Theorie der Produktionsplanung und -steuerung: Im Sommer keine Kirschpralinen? [1 ed.] 3642006329, 9783642006326 [PDF]

Die Grundlagen der Produktionsplanung und -steuerung werden aufbauend auf einer klassifizierenden Modellierung der Produ

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Front Matter....Pages 1-11
Produktionsplanung und -steuerung....Pages 1-14
Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung und -steuerung....Pages 15-166
Die Modelldefinition....Pages 167-354
Das Herstellen der Konsistenz im Knoten....Pages 355-810
Das Herstellen der Konsistenz in Mikro- und Makrostrukturen....Pages 811-1241
Das Herstellen einer im Kontext der Umwelt konsistenten Produktion....Pages 1243-1454
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Theorie der Produktionsplanung und -steuerung: Im Sommer keine Kirschpralinen? [1 ed.]
 3642006329, 9783642006326 [PDF]

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Zitiervorschau

Theorie der Produktionsplanung und -steuerung

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Wilhelm Dangelmaier

Theorie der Produktionsplanung und -steuerung Im Sommer keine Kirschpralinen?

1C

Prof. Dr.-Ing. Wilhelm Dangelmaier Universität Paderborn Heinz Nixdorf Institut Abt. Wirtschaftsinformatik/CIM Fürstenallee 11 33102 Paderborn Deutschland [email protected]

ISBN 978-3-642-00632-6 e-ISBN 978-3-642-00633-3 DOI 10.1007/978-3-642-00633-3 Springer Dordrecht Heidelberg London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)

Vorwort

Zu diesem Buch haben viele einen Beitrag geleistet, manche mehr, manche weniger, die einen länger, die anderen kürzer. Jedem einzelnen bin ich zu großem Dank verpflichtet. Ihnen allen sind die folgenden Zeilen gewidmet. Wenn ich geh’ in die Kantine erhellt sich strahlend meine Miene, denn ich genieße doch so sehr zwei Kirschpralinen zum Dessert. Doch wenn die Tage werden heiß, dass aus den Poren rinnt der Schweiß, da nehm’ ich lieber rote Grütze zu lindern ab des Sommers’ Hitze. Derweil die Schokolade ganz verlieret die Festigkeit, die sie sonst zieret. Der Alkohol, der innen drinnen, macht heimlich sich von hinnen. Der Kirsche fehlt der Cognac sehr, ganz elend fühlt sie sich und leer, stammt sie doch oben hoch vom Baum und fürchtet jetzt des Schimmels’ Flaum. Beseelt vom Wunsche zu agieren, will sich die Küche informieren. Ein Seminar von gut zwei Tagen soll schließen die vorhandenen Fragen. Streng kulinarisch wird da referiert. Das Publikum vor allem aber interessiert, wie man den Kunden kann bedienen, und sei es nur mit zwei Pralinen. Was nötig tut ist die Prognose von Sauerkraut und dunkler Soße anhand der neu’sten Wetterlage für mindestens fünf weit’re Tage .

vi

Vorwort

An dieser Stell wird hart gerungen. Man sieht zum Kompromisse sich gezwungen und einigt sich auf „Kohlenfeuer“, verteilt, global und gar nicht teuer. Online wird die Küche jetzt gesteuert, von schwarzen Petri Netzen mild befeuert, der Druck der Luft determiniert das Mahl, püriert mit E-Modul und Reynolds-Zahl. So sind nun alle wieder schiedlich, der Betriebsrat ist sogar ganz friedlich, doch seit zwei Nächten träum’ ich fade von Kakao und heißer Schokolade.

Paderborn, 15. August 2008 Wilhelm Dangelmaier

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis........................................................vii

1

Produktionsplanung und -steuerung.......................... 1 1.1 1.2 1.3

2

Die Produktion als Input-Output-System mit Begrenzungen .......... 1 Planung und Steuerung .................................................................... 5 Die Produktionsplanung und -steuerung als operative Planung ...... 9

Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung und -steuerung........................ 15 2.1 2.2

2.3

2.4

2.5

Die Strukturierung des Problems ................................................... 15 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben ....................................... 25 2.2.1 Anforderungen an das formale Modell ............................. 25 2.2.2 Ableitung der Modellkonzepte.......................................... 32 2.2.3 Formale Definition des Modells für PPS-Aufgaben ......... 63 2.2.4 Modell für PPS-Aufgaben - Anwendungsbeispiele .......... 77 2.2.4.1 Flexible Fertigungszelle .................................................... 77 2.2.4.2 Chemische Anlage............................................................. 86 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben ........................................... 95 2.3.1 Anforderungen an eine Klassifikation............................... 95 2.3.2 Klassifikationsmerkmale für PPS-Aufgaben..................... 96 2.3.3 Mikrostrukturen................................................................. 97 2.3.4 Makrostrukturen .............................................................. 108 2.3.5 Klassifikationsschema für PPS-Aufgaben....................... 112 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren ..................................... 115 2.4.1 Anforderungen an das formale Modell ........................... 115 2.4.2 Ableitung der Modellkonzepte........................................ 118 2.4.3 Aktionen - Lösungsverfahren für PPS-Teilaufgaben ...... 132 2.4.3.1 Elementare Aktionen für den sachlichen Bezug ............. 134 2.4.3.2 Elementare Aktionen für den zeitlichen Bezug............... 140 2.4.3.3 Elementare Aktionen für Ereignisse................................ 146 2.4.4 Modell für PPS-Verfahren - Anwendungsbeispiele........ 147 2.4.4.1 Verfahren zur Mengenplanungsaufgabe ......................... 147 2.4.4.2 Verfahren zur Terminplanungsaufgabe (Simulation)...... 154 Die Klassifikation von PPS-Verfahren ........................................ 159

viii

Inhaltsverzeichnis

2.5.1 2.5.2 2.5.3

3

Die Modelldefinition.................................................. 167 3.1

3.2

4

Anforderungen an eine Klassifikation............................. 159 Klassifikationsmerkmale für PPS-Verfahren .................. 160 Klassifikationsschema für PPS-Verfahren ...................... 166

Zeit und Raum .............................................................................. 167 3.1.1 Kalender .......................................................................... 167 3.1.2 Faktoren, Vorgänge und Ereignisse in Zeitmodellen ...... 178 3.1.3 Koordination mit der Umwelt des Produktionssystems .. 185 3.1.4 Raum ............................................................................... 190 Der sachliche Bezug ..................................................................... 195 3.2.1 Produktionsfaktoren ........................................................ 203 3.2.1.1 Differenzierung und Aggregation von Klassen............... 203 3.2.1.2 Verbrauchsfaktoren ......................................................... 213 3.2.1.3 Gebrauchsfaktoren........................................................... 246 3.2.2 Transformationsprozesse................................................. 286 3.2.2.1 Differenzierung und Aggregation von Klassen............... 286 3.2.2.2 Beschreibung von Vorgangsknoten................................. 313 3.2.2.3 Verknüpfung von Input und Output eines Vorgangsknotens ............................................................. 328 3.2.2.4 Reihenfolge von Prozessen ............................................. 352

Das Herstellen der Konsistenz im Knoten.............. 355 4.1

4.2

Verbrauchsfaktorknoten ............................................................... 365 4.1.1 Mengenplanung ............................................................... 365 4.1.1.1 Plankonstruktion.............................................................. 368 4.1.1.1.1 Berechnungen am Punkt Abgang ..................... 369 4.1.1.1.2 Berechnungen am Punkt Mitte ......................... 404 4.1.1.1.3 Berechnungen am Punkt Zugang...................... 409 4.1.1.1.4 Gruppieren von Nettobedarf unter Beachtung von Kostenparametern ...................................... 458 4.1.1.1.5 Toleranz ............................................................ 479 4.1.1.1.6 Planung des Sicherheitsbestands ...................... 486 4.1.1.2 Veranlassung der Plandurchführung ............................... 499 4.1.1.3 Planüberwachung ............................................................ 517 4.1.1.4 Planänderung ................................................................... 540 4.1.2 Terminplanung ................................................................ 576 4.1.2.1 Plankonstruktion.............................................................. 577 4.1.2.1.1 Ermittlung des Bruttobedarfs / Nettoangebots . 577 4.1.2.1.2 Führen des Zustands / Bestands........................ 580 4.1.2.1.3 Ermittlung des Nettobedarfs / Bruttoangebots . 584 4.1.2.1.4 Toleranz ............................................................ 594 4.1.2.1.5 Sicherheit .......................................................... 594 4.1.2.2 Veranlassung der Plandurchführung ............................... 594 4.1.2.3 Planüberwachung ............................................................ 596 Gebrauchsfaktorknoten ................................................................ 601

Inhaltsverzeichnis

4.3

ix

4.2.1 Mengenplanung................................................................603 4.2.1.1 Plankonstruktion...............................................................604 4.2.1.1.1 Ermittlung des Bruttobedarfs / Nettoangebots am Punkt Abgang ..............................................604 4.2.1.1.2 Führen des Bestands ..........................................668 4.2.1.1.3 Ermittlung des Nettobedarfs..............................670 4.2.1.1.4 Toleranz.............................................................670 4.2.1.1.5 Sicherheit...........................................................670 4.2.1.2 Veranlassung der Plandurchführung ................................671 4.2.1.3 Planüberprüfung ...............................................................673 4.2.1.4 Planänderung ....................................................................677 4.2.2 Terminplanung .................................................................693 4.2.2.1 Plankonstruktion...............................................................695 4.2.2.1.1 Ermittlung des Bruttobedarfs / Nettoangebots ..695 4.2.2.1.2 Führen des Zustands / Bestands ........................719 4.2.2.1.3 Ermittlung des Nettobedarfs /Bruttoangebots ...720 4.2.2.1.4 Toleranz.............................................................720 4.2.2.1.5 Sicherheit...........................................................721 4.2.2.2 Veranlassung der Plandurchführung ................................722 4.2.2.3 Planüberprüfung ...............................................................723 4.2.2.4 Planänderung ....................................................................724 Vorgangsknoten ............................................................................725 4.3.1 Mengenplanung................................................................735 4.3.1.1 Plankonstruktion...............................................................735 4.3.1.1.1 Ermitteln des resultierenden Nettobedarfs am Punkt Abgang ....................................................736 4.3.1.1.2 Vorgangsgesteuerte Belegung der Gebrauchsfaktoren.............................................743 4.3.1.1.3 Berechnen von Abgang und Zugang .................750 4.3.1.1.4 Führen des Bestands ..........................................759 4.3.1.1.5 Ermitteln des Bruttobedarfs...............................763 4.3.1.1.6 Toleranz.............................................................769 4.3.1.1.7 Sicherheit...........................................................770 4.3.1.2 Veranlassen der Plandurchführung ..................................770 4.3.1.3 Planüberprüfung ...............................................................770 4.3.1.4 Planänderung ....................................................................772 4.3.2 Terminplanung .................................................................774 4.3.2.1 Plankonstruktion...............................................................775 4.3.2.1.1 Ermitteln des resultierenden Nettoangebots am Punkt Zugang...............................................775 4.3.2.1.2 Vorgangsgesteuerte Belegung der Gebrauchsfaktoren.............................................779 4.3.2.1.3 Berechnen von Zugang und Abgang .................789 4.3.2.1.4 Führen des Zustandes ........................................802 4.3.2.1.5 Ermitteln des Bruttoangebots ............................803 4.3.2.1.6 Toleranz.............................................................804 4.3.2.1.7 Sicherheit...........................................................804 4.3.2.2 Veranlassen der Plandurchführung ..................................804 4.3.2.3 Planüberprüfung ...............................................................805 4.3.2.4 Planänderung ....................................................................806

x

5

Inhaltsverzeichnis

Das Herstellen der Konsistenz in Mikro- und Makrostrukturen .................................................................. 811 5.1

5.2

Mengenplanung ............................................................................ 822 5.1.1 Konstruktion eines Plans ................................................. 836 5.1.1.1 Orientierung am sachlichen Bezug.................................. 837 5.1.1.1.1 Mengenplanung ohne Berücksichtigung begrenzter Gebrauchsfaktoren .......................... 840 5.1.1.1.2 Flow Shop......................................................... 873 5.1.1.2 Orientierung am zeitlichen Bezug ................................... 894 5.1.1.2.1 Flow Shop mit einem permanenten Engpass.... 894 5.1.1.2.2 Beliebige Strukturen ......................................... 899 5.1.1.3 Ereignisorientierte Vorgehensweise................................ 900 5.1.2 Änderung eines Plans Planersetzende Änderungsrechnung................................ 901 5.1.2.1 Knotenorientierte Vorgehensweise ................................. 905 5.1.2.2 Zeitorientierte Vorgehensweise....................................... 911 5.1.2.3 Ereignisorientierte Vorgehensweise................................ 911 5.1.2.3.1 Ablaufkonzepte................................................. 911 5.1.2.3.2 Systematisierung der ereignisorientierten Koordination in einem Agentenansatz ............. 936 5.1.2.3.3 Exemplarische Planungsstrategien ................... 950 5.1.2.3.4 Anwendung....................................................... 963 5.1.3 Änderung eines Plans Planerhaltende Änderungsrechnung................................ 972 Terminplanung ............................................................................. 998 5.2.1 Konstruktion eines Planes ............................................. 1007 5.2.1.1 Knotenorientierte Vorgehensweise ............................... 1007 5.2.1.1.1 Terminplanung ohne Berücksichtigung begrenzter Gebrauchsfaktoren ........................ 1008 5.2.1.1.2 Open Shop ...................................................... 1053 5.2.1.1.3 Flow Shop....................................................... 1059 5.2.1.1.4 Job Shop ......................................................... 1099 5.2.1.1.5 Beliebige Ablaufstruktur ................................ 1114 5.2.1.1.6 Rüst- und Transportreihenfolgen.................... 1121 5.2.1.2 Zeitorientierte Vorgehensweise..................................... 1151 5.2.1.2.1 Listenplan ....................................................... 1152 5.2.1.2.2 Job Shop ......................................................... 1154 5.2.1.2.3 Beliebige Strukturen ....................................... 1171 5.2.1.3 Ereignisorientierte Vorgehensweise.............................. 1178 5.2.1.3.1 Petri-Netze ...................................................... 1178 5.2.1.3.2 Job Shop ......................................................... 1182 5.2.1.3.3 Beliebige Strukturen ....................................... 1185 5.2.2 Änderung eines Plans .................................................... 1231 5.2.2.1 Knotenorientierte Vorgehensweise ............................... 1234 5.2.2.2 Zeitorientierte Vorgehensweise..................................... 1240 5.2.2.3 Ereignisorientierte Vorgehensweise.............................. 1241

Inhaltsverzeichnis

6

xi

Das Herstellen einer im Kontext der Umwelt konsistenten Produktion ................................................. 1243 6.1

6.2

6.3

6.4 6.5

6.6

6.7

Das Planen des Produktionsprogramms .....................................1253 6.1.1 Produktionsprogrammplanung bei mehrstufiger Alternativproduktion ......................................................1255 6.1.2 Produktionsprogrammplanung bei einfacher linearer Kuppelproduktion mit starren Mengenrelationen ..........1266 6.1.3 Produktionsprogrammplanung bei Rabatt......................1271 6.1.4 Mehrperiodige Produktionsprogrammplanung bei mehrstufiger Mehrproduktproduktion............................1272 6.1.5 Planung des Produktionsprogramms bei Kundenauftragsproduktion.............................................1274 6.1.6 Deckungsbeiträge als Entscheidungskriterien für kurzfristige Produktionsentscheidungen bei höchstens einem Produktionsengpass .............................................1276 Das Zusammenspiel von Primär- und Sekundärbedarfsebene ....1278 6.2.1 Zeitliche Detaillierung....................................................1281 6.2.2 Sachliche Detaillierung ..................................................1283 6.2.2.1 Produktionsform: Produktion ohne Kundenauftrag .......1286 6.2.2.2 Produktionsform: Produktion ohne / nach Kundenauftrag .......................................................1292 6.2.2.3 Produktionsform: Produktion nach Kundenauftrag .......1303 Der bedarfsorientierte Anstoß der Produktion ............................1305 6.3.1 Bedarfsorientierte hierarchische Vorgehensweise Manufacturing Resource Planning (MRP II) .................1306 6.3.2 Bedarfsorientierte simultane Vorgehensweise ...............1326 Der verbrauchsorientierte Anstoß der Produktion ......................1340 Die Steuerung der Produktion .....................................................1353 6.5.1 Numerische Steuerungen................................................1354 6.5.2 Lagersteuerung ...............................................................1358 6.5.3 Steuerung des Förderhilfsmittel-Einsatzes.....................1362 6.5.4 Steuerung des Werkzeug-Einsatzes ...............................1364 6.5.5 Steuerung des Fördermittel-Einsatzes............................1367 6.5.6 Fertigungssteuerung .......................................................1376 Die Integration der Arbeitssysteme - die Teilefertigung GmbH (Fallstudie) ..................................................................................1379 6.6.1 Aufgaben des Personal-Zeiterfassungs-Systems (PZS) ..............................................................................1382 6.6.2 Aufgaben des Fertigungsleitsystems..............................1386 6.6.3 Aufgaben des Betriebsdatenerfassungs-Systems (BDE) .............................................................................1389 6.6.4 Lagerorganisation/Ladeeinheit/Transporteinheit ...........1392 6.6.5 Aufgaben der Materialflusssteuerung ............................1394 6.6.6 Menüs der Materialflusssteuerung .................................1394 6.6.7 Ablauf der Buchungs-/Geschäftsvorgänge.....................1404 Die Ertüchtigung der PPS - die Stoppage GmbH (Fallstudie) ....1411 6.7.1 Dezentrale Planung und Steuerung nach KANBAN Prinzipien .......................................................................1412 6.7.2 Bedarfsorientierte Disposition........................................1424 6.7.3 Kapazitätsorientierte Bedarfsrechnung ..........................1440

xii

Inhaltsverzeichnis

Literatur ................................................................... 1455 Verfahren ................................................................. 1493 Sachverzeichnis...................................................... 1499

1

Produktionsplanung und -steuerung

1.1

Die Produktion als Input-Output-System mit Begrenzungen

Transformationsprozesse1 sind Geschehen, bei denen eine Menge an materiellen und immateriellen Elementen als Input eingesetzt wird, um einen andersartigen Output zu erhalten. Handelt es sich bei einem solchen Transformationsprozess um die Produktion, so bezeichnet man den zu transformierenden Input und den angestrebten Output als Güter2. Output der Produktion sind die Produkte3, wobei materielle und immaterielle Produkte sowie Dienstleistungen unterschieden werden. Input der Produktion sind die Produktionsfaktoren4 . Rosenberg [ROSE92] differenziert hier in Anlehnung an Gutenberg [GUTB51] zunächst nach Werkstoffen, Betriebsmitteln und ausführungsorientierten Arbeitskräften, um dann die beiden letztgenannten Kategorien zu Potenzialfaktoren zusammenzufassen [ROSE92]. „Die Produktion ist der betriebliche5 Umwandlungs- und Transformationsprozess6, durch den aus den

1

„Ein Prozess ist die dynamische Aufeinanderfolge von verschiedenen Zuständen eines Dings bzw. Systems“ [KLBU87], S. 990.

2

„Der Begriff Gut ... umfasst Sachgüter (physische Güter) und Dienstleistungen. ... Zwei Güter sind ökonomisch gleich, wenn ihre Quantitäten in jeder in der interessierenden Untersuchung möglichen Verwendungsrichtung als identisch, gleichwertig und austauschbar angesehen werden“ [KERC79], Sp. 1481.

3

Siehe z. B. Sabisch [SABI96]: „Einerseits ist das Produkt das Ergebnis betrieblicher Leistungsprozesse, andererseits sind Produkte Mittel zur Befriedigung von Bedürfnissen der Kunden des Unternehmens“. Beuermann [BEUE96] zählt eine Liste von mehr oder weniger synonymen Bezeichnungen auf: Ausbringungsgut, Fertigprodukt, Endprodukt, Zwischenprodukt, Erzeugnis. Wahrig [WAHR78] definiert: „Ein Produkt ist das Ergebnis menschlicher Arbeit“. Fast synonym wird dort „Erzeugnis“ behandelt („Ergebnis einer Tätigkeit“).

4

Unter „Produktionsfaktoren“ versteht man Güter, die der Produktion anderer Güter dienen bzw. zur Produktion anderer Güter benutzt werden [KERC79], Sp. 1481. Produktionsfaktoren werden genauso auch als Einsatzgüter, Einsatzfaktoren, Faktoren usw. bezeichnet.

5

Ein „Betrieb“ ist die organisatorische Zusammenfassung von persönlichen, sachlichen und immateriellen Mitteln zur fortgesetzten Verfolgung eines arbeitstechnischen Zweckes [GERU96].

6

Auch „Leistungserstellungsprozess“ [KERW96], Sp. 1629 mit dem Produkt als Leistungsergebnis und dem „Leisten“ als Transformation.

2

1 Produktionsplanung und -steuerung

Einsatzgütern andere Güter oder Dienstleistungen erstellt werden“ [WEER91], S. 7. Diese Definition soll stellvertretend für eine unüberschaubare Fülle von Definitionen stehen, die alle auf einen Transformationsprozess mit Input und Output abheben. So zitiert z. B. Zimmermann [ZIMN96] nach [GUTB51]: „Die Erstellung der Produkte erfolgt durch die produktive Kombination und Transformation verschiedener Produktionsfaktoren“. Küpper bspw. definiert Produktion als eine „Kombination von materiellen und immateriellen Gütern zur Herstellung und Verwertung anderer Güter“ [KÜPP87]. Die Produktion „ist eine zeitliche Folge von Erzeugungen und Verbräuchen bzw. Nutzungen wirtschaftlicher Güter und setzt sich aus einer Vielzahl von Einzelprozessen zusammen, die eine Umwandlung bzw. Umformung realer Gegebenheiten (Stoff, Energie, Information) oder eine Veränderung ihrer Koordinatenwerte im Raum-Zeit-Kontinuum (Transport, Lagerung) bewirken ..." [KERB79], Sp. 1597. Güter werden hinsichtlich des Transformationsprozesses und im Hinblick auf die beabsichtigte Bedürfnisbefriedigung mittels dafür relevanter Merkmalsausprägungen charakterisiert. Darüber hinaus lässt sich eine Relation zwischen Input und Output herstellen, die nicht nur eine qualitative Aussage, sondern auch ein Maß enthält, das die quantitativen Zusammenhänge zwischen Input und Output beschreibt. Zum Zwecke einer planerischen Gestaltung sowie effizienten und effektiven Prozessbeherrschung werden derartige Transformationsprozesse in der Regel als Input-Output-System7 beschrieben (siehe Bild 1-1).

7

Ein System ist ein aus mehreren Elementen zusammengesetztes geordnetes Ganzes (systema (griech.): aus mehreren Teilen zusammengesetztes und gegliedertes Ganzes), das ein aufgrund seiner Funktion(en) regelhaft erklärbares Verhalten aufweist (Zur Systemdefinition siehe z. B. [KLBU76]:“Nach Ordnungsprinzipien gegliederte Mannigfaltigkeit von materiellen Dingen, Prozessen usw. (materielles System) oder von Begriffen, Aussage usw. (ideelles System)...“, oder [BERT71, KLIR69, ASBE92, ROPO75]). Diese Definition enthält drei Komponenten, die ihrerseits begriffliche Festlegungen erfordern. Hier ist zunächst nach der Definition von Element und den damit verbundenen Begriffen zu fragen. Ein Element ist ein vom Subjekt unabhängiger, materieller oder idealer Gegenstand der menschlichen Erkenntnis. Elemente werden jeweils aufgrund bestimmter Eigenschaften und Potenziale (Element-)Klassen zugeordnet (vgl. [KLBU76]). Eine Eigenschaft ist ein zum Wesen eines Elementes gehörendes Charakteristikum. Ein Merkmal bezeichnet eine Klasse von Eigenschaften (Beispiel: Das Merkmal Farbe ist die Disjunktion der Eigenschaften rot, grün, blau etc.). Potenziale bezeichnen die Fähigkeit eines Elementes, sich innerhalb der Zugehörigkeit zu einer (Element-)Klasse zu verändern. Aus jedem Potenzial folgt eine exklusive Disjunktion von Eigenschaften, von denen das Element, dem das Potenzial zugeschrieben wird, zu jedem Zeitpunkt genau eine aufweisen muss. Eine (Element-) Klasse umfasst die Menge aller Elemente, für die gilt: Sie weisen eine Reihe (gleichzeitig geltender) notwendiger Eigenschaften auf, und sie besitzen Potenziale. Klassen von Elementen werden durch Prädikate bezeichnet (siehe z. B. [KLBU76]). Der Zustand eines Elementes ist die Gesamtheit seiner zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebenen aktuellen Eigenschaften. Dazu gehören erstens die notwendigen Eigenschaften des Elementes und zweitens die zu dem genannten Zeitpunkt real gegebenen Eigenschaften aus den Potenzialen (Beispiel: Der Zustand eines Balles zu einem bestimmten Zeitpunkt ist gekennzeichnet durch die notwendigen Eigenschaften rund und dreidimensional und u. a. die Eigenschaft „rollt nicht“ aus dem Potenzial „kann rollen“, die Eigenschaft „ist rot“ aus dem mit dem Merkmal Farbe verbundenen Potenzial, etc.).

1.1 Die Produktion als Input-Output-System mit Begrenzungen

Input Produktionsfaktor

Transformation Produktion

3

Output Produkte

Bild 1-1 Produktion als Input/Output-Prozess

Ein Produktionssystem ist eine technisch, organisatorisch (und kostenseitig) selbständige Allokation von Potenzialfaktoren zu Produktionszwecken [KERD79], Sp. 1557: „Das im Bereich eines Produktionssystems ablaufende Geschehen ist ein mehrdimensionales Phänomen und wird mit der Bezeichnung Produktion(sprozess) belegt ...“.8 Ein Produktionssystem besteht aus (elementaren) Arbeitssystemen, die die kleinste Einheit einer Kombination der Potenzialfaktoren Betriebsmittel und Arbeitskraft darstellen und eine oder mehrere Klassen von Transformationen durchführen können (in Anlehnung an Rosenberg [ROSE92]).9 Am anderen Ort definiert Kern mehr am Systemgedanken orientiert: „Ein ökonomisches System heißt ein Produktionssystem, wenn es innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ... aus Gütern besteht und Güter produziert und ... eine Umgebung besitzt, aus der es Güter entnehmen und an die es Güter abgeben kann“ [KERD79], Sp. 1557. Dieses Produktionssystem wird nach [KURB93] in der „strategischen Produktionsplanung“, nach [REFA72] in der „Fertigungsplanung“ oder nach [SCHEA94] in der „Arbeitsplanung“ gestalterisch festgelegt. Neben der bereits angesprochenen Differenzierung von Input- und Outputgütern lässt sich auch für den Transformationsprozess eine zweckmäßige Klassifikation vornehmen:10

8

Eine ausführliche Diskussion dieser Begriffswelt und eine Einführung in die Produktionstheorie siehe z. B. [SCHA96, ZELE96, MATS96, FAND96, DIRO04, ALRO99, CORS00, DYCK03, SCHR01, SCKU97, HOIT93].

9

Wenn die Wahl der Diskursebene ergeben hat, dass die Betrachtung aus der reinen Außensicht erfolgen soll, dann wird das gesamte System als ein einziges Element, als „schwarzer Kasten“ („Black box“) mit den nach außen wirksamen Eigenschaften beschrieben. Das Hauptaugenmerk der Untersuchung liegt in der Wirkung des betrachteten Systems auf seine Umsysteme. Dabei sind die Eigenschaften von Input(-zuständen) und Output(-zuständen) zu erfassen und eine Relation herzustellen („Input-Output-System“). Berechnet sich der Output nach einer eindeutigen Funktion in Abhängigkeit des Inputs, dann ist das Input-Output-System funktional (Übergangsfunktion). Z. B. kann in einem Drucker ein direkter Zusammenhang zwischen dem aufgenommenen Strom und der Abwärme bestehen. Zu den wichtigsten Anwendungsfeldern von InputOutput-Systemen gehören Steuer- und Regelsysteme. Ausgangsgedanke ist hier die Black boxBetrachtung eines allgemeinen Übertragungslieds: Die Änderung der Outputgröße a infolge einer Änderung der Inputgröße e kennzeichnet die Input-Output-Relation eines Übertragungsglieds. Ein IO-System kann deterministisch oder stochastisch sein. In einem deterministischen System sind für einen bestimmten Zeitraum Qualität und Quantität der einzusetzenden und der auszubringenden Güter und die zwischen ihnen bestehenden Beziehungen eindeutig. Ist eine dieser Größen nicht eindeutig bestimmbar, lassen sich jedoch Wahrscheinlichkeiten für ihre Realisation angeben, so liegt ein stochastisches IO-System vor. Zur formalen Beschreibung von Input-/Output-Systemen siehe insbesondere [PICH75].

4

1 Produktionsplanung und -steuerung

– Zustandstransformation Materielle oder immaterielle Güter (z. B. Blechteile als materielle Güter und Wissen als immaterielles Gut) werden genutzt, um Güter anderer Qualität zu erzeugen (z. B. Automobil oder Verfahrensvorschrift). Hierzu gehören auch Transformationen, die den Status oder die gegenseitigen Beziehungen von Gütern ändern (z. B. auch ein Kommissionier- oder Prüfvorgang). – Zeittransformation Der Output ist anderen Zeitpunkten zugeordnet als der Input, ohne dass dabei eine Zustandstransformation stattfindet. Die Realisierung sind Lager- oder Warteprozesse. – Ortstransformation Der Ort lässt sich als Attribut eines Faktors auffassen. Somit ist eine Ortstransformation eine spezielle Zustandstransformation11. Eine Ortstransformation wird durch jeden Transport- oder Fördervorgang bewirkt. Eine Zeittransformation ist immer dann notwendig, wenn eine Zustands- und/oder Ortstransformation mit einer anderen Zustands- und/oder Ortstransformation verknüpft werden soll und dabei der Beginn der folgenden Transformation nicht lükkenlos an das Ende der vorhergehenden Transformation anschließt. Eine Zeittransformation kann im Gegensatz zu Zustands- und Ortstransformationen nicht auf Vorrat durchgeführt werden. Input und Output unterliegen natürlicherweise Begrenzungen. Dabei sind in erster Linie Begrenzungen gemeint, die den Beginn oder das Ende eines Vorgangs zu 10 Der

obigen Definition zufolge sind Systeme aber nicht nur aus Elementen zusammengesetzt, sondern sie weisen darüber hinaus ein aufgrund von Funktionen regelhaft erklärbares Verhalten auf. Somit ist nach der Terminologie zu fragen, auf der die Aspekte Verhalten und Funktion beruhen. Das Verhaltenspotenzial eines Systems ist die Disjunktion der möglichen Zustandsfolgen dieses Systems. Das aktuale Verhalten eines Systems in einem bestimmten Zeitraum ist die Menge der in diesem Zeitraum aktual aufeinander gefolgten Zustände dieses Systems. Es entspricht genau einer Zustandsfolge aus dem Verhaltenspotenzial. Der Zustand eines Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt ist die Gesamtheit der aktualen Eigenschaften der (auf der Diskursebene relevanten) Subsysteme bzw. Elemente und ihrer Relationen zu diesem Zeitpunkt. Mit anderen Worten: Verhalten ist das Ändern von Attributen. Ein Vorgang ist ein Zeit erforderndes Geschehen mit definiertem Anfang und Ende, das Eigenschaften (und damit Zustände) verändert (siehe z. B. [FESI93]). Eine Aktion ist ein Elementarvorgang, also ein Vorgang, der auf einer Diskursebene nicht weiter zerlegt wird. Eine Aktion wird daher verhaltensorientiert über Input(-zustand) und Output(-zustand) beschrieben (siehe [FESI93]). Eine Funktion ist eine funktional beschreibbare Aktion; die Beschreibung des Zusammenhangs von Input(-zustand) und Output(-zustand) erfolgt als mathematische (Übergangs-)Funktion. Zu unterscheiden sind endogene, d. h. von äußeren Eingriffen in das System unabhängige, und exogene, d. h. auf äußeren Eingriffen beruhende Funktionen. Ein Prozess kennzeichnet das Fortschreiten im Durchführen eines Vorgangs. Ein Ablauf ist eine nach der Reihenfolge ihres Auftretens geordnete und dokumentierte Folge von Zuständen. Ein Ereignis ist die Änderung eines Zustands. Die Zeit ist der Ablauf des Geschehens und damit die Aufeinanderfolge aller (beobachteter) Ereignisse [WAHR78].

11 Man

kann den Ort als eigenständige Dimension auffassen, der Güter mit einer vom Ort unabhängigen Beschreibung zugeordnet werden (siehe Abschnitt 3.1.3).

1.2 Planung und Steuerung

5

einem bestimmten Zeitpunkt ausschließen. Begrenzungen gelten aber auch für Zustände, die sich im Zusammenhang mit der Zeittransformation ergeben und sich innerhalb gegebener Grenzen bewegen müssen.

1.2

Planung und Steuerung

• Planung „Planung kann als gedankliche Vorwegnahme künftigen Geschehens durch systematische Entscheidungsvorbereitung und Entscheidungsfällung verstanden werden. Sie beinhaltet einen Entscheidungsprozess, in dem zur Lösung eines Problems zielorientiert Alternativen zu suchen, zu beurteilen und auszuwählen sind. Dies geschieht unter Zugrundelegung einer monistischen oder pluralistischen Zielfunktion auf der Basis einwertiger oder mehrwertiger Erwartungen“ [HAHD96]. Ein Plan ist ein Entwurf, der diesen Prozess als Ergebnis dokumentiert.12 – Aufgaben der Planung Der Inhalt eines Plans und die Form der Dokumentation des Planungsprozesses unterscheiden sich je nach Subjekt und Faktor. Bei geringster intentionaler Ausrichtung ist ein Plan lediglich eine Beschreibung, bspw. ein Arbeitsplan, eine Wegbeschreibung oder eine andere textuelle oder formale Prozessdarstellung. Wenn der Plan als Vorschau dient, enthält ein derartiger Ablauf ggf. zukünftige Zustände. Die Verknüpfung eines zukünftigen Zustands mit einer intentionalen Aussage macht eine Planung zur Zielplanung, die Soll- und Steuergrößen für den Ablauf eines Prozesses vorgibt. Intentionale Aussagen können mit Bedingungen behaftet sein. Bestimmte Zustände lösen bestimmte Abläufe aus; in Verbindung mit einer wenn-dann-Formulierung wird der Zustand zur Bedingung, der beschriebene Prozess zur Maßnahme. In jedem Fall sind mit dem Begriff Planung bestimmte Aufgaben verbunden (siehe z. B. [KOCH77, ROSE92]): – Definieren: Festlegen der Ziele, der Maßnahmen und der benötigten Mittel – Koordinieren: Zielgerichtetes Abstimmen der Ziele, Teilpläne, Maßnahmen und Mittel – Veranlassen: Initialisieren der Planrealisierung/-umsetzung – Sichern: Schaffen von Reserven für den Fall der Planabweichung. Um die Ziele eines übergeordneten Plans zu erreichen, müssen in einer nachge12

Die Planung als entscheidungsorientierte betriebswirtschaftliche Aktivität wird verstanden als systematische Analyse der gegebenen Alternativen zur Lösung eines Problems und rationale Auswahl einer im Hinblick auf ein vorgegebenes Ziel optimalen Entscheidungsalternative [ADAM96], [ELLI59], S. 14; [JACO96], Sp. 1468. Etwas einfacher wird die Planung bei REFA formuliert: das „systematische Suchen und Festlegen von Zielen sowie von Aufgaben und Mitteln zum Erreichen der Ziele“ [REF185], S. 18.

6

1 Produktionsplanung und -steuerung

schalteten Planung koordinierende Maßnahmen angesprochen werden, die ihrerseits in einem detaillierter spezifizierten Plan resultieren. Dieser Prozess läuft ggf. mehrfach hintereinander geschaltet ab, bis geeignet spezifizierte Pläne tatsächlich operativ veranlasst werden können. Insbesondere in der operativen Planung müssen nicht alle Aufgabenschritte und diese vor allem nicht vollständig durchlaufen werden. So werden die Ziele und die Mittel in der Regel bereits in der vorgeschalteten strategischen und taktischen Planung (siehe Abschnitt 1.3) festgelegt. Die Planungsaufgabe wird damit vor allem auf der operativen Ebene zum wohl-strukturierten Problem13 , das über eine Abbildung des zu planenden Systems auf ein symbolisches System, das dann als Planungsmodell fungiert, gelöst werden kann (siehe Bild 1-2 und Abschnitt 1.3): „Ein Planungsmodell heißt eine Abbildung des zu planenden Systems auf ein symbolisches System, das mindestens eine Ordnungsrelation enthält“ [ROSE92]. Planungsmodell: Modellwelt Symbolisches System Zustand 1

Realität

zu planendes System Zustand 1

Plan: Veränderung des Modells in Richtung Zustand 2

Ausführung: Veränderung des zu planenden Systems in Richtung Zustand 2

Bild 1-2 Modellwelt und Realität

– Merkmale von Planungssystemen „Detailliertheit“ bezeichnet die Genauigkeit der Planung14. Eine Grobplanung bspw. erarbeitet sachlich und zeitlich aggregierte Größen. Die Detaillierung der in die Planung einbezogenen Größen und Maßnahmen steigert mit zunehmenden Detaillierungsgrad den Bezug zur Realität. „Differenziertheit“ drückt die Tiefe der Gliederung in Subsysteme und deren zugeordnete Teilpläne aus. Gesamtpläne erfassen ein (Produktions-)System sachlich und zeitlich undifferenziert. Für die Unterteilung der Planungsaufgaben wird sachlich nach Funktionsbereichen sowie nach der zeitlichen Reichweite (lang-, kurzfristig) abgegrenzt. Die sachliche Differenzierung untergliedert bspw. in einen 13

Ein Problem ist wohl-strukturiert, wenn die Menge der möglichen Entscheidungen mit den Variablen, die festzulegen sind, den vorhandenen Mitteln und den Relationen, die Variable und Mittel verknüpfen, zusammen mit einer skalaren Zielfunktion vorliegt, die die zu verfolgenden Ziele, die Relationen, die Variablen und Ziele verknüpfen und ein Präferenzkriterium umfasst, mit dem die Entscheidungsalternativen hinsichtlich der Ziele geordnet werden können und darüber hinaus ein Algorithmus existiert, der eine optimale Entscheidungsalternative in der zur Verfügung stehenden Zeit ermittelt (vgl. z. B. [ROSE92], S. 6, [HAHD96], Sp. 1532, [HEIN83]).

14 Siehe

auch Stachowiak [STAC73], der den Modellbegriff mit den drei Merkmalen Abbildung (Genauigkeit), Verkürzung (Abstraktion) und Pragmatik (Richtigkeit) beschreibt.

1.2 Planung und Steuerung

7

Absatz-, einen Produktions- und einen Beschaffungsplan, die sinnvollerweise in dieser Reihenfolge aufeinander aufbauen. Planungshorizont, -zyklus und -zeitabschnitt (siehe Abschnitt 3.1.1/Abschnitt 3.1.2) charakterisieren die zeitliche Differenzierung. Der in der Regel vorgegebene Planungshorizont kann in mehrere Perioden unterteilt werden. Werden die Planungsresultate schon geplanter Perioden als unveränderliche Ausgangsdaten für die noch zu planenden Perioden betrachtet, liegt eine zeitlich sukzessive Planung vor. Wird dagegen in einem umfassenden Planungsansatz ein Gesamtplan gleichzeitig für den gesamten Planungshorizont und unter Berücksichtigung aller zeitlichen Interdependenzen erstellt, handelt es sich um eine zeitlich simultane Planung (siehe auch [SCHW83], S. 118ff). Der Planungszyklus ist der in der Regel feste zeitliche Abstand, nach dem eine Planung neu durchgeführt bzw. überarbeitet wird. Die Wahl des Planungszyklus muss einen Ausgleich zwischen der Stabilität der Pläne und der Fähigkeit zur Anpassung an veränderte Umweltbedingungen darstellen [ROSE92]. Stimmen Planungshorizont und Planungszyklus überein, kann ein Plan über die Dauer seiner Gültigkeit nicht geändert werden (starre Planung mit jeweiligem Neuaufwurf je Planungszyklus). In der Regel ist aber der von Planungshorizont und Heute-Linie aufgespannte Zeitraum größer als der Planungszyklus, so dass es zusätzlich zur Reihung zu einer zeitlichen Überlappung von Plänen kommt. Dann wird von rollierender Planung gesprochen: Zwar wird über mehrere Zyklen geplant, aber nur die Vorgaben des jeweils ersten Zyklus sind verbindlich15, während die Maßnahmen der folgenden Zyklen mit jedem Planungszyklus überprüft und ggf. revidiert werden. Von Planungszyklus zu Planungszyklus wird der Planungshorizont um einen Zyklus ergänzt und unter Berücksichtigung des abgelaufenen Zyklus die Planung fortgeschrieben. Eine ereignisorientiert angestoßene Planung verzichtet auf einen festen Planungszyklus. Bestimmte Zustände bzw. das Eintreten bestimmter Ereignisse lösen hier eine Planung aus. – Koordination Jeder horizontal differenzierte Plan basiert in einer Sukzessivplanung auf seinem sachlichen und/oder zeitlichen Vorgänger - dem vorgeschalteten Plan. Zustände und Maßnahmen sind für den nachfolgenden Plan gegebene Eckwerte. Die Koordination der Pläne besteht darin, dass jeder Plan im Kontext der anderen Pläne zulässig ist. Ein optimaler Gesamtplan wird aber nicht erreicht, weil bei der Bildung der Subsysteme, die den isoliert und mit entsprechenden Spielräumen durchgeführten Teilplanungen zugrunde liegen, Beziehungen zwischen den Produktions-Subsystemen zerschnitten werden. Im Gegensatz zur Sukzessivplanung bewahrt eine Simultanplanung die Interdependenzen der zu planenden Subsysteme, weil im Idealfall alle Entscheidungsvariablen gleichzeitig betrachtet werden. Werden nur ausgewählte Variablen gemeinsam betrachtet, wird die Problematik der Sukzessivplanung nur graduell abgemildert. 15 Zumindest

für diesen Zeitraum müssen Aufträge vergeben werden (siehe Abschnitt 3.1.4, Abschnitt 4.1.1.2 und insbesondere Kapitel 6).

8

1 Produktionsplanung und -steuerung

Die Aufgabe Koordination setzt die Ereignisse des Leistungserstellungsprozesses in sich und mit den Ereignissen der Umwelt in Relation. Insbesondere in einer horizontal differenzierenden Sukzessivplanung werden am Planungsprozess Stellen aus unterschiedlichsten Unternehmensebenen beteiligt sein. Deshalb ist auch eine vertikale Komponente für eine effektive Koordination unerlässlich.16 Im allgemeinen werden in einer sukzessiven Planung drei Vorgehensweisen praktiziert, die bspw. in Anlehnung an [ROSE92] wie folgt beschrieben werden: – Eine retrograde Planung leitet aus strategischen Plänen taktische und operative Pläne ab. Die Ableitung erfolgt unter inhaltlichen Aspekten, analytisch von oben nach unten (top-down) und nach steigendem Differenzierungsgrad. – Die progressive Planung erarbeitet auf der Grundlage der operativen Pläne längerfristige taktische und strategische Pläne mit einem sinkenden Differenzierungs- und steigenden Aggregationsgrad. Die strategische Planung verliert dabei ihre Leitfunktion (bottom-up Vorgehen). – Das Gegenstromverfahren kombiniert diese beiden Verfahren beginnend auf der strategischen Ebene mit der Aufstellung vorläufiger Pläne. Taktische und operative Planungsstufen enthalten differenzierte Alternativpläne mit kürzerer zeitlicher Reichweite. Der gegenläufige Prozess der Realisierbarkeitskontrolle setzt auf der operativen Ebene ein. Der Planungsprozess endet mit der Festschreibung strategischer Pläne. • Steuerung „Steuerung ist ein Vorgang in einem System, bei dem eine oder mehrere Inputgrößen die Outputgrößen aufgrund der Gesetzmäßigkeiten des Systems beeinflussen“ (siehe [DIN19226]). Damit setzt Steuerung ganz allgemein ein funktionales InputOutput-System voraus. Ein Beispiel verdeutlicht dieses Funktionsprinzip: Bei einem Autoradio verändert der Fahrer (Steuerglied) eines Pkw bei steigendem Fahrgeräuschpegel (Störgröße) die angelegte Spannung (Stellgröße), bis er wieder alles im Radio mit ausreichender Lautstärke (Steuergröße) verfolgen kann. Mit abnehmendem Geräuschpegel verringert er die Lautstärke des Radios wieder auf ein angenehmes Maß. Viele technische Prozesse erfordern das Halten einer Regelgröße auf einen vorgegebenen Sollwert, der Führungsgröße, auch wenn Störgrößen dagegenwirken. Der daraus entstehende Wirkungsablauf findet im geschlossenen Regelkreis statt. „Regeln ist ein Vorgang, bei dem die Regelgröße (Output) fortlaufend erfasst, mit der Führungsgröße (Input) verglichen und abhängig von diesem Vergleich über entsprechende Änderungen der Stellgröße im Sinne einer Angleichung an die Führungsgröße angepasst wird“ [DIN19226]. 16

Die Reduktion der Komplexität von Regelsystemen lässt sich über den Aufbau eines hierarchischen Reglersystems erreichen. Diese Hierarchisierung hat zwei Vorteile: Zum einen können komplexe Regelsysteme mit einer Vielzahl von Führungs- und Regelgrößen gegliedert und damit leichter gestaltet werden. Andererseits können untergeordnete Regler kleine Störungen schnell ausgleichen, während der übergeordnete Regler für den Ausgleich starker Störungen zuständig ist (siehe [BEGR97]).

1.3 Die Produktionsplanung und -steuerung als operative Planung

1.3

9

Die Produktionsplanung und -steuerung als operative Planung

„Dem Produktions-Management obliegt in prozessualer Sicht die zielorientierte Planung und Steuerung der Leistungserstellung. Produktionsplanung umfasst dabei jene Phasen, in deren Mittelpunkt die systematische Suche und Festlegung der gegenwärtigen Handlungsmöglichkeiten steht, um die zukünftigen Zustände im Produktionsbereich festzulegen. Sie entspricht dem Willensbildungsprozess. Dieser impliziert wertende Stellungnahmen der Träger des Produktions-Managements aufgrund ihrer Zielvorstellungen. Der normative Aspekt wird an dieser Stelle deutlich. Produktionssteuerung ist die Willensdurchsetzung der gedanklichen Ordnung, des Plans, in der Realität.17 Gäbe es keine Störungen, die Pläne in Frage stellen, wäre mit dem Auslösen und Realisieren die Durchsetzung beendet. Da aber Abweichungen eher die Regel als die Ausnahme sind, müssen Kontroll- und Sicherungsmaßnahmen vorgesehen werden“ [ZAEP96], Sp. 1391ff. Auch die Produktionsplanung lässt sich hierarchisch in eine strategische, taktische und operative Planung gliedern. Hauptaufgabe der strategischen Produktionsplanung ist das Schaffen und Erhalten einer wettbewerbsfähigen Produktion. Zu den Aufgaben der taktischen Produktionsplanung werden Entscheidungen über die Produkte und die Produktgestaltung, die Personal- und Betriebsmittelkapazitäten sowie über die Organisation der Produktion gezählt. Die operative Produktionsplanung, auf der hier der Fokus liegen soll, wird üblicherweise als Produktionsplanung und -steuerung (PPS) bezeichnet18. Ihre Aufgaben sind - unter Zugrundelegung der Entscheidungen und Festlegungen der strategischen und taktischen Produktionsplanung - der bestmögliche Einsatz der verfügbaren Produktionsfaktoren und der wirtschaftliche Vollzug der Aufgabenerfüllung, die sich aus den Absatzmöglichkeiten für einen vorgegebenen Zeitraum ergeben [ZAEP96, ZAEP93].19 Die Produktionsplanung und -steuerung verwendet zur Erstellung von Plänen, die mit einer planerischen Durchdringung eines Planungshorizonts verbunden sind - also dem planerischen, weniger dem rein steuernden Anteil der operativen Produktionsplanung-, häufig das in der Steuerungs-/Regelungstechnik weit verbreitete Konzept einer „Hilfsregelstrecke“: Die Hilfsregelstrecke (siehe Bild 1-3) ist ein Modell eines zu regelnden Realsystems, das zwischen Regler und Regelstrecke geschaltet wird [BEGR97]. Über die Verwendung als Hilfsregelstrecke wird das Pla17

Die Durchsetzung eines Plans ist damit „Steuerung“; die Planung selbst besitzt keine Rückkopplung mit dem betrachteten Produktionssystem. Für die Steuerung ist das Produktionssystem die zu beeinflussende „white box“. Die Steuerung hat einerseits den vorgegebenen (übergeordneten) Plan zu erfüllen. Andererseits hat die Steuerung auch planende Umfänge, mit denen die Lücke zwischen der abstrakteren Betrachtung der Planung und der detaillierteren Sicht der Steuerung solange geschlossen wird, bis ausgehend von der Langfristplanung, die üblicherweise nur wenige oder gar keine Restriktionen betrachtet, alle relevanten Restriktionen des Produktionssystems, die kurzfristig nicht mehr beeinflusst bzw. verändert werden können, ihre Berücksichtigung gefunden haben.

10

1 Produktionsplanung und -steuerung

nungsmodell (siehe Abschnitt 1.2) zu einer „Versuchsstrecke“ , auf der die Auswirkungen einer Maßnahme ohne Totzeit erprobt werden können.20, 21 Im ersten Schritt einer modellmäßigen Durchdringung kann eine Produktion als eine „Black box“ betrachtet werden, in die Güter hineinfließen, die andere Güter hervorbringt und für diesen Prozess eine bestimmte Transformationsvorschrift besitzt (Input-Output-System; siehe Abschnitt 1.1). Für das gesamte Produktionssy18

Zur Begriffswelt der Produktionsplanung und -steuerung siehe bspw. [ZAEP96, ADAM98, AUGU96, FFGU97, GUTE00, HACK89, KIST01, PLOR95, ZAEP93]. Da die Produktionsplanung und -steuerung auf den Ergebnissen früherer Maßnahmen (der PPS) aufsetzt, „müsste man eigentlich von Regelung sprechen. Da in der Praxis aber von Planung und Steuerung gesprochen wird, soll an der inkonsistenten Begriffsbildung festgehalten werden“ [ZAEP96], Sp. 1392. Dieses Verständnis entspricht nur dann der obigen Definition von Regelung, wenn auf einen bestimmten Sollwert eingeregelt wird. Dies wäre z. B. bei einer Werkstattsteuerung der Fall, die konstant die Arbeitsbelastung auf einen Achtstunden-Tag ausregelt. Dasselbe würde für einen konstanten Lagerbestand gelten. Weitere hier anzusprechende Begriffe sind: „Fertigung“: Die Fertigung umfasst alle technischen Maßnahmen zur Herstellung von Material oder Erzeugnissen. Sie ist grundsätzlich ein diskontinuierlicher Prozess (s. z. B. [HIER95]). „Fertigungsplanung“: Die Fertigungsplanung umfasst alle einmalig zu treffenden Maßnahmen bezüglich der Gestaltung des Erzeugnisses, der Aufstellung der Arbeitspläne und der Planung der Betriebsmittel ([AWF60], zitiert nach [WARN84]). „Arbeitsvorbereitung“: Die Arbeitsvorbereitung umfasst die Gesamtheit aller Maßnahmen einschließlich der Erstellung aller erforderlichen Unterlagen und Betriebsmittel, die durch die Planung, Steuerung und Überwachung für die Fertigung von Erzeugnissen ein Minimum an Aufwand gewährleisten [AWF60]. „Fertigungssteuerung“: Die Fertigungssteuerung umfasst alle Maßnahmen, die zur Durchführung eines Auftrages im Sinne der Fertigungsplanung erforderlich sind [AWF60]. „Disposition“: Die Disposition beinhaltet alle Funktionen, die für eine termingerechte Versorgung eines Unternehmens mit den erforderlichen Einsatzstoffen oder Waren in der richtigen Qualität und Menge erforderlich sind [RÜST00], S. 187. Der Begriff „Disposition“ lässt sich etymologisch auf das Verb „disponieren“ zurückführen und bedeutet soviel wie Einteilung bzw. Planung [KLUG89], S. 147. In der Organisationstheorie wird der Begriff eng mit den Begriffen „Organisation“ und „Improvisation“ verwendet ([WEFR98], S. 24ff., [SCHM97], S. 17f., [KOSI76], S. 129, u. a.). Demnach kann die Organisation als ein System von dauerhaften Regelungen, welche die Aufgabenbereiche der Aufgabenträger festlegen und eine optimale Aufgabenerfüllung gewährleisten, verstanden werden [WEFR98], S. 21. Auftretende Störungen werden in einem konkreten Fall mit Hilfe der Disposition bearbeitet, während eine vorübergehende provisorische Lösung durch die Improvisation erreicht wird. Improvisationen sind demnach schnelle Maßnahmen mit vorläufigem Charakter für eine vorübergehende Zeitspanne. Sie schaffen eine temporäre vorübergehende Struktur und sind Teil der Organisation [WEFR98], S. 24. Demgegenüber wird mit der Disposition eine nach Art und Zeit abgestimmte Einteilung und Verfügung über die Einsatzgüter wie Geld, Material, Arbeitsmittel und Arbeitskräfte vorgenommen [WEFR98], S. 25. Durch die Disposition werden Regelungen für das Erfüllen von Aufgaben definiert, die nach der Durchführung der Aufgabe ihre Gültigkeit verlieren. Der Charakter der Einmaligkeit steht also im Vordergrund der Disposition, deren Basis in der Regel die Organisation bildet. Während Organisation auf Dauer angelegt ist und damit den Vorteil der Stabilität besitzt, können kurzfristige Anpassungen und Reaktionen eher durch Improvisation und Disposition erreicht werden. Die Organisation enthält damit die ständig geltenden Regeln, während die Disposition bspw. eine Einteilung für einen vorgegebenen Zeitraum besorgt und damit die zeitlich begrenzten Vorgaben für ein mechanistisch angelegtes PPS-System schafft.

1.3 Die Produktionsplanung und -steuerung als operative Planung

11

stem wird sich diese Transformationsvorschrift nur in Ausnahmefällen wie z. B. einer einstufigen Produktion oder einer Massenfertigung geschlossen angeben lassen (siehe Abschnitt 3.2.2.2). In allen anderen Fällen einer (diskreten)22 Wertschöpfung (z. B. Produktion mit Stückgütern) und insbesondere dann, wenn der Transformationsprozess durch eine operative Produktionsplanung im Hinblick auf eine Zielsetzung beeinflusst werden soll, muss diese black-box geöffnet und strukturierend zerlegt werden. Ein Beobachter, der in die geöffnete black-box „Produktion“ blickt, RANDAUSGLEICH Führungsgröße

Regler

Regelgröße

Stellgröße Hilfsregelstrecke

Regelgröße Störgröße

Stellgröße Regelstrecke

Bild 1-3 Modell als Hilfsregelstrecke

19 Siehe

auch [ZAEP96], Sp. 1391: „Die Aufgaben der taktischen Produktionsplanung beinhalten die Konkretisierung der Produktionsstrategien, wobei vor allem Entscheidungen über die Leistungsfelder (Output), die Personal- und Betriebsmittelkapazitäten (Input) sowie über die Produktionsorganisation (Throughput) zu fällen sind. Die Produktionspotenziale und die Produktionsorganisation konstituieren den Produktionsapparat des Unternehmens. Die Aufgaben der operativen PPS umfassen - unter Zugrundelegung der Entscheidungen der strategischen und taktischen Produktionsplanung - den möglichst optimalen Einsatz des vorhandenen Produktionsapparates und den wirtschaftlichen Vollzug der Aufgabenerfüllung, die sich aus den Absatzmöglichkeiten für einen vorgegebenen Planungszeitraum ergeben. Im einzelnen ist damit verbunden, den konkreten Produkt-Mix aus den Leistungsfeldern festzulegen, den wirtschaftlichen Einsatz von Arbeitskräften, Betriebsmitteln und Materialien sicherzustellen und den zeitlichen Produktionsablauf zu bestimmen.“ Zu den strategischen und taktischen Aufgaben vgl. [CORB94, CORC94, GUTE94, HALA90] und [HALA93, HOIT93, KISTE93, SCNW93, SCWE94, ZAEA89, ZAEB98].

20 „Modellmethode“:

Methode, mit deren Hilfe ein Subjekt einem bestimmten Typ von Aufgabe löst, in dem es ein Modell des analogen Repräsentanten bestimmter Eigenschaften eines Originals zweckentsprechend herstellt und im wesentlichen zur Informationsgewinnung über das Original benutzt... [KLBU76]. „Methode“: System von (methodischen) Regeln, das Klassen möglicher Operationssysteme bestimmt, die von gewissen Ausgangsbedingungen zu einem bestimmten Ziel führen. Allgemeines Ziel, auf das alle Methoden gerichtet sind, ist die Veränderung oder (und) die Erkenntnis der Wirklichkeit... [KLBU76]. „Regel“: Aufforderung, Anleitung, Anweisung zur Ausführung einer Operation unter gewissen Bedingungen mit einem bestimmten Ziel [KLBU76].

21

Siehe „Simulation“ nach VDI 3633: Simulation ist das Nachbilden eines Systems mit seinen dynamischen Prozessen in einem experimentierfähigen Modell um zu Erkenntnissen zu gelangen, die auf die Wirklichkeit übertragbar sind. Im weiteren Sinne wird unter Simulation das Vorbereiten, Durchführen und Auswerten gezielter Experimente mit einem Simulationsmodell verstanden.

22 Siehe

„diskret“ und „kontinuierlich“ in [KLBU76].

12

1 Produktionsplanung und -steuerung

wird zu einem beliebigen Zeitpunkt Güter (siehe [BEUE96], Sp. 1499) mit unterschiedlichen Ausprägungen bestimmter Merkmale wie Geometrie, Werkstoffbeschaffenheit, Ort, Betriebsbereitschaft, also unterschiedlichen Zuständen und daher unterschiedliche Konstellationen, vorfinden. Von den in der Produktion durchlaufenen sind für eine modellhafte Durchdringung aber nur bestimmte Zustände relevant. Da lediglich die Entscheidungsmöglichkeiten und die damit verbundenen Zustände in der Produktion modelliert werden müssen, ist in einem Modell nicht jeder beliebige Zwischenstand mit seiner Merkmalsausprägung auf einem Merkmalskontinuum abzubilden. Ausschließlich dort, wo die Produktionsplanung und -steuerung Entscheidungen zu treffen hat, müssen Güter mit ihren relevanten Merkmalen im Modell dargestellt werden (Diskretes Merkmalsmodell).23 Eine derartige Entscheidungsnotwendigkeit besteht überall dort, wo zwischen alternativen Lieferanten oder Materialien gewählt werden muss, oder es nicht gelingt, einen mit einheitlicher Geschwindigkeit fortschreitenden und damit quasi stationären Fluss aufzubauen oder durch Bedarfsanmeldungen aus nachfolgenden Prozessstufen infolge begrenzt vorhandener Faktoren temporäre Nichtverfügbarkeiten entstehen können. Zwischen diesen Entscheidungspunkten kann das Geschehen in der Produktion wieder als black-box bzw. als Input-Output-System betrachtet werden; innerhalb jeder Einzelblack-box wird ein selbständig sich vollziehender und funktional eindeutig zu beschreibender Transformationsprozess ohne Entscheidungsnotwendigkeit vorausgesetzt. Eine Betrachtung der Produktion über der Zeit zeigt, dass ein ständiges Betrachten des Geschehens in einem Produktionssystem auch nicht zweckmäßig ist. Entscheidungen werden nicht kontinuierlich, sondern zu bestimmten Zeitpunkten oder bei bestimmten Zuständen getroffen. Zwischen diesen Zeitpunkten vollzieht sich das Geschehen in der Produktion selbständig (Diskretes Zeitmodell). Ein anderes Verständnis würde auch die Unterteilung in Einzel-black-boxen konterkarieren. Der Spielraum liegt dann darin, dass man über dieser zeitlichen black-box nach Belieben gleichmäßig oder erst zu deren Ende abliefern kann; aber zu Abschluss des Zeitraums muss die Transformation (Veränderung der Geometrie, des Orts, des Status usw.) geleistet sein. Erst dann kann sie auch verbucht werden (siehe Abschnitt 3.1 und Abschnitt 3.2.1.3). Ein planerischer Vorgriff in die Zukunft trägt Veränderungen der Merkmalsausprägungen im Güterstrom über dem Planungshorizont ab.24 Ein diskretes Zeitmodell definiert dann analog zum technischen Ablauf alle Zeitpunkte, zu denen Zustände und deren Änderungen (Ereignisse)25 dargestellt werden können und lenkende Eingriffe möglich sind.26 23 Eine 24

Menge aller relevanten Merkmale eines Faktors wird als Eigenart bezeichnet [WAHR78].

Andernfalls wären nur verbrauchsorientierte Konzepte möglich (siehe Abschnitt 4.1.1.1.3)

25 Ein Ereignis ist das Eintreten eines bestimmten Zustands. Es braucht weder Zeit noch Mittel. Je-

der Vorgang beginnt und endet mit einem Ereignis. Damit sind Zustand und Ereignis nur zwei verschiedene Sichten desselben Sachverhalts. „Ereignis“ betont die Veränderung eines Zustands, aber ebenso kann ein Ereignis als nun erreichter Zustand ausgedrückt werden: „Das Glas ist voll“.

1.3 Die Produktionsplanung und -steuerung als operative Planung

13

In der Realität lassen sich alle Güter voneinander unterscheiden. In vielen Fällen sind aber bestimmte Güter untereinander austauschbar.27 Dann findet zweckmäßigerweise eine Zusammenfassung nach Klassen statt (so z. B. „alle gegeneinander austauschbaren und derzeit verfügbaren Drehmaschinen“ oder „alle Teile mit der Sachnummer 4711"). Für das Zeitmodell gilt dieser Sachverhalt der Klassenbildung völlig analog. Zustandsveränderungen werden einem Zeitpunkt zugeordnet, obwohl sie in der Realität früher oder später liegen (z. B. Einfüllen von Schrauben in einen Behälter. Die erste Schraube ist früher im Behälter als die letzte. Trotzdem wird dies alles als sich zu einem einzigen Zeitpunkt vollziehend betrachtet). Diese Aussagen gelten nicht nur für die planende Vorgabe, sondern auch für den Abgleich zwischen Realität und Modell. Die rückgemeldeten Merkmale - so z. B. die gemessene Länge und Breite von Tischplatten einer bestimmten Sachnummer - sind alle individuell unterschiedlich, aber im Normalfall in der Bandbreite der Beschreibung der jeweiligen Klasse enthalten. Ein rückgemeldeter Ort ist streng genommen nur in der Nähe des geforderten Orts, ein Endereignis wird nur ganz selten völlig exakt den geforderten Termin aufweisen. Dieses Verhältnis gilt auch für die einzelnen Transformationsprozesse: Geplante und tatsächliche Daten werden immer voneinander abweichen. Selbst wenn in einer vollautomatisierten Fertigung täglich 100.000 Schrauben hergestellt werden, wird die Bearbeitungsdauer individuell unterschiedlich sein. Trotzdem wird man aber dies als die 100.000malige Instantiierung derselben Transformationsprozessklasse verstehen, solange nicht gegebene qualitative und quantitative Bandbreiten verletzt werden (z. B. alle Schrauben M8 x 35mm). Damit ist kein kontinuierliches/regelndes Vorgehen erforderlich und der folgende Modellierungsansatz naheliegend: Die Konfiguration eines Produktionssystems bzw. einer sich darin vollziehenden Produktion wird über die angesprochenen Klassen in Form von Input-Output-Systemen beschrieben. Güterklassen und Transformationsprozessklassen spannen dabei als Knoten ein Netzwerk von Einzeltransformationen und Gütern/Zuständen auf („Ablaufstruktur“). Güterklassen und Transformationsprozessklassen müssen sich auf einem Pfad des Netzwerks abwechseln („bipartiter Graph“; Output der einen Transformation ist Input der Folgetransformation).28 Jedem Knoten wird ein diskretes Zeitmodell zugeordnet. Ein Zustand in einer Produktion wird (in Anlehnung an gefärbte, zeitbehaftete Petri-Netze, siehe z. B. [LEEG87], [ABEL90]) über eine Markierung der Knoten beschrieben. Diese Markierung gibt die zu einem 26 Die Zeit ist die Aufeinanderfolge der Ereignisse: Ein Anfangsereignis bezeichnet den Beginn ei-

nes Vorgangs zu einem bestimmten Zeitpunkt, ein Endereignis den Abschluss eines Vorgangs zu einem anderen Zeitpunkt (siehe Abschnitt 2.3.1). 27 Insbesondere

bei einer kundenanonymen Serienfertigung werden Güter sogar als völlig identisch angesehen.

28

Siehe auch die Definition von „Materialfluss“ in der VDI-Richtlinie 3300: „Materialfluss ist die Verkettung aller Vorgänge beim Gewinnen, Be- und Verarbeiten sowie bei der Verteilung von stofflichen Gütern innerhalb festgelegter Bereiche. Zum Materialfluss gehören alle Vorgänge während des Durchlaufs von Gütern (z.B. Material, Stoffmengen, Abfall, Datenträger, usw.) durch ein System, wie Bearbeiten, Handhaben, Transportieren, Prüfen, Aufenthalte und Lagerungen...“. Auch dort wird auf die Folge von Gütern und Transformationprozessen abgehoben.

14

1 Produktionsplanung und -steuerung

Zeitpunkt einer Klasse zugeordneten individuellen Güter oder Transformationsprozesse an. Zustandsveränderungen/Ereignisse führen zu einer Veränderung dieser Markierung; ausschließlich über diesen Mechanismus können zu den vorgegebenen Zeitpunkten des Zeitmodells Ereignisse ausgedrückt werden. Die derart abgegrenzten Klassen von Transformationsprozessen werden als Vorgangsklassen, die Klassen von Gütern als Faktorklassen bezeichnet. Selbstverständlich kann - insbesondere im Rahmen der zeitlichen und sachlichen Differenzierung (siehe Abschnitt 2.3.1) - eine beliebig detaillierende/aggregierende Hierarchie aufgebaut werden: Die höchste Aggregationsstufe ist erreicht, wenn die gesamte Produktion als Input-Output-System mit einer Input- und einer OutputKlasse sowie einer einzigen Vorgangsklasse betrachtet wird. Auf der jeweiligen Diskursebene einer Teilplanung wird mit der dort gewählten Granularität eine abgegrenzt betrachtete Vorgangsklasse als Vorgangsknoten, eine entsprechend abgegrenzte Faktorklasse als Faktorknoten dargestellt. Die Individuen in einem Knoten sind Vorgänge und Faktoren.

Klasse

Vorgangsklasse

Faktorklasse

Knoten (ausgewählte Klasse)

Vorgangsknoten

Faktorknoten

Individuum

Vorgang

Faktor

Klassenhierarchie

Bild 1-4 Individuum, Klasse und Knoten

Für ein Zeitmodell stellen Zeitpunkt bzw. Zeitabschnitt die Klasse, die Zustandsänderung bzw. das Ereignis das Individuum dar. Beides Mal ist die Klasse der Ort im Modell, an dem abgerechnet, „Buch geführt“ wird. Eine Veränderung der Markierung in einem Faktorknoten bedeutet, dass in einem vorgelagerten Vorgangsknoten ein Vorgang beendet und/oder in einem nachgelagerten Vorgangsknoten ein Vorgang begonnen wurde. Die Markierung dieser Vorgangsknoten ist entsprechend zu ändern. Bei ausgesprochener Einzelfertigung weist die Markierung für einen Vorgangsknoten über der ganzen Zeitachse nur einen einzigen Vorgang nach. Liegt dagegen Wiederholfertigung vor, werden je Zeitpunkt ggf. mehrere Vorgänge begonnen bzw. beendet. Gerichtete und bewertete Kanten verbinden die Knoten; sie geben Ströme von Faktoren weiter, die beim Eintritt in einen/Austritt aus einem Vorgang entsprechend umgesetzt werden müssen. Die Kanten selbst können keine Faktoren oder Vorgänge speichern. Sind die Marken in einem Knoten individuell zu unterscheiden, müssen sie über Merkmalsausprägungen geeignet unterschieden („gefärbte Marken“) werden. Die Beschreibung eines Knotens ist dann nur noch ein Teil der Beschreibung eines Vorgangs oder eines Faktors.

2

Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung und -steuerung

2.1

Die Strukturierung des Problems

Gegenstand der hier zu führenden Diskussion sind zum einen Produktionsplanungsund -steuerungs-Aufgaben selber und zum anderen Lösungsverfahren für eben diese Produktionsplanungs- und -steuerungs-Aufgaben.1 Die Eindeutigkeit dieser Diskussion wird über ein formales Modell, die notwendige Vollständigkeit über eine Klassifikation geleistet. • Produktionsplanungs- und -steuerungs-Aufgabe Das Wesen, das Gemeinsame aller denkbaren Produktionsplanungs- und -steuerungs-Aufgaben stellt die folgende Definition heraus. Sie beschreibt damit zugleich „die allgemeine PPS-Aufgabe“: Eine Produktionsplanungs- und -steuerungs-Aufgabe (PPS-Aufgabe) ist die Aufgabe, für ein abgegrenztes Produktionssystem vorausschauend Solldaten über die qualitative, quantitative und zeitliche Zuordnung der Vorgänge und Faktoren dieses Produktionssystems, die in sich und mit den Ausgangsdaten konsistent sind, für einen definierten, zielgerichteten Leistungserstellungsprozess festzulegen (ggf. unter Berücksichtigung gewisser Ziele), diese dem Produktionssystem vorzugeben (Auftrag, Bestellung) und ggf. festzustellen, ob Inkonsistenzen vorliegen. Zur Erläuterung dieser Definition ist zunächst der Begriff „Aufgabe“ zu definieren. Zweckmäßige Grundlage dazu ist die Aufgabendefinition von Ferstl und Sinz [FESI93], S. 170. Sie beschreibt eine Aufgabe als eine betriebliche Problemstellung mit einer Struktur, wie sie Bild 2-1 wiedergibt. Eine Aufgabe kann nach ihrer Aussensicht und nach ihrer Innensicht beschrieben werden: „Die Aussensicht einer Auf1

Die Produktionsplanung und -steuerung hat sich mit ihren Modellen und Verfahren (siehe Abschnitt 2.1.2) am betrachteten Produktionssystem und an der verfolgten Zielsetzung zu orientieren und nicht an zufällig auf dem Markt angebotenen PPS-Systemen, die darüber hinaus nur selektiv und nur selten in ihrer vollständigen Funktionalität wahrgenommen werden können. Also muss die Produktionsplanungs- und -steuerungs-Aufgabe über die Beschreibung eines Produktionssystems und der jeweiligen Zielsetzung abgeleitet werden.

16

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

gabe definiert das Aufgabenobjekt, die Ziele der Aufgabe, die Vorereignisse, die eine Aufgabendurchführung auslösen und die Nachereignisse, die aus der Aufgabendurchführung resultieren. ... Die Innensicht einer Aufgabe definiert das Lösungsverfahren ... und nimmt dabei Bezug auf einen Aufgabenträgertyp.“

...

Vorereignisse

Lösungsverfahren

...

Formalziel

Sachziel

Nachereignisse

Aufgabenobjekt Bild 2-1 Struktur einer Aufgabe nach [FESI93]

Mit Aufgabe wird hier das bezeichnet, was in dieser Definition als Außensicht einer Aufgabe benannt wird, weil die Trennung von Aufgaben und Verfahren für die Untersuchung der Übertragbarkeit von Verfahren zweckmäßig ist: Eine Aufgabe ist definiert durch das Aufgabenobjekt, die Sach- und die Formalziele und die Vor- und Nachereignisse, die die Aufgabendurchführung auslösen bzw. aus ihr resultieren.2 Die Aufgabe eines Produktionssystems und des darin sich vollziehenden Leistungserstellungsprozesses besteht darin, gewisse Güter, die das Aufgabenobjekt der Produktionsaufgabe darstellen, in einen (vom Kunden) gewünschten Zustand zu transformieren. Aufgabenobjekt der PPS-Aufgabe ist der Leistungserstellungsprozess, der in einem Produktionssystem stattfindet bzw. stattfinden soll. Das Sachziel der PPS-Aufgabe besteht darin, diesen Leistungserstellungsprozess vorausschauend festzulegen. Die Aufgabe „Produktionsplanung und -steuerung“ wird jedoch nicht direkt am Aufgabenobjekt durchgeführt, sondern an einer (modellhaften) Repräsentation der Produktion bzw. des Leistungserstellungsprozesses (siehe Abschnitt 1.3). Diese Repräsentation sowie die vorzunehmenden Festlegungen erfolgen durch Daten. Je nach der Stellung der Daten in der Aufgabe werden verschiedene Typen unterschieden, die mit den Begriffen Solldaten, Ausgangsdaten, Istdaten und gesuchte Daten belegt werden. Die Solldaten beschreiben zukünftige Zustände des Produktionssystems und sind als zu erreichende Vorgabe - entweder an die Realität oder an andere PPS-Aufgaben - zu verstehen. Sie werden als „Plan“ bezeichnet. Die Ausgangsdaten beschreiben Ausschnitte gewünschter, zukünftiger Zustände des Pro2

Nach [FESI93], S. 56 wird eine Aufgabe wie folgt beschrieben: besteht aus

Aufgabe

wird durchgeführt als

löst aus Ereignis

besteht aus

Vorgang produziert

enthält als Elemente

ist eine

Funktion

Aktion ist eine

nicht funktionale Aktion

2.1 Die Strukturierung des Problems

17

duktionssystems und bilden den Ausgangspunkt für eine PPS-Aufgabe. Ein typisches Beispiel für Ausgangsdaten ist ein Produktionsprogramm. Die Istdaten beschreiben den aktuellen Zustand des Produktionssystems und sind, falls sie für eine PPS-Aufgabe angegeben werden, eine Teilmenge der Ausgangsdaten. Die gesuchten Daten beschreiben, welche Daten als Solldaten zu bestimmen sind. Die angestrebte Festlegung bezieht sich auf die qualitativ, quantitativ und zeitlich bestimmte, konsistente Zuordnung von Faktoren und Vorgängen eines Produktionssystems. Eine solche Zuordnung könnte bspw. das Ausführen des Auftrages „10580“ um 11.00 Uhr am 10.8.2005 auf der Drehmaschine Traub II, das Fördern eines bestimmten Transportauftrages auf einem Fahrzeug eines fahrerlosen Transportsystems oder das Fertigen einer Menge von Produkten auf einer Maschinengruppe im nächsten Monat sein. Unter den Faktoren kann man sich dabei bspw. Material, Teile, Baugruppen, Produkte, Personal, Fördermittel, Betriebsmittel, Werkzeuge, Hilfsstoffe, usw., kurz alle Produktionsfaktoren vorstellen, die an der unmittelbaren Durchführung des Leistungserstellungsprozesses beteiligt sind. Die Solldaten sind konsistent, wenn sie realisierbare Leistungserstellungsprozesse beschreiben. Sie sind mit den Istdaten konsistent, wenn sie realisierbare Leistungserstellungsprozesse beschreiben, deren Anfang von den Istdaten beschrieben wird. Sie sind mit den Ausgangsdaten konsistent, wenn Ausgangsdaten und Solldaten zusammen realisierbare Leistungserstellungsprozesse beschreiben. Der Ausgangspunkt für jede PPS-Aufgabe ist eine Inkonsistenz, bspw. ein erhöhtes, zunächst nicht erfüllbares Produktionsprogramm. Die PPS-Aufgabe besteht dann ganz allgemein darin, diese Inkonsistenz aufzulösen. Typische Inkonsistenzen sind bspw. eine Diskrepanz zwischen den Soll- und Istdaten, die durch eine Änderung nach der Planerstellung entsteht (dies wäre z. B. ein verspäteter Endtermin), sowie Ausgangsdaten, die nur einen Ausschnitt des gewünschten Zielzustands beschreiben, aber keine Aussage darüber enthalten, wie dieser Zustand aus der Gegenwart zu erreichen ist (dies wäre z. B. das Erreichen eines bestimmten Bestandes zu einem bestimmten Termin). Die Konsistenzbedingung wird bei der Formulierung einer PPSAufgabe durch die Angabe von Restriktionen spezifiziert.3 Schließlich können bei einer PPS-Aufgabe Formalziele auftreten4 . Daran wird die Güte des realisierten oder zu realisierenden Leistungserstellungsprozesses gemessen. Da aber oftmals als Plan die Spezifikation einer realisierbaren Produktion - und damit nur die Berücksichtigung der Sachziele - ausreicht, ist die Angabe des Formalzieles optional. • Produktionsplanungs- und -steuerungs-Verfahren Analog zur PPS-Aufgabe wird ein Produktionsplanungs- und -steuerungs-Verfahren (PPS-Verfahren) definiert und der Bezug zur Begriffswelt von [FESI93] hergestellt, die ein Verfahren als einen Teil der Innensicht einer Aufgabe definiert5. Im Gegen3

Derartige Restriktionen könnten z. B. maximale Bestände oder maximale Verweildauern in einem Lager sein.

4

Bspw. „minimale Bestände“ oder „maximale Kapazitätsnutzung“

18

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

satz zur Außensicht, die problemorientiert ist, beschreibt die durchführungsorientierte Innensicht den Aufgabenträger und das Lösungsverfahren bzw. die Aufgabendurchführung. In dieser Betrachtungsweise kann das PPS-Verfahren als Durchführung oder Erfüllung der PPS-Aufgabe definiert werden. Es „besteht aus einer Menge von Aktionen, die sequentiell oder parallel auf das Aufgabenobjekt einwirken bzw. Zustände des Aufgabenobjekts erfassen. ... Die Reihenfolge der Aktionen wird von einer Aktionensteuerung bestimmt, die in Verbindung mit den Aktionen eine Steuerkette oder einen Regelkreis bildet“ [FESI93], S.170 (siehe Bild 22). In Korrespondenz zu obiger Definition der PPS-Aufgabe wird der Begriff PPSVerfahren daher wie folgt definiert: Ein PPS-Verfahren ist eine festgelegte oder geeignet erzeugte Folge von zielgerichteten Transformationen der Solldaten, mit der die durch die PPS-Aufgabe gestellten Anforderungen erfüllt werden (Konsistenz, Optimalität bezüglich eines evtl. vorhandenen Formalzieles). Sachziel Vorereignisse

Formalziel Aktionensteuerung

Nachereignisse

Aktionen Aufgabenobjekt Bild 2-2 Struktur eines Lösungsverfahrens nach [FESI93]

Diese Definition legt nicht fest, durch genau welchen Aufgabenträger die Transformationen ausgeführt werden. Aufgabenträger können bspw. Menschen oder Maschinen sein. Anzumerken ist, dass diese Begriffsdefinition möglicherweise ein wenig von dem üblichen Verständnis des Begriffs Verfahren abweicht. Die hier angegebene Definition impliziert, dass ein PPS-Verfahren genau eine konkrete PPSAufgabe löst, während beim üblichen Begriffsverständnis ein Verfahren eine Klasse von Aufgaben löst. Um diesen Unterschied im Folgenden nicht zu verwischen, wird der Begriff Lösungsprinzip definiert: Eine Vorgehensweise zur Lösung einer Klasse von PPS-Aufgaben wird PPS-Lösungsprinzip genannt. Ein Beispiel für eine PPSAufgabe ist die Bestimmung der Produktionsmengen je Periode und Produktionsstufe für eine konkrete mehrstufige Produktion. Ein PPS-Verfahren dazu ist die Lösung dieser Aufgabe mittels Stücklistenauflösung, wobei die Stücklistenauflösung das zugrundeliegende Lösungsprinzip ist.6

5

Siehe wieder [FESI93], S.166. Es ist dies auch die Unterscheidung von verhaltens- (Black-boxDenken) und instrumentell orientierter Sicht in der Systemtechnik.

2.1 Die Strukturierung des Problems

19

• Ausgangssituation Eine erste Strukturierung der Produktionsplanung- und -steuerung kann nach dem Kriterium vorgenommen werden, welchen Umfang und Detaillierungsgrad die behandelten PPS-Aufgaben im Vergleich zur beschriebenen allgemeinen PPS-Aufgabe haben. Unter Partialmodellen7 werden PPS-Teilaufgaben angesprochen. PPS-Teilaufgaben sind dabei PPS-Aufgaben, deren Gegenstand nur ein Teil der Produktion ist, die Aufgabenobjekt der entsprechenden allgemeinen PPS-Aufgabe ist, und/oder deren Sachziel ein Teilziel des Sachziels der allgemeinen PPS-Aufgabe ist. Typischerweise vernachlässigen diese PPS-Teilaufgaben wichtige Zusammenhänge zwischen dem berücksichtigten und dem unberücksichtigten Teil des Produktionssystems oder machen darüber restriktive Annahmen. Die Menge der unter den Begriff Partialmodell fallenden PPS-Aufgaben lässt sich weiter danach strukturieren, wie das Produktionssystem in den berücksichtigten und den unberücksichtigten Teil aufgespalten wird (bspw. nach Erzeugnissen, nach Produktionsstufen, nach Verbrauchs-, Gebrauchsfaktoren) und nach ihrer Fristigkeit (lang-, mittel-, kurzfristig).8 Zur Lösung der allgemeinen PPS-Aufgabe für ein gegebenes Produktionssystem müssen die PPS-Teilaufgaben geeignet miteinander kombiniert und aufeinander abgestimmt gelöst werden. Ein Lösungsprinzip hierfür ist bspw. das Sukzessivplanungskonzept9 (siehe Abschnitt 1.2). Dort wird die allgemeine PPS-Aufgabe bspw. in die Teilaufgaben Primärbedarfsplanung, Materialwirtschaft, Durchlaufterminierung, Kapazitätsabgleich, Auftragsfreigabe, Feinterminierung und Reihenfolgeplanung sowie Betriebsdatenerfassung eingeteilt, die nacheinander ausgeführt werden10. Dieses Konzept hat auch praktische Relevanz erreicht, was sich in der Konzeption gängiger PPS-Systeme ausdrückt.11 Der Grund dafür liegt darin, dass im Sukzessivplanungskonzept die allgemeine PPS-Aufgabe in überschaubare Teilaufgaben zer6

Vgl. auch analoge, differenziertere Unterscheidungen in der Konstruktionslehre [PABE93], S. 81.

7

Vgl. die Begriffsdefinitionen in [KURB93], S. 39 und in [KISTE90], S. 15.

8

Für diesen Bereich sind eine Fülle von Ansätzen - PPS-Teilaufgabenklassen und zugehörige Lösungsprinzipien - entwickelt worden. Ein Überblick über Ansätze aus dem Operations Research wird in [KISTE90] gegeben. Vgl. auch [STÖP80, FAGU91, FGJ92, AMO93, GRZ93]. Für Maschinenbelegungsprobleme ist [BRUC81] das Standardwerk. Weitere Ansätze finden sich in [MEPR88, BUXE89, MDM90, SEHE90, LASS92, TZTR93, KKM94, LILU94, OCCG94, ALD95]. Ansätze für die Mengenplanung werden in [ASS86, ERTU88, ADAR93, STYE93] dargestellt. Für die kurzfristige PPS (Feinterminierung) sind bspw. wissensbasierte Ansätze entwickelt worden: [KAAD87, KUCH88, BROW89, HLP90, CHJG91, AYLA91, AGHJ92, ARTA92, DORN95]. Vgl. dazu auch [ZAMI88, GLAS91, HOLI92, GUTE95, SCHM95, SWM96]. Dies ist nur eine kleine Auswahl!

9

Vgl. [ZAGF84], [ADAA88], S. 5ff., [HACK89], S. 111ff., [KISTE90], S. 15, [GGR91], S. 2f., [SCHEA94], S. 92f.

10

Siehe [FFG94], S. 2. Vgl. auch die von Scheer [SCHEA94], S. 100 genannten Teilaufgaben und Kapitel 6.

11

Vgl. [HACK89, GGR91, KERN93, KURB93, FFG94, GRSC94, RHH95].

20

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

legt wird, die mit vertretbarem Rechenaufwand lösbar sind12 , auch wenn dadurch auf die Optimalität der Lösungen verzichtet wird. Darüber hinaus wird in diesem Konzept der Tatsache Rechnung getragen, dass sich die Istdaten, aber auch die Ausgangsdaten einer PPS-Aufgabe ändern können, so dass sich eine gerade gelöste PPS-Aufgabe in ähnlicher Form von Neuem stellt.13 Im Gegensatz zu den Partialmodellen stehen die Totalmodelle14 , die der allgemeinen PPS-Aufgabe entsprechen. Gegenstand der allgemeinen PPS-Aufgabe ist das gesamte Produktionssystem und damit der gesamte Leistungserstellungsprozess, der in vergleichsweise feiner Detaillierung betrachtet wird. Angestrebt wird eine (kosten-) optimale Lösung. Solche Modelle sind wegen ihrer Größe in Praxisfällen, des damit verbundenen Rechenaufwandes15 und wegen der daraus folgenden schlechten Reaktionsmöglichkeiten auf Datenänderungen auch heute noch nur von theoretischem Interesse.16 Ein Kompromiss zwischen den beiden Extremen Partial- und Totalmodell und somit zwischen den damit verbundenen Vor- und Nachteilen wird in zwei weiteren Ansätzen gesucht. Bei den simultanen Ansätzen besteht der Kompromiss darin, PPS-Teilaufgaben, die im Sukzessivplanungskonzept streng getrennt sind, gleichzeitig zu lösen. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Mengenplanung unter Berücksichtigung von Kapazitätsbeschränkungen (siehe Abschnitt 4.2.1). Der hierarchische Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass die PPS-Teilaufgaben nicht unterschiedliche Teile des Produktionssystems als Aufgabenobjekt und unterschiedliche Sachziele besitzen, sondern dass sie das gleiche Aufgabenobjekt besitzen, das mit unterschiedlichen Detaillierungsgraden betrachtet wird. Die Ergebnisse der PPS-Teilaufgabe mit dem geringeren Detaillierungsgrad bilden dann eine Vorgabe (die Ausgangsdaten) für die hierarchisch nachgeordnete PPS-Teilaufgabe mit dem höheren Detaillierungsgrad.17 Betrachtet man diese Ansätze der Produktionsplanung und -steuerung (PPS) aus der Sicht eines „Benutzers“, der sich vor eine konkrete PPS-Aufgabe gestellt sieht, dann ist festzustellen, dass sie sich einer effizienten Analogiebetrachtung entziehen. Es ist schwierig, zu einer konkreten PPS-Aufgabe bereits einmal erfolgreich gelöste, in jeder Hinsicht vergleichbare PPS-Aufgaben benennen zu können. Genauso schwierig ist es, die Lösungsverfahren miteinander zu vergleichen. Es gibt daher nur wenig Erkenntnisse über die „Ähnlichkeit“ von PPS-Aufgaben bzw. -Verfahren.18

12

Für PPS-Systeme werden für einige der PPS-Teilaufgaben, die im Sinne der Komplexitätstheorie schwierig sind (vgl. [GRZ93], S. 447ff., [KISTE90] S. 125ff., 247), Ersatzaufgaben definiert, die mittels (einfacher) Heuristiken lösbar sind.

13

Kistner [KISTE90], S. 248 spricht von der adäquaten Berücksichtigung der zeitlichen Struktur des Planungsprozesses, Kurbel [KURB93], S. 45 von der Berücksichtigung der Datensituation.

14

Vgl. [KURB93], S. 42, [KISTE90], S. 14.

15

Im Sinne der Komplexitätstheorie gehören einige PPS-Aufgaben zur Klasse der NP-vollständigen Probleme.

16

Vgl. [KURB93], S. 45f., [GGR91], S. 2, für einige Modelle siehe [KISTE90], S. 227ff.

17

Vgl. [KISTE90], S. 302ff., [KURB93], S. 46f., [SWIT89].

2.1 Die Strukturierung des Problems

21

• Zielstellung Vor dem Hintergrund dieser Ausgangssituation besteht ein Ziel darin, eine Klassifikation für Produktionsplanung und -steuerungs-Aufgaben und -Verfahren zu schaffen. Sie bildet die Voraussetzung für die Systematisierung der Zusammenhänge zwischen Eigenschaften von PPS-Aufgaben und Eigenschaften von PPS-Verfahren. Die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Klassen von PPS-Aufgaben und -Verfahren können dann bspw. mit Hilfe eines morphologischen Kastens19 dargestellt werden. Damit ist es möglich, eine konkrete PPS-Aufgabe in Teilaufgaben zu zerlegen und die entstehenden Teilaufgaben in die entwickelte Klassifikation einzuordnen. So kann ein PPS-Verfahren für die Gesamtaufgabe konstruiert werden, indem für jede Teilaufgabe eine Verfahrensklasse ausgewählt wird und anschließend die Vertreter der Verfahrensklassen zu einem (zulässigen) Gesamtverfahren verknüpft werden. Da die Grundlage einer Klassifikation immer eine geeignete einheitliche Beschreibung der zu klassifizierenden Elemente ist, muss vorher eine solche Beschreibung für PPS-Aufgaben und -Verfahren entwickelt werden. Sie wird im Folgenden als Modellierungsmethode bzw. Modell bezeichnet. Diese Beschreibung von PPS-Aufgaben und PPS-Verfahren versetzt den Anwender nicht nur in die Lage, sich auf dem Gebiet der Produktionsplanung und -steuerung besser zurechtzufinden, sondern unterstützt auch die Lösung von PPS-Aufgaben. Dazu soll der Anwender bei der Suche und Anpassung von PPS-Verfahren für seine konkrete PPS-Aufgabe und bei der anschließenden Implementierung eines passenden PPSVerfahrens in einer einheitlichen Begriffswelt agieren können20. Daher wird die Modellierungsmethode formal definiert. Sie muss formale, operable Modelle liefern. 18

Für einige Teilaufgaben und zugehörige Verfahren gibt es solches Zusammenhangswissen durchaus. Bspw. unternehmen Geidel et al. [GLP93] den Versuch, mathematische Modelle im Operations Research in einer Methodenbank zu systematisieren. Die Zusammenhänge zwischen den Modellen werden dann durch Angaben wie „Aufheben der Ganzzahligkeitsbedingung“, „Einführen nichtlinearer Restriktionen“ usw. hergestellt. Darüber hinaus gibt es bspw. in [KISTE90], S. 48f., 60ff., 86f., 149f., 162f. und in [SCHU94] Hinweise bezüglich der Eignung von Modellen für gewisse Betriebstypen. Kernler zeigt den Zusammenhang zwischen gewissen PPS-Verfahren (Prioritätsregeln) und ihren Auswirkungen bei Anwendung für PPS-Aufgaben, die durch verschiedene Formalziele gekennzeichnet sind, auf [KRNL93], S. 190.

19

Der morphologische Kasten wurde von Zwicky [ZWIY71] als eine (die wichtigste) Methode der morphologischen Forschung vorgeschlagen und durch Beispielanwendungen beschrieben. Praxisorientiertere Definitionen finden sich allerdings bei den Anwendern (bspw. [PABE93]) und bei den Entscheidungstheoretikern/ Denkpsychologen [BRAU90]. Ein morphologischer Kasten ist ein Ordnungsschema, in dem die Teilprobleme eines Problems bzw. die Parameter, die die Teilprobleme charakterisieren, den Lösungsmöglichkeiten gegenüber gestellt werden. Der Zweck des morphologischen Schemas besteht darin, systematisch alle Lösungen eines Problems zu finden (Enumeration!).

20

Selbstverständlich ist dies auch die Vorgehensweise marktgängiger PPS-Systeme. Hier soll aber gerade der Gegenentwurf dazu realisiert werden, indem man sich zur Systematisierung am Leistungserstellungsprozess orientiert, die Konstruktionsprinzipien deutlich macht und damit möglicherweise auch Wege zu eigenen Verfahrenskonzepten öffnet, anstatt von vornherein auf eine begrenzte Angebotspalette von „Standardverfahren“ zu verweisen.

22

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

– Modell Eine Modellierungsmethode umfasst Konstrukte21 , Regeln22 zur richtigen Benutzung der Konstrukte und die Beschreibung einer Vorgehensweise zur Modellierung von Systemen eines gewissen Anwendungsbereiches. Ein Ziel besteht darin, eine solche Menge von Konstrukten zu finden, mit denen beliebige PPS-Aufgaben und Verfahren modelliert werden können. Für die Konstrukte ist eine Notation anzugeben sowie die Regeln für die Kombination der Konstrukte. Ein Modell ist dann ein aus diesen Konstrukten aufgebautes Gebilde, das ein konkretes Original hat. Im weiteren soll hier der Begriff „Modell für PPS-Aufgaben“ bzw. „Modell für PPSVerfahren“ für die Menge der Konstrukte und der Regeln als auch von Fall zu Fall für konkrete Modelle verwendet werden. Die Vorgehensweise bei der Modellierung steht dagegen hier nicht im Mittelpunkt.23 Einige Hinweise werden sich jedoch bei der Betrachtung von Beispielen ergeben. Eine in diesem Kontext zweckmäßige Definition des Begriffs Modell findet sich bei Klaus und Buhr24: Ein Modell ist ein bewusst konstruiertes Abbild der Wirklichkeit, das auf der Grundlage einer Struktur-, Funktions- oder Verhaltensanalogie zu einem entsprechenden Original eingesetzt bzw. genutzt wird, um eine bestimmte Aufgabe zu lösen, deren Durchführung am Original nicht oder zunächst nicht möglich oder zweckmäßig ist. Nach Stachowiak [STAC73], S. 128 ff. lässt sich der Modellbegriff - in Ergänzung zu dieser Definition - durch die drei Merkmale Abbildung, Verkürzung, Pragmatik beschreiben. Das Abbildungsmerkmal besagt, dass ein Modell immer das Abbild von etwas - von einem Original, das selbst wieder ein Modell sein kann - ist. Die Abbildung wird durch eine Zuordnung zwischen den Attributen des Modells und denen des Originals realisiert25 . Mit dem Verkürzungsmerkmal wird die Tatsache bezeichnet, dass bei einer Modellerstellung immer nur dem Modellersteller relevant erscheinende Eigenschaften des Originals erfasst werden. Nur in Kenntnis aller Attribute des Modells und derer des Originals lässt sich die Verkürzung und lassen sich die davon betroffenen Attribute überhaupt feststellen.26 Unter dem pragmatischen Merkmal von Modellen ist zu verstehen, dass Modell und Original einander nicht per se zugeordnet sind. Vielmehr wird die Zuord21

Konstrukte besitzen eine Bedeutung („Begriff“) und eine Notation. Zur Definition von „Methode“ siehe Abschnitt 1.3.

22

Diese Regeln werden in manchen Ansätzen auch als Syntax und Semantik bezeichnet.

23

Siehe dazu bspw. [FELS96].

24

Vgl. [KLBU75], Bd. 1, S. 805.

25

In der Allgemeinen Modelltheorie von Stachowiak [STAC73] werden Modell und Original als Attributklassen aufgefasst.

26

In einer anderen Definition, in der die Tatsache berücksichtigt wird, dass auch das Modell Eigenschaften besitzen kann, die das Original nicht hat, wird zwischen zwei Systemen eine sogenannte Modellrelation festgelegt, wenn zu jedem der beiden Systeme ein gedachtes Hilfssystem existiert, das eine partielle homomorphe Abbildung dieses Systems ist, und wenn zwischen diesen beiden Hilfssystemen Isomorphie besteht. Diese Relation wird auch Analogierelation genannt [TACK69], zitiert nach [DEPP77], S. 149ff.

2.1 Die Strukturierung des Problems

23

nung von Modell und Original durch Fragen wie „Für wen?“, „Wann?“ und „Wozu?“ relativiert, da ein Modell immer von einem erkennenden oder modellbenutzenden Subjekt innerhalb gewisser Zeitspannen zu einem ganz bestimmten Zweck für ein Original eingesetzt wird. Das angestrebte Modell für PPS-Aufgaben/-Verfahren soll neben der Begrifflichkeit für die natürlich-sprachliche Beschreibung auch einen Formalismus zur Verfügung stellen, der es erlaubt, PPS-Aufgaben und -Verfahren eindeutig und genau zu charakterisieren und formal deren Eigenschaften zu analysieren sowie eine PPS-Aufgabe zu lösen. Dieser Formalismus wird formales Modell genannt27: Ein formales Modell ist ein formales System, dessen Semantik über das modellierte Original bestimmt wird. Die Semantik eines formalen Systems wird über eine Abbildung - die sogenannte Interpretation - erklärt, die den Elementen des formalen Systems Ausschnitte aus der Wirklichkeit28 zuordnet. Um die Definitionskette abzuschließen, wird hier noch der Begriff formales System erläutert.29 Der wesentliche Grundgedanke, der ein formales System ausmacht, besteht darin, dass in einem formalen System eine Notation für Sachverhalte gegeben ist, auf der gewisse Ableitungsregeln definiert sind. Diese können benutzt werden, um neue Sachverhalte und Aussagen ohne Ansehen der konkreten Inhalte der Sachverhalte abzuleiten. Es werden also auf einer Form definierte Mechanismen zur Herleitung neuer Formen genutzt, die durch eine geeignete Interpretation als neue Erkenntnisse oder Aussagen gelten können. Der Vorteil formaler Systeme gegenüber anderen Beschreibungsformen liegt damit in der Benutzbarkeit gültiger logischer Ableitungsregeln und der Verifizierbarkeit der Ableitungen.30 Die Schwierigkeit bei der Problemlösung bleibt aber erhalten: Sie liegt in der Modellbildung und Konstruktion der Interpretationsvorschrift. Ein operables Modell für eine Aufgabe enthält alle zur Lösung der Aufgabe erforderlichen Ausgangsdaten und ermöglicht zugleich die Darstellung der Zwischenergebnisse und des Endergebnisses der Aufgabe. Ein solches operables Modell gestattet es, eine Aufgabe unter Benutzung des Modells zu lösen. Ein operables Modell für PPS-Aufgaben muss daher die eingangs genannten Daten enthalten. – Klassifikation Ein Hauptanliegen ist die Klassifikation von PPS-Aufgaben und -Verfahren, um das Gebiet der operativen Produktionsplanung zu systematisieren. Dazu wurden die Begriffe PPS-Aufgabe und -Verfahren definiert. Diesen abstrakten Definitionen ge27

Siehe hierzu auch das Wörterbuch der Wissenschaftstheorie [SERA89], Stichwort Formalisierung.

28

Das können Elemente oder Beziehungen zwischen Elementen sein.

29

Bezüglich exakter Definitionen und weiterer Erläuterungen zu diesem Begriff wird auf die Literatur verwiesen: [SMUL61], S. 3ff. Vgl. auch „Einen interpretierten Kalkül nennt man auch einen gedeuteten Kalkül oder eine formalisierte Sprache.“ in [DEPP77], S. 154., [KLBU75], Bd.1, S. 412, Bd. 2, S. 1162.

30

Vgl. auch [DEPP77], S. 156ff. und [ZIEG72], S. 10ff.

24

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

nügt jeweils eine Menge von konkreten PPS-Aufgaben bzw. -Verfahren, und diese Mengen sollen systematisch strukturiert werden. Eine Klassifikation ist eine solche Strukturierung, die ganz bestimmte Eigenschaften besitzt: Unter der Strukturierung einer Menge von Elementen in Klassen wird eine Einteilung der Menge in disjunkte Teilmengen verstanden derart, dass die Elemente einer dieser Teilmengen, die dann Klassen genannt werden, sich in der Hinsicht, bezüglich der die Einteilung vorgenommen wurde, ähnlich sind [SODE74], S. 9ff. Als Klassifikation wird sowohl das Ergebnis als auch der Einteilungsvorgang bzw. die Suche nach der Einteilung bezeichnet [SODE74], S. 11. Die Zuordnung eines bestimmten Elements zu einer Klasse wird Diskrimination genannt [SODE74], S. 11.31 Eine Klassifikation von Elementen beruht immer auf einer Beschreibung von Eigenschaften der Elemente. Ob eine im Sinne des Zieles der Klassifikation vernünftige Einteilung gefunden wird, hängt wesentlich von dieser Beschreibung ab. Die Eigenschaften der Elemente können durch die Ausprägungen von Merkmalen beschrieben werden. Auf der zu einem Merkmal gehörenden Menge von Ausprägungen werden Distanzmaße definiert, um die Ähnlichkeit oder - komplementär dazu die Verschiedenheit von Elementen bezüglich dieses Merkmals erfassen zu können. Nach Art und Umfang der bezüglich eines Merkmals möglichen Aussagen über die beschriebenen Elemente lassen sich die Merkmale typisieren in klassifikatorische oder nominale, komparative oder ordinale und quantitative oder kardinale Merkmale [OPIT80], S. 27 ff. Werden die Merkmale skaliert, so ist jedem Merkmalstyp genau ein Skalenniveau32 zugeordnet. Mit Hilfe des Begriffs des Skalenniveaus können kardinale Merkmale noch unterteilt werden in Merkmale, die IntervallSkalenniveau haben, und in Merkmale, die Ratio-Skalenniveau besitzen [STELA77]. • Strukturierung der Problemstellung Was zu tun ist, lässt sich damit nach zwei Richtungen gliedern: Zum einen in die Richtung der Untersuchungsgegenstände - PPS-Aufgaben und PPS-Verfahren - und zum anderen in die Richtung der gesuchten Strukturen - Modelle und Klassifikationen - für die Untersuchungsgegenstände. Bild 2-3 zeigt die entstehenden vier Problembereiche. In allen vier Teilproblembereichen sind sachliche und formale Anforderungen zu unterscheiden. Die sachlichen Anforderungen legen fest, was gesucht ist. Die gesuchte Lösung ist damit inhaltlich festgelegt. Die formalen Anforderungen legen die gewünschte Güte der Problemlösung fest. Mit Hilfe der Formalanforderungen ist es 31

Klassifikationen können nach ihren Eigenschaften wiederum selbst klassifiziert - um Verwirrungen zu vermeiden, sagt man: typisiert - werden. Kann jedes Element der einzuteilenden Grundgesamtheit in die Klassifikation eingeordnet werden, so heißt die Klassifikation exhaustiv, andernfalls nicht exhaustiv. Dürfen sich die resultierenden Klassen überschneiden, so heißt eine Klassifikation nicht disjunkt oder eine Überdeckung, andernfalls disjunkt oder eine Zerlegung. Eine Klassifikation heißt hierarchisch oder eine Hierarchie, falls die Klassen paarweise entweder disjunkt sind oder in einer echten Teilmengenbeziehung zueinander stehen. Zur formalen Definition der Eigenschaften einer Klassifikation siehe bspw. [OPIT80], S. 66ff.

32

Vgl. bspw. [STELA77], S. 29f.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

25

möglich, aus einer Menge von Lösungen, die hinsichtlich der Sachanforderungen gleich sind, eine im Sinne eines formulierten Ziels beste Lösung auszuwählen33. Untersuchungsgegenstände Aufgaben Verfahren

Strukturen

Modell Klassifikation

Formales Modell für PPS-Aufgaben Klassifikation von PPS-Aufgaben

Formales Modell für PPS-Verfahren Klassifikation von PPS-Verfahren

Bild 2-3 Struktur der Problemstellung von Kapitel 2

2.2

Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

2.2.1

Anforderungen an das formale Modell

– Sachanforderungen Mit Hilfe des zu entwickelnden Modells muss es möglich sein, alle denkbaren (zumindest alle existierenden, bisher betrachteten) PPS-Aufgaben abzubilden. Um die 33

Eine Schwierigkeit bei der Formulierung von Anforderungen an ein Modell soll hier nicht unerörtert bleiben: Aus methodischer Sicht ergibt sich bei der Beschreibung und Beurteilung bereits existierender Modelle für PPS-Aufgaben und -Verfahren das Problem, dass Modelle hinsichtlich ihrer Abbildungsmächtigkeit grundsätzlich nur bezüglich ihres Originals, aber nicht ohne Betrachtung des Originals, untereinander verglichen werden können, denn nur über das Original stehen sie in Beziehung, nur das Original (PPS-Aufgabe bzw. -Verfahren) ist ihnen per definitionem gemeinsam. Andererseits ist aber das hier betrachtete Original - die Produktion und der Leistungserstellungsprozess bzw. dafür definierte PPS-Aufgaben - kein gegenständliches, konkretes Gebilde, auf das man bei der Zuordnung der Modellattribute „mit dem Finger zeigen“ könnte, sondern ein abstraktes Gebilde, das sich nur gedanklich und dann auch begrifflich fassen lässt. Die Gedankenwelt und Begriffswelt eines Subjekts ist aber wiederum eine Modellwelt (Vgl. die Stufen semantischer Modelle bei Stachowiak [STAC73, STAC83, STAC94], S. 196 ff.). Aus erkenntnistheoretischer Sicht ist damit ein Vergleich solcher Modelle anhand des Originals prinzipiell nicht möglich. Streng genommen könnte sogar der Sinn bzw. die Nützlichkeit eines solchen Vergleichs in Frage gestellt werden (Zur Problematik des Verhältnisses von Original und Modell bzw. der subjektiven Erkennbarkeit des Originals, die dem hier geschilderten Problem zugrunde liegt, sowie zur pragmatischen Lösung dieses Problems siehe [STA73]). Da das Original für einen Vergleich nicht unmittelbar zur Verfügung steht, muss es mittelbar über eine Art Hilfsmodell zugänglich gemacht werden . Das Hilfsmodell ist eine ausführliche und möglichst unmissverständliche, natürlich-sprachliche Beschreibung für PPS-Aufgaben und -Verfahren. Das oben skizzierte Problem des Verhältnisses von Modell und Original wird somit auf das Problem der Definition, also der Zuweisung einer Bedeutung zu einem Symbol, zurückgeführt. Es wird damit nicht gelöst. Jedoch ist die Hoffnung nicht unbegründet, dass die Beschreibung aus Begriffen besteht, die nicht weiter erklärt werden müssen, da sie aus der Erfahrung heraus klar sind, und dass somit die Grundlage für den Vergleich existierender Lösungsansätze und der entwickelten Problemlösung geschaffen werden kann.

26

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Frage zu beantworten, was eine PPS-Aufgabe genau beinhaltet, was die abzubildenden Elemente sind, bietet es sich an, den Begriff der PPS-Aufgabe ausgehend von der Definition zu analysieren. Das Aufgabenobjekt der PPS-Aufgabe ist die Produktion. Sie ist damit der Hauptgegenstand der Modellierung. Daher ist festzulegen, für welche Arten von Leistungserstellungsprozessen das zu entwickelnde Modell gelten soll und welche Sicht die operative Produktionsplanung darauf hat. Aus produktionstheoretischer Sicht ist die Produktion definiert als die zielgerichtete Aktion der Leistungserstellung [KERA79], Sp. 1604. Unter Leistungen werden dabei Sachgüter und Dienstleistungen verstanden (siehe Abschnitt 1.1). Die Leistungserstellung ist mit dem Einsatz von Produktionsfaktoren verbunden. Die Leistungserstellung besteht in der zielgerichteten Transformation dieser Produktionsfaktoren [KERA79], Sp. 1604f. Aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht ist die Produktion als „das Geschehen, das in einem Produktionssystem stattfindet“ [KERA79], Sp. 1608 definiert. Damit ist der Begriff Produktion auf den des Produktionssystems zurückgeführt, das produktionstheoretisch orientiert definiert wird als „technisch, organisatorisch ... selbständige Allokation von Potenzial- und Mittelfaktoren zu Produktionszwecken“ [KERA79], Sp. 1605 oder ingenieurwissenschaftlich als „Gesamtheit aus technischen Anlagen und menschlichen Arbeitskräften ..., die die eingesetzten Güter in Erzeugnisse34 transformieren“ [EISF89], S. 6. Leistungserstellungsprozesse können klassifiziert werden. Eisenführ benutzt bspw. Merkmale des Produktionsprogramms (hergestellte Leistungen, Kundenspezifität der Produkte, Wiederholungsgrad, Produktionsbreite und Produktionstiefe) und Merkmale des Produktionssystems (Struktur, Auslöseart, Automatisierungs-/Flexibilitätsgrad) [EISF89], S. 1ff. Hier soll besonders darauf hingewiesen werden, dass sich das gesuchte Modell vor allem für die Abbildung von Produktionen zur Herstellung von Stückgütern, aber auch für die Abbildung von Produktionen zur Herstellung von Fließgütern und Dienstleistungen eignen soll. Oft wird für die Herstellung von Stückgütern bzw. Fließgütern auch die Unterscheidung „diskrete“ bzw. „kontinuierliche“ Produktion verwendet. Die genannten Merkmale lassen natürlich offen, welche Leistungserstellungsprozesse nun nicht abgebildet werden können, aber sie umreißen die Vielfalt der Produktionen, die abbildbar sein sollen. Die entscheidenden Merkmale von Leistungserstellungsprozessen, die für die Forderung der Abbildbarkeit relevant sind, sind die Entscheidbarkeit und die Entscheidungsnotwendigkeit. Entscheidbarkeit bedeutet, dass es Handlungsmöglichkeiten und Maßnahmen gibt, mittels deren Anwendung der Leistungserstellungsprozess von einem bestimmten (aber beliebigen) Zustand in einen bestimmten gewünschten Zustand überführt werden kann.35Dies

34

Da es nur von der (willkürlichen / zufälligen) Abgrenzung eines Produktionssystems abhängt, ob ein bestimmtes Gut der Output dieses Produktionssystems ist oder nur einen Zwischenschritt auf dem Weg dorthin darstellt, soll hier das Ergebnis einer beliebigen Transformation (z.B. einer Produktionsstufe) als „ Produkt“, der Output eines Produktionssystems zur Abgrenzung als „Erzeugnis“ bezeichnet werden (siehe Abschnitt 3.2.1.1).

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

27

setzt voraus, dass die Maßnahmen eine eindeutige Auswirkung zeigen. Es bedeutet jedoch nicht, dass der gewünschte Zustand tatsächlich auch genau so eintritt, wie er angestrebt wurde. Aber der tatsächlich erreichte Zustand darf sich nicht beliebig von dem gewünschten unterscheiden, sondern die Abweichung muss a priori abschätzbar sein. Nur wenn der Leistungserstellungsprozess plan- und steuerbar ist, ist es überhaupt möglich, wirtschaftlich zu produzieren, und sinnvoll, eine PPS-Aufgabe in Angriff zu nehmen.36Entscheidungsnotwendigkeit (siehe Abschnitt 1.3) bedeutet, dass es Zustände des Leistungserstellungsprozesses gibt, in denen es nur unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Produktionssystems, die technischer oder technologischer Art sind, Freiheitsgrade - also mehrere Möglichkeiten der Fortführung des Leistungserstellungsprozesses - gibt. Solche Freiheitsgrade bestehen bspw., wenn bei fahrerlosen Transportsystemen ein Fahrzeug für die Ausführung eines Transportauftrags ausgewählt werden muss, wenn die Belegung einer Fertigungslinie aus einem Sortierlager erfolgt oder wenn überhaupt erst die zu produzierenden Mengen der Güter und die Termine zur Erfüllung von Kundenaufträgen festgelegt werden müssen. Nur wenn Entscheidungsnotwendigkeit herrscht, besteht die Notwendigkeit, den Leistungserstellungsprozess überhaupt festzulegen, und die Möglichkeit, ihn gemäß ökonomischer Kriterien zu beeinflussen und damit eine PPS-Aufgabe zu lösen (vgl. [KISTE90], S. 2ff). Nachdem so die Menge der zu modellierenden Produktionen eingegrenzt worden ist, stellt sich die Frage nach der Sicht der Produktionsplanung und -steuerung auf die Leistungserstellungsprozesse. Oder genauer: Welche Sicht hat eine Person, die eine PPS-Aufgabe zu lösen hat, auf die Produktion? Die Sicht lässt sich hinsichtlich der Merkmale Umfang, Detaillierung und Blickwinkel charakterisieren. Zunächst kann festgestellt werden, dass die Produktion nicht vollständig bezüglich Umfang und Detaillierungsgrad abgebildet werden muss. Die Einschränkung der Sicht bezüglich des Umfangs bedeutet, dass das Aufgabenobjekt einer konkreten PPSAufgabe nicht die gesamte Produktion, also vom Rohstoff bis zum Enderzeugnis über alle Erzeugnisse, umfassen muss. Stattdessen werden oft - um die Merkmale von Eisenführ [EISF98] zu benutzen - nur einige wenige wichtige Produkte oder nur ausgewählte Teilsysteme (bspw. der Lagerbereich, die Transportmittel, der Montagebereich, das fahrerlose Transportsystem) des Produktionssystems betrachtet.37Andererseits, und dies wird unter dem Stichwort Detaillierungsgrad verstanden, ist der Blick auf die Produktion durch Abstraktion gekennzeichnet, die 35

Vgl. die Definition der Steuerbarkeit aus der Regelungstechnik in [UNBE87], S. 50ff. und [FIND77], S. 114ff.

36

Üblicherweise wird für die Produktionsplanung und -steuerung davon ausgegangen, dass Leistungserstellungsprozesse steuerbar sind. Es gibt jedoch Untersuchungen (vgl. [TÖNS92]), die zeigen, dass es Produktionssysteme gibt, deren Verhalten nicht vorhersagbar ist, wenn der Anfangszustand nur mit endlicher Genauigkeit (...und das ist praktisch immer der Fall!) bekannt ist. Solche Systeme können folglich auch nicht gezielt beeinflusst werden: Der tatsächlich erreichte Zustand wird sich immer signifikant vom angestrebten unterscheiden. „Ziel der Strukturplanung muss es daher sein, die Organisationsstruktur eines Betriebes im Sinne eines reibungslosen, nichtchaotischen Ablaufs auszulegen“ (ebenda).

28

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

wiederum von der konkreten PPS-Aufgabe abhängt. Dies drückt sich bspw. in der Bildung von Produkt- und Maschinengruppen aus. Da Umfang und Detaillierungsgrad von der konkreten PPS-Aufgabe abhängen, muss es das gesuchte Modell ermöglichen, diese beliebig zu wählen. Der durch Umfang und Detaillierungsgrad gekennzeichnete Wirklichkeitsausschnitt wird von der Produktionsplanung und steuerung nun in ganz spezieller Weise in einem speziellen Blickwinkel wahrgenommen. Bei einer PPS-Aufgabe interessieren nicht die technischen, kinematischen und dynamischen38 sowie chemischen und prozesstechnischen Eigenschaften des Produktionssystems, sondern es interessieren organisatorische Eigenschaften: Es interessiert die qualitativ, quantitativ und zeitlich festgelegte (künftige) Zuordnung39 der Produktionsfaktoren im Produktionssystem zum Zwecke der zielgerichteten Produktion. Die Herbeiführung dieser Festlegung ist das allgemeine Sachziel der Produktionsplanung und -steuerung gemäß ihrer Definition. Von den drei Aspekten, die die Sicht eines Modellierers auf das Produktionssystem bzw. den Leistungserstellungsprozess bestimmen, ist also nur der Blickwinkel spezifisch für die PPS, die beiden anderen müssen beliebig wählbar sein. Im Folgenden werden aus dieser Spezifik, aus der Definition für die PPS-Aufgabe und aus dem Ziel, operable Modelle zu erhalten, die abzubildenden Eigenschaften von Produktionssystemen und den darin stattfindenden Leistungserstellungsprozessen hergeleitet. Aus der Definition einer PPS-Aufgabe folgt unmittelbar, dass zur Beschreibung einer PPS-Aufgabe das zugrundeliegende Produktionssystem sowie das Sach- und Formalziel zu beschreiben sind. Das Sachziel kann dabei beschrieben werden, indem der Vor- und der Nachzustand des Aufgabenobjekts angegeben werden. Der Vorzustand des Aufgabenobjekts wird durch die Ausgangsdaten beschrieben und ist in der Regel inkonsistent. Er beschreibt zukünftige Zustände des Produktionssystems, allerdings nur unvollständig (z. B. die aktuellen Kundenaufträge). Außerdem enthält er keine vollständigen Angaben darüber, wie diese zukünftigen Zustände des Produktionssystems erreicht werden können. In manchen Fällen enthält der Vorzustand auch Istdaten (z. B. Istbestände). Der Nachzustand soll per definitionem konsistent oder zumindest ein klar definierter Schritt auf dem Wege zu einer Konsistenz sein. Es ist nun noch zu spezifizieren, zu welchem Bereich des Produktionssystems Aussagen in Form von Solldaten getroffen werden sollen. Dieser Bereich wird oftmals den gesamten abgebildeten Leistungserstellungsprozess umfassen (da er ja gerade zum Zwecke der Erlangung dieser Aussagen modelliert worden ist) und sich über einen gewissen Zeitraum erstrecken, weil die Produktionsplanung vorausschauend erfolgt. Ist die Durchführung einer PPS-Aufgabe beendet, dann liegen die 37

Die Produktionsplanung und -steuerung muss Transport- und Lagerprozesse mit betrachten. Für diese Prozesse gelten grundsätzlich dieselben Klassifikationskriterien (siehe z. B. [FIDI97]).

38

Hier im Sinne von Bewegungsabläufen und Kraftwirkungen an Maschinen

39

Aus der qualitativ, quantitativ und zeitlich festgelegten Zuordnung von Elementen des Produktionssystems folgt die Ortsbezogenheit der Zuordnung, wenn die Ortsbezogenheit wenigstens eines der zugeordneten Elemente bekannt ist.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

29

gesuchten Solldaten vor. Sie sind eine Beschreibung einer Folge von Zuständen des Produktionssystems bzw. einer Folge von Schritten des Leistungserstellungsprozesses (als jeweils zwei aufeinanderfolgende Zustände). Da das Modell ein operables sein soll, muss auch ein solches Ergebnis beschreibbar sein. Bis hierher lässt sich zusammenfassen, dass sich Ausgangsdaten, gesuchte Daten und das Ergebnis einer PPS-Aufgabe in Form von Aussagen über Zuordnungen von Faktoren des Produktionssystems bzw. über Schritte des Leistungserstellungsprozesses abbilden lassen müssen. Aufgrund der vorausschauenden Arbeitsweise der Produktionsplanung und -steuerung müssen insbesondere mehrere Zustände des Produktionssystems nebeneinander im Modell darstellbar sein. Da im allgemeinen Formalziele zu berücksichtigen sind, müssen diese als Bewertungen von getroffenen Zuordnungen abbildbar sein . Das Ziel, operable Modelle zu erhalten, führt zu drei weiteren Abbildungseigenschaften des Modells: – Abbildbarkeit der Fähigkeiten (des Leistungsvermögens) des Produktionssystems als Menge möglicher Schritte des Leistungserstellungsprozesses, – Abbildbarkeit nicht zugeordneter Faktoren des Produktionssystems und – Abbildbarkeit des Typs von Aussagen. Soll das Modell einer PPS-Aufgabe als Grundlage für die Aufgabendurchführung dienen, wie das ja gefordert wurde, dann muss das Produktionssystem mit seinen Fähigkeiten abbildbar sein, damit überhaupt die Menge der möglichen Schritte des Leistungserstellungsprozesses, in der die gesuchten enthalten sein müssen und aus der sie ausgewählt werden können, in der PPS-Aufgabe bekannt ist. Um dies zu erreichen, ist es zunächst notwendig, die Produktionsfaktoren zu beschreiben, die in dem Produktionssystem vorkommen können. Sie müssen dabei qualitativ und quantitativ so weit detailliert beschreibbar sein, wie es die PPS-Aufgabe erfordert. Sind bspw. Aussagen über die Zuordnungen von Maschinengruppen gefragt, so reicht es aus, die Betriebsmittel gemeinsam als Maschinengruppe zu beschreiben, und es ist nicht erforderlich, jedes Betriebsmittel für sich zu modellieren. Als zu beschreibende Elemente des Produktionssystems kommen beispielhaft in Frage: Material, Betriebsmittel, Werkzeuge, Anlagen, Personal, NC-Programme, Hilfsstoffe, Transportmittel und -hilfsmittel, Gebäude, usw. Was für eine konkrete PPS-Aufgabe tatsächlich abgebildet wird und wie, hängt von der Fragestellung - den gesuchten Daten - ab. Aufbauend auf der Beschreibung der Elemente des Produktionssystems können dann die möglichen Zuordnungen der Produktionsfaktoren als mögliche Schritte des Leistungserstellungsprozesses beschrieben werden. Die in einem Produktionssystem potenziell vorhandenen Produktionsfaktoren können im allgemeinen unterschiedlich miteinander kombiniert werden, sonst bestünde keine Entscheidungsnotwendigkeit.40 Von der Art und dem mengenmäßigen sowie zeitlichen Verhältnis der kombinierten Faktoren hängen Art und Menge der aus der Kombination resultierenden Produkte ab. Zusammenhänge dieser Art stellen eine mögliche Zuordnung und damit einen möglichen Schritt des Leistungserstellungsprozesses 40

Vgl. [KISTE90], S. 2ff.

30

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

dar und müssen in dieser Weise abbildbar sein. Insbesondere soll diese Abbildung nicht nur statisch sein, sondern erforderlichenfalls auch dynamisch, wenn nämlich Lerneffekte41 , die Alterung von Produkten42 und die (teilweise daraus folgende) Zeitabhängigkeit der Zuordnungsmöglichkeiten abgebildet werden sollen. Die Zeitabhängigkeit der Zuordnungsmöglichkeiten deutet bereits darauf hin, dass es weiterhin möglich sein muss, explizit Restriktionen auf der Menge der möglichen Produktionsfaktoren und der möglichen Schritte des Leistungserstellungsprozesses zu definieren. Die Möglichkeit der expliziten Definition von Restriktionen erlaubt es dann, die Menge der technisch möglichen Schritte des Leistungserstellungsprozesses für eine bestimmte PPS-Aufgabe auf solche einzuschränken, die auch aus technologischen oder ökonomischen Gründen möglich bzw. bevorzugt sind. Beispiele für solche Restriktionen sind Lagerbilanzen, optimale Produktreihenfolgen, Sicherheitsbestimmungen, Berücksichtigung von Kuppel- und Abfallprodukten, minimale und maximale Fassungsvermögen von Behältern und Lagern, usw.43 Die Abbildbarkeit der möglichen Zuordnungen über die möglicherweise vorhandenen Produktionsfaktoren des Produktionssystems und deren mögliche Kombinationen zu Schritten des Leistungserstellungsprozesses bildet die wesentliche Basis für die Durchführbarkeit von PPS-Aufgaben, weil damit der Lösungsraum vorgegeben wird. Sollen nun bei der Durchführung einer PPS-Aufgabe zukünftige tatsächliche44 Teilschritte festgelegt werden, dann ist es notwendig, die für diese Zuordnungen konkret in Frage kommenden Faktoren des Produktionssystems zu kennen. Diese für einen konkreten Zeitpunkt in Frage kommenden Faktoren des Produktionssystems sind aber nur die Faktoren, die im Moment nicht zugeordnet und daher nicht in einen Schritt des Leistungserstellungsprozesses eingebunden sind. Daher muss ergänzend zu den anfangs geforderten Abbildungseigenschaften vorausgesetzt werden, dass ebenso wie die Zuordnungen von Faktoren des Produktionssystems - also die Schritte des Leistungserstellungsprozesses - die nichtzugeordneten, aber konkret vorhandenen Faktoren des Produktionssystems für jeden Zeitpunkt bekannt und damit abbildbar sein müssen. Schließlich führt die Forderung der Durchführbarkeit von PPS-Aufgaben auf dem Modell dazu, die Abbildbarkeit verschiedener Typen von Aussagen über Schritte des Leistungserstellungsprozesses und über nichtzugeordnete Produktionsfaktoren zu fordern. Nur wenige PPS-Verfahren (im Vergleich zur Menge aller denkbaren und möglichen PPS-Verfahren) bestimmen die gesuchten Aussagen in einem Schritt. Sehr oft, bspw. bei iterativen und verhandlungsbasierten Verfahren oder bei rollierender Planung, wird eine einmal getroffene Aussage über eine Fest41

Siehe hierzu bspw. [KERA79], Sp. 1115ff.

42

Die Berücksichtigung solcher Zeitabhängigkeiten ist insbesondere ein Erfordernis aus der chemischen, aber auch aus der Fertigungs-Industrie, vgl. [SML92].

43

Für spezielle Restriktionen aus der Prozessindustrie vgl. [SML92] und [KECK94].

44

Im Gegensatz zu: mögliche, potenzielle Zuordnungen bzw. Teilschritte des Leistungserstellungsprozesses

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

31

legung mehrmals revidiert. Um die Aussagen bei einem solchen Verfahren unterscheiden zu können, müssen so etwas wie Verbindlichkeitsgrade für Aussagen abgebildet werden können. Bereits festgestellt wurde: Da die Produktionsplanung zukünftige Abläufe im Produktionssystem vorausschauend festlegen soll, ist es notwendig, die Leistungserstellungsprozesse in der Zeit zu betrachten. Die Zeitdimension ermöglicht aber nicht nur das vorausschauende Festlegen der Zuordnungen, sondern überhaupt erst die Berücksichtigung von Veränderungen im Produktionssystem, die für die Produktionsplanung und -steuerung relevant sind, wie bspw. Lerneffekte, das Auslaufen von Produkten, das An- und Abfahren von Anlagen, das Ersetzen veralteter Betriebsmittel, neue Technologien usw. Die Zeitdimension ist genauso wie die inhaltliche Dimension der PPS-Aufgabe das Produktionssystem - von Abstraktion betroffen. Nicht alle realen Zeitpunkte sind relevant. Welche Zeitpunkte für eine PPS-Aufgabe relevant sind, kann innerhalb des Produktionssystems und innerhalb des Herstellungsprozesses eines Produktes unterschiedlich sein. Dieser Tatsache muss das Modell Rechnung tragen. Außerdem muss es möglich sein, reale Zeitpunkte oder Zeitintervalle zu Zeitabschnitten oder Modellzeitpunkten zusammenzufassen. Damit können die Abbildungseigenschaften, wie in Bild 2-4 dargestellt, zusammengefasst werden. Grad der Verbindlichkeit Faktoren des Schritte des LeistungsFaktoren des des Schritte des LeistungsProduktionssystems erstellungsprozesses Faktoren Schritte des LeistungsProduktionssystems erstellungsprozesses Faktoren des Schritte des LeistungsFaktoren des des Schritte des LeistungsProduktionssystems erstellungsprozesses Faktoren Schritte des LeistungsFaktoren des Schritte des LeistungsProduktionssystems erstellungsprozesses Produktionssystems erstellungsprozesses Faktoren des des Schritte deserstellungsprozesses LeistungsFaktoren Schritte des LeistungsProduktionssystems potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche Faktoren deserstellungsprozesses Schritte des LeistungsProduktionssystems erstellungsprozesses Faktoren des Schritte des LeistungsProduktionssystems Produktionssystems erstellungsprozesses Faktoren des des Schritte deserstellungsprozesses Leistungspotenzielle/mögliche potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche Faktoren Schritte des LeistungsProduktionssystems tatsächliche tatsächliche Faktoren des Schritte des LeistungsProduktionssystems erstellungsprozesses Faktoren des des Schritte deserstellungsprozesses LeistungsProduktionssystems erstellungsprozesses potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche Produktionssystems Faktoren Schritte des Leistungstatsächliche tatsächliche potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche Faktoren des Schritte des LeistungsProduktionssystems erstellungsprozesses tatsächliche tatsächliche geplante geplante Produktionssystems erstellungsprozesses potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche Faktoren des Schritte destatsächliche LeistungsProduktionssystems erstellungsprozesses tatsächliche potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche Produktionssystems erstellungsprozesses tatsächliche tatsächliche Faktoren des des Leistungsgeplante geplante geplante Schritte geplante potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche tatsächliche tatsächliche gewünschte gewünschte potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche Produktionssystems erstellungsprozesses tatsächliche tatsächliche Schritte destatsächliche Leistungspotenzielle/mögliche potenzielle/mögliche Produktionssystems erstellungsprozesses Faktoren des tatsächliche geplante geplante geplante geplante potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche tatsächliche tatsächliche gewünschte gewünschte geplante geplante gewünschte gewünschte potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche tatsächliche tatsächliche aktuelle aktuelle erstellungsprozesses potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche tatsächliche tatsächliche Produktionssystems geplante geplante geplante geplante potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche tatsächliche tatsächliche gewünschte gewünschte geplante geplante gewünschte gewünschte potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche tatsächliche tatsächliche aktuelle aktuelle geplante geplante gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle tatsächliche tatsächliche geplante geplante potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche tatsächliche tatsächliche gewünschte gewünschte geplante geplante gewünschte gewünschte potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche tatsächliche tatsächliche geplante geplante gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle aktuelle aktuelle tatsächliche tatsächliche geplante geplante gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle geplante geplante gewünschte gewünschte potenzielle/mögliche potenzielle/mögliche tatsächliche tatsächliche aktuelle aktuelle geplante geplante gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle tatsächliche tatsächliche geplante geplante gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle geplante geplante gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle tatsächliche tatsächliche geplante geplante gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle aktuelle gewünschte aktuelle geplante geplante gewünschte aktuelle aktuelle gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle aktuelle aktuelle gewünschte gewünschte aktuelle aktuelle aktuelle aktuelle aktuelle aktuelle

Zeit

beliebiger Detaillierungsgrad und Umfang

Bild 2-4 Abbildungseigenschaften des Modells für PPS-Aufgaben

Die Aussagen des Modells sollen nicht stochastischer Natur sein, da sich Aussagen wie „Mit 50%iger Wahrscheinlichkeit wird um 8.00 Uhr das Getriebegehäuse 4711

32

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

fertig sein“ als Lenkungs- oder Steuervorgabe nicht eignen. Stochastische Ansätze zur PPS dienen zwar oftmals als Erklärungsmodelle sowohl für Eigenschaften von Produktionssystemen als auch für Eigenschaften von PPS-Verfahren, sind aber keine brauchbare Basis zur Ableitung von Planungs- und Steuerungsvorgaben. – Formalanforderungen Wenn ein übersichtliches, leicht handhabbares Modellierungsinstrumentarium entstehen soll, muss die Menge der gesuchten Konstrukte zur Modellierung von PPSAufgaben möglichst klein sein. Darüberhinaus müssen sie so abstrakt sein, dass sie den gestellten Anforderungen genügen, andererseits aber so konkret, dass sie mit rechtfertigbarem Aufwand erlernt und benutzt werden können. Konstrukte zur Problemlösung beschreibt Dörner [DÖRN79], S. 21 ff. mit den Eigenschaften Wirkungsbreite, Reversibilität, Größe des Anwendungsbereiches, Wirkungssicherheit und Kosten materieller und zeitlicher Art. Je nach Ausprägung dieser Eigenschaften ist das Problemlösen bzw. Modellieren mit diesen Konstrukten einfach oder schwierig. Um die Anwendung der gesuchten Konstrukte zu erleichtern, wird daher dementsprechend folgendes gefordert: Die Konstrukte haben eine geringe Wirkungsbreite und einen großen Anwendungsbereich. Die geringe Wirkungsbreite ermöglicht es, die Konstrukte gezielt nach ihrem Abbildungsinhalt einsetzen zu können, ohne eventuell auftretende Nebenwirkungen berücksichtigen zu müssen. Die Forderung nach dem großen Anwendungsbereich beinhaltet, dass an die Anwendbarkeit des Konstrukts keine oder wenige Bedingungen geknüpft sind, so dass es allein nach seinem Abbildungsinhalt ausgewählt werden kann. Die geforderten Konstrukte dürfen keinen speziellen Aufgabenträger intendieren, also weder den Menschen noch Computer noch irgendwelche physikalischen oder sonstigen Prozesse. Dies ist dem Wunsch geschuldet, dass PPS-Aufgaben und -Verfahren in ihrem gedanklich existierenden Wesen, das ihre Problem- bzw. Problemlöseeigenschaften ausmacht, erkannt und diskutiert werden können. Das Modell ist formal zu definieren, um die Bedeutung der Konstrukte und die Regeln für ihren Zusammenbau eindeutig und unmissverständlich festzulegen. Außerdem sollen im Ergebnis der Modellierung - bei der Erstellung konkreter Modelle - formale operable Modelle entstehen. Schließlich soll das Modell die Kopplung von PPS-Aufgaben unterstützen, da die Dekomposition einer PPS-Aufgabe eine wichtige Methode bei der Verfahrensentwicklung ist und durch das Sukzessivplanungskonzept herausragende praktische Bedeutung erlangt hat.

2.2.2

Ableitung der Modellkonzepte

Ausgangspunkt für die Herleitung der Modellkonzepte zur Repräsentation von PPSAufgaben sind das Aufgabenmodell von Ferstl und Sinz [FESI93] und die oben angegebenen Definitionen.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

33

• Das Aufgabenobjekt - das Modell der Produktion Gegenstand der PPS-Aufgabe ist die Produktion. Für diesen Leistungserstellungsprozess soll ein definierter Ablauf, also eine bestimmte Folge von Zuständen bzw. Schritten des Leistungserstellungsprozesses, bestimmt werden. Damit wird der Ablauf des Leistungserstellungsprozesses gedanklich vorweggenommen. Dazu ist es notwendig, den Leistungserstellungsprozess in der Zeit zu betrachten45. Daraus ergeben sich die zwei Dimensionen des Modells: Der Leistungserstellungsprozess bzw. die Richtung des Arbeitsfortschritts und die Zeitachse. In dem von diesen beiden Dimensionen aufgespannten Raum sollen (zukünftige) Leistungserstellungsprozesse aus der Sicht der Produktionsplanung und -steuerung beschrieben werden. Zunächst wird auf diese beiden Dimensionen eingegangen, danach auf Ereignisse und Zustände in diesem Raum. – Modellierung des Produktionsablaufs Unter Produktion wird die zielgerichtete Aktion der über- und innerbetrieblichen Leistungserstellung verstanden, wobei der Begriff Leistung sowohl (Sach-)Güter als auch Dienstleistungen umfasst (s. Abschnitt 1.1 und 2.1). Eine konkrete Leistungserstellung ist mit dem Einsatz von Gütern und Dienstleistungen als auch mit der Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen verbunden. Für das Modell einer PPS-Aufgabe werden dafür folgende Begriffe definiert: Eine konkrete (nach Raum, Zeit und Art festliegende) Leistungserstellung wird als Vorgang (Faktortransformation)46, das Eingesetzte/Erzeugte als Faktor bezeichnet.47 Diese Begriffswahl folgt dem in der Produktionswirtschaft üblichen Gebrauch des Begriffs Faktor [BEUE96], Sp. 1494-1505. Der Faktorbegriff ist so allgemein, dass damit sowohl Güter als auch Dienstleistungen als auch - nach Bedarf - Information und Umwelt [BEUE96], Sp. 1503, erfasst werden. In der Produktionstheorie werden die Faktoren unterschieden in Produkte (erzeugte Faktoren) und in Produktionsfaktoren (eingesetzte Faktoren) 45

Zur Beschreibung der Produktion in Form eines dynamischen Modells siehe bspw. [KÜPP80, KILU88, LUCE76, TROS86, FAND90] und insbesondere [SHFÄ75]. In [SHFÄ75] wird die Zeit als stetige Größe behandelt (siehe Produktionstheorie, dynamische [FAND96], Sp. 1557ff.). Dabei charakterisiert der Arbeitsfortschritt die produktionsinternen Ereignisse, die mit den externen Ereignissen in der Umwelt über ein Zeitmodell („Kalender“) synchronisiert werden (siehe auch Abschnitt 3.1).

46

Wobei „Transformation“ die Ausrichtung der Veränderung auf ein Ziel besonders deutlich macht, während „Vorgang“ allgemein das Geschehen und damit auch anspricht, dass nicht alle Faktoren - insbesondere Gebrauchsfaktoren - transformiert werden müssen.

47

Als weitere Begriffspaare kommen in Betracht: a) Schritte der Produktion - Elemente des Produktionssystems, b) Zuführen von Arbeit - gespeicherte Arbeit, c) Wertschöpfung - Wert, d) Leistungserstellung - (Leistungs-)Potenzial. Das Begriffspaar a) weist eine gewisse Nähe zu einer faktororientierten Sichtweise von Produktionssystemen auf, die sich wohl für diskrete Produktionsprozesse, nicht jedoch für kontinuierliche eignet. Die Begriffspaare b)-c) weisen in dieser Hinsicht einen guten Allgemeinheitsgrad auf. Sie haben den Nachteil, dass sie z.T. eine Bewertung der Faktoren bzw. Faktortransformationen intendieren, die in der Produktionsplanung und -steuerung nicht im Vordergrund steht, und dass sie in der Produktionswirtschaft weniger gebräuchlich sind.

34

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

[GAWE97]. Die Produktionsfaktoren wiederum können weiter eingeteilt werden in primäre und sekundäre Produktionsfaktoren. „Primäre Produktionsfaktoren finden von außen in das Produktionssystem Eingang, wohingegen sekundäre sog. Zwischenprodukte darstellen, die innerhalb eines Betriebes erstellt und wiedereingesetzt werden.“ [BEUE96], Sp. 1497. Nach einem anderen Kriterium werden die Produktionsfaktoren in Verbrauchs- bzw. Repetierfaktoren einerseits und Nutzungs-, Bestands- bzw. Gebrauchsfaktoren andererseits eingeteilt [BEUE96], Sp. 1497. Für die erste Gruppe wird im Folgenden der Begriff Verbrauchsfaktoren und für die zweite Gruppe der Begriff Gebrauchsfaktoren verwendet. Zu den Verbrauchsfaktoren gehören bspw. Rohstoffe, Werkstoffe, Baugruppen, Energie, Luft, Wasser. Sie gehen direkt in die Produkte ein. Zu den Gebrauchsfaktoren gehören menschliche Arbeitskraft48 , Betriebsmittel49 , Werkzeuge, Gebäude, Boden; sie geben an das Produkt „nur Teile ihres Nutzungspotenzials ab“ [BEUE96], Sp. 1497. Da Gegenstand der PPS-Aufgabe die Produktion im engeren Sinne ist, sind dispositive Produktionsfaktoren hier nicht im Begriff des Faktors enthalten, sondern nur die sogenannten Elementarfaktoren, und damit auch die objektbezogene menschliche Arbeit (siehe Abschnitt 1.1). In Abschnitt 2.2.1 wurde die Forderung begründet, dass im Modell die Menge aller im betrachteten Produktionssystem möglichen Leistungserstellungsprozesse abbildbar sein muss. Es müssen daher sowohl die möglichen Faktoren als auch die möglichen Faktortransformationen sowie deren mögliche Verknüpfungen darstellbar sein. Betrachtet man nun einen konkreten Leistungserstellungsprozess, so lässt sich feststellen, dass er aus mehreren hintereinander und/oder nebenläufig durchgeführten Faktortransformationen besteht. Die Festlegung dessen, was als ein Vorgang betrachtet wird, hängt vom Modellierungsziel ab. Aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht werden diese Schritte des Leistungserstellungsprozesses häufig als Arbeitsvorgänge bezeichnet [KERA79], aus organisatorischer Sicht und auf einer höheren Detaillierungsstufe als Produktionsstufen. Aus Modellsicht wird in beiden Fällen von Vorgängen gesprochen, wenn es sich um konkrete Transformationen handelt. 48

„I. S. der Produktionstheorie ist der Mensch ein Potenzialfaktor mit der angeborenen und erworbenen Fähigkeit, körperliche und geistige Arbeit zu leisten. Die Trennung der Arbeit in geistige und körperliche Anteile hat lange Tradition, wobei i. d. R. davon auszugehen ist, dass jede Tätigkeit sowohl geistige als auch körperliche Bestandteile enthält und nur jeweils die Gewichtung unterschiedlich ist. Die Trennung im System von Gutenberg in sog. faktorbezogene und dispositive menschliche Arbeitsleistungen hat häufig zu der o. g. Fehlinterpretation geführt, dass Faktorbezogene Arbeit („geistlose“) körperliche Arbeit in der Produktion und dispositive Arbeit „geistvolle“ Tätigkeit in der Verwaltung seien“ [BEUE96].

49

„Betriebsmittel ist der Sammelbegriff für eine Reihe sehr heterogener Güter. So unterliegen etwa Grundstücke weder einem Wertverzehr noch einem Wertverlust, sondern haben im Gegenteil eher einen Wertzuwachs. Gebäude weisen i. d. R. keinen Verzehr, sondern einen Wertverlust auf. Aggregate, Einrichtungen, Maschinen und Werkzeuge unterliegen einem Wertverzehr, der im Wege des Umsatzprozesses zu tragen ist. Betriebsmittel i. e. S. sind in der Konzeption von Gutenberg durch die sog. z-Konstante und die Möglichkeiten zur Wahl unterschiedlicher Leistungsgrade bestimmt“ [BEUE96].

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

35

Die überwiegende Mehrheit von Abläufen in Leistungserstellungsprozessen ist durch einen gewissen Wiederholungsgrad gekennzeichnet: Es werden wiederholt die gleichen Leistungen durch wiederholte (nebenläufige) Durchführung einer Folge von Faktortransformationen erstellt. Die Wiederholungen des Leistungserstellungsprozesses sind dabei untereinander nicht identisch: Die Leistungen werden nicht immer in derselben Qualität und unter Benutzung derselben (wohl aber möglicherweise der gleichen!) Faktoren erstellt. Trotzdem gibt es aus Sicht der PPS innerhalb einer Produktion Invarianten bezüglich der Faktortransformationen und bezüglich der verbrauchten und erzeugten Faktoren. Diese Invarianten werden für die Produktion von der Produktionsplanung vorgegeben. Ebenso werden von der Produktionsplanung in gewissem Rahmen die möglichen Verknüpfungen der Faktortransformationen vorgegeben, da auch die Faktoren, die bei einer Transformation entstehen und - bei mehrstufigen Leistungserstellungsprozessen in einen anderen Vorgang eingehen - angegeben werden. Die Vorgaben der Produktionsplanung gelten für einen gewissen Zeitraum, innerhalb dessen es die Aufgabe der PPS ist, die konkreten Vorgänge und deren zeitliche Anordnung sowie die Verbräuche/die Erzeugung an Faktoren zu bestimmen. Daher werden folgende Begriffe für das Modell eingeführt: Eine Menge von Faktoren, die unter dem Gesichtspunkt einer PPS-Aufgabe etwas Gemeinsames besitzen, wird als Faktorklasse50 bezeichnet. Analog wird eine Menge von Vorgängen als Vorgangsklasse bezeichnet, wenn deren Elemente unter dem Gesichtspunkt einer PPS-Aufgabe etwas Gemeinsames besitzen. Um für eine PPS-Aufgabe einen möglichen Leistungserstellungsprozess zu repräsentieren, ist es erforderlich, Faktor- und Vorgangsklassen und ihre Verknüpfung in einem gewissen Detaillierungsgrad darzustellen. Der invariante Kern eines Leistungserstellungsprozesses soll in Form einer Ablaufstruktur durch das abstrakte Gebilde Graph des Produktionsablaufs abgebildet werden. Die Knotenmenge des Graphen des Produktionsablaufs besteht aus zwei Sorten von Knoten - den Faktorknoten und den Vorgangsknoten. Die Kanten verbinden immer zwei Knoten verschiedener Sorten, so dass ein bipartiter Graph entsteht (siehe Abschnitt 1.3). Der invariante Kern eines Leistungserstellungsprozesses wird damit als eine alternierende Folge von Faktorknoten und Vorgangsknoten dargestellt. Im Folgenden sollen zunächst die beiden Knotenarten beschrieben werden, anschließend wird dann noch einmal auf den Graphen als Gesamtheit eingegangen. Ein Faktorknoten wird im Graphen des Produktionsablaufs durch ein Dreieck symbolisiert. Der Abbildungsinhalt eines Faktorknoten ist wie folgt definiert: Ein Faktorknoten repräsentiert eine Faktorklasse, deren zugeordnete Faktoren an dem zu modellierenden Leistungserstellungsprozess potenziell beteiligt sein können und deren Gemeinsamkeit darüber hinaus darin besteht, dass sie sich für eine bestimmte Menge von PPS-Vorgängen eignen und damit in einer PPS-Aufgabe gemeinsam über sie Aussagen getroffen werden. Ein Faktorknoten repräsentiert also eine möglicherweise im Produktionssystem vorhandene Faktorklasse. Eine solche Faktor50

Im mathematischen Sinne kann hier auch von „Faktorgruppe“ bzw. „Vorgangsgruppe“ gesprochen werden.

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2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

klasse erweist sich unter dem Blickwinkel der zu modellierenden PPS-Aufgabe auch als Faktor-Invariante des Leistungserstellungsprozesses: Die von einem Faktorknoten repräsentierte Faktorklasse besitzt gerade die Eigenschaft, sich für eine Menge von Vorgängen zu eignen, und gerade diese Eigenschaft macht die Invarianz der Faktorknoten in einem Leistungserstellungsprozess aus. Wie groß die durch den Faktorknoten repräsentierte Faktorklasse ist, was als invariant betrachtet wird, hängt von der Fragestellung - der Entscheidungsnotwendigkeit - und vom Detaillierungsgrad der PPS-Aufgabe ab. Um im Modell abzubilden, welche Faktorklasse ein Faktorknoten repräsentiert, muss ihm eine Beschreibung der Faktorklasse zugeordnet werden. Darüber hinaus muss ihm eine Vorschrift - ein Beschreibungsschema - zugeordnet werden, die angibt, wie diese Beschreibung für die Faktorklasse sowie später die Beschreibung für konkrete Faktoren erstellt werden soll: Das Beschreibungsschema ist eine Vorschrift zum Beschreiben von Faktoren und gewährleistet, dass Faktorklasse und Faktor eine entscheidungsrelevante und vergleichbare Beschreibung erhalten. Die Beschreibung der Faktorklasse ist selbst wieder eine Vorschrift, die an einen bestimmten Adressaten gerichtet ist und diesem ermöglicht, die Faktoren, die sich in dem betrachteten Produktionssystem befinden können, gedanklich in zwei disjunkte Teilmengen zu zerlegen. Diese Definition drückt zunächst aus, dass sich eine Beschreibung immer an jemanden richtet, der diese Beschreibung versteht. Unter PPS-Experten eines Unternehmens wird eine natürlich-sprachliche Beschreibung keine großen Probleme bereiten. Sollen die Modelle jedoch zwischen Organisationen oder technischen Systemen ausgetauscht werden, so ist eine zwischen den Partnern vereinbarte Notation oder Sprechweise bzw. sogar eine formale Beschreibung zu benutzen. Der Gegenstand der Beschreibung sind die Faktoren in einem Produktionssystem. Die Menge dieser Faktoren wird gemäß dem Abbildungsinhalt eines Faktorknoten mit Hilfe der Beschreibung gedanklich strukturiert, und diese Struktur wird über die Faktorknoten in ein Modell übersetzt. Die Zerlegung der Faktoren in disjunkte Teilmengen bedeutet nichts anderes, als dass der Adressat einer Beschreibung in der Lage ist, für konkret vorhandene Betriebsmittel, Teile usw. festzustellen, dass sie dieser Beschreibung genügen bzw. nicht genügen . Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Faktorklasse zu beschreiben. Dies soll zunächst durch einige Beispiele illustriert werden: – Drehmaschinen eines bestimmten Herstellers – Drehteile mit dem Durchmesser 5 cm – Los von 10 Drehteilen mit dem Durchmesser 5 cm – 1000 l Rohöl – spanende Werkzeuge – Drehmaschine eines bestimmten Herstellers im Rüstzustand gerüstet – Drehmaschine eines bestimmten Herstellers im Rüstzustand ungerüstet – Drehteile mit dem Durchmesser 5 cm in Bereitstellung Fräsmaschine – Rohöl mit einer Temperatur zwischen 0 und 100 °C im Reaktor – Rohöl mit einer Temperatur zwischen 0 und 100 °C im Tanklager – spanende Werkzeuge im Hochregallager

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

37

– Maschinenstunden einer Gruppe von Drehmaschinen – Arbeitsstunden eines Anlagenfahrers Diese Beispiele zeigen dreierlei: 1. Die beschriebene Gemeinsamkeit, also das, was als Faktorklasse benannt wird, hängt von der Entscheidungsnotwendigkeit ab (siehe Abschnitt 1.3). 2. Die Beschreibung muss entscheidungsrelevant sein. 3. Die Beschreibung kann in mehrere Komponenten unterteilt werden. Entscheidungsnotwendigkeit entsteht dort, wo ein Leistungserstellungsprozess nicht zwangsläufig geschieht, wo also Prozessfreiheiten vorhanden sind: Zum einen gibt es Wahlmöglichkeiten, bspw. bei dem Herstellungsverfahren für einen bestimmten Faktor (spezielle Prozessfreiheiten), zum anderen muss der Leistungserstellungsprozess zeitlich und mengenmäßig (Wann wird was hergestellt?) festgelegt werden (generelle Prozessfreiheiten). Die Gemeinsamkeit, die eine Faktorklasse kennzeichnet, besteht also darin, dass über eine gewisse Menge von Faktoren gemeinsam Entscheidungen getroffen werden, da zwischen ihnen eine Wahl möglich und notwendig ist. Die sich daraus ergebenden Fragen, die eine PPS-Aufgabe ausmachen, können in verschiedenen Detaillierungsgraden gestellt und beantwortet werden. Besteht bspw. bezüglich der Drehmaschinen einer Werkstattfertigung Entscheidungsnotwendigkeit, dann werden bei einer groben Vorgangterminierung (siehe Abschnitt 4.2.2) die Drehmaschinen nicht als Individuen unterschieden, sondern zu einer Maschinengruppe zusammengefasst und diese als Faktorklasse abgebildet. Bei einer feinen Vorgangterminierung wird dagegen jede Drehmaschine einzeln als Faktorklasse abgebildet (siehe Abschnitt 4.2.2). Die Forderung nach einer entscheidungsrelevanten Beschreibung der Faktoren und Faktorklassen bedeutet, dass das Leistungsvermögen der Faktoren in Bezug auf mögliche Vorgänge beschrieben werden muss. Dafür wird in der Produktionswirtschaft auch der Begriff Kapazität (siehe Abschnitt 3.2.1.3) verwendet. Die Kapazität kann unter Benutzung unterschiedlicher Dimensionen beschrieben werden: als Maschinenstunden eines Betriebsmittels, als gegenständliche Beschreibung („Drehmaschine“) oder als die Menge der Vorgänge, für die sich die beschriebenen Faktoren eignen. Bezüglich der Forderung nach Unterteilbarkeit müssen die beiden Begriffspaare Qualität-Quantität und Faktor-Zustand diskutiert werden. Bei der Definition der Kapazität wird zwischen qualitativer und quantitativer Kapazität (einer wirtschaftlichen oder technischen Einheit beliebiger Art, Struktur und Größe) differenziert [KERA79], Sp. 873. Die qualitative Kapazität entspricht der maximalen Ausprägung einer bestimmten Eigenschaft, bspw. der Abmessung eines Werkstücks oder der Temperatur. Die quantitative Kapazität kennzeichnet das Vermögen, eine bestimmte Menge technischer/ wirtschaftlicher Einheiten mit festliegenden Eigenschaften in einem bestimmten Zeitraum zu erbringen (siehe Abschnitt 3.2.1.3). Diese konsequente Unterteilung in Qualität und Quantität führt auf eine Beschreibung von Faktoren der Form „wieviel wovon“, also auf das Tripel (Anzahl, Einheit, Eigenschaft).

