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German Pages 387 Year 2008
Christoph Löffler Steuerrechtliche Wertfindung aus Sicht der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
nbf neue betriebswirtschaftliche forschung Band 362
Christoph Löffler
Steuerrechtliche Wertfindung aus Sicht der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre Analyse des Besteuerungsproblems fehlender Geldtransaktionen und Entwicklung von Lösungsansätzen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Habilitationsschrift Universität Bremen, 2008
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Sabine Schöller Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0894-0
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2007/2008 von der Habilitationskommission des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft der Universität Bremen als schriftliche Habilitationsleistung angenommen. Sie entstand während meiner Tätigkeit als akademischer Rat im Rahmen einer Kooperation des Lehrstuhls für Betriebliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung der Universität Bremen und der FIDES Treuhandgesellschaft KG, Bremen. Während des Entstehungsprozesses habe ich von vielen Seiten Unterstützung erfahren. Danken möchte ich vor allem Herrn Prof. Dr. Franz Jürgen Marx, der die Arbeit mit großem Interesse begleitet hat und durch seine stetige Diskussionsbereitschaft sehr zu ihrem Gelingen beigetragen hat. Herrn Prof. Dr. Guido Förster und Herrn Prof. Dr. Thorsten Poddig gilt mein Dank für die Übernahme des Zweit- und Drittgutachtens. Besonders bedanke ich mich auch bei der FIDES Treuhandgesellschaft KG, Bremen, die es mir ermöglicht hat, nicht nur mein wissenschaftliches Interesse zu verfolgen, sondern darüber hinaus auch den Kontakt zur Praxis aufrecht zu halten. Namentlich zu erwähnen sind hier insbesondere Herr WP/StB Dr. Helge Bernd von Ahsen, Herr WP/StB Bernhard Bitter sowie Herr StB Dieter Tietjen. Bei Herrn Dipl.-Oec. Holger Dallmann bedanke ich mich für wertvolle Anregungen, insbesondere in der Konzeptionsphase der Arbeit. Für die tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung des druckreifen Layouts danke ich Frau Ina Kronenberger sehr herzlich. Mein Dank richtet sich auch an Frau Sabine Schöller vom Gabler Verlag für die gute Zusammenarbeit und kurzfristige Umsetzung der Veröffentlichung. Ein besonderes Dankeschön gilt meiner lieben Kerstin, die mich unermüdlich unterstützt und motiviert hat und damit ganz maßgeblich zur Fertigstellung der Arbeit beigetragen hat. Ihr ist die Arbeit gewidmet. Christoph Löffler
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis............................................................................................ VII Abbildungsverzeichnis...................................................................................XIII Tabellenverzeichnis......................................................................................... XV Abkürzungsverzeichnis................................................................................ XVII 1. Grundlegung .................................................................................................... 1 1.1. Problemstellung und Zielsetzung der Untersuchung ................................ 1 1.2. Untersuchungsanspruch und Untersuchungsgrenzen................................ 8 1.3. Einordnung der Untersuchung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre......................................................... 10 1.4. Untersuchungsplan................................................................................... 11 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse .................................................................. 15 2.1. Überblick.................................................................................................. 15 2.2. Charakterisierung der steuerrechtlichen Bewertungsproblematik .......... 16 2.2.1. Subjektivität der Bewertung................................................................................... 16 2.2.1.1. Ziel- und Alternativenabhängigkeit der Bewertung ......................................... 16 2.2.1.2. Ausprägungen des Wertbegriffs ....................................................................... 19 2.2.1.3. Verhältnis von Wert und Preis ......................................................................... 23 2.2.2. Unsicherheit als Begleiterscheinung von Bewertungen ......................................... 24 2.2.3. Die steuerrechtsspezifische interpersonale Konfliktanfälligkeit ............................ 25
2.3. Theoriegeleitete Suche nach Lösungsansätzen ....................................... 27 2.3.1. Zur methodischen Vorgehensweise........................................................................ 27 2.3.2. Interpersonale Konflikte als Referenzpunkt........................................................... 29 2.3.2.1. Konflikte und Konfliktmanagement in Organisationen ................................... 29 2.3.2.2. Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung ..................................... 32 2.3.3. Konfliktbezogene Bewertung als Referenzpunkt................................................... 39 2.3.3.1. Bewertung im Rahmen der externen Rechnungslegung................................... 39 2.3.3.1.1. Externe Rechnungslegung als Anwendungsfall von Wertkonventionen.... 39 2.3.3.1.2. Agency-Problematik und Objektivierungserfordernis................................ 41 2.3.3.1.3. Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung ............................... 45 2.3.3.2. Konfliktbezogene Unternehmensbewertung .................................................... 46 2.3.3.2.1. Ermittlung von Arbitriumwerten ................................................................ 46 2.3.3.2.2. Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte ........................................... 49 2.3.3.2.3. Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung ............................... 52
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2.3.4. (Bewertungs-)Unsicherheit als Referenzpunkt....................................................... 55 2.3.4.1. Unsicherheit und Bewertungsdefekte............................................................... 55 2.3.4.2. Zum Umgang mit unsicheren Daten................................................................. 56 2.3.4.3. Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung ..................................... 59
2.4. Integration von Problemsicht und Lösungsansätzen in einen Bezugsrahmen.......................................................................................... 61 2.4.1. Grundüberlegung.................................................................................................... 61 2.4.2. Wertfindung als Interaktion.................................................................................... 64 2.4.3. Zur systematischen Analyse von Bewertungsmaßstäben und -verfahren .............. 71 2.4.3.1. Die steuerrechtliche Sicht................................................................................. 71 2.4.3.2. Die ökonomische Sicht..................................................................................... 72 2.4.3.2.1. Modellcharakter von Bewertungen............................................................. 72 2.4.3.2.2. Spezifizierung der bewertungsmaßstabs- und bewertungsverfahrensbezogenen Analysebereiche....................................................... 73
2.5. Zusammenfassung und weiteres Vorgehen ............................................. 79 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten.................................................................................... 83 3.1. Teilwert .................................................................................................... 83 3.1.1. Vorbemerkungen .................................................................................................... 83 3.1.2. Der Teilwertbegriff: Entwicklung und gegenwärtiger Stand ................................. 85 3.1.3. Die Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht................................................ 91 3.1.3.1. Verschärfung des Problems der Bewertungssubjektivität durch den Gesetzgeber ...................................................................................................... 91 3.1.3.2. Die Umsetzung der gesetzlichen „Bewertungsvorgabe“: Optionen mit Widerlegungsmöglichkeiten............................................................................. 92 3.1.4. Die Bewertungsmaßstäbe aus ökonomischer Sicht................................................ 94 3.1.4.1. Ökonomische Überlegungen zur Auslegung der Teilwertdefinition................ 94 3.1.4.2. Ökonomische Analyse der Auslegung der Teilwertdefinition de lege lata .... 101 3.1.5. Zur konkreten Ermittlung der (möglichen) Bewertungsmaßstäbe ....................... 107 3.1.5.1. Wiederbeschaffungskosten und Einzelveräußerungspreis ............................. 107 3.1.5.1.1. Grundüberlegungen und „Lösung“ des geltenden Rechts ........................ 107 3.1.5.1.2. Das geltende Recht im Spiegel der „Fair Value-Typologie“.................... 110 3.1.5.2. Zum Rückgriff auf Ertragswertüberlegungen................................................. 113
3.2. Bewertung nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer.................................. 124 3.2.1. Vorbemerkungen .................................................................................................. 124 3.2.2. Die gesetzlich vorgegebene Verfahrenshierarchie und ihre Umsetzung aus interaktionsorientierter Sicht ................................................................................ 126 3.2.3. Wertableitung aus Verkäufen............................................................................... 130 3.2.3.1. Die eingeschränkte vergangenheitsorientierte Wertableitung ........................ 130 3.2.3.2. Wertableitung aus Verkäufen im Spiegel des Multiplikatoransatzes............. 138 3.2.4. Wertermittlung mit dem Stuttgarter Verfahren .................................................... 145 3.2.4.1. Entwicklungslinien, Ausgestaltung und Steuerwirkungen............................. 145 3.2.4.2. Das Stuttgarter Verfahren aus ökonomischer Sicht........................................ 150
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3.3. Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke.............................................. 160 3.3.1. Vorbemerkungen .................................................................................................. 160 3.3.2. Die relevanten Regelungen im Überblick ............................................................ 162 3.3.3. Die interaktionsorientierte Sicht: Option mit Widerlegungsmöglichkeit............. 166 3.3.4. Das vereinfachte Ertragswertverfahren ................................................................ 168 3.3.4.1. Das Verfahren aus ökonomischer Sicht ......................................................... 168 3.3.4.2. Das vereinfachte Ertragswertverfahren im Lichte alternativer Verfahren...... 175 3.3.4.2.1. Verfahren der Immobilienbewertung im Überblick ................................. 175 3.3.4.2.2. Verhältnis zum vereinfachten Ertragswertverfahren ................................ 180 3.3.5. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts................................................ 182 3.3.5.1. Vergangenheitsorientierung und flexible Planung ......................................... 182 3.3.5.2. Konfliktbewältigung durch Hinzuziehung Dritter: Qualifiziertes Gutachten................................................................................. 186 3.3.6. Zur Bestimmung der Wertuntergrenze für den Ertragswert................................. 189
3.4. Verrechnungspreise................................................................................ 193 3.4.1. Vorbemerkungen .................................................................................................. 193 3.4.2. Die interaktionsorientierte Sicht: Verrechnungspreisspezifische institutionalisierte Konfliktbewältigung............................................................... 195 3.4.3. Fremdvergleichsgrundsatz und Verrechnungspreismethoden aus ökonomischer Sicht........................................................................................ 197 3.4.3.1. Der (einheitliche) Fremdvergleichsgrundsatz ................................................ 197 3.4.3.2. Die Verrechnungspreismethoden ................................................................... 202 3.4.3.2.1. Überblick .................................................................................................. 202 3.4.3.2.2. Die Methoden im Einzelnen ..................................................................... 203 3.4.3.2.3. Zum Verhältnis der Methoden.................................................................. 212 3.4.4. Vergleichbarkeit als zentrales methodenübergreifendes Problem ....................... 216 3.4.4.1. Vergleichbarkeitsprüfung ............................................................................... 216 3.4.4.2. Erhöhte Verfügbarkeit von Vergleichsdaten durch Datenbankeinsatz?......... 218 3.4.4.3. Der Umgang mit der Mehrwertigkeit ............................................................. 219 3.4.4.3.1. Die Entscheidung des BFH vom 17.10.2001............................................ 219 3.4.4.3.2. Mehrwertigkeit in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren .................... 221 3.4.5. Verfahrensvorgaben und Dokumentationspflichten zur Sicherstellung von Nachvollziehbarkeit.............................................................................................. 229 3.4.6. Institutionalisierte Konfliktbewältigung............................................................... 230 3.4.6.1. Advance Pricing Agreements (APAs) als „Vorweg-Eigenlösung“................ 230 3.4.6.2. Verständigungsverfahren als Eigenlösung und Schiedsverfahren als Hinzuziehung Dritter...................................................................................... 234
3.5. Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG .................................................... 237 3.5.1. Vorbemerkungen .................................................................................................. 237 3.5.2. Grundtatbestand des § 6 AStG und Entwicklungslinien...................................... 239 3.5.3. Die Wertfindung im Wegzugszeitpunkt............................................................... 243 3.5.3.1. Die Bewertungsverfahren aus ökonomischer Sicht........................................ 243 3.5.3.1.1. Bewertung anhand vorhandener Kursnotierung ....................................... 243 3.5.3.1.2. Bewertung bei fehlender Kursnotierung................................................... 248 3.5.3.2. Die interaktionsorientierte Sicht: Verfahrenshierarchie mit eingeschränkter Option mit Widerlegungsmöglichkeit(en) ........................... 254 3.5.4. Der Abschluss der Wertfindung bei tatsächlicher Veräußerung .......................... 255
X Inhaltsverzeichnis }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen............................................................................................... 267 4.1. Gegenüberstellung der Bereichsergebnisse und Versuch einer Typenbildung ......................................................................................... 267 4.1.1. Zur Relevanz des Bezugsrahmens........................................................................ 267 4.1.2. Die Bewertung als Bestandteil der Wertfindung.................................................. 268 4.1.2.1. Problem, grundlegendes Vorgehen und Bedeutung des Objektbezugs .......... 268 4.1.2.2. Transaktions- und ertragswertorientierte Bewertung als Grundtypen der Bewertung ...................................................................................................... 271 4.1.3. Die Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht.............................................. 282 4.1.4. Zusammenfassende Beurteilung........................................................................... 285
4.2. Weiterführende Überlegungen zur Ausgestaltung der Wertfindung .... 287 4.2.1. Vorbemerkungen .................................................................................................. 287 4.2.2. Zum möglichen Verzicht auf die Wertfindung .................................................... 288 4.2.3. Entwicklung von Alternativen zur bisherigen Wertfindung ................................ 294 4.2.3.1. Zur methodischen Einbettung des Vorgehens ................................................ 294 4.2.3.1.1. Die Ausgestaltung der Wertfindung als Planungsproblem....................... 294 4.2.3.1.2. Grundlegende Anforderungen an die Wertfindung .................................. 296 4.2.3.1.3. Die Bedeutung von Werturteilen .............................................................. 300 4.2.3.2. Plädoyer für eine ganzheitliche Sicht: Von der Bewertung zur Wertfindung ............................................................................................. 301 4.2.3.3. Überlegungen zur Umsetzung einer ganzheitlichen Sicht.............................. 303 4.2.3.3.1. Grundlegende Ansatzpunkte..................................................................... 303 4.2.3.3.1.1. Die Notwendigkeit des Objektbezugs ................................................ 303 4.2.3.3.1.2. Zur Ungeeignetheit unbestimmter Rechtsbegriffe.............................. 304 4.2.3.3.1.3. Der Verzicht auf unbestimmte Bewertungsmaßstäbe ......................... 305 4.2.3.3.2. Objektivierte Bewertung als Ansatzpunkt ................................................ 307 4.2.3.3.2.1. Möglichkeiten, Grenzen und Einsatzfelder objektivierter stichtagsbezogener Bewertung ........................................................... 307 4.2.3.3.2.2. Möglichkeiten, Grenzen und Einsatzfelder objektivierter Bewertung nach dem Stichtag............................................................ 315 4.2.3.3.3. Die Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung als Ansatzpunkt.............................................................................................. 316 4.2.3.3.3.1. Die weitgehende Festlegung der Verfahrensschritte .......................... 316 4.2.3.3.3.2. Regelung des Verhältnisses unterschiedlicher Bewertungsverfahren 318 4.2.3.3.3.3. Institutionalisierte Konfliktbewältigung durch verbindliche Vorwegauskünfte................................................................................ 319 4.2.3.3.3.4. Institutionalisierte Konfliktbewältigung durch qualifizierte Gutachten ....................................................................... 321 4.2.4. Kombination von Verzicht auf die Wertfindung und Umsetzung einer ganzheitlichen Sicht als zukünftiger Weg ............................................................ 322
5. Zusammenfassung und Ausblick............................................................... 325
Inhaltsverzeichnis XI }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Literaturverzeichnis........................................................................................ 331 Entscheidungsregister..................................................................................... 369 Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen................................................... 373 Verzeichnis der Gesetze und Gesetzesmaterialien sowie Verordnungen.. 375
XIII }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Abbildungsverzeichnis Abb. 1.4.-1: Untersuchungsplan ......................................................................... 13 Abb. 2.2.-1: Ermittlung des Normwerts.............................................................. 21 Abb. 2.2.-2: Beziehungen zwischen den Ausprägungen des Wertbegriffs........ 22 Abb. 2.3.-1: Beteiligung Dritter an Zweiparteienkonflikten .............................. 35 Abb. 2.3.-2: Arbitriumwert bei Entscheidungsfreiheit....................................... 47 Abb. 2.3.-3: Reaktionsformen bei Unsicherheit ................................................. 59 Abb. 2.4.-1: Erklärungsmodell: Wertfindung als Interaktion ............................ 66 Abb. 3.1.-1: Ermittlung des Teilwerts ................................................................ 90 Abb. 3.1.-2: Ermittlung von Reproduktionswerten .......................................... 108 Abb. 3.1.-3: Fair Value-Ausprägungen ............................................................ 112 Abb. 3.1.-4: Wirtschaftsgüter mit Einzelerträgen............................................. 114 Abb. 3.2.-1: Verhältnis von Stuttgarter Verfahren und Steuerbilanzwerten.... 149 Abb. 3.3.-1: Bewertung bebauter Grundstücke i.S.v. § 146 Abs. 1 BewG...... 166 Abb. 3.4.-1: Verrechnungspreismethoden und ihre Funktionsweise ............... 203 Abb. 3.4.-2: Vergleichbarkeitsprüfung nach den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren............................................. 217 Abb. 3.4.-3: Der Umgang mit mehreren Fremdvergleichswerten nach den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren............................................. 222 Abb. 4.2.-1: Verzicht auf die Wertfindung....................................................... 293 Abb. 4.2.-2: Ansatzpunkte für eine alternative Wertfindung ........................... 322
XV }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Tabellenverzeichnis Tab. 3.5.-1: Fallkonstellationen der Wegzugsbesteuerung .............................. 257 Tab. 3.5.-2: Steuerwirkungen der Wegzugsbesteuerung.................................. 261 Tab. 4.1.-1: Objektbezug der Bewertungsvorgaben ......................................... 270 Tab. 4.1.-2: Transaktionsorientierte Bewertung im Kontextvergleich ............ 272 Tab. 4.1.-3: Ertragswertorientierte Bewertung im Kontextvergleich............... 277 Tab. 4.1.-4: Verfahrensdominanz im Kontextvergleich ................................... 279 Tab. 4.1.-5: Objektivierung im Kontextvergleich ............................................ 280 Tab. 4.1.-6: Hierarchien und Optionen im Kontextvergleich........................... 284 Tab. 4.1.-7: Umgang mit Konflikten im Kontextvergleich .............................. 285
XVII }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Abkürzungsverzeichnis a.A. a.F. Abb. ABl. Abs. AG AK Alt. AntBewR Anm. AO APA APV Art. AStG Aufl. BauGB BB Bd. betr. Beschl. BewG BFH BFHE BFH/NV BFuP BGBl. BMF BStBl. BT-Drs. BR-Drs. BVerfG BVerfGE BZSt bzw. ca.
anderer Auffassung alte Fassung Abbildung Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Aktiengesellschaft, Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Anschaffungskosten Alternative Anteilsbewertungsrichtlinien Anmerkung Abgabenordnung Advance Pricing Agreement Adjusted Present Value Artikel Außensteuergesetz Auflage Baugesetzbuch Betriebs-Berater (Zeitschrift) Band betreffend Beschluss Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Zeitschrift) Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Bundesgesetzblatt Bundesminister(ium) der Finanzen Bundessteuerblatt Bundestagsdrucksache Bundesratsdrucksache Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundeszentralamt für Steuern beziehungsweise circa
XVIII Abkürzungsverzeichnis }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
CAPM D d.h. DB DBA DCF Dok. DStR DStRE DStZ EGV endg. ErbStG ErbStR Erl. EStB EStG EStR etc. evtl. EU EuGH EW EWG EWR FASB FB FG FinMin Fn. f. ff. FR FS GaufzV GE gem. GwStG GG ggf. GmbH GmbHR GmbH-StB
Capital Asset Pricing Model Deutschland das heißt Der Betrieb (Zeitschrift) Doppelbesteuerungsabkommen Discounted Cash Flow Dokument Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst (Zeitschrift) Deutsche Steuer-Zeitung (Zeitschrift) EG-Vertrag endgültig Erbschaftsteuergesetz Erbschaftsteuerrichtlinien Erlass(e) Ertragsteuer-Berater (Zeitschrift) Einkommensteuergesetz Einkommensteuerrichtlinien et cetera eventuell Europäische Union Europäischer Gerichtshof Ertragswert Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum Financial Accounting Standards Board FinanzBetrieb (Zeitschrift) Finanzgericht Finanzministerium Fußnote folgende fortfolgende Finanz-Rundschau (Zeitschrift) Festschrift Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung Geldeinheit(en) gemäß Gewerbesteuergesetz Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau (Zeitschrift) GmbH-Steuerberater (Zeitschrift)
Abkürzungsverzeichnis XIX }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
GP GrS HdWW Hervorh. HFA HGB HHR Hrsg. hrsg. HWB HWO HWP HWPlan HWR HWU HWUO IAS IASB IDW IDW-Fn. IFRS INF IStR i.S.v. IVSC i.V.m. IWB JCAF JoAR JStG KG KOM KoR KÖSDI KStG min max m.w.N. n.F. NJW Nr. NRW OECD
Gliederungspunkt Großer Senat des Bundesfinanzhofs Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft Hervorhebung Hauptfachausschuss Handelsgesetzbuch Herrmann/Heuer/Raupach Herausgeber herausgegeben Handwörterbuch der Betriebswirtschaft Handwörterbuch der Organisation Handwörterbuch des Personalwesens Handwörterbuch der Planung Handwörterbuch des Rechnungswesens Handwörterbuch Unternehmensrechnung und Controlling Handwörterbuch Unternehmensführung und Organisation International Accounting Standards International Accounting Standards Board Institut der Wirtschaftsprüfer IDW-Fachnachrichten (Zeitschrift) International Financial Reporting Standards Die Information über Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Internationales Steuerrecht (Zeitschrift) im Sinne von International Valuation Standards Committee in Verbindung mit Internationale Wirtschaftsbriefe (Zeitschrift) The Journal of Corporate Accounting and Finance Journal of Accounting Research Jahressteuergesetz Kommanditgesellschaft Kommission Zeitschrift für kapitalmarktorientierte Rechnungslegung Kölner Steuerdialog (Zeitschrift) Körperschaftsteuergesetz Minimum Maximum mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Nummer Nordrhein-Westfalen Organization of Economic Coordination and Development
XX Abkürzungsverzeichnis }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
OECD-MA OFD p.a. PISTB PwC qm R RBewG ReStud. RFH RFHE RICS RIW Rn. rkr. Rs. RStBl. S. Schr. SEStEG
SFAS sog. Sp. StÄndG Stbg StbJb StuB SteuerStud StuW Tab. TEGoVA TPTP Ts. Tz. u. u.a. UM UmwStG Urt. US
OECD-Musterabkommen Oberfinanzdirektion per annum Praxis der internationalen Steuerberatung (Zeitschrift) Price waterhouseCoopers Quadratmeter Richtlinie Reichsbewertungsgesetz Review of Economic Studies (Zeitschrift) Reichsfinanzhof Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Royal Institution of Chartered Surveyors Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Randnummer rechtskräftig Rechtssache Reichssteuerblatt Seite(n) Schreiben Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften Statement of Financial Accounting Standards so genannte(n)/(r) Spalte Steueränderungsgesetz Die Steuerberatung (Zeitschrift) Steuerberater-Jahrbuch Steuern und Bilanzen (Zeitschrift) Steuer und Studium (Zeitschrift) Steuer und Wirtschaft (Zeitschrift) Tabelle The European Group of Valuers Associations Tax Planning International Transfer Pricing (Zeitschrift) Taunus Textziffer und und andere Unternehmensbewertung und Management (Zeitschrift) Umwandlungssteuergesetz Urteil United States
Abkürzungsverzeichnis XXI }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
u.U. Verf. VerwGr.Verf. Vfg. vGA vgl. v. VP WertR WertV wg. WISU WiW WP WP-Handbuch WPg Z ZEV z.B. ZfB ZfbF z.T.
unter Umständen Verfasser Verwaltungsgrundsätze-Verfahren Verfügung Verdeckte Gewinnausschüttung vergleiche von, vom Veräußerungspreis Wertermittlungsrichtlinie Wertermittlungsverordnung wegen Das Wirtschaftsstudium (Zeitschrift) Wert im Wegzugszeitpunkt Wiederbeschaffungspreis Wirtschaftsprüfer-Handbuch Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Zuzugsstaat Zeitschrift für Erbschaftsteuer und Vermögensnachfolge zum Beispiel Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung zum Teil
1 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
1. Grundlegung
1.1. Problemstellung und Zielsetzung der Untersuchung Für eine Geldwirtschaft ist charakteristisch, dass die seitens des Fiskus zu erhebenden Steueransprüche in Geld festgesetzt werden. Entsprechend sind auch die steuerlichen Bemessungsgrundlagen in Geld zu ermitteln.1 Dies erfordert insbesondere, dass den besteuerungsrelevanten Wirtschaftsgütern bestimmte Geldwerte zugewiesen werden.2 Bekanntlich ist dabei nach der gesetzgeberischen Entscheidung im derzeit geltenden deutschen Steuerrecht das Nominalwertprinzip zugrunde zu legen.3 Verhältnismäßig leicht fällt eine solche Bewertung immer dann, wenn das zu bewertende Wirtschaftsgut oder allgemein das Bewertungsobjekt zum jeweiligen Bewertungsstichtag Gegenstand einer Geldtransaktion ist, d.h. eine Leistungserbringung des Steuerpflichtigen gegenüber einem anderen (oder umgekehrt) erfolgt und die Gegenleistung in Geld besteht. Der gezahlte Geldbetrag kann in diesem Fall unmittelbar für Zwecke der steuerlichen Bewertung übernommen werden. Im geltenden Ertragsteuerrecht wird dies etwa im Rahmen der Anschaffungskostenermittlung praktiziert. Zu denken ist auch an den Rückgriff auf den erhaltenen Veräußerungspreis im Rahmen der Ermittlung von Veräußerungsgewinnen. Für diese Bewertungen, deren beispielhafte Aufzählung sich noch weiter fortsetzen ließe, ist kennzeichnend, dass der heranzuziehende Wert durch die jeweilige Geldtransaktion vorgegeben wird. Folglich stellen insbesondere Streitigkeiten zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung in dieser Bewertungskonstellation wohl eher den Ausnahmefall dar. Mit erheblichen Problemen behaftet ist die Bewertung demgegenüber dann, wenn gerade nicht auf vom bewertenden Steuerpflichtigen verwirklichte Geldtransaktionen zurückgegriffen werden kann, aber gleichwohl eine Bewertung in Geld im Hinblick auf die Bemessungsgrundlagenermittlung erfolgen muss. Die 1 2
3
Vgl. Lang, in: Tipke/Lang (2005), § 9, Rn. 56. Entsprechend auch Meincke, in: Raupach (1984), S. 7 f.: „Bewertungsfragen werden aktuell, wenn Wirtschaftsgüter in eine Geldrechnung eingefügt werden sollen. Dann müssen den Gütern nämlich Geldbeträge zugeordnet werden, und diese Zuordnung von Geldbeträgen zu Wirtschaftsgütern ist es, die man gemeinhin Bewertung nennt.“ Vgl. Lang, in: Tipke/Lang (2005), § 9, Rn. 56.
