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German Pages 264 Year 2006
J5rg Sandrock
System Dynamics in der strategischen Planung
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J5rg Sandrock
System Dynamics in der strategischen Planung
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J5rg Sandrock
System Dynamics in der strategischen Planung
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ~Jber abrufbar.
Dissertation Universitiit Karlsruhe (TH), 2005
1. Auflage Mai 2006
Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universitiits-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/Anita Wilke Der Deutsche Universitiits-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschliel~lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch~Jtzt. Jede Verwertung aul~erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.gs unzuliissig und strafbar. Das gilt insbesondere Kir Vervielfiiitigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wiiren und daher von jedermann benutzt werden d0rften. Umschlaggestaitung: Regine Zimmer, Dipi.-Designerin, Frankfurt]Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, Schel~litz Gedruckt auf siiurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0326-7 ISBN-13 978-3-8350-0326-2
Meinen Eltern
Geleitwort Bildung gilt als immer bedeutenderer Basisfaktor fOr Innovations- und Wettbewerbsf~ihigkeit. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie nimmt fOr die Aus- und Weiterbildung eine zentrale Rolle ein. Die Notwendigkeit, Wissen zu generieren und zu vermitteln, stellt Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft vor v61lig neue technische, p~idagogische und 6konomische Herausforderungen. Als ein Ausweg gilt der verst~irkte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie in der Aus- und Weiterbildung. E-Learning wird als eine gtinstige Lehrform im Bereich der Wissensvermittlung und des lebenslangen Lemens angesehen. Neben p~idagogischen und technischen Fragestellungen treten hierbei aber immer offensichtlicher 6konomische Aspekte in den Mittelpunkt des Interesses dieser Branche. Dies mtindet in die zentrale Herausforderung der vorliegenden Arbeit, n~imlich Unternehmen des ELeaming-Sektors bei der Gestaltung erfolgreicher Gesch~iftsmodelle zu unterst0tzen. In diesem Zusammenhang widmet sich der Autor etwa folgenden Fragen: Wie kann ein Gesch~iftsmodell eines Untemehmens im E-Leaming-Sektor erfolgreich gestaltet werden? Welche normativen Handlungsempfehlungen zur Gestaltung kann die Wissenschaft geben? Wie k6nnen die Aspekte der Intemet6konomie bei der Strategieformulierung beachtet werden? Vor dem oben genannten Hintergrund zielt die Arbeit darauf ab, Ans~itze und L6sungen aufzuzeigen, die Unternehmen bei der Wahl und Gestaltung eines geeigneten Gesch~iftsmodells untersttitzen. Hierzu entwickelt J6rg Sandrock einerseits einen konzeptionellen Rahmen zur Konzipierung und Modellierung von Gesch~iftsmodellen und leitet anderseits normative Handlungsempfehlungen for einen idealtypischen ELearning-Content-Anbieter ab. Der entwickelte konzeptionelle Bezugsrahmen basiert auf den etablierten Erkennmissen des Strategischen Managements und den innovativen Gesch~iftsmodellkonzepten der Intemet6konomie. Dabei werden die Erkennmisse und Aspekte der Gesch~iftsmodelldiskussion in die bestehenden Ans~itze des Strategischen Managements eingeordnet und so ein eklektisches Framework abgeleitet, welches das Grundgertist fOr die folgende Arbeit bildet. Zur Konzeption und Bewertung yon Gesch~iftsmodellen entwickelt J6rg Sandrock exemplarisch far einen E-Leaming-Content-Anbieter ein System Dynamics Untemehmensmodell, das ein idealtypisches Untemehmen in der Wachstumsphase abbildet. Zur umfassenden Validierung der Modellstruktur und zur Ermittlung der ModellparaVII
meter erfolgt eine Expertenbefragung mit Ftihrungskr~iften von vergleichbaren Unternehmen. Der Einsatz des Simulationsmodells erm6glicht es, in verschiedenen Szenarien unterschiedliche Umwelt- und Marktentwicklungen einerseits und verschiedene strategische Entscheidungsalternativen anderseits zu bewerten. Die Umweltszenarien ergeben sich aus der durchgeffihrten Befragung, die strategischen Gestaltungsalternativen far Gesch~iflsmodelle werden auf Basis des Framework abgeleitet. Somit werden in der Arbeit inhaltliche L6sungen von konkreten Problemen der Praxis erzielt und L6sungsverfahren sowie Gestaltungsmodelle for die Gesch/aftsmodellierung entwickelt. Das Simulationsmodell kann entsprechend modifiziert werden und bietet somit eine Ausgangsbasis ffir die weitere wissenschafiliche Forschung im Bereich der (E-Learning) Geschgftsmodelle. Das vorgestellte Framework kann zudem allgemein auf die Gesch~iflsmodellgestaltung eingesetzt werden. J6rg Sandrock ist mit dieser Arbeit ein wesentlicher wissenschaftlicher und gleichzeifig praxisrelevanter Beitrag auf dem Gebiet der Gesch~iftsmodell-Gestaltung und -Analyse gelungen. Der innovative Einsatz der System-Dynamics-Methoden stellt meines Erachtens einen wegweisenden Schritt ftir die Entwicklung und Analyse yon Gesch~iflsmodellen d a r - unabh~.ngig von der Branche. Deshalb wfinsche ich dem Buch einen breiten Kreis interessierter Leser und den Lesern eine gewinnbringende Lektfire.
Christof Weinhardt
VIII
Vorwort Zum Gelingen dieser Arbeit, die im Rahmen meiner Tgtigkeit am Lehrstuhl ffir Informationsbetriebswirtschaftslehre der Universit~it Karlsruhe (TH) entstanden ist, haben zahlreiche Personen beigetragen. Bei all jenen m6chte ich mich bedanken, von denen ich lernen konnte und von denen ich - fiber die fachliche Diskussion hinaus - viel Unterstiitzung und neue Anregungen erhalten habe. Mein besonderer Dank gilt meinem Betreuer, Herin Prof. Dr. Christof Weinhardt, Inhaber des Lehrstuhls ffir Informationsbetriebswirtschaftslehre. Seine sehr engagierte Betreuung im gesamten Entstehungsprozess und motivierende Unterstfitzung trugen wesentlich zum Gelingen der Arbeit bei. Dartiber hinaus m6chte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Hariolf Grupp, Ordinarius ftir Systemdynamik und Innovation und Direktor des Fraunhofer-ISI, ft~r die 12rbemahme des Zweitgutachtens bedanken. Frau Prof. Dr. Marliese Uhrig-Homburg, Inhaberin des Lehrstuhls ftir Financial Engineering und Derivate, und Herrn Prof. Dr. Andreas Geyer-Schulz, Inhaber des Lehrstuhls fiir Informationsdienste und elektronische M~irkte, gebiihrt als weiteren Prfifem mein Dank. Ein herzliches Dankesch6n an meine Kollegen, mit denen ich in den vergangenen Jahren zusammengearbeitet habe. Speziell m6chte ich mich bei Herrn Dr. Michael Grunenberg, Herrn Bj6m Schnizler und Herrn Kiet Vo ffir ihre stetige Diskussionsbereitschaft und die angenehme Arbeitsatmosph~ire am Lehrstuhl bedanken. Herrn Dr. Florian Kapmeier, Universit~it Stuttgart, danke ich ft~r seine konstruktiven Anregungen und Hinweise. Herrn Thomas Messmer gebfihrt Dank fiir die Rechtschreibkontrolle, Frau Susanne Heidenreich danke ich fiir die Unterstiitzung bei der Transkription der Interviews. Von ganzem Herzen danke ich meinen Eltern Annelie und Wilfried Sandrock, die meine Ausbildung erm6glicht, mich unterstiitzt und meine pers6nliche Entwicklung gepr~igt haben; ohne deren Riickhalt wgre die Arbeit nicht entstanden. Bei Natalie Strohmaier m6chte ich mich ffir ihr Verst~indnis und ihre Rficksichmahme w~ihrend der letzten Jahre bedanken!
J6rg Sandrock
IX
lnhaltsverzeichnis V e r z e i c h n i s der A b b i l d u n g e n ...................................................................................
XV
V e r z e i c h n i s der T a b e l l e n .........................................................................................
XIX
V e r z e i c h n i s der A b k i i r z u n g e n ................................................................................
XXI
1
Einleitung ...............................................................................................................
1
1.1
P r o b l e m s t e l l u n g und M o t i v a t i o n .................................................................................
1.2
Z i e l s e t z u n g und M e t h o d i k ........................................................................................... 2
1
1.3
G a n g der U n t e r s u c h u n g ............................................................................................... 4
Begriffliehe G r u n d l a g e n ....................................................................................... 7
2 2.1
2.2
2.3
2.4
3
E - L e a r n i n g ...................................................................................................................
7
2.1.1
B e g r i f f e und D e f i n i t i o n e n .................................................................................. 7
2.1.2
E - L e a r n i n g aus t e c h n i s c h e r Sicht ....................................................................... 9
2.1.3
E - L e a r n i n g aus p ~ d a g o g i s c h e r Sicht ................................................................ 11
2.1.4
E - L e a r n i n g aus 6 k o n o m i s c h e r Sicht ................................................................ 13
G e s c h ~ f t s m o d e l l e ......................................................................................................
15
2.2.1
U r s p r u n g und State-of-the-art .......................................................................... 15
2.2.2
D e f i n i t i o n e n und Ziele .....................................................................................
16
2.2.3
T a x o n o m i e n und P a r t i a l m o d e l l e ......................................................................
19
2.2.4
G e g e n ~ b e r s t e l l u n g v o n G e s c h ~ f t s m o d e l l k o n z e p t e n ........................................ 21
E - L e a r n i n g G e s c h ~ f t s m o d e l l e ................................................................................... 22 2.3.1
B e s t e h e n d e Ans~tze f'tir E - L e a r n i n g G e s c h ~ f t s m o d e l l e ................................... 22
2.3.2
Gegent~berstellung v o n E - L e a r n i n g G e s c h ~ f t s m o d e l l e n .................................. 25
Z u s a m m e n f a s s u n g der D i s k u s s i o n zu E - L e a r n i n g u n d G e s c h ~ f t s m o d e l l e n ............. 27
Ein F r a m e w o r k des Strategischen M a n a g e m e n t s zur K o n z i p i e r u n g und M o d e l l i e r u n g von G e s c M i f t s m o d e l l e n ............................................................... 29 3.1
3.2
3.3
G r u n d l a g e n des S t r a t e g i s c h e n M a n a g e m e n t s ............................................................ 29 3.1.1
E n t w i c k l u n g e n des S t r a t e g i s c h e n M a n a g e m e n t s ............................................. 30
3.1.2
A n s g t z e und T h e o r i e n .......................................................................................
33
M a r k e t B a s e d V i e w ...................................................................................................
37
3.2.1
P e r s p e k t i v e und A n n a h m e n .............................................................................. 38
3.2.2
M e t h o d e n und I n s t r u m e n t e ............................................................................... 40
3.2.3
Z u s a m m e n f a s s u n g u n d B e w e r t u n g .................................................................. 44
R e s o u r c e B a s e d V i e w ................................................................................................
46
3.3.1
P e r s p e k t i v e und A n n a h m e n .............................................................................. 46
3.3.2
M e t h o d e n und I n s t r u m e n t e ............................................................................... 49
3.3.3
Z u s a m m e n f a s s u n g und B e w e r t u n g .................................................................. 52 XI
3.4
3.5
Integration der Ansgtze ............................................................................................. 54 3.4.1
Motivation und Potenziale ............................................................................... 55
3.4.2
Voraussetzungen und Prgmissen ...................................................................... 55
3.4.3
Gestaltung des Framework ...............................................................................57
Zusammenfassung .....................................................................................................61
U n t e r n e h m e n s m o d e l l eines E - L e a r n i n g C o n t e n t A n b i e t e r s ........................... 63 4.1
Simulationsmethode System Dynamics .................................................................... 63 4.1.1
4.2
Grundlagen des System Dynamics Ansatzes ................................................... 63
4.1.2
Grenzen des System Dynamics Ansatzes ......................................................... 66
4.1.3
Vorgehensmodell zur Erstellung von System Dynamics Modellen ................. 70
Simulationsmodell eines E-Learning Content Anbieters .......................................... 77 4.2.1
Rahmenbedingungen und Annahmen zum U n t e m e h m e n s s y s t e m ................... 77
4.2.2
Produktionssystem und Produktionsmodell ..................................................... 79
4.2.2.1
Rahmenbedingungen des Produktionssystems ........................................... 80
4.2.2.2
Produktionsmodell: Konzipierung von E-Learning Kursen ....................... 81
4.2.2.3
Produktionsmodell: Mediendesign von E-Learning Kursen ...................... 83
4.2.2.4
Produktionsmodell: Realisierung von E-Learning Kursen ........................ 84
4.2.2.5
Zusammenfassung von Produktionssystem und Produktionsmodell ......... 87
4.2.3
Vertriebssystem und Vertriebsmodell .............................................................. 88
4.2.3.1
Rahmenbedingungen des Vertriebssystems ............................................... 88
4.2.3.2
Vertriebsmodell: Produktpolitik ................................................................. 91
4.2.3.3
Vertriebsmodell: Preis- und Konditionenpolitik ........................................ 92
4.2.3.4
Vertriebsmodell: Kommunikations- und Distributionspolitik .................. 94
4.2.3.5
Zusammenfassung von Vertriebssystem und Vertriebsmodell .................. 97
4.2.4
Personalsystem und Personalmodell ................................................................ 98
4.2.4.1
Personalmodell: Mitarbeiter der Produktion ............................................ 100
4.2.4.3
Personalmodell: Mitarbeiter des Vertriebs ............................................... 104
4.2.4.4
Zusammenfassung der personalwirtschaftlichen Aktivit~iten .................. 105
4.2.5
XII
Finanzsystem und Finanzmodell .................................................................... 107
4.2.5.1
Rahmenbedingungen des Finanzsystems ................................................. 107
4.2.5.2
Finanzmodell: Unternehmenskennzahlen ................................................ 109
4.2.5.3
Finanzmodell: Kennzahlen der Produktion und des Vertriebs ................. 111
4.2.5.4
Finanzmodell: Kennzahlen der Personalwirtschaft .................................. 112
4.2.5.5
Zusammenfassung der finanzwirtschaftlichen Aktivit~iten ...................... 114
4.2.6 4.3
Rahmenbedingungen des Personalsystems ................................................ 99
4.2.4.2
Zusammenfassung des Simulationsmodells ................................................... 115
Zusammenfassung des Untemehmensmodells ........................................................ 117
5
V a l i d i e r u n g eines G e s c h f i f t s m o d e i l s ................................................................ 119 5.1 5.2
Referenzverhalten des E-Learning Simulationsmodells ......................................... 119 Formale Modellvalidierung ..................................................................................... 125 5.2.1
Strukturvalidierung ......................................................................................... 125
5.2.1.1 5.2.1.2
Strukturverifikationstests ......................................................................... 128
5.2.1.3
Parameterverifikationstests ...................................................................... 129
5.2.1.4
Dimensionenkonsistenztests ..................................................................... 130
5.2.1.5
Zusammenfassung Strukturtests ............................................................... 131
5.2.2
5.3
6
Verhaltensvalidierung .................................................................................... 131
5.2.2.1
Extrembedingungstests ............................................................................. 132
5.2.2.2
Verhaltenssensitivit~itstests ....................................................................... 136
5.2.2.3
Weitere Verhaltenstests ............................................................................ 139
5.2.2.4
Zusammenfassung Verhaltenstests .......................................................... 139
Empirische Modellvalidierung ................................................................................ 140 5.3.1
Aufbau und Design der Befragung ................................................................. 141
5.3.2
Ergebnisse der Befragung .............................................................................. 143
5.3.2.1
Ergebnisse ftir das Produktionsmodell ..................................................... 144
5.3.2.2
Ergebnisse far das Vertriebsmodell ......................................................... 147
5.3.2.3
Ergebnisse ftir das Personalmodell .......................................................... 152
5.3.3 5.4
Systemgrenzen-Ad~iquanztests ................................................................. 126
Zusammenfassung der empirischen Modellvalidierung ................................ 154
Zusammenfassung der Gesch~iftsmodellvalidierung ............................................... 155 G e s t a l t u n g y o n E - L e a r n i n g G e s c h ~ i f t s m o d e l l e n ............................................. 157
6.1
6.2
6.3
Simulation potenzieller Umweltentwicklungen ...................................................... 157 6.1.1
Umweltszenario 1: Unternehmensentwicklung bei Nachfrageanstieg ........... 159
6.1.2
Umweltszenario 2: Unternehmensentwicklung bei Preisverfall .................... 163
6.1.3
Umweltszenario 3: Unternehmensentwicklung bei Personalkostenanstieg... 166
6.1.4
Umweltszenario 4: Unternehmensentwicklung bei komplexer Zukunft ........ 170
Simulation strategischer Entscheidungen ................................................................ 173 6.2.1
Entscheidungsszenario 1: Strategien der Wertsch6pfungskonfiguration ....... 175
6.2.2
Entscheidungsszenario 2: Strategien des Resource Based View ................... 179
6.2.3
Entscheidungsszenario 3: Strategien des Market Based View ....................... 183
6.2.4
Entscheidungsszenario 4: Strategien der Netzwerkkonfiguration ................. 187
6.2.5
Kombination von Strategien und Umweltereignissen .................................... 192
Zusammenfassung ................................................................................................... 195
XIII
F a z i t ....................................................................................................................
197
7.1
Z u s a m m e n f a s s u n g ................................................................................................... 197
7.2
Ausblick .................................................................................................................. 201 Anhang
...............................................................................................................
203
8.1
Herleitung der Produktivit~tssteigerung gemgl3 d e m E r f a h r u n g s k u r v e n m o d e l l ..... 203
8.2
Darstellung des G l e i c h u n g s s y s t e m s ........................................................................ 204
8.3
Interviewleitfaden .................................................................................................... 214
Literatur
XIV
..................................................................................................................... 2 2 7
Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1-1
Aufbau der Arbeit ............................................................................................
6
Abbildung 3-1
Die vier Phasen des Strategischen Managements ......................................... 33
Abbildung 3-2
Das klassische SCP- bzw. Bain-Mason Paradigma ...................................... 35
Abbildung 3-3
Wichtige Theoriestr6mungen des Strategischen Managements .................... 37
Abbildung 3-4
Das SCP-Paradigma des Market Based View ............................................... 39
Abbildung 3-5
Die flinf Triebkrgfte des Branchenwettbewerbs / Five Forces of Competition ........................................................................... 41
Abbildung 3-6
Structure-Conduct-Performance und Resources-Conduct-Performance Paradigma ................................................ 47
Abbildung 3-7
Isolationsmechanismen und VRIO-Konzept des Resource Based View ...... 52
Abbildung 3-8
Wertsch6pfungskette und Wertesystem ........................................................ 58
Abbildung 3-9
Framework des Strategischen Managements zur Konzipierung und Modellierung von Geschgftsmodellen ................................................... 59
Abbildung 4-1
Iterativer System Dynamics Modellierungsprozess ...................................... 71
Abbildung 4-2
Fiktive Anteile der Contentwiederverwertung in Abhgngigkeit der produzierten Kurse ........................................................................................ 87
Abbildung 4-3
121bersicht des Produktionssystems ................................................................ 89
Abbildung 4-4
12bersicht des Vertriebssystems .................................................................... 98
Abbildung 4-5
Ubersicht des Personalsystems f'dr die Produktion: Beispiel Contentkonzeption ........................................................................ 106
Abbildung 4-6
121bersicht des Personalsystems fiir den Vertrieb ......................................... 107
Abbildung 4-7
12rbersicht des Finanzsystems der Unternehmung ....................................... 115
Abbildung 4-8
12rbersicht des Unternehmenssystems .......................................................... 118
Abbildung 5-1
Cash Flow des Basismodells ....................................................................... 122
Abbildung 5-2
Durchschnittlicher Cash Inflow und Cash Outflow .................................... 123
Abbildung 5-3
Durchschnittliche Entwicklung des Kursinventars und des Mitarbeiterbestandes ................................................................................... 124
Abbildung 5-4
Entwicklung von Cash Flow und Mitarbeiterbestand bei Ausfall der Vertriebsmitarbeiter .................................................................................... 133
Abbildung 5-5
Entwicklung von Cash Flow und Mitarbeiterbestand bei minimalen Lieferzeiten ..................................................................................................
Abbildung 5-6
134
Entwicklung von Cash Flow und Mitarbeiterbestand bei Auftragseingangsschwankungen ................................................................. 135 XV
Abbildung 5-7 Abbildung 5-8
Vorschlag f'tir Produktionsstufen der Kursentwicklung .............................. 144 Durchschnittlicher Anteil der Contentwiederverwertung und des Mehrfachvertriebs der Kurse ....................................................................... 145
Abbildung 5-9
Mittlerer zeitlicher Arbeitsanteil der einzelnen Produktionsprozesse ......... 146
Abbildung 5-10 Anteil der reinen Auflragsfertigung ............................................................ 147 Abbildung 5-11 Relevanz der DistributionskanNe ................................................................ 148 Abbildung 5-12 Verkaufsanteile der einzelnen DistributionskanNe ..................................... 149 Abbildung 5-13 Kaufkriterien bei E-Learning Kursen .......................................................... 149 Abbildung 5-14 Nachfrageelastizitgt far Preis und Lieferzeit ............................................... 151 Abbildung 5-15 Kostenstruktur des Personalsektors ............................................................. 153 Abbildung 5-16 Aussagen zum Wettbewerb ......................................................................... 155 Abbildung 6-1
Kundenwandlungsrate im Basismodell und im Szenario Nachfrageanstieg .......................................................................... 160
Abbildung 6-2
Cash Flow f'tir Basismodell und Szenario Nachfrageanstieg ...................... 161
Abbildung 6-3
Cash Inflow und Outflow far Basismodell und
Abbildung 6-4
Kursinventar und Mitarbeiterbestand far Basismodell und
Abbildung 6-5
Preis pro Kurs im Basismodell und im Szenario Preisverfall ..................... 164
Abbildung 6-6
Cash Flow far Basismodell und Szenario Preisverfall ................................ 165
Abbildung 6-7
Cash Inflow und Outflow far Basismodell und Szenario Preisverfall ........ 165
Abbildung 6-8
Kursinventar und Mitarbeiterbestand ffir Basismodell und
Szenario Nachfrageanstieg .......................................................................... 162
Szenario Nachfrageanstieg .......................................................................... 163
Szenario Preisverfall ................................................................................... 166 Abbildung 6-9
Durchschnittliche jghrliche Personalkosten im Basismodell und im Szenario Personalkostenanstieg .................................................................. 167
Abbildung 6-10 Cash Flow far Basismodell und Szenario Personalkostenanstieg ............... 168 Abbildung 6-11 Cash Inflow und Outflow far Basismodell und Szenario Personalkostenanstieg .................................................................. 169 Abbildung 6-12 Kursinventar und Mitarbeiterbestand far Basismodell und Szenario Personalkostenanstieg .................................................................. 169 Abbildung 6-13 Cash Flow far Basismodell und kombiniertes Szenario ............................. 171 Abbildung 6-14 Cash Inflow und Outflow far Basismodell und kombiniertes Szenario ...... 172 Abbildung 6-15 Kursinventar und Mitarbeiterbestand far Basismodell und kombiniertes Szenario ................................................................................. 172
XVI
Abbildung 6-16 Cash Flow ftir Basismodell und Entscheidungsszenario Wertsch6pfungskettenkonfiguration ........................................................... 176 Abbildung 6-17 Cash Inflow und Outflow f'tir Basismodell und Entscheidungsszenario Wertsch6pfungskettenkonfiguration ........................................................... 177 Abbildung 6-18 Kursinventar und Mitarbeiterbestand f'tir Basismodell und Entscheidungsszenario Wertsch6pfungskettenkonfiguration ..................... 178 Abbildung 6-19 Kapitalbedarf f'tir das Basismodell und das Entscheidungsszenario Ressourcenbegrenzung ................................................................................
180
Abbildung 6-20 Cash Flow f'tir Basismodell und Entscheidungsszenario Ressourcenbegrenzung ................................................................................
181
Abbildung 6-21 Cash Inflow und Outflow ftir Basismodell und Entscheidungsszenario Ressourcenbegrenzung ................................................................................
182
Abbildung 6-22 Kursinventar und Mitarbeiterbestand ftir Basismodell und Entscheidungsszenario Ressourcenbegrenzung .......................................... 182 Abbildung 6-23 Cash Flow f'tir Basismodell und Entscheidungsszenario Preismodell ........ 185 Abbildung 6-24 Cash Inflow und Outflow f'tir Basismodell und Entscheidungsszenario Preismodell ..................................................................................................
186
Abbildung 6-25 Kursinventar und Mitarbeiterbestand f'tir Basismodell und Entscheidungsszenario Preismodell ............................................................ 187 Abbildung 6-26 Cash Flow ftir Basismodell und Entscheidungsszenario Netzwerkpartner ..........................................................................................
189
Abbildung 6-27 Cash Inflow und Outflow ftir Basismodell und Entscheidungsszenario Netzwerkpartner ..........................................................................................
190
Abbildung 6-28 Kursinventar und Mitarbeiterbestand ftir Basismodell und Entscheidungsszenario Netzwerkpartner .................................................... 191 Abbildung 6-29 Cash Flow bei komplexer Umwelt und verschiedenen Entscheidungsszenarien ..............................................................................
192
XVII
Verzeichnis der Tabellen Tabelle 2-1
Begfiffsdefinitionen Gesch~flsmodel! ........................................................... 18
Tabelle 2-2
Vergleich ausgew~ihlter Gesch~iftsmodelldefinitionen ..................................
Tabelle 2-3
Partialmodelle ausgewghlter Geschgftsmodellansgtze .................................. 20
19
Tabelle 2-4
13bersicht bestehender E-Learning Geschgftsmodellkonzepte ...................... 24
Tabelle 2-5
Kritische Wfirdigung bestehender E-Learning Gesch~ftsmodellansgtze ...... 27
Tabelle 4-1
Grenzen und Probleme des System Dynamics Ansatzes .............................. 68
Tabelle 4-2
12Jbersicht Rahmenbedingen und Annahmen des Untemehmenssystems ..... 79
Tabelle 5-1
Konstanten des Basismodells ...................................................................... 120
Tabelle 5-2
Anfangwerte der Bestandsgr6gen zum Zeitpunkt t = 0 .............................. 121
Tabelle 5-3
Initiale Variablen und Simulationswerte nach 2, 4 und 6 Jahren ................ 124
Tabelle 5-4
Validierungsverfahren von Modellstruktur und von Modellverhalten ....... 126
Tabelle 5-5
Sensitivit~itsanalyse der Modellkonstanten ................................................. 138
Tabelle 5-6
Ausgewghlte numerische Ergebnisse der Befragung .................................. 154
Tabelle 6-1
15bersicht der drei betrachteten Einzelszenarien der Umweltentwicklung .............................................................................. 159
Tabelle 6-2
121bersicht der betrachteten Entscheidungsszenarien zur m6glichen Ausgestaltung von E-Learning Gesch~iftsmodellen .................................... 174
Tabelle 6-3
Vergleich der strategischen Gestaltungsm6glichkeiten f't~r Basismodell und bei komplexer Umweltentwicklung ................................ 194
XIX
Verzeichnis der Abkiirzungen dmnl.
dimensionslos
DTD
Document Type Definition
G1.
Gleichung
LOM
Learning Objects Metadata
MIT
Massachusetts Institute of Technology
OR
Operations Research
SCP
Structure-Conduct-Performance
SCORM
Sharable Content Object Reference Model
vgl. a.
vergleiche auch
XML
Extensible Markup Language
XXI
1 Einleitung 1.1 Problemstellung und Motivation Die zunehmende Verbreitung des Internet seit Mitte der neunziger Jahre beschleunigt den gesellschaftlichen Wandel vonder Industrie- zur Informationsgesellschaft. Dabei stehen technologischer und 6konomischer Erfolg der Informations- und Kommunikationstechnologie in vielschichtiger Wechselwirkung mit weiten Bereichen der Gesellschaft [GrSo93, 3; vgl. a. Grup97, 5-9]. Den technischen M6glichkeiten der vereinfachten und individualisierten Kommunikation und Informationsvermittlung begegnen neue, 6konomische und gesellschaftliche Herausforderungen zur Nutzung dieser Potenziale. Charakteristisch fiir den Einsatz des Internet sind die Vernetzung der Teilnehmer und die Digitalisierung von Informationsprodukten. Die technische Vernetzung von Akteuren und Infrastrukturen erm6glicht neue Kooperations- und Unternehmensformen mit innovativen Gesch~iftsprozessen. Die Digitalisierung erleichtert die globale Distribution von Produkten, was in vielen Branchen zu tiefgreifenden Ver~inderungen der Wettbewerbssituation f0hrt. Gesellschafts- und wirtschaftspolitisch steigt der Wert des Produktionsfaktors Wissen und beeinflusst immer starker die Wettbewerbsfiihigkeit einer Volkswirtschaft. Angesichts der abnehmenden Halbwertszeit von Wissen und der zunehmenden Bedeutung des ,,lebenslangen Lernens" in der Wissensgesellschaft und im Arbeitsleben zielen staatliche F6rderprogramme auf die Entwicklung von geeigneten Bildungsangeboten ab. Hierbei gewinnt der Einsatz des Internet fiir die Ausund Weiterbildung zunehmend an Gewicht. Die Nutzung multimedialer, vernetzter Informations- und Kommunikationstechnologien erm6glicht bereits grundlegend neue, innovative Anwendungskonzepte und erweitert auch in Zukunft das Alternativenspektrum zur Realisierung von digitalen und hybriden Bildungsangeboten. Dass diese Entwicklung keineswegs tiberraschend ist, zeigt ein Blick in die Literatur: Schon im Jahr 1967 erkennen Kahn/Wiener die hohe Bedeutung des technologischen Wandels fiir die Aus- und Weiterbildung und prognostizieren for das Jahr 2000 ein Computernetz, das von Wohnung, Arbeitsplatz und Schulen aus einen Abruf aller bildungsrelevanten Informationen erm6glicht [KaWi67, 90]. Internettechnologie als Basisinnovation hat somit eine ambivalente Wirkung auf den Aus- und Weiterbildungssektor: Einerseits erh6ht der verst~irkte Technologieeinsatz die Anforderungen an den Wissens- und Informationsstand seiner Akteure und somit die Nachfrage nach Bildungsangeboten (Internet als driver), anderseits kann die Tech-
nologie zum Angebot und zur Vermittlung von Wissensinhalten genutzt werden (In-
ternet als enabler). Angesichts der durch den Technologieeinsatz gepr~igten Internet6konomie mit ihren vergnderten Markt- und Wettbewerbsstrukturen, innovativen Produkten, neuen Organisationsformen und zahlreichen Unternehmensgrfindungen ergibt sich in diesem Zusammenhang f'tir die betriebswirtschaflliche Forschung eine Vielzahl von Herausforderungen. Dabei mtissen bestehende 6konomische Ans~itze und Instrumente tiberprfifl, an die ver~inderten Rahmenbedingungen angepasst und erweitert sowie neue Konzepte entwickelt werden. Als bedeutendes Konstrukt etabliert sich in diesem Zusammenhang das Gesch~iftsmodell f'tir die Strategische Planung. Gesch~iflsmodelle dienen in der Internet6konomie der Beschreibung und Klassifizierung innovativer Unternehmen und als Analyseinstrument bei Fragen der unternehmerischen Planung. Trotz der grof3en Aufmerksamkeit, die Theorie und Praxis dem Geschgflsmodellkonzept schenkt, ist seine Bedeutung und sein Wesen zumeist nicht eindeutig und die theoretische Fundierung und Verankerung in anerkannte betriebswirtschaflliche Ans~.tze ger~it auch gelegentlich zu kurz. Dennoch wird die grol3e Bedeutung yon Gesch~iflsmodellen angesichts aktueller F6rderprogramme und wissenschaftlicher Publikationen deutlich [vgl. z.B. Bund04a; ZfB05] und zeigt sich letztlich in der hohen praktischen Nutzung. Durch diese Entwicklungen und ver~inderten Rahmenbedingungen stellt sich die Frage, welche Bedeutung dem Konzept des Gesch~iflsmodells in der Internet6konomie aus Sicht der Forschung und Praxis zukommt. 1.2 Zielsetzung und Methodik Vor diesem Hintergrund zielt diese Arbeit darauf ab, Ans~itze und L6sungen zu entwickeln, die Unternehmen bei der Wahl und Gestaltung eines geeigneten Geschfiftsmodells unterstfitzen. Dabei ist zu kl~iren, welche systematischen Handlungen und gezielten Mal3nahmen for die erfolgreiche Konzipierung eines Gesch~iftsmodells in einem rationalen Planungsprozess zu entwickeln sind. Ein konzeptioneller Rahmen einerseits sowie normative Handlungsempfehlungen anderseits erscheinen notwendig, um eine erfolgreiche Gesch~iftsmodellierung zu erm6glichen. Hierfiir wird das ftir die Gestaltung von Gesch~iftsmodellen entwickelte Framework auf einen idealtypischen ELearning Content Anbieter angewendet. 1 Somit wird in der Arbeit im Sinne Ulrichs
Ziel des von 2001 bis 2004 durch das Bundesministerium far Bildung und Forschung gef6rderten Projekts ImpulsEc (Interdisziplin/ires Programm far die multimediale Lehre und selbstorganisiertes Lemen: Electronic Commerce) ist die Entwicklung von zehn E-Leaming Kursen, die betriebswirt-
angestrebt, die inhaltliche L6sung von konkreten Problemen der Praxis zu erzielen sowie L6sungsverfahren und Gestaltungsmodelle ftir die Gesch~iftsmodellierung zu entwickeln [vgl. Ulri84]. Theoretisches Fundament des deduktiv entwickelten Framework ist das Strategische
Management. Ausgehend vom derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Diskussion zu (E-Learning) Gesch~iftsmodellen werden der Market Based View und der Resource Based View als komplement~ire Konzepte des Strategischen Managements mit dem Wertsch6pfungskettenansatz und Ans~.tzen der Strategischen Netzwerktheorie kombiniert. Das auf der Integration dieser vier Konzepte begrfindete, eklektische Framework dient als konzeptioneller Rahmen und erlaubt, etablierte Methoden der Strategiefindung einzusetzen, bestehende Aussagen auf innovative Gesch~iftsmodelle zu t~bertragen und Handlungsempfehlungen ft~r die Gesch~iftsmodellgestaltung zu erzielen. Zur Analyse und Bewertung von E-Learning Gesch~iftsmodellen wird basierend auf dem Framework ein stochastisches System Dynamics Modell eines E-Learning Content Anbieters entwickelt und umfassend validiert. Das Modell beschreibt den Produktions-, Vertriebs-, Personal- und Finanzsektor eines idealtypischen Unternehmens in der Wachstumsphase. System Dynamics ist eine Methode zur Modellierung von Informations-, Material- und Finanzstr6men in Form von Differenzen- und Differenzialgleichungen [Forr61, 13]. Durch diese Simulationsmethode k6nnen computerbasierte
Experimente [Law83, 983] mit dem Unternehmensmodell durchgeft~hrt und so zuktinftige Wirkungen sich stellender, alternativer Entscheidungen analysiert werden. Zur Ermittlung der notwendigen Modellparameter und zur lJberpmfung der Modellstruktur erfolgt eine Expertenbefragung in Form von Tiefeninterviews mit ftinf Ftihrungskr~iften von vergleichbaren Unternehmen. Der Einsatz des Simulationsmodells erm6glicht, den Einfluss verschiedener Umweltund Marktentwicklungen auf den Unternehmenserfolg zu untersuchen. Als Reaktion auf diese im Rahmen der Befragung identifizierten Entwicklungen werden geeignete Strategien zur erfolgreichen Gestaltung eines Geschfiftsmodells auf Basis des Framework abgeleitet und durch entsprechende Simulationen analysiert.
schaftliche, wirtschaflswissenschafllicheund wirtschaflspgdagogischeLehr- bzw. Lernaspekte verbinden [vgl. BoKI+02]. Dieses Projekt wird im Verbund mit den Universitgten Dresden, Karlsruhe, Leipzig, Osnabrfick, Potsdam und Wfirzburg durchgeffihrt. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit der Projektergebnisse wird neben der Integration in das Curriculum der sechs beteiligten Partneruniversitgten im Sinn des Blended Learning eine professionelle Vermarktung der Kurse angestrebt [vgl. z.B. SaLa+04]. Die Arbeit konnte dank dieser F6rderung entstehen.
Damit werden durch die Arbeit drei Ziele erreicht: Erstens tr~gt die Arbeit zur Vertiefung des systemdynamischen Verstfindnisses yon Unternehmen im E-Learning-Sektor bei. Zweitens werden normative Handlungsempfehlungen f'tir die strategische Unternehmensplanung eines E-Learning Content Anbieters gegeben. Drittens kann das entwickelte Simulationsmodell entsprechend erg~nzt werden und bietet zudem eine Basis ffir die weitere wissenschaftliche Forschung im Bereich der (E-Learning) Geschfiftsmodelle. Das vorgestellte Framework kann ebenfalls auf die Geschfiftsmodellgestaltung und zur Analyse von innovativen Unternehmen der Internet6konomie ~3bertragen werden.
1.3 Gang der Untersuchung Zu diesem Zweck wird im folgenden Kapitel 2 untersucht, welchen Beitrag Geschfiftsmodelle ffir die Strategische Planung und das Strategische Management ffir Unternehmen der InternetOkonomie im Allgemeinen und f'ur E-Learning Anbieter im Speziellen leisten k6nnen. In diesem Rahmen erfolgt die Darstellung und Analyse des State-of-the-art der Gesch~ftsmodelldiskussion. Hierdurch werden die begrifflichen Grundlagen ffir die weitere Arbeit gelegt. Ausgehend vonder These, dass bestehende Gesch~ftsmodellkonzepte aufgrund fehlender Methoden und Instrumente zur L6sung vielf'altiger Probleme der Strategischen Planung nur bedingt hilfreich erscheinen, beschreibt Kapitel 3 die Entwicklung eines detaillierten Vorgehensmodells ft~r die Konzeption von innovativen Gesch~.ftsmodellen. Dieses dient als Grundlage f~r die weitere System Dynamics Modellierung. Hierzu wird der aktuelle Stand der Literatur des Strategischen Managements untersucht und wesentliche Theorien und Konzepte werden er6rtert. Als Resultat ergibt sich ein Vorgehensmodell ffir die Gestaltung von Gesch~ftsmodellen, das auf der Integration des Market und des Resource Based View als den beiden dominierenden Ans~itzen des Strategischen Managements aufbaut sowie die Aspekte der Gesch~.ftsmodelldiskussion integriert. In diesem Zusammenhang werden die Potenziale und Voraussetzungen f'tir eine Synthese dieser Ansfitze untersucht und das abgeleitete Vorgehensmodell ffir die Gesch~ftsmodellkonzipierung beschrieben. Auf Basis dieser Erkenntnisse erfolgt in Kapitel 4 die Entwicklung eines formalen Modells eines E-Learning Content Anbieters, der als ein idealtypisches Unternehmen der E-Learning Branche gewissermaf3en als Fallstudie gewfihlt wird. Als geeigneter methodischer Ansatz zur Erstellung eines m6glichst realitfitsnahen Simulationsmodells einer solchen Unternehmung wird der System Dynamics Ansatz vorgestellt und kri-
tisch er6rtert. Die Strukturen und wesentlichen Gleichungen des entwickelten System Dynamics Modells werden umfassend beschrieben, damit ein grundlegendes Verstgndnis ft~r das erzeugte Gleichungssystem erzielt sowie die Reproduzierbarkeit und somit die Validit~it und Erweiterbarkeit des Modells sichergestellt wird. Um die durch die Modellierung und Simulation erlangten Aussagen auf reale Unternehmen abertragen zu k6nnen, wird in Kapitel 5 das Modell umfangreich validiert. Ziel dabei ist, die Modellbrauchbarkeit und die Zuverlgssigkeit der modellinduzierten Ergebnisse zu t~berp~fen und nachzuweisen. Hierzu werden unterschiedliche Validierungsverfahren beschrieben, anhand derer das Modell qualitativ und quantitativ bewertet wird. Um die Realitgtskonformit~.t des Modells zu t~berp~fen und sicher zu stellen, ist das Verhalten von Modell und Realsystem zu vergleichen. Aufgrund des noch relativ frfihen Entwicklungsstandes liegen f'tir den E-Learning Markt bzw. ft~r diese Unternehmen nur in geringem Umfang quantitative Informationen vor. Da diese Daten ft~r die Validierung des Unternehmensmodells nicht geeignet sind, werden in f't~nf Experteninterviews mit Industrievertretern entsprechende Informationen erhoben. Zur Ableitung normativer Handlungsempfehlungen ft~r E-Learning Content Anbieter erfolgt in Kapitel 6 die Untersuchung verschiedener Szenarien ft~r die Entwicklung der Umwelt und ft~r die Gestaltung des Gesch~ftsmodells. Hierzu werden modellexogene Umweltentwicklungen dargestellt, die das Wachstum des Unternehmens stimulieren oder beeintrgchtigen. Im zweiten Schritt der Analyse werden vier Entscheidungsszenarien analog zu den in Kapitel 3 betrachteten strategischen Gestaltungsm6glichkeiten von Gesch~iftsmodellen analysiert und bewertet. Der Ergebnisse der Arbeit werden in Kapitel 7 zusammenfassend erl~iutert. Ein Ausblick auf weitere Forschungsfragen beschliel3t die Arbeit. Abbildung 1-1 zeigt den Aufbau der Arbeit.
Kapitel I: Einleitung 9 9 9
Problemstellung und Motivation Zielsetzung und Methodik Gang der Untersuchung
Kapitei 2: Begriffliche Grundlagen 9 9 9
E-Learning Gesch~ifismodelle E-Learning Gesch~iftsmodelle
Kapitel 3: Framework des Strategischen Managements zur
Konzipierung und Modellierung von Geschiiftsmodellen 9 9 9 9
Grundlagen des Strategischen Managements Market Based View Resource Based View Integration der Ans~itze
1,
Kapitei 4: Unternehmensmodell
eines E-Learning Content Anbieters 9 9
Simulationsmethode System Dynamics Sirnulationsmodell
Kapitel 5: Validierung eines Geschiiftsmodells 9
Referenzverhalten des ELearning Simulationsmodeils Formale Modellvalidierung Empirische Modelivalidierung ...............
Kapitel 6: Gestaltung von ELearning Geschiiftsmodellen Le~ Simulation potenzieller Umweltentwicklungen Simulation strategischer Entscheidungen
I Kapitel 7: Fazit 9 9
Abbildung
1-1 Aufbau
der Arbeit
Zusammenfassung Ausblick
2
Begriffliche Grundlagen
Die zunehmende Bedeutung von Wissen als Produktionsfaktor und die abnehmende Halbwertszeit von Wissen ft~hren zu einer wachsenden Nachfrage nach geeigneten Bildungsprodukten. Dabei wird der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie ft~r die Aus- und Weiterbildung immer wichtiger. Angesichts der steigenden Nachfrage nach internetbasierten Lernformen stellt s i c h - neben technologischen und pfidagogischen A s p e k t e n - die Frage, wie Geschfiftsmodelle von E-Learning Anbietern erfolgreich gestaltet werden k6nnen. Ziel dieses Kapitels ist es deshalb, eine terminologische Ausgangsbasis ft~r die folgende Untersuchung zu E-Learning Gesch~.ftsmodellen zu erlangen. Zu diesem Zweck werden die grundlegenden Begriffe und der aktuelle Forschungsstand zu E-Learning in Abschnitt 2.1 sowie zu Geschiifismodellen in Abschnitt 2.2 dargestellt und er6rtert. Eine l~ersicht und kritische Dis-
kussion zu domfinenspezifischen E-Learning Gesehiifismodellen erfolgt in Abschnitt 2.3. Das Kapitel schliel3t mit einem zusammenfassenden Fazit in Abschnitt 2.4.
2.1 E-Learning In der wissenschaftlichen Diskussion wird E-Learning aus Sicht der drei Disziplinen (Wirtschafts-) Informatik, (Wirtschafts-) Pfidagogik und Betriebswirtschaftslehre betrachtet [vgl. z.B. Hopp00, 4-5]. Wfihrend bei der Wirtschaftsinformatik Fragen nach der technischen Realisierung von E-Learning Bildungsangeboten im Mittelpunkt stehen (vgl. Abschnitt 2.1.2), befasst sich die Wirtschaftspfidagogik in diesem Zusammenhang mit der sinnvollen Gestaltung und dem Einsatz dieser Lemform (vgl. Abschnitt 2.1.3). Aus Perspektive der Betriebswirtschaftslehre werden hier die 6konomischen Konsequenzen der Nutzung von E-Learning Maf3nahmen untersucht und geeignete organisatorische und strategische Gestaltungsm6glichkeiten und Geschfiftsmodelle for Untemehmen der E-Leaming Branche entwickelt (vgl. Abschnitt 2.1.4). Einf~hrend erfolgt in Abschnitt 2.1.1 die Er6rterung der erforderlichen begrifflichen Grundlagen zu E-Learning. 2.1.1
Begriffe und Definitionen
Obwohl der Ausdruck E-Learning erst Ende der neunziger Jahre entsteht 2 und in wissenschaftlichen Publikationen seit Anfang 2000 verwendet wird [vgl. z.B. Rose00], ist
2 Nach Cross wird der Begriff E-Learning erstmals 1998 ursprfinglich ffir das Marketing des Softwareanbieters Smartforce in Anlehnung an E-Commerce gebraucht [Cros02]; der Begriff Electronic Learning hingegen - analog zu Electronic Commerce - ist allgemein nicht fiblich.
er mittlerweile als Synonym oder Oberbegriff ftir eine Vielfalt von Bezeichnungen etabliert wie Computer Aided Instruction [Hopp00], Interneteinsatz in der Aus- und
Weiterbildung [Ende02], Information & Kommunikationstechnologie-unterstiitzte Ausund Weiterbildung [Hage02], multimediale Lehr-/Lernangebote [Bund02] bzw. multimediales Telelehren und Telelernen [Bode00], Open Learning [Hills00], Online Education [Seuf00], Distance Learning [Sand99], Distance Education [Keeg96], EEducation [Rumb01 ] oder Learning on Demand [Sch/~01 ].3 Trotz dieser vielfaltigen Begriffe stehen unabh/~ngig vom jeweils verwendeten Terminus im Wesentlichen zwei Aspekte im Vordergrund: die Technologie einerseits und die riiumliche Trennung zwischen den Beteiligten anderseits. Obwohl keine Definition allgemein anerkannt ist, wird E-Learning zumeist analog hierzu sowohl durch zeitliche und r/~umliche Entkoppelung zwischen Lehrenden und Lemenden als auch durch den Einsatz des Intemet als prim~res Medium charakterisiert [vgl. z.B. Rose00, 28-29; BaPh02, 108]. 4 Das Internet dient dabei sowohl zum Angebot und zur Vermittlung von Wissensinhalten als auch zur synchronen oder asynchronen Kommunikation zwischen den Teilnehmern. Die Trennung von Lehrer und Lernenden, der Einsatz von Technologie und der Einfluss einer Bildungseinrichtung charakterisiert nach einer anerkannten Definition Keegans allgemein den Bereich der Fernlehre [Keeg80, 17; Keeg96, 18]. E-Learning kann gemfil3 diesem Verst~ndnis als ein Bereich der Fernlehre angesehen werden. Das Internet als 15bertragungs- und Kommunikationsmedium stellt dabei eine deutliche funktionale Erweiterung zu den bisher genutzten Technologien dar. Dadurch werden die pfidagogischen Gestalmngsm6glichkeiten vergr613ert und wiederum die 6konomischen Potenziale erh6ht: 5 Beispielsweise unterst~tzen die breitbandige, internetbasierte Vernetzung und die Interaktivit~t des Mediums neuartige, z.B. konstruktivistische Didaktikkonzepte. Die erleichterte Distribution hilft, neue Nutzergruppen zu erschliegen.
3 Hoppe nennt noch acht, Hagenhoffneun weitere Begriffe [Hopp00, 34; Hage02, 15]. Eine ausf~hrliche Diskussion und Abgrenzung finden sich beispielsweise auch bei Sander [Sand99, 43-44], der angelehnt an das Konzept von Garrison [Garr85] vier Generationen von Lemsystemen identifiziert. E-Learning als Oberbegriff wird z.B. verwendet von [BaBe+01]. 4 Weiter gefasste Definitionen subsumieren unter E-Learning neben der Distribution und Vermittlung von Wissensinhalten fiber das Internet alle elektronischen Medien, also auch CD-ROM, Video- oder Tonkassette [K61101, 17]. Aufgrund der zu erwartenden Konvergenz der verschiedenen Technologlen sowie der steigenden Datenfibertragungsm6glichkeiten (Bandbreiten) werden mittelfristig Internettechnologien dominieren. 5 Als klassische Technologien bzw. Medien werden in der Fernlehre z.B. Videos, Radiosendungen oder (nicht vernetzte) Computer zur Wissensvermittlung genutzt [Rumb04, 27-36].
Durch die Standardisierung der Kommunikationskan~ile und Inhalte k6nnen innovative Kooperationsformen zwischen Lehranbietern entstehen. Um diese M6glichkeiten des ]nternet als technologischer Enabler ftir das E-Learning nutzen und bewerten zu k6nnen, werden im ersten Schritt die technischen Voraussetzungen betrachtet. 2.1.2 E-Learning aus technischer Sicht Aus Sicht der Wirtschaftsinformatik stehen technologieorientierte Fragestellungen im Mittelpunkt des Interesses, um die Potenziale der Internettechnologie far die Aus- und Weiterbildung zu erschliel3en. Dabei werden sowohl die Entwicklung und Produktion von digitalen Lerninhalten als auch deren Distribution und Vermittlung betrachtet [vgl. z.B. Bode90; EhSc+01 ]. Entwicklung und Produktion yon E-Learning Inhalten: Zur Unterstatzung
der Entwicklung von E-Learning Inhalten werden verschiedene Applikationen, Vorgehensmodelle, Prozesse und Werkzeuge entwickelt, verbessert und standardisiert [vgl. z.B. K1St01, 43]. Entwicklungsprozesse beschreiben im Wesentlichen die Aktivit~iten der Produktion und Verwaltung von Lerninhalten. Die Produktion und software-technische Umsetzung der E-Learning Inhalte erfolgt in Autorensystemen. Diese Anwendungen untersttitzen die Editierung und Visualisierung des so genannten Content. Lerninhalte bestehen h~iufig aus einzelnen Modulen und Objekten, die in verschiedenen digitalen Formaten erstellt werden. Hierzu geh6ren hfiufig Text-, Bild-, Animations-, Audio- und Videoobjekte, die zu einem Kurs zusammengeffigt werden. Typischerweise werden Lernobjekte in verschiedenen Editoren erstellt und dann in einem Autorensystem zu Lerneinheiten zusammengeffigt. Zur Verwaltung der E-Learning Inhalte werden Learning-Content-ManagementSysteme genutzt [vgl. z.B. Hall03; SaWe04, 458]. Diese Systeme halten die entwickelten Inhalte vor und erm6glichen das Auffinden, Nachbearbeiten und Ausliefern der Lernmaterialien. Sie verfiigen z.B. fiber eine Nutzerverwaltung und eine Versionskontrolle, die die Bearbeitungs- und Zugriffsprozesse bei verteilter Contenterstellung koordinieren [Gers03, 644-650]. Um die Interoperabilit~it der verschiedenen Systeme und die Rekombinierbarkeit der Lerninhalte sicherzustellen, ist eine Standardisierung der Lerntechnologie notwendig [PaAd01, 57]. FOr die Contententwicklung werden verschiedene Industriestandards
wie LOM [IEEE02], AICC [AICC02] oder SCORM [ADL04] entwickelt. 6 Standards beschreiben den Aufbau und die Struktur der Lehrmaterialien sowie die m6glichen Pr~isentationsformen [Gers03, 635]. E-Learning Standards basieren dabei auf grundlegenden Standards wie XML, die eine Trennung zwischen Struktur, Inhalt und Layout erm6glichen [vgl. W3C04]. Die Struktur und Darstellung von XML-Dokumenten kann durch Document Type Definitions (DTDs) festgelegt werden. Standards wie SCORM geben einen Rahmen zum Aufbau solcher DTDs vor, der allerdings noch benutzerspezifisch gestaltet werden kann. 7 Als XML-Dokument erstellte E-Learning Inhalte k6nnen somit bei Berticksichtigung einer standardisierten DTD innerhalb verschiedener Kontexte mehrfach verwertet werden. Distribution und Vermittlung von E-Learning Inhalten: Die Distribution der erstellten Lehrinhalte, die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Lehrendem und Lernenden sowie die notwendige Verwaltung und Administration erfolgt zumeist in einem integrierten System [vgl. z.B. FeSc01, 20; Pawl01; SaVo04, 75]. Diese so genannten Learning-Management-Systeme erm6glichen die Pr/isentation des ELearning Content im Intemet. Sie stellen die Inhalte z.B. in HTML Dokumenten oder anderen, von Internet-Browsem unters~tzen Formaten dar, erleichtem die Verwaltung und Administration der Nutzer und sichem beispielsweise die Zugangsberechtigungen. H/iufig beinhalten Learning-Management-Systeme weitere administrative Funktionalit/iten wie z.B. ein Vorlesungsmanagement, Methoden zur Messung des Lernerfolgs oder Abrechnungsm6glichkeiten. AuBerdem untersttitzen solche Systeme den Lemprozess mittels Applikationen ftir die synchrone und asynchrone Kommunikation und Kollaboration. Hierzu z/ihlen typischerweise Email, Chat, Foren oder Audio- und Videokonferenzsysteme. Die Einbettung der internetbasierten Kommunikationsm6glichkeiten zwischen den Lernenden untereinander und dem Lehrenden stellt dabei eine neue Form der Zusammenarbeit in Bereich der Femlehre dar. Diese neuen technischen Potenziale der Kommunikation und der Einsatz multimedialer Lerninhalte ver/indem die Gestaltungsm6glichkeiten ffir Lemangebote grund-
6 Die Akronyme LOM und SCORM stehen ffir die Standards Learning Objects Metadata bzw. Sharable Content Object Reference Model, AICC hingegen bezeichnet das Standardisierungskomitee Aviation Industry CBT Committee und meint den hiervon entwickelten Standard. 7 Z.B. durch SCORM standardisierte DTDs k6nnen- wie im Projekt ImpulsEc gezeigt [BoKI+02] an die gew/ihltedidaktische Struktur eines Lehrangebots angepasst werden [JuSc+03,658-659]. 10
legend. Das deutlich erweiterte Alternativenspektrum zur Realisierung und Durchflihrung von Bildungsmal3nahmen wirft nun die Frage auf, wie die Intemettechnologien eingesetzt und E-Learning Angebote in didaktisch sinnvoller Weise fiir die Wissensvermittlung gestaltet werden k6nnen. 2.1.3 E-Learning aus p~dagogischer Sicht W~hrend die Informatik und die Wirtschaftsinformatik in diesem Zusammenhang, wie geschildert, auf die technologische Konzipierung und Umsetzung von E-Learning Systemen abzielen, befasst sich die (Wirtschafts-) P~dagogik mit didaktischen Themen zum Einsatz von E-Learning Bildungsangeboten [vgl. z.B. Klau02; Schu02b]. Vor dem Hintergrund der technischen Vernetzung und Interaktivit~t dieser Lernform werden potenzielle Vor- und Nachteile analysiert, die Effizienz des Technologieeinsatzes diskutiert und Gestaltungsempfehlungen f't~r diese neue Instruktionsmethode entwickelt. Unter Lernen wird der Erwerb von Kenntnissen und F~ihigkeiten aufgrund individueller Erfahrungen verstanden. 8 Erfahrungen stellen das Resultat der individuellen Aufnahme und Auswertung yon Informationen dar und werden ganzheitlich, sowohl kognitiv als auch emotional, gesammelt. Folglich stellt der Lernprozess die Auseinandersetzung mit einem Lernstoff dar, der in einer sozial spezifischen Situation stattfindet [Hopp05, 12-13]. Um die Potenziale innovativer E-Learning Technologie zu nutzen, sind deshalb auch aus Sicht der P~.dagogik die Entwicklung von Lehrinhalten und deren Vermittlung in geeigneten Lernumgebungen von Bedeutung. Dies f't~hrt allerdings hier, im Gegensatz zur Wirtschaftsinformatik (vgl. Abschnitt 2.1.2), zu einer integrierten Betrachtung dieser Aspekte. Aufbauend auf verschiedenen Lerntheorien werden Empfehlungen far die Gestaltung von E-Learning Inhalten und Lernsituationen (Lernumgebung, Kommunikationsmedium etc.) abgeleitet. Dabei bilden sich in der lernpsychologischen Literatur im Wesentlichen die drei folgenden Theoriestr6mungen [vgl. z.B. BaPa94, 174; Issi97; Blum98]: Behaviorismus/Instruktionismus:
Der Behaviorismus als ~ilteste der drei
Lerntheorien beschreibt den Lernprozess als die Schaffung von Reizen und Reaktionen zur Verst~irkung eines erwfinschten Lernverhaltens. Individuen werden dabei als reak-
8 F~r eine lJbersicht verschiedener Lernbegriffe vgl. z.B. [Ede178]. 11
tiv und passiv angesehen. Auf diesem Ansatz basierende Lernprogramme prfisentieren Inhalte zumeist in linearer, stark dekonstruierter Form. Solche, auch als mechanische Lehrmaschinen betrachtete Programme, gelten aufgrund der eingeschr~inkten Auffassung tiber den Lernprozess, der fehlenden Individualisierung und dernur sehr begrenzten F0rderung von Wissenstransfer und Reflexion mittlerweile als zumeist ungeeignet fiJr das E-Learning [Hase95, 157].
Kognitivismus: Im Kognitivismus wird Lernen als ein Informationsverarbeitungsprozess angesehen [Klim93, 206]. Im Gegensatz zum Behaviorismus werden Lernende als aktive und selbst~indige Individuen verstanden, die nicht einfach durch ~iul3ere Reize steuerbar sind [TuHa+96, 43]. Die Instruktion wird als ein bewusster, zielgerichteter Prozess begriffen, bei dem Lernende ein externes Angebot an Wissen nutzen. Bei der Wissensvermittlung wird die UnterstOtzung Lerner-spezifisch adaptiert. Die beiden Pr~imissen dieses Ansatzes sind die Existenz eines externen, objektiven Wissens und die Be~cksichtigung eines Empf~inger-Sender Kommunikationsmodells bei der Wissensvermittlung. Konstruktivismus: Der Konstruktivismus lehnt in Abgrenzung hierzu diese beiden Pr~imissen des Kognitivismus ab und r~iumt der individuellen Wahrnehmung (gegentiber einer objektiven) und individuellen Konstruktion (gegentiber einer kommu-
nizierten) eine deutlich st~irkere Bedeutung ein [TuHa+96, 46]. Wissen existiert also nicht abstrakt von einem Individuum und kann somit auch nicht passiv vermittelt bzw. lediglich durch Verarbeitung erlangt werden, sondern muss in einem aktiven und subjektiven Erkenntnisprozess konstruiert werden [vgl. z.B. Hopp05, 20]. Dabei ist das Vorwissen der Lernenden entscheidend, da neues Wissen im Bezug darauf konstruiert wird [Blum98]. Die konstruktivistische Auffassung von (Wissens-) Transfer wird ma/3geblich von den Konzepten der Kontextualisierung und der Authentizit~it der Lernsituationen gepr~igt [PrMa91, 315]. In der P~idagogik gelten allgemein kognitive und konstruktivistische Lerntheorien geeigneter als behavioristische. Ftir die Gestaltung von E-Learning Angeboten werden kognitive und konstruktivistische Konzepte zu so genannten situierten Ansiitzen kombiniert [MaGr+97, 170]. Als Konsequenz leiten sich daraus eine Reihe von Anforderungen an die Pr~isentation der Inhalte und den Aufbau der Lernumgebungen ab. Hierzu geh6ren u.a. situierte Anwendungskontexte, die Authentizit~it der Lernumgebung, multiple Perspektiven und soziale Kontexte sowie komplexe Ausgangsprobleme
12
[ReMa+94, 46; MaGr+97, 171].9 Durch eine situierte Gestaltung von Lernumgebungen werden Lernende so aktiv, selbst gesteuert und sozial vermittelt in den Lernprozess einbezogen [vgl. z.B. GeJu+02, 7; Schu02a, 166]. Interaktive Kommunikation und multimediale Lernarrangements k6nnen potenzielle Nachteile der Fernlehre wie mangelnde soziale Pr~isenz, zunehmende Anonymisierung und die bezt~glich des Urnfangs, der Intensitgt und der angesprochenen Sinneskan~ile reduzierte Kommunikation ausgleichen [Pete97, 34; K1Bo+03,677]. Allerdings kann auch die Gestaltung von Lernumgebungen nach diesen Ansgtzen zu einigen Problemen ftihren [Blum98]: Konstruktivistische Lernumgebungen weisen einen hohen Grad an Komplexitgt aus, und das h~iufig umfangreiche Angebot verschiedener Kommunikationskangle und multi-medialer Informationen kann zu einer kognitiven 121berlasmng der Lernenden f'tihren [Swe194]. So profitieren eher Studenten von dieser Instruktionsform, die bereits t~ber ein h6heres Fertigkeitsniveau bzw. t~ber einen gr6f3eren Kenntnisstand verf~gen [MaGr+97, 176]. Aul3erdem ist der Entwicklungsaufwand ft~r nach Vorstellungen des situierten Lernens gestalteten Lernumgebungen im Vergleich zu traditionellen Bildungsangeboten deutlich h6her [MaGr+97, 176; Blum98]. Aufgrund dieses Aspekts wendet sich die Pgdagogik auch verstgrkt 6konomischen Fragestellungen zu, welche Lehrform unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgversprechend ausgestaltet werden kann. 2.1.4 E-Learning aus 6konomischer Sicht Die Be~hrpunkte der Betriebswirtschaftslehre als dritter Disziplin liegen einerseits im Bereich der betrieblichen Weiterbildung und Personalwirtschaft [Hopp00, 5], anderseits aus management- und organisationsorientierter Perspektive in der Gestaltung von Gesch~iftsmodellen for Unternehmen im E-Learning Bereich [Hage02, 18]. Aus Sicht der Personalwirtschaft ist die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einer Weiterbildungsmal3nahme ft~r ein Unternehmen zu t~berprafen und zu entwickeln. Um den Erfolg einer E-Learning Bildungsmal3nahme zu bewerten, werden die potenziellen Kosten- und Nutzeneffekte gegeneinander abgewogen sowie mit alternativen Bildungsmaf3nahmen verglichen. 1~
,7 Innovative E-Learning Arrangements wie z.B. die ImpulsEc Kurse nutzen die neuen technischen Voraussetzungen zur Gestaltung von problem- und fallbasierten, situierten Lernprozessen [JuSc+03]. ~0Der 6konomische Nutzen von Bildungsmal3nahmen ist allgemein schwierig zu bewerten [Hutz05, 576]. Auch der Lernerfolg durch E-Learning Magnahmen wird in einer Vielzahl von empirischen 13
Im Bereich der Kostenanalyse werden umfangreiche Beispielrechnungen und Kostenaufstellungen far Entwicklung und Betreuung von E-Learning Angeboten erarbeitet [vgl. z.B. Witt95, 117-171; Htils00, 15; Hage02, 72; Rumb01b, 151], die als Grundlage far eine Vorteilhaftigkeitsrechnung von E-Learning Bildungsmal3nahmen dienen k6nnen; auch werden erste Ansfitze for Entscheidungsmodelle zur Auswahl von unterschiedlichen Bildungsmaf3nahmen auf Basis von Kostenvergleichsrechnungen entwickelt [vgl. z.B. Hutz05]. Bei Kostenvergleichsrechnungen wird dabei zumeist in Kosten der Vorbereitung, bestehend aus der Erstellung des Lehrmaterials und des Aufbaus einer technischen Infrastruktur sowie in Kosten der Durchfahrung und Betreuung der Lehrveranstaltungen unterteilt [vgl. z.B. Bate95, 37; Hage02]. Ftir E-Learning Bildungsmal3nahmen sind im Vergleich zur traditionellen Prfisenzlehre h6here Kosten der Vorbereitung typisch, wohingegen die Kosten der Durchfiihrung und Betreuung pro Teilnehmer geringer sind [Curr90, 28; Nava00, 129]. Vorbereitungskosten sind im Wesentlichen sowohl far die Pr~.senzlehre als auch far das E-Learning als Fixkosten charakterisiert, die Betreuungskosten hingegen als variable und sprungfixe Kosten [vgl. z.B. Rumb04, 13]. Somit ergibt sich far die Gesamtkostenrechnung in Abh~ngigkeit der Teilnehmerzahlen ein Break-Even-Punkt, bei dem sich die Kosten for Pr~isenzveranstaltungen und ELearning Veranstaltungen aus Anbietersicht entsprechen [Htils00, 33]. 1~ Unter der Annahme, dass der Erfolg einer Schulungsmaf3nahme unabh~ingig von der gew~ihlten Lernform ist, kann ebenfalls aus Sicht der Lernenden eine Break-Even Analyse beider Schulungsformen erfolgen [HuMti03, 9]. Hierzu sind (Kosten-) Vorteile der h6heren rO.umlichen und zeitlichen Flexibilit~it beim E-Learning zu quantifizieren. Wfihrend for die Personalwirtschaft umfangreiche Kostenanalysen und Kostenvergleichsrechnungen entwickelt werden, wird im Bereich der Management- und Organisationslehre das Fehlen konkreter 6konomischer Konzepte und Strategien far ELearning Anbieter kritisiert [Hage02, 18]. Diese sind aufgrund der durch den Interneteinsatz grundlegend ver~inderten Rahmenbedingungen im Bildungssektor mit neuen
Studien widersprfichlich bewertet [vgl. z.B. DiGa98; Liao99; Hede02, 177]. Mittlerweile scheint aber unumstritten, dass durch den Einsatz von Lerntechnologie die Effizienz des Lernens verbessert werden kann [Bate95, 226]. J~Vereinzelt wird bezweifelt, dass die Betreuungskosten f/Jr E-Learning geringer sind als bei Pr~isenzveranstaltungen. Auch sei die Vorteilhaftigkeit aufgrund ebenfalls mit steigenden Studentenzahlen stark fallender Kosten der Prgsenzlehre und hohen Wartungsaufwand ffir E-Learning weniger ausgepr~igt [Nava00, 129]. 14
Unternehmens- und Wettbewerbsstrukturen allerdings notwendig. Auch versprechen innovative E-Learning Produkte durch die Standardisierung h6here Mehrfachverwendbarkeit der Lehrinhalte, aufgrund der Interaktivitat bessere Skalierbarkeit bei wachsender Teilnehmerzahl und neue M6glichkeiten der Vermarktung [Hopp05, 267270]. Angesichts der neuen technischen und didaktischen Rahmenbedingungen ergibt sich folglich ftir die Betriebswirtschaftslehre die Herausforderung, Ans~tze und L6sungen zu entwickeln, die Unternehmen der E-Learning Branche bei der Strategieformulierung untersttitzen. Gesch~ftsmodelle k6nnen dabei als ein Konzept zur Gestaltung von innovativen Unternehmen im E-Learning Bereich dienen. 2.2
Gesch~iftsmodelle
Um sich E-Learning Gesch~iftsmodellen zu n~ihern, bietet sich eine Analyse des Ursprungs und Anlasses der Gesch~ftsmodelldiskussion an (Abschnitt 2.2.1). Aufgrund des jt~ngst vielfachen Gebrauchs des Begriffs Gesehiifismodell sowohl in der Theorie als auch in der Praxis [A1Zi01, 3; St~ih01, 37] und den dabei entstandenen, uneinheitlichen Definitionen [Wirt01, 210; BiRti+02, 47] sollen im Folgenden die Grundztige der Gesch~iftsmodelldiskussion dargestellt werden. Hierzu werden die wesentlichen Gesch~iftsmodell-Definitionen vorgestellt (Abschnitt 2.2.2) und bestehende Typologisierungen und entwickelte Strukturierungsans~tze in Form von Taxonomien und Partialmodellen ftir Gesch~ftsmodelle (Abschnitt 2.2.3) kritisch beleuchtet. Dazu m~issen einerseits das wissenschaftliche Fundament und anderseits deren m6gliche praktische Relevanz untersucht und er6rtert werden (Abschnitt 2.2.4). 12 Ziel dieser Gegentiberstellung ist zu analysieren, ob und wie weit das Konzept des Gesch~ftsmodells zur Beschreibung, Erkl~irung und Gestaltung der in Abschnitt 1.1 dargestellten Probleme dienen kann. 2.2.1 Ursprung und State-of-the-art Nachhaltige 6konomische, technische und gesellschaftliche Vergnderungen Ende der neunziger Jahre zeigen, dass vorhandene Erkenntnisse und Theoriegeb~iude zu kurz greifen, um den neuartigen Herausforderungen gerecht zu werden [WeHo02, V]. Makro-6konomische Konsequenzen dieser New Economy sind starkes Wirtschaftswachsturn, geringe Inflation bei sinkender Arbeitslosigkeit und steigender Produktivit~.t
12Ffir eine Abgrenzung und Diskussion verwandter Begriffe vgl. [ReK103]. 15
[Hand03, 389]. 13 Als mikro-6konomische Erkl~irungsans~itze wird eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte fiir diese Entwicklungen diskutiert. Als zugrunde liegende Basisinnovation und enabling technology wird die Verbreitung und Nutzung des Internet angesehen. Charakteristisch fiir eine Kommunikations- und Informationstechnologie wie das Internet sind Vernetzung und Digitalisierung, so dass wesentliche Beitr~ige der Diskussion auf diesen beiden Eigenschaften ful3en. Die zunehmende technische Vernetzung von Akteuren und Infrastrukturen f'tihrt zu einer verst~irkten Analyse von nachfragebeeinflussenden Netzwerkeffekten bei Produkten [KaSh85; KaSh94; Shy01] und angebotsseitig zu einer gestiegenen Betrachtung von neuen Kooperations- und Unternehmensformen [BrNa96; PiRe+01 ]. Die ftir die 13bertragung in einem Netzwerk wie dem Internet notwendige Digitalisierung von Produkten und Informationen bedingt die Untersuchung der durch das drastisch ge~inderte Verhgltnis der Produktions- und Distributionskosten induzierten Information Economies [ShVa98]. Konsequenz der Vernetzung und Digitalisierung ist ein globaler
Zugang zu M~irkten, was in vielen Bereichen zu tiefgreifenden Ver~inderungen der Wettbewerbssituation ftihrt. Ver~nderte aufsichtsrechtliche Strukturen, Deregulierung und Liberalisierung 14 und ein gestiegenes Angebot an Eigenkapitalfinanzierung (Venture Capital) bieten Unternehmen ebenfalls neue Chancen [Lern02, 26]. Picot/Reichwald/Wigand kommen deshalb zum Schluss, dass weite Teile der Wirtschaft diesem vielen Lehrbtichern zugrunde liegenden Unternehmensmodell nicht mehr entsprechen [PiRe+01, 2]. Dies spiegelt sich in der mit der New Economy verbundenen Diskussion um Gesch~iftsmodelle wider. 2.2.2 Definitionen undZiele Um diese umfassenden Verfinderungen im Rahmen der New Economy zu bea~cksichtigen, bilden eine Vielzahl von Autoren zahlreiche Gesch~ftsmodellkonzepte mit vielfaltigen Zielen und unter verschiedenartigen Aspekten. Angesichts der hohen Aufmerksamkeit, die Theorie und Praxis den Gesch~ftsmodellkonzepten schenken, entstehen hierbei heterogene Definitionen und Begriffsverstfindnisse. Es ist somit nicht verwunderlich, dass Geschfiftsmodelle innerhalb verschiedener Kontexte und in Anleh-
~3Zum Begriff New Economy vgl. z.B. [Taps96; Kel198]. 14Vgl. z.B. in den USA der Telecommunications Act of 1996, in Deutschland das Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation 1994 oder das Energiewirtschafisgesetz 1998. 16
nung von unterschiedlichen wissenschaftlichen Theorien abgeleitet sind, ohne dass der Begriff immer ausreichend pr~izise bestimmt oder einheitlich verwendet wird [ReK103, 18]. W~ihrend Gesch~iftsmodelle auch zur Qualifizierung eines Gesch~iftserfolgs (z.B. im Sinne von ,,nicht tragflShig" oder als ,,killer application" [KrBa01, 31; Soud03, 1]) verwendet werden, nutzen eine Vielzahl von Autoren den Gesch~iftsmodellbegriff in der Betriebswirtschaftlehre vor allem zur Typisierung und Systematisierung von innovativen Gesch~iftsideen [Wirt01, 210] sowie zur Modellierung und Analyse von Gesch~iftsstrategien [BiRti+02, 35; ChRo02, 530]. 15 Eine Llbersicht bedeutender Gesch~iftsmodelldefinitionen mit verschieden Begriffsdefinitionen gibt Tabelle 2-1. So definieren Timmers, Amit/Zott, Weill/Viale und Wirtz Geschgflsmodelle enumerativ als Architektur bzw. als vereinfachte Beschreibungen einer Unternehmung (busi-
ness). Hierzu geh6rt die Darstellung der Gesch~iftsprozesse und Akteure (Rollen) bzw. der Arbeits-, Material- und Informationsfl~sse sowie der Erl6sstr6me [Timm98; AmZo01; WeVi01; Wirt01]. Diese Definitionen zielen darauf ab, durch eine t~bersichtliche Strukturierung dem Verst~ndnis t~ber Unternehmungen in der New Economyinsbesondere bei innovativen Geschfiftsideen- zu dienen. Wghrend Wirtz in einem Gesch~ftsmodell ebenfalls die Abbildung des innerbetrieblichen Leistungserstellungsprozesses sieht, werden nach Weill/Viale durch Gesch~iftsmodelle die Beziehungen zwischen Unternehmen und seinen Kunden, Lieferanten und Kooperationspartner beschrieben. Rappa hingegen betont neben der Erl6smechanik bereits die Positionierung des Unternehmens innerhalb der Wertsch6pfungskette [Rapp99]; auch jtingere Ans~itze wie beispielsweise Chesbrough/Rosenbloom sowie Knyphausen-Aufsel3/Meinhardt postulieren anstelle der deskriptiven Aufgaben eine besondere Bedeutung bei der Konzipierung der Unternehmensstrategie und bei der Strategieumsetzung [ChRo02, 531; KnMe02, 64].