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2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Die qualitativen Eigenschaften von Faktoren können mit Hilfe des Begriffspaares Faktor-Zustand weiter strukturiert werden. Dieses Begriffspaar soll den Sachverhalt abbilden, dass bspw. Werkstücke über mehrere Bearbeitungsvorgänge hinweg ihre Identität behalten, sich aber jeweils danach in einem anderen Zustand befinden können (Teil 4711 nach Arbeitsvorgang 10, Arbeitsvorgang 20, usw.). Es hängt dabei wieder von der Sichtweise des Modellierers ab, was er als Faktoridentität und was als zustandscharakterisierende Eigenschaft ansieht. Die beiden Beschreibungsweisen haben je nach Anwendungsgebiet Vor- und Nachteile, die sich aber erst ermessen lassen, wenn der weitere Gebrauch der Beschreibungen der Faktorklasse im Modell bekannt ist (siehe Abschnitt 3.2). Auf Basis der Faktorklassenbeschreibungen sollen später konkret vorhandene Faktoren beschrieben werden. Um nun entscheidungsrelevante Beschreibungen zu erhalten, also Beschreibungen, auf deren Basis die Eignung konkret vorhandener Faktoren für gewisse Vorgänge festgestellt werden kann, wird das Beschreibungsschema vorgegeben. Das Beschreibungsschema wirkt wie eine Brille für denjenigen, der konkret vorhandene Faktoren beschreibt, um sie im Modell abzubilden. Es bewirkt, dass nur entscheidungsrelevante Eigenschaften der Faktoren in der Beschreibung der Faktoren und Faktorklassen vorkommen, und gewährleistet damit, dass die Faktorklasse, die ein Faktorknoten repräsentiert, und die später an dem Knoten zu repräsentierenden Faktoren vergleichbare Beschreibungen erhalten. Bei dem ersten Beispiel für mögliche Faktorklassenbeschreibungen könnte als Beschreibungsschema „Maschinentyp und Herstellername“, bei dem zweiten Beispiel „Teileart und Durchmesser“ zugrundegelegen haben. Ein Vorgangsknoten wird im Graphen des Produktionsablauf durch ein Rechteck symbolisiert. Der Abbildungsinhalt eines Vorgangsknotens ist in derselben Denkweise wie der eines Faktorknotens definiert: Ein Vorgangsknoten repräsentiert eine Klasse von Vorgängen, deren Elemente (unter einem gewissen Detaillierungsgrad) Schritte des zu modellierenden Leistungserstellungsprozesses sein können und deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie teilweise die gleichen Faktoren verbrauchen und/ oder erzeugen und damit in einer PPS-Aufgabe über sie gemeinsam Aussagen getroffen werden sollen. Ein Vorgangsknoten repräsentiert demnach Schritte des Leistungserstellungsprozesses, die möglich sind und in der PPS-Aufgabe betrachtet werden sollen. Die Detaillierung hängt auch hier wiederum vom Modellierungsziel ab. Der Vorgangsknoten ist das Konstrukt, mit dem der Leistungserstellungsprozess erfasst wird. Die Wertschöpfung ließe sich auch an den Faktoren - an den erzeugten (Zwischen-)Produkten sowie an den abgenutzten Betriebsmitteln und der verbrauchten Arbeitskraft der Arbeitenden - festmachen, so dass die Darstellung des Leistungserstellungsprozesses mittels Faktorknoten zu einer Darstellung des Leistungserstellungs-Prozesses mittels Vorgangsknoten dual erscheinen könnte. Diese Dualität besteht aber nur, wenn das Ergebnis bereits feststeht. Soll ein Ergebnis jedoch erst bestimmt werden, so ist es im allgemeinen notwendig, sowohl die Faktoren im Modell darzustellen, die noch in Vorgänge eingehen können, als auch die Vorgänge, die bereits festgelegt worden sind. Nur in Spezialfällen reicht eine Knotenart aus: In der Netzplantechnik bspw. werden Vorgangsknotennetze zur Termin-

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

39

planung verwendet (siehe Abschnitt 5.2.1.1.1). Sie bestehen nur aus Vorgangsknoten. Analog verhält es sich bei graphentheoretischen Ansätzen zur Mengenplanung, die nur Faktorknoten enthalten. Aber für diese Spezialisierungen in der Modellierung liegen dann auch spezielle Gründe vor, die bei den jeweiligen Verfahren noch erläutert werden. Dem Vorgangsknoten wird ein Beschreibungsschema und eine Beschreibung der Vorgangsklasse zugeordnet. Das Beschreibungsschema ist eine Vorschrift zum Beschreiben von Vorgängen und gewährleistet, dass Vorgangsklassen und Vorgänge eine entscheidungsrelevante und vergleichbare Beschreibung erhalten. Die Beschreibung der Vorgangsklasse ist selbst wieder eine Vorschrift, die an einen bestimmten Adressaten gerichtet ist und diesem ermöglicht, die Vorgänge, die in dem betrachteten Produktionssystem stattfinden können, gedanklich in zwei disjunkte Teilmengen zu zerlegen. Die Beschreibung einer Vorgangsklasse stellt das aus der Sicht einer PPS-Aufgabe Wesentliche bzw. Invariante einer Menge von Vorgängen dar. Im Folgenden sind mögliche Vorgangsklassen beispielhaft aufgeführt. – Drehbearbeitung – spanende Bearbeitung – Kommissionieren – Endmontage – Werkzeugwechsel – Umfüllen – Transportieren von Wareneingang nach Bereitstellung Drehmaschine – Montage von Getriebeart 0815 – Greifen eines Drehmeißels aus der Werkzeugbereitstellung durch den Handhabungsroboter Manutec r3 – Reaktor heizen – Reaktion zur Tensidegewinnung – eingehende Faktoren: 600 kg Ethyloxid und 1000 kg Fett; ausgehende Faktoren: 1600 kg Tenside; Dauer: 1 Stunde – eingehende Faktoren: 2 m Stahlrohr mit 5 cm Durchmesser; ausgehende Faktoren: zwei Stahlrohre mit 5 cm Durchmesser und 1 m Länge; Dauer: 30 Sekunden – eingehende Faktoren: 4 m2 Karosserieblech, Blechpresse, Herr Meier; ausgehende Faktoren: zwei Karosserieteile, Blechpresse, Herr Meier; Dauer: 15 min – eingehende Faktoren: Grundplatte, nach 1 sec: Säule, nach 10 sec: Gelenklager, nach 20 sec: Gelenk, nach 30 sec: Bolzen, nach 40 sec: Linearachse, nach 50 sec: Feder, Sicherungsring; ausgehende Faktoren: Modellroboter; Dauer: 60 sec Diese Beispiele zeigen, dass es zwei verschiedene Formen von Beschreibungen für Vorgangsklassen gibt: eine implizite und eine explizite Beschreibung der beteiligten Faktoren. Um deren Eignung in unterschiedlichen Modellierungssituationen ein-

40

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

schätzen zu können, muss man sich vor Augen halten, dass die Beschreibung einer Vorgangsklasse so aufgebaut sein muss, dass daraus explizite Beschreibungen für konkrete Vorgänge abgeleitet werden können. Dieser Sachverhalt wird in der folgenden Definition festgehalten: Die explizite Beschreibung einer Vorgangsklasse, die einem Vorgangsknoten zugeordnet wird, muss es erlauben, den über der Zeit veränderlichen Zusammenhang zwischen den über der Zeit eingehenden und über der Zeit austretenden Faktoren und den konkreten Transformationsparametern zu ermitteln, um konkrete Vorgänge - über die ein- und ausgehenden Faktoren und deren zeitliche Verteilung - explizit beschreiben zu können. Die Notwendigkeit für eine solche Forderung liegt darin begründet, dass die Menge der Vorgänge, die in einem Produktionssystem konkret stattfinden, davon abhängt, welche Faktoren sich darin befinden und welche Faktoren erzeugt werden sollen. Diese Abhängigkeit kann jedoch nur mit Hilfe der geforderten expliziten Beschreibung von Vorgängen bei der Durchführung einer PPS-Aufgabe berücksichtigt werden. Bei der impliziten Beschreibungsform (vgl. die ersten beiden Gruppen der genannten Beispiele) werden ein- und ausgehende Faktoren nicht angegeben. Bei dieser Form der Beschreibung kann auf vorhandene Einteilungen der Produktionstechnik zurückgegriffen werden, in denen die Produktionsverfahren definiert werden.51 Die Produktionsverfahren der Fertigungstechnik sind sogar durch eine Norm (DIN 8580) festgelegt, wohingegen in der Verfahrenstechnik nur anerkannte Systematiken für Verfahren der Stoffvorbereitung und -aufbereitung, die hauptsächlich durch physikalische und physikochemische Gesetzmäßigkeiten bestimmt sind, existieren, nicht aber für die durch rein chemische Gesetzmäßigkeiten bestimmte Stoffumwandlung.52 Diese Beschreibung ist implizit in dem Sinne, dass sie eine gewisse Menge53 von Faktoren voraussetzt, die an einem Vorgang beteiligt sein können, und dass sie eine Vorschrift zur Ermittlung der erzeugten Faktoren für konkret eingehende Faktoren und/oder umgekehrt zur Verfügung stellt. Beispielsweise erfüllt auch eine technische Aktionsbeschreibung einer komplizierten Anlage, aus der sich die darin realisierbaren Prozesse ableiten lassen, z. B. die Beschreibung eines Arbeitsvorgangs in einem Arbeitsplan oder ein NC-Programm, die Aufgabe einer Beschreibung für Vorgangsklassen. Eine solche Angabe kann sehr umfassend sein, wie bspw. „Drehbearbeitung“, aber auch näher bestimmt werden durch zusätzliche Einschränkungen der ein- und/oder der ausgehenden Faktoren (vgl. die zweite Gruppe der genannten Beispiele). In jedem Falle muss sich jedoch hinter einer Angabe wie „Drehbearbeitung“ eine solche Beschreibung von Faktorklassen verbergen, dass für

51

Zu den Begriffen Produktionstechnik, Produktionsverfahren, Fertigungstechnik und Verfahrenstechnik siehe [KERA79], Sp. 1609ff. Transportieren wird in der Produktionstechnik nicht als Produktionsverfahren bezeichnet, weil es nicht direkt der Produktion dient, sondern nur indirekt. Lagern, Fördern, Transportieren gehören zu den sogenannten Hilfstechniken (siehe [KERA79], Sp. 1607).

52

Zur Systematik der Verfahren der Stoffvorbereitung und -aufbereitung siehe [VAMU92], S. 30ff.

53

Diese Menge könnte man auch den Definitionsbereich eines Produktionsverfahrens nennen.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

41

konkrete, in einen Vorgang eingehende Faktoren die ausgehenden Faktoren und umgekehrt bestimmt werden können. Bei der expliziten Form wird die Vorgangsklasse nur über die ein- und ausgehenden Faktoren bestimmt. Der Zusammenhang, der das Wesen der Vorgangsklasse beschreibt, wird nicht mehr „funktional“ angegeben. Diese Beschreibungsform ist nur dann sinnvoll und effizient verwendbar, wenn die betrachteten Vorgänge immer in der gleichen Weise wiederholt werden. Ist dies nicht der Fall, bspw. bei der Prozesssteuerung, wo die Abhängigkeit der Vorgänge von Transformationsparametern wie Temperatur und Druck während einer chemischen Reaktion berücksichtigt werden muss und die Vorgänge bezüglich der Faktoren und bezüglich der Zeit skalierbar sein müssen, dann ist die implizite Beschreibungsform vorzuziehen. Inwieweit die zeitliche Ausdehnung von Vorgängen bei der Beschreibung einer Vorgangsklasse berücksichtigt wird, hängt vom Detaillierungsgrad bei der Modellierung ab, der von der PPS-Aufgabe bestimmt wird. Dass Vorgänge ein Phänomen mit zeitlicher Ausdehnung sind, wird meist nur als „Dauer“ wahrgenommen. Bei entsprechender Detaillierung der Abbildung ist aber die Verteilung der ein- und ausgehenden Faktoren über der Zeit zu berücksichtigen. Dann werden nicht nur die einund ausgehenden Faktoren (bzw. der Zusammenhang zwischen ihnen) angegeben, sondern es wird auch die zeitliche Anordnung der Faktoren bei deren Eintritt in bzw. Austritt aus einem Vorgang beschrieben. Der Grund dafür besteht darin, dass Vorgänge stets in der Zeit stattfinden, wobei in deren Verlauf Faktoren aus einem Faktorvorrat abgezogen und Faktoren in einen nachgeordneten Faktorvorrat abgegeben werden.54 Ein klassisches Beispiel für die bezüglich Zeit und Faktoren implizite Beschreibung einer Vorgangsklasse ist die Beschreibung einer chemischen Reaktion in der Prozessindustrie. Im Gegensatz dazu ist das klassische Beispiel für eine explizite Beschreibung bezüglich Zeit und Faktoren ein Montagevorgang in einem Maschinenbaubetrieb. Natürlich gibt es auch gemischte Vorgänge, bspw. bei einem Mischvorgang, wenn ein Faktor kontinuierlich dem Prozess zugeführt wird und ein anderer nur nach Bedarf, oder bspw. bei der Abfüllung von Fließ- oder Schüttgütern. Schließlich muss festgehalten werden, dass der Zusammenhang zwischen einund ausgehenden Faktoren und den Transformationsparametern nicht über der Zeit konstant sein muss. Es ist möglich, dass sich dieser Zusammenhang bspw. in Abhängigkeit von der Anzahl der Wiederholungen eines Vorganges (Lerneffekte55) oder mit der Tageszeit verändert. Dieser Sachverhalt kann unter Benutzung der Zeitdimension des Modells abgebildet werden (siehe Abschnitt 3.2.2.3). 54

Wird die zeitliche Anordnung nicht angegeben, dann nur, weil die Leistungserstellungsprozesse in Zeiteinheiten betrachtet werden, die viel größer sind, als die Dauer dieser Transformationen, und damit die zeitliche Anordnung den Modellierer einfach nicht interessiert. Die Dauer eines Vorgangs muss als zeitlicher Abstand zwischen dem Eintritt und dem Austritt zweier Referenzobjekte in diesem/aus diesem Vorgang gemessen werden. Die Vorgabe der Vorgangsdauer erfolgt ohne Berücksichtigung von Störungen, Blockierungen oder sonstigen Beeinflussungen durch andere Vorgänge.

55

„Lerngesetz der industriellen Produktion“ [KERA79], Sp. 1115ff.

42

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Nachdem die Konstrukte Faktor- und Vorgangsknoten definiert sind, kann nun die Verknüpfung dieser Konstrukte zum Graphen des Produktionsablaufs beschrieben werden. Der Abbildungsinhalt dieses zusammengesetzten Konstrukts und sein Aufbau sind wie folgt definiert: Der Graph des Produktionsablaufs repräsentiert eine Menge möglicher Leistungserstellungsprozesse, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass in der PPS-Aufgabe über sie (Auswahl-)-Aussagen getroffen werden sollen, und bildet sie als alternierende Aufeinanderfolge von Faktorknoten und Vorgangsknoten ab, wobei ein Knoten mehrere Vorgänger und/oder Nachfolger besitzen kann. Die Aufeinanderfolge wird graphisch durch einen Pfeil symbolisiert. Dieses Konstrukt wird Kante56 genannt und ihr Abbildungsinhalt wie folgt definiert: Eine Kante im Graphen des Produktionsablaufs bildet die Möglichkeit eines Faktorstroms57 zwischen einem Faktorknoten und einem Vorgangsknoten oder umgekehrt ab. Die Aufeinanderfolge der Knoten ist eine gerichtete Beziehung zwischen den Knoten, da die Produktion ein gerichteter Prozess ist. Die Richtung wird dem Leistungserstellungsprozess aus betriebswirtschaftlicher Sicht durch die Wertschöpfung vorgegeben, also durch die schrittweise Transformation von Rohstoffen über (Zwischen-)Produkte zu den gewünschten (End-)Erzeugnissen. Aus physikalischer Sicht wird die Richtung durch die Irreversibilität der realen Vorgänge vorgegeben. Diese Eigenschaft des Leistungserstellungsprozesses wird durch die Richtung der Kanten im Graphen des Produktionsablaufs und damit auch der Faktorströme zum Ausdruck gebracht. Jeder einzelne Vorgang ist wiederum ein gerichteter Prozess, der sich im allgemeinen nicht umkehren lässt. Kanten verlaufen nur zwischen jeweils zwei Knoten verschiedener Art. Die Aufeinanderfolge Faktorknoten → Vorgangsknoten, wie in Bild 2-5 (a) dargestellt, bedeutet, dass einer der durch den Faktorknoten repräsentierten Faktoren in einen der durch den Vorgangsknoten repräsentierten Vorgänge eingehen kann. Die umgekehrte Folge Vorgangsknoten → Faktorknoten (siehe Bild 2-5 (b)) stellt den Zusammenhang her zwischen einem durch den Knoten repräsentierten Vorgang und einem Faktor, der durch ihn erzeugt wird. Die in Bild 2-5 (c) dargestellte Folge bedeutet dann, dass ein Faktor, der in einem Vorgang entsteht, in einem nächsten Vorgang weiterverarbeitet wird. Damit lassen sich mehrstufige Leistungserstellungsprozesse abbilden. a

b

c

Bild 2-5 Symbolisierung möglicher Verknüpfungen von Faktor- und Vorgangsknoten 56

In der Graphentheorie (siehe [BRSE79], S. 157ff.) wird mit dem Begriff Kante die Verbindung zwischen zwei Knoten in beliebigen Graphen bezeichnet. Gerichtete Verbindungen (also in gerichteten Graphen) heißen dann Pfeile, Bögen oder gerichtete Kanten. Im Folgenden wird der Name „Kante“ weiter verwendet, aber es handelt sich in jedem Falle um gerichtete Kanten.

57

Ein Strom ist ein monoton wachsender stochastischer Prozess, der nur reelle positive Werte annehmen kann [DUBL73].

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

43

Kann ein bestimmter Faktor in mehrere Vorgänge eingehen, bspw. ein Werker, der flexibel eingesetzt werden kann, oder Teile wie bspw. Schrauben, so kann dies durch mehrere Kanten, die von dem entsprechenden Faktorknoten ausgehen und zu verschiedenen Vorgangsknoten führen, abgebildet werden (Bild 2-6 (a)). Diese Form ist eine explizite Abbildung der Mehrfachverwendung von Faktorklassen. Sie deutet bereits auf eine Entscheidungsnotwendigkeit hin, nämlich auf die Entscheidung, welchem Nachfolger später ein Faktor tatsächlich zugeordnet werden soll. Werden allerdings alle Vorgänge, die diesen Faktor verbrauchen, zu einer Vorgangsklasse zusammengefasst und diese dem Vorgangsknoten zugeordnet, so ist die Mehrfachverwendung im Graphen des Produktionsablaufs nicht mehr ersichtlich, sondern geht nur noch aus der Beschreibung der Vorgangsklasse hervor. Umgekehrt bedeutet die Tatsache, dass ein Faktorknoten mehrere Vorgänger hat, dass die durch den Knoten repräsentierten Faktorklassen in verschiedenen Vorgängen hergestellt werden (siehe Abschnitt 3.2.3). Hat ein Vorgangsknoten mehrere Vorgänger (siehe Bild 2-6 (b)), so kann dies zweierlei bedeuten. Zum einen können auf diese Weise verschiedene Faktorklassen abgebildet werden, aus denen Faktoren für einen Vorgang benötigt werden, bspw. Material, Betriebsmittel und Werker oder Tischplatte, Tischbeine und Schrauben. Solche zusammengehörigen Faktoren werden auch als Komplementärfaktoren bezeichnet. Andererseits können damit auch Alternativfaktoren explizit abgebildet werden, bspw. könnte es einen Faktorknoten für Kunststoff-Tischplatten und einen für Buche-Furnier-Tischplatten geben. Diese Struktur kann also eine „Und-Oder“Verknüpfung von Faktorklassen bezogen auf eine Vorgangsklasse abbilden. Die Art der Verknüpfung der Faktorklassen bezogen auf die Vorgangsklasse ist nur aus den Beschreibungen der Vorgangsklassen ersichtlich58 . Diese Beziehung kann auch umgekehrt werden in eine Aussage über Vorgangsklassen und deren verschiedene ausgehende Faktoren bzw. Alternativprodukte. a

b a

Bild 2-6 Symbolisierung von Mehrfachbeziehungen

b

c

Bild 2-7 Symbolisierung des Gebrauchs von Faktoren und Vorgangsklassen

Ein direkter Zyklus Faktorknoten → Vorgangsknoten → Faktorknoten, wie in Bild 2-7 (a) dargestellt, bedeutet, dass aus der Sicht der PPS-Aufgabe, für die ein 58

Dabei ist bei einem Vorgangsknoten zu unterscheiden, ob die Alternative bzgl. eines einzelnen Vorgangs („Ersatzmaterial“) besteht oder durch die Verknüpfung mehrerer Vorgangsklassen in einem Vorgangsknoten zustande kommt (z. B. Montage unterschiedlicher Motorentypen auf einem einzigen Montagestand)

44

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Leistungserstellungsprozess modelliert wird, ein Faktor nicht verbraucht, sondern gebraucht wird, denn nach dem Vorgang steht er wieder zur Verfügung (freilich kann sich dabei sein Zustand ändern, aber das wird beim Aufbau des Graphen des Produktionsablaufs noch nicht berücksichtigt). Dieser Fall tritt bspw. bei der Abbildung von Betriebsmitteln, Werkzeugen oder unvollständigen chemischen Reaktionen auf. Ein Zyklus kann auch mehr als zwei Kanten enthalten, dann wird der Gebrauch eines Faktors über mehrere Vorgänge vermittelt (siehe Bild 2-7 (b)). Diese Verknüpfung hängt davon ab, wie der Gebrauchsfaktor modelliert wurde. Wird er gegenständlich modelliert, ergibt sich der Zyklus, wird er als Potenzial, Arbeit zu leisten, modelliert, ergibt sich stattdessen eine Kante vom entsprechenden Faktorknoten zum Vorgangsknoten ohne die rückführende Kante (siehe Bild 2-7 (c); vgl. Abschnitt 3.2.1.3).

Beschreibungen Knoten Ablaufbeziehung

Bild 2-8 Graph des Produktionsablaufs mit Beschreibungen

Der Graph des Produktionsablaufs (vgl. Bild 2-8) bestimmt den Ausschnitt eines Produktionssystems, der modellmäßig abgebildet werden soll, und damit den Umfang des resultierenden Modells. Der Detaillierungsgrad wird durch die Wahl der Knoten und deren Beschreibung bestimmt. Ein Graph des Produktionsablaufs muss Konsistenzbedingungen erfüllen, die sich aus den konkreten Abbildungsinhalten der Knoten ergeben: Ein Vorgangsknoten muss mit allen Faktorknoten verbunden werden, die Faktoren repräsentieren, die in die durch den Vorgangsknoten repräsentierten Vorgänge eingehen oder aus diesen hervorgehen. Die Beschreibung der Vorgangsklassen muss also in die Struktur des Graphen des Produktionsablaufs übersetzt werden. Das Beispiel in Bild 2-9 zeigt auf, dass in einem mehrstufigen Leistungserstellungsprozess durchaus Anteile einer Beschreibung erhalten bleiben können. Somit lässt sich der Weg eines bestimmten Gegenstands über mehrere Stufen des Leistungserstellungsprozesses verfolgen, obwohl unterschiedliche Faktoren vorliegen. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt bei einem Arbeitsplan (siehe Abschnitt 3.2.2.1) vor: Das Zusammengehörende der einzelnen Vorgänge wird über die Teilenummer ausgedrückt, die einzelnen Vorgänge werden lediglich über die identifizierende Arbeitsvorgangsnummer voneinander unterschieden. Diese Rückverfolgbarkeit muss aber nicht notwendigerweise aus der Beschreibung abzuleiten sein: Aus der Beschreibung eines Tisches, der in einem Montageprozess entstanden ist, kann in der

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

45

Regel nicht unmittelbar auf die Tischbeine geschlossen werden. Dazu sind in diesem Fall die Strukturinformationen des Graphen des Produktionsablaufs zu betrachten. Klasse „Gabelstapler mit 2000 kg Tragkraft“ Individuum „Gabelstapler Inventarnummer 48ABC47“ Faktorklasse Teerfass Typ XYZ Faktorklasse Gabelstapler mit 2000 kg Tragkraft unbeladen

Vorgangsklasse Teerfass Typ XYZ aufladen

Faktorklasse Gabelstapler mit 2000 kg Tragkraft mit Teerfass Typ XYZ beladen

Bild 2-9 Beschreibung von Faktor- und Vorgangsklassen

Bild 2-9 macht aber auch deutlich, dass die einzelnen Individuen nicht notwendigerweise identifiziert werden müssen. Wenn alle Teerfässer vom Typ XYZ gleichwertig sind, müssen sie auch nicht voneinander unterschieden werden. – Modellierung der Zeit59 Neben der durch den Graphen des Produktionsablaufs definierten Dimension des Arbeitsfortschritts ist die Zeit60 die zweite Dimension des Modells: Wenn sie gedanklich vorweggenommen werden soll, wie dies in der Produktionsplanung geschieht, muss die Produktion in der Zeit betrachtet werden. Die Einführung der Dimension Zeit ermöglicht zum einen, Faktor- und Vorgangsknoten dynamisch zu definieren und damit bspw. den technologischen Fort59

Zeitlicher Bezug; siehe auch Abschnitt 3.1.3 „Zuordnung zu externem Prozess“

60

In der klassischen Physik ist die Zeit eine Basisgrößenart und damit eine physikalische Größe (oder verallgemeinert eine Dimension) [STRO81], S. 16ff., wobei physikalische Größen „als messbare Eigenschaften physikalischer Objekte, Vorgänge oder Zustände“ definiert sind [DIN 1313]. „In der Wissenschaft wird mit dem Terminus ‚Zeit' niemals eine besondere Zeit neben anderen bezeichnet, sondern man meint immer nur die eine Zeit im Ganzen, also die gesamte Ordnung des Nacheinander in der Welt. Ob damit allerdings eine Wirklichkeit erfasst wird, ist fraglich ...“, [SUES67], S. 43 zitiert nach [STRA90], S. 159. Die Zeit wird dabei meist als Kontinuum aufgefasst: „Wenn man ... die Zeit durch eine reelle Koordinate definiert, die Gegenwart durch einen Punkt fixiert, so ist das eine mathematische Idealisierung“ [STRA90], S. 146. Die Zeit ist gerichtet, was dadurch erfahrbar wird, dass es irreversible Prozesse gibt. Alternative Sichtweisen der Zeit und damit zusammenhängende erkenntnistheoretische Fragen diskutiert Straub in [STRA90], S. 139-177.

46

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

schritt (siehe [KERA79], Sp. 55, 602, 1612)61 abbilden zu können. Zum anderen und dies ist der primäre Zweck - dient die Dimension Zeit dazu, zusammen mit der Dimension Arbeitsfortschritt, die durch den Graphen des Produktionsablaufs gebildet wird, einen Raum aufzuspannen, in dem vergangene, gegenwärtige und zukünftige Produktionen anhand von Modellereignissen dargestellt werden können. Die Verwendung der Zeit als explizite Dimension erlaubt es, über die Reihenfolge der Knoten und damit der Klassen hinaus auch Reihenfolgen zwischen den Individuen eines Knotens (Faktoren, Vorgänge) herzustellen, in Zeitbegriffen zu operieren und eine zeitliche Anbindung an die Realität bzw. an die Umwelt, mit der das Produktionssystem bzw. das Modell in Beziehung steht, zu schaffen (siehe Abschnitt 3.1.3). So wie die Dimension des Arbeitsfortschritts mit Hilfe der Konstrukte Faktorund Vorgangsknoten strukturiert wird, so ist auch eine analoge Vorgabe bezüglich der Zeit zu spezifizieren. Dazu müssen Zeitmodelle aufgebaut werden. Deren Abbildungsinhalt ist wie folgt definiert: Ein Zeitmodell bildet die zeitliche Struktur ab, bezüglich der in einer PPS-Aufgabe Aussagen über einen bestimmten Typ von Ereignissen und Zuständen des Produktionssystems getroffen werden sollen bzw. können. Die Elemente eines Zeitmodells bilden auch außerhalb des Produktionssystems messbare Zeiträume und Zeitpunkte ab; sie werden (Modell-) Zeitabschnitte und (Modell-) Zeitpunkte genannt (siehe Abschnitt 3.1.1). Auf den Elementen eines Zeitmodells ist immer eine Ordnungsrelation62 definiert, die eine Reihenfolge der Elemente realisiert. Klassische Zeitmodelle sind das diskrete Periodenmodell bei der Mengenplanung und die kontinuierliche (reelle) Zeitachse bei der Prozesssteuerung. Die Zeitmodelle umfassen die Zeitelemente, bezüglich der überhaupt sinnvolle Aussagen getroffen werden können, also Ereignisse im Produktionssystem registriert werden können. Bspw. wäre ein vollständiges Stundenmodell („24 Stunden je Tag, 7 Tage je Woche“) für eine öffentliche Behörde nicht sinnvoll, denn dort wird nur 5 Tage in der Woche, 8 Stunden am Tag gearbeitet.63 Außerdem umfassen sie die Zeitelemente, bezüglich der in einer PPS-Aufgabe Aussagen getroffen werden müssen, um bspw. eine brauchbare Vorgabe an das reale Produktionssystem liefern zu können. Da ein Zeitmodell für einen Typ von Ereignissen bzw. Zuständen des Produktionssystems definiert wird und in einem konkreten Modell des Produktionsablaufs mehrere solcher Typen nebeneinander existieren können, ist es möglich, dass in einem Modell unterschiedliche Zeitmodelle nebeneinander bestehen. Gedanklicher Ausgangspunkt beim Aufbau eines Zeitmodells ist immer die reale Zeit, die, der klassischen Auffassung aus der Physik folgend, stetig64, gerichtet, total geordnet65 und unendlich ist. Die reale Zeit wird dann mittels der Menge der re61

verallgemeinert: technologische Veränderungen.

62

Für den Begriff Ordnungsrelation vgl. [BRSE79], S. 548.

63

In Industriebetrieben gibt es dafür auch den Begriff Betriebs- oder Fabrikkalender. Zur Definition von Zeitmodellen siehe [PICH75] und Abschnitt 3.1.1.

64

Für den Begriff stetig vgl. [BRSE79], S. 254.

65

Für den Begriff totale Ordnung [BRSE79], S. 549.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

47

ellen Zahlen modelliert, die gerade diese Eigenschaften aufweist. Damit stellt die Menge der reellen Zahlen das vollständigste Zeitmodell dar (siehe Abschnitt 3.1.1). Das aber ist nicht immer notwendig, bspw. bei langfristigen Planungen, und unter Umständen sogar nicht brauchbar, bspw. bei einer Umsetzung des Modells auf einen Computer. Darum gilt: Jede Teilmenge der reellen Zahlen und gewisse Systeme von Teilmengen sind ein Zeitmodell, wenn sie folgende Eigenschaften besitzen: – Sie sind nicht leer. – Es lässt sich auf ihnen eine totale Ordnung definieren, die durch die Ordnung auf der Menge der reellen Zahlen induziert wird. – Sie sind beschränkt und abgeschlossen, so dass ein Zeitmodell ein kleinstes und ein größtes Element besitzt. Ein Zeitmodell soll nicht leer sein, weil andernfalls auf ihm Ereignisse nicht sinnvoll definiert werden können. Die Forderung nach der Induktion der totalen Ordnung des Zeitmodells gewährleistet eine ordnungserhaltende (und damit konsistente) Abbildung66 der realen Zeit. Die Beschränktheit und Abgeschlossenheit wird gefordert, weil die Produktionsplanung sich immer auf einen Zeitraum, der von der Gegenwart - ggf. auch von einem definierten Punkt in der Vergangenheit zum Planungshorizont reicht, bezieht. Für bestimmte PPS-Verfahren wird damit sichergestellt, dass sie terminieren können. Aus dieser Definition ergeben sich drei Grundformen von Zeitmodellen: das (stückweise) stetige Zeitpunktmodell, das diskrete Zeitpunktmodell und das Zeitraummodell. Sie veranschaulicht Bild 2-10. Realität betrachtetes Merkmal Zeit repräsentierter Ausschnitt

stetiges Zeitpunktmodell

diskretes Zeitpunktmodell

Zeitraummodell

Modell

Bild 2-10 Formen von Zeitmodellen 66

m.a.W.: Die Abbildung wird durch eine monotone Funktion realisiert (siehe [MESC71]: Eine Abbildung einer Menge A in eine Menge B ist eine Vorschrift, die jedem Element a ∈ A genau ein Element b ∈ B zuordnet).

48

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Das (stückweise) stetige Zeitpunktmodell ist eine spezielle Teilmenge der reellen Zahlen, die aus (mehreren) abgeschlossenen Intervallen67 gebildet wird. Seine Elemente repräsentieren reale Zeitpunkte. Das diskrete Zeitpunktmodell ist ebenfalls eine spezielle Teilmenge der reellen Zahlen, die isolierte68 reale Zeitpunkte repräsentiert. Das Zeitraummodell ist definiert als Menge von Elementen, die jeweils ein halboffenes Intervall69 der reellen Zahlen repräsentieren und paarweise disjunkt sind. Da in den beiden ersten Fällen eine eineindeutige Abbildung von der dem Zeitmodell zugrundeliegenden Teilmenge der reellen Zahlen auf die Elemente des Zeitmodells besteht, kann die Ordnung auf dem Zeitmodell unmittelbar durch Einschränkung der Ordnung der reellen Zahlen auf die dem Zeitmodell zugrundeliegende Teilmenge gewonnen werden. Stellt man den Bezug zum Begriff der Skalenniveaus her, so besitzen stetige Zeitpunktmodelle Intervallskalenniveau und diskrete Zeitpunktmodelle Ordinalskalenniveau [STELA77], S. 19f. Dem Zeitraummodell liegt ein System von Teilmengen der reellen Zahlen zugrunde, und dessen Elemente repräsentieren Zeiträume, bspw. Tage, Wochen oder Monate. Um die Ordnung auf dem Zeitmodell aus der Ordnung der reellen Zahlen induzieren zu können und um die Eindeutigkeit des Modells zu sichern, müssen die zur Repräsentation ausgewählten Intervalle paarweise disjunkt sein. Um dies auch bei einer Überdeckung der Zeitachse durch Intervalle zu gewährleisten, müssen die Intervalle nach rechts (oder links) halboffen sein. Die Ordnung auf dem Zeitmodell wird dann so definiert, dass zwei Elemente eines Zeitraummodells im Sinne dieser Ordnung genau dann aufeinanderfolgen, wenn die obere Grenze des einen und die untere Grenze des anderen repräsentierten Intervalls im Sinne der Ordnung der reellen Zahlen aufeinanderfolgen. Damit besitzen Zeitraummodelle ebenfalls Ordinalskalenniveau. Da die reale Zeit an sich nicht beobachtbar ist70 , werden in der Physik zur Zeitmessung Naturvorgänge benutzt, die periodisch wiederkehrende Ereignisse erzeugen. Die Periodendauer - die Zeitdauer zwischen zwei unmittelbar aufeinander folgenden Ereignissen - wird dabei als konstant definiert 71 und Zeiteinheit genannt. Ob sie tatsächlich konstant ist, vermag niemand zu messen, da es ja das absolute Zeitmaß nicht gibt. Zur Definition von Zeitmessgeräten werden daher solche Naturvorgänge ausgenutzt, bei denen die Schwankungen der Periodendauer im Vergleich zu dieser als verschwindend gering angesehen werden können. Um die Elemente von Zeitmodellen zu definieren, muss auf reale Ereignisse Bezug genommen werden. Als „Ereignisgeber“ bieten sich vordefinierte Uhren an, bspw. die die Weltzeit definierende Atomuhr (vgl. [STRO81], S. 20). Ebenso können jedoch beliebige Vorgänge, die außerhalb oder innerhalb des Abbildungsbereiches 67

Der Begriff abgeschlossenes Intervall der reellen Zahlen ist in [B RSE79], S. 242 definiert.

68

Isolierte Punkte einer Menge werden in [BRSE79], S. 243 definiert.

69

Der Begriff halboffenes Intervall der reellen Zahlen ist in [BRSE79], S. 242 definiert.

70

Vgl. die Argumentation dazu in [STRA90], S. 150, 155.

71

Vgl. die Definition der Sekunde: „Die Sekunde ist die Dauer von 9 192 631 770 Schwingungsperioden der Strahlung des Atoms Caesium 133", bspw. in [STRO81], S. 20.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

49

des Modells stattfinden und beobachtbare Ereignisse erzeugen, als „Ereignisgeber“ dienen, bspw. Maschinentakte oder Wareneingänge. Diese realen Vorgänge sind immer zufällig, denn nur idealisierte Vorgänge sind deterministisch. Trotzdem eignen sie sich zum Aufbau von Zeitmodellen, denn sie erfüllen die Mindesteigenschaft, beobachtbare Ereignisse zu erzeugen.72 Erst wenn von den Zeitmodellen zusätzliche Eigenschaften erfüllt werden müssen, kann es notwendig werden, an die als Ereignisgeber dienenden Vorgänge weitere Anforderungen zu stellen. Eine solche zusätzliche Eigenschaft wäre bspw., dass der Vorgang in gewissem Rahmen reproduzierbar ist, damit bei PPS-Aufgaben mit räumlich auseinanderliegenden Aufgabenobjekten gleiche Zeitmodelle verwendet werden können. Beispiel: Ein Automobilunternehmen ruft bei einem Hersteller von Automobilsitzen individuell unterschiedliche Sitze ab. Da die Aussage „Anlieferung des Sitzes X zum 795. Takt“ nur für das Automobilunternehmen ausreichend ist, nicht aber für den Lieferanten, da er diese Ereignisse nicht beobachten kann, ist eine Umsetzung auf „Dienstag, 23.11.2000, 7.15 Uhr“ erforderlich (siehe Abschnitt 3.1.1). Sollen in einem konkreten Modell des Produktionssystems mehrere Zeitmodelle nebeneinander verwendet werden, so kann es bei einigen PPS-Aufgaben erforderlich sein, die Zeitmodelle ineinander umrechnen zu können. Ist dies der Fall, so gehört zum Aufbau der Zeitmodelle auch die Angabe von Zuordnungsvorschriften, auf deren Basis die Umrechnung stattfinden kann: Eine Zuordnungsvorschrift ist eine ordnungserhaltende Abbildung zwischen zwei Zeitmodellen, die den Elementen eines Zeitmodells entweder das jeweils kleinste nachfolgende Element des anderen Zeitmodells zuordnet (ordinale Zuordnung) oder das jeweils umfassendere Element aus dem anderen Zeitmodell zuordnet (explizite Zuordnung). Beispiel: Zwei im Arbeitsfortschritt aufeinanderfolgende Abteilungen, die in einer Kunden-Lieferanten-Beziehung stehen, haben unterschiedliche Schichtmodelle. Der Lieferant arbeitet nur 1-schichtig, der Kunde 3-schichtig. Beginn- und Endtermin der einen Schicht des Lieferanten stimmen nicht mit einer der Schichten des Kunden überein. Beispiel: Bei der Belegung einer Maschine wird das Material nur in einem Stunden-Zyklus bereitgestellt. Daher ist für jede Anlieferung des Materials ein Zeitmodell mit Stundeneinteilung ausreichend. Die Belegung der Maschine erfolgt aber sehr viel detaillierter anhand eines Zeitmodells auf Minutenbasis. Die Art der Zuordnung und deren Eigenschaften hängen von der Art der gewünschten Umrechnungen und der Art der beteiligten Zeitmodelle ab. Um diese zu verstehen, sei vor Augen geführt, dass es verschiedene Möglichkeiten für die Beziehungen gibt, in denen sich zwei Zeitmodelle unterschiedlicher Formen aufgrund der Definition der Zeitmodelle befinden können.

72

Zur Feststellung, dass ein bestimmter Zeitpunkt gekommen ist, kann eine Uhr, eine getaktete Maschine oder die Ankunft eines Schiffes in einem Hafen beobachtet werden .

50

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

stetiges Zeitpunktmodell (sZPM)

diskretes Zeitpunktmodell (dZPM)

Zeitraummodell (ZRM)

stetiges diskretes Zeitraummodell Zeitpunktmodell Zeitpunktmodell (ZRM) (sZPM) (dZPM) Die Modelle können Die Modelle können Die Modelle können disjunkt zueinander disjunkt sein, sich über- disjunkt zueinander sein, sich überschneischneiden oder das sein, sich überschneiden oder gleich sein: dZPM ist vollständig im den oder gleich sein: Ordinale Zuordnung. sZPM enthalten: Ordinale Zuordnung. Ordinale Zuordnung. Die Modelle können Die Modelle können disjunkt, teilweise disjunkt sein, einige gleich oder gleich sein: oder alle Elemente des X Ordinale Zuordnung. dZPM können in Elementen des ZRM enthalten sein: Explizite Zuordnung. Die Modelle können disjunkt sein, einige Elemente können in X X Elementen des anderen ZRM enthalten sein: Explizite und ordinale Zuordnung.

Bild 2-11 Mögliche Beziehungen und Art der Zuordnungsvorschrift für Zeitmodelle verschiedener Formen

Bei der ordinalen Zuordnung wird auf den beiden beteiligten Zeitmodellen eine gemeinsame Ordnung hergestellt, so dass sie sich für Umrechnungen eignet, die nur auf der Ausnutzung der Ordnungsbeziehung beruhen (Beispiel: „frühester Materialeingang nach erstem Takt der Maschine“, wobei das eine Zeitmodell auf Wareneingängen beruht und das andere auf Maschinentakten). Sind zwei stetige Zeitpunktmodelle einander ordinal zuzuordnen, so reicht es aus, „Synchronisationspunkte“ zu definieren, indem die Intervallgrenzen in die das andere Zeitmodell konstituierenden Intervalle abgebildet werden, oder, wenn das nicht möglich ist, die Intervallgrenzen zu ordnen. Im ersten Fall ist nicht nur die Ausnutzung der Ordnungsbeziehung möglich, sondern auch das gewöhnliche Rechnen, da im Ergebnis quasi ein Zeitmodell entsteht, das Intervallskalenniveau hat. Die explizite Zuordnung eignet sich für die Umrechnung zwischen diskreten Zeitpunktmodellen und Zeitraummodellen und zwischen zwei Zeitraummodellen. Zwei Elemente werden dann einander zugeordnet, wenn sie die Enthaltenseinsbeziehung erfüllen. Zwei Elemente, die sich überschneiden, die Enthaltenseinsbeziehung aber nicht erfüllen, können dann einander zugeordnet werden, wenn dadurch nicht die Bedingung der Ordnungserhaltung verletzt wird. Die explizite Zuordnung drückt also immer eine Vergröberung der Elemente der Zeitmodelle aus.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

b

stetiges Zeitpunktmodell

stetiges Zeitpunktmodell

diskretes Zeitpunktmodell

stetiges Zeitpunktmodell d

stetiges Zeitpunktmodell

diskretes Zeitpunktmodell

{ f

diskretes Zeitpunktmodell

Zeitraummodell {

e

diskretes Zeitpunktmodell

{

{

{

{

{

{

Zeitraummodell

{

{

{

Zeitraummodell

{

c

{

a

51

Zeitraummodell

Bild 2-12 Mögliche Beziehungen zwischen Zeitmodellen

– Modellierung von Ereignissen und Zuständen im Produktionssystem Für Systeme sind die Begriffe Zustand und Ereignis definiert (siehe Abschnitt 1.3): Ein Zustand ist ein in der Zeit andauerndes Phänomen; er kann jeweils zu einem Zeitpunkt festgestellt werden. Er umfasst die Gesamtheit der Ausprägungen der Eigenschaften eines Systems. Ein Ereignis ist die Änderung eines Zustandes, bezogen auf einen Zeitpunkt.73 Durch den Graphen des Produktionsablaufs und die Zeitdimension ist ein Rahmen für die möglichen, in der PPS-Aufgabe betrachteten Zustände und Ereignisse des Produktionssystems vorgegeben. Dieser Rahmen wird jetzt mit Ereignissen gefüllt: Ein Modellereignis bildet reale und gedachte reale (also vergangene/zukünftige) Ereignisse und Zustände eines Produktionssystems ab. Es besteht aus drei Beschreibungen: der Beschreibung des sachlichen Bezugs, der Beschreibung des zeitlichen Bezugs und der Beschreibung seines Ereignistyps. Um den Abbildungsinhalt eines Modellereignisses zu verdeutlichen, seien hier einige Beispiele genannt. Sie machen bereits auf mögliche Beschreibungsformen aufmerksam: – 50 Bürotische Buche Furnier; 27.4.95; geplanter Abgang – 50 Bürotische Buche Furnier; 27.4.95; Bestand – 2000 kg Ethyloxid; Montag; Ist-Bestand – 20 Lieferungen à 3000 Schrauben; 34. Kalenderwoche; geplanter Zugang – 50 Getriebegehäuse; Betriebskalendertag 123; geplanter Bedarf – Montage des Autos für Auftrag „Meier“; Montags 11.00 Uhr; geplanter Beginn

73

Vgl. bspw. Guntram [GUNT85].

52

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

– Umfüllen von Reaktor C01 nach Behälter B11, Zufüllen von Produkt P1; 12. Stunde; Ist laufende Vorgänge – Heizen auf 200 °C; nach Ende Zufüllen; geplanter Beginn – 3000 kg Tenside; morgen; aus Tank in Abfüllung Von den drei Komponenten eines Modellereignisses wird zunächst der Ereignistyp definiert. Der Ereignistyp ist ein Konstrukt zur Strukturierung der Menge aller in einem Modell eingetragenen Ereignisse. Der Aufbau eines Ereignistyps und sein Abbildungsinhalt sind wie folgt definiert: Ein Ereignistyp wird charakterisiert durch den Knoten und den Punkt am Knoten, dem er zugeordnet ist, bzw. durch die Kante, der er zugeordnet ist, weiterhin durch eine Interpretation und durch ein Zeitmodell. Ein Ereignistyp fasst eine Sorte von Modellereignissen zusammen, die hinsichtlich ihrer Bedeutung für die PPS-Aufgabe gleichartig sind. Grundsätzlich ermöglicht die Einteilung der Modellereignisse in diese Ereignistypen eine geeignete Interpretation von Modellereignissen und das sinnvolle „Rechnen“ mit Modellereignissen. Diese Typisierung ist z. B. besonders vorteilhaft bei einer echten Wiederholfertigung74. Über den Knoten und den Punkt am Knoten bzw. die Kante wird der sachliche Bezug der Modellereignisse, die zu diesem Ereignistyp gehören, eingeschränkt. Über das dem Ereignistyp zugeordnete Zeitmodell werden die möglichen zeitlichen Bezüge der Modellereignisse dieses Ereignistyps eingeschränkt. Die dem Ereignistyp zugeordnete Interpretation „erbt“ das Modellereignis von seinem Ereignistyp. Es wird damit und durch die Angabe des zugehörigen Punktes von anderen Modellereignissen unterscheidbar, die ansonsten genauso aussehen würden (vgl. die beiden erstgenannten Beispiele). Im weiteren Verlauf wird für Modellereignisse kurz der Begriff Ereignis verwendet, wenn klar ist, dass es sich um diese handelt. Es ist nun die Bedeutung der Punkte im Modell zu definieren. Der Begriff Punkte im Modell fasst dabei die Begriffe Punkte an den Knoten und Kanten zusammen. Ereignistypen, die für Kanten definiert sind, fassen Ereignisse zusammen, die Faktorströme zwischen den Faktorknoten und den Vorgangsknoten repräsentieren. Ereignistypen, die für Knoten definiert sind, können verschiedene Sachverhalte repräsentieren. Diese Sachverhalte werden in der Definition des Ereignistyps mit Punkt am Knoten umschrieben. An einem Faktorknoten gibt es die drei Punkte Zugang, Mitte und Abgang, die sich auf den konkreten Strom an Faktoren durch den Knoten beziehen (vgl. Bild 2-13). Die zugrundeliegende Vorstellung soll mit dem folgenden gedanklichen Faktorstrom-Bild erläutert werden, in dem die Zeitachse zunächst auf einen Zeitpunkt reduziert ist. Über die zu einem Faktorknoten hinführenden Kanten fließen Faktoren „in den Faktorknoten“, dort laufen diese Faktorströme am Punkt Zugang in irgendeiner Weise zusammen, und damit sind dort Aussagen über den gesamten Zugang an Faktoren möglich. Dieser Zugang an Faktoren ver74

Zieht man einen Vergleich zu mathematischen Funktionen und betrachtet den Ereignistyp ohne Interpretation, so kann der Ereignistyp als Definitionsbereich einer Funktion und die Modellereignisse als Wertepaare der Funktion (Teilweise auch als Graph der Funktion bezeichnet.) aufgefasst werden.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

53

mehrt die bereits „in dem Knoten“ befindlichen Faktoren; diese Menge wird an dem Punkt Mitte abgebildet. Aus dem Knoten können über die wegführenden Kanten Faktoren austreten. Die Gesamtheit der austretenden Faktoren wird am Punkt Abgang erfasst, bevor die Faktoren als Faktorströme auf die Kanten verteilt werden. Zugang

Abgang

Zugang

Abgang

Mitte beginnende Vorgänge

Bild 2-13 Punkte für Ereignistypen am Faktorknoten

laufende endende Vorgänge Vorgänge

Bild 2-14 Punkte für Ereignistypen am Vorgangsknoten

An einem Vorgangsknoten gibt es die fünf Punkte Zugang, beginnende Vorgänge, laufende Vorgänge, endende Vorgänge, Abgang (vgl. Bild 2-14). Über die zu einem Vorgangsknoten hinführenden Kanten fließen Faktorströme in die Vorgänge. Die Gesamtheit der eintretenden Faktoren wird am Punkt Zugang erfasst. Die eintretenden Faktoren gehen in Vorgänge ein, die damit beginnen können. Der Beginn von Vorgängen wird am Punkt beginnende Vorgänge erfasst. Am Punkt laufende Vorgänge wird erfasst, welche Vorgänge zu dem betrachteten Zeitpunkt begonnen haben, aber noch nicht beendet sind. Entsprechend werden am Punkt endende Vorgänge die zu diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Vorgänge erfasst. Die Gesamtheit der durch die Vorgang erzeugten Faktoren, die aus dem Knoten austreten, wird am Punkt Abgang erfasst, ehe sie auf die Kanten verteilt wird. Die folgenden Definitionen fassen den Abbildungsinhalt der an den Knoten definierten Ereignistypen bzw. die Bedeutung der Punkte an Knoten zusammen: – Ereignistypen, die für den Punkt Zugang an Knoten definiert sind, fassen Ereignisse zusammen, die die Gesamtheit der Faktorströme repräsentieren, die über die zum Knoten hinführenden Kanten fließen. – Ereignistypen, die für den Punkt Abgang an Knoten definiert sind, fassen Ereignisse zusammen, die die Gesamtheit der Faktorströme repräsentieren, die über die vom Knoten wegführenden Kanten fließen. – Ereignistypen, die für den Punkt Mitte an Faktorknoten definiert sind, fassen Ereignisse zusammen, die die aus zu- und abgehenden Faktorströmen resultierenden Faktoren repräsentieren. – Ereignistypen, die für den Punkt beginnende Vorgänge an Vorgangsknoten definiert sind, fassen Ereignisse zusammen, die die Gesamtheit der beginnenden Vorgänge repräsentieren. – Ereignistypen, die für den Punkt endende Vorgänge an Vorgangsknoten definiert sind, fassen Ereignisse zusammen, die die Gesamtheit der endenden Vorgänge repräsentieren.

54

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

– Ereignistypen, die für den Punkt laufende Vorgänge an Vorgangsknoten definiert sind, fassen Ereignisse zusammen, die die Gesamtheit der bereits begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Vorgänge repräsentieren. Das zweite Charakteristikum eines Ereignistyps ist die Interpretation. Die Interpretation ist ein Attribut, das die Rolle der Ereignisse dieses Typs in einem PPS-Verfahren festlegt; diese Rolle ist durch den Punkt im Modell allein nicht vollständig festgelegt. Mit dem zusätzlichen Attribut Interpretation wird es bspw. möglich, ein Ereignis, das zunächst einen vorläufig geplanten Zugang repräsentiert, umzuwandeln in einen fest eingeplanten Zugang. Gängige Interpretationen sind z. B. „offener Auftrag“, „geplant“, „vorläufig geplant“, „Bedarf“, „Ist“, „Angebot“ (siehe bspw. Abschnitt 4.1.1). Das dritte Charakteristikum eines Ereignistyps ist ein Zeitmodell. Da Zeitmodelle bereits definiert wurden, wird auf die Bedeutung der Zeitmodelle in einem Ereignistyp später bei der Definition des zeitlichen Bezugs eines Modellereignisses eingegangen. Die erste Komponente eines Modellereignisses ist die Beschreibung des sachlichen Bezugs: Die Beschreibung des sachlichen Bezugs ist eine Faktor- oder Vorgangsbeschreibung, die inhaltlich vom Punkt im Modell eingeschränkt wird und gemäß dem durch den Ereignistyp bestimmten Beschreibungsschema erstellt wurde. Der Ereignistyp bestimmt den Punkt im Modell, für den das Modellereignis reale Ereignisse bzw. Zustände75 abbildet. Damit bestimmt der Ereignistyp sowohl den Abbildungsinhalt als auch die Beschreibungsform des sachlichen Bezugs eines Modellereignisses. Der sachliche Bezug eines Ereignisses repräsentiert konkrete Faktoren oder Vorgänge. Die Menge der möglichen sachlichen Bezüge, die Ereignisse eines bestimmten Typs haben können, ist wie folgt bestimmt. Für Ereignistypen an Faktorknoten ist die Menge der möglichen sachlichen Bezüge durch die Faktorklasse gegeben, deren Beschreibung dem Faktorknoten zugeordnet ist. Für Ereignistypen an Kanten ist die Menge der möglichen sachlichen Bezüge durch die Faktorklasse gegeben, deren Beschreibung dem Faktorknoten zugeordnet ist, zu dem die Kante hin bzw. von dem sie wegführt. Für Ereignistypen an Vorgangsknoten mit den Punkten beginnende Vorgänge, Mitte, endende Vorgänge ist die Menge der möglichen sachlichen Bezüge durch die Vorgangsklassen gegeben, deren Beschreibungen dem Vorgangsknoten zugeordnet sind. Für Ereignistypen an Vorgangsknoten mit den Punkten Zugang oder Abgang ist die Menge der möglichen sachlichen Bezüge durch die Gesamtheit der Faktorklassen gegeben, die den Faktorklassen zugeordnet sind, die dem betrachteten Vorgangsknoten im Graphen des Produktionsablaufs vor- bzw. nachgeordnet sind.

75

In der Physik werden Zustands- und Strömungsgrößen unterschieden (vgl. auch [HÖLS92], S. 41). Ereignisse, die Zu- oder Abgänge an Knoten, beginnende und endende Vorgänge sowie Faktorflüsse über Kanten abbilden, entsprechen der Realisierung von Strömungsgrößen, während Ereignisse, die am Punkt Mitte der Knoten eingetragen werden, als Zustandsgrößenrealisierungen verstanden werden können.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

55

Die Beschreibungsform des sachlichen Bezugs eines Ereignisses wird ebenfalls durch den Punkt am Modell, für den das Ereignis gelten soll, bestimmt. Für die Erstellung der Beschreibung des sachlichen Bezugs eines Ereignisses gilt das Beschreibungsschema, nach dem auch die Faktorklasse beschrieben wird, die den Inhalt des sachlichen Bezugs einschränkt. Es gelten hier also beim Auffinden des Beschreibungsschemas, das für einen Ereignistyp gilt, die gleichen Regeln wie für das Auffinden der Faktor- bzw. Vorgangsklasse, die den Inhalt sachlicher Bezüge eines Ereignistyps einschränkt. Das Beschreibungsschema legt u.a. fest, wie Rückmeldungen aus dem realen Produktionssystem im Modell als Ereignisse abzubilden sind. Die entsprechenden realen Ereignisse bzw. Zustände werden gemäß dem jeweils gültigen Beschreibungsschema beschrieben. Da das Beschreibungsschema auch den Skalentyp der Beschreibung vorgibt, ist die Frage der Zuordnung empirischer Sachverhalte, also realer Faktoren bzw. Vorgänge, zu Beschreibungen geklärt. Das Beschreibungsschema versetzt den Adressaten einer Beschreibung demnach in die Lage zu entscheiden, ob eine Bohrung mit dem Durchmesser 5,0005 cm der Beschreibung „Bohrung, 5cm“ genügt oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, welche Skala für die Beschreibung verwendet wurde. Da die Faktorklasse bzw. Vorgangsklasse, den ein Knoten repräsentiert, eine Menge möglicher Faktoren bzw. Vorgänge ist, wird die Beschreibung konkreter Faktoren bzw. Vorgänge - also der sachliche Bezug eines Ereignisses - immer gleich detailliert oder detaillierter sein als die Beschreibung der zugrundeliegenden Faktor- bzw. Vorgangsklasse. Die Detaillierung kann zum einen so erfolgen, dass Eigenschaften, die bei der Beschreibung der Faktor- bzw. Vorgangsklasse über eine Wertemenge beschrieben wurden („Temperatur zwischen 150 und 250 °C“), nun konkret mit Elementen der Wertemenge belegt werden („Temperatur = 200°C“), oder dass weitere Eigenschaften definiert und mit Werten belegt werden. Auf der Basis des bisher Definierten kann nun auch die geeignete Verwendung unterschiedlicher Beschreibungskomponenten diskutiert werden. Die Unterteilung in Quantität und Qualität und die Definition der Faktorknoten über qualitative Eigenschaften sind dort sinnvoll, wo die Produktionsplanung vorwiegend darin besteht, Stückzahlen oder Termine zu bestimmen. Müssen aber noch Eigenschaften, bspw. die Temperatur oder die Zusammensetzung eines Gemisches, bestimmt werden, so erweist sie sich als ungünstig. Die Unterteilung in Faktor und Zustand ist dort sinnvoll, wo Teile des Faktorstroms über mehrere Vorgänge verfolgt werden sollen. Dies ist dann z. B. eine Welle, die gedreht, gehärtet und geschliffen wird und dabei die Sachnummer nicht ändert (siehe z. B. Bild 2-9 und Bild 2-17). Die beiden Möglichkeiten der Strukturierung einer Beschreibung für Faktorknoten werden hier zur Anregung genannt, durch eine allgemeine Definition sollten sie aus den genannten Gründen allerdings nicht festgelegt werden. Die zweite Komponente eines Modellereignisses ist definitionsgemäß die Beschreibung seines zeitlichen Bezugs: Unter der Beschreibung des zeitlichen Bezugs eines Ereignisses ist irgendeine Art von Zeitangabe zu verstehen. Der zeitliche Bezug eines Ereignisses muss innerhalb des Zeitmodells liegen, das für den Ereignistyp, zu dem das Ereignis gehört, definiert ist.

56

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Dafür gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten: bei der absoluten Angabe durch Bezug auf Zeitpunkte („11.Stunde“) bzw. Elemente von Zeitmodellen („heute“), bei der relativen Angabe durch Bezug auf andere Ereignisse („nach dem Umfüllen“). Analog zum sachlichen Bezug gilt auch hier, dass der zeitliche Bezug sowohl inhaltlich als auch formal vom Ereignistyp eingeschränkt wird. Die inhaltliche Einschränkung besteht darin, dass der zeitliche Bezug Element aus dem zum Ereignistyp definierten Zeitmodell sein muss oder eine aus diesem Zeitmodell abgeleitete Zeitaussage. Die formale Einschränkung besteht darin, dass zur Beschreibung des zeitlichen Bezugs die bei der Erstellung des Zeitmodells genutzte Vorschrift verwendet wird. Mit Hilfe der Konstrukte Graph des Produktionsablaufs, Zeitmodell, Modellereignis und den damit zusammenhängenden Konstrukten kann das Aufgabenobjekt einer PPS-Aufgabe modelliert werden: Der Begriff Modell der Produktion bezeichnet zum einen die Gesamtheit aus Graph des Produktionsablaufs, Ereignistypen und Menge der gerade eingetragenen Ereignisse und zum anderen die Menge der zur Modellierung definierten Konstrukte (siehe Bild 2-15). Interpretationen

Zeit

Modellereignis

Faktorknoten

Punkt im Modell

Vorgangsknoten

Kante

Zeitmodell

Arbeitsfortschritt

Bild 2-15 Das Modell der Produktion

Mit den bisher eingeführten Begriffen ist es nun möglich, den Beginn und das Ende von Vorgängen zu veranschaulichen. Ein Vorgang ist als Schritt eines Leistungserstellungsprozesses definiert worden. Ein Vorgang ist mit Faktorströmen verbunden: Es werden Faktoren verbraucht und erzeugt. Der Beginn bzw. das Ende eines Vorgangs wird dann bspw. über den Zeitpunkt des ersten Faktorstroms bzw. den des letzten Faktorstroms definiert. Der Sachverhalt ist in Bild 2-16 für den diskreten Fall veranschaulicht. Darüber hinaus ist in diesem Bild auch veranschaulicht, was am

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

57

Punkt Mitte eines Vorgangsknoten als sachlicher Bezug eines Ereignisses abgebildet wird: nämlich gerade die Menge aller der zu einem Zeitpunkt, der den zeitlichen Bezug des betreffenden Ereignisses bildet, laufenden (begonnenen und noch nicht beendeten) Vorgänge. Weiterhin ist dargestellt, was unter dem Zugang/Abgang an einem Vorgangsknoten zu verstehen ist. Die Gesamtheit ein- bzw. austretender Faktoren teilt sich auf in Faktoren, die in unterschiedliche Vorgänge eingehen bzw. aus diesen austreten. Aus den Grundkonstrukten können weitere aggregierte Konstrukte gebildet werden: Modelldefinition, maximale Ereignismenge, Ereignismenge, Modellzustand und Zustand der Produktion. Sie dienen als Basis, um die anderen Komponenten einer PPS-Aufgabe zu definieren: Vorgang 1

Vorgang 2

Vorgang 3

beginn von Vorgang 3 beginn von Vorgang 1 u. 2

Modellzeitpunkt T1

Ende von Vorgang 3 Ende von Vorgang 2

Zugang zu T1

Ende von Vorgang 1

beginnender Vorgang zu T1 laufender Vorgang zu T1

sachlicher Bezug: Faktor

sachlicher Bezug: Vorgang

Bild 2-16 Ereignisse an einem Vorgangsknoten

– Ein Graph des Produktionsablaufs, zusammen mit den zu ihm definierten Ereignistypen, heißt Modelldefinition. – Die Menge aller Ereignisse, die in ein Modell aufgrund einer Modelldefinition eingetragen werden können, heißt maximale Ereignismenge. Jede Teilmenge einer maximalen Ereignismenge wird mit Ereignismenge bezeichnet. – Der Modellzustand heißt die Ereignismenge, die zu irgendeinem Zeitpunkt der Ausführung eines PPS-Verfahrens in diese Modelldefinition eingetragen ist. Er beschreibt (mehr oder weniger vollständig und in einem gewissen Abstraktionsgrad) die Produktion über einen gewissen Zeitraum hinweg.

58

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

– Das Modell des Zustands der Produktion - oder kürzer: der Zustand der Produktion - ist eine Teilmenge des Modellzustands. Die Ereignisse dieser Teilmenge haben den gleichen zeitlichen Bezug. Damit kann auch die Gesamtheit aus Graph des Produktionsablaufs, Ereignistypen und Menge der gerade eingetragenen Ereignisse als Modellzustand aufgefasst werden. Bild 2-17 zeigt ein Beispiel für einen Modellzustand. Repräsentation in einem Modell // Interpretation „geplant“

Abgang t1: 1 Laufrad

t1

Zugang t2: 1 geprüftes Laufrad Bestand t2: 5 geprüfte Laufräder Abgang t3: 5 geprüfte Laufräder

Zugang t2: 1 Werker

t2

t3

Dauer Vorgang transportiere t3 -> t4

t4

Bestand t4: 5 geprüfte Laufräder vor Montagelinie

t5

reale Welt

Bild 2-17 Modellzustand - Beispiel

Der tatsächliche Zustand der Produktion wird von dem Modell des Zustands der Produktion in einem gewissen Abstraktionsgrad und mit einem bestimmten Grad an Vollständigkeit abgebildet. Die Vollständigkeit hängt vom Stand der Ausführung eines entsprechenden PPS-Verfahrens ab. Zu Beginn eines Verfahrens ist die in das Modell eingetragene Ereignismenge meist nicht umfassend genug, um den Zustand der Produktion vollständig (im Rahmen der Abstraktion) zu beschreiben. Das Modell kann sich dabei auf den aktuellen Zustand beziehen oder zukünftige Zustände abbilden. Abschließend für diesen Abschnitt kann nun unter Benutzung des Konstrukts Ereignis die Eigenschaft der Zeit, gerichtet zu sein, im Modell definiert werden. Diese Eigenschaft findet im Modell ihren Ausdruck in der Verknüpfung der beiden Dimensionen (siehe Bild 2-18): Verfolgt man im Modell die Ereignisse, die die Bearbeitung eines ganz bestimmten Teils oder einer Baugruppe abbilden, so ist festzustellen, dass sich diese Ereignisse nicht beliebig in dem von den Dimensionen Arbeitsfortschritt und Zeit aufgespannten Raum befinden können, sondern nur ober-

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

59

halb einer Linie, die durch die Dauern der beteiligten Vorgänge bestimmt wird. Der andere Teil des Raumes ist für Ereignisse nicht mehr „erreichbar“. Zeit

Arbeitsfortschritt

Bild 2-18 Zusammenhang der beiden Dimensionen Arbeitsfortschritt und Zeit

• Das Sachziel einer PPS-Aufgabe Das Sachziel einer PPS-Aufgabe lässt sich in folgende Angaben strukturieren: die Ausgangs- und die gesuchten Daten und die Restriktionen, die die Lösung einer PPS-Aufgabe zu erfüllen hat. Inhaltlich besteht das Sachziel einer PPS-Aufgabe darin, eine zulässige (realisierbare) Produktion zu bestimmen. Ausgangsdaten für eine PPS-Aufgabe können die Beschreibung eines Faktorknotens, bspw. die Leistungskenndaten einer neu erworbenen Maschine oder eines neu aufgenommenen Materials, Primärbedarfe oder rückgemeldete Ereignisse sein. Gesuchte Daten können Sekundärbedarfe oder Steuervorgaben als Reaktion auf erfolgte Ereignisse sein. Im Falle der Bedarfe kann eine Restriktion die Berücksichtigung von Maximalbeständen sein. Im zweiten Fall kann eine Restriktion die stetige Fortsetzung von Abläufen erfordern. Die Ausgangsdaten und die gesuchten Daten einer PPS-Aufgabe sowie das Ergebnis und die Zwischenergebnisse, die beim Ausführen eines PPS-Verfahrens entstehen, werden anhand des Aufgabenobjekts dargestellt, indem in das Modell die Ergebnisse eingetragen werden, die die jeweiligen Aussagen repräsentieren. Ausgangspunkt der Beschreibung der von einer PPS-Aufgabe betroffenen Aussagen ist die Modelldefinition. Sie legt Umfang und Detaillierungsgrad fest, da in ihr die Faktorklassen, die Vorgangsklassen und die Zeitmodelle spezifiziert sind. Die Daten einer PPS-Aufgabe können dann wie folgt definiert werden: Die Ausgangsdaten werden durch einen Modellzustand beschrieben. Sie werden als eine spezielle Ereignismenge dargestellt, die in das Modell eingetragen wurde. Diese Menge kann auch während der Ausführung eines PPSVerfahrens verändert - aktualisiert - werden. Die gesuchten Daten sind ebenso wie die Ausgangsdaten eine spezielle Ereignismenge, die jedoch nicht vollständig beschrieben werden kann, da die Ereignisse ja noch nicht bekannt sind. Aber es sind Komponenten der gesuchten Ereignisse bekannt. Die Menge der gesuchten Ereignisse wird nämlich nicht durch die Frage „Welche Ereignisse sind gesucht?“ beschrieben, sondern durch die Formulierung bspw. der Fragen „Wann findet der Zugang von 50 Getriebewellen am Lager statt?“ und „Was findet um 11.00 Uhr am 13.3. am Lagereingang statt?“ Von den gesuch-

60

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

ten Ereignissen ist also entweder der sachliche Bezug und der Ereignistyp gegeben und nach dem zeitlichen Bezug des Stattfindens gefragt, oder es ist der zeitliche Bezug und der Ereignistyp gegeben und nach dem sachlichen Bezug gefragt. Damit ergibt sich folgende Definition: Die gesuchten Daten werden als spezielle Ereignismenge beschrieben, wobei die einzelnen Ereignisse entweder bezüglich ihres sachlichen Bezuges oder bezüglich ihres zeitlichen Bezuges unspezifiziert sind. Im Ergebnis der Durchführung eines PPS-Verfahrens wird die Lösung einer PPSAufgabe erzeugt. Diese Lösung ist wieder eine spezielle Ereignismenge: Die Lösung einer PPS-Aufgabe ist eine spezielle Ereignismenge im Modell der Produktion. Sie umfasst die Ausgangsdaten und die gesuchten Ereignisse, wobei die gesuchten Ereignisse vollständig spezifiziert sind. Die Lösung beschreibt zulässige Produktionen. Die Zulässigkeit der Lösung wird über die dritte Komponente des Sachziels einer PPS-Aufgabe beschrieben: Restriktionen sind Vorschriften, die es einem Adressaten erlauben, die Menge aller möglichen Ereignismengen in zwei disjunkte Teilmengen zu zerlegen. Eine Teilmenge enthält dann die zulässigen, die andere die unzulässigen Ereignismengen. Die Menge aller denkbaren Restriktionen lässt sich in zwei disjunkte Klassen zerlegen: – Restriktionen, die dem Modell der Produktion inhärent sind, – Restriktionen, die aufgabenspezifisch sind und spezielle technologische, organisatorische und ökonomische Eigenschaften des betrachteten Produktionssystems beschreiben. Aufgabenspezifische Restriktionen schließen gewisse Zustände aus (sachlicher Bezug) bzw. regeln die zeitliche Komponente dieser Zustände. Inhärente Restriktionen bilden die Materie-/Energieerhaltung in der Produktion ab. Sie unterteilen sich in die Bilanzgleichungen für die Knoten und die Gleichgewichtsbedingung für die Kanten. Die Bilanzgleichung an einem Faktorknoten besagt, dass die Gesamtheit an Faktoren, die durch Ereignisse am Punkt Mitte repräsentiert wird, eine (über der Zeit ermittelte) Resultierende der zu- und abgehenden Faktoren, die durch Ereignisse an den Punkten Zugang und Abgang repräsentiert werden sowie bereits vorhandener Faktoren ist. Diese Bilanzgleichung besagt demnach, dass in einem Faktorknoten keine Faktoren verloren gehen. Die Schnittstelle des Modells zur Umgebung wird daher immer durch eine Kante definiert, über die bspw. Ausschuss das System verlassen kann oder Inventurdifferenzen zugebucht werden können.76 Die Bilanzgleichung an einem Vorgangsknoten kann für die Faktoren und für die Vorgänge formuliert werden: Die auf die Faktoren bezogene Bilanzgleichung an einem Vorgangsknoten besagt, dass die Faktoren, die in einen Vorgangsknoten eingehen, vollständig in Vorgänge eingehen, und dass Faktoren, die aus dem Knoten austreten, nur von Vorgängen erzeugt wurden. Die auf die Vorgänge bezogene Bilanzgleichung an einem Vorgangsknoten besagt, dass die Gesamtheit der laufenden Vorgänge Resultierende der bis dahin begonnenen 76

Damit muss eine Korrektur eines Bestandes in einem Faktorknoten, die z. B. im Rahmen einer Inventur erfolgt, korrekterweise als Zugang oder Abgang über die Systemgrenzen erfolgen.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

61

und beendeten Vorgänge ist. Die erste Restriktion sagt aus, dass für den Verbrauch und die Erzeugung von Faktorströmen an einem Vorgangsknoten nur Vorgänge in Frage kommen und keine anderen Quellen bzw. Senken vorhanden sind. Die zweite Restriktion ist das Analogon zur Bilanzgleichung am Faktorknoten. Die Bilanzgleichungen sind lokal an einem Knoten geltende Beziehungen. Die Gleichgewichtsbedingung setzt dagegen die Ströme zwischen den Knoten zueinander in Beziehung. Ihr Gegenstand sind Ereignisse, die Faktorströme auf den Kanten beschreiben: Die Gleichgewichtsbedingung besagt, dass die Gesamtheit der aus einem Knoten austretenden Faktoren gleich der Summe der Faktorströme auf den von diesem Knoten wegführenden Kanten ist und dass die Gesamtheit der eingehenden Faktoren gleich der Summe der Faktorströme auf den zu diesem Knoten hinführenden Kanten ist. Die Gleichgewichtsbedingung fordert demnach, dass sich der Faktorstrom auf den Kanten nicht verringern oder erhöhen kann. Sie ist nur in einem nicht entarteten Graphen, der nicht nur aus isolierten Knoten besteht, sinnvoll formulierbar. Für entartete Graphen gelten nur die Bilanzgleichungen und die aufgabenspezifischen Restriktionen. Bei der Formulierung der inhärenten Restriktionen müssen gewisse Konsistenzbedingungen bezüglich der Modelldefinition und zur Erhaltung der Semantik der Interpretationen eingehalten werden: Von einer Bilanzgleichung oder einer Gleichgewichtsbedingung sind immer nur Ereignistypen mit derselben Interpretation betroffen. Es müssen die verschiedenen definierten Zeitmodelle berücksichtigt werden. Bestehen an benachbarten Knoten verschiedene Zeitmodelle, so muss die Umrechnung der Faktorströme auf die Zeitmodelle spezifiziert77 und beachtet werden.78 Bilanzgleichung und Gleichgewichtsbedingung gelten auch dann, wenn im Rahmen einer hierarchischen Planung beim Übergang von einer Modelldefinition zu einer anderen der Graph des Produktionsablaufs verändert und z. B. ein Faktorknoten in mehrere Faktorknoten aufgegliedert und zusätzliche Kanten definiert werden. Für den Übergang sind entsprechende Faktorströme zu ermitteln, die dann, wenn gewisse Teilmengen nicht mehr oder jetzt zusätzlich zu betrachten sind, über die Systemgrenzen erfolgen müssen. Die aufgabenspezifischen Restriktionen bilden technologische, organisatorische und ökonomische Besonderheiten und Erfordernisse eines Produktionssystems ab. Beispiele für technologisch bedingte Restriktionen sind die starre Verkettung von Vorgängen (Säubern einer Lackieranlage bei Farbwechsel), Mindestfüllhöhen, minimaler und maximaler Faktorstrom auf einer Kante, minimaler und maximaler Zugang oder Abgang an Faktoren an einem Knoten, maximales Fassungsvermögen von Lagern. Beispiele für organisatorisch bedingte Restriktionen sind Sicherheitsbestände, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Bestandsarten, früheste oder 77

Es muss eine Umrechnungsvorschrift explizit angegeben werden.

78

Wird einheitlich ein stetiges Zeitmodell verwendet und werden die sachlichen Bezüge nur über reelle Werte für Maßangaben formuliert, so können die Bedingungen als Differentialgleichungen formuliert werden. Bei diskreten Mengen müssen Differenzengleichungen verwendet werden.

62

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

späteste Termine. Beispiele für ökonomisch bedingte Restriktionen sind Mindestlosgrößen und maximale Verspätungen. Die aufgabenspezifischen Restriktionen müssen explizit formuliert werden. Soweit sie sich nur auf einen Ereignistyp oder nur auf Ereignisse an einem Knoten beziehen, werden sie diesen Konstrukten direkt zugeordnet. Beziehen sie sich auf umfassendere Ereignismengen, so werden sie dem Modell als Gesamtheit zugeordnet. Aufgabenspezifische Restriktionen können teilweise auch implizit modelliert werden, indem sie beim Aufbau der Modelldefinition berücksichtigt werden. Als Modellierungsregel gilt, dass aufgabenspezifische Restriktionen dann explizit modelliert werden, wenn sie gewisse Spezialfälle von Ereignissen oder zeitabhängige Eigenschaften des Produktionssystems abbilden. Das Sachziel einer PPS-Aufgabe kann wie folgt zusammengefasst werden: Das Sachziel einer PPS-Aufgabe besteht darin, ausgehend von den Ausgangsdaten eine konsistente Ereignismenge zu bestimmen, die die inhärenten und aufgabenspezifischen Restriktionen erfüllt und die gesuchten Ereignisse enthält. Das Nichterfüllen der Restriktionen durch eine Ereignismenge wird als Inkonsistenz dieser Ereignismenge bezeichnet. • Das Formalziel einer PPS-Aufgabe Anhand der Formalziele wird eine zulässige Lösung auf ihre Güte geprüft. Formalziele definieren damit eine gewisse Präferenzrelation auf der Menge der zulässigen Lösungen. Bspw. könnte dies eine Kostenfunktion sein. In der Praxis werden oft mehrere Ziele verfolgt. Um aus einer Menge von Zielen eine Präferenzrelation bezüglich der Lösungen ableiten zu können, ist es notwendig, die Ziele miteinander zu verknüpfen, zu kombinieren79 , was letztendlich heißt, einen Kompromiss zu finden. Die Kombination besteht meist in einer Gewichtung der Einzelziele und der Umrechnung auf eine Maßgröße. Neben den ergebnisbezogenen Formalzielen, die sich auf die Lösung einer PPSAufgabe beziehen, gibt es durchführungsbezogene Formalziele, die das Lösungsverfahren auf seine Güte prüfen. Sie können sich bspw. auf die entstehende Rechnerauslastung oder die Zeit bis zur Lösungsfindung beziehen.80 Allgemein ist ein Formalziel daher wie folgt definiert: Ein Formalziel besteht aus einer Vorschrift zur Bewertung der Lösung und/oder der Lösungsfindung einer PPS-Aufgabe und aus einer Angabe der gewünschten Eigenschaften der Lösung oder der Lösungsfindung in diesen Wertmaßstäben. • Vor- und Nachereignisse - Verknüpfung von PPS-Aufgaben Die Vor- und Nachereignisse einer PPS-Aufgabe erlauben es, eine Aufgabe in einen Ablauf von Aufgaben einzubinden. Ein solches System gekoppelter PPS-Aufgaben liegt bspw. vor, wenn verschiedene Bereiche eines Produktionssystems separat für sich modelliert und dafür PPS-Aufgaben definiert werden. Wenn die abgebildeten Bereiche gekoppelt sind, so sind auch die zugehörigen PPS-Aufgaben gekoppelt. 79

Zur Lösung von Vektoroptimierungsproblemen siehe Nemhauser et al. [NRT89], S. 663ff.

80

Die durchführungsbezogenen Formalziele werden im Folgenden nicht mehr betrachtet.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

63

Die Aussagen über die zeitlichen und sachlichen Bezüge der Ereignisse, die die aus einem Bereich austretenden Faktorströme beschreiben, müssen in entsprechende Aussagen für das Modell umgewandelt werden, in welches diese Faktorströme eintreten. Wird z. B. entgegen der Orientierung des Graphen des Produktionsablaufs „rückwärts“ gerechnet („späteste Termine“) und werden derart berechnete Faktorströme („Bedarfe“) übermittelt, dann entspricht die Kopplung einem pull-Prinzip (siehe auch Kapitel 5). Entstehende Bestände müssen hier durch den Lieferanten verantwortet werden. Wird entlang des Graphen des Produktionsablaufs „vorwärts“ gerechnet und werden früheste Termine ermittelt, dann entspricht die Kopplung einem push-Prinzip. Hier ist der Kunde in der Bestandsverantwortung. Ein anderer Fall von Kopplung liegt bei hierarchisch geordneten PPS-Aufgaben vor, wenn bspw. eine auf einem groben Modell basierende PPS-Aufgabe gelöst wird und deren Lösung als Vorgabe - also als Ausgangsdaten - für die hierarchisch untergeordnete Aufgabe dient. Die Beziehung zwischen gekoppelten PPS-Aufgaben wird über die Modelldefinitionen/Ereignismengen realisiert. Diese müssen ihrer Bedeutung entsprechend von einem Modell in das andere umgesetzt werden. Dazu sind geeignete Umsetzungsvorschriften zu definieren. Diese sind vom Wesen her den Umrechnungsvorschriften zwischen Zeitmodellen und den Interpretationsvorschriften zur Umsetzung von Ereignismengen in die Realität und umgekehrt gleich. Die in einem Modell bestimmten Ereignismengen werden dann Ausgangsdaten für ein anderes, im Ablauf der Aufgabendurchführung nachgeordnetes Modell.

2.2.3

Formale Definition des Modells für PPS-Aufgaben

In diesem Abschnitt wird das in Abschnitt 2.2.2 vorgestellte Modell formalisiert. Folgende Hilfsfunktionen und Mengenbezeichnungen werden verwendet: DB Definitionsbereich einer Funktion, P Potenzmenge einer Menge81 , Projektion eines Tupels auf seine i-te Komponente82 , pri N die Menge der natürlichen Zahlen, R die Menge der reellen Zahlen, I(R) die Menge aller halboffenen reellen Intervalle83 , ≤ M totale Ordnung auf einer Menge M84 , VB Funktion, die einem Knoten in einem Graphen seinen Vorbereich zuordnet, NB Funktion,die einem Knoten in einem Graphen seinen Nachbereich zuordnet.85 81

Vgl. [BRSE79], S. 542.

82

Vgl. [BRSE79], S. 31f.

83

Zur Definition des Begriffs halboffenes reelles Intervall siehe [BRSE79], S. 242.

84

Zur Definition des Begriffs totale Ordnung siehe [BRSE79], S. 549.

64

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

• Das Aufgabenobjekt - das Modell der Produktion Mehrfach wurde bereits angesprochen (Abschnitt 2.2.1 und Abschnitt 2.2.2), dass es dem Modellierer frei gestellt ist, was an identifizierenden Eigenschaften einem einzelnen Faktor/Vorgang, was einem Knoten zugeordnet wird. Bei Serienfertigung wird man soviele Eigenschaften wie möglich beim Knoten, bei Einzelfertigung die wesentlichen Eigenschaften auf Faktor-/Vorgangsbasis definieren. Alle Elemente einer Beschreibung sollen in diesem Abschnitt dem Knoten zugeordnet werden. Damit sind alle einem Knoten zugeordneten Faktoren bzw. Vorgänge hinsichtlich dieser Beschreibung identisch; für die Abbildung einer Einzelfertigung mit individuell verschiedenen Faktoren muss dann für einen Faktor ein Knoten definiert werden.86 – Definition der Knoten und ihrer Beschreibungen Es seien FK die Menge der Faktorknoten, VK die Menge der Vorgangsknoten mit FK < ∞ , VK < ∞ .87 Weiterhin werde mit fk ∈ FK ein Faktorknoten und mit vk ∈ VK ein Vorgangsknoten bezeichnet. Es seien außerdem F die Menge aller Faktoren, V die Menge aller Vorgänge (beides bezogen auf den Betrachtungszeitraum des Modells) und F b eine Beschreibung von Faktoren, V b eine Beschreibung von Vorgängen. F

V

Es gilt dann b :F → { 0, 1 } bzw. b :V → { 0, 1 } . Die Mengen der Urbilder dieser Funktionen werden dann wie folgt bezeichnet: (bF )

–1

V –1

(b )

( 1 ) = :F ( 1 ) = :V

⊥b

F

Menge aller der Beschreibung b

⊥b

V

Menge aller der Beschreibung b

F V

genügenden Faktoren, genügenden Vorgänge.

Die Menge aller Beschreibungen sei bezeichnet mit B

F

Beschreibungen für Faktoren,

85

Sei also G = ( V, K ) ein Graph mit der Knotenmenge V und der Kantenmenge K, dann gilt mit und mit VB:V → P ( V ) VB ( v ) = { v'| ( v', v ) ∈ K } NB:V → P ( V ) NB ( v ) = { v'| ( v', v ) ∈ K } .

86

Dies ist durchaus ein üblicher Weg. Man denke dazu an die Netzplantechnik, bei der ein Vorgangsknoten ja auch nur ein einziges Mal für einen einzigen Vorgang instantiiert wird.

87

Es kann zwar beliebig fein modelliert werden, aber in einem Modell werden nur an endlich vielen Stellen Entscheidungen getroffen, sonst könnte man das Unterfangen PPS gleich aufgeben (siehe auch die Diskussion von „Entscheidungsnotwendigkeit“ in Abschnitt 1.3 und Abschnitt 2.2.1).

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

B

V

65

Beschreibungen für Vorgänge.

Jede Beschreibung eines Vorgangs b bung,

die

wie

B ein, B aus ⊆ B

F

folgt

V

ist äquivalent zu einer expliziten BeschreiV V b ≅ bˆ = ( B ein, B aus, T, t ) ,

aussieht:

wobei

die Beschreibungen der ein- und austretenden Faktoren sind, T

ein Zeitmodell und t eine Funktion ist. Es gilt: t:T → B ein ∪ B aus . Die Menge alV

ler dieser Beschreibungen werde mit Bˆ bezeichnet. Ist eine Beschreibung gegeben, so ist klar, welche Menge von Faktoren bzw. Vorgängen gemeint ist. Ist jedoch umgekehrt eine Menge von Faktoren bzw. Vorgängen gegeben, so gibt es dafür im allgemeinen mehrere Beschreibungen. Daher wird das Konstrukt des Beschreibungsschemas eingeführt. Es sei bsF ein Beschreibungsschema für Faktoren, bsV ein Beschreibungsschema für Vorgänge, F

F

V

V

wobei gilt bs :B → { 0, 1 } bzw. bs :B → { 0, 1 } . Dann haben die Urbilder dieser Funktion die folgende Bedeutung. Es ist die Menge aller nach dem BeschreibungsF –1 F F ( bs ) ( 1 ) = :B F ⊂ B schema bsF erstellten Beschreibungen für ⊥bs Faktoren und die Menge aller nach dem BeschreibungsV –1 V V ( bs ) ( 1 ) = :B V ⊂ B schema bsV erstellten Beschreibungen für ⊥bs Vorgänge, und es gilt F F · F ∀( M ∈ P ( F ) ) ∃! § b ∈ B F : ( ∀( f ∈ M ) :b ( f ) = 1 ) sowie analog © ⊥bs ¹ V V · V ∀( M ∈ P ( V ) ) ∃! § b ∈ B V : ( ∀( v ∈ M ) :b ( v ) = 1 ) . © ⊥bs ¹ Es sei

BS BS

F V

ˆ V BS

die Menge aller Beschreibungsschemata für Faktoren, die Menge aller Beschreibungsschemata für Vorgänge, die Menge aller Beschreibungsschemata für Vorgänge, die auf explizite Beschreibungen führen, und es sei F

V

BS: = BS ∪ BS . Damit kann die eindeutige Abbildung definiert werden, die einer Menge von Faktoren bzw. Vorgängen die nach einem gewissen Schema erstellte Beschreibung zuordnet:

66

b

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

bs

F

:P (F) → B

F V F und b V:P ( V ) → B V. ⊥bs bs ⊥bs

Den Knoten des Graphen des Produktionsablaufs werden nun zunächst die Beschreibungsschemata zugeordnet, nach denen die Faktor- bzw. Vorgangsklassen und die sachlichen Bezüge der Ereignisse zu beschreiben sind. Anschließend werden ihnen über drei totale Funktionen88 die nach dem zugeordneten Schema erstellten Beschreibungen der durch sie repräsentierten Wirklichkeitsausschnitte zugeordnet. bs bs

FK

VK

:FK → BS

F

:VK → BS

V

b

und

b

und

ˆ VK :VK → BS ˆ V und bs

FK

VK

:FK → B

F

:VK → B

V

⊥ fk

( fk )

bs



bs

VK

( vk )



bs

VK

( Vk )



VK ˆV bˆ :VK → B

FK



bzw.

FK

sowie

vk ∈ VK



k

.

VK

Für diese Funktionen gilt wegen der Totalität: DB ( b

FK

DB ( b

) = DB ( bs

VK

FK

) = DB ( bs

) = FK , VK ˆ VK ) = VK . ) = DB ( bˆ ) = DB ( bs

VK

Außerdem gelten folgende Definitionsgleichungen: ∀( fk ∈ FK ): § b ©

FK

( fk ) ∈ B

F ·, FK ⊥bs ( fk )¹

V VK · ∧ § bˆ VK ( Vk ) ∈ Bˆ V VK · ∀( vk ∈ VK ): § b ( vk ) ∈ B VK ˆ ( vk )¹ . © ⊥bs ( vk )¹ © ⊥bs Zur Abkürzung der Menge von Konstrukten, die die Beschreibungen betreffen, sei definiert:

B = ( bs

FK

,b

FK

, bs

VK

,b

VK ˆ VK ˆ VK , bs , b ).

– Definition des Graphen des Produktionsablaufs Dann werde mit G der Graph des Produktionsablaufs bezeichnet, der definiert ist als G = ( Kn, K ) , wobei Kn die Knotenmenge und K die Kantenmenge bezeichnet mit Kn = VK ∪ FK , Kn ≠ ∅ und K ⊆ ( VK × FK ) ∪ ( FK × VK ) . 88

Eine Funktion aus einer Menge M1 in eine Menge M2 heißt total, wenn der Definitionsbereich gleich der Menge M1 ist, vgl. [BRSE79], S. 550: „eine Funktion ... von M1 in M2...“.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

67

Mit diesen Bezeichnungen kann die Kompatibilitätseigenschaft des Graphen G formal definiert werden. Eine Kante soll nur dann zwischen zwei Knoten bestehen, wenn deren Beschreibungen so beschaffen sind, dass der Vorgangsknoten Faktoren produziert oder verbraucht, die der Faktorknoten aufnehmen oder abgeben kann. ∀( k ∈ K ) mit k = ( fk, vk ) ∈ FK × VK : ∀( k ∈ K ) mit



F ⊥b ∩ F

⊥b

FK

( fk )



F ⊥b ∩ F

⊥b

FK

( fk )

VK b ∈ pr 1 ( bˆ ( vk ) )

k = ( vk, fk ) ∈ VK × FK :

VK b ∈ pr 2 ( bˆ ( vk ) )

≠ ∅ bzw.

≠ ∅.

– Definition von Zeitmodellen89 Weiterhin sei T die Menge aller Zeitmodelle in einem Modell und T ∈ T ein Zeitmodell, wobei gilt T ∈ T ⊆ P ( R ) ∪ P ( I ( R ) ) = :T* Ein Zeitmodell T heißt stetiges Zeitpunktmodell, wenn gilt: T ∈ P ( R ) und ∀( t ∈ T ) : t ist Häufungspunkt90, diskretes Zeitpunktmodell, wenn gilt: T ∈ P ( R ) und ∀( t ∈ T ) : t ist isolierter Punkt91, Zeitraummodell, wenn gilt: T ∈ P ( I ( R ) ) und ∀( t, t' ∈ T )t ≠ t' Ÿ t ∩ t' = ∅ . Auf jedem Zeitmodell T ist eine totale Ordnung ≤T definiert, die aus abgeleitet werden kann92: T ∈ P ( R ) : ∀t 1, t 2 ∈ T : t 1 ≤ t 2 Ÿ t 1 ≤ t 2 , R T T ∈ P ( I ( R ) ) : ∀t 1, t 2 ∈ T : ∃( ( t' ∈ t 1 ), ( t'' ∈ t 2 ) ) ( t' ≤ R t'' ) Ÿ t 1 ≤

≤R wie folgt t . T 2

– Definition der Zuordnungsvorschrift93 Es bezeichne U ( T 1, T 2 ) die Zuordnungsvorschrift zwischen zwei Zeitmodellen T 1 und T 2 . 89

Zur Erläuterung siehe Abschnitt 2.2.2.

90

Zum Begriff Häufungspunkt siehe [BRSE79], S. 243.

91

Ebenda

92

Wobei in der Notation hier nicht mehr differenziert wird, ob t einen isolierten Zeitpunkt, also ein einzelnes Element, oder eine Zeitmenge in einem Zeitraummodell darstellt.

93

Zur Erläuterung siehe Abschnitt 2.2.2

68

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Dann gilt U ( T 1, T 2 ) = U ( t, t' ) ∈ U



⊆ ( T 1, T 2 ) ∪ U ≤ ( T 1, T 2 ) ⊆ ( T 1 × T 2 ) ∪ ( T 2 × T 1 ) , wobei

( T 1, T 2 ) bedeutet, dass t ⊆ t' , und

( t, t' ) ∈ U ( T 1, T 2 ) bedeutet, dass t ≤ T ∪ T t' . 1 2 ≤ Es gilt für U



( T 1, T 2 ) :

t ∈ T 1, t′ ∈ T 2 : ( ( t, t' ) ∈ U



( T 1, T 2 ) ∧ ( t', t ) ∈ U

⊆ ( T 1, T 2 ) ) Ÿ ( t = T1 ∪ T 2 t' ) ,

0

t ∈ T 1, t′, t ∈ T 2 : ( ( t, t' ) ∈ U ( T 1, T 2 ) ∧ ( t ≠ T ∪ T t' ) ) Ÿ∀t 1 2 ⊆

0

0

: ( t, t ) ∉ U



( T 1, T 2 ) ,

t 1, t 2 ∈ T 1, t 3, t 4 ∈ T 2 : ( ( t 1, t 3 ) ∈ U ( T 1, T 2 ) ) ∧ ( ( t 2, t 4 ) ∈ U ( T 1, T 2 ) ) : ⊆ ⊆ t 1 ≤ T t2 Ÿ t 3 ≤ T t4 , 1 2 bzw. Analoges für t 3, t 4 ∈ T 1, t 1, t 2 ∈ T 2 . Es gilt für U ( T 1, T 2 ) :



t ∈ T 1, t′ ∈ T 2 : ( ( t, t' ) ∈ U ( T 1, T 2 ) ∧ ( t', t ) ∈ U ( T 1, T 2 ) ) Ÿ ( t = T ∪ T t' ) , 1 2 ≤ ≤ 0

t ∈ T 1, t′, t ∈ T 2 : 0 0 0 ( ( t, t' ) ∈ U ( T 1, T 2 ) ) Ÿ ∀t : § t' ≤ T t · ∨ § ( t, t ) ∉ U ( T 1, T 2 )· © © ¹ 2 ¹ ≤ ≤ 0

bzw. Analoges für t ∈ T 2, t′, t ∈ T 1 , t 1, t 2 ∈ T 1, t 3, t 4 ∈ T 2 : ( ( t 1, t 3 ) ∈ U ( T 1, T 2 ) ) ∧ ( ( t 2, t 4 ) ∈ U ( T 1, T 2 ) ) : t 1 ≤ T t2 Ÿ t 3 ≤ T t4 ≤ ≤ 1 2 bzw. Analoges für t 3, t 4 ∈ T 1, t 1, t 2 ∈ T 2 . – Definition von Ereignistypen94 Es sei I 94

eine Menge von Interpretationen und

Zur Erläuterung siehe Abschnitt 2.2.2

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

i∈I L L

69

ein Element von I sowie

FK

die Menge der Punkte an einem Faktorknoten bzw.

VK

die Menge der Punkte an einem Vorgangsknoten, an denen Ereignisse stattfinden (vorgegeben, aufgezeichnet) werden können, die Menge der Punkte im Modell, an denen Ereignisse stattfinden können, ein Element von L,

L l∈L wobei gilt L L

FK VK

=

{Zugang, Mitte, Abgang},

=

{Zugang, beginnender Vorgang, laufender Vorgang, endender Vorgang, Abgang} und

L = ( FK × L

FK

) ∪ ( VK × L

VK

)∪K.

Dann bezeichne etyp einen Ereignistyp, der definiert ist als Tripel etyp = (l,i,T ) mit l ∈ L , i ∈ I und T ∈ T , und ETYP bezeichne die Menge aller Ereignistypen in einem Modell. Für ETYP müssen folgende Konsistenzbedingungen gelten: – An jedem Punkt im Modell gibt es mindestens einen Ereignistyp: ∀( l ∈ L ) ∃( etyp ∈ ETYP ) : pr 1 ( etyp ) = l – Es gibt mindestens eine modelldurchgängige Interpretation, den Plan: ∃( i ∈ I ) ∀( l ∈ L ) ∃( etyp ∈ ETYP ) : ( pr 2 ( etyp ) = i ) ∧ ( pr 1 ( etyp ) = l ) – Haben zwei Ereignistypen an einem Punkt im Modell dieselbe Interpretation, dann haben sie auch dasselbe Zeitmodell und fallen zusammen: ∀( etyp 1, etyp 2 ∈ ETYP ) : ( pr 1 ( etyp 1 ) = pr 1 ( etyp 2 ) ) ∧ ( pr 2 ( etyp 1 ) = pr 2 ( etyp2 ) ) Ÿ p r 3 ( etyp 1 ) = pr 3 ( etyp2 ) – Definition der Modelldefinition95 Der Lösungsraum für eine zu lösende PPS-Aufgabe wird durch MD - die Modelldefinition - festgelegt, die definiert ist als Tupel MD = ( G, B, ETYP ) .

95

Zur Erläuterung siehe Abschnitt 2.2.2

70

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

– Definition von Modellereignissen96 Weiterhin bezeichne z ein Ereignis. Ein Ereignis ist definiert als Tripel z = ( s, t, etyp ) F

mit s ∈ B ∪ B

V

oder genauer F ⊥s ⊆ F max bzw. V ⊥s ⊆ V max , ⊥b ( etyp ) ⊥b ( etyp )

was der Lesbarkeit halber auch mit s ⊆ b

max

( etyp ) bezeichnet werden soll, und

t ∈ T = pr 3 ( etyp ) , wobei ­ b FK ( pr ( pr ( etyp ) ) ),falls pr ( etyp ) ∈ FK × LFK ° 1 1 1 ° VK ° b ( pr ( pr ( etyp ) ) ), 1 1 ° ° VK ° ∧ falls pr 1 ( etyp ) ∈ VK × L ° pr 2 ( pr 1 ( etyp ) ) ∈ {beginnender Vorgang, laufender ° ° Vorgang, endender Vorgang} ° § · ° ¨ ¸ ° b FK F ∩ F FK ∪ ∪ ⊥b¸ , ⊥b ( fk ) ° bs ( fk ) ¨ VK © fk ∈ VB ( vk ) ¹ ° b ∈ pr1 ( bˆ ( vk ) ) ° ° VK ∧ pr 1 ( pr 1 ( etyp ) ) = vk ∧ falls pr 1 ( etyp ) ∈ VK × L ° max b = ® ° pr 2 ( pr 1 ( etyp ) ) = Zugang ° ° § · ° ¨ F FK ∩ F ⊥b¸ , ° b FK ∪ ∪ ¨ ¸ ° bs ( fk ) © fk ∈ NB ( vk ) ⊥b ( fk ) VK ¹ b ∈ pr 2 ( bˆ ( vk ) ) ° ° VK ° ∧ pr 1 ( pr 1 ( etyp ) ) = vk ∧ falls pr 1 ( etyp ) ∈ VK × L ° ° pr 2 ( pr 1 ( etyp ) ) = Abgang ° ° ° b FK ( pr ( pr ( etyp ) ) ),falls pr ( etyp ) = ( fk, vk ) ∈ K 1 1 1 ° ° ° b FK ( pr ( pr ( etyp ) ) ),falls pr ( etyp ) = ( vk, fk ) ∈ K 2 1 1 ¯ für den Faktor- und Vorgangsknoten, die Zugangs- und Abgangsfaktoren sowie die Kanten zum und vom Vorgangsknoten gilt. Die Menge aller nach der Modelldefinition erlaubten Ereignisse Z - die maximale Ereignismenge - ist bestimmt durch ­ ½ max Z = ® ( s, t, etyp ) s ⊆ b ( etyp ), t ∈ pr 3 ( etyp ), etyp ∈ ETYP ¾ . ¯ ¿ 96

Zur Erläuterung siehe Abschnitt 2.2.2

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

71

– Definition des Modellzustands und des Zustands der Produktion97 Weiterhin werden MZ ( τ )

der Modellzustand zum Ausführungszeitpunkt98 τ und

ZP ( τ )

der Zustand der Produktion zum Ausführungszeitpunkt τ

als Teilmenge der maximalen Ereignismenge mit MZ ( τ ), ZP ( τ ) ⊆ Z definiert, wobei die Ereignisse von ZP(τ) den gleichen zeitlichen Bezug haben: ∀( ( s 1, t 1, etyp 1 ), ( s 2, t 2, etyp 2 ) ∈ ZP ( τ ) ): ( t 1 = ( pr ( etyp ) ∪ pr ( etyp ) ) t2 ) 3

1

3

2

• Das Sachziel – Definition der Ausgangsdaten und der gesuchten Daten Die Ausgangsdaten einer PPS-Aufgabe sind eine spezielle Ereignismenge: AD ⊆ Z . Die gesuchten Daten sind eine teilweise spezifizierte Ereignismenge: GD ⊆ P ( Z ) . Jedes Element von GD definiert daher eine Teilmenge der maximalen Ereignismenge. – Definition der Restriktionen Der zulässige Bereich für eine PPS-Aufgabe ist eine Teilmenge der durch die Modelldefinition MD bestimmten maximalen Ereignismenge Z. Dieser wird bestimmt durch die Hinzunahme von Einschränkungen, wobei R eine Restriktion und ℜ die Menge aller auf einem Modell definierten Restriktionen bezeichnet, die definiert sind als R: P ( Z ) → { 0, 1 } . Die Menge der Restriktionen teilt sich auf in ℜ inh

die inhärenten Restriktionen und

ℜ spez

die aufgabenspezifischen Restriktionen,

so dass gilt ℜ = ℜinh ∪ ℜ spez . Die Elemente von ℜ inh sind die Bilanzgleichung für Faktorknoten, RBilanz ,FK RBilanz ,VK,F die auf Faktoren bezogene Bilanzgleichung am Vorgangsknoten, RBilanz, VK,V die auf Vorgänge bezogene Bilanzgleichung am Vorgangsknoten sowie 97

Zur Erläuterung siehe Abschnitt 2.2.2

98

Der Ausführungszeitpunkt bezeichnet einen realen Zeitpunkt bei der Durchführung eines PPSVerfahrens. Nach jedem Schritt im PPS-Verfahren ist im Modell eine bestimmte Menge von Ereignissen eingetragen, und dies ist der Modellzustand.

72

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

RGG,Zugang RGG,Abgang

die auf Zugänge bezogene Gleichgewichtsbedingung, die auf Abgänge bezogene Gleichgewichtsbedingung,

also gilt ℜ inh = {RBilanz,FK,RBilanz,VK,F,RBilanz,VK,V,RGG,Zugang,RGG,Abgang}. Die inhärenten Restriktionen werden im Folgenden definiert, indem angegeben wird, wann eine Ereignismenge MZ die jeweilige Bedingung erfüllt. Im Folgenden wird der Index am Gleichheitssymbol für Zeitelemente der Übersichtlichkeit halber weggelassen: Es ist aus dem Zusammenhang klar, auf welcher Menge das Gleichheitsprädikat definiert ist. Darüber hinaus werden ebenfalls aus Übersichtlichkeitsgründen für die Mengenoperatoren ∪ und \ die Zeichen + und - verwendet. Es sei MZ = { z ( pr 2 ( etyp ) = Plan ) } . Dann gilt für die Bilanz am Faktorknoten: R Bilanz, FK ( MZ ) = 1 ⇔ ∀fk ∈ FK : h

j

0

∀n, m ∈ N , ∀z, z Z, z A, z ∈ MZ , h=1,...,n, j=1,...,m, wobei z = ( s, t, etyp ) mit

pr 1 ( etyp ) ∈ FK × L

FK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp ) ) = fk , pr 2 ( pr 1 ( etyp ) ) = Mitte , h

h h

z Z = ( s Z, t Z, etypZ ) mit

pr 1 ( etyp Z ) ∈ FK × L

FK

,

pr 1 ( pr 1 ( etypZ ) ) = fk , pr 2 ( pr 1 ( etypZ ) ) = Zugang , j

j

j

z A = ( s A, t A, etyp A ) mit

pr 1 ( etyp A ) ∈ FK × L

FK

,

pr 1 ( pr 1 ( etypA ) ) = fk , pr 2 ( pr 1 ( etypA ) ) = Abgang , 0

0 0

0

z = ( s , t , etyp ) , also pr 3 ( z ) = pr 3 ( z ) = etyp , l

l

0

n

m

t Z = t A = t und t Z = t A = t – 1 n

gilt: F ⊥pr ( z ) = 1

∪ F⊥pr

h=1

m h 1 ( zZ )



∪ F⊥pr

j=1

j 1 ( zA )

+F

0

⊥pr 1 ( z )

Für die Bilanz am Eingang und Ausgang eines Vorgangsknoten, bezogen auf Faktoren, gilt: R Bilanz, VK, F ( MZ ) = 1 ⇔

∀vk ∈ VK :

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

h

j

∀n, m ∈ N , ∀z Z, z B ∈ MZ , h=1,...,n, j=1,...,m, wobei h

h h

z Z = ( s Z, t Z, etyp Z ) mit

pr 1 ( etyp Z ) ∈ VK × L

VK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp Z ) ) = vk , pr 2 ( pr 1 ( etyp Z ) ) = Zugang , j

j

j

z B = ( s B, t B, etyp B ) mit

pr 1 ( etyp B ) ∈ VK × L

VK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp B ) ) = vk , pr 2 ( pr 1 ( etyp B ) ) = beginnender Vorgang , j ˆ ET und pr 1 ( z B ) ∈ B l

l

n

m

∪ F ⊥pr

=

t Z = t B und t Z = t B

m

n

gilt:

h=1

h 1 ( zZ )

∪ ∪s ∈ pr

j=1

j 1 ( pr 1 ( z B ) )

F ⊥s ,

und h

j

∀n, m ∈ N , ∀z A, z E ∈ MZ , h=1,...,n, j=1,...,m, wobei h

h

h

z A = ( s A, t A, etypA ) mit

pr 1 ( etypA ) ∈ VK × L

VK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp A ) ) = vk , pr 2 ( pr 1 ( etyp A ) ) = Abgang , j

j

j

z E = ( s E, t E, etyp E ) mit

pr 1 ( etypE ) ∈ VK × L

VK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp E ) ) = vk , pr 1 ( pr 1 ( etypE ) ) = endender Vorgang , ET j pr 1 ( z E ) ∈ Bˆ , l

l

n

m

t A = t E und t A = t E m n = ∪ gilt: ∪ F h h=1

⊥pr 1 ( z A )

j=1

∪s ∈ pr

j 1 ( pr 1 ( z E ) )

F ⊥s .

Für die Bilanz am Vorgangsknoten, bezogen auf Vorgänge, gilt: R Bilanz, VK, V ( MZ ) = 1 ⇔ ∀vk ∈ VK :

73

74

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

h

j

0

∀n, m ∈ N , ∀z, z B, z E, z ∈ MZ , h=1,...,n, j=1,...,m, wobei z = ( s, t, etyp )

pr 1 ( etyp ) ∈ VK × L

mit

VK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp ) ) = vk , pr 2 ( pr 1 ( etyp ) ) = laufenderVorgang, h

h

h

z B = ( s B, t B, etyp B ) mit

pr 1 ( etypB ) ∈ VK × L

VK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp B ) ) = vk , pr 2 ( pr 1 ( etyp B ) ) = beginnenderVorgang, j

j

j

z E = ( s E, t E, etyp E ) mit

pr 1 ( etypE ) ∈ VK × L

VK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp E ) ) = vk , pr 2 ( pr 1 ( etyp E ) ) = endenderVorgang, 0

0 0

0

z = ( s , t , etyp ) , also l

l

0

n

pr 3 ( z ) = pr 3 ( z ) = etyp , m

t B = t E = t und t B = t E = t – 1 m

n



gilt: V ⊥pr ( z ) = 1

h=1

V

h

⊥pr 1 ( z B )



∪ V ⊥pr

j=1

j 1 ( zE )

+V

0

⊥pr1 ( z )

.

Für das Gleichgewicht auf der Zugangsseite gilt: R GG, Zugang ( MZ ) = 1 ⇔ ∀fk ∈ FK : h

j

∀n, m ∈ N , ∀z Z, z F, k ∈ MZ , h=1,...,n, j=1,...,m, k=(vk,fk), vk ∈ VB ( fk ) wobei h

h h

z Z = ( s Z, t Z, etypZ ) mit

pr 1 ( etypZ ) ∈ FK × L

FK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp Z ) ) = fk , pr 2 ( pr 1 ( etyp Z ) ) = Zugang, j

j

j

z F, k = ( s F, k, t F, k, etyp F, k ) mit pr 1 ( etyp F, k ) = k ∈ K , (Fluss auf der Kante k), t1A = t1F,k und tnA = tmF,k ∀( k ∈ K ) mit k= (vk,fk) und vk ∈ VB ( fk )

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

m

gilt:

n

∪ ∪k

F

= ( vk, fk ) ⊥pr1 ( z jF, k ) vk ∈ VB ( fk )

j=1

=

∪ F ⊥pr

h=1

h 1 ( zZ )

,

und ∀vk ∈ VK : h

j

∀n, m ∈ N , ∀z Z, z F, k ∈ MZ , h=1,...,n, j=1,...,m, k=(fk,vk), fk ∈ VB ( vk ) , wobei h

h h

z Z = ( s Z, t Z, etyp Z ) mit

pr 1 ( etyp Z ) ∈ VK × L

VK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp Z ) ) = vk , pr 2 ( pr 1 ( etyp Z ) ) = Zugang, j

j

j

z F, k = ( s F, k, t F, k, etypF, k ) mit pr 1 ( etyp F, k ) = k ∈ K , (Fluss auf der Kante k), t1A = t1F,k und tnA = tmF,k ∀( k ∈ K ) mit k= (fk,vk) und fk ∈ VB ( vk ) m

gilt:

n

∪ ∪k j=1

= ( fk, vk )

F

fk ∈ VB ( vk )

j ⊥pr 1 ( z F, k )

=

∪ F ⊥pr

h=1

h 1 ( zZ )

Für das Gleichgewicht auf der Abgangsseite gilt: R GG, Abgang ( MZ ) = 1 ⇔ ∀fk ∈ FK : h

j

∀n, m ∈ N , ∀z A, z F, k ∈ MZ , h=1,...,n, j=1,...,m, k=(fk,vk), vk ∈ NB ( fk ) , wobei h

h

h

z A = ( s A, t A, etyp A ) mit

pr 1 ( etyp A ) ∈ FK × L

FK

,

pr 1 ( pr 1 ( etyp A ) ) = fk , pr 2 ( pr 1 ( etypA ) ) = Abgang, j

j

j

z F, k = ( s F, k, t F, k, etypF, k ) mit pr 1 ( etyp F, k ) = k ∈ K , (Fluss auf Kante k), l

l

n

m

t A = t F, k und t A = t F, k ∀( k ∈ K ) mit k = (fk,vk) und vk ∈ NB ( fk )

75

76

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

m

n

∪ F ⊥pr

gilt:

h=1

h 1 ( zA )

∪ ∪k

=

j=1

= ( fk, vk )

F

vk ∈ NB ( fk )

j

⊥pr 1 ( z F, k )

,

und ∀vk ∈ VK : h

j

∀n, m ∈ N , ∀z A, z F, k ∈ MZ , h=1,...,n, j=1,...,m, k=(vk,fk), fk ∈ NB ( vk ) , wobei h

h

h

z A = ( s A, t A, etyp A ) mit

pr 1 ( etyp A ) ∈ VK × L

VK

,

pr 1 ( pr 1 ( etypA ) ) = vk , pr 2 ( pr 1 ( etyp A ) ) = Abgang, j

j

j

z F, k = ( s F, k, t F, k, etyp F, k ) mit pr 1 ( etyp F, k ) = k ∈ K , (Fluss auf Kante k), l

l

n

m

t A = t F, k und t A = t F, k ∀( k ∈ K ) mit k= (vk,fk) und fk ∈ NB ( vk ) n

gilt:

∪ h=1

m

F

h ⊥pr 1 ( z A )

=

∪ ∪k j=1

= ( vk, fk )

fk ∈ NB ( vk )

F

j

⊥pr 1 ( z F, k )

– Definition der zulässigen Lösung einer PPS-Aufgabe Eine Ereignismenge MZ ⊆ Z wird zulässige Produktion genannt, wenn sie folgende Bedingungen erfüllt: ∀( etyp ∈ ETYP ) mit pr 2 ( etyp ) = Plan : ∀( t ∈ pr 3 ( etyp ) ) ∃( z ∈ MZ ) : ( pr 3 ( z ) = etyp ) ∧ ( pr 2 ( z ) = t ) , ∀( R ∈ ℜ ) R ( MZ ) = 1 ∀( z 1, z 2 ∈ MZ ) : ( pr 3 ( z 1 ) = pr 3 ( z 2 ) ) ∧ ( pr 2 ( z 1 ) = pr 2 ( z 2 ) ) Ÿ ( pr 1 ( z 1 ) = pr 1 ( z 2 ) ) MZ ⊆ G D ∪ AD . Die Menge aller zulässigen Lösungen heiße MZL, und es gilt MZL ⊆ P ( Z ) .

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

77

• Das Formalziel Ein ergebnisbezogenes Formalziel definiert auf der Menge der zulässigen Lösungen eine Präferenzrelation Praef, die wie folgt definiert ist Praef: MZL → R , dabei ist R wieder die Menge der reellen Zahlen. Die auf dieser Menge definierte totale Ordnungsrelation bildet die Präferenz ab, wenn also gilt Praef ( ZL 1 ) ≤ Praef ( ZL 2 ) , dann wird die Lösung ZL2 der Lösung ZL1 vorgezogen, falls das Formalziel FZ lautet Praef ( ZL ) → max . • Die PPS-Aufgabe Eine PPS-Aufgabe ist das Tupel PA = ( MD, ℜ, A D, GD, FZ ) , wobei dessen Komponenten wie oben definiert sind. Damit ist das Modell einer PPS-Aufgabe formal definiert, und es ist gleichzeitig eine Notation eingeführt worden, die in den nächsten Abschnitten weiter verwendet wird.

2.2.4

Modell für PPS-Aufgaben - Anwendungsbeispiele

Das entwickelte Modell für PPS-Aufgaben soll in diesem Abschnitt beispielhaft zur Beschreibung zweier unterschiedlicher Produktionssysteme angewendet werden. Dazu wird im Folgenden zunächst die jeweils zugrundeliegende Produktion informal beschrieben, und dann werden die PPS-Aufgaben unter Verwendung der in der formalen Definition eingeführten Notation formuliert. Zur Kennzeichnung, dass es sich im Folgenden um ein konkretes Modell für eine PPS-Aufgabe und nicht um die Konstrukte einer Modellierungsmethode handelt, könnten alle Symbole noch mit einem zusätzlichen Index gekennzeichnet werden. Darauf wird aber der Lesbarkeit und der Übersichtlichkeit halber verzichtet. Freiheitsgrade bzw. unterschiedliche Beschreibungsformen, die die Notation noch zulässt, sollen aufgezeigt werden. 2.2.4.1

Flexible Fertigungszelle

• Beschreibung des Produktionssystems Die betrachtete flexible Fertigungszelle besteht aus einem Bearbeitungszentrum, einer Drehzelle, einer Montagezelle, einem Handarbeitsplatz und einer Meßstation sowie einem Fördersystem, das die Stationen miteinander verbindet. Die Montagezelle besteht aus zwei vierachsigen Scara-Robotern. Für die Handhabungsvorgänge steht an der Drehzelle sowie gemeinsam an Bearbeitungszentrum und Meßstation jeweils ein sechsachsiger Knickarmroboter zur Verfügung. Der Handarbeitsplatz wird gleichzeitig als Ein- und Ausschleusstation für die Paletten benutzt. Die flexible Fertigungszelle ist in Bild 2-19 dargestellt.

78

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Bild 2-19 Die flexible Fertigungszelle

Das Erzeugnis, dessen Herstellung Gegenstand der Beispielaufgabe ist, ist der in Bild 2-20 gezeigte Modellroboter. Er wird aus Aluminium gefertigt und besteht aus den Frästeilen Grundplatte, Gelenk, Gelenklager, den Drehteilen Säule, Bolzen, Linearachse und den Norm- bzw. Zukaufteilen Schraube, Feder, Sicherungsscheibe und Taster. Die Teile werden satzweise nach Fertigungsgruppen auf Paletten zusammengestellt und so durch das System gefördert. Dadurch entstehen vier Palettenarten: Frästeil-, Drehteil-, Normteil- und Fertigteilpaletten. Auf den Normteilpaletten werden Normteile für vier Modellroboter angeordnet, auf den Paletten der anderen Arten finden jeweils zwei Sätze von Teilen Platz. Zur Fertigung eines Modellroboters muss folgender Fertigungsablauf realisiert werden: An der Ein- und Ausschleusstation werden Frästeil- und Drehteilpaletten mit den der Palettenart entsprechenden Rohteilen und Normteilpaletten mit den Normteilen manuell bestückt und auf das Fördersystem aufgesetzt. Außerdem werden dort Leerpaletten als Fertigteilpaletten eingeschleust. Die Frästeile werden zum Bearbeitungszentrum, die Drehteile zur Drehzelle gefördert. Dort werden die Paletten durch die Handhabungsroboter vom Fördersystem abgenommen und auf Ablageplätze gestellt. Dann werden die Werkstücke durch die Handhabungsroboter in die Drehmaschine bzw. das Bearbeitungszentrum eingespannt und bearbeitet. Sind alle Werkstücke einer Palette bearbeitet, so wird entweder der normale Fertigungsablauf fortgesetzt oder ein Messvorgang zwischengeschaltet. Im normalen Fertigungsablauf folgt für die Drehteile ein Handarbeitsschritt, in dem der Magnet an die Linearachse angeklebt wird. Anschließend werden die Drehteilpaletten wieder auf das Fördersystem aufgesetzt und zur Montagezelle gefördert. Die Frästeilpaletten werden normalerweise direkt zur Montagezelle gefördert. Palettenbewegungen von der Fräszelle oder von dem Fördersystem zur Messstation werden vom Handhabungsroboter der Fräszelle durchgeführt. Nach einem Messvorgang werden die Paletten entweder zur Nacharbeit an die betreffende Bearbeitungsstation oder zur Montagezelle oder als Ausschuß zur Ausschleusstation

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

79

gefördert. Vor der Montagezelle werden die Paletten wiederum auf Ablageplätze umgesetzt. In der gewählten Palettierung lassen sich dann zwei Fertigteile montieren. Nach der Montage werden die leeren Werkstückpaletten und die Fertigteilpaletten zur Ausschleusstation gefördert.

Rohteile Fraesen

Fraesen

Fraesteile

Rohteile Drehen

Drehen

Drehteile

Montage

Roboter

Normteile

Bild 2-20 Der Modellroboter

Bild 2-21 Graph des Produktionsablaufs für die Mengenplanungsaufgabe

• PPS-Aufgabe für die flexible Fertigungszelle: Mengenplanung Obwohl die Mengenzusammenhänge sehr einfach sind, soll eine Mengenplanungsaufgabe (siehe Abschnitt 4.1 und Abschnitt 5.1) formuliert werden, da sich dazu auch das PPS-Verfahren vollständig aufschreiben lässt. Sie beinhaltet - informal ausgedrückt - folgende Fragestellung: Wieviele Rohteile jeder Art werden täglich benötigt, wenn das Produktionsprogramm je Tag bekannt ist? – Graph des Produktionsablaufs Den Produktionsablauf zeigt Bild 2-21. FK = {RohteileFraesen, RohteileDrehen, Normteile, Fraesteile, Drehteile, Roboter} VK = {Fraesen, Drehen, Montage} K =

G =

{(RohteileFraesen, Fraesen), (Fraesen, Fraesteile), (Fraesteile, Montage), (RohteileDrehen, Drehen), (Drehen,Dreheile), (Drehteile, Montage), (Normteile, Montage), (Montage, Roboter)} ( FK ∪ VK, K )

– Beschreibungen der Knoten und der sachlichen Bezüge In diesem Beispiel soll für die Beschreibung der sachlichen Bezüge der Ereignisse eine Multimengen-Darstellung99 verwendet werden. Bei der Bildung von Multimengen wird ein gewisser Abstraktionsbegriff zugrundegelegt, bezüglich dessen ei99

Für eine Definition vgl. [STAR90], S. 34.

80

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

nige Elemente einer Multimenge nicht mehr unterscheidbar sind. Die nicht unterscheidbaren Elemente bilden dann eine Sorte, und eine Multimenge wird beschrieben, indem die Anzahl der Elemente je Sorte für alle betrachteten Sorten angegeben wird. Die Sorte repräsentiert damit das Gemeinsame einiger Elemente, was im Kontext dieses Beispiels als Qualität der Faktoren bzw. Vorgänge interpretiert und den Knoten als Beschreibung zugeordnet wird. Die Sorten werden natürlichsprachlich beschrieben.100 Damit ist das Beschreibungsschema, nach dem in diesem Beispiel Faktoren/Faktorklassen bzw. Vorgänge/Vorgangsklassen beschrieben werden sollen, festgelegt.101 Die Knoten des Ablaufgraphen können mit jeweils einer Sorte, also Faktoren bzw. Vorgängen gleicher Qualität, identifiziert werden, da von der Palettierung abgesehen wurde. Daran orientiert sich auch die Darstellung in Bild 2-21, die dadurch an Lesbarkeit gewinnt. bFK(RohteileFraesen) = „Das ist ein Satz von Rohteilen für das Gelenk, die Grundplatte und das Gelenklager.“ bFK(RohteileDrehen) = „Das ist ein Satz von Rohteilen für den Bolzen, die Säule und die Linearachse.“ bFK(Normteile) =

„Das ist ein Satz von Teilen bestehend aus einer Schraube, einer Feder, einer Sicherungsscheibe und einem Taster.“

bFK(Fraesteile) =

„Das ist ein Satz von Teilen bestehend aus einem Gelenk, einer Grundplatte u. einem Gelenklager.“

bFK(Drehteile) =

„Das ist ein Satz von Teilen bestehend aus einem Bolzen, einer Säule und einer Linearachse.“

bFK(Roboter) =

„Das ist ein Modellroboter wie aus Bild 2 - 20.“

bFK(Fraesen) =

„Das ist die vollständige Fräsbearbeitung eines Satzes von Fräsrohteilen; sie dauert 5 Minuten.“

bVK(Drehen) =

„Das ist die vollständige Drehbearbeitung eines Satzes von Drehrohteilen; sie dauert 6 Minuten.“

bVK(Montage) =

„Das ist die vollständige Montage eines Modellroboters aus je einem Satz von Dreh-, Fräs- und Normteilen; sie dauert 4 Minuten.“

VK bˆ (Fraesen) = VK bˆ (Drehen) =

VK (Montage) = bˆ

({„ein Satz Rohteile Fräsen“}, {„ein Satz Frästeile“}, t(t0) = „ein Satz RohteileFräsen“, t(t0+5) = „ein Satz Frästeile“) {„ein Satz Rohteile Drehen“}, {„ein Satz Drehteile“}, t(t0) = „ein Satz Rohteile Drehen“, t(t0+6) =„ein Satz Drehteile“) ({„ein Satz Frästeile“, „ein Satz Drehteile“, „ein Satz Normteile“}, {„ein Roboter“}, t(t0) = „ein Satz Frästeile, ein Satz Drehteile, ein Satz Normteile“, t(t0+4) = „ein Roboter“)

100 Die

natürlich-sprachliche Beschreibung soll für die übliche Beschreibung mit Ident- und Klassifikationsschlüsseln sowie allen Stammdaten stehen und den üblichen Anforderungen an Eindeutigkeit, Unterscheidbarkeit usw. genügen.

101

Da die Multimengen-Darstellung in der Literatur definiert ist, wird hier darauf verzichtet, das Beschreibungsschema ausführlich aufzuschreiben.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

81

Aufbauend auf dieser Beschreibung der Knoten werden die sachlichen Bezüge gemäß der Multimengen-Darstellung mittels ganzer Zahlen dargestellt. – Zeitmodelle Das Zeitmodell ist ein Zeitraummodell (siehe Abschnitt 2.2.2, Abschnitt 3.1.1 und Abschnitt 3.1.2) und für alle Ereignistypen gleich. Es wird von 8 Stunden Arbeitszeit je Tag ausgegangen, wobei für die Aufgabe nur ein Tag betrachtet und eine Stunde als ein Zeitelement /-abschnitt abgebildet wird. T ={t i }i = 1, …, 8 ,t1:„1.Stunde, 12.2.2005“;...,t8:„8.Stunde, 12.2.2005“

– Interpretationen Als Interpretationen werden „Bedarf“ und „Bestand“ benutzt, die als Plan aufgefasst werden. I = {Bedarf,Bestand}

– Menge der Ereignistypen ETYP = (( VK ×{beginnenderVorgang,endenderVorgang}) × {Bedarf} ×{ T })

∪ ∪

(( Kn × {Zugang,Abgang}) ×{Bedarf}×{ T }) (( Kn ×{Mitte}) ×{Bestand} ×{ T })

– Restriktionen Zusätzlich zu den inhärenten Restriktionen sollen folgende aufgabenspezifische Restriktionen gelten: 0 ≤ pr1(z) ≤ 15 ∀ (z ∈ GD ) mit pr3(z) = ((Montage,endender Vorgang),Bedarf, T ) 0 ≤ pr1(z) ≤ 12 ∀ (z ∈ GD ) mit pr3(z) = ((Fraesen,endenderVorgang), Bedarf, T ) 0 ≤ pr1(z) ≤ 10 ∀ (z ∈ GD ) mit pr3(z) = ((Drehen,endenderVorgang), Bedarf, T ) ∀ (z ∈ GD ) pr1(z) ≥ 0 – Ausgangsdaten Die Ausgangsdaten beschreiben das gewünschte Produktionsprogramm für einen Tag und geben die zu Beginn des Tages vorhandenen Bestände an. AD = { z = (s, t,etyp) } mit s

t = ti mit i =

10 7 12 17 17 8 11 14 16 10 0

1 2 3 4 5 6 7 8 0 0 0

etyp ((Roboter, Abgang), Bedarf, T) ((Roboter, Abgang), Bedarf, T) ((Roboter, Abgang), Bedarf, T) ((Roboter, Abgang), Bedarf, T) ((Roboter, Abgang), Bedarf, T) ((Roboter, Abgang), Bedarf, T) ((Roboter, Abgang), Bedarf, T) ((Roboter, Abgang), Bedarf, T) ((Drehteile, Mitte), Bestand, T) ((Fraesteile, Mitte), Bestand, T) alle anderen Bestandsereignistypen

82

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Dabei wird der Bestand zu Ende des Zeitabschnitts geführt. Dementsprechend wird der Ausgangsbestand t0 zugeordnet. – Gesuchte Daten Die gesuchten Daten geben an, dass jeweils für alle Ereignistypen für alle Zeitelemente die zugehörigen sachlichen Bezüge der entsprechenden Ereignisse gesucht sind. GD = {z = (s,t,etyp)|((etyp ∈ ETYP )



t ∈ T )} – AD

Das Verfahren zur Lösung dieser PPS-Aufgabe wird in Abschnitt 2.4.4.1 beschrieben. • PPS-Aufgabe für die flexible Fertigungszelle: Simulation In einer zweiten PPS-Aufgabe für die flexible Fertigungszelle ist zu bestimmen, wann ein bestimmter Auftrag mit dem Ausschleusen des Modellroboters beendet wird, wobei der aktuelle Zustand des Produktionssystems vollständig bekannt ist. – Graph des Produktionsablaufs Der Graph zu dieser Aufgabe ist in Bild 2-22 dargestellt. Er wird hier nicht wie in der Mengenplanungsaufgabe durch die ausführliche formale Notation beschrieben. Da die Grafik der Übersichtlichkeit halber nicht ganz vollständig ist, muss ergänzend zur Grafik definiert werden, dass zu jedem Vorgangsknoten „Transport“ eine Kante von dem Faktorknoten „Shuttles“ führt und von jedem Vorgangsknoten „Transport“ eine Kante zu dem Faktorknoten „Shuttles“ (siehe die Modellierung eines Transports in Abschnitt 3.2.2.1). – Beschreibung der Knoten und sachlichen Bezüge Für diese Aufgabe ist ein detaillierteres Modell sowohl hinsichtlich des Produktionsablaufs als auch hinsichtlich der Zeit erforderlich. Außerdem reicht hier nicht mehr eine Beschreibung der sachlichen Bezüge in Form der Multimengen aus. Vielmehr muss hierbei für alle Paletten die Information geführt werden, für welche Aufträge sie Teile enthalten. Daher werden die sachlichen Bezüge mit Hilfe von Attributlisten beschrieben. Die Beschreibungen der Knoten sind durch die folgenden Tabellen gegeben. Die Beschreibungen sind attributiv aufgebaut, so dass jedem Knoten eine Liste von Attributen zugeordnet wurde. Für die Beschreibungen konkreter sachlicher Bezüge werden diese Attributlisten übernommen und, wenn nötig, die Attribute ausgeprägt102. Die Menge der möglichen Ausprägungen ist soweit als übersichtlich möglich angegeben. Durch die Angabe der Attributlisten und die Mengen der jeweils möglichen Ausprägungen sind auch die Beschreibungsschemata für dieses Beispiel definiert.

102 Für

sachliche Bezüge auszuprägende Felder sind grau hinterlegt.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

83

Transport12 Fraesteile Ausschuss Transport1

Fraesen

Fraesroh- Fraesrohteile teile ein

Transport6

Fraesteile

Messen

Transport10

Fraesteile Fraesteile vorMessen gemessen Fraesteile vorMontage

Transport5

Drehrohteile ein

Drehen

Drehrohteile

Transport7 Drehteile

Transport8

Ankleben

Drehteile vorKleben

Messen

Transport9

Transport11 Drehteile nachKleben

Transport3

Drehteile vorMontage

Leerpaletten

Roboter fertig Leerpaletten

Transport4

Drehteile Drehteile vorMessen gemessen Transport16

Modellroboter

Transport14

Transport2

Leerpaletten_ein Leerpaletten vorMontage

Montage

Transport15

Normteile Normteile ein vorMontage Transport13 Drehteile Ausschuss

Leerfahrt

Shuttles

Bild 2-22 Graph des Produktionsablaufs für die Simulation

Dabei ist definiert: Auftragsmenge = {(A 1,A2),(A3,A4),(A5,A6),(A7,A8)} und AuftragsmengeNT = {(A1,A2,A3,A4),(A5,A6,A7,A8)},

wobei die Ai Aufträge repräsentieren. Aufgrund der Palettierung laufen immer zwei bzw. bei Normteilpaletten (NT) vier Aufträge gemeinsam durch das System. Attributstyp Faktorknoten Verbrauchsfaktoren Fraesrohteile_ein Drehrohteile_ein Drehteile_Ausschuß Fraesrohteile Drehrohteile Fraesteile Drehteile Fraesteile_vorMessen Drehteile_vorMessen Fraesteile_nachMessen

Ort Ein-/Ausschleusstation Ein-/Ausschleusstation Ein-/Ausschleusstation Fräszelle Drehzelle Fräszelle Drehzelle Messstation Messstation Messstation

Palettenart Frästeilpaletten Drehteilpaletten Drehteilpaletten Frästeilpaletten Drehteilpaletten Frästeilpaletten Drehteilpaletten Frästeilpaletten Drehteilpaletten Frästeilpaletten

Aufträge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge

84

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung Attributstyp Faktorknoten Verbrauchsfaktoren

Ort

Palettenart

Drehteile_nachMessen Fraesteile_vorMontage Drehteile_vorKleben Drehteile_nachKleben Drehteile_vorMontage Fraesteile_Ausschuss Modellroboter aus

Messstation Montagezelle Ein-/Ausschleusstation Ein-/Ausschleusstation Montagezelle Ein-/Ausschleusstation Montagezelle Ein-/Ausschleusstation

Normteile_vorMontage Normteile_ein Leerpaletten_ein Leerpaletten_nachMontage

Montagezelle Ein-/Ausschleusstation Ein-/Ausschleusstation Montagezelle

Leerpaletten_vorMontage

Montagezelle

Aufträge

Drehteilpaletten Frästeilpaletten Drehteilpaletten Drehteilpaletten Drehteilpaletten Frästeilpaletten Leerpaletten Norm-, Fräs-, Drehteil, Leerpaletten Normteilpaletten Normteilpaletten Leerpaletten Norm-, Fräs-, Drehteilpaletten Leerpaletten

Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge AuftragsmengeNT AuftragsmengeNT

Attributstyp Faktorknoten Transportmittel Shuttles

Ort

Shuttle-ID

alleÜbergabeorte

{S1,...,S4}

alleÜbergabeorte= {vorDrehzelle, vorBearbeitungszentrum, an Ein-/Ausschleusstation, vorMontagezelle} Vorgangsknoten Geometrieveränderung Fraesen Drehen MessenDT MessenFT Montage Ankleben

Attributstyp Vorgang

Dauer

Fräsen Drehen Messen Drehteile Messen Frästeile Montage Ankleben

10 min 12 min 12 min 12 min 8 min 8 min

bearbeiteteAufträge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge Auftragsmenge

Die Vorgänge „Transport“ werden durch die Angabe der Anfangs- und Endorte sowie der Länge des Weges beschrieben. Daraus kann mit der gegebenen Fördergeschwindigkeit von 0,5 m/s die Dauer berechnet werden. Vorgangsknoten Ortsveränderung

Attributstyp Shuttle-ID Anfang

Ende

Palettenart

Länge

Aufträge

Transport1

Ein-/Ausschl.st. Montagezelle

Leerpaletten

9200 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport2

Ein-/Ausschl.st. Fräszelle

Frästeilpaletten

2450 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport3

Ein-/Ausschl.st. Drehzelle

Drehteilpaleten

2000 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport4

Ein-/Ausschl.st. Montagezelle

Normteilpaletten 9200 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport5

Fräszelle

Montagezelle

Frästeilpaletten

2600 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport6

Fräszelle

Messstation

Frästeilpaletten

10 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport7

Drehzelle

Ein-/Ausschl.st. Drehteilpaletten 2000 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport8

Drehzelle

Messstation

Drehteilpaletten 5150 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport9

Messstation

Ein-/Ausschl.st. Drehteilpaletten 2450 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben Vorgangsknoten Ortsveränderung

85

Attributstyp Shuttle-ID Anfang

Ende

Transport10 Messstation

Palettenart

Montagezelle

Transport11 Ein-/Ausschl.st. Montagezelle

Frästeilpaletten

Länge

Aufträge

2600 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Drehteilpaletten 9200 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport12 Messstation

Ein-/Ausschl.st. Frästeilpaletten

2450 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport13 Messstation

Ein-/Ausschl.st. Drehteilpaletten 2450 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport14 Montagezelle

Ein-/Ausschl.st. Frästeil-, Drehteil-, Normteil-, Leerpaletten

9200 mm

-

Transport15 Messstation

Fräszelle

Frästeilpaletten

10 mm

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Transport16 Messstation

Drehzelle

Drehteilpaletten 5150 mm

Attributstyp

{S1,...,S4}

Auftragsmenge {S1,...,S4}

Vorgangsknoten „Leerfahrt“

Anfang

alleÜbergabeorte

Ende

alleÜbergabeorte

Länge

{2000 mm, 2450 mm, 2600 mm, 5150 mm, 9200 mm}

Shuttle-ID

{S1,...,S4}

– Zeitmodell Das Zeitmodell ist für alle Ereignistypen einheitlich ein 10-Sekundenmodell für 1 Woche à 5 Tage à 8 Stunden à 60 Minuten à 6 10-Sekundentakte: T = {t i } i = 1,...,14400

– Interpretationen I = {Plan,Ist}

– Menge der Ereignistypen ETYP = ( L

× L({Plan} × { T })) ∪

(( Kn × {Mitte})

× {Ist} × { T })

– Restriktionen Außer den inhärenten Restriktionen gelten keine aufgabenspezifischen Restriktionen. – Ausgangsdaten Die Ausgangsdaten beschreiben bei dieser Aufgabe das Auftragsprogramm, das innerhalb einer Stunde in das flexible Fertigungssystem eingeschleust wird. AD = {z = (s, t, etyp)} s (A3, A4) (A3, A4) (A1, A2) (A5, A6) (A5, A6) (A7, A8)

mit t = ti mit i= 0 30a 60 90 120 180

etyp ((Drehrohteile_ein, Zugang), Plan, T) ((Fraesrohteile_ein, Zugang), Plan, T) ((Normteile_ein, Zugang), Plan, T) ((Drehrohteile_ein, Zugang), Plan, T) ((Fraesrohteile_ein, Zugang), Plan, T) ((Drehrohteile_ein, Zugang), Plan, T)

86

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung s

(A7, A8) (A3, A4) (A9, A10) (A9, A10) {(Ein-/Ausschleusstation, S1), (vorDrehzelle, S2), (vorFraeszelle, S3), (vorEin-/Ausschleusstation, S4)} (A1, A2) (A1, A2) (A1, A2) (A1, A2) (A1, A2) (A1, A2) -

t = ti mit i=

etyp

210 240 270 300 0

((Fraesrohteile_ein, Zugang), Plan, T) ((Normteile_ein, Zugang), Plan, T) ((Drehrohteile_ein, Zugang), Plan, T) ((Fraesrohteile_ein, Zugang), Plan, T) ((Shuttles, Mitte), Bestand, T)

0-31 31 31 0-13 13 13 0-31

((Fraesen, laufendeTr), Bestand, T) ((Fraesen, Fraesteile), Plan, T) ((Fraesteile, Zugang), Plan, T) ((Drehen, laufendeTr), Bestand, T) ((Drehen, Drehteile), Plan, T) ((Drehteile, Zugang), Plan, T) alle anderen Ereignistypen

a. dies entspricht einer Dauer von 5 Minuten (s. Zeitmodell: 10 * 30 Sekunden)

– Gesuchte Daten Mittels der gesuchten Daten wird gefordert, dass wie bei der Mengenplanungsaufgabe für alle Ereignistypen und für alle Zeitelemente die sachlichen Bezüge der entsprechenden Ereignisse zu bestimmen sind. GD = {z = (s,t,etyp)|((etyp ∈ ETYP )

∧ t ∈ T )}

– AD

Das Verfahren zu dieser PPS-Aufgabe wird in Abschnitt 2.4.4.2 beschrieben. 2.2.4.2

Chemische Anlage

• Beschreibung des Produktionssystems Das Produktionssystem ist hier eine einzige Anlage, die aus den Teilanlagen Reaktoren, Mischbehälter, Lagerbehälter sowie Anlieferung und Versand besteht. Der Aufbau der Teilanlagen und ihre Verschaltung ist schematisch in Bild 2-23 dargestellt. Die Anlagenelemente werden in verschiedene Typen eingeteilt. Die Elemente X01A-X10D sind vom Typ Rohrleitung. Anlagenelemente dieses Typs haben die Eigenschaft, entweder belegt oder nicht belegt sein zu können. In der Darstellung geben die Pfeilspitzen die mögliche Flussrichtung durch die Rohrleitungen an. Die Elemente B21, B01-B05 sind vom Typ Materialbehälter, der ein Volumen besitzt und in dem flüssiges Material gelagert werden kann. Die Zu- und Abfuhr von Material aus diesen Anlagenelementen erfolgt stetig über der Zeit. Jedoch können Zu- und Abfuhr in dieser Anlage nicht gleichzeitig stattfinden, da die betreffenden Anlagenelemente nur über jeweils eine Leitung mit den anderen verbunden sind. Die Elemente C01-C04 und B11-B14 sind Reaktoren. Dieser Typ von Anlagenelementen weist gleichzeitig die Eigenschaften der Anlagenelementtypen Rohrleitung und Materialbehälter auf. Für die Reaktoren und die Materialbehälter sind untere und obere

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

87

Schranken für den Inhalt gegeben. Die Anlagenelemente TLA, TLV, KWA1, KWV1, KWA2, KWV2, PA, PV haben die Eigenschaften von Materialbehältern, nur dass sie jeweils entweder nur einen Zu- oder einen Abgang haben.

X05C

X05

B01 B02

X04A

X03

Anlieferung X08A X08B TLA

KWA1

X09 X07B

X09A

X08

X09B Versand

X10 X08D

X10A

X08C KWA2

X10B PA

B05

X04D

X07 X07A

X04E

X02A

B04

X01A

X03A

X01

B03

X05B

X04C

X05A

X04B

X06E

X06C

X03C

X01C

Lagerbehälter

B21

X06

Mischbehälter

X01B X02

B14 X06D

X04

B13

X06B X06A

X02D

C04 C03 X02C C02 X02B C01

B12

X03B

B11

Reaktoren

TLV

KWV1

X10C KWV2

X10D PV

Bild 2-23 Schematische Darstellung der chemischen Anlage103

Die Anlagenelemente X01, ..., X10 sind Schaltstellen zur Verknüpfung ein- und ausgehender Rohrleitungen. Aufgrund der Tatsache, dass die zwei jeweils zu einer Teilanlage gehörenden Schaltstellen untereinander nur mittels zweier Rohrleitungen verbunden sind, ist auch die Zahl der gleichzeitig verbindbaren Rohrstücke auf zwei auf jeder äußeren Seite der Schaltstellen begrenzt. Beispielsweise sind bei einer Verbindung der Reaktoren C01 und C02 über X02, X01A, X01, X01C, X01, X01B, X02 die anderen beiden Reaktoren in dieser Teilanlage nicht mehr erreichbar. Die Menge der mit dieser Anlage realisierbaren Produktionen lässt sich in sieben Klassen einteilen. • Anlieferung: Material wird durch eine Fremdfirma entweder in Tanklastzügen (TZ), in Kesselwagen (KW) oder per Pipeline (P) bereitgestellt. • Rohstoffübernahme: Das Material wird aus der Anlieferung in die Anlage übernommen. • Produktübernahme: Dabei wird ein Produkt von einem Reaktor, Lager- oder/ und Mischbehälter in einen anderen Reaktor, Lager- und/oder Mischbehälter gefüllt, in dem schon dieses Produkt vorhanden sein kann.

103 Die

Abkürzungen werden im Text erläutert.

88

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung



Mischprodukterzeugung: Verschiedene Stoffe werden in einem Mischbehälter zusammengeführt. • Reinigung: Ein Reaktor wird gereinigt, indem er mit Wasserdampf ausgedampft wird und das Kondensat in den Kondensatbehälter B21 übernommen wird. • Versanderzeugnisübernahme: Erzeugnisse werden aus der Anlage in die Teilanlage Versand übernommen. • Versand: Erzeugnisse werden aus dem Versand abgeholt und verlassen damit das System. Die Dauer eines Materialflusses hängt in dieser Anlage von dem Weg, also der aktuell gültigen (genutzten) Verschaltung, sowie der Menge, Viskosität und Dichte des Materials ab. Eine typische PPS-Aufgabe für eine solche Anlage ist das Einlasten von Eilaufträgen, ausgehend von einer bereits bestimmten zulässigen Produktion (siehe auch Abschnitt 5.2.1.1.5 und Abschnitt 5.2.1.3.3). • PPS-Aufgabe für die chemische Anlage: Planänderung Das Prinzip bei der Modellierung der Anlage besteht darin, die Reaktoren und Materialbehälter als Faktorknoten abzubilden, die Material enthalten können, und den Materialfluss über die Rohrleitungen als Vorgangsknoten aufzufassen, die den Transport von Material abbilden und die Rohrleitung als (Gebrauchs-)Faktor benötigen. Außerdem werden die Schaltstellen als Faktorknoten modelliert, weil nur so die verschiedenen Verschaltungsmöglichkeiten effizient abgebildet werden können. – Graph des Produktionsablaufs Der Graph des Produktionsablaufs ist in Bild 2-24 dargestellt und sei ausreichend beschrieben, wenn folgende Bezeichnungsregel ergänzt wird: Im Bild unbezeichnete Vorgangsknoten werden im Text bezeichnet mit „VK“+ Name ihres zugeordneten Faktorknoten. – Beschreibungen der Knoten und sachlichen Bezüge Die Darstellung der Beschreibungen der Knoten soll aufgrund der großen Anzahl von Knoten in diesem Beispiel so einfach wie möglich gehalten werden. Die (Gebrauchs-)Faktorknoten seien über ihre Namen hinreichend beschrieben. Entsprechend dem bei der Modellierung angewandten Prinzip gibt es drei Arten von (Gebrauchs-)Faktorknoten in diesem Modell: die Behälter/Reaktoren (B01,..., B05, B11,..., B14, B21, C01, ..., C04, TLV, KWV1, KWV2, PV, TLA, KWA1, KWA2, PA), die Schaltstellen (X01,..., X10) und die Rohrleitungen (X01A, ..., X10D). Auf die Art des Materials, das in der Anlage verarbeitet werden kann, soll hier nicht näher eingegangen werden. Daher wird vereinbart, dass es ausreicht, eine identifizierende Bezeichnung für das Material anzugeben, und dass unter dieser Bezeichnung in einem entsprechenden Produktmodell alle erforderlichen Angaben, insbesondere die Viskosität und Dichte, zu finden sind. Im Beispiel wird von 5 Materialarten ausgegangen: P1,...P5.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

89

ein aus B01 X04A ein aus B02 X04B

ein

ein

aus B11

aus B03

X06A

X04C

ein

ein

aus B12

aus B04

X06B

X04D

ein

ein

ein

aus B13

X 04ein

aus

ein

X06C

aus

ein

C01

B05 X03A ein

X04E

aus X 04aus

ein

X06D

aus

ein

C02

aus

X03aus X03B

X03-X05

ein X 06ein

aus

X05ein

B21

X02B

X05A ein

X06E

ein aus

X05C

X05-X03

aus

C03

X06aus X 02C

X05aus X05B

ein aus

X03C

aus

B14

X02A

X03ein

aus

X05-X01

ein X02ein

X 01ein

aus

X03-X01

C04 X 02D

X01A ein

X01-X03 X01C

X01-X05

aus X 02aus

X01aus X01B

TLV

TLA X10A

X01-X09

X07-X03

X05-X09

X07-X05

X03-X09

X07-X01

X08A

KWV1

KWA1 X10B

X10

X09A

X09

X07

X07A

X08

X08B

KWV2

KWA2 X10C

X09B

X07B

X08C

PV

PA X10D

X07-X 09

Bild 2-24 Graph des Produktionsablaufs für das prozesstechnische Beispiel

X08D

90

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Die Vorgangsknoten gehören in diesem Modell alle derselben Klasse an: Sie repräsentieren den Transport von Material durch eine Rohrleitung. Als festes Attribut sei diesen Knoten nur die Länge der entsprechenden Rohrleitung zugeordnet104. Daraus lassen sich zusammen mit den Angaben über das aktuell zu transportierende Material die konkreten Vorgänge bestimmen. Ausgehend von dieser Beschreibung der Knoten werden für die Beschreibung der sachlichen Bezüge die in Bild 2-25 dargestellten Beschreibungsschemata - eine Liste von Attributen - vorgegeben. Das Schema für Faktoren bei den Faktorknoten, die Behälter oder Reaktoren repräsentieren, enthält die Angabe der Temperatur, die zur Bestimmung der Viskosität und Dichte des Materials und damit der Transportgeschwindigkeit erforderlich ist. Ein sachlicher Bezug wird daher im Folgenden wiederum als Wertetupel beschrieben. Faktorknotentyp

Behälter/ Reaktoren, Schaltstellen

Attributstypen

Wertebereiche

Material-ID

{P1,...,P5}

Temperatur [×C]

[0, 1000]

Volumen [m3] real,

Rohrleitungen belegt

{0,1}

≥0

Vorgangsknoten alle Vorgänge

Attributstypen

Wertebereiche

Material-ID

{P1,...,P5}

Temperatur [×C]

[0, 1000]

Durchsatz [m3]

real,

≥0

Dauer [min]

real,

≥0

Bild 2-25 Beschreibungsschema für sachliche Bezüge an Faktor - / Vorgangsknoten

Das Schema für die Vorgänge zusammen mit der Beschreibung der Vorgangsknoten erlaubt es, die explizite Beschreibung bˆ für Vorgänge einfach abzuleiten. Die ein- und ausgehenden Faktoren werden nämlich gerade durch die Attribute Material-ID, Durchsatz sowie Rohrleitung beschrieben. Die Funktion, die die zeitliche Verteilung der ein- und ausgehenden Faktoren repräsentiert, kann dann auch einfach angegeben werden: Der (Gebrauchs-)Faktor - die Rohrleitung - tritt zum Beginn des Vorgangs ein und am Ende aus, wohingegen das Material kontinuierlich während der gesamten Dauer des Vorgangs mit der durch das Attribut Durchsatz festgelegten Rate ein- und austritt. – Zeitmodell Das Zeitmodell ist vom Typ ein stetiges Zeitpunktmodell und soll einen Zeitraum von einer Woche abbilden, also: T = [tA,tB] mit tA = 26.5.2003, 0.00 Uhr und tB = 1.6.2003, 0.00 Uhr. – Interpretationen Als Interpretationen kommen in Frage „Ist“ zur Abbildung des aktuellen Zustands 104 Die

konkreten Werte sollen hier nicht angegeben werden, weil dies zu weit führen würde und nichts zu dem Ziel beitrüge, zu dem dieses Beispiel hier angeführt wird und das darin besteht, die Anwendung dieses Modells für PPS-Aufgaben in der Prozessindustrie zu demonstrieren.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

91

der Anlage, „Plan“ zur Abbildung der geplanten Produktion und „neuerPlan“ zur Abbildung des aufgrund der Eilaufträge korrigierten Plans, also: I = {Ist, Plan, neuerPlan}. – Menge der Ereignistypen ETYP =

(( Kn

× {Zugang,Abgang} × {Plan, neuerPlan} × { T }) ∪

(( Kn

× {Mitte}) × {Ist}) × { T }) ∪

(( VK × {beginnenderVorgang, endenderVorgang})

× {Plan, neuerPlan} ×

{ T })

– Restriktionen Zusätzlich zu den inhärenten Restriktionen werden aufgabenspezifische Restriktionen formuliert. Diese können in vier Typen eingeteilt werden. Der erste Typ von Restriktionen betrifft die Volumenschranken für die Behälter. Der zweite Typ von Restriktionen dient zur Einhaltung der Verschaltungsregel. In den Restriktionen des dritten Typs ist die Eigenschaft der Schaltstellen, dass das Material in ihnen nicht gelagert werden kann, abgebildet. Restriktionen des vierten Typs schließlich sichern, dass die Rohrleitungen jeweils von nur einem Vorgang belegt werden können. Volumenschranken: ∀zz = (s,t,etyp) mit

pr2 (pr1 (etyp)) = Mitte und pr1(pr1(etyp)) = C 01

gilt

2 ≤ pr ( s ) ≤ 20 3

pr1(pr1(etyp)) = C

02

gilt

2 ≤ pr ( s ) ≤ 20 3

pr1(pr1(etyp)) = C 03

gilt

1 ≤ pr ( s ) ≤ 6 3

pr1(pr1(etyp)) = C 04

gilt

1 ≤ pr ( s ) ≤ 6 3

pr1(pr1(etyp)) = B

11

gilt

1 ≤ pr ( s ) ≤ 30 3

pr1(pr1(etyp)) = B 12

gilt

pr1(pr1(etyp)) = B 13

gilt

1 ≤ pr ( s ) ≤ 30 3 1 ≤ pr ( s ) ≤ 30 3

pr1(pr1(etyp)) = B 14

gilt

1 ≤ pr ( s ) ≤ 30 3

pr1(pr1(etyp)) = B 21

gilt

pr1(pr1(etyp)) = B 01

gilt

0 ≤ pr ( s ) ≤ 60 3 0 ≤ pr ( s ) ≤ 60 3

pr1(pr1(etyp)) = B 02

gilt

pr1(pr1(etyp)) = B 03

gilt

0 ≤ pr ( s ) ≤ 60 3 0 ≤ pr ( s ) ≤ 60 3

pr1(pr1(etyp)) = B 04

gilt

0 ≤ pr ( s ) ≤ 60 3

pr1(pr1(etyp)) = B 05

gilt

0 ≤ pr ( s ) ≤ 60 3

Verschaltungsregel: ∀fk ∈ {X01ein, ...,X10ein,X01aus, ...,X10aus}, ∀(t

∈ T : VB∗ (fk,t) = NB∗ (fk,t)

mit

92

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

VB∗ (fk,t) = {k = (vk,fk)| vk

∈ VB ( fk ) , pr3(pr1(z)) ≥ 0, pr2(z) = t, pr1(pr3(z)) = k}

NB∗ ( fk, t ) = {k = (fk,vk)| vk

∈ NB ( fk ) , pr3(pr1(z)) ≥ 0, pr2(z) = t, pr1(pr3(z)) = k}

Durchflussbedingung für Schaltstellen: ∀ fk ∈ {X01ein, ...,X10ein,X01aus, ...,X10aus}: pr3(pr1( zB)) = 0 ∀ (t ∈ T), wobei pr2(pr1(pr3(zB))) = Mitte, pr1(pr1(pr3(zB))) = fk, pr2(zB) = t Belegungen der Rohrleitungen: ∀ fk ∈ {X01A,..., X10D, X03-X05, X01-X03, X01-X05, X01-X09, X05-X09, X03-X09, X07-X09, X07-X01} gilt: pr1(pr1(zA))+pr1(pr1(zB))+pr1(pr1(zZ))

wobei

≤1

∀ (t ∈ T

),

pr2(pr1(pr3(zA))) = Abgang, pr2(pr1(pr3(zZ))) = Zugang, pr2(pr1(pr3(zB))) = Mitte,

pr1(pr1(pr3(zA))) = pr1(pr1(pr3(zB))) =pr1(pr1(pr3(zZ))) =fk, pr2(zA) = pr2(zB) = pr2(zZ)= t

– Ausgangsdaten Der Behälter B01 und der Behälter B11 werden von TLA aus mit 10 m3 bzw. 14 m3 Produkt P1 befüllt. Anschließend werden von KWA2 aus der Behälter B01 mit 10 m3, der Behälter B11 mit 14 m3 Produkt P2 befüllt und in KWA2 verbleiben 10 m3 P2, so dass in B01 und B11 Produkt P3 durch Mischen von P1 und P2 im Verhältnis 1:1 entsteht. Danach wird von PA aus der Reaktor B12 mit 25 m3 P4 befüllt und gleichzeitig C02 mit 10 m3 P2 von KWA2 aus. Anschließend werden aus B11 20 m3 P3 und aus B12 15 m3 P4 in B02 gemischt, so dass dort 35 m3 P5 entstehen. Danach werden gleichzeitig 20 m3 P5 aus B02 in KWV1 und 15 m3 in KWV2 abgefüllt, und in B01 entstehen 30 m3 P5 durch Zugabe von 10 m3 P4 aus B12. Schließlich werden noch 10 m3 P2 aus C02 in B01 umgefüllt, so dass dort 40 m3 P6 entstehen. Gleichzeitig werden aus B11 8 m3 P3 in KWV2 zum Versand abgefüllt. Diese Vorgänge veranschaulicht Bild 2-26, indem der Bestandsverlauf der beteiligten Behälter und Reaktoren dargestellt wird. Die genauen Zeiten spielen für die Betrachtung keine weitere Rolle. Die Darstellung der Ausgangsdaten in der formalen Notation soll nur beispielhaft anhand des erstgenannten Vorgangs erfolgen, für den angenommen wird, dass er im Zeitintervall [t1,t2] bei der Temperatur ϑ stattfindet. Für jeden Knoten, dessen repräsentiertes Anlagenelement an dem Vorgang teilnimmt, muss der Bestandsverlauf und der Verlauf der Zu- und Abgänge angegeben werden.