2 1. Grundlegung }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Erscheinungsformen und Hintergründe dieser im derzeit geltenden deutschen Steuerrecht vielfach anzutreffenden Bewertungskonstellation sind facettenreich. So werden etwa im Bereich der Ertragsteuern letztlich einhergehend mit dem Bestreben einer lückenlosen und damit gleichmäßigen Besteuerung gerade auch solche Transaktionen steuertatbestandlich erfasst, bei denen die Gegenleistung nicht in Geld, sondern ebenfalls in einer Sach- oder Dienstleistung erfolgt, wie es etwa im Rahmen eines Tauschs der Fall ist.4 In erster Linie durch das Erfordernis einer periodengerechten Gewinnermittlung motiviert und damit in einen anderen Bewertungszusammenhang einzuordnen ist zwar die stichtagsbezogene Bestimmung von Vergleichswerten zu den im Rahmen der Bilanzierung erfassten Buchwerten (Teilwertermittlung). Jedoch gilt es auch hier, einen Vergleichswert für das jeweilige Wirtschaftsgut zu finden, ohne dass auf eine zeitnahe Geldtransaktion hinsichtlich des in Rede stehenden Wirtschaftsgutes zurückgegriffen werden kann. Zu nennen ist ferner die unter Entstrickungsgesichtspunkten vorzunehmende Wertermittlung anlässlich nicht ertragsteuerneutral möglicher Transfers von einem Betriebsvermögen in ein anderes oder des Wechsels von der betrieblichen in die private Vermögenssphäre. Gesondert zu erwähnen ist die Problematik, dass zwar eine vom Steuerpflichtigen verwirklichte, im vorstehenden Sinne verstandene Geldtransaktion vorhanden ist, diese jedoch deshalb nicht – jedenfalls nicht ohne weitere Überprüfung – der Besteuerung zugrunde gelegt werden kann, weil der Transaktionspartner kein fremder Dritter ist. Beispielhaft lässt sich hier die Verrechnungspreisbestimmung anführen. Auch wenn hier durchaus eine Geldtransaktion vorhanden ist, kann dieser Bereich im Hinblick auf die Durchführung der Bewertung letztlich ebenfalls der Kategorie „Fehlen von Geldtransaktionen“ zugeordnet werden, muss doch nach der Wertung des geltenden Steuerrechts noch eine Überprüfung vorgenommen werden, die wiederum eine gesonderte Bewertung erforderlich macht. Von der ertragsteuerlichen zu unterscheiden ist die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung, für die es von vornherein charakteristisch ist, dass unentgeltliche Übertragungsvorgänge einer Bewertung in Geld zu unterziehen sind. Im Gegensatz zum ertragsteuerlichen Bereich fehlt es hier durchgängig bereits an einer Transaktion, so dass sich die Frage nach einer Gegenleistung in Geld oder nach dem fremden Dritten als Vertragspartner von vornherein erübrigt. Beispiele für die aufgezeigte Bewertungskonstellation (Fehlen von Geld4
Vgl. zur Gewinnrealisierung beim Tausch Wassermeyer, in: Raupach (1984), S. 173.
1. Grundlegung 3 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
transaktionen) finden sich auch in anderen Steuerarten. Erwähnt sei hier nur die Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Grunderwerbsteuer im Rahmen von Umstrukturierungen und die Bewertung unentgeltlicher Wertabgaben im Umsatzsteuerrecht. Wenngleich die Bewertung anhand von im vorstehenden Sinne verstandenen Geldtransaktionen in erster Linie für das Ertragsteuerrecht nahe liegend erscheint, lässt sich durch das Merkmal „Fehlen von Geldtransaktionen“ ganz generell und über den Bereich der Ertragsteuern hinaus eine steuerrechtliche Bewertungskonstellation kennzeichnen, die gesonderte Bewertungsüberlegungen erforderlich macht. Diese Konstellation steht daher im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung. Im derzeit geltenden Recht wird der beschriebenen Problematik auf unterschiedliche Weise Rechnung getragen. So sind den Steuergesetzen in Teilen konkrete Bewertungsvorgaben oder Verweise auf allgemein zugängliche Werte, wie etwa einen Kurswert, zu entnehmen; in diesem Zusammenhang wird auch von ‚festen Werten’ gesprochen.5 Dies ist vielfach im Bewertungsgesetz der Fall, das beispielsweise auch für Personenunternehmen eine Wertermittlung unter Bezugnahme auf die jeweiligen, bereits konkret vorhandenen Steuerbilanzwerte vorgibt. Darüber hinaus sind in verschiedenen Fällen bestimmte „Bewertungskonzeptionen“, d.h. ausschließlich steuerrechtlich geprägte Konstrukte anzutreffen, die häufig der Auslegung bedürfen. Zu denken ist beispielsweise an den insbesondere im Ertragsteuerrecht anzuwendenden Teilwert. Ein systematisches Vorgehen der sich bei Fehlen von Geldtransaktionen stellenden Bewertungsproblematik ist jedoch im derzeit geltenden deutschen Steuerrecht nicht erkennbar. Vielmehr scheint es sich bei dem bestehenden Regelwerk um ein nur schwer überschaubares steuerartenübergreifendes „Bewertungskonglomerat“ zu handeln, wobei nicht ersichtlich ist, warum in welchem Bereich welcher Wert auf welche Art und Weise zu ermitteln ist.6 Hiervon abgesehen wird die Wertfindung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung in einer Reihe von Bewertungskontexten vielfach unter verschiedenen Gesichtspunkten als „unbefriedigend“ empfunden. So werden die von Rechtsprechung und Finanzverwaltung entwickelten Bewertungsverfahren unter betriebswirtschaftlichen
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Schleithoff (2006), S. 138.
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Gesichtspunkten häufig als „problematisch“ eingestuft. Erwähnt sei hier nur das sog. Stuttgarter Verfahren zur Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, das sich einer fortwährenden Kritik im Schrifttum ausgesetzt sieht.7 Hinzu kommt, dass die konkrete Wertfindung anhand der vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Bewertungskonzeptionen nicht zuletzt aufgrund deren unbestimmter Formulierung oftmals mit Unsicherheiten bzw. Schwierigkeiten behaftet ist, was zu erheblichen Konflikten zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung führen kann.8 Als geradezu „klassisches“ Beispiel hierfür lässt sich die Teilwertermittlung von Wirtschaftsgütern anführen, die gerade im Rahmen von steuerlichen Außenprüfungen vielfach Anlass zu Auseinandersetzungen gibt. Nach wie vor Geltung haben dürfte in vielen Fällen der sich bereits bei MAASSEN9 findende und seither häufig zitierte Ausspruch „Teilwert ist der Wert, auf den sich der Betriebsprüfer und der Steuerpflichtige einigen.“10 Die vorstehend genannten Aspekte, die – wie im weiteren Untersuchungsverlauf zu zeigen sein wird – noch weiter ergänzt werden könnten, legen die Frage nahe, auf welche Ursachen die in verschiedenen Bewertungskontexten empfundenen Unzulänglichkeiten zurückgeführt werden können, ob und unter welchen Gesichtspunkten Kritik angebracht ist und ob möglicherweise brauchbare Alternativen zur derzeitigen Ausgestaltung der Wertfindung bei „Fehlen von Geldtransaktionen“ zur Verfügung stehen. Aktuelle Bedeutung hat die Problematik durch die Entscheidung des BVerfG vom 07.11.2006 erlangt, in der zentrale Normen zur erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) für verfassungswidrig erklärt wurden und der Gesetzgeber zu einer grundlegenden Überarbeitung der Bemessungsgrundlagenermittlung in den genannten Bereichen verpflichtet wurde.11
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Ein „Konglomerat der Bewertungsmaßstäbe“ stellt auch Seer, in: Tipke/Lang (2005), § 13, Rn. 54, im Zusammenhang mit der Erbschaft- und Schenkungsteuer fest. Vgl. hierzu stellvertretend Bauer, StbJb 1999/2000, S. 407. Vgl. zum Stuttgarter Verfahren auch unten Abschnitt 3.2.4. Vgl. grundlegend zu der letztlich aus der asymmetrischen Informationsverteilung resultierenden Problematik bereits Knoop (1985), S. 19. Maaßen (1968), S. VI. Vgl. nur W. Euler, in: Raupach (1984), S. 168. Vgl. zum Teilwert auch unten Abschnitt 3.1. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 235. Vgl. hierzu auch Crezelius, DStR 2007, S. 415; Wachter, BB 2007, S. 577 ff.; Geck, DStR 2007, S. 427 ff.; Hübner, DStR 2007, S. 1013 ff.; Bilsdorfer, SteuerStud 2007, S. 280 ff., sowie für weitere Nachweise Wachter, DB 2007, S. 821, Fn. 3.
1. Grundlegung 5 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Die Abgabe von Empfehlungen zur Gestaltung des Steuerrechts ist als Forschungsaufgabe der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre seit langem etabliert.12 Entsprechend liegt bereits eine Vielzahl von Untersuchungen vor, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der zweckmäßigen Ausgestaltung von Steuersystemen befassen.13 Die Auseinandersetzung mit Problemen der steuerrechtlichen Bewertung ist ebenfalls nicht neu.14 Dies gilt auch für die im Hinblick auf die hier in erster Linie interessierende Konstellation des Fehlens von Geldtransaktionen, die bereits unter verschiedenen Gesichtspunkten Eingang in das Schrifttum gefunden hat. So werden etwa aus steuerjuristischer Sicht – letztlich basierend auf einem Verständnis der „Bewertung als Rechtsproblem“15 – insbesondere Fragen der Rechtsanwendung und -auslegung im Zusammenhang mit steuerrechtlichen Bewertungsnormen behandelt, welche die aufgezeigte Konstellation betreffen.16 Ebenfalls einen wichtigen Stellenwert nimmt die Auseinandersetzung mit der Verfassungsmäßigkeit von Bewertungsnormen ein, die oftmals einhergeht mit der Frage nach der verfassungsrechtlich gebotenen Ausgestaltung der Bewertung.17 Aber auch die wissenschaftliche Durchdringung von Bewertungsproblemen aus steuerökonomischer Sicht ist bereits fortgeschritten.18 Im Vordergrund stehen dabei regelmäßig – und auch im Hinblick auf die hier interessierende Konstellation – konzeptionelle Überlegungen zur Ausgestaltung von Bewertungsnormen ebenso wie die konkrete Wertermittlung unter Anwendung ökonomischer, ins12
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Vgl. z.B. F. Wagner, DB 1974, S. 393 ff.; Federmann (1977), S. 70; D. Schneider, in: FS Scherpf (1983), S. 30 ff.; Wöhe, in: FS Scherpf (1983), S. 8; Marx (1990), S. 6 f.; Kaminski (2001), S. 41; Kußmaul, in: FS Wöhe (2004), S. 497; Schmiel (2005), S. 1, m.w.N.; anders aber Swoboda (1967), S. 5. Vgl. zur Einordnung der Untersuchung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre unten Abschnitt 1.3. Vgl. hier nur stellvertretend die Arbeiten von Treisch (2004) und Hiller (2003). Grundsätzliche Überlegungen zur steuerrechtlichen Bewertung finden sich auch schon in dem Lehrbuch von A. Hensel (1927), S. 64 ff. Meincke, in: Raupach (1984), S. 7. Vgl. z.B. Meincke, in: Raupach (1984), S. 7 ff.; Jahndorf, StuW 1999, S. 271 ff.; Uelner, in: FS Flick (1997), S. 601 ff.; Müller-Dott, in: FS Ritter (1997), S. 215 ff.; Ellesser/Lahme, BB 2002, S. 2201 ff.; von Oertzen/Zens, DStR 2005, S. 1040 ff.; Rid, in: FS Flick (1997), S. 531 ff.; schwerpunktmäßig auch Neumann, StbJb 2000/2001, S. 425 ff.; z.T. auch Jüptner, StuW 2005, S. 126 ff. Vgl. aber auch die grundsätzlichen dogmatischen Überlegungen zum steuerrechtlichen Wertbegriff von K. Vogel, DStZ/A 1979, S. 28 ff. Vgl. Becker/Horn, DB 2005, S. 1081 ff.; Daragan, DB 2006, S. 1751 ff.; Hübner, DStR 1995, S. 1 ff.; z.T. Jüptner, StuW 2005, S. 126 ff.; Meincke, DStR 1996, S. 1305 ff.; Miehler/Kronthaler, DStZ 1992, S. 741 ff.; Seer, StuW 1997, S. 283 ff.; Spitzbart (2000); Vogel (1979); Zitzelsberger, in: FS Ritter (1997), S. 661 ff.; Kirchhof (1985). Vgl. für eine Untersuchung zur Entwicklung von Wertbegriffen des Steuerrechts aus ökonomischer Sicht auch schon Hanisch (1934).
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besondere betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse. Erhebliche Aufmerksamkeit hat in diesem Zusammenhang das Konstrukt des Teilwerts erfahren.19 Eine lange Tradition hat zudem die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Bewertung von Unternehmen bzw. Anteilen an Unternehmen für steuerliche Zwecke.20 Darüber hinaus wurden Fragen der Verrechnungspreisbestimmung und -gestaltung immer wieder aufgegriffen. Gerade in der jüngeren Vergangenheit waren hier zunehmend Forschungsaktivitäten zu verzeichnen.21 Vereinzelt konnten zuletzt auch empirische Untersuchungen registriert werden, die sich gleichsam an der „Schnittstelle“ zum Verfassungsrecht mit der Wirkungsweise von Bewertungsverfahren befassen.22 Wenngleich die Auseinandersetzung mit Fragen der steuerrechtlichen Bewertung somit bereits Gegenstand einer Vielzahl von Publikationen war, mangelt es bislang noch an einer Untersuchung, welche sich mit der Wertfindung bei Fehlen von Geldtransaktionen übergreifend und theoriegeleitet auseinandersetzt. Vielmehr dominieren Arbeiten, die sich mit einzelnen Ausprägungen bzw. Erscheinungsformen dieses Problemkomplexes befassen. Dies stellt insoweit ein Manko dar, als die isolierte Behandlung eines Einzelproblems stets die Gefahr birgt, für die Problemlösung wichtige Aspekte zu vernachlässigen und über die erforderlichen „Vorarbeiten“ hinwegzugehen.23 An dieser Forschungslücke setzt die vorliegende Untersuchung an. Die Ausgestaltung der steuerrechtlichen Wertfindung bei Fehlen von Geldtransaktionen soll im Wege eines, sich von 19
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Vgl. Beiser, DStR 2002, S. 1777 ff.; Gümbel, ZfbF 1987, S. 131 ff.; Heigl, StuW 1969, Sp. 461 ff.; Hildebrand (1998); Luhmer, ZfbF 1985, S. 1051 ff.; Mellwig, in: FS Moxter (1994), S. 1069 ff.; Moxter, in: FS Loitlsberger (1991), S. 473 ff.; Mujkanovic (1994); Schult/Richter, DStR 1991, S. 1261 ff.; D. Schneider, WPg 1969, S. 305 ff.; Wilhelm, ZfbF 1988, S. 360. Vgl. aber auch die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des Fachbereichs Steuern der Ernst & Young AG, BB 2004, Beilage Nr. 3 zu Heft 24, die rechtliche und ökonomische Überlegungen verbindet. Vgl. Bierle (1969), Bolsenkötter, WPg 1969, S. 417 ff.; Sauer, StbJb 1975/1976, S. 263 ff.; Moxter, DB 1976, S. 1585 ff.; Guthardt/Sielaff, in: Goetzke/Sieben (1977), S. 241 ff.; Sielaff, in: Goetzke/Sieben (1977), S. 105 ff.; Bauer, StbJb 1999/2000, S. 387 ff.; Breidenbach, StbJb 1998/1999, S. 245 ff.; Hetzel (1988); Moxter, in: Raupach (1984), S. 387 ff.; Pensel, in: FS Wacker (2006), S. 171 ff.; Schleithoff (2006); Hölzer (2006); zur Rezeption des Ertragswertverfahrens durch die Rechtsprechung auch Groh, in: FS Rose (1991), S. 141 ff. Vgl. Schöne, FR 1975, S. 157 ff.; Klein (1988); Baumhoff (1986); Oestreicher (2000); Kaminski (2001); Scholz, IStR 2004, S. 209 ff.; Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 347 ff.; Krahnert (2005); Vormoor (2005); Oestreicher, StuW 2006, S. 243 ff. Vgl. Haegerth/Maiterth, StuW 2002, S. 248 ff.; Bach/Broekelschen/Maiterth, DStR 2006, S. 1961 ff.; Müller (2007); Broekelschen/Maiterth (2007). Ähnlich auch schon K. Vogel, DStZ/A 1979, S. 29: „Sachgerechte Gesetzgebung und Rechtsfortbildung sind jedoch ohne eine theoretische Vorklärung nicht möglich.“
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der bisher vorherrschenden isolierten Betrachtung einzelner Bereiche lösenden und damit übergreifenden Ansatzes einer umfassenden Analyse zugeführt werden. Ohne allerdings den von vornherein zum Scheitern verurteilten Versuch der Entwicklung einer „Patentlösung“ unternehmen zu wollen, beabsichtigt die Arbeit somit, „bisher getrennt Gesehenes miteinander in Verbindung zu bringen“24, um die bestehende Wertfindungsproblematik insgesamt transparent zu machen, auf diese Weise nach Möglichkeit bislang noch nicht gesehene Blickrichtungen zu eröffnen und somit auf breiter Basis Ansatzpunkte für alternative Lösungen zu schaffen. Damit einhergehend soll letztlich nicht nur ein Ordnungsrahmen für die Auseinandersetzung mit der beschriebenen Wertfindungsproblematik, sondern auch ein allgemein, d.h. über die in der vorliegenden Untersuchung konkret zu betrachtenden Problembereiche hinaus anwendbares Instrumentarium zu deren Bewältigung entwickelt werden. Die Wertfindung in einzelnen, im Folgenden als Bewertungskontexte zu bezeichnenden Bereichen ist aus dem Blickwinkel der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre zu analysieren.25 Dies erfordert nicht zuletzt eine Auseinandersetzung mit der bislang laut gewordenen Kritik einschließlich ihrer Berechtigung. Auch ist zu untersuchen, ob und inwieweit bereits vorhandene ökonomische und insbesondere betriebswirtschaftliche Erkenntnisse noch zur Lösung der anzutreffenden Fragestellungen beitragen können. Hierfür ist jedoch zunächst eine Annäherung an das Wertfindungsproblem in allgemeiner Form, d.h. unabhängig von einzelnen Bewertungskontexten vonnöten. Aus der Perspektive der Theorie ist zu fragen, welche Möglichkeiten zu seiner Bewältigung in Betracht kommen. Sodann ist festzustellen, ob und inwieweit das geltende deutsche Steuerrecht in einzelnen konkreten Bewertungskontexten hiervon Gebrauch macht. Dabei ist auch festzustellen, welche spezifischen Überlegungen der jeweiligen rechtlichen Ausgestaltung der Wertfindung in den einzelnen Bewertungskontexten zugrunde liegen. Letztlich geht es somit um die Beantwortung der Frage, wie Werte „gemacht“ werden. Die Auswahl der zu untersuchenden Bereiche erfolgt zwar zwangsweise nicht auf der Grundlage entsprechender statistischer Erhebungen. Wie nicht zuletzt die durch die Rechtsprechung dokumentierte Streitanfälligkeit zeigt, handelt es sich aber um materiell bedeutsame Bereiche der steuerrechtlichen Wertfindung. 24 25
Chmielewicz, in: HWB (1974), Sp. 1550. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Ossadnik, ZfB 1995, S. 71, der allgemein die Aufgabe der Betriebswirtschaftslehre betont, die Wirkungen von Bewertungsmethoden aufzuzeigen.
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Indem die Einzelanalysen schließlich – gleichsam im Wege einer ökonomisch geleiteten rechtsvergleichenden Analyse – zu einer Gesamtbetrachtung verdichtet und verallgemeinert werden, soll das Vorgehen des derzeit geltenden deutschen Steuerrechts einer Gesamtschau und differenzierten Würdigung zugeführt werden. Dies dient nicht zuletzt dazu, den steuerrechtsetzenden Instanzen – Gesetzgeber, Finanzverwaltung als ‚Interims-Gesetzgeber’26 und Rechtsprechung – die sich stellende Problematik insgesamt transparent zu machen. Darüber hinaus können auf dieser Grundlage aber auch weiterführende Überlegungen angestellt werden mit dem Ziel, über die konkret zu behandelnden Bewertungskontexte hinaus Alternativen zur bisherigen Ausgestaltung der Wertfindung im Sinne „steuerpolitischer Entscheidungshilfen“ aufzuzeigen. 1.2. Untersuchungsanspruch und Untersuchungsgrenzen Zusammengefasst besteht der übergeordnete Anspruch der Untersuchung darin, die vorstehend erörterte, sich bei Fehlen von Geldtransaktionen stellende Bewertungsproblematik einer übergreifenden Analyse zu unterziehen, mögliche Problembereiche in einzelnen Bewertungskontexten offen zu legen und die jeweiligen Erkenntnisse sodann zu verallgemeinern. Hieran anknüpfend und damit einhergehend soll letztlich eine systematische Herangehensweise an das beschriebene Wertfindungsproblem entwickelt werden. Im Hinblick auf die Komplexität der Thematik ist eine Eingrenzung des Untersuchungsbereichs in mehrfacher Hinsicht geboten: Die Untersuchung in den einzelnen Bewertungskontexten setzt am derzeit geltenden deutschen Steuerrecht an. Konkret bedeutet dies, dass Ausgangspunkt der Überlegungen jeweils die im geltenden Recht vorhandenen Bewertungsvorgaben sind, die gleichsam als „Datum“ zugrunde gelegt werden. Demgegenüber wird auf die sich möglicherweise in einzelnen Bewertungskontexten stellende Frage nach der Verfassungsmäßigkeit – im Sinne einer Konformität mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip – des gesetzlich vorgegebenen „Zielwerts“ allenfalls am Rande eingegangen.
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Rose, in: FS Wöhe (1989), S. 293.