~sIm Bereich der Wirtschaftsinformatik wird der Begriff Geschiifismodell im Zusammenhang der Prozess- und Datenmodellierung bereits seit Mitte der siebziger Jahre verwendet - vgl. z.B. Konczal [Konc75] zitiert nach Bailer [Bail97, 22]. Gesch~iftsmodelle als Technologie-neutrale also Technologie-unabh~ingige Konstrukte dienen hier der systematischen Gestaltung von Unternehmens-, insbesondere Management-Informationssystemenund Gesch~iftsprozessen [Bail93, 6; ErPe00, 1]. 17
[
Timmers [Timm98]
Ein Geschiiftsmodell ist... / A business model is... ..... an architecture for the product, service and information flows, including a description of the various business actors and their roles; and a description of the potential benefits for the various business actors; and a description of the sources of revenues." ..... the method of doing business by which a company can sustain itself- that is,
Rappa [Rapp99]
generate revenue. The business model spells-out how a company makes money by
Applegate [ApplO1]
..... a description of a complex business that enables study of its structure, the relationships among structural elements, and how it will respond to the real world."
Amit/Zott [AmZoO 1]
..... the architectural configuration of the components of transactions designed to exploit business opportunities .... The architectural configuration depicts and characterizes the linkages among the components of transactions and describes their sequencing"
Weill/Viale [WeVi01]
"... description of the roles and relationships among a firrn's consumers, customers, allies, and suppliers that identifies the flows of products, information, and money, and the major benefits to participants."
specifying where it is positioned in the value chain."
Wirtz [WirtOl]
,,Mit dem Begriff Geschiiftsmodell wird die Abbildung des betrieblichen Produktions- und Leistungssystems einer Unternehmung bezeichnet. Durch ein Geschiiflsmo-
dell wird in stark vereinfachter und aggregierter Form abgebildet, welche Ressourcen in die Unternehmung flieBen und wie diese durch den innerbetrieblichen Leistungserstellungsprozess in vermarktungsfiihige Informationen, Produkte und/oder Dienstleistungen transformiert werden." Chesbrough/Rosenbloom [ChRo02]
..... conceived as a focusing device that mediates between technology development and economic value creation."
Knyphausen-AufseB/ Meinhardt [KnMe02]
..... die vereinfachte Beschreibung einer Strategie eines gewinnorientierten Unternehmens, [urn] potenziellen Investoren die Sinnhaftigkeit ihres Engagements deutlich zu machen .... Geschgftsmodelle bestehen aus drei Elementen: (1) Produkt/Marktkombination, (2) Durchf'tihrung und Konfiguration von Wertsch6pfungsaktivit~iten und (3) Ertragsmechanik" |
Tabelle 2-1
,,
Begriffsdefinitionen GescMiftsmodell (eigene Hervorhebungen)
FOr M a g r e t t a d i e n e n G e s c h ~ i f t s m o d e l l e d e r m a t h e m a t i s c h e n
Simulation von Unter-
n e h m u n g e n [ M a g r 0 2 , 89], A p p l e g a t e h i n g e g e n w e i s t G e s c h ~ i f t s m o d e l l e n die R o l l e ein e s S t u d i e n o b j e k t e s z u [ A p p l 0 1 ] . G e s c h / f f t s m o d e l l e w e r d e n a u c h als A n a l y s e e i n h e i t for die E n t w i c k l u n g v o n S t r a t e g i e n b e t r a c h t e t , u m k o m p l e x e W e r t s c h O p f u n g s a r c h i t e k t u r e n tiber bloBe Z u l i e f e r e r - u n d A b n e h m e r - B e z i e h u n g e n
h i n a u s a b z u b i l d e n [St/~h01,
49; R e K 1 0 3 , 25]. E i n e 15bersicht z u m V e r g l e i c h d e r G e s c h / f f t s m o d e l l d e f i n i t i o n e n g i b t T a b e l l e 2-2. A n h a n d d e r gew/~hlten K r i t e r i e n w e r d e n die w e s e n t l i c h e n A u s s a g e n
18
der Gesch/fftsmo-
delldefinitionen dargestellt und die zunehmende Bedeutung von Geschgftsmodellen bei der Strategieformulierung verdeutlicht. g
Timmers [Timm98] Rappa [Rapp99] Amit/Zott
[AmZo011 Weill/Viale [WeVi01] Wirtz [WirtO1] Chesbrough/Rosenbloom [ChRo02] Knyphausen-Aufseg/Meinhardt [KnMe02]
Tabelle 2-2
Vergleich ausgew~ihlter Gesch~iftsmodelldefinitionen
2.2.3 Taxonomien und Partialmodelle Zur Strukturierung von innovativen Untemehmen werden basierend auf diesen Begriffscharakterisierungen und den damit verbundenen heterogenen Zielen der Autoren vielf~iltige Taxonomien und unterschiedliche Teilmodelle als morphologische Raster entwickelt. Taxonomien dienen der Typisierung verschiedener Unternehmen beztiglich eines oder mehrerer charakteristischer Kriterien. Timmers beispielsweise entwickelt, aufbauen auf den Wertsch6pfungskettenansatz von Porter [Port80], elf verschiedene Geschfiftsmodelltypen im Bereich elektronischer M~irkte, klassifiziert nach Leistungsangebot und Innovationsgrad [Timm98]. Rappa bildet neun Typen, gegliedert nach der Position in der Wertsch6pfungskette und der Ertragsquelle wie z.B. Werbeertr~ige, Transaktionsgeb0hren oder Informationsdienstleister [Rapp99]. Applegate schl~igt eine Taxonomie mit ftinf Typen vor, Wirtz entwickelt eine Taxonomie aus vier Gesch~iftsmodellen, die jeweils nach dem Leistungsangebot charakterisiert werden [Appl01; Wirt01, 217]. ]6
16
Rappa untergliedert die neun Gesch~iftsmodelltypenin 34 weitere, Wirtz in neun und Applegate in insgesamt 22 Typen. 19
Als weiteren Strukturierungsansatz nennen eine Vielzahl von Autoren im Rahmen eines systemischen Ansatzes unabh/ingig von Leistungsangebot, Wertkettenposition oder Kundengruppen aul3erdem Partialmodelle von Untemehmen. Ziele der Teilmodellbildung sind dabei die Fokussierung auf die relevanten Aspekte und auf die wesentlichen betriebswirtschaftlichen Teildisziplinen. Dadurch wird eine verbesserte Obersichtlichkeit und Komplexit/itsreduktion im Rahmen der Untemehmensplanung angestrebt [Wirt01, 211 ]. Beispielsweise gliedem hierzu Wirtz sein Gesch/iftsmodellkonzept in acht, Amit/Zott und St/ahler jeweils in drei Partialmodelle [AmZo01; St~ih01; Wirt01 ], um relevante Aspekte wie Kunden oder die Leistungserstellung eines Untemehmens zu berticksichtigen. Bieger/Rtiegg-Sttirm/von Rohr liefem einen synthetischen Strukturierungsansatz mit acht Teilmodellen [BiRti+02]. Ihr Ansatz basiert dabei auf einem Vergleich der Kemelemente von insgesamt acht verschiedenen Gesch~iftsmodellkonzepten. Eine l]bersicht verschiedener Partialmodelle gibt Tabelle 2-3. Da die Autoren teilweise unterschiedliche Begriffe zur Bezeichnung der gleichen Teilmodelle gebrauchen, wird eine synonyme Verwendung unterstellt. Diese kurze und keinesfalls vollst/andige Gegentiberstellung zeigt, dass ebenso wie for Geschaftsmodelldefinitionen noch kein Konsens innerhalb der Wissenschaft beztiglich des Wesens und der Bestandteile eines Gesch/iftsmodells existiert. Trotz der Vielzahl unterschiedlicher Teilmodelle werden allerdings - meist tibereinstimmend- Erl6s-, Nachfrage- und Leistungserstellungsmodell als Partialmodelle dargestellt.
O
O
.-~ Wettbewerb Nachfrager
x x
x
Beschaffung
x
x
Leistungserstellung
x
x
Leistungsangebot
x
Distribution
x
Finanzierung Erl6s
x ,,
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x ,,,
x
x
Organisation
x ,
Strategie
x
Rahmenbedingungen
x
Tabelle 2-3
20
Partialmodelle ausgew/ihlter Gesehiiftsmodellans~tze
x
2.2.4 Gegentiberstellung von Geschiiftsmodellkonzepten Ein Vergleich der Beitdige zeigt, dass der Gesch~iftsmodellbegriff im Wesentlichen in der Betriebswirtschaftslehre zur Typisierung in Form von Taxonomien und zur Systematisierung in Form von Partialmodellen von innovativen Geschiiftsideen verwendet wird. Jtingere Ans~itze nutzen Geschiiftsmodelle als neuen, konzeptionellen Aspekt zur Analyse und Modellierung von Unternehmensstrategien. Die heterogenen Begriffsverstg.ndnisse, die vielf~iltigen Taxonomien und die unterschiedlichen Partialmodelle ftihren zu einer kontroversen Diskussion des Geschiiftsmodellkonzepts. Kritiker stellen die Ansiitze als oberfliichlich, bestenfalls wenig fundiert oder als unverstiindlich dar [Port01, 73; Humm02, 713; HeKa03, 49]. 17 So artikuliert Porter sein grundsiitzliches Unverstiindnis tiber die Geschiiftsmodelldiskussion, da seiner Meinung nach weiterhin die bekannten 6konomischen und unternehmerischen Prinzipien auch innerhalb der New Economy gelten [PortO 1, 73]. Dies nimmt er jedoch zum Anlass, den Einfluss des Internet auf die Branchenstruktur darzustellen [Port01, 68]. Hummel hingegen bem~ingelt die fehlende theoretische Fundierung und zeigt, wie auf Basis der Neuen Institutionen6konomik normative Handlungsempfehlungen ftir transaktionsorientierte Geschiiftsmodelle abgeleitet werden k6nnen [Humm02, 713]. Hedman/Kalling stellen zudem noch Inkonsistenzen sowie fehlende Allgemeinheit bei den Gesch~iftsmodellkonzepten fest [HeKa03, 49]. Trotz dieser teilweise recht undifferenzierten Kritik l~isst sich nicht tibersehen, dass die theoretische Fundierung und Verankerung in anerkannte betriebswirtschaftliche Konzepte der beschriebenen Geschiiftsmodellansiitze gelegentlich zu kurz gedit. So erscheint die Untergliederung in Partialmodelle beinahe willktirlich, zudem wird zumeist keinerlei Aussage tiber die Relevanz der einzelnen Teilmodelle getroffen. Genauso kann z.B. ein Erl6smodell nicht den nachhaltigen Erfolg einer Unternehmung im Wettbewerb erkl~iren, da dieses zumeist imitierbar ist: so verfolgen beispielsweise die beiden Auktionsanbieter eBay und atrada identische Erl6smodelle mit unterschiedlichem unternehmerischen Erfolg.
17Vgl.: "unclear, superficial, not theoretically grounded" [PortO1, 73] "the concept [business model] is often used relatively independently from theory" [HeKa03, 49] "Eine theoretische Fundierung dieser Geschiiftsmodelle ist jedoch bislang noch kaum vorhanden." [Humm02, 713] 21
Taxonomien bieten hfiufig auch zu wenige Dimensionen, um hierzu mehr als Hinweise geben zu k6nnen. Ebenso erscheinen Taxonomien nur wenig instrumentalisierbar, wenn Klassifikationskriterien wie z.B. Innovationsgrad verwendet werden. Die praktische Relevanz der Gesch~ftsmodellkonzepte mutet aufgrund fehlender Analyseinstrumente und ungent~gender normativer Aussagen ~uf3erst begrenzt an. Dennoch ist festzustellen, dass die entwickelten, meist branchenspezifischen Taxonomien potenziell als Strukturierungskonzept far die Strategieentwicklung in einem innovativen Umfeld geeignet sind [vgl. LaSa05].
2.3 E-Learning Gesch~iftsmodelle Die skizzierte Entwicklung im Rahmen der New Economy (vgl. Abschnitt 2.2.1) beeinflusst ebenfalls den Aus- und Weiterbildungsbereich. Dies ftihrt zu einer regen wissenschaftlichen Diskussion im Allgemeinen zur Anwendung von bestehenden Ansfitzen der Management- und Organisationslehre auf E-Learning Anbieter und im Spezie|len von E-Learning Gesch~iftsmodellen. Hinweise auf den besonderen Einfluss des Intemet auf den Bildungsmarkt geben bereits H~im~.l~iinen/Whinston/Vishik, spezielle E-Learning Gesch~iftsmodelle werden in Marktreports und Auftragsstudien beschrieben [vgl. H~.Wh+96; Bloc99; HaKa00; Pric00]. 2.3.1 Bestehende Ans~itze ft~r E-Learning Gesch~ftsmodelle Als Ausgangspunkt ffir erste, wissenschaftlich wertvolle Beitrgge ft~r spezielle E-Learning Gesch~iftsmodelle dienen domfinenunabh/~ngige Definitionen ft~r Gesch~iftsmodelle wie sie oben dargestellt werden. Hierauf basierend entwickelt die Mehrheit der Autoren verschiedene E-Learning Gesch~iftsmodelltaxonomien, um ~ihnlich zur dargestellten Diskussion vergnderte Markt-/Unternehmensbedingungen zu beschreiben [Seuf01a, 73] oder zur Entwicklung von Unternehmensstrategien beizutragen [HoBr04, 2]. Seufert knt~pft wie Hoppe/Breitner an die Definitionen von Timmers zur Strukturierung verschiedener Gesch~ftsmodelle an [Seuf00; Seuf01a; HoBr04]. Sie verwendet hierbei die Kategorien Zielkunden von Bildungsanbietern (Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Einzelpersonen) und einen dreistufigen Grad der Spezialisierung bzw.
Kooperationsgrad. Somit wird eine Taxonomie mit neun verschiedenen Geschgftsmodellen entwickelt, die auch eine ,,klassische Universitfit" beracksichtigt. Sie analysiert basierend auf Fallstudien St~rken und Schwfichen der konzipierten Gesch~iftsmodelle und gibt eine Wertsch6pfungskette ft~r E-Learning Anbieter an. 22
Hagenhoff entwickelt Gesch~iftsmodelle ftir Bildungskooperationen [Hage02]. Hierzu t~bertr~igt und erweitert sie im Wesentlichen das Modell von B6ning-Spohr/Hess [B6Sp00], die ein Gesch~iftsmodell in eine Auf3en- und eine Innenansicht gliedern. Die Aul3enansicht, auch Markt- und Produktsicht, beruht implizit auf der Branchenstrukturanalyse nach Porter [Port80]. Hierzu identifiziert sie Aktivit~iten, Rollen und Aufgaben der Leistungserstellung. FOr die Innenansicht hingegen schl~igt sie Prozesse fiir die Erledigung der Auftragstypen sowie ein m6gliches, kooperationsinternes Verrechnungsmodell ftir einzelne Leistungen vor. Keatings Beitrag hingegen zielt auf die Entwicklung von Gesch~iftsmodellen for Bildungsportale ab [Keat02]. Dennoch entwickelt er eine Taxonomie von vier allgemeihen E-Learning Gesch~iftsmodellen, die er durch f't~nf Aktivitfiten entlang der Wertsch6pfungskette klassifiziert. Hierzu dekonstruiert Keating die Wertsch6pfungskette und kombiniert die Aktivit~iten zu ,,verbreiteten" Gesch~iftsmodellen- so erkl~irt sich auch sein Hinweis, dass neben den vier h~iufig beobachtbaren Geschfiftsmodellen zahlreiche weitere Varianten existieren. Auf Basis von drei Fallstudien leitet er zudem Erfolgsfaktoren wie Markenbildung, das Angebot differenzierter Dienstleistungen, den Direktvertrieb sowie ein ausgepr~igtes Partnernetzwerk ab. Einen weiteren Ansatz stellen Enders/Hutzschenreuter mit ihrer Betrachtung von Gesch~iftsmodellen ffir die Management-Weiterbildung vor [EnHu03]. Sie entwickeln ~ihnlich wie Keating eine Taxonomie von drei Gesch~iftsmodellen auf Basis von drei Wertsch6pfungsaktivit~iten Content Produktion, Technische Realisierung sowie Mar-
keting und Vertrieb. Das Verh~iltnis klassischer Universit~iten zu diesen neuen Gesch~iftsmodellen wird auf Basis einer Fallbetrachtung dargestellt. In einer erweiterten Form stellt Enders die drei genannten Gesch~iftsmodelle bereits ein Jahr frfiher dar und ordnet einige bestehende universit~ire Initiativen diesen Gesch~iftsmodellen mit ihren Vor- und Nachteile zu [Ende02, 178]. Kr6pelin stellt drei Partialmodelle jeweils ft~r Hochschulen, berufliche Weiterbildungstr~iger sowie Corporate E-Learning Anbieter dar [Kx6p03]. Als relevante Partialmodelle identifiziert er ein Leistungserstellungs-, ein Leistungsangebot- und ein Kapitalmodell, die eine Subsumierung der acht von Wirtz entwickelten Partialmodelle darstellen. Ftir Leistungsangebot- und Leistungserstellungsmodell der drei identifizierten E-Learning Unternehmen werden jeweils Rollen und Beziehungen sowie Zahlungs- und Gt~terstr6me dargestellt. Hoppe/Breitner betrachten ft~nf, systematisch nach dem Angebot strukturierte Typen yon E-Learning Gesch~iftsmodellen [HoBr04]. Dazu leiten sie auf Basis der Ans~itze 23
von Timmers, Wirtz und Osterwald/Pigneur drei Partialmodelle ftir E-Learning Gesch~iftsmodelle ab [Timm98; Wirt01; OsPi02]. Das market model dient dabei zur Beschreibung der Akteure und des Markts, das activity model ist auf die Wertsch6pfungsaktivit~iten fokussiert und das asset model erfasst Kosten und Erl6se. Nach einer Marktbetrachtung stellen s i e - in Erweiterung zu Keatings Modell - wesentliche Aktivit~iten von typischen E-Learning Anbietern sowie ausgew~ihlte Erl6squellen dar. Eine Obersicht der dargestellten E-Learning Gesch~iftsmodellkonzepte gibt Tabelle 2-4.
Seufert [Seuf01a; Seuf01b]
Grundlage Timmers [Timm98]
i,
Taxonomie 9 Typen klassifiziert durch Zielkunden und Spezialisierungsgrad
Hagenhoff [Hage02]
B6ning-Spohr/Hess [B6Sp00]
Keating [Keat02]
eigene l/orarbeiten
4 Typen, klassifiziert
Enders [Ende02]
eigene Vorarbeiten
3 Typen, klassifiziert durch 3 Aktivifiiten
KrOpelin [Kr6p03]
Wirtz
3 Typen klassifiziert
[Wirt01]
durch Leistungsbeziehungen
Enders/Hutzschenreuter [EnHu03] Hoppe/Breitner [HoBr04]
eigene Vorarbeiten~S
Teilmodelle
Ergebnisse Stiirken/Schw~ichen Analyse der Typen; Identifikation der Erfolgsfaktoren
2 Partialmodelle ftir Auilen- und Innenansicht
Kooperationsmodell fiir (universit~ire) Bildungsanbieter Identifikation von Erfolgsfaktoren von E-Learning Portalen
durch 5 Aktivit~iten
m
Timmers, Wirtz, Osterwald/Pigneur [Timm98" Wirt01; OsPi02]
Tabelle 2-4
Identifikation der Sfiirken und Schwiichen universit~irer Bildungsanbieter 3 Partialmodelle fiir Leistungserstellung und -angebot sowie Finanzierung
3 Typen, klassifiziert durch 3 Aktivit~iten ' 5 Typenl klassifiziert durch Angebot
3 Partialmodelle:
activity, asset und market
Darstellung von
Leistungsbeziehungen ffir drei ELearning Anbieter Analyse universit~irer private-public partnerships Taxonomie fiir ELearning Anbieter
(Jbersicht bestehender E-Learning Gesch~iflsmodellkonzepte, Erweiterung zu [SaWe05a]
Js Der englischsprachige Beitrag von Enders/Hutzschenreuter basiert im Wesentlichen auf der deutschsprachigen Arbeit von Enders [Ende02]" diese wird nicht als Quelle von Enders/Hutzschenreuter angeben.
24
2.3.2 Gegentiberstellung von E-Learning Gesch~iftsmodellen Eine Gegentiberstellung der verschiedenen E-Learning Gesch~iftsmodellkonzepte zeigt den derzeit heterogenen Stand der wissenschaftlichen Diskussion. ,~hnlich wie Gesch~iftsmodelle im Allgemeinen werden E-Learning Gesch~iftsmodelle sowohl zur Klassifizierung und Typenbildung einerseits als auch zur strategischen Planung anderseits genutzt. Der Ansatz yon Seufert stellt den ersten Beitrag zu einer Taxonomie von E-Learning Gesch~iftsmodellen dar [Seuf01a; Seuf01b]. Diese von ihr konzipierte und durch Fallbeispiele motivierte Taxonomie ist nicht v611ig trennscharf und erm6glicht keine eindeutige oder exhaustive Strukturierung des Markts und seiner Teilnehmer. Die von ihr als Wertsch6pfungskette bezeichnete Educational Value Chain beinhaltet ausschliel3lich Produktionsaktivit~iten - in Gegensatz zu Porters Ansatz (vgl. [Port85, 35-37] und Abschnitt 3.4.3). Demgegentiber wird die Adaption von Keating, eine Taxonomie von E-Learning Anbietern auf Basis der Wertsch6pfungsaktivit~iten zu erstellen, von einigen Autoren aufgegriffen und verfeinert [vgl. z.B. EnHu03; HoBr04; BrHo05; ReSp+05]. Mit der Strukturierung von Geschaftsmodellen entlang der Aktivit~iten der Wertsch6pfungskette folgt Keating dem Vorschlag von Timmers [Timm98, 5] zur Strukturierung von Gesch~iftsmodellen im Allgemeinen. Es sollte allerdings darauf hingewiesen werden, dass in Keatings ursp~nglichem Beitrag weder die Herleitung der Wertsch6pfungsketten dargestellt noch diese konsistent abgebildet wird: so gibt es in seinem Beitrag zwei verschiedene Wertsch6pfungsketten mit unterschiedlichen Aktivit~iten (vgl. [Keat02, 58] mit [Keat02, 63]). Auch k6nnen die dargestellten Fallbeispiele nicht in die entwickelte Taxonomie eingeordnet werden. 19 Enders/Hutzschenreuter stellen wie Keating die Ableitung der Aktivit~iten der ELearning Wertsch6pfungskette nicht dar [EnHu03]. Aufgrund von nur drei identifizierten Aktivit~iten und von drei identifizierten Modellen bleibt der Ansatz sehr grob, die Erkenntnisse der wenig umfangreichen Fallstudie scheinen nur bedingt auf andere Universitaten tibertragbar. Enders betont in seinem Beitrag die Wichtigkeit universit~irer und nicht-staatlicher Kooperationen, trifft dartiber hinaus in seinem Beitrag keine konkreten Aussagen zur Gestaltung von E-Learning Gesch~iftsmodellen, auch werden m6gliche L6sungen identifizierter Probleme nicht diskutiert [Ende02].
Jgin diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass Keatings Ziel die Identifikation von Erfolgsfaktoren von E-Learning Portalen ist. 25
Kr6pelin bietet t~bersichtlich die Beziehungen und Rollen von drei E-Learning Anbietern zur Beschreibung wesentlicher Zahlungs- und Gfiterstr6me etwa wie in einem UML-Kollaborationsdiagramm [Kr6p03]. Herkunft und Relevanz der drei dargestellten Modelle werden nicht diskutiert; m6gliche Abweichungen der drei Typen z.B. durch Fokussierung auf einzelne Aktivitfiten b|eiben unber~cksichtigt. Bei den dargestellten Geschiifisarchitekturen ist zudem unklar, ob es sich im Sinne einer Referenzmodellierung um erstrebenswerte Konfigurationen mit allen erforderlichen, unternehmerisch wfinschenswerten oder maximal m6glichen Beziehungen handelt. Eine tiefere Analyse der bestehenden Beziehungen (wie z.B. ,,liefert Inhalte" und ,,erhiilt Gebiih-
ren") erfolgt nicht, so dass letztlich auch keine normativen Aussagen zur Gestaltung von Gesch~ftsmodellen getroffen werden. Umfassende Ans~.tze finden sich in den Arbeiten von Hagenhoff und Hoppe/Breitner [Hage02; HoBr04]: Hagenhoff entwickelt keine weitere Gesch~.ftsmodelltaxonomie, zeigt aber fundiert und sehr fiberzeugend die Wertsch6pfungsaktivitfiten f'tir ELearning Contententwicklung und Vermarktung. Hierzu baut sie auf die Referenzmodelle der Wirtschaftsinformatik und die Erkenntnisse der Didaktik auf [vgl. z.B. Bode90; KISt01 ]. Ihr Partialmodell ffir die Aul3enansicht eines Geschfiftsmodells (Markt und Produkt) basiert zudem auf anerkannten Ans~tzen des Strategischen Managements. Hierdurch erzielt sie eine Fundierung ihres Ansatzes und kann praktikabel auf bestehende Analyse- und Gestaltungsinstrumente zur~ckgreifen; Gleiches gelingt ffir die Innenansicht eines Gesch~ftsmodells allerdings nicht vollst~ndig. Bei dem Ansatz von Hoppe/Breitner handelt es sich um eine umfassend konstruierte und strukturierte Taxonomie ffir Gesch~.ftsmodelle [HoBr04; vgl. a. Hopp05]. Die entwickelten Partialmodelle finden sich zumindest teilweise auch in der Literatur des Strategischen Managements wieder; allerdings ist nicht ersichtlich, inwieweit diese identifizierten Partialmodelle E-Learning typische Eigenschaften vereinen. Die Autoren weisen auch auf die besondere Rolle von Gesch~ftsmodellen als Teil der Unternehmensstrategie h i n - diese Ansfitze werden allerdings nicht detailliert ausgeffihrt. Eine l~ersicht der St~rken und Schwfichen der diskutierten E-Learning Geschfiftsmodellansfitze gibt Tabelle 2-5. ,~hnlich wie in der Geschfiftsmodelldiskussion pr~gt eine Vielzahl von Beitrfigen die wissenschaftliche Diskussion. Ein einheitliches Verstfindnis kristallisiert sich im Bereich der Gesch~ftsmodelltaxonomien heraus [vgl. Keat02; HoBr04]. Der Ansatz von Hagenhoff, sich der Instrumente des Strategischen Managements zu bedienen, erh6ht zudem die praktische Relevanz und die Fundierung des Ansatzes [Hage02]. Dies bietet 26
interessante Ansatzpunkte for das weitere Vorgehen dieses Beitrags im folgenden Abschnitt 3.
Seufert
Schw~chen
Stirken
9
9
erster Beitrag zu E-Learning Ge-
9
motiviert durch Fallbeispiele
9
detaillierte Ableitung der Wertseh~p-
Taxonomie zur Strukturierung des
[Seuf01a;
Markts weder eindeutige noch ex-
Seuf01b]
haustiv 9
sch~iftsmodellen
Wertsch6pfungskette ausschliefilich Produktionsaktivit~iten
9
Hagenhoff
keine stringente Herleitung der Parti-
fungsaktivitiiten fiir E-Leaming Conten-
almodelle (Innenansicht)
[Hage02] 9
tentwicklung und Vermarktung
wesentliche Anwendung auf universi9
tiire Kooperationen
Partialmodelle, fundiert durch anerkannte Ans~itze des Strategischen Managements (Augenansicht)
9
Keating [Keat02]
9
fehlende Herleitung der Wertsch6p-
Grundlage f'tir weitere E-Learning Ta-
fungskette
xonomien auf Basis der Aktivit~itenanaly-
inkonsistente Darstellungen im Bei-
se
trag 9
Enders [Ende02]
grobe Taxonomie mit drei Gesch~ifts-
motiviert durch einzelne Fallbetrach-
modellen
tungen
9
wenig konkrete Gestaltungsempfeh-
9
Herkunft, Relevanz und Allgemeingiil-
iibersichtliche Darsteilung der Bezie-
tigkeit der dargestellten Modelle un-
hungen und Rollen jeweils fiir drei E-
klar; m6gliche Modifikationen nicht
Learning Anbieter in UML-
diskutiert
Kollaborationsdiagramm ~ihnlicher Abs-
oberfl~ichliche Analyse der gewahlten
traktion
lungen Kr6pelin [Kr6p03]
9
Beziehungen Enders/Hutz-
9
grobe T a x o n o m i e
schenreuter
9
geringe Ubertragbarkeit auf andere
[EnHu03]
Universifiiten 9
Hoppe/Breit-
9 i
2.4
Partialmodelle teilweise f u n d i e r t
9
durch bestehende Ans~itze
ner [HoBr04]
Tabelle 2-5
motiviert durch eine Fallbetrachtung
zur Strukturierung yon E-Learning Ge-
Bedeutung des Strategisehen Managements nur bedingt ausgearbeitet
differenziert ausgestaltete Taxonomie
sch~iftsmodellen i
K r i t i s c h e W i i r d i g u n g b e s t e h e n d e r E - L e a r n i n g Gesch~iftsmodeilans~itze
Zusammenfassung der Diskussion zu E-Learning und Gesch~iftsmodellen
Dcr Einsatz des Interact als Basistcchnologic des E-Learning pr~igt 6konomischc, p~idagogische und tcchnische Aspckte diescr innovativen Lernform. Angcsichts dcr zu27
nehmenden Bedeutung von Wissen steigt der Bedarf nach E-Learning Angeboten. Dabei erweitern die technologischen Potenziale und neuen Kommunikationsm6glichkeiten deutlich die pgdagogisch erw~nschten und didaktisch sinnvollen Gestalmngsm6glichkeiten der Lernangebote. Zudem verspricht der Technologieeinsatz 6konomische Vorteile durch h6here Mehrfachverwendbarkeit der Inhalte und bessere Skalierbarkeit bei wachsender Lernerzahl. Um E-Learning Kurse anbieten zu k6nnen, sind geeignete Geschfiftsmodelle zu entwickeln, die eine nachhaltige Entwicklung eines Unternehmens sichern (vgl. Abschnitt 2.1). Die Analyse des Gesch~iftsmodellbegriffs allgemein zeigt, dass die bestehenden Konzepte zur Typisierung und Systematisierung von innovativen Unternehmen und in jtingeren Ansgtzen zur Analyse und Modellierung von Unternehmensstrategien verwendet werden (Abschnitt 2.2). Das Gesch~ftsmodell eines Unternehmens kann hier als Analyseeinheit ffir die strategische Planung dienen. Zu diesem Zweck werden die klassischen Ans~itze des Strategischen Managements durch solche Elemente erweitert, welche die Netzwerk6konomie kennzeichnen. Dazu z~hlen z.B. komplexe Wertsch6pfungsarchitekturen, eine schnelle Diffusion von Technologien oder eine Intensivierung des Wettbewerbs. Trotz der groBen Aufmerksamkeit, die dem Geschgftsmodellkonzept beigemessen wird, treten allerdings auch deutliche Schw~chen hervor: Wesentliche Kritikpunkte sind die zumeist fehlende theoretische Fundierung, die geringe praktische Relevanz und die nur begrenzte Anwendbarkeit der Ans~tze. Die Diskussion zu E-Learning Gesch~ftsmodellen offenbart, dass die entwickelten, branchenspezifischen Taxonomien potenziell als Strukmrierungskonzept ftir die Strategieentwicklung in einem innovativen Umfeld geeignet sind [SaGr+04]. Im Gegensatz zur teilweise formulierten Meinung k6nnen Geschgftsmodelle allerdings nicht Strategien ersetzen [vgl. z.B. AtTu03, 4], da normative Handlungsempfehlungen nicht ableitbar sind und Instrumente und Methoden zur Analyse, Konzipierung und Gestaltung fehlen (Abschnitt 2.3). Aus diesem Grund wird im n~.chsten Schritt der Versuch unternommen, die entwickelten Gesch~iftsmodellkonzepte mit den vorhandenen Erkenntnissen und Theorien des Strategischen Managements zu integrieren und somit ein erweitertes Vorgehensmodell zur Analyse und Gestaltung von E-Learning Gesch~.ftsmodellen zu entwerfen.
28
3 Ein Framework des Strategischen Managements zur Konzipierung und Modellierung von Gesch~iftsmodellen Das Erkenntnisinteresse des Strategischen Managements liegt in der Erforschung der Erfolgsursachen einer Unternehmung (Erkliirungsziel) und der Ableitung von Aussagen, welche Mal3nahmen Unternehmen zum Zweck der Erfolgserreichung ergreifen k6nnen (Gestaltungsziel)- vgl. z.B. [RuSc+91, 41-44]. Als komplementgre Ans~itze des Strategischen Managements etablieren sich dabei der Market Based View und der
Resource Based View [vgl. z.B. MaPa92, 371; HoHi+99]. Die Gesch~iftsmodelldiskussion aus Kapitel 2 zeigt, dass zur Strukmrierung von innovativen Unternehmen der WertschOpfungskettenansatz bei strategischen Entscheidungen wie Unternehmensgrtindung oder Markteintritt geeignet ist und traditionelle Strategieans~itze um die explizite Betrachtung von Strategischen Netzwerken erweitert werden mtissen. Somit erm6glicht ein auf die Integration dieser vier Ans~itze begrtindetes Framework eine umfassende Analyse, Konzipierung und Umsetzung von Gesch~iftsmodellen [SaWe05a]. Dabei k6nnen etablierte Methoden des Strategischen Managements zur Bewertung, Modellierung und Gestaltung von Unternehmen eingesetzt und die empirisch validierten, normativen Aussagen auf innovative Gesch~iftsmodelle tibertragen werden. AuBerdem ist das Gesch~iftsmodellkonzept theoretisch fundiert sowie aufbauend auf die Instrumente des Strategischen Managements praktisch relevant gestaltet. Zur Herleitung und Fundierung des Framework werden der Market und der Resource Based View in den Abschnitten 3.2 und 3.3 diskutiert. Die Integration der verschiedehen Ans~itze zu einem konzeptionellen Framework erfolgt in Abschnitt 3.4. Dabei werden ebenfalls die Ergebnisse der Gesch~iftsmodelldiskussion durch die Konzepte der Wertsch6pfungskette und der Strategischen Netzwerke beracksichtigt. Einf'tihrend stellt Abschnitt 3.1 die notwendigen Grundlagen des Strategischen Managements dar.
3.1 Grundlagen des Strategischen Managements Das Strategische Management bezeichnet in der Praxis den Prozess des strategischen Denkens und Handelns in Unternehmen [WeAl01, 8], der durch die Anwendung von Methoden und Instrumenten untersttitzt wird [Knyp95, 18]. Als Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre befasst sich das Strategische Management mit der theoretisch fundierten Beschreibung, Erkl~irung und Gestaltung dieses Prozesses. Aufgrund der grof3en Praxisrelevanz und des hohen Praxisbezugs [RuSc+91, 9] werden in Abschnitt 29
3.1.1 die wesentlichen praktischen Einfltisse und Entwicklungen dargestellt, die das Verst~ndnis des Strategischen Managements heute bestimmen. Hieran anschlieBend stellt Abschnitt 3.1.2 die sich dabei kristallisierenden Theorien tiberblicksartig vor, um so deren Anspruch, Zweck und Ziele zu verdeutlichen. 3.1.1 Entwicklungen des Strategischen Managements Der Begriff
Strategisches Management etabliert sich Ende der siebziger Jahre
[Knyp95, 15], als die bestehende, anwendungsbezogene Managementlehre aus Sicht der Praxis nicht ausreichend die erh6hten Anforderungen an die Anpassungs- und Innovationsf~.higkeit einer Unternehmung berficksichtigt [BeHa95, 14]. Gleichzeitig 6ffnet sich die Managementlehre wissenschaftlichen Disziplinen wie beispielsweise der IndustrieOkonomik, so dass sich durch die inhaltliche Erweiterung einerseits und die theoretische Fundierung anderseits eine
eigenstiindige Disziplin innerhalb der Be-
triebswirtschaftslehre begrtindet [WeAl01, 8]. Dieser Entwicklungsprozess zum Strategischen Management wird zumeist in die vier
Finanzplanung, Langfristplanung, Strategische Planung und Strategisches Management gegliedert [vgl. z.B. AnDe+76; G1Ka+82]. Die Phaseneinteilung bePhasen
schreibt dabei verschiedene Qualit~tsstufen und Perioden der unternehmerischen Planung und zeigt den Einfluss der Umwelt- und Organisationsentwicklung auf das strategische Denken. 2~
Finanzplanung: Die bis Mitte der ftinfziger Jahre als State-of-the-art geltende Finanzplanung stellt ein einfaches Fortschreiben der Gewinn- und Verlustrechnung in Verbindung mit einer laufenden Soll-Ist Kontrolle des Budgets einer Unternehmung dar [vgl. z.B. BeHa95, 11 ]. Die Entwicklung der Untemehmensumwelt gilt in dieser Zeit als relativ stabil und vorhersehbar. Der untemehmerische Schwerpunkt liegt auf einer Rationalisierung der Produktion zur Steigerung der Rentabilit~it. Unternehmen sind typischerweise funktional organisiert.
Langfristplanung: Starkes Wachstum einhergehend mit erh6htem Konsumentenbewusstsein in den sechziger Jahren veranlasst Unternehmen zu einer verst~irkten Marktorientierung. Um Wachstumschancen zu analysieren, dienen in dieser Planungsphase langfristige Prognosen als Grundlage zur Formulierung von Zielen und zur A1lokation von Mehrjahresbudgets. Als Instrumente der Planung und des Controlling
2~ der ursprtinglichen Arbeit von Gluck/Kaufman/Walleckerfolgt keine Zuordnung der Planungsphasen zu bestimmten Zeitabschnitten [vgl. G1Ka+82]. 30
werden Abweichungs- bzw. so genannte Gap-Analysen oder Investitionsrechnungen eingesetzt. Mit dem Entstehen von divisionalen Organisationsstrukturen beginnt die Entwicklung geeigneter Analyseinstrumente fiir die Planung [vgl. z.B. Krei89, 28-31 ].
Strategisehe Planung: Vedinderungen des unternehmerischen Umfelds wie z.B. die Aufgabe fester Wghrungsparitgten, die Olkrise, ein verlangsamtes Wachstum und eine h6here Dynamik im wissenschaftlich-technischen Bereich zu Beginn der siebziger Jahre zeigen, dass die Langfristplanung diesen neuen Anforderungen nicht gerecht wird [BeHa95, 13]. Die auf der Annahme anhaltenden Wachstums in die Zukunft projizierten Langfristplanungen ft~hren zu inad~iquaten Handlungsempfehlungen und verfehlten Voraussagen, die sich in l]berkapazit~iten oder Ressourcenknappheit widerspiegeln [Krei89, 29]. Als Folge werden systematische Analysen der Umwelt und des Wettbewerbs mit Instrumenten wie Portfolio- bzw. Matrix-Analysen oder Szenario-Techniken bei der Gestaltung von Untemehmensstrategien eingesetzt. 21 Unternehmen reagieren auf die gestiegene Volatilit~it mit einer erheblichen Ausweitung der Gesch~iftst~itigkeit auf neue M~irkte mit dem Ziel der Risikostreuung. Die Weiterentwicklung der Langfristplanung zur Strategischen Planung gilt als para-
digmatischer Sprung, dessen Ergebnis eine dramatische Verbesserung der Planungsqualit~it und Entscheidungsfindung ist [G1Ka+82, 14; Knyp95, 20]. Dieses wird durch fundierte Umwelt- und Unternehmensanalysen, besseres Marktverst~indnis und durch eine integrierte Bedicksichtigung von Markt und Unternehmen bei der Ressourcenallokation erzielt. Dennoch stellt die Strategische Planung weiterhin eine zumeist reine (Finanz-) Mittelplanung dar, um eine geeignete Budgetallokation zur Erreichung vorgegebener Ziele anzustreben. Der Implementierung solcher Pl~ine wird nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt, so dass eine Umsetzung oft scheitert und Ziele verfehlt werden.
Strategisches Management: Einsetzende Globalisierung, neue Unternehmensstrukturen und ein zunehmendes Dienstleistungsangebot Ende der siebziger Jahre verdeutlichen die Schwachpunkte der Strategischen Planung und f'tihren zur Forderung nach einer ganzheitlichen strategischen Unternehmungsftihrung bzw. nach einem Strategischen Management [Krei89, 29]. Eine solche Erweiterung des Bezugsrahmens und Einflussbereichs auf das gesamte Management der Unternehmung soll dabei die Qualitat der Strategieentwicklung und ihre Umsetzung entscheidend verbessern [BeHa95,
2, Far eine ausf~ihrliche Vorstellung der verschiedenen Instrumente und Techniken vgl. z.B. [Homb91]. 31
13-14]. Hierzu erfolgt eine Integration der Planung mit einer Steuerung und Kontrolle der Strategieimplementierung [WeAl01, 10]. Neben rein 6konomischen und technischen Variablen werden bei der Analyse der Beziehungen zwischen Unternehmen und Umwelt z.B. auch gesellschaftliche Werte oder Effekte einer Untemehmenskultur betrachtet. Im Unterschied zu den drei vorausgegangenen Entwicklungsphasen ist das Strategische Management keine reine Planungskonzeption mehr, sondern ein Mana-
gementkonzept, das alle Fiihrungssubsysteme koordiniert [BeHa95, 13; WeAl01, 11]. Diese umfassendere Konzeption d~ckt sich auch in den in dieser Phase entwickelten Instrumenten und Konzepten zur Untemehmensftihrung aus, die eine Vielzahl solcher organisatorischer Dimensionen berficksichtigen [Knyp95, 20]. 22 Als theoretisches Fundament des Strategischen Managements etablieren sich dabei die Industrie6konomik sowie ein ressourcenorientiertes Verst~indnis. Je nach Sichtweise betonen diese Ans~itze untemehmensexterne bzw.-interne Beziehungen far die Erkl~irung von tiberdurchschnittlichem Unternehmenserfolg (vgl. Abschnitte 3.2 und 3.3). Konzepte einer Marktstruktur wie z.B. die Triebkriifie des Branchenwettbewerbs [Port80] werden in diesem Zusammenhang entwickelt und stehen den untemehmensorientierten Konzepten wie dem Kemkompetenzansatz gegenaber. Ein verstfirktes Forschungsinteresse ft~hrt zu einer Vielfalt verschiedener Konstrukte und Instrumente des Strategischen Managements. 23 Oberblicksartig werden im folgenden Abschnitt 3.1.2 diese verschiedenen theoretischen Ans~itze diskutiert, eine zusammenfassende Darstellung der vier Phasen des Strategischen Managements zeigt Abbildung 3-1.
2 Far eine Obersicht vgl. z.B. [BeHa95, 14-17]. 23Als Konstituierung des Strategischen Managements als wissenschaftliche Disziplin werden zumeist die Publikationen von Ansoff/Declerck/Hayesund Schendel/Hoferangesehen [AnDe+76; ScHo79]. 32
I n s t r u m e n t e u n d Aktivit~iten der Strategisches U n t e m e h m e n s f t i h r u n g
Strategieverst~indnis
lnstrumente
9 Mehrjahresbudget
9 Jahresbudgetierung
" ~ S t9r a t e g i s c h e Plane 9 U m w e l t - und Wettbewerbsanalyse 9 Strategische Gesch~ftseinheiten
Finanzplanung
I
9 Five Forces 9 Wertsch6pfungskette 9 Kernkompetenz
. . .
Strategische Planung
Langfristplanung
1960
....i..:.::.......................................
9 SWOT-Analyse 9 Portfolio-Analyse 9 Szenariotechnik
9 Langfristprognosen 9 GAP-Analysen 9 Investitionsrechnung
9 Soll-Ist K o n t r o l l e 9 Plan G u V
9 Strategische Untemehmensf~ihrung 9 S t e u e r u n g und K o n t r o l l e der Implementierung 9 Managementwerte
1970
Strategisches Management
I 1980
Umwelt
9 Stabilit/at 9 Kontinuierliches Wachstum 9 Verk/aufermarkt
9 Starkes W a c h s t u m 9 Wachsendes Konsumentenbewusstsein
9 Instabilit~it, Volatilitat 9 K~iufermarkt
9 Unsicherheit 9 Globalisierung 9 Hohe Dynamik
Unternehmen
9 Funktionalorganisation 9 Rationalisierung der P r o d u k t i o n
9 Spartenorganisation, Profit C e n t e r 9 Marktorientierung
9 Starke D i v i s i o nalisierung
9 M u l t i n a t i o n a l e , divisionale U n t e r n e h m ensstrukturen 9 H o h e Komplexit~it
Basis/ Ansatz
9 Finanzplanung 9 Rechnungswesen
9 Prognosetechniken 9 Finanzp|anung
9 Business P o l i c y 9 Industrie6konomik
9 M a r k e t und Resource Based View
Abbildung 3-1 Die vier Phasen des Strategischen Managements Krei89; BeHa95;
- basierend
auf [G1Ka+82;
Knyp95]
3.1.2 Ans~itze und Theorien Die Ziele des Strategischen Managements, einerseits die Ursachen unterschiedlichen Unternehmenserfolgs zu erkl/aren und anderseits Gestaltungsempfehlungen abzuleiten, ftihrt zu einer Vielzahl teils widerspriichlicher Ans~itze, Konzepte und Sichtweisen.
33
Gemein ist diesen Ans~itzen ein Grundverst/indnis zum Strategischen Management und seinen Zielen. Strategisches Management wird als Prozess verstanden, der der Strategieformulierung und Implementierung dient [vgl. z.B. ScHo79, 11; WeAl01, 19]. Generelles Gestaltungsziel des Strategischen Managements ist dabei, die Existenz einer Untemehmung langfristig zu sichern bzw. den Unternehmenserfolg in Form von tiberdurchschnittlichen Renditen zu ermOglichen [MaPa92, 364]. Dabei liegt die Annahme zugrunde, dass Umwelt und Untemehmen indeterminiert und durch Entscheidungen gestaltbar sind [RuSc+91, 6; Frei00, 8]. Als weitere Pr/amisse gilt die Annahme, dass strategisch geftihrte Untemehmen erfolgreicher als nicht-strategisch geftihrte Unternehmen sind [WeAl01, 4]. Zur Entwicklung und Fundierung von Strategien werden verschiedene betriebs- und volkswirtschaftliche Ans/itze gebildet: BetriebswirtschaftUche Ans/itze: Die als die Griinderschulen bezeichneten betriebswirtschaftlichen Ans/itze begreifen das Strategische Management als Sequenz rationaler Entscheidungen [WeAl01, 23-25]. Als wesentliche Konzepte gelten dabei die Design-School von Learned/Christensen/Andrews/Guth [LeCh+65] und die Planning-School von Ansoff [Anso65]. 24 Grundlegender Ansatz der Design-School ist eine integrative Sichtweise auf die verschiedenen Funktionen eines Unternehmens (wie z.B. Produktion, Vertrieb etc.). Der Strategieentwicklungsprozess wird als intendiert rationaler Prozess verstanden, durch den in einem kreativen Akt eine f'tirjede Situation spezifische Strategie konzipiert (de-
signt) wird. Der Erfolg einer Untemehmung wird durch die Auswahl der Strategie bestimmt. Dabei finden sowohl unternehmensinterne Potenziale als auch der Umweltkontext Berticksichtigung. Diese auf spezifische Einzelf~ille abgestimmten Strategien erm6glichen nur schwer eine inhaltliche Generalisierung. Folglich gibt die DesignSchool neben grunds/itzlichen inhaltlichen Hinweisen zumeist Empfehlungen fiir einen geeigneten Strategieformulierungs-Prozess [Mint90b, 178]. Zur Vermittlung dieses Ansatzes werden Fallstudien gew/ahlt und best practices abgeleitet; die M6glichkeit einer empirischen l~erprtifung und weiteren Theoriebildung wird bezweifelt [LeCh+65, 6]. Die Planning School von Ansoff weist grunds/itzliche Gemeinsamkeiten mit der Design School auf; wesentlich unterscheidet sich der Entwicklungsprozess: Dieser wird im Gegensatz zur Design School nicht als kreativer Gestaltungsprozess sondern als eineformalisierte Sequenz yon abgegrenzten Schritten und Phasen beschrieben. Hierzu 24Die Bezeichnung der Design und Planning School gehen zurtick auf die Arbeit von [Mint90a]. 34
steht ein detailliertes Ablaufschema zur Verf'tigung, welches sukzessive, durch Checklisten und Entscheidungstechniken unters~tzt, quasi mechanisch durchlaufen wird [Anso65, 201 ]. Als wesentliche Beitr~ige der betriebswirtschaftlichen Schulen gelten das geschaffene Verst~indnis for die Struktur des Strategieentwicklungsprozesses und die hervorgebrachten Instrumente zur Analyse und zur inhaltlichen Gestaltung von Strategien. Voikswirtschaftliche Ans~itze: W~ihrend die betriebswirtschaftlichen Ans~itze
eher auf die Gestaltung (-sprozesse) von Strategien abzielen, sorgen die volkswirtschaftlichen Konzepte ftir eine verst~irkte theoretische Auseinandersetzung und Fundierung des Strategischen Managements [HoHi+99, 425]. Wesentlichen Einfluss haben dabei die IndustrieOkonomik und die Neue InstitutionenOkonomik. Ausgehend vonder Frage, warum Unternehmen unterschiedlich erfolgreich in Branchen agieren, besch~iftigt sich die IndustrieOkonomik mit Branchen und ihren Unternehmen, deren Struktur und Verhalten [Schm88, 643]. 25 Dabei wird ein unvollkommener Wettbewerb z.B. mit Marktbarrieren, Gr613en- (scale) und Verbundeffekten
(scope) unterstellt. Die Beziehung zwischen Branchenstruktur und Erfolg der Unternehmen wird durch umfassende empirische Studien belegt [vgl. z.B. BrSc87; Schm88, 648-650; dazu kritisch WeMo88]. Aufbauend auf den Arbeiten von Bain und Mason [Maso57; Bain68] leitet sich das klassische Structure-Conduct-Performance (SCP) Paradigma der Industrie6konomik ab. Demnach beeinflusst die Stmktur (Structure) einer Branche das Verhalten der Unternehmen (Conduct) und determiniert im Wesentlichen den Unternehmenserfolg
(Performance). Somit kann direkt vonder Marktstruktur auf den Erfolg der Unternehmen geschlossen werden; das Verhalten der Unternehmen stellt lediglich eine determinierte Anpassung an die Struktur dar [vgl. z.B. HoHi+99, 425; WeAl01, 36]. Abbildung 3-2 stellt das Structure-Conduct-Performance bzw. Bain-Mason Paradigma dar.
Industry Structure
..~, , "', i_
Conduct (Strategy)
, ,'
.~ Performance vI
!
Abbildung 3-2 Das klassische S C P - bzw. Bain-Mason Paradigma [vgl. P o r t 8 1 , 616]
25 Connor stellt f'dnf Ansgtze verschiedener Denkschulen der Industrie6konomik dar [Conn9 1].
35
Trotz der gemeinsamen Ziele, den Erfolg von Unternehmen zu erkl~iren, zeigen die theoretisch fundierten Erkenntnisse der Industrie6konomik nur wenig Einfluss auf die betriebswirtschaftlichen Ans~itze - umgekehrt werden von Vertretern der Industrie6konomik nur im geringen Umfang Empfehlungen zur Gestaltung von Unternehmensstrategien entwickelt. Erst Porter vollzieht zu Beginn der achtziger Jahre letztlich den Brfickenschlag von der Industrie6konomik zum Strategischen Management und legt somit den Grundstein des Market Based View, der sich als ein wesentlicher Ansatz des Strategischen Managements etabliert (vgl. Abschnitt 3.2). Die Neue InstitutionenOkonomik [Coas37; Will75] als zweiter, in diesem Zusammenhang bedeutender volkswirtschaftlicher Ansatz erm6glicht im Rahmen des Strategischen Managements Strukturen und Funktionsweisen von Unternehmen bzw. Organisationen zu analysieren [HoHi+99, 432-436]. 26 Auf Basis der Transaktionskostentheorie werden Gestaltungsempfehlungen abgeleitet, durch welche Mechanismen Diversifikation sowie horizontale und vertikale Integration zu koordinieren sind [Teec90, 57]. Dabei reicht die Bandbreite von einer zentralen, hierarchischen Koordinierung innerhalb der Organisation tiber hybride Mischformen bzw. Kooperationen bis zur marktlithen Koordination [vgl. z.B. GrSa04]. Durch die Analyse der Transaktionskosten erfolgt erstmals eine Effizienzbewertung von Organisationsformen und somit auch von Strategiealternativen [RuSc+91, 14]. Die Principal Agent-Theorie als weiterer Ansatz der Institutionen6konomik thematisiert die 0berwachung und Kontrolle von Prinzipal und Agenten, die bei der Delegation von Entscheidungs- und Handlungskompetenzen aufgrund von Opportunismus und asymmetrischer Information entstehen. Das Strategische Management wendet die A-
gency Theorie zur Untersuchung von Fragen der Unternehmensgr6f3e, Diversifikation und Wachstum sowie der Corporate Governance und Entlohnung von Ftihrungskr~iften an [vgl. z.B. RuSc+91, 9]. 27 Neben der Industrie6konomik und der Neuen Institutionen6konomik wird vereinzelt auch die Evolutions6konomik als wichtige Theorie des Strategischen Managements angesehen [vgl. z.B. Frei01]. Aufbauend u.a. auf den Arbeiten von Schumpeter oder Hayek stehen dabei Unternehmen im Mittelpunkt, die nach technologischem Wandel
26
Ftir einen systematischenVergleich der Neue Institutionen6konomikmit anderen Theorien der Unternehmung wie z.B. Industrie6konomikvgl. [Conn91].
27Eine geringere Bedeutung for das Strategische Management hat die Property Rights Theorie als dritter wesentlicher Ansatz der Neuen Institutionen6konomik[WeAl01, 44]. 36
in Form von Verbesserungen und Innovationen streben [Teec90, 59; Frei01, 74-76]. Analog zur biologischen Evolution zwingen permanenter Wettbewerb und fortw~ihrende Ver~inderung Untemehmen zu einer kontinuierlichen Anpassung an die Umwelt. Aufgrund von pfadabhiingigen Entwicklungen k6nnen die im Lauf der Untemehmensentwicklung u n d - a n p a s s u n g erlemten F/ihigkeiten von Konkurrenten nicht einfach imitiert sondern nur fiber die Zeit erlernt werden [RuSe+91, 16]. Evolutions6konomik und Neue Institutionen6konomik k6nnen als Ausgangspunkte f'tir den ressourcenbasierten Ansatz verstanden werden, der in Abschnitt 3.3 n/~her betrachtet wird. Eine l]bersicht fiber die Entwicklung stellt Abbildung 3-3 dar.
1960 I
M arkt
1970 I
Klassische Industrie0konomik SCP-Paradigma [Maso57; Bain68]
1980 I
1990 I
2000 I zeit.~ v
Market Based View
Five Force, Wettbewerbsstrategien
[PortS0] Fokus
Design-School St~irken-Schw~ichen Analyse [LeCh+65] Planing-School Produkt-Markt Strategic [Anso65]
Unternehmen
Resource Based View VRIO, Kernkompetenzen [Wern84; Barn86; DiCo89] Neue lnstitutionenOkonomik
Transaktionskosten, Principal-Agency [Coas37; Will75]
Abbildung 3-3 Wichtige Theoriestr6mungen des Strategischen M a n a g e m e n t s
3.2
M a r k e t B a s e d V i e w 2a
Durch die Integration der betriebswirtschaftlichen Strategieans~itze und der Industrie6konomik entwickelt sich mit dem Market Based View in den achtziger Jahren die
28Nachfolgend werden nur die for den weiteren Verlauf der Arbeit relevanten Inhalte und Aussagen des Market und des Resource Based View (vgl. Abschnitt 3.3) dargestellt. Far eine umfassende Beschreibung beider Ans/itze vgl. z.B. [Knyp95; HoHi+99" Pfau01" WeAl01]. 37
dominante Strategieperspektive der betriebswirtschaftlichen Forschung [vgl. z.B. Hein04, 49]. Aufbauend auf den Determinismus des SCP-Paradigmas leiten die Vertreter des Market Based View als zentrale Aussage ab, dass die Attraktivitiit einer Branche und die relative Branchenposition einer Untemehmung den 6konomischen Erfolg eines Unter-
nehmens bestimmen [PortS0]. Neben diesem erweiterten Verst/~ndnis des SCP-Paradigmas werden Konzepte zur Bestimmung der Branchenattraktivit/~t verfeinert und Mechanismen zur Positionierung von Untemehmen ausgebaut. Um im Sinne der Design-Ans/~tze Gestaltungshinweise f'ur die Strategieformulierung zu erzielen, erfolgt zudem die Entwicklung von drei generischen Strategientypen [vgl. Port80; Port81 ]. Im Folgenden werden zun/~chst in Abschnitt 3.2.1 die Perspektive und die zugrunde liegenden Annahmen des Market Based View dargestellt. Abschnitt 3.2.2 beschreibt die wesentlichen Methoden und Instrumente, die der Market Based View zur Analyse und Gestaltung von Strategien bereitstellt. AnschlieBend erfolgt eine Bewertung des Ansatzes in Abschnitt 3.2.3. 3.2.1
Perspektive und Annahmen
Ausgangspunkt des Market Based View 29 ist der Determinismus des industrie6konomischen SCP-Paradigmas (vgl. Abbildung 3-2). Dieses Konzept wird einerseits um Wechselwirkungen zwischen Untemehmenserfolg und Branchenstruktur erg/~nzt und
anderseits um eine differenzierte Betraehtung von Erkliirungsursaehen des Untemehmenserfolgs erweitert. Beim klassischen SCP-Paradigma ergibt sich der Untemehmenserfolg durch die Branchenstruktur. Da Untemehmen durch die Strategiewahl die Struktur der Branche (z.B. durch Markteintrittsbarrieren- vgl. Abschnitt 3.2.2) ebenfalls beeinflussen bzw. ver/~ndem, erweitert der Market Based View den monokausalen, unidirektionalen SCPAnsatz entsprechend: Somit entsteht der Erfolg eines Untemehmens nicht a l l e i n - wie im industrie6konomischen S i n n - als bloBer Reflex auf, sondem in Wechselwirkung mit der Branchenstruktur. Grundlage ft~r diese Erkenntnisse sind verschiedene empirische Studien und konzeptionelle 0berlegungen [vgl. z.B. ScWi89a, xi; Tiro00, 3].
29Der Begriff Market Based View etabliert sich erst nach Aufkommen des Resource Based View als Gegenstr6mung (vgl. Abschnitt 3.3); zun/~chst wird dieser Ansatz als Neue IndustrieOkonomik bezeichnet. 38
Folglich wird durch diese dynamische Betrachtung das Verhalten von Unternehmen und die Wahl einer Strategie im Market Based View st~irker betont als in der klassischen Industrie6konomik [Sche80, 6]. Das erweiterte SCP-Paradigmas zeigt Abbildung 3-4.
Industry
Structure
,~
Conduct
(Strategy)
Abbildung 3-4 Das SCP-Paradigma des Market Based View
J "l
Performance
[Port81, 616]
Zur differenzierten Analyse der Performance eines Unternehmens unterscheidet der Market Based View zwischen der Branchenattraktivit~it (Brancheneffekt) und der relativen Wettbewerbsposition (Positionseffekt) eines Unternehmens. Der Erfolg einer Wettbewerbsstrategie leitet sich entsprechend aus der Wahl einer Branche und der ad~iquaten Positionierung gegentiber Konkurrenten innerhalb dieser Branche ab [BaWr96, 130]. Brancheneffekt: Die Wahl der Branche entscheidet zun~ichst tiber das Ge-
winnpotenzial eines Unternehmens. Aus der Struktur einer Branche resultiert ihre Wettbewerbsintensit&it. Eine hohe Intensit~it der Wettbewerbskrgfte z.B. senkt die zu erwartende Rendite. Aufgrund unterschiedlicher Wettbewerbsintensitgten in verschiedenen Branchen differieren d eren Attraktivit~iten [Port80, 25-27]. Positionseffekt: Durch bestimmte (Wettbewerbs-) Strategien kann die Unter-
nehmung eine Marktposition einnehmen, um sich gegen Wettbewerbskr~ifte zu schtitzen oder diese zu eigenen Gunsten zu beeinflussen [Port80, 25-30]. Entgegen der Annahme der Design-School [vgl. z.B. LeCh+65], die Strategien als einzigartig for jedes Unternehmen betrachten, geht Porter davon aus, dass es letztlich drei generische Stra-
tegietypen gibt, um sich innerhalb einer Branche zu positionieren und nachhaltige Wettbewerbsvorteile aufzubauen [Port80, 57]. Durch die Erweiterung der Elemente der klassischen Industrie6konomik verschiebt sich der Schwerpunkt der Betrachtung des Strategischen Managements deutlich zur Branchenseite. Aufgrund dieser marktorientierten Sichtweise, die aus einer Betrachtung der Umwelt das Verhalten bzw. die Strategie eines Unternehmens ableitet, wird der Market Based View auch als ein outside-in approach angesehen [vgl. z.B. HoHi+99, 430]. Im Vergleich zur klassischen Industrie6konomik hingegen verlagert der 39
Market Based View aufgrund der stfirkeren Betonung der Wahlm6glichkeit und des Verhaltens einzelner Unternehmen den Analyseschwerpunkt auf einzelne Unternehmen [Knyp95, 62]. Wesentliche Annahmen des Market Based View spiegeln dies ebenfalls wider: der Unternehmenserfolg wird durch externe Umweltfaktoren (Branchenstruktur) und Managemententscheidungen bestimmt. Der Produkt-/Absatzmarkt ist unvollkommen und erklfirt unternehmensindividuelle Performanceunterschiede. Marktbarrieren (vgl. Abschnitt 3.2.2) k6nnen von Unternehmen erschaffen werden und Unternehmensvorteile nachhaltig sichern. 3.2.2
Methoden und Instrumente
Das zentrale Instrument zur Strategieentwicklung ist nach Porter die Branchenstruk-
turanalyse. In einem formalen Prozess werden die Strukturmerkmale und resultierenden Triebkrfifte des Wettbewerbs analysiert und somit die Attraktivitfit der Branche bestimmt. 3~ Wfihrend in der klassischen Industrie6konomik eine Branche durch Faktoren wie beispielsweise Nachfrageelastizitfit oder Eintrittsbarrieren beurteilt wird, entwickelt Porter eine umfassende Systematik zur Bewertung der Wettbewerbsstruktur und gelangt so zu einer wesentlichen Verfeinerung des Branchenkonstrukts [WeAl01, 40]. Hierbei ffihrt er die Intensit~t des Wettbewerbs in einer Branche nicht allein auf den Wettbewerb unter den bestehenden Konkurrenten, sondern auf insgesamt ftinf Triebkr~fte
(Five Forces) zur~ck [Port80]. Vier dieser Wettbewerbskrfifte gehen von Akteuren aus, die nicht unmittelbar der Branche angeh6ren und folglich keine eigentlichen Wettbewerber sind, aber direkten Einfluss auf die Branchenstruktur aust~ben. 31 Abbildung 3-5 stellt die ffinf Triebkrfifte des Branchenwettbewerbs dar, der Einfluss der einzelnen Kr~fte wird daran anschliel3end beschrieben- f'tir die folgenden Darstellungen vgl. [Port80].
30Als Branche definiert Porter eine Gruppe von Untemehmen, die Produkte herstellen, die sich gegenseitig nahezu ersetzen k6nnen [Port80, 27]. 3~Porter bezeichnet diese Akteure daher ebenfalls als Konkurrenten, mit denen die bestehenden Unternehmen in einem Wettbewerb im Sinne einer erweiterten Rivalitiit stehen [Port80]. 40
Neue Konkurrenten
.I 1 I. -1 ] ["
Bedrohung durch neue Konkurrenten
Verhandlungsstiirke
Lieferanten
I
]
Branchenwettbewerb
Verhandlungssfiirke
Rivalitiit unter bestehenden Wettbewerbern
I
I
Abnehmer
Bedrohung durch Ersatzprodukte
Substitutionsprodukte Abbildung 3-5 Die fiinf Triebkr~fte des Branchenwettbewerbs / Five Forces of Competition [Port80]
(1) Rivalit~it unter bestehenden W e t t b e w e r b e r n : Rivalit~it innerhalb einer Branche entsteht aufgrund der Interaktionen zwischen den Wettbewerbem [vgl. z.B. N6ck00, 64]. Magnahmen einzelner Unternehmen wie Preissenkungen, verst~irktes Marketing oder verbesserte Service- und Garantieleistungen wirken sich direkt auf das Verhalten der Konkurrenten aus und ziehen zumeist GegenmaBnahmen mit sich. Die Rivalit~it innerhalb einer Branche ftihrt zu Positionsk~impfen und h~ingt z.B. von der Anzahl der Anbieter oder vom Branchenwachsmm ab. (2) B e d r o h u n g dureh neue K o n k u r r e n t e n : Neue Marktteilnehmer erh6hen in der Regel den Wettbewerb innerhalb der Branche und senken somit die Rentabilit~it. Strukmrmerkmale, die den Zugang zu einem Markt erschweren, werden als Eintrittsbarrieren bezeichnet. Je ausgepr~igter diese sind, desto gr6Ber sind der Schutz vor neu-
en Wettbewerbern und das Potenzial far hohe Gewinne. (3) D r u c k durch Substitutionsprodukte: Unternehmen konkurrieren auch mit
Unternehmen anderer Branchen, die ein Produkt herstellen, das ahnliche Funktion wie das eigene erftillt. Das Preis/Leistungs-Verhfiltnis der Substitute begrenzt die eigenen Preise und folglich das Gewinnpotenzial.