2.2 Ein Formales Modell für PPS-Aufgaben

93

Bestände 0/40 20 TLA

0/40

B01

0/40

B11

0/40

KWA2

0/40

C02

0/40

PA

0/40

B12

0/40

B02

0/40

KWV1

0/40

KWV2

0

20 20 20 20 20 20 20 20 20 T Anfangsbelegung 40 20 KWV2

0 t0 P1

Produktarten:

P2

P3

P4

P5

T neuerPlan

P6

Bild 2-26 Grafische Darstellung der Ausgangsdaten zum Prozesstechnischen Beispiel

AD = { z = (s, t, etyp )} mit s = (P1, s = (P1,

ϑ , 24 - 24t /(t2 -t1)) , t ∈ [t1,t2] für etyp = (TLA, Mitte), Bestand, T); ϑ , 24/(t2 -t1)) , t ∈ [t1,t2] für ∈ {((TLA, Abgang), Plan,T),((TLA, VKX08A), Plan, T),((VKX08A, X08), Plan,T ),((X08, Zugang),

etyp

Plan,T), ((X08, Abgang), Plan, T),((X07, Zugang), Plan,T),((X07, Abgang), Plan,T)} s = (P1, ϑ , 14/(t2 -t1)) , t etyp





[t1,t2] für

{((X08, VKX07A), Plan,T), ((VKX07A, X07), Plan,T),((X07, VKX07-X05),Plan, T), ((VKX07-X05, X05ein), Plan,T),((X05ein, Zugang), Plan,T),((X05ein, Abgang),Plan,T), ((X05ein, VKeinX05A), Plan,T),((VKeinX05A,X06ein),Plan,T),((X06ein, Zugang), Plan,T),

94

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung ((X06ein, Abgang), Plan,T),((X06ein, VKeinX06A), Plan,T), ((VKeinX06A,B11),Plan,T ), ((B11, Zugang), Plan,T), ((B11, Mitte), Bestand,T)}

s = (P1,

ϑ , 10/(t2 -t1)) , t ∈ [t1,t2] für ∈ {((X08, VKX07B), Plan,T), ((VKX07B, X07), Plan,T),((X07, VKX07-X03),Plan,T),

etyp

((VKX07-X03, X03ein), Plan,T),((X03ein, Zugang), Plan,T), ((X03ein, Abgang), Plan,T), ((X03ein, VKeinX03A), Plan,T), ((VKeinX03A,X04ein),Plan,T ), ((X04ein, Zugang),Plan,T), ((X04ein, Abgang), Plan,T), ((X04ein, VKeinX04A), Plan,T), ((VKeinX04A,B01),Plan,T), ((B01, Zugang), Plan,T), ((B01, Mitte), Bestand,T)} s = (P1,

ϑ , 24/(t2 -t1),t2 -t1) , t ∈ [t1,t2] für ∈ {((VKX08A, beginnenderVorgang), Plan,T), ((VKX08A, Mitte), Plan,T), ((VKX08A,

etyp

endenderVorgang), Plan,T)} s = (P1, ϑ , 14/(t2 -t1),t2 -t1) , t ∈ [t1,t2] für etyp p ∈ {((VKX07A, beginnenderVorgang), Plan,T), ((VKX07A, Mitte), Plan,T), ((VKX07A,endenderVorgang),Plan,T),((VKX07-X05,beginnenderVorgang,Plan,T), ((VKX07-X05, Mitte), Plan,T), ((VKX07-X05, endenderVorgang), Plan,T), ((VKeinX05A, beginnenderVorgang), Plan,T), ((VKeinX05A, Mitte), Plan,T), ((VKeinX05A,endenderVorgang),Plan,T),((VKeinX06A,beginnenderVorgang),Plan,T), ((VKeinX06A, Mitte), Plan,T), ((VKeinX06A, endenderVorgang), Plan,T)} s = (P1, ϑ , 10/(t2 -t1),t2 -t1) , t ∈ [t1,t2] für etyp p ∈ {((VKX07B, beginnenderVorgang), Plan,T ), ((VKX07B, Mitte), Plan,T), ((VKX07B,endenderVorgang),Plan,T),((VKX07-X03,beginnenderVorgang,Plan,T), ((VKX07-X03, Mitte), Plan,T), ((VKX07-X03, endenderVorgang), Plan,T), ((VKeinX03A, beginnenderVorgang), Plan,T), ((VKeinX03A, Mitte), Plan,T), ((VKeinX03A,endenderVorgang), Plan,T),((VKeinX04A,beginnenderVorgang), Plan,T), ((VKeinX04A, Mitte), Plan,T), ((VKeinX04A, endenderVorgang), Plan,T)} s = {(P1, s = {(P1,

ϑ , 24/(t2 -t1)),X08A } , t =t1 und ϑ , 24/(t2 -t1))} , t1 < t ≤ t2, für etyp = ((VKX08A, Zugang), Plan,T)

analog für etyp p

s = {(P1, s = {(P1,



{((VKX07A, Zugang), Plan,T), ((VKX07B, Zugang), Plan,T),((VKX07-X05, Zugang), Plan,T), ((VKX07-X03, Zugang), Plan,T),((VKeinX05A, Zugang), Plan,T), ((VKeinX06A, Zugang), Plan,T), ((VKeinX03A, Zugang), Plan,T), ((VKeinX04A, Zugang), Plan,T)}

ϑ , 24/(t2 -t1)),X08A } , t =t2 und ϑ , 24/(t2 -t1))} , t1 ≤ t < t2, für etyp = ((VKX08A, Abgang), Plan,T)

analog für etyp



{((VKX07A, Abgang), Plan,T), ((VKX07B, Abgang), Plan,T),((VKX07-X05, Abgang), Plan,T), ((VKX07-X03, Abgang), Plan,T),((VKeinX05A, Abgang), Plan,T), ((VKeinX06A, Abgang), Plan,T), ((VKeinX03A, Abgang), Plan,T), ((VKeinX04A, Abgang), Plan,T)}

s = 1, t = t1 und s = 0, t1 < t ≤ t2 für etyp ∈ {((X08A, Abgang), Plan,T), ((X07A, Abgang), Plan,T), ((X07B, Abgang), Plan,T), ((X07-X05, Abgang),Plan,T),((X07-X03,Abgang), Plan,T),((X03A, Abgang), Plan,T), ((X05A, Abgang), Plan,T), ((X04A, Abgang), Plan,T),((X06A, Abgang), Plan,T)} s = 1, t = t2 und s = 0, t1 ≤ t < t2für etyp ∈ {((X08A, Zugang), Plan,T), ((X07A, Zugang), Plan,T), ((X07B, Zugang), Plan,T), ((X07-X05, Zugang),Plan,T),((X07-X03,Zugang), Plan,T),((X03A, Zugang), Plan,T), ((X05A, Zugang), Plan,T), ((X04A, Zugang), Plan,T),((X06A, Zugang), Plan,T)}

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben s = (P1,

ϑ , 38t/(t0 - tA)) , t ∈

95

[tA,t0] für etyp = ((KWV2, Mitte), Bestand,T)

Es sind nur die Ereignisse mit positiven Werten angegeben worden. – Gesuchte Daten Gesucht ist für dieses Beispiel ein neuer Plan, in dem neben den bereits eingeplanten Vorgängen noch die Abfüllung von 38 m3 P6 in KWV2 berücksichtigt ist, deren Fertigstellungstermin t0 ist. Auch dieser zusätzliche Vorgang ist in Bild 2-26 dargestellt. GD = {z = (s,t,etyp)|((pr2 (pr3(z)) = neuerPlan, t ∈ T )} – AD

Eine alternative Aufgabenstellung wäre die Durchführung der bisher eingelasteten Vorgänge bei einer anderen Temperatur ϑ′ . Dabei würde dann die Skalierbarkeit dieser Vorgänge berücksichtigt werden müssen.

2.3

Die Klassifikation von PPS-Aufgaben

2.3.1

Anforderungen an eine Klassifikation

Gesucht ist eine Strukturierung der Menge aller PPS-Aufgaben aus der Sicht eines Anwenders, der für eine konkrete PPS-Aufgabe ein passendes Lösungsverfahren sucht. Dies bedingt gewisse Eigenschaften der gesuchten Klassifikation: Die Orientierung an der Problemstruktur, die Zuordenbarkeit einer Klasse von Lösungsverfahren sowie die Möglichkeit der schrittweisen Einordnung einer konkreten PPS-Aufgabe. – Sachanforderungen Die Klassifikation der PPS-Aufgaben hat das Gebiet der operativen Produktionsplanung so zu systematisieren, dass die PPS-Aufgaben nach gemeinsamen Problemoder Lösungseigenschaften gruppiert werden. Dazu sind die zu klassifizierenden Elemente - hier: PPS-Aufgaben - einheitlich und hinsichtlich des Klassifikationszieles zu beschreiben. Diese Voraussetzung hat das formale Modell für PPS-Aufgaben zu erfüllen. Anhand der Beschreibung sind Merkmale zu ermitteln, die auf die Problemstruktur der PPS-Aufgaben bezogen sind. Zu den Merkmalen sind dann die entsprechenden Ausprägungsmengen zu definieren. Anschließend ist durch Kombination der Merkmale ein Klassifikationsschema aufzubauen. – Formalanforderungen Die gesuchte Klassifikation muss exhaustiv und hierarchisch sein. Exhaustivität ist zu fordern, weil die Klassifikation keine Lücken offen lassen darf. Der Anwender muss in jedem Falle seine PPS-Aufgabe in der Klassifikation finden. Die Klassifikation ist hierarchisch, damit der Diskriminationsprozess für konkrete Probleme vereinfacht wird und damit Zusammenhänge zwischen den Klassen deutlich werden. Eine hierarchische Klassifikation erfordert die Verwendung hierarchischer

96

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Merkmale. Entlang dieser Merkmale kann sich der Anwender bei der Einordnung seines PPS-Problems dann „entlanghangeln“ und sich so schrittweise die Eigenschaften der PPS-Aufgaben und der zugehörigen PPS-Verfahren erarbeiten. Bei diesem Vorgehen ist nicht von vornherein das ganze Wissen über die Eigenschaften der PPS-Aufgabe erforderlich. Die aus dem Klassifikationsschema resultierenden Klassen müssen möglichst homogen und die Elemente einer Klasse sich so ähnlich wie möglich sein. Andererseits sollen Elemente verschiedener Klassen auch größtmöglich verschieden sein. Ist dies der Fall, dann kann ein beliebiges Element einer Klasse als Repräsentant für die Untersuchung von zugehörigen Lösungsverfahren benutzt werden. Zur Erfüllung dieser Anforderung eignen sich klassifikatorische Merkmale am besten, weil sie auf den zu klassifizierenden Elementen eine Äquivalenzrelation definieren und Elemente bezüglich solcher Merkmale entweder gleich (größtmögliche Ähnlichkeit) oder verschieden (größtmögliche Verschiedenheit) sind.

2.3.2

Klassifikationsmerkmale für PPS-Aufgaben

Der Ausgangspunkt für die Klassifikation (siehe Abschnitt 2.1) von PPS-Aufgaben ist das in Abschnitt 2.2 entwickelte Modell für PPS-Aufgaben. Anstelle einer einfachen Merkmalsleiste als Beschreibung einer Klasse wird das komplexere Konstrukt eines Repräsentanten verwendet. Der Grundgedanke dabei ist, dass der Repräsentant die Problemstruktur einer PPS-Aufgabe und damit die Grundstruktur des Ablaufs eines PPS-Verfahrens widerspiegelt und von Wiederholungen (gleicher Teilprobleme) und vom konkreten Anwendungsgebiet (bspw. Getriebe- oder PC-Fertigung) abstrahiert. Der Repräsentant umfasst für jede Komponente des allgemeinen Modells einer PPS-Aufgabe eine (mehr oder weniger) abstrahierte Aussage darüber und besitzt daher eine ähnliche Grundstruktur wie das Modell einer PPS-Aufgabe. Bei der Herleitung des Schemas für die Repräsentanten wird zweistufig vorgegangen: Zunächst werden Mikrostrukturen von PPS-Aufgaben klassifiziert, anschließend Makrostrukturen. Ausgangspunkt bei der Gewinnung der Repräsentanten ist die Überlegung, dass PPS-Aufgaben anhand des Aufgabenobjekts, das wesentlich durch den Graphen des Produktionsablaufs charakterisiert wird, hierarchisch zerlegt werden können. Besteht der Graph zu einer PPS-Aufgabe aus mehreren Zusammenhangskomponenten105, so wird im Folgenden davon ausgegangen, dass diese PPS-Aufgabe in mehrere unabhängige PPS-Teilaufgaben zerfällt, die für sich betrachtet werden können, so dass als Graph immer nur ein zusammenhängender Graph in Frage kommt. Ein solcher zusammenhängender Graph kann entweder entartet sein, seine Kantenmenge ist also leer, oder er ist nicht entartet („echter“ Graph). Damit ergibt sich eine grobe Strukturierung der Klassen von PPS-Aufgaben 105 Ein

Graph heißt zusammenhängend, wenn es von jedem Knoten zu jedem anderen Knoten einen die Richtung der Kanten ignorierenden Weg gibt (vgl. [STAR90], S. 148, zum Begriff Weg siehe [BRSE79], S. 157). Eine Zusammenhangskomponente ist ein maximaler zusammenhängender Teilgraph eines nicht-zusammenhängenden Graphen.

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben

97

in solche, deren zugrundeliegender Graph wegen der getroffenen Vereinbarung bezüglich der Betrachtung von Zusammenhangskomponenten genau ein Knoten ist, und in solche, denen ein „echter“ Graph zugrundeliegt.

2.3.3

Mikrostrukturen

Der Begriff „Mikrostruktur“ wird nach diesen Vorüberlegungen wie folgt definiert: Unter einer Mikrostruktur wird eine PPS-Teilaufgabe verstanden, die durch die Einschränkung des Graphen des Produktionsablaufs einer PPS-Aufgabe auf einen Teilgraphen entsteht, der von einem Vorgangsknoten des Graphen der PPS-Aufgabe erzeugt wird, oder, falls der Graph der PPS-Aufgabe entartet ist, die durch Einschränkung der PPS-Aufgabe auf einen Knoten entsteht. Unter dem von einem Vorgangsknoten erzeugten Teilgraphen106 eines Graphen des Produktionsablaufs wird dabei ein Graph verstanden, der den erzeugenden Vorgangsknoten enthält sowie alle im Originalgraphen mit diesem Knoten verbundenen Faktorknoten und die verbindenden Kanten. Damit wird als elementarer Transformationsschritt auf einer bestimmten Diskursebene mit einem bestimmten Detaillierungsgrad wieder ein Input-Output-System gewählt. Wie beim Gesamtsystem „Produktion“ werden die Systemgrenzen durch Faktorknoten mit eindeutigen Merkmalen bzw. Zuständen dargestellt, über die eine Verknüpfung zu einem komplexen Graphen des Produktionsablaufs problemlos möglich ist.107 Bild 2-27 zeigt als Beispiel den von dem Vorgangsknoten „Montage“ erzeugten Teilgraphen aus dem Graphen des Beispiels aus Abschnitt 2.2.4.1, vgl. Bild 2-22. Leerpaletten vorMontage

Modellroboter

Fraesteile vorMontage

Input

Output

Montage Betriebsmittel

Drehteile vorMontage Arbeitskraft Normteile vorMontage

Leerpaletten

Bild 2-27 Beispiel des Graphen einer Mikrostruktur Bild 2-28 Repräsentation eines Arbeitssystems 106

Für diesen Begriff siehe [S TAR90], S. 177, dort: „durch einen Knoten erzeugtes Teilnetz“.

107 Würde

man einen Faktorknoten in das Zentrum der Betrachtung stellen, wären über die vorgeschalteten und nachgeschalteten Vorgangsknoten deren Vorgänger- bzw. Nachfolger-Faktorknoten wieder automatisch Teil der Betrachtung („Passiver“ Faktorknoten, „Aktiver“ Vorgangsknoten: Ein Ereignis am Punkt Zugang in einem Vorgangsknoten bedingt zwangsläufig ein Ereignis am Punkt Abgang!). Damit könnte kein Teilgraph so eindeutig abgegrenzt werden, wie dies möglich ist, wenn man den Vorgangsknoten in den Mittelpunkt stellt und die Entkopplung über den Faktorknoten bewerkstelligt.

98

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Formal ist der einer Mikrostruktur zugrundeliegende Graph definiert als G' = ( Kn', K' ) , wobei Kn' = { vk } ∪ { fk ∈ Kn ( fk, vk ) ∈ K ∨ ( vk, fk ) ∈ K } und vk der erzeugende Vorgangsknoten ist sowie K' = { ( fk, vk ) ( fk, vk ) ∈ K } ∪ { ( vk, fk ) ( ( vk, fk ) ∈ K ) } , wenn G = ( Kn, K ) der Ausgangsgraph ist. Eine Mikrostruktur gibt den Graphen des Produktionsablaufs für ein elementares Produktionssystem, ein Arbeitssystem (siehe Abschnitt 1.1) an, wenn eine am Gebrauchsfaktor orientierte Modellierung gewählt wird und der Vorgangsknoten alle Vorgangskanten enthält, die auf dem Arbeitssystem durchgeführt werden. Ein Arbeitssystem ist die kleinste Einheit der Gebrauchsfaktoren Arbeitskraft und/oder Betriebsmittel, die in der Repräsentation eines Produktionssystems zur Durchführung von Produktion(teil-)aufgaben angesprochen wird.108 • Klassifikationsmerkmal Graph des Produktionsablaufs Für PPS-Aufgaben, denen als Graph des Produktionsablaufs ein entarteter Graph zugrundeliegt, besteht der Repräsentant des Graphen aus genau einem Knoten. Die Klasse der entarteten Graphen kann daher nach den Knotenarten (Vorgangsknoten, Faktorknoten als Verbrauchs- oder Gebrauchsfaktorknoten) weiter untergliedert werden.109 Für nichtentartete Graphen entstehen als Teilgraphen für die Mikrostruktur Graphen mit genau einem Vorgangsknoten und mit vor- und/oder nachgelagerten Faktorknoten. Die möglichen Ausprägungen dieser Strukturen können mit Hilfe der Kriterien Art und Anzahl der Kanten sowie Art der Faktorknoten klassifiziert werden. Die Faktorknoten im Graphen einer Mikrostruktur können durch ihr Verhältnis zum Vorgangsknoten in Verbrauchs- und Gebrauchsfaktorknoten unterschieden werden. Daher kann zunächst unterschieden werden in Graphen von Mikrostrukturen, die als Faktorknoten nur Verbrauchsfaktoren, nur Gebrauchsfaktoren oder Knoten beider Arten enthalten. Sind jeweils mehrere vorhanden, so können die Knoten in Bezug auf den Vorgangsknoten alternativ oder komplementär sein. Alternative Faktorknoten, die dem Vorgangsknoten vor- oder nachgeordnet sind, können bspw. das gleiche Material bzw. die gleichen Produkte in unterschiedlichen Lagern abbilden. Komplementäre Faktorknoten treten bspw. bei Montageprozessen auf, bei denen ein bestimmter Satz von Teilen (Getriebefuß, Getriebegehäuse, Welle, ...; Fräs-, Dreh-, 108

siehe Abschnitt 3.2.1.3. Gebrauchsfaktororientierte Modellierung und Schönsleben [SCHÖ00]: Ein Kapazitätsplatz ist eine organisatorische Einheit der Produktion innerhalb der gewählten Organisation der Produktionsinfrastruktur. Er umfasst eine Gesamtheit von Mitarbeitenden und Produktionsinfrastruktur, um eine Menge von Arbeit auszuführen, die durch eine übergreifende Planung & Steuerung nicht weiter unterteilt werden muss. Die interne Planung und Steuerung des Kapazitätsplatzes ist nicht nötig oder erfolgt unter Berücksichtigung der übergreifenden Vorgaben autonom.

109

Isolierte Verbrauchsfaktorknoten liegen bspw. bei verbrauchsorientierter Disposition (siehe Abschnitt 4.1.1.1.3) vor.

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben

99

Normteile) benötigt wird, oder auch bei einem Prozess „Pressen rechten und linken Kotflügel“. Alternative Gebrauchsfaktorknoten bilden den bekannten Fall alternativer Betriebsmittel ab. Komplementäre Gebrauchsfaktorknoten bilden bspw. den Fall ab, dass für einen Vorgang sowohl eine Maschine als auch ein Maschinenbediener benötigt werden. Der Fall alternativer Knoten wird auch mit dem Begriff „Oder“Kanten, der komplementärer Knoten mit dem Begriff „Und“-Kanten belegt. Bei den Gebrauchsfaktorknoten kann noch unterschieden werden, ob die repräsentierten Gebrauchsfaktoren sowohl eingehen in den als auch ausgehen aus dem Vorgang. Dieser Fall wird mit dem Begriff eigener Gebrauchsfaktor bezeichnet. Der Graph einer beliebigen Mikrostruktur wird dann auf den Graphen einer repräsentativen Mikrostruktur reduziert, indem von der Anzahl der „Und“- bzw. „Oder“-Kanten abstrahiert und nur festgestellt wird, ob diese Fälle vorliegen. In Bild 2-29 sind die möglichen Ausprägungen für vor- bzw. nachgelagerte Gebrauchsfaktorknoten (Zeile 1 bzw. 2) und für vor- bzw. nachgelagerte Gebrauchs-

ein Faktor

„Oder“Kanten

eingehende Verbrauchsfaktoren

ausgehende Verbrauchsfaktoren

eigene Gebrauchsfaktoren

eingehende Gebrauchsfaktoren

ausgehende Gebrauchsfaktoren

„Und“- „Oder“Kanten

„Und“Kanten



∨∧







∨∧





∨∧





∨∧





∨∧

Bild 2-29 Klassifikationsmerkmal Graph des Produktionsablaufs für Mikrostrukturen mit nicht entartetem Graphen

100

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

faktorknoten (Zeile 3, 4, 5) dargestellt. Der Fall von „Oder“-Kanten wird dort mit dem Symbol „∨“ und der Fall von „Und“-Kanten mit dem Symbol „∧“ belegt. Treten beide Fälle auf, so ist dies durch „∧∨“ gekennzeichnet. Der Graph einer repräsentativen Mikrostruktur wird in diesem morphologischen Kasten dargestellt, indem in Zeile 1 und 2 jeweils genau eine und in den anderen Zeilen jeweils höchstens ein Element angekreuzt wird. In Bild 2-30 sind solch eine Auswahl und der Graph der repräsentierten Mikrostruktur veranschaulicht.



∨∧











∨∧





∨∧





∨∧





∨∧

Repräsentation als Graph

Repräsentation als morphologischer Kasten

Bild 2-30 Beispiel für die Repräsentation des Graphen einer Mikrostruktur

Die Graphen der Mikrostrukturen bzw. die isolierten Knoten werden nun zur vollständigen Klassifikation der zugehörigen Teilaufgabe - der Mikrostruktur - mit den Ereignistypen, den zu erfüllenden Restriktionen und der Aufgabenstellung bzw. davon abgeleiteten (aggregierten) Merkmalen beschriftet. • Klassifikationsmerkmal Ereignistypen Ein Ereignistyp besteht aus dem Punkt im Modell, einer Interpretation und einem Zeitmodell (siehe Abschnitt 2.2.2). Sie werden in den Graphen der Mikrostruktur eingetragen. Bezüglich der Interpretationen ist festzustellen, dass für die Charakterisierung der PPS-Aufgabe nur die Ereignistypen interessant sind, für die Ereignisse in der Menge der gesuchten und der Ausgangsdaten vorkommen. Ereignistypen mit anderen Interpretationen werden ggf. im PPS-Verfahren gebraucht, dienen aber nur als Träger für Zwischenergebnisse. Mögliche Interpretationen sind daher nur „Ist“, „Plan“, „alterPlan“, „neuerPlan“. Nur Ereignistypen mit diesen Interpretationen werden in die Mikrostruktur eingetragen. Es ist nun noch anzugeben, welche Arten von Zeitmodellen verwendet werden und ob die Ereignistypen gleiche Zeitmodelle haben oder nicht. Die konkreten Zeit-

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben

101

modelle sind bei der Klassifikation nicht von Interesse. Die Arten von Zeitmodellen wurden in Abschnitt 2.2.1 beschrieben. Die Feststellung der Gleichheit von Zeitmodellen kann sich auf Ereignistypen an ein und demselben Punkt an einem Knoten oder auf Ereignistypen an verschiedenen Punkten an einem Knoten beziehen. Entsprechend sind folgende Fälle zu unterscheiden: Die Zeitmodelle können für alle Ereignistypen, die sich an demselben Punkt im Modell110 befinden, gleich oder verschieden sein. Sie können für alle Punkte an einem Knoten gleich oder verschieden sein. Schließlich können sie auch modellweit gleich sein. Die möglichen Ausprägungen sind in Bild 2-31 dargestellt. Ereignistypen Interpretationen Ist Plan neuerPlan alterPlan

Art des Zeitmodells stetiges Zeitpunktmodell (sZPM) diskretes Zeitpunktmodell (dZPM) diskretes Zeitraummodell (ZRM)

Gleichheit von Zeitmodellen punktweit gleich verschieden knotenweit gleich verschieden modellweit gleich verschieden

Bild 2-31 Klassifikationsmerkmal Ereignistypen

• Klassifikationsmerkmal Restriktionen Das Sachziel einer PPS-Aufgabe beschreibt den sachlogischen Zweck der Aufgabe. Es enthält damit einen Aspekt der vom konkreten Anwendungsbereich unabhängigen abstrakten Problemstellung. Im Rahmen der Sachziele wird zunächst der durch die Modelldefinition gegebene Lösungsraum zur Menge der zulässigen Lösungen eingeschränkt, indem eine Menge von Restriktionen definiert wird. Abschnitt 2.2.2 teilt die Restriktionen ein in die Menge der Restriktionen, die einer PPS-Aufgabe an sich inhärent sind und damit zu jeder PPS-Aufgabe gehören, und in die Menge der aufgabenspezifischen Restriktionen. Es gibt zwei Typen von inhärenten Restriktionen: Gleichgewichtsbedingungen und Bilanzgleichungen. Jeder dieser Typen kann sowohl an Faktorknoten als auch an Vorgangsknoten definiert werden. Welche von den inhärenten Restriktionen zu berücksichtigen sind, geht aus den an der Mikrostruktur definierten Ereignistypen hervor, weil die inhärenten Restriktionen an diese gebunden sind. Daher ist die Mikrostruktur zusätzlich nur mit aufgabenspezifischen Restriktionen zu beschriften. Diese werden aufgrund der folgenden Überlegungen klassifiziert. 110

Die sich also (außer möglicherweise durch die Zeitmodelle) nur durch ihre Interpretationen unterscheiden!

102

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Die Restriktionen schränken den Lösungsraum ein, indem sie gewisse Ereignisse, also eine bestimmte Kombination von sachlichem und zeitlichem Bezug, oder gewisse Folgen111 von Ereignissen verbieten. Werden einzelne Ereignisse verboten, so kann dies auf zwei Weisen geschehen: Zum einen kann der sachliche Bezug festgehalten werden, und es können die zeitlichen Bezüge spezifiziert werden, die diesem sachlichen Bezug nicht zugeordnet werden dürfen. Ein Beispiel für eine solche Restriktion wäre „Vom 1.5. bis 30.9. werden keine Kirschpralinen ausgeliefert.“. Sie sollen mit dem Begriff zeitliche Restriktion belegt werden. Zum anderen ist es möglich, für einen festen zeitlichen Bezug die möglichen zuordenbaren sachlichen Bezüge einzuschränken. Ein Beispiel hierfür ist die Aussage „Der tägliche Lagerabgang muss zwischen10 und 50 Stück liegen.“. Diese Restriktionen sollen als Mengenrestriktionen bezeichnet werden. Restriktionen der beiden bisher beschriebenen Arten beziehen sich jeweils nur auf Ereignisse eines Ereignistyps, der im Falle der Existenz solcher Restriktionen entsprechend beschriftet wird. Sie werden daher auch als absolute Restriktionen bezeichnet. In der formalen Definition, die im Folgenden angegeben wird, werden noch einige häufig auftretende Spezialfälle charakterisiert. absolute Mengenrestriktionen konstant je Typ über der Zeit: ( kMR ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z ∈ MZ ) pr 1 ( z ) ∈ S ( pr 3 ( z ) ) , Beispiel: Von Produkt 4711 dürfen nur 1000 je Zeitabschnitt ausgeliefert werden. zeitabhängig je Typ: ( zaMR ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z ∈ MZ ) pr 1 ( z ) ∈ S ( pr 3 ( z ), pr 2 ( z ) ) , Beispiel: Von Produkt 4711 dürfen von Mo bis Do nur 500 Stück gefertigt werden. Reserverestriktion: ( RR ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z ∈ MZ ) pr 1 ( z ) ≥ min > 0 , Beispiel: Min/max 500 Stück dürfen gefertigt werden, sollen im Lager liegen. Nichtnegativitätsbedingung: ( NNB ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z ∈ MZ ) pr 1 ( z ) ≥ 0 Beispiel: Bestand im Gebrauchsobjektknoten darf nicht kleiner Null werden.

Mengenbeschränkung: ( MB ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z ∈ MZ ) pr 1 ( z ) ≤ max absolute Zeitrestriktionen konstant je Typ für alle sachlichen Bezüge: ( kZR ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z ∈ MZ ) pr 2 ( z ) ∈ T ( pr 3 ( z ) ) ,112 abhängig vom sachlichen Bezug: ( saZR ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z ∈ MZ ) pr 2 ( z ) ∈ T ( pr 3 ( z ), pr 1 ( z ) ) , 111 Statt

von Mengen kann auch von Folgen gesprochen werden, weil Ereignismengen geordnet

sind. 112 Diese

Restriktion ist nur dann sinnvoll einsetzbar, wenn die Modelldefinition als Basis für die Formulierung mehrerer PPS-Aufgaben dient und die Spezifika der einzelnen PPS-Aufgaben bspw. über Restriktionen abgebildet werden. Wird nur eine einzige PPS-Aufgabe betrachtet, so ist diese Restriktion bei der Formulierung von Zeitmodellen implizit enthalten.

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben

103

Beispiel: Vom 01.11 - 02.11 wird Produkt 4711 nicht gefertigt.

späteste Zeitpunkte: ( sT ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z ∈ MZ ) pr 2 ( z ) ≤ t ( pr 1 ( z ) ) , Beispiel: Vorgang B muss spätestens 11 Uhr beginnen.

früheste Zeitpunkte: ( fT ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z ∈ MZ ) pr 2 ( z ) ≥ t ( pr 1 ( z ) ) . Beispiel: Vorgang A kann frühestens 10 Uhr beginnen. Restriktionen inhärente Restriktionen

aufgabenspezifische Restriktionen

Bilanzgleichung am Faktorknoten am Vorgangsknoten

absolut Mengenrestriktionen(MR) Zeitrestriktionen (ZR)

Gleichgewichtsbedingung am Faktorknoten Zugang Abgang am Vorgangsknoten

relativ Reihenfolge (RF) Mindestabstand (MA) sonstige

Zugang beginnender Vorgang endender Vorgang Abgang

Bild 2-32 Klassifikationsmerkmal Restriktionen

Daneben gibt es Restriktionen, die sich auf den Zusammenhang zwischen mehreren Ereignissen beziehen. Für diese als relative Restriktionen bezeichneten Restriktionen ist zu unterscheiden, ob die betroffenen Ereignisse gleichen oder unterschiedlichen Typs sind. Unabhängig vom Geltungsbereich gibt es davon zwei Formen. Zum einen kann eine unmittelbare Reihenfolge verboten werden, wobei diese Restriktion für den ganzen Zeithorizont des Modells oder nur einen Zeitausschnitt davon gelten kann. Ein Beispiel für eine solche Restriktion, die darüber hinaus nur für einen Ereignistyp definiert ist, ist das Verbot, dass nach dem Beginn des Vorgangs „Karosse lackieren schwarz“ nicht unmittelbar der Beginn des Vorgangs „Karosse lackieren weiß“ folgen darf. Zum anderen kann gefordert werden, dass zwischen zwei bestimmten Ereignissen eine gewisse Zeitdauer zu vergehen hat, die von der Art der Ereignisse113 abhängt. Die formale Definition lautet wie folgt. relative Restriktion sachlicher Bezug (Reihenfolgerestriktion) ( RFs , …, s ( MZ ) = 1 ) ⇔ ∀( z 1, …, z n ∈ MZ ) 1

n

( ( pr 1 ( z 1 ) = s 1 ), …, ( pr 1 ( z n ) = s n ) Ÿ pr 2 ( z 1 ) ≤ … ≤ pr 2 ( z n ) )

113

Würde diese geforderte Zwischenzeit nicht von den Ereignissen abhängen, wäre der geeignete Ort für die Formulierung dieser Restriktion das Zeitmodell.

104

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Beispiel: Vorgang F darf nicht auf Vorgang A folgen. relative Restriktion zeitlicher Bezug (Mindestabstand) ( MA s , s ( MZ ) = 1 ) ⇔ 1

2

∀( z 1, z 2 ∈ MZ ) ( ( pr 1 ( z 1 ) = s 1 ), ( pr 1 ( z 2 ) = s 2 ) Ÿ pr 2 ( z 1 ) – p r 2 ( z n ) ≥ d ) Beispiel: Vorgang F muss mindestens 3 Stunden bis zur Weiterverarbeitung warten. Die möglichen Ausprägungen zum Merkmal Restriktionen sind in Bild 2-32 zusammenfassend dargestellt. Mit diesen Ausprägungen wird eine gegebene Mikrostruktur beschriftet. • Klassifikationsmerkmal Aufgabenstellung Nachdem die Graphen der Mikrostrukturen um die Restriktionen ergänzt worden sind, ist schließlich die Aufgabenstellung, die in Form der Ausgangs- und gesuchten Daten spezifiziert wird, klassifikatorisch zu charakterisieren. Ausgangspunkt dafür ist zunächst die Betrachtung der Möglichkeiten, wie die gegebenen und gesuchten Ereignisse in dem Raum, der durch die Richtung des Arbeitsfortschritts, die Zeit und die Interpretationsmenge aufgespannt wird, verteilt sind. Folgende Fälle sind bezüglich dieser Verteilung denkbar, wenn berücksichtigt wird, dass das Ergebnis einer PPS-Aufgabe immer ein Plan sein soll. Zuerst kann unterschieden werden, ob bereits ein Plan gegeben ist oder nicht. Ist dies nicht der Fall, so handelt es sich um eine Konstruktionsaufgabe. Bei einer solchen Aufgabe können gewisse Ist-Ereignisse und gewisse Plan-Ereignisse gegeben sein. Je Punkt im Graphen der Mikrostruktur gibt es damit mindestens einen Ereignistyp, und dieser hat die Interpretation „Plan“. Darüber hinaus kann es an einem Punkt höchstens einen weiteren Ereignistypen geben, und falls dieser existiert, besitzt er die Interpretation „Ist“. Die gesuchten Ereignisse haben immer die Interpretation „Plan“, und - dies ist die charakterisierende Eigenschaft einer Konstruktionsaufgabe - diese Ereignisse unterscheiden sich von den gegebenen „Plan“Ereignissen entweder bezüglich des Punktes im Modell oder bezüglich der Zeit oder bezüglich beidem. Betrachtet man die von den Dimensionen Arbeitsfortschritt und Zeit aufgespannte Ebene und die Verteilung der gegebenen und gesuchten Ereignissen darin, so sind die Flächen, die von den gegebenen und gesuchten Ereignissen eingenommen werden, disjunkt. Formal lässt sich dieser Sachverhalt wie folgt fassen: Eine PPS-Aufgabe heißt Konstruktionsaufgabe, wenn gilt I = { Plan, Ist } , AD = { z ∈ Z ( pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = Plan ) ∨ ( pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = Ist ) } , GD = { z ∈ Z pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = Plan } , ∀( z ∈ AD, z' ∈ GD )pr 2 ( z ) ≠ pr 2 ( z' ) ∨ pr 1 ( pr 3 ( z ) ) ≠ pr 1 ( pr 3 ( z' ) ) . Liegt einer PPS-Aufgabe dagegen bereits ein vorher bestimmter Plan als gegeben zugrunde, so gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten, diesen Plan zu verarbeiten. Zum einen gibt es die Möglichkeit, den gegebenen Plan (zeitlich) zu verfeinern oder zu vergröbern, auf jeden Fall aber den Detaillierungsgrad zu ändern, oder aber es

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben

105

gibt die Möglichkeit, den Plan auf der gleichen Detaillierungsstufe aufgrund von Änderungsereignissen zu aktualisieren. In beiden Fällen gibt es an mehreren Punkten im Modell zwei Ereignistypen, wobei der eine die Interpretation „alter Plan“ und der andere die Interpretation „neuerPlan“ besitzt. Zusätzlich kann noch der Ereignistyp mit der Interpretation „Ist“ auftreten. Zu den gegebenen Ereignissen gehören dann nur solche mit der Interpretation „alterPlan“ und/oder „Ist“, und die gesuchten Ereignisse haben die Interpretation „neuerPlan“. Eine PPS-Aufgabe heißt Plandetaillierung genau dann, wenn gilt I = { neuerPlan, alterPlan, Ist } , AD = { z ∈ Z ( pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = alterPlan ) ∨ ( pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = Ist ) } , GD = { z ∈ Z pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = neuerPlan } , ∀( etyp, etyp' ∈ ETYP ) ( pr 1 ( etyp ) = pr 1 ( etyp' ) ) ∧ ( pr 2 ( etyp ) = neuerPlan ) ∧ ( pr 2 ( etyp′ ) = alterPlan ) Ÿ ( pr 3 ( etyp ) ≠ pr 3 ( etyp' ) ) . Eine PPS-Aufgabe heißt Planänderungsaufgabe genau dann, wenn gilt I = { neuerPlan, alterPlan, Ist } , AD = { z ∈ Z ( pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = alterPlan ) ∨ ( pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = Ist ) } , GD = { z ∈ Z pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = neuerPlan } , ∀( etyp, etyp' ∈ ETYP ) ( ( pr 1 ( etyp ) = pr 1 ( etyp' ) ) Ÿ ( pr 3 ( etyp ) = pr 3 ( etyp' ) ) ) . Der Unterschied zwischen einer Planänderung und einer Plandetaillierung besteht also nur in der Änderung bzw. Nichtänderung des Detaillierungsgrades. Bei der Plandetaillierung haben Ereignistypen mit der Interpretation „neuerPlan“ ein anderes Zeitmodell als ein Ereignistyp am gleichen Punkt im Modell mit der Interpretation „alterPlan“. Der bei einer Planänderung erforderliche Vergleich zwischen „altem Plan“ und „Ist“ ist dann als Planüberprüfung der Start dieser PPS-Aufgabe. Selbstverständlich ist hier noch die Planüberprüfung zu spezifizieren: Eine PPS-Aufgabe heisst Planüberprüfungsaufgabe, wenn gilt I = { alterPlan, Ist } , AD = { z ∈ Z ( pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = alterPlan ) ∨ ( pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = Ist ) } , GD = { z ∈ Z pr 2 ( pr 3 ( z ) ) = alterPlan – Ist } , ∀( etyp, etyp' ∈ ETYP ) ( ( pr 1 ( etyp ) = pr 1 ( etyp' ) ) ∧ ( pr 2 ( etyp ) = alterPlan ) ∧ pr 2 ( etyp′ ) = Ist ) Ÿ ( pr 3 ( etyp ) = pr 3 ( etyp' ) ) . PPS-Aufgaben können durch das Kriterium Richtung der Berechnung genauer charakterisiert werden. Bezüglich der beiden Dimensionen Arbeitsfortschritt (sachlicher Bezug) und Zeit (zeitlicher Bezug) gibt es jeweils die Ausprägungen „vorwärts“, „rückwärts“, „gleich“. Diese Ausprägungen beschreiben die gegenseitige Lage der gege-

106

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

benen und gesuchten Ereignisse.114 In Bild 2-33 sind diese Ausprägungen illustriert, indem jeder möglichen Kombination eine entsprechende Konstruktionsaufgabe beispielhaft zugeordnet wurde. Die Ausprägung „vorwärts, vorwärts“ bedeutet dann bspw., dass die gesuchten Ereignisse in der genannten Fläche weiter hinten (bezüglich der Zeit) sowie weiter rechts (bezüglich des Arbeitsfortschritts) liegen als die gegebenen Ereignisse (siehe Bild 2-18).

vorwärts Zeitachse (zeitlicher Bezug)

Arbeitsfortschritt (sachlicher Bezug) gleich rückwärts

vorwärts

Vorwärtsterminierung

gleich

KapazitätsAngebotsermittlung

Bedarfsprognose

rückwärts

Bild 2-33

Netto- und Bruttobedarfsermittlung

Rückwärtsterminierung

Beispiele für Konstruktionsaufgaben

Schließlich ist zu fragen, wie die gesuchten Daten angegeben wurden. Sind von den gesuchten Ereignissen die zeitlichen Bezüge gegeben und ist nach den sachlichen Bezügen gefragt,dann wird die PPS-Aufgabe als Mengenplanung (im weitesten Sinne) bezeichnet. Ist es umgekehrt, so handelt es sich um eine Terminplanung.115 Aufgabenstellung Fragestellung

Terminplanung Mengenplanung

Art der Verteilung der gegebenen und gesuchten Ereignisse Plankonstruktion Planänderung Plandetaillierung Planüberprüfung

Richtung der Berechnung

Arbeitsfortschritt vorwärts gleich rückwärts

Zeit vorwärts gleich rückwärts

Bild 2-34 Klassifikationsmerkmal Aufgabenstellung

Beispiele für die Mengenplanung sind Fragestellungen wie „Wie viele Teile werden heute ausgeliefert?“, „Welches Auto wird um 16.00 Uhr montiert?“ und „Wie hoch 114

Ist der Endzeitpunkt eines Vorganges gegeben, kann der Beginnzeitpunkt nicht beliebig gewählt werden. Ist der Zugang in einem Faktorknoten gegeben, dann ist der Abgang in seinen Grenzen festgelegt.

115 Eine Terminplanung

liegt immer dann vor, wenn die Stückzahl 1 ist. Man geht vom sachlichen Bezug aus und ermittelt den zeitlichen Bezug. Bei einer Großserienfertigung, bei der z. B. jeden Tag dieselben Scheinwerfer hergestellt werden, macht die Frage nach der Tagesstückzahl Sinn. Die Mengenplanung geht dann vom gegebenen externen zeitlichen Bezug aus und ermittelt die sachlichen Bezüge. Für den einzelnen Scheinwerfer (mit Fortschrittszahl 109977, siehe Abschnitt 3.1.2) ist dann nur noch die Frage, ob er heute oder morgen produziert wird.

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben

107

ist der Bestand im Teilelager in dieser Woche?“. Beispiele für die Terminbestimmungen sind Fragestellungen wie „Wann wird der Auftrag 99 ausgeliefert?“ oder „Wann muss die Montage für Auftrag 99 beginnen?“.116 Natürlich können bei einer entsprechend weit definierten PPS-Aufgabe beide Fragestellungen auftreten. Aber jede PPS-Aufgabe muss in solche Teilaufgaben zerlegt werden können, für die genau eine der Fragestellungen zutrifft. Dieses Merkmal ist orthogonal zu dem Merkmal der Verteilung der gegebenen und gesuchten Ereignisse. In Bild 2-34 sind die bezüglich der Aufgabenstellung möglichen Merkmale und ihre Ausprägungen zusammengefasst. Name der Mikrostruktur

Name

Graphrepräsentant



∨∧







∨∧





∨∧





∨∧





∨∧

oder

Ereignistypen je Punkt im Modell

Zugang

Interpretationen Arten von Zeitmodellen

Plan dZPM

gleich

Gleichheit von Zeitmodellen

Restriktionen je Ereignistyp

MR

typübergreifende Restriktionen

NNB: Ereignistypen,

Aufgabenstellung

RF

Mengenplanung

Plankonstruktion(Richtung Zeit, Richtung Arbeitsfortschritt)

Bild 2-35 Schema zur Darstellung von Mikrostrukturen 116 Diese

Fragestellung macht auch folgendes Beispiel deutlich: Ein Hundertmeter-Lauf endet nach 100 Metern. Damit wird der sachliche Bezug festgehalten. Der zeitliche Bezug wird an der Hundertmeter-Linie festgestellt. Genauso agiert die Terminplanung. Alternativ dazu könnte ein 10 Sekundenlauf (siehe die 24-Stunden-Rennen im Automobilsport) den zeitlichen Bezug festhalten und den sachlichen Bezug als zurückgelegte Strecke messen. Dann würde man sich wie die Mengenplanung verhalten.

108

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

• Schema für die Mikrostruktur Mit der Aufgabenstellung ist die Mikrostruktur bzw. die durch sie repräsentierte Klasse von PPS-Teilaufgaben weitestgehend charakterisiert. Zur Darstellung des Repräsentanten einer Mikrostruktur wird das in Bild 2-35 wiedergegebene Schema vorgeschlagen. Jedes mit den bisher eingeführten Merkmalsausprägungen ausgefüllte Schema beschreibt dann eine Klasse von Teilaufgaben der PPS. Beispiele dazu werden später (siehe Abschnitt 2.4.4 sowie Kapitel 4 und Kapitel 5) angegeben. Für die Darstellung gelten folgende Regeln: Je Punkt im Modell werden die zugehörigen Ereignistypen zu einem Kästchen zusammengefasst. Diese Kästchen werden in dem Schema von links nach rechts in der Reihenfolge angeordnet, die sich ergibt, wenn man die Knoten im Graphen von oben nach unten und dann von links nach rechts und die Punkte an einem Knoten von links nach rechts „liest“. Die Restriktionen, die für genau einen Ereignistyp gelten, werden in dem Schema durch ihr Kürzel in der Spalte des Ereignistyps angegeben. Typübergreifende Restriktionen werden in einem Kästchen zusammengefasst: Es wird das Kürzel angegeben und dahinter die betroffenen Ereignistypen. Die Aufgabenstellung wird im letzten Kästchen spezifiziert, indem vor dem Trennstrich die Fragestellung angegeben wird und dahinter die Charakterisierung der Aufgabe nach Art und Verteilung der gegebenen und gesuchten Ereignisse.

2.3.4

Makrostrukturen

Würde das Schema für Mikrostrukturen noch um das Merkmal der Formalziele ergänzt, so würde es bereits spezielle Klassen von PPS-Aufgaben beschreiben, nämlich gerade solche, die auf eine Mikrostruktur reduziert werden können, bzw. solche, denen als Graph nur ein Vorgangsknoten zugrundeliegt. Für alle anderen PPS-Aufgaben muss noch die Makrostruktur betrachtet werden und diese mit eventuell modellweiten Restriktionen und den Formalzielen (die oft nicht separierbar sind und deswegen im allgemeinen nicht den Mikrostrukturen zuordenbar sind) beschriftet werden. Die Makrostruktur ist wie folgt definiert: Unter einer Makrostruktur wird die Repräsentation einer PPS-Aufgabe als beschriftete Verknüpfung von Mikrostrukturen verstanden117. • Klassifikationsmerkmal Graph des Produktionsablaufs Die Makrostruktur ergibt sich durch Verknüpfung der beschrifteten Mikrostrukturen. Betrachtet man nun die den Mikrostrukturen zugrundeliegenden Graphen, so 117 Häufig

verknüpft ein Transportsystem die Produktionsstufen so, dass sie nicht mehr als in einem Fluss geordnete Folge immer wieder gleich zu behandelnder Mikrostrukturen betrachtet werden können. Dies gilt bspw. für die Produktionsanlage in Bild 2-22. Hier formt das Transportsystem eine komplexe Makrostruktur (siehe auch die Darstellung der Werkstattfertigung in Bild 3-87 und Bild 3-88).

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben

109

kann damit definiert werden, wie zwei oder mehrere Mikrostrukturen zu einer Makrostruktur verknüpft werden können, nämlich gerade durch die Angabe der gemeinsamen Faktorknoten. Ebenso wie aus der Sicht eines Vorgangsknoten die mit ihm verbundenen Faktorknoten komplementär oder alternativ sein können, so können aus der Sicht eines Faktorknoten die Mikrostrukturen, wenn es am Zu- oder Abgang mehrere gibt, alternativ oder komplementär zueinander sein. Wird noch unterschieden, ob es sich bei den gemeinsamen Faktorknoten um Verbrauchs- oder Gebrauchsfaktorknoten handelt, dann ergeben sich die in Bild 2-36 dargestellten Fälle möglicher Verknüpfungen. Zur Darstellung der Verknüpfung zweier Mikrostrukturen muss für jeden gemeinsamen Verbrauchsfaktorknoten jeweils genau ein Kästchen in den ersten beiden Zeilen markiert werden. Für jeden gemeinsamen Gebrauchsfaktorknoten muss entweder genau ein Kästchen in der dritten Zeile oder jeweils genau ein Kästchen der beiden letzten Zeilen aus verschiedenen Spalten markiert werden.





∨ ∨



gemeinsamer eingehender Gebrauchsfaktor





gemeinsamer ausgehender Gebrauchsfaktor













gemeinsamer Gebrauchsfaktor









„Und“-„Oder“Kanten



nachgelagerte Mikrostruktur

„Und“Kanten



vorgelagerte Mikrostruktur

„Oder“Kanten



eine Kante

Bild 2-36 Klassifikationsmerkmal Graph des Produktionsablaufs für Makrostrukturen - mögliche Verknüpfungen von Mikrostrukturen

Die Mikrostrukturen werden also zunächst nur unter Betrachtung der zugrundeliegenden Graphen verknüpft. Beispiele für einfache Verknüpfungen von Mikrostrukturen zeigt Bild 2-37.

110

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Damit ergeben sich Modelle für umfangreichere PPS-Aufgaben, die nun noch mit modellweiten Restriktionen sowie Formalzielen beschriftet werden können und deren Aufgabenstellung sich aus denen der verknüpften Mikrostrukturen ergibt.





∨ Bild 2-37 Beispiele für Graphen der Makrostrukturen

• Klassifikationsmerkmal Restriktionen Die Restriktionen, mit denen eine Makrostruktur beschriftet werden kann, sind vom Typ her nicht anders als die für Mikrostrukturen. Daher trifft für sie die gleiche Klassifikation zu. In die Makrostruktur werden jedoch nur solche Restriktionen eingetragen, die sich auf mehrere Ereignistypen, die aus unterschiedlichen Mikrostrukturen stammen, beziehen. Alle anderen Restriktionen sind bereits in die Mikrostrukturen eingetragen. • Klassifikationsmerkmal Aufgabenstellung Die Aufgabenstellung, die durch die Ausgangs- und gesuchten Daten der gesamten klassifizierten PPS-Aufgabe beschrieben wird, folgt aus den Aufgabenstellungen der durch die Mikrostrukturen beschriebenen Teilaufgaben. Die Menge der gesuchten Ereignisse der Gesamtaufgabe ergibt sich, indem die Mengen der gesuchten Ereignisse über alle Teilaufgaben, also Mikrostrukturen, vereinigt werden. Die Menge der Ausgangsereignisse der Gesamtaufgabe ergibt sich, indem der Durchschnitt der Mengen der Ausgangs- und gesuchten Ereignisse für alle Teilaufgaben von der Menge aller Ausgangsereignisse der Teilaufgaben abgezogen wird. • Klassifikationsmerkmal Formalziel Das Formalziel beschreibt ein Gütekriterium, nach dem mögliche alternative Nachzustände des Aufgabenobjekts für den Fall, dass das Sachziel den Nachzustand nicht eindeutig festlegt, bewertet werden und einer davon ausgewählt wird. Falls also die Menge der nach dem Sachziel zu bestimmenden Lösungen nicht einelementig ist, kann mit Hilfe des Formalziels eine beste Lösung gefunden werden. Die Formalziele können dahingehend unterschieden werden, ob sie sich direkt auf die Ereignismenge beziehen oder ob sie sich auf die Art der Aufgabendurchführung beziehen. Die erste Art von Formalzielen soll ereignisbezogen118 heißen. Derartige Formalziele werden oft als kostenmäßige Bewertung der gesuchten

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben

111

Ereignismenge formuliert. Die zweite Art heißt durchführungsbezogen.119 Ein solches Formalziel liegt bspw. vor, wenn ein bestimmter Aufgabenträger bevorzugt wird oder eine schnelle Lösungsfindung wichtig ist. Es ist möglich, dass bei einer PPS-Aufgabe beide Arten von Zielen vorliegen, aber auch, dass kein explizites Formalziel formuliert wird. Die durchführungsbezogenen Ziele sind nur im Zusammenhang mit dem Aufgabenträger relevant. Sie werden hier daher nicht weiter betrachtet. absolut ordinale Bewertung

relativ

kardinale Bewertung

zeitlicher Bezug

Z/a/o: Terminüberschreitung

Z/a/k: Terminverzug

sachlicher Bezug

S/a/o: Bestellkosten

S/a/k: Lagerkosten

ordinale Bewertung

kardinale Bewertung

Z/r/o: Existenz einer Differenz zwischen zwei Terminen S/r/o: Rüstkosten

Z/r/k: Abstand zwischen Aufträgen, Wartezeiten, Leerzeiten S/r/k: Fehlmengenkosten

Bild 2-38 Klassen von ereignisbezogenen Formalzielen

Die ereignisbezogenen Formalziele lassen sich danach strukturieren, welche Komponente eines Ereignisses bewertet wird und wie dies geschieht. Dies führt zu Zeitund Mengenzielen120. Für beide gilt, dass zum einen die Existenz eines Wertes (ordinale Bewertung) und zum anderen die Größe des Wertes (kardinale Bewertung) bewertet werden kann. Sowohl ordinale als auch kardinale Bewertung können für einzelne Ereignisse (absolute Bewertung) als auch für mehrere Ereignisse (relative Bewertung), bspw. Differenzen von Ereignissen, durchgeführt werden. Bild 2-39 zeigt die damit entstehenden Klassen von ereignisbezogenen Formalzielen, enthält entsprechende Beispiele und definiert die später verwendeten Abkürzungen für die Klassen von Formalzielen. Formalziele ereignisbezogen absolute Bewertung kardinal zeitlicher Bezug (Z/a/k) sachlicher Bezug (S/a/k) ordinal zeitlicher Bezug (Z/a/o) sachlicher Bezug (S/a/o)

Bild 2-39 Klassifikationsmerkmal Formalziel 118

Oder auch: ergebnisbezogen

119 Vgl.

Abschnitt 2.1.1.

120 Vgl.

bspw. [KISTE90], S. 112, S. 121f.

keine relative Bewertung kardinal zeitlicher Bezug (Z/r/k) sachlicher Bezug (S/r/k) ordinal zeitlicher Bezug (Z/r/o) sachlicher Bezug (S/r/o)

112

2.3.5

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Klassifikationsschema für PPS-Aufgaben

Die Klassen des gesuchten Klassifikationsschemas werden auf der Basis der im Abschnitt 2.3.2 und 2.3.3 erörterten Merkmale und des dort vorgeschlagenen Vorgehens durch den folgenden Satz definiert: Jede nichtreduzierbare Makrostruktur definiert eine Klasse von PPS-Aufgaben. Die Makrostruktur stellt die maximale Merkmalsmenge zur Bestimmung einer Klasse dar. Natürlich beschreibt auch jede andere Auswahl ausgeprägter Merkmale, die mit dem entwickelten Klassifikationsschema vereinbar ist, eine Klasse, dann allerdings auf einer höheren Stufe, so dass die resultierenden Klassen größer sind, als die durch eine vollständige Makrostruktur beschriebenen. Beispielsweise ist es statthaft, in diesem Rahmen von der Klasse der Konstruktionsaufgaben, von der Klasse von PPS-Aufgaben ohne Formalziele oder von der Klasse von PPS-Aufgaben mit linearem Graphen zu sprechen. In einem solchen Falle werden einige Merkmale nicht ausgeprägt, so dass für diese Merkmale alle ihre Ausprägungen erlaubt sind, was durch das Jokerzeichen „*“ statt der Angabe einer konkreten Merkmalsausprägung gekennzeichnet wird. Die Reduktion der Mikrostrukturen wurde bereits in Abschnitt 2.3.3 behandelt. Um nun die Klassifikation wirklich praktikabel zu gestalten, ist es notwendig, den Begriff der Reduzierbarkeit von Makrostrukturen zu definieren und eine Vorgehensweise für die Diskrimination konkreter PPS-Aufgaben auszuarbeiten. • Reduzierbarkeit Ausgangspunkt bei der Reduktion ist eine vollständig spezifizierte Makrostruktur als beschriftete Verknüpfung von Mikrostrukturen, wobei die Mikrostrukturen bereits gewisse Klassen von Teilaufgaben charakterisieren. Ziel der Reduktion ist es, gleiche Klassen von PPS-Teilaufgaben - und damit gleiche Mikrostrukturen - aus der Makrostruktur zu eliminieren. Eine solche Makrostruktur lässt sich überhaupt nur dort reduzieren, wo keine modellübergreifenden Restriktionen existieren, so dass dies als notwendige Bedingung berücksichtigt werden muss. Als Prinzipien zur Reduktion kommen das Prinzip der Selbstähnlichkeit und das Prinzip der entkoppelten Wiederholung in Frage. Die beiden Prinzipien werden im Folgenden definiert und ihre Anwendung an Beispielen demonstriert. Diese Demonstration erfolgt allein unter Betrachtung der Graphstrukturen, da im Folgenden vorausgesetzt wird, dass es sich jeweils um gleiche Mikrostrukturen handelt. Das Prinzip der Selbstähnlichkeit besagt, dass eine Verknüpfung gleicher Mikrostrukturen, die ähnlich ist zu der Graphstruktur der Mikrostrukturen, auf diese Mikrostruktur reduziert werden kann. Ein typisches Beispiel hierfür sind Baumstrukturen, wie sie in Bild 2-40 (a) dargestellt sind, lineare Graphen (b) und regelmäßige Netzstrukturen (c). Das Prinzip der entkoppelten Wiederholung besagt, dass eine Verknüpfung gleicher Mikrostrukturen (oder gleicher Makroteilstrukturen) mittels Faktorknoten, die genau eine hinführende und eine wegführende Kante besitzen, auf diese Mikrostruktur (oder Makroteilstruktur) reduziert werden kann.

2.3 Die Klassifikation von PPS-Aufgaben



∨ Reduktion

113



∨ (a) baumartige Strukturen

Reduktion

(b) lineare Strukturen



∧ ∨















Reduktion





(c) regelmäßiges Netz

Bild 2-40 Prinzip der Selbstähnlichkeit

Für lineare Graphen fallen die beiden Prinzipien zusammen. Typische Beispiele für das Prinzip der entkoppelten Wiederholung sind in Bild 2-41 dargestellt.

Reduktion

(a) verknüpfte Mikrostrukturen

Reduktion

(b) verknüpfte Makroteilstrukturen

114

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Reduktion

(b) verknüpfte Makroteilstrukturen

Bild 2-41 Prinzip der entkoppelten Wiederholung

Kopplungen zwischen Mikrostrukturen, die eine Reduzierbarkeit verhindern, sind bspw. Kreise, die sich über mehr als zwei Knoten erstrecken, gemeinsame Gebrauchsfaktorknoten sowie Verknüpfungen durch mehrere Faktorknoten. Beispiele hierfür sind in Bild 2-42 dargestellt.







∨ ∨







Bild 2-42 Beispiele für nichtreduzierbare Verknüpfungen

• Vorgehensweise bei der Diskrimination Zur Einordnung einer konkreten PPS-Aufgabe in eine Klasse, die in dem entwickelten Schema enthalten ist, muss in drei Schritten vorgegangen werden. Zuerst muss der Graph des Produktionsablaufs der gegebenen PPS-Aufgabe gemäß der in Abschnitt 2.3.3 angegebenen Definition in die Mikrostrukturen zerlegt werden. Diese müssen beschriftet werden, so dass eine Zerlegung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben entsteht. Im zweiten Schritt werden die Mikrostrukturen zur Makrostruktur verknüpft, und diese wird mit modellübergreifenden (globalen) Restriktionen und Zielen beschriftet. Im dritten Schritt wird diese Makrostruktur reduziert. Im Ergebnis entsteht der Repräsentant der Klasse, zu der die konkrete PPS-Aufgabe gehört. • Darstellung Eine Klasse von PPS-Aufgaben wird durch eine nicht reduzierbare Makrostruktur repräsentiert. Sie wird unter Benutzung der Beschreibungsschemata für die Mikro-

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

115

strukturen, wie in Bild 2-43 veranschaulicht, dargestellt. Zusätzlich zu den Mikrostrukturen werden nun noch Restriktionen eingetragen, die Mikrostrukturübergreifend gelten. Die Formalziele werden angegeben, indem der Typ der ereignisbezogenen Formalziele spezifiziert wird und dahinter die Ereignistypen angegeben werden, deren Ereignisse entsprechend dem Formalziel bewertet werden. Bei PPS-Aufgaben, die auf genau eine Mikrostruktur reduziert werden können, wird das Schema der Mikrostruktur um die Angabe der Typen der Formalziele ergänzt.

Klassenname Makrostruktur Mikrostruktur1

Mikrostruktur3

Mikrostruktur4

Mikrostruktur6

⁄ Mikrostruktur2

Mikrostruktur5

Mikrostruktur7

Schemata der Mikrostrukturen

modellübergreifende Restriktionen Formalziele

Bild 2-43 Beschreibungsschema für Klassen von PPS-Aufgaben

2.4

Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

2.4.1

Anforderungen an das formale Modell

– Sachanforderungen Das gesuchte Modell für PPS-Verfahren ist analog zum Modell für PPS-Aufgaben eine Modellierungsmethode mit Konstrukten und Verknüpfungsregeln für die Kon-

116

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

strukte. Damit müssen alle denkbaren PPS-Verfahren abgebildet werden können. Ausgangspunkt für die Herleitung der Anforderungen ist die Definition eines PPSVerfahrens (Abschnitt 2.1) und die allgemeine Definition von Lösungsverfahren für Aufgaben von [FESI93], die im selben Abschnitt bereits zitiert wurde. Die Definition eines PPS-Verfahrens legt die Spezifik des Aufgabenobjekts fest, die durch das Verfahren bearbeitet wird; die allgemeine Definition von [FESI93] legt dagegen die allgemeine Struktur eines Lösungsverfahrens fest. Ein PPS-Verfahren besteht danach aus zwei Arten von Komponenten: aus der Aktionensteuerung, die die Reihenfolge der Abarbeitung der Aktionen bestimmt, und den Aktionen selbst121. Die Aktionen transformieren das Aufgabenobjekt der PPS-Aufgabe122 bzw. eine modellhafte Repräsentation davon. Vermittels der Aktionen transformiert damit auch ein PPS-Verfahren das Aufgabenobjekt. Die Zustände des Aufgabenobjekts heißen aus der Sicht der Verfahrensdurchführung Zwischenergebnisse, während der Zustand nach Abschluss des Verfahrens Lösung oder Endergebnis heißt. Um nun alle PPS-Verfahren modellieren zu können, sind Konstrukte für die Aktionen und die Aktionensteuerung gesucht. Die Konstrukte für die Aktionensteuerung müssen so beschaffen sein, dass es möglich ist, Zustände des Aufgabenobjekts zu erfassen, zu bewerten und zu vergleichen, Eigenschaften von Aktionen zu erfassen, Aktionen anzustoßen sowie ihre Beendigung zu registrieren. Die Aktionen eines PPS-Verfahrens transformieren das Aufgabenobjekt in festgelegter, mehr oder weniger komplexer Weise. Zur Modellierung der Aktionen müssen daher Konstrukte gefunden werden, die das Modell des Leistungserstellungsprozesses transformieren. – Formalanforderungen Auch die Menge der gesuchten Konstrukte im Modell für PPS-Verfahren soll möglichst klein sein. Daraus ergibt sich bezüglich der Konstrukte für die Aktionen, dass nicht für alle denkbaren Aktionen, also Aktionen beliebiger Komplexitätsgrade, Konstrukte bereitgestellt werden. Vielmehr ist ein Satz von Konstrukten zu entwikkeln, aus denen durch Einbindung in eine passende Aktionensteuerung Aktionen höherer Komplexitätsgrade aufgebaut werden können. Ebenso wie für das Modell der PPS-Aufgabe werden für die Konstrukte des Modells für PPS-Verfahren die in [DÖRN79] beschriebenen Eigenschaften für elementare Problemlöseoperationen gefordert. Die Konstrukte sollen eine geringe Wirkungsbreite und einen großen Anwendungsbereich haben. Die geringe Wirkungsbreite ermöglicht es, die Konstrukte gezielt und ohne eventuell auftretende Nebenwirkungen einzusetzen. Günstigstenfalls sollten sie Wirkungen nur bezüglich einer Dimension des Aufgabenobjekts zeigen. Die Forderung nach dem großen Anwendungsbereich beinhaltet wiederum, dass sie allein nach ihrer Wirkung ausge121

Im Gegensatz zu „Vorgang“, der ein Geschehen in einem Produktionssystem bezeichnet, soll hier „Aktion“ für ein Geschehen in einem Produktionsplanungs- und -steuerungssystem stehen.

122

Entsprechend gilt hier: Ein Vorgang transformiert das Produktionssystem, eine Aktion transformiert das Modell der Produktion (siehe Abschnitt 2.1).

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

117

wählt werden können. Da die zu entwickelnden Konstrukte Elemente eines Modells sind, sind sie automatisch reversibel, ihre Wirkung ist also jederzeit zurücknehmbar. Erst bei der Umsetzung des Modells in die Realität, also bei dessen Interpretation, werden sich die Aktionen, insbesondere die Steuerungsaktionen, als irreversibel erweisen. Bezüglich der Wirkungssicherheit wird gefordert, dass die Wirkung der Konstrukte eindeutig und in gewissen Grenzen vorhersagbar ist, denn dann sind sie einfacher anzuwenden. Für Problemlösungskonstrukte, wie das auch die Aktionen eines PPS-Verfahrens sind, weist Dörner darauf hin, dass das Problemlösen ausschließlich auf der Grundlage der elementaren Konstrukte schwierig ist. „Es kommt vielmehr darauf an, Makrooperatoren, die aus den elementaren Einheiten zusammengesetzt sind, entweder zu bilden oder von irgendwoher zu übernehmen“ [DÖRN79], S. 23. Das Bilden der zusammengesetzten Konstrukte von Fall zu Fall ist mühsam, andererseits erschwert das Vorhandensein von zusammengesetzten Konstrukten eine unkonventionelle Sichtweise auf das jeweilige Problem. „Das Zerlegen von Makrooperatoren in ihre Komponenten scheint schwieriger zu sein als ihr Aufbau.“ [DÖRN79], S. 24. Mit dieser Erkenntnis scheint die Forderung der Minimalität gerechtfertigt. Andererseits soll aber auch das Bilden zusammengesetzter Aktionen unterstützt werden. Daher sollen auch höher aggregierte Konstrukte entwickelt werden (siehe die Entwicklung über die Kapitel 4, 5 und 6). Darüber hinaus wird aus denselben Gründen wie für die Konstrukte des Modells für PPS-Verfahren gefordert, dass sie keinen bestimmten Aufgabenträger voraussetzen. Aus der Neutralität des Modells für PPS-Verfahren bezüglich des Aufgabenträgers folgt ein Sachverhalt, der durch Analogiebetrachtung des Vorgehens in der Konstruktionslehre123 beschrieben werden kann. Dort wird die geforderte Funktionalität eines Bauteils in ein Netz von Teilfunktionen zerlegt. Die Funktionalität bzw. die Teilfunktionen entsprechen hier der PPS-Aufgabe bzw. ihren Teilaufgaben. Bei hinreichend feiner Zerlegung werden für die Teilfunktionen Lösungsprinzipien angegeben, die aus einem physikalischen (biologischen, chemischen) Effekt und geometrischen und stofflichen Merkmalen des Wirkorts bestehen. Hinsichtlich der Sachanforderungen an die Erfüllung der Teilfunktionen sind die Lösungsprinzipien gleichwertig, also gleich in ihrer Wirkung. Somit repräsentiert die Funktion das Gemeinsame der möglichen Wirk- oder Lösungsprinzipien. Im Kontext der PPS-Verfahren führt die geforderte Neutralität der Konstrukte bezüglich des Aufgabenträgers nun dahin, dass die gesuchten Grundkonstrukte nur abstrakte Repräsentanten für eine Menge von Aktionen sein können, die hinsichtlich ihrer Wirkung äquivalent sind, sich aber hinsichtlich des Aufgabenträgers und damit auch hinsichtlich des Wirkprinzips unterscheiden (siehe auch Fußnote 2). Die Forderung nach Minimalität der Menge der Konstrukte zieht außerdem nach sich, dass ein Konzept zur Kopplung und Aggregation von Aufgaben für das Modell der PPS-Aufgaben entwickelt wird. Die Begründung hierfür wurde bereits gegeben. Abschließend ist zu fordern, dass Syntax und Semantik der Grundkonstrukte formal 123 Die

für die Analogie benutzten Sachverhalte werden in [P ABE93], S. 35 ff. beschrieben.

118

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

zu definieren sind. Voraussetzung dafür ist die geforderte formale Definition des Modells für PPS-Aufgaben.

2.4.2

Ableitung der Modellkonzepte

Die Aufeinanderfolge von Aktionen wird über eine Aktionensteuerung nach Abschnitt 2.1 anhand der Vor- und Nachereignisse der Aktionensteuerungen bestimmt. Dieses Konzept des Lösungsverfahrens wird im Folgenden erweitert. Die Erweiterung erlaubt es dann, Aktionen als Realisierungen von Teilaufgaben der Ursprungsaufgabe aufzufassen. Damit wird der oben formulierten Forderung Rechnung getragen, Aufgabenkopplungen abbilden zu können. Darauf folgend werden die Bestandteile von PPS-Verfahren - Aktionen und Aktionensteuerung - beschrieben. • Struktur- und Ablaufkonzept eines PPS-Verfahrens Ausgangspunkt für die Beschreibung des Struktur- und Ablaufkonzepts für PPSVerfahren ist die Innensicht einer Aufgabe von [FESI93]. Das daraus abgeleitete erweiterte Struktur- und Ablaufkonzept zeigt Bild 2-44. Im Strukturkonzept werden drei Arten von Verfahrenskomponenten unterschieden: die Aktionensteuerung, die Aktionen und die Ablaufereignisse.

Vorereignisse

Sachziel

Startschnittstelle

Formalziel Nachereignisse Abschlussschnittstelle

Aktionensteuerung

Vorereignisse

Sachziel

Formalziel Aktionensteuerung Aktionensteuerung

Aktion

Bild 2-44 Struktur- und Ablaufkonzept eines PPS-Verfahrens

Nachereignisse

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

119

Die Aktionensteuerung realisiert die Aufgabe der zielgerichteten Auswahl der Aktionen und deren Anstoßes. Die Aktionensteuerung auf der obersten Stufe wird von den Vorereignissen der Gesamtaufgabe angestoßen. Sie legt auf der Basis des augenblicklichen und/oder vergangener Zustände des Aufgabenobjekts und des Erfüllungsgrades der Ziele eine Reihenfolge von Aktionen fest. Die produzierte Ordnung kann sich auf die Menge aller zur Verfügung stehenden Aktionen oder nur auf die nächste Aktion beziehen. Die Aktionen transformieren das Aufgabenobjekt - das Modell der Produktion in festgelegter Weise. Nur dadurch, dass bekannt ist - explizit oder implizit -, dass die Aktionen das Aufgabenobjekt gezielt transformieren und wie das geschieht, ist eine sinnvolle, zielgerichtete Auswahl einer Aktion durch die Aktionensteuerung möglich. Der Aktionensteuerung ist also die Aufgabe bekannt, die eine Aktion löst, und nach den Eigenschaften dieser Aufgabe wird die Aktion ausgewählt. Die Aktionen können als Lösungsverfahren für PPS-Teilaufgaben angesehen werden. Somit besteht eine Aktion im allgemeinen wiederum aus Aktionensteuerung und (untergeordneten) Aktionen. Nach dem Kriterium der detaillierten Modellierung werden zwei Arten von Aktionen unterschieden: Aktionen, die detailliert modelliert und dabei in Aktionensteuerung und untergeordnete Aktionen zerlegt werden, heißen zusammengesetzte Aktionen. Aktionen, die nicht weiter modelliert werden, heißen Basis-Aktionen124. Im weiteren Sinne arbeiten die Aktionen alle auf dem gleichen Aufgabenobjekt, nämlich auf dem Aufgabenobjekt der Gesamtaufgabe. Im Ergebnis der Ausführung einer Aktion befindet sich das Aufgabenobjekt in einem bestimmten Zustand, dem Nachzustand, auf dem die nachfolgende Aktion aufsetzt. Dabei kann dieser Zustand, der für die nächste Aufgabe nun zum Vorzustand wird, als Restriktion oder Vorgabe aufgefasst werden, die nicht verändert wird, oder als vorläufiges Ergebnis, das durch Iteration verbessert wird. In diesem Konzept werden die Aktionen bzw. die durch sie realisierten Aufgaben als gegeben angesehen. Diese Aufgaben werden also nicht mehr gestaltet, sondern nur noch ausgewählt. Ablaufereignisse sind die Verknüpfungspunkte zwischen den einzelnen Verfahren (bzw. Aufgaben). Bezüglich einer bestimmten Aufgabe ist ein Ablaufereignis entweder ein Vor- oder ein Nachereignis. Das Ablaufkonzept ergibt sich aus der rekursiven Anwendung des Ablaufkonzepts von [FESI93]. Die Aktionensteuerung einer Aufgabe wird durch Vorereignisse angestoßen. Im Ergebnis ihrer Durchführung produziert die Aktionensteuerung ein Nachereignis, das entweder für die ausgewählte untergeordnete Aktion ein Vorereignis darstellt oder das Verfahren, zu dem die Aktionensteuerung gehört, abschließt. Ein Nachereignis, das eine Aktion bzw. ein Verfahren abschließt, stellt für die übergeordnete Aktionensteuerung ein Vorereignis dar125. Als Beispiel sei hier 124

Solch eine Aktion könnte bspw. der Aufruf eines Optimierungstools sein. Die einer Basis-Aktion zugrundeliegende Aufgabe kann also durchaus komplex sein, aber deren Lösung wird im Rahmen des betrachteten Lösungsverfahrens nicht weiter modelliert.

125 Im

einfachsten Falle könnte dies bspw. eine Fertigmeldung sein.

120

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

ein hierarchischer Ansatz zur Produktionsplanung und -steuerung126 genannt. Die oberste Aktionensteuerung ordnet bei diesem Lösungsprinzip die Teilaufgaben „aggregierte Produktionsplanung“, „Losgrößenplanung“ und „Reihenfolgeplanung“ in dieser Reihenfolge hintereinander an und stößt sie nacheinander an. Die durch die Aktionen realisierten Teilaufgaben sind untereinander gekoppelt. Jede Teilaufgabe arbeitet auf „ihrem“ Aufgabenobjekt. Dieses Aufgabenobjekt kann Teil oder Abstraktion des Aufgabenobjekts der Gesamtaufgabe sein. Teile des Ergebnisses oder von Zwischenergebnissen einer Teilaufgabe werden umgesetzt in Ausgangsdaten für die nachfolgende Teilaufgabe.127 Im genannten Beispiel wird in der ersten Teilaufgabe ein grobes Produktionsprogramm bestimmt, das an die zweite Teilaufgabe als Vorgabe weitergegeben wird. In der zweiten Teilaufgabe werden daraus aggregierte Lose bestimmt, die in der dritten Teilaufgabe auf die Betriebsmittel eingelastet werden. • Realisierungsaspekte - Aufgabenträgerebene Um die Möglichkeiten der Umsetzung des Konzepts aufzuzeigen, werden im Folgenden Beispiele für die Zuordnung von Aufgaben zu Aufgabenträgern angeführt, wobei zuerst eine teilautomatisierte Realisierung und anschließend automatisierte Realisierungen für verschiedene Anwendungsarchitekturen betrachtet werden. – Werden die Aufgaben nicht vollständig in eine Computeranwendung umgesetzt, so übernimmt eine Person die Teilaufgaben aus der Gesamtaufgabe PPS. Eine häufig anzutreffende Konstellation wird sein, dass der Mensch die als nächstes zu lösenden Teilaufgaben erkennt und spezifiziert, so dass sie dann mit Hilfe eines Rechners lösbar sind. In diesem Falle übernimmt der Mensch die Aufgabe der Aktionensteuerung (auf allen Ebenen). – Wird die PPS-Aufgabe mittels imperativer Programmiersprachen128 umgesetzt, so bilden die Kontrollstrukturen des Hauptprogramms und der Unterprogramme (Prozeduren und Funktionen) die Aktionensteuerungen, und die Anweisungen und Unterprogramme bilden die Aktionen. – Bei der Realisierung mittels kooperierender Agenten129 übernehmen die Agenten die Aufgabe der Aktionensteuerung und führen selbst auch Aktionen aus. Dabei ist es denkbar, dass jeder Agent für einen Teil des Aufgabenobjekts zuständig ist, also nur diesen Teil mittels seiner Aktionen verändern darf. Die Kommunikation zwischen den Agenten kann, wenn sie nur einen reinen Anstoß bewirkt, als die Umsetzung der Nachereignisse einer Aktion in die Vorereignisse einer nachfolgenden Aktion angesehen werden. Wird bei der Kommunikation das Aufgabenobjekt geändert, so ist die Kommunikation selbst eine Aktion im Sinne einer Aufgabenobjekttransformation (siehe Abschnitt 5.1.1.3 und Abschnitt 2.4.3). 126 Siehe 127

das Beispiel einer dreistufigen hierarchischen Produktionsplanung in [KISTE91].

Zur Zerlegung und Kopplung von Aufgaben siehe Abschnitt 2.2.2 und [FESI93], S. 195ff.

128 Zum 129 Zum

Begriff imperative Programmierung vgl. [FESI93], S. 285ff.

Begriff kooperierende Agenten, Spezialfall Objektorientierung vgl. [FESI93], S. 279f., S. 297f. und [BECH93, ZELE93]. Agentenbasierte Verfahren siehe z. B. [GPB02, GCV98, GHEN00, FRDA01, AFST99, HEID06, PAPE06, DAPR04].

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

121

– Bei der Realisierung als unstrukturiertes regelbasiertes Expertensystem130 stellt der Mechanismus, der für die Auswahl und Anwendung geeigneter Regeln sorgt, die Aktionensteuerung dar. Die einzige Sorte von Aktionen ist die Anwendung von Regeln. Im Falle von strukturierten regelbasierten Expertensystemen sorgt eine Aktionensteuerung für die Auswahl einer geeigneten Regelbasis, und diese wird dann wie gehabt abgearbeitet, so dass sich eine zweistufige Struktur ergibt (siehe Abschnitt 5.2.1.3.3). • Aussensicht der Aktionensteuerung Die Aktionensteuerung realisiert eine Entscheidungsaufgabe, deren Außensicht im Folgenden beschrieben wird. – Aufgabenobjekt Der Gegenstand der Aktionensteuerung ist eine Menge von Aktionen, deren Wirkungsweise der Aktionensteuerung bekannt ist. Die Menge von Aktionen kann bereits geordnet sein. Den Entscheidungsparameter bildet das ursprüngliche Aufgabenobjekt - also das Modell der Produktion - in seinem aktuellen Zustand und möglicherweise in vergangenen Zuständen. Somit gehört dieses Aufgabenobjekt in verschiedenen Zuständen mit zum Aufgabenobjekt der Aktionensteuerung, wobei auf diesen Teil nur „lesend“ zugegriffen wird. – Sachziel Das Sachziel, also der Zweck der Aktionensteuerung, besteht in der Erzeugung und Realisierung einer Anordnungsrelation auf der Menge der Aktionen. Diese Anordnungsrelation wird durch das Sachziel der zu lösenden PPS-Aufgabe bestimmt, da dieses Sachziel einen gewünschten Zustand des Modells der Produktion festlegt. Die Aktionensteuerung muss eine geeignete Folge von Zustandsübergängen des Modells der Produktion zur Erreichung dieses Zustands bestimmen. Die Zustandsübergänge werden durch die Anwendung der Aktionen erreicht. Die Aktionen besitzen bei ihrer Realisierung eine zeitliche Ausdehnung, die durch Beginn (Anstoß) und Ende (Rückmeldung) gekennzeichnet ist. Durch die Anordnungsrelation werden zwischen dem Beginn und dem Ende der Aktionen (bzw. einer Teilmenge von Aktionen) Reihenfolgerelationen definiert und/oder explizite Ausführungszeitpunkte zugeordnet. Die Ausführungszeitpunkte können die Form von absoluten Zeitpunkten oder Referenzen auf andere, während der Ausführung entstehende Ereignisse haben. Die Anordnungsrelation muss nach Ausführung der Aktionensteuerung so weit spezifiziert sein, dass im Sinne der Ausführungsreihenfolge immer früheste Aktionen festgelegt sind, die dann als Resultat der Aktionensteuerung angestoßen werden können.131 Es ist möglich, dass eine Aktion auch 130

Zum Begriff regelbasiertes Expertensystem vgl. bspw. [PUPP86, MERT90, CHJG91, HHV92].

131

Die Anordnungsrelation muss nicht notwendigerweise auf eine lineare Ordnung der Aktionen führen. Sie kann auch auf eine partielle Ordnung führen. Für die Begriffe partielle und lineare Ordnung vgl. [BRSE79], S. 549.

122

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

mehrmals in der durch die Aktionensteuerung erzeugten Struktur vorkommt, bspw. wenn sie zyklisch aufgerufen wird. Da es durchaus denkbar ist, dass eine einmal erzeugte Anordnungsrelation auf der Aktionenmenge wieder zurückgenommen wird, ist es nicht möglich, eine immer geltende Beziehung zwischen der Aktionenmenge vor und der nach der Ausführung der Aktionensteuerung anzugeben. Einzige Bedingung ist, dass im Ergebnis der Ausführung der Aktionensteuerung ein kleinstes Element im Sinne der erzeugten Anordnungsrelation in der Aktionenmenge existiert. Dieses kleinste Element ist gerade die Aktion, die als nächstes auszuführen ist. Existiert dieses nicht, so bleibt das Verfahren stehen, ohne die ursprüngliche PPS-Aufgabe gelöst zu haben. – Formalziel Die Formalziele der Aktionensteuerung hängen, bis auf die Forderung, dass das Verfahren insgesamt in endlicher Zeit und unter Verbrauch endlicher Ressourcen terminiert, vom jeweiligen Anwendungsfall ab. – Ablaufereignisse Vorereignisse einer Aktionensteuerung sind das Ende einer untergeordneten Aktion oder das Ende einer übergeordneten Aktionensteuerung. Nachereignisse einer Aktionensteuerung sind der Aufruf einer untergeordneten Aktion oder das Ende der Aktion bzw. des PPS-Verfahrens, zu dem die Aktionensteuerung gehört, das für eine übergeordnete Aktionensteuerung erzeugt wird. Eine wie auch immer vorgenommene hierarchische Strukturierung eines Produktionssystems kann der Rahmen sein, in dem sich eine Aktionensteuerung zweckmäßigerweise bewegt: So wird bspw. zuerst der Plan für die Endmontage, dann für die weiteren Produktionsstufen erstellt. Auf einer bestimmten Stufe behandelt man die einzelne Werkstatt, innerhalb der Werkstatt die Maschine, auf der Maschine den einzelnen Vorgang, um für jeden Vorgang zuerst den Endtermin zu berechnen.132 • Hierarchisch strukturierte Aktionensteuerungen Zur Beschreibung des Ablaufs eines PPS-Verfahren werden analog zum Graphen des Produktionsablaufs Aktionsknoten eingeführt. Die Abbildung des Bearbeitungszustands dieser Aktionen - ’unausgeführt’ bzw. ’ausgeführt’ - übernehmen Ablaufereignisknoten (analog Faktorknoten). Entscheidungen werden Aktionensteuerungsknoten zugeordnet (wie dieses bspw. auch in GERT vorgesehen ist).133 Um den Ablauf eines PPS-Verfahrens hierarchisch aufbauen zu können, werden in der hier verwendeten Graphdarstellung Aktionsknoten durch einen Subgraphen de132 Diese

Fragestellung wird in Kapitel 5 vertieft, wo Aktionensteuerungen unterschiedlichen aufbauorganisatorischen Konzepten zugeordnet werden.

133

Diese Unterscheidung zwischen Aktion und Entscheidung wird im Graphen des Produktionsablaufs nicht getroffen. Die Entscheidung für die Produktion trifft ja gerade die hier betrachtete Produktionsplanung und -Steuerung. Hier wird die PPS-Aufgabe in die Transformation des Modells der Produktion (Aktion) und in die Entscheidung über den Ablauf weiterer Aktionen (Aktionensteuerung) aufgeteilt.

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

123

tailliert. Der Subgraph beschreibt den Ablauf von untergeordneteten Aktionen. Jeder Subgraph benötigt hierzu genau eine Startschnittstelle und eine Abschlussschnittstelle, die den Beginn und das Ende des Ablaufs des Subgraphen repräsentieren; damit kann die Führung des Ablaufs der Aktionen an eine tieferliegende Hierarchiestufe übergeben werden, die diese Führung nach Beendigung des Ablaufs wieder an die ursprüngliche Ebene zurückgibt. Ferner werden Zustandsschnittstellen, die durch das Konstrukt ’Schnittstelle’ definiert werden und eine flexible Reaktion auf Zustände auch innerhalb des Ablaufs ermöglichen, eingeführt. – Aktionsknoten Ein Aktionsknoten wird über eine Aktion bzw. eine Basis-Aktion beschrieben. Ablaufereignisknoten

Ablaufereignisknoten Anstoß

Aktion ausführen

mögliche Vorgängerknoten

Anstoß mögliche Nachfolgerknoten

Bild 2-45 Abbildung eines Aktionsknotens

Formal wird die gesamte Ausführungsfunktionalität dieser Aktion bzw. Basisaktion durch eine Sequenz von Empfangs- und Sendeoperationen beschrieben, mit denen Nachrichten von einem Knoten zu einem anderen Knoten geschickt werden. Diese Nachrichten enthalten bspw. das Ergebnis einer Nettobedarfsrechnung, die an einem Faktorknoten durchgeführt wurde und den Zeitpunkt der Nachrichtenübertragung. Da diese Operationen zur Übertragung von Anstößen verwendet werden sollen, ergibt sich folgende Ausführungsfunktionalität eines Aktionsknotens: get (((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Startzeitpunkt)),(Port, „Aktion unausgeführt“)) set (((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Endzeitpunkt)),(Port, „Aktion ausgeführt“))

– Ablaufereignisknoten Ablaufereignisknoten werden durch den Bearbeitungszustand einer Aktion (bearbeitet, unbearbeitet) und eine Ausführungsfunktionalität beschrieben. Da der Bearbeitungszustand ausschließlich als Vorbedingung für weitere Aktionsausführungen oder Entscheidungen benötigt und verwendet wird, beschränkt sich die Ausführungsfunktionalität auf die folgende Kommunikationsfunktionalität: get (((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Startzeitpunkt)), (Port, „Eingang“)) set (((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Startzeitpunkt)), (Port, „Ausgang“))

Da diese Kommunikationsfunktionalität für alle Ablaufereignisknoten gilt, ist ein Ablaufereignisknoten durch den Bearbeitungszustand einer Aktion (z.B. „Nettobedarf berechnet“ oder „neuer Kundenauftrag eingeplant“) spezifiziert (vgl. Bild 246).

124

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Aktionsknoten

Aktion ausführen

Aktion ausführen

Aktionensteuerungsknoten

Aktionensteuerungsknoten Anstoß

Anstoß Z

Z

Zustandsschnittstelle

Zustandsschnittstelle

Startschnittstelle oder Schnittstelle zum Produktionssystem

Aktionsknoten

Bearbeitungszustand Aktion xy bearbeitet bzw. unbearbeitet

S

A

mögliche Vorgängerknoten

Abschlussschnittstelle oder Schnittstelle zum Produktionssystem mögliche Nachfolgerknoten

Bild 2-46 Abbildung eines Ablaufereignisknotens

In

Out

p1

Ablaufereignisknoten

In

Out

p2

p2

Out

p3

In

A

p3

Abschlussschnittstelle

S Startschnittstelle

entscheiden ...

... mögliche Vorgängerknoten

Ablaufereignisknoten

p1

p

In n

p

p

In

Out n

p

Ou t

mögliche Nachfolgerknoten

Bild 2-47 Abbildung eines Aktionensteuerungsknotens

– Aktionensteuerungsknoten Um in einem Ablauf Zusammenfassungen und Verzweigungen134 abbilden zu können, kann ein Aktionensteuerungsknoten (siehe Bild 2-47) mehrere Eingangsports In

p 1 , …, p

In n

p

Out

out

und mehrere Ausgangsports p 1 , …, p

Out n

p

out

besitzen, über die Anstö-

ße von vorgelagerten Knoten empfangen und zu nachfolgenden Knoten gesandt werden können.135 Ein Aktionensteuerungsknoten reagiert auf Anstöße vorgelagerter Knoten. Zur Formulierung von Bedingungen bzgl. dieser Anstöße werden boolesche Prädikate136 eingeführt. Zeitliche Restriktionen bzgl. des Anstoßes durch vorgelagerte Knoten werden ebenfalls als boolesche Prädikate beschrieben137. Im allgemeinen

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

125

können Relationen zwischen Endzeitpunkten tie , zu denen die Ausführung vorgelagerter Aktionen abgeschlossen sein muss, formuliert werden, (tie < tj, tie = tj, tie > tj, tie ≤ tj, tie ≥ tj , tie ≠ tj mit tj = tje , tj = tje ± dj oder tj = ATj ± dj und ATj ein absoluter Zeitpunkt sowie dj ein Zeitraum). Des weiteren müssen Relationen zu ab134

Wenn eine hierarchische Aktionensteuerung flexibel auf veränderte Situationen reagieren soll, dann müssen auch die Abläufe der PPS an die sich verändernden Randbedingungen eines Produktionssystems und dessen Strategien angepasst werden können. Ein situationsabhängiges Regelwerk zur Festlegung von Abläufen in Aktionensteuerungen muss daher je nach Situation unter unterschiedlichen Mengen von Aktionen, Ordnungsrelationen zwischen diesen Aktionen, Zuständen und ggf. vollständigen Abläufen (falls auf bereits vollständig definierte Abläufe zurückgegriffen werden soll) wählen können. Eine hier angesprochene Menge von Aktionen kann z. B. der gesamte Funktionsumfang der PPS sein. Ordnungsrelationen geben z. B. an, ob vorwärts oder rückwärts gerechnet werden soll und wie die Aktionen aufeinander folgen. Zustände, die abgefragt werden können, sind z. B. Bestandshöhen in einem Lager, aber auch ein gewisser Zustand, der in der Produktionsplanung erreicht wurde. So kann z. B. anhand eines Vergleichs zwischen Kapazitätsbedarf und Kapazitätsangebot entschieden werden, ob vorwärts oder rückwärts gerechnet wird. Im ersten Fall werden Ereignisse mit spätesten, im zweiten mit frühesten Terminen bestimmt.

135

Zur besseren Unterscheidbarkeit von einem Aktionsknoten wird der Aktionensteuerungsknoten durch ein Rechteck mit einem Kreuz dargestellt.

136 Ein

(r-stelliges) elementares boolesches Prädikat auf einem Attribut A := (Bezeichner, Typ_T) wird definiert als Abbildung b: Typ_T r→ {0,1} r ∈ N. Im Allgemeinen können elementare Prädikate über Relationen zwischen einem variablen und einem konstanten Prädikatsbestandteil angegeben werden. Eingeschränkt durch die Datenspezifikation können hierbei die folgenden Konstellationen auftreten: -Relation zwischen einer variablen Attributsausprägung und einer konstanten:‘variableAttributsausprägung‘ OPA ‘konstante Attributsausprägung‘, wobei OPA ∈ {=, , ≤, ≥, ≠} - Relation zwischen einer variablen und einer konstanten Menge: ‘variable Menge‘ OPM ‘konstante Menge‘ mit OPM ∈ {=, ⊂, ⊃, ⊆, ⊇, ≠} - Relation zwischen einem variablen Element und einer Menge oder umgekehrt: ‘variables Element‘ in ‘konstante Menge‘ bzw. ‘variable Menge‘ hat ‘konstantes Element‘. - Relation zwischen einer variablen Teilspezifikation und einer Spezifikation oder umgekehrt: ‘variable Teilspezifikation‘ in ‘konstante Spezifikation‘ bzw. ‘variable Spezifikation‘ hat ‘konstante Teilspezifikation‘. Um ein beliebiges boolesches Prädikat definieren zu können, muss eine Möglichkeit bestehen, elementare Prädikate zusammenzusetzen. Hierzu können die in Programmiersprachen üblichen booleschen Operatoren ’ ∧ ’, ’ ∨ ’ und ’ ¬ ’ verwendet werden. Für die Operatoren gelten die üblichen Vorrangsregeln: ¬ hat den höchsten Rang, es folgen ∧ , ∨ und die Relationen.Die Relationen ‘=‘, ‘‘, ‘≤‘, ‘≥‘ und ‘≠‘ haben die allgemein übliche Bedeutung. Bei der Spezifikation dieser Relationen ist zu beachten, dass die Relationen ‘‘, ‘≤‘ und ‘≥‘ nur auf Attributen definiert sind, für die eine Ordnung auf dem Attributstyp definiert ist. Dieses ist z. B. auch bei einem Digraphen der Fall, bei dem die Ordnung durch die Kantenmenge des Digraphen definiert wird.Die Relationen ‘=‘, ‘⊂‘, ‘⊃‘, ‘⊆‘, ‘⊇‘ und ‘≠‘ haben die allgemein übliche Bedeutung.

137 Innerhalb

einer solchen Ablaufdarstellung der Aktionensteuerung müssen zeitliche Restriktionen zwischen Beginn und Ende der Ausführung der Aktionen auf eine möglichst einfache Art und Weise definiert und durchgesetzt werden können. So muss es z. B. möglich sein, das Ende der Bearbeitung einer Reihe von Aktionen zu synchronisieren (z. B. alle Kunden müssen ihre Bedarfsanmeldung bis 6.00 Uhr abgegeben haben) oder Ende-Anfangsbeziehungen anzugeben.

126

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

soluten Zeitpunkten definiert werden können (siehe elementare Aktionen, Abschnitt In 2.4.4). Im Eingangsbereich eines Aktionensteuerungsknotens sind jeweils np AnIn stoßprädikate138 und nZR zeitliche Restriktionen zu formulieren. Diese gleichzeitig zu erfüllenden Bedingungen können zu einem logischen Ausdruck zusammengefasst werden, deren Komponenten mit ‘ ∧ ’ verknüpft sind. Bestehen mehrere Möglichkeiten, die zu einer bestimmten Folgerung führen sollen, können mehrere dieser Bedingungen definiert und mit ‘ ∨ ‘ verknüpft werden. Auch der Anstoß nachfolgender Aktionsknoten ist über boolesche Prädikate möglich. Hier können wieder als zeitliche Restriktionen, die bei einem Anstoß zu berücksichtigen sind, Relationen zwischen den Anstoßzeitpunkten untereinander oder zu absoluten Zeitpunkten definiert werden. Diese Relationen lassen sich analog zu den Relationen zwischen den Endzeitpunkten tie beschreiben. Auf diese Weise können q Anstoßprädikate für p Ausgangsports definiert werden. Der Anstoß nachfolgender Knoten ergibt sich demnach als Folgerung aus dem Anstoß durch vorgelagerte Knoten. Eine ereignisorientierte Abarbeitung des Ablaufgraphen der Aktionensteuerung bedingt eine Ausführungsaktionalität, in der jedes Ereignis, d. h. jeder Anstoß durch einen Vorgängerknoten, eine Auswertung einer Entscheidung impliziert. Die Auswertung der Bedingungen soll durch boolesche Funktionen fi ausgeführt werden. Es sei p

In

n ,n n

ZR

In

p

Out

,n

die Zahl der Eingangs- und Ausgangsports, ZR

Out

die Zahl der zeitlichen Restriktionen bzgl. Eingang oder Ausgang

ZR

zeitliche Restriktion

Dann gilt f i : { 0, 1 }

n

p

In

× { 0, 1 }

n

ZR

In

→ { 0, 1 } p

In

ZR

In

Die Funktionen fi werden als Abbildungen einer Menge von ( n + n ) -Tupeln auf die Werte yi = 1 oder yi = 0 definiert. Die Komponenten der Tupel repräsentieren die mit ‘ ∧ ‘ verknüpften booleschen Prädikate. Da die Funktionen mehrere Tupel auf 1 abbilden, können diese Tupel als durch ‘ ∨ ‘ verknüpft angesehen werden. 138

Die hier angesprochenen Zustände können Zustände des Produktionssystems, aber auch z. B. Zustände in der Aktionensteuerung selbst oder in der Umwelt des Produktionssystems sein. Eine Menge von Zuständen wird in der Aktionensteuerung zum einen durch die von ihr repräsentierten Zustände und gegebenenfalls durch Attribute, die gemeinsame Eigenschaften der Zustände referenzieren, beschrieben. Ein Zustand selbst wird wie vereinbart durch eine Menge von Attributen definiert. So lässt sich z. B. für eine net change-Rechnung über Zustände beschreiben, ob an einer Baugruppe ein geänderter Bedarf vorliegt oder nicht: Zustand_1 = (Bedarfstyp, geänderter Bedarf) Zustand_2 = (Bedarfstyp, kein geänderter Bedarf)

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

127

Dadurch wird die Auswertung der mit ‘ ∨ ‘ verknüpften Bedingungen realisiert. Die Auswertung der Folgerungen wird durch Abbildungen gi-1 ausgeführt. Es gilt g i : { 0, 1 }

n

p

Out

× { 0, 1 }

n

ZR

O ut

→ { 0, 1 }

­ § Out Out Out Out · ° © p 1 , …, p n pOut , ZR 1 , …, ZR ZROut ¹ n ° –1 gi ( 1 ) = ® Out Out ° g § § p , …, p Out , …, ZR ZROut · · = Out, ZR 1 p ¹¹ ° i©© 1 n n ¯

½ ° ° ¾ 1° ° ¿

­ § Out Out Out Out · ° © p 1 , …, p n pOut , ZR 1 , …, ZR ZROut ¹ n ° –1 gi ( 0 ) = ® Out Out ° g § § p , …, p Out , …, ZR ZROut · · = Out, ZR 1 p ¹¹ ° i©© 1 n n ¯

½ ° ° ¾ 0° ° ¿

Eine tatsächliche Festlegung der Anstoßzeitpunkte kann durch eine Funktion h vorgenommen werden, die die zeitlichen Restriktionen auswertet und Anstoßzeitpunkte zurückgibt. Diese Funktion kann z. B. einen Zeitpunkt nach einer stochastischen oder auch willkürlichen Verteilung festlegen, falls die zugehörige Restriktion dies zulässt. Die entsprechenden Anstöße werden durch Sende-Operationen übertragen. set(((Nachricht, Anstoß p1), (Zeitpunkt, p1)), (Port, „p1“)); ... set(((Nachricht, Anstoß p Out ), (Zeitpunkt, p Out )), (Port, „ p n

p

n

p

n

p

Out

“));

Die Auswertung der Bedingungs- und Folgerungsteile wird durch eine zusammengesetzte Abbildung Qi beschrieben, die als Zuordnungsfunktion zwischen Bedingungs- und Folgerungsteil fungiert. Es gilt Q i :{ 0, 1 }

n

p

In

× { 0, 1 }

n

ZR

In

→ { 0, 1 }

n

p

O ut

× { 0, 1 }

n

ZR

Out

–1

In

Zur Spezifikation der Bedingungen ‘Anstoß p 1 ‘, ..., ‘Anstoß p ‘ ZR

In n

‘ ZR

ZR

Out

In

‘, der Folgerungen ‘Anstoß p 1

Out n

ZR

Out

–1

Qi = f i ° gi = gi ( fi )

‘, ..., ‘Anstoß p

In n

p

Out n

p

Out

In

In

‘, ‘ ZR 1 ‘, ..., Out

‘, ‘ ZR 1

‘, ...,

‘ und der Auswertungsabbildungen fi und gi bzw. Qi kann eine Entschei-

dungstabellendarstellung verwendet werden (Bild 2-48). Der Aufbau der Entscheidungstabelle ist aus der Einbindung des Entscheidungsknotens in ein Ablaufnetz teilweise vorgegeben. So legt die Anzahl der Vorgänger- und Nachfolgerknoten die Anzahl der entsprechenden Anstoßrestriktionen fest. Im Folgenden werden einige ausgewählte Sonderfälle für Auswertungsfunktio-

128

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

nen f bzw. g-1 ohne zeitliche Restriktionen angegeben. – Soll eine Aktion nur dann ausgeführt werden, wenn alle Vorgängeraktionen139 ihre Bearbeitung beendet haben, ist die Definition einer Auswertungsfunktion f notwendig, die eine vollständige Zusammenfassung der Vorgängeraktionen vornimmt. In

f = Anstoß p 1

∧ ... ∧ Anstoß p

In n

p

In

– Können mehrere Aktionen gleiche Ergebnisse liefern, kann der Ablauf der Aktionen schon dann fortgesetzt werden, wenn eine dieser Aktionen ihre Berechnungen beendet hat. Ein solches Verhalten einer unspezifizierten Zusammenfassung definiert die Auswertungsfunktion In

f = Anstoß p 1 Restriktion

∨ ... ∨ Anstoß p mit „



In n

p

In

.

“ verknüpfte Werte der Bedingungsteile bzw. Folgerungsteile (0 oder 1)

In

Anstoß p 1

Bedingung („^“ verknüpft)

In

Anstoß p 2 ... Anstoß p

In p

In

n In ZR 1 In ZR 2

... ZR

In ZR

In

Folgerung ( „^“ verknüpft)

n Out Anstoß p 1 Out Anstoß p 2

... Anstoß p

Out p

Out

n Out ZR 1 Out ZR 2

... ZR

Out n

ZR

O ut

Bild 2-48 Beispielhafte Darstellung eines Bedingungs- und Folgerungsteils (Nur ∧ - bzw. ∨ Verknüpfungen)

139 Die

Anzahl dieser Vorgängeraktionen sei n

p

In

.

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

129

– Soll mit Hilfe eines Entscheidungsknotens ein nebenläufiger Ablauf definiert werden, wird hierzu eine nebenläufige Verzweigung verwendet.140 Eine solche Verzweigung wird durch die folgende boolesche Funktion charakterisiert: Out Out g-1 = Anstoß p ∧ ... ∧ Anstoß p 1

n

p

Out

– Steht zum Zeitpunkt der Definition eines Entscheidungsknotens noch nicht fest, welche nachfolgenden Aktionen ausgeführt werden sollen, kann dieses Verhalten eines Entscheidungsknotens mit der Funktion

g-1 = Anstoß p1

Out

∨ ... ∨ Anstoß p

Out n

p

Out

abgebildet werden. Eine solche nichtdeterministische Verzweigung stellt auch ein stochastisches Ausgangsverhalten eines Entscheidungsknotens dar, indem die Berechnung der Ausgangswahrscheinlichkeiten in der Funktion h vorgenommen wird. – Zustandsschnittstelle Über eine Zustandsschnittstelle werden innerhalb eines Ablaufgraphen Zustände von ausserhalb141 und innerhalb des (realen) betrachteten Produktionssystems142 berücksichtigt. Um einen Zustand zu setzen, empfängt die Zustandsschnittstelle von der Systemgrenze (der PPS) über den Port ‘Zustand erreicht‘ einen Anstoß (vgl. Bild 2-49). Daraufhin wird der Anstoß an den Port ‘Anstoß Nachfolger‘ weitergeleitet: get(((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Zeitpunkt)), (Port, „Zustand erreicht“)); set(((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Zeitpunkt)), (Port, „Anstoß Nachfolger“));

An diesen Port kann ein Ablaufereignisknoten über eine Kante angeschlossen werden. Dadurch wird es möglich, innerhalb des Aktionensteuerungsknotens auf Zustände zu reagieren und unterschiedliche Abläufe zustandsabhängig auszuwählen. Z Systemgrenze mögliche Vorgängerknoten

Ablaufereignisknoten Zustandsschnittstelle

mögliche Nachfolgerknoten

Bild 2-49 Abbildung einer Zustandsschnittstelle

– Startschnittstelle Um den Beginn eines Ablaufgraphen abbilden zu können, wird eine Startschnittstelle eines Ablaufgraphen definiert (vgl. Bild 2-50). 140

Eine strenge synchrone Parallelität wird später erläutert.

141 Bspw.

„Aussentemperatur 36°C“

142 Bspw.

„Ausfall Fräsmaschine 17“

130

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Systemgrenze

S

Aktionensteuerungsknoten

Ablaufereignisknoten Startschnittstelle

mögliche Vorgängerknoten

mögliche Nachfolgerknoten

Bild 2-50 Abbildung einer Startschnittstelle

Die Startschnittstelle wird durch einen Aktionensteuerungsknoten oder von der Systemgrenze143 angestoßen. Daraufhin leitet auch diese Schnittstelle den Anstoß an den Port ‘Anstoß Nachfolger‘ weiter, an den nur eine Ausgangskante angeschlossen werden kann. Durch diesen Anstoß wird die Bearbeitung eines Ablaufgraphen gestartet: get(((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Zeitpunkt)), (Port, „Start Ablauf“)); set(((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Zeitpunkt)), (Port, „Anstoß Nachfolger“));

Da ein Ablaufgraph genau eine Startschnittstelle besitzt, kann auf sie über den jeweiligen Ablaufgraphen zugegriffen werden. – Abschlussschnittstelle Eine Abschlussschnittstelle (vgl. Bild 2-52) bildet das Ende der Abarbeitung eines Ablaufgraphen ab. Da Zusammenführungen ausschließlich durch Entscheidungsknoten vorgenommen werden, kann an eine Abschlussschnittstelle nur eine Eingangskante angeschlossen werden. Das Bearbeitungsende eines Ablaufgraphen wird entweder zur Systemgrenze (auf der höchsten Ebene des Ablaufgraphen) oder zu einem Aktionensteuerungsknoten gemeldet: get(((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Zeitpunkt)), (Port, „Ende Ablauf“)); set(((Nachricht, Anstoß), (Zeitpunkt, Zeitpunkt)), (Port, „Anstoß Nachfolger“));

A Ablaufereignisknoten

mögliche Vorgängerknoten

Aktionensteuerungsknoten Systemgrenze Abschlussschnittstelle

mögliche Nachfolgerknoten

Bild 2-51 Abbildung einer Abschlussschnittstelle

143

Bspw. durch den Kunden, einen Disponenten oder durch eine Uhr aufgrund des Sachverhalts, dass ein vorgegebener Zeitpunkt („Freitag, 13.01.2011, 13.00“) erreicht wurde.

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

131

– Kanten Kanten bezeichnen hier Relationen von Knoten (Aktionensteuerungs-,Aktion- und Ablaufereignisknoten) in der ereignisorientierten Abarbeitung des Ablaufgraphen. Über sie werden die Anstöße der Nachfolgerknoten übertragen. Die Kanten werden an die angegebenen Ports der Knoten angeschlossen. Dazu werden die Ports und die Knoten über ihre Beschreibung angesprochen. – Grundstrukturen Eine serielle Folge von Knoten wird durch die Verknüpfung zweier Knoten mit einer gerichteten Kante abgebildet. In Bild 2-52 wird der Aktionsknoten A vor dem Aktionsknoten B ausgeführt.

A Aktionsknoten A

B Bearbeitungszustand: Aktion A ausgeführt

Aktionsknoten B

Bearbeitungszustand: Aktion B ausgeführt

Bild 2-52 Beispiel einer seriellen Folge

In einer seriellen Verarbeitung wird ein Bestandteil eines Ablaufs komplett bearbeitet , bevor der Anstoß des nächsten Bestandteils erfolgt. Es wird also eine Reihenfolge der Bestandteile eines Ablaufs angegeben, aber nicht notwendigerweise eine Ordnung innerhalb der Bestandteile definiert, da z. B. auch A → B → A eine zulässige Reihenfolge sein soll. Eine serielle Abarbeitung ist z. B. bei der Terminierung der Knoten eines linearen Arbeitsplans erforderlich. Eine serielle Verarbeitung liegt auch bei den folgenden zwei asynchron miteinander kommunizierenden Aktionen vor: Der Nettobedarf wird aufgrund des Bruttobedarfs berechnet. Eine Nebenläufigkeit von Aktionsknoten wird mit Hilfe von Aktionensteuerungsknoten realisiert (vgl. Bild 2-53). A B 1. Aktionensteuerungsknoten

C Bearbeitungszustandsknoten ‘Aktion A/B/C unausgeführt‘

Aktionsknoten A/B/C

Bild 2-53 Beispiel der Abbildung einer Nebenläufigkeit

Bearbeitungszustandsknoten ‘Aktion A/B/C ausgeführt‘

2. Aktionensteuerungsknoten

132

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Da die Aktionsknoten unabhängig voneinander ablaufen sollen, können innerhalb des ersten Aktionensteuerungsknotens keine zeitlichen Beziehungen zwischen den Bearbeitungsanfangszeitpunkten der nachfolgenden Knoten definiert werden. Die Ausgangsabbildung ist vom Typ ‘nebenläufige_Verzweigung‘. Innerhalb des zweiten Aktionensteuerungsknotens brauchen ebenfalls keine zeitlichen Beziehungen zwischen den vorangehenden Knoten definiert werden. Die Eingangsabbildung f ist eindeutig und vom Typ ‘unspezifizierte_Zusammenfassung‘. Eine nebenläufige Verarbeitung erlaubt eine simultane Bearbeitung von Bestandteilen eines Ablaufs. Der Ausführungsebene bleibt es in diesem Fall überlassen, die Bestandteile parallel oder auch seriell abzuarbeiten. Die Bestandteile können völlig unabhängig voneinander bearbeitet werden. Dies gilt z. B. für die Faktoren auf einer Dispositionsebene, für die in einer Mengenplanung Sekundärbedarf berechnet wird. Eine geforderte Parallelität von Aktionsknoten wird analog der Abbildung von Nebenläufigkeit realisiert. In diesem Fall muss jedoch eine Abstimmung der zeitlichen Bedingungen der beiden Entscheidungsknoten erfolgen, so dass eine Überlappung der Ausführung der parallelen Teilnetze gewährleistet wird. Dieses kann z. B. durch einen gleichzeitigen Start der Aktionsknoten erreicht werden, indem die Anstoßzeitpunkte aller Nachfolger des ersten Entscheidungsknotens durch die Angabe entsprechender zeitlicher Restriktionen gleichgesetzt werden. Ein Zyklus wird durch das Schließen eines Kantenzuges abgebildet (vgl. Bild 254). Durch die Verwendung von Entscheidungsknoten und entsprechenden Zustandsknoten können Abbruchbedingungen innerhalb eines Zyklus definiert werden. Auf diese Art können Sprachkonstrukte wie while oder repeat ... until, die aus Programmiersprachen bekannt sind, abgebildet werden.144

B

A Aktionensteuerungsknoten

Aktionsknoten A

Ablaufereignisknoten ‘Aktion A unausgeführt‘

Ablaufereignisknoten ‘Aktion A ausgeführt‘

Aktionsknoten B

Aktionensteuerungsknoten Ablaufereignisknoten ‘Aktion B ausgeführt‘

Bild 2-54 Beispiel eines Zyklus

2.4.3

Aktionen - Lösungsverfahren für PPS-Teilaufgaben

Um eine Möglichkeit zu schaffen, PPS-Verfahren modellieren zu können, soll eine Menge von elementaren Aktionen (die nicht wie die Basis-Aktionen nur auf der jeweiligen Detaillierungsebene nicht mehr weiter unterteilt werden (siehe Abschnitt 2.2.1)) definiert werden, aus denen sich unter Benutzung einer Beschreibung für die Aktionensteuerung beliebige PPS-Verfahren aufbauen lassen. Diese elementaren

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

133

Aktionen sollen inhaltlich so beschaffen sein, dass sie gerade die einfachsten vorstellbaren Teilaufgaben von PPS-Aufgaben lösen, und andererseits so beschrieben werden, dass der Aufgabenträger noch nicht festgelegt ist (vgl. die in Abschnitt 2.4.1 definierten Anforderungen). Mit ihnen kann dann eine Teilmenge der einfachen Aktionen - eben gerade die sogenannten elementaren - modellmäßig abgedeckt werden, da die einfachen Aktionen, wie bereits angedeutet, Lösungsverfahren für Teilaufgaben einer PPS-Aufgabe sind, die ihrerseits beliebig komplex sein können. Die nichtelementaren einfachen Aktionen können dann nur modelliert werden, indem entweder die Außensicht der zu lösenden Aufgabe spezifiziert wird oder indem die Aktion soweit zerlegt wird, dass die elementaren Aktionen zur Anwendung kommen können. Das Vorgehen bei der Ableitung der elementaren Aktionen orientiert sich an der Idee, die dem Konzept Abstrakter Datentyp zugrundeliegt145: Ein Abstrakter Datentyp wird definiert durch einen Satz von Operationen, die auf eine Datenstruktur anwendbar sind. In dieser Denkweise sollen hier Ereignisse und Ereignismengen, die ja als Modell der geplanten und zu realisierenden Produktion Gegenstand einer 144

Damit lässt sich bspw. die Berechnung der Rangstufen in einem Graphen durch einen verbessernden Algorithmus darstellen (siehe Abschnitt 3.2.1.2). Da es für eine Pseudocode-Notation keine formelle Notation gibt, seien die in den folgenden Abschnitten verwendeten Konstrukte kurz erläutert. Die verwendete Pseudocode Notation basiert auf Standardprogrammkonstrukten, die fast allen Programmiersprachen gemein sind, der seriellen Folge, der Verzweigung und der Schleife. Ziel der Notation ist es, eine schnelle Übersetzung der Algorithmen in verschiedene Programmiersprachen zu ermöglichen und diese somit für verschiedene Anwendungen zur Verfügung zu stellen. Zudem soll ein intuitives Lesen des Algorithmus möglich sein. Die Algorithmen der vorgestellten Verfahren selbst und alle Schleifen und Verzweigungen fangen mit „ begin“ an und hören mit „end“ auf, der Inhalt ist eingerückt, eine Reihung von Befehlen erfolgt über zeilenweise Befehlsangabe. Es werden zwei Schleifen verwendet, die „for“-Schleife und die „while“-Schleife. Bei einer „for“-Schleife wird im seriellen Fall eine Laufvariable mit einem Startwert angegeben, die mit einer bestimmten Schrittweise bis zu einer Ober- oder Untergrenze läuft. Im nebenläufigen Fall wird Ober- und Untergrenze sowie die zu wählende Unterteilung angegeben: for i=1 (1) n do parallel. Bei einer „for all“-Schleife wird der Schleifeninhalt für alle Elemente der angegebenen Menge ausgeführt. Bei einer „while“-Schleife wird der Schleifeninhalt so lange ausgeführt, wie die angegebene Bedingung wahr ist. Bei Verzweigungen wird der Code nur ausgeführt, wenn eine gegebene Bedingung erfüllt ist. Bedingungen werden beispielsweise in der form „ if (i > n) then begin“ angegeben, dabei wird der Inhalt einmal ausgeführt, wenn i größer n ist. Folgt auf die Bedingung ein „else begin“, so wird, falls die Bedingung falsch ist, der Code nach dem „else begin“ einmal ausgeführt. Die Indizierung von Variablen erfolgt in eckigen Klammern. Bestände werden immer zu einem Zeitpunkt angegeben und beginnen bei den meisten Verfahren zum Zeitpunkt null (Heute-Zeitpunkt), Start und Endtermine werden ebenfalls als Zeitpunkt angegeben (Abweichungen von diesem Vorgehen werden entsprechend explizit erläutert). Zu- und Abgänge werden über einen Zeitabschnitt zusammengefasst und als Gesamtmenge für einen Zeitabschnitt angegeben. Vor jedem Algorithmus werden die Eingabe- und Rückgabevariablen sowie die im Pseudocode verwendeten Hilfsvariablen erläutert. Die Kommunikation zwischen zwei Knoten wird nur dann angegeben, wenn genau diese Kommunikation im Sinne kommunizierender Agenten angegeben werden soll (siehe bspw. Abschnitt 5.1.2).

145 Literatur

zu Abstrakten Datentypen: [HARR93, STWE89, TRE88]

134

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Aktion sind, als Datenstrukturen betrachtet werden und dazu die definierenden Operationen gefunden werden. Ausgangspunkt bei diesem Vorgehen ist eine Strukturierung der „Datenstrukturen“ Ereignis und Ereignismenge in elementare „Datenstrukturen“, zu denen die elementaren Aktionen definiert werden können. Die Syntax der Operationen eines Abstrakten Datentyps wird definiert durch die Angabe des Namens der Operation, der Menge der Inputdaten und der Menge der Outputdaten. Die Definition der Semantik - d.h. der Wirkungsweise - der Operationen eines Abstrakten Datentyps kann deklarativ oder prozedural erfolgen. Bei der prozeduralen Semantikdefinition werden die Operationen in einer geeigneten, ausführbaren Sprache implementiert (siehe Kapitel 3-6). Es wird also die Semantik der Konstrukte der Implementierungssprache genutzt, um die Semantik von Konstrukten einer anderen Sprache zu beschreiben. Bei der deklarativen Definition werden Axiome in der Sprache der mathematischen Logik formuliert, die festlegen, wie die Ergebnisse der Operationen zusammenhängen und welche Bedingungen sie erfüllen müssen. Die deklarative Definition146 wird hier der prozeduralen vorgezogen. Die geforderte Strukturierung der „Daten“ ergibt sich aus deren Herleitung bei der Beschreibung des Modells für PPS-Aufgaben. Die elementaren „Datentypen“ sind die zeitlichen und die sachlichen Bezüge. Da die Modelldefinition nicht Gegenstand eines PPS-Verfahrens ist, kann der Ereignistyp bei der Ausführung von Aktionen nicht verändert werden. Die Strukturierung wird in Bild 2-55 zusammenfassend grafisch dargestellt (siehe auch [SCHN96]). Modellzustand ist Ereignismenge besteht aus Ereignis

zeitlicher Bezug

sachlicher Bezug

Ereignistyp

Bild 2-55 Aufgabenobjekte elementarer Aktionen

2.4.3.1

Elementare Aktionen für den sachlichen Bezug

Die sachliche Dimension und damit inhaltliche Bedeutung eines Ereignisses wird durch seine Komponente sachlicher Bezug gebildet. Diese Komponente enthält - je nach Ereignistyp - entweder eine Faktor- oder eine Vorgangsbeschreibung. Diese Beschreibung nimmt Bezug auf die Beschreibung der Faktor- bzw. der Vorgangsklasse des zugehörigen Knotens bzw. der dazugehörigen Kante und detailliert diese möglicherweise. Durch die Beschreibung wird der Faktor bzw. der Vorgang so ge146 Siehe

[TRE88], S. 25 ff. Die Umsetzung in prozedurale Form erfolgt dann in Kapitel 3ff.

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

135

nau in seinen Eigenschaften spezifiziert, wie es die PPS-Aufgabe erfordert. Die abzuleitenden elementaren Aktionen sollen nicht den syntaktischen Aufbau der Beschreibung betreffen (wie es bspw. bei den Aktionen „Attribut zufügen“, „Attribut instantiieren“, „Attributwert um 1 erhöhen“ der Fall wäre), da dieser je nach Aufgabenträger und konkreter Wahl des Beschreibungsschemas unterschiedlich sein kann. Sie sollen vielmehr den Inhalt der sachlichen Bezüge betreffen. Es ist also die Frage zu beantworten, mit welchem Satz von Aktionen Faktoren und Vorgänge vollständig manipuliert werden können. Ausgangspunkt bei der Beantwortung dieser Frage ist die Vorstellung über das Wesen der Faktoren und Vorgänge und die möglichen Formen der Beschreibung für Faktoren und Vorgänge. Es wurde festgestellt, dass Faktoren und Vorgänge hinsichtlich zweier voneinander abhängiger Dimensionen beschrieben werden können: hinsichtlich Qualität und darauf bezogener Quantität. Diese Beschreibung muss jedoch nicht starr sein. Sie ist zum einen skalierbar: Die Qualität kann im allgemeinen beliebig genau spezifiziert werden, und damit ist immer die Quantität skalierbar.147 Zum anderen gibt es alternative Beschreibungen, bspw. wenn sich Material für unterschiedliche Vorgänge eignet, aber konkret zu einem Zeitpunkt nur für einen verwendet wird und dann nicht mehr zur Verfügung steht. Für Vorgänge wird gefordert, dass neben der Beschreibung mittels Qualität und Quantität („12 mal Endmontage“) immer eine Beschreibung existiert, in der die ein- und austretenden Faktoren und deren zeitliche Verteilung angegeben werden. Zum anderen gibt es Fälle, bei denen Faktoren und Vorgänge immer vollständig individualisierbar sind und der Qualität-Quantität-Ansatz nicht mehr ausreicht. Gewisse Eigenschaften müssen sogar über ein ganzes Modell hinweg verfolgbar sein, bspw. (Kunden-) Auftragsinformationen. In solchen Fällen müssen die sachlichen Bezüge mit mengentheoretischen Mitteln handhabbar gemacht werden. Aufgrund dieser Überlegung werden die folgenden elementaren Aktionen, zunächst für die Faktoren und anschließend für die Vorgänge, abgeleitet. Diese Aktionen müssen für eine konkrete Umsetzung des Modells auf die gewählte Beschreibungsform der Faktoren und Vorgänge angepaßt werden. Insbesondere sollten die Aktionen spezialisiert werden, wenn es die Beschreibungsform zulässt.148 147

Dass nicht beliebig skaliert werden kann, bspw. bei Stückgütern, ist ein Spezialfall (sieheAbschnitt 3.2.1.2). Aber auch hier ist dann die Einheit etwas, was die kleinstmögliche Zerlegung darstellt.

148

Bspw. ist denkbar, eine solche Beschreibungsform zu wählen, dass die Qualitäten völlig unwesentlich werden und nur über einen Index benannt werden, so dass mit „Anzahlen“ „gerechnet“ werden kann. Es gelten die Vereinbarungen von Abschnitt 2.2.2: F Menge der Faktoren; V Menge der Vorgänge; P (F) Potenzmenge von F; P (V) Potenzmenge von V R Menge der reellen Zahlen

136

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

• Elementare Aktionen für Faktoren – Faktoren (physisch) zusammenfassen (zusfassen: F × F → F ) Faktoren, die in irgendeiner Weise (bspw. durch Zuordnung zu unterschiedlichen Ereignissen) unterschieden werden, können zusammengefasst werden. Dabei sind aus den qualitativen und quantitativen Angaben der zusammengefassten Faktoren die entsprechenden Angaben für das Ergebnis zu bestimmen. Diese Aktion repräsentiert physisches Zusammenfassen. Es kann notwendig sein, eine Menge von Aktionen zum Zusammenfassen zu definieren, deren Faktoren sich auf unterschiedliche Faktorarten beziehen (z.B. bei der Montage). Ist die Qualität der zusammengefassten Faktoren unterschiedlich, bspw. Flüssigkeiten mit unterschiedlicher Temperatur, so muss auch die Qualität neu bestimmt werden. Unter Umständen muss hier also ein umfangreicher Apparat physikalischer Gesetzmäßigkeiten bemüht werden, um die Aktion durchführen zu können. Haben die zusammengefassten Faktoren die gleiche Qualität, so kann im Sinne von „Anzahl“ rein mengenmäßig zusammengefasst werden (50 Stück Sachnummer 4711 + 10 Stück Sachnummer 4711 = 60 Stück Sachnummer 4711 in einem Transportlos). – Faktordifferenz bilden (diff: F × F → F ) Aus zwei Faktorangaben muss auch die Differenz bestimmbar sein. Diese elementare Aktion ist insbesondere dann erforderlich, wenn Bilanzgleichungen aufgelöst werden müssen. Sie ist die Umkehrung zur Aktion des Zusammenfassens, so dass sich ihre Eigenschaften aus denen dieser Aktion ableiten lassen. – Faktoren skalieren (skal: F × R → F ) Faktoren können vervielfacht und in gleiche Anteile zerlegt werden, was unter dem Begriff „Skalieren“ zu verstehen ist und formal als Multiplikation mit reellen Zahlen gehandhabt wird. Diese Aktion bezieht sich damit nur auf die quantitative Beschreibungsdimension für Objekte gleicher Qualität. – Mengenverhältnis bilden (div: F × F → R ) Die Umkehraktion zur Skalierung ist das Bilden des Mengenverhältnisses. – Beschreiben von Faktoren (beschr: F → { 0, 1 } ) Es muss von einem Ereignis geprüft werden können, ob sein sachlicher Bezug einer gewissen qualitativen Beschreibung (Klassenbildung) genügt oder nicht. Dieses Prädikat entspricht der Feststellung der qualitativen Gleichheit sachlicher Bezüge. – Gleichheit von Faktoren (gleich: F × F → { 0, 1 } ) Diese elementare Aktion realisiert ein Prädikat, durch das die Gleichheit von sachlichen Bezügen, die Faktoren repräsentieren, - hinsichtlich Qualität und Quantität - festgestellt werden kann. – Ordnungsbeziehung (ord: F × F → { 0, 1 } ) Auf einer Menge sachlicher Bezüge kann eine Ordnungsbeziehung definiert werden, bezüglich der diese hinsichtlich eines Kriteriums vergleichbar sind. Dieses Prädikat kann für jede Qualität gesondert definiert werden, wenn kein einheitliches Kriterium zur Verfügung steht. Bei der formalen Definition wird als Repräsentant ein solches Prädikat definiert, das für alle möglichen sachlichen Bezüge, welche die Faktoren betreffen, gelten soll. – Enthaltenseinsprädikat für Mengen individualisierbarer Faktoren

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren









137

(element: F ×P (F) → { 0, 1 } ) Diese Beziehung erlaubt es bspw. festzustellen, ob ein bestimmter Faktor in einer Menge von Faktoren, z. B. in einem Bestand, enthalten ist. Sie korrespondiert zu den Aktionen des gedanklichen Zusammenfassens und der Durchschnittsbildung. Individualisierbare Faktoren zusammenfassen (logzusfassen:P (F)×P (F) → P (F)) Bei dieser Aktion werden unterscheidbare Faktoren zusammengefasst, ohne die Unterscheidung zu vernichten, wie es beim physischen Zusammenfassen geschieht. Formal wird dies gehandhabt, indem das Ergebnis dieser Aktion als Mengensystem aufgefasst wird. Es sind keine solchen komplizierten „Berechnungen“ aufgrund physikalischer Zusammenhänge erforderlich wie beim physischen Zusammenfassen. Diese Aktion wird insbesondere dann angewandt, wenn in einer PPS-Aufgabe (Kunden-)Aufträge oder individualisierbare Faktoren auftreten. Eine andere Möglichkeit ist z. B. das Aufladen eines bestimmten Faktors auf ein bestimmtes Fördermittel. Bilden des Durchschnitts für zwei Mengen individualisierbarer Faktoren (logschnitt:P (F)×P (F) → P (F)) Diese Aktion dient zum Behandeln von Mengen individualisierbarer Faktoren und ist die zum gedanklichen Zusammenfassen korrespondierende Durchschnittsbildung, die auf einem Mengensystem definiert ist. Differenz zwischen Mengen individualisierbarer Faktoren (logdiff:P (F)×P (F) → P (F)) Mit Hilfe der Enthaltenseinsbeziehung für Mengen individualisierbarer Faktoren kann die Differenzbildung definiert werden. Teilmengenbeziehung zwischen Mengen individualisierbarer Faktoren (enthalten:P (F)×P (F) → {0,1}) Die Teilmengenbeziehung wird wiederum unter Benutzung des Enthaltenseinsprädikats definiert.

• Elementare Aktionen für Vorgänge – Vorgänge zusammenfassen (zusfassen: V × V → V ) Vorgänge werden vollständig durch die Angabe der ein- und austretenden Faktoren und deren zeitliche Verteilung bestimmt. Das Zusammenfassen zweier solcher Strukturen erfolgt allgemein dadurch, dass die eingehenden Faktoren und die ausgehenden Faktoren jeweils zusammengefasst werden und aus den beiden Abbildungen, die jeweils die zeitliche Verteilung angeben, und aus der Angabe über den zeitlichen Versatz zwischen den beiden zusammenzufassenden Vorgängen die zeitliche Verteilung für das Ergebnis bestimmt wird. Folgende Spezialfälle sind dabei bedeutsam. Zum einen kann der zeitliche Versatz zwischen den beiden Vorgängen verschwinden, und sie können identisch sein bis auf Anzahlen, dann bedeutet das Zusammenfassen das mehrmalige Durchführen eines Vorgangs, wobei aus Modellsicht nicht unterschieden wird, ob dies parallel oder sequentiell stattfindet. Bei von der Qualität her unterschiedlichen Vorgängen besteht die Möglichkeit, diese Information zu erhalten oder sie zu tilgen, indem die

138















2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Qualitäten der beiden Vorgänge zu einer neuen abstrahiert werden. Ist der zeitliche Versatz positiv, dann handelt es sich um zeitlich überlappte oder hintereinanderliegende Vorgänge, aus denen ein neuer Vorgang konstruiert wird (bspw. bei qualitativ gleichen Vorgängen die zeitlich gestaffelte Herstellung eines Fertigungsloses bzw. bei unterschiedlichen Vorgängen ein mehrstufiger Montagevorgang). Differenz von Vorgängen bilden (diff: V × V → V ) Diese elementare Aktion ist wieder dann erforderlich, wenn Bilanzgleichungen aufgelöst werden müssen; sie ist die Umkehrung zur Aktion des (physischen) Zusammenfassens. Vorgänge skalieren (skal: V × R → V ) Vorgänge können hinsichtlich der benötigten/produzierten Faktoren skaliert werden, aber auch hinsichtlich ihrer zeitlichen Ausdehnung. In den meisten Fällen wird die Skalierung beide Dimensionen betreffen: Sollen mehr Teile gefertigt werden, so dauert der Vorgang länger; wird der Rohstoff mit höherer Temperatur der Reaktion zugeführt, so läuft sie schneller ab. An den Beispielen wird deutlich, dass für diese Aktion möglicherweise wiederum komplexe physikalische oder technische Zusammenhänge ausgenutzt werden müssen. Verhältnisbildung (div: V × V → R ) Diese Aktion ist die Umkehrung zur Skalierung. Für zwei Vorgänge wird der Skalierungsfaktor bestimmt, falls die beiden durch Skalierung auseinander hervorgegangen sind, also gleicher Qualität sind. Beschreiben von Vorgängen (beschr: V → { 0, 1 } ) Es muss von einem Ereignis geprüft werden können, ob sein sachlicher Bezug einer gewissen qualitativen Beschreibung (Klassenbildung) bezüglich Vorgängen genügt oder nicht (z.B. kennzeichnen mit „in Ordnung“, „Nacharbeit“, „Ausschuss“ im Sinne einer Aussage über das Beenden eines Vorgangs). Gleichheit von Vorgängen (gleich: V × V → { 0, 1 } ) Diese elementare Aktion realisiert ein Prädikat, durch das die Gleichheit von sachlichen Bezügen, die Vorgänge repräsentieren, festgestellt werden kann. Es müssen dabei die drei Komponenten ein- und ausgehende Faktoren und zeitliche Verteilung abgeprüft werden (z.B. bei der Terminüberwachung eines Vorgangs). Ordnungsbeziehungen (mehr: V × V → { 0, 1 } ) Auf einer Menge sachlicher Bezüge, die Vorgänge repräsentieren, können Ordnungsbeziehungen, die die Eignung der Vorgänge bezüglich unterschiedlicher Kriterien repräsentieren, definiert werden. Welcher Art die Kriterien sind, hängt vom PPS-Verfahren ab. Typisches Beispiel hierfür sind Belegungsreihenfolgen, die anhand eines Prioritätskriteriums erstellt werden. Bei der formalen Definition wird analog zur Definition der Ordnungsbeziehung für Faktoren vorgegangen und ein einheitliches Prädikat definiert. Enthaltenseinsprädikat für Mengen individualisierbarer Vorgänge (element: V × P ( V ) → { 0, 1 } ) Mit dieser Aktion kann die Existenz bestimmter individualisierbarer Vorgänge in einer Menge festgestellt werden.

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

139

– Individualisierbare Vorgänge zusammenfassen (logzusfassen: P ×P → P (V)) Auch bei Vorgängen ist es möglich, dass sie so zu Gesamtheiten zusammengefasst werden sollen, dass ihre Identitäten erhalten bleiben. Darum wird auch hierfür die Aktion der logischen Zusammenfassung benötigt. Sie ist vollkommen analog zu der entsprechenden Aktion für Faktoren, daher wird auf das dort Gesagte verwiesen (z.B. Rüstsequenzen, die gesamthaft betrachtet werden). – Durchschnittsbildung für Mengen individualisierbarer Vorgänge (logschnitt: P ×P → P (V)) Diese Aktion korrespondiert zum gedanklichen Zusammenfassen von Vorgängen und ist wie die analoge Aktion für Faktoren auf einem Mengensystem definiert. – Differenz zwischen Mengen individualisierbarer Vorgänge (logdiff: P ×P → P (V)) Mit Hilfe der Enthaltenseinsbeziehung für Mengen individualisierbarer Vorgänge kann wiederum die Differenzbildung definiert werden. Diese Aktion kann insbesondere bei Bilanzgleichungen für Mengen individualisierbarer Vorgänge angewandt werden. – Teilmengenbeziehung für Mengen individualisierbarer Vorgänge: (enthalten: P ×P → {0,1}) Die Teilmengenbeziehung wird wiederum unter Benutzung des Enthaltenseinsprädikats definiert. Für die Semantikdefinition der elementaren Aktionen für die sachlichen Bezüge gilt - ähnlich wie für die elementaren Aktionen für die zeitlichen Bezüge - dass mit den sachlichen Bezügen wie üblich „gerechnet“ werden soll. Dabei sind zwei Gruppen von elementaren Aktionen für sachliche Bezüge zu unterscheiden. Die erste Gruppe enthält die jeweils ersten sieben Aktionen (Faktoren/Vorgänge), die sich auf nicht individualisierbare Faktoren und Vorgänge beziehen. Diese Aktionen gehorchen denselben Axiomen wie die Operationen, die für einen Vektorraum149 definiert sind, wenn man von der Unterscheidung in Qualität und Quantität abstrahiert. Wird die Unterscheidung dagegen berücksichtigt, dann gelten die analogen Axiome, wie sie für Multimengen150 definiert worden sind. Für diese Aktionen gelten die Axiome, die für Operationen auf Mengensystemen definiert sind.151 Da die genannten Axiomensysteme (für Vektorräume, für Multimengen, für Mengensysteme) in der Literatur bereits beschrieben worden sind und für die als sachliche Bezüge vorliegende Struktur nicht modifiziert werden müssen, kann auf die ausführliche Semantikdefinition für die Aktionen der sachlichen Bezüge verzichtet werden (siehe auch [SCHN96]).

149

Für das entsprechende Axiomensystem vgl. [BRSE79], S. 140f.

150

Vgl. [LEEG89], S. 179ff.

151 Vgl.

[BRSE79], S. 541ff.

140

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

2.4.3.2

Elementare Aktionen für den zeitlichen Bezug

Der zeitliche Bezug eines Ereignisses enthält naturgemäß eine Aussage über die zeitliche Einordnung des Ereignisses. Zur Bestimmung des zeitlichen Bezugs eines Ereignisses aus denen anderer Ereignisse innerhalb ein und desselben Zeitmodells sind neben den Modellzeitpunkten und der Reihenfolgebeziehung noch weitere Konstrukte - Modellzeitdauern und Modellzeitintervalle - notwendig. Als Beispiel sei hier die Aussage „Die Karosserie mit Auftragsnummer 111 muss fünf Tage früher fertig sein als die mit der Auftragsnummer 99, und diese wiederum muss am 3.1. fertig sein.“ genannt. Die Gesamtheit der auf die Zeit bezogenen Konstrukte wird als ein Datentyp aufgefasst, und dafür werden die elementaren Aktionen entwickelt. Die Zeitmodelle sind Mengen von Zeitelementen. Diese repräsentieren reale Zeitpunkte („Beginn des Vorgangs Drehen für Auftrag 111“; „12.7.05 12.50:35 Uhr“; „Ankunft des Werksleiters in seinem Büro“) oder reale Zeitabschnitte („23. Kalenderwoche“; „Heute“). Innerhalb eines Zeitmodells besteht eine Ordnung zwischen den Zeitelementen (siehe Abschnitt 2.2.2). Die (Modell-) Zeitpunkte sind absolute Größen152. Ohne Hinzunahme von (Modell-) Zeitdauern kann mit Zeitpunkten nicht wirklich gerechnet werden. Es kann nur die Ordnungsbeziehung ausgenutzt werden. Es sind dann höchstens Aussagen der Art „A liegt näher an B als an C“ möglich. Dieser Sachverhalt trifft für alle Formen von Zeitmodellen zu (siehe Abschnitt 3.1). Reichen diese Arten von Aussagen bei der Bestimmung zeitlicher Bezüge nicht aus, so muss zu einem Zeitmodell die Menge der Zeitdauern definiert werden. Gewöhnlich werden Zeitdauern als Vielfache oder Teile einer Zeiteinheit definiert153, wobei eine physikalische Zeiteinheit154 als Periodendauer eines Naturvorgangs und als konstant definiert wird. Im Modell muss anders verfahren werden, weil hier nur das Zeitmodell und kein Naturvorgang zur Verfügung steht. Der Ausgangspunkt dafür sind die in der Modellierungsphase aufgestellten Zeitmodelle. Allgemein ist die Menge der Zeitdauern zu einem Zeitmodell so zu definieren, dass jedem Paar von Elementen aus dem Zeitmodell ein Element aus der Menge der Zeitdauern zugeordnet wird, das dann als Differenz zwischen den Modellzeitpunkten aufzufassen ist. Diese Abbildung lässt sich jedoch nicht aus der auf der Menge der reellen Zahlen definierten Operation „-“ herleiten, sondern sie muss - für jedes Zeitmodell, in dem entsprechende Aussagen möglich sein sollen, separat - vom Modellierer explizit spezifiziert werden. Der Grund dafür liegt darin, dass die Zeitmodelle im allgemeinen lediglich geordnete Mengen sind und wegen ihrer Beschränktheit nicht abgeschlossen sind bezüglich der gewöhnlichen Operationen „+“ und „-“. Um die Zeitdauern

152

Unter absoluten Größen sollen dabei solche Größen verstanden werden, die sich höchstens auf eine Intervallskala, nicht aber auf eine Ratioskala abbilden lassen. Damit sind sinnvolle Aussagen über Differenzen möglich, jedoch gibt es keinen empirisch bedeutsamen Nullpunkt der Skala. Vgl. dazu die Definition der Skalenniveaus in [STELA77], S. 77f.

153

Vgl. dazu die Definition einer physikalischen Größe in [STRO81], S. 16.

154 Vgl.

die Definition in [DIN1313].

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

141

beliebig im Zeitmodell verschieben zu können, muss die definierende Abbildung noch gewisse Eigenschaften erfüllen, die im Folgenden angegeben werden. Als gebundene Zeitdauern oder auch als Zeitintervalle sollen dagegen Zeitspannen mit zeitlicher Ausdehnung in dem betrachteten Zeitmodell und mit Bindung an einen Modellzeitpunkt bezeichnet werden. Zeitintervalle können durch zwei Zeitpunkte - den Anfangs- und den Endzeitpunkt - beschrieben werden. Sie repräsentieren dann die Menge aller zwischen diesen beiden Zeitpunkten liegenden Zeitpunkte sowie die Begrenzungszeitpunkte. Auf diesen Strukturen kann ein Satz von elementaren Aktionen definiert werden.155 Zu dem Satz der definierenden Operationen kann auch ein Satz von Umkehroperationen definiert werden, die aber zur Definition eines Abstrakten Datentyps nichts beitragen, da sie aus anderen Operationen abgeleitet sind. T ∈ T*

Menge der Zeitmodelle für ein Modell einer PPS-Aufgabe, also T=



etyp ∈ ETYP

pr 3 ( etyp )

Menge aller Zeitdauern zu einem Zeitmodell T

I(T)

Menge aller abgeschlossenen Intervalle von T Zeitmodell, erweitert um das Element outofmodel: T = T ∪

)

D(T) )

( T, T′ ) ∈ T Zeitmodelle

T D(T)

)

)

{outofmodel} Menge der Zeitdauern, erweitert um outofmodel: D ( T ) = D ( T ) ∪

I (T)

)

)

{outofmodel} Menge der Zeitintervalle, erweitert um outofmodel: I ( T ) = I ( T ) ∪ {outofmodel} U ( T, T′ ) Zuordnungsvorschrift zwischen zwei Zeitmodellen T und T' ‘ die Menge aller durch Vereinigungs- bzw. Durchschnittsbildung aus T T˜

)

)

)

hervorgehenden Zeitmodelle: § · § · T˜ = ¨ ∪ T 1 ∪ T 2¸ ∪ ¨ ∪ T 1 ∩ T 2¸ ©T , T ∈ T ¹ ©T , T ∈ T ¹ 1 2 1 2 • Elementare Aktionen zu Zeitdauern – Addition von Zeitdauern (add: D ( T ) × D ( T ) → D ( T ) ) Die Addition von Zeitdauern ist nicht per se auf der Menge der Zeitdauern definiert, sondern muss unter Berücksichtigung der die Menge der Zeitdauern defi155

Die Aktionen ermöglichen es, auf der Zeitstruktur zu „rechnen“. Bei der praktischen Umsetzung bietet es sich daher an, die Aktionen auf die Operationen, die auf den ganzen oder reellen Zahlen definiert sind, zurückzuführen, um deren Eigenschaften ausnutzen zu können, andernfalls wäre ein sehr hoher Definitionsaufwand erforderlich.

142



)





)



)

)

)

)

)

)

nierenden Abbildung vom Modellierer spezifiziert werden. Sie soll den gleichen Gesetzen genügen wie die Addition der reellen Zahlen. Da die Zeitmodelle und damit die Mengen der Zeitdauern beschränkt sind, ist es möglich, dass die Addition aus der Menge der Zeitdauern hinausführt. In diesem Falle ist das Ergebnis der Addition definiert als outofmodel. Subtraktion von Zeitdauern (subtr :D ( T ) × D ( T ) → D ( T ) ) Die Umkehroperation zur Addition ist die Subtraktion. Das neutrale Element dieser Operation ist die Zeitdauer „0“, die also immer dann mitdefiniert werden muss, wenn auch die Umkehroperation der Addition benutzt werden soll. Skalarmultiplikation von Zeitdauern (dehn :D ( T ) × R → D ( T ) Die Multiplikation einer Zeitdauer mit einer reellen Zahl kann als Dehnung, falls diese Zahl größer als 1 ist, bzw. als Stauchung, falls diese Zahl zwischen 0 und 1 liegt, interpretiert werden. Auch diese Operation kann aus der Menge der Zeitdauern, die zu einem Zeitmodell definiert ist, hinausführen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn bei diskreten Zeitdauern eine Multiplikation mit einer nichtganzen Zahl durchgeführt wird. Daher wird auch hier als zusätzliches mögliches Ergebnis der Operation outofmodel definiert. Das neutrale Element ist wie üblich die Zahl „1“. Division von Zeitdauern (div :D ( T ) × D ( T ) → R) Die Umkehroperation zur Multiplikation mit einer reellen Zahl ist die Division. Sie liefert das Verhältnis der Zeitdauern zueinander; dass sie sinnvoll anwendbar ist, liegt in der Eigenschaft der Zeitdauern, relative Größen zu sein. Gleichheit von Zeitdauern (gleich :D ( T ) × D ( T ) → {0,1,undefined}) Dieses Prädikat stellt die Gleichheit von Zeitdauern fest. Es ist nur für die gerade betrachtete Menge von Zeitdauern definiert. Ordnungsrelation auf Zeitdauern (laenger :D ( T ) × D ( T ) → {0,1,undefined}) Mit Hilfe dieses Prädikats wird auf der Menge der Zeitdauern eine Ordnungsrelation definiert, die sich auf die Länge der Zeitdauern bezieht. Dieses Prädikat ist wiederum spezifisch für die Menge der Zeitdauern in einem bestimmten Zeitmodell. )



2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

)

)

)

• Elementare Aktionen für Zeitpunkte – Addition einer Zeitdauer zu einem Zeitpunkt (shift : T × D ( T ) → T ) Das Verschieben von Zeitpunkten innerhalb eines Zeitmodells erfolgt durch die Addition einer Zeitdauer. Diese Aktion nutzt unmittelbar die Abbildung, die zur Definition der Menge der Zeitdauern dient, aus. Aber auch diese Aktion kann aus dem Zeitmodell herausführen, darum wird hier ebenfalls als mögliches Ergebnis outofmodel definiert. Dies ist die einzige „echte“ Aktion, die für Zeitpunkte gefunden werden kann. Das liegt daran, dass die Zeitpunkte absolute Größen sind. Bei dieser Aktion ergibt sich die Frage nach der empirischen Relevanz von Zeitdauern. Es ist nämlich durchaus möglich, die Menge der Zeitdauern zu einem Zeitmodell so zu definieren, dass, addiert man ein und dieselbe Modellzeitdauer (bspw. 5 Arbeitstage) zu unterschiedlichen Modellzeitpunkten, dadurch unterschiedlich lange reale Zeitabschnitte gemeint sind. Den Modellzeitdauern an sich

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

)





)

)

)



)

ist diese Eigenschaft nicht anzusehen, erst durch die Verbindung von Modellzeitpunkt und Modellzeitdauer erhält die Zeitdauer eine empirische Bedeutung (=Bedeutung in der Realität), weil eben der Modellzeitpunkt empirisch bedeutsam ist. Für die Zwecke der PPS kann diese Tatsache unerheblich sein, ist sie es nicht, so müssen Zeitmodelle und zugehörige Zeitdauern entsprechend definiert werden(siehe Abschnitt 3.1). Abstand zwischen Zeitpunkten (diff :T × T → D ( T ) ) Diese Aktion ist die Umkehroperation zum Verschieben von Zeitpunkten. Sie realisiert die Abbildung, durch die die Menge der Zeitdauern zu einem Zeitmodell definiert ist. Gleichheit von Zeitpunkten (gleich : T × T → {0,1,undefined}) Dieses Prädikat stellt die Gleichzeitigkeit von Zeitpunkten fest. Da es immer auf speziellen Zeitmodellen definiert ist, kann es auch speziell auf die sich aus einer PPS-Aufgabe ergebenden Bedürfnisse angepasst werden. Bspw. kann ein solches Prädikat so definiert werden, dass es reale Zeitpunkte, die sich nur um gewisse Toleranzen unterscheiden, als gleich „ansieht“.156 Ordnungsrelation auf Zeitpunkten (spaeter : T × T → {0,1,undefined}) Mit Hilfe dieses Prädikats kann festgestellt werden, ob zwei Zeitpunkte in bestimmter Weise aufeinander folgen oder nicht. Ergibt dieses Prädikat „false“, so heißt dies entweder, dass die Zeitpunkte gleich sind oder dass sie in umgekehrter Reihenfolge stehen.157 nächstes Element (next : T → T ) Bei dieser Aktion wird zu einem gegebenen Zeitpunkt der nachfolgende Zeitpunkt ermittelt. Diese Aktion beruht unmittelbar auf der Ausnutzung der Ordnungsrelation, kann aber nur für diskrete Zeitpunktmodelle und Zeitraummodelle angewandt werden. )



143

)

)

• Elementare Aktionen für Zeitintervalle

156 157

)

)

)

)

– Länge eines Zeitintervalls (laenge :I ( T ) → D ( T ) ) Diese Aktion gibt eine Zeitdauer zurück, abstrahiert damit von den Terminen des Zeitintervalls und beruht direkt auf der die Zeitdauern definierenden Abbildung. – Beginn eines Zeitintervalls (beginn :I ( T ) → T ) Diese Aktion gibt den Anfangszeitpunkt eines Zeitintervalls zurück. Diese Aktion ist notwendig, um die Verschiebeaktion und die Bestimmung der Länge für Zeitintervalle anwenden zu können. – Ende eines Zeitintervalls (ende :I ( T ) → T ) Diese Aktion gibt den Endzeitpunkt eines Zeitintervalls zurück. Sie ist für die Verlängerungsaktion und die Bestimmung der Länge für Zeitintervalle notwendig. In der formalen Definition einer PPS-Aufgabe wurde dieses Prädikat bereits benutzt.

Aus diesem Prädikat kann zusammen mit dem Gleichheitsprädikat das Prädikat „≤“ gewonnen werden (siehe [BRSE79], S. 548), das in der formalen Definition einer PPS-Aufgabe bereits verwendet wurde.

)

)

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

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144

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)

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)

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)

– Verlängern eines Zeitintervalls (add:I ( T ) × D ( T ) → I ( T ) ) Beim Verlängern eines Zeitintervalls wird zum Endzeitpunkt des Intervalls eine Zeitdauer addiert, auf den Endzeitpunkt wird also die Additionsaktion für Zeitpunkte angewandt. Bei der Verlängerung eines Intervalls kann es passieren, dass der Endzeitpunkt des Intervalls nicht mehr in dem Zeitmodell enthalten ist. Für diesen Fall heißt das Ergebnis der Aktion outofmodel. – Dehnung eines Zeitintervalls (dehn :I ( T ) × R → I ( T ) ) Ein Zeitintervall wird gedehnt oder gestaucht, indem dessen Zeitdauer mit Hilfe der entsprechenden Multiplikationsaktion für Zeitdauern transformiert wird. Es gelten daher auch hier die erwähnten Besonderheiten für die Skalarmultiplikation. – Verschieben eines Zeitintervalls (shift :I ( T ) × D ( T ) → I ( T ) ) Ein Zeitintervall wird insgesamt verschoben, indem sein Anfangszeitpunkt mit Hilfe der entsprechenden Operation verschoben wird. – Gleichheit von Zeitintervallen (gleich :I ( T ) × I ( T ) → {0,1,undefined}) Bei diesem Prädikat werden die vorigen Aktionen benutzt, um dessen Wert zu ermitteln: Zwei Zeitintervalle sind genau dann gleich, wenn sie den gleichen Beginnzeitpunkt haben und gleich lang sind. – Ordnungsrelation bezüglich der Länge (laenger :I ( T ) × I ( T ) → {0,1,undefined}) Aus der Ordnungsrelation für Zeitdauern lässt sich die Ordnungsrelation für Zeitintervalle ableiten, mit deren Hilfe Zeitintervalle bezüglich ihrer Länge geordnet werden können. – Ordnungsrelation bezüglich des Beginnzeitpunktes (Beginnfrueher :I ( T ) × I ( T ) → {0,1, undefined }) Diese Relation wird aus der Ordnungsrelation für Zeitpunkte abgeleitet. Sie dient dazu, Zeitintervalle nach ihren Anfangszeitpunkten zu ordnen. – Ordnungsrelation bezüglich des Endezeitpunktes (Endefrueher :I ( T ) × I ( T ) → {0,1,undefined}) Diese Relation wird ebenfalls aus der Ordnungsrelation für Zeitpunkte abgeleitet. Sie dient dazu, Intervalle nach ihren Endzeitpunkten zu ordnen. • Elementare Aktionen für Zeitmodelle Bisher wurden nur Aktionen behandelt, die sich innerhalb ein und desselben Zeitmodells und daraus abgeleiteter Strukturen ausführen lassen. Nur in wenigen Anwendungsfällen werden diese Aktionen jedoch ausreichen, um ein PPS-Verfahren zu beschreiben. Vielmehr wird es häufig notwendig sein, aus den Ereignissen eines Ereignistyps Ereignisse eines anderen Typs zu bestimmen, so dass eine Umrechnung der zeitlichen Bezüge von einem Zeitmodell in ein anderes notwendig wird (z. B. rechnet die Durchlaufterminierung mit Tagen, die Reihenfolgeplanung mit Minuten). Außerdem wird es notwendig sein, aus den Zeitmodellen temporäre Zeitmodelle zu erzeugen. Diese temporären Zeitmodelle werden aber nicht den Knoten permanent zugeordnet, sondern existieren nur während der Durchführung eines PPS-Verfahrens und dienen als Hilfskonstrukt, um bspw. Iterationen nicht über das ganze Zeitmodell, sondern nur eine Teilmenge davon laufen lassen zu können.

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

145

)

Für solche Fälle wurde in Abschnitt 2.2.2 die Zuordnungsvorschrift eingeführt. Bei Aktionen, die diese Zuordnungsvorschrift benutzen, muss vor deren Ausführung sichergestellt werden, dass diese Zuordnungsvorschrift existiert und ggf. muss der Modellierer aufgefordert werden, die Zuordnungsvorschrift nachträglich zu spezifizieren.158 Im Folgenden wird diese Prüfung auf Existenz der Zuordnungsvorschrift nicht mehr berücksichtigt, sondern davon ausgegangen, dass die Zuordnungsvorschrift da, wo sie gebraucht wird, auch existiert.159 – Vereinigung von Zeitmodellen (union: T × T → T˜ ) Temporäre Zeitmodelle können durch Vereinigung mehrerer Zeitmodelle erzeugt werden. Aufgrund der möglichen Zuordnungen und der Forderung nach eindeutiger Repräsentation realer Zeitelemente gibt es unterschiedliche Ausprägungen dieser Aktion. Die explizite Zuordnung, bei der ein Modellzeitelement mehrere Modellzeitelemente aus dem anderen Zeitmodell ersetzt, kann entweder vergröbernd oder verfeinernd bei der Vereinigung ausgenutzt werden: Im ersten Fall werden die ersetzenden (groben) Modellzeitelemente in der vereinigten Menge zusammengefasst, im anderen Fall werden die ersetzten (feinen) Modellzeitelemente zusammengefasst. Die Ordnungsrelation auf dem vereinigten Zeitmodell wird aus der Zuordnungsvorschrift abgeleitet. Ein Spezialfall für die Vereinigung von Zeitmodellen ist das Einfügen eines einzelnen Zeitelements. – Durchschnitt von Zeitmodellen (schnitt: T × T → T˜ ) Mit Hilfe dieser Operation können aus mehreren Zeitmodellen diejenigen Elemente zu einem neuen Zeitmodell zusammengefasst werden, die allen diesen Zeitmodellen gemeinsam sind. Die Gleichheit zweier Modellzeitelemente aus unterschiedlichen Zeitmodellen wird dabei aus den Zuordnungsvorschriften gewonnen. Sich ersetzende Modellzeitelemente werden dabei als nicht gleich angesehen. – Differenz von Zeitmodellen (diff: T × T → T˜ ) Gilt für zwei Zeitmodelle die Enthaltenseinsbeziehung, so kann diese Aktion sinnvoll angewandt werden. Sie liefert als Ergebnis die Menge von Zeitelementen, die nur in der umfassenderen Menge, nicht aber in der enthaltenen Menge enthalten sind. – Gleichheit von Zeitmodellen (gleich: T × T → {0,1}) Aufgrund der Zuordnungsvorschrift kann die Gleichheit von Zeitmodellen festgestellt werden. – Enthaltensein von Elementen: (element: T × T˜ → {0,1}) Mit diesem Prädikat kann festgestellt werden, ob sich bestimmte Modellzeitelemente in einem Zeitmodell befinden. Stammen die Modellzeitelemente aus ei158

Es sei denn, die Modellierung wurde so ausgeführt, dass die Zuordnungsvorschrift automatisch ableitbar ist. Dann muss vor Ausführung der Aktion diese automatische Ableitung durchgeführt werden.