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Aufgrund der noch aufzuzeigenden, gerade auch bei der Ausgestaltung der Wertfindung bestehenden Werturteilsproblematik27 können Alternativüberlegungen stets nur als mögliche Reaktionen auf ggf. bei der Bewertung empfundene „Unzulänglichkeiten“ angesehen werden, keinesfalls aber als die jeweils „allein zutreffenden“ Lösungen. Die letztlich gewählte Ausgestaltung muss vielmehr, wie noch zu zeigen sein wird, Resultat einer durch die jeweilige rechtsetzende Instanz zu treffenden Abwägung der an die Bewertung zu stellenden Anforderungen sein. Aus diesem Grund wird im Rahmen der vorliegenden Untersuchung auch begrifflich gerade nicht auf eine „bessere“ oder „verbesserte“, sondern lediglich auf eine alternative Wertfindung abgestellt. Eine umfassende und detaillierte Entwicklung alternativer Bewertungsmaßstäbe und -verfahren wird von vornherein nicht bezweckt, wenngleich insbesondere kontextbezogen ggf. nahe liegende Alternativen oder Lösungen aus vergleichbaren Problemlagen zu diskutieren sein werden. Stattdessen setzt die vorliegende Untersuchung in erster Linie an der vorgelagerten Problematik an, eine grundlegende und übergreifende Sicht der Wertfindung zu vermitteln und hieran anknüpfend die konzeptionelle Basis für einen systematischen Umgang mit dieser, einschließlich der Entwicklung von Alternativen zu ihrer bisherigen Ausgestaltung bereitzustellen. Beides ist notwendige Voraussetzung für die Lösung von konkreten Detailproblemen und wurde bislang bei der Bewältigung steuerrechtlicher Fragestellungen vernachlässigt.28 Der Untersuchung liegt der Gesetzgebungsstand vom 30.06.2007 zugrunde. Literatur und Rechtsprechung wurden ebenfalls bis zum 30.06.2007 berücksichtigt.29
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Vgl. zur Werturteilsproblematik in der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre hier nur stellvertretend Schmiel, ZfbF 2005, S. 525; dieselbe (2005). Vgl. zu ihrer Bedeutung für die Ausgestaltung der Wertfindung unten Abschnitt 4.2.3.1.3. Eine hervorzuhebende Ausnahme stellt die Untersuchung von Marx (1990) dar, der sich ebenfalls im Wege einer übergreifenden Analyse mit verschiedenen Besteuerungskonzepten auseinandersetzt und nach Gemeinsamkeiten sucht. Entsprechend wird auf das Unternehmensteuerreformgesetz 2008, dem der Deutsche Bundesrat am 06.07.2007 zugestimmt hat, wie auch auf das noch nicht abgeschlossene Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer allenfalls am Rande eingegangen. Vgl. jedoch zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 z.B. Melchior, DStR 2007, S. 1229 ff.; zum
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1.3. Einordnung der Untersuchung in die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre In erster Linie ist die vorliegende Untersuchung im Bereich der wertendnormativen Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre im Sinne einer ökonomischen Analyse des Rechts angesiedelt.30 Im weitesten Sinne geht es dabei um die Abgabe von Empfehlungen zur Gestaltung des Steuerrechts,31 die ungeachtet zu verzeichnender, hier aber nicht aufzugreifender Diskussionen hinsichtlich Gegenstand und Methoden nach wie vor als wesentliche Aufgabe der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre etabliert ist.32 Dieser Ausrichtung entsprechend soll vorliegend ein Beitrag zur Bewältigung der steuerrechtlichen Bewertungsproblematik geleistet werden.33 Die Analyse der gegenwärtig zu verzeichnenden Problembewältigungsansätze setzt jedoch zunächst voraus, dass die Folgen unterschiedlicher Ansätze im Rahmen einer Steuerwirkungsanalyse aufgezeigt werden, so dass die Untersuchung auch die Betriebswirtschaftliche Steuerwirkungslehre als weitere Hauptaufgabe der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre einbezieht. Indem in einzelnen Bewertungskontexten die konkrete Wirkungsweise der bisherigen Wertfindung aufgezeigt wird, ist überdies nicht auszuschließen, dass die Arbeit den betroffenen Steuerpflichtigen und ihren Beratern auch Ansatzpunkte für Gestaltungsüberlegungen eröffnet und ihnen darüber hinaus mögliche Argumentationen im Hinblick auf die Wertfindung und die Durchsetzung der gefundenen Werte gegenüber der Finanzverwaltung an die Hand gibt. Somit beinhaltet die Untersuchung auch steuerplanerische Aspekte, die der Betriebswirtschaftlichen Steuergestaltungslehre als dritter Hauptaufgabe der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre zuzuordnen sind. Sie erstreckt sich somit auf alle drei Hauptaufgaben der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre, wobei letztlich
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geplanten Gesetz zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge hier nur Wachter, BB 2007, S. 577 ff. Vgl. zu den Hauptaufgaben der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre z.B. Haberstock/Breithecker (2005), S. 1 ff.; zu den Ursprüngen der ökonomischen Analyse des Rechts etwa D. Schneider, in: FS Scherpf (1983), S. 34 ff. Vgl. zur praktisch-normativen Aufgabe der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre hier nur Kußmaul, in: FS Wöhe (2004), S. 497 f. Vgl. bereits oben Abschnitt 1.1. Vgl. zur jüngeren Diskussion um Forschungsgegenstand und Methoden der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre F. Wagner, StuW 2004, S. 237; Jacobs, StuW 2004, S. 251 ff., sowie König, StuW 2004, S. 260 ff. Vgl. auch F. Wagner, in: FS Siegel (2005), S. 611 ff.
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aber die Schnittstelle von Betriebswirtschaftlicher Steuerwirkungslehre und wertend-normativer Betriebswirtschaftlicher Steuerlehre im Vordergrund steht. 1.4. Untersuchungsplan Die Untersuchung ist in fünf Kapitel gegliedert. Im anschließenden Kapitel 2 wird aufbauend auf der Charakterisierung der steuerrechtlichen Bewertungsproblematik einerseits und den für verschiedene Problemdimensionen in allgemeinem Zusammenhang – d.h. noch losgelöst vom konkreten steuerrechtlichen Bezug – feststellbaren Lösungsansätzen andererseits der Bezugsrahmen für die weitere Untersuchung entwickelt. Die Auseinandersetzung mit dem steuerrechtlichen Bewertungsproblem bei Fehlen von Geldtransaktionen setzt zunächst eine differenzierte Problembeschreibung voraus, wobei nach Möglichkeit auf bereits vorhandene theoretische34 Erkenntnisse der Ökonomie und insbesondere der Betriebswirtschaftslehre zurückzugreifen ist. Das steuerrechtliche Wertfindungsproblem ist folglich in allgemeiner Form, d.h. unabhängig von seinen konkreten Erscheinungsformen zu charakterisieren. Hieran anknüpfend ist zu überlegen, auf welche – insbesondere in der Betriebswirtschaftslehre – vorhandenen theoretischen Ansätze dessen Bewältigung gestützt werden kann. Die Überlegungen münden sodann in einen Bezugsrahmen, der – Problemsicht und Lösungsansätze in abstrakter Form verbindend – als Grundlage für die sich anschließende Untersuchung der in den jeweiligen Bewertungskontexten zum Tragen kommenden Wertfindung dienen kann. In Kapitel 3 werden auf Basis des entwickelten Bezugsrahmens einzelne konkrete Bereiche der steuerrechtlichen Wertfindung analysiert und differenziert gewürdigt. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob und in welchem Maße das geltende Recht von den sich aus ökonomischer Sicht anbietenden Möglichkeiten der Problembewältigung Gebrauch macht und ob insoweit Gemeinsamkeiten im Sinne wiederkehrender „Muster“ feststellbar sind. Auch sind sich bewertungskontexbezogen stellende Alternativen zur bisherigen Ausgestaltung zu 33 34
Die Entwicklung zweckadäquater „Wertkonventionen“ für Besteuerungszwecke als Aufgabe der betriebswirtschaftlichen Bewertungslehre bereits herausstellend Kuhn, BFuP 1968, S. 19. Unter „Theorie“ wird ein wissenschaftliches Aussagensystem verstanden, dem Erklärungs- oder Begründungsfunktion im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess zukommt. Vgl. zum Theoriebegriff z.B. Wild, in: HWB (1976), Sp. 3890 ff.; Braun, in: HWB (1993), Sp. 1227 ff.; Behrens, in: HWB (1993), Sp. 4765 ff., sowie Popper (1994), S. 31 ff.
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diskutieren. Mit dem Teilwert wird dabei zunächst ein wichtiger Problembereich des Ertragsteuerrechts behandelt, bevor mit der Bewertung nicht notierter Anteile und der Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke zwei bedeutsame Felder des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts Gegenstand der Analyse sind. Im Zuge der Auseinandersetzung mit der Verrechnungspreisbestimmung und der Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG wird der Blick erneut auf die Ertragsteuern gerichtet, die Perspektive aber insoweit erweitert, als zwei Bereiche mit grenzüberschreitenden Bezügen behandelt werden. Gegenstand von Kapitel 4 ist zunächst die Verdichtung der in den verschiedenen Bewertungskontexten vorgenommenen Einzelanalysen zu einer vergleichenden Auswertung. Dabei gilt es, Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede im Vorgehen des geltenden Rechts in einzelnen Bewertungskontexten herauszustellen und kritisch zu hinterfragen, um letztlich auch die Ursachen für eine möglicherweise als unbefriedigend angesehene Wertfindung im Rahmen einer Gesamtschau aufdecken zu können. Aufbauend auf der vorgenommenen Querschnittsanalyse werden sodann mögliche Ansatzpunkte für ein systematisches Vorgehen bei der Entwicklung von Alternativen zur bisherigen Ausgestaltung erarbeitet. Die Untersuchung endet in Kapitel 5 mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Untersuchungsergebnisse und einem Ausblick auf mögliche zukünftige Forschungsaktivitäten. Abb. 1.4.-1 stellt den Untersuchungsplan grafisch dar.
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Kapitel 2: Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse - Charakterisierung der steuerrechtlichen Bewertungsproblematik - Theoriegeleitete Suche nach Lösungsansätzen - Entwicklung eines Bezugsrahmens
Kapitel 3: Analyse einzelner Bewertungskontexte - Teilwert - Bewertung nicht notierter Anteile für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer - Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke - Verrechnungspreise - Wegzugsbesteuerung
Kapitel 4: Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen - Vergleichende Gegenüberstellung der Einzelanalysen - Alternativen zur bisherigen Wertfindung
Kapitel 5: Zusammenfassung und Ausblick
Ziel: Gesamtschau des Bewertungsproblems Aufdecken von Gemeinsamkeiten und Unterschieden Herausarbeitung von Ansatzpunkten für eine systematische Alternativenentwicklung
Abb. 1.4.-1: Untersuchungsplan
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2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse
2.1. Überblick Im zweiten Kapitel wird die Grundlage geschaffen für die im nachfolgenden dritten Kapitel durchzuführende Analyse einzelner steuerrechtlicher Bewertungskontexte. Hierzu ist zunächst die steuerrechtliche Bewertungsproblematik zu charakterisieren, wobei eine Zerlegung in verschiedene Dimensionen der Gesamtproblematik sinnvoll erscheint (Abschnitt 2.2.). Hieran anknüpfend wird sodann untersucht, welche Lösungsansätze in der Ökonomie und gerade in der Betriebswirtschaftslehre zur Bewältigung der einzelnen Problembereiche und damit auch zur Bewältigung der steuerrechtlichen Bewertungsproblematik zur Verfügung stehen (Abschnitt 2.3.). Ein solches Vorgehen ist nicht nur im Hinblick auf eine Problembeschreibung und erste Annäherung an die mit der Untersuchung beabsichtigte umfassende Auseinandersetzung mit der steuerrechtlichen Bewertungsproblematik erforderlich, sondern verspricht auch wichtige Erkenntnisse für den weiteren Untersuchungsverlauf. Um Letzteren einem systematischen Vorgehen zuzuführen, werden identifizierte Problemdimensionen und Lösungsansätze schließlich verdichtet, d.h. zu einem für die nachfolgende Analyse verwendbaren Bezugsrahmen verbunden (Abschnitt 2.4.). Dabei wird einerseits dem aus dem Steuerrechtsverhältnis resultierenden interaktiven Charakter der Wertfindung durch ein Erklärungsmodell Rechnung getragen und andererseits das Vorgehen zur systematischen Analyse von Bewertungsmaßstäben und -verfahren konkretisiert. Unter Rückgriff auf den zu entwickelnden Bezugsrahmen können dann im folgenden dritten Kapitel konkrete steuerrechtliche Bewertungskontexte daraufhin untersucht werden, wie das Steuerrecht mit der Bewertungsproblematik umgeht, was nicht zuletzt die Frage einschließt, ob und inwieweit bereits ökonomisch fundierte Lösungsansätze zur Anwendung kommen und inwieweit solche noch nutzbar gemacht werden können.
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2.2. Charakterisierung der steuerrechtlichen Bewertungsproblematik 2.2.1. Subjektivität der Bewertung 2.2.1.1. Ziel- und Alternativenabhängigkeit der Bewertung Unter Bewertung wird in der Ökonomie im weiten Sinne das „Ordnen von Aktionen im Hinblick auf ein Ziel oder Zielbündel“1 verstanden.2 Das Herstellen einer solchen Ordnung erfordert zwingend einen Vergleich der in Frage kommenden Handlungsalternativen. Jede Bewertung basiert daher mehr oder minder implizit auf einem Vergleich.3 Unter diesen weiten Bewertungsbegriff lässt sich bereits das Erstellen einer ordinalen Reihenfolge von Aktionen einordnen, also Aussagen wie „Alternative 1 ist besser als Alternative 2“.4 Üblicherweise wird jedoch eine kardinale Skala herangezogen, d.h., den jeweiligen Aktionen werden reelle Zahlen zugeordnet.5 Die häufigste Art der Bewertung dürfte dabei die Bewertung in Geld darstellen. Entsprechend lässt sich Bewertung im engen Sinne auch als Zuordnen von Geldeinheiten zu Bewertungsobjekten, d.h. Gütern wie auch Dienstleistungen, im Hinblick auf ein Ziel definieren.6 Dieser Bewertungsbegriff ist – wie oben bereits ausgeführt – auch im Hinblick auf die der Untersuchung zugrunde liegende steuerrechtliche Problemstellung maßgeblich. Die der Bewertung zugrunde liegende Zielsetzung kann von Person zu Person differieren.7 Je nach Ziel können einem Bewertungsobjekt somit verschiedene Werte zugeordnet werden. Ferner ist die Bewertung abhängig von den dem Bewertenden zugänglichen Vergleichsmöglichkeiten, den – in der betriebswirt-
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7
Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 39. Vgl. Stützel, in: HWB (1976), Sp. 4404; Engels (1962), S. 5. Vgl. Sieben/Löcherbach/Matschke, in: HWB (1974), Sp. 840; Stützel, in: HWB (1976), Sp. 4405. Vgl. auch Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 40. Mujkanovic, DB 1995, S. 838 ff. (mit Bezug auf die Teilwertermittlung); Kulzer (2000), S. 113 (mit Bezug auf die Bewertung von Grundvermögen). Vgl. Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 40. Vgl. Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 40. Vgl. Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 40, Engels (1962), S. 23; Sieben/Löcherbach/Matschke, in: HWB (1974), Sp. 840. Dahingehend auch Meincke, in: Raupach (1984), S. 8, mit Bezug auf das Steuerrecht: „[…] und diese Zuordnung von Geldbeträgen zu Wirtschaftsgütern ist es, die man gemeinhin Bewertung nennt.“ Vgl. Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 40 f.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 17 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
schaftlichen Entscheidungstheorie8 auch als Entscheidungsfeld9 bezeichneten – Alternativen.10 Diese können nicht nur von Person zu Person, sondern auch von Ziel zu Ziel variieren.11 Vor diesem Hintergrund stellt der Wert keine dem Bewertungsobjekt anhaftende, feststehende Eigenschaft („valor intrinsecus“),12 sondern vielmehr eine von der Zielsetzung und den Alternativen des Bewertenden abhängige und damit subjektive Größe dar.13 Gleichwohl ist der Wert nicht allein das Ergebnis einer ‚rein subjektiven’ Wertschätzung des Bewertungsobjekts durch den Bewerter.14 Vielmehr lässt er sich zutreffend als Resultante einer Beziehung zwischen dem Bewertenden, d.h. dem Bewertungssubjekt, und dem Bewertungsobjekt und damit als Subjekt-Objekt Beziehung bei rationalem, d.h. zweckentsprechendem Verhalten kennzeichnen.15 Wird zudem der Tatsache Rechnung getragen, dass auch die verfügbaren Vergleichsobjekte zu berücksichtigen sind, so kann streng genommen auch von einer Subjekt-Objekt-ObjektBeziehung gesprochen werden.16 Der Wert ist damit subjektiv in dem Sinne, dass Zielsetzung und Alternativen vom jeweiligen Bewerter selbst abhängen,17 was gerade im steuerlichen Bewertungszusammenhang zu erheblichen, weiter unten noch ausführlich zu behandelnden Problemen führen kann. Allerdings ist der Wert insoweit personenunabhängig, als jeder, dem die für die Bewertung erforderlichen Angaben (Zielfunktion und Erfolge) vorliegen, den Wert selbst ermitteln kann.18 Insoweit ist der Wert intersubjektiv nachprüfbar, d.h. objektiv und ermöglicht ein Nachvollziehen und eine Beurteilung von Handlungsweisen.19 Diese Objektivität ist allerdings nicht gleichzusetzen mit objektiv im Sinne einer einem Bewertungsobjekt anhaftenden Eigenschaft.20 8 9
10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
Vgl. grundlegend zur Entscheidungstheorie Schildbach, in: Bitz/Domsch/Ewert/F. Wagner (2005), S. 1 ff.; Laux (2005); Bamberg/Coenenberg (2004); Sieben/Schildbach (1990). Vgl. zum Begriff des Entscheidungsfelds z.B. Sieben/Schildbach (1990), S. 15; Engels (1962), S. 93 ff., welche die Abhängigkeit der Alternativen von den jeweiligen Umweltzuständen herausstellen. Vgl. zum Zusammenhang zwischen Entscheidungs- und Werttheorie auch Engels (1962), S. 5. Vgl. Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 40 f. Stützel, in: HWB (1976), Sp. 4410. Vgl. Münstermann (1970), S. 12. Stützel, in: HWB (1976), Sp. 4410. Vgl. hierzu auch Engels (1962), S. 12. Vgl. Sieben, BFuP 1976, S. 497; Bretzke, ZfB 1975, S. 499. Vgl. hierzu etwa Wittmann (1956), S. 69 ff., mit entsprechenden Nachweisen. Vgl. zum betriebswirtschaftlichen Wertbegriff auch bereits Ruf (1955); Kimmel (1932). Entsprechend Engels (1962), S. 12: „Jeder, der über diese Angaben verfügt, kann den Wert kalkulieren.“ In der Terminologie von Engels (1962), S. 11, entspricht ein so verstandener Wertbegriff der sog. gerundiven Werttheorie. Vgl. zu dieser und weiteren Werttheorien in der Betriebswirt-
18 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
In der Betriebswirtschaftslehre wurde der im vorstehend dargestellten Sinne verstandenen Subjektivität des Werts gerade im Zusammenhang mit der Unternehmensbewertung lange Zeit nicht die gebührende Beachtung geschenkt.21 So wurde noch bis in die 1950er Jahre hinein von weiten Teilen des Schrifttums im Sinne einer objektiven Unternehmensbewertungslehre angenommen, dass der Unternehmenswert als objektiver, d.h. als ein losgelöst von konkreten Bewertungsinteressenten auf der Basis von durch „jedermann“22 realisierbaren Faktoren zu ermittelnder Wert, im Sinne einer dem Unternehmen anhaftenden Eigenschaft23 zu bestimmen sei.24 Erst in der Folge wurde gleichsam als Gegenentwurf zur objektiven – insbesondere zurückgehend auf die Arbeiten von BUSSE VON COLBE25, ENGELS26, JAENSCH27, MÜNSTERMANN28 und SIEBEN29 – die subjektive Unternehmensbewertungslehre entwickelt, welche auf die Wertermittlung unter Berücksichtigung der subjektiven Planungen und Vorstellungen eines konkreten Bewertungsinteressenten abzielte.30 Die subjektive Unternehmensbewertung wurde später noch um den Aspekt der Zweckabhängigkeit des Unternehmenswerts ergänzt, mit deren Akzeptanz sich die bis heute allgemein anerkannte funktionenorientierte oder funktionale Unternehmensbewertungslehre durchsetzte.31 Hiernach hat ein Unternehmen nicht nur für jeden Bewertungsinteressenten einen spezifischen Wert, sondern kann auch je nach Aufgabenstel-
20 21
22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
schaftslehre auch grundlegend Engels (1962), S. 6 ff., m.w.N.; Pressmar, in: HWPlan (1989), Sp. 1683 ff. Vgl. zu dieser der sog. objektiven Werttheorie in der Betriebswirtschaftslehre zugrunde liegenden Sichtweise Engels (1962), S. 6. Vgl. grundlegend zur Thematik Matschke/Brösel (2005), S. 14, m.w.N.; Popp (1997), S. 11, m.w.N.; Kraus-Grünewald, BB 1995, S. 1839; Schildbach, BFuP 1993, S. 25 ff. Vgl. für einen geschichtlichen Überblick zur Unternehmensbewertung Bellinger/Vahl (1992), S. 3 ff. Vgl. zur „Jedermann-Fiktion“ Künnemann (1985), S. 14 ff. Vgl. Bretzke, ZfB 1975, S. 498, S. 501. Vgl. hierzu stellvertretend Wittmann (1956), S. 64 ff. Münstermann (1970), S. 20 ff., sowie Matschke/Brösel (2005), S. 14, jeweils m.w.N. Vgl. Busse von Colbe (1957). Vgl. Engels (1962). Vgl. Jaensch (1966). Vgl. Münstermann (1970). Die erste Auflage der Monographie erschien 1966. Bei der hier zitierten Schrift handelt es sich um die dritte Auflage. Vgl. Sieben (1963). Vgl. Matschke/Brösel (2005), S. 18 ff.; Schildbach, BFuP 1993, S. 25 ff. Vgl. auch Bartke, ZfbF 1978, S. 238 ff. Vgl. hierzu grundlegend Matschke/Brösel (2005), S. 22 ff.; Schildbach, BFuP 1993, S. 25 ff.; Sieben, BFuP 1976, S. 491 ff.; derselbe, WISU 1983, S. 539 ff.; Matschke, BFuP 1976, S. 517 ff.; Jacobs/Scheffler, in: HWR (1993), Sp. 1978 f.; Mandl/Rabel, in: HWU (2002), Sp. 2008 f. Zu verschiedenen Vorschlägen einer Neuordnung der funktionalen Unternehmensbewertung vgl. Brösel, BFuP 2006, S. 130 ff.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 19 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
lung unterschiedliche Werte aufweisen.32 Entsprechend wird hier regelmäßig zwischen den auf eine Änderung der Eigentumsverhältnisse am zu bewertenden Unternehmen abzielenden Hauptfunktionen – Entscheidung33, Vermittlung34 und Argumentation35 – und den nicht auf einen Eigentumswechsel gerichteten Nebenfunktionen36 – Informationsfunktion, Steuerbemessungsfunktion und Vertragsgestaltungsfunktion – unterschieden.37 Im Hinblick auf die Bewertungspraxis sei bereits an dieser Stelle auf das abweichende Funktionenverständnis des INSTITUTS DER WIRTSCHAFTSPRÜFER (IDW) hingewiesen, auf das aus systematischen Gründen jedoch erst weiter unten einzugehen ist.38 2.2.1.2. Ausprägungen des Wertbegriffs In Abhängigkeit von der jeweiligen Aufgabenstellung der Wertermittlung werden im betriebswirtschaftlichen Schrifttum verschiedene Ausprägungen des (subjektiven) Wertbegriffs unterschieden:39 Nutzwert (Erfolg, Nutzen, Gebrauchswert):40 Der Nutzwert gibt den Grad der Zielerfüllung für ein Subjekt an und dient der Ordnung von alternativen Aktionen, unter denen ein Entscheidungssubjekt zu wählen hat, wobei die Wertermittlung Informationen über den Zielplan und das Entscheidungsfeld des Entscheidungssubjekts erfordert. Einen Alternativenvergleich im Sinne der aufgezeigten Subjekt-Objekt-Objekt-Beziehung bringt die Nutzwertermittlung insoweit mit sich, als der quantifizierte Nutzen der Nichtverwirklichung der jeweiligen Aktion gegenübergestellt wird. Entscheidungswert:41 Der Entscheidungswert markiert die Grenze der Konzessionsbereitschaft eines bestimmten (Entscheidungs-)Subjekts. Er ist im Hinblick auf einen konkreten Verhandlungsgegenstand im Rahmen einer 32 33 34 35 36 37 38 39
40
Vgl. Matschke/Brösel (2005), S. 23; Nölle, in: Schacht/Fackler (2005), S. 18 ff. Vgl. Matschke (1975). Vgl. Matschke (1979). Vgl. Matschke, BFuP 1976, S. 517 ff. Vgl. Brösel, BFuP 2006, S. 128 ff. Vgl. Matschke/Brösel (2005), S. 23 f.; Sanfleber (1990), S. 58 ff. Vgl. unten Abschnitt 2.3.3.2.2. Vgl. Sieben/Löcherbach/Matschke, in: HWB (1974), Sp. 840; Matschke/Brösel (2005), S. 7, die allerdings nicht von „Ausprägungen“, sondern von „Inhalten“ sprechen und zudem die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen der Ausprägung bzw. der Interpretation des Werts auf der einen und seiner Ermittlung auf der anderen Seite herausstellen. Vgl. im Einzelnen Sieben/Löcherbach/Matschke, in: HWB (1974), Sp. 841 ff.