41
(4) Verhandlungsstiirke der Abnehmer: Abnehmer konkurrieren mit der Branche, indem sie Preissenkungen, verbesserte Leistungen oder h6here Qualitiit anstreben und Anbieter gegeneinander ausspielen. Hierdurch sinkt ebenfalls die Rentabilit~it der Branche. (5) Verhandlungsstiirke der Lieferanten: Spiegelbildlich verh~ilt sich die Macht der Lieferanten. Sie drohen, Preise zu erh6hen oder Leistungen zu senken. K6nnen die Unternehmen erh6hte Kosten nicht weitergeben, leidet ihre Rentabilit~it. Durch das Konzept der f'tinf Triebkriifte wird die Wettbewerbssituation, Rentabilitiit und somit Attraktivitiit einer Branche analysiert. Erzielen Unternehmen in einer Branche systematisch h6here Renditen, kann dies auf strukturelle oder strategisch geschaffene Markteintrittsbarrieren zurtickgeftihrt werden [Bain68, 252; Tiro00, 671]. Je h6her dabei diese Marktunvollkommenheiten sind, desto h6her ist die Marktkonzentration und desto geringer der Wettbewerb [vgl. z.B. Hein04, 52]. Aufbauend auf den Arbeiten yon Bain werden verschiedene Konzepte und Vorstellungen ftir Markteintrittsbarrieren entwickelt. 32 Wghrend staatliche Markteintrittsbarrieren wie z.B. Lizenzvergabe oder Kontingentierung von Importen als Wettbewerbs- und Zugangsbeschrgnkungen verstanden werden, sind Markteintrittsbarrieren solche Kosten, die ft~r ein neues Unternehmen in einem Markt, nicht aber ffir bereits etablierte Unternehmen anfallen [Stig68, 67; Weiz80, 400]. Typische Ursachen von Marktbarrieren sind Skalen- und Erfahrungskurveneffekte sowie absolute Kostenvorteile:
Skaleneffekte (economies of scale): Betriebsgr613envorteile durch sinkende Sttickkosten bei steigender Ausbringmenge (z.B. aufgrund von Fixkostendegression) gelten als die hiiufigste Ursache von Markteintrittsbarrieren [Hein04, 170]. Neue Unternehmen, die in einen Markt mit einer geringeren Betriebsgr6Be als etablierte Marktteilnehmer eintreten, realisieren c.p. h6here Sttickkosten. Die resultierende Kostendifferenz stellt folglich eine Barriere f'tir das Eintreten eines neuen Unternehmens dar.
Erfahrungskurveneffekte: Eine weitere Markteintrittsbarriere entsteht durch die im Zeitablauf akkumulierte Erfahrung [Lee75]. Lem- bzw. Erfahrungseffekte bezeichnen die Reduzierung des Zeitbedarfs f'tir einzelne Arbeitsschritte in einem Unternehmen, die sich aus zunehmender Vertrautheit oder aus technischem Fortschritt erge-
32Vgl. z.B. [Bain68; CaPo77; Spen80; Weiz80; Schm81; Mind88] - zur kritischen Auseinandersetzung von der Nachhaltigkeit von Markteintrittsbarrierenvgl. z.B. [DAve94]. 42
ben [vgl. z.B. Lieb87, 441; Homb00, 76]. Zur Operationalisierung und Erfassung der Erfahrung wird zumeist die akkumulierte, ausgebrachte Menge einer Unternehmung bestimmt. Absolute Kostenvorteile: Unabh/ingig von der ausgebrachten Menge k6nnen absolute Kostenvorteile wie der Zugang zu exklusiven Vertriebskan/ilen oder Vorteile bei der Beschaffung von Produktionsfaktoren entstehen. Neben diesen drei wesentlichen Aspekten werden beispielsweise auch Differenzierungsstrategien, First-Mover Advantage, Wechselkosten innerhalb einer Branche oder die Preispolitik im Zusammenhang von Markteintrittsbarrieren diskutiert [vgl. z.B. Port80; Mind88]. Die Analyse der fftinf Triebkr~.fte des Branchenwettbewerbs und der Marktbarrieren dient als Ausgangsbasis for die Formulierung einer Unternehmensstrategie und zur Bestimmung der Wettbewerbsposition. Zur inhaltlichen Gestaltung von Strategien entwickelt Porter drei grundlegende, in sich geschlossene Strategiegruppen [Port80, 62]. 33
Kostenffihrerstrategie: Eine generische Strategie ist die KostenJ~hrerschaft. Bei der Verfolgung dieser Strategie strebt ein Unternehmen z.B. den Aufbau von Produktionsanlagen effizienter Gr6Be, das Ausnutzen von erfahrungsbedingten Kostensenkungen, eine Vermeidung von Kunden mit geringem Umsatz oder Kostenminimierung in Bereichen wie Forschung und Entwicklung, Service oder Werbung an. Die Kostenfiahrerstrategie bedingt typischerweise einen hohen Marktanteil, um durch die Produktion hoher Sttickzahlen von Skaleneffekten zu profitieren.
Differenzierungsstrategie: Dem gegentiber steht die Differenzierungsstrategie. Hierbei versucht ein Unternehmen, ein Produkt so zu gestalten, dass dieses in der gesamten Branche als einzigartig wahrgenommen wird. Dadurch kann eine Unternehmung im Branchenvergleich h6here Preise erzielen. Grundlage der Differenzierung k6nnen z.B. Design, Markenname, Technologie, Service, Werbung oder Vertriebsnetz sein.
Fokussierungsstrategie: Als dritte generische Strategie gilt die Fokussierung aufSchwerpunkte bzw. Nischen. W/ihrend die beiden anderen Strategiearten auf einen branchenweiten Wettbewerbsvorteil abzielen, konzentrieren sich hierbei Untemehmen
33Aufbauend auf den generischen Strategien entwickelte Porter das Konzept der so genannten Strategische Gruppen[vgl. Port85; HoHi+99]. 43
z.B. auf bestimmte Abnehmergruppen oder geographisch abgegrenzte M~irkte. Somit werden im Vergleich zu breit ausgerichteten Konkurrenten wiederum Differenzierungs- oder Kostenvorteile erzielt, so dass eine Unternehmung langfristig erfolgreicher ist [vgl. z.B. Murr88]. Durch die Wahl einer generischen Strategie kann ein Unternehmen einen Vorteil in einer Branche aufbauen- die gleichzeitige Verfolgung einer Kostenft~hrer- und Differenzierungsstrategie hingegen schliel3t sich aus [Port85, 16]. 3.2.3 Zusammenfassung und Bewertung Der Market Based View leistet einen bedeutenden Beitrag ffir die unternehmerische Praxis und die theoretische Fundierung des Strategischen Managements. Durch die Integration industrie6konomischer Theorien trfigt der Ansatz entscheidend zur Theore-
tisierung des Gebietes und folglich zur Konstituierung des Strategischen Managements im Sinne einer Wissenschaftsdisziplin bei [HoHi+99, 425; MilLe03, 9]. Zur Ableitung von Strategieempfehlungen geht der Market Based View von einem entscheidenden Einfluss der Struktur einer Branche bzw. eines Markts aus; zur Erkl~irung des Erfolgs einer Unternehmung dominiert mal3geblich der Brancheneffekt. Dabei tiberft~hrt der Market Based View den Determinismus des klassischen SCPParadigmas in ein dynamisches Konzept des Wettbewerbs, welches Wechselwirkungen zwischen Unternehmensverhalten und Umwelt berficksichtigt. Diese marktorientierte Sichtweise erfahrt weitgehend Unterstt~tzung durch eine Vielzahl empirischer Untersuchungen [vgl. z.B. Schm85; WeMo88]. 34 Wfihrend sich die Strategieforschung zuvor zu meist mit dem Prozess der Formulierung von Strategien besch~ftigt, liefert der Market Based View konkrete Empfehlungen, wie diese inhaltlich zu gestalten sind und erweitert so grundlegend die Strategy-
Content Forschung. Die Konzepte des Market Based View und die hieraus abgeleiteten Hypothesen zum Verhalten von Unternehmen k6nnen ebenfalls empirisch evaluiert werden, was durch die hohe Operationalisierbarkeit des Ansatzes erleichtert wird. Diese Operationalisierbarkeit wiederum geht im bedeuteten Mage auf die Arbeiten von Porter [Port80; Port85; Port91 ] zu~ck und erm6glicht eine differenzierte Umweltanalyse und Sicht des Wettbewerbs [Rt~h194, 39]. Hieraus ergibt sich ebenfalls die grofle
Praxisrelevanz des Ansatzes.
34Ffir eine Obersicht verschiedenerArbeiten vgl. z.B. [Knyp93, 773]. 44
Der Market Based View begr~ndet das erste originiire empirische Forschungspro-
gramm des Strategischen Managements [WeAl01, 41 ] und entwickelt sich zum dominierenden Strategieparadigma der achtziger Jahre far Theorie und untemehmerische Praxis. Dennoch weist der Ansatz auch Defizite auf und wird bezt~glich einer Vielzahl von Aspekten kritisiert: Einerseits wird die Sichtweise als verengt beschrieben, anderseits gelten die Empfehlungen zu den Strategieinhalten als einseitig und inflexibel [MiAh+99, 133-145]. So kritisieren Mintzberg/Ahlstrand/Lampel, dass durch die formale Analyse und quasi-mechanische Auswahl einer Position von vornherein Kreativitfit und konzeptionelles Design der Strategie nicht zugelassen werden [MiAh+99, 138]. Ebenfalls wird die geringe Be~cksichtigung der Strategieimplementierung bem~ngelt. Somit wird die typische Kritik an den Design-Ans/itzen ebenfalls far den Market Based View wiederholt. Als weitere Defizite werden die eingeschr/~nkte Sichtweise und Beschreibung der Realit/~t des Market Based View beanstandet, die durch die Industrie6konomik gepr~igt sind. Zum einen wird eine zu starke Konzentration auf rein quantifizierbare Gr6gen und somit eine verengte, gegent~ber der realen Komplexit/~t drastisch reduzierte Perspektive kritisiert. So bleiben sozio-psychologische Dimensionen des Strategischen Managements als auch Verhaltensaspekte wie z.B. Konkurrentenreaktionen unbeachtet. Zum anderen gilt die Fokussierung auf die unternehmensexternen Faktoren und die
einseitige Orientierung an der Markt- bzw. der Wettbewerbsumwelt als zentraler Kritikpunkt
[Rt~h194, 41],
da
sich
hieraus
eine
Vernachl/~ssigung
der
Unter-
nehmensbetrachtung ergibt. So weisen Kritiker des Market Based View darauf hin, dass Unternehmen in einer Branche mit der gleichen Strategie deutliche Performanceunterschiede erzielen. Demzufolge kann der Erfolg eines Unternehmens nur durch ihre verschiedenartigen Potenziale erkl~irt werden [DiCo89, 157; PrHa90, 722]. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Market Based View durch Theoretisierung, Marktanalyse und Empirie dem Strategischen Management wichtige Impulse verleiht. Gleichzeitig wird die Dominanz des Paradigmas durch seine zum Teil enge und einseitige Betrachtung von unternehmensexternen Faktoren verst/~rkt seit Anfang der neunziger Jahre kritisiert [vgl. z.B. Mell03, 52]. Als Antwort hierauf hat sich der Resource Based View als Antithese zum Market Based View entwickelt [Rt~h194, 49].
45
3.3
Resource Based View
Der Resource Based View zielt darauf ab, durch die Analyse der unternehmensinter-
nen Ressourcen den Erfolg bzw. die tiberdurchschnittliche Performance eines Unternehmens zu erkl~iren [Barn86, 1231; DiCo89, 1504]. Mit diesem Konzept rfickt seit Anfang der neunziger Jahre verstiirkt das Unternehmen als zentrale Gr613e des Strategischen Managements in den Mittelpunkt der Betrachtung, 35 welches vom Market Based View mit seinem Blick auf Markt und Wettbewerb nahezu iibersehen wird [Frie00, l l]. Der Resource Based View l e i s t e t - als Gegenposition des Market Based View [BaWr96, 130] - d u t c h die differenzierte Betrachtung der unternehmerischen F~ihigkeiten und Kompetenzen einen wesentlichen Beitrag zu einem erweiterten und umfassenderen Verstiindnis des Strategischen Managements [HoHi+99, 437]. 36 Im Folgenden werden analog zum vorangegangenen Abschnitt 3.2 zuniichst die Priimissen des Resource Based View analysiert (vgl. Abschnitt 3.3.1) und die Methoden und Instrumente ftir das Strategische Management untersucht (vgl. Abschnitt 3.3.2). Eine Bewertung des derzeitigen Stands des Resource Based View erfolgt in Abschnitt 3.3.3. 3.3.1
Perspektive und Annahmen
Aus Perspektive des Resource Based View sind Wettbewerbsvorteile und t~berdurchschnittlicher Erfolg von Unternehmen auf die Existenz und Entwicklung einzigartiger
(idiosynkratischer) und fiberlegener Unternehmensressourcen im Sinne von F~ihigkeiten, Kompetenzen oder von Potenzialen zuruckzuffihren. Ausgehend von spezifischen
Ressourcen eines Untemehmens werden dabei entsprechende Strategien abgeleitet, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen und eine t~berdurchschnittliche Performance zu erzielen [vgl. z.B. BaWr96, 131; Frei01, 5-7]. Wahrend sich beim Market Based View die Anforderungen und der Bedarf an Ressourcen aus der Positionierungsentscheidung eines Unternehmens ergeben, die aus der
35Freiling identifiziert vier Entwicklungsstufen des Resource Based View: Konstituierungsphase der ressourcenbasierten Konzepte, Orientierungsphase, Phase der kompetenzbasierten Perspektive und die der Entwicklung einer Theorie des kompetenzbasierten Wettbewerbs [vgl. Frei01, 28-40]. 36Namensgeber der ressourcenofientierten Betrachtung ist die Arbeit von Wernerfelt [Wern84]. Erste betriebswirtschaftliche Ansatzpunkte einer solchen Perspektive k6nnen aber zumindest bis auf die Aufs~itze von Penrose [Penr59] oder Selznicks [Selz57] zurfickgeffihrt werden [vgl. z.B. Were84, 171; Barn91, 99; Pete93, 179]. Die F~ihigkeit eines Unternehmens, sich an wandelende Umweltbedingungen anzupassen, neue M~irkte zu erschliegen oder neue Produkte zu entwickeln, sieht Penrose als wesentlichen Erkl/~rungsfaktor ffir den Erfolg von Unternehmen. 46
Marktstruktur abgeleitet wird (outside-in approach), kehrt sich aus Sicht des Resource Based View diese Kausalkette um: Die spezifische Ressourcenausstattung erm6glicht die Positionierung des Unternehmens im Markt (inside-out approach [vgl. z.B. MaPa92, 20; Vos02]). Aufgrund der zentralen Bedeutung der Ressourcen als Ursache fiberdurchschnittlicher Gewinne (anstelle der Branchenstruktur und der Position im Markt), wird diese Perspektive in Anlehnung an das industrie6konomische SCPParadigma auch als Resources-Conduct-Performance Paradigma bezeichnet [vgl. z.B. Rfih194, 42]. Abbildung 3-6 stellt beide Paradigmen gegent~ber.
@]
Branchenstrukmr
@1
Positioniemngsstrategie
]
Langfristige Rentabilit~it Market Based View
Langfristige Rentabilitgt
[@
T
[ Na~hhaltig,Wettbewerbsvorteil, ]
Nachhaltige Wettbewerbsvorteile ]
|
[
I
[ St~ategischeRessourcenentwicklung [ @
[
T
Unternehmensressourcen ] @ Resource Based View
Abbildung 3-6 Structure-Conduct-Performance und Resources-Conduct-Performance Paradigma [vgl. z.B. BaWr96, 132]
Zu den Prfimissen des Resource Based View gehOrt die Existenz von unvollkommenen Faktorm~irkten und unvollst~indiger Information bezt~glich der Umwelt sowie bezt~glich der organisationsinternen Verhfiltnisse [vgl. z.B. Frei01, 83-84]. Somit handeln Individuen unter der Annahme der begrenzten Rationalitgtt [vgl. Simo59]. Hieraus resultiert eine Ungleichverteilung bzw. Asymmetrie von Informationen, Wissen und F~ihigkeiten zwischen Individuen und folglich auch zwischen und innerhalb von Organisationen [vgl. z.B. Frei01, 84]. 37
37Barney argumentiert, dass aufgrund unvollstgndiger Information Akteure asymmetrische Erwartungen bezt~glich des Wertes einer Ressource haben k6nnen. Liegt der Nutzen der erworbenen Ressource ex post fiber den Anschaffungskosten, so entstehen lJberrenditen. Ihre Realisation wird durch treffendere Erwartungen auf Basis eines besseren Informationsstandes begt~nstigt oder tritt ex post durch pures Gliick ein [Bam86]. Dierickx/Cool weisen darauf hin, dass M~irkte f'tir strategische Ressourcen nicht existieren: Ressourcen k6nnen nicht erworben werden, sondem ihr Bestand (stock) muss durch eine Folge von Entscheidungen fiber die Zeit (/low) intern entwickelt bzw. akkumuliert werden [DiCo89]. 47
Aufgrund dieser Asymmetrie geht der Resource Based View von einer heterogenen
Verteilung der Ressourcen aus [Barn91, 101 ]. Da Untemehmen als Biindel von Ressourcen betrachtet werden [Penr59, 24; DiCo89, 1504], wird so ressourcenbedingt eine Heterogenit~.t bzw. Einzigartigkeit der Untemehmen als Grundlage von Wettbewerbsvorteilen begr~ndet [vgl. z.B. Mell03, 62-63]. Das dauerhafte Bestehen dieser Vorteile und der resultierenden l]berrenditen basiert auf der Unvollkommenheit der Mgrkte. Aufgrund dieser Argumentation mit der Annahme unvollstgndiger, asymmetrischer Information wird der Resource Based View eher der Neuen Instimtionen6konomik zugeordnet [vgl. z.B. RuSc+91, 25-29; MaPa92, 370; kritisch hierzu Frei01, 65-69], wohingegen der Market Based View, wie dargestellt, auf der klassischen Industrie6konomik basiert. 38 Aufbauend auf diesen Annahmen werden verschiedene, uneinheitliche Verst~ndnisse zum Ressourcenbegriff gebildet. In einer sehr allgemeinen Definition beschreibt Wernerfelt Ressourcen als 'anything which could be thought of as a strength or weak-
ness ofa givenfirm' [Wem84, 172]. Um die Relevanz von Ressourcen fur den Erfolg und die St~.rken eines Untemehmens zu betonen, definiert Barney Ressourcen als 'all
assets, capabilities, organizational processes, firm attributes, information, knowledge, etc. controlled by a firm that enable the firm to conceive of and implement strategies that improve its efficiency and effectiveness' [Bam91, 101 ].39 Ressourcen unterscheiden sich nach dieser Definition folglich von am Markt handelbaren Inputfaktoren dadurch, dass sie realisierbare Wettbewerbsvorteile generieren und untemehmensspezifisch sind. Um den Ressourcenbegriff weiter zu klassifizieren und zu operationalisieren, unterscheidet Barney physische Ressourcen, Humanressourcen und organisationale Ressourcen [Bam91, 101], sp~.ter zusfitzlich finanzielle [Barn97, 142]. Eine sehr fihnliche Unterscheidung in physische, intangible, finanzielle und organisationale Ressourcen treffen Bamberger/Wrona [BaWr96, 132]. Physische Ressourcen k6nnen beispielsweise spezielle Anlagen oder besondere Rohmaterialien sein. Intangible Ressourcen unterscheiden sich weiter in personenunabhiingige (z.B. Patente oder Reputation) sowie
38Aufgrund der pfadabh~ngigen Ressourcenentwicklung [TePi+97] und der Irreversibilitgtbestimmter Entscheidungen [Ghem91] wird der Resource Based View auch der Evolutions6konomik zugeordnet [Frei01, 80]. 39Der Ressourcenbegriffist in der Literatur zum Resource Based View uneinheitlich und teilweise verwirrend verwendet [Mell03, 58], ein einheitliches Verstgndnis hat sich nicht etabliert [Frei01, 11]. F~r eine ausf'tihrlicheDiskussion dieser und weiterer Definitionen vgl. [Frei01, 11-22]. 48
in personenabh(mgige (z.B. informelle Kontakte oder Kooperationskompetenz). Als organisationale Ressourcen gelten z.B. Informationssysteme, Organisationsstrukturen oder Untemehmenskultur. Finanzielle Ressourcen k6nnen durch Investitionen in andere Ressourcen tibergehen [vgl. z.B. BaWr96, 134]. 3.3.2 Methoden und Instrumente W/~hrend der Market Based View zur strategischen Analyse und Strategieformulierung tiber eine Ftille von Methoden und Instrumente verftigt (vgl. Abschnitt 3.2.2), wird der Entwicklungsstand des methodologischen Instrumentariums des Resource Based View noch als unzureichend und somit als ein Defizit des Ansatzes angesehen [vgl. z.B. Barn01,636-637]. Das noch frtihe Forschungsstadium einerseits und die gmndsfitzlichen Schwierigkeiten bei der Identifikation von Ressourcen anderseits sind wesentliche Ursachen hierf'tir. Ebenfalls erscheint der Versuch grunds~itzlich problematisch, eine generelle Methodik zur Formulierung von Strategien konkreten Inhalts zu finden, die die Einzigartigkeit der Unternehmung und ihrer Ressourcen als Schltissel zu langfristigem Erfolg betrachtet [Conn91, 144]. Im Folgenden werden deshalb Instrumentarien zur Identifizierung der Ressourcen untersucht und analog zu den Markteintrittsbarrieren (vgl. Abschnitt 3.2.2) Mechanismen beschrieben, welche nachhaltig die identifizierten Ressourcen schtitzen k6nnen. 4~ Um die Ressourcen einer Unternehmung zu identifizieren und zu nutzen, entwickelt Barney die so genannte VRIO-Methode, die vier verschiedene Kriterien und Merkmale von Ressourcen checklistenartig vorgibt [Barn91; Barn95; Barn96; Barn97]. Dabei wird tiberprtift, ob eine potenzielle Ressource wertvoll ftir das Unternehmen ist und eine nutzenstiftende Wirkung entfaltet. Weitere Kriterien sind die Knappheit, der Schutz vor Imitierbarkeit und geeignete Organisationsstrukturen zur Nutzung der Ressourcen: Wert (_y.alue): Zur Begrtindung eines Wettbewerbsvorteils muss eine Ressource zun~ichst einmal wertvoll ftir das Unternehmen sein. Als Wert einer Ressource versteht Barney die F~ihigkeit, Chancen der Umwelt nutzbar zu machen oder Risiken zu neutralisieren. Somit wird der Wert einer Ressource in Verbindung damit gebracht, ffir Kunden einen Nutzen am Markt zu stiften [Mell03, 66]. Dieser marktliche Aspekt als
40
Ftir erste Instrumentarienwie Ressourcen-Markt-Matrizenzur Analyse der St~irkenund Schw~ichen vgl. z.B. [HaPr95; Hint96; CaGo97; KrHo97]. 49
Voraussetzung eines Wettbewerbsvorteils verdeutlicht die Sichtweise des Resource Based View, ebenfalls den Markt explizit- wenn auch sekund/ir- zu berficksichtigen und weist auf die potenzielle Integration von Market und Resource Based View hin (vgl. Abschnitt 3.4).
Knappheit (.R.areness): Verftigen viele Untemehmen tiber eine bestimmte wertvolle Ressource, so kann aus dieser kein Wettbewerbsvorteil resultieren, da alle Untemehmen gleichermal3en zur deren Nutzung in der Lage sind. Wertvolle Ressourcen bzw. Kompetenzen, die zus/itzlich knapp bzw. einzigartig sind, erm6glichen hingegen eine Differenzierung von der Konkurrenz und ftihren zu Wettbewerbsvorteilen.
Imitierbarkeit (].mitability): Um die Nachhaltigkeit eines Wettbewerbsvorteils auf Basis der Ressourcenheterogenit/it zu konservieren, k6nnen so genannte Isolationsmechanismen Ressourcen vor Imitation oder Substitution schtitzen.
Organisation (.Organization): Sind diese ersten drei Kriterien erftillt, so begrtindet die jeweilige Ressource einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. Um diesen nutzen zu k6nnen, mtissen entsprechende Organisationsstrukturen, Prozesse und Managementsysteme des Untemehmens (Komplementiirressourcen) vorhanden sein. Damit Ressourcen erfolgreiche Strategien und nachhaltige Wettbewerbsvorteile sichem, zielen Untemehmen auf die Aufrechterhaltung der Ressourcenheterogenit/it ab. Hierzu dienen so genannte Isolationsmechanismen [Rumm84]. 4: Ein Isolationsmechanismus stellt eine Struktur dar, die Bestrebungen der Konkurrenz, Ressourcen zu akquirieren, zu imitieren oder zu substituieren, auf kurze Sicht scheitem l~isst und auf lange Sicht in ihrem Erfolg unsicher gestaltet [Frei01, 102]. 42 Da die Akquisition tiber M/irkte bereits durch die partielle Ressourcenimmobilit/it weitgehend eingeschr/inkt ist (vgl. Abschnitt 3.3.1), bauen Isolationsmechanismen insbesondere Hemmnisse auf, die Wettbewerber an einer kurzfristigen bzw. kostengtinstigen Imitation und Substitution yon Ressourcen hindern [MaPa92, 371]. In der Literatur wird eine Vielzahl yon Isolationsmechanismen diskutiert [vgl. z.B. Frei01, 105]. Typische Isolationsmechanismen nach Bamey entstehen durch den idiosynkratischen, historischen Kontext in Verbindung mit der Pfadabh/ingigkeit der Un-
41
Aufgrund der Analogie der Isolationsmechanismen als ressourcenorientiertes Pendant zu den Marktbarrieren des Market Based View wird hierf'tir teilweise auch der Begriff der Imitationsbarrieren verwendet [ReDe90; MaPa92, 371; Pete93, 183].
42F/Jr eine umfassende Analyse und Diskussion verschiedener Definitionen von Isolationsmechanismen vgl. z.B. [MaPa92; Frei01, 104-161]. 50
temehmensentwicklung, aufgrund kausaler Mehrdeutigkeiten, sozialer Komplexitgt sowie durch Verft~gungsrecht t~ber Patente [Barn97, 152-159]. Aufgrund der einzigartigen Entwicklung sind Unternehmen vor der Imitierbarkeit eines Vorteils gescht~tzt, weil Konkurrenten zur Imitation die gleichen Gegebenheiten der Umwelt ben6tigen, welche aber bereits vergangen sind [vgl. z.B. Mell03, 68-69]. Neben diesem historischen Kontext kann ebenfalls der gesamte Entwicklungsprozess einen Imitationsschutz gegeben. 43 Auch kausale Unklarheiten fiber den Zusammenhang zwischen den eingesetzten Ressourcen und dem Wettbewerbsvorteil gew/~hren lmitationsschutz [LiRu82]. Somit ist ftir Konkurrenten nicht klar, was wie zu imitieren ist. 44 Als soziale Komplexitfit wird die Schwierigkeit bei der Imitation bezeichnet, ein Geflecht miteinander verknt~pfter, interdependenter Ressourcen in seiner Gesamtheit zu imitieren [TePi+97, 510]. Entscheidend ist, dass hier notwendigerweise keine kausale Unklarheit bezt~glich der Beziehungen besteht, sondem vielmehr die M6glichkeiten planmggiger Erzeugung bzw. Imitation organisationaler Beziehungsgeflechte und ihr Management gugerst begrenzt ist [Gran91, 121 ]. Als weiterer typischer Isolationsmechanismus gelten Patente, die ebenfalls einen Wettbewerbsvorteile nachhaltig sichem k6nnen, falls sich dieser auf ein Patent s~tzt.
43Ftir eine kritisch Analyse zu Imitationsbarrieren f'tir Unternehmen der Intemet6konomie vgl. [Hein04]. 44Allerdings besteht diese Unklarheit zumeist auch ffir das Untemehmen selbst. Wenn innerhalb der Untemehmung keine Unklarheiten vorliegen, kann ein Wettbewerber das notwendige Wissen z.B. durch die Abwerbung von Wissenstr/igemerlangen [vgl. z.B. Barn91, 109-110; Mell03, 70]. 51
Langfristige Ubergewinne
T
Nachhaltige Wettbewerbsvorteil
Q
Nachhaltigkeit
Aneignungsf'dhigkeit
~ Transferierbarkeit k / Imitierbarkeit -q......, \ Substituierbarkeit'l I~ ~ / historischenKontext~ \ PfadabNingigkeit~ ~ ~ kausaleMehrdeutigkeiten---]~ \ sozialeKomplexit~it--'l~ \/ Verf'tigungsrecht~'~ . " ePatente ~ werbsvorteii
(~
L Organisation
Wertvolleund l~appe Ressourcen Ressourcenheterogenit~it und (partielle)-immobilit~it
Annahme:
Abbildung 3-7 Isolationsmechanismen und VRIO-Konzept des Resource Based View (in Anlehnung an [BaWr96, 136])
3.3.3 Zusammenfassung und Bewertung Der Resource Based View lenkt, als sich das Strategische Management im Wesentlichen mit der Analyse der Umwelt und der Positionierung in M~irkten besch~iftigt, den Blick zur0ck in die einzelne Unternehmung [HoHi+99, 418-419]. Hierdurch werden Forschung und Praxis mit einer Ftille neuer Erkenntnissen bereichert [ROh194, 54]. Wesentlicher Beitrag zur Theorie des Strategischen Managements ist das erzielte Verst~indnis der Ursachen nachhaltiger Wettbewerbsvorteile und unterschiedlicher Unternehmenserfolge. Von der idiosynkratischen Ressourcenbasis heterogener Unternehmen ausgehend, wird erkl~irbar, warum durch Ressourcenasymmetrien dauerhaft Wettbewerbsvorteile und nachhaltige Performanceunterschiede bestehen k6nnen. Dies f0hrt zu einer differenzierten Sicht auf untemehmensinterne Faktoren.
52
Der Wandel der Perspektive wird auch durch einige empirische Untersuchungen ges~tzt, die die Existenz von Unternehmenseffekten und somit die Notwendigkeit deren Be~cksichtigung nachweisen [vgl. z.B. WeMo88; HaWe89]. Die dem Resource Based View zugrunde liegenden Annahmen der Ressourcenasymmetrie sowie der Unternehmensheterogenitgt gelten als realitgtsngher als die Sichtweise des Market Based View, Unternehmen als quasi-homogene Einheiten zu betrachten [vgl. RuSc+91, 1314]. Auch in der Praxis verbreiten sich diese Impulse durch eine Reihe anwendungsorientierter Ver6ffentlichungen [vgl. z.B. PrHa90; HaPr94]. Trotz bestehender Probleme mit der Operationalisierung liefert der Resource Based View eine argumentative Basis ffir die R0ckbesinnung auf unternehmensspezifische St~irken bzw. die Fokussierung des Unternehmens auf seine Kernkompetenzen [PrHa90]. Kritik an dem Forschungsansatz entsteht an den teilweise erheblichen terminologischen Inkonsistenten bei essenziellen Begriffen wie Ressource oder Fghigkeit [Frei01, 11 ]. Inhaltlich wird die Konsistenz der Argumentationsf'tihrung vereinzelt kritisiert. In seiner Zirkulationsthese [Port91; Port94] argumentiert Porter, dass Ressourcen nach dem Resource Based View zu Wettbewerbsvorteilen ftihren, die sich in der Wettbewerbsstruktur niederschlagen. Der Wettbewerb bestimmt aber erst den Wert einer Ressource, so dass sich die Argumentation daher im Kreis dreht. 45 Als gr613eres Defizit gilt allerdings allgemein die unzureichende empirische Validierung von Hypothesen und Aussagen des Ansatzes [Barn01, 636]. Die Beitr~.ge des Resource Based View sind t~berwiegend rein konzeptioneller Art, empirische Arbeiten sind eher selten. 46 Da Wettbewerbsvorteile auf einzigartigen Ressourcen und Strategien basieren, werden zwar vereinfachende Verallgemeinerungen vermieden, allerdings k6nnen nun kaum far die Praxis relevante einzelfallunabhgmgige Aussagen zum Strategieinhalt getroffen werden [Conn91,144]. 47 Die Konstrukte des Resource Based View sind noch zu unbestimmt, um konkrete Gestaltungsempfehlungen zu erm6glichen. Die Schwierigkeiten
45Zur Diskussion der Zirkulationstheseund zur Relativierungbzw. Ablehnung vgl. [Frei01, 46-49]. 46Ftir empirische Arbeiten zum Resource Based View [vgl. z.B. Hall92; HeCo94; MaWi96; RoDa99; Mell03], for eine Obersicht vgl. z.B. [Knyp93, 778]. 47In diesem Sinn formulieren Teece/Pisano/Shuen ,,There is no algorithm for creating wealth for the entire industry" [TePi+97, 528]. 53
bei der Ableimng von Strategien drticken sich auch durch nicht ausreichende Analysebzw. Formulierungsinstrumente aus. Dies liegt zum einen an der Komplexit~it des Ansatzes, vor allem aber an dem grunds~itzlichen Problem, das Objekt der Analyse und Gestaltung- die sozial komplexen, kausal mehrdeutigen Ressourcen- zu identifizieren und einer Messung und Operationalisierung zu erm6glichen [HoHi+99, 442-447]. Obwohl die Perspektive des Resource Based View auch Beziige zum Markt aufweist und integratives Potenzial besitzt, liegt der Fokus dennoch eindeutig auf der Betrachtung der Unternehmen und ihren spezifischen, internen Ressourcen. Aus diesem Grund kann von einer ausgewogenen und integrierten Sichtweise nicht gesprochen werden. Die Komplexit~it von M~irkten und Branchen wird durch den Resource Based View kaum berticksichtigt. Somit ist also auch die Perspektive dieses Ansatzes als tendenziell einseitig zu bezeichnen [vgl. z.B. Rtihl00, 78; Frei01,49-50]. Die Abl6sung des Market Based View durch den Resource Based View birgt also die
Gefahr, Einseitigkeit durch Einseitigkeit zu ersetzen [Frei00, 11-12]. Vielmehr sollte die differenzierte Sicht der unternehmensinternen und -externen Aspekte der strategischen Untemehmensft~hrung als Ausgangspunkt genommen werden, zu priifen, inwiefern eine Synthese der beiden Ans~itze m6glich ist. Im folgenden Abschnitt 3.4 wird deshalb der Versuch unternommen, durch die Integration der beiden Konzepte ein leistungsfahiges Framework zu entwickeln. 3.4
Integration der Ans~itze
Die Analyse von Market und Resource Based View in den beiden vorausgegangenen Abschnitten 3.2 und 3.3 stellt jeweils die Pr~imissen, den m6glichen Nutzen und die bestehenden Defizite dieser Konzepte dar. Aufgrund der identifizierten Komplementarit~it der Ans~itze erscheint eine Integration viel versprechend. Hierzu werden im ersten Schritt die Motivation und die Potenziale untersucht (vgl. Abschnitt 3.4.1). Notwendigerweise ist ebenfalls die Pr~imissenkonsistenz der scheinbar kontradiktion~iren Ans~itze zu tiberprtifen (vgl. Abschnitt 3.4.2). Die Gestaltung eines synthetischen Framework des Strategischen Managements zur Konzipierung und Modellierung von Gesch~iftsmodellen erfolgt in Abschnitt 3.4.3. Neben den beiden Ans~itzen werden hierbei ebenfalls die Ergebnisse der Gesch~iftsmodelldiskussion aus Kapitel 2 berticksichtigt.
54
3.4.1 Motivation und Potenziale Die Bewertung der beiden Ansgtze (vgl. Abschnitte 3.2.3 und 3.3.3) zeigt, dass die jeweils einseitige Sichtweise ein gemeinsames Defizit darstellt. Keine der beiden Perspektiven gilt ft~r sich genommen als umfassend genug, den Anforderungen an eine umfassende strategische Untemehmensft~hrung zu gentigen. So vemachl~ssigt der Market Based View untemehmensinterne Faktoren und berficksichtigt die Strategieimplementierung nur unzureichend. Der Resource Based View hingegen weist Defizite bei der Konkretisierung und Operationalisierung der Gestaltungsempfehlungen sowie bezt~glich der empirischen Validierung auf. Beide Ans~itze vermitteln eine reduzierte Sicht ftir das Verst~.ndnis und die Erkl~irung strategischen Handelns von Unternehmungen, so dass ihr Wert a p r i o r i limitiert ist [Rt~hl00, 79]. Eine Integration der markt- und der unternehmensorientierten Sichtweise hingegen verspricht eine umfassende, ganzheitliche und ausgewogene Perspektive des Strategischen Managements [Co1191, 65]. 48 Sie erm6glicht eine Betrachtung heterogener Unternehmen mit ihren idiosynkratischen Ressourcen in ihrem jeweiligen Markt- bzw. Wettbewerbskontext. Denn E r f o l g s p o t e n z i a l e ... kOnnen e x t e r n e r wie interner N a t u r sein [BaWr96, 146] und ergeben sich z u m einen aus d e r Wahl attraktiver B r a n c h e n und z u m a n d e r e n aus wertvollen R e s s o u r c e n [vgl. z.B. Mell03, 56-57].
Die Synthese der beiden Theoriestr6mungen verheil3t somit eine teilweise Beseitigung ihrer individuellen M~ingel. Daher k6nnen die St~irken des Resource Based View (z.B. die Strategieformulierung und die unternehmensspezifische Strategiefindung) mit den St~irken des Market Based View (z.B. die leismngsf~.higen Analyse- und Gestaltungsinstrumente) kombiniert und so die Schwgchen zum Teil gegenseitig kompensiert werden. Diese Vorteile mt~ssen sich daran messen lassen, ob die aktuellen Ver~nderungen des Wettbewerbsumfelds und der Unternehmensstruktur im Rahmen der Internet6konomie (vgl. Abschnitt 2.2.1) ausreichend Beracksichtigung finden. 3.4.2 Voraussetzungen und Pr~missen Um die Potenziale einer Integration von Market und Resource Based View zu erschliegen, ist die Prgmissenkonsistenz beider Ansfitze sicherzustellen. Wie dargestellt, fuf3t der Market Based View hierbei auf Ans~.tzen der IndustrieOkonomik, wohingegen
zur Integration der zu vgl. [Knyp95, 33].
48 Erste Ans/~tze
beiden Konzepte
untemehmen bspw. [RuSc+94] - zur Kritik hier-
55
der Resource Based View an die Neue Institutionen6konomik anknt~pft [vgl. z.B. Frei01, 68]. Ein Vergleich der Annahmen zeigt mOgliche Widersp~che: So basiert der Resource Based View auf den Pr~imissen von unvollst~indiger Information, Unsicherheit und von unvollkommenen Faktorm/~rkten. Diese bedingen heterogene Unternehmen mit idiosynkratischen, im Laufe der Zeit akkumulierten Ressourcen als Basis von Wettbewerbsvorteilen und unterschiedlicher Performance (vgl. Abschnitt 3.3.1). Der Market Based View dagegen geht von weitgehend homogenen Unternehmen aus. Diese erzielen eine unterschiedliche Performance aufgrund der Wahl ihrer Branchen, ihrer Positionierung und ihrer F~ihigkeit, sich gegen Wettbewerbskr/ifte zu scht~tzen (vgl. Abschnitt 3.2.1). Diese scheinbar bestehenden Widersprtiche werden jedoch bei genauerer Betrachtung beider Ans~itze relativiert. 49 So sieht Porter als Vertreter des Market Based View z.B. unvollkommene M~irkte oder heterogene Wirtschaftssubjekte als Grund ft~r die Erzielung unterschiedlicher Branchenrenditen, was der Homogenit/~tsannahme der Industrie6konomik widerspricht [Port91, 107] - Knyphausen belegt die Unternehmensheterogenitat im Market Based View umfassend [Knyp93, 781-785]. Zudem nehmen Vertreter des Market Based View v o n d e r Annahme Abstand, dass Strategien generischer Natur sind [vgl. Port96]. Somit n/ihem sie sich der Idiosynkrasie-Annahme des Resource Based View ein Stack weit an [Mel103, 56-57]. Ebenfalls beinhaltet der Resource Based View direkte Ankniipfungspunkte an den Market Based View. 5~ Diese spiegeln sich durch den expliziten Marktbezug bei der
(Value) wider (vgl. Abschnitt 3.3.2). ,~hnliches gilt ft~r die (Rareness) und ft~r den Schutz vor Imitierbarkeit (Imitability) von Ressour-
Bewertung von Ressourcen Knappheit
cen: beides wird relativ zu den Wettbewerbern im Markt bestimmt [Foss97, 11 ]. Darfiber hinaus k6nnen Merkmale der Branchenstruktur (z.B. Markteintrittsbarrieren) durch die
Ressourcenausstattung der Mitglieder der Branche bestimmt und durch ihr
entsprechendes Verhalten im Zeitablauf ver/indert werden [BaWr96, 146].
49Parallelit~iten und Komplementarit~itenbeider Ans~itze beztiglich der theoretischen Fundierung identifizieren auch z.B. [Knyp93; BaWr96, 147]. FUr eine wissenschafistheoretischeGegenfiberstellung beider Ans~itze vgl. [OsGr95]. 5oObwohl teilweise als Gegenentwurf zum Market Based View betrachtet, weisen Vertreter des Resource Based View zumindest zu Beginn seiner Entwicklung auf die Komplementarit~itder Konzepte hin [vgl. z.B. Barn91, 106; HeCo94, 63]. 56
Somit weisen beide Ansgtze mit dem Konzept der unvollkommenen Miirkte direkte Gemeinsamkeiten bezt~glich ihrer Annahmen und Prgmissen auf. Die Beurteilung der Attraktivit~it der Mgrkte aus der individuellen Sicht einer Unternehmung hgngt von den Fahigkeiten ab, tiber welche sie verft~gt [R0h194, 49]. Durch die Analyse der Merkmale von Branchen und Mgrkten liefert der Market Based View umgekehrt die Grundlage zur Identifikation der wettbewerbsrelevanten Ressourcen [BaWr96, 147]. Bamberger/Wrona schlief3en somit, dass sich in Bezug auf die theoretische Fundierung der Erkl~irung und Gestaltung von Erfolgspotenzialen Ressourcenansatz und Industrie6konomik wechselseitig erg~inzen [BaWr96, 147]. 51 3.4.3
Gestaltung des Framework
Die Analyse der Potenziale und der Vergleich der Pr~imissen von Market und Resource Based View unterstt~tzen ein integratives Konzept. Veranderungen im Unternehmensumfeld wie der rapide technologische Wandel und die st~irkere Vemetzung zwischen Organisationen 6ffnen im Rahmen der Intemet6konomie die Grenzen zwischen Markt und Untemehmen verwischen somit den Fokus der beiden Ansfitze: Folglich werden sowohl die Wettbewerbsanalyse als auch die Analyse strategischer Ressourcen und die Positionierung deutlich komplexer [BiBi+02, 2]. Unternehmen reagieren auf diese Veranderungen mit neuen Koordinations- und Organisationsformen wie hybride Untemehmensnetzwerke oder Kooperationsformen mit vernetzten Prozessen und WertschOpfungsketten. Folglich erscheint weder der Markt noch die Unternehmung als Analyse- und Handlungseinheit ad~iquat [BiBi+02, 2]. Um diesen Aspekten der veranderten Erfolgsvorrausetzungen f'tir Untemehmen zu gentigen [Rt~hl00, 80; Wirt01, 142], werden for die Gestaltung von Gesch~iftsmodellenwie in Kapitel 2 dargestellt - d a s Wertsch6pfungskettenkonzept zur Strukturierung von innovativen Untemehmen sowie Aspekte der Strategischen Netzwerke zur Betrachtung der Untemehmensstruktur und Organisation der Leistungserstellung beracksichtigt, s2 Die Wertsch6pfungskette gliedert eine Untemehmung in strategisch relevante T~itigkeiten [Port85, 33], um Kostenvorteile oder Differenzierungsquellen zu verstehen (vgl. Abschnitt 3.2.2). Hierzu gibt der Ansatz insgesamt neun Aktivit~iten vor, die innerhalb
sl Zu ~ihnlicherAuffassung kommen ebenfalls beispielsweise [ZaFo+00, 51; Frei01, 11; Mell03, 56]. 52Einen ersten Ansatz f'tir die Integration von Market und Resource Based View sowie der Wertsch6pfungsaktivit~iten liefert Porter [Port91, 97], ohne strategische Netzwerke gesondert zu bert~cksichtigen. Ffir eine theoretische Auseinandersetzung Integrative Konzepte bei der Geschtiftsmodellformulierung verfolgen auch [AmZo01; ChRo02]. 57
eines Untemehmens ausgefiihrt werden und die den Prozess der Leistungserstellung als einen vertikalen Schnitt abbilden [WeAl01, 225]. Aktivitgten werden in prim/~re und sekund/~re T/~tigkeiten unterteilt: Prim/~re beschreiben die physische Herstellung des Produkts, dessen Verkauf und 0bermittlung an die Abnehmer sowie den Kundendienst. Sekund/~re Aktivit/~ten unters~tzen die prim/~ren Aktivitgten entlang der Wertsch6pfungskette. Die Gewinnspanne ergibt sich aus den Erl6sen und Kosten der gesamten Aktivit/~ten eines Untemehmens. Die Wertsch6pfungskette bietet somit eine generische Struktur, die far reale Unternehmen spezifisch angepasst wird. Da die Wertkette eines Untemehmens in ein System der Wertketten von Lieferanten und Kunden eingebunden ist, kann der Ansatz ebenfalls zur Strukturierung von Industrien genutzt werden (vgl. Abbildung 3-8). Untemehmensinfrastruktur Personalwirtschaft Beschaffung Forschung und Entwicklung
Sekund~ire Aktivit/~ten Wertkette
Prim~re Aktivit~ten Wertsystem
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Ein~angslogi~:tik
Marketing &I AusgangsOperation Vertrieb logistik
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Lieferantenwertkette
Wertkette des Untemehmens
Kunden- . . ~ ~ x ~ 9
Wertketteder AbnehmerVertriebskan/~le , 4 [ wertketten
Abbildung 3-8 Wertsch6pfungskette und Wertesystem [Port85, 35-37]
Die Konfiguration der Wertsch6pfungskette und Wahl der Aktivit/~ten kennzeichnet das Ausmag und die Art der Integration und Diversifikation eines Untemehmens. A1temativ zur eigenst/~ndigen Durchfiihrung aller Aktivit/~ten k6nnen Untemehmen
Netzwerke bilden und so kooperativ Leistungen am Markt anbieten. Untemehmensnetzwerke stellen hybride Organisationsformen zwischen rechtlich selbst/~ndigen Untemehmen dar, bei denen die Kooperationspartner verschiedene Teilleistungen erbringen. Der Kooperationsgrad und die gegenseitige Einbeziehung der Netzwerkteilnehmer sind deutlich h6her als bei traditionellen Lieferanten/- Kundenbeziehungen [vgl. z.B. PiRe+01, 288-291]. Als typische Vorteile von Untemehmensnetzwerken gelten die Ausnutzung von Skalen- und Verbundeffekten oder die Nutzung komplementgrer Ressourcen und Kompetenzen (Spezialisierungseffekte). Nachteile k6nnen durch opportunistisches Verhalten von Netzwerkpartnem, durch im Laufe der Zeit entstehende 58
Zielkonflikte innerhalb der Kooperation und durch die hohen gegenseitigen Abh~ngigkeiten der Netzwerkpartner entstehen [vgl. z.B. PiDi97, 8]. Die Synthese von Market und Resource Based View, des Wertsch0pfungskettenansatzes und der Aspekte der Strategischen Netzwerke kann nun in einem dreistufigen, eklektischen Framework zur Gestaltung und Konzipierung von Gesch~iftsmodellen erfolgen: Ftir die Anwendung sieht hierzu die Mechanik des Framework als ersten Schritt die Identifikation der Aktivit~iten innerhalb einer Branche entlang der Wertsch6pfungskette vor. Basierend hierauf werden marktliches Umfeld sowie die Dr das Gesch~ftskonzept erforderlichen und verftigbaren Ressourcen analysiert. Die Konfiguration der Unternehmensgrenzen und des Beziehungsnetzwerks erfolgt im dritten Schritt. Abbildung 3-9 stellt das vorgeschlagene Framework dar.
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Resource Based View - unternehmensspezifische Merkmale der Wettbewerbsfahigkeit - Ressourcen-Aus/-Aufbaustrategien - Isolationsmechanismen
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Wertsch6ptungs~ kette
Market Based View - brachenspezifische Merkmale der Wettbewerbsfiihigkeit - Branchen- Positionierungsstrategien - Markteintrittsbarrieren
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Abbildung 3-9 Framework des Strategischen Managements zur Konzipierung und Modellierung von Gesch[iftsmodellen, vgl. [SaWe05a]
Der Wertsch6pfungskettenansatz | erm6glicht die Gliederung eines Unternehmens in strategisch relevante Aktivit~,ten, durch deren Analyse Ursachen von Wettbewerbsvorteilen identifiziert werden. Das Wertkettensystem strukturiert ebenfalls die Aktivit~ten einer gesamten Branche. Ftir die Gesch~ftsmodellkonzeption erm6glicht der Ansatz die Systematisierung von Unternehmen anhand der Aktivit~iten (-Kombinationen) [vgl. z.B. Rapp99; f'tir E-Learning z.B. Keat02; ToSt+03; HoBr04]. Die Methoden des Market Based View k6nnen im zweiten Schritt der Gesch~ftsmodellkonzeption |
zur Analyse der Branche und Gestaltung der Marktpositionierung
genutzt werden. Wesentliche Faktoren der Industrie- bzw. Branchenstruktur sind durch 59
Porters Five-Forces Modell zusammengefasst- for eine Anwendung auf den ELearning Markt vgl. [Hage02, 100-137]. Als Ergebnis der Analyse werden die Chancen und Bedrohungen des Markts identifiziert, um so generische Strategien zum Aufbau der Marktpositionierung zu entwickeln. Zur Sicherung der Nachhaltigkeit einer angestrebten Wettbewerbsposition werden die Mechanismen zur Errichtung von Markteintrittsbarrieren genutzt. Aus Sicht des Resource Based View hingegen werden die eigenen Ressourcen und Kompetenzen des Untemehmens identifiziert und strukturiert (z.B. VRIO-Ansatz). Auf Basis dieser Analyse wird eine Strategie entwickelt, welche die St/irken und Schw/~chen eines Untemehmens relativ zu den extemen Gegebenheiten ausnutzt, erweitert oder Ressourcendefizite beseitigt. Korrespondierend zu Markteintrittsbarrieren im Market Based View schiitzen und kreieren Isolationsmechanismen untemehmensspezifische Ressourcen. Die Methoden des Market Based View leisten folglich haupts/ichlich Analyse- und Gestaltungsaufgaben auf der Marktseite, die des Resource Based View auf Seite der Untemehmensressourcen. Beide treffen sich in den Prozessen und der Organisation des Untemehmens und beziehen die Ergebnisse des jeweils anderen Konzepts mit ein. Die Konfiguration der Untemehmensgrenzen und des Beziehungsnetzwerks |
stellt
den dritten Schritt dar. Die Gestaltung der Untemehmensgrenzen, der Kooperationen und Allianzen erfolgt im Rahmen der Netzwerkorganisation, basierend auf der Analyse der Untemehmensressourcen und Komplement~irkompetenzen sowie der marktlichen Umwelt [Gula98; PiRe+01, 291 ]. Untemehmensnetzwerke werden auch von Vertretem des Market und Resource Based View betrachtet [vgl. z.B. DySi98], beide Ans~itze k6nnen letztlich aber nicht die Untemehmensgrenzen determinieren. Die Gesch/~ftsmodelldiskussion zeigt aber die besondere Bedeutung der Netzwerke, so dass
Strategische Netzwerke explizit im Framework berficksichtigt werden. Dadurch k6nhen ebenfalls emergente, z.B. nicht durch die prim/iren Aktivitfiten der Wertsch6pfungskette vertretene Organisationen (z.B. Intermedi/ire oder sich bildende M/~rkte) in diesem Rahmen untersucht werden [StFj98, 429; KnMe02, 69-76]. Das iterative Durchlaufen der Analysestufen erm6glicht die Konzipierung einer geeigneten Strategie, die marktliches Umfeld, untemehmerische Ressourcen und die Wahl der Kooperationspartner berticksichtigt. Durch die Kombination der Ans/itze werden sowohl ressourcen- als auch marktorientierte Aspekte bei der Strategiefindung berticksichtigt. 60
Somit erscheint der Ansatz den neuen Anforderungen der Internet6konomie an die Strategiefindung wie Netzwerkbildung, Fokussierung auf Unternehmenskompetenzen sowie die Ausdehnung des Marktfokus zu gentigen. Das durch das Framework identifizierte Gesch~iflsmodell kann folglich als relevante Analyse- und Handlungseinheit der Strategieformulierung fiir die Internet6konomie angesehen werden [St~ih01]. Es erm6glicht dabei die Konzipierung von Gesch~iflsmodellen und den Einsatz etablierter Methoden zur Bewertung und Modellierung von Unternehmen [SaWe05a].
3.5 Zusammenfassung Ver~inderungen in der unternehmerischen Praxis und Erweiterungen des theoretischen Bezugsrahmens prfigen die Entwicklung des Strategischen Managements. Steigende lnnovationsraten, schnellere Diffusion von Technologien, ein gefindertes Wettbewerbsumfeld [HiBe95] oder beispielsweise erodierende Grenzen zwischen Markt und Unternehmen vedindern die Erfolgsvorrausetzungen J'~r Unternehmen und stellen neue Anforderungen an das Strategische Management. Ziel dieses Kapitels ist, ein Framework basierend auf den Erkenntnissen des Strategischen Managements zu entwickeln, welches bei der Konzipierung und Modellierung von Gesch~iftsmodellen den Anforderungen der Internet6konomie entspricht. Hierzu werden die relevanten Grundlagen des Strategischen Managements in Abschnitt 3.1 dargestellt. Seine Entwicklung zu einer betriebswirtschaftlichen Teildisziplin wird dabei gepdigt einerseits durch den hohen Praxisbezug und anderseits durch die 0ffnung zu Konzepten der Industrie6konomie und der Neuen Institutionen6konomik. Als Basis fiir das Framework werden der Market und der Resource Based View als etablierte Ans~itze des Strategischen Managements untersucht. Gem~il3 der Perspektive des Market Based View (vgl. Abschnitt 3.2) ist der Erfolg einer Unternehmung aufbauend auf der Industrie6konomie im Wesentlichen durch die Branchenattraktivit~it und die relative Position des Unternehmens determiniert [Port80]. Umfassende Instrumente zur Branchenanalyse und zur Strategieformulierung fiihren zu einer guten Operationalisierbarkeit dieses Ansatzes. Dieses spiegelt sich auch in hoher Akzeptanz in der unternehmerischen Praxis und guten empirischen l]berprfifbarkeit wider. Die Betrachtung zeigt allerdings auch, dass aufgrund der Marktfokussierung des Ansatzes wesentliche, unternehmensrelevante Aspekte bei der Erkl~irung der Erfolgsursachen und der Gestaltung von erfolgversprechenden Strategien nicht beachtet werden.
61
Als komplement~irer Ansatz hierzu fokussiert der Resource Based View (Abschnitt 3.3) auf Unternehmen als zentrale Gr6Be des Strategischen Managements. Als Ursache fiir nachhaltige Wettbewerbsvorteile und unterschiedliche Unternehmenserfolge wird eine idiosynkratische Ressourcenbasis beispielsweise durch verschiedene F~ihigkeiten oder Kompetenzen identifiziert. Diese werden entspreehend den Annahmen der Neuen Institutionen6konomik zurtickgeftihrt auf Informationsasymmetrien, unvollkommene M~irkte und Individuen mit begrenzter Rationalit~it. Durch den Ressourcenansatz wandelt sich die Perspektive des Strategischen Managements und tr~igt zu einem umfassenderen Verst~indnis bei. Wechselwirkungen zwischen einer Branche und der Unternehmensstrategie werden durch den Resource Based View allerdings kaum beracksichtigt. Um eine differenzierte Sicht von unternehmensinternen und -externen Aspekten im Strategischen Management zu beriicksichtigen, erfolgt einer Integration beider Konzepte in einem Framework zur Gesch~iftsmodellkonzipierung (Abschnitt 3.4). Aufgrund des ver~inderten Unternehmensumfelds mit st~irkerer Vernetzung zwischen Organisationen und verschwimmenden Grenzen zwischen Markt und Unternehmen werden dabei ebenfalls der Wertsch6pfungskettenansatz sowie Strategische Netzwerke berficksichtigt. Folglich erscheint der Ansatz fiir die umfassende Planung, Bewertung und Modellierung von jungen Unternehmen geeignet [SaWe05a]. Zudem k6nnen etablierte Methoden des Strategischen Managements eingesetzt und empirisch validierte Ergebnisse auf innovative Gesch~iftsmodelle tibertragen werden. Aufgrund der Ergebnisse dieses Kapitels k6nnen im Folgenden Gesch~iftsmodelle for E-Learning Anbieter strukturiert analysiert und bewertet werden. Das Framework bietet dabei ein methodisch fundiertes Vorgehensmodell und berficksichtigt die relevanten inhaltlichen Aspekte bei der Formulierung einer Unternehmensstrategie.
62
4 Unternehmensmodell eines E-Learning Content Anbieters Auf Basis der Analyse bestehender E-Learning Gesch~iftsmodelle (Kapitel 2) und der Erkenntnisse des Strategischen Managements (Kapitel 3) ist es m6glich, ein formales Modell eines E-Learning Unternehmens zu entwerfen. Ein derartiges Gesch~iftsmodell tr~igt durch die Simulation verschiedener Szenarien wesentlich zum strategischen Planungs- und Entscheidungsprozess bei [Magr02, 90]. Da ein solches, m6glichst realit~itsnahes Simulationsmodell, bedingt durch die Komplexit~it strategischer Entscheidungen [Mint94, 37; Mag95, 20], ebenfalls relativ komplex und umfangreich ist, muss ein ad~iquater methodischer Ansatz identifiziert werden, der sowohl die Problemcharakteristika als auch die Ziele der Untersuchung ausreichend beracksichtigt [Mi1174, 55]. Hierzu erscheint die Methode System Dynamics geeignet, welche im folgenden Abschnitt 4.1 er6rtert wird. Die Darstellung des eigentlichen Simulationsmodells erfolgt in Abschnitt 4.2, Abschnitt 4.3. fasst die Ergebnisse dieses Kapitels zusammen.
4.1 Simulationsmethode System Dynamics Die Methode System Dynamics unterstiitzt die fundierte Erstellung und Evaluierung eines formalen Unternehmensmodells ftir einen E-Learning Content Anbieter. Unternehmensmodelle sind typischerweise gekennzeichnet von einer Vielzahl interdependenter Variablen und von einem dynamischen, nicht-linearen Verhalten. Der System Dynamics Ansatz beracksichtigt diese Aspekte [Mi1174, 53-57]. Zur eingehenden Erl~iuterung sowie zur Motivation dieser gew~ihlten Methode werden ihr historischer Ursprung, die typischen Anwendungsbereiche und ihre generellen Prinzipien in Abschnitt 4.1.1 dargestellt. Die kritische Bewermng und Diskussion der Grenzen von System Dynamics erfolgt in Abschnitt 4.1.2. Ein grundlegendes Vorgehensmodell zur Anwendung des Ansatzes sowie wesentliche Konstrukte und Werkzeuge werden in Abschnitt 4.1.3 dargelegt. 4.1.1 Grundlagen des System Dynamics Ansatzes System Dynamics wird von Jay W. Forrester und seinen Kollegen an der Sloan School
of Management am MIT Mitte der ftinfziger Jahre entwickelt [Forr68a, 398]. Urspr0nglich als Industrial Dynamics bezeichnet [Forr61], etabliert sich System Dynamics als eine computerbasierte Simulationsmethode zur Analyse komplexer, nichtlinearer Systeme im betriebswirtschaftlichen Bereich [KoKr79, 725]. Ein wesentliches Ziel von System Dynamics besteht darin, den Erfolg einer Unternehmung durch die 63
Analyse von Informationsrtickkopplungen (information feedback) innerhalb organisationaler Strukturen bei zeitlichen Verz6gerungen (time delays) in Entscheidungen und in Handlungen zu erkl/~ren [Forr61, 16]. Zur Analyse der Informationsrtickkopplungen tibertr/~gt Forrester Prinzipien der Kybemetik sowie der Kontroll- und Systemtheorie [vgl. z.B. Wien48; Bert68] auf soziale Systeme und stellt industrielle Organisationen als ein System von Regelkreisen aus Informations-, Material- und Finanzstr6men formal in Differenzen- und Differenzialgleichungen dar [Forr61, 13]. Zentrales Konstrukt dabei sind geschlossene Regelkreise (feedback loops). Ein geschlossener Regelkreis bzw. ein System von geschlossenen Regelkreisen tritt auf, wenn eine Entscheidung, die unter Einfluss der Informationen eines gegebenen Systemzustandes getroffen wird, eine Aktion ausl6st, welche wiederum den Systemzustand ver~indert [Forr58, 39]. 53 Der Entscheidungsbegriff ist dabei sehr allgemein gefasst und beinhaltet sowohl bewusste, unbewusste und automatisierte Entscheidungen als auch z.B. biologische Prozesse [Mi1174, 60]. Forrester motiviert sein Vorgehen damit, dass Methoden des Operations Research zur L6sung von realen Problemen der Unternehmensfftihrung h~iufig nicht geeignet erscheinen, da hierbei unter anderem der Einfluss der Aktionen zur Erzielung der (ORoptimalen) L6sung eines Problems nicht beracksichtigt w i r d - also traditionelle ORMethoden in der Terminologie Forresters nur offene Feedbackstrukmren abbilden [Forr68a, 398]. 54 Weiter erm6glicht der System Dynamics Ansatz, nur schwer quantifizierbare Wirkungsbeziehungen sowie komplexe und nicht-lineare Abhgngigkeiten zu be~cksichtigen [Jost90, 59]. Ursprfinglich im formal betriebswirtschaftlichen Umfeld konzipiert, bildet sich System Dynamics schrittweise zu einer Methode heraus, welche zur Analyse von sozialen, 6konomischen, biologischen und auch 6kologischen Systemen eingesetzt wird. Hierzu werden Prgsentations-, Modellierungs- und Simulationswerkzeuge erforscht und hervorgebracht (vgl. Abschnitt 4.1.3). Mit der Weiterentwicklung des ursp~nglichen Ansatzes werden so auch zahlreiche nicht-betriebswirtschaftliche Modelle gebildet; zu den bekanntesten Arbeiten z~ihlen das Urban Dynamics Modell, welches den Aufschwung und Niedergang verschiedener amerikanischer Stgdte erklgrt [Forr69] und das auf Initiative des Club of Rome ent53A feedback control system exists whenever the environment causes a decision which in turn affects the original decision [Forr58, 39]. 54Weitere wesentliche Kritikpunkte an den Methoden des OR nach Forrester sind die ausschliegliche Berficksichtigung linearer Probleme sowie die fehlende ganzheitliche Betrachtung von Untemehmen bzw. Systemen. 64
standene World Dynamics Modell zur Analyse einer nachhaltigen 6konomischen und (Skologischen Entwicklung bis zum Jahr 2100 [Forr71; MeMe72; MeMe+74]. 55 Betriebswirtschaftliche System Dynamics Modelle werden im Rahmen der Strategischen Planung zur Meinungsbildung, Annahmenanalyse und Deduktion von Konsequenzen unternehmerischer Entscheidungen instrumentalisiert. Typischerweise werden hierzu Unternehmenssimulationen ffir produzierende Unternehmen modelliert und bestimmte Fragestellungen wie z.B. Wachstumsstrategien junger Unternehmen, der Einfluss von technologischen Innovationen, bestimmte Marktentwicklungen oder verschiedene Unternehmenspolitiken analysiert [vgl. z.B. Zahn71; More84; Lyne99; Warr03]. Ressourcen im Sinne des Resource Based View werden explizit von Morecroft/Sanchez/Heene, Korten, Zott oder Salge/Milling betrachtet [MoSa+01; Kort02; Zott03; SaMi04], wohingegen z.B. Sterman oder Sch6neborn zahlreiche Market Based View-relevante Fragestellungen ffir produzierende Unternehmen untersuchen [Ster00; Sch603]. 56 Weitere Ziele des System Dynamics Ansatzes liegen in der Beschreibung sowie in der Erklfirung der Struktur und des Verhaltens von Systemen mit dem Zweck, zur zielgerechten Gestaltung von komplexen Systemen beitragen zu k6nnen. System Dynamics erhebt dabei den Anspruch einer allgemeinen Strukturtheorie sozialer Systeme, die generelle Aussagen fiber den Aufbau und fiber das Verhalten von Systemen erm6glicht und den Erkenntnistransfer zwischen verschiedenen Systemen untersttitzt. Hierzu postuliert Forrester, dass die Struktur das Verhalten eines Systems erkl~irt [Forr68a, 406] und leitet zur Strukturierung von Systemen die folgenden hierarchischen Strukturkonzepte zum Aufbau von Systemen ab [Forr75, 87-106]: 1. gesehiossene Systemgrenzen, die ein System so begrenzen, dass die zu untersuchenden Verhaltensweisen durch modellendogene Elemente erfasst werden, 2. RUckkopplungsschleifen (Regelkreise) als strukturelles Grundelement, 3. als Substruktur der Regelkreise zwei Arten von Variablen, die Regelkreise durch Zustands- und FlussgrSflen (Raten) beschreiben,
s5Far eine Obersicht zu den verschiedenen Phasen im Bereich der System Dynamics Forschung und Anwendung vgl. z.B. [Forr68a; KoKr79, 731-733; Venn96, 42-44] sowie dort angegebeneQuellen. 56Einen Sammlung und Darstellung bestehender System Dynamics Modelle for betriebswirtschaftliche Fragestellungen geben z.B. [KoKr79, 731-733; Mert85, 390; SaSt93; ScEw02, 167-169; Sch603, 58-68]. Eine aktuelle Bestandsaufnahme zu System Dynamics Arbeiten in 18 internationalen Journals sowie einen Oberblick ~iberwesentliche Beitr~igegibt [Brad04, 25-30]. 65
4. sowie der interne Aufbau der Flussgr6gen, welche durch Aktionen, Ziele oder Abweichungen bestimmt werden. Auf Basis dieser vier Strukturkonzepte wird im Rahmen der System Dynamics Forschung ein Vorgehensmodell zur Analyse von Systemen und zur Gestaltung von Simulationsmodellen entwickelt (vgl. Abschnitt 4.1.3). 57 Als Reaktion auf diese Beitr~ige zur allgemeinen Systemtheorie einerseits [vgl. z.B. Ulri68, 42-45; Meff71, 178] als auch auf die Ergebnisse und Prognosen insbesondere der nicht-betriebswirtschaftlichen Modelle anderseits entfacht sich eine rege Auseinandersetzung um die Grenzen und um die praktische Relevanz des System Dynamics Ansatzes. 4.1.2 Grenzen des System Dynamics Ansatzes Das grol3e Interesse einer breiten Offentlichkeit an den Ver6ffentlichungen der Untersuchungen des Club of Rome in den 70er Jahren zur zuktinftigen globalen Entwicklung (vgl. Abschnitt 4.1.1) flihrt im Speziellen zu einer kontroversen Diskussion tiber das
Worm Dynamics Modell mit seinen pessimistischen Prognosen. Demgegentiber wird hierdurch jedoch auch die wissenschaftliche Debatte um die System Dynamics Konzepte mit den getroffenen Annahmen sowie den St~irken und Schw~ichen im Allgemeinen stimuliert. Wesentliche Kritik an dem Weltmodell ist die fehlende empirische Fundierung der getroffenen- wenn auch plausiblen- Annahmen, eine grol3e Aggregation wesentlicher Zusammenh~inge, die mit einer unn6tigen Verkomplizierung anderer Einfltisse einhergehen, sowie eine fehlende Beracksichtigung simpler 6konomischer Prinzipien [z.B. HaMo77, 253]. Kritiker der System Dynamics Konzepte weisen auf die geringe theoretische Fundierung des Ansatzes hin und betonen die mangelnde Abgrenzung gegentiber bestehenden Theorien sowie fehlende Originarit~.t. So werden Arbeiten angeftihrt, in denen bereits schon vor Forresters Ver6ffentlichungen Unternehmen mittels kybernetischer Methoden untersucht werden [AnS168a, 395], aul3erdem wird Forrester der allgemeinen Nichtbeachtung und Geringschfitzung relevanter, systemtheoretischer Arbeiten bezichtigt [Cant77, 112]. Apel bezeichnet Forresters systemtheoretisches Verst~.ndnis deshalb auch als naiv bzw. platt, sein erkenntnistheoretisches Problembewusstsein als 57Forresters Annahmen zur allgemeinen Strukturtheorie von Systemen sind weiter dargestellt bei [Mill74, 63-69]. 66
mangelhaft und technokratisch und der Beitrag von System Dynamics zur Systemtheorie somit insgesamt als sehr begrenzt [Ape175, 411]. Ferner wird Forresters Postulat zur Strukturtheorie von Systemen mit dem Hinweis abgelehnt, dass nicht ausschlieBlich die Struktur sondern auch die Wahl der Modellparameter das Systemverhalten bestimmt [Ape179, 43-44]. Ebenso wird die postulierte Allgemeinheit in Frage gestellt und besonders heftig die unzureichende Diskussion potenzieller Schw~ichen des Ansatzes beklagt [AnS168a, 392]. Neben dieser eher noch wissenschaftstheoretischen Diskussion wird der Nutzen von System Dynamics bei der praktischen Gestaltung von Simulationsmodellen in verschiedenen Beitr~igen kritisch analysiert. Bei der Modellierung wird hinterfragt, ob der Grad der Formalisierung des Modellierungsprozesses ausreicht, um bei einer wiederholten Durchftihrung einer Simulation durch einen Dritten die Replikation der Ergebnisse eines bestehenden Modells sicherstellen zu k6nnen [Wagn63, 185-186]. Zudem werden im Modellerstellungsprozess weder die Validierung hinreichend berticksichtigt noch sind Verfahren der Validierung wie z.B. Sensitivit~itsanalysen hierzu ausreichend er6rtert [AnS168a, 390]. Die durch die Simulation bedingte Quantifizierung von komplexen organisatorischen und sozialen Zusammenh~ingen durch Differenzen- und Differenzialgleichungen verleitet zur Integration willktirlicher Annahmen tiber quantitative und funktionale Zusammenh~inge und verftihrt so zum Treffen verborgener, impliziter Annahmen [AnS168a, 391 ]. Weiter wird argumentiert, dass aufgrund der hohen Unsicherheit bei der Modellierung von sozialen Systemen Vorhersagen auf Basis solcher Modelle sehr unsicher sind. Da die Modellierung und die Simulation von Organisationen hingegen sehr aufwendig sind, muss der Wert einer Simulation sehr kritisch beurteilt werden [Holt62, 82-83]. Aufgrund der groBen Anzahl von Freiheitsgraden eines modellierten Gleichungssystems kann zudem auch aus einem gut kalibrierten Modell, welches das Verhalten eines realen Systems
hervorragend beschreibt, keine Aussagen fiber die Realit~itsn~ihe der
Annahmen getroffen werden [Howa62, 78]. Eher technische Kritik zielt auf die langen Laufzeiten einer Computersimulation bei hinreichend exakten numerischen Ergebnissen ab [Ort187, 23] oder sie erkl~irt, dass die Abbildung yon Rangfolgen und Pr~iferenzordnungen in System Dynamics Modellen nicht m6glich sei [AnS168a, 384]. Ebenfalls wird auf die h~iufig unzureichende Dokumentation von System Dynamics Modellen [Ster02, 521] und die fehlende Darstellung der zugrunde liegenden Annahmen und Vereinfachungen hingewiesen, so dass solche Modelle weder nachprtifbar noch falsifizierbar sind [ScEw02, 171]. 67
Als strukturiere Bestandsaufnahme gibt Tabelle 4-1 einen 12rberblick tiber die verschiedenen kritisierten Aspekte des System Dynamics Konzepts. Allgemeine, wissenschaftliche Kritik
9
geringe systemtheoretische Fundierung [Ape175, 411]
9
mangelnde Abgrenzung und Einordnung zu bestehenden Ans~itzen [AnS168a,
9
Nichtbeachtung bzw. Geringschitzung allgemein anerkannter Theorien und
9
wenig formalisiert [Wagn63, 185-186]
395, 392] Ansatze der Systemtheorie [Cant77, 112] Modellierungsprozess
Evaluation
Technische Aspekte
Tabelle 4-1
9
unvollkommen, besonders beztiglich der Validierung
9
fehlende Sensitivitiitsrechnungen [AnS168a, 390]
9
Wert der Simulation kritisch, da Modellierung aufwendig und Ergebnisse sehr unsicher [Holt62, 82-83]
a
Kalibrierung nur mit geringer Validierung [Ort187, 31 ]
9
lange Laufzeit der Simulationen [Ort187, 23]
9
funktionale Unvollkommenheiten [AnS168a, 384]
9
geringe Dokumentation von einigen Modellen [Ster02, 521]
Grenzen und Probleme des System Dynamics Ansatzes
Trotz dieser teilweise auch harschen Kritiken sind Probleme und Schw~ichen des Ansatzes nicht zu tibersehen und bedtirfen einer sorgf~iltigen Analyse. Hierbei sind ebenfalls die Weiterentwicklungen der System Dynamics Konzepte und Methoden und der aktuelle Stand der Forschung zu berticksichtigen. Wesentlicher Maf3stab und relevantes Beurteilungskriterium im Kontext dieser Arbeit sind offensichtlich die Anwendbarkeit und Eignung des System Dynamics Ansatzes, zur Zielerreichung der vorliegenden Untersuchung methodisch fundiert beitragen zu kOnnen. So ist sicher als begrandet festzuhalten, dass Forresters ursprtinglich vorgetragenen Arbeiten einer Einordnung in die wissenschaftliche Diskussion ermangeln bzw. m6glicherweise tats~ichlich von Geringsch~itzung anderer Arbeiten gekennzeichnet sind. 5s Auch stellt der Disput zwischen Forrester und Ansoff/Slevin [AnS168a; AnS168b; Forr68a; Forr68b] die erste bedeutende, (selbst-) kritische Reflexion zu den System Dynamics Konzepten sowie zu dem geleisteten Beitrag zur Systemtheoriebildung dar, so dass diese Probleme erst relativ sp~it adressiert und angegangen werden. 59 Im Rah-
58 Forrester Werk Urban Dynamics enth~ilt beispielsweise nur 15 Literaturverweise - sechs davon auf eigene Vorarbeiten von Forrester vgl. [Forr69]. 5~,Ftir eine theoretische Fundierung und weitere Einordnung von System Dynamics vgl. [Forr68b; Forr75]. Auch aktuelle Beitr~ige adressieren diese Probleme und tragen zum System Dynamics Selbstverst~indnis weiter bei [vgl. z.B. Ster02].