159

Sollen zwei temporäre Zeitmodelle miteinander verknüpft werden, so ist das nur in Spezialfällen möglich, in denen sich die Zuordnungsvorschrift für diese beiden Zeitmodelle aus anderen Angaben gewinnen lassen.

146

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

nem anderen Zeitmodell, so kann die Zuordnungsvorschrift wie bei der Durchschnittsbildung ausgenutzt werden, um den Wert des Prädikats zu bestimmen. Andernfalls muss es explizit definiert sein. – Enthaltensein einer Teilmenge (enthalten: T˜ × T˜ → {0,1}) Dieses Prädikat kann unter Benutzung der Aktion zur Bestimmung des Enthaltenseins einzelner Elemente definiert werden und basiert damit wieder mittelbar auf den Zuordnungsvorschriften, sofern es sich bei den Operanden um Zeitmodelle handelt. Ist das nicht der Fall, handelt es sich also bei einem der Operanden um eine beliebige Menge von Zeitelementen, so muss dieses Prädikat explizit definiert werden, weil dann die Zuordnungsvorschrift nicht existiert. Dieses Prädikat definiert eine irreflexive Halbordnung auf der Menge aller Zeitmodelle.160 2.4.3.3

Elementare Aktionen für Ereignisse

)

)

)

Ereignisse besitzen gemäß ihrer Definition die drei beschreibenden Komponenten zeitlicher Bezug, sachlicher Bezug und Ereignistyp. Die Aktionen für Ereignisse können als sinnvolle Kombinationen der elementaren Aktionen für die Komponenten definiert werden. Für den Aufbau der Kombinationen sind elementare Aktionen erforderlich, mit deren Hilfe auf die Komponenten eines Ereignisses zugegriffen werden kann. Seien F, V, P (F), P (V), T ∈ T *, T ∈ T, T , D ( T ), I ( T ) wie bereits definiert, Z* die erweiterte maximale Ereignismenge, die definiert ist als

)

)

)

­ ½ max s⊆b ( etyp ) ° ° ° ° * ˆ Z = ® ( s, t, etyp ) ˆt ∈ pr ( etyp ) ∪ D ( pr ( etyp ) ) ∪ I ( pr ( etyp ) ) ¾ 3 3 3 ° ° ° ° etyp ∈ ETYP ¯ ¿ Die elementaren Aktionen sind dann: – lesender Zugriff auf den sachlichen Bezug eines Ereignisses *

)

)

*

gett:Z →

)

gets :Z → P ( P ( F ) ) ∪ P ( P ( V ) ) Diese Aktion gibt die Komponente sachlicher Bezug eines Ereignisses als Ergebnis zurück. – lesender Zugriff auf den zeitlichen Bezug eines Ereignisses

∪ ( T ∪ D( T ) ∪ I( T ))

T∈T

Ergebnis dieser Aktion ist der zeitliche Bezug eines Ereignisses, also ein Zeitpunkt, eine Zeitdauer, ein Zeitintervall oder eine Bezugnahme auf andere Ereig160

[BRSE79], S. 549: Eine irreflexive Halbordnung auf einer Menge ist eine irreflexive, transitive asymmetrische binäre Relation auf dieser Menge. Aus einer irreflexiven Halbordnung kann eine reflexive Halbordnung konstruiert werden.

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

147

nisse oder Zeitangaben. Auf das Ergebnis dieser Aktion können die Aktionen der Zeitstruktur angewendet werden. * – lesender Zugriff auf den Typ eines Ereignisses gettyp:Z → ETYP Mit dieser Aktion kann der Typ eines Ereignisses ermittelt werden, der wiederum aus drei Komponenten besteht, auf die mittels der bei der formalen Definition des Modells für PPS-Aufgaben eingeführten Hilfsoperation pri (vgl. Abschnitt 2.2.2) zugegriffen werden kann. – schreibender Zugriff auf den sachlichen Bezug eines Ereignisses *

*

)

)

*

sett :Z ×

)

sets :Z × ( P ( F ) ∪ P ( V ) ) → Z Mit dieser Aktion wird der sachliche Bezug eines Ereignisses verändert. – schreibender Zugriff auf den zeitlichen Bezug eines Ereignisses

∪ ( T ∪ D( T) ∪ I( T ) ) → Z

*

T∈T

Diese Aktion dient dazu, den zeitlichen Bezug eines Ereignisses im Ergebnis einer Aktion zur Transformation zeitlicher Bezüge zu ändern. – schreibender Zugriff auf den Typ eines Ereignisses settyp: Z* × ETYP → Z* Mit dieser Aktion kann der Typ eines Ereignisses geändert werden. Dies kommt dem Kopieren von zeitlichem und sachlichem Bezug gleich. – Gleichheit zweier Ereignisse gleich: Z* × Z* → {0,1} Die Gleichheit zweier Ereignisse kann mittels der vorher definierten Aktionen festgestellt werden, indem einfach die Gleichheit aller Komponenten festgestellt wird.

2.4.4

Modell für PPS-Verfahren - Anwendungsbeispiele

Als Beispiel für Modelle von PPS-Verfahren werden in diesem Abschnitt die Verfahren zu der im Abschnitt 2.2.4.1 beschriebenen Fertigungszelle dargestellt. Bevor die Verfahren jedoch notiert werden können, müssen die Aktionen entsprechend für die gewählte Beschreibungsform definiert werden. Dann erst wird das Verfahren nach einer informalen Beschreibung mit Hilfe der eingeführten elementaren Aktionen modelliert. 2.4.4.1

Verfahren zur Mengenplanungsaufgabe161

Bei der Mengenplanungsaufgabe wird als Beschreibungsform eine MultimengenDarstellung verwendet, die auf der Angabe von Qualitäten und Anzahl je Qualität beruht. Die Qualitäten werden beim Verfahren nicht mehr berührt, sondern nur noch die Anzahlen, die ja durch ganze Zahlen dargestellt werden. Entsprechend werden die Aktionen für die sachlichen Bezüge aus den für ganze Zahlen existierenden mathematischen Operationen abgeleitet. Aufgrund der Definition der Knoten, die in 161 Zur

Mengenplanung siehe bspw. die Abschnitte 4.1.1 und 5.1

148

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

diesem Beispiel jeweils nur eine Sorte repräsentieren, sind auch keine Überlegungen bezüglich der Behandlung von Faktoren verschiedener Qualitäten notwendig. Da es sich darüber hinaus im Falle dieser Aufgabe auch nicht um individualisierbare Faktoren handelt, müssen nur die Aktionen zusfassen, diff, skal, div, gleich und ord betrachtet werden. Aktion zusfassen diff skal div gleich ord

mathematische Operation Addition ganzer Zahlen Subtraktion ganzer Zahlen Multiplikation ganzer Zahlen mit ganzen Zahlen Division ganzer Zahlen (Rundung!) Gleichheitsprädikat auf ganzen Zahlen Ordnungsbeziehung auf ganzen Zahlen

Bild 2-56 Definition der Aktionen für die Mengenplanungsaufgabe

Ähnlich wird bei der Definition der Aktionen für die Zeitstruktur verfahren. Das Zeitmodell für die Knoten ist einheitlich ein 8-Stunden-Modell. Es sind jeweils Aussagen je Stunde gefragt. Bei der Beschreibung der Vorgangsklassen liegt jedoch ein Minutenmodell zugrunde. Die Umrechnung zwischen den beiden Modellen ist dann notwendig, wenn festgestellt werden soll, wieviele Vorgänge je Zeitabschnitt durchgeführt werden können. Diese Information ist jedoch bereits in den gegebenen Restriktionen „implementiert“. Beide Zeitmodelle werden wiederum mittels nichtnegativer ganzer Zahlen repräsentiert. Die gegenseitige Entsprechung zwischen Aktionen für Zeitstruktur und mathematischen Operationen ist analog zu Bild 2-56, wobei zu beachten ist, dass sowohl Zeitpunkte als auch Zeitdauern als ganze Zahlen aufgefasst werden. Diese Art der Definition wird gewählt, weil sie einerseits von der Art der Beschreibung der Faktoren und Vorgänge und der Zeitmodelle fast erzwungen wird und weil sie es ermöglicht, auf vorhandene Strukturen, die in verschiedenen Modellierungssprachen auch bereits operabel zur Verfügung stehen, zurückgreifen zu können. Das Verfahren zur Mengenplanungsaufgabe (siehe Bild 2-57) besteht aus drei Schritten je Faktorknoten und vorgelagertemVorgangsknoten. Im ersten Schritt werden die Bedarfe162 rückwärts zum Vorgangsknoten unter Abzug eventuell vorhandener Bestände durchgereicht. Am Vorgangsknoten wird dann die Zahl der endenden Vorgänge aus dem Bedarf und der Restriktion bestimmt. Gegebenenfalls werden Bedarfe in Richtung Gegenwart verschoben. Dies wird für den gesamten Zeithorizont durchgeführt. Im zweiten Schritt werden die Bedarfswerte in Richtung Arbeitsfortschritt vorwärts korrigiert, wieder für den gesamten Zeithorizont. Anschließend werden die Bedarfe im Vorgangsknoten rückwärts weiter gereicht und an die vorgelagerten Faktorknoten gegeben. Dann werden die Schritte für die vorgelagerten Stufen wiederholt.

162 „Bedarf“

wird detailiert in Abschnitt 4.1 definiert.

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

Modell der Produktion mit Primärbedarfen

Modell der Produktion mit allen Nettobedarfen und Beständen Abschlussschnittstelle

Startschnittstelle Vorereignisse

Sachziel

Formalziel

Aktionensteuerung

Vorereignisse

149

Sachziel

Nachereignisse

1

Formalziel Nachereignisse

Aktionensteuerung 2

3

4

Aktion

5

6

7

Aktion

Aktion

Aktion

Aktionensteuerung 1 seriell: alle Rangstufen, rückwärts 2 parallel: alle Mikrostrukturen 3 seriell: Schritt 1 - Bestimmung Abgang Vorgangsknoten Schritt 2 - Bestimmung Bestand Produktknoten Schritt 3 - Bestimmung Bruttobedarf an Vorgänger-Rangstufen 4 Schritt 1: alle Zeitabschnitte, vorwärts 5 Schritt 1: alle Zeitabschnitte rückwärts, solange Bedingung erfüllt 6 Schritt 2: alle Zeitpunkte /-abschnitte, vorwärts 7 Schritt 3: alle Zeitabschnitte, vorwärts

Bild 2-57 Verfahren zur Mengenplanungsaufgabe

Zu dem im Folgenden angegebenen Verfahren sind noch ein inhaltlicher und ein formaler Aspekt zu bemerken. Die inhaltliche Bemerkung betrifft die Bestimmung des Sekundärbedarfs am Vorgangsknoten. Dabei müßte im allgemeinen Fall die Stücklisteninformation, die hier in der Definition des Vorgangs bˆ enthalten ist, als Ordnungsrelation benutzt werden. Da aber hier für die Montage der Zusammenhang gilt, dass aus je einem Satz von Dreh-, Fräs- und Normteilen ein Modellroboter entsteht, und für die anderen Vorgänge gilt, dass aus einem Satz von Teilen genau ein bearbeiteter Satz von Teilen entsteht, ist die Auflösung direkt im Verfahren „implementiert“, indem die Bedarfe ohne Berechnung weitergereicht werden. Das Formale betreffend sei bemerkt, dass zum einen aus Platzgründen für alle Gleichheitsprädikate einheitlich das Symbol „=“ verwendet wird. Zum anderen wird die Aktionensteuerung mittels einer programmiersprachenähnlichen Notation angegeben (siehe Abschnitt 2.4.2). Aus einer Programmiersprache stammt auch das Wertezuweisungssymbol „:=“. Außerdem werden zur Abkürzung die Funktionen min und max eingeführt.

150

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Schließlich sei bemerkt, dass mit der Angabe dieses Verfahrens nicht das Ziel verfolgt wird, ein gutes oder sogar optimiertes PPS-Verfahren anzugeben. Es handelt sich hier lediglich um die Demonstration eines Modells zur Beschreibung von PPS-Verfahren ausschließlich auf der Basis der erarbeiteten elementaren Aktionen. begin VERFAHREN for all z ∈ GD do sets(z,0) Schritt 1 for all t ∈ T , beginnend mit t := minT do begin sets(z3 , max(diff(gets(z2),gets(z1)),0)) sets( z, max(diff(gets(z1),gets(z2)),0)) mit gett(z) = gett(z1) = gett(z2) = t, gett(z3) = t+1 , gettyp(z)= ((Roboter,Zugang),Bedarf,T) gettyp(z1)= ((Roboter,Abgang),Bedarf,T) gettyp(z2) = gettyp(z3)= ((Roboter,Mitte),Bestand,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) =t gettyp(z)= ((Montage,Roboter),Bedarf,T) gettyp(z1)= ((Roboter,Zugang),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) =t gettyp(z)= ((Montage,Abgang),Bedarf,T) gettyp(z1)= ((Montage,Roboter),Bedarf,T) hilfss: =gets(z1) while hilfss > 0 do begin sets(z,min(add(gets(z),hilfss),15)) hilfss:=subtr(hilfss,subtr(15,gets(z))) mit gett(z1) =t gettyp(z)= ((Montage,endenderVorgang),Bedarf,T) gettyp (z1) = ((Montage,Abgang),Bedarf,T) t:=t-1 end WIEDERHOLUNGSSCHLEIFE end WIEDERHOLUNGSSCHLEIFE

Die Ergebnisse sind im Folgenden zusammengestellt (Bild 2-58).163 Punkt im Modell Roboter, Abgang Roboter, Mitte Roboter, Zugang (Montage, Roboter) Montage, Abgang Montage, endende Vorgänge

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

8

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

8

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 0 0 0 0 0 0 0 10 0 0 0 0 0 0 0 10 0 0 0 0 0 0 0 10 0 0 0 0 0 0 0

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

Punkt im Modell Roboter, Abgang Roboter, Mitte Roboter, Zugang (Montage, Roboter) Montage, Abgang Montage, endende Vorgänge Punkt im Modell Roboter, Abgang Roboter, Mitte Roboter, Zugang (Montage, Roboter) Montage, Abgang Montage, endende Vorgänge Punkt im Modell Roboter, Abgang Roboter, Mitte Roboter, Zugang (Montage, Roboter) Montage, Abgang Montage, endende Vorgänge

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

8

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 7 0 0 0 0 0 0 10 7 0 0 0 0 0 0 10 7 0 0 0 0 0 0 10 7 0 0 0 0 0 0 Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 7 12 17 0 0 0 0 10 7 12 17 0 0 0 0 10 7 12 17 0 0 0 0 10 7 14 15 0 0 0 0

Punkt im Modell Roboter, Abgang Roboter, Mitte Roboter, Zugang (Montage, Roboter) Montage, Abgang Montage, endende Vorgänge

8

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 7 12 17 17 0 0 0 10 7 12 17 17 0 0 0 10 7 12 17 17 0 0 0 10 8 15 15 15 0 0 0 Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

8

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 7 12 17 17 8 0 0 10 7 12 17 17 8 0 0 10 7 12 17 17 8 0 0 10 8 15 15 15 8 0 0

8

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 7 12 0 0 0 0 0 10 7 12 0 0 0 0 0 10 7 12 0 0 0 0 0 10 7 12 0 0 0 0 0

8

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

151

8

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 7 12 17 17 8 11 0 10 7 12 17 17 8 11 0 10 7 12 17 17 8 11 0 10 8 15 15 15 8 11 0

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

8

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 7 12 17 17 8 11 14 10 7 12 17 17 8 11 14 10 7 12 17 17 8 11 14 10 8 15 15 15 8 11 14

Bild 2-58 Berechnung des Nettobedarf unter Berücksichtigung der Abgangsrestriktionen im Vorgangsknoten Montage 163

In den gängigen Beschreibungen zur Mengenplanung (vgl. u.a. [ZÄPF82, KISTE01, REFA91, WEKE01, SCHE90] oder [KIST81]) wird eine Darstellung gewählt, in der Bedarfe oder Angebote eines Zeitabschnitts sowie der Bestand am Ende des Zeitabschnitts untereinander dargestellt werden. Dies zwingt zu einer anderen Denkweise bei einer Rückwärtsbetrachtung auf der Zeitachse. Dann steht das Ergebnis von Zu- und Abgang eines Zeitabschnitts in der vorherigen Spalte. Deshalb soll im Folgenden eine Darstellung gewählt werden, die diese Ungleichbehandlung nicht erzwingt. Der Zustand am Ende bzw. zu Beginn eines Zeitabschnitts liegt bei diesem Zeitpunkt. Bedarfe und Angebote werden daher immer in einem Zeitabschnitt-/Zeitraster, Bestände in einem Zeitpunktmodell angegeben. Zustand / Bestand zu einem Zeitpunkt Fluss / Veränderung während eines Zeitabschnitts

0

1 1

3 2

6 3

10 4

15 5

152

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Schritt 2 for all t ∈ T , beginnend mit t := minT do begin sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t gettyp(z) = ((Montage,Abgang),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Montage,endenderVorgang),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t gettyp(z) = ((Montage,Roboter),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Montage,Abgang),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t gettyp(z) = ((Roboter,Zugang),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Montage,Roboter),Bedarf,T) sets(z,diff(add(gets(z3),gets(z1),gets(z2))) mit gett(z1) = gett(z2) = gett(z3)= t, gett(z) = t+1 gettyp(z1) = ((Roboter,Zugang),Bedarf,T) gettyp(z2) = ((Roboter,Abgang),Bedarf,T) gettyp(z) =gettyp(z3) = ((Roboter,Mitte),Bedarf,T) end WIEDERHOLUNGSSCHLEIFE

Aufgrund der Restriktionen, die bei „Montage, endender Vorgang“ gelten, ergeben sich die folgenden Zustände:

Punkt im Modell Roboter, Abgang Roboter, Mitte Roboter, Zugang (Montage, Roboter) Montage, Abgang Montage, endende Vorgänge

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7

8

10 7 12 17 17 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 8 15 15 15 8 11 14 10 8 15 15 15 8 11 14 10 8 15 15 15 8 11 14 10 8 15 15 15 8 11 14

Bild 2-59 Zwischenergebnis für die Produktionsstufe Montage

Schritt 3 for all t ∈ T , beginnend mit t := minT do begin sets(z,gets(z1)) mit gett(z1) = gett(z2) = t gettyp(z) = ((Montage,beginnenderVorgang),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Montage,endenderVorgang),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t‘ tt ( ) ((M t Z ) B d f T)

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

153

gettyp(z) = ((Montage,Zugang),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Montage,beginnenderVorgang),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t‘ gettyp(z) = ((Drehteile,Montage),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Montage,Zugang),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t‘ gettyp(z) = ((Fraesteile,Montage),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Montage,Zugang),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t‘ gettyp(z) = ((Normalteile,Montage),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Montage,Zugang),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t‘ gettyp(z) = ((Drehteile,Abgang),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Drehteile,Montage),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t‘ gettyp(z) = ((Fraesteile,Abgang),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Fraesteile,Montage),Bedarf,T) sets(z,gets(z1)) mit gett(z) = gett(z1) = t‘ gettyp(z) = ((Normteile,Abgang),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Normteile,Montage),Bedarf,T) sets(z3,max(diff(gets(z2),gets(z1)),0) sets(z,max(diff(gets(z1),gets(z2)),0) mit gett(z) = gett(z1) = gett(z2) = t, gett(z3) = t+1 gettyp(z) = ((Normteile,Zugang),Bedarf,T) gettyp(z1) = ((Normteile,Abgang),Bedarf,T) gettyp(z2) =gettyp(z3) ((Normteile,Mitte),Bestand,T) end WIEDERHOLUNGSSCHLEIFE

Ab hier gilt eine analoge Vorgehensweise (Schritt 1-3) für die Vorgangsknoten „Drehen“ und „Fräsen“ wie für den Vorgangsknoten „Montage“. Der Zugang für den Faktorknoten Normteile wird bereits im Schritt 3 berechnet. Dies gilt entsprechend für die Faktorknoten RohteileFraesen und RohteileDrehen. end VERFAHREN

Das Endergebnis164 zeigt Bild 2-60.

164 Zur

Vereinfachung wird für die Vorgangsknoten keine Zeitverschiebung durchgeführt.

154

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Punkt im Modell

1

2

Zeitabschnitt 3 4 5 6 7

8

Roboter, Abgang Roboter, Mitte Roboter, Zugang (Montage, Roboter) Montage, Abgang Montage, endende Vorgänge Montage, laufende Vorgänge Montage, beginnende Vorgänge Montage, Zugang

10 7 0 0 10 8 10 8 10 8 10 8 10 8 10 8 10 8

12 17 17 8 11 14 1 4 2 0 0 0 0 15 15 15 8 11 14 15 15 15 8 11 14 15 15 15 8 11 14 15 15 15 8 11 14 15 15 15 8 11 14 15 15 15 8 11 14 15 15 15 8 11 14

(Drehteile, Montage) Drehteile, Abgang Drehteile, Mitte Drehteile, Zugang (Drehen, Drehteile) Drehen, Abgang Drehen, endende Vorgänge Drehen, laufende Vorgänge Drehen, beginnende Vorgänge Drehen, Zugang (RohteileDrehen, Drehen) RohteileDrehen, Abgang RohteileDrehen, Mitte RohteileDrehen, Zugang

10 8 15 15 15 8 11 14 10 8 15 15 15 8 11 14 16 16 18 13 8 3 5 4 0 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 10 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 10 10 10 10 10 10 10

(Fraesteile, Montage) Fraesteile, Abgang Fraesteile, Mitte Fraesteile, Zugang (Fraesen, Fraesteile) Fraesen, Abgang Fraesen, endende Vorgänge Fraesen, laufende Vorgänge Fraesen, beginnende Vorgänge Fraesen, Zugang (RohteileFraesen, Fraesen) RohteileFraesen, Abgang RohteileFraesen, Mitte RohteileFraesen, Zugang

10 8 15 15 15 8 11 14 10 8 15 15 15 8 11 14 10 5 9 6 3 0 1 2 0 5 12 12 12 12 9 12 12 5 12 12 12 12 9 12 12 5 12 12 12 12 9 12 12 5 12 12 12 12 9 12 12 5 12 12 12 12 9 12 12 5 12 12 12 12 9 12 12 5 12 12 12 12 9 12 12 5 12 12 12 12 12 12 12 5 12 12 12 12 12 12 12 0 0 0 0 0 0 0 0 0 5 12 12 12 12 12 12 12

(Normteile, Montage) Normteile, Abgang Normteile, Mitte Normteile, Zugang

10 11 15 15 15 11 14 15 10 8 15 15 15 8 11 14 0 0 0 0 0 0 0 0 0 10 8 15 15 15 8 11 14

Bild 2-60 Ergebnistabelle der Mengenplanungsaufgabe

2.4.4.2

Verfahren zur Terminplanungsaufgabe (Simulation)

Die Grundidee der ereignisorientierten Simulation165 besteht darin, sukzessive eine Folge von PPS-Teilaufgaben zu lösen, wobei jede dieser Teilaufgaben den Ausgleich

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren

155

einer Inkonsistenz, die durch ein Änderungsereignis entstanden ist, für einen Teilgraphen des Ausgangsmodells zum Inhalt hat. Die in der Definition einer PPS-Aufgabe erwähnten Vor- und Nachereignisse sind bei der ereignisorientierten Simulation gerade diese Änderungsereignisse. Die Änderung des Modellzustands nach Durchführung einer PPS-Teilaufgabe drückt sich darin aus, dass in das Modell neue Modellereignisse (die vorher nicht definiert oder Null gesetzt waren) eingetragen werden. Diese neu eingetragenen Modellereignisse bilden dann die Ausgangsdaten für eine nachfolgende PPS-Teilaufgabe, wohingegen deren Eintrag ins Modell als Änderungsereignis ein Vorereignis für diese nachfolgende PPS-Teilaufgabe darstellt. Für das Beispiel wird dieses Lösungsprinzip nun wie folgt konkretisiert. Die PPS-Teilaufgaben besitzen als Aufgabenobjekt jeweils einen Teilgraphen, der aus einem Faktorknoten besteht, der zu bearbeitende Teile repräsentiert, sowie den/die nachfolgenden Vorgangsknoten und, falls es sich dabei um einen Transport handelt, den Faktorknoten „Shuttles“ sowie den Knoten „Leerfahrt“. Eine Besonderheit stellt der Knoten „Montage“ dar. In Bild 2-61 sind die entstehenden Teilgraphen dargestellt. Je nachdem, ob in den Teilgraphen ein Knoten „Transport“ oder einer der Knoten „Drehen“, „Fraesen“, „Messen“, „Ankleben“ vorkommt und ob nach dem erzeugenden Faktorknoten verzweigt wird oder nicht, ergeben sich vier Typen von PPSTeilaufgaben166. Desweiteren entsteht der Typ von Teilaufgaben, der mit der Montage zu tun hat, ein Typ mit dem Vorgangsknoten „Transport14“ sowie ein Typ für die Faktorknoten ohne Nachfolger. Das Sachziel dieser PPS-Teilaufgaben besteht darin, ausgehend von einem Ereignis, das neu in das Teilmodell am Punkt „Zugang“ des erzeugenden Faktorknoten eingetragen worden ist, die Konsistenz wieder herzustellen, also alle daraus resultierenden Modellereignisse zu bestimmen, und für den nächsten Faktorknoten das initiierende Ereignis zu bestimmen. Die konkreten PPS-Teilaufgaben werden also aufgrund der Ergebnisse vorher abgeschlossener Teilaufgaben dynamisch definiert. Die Reihenfolge der Durchführung der PPS-Teilaufgaben wird durch deren initiierende Modellereignisse bestimmt. Dabei liegt ein solches initiierendes Ereignis im Sinne der Durchführungsreihenfolge später als ein anderes initiierendes Ereignis, wenn es bezüglich der auf dem Zeitmodell definierten Ordnungsrelation später liegt oder, falls die beiden Ereignisse den gleichen zeitlichen Bezug haben, wenn sein Ereignistyp in Richtung der Dimension Arbeitsfortschritt weiter rechts liegt. Hier soll nur die Lösung einer dieser PPS-Teilaufgaben, die sich aus der Gesamtaufgabe ergibt, beispielhaft als PPS-Verfahren formuliert werden. Dazu wird zunächst diese PPS-Teilaufgabe beschrieben. Anschließend wird die geeignete Definition der Aktionen für sachliche Bezüge diskutiert und dann das Verfahren angegeben.

165 Vgl.

bspw. [PAGE91], S. 33f.

166 Wobei

einer dieser Typen leer ist.

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Transport3 Drehrohteile ein

Transport8

Leerfahrt Transport7

Fraesen Fraesrohteile

Modellroboter

Transport14

156

Drehen Drehteile Shuttles bereit

Leerfahrt Drehrohteile

Leerpaletten

Messen Drehteile vorMessen Transport6 Transport2 Fraesrohteile ein

Leerfahrt

Fraesteile

Fraesteile vorMessen

Transport5

Leerpaletten_ein Leerfahrt

Shuttles bereit

Drehteile Ausschuss

Fraesteile Ausschuss

Transport9

Transport4

Transport11 Leerfahrt

Roboter fertig Leerpal.

Transport13 Shuttles bereit

Drehteile gemessen Leerfahrt

Shuttles bereit

Drehteile vorMontage Normteile vorMontage

Shuttles bereit Transport16

Fraesteile vorMontage

Ankleben Drehteile vorKleben

Transport1

Drehteile nachKleben

Messen

Leerfahrt

Shuttles bereit

Leerpaletten

Montage

Shuttles bereit

Normteile Leerfahrt ein

Shuttles bereit

Transport15

Transport12

Transport10 Fraesteile gemessen Leerfahrt

Shuttles bereit

Bild 2-61 Teilgraphen für die PPS-Teilaufgaben

In der gestellten Gesamtaufgabe ist als erstes das Ereignis des Eintritts von (A3,A4) in den Faktorknoten „Drehrohteile_ein“ zu behandeln. Der Graph zu dieser Teilaufgabe ist in Bild 2-61 in der ersten Spalte oben links (fett umrandet). Das Zeitmodell und die Menge der Interpretationen entsprechen denen der Ausgangsaufgabe, die Menge der Ereignistypen ist eingeschränkt auf den Teilgraphen, also ETYP' = L' × I × { T } mit

2.4 Ein Formales Modell für PPS-Verfahren L' = ({Transport3, Leerfahrt} × L

VK

) ∪ ({Drehrohteile_ein,Shuttles} × L

FK

157

) ∪

{(Drehrohteile,Zugang),(Drehrohteile_ein, Transport3), (Transport3, Drehrohteile), (Shuttles,Transport3),(Transport3, Shuttles)}

Die Ausgangsdaten ergeben sich zu

AD = { z = (s,t,etyp)

s

t

mit etyp

(A3, A4)

0

((Drehrohteile_ein, Zugang), Plan,T)

{(Ein-/Ausschleusstation, S1), (vorDrehzelle, S2), (vorFraeszelle, S3), (vorEin-/ Ausschleusstation,S4)}

0

((Shuttles, Mitte), Bestand, T )

-

0-31

alle anderen Ereignistypen

Die gesuchten Daten ergeben sich zu GD = {z = (b,t,etyp)|((etyp ∈ L' × {Plan} × { T } ) ∧ t ∈ T )} – AD Die Definition der Aktionen für die sachlichen Bezüge hängt wiederum von deren Beschreibung ab. Da es sich hierbei um Attributtupel handelt, wird wieder auf die Hilfsoperation zur Projektion eines Tupels auf seine i-te Komponente zurückgegriffen. Außerdem muss eine Behandlung von Mengen dieser Tupel möglich sein. Dazu wird ein Jokerzeichen „*“ eingeführt, das es erlaubt, die Existenz eines Tupels mit einer bestimmten Attributausprägung in einer Menge von Tupeln festzustellen. Darüber hinaus wird eine Auswahloperation selectmin definiert, die aus einer Menge das bezüglich einer gewissen Ordnung kleinste Element auswählt. Diese Operation wird bei der Auswahl der Shuttles angewandt, die nach ihrer Nummer geordnet sind. In dem Verfahren für diese Teilaufgabe wird nun zunächst festgestellt, ob und wann ein Shuttle am Ort „Ein-/Ausschleusstation“ vorhanden ist, anschließend wird entweder der Transport eingeplant, oder es wird eine Leerfahrt eingeplant und danach der Transport. Das Ergebnis der ersten Teilaufgabe ist im Bild 2-63 dargestellt. Die initiierenden Ereignisse sind doppelt umrandet, wohingegen die Ausgangsdaten grau hinterlegt sind. s

t

etyp

(A3, A4)

0

((Drehrohteile_ein, Zugang), Plan, T )

0

0

((Drehrohteile_ein, Mitte), Bestand, T )

(A3, A4)

0

((Drehrohteile_ein, Abgang), Plan, T )

(A3, A4)

0

((Drehrohteile_ein, Transport3), Plan, T )

((A3, A4), (Ein-/Ausschleusstation, S1))

0

((Transport3, Zugang), Plan, T )

((A3, A4), S1)

0

((Transport3, beginnenderVorgang), Plan, T )

((A3, A4), S1)

0,1 ((Transport3, laufenderVorgang), Bestand, T )

((A3, A4), S1)

1

((Transport3, endenderVorgang), Plan, T )

((A3, A4), (vorDrehzelle, S1))

1

((Transport3, Abgang), Plan, T )

158

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung s

t

(A3, A4)

1

etyp ((Transport3, Drehrohteile), Plan, T )

(A3, A4)

1

((Drehrohteile, Zugang), Plan, T )

{(Ein-/Ausschleusstation, S1), (vorDrehzelle, S2), (vorFraeszelle, S3), (Ein-/Ausschleusstation, S4)}

0

((Shuttles, Mitte), Bestand, T )

(Ein-/Ausschleusstation, S1)

0

((Shuttles, Abgang), Plan, T )

(Ein-/Ausschleusstation, S1)

0

((Shuttles, Transport3), Plan, T )

{(vorDrehzelle, S2), (vorFraeszelle, S3), (Ein-/Ausschleusstation, S4)}

0

((Shuttles, Mitte), Bestand, T )

(vorDrehzelle, S1)

1

((Transport3, Shuttles), Plan, T )

(vorDrehzelle, S1)

1

((Shuttles, Zugang), Plan, T )

{(vorDrehzelle, S1), (vorDrehzelle, S2), (vorFraeszelle, S3), (Ein-/Ausschleusstation, S4)}

1

((Shuttles, Mitte), Bestand, T )

Bild 2-62 Ergebnisse für die erste Teilaufgabe

begin VERFAHREN sets(z,0) ∀( z ∈ GD ) t: = maxT while gets(z) = 0 do begin mit gett(z) = t gettyp(z) = ((Transport3,beginnenderVorgang),Plan, T) t: = t-1 if (Ein-/Ausschleusstation,*) ∈ gets(zB) mit gett(zB) = t gettyp(zB) = ((Shuttles,Mitte),Bestand, T) then sets(zA, selectmin(gets(zB),(S1,S2,S3,S4))) mit gett(zA) = t, gettyp(zA) = ((Shuttles,Abgang),Plan, T) sets(zB,diff(gets(zB),gets(zA))) sets(zK,gets(zA)) mit gett(zK) = t gettyp(zK) = ((Shuttles,Transport3),Plan, T) sets(zA‘,gets(zZ)) mit gett(zA‘) = gett(zZ) = t gettyp(zA‘) = ((Drehrohteile_ein,Abgang),Plan, T) gettyp(zZ) = ((Drehrohteile_ein,Zugang),Plan, T) for all ˆt ∈ {0,...t} do begin sets(zB‘,add(gets(zB‘)gets(z))) mit gett(zB‘) = ˆt gettyp(zB‘) = ((Drehrohteile_ein,Mitte),Bestand, T) end WIEDERHOLUNGSSCHLEIFE sets(zZ‘,add(gets(zA‘)gets(zA)))

2.5 Die Klassifikation von PPS-Verfahren

159

mit gett(zZ‘) = t gettyp(zZ‘) = ((Transport3,Zugang),Plan, T) sets(zbTr,(gets(zA‘),pr2(gets(zA)))) mit gett(zbTr) = t gettyp(zbTr) = ((Transport3,beginnenderVorgang),Plan, T) sets(zlTr,gets(zbTr)) mit gett(zlTr) ∈ {t,t+1} gettyp(zlTr) = ((Transport3,laufenderVorgang),Bestand, T) sets(zeTr,gets(zbTr)) mit gett(zeTr) = t+1 gettyp(zeTr) = ((Transport3,endenderVorgang),Plan, T) sets(zA,(pr1(gets(zeTr)),(vorDrehzelle,pr2(gets(zeTr))))) mit gett(zA) = t+1 gettyp(zA) = ((Transport3,Abgang),Plan, T) sets(zK,pr1(gets(zA))) mit gett(zK) = t+1 gettyp(zK) = ((Transport3,Drehrohteile),Plan, T) // initiierendes Ereignis für die nächste PPS-Teilaufgabe sets(zZ,gets(zK)) mit gett(zZ) = t+1 gettyp(zZ) = ((Drehrohteile,Zugang),Plan, T) sets(zK,pr2(gets(zA))) mit gett(zK) = t+1 gettyp(zK) = ((Transport3,Shuttles),Plan, T) sets(zZ, gets(zK)) mit gett(zZ) = t+1 gettyp(zZ) = ((Shuttles,Zugang),Plan, T) sets(zBN,add(gets(zZ),gets(zB))) mit gett(zBN) = t+1 gettyp(zBN) = ((Shuttles,Mitte),Bestand, T) end else analog für den Fall, dass vorher eine Leerfahrt durchgeführt werden muss end FALL

2.5

Die Klassifikation von PPS-Verfahren

2.5.1

Anforderungen an eine Klassifikation

– Sachanforderungen Gesucht ist eine Klassifikation für PPS-Verfahren, in die sich jedes denkbare PPSVerfahren einordnen lässt. Die Klassifikation muss zu der Klassifikation von PPSAufgaben in Beziehung gesetzt werden können. Hierfür sind wiederum geeignete Merkmale und ihre Ausprägungsmengen zu erarbeiten, die auf der gleichen Beschreibung, also dem entsprechenden formalen Modell, basieren.

160

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

– Formalanforderungen Es gelten die Forderungen für die Klassifikation der PPS-Aufgaben entsprechend.

2.5.2

Klassifikationsmerkmale für PPS-Verfahren

Gegenstand der jetzt gesuchten Klassifikation sind PPS-Verfahren, die in Abschnitt 2.3.5 definiert worden sind. Ziel der Klassifikation ist eine Strukturierung der Menge aller möglichen PPS-Verfahren, die soweit als möglich orthogonal zur Klassifikation der PPS-Aufgaben ist und Gütekriterien für die Auswahl eines Verfahrens berücksichtigt. Eine Klassifikation setzt immer eine Beschreibung der zu klassifizierenden Gegenstände voraus, und für diese ist mit dem in Abschnitt 2.4 entwickelten Modell für PPS-Verfahren ein Ausgangspunkt gegeben, der im Folgenden erweitert wird. Ein konkretes PPS-Verfahren kann nicht losgelöst von der zu lösenden PPS-Aufgabe betrachtet werden, weil nur im Rahmen einer PPS-Aufgabe die Vor- und Nachzustände des Aufgabenobjekts sinnvoll interpretiert sowie seine Lösungseigenschaften beurteilt werden können. Daher ist das wichtigste Merkmal, bezüglich dessen PPS-Verfahren klassifiziert werden können, die zu lösende PPS-Aufgabe. In Abschnitt 2.4.2 wurde definiert, dass ein PPS-Verfahren für eine PPS-Aufgabe das Aufgabenobjekt dieser Aufgabe von einem Vorzustand in einen Nachzustand vermittels einer (möglicherweise über mehrere Stufen) gesteuerten Folge von Aktionen überführt. Die Wirkungsweise eines Verfahrens kann dann anhand der entstehenden Folge von Zuständen des Aufgabenobjekts charakterisiert werden. Aus der Vorstellung heraus, dass diese Folge von Zuständen unter den Aspekten Struktur des Aufgabenobjekts und Ziele der Aufgabe betrachtet werden kann, ergeben sich die zwei Merkmalsgruppen Strukturmerkmale und Zielerreichungsmerkmale. Daneben gibt es ein weiteres Merkmal: das Wirkprinzip eines Verfahrens. Die genannten Merkmale werden im Folgenden diskutiert. • Klassifikationsmerkmal PPS-Aufgabenklasse Das Merkmal PPS-Aufgabe ist in Abschnitt 2.2 ausführlich beschrieben. In Abschnitt 2.3.5 wurde dafür eine Klassifikation abgeleitet. Diese Klassifikation entspricht gerade der Ausprägungsmenge zu dem Merkmal PPS-Aufgabenklasse. Darum sind an dieser Stelle dazu keine weiteren Ausführungen notwendig. • Klassifikationsmerkmal Wirkprinzip Das Merkmal Wirkprinzip kennzeichnet das bei der Lösung einer PPS-Aufgabe verwendete Wissen. Es besitzt die Ausprägungen Kausalprinzip und Analogprinzip. Beim Kausalprinzip wird die Lösung einer PPS-Aufgabe durch die Ausnutzung von Modellzusammenhängen bestimmt, die Ursache-Wirkung-Zusammenhänge des abgebildeten Wirklichkeitsausschnitts abbilden. Dieses Prinzip ist nur dann anwendbar, wenn solche Kausalzusammenhänge des Problembereichs bekannt und abbildbar sind.167 Andernfalls muss das Analogprinzip angewandt werden. Das Analogprinzip

2.5 Die Klassifikation von PPS-Verfahren

161

besteht darin, Ursache-Wirkung-Zusammenhänge anderer als der modellierten Wirklichkeitsausschnitte auszunutzen. Beispiele für solche PPS-fremden Kausalzusammenhänge, die im PPS aber bereits Anwendung finden, stammen aus der Physik (simulated annealing), der Biologie (genetische Algorithmen, künstliche neuronale Netze)168 und den Kognitionswissenschaften (wissensbasierte Verfahren).169 • Klassifikationsmerkmal Struktur der Zwischenzustände Aus den aufeinander folgenden Zuständen des Aufgabenobjekts einer PPS-Aufgabe kann abgelesen werden, welche Teilaufgabe in dem das Aufgabenobjekt zwischen den Zuständen überführenden Teilschritt (Aktion) gelöst wurde. Das Merkmal Struktur der Zwischenzustände basiert dann auf der Kennzeichnung dieser Teilaufgabe hinsichtlich der gegebenen und der gesuchten Ereignisse.170 Die Basisausprägungen für dieses Merkmal sind konstruktive und verbessernde Verfahren. Ein rein konstruktives Verfahren benutzt nur konstruktive Aktionen.171 Eine Aktion heißt konstruktiv, wenn die Ereignismenge, die den Zustand des Aufgabenobjekts nach der Ausführung der Aktion darstellt, die Ereignismenge, die den Zustand des Aufgabenobjekts vor der Ausführung der Aktion darstellt, vollständig enthält und daneben weitere Ereignisse enthält, die nur auf der Grundlage der Ereignisse der Ausgangsmenge bestimmt worden sind. Es werden also in jedem Schritt „neue“ Ereignisse bestimmt. Ein Beispiel dafür ist ein solches Verfahren, das nach dem Lösungsprinzip der Bedarfsplanung durch Stücklistenauflösung abläuft. Dieser Sachverhalt ist links in Bild 2-63 schematisch illustriert und kann formal wie folgt ausgedrückt werden: Eine Aktion, die das Aufgabenobjekt vom Zustand MZ i in den Zustand MZ i + 1 überführt, heißt konstruktiv genau dann, wenn gilt: ( MZ i = { z 1, …, z n } ) ∧ ( MZ i + 1 = { z 1, …, z n, z n + 1, …, z n + m } ) Ÿ ( z n + j = f ( z 1, …, z n ) ) für j= 1, ...,m .

167

Heuristische Verfahren siehe z. B. [HWW01, SLW+00, GPB02, K OMU80, SJJ+80, CHSI01, SHZA99]. Constraint-basierte Verfahren siehe z. B. [GWI00-o1, CKA98, CHSI01]. Fuzzy-basierte Verfahren siehe z. B. [HWW01, CKA98, CHSI01].

168

Künstliche neuronale Netze siehe z. B. [ALRO01, SHSU02]. Genetische Algorithmen siehe z. B. [MATT96, GCV98, SHF94, LAMA00-OL, SCHE00, NOBE99].

169 Siehe 170

z. B. auch [WEIG94], S. 23 ff., [ZELE90].

Siehe hierzu auch die Klassifikation von PPS-Aufgaben im Abschnitt 2.3.5 und Abschnitt 6.2.2

171 Hier

sei an das Strukturkonzept eines PPS-Verfahren erinnert, das es erlaubt, ein Verfahren über mehrere Stufen in Aktionen und elementare Aktionen zu zerlegen. Erst, wenn die Aktionen aller möglichen Zerlegungen konstruktiv sind, darf das Verfahren rein konstruktiv genannt werden. Konstruktive und verbessernde Verfahren werden in der Literatur des Operations Research auch als Eröffnungsverfahren und Iterationsverfahren bezeichnet (s. dazu z. B. [MUME70]). In [MUME70] ist auch der grundsätzliche Aufbau von konstruktiven und verbessernden Verfahren beschrieben.

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Aufeinanderfolge der Zustände im Verfahrensablauf

162

konstruktives Verfahren

verbesserndes Verfahren

Bild 2-63 Arbeitsweise konstruktiver und verbessernder Verfahren

Ein rein verbesserndes Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass es nur verbessernde Aktionen benutzt. Eine verbessernde Aktion liegt dann vor, wenn mindestens ein Ereignis aus der Ereignismenge, die den Zustand des Aufgabenobjekts vor der Ausführung der Aktion darstellt, verändert wird: Es wird also entweder (exklusives Oder!) sein zeitlicher oder sein sachlicher Bezug geändert (siehe rechts in Bild 2-63, das diesen Sachverhalt illustriert). Das Wesen liegt demnach in der Veränderung vorhandener Ereignisse, nicht aber notwendigerweise - wie der Name andeutet - eine Verbesserung hinsichtlich der Ziele. Ein Beispiel dafür ist ein PPS-Verfahren nach dem Simplex-Algorithmus für lineare Optimierungsprobleme (siehe Abschnitt 8.1). Entsprechend lautet dann die formale Definition: Eine Aktion, die das Aufgabenobjekt vom Zustand MZ i in den Zustand MZ i + 1 überführt, heißt verbessernd genau dann, wenn gilt: ∃z ∈ MZ i :z ∉ MZ i + 1 ∧ ∃z′ ∈ MZ i + 1 : ( pr 3 ( z ) = pr 3 ( z′ ) ) ∧ ( pr 1 ( z ) = pr 1 ( z′ ) ) ∧ ( pr 2 ( z ) ≠ pr 2 ( z′ ) ) ∨ ( ( pr 3 ( z ) = pr 3 ( z′ ) ) ∧ ( pr 2 ( z ) = pr 2 ( z′ ) ) ∧ ( pr 1 ( z ) ≠ pr 1 ( z′ ) ) ) Als Kombination der beiden bisher beschriebenen Ausprägungen konstruktive Verfahren und verbessernde Verfahren kommen zu dem betrachteten Merkmal gemischte Verfahren in Frage, die teilweise konstruktiv und teilweise verbessernd vorgehen.

2.5 Die Klassifikation von PPS-Verfahren

163

Schließlich gibt es Verfahren, die dadurch gekennzeichnet sind, dass mehrere Lösungen parallel nebeneinander erzeugt werden, die miteinander verglichen und verändert werden können. Diese Ausprägung ist immer mit einer der vorgenannten Verfahrenstypen zu kombinieren, um zu charakterisieren, wie parallele Lösungen entstehen. Die Ausprägungen zum Merkmal der Struktur der Zwischenzustände des Aufgabenobjekts sind in Bild 2-64 zusammengefasst, wobei zusätzlich die Richtung der Berechnung angegeben wird. Richtung der Berechnung

Struktur der Zwischenzustände

konstruktive Verfahren

entlang der Zeit

verbessernde Verfahren

entlang des Arbeitfortschritts

gemischte Verfahren

Bild 2-64 Klassifikationsmerkmal Struktur der Zwischenzustände

• Klassifikationsmerkmal Zielerreichungseigenschaften Das Merkmal Zielerreichungseigenschaften lässt sich in weitere Merkmale unterteilen, die jeweils noch einmal unterteilt werden können durch Berücksichtigung der Einteilung der Ziele einer Aufgabe in Sach- und Formalziele. Die unter dem Hauptmerkmal Zielerreichungseigenschaften bestimmten Merkmale sind in Bild 2-65 zusammengefasst.

Zielerreichungseigenschaften Wissen über Zielerreichung

Schrittanzahl

bezüglich Sachziel A-prori-Wissen sichere Aussage

endlich unendlich zielbezogene Bewertung relativ Wahscheinlichkeitsaussage absolut heuristische Aussage A-posteriori-Wissen durchführungsbezogene Bewertung bezüglich Formalziel A-priori-Wissen sichere Aussage Wahscheinlichkeitsaussage heuristische Aussage A-posteriori-Wissen

Bild 2-65 Klassifikationsmerkmal Zielerreichungseigenschaften

Konvergenz bezüglich Sachziel streng tendenziell keine bezüglich Formalziel streng positiv streng negativ tendenziell negativ tendenziell positiv keine

164

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Das erste Untermerkmal zu den Zielerreichungseigenschaften ist die Frage nach der Zielerreichung in einer endlichen Zahl von Schritten. Dieses Merkmal besitzt die Ausprägungen endliche Verfahren und unendliche Verfahren. Bei einem endlichen Verfahren ist sicher, dass in einer endlichen Zahl von Schritten eine Lösung gefunden wird, die den Zielen der Aufgabe vollständig genügt. Gleichbedeutend damit ist, dass die Folge der durch das Verfahren erzeugten Zwischenzustände des Aufgabenobjekts endlich ist. Ein Beispiel hierfür ist wieder der Simplex-Algorithmus oder die Bedarfsplanung mittels Stücklistenauflösung (siehe Abschnitt 5.1.1.1.1). Bei unendlichen Verfahren wird eine unendliche Folge von Zwischenzuständen erzeugt, ohne dass darin ein Zustand enthalten ist, der die gestellten Ziele erfüllt. Als Beispiel dazu seien numerische Iterationsverfahren genannt.172 Ein solches Verfahren muss für den praktischen Einsatz endlich gemacht werden, indem eine Abbruchbedingung definiert wird.173 Nach der Art der verwendeten Abbruchbedingung können unendliche Verfahren weiter klassifiziert werden. Die möglichen Arten sind die zielbezogene relative Bewertung (Beispiel: Verbesserung geringer als Schwellwert) oder die zielbezogene absolute Bewertung (Beispiel: Zielerreichungsgrad größer als Schwellwert) oder die durchführungsbezogene Bewertung (Beispiel: Anzahl der Schritte größer als Schwellwert). Bei der zielbezogenen relativen Bewertung wird ein unendliches Verfahren aufgrund der Veränderung der Zielwerte in einer Teilfolge der Zwischenzustände des Aufgabenobjekts abgebrochen. Bei der zielbezogenen absoluten Bewertung wird ein unendliches Verfahren aufgrund der Zielerfüllung eines einzigen Zwischenzustands abgebrochen. Bei der durchführungsbezogenen Bewertung werden als Abbruchkriterien Merkmale benutzt, die sich nicht auf die Aufgabenerfüllung beziehen, sondern nur auf die Aufgabendurchführung und die dabei verwendeten Aufgabenträger. Das zweite Untermerkmal kennzeichnet das Wissen über die Zielerreichung und kann in die untergeordneten Merkmale Wissen über die Sachzielerreichung und Wissen über die Formalzielerreichung strukturiert werden. Die Ausprägungen sind in beiden Fällen die gleichen: A-priori-Wissen und A-posteriori-Wissen, wobei das A-priori-Wissen eine sichere Aussage, eine Wahrscheinlichkeitsaussage oder eine heuristische Aussage sein kann. Eine sichere A-priori-Aussage über die Zielerreichung ist dann gegeben, wenn von einem Verfahren bezüglich einer Aufgabe von vornherein sicher gesagt werden kann, dass es die Ziele erreicht. Bei einer A-prioriWahrscheinlichkeitsaussage weiß man nur, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Verfahren gewisse Zielerfüllungsgrade erreicht. Heuristische Aussagen stützen sich auf frühere Anwendungen des Verfahrens und daraus gewonnenen Einsichten über dessen Zielerfüllung oder auf Plausibilitätsüberlegungen. Verfahren, für die es nur eine A-posteriori-Aussage gibt, bei denen also erst am vom Verfahren erzeugten Nachzustand des Aufgabenobjekts die Zielerreichung festgestellt werden kann, 172

Vgl. bspw. [BROS79], S. 740, 743ff.

173

Bei der Verwendung solcher Verfahren muss man sich damit abfinden, dass man die gestellte Aufgabe ggfs.nicht lösen kann.

2.5 Die Klassifikation von PPS-Verfahren

165

können damit bezüglich ihrer Lösungseigenschaften nicht untersucht und sachlich fundiert für die Lösung von PPS-Aufgaben ausgewählt werden. Das dritte Untermerkmal zu den Zielerreichungseigenschaften ist die Konvergenz der Verfahren. Die Konvergenz kennzeichnet die Art der Erreichung der Ziele. Bei streng konvergenten Verfahren stellt jeder Übergang zwischen zwei Zuständen des Aufgabenobjekts eine Verbesserung der Zielerreichung dar. Bei tendenziell konvergenten Verfahren kann aus der vom Verfahren erzeugten Folge von Zwischenzuständen des Aufgabenobjekts eine solche Teilfolge ausgewählt werden, dass diese Teilfolge den Vor- und den Nachzustand des Aufgabenobjekts bezüglich des Gesamtverfahrens enthält und bezüglich zweier in dieser Teilfolge aufeinanderfolgender Zwischenzustände eine Verbesserung der Zielerreichung festgestellt werden kann. Hier sind zwischenzeitliche Verschlechterungen der bestimmten Lösungen möglich. Bei nicht konvergenten Verfahren wird keine Lösung gefunden. Bild 2-66 veranschaulicht mögliche Fälle von Konvergenz anhand von Beispielen. Jede Linie des Diagramms in Bild 2-66 kennzeichnet einen Verfahrenstyp. Dazu wurde die Folge der erzeugten Zwischenzustände nach dem im jeweiligen Zustand erreichten Zielerfüllungsgrad eingetragen. Das Verfahren 1 ist Sachzielkonvergent, weil sich die Zwischenzustände bezüglich des Sachziels verbessern. Es ist jedoch bezüglich des Formalziels negativ konvergent, weil sich der Formalzielwert verschlechtert. Ein Beispiel für ein solches Verfahren ist ein Gradientenverfahren mit beschränktem Lösungsbereich174. Die Eigenschaft der negativen Konvergenz kann nur sinnvoll für die Formalziele definiert werden. Das zweite Verfahren ist bezüglich beider Zielarten positiv konvergent. Ein Beispiel für ein solches Verfahren ist die Lösung der dualen Problemstellung für lineare Optimierungsprobleme.175

Erreichungsgrad Formalziele

100%

Verfahrenstyp: 1 2 100%

0%

Erreichungsgrad Sachziele

Bild 2-66 Beispiele für die Konvergenz von Verfahren176 174

Vgl. bspw. [NRT89], S. 205ff.

175

Vgl. [BROS79], S. 710f.

3 4 5

166

2 Ein formales Modell und eine Klassifikation für die Produktionsplanung

Das dritte Verfahren ist bezüglich der Sachziele streng und bezüglich der Formalziele tendenziell positiv konvergent. Als Beispiel hierfür seien genetische Algorithmen genannt. Das vierte Verfahren ist bezüglich der Sachziele schwach konvergent und bezüglich der Formalziele ein streng positiv konvergentes Verfahren. Ausgehend von einer zulässigen Lösung wird der Formalzielwert verbessert. Das typische Beispiel ist der Simplex-Algorithmus (siehe Abschnitt 8.1). Das fünfte Verfahren erzeugt eine zulässige Lösung für eine Aufgabe. Es ist bezüglich der Sachziele streng konvergent und bezüglich der Formalziele nicht konvergent. Im Folgenden wird positive Konvergenz einfach als Konvergenz bezeichnet.

2.5.3

Klassifikationsschema für PPS-Verfahren

Im Bild 2-67 sind die Klassifikationsmerkmale und die möglichen Ausprägungen dargestellt. Zur Beschreibung einer Klasse von PPS-Verfahren ist für jedes Klassifikationsmerkmal eine Ausprägung anzugeben. Merkmale PPS-Aufgabe

Wirkprinzip

Ausprägungen siehe Abschnitt 2.3.3/2.3.4

Schrittanzahl endlich unendlich zielbezogene Bewertung relativ absolut durchführungbezogene Bewertung

kontruktive Verfahren

entlang der Zeit entlang des Arbeitsfortschritts verbessernde Verfahren gemischte Verfahren

Wissen über Zielerreichung bezüglich Sachziel A-priori-Wissen sichere Aussage Wahrscheinlichkeitsaussage heuristische Aussage A-posteriori-Wissen bezüglich Formalziel A-priori-Wissen sichere Aussage Wahrscheinlichkeitsaussage heuristische Aussage A-posteriori-Wissen

Bild 2-67 Klassifikationsschema für PPS-Verfahren

176 Erläuterung

Struktur der Zwischenzustände

Kausalprinzip Analogprinzip

der Verfahrenstypen im Text

Konvergenz bezüglich Sachziel streng tendenziell keine bezüglich Formalziel streng positiv streng negativ tendenziell positiv tendenziell negativ keine

3

Die Modelldefinition1

3.1

Zeit und Raum

3.1.1

Kalender

Die Zeit (siehe Abschnitt 2.2.2) ist der Ablauf des Geschehens, die Aufeinanderfolge von Ereignissen (s. [WAHR78]). Wenn man diese Aufeinanderfolge von Ereignissen und damit die Änderung von Zuständen in einem Produktionssystem koordinieren und die zeitliche Distanz dieser Ereignisse zueinander ausdrücken will, z. B. um sie als Planwerte vorgeben und überwachen zu können, dann benötigt man für den zeitlichen Bezug des Planungsmodells eine Vereinbarung, welche Ereignisse man zur Beschreibung dieses Ablaufs verwenden möchte und wie die Elemente des Zeitmodells verstanden werden sollen: Ein Zeitmodell (siehe Abschnitt 2.3.1) als Bestandteil eines Planungsmodells ist die Voraussetzung, um Ereignisse/Zustände als Teil eines für die Zukunft geplanten, in sich abgestimmten Ablaufs auffassen, sie einem Produktionssystem vorgeben und die Einhaltung der Planvorgaben überwachen zu können.2 Ein Zeitpunktmodell wird hier in Präzisierung von Abschnitt 2.23 zweckmäßigerweise über die Definition einer Zeitmenge vereinbart, deren Elemente die Zeitpunkte („Termine“, siehe [WAHR94]) darstellen (s. dazu [PICH75]4): Ein Tripel (T, 5000 Tage kann nicht abgebildet werden. Beispiel 4: Fertigungslinie Eine vergleichsweise lange Fertigungslinie soll jeweils für den Zugang und für den Abgang einen Kalender erhalten. Dazu wird jeweils ein Kalender der in Bild 3-2 gezeigten Art verwendet. Damit wird die Vorlaufzeit (siehe Abschnitt 3.2.2.2) auf diese Kalender abgebildet: Bei einer Rückwärtsrechnung wird dann ein Abgang um die Vorlaufzeit in Richtung Gegenwart verschoben. Ist in dem so ermittelten Zeitabschnitt ein Zugang im gefordertem Umfang unmöglich (bspw. weil eine Station im vorderen Bereich der Fertigungslinie gewartet wird), müssen Ereignisse geeignet in frühere Zeitabschnitte verschoben werden. Entsprechendes gilt bei einer Vorwärtsrechnung. Hier erfolgt eine Verschiebung in die Zukunft, wenn der Abgang nach Ablauf der Vorlaufzeit unmöglich ist (siehe Abschnitt 3.2.2.3 und Abschnitt 4.3.1.1.5 bzw. 4.3.2.1.3). 20

Dies ist in diesem Fall problemlos möglich, da ein Tag ein ganzzahliges Vielfaches eines Takts bildet.

178

3 Die Modelldefinition

Ein kontinuierlicher oder letztlich doch quasikontinuierlicher Kalender (irgendwann hören die Stellen der Skala des Kalenders bzw. der (Digital-) Uhr einfach auf!) wird dann verwendet, wenn es sich um die Optimierung von Dauern und Zeitpunkten dreht. Ein diskretes Zeitraster wird dann verwendet, wenn es sich vor allem um eine Ordnung oder eine klassifizierende Einteilung von Vorgängen und Ereignissen handelt. Ein diskretes Zeitraster betrachtet zunächst alle Vorgänge mit einheitlicher Dauer „1“. Ist diese Vereinfachung unzulässig, können unterschiedliche Dauern bspw. über die Anzahl von jeweils zugeordneten Zeitabschnitten bzw. -punkten ausgedrückt werden. Damit gehen die beiden Modelle in der Praxis fließend ineinander über. Im Kalender ist – die Menge der Zeitpunkte, zu denen eine Planung bzw. Kontrolle durchgeführt wird („Planungs-/Kontrollzyklus“) – die Menge der Zeitpunkte, die in der Planung betrachtet wird („Planungshorizont“ oder „Planungszeitraum“ T P ) von besonderer Bedeutung. Um eine ereignisorientierte Vorgehensweise gewährleisten zu können, kann der Kalender nicht erst zum Zeitpunkt der Planung fortgeschrieben werden. Der Kalender muss vielmehr bspw. wöchentlich (z. B. bei der Veränderung der Toleranzen; siehe 4.1.1) auf Stunden-, Schichten-, Tages- und Wochenebene fortgeschrieben werden; Quartals- und Monatskalender dann, wenn bei wöchentlicher Fortschreibung ein Quartal oder ein Monat anzufügen ist.

3.1.2

Faktoren, Vorgänge und Ereignisse in Zeitmodellen

Die Zuordnung von Zeitpunkten zu Ereignissen an Vorgangs- und Faktorklassen zur Herstellung des zeitlichen Bezugs (siehe Abschnitt 2.4.3.3) wird durch eine Abbildung von Ereignissen (Vorgängen/Faktoren) auf einen Kalender T geleistet. Ein t

t

Vorgang v, v ∈ V belege nv ; nv ≥ 1 Zeitpunkte T, T ∈ T ; die Menge dieser Zeitt

punkte sei mit ZP v ; ZP v ⊂ T bezeichnet. Demnach ist ZPv eine Menge, die n v Zeitpunkte bzw. Beschreibungen von Zeitpunkten T ∈ T enthält. Ereignis: Beginn Vorgang 2

Vorgang 1

Vorgang 2

Ereignis: Ende Vorgang 1

Belegung von T3 durch Vorgang 2

T1

∈T

T2

T3

Bild 3-7 Belegung von Zeitpunkten durch Vorgänge

3.1 Zeit und Raum

179

Damit lässt sich eine Belegung mit Vorgängen zu V → P ( T ) ;v → ZPv ⊂ T definieren. Die Zuordnung einer Menge von Vorgängen zu entsprechenden Mengen von Zeitpunkten leistet die Menge VZP = { ZP v } , v ∈ V . Mit der Interpretation „Plan“ stellt VZP einen Belegungs- oder hier speziell einen Terminplan dar. Die Zuordnung t = { V → P ( T ) ;v → ZP v ⊂ T } ist eindeutig umkehrbar: t’ = { t ( V ) → ( V ) ;ZP v → v ∈ V } . Dabei ist t ( V ) ⊂ T; ZP v ⊂ t ( V ) . t ( V ) ist mit VZP identisch. Die Umkehrung der Zuordnung bedeutet, dass in einem Terminplan von jedem belegten Zeitpunkt eines Kalenders auf den belegenden Vorgang zurückgeschlossen werden kann. Bei der Einheitsabbildung von Vorgängen verzichtet man auf die Darstellung von Vorgängen unterschiedlicher Länge. Die Einheitsabbildung ordnet einen Vora e gang v, v ∈ V mit Beginn- und Endzeitpunkt T v , T v zwei benachbarten Zeitpunkten T ∈ T zu. Diese Zuordnung stellt sich in diesem Fall noch einfacher dar, wenn man den Kalender als Zeitraummodell aufbaut und Zeitabschnitte t definiert, die von jeweils zwei benachbarten Zeitpunkten begrenzt und aufsteigend geordnet werden (siehe auch [ALLE84]). Vorgänge beliebiger Dauer belegen eine Menge von Zeitabschnitten:21 V → P ( t ), v → ZA v ⊂ t . Die Zuordnung einer Menge von Vorgängen zu entsprechenden Mengen von Zeitabschnitten leistet die Menge VZA = { ZA v }, v ∈ V . |ZAv| ist die Dauer eines Vorgangs v. Wie Zeitpunkte können Zeitabschnitte mit beliebigen Beschreibungen versehen werden.22 Für die folgenden Diskussionen sei aber - falls nicht explizit eine andere Darstellung gewählt wird - abweichend zu den Aussagen in Abschnitt 3.1.1 folgende zweckmäßige Indizierung vereinbart: Zeitpunkte und Zeitabschnitte werden mit natürlichen Zahlen indiziert. Der minimale Zeitpunkt wird mit 0, der minimale Zeitabschnitt mit 1 indiziert. Dieser minimale Zeitabschnitt t1 wird demnach durch T0 und T1 begrenzt. Damit erhält man in einem kombinierten Zeitpunkt-/Zeitraummodell, in dem Bewegungen (Zugänge/Abgänge) dem Zeitabschnitt, Zustände dagegen einem Zeitpunkt zugeordnet werden (siehe unten), für die Berechnungen ausgehend vom aktuellen Zeitpunkt T0 eine einheitliche Indizierung für einen Zeitabschnitt und dessen zugehörigen Endezeitpunkt (ti = Ti). Mit dieser Vereinbarung ist in der Regel eine einzige Laufvariable für den Zeithorizont hinreichend.23 Verwendet man ausschließlich ein Zeitpunktmodell, dann endet ein Vorgang in diesem Modell notwendigerweise zu einem bestimmten Zeitpunkt T . Zu diesem 21

Bei einer Einheitsabbildung von Vorgängen (einheitliche Dauer der Durchführung der Transformation 1 Zeitabschnitt) ist zu Ende des Zeitabschnitts kein Betriebsmittel belegt (siehe Abschnitt 4.3.1.1.4). Daher ist aus dieser Sicht keine Unterscheidung der Betriebsmittel erforderlich. Unterschiedliche Vorgangsdauern führen dazu, dass zunächst völlig gleichwertig zu betrachtende Betriebsmittel nach der ersten Belegung in ihrer Indiziierung nicht mehr verändert werden dürfen, wenn bspw. das am frühesten wieder freie Betriebsmittel belegt wird (siehe Abschnitt 4.2.2.1.1).

22

Bspw. Samstag, Sonntag, Frühschicht, Takt, Woche...

180

3 Die Modelldefinition

Zeitpunkt T wird über die zugeordnete Kante ein Zugangsereignis in einem Faktorknoten induziert. Für den Faktorknoten sind damit zum Zeitpunkt T zwei Zustände zu führen (Zustand zum Zeitpunkt T vor dem Ereignis, Zustand zum Zeitpunkt T nach dem Ereignis). Ein Beginn- oder Endereignis belegt nur einen Zeitpunkt t

( n e = 1; e ↔ T ): e ↔ T . Wird ein kombiniertes Zeitpunkt-/Zeitraummodell verwendet, dann ist diese Betrachtung differenzierter anzustellen: – Ein Vorgang kann modellseitig nur zu einem Zeitpunkt beginnen und nur zu einem Zeitpunkt enden. – Damit kann ein Zustand/Bestand im Vorgangs- und Faktorknoten nur zu Zeitpunkten geführt werden. Während des Zeitabschnitts kann keine Zustandsaussage getroffen werden. – Zur Abbildung der Ereignisströme an einem Vorgangs- oder Faktorknoten sind drei grundsätzliche Verständnisse denkbar (siehe Bild 3-8): Zeitpunktmodell

kombiniertes Zeitmodell

B Bestand zu Zugang ab Abgang

Zugang

Abgang B0 ab1 0

1

B1

Abgang B0’ B1

Zugang

ab1

zu1

zu1 0

1

gleichförmiger Ereignisstrom Zeitabschnitt 1 2 0 1 2 Zeitpunkt

1

0

B1’

0

Abgang B0’ B1

Zugang zu2

ab2 1

Ende Zeitabschnitt

0

1

B1’

0

1

Anfang Zeitabschnitt

B1 = B0 + zu1 - ab1

B1 = B0’ B1’ = B1 + zu1 - ab1

B1 = B0’ B1’ = B1 + zu2 - ab2

B0 = B1 - zu1 + ab1

B1 = B1’ - zu1 + ab1 B0’ = B1

B1 = B1’ - zu2 + ab2 B0’ = B1

Bild 3-8 Verrechnen von Ereignisströmen (I)

1. gleichmäßiger Strom bzw. gleichverteilt über dem Zeitabschnitt (kombiniertes Zeitpunkt-/Zeitabschnittsmodell). 2. Konzentration der Ereignisse auf das Ende eines Zeitabschnitts (Zugang/ Abgang bzw. Bestandswirksamkeit zu Ende eines Zeitabschnitts; die Zeitangabe „Woche“ wird grundsätzlich als „Freitagabend“ interpretiert; man erhält die 23

Dann wird der Bestand (siehe bspw. Abschnitt 4.1.1.1.2) aufgrund von Zugang und Abgang in einem Zeitabschnitt i zu Ende des Zeitabschnitt i, dem Zeitpunkt i, berechnet. Für eine Vorwärts- und eine Rückwärtsrechnung völlig identisch wäre ein Identifikationskonzept, das Zeitpunkte mit geraden Zahlen, Zeitabschnitte mit ungeraden Zahlen indiziert (vgl. Fußnote 163 in Kapitel 2). Zeitpunkte Zeitabschnitte

0

2 1

4 3

6 5

3.1 Zeit und Raum

181

Auswirkungen eines Zeitpunktmodells). 3. Konzentration der Ereignisse auf den Beginn eines Zeitabschnitts (Zugang/ Abgang bzw. Bestandswirksamkeit zu Beginn eines Zeitabschnitts; die Zeitangabe „Woche“ wird grundsätzlich als „Montagmorgen“ interpretiert; man erhält die Auswirkungen eines Zeitpunktmodells).24 Ein modellseitig gleichmäßig angenommener Strom von Ereignissen (z. B. in einer Wiederholfertigung) führt in einer in die Zukunft gerichteten Planung (Vorwärtsplanung) bei einem Abgang vom Faktorknoten (Lager) zu einer Verminderung und bei einem Zugang zu einer Erhöhung des Bestands zu Ende des Zeitabschnitts. In einer in die Vergangenheit gerichteten Planung (Rückwärtsplanung) zur Berechnung spätester Ereigniszeitpunkte ist bei einem Abgang der Bestand zu Beginn des Zeitabschnitts zu erhöhen, bei einem Zugang zu vermindern. Damit ist je Zeitpunkt nur ein Bestandswert zu führen - der Ereignisstrom, der zum Zeitpunkt verbucht wird, hat modellseitig während des Zeitabschnitts stattgefunden. Ein gleichmässiger Strom für Zu- und Abgang vorausgesetzt, können Lagerzugang und -abgang einer Faktorklasse dann im selben Zeitabschnitt erfolgen, ohne dass modellseitig unzulässige Inkonsistenzen entstehen. Die Konzentration auf das Ende eines Zeitabschnitts geht vom spätest möglichen Eintreten der Ereignisse aus. Modellmäßig bedeutet dies insofern eine Änderung gegenüber einem gleichmäßig angenommenen Ereignisstrom, als dass zu Ende eines Zeitabschnitts der ursprüngliche und der aufgrund des Verbuchens veränderte Bestandswert vorliegt.Die Konzentration auf den Beginn eines Zeitabschnitts geht als dritte Möglichkeit dagegen vom frühest möglichen Eintreten der Ereignisse aus. Hier muss zu Beginn des Zeitabschnitts verbucht werden (zwei Bestandswerte zu Beginn des Zeitabschnitts). Auch hier ergeben sich bei einer konsequenten Anwendung keine Inkonsistenzen, wenn bspw. der Bestand zu einem Zeitpunkt konsequent den Zustand zu Beginn eines Zeitabschnitts nach Verbuchen aller zugeordneten Ereignisströme angibt; entsprechendes gilt beim Verbuchen zu Ende eines Zeitabschnitts. Sollen an einem Faktorknoten für die Punkte Abgang und Zugang, für die Planwerte je Zeitabschnitt einem Produktionssystem vorgegeben werden, unterschiedliche Modell-Annahmen zugelassen werden, ist eine modellseitige Kombination aus „Zugang zu Anfang Zeitabschnitt / Abgang zu Ende Zeitabschnitt“ dadurch gekennzeichnet, dass zur Erhaltung der Konsistenz der Abgang eines Zeitabschnitts, der dann, wenn er dem Produktionssystem als Planwert für den Zeitabschnitt vorgegeben wird, in Realität ja zu Beginn des Zeitabschnitts erfolgen kann, zu dessen Beginn über einen Bestand gesichert werden muss25. Wenn die Planvorgaben an die 24

Vergleiche dazu die Annahmen der Statistik: Können Ereignisse zu beliebigen Zeitpunkten und/oder beliebiger Ausprägung auftreten, dann bildet man Intervalle und stellt den Sachverhalt als Histogramm dar. Treten Ereignisse nur zu diskreten Zeitpunkten und/oder diskreten Ausprägungen auf, dann wählt man zur Darstellung ein Stabdiagramm (siehe bspw. [BEGR97], S. A90ff.).

25

Dieser Bestand, der im Modell dann nicht auftritt, muss in Wirklichkeit den Abgang des Zeitabschnitts abdecken können. Damit stimmen der Bestand in der Realität und der Bestand im Modell von Vornherein nicht überein.

182

3 Die Modelldefinition

Realität lediglich „Ereignisströme/Zeitabschnitt“ ohne weitere Aussage über die Zuordnung zu Beginn oder Ende des Zeitabschnitts sind (Verständnis 1), kann ohne modellseitige Konsistenzverletzung eine Realisierung als „Zugang zu Ende Zeitabschnitt/Abgang zu Anfang Zeitabschnitt“ zu Nichtverfügbarkeiten führen. Daher sind in diesem Fall in der Realität ggf. entsprechende (Sicherheits-)Bestände einzuplanen (siehe Bild 3-9). B Bestand zu Zugang ab Abgang

Zugang Ende Zeitabschnitt Abgang Anfang Zeitabschnitt

Zugang Anfang Zeitabschnitt Abgang Ende Zeitabschnitt

Zeitabschnitt 1 2 0 1 2 Zeitpunkt

B1 = B0’ B1’ = B1 + zu2 - ab1

B1 = B0’ B1’ = B1’ + zu1 - ab2

B1 = B1’ - zu2 + ab1 B0’ = B1

B1 = B1’ - zu1 + ab2 B0’ = B1

Bild 3-9 Verrechnen von Ereignisströmen (II)

Die Annahme „Zugang zu Ende Zeitabschnitt / Abgang zu Anfang Zeitabschnitt“ stellt insbesondere bei einer Detailplanung (auch bei beliebiger Interpretation der Planvorgaben durch die Realität) die absolute Verfügbarkeit sicher. Allerdings kann jetzt bei einer entsprechenden Realisierung des Zugangs in Zeitabschnitt 1 und des Abgangs in Zeitabschnitt 2 ein tatsächlicher Bestand über maximal zwei Zeitabschnitte erzeugt werden, obwohl modellmäßig Bestand „Null“ eingeplant wurde. Diese Betrachtung gilt analog für den Vorgangsknoten: Bei einer Vorgabe von bspw. „500 Vorgänge / Zeitabschnitt“ und einer realen Vorgangsdauer von 1/500 Zeitabschnitt können diese Vorgänge modellseitig alle zu Beginn eines bestimmten Zeitabschnitts beginnen und alle zu Ende desselben Zeitabschnitts enden26. Dann ist - wenn man sichergehen will - das Material komplett zu Beginn der Schicht physisch bereitzustellen, während die Ergebnisse komplett zu Ende der Schicht abgeliefert werden. sprunghafter Bestandsaufbau Verbrauchsfaktorknoten gleichförmiger Zugang

gleichförmiger Abgang

gleichförmiger Bestandaufbau Vorgangsknoten

gleichförmiger Abgang Verbrauchsfaktorknoten Losgröße

Losgröße

Produktionszeit

Produktionszeit

offene Produktion Gesamtbestand

geschlossene Produktion Bestand im Vorgangsknoten

Bestand im Faktorknoten (Lagerbestand)

Bild 3-10 Zugang, Abgang sowie Bestand bei offener und geschlossener Produktion 26

Wenn man davon ausgeht, dass der letzte Vorgang auch noch im betrachteten Zeitabschnitt beendet wird.

3.1 Zeit und Raum

183

Bei der Losgrößenermittlung (siehe Abschnitt 3.2.1.2) werden derartige Überlegungen durch die bestehenden Vorgehensmodelle explizit angestellt: Beim Lagerzugang setzt die „offene Produktion“ eine gleichmäßige Belieferung eines Lagers durch eine Produktion voraus, während die „geschlossene Produktion“27 das gesamte Los in einem Transportvorgang abliefert. Der Lagerabgang wird bei der Andlerschen Losgrößenformel (siehe Abschnitt 3.2.1.2) als gleichförmig angenommen. Bei variablen Losgrößen unterscheidet z.B. die Part period Rechnung, ob der Abgang gleichförmig oder zu Beginn eines Zeitabschnitts erfolgt (siehe Abschnitt 4.1).

zeitabschnittsweise gleichförmiger Abgang

Abgang zu Beginn eines Zeitabschnitts

Abgang

1

Bestand Losgröße 0 Zeitraum der Zusammenfassung

Zeitraum der Zusammenfassung

Zugang

1 Stunde Tag

Zeit

Bild 3-11 Gleich- und punktförmiger Lager- Bild 3-12 Verfügbarkeit bei Verfeinerung des abgang Zeitmodells

Bei einem gleichförmigen Mengenstrom verwendet man zweckmäßigerweise ein gemischtes Zeitmodell (Zeitpunktmodell für den Bestand, Zeitraummodell für Zugang und Abgang). In der Praxis wird häufig der Bestand zu Ende des Zeitabschnitts aktualisiert und nach Verrechnung von Zu- und Abgang ausgewiesen. Somit liegt in diesen Fällen ein Zeitpunktmodell vor, in dem Vorwärts- und Rückwärtsplanung für das selbe Resultat zwei unterschiedliche Vorgehensweisen verfolgen (Ausweisen des Bestands nach Verrechnen von Zu- und Abgang des vor dem Zeitpunkt liegenden Zeitabschnitts; dies ist aber in einer Rückwärtsbetrachtung ein Zeitabschnitt, der nach dem betrachteten Zeitpunkt liegt!) Die Abhängigkeit der verfügbaren Menge von der Wahl des Zeitabschnitts (und der Art der Verbuchung) zeigt Bild 3-12. Wird in diesem Beispiel als Zeitabschnitt der Tag gewählt und der Zugang und der Abgang zu Ende des Tages verbucht, wird nur ein positiver Bestand ausgewiesen. Wird dagegen als Zeitabschnitt die Stunde gewählt, kommt es während der dritten und der vierten Stunde zu einer Nichtverfügbarkeit.28 27

„Geschlossene Produktion“ bedeutet immer eine gewisse Speicherfähigkeit des Vorgangsknotens (siehe auch Abschnitt 3.2.2)!

28

Bild 3-12 illustriert nur einen bestimmten Aspekt der oben angesprochenen Inkonsistenzen.

184

3 Die Modelldefinition

Geht man bei Einzelfertigung von maximal einem Ereignis je Zeitabschnitt aus, dann kann dieses über dem gesamten Zeitabschnitt eintreten. Eine Gleichverteilung der Eintreffswahrscheinlichkeit kann dann wieder optimistisch oder pessimistisch interpretiert werden. Damit gelten alle obigen Aussagen auch hier. Üblicherweise werden aber die Zeitpunkte des Kalenders und die Ereignisse im Modell der Produktion synchronisiert. Die Ereignisse im Produktionssystem werden damit einem Zeitpunkt, nicht mehr einem Zeitabschnitt im Kalender zugeordnet. In der Realität können dann derartige Zugangs-/Endereignisse als „bis zu diesem Zeitpunkt“, Abgangs-/Beginnereignisse als „ab diesem Zeitpunkt“ interpretiert werden.29 Die Angabe von Zu- und Abgang kann als auf den Zeitabschnitt bezogener Wert (mit dem zeitpunktweisen Aufzeigen des Bestands als Auswirkung von Zugang und Abgang) oder bei einem Stichtag beginnend kumulativ über den Zeitpunkten eines Kalenders erfolgen („vom 1.1.2005 bis einschließlich 31.12.2005 haben wir 100.000 Waschmaschinen produziert“). Ein derartiges Kumulativ wird als Fortschrittszahl bezeichnet. Der Bestand zu einem bestimmten Zeitpunkt ist dabei als Differenz von Ab- und Zugangs - Fortschrittszahl zu ermitteln.30 Punkt im Modell

zeitabschnittsweises Zusammenfassen der Anzahl von Ereignissen

Zusammenfassen der Anzahl der Ereignisse ab Stichtag

Abgang vom Faktorknoten Zugang zum Faktorknoten

-

-

-

15

-

-

4

5

5

2

4

9

14 16

Beenden von Vorgängen

4

5

5

2

4

9

14 16

5 1

2 2

3

4

5 1

7 2

3

Beginnen von Vorgängen

5

Durchlaufzeit 2 Zeitabschnitte

Zeitabschnitte

-

15

4

5

Zeitabschnitte

Losgröße 15 Abgang

Bild 3-13 Zeitabschnittsweise und kumulative Darstellung von Ereignissen

Eine Visualisierung des Konzeptes der Fortschrittszahlen zeigt Abbildung 31431. Zeiten im Fabrikkalender werden horizontal, Stückzahlen von Zu- und Abgän29

Ideal wäre es, die Zeitpunkte eines Zeitmodells auf den Beginn und das Ende von Vorgängen, also auf die Ereignisse, zu legen. Dann müssten die Ereignisse a priori bekannt sein. Zwar ist dies z.B. bei getakteten Fertigungseinrichtungen für die möglichen Outputereignisse der Fall, aber nicht die Regel (und in diesem Fall wählt man auch den Takt als Zeitabschnitt, auch wenn dies dann in „Minuten“ zu ganz „krummen“ Zahlenwerten führt). Deshalb muss - wenn a priori nichts besseres bekannt ist - zumindest für die Vergleichbarkeit nach außen abschnittsweise eine äquidistante, regelmäßige Unterteilung möglich sein.

30

Stellt man Produktionen mit Fortschrittszahlen graphisch dar, wird die Zuordnung von originärem und externem Referenzereignis/-zeitpunkt ganz besonders deutlich (siehe die Ausführungen in Abschnitt 3.1.3 und Bild 3-14). Ein Bestand zu einem Zeitpunkt ist nichts anderes als die kumulative Differenz der Zu- und Abgangsereignisse bis zu diesem Zeitpunkt.

3.1 Zeit und Raum

185

gen sowie Zustände als Differenz zwischen einem Zugangs- und Abgangsstrom vertikal abgetragen bzw. abgelesen.

C

B

A

C

C Anlieferung Material B Bereitstellung Material für Produktion A Abbuchung Material über das Erzeugnis

C’

B

A

II

Stückzahl I 10000

5000

I: Zeitliche Reserve II: Bestandsreserve

Anlieferung 2x monatlich

tägliche Anlieferung mit Lagerreserve Übergang in Erzeugnislager 1 Tag Wareneingang tägliche Materialbereitstellung 500 Stück

0

3 2 Lagerreserve TageTage Vormonat

Bestand in der Produktion Produktionsmonat

Zeit Folgemonat

Bild 3-14 Beispiel für die Anwendung des Fortschrittszahlenkonzeptes (vgl. [WEBR84])32

3.1.3

Koordination mit der Umwelt des Produktionssystems

Mehrfach schien bereits auf (siehe bspw. Bild 3-1), dass Zeitmodelle zwei unterschiedliche Sichten auf ein Produktionssystem darstellen können: Der Modellierer stellt sich in das im Informationssystem abzubildende (Produktions-) System und beobachtet für die zu definierenden Zeitmodelle nur systeminterne Ereignisse, wie z. B. den Beginn und das Ende eines Vorgangs, den Arbeitstakt einer Maschine oder den Beginn einer Schicht. Werden diese Ereignisse wie oben gefordert geordnet, so kann man Aussagen über den Ablauf der Zeit im abzubildenden Produktions-System machen: Ereignis x ist fünf Ereignisse später als Ereignis y (siehe Abschnitt 3.1.1). In diesem Fall erhält man ein Verständnis der Zeit, wie es z. B. in Petri-Netzen (siehe [LEEG89]) angewandt 31

Die Grundlagen zum Fortschrittszahlenkonzept werden in übersichtlicher Form in [GGR92], S. 232ff; [HEIN88], [SCWO04], S. 98-108 oder [KURB98], S. 190ff vorgestellt. Unter Fortschrittszahl wird die über dem Planungshorizont kumulierte Anzahl von Zu- oder Abgängen einer Klasse verstanden. Sowohl die Eingangs- wie auch die Ausgangs-Fortschrittszahlen können als Soll- und als Istgrößen formuliert werden. Durch den Vergleich der Soll-Fortschrittszahl mit der Ist-Fortschrittszahl kann zu jedem Zeitpunkt ermittelt werden, in welchem Umfang eine Mengen- und Terminabweichung gegeben ist.

32

In dieser Darstellung wird von einer Verrechnung (Zubuchung/Abbuchung) von Zu- und Abgang am Ende des Tages ausgegangen. Eine kontinuierliche Verrechnung würde die Darstellung als Gerade, bzw. als Kantenzug bspw. mit tageweise unterschiedlicher Steigung, aber nicht als Treppenkurve bedingen (was natürlich nicht korrekt ist, da maximal stückweise erfasst werden kann).

186

3 Die Modelldefinition

wird: Die Menge der (Modell-)Ereignisse wird geordnet dargestellt, der zeitliche Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden/benachbarten (Modell-)Ereignissen ist immer „1“. Zeitmodelle von diesem Typ werden vor allem bei der prozessnahen, meist online-Steuerung von Produktions-Anlagen verwendet: Das Ereignis „Arbeitsspindel der Drehmaschine läuft an“ findet erst statt, wenn die Ereignisse „Kühlmittel läuft“ und „Arbeitsraum ist verschlossen“ eingetreten sind, und nicht, wenn das Radio anhand eines Kalenders, der sich auf Ereignisse abstützt, die außerhalb des Produktionssystems liegen, „7 Uhr“ ansagt. Weitere Aussagen über das Ereignis „Arbeitsspindel der Drehmaschine läuft an“ sind nicht möglich und Fragen wie z. B. „Wie lange dauert die Herstellung eines Teils“ völlig sinnlos, wenn man eine Antwort von der Art „6 Stunden nach UTC“ erwartet. Es ist nur eine Aussage von der Art “zwischen Beginn und Ende der Herstellung finden 6 weitere (systeminterne!) Ereignisse statt“ möglich33,34. Alle diese Aussagen sind systemintern absolut richtig; eine Koordination mit der Umwelt ist aber unmöglich, wenn diese Umwelt nicht in der Lage ist, die internen Ereignisse zu beobachten: Wenn außenstehende Betrachter auf den Leistungserstellungsprozess nicht zugreifen können bzw. dieser für ihre Belange der Zeitmessung nicht zweckmäßig ist oder die Abstimmung unter vielen Partnern erforderlich ist, dann muss ein für alle Seiten zugänglicher Vergleichsmaßstab geschaffen werden, um die Vielzahl der bilateralen Vereinbarungen durch den Bezug zu einer einzigen Referenz zu ersetzen.35

33

Für den Ablauf der Zeit relevante Ereignisse - wenn man von der Änderung der Ablaufstruktur und des Zeitmodells absieht - sind nur Ereignisse als Beginn und Ende von Vorgängen. Nur dadurch läuft die Zeit, etwas anderes ist nicht möglich. Für Faktoren in einem Faktorknoten läuft die Zeit dadurch (selbständig) weiter, dass in nebenläufigen Prozessen Ereignisse geschehen. R. Carnap sagt zu diesem Thema sinngemäß: „Sie können eine beliebige Reihenfolge von Ereignissen als Maß für die Zeit wählen. Sie können z.B. Ihren Pulsschlag verwenden. Es wird sich dadurch in der Physik nichts ändern. Nur die Korrekturglieder für alle anderen Menschen, die ihrerseits ihren eigenen Pulsschlag als Maß für die Zeit verwenden, sind sehr umständlich und daher ist diese Vorgehensweise nicht zweckmäßig“ [CARN74].

34

Werden bspw. Transporte betrachtet, lassen sich Ereignisse über die räumliche Entfernung oder das Erreichen eines bestimmten Orts / des nächsten Orts ausdrücken. Maßeinheit für die Zeit ist dann die Bewältigung einer vorgegebenen Transportdistanz durch ein bestimmtes Transportmittel; der Start der Zeit ist „0“ auf dem „Kilometerzähler“ dieses Transportmittels, der Distanzen oder erreichte Orte zählt. Damit hat man zwar die Vergleichbarkeit einzelner Transportdauern erreicht, aber auch in Kauf genommen, dass nicht zu jedem Zeitpunkt Ereignisse stattfinden müssen, sondern nur Ersatzereignisse: „1 Entfernungseinheit zurückgelegt“ (vorausgesetzt, dass keine relevanten Ereignisse eintreten, solange das betrachtete und zeitrelevante Fahrzeug steht!). Kann man sich jedoch nicht auf ein solches Zeitmaß einigen, sei es, dass die einzelnen Vorgänge so unterschiedliche Merkmale besitzen, dass eine Synchronisation auf dieser Basis unmöglich ist. sei es, dass an den Systemgrenzen bereits Zeitmodelle vorgegeben sind, die umzurechnen sind, dann muss ein Maß gefunden werden, das von den einzelnen Vorgängen losgelöst ist - z.B. ein Fabrikkalender / Schichtkalender.

35

Ein Lieferant kann mit der Aussage „Dieses Teil brauche ich zu Beginn des 5. Takts nach der 26. Wartung unserer Anlage“ nichts anfangen, solange er die angesprochenen Ereignisse nicht in seine eigenen Ereignisse einordnen kann.

3.1 Zeit und Raum

Ereignis

Ereignis

Prozess in der realen Welt

Zeiteinheit, definiert durch einen allgemeinen zugänglichen physikalischen Prozess

z. B. „zur Arbeit gehen“

physikalischer Prozess, z. B. „Sonnenaufgang“

Zeiteinheit „arbeitsfrei“ „Arbeitstag“

Name der durch den physikalischen Prozess induzierten Zeiteinheit z. B. Tag, day, dies, ...

16.11.1996

Bezeichnung des Kalenders: z. B. Gregorianischer Kalender, Identifikation eines Zeitabschnitts z. B. TTMMJJJ oder TTTJJJJ oder TWWJJJJ mit entsprechendem Ursprung, Tagen/Monat usw.

Zeitpunkt lückenloser Kalender (Zeitraummodell) nicht lückenloser Kalender (Zeitraummodell) (Zeitmenge T, T ⊂ N)

187

15.11.1996

17.11.1996

33712

33711

Fabrikkalender

Zeitabschnitt Zeitraum

Berechnung von Dauern als Anzahl Zeitabschnitte bspw. im Gregorianischen Kalender oder im Fabrikkalender

Bild 3-15 Ereignisse, (realer) physikalischer Prozess und Kalender

Eine Koordination mit der Umwelt erfordert einen Kalender mit einer auf einer auch außerhalb des betrachteten (Produktions-) Systems beobachtbaren und in einem von diesem unabhängigen physikalischen Prozess (siehe Abschnitt 3.1.1) verankerten Basis. Alle internen Ereignisse werden auf dieses Zeitmodell bezogen bzw. in dieses Zeitmodell eingeordnet (siehe Bild 3-1).36 Bild 3-15 zeigt den Zusammenhang von Ereignissen der realen Welt („Zur Schule gehen“), dem physikalischen Prozess, der der Umwelt zur Zuordnung dieser Ereignisse zu allgemein zugänglichen und (überall) einheitlichen Ereignissen dient, und Kalendern, die sich auf diesen physikalischen Prozess abstützen. Damit sind alle Zeitaussagen, die über den Leistungserstellungsprozess nach außen abgegeben werden, falsch: Ein Teil wird nicht 12.37 Uhr, sondern zu Beginn des 5. Takts benötigt, und das sei eben Bruchteile von Sekunden später; ein Werker geht nicht 16.00 Uhr nach Hause, sondern er bearbeitet das gerade begonnene Teil fertig. Meine Hose habe ich nicht 12.13 Uhr verkleckert, sondern als ich mein Butterbrot habe fallen lassen. Wenn man hier eine korrekte Aussage machen will, dann muss man sich den Ursprung des gregorianischen Kalenders vor Augen führen, der sich auch auf das Schwingen eines Atoms (und auf das Ereignis von Christi Geburt) 36

Ein ausgezeichneter bzw. übergeordneter Taktgeber reicht zwar aus, um ein Orchester zu koordinieren, er kann aber nicht dafür sorgen, dass die Zuhörer pünktlich 20.00 Uhr im Konzertsaal sind. Der 1. Takt erfolgt später als 20.00 Uhr. Genauso kann für eine Montage ein Taktgeber intern völlig ausreichend sein: „Wir müssen 600 Takte arbeiten, dann können wir nach Hause. Derzeit sind wir bei Takt 479.“. Dieser Taktgeber kann aber vor allem dann nicht dafür sorgen, dass die Werker pünktlich 7.00 Uhr zur ersten Schicht eintreffen, wenn von 16.00 Uhr bis 7.00 Uhr nicht gearbeitet wird.

188

3 Die Modelldefinition

abstützt: Ich habe meine Hose nach dem Ereignis 12.13 Uhr und vor dem Ereignis 12.14 Uhr verkleckert. Damit macht eine Aussage: „Wir benötigen ein Teil bis 12.37 Uhr“ weitaus mehr Sinn (siehe Abschnitt 3.1.1), aber eine Synchronisation mit dem Beginn des 5. Takts ist mit dieser Aussage auch nicht geleistet. Selbstverständlich kann man die Zeitskala beliebig fein wählen, aber prinzipiell lässt sich das Problem nicht lösen. Informationssysteme, die die Koordination mit der Umwelt zum Ziel haben (zum Beispiel Produktionsplanungs- und -steuerungs-Systeme (PPS-Systeme)), verwenden dazu naturgemäß einen systemextern basierten lückenlosen Kalender, also einen Vergleichsmaßstab, auf dem sich alle Unternehmen, mit denen man im Kontakt steht, mit ihrem jeweiligen systeminternen Zeitverständnis beziehen können (siehe Bild 3-15 und Bild 3-1 bzw. Bild 3-3; das Durchzählen der Arbeitstage mit einer 4stelligen Nummer teilt zwar die internen Ereignisse und Sonnenaufgänge ein, kann diese Zuordnung aber noch nicht leisten!) sachlicher Bezug

Fortschrittszahl Fertigungslos Transportlos Stück

zeitlicher Bezug Monat Woche Tag Schicht

originärer Maßstab interne Ereignisse

sachlicher Bezug: interner Prozess zeitlicher Bezug: externer Prozess

Vergleichsmaßstab externe Ereignisse als Bezug

Bild 3-16 Umrechnung/Verdichtung/Zusammenfassung von Maßstäben

Aber auch unternehmensintern wird es in der Regel zweckmäßig sein, die Kalender nicht auf den originären Produktionsprozessen, sondern auf dem gregorianischen Kalender als Referenzmaßstab aufzubauen. Wenn viele unterschiedliche Teilefertigungsprozesse mit Ereignisströmen unterschiedlichster zeitlicher Charakteristik auf einen Montageprozess hin synchronisiert werden müssen und es keinen ausgezeichneten Prozess mehr gibt, dann ist es einfacher, sich auf einen extern bestimmten Kalender zu beziehen (und jeden Prozess für sich umrechnen zu lassen; siehe Bild 34). Damit kann ein Werker auch zu Hause rechtzeitig aufbrechen, um pünktlich um 07.00 Uhr bei der Arbeit zu sein. Aber auch hier gibt es Beispiele, wo dies nicht so eindeutig ist: Heute ist „just-in-time“ (siehe Abschnitt 6.2.2.2) einer der aktuellen Ansprüche an eine Produktion. Wenn alle Lieferanten wie bestellt ihre Komponenten 9.17 Uhr abliefern, weil dies der externe Zeitpunkt für den 27. Takt ist, und sich dieser 27. Takt wegen eines Maschinenausfalls verzögert, dann erfolgen alle Lieferungen zu früh. Just-in-time meint den 27. Takt, nicht 9.17 Uhr, unabhängig davon, wie dies im hier angesprochenen Fall technisch gelöst werden kann. Ein internes Zeitverständnis wird z. B. auch dann verwendet, wenn als Einsatzoder Entfalltermin eine kumulierte Bedarfszahl (siehe Fortschrittszahlenkonzept;

3.1 Zeit und Raum

189

Abschnitt 3.1.2) verwendet wird. Eine Reststandzeit eines Bohrers, die als 75 Bohrvorgänge ausgedrückt wird, hat dieses Verständnis ebenfalls. Damit ist das Verständnis eines „Auftrags“ zu diskutieren: Ein Auftrag (siehe Kapitel 6) erstreckt sich über eine gewisse Menge von Veränderungen über der Zeit. Das Ausmaß der Veränderung ist dabei zu definieren: Die Veränderung kann eine Ortsveränderung sein, sie kann die Auslagerung eines Materials betreffen, über die Zuordnung zu einer bestimmten Maschine oder im Falle des Arbeitsplans vom Rohmaterial bis zum fertigen Teil definiert werden. Ein erstes Verständnis eines Auftrags bezieht sich daher auf eine Menge von Veränderungen, also auf den sachlichen Bezug von Ereignissen.37 Die Angabe der Zeit stellt eine Relation zu anderen (Vergleichs-) Ereignissen her. Dies kann die gregorianische Zeitangabe oder der Fabrik/Schichtkalender oder die Anzahl der Sonnenaufgänge sein. Im Prinzip werden so Ereignisse mit anderen Ereignissen in Beziehung gesetzt. Bis zu einem bestimmten Ereignis oder zwischen zwei Ereignissen müssen die betrachteten Ereignisse eintreten. Damit enthält ein Auftrag eine Aussage über eine in einem bestimmten Zeitraum zu leistende Arbeit und definiert somit in physikalischem Sinne eine Leistung (Leistung = Arbeit/Zeit; siehe auch quantitative Kapazität in Abschnitt 3.2.1.3). Darüber hinaus wird deutlich, dass zwei unterschiedliche Auftragsverständnisse existieren können. Wenn der sachliche Bezug von Ereignissen den Auftrag bestimmt, ist ein Auftrag erst nach vollständigem Eintreten der geforderten Menge von Veränderungen erfüllt, abgeschlossen und abzurechnen. Gegebenenfalls hat man - im Vergleich zu den extern definierten Ereignissen des Vergleichsmaßstabs mehr oder weniger lang gebraucht. Wenn der Vergleichsmaßstab, also das Zeitmodell, das den Bezug zur Außenwelt sicherstellt, dominant ist, hält man sich an die Vergleichsereignisse und die originären Ereignisse sind nach Anfall zuzuordnen. Bezugsbasis für einen Auftrag ist in diesem zweiten Fall der Vergleichsmaßstab, z. B. die Schicht oder der Tag. Der Auftrag wird am Ende des Zeitabschnitts abgeschlossen und abgerechnet, unabhängig vom sachlichen Bezug und von der Anzahl der Ereignisse. Der erste Fall ist dann gegeben, wenn die Ereignisse streng aufeinander aufbauen: Ein Tisch kann erst montiert werden, wenn die benötigten 4 Tischbeine gefertigt sind, gleichgültig „wie lange“ das dauert. Auftragsfertiger, die keine Lagerbestände haben, denken immer in diesen Kategorien: Der Auftrag ist ein Fertigungslos mit einer festen Stückzahl, das in der Regel mit einem Transportlos identisch ist. Dieser Umfang wird geplant, abgerechnet und mit allen anderen Ereignissen in eine Ordnung gebracht. Aber der Kundenendtermin mit der Aussage „Liefertermin 31. August“ ist potenziell immer gefährdet; der Tisch ist fertig, wenn das letzte erforderliche (Produktions-) Ereignis eingetreten ist (Terminplanung mit Orientierung am sachlichen Bezug). Bei einer Großserienfertigung, insbesondere der Automobil- und der Automobilzulieferindustrie, liegen ganz andere Verhältnisse vor: Der Kundenauftragstermin („Lieferung eines Autos“) kann nicht verschoben wer37

Häufig wird auf „eine bestimmte Stückzahl eines Gutes zu einem bestimmten Zeitpunkt“ abgehoben.

190

3 Die Modelldefinition

den, Lagerbestände sind ebenso wie alternative Lieferanten gegeben. Aufträge gehen hier über Tage oder Schichten: Bei Ende der dritten Schicht müssen 700 Stück gefertigt und/oder geliefert worden sein. Wenn diese Zahl nicht erreicht wird, kann der nachfolgende Prozess nicht warten, und es wird auf Lagerbestände und/oder Alternativ-Lieferanten zurückgegriffen. Damit ist aber der Auftrag, obwohl die Stückzahl nicht geliefert werden konnte, abgeschlossen (siehe Abschnitt 4.1.1.3). Es gibt keinen Auftrag über die Restmenge. Über die nächste Schicht gibt es einen neuen Auftrag, der über die aktuelle Auftragsmenge nur indirekten Bezug zur vorhergehenden Schicht hat (Mengenplanung mit Orientierung am zeitlichen Bezug). Ein weiterer Gesichtspunkt fördert dieses Auftragsverständnis. Wenn sich die Teile zweier aufeinanderfolgender Aufträge überhaupt nicht unterscheiden, man also im Materialfluss gar nicht genau weiß, wo der eine Auftrag mit einer festen Stückzahl endet und der nächste beginnt und sowieso alles über dasselbe Montageband läuft, dann ist es viel einfacher, ein externes Ereignis wie das Schichtende als Auftragsende zu wählen. Dann weiß auch jeder Werker, wieviel er in dieser Schicht leisten muss. Ein letzter Punkt ist hier noch anzusprechen: Es werden ereignisorientierte und zeitorientierte Informationssysteme unterschieden. „Ereignisorientierte Systeme“ (siehe Terminplanung; Abschnitt 4.1.2) orientieren sich bei der Neuberechnung von Zuständen an den systeminternen Ereignissen, die in der externen Zeit völlig unregelmäßig eintreffen können („Fertigmeldung des Auftrags ABC zum Zeitpunkt XYZ“). „Zeitorientierte Systeme“ (siehe Mengenplanung; Abschnitt 4.1.1) nehmen eine externe Zeit wie z. B. 1 Stunde oder 1 Schicht für die Neuberechnung eines Zustandes als Richtschnur. Damit sind zu einem bestimmten Zeitpunkt ggf. mehrere Ereignisse, u.U. ist aber auch gar keines zu verarbeiten. originärer Maßstab (Leistungserstellungsprozess)

Vergleichsmaßstab

Ereignis Neuberechnung von Zuständen je Ereignis Schicht 37 originärer Maßstab dominant ereignisorientierte Abarbeitung

Neuberechnung von Zuständen zum Schichtende/ zu Schichtbeginn

Schicht 38

Schicht 39 Vergleichsmaßstab dominant zeitorientierte Abarbeitung

Bild 3-17 Ereignisorientierte und zeitorientierte Informationsverarbeitung

3.1.4

Raum

Analog zu einem Zeitmodell bestimmt ein Raummodell ein-, zwei- oder dreidimensionale Relationen zwischen einzelnen Orten.38 Auch hier lässt sich der Raum kontinuierlich oder diskret modellieren und genauso bedeutet der Übergang von kontinuierlichen zu diskreten Modellen lediglich den Übergang von R auf N. Ein konti-

3.1 Zeit und Raum

191

nuierliches Raummodell wird vor allem dann gewählt, wenn keine bestimmten Orte vorgegeben oder bevorzugt werden und die zu plazierenden Faktoren vergleichsweise so geringen Raumbedarf haben, dass Kollisionen auszuschließen sind. Umgekehrt sind diskrete Raummodelle dann von Vorteil, wenn bestimmte Orte vorgegeben oder bevorzugt werden sollen und bei begrenztem Raumangebot bereits über das Raummodell bzw. über die Zuordnung zu einzelnen Raumpunkten eine Anordnung/Belegung ohne unzulässige Überschneidungen gefunden werden soll. Als Beispiel, in dem ein kontinuierliches Raummodell verwendet wird, soll hier das Steiner-Weber-Problem [WEBE22] genannt werden. Es wird der transportkostenoptimale Standort bei gegebenen Abnehmern und/oder Lieferanten ermittelt. Dabei sind die Transportkosten über die Festlegung der Transportentfernungen zu minimieren und über die Dimensionierung der Transportentfernungen der optimale Standort o festzulegen.39 Damit lässt sich die Fragestellung wie folgt formulieren: Vom gesuchten optimalen Standort o aus sind no Orte i; i = 1, ..., no zu beliefern bzw. dieser optimale Standort o wird von diesen Orten aus beliefert. Das Trans38

Werden bspw. in einer Transportsteuerung die Dauern der einzelnen Transportvorgänge von der zu bewältigenden Entfernung abhängig gemacht, dann gelten auch dort die beschriebenen Sachverhalte: - Der Ort ist ein Merkmal aller Faktor-Knoten. - Es gibt Orte, an denen Entscheidungen hinsichtlich einer Ortsveränderung möglich sind, und dazwischen Orte, an denen eine black box mit einer eindeutigen Transformationsvorschrift ohne Entscheidungen eine ausreichende Beschreibung des Geschehens liefert („Diskretes Ortsmodell“). Gegebenenfalls repräsentiert ein bestimmter Faktorknoten eindeutig einen bestimmten Ort. Ein Faktorknoten enthält dann ansonsten unterschiedliche Faktoren, gemeinsames Merkmal ist nur der Ort. De facto hat man sich mit dieser Darstellung vollständig auf das Raummodell konzentriert, die übrigen Eigenarten spielen eine völlig untergeordnete Rolle. - In einer Menge von Arbeitsplätzen kann genau genommen jedem Platz ein ganz bestimmter Ort zugewiesen werden, in einer Gitterbox liegt jedes Teil an einem anderen Ort. Gegebenenfalls wird es aber aussreichen, diese Abstellplätze/diese Einzelorte usw. einem einzigen Ort zuzuordnen, der damit letztlich eine Klasse von Einzelorten repräsentiert. - Ein- und Austrittsverhalten bestimmter Faktoren in bestimmten Vorgängen können dann bei detaillierter Modellierung ggf. abhängig von der räumlichen Ausdehnung eines Faktors, der nicht mehr als punktförmig angesehen werden darf, betrachtet werden.

39

Beim verwendeten Modell liegen folgende Annahmen zugrunde (s. z. B. [GRIT76, HUMM81]): - Homogenität des Territoriums: Die Menge der potenziellen Standorte ist unbegrenzt, geographische Gegebenheiten bleiben unberücksichtigt. - linearer Transportkostenverlauf: Die Transportkosten verhalten sich proportional zu den transportierten Massen sowie zu den Entfernungen; mit der Entfernung gestaffelte Tarife sind ausgeschlossen. - Luftliniendistanzen: Entfernungen werden als euklidischer Abstand ohne Berücksichtigung vorhandener Verkehrswege berechnet. Damit ist dieses Modell völlig losgelöst von der Frage, wie denn der Transport tatsächlich gelöst wird. Eine korrekte Entsprechung findet das Modell nur bei Einzeltransporten je Standort. Die Bildung von Touren ist z.B. ausgeschlossen. - Einheitstransportkosten: Die Transportkosten pro transportierter Mengeneinheit und zurückgelegter Entfernungseinheit sind unabhängig von der Art des Gutes und dem Abnehmer-/Zulieferort.

192

3 Die Modelldefinition

portaufkommen als Produkt aus Anzahl Transporte je Zeitabschnitt und je Transport tra

transportierter Masse wird mit m i

bezeichnet. Die zu minimierenden Transport-

40

kosten betragen dann K

tra

=k

tra

e

n



o

¦

tra mi

⋅ ri = k

tra

e

n



i=1

o

tra 2 2 ¦ mi ⋅ ( ( x o – x i ) + ( y o – y i ) )

1⁄2

i=1

mit Variable: Euklidischer Abstand zwischen dem Ort i und dem gesuchten Standort o r1 ( ri ∈ R ) Parameter: k

tra

e

Einheitstransportkosten (z. B. Transportkosten je Tonnenkilometer)

x i, y i Koordinaten des Orts i im x, y-Koordinatensystem ( x i , y i sowie x o , y o ∈R) In einem diskreten Raummodell wird eine Menge ausgewählter Raumpunkte vorgegeben. Bspw. gibt bei zweidimensionalen Fragestellungen ein Flächenraster die geordnete Menge von Orten vor, an denen (Gebrauchs-) Faktoren platziert werden können. In einem kartesischen Flächenraster sind Orte (Rasterpunkte), Rasterlinien und Flächenabschnitte zu unterscheiden. Orte bzw. Rasterlinien begrenzen - wie Zeitpunkte einzelne Vorgänge - die einzelnen (Faktor-) Grundrisse, während die Flächenabschnitte entsprechend der Zeitabschnitte die Analogie zur tatsächlich benötigten Fläche herstellen. Ggfs. können sich Orte und Flächenabschnitte durch zusätzliche Attribute (z. B. Bodenbelastung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit) voneinander unterscheiden. 40

Es werden gesucht die Koordinaten des Orts mit den geringsten Transportkosten. In diesem Ort o gilt: tra ∂K --------------∂x o

=

o

e tra tra k ⋅m ⋅ (x – x ) i o i ---------------------------------------------------------- = 0, 2 2 + ( x – x ) ( y – y ) i=1 o i o i n

¦

tra ∂K --------------- = ∂y o

o

e tra tra k ⋅m ⋅ (y – y ) i o i ---------------------------------------------------------- =0 2 2 + ( x – x ) ( y – y ) i=1 o i o i n

¦

Die „optimale“ Lösung kann beliebig genau über ein Iterationsverfahren ermittelt werden. Für dieses als „Verfahren von Miehle“ bekannte Schema [BLOE70] werden die partiellen Ableitungen so umgeformt, dass xo und yo isoliert auftreten: n

o

tra mi ⋅ xi ------------------------------------------------------------2 2 i = 1 ( xo – x i ) + ( yo – yi ) -------------------------------------------------------------------------o n tra m i ------------------------------------------------------------2 2 i = 1 ( xo – x i ) + ( yo – yi )

¦

xo

=

¦

n

o

tra mi ⋅ yi ------------------------------------------------------------2 2 i = 1 ( xo – xi ) + ( yo – yi ) y o = -------------------------------------------------------------------------o n tra m i ------------------------------------------------------------2 2 i = 1 ( xo – xi ) + ( yo – yi )

¦ ¦

Werden jetzt auf der rechten Seite Werte für xo und yo eingesetzt, so liegen die berechneten Werte auf der linken Seite näher am Optimum [BLOE70]. Damit lautet die Iterationsvorschrift: Die k + 1-te Verbesserung der Lösung erhält man durch Einsetzen der Ergebnisse aus der k-ten Iteration auf der rechten Seite. Als Ausgangspunkt kann der gewichtete Schwerpunkt dienen.

3.1 Zeit und Raum

193

Ein Flächenabschnitt ist durch 4 Orte begrenzt, von denen jeder Ort je einen benachbarten Ort in x- und y-Richtung besitzt. Die folgenden Betrachtungen sind auf Flächenabschnitte abgestellt.41 Die Menge aller Flächenabschnitte q in einer Fläche sei mit AF bezeichnet; die Anzahl der Flächenabschnitte sei na. Die Entfernung sqp zwischen zwei benachbarten Flächenabschnitten q und p; q, p ∈ AF sei „1“. Damit können Längen und Flächen verglichen werden. Die Zuordnung von Objekten zu Flächenabschnitten setzt eine eindeutige Benennung der Flächenabschnitte voraus. Mit einer durchgängigen Nummerierung erhält man einen einfachen, eindimensionalen Index. Die zweite Möglichkeit zur Indizierung von Flächenabschnitten ist ein zweidimensionaler Index, der über die Anzahl von Flächenabschnitten in x- und y-Richtung identifiziert. Die Belegung von Flächenabschnitten durch (Gebrauchs-) Faktoren42 wird durch eine Abbildung von Faktor-Grundrissen in die Menge AF geleistet. Der Grundriss a eines Faktors f; f ∈ F belege n f Flächenabschnitte q; q ∈ AF. Die Menge dieser

Flächenabschnitte q sei mit GF f ; GF f ⊂ AF bezeichnet. Demnach ist GF f eine Indexmenge, die na f Indizes von Flächenabschnitten q ∈ AF enthält. Da jedem Flächenabschnitt aus GF f eine definierte Lage zugeordnet ist, kann GF f als Grundriss eines Faktors f in einer Fläche AF bezeichnet werden. Damit lässt sich F

F

eine Belegung zu F → P ( A ),f → GF f ⊂ A definieren. Die Zuordnung der Faktoren zu entsprechenden Mengen von Flächenabschnitten lässt sich durch die Menge FGR = { GF f }, f ∈ F ausdrücken. Damit stellt FGR einen (zweidimensionalen) Belegungs- oder hier speziell einen Anordnungsplan dar. Graphisch ist diese Zuordnung in Bild 3-18 dargestellt. F

F

Die Zuordnung a = { F → P ( A );f → GF f ⊂ A } ist eindeutig umkehrbar: a’ = { a ( F ) → F;GF f → f ∈ F } . F

Dabei ist a ( F ) ⊂ A ;GF f ⊂ a ( F ) . a ( F ) ist mit FGR identisch. Die Umkehrung der Zuordnung bedeutet, dass von jedem belegten Flächenabschnitt auf den belegenden Faktor zurückgeschlossen werden kann.

41

Entsprechend wäre ein „Raumabschnitt“ durch 8 Orte begrenzt.

42

Bei betriebsmittelorientierter Darstellung des Graphen des Produktionsablaufs (siehe Abschnitt 3.2.1.3) werden so die Kanten mit Entfernungen versehen. In allen anderen Darstellungsformen ist die Zuordnung zu einem Flächenabschnitt ein spezielles Attribut.

194

3 Die Modelldefinition

AF Ort = Rasterpunkt

1

F nx

2

1

Zuordnung

Rasterlinie Flächenabschnitt na Fläche

n Faktoren

Bild 3-18 Darstellung von Flächenabschnitten

Die Entfernung zwischen zwei Faktoren resultiert aus der Zuordnung zu zwei Flächenabschnitten (z. B. Schwerpunkt oder Materialflusseingang bzw. -ausgang). Jeweils zwischen Flächenabschnitten definiert, lässt sich die Entfernung in einer a a n × n -Matrix SE = { s };s = 0;p,q ∈ AF darstellen („Entfernungsmaqp

qq

43

trix“). Die Entfernungsmessung selbst kann z. B. euklidisch, rechtwinklig oder entlang vorgegebener Verkehrswege erfolgen. Es ist durchaus möglich, dass zwischen zwei Flächenabschnitten q und p mehrere alternative Verkehrswege-Verbindungen existieren. A = Materialflussausgang 17 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7

E = Materialflusseingang

Flächenabschnitt (24/17)

E

A

6 5 4 3 2 1 1 2 3 4 5

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Bild 3-19 Vorgehensweise bei der Entfernungsmessung entlang der Verkehrswege

43

Eine andere Beziehung wäre z. B. ein Förderaufkommen zwischen zwei Faktoren („Materialflussmatrix“).

3.2 Der sachliche Bezug

195

Aus dem in Bild 3-19 dargestellten Beispiel zweier alternativer Wege zwischen einem Flächenabschnitt A und einem Flächenabschnitt E wird die Vorgehensweise bei der Entfernungsermittlung deutlich. Die Entfernungsmessung soll exemplarisch anhand des oberen Weges dargestellt werden. Ausgangspunkt für die Entfernungsmessung sind der Flächenabschnitt A und der Flächenabschnitt E. Sowohl für den Flächenabschnitt A als auch für den Flächenabschnitt E werden die nächstgelegenen Knoten gesucht. Der kürzeste Weg zwischen diesen beiden Knoten ist bereits bekannt (durchgezogene Linie; gefunden z. B. mit Hilfe der Matrizenmethode). Die Addition mit den Entfernungen zum Flächenabschnitt A und zum Flächenabschnitt E (gestrichelte Linie) ergibt den Gesamtweg.

3.2

Der sachliche Bezug

Im Folgenden sollen einige Möglichkeiten zur Beschreibung von Faktor- und Vorgangsklassen angegeben werden. • Beschreibung über Klassifikation Formenschlüssel: 90

Teileklasse:

30 15

M24

8° 15° 40° 90°

144 180

1 2 1 3 2

Rotationsteil L/D = 0,5 Außenform einseitig Formelemente außen: steigend Gewinde Innenform glatt oder Formelemente innen: einseitig steigend Flächenbearbeitung: Nut u./o. Schlitz außen Hilfsbohrungen und ohne Verzahnung Verzahnung: Hilfsbohrungen axial mit Teilung

4x am Umfang

Bild 3-20 Beispiel für das Benennen eines Rotationsteiles mit Hilfe eines formbeschreibenden Klassifizierungssystems (nach [OPIT66])

Faktoren und Vorgänge sowie Faktor- und Vorgangsklassen können über eine Identnummer eindeutig beschrieben werden. Die Alternative dazu ist ein Zugriff über Tupel von Eigenschaften.44 Liegen diese Eigenschaften in einem bestimmten Kontext fest und sind immer dieselben Eigenschaften relevant, kann eine klassifizierende Nummer eingesetzt werden.45 Gängige Eigenschaften zur Beschreibung von Faktorklassen sind z. B. die Geometrie, die Farbe, der Rohstoff, die Beschaffenheit der Oberfläche, die Leistungsfähigkeit, das Fassungsvermögen, usw. Ein Beispiel für eine derartige klassifizierende Nummer zeigt Bild 3-20. So wie diese Nummer z. B. die Geometrie eines Teils beschreibt, so beschreiben andere Schlüssel bzw. Klassifikationen geometrische, physikalische und chemische Eigenschaften. Bild 3-21 klassifiziert bspw. Stückgüter hinsichtlich ihrer Transportierbarkeit.

196

3 Die Modelldefinition

Geometrische Eigenschaften 1 1.1 1.2 1.3 1.4 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Physikalische und chemische Eigenschaften

Linien- (stab-, stangen-) förmig Länge < 1 m Länge = 1 m bis 6 m Länge > 6 m bis 12 m Länge > 12 m Flächig (platten-, tafelförmig) Unterfahrhöhe 90 bis 160 m Unterfahrhöhe 160 m Einfahrbar (mit Gabel, Dorn u. ä.) Ebene untere Begrenzungsfläche Stützfläche in einer Richtung konkav unterbro-

1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 2 2.1

Masse bis 12,5 kg bis 125 kg bis 2500 kg bis 6000 kg bis 18 000 kg Über 18.000 kg Beanspruchbarkeit Belastbarkeit der Berührfläche durch äußere Kräfte (Summe der Kräfte = Eigengewichtskraft des Gutes)

Bild 3-21 Klassifizierung von Stückgütern (siehe [FIDI97]

Auch Vorgänge können über Klassifikationen beschrieben werden. Beispiele dazu zeigen Bild 3-22 und Bild 3-23. Hauptbearbeitungselemente 1. Stelle

2.Stelle

Bezugsfläche

Stirnfläche

Mantelfläche

3. Stelle

4. Stelle

Oberflächenbeschaffenheit

Spannsituation

1 linke Stirnfläche

1 plan

1 zylindrisch

1 roh

1 Fläche 1 Dorn

2 linke Mantelfläche

2 einfach gestuft

2 einfach gestuft

2 geschrubbt

2 Fläche 2 Spannzange

3 rechte Mantelfläche

3 einfach gestuft + Gewinde

3 einfach gestuft + Gewinde

3 geschlichtet

3 Fläche 3 Spannzange

4 rechte Stirnfläche

4 mehrfach gestuft

4 mehrfach gestuft

4 Wärmebehandlung

4 Fläche 4 Dorn

5

5 mehrfach gestuft + Gewinde

5 mehrfach gestuft + Gewinde

5 feingeschlichtet

5 Fläche 1+4 Spitzen

6

6 Kegelförmig

6 Kegelförmig

6 Rautiefe Rs < 1

6 Fläche 1+3 Futter

7

7

7

7 Form Geradheit

7 Fläche 3+4 Futter

8

8

8

8 Form Rundheit

8

9

9

9

9 Form Zylinderform

9

0

0

0

0 Oberflächenbehandlung

0

Bezugsfläche 2: H2227 H2237 Z2221 Bezugsfläche 1: Z1011 H1227 H1237 H1257

Bezugsfläche 3: H3226 H3436 H3451 Z3332 Bezugsfläche 4: H4426 H4436 H4451 H: Hauptbearbeitungselement Z: Zusatzbearbeitungselement

Bild 3-22 Fertigungsschlüssel für das Drehen (nach [LUMO73])

44

In seinem berühmten philosophischen Standardwerk [RUSS97] schreibt B. Russell bei der Diskussion der Philosophie G. Berkeleys: “Wir wollen nun festzustellen versuchen, zu welchen positiven Ergebnissen wir mit der von Berkeley eingeführten Argumentation kommen können. Wir erkennen die Dinge als Bündel sinnlicher Eigenschaften; ein Tisch beispielsweise besteht aus seiner sichtbaren Gestalt, seiner Festigkeit, aus seinem Geräusch, das er von sich gibt, wenn man auf ihn klopft, und aus seinem Geruch (sofern er einen hat). Diese verschiedenen Eigenschaften haben erfahrungsgemäß gewisse Kontiguitäten (Berührungspunkte), die den gesunden Menschenverstand veranlassen, sie als zu einem ’Ding’ gehörig anzusehen; der Begriff ’Ding’ oder ’Substanz’ aber fügt zu den wahrgenommenen Eigenschaften nichts hinzu und ist entbehrlich. Bis hierher haben wir festen Boden unter den Füßen...“

45

siehe z. B. [DAWA97, OPIT70, LUMO73, WIEN79, DIN4000, DIN6763]

3.2 Der sachliche Bezug

197

0 Drehen allgem. 7 Unrunddrehen 0 Bohren allgem. 0 1 Umformen 2 Umformen 3 Trennen 4

1 Spanen mit geom. best. Schneide Spanen mit geom. 3 unbest. Schneide 4

1 2 Tiefbohren

1 Drehen 2 Bohren 3 Fräsen

0 Fräsen allgem.

4

2

4 Walzfräsen 1 Schleifen 2

0 Schleifen allgem.

6 Polygonschleifen

Bild 3-23 Klassifizierung der Fertigungsverfahren nach [LUMO73]

Eine mehrstufige Annäherung an die Klassifikation von Förderaufgaben geben [FIDI97] an. Hier wird zunächst das Fördergut (siehe Bild 3-21), dann der Förderweg (Bild 3-24) und die Dynamik klassifiziert. Alle diese Daten zusammen beschreiben dann die Förderaufgaben, die dem Leistungsprofil einzelner Fördermittelklassen gegenüber gestellt werden.46 Arbeitsbereich 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

Nur „flurfrei“ zulässig Geradlinig, horizontal Geradlinig, vertikal Geradlinig, geneigt Linienförmig in horizontaler Ebene Linienförmig in vertikaler Ebene Linienförmig im Raum Flächenförmig in horizontaler Ebene Flächeförmig in vertikaler Ebene Räumlich (kubisch) Einsatzort wechselnd

Neigung der Förderstrecke

Mengendurchsatz 1 1.1 1.2 1.3 1.4

Stückdurchsatz 1 Fördervorgang je Std. > 1 bis 10 Fördervorgänge je Std. > 10 bis 100 Fördervorgänge je Std. > 100 Fördervorgänge je Std.

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5

Massendurchsatz 1 t/h > 1 t/h bis 10 t/h > 10 t/h bis 100 t/h > 100 t/h bis 1000 t/h > 1000 t/h

M

d

h

t W

G öß

Bild 3-24 Klassifikation des Förderweges und der Dynamik des Förderprozesses (siehe [FIDI97])

• Beschreibung über formale Sprachen Ein Konzept zur Beschreibung über formale Sprachen sei im Folgenden beispielhaft beschrieben. EXPRESS ist eine implementationsunabhängige formale Sprache zur Spezifikation von Informationsmodellen (siehe [ISO10.303-11; SCWI92]) mit den Hauptkonstrukten Entity, Rule und Schema: 46

Dann ist die korrespondierende Seite eines Faktorknotens komplementär zu gestalten.

198

3 Die Modelldefinition

– Ein Entity ist eine beliebig komplexe Informationseinheit eines EXPRESSInformationsmodells, bestehend aus Attributen und Integritätsregeln, die lokal für dieses Entity gelten. Jedes der Attribute hat einen Namen und ist von einem bestimmten Typ; ist ein solches Attribut als optional deklariert, muss es nicht in jeder Instanz des Entities an einen Wert gebunden sein. Beispiel ENTITY person; vorname: STRING; nachname: STRING; geburtsjahr: STRING; heiratsjahr: OPTIONAL INTEGER; freunde: SET [1...?] OF person; DERIVE alter: INTEGER: = 2006 - geburtsjahr; INVERSE: inv_freunde: SET [1...?] OF person FOR freunde; UNIQUE name: vorname, nachname; WHERE heiratsjahr > geburtsjahr; END_ENTITY;

– Rules sind im Gegensatz zu den lokalen Integritätsregeln globale (Integritäts-) Regeln. Rules lassen sich mit Hilfe logischer Ausdrücke definieren; dabei können die Operanden Attribute verschiedener Entities sein. Beispiel RULE freundschafts_symmetrie FOR (person) WHERE QUERY (p 100.000; {0,FSZsonst

neues Teil 7

FSZ Motor B

Gleichteileumfang ABC

FSZ Motor B

altes Teil 1

FSZ Motor A

FSZ Motor A =

FSZ Motor A

Fahrzeugwerk II

Werk II / Motor B > > Werk I / Motor B > > Werk II / Motor A
30.1

Vorgang 2

verfügbares Material mit Herstelldatum

Bild 3-40 Beispiel: Zuordnung von Material zu Vorgängen nach Herstelldatum

Fall 2: Die Faktorknoten sind detaillierter gegliedert als die Vorgangsknoten: Anders als im Fall 1 müssen hier der Vorgang und/oder die damit gekoppelten Faktoren spezifiziert werden. Entscheidungsregel

Bild 3-41 Faktorknoten detaillierter als Vorgangsknoten

Beispiel: Drehoperationen, die vom gewünschten Produkt/dem gegebenen Aus-

gangsmaterial abhängig sind (Durchmesser/Länge der Welle usw.) und von dem verfügbaren/gewählten Betriebsmittel (Leistung, Spitzenweite usw.) bestimmt werden, sind auszuführen. Der Vorgang wird über die entsprechenden Attribute des Erzeugnisses um die fehlenden Angaben ergänzt: ggf. Name des Prozesses, Bearbeitungszeit, Rüstzeit, Losgröße,..., Ausgangsmaterial, Betriebsmittel (siehe Abschnitt 3.2.2). Als Prinzip der Modellierung soll gelten: Von einer Entscheidungsregel (Entscheidungsknoten; siehe Abschnitt 2.4.2) wird ein Knoten angesprochen/ausgewählt und die Entscheidungsregel bzw. die mit ihrer Hilfe abgeleitete Kante zeigt auf diesen Knoten. Ab diesem Knoten wird von einem Materialflusspfad mit wohl definierten Kanten/Relationen bzw. einer neuen Entscheidungssituation ausgegangen. Nach Durchlaufen der Entscheidungsregel ist die ausgewählte Kante eine „ganz normale“ Kante. Es wäre auch möglich (wie im Beispiel Drehprozess, in dem neben dem Vorgang sinnvollerweise das Vormaterial bzw. die Werkzeuge definiert werden), eine ganze Kette von Knoten oder parallele Knoten als Sonderfall der alternativen Kanten zu definieren. Dies wäre aber keine neue Modellierungsmöglichkeit, sondern lediglich eine andere Form der Darstellung. Es ist durchaus eine Ablaufstruktur denkbar, die keine Kanten in der Grafik enthält, sondern nur noch Entscheidungsregeln (Bild 3-41). Die Entscheidungsregeln enthalten dann aber im-

3.2 Der sachliche Bezug

213

plizit die Kanten (siehe bspw. die offene Variantenstückliste in Bild 3-56). Im Folgenden soll von einer Detaillierung von Vorgangs- und Faktorknoten ausgegangen werden, die explizite Kanten benutzt und auf Entscheidungsregeln soweit als möglich verzichtet. 3.2.1.2

Verbrauchsfaktoren

Unterschiede zwischen Ver- und Gebrauchsfaktoren sollen - wie im Abschnitt 2 nicht in den Vordergrund gestellt werden, da Ver- und Gebrauchsfaktoren denselben Begrenzungen unterliegen können und dann weitgehend dasselbe Verhalten zeigen. Derartige Unterschiede werden vor allem in Planungsverfahren mit bestimmten sachlichen und formalen Zielen konstruiert. Wenn im folgenden Abschnitt insbesondere die vom Produkt ausgehende, in Richtung Rohstoff wirkende Bedarfssicht, das Angebot als Input für einen Vorgang dagegen beim Gebrauchsfaktor diskutiert wird, dann geschieht dies vor allem mit der Absicht, Redundanzen in der Darstellung zu vermeiden. • Strukturierung des Bedarfs am Knoten - Aggregation und Verknüpfung von Ereignissen – Aggregation Im einfachsten Fall einer Stückgutfertigung repräsentiert der sachliche Bezug eines Ereignises die Veränderung/ Bewegung eines Stücks. Diese Form der Modellierung, die als Planungs-/ Dispositionseinheit den einzelnen Faktor wählt, ist immer dann anzuwenden, wenn ein Gut wie im Falle der Einmalfertigung physisch nur einmal vorhanden ist oder die Eigenart der einzelnen Verbrauchsfaktoren eine individuelle Betrachtung erfordert. Produktionsaufgaben mit Seriencharakter bedingen in der Regel eine Zuordnung einer Zusammenfassung von Faktoren zu einzelnen Ereignissen55 (vgl. auch Bild 3-42). Die Anzahl der Faktoren, die als Planungseinheit in einem Ereignis repräsentiert werden, kann fest (feste Losgröße, feste Anzahl von Maschinen in einer Maschinengruppe) oder variabel (variable Losgröße, Anzahl von Paletten in einem Lager) sein. Feste Losgrößen werden insbesondere durch produktionsaufgabenspezifische Gegebenheiten determiniert56. Eine detailliertere Aufteilung betrachtet nicht mehr das gesamte Produktionslos, sondern teilt es in feste oder variable Teillosgrößen auf. Auch ein Teillos entsteht in diesem Fall durch eine technische Restriktion (z. B. Behältergröße). Vor allem bei der Massenferti55

Insbesondere werden auch geringwertige Materialien zu übergeordneten Mengeneinheiten zusammengefasst, z. B. eine Kiste mit Schrauben, die am Punkt Zugang eines Verbrauchsfaktorknotens betrachtet wird.

56

Beispiele: Transportlosgrößen (Kapazität des Fördermittels), Fertigungslosgrößen (Charge muss komplett abgearbeitet werden). Bestehen feste Losgrößen aufgrund technischer Restriktionen, können sie über Mengenrestriktionen in das Modell implementiert werden. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten festgelegte Losgrößen stellen ebenfalls eine Mengenrestriktion dar.

214

3 Die Modelldefinition

gung, die durch die ununterbrochene Herstellung eines Produktes über einen längeren Zeitraum gekennzeichnet ist, können bspw. komplette Chargen als ein Ereignis behandelt werden.

Faktor = 1 Stück einer Faktorklasse

Planungseinheit = feste Teillosgröße

Planungseinheit = vollständige Charge

reales Gut (1 Stück) Planungseinheit = n Stück n = konst. (feste Losgröße) n = konst. (variable Losgröße)

Planungseinheit = variable Teillosgröße

Bild 3-42 Zusammenfassung von Faktoren zu einer Planungseinheit

Unter einem Bestelllos versteht man die (Bedarfs-) Menge an Faktoren einer Verbrauchsfaktorklasse, die bei gegebener mengen- und terminmässiger Fixierung planmässig am Anfang eines Bedarfsrechnungszeitraums am Vorgangs- (Bruttobedarf) oder Faktorknoten (Nettobedarf) eintrifft und bis zur nächsten Lieferung die Bedarfsdeckung sicherstellen soll. Ein Lieferlos ist die (Angebots-) Menge an Faktoren einer Verbrauchsfaktorklasse, die - ggf. als Antwort auf eine Bedarfsanmeldung - bei gegebener mengen- und terminmässiger Fixierung, die nicht dem ursprünglichen Bestellos entsprechen muss, bis zum Ende eines Lieferzeitraums an einen Vorgangs- (Nettoangebot) oder Faktorknoten (Bruttoangebot) geliefert wird. Ein Transportlos ist die kleinste in einem Produktionssystem bewegte Menge an Faktoren einer Verbrauchsfaktorklasse. Ein Fertigungslos ist die Menge an Faktoren einer Verbrauchsfaktorklasse, die bei gegebener mengen- und terminmässiger Fixierung ohne Unterbrechung durch Vorgänge anderer Vorgangsklassen in einem Arbeitssystem als Output produziert wird. Umfasst ein Fertigungslos mehrere Transportlose, so ist zweckmäßig, das Fertigungslos als den „Fertigungsvorgang“ zu betrachten, in den zu unterschiedlichen Zeitpunkten Transportlose eintreten bzw. austreten. Einheit für den Fertigungsvorgang ist damit das Fertigungslos, für den Faktorfluss das Transportlos. Wird jedes Gut einzeln transportiert, gelten diese Aussagen analog. Idealerweise stimmen Bestell-, Liefer-, Fertigungs- und Transportlos überein. Wenn dies nicht möglich ist, bspw. weil das Fertigungslos einfach zu groß ist, dann sollten wenigstens ganzzahlige Mengenrelationen vorliegen (Bild 3-43). Häufig werden Faktormengen nicht in „Stück“, sondern in anderen Einheiten angegeben. Dies können Gewichtsangaben (bspw. 2,287 kg Aluminium), Abmessungen (3m Stangenmaterial) u. a. m. sein. Hier muss entsprechend umgerechnet werden. Allerdings wird in einer diskreten Produktion an irgendeiner Stelle wieder

3.2 Der sachliche Bezug

215

die Definition von Gebinden, Transportlosen usw. erfolgen, die sich wieder als ganzzahlig festzulegende Planungseinheit darstellen. Bestellos

Bestellos

Lieferlos

Lieferlos

Fertigungslos

Transportlos als kleinste Bewegungseinheit

Bild 3-43 Fertigungs-, Liefer- und Transportlos

Wiederholbarkeit bedeutet, dass Verbrauchsfaktor- /Produkt- und Vorgangsknoten Faktoren bzw. Vorgänge enthalten, die sich nur durch die zugeordneten Zeitpunkte unterscheiden. Diese Wiederholbarkeit kann ohne jede Einschränkung postuliert oder über Gültigkeitsangabe z. B. zeitlich begrenzt werden. Ein Wiederholvorgang bzw. -los ist ein Vorgang bzw. ein Fertigungslos einer bestimmten Vorgangsklasse, der/das zum wiederholten Mal instanziiert wird. Ein Folgevorgang/-los ist der/das in einem Arbeitssystem auf einen betrachteten Vorgang/auf ein betrachtetes Fertigungslos folgende Vorgang/Fertigungslos. Bei einer Partiefertigung sind die Materialien und als Folge die Produkte nur für eine „Partie“ identisch: Eine Partie ist eine Anzahl bzw. Menge identischer Güter, bei denen der für die Herstellung entstehende Bruttobedarf über identische Verbrauchsfaktoren gedeckt wird (siehe Bild 3-44). Eine Chargenfertigung stellt bei stets identischem Material „Chargen“ her, deren Elemente nur bei identischen Produktionsbedingungen (chargenwechselnd z. B. bedingt durch den Wechsel eines Werkzeugs) identisch sind: Eine Charge ist eine Anzahl bzw. Menge von zusammen produzierten oder beschafften Gütern, die zum Zweck und aus der Sicht eines Herkunftsnachweises (beim Zugang zum Produktknoten) nicht voneinander unterscheidbar sind. Eine Position in der Charge zählt dabei die einzelnen Einheiten der Charge der Reihe nach durch [SCHÖ02]. – Losgrößenbildung am Zugang des Verbrauchsfaktor-Knotens Ein Abgang von einem Verbrauchsfaktor-Knoten erfordert einen zeitlich früheren Zugang. Insbesondere für den Fall, dass dieser Zugang in seiner zeitlich/mengenmäßigen Gruppierung weitgehend frei bestimmt werden kann und die Kosten für diesen Zugang ausschließlich von der durchschnittlichen Bestandhöhe und der Häufigkeit der Bestellungen / der Zugänge zum Bestand abhängen, sind vielfältige Betrachtungen zur Berechnung der Losgröße angestellt worden.

216

3 Die Modelldefinition

Partiefertigung eingeschränkte Wiederholbarkeit von Produktionsaufgaben wegen Verbrauchsfaktorrestriktionen Variante 1 : Explizite Partienmodellierung

Variante 2 : implizite Partienmodellierung partiebeschreibendes Attribut an den einzelnen Verbrauchsfaktoren



∧ (optionales) Attribut an den Produktknoten



partiebeschreibendes Attribut an den Verbrauchsfaktorknoten (explizite Modellierung der Partie)



(optionales) Attribut an den einzelnen Produkten

Chargenfertigung eingeschränkte Wiederholbarkeit von Produktionsaufgaben wegen Verbrauchs- u. Gebrauchsfaktorrestriktionen Variante 1 : Explizite Chargenmodellierung

Variante 2 : implizite Chargenmodellierung





∧ chargenbeschreibendes Attribut an den Produktknoten



chargenbeschreibendes Attribut an den einzelnen Produkten

Bild 3-44 Modellbausteine für Partie- und Chargenfertigung

Die Andlersche Losgrößenformel [ANDL29] basiert auf einer Vielzahl von Voraussetzungen [NADD71, MUME65]: – Es wird nur eine Verbrauchsfaktor-Klasse betrachtet. – Der (Jahres-)Bedarf by ist deterministisch; er tritt in konstanten Raten auf. – Die Beschaffung erfolgt dann, wenn der Lagerbestand (der Bestand im Faktorknoten) die Größe Null erreicht hat. – Die Beschaffungszeit ist Null. – Fehlmengen treten nicht auf. – Die Bestellmenge ist unbegrenzt, aber einmal als optimal bestimmt, ist sie als konstant anzusehen. – Der Lagerhaltungskostenfaktor klag ist konstant. – Die Kosten pro Bestellung kbes und der Stückpreis kstk sind konstant.57 57

Damit wird eine zeitlich unveränderliche Losgröße berechnet. Mit der Zeit veränderliche Losgrößen siehe Abschnitt 4.1.1.

3.2 Der sachliche Bezug

217

Es bezeichnet Variable Q gesuchte Bestellmenge/Losgröße Parameter by

Jahresbedarf

Ktot

Gesamtkosten

bes

K

Bestellkosten

Klag

Lagerhaltungskosten

kstk

konstant angenommener Stückpreis

kbes

Kosten pro Bestellung

klag

Lagerhaltungskostenfaktor in Prozent des Stückpreises, bezogen auf den durchschnittlichen Lagerbestand

Die Gesamtkosten betragen demnach Ktot = Kbes + Klag. y

Mit Kbes = b ⋅ k y

Ktot = b ⋅ k

bes

bes

⁄ Q und Klag = Q ⋅ k

⁄Q+Q⋅k

lag

⋅k

stk

lag

⋅k

stk

⁄ ( 2 ⋅ 100 ) ergibt sich

⁄ ( 2 ⋅ 100 ) . tot

y

bes

2

lag

stk

⁄Q +k ⋅k ⁄ 200 . Durch Differentiation nach Q folgt: dK ⁄ dQ = – b ⋅ k Durch Nullsetzen des erhaltenen Ausdrucks und Auflösung nach Q erhält man unter 2 tot

2

⁄ dQ ≠ 0 bzw. > 0 (→ Minimum) die klassische Losgrö-

der Voraussetzung d K ßenformel: 2

y

Q ⁄ (b ⋅ k

bes

) = 200 ⁄ ( k y

bes

lag

lag

⋅k

stk

)

stk

1⁄2

Q = ( ( 200 ⋅ b ⋅ k ) ⁄ ( k ⋅ k ) ) Neben der als konstant angenommenen Verbrauchsgeschwindigkeit ist insbesondere festzuhalten, dass hier weder Kapazitätskonkurrenzen auf der Zugangsseite noch Behälterlosgrößen und Schichtbedarfe berücksichtigt werden. Beispiel: Gegeben seien by = 20 000 Stück kstk = 12,00 €/Stück kbes= 24,00 €/Bestellung klag= 20 % Q = ( ( 200 ⋅ 20000 ⋅ 24 ) ⁄ ( 12 ⋅ 20 ) )

1⁄2

= 400000

1⁄2

= 633 Stück

Als Rabatt wird ein mengen- oder wertabhängiger Abschlag von einer bestimmten Ausgangsgröße bezeichnet. Rabatte werden nach drei Parametern differenziert:

218







3 Die Modelldefinition

Dimension der Schranke: Bei mengenabhängigem Rabatt erhält ein Kunde a% Rabatt, wenn er mehr als x Mengeneinheiten abnimmt. Bei wertmäßigem Rabatt erhält ein Kunde b% Rabatt, wenn er für mehr als y Geldeinheiten abnimmt. Bezugsgröße: Einzelbestellmengenbezogener Rabatt wird in Abhängigkeit von der Einzelbestellung gewährt. Zeitraumbezogener Rabatt wird bezogen auf die in einem bestimmten Zeitraum gekaufte Menge gewährt. Da der Rabatt erst am Ende einer Periode gewährt wird, bindet der Lieferant bei dieser Rabattalternative den Kunden eher an sich als bei einzelbestellmengenbezogenen Rabatten. Rabattierte Menge: Hier wird die Menge angesprochen, auf die der Rabatt gewährt wird. Kosten

Kosten

angestoßener Rabatt

r1

r2

durchgerechneter Rabatt

Bestellmenge x

Bestellmenge x

Bild 3-45 Angestossener und durchgerechneter Rabatt.

Die erste Möglichkeit ist der angestoßene Rabatt. Wenn man von der betrachteten Verbrauchsfaktorklasse x Einheiten bestellt, wobei r 1 < x ≤ r 2 gilt, dann bleibt der Preis für die ersten r1 Einheiten gleich; nur für die über r1 hinausgehende Menge wird ein Rabatt gewährt. Es lohnt sich hier nicht, mehr als nötig zu beschaffen (und anschließend ggf. zu verschrotten). Die zweite Variante ist der durchgerechnete Rabatt. Wenn man von der betrachteten Verbrauchsfaktor-Klasse x Einheiten bestellt, wobei r 1 < x ≤ r2 gilt, wird für die gesamte Menge x ein Rabatt gewährt. Hier kann es sinnvoll sein, mehr als nötig zu beschaffen und anschließend die Differenz zu verschrotten. Wird durchgerechneter Rabatt gewährt, stehen mit Q optimale Bestellmenge Qrab Mindestbestellmenge, ab der Rabatt für die gesamte Menge gewährt wird rab Rabatt in Prozent zwei Möglichkeiten der Entscheidungsfindung offen. Fall 1: Man stellt die beiden Kostengleichungen K

tot

y

= b ⋅k

tot rab

y

bes

⁄Q+k

bes

lag

rab

stk

⋅ Q ⁄ 200

lag

stk

⋅k

rab

stk

y

K = b ⋅k ⁄Q +k ⋅k ⋅Q ⁄ 200 – k ⋅ rab ⋅ b ⁄ 100 auf und vergleicht die Ergebnisse. Beispiel: Gegeben seien die vorherigen Zahlenwerte. Wenn mindestens 3 000 Stück abgenommen werden, räumt der Lieferant einen Rabatt von 1 % ein.

3.2 Der sachliche Bezug

K

tot

219

= 20000 ⋅ 24 ⁄ 633 + ( 12 ⋅ 20 ) ⁄ 200 ⋅ 633 = 1518 €

tot rab

K = 20000 ⋅ 24 ⁄ 3000 + 12 ⋅ 20 ⋅ 3000 ⁄ 200 – 12 ⋅ 1 ⋅ 20000 ⁄ 100 = 1360 €. Dieses Vorgehen wird auch bei einer Rabattstaffel angewandt: Für jeden Rabattsatz werden die Kosten errechnet und die günstigste Lösung gewählt. Fall 2: Man berechnet den Rabatt, der mindestens gewährt werden muss, damit sich die höhere Bestellmenge lohnt. Dabei ergibt sich rabmin, wenn man die Differenz der beiden Kostengleichungen ( K rabmin auflöst. y

bes

⁄Q+Q⋅k

y

bes

b ⋅k

b ⋅k

⁄Q

rab

rab = ( ( Q – Q (2 ⋅ k

stk

⋅Q

⋅k

+Q

rab

rab

lag

stk

rab

tot

und K

tot rab

) Null setzt und nach rab bzw.

⁄ 200 = lag

⋅k

bes

⋅b +k

⋅k

) ⋅ 200 ⋅ k

stk

y

⁄ 200 – k lag

⋅k

stk

stk

y

⋅ rab ⋅ b ⁄ 100

⋅Q

rab

⋅ Q ⋅ (Q

rab

– Q)) ⁄

y

⋅Q⋅b )

Beispiel:

12 ⋅ rab ⋅ 20000 ⁄ 100 = 20000 ⁄ 3000 ⋅ 24 + 12 ⋅ 20 ⋅ 3000 ⁄ 200 – 20000 ⋅ 24 ⁄ 633 – 12 ⋅ 20 ⋅ 633 ⁄ 200 = 160 + 3600 – 758, 2 – 759, 6 = 2242, 2 €/Jahr rab = 2242, 2 ⋅ 100 ⁄ ( 12 ⋅ 20000 ) = 0, 934 % Ggf. ist aufgrund der geänderten Situation die nun optimale Losgröße größer als die geforderte Mindestabnahmemenge. Dann ist diese Losgröße zu wählen, andernfalls die Mindestabnahmemenge: 1⁄2

Q´ = Q ⋅ ( 1 ⁄ ( 1 – rab ) ) = 633 ⋅ 1,005 = 636 Stück. Hier ist demnach die Mindestabnahmemenge von 3000 Stück zu wählen. Bei einstufiger Produktion entstehen statt der bestellmengenunabhängigen Bestellkosten Rüstkosten krüs, die unabhängig von der zu produzierenden Menge sind.58 An Stelle des Einkaufpreises sind Fertigungsstückkosten kstk einzusetzen. Die abgeänderten Voraussetzungen stellen sich wie folgt dar: – Es handelt sich um Fertigungs-, nicht um Bestellose. – Der Bedarf by ist deterministisch; er tritt in konstanten Raten auf. – Die Fertigung erfolgt dann, wenn der Lagerbestand die Größe Null erreicht hat. – Die Fertigungszeit ist Null. 58

Bzw.: Zusätzlich zu den Bestellkosten entstehen mengenunabhängige Rüstkosten und diese beide Größen werden zusammengefasst. Damit wird von einem Kapazitätsangebot ausgegangen, das variabel auf die Kapazitätsbedarfe eingestellt wird, die durch Bearbeitungs- und Rüstzeit verursacht werden. Es wird nicht von einem fixen, unabhängig von der Kapazitätsnachfrage vorhandenen Kapazitätsangebot ausgegangen. In diesem Fall könnte bis zur Kapazitätsobergrenze beliebig gerüstet und so der Bestand gesenkt werden.

220

3 Die Modelldefinition

– Fehlmengen treten nicht auf. – Die Fertigungsmenge ist unbegrenzt, aber einmal als optimal bestimmt, ist sie als konstant anzusehen. – Die Lagerhaltungskosten sind konstant. Die Gesamtkosten betragen demnach Ktot = Krüs + Klag. y

Mit Krüs = b ⋅ k K

tot

y

= b ⋅k

rab

rab

⁄Q

⁄Q+k

lag

und K ⋅k

stk

lag

0

= Q ⋅k

lag

⋅k

stk

⁄ 200 ergibt sich

⋅ Q ⁄ 200 . y

Für die optimale Produktionsmenge gilt Q = ( ( 200 ⋅ b ⋅ k

r u·· s

) ⁄ (k

lag

⋅k

stk

))

1⁄2

.

Die klassische Losgrößenformel hat sich bis hierhin nicht verändert, außer dass einige Parameter einen anderen Namen tragen. Produktionsgeschwindigkeiten, Kapazitätskonkurrenzen, Transportlosgrößen usw., die die oben getroffenen Annahmen in Frage stellen können, werden aber nicht berücksichtigt. Damit wird für den Bestand des betrachteten Verbrauchsfaktorknotens (Lagerbestand) der in Bild 3-46 gezeigte unrealistische Verlauf angenommen.

Bestand im Faktorknoten

unendliche Produktionsgeschwindigkeit

Zeit

Bild 3-46 Bestand im Faktorknoten

In Erweiterung dieses Ansatzes wird daher eine begrenzte Produktionsgeschwindigkeit59 und das Ablieferverhalten/ Abgangsverhalten am Lager berücksichtigt. Bei der offenen Produktion (siehe Bild 3-10) wird während der Herstellung des Fertigungsloses bereits der Verbraucher beliefert. Der Bestand eines Faktors kann damit einerseits auf „Null“ abgebaut werden, andererseits wird der Lagerbestand im Faktorknoten in seinem Maximum nicht die vollständige Losgröße betragen (Transportlosgröße < Fertigungslos ist hier die wesentliche Voraussetzung; die modellseitige Annahme eines stetigen Zugangs muss über vergleichsweise kleine Transportlose angenähert werden). Mit krüs Rüstkosten wab Abgangsgeschwindigkeit in Stück / Zeitabschnitt wzu Zugangs-/ Produktionsgeschwindigkeit in Stück / Zeitabschnitt 59

Hier wird von wzu>wab ausgegangen. Die Verhältnisse ändern sich nicht bei wzu 100 kw Leistung < 100 kw

3 1

2

3

Für Teile und Baugruppen, die in alle Varianten eingehen können, kann eine fiktive Gleichteilegruppe mit dem entsprechenden Stammdatensatz gebildet werden. Dadurch besteht jede Variante aus der Gleichteilegruppe und den zusätzlichen Baugruppen oder/und Einzelteilen. Der Vorteil dieser Stückliste liegt in der Reduzierung der Mehrfachaufführung von Baugruppen und Einzelteilen [ANDE03], S. 49. Bei der Variantenstückliste mit Variantenleisten ist die Verwaltung über einen fiktiven Stammdatensatz möglich, anstatt über Sachnummern. Dieser ist gekennzeichnet durch mehrstufige Varianten, die Abbildung von mehreren Varianten unter einer einzigen Sachnummer, Festlegung von Auswahlkriterien und die Unterscheidung in diverse Komponenten/Varianten [ANDE03], S. 50ff. Damit entstehen mit diesen Wahlmöglichkeiten abweichend zu den anderen Darstellungen 4 Ausprägungen (bzw. 8 Ausprägungen) der Erzeugnisklasse E. Nur E1 und E2 würden entstehen, wenn anstelle von „Inland“ wieder „Farbe Metallic“ stehen würde und die Leistung nicht relevant wäre.

Bild 3-59 Variantenstücklisten (III)

Bild 3-60 zeigt zusammenfassend die Einsatzgebiete unterschiedlicher Formen von Variantenstücklisten. Stücklistenform

Verwendung in Produktion

Vertrieb

+/- Stückliste

+

+

Stückliste mit mehreren Mengenfeldern

+

(+)

Gleichteile-Stückliste offene Varianten-Stückliste

+ (+)

+

Bild 3-60 Einsatzgebiete unterschiedlicher Formen von Variantenstücklisten

– Mehrfachverwendung Gegenüber der Stückliste verläuft bei einem (Teile-) Verwendungsnachweis die Sortierfolge in umgekehrter Richtung. Der Teileverwendungsnachweis gibt synthetisch an, in welchen Gruppen ein Verbrauchsfaktor als Material (Teil, Baugruppe) enthalten ist. Vor allem bei der Mehrfachverwendung von Teilen und Baugruppen ist er eine notwendige Unterlage für den Änderungsdienst. Prinzipiell sind die beiden Fälle „Mehrfachverwendung in einem Erzeugnis“ sowie „Mehrfachverwendung in mehre-

234

3 Die Modelldefinition

ren Erzeugnissen“ zu unterscheiden. Die einmalige Nennung eines Gleichteils innerhalb einer Baukastenstückliste führt dazu, dass Baumstrukturen in geschlossene bzw. offene Netztopologien überführt werden, die im Unterschied zu den elementaren Grundbausteinen Abhängigkeiten innerhalb der Erzeugnisstruktur eines Erzeugnisses bzw. Abhängigkeiten zwischen mehreren Erzeugnissen berücksichtigen. Verwendung von Gleichteilen in einem Erzeugnis

elementare Baumstruktur

Überführung



geschlossene Netztopologie Verwendung von Gleichteilen in mehreren Erzeugnissen

elementare Baumstrukturen

Überführung ∧

offene Netztopologie

Bild 3-61 Modellbausteine für Mehrfachverwendung

Wiederholteile sind Teile, die in verschiedenen Gruppen eines (End-)Erzeugnisses und/oder in verschiedenen (End-)Erzeugnissen wiederkehren (DIN 6789).73 Der Übersichts-(Teile-)Verwendungsnachweis gibt alle direkten und indirekten Verwendungen einer Baugruppe, eines Teiles oder eines Rohmaterials in allen übergeordneten (Bau-)Gruppen bis hin zum Erzeugnis an. Er eignet sich deshalb besonders für die Materialdisposition, aber auch für die Kostenrechnung. Beschaffungsschwierigkeiten können in ihren Auswirkungen auf bestimmte Erzeugnisse untersucht werden, veränderte Kosten, wie Lohnerhöhungen oder Materialpreissteigerungen, ihren Einfluss auf die Kalkulation sofort zeigen. Der Struktur-(Teile-)Verwendungsnachweis gibt an, in welchen Untergruppen, Gruppen und Enderzeugnissen ein Material enthalten ist. Im Gegensatz zur Struktur-Stückliste ist hier das Material (Teil, Baugruppe) der maßgebliche Begriff. Der (Teile-)Verwendungsnachweis in Baukastenform enthält nur die direkten Verwendungen eines Materials in den nächst übergeordneten 73

Ein Wiederholteil ist ein Gegenstand, der in verschiedenen Gruppen verwendet wird (DIN199,2), nach [REF185]. DIN 199 geht damit davon aus, dass eine Gruppe nicht verwendungsabhängig produziert wird.

