur Personal- und Fuhrungskrafteentwicklung von BECKER (vgl. 2002a, S. 232 f.) belegt, dass die fachlichen Anforderungen an Fuhrungskrafte sogar deutlich gestiegen sind. Vor diesem Hintergrund gewinnt der kontinuierliche Erwerb von Fachwissen im Rahmen betrieblicher Lehrveranstaltungen fur alle Each- und Fiihrungskrafle enorm an Stellenwert. Befragungen von Untemehmen und Mitarbeitem bestatigen die Dominanz fachlicher im Vergleich zu fachubergreifenden Weiterbildungsinhalten. 70 % der befragten Untemehmen betrachten die Sicherung von tatigkeitsbezogenem Fachwissen als vorrangiges Ziel betrieblicher Lehrveran94

staltungen, wahrend die Forderung fachiibergreifenden Wissens (z.B. Kommunikations- und Kooperationsfahigkeit) mit nur 22 % an zweiter Stelle liegt (vgl. FRIELING 1999, S. 161 f.). Ahnliche Ergebnisse zeigen auch die Befragungen auf Mitarbeiterebene, wonach ca. 96 % der Angestellten in den letzten Jahren an fachlichen Lehrveranstaltungen und ca. 62 % an fachiibergreifender Weiterbildung teilgenommen haben (vgl. KAUFFELD & GROTE 2000, S. 184). Infolge der raschen betrieblichen Veranderungsprozesse werden aber auch fachiibergreifende Wissensinhalte zunehmend wichtiger eingeschatzt (vgl. BEICHT u.a. 2001, S. 34 f.; SONNTAG & SCHAPER 2001, S. 242). b) Interessenforderung und Handlungsbereitschaft Wenn Anforderungen an die berufliche Handlungskompetenz von Mitarbeitem steigen, sind damit gleichzeitig auch jene Bestandteile der Kompetenz betroffen, die fur die Ausfiihrung von Handlungen bestimmend sind. Ohne ausreichende Motivation wird nicht gelemt, erworbenes Wissen nicht angewendet oder Arbeitshandlungen nicht voUzogen. Deshalb gehort es zu den wichtigsten Zielen betrieblicher Weiterbildungsveranstaltungen, den Aufbau von Motivation bei den Lemenden zu fordem (vgl. REINMANN-ROTHMEIER, MANDL & GOTZ 1993, S. 7 f.; PRENZEL u.a. 2000, S. 164). Innerhalb verschiedener Motivationsvarianten erhalt aus der Perspektive der betrieblichen Weiterbildung die Forderung von Interessen ein besonderes Gewicht. ErfahrungsgemaB wird die Bereitschaft zur Handlung durch individuelle Motive bestimmt und durch spezifische Anreize aktiviert (vgl. STAUDT u.a. 1997, S. 115). Diese Anreize liegen beim Interesse im Gegenstand und Prozess der Handlung selbst bedingt (vgl. SCHIEFELE & SCHIEFELE 1997, S. 16). Aufgrund der Bedeutung des Gegenstands fur die Person verlaufen diese Handlungen vollstandig selbstbestimmt aus eigenem Antrieb, ohne dass auBere Veranlassungen notwendig sind. Insofem erhalt die Interessenforderung vor dem Hintergrund der normativen Zielkategorien beruflicher Tiichtigkeit und Mtindigkeit in dieser Arbeit uberragende Bedeutung, da sie den damit verbundenen Anspriichen auf Selbstbestimmung, Autonomie und Selbstverantwortung entgegenkommt. Die hohe Relevanz der Forderung von Interessen in der Weiterbildung steht in enger Verbindung zum Wissenserwerb und der Wissensanwendung. Da beim interessierten Lemen gegenuber anderen Formen der Lemmotivation Wissen in-