20 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Verhandlungs- oder Konfliktsituation zu ermitteln und gibt an, bei welchem Wert das Entscheidungssubjekt noch zu einer Einigung bereit ist. Grundlage hierfür ist der ohne Einigung erzielbare Nutzwert, der auch im Falle der Einigung erreicht werden muss. Der Entscheidungswert wird somit letztlich dadurch ermittelt, dass der Nutzwert bei Realisierung zu dem bisherigen Nutzwert bei Nichtrealisierung, d.h. dem Vergleichsobjekt bzw. der Alternative, in Bezug gesetzt wird. Argumentationswert: Hierunter wird eine von einem Subjekt zur Begründung und Unterstützung seiner Verhandlungsposition herangezogene Größe verstanden. Mit diesem Wert zielt die jeweilige Partei auf die Erreichung eines günstigen Verhandlungsresultats.42 Tauschwert:43 Gemeint ist ein zwischen mehreren Subjekten geltendes Austauschverhältnis. Der als Resultat eines Verhandlungsprozesses zwischen mehreren Entscheidungssubjekten Angebot und Nachfrage zum Ausgleich bringende Tauschwert kennt verschiedene Ausprägungen. Hier kann zwischen Mengenverhältnissen von Gütern wie auch Dienstleistungen, deren in Geldeinheiten ausgedrücktem Marktpreis, dem Einigungswert als Kombination von konkretisierten Ausprägungen konfliktlösungsrelevanter Sachverhalte und dem eine Konkretisierung des Tauschwerts im Sinne dieser Ausprägungen darstellenden Schiedsspruch- oder Arbitriumwert44 unterschieden werden. Normwert:45 Der Normwert stellt eine Größe dar, die aufgrund und auf Basis von Normen aus der Realität abgeleitete Informationen für einen an dieser Realität interessierten Adressaten beinhaltet. Er zielt auf die Speicherung und Übertragung von Informationen über reale Sachverhalte ab, an denen der Informationsadressat nach Ansicht des Normgebers ein Interesse hat. Die Bewertung beinhaltet dabei eine Kodierung von Informationen über reale Sachverhalte durch den Bewerter, die auf der Grundlage der seitens des Normgebers vorgegebenen Kodierungsregeln erfolgt. Der Informationsad41 42 43 44 45
Vgl. im Einzelnen Sieben/Löcherbach/Matschke, in: HWB (1974), Sp. 845 ff. Vgl. Matschke/Brösel (2005), S. 9. Vgl. Sieben/Löcherbach/Matschke, in: HWB (1974), Sp. 840. Vgl. hierzu auch Münstermann (1970), S. 12. Vgl. Matschke, BFuP 1971, S. 508 ff. Vgl. Sieben/Löcherbach/Matschke, in: HWB (1974), Sp. 841.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 21 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
ressat dekodiert seinerseits den Normwert, um die ihn nach der Einschätzung des Normgebers interessierenden Informationen über den jeweiligen realen Sachverhalt zu gewinnen. Wenngleich die Vorgänge der Kodierung und der Dekodierung selbst keinen Alternativenvergleich mit sich bringen, ist zu beachten, dass diese nicht für sich allein erfolgen können, sondern letztlich wiederum auf einen vorausgegangenen Alternativenvergleich im Sinne einer Subjekt-Objekt-Objekt-Relation zurückgreifen müssen. Nachfolgende Abb. 2.2.-1 stellt die Anwendung des Normwerts dar.
Realer Sachverhalt
Abbildung (Kodierung) durch den Bewerter (Bewertung)
Dekodierung Normwert durch den Adressaten
Vorstellung des Adressaten über den realen Sachverhalt
Abb. 2.2.-1: Ermittlung des Normwerts46 Ob der im Sinne einer Zuordnung von Geldgrößen verstandenen Bewertung und dem hiermit verbundenen subjektiven Wertbegriff mit den genannten Ausprägungen abschließend Rechnung getragen wird, soll hier nicht diskutiert werden.47 Mit den angeführten, bislang vom Schrifttum festgestellten Ausprägungen werden jedenfalls wesentliche Wertausprägungen transparent gemacht. Ferner ermöglicht deren Benennung das Aufzeigen von Beziehungen unterschiedlicher Wertausprägungen zueinander, welche die Auseinandersetzung mit Bewertungsfragen – auch für steuerliche Zwecke – erleichtern können. Entsprechend sollen nachfolgend auf der Grundlage einer situationsspezifischen Kategorisierung der einzelnen Ausprägungen des (subjektiven) Wertbegriffs wesentliche Beziehungen zwischen diesen Ausprägungen herausgearbeitet werden.48 Abb. 2.2.-2 stellt die Überlegungen zunächst grafisch dar.
46 47
48
Quelle: Sieben/Löcherbach/Matschke, in: HWB (1974), Sp. 841. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die von Matschke/Brösel (2005), S. 7, vorgenommene Erweiterung des von Sieben/Löcherbach/Matschke, in: HWB (1974), Sp. 840, vorgestellten Katalogs von ursprünglich vier Ausprägungen des Wertbegriffs (Tauschwert, Normwert, Entscheidungswert und Schiedsspruch- oder Arbitriumwert) um eine fünfte Ausprägung, den Argumentationswert. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Matschke/Brösel (2005), S. 11 f.
22 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}} Informationsübertragungssituation
Verhandlungssituation
Entscheidungssituation
Entscheidungssituation
Nutzwert
Nutzwert
Entscheidungswert
Entscheidungswert
(Argumentationswert)
Tauschwert
(Argumentationswert)
Normwert
Abb. 2.2.-2: Beziehungen zwischen den Ausprägungen des Wertbegriffs Wie bereits erwähnt, kann hinsichtlich der Heranziehung bzw. Verwendung der einzelnen Ausprägungen bzw. Konkretisierungen des (subjektiven) Wertbegriffs nach den Charakteristika der jeweiligen Bewertungssituation49 unterschieden werden. Entsprechend wird in Abb. 2.2.-2 in den inneren Feldern („Entscheidungssituation“) jeweils eine isolierte Entscheidungssituation betrachtet. Das Entscheidungssubjekt ermittelt zunächst den Nutzwert und hierauf aufbauend seinen Entscheidungswert, der zur Lösung des betrachteten individuellen Entscheidungsproblems herangezogen werden kann. Das mittlere Feld („Verhandlungssituation“) kennzeichnet eine Verhandlungsoder Konfliktsituation unter Beteiligung zweier Parteien. Grundlage für die Auseinandersetzung sind die jeweiligen Entscheidungswerte der Verhandlungspartner, die den Verhandlungsspielraum markieren; dessen Vorhandensein setzt allerdings voraus, dass der Entscheidungswert des Anbieters denjenigen des 49
Ein vergleichbares Vorgehen liegt dem in der Organisationslehre verwendeten Situativen Ansatz zugrunde, der davon ausgeht, dass es keine universell effizienten Organisationsstrukturen gibt, sondern eine Anpassung der Strukturen an die jeweilige Situation erforderlich ist. Vgl. zum Situativen Ansatz z.B. Bühner (2004), S. 107, m.w.N.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 23 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Nachfragers unterschreitet.50 Ferner basieren ggf. von den Verhandlungsparteien angeführte Argumentationswerte auf ihren Entscheidungswerten. Der Tauschwert stellt den Einigungswert dar, der sich in dem durch die Entscheidungswerte begrenzten Einigungsbereich befindet. Das äußere Feld („Informationsübertragungssituation“) betrifft schließlich die Übertragung von Informationen anhand von Normwerten. Dass dieses Feld die beiden anderen Felder umschließt – und damit sämtliche Werte einschließt –, soll zum Ausdruck bringen, dass der Normwert durch sämtliche anderen Ausprägungen ausgefüllt werden kann, wenn dies im Sinne des Normgebers ist. Im Grundsatz erscheint damit eine freie „Normierung“ möglich.51 Ob und inwieweit hiervon im geltenden Steuerrecht tatsächlich Gebrauch gemacht wird, wird im weiteren Untersuchungsverlauf noch zu prüfen sein. 2.2.1.3. Verhältnis von Wert und Preis Dass die Bewertung von der Findung bzw. dem Zustandekommen von Preisen zu unterscheiden ist, folgt zwar bereits aus den vorstehenden Ausführungen, soll jedoch an dieser Stelle nochmals hervorgehoben werden.52 Der Preis eines Gutes oder einer Dienstleistung, d.h. eine mögliche Ausprägung des Tauschwerts im Sinne der oben vorgenommenen Begriffsfassung ergibt sich – etwa im Rahmen einer Kauf-/Verkaufssituation – als Ergebnis eines oftmals konfliktreichen Verhandlungsprozesses aus Angebot und Nachfrage.53 Wenngleich sich die individuellen Bewertungsüberlegungen der Verhandlungspartner hierin niederschlagen, kommen noch eine Vielzahl anderer Aspekte – nicht zuletzt das Verhandlungsgeschick und die Verhandlungsmacht der Beteiligten – zum Tragen. Bewertungskalküle dienen somit regelmäßig gerade nicht der Erklärung von tatsächlich gezahlten Preisen, sondern lediglich der Quantifizierung der Wertvorstellungen der Beteiligten.54
50 51 52 53 54
Vgl. zur Kennzeichnung des Verhandlungsspielraums bei ausschließlicher Entscheidungsrelevanz des zu zahlenden Preises Matschke/Brösel (2005), S. 12, Fn. 26, m.w.N. Dies nicht so deutlich herausstellend Matschke/Brösel (2005), S. 12, die sich auf den Hinweis beschränken, dass Normwerte auf Entscheidungswerten beruhen können. Vgl. zur mangelnden Sinnhaftigkeit einer Gleichsetzung von Wert und Preis auch Engels (1962), S. 7. Vgl. hierzu Stützel, in: HWB (1976), Sp. 4405; Münstermann (1970), S. 12. Vgl. Münstermann (1970), S. 12; Kraus-Grünewald, BB 1995, S. 1839.
24 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Wird unter Bewertung – wie ausgeführt – die Zuordnung von Geldeinheiten zu einem Bewertungsobjekt im Hinblick auf ein Ziel verstanden, so wird noch eine weitere Verbindung zwischen Wert und Preis offenbar, die – wie noch zu zeigen sein wird – insbesondere im Rahmen der steuerlichen Bewertung von Bedeutung ist. Existiert für gleichartige Güter oder auch Dienstleistungen ein Tauschwert im Sinne eines gegebenen Marktpreises und wird für Zwecke der steuerlichen Bewertung auf diesen rekurriert, so hat dies zur Folge, dass die Bewertung objektivierbar, d.h. intersubjektiv nachprüfbar ist:55 Indem die Zuordnung von Geldeinheiten zu dem jeweiligen Bewertungsobjekt (Gut oder Dienstleistung) unter Rückgriff auf diesen Marktpreis erfolgt – letztlich bedeutet dies die Konkretisierung eines Normwerts unter Heranziehung eines Tauschwerts –, orientiert sie sich an einer real beobachtbaren Größe, in welche aber wohlgemerkt die subjektiven Wertvorstellungen einer Vielzahl von Marktteilnehmern Eingang gefunden haben.56 Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass letztlich auch das Steuerrecht, insbesondere mit dem weiter unten noch zu diskutierenden Konstrukt des gemeinen Werts oder Verkehrswerts versucht, sich diesen Zusammenhang im Sinne einer objektivierten Bewertung zu Nutze zu machen.57 2.2.2. Unsicherheit als Begleiterscheinung von Bewertungen Als problembehaftet erweisen kann sich insbesondere die Erhebung der für die Bewertung erforderlichen Informationen. So ist denkbar, dass für die Bewertung erforderliche Informationen gar nicht zur Verfügung stehen oder mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind. Welche Informationen „benötigt“ werden, richtet sich dabei letztlich nach dem von der Zielsetzung der Bewertung abhängigen Bewertungsverfahren. Entsprechend kann auch das Ausmaß des jeweiligen Informationsdefizits fallweise differieren. Einen besonderen Aspekt, der das Gesamtproblem verdeutlicht, stellt die Erforderlichkeit zukunftsbezogener Informationen dar, welche in erheblichem Maße mit Unsicherheiten behaftet sind. Aber selbst bei fehlendem Zukunftsbezug der Bewertung ist es denkbar, dass eine punktgenaue Bewertung im Bewertungs55 56
Vgl. zur Objektivierung unten Abschnitt 2.3.3.1.2. Vgl. Münstermann (1970), S. 12, der im Übrigen zu Recht darauf hinweist, dass die in den Preis Eingang findenden Nutzenvorstellungen der Marktteilnehmer regelmäßig differieren. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Ballwieser, in: FS Loitlsberger (2001), S. 19.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 25 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
zeitpunkt etwa mangels entsprechender Informationen nicht möglich ist.58 Insgesamt soll der beschriebene Problembereich daher als Unsicherheit über für die Bewertung erforderliche Informationen gekennzeichnet werden, ohne dass jedoch eine Gleichsetzung mit dem entscheidungstheoretischen Unsicherheitsbegriff impliziert werden soll.59 Diese Umschreibung mag sich zwar an dieser Stelle noch dem Vorwurf der Konturenlosigkeit aussetzen. Eine nähere Eingrenzung würde jedoch die Gefahr bergen, den Blick für einzelne, möglicherweise wesentliche Problemaspekte von vornherein zu versperren. Aus diesem Grund erscheint es gerechtfertigt, auf der Grundlage dieses weiten Begriffs weitere Einzelheiten erst im Zuge der – dem nachfolgenden dritten Kapitel vorbehaltenen – Analyse konkreter Bewertungskontexte zu erfassen. In Abgrenzung zu der oben festgestellten Subjektivität der Bewertung ist im Übrigen zu beachten, dass der so verstandene Unsicherheitsaspekt zwar insoweit eng mit dem subjektiven Charakter der Bewertung verknüpft ist, als die Bewältigung der Unsicherheit häufig nur durch eine subjektive Einschätzung des Bewertenden möglich sein wird. Gleichwohl stellt er einen über das Grundproblem der Ziel- und Alternativenabhängigkeit wie auch die nachfolgend zu untersuchende Konfliktanfälligkeit hinausgehenden Problemaspekt dar und ist deshalb im Rahmen der Untersuchung gesondert zu betrachten. 2.2.3. Die steuerrechtsspezifische interpersonale Konfliktanfälligkeit In Einklang mit dem oben herausgearbeiteten Bewertungsbegriff geht es – wie bereits ausgeführt – im Rahmen der steuerrechtlichen Bewertung darum, Bewertungsobjekten einen Geldbetrag zuzuordnen, an den dann die ebenfalls in Geld erfolgende Besteuerung anknüpfen kann.60 Dass die oben erörterten Problemdimensionen – Subjektivität der Bewertung und Unsicherheit – auch der steuerrechtlichen Bewertung immanent sind, bedarf somit keiner weiteren Erörterung. Die steuerrechtliche Bewertung weist jedoch noch eine weitere Problemdimension auf: An der steuerrechtlichen Bewertung haben – im Gegensatz 57 58
59 60
Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.2.3.1. Entsprechend differenziert auch Seer (1996), S. 196, aus dem Blickwinkel der Rechtswissenschaften zutreffend zwischen den „als Grundlage für die Bewertung eines Wirtschaftsguts dienenden Tatsachen und allgemein zukunftsbezogene[n] Sachverhalten“. Vgl. auch Seer (1996), S. 198. Vgl. zum entscheidungstheoretischen Unsicherheitsbegriff unten Abschnitt 2.3.4.1. Vgl. zum Begriff der Bewertung oben Abschnitt 2.2.1.1.
26 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
etwa zu der für die eigenen Zwecke des Bewerters erfolgenden subjektiven Entscheidungswertermittlung – sowohl der Steuerpflichtige als auch die Finanzverwaltung, die nachfolgend beide auch als „Konfliktparteien“ oder nur als „Parteien“ bezeichnet werden, ein Interesse. Die „Parteiinteressen“ sind jedoch regelmäßig gegenläufig ausgeprägt: Während die Finanzverwaltung häufig an der Zugrundelegung eines möglichst hohen Wertes interessiert ist, wird dem Steuerpflichtigen an einem möglichst niedrigen Wert gelegen sein.61 Entsprechend besteht im Rahmen der steuerrechtlichen Bewertung eine erhebliche Konfliktanfälligkeit. Es ist naheliegend, dass die Beteiligten – ohne weitere Rahmenbedingungen – dazu neigen werden, die sich bei der durch Subjektivität und Unsicherheit gekennzeichneten Bewertung ergebenden Spielräume jeweils in ihrem eigenen Interesse auszufüllen. Wenngleich diese Umstände in anderen Konstellationen – wie etwa einem Käufer-Verkäufer-Verhältnis – ebenfalls anzutreffen sind, ist das Steuerrechtsverhältnis in Abgrenzung hierzu durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass den Beteiligten keine Alternativen zur Verfügung stehen. Konsequenz hiervon ist, dass letztlich auf eine Bewertung nicht verzichtet werden kann. Dabei kommt hinzu, dass das Verhältnis von Finanzverwaltung und Steuerpflichtigem als Überordnungsverhältnis gekennzeichnet ist mit der Folge, dass dem Steuerpflichtigen von vornherein eine reaktive Rolle zugedacht ist. In Anbetracht der zu verzeichnenden Konfliktanfälligkeit ist zu konstatieren, dass der Begriff „Bewertung“ der sich stellenden Problematik letztlich nicht vollumfänglich gerecht wird. Vielmehr lässt es die aus der Konfliktanfälligkeit resultierende interaktive Dimension sachgerecht erscheinen, die Gesamtproblematik durch den umfassenderen Begriff „Wertfindung“ zu kennzeichnen. Wurde bislang zwischen beiden Begriffen noch nicht ausdrücklich unterschieden, so soll dies im Folgenden geschehen. Entsprechend wird der umfassendere Begriff „Wertfindung“ immer dann verwendet, wenn auf die Gesamtproblematik einschließlich ihrer interaktiven Dimension abgestellt wird, während mit der „Bewertung“ auf den Vorgang des Quantifizierens selbst im Sinne der oben aufgezeigten Zuordnung von Geldbeträgen rekurriert wird.62 Gleichwohl aus Gründen der begrifflichen Vereinfachung beibehalten wird jedoch das bisherige Vorgehen, konkrete steuerrechtliche Regelungsbereiche, denen das „Fehlen von Geld61 62
Seer (1996), S. 13, weist in diesem Zusammenhang auf das „die Außenprüfungspraxis bestimmende Problem der Bewertung in Steuersachen“ hin. Vgl. zum Begriff der Bewertung oben Abschnitt 2.2.1.1.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 27 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
transaktionen“ im oben verstandenen Sinne zugrunde liegt,63 als „Bewertungskontexte“ zu bezeichnen. 2.3. Theoriegeleitete Suche nach Lösungsansätzen 2.3.1. Zur methodischen Vorgehensweise Wurden im vorangegangenen Abschnitt 2.2. die einzelnen Dimensionen der steuerrechtlichen Wertfindungsproblematik identifiziert, so gilt es im Folgenden, hieran anknüpfend nach möglichen Lösungsansätzen zu suchen. In der Terminologie der in der anwendungsorientiert ausgerichteten Betriebswirtschaftslehre verwendeten Problemlösungsansätze handelt es sich um die der Problemerkennung und -verdichtung folgende Ideenfindung.64 Zwar erfordern unterschiedliche Forschungsgegenstände grundsätzlich unterschiedliche Forschungsmethoden und – abhängig von der spezifischen Problemstellung – eine unterschiedliche theoretische Fundierung.65 Dies hat jedoch nicht zwingend zur Folge, dass aus Sicht des einzelnen Forschungsgegenstands ausschließlich die ihm entsprechende Theorie und Forschungsmethodik in Betracht kommt.66 Vielmehr lässt gerade die Anwendung verschiedener Forschungsmethoden auf einen Forschungsgegenstand unterschiedliche Forschungsergebnisse erwarten, was sich insofern positiv auf die gesuchten Problemlösungen auswirken kann, als das Problem in seiner ganzen Komplexität und verschiedenenartigen Ausprägung behandelt wird.67 Mit BRAUN kann daher festgehalten werden: „Unterschiedliche betriebswirtschaftliche Theorien können und sollen also zur Untersuchung einer Problemstellung herangezogen werden. Sie thematisieren dann verschiedene Problemdimensionen, kommen zu unterschiedlichen Forschungsergebnissen und begründen alternative, sich ergänzende Problemlösungsstrategien.“68 Wohlwissend und gezwungenermaßen hinnehmend, dass ein geschlossenes „Gesamtkonzept“ an Lösungen nicht exis63 64
65 66 67
Vgl. zum Problem des Fehlens von Geldtransaktionen oben Abschnitt 1.1. Vgl. Adam (1996), S. 35 ff.; Heinen (1985), S. 45 ff.; Nagel, in: HWO (1992), Sp. 2014 ff.; Pfohl, in: HWPlan (1989), Sp. 1578 ff.; zur Verwendung von Problemlösungsverfahren aus methodologischer Sicht Wild, in: HWB (1975), Sp. 2669, der ihre Bedeutung für Bereiche herausstellt, in denen alternative Methoden fehlen. Vgl. ferner zur Verwendung von Problemlösungsansätzen unten Abschnitt 4.2.3.1.1. Ähnlich Braun, in: HWB (1993), Sp. 1224 f. Vgl. Braun, in: HWB (1993), Sp. 1225. Vgl. Braun, in: HWB (1993), Sp. 1225.