3.2 Der sachliche Bezug

235

(Bau-)Gruppen. Er zeigt sofort die Auswirkungen auf die nächsthöhere Gruppe bei technischen Änderungen, Beschaffungsschwierigkeiten oder Preisänderungen. Auch hier wird ein Verbrauchsfaktor, der als Material fungiert, in einer Verwendungsstruktur nur ein einziges Mal dargestellt („Gozintograph“, siehe Bild 3-62). Spalte: Baukasten - Verwendungsnachweis

E1 E2 A B C D F G

E 1 -

E 2

A

B

1

1

-

C

D

F

1 1

-

G

2

-

2 1 -

-

1

2

2

6 6 2

Spalte: Übersichtsverwendungsnachweis

3

4

5

6

7

8

9

2 2

1

2

2

10 8 4

2

3

4

5

6

7

8

9

4

4 4

2 2

18 6 6 12 6 6

6 2 2 4 2 2

6 4 6

4 4 4

4

4

2

2

4

4

2

2 6

-

2 -

2

2

2

1

2

2

2

1

Zeile: Einstufige Baukastenstückliste

Zeile: Mengenübersichtsstückliste

Bild 3-62 Gozintograph der Erzeugnisse aus Bild 3-50

Ein Gozintograph ist ein gerichteter Graph, dessen Knoten Rohstoffe, Teile, Baugruppen und schließlich die Erzeugnisse selbst bezeichnen und dessen Kanten mit Mengenangaben gewichtet sind, die kenntlich machen, in welchen Mengen ein untergeordneter Verbrauchsfaktor/ein Rohstoff/ein Teil in einem übergeordneten Produkt (einer Baugruppe / einem Erzeugnis) enthalten ist. Ein Gozintograph macht sowohl analytisch die Zerlegung in Materialien als auch synthetisch die Verwendung einer Faktorklasse deutlich.74 Er kann einstufig als Baukasten oder gesamthaft als Übersicht angelegt sein. Land

Inland

Ausland

A

B

C

E

1

1

1

A

-

B C D

D

G

2

1 -

1

2

2

6

-

4

5

6

7

10

2

2

2

2

-

6 2 -

sonst

9

4

1

G

8

2

2

-

metallic

3

2

F

Farbe

F

2

2

1

2

Leistung

> 100 kW

< 100 kW

Bild 3-63 Gozintograph für die offene Varianten - Stückliste in Bild 3-59

74

Ein analytisches Vorgehen geht von den Erzeugnissen einer Fertigung aus und geht über die verschiedenen Baugruppen bis zu den Einzelteilen bzw. Rohstoffen. Ein synthetisches Vorgehen wählt einen Weg, der von den Rohstoffen bzw. Einzelteilen ausgeht (vgl. auch Kapitel 5, insbesondere Abschnitt 5.1.1.1.1 und [TEMP92], S. 125 und S. 133).

236

3 Die Modelldefinition

Betrachtet man die offene Variantenstückliste in Bild 3-59, wird in Bild 3-63 deutlich, dass sich der Gozintograph (bei dieser Art der Darstellung der Varianten) bei nur einer Erzeugnissklasse E nur um die zusätzliche Angabe der Bedingungen unterscheidet und dass der Kunde bei seiner Bestellung nur in 3 Zeilen je einmal ankreuzen muss. – Ordnung der Erzeugnisstruktur / Verwendungsstruktur nach der Stellung zum Leistungserstellungsprozess (Ordnung nach dem Rang) Üblicherweise wird die Erzeugnisstruktur entsprechend der geplanten Anwendung nach dem Rang geordnet (Topologische Ordnung; s. z. B. [DOMU73]). Die Rangordnung nach Bedarfsermittlungsebenen/Dispositionsebenen ordnet einen Verbrauchsfaktorknoten derjenigen Ebene zu, in der er ausgehend von der Rohstoffebene zum erstenmal verwendet wird (Sortierung zur Erzeugnisebene; siehe Bild 363). Die Rangordnung nach Fertigungsebenen/-stufen kennzeichnet den fertigungstechnischen Ablauf der Einzelteilfertigung, Gruppen- und Endmontage und die Verwendung einer Faktorklasse auf unterschiedlichen Ebenen. Die Rangordnung nach Funktionsebenen/Auflösungsebenen stellt alle Teile und alle Rohmaterialien bzw. Teile auf eine Auflösungsebene. Sie kennzeichnet die zur Erstellung einer Baugruppe notwendigen Montageschritte (DIN 6789; Sortierung zur Teileebene). Funktionsebenen 1

2

3

Fertigungsebenen

4

5

4

3

2

2 B

7

D

6

6

2

A

7 D C

2 5

2

B

7

D

6

2

E1 7 6

G

8

2

3

1

0

4 B D

8 A

E1

2 7

D

6

C

9

9 8

4

2

8

8

6

0

4

4 7

Bedarfsermittlungsebenen

1

A

E1

D C

9 G

8

2

G

2 5

5

Bild 3-64 Ordnungsgesichtspunkte für Erzeugnisgliederungen

Bedarfsermittlungsebenen werden zur Planung einer gemeinsamen Herstellung oder Bestellung für alle Verwendungen, Fertigungsebenen für die verwendungsgerechte Bereitstellung eingesetzt. Die Auflösungsebene zeigt den Fortschritt im Montageprozess. Bedarfsermittlungs- und Auflösungsebene betrachten damit den Zugang zu, die Fertigungsebene betrachtet dagegen den Abgang von einem Gebrauchsfaktorbestand. Während für Bedarfsermittlungs- und Auflösungsebenen die Darstellung als baukastenorientierter Gozintograph sinnvoll ist, in dem jede Faktorklasse nur einmal als Knoten auftritt (siehe Bild 3-65), muss bei der Darstellung der

3.2 Der sachliche Bezug

237

Fertigungsebene der Verwendungszusammenhang dargestellt werden (siehe Bild 365). Dazu ist entweder eine Darstellung als Strukturstückliste erforderlich, in der eine Faktorklasse für jede Verwendung als Knoten dargestellt wird, oder eine entsprechende Bezeichnung der Kanten, die zu dem Knoten hinführen, der in einem Gozintographen eine Faktorklasse repräsentiert.75 Fertigungsebene Bereitstellung für Verbraucher Bedarfsermitt- Faktorlungsebene; klasse i Bereitstellung bei Fertigung oder Lieferant Dispostitionsbestand im Lager

Fertigungebenen

Dispositionsebenen 4

3

2

1

4

3

2

B

4 6

0

A

D

E1

7

2

Faktorklasse i

0

1 B

G

5

2

A

C

2

E1

5

2

E2 C

8

F

G

1

9

F

3

Faktorklasse i

E2

C

1

Bild 3-65 Fertigungs- und Bedarfsermittlungsebene

Bild 3-66 macht deutlich, dass bei einer Organisation nach Form einer Baukastenstückliste zusätzliche Erzeugnisse (hier Erzeugnis E3) nur mit ihrer einstufigen Baukastenstruktur angegeben werden müssen; dennoch erhält man die vollständige Erzeugnisstruktur. Dispositionsebenen

Funktionsebenen 1

3

2

4

1 9

5

2

3

1 E3

9

G

3

F E2

A 8

2

0

1

E3 G

8

C

2

5 7

4

4

7

D

6

5

E1

C

6

B

D

A

E1

B

4 3

F

E2

Bild 3-66 Gozintograph der Erzeugnisse E1 und E2 und die Ergänzung durch Erzeugnis E3

75

Siehe auch die Verwendung von Gozintographen / Baukastenstücklisten für eine Kundenneutrale (Vor-) Fertigung und die Verwendung von Strukturstücklisten für eine Kundenspezifische (End-) Fertigung in Abschnitt 6.2.2.2.

238

3 Die Modelldefinition

– Pflege von Erzeugnis-/Verwendungsstrukturen Nach ihren verschiedenartigen Zielsetzungen werden in Fertigung, Materialwesen, Kalkulation usw. Stücklisten in den beschriebenen unterschiedlichen Darstellungsformen verwendet. Die Speicherung, Archivierung und Änderung einer jeden dieser Darstellungsformen erfordert einen hohen Aufwand und birgt zudem Fehlerquellen. Entsprechende Datenverwaltungssysteme bieten die Möglichkeit, die strukturellen Zusammenhänge und alle erforderlichen Daten zu speichern, zu verwalten und auszuwerten und dabei die sachliche und zeitliche Konsistenz sicher zu stellen. In der „Stammdatei“ wird jedes Erzeugnis, jedes Rohmaterial und jedes Teil nur einmal geführt; es muss daher unabhängig von der Häufigkeit seines Vorkommens innerhalb der gesamten Produktpalette nur einmal gepflegt werden. Ebenso wird in der „Strukturdatei“ der strukturelle Zusammenhang jeder Baukasten-Stückliste und jedes Baukasten-Verwendungsnachweises nur einmal geführt. Alle notwendigen Arten von Stücklisten und Verwendungsnachweisen werden aus diesen beiden Datenbeständen generiert. Der „Stammsatz“ setzt sich für jede Verbrauchsfaktor-Klasse aus folgenden Struktur-Informationen zusammen (Bild 3-67): – der Adresse dieses Stammsatzes – der Identnummer der Faktor-Klasse – der Dispositionsebene – der Adresse der ersten Stücklistenposition in der Strukturdatei (Verweis zum Aufbau der Faktor-Klasse) – der Adresse der ersten Verwendungsposition in der Strukturdatei (Verweis zur Verwendung der Faktor-Klasse) Daneben werden Informationen zur Beschreibung der Verbrauchsfaktor-Klasse geführt (siehe Bild 3-67). In der Strukturdatei wird für jede Kante zwischen zwei Verbrauchsfaktor-Klassen ein Struktursatz aufgebaut (Bild 3-67). Er enthält: – die Adresse dieses Struktursatzes – die Adresse der übergeordneten Faktor-Klasse in der Stammdatei – die Adresse der untergeordneten Faktor-Klasse in der Stammdatei – die Adresse der nächsten Stücklistenposition in der Strukturdatei – die Adresse der nächsten Verwendungsposition in der Strukturdatei – den Produktionskoeffizient bij Wie im Stammsatz werden darüber Informationen zur Beschreibung der Kante angegeben. Über die Adressverkettung können die vom jeweiligen Benutzer benötigten Stücklisten- und Verwendungsnachweisarten mit den entsprechenden Daten abgerufen werden. Analog zur Sortierfolge bei Stücklisten und Verwendungsnachweisen unterscheidet man die Komponenten- und die Verwendungs-Adresskette. Während die Komponenten-Adresskette den Zusammenhang zwischen einer Faktor-Klasse und ihren Komponenten (Baugruppen, Einzelteile) herstellt, bildet die Verwendungs-Adresskette die Verbindung zwischen einer Faktor-Klasse und allen

3.2 Der sachliche Bezug

239

anderen übergeordneten Teilen und Baugruppen, in denen sie enthalten ist, bis zum Erzeugnis ab. Stammsatz Stücklistenprozessorabhängige Informationen

Benutzerabhängige Informationen

Stücklistenprozessorabhängige Informationen

Struktursatz Adresse dieses Satzes Identnummer der Faktorklasse Dispositionsebene

Adresse dieses Satzes Adresse der übergeordneten Faktorklasse in der Stammdatei

Benennung ABC-Zuordnung Fertigungszeit Beschaffungszeit Durchlaufzeit Schlüssel Maßeinheit Kosten Sicherheitszeit Bestellmenge Lagerbestand Bestellbestand Vormerkungen Bedarf über mehrere Perioden Adresse der ersten Stücklistenposition Adresse der ersten Verwendungsposition

Adresse der untergeordneten Stücklisten- Faktorklasse in der Stammdatei prozessorabhängige Adresse der nächsten Informationen Stücklistenposition Adresse der nächsten Verwendungsposition Produktionskoeffizient Technische Änderungsnummer Änderungsdatum BenutzerEinsatzpunkt für Änderung abhängige Informationen Entfallpunkt für Änderung Maßeinheit Montageabteilung Montagegang Variantennummer

Bild 3-67 Aufbau eines Stammsatzes / Aufbau eines Struktursatzes (Erklärungs-Beispiel)

Als Beispiel soll eine Baukasten-Stückliste (Erzeugnis E1 aus Bild 3-50) abgerufen werden. Der Ablauf dieses Vorgangs ist in Bild 3-68 dargestellt. Die Ziffern entsprechen denen der Erläuterung: 1. Eingabe der Stücklistennummer. 2. Suche der Adresse des Stammsatzes des Erzeugnisses E1 im Stammdatenbereich. 3. Ausgabe der Stammdaten des Erzeugnisses im Stücklistenkopf. 4. Aus dem Stammsatz wird die Adresse der ersten Stücklistenposition in der Strukturdatei entnommen und zu diesem Struktursatz gesprungen. 5. Im Struktursatz wird die Adresse der ersten Stücklistenposition (02) in der Stammdatei ermittelt und dorthin gesprungen. 6. Die Stammdaten der ersten Stücklistenposition (A) werden ausgegeben. 7. Im Struktursatz der ersten Position wird die Adresse des Struktursatzes der nächsten Stücklistenposition erfasst und dorthin gesprungen. 8. Dort wird, wie in Schritt 5, die Adresse des Stammsatzes der zweiten Stücklistenposition (B) gelesen und zum dazugehörigen Stammsatz gesprungen. 9. Die Stammdaten der zweiten Stücklistenposition werden ausgegeben. 10. Über seine Adresse (13) wird der Struktursatz der nächsten Stücklistenposition ermittelt. 11. Über die Adresse des Stammsatzes dieser Stücklistenposition (2) wird dieser in der Stammdatei gelesen.

240

3 Die Modelldefinition

12. Die Stammdaten der Stücklistenposition werden ausgegeben. 13. Über seine Adresse (14) wird der Struktursatz der nächsten Stücklistenposition ermittelt. 14. Über die Adresse des Stammsatzes dieser Stücklistenposition (5) wird dieser in der Stammdatei gelesen. 15. Die Stammdaten der Stücklistenposition werden ausgegeben. 16. Im Struktursatz der letzten Stücklistenposition steht keine weitere Adresse im Adressfeld der nächsten Stücklistenposition. Der Abruf der ersten Stufe der Baukasten-Stückliste ist beendet. Der Abruf der weiteren Stufen erfolgt analog. Für die Ausgabe der Stücklisten für die Baugruppen A und B muss das Programm durch Eingabe der betreffenden Faktor-Klassen-Identifikation erneut aufgerufen werden. Soll eine Struktur-Stückliste erstellt werden, wird von links nach rechts und von oben nach unten abgearbeitet; so wird das Erzeugnis (E1) nach Schritt 6 (Ausgabe der ersten Stücklistenposition) abgebrochen. Die nächste Adresse wird nicht aus dem Struktursatz entnommen, sondern aus dem Stammsatz (von A) im Adressfeld der ersten Stücklistenposition in der Strukturdatei (Adresse 17) und dort gelesen. Die Adresse im Struktursatz (17) verweist auf den Stammsatz des ersten in A enthaltenen Verbrauchsfaktors, dessen Daten nun ausgegeben werden usw. Wird in der beschriebenen Weise das Ende der Adresskette erreicht, erfolgt der weitere Ablauf analog zum Beispiel, bis die nächste Gruppe (B) erreicht ist. 3 6 9 12

1

E1 A B 2 5

04 2

11 .

02 A

. 13

05 5

4

5

11

17 11

03 B

. 14 06

18 12

E2

01

E1

Stammdatei 2

15 .

Adresse Nr. Stamm- Adr. der Adr. der erdaten ersten sten Verdieses Stl. Pos. wendungsSatzes position 8

Strukturdatei 7 11 01 02 12 . 1 12 01 03 13 .

1

10 13 01 04 14 15 6

14 01 05 . 16 2

15 06 04 16 . 6

16 06 05 .

. 2

Adresse dieses der übergeordne- der untergeord- der näch- der näch- ProdukSatzes ten Faktorklasse neten Faktorklas- sten Stl. sten Ver- tionskowendungs- effizient in der Stammda- se in der Stamm- Pos. position tei datei Die Kennzeichnung (.) weist darauf hin, dass keine weitere Kette besteht.

Bild 3-68 Abruf einer Baukastenstückliste (s. auch [IBM71])

3.2 Der sachliche Bezug

241

Der Abruf der Teileverwendungsnachweise erfolgt analog über die Verwendungsadresskette. Die Ordnung eines zyklenfreien Graphen nach Rängen leistet eine topologische Ordnung. In einem Graphen ohne Zyklen ist ein Knoten dann und nur dann von Rang r (Dispositionsebenen, Auflösungsebenen), wenn der längste der Wege, deren Endknoten er ist, aus r Kanten gebildet wird.76 Enthält ein Graph einen Knoten vom Rang (r+1), dann besitzt dieser wenigstens einen unmittelbaren Vorgänger vom Rang r. Wenn eine Folge von Knoten einen Weg bestimmt, dann ist die Folge der entsprechenden Ränge monoton steigend. In einem Graphen ohne Zyklen muss für den Rang p eines Graphen (den höchsten vorkommenden Rang eines Knotens) immer gelten: p ≤ n-1, wenn n die Anzahl der Knoten ist. Der Rang eines Knotens kann mit folgendem Algorithmus bestimmt werden: begin for all i ∈ I do Rang r[i] = 0 Marke: = 0; // Start mit Knoten i = 1 e. i: = 1 f. if (Anzahl der Nachfolger des Knotens i = 0) then goto r // Start mit Nachfolger j = 1 j: = 1 i. if (Rang r[j] des Nachfolgers j) > (Rang r[i] des Knotens i) then goto l // Bestimme den Rang r[j] des Nachfolger j r[j]: = r[i] + 1; Marke: = 1; e. if (j letzter Nachfolger-Knoten) then goto r else begin j: = j+1 goto i end r. if (i letzter Knoten und i = n) then goto x else begin i: = i+1 goto f end x. if (Marke = 1) then goto e end

Wird bspw. in einem Graphen des Produktionsablaufs ein Vorgangsknoten einem Gebrauchsfaktorknoten zugeordnet, zu dem im Arbeitsfortschritt schon eine Zuordnung bestanden hat, dann verursacht dieser Sachverhalt einen Zyklus: In einem Zyklus ist ein Knoten eines Graphen zugleich Vorgänger und Nachfolger von sich selbst. Dasselbe gilt, wenn ein Verbrauchsfaktor über die Verwendungskette in sich selbst eingeht. Zyklen können mit folgendem Algorithmus identifiziert werden: 76

Dispositionsebenen ausgehend vom Erzeugnis, Auflösungsebenen ausgehend vom Rohstoff/ Teil.

242

3 Die Modelldefinition

begin for i: = 1 step 1 until n do m[1]:= 0 // Start mit Knoten i= 1 und Markieren mit 1 c. i:=1; e. m[1]: =1 //Prüfen der Markierung des Knotens f. if (m[i] = 1) then goto o if (m[i] = 0) then goto i // Prüfen der Markierung der Nachfolger des Knotens i i. if (Markierung eines dieser Knoten = 1) then begin m[i]: = 1 goto o end o. if (Markierung eines dieser Knoten = 0) then goto p p. if (i ist der letzte Knoten) then goto v else begin i: = i + 1 goto f end v. if (Beim Abarbeiten haben sich Änderungen in den Markierungen ergeben) then goto c else goto x // Start mit Knoten i = 1 und Markieren mit 2 x. i: = 1 m[1] : = 2 // Prüfen der Markierung des Knotens aa. if (m[i] = 2) then goto ad else goto ak // Prüfen der Markierung der Nachfolger des Knotens i ad. if (Markierung = 1) then begin (Markiere die Nachfolgerknoten mit 2) goto aa end else goto e ak. if (i ist der letzte Knoten) then goto aq else begin i: = i + 1 goto aa end aq. if (Beim Abarbeiten haben sich Änderungen in den Markierungen ergeben.) then goto x else goto as // Die im Graphen mit 2 markierten Knoten bilden einen Zyklus und werden entfernt: as. for all i

end

∈ Ablaufstruktur do begin if m[1] = 2 then (aus Graph entfernen) end

3.2 Der sachliche Bezug

243

Dieser Ablauf muss für die Restablaufstruktur erneut vollzogen werden. Beispiel: Rangstufe77 5

2

3

Knoten- AusNr. gangsRang

6

1

4

7

1. Durchlauf 1. Erhöhung

2. Durchlauf

2. Erhöhung

Rang

Auslöser

Rang

Auslöser

2

4

3

7

1

0

1

3

2

0

1

3

3

0

4

0

1

3

5

0

1

1

6

0

2

4

7

0

2

4

Rang

Auslöser

3

1

4

5

Beispiel: Zyklus78 5

4

2

3

Durch- Knoten lauf

8

1. Durchlauf

1 6

7

2. Durchlauf

3. Durchlauf

Nachfolger

AusVorgangs- gänger marvon i kierung

Nach folger von i

1

5

0

2

3

0

1

2

3

7

0

4

2

0

5

4, 6

6

1, 7

0

1

2

0

1

7

8

0

2

8

8

0

2

3

0

3

7

0

1

2

4

2

0

7

8

0

8

3

0

3

7

0

1

2

7

8

0

1

2

8

3

0

1

2

1

Zunächst wird der Zyklus mit den Knoten 1, 5 und 6 entfernt. Im 2. Durchlauf wird nur der Beginnknoten 2 erkannt. Im 3. Durchlauf wird der Zyklus 3, 7 und 8 festgestellt. – Festlegung der Verbrauchsfaktor-Klassen für ein Erzeugnis-Spektrum Nicht für jede Verwendung oder jeden Verwendungszweck kann ein spezieller Rohstoff eingesetzt, ein Teil konstruiert oder ein Produkt hergestellt werden. Die Teileund Materialvielfalt in einem Unternehmen wäre dann nicht mehr handhabbar. Insbesondere führt eine solche Faktorvielfalt aber auch zu immensen Kosten, die eine wirtschaftliche Fertigung unmöglich machen [KOEH88]. Bild 3-69 zeigt hier die beiden Extremformen. Im linken Teil von Bild 3-69 wird für jedes Erzeugnis ein eigener Rohstoff verwendet. Darüber hinaus kann auf jeder Produktionsstufe ein Be77

Siehe [WGW72].

78

Siehe [WGW72].

244

3 Die Modelldefinition

A

A

B

B

C

C

D

D

E

E

F

F

G

G

H

H

I

I

K

K Bestand vorrätig

Erzeugnis

Vorgang

Faktor

Vorgang

Faktor

Vorgang

Rohstoff

Erzeugnis

Vorgang

Faktor

Vorgang

Faktor

Vorgang

Rohstoff

stand geführt werden, auf den eine Bestellung über ein Erzeugnis zugreifen kann. Im rechten Teil von Bild 3-69 entsteht die Erzeugnisvielfalt erst in der letzten Produktionsstufe. Darüber hinaus soll jede Bestellung eine Entnahme unmittelbar auf der Rohstoffebene auslösen.

keine Bestandsführung

Bild 3-69 Zuordnung Erzeugnis - Rohstoff

A

A

B

B

C

C

D

D

E

E

F

F

G

G

H

H

I

I

K

K Bestand vorrätig

Erzeugnis

Vorgang

Faktor

Vorgang

Faktor

Vorgang

Rohstoff

Erzeugnis

Vorgang

Faktor

Vorgang

Faktor

Vorgang

Rohstoff

Bild 3-70 zeigt als Ergebnis derartiger Überlegungen ausgehend von Istzustand (links) den Sollzustand eines Praxisbeispiels (rechts), bei dem nur noch eine einzige Faktorklasse von Halbfabrikaten bevorratet wird.

keine Bestandsführung

Bild 3-70 Zuordnung Erzeugnis - Rohstoff (Praxisbeispiel)

Will man hier eine optimale Lösung über eine vollständige Enumeration bestimmen, müssten auf der Rohstoff- und auf jeder Halbfabrikate-Stufe alle möglichen

3.2 Der sachliche Bezug

245

Zusammenfassungen (z. B. Rohstoff (A, B) für Teil A und Teil B) gebildet und miteinander kombiniert werden. Eine einfache, an das Verfahren von Clarke und Wright ([CLWR64]; siehe Abschnitt 5.2.1.1.6). angelehnte Heuristik könnte folgendermaßen vorgehen: Dispositions-Ebene 1: Zusammenfassen der Faktorknoten zu einer Faktorklasse, bei denen dieses Vorgehen die höchste Kostenersparnis bewirkt. Dabei wird mit der höchsten Kostenersparnis begonnen. Sobald durch das Erweitern um zusätzliche Knoten keine Kostenersparnis mehr erzielt werden kann, wird mit dem Zusammenfassen zu einer neuen Faktorklasse begonnen. Bei der Kostenbetrachtung müssen die höheren Material- und Fertigungskosten den reduzierten Beschaffungs- und Handhabungskosten gegenübergestellt werden. Dispositions-Ebene 2 → Dispositions-Ebene n: Fortfahren gemäß Ebene 1 Ergeben sich die Eigenschaften eines Produkts additiv aus den Eigenschaften der verwendeten Verbrauchsfaktoren, dann kann zur optimalen Verbrauchsfaktoreinsatzkombination folgendes Modell79 aufgestellt werden [ROSA92], S. 15ff:

79

Das Standard-Maximum-Problem besteht aus: - einer linearen Zielfunktion, deren Maximum bestimmt werden soll, - mindestens einer linearen Restriktion der Form ¦ a x ≤ b (mit b ≥ 0 ) i i - den Nicht-Negativitätsbedingungen für jede vorkommende Variable. Beim Simplex-Algorithmus (siehe [DANT74]) werden Zielfunktion und Restriktionen in das Simplex-Tableau übertragen, wo 1. das Ungleichungssystem der Restriktionen durch Einführung so vieler Schlupfvariablen, wie Restriktionen vorhanden sind, vergrößert (hier um die Schlupfvariablen x n + 1, ... , x n + m ) und zum Gleichungssystem umgeformt und 2. die Zielfunktion entsprechend ergänzt wird. Diese Schlupfvariablen bezeichnen die nicht genutzte bzw. eingesetzte Menge einer jeweiligen Restriktion. Pro Restriktion wird eine Schlupfvariable definiert. Für die Schlupfvariablen gilt die Nicht-Negativitätsbedingung. Anschließend wird durch Iteration eine eindeutige Lösung ermittelt. Zur Simplex-Iteration gehören folgende Schritte: 1. Wahl der Pivot-Spalte Als Pivot-Spalte wird diejenige Spalte gewählt, die den absolut größten negativen Koeffizienten aufweist. Sind keine negativen Koeffizienten in der Zielfunktion mehr enthalten, ist das Maximum erreicht, und der Simplex-Algorithmus ist abgeschlossen. 2. Wahl der Pivot-Zeile Als Pivot-Zeile wird die Zeile mit kleinstem Qi gewählt, wobei Qi wie folgt erklärt ist: Qi = pi/qi mit pi = Element der i-ten Zeile in der b-Spalte und qi = positives Element der i-ten Zeile der Pivot-Spalte. Zeilen, in denen q i ≤ 0 ist, bleiben unberücksichtigt. 3. Umrechnung des Tableaus auf eine neue Basislösung Im Schnittpunkt der Pivot-Spalte und der Pivot-Zeile steht das Pivot-Element. Die Variable mit dem Pivot-Element wird neue Basis-Variable, indem durch Zeilenoperation das PivotElement zu 1 und alle übrigen Elemente der Pivot-Spalte zu Nullen umgeformt werden. Das Minimum-Problem ist analog zu lösen.

246

3 Die Modelldefinition

Variable Menge der Verbrauchsfaktorklasse i, die zur Erzeugung einer Produkteinheit eingesetzt wird

bi Parameter

Beitrag der Verbrauchsfaktorklasse i zur Eigenschaft e der Produktklasse

bei u

Untergrenze für die Eigenschaft e der Produktklasse

Ze

o

Obergrenze für die Eigenschaft e der Produktklasse

ki

Kosten je Faktoreinheit der Verbrauchsfaktorklasse i

Ze

n

VF

Anzahl der beteiligten Verbrauchsfaktorklassen

n

e

Anzahl der betrachteten Produkteigenschaften n

Minimiere K =

VF

¦ k i ⋅ b i unter den Restriktionen i=1

– ∀e ∈ { e 1 ,...,e e } : n

– ∀e ∈ { e 1 ,...,e e } : n

n



VF

n

VF

u ¦ b ei ⋅ b i ≥ Ze (Mindestrelationen) i=1 VF n

o ¦ b ei ⋅ b i ≤ Ze (Höchstrelationen)

i=1

¦ b i = 1 (Materialbilanz)

i=1

– ∀i ∈ { 1, …, n 3.2.1.3

VF

} : b i ≥ 0 (Nicht-Negativitäts-Bedingungen)

Gebrauchsfaktoren

Verbrauchsfaktoren werden in Abschnitt 3.2.1.2 auch als Beispiel für unbegrenzt verfügbare Produktionsfaktoren diskutiert (Losgrößen, Gozintograph). Alle Überlegungen richten sich am Bedarf aus. Im Gegensatz dazu sollen bei Gebrauchsfaktoren die Ausrichtung am Angebot, die Begrenzung dieses Angebots und die Bereitstellung des Potenzials für Vorgänge diskutiert werden. • Strukturierung des Angebots am Faktorknoten - Leistungsvermögen von Gebrauchsfaktoren/Gebrauchsfaktor-Klassen Das Leistungsvermögen eines Gebrauchsfaktors wird durch die Menge der Vorgangsklassen beschrieben, in deren Transformationsprozesse dieser Gebrauchsfaktor unter Einhaltung der an den Output gestellten Anforderungen einfließen kann (s. auch [REFA85]). Dieses Leistungsvermögen bestimmt sich über die Leistungsfähigkeit (auch technische Kapazität, qualitative Kapazität) und die Leistungsbereitschaft (quantitative Kapazität) (s. z. B. [ROSA92], S. 16).

3.2 Der sachliche Bezug

247

Die qualitative Kapazität wird entweder über eine summarische Klassifikation von Möglichkeiten bzw. Erfordernissen anhand einer strukturierten Merkmalshierarchie (bspw. bei der Arbeitsplatzbewertung (z. B. [WARN84]))80 und/oder der Beschreibung eines Betriebsmittels über geometrische, physikalische, ausstattungsmäßige usw. Kenngrößen (z. B. [REF185]) und/oder eine Auflistung einzelner geeignet beschriebener Vorgangsklassen (s. z. B. bei der Arbeitsstückbewertung [WARN84], [REFA72]) definiert.81 Für die angesprochenen Vorgangsklassen kann das Leistungsvermögen eines Gebrauchsfaktors eine Restriktion für den Beginn oder den Abschluss eines Vorgangs sein. Im ersten Fall kann ein Vorgang beginnen, wenn ein Faktor zur Verfügung steht, im zweiten Fall kann ein Vorgang z. B. nur dann abgeschlossen werden, wenn ein Lagerplatz vorhanden ist, der das Produkt aufnehmen kann. Die quantitative Kapazität (Leistungsbereitschaft) bestimmt, wie häufig ein bestimmter Vorgang in einem extern vorgegebenen Zeitabschnitt korrekt ausgeführt bzw. begonnen oder beendet werden kann.82 Eine gebräuchliche Vorgehensweise zur Einteilung der Kapazitätsarten von Gebrauchfaktoren zeigt Bild 3-71. Die Angabe der Leistungsdauer kann sich sowohl am sachlichen als auch am zeitlichen Bezug orientieren. Standzeit und Lebensdauer orientieren sich z. B. am sachlichen Bezug, während Jahres-, Wochen- und Schichtarbeitszeit den zeitlichen Bezug und damit über einen Kalender den Bezug zur Umwelt herstellen. Zu Beginn des jeweils betrachteten Zeitraums wird dann das Potenzial als „Bestand an Leistungsvermögen“ zugebucht; der Abfluss von diesem Bestand kann durch detailliertere Angaben geregelt werden83: 1. Angabe von Zeitpunkten oder Intervallen – Ein Gebrauchsfaktor steht als Werkzeug nur in der 1. Schicht, für Wartungsarbeiten auch in der 2. Schicht bereit.

80

Siehe die Beschreibung der Betriebsmittel in der Einleitung von Abschnitt 3.2

81

Damit ist diese Beschreibung prinzipiell nicht vollständig: Wenn man die (Leistungs-)Fähigkeit vollständig beschreiben will, dann muss man alle Vorgangsklassen aufzählen, in denen ein Produktionsfaktor verwendet werden kann. Dies wird zunächst eine Enumeration von bekannten Verwendungen sein: Es kann nicht erwartet werden, dass vollständig beschrieben wird, was man alles mit einem Hammer oder einer Büroklammer tun kann ... Einen Übergang zu dieser Vollständigkeit wird sich daher nur schrittweise vollziehen. Dazu sind aus den Verwendungen Vertreter einzelner Verwendungsklassen herauszuschälen und dann für diese generelle Aussagen im Sinne von „für alle Vorgangsklassen mit diesem Attribut kann dieser Faktor eingesetzt werden.“ Damit sind aber auch alle möglichen Restriktionen für alle Vorgangsklassen zu nennen.

82

Damit wird die Angabe der qualitativen Kapazität bei einer Terminplanung im Vordergrund stehen, denn hier kann die Beschreibung nicht vollständig über die Knoten- und Kantenbezeichnung geleistet werden. Die quantitative Art der Beschreibung findet vor allem bei der Mengenplanung ihre Anwendung, da dort die qualitativen Aussagen über Knoten- und Kantendefinitionen geleistet werden können.

83

Zur Übertragung des Potenzials auf andere Zeitabschnitte siehe unten

248

3 Die Modelldefinition

Leistungsvermögen

qualitative Kapazität (sachlicher Aspekt) funktionsbezogene Fähigkeiten: Menge der Vorgangsklassen, in denen der Faktor verwendet werden kann

Totalkapazität insgesamt mögliche Zahl der Vorgänge einer bestimmten Vorgangsklasse im intern festgelegten (Gesamt-) Nutzungszeitraum eines Gebrauchsfaktors

Maximalkapazität

Optimalkapazität

quantitative Kapazität (zeitlicher Aspekt) Zahl der in einem intern oder extern definierten Zeitabschnitt durchführbaren Vorgänge

Periodenkapazität insgesamt mögliche Zahl der Vorgänge einer bestimmten Vorgangsklasse eines Gebrauchsfaktors in einer Produktionsperiode / einem (extern festgelegten) Zeitraum

Normalkapazität

Minimalkapazität

Bild 3-71 Einteilung des Leistungsvermögens von Gebrauchsfaktoren (siehe auch [ROSA92]).

– Ein Erzeugnis wird nur in bestimmten Zeitabschnitten ausgeliefert. – Ein Gebrauchsfaktor kann nur im 1. Jahr für Vorgänge mit hohen Qualitätsanforderungen eingesetzt werden. 2. Angabe eines Leistungsmaßes – Ein Gebrauchsfaktor steht nur für x Vorgänge zur Verfügung, dann muss er instandgesetzt werden. – Ein Gebrauchsfaktor kann über x Stunden in Vorgängen eingesetzt werden, dann muss er instandgesetzt werden („Reststandzeit“ / „Restkapazitätsangebot“). – Ein Gebrauchsfaktor kann nur x-mal instandgesetzt werden, dann verlässt er das Produktionssystem. – Jahresarbeitszeitmenge 1500 Stunden, Tagesarbeitszeit maximal 10 Stunden. – Qualitative Kapazität84 Die qualitative Kapazität betrifft den sachlichen Aspekt: Welche Klassen von Gebrauchsfaktoren müssen einer Vorgangsklasse zur ordnungsgemäßen Durchführung der Vorgänge zugeordnet werden? Aus der Sicht einer Gebrauchsfaktorklasse ergibt sich als qualitative Kapazität eine Menge von Vorgangsklassen, in der Faktoren der betrachteten Gebrauchsfaktorklasse zur Durchführung der Vorgänge verwendet werden. Diese Zuordnung erfolgt vor allem über die Kanten, die im Graphen des Produktionsablaufs die Gebrauchsfaktor- mit den Vorgangsknoten verbinden. Handelt es sich um Gebrauchsfaktorknoten mit mehreren Klassen bzw. mit individuel84

Siehe auch die Ausführungen zum Systembegriff in Kapitel 1 Fußnote 9.

3.2 Der sachliche Bezug

249

len Gebrauchsfaktoren, so sind zur Durchführung eines bestimmten Vorgangs präzisierende Angaben für die endgültige Auswahl der Gebrauchsfaktoren erforderlich. Auch aus Gründen der Ressourcenknappheit wird hier nicht immer eine vollständige Entsprechung der angebotenen und geforderten Merkmalsprofile herzustellen sein; ein situationsabhängiger Kompromiss ist unvermeidlich. Dieser Kompromiss steckt aber implizit in allen im Graphen des Produktionsablaufs definierten Kanten, auch dann, wenn diese die endgültige Zuordnung von Faktorqualifikation und Vorgang leisten. + Qualitative Kapazität der Gebrauchsfaktorklasse Arbeitskraft Leistungsvermögen Leistungsfähigkeit (qualitativ)

Anlagen

Entfaltung

Leistungsbereitschaft (quantitativ)

körperlich (Kondition, Disposition)

Geistig- seelisch (Leistungswille)

Bild 3-72 Qualitative Kapazität einer Arbeitskraft

Das Potenzial einer Arbeitskraft, Vorgänge bestimmter Klassen durchführen zu können, beschreibt ein Merkmalsprofil: Dieses Merkmalsprofil repräsentiert eine Menge von Vorgangsklassen, denen ein Mensch zu deren Durchführung zugeordnet werden kann. Das Potenzial kann sich von Zeitabschnitt zu Zeitabschnitt ändern.85 p it = { p 1it, p 2it, p 3it, ... , p kit, ... } p kit

erreichtes Ausmaß der Merkmalklasse k durch die Arbeitskraft i im Zeitabschnitt t Beispiel: Ein Mitarbeiter kann eine bestimmte Sorte von Getrieben gut, eine andere weniger gut, eine dritte gar nicht montieren. + Qualitative Kapazität der Gebrauchsfaktorklasse Betriebsmittel Die entscheidende Größe eines Eignungsprofils ist das Spektrum der Fertigungsverfahren, die ein Betriebsmittel beherrscht (siehe Abschnitt 2.2.2 und Abschnitt 3.2.1.1). Die zweite wesentliche Beschreibungsgröße sind die konstruktiven Merkmale eines Betriebsmittels. „Die qualitative Betriebsmittelplanung befasst sich mit dem Leistungsvermögen, d.h. mit der richtigen technischen Auslegung bzw. der technischen Kapazität des Betriebsmittels und seiner ergonomischen Gestaltung. Man unterscheidet zwischen: a. geometrischem Leistungsvermögen (z.B. Spitzenweite und -höhe einer Drehmaschine oder Format einer Druckmaschine), 85

Zur Festlegung dieses Tätigkeitsprofils siehe bspw. Kupsch/Marr [KUMA91], S. 731-753; Muchinsky [MUCH83], S. 358-371; Pfeiffer/Dörrie/Stoll [PDS77], S. 39-42, 84-87.

250

3 Die Modelldefinition

b. physikalischem Leistungsvermögen (z.B. Drehzahlbereich von Werkzeugmaschinen oder maximaler Umformdruck bei Schmiedepressen), c. ausstattungsmäßigem Leistungsvermögen (z.B. Vorschubautomatik bei Werkzeugmaschinen, Sortiereinrichtungen bei Druckmaschinen oder Bildschirm bei einer EDV-Anlage) und d. genauigkeitsmäßigem Leistungsvermögen (z.B. Bohrgenauigkeit eines Lehrenbohrwerkes oder Ausleuchtung der Ränder bei Tageslichtschreibern), e. ergonomischer Gestaltung (z.B. Anpassung an die Körpermaße und Körperkraft des Menschen, niedriger Lärm, geringe Schwingungen)“ [REFA85], S. 342. Damit kann eine Drehmaschine Wellen bis zu einem bestimmten Durchmesser und bis zu einer bestimmten Spitzenweite bearbeiten und einer Säge ein Werkstück bis zu einem bestimmten Durchmesser und einer bestimmten Härte zugeordnet werden. – Quantitative Kapazität Die quantitative Kapazität eines Gebrauchsfaktors (Arbeitssystem, Maschine, Maschinengruppe, Arbeitskraft o. ä.) ergibt sich über die Angabe des Kalenders dieses Gebrauchsfaktors („Chronologie“ der Zeitabschnitte, denen ein Leistungsangebot zugeordnet ist), des betrachteten Zeitabschnitts und der dort jeweils gültigen Leistungsbereitschaft.86 Sie wird insbesonders im betriebswirtschaftlichen Bereich mit der Vorstellung von einem Durchsatz/einer Bereitstellung von Gütern verbunden87. Dabei ist der Ausgangspunkt der Anspruch, eine Aussage darüber zu machen, wieviele Vorgänge bzw. Güter (einer Klasse)88 in einem gegebenen Zeitabschnitt durchgeführt bzw. hergestellt, geliefert usw. werden können: Die Leistungsbereitschaft ajt eines Gebrauchsfaktors oder - dann wenn die Gebrauchsfaktorklasse ohne Differenzierung nach einzelnen Gebrauchsfaktoren summarisch Vorgängen zur Durchführung zugeordnet wird - einer Gebrauchsfaktorklasse j im Zeitabschnitt t (bspw. Minuten/Schicht, Stunden/Woche, Vorgänge/Tag, Stück/Schicht bei Serienfertigung oder Tag/Tag bei Einzelfertigung, wenn ein Vorgang z. B. 5 Tage dauert) ist ein Maß für die Quantität der in einem Zeitabschnitt durchführbaren Vorgänge bzw. herstellbaren Produkte.89 86

Die Leistungsbereitschaft wird in [REF285] als Betriebsfähigkeit bezeichnet: „Die Betriebsfähigkeit wird wesentlich durch die technische Abnutzung des Betriebsmittels beeinflusst. Sie macht sich bemerkbar in Abnahme der Präzision, verminderter Produktausbeute, erhöhter Ausschussquote und erhöhten Stillstandszeiten (Einfluss auf quantitative Leistung).“

87

Siehe z. B. [ROSA92, BETG96, KERW62, KILG86, STEF89, STEV96].

88

Siehe Qualitative Kapazität. Damit wird die quantitative Kapazität sowohl an den einem Prozess als Output zugeordneten Gütern als auch den zur Erstellung dieses Outputs erforderlichen Vorgängen gemessen.

89

Siehe auch Schönsleben [SCHÖ00]: Die Kapazität eines Kapazitätsplatzes ist sein Potenzial zum Ausstoß von Leistungen. Diese Menge wird jeweils auf eine Zeitperiode bezogen. Die Maßeinheit wird Kapazitätseinheit genannt und ist meistens eine Zeiteinheit. Das Kapazitätsprofil eines Kapazitätsplatzes ist die Darstellung seiner Kapazität über die Zeitachse. Innerhalb einer Zeitperiode kann man anstelle einer kontinuierlichen Verteilung auch eine Rechteckverteilung wählen.

3.2 Der sachliche Bezug

251

Die Angabe der Leistungsbereitschaft über Vorgänge/Zeitabschnitt (oder Stück/ Zeitabschnitt) ist vergleichsweise einfach, solange man sich auf identische Vorgänge oder Güter beschränkt.90 Sobald aber Individuen unterschieden werden müssen, sind für jeden Mix und jede Reihenfolge eigenständige Aussagen zu treffen: Zwar lässt sich das quantitative Leistungsvermögen eines Gebrauchsfaktors grundsätzlich durch die Anzahl der Vorgänge angeben, die unter Inanspruchnahme dieses Faktors in einem Zeitabschnitt durchgeführt werden können, aber diese Angabe wird dann unpraktikabel, wenn ein Gebrauchsfaktor einer Vielzahl von Vorgangsklassen zugeordnet werden kann und eine erschöpfende Kapazitätsaussage die Enumeration aller Kombinationsmöglichkeiten erfordern würde. Damit wird der Ursprung der Aussage, dass ein Gebrauchsfaktor bspw. „8 Stunden in einem bestimmten Zeitabschnitt Tag“ zur Verfügung steht, deutlich: Eine Leistungsbereitschaft von „8 Stunden“ ist unabhängig von einzelnen Vorgängen und wird von allen Beteiligten einheitlich interpretiert. Selbstverständlich müssen dann auch die einzelnen Vorgänge auf den gemeinsamen Maßstab „Faktoreinheit/Zeitabschnitt“, bspw. „8 Stunden/Tag“ referenzieren.91 Dabei ist streng zwischen „zeitlicher Verfügbarkeit“ im Sinne eines Kalenders mit Zeitpunkten und der quantitativen Kapazität zu unterscheiden; die Aussage „8 Stunden“ ist in diesem Zusammenhang eine Potenzial-, keine Zeitangabe. Da als Zeitabschnitt hier der Tag gewählt wurde, können über die Kapazitätsangaben keine neuen Zeitpunkte innerhalb des Tages eingeführt werden. „8 Stunden“ sind nur ein beliebig unterteilbares Maß für die Anzahl der im Zeitabschnitt „Tag“ durchführbaren Vorgänge. Kapazitätsangaben sind daher als zeitabschnittsweise Angaben zur Leistungsbereitschaft zu betrachten, deren Lage und deren Verteilung in einem Bezugszeitraum mittels des Kalenders der betrachteten Faktorklasse bzw. des betrachteten Faktors angegeben wird.92 Dies wird dann ganz besonders deutlich, wenn die quantitative Kapazität z. B. für einen Gebrauchsfaktor „Maschinengruppe“ angegeben wird. „48 Stunden/Tag“ bedeuten keine Zeitdauer von 48 Stunden, sondern ggf. „sechs Maschinen jeweils 8 Stunden/Tag“ oder „zwei Maschinen 24 Stunden/Tag“. – Das Erzeugen einer gegebenen Produktmenge erfordert eine bestimmte Einsatzmenge einer Gebrauchsfaktorklasse. Diese Einsatzmenge definiert der Produktionskoeffizient bij, der die pro Einheit des i-ten Produkts jeweils einzu90

Die Leistungsbereitschaft von zwei Getränkeautomaten, die beide nur 0,5 l-Flaschen CocaCola abfüllen, lässt sich sehr leicht vergleichen.

91

Irgendeine Geldeinheit ist auch nur eine in den Tauschhandel eingeführte Vergleichsgröße, auf die dann ausschließlich bezogen wird. Aber die im Tauschhandel erforderliche Relation zwischen jeweils zwei Tauschgütern hat sich durch die Einführung von „Geld“ erübrigt. Diese Aussage gilt genauso für Faktorknoten, die ein Lager repräsentieren. Die originäre Aussage lautet hier: Speicherfähigkeit 500 Stück von Artikel A. Die Umrechnung auf das vorhandene Lagervolumen als beliebig teilbare Größe ist auch hier erforderlich, wenn die Faktoren unterschiedlichen Volumenbedarf haben.

92

Dass „8 Stunden/Tag“ keine Zeitangabe ist, wird auch dadurch deutlich, dass kein Beginnzeitpunkt genannt und keine Aussage über die Lage der zweifellos vorhandenen Pausen gemacht wird.

252

3 Die Modelldefinition

setzende Quantität der j-ten Faktorklasse in Faktoreinheiten/Produkteinheit (bspw. Minuten/Stück als Taktzeit oder Manntage/Baugruppe) beschreibt (siehe Abschnitt 3.2.1.2). – Die Durchführung eines Vorgangs erfordert eine bestimmte Einsatzmenge einer Gebrauchsfaktorklasse. Diese Einsatzmenge definiert der Faktormengenkoeffiv zient b ij , der die pro Vorgang i jeweils einzusetzende Quantität der j-ten Faktorklasse in Faktoreinheiten/Vorgangseinheit (bspw. Minuten/Vorgang, Schichten/ Los) beschreibt. Kapazitätsangebot in Minuten / Tag

4800

Realisierung Kapazitätsbedarf in Minuten / Stück

5 Maschinen mit je 2 Schichten zu je 8 Stunden Dauer Drehen Welle1

6

Drehen Welle 2

24

Anzahl Vorgänge / Tag

Drehen Welle 1

800

Drehen Welle 2

200

Bild 3-73 Kapazitätsangebot und -bedarf

Für eine Aussage, die nach Vorgangsklassen differenziert, ist dann auf Basis einer Arbeitszeitmengenaussage eine gebrauchsfaktorspezifische Gewichtung einzelner Vorgangsklassen ausreichend (und kein (paarweiser) Vergleich jeder Vorgangsklasse mit allen anderen erforderlich). Beispiel: Ein Werker betreut gleichzeitig zwei parallel laufende Fertigungsvorgänge auf zwei Maschinen. Beide Vorgänge beanspruchen den Werker für die gesamte Vorgangsdauer, allerdings nur einen Bruchteil seiner Kapazität. Beispiel: Für eine Maschine soll eine stundengenaue Belegungsplanung durchgeführt werden, alle Zeitangaben bezüglich der Maschine erfolgen auf Stundenbasis. Entsprechend ist das Planungsraster der Maschine mit dem Zeitabschnitt 1 Stunde festzulegen. Mit dieser Zeiteinheit wird zugleich die minimale Zeitspanne festgelegt, die im gewählten Raster gemessen und ausgedrückt werden kann. Damit beträgt die Mindestdauer eines Vorgangs 1 Stunde. Bei einer realen Vorgangsdauer von lediglich 5 Minuten besteht die Möglichkeit, durch eine Herabsetzung des Kapazitätsnutzungsanteils auf 1/12 (8,33 %) eine weitere anteilige Nutzung der Maschine im gleichen Zeitraum zuzulassen und somit eine Planungsvorgabe zu erreichen, die die realen Gegebenheiten exakter widerspiegelt. Kleinste Einheiten für die Angabe der quantitativen Kapazität sind der einzelne Faktor und der einzelne Zeitabschnitt. Zusammenfassungen über mehrere Faktoren (z. B. zu einer Faktorklasse „Maschinengruppe 13“) und mehrere Zeitabschnitte (z. B. wie oben Zusammenfassung von Tagen zu Wochen) sind möglich. Detailliert die Betrachtung soweit, dass der einzelne Mensch/ die einzelne Maschine in einem geeignet detaillierten Zeitmodell je Zeitabschnitt nur einem einzigen Vorgang zugeordnet wird, dann kann der Kalender des Menschen/der Maschine direkt auf die Dauer eines Vorgangs umgerechnet werden: Ein Einsatz von 8 Stunden eines Menschen/einer Maschine entspricht in diesem Fall bei einem beispielhaft angenommenen Zeitabschnitt „Stunde“ 8 Zeitabschnitten im Kalender des Menschen/der Maschine. Besteht für einen bestimmten Zeitabschnitt eine 1:1-Zuordnung zwi-

3.2 Der sachliche Bezug

253

schen Vorgang und Faktor, dann wird demnach die vollständige Nutzung des Leistungsangebots dieses Faktors in diesem Zeitabschnitt vorausgesetzt und auf die weiterdetaillierende Aussage „Bedarf je Stunde 60 Minuten, Angebot je Stunde 60 Minuten“ verzichtet; die Chronologie/der Fabrikkalender wird ohne weitere Angabe eines Leistungsmaßes zu einer ausreichenden Beschreibung des Leistungsangebots. Dieses Verständnis von quantitativer Kapazität zielt zunächst auf Transformationsprozesse mit Einzelplatzcharakter (siehe Abschnitt 3.2.2.2). Hier besteht zwischen den Vorgängen eine Ende/Anfangs-Beziehung, bei der ein Gebrauchsfaktor erst nach Abschluss eines Vorgangs für einen zweiten bereitsteht. Bei einer Produktionslinie, in der ständig Vorgänge überlappt durchgeführt werden, wird man als Kapazitätsangabe zweckmäßigerweise keine Aussage wählen, die darauf abhebt, wie lange ein Gebrauchsfaktor in einem Vorgang gebunden ist, sondern den zeitlichen Abstand zwischen zwei Beginn- oder Endereignissen („Taktzeit“) wählen (Anfang/Anfang-oder Ende/Ende-Beziehung zwischen den Vorgängen) und damit ausdrücken, wann der Gebrauchsfaktor für den Beginn des nächsten Vorgangs zur Verfügung steht (siehe Abschnitt 3.2.2.2). Die Kapazitätsangabe je Zeitabschnitt und die Taktzeit führen dann am Punkt im Modell „Abgang“ direkt zur maximal herstellbaren Menge. Natürlich ist diese Aussage entsprechend zu relativieren, wenn unterschiedliche Produkte unterschiedliche Taktzeiten und daher eine entsprechende Umrechnung bedingen.93 Laufende Vorgänge am 29.4. um 8:07 Uhr: Vorgang 1 Vorgang 2

Leistungsbereitschaft Arbeitszeiten Personal Mo-Fr 8:00-16:00 Vorgang Startzeitpunkt Vorgang 1 Vorgang 2 Vorgang 3 Vorgang 4

29.4. 8:00 29.4. 8:05 29.4. 8:10 29.4. 10:10

Leistungsbereitschaft Arbeitszeiten Personal Mo-Fr 8:00-16:00

Vorgangs-Klasse: Welle fertigen 1 Rohteil

1 Welle

Vorgang

Dauer: 10 min Max. 20 Vorgänge je Tag Zählpunkt Startereignisse

Vorgang 1 Vorgang 2 Arbeitssystem gerüstet Vorgang 3 Vorgang 4 Zählpunkt Endereignisse

Endzeitpunkt 29.4. 8:10 29.4. 8:15 29.4. 8:22 29.4. 10:10

Wellenfertigung (Vorgangsknoten)

Bild 3-74 Modellierung einer Vorgangsklasse am Beispiel einer Wellenfertigung Beispiel: Der Vorgangsknoten „Wellenfertigung“ (siehe Bild 3-74) repräsentiert die

Menge aller Vorgänge der Vorgangsklasse „Welle fertigen“, in denen ein Rohteil in

93

Siehe auch die Vorgabe von jeweils einem Kalender für den Zugang und den Abgang einer Fertigungslinie in Abschnitt 3.1.1, Beispiel 4. Dieses Beispiel geht implizit von einem Gebrauchsfaktor für den Zugang und einem anderen Gebrauchsfaktor für den Abgang aus.

254

3 Die Modelldefinition

einem Arbeitssystem zu einer Welle verarbeitet wird. Im Arbeitssystem können pro Tag nur eine begrenzte Anzahl an Wellen (20) gefertigt werden. Diese Begrenzung ist über die Klassenrestriktionen abzubilden. Die zugehörigen Kalender geben das Planungsraster und die generellen Arbeitszeiten des Arbeitssystems vor, über die implizit bspw. die Anwesenheitszeiten eines Werkers ausgedrückt werden. Vorgangsknoten Zeitabschnitt > Vorgangsdauer

Zeitabschnitt < Vorgangsdauer

Restriktion / Grenze

Verbrauchsfaktorknoten

Vorgänge

Mengenplanung Zeitabschnitt

Produktknoten

Terminplanung Zeitabschnitte

Bild 3-75 Kapazitätsrestriktionen abhängig von Vorgangsdauer und Zeitabschnitt

Diese Aussagen zum Leistungsvermögen sind hinsichtlich des zeitlichen Aspekts zu differenzieren. Wenn gilt Zeitabschnitt > Vorgangsdauer bzw. Taktzeit, dann ist in einem Zeitabschnitt einem Gebrauchsfaktor eine Menge von Vorgängen zuzuordnen (siehe Bild 3-75). Dies kann eine Einzelauflistung von Vorgängen sein, die aus Sicht eines Gebrauchsfaktors durchgeführt bzw. begonnen werden können. Dies wird ggf. zu den oben angesprochenen Schwierigkeiten führen. Sind die Vorgänge alle identisch, wird man einfach die Anzahl der Vorgänge angeben: 500 Montagevorgänge / Schicht t. Ist das Leistungsangebot je Zeitabschnitt unterschiedlich und/oder die Kombinationsvielfalt zu hoch, hilft nur noch die Umrechnung auf ein gemeinsames Maß: Es stehen je Schicht t yt Minuten zur Verfügung und jeder Vorgang macht eine Angabe, wieviel er von diesem Leistungsmaß in Anspruch nimmt (Vorgang 4711 3 Min. und Vorgang 4712 4 Minuten). Dies entspricht den Denkkategorien eines kombinierten Zeitpunkt-/Zeitraummodells (siehe Abschnitt 3.1.2), wie es in der Mengenplanung (siehe Abschnitt 4.1.1) eingesetzt wird. Gilt dagegen Zeitabschnitt < Vorgangsdauer oder Zeitabschnitt < Taktzeit, dann wird ein bestimmtes Betriebsmittel von einem Vorgang bspw. über 5 Zeitabschnitte belegt. Es ist also eine Menge von Zeitabschnitten mit möglicherweise unterschiedlichem Leistungsmaß einem Vorgang zuzuordnen (Beispiel: Vorgang 1 erfordert 500 Min., in Schicht 1 stellt Gebrauchsfaktor j 100 Min., in Schicht 2 80 Min. bereit). Auch hier könnte wieder eine explizite Angabe der Zeitabschnitte erfolgen, die zusammen genau die Durchführung eines bestimmten Vorgangs ermöglichen (was natürlich aus Sicht des Vorgangs zu keiner zusammenhängenden Durchführung führen würde). Besitzen alle Zeitabschnitte dasselbe Leistungsangebot (z. B. alle 100 Min.) und haben die Vorgänge ei-

3.2 Der sachliche Bezug

255

nen Kapazitätsbedarf, der einem ganzzahligen Vielfachen des Kapazitätsangebots eines Zeitabschnitts entspricht, dann reicht die Angabe „5 Zeitabschnitte“ (und ein Zeitpunktmodell ist völlig hinreichend, weil der Zeitabschnitt nicht detaillierend betrachtet werden muss). Ein Zeitabschnitt umfasst dann 1/5 des Leistungsbedarfs dieses Vorgangs. Ist die Angabe „Gebrauchsfaktor x kann in Zeitabschnitt 4 1/20 Vorgang A ∨ 1/10 Vorgang B ∨ 1/5 Vorgang C ∧ 1/6 Vorgang D...“94 zu umständlich, hilft wieder die Umrechnung auf ein gemeinsames Maß: Ein Gebrauchsfaktor stellt 8 Std. in einer bestimmten Schicht bereit und ein Vorgang benötigt 40 Stunden. Die Lage des Endtermins im (gregorianischen oder Betriebs-) Kalender ist dann abhängig vom Starttermin des Vorgangs und der ab diesem Zeitpunkt geltenden Leistungsbereitschaft zu berechnen.95 Die Kapazitätsaussage ist in Verbindung mit der Wahl des Zeitabschnitts geeignet, für jeden Vorgang ausgehend vom Start den Endtermin zu berechnen; für den Vorgang wird die Zuordnung zu Zeitpunkten im Kalender gesucht. Damit gelten für diesen zweiten Fall (Kapazitätsbedarf ist ganzzahliges Vielfaches der Leistungsbereitschaft eines Zeitabschnitts) die Kategorien eines Zeitpunktmodells. Bspw. führt die Aussage „20 Std. /Tag“ im ersten Fall zu 500 Vorgängen/Tag, im zweiten Fall zu einem Vorgang, der an einem bestimmten Tag als einziger einem Gebrauchsfaktor zugeordnet ist und dessen Kapazitätsbedarf durch diesen Gebrauchsfaktor um 20 Stunden an diesem Tag reduziert wird. Im zweiten Fall dauert ein Vorgang mehrere Zeitabschnitte, während im ersten Fall alle Vorgänge innerhalb des gewählten Zeitabschnitts begonnen und beendet werden.96 Dieser einfachste Fall lässt sich wieder erweitern. So können im ersten Fall die Vorgänge mehrere Zeitabschnitte dauern oder im zweiten Fall einem Betriebsmittel in einem Zeitabschnitt mehrere Vorgänge zugeordnet werden (siehe Abschnitt 3.2). Die hier angesprochenen Sachverhalte werden in der Literatur unter der Überschrift „big bucket“ / „small bucket“ systematisiert (siehe bspw. [TEM06, FLEI94]). „Big“ und „small“ bucket drücken dabei aus, wie die Länge eines Zeitabschnitts des Kalenders, der einem Produktionssystem, einem Knoten oder einem Punkt im Modell zugeordnet ist, in Relation zur Ereignisdichte in der originären Produktion gesetzt wird.97 Ein Ereignis ist in unserem hier vorliegenden Fall entweder ein Zugang/Abgang eines individuellen Faktors an einem Faktorknoten oder der Beginn/das Ende eines bestimmten Vorgangs oder ein Zugang/Abgang einer bestimmten Menge identischer Faktoren einer Faktorklasse oder der Beginn/das Ende der Bearbeitung einer bestimmten Menge identischer Vorgänge einer Vorgangsklasse. Im big bucket Fall kann in einem Zeitabschnitt eine beliebige Anzahl von Ereignis94

Diese Art der Kapazitätsangabe ist in der Automobilmontage gebräuchlich. Dort wird die Kapazität mit „20 Autos mit Klimaanlage und 50 Autos mit Anhängerkupplung/Tag“ angegeben, was prompt zu Problemen führt, wenn ein Auto mit Klimaanlage auch eine Anhängerkupplung hat und von dieser Sorte 5 Autos nacheinander montiert werden müssen.

95

Die Dauer eines Vorgangs als Anzahl Zeitabschnitte in einem (externen) Kalender hängt damit von der Zuordnung zu Zeitabschnitten ab. Damit „dauern“ Zeitabschnitte unterschiedlich lange (siehe auch „Intensität“ in Abschnitt 3.2.2.3).

96

Siehe die Aussagen zur Belegung in Abschnitt 3.1.2 und zur Mengen- und Terminplanung in Kapitel 4.

256

3 Die Modelldefinition

sen, im small bucket Fall jedoch höchstens ein singuläres Ereignis eintreten (siehe z. B. [TEM06, FLPO88]). Ereignis =

big bucket Individueller Vorgang / Faktor

Vorgangs- / Faktorklasse

small bucket Individueller Vorgang / Faktor

Vorgangs- / Faktorklasse

Abgang/ Zugang oder Beginn/ Ende Ereignisdichte

n Vorgangs- / Faktorklassen mit mn identischen Ereignissen / Zeitabschnitt Abstand zwischen zwei 0 Zeitabschnitte für die einem Zeitabschnitt Ereignissen am selben zugeordneten Ereignisse Punkt im Modell Abstand zwischen 1 Zeitabschnitt Beginn / Ende eines Vorgangs / Loses Zuordnungsdichte Zuordnung einer Vorgangs-Klasse ggf. in jedem Zeitabschnitt des Planungshorizonts Zuordnungsaufgabe

n individuelle Ereignisse / Zeitabschnitt

Zuordnung eindeutig bestimmter Ereignisse zu einem Zeitabschnitt (Ereignisse je Klasse zusammenhängend) Fall 1

Fall 2

< 1 individuelles Ereignis / Zeitabschnitt

< 1 individuelles Los (mit l identischen Ereignissen) / Zeitabschnitt

> 1 Zeitabschnitt

> 1 Zeitabschnitt

Zuordnung einer Vorgangs-Klasse nur zu einer Teilmenge der Zeitabschnitte des Planungshorizonts Zuordnung von zusammenhängenden, eindeutig bestimmten Zeitabschnitten zu einem Ereignis Fall 1

Fall 2

Kapazitätsangebot

Kapazitätsbedarf Zeitabschnitt t keine Reihenfolge der Ereignisse über Zuordnung zu Kalender Abstimmung von n Bedarf je Ereignis = Angebot Zeitabschnitt Bedarf und Angebot keine „Vorgänge in Arbeit“ zu Ende Zeitabschnitt; auf ganzzahlige Anzahl kein Vorgang mit 2 Zeitabschnitten Ereignisse bzw. auf ganzzahlige Anzahl Beispiel: Zeitabschnitte n Taktzeit = Dauer Zeitabschnitt Rest = ganzzahlige Anzahl Ereignisse kein Übertrag von Rest! Ergebnis

97

Zeitabschnitt t Reihenfolge der Ereignisse über Zuordnung zu Kalender Bedarf je Ereignis = n Angebot Zeitabschnitt kein Zeitabschnitt mit 2 Ereignissen (Beginn / Ende!) Beispiel: Vorgangsdauer = n Dauer Zeitabschnitt Rest = ganzzahlige Anzahl Zeitabschnitte

Die Bezeichnung „big bucket“ / „small bucket“ wird üblicherweise nur bei Fragestellungen des Capacitated Lotsizing verwendet. Die damit angesprochene Fragestellung tritt aber genauso bei einer Mengenplanung ohne jegliche Restriktionen auf (siehe Abschnitt 4.3.1). Wird der Zeitabschnitt groß genug gewählt, ist keine Losgrößenbildung über einen Zeitabschnitt hinaus mehr möglich. Wählt man in einer Terminplanung den Zeitabschnitt nur groß genug, dann sind in einem Zeitabschnitt mehrere Vorgänge einzuplanen, für die innerhalb des Zeitabschnitts keine Aussage über die Reihenfolge gemacht werden kann.

3.2 Der sachliche Bezug Abstimmung nicht ganzzahlig, Verwendung eines Umrechnungsmaßstabs (z. B. Min / Zeitabschnitt)

a) Mit Nutzung des Rests / Übertrag

257

a) Mit Nutzung des Rests / Übertrag

Rest ~> Ereignisse über 2 Zeitabschnitte Rest b) ohne Nutzung von Rest / kein Übertrag

~> 2 Ereignisse (Beginn + Ende) in Zeitabschnitt b) ohne Nutzung von Rest / kein Übertrag

zu Ende Zeitabschnitt keine Vorgänge in Arbeit

Genauigkeit Beispiele

großer dispositiver Spielraum, großer Planungsfehler Capacitated Lotsizing CLSP Belastungsorientierte Auftragsfreigabe BOA Freigabeverfahren

kleiner dispositiver Spielraum, kleiner Planungsfehler Discrete Lotsizing Problem DLSP Proportional Lotsizing and Scheduling Problem PLSP Continuous Setup Lotsizing Problem CSLP Netzplantechnik Scheduling Kapazitätsterminierung mit Kap.bedarf je Vorgang

Bild 3-76 Charakteristika von big bucket- und small bucket-Modellen

Die bisherigen Aussagen betreffen einen einzelnen Gebrauchsfaktor oder eine Gebrauchsfaktorklasse, die gesamthaft und ohne Differenzierung in einzelne Faktoren betrachtet wird (bspw. „Gebrauchsfaktor“ Maschinengruppe mit 40 Std./Zeitabschnitt). Hier ist noch der Fall zu beleuchten, dass ein Ereignis zwar einer Gebrauchsfaktorklasse bzw. einem Gebrauchsfaktorknoten zugeordnet wird, innerhalb der Gebrauchsfaktorklasse bzw. des Gebrauchsfaktorknotens aber eine differenzierte Betrachtung der einzelnen (identischen oder individuellen) Faktoren vorgenommen wird (bspw. Zuordnung eines Vorgangs zu einer bestimmten, z. B. der am frühesten verfügbaren Maschine aus einer Maschinengruppe „Dreherei“). Im small bucket Fall ist hier der „aktuell verfügbare Bestand“ und der „aktuell mögliche Fluss“ an Gebrauchsfaktoren zu führen. Ab der ersten Belegung, die für die einzelnen Faktoren zu einer Differenzierung hinsichtlich des noch verfügbaren Kapazitätsangebots führt, sind die einzelnen Faktoren zu unterscheiden (gegenständliche Darstellung des Gebrauchsfaktors; siehe auch Abschnitt 2.2.2, Bild 2-7). Im big bucket Fall ist der „aktuelle Bestand“ und der „aktuell mögliche Fluss“ keine relevante Größe: Da ein Gebrauchsfaktor in der Realität nach Beendigung eines Vorgangs sofort in den Ausgangszustand des Faktorknotens zurückkehrt, kann er bei einer entsprechend kurzen Durchlaufzeit bzw. einem entsprechend großen Zeitabschnitt bis zum Ende des betrachteten Zeitabschnitts ggf. mehreren Vorgängen zugeordnet werden (bspw. 200 Vorgänge/Schicht, siehe oben). Damit ist der aktuelle Bestand an Faktoren nur dann als Aussage über die durchführbaren Vorgänge geeignet, wenn zwischen den zwei Zeitpunkten eines Zeitabschnitts je Gebrauchsfaktor nur ein Vorgang begonnen bzw. beendet werden kann (bspw. Vorgangsdauer 6 Zeitabschnitte)98. Wenn die Zeitpunkte bspw. ein Tagesraster darstellen und die 98

Wie in Abschnitt 3.1.2 ausgeführt: Bestände können nur zu den im Zeitmodell geführten Zeitpunkten ausgewiesen werden. Während des Zeitabschnitts ist keine Bestandsaussage möglich.

258

3 Die Modelldefinition

Vorgänge einen Kapazitätsbedarf von einem 1/8 Tag anmelden, dann kann in diesem big bucket Fall (siehe Bild 3-76) nur ausgesagt werden, dass zwischen Beginn und Ende eines Tages in einem seriellen Fertigungsprozess 8 solche Vorgänge durchgeführt werden können, die im Modell parallel durchgeführt werden, ein Achtel der am Tag zur Verfügung stehenden Kapazität benötigen und im Modell alle zum Zeitpunkt „Beginn des Tages“ beginnen und alle zum Zeitpunkt „Ende des Tages“ enden. Damit stehen in diesem Fall alle Potenzialfaktoren einer Potenzialfaktorklasse / eines Potenzialfaktor-Knotens zu Beginn eines jeden Zeitabschnitt ohne Belegung durch einen Vorgang zur Verfügung. Die Kapazitätsaussage bezieht sich daher immer auf die Gebrauchsfaktorklasse / den Gebrauchsfaktorknoten. Eine Differenzierung nach einzelnen Faktoren macht keinen Sinn (Darstellung des Kapazitätsangebots als Potenzial; siehe auch Abschnitt 2.2.2, Bild 2-7).99 In Bild 3-75 können Beschränkungen für die Bestände in den Knoten und die Flüsse zwischen den Knoten vorliegen. Diese Beschränkungen können qualitativer und/oder quantitativer Natur sein. Bisher wurde festgelegt, dass Beschränkungen qualitativer Natur explizit durch die Beschreibung der dem Knoten zugeordneten Klassen angesprochen werden. Diese Beschränkung kann jedoch auch implizit durch eine Regel erfolgen. Quantitative Beschränkungen sind üblicherweise Angaben zu Mindest- oder Maximalbeständen (z. B. Maximale Anzahl Maschinen bzw. Fördermittel). Diese Beschränkung kann aber auch eine komplexe Kombination unterschiedlicher Faktoren aus den unterschiedlichsten Klassen sein. Beschränkungen qualitativer Natur an den Kanten werden explizit durch den Vorgangsknoten bzw. die zugeordneten Faktorknoten ausgedrückt. Quantitative Beschränkungen sind üblicherweise Ober- und Untergrenzen. Für einen Vorgangsknoten dürfen z. B. maximal drei Maschinen bereitgestellt werden, maximal 5 Werker können bei Vorgang X eingesetzt werden. Auch hier können Beschränkungen in Form von Regeln angegeben werden. Unterschiedliche Eignungen für unterschiedliche Vorgangsklassen lassen sich wie die Abstufung der Gebrauchsfaktoren untereinander über einen Leistungsgrad ausdrücken. Dieser Leistungsgrad kann ohne Einschränkung für alle Vorgangsklassen, denen ein Gebrauchsfaktor zugeordnet ist, gelten und die Leistungsbereitschaft generell mindern oder erhöhen. Kapazitätsangebot Maschine 1 in Minuten / Schicht Kapazitätsbedarf Drehen Welle 1 in Minuten / Stück

480 6

Leistungsgrad Anzahl Vorgänge / Schicht

50% 40

Bild 3-77 Leistungsgrad

Somit kann für die quantitative Kapazität wie folgt zusammengefasst werden: Auf Klassenebene ist im big bucket Fall nur eine gesamthafte Aussage (Potenzial99

Kehrt dagegen ein Gebrauchsfaktor nach einem Vorgang nicht unmittelbar in den Anfangszustand zurück (z. B. weil ein Bohrer nach jedem Vorgang geschliffen werden muss), dann muss dieser Sachverhalt mit einer detaillierten Modellierung des technischen Ablaufs in der Zeit beschrieben werden. Unterschiede zum beschriebenen Verhalten der Verbrauchsfaktoren bestehen dann nicht (siehe small bucket).

3.2 Der sachliche Bezug

259

angabe je Gebrauchsfaktorklasse bzw. je Gebrauchsfaktorknoten) sinnvoll, während im small bucket Fall dann, wenn eine Menge ansonsten identischer Faktoren zu betrachten ist, der zu einem Zeitpunkt vorhandene Bestand an Faktoren und die zu diesem Zeitpunkt gültigen Bestandsober- und -untergrenzen sowie der in einem Zeitabschnitt mögliche minimale/maximale Strom an Faktoren zu betrachten sind. Auf Faktorebene ist die quantitative Kapazität eines Gebrauchsfaktors durch dessen Kalender, durch die in einem Zeitabschnitt geltende Leistungsbereitschaft und den - ggf. nach Vorgangsklassen differenzierten - Leistungsgrad bestimmt. Ein Faktor kann dabei auch eine nur summarisch betrachtete nicht differenzierte Menge einzelner Individuen repräsentieren. Die Umrechnung der quantitativen Kapazität in Produkte oder Vorgänge erfolgt über den Produktions- oder Faktormengenkoeffizient: Kapazität einer Faktorklasse = v

m Faktoren ⋅ b ( Arbeitszeitmengeneinheiten/Vorgang ) ⋅ n Vorgänge ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- = Zeitabschnitt ⋅ Faktor a Arbeitszeitmengeneinheiten / Zeitabschnitt Es gilt für big bucket: n > 1; es gilt für small bucket: n < 1 + Quantitative Kapazität der Gebrauchsfaktorklasse Arbeitskraft Die Arbeitszeit als der individuelle (Werks-) Kalender einer Arbeitskraft wird über die Arbeitszeitmenge sowie deren Lage und Verteilung in einem Bezugszeitraum festgelegt (siehe z. B. [MARR87], [WAGN95]). Gebräuchliche Konzepte sind – Schichtmodelle – gleitende Übergänge in der Berufsbiographie – Gleitzeit mit Kernarbeitszeit und Gleitzeitspanne, in der die Arbeitskraft selbst bestimmen kann – Monats-/Jahresarbeitszeitvertrag mit einer in gegenseitiger Vereinbarung und/ oder durch den Abruf des Unternehmens festgelegten Chronometrie und/oder Chronologie, ggf. mit der Gleitzeitspanne, in der der Werker selbst bestimmen kann. Insbesondere die letzten Spiegelstriche sprechen eine außerordentlich wichtige Fragestellung an: Ist der Umfang der Leistungsbereitstellung abhängig oder unabhängig von der (geplanten) Outputmenge eines Produktionssystems in einem bestimmten Zeitraum?100 Eine beliebige Skalierung/Teilbarkeit hängt von der Maßgröße ab, in der das Leistungsangebot eines Faktors/einer Faktorklasse gemessen wird. Wird das Leistungsangebot z. B. in Stunden angegeben und kann dieses Leistungsangebot in seinem Umfang in Abhängigkeit von der herzustellenden Outputmenge variiert werden, so gehören die betrachteten Arbeitskräfte zu den outputabhängig disponierbaren, nicht abnutzbaren Gebrauchsfaktoren. Stehen dagegen die Arbeitskräfte je Tag jeweils 8 Stunden, also immer ganze Tage sowie jeweils 5 Tage je Woche zur 100

Beispiel: Die Anwesenheitszeit einer Verkäuferin gilt nur als Arbeitszeit und damit als Kapazitätsangebot, wenn Kunden im Verkaufsraum sind.

260

3 Die Modelldefinition

Verfügung und kann dies nicht verändert werden, dann ist ihr Einsatz nicht outputabhängig disponierbar und ihr Leistungsangebot ist nicht teilbar. Die Frage nach der Übertragbarkeit eines nicht genutzten Kapazitätsangebots schließt hier unmittelbar an; Gleitzeitkonten und Jahresarbeitszeitmodelle enthalten genau diese Fragestellung. Hier ist zu definieren, zu welchen Zeitpunkten bilanziert, für welche Zeiträume die Inanspruchnahme fixiert (bspw. wird der Schichtkalender eines Produktionssystems für die jeweils nächste Woche fixiert) und in welchem Umfang übertragen wird (Werker geht heute zwei Stunden früher und bleibt morgen zwei Stunden länger). Erfolgt die Kapazitätsangabe summarisch, ist die Übertragbarkeit leicht darzustellen, da nur der aktuelle Kapazitätseinsatz je Zeitabschnitt abgezogen werden muss ((Rest-)Kapazitätsangebot / Jahr neu = Restkapazitätsangebot / Jahr alt - Leistungsumfang im Zeitabschnitt; vgl. Fortschrittszahlen in Abschnitt 3.1.2). Bei einer zeitabschnittsweisen Betrachtung muss das Mehr oder Weniger nach jedem Zeitabschnitt auf die resultierende Differenz verbucht werden: Im Falle der Übertragbarkeit erhöht das nicht genutzte Kapazitätsangebot die Leistungsbereitschaft in den folgenden Zeitabschnitten, und es entsteht ein zusätzlicher „Bestand“ an Leistungsvermögen. Ist das Kapazitätsangebot nicht übertragbar, so fließt das Potenzial, Arbeit zu leisten, das nicht genutzt wurde, am Ende des Zeitabschnitts über die Systemgrenze ab. Eine Übertragbarkeit von Leistungsangeboten auf andere Zeitabschnitte ist aber nur dann möglich, wenn diese noch aufnahmefähig sind: An einem Tag, an dem ein Werker bereits 24 Stunden arbeitet, kann er nicht noch weiteres Leistungspotenzial anbieten. Voraussetzung für eine Übertragbarkeit sind demnach noch erschließbare Reserven im Kalender und/oder im Leistungsangebot. + Quantitative Kapazität der Gebrauchsfaktorklasse Betriebsmittel Die Begrenzungen des Kapazitätsangebots eines Betriebsmittels entstehen zum einen durch die (noch verfügbare) Standzeit, durch Wartungsintervalle, durch die Lebensdauer usw. Hier ist festzulegen, wie am Ende dieses Leistungspotenzials (das wieder als Anzahl Ereignisse/Vorgänge oder als Einsatzzeit angegeben werden kann) zu verfahren ist. Verlässt der Faktor bei Erreichen einer derartigen Grenze den Vorgang oder verbleibt er bis zum Vorgangsende? Wie wird eine Reststandzeit behandelt, die ein bestimmtes Mindestmaß unterschreitet? Zum anderen entstehen Begrenzungen durch das Bedienungspersonal: Eine Maschine steht grundsätzlich jeden Tag im Jahr 24 Stunden zur Verfügung; dieses Leistungsangebot wird durch das Bedienungspersonal möglicherweise auf 8 Stunden/Tag und 5 Tage je Woche reduziert. Wird bei der Kapazitätsangabe nicht nach Personal und Maschine differenziert, muss diese Reduzierung direkt auf das Leistungsangebot einer Maschine abgebildet werden. Damit ist aber ein Leistungsangebot einer Maschine nicht (als Faktor, der täglich 24 Stunden und 365 Tage im Jahr zur Verfügung steht) bzw. nur unter der Annahme einer derartigen Einschränkung übertragbar. Auch hier kann wieder ein Leistungsgrad als Vergleichsglied eingeführt werden: Zwar arbeiten alle Sägemaschinen 8 Stunden je Zeitabschnitt „Schicht“, aber die Schnittgeschwindigkeit ist unterschiedlich.101 Völlig identisch wirkt sich aus, wenn eine Maschine bei einem Zeitabschnitt „Schicht“ grundsätzlich 4 Stunden länger als

3.2 Der sachliche Bezug

261

die anderen Maschinen läuft. Auf der Basis einer 8-Stunden-Schicht wäre hier der Leistungsgrad mit 150 % anzusetzen; je Zeitabschnitt wird das 1,5-fache des Üblichen geleistet. Beispiel: Leistungsvermögen eines Bearbeitungszentrums – Qualitative Kapazität (Leistungsfähigkeit) Frage: Für welche Vorgangsklassen besitzt das Betriebsmittel „Bearbeitungszentrum“ die erforderlichen technologischen Voraussetzungen? Beispiel: Das Bearbeitungszentrum ist aus technologischer Perspektive für die Durchführung eines Drehvorgangs geeignet, wenn es mit einem entsprechenden Drehmeißel gerüstet ist. – Quantitative Kapazität (Leistungsbereitschaft) Frage: In welchen Zeitabschnitten steht das Bearbeitungszentrum für die Durchführung der Produktionsvorgänge zur Verfügung? Beispiel: Der Betriebskalender sieht grundsätzlich 3 Schichten je Tag als Zeitabschnitte vor. Alle Bearbeitungszentren werden zwei Schichten je Arbeitstag (Montag bis Freitag) eingesetzt, wobei das betrachtete Bearbeitungszentrum jeweils dienstags in der zweiten Schicht wegen Wartungs- und Reparaturarbeiten nicht zur Verfügung steht. Tag Mo Di

Mi

Tag

Do Fr

Sa So Mo Di

Mo Di

1

Mi

Do Fr

Sa So Mo Di

1

Schicht 2

Schicht

3

2 3

Kalender der Klasse „Bearbeitungszentren“

Kalender des Bearbeitungszentrums

Frage: Für wieviele der technologisch zulässigen Produktionsvorgänge und in welcher Kombination kann das Bearbeitungszentrum in dem verfügbaren Zeitraum eingeplant werden? Beispiel: Das Bearbeitungszentrum habe unter Berücksichtigung von Ausfallzeiten einen Nutzungsgrad von 90 %. Dementsprechend können bei einem Faktorbedarf von 6 Minuten/Stück auf dem bereits gerüsteten Bearbeitungszentrum für den Zeitraum einer Stunde neun Vorgänge mit einer Dauer von je sechs Minuten eingeplant werden. Tag Mo 1 Schicht 2

Di

Mi

Do

Fr

Sa

So

Mo

Di

432 432 432 432 432

432 432 Minuten/Schicht

432

432

432 432 432

3 Kalender des Bearbeitugszentrums

101

Was möglicherweise Einfluss auf die Standzeit - sowohl im Stück als auch in Schichten - haben kann (siehe Auslegung der Leistungsbereitschaft).

262

3 Die Modelldefinition

– Verfügbarkeit von Verbrauchsfaktoren + Qualitative Kapazität von Verbrauchsfaktoren Die „Leistungsfähigkeit“ einer Verbrauchsfaktorklasse ergibt sich aus der Menge der Vorgangsklassen, in deren Transformationsprozesse dieser Verbrauchsfaktor unter Einhaltung der an den Output gestellten Anforderungen einfließen kann. Wie bei Gebrauchsfaktoren können über die Zuordnung durch Kanten hinaus Eignungsprofile (geometrische, physikalische, optische usw. Eigenschaften) für die Verwendung in bestimmten Vorgangsklassen (und damit indirekt für die Verwendung in bestimmten Produkten) angegeben werden.102 + Quantitative Kapazität von Verbrauchsfaktoren Abhängig von seinem Beginn bindet ein Vorgang einen Gebrauchsfaktor für ein bestimmtes Zeitintervall. Während dieses Zeitraums ist ein Gebrauchsfaktor mit einem bestimmten Anteil seiner Leistungsbereitschaft gebunden; in der Regel kann er anschließend von weiteren Vorgängen als Element der ursprünglichen Faktorklasse genutzt werden. Dieser Sachverhalt ist bei Verbrauchsfaktoren naturgemäß anders. Während die (eigenen) Gebrauchsfaktoren mit Ausnahme einer Neuanschaffung oder Deinvestition bzw. der Neueinstellung oder dem Ausscheiden eines Mitarbeiters einen geschlossenen Kreislauf bilden und zu Ende eines Vorgangs bzw. zu Ende eines Zeitabschnitts in eine Gebrauchsfaktorklasse mit dem Zustand verfügbar/nicht belegt zurückkehren, um im selben Zeitabschnitt/in folgenden Zeitabschnitten mit (vermindertem/neuem) Leistungspotenzial bereitzustehen, durchlaufen die Verbrauchsfaktoren das Produktionssystem in Richtung des Produktionsfortschritts (mit der Ausnahme „Nacharbeit“), ohne jemals in einen früheren Zustand zurückzukehren. 103 Ein Leistungsmaß, das eine temporäre Bindung eines Verbrauchsfaktors in einem Vorgang ausdrückt, ist bei Verbrauchsfaktoren daher irrelevant - der Zugang eines Verbrauchsfaktors zu einem Vorgangsknoten ist ein endgültiger, kein zeitweiliger Abgang von einem Faktorknoten. Der Bestand (in Stück, m², m³, ...) in einem Verbrauchsfaktor-Knoten repräsentiert die auf den vorangehenden Produktionsstufen geleistete Arbeit, die ihrerseits v über den Produktionskoeffizienten bij oder den Faktormengenkoeffizienten b ij das Potenzial beschreibt, auf der nächsten Produktionsstufe weitere Arbeit zu leisten.104 Gelten am Verbrauchsfaktorknoten sonst keine Restriktionen, kann dieses Potenzial zum einen beliebig übertragen und zum anderen in einem einzigen Zeitabschnitt/zu einem einzigen Zeitpunkt - auch in unbegrenzter Höhe - aus dem Ver102

Siehe die Regeln in einer offenen Variantenstückliste in Abschnitt 3.2.1.2.

103 Aussagen wie „8 Stunden/Tag“ machen bei einem Verbrauchsfaktor wenig Sinn, weil Material

(normalerweise, nicht bei Rücklieferungen) nicht in den Ursprungszustand zurückkehrt. Aber hier lässt sich auch der Umkehrschluss tätigen: Wenn ein Bohrer nach jedem Vorgang 2 Tage lang in einer separaten Kostenstelle „Schleiferei“ geschliffen werden muss, dann macht die Aussage „8 Stunden/Tag“ für diesen Bohrer auch keinen Sinn! Hier ist lediglich der Sachverhalt anzugeben, dass dieser Bohrer wie Material in einem bestimmten Zustand zur Verfügung steht. 104 Es

ist möglich, eine strenge Analogie zur Physik aufzubauen.

3.2 Der sachliche Bezug

Gebrauchsfaktor Verfügbarkeit/Kapazität = ∞ durch Taktzeit = 0 + unendlich schneller Kreislauf durch Dauer = 0 möglich ortsfest

Maschine

263

Verbrauchsfaktor Verfügbarkeit = ∞ durch Taktzeit = 0 + unendlich schneller Zustrom weiterer Faktoren möglich

ortsveränderlich

Bohrer, der wieder geschliffen wird

Grenze Produktionssystem

Bild 3-78 Quantitative „Kapazität“ bei Gebrauchs- und Verbrauchsfaktoren

brauchsfaktorknoten abgezogen werden. Das Kapazitätsangebot eines Gebrauchsv faktorknotens als das über den Kapazitätsbedarf b ij in Faktoreinheiten/Vorgang umgerechnete Potenzial, Arbeit zu leisten, ist dagegen im Normalfall weder übertragbar noch je Zeitabschnitt unlimitiert.105 Die quantitative Kapazität eines Gebrauchsfaktorknotens beschreibt daher die mögliche Leistung, also die je Zeitabschnitt leistbare Arbeit, die nicht durch einen Übertrag gesteigert werden kann106, während der verfügbare Bestand die geleistete Arbeit, also das Produkt aus Leistung und Zeit darstellt. Wenn das im Verbrauchsfaktorknoten angesammelte Potenzial aufgebraucht ist, dann kann ein Verbrauchsfaktorknoten maximal den zeitabschnittsweisen Zugang weitergeben. Dieser Zugang ist in der Regel nicht beliebig steigerbar107, vor allem dann, wenn die Kapazitätsangebote auf den vorgelagerten Stufen begrenzt sind. Die in einem Zeitabschnitt geltenden Begrenzungen des Potenzials, Arbeit zu leisten, resultieren bei einem Verbrauchsfaktor daher einerseits aus der Endlichkeit der bereits angesammelten geleisteten Arbeit und andererseits aus der Unmöglichkeit, für einen unendlichen Nachschub zu sorgen (auch wenn das dem Knoten zugeordnete Lager einen unendlichen Durchsatz bewältigen könnte): Restriktionen bei einer Verbrauchsfaktorklasse sind einerseits die Resultierende aller Restriktionen der vorangehenden Produktionsstufen und andererseits die noch nicht abgerufene bzw. bereits erfolgte Arbeitsleistung (Bestand) in der Faktorklasse. Damit macht die „Taktzeit“ für Materialien ggf. Sinn: Unterschiedliche Materialien können aufgrund ihrer Anliefercharakteristik unterschiedliche Taktzeiten bedingen und damit den Ereignisstrom im Sinne einer Restriktion prägen. 105

Damit ist der Produktionskoeffizient bij für Verbrauchs- und Gebrauchsfaktoren bewusst identisch gewählt - es handelt sich um denselben Sachverhalt (siehe Abschnitt 3.2.1.2, Erzeugnisstruktur).

106 Ein

Elektromotor kann seine Leistung auch nicht steigern, wenn er in einem vorangehenden Zeitabschnitt nicht genutzt wurde. Dies gilt natürlich nicht, wenn die Leistungsbereitschaft grundsätzlich kumulativ angegeben wird!

107

Auch wenn die einfachsten Verfahren zur Nettobedarfsermittlung (siehe Abschnitt 5.1.1) das so annehmen.

264

3 Die Modelldefinition

min | max Taktzeit Zugang min | max Zugang min | max Taktzeit Abgang min | max Abgang

Verbrauchsfaktorknoten

Resultierende aus Gebrauchsund Verbrauchsfaktor-Angeboten min | max Bestand Leistungsvermögen Produktionsstufe i - 1

Leistungsvermögen Produktionsstufe i - 2

min | max Kapazitätsangebot min | max Bestand Leistungsvermögen Produktionsstufe i

Gebrauchsfaktorknoten

Bild 3-79 Begrenzung der Verfügbarkeit von Verbrauchsfaktoren

Die Restriktionen einer Gebrauchsfaktorklasse sind dagegen ausschließlich Restriktionen der betrachteten Produktionsstufe. Sie drücken aus, wie viele Vorgänge auf der betrachteten Stufe je Zeitabschnitt durchgeführt werden können. Dieses Potenzial kann nicht - zumindest nicht kurzfristig - über einen Zustrom von Faktoren verändert werden.108 Völlig analog im Sinne einer Restriktion, die das Potenzial, Arbeit leisten zu können, begrenzt, kann der Sachverhalt gesehen werden, dass ein Vorgang nur dann abgeschlossen und damit Arbeit geleistet werden kann, wenn der empfangene Produktknoten den Output des Vorgangsknotens aufnehmen kann (siehe auch Bild 3-74). Diese Aufnahmefähigkeit wird einerseits von der Differenz von aktuellem und maximalem Bestand und andererseits von der Möglichkeit begrenzt, auf den folgenden Produktionsstufen im betrachteten Zeitraum zusätzliche Vorgänge anzustoßen (siehe Bild 3-80). Bestand Stangenabschnitte

Bestand Drehteile

Drehen Zugang Stangenabschnitte

Zugang Drehteile Kapazität Drehmaschine

Zeitabschnitt Zugang Stangenabschnitte Bestand Stangenabschnitte Kapazität Drehmaschine Zugang Drehteile Bestand Drehteile

50

50

0 30 10 0 30 10

50 0

20 20 20 20 20 20 20 20 10 20 20 10 0 20 40 50 70 90 100

Zeitpunkt

Bild 3-80 Begrenzung der Kapazität von Gebrauchsfaktoren

– Aggregation von Kapazitätsangeboten Eine Vorgangsklasse auf einer Produktionsstufe kann einen beliebigen Aggregationsgrad darstellen. Ebenso kann es sich bei einer (Gebrauchs-)Faktorklasse um eine Maschine oder eine ganze Fabrik handeln. Entsprechend ist die Leistungsfähigkeit eine 108

Die Engpass-Produktionsstufe staut den Fluss der Verbrauchsfaktoren auf allen vorangehenden Produktionsstufen und begrenzt den Fluss auf allen folgenden.

3.2 Der sachliche Bezug

265

beliebig aggregierte Aussage; eine Fabrik, in der auch eine bestimmte Maschine steht, kann in der Regel mehr leisten als eine einzelne Maschine (siehe Abschnitt 3.2.1.1). Für die Aggregation von Leistungsfähigkeit und -bereitschaft sind die folgenden Fälle zu betrachten:

Leistungsfähigkeit

parallele Anordnung

serielle Anordnung

Leistungsmerkmale

Leistungsmerkmale

1

1

2

3

4

5

2

3

4

5

Arbeitssystem 1 Arbeitssystem 2 resultierendes Leistungsvermögen alt Arbeitssystem j resultierendes Leistungsvermögen neu Zeitabschnitt Leistungsbereitschaft Arbeitssystem 1 Arbeitssystem 2 resultierendes Leistungsvermögen alt Arbeitssystem j resultierendes Leistungsvermögen neu

1

2

10

3

4

Zeitabschnitt 5

10 10 10

10

10 10 10 20 10 10 10 10 10 30 10

1

2

10

3

4

5

10 10 10

10 10 10 10 10

Bild 3-81 Veränderung von Leistungsfähigkeit und -bereitschaft durch quantitative Ergänzung

Fall 1: Ein Arbeitssystem j kommt hinzu und ein identisches Arbeitssystem ist be-

reits vorhanden. – Die Leistungsfähigkeit wird nicht erhöht/verringert (Durchschnitt der Leistungsmerkmale) – Bei paralleler Anordnung der Arbeitssysteme erhöht sich die Leistungsbereitschaft um die Leistungsbereitschaft des zusätzlichen Arbeitssystem (Addition der Leistungsbereitschaften identischer Arbeitssysteme).109 Fall 2: Ein Arbeitssystem j kommt hinzu, das mit keinem der bisher vorhandenen identisch ist. – Die Leistungsfähigkeit erhöht sich bei paralleler Anordnung um die Leistungsmerkmale des zusätzlichen Arbeitssystems (Vereinigung der Leistungsmerk109 Dabei

muss offen bleiben, ob eine Addition der Leistungsbereitschaft, wie in Bild 3-80 und in Bild 3-81 für Arbeitssystem 1 und Arbeitssystem 2 dargestellt, bei der dort gegebenen Unterschiedlichkeit der Leistungsfähigkeit im jeweiligen Anwendungsfall zulässig ist. Möglicherweise ist diese Addition mit einer Reduktion auf den Durchschnitt der Leistungsmerkmale verbunden.

266

3 Die Modelldefinition

male); bei serieller Anordnung reduziert sich die Leistungsfähigkeit weiter auf gemeinsame Merkmale (Durchschnitt der Leistungsmerkmale) – Die Leistungsbereitschaft erhöht sich bei paralleler Anordnung um das zusätzliche Kapazitätsangebot, bei serieller Anordnung bestimmt sich das resultierende Kapazitätsangebot der Zeitabschnitte mit Kapazitätsangebot bei allen Arbeitssystemen und der in diesen Zeitabschnitten geltenden minimalen Leistungsbereitschaft.

Leistungsfähigkeit

parallele Anordnung

serielle Anordnung

Leistungsmerkmale

Leistungsmerkmale

1

1

2

3

4

5

2

3

4

5

Arbeitssystem 1 Arbeitssystem 2 resultierendes Leistungsvermögen alt Arbeitssystem j resultierendes Leistungsvermögen neu Zeitabschnitt Leistungsbereitschaft Arbeitssystem 1 Arbeitssystem 2 resultierendes Leistungsvermögen alt Arbeitssystem j resultierendes Leistungsvermögen neu

1

2

10

3

4

Zeitabschnitt 5

10 10 10

10

10 10 10 20 10 10 10 10 10 30 10

1

2

10

3

4

5

10 10 10

10 10 10 10 10

Bild 3-82 Veränderung von Leistungsfähigkeit und -bereitschaft durch qualitative Ergänzung

Eine Mischung aus paralleler Anordnung und Einzelplatz ist z. B. die Mehrmaschinenbedienung. Hier sind die Maschinen parallel zu sehen, während der Werker von mehreren Prozessen immer im Wechsel und nacheinander in Anspruch genommen wird. Die Kapazität eines ganzen Produktionsbereichs muss hier über eine Analyse des Ablaufgraphen ermittelt werden. – Auslegen der Leistungsbereitschaft Die Übereinstimmung von Kapazitätsbedarf und -angebot kann durch – die Anpassung der Leistungsbereitschaft je Zeitabschnitt (z. B. der Übergang von Zwei- zu Dreischichtbetrieb bei Zeitabschnitt „Tag“) – die zeitliche Anpassung, z. B. das Gewinnen zusätzlicher Arbeitstage in der Produktionsperiode „Monat“ bei Zeitabschnitt „Tag“ durch Samstagsarbeit herbeigeführt werden. Im Folgenden soll die Auslegung für einen bestimmten Zeitabschnitt betrachtet werden. Produktionsmengen- bzw. Faktormengenkoeffizient seien dabei konstant.

3.2 Der sachliche Bezug

267

+ mehrere identische Arbeitssysteme und eine Produktklasse110 Die mit einem Arbeitssystem j zu erstellende Menge einer bestimmten Produktklasse max

liegt im Intervall 0 ≤ x j ≤ ( a j ⁄ b j ) ⋅ d j

. Für ein Arbeitssystem j fallen sowohl ar-

beitssystem- als auch produktmengenabhängige Kosten an. Arbeitssystemabhängige Kosten sind bspw. die Kosten der Inbetriebnahme und die Rüstkosten (sprungfixe Kosten), die unabhängig von der mit diesem System zu erstellenden Produktmenge x > 0 in der Produktionsperiode an- oder bei Produktionsmenge x = 0 entfallen. Variable dj

Zeitabschnitte, über die ein Arbeitssystem j produziert. Dabei beziehen sich nicht ganzzahlige Angaben (bspw. 0,5) auf den jeweiligen Anteil der Leistungsbereitschaft aj, der in Anspruch genommen wird (in diesem Fall 0,5 * aj)

Parameter bj stk

Produktionskoeffizient für das Arbeitssystem j

kj

Stückkosten auf Arbeitssystem j

aj

Leistungsbereitschaft eines Arbeitssystems j in einem Zeitabschnitt, z. B. 200 Minuten/Stunde

fix

vom Einsatz eines Arbeitssystems j abhängige sprungfixe Kosten

dj

max

maximale Anzahl Zeitabschnitte in der Periode, z.B. 16 Stunden/Tag

m

maximale Anzahl Arbeitssysteme

kj

n

Minimiere K = n



GF

stk fix ¦ ( kj ⋅ ( a j ⁄ bj ) ⋅ d j + k j ⋅ δj ) unter den Restriktionen j=1

GF

¦ ( aj ⁄ bj ) ⋅ d j = x

(Produktionsbedingung)

j=1

– ∀j ∈ I

GF

: d j ≤ dj

max

– ∀j ∈ I

GF

: d j ≥ 0 ; ∀j ∈ I

⋅ δj

(Kapazitätsbedingungen) GF

: δ j ∈ { 0,1 }

(Nichtnegativitätsbedingungen)

Wenn sich die Stückkosten der Arbeitssysteme unterscheiden, lässt sich für dieses gemischt ganzzahlige Programm eine Lösung in einfacher Weise bestimmen, indem stk

man die j Arbeitssysteme nach steigenden Stückkosten k j

110 Siehe

[ADAA88], S. 177-182, [ROSA92], S. 80ff.

ordnet. Wenn darüber-

268

3 Die Modelldefinition fix

hinaus ( a r ⁄ b r ) ⋅ d r ≥ ( a r + 1 ) ⁄ ( b r + 1 ) ⋅ d r + 1 und k r

fix

< k r + 1 für r = 1, ..., m-1

gilt, kann die Auswahl der zur Produktion einer gegebenen Menge x einzusetzenden stk

Arbeitssysteme allein anhand der Stückkosten k j

erfolgen (vgl. [ROSA92]).

+ mehrere parallele Fertigungslinien / mehrere Standorte / mehrere Erzeugnisse Zu diesem Problem wird von Quante ein äusserst umfangreiches und ins Detail gehendes Modell angegeben. Dabei wird zunächst ein Einperiodenmodell erstellt, das im zweiten Schritt zu einem Mehrperiodenmodell erweitert wird. Im Folgenden soll das Einperiodenmodell im Wesentlichen über die Ausgabe der Variablen und der Zielfunktion charakterisiert werden.111 Das Einperiodenmodell verwendet die Menge IPF der Produkte, die Menge IGF der Fertigungslinien und die Menge T der Schichtkalender (unterschiedliche Schichtbetriebe). ~~Variablen –

∀j ∈ I

GF

tkt

: dj ∈ R

+

Die Taktzeit dtkt gibt an, welche Zeit in Minuten an jeder Station zur Verfügung steht. Bei einer kleinen Taktzeit werden bei unveränderlichem Arbeitsinhalt an einer Station im Vergleich zu einer längeren Taktzeit mehr Werker benötigt. –

∀j ∈ I

GF

sch

: nj

∈ { 1, 2, 3 } sch

Ein Produktionstag wird in drei Schichten unterteilt. n j

gibt an, ob für eine

Fertigungslinie 1-, 2- oder 3-Schichtbetrieb gewählt wird. –

∀j ∈ I

GF

ws

: nj ∈ N

nws gibt die Anzahl der Stammwerker an. Ihnen kann nicht gekündigt werden. –

∀j ∈ I

GF

wz

: nj ∈ N

nwz bezeichnet die Anzahl der Zeitarbeitskräfte. –

∀j ∈ I

GF

wab

: nj

∈Z

Stammwerker können an andere Standorte abgeordnet werden, erhalten dort aber den Lohn des Stammwerkes. Die entstehenden Mehrkosten werden durch Zahlungen des anderen Standorts kompensiert. –

∀j ∈ I

GF

, m∈I

GF

wsv

: n j, m ∈ N

An einem Standort können Stammwerker zwischen den Fertigunglinien verschoben werden. Die Anzahl der Stammwerker, die von Linie j nach Linie m wsv

verschoben werden, wird mit n j, m bezeichnet 111

Eine ausführliche Darstellung siehe [QUAN06].

3.2 Der sachliche Bezug



∀t ∈ T , j ∈ I

GF

sn

: d t, j ∈ R

269

+

dsn beschreibt die Nutzungszeit je Schicht in Minuten –

∀t ∈ T , j ∈ I

GF

wsp

: b tj

∈R

+

Die bezahlte Arbeitszeit ergibt sich durch die Addition von Nutzungszeit je Schicht und bezahlten Pausen. Falls während der Pausen produziert wird, beschreibt bwsp den zusätzlichen Kapazitätsbedarf je Schicht in Minuten, weil dafür Springer eingesetzt werden müssen. –

∀t ∈ T , j ∈ I

GF

dbf

: d tj ∈ N

Zu hohe Kapazitäten einer Fertigungslinie werden über Betriebsferien kompensiert. Sie haben keinen Einfluss auf das Arbeitszeitkonto. ndbf gibt die Anzahl der Tage mit Betriebsferien an. –

∀j ∈ I

GF

, i∈I

PF

: p ji ∈ R

≥0∧ ≤1

Für eine gleichmäßige Auslastung der Fertigungslinien werden die Stückzahlen einer Produktklasse verteilt. Den prozentualen Anteil einer Fertigungslinie j am Gesamtvolumen einer Produktklasse i beschreibt pji –

∀t ∈ T , j ∈ I sp

nj

GF

sp

: n tj ∈ N

bezeichnet die Anzahl der Schichten in der betrachteten Periode für einen

bestimmten Schichtbetrieb (ein bestimmtes Schichtmodell). ~~ Kapazität und Auslastung Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Arbeitstage je Schichtbetrieb ergibt sich aus den extern angegebenen Arbeitstagen ndex und den Tagen mit Betriebsferien: ∀t ∈ T , j ∈ I

GF

dar

dex

dbf

: n t, j = n t, j – n t, j

Zur Berechnung der Kapazität einer Fertigungslinie wird zusätzlich die technische ver

Verfügbarkeit als Parameter p j wer

legung als Parameter p j ∀j ∈ I

GF

ver

: aj = pj

und die Werkstückträgerbe-

berücksichtigt:

wer

⋅ pj

zus

, die Zusatzzeit d tj

tkt

/ dj

⋅ § ¦ d t, j © t∈T

sn

dar

⋅ n t, j –

zus · ¦ d tj ⋅ δ tj¹

t∈T

… ~~ Beziehungen zwischen den Variablen Der Zusammenhang zwischen Schichtbetrieb, Betriebsnutzungzeit und Anzahl eingeplanter Schichten wird über eine 0/1-Variable beschrieben.

270

3 Die Modelldefinition

∀t ∈ T , j ∈ I

GF

­ 1 , falls für die Schichtgruppe Schichten eingeplant sind

: δtj = ® ¯ 0 , sonst

Gleichzeitig kann die Anzahl der eingeplanten Schichten eines Schichtbetriebs nicht größer als die maximal verfügbare Anzahl an Betriebstagen sein: ∀t ∈ T , j ∈ I

GF

sp

dar

≤ n tj ⋅ δ tj

: nj

Wenn die Variable δ tj den Wert 1 besitzt, ist die Anzahl eingeplanter Schichten größer als 0: ∀t ∈ T , j ∈ I

GF

sp

> δ tj

: nj

Ebenfalls besteht ein Zusammenhang zwischen der Länge einer Schicht und δ tj . Der Maximalwert der Variablen dsn in Minuten wird dabei durch den Parameter maxj, der Minimalwert durch den Parameter minj definiert: ∀t ∈ T , j ∈ I

GF

∀t ∈ T , j ∈ I

GF

nj

sch

sn

≤ max j ⋅ δ tj

sn

≥ min j ⋅ ϑ tj

: d tj : d tj

muss mit den eingeplanten Schichten und der verfügbaren Betriebsnutzungs-

zeit je Schicht übereinstimmen: ∀t ∈ T , j ∈ I

GF

sch

: nj



¦ δtj

t∈T

Nach der Frühschicht wird die Spät- und dann die Nachtschicht eingeplant: ∀t ∈ T , j ∈ I

GF

: δ t + 1, j ≥ δ tj

~~ Zielfunktion Die Zielfunktion enthält: – Tarifliche Löhne für Stammwerker kws und Zeitarbeitskräfte kwz – Schichtzuschläge kzus und den durchschnittlichen Stundenlohn kstd – Die Fahrkostenpauschale kkm, die von der Anzahl der Schichten, an denen gearbeitet wird, abhängig ist. – Die variablen Kosten ksonst, abhängig von der Anzahl der Arbeitstage Der tarifliche Lohn ergibt sich zu ∀j ∈ I

GF

tar

: Kj

ws

= ( nj ⋅ k

ws

wz

+ nj ⋅ k

wz

)

Die verfügbare bezahlte Arbeitszeit dbzv geht in die Berechnung der Schichtzuzus

schläge k j

wsp

ein. Sie berechnet sich über die bezahlten Pausen b tj , die Betriebs-

nutzungszeit und die Zeit, die in den Pausen weiter gearbeitet wird: ∀t ∈ T , j ∈ I

GF

bzv

: d tj

sn

wsp

= d tj – b tj

wsp

+ b tj

3.2 Der sachliche Bezug

∀j ∈ I

GF

zus

: Kj

=

271

std km sonst sp bzv wtot wtot ) ¦ n tj ⋅ ( d tj ⋅ k ⋅ n j + n j ⋅ k + k

t∈T

Der tarifliche Lohn und die Zuschläge führen zu den gesamten Betriebskosten. Außerdem enthält die Zielfunktion den Erlös aus den Abordnungen kab und einen Zuschlagssatz für Sozialabgaben ksoz: ∀j ∈ I

GF

bet

: Kj

tar

= ( Kj

+ Kj

zus

) ⋅ (1 + k

soz

)

Als Zielfunktion erhält man Minimiere

bet ab ab ¦ ( K j – k ⋅ nj ) unter den gegebenen Bedingungen. j∈I

GF

+ Abstimmung der Leistungsbereitschaft durch Zusatzarbeitszeiten auf nPS Produktionsstufen bei nPF Erzeugnisklassen Die Prämissen sind: – Es werden nPF Erzeugnisklassen hergestellt – Jede Produktionsstufe kann Zusatzarbeitszeiten in unterschiedlichen Klassen az; z

a ∈ { 1,2,... ,Z } leisten. Variable xi von der i-ten Erzeugnisklasse im Zeitabschnitt herzustellende Menge z

aj

auf der j-ten Produktionsstufe zusätzlich im Zeitabschnitt durch Mehrarbeit

der z-ten Klasse zusätzlich zu nutzende Leistungsbereitschaft Parameter Produktionskoeffizient der i-ten Erzeugnisklasse auf der Produktionsstufe j bij aj Leistungsbereitschaft der j-ten Produktionsstufe bei Normalarbeitszeit z∗

aj

Maximal durch Zusatzarbeit der z-ten Art zu schaffende Kapazität

Xi

maximal abzusetzende Menge der i-ten Erzeugnisklasse

stk

ki

sel

ki kj

Erlös je Einheit der i-ten Erzeugnisklasse Grenzselbstkosten je abgesetzter Einheit der i-ten Erzeugnisklasse

z

Zusätzliche (Lohn-)Kosten der j-ten Produktionsstufe je Einheit der z-ten Zusatzarbeitszeitklasse Wenn nur eine Produktionsstufe Engpass ist, dann lässt sich der Einsatz von Zusatzarbeitszeiten (Erhöhung der Leistungsbereitschaft bspw. im Zeitabschnitt „Tag“) mit relativen Deckungsbeiträgen DB steuern. Damit kann bspw. für einen Zeitabschnitt „Tag“ aus unterschiedlichen Leistungsbereitschaften gewählt werden.112 112 Siehe

Abschnitt 4.2.1.1.1 und das Beispiel von Kilger [KILG73], S. 210.

272

3 Die Modelldefinition

Sind mehrere Produktionsstufen Engpass, gilt (vgl. Kilger [KILG73], S. 211): n

Maximiere DB =

PF

¦

n

stk ( ki



sel ki

)x i –

i=1

∀j ∈ I

PS

Z

z z ¦ ¦ k j ⋅ aj unter den Restriktionen j = 1z = 1

n



PS

; ∀z ∈ { 1, ... Z } :

PF

¦ b ij ⋅ x i ≤ a j + i=1

Z

z

z

z*

¦ aj ; a j ≤ a j z=1

(Kapazitätsbedingungen) ∀i ∈ I



PF

x i ≤ X i ; x i ≥ 0 (Absatzbedingungen)

+ Abstimmung durch Zu- und Verkäufe von Produkten113 Produkte der Engpass-Produktionsstufe können bei positiven Deckungsbeiträgen zugekauft werden. Der Ausgleich kann genauso über den Verkauf von Produkten einer nicht ausgelasteten Produktionsstufe erreicht werden. Die Entscheidung für den Zukauf soll von einer mehrstufigen Produktion nur eines Erzeugnisses ausgehen (siehe [ROSA92], S. 90f). Die Prämissen sind: 1. 2. 3. 4.

Produkte jeden Bearbeitungsstandes können unbegrenzt zugekauft werden. Der Fremdbezug von Produkten ist immer teurer als die Eigenfertigung. Es kann mehr verkauft als produziert werden. Ziel ist die Maximierung des Deckungsbeitrags.

Variable sel

xj

fre

xj

auf der j-ten Produktionsstufe selbst produzierte Menge auf der j-ten Produktionsstufe zugekaufte Produkte

Parameter Produktionskoeffizient der j-ten Produktionsstufe bj Kapazität der j-ten Produktionsstufe im betrachteten Zeitabschnitt aj sel

kj

fre

kj

stk

k X

Produktionskosten auf der j-ten Produktionsstufe Kosten für den Fremdbezug eines Produkts der Produktionsstufe j Verkaufspreis des Erzeugnisses Maximal absetzbare Erzeugnismenge n

Falls k

stk



PS

¦ kj

sel

> 0 gilt, wird bis zur Auslastung der Engpassstufe j* mit

j=1 n

PS

n sel x j∗ = min j = 1

( a m ⁄ b m ) produziert. Falls umgekehrt k

wird auf der j* 113 Vgl.

stk



fre k j∗ –

PS

sel ¦ k j > 0 gilt, j = j∗ +1

-ten Produktionsstufe zugekauft. Dies geschieht entweder bis zur Ab-

Kilger [KILG73], S. 297-337.

3.2 Der sachliche Bezug

273

satzgrenze oder bis der nächstkleinere Engpass j** erreicht ist: m ­ fre sel sel sel½ sel x j* = min ® X – x j* ; x j** – x j* ¾ mit x j** = min ( aj ⁄ bj ) . j = j∗ +1 ¯ ¿ In Richtung des Bearbeitungsfortschritts werden Produkte solange zugekauft, bis

nach einer l-ten Erhöhung des Zukaufs entweder x k

stk

n

fre

sel j

l

fre

+ x l = X oder j

PS

sel ¦ k j < 0 gilt.

–kl – j

j=j

l+1

+1

Beispiel: Betrachtet wird ein kombinierter Zu-/Verkauf von Produkten bei mehrstufiger Produktion mehrerer Erzeugnisse. Im Gegensatz zu den oben getroffenen Annahmen soll von gegebenen Stückzahlen je Erzeugnisklasse, einem je Erzeugnisklasse positiven Deckungsbeitrag und dem Ziel der Kostenminimierung ausgegangen werden [ROSA92]. Festzulegen ist – die Menge der selbst hergestellten und der zugekauften Produkte – die Menge der weiterverarbeiteten und der verkauften Produkte. stk

Der Preis je Einheit der i-ten Erzeugnisklasse ist k i

sel

, x mi = X i die Absatzmenge

für die i-te Erzeugnisklasse. Zur Minimierung der Produktionskosten werden die Verkaufserlöse als negative Kosten angesetzt. Variable sel

x ij

fre

x ij

auf der j-ten Produktionsstufe hergestellte Menge der i-ten Produktklasse mit dem Bearbeitungsstand der j-ten Produktionsstufe zugekaufte Menge der i-ten Produktklasse

ver x ij

mit dem Bearbeitungsstand der j-ten Produktionsstufe verkaufte Menge der

i-ten Produktklasse Parameter Produktionskoeffizient der i-ten Erzeugnisklasse auf der j-ten Produktionsbij stufe aj Kapazität der j-ten Produktionsstufe sel

k ij

fre

k ij

ver

Herstellkosten der i-ten Produktklasse auf der j-ten Produktionsstufe Fremdbezugskosten der i-ten Produktklasse auf der j-ten Produktionsstufe

k ij

Erlös der i-ten Produktklasse auf der j-ten Produktionsstufe

Xi

Gegebene Absatzmenge der i-ten Erzeugnisklasse

Die Kosten K abzüglich der durch den Verkauf von Produkten zu erzielenden Erlöse sind zu minimieren (siehe [ROSA92], S. 94):

274

3 Die Modelldefinition n

PF PS n

n

sel

¦ ¦ k ij x ij

Minimiere K =

sel

i = 1j = 1

+

PF PS n

n

fre

¦ ¦ k ij x ij

fre

i = 1j = 1



PF PS n

¦ ¦ k ij

ver

x ij

ver

i = 1j = 1

unter den Restriktionen. n



∀j ∈ I

PS

:

PF

¦ b ij ⋅ x ij

sel

≤ aj

(Kapazitätsbedingungen)

i=1



∀i ∈ I

PF

sel

fre

ver

; ∀j ∈ { 1, ..., m – 1 } : x ij + x ij – x ij

sel

= x ij +1

(Mengenkontinuitätsbedingungen) –

∀i ∈ I

PF



∀i ∈ I

PF

sel

: x im = X i ;∀j ∈ I

PS

(Absatzbedingungen) sel

ver

fre

: x ij ≥ 0 ; x ij ≥ 0 ; x ij ≥ 0 (Nichtnegativitätsbedingungen)

– Losgrößenbildung für die einem Gebrauchsfaktorknoten zugeordneten Verbrauchsfaktorklassen Werden mehrere Verbrauchsfaktorklassen unter Verwendung desselben Gebrauchsfaktors produziert, so müssen die Losgrößen aufeinander abgestimmt werden.114 Im einfachsten Fall wird die Auflegungshäufigkeit für alle Faktorklassen gleichgesetzt. Ähnlich wie bei der Bestimmung der Andler-Losgröße wird für die Gesamtheit der Faktorklassen die optimale Auflegungshäufigkeit bzw. Anzahl der jährlichen Fertigungszyklen nz bestimmt. Unter den Fertigungszyklen versteht man hier die Zeit, in der jede Faktorklasse einmal gefertigt wird. Die Faktorklassen wer114 Die

untenstehende Skizze (siehe [MUME74]) zeigt die Folgen, wenn jede Verbrauchsfaktorklasse für sich isoliert die optimale Losgröße festlegt. In diesem Beispiel füllt Faktorklasse 1 nur die Lücken. Dies führt zu einem extremen Rüstaufwand, der auch dadurch, dass alle anderen Faktorklassen optimal produzieren, nicht ausgeglichen werden kann.

Produktklasse 1 2 3 4 5 Maschinenbelegungsplan mit Überschneidungen (Opt. Losgröße) Produktklasse 1 2 3 4 5 0 20 40 60 80 100 120 140 Maschinenbelegungsplan bei Aufteilung der Produktklasse 1

160

180

200 Zeit (Tage)

3.2 Der sachliche Bezug

275

den im ersten Zyklus ohne eine bestimmte vorgegebene Reihenfolge produziert. Im zweiten und den dann folgenden Zyklen wird die Reihenfolge aus dem ersten Zyklus übernommen. Kennzeichnet man die einzelnen Faktorklassen durch den Index i und setzt man lag

qi = ki

ab

stk

⋅ ki

( 1 ± wi

zu

⁄ wi

) ⁄ 200 ,

so erhält man die Kostengleichung K = y

z

z

y rüs ¦ bi ⋅ k i ⁄ Q i + ¦ q i Q i .

z

z

Setzt man Q i = b i ⁄ n mit n = n 1 = n 2 = … , so erhält man z

K = n ¦ k i + ¦ q i bi ⁄ n . Nach Differenzieren und Nullsetzen der Gleichung erhält man die optimale Auflegungshäufigkeit bzw. Fertigungszyklenzahl. n

z

0

rüs

y

y

= ( Σ ( q i ⋅ bi ) ⁄ Σ k i y

lag

= ( Σ ( b i ki

rüs 1 ⁄ 2

stk

⋅ ki

z

)

⁄ w i ) ) ⁄ ( 200 Σ k i

ab

zu

( 1 ± wi

rüs

))

1⁄2

Beispiel: Im Folgenden wird ein Gebrauchsfaktor betrachtet, dem 5 Produkte zugeordnet sind. Zunächst werden die Produkte für sich isoliert betrachtet und Losgrößen bei 240 Arbeitstagen/Jahr ermittelt. Produktklasse

k

rüs

i

€ / Los 200,00 245,00 285,00 135,00 380,00

1 2 3 4 5

b

y i

Stück 100.000 80.000 120.000 80.000 80.000

k

lag i

k

stk i

w

€/Stück 5,00 7,50 3,00 2,50 3,50

% 12 14 16 10 14

ab zu ⁄ wi i

0,333 0,238 0,154 0,133 0,139

Q

i

Stück 10.000 7.000 13.000 10.000 12.000

n

z i

o

1/Jahr 10 11,43 9,24 8 6,67

d

z i

Tage 24 21 26 30 36

d

zu i

Tage 8 5 4 4 5

Bild 3-83 Ausgangsdaten für die Losgrößenbildung

Dabei sind nz d

z

z

o

= 100000 ⁄ 10000 = 10 /Jahr

Auflegungshäufigkeit; bspw. n 1

Zeitabstand, nach dem ein Los wieder gefertigt werden muss; bspw. z

z

0

d 1 = 240 ( Arbeitstage Jahr ) ⁄ n 1 = 240 ⁄ 10 = 24 Tage dzu Fertigungsdauer; bspw. d 1

zu

ab

= d1 ( w 1

zu

⁄ w 1 ) = 24 ⋅ 0, 333 = 8 Tage

Für eine Betrachtung über den Gebrauchsfaktor ergibt sich bei geschlossener Produktion y ¦ q i ⋅ bi = 20010 + 32004 + 24365 + 8670 + 16876 = 102 000 € und

276

Σ ki

3 Die Modelldefinition rüs

= 1245 €.

Man erhält die optimale Anzahl der jährlichen Fertigungszyklen: n

z

0

= ( 102000 ⁄ 1245 )

1⁄2

= 9,05 . z

z

0

Die Dauer eines Fertigungszyklus ergibt sich aus d = 240 ⁄ n = 240/9,05 = 26,5 Tage. Nun lassen sich auch die entsprechend veränderten Losgrößen und Fertigungszeiten zu

je Los und Produktklasse mit d i

Produktklasse 1 2 3 4 5

Qi Stück 11 100 8 900 13 300 8 900 8 900

d

z

ab

zu

y

= d ⋅ w i ⁄ w i und Q i = b i ⁄ n

z

zu

di

Tage 26,5 26,5 26,5 26,5 26,5

Tage 8,83 6,30 4,08 3,54 3,69

z

0

bestimmen.

dz = 26,5 dz = 26,5 Belegungsplan 1 2 3 4 5 10

20

30

40

50

Tage

Bild 3-84 Belegungsplanung bei gemeinsamer Auflegungshäufigkeit

Sind die Verhältnisse bei den einzelnen Produktklassen zu unterschiedlich, können auch ungleiche Auflegungshäufigkeiten angenommen werden (Economic Lot Scheduling Problem (ELSP)).115 Bezeichnet man mit zi Zahl der von Produktklasse i je Fertigungszyklus gefertigten Lose (zi = ganzzahlig), nz Anzahl der Fertigungszyklen pro Jahr, so ergeben sich die Losgrößen der verschiedenen Produktklassen zu y

z

Qi = bi ⁄ zi ⋅ n . Setzt man diesen Ausdruck in die Kostengleichung ein, so erhält man folgende Gleichung: rüs y z lag stk ab zu 1 K = n ¦ k i ⋅ z i + ----z ¦ q i b i ⁄ z i mit q i = ki ⋅ ki ( 1 + w i ⁄ w i ) ⁄ 200 . n Wenn man die Kostengleichung differenziert und Null setzt, erhält man die Formel für die optimale Anzahl Fertigungsperioden bzw. Auflegungshäufigkeit. z

y

rüs

n0 = ( ( Σ ( qi ⋅ bi ⁄ zi ) ) ⁄ ( Σ ki 115

⋅ zi ) )

1⁄2

Damit sind für eine Serienfertigung auch bereits alle Fragen der Reihenfolge- und Terminplanung geklärt. Solange die Voraussetzungen nicht geändert werden, liegen die Aufträge mit Stückzahlen und Terminen vor. Das Kapazitätsangebot je Zeitabschnitt ist entsprechend zu dimensionieren.

3.2 Der sachliche Bezug lag

= ( ( Σ ( ki

stk

⋅ ki

y

ab

zu

⋅ b i ⋅ ( 1 + w i ⁄ w i ) ⁄ z i ) ) ⁄ ( 200 Σ ( k

rüs

i ⋅ zi ) ) )

1⁄2

277

.

Zuerst legt man eine mögliche Anzahl von Losen pro Fertigungszyklus und Pro-

¦ zi = 12 Lose.

duktklasse fest, z. B. zi = z2 = 3; z3 = z4 = z5 = 2; z =

Der durchschnittliche Auflegungsabstand beträgt dann z

z

z

z

z

d 1 = d 2 = 12 ⁄ 3 = 4 Lose; d 3 = d 4 = d 5 = 12 ⁄ 2 = 6 Lose. Eine mögliche Auflegungsreihenfolge der Produktklassen dafür ist bspw. 1 - 3 - 2 4 - 1 - 5 - 2 - 3 - 1 - 4 - 2 - 5. Produktklasse 1 2 3 4 5

y

zi

qi

q i ⋅ bi ⁄ zi

1/Zyklus 3 3 2 2 2

€/Stück 0,200 0,400 0,203 0,108 0,211

€/(Jahr ⋅ 1/Zyklus) 6700,00 10 670,00 12 180,00 4 320,00 8 440,00 Σ 42 280,00

z

0

Die optimale Zyklenzahl ist n = ( 42280 ⁄ 2935 )

1⁄2

ru·· s

ki

⋅ zi

€/Jahr 600,00 735,00 570,00 270,00 760,00 Σ 2 935,00

= 3,8 /Jahr und die Dauer

z

eines Zyklus d = 240 ⁄ 3, 8 = 63 Tage. Damit lassen sich wieder die Losgrößen, zu

z

die Auflegungsabstände d i und die Fertigungszeiten d i Bild 3-85). Produktklasse 1 2 3 4 5

Oi Stück 8800 7000 15800 10500 10500

z

di

Tage 21 21 31,5 31,5 31,5

zu

Belegungsplan

di

Tage 7,00 5,00 4,85 4,20 4,38

je Los errechnen (siehe

dz = 63 Tage 1 2 3 4 5 20

40

60 Tage

Bild 3-85 Losgrößen- und Belegungsplan bei ungleicher Auflegungshäufigkeit

Die Angaben in Bild 3-85 sind allerdings nur Durchschnittswerte. Aufgrund der festgelegten Reihenfolge der Produktklassen sind die zeitlichen Abstände von Los zu Los derselben Produktklasse nicht konstant 21 bzw. 31,5 Tage. Deshalb wird in der Praxis häufig von einer gemeinsamen Auflegungshäufigkeit ausgegangen und je Produktklasse differenziert. Produktklassen mit einer hohen Auflegungshäufigkeit werden dann z. B. jeden 10. Tag gefertigt, während Produktklassen mit einer geringeren Auflegungshäufigkeit mit einer jeweils vergleichbaren Produktklasse kombiniert und jeweils im Wechsel in 20-tägigen Zyklen gefertigt werden.116

278

3 Die Modelldefinition

10 Tage

10 Tage

10 Tage

Produktklasse y

Produktklasse z

Produktklasse y

Produktklasse x Produktklasse y+z

Bild 3-86 Korrespondierende Produktklassen

• Verknüpfung der Knoten - Gebrauchsfaktororientierte Beschreibung des Produktionsablaufs Eine vom Gebrauchsfaktor ausgehende Beschreibung des Produktionsablaufs strukturiert einerseits Verbrauchsfaktoren und Vorgänge nach den Gebrauchsfaktoren und bestimmt andererseits den Input und Output eines Vorgangs bzw. die Grenzen eines Vorgangs ausgehend von den Grenzen einer organisatorischen Einheit: Das Resultat einer an einem Ordnungsbegriff orientierten Zerlegung der Produktionsaufgabe in Teilaufgaben ist auf Gebrauchsfaktorseite eine Organisationseinheit. Ist die Organisationseinheit bspw. die „Montage“, so werden die Vorgänge nicht mehr weiter in einzelne Montageschritte dekomponiert. Mit der Art der Aggregation zu organisatorischen Einheiten nach den Gebrauchsfaktoren und der Abstimmung der Vorgänge auf diese Grenzen wird auch festgelegt, wie ein Auftrag zu detaillieren ist und über welchen Umfang dieser Auftrag lautet: Der Auftrag wird in einem ersten eingrenzenden Schritt über das Produkt und die davon in der Erzeugnisstruktur abgeleiteten lagerhaltigen Güter (Baugruppen, Teile, Rohstoffe) definiert. Damit sind die Produktionsstufen festgelegt. In einem funktionsorientiert strukturierten Produktionssystem muss ein Auftrag weiter anhand eines Arbeitsplans bis auf die Werkstatt detailliert werden (siehe Abschnitt 6.2). Dieser Zerlegung entspricht in einer objektorientierten Gliederung die Differenzierung bis auf die Bearbeitungsstationen einer Produktionslinie, die aber dann nicht sinnvoll ist, wenn zwischen den Bearbeitungsstationen keine Entscheidungsnotwendigkeiten bestehen.117 – Werkstattfertigung Die Werkstattfertigung fasst tätigkeitsgleiche oder tätigkeitsähnliche Gebrauchsfaktoren räumlich zu Gebrauchsfaktorklassen zusammen (Verrichtungsprinzip). Ex ante, d.h. ohne die Zuordnung eines zu fertigenden Produktes zum Organisationstyp Werkstattfertigung, sind alle Übergangsbeziehungen zwischen den einzelnen Ge-

116 117

siehe auch Elmaghraby [ELMA78]. Wird die Zeit vorgegeben, schwankt die Losgröße, wird die zu Losgröße festgehalten, schwankt die Fertigungsdauer d i . siehe auch Abschnitt 6.2, Abschnitt 3.2.1.2 sowie das Verständnis von REFA: „Die Fertigungsstückliste ist eine Stückliste, die in ihrem Aufbau und Inhalt Gesichtspunkten der Fertigung Rechnung trägt (DIN199,2). Sie dient als Unterlage für die organisatorische Vorbereitung, Abwicklung und Abrechnung der Fertigung eines Erzeugnisses (DIN6789)“ [REF185]. Zur Aufgabenanalyse und -synthese siehe bspw. Kosiol [KOSI69]. Die Aufgabenanalyse endet auf Ebene des Arbeitssystems (siehe Abschnitt 1.1 und Abschnitt 2.3.3).

3.2 Der sachliche Bezug

279

brauchsfaktoren möglich. Bild 3-87 zeigt das Modell einer Werkstattfertigung, das alle möglichen Übergangsbeziehungen explizit beschreibt.

Transport

Transport

∧ Eingangsschnittstelle

∧ Drehen 1

Ausgangsschnittstelle

Eingangsschnittstelle

Fräsen 1



∧ Drehen 2

Fräsen 2

Transport von Bohren nach Drehen 3

Transport von Fräsen 2 nach Bohren

∧ Drehen 3



Ausgangs-

schnittstelle

Bohren

Bild 3-87 Modell einer Werkstattfertigung mit allen potenziellen Transporten

280

3 Die Modelldefinition

Da die explizite Darstellung aller möglichen Übergangsbeziehungen sehr aufwendig ist, wird zusätzlich ein Schema eingeführt, das die Modellierung vereinfacht. Die möglichen Übergangsbeziehungen werden durch einen Transportbaustein beschrieben. Bild 3-88 zeigt die schematische Darstellung der in Bild 3-87 modellierten Werkstattfertigung mit sechs Gebrauchsfaktoren. Auch dieses Schema realisiert alle möglichen Übergangsbeziehungen, da alle Einzelbausteine ein Netz aus Gebrauchsfaktoren darstellen, die über den Transportbaustein118 miteinander verbunden sind. Hier ist aber nur die Lastfahrt dargestellt.119 Liegt am Gebrauchsfaktorknoten ein einfacher Bezug120 (siehe Grundtyp 1 für Werkstattfertigung in Bild 3-89) vor, besteht die Planungsfunktionalität in der zeitlichen Zuordnung von Vorgängen bzw. Material zum Gebrauchsfaktorknoten121. Vorgänge können nur seriell abgearbeitet werden. Bei mehrfachem sachlichen Bezug am Gebrauchsfaktorknoten stehen zur Ausführung der Vorgänge mehrere identische Gebrauchsfaktoren zur Verfügung, die nicht weiter unterschieden werden müssen (WSF_2).122 Der dritte Werkstattfertigungsbaustein (WSF_3) beschreibt den Sachverhalt, dass zur Bearbeitung eines Vorgangs mehrere unterschiedliche Gebrauchsfaktoren123 verwendet werden können. Drehen 1

Fräsen 1

Drehen 2

Fräsen 2

Drehen 3

Potenzielle Transportbeziehungen

Verrichtungsgruppe 2 Bohren

Transportbaustein Schnittstelle

Verrichtungsgruppe 1

Verrichtungsgruppe 3

Baustein

Bild 3-88 Schemadarstellung eines Grundmodells der Werkstattfertigung

118 Ausprägungen

von Transportbausteinen sind in Abschnitt 3.2.2.1 beschrieben. Liegt beispielsweise ein Transport zwischen zwei Werkstätten vor, so kann der Transportbaustein für den bidirektionalen Transport zwischen zwei Punkten zur Modellierung des Transports zwischen den Werkstätten verwendet werden. Für den Transportbetrieb innerhalb der Werkstatt muss das allgemeine Transportmodell (vgl. Bild 3-114) genutzt werden. Häufig wird der Transport durch eine Transportzeitmatrix angenähert.

119 Zur

Darstellung der Transportorganisation siehe Abschnitt 3.2.2.1.

120

Es steht ex ante nur eine Maschine zur Ausführung des Prozesses zur Verfügung.

121

n Aufträge auf 1 Gebrauchsfaktor

122

siehe auch Abschnitt 4.2.2.

123 Diese

müssen jedoch einer gemeinsamen Verrichtungsklasse zuordenbar sein (z.B. Drehen).

3.2 Der sachliche Bezug

Grundtyp WSF_1

281

Grundtyp WSF_3

alternative Ressourcen



eine Ressource

Grundtyp WSF_4

Grundtyp WSF_2

mehrere identische Ressourcen

V‘

V‘‘

V‘‘‘

V‘‘‘‘

Transport

WSF: Werkstattfertigung

Bild 3-89 Grundtypen von Werkstattfertigungsbausteinen

– Werkstattfließfertigung/Inselfertigung Die Werkstattfließfertigung ist ein Anordnungstyp, bei dem tätigkeitsähnliche Gebrauchsfaktoren analog zur Werkstattfertigung räumlich zu Gebrauchsfaktor-Gruppen („Maschinengruppen“)124 zusammengefasst werden. Diese Gruppen werden in der Reihenfolge der Bearbeitung einer Produktklasse angeordnet. Zwischen den Maschinen einer Gruppe und den Maschinen der folgenden Maschinengruppe können alle Arten von Übergangsbeziehungen existieren. Im Unterschied zur Werkstattfertigung können Übergangsbeziehungen nicht mehr zwischen allen Maschinen, sondern nur innerhalb der verrichtungsbezogenen Gruppe und von einer Gruppe zu genau einer anderen, im Fertigungsfluss nachfolgenden Gruppe, auftreten. Rücklauf- und Übersprungbeziehungen kommen nicht vor.

von Drehen 1 Drehen 2 Drehen 3 Fräsen 1 Fräsen 2 Bohren

Bohren

1 1 1 1 1 0

1 1 1 0 1 1

Fräsen 1 Fräsen 2

1 1 1 1 0 1

1 1 0 1 1 1

Drehen 3

1 0 1 1 1 1

Drehen 2

Bohren

0 1 1 1 1 1

Übergangsbeziehungsmatrix bei Werkstattfließfertigung nach Drehen 1

Drehen 2 Drehen 3 Fräsen 1 Fräsen 2

von Drehen 1 Drehen 2 Drehen 3 Fräsen 1 Fräsen 2 Bohren

Drehen 1

Übergangsbeziehungsmatrix bei Werkstattfertigung nach

0 1 1 0 0 0

1 0 1 0 0 0

1 1 0 0 0 0

1 1 1 0 1 0

0 0 0 1 1 0

1 1 1 1 0 0

Innerhalb dieses Bereiches sind alle Übergangsbeziehungen möglich!

Bild 3-90 Übergangsbeziehungen bei Werkstatt- und Werkstattfließfertigung

124 Eine

Einzelmaschine wird als Spezialfall einer Gruppe aufgefasst.

282

3 Die Modelldefinition

Der spezifische Unterschied der Werkstattfließfertigung gegenüber der Werkstattfertigung liegt somit nicht in der Maschinenanordnung, sondern in der Reduktion und in der spezifischen Art der Übergangsbeziehungen125. Die einzelnen Maschinengruppen des Fließsystems entsprechen somit Werkstattfertigungen, wie sie in Bild 3-89, Grundtyp WSF_4, beschrieben wurden. Zwischen den einzelnen Gruppen liegen eindeutige, gerichtete Materialflussbeziehungen vor, so dass für ein Grundschema der Werkstattfließfertigung die in Bild 3-91 angegebene Modellierung abgeleitet werden kann. Für die Realisierung des Transportbausteins muss der Grundbaustein für den unidirektionalen Transport herangezogen werden. Gruppierung tätigkeitsähnlicher Gebrauchsfaktoren V‘

Grundtyp WSF_4 V‘‘

V‘‘‘

V‘‘‘‘

Gruppe 1

Grundtyp WSF_4

Transportbaustein

Transportbaustein

Grundtyp WSF_4

Transport

Gruppe 2

Gruppe 3

Bild 3-91 Grundmodell einer Werkstattfließfertigung

Ein Unterschied zwischen Fertigungsinsel- und Werkstattorganisation besteht hinsichtlich des Informationsflusses darin, dass von einer übergeordneten Planungsebene nur noch eine Terminvorgabe und eine -kontrolle für ein komplettes Teil erforderlich ist. Daraus lassen sich bezüglich der notwendigen Funktionalität innerhalb der jeweiligen Modellsichten folgende Aussagen treffen: Die überlagerte Modellsicht benötigt lediglich Funktionalität zur Ermittlung von Vorgabeterminen unter Berücksichtigung von Kapazitäten über die Fertigungsinsel. Die restliche Planungsfunktionalität wird auf die Modellsicht innerhalb der Insel verlagert. Die Materialdisposition für das Eingangslager der Fertigungsinsel erfolgt aufgrund der zentralen Auftragsauslösung. So können rechtzeitig Bestellungen durch den Einkauf ausgelöst werden. – Reihenfertigung Reihenfertigung liegt dann vor, wenn die Anordnung der Gebrauchsfaktoren entlang der zur Herstellung eines Erzeugnisses erforderlichen Vorgänge – also erzeugnisbezogen – erfolgt. Der Materialfluss ist gerichtet und unterliegt in der Regel keinem Taktzwang. Insbesondere sind keine Rückflüsse im Materialfluss vorhanden. Um unterschiedliche Produktspektren herstellen zu können, werden häufig mehrere Reihen installiert. Dabei sind auch Konstellationen denkbar, bei denen bestimmte Gebrauchsfaktoren von mehreren Reihen beansprucht werden. 125 Diese Art der Übergangsbeziehungen setzt eine gewisse Fertigungsverwandtschaft der Produk-

te voraus.

3.2 Der sachliche Bezug

283

Eine Bearbeitungsstation ist ein Ort, an dem Vorgänge einer bestimmten Vorgangsklasse / einer bestimmten Produktklasse durchgeführt und dazu Gebrauchsfaktoren allokiert werden.126 Im Unterschied zur Werkstatt- und Werkstattfließfertigung resultieren aus der Reihenfertigung weitere Einschränkungen der Übergangsbeziehungen (siehe Bild 3-92). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einzelne Bearbeitungsstationen zu überspringen, um Ablaufvarianten hinsichtlich der Vorgangsfolge der Erzeugnisse realisieren zu können.

0 0 0 0 0 0

1 0 0 0 0 0

1 1 0 0 0 0

0 0 1 0 0 0

0 0 0 1 0 0

Fräsen 2 Fräsen 3 Endkontrolle

Vordrehen Fertigdrehen Fräsen 1 Bohren Honen Endkontrolle

von

Drehen

von

Endkontrolle

Reihe 1

nach

Fertigdrehen Fräsen 1 Bohren Honen

Vordrehen

nach

Drehen Fräsen 2 Fräsen 3 Endkontrolle

0 0 0 0

1 0 0 0

Reihe 2

0 0 0 0 1 0

1 1 0 0

0 0 1 0

Bild 3-92 Übergangsbeziehungen in der Reihenfertigung

Bei der erzeugnisorientierten Reihenfertigung wird die Zuordnung von Gütern zu Gebrauchsfaktoren eingeschränkt, indem Gebrauchsfaktoren im voraus bestimmten Gütern zugeordnet werden. Bezüglich der Gebrauchsfaktoren ergeben sich somit

Erzeugnisspektrum 1 A

I

C

Erzeugnisspektrum 2 B

D

H

J

L

Erzeugnisspektrum 3 E

F

G

K

Baustein aus Bild 3-132

A, B, C, ... :

nach dem Erzeugnisspektrum angeordnete Potenzialfaktoren

Bild 3-93 Modell einer Reihenfertigung 126

siehe auch Schönsleben [SCHÖ02]: „Eine Arbeitsstation (engl. „workstation“) ist gemäß [APIC01] ein zugewiesener Ort, wo eine mitarbeitende Person eine Arbeit ausführt. Es kann sich um eine Maschine oder eine Werkbank handeln.“

284

3 Die Modelldefinition

zwei Zuordnungsformen: Zuordnung eines Gebrauchsfaktors zu einer Güterklasse bzw. Zuordnung eines Gebrauchsfaktors zu mehreren Güterklassen. Damit lassen sich Modelle für Reihenfertigungen – unter Vernachlässigung der Transportmodellierung – aus den hergeleiteten Bausteinen zusammensetzen. Das Modell einer Reihenfertigung für verschiedene Güterspektren ist in Bild 3-93 dargestellt. Bild 3-93 zeigt aber nur den Grundtyp einer Reihenfertigung und nur den Hauptstrang der jeweiligen Fertigungslinien. – Fließfertigung Bei Fließfertigung erfolgt ebenfalls eine erzeugnisorientierte Zusammenfassung der Gebrauchsfaktoren nach der technisch erforderlichen Prozessfolge. Im Unterschied zur Reihenfertigung werden bei der Fließfertigung die einzelnen Bearbeitungsstationen zu starren Anlagen verkettet, womit Ablaufalternativen ausgeschlossen werden. Abhängigkeitsverhältnisse von Gebrauchsfaktoren müssen in den Modellen nicht berücksichtigt werden. Häufig liegt Taktzwang zwischen den einzelnen Bearbeitungsstationen vor. In einer ideal ausgeprägten Form besteht zwischen jeweils zwei Maschinen nur eine einzige Übergangsbeziehung. Transportzeiten werden in die Durchlaufzeiten für Transformationen integriert. Das potenzielle Leistungsprogramm umfasst nur wenige Güterklassen, im Extremfall sogar nur eine einzige. Durch Umrüstmaßnahmen können ggfs. verschiedene Güterklassen gefertigt werden. In diesem Fall müssen in den Modellen alternative Vorgangsklassen beschrieben werden. Da die Zuordnung der Gebrauchsfaktoren zu Verbrauchsfaktoren bereits festgelegt ist, ergibt sich ein Koordinationsbedarf nur hinsichtlich der Zeiten und Mengen der Materialien. Folgende Szenarien sind denkbar:127 – Vollständige Bereitstellung zu einem Zeitpunkt – Bereitstellung variabler Mengen zu festen Zeitpunkten (z.B. periodisch) – Bereitstellung fester Mengen (z.B. Transportlose) zu beliebigen Zeitpunkten – Bereitstellung fester Mengen (Lose) zu festen Zeitpunkten – keine Restriktionen in der Bereitstellung Somit können die in Bild 3-94 dargestellten Ablaufstrukturtypen für Fließfertigungsaufgaben abgeleitet werden. Wird eine mehrstufige Fließfertigung zur Herstellung nur einer einzigen Güterklasse eingesetzt, besteht eine feste Zuordnung von Vorgängen zu Gebrauchsfaktoren. Der bei dieser Zuordnung auftretende Gebrauchsfaktorengpass bestimmt die maximale Ausbringungsmenge. Das darüberhinausgehende Kapazitätsangebot der Nichtengpassgebrauchsfaktoren kann nur im Falle einer mehrstufigen Modellierung separat erfasst werden. In diesem Fall können Pufferbestände bezüglich der Zwischenzustände berücksichtigt werden. Mehrstufige Fließfertigungen sollten daher nur dann einstufig modelliert werden, wenn die Kapazitätsquerschnitte hinreichend gut aufeinander abgestimmt sind.

127

Siehe Abschnitt 4.1.1.

3.2 Der sachliche Bezug

285

einstufige Fließfertigung Erweiterung zur Fließmontage ∧ mehrstufige Fließfertigung Güterklassen-Variation bei Fließfertigung Güterklasse a ∨



∨ Güterklasse b Güterklasse c

Bild 3-94 Ablaufstrukturen bei Fließfertigung

– Baustellenfertigung In diesem Organisationskonzept sind die bearbeiteten Güter im Gegensatz zu den bisherigen Ausführungen nicht mehr ortsveränderlich. Es erfolgt vielmehr eine flexible Zuordnung von ortsveränderlichen Gebrauchsfaktoren zu ortsfesten Gütern. Die Modelle solcher Organisationen repräsentieren demnach keinen Materialfluss im herkömmlichen Sinn. Sie können vielmehr als eine Folge von diskreten Zustandsübergängen eines Gutes aufgefasst werden. Modelliert werden sollten die Zwischenzustände, die zeitlich von besonderem Interesse sind. Durch schrittweises Hinzufügen der Materialien entsteht in der Regel ein komplexes Erzeugnis, das eine mehrstufige Betrachtung erforderlich macht. Die einzelnen Bearbeitungsschritte werden in der Regel einmalig durchgeführt. Die hierfür erforderlichen Gebrauchsfaktoren stehen nach Verlassen des Prozesses für weitere Arbeiten an anderen Erzeugnissen an anderen Orten zur Verfügung. Die Gebrauchsfaktoren nehmen somit im Modell zwei Rollen wahr. Neben ihrer Rolle als Gebrauchsfaktor stellen sie für unterlagerte Transportprozesse die “Materialien“ dar128.

128 Eine spezielle Form der Baustellenfertigung ist dann gegeben, wenn komplexe Fertigungsanla-

gen zur Herstellung einer bestimmten Güterklasse erst durch vielfältige Rüsttätigkeiten dazu in die Lage versetzt werden müssen. Dann sind Verbrauchs- und Gebrauchsfaktoren an einen bestimmten Ort - nämlich den Standort der Rumpfmaschine - zu transportieren und nach Abschluss der Herstellung der Güterklasse wieder zurückzutransportieren

286

3 Die Modelldefinition

Material ∧





ortsflexibler Potenzialfaktor

Erzeugnis

Schnittstelle zum unterlagerten Transportmodell

Bild 3-95 Grundmodell einer Baustellenfertigung

3.2.2

Transformationsprozesse

3.2.2.1

Differenzierung und Aggregation von Klassen

Der technologische Leistungsbedarf eines Vorgangs umfasst die qualitativen Anforderungen an die für die Vorgangsdurchführung benötigten Produktionsfaktoren. Sie sind mit der Modellierung des technologischen Leistungsangebots (implizit) in der Zustandsbeschreibung eines Produktionsfaktors enthalten. Damit ist bereits mit der Inputspezifikation eines Vorgangs der technologische Leistungsbedarf beschrieben. Der Verbrauch an qualitativer Leistung wird dadurch angezeigt, dass ein Produktionsfaktor vom Input- in den Outputzustand wechselt und damit ein verändertes Leistungsangebot aufweist (Gebrauchsfaktor). Alternativ dazu wird er im Vorgang verbraucht und tritt dann in der Outputspezifikation nicht mehr auf (Verbrauchsfaktor). Die Menge und der Zustand der Input-Faktoren repräsentieren die Startbedingungen eines Vorgangs. Ähnlich definiert sich der Zielzustand und damit das Ende des Vorgangs über die Menge und den Zustand der resultierenden Produkte und Gebrauchsfaktoren. Der Zielzustand des Vorgangs ist definitionsgemäß mit der Notwendigkeit neuer Planungsentscheidungen verbunden und bildet zugleich den Ausgangszustand für den nächsten Vorgang. Somit sind Vorgangsinput und -output nach dem gleichen Prinzip aufzubauen, da sie je nach Blickwinkel den Ein- bzw. Ausgangszustand eines Vorgangs beschreiben (siehe Bild 3-96). Diese Äquivalenz in der Abbildung schafft zugleich die Voraussetzung, um die Methoden der Vor- und Rückwärtsrechnung, die im Rahmen der Mengen- und Terminplanung benötigt werden, angleichen und die Komplexität der PPS-Aufgabe reduzieren zu können (siehe Kapitel 4 und Kapitel 5). Grundsätzlich gilt, dass ein Vorgang alle eintretenden Faktoren bzw. ihre gegenseitige Zuordnung zueinander ändert. Das gilt sowohl für Verbrauchsfaktoren, die oftmals vollständig in das Zielprodukt des Vorgangs übergehen, als auch für Gebrauchsfaktoren. Das verwendete Werkzeug nutzt sich ab und steht nach Beendigung eines Vorgangs nur noch mit verringerter Reststandzeit für weitere Aktivitäten bereit, die Maschine ist möglicherweise reparaturbedürftig, beim Werker ändert sich der Stundenzettel.

3.2 Der sachliche Bezug

287

unterschiedliche Identifikation, unterschiedlicher Zustand Material m1 Zustand a (Rolle: Gut)

Produkt p1 Zustand b (Rolle: Verbrauchsfaktor) Vorgang Material m2 Zustand d (Rolle: Gut)

Material m2 Zustand c (Rolle: Gut) Gebrauchsfaktor r1 Zustand f (Rolle: Gebrauchsfaktor)

Gebrauchsfaktor r1 Zustand e (Rolle: Gebrauchsfaktor)

gleiche Identifikation, unterschiedlicher Zustand

Instanzebene Klassenebene

Bild 3-96 Faktoren im Übergang vom Input zum Output eines Vorgangs

Klasse Gabelstapler

Instanz Gabelstapler GS29

Faktorklasse Gabelstapler Gabelstapler: Fahrgestellnr.: Identnummer Fahrgestellnr.: Identnummer Ladezustand: unbeladen Ladezustand: beladen Ort: Ortsangabe Ort: Ortsangabe

Gabelstapler GS29 Fahrgestellnr.: GS2978a Ladezustand: unbeladen Ort: nach Maschine

Faktor Gabelstapler GS29 Fahrgestellnr.: GS2978a Ladezustand: beladen Ort: vor Lager

Wechsel des relevanten Zustands mit gleicher Objektidentität Reale Welt Zustandsübergang: beladen Produktionsfaktor

Produktionsfaktor Produktionsfaktor Gabelstapler GS29 im Zustand unbeladen Gabelstapler GS29 im Zustand beladen Produktionsfaktorklasse Produktionsfaktorklasse Gabelstapler Gabelstapler

Bild 3-97 Die Modellierung von Produktionsfaktoren

Der Zustandsänderung kann durch eine veränderte Zustandsbeschreibung der Gebrauchsfaktoren im Übergang vom In- zum Output Rechnung getragen werden. Dabei bleiben in der Regel die Identität und die wesentlichen Eigenschaften erhalten. Modelltechnisch wird ein solcher Gebrauchsfaktor mit zwei verschiedenen Zuständen für den In- bzw. den Output des Vorgangs dargestellt. Im Falle von Verbrauchsfaktoren, die im Vorgang verbraucht werden, wird der entsprechende Input-Faktor beim Eintritt in den Vorgang „vernichtet“. Mit dem Zielprodukt wird nach Vor-

288

3 Die Modelldefinition

gangsende ein neuer Verbrauchsfaktor erzeugt. Dabei ist der Verbrauch eines Verbrauchsfaktors im Vorgang nicht zwangsläufig mit der Material- bzw. Güterrolle verknüpft. So ändert sich z. B. beim Materialtransport mit dem Ort nur der Zustand des Materials, die Identität des Verbrauchsfaktors bleibt erhalten. Bild 3-97 skizziert diesen Fall. Beispiel: In einem Werkzeugpuffer werden Werkzeuge für mehrere Bearbeitungszentren zwischengelagert und für den durch das Produktions-System festzulegenden Einsatz bereitgestellt. Der Aufenthalt des Werkzeugs im Puffer kennzeichnet den relevanten Zustand und ist in die Zustandsbeschreibung z. B. über das Merkmal „Ort“ aufzunehmen. Die Entscheidung über den weiteren Einsatz des Werkzeugs ist jedoch u. a. von seinem Abnutzungsgrad abhängig. Entsprechend ist die Zustandsbeschreibung um diese Eigenschaft zu erweitern.

Werkzeug XY Ort: Werkzeuglager Abnutzungsgrad: 0% T1

Werkzeug XY Ort: Bearbeitungszentrum 2

Werkzeug XY Ort: Schleiferei

T2

T4

Werkzeug XY Ort: Bearbeitungszentrum 1

T3

Werkzeug XY Ort: Bearbeitungszentrum 2 Abnutzungsgrad: 90%

T5

T6

T

Werkzeug XY Ort: Werkzeuglager Abnutzungsgrad: 0%

Bild 3-98 Ausschnitt aus dem Lebenszyklus eines Werkzeugs

Bild 3-98 zeigt einen Ausschnitt aus dem Lebenszyklus des angesprochenen Werkzeugs. Das Werkzeug wird vom Werkzeuglager zum Bearbeitungszentrum 1 und anschließend zum Bearbeitungszentrum 2 transportiert, bevor es in das Werkzeuglager zurückkehrt. Der Abnutzungsgrad wird nur im Werkzeuglager überprüft. Liegt der Wert über 80%, so wird es in der Schleiferei nachgeschliffen und anschließend mit einem Abnutzungsgrad von 0% wieder bereitgestellt. • Verrichtungsklassen Während die Zeitüberbrückung (ohne damit gekoppelte und beabsichtigte Veränderungen eines Faktors oder sonstige mit dem Vorgang verbundene Zeitanteile und Zeitdauern) in einem Faktorknoten dargestellt wird, sind Zustands- und Ortstransformationen in Vorgangsknoten als Leistungserstellungsprozesse (siehe Abschnitt 1.1) auszudrücken. In Anlehnung an die VDI-Richtlinie 3300 zeigt Bild 3-99 eine Einteilung in Verrichtungsklassen:129

129

Sofern für die einzelnen Verrichtungsklassen Kostenfunktionen angegeben werden können, lassen sich unterschiedliche Abläufe auch hinsichtlich der Kosten vergleichen und Optimierungen anstellen.