68
men dieser Arbeit jedoch sind diese als allgemeine Punkte der wissenschaftlichen Kritik zusammengefassten Aspekte als weniger bedeutsam zu bewerten, da hierdurch keineswegs die Anwendung als Simulationsmethode beschr/inkt wird. Schwerwiegender erscheinen allerdings die tibrigen Aspekte, welche den Modellierungsprozess, die Evaluation und die technischen Aspekte des System Dynamics Ansatzes betreffen: Die technischen Kritikpunkte k6nnen als v o n d e r allgemeinen ITEntwicklung tiberholt bewertet werden, da typische Unternehmensmodelle mittlerweile auf gew6hnlichen Standard-PCs beinahe in Echtzeit simuliert werden k6nnen. 6~ Die vorgebrachte Kritik zu fehlender Dokumentation einzelner Modelle ist sicher beklagenswert, dient aber eher als Anspom und kann nicht zur Ablehnung der Methode sondern lediglich dieser Modelle ftihren. Die angesprochenen, funktionalen M/ingel sind durch die fortschreitende Entwicklung der Simulationssoftware beseitigt. Somit bleiben als wesentliche Kritikpunkte noch methodische Aspekte sowie die Modellevaluation, also die Beurteilung der Leistungsf'~ihigkeit des System Dynamics Ansatzes zu diskutieren. Die Erstellung eines methodisch geleiteten Verfahrens zur Beschreibung, Analyse und Modellierung von systemdynamischen Modellen durch ein formalisiertes Vorgehensmodell ist verst~irkt seit Beginn der 80 Jahre ein wesentlicher Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion. Eine Vielzahl von Autoren greifen Forresters Vorarbeiten zur Systemstrukturierung [Forr75] hierzu auf und verfeinem, tiberprtifen und verbessem die bestehenden Ans~itze [vgl. z.B. Rand80; Boss94; Forr94; Coy196; Venn96]. Basierend auf den inzwischen umfangreichen Erfahrungen bei der Entwicklung von System Dynamics Modellen etabliert sich ein mehrstufiger Prozess der Systemmodellierung, welcher im folgenden Abschnitt 4.1.3 als Grundlage des weiteren Vorgehens dargestellt wird. Analog werden zahlreiche Verfahren der Modellvalidierung im Zusammenhang des zweiten methodischen Kritikpunkts entwickelt und deren Anwendung for System Dynamics Modelle umfangreich untersucht [vgl. z.B. FoSe80; Ster87; Bar189; Ster91]. Hierzu z~ihlen z.B. Sensitivit~its-, Extremwert- oder Konsistenztests, welche heute bereits in vielen System Dynamics-Standardsoftwarel6sungen integriert sind, sowie eine V ielzahl weiterer Struktur- und Verhaltenstests wie auch Verfahren zur Modellkalibrierung und zur Analyse der Modellbrauchbarkeit- diese Validierungsverfahren wer-
60Simulationen von sehr groflen Modellen wie z.B. das volkswirtschaflliche/transport6konomische ASTRA / ESCOT Modell [vgl. z.B. ScRo04; Scha05] mit mehr als 10 6 Variablen k6nnen allerdings Laufzeiten von mehreren Stunden verursachen. 69
den eingehend in Kapitel 5 untersucht und angewendet. Einhergehend mit der produktiven Entwicklung von Validierungsmethoden sch/~rft sich auch der Anspruch an System Dynamics Modelle: so haben System Dynamics Modellierer zumeist nicht den Anspruch, m6glichst exakte (Punkt-) Prognosen durch Simulationen zu liefem, sondem eher zum Systemverst/~ndnis beizutragen [Ster00, 655]. 61 Als Zwischenfazit ist zu bemerken, dass ein GroBteil der identifizierten Probleme und vorgebrachten Defizite des System Dynamics Ansatzes mittlerweile als behoben beurteilt werden kann und somit ft~r diese Forschungsarbeit nicht relevant ist. Die Methode tr/~gt der Komplexit/~t strategischer Entscheidungen durch die explizite Be~cksichtigung wechselseitiger, dynamischer Interdependenzen ausreichend Rechnung und unters~tzt den Planungsprozess durch umfangreiche Werkzeuge und durch ein fundiertes Vorgehensmodell. 4.1.3 Vorgehensmodell zur Erstellung von System Dynamics Modellen Ein Vorgehensmodell (Prozessmodell) zur systemdynamischen Analyse beschreibt die Aktivit/~ten und Ergebnisse, die w/~hrend der Entwicklung eines Simulationsmodells durchzuft~hren bzw. zu erstellen sind. Es gibt Hinweise, welche Methoden die Aktivit/~ten des Vorgehensmodells unterst/itzen und welche Darstellungsmittel die Ergebnisse prgsentieren k6nnen. 62 Als Synthese und Integration verschiedener deskriptiver und pr/~skriptiver Ans/~tze identifiziert und etabliert Sterman ein flinfstufiges, typischerweise iterativ zu durchlaufendes Vorgehensmodell zur Systemanalyse. Dieses wird im Folgenden einft~hrend erl~iutert und im Rahmen der weiteren Arbeit angewendet [Ster00, 83-106]. Die Werkzeuge und Darstellungsmittel werden im Anschluss daran vorgestellt. Abbildung 4-1 stellt den iterativen System Dynamics Modellierungsprozess in Anlehnung an Sterman dar.
6JDie Anwendungvon System Dynamics Modellen for Prognosen zeigt z.B. [Lyne00]. 62ZHVorgehensmodellenallgemein vgl. [Neum04, 134-156]. 70
(1) Problem-
identifikation
~
(2) Hypothesen-
modell
9 Problemdefinition und Modellierungszweck 9 Problemartikulation, Schlfisselvariablen,Zeithorizont
9 Kausaldiagramm 9 Flussdiagramm
~
(3) Simulationsmodeli
9 FormaleRepr/isentation des Modells
~
(4) Test und
9 Referenzmodi,Extrembedingungstest, Sensitivit/itsanalyse, Verhalten mit verschiedenen Parametem....
Validierung (5) Einsatz zur
Entscheidungsunterstiitzung
9 Auswertungder Modelldaten, Analyse der Entscheidungsregeln 9 Umweltanalyse,what-if-Szenarien, lnteraktionen zwischen verschiedenen Umweltzust/inden, Strategien und Entscheidungen
Abbildung 4-1 Iterativer System Dynamics Modellierungsprozess in Anlehnung an Sterman [Ster00, 86]
(1) Problemidentifikation: Im ersten Schritt der Systemmodellierung und Analyse werden Problemstellung und Modellierungszweck beschrieben; durch die Identifikation der Fragestellungen ergeben sich der relevante Zeithorizont der Betrachtung sowie erste Schltisselvariablen. Das zu untersuchende Problem determiniert ebenfalls die Systemgrenzen. Mit dem hierbei verwendeten, teilweise irreleitenden Begriff eines
geschlossenen Systems wird nicht ausgeschlossen, dass zwischen System und
Systemumwelt Austauschbeziehungen bestehen k6nnen: ein geschlossenes System kann durchaus Zu- oder Abfltisse aufweisen, jedoch ist jede von auBen einwirkende Variable unbeeinflusst von den Aktivit~iten innerhalb der Systemgrenzen [Mi1184, 510]. 63 Voraussetzung fi~r die erfolgreiche und lohnende Anwendung des System Dynamics Ansatzes ist, dass eine hohe Komplexit~it und eine relativ groBe Unsicherheit beziiglich der Beziehungen zwischen den Systemelementen das betrachtete Problem kennzeichnen.
63 In der Allgemeinen Systemtheorie wird unter einem geschlossenen System ein System ohne Austauschbeziehungen zur Umwelt verstanden, wohingegen Forresters Definition eher dem naturwissenschaftlichen Systembegriff entspricht (wie z.B. im Zusammenhang des Entropiebegriffs in der Thermodynamik).
71
(2)
Hypothesenmodell: Hypothesen tiber System und Verhalten werden im
zweiten Schritt der Analyse erstellt. Hierbei sind die Grundstrukturen des betrachteten Systems zu analysieren und Ursache-Wirkungszusammenh~inge zu identifizieren. Eine Kausalit~it bezeichnet die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung. 64 Aufgrund der geschlossenen Gestalt der Systeme ergeben sich somit als Folge bzw. Kette von Ursache-Wirkungsbeziehungen typischerweise geschlossene Ursache-Wirkungszusammenhfinge
(Causal Loops).
Causal Loops erfassen und beschreiben die Rtickkopplungsschleifen in einem System und haben je nach Wirkungsbeziehung im einfachen Fall selbstverst~irkende oder selbstbegrenzende Eigenschaften. Selbstverst~irkende, positive Riickkopplungen erzeugen Wachstums- bzw. Schrumpfungsprozesse und sorgen dafiir, dass sich ein System von einem Zustand oder Ausgangspunkt wegbewegt [Forr75, 42]. Bei einer positiven Rtickkopplung f'tihrt somit eine Ver~inderung des Systemzustandes zu immer weiteren Ver~inderungen in die gleiche Entwicklungsrichtung [Mi1174, 66]. Negative Rtickkopplungen hingegen sorgen ftir Aktionen, die zur Ann~iherung an einen Zieloder Soll-Wert beitragen. Positive Rtickkopplungen k6nnen zu einem unbegrenzten Wachstum fiihren und sind zumeist bei realen Systemen nicht dauerhaft stabil. 65 Eine Kopplung von negativen und positiven Rtickkopplungen ist bei realen Systemen typisch. Zur Visualisierung yon Ursache-Wirkungszusammenh~ingen dienen Kausaldiagramme, welche die betrachteten Variablen und die positiven oder negativen Wirkungszusammenh~inge abbilden. Nach der Analyse der Feedbackstruktur eines Systems erfolgt seine l]bertragung in ein Flussdiagramm. Hierzu werden die Elemente der Kausaldiagramme in Bestands-
(le-
vels) und Flussgr6gen (flows) des Systems gegliedert. -
BestandsgrOflen sind Akkumulationen von Flussgr6gen und werden auch nur durch Flussgr6gen ver~indert [Forr75, 42]. Sie berechnen sich durch die friiheren Flussgr6Ben und beschreiben den Zustand eines Systems zu jedem Zeitpunkt.
64Der Kausalit~itsbegriffwird in unterschiedlichen, wissenschaftlichen Disziplinen analysiert und verwendet- erste Beitr/ige hierzu stammen aus der Philosophie, aber auch in der Mathematik, Physik, Informatik und in den Rechtswissenschaften werden Kausalit/iten untersucht; f~r eine Einf'tihmng vgl. z.B. [Meix01]. 65 Beispielsweise k6nnen ein angestrebter und ein tats/ichlicher Lagerbestand sowie eine von beiden Gr6gen abh/~ngigeBestellrate als negative Rtickkopplung interpretiert werden; positive Rtickkopplungen k6nnen bei atomaren Kettenreaktionen oder durch Zinseszinsen auftreten [vgl. z.B. MeBi+03, 1262-1265]. 72
-
Flussraten geben an, wie schnell sich die Bestandsgr6Ben ver~indern. Flussgr6-
Ben berechnen sich durch Bestands- und Hilfsgr6Ben. Zur Darstellung einer Riickkopplungsschleife sind Bestands- und Flussgr6Ben notwendig und hinreichend [Forr75, 93]. (3) Sirnulationsmodell: Die formale Reprgsentation eines Modells als dritter Prozessschritt des Vorgehensmodells stellt den l]bergang von dem qualitativen zu dem quantitativen Modell dar. Zustandsgr6Ben werden als Summationen der Flussraten modelliert. W~ihrend des gew~ihlten Beobachtungszeitraums entwickeln sich Bestandsgr6Ben durch die Summe ihrer Zufltisse und ihrer (negativen) Abfltisse. Werden die Ver~inderungen des Systems in infinitesimal kleinen Zeitr~iumen betrachtet, so stellt das Gleichungssystem ein Differenzialgleichungssystem dar, in denen die Zeit als unabh~ingige Variable auftritt. Das Differenzialgleichungssystem entsteht dabei durch die simple l)bertragung des Flussdiagramms - dieser Modellierungsschritt wird bereits durch die erste System Dynamics Simulationsumgebung, entwickelt Mitte der ftinfziger Jahre, untersttitzt und erfordert nur geringes mathematisches Grundverst~indnis. Jede Bestandsgr6Be S zum Zeitpunkt t ergibt sich somit aus ihren Zufltissen (inflow) und Abfltissen (outflow) gem~if3 G1.4-1' t
S, = ~(inflow - outflow) dt + SO
4-1
0
Unter Beriicksichtigung des Anfangswertes So zum Zeitpunkt t=O der Zustandsgr6Be S kann der Wert eines Bestands St eindeutig zu jedem Zeitpunkt und somit sein zeitlicher Verlauf durch die dynamischen Eigenschaften bestimmt werden. 66 Die Gesamtheit der formalisierten Regelkreise bildet ein Differenzialgleichungssystem, bei dem jedes Element des Systems explizit durch eine Gleichung bestimmt ist.
(4) Test und Validierung: Ein so formalisiertes Modell erm6glicht die Simulation des betrachteten Systems. Eine Simulation bildet das Verhalten eines Systems ab und verdeutlicht die modellierten Zusammenh~inge. Simulationen dienen somit der Verst~indnisentwicklung und decken die Wirkungen der in den Modellierungsprozess eingeflossenen impliziten und expliziten Annahmen tiber das untersuchte System auf.
6r' Bei einem deterministischen Modell kann der Wert, bei eine stochastischem Modell der Erwartungswert einer Bestandsgr6Bebei gegebenenFlussraten und Anfangswertenbestimmt werden. 73
Bevor das Modell mit verschiedenen Simulationen zur Analyse und zur systematischen Untersuchung alternativer Entscheidungen im letzten Prozessschritt (vgl. Abbildung 4-1) sinnvoll genutzt werden kann, ist das Modell notwendigerweise zu validieren und zu verifizieren. Validierung bezeichnet nach Ansoff/Slevin das Prtifen, ob ein Modell erstens das Verhalten eines Systems mit hinreichender Genauigkeit wiedergeben bzw. vorhersagen kann und zweitens, ob das reale System sehr ghnlich wie das Modell auf Ver~inderungen reagiert [AnS168a, 387]. Unter Verifikation wird der formale Beweis der Richtigkeit eines Modells verstanden; dieser kann bei (System Dynamics) Simulationsmodellen zumeist nicht erbracht werden [Mi1174, 208]. 67 In einem der ersten Beitr~ige zu dieser Thematik stellen Naylor/Finger die Verifikation und Validierung von Computers#
mulation als wichtigen Bestandteil des Modellierungsprozesses dar, welcher bis dahin nicht ausreichend yon der Forschung berticksichtigt wird [NaFi67, B-92]. Die Autoren schlagen deshalb ein dreismfiges Verfahren zur Validierung von Modellen vor, welches auf der Aufstellung eines konsistenten Bezugsrahmens (rationalism), auf der Gewinnung empirischer Daten (empiricalism) sowie auf der Akkuranz der Modellprognosen (positive economics) beruht [NaFi67, B-95]. 68 Dabei wird besonders die empirische l]berprtifung von Modellen betont, da Modelle ohne eine solche empirische Gtiltigkeit wertlos sind [NaFi67, B-92]. Somit schliegen Naylor/Finger unter Berufung auf Poppers Forderung nach der Falsifizierbarkeit von Modellen durch empirische Untersuchung [Popp59], dass ein Grad der Wahrheitsniihe bzw. ein Grad der
Wahrscheinlichkeit eines Modells zu bestimmen ist, und geben hierzu eine Auswahl von statistischen Verfahren zur Untersuchung von Modellen an. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen und Verfahren adaptiert, erg~inzt und entwickelt eine Vielzahl von Autoren spezifische Testverfahren for die Validierung von System Dynamics Modellen. Hierbei erhebt sich der Anspruch, bei System Dynamics Modellen neben dem Verhalten (Modellergebnis- black box) ebenfalls das Zustandekommen der Ergebnisse (Modellstruktur- white box) zu untersuchen. Klassische Testverfahren der Statistik sind somit for System Dynamics Modelle aufgrund der notwendi-
67 Der Begriff Verifikation wird in neueren Publikationen auch in anderer Bedeutung verwendet: so gilt hier teilweise die korrekte Umsetzung eines Modells in ein Simulationsmodell als Verifikation und kann mit entsprechenden Verfahren untersucht werden [vgl. z.B. Balc98, 336; Sarg99, 43; LaKe00, 269-273]. 68 Als Basis f't~rden dreistufigen Bezugsrahmen nennen Finger/Naylor u.a. die Arbeiten von Robbins zum rationalism [Robb35], von Hutchison zum empiricalism [Hutc38] und Friedman zu positive economics [Frie53]. 74
gen (Modell-) Strukturtests nur bedingt geeignet [Bar189, 60]. Verfahren zur Untersuchung der Modellstruktur werden z.B. von Coyle in Form von Konsistenztests und von Forrester/Senge in Form von Testverfahren zur Bestimmung von Systemgrenzen beschrieben [FoSe80; Coy196; CoEx00]. Die Anwendung statistischer Test zeigen Sterman oder Barlas [Ster84; Bar189]. Als weiterer Aspekt der Validierung wird die Berticksichtigung des Simulationszweckes zur Bewertung der Brauchbarkeit eines Simulationsmodells betont [ScHo67, B105]. Simulationsmodelle werden hiernach nicht dichotom als wahr/giiltig oder falsch/ungiiltig bewertet, sondem entsprechend ihrer Geeignetheit und des Vertrauens, welches durch die Validierung in das Modell transferiert wird [Horn71, 247; Coy177, 181]. 69 Konsequenterweise erh6ht die Anzahl der (bestandenen) Tests das Vertrauen in das Modell, das Nichtbestehen muss jedoch nicht zur umgehenden Ablehnung eines Modells ftihren. (5) Einsatz zur Entscheidungsunterstiitzung: Nach hinreichender Validierung k6nnen Simulationsmodelle als Hilfsmittel zur l]berpr~fung altemativer Entwicklungen und Verhaltensaussagen sowie zur systematischen Untersuchung von Modellimplikationen eingesetzt werden [Law83, 983; Boss94, 27]. TM Im Rahmen der System Dynamics Modellierung werden Simulationen zur Entscheidungsuntersttitzung vor allem ftir die Analyse verschiedener (Umwelt-) Szenarien, ftir die Evaluierung von Strategien, Entscheidungen und Aktionen, far die Betrachtung von what-if-Szenarien und Sensitivit~itsanalysen sowie ftir die Untersuchung von Interaktionen zwischen verschiedenen Umweltzust~inden, Strategien und Entscheidungen eingesetzt [Ster00, 86]. Ebenfalls m6glich ist der Einsatz von System Dynamics Simulationen im Bereich von so genannten management games [Lane95, 604]. Solche Management- bzw. Unternehmenssimulatoren dienen der Verbesserung des systemischen Verst~indnisses, der Beschleunigung von Lemprozessen und der Erh6hung des Wahmehmungsverm6gens der beteiligten Akteure [Wols90, 6; Gr6B00]. Urn das im Rahmen der Modellentwicklung erstellte Differenzialgleichungssystem far Simulationen einzusetzen, werden numerische Verfahren zur (zeit-) diskretisierten L6-
Eine Obersicht zur Literatur von Simulationsmodellenund Validierung geben z.B. [K1On+98], verschiedene Test- und Validierungsverfahrenstellen z.B. [Bar189; Ster00, 843-891] dar und werden in Abschnitt 5 weiter ausgeftihrt. 7o Eine umfassende Einftihrung zum Einsatz und zum Zweck von allgemeinem Simulationen geben z.B. [Boss94, 13-17; Axe197, 24-25].
69
75
sung genutzt. 71 Bei einer numerischen Integration wird die L6sung des Differenzialgleichungssystems in Form einer Wertetabelle f'tir diskrete Zeitpunkte angegeben. Dazu k6nnen eine Reihe von Verfahren genutzt w e r d e n - far eine Obersicht vgl. z.B. [Pugh80; DeBo02]. Typischerweise wird im Bereich von System Dynamics das so genannte Runge-Kutta Verfahren eingesetzt. Ausgehend von den Anfangswerten (vgl. G1.4-1) werden bei diesem Verfahren die (analytisch zumeist nicht bestimmbaren) Differenzialquotienten durch numerisch berechenbare Differenzenquotienten ersetzt. In einem Simulationslauf wird somit n~iherungsweise die L6sung des als Differenzialgleichungssystem formalisierten Modells bestimmt. Zur numerischen Berechnung von Differenzialsystemen und zur Untersttitzung des Modellierungsprozesses steht eine Vielzahl entwickelter Werkzeuge zur Verftigung. Erste Ans~itze liefern Ende der ftinfziger Jahre die Modellierungssprache und der zugeh6rige Compiler SIMPLE (Simulation o f Industrial Management Problems with Lots o f Equations) zur Berechnung und grafischen Darstellung von Simulationsl~iufen.
Darauf basierend werden unter dem Namen Dynamo (Dynamic Models) mehrfach Compiler und Modellierungsumgebung verbessert und an technische und funktionale Anforderungen angepasst [Forr89, 6-13; Forr95, 9-10]. Mittlerweile sind verschiedene kommerzielle Softwareprodukte erh~iltlich, die den gesamten Modellierungsprozess untersttitzen und die Werkzeuge ftir die Entwicklung von Kausal- und Flussdiagrammen, f'tir die Durchf'tihmng von Simulationen und ft~r einige Validierungsverfahren integrieren, v2 Fortgeschrittene Softwarel6sungen bieten auch die Auswahl verschiedener numerischer L6sungsverfahren. Ebenfalls beinhalten diese Programme ft~r bestimmte, wiederkehrende Verhaltensmuster von Systemen so genannte SystemArchetypen [Wols03, 8], welche als generische Strukturen im Modellierungsprozess zum Einsatz kommen [Lane98]. Im Rahmen dieser Arbeit sind die zu untersuchenden Fragestellungen und der Modellierungszweck in Abschnitt 1.2 dargestellt. Das Hypothesenmodell, die Feedbackstrukmr des betrachteten Szenarios (hier: des Untemehmens) sowie die formale Repr/~sentation des Simulationsmodells werden im folgenden Abschnitt 4.2 ausft~hrlich er6rtert,
7~Obwohl eine grol3e Zahl spezieller Differenzialgleichungen existiert, die in geschlossener Form integriert werden k6nnen, sind die meisten Differenzialgleichungsproblemenur numerisch zu 16sen [BrSe91,769] 72 Zu den verbreiteten kommerziellen Softwareprodukten geh6ren die Programme Vensim, Stella~ iThink und Powersim - for eine kurze f]bersieht vgl. [Brad04, 34-35]. Daneben sind weitere Programme wie Dynasys, Simile oder Madonna erh~iltlich. Viele Anbieter stellen umfangreiche Testoder Studentenlizenzen kostenlos zur Verf'tigung. 76
verschiedene Formen der Modellvalidierung schlieBen sich in Kapitel 5 an. Die Analyse der Entscheidungsregeln und der Einsatz des Modells flir verschiedene Szenarien sowie die Auswertung der Modelldaten erfolgen in Kapitel 6. 4.2
Simulationsmodell eines E-Learning Content Anbieters
Die Entwicklung eines Simulationsmodells beinhaltet entsprechend des in Abbildung 4-1 dargestellten Vorgehensmodells die qualitative und die formale Darstellung von Wirkungsbeziehungen und Strukturen des betrachteten realen Systems eines ELearning Content Anbieters. Das algebraisch formalisierte Unternehmensmodell stellt dabei eine abstrahierte, homomorphe Abbildung eines realen, dynamischen Unternehmenssystems dar [Ulri68, 155]. Nachfolgend wird gem~ig der betrachteten Methode ein formales Simulationsmodell einer E-Learning Unternehmung entwickelt. In Abschnitt 4.2.1 werden die Rahmenbedingungen, Voraussetzungen und Annahmen er6rtert, auf denen das weitere Vorgehen basiert. Hierzu wird das modellierte Unternehmen qualitativ durch Charakterisierung u.a. der Branche, des Kundenkreises, des Produktangebotes, der Vermarktungsform, der Gr6Be und der internen Strukmr beschrieben. Die quantitative Umsetzung und Modellierung der Unternehmung erfolgt in den vier Modulen Produktion, Vertrieb, Human Resources und Finanzierung in den Abschnitten 4.2.2 bis 4.2.5. Diese Aufteilung orientiert sich an der Wertsch6pfungskette- for Wertsch6pfungskette vgl. [Port85, 65]. Die ersten beiden Module stellen Primgr-, die letzten beiden Sekund~iraktivit~.ten und nach Magretta die wesentlichen Aktivit~iten der Untemehmung dar [Magr02, 90]. Die bedeutenden Zusammenh~inge und Wechselwirkungen der vier Aktivit~iten werden in Abschnitt 4.2.6 zusammengefasst. 4.2.1
Rahmenbedingungen und Annahmen zum Unternehmenssystem
Da kein reales Unternehmen einem anderen gleicht, wird ein idealisierter ContentProvider ft~r E-Learning Inhalte ft~r die berufliche Qualifizierung betrachtet [vgl. z.B. Seuf0 l a, 76; HoBr04, 5]. Aktivit~iten des betrachteten Unternehmens sind die Produktion und der Vertrieb von individualisiertem E-Learning Content. Als Produkt- und Dienstleistungsprogramm wghlt das Unternehmen, E-Learning Kurse als einziges Produkt am Markt anzubieten. Diese werden jeweils gem~iB kundenspezifischen Anforderungen produziert. Die Produktion von E-Learning Content (Kursen) erfolgt in einem dreistufigen Produktionsprozess. Die Untemehmung kann speziell ft~r die einzelnen Produktionsstufen ausgebildete Mitarbeiter am Arbeitsmarkt gewinnen. Von der Un77
ternehmung angebotene Kurse entstehen in Auftragsfertigung, bereits produzierte Kurse k6nnen allerdings weiteren Kunden angeboten werden. Das Unternehmen befindet sich in der Grtindungsphase in dem von hoher Dynamik und von zahlreichen ~ihnlichen Anbietern gepr~igten Markt [Eid04; DTI05, 5]. Langjghrige, etablierte Kunden-Lieferanten Beziehungen bestehen nicht, Referenzen und Reputation sind erst aufzubauen und Kunden von der Leistungsf~ihigkeit und der langfristigen Pr~senz der Unternehmung zu tiberzeugen. Typische Kunden k/Snnen Unternehmen, Verbgnde oder Beh6rden und staatliche Einrichtungen sein, welche ELearning Kurse far Weiterbildungsmaf3nahmen ihren Mitarbeitern bzw. ihren Mitgliedem zu Verfagung stellen. Ebenfalls k6nnen die sich im Aufbau befindlichen virtuellen Hochschulen sowie private Hochschulen und ~ihnliche Institute far die akademische Aus- und Weiterbildung zu den Kunden des betrachteten Unternehmens z~ihlen, welche das Curriculum durch fremderstellte E-Learning Kurse erg~nzen. 73 Staatliche Universitgten scheiden aufgrund der meist angespannten finanziellen Lage mittelfristig als Kunden aus [Uhl03, 202]. Zur verst~rkten Realisierung von Synergien im Bereich der Wiederverwertung des Content sowie im Vertrieb konzentriert sich das Unternehmen auf ein Gesch~iftsfeld; aus gleichem Grund erfolgt keine geographische Differenzierung in verschiedene Zielm~irkte, so dass thematisch verwandte Kurse ausschlief31ich in einer Sprache angeboten werden. Das Unternehmen vertreibt seine Produkte wie z.B. E-Learning Kurse far eine betriebliche Spezialsoftware, einen Verbands-zertifizierten Weiterbildungskurs oder eine Lehrveranstaltung zur Einfahrung in den E-Commerce durch Auf3endienstmitarbeiter, welche in pers6nlichem Kontakt zu potenziellen Kunden stehen. Diese Vertriebsmitarbeiter akquirieren, informieren und beraten Kunden und grenzen bei Verkauf eines Kurses den Lieferumfang und den Inhalt ab. Die Kurse werden mit definierten Nutzungsrechten und mit bestimmten Erl6sformen angeboten. Ftir den direkten Absatz typische Verkaufsniederlassungen oder ~ihnliches werden nicht berticksichtigt. Die Untemehmung kann zur Finanzierung des Unternehmenswachstums am Kapitalmarkt liquide Mittel aufnehmen. Zur 121berprtifung des Unternehmenserfolgs dient eine Cash Flow Rechnung, welche die Ein- und Auszahlungen der Unternehmung einer Periode entsprechend der laufenden Gesch~iftstgtigkeit abbildet. Gr6f3en der Bilanz 73 Vgl. far eine l~rbersicht deutscher Anbieter der beruflichen Weiterbildung [Ltine05] sowie dort genannte Studien. 78
oder einer Gewinn- und Verlustrechnung sind hierfiir nicht notwendig. Neben Vertriebs- und Produktionsmitarbeitem werden keine weiteren Personalgruppen wie z.B. aus dem Management-, Personal- oder Finanzbereich der Untemehmung explizit betrachtet. Tabelle 4-2 stellt die genannten wesentlichen Rahmenbedingung und Annahmen dar. Untemehmen und Umwelt
Produktion
Vertrieb
Personalwirtschaft
Finanzwirtschaft
Tabelle 4-2
9
Ein-Produkt Unternehmen: Produktion und Vertrieb von E-Learning Kursen
9
Grfindungsphase, ohne bestehenden Kundenstamm
9
technologisch innovatives Umfeld
9
Vielzahl ghnlicher, kleiner Anbieter
9
Investitionsgut des Weiterbildungsmarkts
9
aufwendig produziertes, individualisiertes Gut ffir berufliche Qualifizierung
9
Auftragsfertigung in Gruppenarbeit
9
Dynamischer Markt
9
Direktvertrieb
9
typische Kunden: Untemehmen und Verbgnde
9
spezialisierte Mitarbeiter in drei Produktionsstufen und im Vertrieb
9
Einstellungen und Ausstellungen fiber Arbeitsmarkt
9
Aufnahmen und Anlage liquider Mittel
9
Cash Flow sowie Cash Flow basierte Kennzahlen
Ubersicht Rahmenbedingen und Annahmen des Unternehmenssystems
Das aufgezeigte Gesch~iftsmodell l~isst eine Bandbereite yon m6glichen Handlungen often. Zur detaillierten Ausgestaltung des Gesch~iftsmodells wird deshalb das formalisierte Modell in einem Simulationsmodell weiter operationalisiert, so dass alternative Entscheidungen analysiert und bewertet werden k6nnen. Ausgangspunkt for die weitere Betrachmng der Unternehmung ist die Produktion von E-Learning Kursen. Zur Erh6hung der l]bersichtlichkeit und Lesbarkeit werden nachfolgend Bestandgr6Ben durch grof3geschriebene, Flussgr6gen durch kleingeschriebene Variablen bezeichnet (vgl. Abschnitt 4.1.3.). Bei der algebraischen Darstellung wird aus gleichem Grund auf das Differenzial dt und die Angabe des Anfangswertes (vgl. G1.4-1) verzichtet. 4.2.2 Produktionssystem und Produktionsmodell Das Produktionssystem beschreibt die Komponenten und deren Beziehungen f'tir die betriebliche Fertigung von E-Leaming Kursen; das Produktionsmodell bildet diese Elemente und Relationen formal ab. Das Produktionssystem (vgl. Abschnitt 4.2.2.1) dient der Gliederung des mehrstufigen Prozesses und be~cksichtigt E-Learning spezifische Ph/~nomene wie die Modularisierung von E-Leaming Content oder produktions-
79
typische Aspekte wie beispielsweise das Erfahrungskurvenkonzept. Das Produktionsmodell (vgl. Abschnitte 4.2.2.2- 4.2.2.4) erm6glicht bzw. erfordert die Quantifizierung dieser Zusammenh~nge, um so wesentliche Gr613en wie die Anzahl der produzierten Kurse pro Periode und die Anzahl der notwendigen Produktionsmitarbeiter berechnen zu k6nnen.
4.2.2.1 Rahmenbedingungen des Produktionssystems Der Produktions- bzw. Entwicklungsprozess von E-Learning Inhalten wird in der Literatur durch eine Vielzahl sehr fihnlicher Vorgehensmodelle beschrieben. Zur Ableitung der Produktionsaktivit~ten sowie der hierffir ben6tigten Kompetenzen identifiziert Hagenhoff auf Basis einer umfangreichen Analyse der deutschsprachigen Literatur ein synoptisches Vorgehensmodell. Das Produktionssystem zur Erstellung von E-Learning Inhalten wird demnach durch die drei Produktionsstufen Contentkonzeption, Medienerstellung und Realisierung gekennzeichnet [Hage02, 138-141 ].74 In jeder Phase ffihren spezialisierte Mitarbeiter (Autoren, Mediendesigner, Programmierer) die notwendigen Arbeitsschritte der Kursfertigung aus. Die Contentkonzeption stellt den ersten Produktionsschritt bei der Erstellung von E-Learning Kursen dar. Autoren sind ftir die Auswahl und f'tir das Zusammenstellen sowie ftir das Systematisieren und ftir das Formulieren von Lehrinhalten verantwortlich. Ebenso planen Autoren die didaktische und mediale Aufbereitung und die Umsetzung der Kursinhalte. Autoren konzipieren somit die E-Learning Kurse. Als zweiter Produktionsschritt zur Erstellung von E-Learning Kursen schlief3t sich die Medienerstellung an die Contentkonzeption an, welche von Designern durchgef'tihrt wird. Designer erstellen ft~r konzipierte Inhalte multimediale Lehrobjekte z.B. in Form von Bildem, Animationen oder Filmsequenzen. 75 Zudem entwerfen sie ein Framework f't~r das Zusammenft~gen der erstellten Medienobjekte. In der letzten Produktionsstufe, der
Realisierung, werden
die erstellten Me-
dienobjekte zu einem fertigen E-Leaming Kurs zusammengeftigt. Programmie-
74 Vergleichbare Vorgehensmodellebilden auch z.B. [Bode90; HoKr+93; K1St01; Pawl01; NiHe+04]. Der von Hagenhoff verwendete BegriffKonzeption wird hier durch Contentkonzeptionersetzt. 7s Die ffir die Erstellung von Audio- oder Videobeitr~gen ben6tigten Sprecher oder Schauspieler werden nicht weiter abgebildet. Ft~reine Obersicht der notwendigen Infrastruktur und deren Kosten vgl. z.B. [Rumb04]. 80
rer leisten die Montage der verschiedenen Medienobjekte und ContentElemente zu einem E-Learning Kurs. E-Learning Kurse werden in definierten Modulen produziert, welche Kurse in kleinere Lehreinheiten einteilen. Solche Lehreinheiten werden sequenziell in der beschriebenen Reihenfolge gemW3 den drei Phasen produziert- Module einzelner Kurse k6nnen allerdings auch parallel erstellt werden. Diese modulare Struktur erm6glicht ebenefalls, bereits produzierte Lehreinheiten im Sinne der Contentwiederverwertung innerhalb neuer Kursarrangements mehrfach einzusetzen (vgl. Abschnitt 2.1.2). Nach einer gewissen Zeit sind die Module jedoch veraltet und k6nnen nicht weiter genutzt werden. Die Konzipierung, Medienerstellung und Realisierung von E-Learning Kursen wird von spezialisierten Teams erbracht; dabei k6nnen Mitarbeiter einer Produktionsstufe nicht T~tigkeiten einer anderen Produktionsstufe ausf'tihren. Die Produktion erfolgt in reiner Auftragsfertigung: Produktionsaktivitgten werden dann ausgel6st, wenn Bestellungen far Kurse eingehen.
4.2.2.2 Produktionsmodell: Konzipierung von E-Learning Kursen Um die Menge konzipierter Kurse pro Periode zu ermitteln, sind (i) das kapazitiv mOg-
lithe Produktionsergebnis der Autoren (Produktionskapazit~t) sowie aufgrund der Auftragsfertigung (ii) der Bestand an (eingegangenen) Bestellungen )~r neue Kurse pro Periode zu betrachten:
(i) Produktionskapazit~t: Die Produktionskapazitgt der Autoren gibt an, wie viele Kurse pro Periode innerhalb der Unternehmung maximal konzipiert werden k6nnen. FOr die Konzeption eines Kurses ist von den Autoren eine bestimmte Arbeitszeit zu leisten, so dass pro Periode und Mitarbeiter eine definierte Anzahl an Kursen konzipiert wird. Die Anzahl konzipierter Kurse pro Mitarbeiter und Periode wird als Produktivitgt bezeichnet. Wird unterstellt, dass alle Autoren mit gleicher Produktivitgt arbeiten und alle Kurse der gleichen Bearbeitungszeit bedtirfen, so ergibt sich die Produktionskapazitgt (authoring capacity) folglich aus der Anzahl der Autoren (Employ-
ees Authoring- vgl. G1.4-30) und der Produktivit~.t (Authoring Productivity- vgl. G1.4-5).
authoring capacity = Employees Authoring. Authoring Productivity Einheit: Kurse/Jahr
4-2
(ii) Bestand an Bestellungen: Bedingt durch die Auftragsfertigung ist der Bestand an Bestellungen die zweite wesentliche Gr66e zur Ermittlung der Anzahl konzi81
pierter E-Learning Kurse pro Periode. Dieser Bestand gibt an, ft~r wie viele der eingegangenen Bestellungen die Konzeption noch nicht begonnen hat. Es werden nur Aktivit/aten der Contentkonzeption bei einem positiven Bestand an Bestellungen ausgel6st; ist er gleich null, ftihren Autoren keine Aktivit~iten aus, ein negativer Auftragsbestand ist nicht m6glich. Die Anzahl konzipierter Kurse einer Periode kann den Bestand an Bestellungen nicht iibersteigen. Die Contentkonzeption fiihrt zu einer Abnahme des Bestellbestandes (Courses to a u t h o r - vgl. G1.4-23). Die Menge konzipierter Kurse pro Periode wird als Minimum aus der Produktionskapazit/at ftir die Contentkonzeption (authoring c a p a c i t y - vgl. G1.4-2) und aus der Anzahl der eingegangenen Bestellungen bestimmt. 76 Somit gilt ftir die Contentkonzeption (authoring) pro Periode formal folgender Zusammenhang G1.4-3. 77 authoring = min(Authoring Capacity,
Courses to author ) 4-3
Einheit." Kurse/Jahr Um die Contentkonzeption pro Periode zu erh6hen, sind sowohl die Anzahl der eingegangenen Bestellungen als auch die Produktionskapazit/at relevant. Die Vertriebsaktivit/aten beeinflussen die Anzahl der eingegangenen Bestellungen und werden in Abschnitt 4.2.3 weiter untersucht. Die Anzahl der Autoren und deren Produktivit~it bestimmen die Produktionskapazit/at. Die Personalpolitik des Unternehmens zur Berechnung der Autorenanzahl wird in Abschnitt 4.2.4 weiter ausgeftihrt. Die Produktivit/~t eines Autors variiert ebenfalls modellendogen durch den Erfahrungskurveneffekt. 78 Das Erfahrungskurvenmodell postuliert einen Rtickgang der Sttickkosten in Abh/angigkeit der im Laufe der Zeit gesammelten Erfahrung innerhalb einer Unternehmung
76 Ftir ein ~hnliches Vorgehen in der Produktionswirtschaft mit weiteren ergebnisbeschr~nkenden Operanden wie beispielsweise dem Bestand an Inputgiitern, Werkzeug- und Maschinenkapazitdten oder Lagerbestand vgl. z.B. [Zahn71, 132; Sch603, 98]. 77 Bei der Darstellung der G1. 4-3 wird zur Erleichterung der Lesbarkeit auf eine formal exakte Betrachtung der Einheiten verzichtet! Die Flussgr613e authoring mit der angegebenen Einheit [Kurse/Jahr] bildet das Minimum aus dem Produkt von Authoring Productivity und Employees Authoring mit der Einheit [Kurse/Jahr] sowie der Bestandsgr6Be Course to author mit der Einheit [Kurse]. Da der Bestand Course to author die maximal zu bearbeitende Menge an Kursen der Periode angibt, ist dieser durch die Zeit zu dividieren. So erweitert, ergibt sich f'tir den Ausdruck 4-3 ebenfalls eine Dimensionenkonsistenz. Gleiches gilt nachfolgend ftir G1.4-7, G1.4-9, G1.4-12, G1.4-34; die formal exakte, dimensionenkonsistente Darstellung der Gleichungen erfolgt im Anhang in Abschnitt 8.2. 78 Zus/~tzlich kann die Mitarbeiterproduktivit~t beispielsweise durch Investitionen in besonders effiziente Produktionswerkzeuge erh6ht werden - die Konsequenzen dieser Einfltisse werden im Rahmen der Untersuchung im Abschnitt 5.2 beriicksichtigt. 82
(vgl. Abschnitt 3.2.2). Zur Operationalisierung dieser Erfahrung wird die kumulierte Produktionsmenge an E-Learning Kursen betrachtet [Homb00, 72]. Somit steigt die Produktivit~it der Autoren in Abhiingigkeit der Anzahl bereits konzipierter Kurse. Die kumulierte Produktionsmenge der Contentkonzeption (Authored Courses) berechnet sich gemiil3 G1.4-4. t"
Authored Courses = Jauthoring
4-4
Einheit: Kurse Adaptiert auf die Erfahrungskurve ergibt sich ftir die Produktivitiit der Contentkonzeption (Authoring Productivity) folgender Zusammenhang 4 - 5 . 79
Authoring Productivity = ,B. Authored Courses r
4-5
Einheit: Kurse/(Jahr 9 Mitarbeiter) Der Exponent y bestimmt die Stiirke des Lernkurveneffekts, die Konstante fl gibt das Verh~iltnis zwischen Gehalt pro Mitarbeiter und Jahr und den Sttickkosten der ersten Einheit an. 8~ Bei einer konstanten Anzahl von Autoren steigt folglich die Produktivitiit pro Periode. Konzipierte Kurse sind halbfertige Produkte, for die bis zur Fertigstellung noch die Medienerstellung und Programmierung zu erfolgen haben.
4.2.2.3 Produktionsmodell: Mediendesign von E-Learning Kursen Analog zur Contentkonzeption wird die Menge designter Kurse pro Periode durch den
Bestand an konzipierten Kursen (i) sowie durch die Produktionskapaziti~t der Designer (ii) bestimmt: (i) Bestand an konzipierten Kursen: Die Konzeption von Kursen (authoringvgl. G1.4-3) erh6ht den Bestand konzipierter Kurse. Medien for einen Kurs k6nnen erstellt werden, sobald ein positiver Bestand an konzipierten Kursen auftritt; ist dieser Bestand gleich null, ftihren die Designer keine Aktivitiiten aus. Ein negativer Bestand an konzipierten Kursen ist nicht m6glich. Innerhalb einer Periode kann die Anzahl de-
79 Womer stellt in seiner Arbeit ein generalisiertes Erfahrungskurvenmodell zur Absch~itzung von Lernkurven auf Basis aggregierter Monatsdaten vor [Wome84]. Hierzu untersucht er die Produktivit~itssteigerung von Unternehmen bzw. Organisationseinheiten, G1.4-5 hingegen wird auf einzelne Mitarbeiter adaptiert - vgl. zur Herleitung Abschnitt 8.1 im Anhang. 8o Als typische Werte for die Kostensenkungen bei Produktionsverdoppelungen gelten 20-30%. Hieraus ergeben sich Werte ftir y zwischen 0,3-0,5 [Lieb87, 442; Simo92, 284]. 83
signter Kurse den Bestand an konzipierten Kursen nicht iibersteigen. Die Medienerstellung (media production- vgl. G1.4-7) reduziert den Bestand konzipierter Kurse
(Courses to design) und es gilt G1.4-6: P
Courses to design = Jauthoring - media production
4-6
Einheit." Kurse
(ii) Produktionskapazit~it der Designer: Die Produktionskapazit~it der Designer gibt an, wie viele Kurse pro Periode innerhalb der Unternehmung maximal designt werden k6nnen. Arbeiten alle Designer mit gleicher Produktivit~it und wird jeder Kurs in der gleichen Arbeitszeit erstellt, so ergibt sich die Produktionskapazit~it des Designs aus der Anzahl der Designer (Employees Media) und deren Produktivit~it (Media Pro-
ductivi09. Die Menge designter Kurse pro Periode (media production) berechnet sich als Minimum aus dem Bestand konzipierter Kurse sowie der Designkapazit/it- es gilt also der folgende Zusammenhang G1.4-7.
media production = min(Media Productivity. Employees Media, Courses to design)
4-7
Einheit: Kurse/Jahr Wie bei der Contentkonzeption variiert das Produktionsergebnis der Medienerstellung mit der Anzahl der Mitarbeiter dieser Produktionsstufe und deren Produktivit/it- die Personalpolitik wird hierzu in Abschnitt 4.2.4 beschrieben, die Produktivit/it steigt durch den Erfahrungskurveneffekt analog zur Darstellung in G1.4-5. Im Anschluss an die Medienerstellung erfolgt die Realisierung der E-Learning Kurse.
4.2.2.4 Produktionsmodell: Realisierung von E-Learning Kursen Entsprechend den beiden vorherigen Produktionsstufen ergibt sich die Menge der realisierten Kurse pro Periode durch die m6gliche Produktionskapazitiit der Programmie-
rer (i) sowie durch den Bestand an designten Kursen (ii): (i) Produktionskapazit~it der Programmierer: Die Produktionskapazit~R der Contentrealisierung wird analog zu den beiden vorherigen Produktionsstufen bestimmt. Bei gleicher Produktivit/it der Programmierer und gleicher Bearbeitungsdauer pro Kurs entspricht die Produktionskapazit/it dem Produkt aus der Anzahl der Programmierer (Employees Packaging) und der Produktivit/it (Packaging Productivity).
84
(ii) Bestand an designten Kursen: Der Bestand an designten Kursen wird durch die Medienerstellung von Kursen (media production - vgl. G1.4-7) erh6ht. Mit der Realisierung eines Kurses wird begonnen, sobald ein positiver Bestand an designten Kursen vorliegt. Wiederum gilt, dass diese Bestandsgr6Be nicht kleiner als null ist und im Falle der Gleichheit keine Aktivit~iten ausgef'tihrt werden. Aufgrund ihrer modularen Gestaltung k6nnen neue E-Learning Kurse ebenfalls aus Modulen realisiert werden, welche bereits fiir andere, schon vertriebene Kurse konzipiert und designt sind. Module eines bereits gefertigten Kurses werden somit nochmals innerhalb eines oder mehrerer Kurse eingesetzt. 8t Fiar den Teil eines Kurses, welcher durch wiederverwertete Inhalte erstellte wird, reduziert sich die Produktion lediglich auf die Realisierung, da Inhalte und Medienobjekte hierftir bereits vorliegen. Zur formalen Berticksichtigung der Contentwiederverwertung wird die Menge der eingegangenen Bestellungen um den Anteil der wiederverwerteten Inhalte (content r e u s e d vgl. G1.4-12) verringert und als Erh6hung des Bestandes an designten Kursen interpretiert. Die Realisierung ( p a c k a g i n g - vgl. G1.4-9) reduziert den Bestand designter Kurse (Courses to package) und es gilt somit G1.4-8: t*
Courses to package = j (media production + content reused packaging) Einheit:
4-8
Kurse
Die Menge der realisierten Kurse pro Periode ergibt sich als Minimum aus dem Bestand designter Kurse (Courses to package - vgl. G1.4-8) sowie der Programmierkapazit~it, formal dargestellt durch G1.4-9. packaging = min(Packaging Productivity. Employees Packaging, Courses to package)
4-9
Einheit." Kurse/Jahr
Die Produktivit~it der Programmierer steigt ebenfalls analog zur Darstellung in G1.4-5 aufgrund des Erfahrungskurveneffekts.
8~ Die Sicherstellung der Wiederverwertbarkeit (Reusability) von E-Learning Content ist zentrales Anliegen und Ziel der entwickelten Spezifikationen und Standards wie SCORM [ADL04] oder LOM [IEEE02] - vgl. Abschnitt 2.1.2. 85
Realisierte Kurse werden umgehend an Kunden ausgeliefert; ebenfalls erh6hen sie das Kursinventar, also den der Untemehmung vorliegende Bestand produzierter Kurse. Da Kurse nur eine bestimmte Zeit aktuell sind und vertrieben werde k6nnen, reduziert sich das Inventar durch die Kursveralterung (courses o u t d a t e d - vgl. G1.4-11). F~ir den Bestand an Kursen (Course Inventory) gilt G1.4-10: Course Inventory = Ipackaging - courses outdated 4-10
Einkeit." Kurse
Die Anzahl der veralteten Kurse in einer Periode ergibt sich aus der Kursnutzungsdauer (Average Course Span) und dem Bestand an Kursen gem~g G1.4-11: courses outdated = Einheit:
Course Inventory Average Coures Span
4-11
Kurse/Jahr
Der Anteil der Contentwiederverwertung (content reused) kann nun durch den Bestand an Kursen und einer Wiederverwertungsquote quantifiziert werden. Die Wiederverwertungsquote steigt mit der Anzahl programmierter Kurse und wird als Tabelle bzw. grafisch als Funktion im Modell hinterlegt. Eine hohe Homogenit~it der Lehrinhalte z.B. beziiglich des Lehrgebietes, der gewghlten Sprache oder des Bildungsstands der Lemenden erh6ht die Contentwiederverwertung. M6gliche Verl~iufe der Funktion zeigt Abbildung 4-2. content reused = Course Inventory. f (Course Invetory) Einheit:
86
Kurse/Jahr
4-12
Anteil der ContentWiederverwertung
30%
.......... ..... i"
20%
/. ./. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
..........
. . . . . . . . ,!
1oo o
..... ......
Anzah, '
/ 9
produzierter Kurse
0% 0
10
20
30
Abbildung 4-2 Fiktive Anteile der Contentwiederverwertung in Abh~ingigkeit der produzierten Kurse 4.2.2.5
Zusammenfassung
von Produktionssystem
und Produktionsmodell
Die Contentproduktion besteht wie dargestellt aus einem dreistufigen Produktionsprozess, der sequenziell durchlaufen wird. Da Kurse
beliebig
in Lehreinheiten teilbar sind,
k6nnen Medienerstellung und Realisierung beginnen, wenn die Konzeption eines Kurses
begonnen
hat. Somit werden Kurse, die aus einer Vielzahl von Modulen bestehen,
parallel gefertigt. Falls keine Bestellungen vorliegen, erfolgt keine Produktion von ELearning Content. Kundenauftr~ige werden in der Reihenfolge des Auftragseingangs produziert. Die Produktionsschritte erfolgen in Gruppenarbeit durch die jeweiligen spezialisierten Mitarbeiter. Die Spezialisierung bedingt, dass Mitarbeiter nur T~itigkeiten innerhalb einer Produktionsstufe ausf'tihren. Hilfs- und Verbrauchsmaterialen sind gem~if3 der Darstellung von Hagenhoff ftir die Erstellung der Kurse nicht notwendig. Alle Produktionsmittel wie z.B. die technische Infrastruktur oder die bei der Produktion beanspruchte Soft- und Hardware skalieren linear mit der Anzahl der Mitarbeiter. Aus Grtinden der l~ersichtlichkeit werden Fehler bei der Produktion mit einhergehendem Ausschuss nicht berticksichtigt, Gleiches gilt ftir m6gliche Stornierungen von Kundenauftr~igen. Die Zusammenh~inge der strukturell ~ihnlichen Produktionsstufen vom Produktionsbeginn bis zur Kursveralterung zeigt Abbildung 4-3 in der System Dynamics Oblichen Notation. Hierdurch werden die in diesem Abschnitt formal dargestellten Wirkungszu87
sammenh~inge zwischen den verschiedenen Produktionsstufen und den jeweils berticksichtigten Variablen tibersichtlich dargestellt. 4.2.3 Vertriebssystem und Vertriebsmodell Das Vertriebssystem bildet die relevanten Ursache-Wirkungs-Zusammenhgnge far den Vertrieb von E-Learning Kursen ab. Bestellungen far neue E-Learning Kurse werden von Kunden ausgel6st. Die Anzahl an Kunden hat folglich einen bedeutenden Einfluss auf die Menge der bestellten E-Learning Kurse. Der direkte Verkauf gilt als mit Abstand wichtigster Distributionskanal ftir junge Unternehmen im Technologiesektor [Jung04, 243]. Somit bestimmt die Anzahl der Mitarbeiter im Vertrieb wesentlich die Anzahl der Kunden und letztlich den (absoluten) Vertriebserfolg der mit ~ihnlichen Anbietem konkurrierenden Unternehmung. Die grundlegenden Wechselwirkungen zwischen Kunden, Markt und der E-Learning Unternehmung werden durch das Vertriebssystem (vgl. Abschnitt 4.2.3.1) beschreiben und durch das Vertriebsmodell formalisiert (vgl. Abschnitte 4.2.3.2 - 4.2.3.4).
4.2.3.1 Rahmenbedingungendes Vertriebssystems Das Vertriebssystem stellt die Schnittstelle zwischen Unternehmung und Kunden dar. Vertriebsmaf3nahmen einer realen Unternehmung werden nach produkt-, preis-, sowie kommunikations- und distributionspolitischen Aspekten untergliedert [Meff00, 64]. Produktpolitik: Der Wahl der Produkt- bzw. Programmpolitik kommt im Rahmen der Unternehmensplanung eine zentrale Rolle zu [Meff00, 234, 327]. Elemente der Produktpolitik sind neben der eigentlichen Produktentwicklung die Festlegung des Produkt- und Dienstleistungsprogramms, die Verpackungs- und Namensgestaltung sowie die Ausgestalmng des Kundendienstes [Jung04, 121-122]. Kundendienste und Serviceleistungen sind Dienstleistungen, welche dem Angebot yon E-Learning Kursen zeitlich vorausgehen oder sich daran anschlieBen. In der Anbahnungs- und Informationsphase 82 bietet das Unternehmen umfangreiche Beratungsleistungen bei der Gestaltung und der Auswahl von E-Learning Anboten an, um kundenspezifische Wt~nsche zu erfassen und diese bei der Kursgestaltung beriicksichtigen zu k6nnen. Hierbei sind beispielsweise Ziele der Weiterbildungsmaf3nahme, Vorwissen und Einsatzgebiete zu eruieren [Hage02, 123-124].
8_,Vgl. Hagenhoff[Hage02, 123] in Anlehnung an Schmid [Schm93, 467]. 88
.........
,
~ production inflow
S
Authoring Productivity ~
Courses to author
L.
~ Authoring / Capacity
-i.
Courses to design
S
Designing Productivity Designing Capacity
Authored Courses
authoring
k es
Designed Courses
ign
~
Courses to package
Packaging Productivity ~ Packaging 7 Capacity
Legende
' ~ packaging T
#
Course ~ a g i n l Invent~
r v
~
Packaged Courses
reused
MaterialflussRate Rate [Level] Text
"
Flussgr6Be Level Hilfsgr6Be Referenz auf Variable Informationsfluss Quelle oder Senke
Outdated Courses
Abbildung 4-3 Ubersicht des Produktionssystems - Notation nach Sterman bzw. Vensim [Ster00, 193]
89
Nach einem Gesch~iftsabschluss und der Kursproduktion unterstiitzt die Unternehmung ebenfalls die Installation der Kurse in das vom Kunden bestimmte Learning-Management-System und bietet eine Produktschulung an. Die Vermittlung von Wissensinhalten ist eine Dienstleistung, welche auf Ergebnissen der Aktivit~iten der Produktion fuf3t und eine entsprechende Infrastruktur und Organisation bedingt, um z.B. eine zeitnahe Betreuung von Lernenden oder das Zertifizieren von Priifungsleistungen zu erm6glichen (vgl. Abschnitt 2.1.2). Diese Dienstleistungen werden nicht vonder Unternehmung angeboten. Aufgrund der Immaterialitg.t der Kurse sowie der Lieferung als elektronisches Produkt entf~illt die Gestaltung der Verpackung als typische produktpolitische Mal3nahme.
Preispolitik: Die Preispolitik steht im engen Zusammenhang zur Produktpolitik und betrifft grunds~itzlich die Festsetzung von Preisen ftir ein angebotenes Produkt [ZePi+01, 24]. Dieses beinhaltet die Rabatt- und Skontopolitik und bezieht Liefer- und Zahlungskonditionen sowie Garantieleistungen mit ein [Schi03, 267]. Der Preispolitik kommt bei Informationsprodukten im Vergleich zu anderen Branchen aufgrund vielf~iltiger Aspekte eine besondere Rolle zu (vgl. Abschnitt 2.2.1 sowie z.B. [Kott01, 98; Wirt02, 478]) - insbesondere aufgrund des Verh~iltnisses zwischen Produktions- und Distributionskosten sowie der umfangreichen M6glichkeiten zur Versionierung und Syndikation von Informationsprodukten [vgl. z.B. ShVa98, 21, 53-82; Hess01 ]. MaBnahmen der Preispolitik beinhalten typischerweise die Preisdifferenzierung nach verschiedenen Marktsegmenten (z.B. nach Kundengruppen oder geographischen Regionen), nach dem Zeitverlauf (Skimming- oder Penetrations-Strategien) oder nach verschiedenen Erl6sformen wie z.B. nutzungsabh~ingige Erl6se nach Leistungsdauer oder-menge sowie nutzungsunabh~ngige Erl6sformen wie Abonnement oder einmalige Gebiihren [ZePi+01, 24-30]. Die Gestaltung der Preispolitik spielt zudem eine herausgehobene Rolle, da sie sowohl die Wert- als auch die Mengenkomponente des Umsatzes beriihrt. Die Mengenkomponente wiederum beeinflusst die Produktionskosten [F1Ha+04, 9]. Die Wahl der Preispolitik kann sich an den Produktionskosten, am Nachfrage- oder Wettbewerberverhalten sowie am Kundennutzen orientieren. Der von der Untemehmung erzielte Preis f'tir die produzierten E-Learning Kurse wird aufgrund der Produktions- und Wettbewerbsstruktur durch einen Marktpreis bestimmt.
Kommunikations- und Distributionspolitik: Die Kommunikationspolitik
(Marketing) eines Unternehmens zielt auf die l]bermittlung von Informationen zur Steuerung von Meinungen, Einstellungen und Verhalten [Meff00, 678-681]. Instrumente der Kommunikationspolitik sind Werbung und Verkaufsf6rderung, Offentlich90
keitsarbeit, Direktmarketing und pers6nlicher Verkauf [Schi03, 308]. Die Distribution umfasst alle Entscheidungen und Handlungen, die den Weg eines Produktes zum Kunden betreffen. Dies beinhaltet neben der Logistik auch die Wahl der Absatzwege, so dass kommunikations- und distributionspolitische Mal3nahmen in hoher Interdependenz stehen. Grunds~itzlich kann das Unternehmen als Absatzwege direkten oder indirekten Vertrieb als mOgliche, nicht-exklusive Alternativen w~ihlen [Beck01, 527-530]. Indirekter Absatz spielt besonders im Konsumgtiterbereich prim~ir flir den privaten Gebrauch, bei standardisierten Gtitem oder bei Giitem von geringem Wert eine grol3e Rolle [Wirt01, 381]. Da individuell erstellte E-Learning Kurse beratungsintensive Produkte sind und den Investitionsgtitem zugeordnet werden k/3nnen [Bund04c, 1], verfolgt die Unternehmung ausschliel31ich den Direktvertrieb ihrer Produkte. Bildungsbroker, Absatzmittler oder ahnliche Intermedi~ire zur Vermittlung von Angebot und Nachfrage werden im Grundmodell der Unternehmung nicht berticksichtigt. Ebenfalls erfolgt kein Vertrieb an Einzelpersonen durch elektronische Absatzkan~ile wie das Internet. 4.2.3.2
Vertriebsmodell: Produktpolitik des E-Learning Unternehmens
Das Produktangebot des betrachteten E-Learning Content Anbieters umfasst annahmegem~il3 ausschliel31ich E-Learning Kurse, welche im Direktvertrieb vermarktet werden. Vertriebsmitarbeiter stellen den Kontakt zwischen Unternehmung und Kunden her und begleiten alle Phasen einer Transaktion. Die Anzahl der Kundenkontakte eines Unternehmens (Contact Sales) ergibt sich wie in G1.4-13 dargestellt als Produkt aus der Anzahl der Vertriebsmitarbeiter (Employees Sales) und der Anzahl der kontaktierten Unternehmen pro Mitarbeiter und Jahr (Customer Contact Rate - vgl. 4-14). 83 Contact Sales = Employees Sales. Customer Contact Rate Einheit:
4-13
Kunden/Jahr
Die Aufgaben der Vertriebsmitarbeiter umfassen neben der Ansprache und Akquise potenzieller Kunden ebenso die zumeist intensive Beratung bei der kundenspezifischen Gestaltung der Lehrmittel vor der Content-Produktion sowie die Kursauslieferung und den Support bei der Installation. Die erwartete Anzahl der kontaktierten
83 Den Vertrieb produzierender Untemehmen aus dem Investitionsg0terbereich beschreiben [Ster00, 615-621; Sch603, 72-87]; zur BerOcksichtigung indirekter Vertriebswege im Konsumggterbereich vgl. z.B. [Forr03]. 91
Kunden pro Mitarbeiter und Jahr berechnet sich aus der Zeit, die ein Mitarbeiter far die Ansprache eines Kunden ben6tigt (Acquisition Time) abz~iglich der erbrachten Serviceleistungen bei der Installation. Die Akquiseleistung eines Mitarbeiters wird durch den Kundendienst und seine Serviceleistungen also reduziert. Der durchschnittliche Serviceaufwand pro Mitarbeiter berechnet sich als Quotient aus der Anzahl der gelieferten Kurse (courses shipped- vgl. G1.4-24) und der Anzahl der Vertriebsmitarbeiter (Employees Sales - vgl. G1.4-36), multipliziert mit der durchschnittlichen Servicezeit pro Kurs (Service Time). Ffir die Anzahl der kontaktierten Unternehmen pro Mitarbeiter und Jahr (Customer Contact Rate) gilt also folgender Zusammenhang G1.4-14.