28 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
tiert, werden somit nachfolgend gezielt solche Konstellationen, die im Sinne von „Referenzpunkten“ vergleichbare Problemdimensionen aufweisen wie die für die steuerrechtliche Wertfindungsproblematik festgestellten, einer systematischen Analyse zugeführt. In den einzelnen Konstellationen ist jeweils in einem ersten Schritt herauszuarbeiten, welche Ansätze zur Problembewältigung zur Verfügung stehen, und sodann in einem zweiten Schritt zu untersuchen, ob und inwieweit die jeweiligen Ansätze Problemlösungen für die steuerrechtliche Wertfindungsproblematik zur Verfügung stellen können. Die Analyse erstreckt sich auf folgende Bereiche: Zunächst wird der Blick – noch ganz losgelöst von der steuerrechtlichen Wertfindungsproblematik – auf mögliche grundlegende Formen des Umgangs mit interpersonalen Konflikte gerichtet, wobei aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre die Bezugnahme auf das organisationsbezogene Konfliktmanagement geeignet erscheint. Sodann werden mit der Bewertung im Rahmen der externen Rechnungslegung und der konfliktbezogenen Unternehmensbewertung69 zwei Referenzkonstellationen konfliktbezogener Bewertung analysiert, denen in der betriebswirtschaftlichen Forschung seit jeher große Bedeutung zukommt. Schließlich wird mit der Berücksichtigung von (Bewertungs-)Unsicherheit ein weiterer Referenzpunkt herangezogen, der in der Betriebswirtschaftslehre – namentlich in der Entscheidungstheorie – ebenfalls tief verwurzelt ist. Indem somit ganz bewusst zunächst allgemein der Umgang mit Konflikten betrachtet wird und erst in der Folge die speziellere Wertfindungsproblematik fokussiert wird, verengt sich die Perspektive gleichsam „vom Allgemeinen zum Besonderen“. Wenngleich dieses Vorgehen zwangsweise die Gefahr von Wiederholungen im Hinblick auf die Erarbeitung möglicher Lösungsansätze birgt, 68 69
Braun, in: HWB (1993), Sp. 1225. Unter „konfliktbezogener Unternehmensbewertung“ wird hier und im Folgenden die sämtliche Konfliktparteien berücksichtigende und eine Konfliktbewältigung bezweckende Bewertung verstanden. Es ist jedoch zu beachten, dass der Unternehmensbewertung – jedenfalls im Rahmen der oben genannten Hauptfunktionen – stets eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Konfliktsituation zugrunde liegt. Vgl. hierzu Matschke/Brösel (2005), S. 3. Vgl. zu den Funktionen oben Abschnitt 2.2.1.1.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 29 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
erscheint es gleichwohl einer schrittweisen und damit strukturierten Herangehensweise zuträglich und ermöglicht zudem das Aufzeigen von Querverbindungen. Im Hinblick auf die Diskussion möglicher Lösungsansätze ist zwar einzuräumen, dass sich diese ohne konkret zu lösende steuerrechtliche Wertfindungsprobleme zunächst nur auf einer vergleichsweise abstrakten Ebene vollziehen kann. Dies ist allerdings kein Manko, sondern für eine erste und möglichst umfassende Annäherung an die Problematik unerlässlich, würde doch ansonsten die Gefahr bestehen, dass der Blick für in Betracht kommende Lösungsansätze von vornherein versperrt wird.70 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine konkrete Problembearbeitung keineswegs unterbleiben, sondern lediglich dem sich anschließenden dritten Kapitel vorbehalten sein soll, in dem einzelne steuerrechtliche Bewertungskontexte zu analysieren sind, die das der Untersuchung zugrunde liegende Problem des Fehlens von Geldtransaktionen aufweisen.71 2.3.2. Interpersonale Konflikte als Referenzpunkt 2.3.2.1. Konflikte und Konfliktmanagement in Organisationen Die Erscheinungsformen von Konflikten sind vielfältig.72 Sie sind daher Gegenstand verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen. Zu nennen sind insbesondere die Psychologie, die Sozialpsychologie, die Soziologie, die Rechtssoziologie, die Politologie und die hier in erster Linie interessierende Betriebswirtschaftslehre.73 Von den weiter unten gesondert zu behandelnden Konstellationen konfliktbezogener Bewertung abgesehen,74 problematisiert Letztere insbesondere Konflikte in Organisationen,75 wobei – auch als „soziale“ bezeichnete – Kon-
70 71 72 73 74 75
Entsprechend Chmielewicz, in: HWB (1974), Sp. 1550: „Um ein zu untersuchendes System voll zu verstehen, muß man sich physisch und/oder gedanklich möglichst weit aus ihm lösen.“ Vgl. zum Problem oben Abschnitt 1.1. Vgl. ausführlich zum Konfliktbegriff Kollmannsperger (2001), S. 5 ff. Vgl. Kollmannsperger (2001), S. 5; Granvogl/Perridon (2000), S. 147. Vgl. auch bereits Dorow (1978), S. 19 ff. Vgl. unten Abschnitt 2.3.3. Vgl. Glasl (2004); derselbe, in: HWUO (2004), Sp. 628 ff.; Jost in: HWP (2004), Sp. 1018 ff.; derselbe WISU 2000, S. 510 ff.; derselbe (1999); Kollmannsperger (2001); Staehle (1999), S. 389 ff.; Oechsler (2006), S. 512 ff.; derselbe, in: HWO (1992), Sp. 1131 ff.; derselbe (1974); Dlugos/Dorow, in: HWO (1992), Sp. 1797. Kieser, WiSt 1983, S. 381 ff.; Marr/Stitzel (1979), hier insbesondere S. 87 ff., welche die Personalwirtschaft unter dem Gesichtspunkt des Erklärens und Handhabens von Konflikten betrachten. Auch den im angelsächsischen Sprachraum entwickelten verhaltensorientierten Ansätzen der Organisationslehre liegt letztlich die Erken-
30 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
flikte zwischen einzelnen Individuen wie auch zwischen Gruppen im Vordergrund stehen.76 Bedeutung wird dabei nicht nur dem Herausarbeiten möglicher Ursachen unterschiedlicher Formen von Konflikten beigemessen, die insbesondere aufgrund ihrer Abhängigkeit von den organisationsinternen und -externen Rahmenbedingungen vielschichtig sind.77 Vielmehr wird auch die Notwendigkeit einer gestaltenden Einflussnahme auf Konflikte betont, die als Konfliktmanagement bezeichnet wird.78 Ungeachtet der ganz unterschiedlichen im Schrifttum zu verzeichnenden Konkretisierungsansätze geht es im Rahmen des Konfliktmanagements letztlich um eine auf das Erreichen der Unternehmensziele gerichtete Steuerung von Konflikten und um die Vermeidung ihrer unerwünschten Auswirkungen.79 Ein möglicher Anknüpfungspunkt des so verstandenen Konfliktmanagements besteht dabei darin, bereits im Vorfeld die Vermeidung entsprechender Konflikte durch geeignete Instrumente anzustreben.80 In diesem Zusammenhang kann auch von einer „Konfliktprophylaxe“81 gesprochen werden. Hiervon abgesehen wird die vordringliche Aufgabe des Konfliktmanagements in der steuernden Einflussnahme auf die Austragung von Konflikten im Sinne einer Konfliktbewältigung gesehen.82 Was die konkreten Maßnahmen des Konfliktmanagements betrifft, so unterscheiden sich die im Schrifttum vorhandenen Darstellungen ebenso wie die Konkretisierungsansätze selbst aufgrund der divergierenden Schwerpunktsetzungen z.T. erheblich. Vielfach weisen sie auch nur selektiven Charakter auf. In mehr oder weniger expliziter Form wird allerdings verschiedentlich mit der strukturellen Konstellation der jeweiligen Konfliktsituation und dem Konfliktverhalten der Parteien von zwei grundlegenden Ansatzpunkten für das Kon-
76 77 78
79 80 81 82
nung von Konflikten als Phänomen der betrieblichen Praxis zugrunde. Vgl. hierzu bereits Cyert/March (1963). Vgl. zum Begriff des sozialen Konflikts z.B. Jost, in: HWP (2004), Sp. 1015; Glasl, in: HWUO (2004), Sp. 628 ff. Vgl. Granvogl/Perridon (2000), S. 153. Vgl. Granvogl/Perridon (2000), S. 156 ff.; Oechsler, in: HWB (2007), Sp. 908 ff.; derselbe, in: HWO (1992), Sp. 1140; Steinle, in: HWB (1993), Sp. 2210; Jost, in: HWP (2004), Sp. 1014 ff.; Glasl, in: HWUO (2004), Sp. 632 ff.; Blake/Shepard/Mouton (1964). Vgl. Jost (1999), S. 49. Vgl. Jost, in: HWP (2004), Sp. 1018. Vgl. Steinle, in: HWB (1993), Sp. 2210. Vgl. Steinle, in: HWB (1993), Sp. 2210.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 31 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
fliktmanagement ausgegangen.83 So differenziert JOST zwischen strukturellen und personellen Maßnahmen, wobei er zu Ersteren unter anderem die Abteilungsbildung und die Verteilung von Entscheidungs- und Weisungsbefugnissen zählt und als Beispiele für Letztere etwa die Gestaltung der Entlohnungssysteme und die Personalführung nennt.84 Beide Grundformen finden sich beispielsweise auch bei OECHSLER:85 Dieser unterscheidet (1) die Kanalisierung von Konflikten über Organisationsstrukturen wie die Zuteilung von Problemlösungskompetenzen, (2) strukturelle Konfliktlösungsmechanismen, d.h. institutionalisierte Mechanismen zur Entscheidung über Gewinner und Verlierer wie etwa hierarchische Positionen und (3) verhaltensorientierte Beeinflussungsformen, zu denen er die auf eine bestimmte Interessenberücksichtigung gerichtete Verhaltensbeeinflussung und Verhaltenstechniken rechnet. Wenngleich somit genau genommen drei Gruppen angeführt werden, ist zu beachten, dass die beiden ersten Gruppen letztlich ebenfalls unter dem Oberbegriff des Ansetzens an der strukturellen Konstellation zusammengefasst werden können. In ähnlicher Weise unterscheidet etwa auch GLASL grundlegend zwischen Ansätzen bei der Organisation einerseits und Ansätzen bei Konfliktmechanismen und Eskalation andererseits, wobei er im Hinblick auf Letztere den Prozess der Auseinandersetzung der Parteien in den Vordergrund stellt und auch dessen beratende Begleitung durch organisationsexterne Fachleute vorschlägt.86 Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang die grundlegende Feststellung, dass ein einmal entstandener Konflikt entweder allein durch die Beteiligten selbst oder auch unter Einbeziehung einer dritten Partei im Sinne einer „Steuerungsinstanz“ bewältigt werden kann. Dies wird auch im Schrifttum zum organisationsbezogenen Konfliktmanagement verschiedentlich deutlich hervorgehoben.87 Bereits die vorstehenden Ausführungen weisen auf die Schwierigkeiten hin, denen der Versuch einer möglichst umfassenden Darstellung wie auch Systematisierung von konkreten Maßnahmen des Konfliktmanagements begegnet. Letztlich sind diese auf die Vielschichtigkeit der Ursachen von Konflikten in Organi83
84 85 86 87
Vgl. Jost, in: HWP (2004), Sp. 1019 ff.; derselbe (1999), S. 40; Oechsler, in: HWO (1992), Sp. 1140 ff.; Glasl, in: HWUO (2004), Sp. 632 ff.; derselbe (2004). Auch die bei Steinle, in: HWB (1993), Sp. 2212, genannten Einzelmaßnahmen können letztlich im Wesentlichen auf diese beiden Grundformen zurückgeführt werden. Vgl. Jost, in: HWP (2004), Sp. 1019 ff.; derselbe (1999), S. 40. Vgl. Oechsler, in: HWO (1992), Sp. 1140 ff. Vgl. Glasl, in: HWUO (2004), Sp. 632 ff.; derselbe (2004). Vgl. z.B. ausdrücklich Kollmannsperger (2001), S. 59; Granvogl/Perridon (2000), S. 158; Steinle, in: HWB (1993), Sp. 2212.
32 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
sationen und der sich daraus ergebenden unterschiedlichen Ansatzpunkte für ihre Handhabung zurückzuführen. Was die im Anschluss zu diskutierende Nutzbarmachung von Erkenntnissen aus dem Bereich des Konfliktmanagements betrifft, so erscheint jedoch eine weitere Beschreibung einzelner Ansätze an dieser Stelle ohnehin verzichtbar, konnten doch die Grundrichtung und einige wesentliche Ansatzpunkte des Konfliktmanagements bereits durch die vorstehenden Ausführungen verdeutlicht werden. 2.3.2.2. Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung Im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Überlegungen des Konfliktmanagements auf die steuerrechtliche Wertfindung ist zunächst festzuhalten, dass sich das organisationsbezogene Konfliktmanagement auf einen Problembereich erstreckt, der sich von der steuerrechtlichen Wertfindung erheblich unterscheidet. Dies wird bereits an der Zielsetzung des Konfliktmanagements deutlich, die mit der „Steuerung von Konflikten im Hinblick auf das Erreichen der Unternehmensziele“ nicht nur weiter gefasst ist, sondern naturgemäß auch andere Konfliktgegenstände hervorruft als die steuerrechtliche Wertfindung. Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist darin zu sehen, dass Konflikte und Auseinandersetzungen in Organisationen in gewissen Grenzen durchaus ausdrücklich bezweckt sind,88 was für das Besteuerungsverfahren in Anbetracht der zugrunde liegenden Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nicht gilt. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die steuerrechtliche Wertfindung integraler Bestandteil des Besteuerungsverfahrens ist, das bereits eine weit reichende Institutionalisierung erfahren hat, die auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit zunächst zugrunde zu legen ist. Gleichwohl lassen sich mit Blick auf die im Rahmen dieser Untersuchung vorzunehmende Analyse auf der Grundlage der Überlegungen zum Konfliktmanagement verschiedene Möglichkeiten des Umgangs mit Konflikten bereits für das Besteuerungsverfahren an sich ordnen und systematisieren, die sodann im Hinblick auf die steuerrechtliche Wertfindung spezifiziert werden können.
88
Vgl. z.B. Kollmannsperger (2001), S. 33; Jost (1999), S. 37, der ausdrücklich zwischen erwünschten (funktionalen) und unerwünschten (dysfunktionalen) Konflikten differenziert. Pointiert Steinle, in: HWB (1993), Sp. 2211: „Eine ‚konfliktlose Erstarrung’ muß hierbei ebenso vermieden werden wie eine katastrophale Turbulenz. Das Ziel ist vielmehr ein ‚mittleres’ Spannungsverhalten, dessen Antagonismen entwicklungsanregend wirken sollen.“
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 33 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Mit Blick auf das Besteuerungsverfahren an sich ist festzuhalten, dass das Steuerrecht die Möglichkeit eröffnet, Rechtsfragen durch Schaffung entsprechender „Strukturen“ im Wege der eindeutigen gesetzlichen Vorgabe vorab zu entscheiden und damit auch mögliche Konflikte im Sinne einer „Konfliktprophylaxe“ zu vermeiden. Was demgegenüber den möglichen Konfliktfall infolge des Fehlens einer solchen eindeutigen gesetzlichen Vorgabe betrifft, so hat das Veranlagungsprinzip zur Folge, dass ein auf eine Konfliktvermeidung gerichtetes Zusammenführen der Parteien vor Konfliktentstehung grundsätzlich ausscheidet bzw. nicht vorgesehen ist. Das Besteuerungsverfahren ist vielmehr darauf ausgelegt, erst nach „Ausbruch“ eines Konflikts im Zuge der Veranlagung mit einem solchen Konflikt umzugehen.89 Dieser Ausrichtung des Besteuerungsverfahrens entspricht es auch, dass das Verhältnis von Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung als hierarchisches Verhältnis ausgestaltet ist, wobei dem Steuerpflichtigen bezogen auf streitige Rechtsfragen von vornherein nur eine reaktive Rolle zugedacht ist – auch insoweit lässt sich mithin eine Parallele zur konfliktvermeidenden Gestaltung von Organisationsstrukturen ziehen. Können Steuerpflichtiger und Finanzverwaltung einen möglichen Konflikt nicht bewältigen, so bleibt dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit des gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass auch im Rahmen des organisationsbezogenen Konfliktmanagements die Möglichkeit der Einbeziehung einer dritten Partei im Sinne einer Steuerungsinstanz betont wird. Übertragen auf die steuerrechtliche Wertfindung als hier im Vordergrund stehenden Bestandteil des Besteuerungsverfahrens lassen sich im Hinblick auf die vorzunehmende Analyse im Sinne einer ersten Systematisierung drei grundlegende Formen des Umgangs mit Konflikten identifizieren: Zunächst kann ein möglicher Konflikt bereits vorab durch entsprechende Bewertungsnormen vermieden werden. Unter welchen Gesichtspunkten dies sinnvoll und möglich ist, wird noch zu diskutieren sein. Erfolgt die Konfliktlösung nicht auf diese Weise, kann sie von den Konfliktparteien selbst vorgenommen werden, was im Folgenden als Eigenlösung bzw. Selbstlösung bezeichnet wird. 89
Ob insoweit Durchbrechungen erfolgen und sinnvoll sind, wird im weiteren Untersuchungsverlauf noch zu prüfen sein.
34 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Von der ausschließlichen Eigenlösung zu unterscheiden ist die Konfliktlösung unter Hinzuziehung eines Dritten. Diese Grundformen finden sich auch in der Rechtssoziologie90 wieder, die das Recht auch auf die Behandlung sozialer Konflikte bezieht und dabei dessen Funktion in der Handhabung von Konflikten sieht.91 Entsprechend wird hier grundlegend zwischen der Konfliktregelung durch die Beteiligten selbst und der Konfliktregelung mit Hilfe Dritter differenziert.92 Hiervon abgesehen wird der konfliktregelnde Charakter von Gesetzen betont, die durch die Festlegung der normativen Struktur dazu beitragen, Streitigkeiten möglichst zu vermeiden, darüber hinaus aber auch den Weg zu deren Bereinigung weisen, wenn ein Konflikt ausgebrochen ist.93 Was die Lösung von Zweiparteienkonflikten unter Beteiligung Dritter betrifft, hat sich hiermit ECKHOFF aus rechtssoziologischer Sicht auseinandergesetzt und grundlegende Überlegungen zu der Frage angestellt, unter welchen Bedingungen Dritte auf eine Konfliktlösung einwirken können.94 In Anbetracht der Parallele zu der hier in Rede stehenden Problemstellung werden diese nachfolgend anhand eines von ihm entwickelten und in Abb. 2.3.-1 aufgenommenen Schemas wiedergegeben.
90 91 92
93 94
Vgl. grundlegend zur Rechtssoziologie Raiser (2007); Hesse (2004) sowie Rehbinder (2003). Vgl. Raiser (2007), S. 274. Vgl. Raiser (2007), S. 282. Vgl. auch bereits Röhl (1987), S. 468; Eckhoff, in: Hirsch/Rehbinder (1971), S. 243. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Perschel, in: FS Stein (2002), S. 245 f. Vgl. Raiser (2007), S. 292. Vgl. Eckhoff, in: Hirsch/Rehbinder (1971), S. 243 ff.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 35 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}} Einigkeit der Parteien über Normen etc., die für die Lösung erheblich sind 2
1 Parteien lösen ihren Konflikt selbst
Gemeinsames Interesse der Parteien an der Konfliktlösung
3
Gegensätzliche Interessen der Parteien am Ausgang 5
4 Bedürfnis, einen Dritten heranzuziehen
Uneinigkeit der Parteien über relevante Normen 7 6
11
12
Marktmechanismen
Unteilbarkeit der Sache
9 8
Konflikt führt zu Nachteilen oder Risiken für die Umwelt
Interesse des Dritten am Ausgang des Konflikts
10
Abb. 2.3.-1: Beteiligung Dritter an Zweiparteienkonflikten95
ECKHOFF schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass die Parteien in der Lage sind, selbst den Konflikt zu lösen, umso größer und das Bedürfnis der Hinzuziehung eines Dritten umso geringer ein, je weitgehender die Einigkeit zwischen den Parteien über normative Faktoren ist, die sie als erheblich für die Lösung des Konflikts ansehen (1). Von Bedeutung soll darüber hinaus das gemeinsame Interesse der beiden Parteien an einer Lösung des Konflikts sein: Je größer dieses ist, desto wahrscheinlicher soll es sein, dass die Parteien sich dafür einsetzen werden, den Konflikt entweder selbst zu lösen oder, wenn das zu Schwierigkeiten führt, eine Lösung dadurch anzustreben, dass sie einen Dritten hinzuziehen (2 und 3). Relevanz wird ferner der Gegensätzlichkeit der Interessen der Parteien am Ausgang des Konflikts und der Uneinigkeit über die relevanten Normen beigemessen: Je stärker der Interessengegensatz ausgeprägt ist und je mehr Uneinigkeit hinsichtlich dieser normativen Faktoren herrscht, desto unwahrscheinlicher soll es sein, dass die Parteien in der Lage sind, selbst den Konflikt zu lösen, und umso größer soll das Bedürfnis sein, einen Dritten hinzuzuziehen, vorausgesetzt, dass die Parteien ein gemeinsames Interesse an der Lösung des Konflikts haben (4 und 5). Ferner wird die Möglichkeit gesehen, dass auch die Um95
Quelle: Eckhoff, in: Hirsch/Rehbinder (1971), S. 253.
36 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
welt veranlasst durch das antagonistische Verhältnis zwischen den Parteien ein Interesse daran haben kann, dass der Konflikt gelöst wird – wenn nötig mit Hilfe eines Dritten (6, 7 und 8), wobei dieser auch selbst an der Konfliktlösung interessiert sein kann (9). Auch können die Reaktionen des Dritten wie diejenigen der Umwelt die Konsequenz haben, dass die Parteien an einer Lösung des Konflikts stärker interessiert sind (10). Ferner wird aufgezeigt, dass Marktmechanismen eine Lösung des Konflikts durch die Parteien selbst erleichtern und das Bedürfnis nach der Intervention eines Dritten verringern (11), wogegen der Umstand, dass eine umstrittene Sache unteilbar ist,96 das Gegenteil bewirken soll (12). Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass im Einzelfall auch Gründe dafür vorliegen können, dass letztlich doch kein Dritter hinzugezogen wird oder es dem Dritten nicht gelingt, einen vorhandenen Konflikt zu lösen.97 Die vorstehend wiedergegebenen Überlegungen beinhalten zwar lediglich nachvollziehbare Plausibilitätserwägungen und zeigen wohlgemerkt keine empirisch belegten Kausalzusammenhänge auf. Hinzu kommt, dass der Hintergrund der Ausführungen allgemein gehalten ist und somit vor allem der konkrete Bezug zu der hier in erster Linie interessierenden, bereits im Besteuerungsverfahren verankerten steuerrechtlichen Wertfindung naturgemäß fehlt. Wichtig erscheint gleichwohl die Feststellung, dass auch den dargestellten Überlegungen letztlich die bereits aufgezeigten Grundformen des Umgangs mit Konflikten – Konfliktvermeidung durch Bewertungsnormen, Eigenlösung und Konfliktlösung unter Hinzuziehung Dritter – entnommen werden können. Sie bestätigen damit die auf der Grundlage des Konfliktmanagements im Hinblick auf die steuerrechtliche Wertfindung abgeleitete Systematisierung. Was die denkbaren Erscheinungsformen (einschließlich Funktionen) einer Hinzuziehung Dritter betrifft, liegt es mit Blick auf das Besteuerungsverfahren nahe, auf die Gerichte (z.B. Finanzgerichte, Bundesfinanzhof) und das Ergehen einer verbindlichen Entscheidung abzustellen. Die Erscheinungsformen der Hinzuziehung Dritter sind aber keineswegs hierauf beschränkt.98 So kann in die96 97 98
Was im Einzelnen unter der „Unteilbarkeit“ bzw. „Teilbarkeit“ einer Sache zu verstehen ist, wird allerdings nicht näher erläutert. Vgl. hierzu im Einzelnen Eckhoff, in: Hirsch/Rehbinder (1971), S. 254. Selbst Rechtsnormen zur Lösung von Bewertungsproblemen könnten als grundsätzlich zur Konfliktlösung führende oder beitragende Dritte angesehen werden. Vgl. Eckhoff, in: Hirsch/Rehbinder (1971), S. 249. Diese mögliche Interpretation soll jedoch einhergehend mit den herausgearbeiteten Grundformen und der den Bewertungsnormen zugeschriebenen Rolle
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 37 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
sem Zusammenhang bereits an von den Parteien hinzugezogene Berater gedacht werden.99 Auch sind – vom Besteuerungsverfahren einmal ganz losgelöst – in der jüngeren Vergangenheit vermehrt Bestrebungen erkennbar, gerade die Rolle des Rechts als insbesondere von der Justiz flankiertes Mittel der Konfliktregulierung zurückzunehmen und stattdessen Verständigungen eine größere Bedeutung beizulegen.100 In diesem Zusammenhang haben sich auch bereits verschiedene konkrete alternative Formen bzw. Verfahren der Streitbeilegung („Alternative Dispute Resolution“)101 etabliert, die eine Hinzuziehung Dritter beinhalten. Genannt werden kann etwa die Mediation,102 die durch die Einschaltung eines (meist) neutralen, die Parteien bei ihren Konfliktlösungsversuchen unterstützenden, aber über keine Entscheidungskompetenz verfügenden Dritten gekennzeichnet ist.103 Zu beachten ist allerdings, dass die Hinzuziehung Dritter wie auch ihre jeweilige Erscheinungsform vielfach keineswegs charakteristisch für die steuerrechtliche Wertfindung ist, sondern sich allgemein auf (Rechts-)Streitigkeiten erstreckt. Vor dem Hintergrund der zugrunde liegenden Fragestellung sind daher – was die Hinzuziehung Dritter betrifft – im Rahmen dieser Untersuchung nur solche Erscheinungsformen zu berücksichtigen, die einen spezifischen Bezug zur steuerrechtlichen Wertfindung aufweisen. Gedacht werden kann hier insbesondere an Gutachter, die aufgrund ihres speziellen Fachwissens im Hinblick auf Bewertungsverfahren in die Wertfindung einbezogen werden. Ob darüber hinaus noch weitere Erscheinungsformen der Hinzuziehung Dritter mit spezifischem Bezug zur Wertfindung in Betracht kommen, wird im weiteren Untersuchungsverlauf ebenso noch zu analysieren sein wie die Funktionen, die diesen
99
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als eigenständiger Ansatz im Sinne einer Konfliktvermeidung für Zwecke der nachfolgenden Analyse von vornherein ausgeklammert werden. Vgl. zur Konfliktregelung mit Hilfe Dritter z.B. Raiser (2007), S. 287, m.w.N., der zwischen der Beratung (consultation), Vermittlung (mediation), Schlichtung (arbitration) und dem Richten (adjudication) differenziert. Vgl. auch Eckhoff, in: Hirsch/Rehbinder (1971), S. 254 ff., mit der Unterscheidung zwischen Vermitteln, Richten und Anordnen und grundsätzlichen Überlegungen zu den Faktoren, welche auf die Anwendung der einzelnen Formen einwirken. Vgl. auch Kollmannsperger (2001), S. 57 ff.; zur Wirkungsweise von Repräsentanten und Drittparteien Crott, in: HWO (1992), Sp. 2533 f. Vgl. Hesse (2004), S. 51. Vgl. hierzu z.B. Stumpf (2006); Ayad (2006); Rehbinder (2003), S. 196 ff.; Gottwald, in: FS Stein (2002), S. 233 ff.; Haft, in: FS Söllner (2000), S. 391 ff.; Hager (2001); Gottwald, in: FS Blankenburg (1998), S. 635 ff. Vgl. z.B. zur Mediation Gutzeit, in: HWP (2004), Sp. 1721 f.; Perschel, in: FS Stein (2002), S. 245 ff.; Breidenbach (1995). Vgl. Breidenbach (1995), S. 4.