3.2 Der sachliche Bezug

Transportieren

Bereitstellen / Handhaben

Aufladen

289

Fertigen

Weitergeben

Urformen

Abladen

Abzweigen

Umformen

Anhängen

Zusammenführen

Trennen

Abhängen

Ordnen

Beschichten / Oberfläche ändern

Konvoi bilden

Lage prüfen

Stoffeigenschaft ändern

Konvoi auflösen Fördern

Wenden ...

Zuteilen

Fügen Kontrollieren

Tragen

Eingeben

Messen

Fahren

Positionieren

Prüfen

Rollen

Spannen

Rüsten

Rutschen

Entspannen

mit Rüstgebrauchsfaktor

Gleiten

Ausgeben

ohne Rüstgebrauchsfaktor

Gebinde herstellen Gebinde auflösen

Bild 3-99 Gliederung der Verrichtungsklassen

Im Folgenden wird eine Einteilung in Verrichtungsklassen vorgenommen, die sich an Bild 3-99 orientiert, dabei aber die Sachverhalte hervorhebt, die für das Input/ Output-System „Produktion“ relevant sind. – Rüstprozesse Unterschiedliche Typen von Rüstbausteinen resultieren aus der Betrachtung der Kriterien „Zwangsläufigkeit von Rüstprozessen“ und „erforderliche Hilfsmittel beim Rüsten“. Die Fälle A und B (siehe Bild 3-100) beschreiben Prozesse, bei denen fallweise in Abhängigkeit einer zu definierenden Regel130 gerüstet werden muss. Nur bei Erfülltsein dieser Regel muss der Rüstvorgang durchlaufen werden, ansonsten steht der Gebrauchsfaktor wieder im geforderten Zustand zur Verfügung. Die Rüstnotwendigkeit kann entweder lokal aus den Eigenschaften des betrachteten Gebrauchsfaktors oder aus dem vom Vorgang geforderten Material abgeleitet werden. Ersteres ist immer dann der Fall, wenn gleiche Teile in großen Losen bearbeitet werden. Der Umrüstprozess besteht dann beispielsweise im Ersetzen eines abgenutzten Werkzeuges131. Im Falle eines Auftragswechsels ist in der Regel ebenfalls ein Umrüsten erforderlich. Die Rüstregel muss in diesem Fall auf Daten 130

Solche Regeln müssen im Rahmen der Knotenfunktionalität berücksichtigt werden. Beispiel für eine Rüstregel: Das Umrüsten auf ein neues Werkzeug erfolgt nach einer bestimmten Einsatzzeit.

290

3 Die Modelldefinition

des vorgelagerten Materialknotens zurückgreifen. In den unter C und D dargestellten Makrostrukturen muss am Gebrauchsfaktor in jedem Fall eine Veränderung vorgenommen werden, bevor er für den im Hauptmaterialfluss liegenden Vorgangsknoten wieder zur Verfügung steht. Die Unterschiede zwischen den Strukturmodellen A und B bzw. C und D resultieren aus der Berücksichtigung eines zu disponierenden Gebrauchsfaktors. A

Beispiel für ein hierarchisches Rüstmodell:

C

⁄ WZM

fallweises Rüsten ohne Rüstgebrauchsfaktor B

Rüsten ohne Rüstgebrauchsfaktor

∨ ∨

WZM rüsten

WZ WZ vermessen

D ∨

Voreinstellgerät Rüstprozess

fallweises Rüsten mit Rüstgebrauchsfaktor

Rüsten mit Rüstgebrauchsfaktor

Im Materialfluss liegender Hauptprozess WZM : Werkzeugmaschine WZ : Werkzeug

Bild 3-100 Bausteine zur Modellierung von Rüstprozessen

Rüstvorgänge müssen dann explizit modelliert werden, wenn die benötigten Gebrauchsfaktoren geplant werden sollen (Typ B und D) oder wenn die Rüstdauer nicht vernachlässigt werden kann. Bezüglich der Beschreibung der Vorgangsdauern müssen mehrere Fälle berücksichtigt werden. Rüstzeiten können als konstant, als abhängig vom Material oder von der Folge der Materialien betrachtet werden. Im ersten Fall genügt die Vergabe eines Attributes zur Angabe der Rüstzeiten. Der zweite Fall setzt das Vorhandensein einer materialabhängigen Rüstzeitmatrix132 voraus. Im dritten Fall können die exakten Rüstzeiten nur über Regeln und Rückmeldungen über die tatsächlich erfolgte bzw. geplante Belegung ermittelt werden. Rüstprozesse können mehrstufig aufgebaut sein. Bild 3-100 zeigt die Makrostruktur für den Rüstvorgang einer Werkzeugmaschine. An den eigentlichen Rüstvorgang (z.B. Spannfutter wechseln) kann sich die Neuvermessung der Werkzeuge anschließen, welche danach erneut als Werkzeuge zur Verfügung stehen. 131

Hochautomatisierte Werkzeugmaschinen sind heute häufig mit einer automatischen Verschleißkontrolle ausgerüstet (z.B. Auswertung von Kraft- , Beschleunigungs- oder Schallsignalen am Werkzeug) und führen Werkzeugwechsel autonom aus. Dies ist v.a. bei personalarmen Schichten erforderlich.

132 Ein

Beispiel für eine Rüstzeitenmatrix einer Walzstraße findet man in [DALL88], S. 49.

3.2 Der sachliche Bezug

291

– Bereitstellungs-/Handhabungsprozesse Der Bereitstellungs-/Handhabungsprozess führt zu keiner Zustandsänderung im Sinne eines Bearbeitungsfortschrittes. Die Zustandsänderung bezieht sich bspw. auf den Ort133, auf die Lage und/oder auf die Beschreibung einer gezielten Zusammenstellung (Kommissionierung), die für die nachfolgende Vorgangsklasse erforderlich ist. Die Modellstrukturbausteine für Bereitstellungsprozesse entsprechen den elementaren Bausteinen von Erzeugnisstrukturen, die ggf. um Gebrauchsfaktoren ergänzt werden müssen. Beschreibungskriteriena

Ausprägungen

Umsetzung in die Modellierungsmethode

Art der Bereitstellung

- nach Bedarf - nach Verbrauchb

Funktionalität des Vorgangsknotens

Auftragsbezug der Bereitstellung

- zusammengefasste Aufträge - Gesamtauftrag - Teilauftrag

Beschreibung der Faktoren

Bereitstellmenge

- gebindeorientiert - stückzahlgenau

Mengenrestriktionen im Punkt Zugang des Vorgangsknotens

Bereitstellquelle

- Arbeitsplatznähe - Lager

Ortsattribut des Input-Faktors

Bereitstellort

- Arbeitsplatznähe - Arbeitsplatz

Ortsattribut des Output-Faktors

Auslösung der Bereitstellung

- Bringprinzip - Holprinzip

Funktionalität des Vorgangsknotens

a.Kriterien in Anlehnung an Bullinger und Lung [BULU94], S. 17 b.siehe Abschnitt 4.1.1

Bild 3-101 Umsetzung der Organisationsprinzipien von Bereitstellungsprozessen in die Modellierungsmethode.

Bei einer bedarfsgesteuerten Bereitstellung wird ausgehend vom Produktionsprogramm für jede Produktionsstufe festgelegt, welche Stückzahlen eines Gutes zu welchem Zeitpunkt / in welchem Zeitabschnitt den nachfolgenden Stufen zur Verfügung gestellt werden müssen. Bei der verbrauchsgesteuerten Materialbereitstellung (siehe Abschnitt 4.1.1) steuert die aus Materialflusssicht nachgelagerte Stelle, indem sie das von ihr benötigte Material anfordert oder direkt aus einem Zwischenlager abholt. Im Falle der zusammengefassten Auftragsbereitstellung wird aus Gründen der Aufwandsreduzierung für mehrere Aufträge gemeinsam bereitgestellt. Ein Element einer solchen Klasse fasst dann Verbrauchsfaktoren für mehrere Aufträge zusammen, so dass ein Vorgangsknoten mehrmals angestoßen werden kann, ohne dass ein weiterer Fluss von Verbrauchsfaktoren erforderlich ist. Bei der Bereitstellung eines Gesamtauftrages repräsentiert ein Element alle Verbrauchs-Objekte, die zur Durchführung eines einmaligen Vorgangs erforderlich sind. Im Falle der teilweisen Materialbereitstellung134 erfolgen zwischen Start und Ende eines Vor133 Teileübergang

von Lagerplatz zu Puffer vor Maschine

292

3 Die Modelldefinition

gangs oder einer Sequenz von Vorgängen mehrere Eintrittsflüsse. Dieser Sachverhalt wird in der Prozessbeschreibung über relative Eintrittszeitpunkte ausgedrückt. Bereitstellquelle und Bereitstellort werden über zusätzliche Ortsattribute der Materialien/Erzeugnisse beschrieben (siehe Bild 3-101). – Teilefertigungsprozesse Gliederungen von Teilefertigungsprozessen nach Fertigungsverfahren, wie sie Produktionsingenieure [BEGR87], S. 52135 vornehmen, vernachlässigen Planungs- und Steuerungsgesichtspunkte völlig und sind somit ungeeignet. Deshalb müssen andere Kriterien berücksichtigt werden.136

134 Dies 135

kann beispielsweise aufgrund von Platzmangel vor der Bearbeitungsstation erfolgen.

Ziel der dort genannten Systematik der Einteilung der Fertigungsverfahren nach DIN 8580 war es, durch klare Begriffe technische Gespräche und Verhandlungen zu erleichtern sowie einheitliche Bezeichnungen im Schrifttum und in der Dokumentation zu gewährleisten. Damit wurde eine Basis für die internationale Normenarbeit geschaffen.

136 Die

Haupteinteilung der Fertigung (siehe Abschnitt 1.3) erfolgt üblicherweise nach Teilefertigung und Montage. Die einzelnen, nach DIN 8580 genormten Fertigungsverfahren sind in Abbildung 3-99 zusammengestellt. Die Teilefertigung lässt sich in drei Basisaufgaben zusammenfassen [KOEN90]: -Die gewünschte Geometrie wird aus dem verwendeten Material gefertigt. -Die Werkstoffeigenschaften der verwendeten Materialien werden im Hinblick auf eine Weiterverarbeitung oder späteren Anwendung verändert, wobei die chemische Zusammensetzung beibehalten wird. -Die Werkstückoberfläche wird im Hinblick auf die spätere Verwendung verändert. Basisaufgabe der Montage ist das Verbinden von Einzelteilen (Fügen). Außerdem müssen Aufgaben wie Anpassen, Funktionsüberprüfen oder das Verpacken der Endprodukte durchgeführt werden. Eine Systematik von Fertigungsprozessen muss eine widerspruchsfreie Einordnung bekannter und zukünftiger Verfahren ermöglichen. Diese Anforderung greift DIN 8580 auf, indem als Kriterium zur Einteilung in die Hauptgruppen der Fertigungstechnik der Zusammenhalt benachbarter Materialteilchen im Bereich der Bearbeitungsflächen (DIN 1974) gewählt wird. Dieser Zusammenhalt wird geschaffen (Urformen), beibehalten (Umformen), vermindert (Trennen) oder vermehrt (Fügen, Beschichten). Die Wahl der Fertigungsverfahren richtet sich u. a. nach den verlangten Maßtoleranzen, der geforderten Oberflächengüte oder den geforderten Stückzahlen [EVER96]. Nach DIN 8580 ist Urformen das Fertigen eines festen Körpers aus formlosem Stoff durch Schaffen von Zusammenhalt (DIN 1974). Hierbei kann zwischen Urformen aus dem flüssigen Zustand (Gießen), Urformen aus dem ionisierten Zustand (Galvanoformung) und Urformen aus dem festen Zustand (Sintern) unterschieden werden. Umformen (DIN 8582) ist das Erzeugen eines Teiles durch bildsames (plastisches) Ändern der Form. Sowohl die Masse als auch der Zusammenhalt werden beibehalten (DIN 1971). Trennen hebt nach DIN 8580 den Zusammenhalt örtlich auf oder vermindert ihn. Gruppen des Trennens sind Zerteilen, Spanen mit geometrisch bestimmter und geometrisch unbestimmter Schneide, Abtragen, Zerlegen und Reinigen. Das Fügen verbindet Einzelteile zu Baugruppen oder Endprodukten. DIN 8593 versteht unter Fügen „das Verbinden oder sonstige Zusammenbringen von zwei oder mehr Werkstükken“. Eine mittels Fügen hergestellte Verbindung kann lösbar (z. B. Schrauben) oder unlösbar (z. B. Kleben, Schweißen) sein. Beschichten ist das Aufbringen einer fest haftenden Schicht aus formlosem Stoff auf ein Werkstück. Wesentliche Formen der Beschichtung sind nach DIN 8580 das Beschichten aus dem flüssigen, plastischen, breiigen und pulverförmigen Zustand sowie das Beschichten durch Schweißen oder Löten.

3.2 Der sachliche Bezug

293

Teilefertigungsprozess Vollständigkeit der Transformation

sachlicher und zeitlicher Bezug der Transformation

vollständiger Umsatz der Inputfaktoren unvollständiger Umsatz der Inputfaktoren Rückfluss identisch mit Input (unvollständige Bearbeitung bzgl. Stückzahl)

ein Inputfaktor mehrere Inputfaktoren einfacher sachlicher Bezug sukzessiv parallel

Rückfluss unterschiedlich zu Input (Sägen von Rundmaterial)

mehrfacher sachlicher Bezug sukzessiv parallel

Bild 3-102 Klassifikationsmerkmale von Teilefertigungsprozessen

Das Kriterium Vollständigkeit der Transformation beschreibt, ob das Durchführen einer Vorgangsklasse zu einer vollständigen Umsetzung des Materials führt, oder ob nach erfolgter Transformation ein Rückfluss in die Materialklasse stattfindet. Eine unvollständige Umsetzung der Verbrauchsfaktoren führt zu einem Rückfluss identischer oder veränderter Verbrauchsfaktoren. Die Klassenbeschreibung dieser Verbrauchsfaktoren muss in diesem Fall so gestaltet sein, dass rückfließende Materialien dieser Klassenbeschreibung ebenfalls genügen. So führt das Sägen einer bestimmten Anzahl von Drehrohlingen unter Umständen dazu, dass neben den Erzeugnissen (Drehrohlinge) auch Materialien (Stangenabschnitte) den Vorgangsknoten verlassen. Im angeführten Beispiel verändern diese ihren physischen Zustand (Längenreduktion). Für weitere Vorgänge stehen sie jedoch zur Verfügung. Für die Beschreibung der im Beispiel betrachteten Materialklasse „Stangenmaterial“ lässt sich daraus direkt folgern, dass das Längenattribut dem einzelnen Verbrauchsfaktor und nicht der Klasse zugeordnet werden muss, da sich der Wert ändern kann (siehe Bild 3-96). Für Verbrauchsfaktoren in vollständigen Transformationen bzw. unvollständigen Transformationen137 mit identischen Rückflüssen entfällt diese Forderung. Ein weiteres Kriterium beschreibt die sachlichen und zeitlichen Bezüge von Vorgangsknoten. So muss zum einen unterschieden werden, ob ein einzelner Vorgang einen einzigen Verbrauchsfaktor oder mehrere umsetzt. Aus Sicht des Vorgangsknoten kann dann weiterhin unterschieden werden, ob es sich um identische oder um verschiedene Materialien handelt. Bezüglich des zeitlichen Verhaltens eines Vorgangsknoten kann die Umsetzung von Verbrauchsfaktoren sukzessiv oder parallel erfolgen. Diese Einteilung ist davon abhängig, wie detailliert eine Produktion modelliert werden soll. So modelliert Bild 3-103 beispielhaft die Herstellung eines Loses als seriellen Prozess (siehe Abschnitt 3.2.2.2).

137

Unvollständiger Verbrauch liegt beispielsweise bei einer abgebrochenen Bearbeitung eines Loses vor.

294

3 Die Modelldefinition

Inputverhalten Verbrauchsfaktorknoten/Vorgangsknoten, z. B. - Transportlosgröße 4 kg - Mehrverbrauch - Verwendungsmenge 1 Stück je Vorgang Outputverhalten Vorgangsknoten/Güterknoten, z. B. - Losgröße 10 Stück

Werkzeug einbauen

- Transportlosgröße 4 Stück - Entstehungsmenge 2 Stück je Vorgang

Vorgang x Fertigungslos m * Vorgänge Vorgangsklasse x Werkzeug ausbauen 1 * je Fert.los

Bild 3-103 Herstellung eines Fertigungsloses

Beispiel: Für die Durchführung eines Bearbeitungsvorgangs muss die ausgewählte

Maschine mit einem geeigneten Werkzeug gerüstet werden. Das Rüsten dauert eine bestimmte Zeit und ist von einem Werker vorzunehmen, der anschließend auch das Material einspannt und den Vorgang überwacht. Mit dem Vorgangsende ist er darüber hinaus für das Ausspannen und die Kontrolle des bearbeiteten Werkstücks sowie das Abrüsten der Maschine zuständig. Dieser Fertigungsvorgang kann auf unterschiedliche Weise modelliert werden: Fall 1: Rüsten, Bearbeiten und Abrüsten werden als drei in Folge abzuarbeitende Vorgänge dargestellt. Das Material muss erst für den Start des Bearbeitungsvorgangs bereit stehen und kann nach dessen Beendigung sofort weiter verwendet werden. Maschine,Werkzeug und Werker müssen für alle drei Vorgänge verfügbar sein. Bild 3-104 skizziert diesen Fall. Maschine ungerüstet

Material unbearbeitet

Material bearbeitet

Maschine gerüstet Rüsten

Werker

Maschine gerüstet Bearbeiten

Werker

Maschine ungerüstet

Abrüsten

Werker

Werker

Bild 3-104 Modell zum Beispiel, Fall 1

Fall 2: Rüsten, Bearbeiten und Abrüsten werden als ein Vorgang modelliert, wobei

eine zeitliche Differenz zwischen dem Verfügbarkeitszeitpunkt des Materials und den Verfügbarkeitszeitpunkten der anderen Faktoren zugelassen wird. Ähnlich ist das Vorgangsende darzustellen: Während der Werker die Maschine abrüstet, kann das bearbeitete Gut für die weitere Verwendung bereits freigegeben werden und den

3.2 Der sachliche Bezug

295

Vorgang früher als Werker, Maschine und Werkzeug verlassen. Bild 3-105 verdeutlicht diesen Sachverhalt. Material unbearbeitet

Maschine ungerüstet Werker

Δt = x

Δt = 0

Rüsten, Bearbeiten, Abrüsten

Δt = y

Material bearbeitet

Δt = 0

Maschine ungerüstet

Vorgangsdauer Δt = 0

Zeit T0

T0+x

T1-y

Δt = 0

Werker

T1

Bild 3-105 Modell zum Beispiel, Fall2

Fall 3: Rüsten, Bearbeiten und Abrüsten werden als ein Vorgang modelliert und die

Verfügbarkeit von Material, Werker, Maschine und Werkzeug für ein- und denselben Zeitpunkt geplant. Mit dem Vorgangsende treten alle beteiligten Faktoren in den entsprechenden Zuständen zum gleichen Zeitpunkt wieder aus (siehe Bild 3106). Material unbearbeitet Maschine ungerüstet

Material bearbeitet Maschine ungerüstet

Rüsten, Bearbeiten, Abrüsten Vorgangsdauer

Werker

Zeit T0

Werker

T1

Bild 3-106 Modell zum Beispiel, Fall3

Welche der drei Vorgehensweisen für ein betrachtetes Produktionssystem die geeignete ist, hängt von den Zielen und dem Abstraktionsgrad der Modelldarstellung ab. Fall1 symbolisiert eine Planungsnotwendigkeit zwischen den einzelnen Teilschritten und bedingt für jeden Schritt eigene Planungsaktivitäten. Besteht ein Automatismus in der Abarbeitung der Abläufe, der nicht durch regelnde Eingriffe unterbrochen werden soll, so ist die als Fall 2 skizzierte Modellierungsweise anzuwenden. Sie betrachtet die Bearbeitungs- und Rüstvorgänge als eine zusammenhängende Einheit, in der der In- bzw. Output zeitversetzt zum Vorgangsbeginn oder -ende auftreten kann. Damit kann die Zeitspanne, in der ein Faktor in einem Vorgang gebunden ist, von der Vorgangsdauer abweichen. Diese positive oder negative zeitliche Abweichung ist wie die Vorgangsdauer in Zeitabschnitten anzugeben und kann für jede einzelne Faktorklasse festgelegt werden. Bild 3-107 detailliert bspw. die Bereitstellung und den Transport von Förderhilfsmitteln und Werkzeugen

296

3 Die Modelldefinition

T

F

T Leerfahrt

Werker T

Maschine Material

T

B

T

P

K

Leerpalette für InputVerbrauchsfaktoren

T

T

T P T B K W V F

... ... ... ... ... ... ...

Palettenstapel Transport Bearbeiten Kommissionieren Werkzeuglager Werkzeugaufbereitung Fahrzeugpuffer

Leerpalette für OutputVerbrauchsfaktoren

W

B

T

K

T

V

T

Erzeugnis

Werkzeugkreislauf T

T

P

T

F

T

Leerfahrt

Bild 3-107 Werkzeug- und Förderhilfsmittelbereitstellung für die Teilefertigung

Eine Besonderheit einer vorgangsorientierten Beschreibung ist ein Arbeitsplan.138 Hier wird insbesondere bei einer Teilefertigung die Herstellung eines Teils in mehreren Vorgängen („Arbeitsvorgängen“) aus einem (Roh-)Material beschrieben. Das Produkt hat nach dem letzten Arbeitsvorgang als Identifikation (Beschreibung) die Teilenummer, alle vorherigen Arbeitsvorgänge werden zusätzlich zur Teilenummer über die Arbeitsvorgangsnummer identifiziert. Abgrenzungskriterium für einen Arbeitsvorgang ist der Wechsel des Betriebsmittels. Diese Vorgehensweise ist zweckmäßig, wenn nur das fertige Teil lagerhaltig ist und alle Zwischenarbeitsvorgänge materialmäßig in der Werkstatt (siehe Werkstattfertigung, Bild 3-88) verbleiben (siehe Bild 3-108). – Montageprozesse Montageprozesse fassen Vorgänge zu Vorgangsklassen zusammen, die aus mehreren Verbrauchsfaktoren mit unterschiedlicher Identität139 ein Produkt mit neuer Identität erzeugen. Im einstufigen Fall lässt sich der in Bild 3-109 dargestellte Montagegrundbaustein direkt aus dem Grundstrukturbaustein in Bild 3-49 ableiten, wobei hier zusätzlich der Gebrauchsfaktor modelliert wird.

138 siehe

die Definitionen von Schönsleben [SCHÖ02] bzw. APIC01: Ein Arbeitsplan bzw. Operationsplan eines Produktes ist die Liste von Arbeitsvorgängen, durch die das Produkt ausgehend von seinen Komponenten hergestellt wird. Er schließt Informationen über die involvierten Kapazitätsplätze ein.

139 Dies

schließt das mehrfache Vorhandensein identischer Materialfaktoren nicht aus.

3.2 Der sachliche Bezug

Müller 2163-4

10 Stck.

Auftragsangaben

Auftragsmenge

Menge je Los

L-Nr.

297

Kundenauftrag

4791

(Auftragsart)

Auftragsnr.

Erzeugnis

Gruppe

Teil

Abnahmevorschrift

Drehmasch.

Getriebe

Stirnrad

Härtevorschrift 5203-2

Sachnummer

Teilefamilie

Bezeichnung des Arbeitsgegenstandes (Teil, Gruppe, Erzeugnis)

32768

04166

Stirnrad 50 Cr V 4

Sachnummer

Materialfamilie

Bezeichnung des Ausgangsmaterials

Menge

ME

Ausgangsmaß

394

50 Cr V 4

Rundstahl 95 D 17200

1

4

95

Teil

Materialbezugshinweis

Menge

ME

Gesamtrohmaß

Zeichnungsnr.

8.25.4.597 Ausgangsgewicht Ges.-Rohgewicht

95x480 Vorg.Nr.

Vorgangsbezeichnung

VorgangsFamilie

Rüstzeit tr/trB

Arbeitsplatz / Betriebsmittel

Werkz.Vorrichtung Hilfsmittel

Ü

drehen 1. Seite 3300 320/5305 20 abstechdrehen 3205 320/5305 30 drehen 2. Seite 3300 320/5305 40 Nut räumen innen 3360 410/5801 50 Zwischenkontrolle 7102 760 6903 REFA-Arbeitsplan

SP

V

Zeit je Einheit te/teB

Vorgabezeit T/TbB

Anfangs-Termin AT

End-Termin ET

10

z FU

zustd

17.03. ausgest.

z

zustd

erstellt

16.04.

z Hei

geprüft

z

geprüft

Unternehmen geändert

z

Bereich

Teilbereich

Getriebebau

Teilefertigung

Blatt

von Blättern

gültig

PE

Mengenbereich

Arbeitsplanart

Arbeitsplan-Nr.

01.06.06

1

1-25

Ablaufarb.plan

32768-2

Kostenträger

Auftragsarbeitsplan

Auftrag Müller 2163-4

Bild 3-108 REFA-Arbeitsplan (siehe [REF185])

Motorgehäuse 1,3 l ∧ ∧

Motorgehäuse 1,6 l

Motor 1,3 l Motor 1,6 l

∧ MontageGebrauchsfaktor Grundbaustein für einen einstufigen Montageprozess

Gleichteileumfang

Bild 3-109 Baustein zur Modellierung von Montageprozessen

Die wesentliche Eigenschaft von Montageprozessen liegt darin, dass ein Vorgang nur abgeschlossen werden kann, wenn alle erforderlichen Verbrauchsfaktoren vorhanden sind. Dieser Sachverhalt setzt das Vorhandensein komplementärer Materialkanten am Vorgangsknoten voraus. Über Zeitrestriktionen in der Vorgangsbeschreibung kann das Eintrittsverhalten der Verbrauchsfaktoren festgelegt werden. Damit lassen sich prinzipiell auch mehrstufige Montageprozesse mit dem einfachen Grundmodell beschreiben. Müssen mehrere Gebrauchsfaktoren oder Zwischenzu-

298

3 Die Modelldefinition

stände berücksichtigt werden, können mehrstufige Montagen durch Verkettung von Mikrostrukturen modelliert werden. Mehrstufige Montagen werden insbesondere bei Reihen- und Fließfertigung in Form eines Vorranggraphen modelliert.140 Der Vorranggraph macht deutlich, in welcher Reihenfolge die einzelnen Montagevorgänge erfolgen müssen und vor allem, in welcher Gruppierung sie auf mehrere Gebrauchsfaktoren zulässig aufgeteilt werden können. – Förder-/Transportprozesse Neben Zustandsänderungen hinsichtlich der zu erzielenden Produkteigenschaften (wie Geometrie und Funktion) spielen Zustandsänderungen bezüglich des Ortes141 (Förder-/Transportaufgaben) eine wichtige Rolle als Bindeglied zwischen allen übrigen Produktionsfunktionen. Hier liegt das Hauptaugenmerk auf der Umsetzung unterschiedlicher Strukturmerkmale von Transport-Vorgängen. Hierzu gehört die Unterscheidung in unidirektionale und bidirektionale sowie offene und geschlossene Transporte. Anhand dieser Kriterien lassen sich einfache Punkt zu Punkt-Transporte, Transportlinien, -ringe, -sterne sowie komplexe Transportnetze unterscheiden. Die allgemeine Abbildung eines unidirektionalen Transportes von einem Startort A zu einem Zielort B kann gemäß Bild 3-110 beschrieben werden. Die zu einer Ortstransformation erforderlichen Transportmittel treten in einem Eingangszustand in den Vorgangsknoten ein und in einem Ausgangszustand aus. Modellbaustein ABin

ABout

B

Transportschema: A

Transportgebrauchsfaktor am Ort A

B

ABout

Transportgebrauchsfaktor am Ort B Verbrauchsfaktoren am Ort A bestimmt für Transport zu B Verbrauchsfaktoren, Ort B mit Herkunftsort A

AB

Transport von A nach B

ABin

AB A

A

B

Bild 3-110 Grundbaustein eines unidirektionalen Punkt zu Punkt-Transportes

Aus diesem Grundbaustein lassen sich unidirektionale Transportreihenfolgen mit einem Transportschema der Art A-B-C-D abbilden. Geschlossene unidirektionale Transportaufgaben können durch Rückführung des letzten Transportmittelknotens realisiert werden (siehe Bild 3-111). Mit einer solchen Struktur können beispielsweise Kreisförderer mit nicht umkehrbarer Förderrichtung oder Sammeltouren (eines LKW) beschrieben werden. 140 siehe

u. „Aggregation von Vorgangsklassen nach dem Arbeitsumfang - Abtaktung von Fließli-

nien“ 141

Einen Grenzfall stellen Transporttätigkeiten mit Fertigungstätigkeiten dar, bei denen sich sowohl der Produktzustand als auch das Ortsattribut ändert.

3.2 Der sachliche Bezug

ABin

ABout

BCout

BC

AB

A

BCin

B

CAin

299

CAout

CA C

Transportschema: A B C

Bild 3-111 Aus dem Grundbaustein abgeleitete geschlossene Transportstruktur

Eine Erweiterung des unidirektionalen Grundbausteins besteht im Zulassen von Transporten in beide Richtungen (siehe Bild 3-112). In Analogie zu der oben angeführten Vorgehensweise für unidirektionale Transportprozesse lassen sich mit diesem Baustein bidirektionale, offene und geschlossene Transportstrukturen modellieren. Für Hin- und Rücktransport wird jeweils ein eigener Vorgangsknoten definiert.

ABin

A

A A

AB B

BA BAout

Transportschema:

ABout

BAin

B

ABout

Transportmittel am Ort A Transportmittel am Ort B Verbrauchsfaktoren am Ort A bestimmt für Transport zu B Verbrauchsfaktoren am Ort B mit Herkunftsort A

AB

Transport von A nach B

BA

Transport von B nach A

B ABin

Bild 3-112 Grundbaustein eines bidirektionalen Punkt zu Punkt-Transportes

Einen Spezialfall des allgemeinen bidirektionalen Punkt zu Punkt-Transportes stellen sternförmig strukturierte Transportprozesse dar. Sie treten in Produktionsumgebungen v.a. dort auf, wo zusammengefasste, zentrale Ein- und Ausgabepunkte von Lagern vorhanden sind.142 Der zur Beschreibung dieses Sachverhaltes benötigte Modellbaustein kann direkt aus dem Grundbaustein des bidirektionalen Punkt zu Punkt-Transportes abgeleitet werden. Der zentrale Ort Z wird als expliziter Knoten, für den keine Klassenbildung zulässig ist, beschrieben. Für alle anderen Knoten des Modellbausteins erfolgt eine Klassenbildung. Die Transportmittel des Knotens X umfassen dann alle Transportmittel in den umliegenden Orten, für die eine Klassen142

Wenn alle Verbrauchsfaktoren an einem bestimmten Ort in einem Verbrauchsfaktorknoten zusammengefasst werden, wird der Graph des Produktionsprozesses zu einer Zustandsmaschine [ABEL90]. Jeder Vorgangsknoten hat dann nur einen Eingangs- und einen Ausgangsfaktorknoten, die Anfang und Ende der Wegstrecke repräsentieren.

alle möglichen Verbrauchsfaktoren an einem Ort Graph des Produktionsablaufs als Zustandsmaschine

300

3 Die Modelldefinition

bildung vorgenommen wurde. Für die Verbrauchsfaktor-Knoten wird analog vorgegangen. Daraus kann unmittelbar abgeleitet werden, dass die Beschreibung der Transportdauern der Prozesse ZX und XZ nicht mehr durch einzelne Attribute erfolgen kann. Die Klassenbildung erfordert hier Matrizen an den Prozessen zur Beschreibung von Transportdauern.

ZXin

Transportschema: C B

ZXout

Z Z

A

ZX

D

X

XZ

X

Transportmittel am Ort X - (A,B,C,D, ... )

Z

Transportmittel am zentralen Ort Z Verbrauchsfaktoren am Ort Z mit ZIelort X

ZXin

XZout

XZin

ZXout Verbrauchsfaktoren am Ort X mit Herkunftsort Z

Bild 3-113 Modell eines unidirektionalen zentralen Transportprozesses

B ACin

C

ACout E AC

ABin

Transportschema:

ABout

BCin

AB A

BCout

BC

CDout

BA CBout

DEin

DEout

DE D

CB BAin

D

CD C

B

BAout

CDin

A

E

DC CBin

DCout

ED DCin

EDout

EDin

CA CAout

CAin

Legende: vgl. vorhergehende Modellbausteine

Bild 3-114 Grundmodell beliebiger Transporte

Ist die Transportabfolge beliebig, müssen die Grundbausteine für uni- und bidirektionalen Transport erweitert werden. Die Transportmittelknoten enthalten in Abhängigkeit von der Transportstruktur alternative Eingangs- und/oder Ausgangskanten. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind in Bild 3-114 nicht alle möglichen Nachfolgekanten und -transformationen für Transportmittelknoten angegeben.

3.2 Der sachliche Bezug

301

Einen weiteren Aspekt bei der Modellierung von Transportprozessen bilden die unterschiedlichen Modellierungsalternativen für spezielle Transportelemente. Es werden Fördergut (FG), Fördermittel (FM) und Förderhilfsmittel (FHM) unterschieden. In der Regel ist der Knoten Fördergut eine Superklasse über bestimmte Materialien, die transportiert werden. Verbleibt das Förderhilfsmittel mit dem Fördergut am Bestimmungsort, um für einen späteren Weitertransport eingesetzt zu werden, macht eine getrennte Modellierung von Fördergut und Förderhilfsmittel keinen Sinn, da keine Konkurrenz bzgl. des Förderhilfsmittels existiert. Eine getrennte Modellierung ist dann erforderlich, wenn das Förderhilfsmittel aus dem Transportvorgang austritt und anschließend für weitere Transporte anderer Fördergüter eingesetzt wird. Sind Fördermittel und Förderhilfsmittel eine feste Einheit, werden sie auch gemeinsam modelliert. – Kontrollprozesse Kontrollprozesse beziehen sich auf Qualitätsmerkmale143 von Verbrauchsfaktoren. In Abhängigkeit dieser Merkmale führt der Kontrollprozess zur Aufspaltung des Faktorstrom in mehrere Klassen. Kontrollprozesse können somit als analytische Prozesse (siehe Abschnitt 3.2.2.2) aufgefasst werden. Damit liegt die grundsätzliche Struktur von Modellen für Kontrollprozesse fest. In Sinne einer allgemein nutzbaren Typisierung können die Zustände „in Ordnung“, „Ausschuss“, „Nacharbeit“ und „gesperrt“ unterschieden werden (siehe Bild 3-115). Ausschuss verlässt das Modell über die Systemgrenze. Faktoren mit Zustand „in Ordnung“, welche die Qualitätsmerkmale erfüllen, stehen für weitere Prozesse zur Verfügung. Gesperrte Verbrauchsfaktoren stehen vorläufig nicht weiter zur Verfügung. Der weitere Produktionsablauf - z.B. Durchlaufen bestimmter Nacharbeitsvorgänge - hängt vom Ergebnis des Kontrollvorgangs ab144. Dieser Sachverhalt eignet sich nicht zur weiteren Typisierung, da die weiteren Abläufe in der Regel nicht ex ante bestimmt werden können. „Nacharbeit“ bedeutet, dass die geforderten Qualitätsmerkmale noch erreicht werden können (Vorgangsknoten kann nicht verlassen werden). Seitens der Planung kann Nacharbeit durch Mengen- und Zeitaufschläge berücksichtigt werden. Solche Aufschlagsfaktoren145 beschreiben letztlich die technische Beherrschbarkeit eines Leistungserstellungs-Prozesses.

143 Vgl.

Hering [HERI94].

144

Beispiele für qualitätsmerkmalsabhängige Folgeabläufe können [PIRR96], S. 66 ff. entnommen werden.

145

Die Ermittlung dieser Daten kann durch Prozessfähigkeits- bzw. Maschinenfähigkeitsuntersuchungen der Qualitätssicherungsabteilungen unterstützt werden.

302

3 Die Modelldefinition

zu einem bestimmten Zeitpunkt zu Protokoll kontrollierender Verbrauchsfaktor Qualitätsmerkmale

Verbrauchsfaktor „gesperrt“; Zuordnung zu sachlichem Bezug nicht geklärt Verbrauchsfaktor mit „i.O.“ oder andere qualitätsbeschreibende Klassen Verbrauchsfaktor mit „Ausschuss“; Verlassen des Produktionssystems Verbrauchsfaktor mit „Nacharbeit“; kein Verlassen des Vorgangsknotens bzw. Zurückbuchen in Vorgangsknoten

Bild 3-115 Aufspaltung des Flusses der Verbrauchsfaktoren durch einen Kontrollprozess

Eine isolierte Betrachtung von Kontrollprozessen ohne Bezug zu einem Transformationsprozess ist nicht sinnvoll, da Kontrollprozesse sich auf vorgelagerte Transformationsprozesse beziehen und in direkter Beziehung zu ihnen stehen. Dieses Verhältnis wird zum einen durch die Häufigkeit, zum anderen durch den Umfang der Kontrollprozesse bzgl. des originären Transformations-Prozesses ausgedrückt und führt zu folgenden grundsätzlichen Szenarien: Schreibt ein Prüfplan die Kontrolle aller Materialien bzw. Güter vor, kann der Kontrollprozess wie ein zusätzlicher Fertigungsprozess behandelt werden. Alle Faktoren durchlaufen den Kontrollprozess und stehen erst nach der erfolgten Kontrolle für weitere Prozesse zur Verfügung. Für den Materialknoten brauchen keine zusätzlichen Zeit- und Mengenrestriktionen angegeben zu werden. Bei stichprobenhafter Kontrolle aller oder einer Teilmenge muss der Kontrollprozess nur von einer bestimmten Menge an Materialien und/oder nur zu bestimmten Zeitpunkten durchlaufen werden. Dieser Sachverhalt kann als wahlweises Überspringen einer Transformation in einer festgelegten Reihenfolge einer Produktionsaufgabe, die aus Fertigungsprozess und Kontrollprozess besteht, abgebildet werden. Ablaufregeln entsprechend der vorgegebenen Qualitätsvorschriften - z.B. Prüfung jedes 10. Faktors - bestimmen, wann der Kontrollprozess übersprungen werden kann146. Somit eignen sich die definierten Grundbausteine zur Beschreibung reihenfolgevariabler Produktionsaufgaben für die Modellierung solcher Kontrollprozesse. Die oben skizzierten unterschiedlichen Szenarien werden durch Zeit- und Mengenrestriktionen am Materialknoten „zu prüfende Teile“ berücksichtigt. • Aggregation von Vorgangsklassen nach Leistungsfähigkeit der Betriebsmittel Die zunächst global formulierte Produktionsaufgabe wird in der Aufgabenanalyse mehrstufig in solche Teilaufgaben aufgegliedert, die sich auf nicht mehr als z. B. eine Maschine oder eine Person verteilen lassen. Diese konkreten Teilaufgaben werden als Elementaraufgaben bezeichnet [KOSI69].147 Die Aufgliederung der Produk146

Solche Regeln beschreiben keine Planungsfunktionalität. Sie dienen der Umsetzung vorgeschriebener Abläufe, wie sie üblicherweise in Prüfplänen festgelegt werden, in die Modellierungsmethode.

3.2 Der sachliche Bezug

303

tionsaufgabe kann nach unterschiedlichen Merkmalen vorgenommen werden, z. B. nach • • • • •

Verrichtung (z. B. Beschaffung, Fertigung, Lagerung, Verkauf usw.) Objekt (Produkte A, B, C oder Rohstoffe D, E, F usw.). Rang (Entscheidungsaufgaben oder Ausführungsaufgaben) Phase (Planung, Realisation, Kontrolle) und Zweckbeziehung (direkte Zweckaufgaben und sekundäre, z. B. Verwaltungsaufgaben) [MUME74].

Jedes der genannten Gliederungsmerkmale liefert zunächst eine Breitengliederung der Gesamtaufgabe. Eine mehrmalige Verwendung dieser Merkmale nacheinander führt zur Tiefengliederung. Ziel der anschließenden Aufgabensynthese ist es, die im Rahmen der Aufgabenanalyse gewonnenen Elementaraufgaben zu Aufgabenklassen zusammenzufassen, die dann in Abhängigkeit von ihrem Umfang einen oder mehreren Arbeitssystemen zugeordnet werden. Diese Zusammenfassung kann in einem hierarchischen Konzept erfolgen, das dann z. B. auch direkt in eine Dezimalklassifikation umgesetzt werden kann. Sie kann aber auch den mühsameren Weg gehen und explizit eine Klasse über das Aufzählen der enthaltenen Unterklassen definieren: Klasse „Maschine 4711 zugeordnetes Drehen“:= { Drehen_Teile 471 ∧ Drehen_Teile 473 ∧ Drehen_Teile_ABC ∧ Drehen_Teile_XYZ } . Im Folgenden sei für Vorgangsknoten beispielhaft angegeben, wie Bearbeitungsaufgaben zur Herstellung rotationssymmetrischer Werkstücke Schritt für Schritt zusammengefasst werden können. Das Vehikel für diese Zusammenfassung ist der Einsatz qualitativ leistungsfähigerer Maschinen und der damit zunehmende Aufgabenumfang, der von einem Arbeitssystem übernommen werden kann. Diese Zusammenfassung beruht auch hier auf einer Aufspaltung der gesamten Bearbeitungsaufgabe in (elementare) Einzelbearbeitungselemente. Es wird von der Überlegung ausgegangen, dass in jedem Teilarbeitsvorgang zumindest eine Werkstückseite bearbeitet werden muss. Jede Werkstückseite kann wiederum prinzipiell in ggf. mehreren Zwischenstufen vom Rohteil- in den Fertigteilzustand überführt werden. Der Bearbeitungszustand jeder Zwischenstufe wird beschrieben durch die Form dieser Werkstückseite sowie durch deren aktuelle Oberflächenbeschaffenheit. Im Hinblick auf die Festlegung der Aufgabengliederung ist eine Differenzierung dieser Zwischenstufen nur dann erforderlich, wenn sich aus einem Zwischenzustand die Möglichkeit oder die Notwendigkeit zu einem Wechsel der Spannlage oder gar der Maschine ergibt. Fertigungstechnisch sinnvoll ist ein derartiger Wechsel frühestens dann, wenn entweder ein anderes Werkzeug benötigt wird oder sich die Zerspanungsparameter grundlegend ändern. Ein Einzelbearbeitungselement beschreibt daher die Form und die Oberflächenbeschaffenheit einer bestimmten Werkstückseite, die mit einem Werkzeug bei konstanten Schnittbedingungen erzeugt werden kann.

147

Analog zur elementaren Aktion in Abschnitt 2.4.3.

304

3 Die Modelldefinition

Voraussetzung hierfür ist ein geeignetes Beschreibungssystem. Bild 3-116 zeigt am Beispiel rotationssymmetrischer Werkstücke eine Vorgehensweise (siehe auch Bild 3-22), mit deren Hilfe sowohl die durch die Einzelbearbeitungselemente repräsentierten Bearbeitungsanforderungen als auch die Bearbeitungsmöglichkeiten der vorhandenen Fertigungseinrichtungen vollständig und eindeutig dargestellt werden können ([LUMO73]). Hauptbearbeitungselemente 1. Stelle

2.Stelle

3. Stelle

4. Stelle

Form

Bezugsfläche

Stirnfläche

Mantelfläche

Oberflächenbeschaffenheit

Spannsituation

1 linke Stirnfläche

1 plan

1 zylindrisch

1 roh

1 Fläche 1 Dorn

2 linke Mantelfläche

2 einfach gestuft

2 einfach gestuft

2 geschrubbt

2 Fläche 2 Spannzange

3 rechte Mantelfläche

3 einfach gestuft + Gewinde

3 einfach gestuft + Gewinde

3 geschlichtet

3 Fläche 3 Spannzange

4 rechte Stirnfläche

4 mehrfach gestuft

4 mehrfach gestuft

4 Wärmebehandlung

4 Fläche 4 Dorn

5

5 mehrfach gestuft + Gewinde

5 mehrfach gestuft + Gewinde

5 feingeschlichtet

5 Fläche 1+4 Spitzen

6

6 Kegelförmig

6 Kegelförmig

6 Rautiefe Rs < 1

6 Fläche 1+3 Futter

7

7

7

7 Form Geradheit

7 Fläche 3+4 Futter

8

8

8

8 Form Rundheit

8

9

9

9

9 Form Zylinderform

9

0

0

0

0 Oberflächenbehandlung

0

Verschlüsselungsbeispiele

213 7

112 3 linke Mantelfläche zylindrisch geschlichtet Aufnahme im Spannfutter

linke Stirnfläche plan geschrubbt Aufnahme mit Spannzange

Bild 3-116 Aufbau eines Beschreibungssystems für Hauptbearbeitungselemente an rotationssymmetrischen Werkstücken

Die in Bild 3-116 dargestellten Hauptbearbeitungselemente beschreiben die Kontur einer Werkstückseite in den einzelnen Bearbeitungszuständen; sie werden bei rotierendem Werkstück in der Regel durch Drehen oder Schleifen erzeugt. Die Zusatzbearbeitungselemente in Bild 3-117 fassen mehrere unmittelbar aufeinander folgende Einzelbearbeitungselemente desselben Fertigungsverfahrens zusammen. Zusatzbearbeitungselemente 1. Stelle

2. Stelle

3. Stelle

4. Stelle

Bezugsfläche

Form

Oberflächenbeschaffenheit

Orientierung

1 linke Stirnfläche

1 Zentrierung

1 roh

1 radial

2 linke Mantelfläche

2 Bohrung/ Gewinde

2 geschrubbt

2 axial

3 rechte Mantelfläche

3 Paßfedernut

3 geschlichtet

3 außermittig

4 rechte Stirnfläche

4 Nut/ Tasche

4 Wärmebehandlung

4 schräg

5

5 Wendelnut

5 feingeschlichtet

5 umlaufend

6

6 Fläche

6 Rautiefe Rs < 1

6

7

7 Schlitz

7 Formtoleranz (Geradheit)

7

8

8 Verzahnung

8 Formtoleranz (Rundheit)

8

9

9 Profil

9 Formtoleranz (Zylinderform)

9

0

0 Sägeabschnitt

0 Oberflächenbehandlung

0

Bild 3-117 Aufbau eines Beschreibungssystems für Zusatzbearbeitungselemente an rotationssymmetrischen Werkstücken

Die Anwendung dieser Beschreibungssystematik auf ein Beispielteil zeigt Bild 3-22.

3.2 Der sachliche Bezug

305

Für die Realisierbarkeit der Form, Oberflächenbeschaffenheit oder Spannsituation eines Einzelbearbeitungselements sind die technischen Merkmale einer Werkzeugmaschine ausschlaggebend. Ausgehend von den nach dem Beschreibungsschlüssel insgesamt möglichen Einzelbearbeitungselementen muss für jede Maschine individuell festgelegt werden, welche Haupt- oder Zusatzbearbeitungselemente erzeugt werden können. Bild 3-118 zeigt am Beispiel einer Drehmaschine die Darstellung der maschinenspezifischen Bearbeitungsmöglichkeiten mit Hilfe von Einzelbearbeitungselementen. Da es aus Maschinensicht unerheblich ist, welche der gegenüberliegenden Bezugsflächen 1 und 4 bzw. 2 und 3 bearbeitet werden soll, ist es ausreichend, die Bearbeitungsmöglichkeiten jeweils nur bezüglich einer Stirnfläche bzw. einer Mantelfläche darzustellen. Werkzeugmaschinen, die eine Mehrverfahrensbearbeitung erlauben, erhalten in gleicher Weise auch alle Zusatzbearbeitungselemente (siehe Bild 3-118). Maschine: Schrägbett-Drehmaschine mit angetriebenen Werkzeugen Stirnflächenbearbeitung

Hersteller: Baujahr: Steuerungsart: Kostenstelle: Mindestbearbeitungszustand 1000

Arbeitsraumgröße

D

d

Umlaufdurchmesser D: 550 mm Support z-.Achse z: 280 mm max. Drehdurchmesser d: 250mm

1 2 3 4 5 6 7 8 9 0

1 2 3 4 5 6 7 8 9 0

Hauptbearbeitungselemente Form OberSpannflächenbesituation schaffenheit 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 6 6 7 7 8 8 9 9 0 0

Mantelflächenbearbeitung

1 2 3 4 5 6 7 8 9 0

Hauptbearbeitungselemente Form OberSpannflächenbesituation schaffenheit 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 6 6 7 7 8 8 9 9 0 0

für Bezugsfläche 1 und 4 realisierbar

für Bezugsfläche 2 und 3 realisierbar

nur für Bezugsfläche 1 realisierbar

nur für Bezugsfläche 2 realisierbar

nur für Bezugsfläche 4 realisierbar

nur für Bezugsfläche 3 realisierbar

Zusatzbearbeitungselemente Form OberOrienflächenbetierung schaffenheit 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 6 6 7 7 8 8 9 9 0 0

1 2 3 4 5 6 7 8 9 0

Zusatzbearbeitungselemente Form OberOrienflächenbetierung schaffenheit 1 1 2 2 3 3 4 4 5 5 6 6 7 7 8 8 9 9 0 0

Bild 3-118 Beschreibung der Bearbeitungsmöglichkeiten einer Drehmaschine unter dem Gesichtspunkt der Bearbeitungsanforderungen von Hauptbearbeitungselementen

Für die Zuordnung von Einzelbearbeitungselementen zu einer Werkzeugmaschine ist die Übereinstimmung dieser Schlüssel alleine nicht ausreichend. Um sicherzustellen, dass ein bestimmtes Einzelbearbeitungselement auf einer Maschine gefertigt werden kann, müssen die Abmessungen des Einzelbearbeitungselements

306

3 Die Modelldefinition

mit den möglichen Verfahrwegen und die Abmessungen des Werkstücks mit der Größe des Arbeitsraums verglichen werden (siehe Bild 3-118). Diese Angaben tragen auch dazu bei, innerhalb einer bestimmten Maschinengruppe zu kleine bzw. zu große Maschinen von der weiteren Planung von vorn herein auszuschließen. Im Hinblick auf die spätere Zusammenfassung von Einzelbearbeitungselementen zu Teilvorgängen ist für jede Maschine außerdem auszuführen, welcher Bearbeitungszustand eines Einzelbearbeitungselements hinsichtlich Form und/oder Oberflächenbeschaffenheit auf jeden Fall erreicht sein muss, bevor auf der betreffenden Maschine weitergearbeitet werden kann.

H4451 H1227

H2227

H1237

H2237

H4426

H3326

H4436

H3436

Z2221

H1257

Z1011

H3461 Z3332

H ... Hauptbearbeitungselement Z ... Zusatzbearbeitungselement

Bild 3-119 Steckhülse - Graph des Produktionsablaufs

Der Graph des Produktionsablaufs zeigt bis zu diesem Planungsstadium nur die für ein bestimmtes Werkstück charakteristischen Reihenfolgebeziehungen der einzelnen Haupt- bzw. Zusatzbearbeitungselemente (Bild 3-119). Zur systematischen Bildung von Produktionsablaufvarianten müssen diese in einem weiteren Planungsschritt zu Vorgängen bzw. Arbeitsvorgängen zusammengefasst und den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln zugeordnet werden (Bild 3-120). Oberflächenbeschaffenheit gleich Oberflächenbeschaffenheit unterschiedlich

Möglichkeiten der Zusammenfassung von Hauptbearbeitungselementen H1 H2 H3 H4 H5 H6 1 1 2 2 3 3 Zahl der Bezugsflächen Oberflächenbeschaffenheit

Möglichkeiten der Zusammenfassung von Zusatzbearbeitungselementen Z1 Z2 Z3 Z4 Zahl der Bezugsflächen 1 1 2 3 Form: Orientierung Form und Orientierung gleich Form und Orientierung unterschiedlich

Z1 Z2 Z3 Z4

H1 1 2 3 4

H2 5 6 7 8

H3 9 10 11 12

H4 13 14 15 16

H5 17 18 19 20

H6 21 22 23 24

Auswertestrategien des Graphen des Produktionsablaufs

Bild 3-120 Kombinatorik zur Ableitung von Produktionsablaufvarianten mit getrennten Vorgängen für Haupt- und Zusatzbearbeitungselemente

3.2 Der sachliche Bezug

307

Um sicherzustellen, dass sämtliche mit den vorhandenen Betriebsmitteln realisierbaren Produktionsablaufvarianten aufgestellt werden, muss der Graph des Produktionsablaufs ausgehend von der größtmöglichen Gliederungstiefe durch Zusammenfassung von Einzelbearbeitungselementen zu Vorgängen größeren Bearbeitungsumfangs schrittweise verändert werden: Eine solche Basis-Produktionsablaufvariante mit größtmöglicher Gliederungstiefe erhält man durch die direkte Zuordnung der Einzelbearbeitungselemente zu geeigneten einfachen Betriebsmitteln (Bild 3-119). Kombiniert man schrittweise die Anzahl der betrachteten Bezugsflächen mit Hauptbearbeitungselementen gleicher oder unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit, so ergeben sich die in Bild 3-121 dargestellten Zusammenfassungsmöglichkeiten, wobei die Gliederungstiefe von Stufe zu Stufe geringer wird [ROTH91]. 9, 13, 15

9, 13, 15

H4451

H1227

H2227

H1237

H2237

H4426

H3326

H4436

H3436

Z2221

Z1011

H1257 H3451

Z3332 9, 13, 15

9

13, 15

9

15

X: Zusammenfassung gemäß Auswertestrategie x Produktions- Auswertestraablaufvariante tegie

1

9

2

13

3

15

Vorgang 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7

Einzelbearbeitungselemente Z1011 H1227, H2227 H4426, H3226 H1237, H2237 H4436, H3436 Z3332 Z2221 H1257 H4451, H3451 Z1011 H1227, H2227 H4426, H3226, H4436, H3436 H1237, H2237 Z3332 Z2221 H1257 H4451, H3451 Z1011 H1227, H2227 H4426, H3226, H4436, H3436 H1237, H2237 Z3332, Z2221 H1257 H4451, H3451

Fertigungseinrichtung Kaltkreissäge Schrägbettdrehmaschine Schrägbettdrehmaschine Schrägbettdrehmaschine Schrägbettdrehmaschine Nutenfräsmaschine Säulenbohrmaschine Innenschleifmaschine Innen-/Außenschleifmaschine Kaltkreissäge Schrägbettdrehmaschine Schrägbettdrehmaschine Schrägbettdrehmaschine Nutenfräsmaschine Säulenbohrmaschine Innenschleifmaschine Innen-/Außenschleifmaschine Kaltkreissäge Schrägbettdrehmaschine Schrägbettdrehmaschine Schrägbettdrehmaschine Universalfräsmaschine Innenschleifmaschine Innen-/Außenschleifmaschine

Bild 3-121 Beispiele möglicher Produktionsablaufvarianten des Musterwerkstücks bei getrennter Zusammenfassung von Haupt- und Zusatzbearbeitungselementen

Auch jedes Zusatzbearbeitungselement kann prinzipiell in einem eigenen Vorgang hergestellt werden. Da es bei Zusatzbearbeitungselementen lediglich in Ausnahmefällen Bearbeitungszustände gibt, die sich nur in der Oberflächenbeschaffenheit unterscheiden, ist es hier für die Bildung von Vorgangsfolgen ausreichend, zu überprüfen, ob die Zusatzbearbeitungselemente einer oder eventuell mehrerer Bezugs-

308

3 Die Modelldefinition

flächen zusammengefasst werden können (siehe Bild 3-121). Weitere Möglichkeiten zur Variation der Graphen des Produktionsablaufs bestehen beim Einsatz von Maschinen zur Mehrverfahren- (Zusammenfassung von Haupt- und Zusatzbearbeitungselementen in einem Vorgang) oder Mehrseitenbearbeitung (Zusammenfassung von zwei Vorgängen). Bild 3-122 zeigt am Beispiel des Musterwerkstücks die Ermittlung weiterer Produktionsablaufvarianten durch den Übergang zu einer Mehrverfahrens- bzw. Mehrseitenbearbeitung. 15 H4451 H1227

H2227

H1237

H2237

H4426

H3326

H4436

H3436

Z2221

H1257 H3451

Z1011 Z3332 23 X: Zusammenfassung gemäß Auswertestrategie x Produktions- Auswertestraablaufvariante tegie

Vorgang 4.1 4.2 4.3

4

15

4.4 4.5 4.6 5.1 5.2

5

21

6

23

5.3 5.4 5.5 6.1 6.2

6.3 6.4

21

Einzelbearbeitungselemente Z1011 H1227, H2227 H4426, H3226, H4436, H3436, Z3332 H1237, H2237, Z2221 H1257 H4451, H3451 Z1011 H1227, H2227, H1237, H2237, H3326, H4426, H3436, H4436 Z3332, Z2221 H1257 H4451, H3451 Z1011 H1227, H2227, H1237, H2237, H3326, H4426, H3436, H4436, Z3332, Z2221 H1257 H4451, H3451

15 Fertigungseinrichtung Kaltkreissäge Schrägbettdrehmaschine Schrägbettdrehmaschine mit angetr. Werkzeugen Schrägbettdrehmaschine mit angetr. Werkzeugen Innenschleifmaschine Innen-/Außenschleifmaschine Kaltkreissäge Drehmaschine mit 2 gegenüberliegenden Spindeln Universalfräsmaschine Innenschleifmaschine Innen-/Außenschleifmaschine Kaltkreissäge Drehmaschine mit 2 gegenüberliegenden Spindeln und angetr. Werkzeugen Innenschleifmaschine Innen-/Außenschleifmaschine

Bild 3-122 Produktionsablaufvarianten des Musterwerkstücks bei Mehrverfahrens- oder Mehrseitenbearbeitung

• Aggregation von Vorgangsklassen nach dem Arbeitsumfang - Abtaktung von Fließlinien Bei der Abtaktung von Fließlinien sind elementare Arbeitsvorgänge, die in einem Vorranggraphen zusammengefasst sind, einer Menge linear aufeinanderfolgender Stationen zuzuordnen (siehe [BOCK00]). Ein Vorranggraph GAVG ist ein gerichteter zyklenfreier Graph, dessen Knoten die Arbeitsvorgänge darstellen. Jede gerichtete Kante zwischen zwei Arbeitsvorgängen i und k definiert eine Bearbeitungsreihenfolge. Als „Montagearbeitsplan“ stellt der Vorranggraph nicht die nach jedem Vorgang erreichten Faktorzustände dar; die Vorgänge entstehen erst durch die Zuordnung der Arbeitsvorgänge zu Stationen. Die Planung einer getakteten EinproduktFließlinie umfasst bei den Simple Assembly Line Balancing Problemen (SALB) die Zuordnung der nAVG Arbeitsvorgänge zu den gegebenen Stationen. Dabei gehen alle SALB-Modelle von folgenden Annahmen aus (siehe [BOCK00]):

3.2 Der sachliche Bezug

309

– Ein Produkt der einzigen Produktklasse wird in nAVG unteilbaren Arbeitsvorgängen hergestellt. – Jeder Arbeitsvorgang i besitzt eine fest vorgegebene Bearbeitungszeit di. – Die Reihenfolge der einzelnen Arbeitsvorgänge ist gegeben. – Alle Stationen haben dieselbe Taktzeit. Diese kann frei gewählt werden, darf aber nicht durch die auf einer Station auszuführenden Arbeitsvorgänge überschritten werden. Die Taktzeit ist für die gesamte Produktionsdauer fix. – Alle Stationen sind mit denselben Gebrauchsfaktoren ausgestattet. Diese dürfen nicht zwischen den einzelnen Stationen verschoben werden. – Alle Stationen sind nur einfach vorhanden. – Es gibt keine Restriktionen hinsichtlich der Zuordnung von Arbeitsvorgängen zu Stationen. – Es gibt keine Möglichkeit, ein Produkt während der Produktion vom Band zu nehmen und zwischenzulagern. Die zusätzliche Vorgabe einer Taktzeit d tkt und der Stationenzahl nstat definiert ausgehend von diesen Annahmen das Erfüllbarkeitsproblem SALBP-F (SALB-Feasibility). Für das Erfüllbarkeitsproblem existieren drei verschiedene Optimierungsvarianten. Bei der ersten Variante wird für einen festen Vorranggraphen bei gegebener Taktzeit die Lösung mit dem minimalen Wert für die Stationenanzahl gesucht. Umgekehrt wird für die zweite Variante die Stationenanzahl vorgegeben und die Taktzeit ist zu minimieren. Im dritten Modell werden bei der Suche nach einem minimalen Produkt aus Taktzeit und Stationenanzahl beide Größen gleichzeitig verändert (siehe z. B. [SCHL95]). Ein einfaches heuristisches Verfahren zur Bearbeitung der ersten Variante (vorgegebene Taktzeit, minimale Anzahl Stationen) ist das Rangwert-Verfahren von Hahn [HAHN72]. Arbeitsvorgänge mit langen Dauern sind schwerer einer Station zuzuordnen als solche mit kurzer Dauer. Arbeitsvorgänge mit vielen Nachfolgern erhöhen bei ihrer Zuordnung über die Freigabe genau dieser Nachfolger das Potenzial, aus der Menge der einplanbaren Arbeitsvorgänge genau den passenden auswählen zu können, in stärkerem Ausmaß als Vorgänge mit wenigen Nachfolgern. Der Rangwert eines Arbeitsvorgangs ergibt sich daher als Summe (Bearbeitungszeit + Rangwert aller Nachfolger). Von den zuordbaren Arbeitsvorgängen wird daher der mit dem höchsten Rangwert gewählt. Arbeitsvorgang

2 2 14

5 8 12

1 6 58

Rangwert r Bearbeitungszeit d

Richtung der Ermittlung des Rangwerts 6 4 4

3 5 38

4 3 7

Rangwert Arbeitsvorgang 6: r6 = d6 + (Rangwert der Vorgängerknoten)

¦

= 4 + 0= 4 Rangwert Arbeitsvorgang 3: (Rangwert der Vorgängerknoten) r3 = d 3 +

¦

= 5 + 14 + 7 + 12 = 38

Bild 3-123 Bestimmung des Rangwerts nach Hahn [HAHN72]

310

3 Die Modelldefinition

Die Arbeitsvorgänge werden nach Rangwerten geordnet. Bei der Zuordnung wird geprüft, ob einerseits alle Vorgänger - Arbeitsvorgänge zugeordnet sind und andererseits die Dauer des Arbeitsvorgangs im Rahmen der vorgegebenen Taktzeit noch addiert werden kann. Falls nein, wird der Arbeitsvorgang mit dem nächst niederen Rangwert auf seine Zuordenbarkeit überprüft. Wenn die noch verfügbare Resttaktzeit Null ist oder alle Arbeitsvorgänge auf Zuordenbarkeit überprüft wurden, wird mit der nächsten Station begonnen. Das Mixed Model Assembly Line Balancing Problem (MALBP) erweitert das Simple Assembly Line Balancing Problem auf getaktete Variantenfließlinien: nvar verschiedene Produktvarianten werden auf derselben Fließlinie gefertigt. Für jede dieser Produktvarianten gibt es einen eigenen Vorranggraphen, wobei die einzelnen Arbeitsvorgänge je nach Variante unterschiedliche Bearbeitungszeiten haben können. In Analogie zu SALBP besteht die Lösung eines MALBP-Modells aus der Zuweisung der einzelnen Arbeitsvorgänge zu Stationen. Da sich die einzelnen Arbeitsvorgänge von Variante zu Variante nicht grundsätzlich unterscheiden, wird festgelegt, dass diese Arbeitsvorgänge für alle Varianten an derselben Station ausgeführt werden. Insgesamt wird im MALBP-Modell von den folgenden Annahmen ausgegangen [SCHL95]: • Für jede der nvar Varianten gelten die Voraussetzungen des SALBP-Modells. • Für jede Variante existiert ein Vorranggraph. Der hieraus zu ermittelnde kombinierte Vorranggraph ist azyklisch. • Jede Variante hat nAVG Arbeitsvorgänge. Der Arbeitsvorgang i zur Bearbeitung der j-ten Variante benötigt dij Zeitabschnitte. • Alle Arbeitsvorgänge sind für jede Variante an derselben Station auszuführen. • Die erwartete Nachfrage für die Variante j im Planungszeitraum ist durch bj in Produkteinheiten gegeben. Jedem Arbeitsvorgang i wird die durchschnittliche Bearbeitungszeit d i aller Varianten zugewiesen: n

∀i ∈ I

AVG

var

n

var

: di = ¦ d ij b i ⁄ ¦ b j . j=1

j=1

Die SALBP-Lösungsverfahren können jetzt auf dieses künstliche Einproduktproblem angewandt werden. Die entstehenden Entscheidungs- bzw. Erfüllbarkeitsmodelle werden analog zum SALBP mit MALBP-F, MALBP-1, MALBP.2 oder MALBP-E bezeichnet. Pinnoi und Wilhelm stellen in [PIWI97] sowohl Ein- als auch Mehrprodukt- und Mehrvariantenprobleme vor. Dabei werden vier Arten von Stationskonfigurationen vorgegeben (siehe [BOCK00]): – Stationskonfiguration 1 ist die Standardkonfiguration, bei der es keinerlei kombinierte oder parallele Bearbeitung durch die eingesetzten Maschinen geben kann. In einer Station dieser Konfigurationsart befindet sich nur ein einziger Maschinentyp.

3.2 Der sachliche Bezug

311

– Bei Stationskonfiguration 2 liegt eine einfache Parallelisierung vor, bei der zwei identische Maschinen(typen) simultan den gleichen Arbeitsvorgang an jeweils unterschiedlichen Werkstücken ausführen. – Bei Stationskonfiguration 3 stehen im Gegensatz zur Konfiguration 2 zwei unterschiedliche Maschinentypen in derselben Station zur Verfügung, die am selben Werkstück unterschiedliche Arbeitsvorgänge gleichzeitig durchführen. Damit werden zwei voneinander unabhängige Arbeitsvorgänge an derselben Produkteinheit mit Hilfe zweier unterschiedlicher Maschinentypen parallel durchgeführt. – Stationskonfiguration 4 gleicht dem dritten Typ, allerdings können hier zusätzlich verschiedene Arbeitsvorgänge durch unterschiedliche Maschinentypen gemeinsam am Werkstück durchgeführt werden. Dabei ist zu beachten, dass die hierfür speziell definierten kombinierten Arbeitsvorgänge nur auf diese Weise ausführbar sind, und dass sich zumindest einer dieser Arbeitsvorgänge in jeder Station dieser Konfigurationsart befinden muss. Neben unterschiedlichen Stationskonfigurationen und Maschinentypen definiert [PIWI97] auch verschiedene Arten von Arbeitsvorgängen: „short“ und „long tasks“ unterscheiden sich darin, ob sie in der Taktzeit ausführbar sind oder nicht. Die „long tasks“ müssen wegen ihrer Taktzeitüberschreitung den Stationen der Konfigurationsart zwei zugewiesen werden. Darüber hinaus unterscheiden [PIWI97] Arbeitsvorgänge, die unabhängig von der Lage des Produktes auf dem Fließband ausgeführt werden können („free tasks“) oder eine bestimmte Position der zu bearbeitenden Werkstücke verlangen („front“ oder „back“ tasks). Da davon ausgegangen wird, dass in Stationen der Konfigurationsarten drei und vier eine Positionsveränderung aufgrund der gleichzeitigen Bearbeitung durch unterschiedliche Maschinen unmöglich ist, müssen die „front“ und „back tasks“ innerhalb einer solchen Station grundsätzlich getrennt voneinander an verschiedenen Maschinen ausgeführt werden. Die letzte Gruppe von Arbeitsvorgängen bilden „complementary tasks“, die nur gemeinsam durch zwei unterschiedliche Maschinen in einer Station der vierten Konfigurationsart ausgeführt werden können [PIWI97]. Um die Zuordnung von bestimmten Arbeitsvorgangsmengen zu einzelnen Stationen einschränken zu können, schlagen [PIWI97] drei Arten „positiver“ und zwei Typen „negativer Zonenbeschränkungen“ vor. „Positive Zonenbeschränkungen“ verlangen in jeweils unterschiedlicher Form eine räumlich beschränkte Zuteilung der betrachteten Arbeitsvorgänge am Fließband, während „negative Zonenbeschränkungen“ diesem entgegenwirken. – Arten „positiver Zonenbeschränkungen“ 1. Version: Arbeitsvorgänge müssen einer festgelegten Zahl aufeinander folgender Stationen zugewiesen werden. 2. Version: Arbeitsvorgänge müssen, falls sie derselben Station zugewiesen werden, vom gleichen Maschinentyp bearbeitet werden. Allerdings können diese Arbeitsvorgänge alternativ auch an unterschiedlichen Stationen ausgeführt werden. 3. Version: Arbeitsvorgänge müssen demselben Maschinentyp in derselben Station zugewiesen werden.

312

3 Die Modelldefinition

– Arten „negativer Zonenbeschränkungen“ 1. Version: Jedes Paar von Arbeitsvorgängen muss einen Mindestabstand an dazwischen liegenden Stationen besitzen. Diese Zahl wird durch eine entsprechende Konstante festgelegt. 2. Version: Jedes Paar von Arbeitsvorgängen muss auf unterschiedlichen Typen von Maschinen bearbeitet werden, falls diese Arbeitsvorgänge in derselben Station eingeplant sind. Darüber hinaus werden sowohl die verfügbaren Maschinen eines jeden Typs als auch die vorhandenen Kapitalmittel und die einzusetzenden Ressourcenmengen durch vorgegebene Konstanten begrenzt. Beispiel:

– Beschränkungen + max 12 Stationen, 15 Werker, Taktzeit 4,29 Minuten + Arbeitsvorgänge mit einem oder mehreren Werkern + Zonenbeschränkung für Arbeitsvorgänge + Positionsbeschränkungen an Stationen + Unverträglichkeit von Arbeitsvorgängen + Vorgänger-/Nachfolgerbeziehungen in Vorranggraph – Vorranggraph 45

46

47

48

49

50

01

00

15

02

06

07

03

10

11

32

33

08

09

12

13

18

19

14

16

20

21

17

22

27

28

23

24

29

30

25

28

35

41

42

36

37

43

44

38

39

40

04

05

31

34

Bild 3-124 Vorranggraph

– Ergebnisse Die als Verfahren eingesetzte Rangwertregel priorisiert Arbeitsvorgänge mit möglichst vielen Nachfolgern. Hinsichtlich des Optimierungsziels wird ein Bandwirkungsgrad von 79, 8011 % bei 12 Werkern und 6 Stationen erreicht. Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft die Station 4 mit 4 parallel arbeitenden Werkern

3.2 Der sachliche Bezug

313

Werker 1 Arbeitsvorgang 10 11 09 12 20 19 16 28

Position 1 Vorgabezeit 0.580 1.920 0.350 0.610 0.880 0.600 0.140 0.770

Auslastung 4.290 (99,89%) Verbauung (%) 100.000 60.000 100.000 60.000 60.000 60.000 60.000 100.000

Leerzeit 0,005 tatsächliche Eintaktung 0.580 1.152 0.450 0.366 0.528 0.360 0.084 0.770

Taktüberschreitung 0% Anzahl Werker 4 2 2 1 2 1 1 1

Werker 2 Arbeitsvorgang 10 11 09 12 20

Position 2 Vorgabezeit 0.580 1.920 0.450 0.900 0.880

Auslastung 3.610 (84,05%) Verbauung (%) 100.000 60.000 100.000 100.000 60.000

Leerzeit 0,685 tatsächliche Eintaktung 0.580 1.152 0.450 0.900 0.528

Taktüberschreitung 0% Anzahl Werker 4 2 2 1 2

Werker 3 Arbeitsvorgang 10 07 08 14 18 27

Position 3 Vorgabezeit 0.580 1.110 1.030 1.947 0.150 0.710

Auslastung 4.216 (99,57%) Verbauung (%) 100.000 100.000 60.000 60.000 60.000 100.000

Leerzeit 0,019 tatsächliche Eintaktung 0.580 1.110 0.618 1.168 0.090 0.710

Taktüberschreitung 0% Anzahl Werker 4 2 2 1 2 1

Werker 4 Arbeitsvorgang 10 07 08 18 21 17 22

Position 4 Vorgabezeit 0.580 1.110 1.030 0.150 0.600 1.440 1.100

Auslastung 3.682 (85,75%) Verbauung (%) 100.000 100.000 60.000 60.000 60.000 60.000 60.000

Leerzeit 0,613 tatsächliche Eintaktung 0.580 1.110 0.618 1.090 0.360 0.264 0.660

Taktüberschreitung 0% Anzahl Werker 4 2 2 2 1 1 1

3.2.2.2

Beschreibung von Vorgangsknoten

• Prozesstypen Prozesse vom Typ Einzelplatz zeichnen sich dadurch aus, dass ein zu bearbeitendes Produkt fertig bearbeitet werden muss, bevor mit der Bearbeitung eines weiteren Produkts begonnen werden kann. Gebrauchsfaktor- und Verbrauchsfaktor treten gemeinsam aus dem Vorgangsknoten aus. Der Vorgangsknoten enthält maximal einen Vorgang. Bearbeitungs- und Taktzeit sind identisch (Vorgangsdauer). Ein anzumeldender Kapazitätsbedarf bezieht sich auf die Vorgangsdauer; nach der Vorgangsdauer steht der in Anspruch genommene Gebrauchsfaktor (ggf. mit entsprechend reduziertem Angebot) wieder zur Verfügung. Ein serieller Prozess kann zum selben Zeitpunkt im Vorgangsknoten mehrere Vorgänge mit unterschiedlichem Fertigstellungsgrad enthalten (Überlappung). Für den Grundtyp des seriellen Prozesses bleibt

314

3 Die Modelldefinition

die Reihenfolge über die zu bearbeitenden Vorgänge erhalten. Ein Überholen ist nicht möglich. Beispiele für diesen Sachverhalt stellen strikt linienartig aufgebaute Fließbänder und Montagelinien dar. Hier kann ein Folgevorgang nach Ablauf der Taktzeit beginnen; nach dieser Zeit steht ein Gebrauchsfaktor wieder zur Verfügung. Darüberhinaus können serielle Prozesse nach ihrem Verhalten am Punkt Zugang und am Punkt Abgang differenziert werden: Ein Zugang/Abgang ist jederzeit/ nur zu bestimmten Zeitpunkten möglich und der Leistungserstellungsprozess wird bei Blockierung von Zugang/Abgang fortgesetzt/nicht fortgesetzt (jeweils bis zu den knotenspezifischen Grenzen).148 Die gleichzeitige, ggf. voneinander unabhängige Bearbeitung mehrerer Produkte charakterisiert der Prozesstyp paralleler Prozess. Beispiele hierfür sind die Bearbeitung mehrerer Frästeile in einer Aufspannung oder die gleichzeitige Bearbeitung mehrerer Aufträge durch eine Maschinengruppe. Hier können sich Vorgänge überholen. In einem durchlaufenden Prozess wird nur eine Verbrauchsfaktor-/ Materialklasse zu einem Produkt transformiert (Teilebearbeitung in der Stückgutfertigung über mehrere Arbeitsvorgänge, s. Bild 3-125). Bei analytischen Prozessen wird eine Materialklasse eingesetzt, die in mehrere Produkte aufgespalten wird. Umgruppierende Prozesse sind durch den Einsatz mehrerer Materialknoten gekennzeichnet, die in mehrere Produkte umgewandelt werden. Synthetische Prozesse sind dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Verbrauchsfaktoren zu einem Produkt zusammengesetzt werden [KUHN99].149 Planungs- und steuerungsrelevante Eigenschaften von Kuppelprozessen, die in den Grundbausteinen beschrieben werden, können aus der Art der Festlegung des Mengenverhältnisses der Kuppelerzeugnisse abgeleitet werden. Die relevanten Unterschiede beziehen sich auf die Steuerbarkeit des Mengenverhältnisses, auf die qualitativen Auswirkungen der Mengenvariation und auf die Art der Einflussfaktoren des Mengenverhältnisses. Z. B. entstehen bei der Verwendung von Mehrfachstanzwerkzeugen unterschiedliche Güter in einem festen Mengenverhältnis (das möglicherweise nicht mit den vorliegenden Bedarfszahlen korrespondiert). Bei der Produktion von Rollkörpern, wie sie in Wälzlagern zum Einsatz kommen, müssen aus Qualitätsgründen unterschiedliche Durchmesserklassen gebildet werden, die sich auf eine technologisch unvollständige Prozessbeherrschung zurückführen lassen. In diesem Fall unterliegt das Mengenverhältnis der Kuppelerzeugnisse stochastischen Einflüssen (siehe [DIRO04]). 148 Dabei ist für die Modellierung unerheblich, wie der Fortschritt im Vorgangsknoten erzielt wird:

Die Bewegung in Richtung auf den Endzustand kann mit einem aktiven Betriebsmittel (bspw. Förderband) und einem passiven Gut genauso gut wie mit einem aktiven Fördermittel/Förderhilfsmittel und einem „passiven Betriebsmittel“ (bspw. Förderstrecke „Fahrweg“) erfolgen. 149

Naturgemäß wird in der Serienfertigung in der Regel in seriellen synthetischen oder durchlaufenden Prozessen produziert. Wird die Produktion in einer Fertigungslinie als ein Vorgangsknoten betrachtet und zudem nach jeder Fertigungslinie die Sachnummer für das entstehende Produkt gewechselt, dann besteht eine 1:1-Zuordnung von Produkt- und Vorgangsknoten. Dies erklärt die in der Praxis verbreitete Gleichsetzung von Faktor und Vorgang und die Sprechweise, „einen Auftrag von x Stück von Sachnummer y“ zu erteilen, auch wenn die Produktion dieser Sachnummer gemeint ist.

3.2 Der sachliche Bezug

1

2

3

4 ∧





durchlaufender Prozess







∧ ∧

analytischer Prozess

315

umgruppierender Prozess

∧ synthetischer Prozess

Kuppelprozesse

Bild 3-125 Grundbausteine für Prozesse

Gegebenenfalls sind die in einem Kuppelprozess erzeugten Nebenprodukte weiter verwertbar (Abfälle wie Blechausschnitte, Rohabschnitte, usw.). Die Durchführung des Kuppelprozesses führt hier als Folge der Dominanz der versorgenden Vorgangsklasse zu einem Zugang, der nicht durch einen Bedarf initiiert wurde. Ein ggf. entstehender Nettobedarf wird durch andere Prozesse gedeckt (siehe Bild 3-126).150 Pkw-Türe Nettobedarf Pkw - Türe Kuppelprozess „Pressen einer Pkw-Türe“

Nettobedarf „Blech 30 x 30 cm“

Entstehen von Abfall: Türausschnitt, als Zugang zur Verbrauchsfaktorklasse „Blech 30 x 30 cm“ verbucht Blech 30 x 30 cm

Bruttobedarf „Blech 30 x 30 cm“

Bild 3-126 Abfallverwertung

Bieten nLief Lieferanten alternativ begrenzte Mengen eines homogenen Gutes an, die zusammen den Bedarf an nVF Wareneingängen abdecken, kann diese Problemstellung auf das Transportproblem zurückgeführt werden151. • Zeitdauern Die mit Vorgängen oder Vorgangsklassen verbundenen Zeitdauern152 sollen in Anlehung an die Vorgaben von REFA untergliedert werden, die ihrerseits nach Verrichtungsklassen differenzieren (siehe Bild 3-99). „Die Durchlaufzeit d dlz ist die Soll-Zeit für die Erfüllung von Aufgaben (den Auftragsdurchlauf); sie setzt sich aus Durchführungszeiten, Zwischenzeiten und Zusatzzeiten zusammen“ [REF185]. Dabei kann es sich bei der Aufgabe um die Pro150

Wenn man Blech 30 x 30 cm benötigt, wird man deswegen keine Türen herstellen vgl. [BASD08].

316

3 Die Modelldefinition

duktion für einen Kundenauftrag/Erzeugnis, eine Baugruppe oder ein Teil oder um einen einzelnen Vorgang handeln. Die Produktionsdurchlaufzeit d pdl ist die gesamte Zeit zur Herstellung eines Produkts in einem Produktionssystem ohne die Beschaffungsdurchlaufzeit. Die Beschaffungsdurchlaufzeit (Beschaffungszeit) d bes ist die nötige Zeit, um einen Artikel einzukaufen [APIC01]. Dazu gehören die Zeit zur Auftragsvorbereitung und - freigabe, die Zeit des Lieferanten zur Auftragserfüllung, die Transportzeit und die Zeit zur Warenannahme, Prüfung und Einlagerung. dlΣ

Die kumulierte Durchlaufzeit d ist die längste geplante Zeitspanne, um die betrachtete Aufgabe zu vollenden, wobei die Zeit zur Auslieferung an den Auftraggeber, die Durchlaufzeit für alle Produktionsstufen sowie die Beschaffungsdurchlaufzeit berücksichtigt werden (siehe Schönsleben [SCHÖ02]). Je nach Zusammenhang bezeichnet „Durchlaufzeit“ entweder die kumulierte Durchlaufzeit, die notwendige Durchlaufzeit für eine Produktionsstufe oder aber die Beschaffungsdurchlaufzeit. dfz

„Die Durchführungszeit d ist die Sollzeit, die zur Erfüllung einer Aufgabe innerhalb eines definierten Produktions-/Arbeitssystems erforderlich ist. Die Aufgabe muss nach Art und Menge beschrieben sein; die Durchführungszeit gilt für eine festgelegte Kapazität“ (siehe [REF185]). Die Abbildung auf das quantitative Kapazitätsangebot hat so zu erfolgen, dass Beginn- und Ende-Zeitpunkt eines Vorgangs berechnet werden können (siehe Leistungsbedarf und Bild 3-127).

151 Die

exakte Lösung des Transportproblems ist z. B. in [CHAA61, MUME70] beschrieben. Das dort angegebene Lösungsverfahren geht von einer Ausgangslösung aus, die mit Hilfe der Nordwestecken-Regel erstellt wird. Diese Lösung wird bewertet, in dem Veränderungen bei den nicht benutzten Relationen in Höhe von jeweils einer Mengeneinheit eingeführt werden. Ergeben sich dadurch Verbesserungen, ist die optimale Lösung noch nicht gefunden. Die Erprobung geänderter Zuordnungen darf keine inkonsistenten Lösungen implizieren. Daher kann eine von Null verschiedene Transportmenge nicht beliebig eingeführt werden. Vielmehr erfordert dies ein Nachführen der gesamten Matrix der Transportmengen. In einem weiteren Verfahrensschritt wird nun eine verbesserte Lösung erarbeitet, bei der die Transportbeziehung eingebaut wird, die bei der Bewertung die höchste relative Verbesserung versprochen hat (größter Kostengradient). Dieser Ablauf wird solange wiederholt, bis sich keine Verbesserung mehr erzielen lässt (Stepping-Stone-Algorithmus nach Dantzig [DANT74]). Varianten des Transportproblems siehe bspw. [APPA73].

152 Dabei

ist „Zeitdauer“ eigentlich eine Doppelung. Betont man „Zeit“ (z. B. „Durchlaufzeit“, „Rüstzeit“, „Liegezeit“), dann hat man vor allem zwei Zeitpunkte im Blick: Von Zeitpunkt 1 so und so viele Zeitabschnitte bis Zeitpunkt 2 (Zeitintervall). Betont man „Dauer“, so steht ein Zeitraum im Vordergrund, über den ein bestimmter Zustand anhält/existiert (z. B. „Vorgangsdauer“, „Dauer der Unterbrechung“, „Dauer des Transports“).

3.2 Der sachliche Bezug

Dreischichtbetrieb Durchführungszeit = 4 Tage

Tage

317

Einschichtbetrieb Durchführungszeit = 12 Tage

Tage

Bild 3-127 Abhängigkeit der Durchführungszeit von dem jeweiligen Leistungsangebot

Für ein einzelnes Arbeitssystem/einen einzelnen Arbeitsplatz entspricht die Durchführungszeit der Vorgabezeit dvor [REFA72]: Vorgabezeit =Rüstzeit + Ausführungszeit Rüstzeit = Rüstgrundzeit + Rüsterholungszeit + Rüstverteilzeit Ausführungszeit = m ⋅ Zeit je Einheit Zeit je Einheit = Grundzeit + Erholungszeit + Verteilzeit Grundzeit = Hauptzeit + Nebenzeit + Wartezeit. „Die Zwischenzeit d üg besteht aus der Summe der Soll-Zeiten, während derer die Durchführung der Aufgabe planmäßig unterbrochen ist“ [REF185]. Die Zwischenzeit wird auch als Übergangszeit bezeichnet. Die Zwischenzeit ergibt sich aus der Liegezeit nach dem Ende eines Vorgangs bis zum Beginn des Transports zum nächsten Arbeitsplatz, aus der Zeit für die Durchführung des Transports und aus der Liegezeit vom Eintreffen am Arbeitsplatz bis zum Beginn des nächsten Vorgangs. Zur Zwischenzeit zählt bspw. die Pufferzeit der Netzplantechnik (siehe Abschnitt 5.2) und die dort beschriebenen Zeitabstände zwischen zwei Vorgängen.153 „Die Zusatzzeit dzus besteht aus der Summe der Zeiten, die zusätzlich zur planmäßigen Durchführung von Aufgaben erforderlich sind. Sie wird wie eine Soll-Zeit bei der Ermittlung der Durchlaufzeit berücksichtigt“ [REF185]. Zwischen- und Zusatzzeiten sind vor allem dann für die Ermittlung einer realistischen Produktionsdurchlaufzeit zu berücksichtigen, wenn bei der Erstellung eines Plans die Begrenzung der Betriebsmittelkapazitäten nicht mit eingeht und keine Kapazitätsterminierung (siehe Abschnitt 5.2) stattfindet. Dann bilden diese Zeitanteile die Wartezeit vor den Betriebsmitteln ab. Daher ist die aus Durchführungs-, Zwischen- und Zusatzzeit berechnete Durchlaufzeit eines Auftrags nur ein wahrscheinlicher Wert, da er gerade für die Zwischenzeiten auf Durchschnittswerten beruht. Folgerichtig entfallen Zwischen- und Liegezeiten als Vorgabe, wenn in einer Kapazitätsterminierung die begrenzt angebotenen Betriebsmittelkapazitäten berücksichtigt und „realistische“ Durchlaufzeiten und Zwischen-/Liegezeiten (als Ergebnis) berechnet werden. 153

Es ist eine Frage der Zuordnung der Aufgaben zu den Arbeitssystemen, ob das Transportieren der Arbeitsgegenstände zwischen Arbeitsplätzen als Nebendurchführung oder als ablaufbedingtes Unterbrechen der Durchführung betrachtet wird; ob es also entweder zur Durchführungs- oder zur Zwischenzeit gerechnet wird [REF285].

318

3 Die Modelldefinition

Der Durchlauf- oder Prozessplan eines Produktes ist die gesamte Produktionsstruktur in der Zeitachse. Die Vorlaufzeit dvlz ist der Zeitpunkt eines Faktorbedarfs relativ zum Endtermin eines Produktes, basierend auf seiner Durchlaufzeit (siehe auch [SCHÖ02, APIC01]). Für jede Komponente/ Verbrauchsfaktorklasse kann ihre Vorlaufzeit bestimmt werden. Dafür muss der Anteil der Durchlaufzeit auf dem entsprechenden Ast der Produktionsstruktur berechnet werden. Die Vorlaufzeit ist kapazitätsabhängig. Zeitpunkt des Faktorbedarfs

Vorlaufzeit

Endtermin des Produkts

+/- d

+/- d

Bild 3-128 Vorlaufzeit einer Faktorklasse

Es ist zu definieren, wie sich die einzelnen Zeitanteile zusammensetzen, ob und ggf. wie sie verkürzbar sind, ob bspw. innerhalb der Liegezeit noch für andere Vorgänge umdisponiert werden kann usw. Diese Zeitangaben erfolgen je Klasse und werden je Vorgang instanziiert. Die einzelnen Zeitanteile können gleichbleibend, schwankend, nach Regeln berechnet usw. sein. In einem Produktionssystem müssen die einzelnen Faktorströme beim Eintreten in einen Vorgang aufeinander abgestimmt werden. Ggf. definiert der relativ kleinste Faktorstrom den resultierenden Faktorstrom, der in einen Vorgangsknoten eintritt. Alle anderen Faktorströme werden verzögert. Dies gilt bspw. immer für die Verbrauchsfaktoren, wenn die Gebrauchsfaktoren den Engpass darstellen. Da darüber hinaus die Möglichkeit vorgesehen werden muss, den unterschiedlichen Erfordernissen der einzelnen Vorgänge durch eine individuelle Modellierung und Spezifikation von Input und Output Rechnung tragen zu können, muss jede Vorgangsklasse so modelliert werden können, wie es die Komplexität des Prozesses, die Materialbereitstellung usw. erfordern. Dies äußert sich z. B. in einer speziellen Mengeneinheit, in einem gezielten Zugriff auf Merkmale von Faktoren, die nicht Teil der KlassenMerkmale sind oder in einem speziellen Zeitmodell. Ein modellseitig nahtloses mengenmäßiges/zeitliches Aneinanderschließen von im Graphen des Produktionsablaufs aufeinander folgenden Vorgängen ist in diesem Fall nicht mehr zu gewährleisten. Der eine Vorgang endet um 09.45 Uhr, der Folgevorgang kann aufgrund seines Zeitmodells erst um 10.00 Uhr beginnen; der eine Vorgang benötigt eine Länge von 86 cm, der Folgevorgang modelliert seinen Längenbedarf in ganzzahligen Meterangaben.154 Ein bestimmter Vorgang bspw. betrifft ein Produktionslos mit einer bestimmten Menge, die Nachfolgevorgänge lauten über kleinere Stückzahlen. In einem Produk154 Die daher notwendige Umsetzung der Ereignisse/Einheiten eines Vorgangs in die eines anderen

muss innerhalb der zwischengeschalteten Faktor-Knoten geleistet werden, allerdings ohne spezielle Zeitanteile für Faktorknoten.

3.2 Der sachliche Bezug

319

tionssystem mit Losen, die unterschiedliche Bedarfsdeckungszeiträume abdecken, haben einzelne physische Objekte auch planmäßig unterschiedliche Durchlaufzeiten. Im Sinne eines Stroms von Faktoren ist daher der Beginn eines Vorgangs (und das Ende) sowohl für den Vorgangs- als auch für die Faktorknoten nicht eindeutig. Dies gilt umso mehr, als sowohl auf den Beginn als auch auf das Ende eines Vorgangsknotens mehrere Kanten mit unterschiedlichsten Verhalten zielen können. Daher ist es zweckmäßig, für den Beginn und das Ende eines Vorgangs einen Referenzpunkt zu bestimmen und davon ausgehend die Vorlaufzeitanteile je Faktorklasse festzulegen (siehe auch Bild 3-129).

+/- d Referenz

+/- d Referenz

d

+/- d

+/- d

Bild 3-129 Referenzpunkt und relativer Zeitbezug

Der relative Zeitbezug (Bild 3-129) spezifiziert den zeitlichen Abstand zum Bezugs-/Referenzzeitpunkt, mit dem ein Faktor zum Start dieses Vorgangs bereitgestellt werden muss bzw. nach Beendigung des Vorgangs verfügbar ist. Der Bezugszeitpunkt kann entweder der Beginn- oder Endzeitpunkt des Vorgangs oder ein zu einem anderen an dem Vorgang beteiligten Faktor zugehöriger Zeitpunkt sein. Relative Zeitangaben können sich auf das Ende oder den Beginn eines Vorgangs beziehen. Damit lassen sich auch die vier üblichen Anordnungsbeziehungen sowie Minimal-/Maximalbestände usw. realisieren.

+/- d

+/- d

+/- d

+/- d

+/- d

+/- d

Ende - Anfang

Ende - Ende

Überlappung von Vorgängen

Anfang - Anfang +/- d

+/- d

Anfang - Ende Austrittselemente

Eintrittselemente

Bild 3-130 Ein- und Austrittszeitpunkte von Faktoren (ohne Pufferfunktion)

320

3 Die Modelldefinition

Die Durchlaufzeit eines Vorgangs ist dann die Zeitdauer zwischen dem Beginn- und Endereferenz-Zeitpunkt dieses Vorgangs (Einzelvorgang oder Fertigungslos). Sie kann sich aus mehreren Bestandteilen zusammensetzen. Die Belegungszeit dbel ist die Zeit, die ein (Gebrauchs-) Faktor in einem Vorgang gebunden ist. Damit ist die Belegungszeit abhängig von Vorgangs- und (Gebrauchs-) Faktorklasse. Die Taktzeit dtkt ist die (minimale) Zeitdauer zwischen zwei Vorgängen/Teilvorgängen (üblicherweise derselben Klasse, z. B. bei einem Fertigungslos) aus der Sicht eines bei beiden Vorgängen/Teilvorgängen involvierten Faktors.155 Die Vorlaufzeit einer Faktorklasse bzgl. einer Vorgangsklasse ist die Zeit, um die ein Faktorbedarf bzgl. eines Referenzzeitpunkts verschoben wird (in der Regel der Endezeitpunkt). Möglichkeit 1 +/- d

Möglichkeit 2 +/- d

+ Vorgangsdauer +/- d

+/- d

Bild 3-131 Vorlaufzeiten einer Faktorklasse

• Prozessabhängigkeiten Abhängigkeiten zwischen unterschiedlichen Produktionsaufgaben können durch die eingesetzten Materialien und/oder durch die eingesetzten Gebrauchsfaktoren verursacht werden. Unabhängige Produktionsaufgaben sind dadurch gekennzeichnet, dass zwei Produktionsaufgaben keine gemeinsamen Faktoren besitzen. Es besteht weder Konkurrenz bei den eingesetzten Materialien noch bei den Gebrauchsfaktoren (siehe Grundbaustein 1 in Bild 3-132). Der Grundbaustein 2 beschreibt den Sachverhalt, dass mehrere Vorgangsklassen auf dieselbe Materialklasse zurückgreifen (Mehrfachverwendung). Grundbaustein 3 gibt den Sachverhalt wieder, dass mehrere Prozesse um eine Gebrauchsfaktorklasse konkurrieren. Im Grundbaustein 4 liegt ein gekoppeltes Abhängigkeitsverhältnis vor, da mehrere Vorgangsknoten sowohl auf dieselbe Material- als auch auf dieselbe Gebrauchsfaktorklasse zugreifen [KUHN99].

155

Die „Taktzeit“ ist damit z. B. für den Rüstumfang des Vorgangs irrelevant. Das kann aber auch für die Bedienungsperson gelten, die nur sporadisch eingreift, wenn die Taktzeit durch die Maschine bestimmt wird.

3.2 Der sachliche Bezug





∨ Typ1 unabhängige Prozesse; keine Konkurrenz

Typ 2 Konkurrenz um Material

321

Typ 3 Konkurrenz um Gebrauchsfaktor

∨ Typ 4 Konkurrenz um Material und Gebrauchsfaktor

Bild 3-132 Grundbausteine zur Beschreibung von Abhängigkeiten zwischen zwei Produktionsaufgaben bei mehreren Endzuständen

Ggf. führen alternative Prozesse zur selben Produktklasse. Der Baustein vom Typ 5 kennzeichnet den Sachverhalt, dass in mehreren unterschiedlichen Vorgangsknoten mit unterschiedlichen Gebrauchsfaktoren das gleiche Produkt entsteht. Ein Beispiel für eine solche Produktionsaufgabe stellt das wahlweise Fräsen eines Werkstückes aus dem vollen Material bzw. das Tiefziehen dieses Werkstückes dar. Diese Prozesse können parallel ablaufen.

Typ5 Alternative bzgl. Material und Gebrauchsfaktor

Typ 6 Alternative bzgl. Gebrauchsfaktor

Typ 7 Alternative bzgl. Material

Typ 8

Bild 3-133 Grundbausteine zur Beschreibung von Abhängigkeiten von zwei Produktionsaufgaben bei einem Endzustand

Alternative Prozesse bei identischem Material werden durch Typ 6 beschrieben. Ein Beispiel für alternative Vorgangsknoten ist das wahlweise Stanzen oder Laserschneiden von Blechen. Die Alternative kann aber auch durch die Verwendung unterschiedlicher Gebrauchsfaktoren bedingt sein. Damit eignet sich dieser Grundbaustein zur Abbildung von Auftragssplittungen. Die Alternative in Typ 7 besteht nur noch bezüglich des Materials, da beide Prozesse auf denselben Gebrauchsfaktor zugreifen. Als Beispiel können Drehrohlinge mit unterschiedlichen Aussendurchmessern genannt werden. Beide Rohlinge werden auf derselben Maschine bearbeitet. Die weitere, konsequente Anwendung der Kombinatorik auf die Modellelemente führt zu Typ 8, der die Fertigung eines Produkts aus einem Material in zwei unterschiedlichen Prozessen, ausgeführt mit demselben Potenzialfaktor, beschreibt. Dieser Fall soll per definitionem ausgeschlossen werden, da identischer Verbrauchs-

322

3 Die Modelldefinition

und Gebrauchsfaktor bei einem einzigen möglichen Endzustand des Produkts denselben Prozess bezeichnen. Die in Bild 3-132 und in Bild 3-133 aufgeführten Grundbausteine können zur Darstellung komplizierterer Abhängigkeitsverhältnisse beliebig miteinander kombiniert werden. Kombination der Grundbausteine von Typ 6 und Typ 7

A C

Produktionsalternativen für das Produkt C:

R1

- Bearbeitung von Input A auf Gebrauchsfaktor R1 - Bearbeitung von Input B auf Gebrauchsfaktor R1 - Bearbeitung von Input B auf Gebrauchsfaktor R2

B R2

Bild 3-134 Kombination von Grundbausteinen

• Leistungsbedarf Der Leistungsbedarf bb wird sich sinnvollerweise an der Vorgabe- oder an der Durchführungszeit orientieren. Dabei wird die Vorgabezeit bei Einzelplatz und parallelem Prozess die Dauer des gesamten Vorgangs, bei seriellem Prozess die Taktzeit zugrundelegen. VF b Bei Verbrauchsfaktoren ist der Leistungsbedarf als Bruttobedarf b i ; i ∈ I in Faktoreinheiten (Stück, m², kg o. ä.) anzugeben. Dabei ist ggf. über einen auf den Vorgang bezogenen Kalender die Verteilung des Faktorbedarfs über der Zeit anzugeben (gesamte Menge zu Vorgangsbeginn, gleich verteilt, in Losen usw.). b

Der Leistungsbedarf b j ; j ∈ I

GF

an Gebrauchsfaktoren ist in Übereinstimmung

mit der Beschreibung des Leistungsangebots als Kapazitätsbedarf wie folgt zu differenzieren (siehe Abschnitt 3.2.1.3): 1. Die Vorgangsdauer ist gegeben a. Vollständige Nutzung des Leistungsangebots Ein Arbeitssystem wird während der Vorgangsdauer vollständig genutzt und steht nicht für andere Vorgänge zur Verfügung. Das Leistungsangebot und der Leistungsbedarf je Zeitabschnitt ist 1 (bspw. 1 Tag/Tag). b. zusätzlich Gesamtleistungsbedarf gegeben Über Vorgangsdauer und Gesamtleistungsbedarf wird der Kapazitäts-/Leistungsbedarf je Zeitabschnitt berechnet (z. B. 500 Minuten/10 Schichten → 50 Minuten/Schicht über 10 Schichten) c. zusätzlich Leistungsbedarf/Zeitabschnitt gegeben Der Gesamtleistungsbedarf wird berechnet (z. B. 10 Personen über 10 Tage = 10 Personentage) 2. Die Vorgangsdauer wird berechnet a. Gesamtleistungsbedarf und vollständige Nutzung des Leistungsangebots Das Leistungsangebot wird ab Starttermin eines Vorgangs mit dem Leistungsbedarf verrechnet (die Dauer beträgt eine ganzzahlige Anzahl von Zeitabschnitten).

3.2 Der sachliche Bezug

323

b. Gesamtleistungsbedarf und anteilige Nutzung des Leistungsangebots Das Leistungsangebot wird nach einer Regel anteilig genutzt. Die Verrechnung findet zeitabschnittsweise statt (z. B. 10 % des Leistungsangebots für gewisse Vorgangsklassen). Beispiel: Für den Vorgang „Material bearbeiten“ (siehe Bild 3-135) wird Material, eine Maschine im gerüsteten Zustand und ein Werker benötigt. Dieser so spezifizierte technologische Leistungsbedarf wird durch die Angabe des Planstartzeitpunkts T1 und des Planendzeitpunkts T3 (T3 = T1 + Vorgangsdauer (Ausführungszeit) = T1 + 2 Zeitabschnitte) um den Bedarf an zeitlicher Verfügbarkeit ergänzt. Der Bedarf an kapazitiver Leistungsfähigkeit ergibt sich für Maschine und Werker aus der Ausführungszeit multipliziert mit dem jeweiligen Faktormengenkoeffizienten zu 2 Zeitabschnitte bzw. 1 Zeitabschnitt. Die Inputobjekte repräsentieren das aktuelle Leistungsangebot der Produktionsfaktoren mit Zustandsbeschreibung, zeitlicher Verfügbarkeit und kapazitivem Leistungsangebot für Maschine und Werker. Im Übergang zum Output wird dieses Angebot verändert. Ergebnis ist ein neuer Verbrauchsfaktor „Produkt“ mit neuer zeitlicher Verfügbarkeit sowie die Gebrauchsfaktoren „Maschine, im Zustand gerüstet“ und „Werker“ mit reduziertem Kapazitätsangebot. Die Differenz zwischen Input- und Output-Leistungsangebot kennzeichnet den Leistungsverbrauch des Vorgangs.

Leistungsverbrauch

T1 T2 T3 Material

Planstartzeitpunkt = T1

Maschine gerüstet Faktormengenkoeff.=100%

T1 T2 T3

Zeit

Produkt

Material

Maschine gerüstet a

Material bearbeiten Dauer = 2 ZA

Werker Faktormengenkoeff.=50%

Maschine gerüstet Faktormengenkoeff. = 100%

T1 T2 T3 Vorgangsoutput Leistungsbedarf

a

T1 T2 T3

Maschine gerüstet a

Werker Faktormengenkoeff. = 50%

Vorgangsinput

Werker

T1 T2 T3 Produkt

Planendzeitpunkt = T3

Leistungsverbrauch

Zeit

a Kapazität in Faktoreinheiten

Ti Zeitpunkt

Zeit

Werker a

T1 T2 T3

Zeit

Belegung von Vorgang „Material bearbeiten“

Bild 3-135 Leistungsbedarf und -verbrauch eines Fertigungsvorgangs

Sind mehrere Arbeitssysteme seriell/parallel an der Aufgabendurchführung beteiligt, sind Zwischen- und Zusatzzeiten anteilig und unter Berücksichtigung etwaiger Überlappungen zu verrechnen. • Verknüpfung von Knoten Auf eine Faktorklasse zielen ggf. mehrere Kanten/Relationen, über die Erfordernisse (Angebote/Bedarfe) an den Knoten herangetragen werden. Da zugelassen sein soll, dass der Faktorknoten genauso wie der Vorgangsknoten eigene Restriktionen, Zeitmodelle und Mengeneinheiten besitzen kann und nicht automatisch vorausge-

324

3 Die Modelldefinition

setzt wird, dass die Gesetzmäßigkeiten eines Vorgangsknotens auch am Faktorknoten gelten, muss ggf. versucht werden, den Restriktionen des Faktorknotens und allen involvierten Vorgangsknoten gerecht zu werden. Falls dies nicht gelingt, kann nur die Unvereinbarkeit aufgezeigt werden (siehe auch die Gleichgewichtsbedingung in Abschnitt 2.3.2). Aus den aufgeführten Unterschieden in der Modellierung resultieren folgende Beschreibungen bzw. Attribute für zusammengefasste Elemente: Mengenmäßige Strukturierung Zugang

Mengenmäßige Strukturierung Abgang

Mengenmäßige Strukturierung Zugang

Mengenmäßige Strukturierung Abgang

Bild 3-136 Aggregation von Ereignissen

Damit können die folgenden Fälle unterschieden werden: Fall 1: Ein Vorgangsknoten meldet die Erfordernisse in der zeitlich-mengenmäßigen Struktur des Faktorknotens an. Hier können die Erfordernisse – ggf. nach Umrechnen mit einem Schlüssel – 1 : 1 umgesetzt und sofort weiter verarbeitet werden. Beispiel: Umrechnen Stück in Kilogramm über Kilogramm/Stück, Umrechnen vom Gregorianischen in den Julianischen Kalender (ohne Differenzierung von Arbeitsund Feiertagen). Da nicht vorausgesetzt werden kann, dass alle angrenzenden Vorgangsknoten eine derartige Datenstruktur besitzen, müssen weitere Fälle unterschieden werden. Fall 2a: Faktorknoten dominant Ein Vorgangknoten meldet die Erfordernisse zeitlich/mengenmäßig nicht gemäß den Vorschriften des Faktorknotens ab. Hier ist ein Gruppieren des Faktorstroms nach den Vorschriften des Faktorknotens je Kante erforderlich. Unter Umständen erhält hier ein Vorgangsknoten ein kantenspezifisches Transportlos, obwohl er einzelne Faktoren angemeldet hat. Der Vorgangsknoten muss dann zwischenpuffern können. Wenn der Faktorknoten ein eigenes Zeitmodell hat, müssen alle angrenzenden Vorgangsknoten ihr eigenes Zeitmodell auf das Zeitmodell des Faktorknotens beziehen. Da ein Vorgangsknoten ggf. mit mehreren Faktorknoten in Beziehung steht, muss der Vorgangsknoten je Kante über einen geeigneten Referenzkalender verfügen bzw. diesen ermitteln. Beispiel 1: Eine Montage fordert stückweise den Bedarf an, erhält aber ein Transportlos geliefert (Behälter). Da nur der ganze Behälter erfasst wird, geht der Behälter bei Anlieferung an der Montage in den Bestand des Vorgangsknotens „Montage“ über. Beispiel 2: Eine Montage fordert stückweise den Bedarf an, erhält aber ein Transportlos geliefert (Behälter). Aus dem Behälter wird einzeln entnommen und (z.B. über Barcodeleser) erfasst. In diesem Fall erfolgt der Bestandsübergang vom Faktorknoten zum Vorgangsknoten stückweise. Beide Beispiele sind möglich und dann zulässig, wenn sie an Faktor- und Vorgangsknoten so vereinbart sind. Da im Fall 2a) die Erfordernisse eines Vorgangsknotens im Detail nicht erfüllt werden können, sind bei Vorgangsknoten die folgenden Möglichkeiten zu berücksichtigen:

3.2 Der sachliche Bezug

325

– Der Vorgangsknoten kann nicht zwischenpuffern. Die Erfordernisse gehen in entsprechendem Umfang verloren bzw. werden verzögert, verdrängen aber ihrerseits andere Vorgänge, falls nicht generelle Unvereinbarkeit zwischen Vorgangs- und Faktorknoten besteht. – Der Vorgangsknoten kann beliebig zwischenpuffern. Die Erfordernisse bleiben in vollem Umfang erhalten (Angebot: Verschieben in die Zukunft; Bedarf: Verschieben in die Vergangenheit), ohne dass andere Vorgänge verschoben werden müssen. – Der Vorgangsknoten kann in einem gewissen Umfang zwischenpuffern. Fall 2b: Vorgangsklasse dominant Der Faktorknoten hat möglicherweise einen eigenen Kalender, dieser wird aber entsprechend des angrenzenden Vorgangsknotens mit in eine gemeinsame Referenzzeitmenge umgesetzt, womit eine Kommunikation mir allen diesen Vorgangsknoten möglich ist. Unter Umständen ergibt sich die zeitliche Verfügbarkeit eines Faktorknotens als Summe aller „aktiven“ Zeiten der angeschlossenen Vorgangsknoten. Die Zeitmenge eines Vorgangsknotens wird dazu über die Kanten an den Faktorknoten mitgeteilt (zeit- oder ereignisorientiert). Bei einer Rückwärtsbetrachtung wird der Bruttobedarf je Kante akzeptiert und auf die resultierende Zeitmenge umgesetzt. An der Eingangsseite wird ein Nettobedarf im resultierenden Zeitraster der Ausgangsseite erzeugt. Der Nettobedarf wird auf die einzelnen Kanten verteilt und dort in die Zeitmengen der Kanten umgesetzt. Prinzipiell bedeutet bei einer Rückwärtsbetrachtung jede Umsetzung eine etwas frühere Einordnung (siehe Bild 3-142). Ein durchaus realistischer Fall ist, dass mit einem Stunden-/Schicht-/Tagesraster am Verbrauchsfaktorknoten, also am Lager, das Material abgerufen und daher entsprechend geplant wird. Dies führt zum Zeitpunkt der Bereitstellung möglicherweise zu Beständen, für die kein Platz da ist, die nicht mehr gehandhabt werden können usw., weil die Zeitabschnittsmenge, wenn sie „auf einen Schlag“ geliefert wird, einfach zu groß ist. Diese Situation verschärft sich, wenn bspw. an einer Fertigungslinie über mehrere Schichten bereitgestellt wird, obwohl die Fertigungslinie gar nicht produziert. Damit wird folgendes deutlich: Der Vorgangsknoten hat sinnvollerweise keine willkürliche zeitliche Strukturierung, sondern er meldet Bruttobedarf vor allem in der zeitlichen Strukturierung, also im Kalender, des ausführenden Gebrauchsfaktors an. Dasselbe gilt für den Zugang des Lagers: Sinnvollerweise ist das Lager besetzt und aufnahmefähig, wenn die liefernde Organisationseinheit produziert. Ansonsten entsteht vor dem Lager ein zweites Lager und doppelter Handhabungsaufwand. Damit ist der sinnvolle Fall: Die Vorgangsklasse ist dominant. Die liefernde Vorgangsklasse liefert in der Struktur des ausführenden Gebrauchsfaktors, die empfangene Vorgangsklasse entnimmt ihrerseits in der Struktur der ihr zugeordneten Gebrauchs-Faktorklasse. Der dazwischen stehende Verbrauchsfaktorknoten leistet die Umsetzung vom Zugangs- in den Abgangskalender und umgekehrt.

326

3 Die Modelldefinition

10000 Bedarfsgebirge

5000 Bruttobedarf an Verbrauchsfaktorknoten in Stück/Woche Woche 28

1,5

„Normalkapazität“ (5 Tage, 2 Schichten)

Woche 29

Woche 30

Woche 31

t

Werksferien/ Instandhaltung

1,0 0,5

Kapazitätsangebot des liefernden Gebrauchsfaktors („Normal-Kapazität“)

Woche 28

Woche 29

Woche 30

Woche 31

t

10000 Bedarfsgebirge unter Berücksichtigung des Kapazitätsangebots (-kalenders) 5000 Nettobedarf an Vorgangsknoten in Stück/Woche Woche 28

Woche 29

Woche 30

Woche 31

t

Bild 3-137 Umsetzen von Brutto- in Nettobedarf im Verbrauchsfaktorknoten

Die Umsetzung in die Kalenderliste des Nettobedarfs kann damit nicht vom bedarfsanmeldenden Vorgangsknoten „durchgesetzt“ werden, auch wenn ggf. gar kein Bestand für eine Nettobedarfsrechnung abgezogen werden muss. Kalender Montage Bruttobedarf/ 1 Bereitstellung Kalender Teilefertig. Teilefertigung

Montage

Nettobedarf

1

2

2/3

3

4

4/5

5

6

6

Bild 3-138 Korrekte Nettobedarfsmeldung

Fall 2c: Vorgangs- und Faktorknoten sind gleichberechtigt Jeweils auf der Kante zwischen Vorgangs- und Faktorknoten wird von einem Kalender bzw. von einer Mengeneinheit in den andern/in die andere umgesetzt. Da auf der Kante keine Mengen zwischengepuffert werden können, muss davon ausgegangen werden, dass diese Umsetzung lediglich eine Verfeinerung ist und derjenige, der das feinere Modell hat, entsprechend aktiv wird (Sonderfall von Fall 1!). In den Fällen 1 sowie 2a, b, c ist anzugeben, wie diese Umrechnung stattzufinden

3.2 Der sachliche Bezug

327

hat (Gleichverteilung oder Konzentration von Erfordernissen usw.). Zum Beispiel muss auch geregelt sein, wie sich ein Vorgangsknoten verhält, wenn ein Faktorknoten, bedingt durch seinen Kalender, zu einem bestimmten Zeitpunkt keine Faktoren abnehmen kann (Behandeln von Erfordernissen bei „Blockierung“). Ebenso ist festzulegen, welcher Vorgangsknoten nach einem „Leerlaufen“ des Faktorknotens als erstes bedient wird oder nach Blockieren als erstes liefern darf. Darüber hinaus ist festzulegen, ob ein Bruttoangebot, das nicht von einem Faktorknoten angenommen wurde oder ein nicht erfüllter Bruttobedarf für die folgenden Zeitabschnitte erhalten bleibt oder verfällt („ungeduldiges Verhalten“). Bei Fortschrittszahlen bleiben die Erfordernisse ohne weitere Aussage erhalten, bei zeitabschnittsweise angegebenen Werten ist eine Regelung erforderlich. Wenn der Faktorknoten nicht beliebige mengenmäßige Erfordernisse erfüllen kann, muss festgelegt sein, wie und in welchem Umfang/welcher Reihenfolge die Erfordernisse befriedigt werden, um so zu einem zulässigen Strom von Ereignissen zu kommen.

23.12./ /9.17

... 1. Schicht/ Dez. 24

Situation: Vorgangsknoten mit unterschiedlichen Kalendern liefern an einen bzw. empfangen von einem Faktorknoten

... 2. Schicht/ Dez. 24

Die Vorgangsknoten seien dominant.

Bild 3-139 Umrechnung zwischen unterschiedlichen Zeitmodellen

Beispiele für solche Reihenfolgen sind: – Kanten je Zeitpunkt in festgelegter Reihenfolge abarbeiten, – Kanten über der Zeit in festgelegter Reihenfolge abarbeiten – Kanten in festgelegter Reihenfolge losweise abarbeiten, – Kanten nach der Höhe der Erfordernisse abarbeiten, – usw. Zur Aufteilung der Faktorströme auf die einzelnen Kanten können aber sowohl für Verbrauch- als auch Gebrauchsfaktorkanten beliebige andere Prioritätsregeln, wie z.B. die kürzeste Operationszeit-Regel (KOZ) verwendet werden. Eine andere Möglichkeit ist, allen benachbarten Vorgangsknoten den gesamten Nettobedarf/das gesamte Nettoangebot oder den gesamten Bestand mitzuteilen und dann dem Vorgangsknoten zuzuteilen, der das erste Bruttoangebot/den ersten Bruttobedarf anmeldet usw. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, alle Erfordernisse zunächst zusammenzufassen, und sobald feststeht, in welchem mengenmäßigen Umfang die resultierenden Erfordernisse befriedigt werden können, z.B. prozentual zu kürzen oder über der Zeit einen Ausgleich zu suchen. Damit hat aber bereits eine Verarbeitung der resultierenden Erfordernisse stattgefunden (siehe Abschnitt 4.2.2). Bild 3-140 zeigt abschließend ein Beispiel, bei dem unterschiedliche Kalender ineinander umgesetzt werden müssen (siehe Abschnitt 2.2.2).

328

3 Die Modelldefinition

Legende:

Kalender II Kalender I

Kalender II n a

Kalender II Kalender IV

Kalender III

Kalender III

n

b

n

a

b

b

b

Kalender III

Kalender III b

„Drehmaschine“

b

n

a Kalender IV

Nettoangebot Bruttobedarf Bruttoangebot

b

a

a

n

a

Kalender III

Bruttoangebot

b

a Kalender IV

„Drehmaschine 4413“ mit einem für alle Vorgangsknoten gleichen Angebot, aber in deren Zeitmodell (und damit nicht identisch!)

Bild 3-140 Unterschiedliche Zeitmodelle von Vorgangs- und Faktorknoten

3.2.2.3

Verknüpfung von Input und Output eines Vorgangsknotens

Vergleichbar mit dem Faktorknoten (siehe Bild 3-47) zeigt Bild 3-141 mögliche Faktor-Zuordnungen am Vorgangsknoten. Die im Abschnitt 3.2.1.1 getroffene Unterscheidung von offener und geschlossener Produktion lässt sich in Bild 3-141 einordnen (oberhalb der Diagonalen geschlossene Produktion). Die Umgruppierung durch Vorgänge muss nicht ausschließlich über ganzzahlige Mengenverhältnisse erfolgen. Wenn z. B. das Material in Form von 5 m langen Eisenstangen bereitgestellt wird, von denen in einem Vorgang „Sägen“ 10 cm lange Stücke abgesägt werden, dann ist einerseits die Restlänge zu ermitteln und andererseits der Restbestand entweder summarisch (47,5 m Eisenstange) oder differenziert (9 Stangen á 5 m und 1 Stange á 2,5 m) zu führen (siehe Abschnitt 4.1.2.1.2). Entnahme Stück

Teillos

Stück Bereitstellung Teillos

Los

Charge

Bild 3-141 Faktor-Zuordnungen am Vorgangsknoten

Los

Charge

3.2 Der sachliche Bezug

329

Vor allem in Fertigungslinien mit vergleichsweise langen Durchlaufzeiten ist zu beobachten, dass einzelne, aber nicht alle Stationen bspw. durch Wartungsarbeiten oder einfach durch Störungen ausfallen. Liegen diese Stationen im vorderen Bereich der Fertigungslinie, dann ist dort der Leistungserstellungsprozess unterbrochen. Der Zugang zum Vorgangsknoten ist blockiert bzw. unmöglich, obwohl die restliche Fertigungslinie arbeitet und sich damit der Abgang am Vorgangsknoten planmäßig vollzieht. Derselbe Sachverhalt gilt analog für die Unterbrechnung des Abgangs durch den Ausfall von nahe am Ende der Fertigungslinie liegenden Stationen (siehe Bild 3-142). Kalender Zugang bb/an

Durchlaufzeit 1 Zeitabschnitt

Kalender Abgang ab/bn

Bezugspunkt für die Einplanung von Vorgängen

Bild 3-142 Umsetzen von Netto- in Bruttobedarf im Vorgangsknoten bei einer Fertigungslinie mit unterschiedlichem Zugangs- und Abgangskalender

Soll hier für die Einplanung von Vorgängen der Kalender des Abgangs am Vorgangsknoten relevant sein (und analog der des Zugangs) und der Leistungserstellungsprozess bzw. der Abgang nicht abreissen dürfen, dann – sind für den Zu- und den Abgang des Vorgangsknotens unterschiedliche Kalender vorzugeben (siehe Abschnitt 3.1.1). – muss der erforderliche Input - ggf. durch eine Obergrenze limitiert - in den Zeitabschnitten geleistet werden, die zeitlich vor den Zeitabschnitten liegen, in denen der Zugang aufgrund von geplanten Abgang und gegebener Durchlaufzeit rechnerisch erforderlich wäre (bzw. der Output wird bei einer Unterbrechung des Abgangs entsprechend in die Zukunft verzögert; siehe Abschnitt 4.3.1.1.5 bzw. 4.3.2.1.3). – muss ein entsprechendes Puffern in der Fertigungslinie bzw. im Vorgangsknoten möglich sein. Ein Leistungserstellungsprozess wird damit als ein schwarzer Kasten mit einer Eingangs- und einer Ausgangsblende verstanden, deren grundsätzliche „Öffnungszeiten“ für Ein- und Ausgang über zwei getrennte Kalender geregelt werden. Der an diesen Stellen angegebenen Leistungsbereitschaft wird die Taktzeit gegenübergestellt (bspw. Schichtkalender in Minuten/Taktzeit in Minuten). Zusätzlich zum Kalender können sowohl Leistungsbereitschaft als auch Taktzeit für Zu- und Abgang unterschiedlich sein.156 Wenn die Durchlaufzeit (Bild 3-127 und Bild 3-76) über die Angabe von Leistungsbedarf des Vorgangs/Leistungsangebot des Gebrauchsfaktors (Leistungsbedarf bspw. 960 Minuten für Durchlauf-/Durchführungszeit) berechnet werden soll, dann muss festgelegt werden, welcher Kalender für diese Berechnung zu verwenden ist. Ggf. muss dafür - entweder durch Kombination von Zugangs- und Abgangskalender oder völlig getrennt davon - ein dritter Kalender erstellt werden.157

330

3 Die Modelldefinition

Leistungserstellungsprozesse verbinden den originären Input und Output in der Regel proportional. Diese Aussage ist unabhängig davon, ob die Ereignisse zeitabschnittsweise oder kumulativ ab einem bestimmten Zeitpunkt zusammengefasst werden: Input- und Outputereignisse stehen immer im selben Verhältnis zueinander, gleichgültig, welche Stückzahl von einem Produkt hergestellt wird oder wie lange ein Prozess läuft. In gewissen Leistungserstellungsprozessen tritt aber mit der Zeit eine Veränderung ein: Bspw. wird der Ausschuss umso höher, je länger ein Bohrwerkzeug an einem Stück eingesetzt wird. Ein anderes Beispiel ist die Lernkurve eines Werkers: Seine Ausbringung steigt mit der Anzahl der von ihm durchgeführten Vorgänge; dementsprechend verringert sich der je Stück eingesetzte Anteil seiner Arbeitskraft158. Integrale und differentiale Input-/Output-Verknüpfungen beziehen sich insbesondere auf Sachverhalte, die über eine Menge von Vorgängen mit gemeinsamen Merkmalen ausgesagt werden und daher das Vorhandensein einer Klasse von Vorgängen voraussetzen. Damit sind diese Input-/Output-Relationen vor allem Verknüpfungen von Vorgängen/Ereignissen und Klassen, also Sachverhalte, die am Vorgangsknoten und dort vor allem an Vorgangsknoten stehen, die Kontrollaufgaben repräsentieren (Differential z. B. Veränderung eines Merkmals, Integral z. B. Addieren von Fehlern).159

156 Bspw.

könnte zwar ein Abgang von, aber kein Zugang zu der Fertigungslinie in der dritten Schicht möglich sein, weil das für den Zugang notwendige Personal für die Beschickung der Anlage nur 2-schichtig arbeitet. Dann muss der Zugang für die dritte Schicht in den beiden anderen geleistet werden. Damit wird nochmals die Aussage von Abschnitt 3.2.1.3 deutlich, dass die Anlage eigentlich 24 Stunden am Tage zur Verfügung stehen könnte und diese Leistungsbereitschaft nur durch andere Gründe, bspw. die Anwesenheit der Werker, eingeschränkt wird.

157

Bei einer Einzelmaschine könnte z. B. folgende Situation vorliegen: - die Durchlaufzeit wird nur zum geringen Teil von einer maschinellen Bearbeitung verursacht (z. B. nur eine Maschine/Bearbeitungsstation mit einer Operation, die den Output liefert) - die Maschine steht still - das Personal ist verfügbar. Damit steht der Gebrauchsfaktor bis auf den nicht möglichen Output zur Verfügung. Hier kann die gesamte Materialvorbereitung bereits vor dem Anlauf der Maschine geleistet werden. Rechtzeitig vor Wiederanlauf der Maschine steht das Material bereit. Bei einem längeren Ausfall wird entsprechend der fehlenden Nettobedarfseinplanung trotz der Personalverfügbarkeit kein Material nachgezogen.

158 Vergleichbare Sachverhalte lassen

sich auch bei Faktorknoten feststellen: In der Regel sind Input und Output (wenn man Losgrößen u. ä. über der Zeit glättet) proportional miteinander verbunden. Aber der Ausschuss nimmt - wie die Tomate zeigt - mit der Zeit zu und zeigt daher integrales Verhalten.

159

Dies gilt auch für die Regelungstechnik, was möglicherweise durch die dort vorwiegend angewandten kontinuierlichen Zeitmodelle nicht so deutlich wird. Aber integrales und differentiales Verhalten bedeuten auch dort Aussagen, die meist nicht den Input und den Output verknüpfen, sondern Zustände am selben Punkt im Modell zu unterschiedlichen Zeitpunkten vergleichen.

3.2 Der sachliche Bezug

331

Proportionales Verhalten: Zwischen Eingangsgröße y und Ausgangsgröße x gilt x = bP . y x, y x (t) Ausbringung je Zeitabschnitt y (t) Verbrauchsfaktoreinsatz je Zeitabschnitt T=0

t

Beispiel Eingangsgröße Ausgangsgröße

Fertigung

Verbrauchsfaktoreinsatz/Zeitabschnitt Ausbringung Produkt/Zeitabschnitt

T=0 3 9

3 9

3 9

3 9

3 9

Integrales Verhalten: Zwischen Eingangsgröße y und Ausgangsgröße x gilt x = bI . ³ y dt x, y

Information „kumulierter Durchsatz“

x (t) Ausbringung ab Zeitpunkt T y (t) Betriebsmitteleinsatz ab Zeitpunkt T Kontrolle T=0 Beispiel Eingangsgröße Ausgangsgröße

t T=0 Verbrauchsfaktoreinsatz/Zeitabschnitt 3 Ausbringung ab Zeitpunkt T=0 bis zum betrachteten Zeitpunkt 9

3 18

3 27

3 36

3 45

Differentiales Verhalten: Zwischen Eingangsgröße y und Ausgangsgröße x gilt x = bD . y x, y

Änderung der Ausbringung zum Zeitpunkt T = 0

x (t) y (t) T=0

Ausbringung je Zeitabschnitt mit bestimmten Attributen

t

Beispiel Eingangsgröße Ausgangsgröße

Kontrolle

Autokarossen mit Attribut Farbe Änderung der Farbe

T=0 rot

Information „Veränderung Merkmal“

rot gelb gelb gelb X

Bild 3-143 Proportionales, integrales und differentiales Verhalten (siehe [BEGR97])

Integrales und differentiales Verhalten kann am originären Leistungserstellungsprozess (Anzahl der Vorgänge) oder am externen Zeitmodell („Tomate“) orientiert sein. Jedes Verhalten kann mit Totzeiten (im einfachsten Fall die Vorgangsdauer), Dämpfungen und Verzögerungen (Anlaufkurve) überlagert sein.160 Darüber hinaus kann z. B. auf das Eintreffen eines Zustands geduldig, ungeduldig oder überhaupt nicht gewartet werden. Wie bei Faktoren kann die Input bzw. Output-Seite aktiv oder passiv gestaltet werden. Im Folgenden sollen die Faktorströme, die sich über die Kanten eines Netzwerks vollziehen, vor dem Hintergrund möglicher Optimalitätskriterien diskutiert werden. Diese Diskussion setzt eine Serien-/Wiederholfertigung und eine zeitraumbezogene Sicht der Dinge voraus. • Produktionspunkt und Technologiemenge Wenn man in einer Produktion m Produktionsfaktorklassen verwendet und die in einem

332

3 Die Modelldefinition

Zeitabschnitt benötigte Menge der j-ten Produktionsfaktorklasse mit yj bezeichnet, dann kann der Input eines Zeitabschnitts als Faktormengenvektor (Faktormengenkombination) dargestellt werden (Verbrauchs- und/oder Gebrauchsfaktoren).161 Produktionssystem

Produktionssystem § x1 · ¨ ¸ x = ¨¨ x i ¸¸ ¨ x PF¸ © n ¹ ...

Output Input

...

...

...

§ y1 · ¨ ¸ y = ¨ yj ¸ ¨ ¸ ¨ y F¸ © n ¹

Produktion

Bild 3-144 Faktormengenvektor

Output Input

Produktion

Bild 3-145 Produktmengenvektor

160 Im

Folgenden sind einige einfache Übertragungsglieder und ihre Symbolisierung mittels Blökken (nach [FOEL90] unter Verwendung der dort verwendeten Bezeichnungen und Symbole) zusätzlich dargestellt. Benennung Funktionalbeziehung Tt-Glied

x = k

⋅ y ( t – Tt )

Symbol

k

Tt

Benennung Funktionalbeziehung Tt-Glied

y2

Summierglied

x = k

⋅ y1 ⋅ y 2

Symbol

k

y2

y1 Summierglied

Kennlinienglied

x = y ± y2

x = f (y )

(±) y1

x Kennlinienglied

Tx· + x = k y

x = k

1 ⋅ --y 2

x T

k

⋅y k

y2

y1

x

Komplizierte dynamische Verhalten können durch Verkopplung einfacher Verhalten realisiert werden. Im Folgenden ist als Beispiel die Realisierung eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung (P-T1-Gliedes) durch ein P-Glied, ein I-Glied und ein Summierglied dargestellt. Für die Funktionalbeziehung der Anordnung folgt:

T· 1 --- x = y – --- x Ÿ Tx· + x = k y . Es ergibt sich also die Beziehung eines P-T1-Übertragungsk k gliedes; beide Beschreibungen sind gleichwertig. . T x k

k Symbol

161

T

Zusammensetzung aus elementaren Übertragungsgliedern

y

k T x

1 k

In der Literatur (siehe [KIST81]) wird oft nicht deutlich, ob in diesem Kontext nur Verbrauchsfaktoren gemeint sind. Hier wird explizit auf Gebrauchs- und Verbrauchsfaktoren abgehoben. y ist damit geeignet darzustellen. Bei einem Verbrauchsfaktor seien die Faktoreinheiten bspw. als Stück/Zeitabschnitt, bei einem Gebrauchsfaktor bspw. in Minuten/Zeitabschnitt dargestellt. Diese Auffassung wird bspw. auch in [ROSB92, DIRO04] vertreten.

3.2 Der sachliche Bezug

333

Wenn man in einer Produktion nPF Produktklassen herstellt und die Produktionsmenge der i-ten Produktklasse in einem Zeitabschnitt mit xi bezeichnet, dann kann der Output eines Zeitabschnitts als Produktmengenvektor (Produktmengenkombination) notiert werden.162 Outputmengen von Abfallproduktklassen, die Kosten verursachen, erhalten ein negatives Vorzeichen. Wenn der Verbrauch von Produktionsfaktoren generell mit negativen Vorzeichen gekennzeichnet wird, dann ist eine Produktion als Vorgangsknoten bzw. Mikrostruktur anhand der Faktor- und Produktmengenvektoren wie in Bild 3-146 beschrieben. Produktionssystem ...

§ –y1 · ¨ ¸ ¨ – y F¸ n ¸ z = § – y· = ¨ © x¹ ¨ x ¸ ¨ 1 ¸ ¨x ¸ © n PF¹ ...

Output Input

Produktion

Bild 3-146 Einstufige Beschreibung von Produktionspunkten

Ein Produktionspunkt ist ein aus einem Faktormengenvektor -y und einem zugehörigen Produktmengenvektor x bestehender Vektor z (siehe [ROSB92], S. 14).163 Alle in einem Produktionssystem realisierbaren Produktionspunkte bilden die Technologiemenge TZ (siehe [DIRO04]): F

n +n

PF

TZ: = { z ∈ R z ist in einem gegebenen Zeitabschnitt (technisch) machbar} Die Technologiemenge beschreibt als Menge bewerteter Mikrostrukturen alle zulässigen Verknüpfungen von Faktor- und Produktmengenvektoren und damit alle möglichen Produktionen in einem Produktionssystem bzw. auf einer Produktionsstufe. Sie ist damit eine spezielle maximale Ereignismenge Z, die ohne Faktorrestriktionen und ausschließlich mit der Interpretation „Plan“ sowie nur einem Zeitabschnitt als zeitlichem Bezug als Menge von Input/Output-Kombinationen angegeben wird (siehe Abschnitt 2.2.2 und Abschnitt 2.2.3).

162

Hier wird ein Produktionssystem mit Produktionsfaktoren als Input und Produkten als Output und damit als Kuppelproduktion betrachtet. Selbstverständlich kann diese in der Literatur üblichen Betrachtungsweise auf eine Produktionsstufe übertragen werden.

163

Damit liegt einem Produktionspunkt ein Gozintograph zugrunde, der - entweder einstufig ist oder auf den Zugang und den Abgang eines Produktionssystems reduziert wurde - mit einem Produktionsprogramm x mengenmäßig bewertet wurde (siehe Abschnitt 3.1.3). Ein bestimmter Produktionspunkt enthält damit eine bestimmte Menge von Vorgängen. Ein Produktionspunkt setzt die Realisierbarkeit über eine geeignete Menge von Vorgangsklassen voraus.

334

3 Die Modelldefinition

Produktionspunkt z3 Produktionspunkt z2 Produktionspunkt z1 y11

x12

x13

x11

xi2

xi3

xi1

xnPF2

xnPF3

TZ yj1 Produktion1

ynF1

xnPF1

Bild 3-147 Technologiemenge und Produktionspunkte

Beispiel: Ein Hersteller von Autobatterien kann pro Tag maximal 2.000 Batterien

herstellen. Dabei handelt es sich bei den Produktmengen x1, x2 um Mengen von 6Volt- und 12-Volt-Batterien. Für die Technologiemenge TZ gelte: Jede Kombination von (0 6-Volt-Batterien, 2.000 12-Volt-Batterien) bis (2.000 6-Volt-Batterien, 0 12-Volt-Batterien) mit x1 + x2 < 2.000 Stück ist zulässig. Muss die Kapazität ausgenutzt werden, gilt x1 + x2 = 2.000 Stück. Für jede Kombination x1, x2 ist der Faktormengenvektor entsprechend zu bestimmen. Hier sollen in diesem Beispiel keine zusätzlichen Restriktionen gelten. Mehrelementige Technologiemengen enthalten abzählbar (dann, wenn z. B. nur ganzzahlige Stückzahlen auftreten; siehe obiges Beispiel) oder überabzählbar viele (dann, wenn beliebig unterteilt werden kann) Elemente. Produktmengenvektoren, bei denen mindestens ein Element kleiner und alle anderen Elemente nicht größer als das entsprechende Element des Produktmengenvektors eines anderen Produktionspunktes mit gleichem Faktormengeneinsatz sind, können für Effizienzüberlegungen von den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen werden. Beispiel: Zersägen von Bundmaterial in Abschnitte verschiedener Länge. Die eingesetzte Faktormenge ist konstant 5 Eisenstangen á 5 m und 6 Stunden Sägemaschine (30 Sägeschnitte) (vgl. [ROSB92], S. 15). Produktionspunkt z x1 Abschnitte 0,8m

1 2 3 4 30 25 20 15

x2 Abschnitte 0,85m

0

5

Eisenstange zi

10 15

yo = {5 Eisenstangen, 6 Stunden Sägemaschine}

Abschnitt 0,8

Sägemaschine

Abschnitt 0,85

Bild 3-148 Alternative Produktmengenvektoren

In diesem Beispiel sollen sich auch andere Produktionspunkte realisieren lassen, die die bereitgestellten Faktormengen weniger günstig nutzen. In Bild 3-149 werden die Produktionspunkte z5, z6 und z9 dominiert.

3.2 Der sachliche Bezug

Outputeffiziente Produktionspunkte bzgl. y0 und TZ

Produkt x2

Produktionspunkt z x1 Abschnitte 0,8m

5 8

6 8

7 8 9 10 12 16 16 20

x2 Abschnitte 0,85m

16 12 16 12

4

335

12|16

8|16 15

4

16|12

8|12 10

yo = {5 Eisenstangen, 6 Stunden Sägemaschine} 5

16|4

5

10

15

20|4

20

Produkt x1

Bild 3-149 Dominanz von Produktionspunkten / Outputeffizienz (vgl. [ROSB92])

§ – y 0· 0 Ein Produktionspunkt z = ¨ 0 ¸ ∈ TZ ist output-effizient bezüglich y0 und TZ, ©x ¹ § 0· 0 wenn kein anderer Produktionspunkt z' = ¨ – y ¸ ∈ TZ existiert, für den x' i ≥ x i ; x' © ¹ PF

0

PF

∀i ∈ I und x'i > x i für mindestens ein i ∈ I gilt. Dies ist in Bild 3-149 für die Produktionspunkte z7, z8 und z10 nicht der Fall. Jede Faktorkombination y besitzt mindestens einen output-effizienten Produktionspunkt (siehe [KIST96], [ROSB92], S. 16)164. Bei gegebenem Output ist die Faktormengenkombination zu ermitteln, die für mindestens eine Faktorklasse eine kleinere und für alle anderen Faktorklassen keine größeren Faktormengen benötigt § – y 0· 0 0 Ein Produktionspunkt z = ¨ 0 ¸ ∈ TZ ist input-effizient bezüglich x und ©x ¹ § – y'· TM, wenn kein anderer Produktionspunkt z' = ¨ 0 ¸ ∈ TZ existiert, für den ©x ¹ 0

y' j ≤ y j ; ∀j ∈ I

F

0

und y' j < y j für mindestens ein j ∈ I

F

gilt (siehe [ROSB92], S.

18). Beispiel: Gefordert sind 18 Sägeabschnitte á 0,8 m. Es stehen zwei Eisenstangen mit

4,1 und 3,3 m Länge zur Verfügung. Die Produktionspunkte z2 und z4 werden dominiert.

164

Ist einer bestimmten Faktormengenkombination y nur eine einzige output-effiziente Produktmengenkombination x zugeordnet, bezeichnet man die Produktion als output-limitational für y (siehe z. B. [PACK96], Sp. 1510, [ROSB92, SCNW99]). Ist die Menge der bezüglich y0 outputeffizienten Produktionspunkte mehrelementig, so ist die Produktion output-substitutional. Für mehr als ein Produkt (nPF > 2) heißt eine output-limitationale Produktion feste oder starre und eine output-substitutionale Produktion variable oder elastische Kuppelproduktion (siehe Abschnitt 3.2.2.2, Bild 3-125).

336

3 Die Modelldefinition

inputeffiziente Produktionspunkte bzgl x0 und TZ

Produktionsfaktor y2

Produktionspunkt z y1 Eisenstange 4,1m

1 -4

2 -5

3 -2

4 -4

5 -1

y2 Eisenstange 3,3m

-1

-3

-2

-4

-4

4

4/4

1/4

5/3

3 2/2

x0 = {18 Sägeabschnitte}

2 4/1 1

1

2

3

4

5

Produktionsfaktor y1

Bild 3-150 Dominanz von Produktionspunkten / Inputeffizienz (vgl. [ROSB92])

Für jede Produktmengenkombination x existiert mindestens ein input-effizienter Produktionspunkt165. Einfaktor-Einprodukt-Produktionen besitzen trivialerweise für jede Faktoreinsatzmenge y nur einen output-effizienten und für jede Produktmenge x nur einen input-effizienten Produktionspunkt [PACK96, ROSB92, SCNW99]. Beispiel: Eine Technologiemenge TZ ist wie in Bild 3-151 gegeben. Produktionspunkt z y1 Eisenstangen 8m

1 2 3 10 10 10

4 8

5 4

6 2

y2 Eisenstangen 3,5m

6

2

4

4

6

6

x1 Sägeabschnitte 0,8m

12 16 20 12 12 20

x2 Sägeabschnitte 0,85m

16 12

4

y2

x2

16

y1

x1

2

20

2

16

x2

y2

16 16 16

y2, x2

z6

4

y 1

z4

8

x1

12

y2, x2 12/16

12/16

20/16

20/16 16/12

16/12 10

10 2/4

10/6

2/4

20/4

10/6

20/4

4/4

4/4

8/2

8/2

Inputeffizienz

10

20

y1, x1

10

Outputeffizienz

20

y1, x1

Bild 3-151 Input- und Outputeffizienz (vgl. [ROSB92])

Die Produktionspunkte z1, z2, z3 sind output-effizient für y = § 10· , z4 für © 6¹

165

Ist ein bestimmter Produktmengenvektor x nur mit einer einzigen Faktormengenkombination input-effizient herzustellen, ist die Produktion input-limitational bezüglich x, gibt es für x mehrere input-effiziente Kombinationen, liegt eine input-substitutionale Produktion vor.

3.2 Der sachliche Bezug

337

y = § 8· , z5 für y = § 44· und z6 für y = § 2· . Inputeffizient für die Produktmen© ¹ © 4¹ © 2¹ 12 genkombination x = § 16· sind die Produktionspunkte z4 und z5; z1 wird von bei© ¹ 16 20 den Produktionspunkten dominiert. z2 ist für x = §12· , z3 für x = § 4 · und z6 für © ¹ © ¹ x = § 20· inputeffizient. © 16¹ § – y 0· 0 Ein Produktionspunkt z = ¨ 0 ¸ ∈ TZ ist effizient bezüglich TZ, wenn es kei©x ¹ 0 – y'· § – y · – y'· § § nen anderen Produktionspunkt z' = x' ∈ TZ gibt, für den x' ≥ ¨ 0 ¸ und © ¹ © ¹ ©x ¹ 0

– y' j > – y j ; ∀ j ∈ I

F

0

und/oder x i' > x i für mindestens ein i ∈ I

PF

gilt. Die Pro-

duktionspunkte z4 und z6 sind effizient bezüglich TZ. Die Menge der effizienten Produktionspunkte bildet die effiziente Technologiemenge TZeff: § – y 0· 0 z = ¨ 0 ¸ ∈ TZ ist effizient bezüglich TZ bedeutet sowohl Input- als auch Out©x ¹ 0

put-Effizienz bzgl. x und TZ. Umgekehrt kann aber die Effizienz nicht aus der Input- und Output-Effizienz abgeleitet werden. Obwohl die Produktionspunkte z1, z2 0 und z3 outputeffizient bzgl. y = § 10· und TZ sind, sind sie nicht effizient bzgl. © 6¹ 0 TZ. Andererseits sind z4 und z5 input-effizient für x = § 12· und TZ, aber nur z4 © 16¹ 0 · ist (siehe ist auch effizient bzgl. TZ, obwohl z5 outputeffizient für y = § 4 © 4¹ [ROSB92]). Ein Prozess ist eine Teilmenge von TZ mit bestimmten Produktionspunkten. Einen linearen Prozess166 stellen Produktionspunkte mit den folgenden Eigenschaften dar: – Dieselben Produktklassen werden in einem konstanten Verhältnis erzeugt. – Dieselben Produktionsfaktorklassen werden in einem konstanten Verhältnis output-effizient eingesetzt. – Die erzeugten Mengen der Produktklassen stehen in einem konstanten Verhältnis zu den eingesetzten Mengen der Produktionsfaktorklassen.167

166

Siehe z. B. [KIST81]. Ein (linearer) Prozess ist über eine geeignete Menge von Vorgangsklassen zu realisieren (siehe bspw. Bild 3-135). Tatsächlich setzt die hier angestellte Betrachtung voraus, dass Vorgangsklassen über Input- und Outputfaktorklassen beschrieben (siehe Abschnitt 2.2.3) und so Faktoren verknüpft werden.

338

3 Die Modelldefinition

Ausgehend von einem Basisproduktionspunkt z0 ist 0

0

L = { z z ∈ TZ;z = λz ,z ist output-effizient,λ ≥ 0 } ein linearer Prozess [KIST96, MATS96]. Eine Begrenzung ist über λ mit 0 ≤ λ ≤ λ' abzubilden. Dabei wird von einer beliebigen Teilbarkeit aller Faktor- und Produktmengen ausgegangen168. Jeder lineare Prozess ist per definitionem output-effizient; nicht zwangsläufig inputeffizient (siehe [DIRO04]). Da ein effizienter linearer Prozess sowohl input- wie auch output-effizient sein muss, ist ein input-effizienter linearer Prozess damit immer effizient. Bei nur einer herzustellenden Produktklasse wird das konstante Verhältnis zwischen der Einsatzmenge einer Faktorklasse j und der Produktmenge i durch einen Produktionskoeffizienten bij beschrieben [MATS96]. Damit kann für jeden Produktionspunkt eines linearen Prozesses i die Einsatzmenge yij aus der Produktmenge x über die Faktoreinsatzfunktion yij = bijx berechnet werden:169 F Wenn für die Produktionsfaktorklassen Mengenrestriktionen a j ; ∀j ∈ I gegeben sind, dann ist die mit dem Prozess i in einem Zeitabschnitt herstellbare Produktmenge xi durch die Produktionsfunktion begrenzt (siehe [MATS96]): y F½ ­ y 1 y2 n max {xi} = min ® ------- , ------- ,..., --------- ¾ b b b F ¯ 1i 2i n i¿ • lineare Technologien (Leontief-Technologien)170 Eine lineare (bzw. proportionale) Technologie besteht ausschließlich aus Produktionspunkten linearer Prozesse. Beispiel: Zur Herstellung einer Welle existieren 4 lineare Prozesse, die über den Basisproduktionspunkt (Herstellung eines Produkts mit Stückzahl 1) definiert sind. 1

2

3

4

y1 Länge der Stangenabschnitte in cm

-50

-52

-45

-54

y20 Kapazitätsbedarf Drehmaschine in min

-9

-6

-12

-10

Produktionskoeffizient b1

50cm/Stück

52cm/Stück

45cm/Stück

54cm/Stück

Produktionskoeffizient b2

9min/Stück

6min/Stück

12min/Stück

10min/Stück

Basisproduktionspunkt z0 0

Als Technologiemenge ergibt sich TZ = { L 1 , L 2 , L 3 , L 4 } mit

167 Siehe

Bild 3-143, Proportionales Verhalten.

168

Diese Voraussetzung wird in der Praxis von vielen Produktionen nicht erfüllt. Die Verwendung linearer Prozesse ist daher vor allem ein Weg, Zusammenhänge durchdringen und erklären zu können.

169

Siehe die Anmerkungen zur Erzeugnisstruktur bzw. zum Gozintographen in Anmerkung 163. Der Gozintograph reduziert sich hier auf eine Mengenübersichtstückliste für das betrachtete Produkt.

170

Zu „lineare Technologien“ siehe z. B. [MATS96], Sp. 1569 ff.; zur Diskussion siehe [ROSB92, KIST81, ELHA82, FAND89]

3.2 Der sachliche Bezug

339

­ ½ ­ ½ § – 50· § – 52· ° ° ° ° ¨ ¸ ¨ ¸ L 1 = ® z z = λ – 9 ; λ ≥ 0 ¾ , L 2 = ® z z = λ –6 ; λ ≥ 0 ¾ , ¨ ¸ ¨ ¸ ° ° ° ° © 1 ¹ © 1 ¹ ¯ ¿ ¯ ¿ ­ ½ ­ ½ § – 45· § – 54· ° ° ° ° L 3 = ® z z = λ ¨ – 12¸ ; λ ≥ 0 ¾ und L 4 = ® z z = λ ¨ – 10¸ ; λ ≥ 0 ¾ ¨ ¸ ¨ ¸ ° ° ° ° © 1 ¹ © 1 ¹ ¯ ¿ ¯ ¿ Zum Prozess L1 gehört die Produktionsfunktion ­ y1 y 2 ½ ­ y1 y2 ½ x 1 = min ® -------- , -------- ¾= min ® ------ , ----- ¾ . ¯ 50 9 ¿ ¯ b 11 b 21 ¿ Steht eine Stange mit 5,10 m Länge und die Drehmaschine 100 Minuten zur Verfü­ 510 100 ½ gung, so gilt x 1 = min ® --------- , --------- ¾= 10,2 Stück und die Einsatzmengen sind 5,1m ¯ 50 9 ¿ und 97,8 Minuten. Der Vergleich der Produktionskoeffizienten der 4 Prozesse zeigt bspw., dass y11 < y14, y21 < y24 gilt. Damit wird z4 durch z1 (und z2) dominiert. Eine Produktmenge x kann über die Kombination von zwei Prozessen hergestellt g

g

werden: Ein gemischter Prozess ist ein linearer Prozess mit L = { z z = λz ,λ ≥ 0 }. Im Gegensatz zu einem gemischten Prozess ist ein linearer Prozess mit nur einem Produktionskoeffizienten ein reiner Prozess [KIST96], Sp. 1549. δ i ist der Anteil von x, der mit dem Prozess i, und δ j der Anteil von x, der mit dem Prozess j hergestellt wird. Dann ist x i = δ i x und x j = δ j x mit δ i + δ j = 1 . Der g

o

o

o

entsprechende Basisproduktionspunkt zg ist z = δ i z i + δ j z j , für den z i ∈ L i , o

z j ∈ L j ; δ i , δ j > 0 , δ i + δ j = 1 gilt. Die Frage ist, wann ein gemischter effizienter als ein reiner Prozess ist: Ein linearer Prozess L j ⊂ TZ ist bezüglich TZ effizient, wenn kein anderer linearer Prozess F F L i ⊂ TZ existiert, für den b il ≤ b jl ; ∀l ∈ I und b il < b jl für mindestens ein l ∈ I gilt. Die Produktionsprozesse L2 und L3 können nicht aus den gegebenen reinen Produktionsprozessen zusammengesetzt werden. Sie werden nicht dominiert und sind daher effizient. L4 ist nicht effizient. Zuerst wird L1 nicht durch L2 und L3 dominiert. Möglicherweise existiert aber eine Kombination von L2 und L3, für die dies zutrifft. Dann wird L1 von einer Kombination der Prozesse L2 und L3 dominiert. In diesem Fall gilt: δ 2 b 2l + δ 3 b 3l ≤ b 1l für l ∈ {1, 2} und δ 2 b 2l + δ 3 b 3l < b 1l für mindestens ein l ∈ {1, 2} mit δ 2 + δ 3 = 1 , δ 2 , δ 3 > 0 . Für die jeweiligen Produktionskoeffizienten des Beispiels folgt

340

3 Die Modelldefinition

δ 2 ⋅ 52 + δ 3 ⋅ 45 ≤ 50 δ 2 ⋅ 6 + δ 3 ⋅ 12 ≤ 9 δ2

+ δ3

≤1

δ 2, δ 3 > 0 . Dabei gilt für eine der beiden ersten Restriktionen „ w* ⋅ D macht eine Erhöhung der Produktionsgeschwindigkeit bis x ⁄ D ≤ w max erforderlich. Beispiel: Die Produktionsgeschwindigkeit kann innerhalb des Intervalls wmin = 2 und wmax = 4 Sägeabschnitte/Stunde stetig variiert werden. Für die beiden Produktionsfaktoren gelten die Verbrauchsfunktionen von oben: 2

Arbeitseinsatz Werker(Min/Stück): d 1 ( w ) = w ⁄ 6 – w + 4 2

Energiebedarf Säge (kWh/Stück): d 2 ( w ) = w ⁄ 10 – 2w ⁄ 5 + 12 b

b

Die Faktorpreise sind k 1 = 0,4 €/Min und k 2 = 0,25 €/kWh Die Einsatzzeit ist auf maximal 8 Stunden pro Tag begrenzt. Die Stückkostenfunktion in Abhängigkeit von der Produktionsgeschwindigkeit w lautet 2

2

K ( w ) = 0,4 ⋅ ( w ⁄ 6 – w + 4 ) + 0,25 ⋅ ( w ⁄ 10 – 2w ⁄ 5 + 12 ) 2

= 0,091 w – 0,5 w + 4, 6 Aus der Ableitung K´ ( w ) = 0,182 w – 0,5 erhält man w* = 0,5 ⁄ 0,182 = 2,75 Stück/Stunde. w* ist die kostenminimale Produktionsgeschwindigkeit. Mit wmin = 2 < w = 2,75 < 4 = wmax ist diese Intensität machbar. Solange die zu produzierende Menge x ≤ w* ⋅ D = 2,75 ⋅ 8 = 22 Stück ist, wird sie mit der kostenminimalen Produktionsgeschwindigkeit w* = 2,75 hergestellt. In Abhängigkeit von der Produktmenge x beträgt die zugehörige Einsatzzeit d* = x ⁄ 2,75 . Für Produktionen mit 22 < x ≤ 32 werden mit der Produktionsgeschwindigkeit w = x ⁄ D = x ⁄ 8 durchgeführt. Bspw. werden x = 25 Sägeabschnitte/Tag mit der Produktionsgeschwindigkeit w = 25 ⁄ 8 = 3,125 Sägeabschnitte/Stunde hergestellt. Die Stückkosten belaufen sich auf

352

3 Die Modelldefinition 2

k ( 3,125 ) = 0,091 ⋅ 3,125 – 0,5 ⋅ 3,125 + 4,6 = 3, 93 €/Stück. Demnach berechnen sich die Gesamtkosten wie folgt: für 0 ≤ x ≤ 22 Stück ­ 6,66 x K* ( x ) = ® 2 für 22 ≤ x < 32 Stück ¯ 0,091 ⋅ ( x ⁄ 8 ) – 0,5 ⋅ ( x ⁄ 8 ) + 4,6 3.2.2.4

Reihenfolge von Prozessen

Identische Prozessfolgen für mehrere Klassen von Erzeugnissen sind typisch für Massenfertigungen, die nach dem Fließprinzip organisiert sind. Treten identische Prozessfolgen bei unterschiedlichen Erzeugnissen auf, sind mehrere sachliche Bezüge erforderlich und die einzelnen Knoten enthalten mehrere Klassen. Der Grundbaustein eines Modells einer reihenfolgekonstanten Produktionsaufgabe mit Klassenbildung ist in Bild 3-158, Fall 1 angegeben. Die Reihenfolgeänderungen innerhalb einer reihenfolgevariablen Produktionsaufgabe182 bestehen im Überspringen einer oder mehrerer Vorgangsknoten oder im Wiederholen eines Prozesses. Von der Prozessfolge wird abgewichen, um bestimmte Produkteigenschaften zu modifizieren. Bei stark reihenfolgevariablen Produktionsaufgaben (siehe Bild 3-159) werden nur wenige Gebrauchsfaktoren gemeinsam verwendet. Zur Abbildung solcher Prozessfolgen kann der Grundbaustein Typ 3 genutzt werden, da mehrere Prozesse um einen Gebrauchsfaktor konkurrieren. Unter den angegebenen Bedingungen ist eine weitgehend parallele Herstellung der Erzeugnisse möglich, da Konkurrenzsituationen nur bezüglich weniger Gebrauchsfaktoren anzutreffen sind. Warteschlangenprobleme mit Reihenfolgeproblemen in bezug auf die Auftragsfolge ergeben sich nur eingeschränkt. Im Unterschied zu prinzipiell alternativen Ablaufstrukturen, die unterschiedliche Prozesse bedingen, variieren alternative Bearbeitungsreihenfolgen lediglich die Prozessreihenfolge. Die Modellierung dieses Sachverhaltes kann implizit und explizit erfolgen (vgl. Bild 3-160).