95

tensiver verarbeitet und besser verstanden wird, begiinstigt vorhandenes Interesse die Bereitschaft zur Anwendung des Gelemten in realen Arbeitssituationen (vgl. PRENZEL u.a. 2000, S. 168). Interesse ist die Voraussetzung dafiir, dass sich Mitarbeiter von sich aus fur bestimmte Handlungen am Arbeitsplatz entscheiden und diese initiieren. Beispielsweise wird zunehmend von den Mitarbeitem erwartet, dass sie in der Lage sind, sich in neue und komplexe berufliche Problemstellungen einzuarbeiten. Diese zeichnen sich zunachst haufig dadurch aus, dass unvollstandige Informationen in Bezug auf ihre Losung vorliegen. Wer tiber hohes Interesse verftigt, erschlieBt sich sukzessive den Gegenstandsbereich, indem er sich hierzu freiwillig fehlende Informationen beschafft und erforderliches Wissen aneignet. Vielfach wird auf die Bedeutung der Interessenforderung im Zusammenhang mit der Bereitschaft zur kontinuierlichen Weiterbildung aufgrund rascher Veranderungen beruflicher Anforderungen hingewiesen. Dabei wird kontinuierliche Weiterbildung oftmals mit dem Begriff des „lebenslangen Lemens"^^ gleichgesetzt (vgl. BAETHGE, BUSS & LANFER 2003, S. 90). „Lebenslanges Lemen beschreibt in phanomenologischer Betrachtung die im Verhalten einer Person erkennbare Fahigkeit und Bereitschaft, iiber die gesamte Lebensspanne hinweg neues Wissen zu erwerben und ggf. anzuwenden" (KRAPP 2000, S. 55). Vieles spricht dafiir, dass mit einer lebenslangen Bereitschaft zur selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Weiterbildung nur dann gerechnet werden kann, wenn sich Mitarbeiter mit den Inhalten, Handlungsfeldem und Aufgabenstellungen ihres beruflichen Tatigkeitsbereichs identifizieren und entsprechende berufliche Interessen auft)auen (vgl. LEWALTER, KRAPP & WILD 2000, S. 155; PRENZEL u.a. 2000, S. 168). Fiir das lebenslange Lemen und damit fiir einen kontinuierlichen Aufbau beruflicher Handlungskompetenz ist deshalb das Interesse wichtig: „Wer sich fiir eine Sache interessiert, mochte mehr dariiber erfahren, sich kundig machen, sein Wissen erweitem" (KRAPP 2000, S. 57). Eine Studie zur Bewertung lebenslangen Lemens in deutschen Untemehmen (vgl. GRUNEWALD, MORAAL & SCHONFELD 2003, S. 117 f.) unterstreicht die Notwendigkeit der Interessenfi)rderung in betrieblichen Lehrveranstaltungen. Vgl. zum Thema „lebenslanges Lemen" aus einer bemfs- und wirtschaftspadagogischen Perspektive ausfiihrlich das umfassende Forschungs- und Reformprogramm von ACHTENHAGEN & LEMPERT 2000 sowie zusammenfassend LEMPERT & ACHTENHAGEN 2000.

96

So ist die Bereitschaft der Befragten zu lebenslangem Lemen im Jahr 1997 gegenuber 1995 urn 3 % auf 67 % gefallen. 3) Relevanz des Transfererfolgs Fur die Bedeutung von Transfererfolgen im Zusammenhang mit beruflicher Handlungskompetenz lassen sich verschiedene Grunde nennen. Handlungskompetenz beinhaltet nicht nur Wissen, sondem auch die Anwendung des Wissens. Damit ist der Transfer an sich bereits Bestandteil beruflicher Handlungskompetenz und erstrebenswert (vgl. SCHWADORF 2003, S. 103). Erfolgreicher Transfer ist bedeutsam, weil es unmoglich ist, Mitarbeiter auf jede Aufgabenanderung gezielt vorzubereiten (vgl. BERGMANN 1999, S. 57). Dies bedingt die Forderung einer stets flexiblen Auspragung der Transferfahigkeit in betrieblichen Lehrveranstaltungen in der Weise, dass fiir moglichst viele berufliche Aufgaben- und Problemstellungen erfolgreiche Transferleistungen erbracht werden konnen. Femer zeigt sich die Relevanz des Transfererfolgs darin, dass erworbene Kompetenzen nicht nur zur Anwendung in neuen Situationen (horizontaler Transfer), sondem sogar zu einer weiteren Steigerung beruflicher Handlungskompetenz im Sinne eines vertikalen Transfers fahren konnen (vgl. MANDL, PRENZEL & G R A S E L 1992, S. 129; SCHWADORF 2003, S. 103). Vertikaler Transfer kann sich in folgenden Schritten voUziehen: Zunachst wird eine neue und bedeutsame Aufgaben- oder Problemsituation gewahlt und mit einer bestimmten Zielsetzung versehen, auf die hin in einem zweiten Schritt mit der Ausfiihrung der Transferhandlung begonnen wird. In dieser Handlungssituation entwickeln sich die Kompetenzen weiter. Erworbenes Wissen wird dabei nicht einfach nur rekonstruiert, sondem durch mehrfaches Anwenden und Verkniipfen weiter verfeinert, Interessen aufgmnd des Bedeutungsgehalts der Aufgabe zusatzlich gefordert und Einstellungen verfestigt (vgl. BECK 2005, S. 94). AbschlieBend wird das Handlungsergebnis in Bezug auf die Zielsetzung reflektiert und bewertet. Bei Bedarf wird emeut eine Handlung aufgenommen, die wiedemm zusatzliche Entwicklungsimpulse auslosen kann. Kompetenzentwicklung in Anwendungssituationen benotigt jedoch die Unterstutzung durch eine entwicklungsforderlich gestaltete Arbeitsumgebung, wie sie beispielsweise von VOLPERT (1989) vorgeschlagen wurde.