38 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
ggf. im geltenden Recht zukommen bzw. zukommen sollten. Entsprechend wäre auch der Versuch einer abschließenden Charakterisierung des Begriffs „wertfindungsspezifischer Bezug“ an dieser Stelle verfehlt und wird daher bewusst nicht unternommen. Im Hinblick auf die im dritten Kapitel durchzuführende Analyse ist allerdings bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Beobachtbarkeit einzelner Konfliktbewältigungsansätze nur gegeben sein wird, soweit diese in gewisser Form – Gesetze, Verwaltungsanweisungen oder Rechtsprechung – dokumentiert bzw. institutionalisiert sind. Von dem umfassenderen organisationsbezogenen Zusammenhang abgesehen, sind Konflikte auch generell kennzeichnend für Verhandlungssituationen, d.h. Situationen, in denen zwei oder mehrere Instanzen anstreben, über einen konfliktären Sachverhalt zu einer von den Beteiligten akzeptierten, verbindlichen Vereinbarung zu gelangen.104 Solche Verhandlungssituationen, die auch als „aushandelbare Konflikte“105 bezeichnet werden, sind unter verschiedenen Gesichtspunkten Gegenstand ökonomischer Forschung,106 wobei nicht nur die Übergänge zwischen den einzelnen Forschungsrichtungen fließend sein können, sondern bisweilen auch Berührungspunkte mit Fragestellungen des Konfliktmanagements auftreten.107
104 105 106
107
Vgl. Crott, in: HWO (1992), Sp. 2526. Crott, in: HWO (1992), Sp. 2526. Mit Hartmann-Wendels lassen sich hier insbesondere aus der Spieltheorie abgeleitete Modelle zur Erklärung der Aufteilung von Kooperationsgewinnen, konzessive Modelle, die sich auf den Ablauf von Aushandlungsprozessen beziehen, und ferner experimentelle Ansätze anführen, die das Verhalten von Individuen in Verhandlungssituationen zu erklären versuchen. In diesem Zusammenhang wird auch von einer „Verhandlungstheorie“ gesprochen. Vgl. Hartmann-Wendels, in: HWB (1993), Sp. 4533 ff. Vgl. zur Verhandlungstheorie, ihren Teilbereichen und Anwendungsfeldern auch Berninghaus/Ehrhart/Güth (2006), S. 155 ff.; Holler (1992). Darüber hinaus sind Konflikt- bzw. Verhandlungssituationen aber etwa auch Gegenstand der ökonomischen Analyse des Rechts. Vgl. hierzu bereits Adams (1981) zu den Bedingungen der Vorteilhaftigkeit einer vorgerichtlichen Streitbeilegung gegenüber einem Rechtsstreit. Vgl. aber auch grundlegend zur ökonomischen Analyse des Rechts Schäfer/Ott (2005); Adams (2002). Auch losgelöst von den genannten Gesichtspunkten ist darauf hinzuweisen, dass die Analyse von Verhandlungssituationen im Sinne einer wissenschaftlichen, insbesondere empirisch orientierten Verhandlungsforschung ohnehin z.T. weit reichende ökonomische Bezüge sowohl im Hinblick auf die Methodik als auch auf die Forschungsgegenstände aufweist. Vgl. zu einer interdisziplinär ausgerichteten Verhandlungsforschung jeweils m.w.N. Crott, in: HWO (1992), Sp. 2527 ff.; Klein, in: HWUO (2004), Sp. 1582 ff. Dies betrifft gerade die „ausgebrochenen“ Konflikte und insbesondere deren Handhabung durch die Parteien selbst, die sowohl aus Sicht des organisationsbezogenen Konfliktmanagements als auch von auf die Analyse von Verhandlungssituationen gerichteten Forschungsansätzen aufgegriffen wird.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 39 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Mit Blick auf den hier interessierenden steuerrechtlichen Zusammenhang ist allerdings zu konstatieren, dass Verhandlungssituationen infolge unterschiedlicher Interessen keine Besonderheit der steuerrechtlichen Wertfindung darstellen, sondern vielmehr das Besteuerungsverfahren insgesamt betreffen: Verhandlungsgegenstand sind in beiden Fällen letztlich streitige Steueransprüche. Folglich weist die mögliche Nutzbarmachung von aus der Analyse von Verhandlungssituationen abzuleitenden Erkenntnissen von vornherein keinen wertfindungsspezifischen Bezug auf. Wenngleich eine mögliche Übertragung solcher Erkenntnisse auf das Besteuerungsverfahren insgesamt überlegenswert erscheinen mag, ist hierauf vor dem Hintergrund des zugrunde liegenden Untersuchungsgegenstands, der steuerrechtlichen Wertfindung, somit nicht weiter einzugehen. Hierzu steht wohlgemerkt die bewertungskontextbezogen zu stellende Frage nach einer Hinzuziehung Dritter, die letztlich auch als Mittel zur „Auflösung“ von Verhandlungssituationen betrachtet werden kann, ebenso wenig im Widerspruch wie allgemein die Untersuchung einzelner Bewertungskontexte im Hinblick auf die oben herausgearbeiteten grundlegenden Formen des Umgangs mit Konflikten durch das geltende Recht. Wie bereits ausgeführt, wird hierbei ein spezifischer Bezug zur steuerrechtlichen Wertfindung vorausgesetzt. 2.3.3. Konfliktbezogene Bewertung als Referenzpunkt 2.3.3.1. Bewertung im Rahmen der externen Rechnungslegung 2.3.3.1.1. Externe Rechnungslegung als Anwendungsfall von Wertkonventionen In einer Vielzahl von Fällen werden Bewertungen nicht zum Zwecke der Entscheidungsfindung aus Sicht des Bewertungssubjekts selbst durchgeführt. Hierunter fällt insbesondere die handelsrechtliche Rechnungslegung, die im deutschen Einzelabschluss neben der Gewährleistung der Kapitalerhaltung auf die Vermittlung von Informationen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens abzielt.108 Für diese Zwecke wäre eine Entscheidungswertermittlung aus Sicht des Bewertungssubjekts selbst gerade nicht geeignet. Wenngleich die zu ermittelnden Werte letztlich auch der Entscheidungsfindung (im Fall der externen Rechnungslegung: etwa Entscheidung über Kauf bzw. Verkauf von Unternehmensanteilen) dienen, ist als wesentlicher Unterschied zum „reinen“ Entschei-
40 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
dungswert nämlich die fehlende Identität von Bewertungssubjekt und Entscheidendem zu betonen.109 Bedeutung hat dies deshalb, weil dem Entscheidenden als „Außenstehendem“ im Gegensatz zum Bewertungssubjekt von vornherein nicht bekannt ist, auf welchem Wege das Bewertungssubjekt zu dem jeweiligen Ergebnis gelangt und welche Schlüsse er daraus ziehen kann.110 Es sind daher zweckmäßige Vereinbarungen über die Bewertung im Sinne sog. Wertkonventionen notwendig.111 Mit anderen Worten wird der an sich als „reine“ SubjektObjekt-Objekt-Beziehung zu verstehende Wert unter dem Gesichtspunkt des Kommunikationszwecks gewissen Modifikationen unterworfen, die aus Normierungen und Generalisierungen bestehen.112 Entsprechend lassen sich unter Heranziehung von Wertkonventionen und damit auch die im Rahmen der handelsrechtlichen Rechnungslegung zu ermittelnden Werte als Normwerte im Sinne der oben vorgestellten Systematisierung möglicher Ausprägungen des Wertbegriffs bezeichnen.113 Allein mit der Identifizierung des Anwendungsbereichs von Normwerten und des Erfordernisses der Heranziehung von Wertkonventionen ist allerdings – wenngleich dies im Schrifttum z.T. nicht deutlich herausgestellt wird – noch keine Aussage über die konkrete Ausgestaltung, insbesondere nicht über die notwendige „Reichweite“ von Konventionen getroffen.114 Von dem Gesichtspunkt einer möglichst irrtumsfreien Kommunikation abgesehen, aus der sich die grundsätzliche, damit aber zwangsweise auch wenig operationale Forderung nach einer möglichst eindeutigen und genauen Definition der verwendeten Normen ableiten lässt,115 hat diese Frage im Hinblick auf die externe Rechnungslegung besondere Bedeutung. Grund hierfür ist das häufig durch gegenläufige Interessen gekennzeichnete Verhältnis zwischen Rechnungslegenden und Rechnungslegungsempfängern, das im neueren Schrifttum vielfach unter 108 109 110 111
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Vgl. auch Henselmann, BFuP 2006, S. 154. Vgl. Engels (1962), S. 209. Vgl. Engels (1962), S. 209. Vgl. allgemein zur Verwendung von Wertkonventionen in der Betriebswirtschaftslehre Engels (1962), S. 208 ff.; mit Bezug auf das Steuerrecht Kuhn, BFuP 1968, S. 1 ff.; zur Heranziehung bei der Unternehmensbewertung Engels (1962), S. 228, der in diesem Zusammenhang die Suche nach dem objektiven (im Sinne von subjektunabhängigen) Wert als Suche nach zweckmäßigen Wertkonventionen interpretieren möchte. Zustimmend Künnemann (1985), S. 47. Im Ergebnis wohl auch Henselmann, BFuP 2006, S. 151 ff. Vgl. Engels (1962), S. 32; Kuhn, BFuP 1968, S. 14. Vgl. zum Normwert oben Abschnitt 2.2.1.2. Vgl. auch Künnemann (1985), S. 137. Vgl. Engels (1962), S. 33, 233.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 41 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Bezugnahme auf die Agency-Theorie untersucht wird. Hierauf ist nachfolgend einzugehen. 2.3.3.1.2. Agency-Problematik und Objektivierungserfordernis Gegenstand der Agency-Theorie als ein Theoriezweig der Neuen Institutionenökonomik116 ist die Untersuchung von Beziehungen zwischen Auftraggebern (Prinzipalen) und Beauftragten (Agenten), die durch Verträge geregelt werden.117 Zwar wird im Schrifttum z.T. vertreten, dass als Agency-Beziehungen nur solche Verhältnisse anzusehen sind, denen ein expliziter Auftrag des Prinzipals an den Agenten zugrunde liegt.118 Eine solchermaßen enge Begriffsfassung schränkt jedoch den Anwendungsbereich der Agency-Theorie von vornherein unnötig ein. Im Hinblick auf eine möglichst breite Nutzbarmachung der Erkenntnisse der Theorie erscheint es demgegenüber sinnvoll, AgencyBeziehungen ganz allgemein dadurch zu kennzeichnen, dass die Konsequenzen der Entscheidungen oder Handlungen eines Wirtschaftssubjekts nicht nur dieses selbst betreffen, sondern auch den Nutzen eines anderen Wirtschaftssubjekts beeinflussen.119 Nach dieser Begriffsfassung reicht es somit aus, dass der Agent im ökonomischen Sinne „auf Rechnung“ seines Prinzipals handelt.120 Als problematisch erweisen sich solche „Auftragsbeziehungen“ stets dann, wenn gegenläufige Interessen vorliegen und darüber hinaus eine sog. asymmetrische Informationsverteilung zwischen Prinzipal und Agent besteht.121 Dass der Agent über die durchzuführenden Tätigkeiten besser informiert ist als sein Prinzipal, stellt jedoch im Rahmen einer Auftragsbeziehung den Regelfall dar
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Weitere Theorieansätze sind daneben die Property-Rights-Theorie und der Transaktionskostenansatz. Vgl. hierzu instruktiv Schumann/Meyer/Ströbele (2007), S. 485 ff.; Franken (2001), S. 17 ff. Vgl. grundlegend zur Agency-Theorie etwa Ewert, in: HWB (2007); Sp. 1 ff.; Jost, in: Jost (2001), S. 11 ff.; D. Schneider (1997), S. 23 ff.; Spremann, in: Bamberg/Spremann (1987), S. 3 ff. Vgl. Schanze, in: Bamberg/Spremann (1987), S. 462; wohl auch D. Schneider (1992), S. 618. Vgl. zu den Definitionsansätzen für das Vorliegen einer Auftragsbeziehung auch den Überblick bei Meinhövel (1999), S. 7 ff. Kritisch hierzu D. Schneider (1992), S. 618, der dafür plädiert, „durch eine sorgfältige Begriffswahl einer Überschätzung der bisherigen Lösungsansätze für Principal-Agent-Probleme vorzubeugen.“ So auch Schmidt/Terberger (1997), S. 415. Noch weiter reicht die Begriffsfassung von Pratt/Zeckhauser, in: Pratt/Zeckhauser (1985), S. 2, nach denen eine Agency-Beziehung immer dann gegeben ist, „whenever one individual depends on the action of another.“
42 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
und liegt in ihrer Natur selbst begründet. 122 Charakteristisch für eine solche ist, dass der Prinzipal die Handlungen des Agenten nicht unmittelbar beobachten kann (versteckte Aktionen) oder der Agent handlungsrelevante Sachverhalte kennt, die dem Prinzipal seinerseits nicht ersichtlich sind (versteckte Informationen) und das Ergebnis nicht nur von den Handlungen des Agenten, sondern auch von anderen Einflussgrößen bestimmt wird. Dies hat zur Folge, dass der Prinzipal nicht direkt vom Ergebnis auf die gewählten Handlungen des Beauftragten zurückschließen kann.123 Zwar sollten Informationsvorsprünge des Agenten aus der Perspektive des Prinzipals stets zum Vorteil des Prinzipals genutzt werden. Liegt eine Interessendivergenz vor, ist jedoch vielmehr damit zu rechnen, dass der Agent einen bestehenden Informationsvorsprung sowohl bezüglich der von ihm gewählten Handlungen bzw. seines Anstrengungsniveaus als auch bezüglich der zu erwartenden Ergebnisse dazu einsetzen wird, seine persönlichen Ziele zu Lasten der Zielerreichung des Prinzipals zu verfolgen.124 Agency-Problemen kann durch die unterschiedlichsten Ausgestaltungen der ihnen zugrunde liegenden Beziehungen bzw. Verträge begegnet werden, die als institutionelle Ausgestaltungen, institutionelle Arrangements oder einfach nur als Institutionen bezeichnet werden.125 Gegenstand der Agency-Theorie ist vor diesem Hintergrund sowohl die Erklärung des Verhaltens von Agenten gegenüber Prinzipalen innerhalb eines vorhandenen institutionellen Rahmens (positive Ausrichtung) als auch die Erarbeitung von Empfehlungen für eine optimale Gestaltung des institutionellen Rahmens selbst (normative Ausrichtung).126 Unter Bezugnahme auf die Agency-Theorie stellt das neuere Schrifttum zur externen Rechnungslegung die ökonomische Bedeutung des Jahresabschlusses als 121 122 123 124 125 126
Vgl. hierzu sowie zur nachfolgenden Charakterisierung des Agency-Problems Franken (2001), S. 21 ff.; Schumann (1992), S. 453 ff., jeweils m.w.N. Vgl. Franken (2001), S. 21. Vgl. Schumann (1992), S. 453 f. Vgl. Franken (2001), S. 21 f.; Schmidt/Terberger (1997), S. 391. Vgl. auch Schmidt/Terberger (1997), S. 401. Vgl. Franke, in: HWB (1993), Sp. 38 ff.
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Kontrollinstrument bei durch eine asymmetrische Informationsverteilung und die Verhaltensannahme des konsequenten Handelns im eigenen Interesse gekennzeichneten Leistungsbeziehungen zwischen den einzelnen Wirtschaftssubjekten heraus.127 Von Interesse ist vor diesem Hintergrund insbesondere die Frage, wie die Rechnungslegung ausgestaltet sein muss, um eine Verringerung und im Idealfall eine Beseitigung vorhandener Informationsasymmetrien zwischen Rechnungslegungsempfängern und Rechnungslegenden zu gewährleisten. Dabei besteht weitgehend Einvernehmen, dass Rechnungslegungsregeln sog. Objektivierungsprinzipien beachten müssen, d.h. sie müssen die intersubjektive Nachprüfbarkeit der Ergebnisse ermöglichen.128 Dies ist dann der Fall, wenn voneinander unabhängige Dritte auf Basis einer bestimmten Datenlage mit den gleichen Methoden zum gleichen Ergebnis gelangen.129 Ob und inwieweit eine solche intersubjektive Nachprüfbarkeit gewährleistet werden kann, hängt in starkem Maße von der konkreten Ausgestaltung der jeweiligen Wertkonvention und damit letztlich auch von dem zu verwendenden Bewertungsverfahren, den erforderlichen Informationen wie auch von deren Verfügbarkeit ab. Für den Fall, dass eine intersubjektiv nachprüfbare Bewertung nicht gewährleistet werden kann, weil subjektive Annahmen des Rechnungslegenden für die Bewertung unverzichtbar sind, wird gefordert, dass nach Offenlegung der Bewertung zumindest die Nachvollziehbarkeit für die jeweiligen Rechnungslegungsadressaten sichergestellt sein sollte, was letztlich eine detaillierte Offenlegung der das jeweilige Kalkül konkretisierenden Informationen und Annahmen, Ergebnisse und verwendeten Verfahren erfordert.130 Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die aufgezeigte Problematik der asymmetrischen Informationsverteilung dadurch zwar abgemildert, im Gegensatz zur Objektivierung jedoch nicht behoben werden kann.
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Vgl. Hommel (1998), S. 19; Ballwieser, in: Ordelheide/Rudolph/Büsselmann (1991), S. 98 ff.; Beyhs (2002), S. 55 ff.; Elschen, in: Busse von Colbe/Pellens (1998), S. 557 ff.; Ewert (1986), S. 2 und 5 f.; Hartmann-Wendels, BFuP 1992, S. 412 ff.; Marten/Quick/Ruhnke (2007), S. 36; Pellens/Gassen, in: FS Coenenberg (1998), S. 635; Penno, JoAR 1985, S. 240 ff.; D. Schneider, BFuP 1996, S. 493 ff. Vgl. Baetge (1970), S. 42 ff.; Leffson (1971), S. 12 f.; Schildbach, WPg 1972, S. 41; Ordelheide, in: FS Busse von Colbe (1988), S. 298 f.; Busse von Colbe, in: F. Wagner (1993), S. 22 ff.; R. Euler (1996), S. 60; Hommel (1998), S. 9 und S. 23; Fladung (2000), S. 80; Beyhs (2002), S. 57, m.w.N.; Streim, BFuP 1990, S. 531. Kritisch allerdings Hartle (1984). Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Überlegungen zur Objektivierung von Informationsumfängen bei Mäder, in: FS Fischer-Winkelmann (2006), S. 251 ff. Vgl. Kümmel (2002), S. 92; Baetge/Kruse, in: Lück (2002), S. 204. Vgl. mit Bezug auf die Barwertbewertung Kümmel (2002), S. 94.
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Nicht nur begrifflich, sondern auch inhaltlich sind von der Objektivierung zwei Vorgehensweisen abzugrenzen, von denen im Rahmen von Bewertungen mittels Konventionen ebenfalls Gebrauch gemacht wird: Typisierungen: Typisierungen im Sinne der Zugrundelegung typischer, d.h. insbesondere durchschnittlicher Daten haben vielfältige Ausgangspunkte. Hier kann etwa zwischen Typisierungen zwecks Komplexitätsreduktion, Typisierungen zwecks Überwindung von Ermittlungsproblemen und Typisierungen aufgrund des Erfordernisses der Bewertung aus Sicht einer Personenmehrheit unterschieden werden.131 Fiktionen: Fiktionen beinhalten Annahmen, die von den tatsächlichen Verhältnissen abstrahieren.132 Auch hierfür sind verschiedene Ursachen denkbar. So können Fiktionen etwa ansonsten benötigte Informationen über das tatsächliche Geschehen entbehrlich machen oder letztlich auch eine bestimmte Bewertungsperspektive im Sinne eines fiktiven Entscheidungsfelds festlegen.133 Zu beachten ist, dass Typisierungen wie auch Fiktionen unterschiedlich konkret ausgestaltet sein können. Zwar zielen sie weder primär noch zwingend auf eine objektivierte, im Sinne einer intersubjektiv nachprüfbaren Bewertung ab. Beinhalten sie jedoch abschließende Vorgaben, so tragen sie – ungeachtet der im Einzelfall zu stellenden Frage nach der Sinnhaftigkeit eines solchen Vorgehens – insoweit auch zu einer objektivierten Bewertung bei. Vor diesem Hintergrund lassen sich die Begriffe „Wertkonventionen“, „Typisierungen“, „Fiktionen“ und „Objektivierung“ im Hinblick auf die weitere Untersuchung wie folgt zueinander in Bezug setzen: Während „Wertkonventionen“ den Oberbegriff für Vereinbarungen über die Bewertung darstellen, lassen sich unter „Typisierungen“ und „Fiktionen“ besondere Ausprägungen hiervon verstehen; hiermit soll allerdings nicht der Anschein erweckt werden, dass Wertkonventionen allein aus Typisierungen und Fiktionen bestehen. Die „Objektivierung“ betrifft schließlich die
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Vgl. ausführlich Henselmann, BFuP 2006, S. 144. Weiter gehend Engels (1962), S. 213: „[…] werden hier die Entscheidungswerte verfälscht. Diese Verfälschung geschieht aber ganz bewußt, sie wird durch ihre Nützlichkeit gerechtfertigt.“ Vgl. Engels (1962), S. 213.
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konkrete Ausgestaltung der Konventionen im Hinblick auf die Frage, ob diese zu intersubjektiv nachprüfbaren Ergebnissen führt.134 2.3.3.1.3. Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung Wird die oben ausgeführte Begriffsfassung zugrunde gelegt, so lässt sich die Agency-Theorie auf die unterschiedlichsten ökonomischen Fragestellungen anwenden.135 Nicht zuletzt kann auch das hier in erster Linie interessierende Verhältnis zwischen Fiskus und Steuerpflichtigem als Agency-Beziehung eingestuft werden.136 So kann der Fiskus allgemein als „fiktiver Kapitalgeber“ des Steuerpflichtigen mit entsprechenden Vergütungsansprüchen betrachtet werden. Aber auch auf die Wertfindung selbst bezogen lässt sich das Verhältnis FiskusSteuerpflichtiger vor dem Hintergrund als Agency-Beziehung kennzeichnen, dass der Fiskus (Prinzipal) den Steuerpflichtigen (Agenten) im Rahmen unterschiedlicher Kontexte an der steuerrechtlichen Wertfindung für Zwecke der steuerlichen Bemessungsgrundlagenermittlung beteiligt und somit als Auftraggeber im ökonomischen Sinne auftritt. Dabei ist regelmäßig von einem Informationsvorsprung des Steuerpflichtigen hinsichtlich der vorhandenen Wertverhältnisse und damit vom Vorliegen einer asymmetrischen Informationsverteilung auszugehen. Zudem liegt eine Interessendivergenz zwischen Fiskus und Steuerpflichtigem vor: Während der Fiskus im Hinblick auf die Erzielung möglichst hoher Steuereinnahmen im Grundsatz ein Interesse an entsprechend hohen Bewertungen hat, wird der Steuerpflichtige regelmäßig versuchen, die anzusetzenden Werte nach seinen Zielen zu beeinflussen. Die steuerrechtliche Wertfindung führt somit zu einem AgencyKonflikt mit der damit verbundenen Konfliktanfälligkeit. Soll dem bei der Aus-
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Nicht gefolgt wird damit der begrifflichen Differenzierung von Künnemann (1985), S. 136, der unter Objektivierung lediglich die Grundsatzentscheidung über ein Deutungsmuster im Sinne einer Normierung auf der Modellebene versteht und die Typisierung auf die materielle Konkretisierung der Elemente des Bewertungsmodells im Sinne einer Normierung auf der Objektebene bezieht. Die gängigsten im Schrifttum genannten Anwendungsmöglichkeiten dürften sein: Beziehungen zwischen Eigentümern und Managern, Kreditgebern und Kreditnehmern, Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Neudeck/Streißler, in: FS Loitlsberger (1991), S. 484, mit Verweis auf Mirrlees, in: REStud. 1971, S. 175 ff. Demgegenüber sollten nach Auffassung von D. Schneider (1992), S. 619, die Beziehungen zwischen Steuergesetzgeber und Steuerpflichtigen mangels Vorliegen einer Vertragsbeziehung „nicht schlechthin“ als Principal-Agent-
46 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
gestaltung des Steuerrechts Rechnung getragen werden, so kann dies insbesondere dadurch geschehen, dass vorrangig eine objektivierte, und für den Fall, dass dies nicht möglich ist, eine nachvollziehbare Bewertung im vorstehenden Sinne angestrebt wird. 2.3.3.2. Konfliktbezogene Unternehmensbewertung 2.3.3.2.1. Ermittlung von Arbitriumwerten Gegenstand der Unternehmensbewertung137 im Rahmen der Vermittlungsfunktion138 ist die Ermittlung eines sog. Arbitriumwerts.139 Der Ermittlung dieses Werts liegt, wie bereits die Funktionsbenennung erkennen lässt, die Aufgabenstellung eines Gutachters im Sinne eines unparteiischen Dritten zugrunde, wobei auf die Parallele zu der oben bereits gekennzeichneten Hinzuziehung Dritter hinzuweisen ist.140 Dem Gutachter obliegt es, zwischen den subjektiven Wertvorstellungen zweier Konfliktparteien – regelmäßig sind dies der Käufer und der Verkäufer des zu bewertenden Unternehmens – einen fairen und angemessenen Interessenausgleich zu erleichtern oder herbeizuführen. Der als Arbitriumwert bezeichnete Einigungswert ist daher in dem Einigungsbereich zu suchen, der durch die Entscheidungswerte der Parteien eingegrenzt wird. Wird eine Konfliktsituation des Typs Kauf/Verkauf betrachtet, so ist der Arbitriumwert – das Vorhandensein eines Einigungsbereichs unterstellt – zwischen dem höheren maximal zahlbaren Preis aus Käufersicht (Grenzpreis des Käufers) und dem niedrigeren, mindestens zu fordernden Preis des Verkäufers (Grenzpreis des Verkäufers) zu suchen.141 Nachfolgende Abb. 2.3.-2 stellt diese Grundüberlegung des Arbitriumwerts grafisch dar.