Customer Contact Rate = (1- courses shipped . Service Time). 1 Employees Sales Acquisition Time
4-14
Einheit: Kunden/Jahr
4.2.3.3 Vertriebsmodell." Preis- und Konditionenpolitik des E-Learning Unternehmens Mit der Wahl der Preis- und Konditionenpolitik beeinflusst die Unternehmung die Kaufentscheidungen der angesprochenen Kunden. Potenzielle Kunden treffen die Auswahl eines Anbieters aufgrund individuell verschiedener und spezifisch bewerteter Attribute der angebotenen Kurse. Aus Sicht des betrachteten E-Learning Content Anbieters sind daher die Ausstattungsmerkmale der angebotenen Kurse sowie das Verhalten der Konkurrenz far den Vertriebserfolg entscheidend; auf beide Aspekte wird durch die Preis- und Konditionenpolitik eingegangen. Produktbezogene Kriterien bei der Kaufentscheidung von E-Learning Kursen k6nnen z.B. der Preis, die Qualit~it und die Lieferdauer der Kurse sein. Aufgrund der charakterisierten Marktstruktur des E-Leaming Content Markts (vgl. Abschnitt 4.2.1) verh~ilt sich das Untemehmen bei einer gegebenen und durch den Kunden vor Lieferung des Produktes vorab bestimmbaren Qualit/at als Mengenanpasser: der am Markt bestimmte Preis wird vonder Untemehmung als gegeben akzeptiert und kann nicht beeinflusst w e r d e n - vgl. Coumot-Modell [Tiro00, 209]. 84 Die individualisierten E-Leaming Kurse werden den Kunden zur uneingeschr~inkten Nutzung 84 Zur Betrachtung marktlicher Verhandlungsprozesse mit expliziter Beriicksichtigung heterogener Preis- und Qualit/~tsattributen vgl. z.B. [GrSa04]. 92
(z.B. bezfiglich der Anzahl der Lernenden, der Nutzungsdauer etc.) zu einem fixierten Preis fiberlassen. Der E-Learning Content-Anbieter behglt das Recht, bereits vertriebene Kurse oder Module anderen Kunden zum Kauf anzubieten. E-Learning Kurse veraltern nach einer gewissen Zeit (vgl. G1.4-11), so dass diese auch nicht mehr vermarktet werden k6nnen. Neben dem Preis ist die v o n d e r Untemehmung zugesicherte Lieferzeit ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Kaufentscheidung eines Kunden. Die maximale Lieferzeit berechnet sich aus den noch zu bearbeitenden Kursen in jeder Produktionsstufe. Ftir die Contentkonzeption ergibt sich die Lieferzeit aus den zu bearbeitenden Auftr~igen
(Courses to author- vgl. G1.4-23) sowie der Anzahl der konzipierten Kurse der aktuellen Periode (authoring- vgl. G1.4-3) gem~il3 G1.4-15. 85
Delivery Delay = Authoring
f Courses to author authoring
falls authoring >0 4-15 sonst
Einheit: Jahr Die Lieferzeit ffir die Medienerstellung rung
(Delivery Delay Design) und die Kursrealisie-
(Delivery Delay Packaging) berechnet sich entsprechend. Die produktionsbe(Delivery Delay Production) ergibt sich somit als Maximum der je-
dingte Lieferzeit
weiligen Produktionsstufen, wie G1.4-16 darstellt.
Delivery Delay =max(Delivery Delay Authoring,Delivery Delay Design, Production Delivery Delay Packaging)
4-16
Einheit." Jahr Da die Unternehmung bei entsprechender Auftragslage neue Mitarbeiter der ContentProduktion einstellen kann, ergibt sich hieraus eine zweite Obergrenze ftir die maximale Lieferzeit
(Delivery Delay Hiring). Diese berechnet sich als Summe aus der er-
warteten Reaktions- und Suchzeit, welche die Unternehmung zur Einstellung eines neuen Mitarbeiters ben6tigt sowie aus der Zeit, die ein neuer Mitarbeiter ftir die Einar-
ss Die Darstellung von unendlich (,,oo") ist bei einer Computersimulation nicht m6glich. Falls keine Kurse produziert werden, so ist die erwartete Lieferzeit der Produktion gr6ger als die Lieferverz6gerung aufgrund von Neueinstellungen (vgl. 4-15), so dass letztgenannte die maximale Lieferzeit ftir einen Kurs determiniert - vgl. G1.4-17. Somit wird im Simulationsmodell oo nieht ffir weitere Berechnungen genutzt. 93
beitung und fiir die Produktion eines Kurses erwartungsgemgB braucht. Somit gilt ffir die maximale Lieferzeit (Delivery Delay) folgender Zusammenhang G1.4-17:
Delivery delay = min(Delivery Delay Production, Delivery Delay Hiring )
4-17
Einheit." Jahr Die von Kunden akzeptierte Lieferzeit entspricht der am Markt beobachtbaren, durchschnittlichen Lieferzeit der Wettbewerber. Eine lange Lieferdauer ft~hrt zu einem Auftrags~ckgang- falls die Lieferdauer (Delivery Delay) allerdings geringer als die von Kunden akzeptierte Wartezeit (Customer Accepted Delay) ist, erh6hen sich die Chancen ft~r einen Auftrag nicht. Die von den Kunden wahrgenommene, relative Lieferfahigkeit (Relative Ability to deliver) ergibt sich somit wie in G1.4-18 dargestellt.
Relative Ability to deliver= min(
DeliveryDelay , 11 ) Customer Accepted Delay
4-18
Einheit: dimensionslos (dmnl.)
4.2.3.4 Vertriebsmodell: Kommunikations- und Distributionspolitik des E-Learning Unternehmens MaBnahmen der Kommunikations- und Distributionspolitik zielen zur Beeinflussung des Kaufverhaltens auf die Produkt- und Untemehmenswahmehmung ab und fokussieren dabei insbesondere auf untemehmens- und wettbewerbsbezogene Aspekte. Als untemehmensspezifische Einflussgr6ge ist die Reputation des Untemehmens zu berficksichtigen. Diese wird durch die kumulierte Menge an v o n d e r Untemehmung vertriebenen Kursen (Iorder inflow- vgl. G1.4-24) in Relation zur kumulierten Menge aller der im entsprechenden Marktsegment vertriebenen Kurse (Total Market) als relative Gr6Be gemessen. Far die relative Reputation (Relative Reputation) gilt G1.4-19:
Relative Total Market + Icourses shipped Reputation Total Market
4-19
Einheit." dmnl. Neben den unternehmensspezifischen sind zudem noch wettbewerbliche und konjunkturelle Aspekte ft~r die Kommunikations- und Distributionspolitik relevant. Wettbe-
94
werb fiihrt dazu, dass nicht alle kontaktierten Untemehmen zum Kauf eines ELearning Kurses bewegt werden k6nnen bzw. nicht alle kontaktierten Kunden Produkte v o n d e r Untemehmung erwerben. Die erwartete Anzahl von Kunden ergibt sich aus dem Produkt von kontaktierten Kunden (Contact S a l e s - vgl. G1.4-13) und der Kundenwandlungsrate des Untemehmens. Da das Kaufverhalten fiber die Zeit der Kunden variiert und Auftragsentscheidungen der Kunden zuf~illig, f'tir das Untemehmen also nicht deterministisch eintreffen, werden Kaufentscheidungen yon Kunden im Allgemeinen als stochastischer Prozess interpretiert. 86 Somit ergibt sich mit der stochastischen Komponente z als geometrischen Random Walk fiir die realisierte Kundenwandlungsrate (Conversion Rate) zum Zeitpunkt t gem~ig G1.4-20:
Conversion Rate(t)= Expected Conversion Rate + cr z~z mit
z = c .~
und c - N(O,1)
4-20
Einheit." dmnl. Der Parameter cy gibt dabei die Gr6ge der Schwankungen um die erwartete Kundenwandlungsrate (Expected Conversion Rate) an; zu jedem Zeitpunkt ist der Erwartungswert gerade gleich der Konstanten Expected Conversion Rate, da der Erwartungswert des standardnormal-verteilten St6rterms e und somit des stochastischen Prozesses z null ist. Je gr6ger der Parameter cy ist, desto wettbewerbsintensiver ist das betrachtete Segment (vgl. Abschnitt 3.2). 87 Da Kunden einen oder mehrere Kurse unterschiedlichen Umfangs bestellen k6nnen, ist zur Bestimmung der Anzahl der erwarteten Auftr/~ge weiter die durchschnittliche Bestellmenge pro Kunde zu berticksichtigen. Das Produkt aus der Anzahl potenzieller Kunden (Contact S a l e s - vgl. G1.4-14) sowie der Kundenwandlungsrate (Expected
Conversion R a t e - vgl. G1.4-20) bestimmt die Kundenanzahl, welche noch um die relative Lieferf~ihigkeit (Relative Ability to d e l i v e r - vgl. G1.4-18) sowie um die relative Reputation (Relative R e p u t a t i o n - vgl. G1.4-19) zu erg~inzen ist. Dies multipliziert mit der durchschnittlichen Bestellmenge pro Kunde (Sales Volume per Customer) er-
86 Zur Modellierung des Kaufverhaltens durch stochastische Prozesse vgl. Beispiel 1.1 [FaKa+81, 1], zur Beschreibung eines gew6hnlichen Wiener Prozesses [FaKa+81, 184-192]. Zur Vermeidung 6konomisch unsinniger, negativer Werte for Kaufauftr~ige ist die Normalverteilung trunkiert [vgl. z.B. Cohe91]. Ffir die zeitdiskrete Simulation in Kapitel 6 wird der stochastische Prozess mit einem festen Zeitintervall At (G1.4-1) betrachtet. s7 Durch einfache Erweiterung von G1.4-20 um einen entsprechen Wachstumsdrift k6nnen konjunkturelle Schwankungen Bert~cksichtigungfinden - vgl. hierzu Abschnitt 5.2.2.1. 95
gibt f'tir die erwartete Bestellmenge pro Periode (order inflow) folgenden Zusammenhang G1.4-21: order inflow = Contact Sales. Conversion Rate. Relative Reputation ...... Relative Ability to deliver ~:'~' 9 Sales Volume per Customer Einheit:
4-21
Kurse/Jahr
Die Exponenten eRep und eDel beschreiben dabei die Elastizit~iten der relativen Reputation bzw. der relativen Lieferf~ihigkeit.88 GrOBten Einfluss auf die Anzahl der eingegangenen Kursauftr~ige pro Periode haben die Anzahl der Vertriebsmitarbeiter und deren Kundenkontakte. Die Besch~iftigungspolitik des Unternehmens ftir Vertriebsmitarbeiter wird in Abschnitt 4.2.4 erl~iutert. Der Anteil der mehrfach verkauften Kurse steigt mit der Anzahl der vertriebenen Kurse und kann ~ihnlich zur Contentwiederverwertung (vgl. G1.4-12) durch den Bestand an Kursen und einer Wiedervertriebsquote quantifiziert werden. Dieser Koeffizient wird im Modell als Tabelle hinterlegt. Vertreibt das Untemehmen vorwiegend Kurse innerhalb einer Branche (z.B. Finanzdienstleister) bzw. zu bestimmten, m6glichst standardisierten thematischen Schwerpunkten (z.B. Projektmanagement), so ist der Anteil mehrfach vertriebener Kurse tendenziell hOher. Die Anzahl der mehrfach vertriebenen Kurse in einer Periode (courses reselling) ergibt sich als Funktion des Kursbestandes (Course Inventory - vgl. GI. 4-10): courses reselling = Content Inventory. f (Course Inventory) Einheit:
4-22
Kurse/Jahr
Bereits erstellte Kurse mtissen nicht mehr durch die Produktion bearbeitet, sondem k6nnen direkt von Vertriebsmitarbeitern ausgeliefert und installiert werden. Die Anzahl der neu zu produzierenden Kurse, also der Bestand an noch zu bearbeitenden Bestellungen (Courses to author), berechnet sich als Nettobestellrate (production inflow) als kumulierte Differenz zwischen der Anzahl der Bestellungen pro Periode (order i n f l o w - vgl. G1.4-21) und der Anzahl der mehrfach vertriebenen Kurse (courses res e l l i n g - vgl. G1.4-22).
88 FOr ~ihnlicheDarstellungenvgl. [Stile+95; O1St+03]. 96
Hiervon ist analog zu den Darstellungen der tibrigen Produktionsstufen (vgl. G1.4-7 oder G1.4-9) die produktive T~itigkeit der Autoren (authoring - vgl. G1.4-3) zu subtrahieren- folglich gilt G1.4-23: r
Courses to author = Jorder inflow - courses reselling - authoring = fproduction inflow- authoring Einheit:
4-23
Kurse
Die Anzahl der vertriebenen Kurse (courses shipped) innerhalb einer Periode wird bestimmt durch die Summe der mehrfach vertriebenen und der neu realisierten Kurse einer Periode (courses r e s e l l i n g - vgl. G1.4-22 bzw. p a c k a g i n g - vgl. G1.4-9). Es gilt G1.4-24: courses shipped = courses reselling + packaging Einheit:
Kurse/Jahr
4-24
4.2.3.5 Zusammenfassung von Vertriebssystem und Vertriebsmodell
Das dargestellte Vertriebsmodell beschreibt die dynamischen Zusammenh~inge beim Vertrieb von E-Learning Kursen, das Kaufverhalten von Kunden sowie m6gliche Wechselwirkungen zwischen dem Erfolg der Unternehmung und der Wettbewerbssituation. Einige Einflussgr613en wie der Preis, die Wettbewerbsintensit~it oder die Wiederverwertungsrate bieten dabei interessante, strategisch relevante Ansatzpunkte, welche im weiteren Verlauf der Arbeit aufgegriffen werden. Auch sind m6gliche Modifizierungen des Modells wie z.B. konjunkturelle Auswirkungen skizziert. Das Modell ist grunds~itzlich um weitere Einfltisse wie z.B. WerbemaBnahmen (Kampagnen, Messeprfisenzen etc.) und um Effekte durch Kundenempfehlungen (word-of-mouth Effekt [Bass69]) oder durch zusatzliche Serviceleistungen erweiterbar. Ebenso k6nnen Wechselwirkungen durch wiederkehrende Kunden abgebildet werden: Kunden sollten zu Wahrung der Aktualit~it und Sicherung des Wertes die erworbenen E-Learning Kurse gelegentlich aktualisieren oder nach entsprechender Zeit vollst~indig ersetzen, was den Vertriebsaufwand for solche Auftr~ige im Vergleich zu Neukunden u.U. reduziert. Vertriebspartnerschaften mit Anbietern komplement~irer Produkte wie z.B. LeamingManagement-Systeme (vgl. Abschnitt 2.1.2) oder Bildungsbrokern sind annahmegem~il3 in diesem Grundmodell nicht berOcksichtigt.
97
Die Schnittstelle zum Produktionssystem (vgl. 4.2.2) stellt der Auftragseingang dar, welcher Ausgangspunkt s die Produktion ist; die Anzahl der Vertriebsmitarbeiter wird im folgenden Personalsystem determiniert. Die Abbildung 4-4 zeigt die Wirkungszusammenh~inge des beschriebenen Vertriebssystems.
Acquisition Time
~
Service ~
~'~
Tim~courses
DeliveryDelay Hiring
~ d>
DeliveryDelay _ ~ Production
Customer ContactRate ~ S
Delivery Delay
l RelativeAbility to deliver
,f
~
Contacts Sales
Customer AcceptedDelay ~
Conversion Rate Volatility Sigma Expected Conversion Rate
"-
i
~ ~ ZX orderinflow
Contracted L Courses 1 \
Epsilon Delivery
SalesVolume per Customer
Conversion Rate
Epsilon
y
) /
Relative Reputation ~
Total Market
Abbildung 4-4 Ubersicht des Vertriebssystems
4.2.4 Personalsystem und Personalmodell Durch das Personalsystem werden die Entscheidungs- und Kontrollprozesse im Personalbereich des E-Learning Unternehmens abgebildet (Abschnitt 4.2.4.1). Hierzu werden die Phasen der Einstellung, der Ausbildung, der Beschaftigung sowie gegebenen-
98
falls des Entlassens jeweils ft~r die Mitarbeiter der Produktion und Mitarbeiter des
Vertriebs mittels des Personalmodells beschrieben (Abschnitte 4.2.4.2 und 4.2.4.3). 89 4.2.4.1 Rahmenbedingungen des Personalsystems Die Untemehmung besch/~ftigt wie dargestellt Mitarbeiter der Produktion und des Vertriebs. Mitarbeiter der Produktion (Autoren, Mediendesigner, Programmierer) konzipieren, designen und realisieren die durch die Vertriebsmitarbeiter verkauften Kurse (vgl. G1.4-21). Die Anzahl der Vertriebsmitarbeiter hat direkten Einfluss auf den Vertriebserfolg der Untemehmung (vgl. G1.4-13), die Anzahl an Mitarbeitem der Produktion bestimmt wie in Abschnitt 4.2.2 dargestellt die Produktionsdauer eines ELearning Kurses. Die Lieferzeit ft~r einen Kurs wiederum ist, wie in Abschnitt 4.2.3 beschrieben, ein wichtiges produkt- bzw. untemehmensbezogenes Kriterium bei der Kaufentscheidung- eine zu lange Lieferzeit senkt die Chance ft~r einen Auftrag. Aus Sicht der Untemehmung ist weder eine zu geringe noch eine zu hohe Anzahl an Mitarbeitem ft~r die Produktion und ft~r den Vertrieb erstrebenswert. Erwartungen tiber zuk~inftige Auftragseing/~nge oder Marktentwicklungen werden von der Untemehmung zur Planung des Personalbestandes nicht getroffen. Um den Personalbestand an die Anforderungen der Untemehmung anzupassen, k6nnen Mitarbeiter eingestellt oder entlassen werden. Die Einstellung von Mitarbeitem beansprucht Such- und Ausbildungszeiten. Die Suchzeit entspricht der Zeit, welche zur Feststellung des eigentlichen Personalbedarfs und zur Entscheidung von Neueinstellungen innerhalb der Untemehmung sowie zur Identifikation von neuen Mitarbeitern durch einen Bewerbungs- und Auswahlprozess verstreicht. Neu eingestellte Mitarbeiter mt~ssen in einer Trainingszeit ft~r ihre T/~tigkeiten ausgebildet werden, w~ihrend dieser sie keine produktiven oder vertrieblichen Leistungen erbringen. Falls auftragsbedingt ein 121berhang an Mitarbeitem entsteht, so wird dieser innerhalb einer gewissen Suchzeit abgebaut. Abfindungen oder abnehmende Produktivit~it aufgrund sinkender Motivation der verbleibenden Mitarbeiter treten nicht auf. Eine na~rliche Flukmation wird aus Grfinden der Vereinfachung nicht be~cksichtigt. Produktionsmitarbeiter" Ft~r die Produktion stellt sich somit die Aufgabe, zwischen entgangenen Auftrggen aufgrund hoher Lieferzeiten und m6glichen l)berka-
89 Zahn z.B. unterscheidet in vier verschiedene Gruppen (Arbeiter, Ingenieure, Wissenschaftler und Manager) im Personalbereich [Zahn71, 144], Jost hingegen in sieben Gruppen einschlieglichHilfskriifie, Facharbeiter, Meister, Ingenieure sowie drei administrative Gruppen von Mitarbeiter [Jost90, 93-128]. 99
pazit~ten in der Produktion aufgrund ausschliel31icher Auftragsfertigung eine geeignete Menge an Mitarbeitern zu beschgftigen. Eine hohe Anzahl an Produktionsmitarbeitern ftihrt zu nicht genutzten Kapazit~ten, falls die Bestellmenge nicht gent~gend grog ist (vgl. G1.4-3); eine zu geringe Anzahl an Mitarbeitern hingegen ft~hrt zu einer geringen relativen Lieferfahigkeit und somit zu einem Nachteil far das im Wettbewerb agierende Unternehmen (vgl. G1.4-1 8). Vertriebsmitarbeiter. Ahnlich zu der Produktion ergibt sich ftir das Unter-
nehmen die Aufgabe, eine geeignete Anzahl an Mitarbeitem im Vertrieb zu besch~.ftigen. Bei einer zu geringen Anzahl an Mitarbeitem entgehen der Unternehmung m6gliche Auftr~ge, eine zu hohe Anzahl ft~hrt bei einer durch eine maximale Nachffage an E-Learning Kursen begrenzte Kundenanzahl zu l~erkapazit~iten im Vertrieb. Die Unternehmung verfolgt ein moderates Personalwachstum: Neue Mitarbeiter der Produktion werden eingestellt, wenn die Auftragslage die Beschgftigung der Produktionsmitarbeiter sicherstellt. Neueinstellungen im Vertrieb werden der Marktentwicklung angepasst.
4.2.4.2 Personalmodell: Mitarbeiter der Produktion Bei Entscheidungen fiber Einstellungen und Entlassungen verfolgt die Unternehmung ftir Autoren, Mediendesigner und Programmierer das gleiche Vorgehen, auch sind die Ursache-Wirkungs-Zusammenh~inge f'tir die Besch~iftigung der verschiedenen Gruppen in der Produktion strukturell gleich. Nachfolgend werden deshalb exemplarisch die Personalentscheidungen far Autoren detailliert dargestellt, daran schliel3t sich eine Betrachtung ft~r die ~ibrigen Mitarbeiter an. Neue Mitarbeiter der Produktion werden eingestellt, wenn die erwartete Lieferzeit der Kurse die von Kunden akzeptierte Lieferzeit tibersteigt. Es werden daraufhin so viele Mitarbeiter eingestellt, bis sich die betrieblich m6gliche und die von Kunden akzeptierte Lieferdauer gleichen. Dies ist erftillt, wenn die bestehende gerade der erforderlichen Anzahl an Autoren entspricht. Die erforderliche Anzahl an Autoren (Target
Employees Authoring) berechnet sich dutch den Quotienten aus der Menge der zu konzipierenden Kurse (Courses to author- vgl. G1.4-23) und der Produktivit~it der Autoren (Authoring Productivity- vgl. G1.4-5) innerhalb der von Kunden akzeptierten Lieferzeit (Customer Accepted Delay).
100
Target Employees Authoring
Courses to author Authoring Productivity. Customer Accepted Delay
4-25
Einheit: Mitarbeiter/Jahr Falls die bestehende Anzahl an Mitarbeitern kleiner als die durch den Quotienten (GI. 4-25) bestimmte erforderliche Anzahl ist, k6nnen nicht alle Auftr/~ge innerhalb der akzeptierten Zeit erledigt werden. Durch die Differenz zu den besch/fftigten Autoren (Employees Authoring- vgl. G1.4-30) ergibt sich hieraus f'tir die Anzahl der einzustellenden Mitarbeiter (author hiring target) folgender Zusammenhang (G1.4-26):
author hiring target = max(Target Employees Authoring - Employees Authoring, O)
4-26
Einheit: Mitarbeiter/Jahr Ist ein Bedarf an neuen Mitarbeitem identifiziert, so verstreicht eine gewisse Suchund Ausbildungszeit, bis neue Autoren produktiv sind. Da die Einstellungsdauer vom Arbeitsmarkt abhfingt und somit v o n d e r Untemehmung nicht deterministisch und nur indirekt beeinflusst werden kann, variiert die Suchzeit f'tir neue Mitarbeiter. Die Exponentialverteilung gilt als typisches Modell ftir eine in stetigen Zeitabst/~nden gemessene Lebensdauer oder for Warte- und Suchzeiten [FaKti+99, 277]. Die Zwischenankunftszeiten von neuen Mitarbeitem werden entsprechend unabh/~ngig exponentialverteilt modelliert. 9~ Hieraus folgt, dass die Anzahl von Neueinstellungen innerhalb einem Zeitintervall Poisson-verteilt ist [FaKti+99, 279]. Die Poisson-Verteilung gibt an, wie viele Mitarbeiter innerhalb einer Periode bei gegebener Suchzeit (Hiring Time Autho-
ring) eingestellt werden. 9~ ErwartungsgemaB stellt die Untemehmung gerade die ermittelte, notwendige Anzahl neuer Mitarbeiter ein (author hiring t a r g e t -
vgl.
G1.4-26). Somit ist diese Anzahl von Neueinstellungen innerhalb einer Periode
(author hiring) gegeben durch die Poisson-Verteilung gemfiB G1.4-27:
authoring hiring =
(author hiring target )HiringTimeAuthoring e-author hiring target Hiring Time Authoring!
4-27
Einheit." Mitarbeiter/Jahr
90 Die Exponentialverteilung ist das stetige Analogon zur diskreten Geometr&chen Verteilung. Wie f'tir die Normalverteilung in G1.4-20 wird hier der stetige Fall beschrieben. Ffir eine ~hnliche Modellierung vgl. z.B. [Zahn71, 148]. 9~ Ftir weitere Aussagen sowie eine Darstellung der Poisson-Verteilung einschlieBlich der getroffenen Annahmen vgl. z.B. [FaKti+99, 258-262] oder vergleichbare Statistik-Lehrbticher. 101
Nach der Einstellung werden neue Mitarbeiter mit den spezifischen Produktionsprozessen und den Werkzeugen der Untemehmung in einer Trainingsphase vertraut gemacht. Der Bestand an Mitarbeitern in der Ausbildung (New Employees Authoring) erh6ht sich durch Neueinstellungen (authoring hiring- vgl. G1.4-27) und reduziert sich durch die Anzahl der ausgebildeten Mitarbeiter pro Periode (author trainingvgl. G1.4-29).
New Employees Authoring = fauthor hiring-author training Einheit: Mitarbeiter
4-28
Die Anzahl der ausgebildeten Mitarbeiter pro Periode (author training) berechnet sich aus dem Bestand an neuen Mitarbeitern (New Employees Authoring) und der durchschnittlichen Trainingszeit (Training Time Authoring) nach G1.4-29.
author training =
New Employees Authoring Training Time Authoring
4-29
Einheit: Mitarbeiter/Jahr Nach der Ausbildungszeit (author training) sind neue Mitarbeiter genauso produktiv wie die fibrigen, von der Unternehmung besch/~ftigten Autoren. 92 Die Anzahl an (produktiven) Autoren (Employees Authoring) ergibt sich somit aus der Differenz zwischen ausgebildeten und entlassenen Mitarbeitern, wie G1.4-30 darstellt.
Employees Authoring = fauthor training-author attrition 4-30
Einheit." Mitarbeiter Entscheidungen t~ber Entlassungen werden analog zu den Oberlegungen far Einstellungen modelliert (vgl. G1.4-25). Wesentlicher Unterschied besteht darin, dass Mitarbeiter nicht umgehend entlassen werden, wenn weniger als die maximal m6gliche Anzahl an Kursen produziert wird (vgl. G1.4-3 - Produktionsergebnis > Bestellmenge). Fallt die Auslastung allerdings unterhalb ein definiertes Auslastungsniveau (Overca-
pacity level authoring), werden so viele Mitarbeiter entlassen, um dieses Niveau zu erzielen. Ffir die Anzahl der entlassenen Mitarbeiter gilt somit G1.4-31.
92 Neue Mitarbeiter arbeiten mit gleicher Produktivit/~t, die sich ftir das gesamte Unternehmen durch die Erfahrungskurvenansatz (vgl. G1.4-5) ergibt. Ffir die Darstellung einer mehrstufigen Kompetenzentwicklung von Mitarbeitern vgl. z.B. [Ster00, 486]. Weiter sind Trainingskosten oder Produktivit/~tseinschr/~nkungen durch trainierende Mitarbeiter nicht benicksichtigt. 102
authoring attrition target
Courses to author Authoring Productivity. Customer Accepted Delay Overcapacity level authoring. Employees Authoring
4-31
Einheit: Mitarbeiter/Jahr Das Ausscheiden aus der Unternehmung wird ebenfalls wie bei Einstellungen (vgl. G1.4-27) durch eine Poisson-Verteilung beschrieben. Falls die Lieferzeit kleiner oder gleich als die durchschnittlich akzeptierte Wartezeit ist und das Produktionsergebnis nicht unter das Auslastungsniveau sinkt, werden Mitarbeiter weder eingestellt noch entlassen. Analog zu dem minimalen Auslastungsniveau kann ein zus~itzliches maximales Auslastungsniveau, welches z.B. aufgrund von 0berstunden oberhalb der normalen Produktivit/at liegt, kurzfristige Nachfragetiberh/~nge berticksichtigen; dieses wird nicht modelliert. 93 FOr die beiden tibrigen Gruppen der Produktionsmitarbeiter werden Personalentscheidungen analog zu den dargestellten Wechselwirkungen getroffen. Die Anzahl der Mitarbeiter der Produktion (Employees Production) berechnet sich aus der Summe der Mitarbeiter der drei beschriebenen Produktionsphasen Konzeption, Medienerstellung und Realisierung, so dass G1.4-32 gilt: Employees Production = Employees Authoring+ Employees Media+ Employees Packaging
4-32
Einheit: Mitarbeiter Analog ergibt sich for die Anzahl der neuen Mitarbeiter (New Employees) der Unternehmung der Zusammenhang nach G1.4-33. New Employees Production = New Employees Authoring+ New Employees Media+ New Employees Packaging
4-33
Einheit: Mitarbeiter Nachdem nun der Personalsektor der Produktion analysiert ist, werden nachfolgend die Personalentscheidungen ftir Vertriebsmitarbeiter betrachtet.
93 Vgl. fdr die Darstellung eines maximalen Auslastungsniveau mit der Berficksichtigung von Oberstunden z.B. [Zahn71]. 103
4.2.4.3 Personalmodell." Mitarbeiter des Vertriebs Mitarbeiter des Vertriebs akquirieren und beraten neue Kunden und begleiten den Distributionsprozess (vgl. Abschnitt 4.2.3). Die Entscheidungen tiber das Einstellen, Ausbilden und Entlassen von Vertriebsmitarbeitern haben direkten Einfluss auf die abgesetzte Menge an E-Learning Kursen. Die Unternehmung operationalisiert die verfolgte, moderate Wachstumsstrategie, indem die Anzahl der Vertriebsmitarbeiter an die Entwicklung des E-Learning Markts angepasst wird. Bei steigendem Marktvolumen werden so weitere Mitarbeiter in Aussicht auf eine gr6Bere Gruppe potenzieller Kunden eingestellt, bei fallendem Markt werden entsprechend Mitarbeiter entlassen. Ftir die Anzahl der Einstellungen und Entlassungen ist somit die Entwicklung der Nachfrage nach E-Learning Kursen (Market Growth) und die Anzahl an bereits besch~iftigten Vertriebsmitarbeitern (Employees Sales - vgl. G1.4-36) wesentlich. Die Anzahl der einzustellenden Mitarbeiter im Vertrieb (sales hiring targeO ergibt sich somit gem~il3 G1.4-34. sales hiring = I EmplOyees Sales.(Marketgrowth-1) target
[
0
falls > 0
sonst
4-34
Einheit: Mitarbeiter/Jahr Ftir die Einstellungen neuer Vertriebsmitarbeiter fallen ebenfalls Such- und Ausbildungszeiten an; die Suchzeit beinhaltet hier die Zeit, welche zur Feststellung der Marktentwicklung und zur Identifikation yon neuen Mitarbeitern durch einen Bewerbungs- und Auswahlprozess ben6tigt wird. Wie bei den Mitarbeitern der Produktion hangt die erwartete Einstellungsdauer (Hiring Time Sales) von der Entwicklung des Arbeitsmarkts ab und ist somit ftir die Unternehmung nicht deterministisch. Die Anzahl von Einstellungen (sales hiring) neuer Vertriebsmitarbeiter in einer Periode ist Poisson-verteilt (vgl. G1.4-27) und es gilt G1.4-35. sales hiring = (sales hiring target)HiringTime Salese -s~teshiring target Hiring Time Sales!
4-35
Einheit: Mitarbeiter/Jahr Eingestellte Vertriebsmitarbeiter mtissen ebenfalls ausgebildet werden; in dieser Zeit erbringen sie keine produktiven Leistungen. Die Ausbildungs- und Entlassungspolitik erfolgt analog zu der Mitarbeiterpolitik der Produktion (vgl. G1.4-29 und G1.4-31 bzw. Abschnitt 8.2). 104
Die Anzahl der Mitarbeiter im Vertrieb (Employees Sales) berechnet sich als Differenz der ausgebildeten Neueinstellungen (sales training) und Entlassungen (sales attrition) gem~il3 G1.4-36. t*
Employees Sales = [sales training - sales attrition
4-36
Einheit: Mitarbeiter
Der Personalbestand der Unternehmung (Employees) ergibt sich nun aus der Summe der Vertriebsmitarbeiter (Employees Sales - vgl. G1.4-36) und der Produktionsmitarbeiter (Employees Production- vgl. G1.4-32) zuztiglich der Mitarbeiter in der Ausbildung (New Employees- vgl. G1.4-38). Employees = Employees Sales+ Employees Production + New Employees
4-37
Einheit: Mitarbeiter
FOr die Mitarbeiter in der Ausbildung gilt dabei G1.4-38. New Employees = New Employees Sales+ New Employees Production
4-38
Einheit: Mitarbeiter
4.2.4.4 Zusammenfassung der personalwirtschaftlichen Aktivitiiten
Das betrachtete E-Learning Unternehmen besch~iftigt vier verschiedene Gruppen von Mitarbeitern, welche aggregiert ftir Produktions- und Vertriebsmitarbeiter durch das Personalsystem beschrieben werden. FOr jede Mitarbeitergruppe werden Einstellungs-, Entlassungs- und Ausbildungsprozesse mit den entsprechenden zeitlichen Verz6gerungen beriacksichtigt. Die Anzahl der Produktionsmitarbeiter bestimmt mal3geblich die Menge der produzierten, die Vertriebsmitarbeiteranzahl die Menge der vertriebenen Kurse einer Periode. Abbildung 4-5 stellt die beschriebenen Ursache-Wirkungsbeziehungen der Personalpolitik far das Produktions-, Abbildung 4-6 fiar das Vertriebssystem dar.
105
Hiring Time Sales sales hiring
sales S hiring target ~sal
~
Training / / i Time Sales
New
Attrition Time Sales
sales attritiontarget
Sales e Employees
s ~ training Employees Sales
~
sales attrition
~
C) Abbildung 4-5 Ubersicht des Personalsystems fiir die Produktion: Beispiel Contentkonzeption
Entscheidungen ffir personalwirtschaftliche MaBnahmen im Vertrieb werden durch die Entwicklung des E-Learning Markts bestimmt, der Personalbestand in der Produktion wird an die Nachfrage und die Lieferzeiten ffir E-Learning Kurse angepasst. Eine natfirliche Fluktuation von Mitarbeitem wird im betrachteten Zeitraum nicht modelliert, eine Erweiterung des Modells ist allerdings problemlos m6glich. Nach einer direkt der Einstellung folgenden betrieblichen Ausbildung arbeiten alle Mitarbeiter mit der gleichen Produktivit~it und entwickeln sich unabh~ingig von der Betriebszugeh6rigkeitsdauer mit dem Untemehmen. Die Mitarbeiter werden dabei als homogen modelliert, verschiedene Qualifikationen oder Erfahrungsst~nde bleiben unberficksichtigt.
106
HiringTime Authoring
~ ~ .
author hiring
authoring hiring target ~
New Employees Authoring or training
Training f TimeAuthoring Attrition Time Authoring - ~
~
authoring attritiontarget ,.
-I
Overcapacity Level
Employees L A
.~ author " attrition
C)
Abbildung 4-6 Ubersicht des Personalsystems fiir den Vertrieb 4.2.5 Finanzsystem und Finanzmodell Im Finanzsystem spiegeln sich die den realen Gtiterprozessen gegentiberstehenden Finanzprozesse der Unternehmung wider. Das Finanzsystem modelliert damit in monet~ren Gr68en die umfassenden Ursache-Wirkungszusammenh~inge der dargestellten Produktions-, Vertriebs- und Personalsysteme.
4.2.5.1 Rahmenbedingungen des Finanzsystems Ftir ein reales Unternehmen gibt der Jahresabschluss mit seinen erforderlichen Bestandteilen Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Kapitalflussrechnung Aus-
107
kunft aber den finanziellen Erfolg der betrachteten Periode. 94 Die Kapitalflussrechnung stellt eine liquiditiitsbezogene Zeitraumrechnung dar, die im Gegensatz zur zeitpunktbezogenen Bilanz Bestandsveriinderungen und im Gegensatz zur Gewinn- und Verlustrechnung auch erfolgsunwirksame Zahlungsstr6me erfasst [PeSt02, 574]. Sie gibt somit Auskunft aber die Finanz- und Liquidit~tssituation einer Unternehmung und kann prinzipiell durch Bestandsdifferenzen aus der Bilanz oder durch Bewegungsbzw. Flussgr6Ben erstellt werden. Die Kapitalflussrechnung bzw. Cash Flow Rechnung schafft die Grund!age zur Beurteilung der Liquidit~ts- und der Ertragssituation einer Unternehmung und hat als Indikator far die Finanzkraft einer Unternehmung eine lange Tradition [Schi03, 619, 409]. Als Cash Flow werden Ein- und Auszahlungen bzw. als aggregierte Gr6Be der NettoZahlungsstrom einer Periode aus der laufenden Geschgfts-, Investitions- und Finanzierungstgtigkeit eines Unternehmens bezeichnet. 95 Der ermittelte Cash Flow dient in der Finanzwirtschaft der dynamischen Bewertung einer Investitionsentscheidung. Hierbei wird der Oberschuss der diskontieren Einzahlungen t~ber den diskontierten Auszahlungen als Investitionskalkal betrachtet, die Herkunft der Finanzmittel bleibt dabei unberficksichtigt [Baet98, 417-423; CoKe+02, 88-101, 171-184]. Es wird angenommen, dass das E-Learning Unternehmen unbeschrgnkt Fremdkapital zu einem definierten Zinssatz oder Eigenkapitalmittel am Kapitalmarkt beschaffen kann (vgl. Abschnitt 2.2.1). Anlagem6glichkeiten far die Unternehmung werden nicht berficksichtigt. Neben dem Cash Flow sind weitere Kennzahlen far die Beurteilung der finanziellen Lage des Unternehmens und des Erfolgs der unternehmerischen T~itigkeit natzlich. Kennzahlen, welche Informationen zur Beurteilung und Kontrolle der Untemehmung bieten, k6nnen aus Best~inden (zeitpunktbezogen) oder Flussgr6Ben (periodenbezogen) gebildet werden. Zu den stromgr6Benorientierten Kennzahlen sind die Erfolgs- und Aktivit~itskennzahlen zu z~ihlen, w~hrend die zeitpunktbezogenen Gr6Ben Verm6gensund Kapitalstrukturen abbilden. Bestandsorientierte Liquidit~itskennzahlen sind kritisch zu sehen, da durch sie keine Aussagen t~ber die zukt~nftige Zahlungsfahigkeit des Untemehmens abgeleitet werden k6nnen [PeSt02, 524, 536]. Aus diesem Grund wer-
94
Die Kapitalflussrechnung ist verpflichtender Bestandteil des Jahresabschlusses f'tir alle Untemehmen, die nach IAS/IFRS bilanzieren (IAS 7) sowie far alle b6rsennotierten Untemehmen, welche nach HGB bilanzieren ({}297 HGB, DRS 2).
95 Definition nach Deutscher RechnungslegungsstandardNr. 2 - die bis hier beschriebenen T~itigkeiten der Untemehmung sind zur Gesch~iftst~itigkeitzu ~hlen. Investitions- sowie Finanzierungst~itigkeiten des Untemehmenswerden im Folgenden dargestellt. 108
den bestandsorientierte, also auf Bilanzgr6gen basierende Kennziffern im Rahmen der Arbeit nicht weiter berticksichtigt. 96
4.2.5.2 Finanzmodell: Unternehmenskennzahlen Das Finanzmodell bildet die Ein- und Auszahlungen der Untemehmungen einer Periode aus der jeweils laufenden Gesch~iftst~itigkeit ab. Dies erlaubt somit die Bewertung des finanziellen Erfolgs der Unternehmung und gibt zudem Auskunft fiber m6glicherweise bestehenden Finanzierungs- und Liquidit~itsbedarf. Gr6gen der Bilanz oder einer Gewinn- und Verlustrechnung werden somit nicht ermittelt. 97 Auszahlungen der Unternehmung resultieren aus zahlungsgleichem Aufwand far Personal. Diese ergeben sich aus der Anzahl der Mitarbeiter und den durchschnittlichen Personalkosten pro Mitarbeiter der jeweiligen Mitarbeitergruppe. Die Personalkosten beinhalten sowohl die Kosten ftir L6hne und Geh~ilter als auch die Personalnebenkosten wie zum Beispiel Versicherungen, Entgeltfortzahlungen etc. Auch werden annahmegem~g Miete, Verwaltung, Betriebsmittel, Steuern etc. durch die Personalkosten subsumiert. Die Auszahlungen ftir die Produktionsmitarbeiter in einer Periode (outflow production) berechnet sich als das Produkt aus den durchschnittlichen Personalkosten for einen Mitarbeiter der Produktion (Average Salary Production) und der Anzahl von Produktionsmitarbeiter (Employees Production - vgl. G1.4-32) gem~il3 G1.4-39.
outflow production = Average Salary Production. Employees Production
4-39
Einheit: Euro/Jahr Far Vertriebsmitarbeiter und Mitarbeiter in der Ausbildung ergeben sich die Auszahlungen analog. Somit k6nnen die Auszahlungen der Unternehmung (outflow) einer Periode als Summe der Auszahlungen fiir Produktionsmitarbeiter (outflow producti-
on), ftir Vertriebsmitarbeiter (outflow sales) und ftir neue Mitarbeiter (outflow training) bestimmt werden:
9~,Weitere Indikatoren wie z.B. Wachstumsraten, Verschuldungsgrad, Betriebsgr6ge oder abstrakte Oberlebens- bzw. Ruinwahrscheinlichkeit werden zur Beurteilung der Unternehmensentwicklung nicht bestimmt, for eine Obersicht vgl. z.B. [Brum96, 126-139; Hinn98, 84-88]. 97 FOr die Ermittlung einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung durch Flussgr6gen vgl. z.B. [Sch603]. 109
outflow = outflow production+ outflow sales+ outflow training
4-40
Einheit: Euro/Jahr Nach Bestimmung der Auszahlungen sind zur Ermittlung des Cash Flow noch die Einzahlungen zu berechnen. Da das betrachtete Untemehmen als ausschliel31iche Gesch/aftst/atigkeit die Produktion und den Vertrieb von E-Learning Kursen verfolgt, werden Einnahmen einzig durch den Verkauf von Kursen realisiert. Die Einzahlungen ergeben sich als Produkt aus der Anzahl gelieferter Kurse und dem erzielten Preis. Beim dem hier er6rterten Basismodell ist der Preis fiber den betrachteten Zeitraum annahmegem~iB konstant. Somit berechnen sich die Einzahlungen der Unternehmung einer Periode (inflow) als Produkt aus dem erzielten Preis (price) und der Anzahl der gelieferten Kurse (courses
shipped- vgl. G1.4-24) gem~il3 G1.4-41: inflow = courses shipped, price Einheit." Euro/Jahr
4-41
Der Cash Flow der Untemehmung berechnet sich nun direkt aus der Differenz der Einzahlungen (inflow- vgl. G1.4-41) und der Auszahlungen (outflow- vgl. G1.4-40) in einer Periode und es gilt Zusammenhang G1.4-42:
cash flow = inflow- outflow
4-42
Einheit: Euro/Jahr Die Gr613e Cash Flow ist geeignet, einerseits die Vorteilhaftigkeit des untemehmerischen Engagements zu beurteilen (Rentabilit~it) sowie anderseits den notwendigen Finanzierungs- und Liquidit/atsbedarf der Unternehmung (Liquidit/at) abzuleiten. Der Wert der Untemehmung und damit die Rentabilit/~t ergibt sich aus der Diskontierung des Cash Flow (G1.4-42) tiber die Lebensdauer der Untemehmung bzw. tiber die Planungsperiode (Time). Diskontiert mit einem stetigen, tiber die planungsperiode konstanten Zins (Interest), errechnet sich der Wert des realisierten Kapitalflusses (NPV Earnings) gem~il3 folgendem Zusammenhang G1.4-43:98
98 Zur weiteren Diskussion von bestehenden Vorteilen und von m6glichen Problemen der Untemehmensbewertung auf Basis des diskontierten Cash Flow sei auf die umfangreiche Lehrbuchliteratur verwiesen- z.B. [CoKe+02, 171-359; PeSt02, 58-106] und dort angegebene Quellen. Da G1.4-43 110
t "
NPV Earnings = JDiscounted Cash Flow = Icash flow.
4-43
e -Interest'Time
Einheit: Euro Der notwendige Finanzierungs- und Liquidit~itsbedarf der Unternehmung kann ebenfalls im Rahmen der Cash Flow-Betrachtung bestimmt werden. Da der Cash Flow den Geldfluss der Unternehmung erfasst, ergibt sich der maximale Kapitalbedarf (Maximal
Funding Requirement) 0ber den Planungszeitraum durch den in G1.4-44 dargestellten Zusammenhang. 99 Maximal Funding Requirement = - "
"Jmin(cash flow,
O)
4-44
Einheit: Euro Eine typische und weit verbreitete Kennziffer zur Analyse der Aufwands- und Ertragsstruktur ist die EBIT-Marge (Umsatzrendite [Baet98, 458]) eines Untemehmens, welche den Quotient aus Betriebserfolg und Umsatz angibt. Obertragen auf das entwickelte Unternehmen stellt der Quotient Economic margin ratio aus dem Zahlungst~berschuss (cash f l o w - vgl. G1.4-42) und den Einzahlungen (inflow- vgl. G1.4-41) einer Periode den Anteil des Zahlungst~berschusses an den Einzahlungen dar und berechnet sich nach G1.4-45:
Economic margin ratio = cash flow inflow
4-45
Einheit: dmnl.
4.2.5.3 Finanzmodell: Kennzahlen der Produktion und des Vertriebs Neben dem Cash Flow als absolute Erfolgskennzahl k6nnen stromgr6Benorientierte Kennzahlen ft~r die verschiedenen Unternehmensbereiche und Aktivitgten des Unternehmens gebildet werden. Aktivitgtskennzahlen dienen der Charakterisierung und Ermittlung der Ausnutzung des vorhandenen Verm6genspotenzials und werden zumeist unter Einbeziehung des Umsatzes gebildet [PeSt02, 552]. Der Quotient Production
keine zukiinfiigen Zahlungen in Form von Restwerten berficksichtigt, wird hierdurch nicht der Unternehmenswert in t=0 bestimrnt. ,~9ttierbei wird unterstellt, dass der Cash Flow fiber die Zeit abgetragen eine konvexe Funktion darstellt - andernfalls w~rden in der gew~ihlten Darstellung zwischenzeitlich auftretende Zahlungstiberschfisse nicht den maximalen Kapitalbedarfbei darauf folgenden, negativen Zahlungen senken. 111
Return Ratio drtickt den Anteil der Produktionsauszahlungen an den Zahlungseing~in-
gen aus und beantwortet somit die Frage, welcher Wertsch6pfungsanteil sich auf die Produktion der E-Learning Kurse verteilt [RePo98, 153-155]. Diese Kennziffer ergibt sich als Verh~iltnis zwischen den Auszahlungen der Produktion (outflow production vgl. G1.4-39) und den Einzahlungen der Untemehmung in einer Periode (inflow- vgl. G1.4-41) gem/il3 G1.4-46. Production Return Ratio = outflow production inflow
4-46
Einheit." dmnl.
Vergleichbare Kennzahlen kOnnen ftir den Vertrieb und die Ausbildung entsprechend gebildet werden. Zur Analyse der Zahlungsstruktur werden im Rahmen der Entstehungsrechnung die Auszahlungen der jeweiligen Aktivitfiten in Relation zu den gesamten Auszahlungen der Unternehmung gesetzt. Ffir den Anteil der Produktionsauszahlungen (Production Outflow Ratio) gilt beispielsweise Zusammenhang G1.4-47: Production Outflow Ratio = outflow production outflow
4-47
Einheit: dmnl.
Auch hierzu k6nnen analoge Kennzahlen for Vertriebs- und Ausbildungsauszahlungen bestimmt werden. Das Verh/iltnis zwischen Vertriebs- und Produktionszahlungsstr6men aggregiert die Informationen aus einem Vergleich zwischen Production Outflow und Sales Outflow Ratio und bestimmt den Anteil der Auszahlungen far den Vertrieb (outflow sales) an den Auszahlungen ftir die Produktion (outflow production - vgl.
G1.4-39). Sales Production Ratio =
outflow sales outflow production
4-48
Einheit: dmnl.
4.2.5.4 Finanzmodell: Kennzahlen der Personalwirtschafi
Der Bestand an Mitarbeitem stellt die Mengenkomponente der Auszahlungen der Untemehmung dar. Personalwirtschaftliche Aktivit/~tskennzahlen geben Hinweise auf die Produktivit/~t, zu deren Bestimmung die Personalkosten in Relation zu den Einnahmen 112
gesetzt werden. Der Zahlungsstrom pro Mitarbeiter (inflow per Employee) bestimmt sich entsprechend aus den Einzahlungen (inflow- vgl. G1.4-41) und der Anzahl der Mitarbeiter (Employees - vgl. G1.4-37).
inflow per Employee = inflow Employee
4-49
Einheit: Euro/(Mitarbeiter 9Jahr) Der Zahlungsstrom pro Mitarbeiter muss langfristig tiber den Personalauszahlungen pro Mitarbeiter (outflow per Employee) liegen, welche sich entsprechend aus den Auszahlungen (outflow- vgl. G1.4-40) pro Mitarbeiter (Employees- vgl. G1.4-37) berechnen. Da annahmegem~il3 alle Kosten mit der Anzahl der Mitarbeiter skalieren, kann die Gr613e Personalauszahlungen pro Mitarbeiter auch als durchschnittliches Gehalt zu Vollkosten interpretiert werden.
outflow per Employee = outflow Employee
4-50
Einheit: Euro/(Mitarbeiter 9Jahr) Neben diesen personalwirtschaftlichen Kennzahlen sind far die Planung und Kontrolle des Untemehmens ebenfalls produktspezifische Kennzahlen zu beachten. Die durchschnittlichen Auszahlungen for die Produktion pro Kurs (Average Production Outflow
per Course) beschreiben das Verh~iltnis zwischen den Auszahlungen far die Produktion (outflow production - vgl. G1.4-39) und der Anzahl der gelieferten Kurse (courses
shipped- G1.4-24). Average Production Outflow per Course
outflow production courses shipped
4-51
Einheit." Euro/Kurse Die Auszahlungen far Vertrieb und Training k6nnen entsprechend berechnet werden, so dass sich die Auszahlungen pro Kurs (Average Outflow per Course) als Summe der drei Komponenten ergeben.
113
Average Outflow per Course = Average Production Outflow per Course+ Average Sales Outflow per Course+ Average Training Outflow per Course
outflow
4-52
courses shipped Einheit." Euro/Kurse
4.2.5.5 Zusammenfassung der finanzwirtschafilichen Aktivitiiten
Das Finanzsystem erm6glicht die monet~ire Bewertung der Liquidit~its- und Ertragsstruktur des betrachteten E-Learning Content Anbieters. Langfristig muss der erzielte Preis f'tir einen E-Learning Kurs die Auszahlungen pro Kurs tibersteigen, da sonst die Unternehmung nur negative Zahlungsstr6me erwirtschaftet. Die betrachteten Kennziffern dienen im Rahmen der weiteren Arbeit als Mal3stab ftir den Erfolg der Unternehmung und der verschiedenen Unternehmensstrategien. Sie berticksichtigen dazu mit dem Cash Flow (vgl. G1.4-42) und dem maximalen Kapitalbedarf (vgl. G1.4-42) absolute und mit den dargestellten Aktivit~itskennzahlen (vgl. G1.4-45 bis G1.4-52) relative Bezugsgr613en auf Basis der Zahlungsstr6me der Unternehmung. Rentabilit~itskennziffern, welche auf einer Betrachtung der Mittelherkunft basieren, werden im Rahmen der Arbeit nicht gebildet. Ebenfalls werden keine Investitionst~itigkeiten bei bestehenden Einzahlungstiberschtissen ftir das Unternehmensmodell berOcksichtigt, l~176
~o0F~ir die Betrachtung bilanzieller Gr~il3enund ftir die Berticksichtigung entsprechender Kennzahlen f'tir das Controlling vgl. z.B. [Sch603, 72-154]; zur Ermittlung absoluter Unternehmenswerte vgl. z.B. [O1St+03, 91-93]. 114
cash flow
Accumulated Cash Flow
Funding Requirement
Average Salary Training
I.. training ""
I
I
I
f inflow
outflow
- - ~
Averas~ae Salar~Yles S
pr discounted cash flow
AverageSalary Production
",,1"
Time
Interest NPV Earning
Abbildung 4-7 Ubersicht des Finanzsystems der Unternehmung
4.2.6 Zusammenfassung des Simulationsmodells Die vier beschriebenen Module stellen ein E-Learning Unternehmen in den wesentlichen Bereichen der Produktion, des Vertriebs, der Personalwirtschaft und der Finanzierung dar. Das betrachtete Unternehmen wird so analytisch in vier komplexe Teilsysteme zerlegt, welche durch mOglichst einfache Elementen und eindeutige Wechselwirkungen beschrieben werden. Dieses Vorgehen der Zerlegung und Reduktion entspricht dem
analytischen Systemdenken. Dem gegentiber steht das synthetische
Systemdenken, welches ein System als Komponente eines umfassenderen Systems mit bestimmten Funktionen versteht [Hans87, 9]. Wechselwirkungen zwischen den Teilsystemen sowie die Wirkungszusammenhange zwischen dem Unternehmen und den umfassenderen Systemen wie Arbeitsmarkt oder Wettbewerb im Sinne des synthetischen Systemdenkens werden ebenfalls berticksichtigt.
115
Ausgangspunkt ftir die Betrachtung der Unternehmung ist das Produktionssystem (Abschnitt 4.2.2) mit den drei interdependenten Produktionsphasen Konzeption, Medienerstellung und Realisierung. Diese Aktivitfiten werden von den Mitarbeitern der Unternehmung entsprechend den dargestellten Rollen ausgef'tihrt. Jeder Produktionsschritt wird in einer bestimmten, im Laufe der Zeit sinkenden Bearbeitungsdauer gem~iI3 dem Erfahrungskurvenkonzept erledigt. Weitere nicht-lineare Effekte wie die ELearning-spezifische Wiederverwertung von Content finden dabei ebenfalls Beriicksichtigung. Exemplarisch ftir die strukturell iihnlichen Produktionsschritte werden insgesamt elf Gleichungen entwickelt und er6rtert- das formale, vollst~indige Modell ist in Abschnitt 8.2 dargestellt. Schnittstellen und Wechselwirkungen bestehen zu jedem der tibrigen Teilsysteme sowie zur Umwelt. Das Vertriebsmodul (Abschnitt 4.2.3) beschreibt die Wirkungszusammenh~inge far den Absatz der E-Learning Kurse, welche im Direktvertrieb als einziges Produkt von der Unternehmung vermarktet werden. Hierbei werden Preis und Lieferzeit der Kurse, Reputation der Unternehmung sowie die Marktentwicklung als entscheidende Faktoren beracksichtigt, welche die erwartete Anzahl an vertriebenen Kursen pro Periode bestimmen. Ebenfalls wird der Mehrfachvertrieb von E-Learning Kursen an verschiedene Kunden abgebildet. Das Personalwirtschafts- und das Finanzierungsmodul stellen die sekundfiren Aktivit~iten der Unternehmung dar (vgl. Abschnitte 4.2.4 und 4.2.5). Das Personalmodell bildet die Einstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern der Produktion und des Vertriebs ab, durch das Finanzierungsmodul werden die Kapitalflussrechnung sowie weitere Erfolgskennziffern be~cksichtigt. Positive Riickkopplungen bei der Produktion der E-Learning Kurse treten aufgrund der modularen Gestaltung des E-Learning Content (vgl. Abschnitt 4.2.2.4) sowie aufgrund des beschriebenen Erfahrungskurveneffekts (vgl. Abschnitt 4.2.2.2) auf. Ebenfalls fiihrt der Mehrfachvertrieb von bereits produzierten Kursen (vgl. Abschnitt 4.2.3.4) und die Beracksichtigung der Unternehmensreputation beim Vertrieb der E-Learning Kurse zu ~ihnlichen, selbstverst~irkenden Effekten. Die h6here ben6tigte Anzahl an Produktionsmitarbeitern und die verkaufshemmende Wirkung steigender Lieferzeiten im Vertrieb hingegen sind negative Riickkopplungen des Unternehmenssystems. Da das Unternehmen somit als Komponente eines umfassenderen Systems mit bestimmten Funktionen verstanden wird, sind die Beziehungen des Unternehmens zu Absatz-, Arbeits- und Finanzmarkt zu beracksichtigen. Beschr~inkungen aus dem Arbeitsmarkt ergeben sich durch Such- und Ausbildungskosten f'tir neue Mitarbeiter. Am 116
Finanzmarkt kann das Unternehmen unbeschr~inkt Fremdkapital zu einem Zinssatz zu beliebiger Fristigkeit leihen oder Eigenkapitel beschaffen. Eine 121bersicht des Unternehmensmodells mit den wesentlichen Interdependenzen und Wechselwirkungen zeigt Abbildung 4-8. 4.3 Zusammenfassung des Unternehmensmodells
In Kapitel 4 wird die Entwicklung eines formalen Modells eines E-Learning Content Anbieters auf Basis des System Dynamics Ansatzes dargestellt. Ein solches Gesch~iftsmodell erm6glicht durch Simulation die systematische Untersuchung und Analyse verschiedener Entscheidungen und Entwicklungen des Unternehmens. Aufgrund der Komplexit~it und Interdependenz strategischer Entscheidungssituationen erscheint die Methode System Dynamics far die systematische Modellierung und Validierung eines solchen Modells ad~iquat. Hierzu werden in Abschnitt 4.1 die Grundlagen, typische Anwendungsfelder und die generellen Prinzipien des System Dynamics Ansatzes vorgestellt sowie seine Geeignetheit for die Problemstellung kritisch diskutiert. Die Analyse zeigt, dass der im Rahmen der System Dynamics Forschung hervorgebrachte iterative Vorgehensprozess zur Modellierung komplexer Systeme (vgl. Abbildung 4-1) die Entwicklung eines Unternehmensmodells hinreichend unterstatzt. Entsprechende Werkzeuge ftir die Modellerstellung und Simulation stehen zur Verftigung. Hierauf basierend erfolgt in Abschnitt 4.2 die Konzipierung eines systemdynamischen Gleichungssystems ftir einen E-Learning Content Anbieter. Das entwickelte Modell stellt die Produktion, den Vertrieb und als sekund~ire Aktivit~iten der Wertsch6pfung (vgl. Abbildung 3-8) die Personal- und Finanzaktivit~iten eines idealtypischen Unternehmens dar. Dabei umfasst das Modell insgesamt 182 Gleichungen- 30 davon sind Integralgleichungen (vgl. G1.4-1). Wesentliches Ergebnis dieses Kapitels ist das erzielte Gleichungssystem eines ELearning Content Anbieters zur Simulation strategisch relevanter Fragestellungen. Da es sich aufgrund der Entscheidungssituation um ein relativ umfangreiches Unternehmensmodell handelt [vgl. z.B. Zahn71; Sch603], ist eine sorgf~iltige Validierung des Modells notwendig, um valide modellinduzierte Handlungsempfehlungen auf die unternehmerische Realit~it tibertragen zu k6nnen.
117
Umwelt
Absatzmarkt
Kursaufir~ige l Installationsservice kur~~,,~ Erfahrungs-
tl
Unternehmensintern
,ro,.kt,o.
~ I 9 Dreistufige KursModular-\ [ produktionin isierung ",,.I Auftragsfertigung 9 Modulmehrfachverwertung
Mitarbeiter Produktion
I
L I"Kursanzahl I [ Lieferdauer [ ]
, ~ Bedarfsfeststellung Produktionsmitarbeiter
Personalwirtschaft 9 Einstellungen und Entlassungen 9 Ermittlung von Zielgr6Ben for Mitarbeiteranzahl
~
KursmehrfachN vertrieb
Vertrieb
I " Produkt-, unter[ nehmens-,und .A marktspezifische v I Attribute ]. Kursmehrfach[ vertrieb Mitarbeiter~ Vertrieb l
I ] [ )r ~./ [
Einzahlungen
Finanzierung
[ 9 Kapitalflussrechnung 9 Feststeilung des Liquidit~itsbedarfs Auszahlungen[ 9 Erfolgskennziffern L6hne/ Gehiilter
Personal
Arbeitsmark
Abbildung 4-8 (3bersicht des Unternehmenssystems
118
I
/ I 9
Kapital Zinsen
Kapitalmark
5 Validierung eines Gesch~iftsmodells Die Validierung stellt eine bedeutende Phase im System Dynamics Modellierungsprozess dar (vgl. Abbildung 4-1), durch welche die Modellbrauchbarkeit und die Zuverl~issigkeit der modellinduzierten Ergebnisse tiberprtift und nachgewiesen werden. Ziele der Validierung sind, das Verst/indnis fiber das Verhalten von Modell und Realsystem zu erh6hen und so das Vertrauen in die Geeignetheit des ftir einen bestimmten Simulationszweck erstellten Modells aufzubauen (vgl. Abschnitt 4.1.3). Hierzu werden verschiedene Validierungsverfahren angewendet, mittels derer ein Simulationsmodell hinsichtlich der Gtiltigkeit und der Realit/itskonformit/it qualitativ und quantitativ bewertet werden kann (Abschnitte 5.2 und 5.3). Als Basis zur Durchftihrung der verschiedenen Validierungsverfahren wird einleitend in Abschnitt 5.1 das Verhalten des Simulationsmodells beschrieben.
5.1 Referenzverhalten des E-Learning Simulationsmodells Zur Beurteilung der Modellvalidit~it durch den vorgestellten Simulationsansatz ist ein Basis- bzw. ein Referenzmodell erforderlich. Ein solches Basismodell bildet das Verhalten des in Kapitel 4 entwickelten Systems mit einer bestimmten Variablenbelegung ftir einen Zeitraum ab und dient als ein vorliiufiges Modell [Venn96, 113]. Ziel im weiteren Verlauf der Modellanalyse ist es, anhand der in Abschnitt 5.2 und 5.3 dargestellten Validierungsverfahren aus dem Basismodell ein validiertes Referenzmodell zu entwickeln, welches als entscheidungsuntersttitzendes Instrument zur Bewertung verschiedener Strategien eines idealtypischen E-Learning Content Anbieters eingesetzt werden kann. Ftir die konkrete Modellformulierung sind initial die Anfangswerte der Bestandsgr6Ben (vgl. G1.4-1), die Modellkonstanten und der Zeithorizont der Betrachtung festzulegen. Die numerischen Werte fiir diese Parameter werden ftir das vorl/iufige Modell durch Annahme bestimmt; 1~ hierbei wird gem~iB der Untemehmenscharakterisierung (vgl. Abschnitt 4.2.1) von einem jungen, noch relativ kleinen Untemehmen in der Frtihentwicklungsphase ausgegangen: die betriebliche Infrastruktur ist aufgebaut, Produktion und Vertrieb k6nnen beginnen. 1~
~0~Es wird nachfolgend gezeigt, dass diese angenommenen Werte den empirisch ermittelten Daten entsprechen. ~02Der Friihentwicklungsphase gehen bereits u.a. die Ideensuche, konzeptionelle l~oerlegungen wie Untemehmensplan und Marktanalyse, die Beschaffung von Anlagen sowie die Gewinnung von Fi119
T a b e l l e 5-1 stellt die g e w ~ h l t e n K o n s t a n t e n , T a b e l l e 5-2 die A n f a n g s w e r t e des Gleic h u n g s s y s t e m s dar. Variable
Bedeutung
Wert
Vertriebsmodell
Price Acquisition Time
Preis pro Kurs Zeit pro angesprochenenKunden
Service Time
Servicezeit pro Kursinstallation
Sales Volume per C u s to mer t:Rc/, c/~d Customer Accepted Delay Expected Conversion Rate
Kontraktgr613epro Kunde
a
Elastizitaten der relativen Reputation Elastizitaten der relativen Lieferfahigkeit von Kunden akzeptierte Wartezeit Erwartungswert,angesprocheneKunden zu gewinnen Standardabweichung des obigen Erwartungswerts
40.000 EUR/Kurs 0,016 Jahre / (Mitarbeiter 9Kunde) 0,015 Jahre / (Mitarbeiter 9Kunde) 1 Kurs / Kunde 0,3 1 4 Monate 0,3 0,1
Produktionsmodell ]f,4uthL ...... ]l Oesign, ~lpackaging
Average Course S p a n
Erfahrungskurvenexponenten Kursnutzungsdauer,Kursveralterung
0,3 3 Jahre
Personalmodell
Hiring Time Authoring, Design, Packaging, Sales Training Time Authoring, Design, Packaging, Sales Decruit Time Authoring, Design, Packaging, Sales Overcapacity Level Average Annual Salary Finanzmodell !~ Interest Tabelle 5-1
Suchzeitftir jeweilige Mitarbeitergruppe Trainingsdauer ftir jeweilige Mitarbeitergruppe Entlassungsdauer ftir jeweilige Mitarbeitergruppe Untergrenze des Auslastungsniveaus DurchschnittlichesJahresgehalt Kontinuierlicher Zinssatz f'tir Fremdkapital
3 Monate 1 Monat 6 Monate 85% 70.000 EUR 10%
Konstanten des Basismodells
Mit diesen V a r i a b l e n u n d K o n s t a n t e n initialisiert, w e r d e n die G l e i c h u n g e n ftir einen den s t r a t e g i s c h e n P l a n u n g s a u f g a b e n a n g e m e s s e n g e w ~ h l t e n Z e i t r a u m v o n sechs J a h r e n berechnet. Bei d e m zeitdiskreten S i m u l a t i o n s v e r f a h r e n w i r d ein J a h r dabei in 128 In-
nanzmitteln und Personal voraus [Klan99, 60]; f'tir eine Obersicht der Grtindungsphasen junger Unternehmen vgl. [Jung04, 42]. ~03Das ft~r das Wachstum notwendige Kapital wird als Eigenkapital (z.B. durch Venture Capital) betrachtet. Zinszahlungen fallen hierftir nicht an, so dass der Cash Flow aus Finanzierungst~itigkeit nicht auftreten. 120
tegrationsschritte unterteilt [ B r S e 9 1 , 7 7 0 ] , so dass fiir jede Variable 769 Werte104 pro Simulationslaufbestimmt werden (vgl. Abschnitt 4.1.3). Es werden 80 Simulationsl~iufe durchgefiihrt, die gem~.B den beschriebenen stochastischen Prozessen (vgl. G1.4-20 und G1.4-27) variieren. Die U n t e m e h m u n g erzielt mit dieser Parameterbelegung im ersten der sechs betrachteten Jahre im Mittel der 80 Simulationsl/iufe Einzahlungen von etwa 307.900, denen Auszahlungen in H6he von 633.500 gegentiberstehen. Der Cash F l o w der U n t e m e h mung steigt im V e r l a u f der Simulation von c i r c a - 3 2 5 . 6 0 0 im ersten auf 431.500 im sechsten Jahr. 1~ Dies resultiert im Wesentlichen durch die steigende Erfahrung der Mitarbeiter, durch die Contentwiederverwertung und durch den mehrfachen Vertrieb von bestehenden Kursen. Aufgrund des negativen Kapitalflusses in den ersten Jahren ben6tigt die U n t e m e h m u n g eine Finanzierung von 996.000, der Cash-Break-Even als Zeitpunkt des ersten positiven Cash Flow wird nach circa 4 Jahren erzielt. Die Econo-
mic Margin (vgl. Abschnitt 4.2.5.2) steigt im sechsten Jahr der Betrachtung a u f 24 Prozent. Variable
Bedeutung
EmSa0
Mitarbeiter Vertrieb
2,0 Mitarbeiter
EmAu0 EmMe0 EmPa0 HiAu0, HiMe0, HiPa0, AtAu0, AtMe0, A t P a 0 BaAu0 BaMe0, BaPa0
Mitarbeiter Contentkonzeption Mitarbeiter Design Mitarbeiter Programmierung Neueinstellungenund Entlassungen der jeweiligen Mitarbeitergruppe Anzahl der bereits zu konzipierenden Kurse Anzahl der bereits zu designenden und programmierenden Kurse Anzahl an Kursen, die ein Autor pro Jahr erstellt Anzahl an Kursen, die ein Designer pro Jahr erstellt Anzahl an Kursen, die ein Programmiererpro Jahr erstellt Marktvolumen pro Jahr
2,4 Mitarbeiter 2,0 Mitarbeiter 1,6 Mitarbeiter 0 Mitarbeiter
PrAu0 PrMe0 PrPa0 Market Size Tabelle 5-2
Wert
6 Kurse 0 Kurse 8,0Kurse' 10,0Kurse 12,5 Kurse 300 Kurse
Anfangwerte der Bestandsgr6flen zum Zeitpunkt t = 0 - vgl. a. Tabelle 5-3
Im Laufe des Simulationszeitraums produziert das U n t e r n e h m e n 103 Kurse. Insgesamt werden sechs Kurse aus wiederverwerteten Modulen bestehender Kurse erstellt und acht Kurse mehrfach vertrieben; 45 Kurse sind am Ende des Betrachtungszeitraums
~04Die Anzahl von 769 Werten pro Variable ergibt sich aus 128 Integrationsschritten pro Jahr (entsprechend 768 Werte in sechs Jahren) zuzfiglich des Anfangswerts ffir t=0. io5 Die exakten Simulationswerte sind in Tabelle 5-3 angegeben. 121
bereits veraltet, so dass sich ein Kursinventar von 54 Kursen im sechsten Jahr aufbaut. Aufgrund der gesammelten Erfahrungen erh6ht sich die Produktivit~it pro Jahr im Schnitt ftir die verschiedenen Gruppen der Produktionsmitarbeiter um 17 Prozent. Ein Vertriebsmitarbeiter kann tiber den Betrachtungszeitraum durchschnittlich 13 ELearning Kurse pro Jahr vertreiben. Nach sechs Jahren verwenden die Vertriebsmitarbeiter 76 Prozent ihrer Arbeitsleistung auf die Akquise neuer Kunden, in den verbleibenden 24 Prozent der Zeit betreuen sie die Kursauslieferung. Der Personalbestand der Unternehmung entwickelt sich mit etwa zw61f Mitarbeitern nach sechs Jahren insgesamt moderat, in den ersten drei Jahren werden allerdings f'tinf Mitarbeiter eingestellt, wovon zwei Mitarbeiter das Unternehmen gegen Ende der Simulation aufgrund von 13berkapazit~iten - bedingt durch den Erfahrungskurveneffektbereits verlassen. Aufgrund der konstanten Marktgr613e werden keine Vertriebsmitarbeiter eingestellt. Abbildung 5-1 zeigt die Entwicklung des Cash Flow des E-Learning Content Anbieters und gibt die Streuung ftir 80 Simulationsl~iufe an. Der durchschnittliche Kapitalzuund Kapitalabfluss wird in Abbildung 5-2, die Entwicklung des Kursinventars sowie des Personalbestandes in der folgenden Abbildung 5-3 dargestellt: Cash Flow 300.000
-300.000 Zeit
0
189 20o,/0
3 IIII 50%
~
75%
489 ~
95%
~
100%
6 I
Abbildung 5-1 Cash Flow des Basismodells (n=80 Simulationsl~iufe)
Der Cash Flow der Untemehmung w~ichst zu Beginn des Betrachtungszeitraums aufgrund der ersten ausgelieferten Kurse leicht, stagniert bzw. sinkt geringftigig aufgrund neuer Mitarbeitereinstellungen und steigt nach circa drei Jahren kontinuierlich, so dass 122
nach circa 4 Jahren ein positiver Cash Flow erzielt wird. Die Auszahlungen des ELearning Content Anbieters (vgl. Abbildung 5-2) kumulieren analog zum Mitarbeiterbestand (vgl. Abbildung 5-3) nach vier Jahren - die Einzahlungen wachsen kontinuierlich tiber den Betrachtungszeitraum. Die absolute Streuung des Cash Flow (Standardabweichung) erhOht sich leicht tiber den Betrachtungszeitraum, die relative Standardabweichung nimmt zu Ende des Betrachtungszeitraums ab und liegt bei acht Prozent, ~~ so dass die Entwicklung des Cash Flow insgesamt nur wenig volatil ist. Tabelle 5-3 gibt wesentliche Untemehmensvariablen nach zwei, vier und sechs Jahren an.