182

Reihenfolgevariabilität ist oft eine Folgemerkmalsausprägung der Serienfertigung bei Sortendifferenzierung.

3.2 Der sachliche Bezug

353

1

A

B

C

D

Klassenbildung

Grundprozessfolge: A-B-C-D

Prozessfolgen mit geringer Veränderung

2

A

B

Überspringen Abweichende Prozessfolge: A-B-D

D

3

A

B

C

Wiederholen Abweichende Prozessfolge: A - B - C - C- D

D

Grundbaustein zur Beschreibung reihenfolgevariabler Produktionsaufgaben 4 Zusammenfassung von Prozessfolgen in einem Modell

Bild 3-158 Grundbausteine reihenfolgekonstanter und gering reihefolgevariabler Produktionsaufgaben

A

C

B

D

Produkt a

Vorgangsknoten A-C-E-F

Produkt b

Vorgangsknoten B-D-E-G

F

E

G

Grundbaustein Typ 3, vgl. Bild 3-135

Bild 3-159 Grundstruktur einer stark reihenfolgevariablen Produktion

354

3 Die Modelldefinition

Explizites Modell



A

Anfangszustand

b

c

b

Implizites Modell

a

c

c

a

a

b

b

a

Anfangszustand

Endzustand A

^

B



B c

c



C B

A

Endzustand

a

b ∨

C

a: A:

Vorgang a Gebrauchsfaktor A

Bild 3-160 Explizite und implizite Modellierung alternativer Reihenfolgen

4

Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

In diesem Kapitel werden die Berechnungen erläutert, die an den Punkten im Modell für die einzelnen Interpretationen erforderlich sind. Dabei ist ein Bezug zu – dem im Abschnitt 2.3.1 bis Abschnitt 2.3.4 hergeleiteten Klassifikationsschema für PPS-Aufgaben und – den im Abschnitt 2.4.3 definierten elementaren Aktionen herzustellen, um so eine Vergleichbarkeit von PPS-Verfahren zu schaffen.1 Dementsprechend liegt eine Gliederung von Kapitel 4 anhand der dort diskutierten Kriterien nach – den Knotenarten Verbrauchsfaktor-, Gebrauchsfaktor- und Vorgangsknoten, – der Fragestellung Mengen- oder Terminplanung, – der Aufgabenstellung Plankonstruktion, Planüberprüfung und Planänderung (Interpretation) – den Punkten im Modell und der Richtung der Berechnungen – den Restriktionen mit Mengen- und Zeitrestriktionen und – den gewählten Zeitmodellen in Relation zum sachlichen Bezug (big bucket/small bucket-Modelle) nahe. Die Knotenarten sollen in der bereits in Kapitel 3 gewählten Reihenfolge Verbrauchsfaktorknoten, Gebrauchsfaktorknoten und Vorgangsknoten behandelt werden. Dabei wird der Verbrauchsfaktorknoten vor allem als Beispiel für einen Knoten, der Faktorströme umsetzt, der Gebrauchsfaktorknoten als Beispiel für einen Knoten ohne Nachschubmöglichkeiten verwendet.2 In der Mengenplanung wird zusätzlich zum zeitlichen Bezug der quantitative sachliche Bezug eines Ereignisses festgelegt, während dieser in der Terminplanung mit dem Vorgang bereits gegeben ist. Deshalb wird dort ausschließlich der zeitliche Bezug festgelegt. Für die Mengenplanung gilt: Der sachliche Bezug der zu betrachtenden Ereignisse ist über eine Menge von Faktoren/Vorgängen gegeben, für die außer der Klasse keine weitere Identifikation vorliegt. Diese Menge 1

Diese Darstellung kann nur beispielhaft sein, da im Prinzip immer noch eine weitere Heuristik erfunden werden kann. Aber sie soll auf jeden Fall den Stand der Technik abdecken und eine Systematisierung der PPS leisten. Ziel ist dabei hier, aufgrund von Modellaussagen mit vorläufigem, jederzeit in einer neuen Planung revidierbarem Charakter verbindliche Vorgaben an die Produktion ableiten zu können.

2

Auch an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass ein Verbrauchsfaktorknoten mit einem begrenzten Zugang sich möglicherweise nur durch die Übertragbarkeit des Angebots von einem Gebrauchsfaktorknoten unterscheidet (siehe Abschnitt 4.2).

356

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

– ist für den Punkt Zugang und den Punkt Abgang eines Knotens in Beginn- und Endereignisse zu gruppieren, die über die Zuordnung zu einem Zeitabschnitt oder einem Zeitpunkt eines extern vorgegebenen Kalenders einen eindeutigen Bezug besitzen. – wird ggf. am Punkt Zugang und/oder am Punkt Abgang nach größeren Einheiten gruppiert. Für die so definierten Ereignisse sind die Bilanzgleichungen und die Gleichgewichtsbedingungen aus Abschnitt 2.2.3 zu erfüllen. Für die Terminplanung gilt: Der sachliche Bezug der zu betrachtenden Ereignisse ist über eine Menge eindeutig identifizierter Vorgänge/Faktoren gegeben. Diese Menge – definiert für den Punkt Zugang und den Punkt Abgang eines Knotens eine eindeutige Zuordnung jeweils eines Beginn-/Zugangs-Ereignisses mit jeweils einem End-/Abgangsereignis. – wird weder am Punkt Zugang noch am Punkt Abgang noch in der Verbindung von Zugang und Abgang weiter unterteilt oder unter Verlust der Identität zu größeren Einheiten zusammengefasst. Für jedes so beschriebene Beginn- und Endereignis ist der zeitliche Bezug über die Zuordnung zu den Zeitpunkten eines extern vorgegebenen Kalenders herzustellen. Diese Festlegung erfolgt bspw. in einer Mengenplanung ohne (Kapazitäts-)Restriktionen ausschließlich in einer Betrachtung von Vorgangs- und Verbrauchsfaktorknoten. Eine Mengenplanung mit (Kapazitäts-)Restriktionen muss dagegen zur Planerstellung - möglicherweise in einer bestimmten Reihenfolge - Verbrauchsfaktor-, Gebrauchsfaktor- und Vorgangsknoten betrachten. Die Terminplanung geht von gegebenen Festlegungen zum sachlichen Bezug aus und bestimmt (weitgehend) abgekoppelt von den Verbrauchsfaktorknoten Beginn- und Endtermine der zugehörigen Vorgänge. Planungsnotwendigkeit haben in der Mengenplanung vor allem die Verbrauchsfaktorknoten („Lager“); die ausgelöste Produktionsaufgabe ist die „Herstellung von Verbrauchsfaktoren“.3 In einer Terminplanung liegt die Planungsnotwendigkeit vor allem im Vorgangsknoten bzw. an einem Vorgang im Vorgangsknoten mit nur einem Anfangs- und Endtermin je Vorgangsknoten (bei Einzelfertigung); die Durchführung des Vorgangs, nicht die Ablieferung von Verbrauchsfaktoren steht im Vordergrund. Die Mengenplanung entkoppelt die Produktionsstufen in den Verbrauchsfaktorknoten: Einem bestimmten Faktor-Abgang ist nicht a priori ein bestimmter Zugang zugeordnet. Möglicherweise besteht dieser Zusammenhang in einer Serienfertigung nicht einmal nach der Planung. In der Terminplanung sind dagegen aufeinander folgende Vorgänge durch die Verbrauchsfaktorknoten hindurch miteinander gekoppelt und einander eindeutig zugeordnet. Innerhalb der bisher aufgezeigten Gliederung soll ein Plan konstruiert, veranlasst, am tatsächlich eingetretenen Zustand und an in der Zukunft liegenden Änderungen überprüft und ggf. aufgrund dieser Veränderungen angepasst werden. An den Knoten bzw. Punkten im Modell sind für die einzelnen Zeitpunkte und 3

Aus diesen produktionsstufenweisen Verrichtungsumfängen werden in der Regel für die Terminplanung die zu planenden Vorgänge abgeleitet; siehe Kapitel 6.

357

Zeitabschnitte zur Herstellung der geforderten Konsistenz – das Entgegennehmen/das Erzeugen/das Eliminieren/die Weitergabe von Bedarfen/von Angeboten (Punkt Zugang/Abgang) – das sachliche Gruppieren von Bedarfen/Angeboten (Punkt Zugang/Abgang bzw. beginnende/endende Transformationen) – das zeitliche Gruppieren von Bedarfen/Angeboten (Punkt Zugang/Abgang bzw. beginnende/endende Transformationen) – das Führen des Zustands/des Bestands (Punkt Mitte/laufende Transformationen) als Teilaufgaben installiert.4 Dabei ist der Übergang zwischen sachlichem Gruppieren (bspw. das Zusammenfassen von Angeboten unterschiedlicher Verbrauchsfaktorknoten bei einer Montage oder das Aufladen von Paletten auf einen Gabelstapler) und zeitlichem Gruppieren (Zusammenfassen von Bedarf an identischen Verbrauchsfaktoren, der über der Zeitachse angemeldet wird) fließend. So könnte z. B. die Herstellung einer Rüstreihenfolge sowohl als zeitliches als auch als sachliches Gruppieren aufgefasst werden. Diese exakte Abgrenzung ist aber auch nicht nötig, da die Darstellung im Graphen des Produktionsablaufs ja auch nichts anderes als ein spezieller zeitlicher Ablauf ist, der im Gegensatz zu einer zeitlichen Gruppierung nach Losgrößen nicht irgendwelchen Dispositionsregeln unterworfen, von Zuständen abhängig usw. ist, sondern aus technischen Gründen genauso ablaufen muss.5 Jedes Gruppieren wie das Zusammenfassen von Materialströmen, das Aufteilen des Bestandes eines Verbrauchsfaktors, das Belegen von Gebrauchsfaktoren usw. stellt ein Zuordnen von Ereignissen zu Zeitpunkten bzw. Zeitabschnitten dar. Eine darüber hinausgehende bzw. andere Form der Reihenfolgeaussage ist überhaupt nicht möglich. „Sachlich“ drückt daher die initiale Orientierung am Graphen des Produktionsablaufs, „zeitlich“ eine entsprechende Orientierung am Zeitmodell aus. Eine Vorwärtsausrichtung ordnet zur Auflösung einer Inkonsistenz – ausgehend von einem Faktorknoten diese Inkonsistenz im Arbeitsfortschritt nachgelagerten Vorgangsknoten, ausgehend von einem Vorgangsknoten diese im Arbeitsfortschritt folgenden Faktorknoten zu, – ausgehend von einem Zeitpunkt diese einem folgenden (späteren) Zeitpunkt zu und ermittelt an den Punkten im Modell Ereignisse mit frühesten Terminen. Eine Rückwärtsausrichtung ordnet zur Auflösung einer Inkonsistenz

4

siehe auch die Unterteilung von Glaser [GLAS93], der die Aufgaben der verbrauchsorientierten Beschaffungsplanung und -kontrolle mit Zeitreihenanalyse, Bedarfsprognose, Bedarfskontrolle, Beschaffungszeitpunktermittlung und Beschaffungsmengenermittlung sowie der bedarfsbzw. programmorientierten Beschaffungsplanung mit Vorlaufverschiebung, Sekundärbedarfsbestimmung, Bruttobedarfsbestimmung, Beschaffungszeitpunktermittlung und Beschaffungsmengenermittlung angibt. Beide Vorgehensweisen unterscheiden sich im wesentlichen nur durch die Quelle und die Art der Ermittlung von Bedarf bzw. Angebot.

5

Wobei letztlich auch offen bleiben muss, ob die Gliederung in Montagevorgänge und Baugruppen in einer Erzeugnisstruktur tatsächlich „technisch“ bedingt ist oder auch nur mehr oder weniger zeitliche Zusammenfassungen des Arbeitsplaners darstellt. Siehe auch die Ausführungen von Bogaschewsky [BOGA96] zur Losgrößenermittlung.

358

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

– ausgehend von einem Faktorknoten diese Inkonsistenz im Arbeitsfortschritt vorangehenden Vorgangsknoten, ausgehend von einem Vorgangsknoten diese im Arbeitsfortschritt vorangehenden Faktorknoten zu, – ausgehend von einem Zeitpunkt diese einem vorangehenden (früheren) Zeitpunkt zu und ermittelt an den Punkten im Modell Ereignisse mit spätesten Terminen. Im Folgenden soll eine Detaillierung nach den Punkten im Modell vorgenommen werden. Abarbeitungsrichtung

Abarbeitungsrichtung

resultierendes Bruttoangebot Bruttoangebot („früheste Endtermine“) resultierendes Nettoangebot („früheste Beginntermine“) Nettoangebot

Nettobedarf resultierender Nettobedarf („späteste Endtermine“) Bruttobedarf („späteste Beginntermine“) resultierender Bruttobedarf

Bild 4-1 Vorwärts-/Rückwärtsbetrachtung

Entsprechend dem heute üblichen Verständnis bezeichnet in einer rückwärts ausgerichteten Planung eine als Nettobedarf gekennzeichnete Ereignismenge die Aussage, dass aus Sicht eines Faktorknotens Vorgänge abgeschlossen und Faktoren geliefert werden müssen, während Bruttobedarf bedeutet, dass die für den Beginn von Vorgängen erforderlichen Faktoren angefordert werden. Bruttobedarf ist damit geplanter Abgang von einem Faktorknoten, Nettobedarf geplanter Zugang zu einem Faktorknoten. Der resultierende Nettobedarf gibt auf der Basis aller über komplementäre oder alternative Kanten als Faktorströme angemeldeten Nettobedarfe die spätesten Zeitpunkte für das Beenden von Vorgängen als „Vorgänge bis zu einem bestimmten Zeitpunkt“ an. Betrachtet man früheste Termine, dann stellt das Nettoangebot den von einem Faktorknoten angebotenen frühestmöglichen Strom von Faktoren dar, während Bruttoangebot bedeutet, dass die aus dem Abschluss von Vorgängen resultierenden Faktoren Faktorknoten angeboten werden. Das Bruttoangebot ist damit geplanter Zugang zu einem Faktorknoten, das Nettoangebot geplanter Abgang von einem Faktorknoten. Das resultierende Nettoangebot ist dann der abhängig von den angemeldeten Nettoangeboten frühestmögliche Start von Vorgängen. Die folgenden Beispiele sollen dies verdeutlichen: Ein Nettoangebot von 9 Tischbeinen und 4 Tischplatten führt zum Beginn von 2 Vorgängen „Montieren eines Tisches“. Entsprechend führt ein Bedarf von 90 Teilen A und 40 Teilen B, die gemeinsam in einer Form jeweils mit Stückzahl 20 hergestellt werden, zu 5 Abform-

359

vorgängen. Bedarf und Angebot werden im Folgenden als Erfordernisse zusammengefasst. Liegen in einer Terminplanung alle sachlichen Bezüge fest und betrachtet man nur den Vorgang, dann definiert ein frühester Beginntermin das Netto- und ein frühester Endtermin eines Vorgangs das Bruttoangebot, während der späteste Endtermin den Netto- und der späteste Beginntermin den Bruttobedarf ausdrückt. Nicht jede Kombination der Abarbeitungsrichtungen von Arbeitsfortschritt und Zeit ist für jeden Anwendungsfall gleich geeignet: Eine Vorgehensweise „Graph des Produktionsablaufs rückwärts, Zeitmodell rückwärts“ kann weder tatsächlich vorhandene Bestände noch Vorgänge, aus denen infolge bereits eingetretener Anfangsereignisse zwangsläufig Faktoren resultieren werden, berücksichtigen. Daher führt eine so orientierte Losgrößenbildung in der Regel zu einem ersten Fertigungslos, das nicht die geforderte Losgröße umfasst. Entsprechende Änderungsintensität in einer rollierenden Planung vorausgesetzt, würden dadurch nur unvollständige, niemals vollständige Lose gefertigt. Eine solche Vorgehensweise ist deshalb nur für extreme Einzelfertigung ohne Bestände, ohne Losbildung und ohne fixierten Zugang sinnvoll (z. B. Netzplantechnik, bei der der quantitative sachliche Bezug keine Rolle mehr spielt). Dagegen ist eine Verfahrenskombination „Abarbeitung des Graphen des Produktionsablaufs rückwärts, Abarbeitung des Zeitmodells vorwärts“ auch bei Serienfertigung ohne Weiteres denkbar. Die genannten Nachteile werden damit - allerdings unter Preisgabe absolut spätester Termine - vermieden. Lediglich die einzelnen Produktionsstufen werden mit spätesten Zeitpunkten aufeinander abgestimmt, während innerhalb einer Produktionsstufe die im Planungshorizont erforderlichen Stückzahlen zu früh produziert werden. Eine Abarbeitung „Graph des Produktionsablaufs vorwärts, Zeitachse rückwärts“ könnte ggf. durch die Berücksichtigung von Meilensteinterminen bedingt sein. Auf einem ersten Detaillierungsniveau können die Zustände je Knoten und Zeitpunkt für Verbrauchs- und Gebrauchsfaktorenknoten sowie Vorgangsknoten nach einem einheitlichen, für Vorwärts- und Rückwärtsrichtung vollständig analogen Schema - das sich an den definierten Punkten im Modell orientiert, allerdings keine von anderen Knoten bedingte Restriktionen berücksichtigt - berechnet werden (siehe die elementaren Aktionen in Abschnitt 2.5.2 und die Bilanz- bzw. Gleichgewichtsbedingungen in Abschnitt 2.2.3)6: + Vorwärtsplanung - Faktorknoten 1. Ermitteln von Angeboten (Zugang) Das (aktuelle) Bruttoangebot der einzelnen Kanten ist nach einer Regel (z. B. Priorität für bestimmte Kanten) zusammenzufassen. 2. Führen des aktuellen Zustands (Mitte) Aufgrund (aktueller) Zugänge (Bruttoangebot) oder Abgänge (Nettoangebot) ist der (aktuelle) Zustand zu bestimmen. Abhängig vom Erreichen bestimmter Zustände (z. B. Mindestbestand oder Zeitpunkte) sind bestimmte Folgeereignisse 6

vgl. die Darstellung von Glaser/Petersen in [GLPE96], hier speziell Sp. 1408.

360

3.

+ 1.

2.

3.

+ 1.

2.

3.

+ 1.

2.

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

auszulösen. Haben alle Faktoren dieselben unveränderlichen Attribute, kann die Zustandsverwaltung summarisch erfolgen („Bestandsrechnung“). Aufteilen von Angeboten (Abgang) Das (aktuelle) Nettoangebot ist nach einer Zuteilungsregel (z. B. Prioritätsregel bei Gebrauchsfaktoren) auf die Kanten aufzuteilen. Vorwärtsplanung - Vorgangsknoten Ermitteln von Angeboten (Zugang, beginnender Vorgang) Das (aktuelle) Nettoangebot der einzelnen Kanten ist nach einer Regel (z. B. die Mengenangaben in einer Erzeugnisstruktur) in ein resultierendes Angebot auf Vorgangsebene (beginnende Vorgänge) umzusetzen. Führen des aktuellen Zustands (laufender Vorgang) Aufgrund (aktueller) Zugänge (Nettoangebot) oder Abgänge (Bruttoangebot) ist der (aktuelle) Zustand zu bestimmen. Abhängig vom Erreichen bestimmter Zustände (z. B. Abschluss eines Vorgangs) sind Folgeereignisse auszulösen. Da sich eintretende und austretende Faktoren voneinander unterscheiden, ist für eine Bestandsführung im Vorgangsknoten auf Objektebene immer eine Angabe erforderlich, auf welche Faktoren der Zustand (Bestand) im Vorgangsknoten zu beziehen ist. Aufteilen von Angeboten (endender Vorgang, Abgang) Das (aktuelle) Bruttoangebot ist nach einer Regel (z. B. die Mengenangabe in einer Demontagestruktur) auf die Kanten umzusetzen. Rückwärtsplanung - Faktorknoten Ermitteln von Bedarfen (Abgang) Der (aktuelle) Bruttobedarf der einzelnen Kanten ist nach einer Regel (z. B. Priorität für bestimmte Kanten) zusammenzufassen. Führen des aktuellen Zustands (Mitte) Aufgrund (aktueller) Zugänge (Nettobedarf) oder Abgänge (Bruttobedarf) ist der (aktuelle) Zustand zu bestimmen. Abhängig vom Erreichen bestimmter Zustände (z. B. Mindestbestand oder Zeitpunkte) sind bestimmte Folgeereignisse auszulösen. Haben alle Faktoren dieselben unveränderlichen Attribute, kann die Zustandsverwaltung summarisch erfolgen („Bestandsrechnung“). Aufteilen von Bedarfen (Zugang) Der (aktuelle) Nettobedarf ist nach einer Zuteilungsregel (z. B. Prioritätsregel bei Gebrauchsfaktoren) auf die Kanten aufzuteilen. Rückwärtsplanung - Vorgangsknoten Ermitteln von Bedarfen (Abgang, endender Vorgang) Der (aktuelle) Nettobedarf der einzelnen Kanten ist nach einer Regel (z. B. die Mengenangaben in einer Erzeugnisstruktur) in einen resultierenden Bedarf auf Vorgangsebene (endende Vorgänge) umzusetzen. Führen des aktuellen Zustands (laufender Vorgang) Aufgrund (aktueller) Zugänge (Bruttobedarf) oder Abgänge (Nettobedarf) ist der (aktuelle) Zustand zu bestimmen. Abhängig vom Erreichen bestimmter Zustände (z. B. Beginn eines Vorgangs) sind Folgeereignisse auszulösen. Da sich eintretende und austretende Faktoren voneinander unterscheiden, ist für eine Be-

361

standsführung im Vorgangsknoten auf Faktorebene immer eine Angabe erforderlich, auf welche Faktoren der Zustand (Bestand) zu beziehen ist. 3. Aufteilen von Bedarfen (beginnender Vorgang, Zugang) Der (aktuelle) Bruttobedarf ist nach einer Regel (z. B. die Mengenangabe in einer Erzeugnisstruktur) auf die Kanten umzusetzen. Mengenrestriktionen (siehe Abschnitt 2.3.3) schränken bei gegebenem zeitlichen Bezug den (quantitativen) sachlichen, Zeitrestriktionen (siehe Abschnitt 2.3.3) bei gegebenem sachlichen Bezug den zeitlichen Bezug von Ereignissen und Zuständen ein. Es sind Verfahren danach zu differenzieren, ob sie – ohne Restriktionen arbeiten und sämtliche Inkonsistenzen ohne „Drosselung an einer Blende/an einem Bottle Neck“ an den Rand eines Modells transformieren. – Mengenrestriktionen beachten. – Zeitrestriktionen beachten7. Ein big bucket Modell ist dadurch gekennzeichnet, dass in einem Zeitabschnitt des gewählten externen Kalenders mehrere Ereignisse der Art „Beginn/Ende eines Vorgangs bzw. Zugang/Abgang eines Faktors/einer Faktoreinheit zu einem Bestand“ auftreten und - da die einzelnen Vorgänge bzw. Zu-/Abgänge innerhalb des Zeitabschnitts über zeitliche Sachverhalte nicht unterschieden werden können - diese Ereignisse zu den vorgegebenen Zeitpunkten summarisch geplant und überwacht werden. Geplant und überwacht wird der sachliche Bezug, der zeitliche Bezug ist durch den vorliegenden externen Kalender gegeben.8 Ein small bucket Modell legt dagegen einen externen Kalender zugrunde, der eine zeitliche Unterscheidung aller Ereignisse zulässt (siehe Abschnitt 3.2.1.3). In einem big bucket Modell können mehrere Lose einer Verbrauchsfaktorklasse je Zeitabschnitt am Lager zugehen - dann, wenn der Bestellzyklus kleiner als der Zeitabschnitt ist. Diese werden dann aber nicht als separate Lose, sondern nur gesamthaft für den Zeitabschnitt geplant und verbucht. Innerhalb des Zeitabschnitts kann höchstens eine Reihenfolge über Ordnungszahlen (interne Zeit!) hergestellt werden. Modellmäßig beginnen und enden alle Vorgänge zu einem (extern) vorgegebenen Zeitpunkt. Ein Beginn im Inneren eines Zeitabschnitts ist modellseitig grundsätzlich nicht möglich (siehe Abschnitt 3.1.1). Das externe Zeitmodell wird in der Regel für alle Punkte im Modell eines Knotens einheitlich vorgegeben (ein davon abweichendes Beispiel siehe Bild 4-40). Da die Ereignishäufigkeit aber für die einzelnen Punkte eines Knotens unterschiedlich sein kann, ist es durchaus möglich, dass an ein- und demselben Knoten big bucket- und small bucket-Eigenschaften auftreten. Dieser Sachverhalt wird in Bild 4-2 für einen Verbrauchsfaktorknoten mit einer rückwärts gerichteten Mengenplanung dargestellt.

7

siehe die Ausführungen zur Zeitdimension in [KERE96]

8

Innerhalb des Zeitabschnitts werden keine Bestandsdaten geführt. Bedarfsdaten gelten stets für den gesamten Zeitabschnitt, nicht für irgendwelche Unterteilungen.

362

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

big bucket Bedarf in jedem Zeitabschnitt – Bestellzyklus < Zeitabschnitt / Losbearbeitungsdauer < Zeitabschnitt: Zeitabschnittsweise Rechnung ohne Losbildung; Vorlaufzeitverschiebung um 1 Zeitabschnitt Zugang big bucket – Bestellzyklus > Zeitabschnitt / Losbearbeitungsdauer < Zeitabschnitt: Zeitabschnittsweise Rechnung mit Losbildung; Vorlaufzeitverschiebung um 1 Zeitabschnitt Zugang small bucket – Bestellzyklus > Zeitabschnitt / Losbearbeitungsdauer > Zeitabschnitt: Zeitabschnittsweise Rechnung mit Losbildung; Vorlaufzeitverschiebung um mehrere Zeitabschnitte Zugang small bucket small bucket Sporadischer Bedarf – Bestellzyklus >> Zeitabschnitt / Losbearbeitungsdauer = mehrere Zeitabschnitte: Darstellung „ereignisorientiert“.

Bild 4-2 Big bucket- und Small bucket-Verhalten an einem Verbrauchsfaktorknoten

An dieser Stelle soll die oben angesprochene sachliche und zeitliche Gruppierung präzisiert werden. In einer Terminplanung mit small bucket-Voraussetzungen liegt an einem Faktorknoten nur ein Ereignis bzw. liegen nur wenige Ereignisse und diese mit unterschiedlichem zeitlichen Bezug vor. Eine zeitliche Zusammenfassung von Ereignissen ist hier in der Regel nicht zu betrachten. Zeitliche Restriktionen können sich ergeben, wenn Zugang und/oder Abgang zu bestimmten Zeitabschnitten/Zeitpunkten gesperrt sind. Sind von einem Knoten aus mehrere Beziehungen zu anderen Knoten zu betrachten, so ist hier eine Reihenfolge gegeben oder zu bestimmen. Dies ist z. B. die angesprochene Rüstreihenfolge oder die Sequenz auf einem Montageband. Auch hier können gewisse Zeitpunkte für bestimmte Ereignisse vorgegeben oder gesperrt sein. In einer Mengenplanung mit vielen Ereignissen an der Abgangsseite eines Faktorknotens können für die Zugangsseite dieses Knotens vier Fälle voneinander unterschieden werden: • sachlicher und zeitlicher Bezug gegeben: In diesem Fall ist die Losgröße ebenso wie der Auflegungszyklus gegeben. Dies ist die Umsetzung der Andler’schen Losgröße bei konstanten Bedarf (siehe Abschnitt 3.2.1.2). • sachlicher Bezug gegeben: Hier liegt bspw. eine feste Losgröße bei abhängig vom Bedarf zu bestimmenden Zeitpunkten (zeitlicher Bezug ist festzulegen; zeitliches Gruppieren von Nettobedarfen). • zeitlicher Bezug gegeben: Ein Beispiel hierfür ist ein fester Bestell-/Auflegungszyklus mit abhängig vom Bedarf zu bestimmenden Losgrößen (zeitlicher Bezug liegt fest; sachliches Gruppieren)

363

• sachlicher und zeitlicher Bezug zu ermitteln: In diesem Fall sind Zeitpunkt und Stückzahl einer Bedarfsanmeldung festzulegen (siehe bspw. part period Verfahren in Abschnitt 4.1.1.1.3). Diese Aussagen gelten sowohl für den Verbrauchs- (Beschaffungslos) als auch für den Gebrauchsfaktor-Knoten (Fertigungslos). Restriktionen können für Zugang, Abgang und Bestand definiert werden. Sind wiederum mehrere Beziehungen zu anderen Knoten zu betrachten, so kann auch hier die Reihenfolge der Knoten gegeben oder zu bestimmen sein. Sind Termine gegeben, so ist auch die Reihenfolge festgelegt und der sachliche Bezug ist um die Stückzahlangaben zu ergänzen. Sind die Stückzahlen gegeben, so ist die Reihenfolge zu bestimmen. Auch hier gibt es darüber hinaus die Situation, dass Reihenfolge, Termine und Stückzahlen zu bestimmen sind. Restriktionen sind auch hier zu Zugang, Abgang und Bestand möglich.9 Mengenplanung

Terminplanung

big bucket small bucket mehrere Zugangs- und Abgangsereignisse je vollständige Belegung eines Zeitabschnitts Zeitabschnitt mit 1 Vorgang Orientierung am Verbrauchsfaktorknoten Orientierung am Vorgangsknoten Auftrag über Produktionsstufe bzw. Ver- (Teil-)Auftrag über Vorgang/Vorgänge mit brauchsfaktorknoten/Zeitabschnitt (siehe (Beginn/End-)-Termin (siehe Kapitel 6) Kapitel 6) Im Modell des Produktionsablaufs sind viele „schwarze“ Marken je Knoten und vergleichsweise viele Zeitabschnitte mit Ereignissen belegt.

Im Modell des Produktionsablaufs sind (viele) „gefärbte“ Marken bzw. vergleichsweise wenige Marken je Knoten und nur wenige Zeitpunkte mit Ereignissen belegt.

Wiederholfertigung mit vielen identischen Vorgängen je Knoten und Zeitabschnitt In einem Faktorknoten werden viele identische Marken geführt, die Unterscheidung der Verbrauchsfaktoren erfolgt über die Identifikation der Knoten. Es wird zu jedem (extern) vorgegebenen Zeitpunkt die Einhaltung der Planwerte überprüft.

Einmalfertigung 1 Vorgang/Ereignis je Knoten. Auch wenn ein Auftrag mehrere Vorgänge/mehrere Produkte umfasst, werden diese als untrennbare Einheit (Los) betrachtet (keine zeitliche Zusammenfassung)

Zwischen den einzelnen Zeitabschnitten ist ein Mengenaustausch möglich. Über den Arbeitsfortschritt kann nur das Modell des Produktionsablaufs einen Zusammenhang herstellen.

Auch wenn bei einer Kleinserienfertigung mehrere Aufträge/einzelne Lose zu einem Faktorknoten gebildet werden, ist zwischen diesen kein mengenmäßiger Ausgleich möglich, insbesondere, wenn es sich um unterschiedliche Faktoren handelt. Über den Arbeitsfortschritt ist eine Verkettung einzelner Vorgänge sinnvoll.

offene Fertigung Die Ablieferung ab Lager erfolgt minimal zeitabschnittsweise. Zwischen den Produktionsstufen ist eine Überlappung möglich.

geschlossene Fertigung Die Ablieferung der kompletten Losgröße (Los vollständig abgeschlossen) erfolgt zu einem festgelegten Termin.

9

In Abschnitt 4.2.2 soll der Verbrauchsfaktorknoten als Beispiel für einen restriktionsbehafteten Punkt im Modell „Zugang“, der Gebrauchsfaktorknoten in Abschnitt 4.1 als Beispiel für Restriktionen am Abgang aufgefasst werden (s. o.).

364

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten Mengenplanung

Terminplanung

Zeitabschnitt > Bestellzyklus, Bearbeitungsoder Taktzeit In der Realität können mehrere Lose in einem Zeitabschnitt auftreten. Sie werden aber nicht abgebildet. Zu Beginn eines Zeitabschnitts können modellmäßig mehrere Vorgänge beginnen und enden. Daher kann für die Abarbeitung höchstens eine Reihenfolge über Ordnungszahlen hergestellt werden.

Zeitabschnitt < Bestellzyklus, Bearbeitungsoder Taktzeit Einzelne Lose können unterschiedlichen Zeitabschnitten zugeordnet und dadurch als „Aufträge“ unterschieden werden. Bearbeitungszeiten sind individuell. Aufträge können über ihren Beginntermin in eine eindeutige Reihenfolge gebracht werden.

externes Zeitverständnis Der externe Termin ist vorgegeben. Diesem Termin ist eine Menge von Ereignissen zuzuordnen (z. B. Nettobedarf, Bruttobedarf).

internes Zeitverständnis Das interne Ereignis ist gegeben. Diesem ist ein externer Termin zuzuordnen (z. B. Beginntermin).

Auftragsverständnis zeitorientiert Aufträge beginnen und enden unabhängig von der erreichten Stückzahl, die im Rahmen der Planüberprüfung als Istwert zum Zeitpunkt festgestellt wird, zu Beginn bzw. zu Ende eines Zeitabschnitts. Die dispositive Intelligenz ist vorwiegend am Verbrauchs-/ Gebrauchsfaktorknoten. Die Faktorknoten bestellen oder/und stellen bereit. Logisches Reservieren bzw. Kommissionieren wird durch Bilden von Transportgebinden erreicht (siehe Kapitel 6). Planungszyklus = Zeitabschnitt

Auftragsverständnis vorgangs-/ereignisorientiert In Auftrag gegeben werden Vorgänge. Die Faktorknoten stehen im Hintergrund. Bestände stellen sich nur zum Abgleich der Produktionsstufen ein. Die Faktorknoten registrieren Zugänge und Abgänge (siehe Kapitel 6). Planungszyklus >> Zeitabschnitt.

Rückmeldung über Verbrauchsfaktoren/ Zeitabschnitt Kontrolle orientiert sich am zeitlichen Bezug: Faktoren werden kontrolliert mit Stückzahl (Zugang/Abgang) In der Regel wird bei einer mengenorientierten Vorgehensweise zumindest zu Kontrollzwecken der Arbeitsinhalt in den einzelnen Vorgängen sowie die noch nicht abgeschlossenen Vorgänge zu Beginn eines Zeitabschnitts und die begonnenen Vorgänge zu Ende eines Zeitabschnitts gar nicht betrachtet, sondern die geleistete Arbeit in am Verbrauchsfaktorknoten abgelieferten Stück je Zeitabschnitt geplant und gemessen.

Rückmeldung über Vorgang mit Isttermin Wenn der einzelne Vorgang bzw. das einzelne Zugangs- und Abgangsereignis in den Vordergrund rückt, dann verliert einerseits die Bestandsrechnung an Bedeutung, weil die Bestandsaussage immer mehr zu einer 0/1Aussage wird, und gewinnt andererseits die isolierende Betrachtung des einzelnen individuell identifizierten Vorgangs an Bedeutung, denn nur über ihn kann gezielt auf den Anfangs- und den Endtermin zugegriffen und vermieden werden, dass man zu jedem Zeitpunkt des externen Kalenders einen Überprüfungsapparat ablaufen lässt, dem dann keine Ereignisse aus der Produktion gegenüberstehen. Der interne Prozess ist der führende für die Koordination; ihm wird der (externe) Kalender zugeordnet. Die Kontrolle orientiert sich am sachlichen Bezug; der Vorgang wird mit seiner Dauer (Beginn-/Endtermin) kontrolliert.

Ein Mahnen wie bei der Terminplanung würde einen Zugang ja auch frühestens im nächsten Zeitabschnitt bewirken: Der Ausgleich mit dem Folgezeitabschnitt ist die früheste zeitliche Reaktion.

Bild 4-3 Vergleich von Mengen- und Terminplanung

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

365

In Fortführung der Klassifikation in Abschnitt 2.4.2 kann damit folgendes Klassifikationsschema für eine ausschließlich knotenweise Betrachtung angegeben werden:10 Punkt im Modell

Aufgabenstellung

Arbeitsfortschritt / Zeit

Wirkprinzip

Formalziel

Gruppierung

Struktur der Zwischenzustände

Ereignistyp: sachliche und zeitliche Interpretation

Konvergenz

Ereignistyp: Zeitmodell

Schrittzahl

Restriktionen

Wissen über Zielerreichung

Zugang

Mitte

Abgang

Bild 4-4 Klassifikationsschema für PPS-Aufgaben

4.1

Verbrauchsfaktorknoten

4.1.1

Mengenplanung

Der sachliche Bezug der zu betrachtenden Ereignisse ist über eine Menge von Verbrauchsfaktoren gegeben, für die außer der Verbrauchsfaktorklasse keine weitere Identifikation vorliegt.11 Diese Menge von Verbrauchsfaktoren – ist für den Punkt Zugang und den Punkt Abgang eines Verbrauchsfaktorknotens zu Zugangs- und Abgangsereignissen zu gruppieren, die über die Zuordnung zu einem Zeitabschnitt oder einem Zeitpunkt eines extern vorgegebenen Kalenders einen eindeutigen Bezug besitzen. – wird ggf. am Punkt Zugang und/oder am Punkt Abgang nach größeren Einheiten (Bestelllosen, Fertigungslosen) gruppiert. Für die so definierten Ereignisse sind die Bilanzgleichungen und die Gleichgewichtsbedingungen aus Abschnitt 2.2.3 zu erfüllen. Die Diskussion der Verfahren soll zunächst an der in der Mengenplanung üblichen Rückwärtsbetrachtung ausgerichtet sein, fallweise aber auch Vorwärtsbetrach-

10

11

Die im folgenden verwendeten Abkürzungen sind: A (fester) Abgang MP BD Bedarf TP BS Bestand aZR SW verbrauchsorientiert aMR FRW Reichweitenveränderung rRR kG kombinierte Gruppierung uMR sG sachliche Gruppierung oMR zG zeitliche Gruppierung NNB oG ohne Gruppierung MRR

Mengenplanung Terminplanung absolute Zeitrestriktion absolute Mengenrestriktion relative Reihenfolgerestriktion untere Mengenrestriktion obere Mengenrestriktion Nichtnegativitätsbedingung Reserverestriktion Menge

Unterschiedliche Elemente bzw. Individuen in einer Klasse werden in der Terminplanung diskutiert.

366

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

tungen zulassen. Dies spiegelt sich darin wider, dass vornehmlich Produktionsplanungsverfahren behandelt werden, die Netto- bzw. Bruttobedarfe am Verbrauchsfaktorknoten bestimmen12: Der Bedarf sind die in einem zukünftigen Zeitabschnitt mit der Interpretation Plan geforderten Zu- und Abgangsereignisse an einem Faktorknoten. Dagegen ist der Verbrauch die Menge tatsächlich eingetretener Abgangsereignisse. Für die Bedarfsermittlung unter materialwirtschaftlichen13 Aspekten werden die Güter, die für die Befriedigung der Nachfrage der Kunden direkt oder indirekt benötigt werden, in drei Kategorien eingeteilt: 1. Primärbedarf: Bedarf an Erzeugnissen (End- und Zwischenprodukte), die für den Absatz bestimmt sind (siehe auch Abschnitt 6.1) 2. Sekundärbedarf: Bedarf an Rohstoffen und Produkten, die unmittelbar in die Produktion von absatzbestimmten Erzeugnissen eingehen. Der Sekundärbedarf leitet sich unmittelbar aus dem Primärbedarf ab. 3. Tertiärbedarf: Bedarf an Werkstoffen - wie Hilfs-, Betriebsstoffen und Verschleißteilen von Gebrauchsfaktoren -, die indirekt bei der Produktion verbraucht werden. Der Bedarf an einer Verbrauchsfaktorkolasse ergibt sich als Summe der für diese Verbrauchsfaktorklasse ermittelten Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarfe eines bestimmten Zeitabschnitts. Diese Summe stellt den Bruttobedarf dar.14 Durch Berücksichtigung i.S.v. Abzug des Lagerbestandes ergibt sich der Nettobedarf eines Zeitabschnitts: Nettobedarf = max {Bruttobedarf - Lagerbestand; 0}15 12

„Der Bedarf auf ein Produkt ist durch seinen zukünftigen Verbrauch bestimmt“ [SCHÖ00] oder der Bedarf ist die „erforderliche Menge zu einem bestimmten Zeitpunkt“ [SKL99].

13

Die Bestimmung des Bedarfs als in einem zukünftigen Zeitabschnitt anfallender Abgang an Materialien bestimmter Art ist eine der zentralen Aufgaben der Materialwirtschaft (siehe bspw. [KRYC86], [ESCH96], Sp. 1196 ff., [ROSA92]). Der nach Art, Menge und Bereitstellungszeitpunkt spezifizierte Materialbedarf ist Grundlage für die Materialbeschaffungsentscheidungen. Die Materialwirtschaft umschließt alle Prozesse, die sich mit der Bereitstellung der für die Produktion erforderlichen Verbrauchsfaktoren befassen [GABL97]. Die in dieser Domäne verfolgten sachlichen Ziele der Materialwirtschaft sind vor allem Sicherungsziele [ESCH96]: - Sicherung der Qualität: Die qualitativen Anforderungen an Inputgüter und -leistungen beeinflussen maßgeblich die Beschaffungs- und die Produktionskosten. Sie sind ihrerseits von den Qualitätsanforderungen an die Outputgüter und -leistungen abhängig. - Sicherung der Quantität: Die Lieferbereitschaft betrifft die termin- und mengengerechte Bereitstellung anhand von Lager-, Leistungs- und /oder Beschaffungskapazitäten. - Sicherung der Flexibilität: Das Anpassungsvermögen wird über die Bandbreite definiert, innerhalb derer Schwankungen und Risiken von Bedarf und Angebot bewältigt werden können. - Sicherung der Wirtschaftlichkeit: Die Wirtschaftlichkeit ist in erster Linie eine Frage der Beschaffungskosten und der Minimierung des in den Vorräten gebundenen Kapitals. Gleichrangig damit ist aber die Optimierung aller mit der Materialwirtschaft verbundenen Prozesse zu nennen (materialwirtschaftliches Optimum [GROC90]. Um diese Ziele bzw. das materialwirtschaftliche Optimum zu erreichen, sind drei interdependente Teilaufgaben zu durchdringen: Materialbedarfsmittlung, Materialbeschaffung sowie Lagerhaltung und Transport [GLAS93].

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

367

Der Primärbedarf wird im Rahmen der Produktionsprogrammplanung aus dem Absatzplan (siehe Kapitel 6) abgeleitet. Sekundär- und Tertiärbedarf werden ausgehend vom Primärbedarf bestimmt; zur Berechnung des Sekundär- und Tertiärbedarfs eines Zeitabschnitts lassen sich die im Weiteren beschriebenen Verfahren einsetzen. Zur Berechnung von Planwerten, die später als der Heute-Termin liegen, wird in der Mengenplanung ein gemischtes Zeitmodell (siehe Abschnitt 3.1.2) ein14

15

Der qualitative Materialbedarf liegt bei gegebenem Produktionsprogramm nach Art und Menge weitgehend fest. Vielfach lassen aber Kontruktion und Produktion Spielräume für alternative Verbrauchsfaktoren oder Verbrauchsfaktorkombinationen offen. Der qualitative Materialbedarf wird von Konstruktion und Produktionsplanung in Erzeugnisstrukturen für ein einzelnes Erzeugnis bzw. in Gozintographen für die in einem Produktionsprogramm enthaltenen Erzeugnisse beschrieben und als Bedarf an Rohstoffen, Einzelteilen und Baugruppen, die zur Erzeugung des Primärbedarfs benötigt werden, von der Sekundärbedarfsrechnung ausgewiesen. Der quantitative Bedarf zukünftiger Produktionsperioden kann programm- oder verbrauchsorientiert bestimmt werden [GLAS93]. Programmorientierte Ansätze gehen vom zukünftigen Produktionsprogramm aus und ermitteln beginnend mit dem Primärbedarf den Materialbedarf auf der Grundlage von Gozintographen. Dafür wird in einer Brutto-Netto-Bedarfsrechnung je Verbrauchsfaktor der Bruttobedarf als Menge je Zeitabschnitt über alle Verwendungen kumuliert, anschließend dem verfügbaren (Lager-) Bestand gegenübergestellt und der aus diesem Vergleich resultierende Nettobedarf ggf. nach Termin- und/oder Mengenkriterien zu Losen gruppiert. Nach einer Vorlaufverschiebung wird daraus anschließend wieder der Bruttobedarf für die im technologischen Ablauf vorausgehenden Produktionsstufen über den Produktionskoeffizienten berechnet.Verbrauchsorientierte Ansätze prognostizieren den Materialbedarf der Zukunft auf Basis des Materialverbrauchs der Vergangenheit. Damit wird der Bruttobedarf nicht über Erzeugnisstrukturen berechnet. Aber auch hier werden nach Vorliegen des prognostizierten Bedarfs über die Bestandsreichweite Beschaffungs- bzw. Produktionszeitpunkte und -mengen berechnet. Davon abgeleitet kann jetzt ein Bruttobedarf für die vorangehenden Produktionsstufen anhand von Erzeugnisstrukturen ermittelt oder aber erneut verbrauchsorientiert aufgesetzt werden. Die Materialbeschaffung hat die erforderlichen Mengen aller Inputgüter und -leistungen spätestens zu Produktionsbeginn bereitzustellen. Bei einer Beschaffung zeitgleich mit der Bereitstellung wird von einer Synchronisation („Just in Time“), andernfalls von einer Emanzipation von Beschaffung und Produktion gesprochen. Diese Entscheidung hängt bei einer gewinnmaximierten Produktion von der zeitlichen Bedarfsstruktur, den mit Beschaffungsalternativen verbundenen Kosten und Risiken sowie von der Beschaffungsmarktsituation ab. Erscheint hiernach die Beschaffung auf Vorrat grundsätzlich als vorteilhaft, stellt sich die Frage nach optimalen Bestellmengen und -zeitpunkten. Die in diesem Zusammenhang zu schaffenden vertraglichen Voraussetzungen und die vorausgehende Marktbeobachtung und -forschung sind ebenso ein Teil der Beschaffungsaufgabe wie die Make or buy-Entscheidung [MAEN81], die die vertikale Produktions- und Leistungstiefe eines Unternehmens festlegt [PICO91] und - vor allem im Hinblick auf die sich weiter entwickelnden Kernkompetenzen eines Unternehmens ständig auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen ist. Dabei spielt auch die Identifikation von (Schlüssel-) Lieferanten, deren Bewertung und Weiterentwicklung sowie die Entscheidung für oder gegen „Single soucing“ eine entscheidende Rolle [KOPP96]. Jede Beschaffung, die Beschaffung und/oder -zeitpunkt abweichend von Bedarfsort und -termin festlegt, ist zwangsläufig mit Transport und/oder Lagerhaltung verbunden [TEMP92]. Dabei entkoppeln Lager Prozesse, um produktionsstufenweise optimale Produktionsbedingungen zu ermöglichen und gleichzeitig Zugangs-, Abgangs- und Bestandrisiken von der Produktion fernzuhalten. In diesem Kontext meint Transport in zunehmendem Maße auch die Entsorgung von Abfällen, um so den Kreis zu einem vollständigen Materialmanagement zu schließen [ESCH96].

368

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

gesetzt (Zugang/Nettobedarf/Bruttoangebot und Abgang/Bruttobedarf/Nettoangebot während des Zeitabschnitts (in der Regel gleichförmig verteilt), nur ein Bestandswert je Zeitpunkt und Interpretation (sofern keine explizit anderslautende Aussage vorliegt)). 4.1.1.1

Plankonstruktion

Im Folgenden werden die Ermittlung von Bruttobedarf (Nettoangebot) am Punkt Abgang, des Bestands in der Mitte und von Nettobedarf (Bruttoangebot) am Punkt Zugang des Verbrauchsfaktorknotens diskutiert. Im Anschluss werden Möglichkei ten im Umgang mit Sicherheiten, Toleranzen und Reservierungen bzw. Fixierungen vorgestellt.16 Für den bei einer Rückwärtsbetrachtung zuerst zu betrachtenden Punkt „Abgang des Verbrauchsfaktorknotens“ gilt, dass auf diesen im einen Fall entsprechende Bedarfe über ggf. verschiedene Kanten zielen oder im anderen Fall dies nicht zutrifft. In diesem zweiten Fall können Prognoseverfahren (vgl. Abschnitt 4.1.1.1.1.1) Aussagen zu Abgangsereignissen liefern. Wird so vorgegangen, kann die nachfolgende Bestandsrechnung und die Ermittlung des Nettobedarfs bedarfsorientiert durchgeführt werden (vgl. Abschnitt 4.1.1.1.2 und Abschnitt 4.1.1.1.3).17 Wird trotz fehlender Bedarfsanmeldung über die Kanten keine Prognose für den Bruttobedarf vorgenommen, kann eine Bestandsrechnung und die Ermittlung von Nettobedarfen nur verbrauchsorientiert ablaufen (vgl. Abschnitt 4.1.1.1.3). Für die Bestandsrechnung bedeutet dies, dass jeweils nur ein Bestand zum aktuellen Zeitpunkt ermittelt werden kann, der Abgangs- und Zugangsereignisse innerhalb der vergangenen Zeitabschnitte bilanziert. Für die Bestimmung des Nettobedarfs gilt entsprechend, dass dieser nur für ein Folgeereignis/den Folgezeitabschnitt bestimmt werden kann. Liegen über die Kanten der Graphen des Produktionsablaufs angemeldete Bruttobedarfe nur für einen Zeithorizont vor, der geringer als der Planungshorizont ist, kann eine Abschätzung speziell für diese Zeitabschnitte auch über Prognoseverfahren erfolgen. Eine derartige Kombination findet bei Konzepten der rollierenden Planung häufig Anwendung.18

16

Dieses Vorgehen wird auch in Abschnitt 4.3.1.1 und Abschnitt 4.3.2.1 angewandt.

17

Die bedarfsgesteuerte Disposition nimmt eine nach Art und Zeit abgestimmte Einteilung und Verfügung über die Verbrauchsfaktoren vor, wobei die Sekundärbedarfsmengen anhand von Primärbedarf und Erzeugnisstrukturdaten berechnet werden. Dabei wird zunächst der Nettobedarf mittels Bruttobedarf und Lagerbestand berechnet und anschließend (Beschaffungs-) Zeitpunkt und (Beschaffungs-) Menge über Losgrößenbildung und Vorlaufzeitverschiebung bestimmt [KOET08, WEFR98, WITT96]. Die verbrauchsgesteuerte Disposition nimmt eine nach Art und Zeit abgestimmte Einteilung und Verfügung über die Verbrauchsfaktoren vor, wobei die erwarteten Bedarfe aufgrund des Faktorverbrauchs in der Vergangenheit prognostiziert werden. Auf dieser Basis werden Beschaffungszeitpunkt und (Beschaffungs-) Menge bestimmt [GLAS93, WITT96, ZAEP96]. In der Regel werden Materialien geringeren Werts auf diese Weise disponiert.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

4.1.1.1.1

369

Berechnungen am Punkt Abgang

Auf der Abgangsseite des Verbrauchsfaktorknotens wird im Sinne der vorausgesetzten Rückwärtsrechnung lediglich der eingehende Bruttobedarf behandelt. Aufgabenstellung ist hier das Ermitteln einer Prognose, wenn kein Primärbedarf vorliegt und die Verwendungskanten fehlen, und das Ermitteln des resultierenden Bedarfs, wenn über mehrere Kanten Forderungen an den Verbrauchsfaktorknoten gerichtet werden. 4.1.1.1.1.1 Schätzen des Abgangs über Prognose-Verfahren Besitzt ein Verbrauchsfaktorknoten keine Verwendungskanten, kann eine Aussage über einen zukünftigen Bedarf anhand von Vergangenheitsdaten erstellt werden. Eine derartige Bedarfsprognose ist aber auch sinnvoll, wenn der Aufbau und die Pflege von Strukturverbindungen oder die Ermittlung abgeleiteter Sekundärbedarfe in einem Modell des Produktionsablaufs zu aufwendig sind.19 Eine Verbrauchsbzw. Bedarfsprognose kann sowohl zu einer einzelnen Kante wie auch einen Verbrauchsfaktorknoten in Form des resultierenden Bruttobedarfs, der alle eingehenden Kanten betrachtet, insgesamt abgegeben werden. •

Univariate Verfahren

In univariaten Verfahren orientiert sich die Prognose des zukünftigen Abgangs einer Verbrauchsfaktorklasse allein am Verbrauch dieser Faktorklasse in der Vergangenheit. Grundlage dieses Vorgehens bildet die Annahme, dass die Verbrauchsstruktur in den zurückliegenden Zeitabschnitten auch für die Zukunft gilt. Die Zeit wird als einzige unabhängige Variable angesehen, die die Abgangsereignisse der Zukunft bestimmt. Sonstige Einflussgrößen bspw. die Entwicklung der Nachfragestruktur der Produkte, für das die Verbrauchsfaktoren benötigt werden, bleiben unberücksichtigt. Gegeben ist eine Zeitreihe y1, y2, ..., yt, yt+1, ... von Ereignissen. yt ist die Beobprg

achtung eines zu prognostizierenden Werts im Zeitabschnitt t und y t

die Vor-

18

In diesem Zusammenhang wird von unabhängigem stochastischem Bedarf gesprochen. Sogenannter abhängiger stochastischer Bedarf, der in der Quelle über ein Prognoseverfahren generiert und dann anhand deterministischer Strukturzusammenhänge weitergegeben wird, ist eigentlich schon kein stochastischer Bedarf mehr, sondern ein deterministischer Bedarf. Eine derartige Prognose kann auch für andere als nur für Bedarfsplanungen eingesetzt werden. So lassen sich bspw. Bestände oder das Auftreten von anderen Attributen der Verbrauchsfaktoren genauso behandeln. Ein Attribut beschreibt hier die Eigenschaften eines Verbrauchsfaktors über den sachlichen und zeitlichen Bezug hinaus.

19

Werden für eine bestimmte Verbrauchsfaktor-Klasse keine Verwendungskanten gepflegt (nicht planbarer Bedarf bzw. zu aufwendig), kann diese Verbrauchsfaktor-Klasse wie ein Primärbedarfsknoten betrachtet werden: Die Verbrauchsfaktor-Klasse wird entweder verbrauchsorientiert disponiert und davon ausgehend ein Sekundärbedarf weitergegeben oder es wird eine Bedarfsschätzung vorgenommen.

370

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

hersage für den Zeitabschnitt t, erstellt zu Ende des Zeitabschnitts t-1 (zum prg

Zeitpunkt T-1). Weiterhin seien ft = y t n

– y t ein absoluter Prognosefehler und

t

1 MAD = ---- ⋅ ¦ f t eine mittlere absolute Abweichung in den zu prognostizierent n t=1 den Zeitabschnitten 1, ..., nt. Ein Trend ist eine Entwicklungstendenz einer Zeitreihe über einem bestimmten Zeitraum.20 Periodisch wiederkehrende Schwankungen resultieren aus zyklischen oder saisonalen Einflüssen.21 Ein Instrument der univariaten Bedarfsprognose ist bspw. die Zeitreihenanalyse22 mit mehreren Grundverfahren. Dabei werden betrachtet: yt

beobachteter Wert im Zeitabschnitt t,

yt ´

deterministischer Teil des beobachteten Werts in Zeitabschnitt t, der sich durch eine bestimmte Funktion ergibt,

yt´´

stochastischer Teil des beobachteten Werts in Zeitabschnitt t, der sich als Differenz zwischen yt und yt´ergibt.

Der jüngste beobachtete Wert wird dem Zeitabschnitt t = 0 zugeordnet, dann folgen in Richtung Vergangenheit die Werte für t = – 1 , t = – 2 usw. Vorausgesetzt wird, dass sich der deterministische Anteil yt´ am tatsächlichen Wert durch ein Polynom N-ten Grades beschreiben lässt: 1

2

N

∀t ∈ T : y' t = b 0 + b 1 ⋅ t + b 2 ⋅ t + … + b N ⋅ t Der stochastische Anteil yt´´ wird vernachlässigt, weil er sich im Mittel ausgleicht. Sein Mittelwert ist „Null“. – Vorhersagen bei gleichbleibender Abgangsrate Die Prognose unterstellt einen konstanten Verlauf. Es wird angenommen, dass sich die Ereignisdichte im zukünftigen Zeitablauf nicht ändert. Somit liegt ein Polynom 0-ten Grades vor, das sich aus

20

Unter einem Trend wird die allmähliche Änderung des Niveaus über einen Zeitraum hinweg verstanden (nach Rojek [ROJE00], S. 192).

21

Die stochastischen Grundlagen sind in [LEWA80, BACK00, BORT99, HANS83] oder [SCHE83] dargestellt.

22

Liegen Vergangenheitswerte vor, kann eine Zeitreihenanalyse den Typ des Bedarfsverlaufs ermitteln. In [GGR92] werden hier die praxisrelevanten Typen horizontaler Bedarfsverlauf, trendförmiger Bedarfsverlauf und saisonaler Bedarfsverlauf unterschieden. Für das genaue Vorgehen bei der Zeitreihenanalyse sei auf [GGR92], S. 92ff verwiesen. Weitere Ausführungen zur Klassifizierung von Prognoseverfahren siehe auch in [ZEIG70], S. 83ff und [SCHÖ00], S. 381.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

yt

prg

1

2

= b0 + b1 ⋅ t + b2 ⋅ t + … + bN ⋅ t

N

N

=

¦ bp ⋅ t

371

p

p=0

mit prg

yt

als deterministischer Anteil des tatsächlich beobachteten Werts in Zeitabschnitt t geschätzter Wert

bp

geschätzter Koeffizient des Terms p -ten Grades, p = { 0, …, N }

zu ∀t ∈ T : y t

prg

0

= b0 ⋅ t = b0

herleitet: Für jeden Zeitabschnitt gilt derselbe Prognosewert b 0 . Verfahren, die von einem konstanten Durchschnittswert eines Bedarfsverlaufes ausgehen und damit die Konstante b0 ermitteln, sind bspw. die Mittelwertbildung, die gleitende Mittelwertbildung oder die einfache exponentielle Glättung. prg y,y t t

Vergangenheit

Zukunft prg yt = b0

-9

-8 -7 -6 -5 -4

-3 -2 -1

0

1

2

Zeitabschnitt

Bild 4-5 Prognose mit konstantem Verlauf

Bei der einfachen Mittelwertbildung wird das arithmetische Mittel aus allen Verbrauchswerten der Vergangenheit gebildet. Deshalb erhält der Wert der jüngsten Vergangenheit mit zunehmender Anzahl von Werten immer weniger Gewicht. Diese Art der Vorhersage reagiert daher immer träger auf Änderungen in der Verbrauchsentwicklung. Bei der gleitenden Mittelwertbildung verwendet man deshalb jeweils ausgehend vom aktuellen Zeitpunkt eine konstante Anzahl von Zeitabschnitten in der Vergangenheit.23 Bei der Wiederholung der Schätzung im nächsten Zeitabschnitt, bei der die beobachteten Werte des jüngsten Zeitabschnitts dazukommen und die beobachteten Werte des ältesten Zeitabschnitts wegfallen, ist dadurch eine bessere Anpasprg 1 = --sungsfähigkeit gewährleistet: y 1 n

0

¦

y tt = b 0 .

tt = – n + 1

Als Prognosewert des Fehlers ergibt sich 23

Vgl. [SCHÖ00], S. 360f, [TEMP06], S. 40ff. oder [GGR92], S. 108f.

372

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

§ σ1 = ¨ 1 ⁄ ( n – 1 ) ©

0

prg 2·

( y tt – y tt

¦ tt = – n + 1

1⁄2

) ¸ ¹

.

Die Prognose des Abgangs bzw. des Bruttobedarfs berechnet sich mit bprg

bt

ist

Vorhersagewert des Bruttobedarfs für den Zeitabschnitt t

ab t

Verbrauch im Zeitabschnitt t (tatsächlicher Abgang vom Güterknoten)

tt n

laufender Index für den Zeitabschnitt, ausgehend von Zeitabschnitt t konstante Anzahl Zeitabschnitte24 bprg

damit zu bt

1 = --n

t–1

¦

ist

ab tt

tt = t – n

und der Prognosewert des Fehlers zu § σt = ¨ 1 ⁄ ( n – 1 ) ©

t–1

¦

ist bprg 2· ( ab tt – b tt ) ¸

1⁄2

.

¹

tt = t – n

Je kleiner die konstante Anzahl der Zeitabschnitte ist, desto schneller reagiert die Vorhersage auf Nachfrageschwankungen. Die Anzahl der Verbrauchswerte muss aber noch genügend groß sein, um Zufallsschwankungen ausschließen zu können. Die gewogene gleitende Mittelwertbildung25 gewichtet die Verbrauchsdaten nach ihrer Stellung zum Prognosedatum. Diese Gewichtung der Vergangenheitswerte wird mittels eines vorzugebenden Gewichtungsvektors gt realisiert: 0 0 § · = ¨ g ⋅ y ⁄ ¸ ¦ ¦ g tt tt tt © tt = – n + 1 ¹ tt = – n + 1 Der Vorhersagewert für den Bruttobedarf berechnet sich mit gt Gewichtung des Zeitabschnitts t (in Richtung Vergangenheit abnehmend)26 prg

y1

24

Für eine konstante Anzahl von 10 Zeitabschnitten stellt sich dies folgendermaßen dar Verbrauchswert abist

-9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1

0

1

¦ tt = – 9

Vgl. [KURB98], S.121f und [TEMP06], S. 40ff.

26

In diesem Fall könnte sich die Situation wie folgt darstellen: Prognosewert bprg bprg 1 b1 ;b 1 = ---------100

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 -9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1

ist ab tt

Zeitabschnitt

25

Verbrauchswert abist

0

Prognosewert bprg bprg 1 b1 ;b 1 = -----10

0

¦ tt = – 9

Zeitabschnitt

ist g tt ⋅ ab tt

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

zu b t

bprg

373

t–1

§ t–1 ist· = ¨ ¦ g tt ⋅ ab tt ¸ ⁄ ¦ g tt . © tt = t – n ¹ tt = t – n

Verfahren 4.1.1-1 Gleitende Mittelwertbildung MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: oG / FO: BB

SdZ: Konst. entlang Zeit

--

--

zl: IW, nPw / sl: A

Kon: streng bzgl. SZ

--

--

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

--

--

R: --

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get t n AB[tt] G[tt]

Zeitabschnitt, für den die Schätzung angestellt wird Anzahl der Zeitabschnitte in der Vergangenheit, beginnend mit t-1, endend mit t-n Abgangsvektor der Zeitabschnitte tt Gewichtungsvektor der Zeitabschnitte tt

Set BP[t]

Prognose Bruttobedarf für den Zeitabschnitt t

Variablen sum tt

Behelfssumme laufender Zeitabschnitt

Algorithmus: begin sum = 0 BP[t] = 0 // Verbrauch und Gewicht summieren/multiplizieren for tt = t-1 step -1 until t-n do begin BP[t] = BP[t] + (AB[tt]*G[tt]) sum = sum + G[tt] end // Prognose berechnen BP[t] = BP[t] / sum end

Die Berechnung der gleitenden Mittelwerte ist umständlich, weil für jede Faktorklasse die jüngsten n Verbrauchswerte gespeichert werden müssen. Falls ein gleichwertiges Verfahren diesen Nachteil vermeidet, wird man daher dieses bevorzugen. Ein solches Verfahren ist die exponentielle Glättung („exponential smoothing“). Sie spezialisiert die Methode der gleitenden Mittelwerte mit zwei zusätzlichen Bedingungen: a. Die Gewichtungsfaktoren g0, g-1, g-2, ... unterliegen folgendem Bildungsgesetz: 0

1

2

g 0 = α ( 1 – α ) ; g– 1 = α ( 1 – α ) ; g –2 = α ( 1 – α ) ;...; g –tt = α ( 1 – α )

tt

α heißt Glättungsfaktor. Es gilt 0 < α < 1 . Dann liegt auch ( 1 – α ) zwischen 0 und 1 und deshalb bilden die Gewichte eine fallende geometrische Folge. b. Man postuliert eine Zeitreihe mit unendlich vielen Vergangenheitswerten und ersetzt also die Summationsgrenze (t - n) durch - ∞ . Da die Gewichte mit gegen

374

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

- ∞ strebendem tt immer kleiner werden, wirken sich diese Zeitreihenwerte immer weniger aus (exponentieller Abfall).

Einfluss Daten älter als 20 Zeitabschnitte; 12% Einfluss

10% = a = 0,1

Daten jünger als 20 Zeitabschnitte; 88% Einfluss

8%

Mittleres Alter der für die Schätzung verwen-

6%

1–α deten Werte = ------------α

4% 2%

-5 -4 -3 -2 -1

-20 -19 -18 -17 -16 -15 -14 -13

0

Zeitabschnitt

Bild 4-6 Gewichtung der Vergangenheit bei exponentieller Glättung mit α = 0,1 (nach [ZEIG70])

Es gilt nun, die Berechnung dieser unendlichen Zeitreihe handhabbar zu machen: Verwendet man zur Minimierung des Prognosefehlers die kleinste-Quadrate-Methode27, dann erhält man mit den Bedingungen (a) und (b) für den Schätzwert prg

bprg

b0 = y1 = b1 Zielsetzung:

in Zeitabschnitt t = 1, erstellt zum Zeitpunkt T = 0, folgende

0

¦ α(1 – α)

Minimiere f =

– tt

⋅ ( b 0 – y tt )

2

tt = – ∞ – tt

gewichtete absolute Fehler. Die notwenDabei ist (b0 - ytt) der mit α ( 1 – α ) dige Voraussetzung für die Existenz eines Minimums ist das Nullsetzen der 1. Ableitung: 0

¦ α( 1 – α)

Da per definitionem

– tt

= 1 gilt, folgt

tt = – ∞ 0

df ! --------- = 0 b 0 = db 0

– tt ¦ α ( 1 – α ) ⋅ y tt

tt = – ∞

Die Schätzung b 0 wird für jeden Zeitabschnitt vorgenommen. Da der letzte Zeit27

siehe bspw. [BEGR97]

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

375

0

abschnitt mit α ( 1 – α ) = α gewichtet wird, ist das Gewicht aller anderen Zeitabschnitte zusammen automatisch ( 1 – α ) . Es gilt in allgemeiner Form für t = 0, also für die Schätzung b′ 0 im vorangegangenen Zeitabschnitt, in der dieser mit α –1

– ( tt + 1 ) ⋅ y tt . ¦ α (1 – α)

gewichtet wurde: b′ 0 =

tt = – ∞

Dann gilt auch nach Einfügen von ( 1 – α ) : –1

( 1 – α ) ⋅ b′ 0 = ( 1 – α ) ⋅

¦ α⋅

(1 – α)

– ( tt + 1 )

⋅ y tt .

tt = – ∞

Daraus folgt für b0 mit 0

¦

b0 =

α(1 – α)

– tt

–1



⋅ y tt und b 0 =

tt = – ∞

¦ α(1 – α)

– ( tt + 1 )

⋅ y tt :

tt = – ∞

b 0 = αy 0 + ( 1 – α ) ⋅ b′ 0 Somit ergibt sich b 0 als gewogenes arithmetisches Mittel des tatsächlichen und prognostizierten Verbrauchswerts des abgelaufenen Zeitabschnitts t = 0. Für die Schätzung des Verbrauchswertes des Folgezeitabschnitts t = 1 zum Zeitpunkt T = 0 benötigt man daher nur • den realisierten Verbrauchswert y0 des letzten, gerade abgelaufenen Zeitabschnitts t = 0, • den prognostizierten, geschätzten Verbrauchswert b′ 0 des letzten, gerade abgelaufenen Zeitabschnitts t = 0 und • den Glättungsparameter α mit 0 < α < 1. Damit wird die unendliche Zeitreihe bei minimalem Fehler vergleichsweise einfach berechenbar und es ergibt sich als Schätzwert für den Zeitabschnitt t = 1: b 0 = b′ 0 + α ( y 0 – b′ 0 ) . Dies lässt sich für die Prognose des Bruttobedarfs bzw. des Verbrauchs allgemein im Zeitabschnitt t zu ∀t ∈ T : b t

bprg

=

bprg

bt – 1

bprg

und im Zeitabschnitt 1 zu b 1

ist

prg

+ α ( ab t – 1 – b t – 1 ) bprg

= b0 bprg

ist

bprg

+ α ( ab 0 – b 0 ist

) umformen. Tre-

ten keine Differenzen zwischen b t und ab t auf, gilt dieser Schätzwert auch für den Zeitabschnitt t+1. Grundsätzlich hängt die Korrektur des Mittelwerts um einen Zeitabschnitt nach (siehe Bild 4-7).

376

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Nachfrage α=0 α = 0,1 α = 0,3 α=1

Menge 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25

Bild 4-7 Gegenüberstellung von Vorhersageverfahren (siehe [ZEI70])

Ein niedriger Glättungsfaktor reagiert träge auf einen sich ändernden Bedarfsverlauf, da er die Vergangenheitsdaten stärker gewichtet. Ein höherer Glättungsfaktor reagiert schnell auf Zufallsschwankungen; setzt man den Glättungsfaktor α auf 1, hat man sich vom Mittelwert völlig gelöst und erhält den tatsächlichen Wert des vorprg

hergehenden Zeitabschnitts als Prognosewert. y t und yt sind dann mit Ausnahme der Verschiebung um einen Zeitabschnitt zwei völlig identische Zeitreihen. Verfahren 4.1.1-2 Exponentielle Glättung 1. Ordnung MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: oG / FO: BB

SdZ: Konst. entlang Zeit

--

--

zl: IW, nPw / sl: A

Kon: streng bzgl. SZ

--

--

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

--

--

R: --

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get t AB[t-1] BP[t-1] BP1[t-1] alpha

Zeitabschnitt, für den die Schätzung angestellt wird Abgang im Zeitabschnitt t-1 Prognose Bruttobedarf für den Zeitabschnitt t-1 Prognose Bruttobedarf Glättung 1.Ordnung für den Zeitabschnitt t-1 Glättungsfaktor

Set BP1[t]

Prognose Bruttobedarf Glättung 1.Ordnung für den Zeitabschnitt t

Algorithmus: begin // Prognose über Schätzung und Verbrauch berechnen BP1[t] = BP1[t-1] + ( alpha * ( AB[t-1] - BP[t-1] ) ) end

Bild 4-8 zeigt ein Beispiel zur exponentiellen Glättung 1. Ordnung. Zu beachten ist,

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

377

dass dieses Bild den Zustand zum Ende des Zeitabschnitts 5 wiedergibt. Je Zeitabschnitt wird Bild 4-8 um eine Spalte ergänzt. Die Prognose wird zum Zeitpunkt T5 für den Zeitabschnitt 6 erstellt. Sie kann nicht für alle Zeitabschnitte in einem Rechenschritt gesamthaft erstellt werden.

Zeitabschnitt Verbrauch Prognose mit α = 0, 1 Prognose mit α = 0, 4

1 2 3 100 120 70 100 102 100 108

T5 4 5 6 50 110 99 94 96 93 76 92

Bild 4-8 Beispiel zur exponentiellen Glättung 1. Ordnung

– Vorhersagen bei veränderlichem Bedarf In diesem Fall werden Polynome verwendet, deren Grad von Null verschieden ist. Bild 4-9 zeigt Beispiele für Verbrauchsverläufe (siehe Rosenberg [ROSE95]). Stellvertretend werden hier für einen linearen Trend die Trendrechnung anhand der Methode der kleinsten Quadrate und der exponentiellen Glättung 2. Ordnung vorgestellt. Das Ergebnis dieser Verfahren besteht in der Ermittlung der Koeffizienten einer linearen Trendfunktion prg

0

1

∀t ∈ T : y t = b0 ⋅ t + b1 ⋅ t . Bei der Methode der kleinsten Quadrate dienen die Differenzen zwischen den tatsächlichen Werten y t und den Vorhersagewerten der Trendgeraden als Grundlage. Die Koeffizienten b 0 und b 1 ergeben sich dann als normierte Summen dieser quadrierten Abstände. Zur Vereinfachung der Berechnung werden bei einer geraden Anzahl von Zeitabschnitten mit Verbrauchswerten die beiden mittleren Zeitabschnitte mit den Ordnungszahlen -1 und +1 und jeweils fortschreitend mit steigenden und fallenden ungeraden Zahlen belegt. Zum Beispiel t = -7, -5, -3, -1, +1, +3, +5, +7, ... Bei einer ungeraden Anzahl wird der mittlere Zeitabschnitt mit 0 belegt und mit Schrittweite 1 operiert. Über die Einführung von Ordnungszahlen mit der Summe 0 ergibt sich im ungeradzahligen Fall der Achsenabstand b ∗ von der Zeitachse für den wie 0t

oben festgelegten mittleren Zeitabschnitt t* und die Steigung der Trendgeraden t*

b 1 zu t* + ( n – 1 ) ⁄ 2

b ∗ =( 0t

¦

y tt ) / n, b ∗ = ( 1t

tt = t* – ( n – 1 ) ⁄ 2

t* + ( n – 1 ) ⁄ 2

¦

y tt ⋅ tt ) / (

tt = t* – ( n – 1 ) ⁄ 2

t* + ( n – 1 ) ⁄ 2

¦

2

tt )

tt = t* – ( n – 1 ) ⁄ 2

Damit können über die allgemeine Geradengleichung die Trendwerte y nem Zeitabschnitt t auf Basis von t* errechnet werden.

prg

in ei-

378

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten t* + ( n – 1 ) ⁄ 2

prg ∀t, tt ∈ T : y tt* = (

¦ y tt ⋅ tt ) / ( tt = t* – ( n – 1 ) ⁄ 2

Linearer Verlauf prg prg = b +b ⋅t y,y y 0 1 t t t T0 b0

t* + ( n – 1 ) ⁄ 2

t* + ( n – 1 ) ⁄ 2

2

¦ tt ) ⋅ t + ( tt = t* – ( n – 1 ) ⁄ 2

¦ y tt ⋅ tt ) / n tt = t* – ( n – 1 ) ⁄ 2

Nicht-linearer Verlauf / hier: quadratischer Verlauf prg prg 2 = b +b ⋅t+b t y ,y y 0 1 2 t t t T0

prg y3 0 123 45

t

0 123 45

t

linearer und saisonaler Verlauf (a) mit konstanter Amplitude prg y t, y t

Saisonaler Verlauf prg y t, y t T0

T0

0 123 45

t

0 123 45

t

(b) mit abnehmender Amplitude prg y t, y t

prg y t, y t T0

T0

0 123 45

t

0 123 45

t

(c) mit zunehmender Amplitude prg y t, y t

prg y t, y t

T0

T0

0 123 45

t

0 123 45

t

Bild 4-9 Typische Verbrauchsverläufe

Bedarf, Verbrauch Prognose/ Zukunft b ∗ 1t b ∗

Verbrauchswerte

0t

-9 -7 -5 -3 -1

1 3 5 7 9 mittlerer Zeitabschnitt t*

Bild 4-10 Allgemeine Darstellung einer Trendgeraden

Zeitabschnitt

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

379

Dabei muss aber t ab dem mittleren Zeitabschnitt t* in der gewählten Festlegung der Ordnungszahl gemessen werden. Beispiel: Im Rahmen der Erzeugnisprogrammgestaltung interessieren die in den kommenden Jahren zu erwartenden Umsatzzahlen bbprg eines Produktes. Es kann angenommen werden, dass der Trend linear verläuft. Für den in Bild 4-11 angegebenen Betrachtungszeitraum soll die Trendlinie ermittelt werden. Zeitabschnitt/Jahr 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 Ordnungszahl tt -9 -7 -5 -3 -1 1 3 5 7 9 ist

Verbrauch abtt ist ab tt tt

⋅ tt

120

150

160

150

130

-1080 -770 -590 -345 -150

160

450

650 1330 1800 1455

1

9

2

81

110

49

118

115

25

9

1

25

190

Σ

49

200 1443

81

330

Bild 4-11 Beispiel für die Berechnung eines linearen Trends

Die Konstanten b 0t* und b 1t* zu Ende des Jahres 2006 sind mit dem zwischen 2001 und 2002 platzierten t* n–1

§ ist· b ∗ = ¨ ¦ ab tt ¸ ⁄ n = 1443 ⁄ 10 = 144, 3 ; 0t © tt = 1 – n ¹ n–1

n–1

§ ist · § 2· b ∗ = ¨ ¦ ab tt ⋅ tt¸ ⁄ ¨ ¦ tt ¸ = 1455 ⁄ 330 = 4, 41 1t © tt = 1 – n ¹ © tt = 1 – n ¹ Daraus ergibt sich bspw. für das Jahr 1997 (tt = -9) abweichend zu den tatsächlichen Werten ein Trend-Umsatzwert von 104,6 Stück und für das Jahr 2001 (tt = -1) ein Trend-Umsatzwert von 139,9 Stück. Über diese Punktprobe kann die Trend-Umsatzgerade gezeichnet werden (Bild 4-12). Aus der Verlängerung der Trendlinie erbprg

hält man die Umsatzzahlen der kommenden Jahre: b t = 4, 41t + 144, 3 . Der Vorhersagewert für das Jahr 2007 (tt = 11) ist dann bspw. 11 . 4,41 + 144,3 = 192,8 Stück. Umsatz in Stück

144,3

144,3 - 4,4 = 139,9 144,3 - 39,7 = 104,6 Ordnungszahl

-9 -7 -5 -3 -1 ... 1997

Bild 4-12 Trendverlauf

1

3

5 7 2004

Trend-Umsatzgerade

9

Zeitabschnitt

380

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Verfahren 4.1.1-3 Trendrechnung anhand der Methode der kleinsten Quadrate MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: oG / FO: BB

SdZ: Konst. entlang Zeit

--

--

zl: IW, nPw / sl: A

Kon: streng bzgl. SZ

--

--

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

--

--

R: --

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n AB[t]

Zeithorizont Abgangsvektor der Zeitabschnitte t (beginnend mit dem frühesten Zeitabschnitt t = n-1 der n Zeitabschnitte, erster Prognosewert im Zeitabschnitt t=1)

Set BP[t]

Prognose Bruttobedarf für den Zeitabschnitt t

Variablen t i[t] aT bT sum

laufender Zeitabschnitt Ordnungszahl des Zeitabschnitts t Achsenabschnitt der Trendgeraden Steigung der Trendgeraden Hilfssumme

Algorithmus: begin aT = 0 bT = 0 sum = 0 // Bei gerader Anzahl von Werten Ordnungszahlen initialisieren if (n % 2 = 0) then begin i[1-n] = – 1 ( n – 1 ) for t = 2-n step 1 until 1 do begin i[t] = i[t-1] + 2 end end // Bei ungerader Anzahl von Werten Ordnungszahlen initialisieren else begin i[1-n] = – ( ( n – 1) / 2 ) for t = 2-n step 1 until 1 do begin i[t] = i[t-1] + 1 end end // Ausgangspunkt und Steigung berechnen for t = 1-n step 1 until 0 do begin aT = aT + AB[t] bT = bT + ( AB[t] * i[t] ) sum = sum + ( i[t] ² ) end aT = aT / n bT = bT / sum // Prognose berechnen for t = 1-n step 1 until 1 do begin BP[t] = aT + ( i[t] * bT ) end end

Die exponentielle Glättung 2. Ordnung passt die aus der Glättung 1. Ordnung gewonnene Prognose durch das Glätten der Prognosewerte/ durch das Anpassen der Prognosewerte an den Trend an. Dazu wird über die Glättung 1. Ordnung der Mittelwert 2. Ordnung gebildet, der seinerseits ein exponentiell gewogener Mittelwert

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

381

der Mittelwerte 1. Ordnung ist und die Veränderung des Prognosewerts berücksichtigt (siehe bspw. [SCHÖ00], [LEWA80]). Der korrekte Prognosewert bei einem linearen Trend beträgt für einen Zeitabschnitt prg

= b 0 + b 1 ⋅ t , wenn man voraussetzt, dass b0 und b1 korrekt t trivialerweise y t bestimmt werden können. Genau diese Werte für b0 und b1 sollen daher im Folgenden ermittelt werden. Dabei müssen der Mittelwert, der für die Vergangenheit bis zu einem Zeitpunkt T berechnet wird, und der Prognosewert, der für die Zukunft vorgegeben wird, scharf voneinander getrennt werden. Der Mittelwert 1. Ordnung ergibt sich am Ende eines Zeitabschnitts t mit dem zu (1)

( 1)

= α ⋅ yt + ( 1 – α ) ⋅ y t – 1 . Ende dieses Zeitabschnitts erfassten yt zu y t Dieser Mittelwert gibt nur für einen gleichbleibenden Verlauf, nicht aber bei einem linearen Trend eine korrekte Prognose ab. Für einen linear steigenden Trend, bei dem die Werte systematisch zunehmen und nicht einen konstanten Mittelwert umhüllen, ist der Mittelwert 1. Ordnung systematisch niederer als der tatsächliche Wert yt. Der Mittelwert 1. Ordnung (1)

( 1)

∀t ∈ T : y t

= α ⋅ y t + ( 1 – α )y t – 1

kann zu

t–1

( 1)

∀t, tt ∈ T : y t

tt t (1) ¦ α ⋅ ( 1 – α ) ⋅ y t – tt + ( 1 – α ) ⋅ y 0

=

tt = 0 (1)

umgeformt werden. Es folgt für den Erwartungswert von y t t–1

­ (1) ½ ­ (1) ½ tt t ∀t, tt ∈ T : E ® y t ¾ = ¦ α ( 1 – α ) ⋅ E { y t – tt } + ( 1 – α ) ⋅ E ® y 0 ¾ . ¯ ¿ ¯ ¿ tt = 0 Der Erwartungswert von yt-tt im Zeitabschnitt (t-tt) beträgt dem wie oben angenommenen linearen Trend folgend ∀tt = t – n + 1, …, t : E { y t – tt } = b 0 + b 1 ⋅ ( t – tt ) . Setzt man diese Gleichung in die vorherige ein, so ergibt sich (1) E{ y t } =

t–1

tt

(1)

t

¦ α ⋅ ( 1 – α ) [ b 0 + b1 ( t – tt ) ] + ( 1 – α ) ⋅ E { y 0 } . tt = 0

Lässt man die obere Summationsgrenze gegen ∞ gehen, so ergibt sich ∞

(1)

E { y t } = b0

¦ tt = 0 ∞

– b1 ⋅

tt

α ( 1 – α ) + b1 ⋅ t ⋅



¦ α( 1 – α)

tt

tt = 0

­

½

¯

¿

tt ∞ (1) ¦ tt ⋅ α ⋅ ( 1 – α ) + ( 1 – α ) ⋅ E ® y0 ¾

tt = 0

382

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten



¦

Mit



tt

α(1 – α ) = 1 ,

tt = 0

1 – αund ( 1 – α ) = 0 ¦ tt ⋅ α ( 1 – α ) = ----------α tt



tt = 0

­ ( 1) ½ folgt ∀t ∈ T : E ® y t ¾ = b 0 ⋅ 1 + b 1 ⋅ t ⋅ 1 – b 1 ⋅ ( 1 – α ) ⁄ α . ¯ ¿ Damit gilt für die Differenz der beiden Erwartungswerte ( 1)

∀t ∈ T : E { y t } – E { y t } = b1 ⋅ ( 1 – α ) ⁄ α . (1)

E{ y t

} ist demnach um das Produkt aus der Steigung b1 und ( 1 – α ) ⁄ α klei-

ner als E { yt } - oder mit anderen Worten: Weil der Mittelwert 1. Ordnung um ( 1 – α ) ⁄ α Zeitabschnitten nacheilt, sind, um die Prognose korrekt anzustellen, vom Mittelwert 1. Ordnung ( 1 – α ) ⁄ α Zeitabschnitte mit der Steigung b1 abzutragen. (1)

Für die Reihe der Mittelwerte 1. Ordnung y t , t ∈ T kann nun dieselbe Betrachtung angestellt werden wie für die Zeitreihe der ursprünglichen Ereigniswerte y t . Es ergeben sich Mittelwerte 2. Ordnung, für die analog gilt (2)

∀t ∈ T : y t

(1)

(2)

= αy t

+ ( 1 – α )y t – 1 .

Auch hier gilt die hergeleitete Beziehung (siehe bspw. [TEMP06], S. 61): ( 2)

( 1)

∀t ∈ T : E { y t } = E { y t } – b 1 ⋅ ( 1 – α ) ⁄ α . Damit ist der Mittelwert 2. Ordnung – um weitere ( 1 – α ) ⁄ α Zeitabschnitte gegenüber dem Zeitabschnitt t versetzt – mit derselben Steigung wie der Mittelwert 1. Ordnung gegenüber dem tatsächlichen Wert versetzt - damit liegen beide Mittelwerte auf einer Geraden mit der Steigung b1! Sind die beiden Erfahrungswerte bzw. die aktuellen Schätzwerte für die beiden Mittelwerte bekannt, gilt (1)

(2)

∀t ∈ T : b 1t = α ( y t – yt Setzt man diese Steigung in

) ⁄ (1 – α)

­ (1) ½ ­ (2) ½ ∀t ∈ T : E ® y t ¾ – E ® y t ¾ = b 1 ⋅ ( 1 – α ) ⁄ α ¯ ¿ ¯ ¿ ein, so erhält man ∀t ∈ T : E { y t } = E { y

(1)

§ ­ (1) ½ ­ ( 2 ) ½· } + ( ( 1 – α ) ⁄ α ) ⋅ ( α/ ( 1 – α ) ) ¨ E ® y t ¾ – E ® y t ¾¸ © ¯ ¿ ¯ ¿¹

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

383

­ (1) ½ ­ (2) ½ = 2 ⋅ E ® yt ¾ – E ® yt ¾ ¯ ¿ ¯ ¿ Mit diesem Ausdruck gilt für den Prognosewert des Achsenabschnitts zu Ende des Zeitabschnitts t ( 1)

(2)

∀t ∈ T : b 0t = 2 ⋅ y t – y t Der Prognosewert für zukünftige Zeitabschnitte t + tt ist mit b0t und b1t leicht zu berechnen: prg

∀t, tt ∈ T : y t + tt = ( 2 ⋅ y t (1)

Als Startwerte y 0

(1)

(2)

und y 0

– yt

( 2)

) + α ( yt

(1)

– yt

( 2)

) ⋅ tt ⁄ ( 1 – α )

lassen sich Schätzwerte für b00 und b10 verwenden.

Bedarf 200 (2) yt

(1) yt b 1t

100

b 0t

(1 – α)/α 9 Zeitabschnitte bei α = 0.1 2 ⋅ (1 – α) ⁄ α

0

t 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Zeit

Bild 4-13 Trendgerade bei exponentieller Glättung 2. Ordnung

Als Beispiel für die exponentielle Glättung 2. Ordnung zeigt Bild 4-14 die Prognose des Bedarfs in Zeitabschnitt 9. Für den Glättungsfaktor wird ein α von 0,2 angenommen. Die Startwerte für die Mittelwerte 1. und 2. Ordnung ergeben sich hier aus dem Bedarfswert für Zeitabschnitt 1 bzw. dem Mittelwert 1. Ordnung am Ende von Zeitabschnitt 2. Verfahren 4.1.1-4 Exponentielle Glättung 2. Ordnung MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: oG / FO: BB

SdZ: Konst. entlang Zeit

--

--

zl: IW, nPw / sl: A

Kon: streng bzgl. SZ

--

--

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

--

--

R: --

WüZ: sicher bzgl. SZ

384 Get t,k AB[t] alpha BP1[t-1] BP2[t-1] Set BP[t+k] Variablen a[t] b[t]

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Zeitabschnitte Abgang im Zeitabschnitt t Glättungsfaktor Mittelwert zum Zeitabschnitt t-1 (Glättung 1. Ordnung) Mittelwert zum Zeitabschnitt t-1 (Glättung 2. Ordnung) Prognose Bruttobedarf für den Zeitabschnitt t+k Ordinatenabschnitt der Trendgeraden zum Zeitabschnitt t Steigung der Trendgeraden zum Zeitabschnitt t

Algorithmus: begin //Glättung erster Ordnung BP1[t] = BP1[t-1] + ( alpha * ( AB[t] - BP1[t-1] ) ) //Glättung zweiter Ordnung BP2[t] = BP2[t-1] + ( alpha * ( BP1[t] - BP2[t-1] ) ) //Steigung der Trendgeraden b[t] = ( alpha / ( 1 - alpha ) ) * ( BP1[t] - BP2[t] ) //Ordinatenabschnitt a[t] = 2 * BP1[t] - BP2[t] //Prognose BP[t+k] = a[t] + b[t] * k end

α = 0, 2 Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Verbrauch 100 120 100 80 120 80 120 100 Mittelwert 1. Ordnung 100 104 103,2 98,6 102,9 98,3 103,6 102,1 Mittelwert 2. Ordnung 104 103,8 102,8 102,8 102 102,1 102,1 Steigung der Trendgerade* 0 -0,16 -1,06 0,01 -0,9 0,15 0,01 Achsenabschnitt 104 102,6 94,4 103,0 94,6 103,1 102,1 Prognose 104 102 93 103 93,7 102,9 102

Bild 4-14 Beispiel - exponentielle Glättung 2.Ordnung

• Multivariate Verfahren Die bisher angesprochenen Verfahren betrachten die Vergangenheit nur über eine Zeitreihe von Ereignissen. Ein erklärender Bezug zur Umwelt wird nicht gegeben. Eine zweite Kategorie bilden Verfahren, die eine Prognose in mehrere Komponenten zerlegen und so zu einem mehrfach zusammengesetzten Prognosewert gelangen. Die Methoden der ersten Kategorie werden üblicherweise als univariat, die der zweiten als kausal / multivariat bezeichnet:28 Methoden der statistischen Datenanalyse, die das Zusammenwirken von drei oder mehr Variablen untersuchen, werden als multivariate Methoden bezeichnet (nach Bortz [BORT99], S. 425). Weicht die zu prognostizierende Ereignismenge 28

Für eine ausführliche Abhandlung zu univariaten und kausalen Modellen sei auf [LESS04] oder [MERÄ05] und die dort genannten Quellen verwiesen.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

385

zeitlich begrenzt vom Normalniveau ab und kann diese Abweichung auf eine regelmäßig oder unregelmäßig wiederkehrende Ursache zugeführt werden, wird diese Ursache als kausaler Einfluss bezeichnet. Kausale Methoden, die wie die univariaten Verfahren wieder je Kante29 oder je Knoten angewandt werden können, isolieren die einzelnen Einflüsse auf den Verlauf einer realen Zeitreihe. Der einzige Korrekturwert der univariaten Methode wird durch eine Vielzahl von Einflussgrößen ersetzt. Damit können über die einzelnen Einflüsse sehr viel genauere Aussagen zur Zeitreihe der Ereignisse gemacht werden, als dies mit univariaten Verfahren möglich ist. Periodische Sachverhalte, z. B. die Verteilung des Bedarfs während der Woche, kalenderabhängige Sachverhalte wie bspw. der Beginn der Sommerferien, oder einmalige Sachverhalte („Eröffnung der Weltausstellung“) in den Zeitreihen können auch in einer Prognose exakt beschrieben werden (Bild 4-15); man berücksichtigt Dinge, die man über die Zukunft schon weiß.

etc.

Weihnachten Prognose

Feiertage

Ferien

Bild 4-15 Prognose mit kausaler Methode

Die multivariate Regression ist ein solches Verfahren, mit dem sich Bedarfszahlen auf kausale Weise ermitteln lassen. Zur Analyse einer Zeitreihe können bspw. wöchentliche, monatliche und jährliche Einflussfaktoren ebenso wie Kalendereinflüsse, bspw. die Verschiebung der terminlichen Lage von Ostern oder der Sommerferien, definiert werden. Untereinander können die einzelnen Faktoren additiv oder multiplikativ verknüpft sowie gewichtet werden. Sowohl diese Gewichtung als auch die einzelnen Zeitreihen selbst können zusätzlich noch Trends linearer oder höherer Ordnung unterliegen.30 Ein einfaches Beispiel für die multivariate Regression31 mit additiver Verknüpfung zeigt Bild 4-17. Hier liegen Verbrauchswerte für die letzten 12 Quartale (3 Jahre) vor und es soll eine Prognose für die nächsten 4 Quartale erfolgen. Auf Grund des Verbrauchsverlaufs wird davon ausgegangen, dass als Basis ein linearer Trend und in den Quartalen 2, 3 und 4 eines Jahres jeweils ein Sondereinfluss vorliegt. Damit ergibt sich ein Gleichungsmodell mit fünf Unbe-

29

Das heißt: Die Prognose wird für den im sachlichen Bezug folgenden Knoten erstellt.

30

Für weiterführende Erläuterungen zur multivariaten Regression und im speziellen zum Aufbau solcher komplexen Prognosemodelle sei wieder auf [LESS04] verwiesen. Einen guten Überblick bieten [BORT99] und [HANS83].

31

Eine formale Definition und der genaue Ablauf des Verfahrens ist [LESS04] zu entnehmen.

386

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

bprg

= b 0 ⋅ x 0t + b 1 ⋅ x 1t + b 2 ⋅ x 2t + b 3 ⋅ x 3t + b 4 ⋅ x 4t Für jedes einzelne xnt werden die Werte festgelegt. Durch x0t und x1t wird der lineare Trend definiert. Die Variablen x2t, x3t und x4t legen einen jeweiligen Sondereinfluss für das 2., 3. und 4. Quartal fest. Als Lösung des mehrfach unbestimmten Gleichungssystems ergeben sich die Werte b0 = 482; b1 =13,6; b2 = -100,3; b3 = 159,5 und b4 = 59,2. Damit erhält man die Prognosewerte für die 4 Quartale des 4. Jahres, wie in Bild 4-16 und Bild 4-17 angegeben. kannten: b t

Quartal 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 Verbrauch 510 425 630 600 550 465 770 650 590 500 810 700 x0 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 x1 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 x2 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 x3 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 x4 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 1 659 572 845 759

Prognose

Bild 4-16 Beispiel - Multivariate Regression (1/2)

Verbrauchsprognose 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0

Heutelinie

1

2

3

4

5

6

7

8

9 10 11 12 13 14 15 16

Quartal

Bild 4-17 Beispiel - Multivariate Regression (2/2)

Eine multivariate Regressionsanalyse lässt sich in drei Schritte unterteilen32: 1. Formulieren des sachlich zugrunde liegenden Ursache-Wirkungs-Modells 2. Schätzen der Regressionsfunktion. Berechnung der Regressionskoeffizienten und weiterer Kennwerte der Regression. 32

Vgl. Hansmann [HANS83], S. 125-137; Chatterjee/Price [CHPR95], S. 3-11; Backhaus et. al. [BACK00], S. 8.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

387

3. Prüfen der Regressionsfunktion auf die Einhaltung der mathematischen Prämissen33 – Formulierung des Ursache-Wirkungs-Modells Die zu prognostizierende, abhängige Variable und die unabhängigen Variablen müssen bei der Regressionsanalyse metrisch skaliert sein.34 Die Eigenschaften binärer Variablen erlauben es, diese wie metrische Variablen in ein Regressionsmodell aufzunehmen. Weiterhin können auch nominal skalierte unabhängige Variablen in ein Regressionsmodell einfließen, indem für eine Variable mit m Kategorien (m-1) binäre Dummy-Variablen in das Modell aufgenommen werden, die nur die Werte 0 (Merkmal liegt nicht vor) oder 1 (Merkmal liegt vor) annehmen können ([CHPR95], S. 99, [BGG00], S. 178). Außerdem wird jeweils ein linearer Zusammenhang zwischen der zu prognostizierenden und den erklärenden Variablen angenommen: Eine bestimmte Änderung einer erklärenden Variablen ruft eine (annähernd) konstante Änderung der abhängigen Variablen hervor.35 Diese Beschränkung auf lineare Funktionen führt zu einer Reduzierung des Aufwandes, da bei der Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate nur ein lineares Gleichungssystem zu lösen ist [HANS83], S. 126. Alle nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die lineare, multiple Regressionsanalyse. Ob ein linearer Zusammenhang zwischen einer Variablen und der zu prognostizierenden abhängigen Variabeln vorliegt, lässt sich erkennen, wenn die Stichprobenwerte der abhängigen und der unabhängigen Variablen in ein Diagramm (siehe Bild 4-18) eingetragen werden [BACK00], S. 9. Zwischen abhängiger und unabhängiger Variable treten vor allem bei Wachstums- und Sättigungsprozessen nichtlineare Beziehungen auf (vgl. Bild 4-18b). Durch Variablentransformation lassen sich aber viele nichtlineare Beziehungen für einen bestimmten Bereich in lineare Beziehungen überführen (vgl. [BACK00], S. 35; [CHPR95], S. 32-36). Weitere Ursachen für die Verletzung der Linearitätsprämisse sind Strukturbrüche, die durch eine Niveau- oder Trendänderung hervorgerufen werden (vgl. Bild 4-18c,d). In diesen Fällen besteht vor und nach dem Strukturbruch jeweils eine lineare Beziehung. Derartige Verletzungen der Linearitätsprämisse und ihre Behandlung bei der Entwicklung des Regressionsmodells werden nachfolgend behandelt.36 33

Makridakis/Reschke/Wheelwright [MRW80], S. 138-140 folgen prinzipiell der gleichen Vorgehensweise, untergliedern den Prozess aber feiner und praxisorientierter. Sie schlagen sieben Schritte zur Formulierung und Anwendung eines Regressionsmodells vor: 1. Formulierung des Problems, 2. Auswahl ökonomischer und anderer relevanter Faktoren, 3. Ausgangstestlauf der multiplen Regression, 4. Untersuchung der einfachen Korrelationsmatrix, 5. Auswahl aus bestimmten Regressionen, 6. Überprüfung der Gültigkeit der Regressionsannahmen und 7. Erarbeitung einer Prognose. In allen Fällen handelt es sich um idealisierte Prozesse. Bei Abbildung einer Vielzahl von Kausalbeziehungen in einem Modell sind noch weitere Schritte und vor allem häufige Rücksprünge zu vorangegangenen Schritten notwendig.

34

Die Messwerte gehören zu einer Intervall- oder Verhältnis-Skala [BACK00], S. 2.

35

Linearität wird als brauchbare Approximation angesehen, obwohl bei beobachteten Zeitreihen Linearität in reiner Form nicht vorkommt (Linearitätsprämisse der Regressionsanalyse [BACK00], S. 6).

388

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Wurde geklärt, welche (k-1) unabhängigen Variablen {x2, x3,...,xk} die zu prognostizierende Variable {y} beeinflussen, und liegen für diese Variablen die Daten aus nt Beobachtungen (T = {1, ..., nt}) vor, so gilt [HANS83], S. 125: y

y

a) Lineare Regressionsbeziehung

x

y

x b) Nichtlineare Regressionsbeziehung

y

c) Strukturbruch: Niveauänderung

x

d) Strukturbruch: Trendänderung

x

Bild 4-18 Lineare und nichtlineare Regressionsbeziehungen (nach [BACK00], S. 36)

∀t ∈ T : y t = f ( x 2t, x 3t, …, x kt ) + ε t . Dabei ist ε t ein Störterm. Der Störterm beinhaltet die nicht erfassten, schwachen Einflussgrößen der abhängigen Variablen y, die sich im Mittel gegenseitig neutralisieren37. Da nur lineare Beziehungen zwischen den unabhängigen und der abhängigen Variablen bestehen (sollen), ergibt sich folgende lineare Regressionsfunktion [BGG00], S. 163: ∀t ∈ T : y t = β 1 + β 2 x 2t + β 3 x 3t + ... + β k x kt + ε t , wobei ß1, ß2, ß3, ..., ßk als Regressionskoeffizienten bezeichnet werden. Um Prognosen für beliebige Zeitabschnitte t erstellen zu können, werden Schätzwerte b1,b2,b3,...,bk für die „wahren“ Regressionskoeffizienten ß1, ß2, ß3, ..., ßk benötigt. Mit deren Hilfe lassen sich dann geschätzte Werte für die abhängige Variable ermitteln [BGG00], S. 164: prg

∀t ∈ T : y t

= b 1 x 1t + b 2 x 2t + b 3 x 3t + ... + b k x kt , prg wobei y t der durch die Regressionsfunktion geschätzte Wert für y t ist. Für alle 36

Mit Hilfe der Regressionsanalyse können die Zusammenhänge in Querschnittsdaten (verschiedene Reihen, die Aussagen über einen bestimmten Zeitraum ermöglichen), Längsschnittdaten (verschiedene Zeitreihen, die Aussagen über die zeitliche Entwicklung erlauben) und PanelDaten (Kombination aus Quer- und Längsschnittdaten) untersucht werden. Zur Lösung des Prognoseproblems wird die Regression zur Analyse von Längsschnittdaten eingesetzt. Alle weiteren Ausführungen beziehen sich daher auf die Zeitreihenregression und lassen die Besonderheiten der Regression von Querschnitts- und Panel-Daten unberücksichtigt. Rein formal wird die Regression von Zeitreihen mit dem gleichen Modell durchgeführt.

37

Für den Störterm

εt

gelten die folgenden Annahmen [BGG00], S. 163 2

∀t ∈ T : E( ε t ) = 0; ∀t ∈ T : Var( ε t ) = σu ; ∀i ,j ∈ T und i ≠ j : Cov( ε i ,ε j ) = 0

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

389

t ∈ T gilt x 1t = 1 . Abweichungen ft zwischen den beobachteten Werten y t und prg

den geschätzten Werten y t

werden als Residuen bezeichnet (siehe oben):

prg ∀t ∈ T : f t = y t – y t

Die Aufgabe der multiplen, linearen Regression besteht nun darin, aus den nt vorliegenden Beobachtungstupeln (x2t, x3t, ..., xkt, yt) Schätzwerte b1, b2, b3, ..., bk für die Regressionskoeffizienten zu ermitteln. – Schätzung der Regressionsfunktion Die Regressionskoeffizienten können mit Hilfe der Methode der kleinsten Quadrate (ordinary least squares, OLS) oder mittels des Maximum-Likelihood-Prinzips geschätzt werden [HANS83], S. 128. Die nachfolgenden Ausführungen gelten für die Anwendung der Kleinste-Quadrate-Methode.38 Zum besseren Verständnis werden die Formeln zur Ermittlung der Regressionsparameter in Matrizenschreibweise wiedergegeben [BGG00], S. 166: prg

y1 y =

y2 ... y t

,

y

prg

prg

= y2 ...

n

x =

β1

y1

y

prg t n

,

β =

β2 ...

βk

ε1

b1 ,

b =

b2 ... bk

,

ε =

ε2 ...

ε

n

und

t

1 x 21 ... x k1 1 x 22 ... x k2 ... ... ... ... 1 x t ... x t 2n

kn

wobei y Beobachtungswerte der abhängigen Variablen y prg y geschätzte Werte der abhängigen Variablen y ß Regressionskoeffizienten b Schätzwerte der Regressionskoeffizienten ε Störterme x Beobachtungswerte der unabhängigen Variablen x. Es gilt: prg y = x β + ε und y = xb . Bei der Anwendung der Kleinste-Quadrate-Methode ergibt sich der gesuchte Vektor b mit den Schätzwerten b1,b2,b3,...bk für die Regressionskoeffizienten aus 38

Auf die Herleitung des Formelapparates zur Schätzung der Regressionskoeffizienten wird hier verzichtet (vgl. Hansmann [HANS83], S. 128-130; Schneeweiß [SCEW90], S. 41-57; Bleymüller/Gehlert/Gülicher [BGG00], S. 164-169).

390

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

–1

b = ( x'x ) x'y , wobei x´ die Transponierte von x und (x´x)-1 die Inverse der Matrix (x´x) ist. Mit diesen Regressionskoeffizienten39 kann für ein Tupel xm (=x1m,x2m,x3m...,xkm) der Wert der abhängigen Variablen y geschätzt werden [CHPR95], S. 63: prg

ym

= b 1 x 1m + b 2 x 2m + b 3 x 3m + ... + b k x km .

– Prognosegenauigkeit und Güte des Regressionsmodells Die ex-post Beurteilung der Prognosegenauigkeit [HANS83], S. 14 stützt sich auf die Differenz von Ist- und Prognosewerten. Der mittlere absolute Fehler (MAD) (siehe oben), der mittlere relative absolute Fehler (MRAD) und der Theil’sche Ungleichheitskoeffizient (U) [SWAR80], S. 328-329 ergeben sich wie folgt: Mittlerer absoluter Fehler MAD n

t

MAD = 1 ⁄ n ⋅

t

prg

¦ yt

t

– yt = 1 ⁄ n ⋅

t=1

n

t

¦ ft . t=1

Mittlerer relativer absoluter Fehler (bezogen auf den Beobachtungswert) MRAD t

MRAD = 1 ⁄ n ⋅

n

t

¦

prg t yt – yt ⁄ yt = 1 ⁄ n ⋅

t=1

n

t

¦ ft ⁄ yt . t=1

Ein Prognosemodell ist umso besser, je kleiner die Werte von MAD und MRAD sind. Der Theil’sche Ungleichheitskoeffizient U U = §( ©

n

t

¦

prg 2 ( yt – y t ) ) / (

t=1

n

t

2§ · ¦ ( y t – y t – 1 ) ©) ¹

1⁄2

t=1

unterscheidet gute und weniger gute Prognosen, in dem der letzte Beobachtungswert als Prognosewert für den kommenden Zeitabschnitt eingesetzt wird („naive“ Prognose mit U = 1). Der mittlere quadratische Fehler des Prognoseverfahrens (Wert im Zähler) wird zum Fehler der „naiven“ Prognose (Wert im Nenner) ins Verhältnis gesetzt ([HANS83], S. 15; siehe auch [SWAR80], S. 333). Das Regressionsmodell erklärt die Differenz y t – y zwischen dem Beobach-

39

Die numerischen Werte der mittels Regressionsanalyse geschätzten Regressionskoeffizienten sind nicht unmittelbar vergleichbar, da sie je nach Ausgangssituation auf unterschiedlichen Skalen gemessen wurden. Für einen direkten Vergleich können nur die standardisierten Koeffizienten herangezogen werden. Durch die Standardisierung werden die unterschiedlichen Messdimensionen eliminiert. Für die Ermittlung von Schätzwerten für die abhängige Größe y können aber nur die unstandardisierten Koeffizienten verwendet werden. Die standardisierten Regressionskoeffizienten b* ergeben sich wie folgt [BACK00], S. 18: ∀j ∈ { 1, ...,k } : b

Standardabweichung von x j * = b ⋅ ------------------------------------------------------------------j j Standardabweichung von y

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

391

tungswert y t und dem Mittelwert y . Als Schätzung für y t liefert das Regressionsprg modell y t . Die vom Regressionsmodell erklärte Abweichung vom Mittelwert ist prg

prg

daher y t – y . Folglich ist das Residuum f t = y t – y t klärte Teil der Abweichung [BGG00], S. 143: Gesamtabweichung ( y t – y ) =

der vom Modell nicht er-

prg

prg

erklärte Abweichung ( y t – y ) + nicht erklärte Abweichung ( y t – y t ) . Die zu erklärende Gesamtabweichungsquadratsumme SQT lässt sich in die erklärte Abweichungsquadratsumme SQE und die nicht erklärte Abweichungsquadratsumme SQR zerlegen: n

SQT =

t

2

n

t

prg

¦ ( y t – y ) ; SQE = ¦ ( y t t=1

t=1

2

– y ) ; SQR =

n

t

prg 2

¦ ( yt – y t ) t=1

SQT = SQE + SQR Als Maß für die durch die Regressionsfunktion erklärte Schwankung der abhängigen Variablen y dient das Bestimmtheitsmaß R2: R2 = erklärte Abweichungsquadratsumme / Gesamtabweichungsquadratsumme 2

= SQE / SQT mit 0 ≤ R ≤ 1 Das Bestimmtheitsmaß R2 nimmt mit der Aufnahme einer neuen unabhängigen Variablen in das Modell, auch wenn sie irrelevant ist, immer nur zu. Das korrigierte 2

Bestimmtheitsmaß Rkorr kann daher bei der Aufnahme einer neuen Variablen in das Modell auch kleiner werden (siehe [BACK00], S. 24; [BGG00], S. 172): 2 2 k–1 2 R korr = R – ------------- ⋅ ( 1 – R ) , t n –k wobei nt - k die Zahl der Freiheitsgrade (der Residuen) ist. Der Standardfehler der Schätzung bzw. die Standardabweichung der Residuen wird häufig als Gütemaß herangezogen (siehe bspw. [BACK00], S. 29, [BGG00], S. 151, 167): t

1⁄2

S E = ( SQR ⁄ ( n – k ) ) . Ist der empirisch ermittelte F-Wert (siehe [BACK00], S. 24; [BGG00], S. 173) Null oder sehr klein, muss angenommen werden, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen der abhängigen Variablen y und den unabhängigen Variablen xk besteht. In diesem Fall eignet sich das Modell wahrscheinlich nicht für Prognosen. Der t-Test prüft analog zum F-Test, ob ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer unabhängigen Variablen und der abhängigen Variable besteht. Ist der empirisch ermittelte t-Wert temp größer als der kritische Wert, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Zusammenhang vor [BACK00], S. 29: t emp = b j ⁄ S bj

392

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

bj Schätzwert des j-ten Regressionskoeffizienten Sbj Standardfehler des j-ten Regressionskoeffizienten Die Standardfehler für die Schätzwerte der Regressionskoeffizienten ergeben sich aus der geschätzten Varianz-Kovarianz-Matrix V k) zu (siehe [BGG00], S. 167) prg

2

–1

2

prg

mit der Dimension (k +

t

= s E ( xx′ ) , wobei s E = SQR ⁄ ( n – k ) die Varianz der Residuen ist. Ein Konfidenzintervall ist ein Bereich um den Schätzwert bj, in dem der Wert des wahren Regressionskoeffizienten β j mit einer vorgegebenen VertrauenswahrV

scheinlichkeit liegen wird. Das Konfidenzintervall wird wie folgt gebildet [BACK00], S. 32: t

t

b j – n ⋅ S bj ≤ β j ≤ b j + n ⋅ S bj • Prämissen eines multiplen linearen Regressionsmodells – Linearitätsprämisse Verletzungen der Linearitätsprämisse können in der Regel durch die grafische Abbildung des Zusammenhangs in einem (xj; y)-Diagramm erkannt werden (vgl. Bild 4-18, b-d). Daneben existieren auch rechnerische Methoden zur Erkennung von Strukturbrüchen. Hierbei werden die Abweichungsquadratsummen der Regressionsfunktionen vor und nach dem vermuteten Strukturbruch ins Verhältnis gesetzt. Mit Hilfe eines F-Tests wird überprüft, ob die berechnete Test-Variable die kritische Schranke überschreitet [SCEW90], S. 118-122. – Vollständige Abbildung der Kausalbeziehungen Bei einem multiplen linearen Regressionsmodell, insbesondere bei solchen mit vielen erklärenden Variablen, gibt es keine „ideale“ oder „beste“ Menge an Variablen. Die Variablenauswahl und die dafür eingesetzten Kriterien orientieren sich an dem Zweck, zu dem die Regressionsgleichung eingesetzt werden soll [CHPR95], S. 244. Ein geringes Bestimmtheitsmaß kann ein Indiz dafür sein, dass nicht alle erklärenden Variablen im Modell enthalten sind. Treten bei bestimmten Konstellationen der erklärenden Variablen immer wieder hohe Prognosefehler auf, deutet das ebenfalls auf das Fehlen einer Variablen hin. Bei dem viel häufiger auftretenden Fall des overfitting gibt es eine Vielzahl von Variablen, von denen vermutet wird, dass sie die abhängige Variable y beeinflussen. Die Anwendung des Bestimmtheitsmaßes R2 verleitet dazu, möglichst viele Variablen in das Modell aufzunehmen. Dies führt dazu, dass einige Variablen keinen oder nur einen geringen Einfluss ausüben, die Schätzwerte der Regressionskoeffizienten der übrigen Variablen dadurch ineffizient sind und dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass einige erklärende Variablen miteinander korreliert sind (Multikollinearität). Multikollinearität führt zu erhöhten Standardfehlern und damit tendenziell zu ungenaueren Prognosen.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

393

– Homoskedastizität Ist die Streuung der Prognosefehler in einer Reihe von Werten nicht konstant, liegt Heteroskedastizität vor. Heteroskedastizität kann zum einen durch eine optische Prüfung der Residuen erkannt werden, indem diese in einem Diagramm über den Prognosewerten bzw. über der Zählvariablen der Zeitreihe abgetragen werden.40 Rechnerisch kann Heteroskedastizität durch den Goldfeld/Quandt-Test aufgedeckt werden, der die Zeitreihe in zwei Hälften unterteilt und die Varianzen dieser Hälften vergleicht. Im Falle konstanter Varianz (Homoskedastizität) ist das Verhältnis der Varianzen Eins. Überschreitet das Verhältnis ein gewisses Signifikanzniveau (FTest), liegt mit der gewählten Vertrauenswahrscheinlichkeit Heteroskedastizität vor. Das Verfahren von Glejser untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen den Variablen der Regression und dem absoluten Betrag der Residuen vorliegt. – Unkorrelierte Residuen Ist die Richtung des Prognosefehlers abhängig vom vorangegangenen Prognosefehler, korrelieren aufeinanderfolgende Residuen und es liegt eine Autokorrelation vor. Neben der grafischen Analyse bietet der Durbin-Watson-Test eine rechnerische Möglichkeit, lineare Autokorrelation erster Ordnung aufzudecken. Die Prüfgröße Δ berechnet sich aus [HANS83], S. 135: n

Δ = (

t

2

n

t

2

¦ ( f t – ft – 1 ) ) / ( ¦ ft ) t=1

t=1

Für eine positive Autokorrelation strebt Δ gegen Null, bei negativer Autokorrelation strebt Δ gegen 4 (0 < Δ < 4).41 Abhängig von der Ursache werden zwei Arten von Autokorrelation unterschieden. Scheinbare Autokorrelation liegt vor, wenn die Korrelation der Residuen auf das Fehlen einer wichtigen erklärenden Variablen, einen Fehler in der funktionalen Form der Regressionsfunktion oder Strukturbrüche, die nicht im Modell berücksichtigt wurden, zurückzuführen ist. Wurde der Fehler in der Spezifikation des Modells behoben, ist auch die Korrelation der Residuen beseitigt [CHPR95], S. 158; [BGG00], S. 159. Ist das Autokorrelationsproblem nicht auf eine Fehlspezifikation des Modells, sondern z. B. auf trendbehaftete, abhängige und unabhängige Variablen zurückzuführen, liegt eine echte Autokorrelation vor. Sind die Residuen autokorreliert, findet die „Verallgemeinerte Kleinste-Quadrate-Methode“ (generalized least squares, GLS) oder die Variablentransformation bei einfacher Autokorrelation Anwendung (vgl. [KMEN86], S. 607-648; [SCEW90], S. 177-190; [CHPR95], S. 15740

Grafische Darstellungen und Interpretationen dazu finden sich bei [BGG00], S. 158.

41

Tabellen, aus denen in Abhängigkeit von der Anzahl der Zeitreihenwerte und der Zahl der unabhängigen Variablen Signifikanzgrößen für d abgelesen werden können, finden sich in der einschlägigen Literatur (vgl. [DUWA51], S. 159-177; [RÖFÖ92], S. 344; [CHPR95], S. 289; [BACK00], S. 658). Savin und White [SAWH77], S. 1992 haben diese ursprünglich von Durbin und Watson aufgestellten Tabellen um d-Werte für Regressionsanalysen mit bis zu 200 Zeitreihenwerten und 20 unabhängigen Variablen erweitert.

394

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

181). Im Umkehrschluss ist die Abwesenheit von einer Autokorrelation der Residuen ein aussagekräftiges Indiz für die Qualität der Spezifikation des Regressionsmodells. Das unterstreicht die Bedeutung der Prüfung der Residuen auf Autokorrelation bei der Zeitreihenregression [RÖFÖ92], S. 223. – Multikollinearität Multikollinearität liegt vor, wenn sich eine unabhängige Variable als Linearkombination einer oder mehrerer anderer unabhängiger Variablen darstellen lässt ([NWW78], S. 512; [HANS83], S. 136; [RÖFÖ92], S. 204). Multikollinearität kann auf verschiedenen Wegen erkannt werden, wie z. B. durch hohe Werte der Korrelationskoeffizienten in der Korrelationsmatrix [BACK00], S. 42, durch die Determinante von (xx’), wenn sie fast Null ist [SCEW90], S. 136, oder mit Hilfe der Hauptkomponentenanalyse [CHPR95], S. 203. Farrar/Glauber haben ein dreistufiges Testverfahren zur Prüfung auf Multikollinearität und zur Ermittlung der betroffenen Variablen entwickelt [FAGL67], S. 92-107. Für eine genaue und einfache Analyse der Koeffizienten auf Multikollinearität eignen sich vor allem die Varianzinflationsfaktoren (VIF). Ist der Varianzinflationsfaktor einer erklärenden Variablen größer 10, gilt das als sicheres Anzeichen dafür, dass Multikollinearität vorliegt [CHPR95], S. 20242: 2

VIF ( x j ) = 1 ⁄ ( 1 – R j ) wobei VIF(Xj) Varianzinflationsfaktor der erklärenden Variable xj (j = 1 ... k) 2

Rj

Bestimmtheitsmaß der Regression der j-ten erklärenden Variablen xj auf allen anderen erklärenden Variablen

– Normalverteilung der Störgrößen Ob die Residuen normal verteilt sind, kann mit Hilfe des ChiQuadrat-Anpassungstests oder des Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstests festgestellt werden. Aufgrund des Testumfangs soll auf eine eingehende Darstellung an dieser Stelle verzichtet werden (vgl. [BGG00], S. 127-135). Als vereinfachten Schnelltest schlagen [MRW80], S. 138 vor: Entspricht der Standardfehler der Regression SE ungefähr einem Sechstel des Bereichs der Residualwerte, liegt wahrscheinlich eine Normalverteilung vor. • Abbildung von Einflüssen im Regressionsmodell – Niveauänderungen Bei einer linearen Regressionsfunktion mit Absolutglied entspricht eine dauerhafte Änderung des Niveaus zum Zeitabschnitt t’ einer Änderung des absoluten Gliedes der Funktion. Ausgehend vom linearen, multivariaten Regressionsmodell 42

[RÖFÖ92], S. 210-214 geben eine Überblick über Maßnahmen zur Minderung oder Beseitigung des Problems der Multikollinearität.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

395

∀t ∈ T : y t = β 1 x 1t + β2 x 2t + β 3 x 3t + ... + β k x kt + ε t bedeutet dies, dass der Regressionskoeffizient ß1 für t < t’ einen anderen Wert hat als für t ≥ t' . Eine Niveauänderung lässt sich durch die Aufnahme einer DummyVariablen x k + 1 im Modell berücksichtigen. Vor dem Niveaubruch in Zeitabschnitt t’ hat die Variable den Wert Null und danach Eins (siehe bspw. [BACK00], S. 35; [GOLB64], S. 218). ∀t ∈ T : y t = β 1 x 1t + β2 x 2t + β 3 x 3t + ... + β k x kt + β k + 1 x k + 1, t + ε t ­ 0 für t < t' x k + 1, t = ® ¯ 1 für t ≥ t' Eine weitere Möglichkeit ist die Aufteilung des Regressionsmodells in zwei Regressionsfunktionen, eine mit den Beobachtungswerten t = 1...(t’-1) und eine mit t = t’,..., nt, die getrennt geschätzt werden [SCEW90], S. 118. – Sonderereignisse Sonderereignisse sind nicht regelmäßig wiederkehrende Einflüsse, die nur einen Wert der Zeitreihe oder in annähernd gleichem Umfang einige wenige Werte der Zeitreihe beeinflussen. Sie können analog zu Niveauänderungen mit Hilfe von binären Dummy-Variablen im Modell abgebildet werden. Im Unterschied zu dauerhaften Niveauänderungen wird es bei zeitlich begrenzten Sonderereignissen nicht zu einem Kollinearitätsproblem zwischen dem Absolutglied und der neu eingeführten Dummy-Variablen kommen.43 – Trendänderungen Trendänderungen (siehe Bild 4-18) entstehen bei Zeitreihen, die eine Produktionsbzw. Absatzmenge abbilden, z. B. durch eine Veränderung des Marktwachstums. Wird davon ausgegangen, dass es sich um eine einmalige Veränderung des Zusammenhangs zwischen der Zeit und der abhängigen Variablen handelt, lässt sich eine Trendänderung durch die Aufnahme einer Trend-Variablen x k + 1 im Modell berücksichtigen. Vor der Trendänderung in der Periode t’ hat die Variable den Wert Null und danach ein Vielfaches von Eins [BACK00], S. 35. ∀t ∈ T : y t = β 1 x 1t + β2 x 2t + β 3 x 3t + ... + β k x kt + β k + 1 x k + 1, t + ε t für t < t' ­0 wobei x k + 1, t = ® ¯( t – t' + t ) für t ≥ t' Unterlag die Regressionsfunktion vor der Trendänderung bereits einem Trend, der mit Hilfe eines einfachen linearen Modells über eine der unabhängigen Variablen (z. B. x 2t = t mit t = 1,...,nt) abgebildet wurde, wird analog zum vorangegangenen 43

Kmenta [KMEN86], S. 469 setzt eine binäre Dummy-Variable ein, um den zeitlich begrenzten Einfluss des Krieges auf den Konsum in einer Volkswirtschaft zu modellieren. Ausgehend von einem stufenförmigen Verlauf der Zeitreihe geht Goldberger [GOLB64], S. 218-224 auf die Modellierung von unregelmäßig wiederkehrenden Einflüssen ein.

396

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Abschnitt ein Kollinearitätsproblem zwischen der alten ( x jt ) und der neuen Trendvariablen ( x k + 1, t = x jt – t' + 1 für t ≥ t' ) auftreten. Analog zur Abbildung einer Niveauänderung besteht auch hier die Möglichkeit einer Aufteilung in zwei Regressionsgleichungen bzw. des Abtrennens der nicht mehr relevanten Beobachtungswerte. Das Problem der fehlenden Beobachtungswerte bei der laufenden Erstellung von Prognosen besteht aber auch hier. – Saisonale Einflüsse Weicht ein zu prognostizierender Strom jedes Jahr zur gleichen Zeit vom Normalniveau ab, liegt ein saisonaler Einfluss vor (nach [ROJE00], S. 192). Der Zeitraum, in dem dieser jährlich wiederkehrende Effekt auftritt, wird als Saison bezeichnet. Die Saisonkomponente einer Zeitreihe kann analog zur Abbildung von anderen qualitativen Einflussgrößen mit Hilfe von binären Dummy-Variablen abgebildet werden, die in einigen Quellen auch als Indikatorvariablen bezeichnet werden. Ein qualitativer bzw. saisonaler Einfluss mit m Ausprägungen wird mit (m-1) Ausprägungen abgebildet, wenn es in der Regressionsfunktion ein Absolutglied gibt [BGG00], S. 178. Kmenta [KMEN86], S. 471-473 und Tempelmeier [TEMP99], S. 87 gehen davon aus, dass die Saisonkomponente nur das Absolutglied β t der Regressionsfunktion beeinflusst und zeigen für diesen Fall, wie bei einer Prognose von Quartalswerten die Saisonkomponente in das Regressionsmodell aufgenommen werden kann. Das lineare, multivariate Regressionsmodell wird um die binären Variablen q1,q2,q3 erweitert. ∀t ∈ T : y t = β 1 x 1t + ... + β k x kt + β k + 1 q 1 + β k + 2 q 2 + βk + 3 q 3 + ε t wobei ­ 1, t ∈ 1. Quartal ­ 1, t ∈ 2. Quartal ­ 1, t ∈ 3. Quartal ; q2 = ® ; q3 = ® q1 = ® 0 sonst 0 sonst ¯ ¯ ¯0 sonst Die Aufnahme einer Dummy-Variablen q4 für das 4. Quartal des Jahres würde dazu führen, dass zwischen den vier Saisonvariablen und dem Absolutglied β1 perfekte Multikollinearität bestehen würde, weil sich das Absolutglied als Linearkombination der vier Saisonvariablen darstellen ließe. Die Regressionsanalyse wäre dann nicht durchführbar [KMEN86], S. 471; [RÖFÖ92], S. 220. Ein von Griese und Matt [GRMA94], S. 141 vorgestelltes Regressionsmodell wird zur Prognose der Nachfrage von Konsumgütern in einem Verkaufslager eingesetzt: yt

prg

6

18

21

j=7

k = 19

1 - , wobei ¦ b 1 x 1t + ¦ b j x jt + ¦ bk x kt + b21 t + b 22 t---------+5

= b 1 x 1t +

i=2

xit (i = 2, ..., 6) xjt (j = 7, ..., 18) xkt (k = 19, ..., 21) 1 / (t + 5) t

Einflussgrößen für die Wochentage Einflussgrößen für die Monate Einflussgrößen für die Dekaden hyperbolisches Glied für Anlauf- und Auslaufartikel Zeit in Wochen

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

bi

397

Koeffizienten der Einflussgrößen

prg yt

Schätzung für den Erwartungswert der Zielgröße im Zeitabschnitt t Das Modell vernachlässigt kalendarische Einflüsse. Feiertage und andere veränderliche Saisonfiguren finden keinen Eingang in die Prognose (siehe unten). – Kalendarische Einflüsse Von der Saisonalität zu unterscheiden sind Kalenderunregelmäßigkeiten [FÜSP57], S. 199; [LEWA74], S. 118, die z. B. durch die schwankende Zahl von Kalender-, Arbeits- und Feiertagen in den einzelnen Monaten entstehen. Während der Anstieg vor Weihnachten in den Monaten November und Oktober jedes Jahr zur gleichen Zeit und mit vergleichbarer Intensität auftritt und somit den saisonalen Einflüssen zuzurechnen ist, wirken sich die Weihnachtsfeiertage jedes Jahr unterschiedlich auf die Weihnachtswoche aus und zählen somit zu den kalendarischen Einflüssen. Ähnliche Aussagen gelten auch für die Schulferien. Prinzipiell besteht die Möglichkeit, Feiertage und feiertagsähnliche Tage mit Hilfe von Dummy-Variablen in das Regressionsmodell aufzunehmen. Für die Prognose der täglichen Sendungsmenge in einem Logistikzentrum bspw. spielt der Einfluss von Sommer-, Herbst- und Winterferien eine entscheidende Rolle. [HANS83], S. 240 bildet den Einfluss von Sommer- und Winterferien auf die Verkaufszahlen einer Zeitschrift jeweils mit einer binären Dummy-Variablen ab. – Simultanes dynamisches Modell mit einer autoregressiven Beziehung Bei den bisherigen Überlegungen wurde davon ausgegangen, dass sich die Schwankungen der abhängigen Variablen y durch eine Anzahl unabhängiger, exogener Variablen x erklären lassen. In die Regressionsfunktion neben den bisherigen erklärenden Variablen zusätzlich vergangene y-Werte yt-1, yt-2, ... als erklärende Variablen aufgenommen werden. Die abhängige Größe y wird zum Teil durch ihre eigenen Werte aus vorangegangenen Zeitabschnitten beeinflusst bzw. erklärt [HANS83], S. 65; [LAUN84], S. 20. Ein solches autoregressives Modell genügt der folgenden allgemeinen Form [SCEW90], S. 198: ∀t ∈ T : yt

prg

= b 1 y t – 1 + b 2 y t – 2 + ... + b m y t – m + b m + 1 x m + 1, t + ... + b k x k,t In das Modell gehen die y-Werte der letzten m Zeitabschnitte ein. Die bisherigen erklärenden Variablen wurden beginnend mit m+1 bis k durchnummeriert.44 – Sukzessive Modelle mit Modellierung der Residuen Im Gegensatz zu einem simultanen Modell, bei dem alle Parameter mit einem Schätzvorgang errechnet werden, laufen sukzessive Modelle in mindestens zwei Schritten ab, wobei die Ergebnisse des ersten Schritts vom zweiten unberührt blei44

Zu den verschiedenen Modellen und Besonderheiten von autoregressiven Prozessen vgl. [SCEW90], S. 199-207.

398

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

ben [STCK98], S. 28. Zur Prognose der Zeitreihe der Residuen kann prinzipiell jedes univariate oder multivariate Prognoseverfahren verwendet werden. Um den Aufwand für die Prognose der Residuen möglichst klein und vor allem kleiner als den Aufwand für die Prognose der Ausgangszeitreihe zu halten, beschränken sich die folgenden Ausführungen auf zwei allgemeine univariate Modelle. Bei der Modellierung der Residualzeitreihe werden die Beziehungen zwischen den Residuen zur Prognose ausgenutzt. Um eine eventuell vorhandene Autokorrelation erster Ordnung zwischen den Residuen zur Prognose auszunutzen, wird eine Regressionsanalyse der Residuen ft-1, ft-2,..., ft-q auf et durchgeführt: ft

prg

= a 0 + a 1 f t – 1 +a 2 f t – 2 + a 3 f t – 3 + ... +a q f t – q [HANS83], S. 243 verwendet dieses Modell mit q = 4, um die Residuen der Regressionsanalyse einer empirischen Zeitreihe auf Autokorrelation zu prüfen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, das Residuum mit Hilfe der exponentiellen Glättung erster Ordnung als gewogenen Durchschnitt der Residuen der Vergangenheit zu modellieren [GRMA94], S. 141: prg

ft

= f t + af t – 1

4.1.1.1.1.2 Zusammenführen des Bruttobedarfs Zielen mehrere Kanten mit Bruttobedarfswerten auf den Abgang eines Verbrauchsfaktorknotens, ist der Bruttobedarf für eine Bestands- / Verfügbarkeitsaussage zusammenzuführen. Dabei können die Bruttobedarfe der einzelnen Kanten für Primärbedarfe45, Sekundärbedarfe und prognostizierte Bedarfe stehen.46 Liegen weder an den Kanten noch am Verbrauchsfaktorknoten Restriktionen vor, ist diese Zusammenführung eine rein zeitabschnittsweise Addition47 über die Kanten und der resultierende Bruttobedarf ergibt sich mit Tp beginnend mit dem Zeitabschnitt t1 („Planungshorizont“, siehe Abschnitt 3.1.1) zu: ∀t ∈ T p : b t

bsum

n

=

K

b

¦ b kt . k=1

Ein einfaches Beispiel zeigt Bild 4-19.

45

Primärbedarf ist der Bedarf an Erzeugnissen, die absatzbestimmt sind und damit nicht mehr in nachgelagerte Fertigungsprozesse eingehen. Der Sekundärbedarf umfasst die Bedarfsmengen an Einzelteilen oder Baugruppen, die für die Herstellung der Primärbedarfe notwendig sind (vgl. [TEMP99], S. 122).

46

Vgl. [SCHÖ00], S. 454.

47

Vgl. ebenda S. 471.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

Zeitabschnitt Bruttobedarf Kante 1 Bruttobedarf Kante 2 (resultierender) Bruttobedarf

1 5 6 11

2 7 9 16

3 10 2 12

4 7 1 8

5 1 2 3

399

6 3 4 7

Bild 4-19 Summation zur Ermittlung des (resultierenden) Bruttobedarfs

Es werden die Bruttobedarfe innerhalb einer die Zeitachse durchlaufenden Vorwärtsrechnung sachlich gruppiert. Von alten Planwerten ausgehend werden neue Planwerte mit der Interpretation Bedarf erzeugt. Sind Restriktionen gegeben, dann muss bei deren temporärem Überschreiten entschieden werden, wie und in welchem Umfang dieser Bedarf befriedigt und in ein entsprechendes Nettoangebot des Verbrauchsfaktorknotens umgesetzt werden kann. Dazu kann nach festen Mengenverhältnissen, anteilig entsprechend dem angemeldetem Bedarf oder nach beliebigen anderen Prioritätsregeln aufgeteilt werden. Eine der elementarsten Restriktionen stellt ein Zeitmodell dar. Meldet ein Vorgangsknoten in einem Zeitabschnitt Bedarf an, der im Kalender eines Verbrauchsfaktorknotens nicht definiert ist, dann muss im Verbrauchsfaktorknoten zu anderen Zeitabschnitten bereitgestellt werden. Aus diesem Grund muss dieser Vorgangsknoten in beschränktem Umfang speicherfähig sein (vgl. auch Abschnitt 5.4). Im Beispiel von Bild 4-20 sind die Zeitabschnitte 4 und 5 für den Verbrauchsfaktorknoten nicht definiert. Folglich wird der Bedarf bereits im Zeitabschnitt 3 bereitgestellt. Zeitabschnitt 1 Bruttobedarf Kante 1 5 Bruttobedarf Kante 2 6 (resultierender) Bruttobedarf 11

2 7 9 16

3 4 10 7 2 1 23

5 1 2

6 3 4 7

Bild 4-20 Ermittlung des (resultierenden) Bruttobedarfs bei unterschiedlichen Zeitmodellen

Verfahren 4.1.1-5 leistet das einfache Zusammenfassen von Bruttobedarf bei gleichem oder verschiedenem Zeitmodell. Verfahren 4.1.1-5 Zusammenfassen von Bruttobedarfen MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: sG / FO: BB

SdZ: Konst. entlang Zeit

--

--

zI: aPW, nPw / sI: BD

Kon: streng bzgl. SZ

--

--

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

--

--

R: --

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n e BB [k][t] FK[t]

Anzahl der betrachteten Zeitabschnitte Anzahl der Eingangskanten des Verbrauchsfaktorknotens Bruttobedarf, Kante k im Zeitabschnitt t Fabrikkalender zum Zeitabschnitt t (gesperrt = false)

400 Set BBR[t] Variablen k t, t2

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

resultierender Bruttobedarf im Zeitabschnitt t laufende Kantenvariable Zeitvariablen

Algorithmus: begin for t = 1 step 1 until n do begin BBR[t] = 0 end for t = 1 step 1 until n do begin for k = 1 step 1 until e do begin // Falls Zeitabschnitt gesperrt, Bedarf Richtung Gegenwart verschieben if ( not FK[t] ) then begin t2 = t while ( not FK[t2] and t2 > 1 ) begin t2 = t2 – 1 end // Falls nicht mehr verschiebbar, Warnung ausgeben if ( t2 = 1 and not FK[t2] ) then begin Message(Bedarf in Höhe BB[k][t] konnte nicht eingeplant werden) end else begin // Sonst verschobenen Bedarf einplanen BBR[t2] = BBR [t2] + BBR[k][t] end end // Ist der Zeitabschnitt nicht gesperrt, Bedarfe aufsummieren else begin BBR[t] = BBR[t] + BB[k][t] end end end end

Bestehen am Punkt Abgang eines Verbrauchsfaktorknotens Restriktionen, ist dessen Nettoangebot möglicherweise nicht mehr identisch mit dem Bruttobedarf der Kanten. Es wird ggf. ein Nettoangebot erzeugt, das den Bedarf schon früher befriedigt. Die Bedarfe werden dann Richtung Gegenwart verschoben. Dabei können unterschiedliche Prioritäten angesetzt werden. Bild 4-21 zeigt beispielhaft die Ermittlung des resultierenden Bruttobedarfs bei einer Abgangs-Restriktion.48 Fall a) zeigt eine gleichmäßige Reduzierung der angemeldeten Bruttobedarfe und Fall b) eine Entscheidung nach einer Priorität, bei der Kante 1 zu Lasten von Kante 2 bevorzugt wird. Wieder wird davon ausgegangen, dass Verbrauchsfaktoren früher bereitgestellt werden können. Ist allerdings die erforderliche Speicherfähigkeit des Vorgangsknotens nicht gegeben49, dann kann der angemeldete Bruttobedarf zumindest vom betrachteten Verbrauchsfaktorknoten nicht befriedigt werden. 48

Eine mögliche Restriktion könnte das Lagerpersonal betreffen, da dieses nur eine bestimmte Anzahl von Behältern pro Schicht bereitstellen kann. De facto würde dies durch eine verfrühte Bereitstellung durch das Lagerpersonal geregelt.

49

Z. B. weil an der Montagelinie kein Platz für zusätzliche Behälter ist.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

a b b1

n n a 1 2

b b2

Abgangsrestriktion

Zeitabschnitt Bruttobedarf Kante 1 Kante 2

401

Fall a 1 2 3 4 5 6

Fall b 1 2 3 4 5 6

5 7 10 7 1 3 6 9 2 1 2 4

5 7 10 7 1 3 6 9 2 1 2 4

resultierender Bruttobedarf 11 16 12 8 maximaler Abgang 20 20 20 4 Nettoangebot Kante 1 5 7 14 3 Kante 2 6 9 4 1

3 7 4 4

11 16 12 8 3 7 20 20 20 4 4 4

2 2 2 2

5 7 13 4 1 3 6 9 5 0 3 1

resultierendes Nettoangebot 11 16 18 4 4 4

11 16 18 4 4 4

Priorität Kante 1 = Priorität Kante 2

Priorität Kante 1 > Priorität Kante 2

Bild 4-21 Ermittlung des Nettoangebots bei Abgangsrestriktion

Ist für den Verbrauchsfaktorknoten bzw. für eine Kante das Bringeprinzip vereinbart worden, muss der Knoten die Bruttobedarfe je Kante bzw. die (resultierenden) Nettoangebote erfragen bzw. liefern, also den Objektfluss veranlassen. Beim Holprinzip sind diese Mengen lediglich bereitzustellen. Falls im Verbrauchsfaktorknoten keine Reservierung50 vorgenommen wird, wird je Zeitabschnitt lediglich der resultierende Bruttobedarf bzw. das resultierende Nettoangebot bereitgestellt. Verfahren 4.1.1-6 Ermittlung des Nettoangebots bei Kanten mit verschiedenen Prioritäten MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: sG / FO: NA

SdZ: Konst. entlang Zeit

--

--

zl: aPW, nPW / sl: A, BD Kon: streng bzgl. SZ

--

--

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

--

--

R: aMR, rRR

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get e n BB[k][t] MA[t]

Anzahl der Eingangskanten des Verbrauchsfaktorknotens Anzahl der betrachteten Zeitabschnitte Bruttobedarf, Kante k im Zeitabschnitt t maximaler Abgang im Zeitabschnitt t

Set BBR[t] NA[k][t] NAR[t]

resultierender Bruttobedarf im Zeitabschnitt t Nettoangebot, Kante k im Zeitabschnitt t resultierendes Nettoangebot im Zeitabschnitt t

Variablen k rest t, t2 rest[k] sum

laufende Kantenvariable Behelfsvariable zum Einplanen des Restes laufende Zeitabschnittsvariablen Vektor zum Einplanen des Restes Kante k Hilfssumme zur Kontrolle des einzuplanenden Restes

50

Vgl. hierzu auch Abschnitt 5.2.1.1.6.

402

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Algorithmus: begin for t = 1 step 1 until n do begin BBR[t] = 0 NAR[t] = 0 for k = 1 step 1 until m do begin NA[k][t] = 0 rest[k] = 0 end end rest = 0 // Aufsummieren des resultierenden Bruttobedarfs for t = 1 step 1 until n do begin for k = 1 step 1 until e do begin BBR[t] = BBR[t] + BB[k][t] end end for t = 1 step 1 until n do begin for k = 1 step 1 until e do begin // Falls maximaler Output erreicht if ( ( NAR[t] + BB[k][t] ) > MA[t] ) then begin rest = BB[k][t] t2 = t // Rest Richtung Gegenwart verschieben while ( rest > 0 & t2 > = 1 ) begin if ( NAR[t2] < MA[t2] & rest > 0 ) then begin NAR[t2] = NAR[t2] + rest NA[k][t2] = NA[k][t2] + rest rest = NAR[t2] - MA[t2] if ( rest < 0 ) then begin rest = 0 end NAR[t2] = NAR[t2] – rest NA[k][t2] = NA[k][t2] – rest end t2 = t2 – 1 end // Falls Rest nicht mehr planbar, Nachricht ausgeben if ( rest > 0) then begin Message(Bedarf in Höhe rest konnte nicht eingeplant werden) end // Falls keine Austrittsrestriktion, Bedarf einplanen else begin NAR[t] = NAR[t] + BB[k][t] NA[k][t] = NA[k][t] + BB[k][t] end end end end

Verfahren 4.1.1-7 Ermittlung des Nettoangebots bei gleicher Priorität der Kanten MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: sG / FO: NA

SdZ: Konst. entlang Zeit

--

--

zl: aPW, nPW / sl: A, BD Kon: streng bzgl. SZ

--

--

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

--

--

R: aMR, rRR

WüZ: sicher bzgl. SZ

4.1 Verbrauchsfaktorknoten Get e n BB[k][t] MA[t]

Anzahl der Eingangskanten des Verbrauchsfaktorknotens Anzahl der betrachteten Zeitabschnitte Bruttobedarf, Kante k im Zeitabschnitt t maximaler Abgang im Zeitabschnitt t

Set BBR[t] NA[k][t] NAR[t]

resultierender Bruttobedarf im Zeitabschnitt t Nettoangebot, Kante k im Zeitabschnitt t resultierendes Nettoangebot im Zeitabschnitt t

Variablen k,k2 t, t2 rest[k] sum

laufende Kantenvariablen laufende Zeitabschnittsvariablen Vektor zum Einplanen des Restes Kante k Hilfssumme zur Kontrolle des einzuplanenden Restes

Algorithmus: begin for t = 1 step 1 until n do begin BBR[t] = 0 NAR[t] = 0 for k = 1 step 1 until e do begin NA[k][t] = 0 end end // Aufsummieren des resultierenden Bruttobedarfs for t = 1 step 1 until n do begin for k = 1 step 1 until e do begin BBR[t] = BBR[t] + BB[k][t] end end // Reste und Restesummen errechnen for t = 1 step 1 until n do begin k=1 t2 = t sum = 0 for k2 = 1 step 1 until e do begin rest[k2] = BB[k2][t] sum = sum + BB[k2][t] end // So lange Austritt nicht erreicht und noch Rest, einplanen while (sum > 0 & t2 >= 1) begin while ( NAR[t2] < MA[t2] & sum > 0 ) if ( rest[k] > 0 ) then begin NAR[t2] = NAR[t2] + 1 NA[k][t2] = NA[k][t2] + 1 rest[k] = rest[k] – 1 sum = sum – 1 end // Falls letzte Kante, Erste wählen, sonst nächste Kante if ( k = e – 1 ) then begin k=1 end else begin k=k+1 end // Zeitabschnitt zurück t2 = t2 – 1

403

404

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

// Falls Bedarf nicht mehr planbar, Nachricht ausgeben if ( t2 = 1 & sum > 0 ) then begin Message(Bedarf in Höhe: sum konnte nicht eingeplant werden!) end end end end end

4.1.1.1.2

Berechnungen am Punkt Mitte51

Für Verbrauchsfaktorknoten, die identische Faktoren mit einer einheitlichen, dem Knoten zugeordneten Spezifikation repräsentieren, muss keine Zustands-, sondern lediglich eine Bestandsbetrachtung durchgeführt werden.52 Bestände werden immer zu einem Zeitpunkt, Veränderungen des Bestands - also Zu- und Abgänge - hier als Regelannahme (siehe Abschnitt 4.1.1.1.3) einem Zeitabschnitt (Veränderungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt) zugeordnet. Für eine Vorwärtsbetrachtung der Zeitachse gilt dann: Verrechnung des Zeitabschnitts t zum Zeitpunkt T. Die Inventur setzt den Bestandswert durch physisches Zählen der Bestände. Ab dem Zeitpunkt der Inventur stellt jede Bestandsaussage eine Bilanzierung des Zu- und Abgangs dar: t

∀s, t, T ∈ T I : B iTT = B iT T + I I I

¦

t

zu is –

s = tI + 1

B iTT

I

¦ ab is s = tI + 1

Bestand des Verbrauchsfaktorknotens i zum Zeitpunkt T mit dem

B iT T

Inventurzeitpunkt TI Bestand des Verbrauchsfaktorknotens i zum Inventurzeitpunkt TI

zu it

Zugang des Verbrauchsfaktorknotens i im Zeitabschnitt t

I I

51

Eine eigene Betrachtung des Punkts im Modell „Mitte“ für Planungszwecke macht nur Sinn, wenn tatsächlich eine Planung des Bestands stattfindet und sich dieser nicht nur passiv aus den Differenzen von gegebenem Brutto- und aktiv festgelegtem Nettobedarf ergibt. Eine derart zielgerichtete Festlegung des Bestands liegt bspw. bei einer festen Systemfüllung beim Abbau eines Bestands auf eine Zielgröße, beim Planen eines variablen Sicherheitsbestands oder beim Einhalten einer oberen Bestandsgrenze vor. Der Input muss dann diesen Festlegungen genügen, ggf. ist er direkt das Resultat dieser Betrachtungen.

52

In der Mengenplanung sollen mehrere identische Faktoren in einer Faktorklasse geführt werden. Demnach ist innerhalb der Klasse und als Zu- und Abgang nur die Stückzahl zu führen. In einem Lager ist dann bspw. der Lagerbestand als Vereinigungsmenge über alle die in ihm vertretenen Klassen zu führen. Die Ermittlung von Einstandspreisen als Durchschnittspreis über erfolgte Zugänge kann über eine einem Zeitpunkt zugeordnete Bilanzierung fortgeschrieben werden, z. B. (neuer) Einstandspreis = ((alter) Einstandspreis * vorhandene Stückzahl + (neuer) Einstandspreis * Stückzahl Zugang Zeitpunkt T) / Gesamtstückzahl Zeitpunkt T Der Startwert ist z. B. bei einer Inventur zu setzen.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

405

ab it Abgang des Verbrauchsfaktorknotens i im Zeitabschnitt t Für den körperlich vorhandenen physischen Bestand zu einem beliebigen aktuellen Zeitpunkt TH (Heutezeitpunkt) betrachtet diese Bilanzierung nur tatsächlich erfolgte Zu- und Abgänge (Verbräuche). ist ist ∀s, tH, T H ∈ T I : B iT T = B iT T + H I I I

tH

¦ s = tI + 1

ist zu is –

th

ist

¦ abis s = tI + 1

Der Ist-Bestand (physischer Bestand) umfasst den zum Zeitpunkt der Überprüfung körperlich vorhandenen Lagerbestand.53 ist

B iT T H I

Istbestand des Verbrauchsfaktorknotens i zum Zeitpunkt TH mit dem Inventurzeitpunkt TI

ist

B iT T

I I

ist

zu it

ist

ab it

Istbestand des Verbrauchsfaktorknotens i zum Inventurzeitpunkt TI Istzugang des Verbrauchsfaktorknotens i im Zeitabschnitt t Istabgang (Verbrauch) des Verbrauchsfaktorknotens i im Zeitabschnitt t

Während die Berechnung des physischen bzw. Istbestands nur tatsächlich erfolgte Zu- und Abgänge zugrundelegt54 und damit zum Heutezeitpunkt endet, setzt der Berechnung des verfügbaren Bestands erst das Ende des Planungshorizonts eine Grenze (siehe Bild 4-22). Dementsprechend muss die Berechnung des geplanten verfügbaren Bestands auf geplanten Zu- und Abgängen aufsetzen. Im Gegensatz zu verbrauchsorientierten Verfahren zur Ermittlung des Nettobedarfs (siehe Abschnitt 4.1.1.1.3), die über keinen Plan verfügen bzw. keine zukünftigen Zu- und Abgänge zugundelegen und daher ausschließlich den (berechneten) Istbestand verwenden, können bedarfsorientierte Verfahren (siehe Abschnitt 4.1.1.1.3) über die Verwendung des verfügbaren Bestand zusätzliche Bewertungen hinsichtlich vergangener 53

Der Lagerbestand ist der körperliche Bestand an Gütern (Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, halbfertige und fertige Erzeugnisse), der sich zum Überprüfungszeitpunkt in einem als Lager deklarierten Bereich befindet. Aufgaben der Lagerbestandsführung sind die Erfassung von Bewegungen (Zugänge, Abgänge, Korrekturen), das Verbuchen dieser Bewegungen (geplante/ ungeplante Bewegungen), die Inventur sowie die dispositive Bestandsführung, die neben dem körperlich vorhandenen Bestand Sicherheits-, Vormerk-, Bestell- und Meldebestände betrachtet [INDE96, RIEP96]. Der verfügbare Lagerbestand ist derjenige Teil des Lagerbestands, der zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden kann. Er berechnet sich zu Lagerbestand + Bestellbestand Vormerkbestand - Sicherheitsbestand.

54

Es soll hier angenommen werden, dass die Parameter der Verbrauchsfaktorklasse für alle Lagerorte gleichermaßen gelten. Festzulegen ist aber, wie Bruttobedarf - ggf. summiert oder nach Kanten unterschieden - auf die einzelnen Lagerorte zugeordnet werden soll. Beispiele für eine mögliche Vorgehensweise zur Zuordnung sind - eine gegebene Reihenfolge: Lagerort mit Priorität = max und ab < Bist - eine Zuordnung nach der Höhe des Bestands: Lagerort mit Bist = max und ab < Bist - eine Zuordnung nach dem Grad der Übereinstimmung von Bestand und Bruttobedarf: Lagerort mit ab - Bist > 0 und ab - Bist = min

406

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

und bestehender/zukünftiger Pläne in die Bestandsaussage einbringen. Aktueller Zeitpunkt / „Heute“ TH

Inventurzeitpunkt TI

Planmäßig betrachteter zukünftiger Zeitpunkt T

tH+1

tI+1 Bestand gezählt Gezählte Zu- und Abgänge je Zeitabschnitt

Ist-Bestand/physischer Bestand berechnet

verfügbarer Bestand geplante Zu- und Abgänge

Aufsetzpunkt für verbrauchsorientierte Verfahren Betrachtungszeitraum bedarfsorientierte Verfahren

Bild 4-22 Bestand, Zu- und Abgang über der Zeit

Der verfügbare Bestand umfasst den zu einem Zeitpunkt T für die Bedarfsdeckung vorhandenen Bestand. dis dis ∀s, t, T ∈ T P : B iTT = B iT T + P P P dis

B iTT

t

¦ s = tP + 1

t

zu is –

¦

ab is

s = tP + 1

geplanter verfügbarer Bestand des Verbrauchsfaktorknotens i zum ZeitP punkt T mit dem Planungszeitpunkt TP dis B iT T verfügbarer Bestand des Verbrauchsfaktorknotens i zum PlanungszeitP P punkt TP Bedarfsorientierte Verfahren spezifizieren den Zugang näher durch den Nettobedarf und die offenen Zugänge. Offene Zugänge als Vorgänge, bei denen der Beginn der Produktion in der Vergangenheit liegt, sind entweder noch vollständig offene Zugänge mit einem geplanten Zugang in einem Zeitabschnitt, der in der Zukunft liegt, oder Teilmengen von offenen Vorgängen/offenen Bestellmengen, deren geplanter Zugang in der Vergangenheit liegt. Der Bestellbestand (Offene Zugänge) ist zwar noch kein körperlich vorhandener Bestand, er ist jedoch bereits bestellt (mit der Herstellung/Lieferung wurde ggf. bereits begonnen) und wird noch vor Ende des Planungshorizonts eintreffen; er ist daher für die Planung verfügbar. Auf den Bestellbestand zielt keine Bruttobedarfsanmeldung mehr (Änderung des veränderlichen Charakters des Bedarfs in einen verbindlichen Zugang bzw. Auftrag). Der zukünftige Abgang wird durch Reservierungen und Bruttobedarfe näher beschrieben. Reservierungen - also offene Abgänge - können z. B. durch bedarfsanmeldende Vorgangsknoten, für die bereits in der Vergangenheit Vorgänge freigegeben wurden, für weitere Entnahmen in zukünftigen Zeitabschnitten induziert werden.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

407

Der Vormerkbestand (Reservierungen) umfasst denjenigen Bestand, der für bestimmte Vorgänge vorgemerkt ist und zu einem festgelegten Termin dem Lager entnommen werden soll. Über ihn kann daher nicht mehr verfügt werden, und man muss ihn von den bisherigen Bestandsgrößen absetzen. Der verfügbare Bestand zu einem beliebigen Zeitpunkt T ausgehend vom Planungszeitpunkt Tp berechnet sich - wenn man Rücklieferungen, Verschrottungen o.ä. ausschließt und Reservierungen und offene Zugänge zum Zeitabschnitt der Entnahme bzw. des Zugangs berücksichtigt55, zu dis

dis

∀s, t, T ∈ T P : B iTT = B iT T + P P P t

∑ s = tP + 1

t

n

b isT + P

∑ s = tP + 1

t

off

P

t

b



zu isT –



b isT – P

s = tP + 1

res

ab isT

P

s = tP + 1

Der verfügbare Bestand zum Planungszeitpunkt56 (aktueller Zeitpunkt/Heutezeitpunkt) wird ausgehend vom Istbestand zum Inventurzeitpunkt, allen tatsächlichen Zu- und Abgängen sowie einer summarischen Betrachtung aller zum Planungszeitpunkt noch offenen Aufträge und aller aus der Vergangenheit zum Planungszeitpunkt insgesamt noch vorliegenden Reservierungen zu dis dis ∀s, tP, T P ∈ T P : B iT T = B iT T + P P P 1

tP

tP off res ∑ zu isT P – ∑ ab isT P s = t1 + 1 s = t1 + 1

berechnet (siehe Abschnitt 4.1.1.1.3). Bild 4-23 zeigt dazu ein einfaches Beispiel. Zeitpunkt Zeitabschnitt Resultierender Bruttobedarf Reservierung Reservierter Bestand Physischer Bestand Verfügbarer Bestand Offene Zugänge Bestand offene Zugänge Nettobedarf

0 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 10 8 3 7 6 7 2 16 24 8 8 0 7 8 2 -5 10 0 10 10

Bild 4-23 Beispiel - Berechnung des verfügbaren Bestands (1)

Die Rechenvorschrift enthält Verfahren 4.1.1-8. 55

Was insbesondere bei einem sehr langen Planungshorizont mit weit im Voraus geplanten Zugängen und Abgängen sinnvoll sein kann. Eine Reservierung des Bestands zur Heute-Linie ist dann gar nicht möglich. Jeder offene Zugang wird dann fest einem bestimmten Abgang zugeordnet (siehe Bild 4-23).