97

In der betrieblichen Weiterbildungsliteratur wird unter den drei Zielkriterien dem Transfererfolg die weitaus groBte Bedeutung zugewiesen (vgl. MANDL, PRENZEL & GRASEL 1992, S. 126; PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 172; KRAPP & WEIDENMANN 1999, S. 87). Dies bestatigt auch eine aktuelle Untemehmensbefragung von HARING (vgl. 2003, S. 172 ff.), in der Weiterbildungsexperten den Transfererfolg insgesamt am wichtigsten einstufen. Insofem stellt sich die Frage, ob sich der Stellenwert der drei Zielkriterien auch in der betrieblichen Evaluationspraxis widerspiegelt.

3.3.2

Stellenwert in der betrieblichen Evaluationspraxis

Erste Hinweise zum Stellenwert der Zielkriterien ergeben sich aus Untersuchungen zur Evaluationspraxis in Untemehmen. PAWLOWSKY & BAUMER (vgl. 1996, S. 94; vgl. auch BAUMER & PAWLOWSKY 1997, S. 56) zufolge geben nur knapp die Halfte der befragten Untemehmen an, ihre Weiterbildungsaktivitaten iiberhaupt regelmaBig zu evaluieren. Nahezu identisch fallt das Ergebnis der Untersuchung im Rahmen der zweiten europaischen Weiterbildungserhebung far das Jahr 1999 aus (vgl. GRUNEWALD, MORAAL & SCHONFELD 2003, S. 66). Nach dieser Studie iiberpriifen lediglich 44 % der deutschen Untemehmen systematisch den Erfolg ihrer Weiterbildungsmal3nahmen. Dabei besteht ein Zusammenhang zwischen der BetriebsgroBe und der LFberpriifung des Weiterbildungserfolgs. Mit steigender Beschaftigtenzahl wachst der Anteil der Untemehmen, die Evaluationen zur Erfolgskontrolle betrieblicher Lehrveranstaltungen nutzen. Inwieweit die Zielkriterien evaluiert werden, wird nachfolgend analysiert. Fur die Evaluation der Zufriedenheit stellt GULPEN (vgl. 1996, S. 88) im Rahmen ihrer Untersuchung von Fuhmngskraftetrainings fest, dass in ca. 77 % der Untemehmen Zufriedenheitsmessungen immer vorgenommen werden, wahrend dies bei ca. 18 % zumindest noch haufig geschieht. Ein ahnliches Resultat belegt die Studie der American Society of Training and Development (vgl. VAN BUREN & ERSKINE 2002, S. 23), welcher Daten von 367 amerikanischen Untemehmen zugmnde liegen. Danach fiihren 78 % der befragten Untemehmen Evaluationen der Zufriedenheit durch. Ein noch hoherer Wert zeigt sich in der Untersuchung von HARING (vgl. 2003, S. 172), bei der alle befragten Unter98