Inflow/Outflow 1.400.000 x
Cash Inflow
9
Cash Outflow
1.200.000
1.000.000 800.000 600.000 400.000 200.000 Zei___t 0
1
2
3
4
5
6
Abbildung 5-2 Durchschnittlicher Cash Inflow und Cash O u t f l o w (n=80 Simulationsl~iufe)
1o6Die relative Standardabweichung (Variationskoeffizient) gibt den Quotienten aus Standardabweichung und Mittelwert an - vgl. [FaKti+99, 71 ].
123
Kursbestand
60
....
16 -
50
Mitarbeiter
12
40 ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
1
30
8 6
20
4 10
2 Zeit
0 0
1
2
3
4
5
0
6
0
. 1
.
.
. 3
2
.
Zeit
. 4
5
6
Abbildung 5-3 Durchschnittliche Entwicklung des Kursinventars und des Mitarbeiterbestandes
(n=80 Simulationsl~iufe) Parameter
Wert t=0 (Belegung)
Mitarbeiter
8,1
10,9
13,6
0 0 0 0 0 0
15,3 0,8 0,1 521.462 804.120 -282.658 657.758
49,9 3,7 1,2 954.179 965.127 - 10.948 995.103
11,8
31,9
Kurse (geliefert) Kurse (mehrfach vertrieben) Kurse (wiederverwertet) Einzahlungen Auszahlungen Cash Flow Kapitalbedart~~ Kursbestand Tabelle 5-3
Mitteiwert t=2
Mitteiwert t=4
Mittelwert t=6
13,2 103,0 7,8 5,8 1.355.416 923.925 431.480 -996.335 (t--4,07) 56,2
Initiale Variablen und Simulationswerte nach 2, 4 und 6 Jahren
(n=80 Simulationsl~iufe) D a s B a s i s m o d e l l z e i g t die t y p i s c h e E n t w i c k l u n g hem
anfanglichen
lungstiberschtissen.
Kapitalbedarf
eines jungen Untemehmens
zur Wachsmmsfinanzierung
Alle betrachteten
Gr613en e n t w i c k e l n
m i t ei-
u n d sp~iteren E i n z a h -
sich im Betrachtungszeit-
r a u m p l a u s i b e l , so d a s s i m F o l g e n d e n die Validit~it d e s M o d e l l s m i t s e i n e n e i n g e f l o s s e n e n A n n a h m e n zu p r O f e n ist.
~07M6glicher Kapitalbedarf vor der Fr~ihentwicklungsphase wird hierbei nicht berticksichtigt. 124
5.2 Formale Modellvalidierung Zur Validierung wird ein Modell mit der Struktur und dem Verhalten des realen Systems konfrontiert (vgl. Abschnitt 4.1.3). Als Informationsquellen zur Beschreibung realer Systeme k6nnen anerkannte Erkenntnisse, bestehende Theorien und verftigbare Daten genutzt oder durch empirische Erhebungen beschafft werden [NaFi67; Ster00; MiGr04]. Voraussetzung ftir die Validierung ist die formale Korrektheit des modellierten Gleichungssystems. Innerhalb dieses Abschnitts wird das Modell apriorisch formal analysiert und mittels der verwendbaren Darstellungen und erh~iltlichen Daten der relevanten Literatur untersucht. Um die Gtiltigkeit und die Zuverl~issigkeit des Modells zu tiberprtifen, werden m6gliche Fehler in der Modellstruktur (Abschnitt 5.2.1) identifiziert und das erzeugte Modellverhalten (Abschnitt 5.2.2) inspiziert. Die Untersuchung von Modellstruktur und Verhalten erh6ht das Vertrauen in die Richtigkeit der Annahmen und aufgestellten Relationen. Die gezielte Erhebung dieser Daten und die empirische Validierung durch so genannte Tiefeninterviews erfolgt in Abschnitt 5.3; eine l~)bersicht zu den folgenden Validierungstests gibt Tabelle 5-4.1~ 5.2.1
Strukturvalidierung
Da die Modellstruktur
wesentlich
das Modellverhalten
beeinflusst
(vgl.
Ab-
schnitt 4.1.1) und Verhaltensaspekte des Modells bei der strategischen Analyse im Vordergrund stehen (vgl. Kapitel 6), haben Strukturvalidierungsverfahren eine grundlegende Bedeutung [Bar189, 60]. 109 Mit Strukturtests k6nnen z.B. die gew~ihlten Modellgrenzen, der Zeithorizont oder der Aggregationsgrad der Modellierung analysiert sowie grundlegende Anforderungen an die formale Korrektheit des Modells tiberprOft werden [Ster00, 861-872].
~osDas Vorgehen der Untersuchung in eine Trennung zwischen einem vorl~iufigen, apriorisch erstellten und einem empirisch validierten Modell ist an Vennix [Venn96, 101-140] angelehnt. ~'~Der Validierung der Struktur wird bei System Dynamics Modell typischerweise eine h6here Relevanz bemessen als der statistischen Validierung einzelner Parameter [Dola92, 55; Kort02, 111]. 125
Testverfahren
Fragestellung
Strukturvalidierung Systemgrenzen-Ad~iquanztests
Sind die relevanten Systemgr6Ben im Modell enthalten? Sind die erforderlichen Wechselwirkungen zwischen System und Umwelt be~cksichtigt?
Strukturverifikationstests
Parameterverifikationstests
9
Stimmen die modellierte und die reale Struktur tiberein?
9
Ist der Aggregationsgrad der Modellvariablen geeignet gew/ihlt?
,,
Sind grundlegende Erhaltungsgesetze beachtet?
9
Korrespondiert jeder Modellparameter mit einem bestimmten Element
9
K6nnen Modellparameterwerte quantitativ ermittelt werden?
des Realsystems? Sind die modellierten Einheiten der betrachteten Gr6Ben in einzelnen
D imensionenkonsistenztests
Gleichungen und im Gleichungssystem fehlerfrei und konsistent? Treten die gew~ihlten Dimensionen im realen System auf?
Verhaltensvalidierung Extrembedingungstests
9
Verh/alt sich das Modell robust bei Parameterbelegungen aus dem Grenzwertbereich oder zyklischen Parameteranderungen? Stimmt das Modellverhalten unter Extrembedingungen mit dem realen Systemverhalten fiberein?
Verhaltenssensitivit/itstests
9
Reagiert das Modell stabil bei numerischen Parametervariationen? Weist das Modell typische Merkmale von System Dynamics Modellen
Zugeh6rigkeitstest
auf?. Kann das Modell auf andere Probleminstanzen fibertragen werden? Historische und prognostische
9
Entspricht das Modellverhalten dem bisher beobachteten Verhalten des
9
Prognostiziert das Modell akkurat das Realsystemverhalten?
Verhaltenstests
T a b e l l e 5-4
Realsystems?
Validierungsverfahren yon Modellstruktur und von Modellverhalten in A n l e h n u n g an Sterman [Ster00, 859-861]
5.2.1.1 Systemgrenzen-Adiiquanztests Im Rahmen der Systemgrenzen-Ad/~quanzanalyse werden die Fragen untersucht, ob die ftir den Simulationszweck relevanten Systemgr613en im Modell enthalten sind und ob diese als modellexogene oder-endogene Gr6Ben berticksichtigt werden. Sind die fiir die Problemstellung entscheidenden Systemgr6Ben oder Wechselwirkungen nicht im Modell erfasst, so ist das Modell ungeeignet und muss entsprechend modifiziert werden.
Relevante SystemgrfiBen: Das entwickelte Modell wird ftir die Simulation von strategisch bedeutsamen Szenarien eines E-Learning Unternehmens eingesetzt. Als Referenz for die Bestimmung der Systemgrenzen k6nnen somit allgemeine Ans~itze der Unternehmenstheorie, des Strategischen Managements sowie Unternehmensmodelle aus vergleichbaren Untersuchungen herangezogen werden. Die Wahl der Sys126
temgrenzen ist wie in Abschnitt 4.2.1 (vgl. a. Abbildung 4-8) dargestellt anhand Porters Unternehmenskonzept abgeleitet (vgl. [Port80, 26-31] und Abschnitt 3.2), welches bezt~glich der Grenzen ebenfalls dem allgemeinen Unternehmensbegriff der Betriebswirtschaftslehre wie z.B. bei Ulrich oder Schierenbeck entspricht [Ulri68, 45-49; Schi03, 24]. Als unternehmensexternes Analysefeld wird die 6konomische Umwelt in Form von Konkurrenten, Nachfragern sowie Arbeits- und Kapitalmgrkte gem~if3 dem allgemeinen Verst~indnis des Strategischen Managements berficksichtigt [Mag95, 158-159]. Das Modell berficksichtigt nicht explizit gesetzliche Rahmenbedingungen oder vergnderte soziale Normert, welche gelegentlich zur erweiterten 6konomischen Umwelt gezfihlt werden; der Einfluss dieser Umweltfaktoren wird im Rahmen der Szenarienanalyse implizit z.B. durch ver~ndertes Nachfrageverhalten aufgrund staatlicher Intervention einbezogen. Da Lieferantenbeziehungen bei E-Learning Unternehmen im Speziellen keine Relevanz besitzen [Hage02, 150], werden diese far die Beschaffung von Hilfs- und Betriebsstoffen nicht weiter betrachtet. Die Bestimmung der Modellgrenzen ist zudem an die bestehender System Dynamics Unternehmensmodelle angelehntvgl. z.B. [Ster00, 606; Warr03].
Relevante Wechselwirkungen: Als zweiter Aspekt ist zu untersuchen, ob die getroffene Unterscheidung in exogene und endogene Modellgr68en dem Modellierungszweck entspricht. Als exogene Modellparameter k6nnen die Konstanten (vgl. Tabelle 5-1) interpretiert werden, da sie im Zeitlauf unbeeinflusst von Aktivit~iten und einwirkenden Modellvariablen bleiben [Ster00, 861 ]. Arbeits-, Absatz- und Finanzmarkt werden als potenziell unlimitiert modelliert, so dass der Einfluss der Unternehmensentscheidungen auf diese M~irkte aufgrund der angenommenen Gr613e der Unternehmung vernachl~issigt werden kann: vermehrte Einstelhmgen der Unternehmung ft~hren beispielsweise nicht zu l~ingeren Suchzeiten ft~r Mitarbeiter oder erh6hten Personalkosten, der Kapitalbedarf der Untemehmung beeinflusst nicht die Zinsstruktur, und auch auf dem Absatzmarkt ft~r E-Learning Kurse agiert die Unternehmung als Preisnehmer. Eine Modellierung dieser marktlichen Prozesse wt~rde eine Detaillierung der 6konomischen Umwelt erfordem, welche tiber die Zielsetzung und den Zweck der Simulation deutlich hinausginge. Die Struktur-Adaquanzanalyse zeigt, dass die grundlegende Modellstruktur auf bestehenden wissenschaftlich fundierten Ans~tzen basiert und die hier abgeleiteten, relevanten Systemgr6gen im Modell enthalten sowie die entsprechenden Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Unternehmung beracksichtigt sind. 127
5.2.1.2 Strukturverifikationstests Bei der Strukturverifikation wird auf die Fragen eingegangen, ob die Struktur des Modells mit den Erkenntnissen der Realit~it tibereinstimmt und somit der Aggregationsgrad der Modellvariablen geeignet gewghlt wird. Femer wird untersucht, ob formal grundlegende Erhaltungsgesetze eingehalten werden oder widersinniges Verhalten oder unrealistische Simulationswerte auftreten. Hierdurch k6nnen strukturelle Fehler des Modells identifiziert werden. Relevante Struktur: Analog zur Betrachtung der Systemgrenzen wird die mo-
dellierte Untemehmensstruktur durch wesentliche Beitr~ige des Strategischen Managements und insbesondere durch das Wertsch6pfungskettenkonzept bestimmt [Port85, 37]. Die Ausgestaltung der Aktivit~iten dieses generischen Konzeptes for ein ELearning Unternehmen und der Aggregationsgrad der Modellvariablen stfitzen sich auf die umfangreiche, in Abschnitt 4.2 dargestellte Literatur. Die Struktur des Modells bzw. einzelner Teilmodelle ist ebenfalls an bestehende Simulationsmodelle angelehnt (ftir das Personalmodell vgl. z.B. [ZahnT1, 103-118; More84, 221]) und stimmt zudem mit den in Kapitel 2 diskutierten Ans~itzen der Gesch~iftsmodellstrukturierung tiberein. I1~ Der gew~ihlte Betrachtungszeitraum des Modells entspricht dem allgemeinen Planungshorizont strategischer Entscheidungen [Hint96, 12]. Formale Korrektheit: Als formaler Aspekt bei der Verifikation der Modellstruktur wird die Korrektheit des modellierten Gleichungssystems untersucht. Hierbei wird hinterfragt, ob beispielsweise Erhaltungsgesetze der Fluss- und Bestandsgr6Ben verletzt oder widersinnige Negativitfiten von in der Realit~it positiven Gr6Ben bemerkt werden. Bei umfangreichen Tests der verschiedenen Module k6nnen keine Verletzungen von
input-output Beziehungen identifiziert werden. Erhaltungsgesetze sind zwischen Auftragseingang, innerhalb der verschiedenen Produktionsstufen und ftir die Kursauslieferung best~tigt. Ebenfalls entspricht beispielsweise die Summe der geleisteten produktiven Arbeitszeit und der ermittelten Freikapazitgten der Produktionskapazit~it jeder Stufe. Bestgnde und Flussgr6Ben treten nur in realistischen Gr613enordnungen auf: die Lieferzeit for einen Kurs, die Anzahl an besch~iftigten, eingestellten und entlassenen Mitar-
~~ z.B. die Ans~itze von [AmZo01; St~ih01; HoBr04], dargestellt in den Abschnitten 2.2.3 und 2.3.1. 128
beitern oder der Cash Inflow sind immer positive Gr6f3en. Der Personalbestand wird im Modell als rationale Zahl modelliert und die Teilbarkeit von einzelnen Mitarbeitern somit unterstellt. Da hiermit allerdings eine anteilige j~ihrliche Arbeitsleistung gemessen wird, erscheint diese Vereinfachung somit begrfindet. Die Strukturverifikation best~itigt die Wahl des Aggregationsgrads der Modellvariablen und zeigt, dass wesentliche formale Aspekte wie grundlegende Erhaltungsgesetze beachtet werden und ausschliel31ich formal plausible Simulationswerte auftreten.
5.2.1.3 Parameterverifikationstests Im Rahmen der Parameterverifikation wird untersucht, inwieweit jeder Modellparameter mit einem bestimmten Element in der Struktur des Realsystems korrespondiert und wie numerische Parameterwerte durch empirische Daten erzielt oder glaubhaft abgesch~itzt werden. Korrespondenz: Alle im Modell verwendeten Parameter sind von Elementen des Realsystems abgeleitet und kOnnen diesen eindeutig zugeordnet werden. Parameter wie Mitarbeitergeh~ilter, Installationszeiten ft~r einen Kurs oder Zinss~itze orientieren sich an verschiedenen statistischen Ver6ffentlichungen, Unternehmens- oder Erfahrungsberichten. ~11 Empirische Quantifizier- und Messbarkeit: Aufgrund des sehr innovativen und jungen E-Learning-Sektors sind Breite und Tiefe der verfiigbaren Informationen d a z u - anders als zu traditionellen Industrien- noch beschr~inkt. Ftir manche Parameter liegen daher uneinheitliche, nur aus anderen Industrien fibertragbare oder gar keine numerischen Werte vor: Beispielsweise wird ein breites Spektrum unterschiedlicher empirischer Werte f'tir den Produktionsaufwand oder ft~r den erzielten Preis eines E-Learning Kurses identifiziert [JuSc+03, 653]. Ein Grund ftir die uneinheitlichen Angaben ist hierbei bereits die Wahl der Einheit E-Learning Kurs. Da ft~r E-Learning Angebote im Gegensatz zur Pr~isenzlehre noch keine einheitliche Maf3einheit etabliert ist, muss beim Vergleich der verschiedenen Werte und Angaben der Umfang sowie die mediale Umsetzung und das Themengebiet berficksichtigt werden. 112
~ Ffir verschiedeneFalluntersuchungenvgl. z.B. [Hills00; Rumb04; MeNe+05]. ~2 Zum Vergleich yon universit~irenBildungsangeboten dient z.B. das European Credit Transfer System [DGEC05]. FOr E-Learning Angebote werden h~iufigneben der Einheit Kurs als weitere Maf~einheit auch Lernstunden angegeben [JuSc+03,653], welche objektiv ebenso schwer zu bestimmen 129
Untersuchungen fiber die tats/~chliche H6he des Erfahrungskurveneffekts f'tir die ELearning Industrie existieren noch nicht. Die entsprechenden Gr6gen werden deshalb durch eine Obertragung typischer Werte aus der Software-Industrie aufgrund des vergleichbaren Produktionsprozesses bestimmt [vgl. K1St01 ].113 Far manche Parameter wiederum wie z.B. der Anteil der Content-Wiederverwertung hingegen k6nnen trotz der zahlreich vorliegenden qualitativen Analysen zu diesem Aspekt keine quantitativen Untersuchungen identifiziert oder aus/~hnlichen Industrien 0bertragen werden; solche Gr6gen werden, wie in Abschnitt 5.3 beschrieben, durch eine Befragung von Industrieexperten zu ermitteln. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass manche, die so genannten soften Variablen, wie etwa der Einfluss der relativen Reputation eines Untemehmens auch f'tir Experten nur schwer nachvollziehbar zu bestimmen sind. Solche Parameter, ftir die weder eine Metrik noch empirische Daten vorliegen, sind ft~r das Systemverhalten jedoch zu berficksichtigen und sollten nicht vonder Betrachtung ausgeschlossen werden. TM Der Einfluss der einzelnen Parameterbelegungen auf das Modellverhalten wird durch Sensitivit/~tsanalysen in Abschnitt 5.2.2.2 weiter t~berp~ft. Insgesamt zeigen die Parameterverifikationstests, dass alle Modellparameter quantifi-
zierbar sind, auch wenn einzelne davon in der Literatur nicht vorliegen oder nur schwierig zu bestimmen sind. Somit ist das Korrespondenzkriterium erf'tillt [Mi1174, 211 ]. Da einzelne Gr6gen nicht gesichert aus bestehenden Quellen fibemommen werden k6nnen, sind hierzu weitere empirische Untersuchungen notwendig - die Darstellung dieser Untersuchung erfolgt in Abschnitt 5.3.
5.2.1.4 Dimensionenkonsistenztests Bei diesem Test wird bestimmt, ob die Einheiten der betrachteten GrOgen in den einzelnen Gleichungen und im Gleichungssystem zu einer konsistenten und fehlerfreien Darstellung f'tihren sowie ob die gew/~hlten Dimensionen im realen System auftreten. Dimensionale Inkonsistenzen k6nnen konzeptionelle oder strukturelle M~ingel aufdecken.
sind. Die im Rahmen der Modellierung gew/~hlteKursgr6Be entspricht etwa 80 Lernstunden eines aufwendig umgesetztenE-Learning Kurses. ~3 Simon gibt eine Obersicht f'tir 17 verschiedene Produktgruppen mit typischen Kostensenkungen von 20-30% [Simo92, 284] - f'tir die Softwareindustrievgl. [HaMo+98; Grot04]. ~4 "To omit such variables is equivalent to saying they have zero effect - probably the only value that is known to be wrong" [Forr61, 57]. 130
Die dimensionale Konsistenz ist eine grundlegende Anforderung an die formale Korrektheit des Modells. In den g~ingigen System Dynamics Simulationsumgebungen sind Funktionen zur 121berprtifung der Einheitenkonsistenz bereits integriert. Das beschriebene Gleichungssystem besteht diesen Test einwandfrei. 115 Unsinnige Dimensionen wie z.B. Mitarbeiter:/Jahr 3 k6nnen bei der Inspektion aller Gleichungen und Parameter nicht identifiziert werden. Diese Aussage best~itigt ebenfalls den Korrespondenztest (vgl. Abschnitt 5.2.1.3). Somit erfiallt das Modell die Dimensionenkonsistenztests vollst~indig. 5.2.1.5
Z us a mme n f as s u n g Strukturtests
Die in diesem Abschnitt 5.2.1 durchgeftihrte Strukturvalidierung best/atigt die formale Korrektheit des entwickelten Gleichungssystems und baut das Vertrauen in die Gtiltigkeit des Modells aus. Die gew~ihlte Modellstruktur basiert auf etablierten Ans~itzen der Unternehmenstheorie und berticksichtigt die relevanten Systemgr6gen und deren Wechselwirkungen. Die Simulationswerte treten in realistischen Gr6genordnungen auf, formale Aspekte wie grundlegende Erhaltungsgesetze oder die Dimensionenkonsistenz werden problemlos erftillt. Jedem Modellelement kann ein reales Gegensttick zugeordnet werden, so dass ein hoher Realit/atsbezug sichergestellt ist, selbst wenn diese Elemente nicht immer leicht zu quantifizieren sind bzw. bereits noch keine empirischen Daten hierftir vorliegen [Mi1174, 209]. Aus den Ergebnissen der verschiedenen Validierungsverfahren folgt, dass sich die Struktur des Modells durch eine gute Validit/at auszeichnet. 5.2.2 Verhaltensvalidierung Das Verhalten ergibt sich aus der Struktur und den Parametem des Modells. Mit Verhaltenstests wird untersucht, inwieweit das Modell das Verhalten des Realsystems reproduzieren oder vorhersagen kann, welchen Einfluss zentrale Parameter und Strukturen auf das Modellergebnis austiben und wie robust das Modellverhalten auch bei extremen Parameterbelegungen ist [Ster00, 874-887]. Die Verhaltensvalidierung gilt als eine weitere Voraussetzung, um durch das Modell erzielte Handlungsempfehlungen auf das Realsystem tibertragen zu k6nnen [Kort02, 113].
1~~Das in Abschnitt 8.2 dargestellte Modell wird in Vensim PLE Plus 32 -Version 5.4d umgesetzt und die Einheiten mit der integrierten Funktion Unit Check erfolgreich getestet. 131
5.2.2.1 Extrembedingungstests Durch die Analyse von Extrembedingungen wird die Robustheit des Modellverhaltens bei extremen Bedingungen getestet. Extrembedingungen k6nnen beispielsweise durch spezielle Parameterbelegungen (typische Extremwerte wie null oder unendlich z16) bzw. durch konvergierende Ann~iherung an Extremwerte oder durch bestimmte Ereignismuster wie Schwingungen oder Impulse generiert werden. Extrembedingungen sind dabei geeignet, Modellierungsfehler insbesondere in umfangreicheren Modellen aufzuzeigen [PeEb94]. Verh/alt sich das Modell unter Extrembedingungen plausibel und so, wie es sich ft~r das Realsystem vermuten l~isst, so erh6ht dies wiederum die Konfidenz in das Modell. Das Modell kann hierbei mittels einzelner Simulationsl/~ufe untersucht oder anhand des Gleichungssystems formal diskutiert werden. Insgesamt zeigt das Modell bei Extremwerttests ein durchweg stabiles und plausibles Verhalten. 117 Exemplarisch wird das Modellverhalten ftir die folgenden drei verschiedenen Extrembedingungen untersucht: (i) Ausfail tier Vertriebsmitarbeiter: Vertreibt ein reales E-Learning Unternehmen Kurse einzig durch den Direktvertrieb, so setzt das Unternehmen keine Kurse ab, falls die Vertriebsmitarbeiter ausfallen. Folglich werden erwartungsgem/al3 keine Einzahlungen aus der Gesch/aftst/~tigkeit bzw. kein Cash Inflow generiert. Aufgrund der fehlenden Auftr/age sollten dann Oberkapazit/~ten in der Produktion auftreten und in entsprechender Zeit abgebaut werden. Zur Simulation dieser Extrembedingung sind nur geringe Modifikationen am Simulationsmodell notwendig. W/ahrend im Basismodell (Abschnitt 5.1) die Unternehmung zwei Vertriebsmitarbeiter besch/fftigt, wird hier die Anzahl der Vertriebsmitarbeiter
(EmSaO) sowie die Anzahl der bereits vertriebenen Kurse im Zeitpunkt t=0 ( B a A u O vgl. Tabelle 5-2) gleich null gesetzt. 118 Die entsprechende Simulation zeigt, dass sich Modellverhalten und erwartetes Verhalten des realen Unternehmens gut entsprechen: das Untemehmen erzielt keinen Cash Inflow, w~ihrend Auszahlungen ftir die Produktionsmitarbeiter auflaufen. Kurse wer-
l J~Zur Simulation von unendlich grol3en oder kleinen Werten vgl. a. Abschnitt 4.2.3.3. ~7 Umfangreiche Tests mit variierenden Parameterbelegungen - teilweise unterstfitzt durch die Vensim Funktion SyntheSim - best~itigen die Modellstabilit~it unter Extrembedingungen. ~8 Die Anzahl der kontaktierten Kunden in Abh~ingigkeit der zu installierenden Kurse ist gem~il3G1. 4-14 ftir diesen Wert nicht definiert; aus diesem Grund wird ftir dieses Extremszenario G1.4-14 in G1.4-13 eingesetzt, somit k6nnen die Simulationen berechnet werden. 132
den nicht produziert, das Inventar ist gleich null, nach etwa einem Jahr ist bereits die H~ilfte der Mitarbeiter entlassen, so dass sich ebenfalls die Auszahlungen reduzieren. Abbildung 5-4 stellt die Entwicklung von Cash Flow und Anzahl der Produktionsmitarbeiter far diese Simulation dar.
0
1
2
3
4
Z!!
5
-100.000
-200.000
Mitarbeiter
6
--
7
4 3
-300.000 ...........................
2
-400.000
1 0
-500.000
0
C a s h Flow
1
2
3
4
5
6
Abbildung 5-4 Entwicklung von Cash Flow und Mitarbeiterbestand bei Ausfall der Vertriebsmitarbeiter (jeweils n=80Simulationslgufe) (ii) M i n i m a l e
von Kunden
akzeptierte Wartezeit:
Verringert sich die yon
Kunden akzeptierte Wartezeit f'tir einen Kurs und konvergiert schliel31ich gegen null, so werden Unternehmen mit kleinen Produktionskapazit~iten nicht in der Lage sein, entsprechende Lieferzeiten einzuhalten. Folglich werden Unternehmen ihre Produktionskapazit~iten erh6hen und kleine Unternehmen wegen der unattraktiven Lieferzeiten nur eine vergleichsweise geringe Anzahl neuer Kunde gewinnen k6nnen. Zur Abbildung der ge~inderten Kundenpr~iferenzen in einer Simulation wird die von Kunden akzeptierte Wartezeit (Customer Accepted Delay) schrittweise an den Grenzwert von null angen~ihert. Zur exemplarischen Darstellung wird hier das Modell jeweils einmal mit den Werten
10
"2, 10-3 und 10-4 Jahre 119 als akzeptierte Wartezeit si-
muliert und das Verhalten betrachtet- f'tir den Wert von null ist das Gleichungssystem nicht definiert. Die Simulation best~itigt das erwartete Verhalten. Aufgrund der hohen relativen Lieferzeit beginnt die Unternehmung, neue Produktionsmitarbeiter einzustellen und aus-
I I~ 10-2
Jahre entspricht 3,65 Tagen, 10 -3 etwa 9 Stunden und 10 -4 circa 52 Minuten. 133
zubilden- je geringer dabei die akzeptierte Lieferdauer gew~ihlt wird, desto h6her ist die Anzahl der Neueinstellungen. Die Unternehmung stellt beispielsweise bei einer Wartezeit von 10-2 Jahren mehr als 200 Mitarbeiter ein, was den Cash Flow der Unternehmung aufgrund der Mitarbeitergeh~ilter sehr stark belastet. Da sich insgesamt die Anzahl der abgesetzten E-Learning Kurse nicht vergr613ert, erzielt die Unternehmung auch langfristig keinen positiven Einzahlungstiberschuss. Abbildung 5-5 stellt die Entwicklung von Cash Flow und Anzahl der Neueinstellungen far diese Simulation dar. Mitarbeiter
0 0 ~
1
2
3
4
Lieferzeit 10-3
5 i,
6 ' Zeit
-1.000.000.000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . J~Lieferzeit 10.2 ~2 ~~ 0 1 0 ~ o 0 ~
\ Lieferzeit 10-4 ~
-3.000.000.000
Cash Flow
50.000 40.000
t
Lieferzeitl0-4 ..........
30.000 20.000 10.000 0
/ 0
,
1
Lieferzeit10-3
~ Zeit.
'
, 5
2
~
3
4
i 6
Abbildung 5-5 Entwicklung von Cash Flow und Mitarbeiterbestand bei minimalen Lieferzeiten
(jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
(iii) Oszillierende Auftragseing~inge: Unterj~ihrige Zyklen ftir Auftragseing~inge (typisch z.B. ftir die Hard- und Software-Industrie [Ster00, 745]) oder einzelne Nachfrageimpulse in einer Supply-Chain stellen eine besondere Herausforderung ftir die Kapazit~itsplanung realer Unternehmen dar (z.B. Bullwhip-Effekt [ChDr+00]). Grund hierftir ist, dass oszillierendes oder impulsives Verhalten bei dynamischen Systemen zu instabilen Zust~inden ftihren kann. Die Analyse yon Impulsen oder Schwingungen im Auftragseingang ist im vorliegenden Modell beispielsweise durch eine Variation der durchschnittlichen Bestellmenge pro Kunde realisierbar. Zur Operationalisierung wird in der Simulation ftir die Variable Sales Volume per Customer durch eine Signum-Funktion ein einmaliger Impuls und durch eine Sinus-Funktion ein gleichm~il3iges Schwingungsverhalten erzeugt. Als Impulsinput wird beginnend nach einem Jahr tiber die Dauer eines Jahres die Bestellmenge um zwei Kurse erh6ht. Ftir die Sinusfunktion werden eine Periodizit~it von 3,14 134
Jahren und eine Amplitude von 0,75 Kursen gew~ihlt, so dass innerhalb der Simulationsdauer von sechs Jahren beinahe zwei volle Perioden durchlaufen werden, in denen die Bestellmenge zwischen 0,25 und 1,75 Kursen oszilliert. Die sich ergebende Entwicklung von Cash Flow und Anzahl der Autoren wird in Abbildung 5-6 ftir die beiden Extrembedingungen gezeigt. Das Modell reagiert erwartungsgem~il3 und stabil gegenfiber den ver~inderten Auftragseing~ingen: Aufgrund des einmaligen Nachfrageimpulses steigt der Cash Flow nach einem Jahr sprunghaft um ein geringes Ausmal3 an. Dieser Anstieg ergibt sich durch den Anteil der sofort lieferbaren Kurse im Rahmen des Mehrfachvertriebs. Neueinstellungen der Produktionsmitarbeiter, verz6gert durch Such- und Ausbildungszeiten, sorgen fiir eine Anpassung der Produktionskapazit~it. Der oszillierende Auftragseingang spiegelt sich ebenfalls in der Mitarbeiterentwicklung direkt wider; der Cash Flow der Unternehmung schwankt ebenfalls leicht sinusf6rmig.
Mitarbeiter
Cash Flow
20
6.o i!iiii!iii!iii
400.000
16
200.000
12
0
oo.ooo _
z;;i
-400.000
8
4t
Zeit
o
-600.000 3_. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . •
OszillierendeNachfrage
0
1 "
2
3
4
5
6
Impulsnachfrage
Abbildung 5-6 Entwicklung von Cash Flow und Mitarbeiterbestand bei Auftragseingangsschwankungen (jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
Die Extrembedingungstests zeigen insgesamt ein stabiles Modellverhalten. Das Modell reagiert robust auf Extremwertbelegungen oder zyklische ,~nderungen verschiedener Parameter und verh~ilt sich, wie es for das reale System zu erwarten ist. Folglich k6nnen die Extrembedingungstests als von dem Modell erfiillt bewertet werden.
135
5.2.2.2 Verhaltenssensitivitiitstests Mittels Sensitivit~itsanalysen wird der Einfluss einzelner Parameter auf das Ergebnis einer Simulation untersucht und die Frage beantwortet, inwieweit ein Modell empfindlich auf numerische .~nderungen insbesondere unsicherer Parameter reagiert. Bei einer hohen Sensitivit~it eines Modells auf einzelne Parameter kann bereits eine geringe Jimderung eines Inputwertes zu einer deutlichen Ver~inderung des Modellverhaltens ft~hren, so dass die durch die Simulation erzielten Resultate nur bedingt auf das reale System/ibertragen werden k6nnen. Sensitivitgtstests verbinden die Modellstruktur- und die Verhaltensanalysen und erlauben Aussagen fiber die Robustheit von modellinduzierten Empfehlungen. Numerische Sensitivit~itstests werden durchgeftihrt, indem einzelne oder Gruppen von Parametern innerhalb eines sinnvoll gewiihlten Intervalls ver~indert und die Ergebnisse der Simulation mit dem Referenzverhalten verglichen werden. Treten hierbei nur ge-
ringe Abweichungen auf, so ist das Modell robust gegentiber Ver~inderungen der Parameterwerte und trotz u.U. unsicherer Parameterbelegungen k6nnen die Erkenntnisse ftir die reale Problemstellung genutzt werden. Begrenzte numerische Sensitivit~iten sollte jedes Modell aufweisen, da andernfalls das untersuchte Element vermutlich keihen Einfluss auf das Modellverhalten hat und somit obsolet ftir die Modellierung ist. Aufgrund der Nichtlinearit~it des betrachteten Systems und des entsprechend entwickelten Modells werden insgesamt vier Sensitivit~itsanalysen f'tir jeden Parameter in einer univariaten Untersuchung durchgeft~hrt: bei Konstanz der t~brigen Parameter wird jeweils die betrachtete Variable um +5 Prozent und um +50 Prozent vom ursprfinglichen Wert des Basismodells ver~.ndert und der Einfluss auf die Ein- und Auszahlungen sowie auf den sich ergebenden Cash Flow der Unternehmung betrachtet. ttierzu erfolgen fur jede Parameterbelegung, wie in Abschnitt 5.1 beschrieben, 80 Simulationslfiufe, deren relative Abweichungen von der Basissimulation bestimmt werden. Tabelle 5-5 stellt die Ergebnisse ftir das Vertriebs-, Produktions- und Personalmodell dar. Insgesamt zeigt die Analyse ein robustes Verhalten bei den umfangreichen Sensitivit~itsuntersuchungen. Vertriebsmodell: Parameter des Vertriebsmodells beeinflussen erwartungsgem~il3 besonders die Einzahlungen der Unternehmung; Einzahlungen stellen das Produkt aus der Menge gelieferter Kurse und dem Preis dar. Anderungen des Preises (Price) bedingen folglich eine proportionale Abweichung der Einzahlungen. Da die Auszah-
136
lungen for Mitarbeiter und die Nachfrage ftir Kurse annahmegem~iB unabh/angig vom absoluten Preis der E-Leaming Kurse sind, resultiert eine hohe Sensitivit/at des sich ergebenen Cash Flow: so steigen beispielsweise bei einer ftinf prozentigen Preiserh6hung die Einzahlungen exakt um ftinf Prozent, die Auszahlungen bleiben unver~indert und der Cash Flow als Differenz von Ein- und Auszahlungen w~ichst entsprechend um 20 Prozent. Einen vergleichbaren Einfluss hat die durchschnittliche Bestellmenge pro Kunde
(Sales Volume) als Mengenkomponente der Einzahlungen. Eine Reduktion der Bestellmenge z.B. um ftinf Prozent ftihrt zu einem ~ihnlich hohen Umsatzrtickgang- allerdings sinken ebenfalls leicht die Auszahlungen f'tir Produktionsmitarbeiter, da weniger Kurse produziert werden. Insgesamt reduziert sich der Cash Flow um etwa elf Prozent. Variationen des Erwartungswerts, angesprochene Kunden zu gewinnen (Conversion Rate), ftihren ebenso wie die durchschnittliche Zeit pro angesprochenen Kunden (Acquisition Time) - wenn auch mit umgekehrter Wirkungsrichtung - zu tibereinstimmenden Resultaten. Anderungen der von Kunden akzeptierten Wartezeit (Accepted Delay) hingegen verursachen sowohl auf der Einzahlungs- als auch auf der Auszahlungsseite gleichgerichtete Effekte ftir den Cash Flow: bei einer Reduktion der Wartezeit beispielsweise verringert sich einerseits die Wahrscheinlichkeit for einen neuen Auftrag, anderseits steigt die Produktionskapazit~it der Untemehmung (vgl. Abschnitt 5.2.2.1); somit ist die Sensitivit~it auf den Cash Flow entsprechend hoch. Die beiden Elastizit~iten for die Reputation und die Lieferf~ihigkeit des Unternehmens haben nur einen sehr begrenzten Effekt auf den Cash Flow des Unternehmens. Produktionsmodeli: Variationen beider Parameter des Produktionsmodells rufen nur geringe ,/knderungen bei den Zahlungsstr6men der Unternehmung hervor: Der Einfluss der Kursveralterung (Course Span) auf den Cash Flow ist gering, da der durch den Mehrfachvertrieb der Kurse bedingte Wirkungszusammenhang (vgl. G1.4-22) relativ begrenzt ist. St~irker wirkt sich die H6he des Erfahrungskurveneffektes aus: aufgrund der geringeren Produktivitgt bei verringerter Erfahrungskurve (Experience curve 7) werden mehr Mitarbeiter eingestellt, trotzdem insgesamt nicht soviel Kurse abgesetzt, da sich ebenfalls aufgrund der geringeren Produktivit~it die Lieferf~ihigkeit reduziert (vgl. G1.4-5). Wegen der exponentiellen Struktur des Erfahrungskurveneffekts sind die relativen Abweichungen nicht symmetrisch.
137
Parameter des Produktionsmodells wirken vorwiegend auf die
P e r s o n a l m o d e l i :
Auszahlungen der Unternehmung ein. Auszahlungen ergeben sich aus den Mitarbeitergehaltem und der Besch~iftigtenanzahl. Analog zu den Preis~inderungen auf der Einzahlungsseite bewirken Anderungen der Geh~ilter proportionale Abweichungen der Auszahlungen, wodurch eine entsprechend hohe Sensitivit~it des sich ergebenden Cash Flow resultiert. Einzahlungen werden von der H~She der Geh~ilter nicht beeinflusst. Such-, Ausbildungs- und Entlassungszeiten haben eine nur geringe Wirkung auf die Ein- und Auszahlungen des Unternehmens. Variable
-5 Prozent
+5 Prozent -
-50 Prozent
!
-
1
+50 Prozent
1
-
Vertriebsmodell Price
40.000
0,0% -20,8%
-5,0%
5,0%
.
Sales Volume Conversion Rate Acquisition Time Service Time Accepted Delay
.
0,0%
.
.
20,8% -50,0%
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
.
0,0% .
.
.
.
.
208,5%
.
-4,4% -2,1% -11,7%
4,4%
2,1%
11,8% -45,7% -27,0% -105,0%
42,7%
17,0% 124,2%
0,3
-4,5% -2,2% -11,9%
4,7%
2,1%
12,9% -45,5% -27,0% -104,3%
43,2%
17,0% 126,6%
12,5% -4,2% -2,0% -11,2%
0,016
4,6%
2,2%
0,015
0,8%
0,5%
-0,4%
4,6% -16,2%
4
1,8% -0,8% -0,5%
82,5%
28,0%
8,7%
5,3%
-1,8%
0,4% -4,1%
14,7% -4,6%
255,1% -30,1% -16,4% 19,4%
-73,3%
-7,9%1 -5,0%
86,9% -294,9%
-17,1%
3,0% -28,9%
104,0%
i .
0,3
ERep
.
-0,4% -0,2%
.
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0,4% .
1
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. . -0,5% . . Experience . . 0,3 curve ~, Pers0naimodell "
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Produktionsmodell Course Span
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-18,4% i 3,3%
-0,2%
14,6%
........ 10,8% i -5,4% i' 32,9% ' - 126,7% ~i 3 ,8% . -25,1% 95,3% i i ' .... .
.
0,7
iio
.
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.
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-0,4%
o
4,2%
-0,8%
-0,3%
2,7%
-0,4%
o
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.
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iJo
.
0,3Vo
.
-4,1
o
-2,6%
i
Decruit Time
6
0,0% -0,1%
Annual Salary
70.000
0,0% -5,0%
0,3%~ 0,0%
0,1 o% -0,3%~ 0,0%
o o o 15,8Yo 0,0%o 5,0~ -15,8~
-0,9%~
T a b e l l e 5-5
3,0%~
o o 0,0~ -50,0%o 158,5~
. . . . . . . .
Sensitivit~itsanalyse der M o d e l l k o n s t a n t e n (jeweils n=80 S i m u l a t i o n s l i i u f e - vgl. a Tabellc 5-1)
138
50,0% ,.
1
.
Time
0,0% -208,5%
.
0,0%~ 1,0%~ o 0,0%
-3,1 o%
o o 50,0% -158,5%
Insgesamt zeigen die Sensitivit~itstests, dass das entwickelte Modell wenig empfindlich und erwarmngsgemW3 auf numerische Anderungen der gew~ihlten Parameter reagiert. Relativ groBen Einfluss auf den Cash Flow haben die vertriebsrelevanten Konstanten; diese Wirkung ist allerdings eindeutig nachvollziehbar. St~irkere .~nderungen im Modellverhalten treten nicht auf. Folglich sind die auf Basis des Modells erzielten Empfehlungen robust gegentiber verschiedenen numerischen Parametervariationen und k6nnen auf das reale System tibertragen werden. 5.2.2.3
Weitere Verhaltenstests
Neben den beiden dargestellten Verhaltenstests werden noch der Zugeh/Srigkeitstest sowie historische und prognostische Verhaltenstests ftir die Validierung von System Dynamics Modellen angeftihrt [Ster00, 874-883]. Bei dem Test auf Zugeh6rigkeit wird untersucht, ob das entwickelte Modell typische Merkmale von System Dynamics Modellen aufweist und inwieweit ein Modell auf andere Instanzen des beschriebenen Systems tibertragen werden kann. Die im vorherigen Abschnitt geschilderten, dynamischen und nicht-linearen Eigenschaften gelten als typische Merkmale ftir System Dynamics Modelle. Da das Modell ftir einen idealtypischen E-Learning Content Anbieter mit repr~isentativen Produktions- und Vertriebsprozessen konzipiert ist, k6nnen durch einfache Modifikationen verschiedene Unternehmen abgebildet und der Zugeh6rigkeitstest kann somit best~itigt werden. Mit Hilfe der historischen Reproduktion wird tiberprtift, inwieweit das Modellverhalten mit dem bisher beobachteten Verhalten des Realsystems tibereinstimmt. Hierzu sind historische Realdaten notwendig, welche im erforderlichen Detaillierungsgrad aufgrund der innovativen Technologie und des jungen Markts nicht erh~iltlich sind. Grunds~itzlich bildet allerdings die Cash Flow Entwicklung des Basismodells den typischen Wachstumspfad junger Unternehmen ab [NoSa+05]. Vorhersagetests tiberprtifen die Akkuranz der Modellprognosen und stellen eine anspruchsvolle Form der Validierung dar [NaFi67, B-95]. Die F~ihigkeit eines Modells, zuktinftige Entwicklungen zu prognostizieren, kann letztlich erst nach der Vorhersageperiode beurteilt werden. Aufgrund der im Allgemeinen zugrunde liegenden Motivation zur Modellbildung sind Vorhersagetests in den seltensten F~illen sinnvoll durchftihrbar. 5.2.2.4 Zusammenfassung Verhaltenstests
Das System kann im Ergebnis der verschiedenen Verhaltenstests als valide bezeichnet werden. Die Extrembedingungstests identifizieren ein stabiles und plausibles Modell139
verhalten, was wiederum das Vertrauen in die formale Korrektheit sowie in die Validitat des Modells untersttitzt. Die Sensitivitatstests zeigen, dass die dargestellten Zusammenhange robust ftir verschiedene Parameterbelegungen gelten und folglich die durch die Simulation erzielten Erkenntnisse gut auf reale Unternehmen mit im speziellen partiell divergierenden Unternehmenscharakteristika tibertragen werden k6nnen; der Zugeh6rigkeitstest bestatigt dies. Historische Verhaltensreproduktionen sowie Prognosetests sind f'tir das betrachtete Unternehmenssystem aufgrund unzureichend vorliegender empirischer Werte noch nicht m6glich; zur grundlegenden Validierung spezieller quantitativer und qualitativer Annahmen dient deshalb die folgende Erhebung und empirische Validierung.
5.3 Empirische Modellvalidierung Die empirische Sozialforschung stellt ein umfassendes methodisches Spektrum zur deskriptiven und explorativen Untersuchung sozialer Zusammenhange und Verhaltensursachen bereit [Diek04, 18-33]. Angemessene Methoden sind u.a. in Abhangigkeit des Forschungsproblems und Forschungsziels sowie der Anwendungsm6glichkeiten und Erhebungssituation auszuwahlen [Frie90, 189-192]. Typische Erhebungsinstmmente und Untersuchungsformen sind dabei Befragung, Beobachtung, Inhaltsanalyse oder Experiment [Atte95, 72]. Die Befragung ist dabei die am haufigsten verwendete Methode mit breitem Anwendungsbereich. Sie kann nach verschiedenen Kriterien wie z.B. nach der Form (schriftlich oder mtindlich), nach der Strukturiertheit (freie oder vorgegebene Antworten) oder nach der Erhebungssituation in verschiedene Varianten wie z.B. in schriftliche Befragung, Tiefeninterview oder Gruppendiskussion unterschieden werden [Frie90, 207 f]. Wahrend als Interview zumeist ein standardisierter bzw. normierter Fragebogen mit bestimmten Fragen, fester Reihenfolge und vorgegebenen Antworten bezeichnet wird, stellt ein Tiefeninterview eine mtindliche Befragung mit einem geringeren MaI3 an Strukturiemng dar. 12~ Ein Tiefeninterview dient zur Ermittlung von Fakten, Wissen, Meinungen, Einstellungen oder Bewertungen insbesondere bei komplexen Sachverhalten, bei Prozessen und Effekten der individuellen Erfahrung sowie zur Interpretation und Verfeinerung statistischer Beziehungen vor allem in seltenen Fallen und bei wenig bekannten Problemen [Frie90, 226]. Dartiber hinaus werden Tiefeninterviews als Er-
J2oSynonymzu Tiefeninterview auch: teilstandardisiertes Interview, Intensivinterview, Intensivbefragung oder Leitfadeninterview. 140
g~inzung und zur Validierung anderer Forschungsinstrumente verstanden [ScHi+99, 355]. Aufgrund der Komplexitgt des untersuchten Unternehmenssystems, der relativ kleinen Gruppe m/3glicher Interviewpartner sowie der Komplementarit~it der Methode wird far die weitere empirische Validierung des System Dynamics Modells die Form des Tiefeninterviews ft~r die spezielle Untersuchung gew~ihlt. Abschnitt 5.3.1 stellt die Konstruktion, den Aufbau und die Operationalisierung dar, Abschnitt 5.3.2 fasst die Resultate zusammen und analysiert die Ergebnisse der Befragung. 5.3.1 Aufbau und Design der Befragung Zur Strukturierung des Intensivinterviews dient ein Interviewleitfaden, welcher Ablauf und Inhalt des Gesprgchs variabel bestimmt: 121 Der Interviewer kann bei der Gesprgchsgestaltung den Ablauf und die Auswahl der Fragen situativ w~hlen. Hierbei k6nnen m6gliche Nachfragen gestellt und bestimmte Fragen auslassen werden, falls diese sich bereits er/ibrigt haben oder falls der Befragte diese aufgrund seines Kenntnisstandes nicht beantworten kann oder aufgrund unterschiedlicher Motive nicht beantworten m6chte. Intensivinterviews weisen dabei nicht nur qualitative Aspekte auf, sondern k6nnen verallgemeinernde Gr6Benordnungen im Rahmen der statistischen Fehlergrenzen und Signifikanzen verkntipfen; folglich wird bei Intensivbefragungen eine Kombination qualitativer und quantitativer Arbeitsmethoden angestrebt [Kosc87, 389]. Als Nachteile von Intensivinterview werden, verglichen mit einem standardisierten Interview, im Allgemeinen der potenziell starke Einfluss des Interviewers auf die Erhebungssituation, die Dauer, der Auswertungsaufwand und die geringere Vergleichbarkeit der Ergebnisse genannt [Frie90, 226]. Hierdurch ergeben sich hohe Anforderungen an die Erfahrung und Ausbildung des Interviewers [Laat93, 198 f]. Um eine Untersuchung unter Anwendung eines Leitfadeninterviews durchzuf't~hren, ist das Verwertungsziel der Befragung zu bestimmen, aus dem sich im n~ichsten Schritt Ablauf und Inhalt der Befragung ableiten [Frie90, 224-236]. Ziel dieser Untersuchung ist die weitere Validierung des in Abschnitt 5.1 untersuchten System Dynamics Modells. Hierbei sollen die Elemente und Wirkungszusammenhgngen t~berpNft, gegebe-
~2~In der sozialwissenschaftlichen Literatur wird der Begriff des Intensiv- bzw. Tiefeninterviewsnicht immer einheitlich verwendet und stellt mittlerweile einen Sammelbegriffftir verschiedene Interviewarten dar [vgl. z.B. Laat93, 105]. 141
nenfalls erganzt und beztiglich der Relevanz bewertet sowie notwendige Daten erhoben werden, um so die weitere Zustimmung zum Modell mit den gew~hlten Strukturen und Werten zu erzielen. Die relevanten Merkmale und Gr6f3en des Modells werden auf Basis der Ergebnisse von Abschnitt 5.2.1 und 5.2.2 abgeleitet und hieraus m6gliche Fragen far den Leitfaden formuliert. Der Aufbau des Fragebogens spiegelt dabei die Modellstruktur wider; zu jedem Teilmodell ergeben sich verschiedene, offene und geschlossene Fragen nach qualitativen und quantitativen Zusammenh~ngen; insgesamt werden 36 Fragen entwickelt. Jeder Abschnitt beginnt mit einer offenen Frage nach dem jeweiligen Prozess des entsprechenden Sektors. 122 Bei offenen Fragen werden keine Antwortalternativen vorgegeben [Laat93, 119]. Da die Offenheit der Antwort hfiufig die Vergleichbarkeit einschrankt, wird bei den jeweils folgenden Fragen der Antwortraum sukzessive verringert und beispielsweise den Befragten ein grafisch dargestellter Standardprozess vorgelegt, anhand dessen Differenzen zu den Erfahrungen der Interviewpartner erklart werden. Wirkungszusammenh~.nge (vgl. Abschnitt 4.1.3) werden daran anschliel3end analog zu Vennix durch halboffene Fragen [Venn96, 126 f], Parameterwerte durch geschlossene Fragen ermittelt, bei denen entsprechend ein Teil m6glicher Antworten oder eine abgestufte Skala vorgegeben sind;~23 auf3erdem werden bei manchen Fragen Skizzen von den Teilnehmern verlangt. Es werden ausschlief31ich so genannte direkte Sach-, Meinungs- und Verhaltensfragen gestellt- indirekte Fragen, bei denen das eigentliche Ziel der Frage dem Befragten bewusst verborgen bleiben soll, werden nicht verwendet. Kontrollfragen werden nur vereinzelt beracksichtigt. Der vollst~.ndige Fragebogen ist im Anhang in Abschnitt 8.3 dargestellt, auf einzelne Fragen wird im folgenden Abschnitt 5.3.2 eingegangen. Der Leitfadenentwurf wird zweimalig vor der eigentlichen Untersuchung erprobt. Insgesamt werden fOnf Befragungen mit je einer GeschaftsfOhrerin 124 und einem Geschaftsft~hrer, mit einem Vorstand sowie mit einem Vertriebsleiter und einem erfahrehen Vertriebsmitarbeiter von fanf verschiedenen Content Anbietern far individualisier-
Jz_~Offene Fragen werden for die drei Sektoren Personal, Produktion und Vertrieb gestellt; Daten zum Finanzierungssektor werden direkt nicht erhoben, sondern ergeben sich aus den ermittelten Werten der abrigen Sektoren. 123Zumeist werden zur Skalierung eine f'tinfstufige Guttman- oder Likert-Skalierung verwendet [Diek04, 233-244]. ~24In der folgenden Analyse wird zur anonymisiertenDarstellung der Ergebnisse nach dem Genus der Befragten nicht weiter unterschieden. 142
te E-Learning Kurse durchgefiihrt- nur ein Unternehmen davon bietet auch einen gr6Beren Anteil standardisierter Kurse an. Alle Unternehmen vermarkten ihre Kurse ausschlieBlich im deutschsprachigen Raum; vier der ftinf Unternehmen bestehen seit mindestens drei Jahren und beschgftigen zwischen zehn und 20 fest angestellte Mitarbeiter, erg~inzt um freie Mitarbeiter bei Bedarf. Eine Untemehmung besch~.ftigt mehr als 50 Mitarbeiter, eine andere besteht erst seit zwei Jahren. Alle Interviewpartner haben allerdings mindestens eine mehr als f'unfj~hrige Berufserfahrung mit dem E-Learning Markt. Die ftinf Unternehmen werden zufallig von einer Ausstellerliste der learntec 2005, einer der gr6Bten europ~iischen E-Learning Messen, ausgew~.hlt und ft~r ein Interview gewonnen. Den Interviewteilnehmern werden zu Beginn der Befragung im Sinne von Kahn/Cannell der Anlass, das Ziel und die Struktur sowie die m6glichen Ergebnisse und Konsequenzen der Befragung erklgrt [KaCa67, 132]. Die Befragungen werden im Rahmen der Messe im Februar 2005 durchgef'uhrt. Die Fragen werden neutral, often, klar und exklusiv, d.h. nur eine Frage gleichzeitig, gestellt. Jedes Interview dauert etwa eine Stunde. Alle Teilnehmer sind mit einer Tonbandaufzeichnung einverstanden, welche ft~r die weitere Auswertung transkribiert und den Beteiligen nochmals vorgelegt wird. 5.3.2 Ergebnisse der Befragung Die Ergebnisse der Befragung bestfitigen grundsgtzlich das erstellte Modell und werden gem~ig der Befragungsstruktur und der Auswertungsmethode differenziert nach einem qualitativen und einem quantitativen Teil jeweils fiir das Produktions-, Vertriebs- und Personalmodell dargestellt. Die qualitativen Aussagen beschreiben die Antworten auf die often gestellten Prozessfragen und werden mittels der strukturie-
renden Inhaltsanalyse [Laat93, 226 f] ft~r die einzelnen Teilmodelle untersucht und zusammengefasst. Im Rahmen der Arbeit wird vonder Erhebungssituation abstrahiert und paralinguale oder beziehungsbedingte Elemente der Kommunikation wie z.B. Sprechdauer, L~nge der Sprecheinheit, Z6gern etc. nicht analysiert [vgl. hierft~r z.B. WaBe+74]. Die quantifizierten Resultate der Befragungen k6nnen direkt mit den zugrunde liegenden Werten des Modells verglichen werden. Die beobachteten Ergebnisse erm6glichen die Evaluierung sowohl einzelner Gr6Ben als auch komplexer Wirkungszusammenh~inge.
143
5.3.2.1 Ergebnisse fdr das Produktionsmodell Der Produktionsprozess ftir individuell gefertigte E-Leaming Kurse wird von den Befragten in seinen Phasen recht detailliert und sehr/~hnlich beschrieben: 125 Bei allen Untemehmen werden zur Produktionsvorbereitung ein Grob- und ein Feinkonzept durch die Autoren in Absprache mit den Kunden erstellt, welche die Kundenanforderungen zusammenfassen und als Grundlage ftir die weitere Produktion dienen. Autoren sind in dieser Phase auch ftir die Kollektion und ftir die Sichtung der zu vermittelnden Inhalte verantwortlich. Drei der ftinf Befragten geben als Herkunft der Inhalte die Fachabteilungen der Kunden an. Zwei Befragte treffen hierzu in diesem offenen Teil der Befragung keine Aussage. Nach dem Feinkonzept wird ein Drehbuch ausgearbeitet - in dieser Phase sind auch Mediendesigner und Programmierer beteiligt, welche sp~.ter die Grafiken und Animationen erstellen und zu einem Kurs umsetzen. Bei gr613eren Kursen, so weist ein Befragter hin, werden die Prozesse parallel gestaltet, in einem anderen Untemehmen werden grOf3ere Teams f'tirjede Phase gebildet oder ein Prototyp als Zwischenergebnis den Kunden pr~sentiert. Nach der Produktion erfolgt in allen Untemehmen eine Qualit/~tskontrolle; ein Interviewpartner gibt an, dass der Rollout der Kurse typischerweise von Kunden fibemommen wird. Nach Vorlage des als Vorschlag pr/~sentierten Produktionsprozesses (vgl. Abbildung 5-7) erg/~nzen drei der ftinf Befragten als weitere phasenfibergreifende T~itigkeit das Projektmanagement zur Koordination und Kundenkommunikation; in zwei der drei F/~lle werden diese organisatorischen Aufgaben den Autoren zugeschrieben. Ein Untemehmen versucht Mitarbeiter zu besch/~ftigen, die m6glichst in zwei Produktionsphasen eingesetzt werden k6nnen. Phasen
Entwicklung und Konzeption der Inhalte
Umsetzungund Medienerstellung
Realisierung und Zusammenstellung der Kurse /
,,,
Rollen
Autoren
Designer
Programmierer
Abbildung 5-7 Vorschlag fiir Produktionsstufen der Kursentwicklung in Anlehnung an Hagenhoff [Hagc02, 149]
~2sVgl. ftir Fragen zum Produktionsmodell Teil 3 im Anhang 8.3. 144
/~
FOr den Produktionsbereich sind als wesentliche Ergebnisse die Aspekte der Wiederverwertung des E-Learning Content (vgl. Abschnitt 5.2) und die Produktivit~it der verschiedenen Mitarbeitergruppen zu quantifizieren (vgl. Tabelle 5-2). Contentwiederverwertung
und M e h r f a c h v e r t r i e b :
U m die Effekte der Con-
tentwiederverwertung im Zuge der Befragung zu ermitteln, wird den Teilnehmern ein Koordinatensystem pr~isentiert, welches den Anteil der Contentwiederverwertung in Abh~ingigkeit der produzierten Kurse abtr~igt. 126 Drei der ftinf Befragten geben einen polynomischen Verlauf far den Graphen an; zwei Befragte f'tihren an, dass die Contentwiederverwertung ,,so gut wie gar nicht" auftritt, da ,,Kunden dieses Angebot nicht
nutzen". Technisch wird die Content-Modularisierung allerdings auch von diesen beiden Unternehmen untersttitzt und von einem der beiden Unternehmen auch ftir die Zukunft erwartet. Gleiches wird in diesem Z u s a m m e n h a n g far den Mehrfachvertrieb der E-Learning Kurse ermittelt. Abbildung 5-8 stellt den durchschnittlichen Anteil der Contentwiederverwertung und des Mehrfachvertriebs dar.
Anteil der Contentwiederverwertung 25% . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anteil durch Mehrfachvertrieb 25% . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20%
20%
15%
15%
10%
10%
5%
5% ~,
0% 0
5
pr~ Kurse , , 10 15 20 25 30 35 40
...... ~/
0% 0
. 5
produzierten Kurse . . . 10 15 20 25 30 35 40
Abbildung 5-8 Durchschnittlicher Anteil der Contentwiederverwertung und des Mehrfachvertriebs der Kurse (n=5 Antwortcn)
126Diese grafische Form der Befragung setzt relativ hohe Anforderungen in die analytischen F~ihigkeiten der Teilnehmer voraus; bei der Durchftihrung der Befragung zeigt sich allerdings, dass nach kurzer Erkl~irung die Interviewparmer sehr schnell Ziel und Inhalt der Frage verstehen. 145
Die ermittelten Zusammenh~inge zwischen Contentwiederverwertung, Mehrfachvertrieb und der produzierten Kurse entsprechen den im Basismodell hinterlegten Funktionen (vgl. G1.4-12 u. G1.4-22).
Mitarbeiterproduktivit~t: Zur Messung der Produktivit~it der verschiedenen Mitarbeitergruppen wird der jeweilige zeitliche Arbeitsanteil ffir die Erstellung eines Kurses ermittelt. Die Bestimmung dieser relativen Arbeitsleistung umgeht die in Abschnitt 5.2.1.3 dargestellte Problematik bei der Bestimmung des absoluten Kursumfangs. Abbildung 5-9 gibt den Mittelwert der verschiedenen Angaben an.
41,1%
(a) Konzipiemng / Autoren (b) Medienerstellung / Designer (c) Realisiemng / Progmrmlerer
32,8%
Abbildung 5-9 Mittlerer zeitlicher Arbeitsanteil der einzelnen Produktionsprozesse
(n=5 Antworten) Aus dem Verh/iltnis der Arbeitszeiten ergibt sich das Verh/~ltnis der ben6tigten Produktionsmitarbeiter: um 0berkapazit~iten in einer Produktionsstufe zu vermeiden, kann durch die Antiproportionalit~it zwischen dem Arbeitsanteil pro Kurs und der Mitarbeiteranzahl pro Produktionsstufe das Verh/iltnis der Mitarbeiter bestimmt werden. Beispielsweise erftillt das Tupel a u s - auf die eine Dezimalstelle g e r u n d e t - 2,5 Autoren, 2,0 Designer und 1,6 Programmierer gerade dieses Verh/iltnis. ~27 Diese Werte entsprechen exakt dem Basismodell. Neben der Quantifizierung der verschiedenen Parameter kann ebenfalls die Struktur weiter tiberpriift werden: vier der f'tinf befragten Untemehmen verfolgen eine reine Auftragsfertigung, bei einem Untemehmen liegt der Anteil hierfiir zwischen 40 und 60 P r o z e n t - vgl. Abbildung 5-10. Zwei Untemehmensvertreter geben allerdings an, fiir
~27Das Produkt aus Mitarbeiteranzahl pro Produktionsstufe und Arbeitszeit pro Kurs ist bei dieser Wertewahl for jede Produktionsstufe gleich. Somit wird in jeder Produktionsstufe die gleiche Anzahl an Kursen produziert. 146
Vertriebszwecke prototypisch einzelne Lehrelemente zur Demonstration vorzuproduzieren. Falls die Produktionsauslastung kurzfristig die Kapazit~it unterschreitet, werden die Produktionsmitarbeiter in zwei Untemehmen for untemehmensinteme Aufgaben aul3erhalb der Kursproduktion wie z.B. interne Schulungen eingesetzt; eine Produktion von Inhalten ohne Kundenauftrag erfolgt in keinem Unternehmen.
i
Weniger ais 20%
Abbildung 5-10
i
20-40%
I I
i
41-60%
t
61-80%
i
Mehr als 80%
Anteil der reinen Auftragsfertigung (n=5 Antworten)
Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse der empirischen Befragung, dass der bereits theoretisch abgeleitete, dreistufige Produktionsprozess mit den jeweiligen Rollen und spezialisierten Mitarbeitem auch durch die Interviews ftir die Praxis best/atigt wird. Die weitere Unterteilung der einzelnen T~itigkeiten mit ihren Zwischenergebnissen ist im Simulationsmodell nicht berticksichtigt, da diese detaillierten Mitarbeiteraktivit/aten ftir die strategischen Fragestellungen nicht relevant erscheinen. Entscheidende Zusammenhange hingegen wie die Parallelit/at der Arbeitsschritte, die frtihe Integration der Designer und Programmierer sowie die Teambildung auf Ebene der einzelnen Prozessschritte stellt das Modell entsprechend den empirischen Beobachtungen dar. Die Rolle des Projektmanagements sowie die Qualit~itskontrolle wird, wie von zwei Untemehmen geschildert, unter den Autorenaufgaben subsumiert.
5.3.2.2 Ergebnisse far das Vertriebsmodell Der Vertriebsprozess wird als weniger standardisiert von den Befragten dargestelltein Befragter spricht davon, dass es keinen typischen Vertriebsprozess g/abe.128 Alle Untemehmen vertreiben jedoch ihre Kurse im Direktvertrieb; zu den Aufgaben der Vertriebsmitarbeiter geh6rt neben der Kundenansprache z.B. durch Telefon oder bei
~28Vgl. Ptir Fragen zum Vertriebsmodell Teil 2 im Anhang 8.3.
147
Messepr~isenzen und neben der Pflege des bestehenden Kundenstamms insbesondere die umfangreiche Beratung neuer Kunden. Dies beinhaltet Vorstudien geringen Umfangs, in denen ,,neue Handlungsmgglichkeiten der Technologie aufgezeigt" [Zitat eines Befragten] oder erste Schulungskonzepte erarbeitet werden. Bei drei Untemehmen gilt der Vertriebsprozess als aufwendig und lang andauernd. Ftir den Vertriebssektor sind verschiedene Parameter und bestimmte Wechselwirkungen ftir die Distribution und Akquise, die Kaufentscheidungen und die Struktur des Auftragseingangs quantitativ zu bestimmen. D i s t r i b u t i o n s k a n a l : Als wichtigster Distributionskanal wird der Direktvertrieb
von den Teilnehmern genannt. Alternative Absatzformen tiber Contentintermedi~.re wie GroBh~indler, tiber freie Handelsvertreter oder tiber eigene Verkaufsstellen haben nur sehr geringe Bedeutung. Dem Verkauf tiber das Internet sowie Kooperationspartnern im Vertrieb wird im Durchschnitt noch eine leicht h6here Bedeutung beigemessen (vgl. Polarit~itsprofil in Abbildung 5-11). -2
-!,5
-1
-0,5
0
0,5
,5
2
lnternetportale und elektronische M~irkte Kataloge und Handbiicher lnternetvertrieb yon Kursen Eigene Verkaufsstellen GroBhandel
Kooperationspartner z.B. Soflwarepartner Freie Handelsvertreter der Unternehmung Perstinlicher Verkauf dureh Mitarbeiter
Abbildung 5-11
Relevanz der Distributionskanfile
(n=5 Antworten, -2" ohnejegliche Relevanz, 2: sehr wichtig) Die Betrachtung des Anteils des jeweiligen Vertriebskanals am Absatz der Unternehmung verdeutlicht die besondere Relevanz des Direktvertriebs. In zwei Unternehmen werden hierdurch 90 Prozent des Umsatzes generiert, bei einem dritten noch 87,5 Prozent. Die tibrigen Distributionskan~ile haben nur geringen Anteil am Umsatz und sind unternehmensspezifisch verteilt. Ein befragtes Unternehmen verfolgt eine deutlich divergierende Vertriebsstrategie und nur 15 Prozent des Umsatzes werden hier durch den pers6nlichen Verkauf realisiert. Entsprechend gibt Abbildung 5-12 sowohl Mit148
telwert als auch Median der Verkaufsanteile der einzelnen Absatzwege an. Hieraus folgt, dass der im Basismodell ausschlieBlich berticksichtigte Direktvertrieb gut die Vertriebsstruktur von E-Learning Content Anbietern beracksichtigt.