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Problem eingestuft werden. D. Schneider hält allerdings eine „analoge“ Anwendung von Principal-Agent-Modellen für vertretbar. Vgl. zur Entwicklung der Unternehmensbewertungslehre im deutschsprachigen Raum oben Abschnitt 2.2.1.1. Vgl. zu den Funktionen der Unternehmensbewertung oben Abschnitt 2.2.1.1. Vgl. hierzu grundlegend Matschke (1979). Vgl. auch Matschke, ZfbF 1969, S. 57 ff.; Matschke, BFuP 1971, S. 508 ff.; Krag (1975); Krag/Kasperzak (2000), S. 127 ff.; Drukarczyk/Schüler (2007), S. 104 f.; Matschke/Brösel (2005), S. 399 ff. Vgl. zur Hinzuziehung Dritter oben Abschnitt 2.3.2.2. Vgl. zum Grenzpreisbegriff stellvertretend Gratz, ZfbF 1981, S. 981; Leuthier, BFuP 1988, S. 505; F. Wagner, BFuP 1994, S. 477 ff.; Elser (2000), S. 51 ff.; F. Wagner, in: Bitz/Domsch/ Ewert/F. Wagner (2005), S. 463 ff.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 47 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}} Zielplaninformationen des präsumtiven Verkäufers
Zielplaninformationen des präsumtiven Käufers
Entscheidungsfeldinformationen des präsumtiven Verkäufers
Entscheidungsfeldinformationen des präsumtiven Käufers
Preis in GE
Entscheidungswert des präsumtiven Verkäufers (Preisuntergrenze)
Arbitriumbereich (Verhandlungsspielraum)
Entscheidungswert des präsumtiven Käufers (Preisobergrenze)
Abb. 2.3.-2: Arbitriumwert bei Entscheidungsfreiheit142 Die Ermittlung des Arbitriumwerts ist in zweifacher Hinsicht parteiabhängig und damit auch problembehaftet. Zunächst müssen die Entscheidungswerte der Konfliktparteien beachtet und ermittelt werden.143 Hierbei ist jedoch davon auszugehen, dass die Parteien ihren jeweiligen Entscheidungswert für sich behalten werden. Die Theorie behilft sich hier mit der Empfehlung, dass der Gutachter jeweils die Perspektive der konfligierenden Parteien einnehmen müsse, räumt jedoch zugleich ein, dass dieses Informationsproblem nicht allgemeingültig lösbar ist; deutlich wird dies bereits daran, dass die Vorstellungen des Gutachters über die Entscheidungswerte der Konfliktparteien und die tatsächlichen Entscheidungswerte nicht zwingend deckungsgleich sein müssen.144 Hiervon abgesehen, besteht das Problem, die Differenz der Entscheidungswerte angemessen auf die Konfliktparteien zu verteilen.145 Auch für die Konkretisierung eines „Gerechtigkeitskriteriums“ existiert jedoch keine allgemeine Lösung, sondern lediglich eine Reihe von Vorschlägen. Neben verschiedenen nutzenorientierten Verfahren (Maximierung des Gesamtnutzens der Parteien, Ausgleich der Grenznutzen der Beteiligten, Maximierung des Produkts oder der Summe der Nutzen aus den Abweichungen, Erzielung gleicher Nutzenzuwächse für beide Parteien), die zwar aus theoretischer Sicht zu befürworten sind, aber aufgrund 142 143 144 145
Quelle: Matschke/Brösel (2005), S. 402. Vgl. Matschke (1979), S. 47, der dies als „Rationalität des Handelns“ bezeichnet. Vgl. Matschke/Brösel (2005), S. 406. Vgl. zu dieser Problematik ausführlich Matschke (1979), S. 126 ff., der in diesem Zusammenhang den Begriff der „parteibezogenen Angemessenheit“ gebraucht. Hierbei kann sich u.U. auch die Frage nach der angemessenen Aufteilung von im Anschluss an den Eigentumswechsel zu realisierenden Synergieeffekten stellen. Vgl. zu diesem Sonderproblem z.B. Ossadnik, ZfB 1995, S. 69 ff.; Matschke, BFuP 1984, S. 544 ff.; Eisenführ, ZfbF 1971, S. 467 ff.
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der kaum zu erlangenden Kenntnis von den Nutzenvorstellungen der Konfliktparteien erhebliche Probleme bei der Umsetzung bereiten,146 wird als pragmatischer Lösungsansatz vielfach eine Mittelung der Grenzpreisdifferenz vorgeschlagen.147 Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Probleme wird im Schrifttum148 zu Recht darauf hingewiesen, dass die vorstehenden Überlegungen bereits im Rahmen sog. nicht dominierter Konfliktsituationen, in denen die Eigentumsaufgabe an dem zu bewertenden Unternehmen freiwillig erfolgt,149 zur Lösung realer Vermittlungsprobleme nur von begrenztem Nutzen sein können. So kann ein von den Konfliktparteien herangezogener Gutachter diesen nur dann nützlich sein, wenn sie ihm solche Informationen über ihre Grenzpreise anvertrauen, die sie ihrem jeweiligen Verhandlungspartner noch nicht preisgegeben haben. Davon abgesehen stellt sich selbst bei Vorliegen der Grenzpreise jedoch nach wie vor das Problem der Aufteilung eines ggf. vorhandenen Einigungsbereichs. Haben die Parteien keine Kenntnis von den seitens des Gutachters heranzuziehenden Aufteilungsmodalitäten, erscheint es nahe liegend, dass sie auf die Beauftragung des Gutachters verzichten, können sie doch selbst eine Aufteilung herbeiführen, die ihnen zum einen die Kosten der Beauftragung des Gutachters erspart und zum anderen eine zielgerichtete Verfolgung ihrer eigenen Interessen ermöglicht. Ist den Parteien demgegenüber bekannt, wie der Gutachter die Aufteilung vornehmen wird, so ist damit zu rechnen, dass sie dem Gutachter lediglich Argumentationswerte150 angeben werden, um die Aufteilung des Einigungsspielraums zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Dies hat letztlich zur Folge, dass selbst ein ggf. tatsächlich vorhandener Einigungsspielraum nicht identifiziert werden kann. Allenfalls in dem wohl wenig praxisrelevanten Fall, in welchem den Konfliktparteien bewusst ist, dass sie die Chancen einer wohlfahrtssteigernden Einigung verspielen könnten, werden sie bereit sein, ihre Informatio-
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Vgl. Jacobs/Scheffler, in: HWR (1993), Sp. 1980; Peemöller, in: Peemöller (2005), S. 9 f. Vgl. z.B. Drukarczyk/Schüler (2007), S. 104; Krag/Kasperzak (2000), S. 129, mit einer spieltheoretischen Fundierung der hälftigen Aufteilung unter Bezugnahme auf eine Schiedsrichterlösung von Nash, Econometrica 1950, S. 157 ff.; Moxter (1983), S. 18; König, in: Goetzke/Sieben (1977), S. 76 ff. Vgl. F. Wagner, BFuP 1994, S. 478 ff. Vgl. auch Krag/Kasperzak (2000), S. 129 f. Vgl. zur Terminologie Matschke (1979), S. 30 ff. Der Sprachgebrauch ist insoweit nicht ganz einheitlich. So differenzieren etwa Drukarczyk/Schüler (2007), S. 94 ff., zwischen dominierten und nicht dominierten Verhandlungssituationen. Vgl. zum Argumentationswert auch bereits oben Abschnitt 2.2.1.2.
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nen wahrheitsgemäß offen zu legen.151 In diesem Fall ist jedoch – bei entsprechendem methodischen Kenntnisstand der Parteien – die Heranziehung eines Gutachters wiederum deshalb entbehrlich, weil sich das Problem auf die – auch durch einen Gutachter nicht allgemein bewältigbare – Suche nach bzw. die Festlegung einer angemessenen Aufteilungsregel reduziert.152 In noch verschärfter Form tritt die Problematik einer angemessenen Aufteilung bzw. der Festlegung des Arbitriumwerts auf der Grundlage der Entscheidungswerte der Parteien in sog. beherrschten oder dominierten Konfliktsituationen auf,153 in denen sich die Konfliktparteien dem Arbitriumwert beispielsweise aufgrund gesetzlicher Legitimation oder vertraglicher Vereinbarung unterwerfen müssen. Für den Gutachter resultiert hieraus die Notwendigkeit, auch dann einen Arbitriumwert vorzuschlagen, wenn unter gleichberechtigten Parteien keine Einigung möglich gewesen wäre, weil eine alle Parteien zufrieden stellende Konfliktlösung nicht existiert.154 Als Lösungsansatz wird im Schrifttum vorgeschlagen, den Arbitriumwert mit dem Entscheidungswert der dominierten Partei gleichzusetzen.155 Begründet wird dies damit, dass die dominierte Partei hierdurch nicht schlechter gestellt wird als bei Unterlassung der Transaktion, wohingegen die dominierende Partei bei Verletzung ihres Entscheidungswerts auf die Transaktion verzichten könne und daher keines besonderen Schutzes bedürfe. Das Aufteilungsproblem wird bei diesem Ansatz zwar – letztlich durch die alleinige Heranziehung des Entscheidungswerts der dominierten Partei – bewältigt. Die Problematik der Ermittlung dieses Entscheidungswerts selbst bleibt aber unverändert bestehen. 2.3.3.2.2. Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte Eine von der funktionalen Unternehmensbewertungslehre156 abweichende Auffassung zu den Funktionen der Unternehmensbewertung vertritt das IDW.157 151 152 153 154 155 156 157
Vgl. Krag/Kasperzak (2000), S. 129. Vgl. Krag/Kasperzak (2000), S. 129. Vgl. zur Terminologie Matschke (1979), S. 30 ff. Vgl. zu den dominierten Konfliktsituationen Matschke, BFuP 1981, S. 115 ff. Vgl. Matschke (1979), S. 309. Vgl. Matschke/Brösel (2005), S. 404, m.w.N.; Drukarczyk/Schüler (2007), S. 105. Vgl. auch bereits Matschke (1979), S. 309 ff. Vgl. hierzu oben Abschnitt 2.2.1.1. Die berufsständischen Grundsätze des IDW waren ursprünglich in der Stellungnahme HFA 2/1983 geregelt. Vgl. HFA des IDW, WPg 1983, S. 468 ff. Eine Neufassung erfolgte im Jahr
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Während es die Argumentationsfunktion negiert,158 nennt es neben den Funktionen des Wirtschaftsprüfers als Berater (korrespondierend mit der Entscheidungsfunktion) und als Schiedsgutachter159 (korrespondierend mit der Vermittlungsfunktion) als weitere Funktion die des neutralen Gutachters und sieht hierin die typische Berufsaufgabe des Wirtschaftsprüfers.160 In seiner Funktion als neutraler Gutachter soll der Wirtschaftsprüfer einen sog. objektivierten Wert des Unternehmens ermitteln.161 Dieser objektivierte Wert ist ohne Berücksichtigung subjektiver Wertinteressen speziell Interessierter zu ermitteln – die Parallele zu ziehen zu der bei der externen Rechnungslegung gesehenen Notwendigkeit zur Befolgung von Objektivierungsprinzipien liegt nahe.162 Das Unternehmen wird bewertet „so wie es steht und liegt“; der objektivierte Wert drückt somit den Wert des im Rahmen des vorhandenen Unternehmenskonzepts fortgeführten Unternehmens aus.163 Wie die Bezeichnung bereits zum Ausdruck bringt, ist der objektivierte Wert dadurch gekennzeichnet, dass bei der Bewertung nach Möglichkeit auf intersubjektiv nachprüfbare Größen abzustellen ist. Dies äußert sich neben der Zugrundelegung bestimmter Annahmen wie der bereits erwähnten Zugrundelegung des vorhandenen Unternehmenskonzepts in entsprechend ausgestalteten Typisierungen.164 So ist etwa die persönliche Ertragsteuerbelastung der Anteilseigner mit einem konstanten Steuersatz von 35% zu berücksichtigen.165 Im Schrifttum hat das im Rahmen der Stellungnahme HFA 2/1983 begründete und seitdem im Grundsatz unverändert beibehaltene Konzept des objektivierten
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2000 durch den Standard IDW S 1. Vgl. HFA des IDW, WPg 2000, S. 825 ff. Die erneute Überarbeitung dieses Standards wurde im Jahr 2005 abgeschlossen. Vgl. HFA des IDW, IDWFn. 2005, S. 690 ff. Vgl. zur konkreten Anwendung auch Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel, WPg 2006, S. 1005 ff. Kritisch hierzu Hering/Brösel, WPg 2004, S. 936 ff. Kritisch zur Relevanz dieser Funktion in der Bewertungspraxis Henselmann, BFuP 2006, S. 150. Vgl. Peemöller, in: Peemöller (2005), S. 11. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das IDW keine (ausdrücklichen) Nebenfunktionen im Sinne der funktionalen Unternehmensbewertungslehre benennt. Vgl. zu den Nebenfunktionen statt vieler Brösel, BFuP 2006, S. 128 ff. Vgl. hierzu HFA des IDW, IDW-Fn. 2005, S. 692, Tz. 12. Vgl. zur Objektivierung im Zusammenhang mit der Rechnungslegung oben Abschnitt 2.3.3.1.2. Vgl. HFA des IDW, IDW-Fn. 2005, S. 696, Tz. 42 ff. Vgl. auch Peemöller, in: Peemöller (2005), S. 12. Vgl. HFA des IDW, IDW-Fn. 2005, S. 698, Tz. 53. Vgl. grundlegend zur Einbeziehung der Besteuerung auch Löffler, in: Schacht/Fackler (2005), S. 363 ff.
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Werts erhebliche Kritik hervorgerufen, die nach wie vor anhält.166 Hauptanknüpfungspunkt dieser Kritik, die hier nur in Grundzügen wiedergegeben werden soll,167 ist die dem objektivierten Wert zugrunde liegende Überlegung, einen von den individuellen Vorstellungen der Parteien unabhängigen Wert ermitteln zu wollen, in der letztlich ein Rückfall in das aus theoretischer Sicht überkommene Gedankengut der objektiven Unternehmensbewertungslehre gesehen werden kann.168 Darüber hinaus wird die sich in der geforderten Zugrundelegung des vorhandenen Unternehmenskonzepts äußernde statische Ausrichtung des objektivierten Werts bemängelt, die einen Widerspruch zu der mit der Abhängigkeit von den Planungen des Bewertenden einher gehenden Zukunftsbezogenheit der Bewertung beinhaltet.169 Damit einhergehend wird darauf hingewiesen, dass der objektivierte Wert einen fiktiven, kaum definierbaren „normalen“ Käufer oder Verkäufer mit „normalen“ Zukunftserwartungen voraussetzt.170 Zutreffend stellt in diesem Zusammenhang SCHILDBACH das Dilemma heraus, einen subjektunabhängigen Wert zu finden, der jedoch aus der Sache heraus subjektbezogen sein muss, und folgert pointiert: „Der objektivierte Wert ist also in dem Sinne subjektiv, dass er weitgehend in das Ermessen des Gutachters gestellt wird.“171 Hiervon abgesehen wird zu Recht die „Neutralität“ des objektivierten Werts bezweifelt und als Benachteiligung für den Verkäufer angesehen, dass durch den objektivierten Wert wesentliche Grundlagen des Entscheidungswerts des Verkäufers offen gelegt werden; zutreffend wird allerdings auch eingeräumt, dass eine Beschränkung auf das vorhandene Unternehmenskonzept für den Verkäufer auch insoweit von Vorteil sein kann, als bei positiven Zukunftserwartungen ein tendenziell niedriger objektivierter Wert angesetzt wird. 172 Ungeachtet der – wohlgemerkt im Zusammenhang mit auf Eigentümerwechsel abzielenden Bewertungen – zu verzeichnenden und auch nach hier vertretener 166 167 168
169 170 171 172
Für die Aufgabe des objektivierten Werts in der jüngeren Vergangenheit z.B. Hering/Brösel, WPg 2004, S. 942. Vgl. jedoch ausführlich statt vieler Matschke/Brösel (2005), S. 53 ff., mit umfassenden Nachweisen aus dem Schrifttum. Vgl. Matschke/Brösel (2005), S. 53; Born (2003), S. 20. Differenzierend WP-Handbuch 2002, Bd. II, S. 11: „Die Objektivität in der Position des unparteiischen Gutachters ist jedoch keineswegs gleichzusetzen mit dem vielfach kritisierten Bemühen, einen objektiven Unternehmenswert bestimmen zu wollen.“ Vgl. Bretzke, BFuP 1993, S. 39. Vgl. Born (2003), S. 19. Schildbach, BFuP 1993, S. 32. Vgl. Peemöller, in: Peemöller (2005), S. 11; Schildbach, BFuP 1993, S.30 ff.
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Auffassung gerechtfertigten Kritik darf jedoch nicht übersehen werden, dass im Zusammenhang mit einzelnen Bewertungsanlässen im Schrifttum auch Fürsprecher des objektivierten Werts anzutreffen sind. Aus systematischen Gründen ist hierauf jedoch erst im nachfolgenden Abschnitt einzugehen, in dem Überlegungen zur Übertragbarkeit der beiden Vorgehensweisen bei der konfliktbezogenen Unternehmensbewertung (Ermittlung von Arbitriumwerten und objektivierten Unternehmenswerten) auf die steuerrechtliche Wertfindung angestellt werden. 2.3.3.2.3. Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung Die Ausgangssituation in den beiden beschriebenen Konstellationen ist insoweit mit der steuerrechtlichen Problematik vergleichbar, als eine Wertfindung bei gegenläufigen Interessen vorzunehmen ist. Unter diesem Gesichtspunkt kommt eine Übertragung der verfolgten Lösungsansätze auf die steuerrechtliche Wertfindung durchaus in Betracht. Der Vergleich der beiden Funktionen „Vermittlungsfunktion“ und „neutraler Gutachter“ lässt zunächst ein gemeinsames Element erkennen. Bei beiden Funktionen werden die Konfliktparteien nicht sich selbst überlassen, vielmehr wird von vornherein eine dritte Person – der Gutachter – in die Wertfindung einbezogen. Ein solches Vorgehen lässt sich auch auf die steuerrechtliche Wertfindung übertragen: Hier ist – wie stets im Rahmen von Konflikten173 – ebenfalls die Einbeziehung eines neutralen Dritten in die Wertfindung zu erwägen, wobei jedoch bei gutachterlicher Wertfestsetzung eine gewisse Abhängigkeit des Werts von dem Ermessen des Gutachters nicht zu leugnen ist.174 Im Hinblick auf weitere Überlegungen zur Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung ist zwischen den beiden Funktionen „Vermittlungsfunktion“ und „neutraler Gutachter“ zu differenzieren. Die Vermittlungsfunktion unterscheidet sich von der steuerrechtlichen Wertfindung insoweit ganz erheblich, als bei ihr – wie im Rahmen sämtlicher Hauptfunktionen der funktionalen Unternehmensbewertung – eine auf eine Änderung der Eigentumsverhältnisse an dem Bewertungsobjekt gerichtete Verhandlungssituation im Vordergrund steht, die letztlich den Ausgangspunkt für die anzustellenden grenzpreisbasierten Überlegungen markiert. Entsprechend kommt eine uneingeschränkte konzeptionelle Übertragung nur in Betracht, soweit das Steuerrecht eine gleichgelagerte Verhandlungssituation fingiert. Ob bzw. in173
Vgl. oben Abschnitt 2.3.2.2.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 53 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
wieweit dies in den zu betrachtenden Kontexten der Fall ist, wird noch zu prüfen sein, wenngleich bereits an dieser Stelle darauf hinzuweisen ist, dass Fiktionen dem Steuerrecht nicht gänzlich fremd sind, wie insbesondere die noch zu erörternde „Erwerberfiktion“ im Zusammenhang mit dem Teilwert zeigt.175 Von der konkreten Normierung einer gleichgelagerten Verhandlungssituation abgesehen sind Konfliktparteien im Rahmen der steuerrechtlichen Wertfindung aber der Steuerpflichtige und die Finanzverwaltung, nicht jedoch ein präsumtiver Käufer und ein präsumtiver Verkäufer.176 Da es somit – anders als bei der Vermittlungsfunktion – nicht um die grenzpreisbasierte Findung von Kaufpreisen für einen Käufer und einen Verkäufer geht, die „zum Ausgleich zu bringen“ sind, erweist sich die gewählte Referenzkonstellation – von den aufgezeigten praktischen Schwächen des Konzepts einmal ganz abgesehen – insoweit im Hinblick auf eine mögliche Übertragbarkeit als zu speziell. Hiervon losgelöst ist die dem Arbitriumwert zugrunde liegende Vorgehensweise jedoch ganz allgemein dadurch gekennzeichnet, dass auf der Grundlage investitionstheoretischer Überlegungen zunächst ein Lösungsraum bzw. eine Bandbreite festgelegt wird, in welcher sich der konsensfähige „Zielwert“ befinden muss. Diese Vorgehensweise lässt sich im Grundsatz auf die steuerrechtliche Wertfindung übertragen. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass sich vielfach nur eine Bandbreite von möglichen Werten benennen lassen dürfte. Auch im Hinblick auf eine erforderliche Einigung zwischen den Beteiligten mangels exakter Bewertungsvorgabe lässt sich ein Ansatzpunkt ableiten. Kann der von den Beteiligten akzeptierte Lösungsraum – gleichsam in einem ersten Schritt – festgelegt werden, so erscheint eine Einigung eher möglich als in den Fällen, in denen jegliche Anhaltspunkte hinsichtlich des zu findenden Werts fehlen. Darüber hinaus weist die Vermittlungsfunktion bzw. das Konzept des Arbitriumwerts allerdings keine Erkenntnisse auf, die für die steuerrechtliche Wertfindung nutzbar gemacht werden können. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass es an einer allgemeingültigen theoretisch fundierten Regel zur Aufteilung der Grenzpreisdifferenz fehlt. Im Hinblick auf die Einschaltung eines Gutachters ist daher insoweit lediglich festzuhalten, dass der Interessenausgleich im Sinne der Festsetzung eines konkreten Werts – wenn auch nach Mög174 175 176
Vgl. auch Schildbach, BFuP 1993, S. 32. Vgl. zum Teilwert unten Abschnitt 3.1. Vgl. in diesem Zusammenhang die Ausführungen zur steuerechtsspezifischen interpersonalen Konfliktanfälligkeit in Abschnitt 2.2.3.