nehmen angeben, die Zufriedenheit der Teilnehmer zu evaluieren. Die Erfassung subjektiver Zufriedenheitsurteile erfolgt iiblicherweise durch schriftliche Teilnehmerbefragungen am Ende von Lehrveranstaltungen (vgl. GULPEN 1996, S. 90; BERGMANN 1999, S. 264; H A R I N G & VOSS 2000, S. 315). Zur Evaluation des Lernerfolgs liegen unterschiedliche Ergebnisse vor. Insgesamt zeigen jedoch die Werte, dass der Lemerfolg seltener als die Zufriedenheit erhoben wird. Nach der Studie von GULPEN (vgl. 1996, S. 88 f.) wird der Lemerfolg von ca. 13 % der befragten Untemehmen immer oder oft, von ca. 37 % teilweise und von ca. 50 % selten oder nie evaluiert. Demgegenuber ermittelt HARING (vgl. 2003, S. 184) mit ca. 64 % einen deutlich hoheren Wert, der vermutlich auf den iiberwiegenden Einbezug groBer Untemehmen in ihrer Studie zuruckzufuhren ist, wahrend bei VAN BUREN & ERSKINE (vgl. 2002, S. 23) mnd 32 % der Betriebe Lemerfolgsevaluationen vomehmen. Um Lemerfolge festzustellen, greifen Untemehmen auf Tests, Beobachtungen Oder Befragungen zuruck (vgl. ausftihrlich PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 168 ff.; WOTTAWA & THIERAU 1998, S. 131 ff; H A R I N G 2003, S. 185 ff; REISCHMANN 2003, S. 137 ff). Im Gegensatz zum schuHschen Bereich werden Leistungstests in der betriebhchen Weiterbildung als nicht erwachsenengerechte Form der ErfolgskontroUe angesehen und daher haufig abgelehnt (vgl. H A R I N G 2003, S. 193). Zudem konnen betriebliche Bestimmungen sowie der hohe Konstmktionsaufwand einen Testeinsatz erschweren (vgl. HARESfG 2003, S. 189; REISCHMANN 2003, S. 115). Beobachtungen sind nur dann geeignet, wenn sich die Evaluationskriterien auf beobachtbare Verhaltensweisen beziehen, wie beispielsweise in Verhaltens- oder Kommunikationstrainings. Daher wird der Lemerfolg haufig durch Selbsteinschatzungen der Teilnehmer mittels Fragebogen erhoben (vgl. GLFLPEN 1996, S. 90; SONNTAG 1996, S. 195; H A R I N G 2003, S. 192). Dieser subjektive Lemerfolg ermittelt sich anhand einer individuellen Bezugsnorm, indem der Teilnehmer seinen individuellen Lemstand vor Beginn der MaBnahme mit seinem Lemstand am Ende der Mal3nahme vergleicht (vgl. JUNGKUNZ 1993, S. 283). In Bezug auf die Evaluation des Transfererfolgs in den Betrieben ergibt die Befragung von GULPEN (vgl. 1996, S. 88), dass ca. 14 % der Untemehmen den Transfer oft iiberpriifen, 46 % nur teilweise und ca. 40 % selten oder nie. Nach