4,1%3 7,5%
6,1%-~
(a) Pers6nlicherVerkauf
5,0%
4,1%
(b) Kooperationspartner (c) FreieHandelsvertreter
4'1%~~------.~ ~ \
I
(d) GroBhandel (e) EigeneVerkaufsteilen (f) Intemetvertrieb (g) Katalogeoder Handbticher
~
71,4%
(h) Internetportale
87,5%
(i) tibrigen:(c)-(h)zusammengefasst
Abbildung 5-12
Verkaufsanteile der einzelnen Distributionskanfile
(n=5 Antworten, links Median, recht Mittelwert) Kaufkriterien: Als weiterer Aspekt sind im Folgenden die modellierten Kauf-
kriterien ftir E-Leaming Kurse zu tiberprtifen. Aus Sicht der Befragten haben sowohl produkt- als auch unternehmensbezogene Faktoren Einfluss auf Kaufentscheidungen. Als wichtigste Faktoren werden hier die Lieferzeit for die Kurse und die Reputation der Unternehmung genannt, weitere Kriterien sind die Solidit~it, der Preis und das Lizenzmodell - vgl. Abbildung 5-13. -2
-15
-1
-0,5
0
05
15
2
Solidit~it/Konstanz Lieferzeit for Kursangebote Reputation der Unternehmung ErlOsform (Lizenzmodell) Absoluter Preis
Abbildung 5-13
Kaufkriterien bei E-Learning Kursen (n=5 Antworten, -2" ohnejegliche Relevanz, 2: sehr wichtig)
149
Um die produktrelevanten Kaufkriterien weiter zu analysieren, ist der Einfluss der Lieferzeit und des Preises auf die Kundenentscheidungen zu betrachten. Hierzu wird die erwartete J~nderung der Nachfrage bestimmt, falls die Lieferzeit oder der Preis von den am Markt beobachtbaren, durchschnittlichen Werten abweichen. Offensichtlich sind die Aussagen, dass Kunden eine geringere Lieferzeit und einen geringeren Preis vorziehen. Um beide Effekte zu quantifizieren, tragen die Befragten in einem jeweils vorgelegten Koordinatensystem die erwartete Elastizitgten der Nachfrage in Abh~ngigkeit der relativen Preis- und der relativen Lieferzeit~inderung ab. Far die Wartezeit gilt, dass marginale Abweichungen von der tiblichen Lieferzeit geringe Wirkung auf die Kaufentscheidungen zeigen. H6here Lieferzeitverz6gemngen ftihren bereits zu einem starken Rtickgang der Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens, umgekehrt wird eine besonders schnelle Lieferzeit von Kunden mit nur einer geringeren Attraktivit~itszunahme honoriert. Dieser asymmetrische Einfluss der Lieferzeit entspricht dem in Abschnitt 4.2 modellierten Zusammenhang (vgl. G1.4-18). Als Grund ftir dieses Verhalten geben die Befragten an, dass Kunden aufgrund unternehmensseitiger Prozesse und notwendiger Vorbereitungen typischerweise einen Planungshorizont vorgeben. Eine Unterschreitung dieses Termins ist im Gegensatz zu einer Oberschreimng dann aus Kundensicht nicht sonderlich relevant. Die von Kunden akzeptierte Lieferzeit betrfigt, wie im Modell dargestellt, im Mittel vier Monate und wird als relativ unabh~ingig von dem Auftragsvolumen angegeben. Analog zur Wartezeit wird der Einfluss des Preises auf die Produktattraktivit~t ermittelt. Hierftir ergibt sich ein sehr ~ihnlicher, leicht unelastischerer Verlauf. Dies bestgtigt die Aussage, dass die Lieferzeit das wichtigere Kaufkriterium ist (vgl. Abbildung 5-13). Drei der Befragten geben an, dass leicht h6here Preise im Verkaufsprozess vor Kunden gut begrtindet werden k6nnen und somit nur geringe Auswirkungen auf die A uftragswahrscheinlichkeit haben. Abbildung 5-14 stellt den Einfluss der Wartezeit und des Preises auf die Produktnachfrage als Mittel der ftinf im Rahmen der Befragung bestimmten Graphen dar.
150
Nachfrageanstieg
20%40%] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .te.urerli,nger
0% 55%
70%
85%
100%
. . . . . . Ir ~ ~ / o
-20% . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachfrageriickgang
preiswerter, schneller -40%
Relativer Preis, Relative Lieferzeit
>~"~ "
............................................... 9
Abbildung 5-14
I~
RelativerPreis
x
RelativeLieferzeit
Nachfrageelastizitiit fiir Preis und Lieferzeit (n=5 Antworten)
Trotz der erh6hten Auftragswahrscheinlichkeit bei einem relativ gtinstigen Preis werden m6gliche Wechselwirkungen zwischen dem Preis und der Produktionsauslastung yon den Befragten einstimmig aufgrund eines m6glichen Preisverfalls abgelehnt: trotz geringer Auslastungen sind Unternehmen also nicht zu Preiskonzessionen bereit. Reduzierte Preise bei geringer Kapazit/atsauslastung sind folglich nicht im Modell berticksichtigt. Unternehmensspezifische Kaufkriterien werden aggregiert durch die Reputation im Modell erfasst. Als relevante Aspekte werden vor allem eine nachweisbare, mehrj~ihrige Erfahrung bei ~ihnlichen Projekten oder Referenzkunden des Unternehmens genannt. Die modellierte Reputation approximiert die Erfahrung durch die kumulierte Produktionsmenge. Struktur des Auftragseingangs: Der Auftragseingang innerhalb einer Periode wird von den Befragten als wenig zyklisch beschrieben, so dass der gew~ihlte, nichtzyklische Random Walk eine gute Approximation darstellt (vgl. G1.4-20). Der durchschnittliche Zeitraum zwischen Kundenerstansprache und Abschluss wird mit durchschnittlich sieben Monaten angegeben, durchschnittlich betreut ein Vertriebsmitarbeiter circa 34 Kunden gleichzeitig, so dass pro Jahr 59 Kunden von einem Mitarbeiter angesprochen werden und sich eine mittlere (Netto-) Akquisedauer von 0,2 Monaten pro Kunde ergibt. Der Mittelwert, einen angesprochenen Kunden zum Kauf eines ELearning Kurses zu gewinnen, betr~igt 30 Prozent und entspricht dem im Modell ver151
wendeten Erwartungswert. 129 Im Mittel erzielt ein Vertriebsmitarbeiter somit den Verkauf von benahe 17 Kursen pro Jahr. Direkte Fragen nach der Anzahl der verkauften Kurse pro Vertriebsmitarbeiter oder dem Umsatz pro Mitarbeiter zur Oberprtifung dieser Rechnungen werden zumeist nicht beantwortet; in einem Unternehmen gilt die Gr613e von circa EUR 500.000 pro Vertriebsmitarbeiter als Richtwert, in einem anderen Unternehmen wird eine Vertriebsleistung von 10-15 abgesetzten Kursen pro Jahr erwartet. Diese Ergebnisse entsprechen ebenfalls dem Basismodell. Die Befragung zeigt, dass die modellierten Strukturen und gew~ihlten Parameter dem Vertriebssystem einer realen Unternehmung gut entsprechen. Der Vertrieb ist erwartungsgem~il3 for die beratungsintensiven E-Learning Kurse bei allen befragten Unternehmen als Direktvertrieb organisiert und gestaltet sich als andauernder Prozess mit parallelen Kundenansprachen. Aufgrund der Vertriebsform ist die Anzahl der angesprochenen Kunden pro Mitarbeiter und Periode auch im realen Unternehmenssystem begrenzt. Von dem langen Vorlauf zwischen Erstkontakt und m6glichem Vertragsabschluss wird bei der Modellierung abstrahiert und der Auftragseingang als stochastischer Prozess dargestellt. Da die Vertriebsmitarbeiter, einmal mit der Akquise begonnen, kontinuierlich Kunden ansprechen und gewinnen, erscheint diese Vereinfachung plausibel. Vor der Frtihentwicklungsphase, in der sich die Unternehmung annahmegem~iB befindet (vgl. Abschnitt 5.1), werden typischerweise bereits Kunden gewonnen [Sabi99, 22], so dass die L~inge des Vertriebsprozesses auch zu Beginn der Simulation nicht berOcksichtigt wird und der gew~ihlte stochastische Prozess for die Simulation geeignet ist. 5.3.2.3 ErgebnisseJ~r das Personalmodell
Jedes befragte Unternehmen besch~iftigt einen festen Stamm an Mitarbeitern. Einstellungen erfolgen, wenn sich z.B. durch neue Kunden oder langfristige Rahmenvertr~ige eine entsprechende Auslastung f'tir neue Mitarbeiter abzeichnet; als langfristige Auslastung wird hierbei von einem Befragten der Arbeitsaufwand eines Mitarbeiters in einem Jahr genannt. 13~ Als weitere Grtinde ftir Einstellungen ftihren zwei Unternehmensvertreter Marktwachstum bzw. gezielte Expansionsbestrebungen an. Entlassun-
~2,~Ein Befragter gibt eine Erfolgsrate von 60 Prozent an, die deutlich fiber dem Durchschnitt der fibri-
gen Unternehmen liegt und den Erwartungswert entsprechend beeinflusst. ~30Vgl. ffir Fragen zum ProduktionsmodellTell 3 im Anhang 8.3. 152
gen werden zumeist vermieden und erfolgen laut Aussage eines Befragten nur in Mitarbeiter-spezifisch zwingenden F~illen. Drei Unternehmen geben an, zudem mit einem festen Stamm von freien Mitarbeitern besonders im Design- und Autorenbereich zusammenzuarbeiten. Die for den Personalsektor relevanten Such- und Trainingszeiten werden im Durchschnitt mit drei Monaten angegeben und entsprechen den bei der Basissimulation verwendeten Werten; drei Befragte sind bereit, eine Kostenstruktur for die verschiedenen Personalgruppen anzugeben (vgl. Abbildung 5-15). Hierbei ergibt sich ein Verh~iltnis zwischen den Personalkosten ftir Vertrieb und Produktion, welches dem Basismodell tiber die sechs Jahre gemittelt entspricht. 13%
(a) MitarbeiterVertrieb (b) MitarbeiterProduktion (c) MitarbeiterAdministration
\-21 62%
Abbildung 5-15
Kostenstruktur des Personalsektors (n=3 Antworten)
Direkte Kosten ftir Personal machen in einem Unternehmen 70 Prozent der Gesamtkosten aus, so dass sich aus den durchschnittlichen Gehaltskosten die im Modell verwendeten Vollkosten pro Mitarbeiter bestimmen lassen. Beztiglich der Einstellungen entsprechen sich beobachtete und modellierte Mitarbeiterpolitik; zu Entlassungen werden von den Befragten keine genaueren Aussagen getroffen. Einzelfall-bedingte Entlassungen sind im Modell nicht berticksichtigt, da dieser Aspekt auch nur von einem Untemehmensvertreter angesprochen wird. Aufgrund des langfristigen Engagements und der festen Bedingungen zu den freien Mitarbeitern, mit denen drei der ftinf befragten Unternehmen for die Kursproduktion zusammenarbeiten, wird im Basismodell nicht weiter zwischen freien und fest angestellten Mitarbeitern unterschieden.
153
5.3.3 Zusammenfassung der empirischen Modellvalidierung Ein Vergleich zwischen den Ergebnissen der Befragung und den Annahmen des Modells zeigt eine hohe Kongruenz. Die qualitative Analyse der Prozesse zeigt, dass die empirischen Beobachtungen die durch Literaturanalyse abgeleiteten Strukturen des Modells best~itigen. Die im Produktionsmodell berficksichtigen Aktivit~iten, Mitarbeitergruppen und Wechselwirkungen bilden gut die realen Zusammenh~inge der befragten Unternehmen ab. Die ftir die Modellierung getroffenen Annahmen beztiglich der Mitarbeiterspezialisierung ftir die drei Prozessschritte und beztiglich der durch die Teilbarkeit der Kurse bedingten parallelen Fertigung stimmen weitestgehend mit den Interviewergebnissen tiberein. Ebenfalls korrespondieren die beobachteten und modellierten Vertriebsstrukturen in Form des Direktvertriebs und die Gestaltung des Personalsektors. Eine aggregierte 121bersicht der direkt ermittelten Parameter gibt Tabelle 5-6. Variable
Einheit
Mittelwert
Standardabweichung
Lieferzeit
Monate
3,9
2,6
1,5
7,5
Akquisedauer
Monate
6,8
1,5
4,0
7,5
0,3
0,2
0,1
0,6
dnml.
Erfolgsrate
Min
Max
10-15 Kunden/Jahr bzw. 500.000 EUR pro Vertriebsmitarbeiter
Vertriebserfolg pro Mitarbeiter Anzahl gleichzeitig angesprochener Kunden
Kunden
33,9
31,3
7,0
75,0
Anteil Auftragsfertigung
Prozent
84,0
19,5
50,0
100,0
Einstellungsdauer
Monate
3,0
0,0
Trainingszeit
Monate
1,0
0,0
3,0 1,0
3,0 1,0
Tabelle 5-6
Anzahi Antworten
Ausgewfihlte numerische Ergebnisse der Befragung
Als Herausforderungen far die strategische Planung nennen die Befragten einige interessante Aspekte. TM Ein wesentliches Problem ist, dass die mittelfristige Absch~itzung der Nachfrage mit der aufgrund der Projektarbeit besonders schwierig zu planenden Produktionskapazit~it einhergeht. Konjunkturelle Entwicklungen sind aufgrund der langfristig-zyklischen Investitionst~itigkeit in die betriebliche Aus- und Weiterbildung ebenfalls zu berticksichtigen. Als weitere Unsicherheit wird der zuktinftige, von Kunden vorrangig nachgefragte Umfang der angebotenen Produkte und Dienstleistungen angegeben; hierbei stellt sich einem Interviewteilnehmer die Frage, welche Produktionsstufen im Rahmen der Contentproduktion zuktinftig m6glicherweise von Kunden ,3, Vgl. ftir Fragen zum Wettbewerb Teil 5 im Anhang 8.3.
154
tibernommen oder welche zus~itzlichen Services angeboten werden k6nnen. Ebenfalls beobachten die Unternehmen die Konsolidierung des E-Learning Markts (vgl. Abbildung 5-16) und die daraus resultierende Marktstruktur aufmerksam. Diese unternehmensrelevanten Problemkreise weisen auf spannende Ansatzpunkte f'tir die Ausgestaltung von strategischen Handlungsempfehlungen, welche im folgenden Kapitel 6 weiter untersucht werden. -2
-1 5
-0 5
0
05
1
,5
2
Tech. Entwicklung schwer vorhersehbar Wettbewerberanzahl nimmt zu Kundenbedtirfnisse sehr homogen Produkte sehr/ihnlich
Abbildung 5-16
5.4
Aussagen zum Wettbewerb (n=5 Antworten, -2" triffi iiberhaupt nicht zu, 2: triffi in hohem Masse zu)
Zusammenfassung der Gesch~iftsmodellvalidierung
Im Rahmen dieses Kapitels 5 wird die Validit~it des entwickelten Modells beurteilt. Die Validiemng dient dem Aufdecken von Fehlern in der Modellstruktur, der Prtifung der Realit~itskonformit~it des Modellverhaltens und dem Nachweis der Modellbrauchbarkeit als entscheidungsunterstOtzendes Instrument ftir strategisch relevante Fragestellungen. Ziel dabei ist, Vertrauen in die Geeignetheit des erstellten Modells aufzubauen, modellinduzierte Handlungsempfehlungen auf ein reales E-Learning Unternehmen tibertragen zu k6nnen. Hierzu wird in Abschnitt 5.1 als Ausgangspunkt ftir die Validierung das Verhalten des entwickelten Gleichungssystems in einem Basismodell mit einer konkreten, an einer jungen Unternehmung orientierten Variablenbelegung f'tir sechs Jahre abgebildet. Die Simulation zeigt eine plausible und realit~itsnahe Entwicklung der relevanten Unternehmensgr66en. Zur weiteren 0berprtifung werden die im Rahmen der Arbeit besonders relevante Struktur und das Verhalten des Modells durch zahlreiche Validierungsverfahren analysiert und somit graduell das Vertrauen in die Modellbrauchbarkeit er-
155
h6ht (Abschnitt 5.2). 132 Die durchgefiihrten Strukturvalidierungsverfahren best~itigen die formale Korrektheit des entwickelten Gleichungssystems und zeigen, dass sich die im Modell berticksichtigten und die in der Realit~it vorkommenden Strukturen gut entsprechen. Durch die Verhaltenstests kann ein robustes und konsistentes Modellverhalten bei verschiedenen Extrembedingungen und unabh~ingig einzelner Parameterbelegungen gezeigt werden. Zur weiteren Validierung werden die Struktur und die Parameter des Modells mit empirisch ermittelten Wirkungszusammenh~ingen und Gr613en verglichen (Abschnitt 5.3). Da aufgrund der innovativen Technologie empirisch validierte Daten ftir das Unternehmensmodell nur in unzureichendem Umfang vorliegen, werden diese durch ftinf Experteninterviews erhoben. Die Resultate der Befragung bestfitigen die mittels der Literaturanalyse abgeleiteten Modellstrukturen und die im Basismodell verwendeten Parameterwerte. Wegen des jungen Markts ist es nicht m6glich, historische Verhaltensreproduktionen durchzufiihren. 133 Aufgrund der Ergebnisse der verschiedenen Validierungsverfahren und aufgrund der im Rahmen der Befragung erhobenen Zusammenh~inge und Daten kann das Modell als hinreichend valide bewertet werden. Das Modell erscheint somit geeignet, die durch die Simulation erzielten Erkenntnisse zur Ausgestaltung von verschiedenen Unternehmensstrategien gut auf reale Unternehmen tibertragen zu k6nnen und ein realistisches Verhalten des Unternehmenssystems zu simulieren.
132"Confidence in a System Dynamics model accumulates gradually as the model passes more tests and as new points of correspondence between the model and empirical reality are identified" [FoSe80, 209]. ~33Das beschriebene Modell ist zudem frei tiber die Homepage der System Dynamics Society Webseite [SDS05] im Sinne der Validierung durch Replikation [vgl. z.B. HuVe+98] zum Download erh~iltlich. 156
6 Gestaltung von E-Learning Gesch~iftsmodellen Das validierte Unternehmensmodell kann nun zur systematischen Analyse der eingangs der Arbeit geschilderten und im Rahmen der Befragung identifizierten Probleme der strategischen Planung eines E-Learning Content Anbieters genutzt werden (vgl. Abschnitte 1.1 und 5.3.3). Zu diesem Zweck werden unterschiedliche Szenarien f'tir die Entwicklung der Umwelt und ftir die Gestaltung des Gesch~iftsmodells erarbeitet und die Wirkung auf den Erfolg des Unternehmens untersucht. Szenarien sind systematisch und nachvollziehbar, aus der gegenw~irtigen Situation heraus abgeleitete Zukunftsbilder, die Rahmenbedingungen ftir das Durchspielen verschiedener Strategien setzen [GeHa97, 467]. Sie stellen somit bewusste Anderungen der Einflussfaktoren eines Modells dar, um eine Spannweite mOglicher Zukiinfie aufzuzeigen [GeHa97, 469]. Mittels Szenarien werden zeitlich und logisch denkbare, aber nicht die ehest zu erwartenden Abfolgen bestimmter Ereignisse, Prozesse oder Entscheidungen beschrieben [Sch603, 159]. TM Mit der isolierten Variation einiger weniger Parameter k6nnen so kontrollierte Experimente mit dem Unternehmensmodell durchgeftihrt und die Entscheidungskonsequenzen innerhalb komplexer Systeme antizipiert werden [Mill95, 93, 106]. In Abschnitt 6.1 werden vier Szenarien zur Untersuchung modellexogener Umweltentwicklungen dargestellt, die das Wachstum des Unternehmens stimulieren oder beeintr~ichtigen [vgl. z.B. Zahn71, 251]. Im Anschluss daran erfolgt in Abschnitt 6.2 die Analyse und Bewertung von vier Entscheidungsszenarien analog zu den in Kapitel 3 betrachteten strategischen Gestaltungsm6glichkeiten von Gesch~iftsmodellen. In diesem Zusammenhang werden ebenfalls Szenarien der Umweltentwicklung und Entscheidungsszenarien miteinander kombiniert. Abschnitt 6.3 fasst die wesentlichen Ergebnisse dieses Kapitels zusammen.
6.1 Simulation potenzieller Umweltentwicklungen Im Folgenden wird die Entwicklung des E-Learning Content Anbieters for vier verschiedene Umweltszenarien untersucht. Dabei werden die Relevanz und die Motivation der betrachteten Einflussfaktoren dargestellt und die zur Operationalisierung der Simulation isolierten Parameter erl~iutert. Um die Wirkung und den Einfluss dieser ver~inderten Parameter auf die Unternehmensentwicklung zu bewerten, wird das modi-
134
FOr eine Abgrenzung von Szenario-Technik und einzelnen Szenarien in der Planung vgl. z.B. [Scho93, 194]. 157
fizierte Gleichungssystem, wie in Abschnitt 5.1 dargestellt, simuliert und die erzielten Ergebnisse mit dem Referenzmodell verglichen. Die betrachteten Szenarien ergeben sich direkt aus den im Rahmen der Befragung identifizierten Entwicklungen ftir die E-Learning Branche. Mittels der Simulationen werden dabei folgende Faktoren untersucht: Umweitszenario 1 Nachfrageanstieg: Das erste Szenario stellt die Konsequenzen eines kontinuierlichen Nachfrageanstiegs nach E-Learning Kursen ftir das Unternehmen dar. Dieses Szenario ist angesichts des noch f~hen Entwicklungsstadiums und der bestehenden Potenziale der innovativen Technologie relevant. Umweltszenario 2 Preisverfall: Im zweiten Szenario werden die Folgen eines Preisverfalls for E-Learning Kurse analysiert. Aufgrund der m6glichen Konsolidierung des E-Learning Markts einhergehend mit einer h6heren Wettbewerbsintensit~it ist diese Untersuchung ftir E-Learning Content Anbieter von Bedeutung. Umweltszenario 3 Personalkostenanstieg: Im dritten Szenario wird mit einem Anstieg der Personalkosten ein weiterer, die Entwicklung des Unternehmens begrenzender Faktor untersucht. Steigende Personalkosten haben aufgrund ihres hohen Kostenanteils bei der Produktion von E-Learning Kursen einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des Content Anbieters. Umweltszenario 4 Kombination der Einflussfaktoren: Das vierte Szenario kombiniert die drei dargestellten Umweltszenarien. Dabei wird angenommen, dass gleichzeitig das Marktvolumen w~ichst, die Preise ftir die Kurse fallen und die Produktionskosten aufgrund des erh6hten Personalaufwands steigen. Tabelle 6-1 stellt die Einzelszenarien der Umweltentwicklung sowie deren Relevanz und Motivation tiberblicksartig dar.
158
Umweltszenario
1 Nachfrageanstieg
2 Preisverfall
Einfluss
9
Vergr613emngdes E-Learning Markts
9
Motivation
9
frfihePhase im Produktlebenszyklus fortschreitendeSubstitution yon traditionellen Bildungsangeboten steigendeNachfrage nach Bildungsprodukten Wachstums- und Kapazit~itsplanungHerausforderung in Praxis
9
9
Relevanz
Tabelle 6-1
6.1.1
9
3 Personalkostenanstieg
Preisrtickgangffir ELeaming Kurse allgemeinerPreisverfall durch Marktkonsolidiemng neue Wettbewerber durch staatliche F6rderung f'tiruniversit~ir entwickelteProdukte und Inhalte erwarteterPreiswettbewerb
Anstieg der Personalkosten in Produktion und Vertrieb Personalkostenanstieg typisches Phiinomenrealer Unternehmen
9
hoherPersonalkostenanteil bei Produktion
Ubersicht der drei betrachteten Einzelszenarien der Umweltentwicklung
Umweltszenario 1 : Unternehmensentwicklung bei Nachfrageanstieg
Innerhalb dieses Szenarios
Nachfrageanstieg wird
der Einfluss eines wachsenden E-
Learning Markts auf die Entwicklung der Unternehmung untersucht. Angesichts der frtihen Phase im Produktlebenszyklus, der fortschreitenden Substitution von traditionellen Bildungsangeboten durch E-Learning und der allgemein ansteigenden Nachfrage nach Bildungsprodukten erscheint ein weiteres W a chst um des E-Learning Markts in den n~ichsten Jahren plausibel. 135 Diese Erwartungen in die Entwicklung des ELearning Markts spiegeln sich ebenfalls in Marktanalysen und Reports wider [vgl. z.B. RoK603; AzLu04]. Eine Simulation dieses Szenarios erscheint zudem lohnenswert, da auch Teilnehmer der Befragung (vgl. Abschnitt 5.3.3) die Wachstumsplanung allgemein und die Kapazit~itsplanung im Besonderen als ein schwieriges und relevantes Problem ftir die Entwicklung eines E-Learning Content Anbieters darstellen. U m die Konsequenzen eines wachsenden Markts for das Unternehmen mit dem entwickelten Modell untersuchen zu k6nnen, ist das Szenario entsprechend zu operational~ isieren. Sowohl ein Preisanstieg als auch eine grOl3ere M e n g e an abgesetzten Produkten k6nnen Ursache des Marktwachstums sein; im Rahmen dieses Szenarios bleibt der
13sFtir einen typischen Produktlebenszyklus vgl. z.B. [Homb00, 82-92]' f'tir eine Analyse der 6konomische Vorteilhafligkeit von E-Learning Kursen im Vergleich zu anderen Realisierungsformen vgl. z.B. [Hutz05], die Nachfrageentwicklung nach universit~iren Bildung wird z.B. prognostiziert in [KMK03]. 159
Preis unver~indert, und es soil ausschliel31ich die nachgefragte Menge steigen. Diese kann entsprechend durch eine h6here Anzahl an Kunden oder durch eine gr613ere Bestellmenge pro Kunde wachsen. Hier wird gem/aB der typischen Produktdiffusionsund Substitutionsmodelle von einer steigenden Kundenanzahl ausgegangen und eine Vergr613emng der Bestellmenge pro Kunde nicht berucksichtigt [vgl. z.B. NoBa87, 1073]. Folglich kann der Nachfrageanstieg durch eine erh6hte Verkaufswahrscheinlichkeit f'dr einen E-Learning Kurs operationalisiert w e r d e n - angesprochene Kunden werden also im Vergleich zum Basismodell erfolgreicher bei einer allgemein ansteigenden Nachfrage als Kunden gewonnen. Der Parameter for die erwartete Kundenwandlungsrate
(Expected Conversion R a t e - vgl. G1.4-20 und Tabelle 5-1) wird zur Simulation dieses Szenarios um ftinf Prozent erh6ht und die Grenzen der trunkierten Normalverteilung angepasst. Aul3erdem wird das j~ihrliche Marktvolumen entsprechend der Nachfrageerh0hung ver~indert (vgl. G1.4-19), so dass sich die Reputation der Unternehmung unter gleicher Ausgangslage wie im Basismodell entwickelt. Dies entspricht der zugrunde liegenden Annahme, dass die Wettbewerber ebenfalls von der Nachfrageerh6hung profitieren. Alle tibrigen Parameter bleiben unver~indert: so werden, wie bereits erw~ihnt, in diesem Szenario keine Preiserh6hungen bei steigender Marktnachfrage be~cksichtigt und insbesondere auch die ~ibrigen Vertriebsparameter wie die Akquisitions- oder Servicezeit pro Kunde oder die akzeptierte Lieferzeit konstant belassen. Abbildung 6-1 stellt die Kundenwandlungsrate ftir das Basismodell und das betrachtete Szenario dar. Kundenwandlungsrate
0,33
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
0,31
0,29
- . . . . . . . . "..... -'--- -=
~ ~ ~' M
- ~=-- "-i~~-
0,27 0
1 x
Basismodell
2
, 4
3 -
, 5
Zeit
, 6
SzenarioNachfrageanstieg
Abbildung 6-1 Kundenwandlungsrate im Basismodell und im Szenario Nachfrageanstieg
(Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe) 160
Im Vergleich zum Basismodell ergibt sich for den E-Learning Content Anbieter durch den Nachfrageanstieg ein erh6hter Auftragseingang und somit ein gr613erer Cash Inflow. Da die Unternehmung insgesamt mehr Kurse vertreibt, steigen ebenfalls die Produktion und einhergehend damit die Auszahlungen. Den resultierenden Cash Flow zeigt Abbildung 6-2.
Cashflow 500.000
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
300.000
100.000 r
-100.000
.......
l- . . . . . . .
i
2- . . . . . . .
i
~J#O's~-
3- .
.
.
.
i .
.
.
-5 . . . . . . .
t 6
-300.000
-500.000
x
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Basismodell
-
Szenario
Nachfrageanstieg
Abbildung 6-2 Cash Flow fiir Basismodell und Szenario Nachfrageanstieg
(Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~ufe) Im Mittel der 80 durchgefiihrten Simulationen erzielt die Unternehmung im sechsten Jahr einen 4,5 Prozent h6heren Cash Inflow, der Cash Outflow ist um 2,2 Prozent angestiegen. Hierdurch ergibt sich ein Wachstum des Cash Flow um 10,2 Prozent. Der Anstieg des Inflow korrespondiert somit direkt mit der erh6hten Kundenwandlungsrate. Der Kapitalbedarf der Unternehmung weicht jedoch mit 0,2 Prozent nur geringftigig yore Basismodell ab, ebenfalls wird der erste positive Cash Flow nur circa einen M onat fr0her erwirtschaftet. Der Grund for diese vergleichsweise geringen Unterschiede liegt in der Unternehmensentwicklung w~hrend der ersten Jahre des Betrachtungszeitraums. Trot?+ der um ftinf Prozent erh6hten Kundenwandlungsrate gewinnt die Unternehmung im ersten Jahr beispielsweise nut durchschnittlich ein Prozent mehr Kunden. Ursache hierfiir ist die im Vergleich zum Basismodell geringfiigig reduzierte Lieferfahigkeit des Unternehmens infolge des erh6hten Auftragseingangs. Angesichts des bedeutenden Einflusses der Lieferzeit auf die Kaufentscheidungen der Kunden kompensieren sich die erh6hte Nachfrage und die geringere Attraktivit~it der Produkte. Somit gleicht sich zu
161
Beginn der Simulation der Verlauf der Zahlungsstr6me in diesem Szenario und im Basismodell, wie Abbildung 6-3 zeigt.
Outflow
Inflow 1.600.000
........
1.600.000
I '
1.400.000
1.400.000
1.200.000
1.200.000
1.000.000
1.000.000
800.000
800.000
600.000
600.000
400.000 -
400.000 200.000
200.000 ) ,
Zeit 0
0
i
I
~
i
i
r
1
2
3
4
5
6
x
Basismodell
Zeit
0 0
-
i
i
i
i
i
1
2
3
4
5
6
Szenario Nachfrageanstieg
A b b i l d u n g 6-3 C a s h I n f l o w u n d O u t f l o w fiir B a s i s m o d e l l u n d S z e n a r i o N a c h f r a g e a n s t i e g (Mittelwcrte der jcweils n=80 Simulationsl~iufc)
Im Laufc des Simulationszcitraums produziert das Untcrnehmcn circa drei Kurse bzw. 3,2 Prozcnt mehr als im Basismodell; dabci wcrden ctwa scchs Prozcnt mehr Kursc mchrfach vcrtricbcn bzw. aus Modulcn bcstchendcr Kursc wiedervcrwertet- dcr fibcrproportional h6hcrc Antcil rcsulticrt aus dcm um ctwa zwci Kursc gr613crcn Kursinvcntar. Der Pcrsonalbcstand dcr Untcrnchmung cntwickclt sich ~ihnlich zum Basismodcll. Bcdingt dutch die lcicht gcsticgcne Kursproduktion besch~ftigt das Untcrnchmcn nach sechs Jahrcn ctwa 2,5 Prozent mchr Produktionsmitarbeiter. Den Verlauf des Kursinvcntars und den des Mitarbcitcrbcstandcs ffir das Basismodcll und dieses Szenario zcigt Abbildung 6-4.
162
!iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii Kursinventar
70
Produktionsmitarbeiter
14 12
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10 40
8
30
6
20
4
10
2
0
/I~
0
I
I
l
I
I
I
1
2
3
4
5
6
x
Basismodell
0 0
-
1
2
3
4
5
6
Szenario Nachfrageanstieg
Abbildung 6-4 Kursinventar und Mitarbeiterbestand fiir Basismodell und Szenario Nachfrageanstieg (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
Zusammenfassend l~isst sich ftir das Szenario Nachfrageanstieg feststellen, dass trotz der vorteilhaften Umweltentwicklung die Unternehmung in den ersten Jahren der Simulation nur wenig von dem gestiegenen Marktpotenzial profitiert; im sechsten Jahr hingegen ist der Cash Flow um mehr als zehn Prozent gewachsen. Der Kapitalbedarf der Unternehmen ist beinahe unver~indert, da aufgrund des Nachfrageanstiegs neben dem Cash Inflow auch der Cash Outflow w~ichst und sich beide Effekte in den ersten Jahren kompensieren. 6.1.2 Umweltszenario 2: Unternehmensentwicklung bei Preisverfall Das zweite Szenario
Preisverfall
beschreibt die Auswirkungen sinkender Kurspreise
auf das Unternehmen. Allgemein gelten fallende Preise als h~iufig anzutreffende betriebswirtschaftliche Entwicklung ftir Produkte in der Marktreifephase [Cox67, 380; Hors90, 343]. Ein verst~irkter Wettbewerb (vgl. Abschnitt 5.3.3) oder der Eintritt von neuen Wettbewerbern kann zu einer Preissenkung auf dem E-Learning Markt ftihren (vgl. Abschnitt 3.2.2). Auch wenn die Befragung ergibt, dass die Anzahl der Wettbewerber insgesamt eher abnimmt, erscheint in einigen Marktsegmenten insbesondere durch die aktuelle Bildungs- und F6rderungspolitik neue Konkurrenz zu entstehen (vgl. Abschnitt 1.1): Staatliche Bildungsprojekte zielen derzeit verst~irkt auf eine forcierte Vermarktung von universit~ir entwickelten Inhalten ab [Bund04c]. Hier k6nnen sich neue Anbieter mit vorteilhaften Kostenstrukturen formieren und ftir einen erh6hten Wettbewerb sorgen. 163
Im Rahmen der Befragung werden sinkende Preise zudem als m6gliche zuktinftige Entwicklung angegeben. Ebenfalls wird aktuell von einem zumindest kurzfristigen Preiswettbewerb f'tir den E-Learning Content Markt ausgegangen [DTI05, 28].
(price- vgl.
Der Preisverfall kann im Modell direkt durch die Variable Preis
G1.4-41
und Tabelle 5-1) dargestellt werden. W~ihrend im Basismodell der Preis ftir ELearning Kurse als Konstante modelliert ist, wird er in diesem Szenario als im Zeitverlauf kontinuierlich fallende Funktion operationalisiert. Der Preis sinkt dabei annahmegem~il3 um konstant ftinf Prozent pro Jahr und nimmt im sechsten Jahr somit einen Wert von 29.400 ftir einen E-Learning Kurs an. Dabei sind die absoluten Preisgnderungen zu Beginn der Simulation grN3er als am Ende, und es ergibt sich ein exponentieller Verlauf far den Preis im Betrachtungszeitraum. Alle tibrigen Parameter bleiben wiederum unver~indert. Abbildung 6-5 stellt die Entwicklung des erzielten Preises bei einer j~hrlichen Preisreduktion von ftinf Prozent im Vergleich zum Basismodell dar.
Preis pro Kurs
50.000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40.000 ), ~ 30.000
.
X .
.
.
X
X~ X X XX~,X ,x X X-X~X X X X X" X
.
20.000 10.000 Zeit
0 x
r
I
1
2
Basismodell
i
3 "
i
4
r
5
6
SzenarioPreisverfall
A b b i l d u n g 6-5 Preis pro Kurs im Basismodell und im Szenario Preisverfall
Das Untemehmen realisiert in diesem Szenario deutlich geringere Einzahlungen wegen der sinkenden Preise ftir E-Learning Kurse. Die Auszahlungen des Content Anbieters sind aufgrund des gleichen Personalbestandes genauso hoch wie im Basismodell. Somit bewirkt der Preisverfall eine deutliche Verringerung des Cash Flow, wie Abbildung 6-6 zeigt.
164
Cashflow 500.000
................................................
300.000
100.000
..................................... r
-100.000
.......
i
~ .......
i
2 .......
-300.000
3
......
6
..........................
-500.000 x
Basismodell
9
Szenario Preisverfall
A b b i l d u n g 6-6 Cash Flow fiir Basismodell und Szenario Preisverfall (Mittelwerte
der jeweils
n=80 Simulationsl~iufe)
Der Cash Flow der Unternehmung liegt nach sechs Jahren circa 90 Prozent unter dem des Basismodells. W~ihrend der Cash Outflow ftir Mitarbeitergeh~ilter gleich bleibt, f'~illt der erzielte Cash Inflow entsprechend mit der Preisentwicklung. Die Einzahlungen reduzieren sich proportional hierzu und fallen im ersten Jahr um ftinf und im sechsten Jahr bereits um circa 27 Prozent im Vergleich zum Basismodell. Der Kapitalbedarf der Unternehmung steigt auf tiber 1,4 Mio. und ist somit 40 Prozent gr613er als im Basismodell; der Cash-Break-Even wird erst nach 589 Jahren, also 189 Jahre sp~iter als im Basismodell, erreicht. Die Entwicklungen von Cash Inflow und Outflow ftir dieses Szenario im Vergleich zum Basismodell stellt Abbildung 6-7 dar. Inflow
Outflow
1.600.000
1.600.000
1.400.000
1.400.000
1.200.000
1.200.000
1.000.000
1.000.000
800.000
800.000
600.000
600.000
40O.0O0
400.000
200.000
200.000
Zeit
0
0
1
2 x
3
4
5
6 9
Basismodell
Zeit f
i
i
i
i
i
i
0
1
2
3
4
5
6
Szenario Preisverfall
A b b i l d u n g 6-7 Cash Inflow u n d O u t f l o w fiir B a s i s m o d e l l u n d Szenario Preisverfall (Mittclwcrtc
dcr jcwcils
n=80
Simulationsl~iufc)
165
Da der Preisverfall annahmegemN3 keine Auswirkung auf den Absatz hat, produziert das Unternehmen die gleiche Menge an E-Learning Kursen wie im Basismodell. Folglich entwickelt sich auch der zur Produktion der Kurse notwendige Personalbestand der Unternehmung analog und es wird die identische Anzahl an Mitarbeitern besch~ftigt. Wie Abbildung 6-8 zeigt, entsprechen sich folglich die Entwicklung des Kursinventars und des Personalbestandes far das Basismodell und dieses Umweltszenario.
Kursinventar
Produktionsmitarbeiter 14
60
.......................... 12
. . . . . . . . . .
50 10 40 8 30 6 20 4 10 2 0 0
1
2
3
4
5
6
0 0
x
Basismodell
9
1
2
3
4
5
6
Szenario Preisverfall
Abbildung 6-8 Kursinventar und Mitarbeiterbestand fiir Basismodell und Szenario Preisverfali
(Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe) In diesem zweiten Umweltszenario ergibt sich eine drastische Beeintr~chtigung ftir die Entwicklung des E-Learning Content Anbieters. Aufgrund des starken Preisverfalls ist der Cash Flow der Unternehmung im Vergleich zum Basismodell stark rackl~iufig, obwohl die gleiche Menge an Kursen produziert, wiederverwertetet und abgesetzt werden kann. Das Unternehmen ben6tigt zur Finanzierung des Wachstums deutlich mehr Kapital und erwirtschaftet den ersten positiven Cash Flow erst etwa 189 Jahre sp~iter als im Basismodell. 6.1.3 Umweltszenario 3: Unternehmensentwicklung bei Personalkostenanstieg Durch das dritte Szenario
Mitarbeitergehiilter wird der Einfluss steigender Personal-
kosten auf das Wachstum des Unternehmens analysiert. Ein Anstieg der L6hne und GehNter stellt eine realit~tsnahe Entwicklung ftir Unternehmen in den frahen Phasen des Produktlebenszyklus dar [BaGo87, 178]. Aufgrund des hohen identifizierten Per-
166
sonalkostenanteils for einen E-Learning Content Anbieter (vgl. Abschnitt 5.3.3) ist die Personalkostenentwicklung ein wichtiger Aspekt bei der Unternehmensplanung. Die Auszahlungen for Mitarbeiter werden im Basismodell durch ein konstantes durchschnittliches Gehalt (Average Annual Salary- vgl. G1.4-39 und Tabelle 5-1) berOcksichtigt. Dabei subsumieren die Personalkosten im Basismodell ebenfalls alle indirekten Kosten for Verwaltung, Betriebsmittel etc. (vgl. Abschnitt 4.2.5.2). Annahmegem~il3 wachsen solche Auszahlungen auch in diesem Szenario linear mit den Personalkosten. Zur Operationalisierung dieses Szenarios werden die Personalkosten durch eine kontinuierlich steigende Variable modelliert. Das Jahresgehalt pro Mitarbeiter erh6ht sich konstant um ftinf Prozent pro Jahr, was zu einem exponentiellen Verlauf der Personalkosten f0hrt. Abbildung 6-9 stellt diese Entwicklung ffir das betrachtete Szenario im Vergleich zum Basismodell dar.
Personalkosten pro Jahr 100.000
........................................................
80.000
~
,
,,X X,X,~.X ,X,-X X X ,,X- X X - X X, X-,,XX
60.000 40.000 20.000
Zeit 0
•
1
Basismodell
2
3
9
4
5
6
Szenario Personalkostenanstieg
Abbildung 6-9 Durchschnittliche jfihrliche Personalkosten im Basismodell und im Szenario Personalkostenanstieg
In diesem Szenario ergibt sich for das Unternehmen durch die erh6hten Produktionskosten ein Anstieg des Cash Outflow. Da die Einzahlungen der Unternehmungen unver~indert sind, f~illt insgesamt der Cash Flow (vgl. Abbildung 6-10).
167
500.000
Cashflow . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
300.000
100.000
....
~ %. r
- 100.000
.......
- -
1- . . . . . . .
r
r
2 .......
r
3
-300.000
-500.000
x
Abbildung 6-10
Basismodell
9
Szenario
Personalkostenanstieg
Cash Flow fiir Basismodell und Szenario Personalkostenanstieg (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
A,hnlich wie der Preisverfall belastet der Personalkostenanstieg den Cash Flow des ELearning Content Anbieters. Durch die h6heren Kosten steigen die Auszahlungen im sechsten Jahr um 34 Prozent, wohingegen die Einzahlungen der Unternehmung hieryon unbeeinflusst bleiben. Deshalb sinkt der Cash Flow der Unternehmung insgesamt um 82 Prozent im Vergleich zum Basismodell. Der erste positive Cash Flow wird nach etwa 589 Jahren, also 189 sp~.ter als im Basismodell und einen Monat frtiher als im Szenario Preisverfall erwirtschaftet. Der Finanzierungsbedarf der Unternehmung ist mit mehr als 1,5 Mio. nochmals um zehn Prozentpunkte h6her als im Szenario Preisverfall. Der gestiegene Finanzierungsbedarf der Untemehmung resultiert durch den beschriebenen Anstieg des Mitarbeiterbedarfs w~ihrend des Simulationszeitraums. Den Verlauf der Ein- und Auszahlungen der Unternehmung in diesem Szenario im Vergleich zum Basismodell veranschaulicht Abbildung 6-11.
168
1.600.000
Inflow
Outflow 1.600.000 1.400.000
1.400.000 1.200.000
1.200.000
1.000.000
1.000.000
800.000
800.000
600.000
6O0.OO0
400.000
400.000
200.000
200.000
Zeit
0
A b b i l d u n g 6-11
i
~
~
i
i
P
1
2
3
4
5
6
x
Basismodell
Zeit
0
!
0
1
i
I
i
i
i
2
3
4
5
6
Szenario Personalkostenanstieg
Cash Inflow und O u t f l o w fiir Basismodell und Szenario P e r s o n a l k o s t e n a n s t i e g (Mittelwerte der jeweils n = 8 0 Simulationsl~iufe)
Wie im Szenario Preisverfall wird die gleiche Menge an Kursen durch die Unternehmung hergestellt und vertrieben. Aufgrund der entsprechenden Produktionsleistungen verlaufen ebenfalls der Personalbestand und das Kursinventar analog zum Basismodell, wie Abbildung 6-8 zeigt.
Kursinventar
Produktionsmitarbeiter 14 -
6050-
12
~
10
40-
8 30 .
.
.
. 6
20 . . . . . . . . . . . . .
~,7~
4
Zeit 0
1
x
A b b i l d u n g 6-12
I
i
i
i
2
3
4
5
Basismodell
2
-7
0
6
0
9
' 1
2
3
4
5
' 6
Szenario Personalkostenanstieg
K u r s i n v e n t a r und M i t a r b e i t e r b e s t a n d fiir B a s i s m o d e l l u n d S z e n a r i o Personalkostenanstieg (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
Insgesamt ergeben sich ftir das Szenario Personalkostenanstieg, wie im Szenario Preisverfall auch, erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung des Unternehmens. Die 169
Auszahlungen steigen deutlich, wohingegen keine h6heren Einzahlungen generiert werden. Folglich sinkt der Cash Flow der Unternehmung im Vergleich zum Basismodell deutlich. Dies f'tihrt zu einem gestiegenen Finanzierungsbedarf und zu einer l~ngeren Finanzierungsdauer des Content Anbieters. 6.1.4 Umweltszenario 4: Untemehmensentwicklung bei komplexer Zukunft In diesem Umweltszenario erfolgt eine Kombination der drei Szenarien zu einem komplexen Zukunftsszenario. Dabei werden die drei geschilderten Entwicklungen zu einer Simulation integriert und somit ihre gemeinsamen Auswirkungen auf die Entwicklung des E-Learning Content Anbieters analysiert [vgl. z.B. Sch~03, 178]. Die Untersuchung dieses Szenarios erfolgt durch die Kombination der verschiedenen Modellmodifikationen. Die Erh6hung der Nachfrage (vgl. Abschnitt 6.1.1), der Preisverfall (vgl. Abschnitt 6.1.2) und die steigenden Personalkosten (vgl. Abschnitt 6.1.3) k6nnen direkt innerhalb des Simulationsmodells abgebildet werden, da bei der Operationalisierung der untersuchten Einfltisse keine Wechselwirkung zwischen den variierten Modellvariablen besteht. Alle t~brigen Parameter bleiben wiederum unverfindert zum Basismodell. Das Unternehmen ist bei der Vereinigung der verschiedenen Umwelteinfl~isse in seiner Entwicklung deutlich beeintrfichtigt. Die Nachfrageerh6hung kann die Wirkungen des Personalkostenanstiegs und des Preisverfalls nicht kompensieren, so dass sich Cash Inflow und Cash Outflow in diesem Szenario im Vergleich zum Basismodell negativ ftir das Unternehmen entwickeln. Folglich verringert sich der resultierende Cash Flow in diesem kombinierten Szenario deutlich, wie Abbildung 6-13 zeigt.
170
Cashflow 500.000
.
.
.
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300.000
.
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100.000
- 100.000
-300.000
-500.000
.
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•
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Basismodell
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-
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.
Szenario-Kombination
Abbildung 6-13 Cash Flow fiir Basismodell und kombiniertes Szenario
(Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~ufe) Der Cash Flow des Content Anbieters ist w~ihrend des gesamten Betrachtungszeitraums negativ und liegt im sechsten Jahre circa 160 Prozent unterhalb des Basismodells. Der Cash Outflow steigt aufgrund der h6heren Geh~ilter und der gestiegenen Produktion um mehr als 40 Prozent, die Einnahmen fallen wegen der Preissenkungen im sechsten Jahr um 20 Prozent. Der Kapitalbedarf der Unternehmung betr~igt mehr als 2,3 Mio. und tibersteigt den des Basismodells um circa 130 Prozent. Hierbei ist zudem zu berticksichtigen, dass am Ende des Simulationszeitraums die Unternehmung zum Fortbestehen weiterhin Finanzmittel beansprucht. Die Ein- und Auszahlungen der Unternehmung in diesem kombinierten Szenario sind im Vergleich zum Basismodell in Abbildung 6-14 dargestellt.
171
Outflow
Inflow
1.600.000
1.600.000
1.400.000 t
1.400.000
1.200.000
1.200.000
i .000.000
1.000.000
800.000
800.000
600.000
600.000 400.000
400.000 200.000
200.000
Zeit
0
0
i
i
J
,
,
1
2
3
4
5
x
0
0
6
Basismodell
-
,
,
1
2
Zeit
3
4
5
6
Szenario-Kombination
Abbildung 6-14 Cash Inflow und Outflow fiir Basismodell und kombiniertes Szenario
(Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe) Wie beim ersten Szenario
Nachfrageanstieg wachsen
in diesem Umweltszenario ein-
hergehend mit der erh6hten Produktion die Anzahl der Produktionsmitarbeiter und der Kursbestand. Folglich steigen auch die Wiederverwertung und der Mehrfachvertrieb der E-Learning Kurse. Da mehr Kurse produziert werden, erh6ht sich ebenfalls die Anzahl der Produktionsmitarbeiter, wie Abbildung 6-15 zeigt.
Course
Inventory
Produktionsmitarbeiter
70
14
60
-
12
50
10
40
8
30
6
20
4
10
2
0
0 0
1
2
3
•
4
Basismodell
5
6
Zeit
0
~
1
2
3
4
5
6
Szenario-Kombination
Abbildung 6-15 Kursinventar und Mitarbeiterbestand fiir Basismodeil und kombiniertes Szenario
172
(Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~ufe)
Zusammenfassend zeigt dieses Szenario, dass die das Wachstum beeintr~ichtigenden Entwicklungen durch Preisverfall und Personalkostenanstieg in Kombination den Cash Flow der Unternehmung deutlich starker beeinflussen als in den einzelnen Szenarien. Das Unternehmen ben6tigt einen gr6Beren Kapitalbedarf und erzielt wahrend des Simulationszeitlaufs keinen positiven Cash Flow. Trotz der getroffenen Annahme der unbegrenzten Finanzierungsm6glichkeit zur Unternehmensfinanzierung stellt die identifizierte Entwicklung im kombinierten Szenario eine kritische Situation for den E-Learning Content Anbieter dar. Als Reaktion sind deshalb geeignete Handlungen und gezielte MaBnahmen zu identifizieren, welche die erfolgreiche Gestaltung des Geschfiftsmodells erm6glichen. Um die Konsequenzen potenzieller Entscheidungen zu bewerten, werden entscheidungsuntersttitzend verschieden ausgestaltete Szenarien zur Strategiefindung entwickelt.
6.2 Simulation strategischer Entscheidungen Nach der Simulation verschiedener Umwelteinfltisse in Abschnitt 6.1 sind m6gliche strategische Entscheidungen zu identifizieren und deren Auswirkungen for die Entwicklung des Unternehmens zu beurteilen. Der Aktionsraum ftir das E-Learning Unternehmen kann anhand des in Abschnitt 3.4 entwickelten Framework der strategischen Planung strukturiert und die Konsequenzen der Entscheidungen durch das validierte Simulationsmodell beurteilt werden. Exemplarisch wird zu jedem der vier im Framework berticksichtigen Elemente eine Entscheidung illustriert und die Auswirkung auf den E-Learning Content Anbieter analysiert.
Entscheidungsszenario 1 Konfiguration der Wertsch0pfungskette: Durch die Wahl der angebotenen Aktivit~iten bestimmt das Unternehmen seine Position in der Wertsch6pfungskette [Port85, 59]. Mit diesem Entscheidungsszenario wird die Entwicklung des E-Learning Anbieters untersucht, falls die Wertsch6pfungskette verktirzt und die Aktivit~iten der Autoren vollst~indig von Kunden tibemommen werden.
Entscheidungsszenario 2 Begrenzte Ressourcen (Resource Based View): Ressourcen bestimmen die nachhaltige Entwicklung eines Unternehmens und k6nnen in physische, intangible, finanzielle und organisationale Ressourcen unterschieden werden [Barn91, 101; Barn97, 147]. Dieses zweite Entscheidungsszenario zeigt die Auswirkungen limitierter finanzieller Ressourcen auf die Entwicklung des E-Learning Content Anbieters.
173
E n t s c h e i d u n g s s z e n a r i o 3 D i f f e r e n z i e r u n g ( M a r k e t B a s e d View): Differen-
zierungsstrategien zielen darauf ab, die Produkte eines Unternehmens so zu gestalten, dass sie von Wettbewerberprodukten unterscheidbar und als besonders in einer Branche angesehen werden. Differenzierungsstrategien ftir digitale Gtiter k6nnen unter anderem durch Personalisierung, Versionierung und die Preisgestaltung erzielt werden [ShVa98, 53-82]. Diese Simulation untersucht die Folgen der Anderung des Preismodells ftir E-Learning Kurse. Entscheidungsszenario
4 Netzwerkkonfiguration:
Strategische Netzwerke
stellen eine arbeitsteilige, langfristige Zusammenarbeit zwischen U n t e m e h m e n dar. Kooperationen erscheinen vielversprechend, wenn sie z.B. durch erh6hte Spezialisierung Kosten senken oder Verbundeffekte realisieren k6nnen [PiRe+01, 297]. In diesem vierten Entscheidungsszenario wird die Entwicklung des U n t e m e h m e n s untersucht, falls die Produktion des E - L e a m i n g Content innerhalb eines Netzwerks organisiert ist. U m den Einfluss der Entscheidungen auf die Entwicklung des U n t e m e h m e n s zu analysieren, werden wie in Abschnitt 6.1 erneut die Ergebnisse der Simulation mit dem Basismodell verglichen. Tabelle 6-2 gibt eine lJbersicht der im Folgenden modellierten strategischen Entscheidungen. Entscheidungsszenario Einfluss
Motivation
Relevanz
Tabelle 6-2
174
Wertsch6pfungskette
9
Reduktionder Aktivit~iten identifizierter Industrietrend, erm6glicht durch technologische Entwicklungen Position in Wertsch6pfungskette bestimmt Unternehmenserfolg
Resource Based View Begrenzung der Finanzmittel limitierte Kapitalaufo nahmem6glichkeit in Realit~it Wachstum des Unternehmens nur mit geeigneter Kapitalausstattung m6glich
Market Based View
Netzwerk
9
Variationdes Preismodells
Kurserstellung im Netzwerk
Wahl des Preismodells komplexe Aufgabe
h~iufige Organisationsform in der Realit/at
Preisdifferenzierang viel versprechende Strategie bei digitalen Gfitem
Skalenvorteile bei kooperativer Produktion
Ubersicht der vier betrachteten Entscheidungsszenarien zur mOglichen Ausgestaltung von E-Learning Geschfiftsmodellen
6.2.1 Entscheidungsszenario 1: Strategien der Wertsch6pfungskonfiguration Mittels dieses Entscheidungsszenarios
Wertsch6pfungskonfiguration wird die Ent-
wicklung des E-Learning Content Anbieters bei einer Ver~.nderung der Unternehmensaktivit~iten untersucht. Die Konfiguration der Wertsch6pfungskette beruht auf der Bestimmung der Aktivit~iten und der Beziehungen, welche die Prozesse der Leistungserstellung kennzeichnen (vgl. Abschnitt 3.4.3). Zur Befriedigung von Abnehmerbedtirfnissen kann das Unternehmen sein Angebot um bestimmte Aktivit~iten erweitern oder reduzieren. Angesichts der in der Befragung identifizierten Entwicklung wird im Rahmen dieser Simulation eine Verringerung des Aktivit~itenumfangs untersucht. Das Unternehmen reduziert die Produktion der E-Learning Kurse um die Contentkonzeption, die die erste Produktionsstufe darstellt und von Autoren durchgeftihrt wird (vgl. Abschnitt 4.2.2). Diese Entscheidung spiegelt eine m6gliche Entwicklung des E-Learning Markts wider, wonach Kunden die Contentkonzeption in Eigenfertigung 0bernehmen (vgl. Abschnitt 5.3.3). Wesentliche G~nde hierftir k6nnen verbesserte Entwicklungsumgebungen und Autorensysteme sein, welche durch gestiegene
Software-Usability die Konzipierung der E-
Learning Inhalte stark vereinfachen (vgl. Abschnitt 2.1.2). Dadurch kann E-Learning Content auch innerhalb der Fachabteilungen eines Kunden konzipiert werden. Zur Operationalisierung dieser Simulation wird das Basismodell entsprechend strukturell angepasst. W/ahrend zur Durchftihrung der verschiedenen Umweltszenarien in Abschnitt 6.1 nur einzelne Parameter variieren, werden in diesem Szenario die Parameter und Strukturen jedes Moduls des Untemehmensmodells angepasst: Im Produktionsprozess entf~illt die Stufe der Contentkonzeption. Da die Untemehmung keine Autoren besch~iftigt, wird entsprechend der Personalsektor modifiziert. Um die Reduktion des Angebots im Vertrieb zu berucksichtigen, reduzieren sich ebenfalls der Preis und die Vertriebsleistung. Die Modifikation der Wertsch6pfungskette ftihrt dazu, dass bei diesem Entscheidungsszenario als erste Bearbeitungsstufe der Bestand an zu designenden Kursen durch eingehende Bestellungen vergr613ert wird (vgl. G1.4-6 und G1.4-23). Die Anzahl der Autoren zu Beginn des Betrachtungszeitraums sowie die Neueinstellungen werden gleich null gesetzt (vgl. G1.4-26). Bei der Bestimmung der Lieferzeit wird die Kurskonzipierung nicht berticksichtigt (vgl. G1.4-16); annahmegem/il3 treten also bei der Content-
175
konzeption durch Kunden keine Verz6gerungen auf. Das so modifizierte Modell bildet die nun zweistufige Produktion ab. Da sich das Leistungsangebot des Unternehmens aufgrund des reduzierten Aktivit~itenumfangs verringert, ist ebenfalls der Preis f'tir E-Learning Kurse anzugleichen. Um die Vergleichbarkeit mit dem Basismodell zu gew~ihrleisten, erfolgt diese Anpassung
erfolgsneutral: Der Preis for einen E-Learning Kurs ohne Autorenleistungen wird um 41,2 Prozent reduziert, da dies dem Anteil der Autoren an der Kostenstruktur im Basismodell entspricht (vgl. Abbildung 5-9). Somit erzielt die Unternehmung einen Preis von 23.520 f'tir einen Kurs. Alle iibrigen Parameter des Basismodells bleiben unver~indert. Bei dieser Strategie reduzieren sich ftir das Unternehmen sowohl die Ein- als auch die Auszahlungen. Auszahlungen sinken durch den geringeren Mitarbeiterbestand, die Einzahlungen wegen der reduzierten Preise. Der resultierende Cash Flow unterscheidet sich in seinem Verlauf deutlich von dem des Basismodells (vgl. Abbildung 6-16).
Cashflow
500.000
300.000
100.000 Zeit -100.000
- 1- . . . . . . .
2- .
.
.
.
3
. . . . .
4
. . . . . . .
5- . . . . . .
-6
-300.000
-500.000
x
Basismodell
9
Szenario Wertsch6pfungskettenkonfiguration
Abbildung 6-16 Cash Flow fiir Basismodell und Entscheidungsszenario WertschOpfungskettenkonfiguration (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
Der Wegfall der Autorenaktivit~iten ftihrt zu einer betr~ichtlichen Reduktion auf der Auszahlungsseite. Da sich zu Beginn der Simulation der Mitarbeiterbestand Far Produktion und Vertrieb insgesamt um circa 30 Prozent verringert, sinkt entsprechend der Cash Outflow proportional for das Unternehmen. Nach einen Jahr sind so die Auszahlungen 30 Prozent, im sechsten Jahr durchschnittlich 38 Prozent geringer als im Ba-
176
sismodell. Grund for die geringf0gig wachsende Divergenz sind weniger Personaleinstellungen bei diesem Entscheidungsszenario. Die Einzahlungen variieren ebenfalls deutlich und erreichen nach sechs Jahren circa zwei Drittel des Cash Inflow im Basismodell. Obwohl die Unternehmung insgesamt mehr Kurse produziert und vertreibt, tiberwiegt also auf Einzahlungsseite der Preissenkungseffekt. Das Unternehmen erwirtschaftet nach bereits 31/2 Jahren, somit ein halbes Jahr frtiher als im Basismodell, den ersten positiven Cash Flow und ben6tigt f'tir die Wachsmmsfinanzierung nur etwa 50 Prozent des ursprtinglichen Betrags. Den Verlauf von Cash Inflow und Cash Outflow far dieses Entscheidungsszenario im Vergleich zum Basismodell zeigt Abbildung 6-17.
Outflow
Inflow 1.600.000
1.600.000
1.400.000
1.400.000
1.200.000
1.200.000
1.000.000
1.000.000
800.000
800.000
600.000
600.000
400.000
400.000
200.000
~,.~ - a ~ ~
-"
200.000
0
. 0
1 x
Abbildung 6-17
.
. 2
. 3
.
Zeit
. 4
5
Basismodell
6
0
t
Zeit i
0
1
i
2
i
3
i
i
i
4
5
6
Szenario Wertsch6pfungskettenkonfiguration
Cash Inflow und Outflow fiir Basismodell und Entscheidungsszenario Wertsch6pfungskettenkonfiguration (Mittelwerte der j e w e i l s n=80 Simulationsl~iufe)
W~ihrend des betrachteten Zeitraums produziert der E-Learning Content Anbieter mit modifizierter Wertsch6pfungskette insgesamt 24 Kurse mehr als im Basismodell. Durch Modulwiederverwertung und Kursmehrfachvertrieb werden etwa acht Kurse mehr erstellt. Nach sechs Jahren sind benahe 60 Kurse bereits veraltet und k6nnen nicht mehr eingesetzt werden. Das Kursinventar nach sechs Jahren ist circa 25 Prozent h6her, wie Abbildung 6-18 darstellt.
177
Kursinventar
Produktionsmitarbeiter
60 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14 12 . . . . . . . . . . . . . .
5O
10
40
8
30
6
2O
4
10
2
O P ~
,
0
i
1
2 •
i
3
Basismodell
i
4
'
i
i
5
6 9
0 0
1
2
3
4
5
6
Szenario Wertsch6pfungskettenkonfiguration
Abbildung 6-18 Kursinventar und Mitarbeiterbestand fiir Basismodell und Entscheidungsszenario Wertsch6pfungskettenkonfiguration (Mittelwerte der jeweils n=80 Simula-
tionsl~iufe) Insgesamt zeigt die Strategie, die Wertsch6pfungskette zu verktirzen, einen deutlichen Einfluss auf die Untemehmensentwicklung. Durch die Preisreduktion sinken die Einzahlungen, die Auszahlungen fallen wegen des verringerten Mitarbeiterbestandes. Der resultierende Cash Flow verl~iuft insgesamt flacher mit geringerem Kapitalbedarf zu Beginn und geringeren Einzahlungstiberschtissen am Ende des Betrachtungszeitraums. Der zweistufige Produktionsprozess bedingt im Vergleich zum Basismodell eine Reduzierung der durchschnittlichen Bearbeitungszeit, so dass insgesamt mehr Kurse erstellt und vertrieben werden. Zu Beginn des Betrachtungszeitraums ergibt sich zudem eine h6here Lieferf'ahigkeit, was wiederum den Vertriebserfolg der Unternehmung steigert (vgl. G1.4-18). AuBerdem ist die Auslastung der Produktionsmitarbeiter aufgrund der geringeren Wechselwirkungen bei diesem zweistufigen Produktionsprozess h6her und die Anpassung an 15berkapazit~iten erfolgt schneller. Die insgesamt gestiegenen Produktionsleistungen sorgen ftir eine erh6hte Wiederverwertung der bereits produzierten Kurse. Somit entwickelt sich der Cash Flow der Unternehmung in diesem Entscheidungsszenario moderater als im Basismodell. Die Unternehmung ben6tigt einerseits weniger finanzielle Mittel for die Wachstumsfinanzierung, anderseits fallen die Zahlungstiberschtisse geringer aus.
178
6.2.2 Entscheidungsszenario 2: Strategien des Resource Based View Ressourcen gelten nach den Vertretern des Resource Based View als Ursache ft~r den anhaltenden Erfolg eines Unternehmens (vgl. Abschnitt 3.3). Neben physischen Ressourcen wie z.B. besondere Maschinen oder organisationalen Ressourcen wie die Unternehmenskultur k6nnen immaterielle Ressource wie Patente oder finanzielle Mittel Ursache von Wettbewerbsvorteilen sein (vgl. Abschnitt 3.3). Durch die folgende Simulation wird die Entwicklung des Unternehmens bei Ressourcen begrenzendem Wachstum analysiert. Dabei steht dem E-Learning Content Anbieter, im Gegensatz zum Basismodell, nicht unbeschrfinkt Eigenkapital zur Unternehmensfinanzierung zur Verf~igung. Folglich darf der maximale Kapitalbedarf des Unternehmens nicht die ft~r das Wachstum bereitgestellten finanziellen Mittel t~bersteigen, da andernfalls das Unternehmen illiquide ware. Die Untersch~itzung des Kapitalbedarfs gilt allerdings als typischer Risiko- und Misserfolgsfaktor beim Wachstum eines jungen Unternehmens [Klan99, 48; Jung04, 27]. Somit soll der tats~chliche Kapitalbedarf des E-Learning Anbieters nicht bereits vollst~ndig zu Beginn des Betrachtungszeitraums, sondern jeweils dynamisch erst ein Jahr im Voraus w~hrend der Simulation bekannt sein. Sobald sich eine lJberschreitung des bereitgestellten Kapitals abzeichnet, ist das Unternehmen gezwungen, durch Entlassungen den Mitarbeiterstamm zu reduzieren und so eine Verringerung der Auszahlungen zu erzielen. Zur Umsetzung dieser Simulation sind nur geringe Anderungen des Basismodells im Personalsektor notwendig. Der Kapitalbedarf des Content Anbieters in einem Jahre kann durch eine in der Simulationsumgebung integrierte Prognosefunktion bestimmt werden. ~36 121bersteigt der prognostizierte Kapitalbedarf die finanziellen Ressourcen der Unternehmung, werden so viele Mitarbeiter entlassen, bis sich prognostizierter und verft~gbarer Kapitalbedarf gleichen (vgl. G1.4-31). Die Mitarbeiter werden innerhalb eines Jahres kontinuierlich abgebaut. Die ft~r die Wachstumsfinanzierung verwendeten finanziellen Mittel werden in diesem Szenario auf 800.000 gesetzt. Somit stehen dem Unternehmen im Vergleich zum Basismodell circa 20 Prozent weniger Kapital zur Verf'tigung. Abbildung 6-19 stellt der Verlauf des Kapitalbedarfs ft~r diese Simulation und das Basismodell dar.
136Die verwendete Vensim Funktion Forecast stellt eine Extrapolation auf Basis der historischen Werte fiber ein Jahr dar [Vent03, 81]. Die Abweichungen von prognostiziertem und eintretendem Wert sind in diesem Szenario unter einem Prozent. 179
200.000
Funding Requirement Zeit 3
-200.000 -400.000 -600.000 -800.000 - 1.000.000
.
.
.
.
- 1.200.000 x
Basismodell
9
SzenarioRessourcenbegrenzung
Abbildung 6-19 Kapitalbedarf fiir das Basismodell und das Entscheidungsszenario Ressourcenbegrenzung (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)1a7
Nach etwa 190 Jahren beginnt die Unternehmung in diesem Szenario, Mitarbeiter wegen des sich abzeichnenden Kapitalbedarfs zu entlassen. Hierdurch werden die Auszahlungen for die Produktion gesenkt, gleichzeitig reduzieren sich die Einzahlungen aufgrund der geringeren Anzahl abgesetzter und produzierter Kurse. Die resultierende Entwicklung des Cash Flow stellt Abbildung 6-20 dar.
137Gem~il3G1.4-44 erh6ht ein positiver Cash Flow die Gr6f~e Funding Requirement nicht, so dass nach dem Break-Even der Wert konstant bleibt. 180
Cashflow
500.000 300.000 lO0.O00 . . . . . . . . . . . . . . .
Zeit
-100.000 -300.000 -500.000 i x
Basismodell
9
Szenario Ressourcenbegrenzung
Abbildung 6-20 Cash Flow ffir Basismodell und Entscheidungsszenario Ressourcenbegrenzung
(Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe) Erwartungsgem~ig verl~iuft der Cash Flow in den ersten 190 Jahren analog zum Basismodell. Mit dem Einsetzen der Entlassungen reduzieren sich die Auszahlungen, so dass der Cash Flow trotz der geringeren Einzahlungen schneller ansteigt und bereits nach drei Jahren und zwei Monaten positiv ist. Nach circa ftinf Jahren ist der Cash Flow in diesem Entscheidungsszenario und im Basismodell gleich grog. Im sechsten Jahr werden bei dem ressourcenbegrenzten Szenario nur 65 Prozent des Cash Flow des Basismodells erzielt. Entsprechend sind auch die Ein- und Auszahlungen nach sechs Jahren circa 35 Prozent geringer als im Basismodell. Der Kapitalbedarf der Unternehmung betr~igt 793.000, so dass die zur VerfOgung stehenden finanziellen Ressourcen ftir die Unternehmensentwicklung ausreichen. Den Verlauf der Ein- und Auszahlungen der Unternehmung in diesem Szenario im Vergleich zum Basismodell zeigt Abbildung 6-21.
181
Outflow
Inflow
1.600.000
1.600.000
1.400.000
1.400.000
1.200.000
1.200.000
1.000.000
1.000.000
800.000
800.000 i
600.000
600.000 i 400.000 200.000
400.000 200.000
,, Zeit
0-t
0
,
,
,
,
1
2
3
4
•
,
5
Zeit
0
,
0
6
Basismodell
l
i
I
i
J
i
1
2
3
4
5
6
Szenario Ressourcenbegrenzung
Abbildung 6-21 Cash Inflow und Outflow fiir Basismodeil und Entscheidungsszenario Ressourcenbegrenzung (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
Da weniger Mitarbeiter nach zwei Jahren besch~ifligt werden, produziert und vertreibt das Unternehmen entsprechend eine geringere Anzahl an Kursen. Insgesamt werden 17 Kurse weniger gefertigt, das Kursinventar nach sechs Jahren ist mit 44 Kursen circa 26 Prozent geringer als im Basismodell. Die Entwicklung des Kursinventars und des Mitarbeiterbestandes zeigt Abbildung 6-22.