56

auch disponibler Bestand

408

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Verfahren 4.1.1-8 Einfache Bestandsrechnung MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: kG / FO: BS

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: aPW / sl: BD

zl: IW, nPW / sl: BS

zl: aPW / sl: BD, FRW

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

--

--

--

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n BB[t][P] BIST[P][I] NB[t][P] OZ[t][P] RE[t][P] BOFF[P] BRES[t][P] P I

Anzahl der betrachteten Zeitabschnitte Bruttobedarf im Zeitabschnitt t zum Planungszeitpunkt P physischer Bestand zum Planungszeitpunkt P (Anfangsbestand) Nettobedarf im Zeitabschnitt t zum Planungszeitpunkt P offene Zugänge im Zeitabschnitt t zum Planungszeitpunkt P (t > P) Reservierung im Zeitabschnitt t zum Planungszeitpunkt P (t > P) offener Bestand zum Planungszeitpunkt P reservierter Bestand am Ende des Zeitabschnitts t zum Planungszeitpunkt P Planungszeitpunkt Inventurzeitpunkt

Set BDIS[t][P]

verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t zum Planungszeitpunkt P

Variablen t

Zeitvariable

Algorithmus: begin // Anfangsbestand errechnen BDIS[P][P] = BIST[P][P] + BOFF[P] – BRES[P][P] // Bestände bestimmen for t = P + 1 step 1 until P+n do begin BDIS[t][P] = BDIS[t-1][P] + OZ[t][P] + NB[t][P] – BB[t][P] – RE[t][P] end end

Muss zum aktuellen Zeitpunkt für jede Reservierung die Entnahme bis zum Zeitpunkt des nächsten Zugangs sichergestellt werden, ist der verfügbare Bestand bereits zum aktuellen Zeitpunkt um diese Reservierungen zu vermindern (siehe Abschnitt 4.1.1.2) dis

ist

∀s, tP, T P ∈ T P : B iT T = B iT T + P P P I

tp

¦

tp

zu isT – p

s = tI + 1

¦

tH

res

ab isT – p

s = tI + 1

res

¦ abisTp . s = tp + 1

Treten ab dem nächsten Zugang keine Reservierungen mehr auf, gilt dann mit einem entsprechend bestimmten verfügbaren Bestand dis

dis

∀s, t, T ∈ T P : B iTT = B iT T + P P P

t

n

t

off

t

b

¦ bisT p + ¦ zuisT p – ¦ b isTp . s = tp + 1

s = tp + 1

s = tp + 1

Im Falle weiterer Reservierungen auch nach dem nächsten Zugang ist der verfügbare Bestand mit jedem Zugang entsprechend zu berechnen.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

Zeitpunkt Zeitabschnitt Resultierender Bruttobedarf Reservierung Reservierter Bestand Physischer Bestand Verfügbarer Bestand Offener Bestand Offene Zugänge Nettobedarf

409

0 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 8 6 3 7 6 7 2 16 24 6 8 2 9 2 6 9 0 10 10 10 10

Bild 4-24 Beispiel - Berechnung des verfügbaren Bestands (II)

Ausgehend von einem verfügbaren Bestand zu Anfang eines Zeitabschnitts t und unter Berücksichtigung der Reservierung zum Zeitpunkt der Entnahme ergibt sich der verfügbare Bestand zu Ende des Zeitabschnitts t zu dis

dis

off

n

b

res

∀s, t, T ∈ T P : B iT = B iT – 1 + zu it + b it – b it – ab it

res

Wird die Reservierung zum Heute-Zeitpunkt berücksichtigt, entfällt ab it . 4.1.1.1.3

Berechnungen am Punkt Zugang

Primäre Zielvorstellung ist, den Zugang so zu bestimmen, dass nach Verrechnung mit dem Bestand ein entsprechendes Angebot zur Deckung des Abgangs besteht. Bezieht man die Kosten, die durch den Aufbau des Bestands und durch das Auslösen eines Zugangs verursacht werden, in die Überlegungen mit ein, ist ein weiteres Ziel, diese Kosten soweit wie möglich zu reduzieren.57 Liegen Aussagen über den geplanten/zukünftigen Abgang vor, kann ein Zugang vorausschauend veranlasst werden (Orientierung am (Brutto)bedarf). Fehlen derartige Aussagen über die Zukunft, kann nur auf dem tatsächlichen Abgang (Verbrauch) und auf dem tatsächlichen physischen Bestand aufgesetzt werden. Die einfachste Form, die Verfügbarkeit sicher zu stellen, ist eine zeitabschnittsweise Kompensation des tatsächlichen oder geplanten Abgangs durch einen entsprechenden Zugang (big bucket-Eigenschaften am Zugang).58 Die vorausschauende Variante („bedarfsorientiert“) bestimmt zu Beginn eines Zeitabschnitts t den Nettobedarf für diesen Zeitabschnitt so, dass der verfügbare Bestand nach dem Abgang des Bruttobedarfs am Ende des Zeitabschnitts „Null“ ist 57

Siehe hierzu insbesondere Abschnitt 4.1.1.1.4

58

In der Mengenplanung wird von einer zeitabschnittsweisen Betrachtung, also auch von einer zeitabschnittsweisen Bestimmung des Zugangs ausgegangen. Wählt man den Zeitabschnitt so, dass je Zeitabschnitt nur 1 Abgangsereignis stattfindet, dann ist dieses Vorgehen zugleich ereignisorientiert.

410

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

­ b ½ n dis ∀t, T ∈ T P : b t = max ® b t – B T – 1 ; 0¾ . ¯ ¿ Die wiederauffüllende, reagierende Variante („verbrauchsorientiert“) bestimmt mit dem Ende eines Zeitabschnitts t den Nettobedarf so, dass der Bestand ab dem Ende eines Zeitabschnitts t wieder auf eine Sollgröße aufgefüllt wird.59 ­ S ½ n ist ist ∀t, T ∈ T P : b t = max ® B – B T – 1 = ab t – 1 ; 0¾ ¯ ¿ Kostenüberlegungen (siehe Abschnitt 3.2.1.2) führen zu einer Gruppierung des Zugangs nach sachlichen und/oder zeitlichen Kriterien, bspw. dann, wenn über den Bedarf eines Zeitabschnitts hinaus eine feste Menge, z. B. die optimale Losgröße, als Zugang ausgelöst und bei einem Vorgangsknoten bestellt wird. Damit wird nicht notwendigerweise in jedem Zeitabschnitt und nicht notwendigerweise genau die zur zeitabschnittsweisen Bedarfsdeckung erforderliche Faktormenge ausgelöst (Zugang ≠ Abgang je Zeitabschnitt bzw. Einzelabgang; small bucket-Eigenschaften am Zugang). Grundsätzlich können in die Bestimmung des Zugangs/des Nettobedarfs, also in die Bestimmung der Zugangsmengen und -zeitpunkte, alle Restriktionen und alle Zustandsdaten eines Verbrauchsfaktorknotens einfließen. Damit hängt die Ermittlung des Nettobedarfs/des Zugangs zu einem Verbrauchsfaktorknoten von den sachlichen und zeitlichen Restriktionen am Zugang, der unteren und oberen Bestandsgrenze in der Mitte des Knotens, von den sachlichen und zeitlichen Restriktionen am Abgang und den vorliegenden Bruttobedarfen ab (Bild 4-25). Die einfachsten zeitlichen und sachlichen Kriterien zur Festlegung des zeitlichen Bezugs des Zugangs, des Zeitpunkts, zu dem ein Zugang ausgelöst wird, sind: T

bes'

, Q'

T

ab

bes''

, Q'' b

B, Bsht Bs, BS

b

b

a

n

= f (T

bes'

sht

s

S

bes''

, Q'' )

n

= f (T

bes'

sht

s

S

bes''

, Q'' )

, Q', B, B , Q', B, B

, B , B , T '', T , B , B , T '', T

Bild 4-25 Mögliche Parameter für die Festlegung des Zugangs

1. Ein Zugang wird ausgelöst, wenn der Ist-/verfügbare Bestand den Bestellpunkt bzw. den Meldebestand Bs erreicht oder unterschreitet (sachliches Kriterium). Derartige Bestellpunktverfahren setzen entweder eine Bestandsüberprüfung zu jedem Zeitpunkt des Zeitmodells (Zeitabschnitt > Zeitdauer zwischen zwei Entnahmen) oder eine ereignisorientierte, mit jeder Entnahme durchgeführte Bestandsüberprüfung (bei Zeitabschnitt < Zeitdauer zwischen zwei Entnahmen) voraus. Die Variabilität der Zugangszeitpunkte bedingt ein höheres Zugangsri59

Wobei dann durchaus argumentiert werden kann, dass dieser Zugang nicht mehr disponibel ist bzw. in einer Planung noch verändert werden kann und daher kein Bedarf, sondern bereits ein fixierter Zugang ist.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

411

siko (Auftreten von Kapazitätskonkurrenzen), bedeutet aber für den Abgang ein kleineres Risiko (Anpassen des Zugangs an eine veränderte Abgangssituation). 2. Ein Zugang wird alle d bes Zeitabschnitte ausgelöst. Das Zeitintervall d bes/T bes wird als Bestellzyklus (oder Auflegezyklus) bezeichnet (zeitliches Kriterium). Hier wird vorausgesetzt, dass nach dem tatsächlichen Beginn eines Bestellzyklusses für diesen Handlungs-/Zugangsnotwendigkeiten ausgeschlossen werden können (Ausschluss von nicht ausreichendem Zugang, Bestandsreduzierung, erhöhtem Abgang usw.). Die festen Zeitpunkte für den Zugang führen zu einem kleineren Zugangsrisiko; sie stellen für den Abgang aber ein erhöhtes Risiko dar (Vermeiden von Kapazitätskonflikten, keine Möglichkeit für zusätzlichen Zugang während des Zyklusses). 3. Es wird alle d ktl Zeitabschnitte anhand eines Vergleichs von Bestellpunkt bzw. Meldebestand Bs und tatsächlichem/verfügbaren Bestand entschieden, ob ein Zugang initiiert wird oder nicht (Kombination sachliches und zeitliches Kriterium). Das Zeitmodell d ktl/T ktl wird als Kontrollzyklus bezeichnet. Diese Vorgehensweise bedingt bei einem vergleichsweise hohen Bestand die Möglichkeit zur Anpassung an veränderte Abgangssituationen.60 Die einfachsten sachlichen und zeitlichen Kriterien zur Festlegung des sachlichen Bezugs, der Zugangs-/Bestell-/Auftragsmenge, sind: 1. Es wird eine fest vorgegebene Bestell-/Zugangsmenge Q ausgelöst.61 Für Q wird oft die wirtschaftliche Losgröße gewählt. Der resultierende Bestand ergibt sich über den Bestand zum Zeitpunkt des Zugangs und die Zugangsmenge Q. 2. Es wird ein Zugang mit variabler Menge ausgelöst a.Es wird eine variable Menge bestellt, durch die der Bestand bis zu einem vorgegebenen Bestandsniveau BS (Maximalbestand) aufgefüllt wird.62 Damit wird der (tatsächliche oder geplante) Abgang seit dem letzten Zugang ersetzt. Hier ist der Bestand die Restriktion und der Zugang die abgeleitete Größe. b.Es wird der Bruttobedarf eines vorgegebenen Zeitraums (sinnvollerweise für den Bestellzyklus) bestellt. Damit wird vor dem erwarteten Abgang ein Zugang ausgelöst. Während die letzte Vorgehensweise (2b) naturgemäß nur bei einer bedarfsorientierten, die Zukunft ab dem aktuellen Zeitpunkt betrachtenden und auf dem verfügbaren Bestand aufsetzenden Vorgehensweise verwandt werden kann, können die beiden ersten Vorgehensweisen auch verbrauchsorientiert (ohne Ausblick in die Zukunft) ausschließlich in Verbindung mit dem Istbestand zum aktuellen Bestell-/Kontrollzeitpunkt eingesetzt werden. Kombiniert man die Möglichkeiten zur Bestimmung von Auslösezeitpunkt und Zugangsmenge, lassen sich die folgenden Vorgehensweisen für die Gruppierung des Zugangs („Bestellpolitiken“) unterscheiden:63 60

Daher ist dies die gegebene zyklische Vorgehensweise

61

Damit wird die eine Größe der Andler’schen Losgrößenformel, die wirtschaftliche Bestellmenge/Losgröße, festgehalten und der feste Zyklus bei gleichförmigem Verbrauch aufgegeben.

62

Damit wird das Bestandsziel der optimalen Losgrößenberechnung verfolgt.

412

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Bestellpolitik Auslösekriterium

Bs

Tbes

Tbes ∧ Bs

Auslösezeitpunkt

variabler Zeitpunkt fester Zeitpunkt

Zeitpunkt der Bestandsüberprüfung

je Zeitabschnitt/ je Entnahme

Auslösezeitpunkt Kontrollzeitpunkt

Zugangsmenge feste Losgröße

(t), Bs, Q

Tbes, Q

Tbes, Bs, Q

Tbes,

BS

Tbes, Bs, BS

b

Tbes, Bs, bb

Auffüllen auf Bestandsniveau (t), Bs, BS Bruttobedarf / Verbrauch

Zeitabschnittsweise T

bes

,b

fester Zeitpunkt

Bild 4-26 Vorgehensweise für die Gruppierung des Zugangs

Die einzelnen Politiken sind im Folgenden dargestellt. • Bestellpunktsysteme – s, Q-Politik Mit jedem Zeitabschnitt / nach jeder Bestandsentnahme wird geprüft, ob der Bestellpunkt Bs erreicht oder unterschritten ist. Ist dies der Fall, wird ein Zugang in Höhe der fest vorgegebenen Menge Q veranlasst.

Bestand

Zugang Bs Zeit

– s, S-Politik Bestand BS Zugang Bs Zeit

Mit jedem Zeitabschnitt/ nach jeder Bestandsentnahme wird geprüft, ob der Bestellpunkt Bs erreicht oder unterschritten ist. Ist dies der Fall, wird ein Zugang in Höhe der Differenz zwischen dem fest vorgegebenen Bestandsniveau BS und dem aktuellen Bestand ausgelöst.

– Zeitabschnittsweiser Zugang Bestand Verbrauchsorientiert Zugang T1 / t2 = Abgang (T0 - T1) t1 t2 t1 t2

t3

Zugang T0 / t1 = Abgang (T0 - T1) Bedarfsorientiert 63

t3

Bs Zeit

Je Zeitabschnitt wird der Abgang, falls ein solcher vorhanden ist, zu Beginn bzw. während (bedarfsorientiert) oder am Ende des Zeitabschnitts bzw. in den folgenden Zeitabschnitten (verbrauchsorientiert) durch einen Zugang kompensiert.

Üblicherweise wird auf die Angabe von „t“ verzichtet: t, s, Q wird zu s, Q

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

413

• Bestellrhythmussysteme – T, Q-Politik Alle dbes Zeitabschnitte wird unabhängig vom Bestand ein Zugang in Höhe der fest vorgegebenen Menge Q veranlasst.

Bestand

Zugang

T0

dbes

T1

Zeit

– T, S-Politik Bestand

Alle dbes Zeitabschnitte wird ein Zugang in Höhe der Differenz zwischen dem fest vorgegebenen Bestandsniveau BS und dem aktuellen Bestand

BS

Zugang

T0

dbes

T1

Bist ausgelöst. Zeit

– T, BB-Politik Alle dbes Zeitabschnitte wird ein Zugang in Höhe des Bedarfs im Bestellzyklus zu Beginn des Bestellzyklus veranlasst

Bestand

t1

Zugang =

Zugang

b

¦ bt

t = t0 + 1 T0

dbes

T1

Zeit

• Kontrollrhythmussysteme – T, s, Q-Politik Bestand Zugang

Bs

T0

dktl

T1

Zeit

Alle dktl Zeitabschnitte wird geprüft, ob der Bestellpunkt Bs erreicht oder unterschritten ist. Ist dies der Fall, wird ein Zugang in Höhe der fest vorgegebenen Menge Q veranlasst.

414

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

– T, S, Q-Politik Bestand S

B Zugang

Bs Bist T0

dktl

T1

Zeit

Alle d ktl Zeitabschnitte wird geprüft, ob der Bestellpunkt Bs erreicht oder unterschritten ist. Ist dies der Fall, wird ein Zugang in Höhe der Differenz zwischen dem fest vorgegebenen Bestandsniveau BS und dem aktuellen Bestand Bist ausgelöst.

– T, s, BB-Politik Bestand

Zugang

T0

dktl

T1

Zeit

Der Bedarf im Zyklus wird als Zugang zu Beginn des Bestellzyklus bereitgestellt. Vorhandene Bestände werden entsprechend berücksichtigt (und daher in jedem Zyklus überprüft, ob ein Los ausgelöst werden muss): ­ t1 b dis ° ¦ b t – B T , falls >0, 0 Zugang = ® °t = t 0 + 1 ¯ 0, sonst

Der Bedarf im Zyklus wird als Zugang zu Beginn des Bestellzyklus bereitgestellt. Vorhandene Bestände werden entsprechend berücksichtigt (und daher in jedem Zyklus überprüft, ob ein Los ausgelöst werden muss). • Verbrauchsgesteuertes Gruppieren von Zugängen Ausgangspunkt für das verbrauchsgesteuerte Auslösen von (gruppierten) Zugängen64 ist der tatsächliche Abgang vom Bestand bzw. der tatsächliche Bestand einer Verbrauchsfaktorklasse. Dann besteht die Fragestellung der verbrauchsgesteuerten Vorgehensweise/Materialdisposition darin, die Zeitpunkte (Bestellzeitpunkt) und die Mengen (Bestellmenge) für Bestellungen beim Lieferanten oder für Fertigungsaufträge zu bestimmen. Gängige Lösungsprinzipien dazu sind die oben angesprochenen Bestellpolitiken, die mittels der Parameter Meldebestand, Bestellmenge, Bestellrhythmus und Bestell-/Bestandsgrenze charakterisiert werden können. Die 64

auch „verbrauchsorientierte Materialdisposition“, „verbrauchsgesteuerte Materialdisposition“, „verbrauchsorientierte Materialbedarfsermittlung“. Vgl. [KURB98], S. 127ff., [KIST01], S. 36ff, [ZEIG70], S. 142ff., [HART90], S. 260ff., [KRYC86], S. 159ff., [GREI85], S. 32ff. oder [WEKE01], S. 142 ff. Dabei wird hier wieder eine Unterscheidung nach dem Punkt im Mo-

dell vorgenommen: Hier wird der Zugang auf Basis des tatsächlichen (Lager-) Bestands (Bestellpunkt) oder des tatsächlich erreichten Bestelltermins ausgelöst. Dementsprechend wird zur (Beschaffungs-) Terminermittlung der Verbrauch und zur Beschaffungsmengenermittlung der tatsächliche Bestand zugrundegelegt. Es wird keine Nettobedarfsprognose erstellt (vgl. [GLAS93]).

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

415

Formalziele sind Kostenziele: Es gibt Lagerbestands- und Fehlmengenkosten, die proportional sind zu der Menge der sachlichen Bezüge sowie Bestellkosten. Die hier anzusprechenden Verfahren sind sehr einfach und daher immer zu empfehlen, wenn die Voraussetzung eines langfristig gesicherten und kontinuierlichen Verbrauchs gegeben ist. Bei der Anwendung des Vorgehens für den Fremdbezug sind der fehlende Horizont, die nicht bedarfsgerechte Vorratshaltung und die mangelnde Unterstützung beim Produktauslauf, z. B. wegen drohender Verschrottung, als nachteilig anzusehen. Bestellt man bei der eigenen Fertigung, sind zusätzlich Kapazitätsprobleme bzw. Konkurrenzprobleme sowie der Sachverhalt zu nennen, dass z. B. für die Überbrückung einer Wartungsmaßnahme keine zusätzlichen Vorräte angelegt werden können. Da als Steuerungsgröße für die verbrauchsgesteuerten Dispositionsverfahren der Bestellzeitpunkt und die Bestellmenge65 dienen, können sog. Bestellpunkt- und Bestellrhythmusverfahren differenziert werden. Übliche Fälle von Kombinationen der Größen Bestandsgrenze BS, Meldebestand Bs, Bestellrhythmus Tbes und feste Bestellmenge Q zeigt Bild 4-27.66 Verbrauchsorientierte Dispositionsverfahren betrachten keinen geplanten Abgang (keine Vorausschau in Form eines Bruttobedarfs). Sie können daher nur auf dem aktuellen physischen Bestand aufsetzen.67 In allen Fällen muss die Auslösung des Zugangs so rechtzeitig erfolgen, dass zwischen Auslösetermin und erwartetem Zugang die Wiederbeschaffung möglich ist. Damit bedeutet „Auslösen eines Zugangs“, dass im vorgelagerten Vorgangsknoten unmittelbar mit der Herstellung der geforderten Zugangsmenge begonnen wird. Dies bedeutet auch, dass der Auslösetermin und der Zeitpunkt des Zugangs nicht identisch sind: Man löst aus und wartet auf den Zugang. Darüber hinaus bedeutet dieses verbrauchsorientierte Konzept auch, dass nicht mehr von einem wie auch immer gearteten Nettobedarf gesprochen werden kann, der lediglich den Charakter einer jederzeit revidierbaren Planung hat. Der Zugang wird zum Termin endgültig ausgelöst. Die Auslösung hat damit Anweisungscharakter, es wird „ein Auftrag“ ausgelöst: Werden in einer verbrauchsorientierten Disposition ausschließlich isolierte Verbrauchsfaktorknoten und keine anderen Knoten und keine Strukturbeziehungen betrachtet, dann ist nicht Gegenstand der Betrachtung, wer diesen Auftrag zu erfüllen hat; ebensowenig wird betrachtet, welche Vormaterialien für diesen Auftrag erforderlich sind. Die Erfüllung des Auftrags wird über feststehende organisatorische Strukturen garantiert.

65

Vgl. [FFG97], S. 181, [KISTE90], S. 70f, [GLAS93].

66

Dabei führt die Anwendung der verschiedenen Politiken bei einem gleichen Abgangsverlauf aus dem Verbrauchsfaktorknoten zu unterschiedlichen Bestandsverläufen (vgl. [CORA94], S. 726ff.).

67

Womit auch Reservierungen und offene Zugänge entfallen.

416

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

verbrauchsgesteuerte Disposition internes Ereignis; Bestellpunkt, Zeit ergibt sich

externes Ereignis; Bestellrhythmus

Auffüllen auf maximalen Bestand (Menge ergibt sich)

feste Bestellmenge

feste Bestellmenge, s erreicht (s, Q)

Auffüllen auf maximalen Bestand, s erreicht (s, S)

mit Bestellpunkt (T, s, Q)

ohne Bestellpunkt (T, Q)

mit Bestellpunkt (T, s, S)

ohne Bestellpunkt (T, S)

Bild 4-27 Auslösungsarten bei der verbrauchsgesteuerten Disposition

Um während der Wiederbeschaffungszeit den Verbrauch sicher zu stellen, muss ein durchschnittlicher Verbrauch angenommen werden; dieser ist über den Meldebestand abzudecken.68 Damit deckt der Meldebestand die fehlende antizipierende Bedarfsanmeldung für die vorhergehenden Produktionsstufen bestandsmäßig ab. Bei Auslösearten mit festgelegtem Bestelltermin muss darüberhinaus die zeitliche Lage von Bestelltermin und Zugangstermin berücksichtigt werden. Bei diesem Verfahren ist ggf. ein separater Sicherheitsbestand zur Abdeckung des Abgangsrisikos sinnvoll. Da der tatsächliche Verbrauch vom durchnittlichen Wert in der Regel abweicht, ist bei Auslösearten mit fester Losgröße ein von Los zu Los unterschiedlicher Maximalbestand zu erwarten. Dies gilt für die anderen Verfahren unter der Voraussetzung sich ändernden Abgänge nach Auslösung des Zugangs aber ebenso. Das Festlegen der Größen Maximalbestand, Bestellrhythmus und feste Bestellmenge hat entscheidenden Einfluss auf die Höhe des Lagerbestands und die sich dadurch einstellenden Lagerkosten bzw. Fehlmengenkosten. Der Meldebestand muss innerhalb der Beschaffungszeit die auftretenden Verbräuche abdecken können. Liegt ein linearer Abgang vor, kann der entsprechende Meldebestand leicht errechnet werden. Ist der Abgang nicht konstant, müssen die Schwankungen über einen Sicherheitsbestand69 aufgefangen werden. Für die Ermittlung der festen Bestellmenge kann auf das Verfahren von Andler mit der Ermittlung der optimalen Bestellmenge unter Berücksichtigung von Bestell- und Lagerkosten zurückgegriffen werden.70 Aber auch Gesichtspunkte wie Rabatte, Verpackungen und Transporteinheiten können zur Ermittlung des Zugangs mit in die Betrachtung einbezogen werden.71 Die Wahl eines Bestellrhythmus kann aus Gründen von bestimmten Lieferbedingungen, wie z. B. einen gegebenen zyklisch wiederholten Fertigungskalender oder einen Rabatt für Sammelbestellungen, Sinn machen. Der Maximalbe-

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

417

stand wird meist über die Klassifizierung des Wertes eines Produktes vorgenommen.72 Tendenziell wird daher für geringwertige Güter ein höherer Maximalbestand zugelassen. Insgesamt kann für die verbrauchsorientierte Bestimmung des Zugangs festgehalten werden, dass die fehlende Information über zukünftig zu erwartende Bedarfs-

68

In die Ermittlung der resultierenden (Gesamt-)Wiederbeschaffungs-/Lieferzeit - also der Zeit, in der ein Erzeugnis einem Kunden zugesagt werden kann - eines aus mehreren Objekten zusammengesetzten Erzeugnisses geht ein verbrauchsorientiert disponierter Verbrauchsfaktor mit der Wiederbeschaffungszeit „Null“ ein. Ist eine einzelne Entnahme größer als die Bestellmenge bzw. größer als der aktuelle Bestand, gilt diese Aussage nicht mehr; die Wiederbeschaffungzeit ist größer als „Null“ und dieser Sachverhalt muss auch in die Wiederbeschaffungszeit des übergeordneten Erzeugnisses eingehen. Daher muss in diesen Fällen über die gesamte Verwendungsstruktur bis zur Primärbedarfsebene eine Stückzahlgrenze durchgeschleust werden, ab der bedarfsorientiert disponiert und entsprechende Wiederbeschaffungszeiten zugrundegelegt werden müssen.



additiv über mehrere Ebenen der Ablaufstruktur

Bestellpunkt = 3 Tage mit durchschnittlichem Verbrauch

Gesamt - WBZ > 13 Tage, 4712 wenn bei 4717 Grenze überschritten 4713

4717

WBZ > 3 Tage für Abgänge > Bestellpunktmenge (bzw. Bestelllosgröße)

4714 4715

Bestellpunkt = 4 Tage mit 4716 durchschnittlichem VerWBZ > 4 Tage für Abgänge > brauch Bestellpunktmenge (bzw. Bestelllosgröße) WBZ ... Wiederbeschaffungszeit



WBZ = 10 Tage Gesamt - WBZ > 17 Tage, falls bei 4716 und 4717 Stückzahlgrenze überschritten Gesamt - WBZ > 14 Tage, wenn bei 4716 Grenze überschritten

Max-Betrachtung auf einer Ebene der Ablaufstruktur

WBZ = 7

WBZ = 5

­ 7 + Dauer ½ ¾ ddlzmax = ® ¯ 5 + Dauer ¿

Hier wird ein Problem angesprochen, das bei bedarfsorientierter Disposition genauso auftritt: Die Wiederbeschaffungszeit „Null“ bei verbrauchsorientierter Disposition wird genauso wie die von „Null“ verschiedene WBZ bei bedarfsorientierter Disposition falsch, wenn Verbrauchsgrenzen bzw. Kapazitätsgrenzen überschritten werden. Eine ungünstige Summation von Verbräuchen und Bedarfen, die für sich unterhalb der angesprochenen Grenzen liegen, gemeinsam die Grenze aber übersteigen, kann auch über die hier formulierten Grenzen nicht ausgeschlossen werden: Bestellbestand und Bestelllosgröße legen implizit begrenzten Zugang und damit einen begrenzten Abgang fest. 69

Vgl. hier insbesondere Abschnitt 4.1.1.1.6.

70

Zur Ableitung der entsprechenden Andler-Formel sei auf Abschnitt 3.2.1.2 verwiesen.

71

Vgl. [FFG97], S. 184f., Abschnitt 3.2.1.2.

418

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

meldungen durch einen hohen Bestandssockel abgefedert werden muss. Das intendierte Ziel ist immer das volle, nicht das leere Lager. Daher muss bei einem Auslauf ggf. der Maximalbestand verschrottet werden. Ein Einsatz ist daher nur sinnvoll, wenn die Verbrauchsfaktoren einen vergleichsweise geringen Wert haben, der Verbrauch über einen längeren Zeitraum kontinuierlich erfolgt und für die Wiederbeschaffung ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen.73 Die im Folgenden vorgestellten Verfahren besitzen als zeitliche Interpretation in der Mitte des Verbrauchsfaktorknotens Istwerte, (alte) Planwerte und Sicherheitswerte, alle vom Typ Bestand. Für den Zugang werden neue Planwerte vom Typ Zugang bestimmt. Falls feste Losmengen bestellt werden, gilt dies als unabhängige Mengenrestriktion, bei einem festen Bestellrhythmus kann von einer unabhängigen Zeitrestriktion gesprochen werden und die Mindestreserverestriktion bildet Sicherheitsbestände ab (siehe Bild 4-29). – Bestellpunktverfahren Betrachtete Größe ist der „Bestellpunkt“ mit dem Meldebestand Bs. Gilt Aktueller (physischer) Bestand < Meldebestand wird als Reaktion auf den erfolgten Verbrauch ein Zugang mit dem (Beginn-)Termin „Jetzt“ mit einer entsprechenden Zugangsmenge initiiert (siehe Bild 4-28). Der Meldebestand muss demnach abgangsseitig mindestens die Bearbeitungszeit dieses Zugangs abdecken. Derartige Verfahren fangen mit ihrem fallweise festgelegten Bestelltermin ein Verbrauchsrisiko in idealer Weise ab, stellen aber an die Reaktionsfähigkeit der Lieferanten (intern/extern) hohe Anforderungen. Der Meldebestand74 berechnet sich mit den Festlegungen von Bild 4-28 zu s

w

ab

sht

B = d ⋅w +B . In der Regel erfolgt die Entnahme nicht quasi kontinuierlich. Daher werden Meldebestand und physischer Bestand zum Zeitpunkt der Auslösung nur in den seltensten Fällen vollständig übereinstimmen. Der Abgang kann entweder ereignisorientiert mit jeder Entnahme (und mit einem kontinuierlichen Zeitmodell für die Bestellung) oder zeitabschnittsweise verbucht werden. Im zweiten Fall müssen über dem Zeitabschnitt alle Abgänge erfasst (und gesammelt) werden; am Ende des Zeitabschnitts auf die Entnahmen ohne deren Dokumentation zu reagieren würde eine vollständige Inventur nach sich ziehen. Der Zeitabschnitt muss wesentlich kürzer als die Wiederbeschaffungszeit sein; ansonsten kann der Meldebestand bei der Auslösung erheblich unterschritten werden.

72

Für das Vorgehen der Teileklassifikation nach der ABC-Analyse sei auf [KURB98], S. 125 verwiesen.

73

Vgl. [GREI85] S. 35.

74

Meldebestand, Meldemenge, Bestellpunkt, Bestellgrenze, Anforderungsbestand, Auslösebestand sind alles Synonyme.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

Bestand B

419

Bsht Pb Q Q/2

Sicherheitsbestand Bestellpunkt Bestelllosgröße (Auftragsmenge) Durchschnittsbestand (abzüglich Sicherheitsbestand) sht d Gesamtsicherheitszeit W Standardwiederbeschaffungszeit, ausd gelegt auf den zu erwartenden Verbrauch S B Maximalbestand Bs Meldebestand ab w durchschnittlicher Verbrauch je Zeitabschnitt während der Wiederbeschaffung

S

Q

Pb

Bs Q/2

Bsht dW dsht

Zeit

tatsächlicher Bestandsverlauf angenommener Bestandsverlauf

Bild 4-28 Vorgehensweise einer verbrauchsorientierten Disposition bei Bestellpunktverfahren (nach [ZEIG70])

Verfahren 4.1.1-9 gilt für eine s, Q-Politik, bei der zum Bestellpunkt eine feste Auftragsmenge ausgelöst wird. Verfahren 4.1.1-9 Verbrauchsorientierte Disposition / s, Q-Politik MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: kG / FO: NB

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: aPW / sl: BD

zl: IW, nPW / sl: BS, SW

--

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

--

SZahl: endlich

--

R: uMR, uZR, MRR

--

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get t AB [t] ZU[t] B[t -1]

aktueller Zeitabschnitt Abgang im Zeitabschnitt t Zugang im Zeitabschnitt t Bestand am Ende des Zeitabschnitts (t-1)

Q s

Bestellmenge Meldebestand

Set Q[t] B[t]

Bestellmenge am Ende des Zeitabschnitts t Bestand am Ende des Zeitabschnitts t

Algorithmus: begin //Falls Bestandsbewegung, zeitabschnittsweise verfügbaren Bestand berechnen B[t] = B[t-1] – AB[t] + ZU[t] // Falls Bestand unter Meldebestand, Zugang auslösen if ( B[t] VLZ[q] and GVE[q][t] > 0 ) then begin GVS[q][t-VLZ[q]] = GVE[q][t] // Kanten zu Vorgangs-Verbrauchsfaktorklassen:Für alle Materialfaktoren Bruttobedarf auslösen for all MAT[q] do begin BB[MAT[q]][t] = NB[q][t] * MF[MAT[q]] end end

432

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

// Vorgangsknoten:Falls Vorlaufzeit nicht umsetzbar, Nachricht ausgeben if ( t < VLZ[q] and GVE[q][t] > 0 ) then begin Message(Bedarf in Höhe GVE[q][t] konnte nicht eingeplant werden) end // Bestand berechnen BDIS[q][t]=BDIS[q][t-1] – PB[q][t] – BB[q][t] + OZ[q][t] + NB[q][t] end end end

– Bestellpunktverfahren - Nettobedarfsrechnung mit Bestellpunkt (small bucketEigenschaften am Zugang) Verwendet man zusätzlich zum Meldebestand eine feste Bestellmenge/Losgröße, wird über den Vergleich des verfügbaren Bestands mit dem Meldebestand - der hier auf Null bzw. den Sicherheitsbestand eingestellt wird - eine Faktormenge einem Zeitabschnitt zugeordnet. Dieses Vorgehen stellt die bedarfsorientierte Variante der s, Q-Politik dar. Bei der zeitabschnittsweisen Vorgehensweise (s.o.) wird Nettobedarf für den Zeitabschnitt angemeldet, in dem andernfalls der Bestand „Null“ durchschritten wird bzw. Teile des Sicherheitsbestands benötigt werden. Deshalb soll hier der bedarfsorientierte Gedanke konsequent fortgeführt und der Zugang der Losgröße für den Zeitabschnitt, in dem der Meldebestand erreicht wird, ausgelöst werden. Damit wird - anders als bei der verbrauchsorientierten Vorgehensweise - der Meldebestand „Null“ planerisch nicht unterschritten. Den Grundalgorithmus zeigt Verfahren 4.1.1-17. Verfahren 4.1.1-17 Nettobedarfsermittlung mit fester Losgröße MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: zG / FO: NB

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW, sl: BS

zl: aPW, sl: BD

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: uMR, NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n BB[t] OZ[t] Q s BDIS [0]

Anzahl der Zeitabschnitte Bruttobedarf im Zeitabschnitt t offene Zugänge im Zeitabschnitt t Bestellmenge Meldebestand verfügbarer Anfangsbestand

Set BDIS[t] NB [t]

verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t Nettobedarf im Zeitabschnitt t

Variablen t

Zeitzähler

Algorithmus: begin for t = 1 step 1 until n do begin NB[t] = 0 end for t = 1 step 1 until n do begin

Kon: streng bzgl. SZ

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

433

// Verfügbaren Bestand berechnen; Abbuchen des Bruttobedarfs BDIS[t] = BDIS[t-1] – BB[t] + OZ[t] // Falls Bestand unter Meldebestand bzw. innerhalb Sicherheitsbestand, Los bestellen; // Zubuchen von Zugang if ( BDIS[t] 0 ) then begin GV[q][k][t-VLZ[q]] = NB [q][t] // Falls größte Kante erreicht, erste wählen, sonst nächste Kante if ( k = e) then begin k=1 end else begin k=k+1 end end // Falls Vorlaufzeit nicht realisierbar, Nachricht ausgeben if ( NB[q][t] > 0 and not (t – VLZ[q]) > 0 ) then begin Message(Bedarf in Höhe NB[q][t] konnte nicht eingeplant werden) end end end end

Im zweiten Fall wird auch der Bestand nach (Zugangs-)Kanten differenziert. Dazu ist das zusätzliche Attribut (Zugangs-)Kante erforderlich. Durch dieses Vorgehen kann z. B. ein anteiliger Sicherheitsbestand auf Ebene eines Erzeugnisses je Kante geführt oder eine Unter- / Überlieferung je Kante unterschieden werden (Bild 4-45). Für die Erfüllung des Bruttobedarfs muss eine Entnahmeregel für die einzelnen Bestände formuliert werden. Im Beispiel werden jeweils zwei aufeinander folgende Bestellungen über jeweils einen Zeitabschnitt einem Lieferanten zugeordnet.

446

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 Resultierender Bruttobedarf 19 16 16 10 Verfügbarer Bestand Kante 1 5 5 5 5 5 0 0 Kante 1 Verfügbarer Bestand Kante 2 5 5 20 1 0 0 0 Offene Zugänge Kante 1 Offene Zugänge Kante 2 15 Nettobedarf Kante1 11 10 Nettobedarf Kante 2 15

Kante 2

Bild 4-45 Nettobedarfsrechnung - alternative Kanten mit Bestandsdifferenzierung

Eine entsprechende algorithmische Umsetzung enthält Verfahren 4.1.1-25. Verfahren 4.1.1-25 Nettobedarfsrechnung bei alternativen Kanten mit Bedarfsdifferenzierung MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: sG / FO: NB

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW, sl: BS

zl: aPW, sl: BD

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Kon: streng bzgl. SZ SZahl: endlich

R: rAR, NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get m n e BB[q][t] OZ[q][k][t] BDIS[q][k][0]

Anzahl der Verbrauchsfaktoren Anzahl der Zeitabschnitte Anzahl der Kanten Bruttobedarf, Verbrauchsfaktor q im Zeitabschnitt t offene Zugänge, Verbrauchsfaktor q und Kante k im Zeitabschnitt t Anfangsbestand, Verbrauchsfaktor q und Kante k

Set NB[q][k][t] BDIS[q][k][t]

Nettobedarf, Verbrauchsfaktor q und Kante k im Zeitabschnitt t verfügbarer Bestand, Verbrauchsfaktor q und Kante k im Zeitabschnitt t

Variablen k q t, t2

Kantenvariable Verbrauchsfaktorvariable Zeitvariablen

Algorithmus: begin for q = 1 step until m do begin for k = 1 step 1 until e do begin // Nettobedarf für die aktuelle Kante berechnen for t = k step e until n do begin NB[q][k][t] = BB[q][t] – BDIS[q][k][t-1] – OZ[q][k][t] if ( NB[q][k][t] < 0 ) then begin NB[q][k][t] = 0 end // Verfügbaren Bestand der Kante für die nächsten e Zeitabschnitte berechnen for t2 = t step 1 until t + e do begin BDIS[q][k][t2] = BDIS[q][k][t-1] + NB[q][k][t] +OZ[q][k][t] - BB[q][t] end end end end end

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

447

In beiden Fällen wird auf der Seite des Bruttobedarfs nicht mehr nach ZugangsKanten differenziert. – Nettobedarfsrechnung bei begrenzter Lagerkapazität Ist der Bestand je Verbrauchsfaktorklasse begrenzt und liegt eine von S verschiedene Bestellpolitik vor, so muss der Zugang entsprechend modifiziert werden; im Prinzip werden Q-Politiken in Richtung eines zeitabschnittsweisen Zugangs bzw. einer (Zugangs-)Synchronisierung von Zu- und Abgang modifiziert. Der in Verfahren 4.1.1-26 enthaltene Grundalgorithmus begrenzt den Nettobedarf so, dass eine Bestandsobergrenze (je Verbrauchsfaktorklasse) eingehalten wird.84 Verfahren 4.1.1-26 Nettobedarfsrechnung bei begrenzter Lagerkapazität MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: sG / FO: NB

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW, sl: BS

zl: aPW, sl: BD

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: zRU, rRR, NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n BB[t] BDIS[0] s Q BMAX

Anzahl der Zeitabschnitte Bruttobedarf im Zeitabschnitt t verfügbarer Anfangsbestand Meldebestand Bestelllosgröße maximal zuläsiger Bestand

Set NB[t] BDIS[t]

Nettobedarf im Zeitabschnitt t verfügbarer Bestand im Zeitabschnitt t

Variablen t

Zeitvariable

84

Kon: streng bzgl. SZ

Der lokale Ablauf eines derartigen Verbrauchsfaktorknotens kann mit einem Wartezimmer verglichen werden, das eine begrenzte Anzahl von Warteplätzen hat. Die Patienten sammeln sich vor der Eingangstür bzw. rufen an, um einen Termin zu erhalten (Verwalten von eingehenden Faktorströmen), treten duch die Eingangstür in einem bestimmten Zeitraum (Öffnungszeit der Praxis) und einzeln (Eintrittsfunktion mengenmäßig) ein. Der Arzt fordert nach 15 Minuten einen weiteren Patienten an, der das Wartezimmer durch die (zweite) Tür zum Sprechzimmer verlässt. telefonischer Anruf Bruttoangebot 900-1200 / einzeln Eintrittsfunktion

Termin Nettobedarf

Nettoangebot

Taktzeit 15 min. Austrittfunktion

max. Bestand: 6 Patienten min. Bestand: 1 Patient (0 Patienten)

Patienten werden abgewiesen, wenn das Wartezimmer gefüllt ist (Verwalten des Zustands), obwohl Angebot und Zugangsrestriktion dies gegebenenfalls zulassen würden. Sollte andererseits das Wartezimmer immer mit mindestens einem Patienten gefüllt sein, müssen die telefonischen Anfragen (Bruttoangebot) so platziert werden (Nettobedarf), dass dieser Zustand erreicht wird. Hier wäre die Abgangsrestriktion „Taktzeit 15 Minuten“ dominant.

448

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Algorithmus: begin for t =1 step 1 until n do begin BDIS[t] = BDIS[t-1] - BB[t] if (BDIS[t] < s) then begin NB[t] = min{Q, BMAX - BDIS[t]} BDIS[t] = BDIS[t] + min{Q, BMAX - BDIS[t]} end end end

Damit wird ein Zugang mit einem ggf. zu großen Los anteilig auf spätere Zeitabschnitte verschoben; es wird aber kein fester Bestandssockel aufgebaut. Technisch könnte dieser Puffer beispielsweise als power-and free-Förderer realisiert werden. Belegen mehrere verschiedene Verbrauchsfaktorklassen z. B. ein Lager, das durch einen Verbrauchsfaktorknoten abgebildet wird, und bildet die Kapazität eine Restriktion für die Summe aller Zugänge je Zeitabschnitt, muss eine Kapazitätsüberschreitung über die Nettobedarfsrechnung am Verbrauchsfaktorknoten verhindert werden. In einer Fortschrittszahlendarstellung spannt der zulässige Bestand einen Bereich auf, der in Stück oder Zeit gemessen werden kann und in dem die Zugangskurve liegen muss (siehe Bild 4-46).85 Zugang Abgang

zulässiger Zugang = zulässiger summierter Nettobedarf

Zugang Abgang

zulässiger summierter Nettobedarf maximaler Zugang = frühester Zugang

maximaler Zugang = frühester Zugang

konstante Zeit

konstante Stückzahl

konstanter Bestand

Abgang = kum. Bruttobedarf = spätester Zugang

Abgang = kum. Bruttobedarf = spätester Zugang Zeit

konstante Pufferzeit

Zeit

Bild 4-46 Begrenzter Bestand

Im Beispiel von Bild 4-47 kann das Lager maximal 25 Stück speichern. Disponiert wird zunächst mit festen Losgrößen. Da der Bruttobedarf gedeckt werden muss, ist der Nettobedarf entsprechend festzulegen. Dabei soll über den Horizont fortschreitend der Zeitabschnitt mit der ersten Überschreitung des Lagerbestands gesucht 85

Ein konstanter Bestand im Sinne eines Puffers mit begrenzter Anzahl von Plätzen, die aber alle durchlaufen werden müssen (z. B. Förderband oder -kette), führt zu einer Verschiebung des Nettobedarfs gegenüber dem Bruttobedarf um einen konstanten Betrag (wie im Bild 4-46 Zugang).

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

449

werden. Zu diesem Zeitabschnitt wird der Materialknoten mit dem höchsten verfügbaren Bestand gesucht. Im Beispiel wird für diesen Materialknoten der Nettobedarf so geändert, dass die Bestandsobergrenze gehalten, aber der Bruttobedarf für den betrachteten Zeitabschnitt gedeckt wird. Mit dieser Vorgehensweise wird der gesamte Horizont durchgearbeitet. Zeitpunkt Zeitabschnitt Bruttobedarf Material 4711 Bestand Material 4711 Nettobedarf Material 4711

0

1 1 5

2 2 6

3 3 7

4 4 8

5 5 9

6 6 8

7 7 7

8 8 6

0 10 4 12 4 10 2 10 4 15 15 15 15

Bruttobedarf Material 4712 Bestand Material 4712 Nettobedarf Material 4712

1

1

2

Bruttobedarf Material 4713 Bestand Material 4713 Nettobedarf Material 4713

0

Bruttobedarf Material 4714 Bestand Material 4714 Nettobedarf Material 4714

5

Summierter Bestand

6 11 17 29 20 21 15 27 18

0

3 6

4 3

8 9

6 3

7 7

6 0

5 0

4 5

8 7

3

2 1

1 9

8

10

5 9

4 7

8

10

7 4

5 4

8

10 10 10 5

6 2

8

8 1

5 7

6 4

10 10 10

7 8

8 1

10

3 10

Bild 4-47 Ermittlung Nettobedarf bei begrenzter Lagerkapazität - Ausgangssituation

Der erste Zeitabschnitt mit Bestandsüberschreitung ist Zeitabschnitt 3, der höchste Einzelbestand liegt für Material 4711 mit 12 vor. Daher wird der Nettobedarf für Material 4711 in Zeitabschnitt 3 um 4 verringert. Zeitpunkt Zeitabschnitt Bruttobedarf Material 4711 Bestand Material 4711 Nettobedarf Material 4711 Summierter Bestand

0

1 1 5

2 2 6

3 3 7

4 4 8

5 5 9

6 6 8

7 7 7

8 8 6

0 10 4 8 0 6 13 6 0 11 15 15 15 6 11 17 25 16 17 26 23 14

Bild 4-48 Ermittlung Nettobedarf bei begrenzter Lagerkapazität 1. Schritt

Eine neue Überschreitung ergibt sich zum Zeitpunkt 6. Wieder ist Material 4711 betroffen. Das Los in Zeitabschnitt 6 wird daher auf 14 Stück reduziert. Es folgt Bild 4-49.

450

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Zeitpunkt Zeitabschnitt Bruttobedarf Material 4711 Bestand Material 4711 Nettobedarf Material 4711 Summierter Bestand

0

1 1 5

2 2 6

3 3 7

4 4 8

5 5 9

6 6 8

7 7 7

8 8 6

0 10 4 8 0 6 12 5 14 15 11 15 14 15 6 11 17 25 16 17 25 22 28

Bild 4-49 Ermittlung Nettobedarf bei begrenzter Lagerkapazität 2. Schritt

Eine weitere Überschreitung tritt zum Zeitpunkt 8 auf. Diese wird durch eine Reduzierung des Nettobedarfs im Zeitabschnitt 8 auf 12 Stück ausgeglichen. Es ergibt sich Bild 4-50. Zeitpunkt Zeitabschnitt Bruttobedarf Material 4711 Bestand Material 4711 Nettobedarf Material 4711 Summierter Bestand

0

1 1 5

2 2 6

3 3 7

4 4 8

5 5 9

6 6 8

7 7 7

8 8 6

0 10 4 8 0 6 12 5 11 15 11 15 14 12 6 11 17 25 16 17 25 22 25

Bild 4-50 Ermittlung Nettobedarf bei begrenzter Lagerkapazität 3. Schritt

Im Ergebnis wird der Zugang für Material 4711 verzögert und der Bestand entsprechend abgebaut. Der Preis dafür sind Lose, die von den zuvor ermittelten optimierten Losgrößen nach unten abweichen.86 In der algorithmischen Umsetzung in Verfahren 4.1.1-27 werden die Bestände zunächst zeitabschnittsweise berechnet. Bei Überschreiten der Lagerkapazität in einem Zeitabschnitt wird das Los des Verbrauchsfaktors mit dem höchsten verfügbaren Bestand im betrachteten Zeitabschnitt reduziert. Die feste Losgröße kann in diesem Fall nicht mehr eingehalten werden und das Los wird verringert, um die Bestandsobergrenze einzuhalten. Die veränderte Bestandssituation kann dazu führen, dass ein Los früher ausgelöst wird. Verfahren 4.1.1-27 Nettobedarfsrechnung bei begrenzter Lagerkapazität MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: sG / FO: NB

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW, sl: BS

zl: aPW, sl: BD

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: zRU, rRR, NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

86

Kon: streng bzgl. SZ

Grenze ist hier der Zeitabschnitt. Kann der zeitabschnittsweise Zugang ebenfalls nicht gespeichert werden, ist der Zeitabschnitt entsprechend zu verkleinern (siehe Abschnitt 3.2.1; big bukket und small bucket) - bspw. von Schicht auf Stunde.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten Get m n BB[q][t] NB[q][t] Q[q] S s[q] BDIS[q][0] BDISR[0]

Anzahl der Verbrauchsfaktoren Anzahl betrachteter Zeitabschnitte Bruttobedarf, Verbrauchsfaktor q im Zeitabschnitt t Nettobedarf, Verbrauchsfaktor q im Zeitabschnitt t Bestelllosgröße des Verbrauchsfaktors q Maximalbestand Mindestbestand des Verbrauchsfaktors q verfügbarer Anfangsbestand des Verbrauchsfaktors q resultierender Anfangsbestand

Set NB[q][t] BDIS[q][t] BDISR[t]

Nettobedarf, Verbrauchsfaktor q im Zeitabschnitt t verfügbarer Bestand, Verbrauchsfaktor q am Ende des Zeitabschnitts t resultierender verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t

Variablen anz L[q] Lq[q] max, maxq q t

Anzahl zu prüfender Bedarfe Sortierliste der verfügbaren Bestände Sortierliste der Verbrauchsfaktorvariablen Hilfsvariablen zur Maximumsuche Verbrauchsfaktorvariable Zeitvariable

Algorithmus: begin //Betrachtung über gesamten zeitlichen Horizont for t = 1 step 1 until n do begin BDISR[t] = 0 // Betrachtung über alle Verbrauchsfaktorklassen q for q = 1 step 1 until m do begin // Bestand berechnen, bei Unterschreitung des Mindestbestands Los auslösen BDIS[q][t] = BDIS[q][t-1] -BB[q][t] if (BDIS[q][t] < s[q]) then begin NB[q][t] = Q[q] BDIS[q][t] = BDIS[q][t] + NB[q][t] end //Resultierenden Bestand berechnen BDISR[t] = BDISR[t] + BDIS[q][t] end //Falls Maximalbestand überschritten, Liste mit Bedarfen erstellen und sortieren if (BDISR[t] > S) then begin anz = 0 for q = 1 step 1 until m do begin //Prüfen, ob Los bestellt wird if (NB[q][t] > 0) then begin //Anzahl der zu prüfenden Bedarfe erhöhen anz = anz+1 //Verbrauchsfaktorvariable in Hilfsliste schreiben Lq[anz] = q //Verfügbaren Bestand in Hilfsliste schreiben L[anz] = BDIS[q][t] end end max = 0 //Liste der Bedarfe sortieren for i= 0 step 1 until anz-1 do begin for q= 1+ i step 1 until anz do begin //Maximum in verbleibender Liste suchen if (L[q] > max) then begin max = L[q] maxq = q end end

451

452

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

//Anfangselement der Liste mit gefundenem Maximum tauschen L[maxq] = L[i] Lq[maxq] = Lq[i] L[i] = max Lq[i] = maxq end for i= 1 step 1 until anz do begin //Prüfen, ob der Nettobedarf des aktuellen Verbrauchsfaktors ausreichend verringert werden kann if ((BDISR[t] - S) > (NB[Lq[i]][t] - (BB[Lq[i]][t] - BDIS[Lq[i]][t - 1]))) then begin //Resultierenden verfügbaren Bestand aktualisieren BDISR[t] = BDISR[t] - (NB[Lq[i]][t] - (BB[Lq[i]][t] - BDIS[Lq[i]][t - 1])) BDIS[Lq[i]][t] = 0 NB[Lq[i]][t] = BB[Lq[i]][t] - BDIS[Lq[i]][t-1] else begin //Nettobedarf kann die Kapazitätsüberschreitung voll auffangen ; //Neuen verfügbaren Bestand errechnen BDIS[Lq[i]][t] = BDIS[Lq[i]][t] - ( BDISR[t] - S ) //Neuen Nettobedarf errechnen NB[Lq[i]][t] = NB[Lq[i]][t] - ( BDISR[t] - S ) //Bestand ist gleich maximalem Bestand BDISR[t] = S end end end end end

– Nettobedarfsrechnung mit Gassenpuffer Es wird angenommen, dass m Verbrauchsfaktorklassen über einen Gassenpuffer mit n Gassen (wobei m > n) bereitgestellt werden. Der Gassenpuffer wird als Verbrauchsfaktorknoten mit m Verbrauchsfaktorklassen behandelt. Vereinfachend soll angenommen werden, dass je Zeitabschnitt zu einer Gasse nur jeweils eine Verbrauchsfaktorklasse Zutritt hat und je Zeitabschnitt nur eine Gasse entleert werden kann. Es muss also angenommen werden, dass die verbrauchende Produktionsstufe mit einer in dieser Art angelegten zeitabschnittsweisen Produktion durchgeführt und der Bruttobedarf mit dem Nettoangebot in Übereinstimmung gebracht werden kann. Damit stellt sich ein Zyklus von n Zeitabschnitten ein, über die eine Gasse im einfachsten Fall mit den Faktoren nur einer Verbrauchsfaktorklasse bis zu einer Obergrenze gefüllt wird, während im letzten Zeitabschnitt eines „Slots“ der Abgang stattfindet. Diese um je einen Zeitabschnitt versetzten Slots sind einzelnen Verbrauchsfaktorklassen zuzuordnen. bereits festgelegt 6

11 7

Gassenanzahl n=5

12 8

13 9

5

10

Slot-Nummer

Bild 4-51 Gassenpuffer mit einer Verbrauchsfaktorklasse je Slot

Zeitabschnitt

m Verbrauchsfaktorklasssen

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

453

Im Falle einer Engpass-Situation wird eine Vorwärtsrechnung angewandt und mit der Zeit fortschreitend zeitabschnittsweise jeder Slot gefüllt. Mit der Heutelinie beginnend wird dazu die folgende zeitabschnittsweise Betrachtung angestellt: Zeitabschnitt t: Je Verbrauchsfaktorklasse wird der bis zu (Zeitabschnitt des Abgangs des im betrachteten Zeitabschnitt t begonnenen Slots + Vorgriffshorizont) kumulierte Bruttobedarf gebildet. Sollen bei entsprechend hohem Bruttobedarf die Slots mehrerer aufeinander folgender Zeitabschnitte derselben Verbrauchsfaktorklasse zugeordnet werden können, dann ist der Vorgriffshorizont auf „Null“ zu setzen. Sollen zwischen den Losen einer Verbrauchsfaktorklasse gewisse zeitliche Abstände bestehen, muss der Bruttobedarf bis zum Zeitabschnitt vor dem Abgang des Folgeloses dieser Verbrauchsfaktorklasse abgedeckt und der Vorgriffshorizont entsprechend festgelegt werden. Falls ausgeschlossen werden soll, dass sich während eines Zeitabschnitts im Gassenpuffer mehr als ein Slot derselben Verbrauchsfaktorklasse befindet, muss der Vorgriffshorizont zu > n-1 Zeitabschnitte gewählt werden. Dem betrachteten Slot bzw. Zeitabschnitt (Abgang im (t+n)-ten Zeitabschnitt einschließlich des betrachteten Zeitabschnitts t) wird die Verbrauchsfaktorklasse mit dem höchsten kumulierten Bruttobedarf zugeordnet. Bruttobedarf wird einem Slot bis zu einer Obergrenze (Fassungsvermögen je Gasse) zugeordnet; wird die Obergrenze nicht ausgeschöpft, wird der berechnete kumulierte Bruttobedarf (einschließlich Vorgriffshorizont) eingelastet. Der kumulierte Bruttobedarf der eingeplanten Verbrauchsfaktorklasse wird aktualisiert: bb kum neu = bb kum alt - im Slot eingeplante Menge. Die Slot-Menge wird mit dem Beginn des Slots eingelastet (oder in einer Rückwärtsbetrachtung je Slot). Der Nettobedarf über den Slot ergibt sich als je Zeitabschnitt eingelastete Menge. Zeitabschnitt t = t+1: Liegt keine grundsätzliche Engpass-Situation vor, ist eine Rückwärtsrechnung sinnvoll. In Richtung Gegenwart der erste belegte Slot ist der, in dem eine Verbrauchsfaktor-Klasse das Kriterium (kumulierter Bruttobedarf ab Ende des Planungshorizonts = im Slot einplanbare Bedarfsmenge) erfüllt. Ab diesem Slot werden die Slots rückwärts gefüllt. Ggf. werden Slots, die nicht gefüllt werden können, übersprungen. Treten in Richtung Gegenwart mit dieser Vorgehensweise Probleme mit der Heutelinie auf, muss in einer Vorwärtsrechnung die Engpass-Situation abgearbeitet werden. Je feiner die Zeitabschnitte gewählt werden, desto mehr wird hier die Vorgehensweise zu einer Reihenfolgeplanung mit variablen Zeitabständen. Modifiziert werden kann die Vorgehensweise in der Art, dass ein Slot auf mehrere Verbrauchsfaktorklassen aufgeteilt wird: Ein Slot wird aufsteigend mit dem Bedarf mehrerer Verbrauchsfaktorklassen gefüllt. Je Zeitabschnitt werden also mehrere Verbrauchsfaktorklassen als Abgang eingeplant (Möglichkeit 1: Alle Verbrauchsfaktorklassen warten bis zum gemeinsamen Abgang oder Möglichkeit 2: Es gibt unterschiedliche Sorten von Slots mit vielerlei Kombinationen).

454

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

2 Verbrauchsfaktorklassen Verbrauchsfaktorklasse 2

3 Verbrauchsfaktorklassen Verbrauchsfaktorklasse 2 Verbrauchsfaktorklasse 1

Verbrauchsfaktorklasse 3

gemischte Slots Zeitabschnitte je Slot Verbrauchsfaktorklasse 1

Bild 4-52 Gassenpuffer mit gemischten Slots

Verfahren 4.1.1-28 behandelt die Engpass-Situation in einer einfachsten Variante. Die Engpasssituation mit mehreren Verbrauchsfaktorklassen in einem begrenzten Slot behandelt Verfahren 4.1.1-29.

Verfahren 4.1.1-28 Behandlung der Engpasssituation - einfachste Variante MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: sG / FO: NB

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, aPW, nPW, sl: BS

zl: aPW, sl: BD

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: zRU, rRR, NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n m BB[q][t] SLOTMAX VGH

Anzahl betrachteter Zeitabschnitte Anzahl der Verbrauchsfaktorklassen Bruttobedarf, Verbrauchsfaktor q im Zeitabschnitt t maximale Größe eines Slots Vorgriffshorizont

Set SLOT[q][t] SLOTS[q][t]

Slot der Verbrauchsfaktorsklasse q im Zeitabschnitt t kumulierter Slot der Verbrauchsfaktorklasse q bis zum Zeitabschnitt t

Variablen t,tt q BBS[q][t]

Zeitvariablen Verbrauchsfaktorvariable kumulierter Bruttobedarf, Verbrauchsfaktorklasse q bis zum Zeitabschnitt t

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

455

Algorithmus: begin // Anfangswerte setzen for q = 1 step 1 until m do begin for t = 0 step 1 until n do begin SLOTS[q][t] = 0 BBS[q][t] = 0 end end for t = 1 step 1 until n do begin // Belegen des Slots des Zeitabschnitts t. // Ausgewählt wird die Verbrauchsfaktorklasse q* mit BBS[q*][t]= max, solange die // Obergrenze SLOTMAX nicht erreicht ist for q = 1 step 1 until m do begin for tt = 1 step 1 until t+VGH do begin BBS[q][t] = BBS[q][t] + BB[q][tt] end BBS[q][t] = BBS[q][t] - SLOTS[q][t-1] end Bestimmen der Verbrauchsfaktorklasse q* mit BBS[q*][t]= max SLOT [q*][t] = min {SLOTMAX, BBS[q*][t]} SLOTS [q*][t] = SLOTS [q*][t-1] + SLOT [q*][t] end end

Verfahren 4.1.1-29 Behandlung der Engpasssituation - mehrere Verbrauchsfaktorklassen in einem Slot MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: sG / FO: NB

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, aPW, nPW / sl: BS

zl: aPW, sl: BD

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: zRU, rRR, NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n m BB[q][t] SLOTMAX VGH

Anzahl betrachteter Zeitabschnitte Anzahl der Verbrauchsfaktorklassen Bruttobedarf, Verbrauchsfaktor q im Zeitabschnitt t maximale Größe eines Slots Vorgriffshorizont

Set SLOT[q][t] SLOTS[q][t] SLOTS[t]

Slot der Verbrauchsfaktorsklasse q im Zeitabschnitt t kumulierter Slot der Verbrauchsfaktorklasse q bis zum Zeitabschnitt t kumulierter Slot bis zum Zeitabschnitt t

Variablen t,tt q BBS[q][t]

Zeitvariablen Verbrauchsfaktorvariable kumulierter Bruttobedarf, Verbrauchsfaktorklasse q bis zum Zeitabschnitt t

Algorithmus: begin // Anfangswerte setzen for q = 1 step 1 until m do begin for t = 0 step 1 until n do begin SLOTS[q][t] = 0 BBS[q][t] = 0 end end for t = 1 step 1 until n do begin

456

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

// Belegen des Slots des Zeitabschnitts t. // Ausgewählt wird die Verbrauchsfaktorklasse q* mit BBS[q*][t]= max, solange die Obergrenze // SLOTMAX nicht erreicht ist for q = 1 step 1 until m do begin for tt = 1 step 1 until t+VGH do begin BBS[q][t] = BBS[q][t] + BB[q][tt] end BBS[q][t] = BBS[q][t] - SLOTS[q][t-1] end SLOTS[t] = 0 X: Bestimmen der Verbrauchsfaktorklasse q* mit BBS[q*][t]= max SLOT [q*][t] = min {SLOTMAX, BBS[q*][t]} SLOTS [q*][t] = SLOTS [q*][t-1] + SLOT [q*][t] SLOTS[t] = SLOTS[t] + SLOT[q*][t] SLOTMAX = SLOTMAX - SLOT[q*][t] // Löschen der Verbrauchsfaktorklasse q* BBS[q*][t] = 0 if (SLOTMAX >= 0) then begin goto X end end

• Nettobedarfsbildung bei Auslauf einer Verbrauchsfaktorklasse Liegt ab einem bestimmten Zeitpunkt für eine Verbrauchsfaktorklasse kein (geplanter) Abgang mehr vor, muss der Zugang so auf den vorliegenden Bruttobedarf abgestimmt werden, dass zum Auslaufzeitpunkt der Bestand vollständig aufgebraucht ist. Am einfachsten ist es hier, den Zugang - ähnlich wie bei begrenztem Bestand im Hinblick auf einen Primärbedarf extern (z. B. Greg. Kalender) oder intern (z. B. Fortschrittszahl) zu begrenzen. Fortschrittszahlen haben hier den Vorteil, dass eine exakte Auslaufsteuerung über alle Produktionsstufen ausschließlich über Fortschrittszahlen ohne Berücksichtigung von Nettobedarfen offener Zugänge, verfügbarer Bestände oder von Vorlaufzeitverschiebungen bewerkstelligt werden kann. Die Produktion bricht ab, wenn die Fortschrittszahl des Zugangs der gegebenen Auslaufgrenze am Abgang entspricht. Bei einer Bestellpunktpolitik wird bei ganzen Losen mit dem Los, das den Bedarf über den Auslaufzeitpunkt hinaus abdeckt, abgeschlossen; bei exaktem Ausregeln wird das letzte Los angepasst. Im ersten Fall mögliche Varianten sind Aufbrauchen des Loses und Verschrotten der Mehrbestände (siehe Abschnitt 3.2). Verfahren 4.1.1-30 legt ein exaktes Ausregeln mit Fortschrittszahlen und einem kleineren Restlos zugrunde. Verfahren 4.1.1-30 Ausregeln auf Bestand 0 mit Los < Q; Start mit beliebiger Fortschrittszahl zum Zeitpunkt Heute MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: sG / FO: NB

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW / sl: BS

zl: aPW, sl: BD

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Kon: streng bzgl. SZ SZahl: endlich

R: uMR, NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

4.1 Verbrauchsfaktorknoten Get n BB[t] OZ[t] Q s FZ BDIS [0]

Anzahl der Zeitabschnitte Bruttobedarf im Zeitabschnitt t offene Zugänge im Zeitabschnitt t Bestellmenge Meldebestand maximale Fortschrittszahl verfügbarer Anfangsbestand

Set NB [t] BDIS [t]

Nettobedarf im Zeitabschnitt t verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t

Variablen t NBFZ

Zeitzähler Hilfsvariable

457

Algorithmus: begin //Anfangswerte setzen for t = 1 step 1 until n do begin NB[t] = 0 end NBFZ = FZ - BDIS [0] for t = 1 step 1 until n do begin // Verfügbaren Bestand berechnen; Abbuchen des Bruttobedarfs BDIS [t] = BDIS [t-1] - BB [t] + OZ [t] // Falls Bestand unter Meldebestand bzw. innerhalb Sicherheitsbestand, Los bestellen; Zubuchen von Zugang if (BDIS [t] Q) then begin NB [t] = Q BDIS [t] = BDIS [t] + Q NBFZ = NBFZ - Q end else begin NB [t] = NBFZ BDIS [t] = BDIS [t] + NB [t] NBFZ = 0 goto M1 end end M1: end

Verfahren 4.1.1-31 legt ebenfalls Fortschrittszahlen und ein Abbrechen nach dem letzten ganzen Los zugrunde. Verfahren 4.1.1-31 Abbrechen mit ganzem Los; Start mit beliebiger Fortschrittszahl zum Zeitpunkt Heute MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: zG / FO: NB

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW / sl: BS

zl: aPW, sl: BD

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Kon: streng bzgl. SZ SZahl: endlich

R: uMR, NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

458

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Get n BB[t] OZ[t] Q s FZ BDIS [0]

Anzahl der Zeitabschnitte Bruttobedarf im Zeitabschnitt t offene Zugänge im Zeitabschnitt t Bestellmenge Meldebestand maximale Fortschrittszahl verfügbarer Anfangsbestand

Set NB [t] BDIS [t]

Nettobedarf im Zeitabschnitt t verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t

Variablen t NBFZ

Zeitzähler Hilfsvariable

Algorithmus: begin //Anfangswerte setzen for t = 1 step 1 until n do begin NB[t] = 0 end NBFZ = FZ - BDIS[0] for t = 1 step 1 until n do begin // Verfügbaren Bestand berechnen; Abbuchen des Bruttobedarfs BDIS [t] = BDIS [t-1] - BB [t] + OZ [t] // Falls Bestand unter Meldebestand bzw. innerhalb Sicherheitsbestand, Los bestellen; Zubuchen von // Zugang if (BDIS [t] Q then begin NB [t] = Q BDIS [t] = BDIS [t] + Q NBFZ = NBFZ - Q end else begin NB [t] = Q BDIS [t] = BDIS [t] + NB [t] NBFZ = 0 goto M1 end end end M1: end

In diesem Fall ist zusätzlich zu klären, wie mit der überlieferten Menge zu verfahren ist. Ein Bestellrhythmusverfahren fasst naturgemäß nur die vorliegenden Bedarfe zusammen; eine Fortschrittszahl könnte hier entweder generell verwendet werden (siehe Fortschrittszahlen) oder als zusätzlicher Vergleich dienen. 4.1.1.1.4

Gruppieren von Nettobedarf unter Beachtung von Kostenparametern

Bei der Losgrößenbildung werden Nettobedarfe, die sich aus der Verrechnung von Bruttobedarfen am Abgang des Faktorknotens und entsprechenden Beständen in der Mitte des Knotens ergeben haben, zu Losen zusammengefasst. Diese Gruppierung kann so vorgenommen werden, dass Lagerkosten und Wareneingangs- bzw. Bestellkosten minimiert werden. Die Ermittlung von über der Zeit konstanten Losgrö-

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

459

ßen wurde bereits in Abschnitt 3.2.1.2. betrachtet. Dabei wurden der Losgrößenberechnung über der Zeit konstante Bruttobedarfe zugrundegelegt. Hier sollen im folgenden zeitabschnittsweise fixierte variable Bruttobedarfe betrachtet werden. Bei der Nettobedarfsrechnung wurde bisher davon ausgegangen, dass Zugang und Abgang gleichverteilt über dem Zeitabschnitt folgen. Diese Annahmen liegen der Berechnung und der Andler’schen Losgrößenformel (siehe Abschnitt 3.1.2, Bild 3-6 und Bild 3-7) nicht zugrunde. Dort wird zunächst von einem unendlich schnellen Zugang zu einem Zeitpunkt und einem gleichverteilten Abgang über mehrere Zeitabschnitte ausgegangen. Damit liegt der Bruttobedarf des ersten Zeitabschnitts nach dem Zugang eines Loses im Durchschnitt 0,5 Zeitabschnitte im Puffer. Der Bruttobedarf des folgenden Zeitabschnitts würde 1,5 Zeitabschnitte im Puffer liegen usw. Eine weitere Variante dieser Verfahren geht davon aus, dass auch zu Beginn des Zeitabschnitts entnommen wird. Dann würden sich diese Zahlen zu 0, 1, 2 usw. verändern. Geht man wie bisher in Abschnitt 4.1.1.1.3 von über dem Zeitabschnitt verteiltem Zugang und Abgang aus, dann verursacht der erste Zeitabschnitt keine Lagerkosten (und im Lagerbestand/verfügbaren Bestand wird die Losgröße nicht erreicht). Der folgende Zeitabschnitt müsste mit „1“ bewertet werden, da der Zeitabschnitt des Zugangs und der betrachtete folgende je zur Hälfte eingerechnet werden müssten (0, 1, 2, usw.). Es gelten die folgenden Annahmen: – Der Planungszeitraum ist in nt Zeitabschnitte eingeteilt. – Die Gesamtbedarfe der betrachteten Verbrauchsfaktorklasse sind für alle nt Zeitabschnitte gegeben; TP = {1, ..., nt}. – Konstante Beschaffungskosten je Faktoreinheit. – Fehlmengen sind nicht erlaubt. – Die Liefergeschwindigkeit je Zeitabschnitt/Zeitpunkt ist nicht begrenzt. – Keine Ressourcenbeschränkungen. Damit lässt sich das Grundmodell einer Bildung kostenoptimaler Losgrößen wie folgt beschreiben: Variablen n

bt

in Zeitabschnitt t zu bestellende Menge (Nettobedarf),

ϑt

Binärvariable mit ϑ t ∈ { 0; 1 } , ϑ t = 0, wenn im Zeitabschnitt t keine Bestellung erfolgt, ϑ t = 1, wenn im Zeitabschnitt t eine Bestellung erfolgt,

Bt

im Zeitabschnitt t kostenwirksamer verfügbarer Bestand

Parameter btot

bt

kbes

Gesamtbedarf der betrachteten Verbrauchsfaktorklasse in Zeitabschnitt t, Bestellfixe Kosten,

460

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

klag

Lagerhaltungskosten, Beschaffungskosten je Faktoreinheit der betrachteten Verbrauchsfaktorklasse in Zeitabschnitt t.

stk

kt

n

Zielfunktion: Minimiere K Ges =

t

¦ ( kt

stk

⋅ bt

btot

+k

bes

⋅ ϑt + k

lag

⋅ Bt )

t=1

Nebenbedingungen: (1) Lagerbestandgleichungen – Kontinuierlicher Zugang, kontinuierlicher Abgang zeitabschnittsweise Betrachtung b b LG = NB1 2

1 0

dis

∀t, T ∈ T P : B T

dis

dis

0

1

1

2

2

t

n

b

= BT – 1 + bt – bt n

b

∀t, T ∈ T P : B t = B T – 1 + ( b t – b t ) ⁄ 2

T

– Zugang zu Beginn, kontinuierlicher Abgang zeitabschnittsweise Betrachtung b b LG = NB1 2

1 0

dis

∀t, T ∈ T P : B T

dis

dis

0

1

1

2

2

t

b

n

= BT – 1 + bt + 1 – bt b

∀t, T ∈ T P : B t = B T – 1 + b t ⁄ 2

T

– Zugang zu Beginn, Abgang zu Beginn zeitpunktweise Betrachtung b b LG = NB1 2

1 0

dis

∀t, T ∈ T P : B T

dis

n

b

= BT – 1 + bt + 1 – bt + 1 dis

0

1

1

2

2

t

T

∀t, T ∈ T P : B t = B T – 1

– Kontinuierlicher Zugang, Abgang zu Beginn zeitabschnittsweise Betrachtung dis

∀t, T ∈ T P : B T

1 0

dis

n

b

= BT – 1 + bt – bt dis

0

1

1

2

2

t

T

∀t, T ∈ T P : B t = B T – 1 ; dis

n

in Zeitabschnitten mit Zugang B t = B T – 1 + b t ⁄ 2

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

461

– Zugang zu Ende, Abgang zu Beginn zeitpunktweise Betrachtung dis

∀t, T ∈ T P : B T

1 0

dis

n

b

= BT – 1 + bt – bt + 1 dis

0

1

1

2

2

t

T

∀t, T ∈ T P : B t = B T

– Kontinuierlicher Zugang, Abgang zu Ende zeitabschnittsweise Betrachtung dis

∀t, T ∈ T P : B T

1 0

dis

n

b

= BT – 1 + bt – bt dis

0

1

1

2

2

t

T

∀t, T ∈ T P : B t = B T – 1 ; dis

n

in Zeitabschnitten mit Zugang B t = B T – 1 + b t ⁄ 2 – Zugang zu Beginn, Abgang zu Ende zeitpunktweise Betrachtung dis

∀t, T ∈ T P : B T

1 0

dis

n

b

= BT – 1 + bt + 1 – bt dis

0

1

1

2

2

t

T

∀t, T ∈ T P : B t = B T – 1

– Zugang zu Ende, Abgang zu Ende zeitpunktweise Betrachtung dis

∀t, T ∈ T P : B T

1 0

dis

n

b

n

b

= BT – 1 + bt – bt dis

0

1

1

2

2

t

T

∀t, T ∈ T P : B t = B T – 1

– Zugang zu Ende, kontinuierlicher Abgang zeitabschnittweise Betrachtung dis

∀t, T ∈ T P : B T

1 0

dis

= BT – 1 + bt – bt dis

0

1

1

2

2

t

T

b

∀t, T ∈ T P : B t = B T – 1 – b t ⁄ 2

(2) Nichtnegativitätsbedingungen ∀t ∈ T P : B t ≥ 0 n

∀t ∈ T P : b t ≥ 0

n ­ ° 0, wenn bt = 0 ∀t ∈ T P : δ t = ® ° 1, wenn b n > 0 t ¯

B t ≥ 0 stellt je nach Lagerbestandsgleichung für die Höhe des Verfügbaren Be-

462

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

dis

stands B T – 1 eine entsprechende Bedingung dar. – Optimale Verfahren der Losgrößenbildung mit variabler Losgröße und variablen Bestellzyklen Eine Lösung des Losgrößenproblems bei schwankender Bedarfsmenge wird von Wagner und Within mittels dynamischer Optimierung vorgeschlagen87. Dabei wird von einem gegebenen Planungshorizont, unbegrenztem Zugang und unbegrenzten Beständen ausgegangen. Beispiel: Gegeben seien der Nettobedarf für die nächsten 6 Zeitabschnitte und die Bestellkosten kbes und die Lagerkosten klag. Es wird von einer Bewertung der Form 0, 1, 2, 3, ... ausgegangen. Zeitabschnitt Nettobedarf

1 2 3 4 5 6 100 120 80 110 80 40

kbes = 250 €/Bestellung klag = 2 €/(Stück*Zeitabschnitt)

Die Kosten für eine Losgröße, die Zeitabschnitt t1 bis Zeitabschnitt t2 jeweils einschließlich abdeckt, ergeben sich mit: ∀t 1, t 2 ∈ T P : k t ,t = k 1 2

bes

+k

lag

t2

n ¦ ( t – t 1 )b t . t = t1

Dabei werden die möglichen Losgrößenvarianten mit QVt1, t2 bezeichnet. Eine vollständige Kombination für eine Losgrößenkombination wäre beispielsweise mit QVt1,t3, QVt4 und QVt5,t6 gegeben. Ziel ist es, die kostenminimale Kombination der Losgrößenvarianten zu finden. Dazu werden die Gesamtkosten einer Losgrößenpolitik von 0 bis t definiert mit: tot

tot

= min 1 ≤ tt ≤ t ( k tt – 1 ) + k tt ,t . 2 2 Der erste Teil der Summe besteht aus einer Losgrößenkombination, die den Zeitraum von 0 bis tt-1 abdeckt. Der zweite Summand gibt die Kosten für ein Los, das die Bedarfe vom Zeitpunkt tt bis t2 abdeckt, wieder. Mit der rekursiven Beziehung kt

tot

in k t

87

ergibt sich die Berechnung für das Beispiel wie in Bild 4-53.

Vgl. [TEMP06], S. 142ff. Das unkapazitierte Losgrößenproblem lässt sich ganz allgemein mit Hilfe des Lösungsprinzips der dynamischen Programmierung lösen. Aufgrund der Kostenstruktur der PPS-Aufgabenklasse kann das Problem aber auch durch (einfache) Vorwärtsrekursion gelöst werden. Daneben gibt es einige Heuristiken, bei denen ebenfalls in der Zeit vorwärts rekursierend vorgegangen wird, aber die Abbruchbedingung bei der Verbesserung der Lösung anders gewählt wird als bei den optimalen Lösungsprinzipien. Dazu werden Ersatzziele benutzt, von denen heuristische Aussagen existieren, dass sie das eigentliche Formalziel unterstützen (vgl. [KISTE90], S. 43-70). Die Losgrößenbildung in mehrstufigen Produktionssystemen wird bspw. in [FIN97, AGK84, DSV93, KUSA91] und [MKSC91] behandelt.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

t=1

t=2

tot

k0

tot

k0

tot

k1 t=3

t=4

t=5

t=6

tot k0 tot k1 tot k2 tot k0 tot k1 tot k2 tot k3 tot k0 tot k1 tot k2 tot k3 tot k4 tot

k0

tot k1 tot k2 tot k3 tot k4 tot k5

tot

+ k1,1 = 0 + 250 + 0 = 250

k 1 = 250 QV 1opt = QV1,1

+ k1,2 = 0 + 250+ 2 * 120 = 490

k 2 = 490 QV 2opt = QV1,2

+ k2,2 = 250 + 250 = 500 + k1,3 = 0 + 250 + 2 * 120 + 4 * 80 = 810 + k2,3 = 250 + 250 + 2 * 80 = 660

463

tot

tot

k 3 = 660 QV3opt = (QV1,1; QV2,3)

+ k3,3 = 490 + 250 = 740 + k1,4 = 1470 + k2,4 = 250 + 850 = 1100

tot

k 4 = 910 QV4opt = (QV1,1; QV2,3; QV4,4)

+ k3,4 = 490 + 470 = 960 + k4,4 = 660 + 250 = 910 + k1,5 = 2110 + k2,5 = 250 + 1330 = 1580

tot

k5

= 1070 QV5opt = (QV1,1; QV2,3; QV4,5)

+ k3,5 = 490 + 790 = 1280 + k4,5 = 660 + 410 = 1070 + k5,5 = 910 + 250 = 1160 + k1,6 = 2510 + k2,6 = 250 + 1650 = 1900

tot

k 6 = 1230 QV6opt = (QV1,1; QV2,3; QV4,6)

+ k3,6 = 490 + 1030 = 1520 + k4,6 = 660 + 570 = 1230 + k5,6 = 910 + 330 = 1240 + k6,6 = 1070 + 250 = 1320

Bild 4-53 Beispiel - Wagner/Within-Verfahren

Damit werden in Zeitabschnitt 1,2 und 4 Lose mit 100, 200 und 230 Stück bestellt. Die minimalen Gesamtkosten belaufen sich auf 1230 Euro. Verfahren 4.1.1-32 gruppiert nur Zugangsereignisse88. Eine Gruppierung findet hier kombiniert statt, da sowohl Zeitpunkte als auch Mengen der Nettobedarfe bestimmt werden. Eine Bewertung der Zwischenergebnisse wird hier durch das Formalziel, das die anfallenden Gesamtkosten als sachlichen Bezug in einer absoluten kardinalen Bewertung beurteilt, bestimmt. 88

Das beschriebene Verfahren ermittelt die Losgrößen unter der Voraussetzung, dass der Lagerbestand am Ende des Zeitabschnitts bekannt ist. In der Beispielrechnung liegt dieser bei Null. Bei rollierender Planung mit sich verschiebenden Planungszeitfenstern ist dies nicht zwangsläufig der Fall und die für die isolierte Betrachtung optimale Lösung nicht mehr optimal. Daher empfehlen unter anderem [TEMP92], [KIST01] oder [ROBR91] unter der Voraussetzung einer rollierenden Planung den Einsatz von heuristischen Verfahren (siehe Fußnote 87).

464

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Verfahren 4.1.1-32 Losgrößenbestimmung mit dem Wagner/Within-Verfahren MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: zG / FO: NB

SdZ: Konst. verbessernd, entlang Zeit

zl: nPW, aPW / sl: BD

--

--

Z: dZPM, gleich

--

--

SZahl: endlich

R: NNB

--

--

WüZ: sicher bzgl. SZ und FZ

Get n NB[t] KBES KSZ

Anzahl der Zeitabschnitte Nettobedarf im Zeitabschnitt t bestellfixe Kosten Lagerkostensatz pro Stück und Zeitabschnitt

Set KGOPT[t] KG[t1][t]

minimale Gesamtkosten am Ende des Zeitabschnitts t Gesamtkosten der Bestellung von Zeitabschnitt t1 bis t

Variablen H t,t1,t2 sum1,sum2

Hilfsvariable Zeitvariablen Variablen zur Summation

Kon: streng bzgl. SZ und FZ

Algorithmus: begin KGOPT[0]= 0 // Durchlaufe alle Werte KG[t1...t] for t = 1 step 1 until n-1 do begin for t1 = 1 step 1 until t do begin sum1 = 0 sum2 = 0 H = KGOPT[ t1-1]+KBES // Bilden der Summe for t2 = t1+1 step 1 until t do begin sum1 = sum2+(t2-t1)*NB[t2-1] sum2 = sum1 end // Die Summe wird mit dem vorherigen Ergebnis verrechnet H = H + KSZ * sum2 KG[t1][t] = H end KGOPT[t] = KG[t][t] // Die GK einer Zeitperiode werden verglichen, um das Optimum zu bestimmen for t1 = 1 step 1 until t+1 begin if ( t1+1 KG[t1][t]) then begin KGOPT[t] = KG[t1][t] end end end end

Ein abgewandeltes Losgrößenverfahren mit dynamischer Optimierung89 bei begrenztem Zugang und begrenzter Lagerkapazität soll im folgenden Beispiel erläutert werden. Die Klassifikation von Verfahren 4.1.1-31 erweitert sich damit um eine Bestandsrestriktion (uMR).

89

Zur formalen Beschreibung siehe [BELL61].

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

465

WP: Kausalprinzip

FZ: sachlicher Bezug, GR: kG / FO: NB kardinal, absolut

SdZ: Konst. verbessernd, entlang Zeit

zl: nPW, aPW / sl: BD

--

--

Z: dZPM, gleich

--

--

Kon: streng bzgl. SZ und FZ SZahl: endlich

R: NNB, uMR

--

--

WüZ: sicher bzgl. SZ und FZ

Bild 4-54 Klassifizierung NB-Ermittlung - Losgrößenbildung bei dynamischer Optimierung bei begrenztem Zugang und begrenzter Lagerkapazität

Beispiel: In einem Unternehmen muss für vier aufeinanderfolgende Zeitabschnitte eine bestimmte, in jedem Zeitabschnitt gleiche Menge eines Rohstoffes

Zeitabschnitt Einkaufspreis Bruttobedarf

1 2 3 4 7 9 12 10 1 1 1 1

Bild 4-55 Ausgangsdaten -

b

(Bruttobedarf b t ) bereitgestellt werden, damit das Losgrößenverfahren mit dyProduktionsprogramm erstellt werden kann. Die Ein- namischer Optimierung kaufspreise des Rohstoffes unterliegen Saisonschwankungen, sie sind aber für jeden Zeitabschnitt bekannt. Der Lieferant kann (bei vernachlässigbarer Lieferzeit) in einem Zeitabschnitt maximal den Bedarf für zwei Zeitabschnitte liefern. Die Lagerkapazität ist ebenfalls auf den Brutto-Bedarf zweier Zeitabschnitte beschränkt. Zu Beginn des Zeitabschnitts 1 ist das Lager leer dis

( B0

= 0). Am Ende des vierten Zeitabschnitts soll der Bestand wieder auf 0 gedis

fahren werden ( B 4 = 0). Auf die Erfassung der Lagerkosten wird verzichtet. Damit ergibt sich die Menge möglicher Lagerzustände (Lagermengen) am Ende von dis

Zeitabschnitt t: B 0

dis

= {0}; B 1

dis

= {0, 1}, B 2

dis

= {0, 1, 2}; B 3

= {0, 1} und

dis

B 4 = {0}. Q t sind die zu Beginn des Zeitabschnitts t einzukaufenden (und zum selben Zeitpunkt bereits verfügbaren) Mengeneinheiten des Rohstoffs. Der Bedarf b

b t wird unmittelbar aus der eintreffenden Lieferung Q t oder vom Lagerbestand gedeckt. Durch die Nebenbedingungen werden die Bestellungen Q t wie folgt beschränkt: ­ dis b½ Q 1 = {0, 1, 2} und Q t = ® Q t 0 ≤ Q t ≤ 2 – B t – 1 + b t ¾ für t = 2, 3, 4. ¯ ¿ Die Q t werden zusätzlich dadurch begrenzt, dass das Lager am Ende des Zeitabschnitts 4 leer sein soll. Die zeitabschnittsabhängige Kostenfunktion ist stk

Kt

dis

stk

= kt

⋅ Q t . Die Berechnung des Bestands ergibt sich mit: b

dis

B T – 1 + Q t – b t = B T für t = 1, ..., 4. Als Ziel soll eine Minimierung der Bestellkosten verfolgt werden:

466

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Minimiere K

stk

4

stk ¦ kt ⋅ Qt .

=

t=1

Ausgehend vom letzten Zeitabschnitt wird hier in einer zeitlichen Rückwärtsbetrachtung vorgegangen. In den Tabellen sind jeweils die besten von einem Zustand dis

B t ausgehenden Entscheidungen und die sich dabei ergebenden Zielfunktionswerte mit einem Stern versehen. dis

t = 4: Zum Zeitpunkt 4 gilt B 4 dis

B3

= 0. Auf diesen Zustand kann über einen Bestand dis

= 1 und Q 4 = 0 oder einen Bestand B 3

= 0 und eine Bestellmenge Q 4 = stk

1 gelangt werden. Die Kosten ergeben sich zu K 4 (siehe Bild 4-56).

dis dis Q B2 3 B3 2 0* 1 1 1 1 0* 0 0 2 1 1* 0

dis Q dis stk B3 4 B 4 K4 1 0* 0 0* 0 1* 0 10*

Bild 4-56 Beispiel - Losgrößenverfahren mit dynamischer Optimierung (1/4)

dis

dis

dis

dis

dis

dis

= 1 oder B 3

= 2 könnte nicht mehr zulässig in B 4

den. Die damit möglichen Zustände B 2 B2

stk stk K3 K 4 0 0 12 0 0 10 24 0 12 10

= 10 GE stk K 3, 4 0* 12 10* 24 22*

Bild 4-57 Beispiel - Losgrößenverfahren mit dynamischer Optimierung (2/4)

t = 3: Zum Zeitpunkt 3 ist nur ein Bestand B 3 Ein Bestand B 3

stk

= 0 bzw. K 4

= 0 zulässig.

= 0 überführt wer-

sind in Bild 4-57 aufgelistet. Ein Bestand

= 2 und Q3 = 0 ist einer der Pfade, die betrachtet werden müssen. Ausgedis

hend vom Bestand B 2

= 1 führt Q3 = 0 zu geringeren Gesamtkosten als Q3 = dis

1. Q3 = 1 wird daher für B 2

= 1 nicht mehr betrachtet. Ausgehend vom Bestand

dis B 2 = 0 führt Q3 = 1 zu geringeren Gesamtkosten als Q3 = 2. Q3 = 2 wird daher dis für B 2 = 0 ausgeschlossen. dis dis t = 2: Zum Zeitpunkt 2 ist B 2 = { 0, 1, 2 } zulässig. Damit sind B 1 = 1 dis dis oder B 1 = 0 möglich. Für B 1 = 1 führt Q2 = 2 zu geringeren Gesamtkodis sten als Q2 = 1 bzw. Q2 = 0. Für B 1 = 0 führt Q2 = 2 zu geringeren Kosten als

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

467

Q2 = 1 (siehe Bild 4-58). B

dis Q B dis K stk stk K stk 2 2 K 3, 4 2, 4 2 1 1 2* 2 18 0 18* 1 1 9 10 19 0 0 0 22 22 0 2* 1 18 10 28* 1 0 9 22 31

B

Bild 4-58 Beispiel - Losgrößenverfahren mit dynamischer Optimierung (3/4)

dis

t = 1: Zum Zeitpunkt 1 ist B 1

stk stk dis dis Q1 B 1 K stk K 2, 4 K 0 1, 4 1 0 2* 1 14 18 32* 1 0 7 28 35

Bild 4-59 Beispiel - Losgrößenverfahren mit dynamischer Optimierung (4/4)

dis

= 0 oder B 1

= 1 zulässig. Damit kann ausge-

dis

hend von B 0 = 0 Q1 zu Q1 = 2 oder Q1 = 1 gewählt werden (siehe Bild 4-59). Die optimale Politik für das gesamte Problem lässt sich beginnend für t = 1 zurückverfolgen. Es gilt: dis

Q1* = 2, daraus folgt B 1 dis

Q 3* ( B 2 dis

B4

dis

= 1 ; Q2*( B 1 dis

= 2 ) = 0, daraus folgt B 3

dis

= 1 ) = 2, daraus folgt B 2 dis

= 1 ;Q4*( B 3

= 2;

= 1 ) = 0, daraus folgt

= 0 . Die Gesamtkosten der optimalen Politik (Q1* = Q2* = 2, Q3* = Q4* =

0) sind damit 32 GE. 0 2 18 1

10 1

0 1

32 0

28 0

22 0

10 0

0

0

1

2

3

4

Zeitpunkt

Bild 4-60 Optimale Zustandspfade

Die optimale Politik ist innerhalb des Graphen von Bild 4-60 durch einen gestrichelt gezeichneten Weg von der Quelle zur Senke kenntlich gemacht. Ebenfalls gestrichelt gezeichnet sind die optimalen Politiken sämtlicher übriger im Laufe des Lösungsprozesses betrachteten Teilprobleme. Die Ermittlung einer optimalen Losgröße mittels dieser dynamischen Optimierung ist vergleichsweise aufwendig. Darüber hinaus ist die Optimalität eigentlich gar nicht gegeben, da in Wirklichkeit zu Ende des Horizonts nicht der Auslauf eines

468

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

dis

Gutes mit B t = 0, sondern die Verlängerung des Horizonts um einen weiteren Zeitabschnitt ansteht. Für diesen neuen Horizont muss der angestrebte Bestand dis

Bt = 0, der jetzt ja nicht mehr am Ende des Horizonts steht, nicht zwangsläufig optimal sein. Also wird für den neuen Horizont eine völlige Neuberechnung durchgeführt, die einerseits - insbesondere auf den vorgehenden Produktionsstufen - eine entsprechende Unruhe erzeugt und andererseits jetzt wieder, eine Planungsperiode dis

später, völlig unsinnigerweise B t = 0 anstrebt, da für die nächste Periode der Horizont erneut verlängert werden muss. Nur den neu ergänzten Zeitabschnitt zu bedis

rechnen, würde bedeuten, am Ende jedes Zeitabschnitts B t = 0 anzustreben. Das wäre aber nicht sinnvoll, da dieses zu einer zeitabschnittsweisen Weitergabe des Nettobedarfs führen würde. Daher empfiehlt Robrade unter der Voraussetzung einer rollierenden Planung den Einsatz von heuristischen Verfahren.90 – Heuristische Verfahren der Losgrößenbildung mit variabler Losgröße und variablen Bestellzyklen Den im Folgenden dargestellten heuristischen Verfahren91 ist gemein, dass sie auf der klassischen Losgrößenformel92 nach Andler basieren. Mit dieser Formel wird die optimale Bestellmenge bei einem gegebenen gleichmäßigen Bedarf unter Berücksichtigung von Bestell- und Lagerkosten ermittelt. Das errechnete Kostenminimum besitzt zwei Eigenschaften, die als Grundlage für die gleitende Bestellmengenrechnung und das Stückkostenausgleichsverfahren dienen. Der erste Ansatz baut darauf auf, dass ein Minimum der jährlichen Kosten gemäß Losgrößenformel mit dem Minimum der Kosten je Stück erreicht wird. Die Kosten je Stück berechnen sich mit k = k k

tot

tot

y

⁄b = k y

= b ⁄Q⋅k

bes

bes

⁄ Q + (Q ⋅ k

+ (Q ⋅ k

lag

lag

⋅k

⋅k

stk

stk

y

) ⁄ ( 200 ⋅ b ) und die Gesamtkosten mit

) ⁄ 200 .

90

Vgl. [ROBR91], S. 74ff.

91

Weitere heuristische Verfahren sind bspw. das Silver Meal-Verfahren, das Grenzkostenverfahren von Groff und das Losgrößen Savings Verfahren. Das Silver Meal-Verfahren nutzt aus dem klassischen Losgrößenmodell die Eigenschaft, dass bei der optimalen Losgröße die durchschnittlichen Kosten je Zeiteinheit abnehmen (vgl. [TEMP92], S. 169ff). Das Verfahren von Groff nutzt als Basis ebenfalls eine Eigenschaft des klassischen Losgrößenmodells. Bei dieser sind die Grenzrüstkosten bzw. Grenzbestellkosten und die Grenzlagerkosten gleich (vgl. auch [KIST01], S. 65ff). Das Losgrößen Savings Verfahren basiert auf dem Savings Verfahren von Clarke und Wright (vgl. [TEMP83]). Das dynamische Losgrößenproblem wird hierbei in die Struktur eines einfachen Tourenplanungsproblems überführt und entsprechend der Savings Heuristik gelöst [Vgl. [TEMP92], S. 171ff).

92

Die genaue Ableitung der Andler-Formel ist in [FRAN84], S. 139ff, [NYH91], S. 56ff oder [KIST01], S. 4ff zu finden. Erweiterungen der Losgrößenformel bezüglich offener bzw. geschlossener Fertigung, der Behandlung von Rabatten oder der Berücksichtigung von Preiserhöhungen bleiben hier unberücksichtigt. Hier sei auf [ROSE95], S. 47ff verwiesen.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

469

Durch Differenzieren der Gleichungen nach Q und Nullsetzen der 1. Ableitung erhält man jeweils: y

Q opt = ( ( 200 ⋅ b ⋅ k

bes

) ⁄ (k

lag

stk 1 ⁄ 2

⋅k

))

.

Daher liegt bei Qopt jeweils das Minimum von Kosten je Stück und Gesamtkosten vor. Die zweite Eigenschaft geht davon aus, dass die optimale Bestellmenge und damit das Kostenminimum dort liegen, wo Bestellkosten und Lagerhaltungskosten gleich sind. Damit ergibt sich K

bes

= K

lag

y

bes

) ⁄ Q = (Q ⋅ k

lag

⋅k

lag

⋅k

mit ( b ⋅ k

lag

⋅k

stk

) ⁄ 200 . Eine entsprechende

Umstellung nach Q ergibt: 2

y

bes

y

bes

Q = ( 200 ⋅ b ⋅ k Q = ( ( 200 ⋅ b ⋅ k

) ⁄ (k

) ⁄ (k

stk

) oder

stk 1 ⁄ 2

))

. Es liegt demnach wieder die optimale

Losgröße vor. + Gleitende Bestellmengenrechnung Das Verfahren der gleitenden Bestellmengenrechnung verwendet die aus der klassischen Bestellmengenformel abgeleitete erste Eigenschaft der Identität zwischen Gesamtkostenminimum und Stückkostenminimum. Bei diesem Verfahren soll für ein im Zeitabschnitt i zugehendes Los zunächst von den folgenden Voraussetzungen ausgegangen werden: – Die im i-ten Zeitabschnitt verbrauchte Menge verursacht keine Lagerkosten. Die Entnahme aus dem Lager erfolgt zu Beginn eines Zeitabschnitts. – Die im (i+1)-ten Zeitabschnitt verbrauchte Menge lagert einen Zeitabschnitt und verursacht dementsprechend Lagerhaltungskosten für einen Zeitabschnitt. – Die im (i+2)-ten Zeitabschnitt verbrauchte Menge lagert zwei Zeitabschnitte und verursacht dementsprechend Lagerhaltungskosten für zwei Zeitabschnitte. – usw. Die Gesamtkosten für die Bestellung und die Lagerung der nicht im t-ten Zeitabschnitt verbrauchten Menge betragen mit den obigen Annahmen: n

∀t ∈ T p : K t

tot

=k

bes

+k

lag



t

n ¦ ( i – t ) ⋅ bi

i = t+1 Auf jedes Stück eines Loses entfallen folgende Kosten: t t n § · § n · bes lag tot n n ∀t ∈ T p : k t = K t ⁄ Q t = ¨ k +k ⋅ ¦ ( i – t ) ⋅ bi ¸ ⁄ ¨ ¦ bi ¸ ¨ ¸ ¨ ¸ © ¹ ©i = t ¹ i = t+1 Diese Stückkosten sollen minimiert werden. Die Prinzipien des Verfahrens der gleitenden Bestellmengenrechnung lauten:

470

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

– Eine Bestellmenge Q t, t wird um die Bedarfsmenge des nächsten Zeitabschnitts 2 vergrößert auf Q t, t + 1 , wenn sich dadurch die Stückkosten senken lassen, also 2

tot tot k t, t > k t, t + 1 ist. 2 2

– Die Bestellmenge bleibt dagegen auf Q t, t beschränkt – und stellt somit die 2 jeweilige wirtschaftliche Bestellmenge dar –, falls die Stückkosten durch Vergrößerung der Bestellmenge auf Q t, t + 1 nicht kleiner werden, also 2

tot tot k t, t ≤ k t, t + 1 gilt93. 2 2 tot tot tot Mit k 1, 1 beginnend werden k 1, 2 , k 1, 3 ... usw. so lange gebildet, solange diese 1 Stückkosten immer kleiner werden. Ist ein k t, t + 1 gefunden, das nicht kleiner ist 2

als k t, t , so stellt Q 1, t die erste wirtschaftliche Bestellmenge dar und bei den 2 2 tot

tot

nachfolgenden Zeitabschnitten wird für k t + 1 , k t + 2 etc. in analoger Weise ver2 2 tot

fahren. Modifikationen ergeben sich, wenn als Bedingung k t, t < k t, t + 1 gesetzt 2 2 wird. Im ersten Fall ( 0) then begin t2 = t w=1 end end Q[t2] = Q[t2] + NB[t] KM[t] = NB[t] * H H = H+ 1 // So lange kumulierte Mengen kleiner Vergleichswert, Los erhöhen KG = 0 for t = t+1 step 1 until n do begin Q[t2] = Q[t2] + NB[t] KM[t] = KM[t-1] + ( NB[t] * H) H = H+ 1

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

475

// Falls kumulierte Menge größer als Vergleichswert, neues Los beginnen if ( V < KM[t] ) then begin Q[t2] = Q[t2] – NB[t] t2 = t if ( not v ) then begin H = 0.5 end else begin H=0 end Q[t2] = NB[t] KG = KG + ( KM[t-1] * KSZ) KM[t] = NB[t] * H H = H+1 end end //Bestellkosten aufaddieren for t = 1 step 1 until n do begin if (Q[t] > 0) then begin KG = KG + KBES end end //Falls in letztem Zeitabschnitt keine Bestellung, Lagerkosten aufaddieren if (Q[n] = 0) then begin KG = KG + (KM[n-1] * KSZ) end end

Als Beispiel werden wieder die Bedarfswerte und Kostensätze aus Bild 4-61 vorbes

lag

ausgesetzt. Der Vergleichswert V ergibt sich zu K ⁄K = 20 ⁄ 0, 2 = 100 . In der ersten Variante werden die Lose für einen Verbrauch zu Beginn des Zeitabschnitts berechnet. Damit ergibt sich Bild 4-63. Die Gesamtkosten betragen bes

lag

+ K = 4 ⋅ 20 + 30 ⋅ 0, 2 + 20 ⋅ 0, 2 + 80 ⋅ 0, 2 = 106 €. Entsprechend gilt bei einem gleichmäßigen Verbrauch des Bedarfs über einen Zeitabschnitt Bild 4-64. Mit Losen in Zeitabschnitt 1, 3, 5 und 6 ergeben sich die Gesamtkosten zu: K

K

bes

+K

lag

= 4 ⋅ 20 + ( 18 + 10 + 5 + 20 ) = 133, 00 €.

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7 Nettobedarf 90 30 40 20 50 80 40 Vergleichswert V 100 100 100 100 100 100 100 kumulierter Be0 30 0 20 0 80 0 stand kumulierte 0 6 0 4 0 16 0 Lagerkosten wirtschaftliche 120 60 130 40 Losgröße

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7 Nettobedarf 90 30 40 20 50 80 40 Vergleichswert V 100 100 100 100 100 100 100 kumulierter Be- 45 90 20 50 25 40 100 stand kumulierte 9 18 4 10 5 8 20 Lagerkosten wirtschaftliche 120 60 50 120 Losgröße

Bild 4-63 Beispiel 1 - Part Period-Verfahren

Bild 4-64 Beispiel 2 - Part Period-Verfahren

Sowohl die gleitende Bestellmengenrechnung als auch das Stückkostenausgleichsverfahren können bei mehreren Lagerorten eingesetzt werden. Relevant für die Bildung

476

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

der Losgröße ist dann der summierte Nettobedarf; ein begrenzter Zugang je Zeitabschnitt ist lediglich eine zusätzliche Schranke für die Abfrage, ob mit der Losgrößenbildung über den nächsten Zeitabschnitt fortgefahren oder mit den bisher zusammengefassten Zeitabschnitten abgebrochen wird. Eine derartige Vorwärtsbetrachtung setzt aber immer voraus, dass der Nettobedarf je Zeitabschnitt kleiner als die definierte Schranke ist. + Losbildung mit Gruppierung zu Transportlosen bei variabler Losgröße und variablem Bestellzyklus Bild 4-65 zeigt eine Situation, bei der zeitabschnittsweise Nettobedarfe nach Frachttarifen zu Transportlosen zusammengefasst werden.94 Tarifklassen A B C D Obergrenze Stück ≤ 15 ≤ 35 ≤ 80 ≤130 Frachttarif 1 2 4 6 € / Transport

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 7 8 Zeitabschnittsweise 25 28 35 18 25 18 33 10 Nettobedarfe Transportlose 25 28 78 28 33

Bild 4-65 Beispiel - Losbildung mit Gruppierung zu Transportlosen

Es wird ein Vorgriffshorizont von maximal 3 Zeitabschnitten gewählt, um das Transportlos maximal um den Nettobedarf aus zwei weiteren Zeitabschnitten zu erhöhen. Wegen dieser Begrenzung kann auf eine Betrachtung der Lagerkosten verzichtet werden. Es werden ausschließlich die niedrigsten Frachtkosten angestrebt. Im Zeitabschnitt 1 ergibt keine der möglichen Kombinationen von Zeitabschnitt 1, 2 oder 3 eine Ersparnis. Daher wird der Lagerbestand minimiert und zeitabschnittsweise angeliefert. Für Zeitabschnitt 2 gilt dasselbe. Im Zeitabschnitt 3 können dagegen die Gewichte aus den Zeitabschnitten 3, 4 und 5 zu 78 kg zusammengefasst werden. Dadurch verringern sich die Frachtkosten von 6 € auf 4 €. Zeitabschnitt 4 und 5 bleiben dann ohne Transport. Im Zeitabschnitt 6 können die Gewichte aus Zeitabschnitt 6 und 8 so kombiniert werden, dass sich die Kosten von 3 € auf 2 € reduzieren lassen. Die Möglichkeit 61 kg in Zeitabschnitt 6 zu transportieren, führt bei gleichen Frachtkosten zu einem höheren Bestand. Daher wird weiterhin in Zeitabschnitt 6 ein Gewicht von 28 kg und in Zeitabschnitt 7 ein Gewicht von 33 kg befördert. Die Heuristik kann wie folgt erweitert werden: Die Zusammenfassung von Nettobedarfen, die bei MAXE > 0 zum betrachteten Zeitpunkt t = 1 stattfindet, unterbleibt und wird erst mit t = 2 begonnen bzw. unterbleibt für t = 1 und t = 2 und wird erst mit t = 3 begonnen. Die resultierenden Gesamtkosten werden verglichen und die günstigste der drei Lösungen gewählt.

94

Eine ausführliche Beschreibung der Problemstellung und deren Lösung wird in [WEIS02] dargestellt. Auf eine Beschreibung des Verfahrens in Pseudocode Notation wird an dieser Stelle verzichtet, da die Darstellung der auf einem Branch-and-Bound Algorithmus basierenden Heuristik hier zu umfangreich ist.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

Verfahren 4.1.1-35 Losbildung mit Gruppierung zu Transportlosen - vorwärts MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

FZ: sachl. Bezug, kar- GR: sG / FO: NB dinal, absolut

WP: Kausalprinzip SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW, aPW / sl: BD

--

--

Z: dZPM, gleich

--

--

SZahl: endlich

R: NNB, uZR

--

--

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n NB[t] Trachttarife

Kon: streng bzgl. SZ

Anzahl der Zeitabschnitte Nettobedarf im Zeitabschnitt t

Set Los[t]

Transportlos im Zeitabschnitt t

Variablen t E2,E3,E4 TK[t] TK1 TK2,TK3,TK4 MAXE

Zeitabschnittsvariable Ersparnis durch Zusammenfassen von Nettobedarf Transportkosten im Zeitabschnitt t Transportkosten ohne Zusammenfassen von Zeitabschnitten Transportkosten mit Zusammenfassen von Zeitabschnitten maximale Ersparnis

Algorithmus: begin t=1 M: // Transportkosten 1 ohne Zusammenfassen von Zeitabschnitten NB [t] -> TK [t]; NB [t + 1] -> TK [t + 1]; NB [t + 2] -> TK [t + 2] TK1 = TK [t] + TK [t + 1] + TK [t + 2] // Transportkosten 2 mit Zusammenfassen von Zeitabschnitt t und Zeitabschnitt t + 1 NB [t] + NB [t + 1] -> TK2 // Transportkosten 3 mit Zusammenfassen von Zeitabschnitt t und Zeitabschnitt t + 2 NB [t] + NB [t + 2] -> TK3 // Transportkosten mit Zusammenfassen von Zeitabschnitt t bis Zeitabschnitt t + 2 NB [t] + NB [t + 1] + NB [t + 2] -> TK4 //Ersparnis bei TK2 E2 = TK [t] + TK [t + 1] - TK2 //Ersparnis bei TK3 E3 = TK [t] + TK [t + 2] - TK3 //Ersparnis bei TK4 E4 = TK1 - TK4 MAXE = max {E2, E3, E4} if (MAXE = 0) then begin Los [t] = NB [t] t=t+1 goto XY end if (MAXE = E2) then begin Los [t] = NB [t] + NB [t + 1] NB[t + 1] = 0 t=t+2 goto XY end if (MAXE = E3) then begin Los [t] = NB [t] + NB [t + 2] NB [t + 2] = 0 t=t+1 goto XY end

477

478

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

if (MAXE = E4) then begin Los [t] = NB [t] + NB[t + 1] + NB [t + 2] NB[t + 1] = 0 NB[t + 2] = 0 t=t+3 goto XY end XY: if (t >= n) then goto E else goto M E:end

Eine weitere Variante wäre eine rückwärts gerichtete Vorgehensweise, die wie in Verfahren 4.1.1-36 zu modifizieren wäre. Verfahren 4.1.1-36 Losbildung mit Gruppierung zu Transportlosen - rückwärts MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

FZ: sachl. Bezug, kar- GR: sG / FO: NB dinal, absolut

WP: Kausalprinzip SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW, aPW / sl: BD

--

--

Z: dZPM, gleich

--

--

SZahl: endlich

R: NNB, uZR

--

--

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n NB[t] Trachttarife

Kon: streng bzgl. SZ

Anzahl der Zeitabschnitte Nettobedarf im Zeitabschnitt t

Set Los[t]

Transportlos im Zeitabschnitt t

Variablen t E2,E3,E4 TK[t] TK1 TK2,TK3,TK4 MAXE

Zeitabschnittsvariable Ersparnis durch Zusammenfassen von Nettobedarf Transportkosten im Zeitabschnitt t Transportkosten ohne Zusammenfassen von Zeitabschnitten Transportkosten mit Zusammenfassen von Zeitabschnitten maximale Ersparnis

Algorithmus: begin t=n M: // Transportkosten 1 ohne Zusammenfassen von Zeitabschnitten NB [t] -> TK [t]; NB [t - 1] -> TK [t - 1]; NB [t - 2] -> TK [t - 2] TK1 = TK [t] + TK [t - 1] + TK [t - 2] // Transportkosten 2 mit Zusammenfassen von Zeitabschnitt t und Zeitabschnitt t - 1 NB [t] + NB [t - 1] -> TK2 // Transportkosten 3 mit Zusammenfassen von Zeitabschnitt t und Zeitabschnitt t - 2 NB [t] + NB [t - 2] -> TK3 // Transportkosten mit Zusammenfassen von Zeitabschnitt t bis Zeitabschnitt t - 2 NB [t] + NB [t - 1] + NB [t - 2] -> TK4 //Ersparnis bei TK2 E2 = TK [t] + TK [t - 1] - TK2 //Ersparnis bei TK3 E3 = TK [t] + TK [t - 2] - TK3

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

479

//Ersparnis bei TK4: E4 = TK1 - TK4 MAXE = max {E2, E3, E4} if (MAXE = 0) then begin Los [t] = NB [t] t:= t - 1 goto XY end if (MAXE = E2) then begin Los [t] = NB [t] + NB [t - 1] NB[t - 1] = 0 t=t-2 goto XY end if (MAXE = E3) then begin Los [t] = NB [t] + NB [t - 2] NB [t - 2] = 0 t=t-1 goto XY end if (MAXE = E4) then begin Los [t] = NB [t] + NB [t - 1] + NB [t - 2] NB[t - 1] = 0 NB[t - 2] = 0 t=t-3 goto XY end XY: if (t T U 0) oder °dif° > REF ∗ (für dif < 0), liegt eine Planungsnotwendigkeit vor. Sind die T Toleranzwerte unverletzt, müssen lediglich die Referenzwerte aktualisiert werden. Die Aktualisierung ergibt sich durch Addition der Abweichung dif zu den zuletzt O U gültigen Referenzwerten REF T** bzw. REF T** : O

U

O

U

REF T** = REF ∗ + dif; REFT** = REFT* + dif. T dis

Der vom ursprünglichen Plan-Bestandsverlauf B T, T* abweichende, zwischenzeitdis

lich aktualisierte Plan-Bestandsverlauf B T, T** ergibt sich aus dem zuletzt gültigen Verlauf durch Parallelverschiebung um den Abweichungswert dif (Bild 4-68): **

dis

dis

∀T ∈ T p : B T, T** = B T, T* + dif . – Planbestandskorrektur Die Planbestandskorrektur aktualisiert den zuletzt gültigen Bestandsverlauf, in dem n

b

angefallene Zugangs-/Abgangsänderungen d ( b t ⁄ b t ) in der Zeitreihe berück-

484

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

sichtigt werden. Der aktualisierte Planbestandsverlauf errechnet sich zum Zeitpunkt T** wie folgt: **

∀t, tt, T ∈ T p :

dis

dis

t

n

b

B T, T** = B T, T* + ¦ d ( b tt ⁄ b tt ) tt = 1

Durch die Zugangs-/Abgangsänderung verändern sich bei unveränderten ToleranzO

U

werten TOL T, T* und TOL T, T* Lage und Betrag der Referenzwerte gegenüber O

U

REFT* bzw. REF T* . ­ ½ O O dis dis REFT** = min ® TOL T, T* + B T, T* – B T, T** ¾ ; T** ¯ ¿ ­ ½ U U dis REFT** = min ® TOL T, T* + B T, T** ¾ T** ¯ ¿ Schließlich muss geprüft werden, ob der aktualisierte Bestandsverlauf den vorgegebenen Toleranzbereich verletzt. Eine Planungsnotwendigkeit liegt vor, wenn O

U

REFT, T** oder REF T, T** kleiner Null ist. Ein entsprechendes Beispiel ist in Bild 4-69 aufgeführt. Dort führt die Aktualisierung des verfügbaren Bestands zum Zeitpunkt 1 zu einer Verletzung der Toleranzwerte im Zeitabschnitt 6. Zeitpunkt T* = 0 Zeitpunkt 0 1 2 3 4 5 verfügbarer Bestand (Plan) 64 78 75 78 74 70 verfügbarer Bestand (IST) 64 Oberer Toleranzwert 81 78 82 79 76 Abweichung oberer Toleranzwert 3 3 4 5 6 Unterer Toleranzwert 50 50 49 49 48 Abweichung unterer Toleranzwert 28 25 29 25 22 Ÿ REF O = 3 0 Ÿ REF U = 19 0

6 67 74 7 48 19

Zeitpunkt T** = 1 0 1 2 3 4 78 55 58 54 58 78 82 79 23 24 25 50 49 49 5 9 5 dif =

– 20

5 6 7 50 47 55 76 26 48 2

74 27 48 -1

83 28 47 8

U > 19 = REF 0

Toleranzverschiebung Ÿ REF O = 23 Ÿ REF U = 1 1

Bild 4-69 Beispiel - Bestandskontrolle durch Referenzwerte

Verfahren 4.1.1-37 geht dementsprechend vor.

–1

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

485

Verfahren 4.1.1-37 Bestandskontrolle mit Referenzwerten MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: -- / FO: TO

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: aPW / sl: BD

zl: IW, aPW, nPW / sl: BS

zl: aPW, sl: BD

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n BB[t] P BDIS[P] NB[t] STU

Anzahl der Zeitabschnitte Bruttobedarf im Zeitabschnitt t Planungszeitpunkt verfügbarer Bestand zum Planungszeitpunkt P Nettobedarf im Zeitabschnitt t Startwert für untere Toleranzfunktion

Set RO RU TAO[t] TAU[t] TFO[t] TFU[t] BDIS[t]

oberer Referenzwert unterer Referenzwert obere Toleranzabweichung am Ende des Zeitabschnitts t untere Toleranzabweichung am Ende des Zeitabschnitts t oberer Toleranzwert am Ende des Zeitabschnitts t unterer Toleranzwert am Ende des Zeitabschnitts t verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t

Variablen mrk t

Hilfsvariable zur Indikation der Neuplanung (Neuplanung = true) Zeitvariable

Algorithmus: begin for t = P+1 step 1 until n do begin BDIS[t] = BDIS[t-1] – BB[t] + NB[t] // Falls Neuplanung erforderlich, Toleranzgrenzen neu berechnen if (mrk) then begin //Mögliche Funktion für obere Toleranz TFO[t] = BDIS[t] + 3 + t //Mögliche Funktion für untere Toleranz TFU[t]= STU – (t / 2 ) end // Toleranzabweichung und Referenzwerte berechnen TAO[t] = TFO[t] – BDIS[t] TAU[t] = BDIS[t] – TFU[t] if ( TAO[t] < RO ) then begin RO = TAO[t] end if ( TAU[t] < RU ) then begin RU = TAU[t] end // Falls Referenzwert negativ, Nachricht ausgeben if ( RU < 0 or RO < 0 ) then begin Message(Planung kritisch, Toleranz überschritten!) end // Planung abgeschlossen mrk = false end end

– Toleranzverschiebung Die zyklische Neubestimmung von Toleranz- und Referenzwerten zeigt Bild 4-70 anhand einer Toleranzverschiebung, die durch zukünftige Zugangs- oder Abgangs-

486

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

änderungen hervorgerufen wurde. 4.1.1.1.6

Planung des Sicherheitsbestands

Der Sicherheitsbestand stellt denjenigen Teil des (Lager-)Bestands dar, der für außergewöhnliche Ereignisse reserviert ist. Über ihn kann daher nicht frei bzw. planmäßig verfügt werden, und man muss ihn vom verfügbaren Bestand trennen. In einer verbrauchsorientierten Vorgehensweise kann der Sicherheitsbestand nur rückwärtsgewandt vergangene Sachverhalte berücksichtigen. In einer bedarfsorientierten Vorgehensweise soll der Sicherheitsbestand dagegen gezielt drei Risikobereiche abdecken und dazu Zugang und Abgang in einem definiertem Umfang voneinander entkoppeln96:

Planbestandsermittlung T* T**

dis

Verfügbarer Bestand

Planbestand B T, T**

Heute = T* Sicherheitsbestand

* Zeit §© T ∈ T p·¹ U TOL T, T*

O

Toleranzwerte TOL T, T* dis Planbestand B T, T*

Toleranzverschiebung T** Verfügbarer Bestand

O

Toleranzwerte TOL T, T** dis

Planbestand B T, T**

Heute = T** Sicherheitsbestand

** Zeit §© T ∈ T p ·¹ U

TOL T, T**

Bild 4-70 Beispiel - Verschieben einer Toleranzkurve

96

Dabei spielt es keine Rolle, ob der Bruttobedarf am Abgang oder der Nettobedarf am Zugang zeitlich Richtung Gegenwart terminiert wird, da sich der Bestand als Resultierende von Zugang und Abgang ergibt. Ausführungen zu Einsatz von Sicherheitsbeständen sind auch in [SCHÖ00], S. 455f, [REFA91], S. 184 f und [SCNW97], S. 202ff zu finden.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten







487

Bestandsrisiko: Die physisch vorhandenen, bereits vereinnahmte Verbrauchsfaktoren entsprechen nicht (mehr) der geforderten Spezifikation. Der verfügbare Bestand ist geringer als angenommen. Zugangsrisiko: Der geplante Zugang wird bspw. wegen des Ausfalls von Gebrauchsfaktoren nicht oder nur teilweise realisiert. Der Zugang ist geringer und/oder später als geplant. Abgangsrisiko: Der geplante Abgang wird bspw. aufgrund zusätzlicher Kundenbedarfe überschritten. Der Abgang ist größer und/oder früher als geplant.

– fester Sicherheitsbestand (Absicherung des Bestandsrisikos) Ein fester Sicherheitsbestand, z. B. in Stück oder als eine Anzahl von Behältern, bietet sich an, wenn Teile physisch als Sicherheitsbestand, bspw. am Arbeitsplatz oder im Lager, eingelagert und nicht umgeschlagen werden. Der Zugang zum Sicherheitsbestand kann über eine separate Bedarfsanmeldung oder eine Umbuchung aus dem verfügbaren Bestand erfolgen. Soll der Sicherheitsbestand aufgelöst bzw. verändert werden, ist ein entsprechender Abgang zu initiieren (bspw. durch Umbuchen des Sicherheitsbestands zum verfügbaren Bestand). Bilanziert man ab der Heute-Linie TH, ergibt sich mit t = T H

t

n

∀t, T ∈ T P : b t =

b

¦

bs +

H

¦

res

¦

ab s - B

H

s = T +1 t



t

off

s = T +1 t–1

¦

zu s –

H

H

s = T +1

n

bs – B

dis dis H + BT T

sht sht . H + BT T

s = T +1

Für die Betrachtung eines einzelnen Zeitabschnitts t gilt H

n

b

res

off

dis

dis

sht

sht

∀t, T ∈ T P : b t = b t + ab t – zu t – B T-1 + B T – B T-1 + B T Das grundsätzliche Vorgehen zeigt Bild 4-71. Dort wird ein Sicherheitsbestand zu 10 Stück ab Zeitpunkt 2 festgesetzt. Der zeitabschnittsweisen Vorgehensweise entsprechend wird der Nettobedarf einmalig um 10 Stück erhöht. Zeitabschnitt Resultierender Bruttobedarf Verfügbarer Bestand Sicherheitsbestand Offene Zugänge Nettobedarf

1 2 3 4 5 6 12 8 3 7 6 7 8 0 2 0 0 0 0 0 10 10 10 10 10 10 2 10 12 0 1 7 6 7

Bild 4-71 Beispiel - Fester Sicherheitsbestand bei zeitabschnittsweiser Vorgehensweise

488

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Verfahren 4.1.1-38 Fester Sicherheitsbestand bei zeitabschnittsweiser Vorgehensweise MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: -- / FO: Si

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: IW, nPW, sl: BD

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n BB[t] OZ[t] BSHT[t] BDIS[0]

Anzahl der Zeitabschnitte Bruttobedarf im Zeitabschnitt t offene Zugänge im Zeitabschnitt t Sicherheitsbestand am Ende des Zeitabschnitts t Anfangsbestand

Set NB[t] BDIS[t]

Nettobedarf im Zeitabschnitt t verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t

Variablen t

Zeitvariable

Algorithmus: begin // Sicherheitsbestand setzen und Nettobedarf berechnen for t = 1 step 1 until n do begin NB[t] = BB[t] – BDIS[t-1] – OZ[t] – BSHT[t-1] + BSHT[t] if ( NB[t] < 0 ) then begin NB[t] = 0 end // Verfügbaren Bestand neu berechnen BDIS[t] = BDIS[t-1] – BB[t] + OZ[t] + NB[t] – BSHT[t-1] + BSHT[t] end end

– Verbrauchsorientierte Vorgehensweise Werden Bedarfswerte über Vergangenheitswerte prognostiziert, ist jede Vorhersage für den Abgang mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit behaftet; Abweichungen sind die Regel. Über diese Abweichungen lassen sich Abschätzungen vornehmen und entsprechende Vorkehrungen treffen. Bestands- und Zugangsrisiken werden dabei nicht betrachtet. Im Folgenden wird für einen prognostizierten Abgang ein Zuschlag unter Verwendung der exponentiellen Glättung 1. Ordnung berechnet. Die Fehlervorhersage, die als Grundlage für den zu addierenden Sicherheitswert dient, wird für den Zeitabschnitt t + 1 prognostiziert mit: ∀t ∈ T : MAD t + 1 = MAD t + α ( D t – MAD t ) . Zwischen der Fehlervorhersage, also der mittleren absoluten Abweichung MADt, und der Standardabweichung σ besteht bei einer normalverteilten Bedarfsstruktur der Zusammenhang σ = 1, 25 ⋅ MAD t . Das Verhältnis der Flächen unter der Verteilungskurve in Bild 4-72 gibt den Ansatz zum Festlegen eines Sicherheitsbestands. Bei einer großen statistischen Masse von entsprechenden Abgängen entspricht der Bedarfsvorhersagewert für einen Zeitabschnitt dem Durchschnitt und damit der Mittellinie von Bild 4-72. Da der tatsächliche Bedarf in 50% der Fälle

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

489

kleiner und in 50% der Fälle zu groß ist, bedeutet das, dass sich ohne Planung von Sicherheitsbeständen auf Grund einer Fehlervorhersage der Bedarf nur in 50% der Fälle decken lässt. Die Erfassung der Vorhersagefehler für unterschiedliche Verbrauchsfaktoren kann jedoch der Fehlervorhersage für zukünftige Zeitabschnitte dienen. Je nach Wahl des Zuschlags zum Bedarfsvorhersagewert verbessert sich die Lieferbereitschaft. So ergibt sich bei einem Zuschlag von 1. σ = 1, 25 ⋅ MAD eine Lieferbereitschaft von 84,13%, 2. σ = 2, 50 ⋅ MAD eine Lieferbereitschaft von 97,72%, 3. σ = 3, 75 ⋅ MAD eine Lieferbereitschaft von 99,87%. Diesen Sachverhalt visualisiert Bild 4-72 (unter der Annahme einer Normalverteilung). Häufigkeit (Anzahl der Nachfragefälle)

2,15% 13,59% 34,13% 34,13%13,59% 2,15% - 3,75 - 2,50 - 1,25 -3s -2s -1s



+ 1,25 + 2,50 + 3,75 MAD / + 1 s + 2 s + 3 s StandardAbweichung

50,00% 84,13% 97,72% 99,87%

Lieferbereitschaft

Nachfragedaten (Nachfragewert pro Fall)

Bild 4-72 Zusammenhang Lieferbereitschaft und Fehlerwahrscheinlichkeit (nach [ZEIG70])

Die Gesamtvorhersage aus dem Bedarfsvorhersagewert und dem vorhergesagten Fehler errechnet sich dann nach:97 bprg

∀t ∈ T : L t = b t

+ r ⋅ MAD t . bprg

Die Bruttobedarfsvorhersage b t berechnet sich im Beispiel von Bild 4-73 ebenso wie die Prognose von MAD nach der exponentiellen Glättung erster Ordnung.

97

Vgl. [ZEIG70], S. 83.

490

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Zeitabschnitt

1 ist

Tatsächliche Nachfrage

ab t

Glättungs- Bedarfsvorhersage faktor Absoluter Fehler α = 0,1 r = 1,25 Fehlervorhersage

bt

Gesamtvorhersage

bprg

3

4

5

6

100 102 99 94 96

ist bprg D t = ab t – b t

20 32 49 16 54

MADt

20 21 24 23

Lt

127 125 124 125 ist

Über-/Unterdeckung Ut = Lt - ab t bprg Glättungs- Bedarfsvorhersage b t faktor Absoluter Fehler Dt = abist + bb α = 0,4 Fehlervorhersage MADt r = 1,25 Gesamtvorhersage

2

100 120 70 50 110 150

+57 +75 +14 -25 100 108 93 76 90 20 38 43 34 60 20 27 33 33 133 127 117 131

Lt

Über-/Unterdeckung Ut = Lt - ab

ist

>0

+63 +77 +7 -19

Bild 4-73 Beispiel zur Fehlervorhersage bei nicht deterministischer Nachfrage

Je nach Wahl des Lieferbereitschaftsfaktors r tritt eine Unterdeckung mit einer verschieden hohen Wahrscheinlichkeit auf. Die ausgewiesene Bedarfsunterdeckung in Zeitabschnitt 6 in Bild 4-73 wird nur dann so eintreten, wenn der jeweils am Ende eines Zeitabschnitts verfügbare Bestand, also z. B. 57 = 127-70 in Zeitabschnitt 3, gegen die tatsächliche Nachfrage in den Folgezeitabschnitten verrechnet und immer die Gesamtvorhersage als Lagerbestand für die Folgezeitabschnitte eingestellt wird. Einen entsprechenden Algorithmus enthält Verfahren 4.1.1-39. Verfahren 4.1.1-39 Bedarfsprognose mit Fehlerabschätzung MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: -- / FO: Si

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: IW, nPW, sl: BD

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get t AB[t] AB[t -1] BP[t -1] MAD[t -1] alpha r

Zeitabschnitt, für den die Schätzung angestellt wird Verbrauch im Zeitabschnitt t Verbrauch im Zeitabschnitt t - 1 Prognose Bruttobedarf für den Zeitabschnitt t - 1 Fehlervorhersage für den ersten Zeitabschnitt t - 1 Glättungsfaktor Lieferbereitschaftsfaktor

Set BP[t] D[t] L[t] MAD[t] U[t]

Prognose Bruttobedarf für den Zeitabschnitt t absoluter Fehler im Zeitabschnitt t Gesamtvorhersage für den Zeitabschnitt t Fehlervorhersage für den Zeitabschnitt t Unterdeckung im Zeitabschnitt t

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

491

Algorithmus: begin // Glättung erster Ordnung des Bedarfs durchführen BP[t] = BP[t -1] + ( alpha * ( AB[t -1] – BP[t -1] ) ) // Absoluten Fehler berechnen D[t -1] = AB[t -1] – BP[t -1] if ( D[t -1] < 0 ) then begin D[t -1] = – D[t -1] end // Exponentielle Glättung erster Ordnung des Fehlers MAD[t] = MAD[t -1] + ( alpha * ( D[t -1] – MAD[t -1] ) ) // Gesamtvorhersage anhand der Lieferbereitschaft, Unterdeckung bestimmen L[t] = BP[t] + r * MAD[t] if ( L[t] < AB[t] ) then begin U[t] = AB[t] – L[t] end end

Sind die Parameter zur Ermittlung der Bedarfsvorhersage festgelegt, müssen diese ggf. in einem langfristigen Rahmen angepasst werden. Über entsprechende Vertrauensgrenzen kann je Verbrauchsfaktor ein Abweichsignal definiert werden.98 Die Abweichung berechnet sich nach: § ∀t, tt ∈ T : ABSt = ¨ ©

t

ist

bprg

¦ ( abtt – b tt

) · ⁄ MAD t . ¹

tt = 1

t

Dabei steht

ist bprg ¦ ( ab tt – b tt ) für die Summe der positiven oder negativen tt = 1

Abweichungen, tt für den ersten Zeitabschnitt, für den die mittlere absolute Abweichung MADt berechnet wird. Ein Vergleich mit einem vorher festgelegten Grenzwert für ABSt ermöglicht eine entsprechende zielgerichtete Veränderung der Prognoseparameter. – Bedarfsorientierte Vorgehensweise Ein Absichern von Bedarfen durch eine zeitliche Bedarfsverschiebung bedeutet, dass - unabhängig von der Art der Bestellung - früher geliefert als verbraucht wird. Damit wird der Sicherheitsbestand logisch dem Zugang zugeschlagen.99 Abgesichert wird vor allem das Zugangsrisiko. Der Sicherheitsbestand wird hierbei nicht physisch angelegt und als isolierter Bestand gesondert behandelt und gelagert; alle Verbrauchsfaktoren werden umgeschlagen. Ein Sicherheitsbestand löst sich bei einem Produktauslauf von selbst auf. Für die Berechnung des verfügbaren Bestands im Rahmen einer zeitabschnittsweisen Bedarfsermittlung stellt der Sicherheitsbestand damit eine spezielle Form der Reservierung dar. Ein einfaches Verfahren für diese Form der Berechnung des Sicherheitsbestands ist Verfahren 4.1.1-40. 98

Vgl. [ZEIG70], S. 83-85 und Abschnitt 4.1.1.1.1.1.

99

Auch wenn dies nicht bedeutet, dass eingehende Bedarfe immer erst als Sicherheitsbestand gelagert werden müssen, bis diese durch neue Zugänge verfügbar werden.

492

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Verfahren 4.1.1-40 Bedarfsabhängiger Sicherheitsbestand MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: -- / FO: Sl

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW / sl: BS, FRW

zl: aPW, sl: BD

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: NNB, uMR

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n T BB[t] OZ[t] BDIS[0]

Anzahl der Zeitabschnitte Verschiebung des Nettobedarfs in Zeitabschnitten Bruttobedarf im Zeitabschnitt t offene Zugänge im Zeitabschnitt t Anfangsbestand

Set NB1[t] BDIS1[t] NB2[t] BDIS2[t]

Nettobedarf im Zeitabschnitt t vor Verschiebung verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t vor Verschiebung Nettobedarf im Zeitabschnitt t nach Verschiebung verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t nach Verschiebung

Variablen t

Zeitvariable

Algorithmus: begin BDIS2[0] = BDIS1[0] = BDIS[0] for t = 1 step 1 until n do begin // Nettobedarf anmelden NB1[t] = BB[t] – BDIS1[t-1] – OZ[t] if ( NB1[t] < 0 ) then begin NB1[t] = 0 end // Verfügbaren Bestand berechnen BDIS1[t] = BDIS1[t-1] – BB[t] + OZ[t] + NB1[t] end for t = T+1 step 1 until n do begin NB2[t-T] = NB1[t] // incl. Sicherheitsbestand BDIS2[t-T] = BDIS2[t-T-1] - BB[t-T] + OZ[t-T] + NB2[t-T] end end

In Bild 4-73 ist ein Beispiel für das Vorhalten in Höhe des Bruttobedarfs des Folgezeitabschnitts aufgeführt. Dies drückt sich in einem einmaligen Verschieben des Nettobedarfs um 1 Zeitabschnitt nach links aus, sobald offene Aufträge und physische Lagerbestände verrechnet sind: n

b

res

b

res

∀t, T ∈ T P : b t = b t + ab t

= b t + ab t

off

– zu t

off

– zu t

dis

dis

dis2

dis2

sht

b

– B T – 1 + B T – BT – 1 + bt + 1 – BT – 1 + BT

.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 Resultierender Bruttobearf 12 8 3 7 6 7 Verfügbarer Bestand 1 8 8 10 7 0 0 0 Offene Zugänge 12 10 Nettobedarf 1 6 7 Sicherheitsbestand 6 7 0 Nettobedarf 2 6 7 0 „Verfügbarer“ Bestand 2 8 8 10 7 6 7 0

493

1 2 3 4 5 6 12 8 3 7 6 7 8 8 10 7 0 0 0 12 10 6 7 6 13 7 0 6 7 0 0 8 8 10 13 13 7 0

Bild 4-74 Beispiel - Bedarfsabhängiger Sicherheitsbestand von 1 Zeitabschnitt

Bild 4-75 Beispiel - Bedarfsabhängiger Sicherheitsbestand von 2 Zeitabschnitten

Wird ein Bruttobedarf in Höhe von zwei Zeitabschnitten vorgehalten, resultiert dies in einem einmaligen Verschieben des Nettobedarfs um zwei Zeitabschnitte nach links, sobald offene Zugänge und verfügbare Lagerbestände verrechnet sind (Bild 4-75). n

b

res

b

res

∀t, T ∈ T P : b t = b t + ab t

off

– zu t

dis

dis

dis2

dis2

sht

b

b

– BT – 1 + B T – BT – 1 + bt + 1 + bt + 2

off

= b t + ab t – zu t – B T – 1 + B T . Feste Losgrößen und deren Verschiebung in Richtung Gegenwart behandelt Verfahren 4.1.1-41. Verfahren 4.1.1-41 Bedarfsabhängiger Sicherheitsbestand bei festen Losgrößen MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

FZ: --

GR: -- / FO: Sl

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW / sl: BS, FRW

zl: aPW, sl: BD

WP: Kausalprinzip SdZ: Konst. entlang Zeit Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: NNB, uMR

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n T BB [t] OZ [t] BDIS[0] Q s

Anzahl der Zeitabschnitte Verschiebung des Nettobedarfs in Zeitabschnitten Bruttobedarf im Zeitabschnitt t offene Zugänge im Zeitabschnitt t Anfangsbestand Bestellgröße Meldebestand

Set NB1 [t] BDIS1[t] NB2 [t] BDIS2 [t]

Nettobedarf im Zeitabschnitt t vor Verschiebung verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t vor Verschiebung Nettobedarf im Zeitabschnitt t nach Verschiebung verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t nach Verschiebung

Variablen t

Zeitvariable

494

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Algorithmus: begin BDIS2 [0] = BDIS1 [0] = BDIS[0] for t = 1 step 1 until n do begin //Verfügbaren Bestand berechnen; Abbuchen des Bruttobedarfs BDIS1 [t] = BDIS1 [t - 1] - BB [t] + OZ [t] // Falls Bestand unter Meldebestand bzw. innerhalb Sicherheitsbestand, Los bestellen: Zubuchen von Zugang if (BDIS1 [t] ≤ s) then begin NB1 [t] = Q BDIS1 [t] = BDIS1 [t] + Q end end for t = T + 1 step 1 until n do begin NB2 [t - T] = NB1 [t] // incl. Sicherheitsbestand BDIS2 [t - T] = BDIS2 [t - T - 1] - BB [t - T] + OZ [t - T] + NB2 [t - T] end end

Wird eine Politik gewünscht, die einen Sicherheitsbestand in Höhe einer oder mehrerer Bruttobedarfe und einer Mindestbevorratung (z. B. mindestens ein Transportbehälter) umsetzt, ist ein Bilanzieren der Bestandsmenge erforderlich. ­ const n b res off dis dis sht ∀t, T ∈ T P : b t = b t + ab t – zu t – B T – 1 + B T – B T – 1 + min ® b ¯ bt + 1 Für ein zeitabschnittsweises Vorgehen ist Verfahren 4.1.1-42 entsprechend angepasst. Verfahren 4.1.1-42 Bedarfsabhängiger Sicherheitsbestand mit Mindestbevorratung MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: -- / FO: Sl

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW / sl: BS, FRW

zl: aPW, sl: BD

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: NNB, uMR

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n T BB[t] OZ[t] BM BDIS[0] Set U

Anzahl der Zeitabschnitte Verschiebung des Nettobedarfs in Zeitabschnitten Bruttobedarf im Zeitabschnitt t offene Zugänge im Zeitabschnitt t Mindestbestand Anfangsbestand

NB1[t] BDIS1[t] NB2[t] BDIS2[t]

Bedarfsmenge, die sich durch den Mindestbestand und eine unter dem Mindestbestand liegende Bedarfsmenge ergibt Nettobedarf im Zeitabschnitt t vor Verschiebung verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t vor Verschiebung Nettobedarf im Zeitabschnitt t nach Verschiebung verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t nach Verschiebung

Variablen t

Zeitvariable

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

495

Algorithmus: begin BDIS2[0] = BDIS1[0] = BDIS[0] for t = 1 step 1 until n do begin // Nettobedarf anmelden NB1[t] = BB[t] – BDIS1[t-1] – OZ[t] if ( NB1[t] < 0 ) then begin NB1[t] = 0 end // Verfügbaren Bestand berechnen BDIS1[t] = BDIS1[t-1] – BB[t] + OZ[t] + NB1[t] end U=0 // Korrigierter Nettobedarf for t = T+1 step 1 until n do begin NB2[t-T] = NB1[t] if (NB2[t-T] < BM) then begin if (U = 0) then begin U = BM - NB2[t-T] NB2[t-T] = BM end if (U > 0) then begin NB2[t-T] = NB1[t-T] U = BM - NB2[t-T] end end if (U > 0 and NB2[t-T] > BM) then begin if (U > NB2[t-T] - BM) then begin U = U - NB2[t-T] +BM NB2[t-T] = BM end else begin NB2[t-T] = NB2[t-T] - U U=0 end end // incl. Sicherheitsbestand BDIS2[t-T] = BDIS2[t-T-1] - BB[t-T] + OZ[t-T] + NB2[t-T] end end

Zeitabschnitt Resultierender Bruttobedarf Verfügbarer Bestand 1 Offene Zugänge Nettobedarf 1 Sicherheitsbestand Nettobedarf 2 Verfügbarer Bestand 2

1 2 3 4 5 6 12 8 3 7 6 10 8 8 10 7 0 0 0 12 10 6 10 7 10 7 7 9 7 8 8 10 7 7 10 7

7 6

8 5

6

9 10 5 10

5

5 10 7 10 6 5 8 7 7 10 7

Bild 4-76 Beispiel - bedarfsabhängiger Sicherheitsbestand mit Mindestbestand

Im Beispiel von Bild 4-76 beträgt der Sicherheitsbestand die Höhe des Bedarfs des Folgezeitabschnittes. Zusätzlich soll aber ein Mindestsicherheitsbestand von sieben Stück zu Anfang eines jeden Zeitabschnitts realisiert werden.

496

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Heutelinie T=0 Bestand

Festes Los Zeitraum des Vorziehens ist Funktion von Abgangsgeschwindigkeit sht B1 = f ( T 2 – T1 )

T2 T3

T1 sht

sht

B0

B1

sht

B2

Zeit

T4 sht

B3

Bild 4-77 Sicherheitsbestand Bestellpunktverfahren

Wird der Bedarf zu Losgrößen zusammengefasst, kann von der Abgangsgeschwindigkeit abhängig das Los um einen Zeitraum vorgezogen werden (Zugangsrisiko; siehe Bild 4-77). Bei einer variablen Losgröße (gleitende Bestellmengenrechnung oder Stückkostenausgleichsverfahren) kann die Losgröße und der Bedarfsdekkungszeitraum zur Bestimmung des Sicherheitsbestands herangezogen werden. Änderungen des resultierenden Sicherheitsbestands bzw. des Bestellzeitpunktes können jeweils nur mit dem Zeitpunkt und/oder der Menge des nächsten Loses verrechnet werden. Verfahren 4.1.1-43 Bedarfsabhängiger Bestellpunkt MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: -- / FO: Sl

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW / sl: BS, FRW

zl: aPW, sl: BD

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: NNB, uMR

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Get n BB[t] OZ[t] BDIS[0] Q s sz

Anzahl der Zeitabschnitte Bruttobedarf im Zeitabschnitt t offene Zugänge im Zeitabschnitt t Anfangsbestand Bestellmenge Meldebestand Sicherheitsfaktor

Set T[j] BDIS[t] W[j] D[j] NB[T[j]]

Zeitabschnitt mit Los verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t Abgangsgeschwindigkeit des Loses j Bestandsreichweite des Loses j Nettobedarf im Zeitabschnitt T[j]

Variablen t j j*

Zeitvariable Loszähler Hilfsvariable

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

497

Algorithmus: begin j=0 for t = 1 step 1 until n do begin // Verfügbaren Bestand berechnen; Abbuchen des Bruttobedarfs BDIS [t] = BDIS [t - 1] - BB[t] + OZ [t] // Falls Bestand unter Meldebestand, erstes Los auslösen if (BDIS [t] ≤ s) then begin j=j+1 T [j] = t NB [T [j]] = Q BDIS [T [j]] = BDIS [T [j]] + Q j* = j end end // Berechnen des Bestellzeitpunktes T[j] for j = 1 step 1 until j* - 1 do begin D [j] = T [j + 1] - T [j] W [j] = Q / D [j] T [j] = T[j] - sz * W[j] end end

Bei einer zyklischen Vorgehensweise (Bestellrhythmus) ist der Sicherheitsbestand sinnvollerweise von der variablen Losgröße abhängig. Mit einem derartigen Zuschlag wird das Bedarfsrisiko abgedeckt. Eine Abdeckung des Zugangsrisikos würde eine Verschiebung des Zugangs in Richtung Heutelinie erfordern. Das Bestandsrisiko könnte mit einem festen Bestandssockel (z. B. 1 Behälter) Berücksichtigung finden (siehe Bild 4-78). Bestand 220 200

Zugang 2 Tage zu früh Sicherheitsbestand + 10% der Losgröße

210 110 100 35 50 20 10 0

5

5 Zeit 10 Tage 10 Tage 10 Tage NB = 200+20-10 NB = 50+5-20 NB = 100+10-0 fester = 210 = 35 = 110 Bestandssockel

Bild 4-78 Sicherheitsbestand Bestellrhythmus

498

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Ein kantenspezifischer Sicherheitsbestand kann festgelegt werden, wenn signifikant unterschiedliche Bedarfsrisiken für verschiedene Verbraucher auftreten. Dann kann über das Verschieben des Nettobedarfs um n Zeitabschnitte in Richtung Heutelinie eine entsprechende Sicherheit realisiert werden. In Bild 4-79 wird ein Beispiel für zwei Verbraucher angegeben, die mit einer kantenspezifischen Verschiebung der Nettobedarfe einen entsprechenden Sicherheitsbestand umsetzen. In diesem Beispiel gilt für den Nettobedarf der Komponente ∀t, T ∈ T P : n

res

off

dis

dis

bA

nA

bB

nB

b t = ab t – zu t – B T – 1 + B T + b t ( = b t + 4 ) + b t ( = b t + 4 ) Dieses Vorgehen enthält Verfahren 4.1.1-44 als Algorithmus. Verfahren 4.1.1-44 Kantenspezifische Sicherheitszeit MP - Konstruktion

AF: gl / Z: vw

WP: Kausalprinzip

FZ: --

GR: -- / FO: Sl

SdZ: Konst. entlang Zeit

zl: nPW / sl: BD

zl: IW, nPW / sl: BS, FRW

zl: aPW, sl: BD

Kon: streng bzgl. SZ

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

Z: dZPM, gleich

SZahl: endlich

R: NNB

--

R: NNB

WüZ: sicher bzgl. SZ

Baugruppe A: 2 Zeitabschnitte Sicherheitszeit / Vorlaufzeit 2 Zeitabschnitte Baugruppe B: 3 Zeitabschnitte Sicherheitszeit / Vorlaufzeit 1 Zeitabschnitt Baugruppe A Baugruppe B Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 1 2 3 4 5 6 Bruttobedarf 5 7 10 17 10 9 A 6 9 12 11 12 4 B Verfügbarer Bestand 0 15 8 18 1 11 2 0 14 5 13 2 10 6 Offene Zugänge 20 20 Nettobedarf 0 0 20 0 20 0 0 0 20 0 20

Montage

Komponente

Geplante Vorgänge - Ende 20 0 20 0

0

0

0 20 0

0

0

0

Geplante Vorgänge - Start 20 0

0

0

20 0

0

0

0

0

0

0

Zeitabschnitt 1 2 3 4 5 6 Bruttobedarf 40 0 0 0 0 0 Reserviert 5 Verfügbarer Bestand 8 0 10 10 10 10 Offene Zugänge 20 10 Nettobedarf 12 0 0 0 0 0

Bild 4-79 Beispiel - kantenspezifische Sicherheitszeit

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

Get m n BB[q][t] MAT[q] OZ[q][t] Q[q] DS[q] BDIS[q][0] VLZ[q]

Anzahl der Verbrauchsfaktoren Anzahl der Zeitabschnitte Bruttobedarf, Verbrauchsfaktor q im Zeitabschnitt t Materialfaktoren des Verbrauchsfaktors q offene Zugänge, Verbrauchsfaktor q im Zeitabschnitt t Losgröße des Verbrauchsfaktors q Sicherheitszeit des Verbrauchsfaktors q Anfangsbestand des Verbrauchsfaktors q Vorlaufzeit des Verbrauchsfaktors q

Set GVE[q][t] GVS[q][t] NB[t] BDIS[t]

geplante Vorgänge für Verbrauchsfaktor q, Ende im Zeitabschnitt t Geplante Vorgänge für Verbrauchsfaktor q, Start im Zeitabschnitt t Nettobedarf im Zeitabschnitt t verfügbarer Bestand am Ende des Zeitabschnitts t

Variablen q t

Verbrauchsfaktorvariable Zeitvariable

499

Algorithmus: begin for q = 1 step 1 until m do begin for t = 1 step 1 until n do begin GVE[q][t] = 0 end end for q = 1 step 1 until m do begin for t = 1 step 1 until n do begin // Bei Bedarf Los auslösen, Bestand berechnen if ( BDIS[q][t-1] – BB[q][t] + OZ[q][t] = DS[q] and NB[q][t] > 0 ) then begin GVE[q][t-DS[q]] = NB[q][t] end if ( t < DS[q] and NB[q][t] > 0 ) then begin Message(Bedarf in Höhe NB[q][t] konnte nicht eingeplant werden!) end end for t = 1 step 1 until n do begin // Falls Vorlaufzeit umsetzbar, Vorgang einplanen, sonst Nachricht ausgeben if ( t >= VLZ[q] and GVE[q][t] > 0 ) then begin GVS[q][t-VLZ[q]] = GVE[q][t] // Bei allen Nachfolgern Bedarf anmelden for all MAT[q] do begin BB[MAT[q]] [t-VLZ[q]] = GVS[q][t] end end if ( t < VLZ[q] and GVE[q][t] > 0 ) then begin Message(Bedarf in Höhe GVE[q][t] konnte nicht eingeplant werden!) end end end end

4.1.1.2

Veranlassung der Plandurchführung100

Zur Ausführung eines Plans wird ein Ausschnitt aus dem Planungshorizont an einen

500

4 Das Herstellen der Konsistenz im Knoten

Elementarfaktor eines Produktionssystems übermittelt („Bitte handle gemäß dieser Vorgabe“; siehe rollierende Planung, Abschnitt 1.2 und Abschnitt 3.2.1.1). Dazu wird die Interpretation von „Plan“ in „Auftrag“ geändert101. Die damit verbundenen Festlegungen sind einer Veränderung durch eine Planung nicht mehr zugänglich. • Zeiträume für die Veranlassung der Plandurchführung Ein einer Verbrauchsfaktorklasse zugeordneter Bruttobedarf bezeichnet den Abgang einer Menge von Verbrauchsfaktoren, die einer bestimmten Kante des Graphen des Produktionsablaufs und über diese innerhalb eines Vorgangsknotens einem Vorgang bzw. den Vorgängen der einzelnen Zeitabschnitte zugeordnet sind. Aus Sicht des Vorgangsknotens bietet der Verbrauchsfaktorknoten ein genau abgestimmtes Nettoangebot an. Die endgültige Festschreibung eines Nettoangebots, das nicht mehr disponibel ist, wird im Zusammenhang mit der Planfreigabe als Reservierung bezeichnet. Die Reservierung korrespondiert mit der Planfreigabe, die den Beginn eines Vorgangs bzw. der Vorgänge eines Zeitabschnitts erlaubt und initiiert sowie für diesen/diese die entsprechenden Verbrauchsfaktoren bereitstellt: Die Reservierung entspricht in einem Verbrauchsfaktorknoten einem fest eingeplanten Abgang an Verbrauchsfaktoren. Sie stellt die Versorgung eines bestimmten Vorgangsknotens gegen (un)geplante (Mehr)Bedarfe anderer Vorgangsknoten über ggf. mehrere Zeitabschnitte sicher. Jede Reservierung muss bei einem zusätzlichen Zugang bzw. einer Änderung des Zugangs im Verbrauchsfaktorknoten aufgrund der veränderten Lieferbereitschaft überprüft werden. Daher gilt sie nur bis zum nächsten Zugang. Erfolgt in jedem Zeitabschnitt ein Zugang, gilt die Reservierung entsprechend nur für einen Zeitabschnitt. Wichtig ist die Reservierung vor allem für Vorgänge, deren Abarbeitung im Vorgangsknoten planmäßig begonnen hat, deren Material aber physisch noch ganz oder teilweise im Verbrauchsfaktorknoten liegt. Die Fixierung schreibt einen geplanten Zugang an Verbrauchsfaktoren in einem Verbrauchsfaktorknoten fest. Derart fixierte Bruttoangebote von Vorgangsknoten werden als nicht mehr disponible, offene Zugänge geführt. Auf einen offenen Zugang zielt damit kein Bedarf mehr, der ggf. verändert werden könnte: Der Zugang zum Verbrauchsfaktorknoten wird nicht mehr vom Verbrauchsfaktorknoten über einen Bedarf ausgelöst; der Vorgangsknoten hat die „Initiative“ übernommen und wird auf jeden Fall liefern. Der Zugang wird geschehen. Der Zeitraum, in dem dieser Sachverhalt gilt, ist die eingefrorene Zone.102 Die eingefrorene Zone bezeichnet ein Zeitfenster, in dem eine Umplanung nicht mehr ohne Weiteres durchgeführt werden kann. Zu berücksichtigen ist hier, dass geplanten Zugängen zu einer Verbrauchsfaktorklasse Vorgänge vorausgehen müssen, die um die Vorgangsdauer ver100 Bei verbrauchsorientierter Vorgehensweise wird die Veranlassung eines Zugangs zu einer Ver-

brauchsfaktorklasse nicht als Initiierung eines für zukünftige Zeitabschnitte bestehenden Plan verstanden. Die Zugangsauslösung erfolgt zum Zeitpunkt des Erreichens des Bestellpunktes bzw. zu Beginn der Bestellzyklen. Eine Aussage über die Zukunft wird nicht getroffen. Bei einer bedarfsorientierten Vorgehensweise ist dagegen für mindestens einen zukünftigen Zeitabschnitt die Durchführung eines Planes zu veranlassen. 101

Zur Definition eines „Auftrages“ siehe ausführlich Kapitel 6 und Abschnitt 3.1.4.

4.1 Verbrauchsfaktorknoten

501

schoben früher beginnen.103 Die Dauer der eingefrorenen Zone ist daher in Abstimmung mit der Vorgangsdauer festzulegen. Bruttobedarf Information über geplante Abgänge

Reservierung / Nettoangebot

Offene Zugänge / Fixierung / Bruttoangebot Information über geplante Zugänge

Nettobedarf Freigabe Auftragspapiere, Materialentnahmescheine, Lohnscheine

Bild 4-80 Reservierung und Fixierung im Modell der Produktion

Betrachtet man einen isolierten Verbrauchsfaktorknoten, so ist der Abgang mindestens über einen Zeitabschnitt (Beginn von Vorgängen aus Vorgangsklassen, die im Graphen