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HARING (vgl. 2003, S. 194) und BECKER (vgl. 2002a, S. 177) evaluieren die Halfte bzw. rund 44 % der befragten Untemehmen den Transfererfolg. Deutlich geringer fallt mit einem Wert von 9 % das Befragungsergebnis bei VAN BUREN & ERSKINE (vgl. 2002, S. 23) aus. Der Transfererfolg wird vorwiegend mit den Instrumenten der Beobachtung und Befragung erhoben (vgl. ausfiihrlich PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 174 ff; KIRKPATRICK 1998, S. 51 ff.; BERGMANN 1999, S. 271 ff; EARING 2003, S. 195 ff). Beobachtungen durch Vorgesetzte oder Mitarbeiter eignen sich insbesondere dann, wenn Verhalten in sozialen Situationen, beispielsweise nach der Durchflihrung von Fuhrungs- oder Verhaltenstrainings, iiberpriift werden soil. Allerdings konnen Beobachtungen erhebliche personelle und zeitliche Ressourcen binden (vgl. HARING 2003, S. 220). Befragungen zum Transfer konnen sich an Vorgesetzte, Mitarbeiter oder die Teilnehmer selbst richten. Sie erlauben, Informationen zeit- und kostengunstiger zu erheben (vgl. BERGMANN 1999, S. 273 f). Deshalb wird der Transfererfolg in der betrieblichen Praxis haufig durch Befragungen der Teilnehmer erfasst (vgl. HARING 2003, S. 195). Nicht nur unter dem Aspekt der Legitimierung hoher finanzieller Weiterbildungsinvestitionen, sondem auch aufgrund ihrer Funktion zur Kontrolle und Optimierung betrieblicher Lehrveranstaltungen hinsichtlich einer effektiven Forderung beruflicher Handlungskompetenz spielt die Evaluation erfahrungsgemaB eine groBe RoUe. Dennoch verzichtet nach wie vor ein groBer Teil der Unternehmen auf eine systematische und regelmaBige Evaluation und misst ihr nur eine nachgelagerte Bedeutung bei (vgl. HARING & VOSS 2000, S. 320). Die wenigen empirischen Studien zeigen ubereinstimmend, dass sich die betriebliche Evaluationspraxis iiberwiegend auf die Befragung von Teilnehmem nach ihrer Zufriedenheit beschrankt. In weit geringerem Umfang werden Lem- und Transfererfolge evaluiert. Griinde fiir die unterschiedliche Einsatzhaufigkeit der Zielkriterien in der Praxis sind vielschichtig. Sie liegen in der Praktikabilitat der Messung, die sich bei Zufriedenheitseinschatzungen am einfachsten durchfuhren lasst (vgl. ALLIGER u.a. 1997, S. 351; NOE 1998, S. 140; PIEZZI 2002, S. 243). Femer scheint in der betrieblichen Praxis nach wie vor die Auffassung verbreitet zu sein, dass Zufrie-

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denheit ein zuverlassiger Indikator und Ersatz filv Lem- und Transfererfolge ist (vgl. RUONA, LEIMBACH, HOLTON & BATES 2002, S. 219). Daruber hinaus wird die Vemachlassigung umfassender und systematischer Evaluationen auch mit einem hohen finanziellen und zeitlichen Aufwand, mangelndem Personal im Weiterbildungsbereich sowie fehlendem Know-how im Umgang mit Evaluationsinstrumenten begrundet (vgl. NORK 1991, S. 42 ff.; HARING 2001, S. 72; 2003, S. 241 ff). Wahrend ftir die Zufriedenheit demzufolge angenommen werden kann, dass ihr Stellenwert auch in der Evaluation ausreichend beriicksichtigt wird, gilt dies hingegen nicht fur den Lem- und Transfererfolg. Insbesondere die Relevanz des Transfers steht in deutlichem Widerspruch zur aktuellen betrieblichen Evaluationspraxis (vgl. HARING 2003, S. 220; vgl. auch WUNDERER & FROHLICH 1991, S. 18). Dies ist umso gravierender vor dem Hintergrund der Transferproblematik betrieblicher Lehrveranstaltungen.

3.4

Lerntransfer als ausgewahlter Aspekt interner betrieblicher Lehrveranstaltungen

3.4.1

Transferproblematik beim Ubergang von der Lern- zur Arbeitssituation

Empirische Befunde und Einschatzungen von Experten belegen, dass der Transfer vom Lem- ins Funktionsfeld oft mit Problemen verbunden ist (vgl. PAWLOWSKY & BAUMER 1996, S. 154; FAULSTICH 1998, S. 193; GERSTENMAIER & MANDL 1999, S. 184; STARK, HINKOFER & MANDL 2001, S. 3; PIEZZI 2002, S. 4 f). Anstelle positiver Transfereffekte zeigt sich ein NullTransfer Oder sogar negativer Transfer. Die Problematik des Lemtransfers wird oftmals mit mangelnder Wissensanwendung bzw. tragem Wissen in Verbindung gebracht (vgl. exemplarisch ZIMMERMANN 1996, S. 46; EBNER 2000, S. 114; PIEZZI 2002, S. 3). Mit tragem Wissen wird jener Umstand beschrieben, dass vorhandenes Wissen in Anwendungssituationen nicht aktiviert werden kann (vgl. SONNTAG 1996, S. 63; EBNER 2000, S. 114). Analysen zur Lemtransferproblematik nehmen ihren Ausgang bei den Basiselementen des Transfers. Dabei handeh es sich um die Bestimmungsfaktoren des 101