Kursinventar
Produktionsmitarbeiter
6O
14
50
-10
40
8 3O 6
.
.
.
.
.
4 20 lO
Z 1
2
0
0 0
1
2
•
3
4
Basismodell
5
6
0
9
1
2
3
4
5
6
Szenario Ressourcenbegrenzung
Abbiidung 6-22 Kursinventar und Mitarbeiterbestand fiir Basismodell und Entscheidungsszenario Ressourcenbegrenzung (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
182
Dieses Szenario Ressourcenbegrenzung zeigt ein moderates Wachstum der Unternehmung. Um Auszahlungen zu senken, werden Mitarbeiter entlassen. Hierdurch reduzieten sich ebenfalls die Einzahlungen, da weniger Kurse durch den verringerten Mitarbeiterbestand produziert und vertrieben werden k/Snnen. Somit sinken sowohl der notwendige Kapitalbedarf der Unternehmung als auch die positiven Einzahlungsaberschasse am Ende des Betrachtungszeitraums. 6.2.3 Entscheidungsszenario 3: Strategien des Market Based View Zur Differenzierung eines Produkts wird dieses so gestaltet, dass es von Kunden im Vergleich zu Wettbewerbsprodukten als aberlegene Alternative angesehen wird. Ansfitze far solche Alleinstellungsmerkmale stellen z.B. die wahrgenommene Qualit~it oder produktbegleitende Dienstleistungen dar (vgl. Abschnitt 3.2). Bei digitalen Produkten gilt insbesondere eine Preisdifferenzierung z.B. nach Kundengruppen oder nach verschiedenen Erl6sformen als viel versprechende Wettbewerbsstrategie (vgl. Abschnitt 4.2.3). Erl/Ssformen beschreiben Zahlungs- und Lieferkonditionen eines Unternehmens [ZePi+01, 26]. Diese k6nnen abh~,ngig von der Nutzung z.B. nach der Leistungsdauer oder nutzungsunabh~.ngig wie z.B. bei einmaligen Lizenzgebahren gestaltet sein. Die Wahl des Preismodells als Teil der Preispolitik gilt als strategisch relevante und komplexe Aufgabe [DuZb+03, 616]. Aus diesen G~nden werden im Folgenden die Auswirkungen vergnderter Zahlungskonditionen untersucht. W~.hrend im Basismodell die Unternehmung als Erl6sform eine nutzungsunabhgngige, einmalige Zahlung des Kurspreises bei Auslieferung w~hlt, werden durch diese Simulation die Auswirkungen von wiederkehrenden Zahlungen betrachtet. Dabei bietet die Unternehmung das Produkt zu drei Ratenzahlungen an, welche nach der Kursauslieferung zu leisten sind. Die erste Zahlung erfolgt, wie im Basismodell, zum Zeitpunkt der Kurslieferung, die beiden abrigen Zahlungen ein bzw. zwei Jahre spfiter. Die Summe der Ratenzahlungen entspricht dem Preis im Basismodell (vgl. Tabelle 5-1). Um dieses Szenario mit dem entwickelten Modell abzubilden, wird das Gleichungssystem mit einem Kurspreis von 13.33389 anstelle von 40.000 im Basismodell initiali-
183
siert (vgl. G1.4-41). Die fibrigen beiden Ratenzahlungen werden jeweils versetzt um ein Jahr zu den Einzahlungen der Unternehmung addiert. 13s Okonomisch interpretiert, bietet das Unternehmen in diesem Szenario den E-Learning Kurs mit einem zinslosen Kredit fiber zwei Jahre an. Der Wert dieses Kredits kann nach dem Barwertkonzept bestimmt und als Preisreduktion verstanden werden [vgl. z.B. Schi03, 383]. Bei einem Kalkulationszins von z.B. zehn Prozent ergibt sich eine Preissenkung von circa 9,6 Prozent. 139 Im zweiten Schritt dieser Simulation wird dieses Kreditgquivalent als Preisreduktion interpretiert, die einem Anstieg der Nachfrage nach E-Learning Kursen bedingt. Die Preissenkung flihrt gemN3 der identifizierten Preiselastizit~it zu einem geringen Nachfrageanstieg von circa flinf Prozent (vgl. Abbildung 5-14), der, wie in Abschnitt 6.1.1 dargestellt, im Modell berficksichtigt wird. Alle t~brigen Gr6gen des Basismodells werden ft~r die beiden Simulationen beibehalten. Verglichen mit dem Basisszenario ergibt sich fiir das Unternehmen erwarmngsgem~il3 in diesem Entscheidungsszenario ein deutlich geringerer Cash Flow aufgrund der zeitlichen Verlagerung der Einzahlungen. Abbildung 6-23 zeigt den Verlauf des Cash Flow ft~r das Basisszenario und das Entscheidungsszenario mit und ohne Nachfrageanstieg.
~3sZur Abbildung des zeitlich versetzten Zahlungseingangs wird die Vensim Funktion Delay Fixed verwendet, welche den Wert einer Flussgr6ge verz6gert um eine konstante Periode angibt [Vent03, 62]. j39Allgemein gilt hier:
p = cZtr~ P(l +i)-' mit c: Preisreduktion, T: Laufzeit p: Preis und i: Kalkulati-
onszins; aufgrund der konstanten j~ihrlichen Zahlungen ergibt sich allgemein ftir das Verh~iltnis zwischen Preisreduktion und Kalkulationszins
184
I
1'
c = r (1+i)r-, _ 1 1 i(l+i)r-I
+
"
Cashflow
600.000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
400.000 200.000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0
i
i
-, -~-,-, / "- - - . ~ Jr ~ ~ _Zeit / i
i
6 -200.000 -400.000 -600.000 Basismodell
9
SzenarioPreismodell
9
Szenario Preismodell-Nachfrageanstieg
Abbildung 6-23 Cash Flow fiir Basismodell und Entscheidungsszenario Preismodell
(Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
Da die Anderung der Preispolitik im ersten Fall annahmegemg6 keinen Einfluss auf die Nachfrage hat, vertreibt die Unternehmung eine identische Menge an Kursen. Folglich bleiben die Anzahl der Mitarbeiter und somit die Auszahlungen unverandert. Als Einzahlungen hingegen werden im ersten Jahr nur ein Drittel, ein Jahr sp~iter etwa die H~ilfte der Einzahlungen, verglichen mit dem Basismodell, erzielt. Nach sechs Jahren sind die Zahlungen noch 16 Prozent geringer. Der maximale Kapitalbedarf ist mit circa 1,9 Mio. beinahe doppelt so hoch wie im Basisszenario, der Cash Flow erst ein Jahr sp~iter positiv. Wird aufgrund der Preis~inderung ein Nachfrageanstieg von f'tinf Prozent berficksichtigt, so fertigt das Unternehmen im ersten Jahr etwa ein Prozent mehr an Kursen. Folglich steigen aufgrund des erh6hten Auftragseingangs sowohl die Ein- als auch die Auszahlungen. Da die Auszahlungen ftir Produktionsmitarbeiter zu Beginn st~irker als die Einzahlungen ftir die zus~itzlich vertriebenen Kurse wachsen, erzielt die Unternehmung im ersten Jahr einen geringeren Cash Flow als im Szenario ohne Nachfrageerh6hung. Nach circa vier Jahren gleicht sich der Cash Flow in beiden Entscheidungsszenarien; der Kapitalbedarf unterscheidet sich in beiden Entscheidungsszenarien nur um ein Prozent. Der erste positive Zahlungsfiberschuss wird im Szenario mit Nachfrageerh6hung nach ftinf Jahren circa einen Monat frtiher als im Entscheidungsszenario ohne Nachfrageanstieg erzielt. Abbildung 6-24 zeigt die Entwicklung der Zahlungsstr6me for die beiden betrachteten Entscheidungsszenarien und das Basismodell. 185
Outflow
Inflow
1.600.000 t 1.400.000 1.200.000
1.600.000 1.400.000 1.200.000
1.000.000
1.000.000
800.000 600.000 400.000 200.000 o
800.000 600.000 400.000 200.000 o
. 0
•
1
Basismodell
A b b i l d u n g 6-24
.
2
. 3
-
. 4
zeit 5
6
SzenarioPreismodell
Zeit
0 9
i
i
1
2
i
3
i
i
i
4
5
6
SzenarioPreismodell-Nachfrageanstieg
Cash Inflow und Outflow fiir Basismodell und Entscheidungsszenario Preismodell (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
Wie erwartet, wird im ersten Entscheidungsszenario die gleiche Anzahl an Mitarbeitern besch~ftigt und die entsprechende Menge an Kursen produziert und wiederverwertet. Wegen des Nachfrageanstiegs im zweiten Fall produziert das Unternehmen tiber den Betrachtungszeitraum insgesamt etwa drei Prozent mehr Kurse. Dadurch steigen die Anzahl der Produktionsmitarbeiter und das Kursinventar nach sechs Jahren um 2,5 bzw. vier Prozent. Abbildung 6-25 stellt die Entwicklung des Kursinventars und des Bestandes an Kursmitarbeitern dar.
186
Kursinventar
Produktionsmitarbeiter 14
70 60
............................
50 40 30 20 10 Zeit
0 0
•
1
Basismodell
2
3
-
4
5
6
Szenario P r e i s m o d e l l
0
9
,
!
i
!
i
i
1
2
3
4
5
6
Szenario P r e i s m o d e l l - N a c h f r a g e a n s t i e g
Abbildung 6-25 Kursinventar und Mitarbeiterbestand fiir Basismodell und Entscheidungsszenario Preismodell (Mittelwerteder jeweils n=80 Simulationsl/iufe)
Der Vergleich der drei Simulationen zeigt den bedeutenden Einfluss des Preis- und ErlOsmodells auf die Unternehmensentwicklung. Aufgrund der ver/inderten Zahlungsstruktur wird der Cash Flow der Unternehmung in den ersten drei Jahren besonders belastet, so dass sich der Kapitalbedarf deutlich vergr613ert. Der erh6hte Vertriebserfolg im Szenario mit Nachfrageanstieg bedingt eine Erh6hung der Ein- und Auszahlungen. Zu Beginn der Simulation wachsen allerdings die Auszahlungen fiar Mitarbeiter st/irker als die Einzahlungen far neue Kurse. Dies fOhrt zu einer weiteren Belastung des Cash Flow und vergr613ert den Kapitalbedarf. Mittelfristig vertreibt die Unternehmung allerdings eine gr66ere Menge an Kursen und profitiert von h6herer Contentwiederverwertung und gestiegenen Erfahrungskurveneffekten. 6.2.4 Entscheidungsszenario 4: Strategien der Netzwerkkonfiguration Nach allgemein in der Literatur akzeptiertem Verst/indnis stellen Unternehmensnetzwerke kooperative und langfristig angelegte Beziehungen zwischen rechtlich selbst/indigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abh/ingigen Unternehmungen dar [Sydo92, 82; SyWi+95]. Kooperationen erm6glichen ein partielles Zusammenarbeiten for Aktivit~iten entlang der Wertsch6pfungskette, die von einem einzelnen Unternehmen nicht effizient erftillt werden [PrHa90, 83]. Hierdurch gelingt es, komplement/ire Kompetenzen und Ressourcen kooperierender Unternehmen zu erg~inzen und Synergieeffekte durch Skaleneffekte zu realisieren (vgl. Abschnitte 3.2.2 und 3.4.3).
187
Strategische Netzwerke sind Organisationsformen zur Koordination der Leistungserstellung typischerweise von kleineren, spezialisierten Unternehmen, die in stark arbeitsteiligen Austauschbeziehungen gemeinsam Aufgaben bew~iltigen [PiRe+01,207]. Auf dem E-Learning Markt, so zeigt die Befragung, arbeiten Content Anbieter im Bereich des Mediendesigns mit freien Mitarbeitern zusammen (vgl. Abschnitt 5.3.2.3). Im Rahmen dieser Simulation werden deshalb die Auswirkungen ftir die Entwicklung des Unternehmens analysiert, falls die Medien innerhalb eines Netzwerks erstellt werden. Das Unternehmen tibemimmt hierbei weiterhin die Kurskonzipierung, Programmierung und den Vertrieb, nutzt ftir die Erstellung der Medien allerdings ausschlief3lich die Kapazit~iten von Netzwerkpartnern. Die Kooperationspartner halten ftir die Medienerstellungen hinreichend groge Kapazit~iten vor, so dass Verz6gerungen beim Design der Kurse auch bei Auftragsschwankungen nicht entstehen. Zur Bestimmung eines Verrechnungspreises ftir die Designaktivitg.ten innerhalb des Netzwerks wird angenommen, dass die Netzwerkpartner die Kurse in der gleichen Arbeitszeit designen, welche ursprtinglich im Basismodell benStigt wird. Der Verrechnungspreis ergibt sich annahmegem~il3 im ersten Schritt somit aus der Arbeitszeit und dem durchschnittlichen Designergehalt. Im darauf folgenden zweiten Schritt wird zudem eine Gewinnmarge berticksichtigt. Ftir die Operationalisierung dieser Simulation wird die Kapazit~it der Mediendesigner ohne Verz6gerung an die Auftragslage angepasst: Bei einem Bedarf an Designem stehen diese sofort und unbegrenzt zur Verftigung; falls die Auslastung sinkt, k6nnen die 0berkapazit~iten unbeschr~.nkt abgebaut werden. Die Auszahlungen ftir das Kursdesign an die Netzwerkpartner berechnen sich als Produkt aus geleisteter Arbeitszeit und durchschnittlichem Gehalt (vgl. G1.4-40). Im Personalmodell hingegen werden die Designer, wie in Abschnitt 6.2.1 ftir die Autoren dargestellt, nicht weiter berticksichtigt. Da bei dieser Umsetzung der Verrechnungspreis zwar die Vollkosten f'tir die Mediendesigner deckt, der Netzwerkpartner aber noch keinen Gewinn erzielt, wird in einem zweiten Schritt dieser Simulation der Verrechnungspreis um eine Gewinnmarge erh6ht. Im Rahmen der Simulation wird eine Marge ftir die Design-AktivitO.ten von 15 Prozent berechnet. Nachteile und potenzielle Risiken innerhalb von Kooperationen, wie z.B. Transaktionskosten durch notwendige Koordination, opportunistisches Verhalten der Netzwerkpartner oder verringerte Einflussnahme auf den Produktionsprozess, werden nicht berticksichtigt. Dem gegentiber bleiben auch m6gliche Vorteile wie potenziell erh6hte 188
Lernkurveneffekte durch eine gestiegene, kumulierte Ausbringungsmenge innerhalb eines Netzwerkverbunds unbeachtet. Im ersten Schritt dieses Szenarios reduzieren sich die Auszahlungen f'tir Mediendesigher, da diese Leistungen nur auftragsgerecht mit den Netzwerkpartnern verrechnet werden. M6gliche Oberkapazit~iten treten ftir diese Produktionsstufe nicht mehr auf, ebenso entstehen keine Engp~isse, die die Lieferf~ihigkeit reduzieren. Folglich wird das Unternehmen aufgrund einer potenziell besseren Lieferf~ihigkeit mehr Kurse vertreiben k6nnen und somit h6here Einzahlungen erzielen. Wird, wie im zweiten Schritt dieser Simulation, eine Gewinnmarge ftir die Medienerstellung berechnet, k6nnen sich die Auszahlungen ftir das Mediendesign im Vergleich zum Basismodell auch erh6hen. Abbildung 6-26 zeigt die Entwicklung des Cash Flow ftir die beiden Szenarien.
Cashflow
500.000
300.000
100.000 1
- 100.000
.......
r
1- . . . . . . .
/
i
2: . . . . . . .
3 -
1 - -4 .......
i
5 ......
-6
-300.000
-500.000
•
Basismodell
Abbildung
6-26
Cash
9
Szenario Netzwerkpartner
Flow
ffir Basismodell
(Mittelwerte
dcr jcwcils
9
Szenario Netzwerkpartner-Gewinnmarge
und Entscheidungsszenario
Netzwerkpartner
n=80 Simulationsl~ufc)
Die Simulationen zeigen geringe Unterschiede zwischen den beiden Entscheidungsszenarien und dem Basismodell. Im ersten Jahr erzielt das Unternehmen im Szenario ohne Preisanstieg den gleichen Cash Flow wie im Basismodell. Es wird die tibereinstimmende Anzahl an Kursen vertrieben, so dass sich die Einzahlungen entsprechen; auch gleichen sich die Auszahlungen ftir die Produktion der Kurse. Bei Berticksichtigung der gestiegenen Auszahlungen for Designer im zweiten Schritt der Simulation sind im ersten Jahr die Einzahlungen identisch, die Auszahlungen des Content Anbieters etwa 2,5 Prozent h6her. Folglich verringert sich der Cash Flow um circa vier Prozent. 189
Nach einem Jahr verbessert sich die Lieferfiihigkeit der Unternehmung in diesem Entscheidungsszenario, so dass mehr Kurse produziert und vertrieben werden. Hierdurch steigen die Auszahlungen ftir die im Vergleich zum Basismodell zus~itzlichen Mitarbeiter und die Einzahlungen f'tir die vertriebenen Kurse. Insgesamt verkleinert sich dadurch erst der Cash Flow, nach Realisierung der Einzahlung hingegen ist dieser leicht h0her. Im sechsten Jahr tibertrifft der Cash Flow im Entscheidungsszenario ohne Gewinnmarge den des Basismodells um zehn, im Entscheidungsszenario mit Gewinnmarge um sechs Prozent. Zur Finanzierung des Wachstums ben6tigt die Unternehmung beim ersten Entscheidungsszenario circa zwei Prozent weniger Kapital und realisiert den ersten Einzahlungstiberschuss einen Monat frtiher als im Basismodell. Werden die h6heren Auszahlungen ffir Designer berticksichtigt, so steigt der Kapitalbedarf um circa ffinf Prozent und der Cash-Break-Even verz6gert sich um einen Monat im Vergleich zum Basismodell. Den Verlauf der Ein- und Auszahlungen der Unternehmung in diesem Entscheidungsszenario im Vergleich zum Basismodell veranschaulicht Abbildung 6-27.
Inflow
Outflow
1.600.000
1.600.000
1.400.000
~(
1.400.000
1.200.000
- -
1.200.000
1.000.000
1.000.000
800.000
800.000
600.000
600.000
400.000
400.000
200.000 0 0
•
200.000 0
Zeit 1
Basismodell
2
9
3
4
5
6
Szenario N e t z w e r k p a r t n e r
0
9
,
,
,
,
, Zeit,
1
2
3
4
5
6
Szenario N e t z w e r k p a r t n e r - G e w i n n m a r g e
Abbildung 6-27 Cash Inflow und Outflow fiir Basismodell und Entscheidungsszenario Netzwerkpartner ( M i t t e l w e r t e d e r j e w e i l s n = 8 0 S i m u l a t i o n s l i i u f e )
Da die Gestaltung der Verrechnungspreise f'tir die Designaktivit~iten keinen Einfluss auf die Produktion hat, entwickelt sich in beiden Entscheidungsszenarien der Produktionssektor identisch. Die Unternehmung fertigt innerhalb des Betrachtungszeitraums in beiden Szenarien circa ein Prozent mehr Kurse. Hierdurch steigt das Kursinventar 190
geringfOgig an. Die Contentwiederverwertung ist mit unter einem Prozent nur wenig gr6f3er als im Basismodell. Wegen des leicht erh6hten Auftragseingangs im zweiten Jahr ben6tigt die Unternehmung somit in diesem Zeitraum circa 0,2 Prozent mehr Mitarbeiter. 14~ Nach bereits drei Jahren nimmt der Mitarbeiterbestand in diesem Entscheidungsszenario ab, im sechsten Jahr beschgftigt der E-Learning Content Anbieter etwa fiinf Prozent weniger Mitarbeiter aufgrund der h6heren Flexibilitgt in der Mitarbeiterpolitik.
Produktionsmitarbeiter
Kursinventar 60
14
50
12
.
.
.
.
.
10 40 8 30 i
6
20 I
4
10
x
2
0 ~
,
,
,
0
1
2
3
Basismodell
9
Zeit
0
r
i
i
4
5
6
Szenario Netzwerkpartner
0
9
1
2
3
4
5
6
Szenario Netzwerkpartner-Gewinnmarge
Abbildung 6-28 Kursinventar und Mitarbeiterbestand fiir Basismodeil und Entscheidungsszenario Netzwerkpartner (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe)
Im Vergleich zum Basismodell ergeben sich in den ersten Jahren des Simulationszeitraums fur dieses Entscheidungsszenario insgesamt eher geringe Anderungen. Die Produktionsleistung des Untemehmens steigt nur leicht aufgrund der verbesserten Lieferf~ihigkeit. Daher erwirtschaftet die Unternehmung geringfiigig h6here Einzahlungen. Nach circa drei Jahren sinken die Auszahlungen for die Produktion, weil auf l~erkapazit~iten innerhalb des Netzwerks flexibler reagiert wird. Wegen dieses Einflusses ist das Unternehmen im Vergleich zum Basismodell erfolgreicher und erzielt einen gr6f3eren Cash Flow. Dieser Vorteil nimmt mit steigender Gewinnmarge des Netzwerkpartners ab; so liegt der erzielte Cash Flow ab einer Marge von 25 Prozent bereits ft~r den gesamten Betrachtungszeitraum unterhalb des Basismodells.
140Zur erh6hten Vergleichbarkeitder Szenarien werden die Design-Mitarbeiterdes Netzwerkspartners - entsprechend der Auftragslage- als Mitarbeiter des Content Anbieters betrachtet. 191
6.2.5 Kombination von Strategien und Umweltereignissen Nachdem nun der Erfolg der verschiedenen strategischen Gestaltungsm6glichkeiten in den vier Entscheidungsszenarien for das Basismodell analysiert ist, werden diese Ergebnisse auf das komplexe Umweltszenario tibertragen. Somit kann bewertet werden, welche Mal3nahmen angesichts der kritischen Untemehmensentwicklung im komplexen Umweltszenario (vgl. Abschnitt 6.1.4) for die erfolgreiche Gestaltung eines Gesch/~ftsmodells geeignet sind. Das entwickelte Modell wird hierzu mit den Parameterbelegungen des komplexen Umweltszenarios initialisiert und for die vier beschriebenen Entscheidungsszenarien simuliert. Abbildung 6-29 stellt die Entwicklung des Cash Flow for Basismodell, komplexes Umweltszenario sowie for die vier verschiedenen strategischen Entscheidungsszenarien dar. Cashflow 750.000 T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500.000 ~ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
x Basismodell
250.000
o Wertschdpfimgskette
l
2
3
0
~ Ressourcenbegrenzung
-250.000
[] Netzwerkpartner 9 Komplexe Umwelt
-500.000
A Preismodell
-750.000
Abbildung 6-29 Cash Flow bei komplexer Umwelt und verschiedenen Entscheidungsszenarien
(Mittelwerte der jeweils n-80 Simulationsl~iufe) Diese Simulationen zeigen, dass die im Basismodell erzielten Wirkungsrichtungen der strategischen Entscheidungen auch im komplexen Umweltszenario erhalten bleiben. Wie im Basismodell verl/auft der Cash Flow des Unternehmens insgesamt flacher, falls das Unternehmen keine Autoren besch/~ftigt (Entscheidungsszenario WertschOpfungskette- vgl. Abschnitt 6.2.1) oder erh6ht sich, falls der Mitarbeiterbestand reduziert wird (Entscheidungsszenario Ressourcenbegrenzung- vgl. Abschnitt 6.2.2). Die Netzwerkpartnerstrategie hat nur geringen Einfluss auf den Erfolg der Unternehmung (vgl. Abschnitt 6.2.4), die Preisstrategie fOhrt auch bei dem komplexen Umweltszenario zu einer starken Belastung des Cash Flow im Betrachtungszeitraum (vgl. Abschnitt
192
6.2.3). 14i Ftir die vier Gestalmngsm6glichkeiten ergeben sich dabei im Einzelnen folgende Entwicklungen: WertschSpfungskette: Durch Reduktion der Wertsch6pfungstiefe erzielt die Untemehmung auch bei dem komplexen Umweltszenario einen positiven Cash Flow. Dabei sinken sowohl die Ein- als auch die Auszahlungen der Unternehmung. Es werden deutlich mehr, um die Autorenleistung verringerte Kurse produziert. Das Unternehmen ben6tigt zur Wachstumsfinanzierung weniger Kapital im Vergleich zum komplexen Umweltszenario mit ursprtinglicher Wertsch6pfungskette und der Zahlungstiberschuss nach sechs Jahren ist bei der Reduktion der Wertsch6pfungskette deutlich h6her. Ressourcenbegrenzung: Um die zur Verf'tigung stehenden finanziellen Ressourcen zu berticksichtigen, entl~isst das Unternehmen nach etwa 189 nahezu den halben Bestand an Mitarbeitern. Durch die Verringerung der Ein- und Auszahlungen steigt der Cash Flow und nach 3 89 Jahren wird der Break-Even erzielt. Im f't~nften Jahr erwirtschaftet die Unternehmung keinen Einzahlungstiberschuss mehr. Grund hierfiir sind kurzfristige Schwankungen in der Lieferf~ihigkeit der Unternehmung. Preismodell: Die Variation des Preismodells ftihrt zu einer besonders starken Belasmng des Cash Flow ftir dieses Szenario. Folglich erzielt der Content Anbieter keinen positiven Zahlungstiberschuss. Entsprechend steigt der Kapitalbedarf der Untemehmung um mehr als 60 Prozent im Vergleich zum ursprtinglichen, komplexen Umweltszenario; erst nach acht Jahren wtirde der Content Anbieter hier die Profitabilitgt erreichen. Netzwerkpartner: Wie im Basismodell auch, hat die Entscheidung, die Medien for die E-Learning Kurse in einem Netzwerk zu produzieren, geringen Einfluss auf die Entwicklung des Unternehmens. Die flexiblere Gestaltung der Produktionskapazitgt senkt die Auszahlungen. Nach sechs Jahren ist der Cash Flow um neun Prozent gr6ger als im komplexen Umweltszenario. Trotz dieser Ergebnisverbesserung erzielt die Unternehmung aufgrund der insgesamt nur geringen Anderungen in diesem Szenario keinen positiven Cash Flow. Die Kombination der verschiedenen Umwelt- und Entscheidungsszenarien zeigt die Konsequenzen verschiedener Entscheidungen zur Gestaltung des Gesch~iftsmodells
~41Das Szenario Netzwerkstrategie berficksichtigt eine Gewinnmarge von 15 Prozent Rir die Designaktivitgten, beim Preisszenario ist eine Nachfrageerh6hungvon f't~nfProzent modelliert. 193
eines E-Learning Content Anbieters. Die Reduktion der Wertsch6pfungskette erweist sich bei dem komplexen Umweltszenario als erfolgreichste Strategie. Trotz h6heren Absatzes einhergehend mit steigender Mehrfachverwertung der Kurse und wachsender Erfahrung erzielt der E-Learning Anbieter mit der Preisstrategie den geringsten Cash Flow. Tabelle 6-3 gibt eine l]bersicht zu wesentlichen Gr613en for die verschiedenen Szenarien nach sechs Jahren. [
Entscheidung UmweltSzenario
Wertsch6pfungskette
Basistoodell
Kompl. Umwelt
431
-220
Basismodel l
Ressourcenbegrenzung
Kompl. Umwelt
Basismodeli
Preis modell a
Kompl. Umwelt
Basismodell
Netzwerk partner b
Kompl. Umwelt
Kompl. Umwelt
Basismodell
J
Finanzmodeil Cash Flow t Abweichung
334
"
inflow'
-23% 1.355 ~
1.045 "
910
277
-41
230
135% " -46%
76
236%
-73%
860 "
888
328 " 1.154 .
Abweichung
-33%
-18%
-51% .
Outflow t
924
1.265
,
,
~
576
.
.
784
.
457 11%
9%
908!
1.360
1.049i
,
.
-83%
-23%
-22%
0%
369
924
1.265
903
0% i
.
L
611 -
Abweichung
.
-186 =
-356[ -90% "
1.235
.
,,
-38%
-38%
-54%
-86%
0%
3,53
5,11
3,16
4134
5,08
- 13%
- i 5%
-26%
-33%
32%
504
626
793
919
1.898
-49%
-73%
-40%
-217%
114%
66% "~
127,8
132,7
86,0
70,2
103,0
106,4
24%
25% " -13%
-27%
0%
0%
1%
i%
68,1
71,0
32,3
56,2
58,3
56,5
58,7
21%
22% " -18%'
-37% "
0%
0%
i ;
29%
-2%
15% [
6,00 c "
4,12 1%
6,00c i 0%
3.299 I~ 1.054
2.331 i
=
Break-Even
4,1
6,00 c
996
2.277
Abweichung Kapitalbedarf § Abweichung .
.
.
.
0%
3%
2%
103,6
107,0
.
Produktion Produzierte
106,4
103,0
Menge ._.
, .
Abweichung L
Kursinventar
i
56,2
58,3
43,8
. . . .
!
Abweichung Wiederver' wertung
H 20,3
21,5 I
11,2
11,5
Abweichung
28,9
31,0 !1
42%
44%
6,2
6,4
-56%
-61%
20,3
194
20,5
21,7
9,0
-30%
-58%
0%
0%
1%
1%
7,4
3,4
11,2
11,5
10,9
1 ! ,2
-82%
-157%
-17%
-27%
,
i
i
Tabelle 6-3
21,5
14,3
mitarbeiter Abweichung
1%
......
.
Produktions-
. . . .
1%
-14% .
.
.
.
.
.
-19% .
Vergleich der strategischen GestaltungsmOglichkeiten fiir Basismodell und bei komplexer Umweltentwicklung (Mittelwerte der jeweils n=80 Simulationsl~iufe) * Angabe in Tausend a Szenario mit Nachfrageanstieg b Szenario mit Gewinnmarge von 15 % c Break-Even nicht erreicht
6.3 Zusammenfassung Strategische Planungs- und Entscheidungsprobleme sind gekennzeichnet durch eine gro6e Anzahl von Elementen mit verschiedenartigen, dynamischen Beziehungen. Bei der Behandlung solcher komplexer Probleme ist es schwierig, aus der Vielzahl der Elemente und Beziehungen die f'tir die Entscheidungsbildung wesentlichen herauszuarbeiten [vgl. Mag95, 20]. Aus diesem Grund werden in diesem Kapitel 6 die identifizierten Probleme der Strategischen Planung eines E-Learning Content Anbieters anhand des entwickelten und validierten Simulationsmodells analysiert. Hierzu werden verschiedene Umwelt- und Entscheidungsszenarien entwickelt. Im Rahmen der Umweltanalyse in Abschnitt 6.1 wird die Entwicklung des Unternehmens ftir drei Faktoren untersucht. Dabei werden als relevante Szenarien die Konsequenzen von Nachfrageanstieg, Preisverfall und Personalkostenanstieg ftir die Unternehmung im Vergleich zum Referenzmodell (vgl. Abschnitt 5.1) er6rtert. Die Simulation dieser modellexogenen Einfltisse zeigt unterschiedliche Effekte auf den Erfolg des Unternehmens: Die Nachfrageerh6hung ftihrt erst mit einiger Verz6gerung zu einem erh6hten Cash Flow der Unternehmung, wohingegen Preisverfall und Personalkostenanstieg direkt den Erfolg des E-Learning Anbieters beeintr~.chtigen. Bei der Kombination der drei Faktoren zu einer Simulation tiberwiegen in diesem Fall die beiden wachstumshemmenden Einfltisse, so dass die Unternehmung innerhalb des betrachteten Simulationszeitraums von sechs Jahren keinen positiven Cash Flow erzielt. Um geeignete Strategien zur nachhaltigen Sicherung des Unternehmens zu identifizieren, werden in Abschnitt 6.2 verschiedene Mal3nahmen zur Gestaltung des Gesch~iftsmodells entsprechend des entwickelten Framework (vgl. Kapitel 3) analysiert. Die vier exemplarisch bewerteten strategischen Aktivit~ten basieren auf den vier ineinander greifenden Konzepten des Framework und f'tihren zu sehr unterschiedlichen Simulationsergebnissen: Entsprechend variiert die Unternehmensentwicklung im Vergleich zum Referenzmodell beztiglich ihrer Wirkungsrichtung mit wachstumsstimulierenden, -hemmenden und neutralen Einfluss sowie beztiglich des Ausmal3es und des Wirkungszeitraums. Ebenfalls werden die vier Gestaltungsentscheidungen des Gesch~iftsmodells ftir verschiedene Umweltentwicklungen untersucht; die generellen Wirkungsrichtungen der strategischen Aktivit~iten bleiben hierbei erhalten. Die Ergebnisse dieses Kapitels zeigen, dass das entwickelte Unternehmensmodell ftir die Simulation potenzieller Entwicklungen der Umwelt und verschiedener strategischer Entscheidungen geeignet ist. Weitere Gestaltungsm6glichkeiten f'tir das Gesch~iftsmodell eines E-Learning Anbieters k6nnen anhand des Framework abgeleitet, 195
durch das Simulationsmodell operationalisiert und mittels Simulationen bewertet werden. Somit k6nnen zweckm/iBige Handlungen und gezielte MaBnahmen identifiziert werden, welche entscheidungsuntersttitzend die erfolgreiche Planung eines Gesch/~ftsmodells eines E-Leaming Anbieters erm6glichen.
196
7 Fazit Ver~nderte Markt- und Wettbewerbsstrukturen, innovative Produkte und neue Organisationsformen der Internet6konomie stellen sowohl Unternehmen als auch die betriebswirtschaftliche Forschung vor eine Vielzahl von Herausforderungen. Als wesentliches Konstrukt ft~r die Strategische Planung etabliert sich in diesem Zusammenhang der Begriff des Geschfiftsmodells. Die hierzu bestehenden Konzepte werden in den vorausgegangenen Kapiteln eingehend analysiert und weiterentwickelt: Ausgehend vom aktuellen Stand der E-Learning Gesch~iftsmodelldiskussion werden ein Vorgehensmodell zur Konzipierung von Gesch~iftsmodellen abgeleitet, ein System Dynamics Modell entwickelt und validiert sowie verschiedene Maf3nahmen zur Gestaltung von E-Learning Content Anbietern anhand entsprechender Simulationen diskutiert. Ziel der Betrachtung ist es, Ans~itze und L6sungen zu entwickeln, die Unternehmen bei der Wahl und Gestaltung eines geeigneten Gesch~iftsmodells unters~tzen. In dem folgenden Abschnitt 7.1 werden die wesentlichen Ergebnisse der einzelnen Kapitel zusammengefasst und kritisch gewt~rdigt. Abschnitt 7.2 zeigt weiteren Forschungsbedarf auf.
7.1 Zusammenfassung Der gesellschaftliche und 6konomische Wandel vonder Industrie- zur Informationsgesellschaft wird durch zunehmende Akzeptanz des Internet beschleunigt. Das Wirtschaften in Unternehmen wird dabei durch ein ver~indertes Unternehmens- und Marktumfeld, eine st~irkere Vernetzung zwischen Organisationen und durch neuartige Produktionsm6glichkeiten sowie innovative Produkte gepr~igt. Diese Ver~inderungen und der dabei bedeutende Einfluss der Internettechnologie spiegeln sich insbesondere im Aus- und Weiterbildungsbereich wider. Ftir Unternehmen des E-Learning-Sektors stellt sich - wie in Kapitel 1 dargestellt- die Herausforderung, ein geeignetes Geschfiftsmodell zu gestalten, das den Anforderungen der Internet6konomie gentigt. Diese Arbeit zielt folglich darauf ab, einen konzeptionellen Rahmen einerseits sowie konkrete Handlungsempfehlungen anderseits f'tir die Gestaltung von Gesch~iftsmodellen zu entwickeln. In Kapitel 2 werden einleitend die wesentlichen technischen, p~idagogischen und 6konomischen Merkmale des E-Learning als innovativer Lernform dargestellt und diskutiert. Die Nutzung der Internettechnologie verfindert grundlegend die Einsatz- und Gestaltungsm6glichkeiten von Bildungsangeboten. Die interaktive Kommunikation
197
der vernetzten Teilnehmer und die erleichterte Distribution der digitalisierten Lehrinhalte erm6glichen die didaktisch sinnvolle Erweiterung von Lernumgebungen und Inhalten. Erst durch diese technischen Innovationen k6nnen neue, p~dagogisch erwanschte, an kognitive und konstruktivistische Lerntheorien angelehnte Konzepte zur Wissensvermittlung genutzt werden. Aus 6konomischer Sicht verspricht der Technologieeinsatz eine Mehrfachverwendung von Lerninhalten und eine bessere Skalierbarkeit bei der Betreuung der Lernenden. Um diese vielffiltigen Potenziale des E-Learning zu realisieren, sind geeignete Geschgftsmodelle von Unternehmen zu entwickeln. Ein Vergleich der verschiedenen Gesch~ftsmodellkonzepte zeigt, dass diese Ansgtze allgemein zur Typisierung und Systematisierung von innovativen Unternehmen und zur Analyse und Modellierung von Unternehmensstrategien genutzt werden. Nach diesem Verst~indnis eignet sich das Gesch~iftsmodellkonstrukt als Erweiterung der klassischen Ans~itze des Strategischen Managements: Dadurch werden die die Internet6konomie kennzeichnenden Aspekte wie z.B. komplexe Wertsch6pfungsarchitekturen oder schnelle Diffusion von Technologien ft~r das Strategische Management berficksichtigt. Die verschiedenen Geschfiftsmodellans~.tze sind dabei nicht unumstritten; als ihre Kritikpunkte sind im Wesentlichen die zumeist fehlende theoretische Fundierung einerseits und die geringe praktische Relevanz anderseits zu nennen. Die Konzepte greifen h~ufig zu kurz, um Gestaltungsm6glichkeiten ffir nachhaltige Gesch~iftsmodelle zu identifizieren. Aus diesem Grund werden in Kapitel 3 die entwickelten Geschgftsmodellkonzepte mit den bestehenden Erkenntnissen und etablierten Theorien des Strategischen Managements integriert. Das Strategische Management als betriebswirtschaftliche Teildisziplin verfolgt das Ziel, den Erfolg von Unternehmen zu erkl~iren und normativen Aussagen abzuleiten, welche Maf3nahmen zur Erfolgserreichung zu ergreifen sind. In seiner Entwicklung knt~pft es an volkswirtschaftliche Ans~.tze wie Industrie6konomie und Neuen Institutionen6konomik an und zeichnet sich durch hohen Praxisbezug aus. Als dominierende Konzepte des Strategischen Managements gelten der Market und der Resource Based View. Nach Perspektive des Market Based View ist der Erfolg einer Unternehmung durch die Branchenattraktivit~.t und die relative Wettbewerbsposition des Unternehmens determiniert. Folglich betont der Market Based View bei der Erkl~irung von Unternehmenserfolg bzw. bei der Strategieformulierung wesentlich den Einfluss des Markts und der Branche. Als komplement~irer Ansatz hierzu fokussiert der Resource Based View auf 198
Unternehmen als zentrale Gr613e des Strategischen Managements. Als Ursache f'tir nachhaltige Wettbewerbsvorteile und unterschiedlichen Unternehmenserfolg gilt eine unternehmensspezifische Ressourcenausstattung. Auf Basis dieser beiden Ans~itze wird ein Vorgehensmodell zur Analyse und Gestaltung von Gesch~iftsmodellen der Internet6konomie entwickelt. Das Framework berticksichtigt durch die Integration der komplement~iren Ans~itze dabei unternehmensinterne und-externe Aspekte des Strategischen Managements. Aufgrund des sich wandelnden Unternehmensumfelds mit st~irkerer Vernetzung zwischen Organisationen und verschwimmenden Grenzen zwischen Markt und Unternehmen berticksichtigt das Framework ebenfalls den Wertsch6pfungskettenansatz sowie Strategische Netzwerke. Dies eklektische Framework erscheint folglich f'tir die umfassende Planung, Bewertung und Modellierung von jungen Unternehmen geeignet. Dabei bietet es ein methodisch fundiertes Vorgehensmodell und berficksichtigt die relevanten inhaltlichen Aspekte zur Formulierung einer Unternehmensstrategie. Hierauf aufbauend wird in Kapitel 4 die Entwicklung eines formalen System Dynamics Modells eines E-Learning Content Anbieters dargestellt. System Dynamics ist eine Methode zur Modellierung von Informations-, Material- und Finanzstr6men in Form von Differenzen- und Differenzialgleichungen. Durch verschiedene Simulatiohen k6nnen computerbasierte Experimente mit dem Unternehmensmodell durchgeftihrt und so m6gliche Konsequenzen ftir Gestaltungsalternativen yon Gesch~iftsmodellen bewertet werden. Basierend auf dem iterativen Vorgehensprozess zur Erstellung von System Dynamics Modellen wird hierzu ein Gleichungssystem eines E-Learning Content Anbieters entwickelt. Dieses Simulationsmodell bildet mit Produktion, Vertrieb sowie dem Personal- und dem Finanzsektor die wesentlichen Aktivit~iten entlang der Wertsch6pfungskette eines idealtypischen Unternehmens ab. Das Modell umfasst insgesamt rund 180 Gleichungen. Ftir dies relativ umfangreiche Unternehmensmodell ist eine sorgf~iltige Validierung des Modells notwendig. Die Validit~it des entwickelten System Dynamics Modells wird in Kapitel 5 beurteilt. Ziel der Validierung ist, Vertrauen in die Geeignetheit des erstellten Modells aufzubauen, modellinduzierte Handlungsempfehlungen auf ein reales E-Learning Unternehmen tibertragen zu k6nnen. Hierzu wird als Ausgangspunkt ftir die Validierung das Verhalten des entwickelten Gleichungssystems mit einer konkreten, an einer jungen Unternehmung orientierten Variablenbelegung ftir sechs Jahre abgebildet. Die gew~ihlte Belegung ftihrt zu einer plausiblen und realit~itsnahen Entwicklung der relevanten Unternehmensgr6Ben. 199
Basierend hierauf wird die formale Korrektheit des Modells gezeigt, aul3erdem werden das Verhalten und die Struktur anhand zahlreicher Validierungstests umfassend untersucht. Da~ber hinaus werden die Struktur und die Modellparameter mit empirisch erhobenen Wirkungszusammenhgngen und Gr6gen verglichen. Ft~r die Erhebung dieset Daten und Zusammenhgnge dienen die ft~nf Experteninterviews. Die Resultate der Befragung unterstatzen die anhand der Literatur abgeleiteten Modellstrukturen und die ft~r das Basismodell verwendeten Parameterwerte. Die Validierungsverfahren und die ermittelten, empirischen Daten zeigen insgesamt, dass das Modell gut geeignet erscheint, die durch die Simulation erzielten Erkenntnisse zur Geschgftsmodellgestaltung auf reale Unternehmen t~bertragen zu k6nnen. Historische Verhaltensreproduktionen des Modells k6nnen aufgrund des frfihen Entwicklungsstadiums des E-Learning Markts nicht durchgeffihrt werden. Mit dem validierten Simulationsmodell und dem entwickelten Framework in Kapitel 6 k6nnen verschiedene Gestaltungsmal3nahmen f~ir das Geschgftsmodell eines ELearning Content Anbieters untersucht und bewertet werden. Hierf~ir werden unterschiedliche Umwelt- und Entscheidungsszenarien aus den Ergebnissen der durchgeft~hrten Befragung abgeleitet und durch Simulationen analysiert. Mittels der Umweltanalyse werden die Konsequenzen von potenziellen Marktentwicklungen aberprfift. Als Szenarien ergeben sich ein Anstieg der Nachfrage und der Personalkosten und ein Rt~ckgang des Preises. Die Simulationen zeigen das komplexe, dynamische Verhalten des Unternehmens unter verschiedenen Einflussfaktoren. Die Entscheidungsszenarien erm6glichen, geeignete Maf3nahmen zur Gestaltung von Gesch~iftsmodellen zu identifizieren. Hierzu werden verschiedene Simulationen f'tir strategische Aktivit~ten durchgeft~hrt, die sich in Bezug auf das in Kapitel 3 entwickelte Vorgehensmodell ergeben. Durch das idealtypische Unternehmensmodell k6nnen somit geeignete Strategien zur nachhaltigen Sicherung des Unternehmenserfolgs entwickelt und untersucht werden. Die vier gewghlten, strategischen Entscheidungen werden ebenfalls ft~r verschiedene Umweltentwicklungen analysiert. Diese Simulationen zeigen, dass das umgesetzte Unternehmensmodell ft~r die Analyse potenzieller Umweltentwicklungen geeignet ist und flexibel f't~r die Untersuchung verschiedener strategischer Entscheidungen angepasst werden kann. Das konzeptionelle Framework der Strategischen Planung und das entwickelte Simulationsmodell des ELearning Content Anbieters als wesentliche Beitr~ge dieser Arbeit bieten somit eine geeignete methodische und instrumentelle Unterstfitzung bei strategischen Planungsund Entscheidungsproblemen im Zuge der Gesch~ftsmodellgestaltung. 200
7.2
Ausblick
Ansatzpunkte f'tir zuktinftige Forschungsarbeiten werden im Folgenden analog zu der gewfihlten Struktur dieser Arbeit diskutiert. Aufgrund des noch recht fruhen Stadiums der Internet6konomie und des innovativen E-Learning-Sektors ergeben sich weitere Forschungsfragen im Bereich der E-Learning Geschfiftsmodelle. Dabei ist zu klfiren, inwieweit die vorgeschlagenen Strukturierungsans~itze und Geschfiftsmodelltaxonomien empirisch nachgewiesen und somit theoretisch fundiert werden k6nnen. Dadurch wird ebenfalls beantwortet, ob bestimmte Geschfiftsmodellkonfigurationen langfristig andere dominieren. Die Untersuchung von Entwicklungspfaden der E-Learning Geschfiftsmodelle dynamisiert die statische Perspektive der Taxonomien und erh6ht das Verst~ndnis, wie Geschfiftsmodelle nachhaltig zu gestalten sind. Solch ein theoretisch fundierter Gesch~ftsmodellansatz gewinnt folglich auch an praktischer Relevanz. Die Strategieformulierung kann nut in Verbindung des marktorientierten Market Based View mit dem unternehmensorientierten Resource Based View erfolgen. Aufgrund der Anforderungen der Internet6konomie ist zudem im Rahmen der Strategieentwicklung der Einfluss yon Strategischen Netzwerken zu be~cksichtigen. Die Integration dieser Konzepte erfolgt bislang nut in ersten Ansfitzen. Hier besteht noch Forschungsbedarf, einerseits einen gemeinsamen Bezugsrahmen fiJr die Integration der Ansfitze zu konkretisieren, anderseits entsprechende Instrumente und Methoden for die Praxis zu entwickeln. In diesem Zusammenhang bietet besonders die Betrachtung der Wechselwirkungen zwischen Unternehmensressourcen, Marktstrukturen sowie Organisations- und Netzwerkstrategie viel versprechende Ansatzpunkte fur die weitere Forschung. Im Bereich der Gesch~.ftsmodelloperationalisierung und Simulation kann das Modell verfeinert und ftir andere E-Learning Anbieter (z.B. Service Provider, Content Intermedifire) modifiziert werden. Einen interessanten Anhaltspunkt zur Ergfinzung bietet beispielsweise der kooperative Vertrieb der E-Learning Kurse mit Partnern aus vorausgehenden oder folgenden Wertsch6pfungskettepositionen (z.B. Software- oder Schulungsanbieter). Weitere Ansatzpunkte zur Modellerweiterung k6nnen die Effekte wiederkehrender Kunden, der Einsatz von weiteren Marketinginstrumenten oder die Konkretisierung der Wettbewerbsstruktur sein. Eine umfassendere, mehrperiodige Erhebung von empirischen Daten erm6glicht eine weitere Modellvalidierung in Form von historischen Reproduktionen. Ein derartig ka201
libriertes Model kann so auch for die Erstellung von Prognosen genutzt werden. FOr die Umsetzung von System Dynamics Modellen zeichnet sich die Entwicklung einer standardisierten Modellbeschreibungssprache ab [vgl. z.B. DiAl05]. Da hierdurch die Modelle in verschiedenen Simulationsumgebungen genutzt werden k6nnen, wird so der Austausch von validierten Modulen und Teilstrukturen unterstiitzt. Somit k6nnen umfassende Modulbibliotheken mit Modell-Archetypen entwickelt werden, die den Modellierungsprozess beschleunigen und die Korrektheit des Modells unters~tzen [vgl. z.B. Whol03]. Als weiteres Anwendungsgebiet erscheint das entwickelte Modell als Basis daftir geeignet, fiir Laborexperimente erweitert und so ftir Unternehmenssimulatoren verwendet zu werden. Dadurch kann die Modellbrauchbarkeit verbessert werden. Weitere Simulationen spezifischer Fragestellungen sind mit dem Simulationsmodell wie dargestellt- leicht durchfiihrbar. Die hier vorgestellte Synthese der Gesch~iftsmodellkonzepte mit Ans~tzen des Strategischen Managements in einem Simulationsmodell umzusetzen, stellt einen ersten Schritt dar, inhaltliche L6sungen for die praxisrelevante Gestaltung von E-Learning Geschiiftsmodellen zu erzielen. Die anhand des entwickelten Framework abgeleiteten Aktivit~iten f'tir die Gesch~iftsmodellgestaltung sind durch die Methode System Dynamics operationalisierbar und k6nnen durch Simulationen bewertet werden. Somit wird das Verstfindnis for Geschfiftsmodelle und die Entscheidungsfindung in komplexen Planungssituationen verbessert.
202
8 Anhang 8.1 Herleitung der Produktivit~itssteigerung gemiiB dem Erfahrungskurvenmodell Erfahrungskurven beschreiben den postulierten Zusammenhang eines Riickgangs der Kosten in Abh~ingigkeit der kumulierten E r f a h r u n g - ausgedriickt durch die ausgebrachte Menge. In der Grundversion wird der Zusammenhang zwischen den St~ckkosten k und der kumulierten Produktionsmenge x durch folgende Gleichung ausged~ckt [Wome84, 984; Lieb87, 441; Homb00, 72-75] \ KI,X) = a 9x - b if
8-1
Die produkt- bzw. unternehmensspezifischen Parameter a und b k6nnen dabei mit k(1)=a
als S t i i c k k o s t e n d e r e r s t e n E i n h e i t und der Ausdruck 1 - 2 -b als Lernrate, welche
sich aus relativer ,~nderung der Sttickkosten ergibt- vgl. G1.8-2. k(2x) - k ( x ) k(x)
=
(a . 2x) -b - a . x -b a . x -b
= 1-2 -b
8-2
Bezeichnet Yi die in einer Periode i produzierte Menge, so ergibt sich f'tir die kumulierte Menge x zum Zeitpunkt t:
Zi=0Yi t
Xt
"-
8-3
Werden StiJckkostendegressionen innerhalb einer Periode i vemachl~issigt bzw. die Sttickkosten k ( x ) innerhalb einer Periode als durchschnittliche St0ckkosten interpretiert (vgl. z.B. [Wome84, 984]), so ergeben sich die Kosten einer Periode als Produkt aus produzierter Menge Yt und durchschnittliche Stiickkosten kt(x). Innerhalb der Unternehmung sind die Produktionskosten durch die Mitarbeiter der Produktion M und deren Gehalt zu Vollkosten gm gegeben, so dass folgende Gleichung 8-4 gilt: y, . k, (x) = M *gm
8-4
Die Anzahl der produzierten Kurse pro Mitarbeiter in einer Periode i gibt die durchschnittliche Produktivit~it eines Mitarbeiters entsprechend G1.8-1 und 8-4 wie folgt an:
203
P r o d u c t i v i t y = Y___L= gm xb M a = ft. x ~
m i t t~ = gm a
8-5
entsprechend eingesetzt ergibt sich somit G1.4-5 Authoring Productivity = ft. Authored Courses r
Die Konstante/5' gibt das Verh~iltnis zwischen Gehalt pro Mitarbeiter und Jahr und den
Sttickkosten der ersten Einheit a an. 8.2
Darstellung des Gieichungssystems
Das folgende Modell stellt die Umsetzung des in Kapitel 4 entwickelten Basismodells in der Vensim Notation dar [vgl. Vent03]. Die in Kapitel 5und 6 dargestellten Modifikationen sind nicht weiter berticksichtigt- das lauffiihige Simulationsmodell einschliel31ich der entsprechenden Modifikationen ist online erh~iltlich unter [SDS05] bzw. [SaWe05b].
204
(001)
Accumulated Cash Flow = INTEG (Cash Flow, 0) Units: Eur
(002)
Acquisition Time = 0.016 Units: Dmnl
(003)
Acquistion ratio = 1-DELAYlI(courses shipped/Employees Sales*Service Time, 0,1, 0) Units: Dmnl
(004)
Amount Marked Courses = 300 Units: Kurse
(005)
au at 0 = 0 Units: Empl/year
(006)
au hi 0 = 0 Units: Empl/year
(007)
author attrition = MIN(-MIN(DELAY3I( authoring attrition target, Decruit Time Authoring, au at 0), 0), Employees Authoring/Time Span) Units: Empl/year
(oo8)
author hiring = MAX(DELAY3I(authoring hiring target, Hiring Time Authoring, au hi 0), 0) Units: Empl/year
(009)
author training = New Employees Authoring/Training Time Authoring Units: Empl/year
(010)
Authored Courses = INTEG (authoring, 0) Units: Kurse
(011)
authoring = MIN(Authoring Capacity, Courses to author/Time Span) Units: Kurse/year
(012)
authoring attrition target = Courses to author/(Authoring Productivity*Customer Accepted Delay*Time Span) - Overcapacity level authoring * Employees Authoring/Time Span Units: Empl/year
(013)
Authoring Capacity = Authoring Productivity*Employees Authoring Units: Kurse/year
(014)
authoring hiring target = MAX(Courses to author/(Authoring Productivity*Customer Accepted Delay*Time Span) - Employees Authoring/Time Span,0) Units: Empl/year
(015)
Authoring Productivity = Production Experience*PrAu0 Units: Kurse/(year*Empl)
(016)
Average Annual Salary = outflow/Employees Units: Eur/(Empl*year)
(017)
Average Annual Salary Sales = 70000 Units: Eur/(Empl*year)
(018)
Average Course Span = 3 Units: year
(019)
Average Outflow per Course = XIDZ(outflow, courses shipped,0) Units: Eur/Kurse
(020)
Average Production Outflow per Course = XIDZ(outflow production, courses shipped, 0) Units: Eur/Kurse
(021)
Average Salary Production = 70000 Units: Eur/(Empl*year)
(022)
Average Sales Outflow per Course = XIDZ(outflow sales, courses shipped,0) Units: Eur/Kurse
(023)
Average Training Outflow per Course = XIDZ(outflow training, courses shipped,0) Units: Eur/Kurse
(024)
Averages Annual Salary Training = 70000 Units: Eur/(Empl*year)
(025)
Backlog Authoring = XIDZ(Courses to author, Authoring Capacity, 0) Units: year
(026)
Backlog Design = Courses to design/Design Capacity Units: year
(027)
Backlog Packaging = Courses to package/Packaging Capacity Units: year
(028)
Backlog Production = MAX(MAX(Backlog Authoring, Backlog Design), Backlog Packaging) Units: year
(029)
Break Even Point = INTEG (Unity, 0) Units: year 205
206
(o3o)
Cash Flow = inflow-outflow Units: Eur/year
(031)
Contacts Sales = Customer Contact Rate*Employees Sales Units: Kunden/year
(032)
Contracted Courses = INTEG (order inflow, 0) Units: Kurse
(033)
CoRe 0 = 1 Units: Kurse
(034)
CoRes 0 = 0 Units: Kurse
(035)
course aging = Course Inventory/Average Course Span Units: Kurse/year
(036)
Course Inventory = INTEG (packaging-course aging, 0) Units: Kurse
(037)
courses reselling = order inflow*turnover share Units: Kurse/year
(038)
Courses resold = INTEG (courses reselling, CoRes 0) Units: Kurse
(039)
courses shipped = packaging+courses reselling Units: Kurse/year
(040)
Courses to author = INTEG (production inflow-authoring, Initial Backlog Authoring) Units: Kurse
(041)
Courses to design = INTEG (authoring-media production, Initial Backlog Design) Units: Kurse
(042)
Courses to package = INTEG (media production+moduls reusing-packaging, Initial Backlog Packaging) Units: Kurse
(043)
Customer Accepted Delay = Initial Customer Acceptance*Normalverteilung Units: year
(044)
Customer Contact Rate = 1/Acquisition Time*Acquistion ratio*UnitMultyAcquTime Units: Kunden/(year*Empl)
(045)
Decruit Time Authoring = 0.5 Units: year
(046)
Decruit Time Media = 0.5 Units: year
(047)
Decruit Time Packaging = 0.5 Units: year
(048)
Decruit time sales = 0.5 Units: year
(049)
Delivery Delay = MIN(Delivery Delay Hiring, Backlog Production) Units: year
(050)
Delivery Delay Hiring = Hiring Time Authoring+Training Time Authoring+Intemal Feedback Time Authoring Units: year
(051)
Design Capacity -- Employees Media*Media Productivity Units: Kurse/year
(052)
Designed Courses = INTEG (media production, 0) Units: Kurse
(053)
"Discount. Cash Flow" = ((inflow-outflow)/EUR)*EXP(-Interest*(Time-INITIAL TIME))*EUR Units: Eur/year
(054)
Economic margin ratio = XIDZ(inflow-outflow, inflow, 0) Units: Dmnl
(055)
EmAu 0 = 2.5 Units: Empl
(056)
EmMe 0 = 2 Units: Empl
(057)
EmPa 0 = 1.6 Units: Empl
(058)
Employees = Employees Production+Employees Sales+New Employees Units: Empl
(059)
Employees Authoring = INTEG (author training-author attrition, EmAu 0) Units: Empl [0,?]
(060)
Employees Media = INTEG (media training-media attrition, EmMe 0) Units: Empl
(061)
Employees Packaging = INTEG (packaging training-packaging attrition, EmPa 0) Units: Empl [0,?]
(062)
Employees Production = (Employees Authoring+Employees Media+Employees Packaging) Units: Empl
(063)
Employees Sales = INTEG (sales training-sales attrition, EmSa 0) Units: Empl
(064)
EmSa 0 = 2 Units: Empl
(065)
Epsilon Delivery = 1 Units: Dmnl
(066)
EUR = 1 Units: Eur/year
(067)
Exp Conv Rate lower --- 0.16 Units: Dmnl 207
208
(068)
Exp Conv Rate upper -- 0.44 Units: Dmnl
(069)
Expected Conversion Rate = 0.3 Units: Dmnl
(070)
Expected Conversion Rate t = R A N D O M N O R M A L ( E x p Conv Rate lower, Exp Conv Rate upper, Expected Conversion Rate, Vola Conversion, Seedorderinflow) Units: Dmnl
(071)
FINAL TIME = 6 Units: year
(072)
Gamma PrEx = 1.4 Units: Dmnl
(073)
GammaE = 0.3 Units: Dmnl
(074)
Hiring Time Authoring = 0.25 Units: year
(075)
Hiring Time Media = 0.25 Units: year
(076)
Hiring Time Packaging = 0.25 Units: year
(077)
Hiring Time Sales = 0.25 Units: year
(078)
inflow = courses shipped * Price Units: Eur/year
(079)
inflow per Employee = inflow/Employees Units: Eur/(Empl*year)
(080)
Initial Backlog Authoring = 5 Units: Kurse
(081)
Initial Backlog Design = 4 Units: Kurse
(082)
Initial Backlog Packaging = 3 Units: Kurse
(083)
Initial Customer Acceptance = 0.4 Units: year
(084)
INITIAL TIME = 0 Units: year
(085)
Interest = 0 . 1 Units: 1/year
(086)
Intemal Feedback Time Authoring = 0.7 Units: year
(087)
Laid Off Authors = INTEG (author attrition, O) Units: Empl
(o88)
Laid Off Designer = INTEG (media attrition, 0) Units: Empl
(089)
Laid Off Packager = INTEG (packaging attrition, 0) Units: Empl
(090)
Marketgrowth = 1 Units: Dmnl [0,?]
(091)
Maximal Funding Requirement = INTEG (IF THEN ELSE( Cash Flow>0, 0, Cash Flow), 0) Units: Eur
(092)
me at 0 = 0 Units: Empl/year
(093)
me hi 0 = 0 Units: Empl/year
(094)
media attrition -- MIN((-MIN(DELAY3I( media attrition target, Decruit Time Media, me at 0), 0)), Employees Media/Time Span) Units: Empl/year [0,?]
(095)
media attrition target = Courses to design/(Media Productivity*Customer Accepted Delay*Time Span) - Overcapacity level media * Employees Media/Time Span Units: Empl/year
(096)
media hiring = MAX(DELAY 11(media hiring target, Hiring Time Media, me hi 0), 0) Units: Empl/year
(097)
media hiring target = MAX(Courses to design/(Media Productivity*Customer Accepted Delay*Time Span) - Employees Media/Time Span,0) Units: Empl/year
(098)
media production = MIN(Design Capacity, Courses to design/Time Span) Units: Kurse/year
(099)
Media Productivity = Production Experience*PrMe0 Units: Kurse/(year*Empl)
(100)
media training -- (New Employees Media / Training Time Media) Units: Empl/year
(101)
modul counting = moduls reusing Units: Kurse/year
(102)
Moduls Reused Counter = INTEG (modul counting, 0) Units: Kurse
(103)
moduls reusing = Reusability Look Up Table(Course Inventory/CoRe 0) Units: Kurse/year
(104)
New Authors = INTEG (author training, 0) Units: Empl
209
210
(lO5)
New Designer = INTEG (media training, 0) Units: Empl
(106)
New Employees = New Employees Production+New Employees Sales Units: Empl
(107)
New Employees Authoring = INTEG (author hiring-author training, 0) Units: Empl
(108)
New Employees Media = INTEG (media hiring-media training, 0) Units: Empl
(109)
New Employees Packaging = INTEG (packaging hiring-packaging training, 0) Units: Empl
(110)
New Employees Production = New Employees Authoring+New Employees Media+New Employees Packaging Units: Empl
(111)
New Employees Sales = INTEG (sales hiring-sales training, 0) Units: Empl
(112)
New Packager = INTEG ( Units: Empl
(113)
Normalverteilung = RANDOM NORMAL( 0.5, 1.5, 1, 0.05, Seedbacklog) Units: Dmnl
(114)
NPV Earnings = INTEG ("Discount. Cash Flow", 0) Units: Eur
(115)
order inflow = Expected Conversion Rate t * DELAY 1I( Relative Ability to deliver, 0,1, 1) 9 Contacts Sales * Sales Volume per Customer * Reputation Units: Kurse/year
(116)
Outdated Courses = INTEG (course aging, 0) Units: Kurse
(117)
outflow = outflow production+outflow sales+outflow training Units: Eur/year
(118)
outflow production = Average Salary Production*Employees Production Units: Eur/year
(119)
outflow sales = Average Annual Salary Sales*Employees Sales Units: Eur/year
(120)
outflow training = Averages Annual Salary Training*New Employees Units: Eur/year
(121)
Overcapacity level authoring -- 1 Units: Dmnl
(122)
Overcapacity level media = 1 Units: Dmnl
(123)
Overcapacity level packaging = 1 Units: Dmnl
packaging training, 0)
(124)
Overcapacity level sales = 1 Units: Dmnl
(125)
pa at 0 = 0 Units: Empl/year
(126)
pa hi 0 = 0 Units: Empl/year
(127)
Packaged Courses = INTEG (packaging, 0) Units: Kurse
(128)
packaging = MIN(Packaging Capacity, Courses to package/Time Span) Units: Kurse/year
(129)
packaging attrition = MIN((-MIN(DELAY 1I( Courses to package/(Packaging Productivity*Customer Accepted Delay*Time Span) - Overcapacity level packaging * Employees Packaging/Time Span, Decruit Time Packaging, pa at 0),0)), Employees Packaging/Time Span) Units: Empl/year
(130)
Packaging Capacity - Employees Packaging*Packaging Productivity Units: Kurse/year
(131)
packaging hiring = MAX(DELAY lI(Courses to package/(Packaging Productivity*Customer Accepted Delay*Time Span) - Employees Packaging/Time Span, Hiring Time Packaging, pa hi 0), 0) Units: Empl/year
(132)
Packaging Productivity = PrPa0*Production Experience Units: Kurse/(year*Empl)
(133)
packaging training -- New Employees Packaging/Training Time Packaging Units: Empl/year
(134)
PrAu0 -- 8*Produktionslevel n Units: Kurse/( year* Empl)
(135)
PrEx 0 = 100 Units: Kurse
(136)
Price = Price P0 Units: Eur/Kurs
(137)
Price P0 = 40000 Units: Eur/Kurs [0,?]
(138)
PrMe0 -- 10" Produktionslevel n Units: Kurse/(year*Empl)
(139)
Production Experience -- ((Course Inventory+Outdated Courses+PrEx 0)/PrEx 0)^Gamma PrEx Units: Dnml
(140)
production inflow -- order inflow*(1-turnover share) -moduls reusing Units: Kurse/year
(141)
Production Inflow Ratio -- XIDZ(outflow production, outflow, 0) Units: Dmnl
211
212
(142)
Production Return Ratio = XIDZ(outflow production, inflow, 0) Units: Dmnl
(143)
Produktionslevel n = 1 Units: Kurse/(year*Empl)
(144)
PrPa0 = 12.5*Produktionslevel n Units: Kurse/(year*Empl)
(145)
Relative Ability to deliver = MIN((XIDZ( Customer Accepted Delay, Delivery Delay, 1)), 1)^Epsilon Delivery Units: Dmnl
(146)
Reputation = ((Contracted Courses+Amount Marked Courses)/Amount Marked Courses)^GammaE Units: Dmnl
(147)
Return Ratio = XIDZ(outflow, inflow,0) Units: Dmnl
(148)
Reusability Look Up Table([(0,0)( 1000,400)],(0,0),( 10,0.08),(20,0.4),(30,1.08),(40,2),(50,3.2),(60,4.8), (70,6.72),(80,8.8),(90,11.52), (100,15),(150,22.5),(200,35),(400,70),(1000,175)) Units: Kurse/year
(149)
Reusability Look Up Table Increase([(0,0)(1000,400)],(0,0),(10,0.08),(20,0.4),(30,1.08),(40,2), ( 50,3.2),(60,4.8),(70,6.72 ),( 80,8.8 ),(90,11.52),( 100,15 ),( 150,22.5 ),( 200,35 ),( 400,70 ),( 1000, 175)) Units: Kurse/year
(150)
sa at 0 = 0 Units: Empl/year
(151)
sa hi 0 = 0 Units: Empl/year
(152)
sales attrition = DELAY3I(sales attrition target, Decruit time sales, sa at 0) Units: Empl/year
(153)
sales attrition target = MIN(-MIN(IF THEN ELSE(Employees Sales * (DELAY1 I( Marketgrowth-1, 0.5 * Time Span, 0)+1)>0, Employees Sales * DELAY1 I( Marketgrowth-1, 0.5 * Time Span, 0), -Employees Sales)/Time Span,0), Employees Sales/Time Span)*Overcapacity level sales Units: Empl/year
(154)
sales hiring = MAX(DELAY3I(sales hiring target, Hiring Time Sales, sa hi 0), 0) Units: Empl/year
(155)
sales hiring target = IF THEN ELSE(Employees Sales * (Marketgrowth-1)>0, Employees Sales * (Marketgrowth-1)/Time Span, 0) Units: Empl/year
(156)
Sales Inflow Ratio = outflow sales/outflow Units: Dmnl
(157)
Sales Production Ratio = outflow sales/outflow production Units: Dmnl
(158)
Sales Return Ratio = XIDZ( outflow sales, inflow, 0) Units: Dmnl
(159)
sales training = New Employees Sales/Training Time Sales Units: Empl/year
(160)
Sales Volume per Customer = 1 Units: Kurse/Kunden
(161)
SAVEPER = TIME STEP Units: year [0,?]
(162)
Seedbacklog = 1 Units: Dmnl [1,30000,1]
(163)
Seedorderinflow = 31660 Units: Dnml [1,32000,1]
(164)
Service Time = 0.015 Units: Empl*year/Kurse
(165)
Time Span = 1 Units: year
(166)
TIME STEP = 0.0078125 Units: year [0,?]
(167)
Training Inflow Ratio = outflow training/outflow Units: Dmnl
(168)
Training Return Ratio -- XIDZ(outflow training, inflow, 0) Units: Dmnl
(169)
Training Time Authoring = TTA 0 Units: year
(170)
Training Time Media = TTM 0 Units: year
(171)
Training Time Packaging = TTP 0 Units: year
(172)
Training Time Sales = TTS 0 Units: year
(173)
TTA 0 = 0.2 Units: year
(174)
TTM 0 = 0.2 Units: year
(175)
TTP 0 = 0.2 Units: year
(176)
TTS 0 = 0.2 Units: year
(177)
turnover share = turnovertable(Packaged Courses/tush O) Units: Dmnl
213
8.3
(178)
tumovertable([(0,0)(200,0.8)],(0,0),(1,0.005),(5,0.015),(25,0.05),(50,0.06),(100,0.07),(200,0.08)) Units: Dmnl
(179)
tush 0 = 1 Units: Kurse
(180)
UnitMultyAcquTime = 1 Units: Kunden/(year*Empl)
(181)
Unity = IF THEN ELSE( Cash Flow