Transfers, die an jedem Transfervorgang beteiligt sind und den Transfererfolg maBgeblich beeinflussen konnen (vgl. PIEZZI 2002, S. 9). Zu den Basiselementen des Lemtransfers gehoren der Lemende, die Lem- und Transferaufgabe sowie der Lem- und Transferkontext (vgl. MACAULAY 2000, S. 2, 15 ff.). Sie stellen gleichzeitig Untersuchungsgegenstande in der Transferforschung dar. Je nach Forschungsrichtung werden die Schwerpunkte unterschiedlich gesetzt (vgl. REINMANN-ROTHMEIER & MANDL 1997, S. 376). Wahrend in klassischen Transfertheorien (z.B. Theorie der identischen Elemente) der Fokus auf den Aufgabenmerkmalen liegt, steht bei den kognitionspsychologischen Ansatzen mit den Untersuchungen iiber die Wahmehmung von Ahnlichkeiten zwischen einzelnen Aufgaben der Lemende im Mittelpunkt. Konstmktivistische Theorien riicken dagegen die Rolle des Kontextes in den Vordergmnd. Da der vorliegenden Arbeit ein gemaBigt konstmktivistisches Transferverstandnis zugmnde liegt, steht bei den Betrachtungen zum Problem des Lemtransfers die Relation zwischen Person und situativem Kontext im Mittelpunkt. Die Bedingungen mangelnder Wissensanwendung bzw. tragen Wissens werden im Wesentlichen in drei unterschiedlichen Bereichen gesehen (vgl. RENKL 1996a, S. 78 ff.; 2001, S. 717 ff; vgl. auch ZIMMERMANN 1996, S. 46 ff; EBNER2000,S. 114f.): a) Metaprozessdefizite: Es wird davon ausgegangen, dass das notwendige Wissen vorhanden ist, der Transfer aber dadurch erschwert wird, dass Defizite in der metakognitiven Steuemng des anzuwendenden Wissens vorliegen. Vor allem ubergeordnete Prozesse, die iiber dem anzuwendenden Wissen ablaufen und dessen Abmf steuem, gelingen nicht. Beispielsweise fehlt einer Person das metakognitive Wissen um die Anwendungsbedingungen des in Frage stehenden Wissens, welches die Kenntnis iiber das „Wann" und „Wamm" des Zugriffs auf bestimmte Wissensteile beinhaltet. Fehlende Wissensanwendung kann aber auch auf motivationalen Defiziten, wie mangelndem Interesse oder ungeniigender intrinsischer Motivation, bemhen. b) Strukturdefizite: Trages Wissen wird auf eine defizitare Stmktur des anzuwendenden Wissens zuriickgeftihrt. Wissen liegt nicht in der Form vor, wie es fiir seine Anwendung in einer bestimmten Situation erforderlich ware. In diesem Fall kommt die Umsetzung von Faktenwissen in Handlungswissen (Wissens-

102

kompilierung) nicht zustande. So wird zwar deklaratives Wissen angeeignet, aber das fiir die Ausfiihrung notwendige prozedurale Wissen (Handlungswissen) im Lehr-Lem-Prozess nicht aufgebaut. Durch das Fehlen des konkreten Handlungsbezugs bleibt das Wissen vielmehr abstrakt, unverbunden und zusammenhangslos. c) Situiertheitsdefizite: Trages Wissen wird damit erklart, dass Wissen prinzipiell situativ gebunden ist. Diese Erklarungsrichtung verweist auf Ansatze der situierten Kognition, deren Auffassung zufolge der Erwerb und die Anwendung von Wissen nicht vom situativen Kontext zu trennen sind. Deshalb sollten Lemund Anwendungssituation moghchst ahnUch gestaltet sein, andemfalls ist nicht mit einem Wissenstransfer zu rechnen. Aus gemaBigt konstruktivistischer Sicht sind in Bezug auf das Transferproblem insbesondere Situiertheitserklarungen relevant (vgl. REETZ 1996, S. 178). Der Transfer wird wesentlich vom situativen Kontext beeinflusst (vgl. PRENZEL & MANDL 1993, S. 703). Dabei kann tendenziell davon ausgegangen werden, dass mit zunehmender Distanz zwischen den in einer Lemsituation aufgebauten subjektiven Wissensstrukturen und der jeweiligen Anwendungssituation die Transferanforderungen an das Individuum steigen (vgl. hierzu und im Folgenden EULER 1996, S. 197 ff.). Damit wird der Transfer neben der sachlogisch konstruierten Ahnlichkeit durch den Lehrenden auch wesentlich von der vom Lernenden wahrgenommenen und konstruierten Nahe zwischen Lem- und Anwendungssituation beeinflusst. Dies erklart unterschiedliche Transferleistungen von Lemenden. Ist die Distanz zwischen Lem- und Anwendungssituation zu groB, fiihrt dies in der Regel dazu, dass sich Lemende eher abstraktes und zusammenhangsloses Wissen aufbauen, das nicht zur Anwendung gelangt. Eine zu geringe Distanz vermeidet zwar zusammenhangsloses Wissen zwischen Lem- und Anwendungssituation, fordert aber nicht die Fahigkeit zum Transfer auf wechselnde Situationen. Um das Transferproblem zu reduzieren, ist daher auf eine lemangemessene Distanz im Sinne einer „mittleren Position" zwischen Lem- und Anwendungskontext zu achten, die sich letztlich aber nur subjektbezogen bestimmen lasst. Die Bedeutung des situativen Kontextes ist auch far die individuelle Anwendungsflexibilitat relevant (vgl. EULER 1996, S. 196). Vertreter situierten Ler-

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nens gehen davon aus, dass Wissen stets in einem bestimmten (Lem-)Kontext konstruiert wird. In diesem Konstruktionsprozess erwirbt die Person zugleich auch die Bedeutung des Wissens im Sinne der Anwendbarkeit flir eine bestimmte Konstellation (vgl. PRENZEL & MANDL 1993, S. 704; REINMANN-ROTHMEIER & MANDL 1998b, S. 469). Wissen ist gewissermafien kontextualisiert (vgl. STEINER 2001, S. 198). Deshalb beschrankt sich auch die Anwendung des Wissens zunachst nur auf den Kontext der Lemsituation, wahrend ein Transfer auf einen anderen Kontext nicht moglich ist (vgl. MANDL, PRENZEL & GRASEL 1992, S. 136; KLAUER 2001, S. 636). Die Gefahr besteht darin, dass die Weiterbildungsteilnehmer das erworbene Wissen nur im Lemkontext rekonstruieren konnen, nicht aber in davon abweichenden Anwendungssituationen und Problemstellungen am Arbeitsplatz (vgl. PIEZZI 2002, S. 5). Damit von einer spezifischen Situation abstrahiert werden kann und Wissen flexibel anwendbar wird, ist eine Kontexterweiterung bzw. Dekontextualisierung erforderlich (vgl. MANDL, PRENZEL & G R A S E L 1992, S. 136). So wird der Transfer auf neue Anwendungssituationen mafigeblich gefordert, wenn moglichst viele Anwendungsbereiche des Wissens in der Lemsituation generiert werden (vgl. DORIG 1995, S. 120; BERGMANN & SONNTAG 1999, S. 297). Erst im Laufe einer solchen systematischen ErschlieBung vielseitiger Anwendungsbedingungen lasst sich Wissen allmahlich aus dem ursprunglichen spezifischen Kontext abstrahieren und far den Lemenden flexibel verwenden. Das unterscheidet abstrahiertes Wissen auch vom abstrakten Wissen, das trage ist, weil es einfach tibemommenes Wissen ist und nur der Lemkontext den Anwendungsbereich bildet (vgl. PRENZEL 8L MANDL 1993, S. 707). Mit dem Aufbau flexibler Wissensstmkturen soil der Lemende in erster Linie befahigt werden, durch intensive Vergleiche von bekannten und unbekannten Aufgabensituationen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu erkennen (vgl. STEINER 2001, S. 200). Das Transferproblem in der betrieblichen Weiterbildung wird haufig mit tragem Wissen begrundet. Daruber hinaus konnen aber auch personale Faktoren (z.B. Motivation, Einstellung) oder Umgebungsfaktoren am Arbeitsplatz (z.B. Vorgesetztenunterstiitzung) transferbeeinflussend wirken (vgl. BALDWIN E

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