54 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
lichkeit unterstützt durch sinnvolle Annahmen über die Nutzenvorstellungen der Beteiligten – letztlich weitgehend der gutachterlichen Entscheidung selbst überlassen bleiben muss. Einen anderen Weg als die Vermittlungsfunktion geht die Funktion des neutralen Gutachters. Auch hier wird zwar – wie bereits erwähnt – ein Dritter (der Gutachter) zur Konfliktlösung herangezogen. Seine Aufgabe erstreckt sich jedoch mit der Bereitstellung des objektivierten Werts lediglich auf die Ermittlung eines Ausgangswerts zur Information der Beteiligten,177 dem häufig nur der Charakter einer „Diskussionsgrundlage“ zukommt. Wenngleich im Rahmen der steuerrechtlichen Wertfindung – anders als im Rahmen der Ermittlung des objektivierten Werts – die Konfliktparteien durch den Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung, nicht aber zwei an einem Eigentümerwechsel des zu bewertenden Unternehmens interessierte bzw. hiermit befasste Parteien verkörpert werden, lässt sich auch dieser Ansatz auf die steuerrechtliche Wertfindung übertragen. Eine solche Wertfindung im Verhandlungswege unterstellt, eröffnet das Vorliegen eines „Ausgangswertes“ tendenziell wohl eher die Chance einer Einigung, als wenn es an einem solchen gänzlich fehlt. Von der Einbeziehung eines Dritten in die Wertfindung und der Bereitstellung eines Ausgangswerts abgesehen ergeben sich aus der Funktion des neutralen Gutachters bzw. dem Konzept des objektivierten Werts einmal mehr Hinweise im Hinblick auf die Ausgestaltung der Bewertungsvorgaben selbst. Im Rahmen der Bewertung wird hier das übergeordnete Ziel verfolgt, an sich subjektive Komponenten durch mehr oder weniger eindeutige Bewertungsvorgaben auszuschalten. Auch dieser Ansatz ist, wie bereits im Rahmen der Auseinandersetzung mit der externen Rechnungslegung deutlich geworden ist, im Grundsatz auf die steuerrechtliche Problemlage übertragbar. Dabei ist jedoch erneut zu beachten, dass unter Verwendung von – wie auch immer gearteten – Bewertungsvorgaben ermittelte Werte keine „objektiven“ im Sinne von dem Bewertungsobjekt anhaftenden oder „richtigen“ Werte darstellen und das Problem der Subjektivität der Bewertung nur „ausgeblendet“ wird.178 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass – wenngleich sich dieser Vorschlag bekanntlich nicht durchgesetzt hat – selbst für Zwecke der Entscheidungsfindung auch im Rah177 178
Vgl. WP-Handbuch 2002, Bd. II, S. 11. Das Bemühen um die Ermittlung eines objektiven Unternehmenswerts ebenfalls verneinend WP-Handbuch 2002, Bd. II, S. 11.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 55 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
men der Unternehmensbewertung bereits frühzeitig eine Bewertung unter Anwendung von Konventionen vorgeschlagen wurde.179 Im Übrigen wird unbeschadet aller Kritik an der Verwendung des objektivierten Werts im Zusammenhang mit der Entscheidungsfindung das Bemühen von Wertkonventionen für Zwecke der Steuerbemessung im betriebswirtschaftlichen Schrifttum – soweit ersichtlich – von weiten Teilen des Schrifttums nicht in Frage gestellt.180 Allerdings darf auch nicht übersehen werden, dass es an einer eingehenden Auseinandersetzung mit der Thematik bislang fehlt, was nicht zuletzt auf die ohnehin eher begrenzte Reflexion der Nebenfunktionen – hierzu gehört auch die Steuerbemessungsfunktion – zurückzuführen sein dürfte.181 2.3.4. (Bewertungs-)Unsicherheit als Referenzpunkt 2.3.4.1. Unsicherheit und Bewertungsdefekte In der betriebswirtschaftlichen Entscheidungstheorie beinhaltet der Begriff Unsicherheit bekanntlich einen Oberbegriff für sämtliche Entscheidungssituationen, in denen unvollständige Kenntnis darüber existiert, welche von mehreren für möglich gehaltenen Entscheidungssituationen eintritt.182 Dabei wird in Abhängigkeit davon, ob der Entscheidungsträger den möglichen Ereignissen Ein-
179 180
181
182
Vgl. Engels (1962), S. 228 f. Vgl. in diesem Zusammenhang auch König, WPg 1970, S. 72 ff., sowie Künnemann (1985), S. 44 ff. Entsprechend z.B. Hering/Brösel, WPg 2004, S. 939, Fn. 26, welche sich im Rahmen der Hauptfunktionen gegen den objektivierten Wert aussprechen, aber gleichwohl feststellen: „Ausnahmen bilden lediglich Nebenfunktionen der Bewertung, etwa Steuerbemessung oder gesellschaftsrechtliche Regelungen, in deren Rahmen durchaus aus Praktikabilitätsgründen pauschale, intersubjektiv nachprüfbare Annahmen erforderlich sind.“ Vgl. auch Brösel, BFuP 2006, S. 139 (mit Bezug auf das Stuttgarter Verfahren und die Einheitswertermittlung für Betriebsvermögen); Peemöller, in: Peemöller (2005), S. 12 f. (mit Bezug auf das Stuttgarter Verfahren); Zapf, in: Goetzke/Sieben (1977), S. 39. Vgl. hierzu auch den Hinweis auf bezüglich der Nebenfunktionen bestehende Forschungsdefizite bei Brösel, BFuP 2006, S. 128 f. Vgl. zur Steuerbemessungsfunktion jedoch Moxter (1983), S. 64 ff.; Sielaff, in: Goetzke/Sieben (1977), S. 105 ff.; Guthard/Sielaff, in: Goetzke/Sieben (1977), S. 241 ff. Adam (1996), S. 224 f., zufolge handelt es sich um einen „eingeschränkten Unsicherheitsbegriff“. Denn unbekannt ist zwar, welche Datensituation eintreten wird. Mit Sicherheit bekannt sind jedoch die Anzahl möglicher Datensituationen, die Anzahl von Entscheidungsalternativen und die Höhe des Erfolgs einer Entscheidungsalternative in jeder Datensituation.
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trittswahrscheinlichkeiten zuordnen kann oder nicht, zwischen Risiko183 und Ungewissheit184 unterschieden. Wenngleich nicht durchgängig von der Benennung von Eintrittswahrscheinlichkeiten für bestimmte Datensituationen zu trennen, wird die Frage der Zuordnung von Wertansätzen für bestimmte Entscheidungen bzw. Handlungsalternativen grundsätzlich gesondert betrachtet. In der Terminologie von ADAM handelt es sich um einen Bewertungsdefekt, „wenn es dem Entscheidungsträger nicht oder nicht zweifelsfrei gelingt, den richtigen Wertansatz zu quantifizieren.“185 Wesentliches gemeinsames Element der beiden genannten Problemaspekte – Benennung von Eintrittswahrscheinlichkeiten und Quantifizierung von Wertansätzen – ist das sich bei Planungen stellende Prognoseproblem.186 2.3.4.2. Zum Umgang mit unsicheren Daten Die entscheidungsorientierte Betriebswirtschaftslehre beschränkt sich bekanntermaßen nicht auf die Feststellung der geschilderten Problemlagen, sondern hat verschiedene Formen des Umgangs mit unsicheren Daten entwickelt. Mit ADAM lassen sich diese Reaktionsformen zunächst danach unterscheiden, ob die Auswahl einer Strategie auf Basis des gegebenen Informationsstands erfolgen soll oder ob weitere Informationszuwächse berücksichtigt werden sollen:187 Bei der ersten Kategorie (Zugrundelegung des gegebenen Informationsstands) lassen sich wiederum zwei Vorgehensweisen unterscheiden. Im Rahmen der Entscheidung auf Basis der vollständigen Risikostruktur versucht der Entscheidungsträger die Risikostruktur seiner Entscheidung offen zu legen. Hierzu werden Instrumente wie die Entscheidungsmatrix188, die Risikoanalyse189 und die Sensitivitätsanalyse190 eingesetzt. Kennzeichnend für diese Vorgehensweise ist, dass eine Festlegung auf eine optimale Entscheidung nicht erfolgt und es zumeist nur gelingen wird, bestimmte Strategien aus 183
184 185 186 187 188 189
Vgl. Bamberg/Coenenberg (2004), S. 76; Sieben/Schildbach (1990), S. 18; Schneeweiß (1991), S. 99. Teilweise wird dies im Schrifttum auch als Unsicherheit im engeren Sinne bezeichnet. So z.B. bei Laux (2005), S. 23. Vgl. Bamberg/Coenenberg (2004), S. 127. Adam (1996), S. 153. Vgl. hierzu Adam (1996), S. 194 ff. Vgl. zum Folgenden Adam (1996), S. 219 ff. Vgl. Klein/Scholl (2004), S. 39. Vgl. Adam (1996), S. 265 ff.; Dinkelbach (1982), S. 73.
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dem Entscheidungsfeld zu eliminieren und damit das Entscheidungsfeld zu verkleinern. Allerdings ermöglicht dieses Vorgehen häufig die Angabe bestimmter Bandbreiten, innerhalb derer sich die bestimmbaren Auswirkungen einer Strategie bewegen – insoweit ist im Übrigen die Parallele zur Bestimmung des Einigungsbereichs im Rahmen der Ermittlung des Arbitriumwerts nicht zu übersehen.191 Im Gegensatz zur Offenlegung der vollständigen Risikostruktur (genauer: der hierauf basierenden Entscheidungsfindung) wird bei der Entscheidung auf Basis verdichteter Informationen über die Risikostruktur eine eindimensionale Kenngröße für den Erfolg abgeleitet. Abhängig davon, ob die Eintrittswahrscheinlichkeiten bekannt sind, lassen sich hier zwei Prinzipien der Verdichtung unterscheiden. Bei bekannten Wahrscheinlichkeiten wird der Erwartungswert des Erfolgs oder des Nutzens herangezogen. Sind die Wahrscheinlichkeiten nicht bekannt, wird u.U. auf nur eine Datensituation für die Beurteilung einer Strategie zurückgegriffen. Bei der zweiten Kategorie (Berücksichtigung von Informationszuwächsen) geht es darum, die vorhandene Unsicherheit möglichst weit zu reduzieren. Dies kann einerseits dadurch geschehen, dass eine Verbesserung des Informationsstands im Entscheidungszeitpunkt angestrebt wird, wobei sich auch die Frage stellt, ob eine solche ökonomisch überhaupt sinnvoll ist. Andererseits kann es sich insbesondere bei mehrperiodigen Planungen anbieten, in der Gegenwart noch keine Entscheidung zu treffen, die sich in die Zukunft verschieben lässt. Es eröffnet sich dann ggf. die Möglichkeit, im Zeitablauf zusätzliche Informationen zu gewinnen, die dann noch in die Entscheidungsfindung einbezogen werden können. Eine hierauf abzielende Vorgehensweise kann bereits allgemein als flexible Planung (auch nur als Flexibilität) bezeichnet werden.192 In technischer Hinsicht liegt es dabei nahe, den Planungszeitraum in Teilperioden zu untergliedern, wobei von den zum Planungszeitpunkt geplanten Maßnahmen nur die der ersten Teilperiode realisiert und nach deren Ende die Planung neu aufgeworfen und unter Heranziehung des verbesserten Informationsstands um eine Teilperiode in die Zu-
190 191 192
Vgl. Klein/Scholl (2004), S. 317 ff. Vgl. zur Ermittlung von Arbitriumwerten oben Abschnitt 2.3.3.2.1. Vgl. hierzu Adam (1996), S. 299 ff.; Dinkelbach, in: HWPlan (1989), Sp. 510 ff. Vgl. zum Einbau von Flexibilität bei Planungen auch Meffert, ZfbF 1985, S. 121 ff.; Jacob, ZfB 1974, S. 299; derselbe, ZfB 1974, S. 505 ff.; umfassend zur betriebswirtschaftlichen Flexibilitätsforschung Burmann, in: HWB (2007), Sp. 504 ff.
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kunft verschoben wird.193 Unter dem Gesichtspunkt der Planungstechnik wird dieses Vorgehen daher als rollierende Planung bezeichnet.194 In dem auch der hier wiedergegebenen Systematik zugrunde liegenden engeren Sinne wird unter flexibler Planung allerdings – ebenfalls im Sinne einer Planungstechnik – die flexible Gestaltung des Planungsvorgangs selbst bezeichnet.195 Charakteristisch ist dabei, dass von vornherein mögliche Informationszuwächse in die Planung einbezogen und auch Planrevisionen von Anfang an in Form von Eventualentscheidungen im Sinne der expliziten Formulierung bedingter Strategien berücksichtigt werden.196 Eine ergänzende Kombination mit der rollierenden Planung ist hierbei ebenfalls denkbar.197 Die Berücksichtigung bedingter Strategien hat zur Folge, dass im Sinne eines umfassenderen Entscheidungsfelds tendenziell mehr Handlungsalternativen bzw. Strategien zu berücksichtigen sind als bei der flexiblen Planung in der oben beschriebenen Grundform, was allerdings vielfach zu Lasten der Handhabbarkeit des zu lösenden Planungsproblems gehen kann. Entsprechend stellt ADAM zu Recht fest: „Flexible Planung [gemeint ist die flexible Planung im engeren Sinne, der Verf.] ist mehr ein Denkprinzip als ein für praktische Planungsprobleme zu empfehlendes Planungsverfahren.“198 Eine weitere mögliche Vorgehensweise, die keiner der beiden genannten Kategorien (Zugrundelegung des gegebenen Informationsstands einerseits und Berücksichtigung von Informationszuwächsen andererseits) eindeutig zugeordnet werden kann, ist die sog. Flexibilitätsplanung.199 Hierbei erfolgt die Berücksichtigung der Unsicherheit dadurch, dass die Entscheidungen unter Einbeziehung der im Einzelfall differenziert zu erhebenden erforderlichen Anpassungsflexibilität getroffen werden. Es erfolgt somit zwar eine Entscheidung auf Basis des gegebenen Informationsstands, gleichermaßen soll jedoch die Möglichkeit der kostengünstigen Anpassung an künftige Entwicklungen bestehen. Der Schwerpunkt liegt somit auf einer möglichst geringen Beschränkung künftiger Handlungsspielräume durch gegenwärtige Entscheidungen. 193
194 195 196 197 198 199
Da die endgültige Entscheidung über eine Planrevision jeweils erst nach Eingang zusätzlicher Informationen über Umweltzustände erfolgt, wird dies auch als starre Planung mit Revisionsmöglichkeiten bezeichnet. Vgl. Dinkelbach, in: HWPlan (1989), Sp. 510. Vgl. Dinkelbach, in: HWPlan (1989), Sp. 510. Vgl. Dinkelbach, in: HWPlan (1989), Sp. 510. Vgl. Adam (1996), S. 224 und S. 299 f.; Dinkelbach, in: HWPlan (1989), Sp. 510. Vgl. Dinkelbach, in: HWPlan (1989), Sp. 510. Adam (1996), S. 300. Vgl. Adam (1996), S. 290 ff.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 59 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Nachfolgende Abb. 2.3.-3 stellt die einzelnen Reaktionsformen bei Unsicherheit zur Veranschaulichung grafisch dar. Reaktionsformen bei Unsicherheit
Auswahl einer Strategie auf Basis eines gegebenen Informationsstandes
auf Basis der vollständigen Risikostruktur
auf Basis verdichteter Informationen über die Risikostruktur (z.B. Erwartungswert)
Berücksichtigung von Informationszuwächsen
Flexibilitätsplanung
Verbesserung des Informationsstands
durch Planungsverfahren (z.B. rollierende u. flexible Planung)
Abb. 2.3.-3: Reaktionsformen bei Unsicherheit200
2.3.4.3. Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung Eine Gleichsetzung der Unsicherheit über für die Bewertung erforderliche Informationen mit dem in der Entscheidungstheorie aufgegriffenen Unsicherheitsproblem erscheint zwar ebenso wenig gerechtfertigt wie die Reduktion der steuerrechtlichen Wertfindung auf ein rein betriebswirtschaftliches Entscheidungsproblem.201 Gleichwohl ist damit die Heranziehung von Lösungsansätzen zur Bewältigung von Unsicherheit im ausgeführten entscheidungstheoretischen Sinne keineswegs ausgeschlossen. Allerdings ist im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Lösungsansätze eine differenzierende Betrachtung erforderlich. Dies betrifft zunächst die der ersten Kategorie (Zugrundelegung des gegebenen Informationsstands) zuzuordnenden Ansätze. Während der Ansatz einer Entscheidung auf Basis einer verdichteten Risikostruktur und insbesondere das Erwartungswertkonzept im Rahmen der Bewertung von vornherein auch für die steuerrechtliche Wertfindung geeignet erscheinen, gilt dies für das Konzept der 200 201
Quelle: Adam (1996), S. 220. Letzteres jedoch nicht deutlich herausstellend Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 39 ff.
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Entscheidung auf Basis der vollständigen Risikostruktur nur mit gewissen Einschränkungen. Grund hierfür ist, dass die steuerrechtliche Wertfindung nicht auf einen Entscheidungsträger beschränkt ist, sondern hieran zwei Parteien – Steuerpflichtiger und Finanzverwaltung – beteiligt sind. Eine Offenlegung der Risikostruktur ohne letztlich konkrete „Entscheidungsvorgabe“ führt damit zu vorprogrammierten Konflikten. Gleichwohl lassen sich mögliche Einsatzfelder für diesen Lösungsansatz identifizieren. So kann daran gedacht werden, in bestimmten Fällen – gerade aufgrund der bestehenden Unsicherheit – eine Bandbreite möglicher Wertansätze für zulässig zu erklären. Die Offenlegung der vollständigen Risikostruktur kann somit dazu dienen, für die an der steuerrechtlichen Wertfindung Beteiligten den Rahmen festzulegen, in dem sich die Bewertung bewegen soll. Eine solche „erste Eingrenzung“ erscheint auch dann sinnvoll, wenn möglicherweise nicht sämtliche innerhalb der Bandbreite gelegenen Werte zulässig sein sollen. Ebenfalls differenziert zu beurteilen ist die Eignung der im Rahmen der zweiten Kategorie (Berücksichtigung von Informationszuwächsen) diskutierten Konzepte für die steuerrechtliche Wertfindung. Die Verbesserung des Informationsstands im Planungszeitpunkt kommt auch für die steuerrechtliche Bewertung in Betracht. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine eigenständige Vorgehensweise, sondern vielmehr um die sich bei jeder Entscheidungsfindung und Bewertung stellende Frage nach den akzeptablen Informationskosten. Was die Heranziehung von Planungsverfahren und insbesondere des Konzepts der flexiblen Planung betrifft, so kommt es darauf an, ob eine abschließende Entscheidung über den Wert am Stichtag, d.h. eine Bewertung am Stichtag zwingend erforderlich ist oder nicht. Im ersten Fall scheidet dieser Ansatz aus. Im zweiten Fall ist er auch für die steuerrechtliche Bewertung im Grundsatz geeignet, weist er doch auf die Möglichkeit hin, die Entscheidung über den maßgeblichen Wert erst möglichst spät, ggf. eben auch nach dem Stichtag zu treffen, wenn bessere Informationen verfügbar sind. Auch die Grundüberlegung der Flexibilitätsplanung kann für die steuerrechtliche Wertfindung nutzbar gemacht werden. In Abgrenzung zur flexiblen Planung lässt sie, d.h. der für sie kennzeichnende Kerngedanke der Anpassungsflexibilität es nahe liegend erscheinen, dass zunächst ein Wert auf Basis der verfügbaren Informationen angesetzt wird, der dann später bei Vorliegen zusätzlicher Informationen durch einen anderen Wert
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ersetzt wird. Im Einzelfall stellt sich hierbei allerdings die noch zu diskutierende Frage nach der verfahrensrechtlichen Umsetzung. Die oben aufgezeigte Unterscheidung zwischen flexibler Planung (im engeren Sinne), ihrer Umsetzung im Wege der rollierenden Planung und die Abgrenzung zur Flexibilitätsplanung soll im Folgenden nicht aufrechterhalten werden. Vielmehr erscheint es für Zwecke der weiteren Analyse ausreichend, wenn im Rahmen der gedanklichen Anknüpfung an die genannten Vorgehensweisen unter Bezugnahme auf den Begriff der flexiblen Planung zunächst vereinfachend das Hinauszögern einer endgültigen Entscheidung bis zum Vorliegen bestimmter Daten verstanden wird, was eine an der steuerrechtlichen Wertfindungsproblematik ausgerichtete spätere Differenzierung jedoch keinesfalls ausschließt. 2.4. Integration von Problemsicht und Lösungsansätzen in einen Bezugsrahmen 2.4.1. Grundüberlegung Bereits die Problembeschreibung ließ erkennen, dass die Problematik äußerst vielschichtig ist. Dies hat auch die vorgenommene Suche nach möglichen Lösungsansätzen bestätigt. Der Versuch einer abschließenden detaillierten und trennscharfen Problembeschreibung wie auch Darstellung möglicher Lösungsansätze, die auf konkrete steuerrechtliche Bewertungskontexte angewendet werden könnten, erscheint daher – jedenfalls an dieser Stelle – nicht Erfolg versprechend. Dies wird bereits dann deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass eine entscheidende „Weichenstellung“ innerhalb des jeweiligen steuerrechtlichen Bewertungskontextes etwa durch die Vorgabe eines konkreten Bewertungsverfahrens erfolgen kann und unterschiedliche Bewertungsverfahren wiederum ganz unterschiedliche Problemkomplexe aufweisen können, die differenzierte Lösungen erfordern. Im Übrigen dürfte ohnehin keine idealtypische Beobachtbarkeit möglicher Lösungsansätze im derzeit geltenden deutschen Steuerrecht zu erwarten sein. Hierfür spricht nicht zuletzt, dass sich das Steuerrecht in einzelnen Bewertungskontexten – abhängig insbesondere von den anzutreffenden „Aktivitäten“ des Gesetzgebers und auch der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung – im Sinne eines „law in action“202 in unterschiedlichen Entwicklungsphasen bezüglich der Ausgestaltung der Wertfindung befinden
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dürfte.203 Auch die jeweiligen Besonderheiten zu berücksichtigen, welche die noch abstrakt gehaltene grundlegende Annäherung möglicherweise nicht sichtbar werden lässt, muss somit dem dritten Kapitel vorbehalten bleiben, in dem einzelne konkrete steuerrechtliche Bewertungskontexte zu analysieren sind. Wenn an dieser Stelle aus den genannten Gründen auf den Versuch einer systematisierenden Übersicht im Sinne einer abschließenden „geordneten Auflistung“ möglicher Probleme und Lösungsansätze verzichtet wird, so soll damit allerdings nicht impliziert werden, dass die zu untersuchenden steuerrechtlichen Bewertungskontexte einer systematischen Analyse überhaupt nicht zugänglich sind bzw. eine solche von vornherein ausgeschlossen ist, geschweige denn, dass eine solche hier nicht beabsichtigt ist. In Anbetracht der dieser Untersuchung zugrunde liegenden Kernfrage, in welcher Form das derzeit geltende deutsche Steuerrecht die Aufgabe der Wertfindung bewältigt, ist vielmehr auf der Grundlage der identifizierten Problemdimensionen und bislang gefundenen Lösungsansätze für die nachfolgende Analyse ein Bezugsrahmen zu entwickeln, der letztlich beide Aspekte – Problemdimensionen und Lösungsansätze – zusammenführt. Im Hinblick auf die Entwicklung dieses Bezugsrahmens erscheinen vorab zwei zentrale, aus den bisherigen Überlegungen ableitbare Erkenntnisse hervorhebungsbedürftig: Zum einen sind der jeweilige konkret zu ermittelnde Wert im Sinne von Bewertungsmaßstab und das auf dessen Ermittlung abzielende Bewertungsverfahren von wesentlicher Bedeutung für die mit der Wertfindung verbundenen Probleme.204 Zum anderen kann die Wertfindung – abhängig vom Ausmaß der vorhandenen rechtlichen Vorgaben – aber auch als Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung verstanden werden, für die – wiederum abhängig von der „Reichweite“ der rechtlichen Vorgaben und den damit 202 203
Vgl. auch Marx (1990), S. 10, mit Verweis auf Hopt, in: Kübler (1984), S. 231, Fn. 1. Gerade vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob eine Konservierung des festzustellenden Ist-Zustands sinnvoll und notwendig ist. Dahingehend auch Kuhn, BFuP 1968, S. 19, der „die Entwicklung neuer Wertkonventionen für die Zwecke der Besteuerung, sofern die vorhandenen Wertkonventionen und ihre Interpretationen nicht geeignet erscheinen, ihren Zweck unter Beachtung der Prinzipien der Besteuerung erfüllen zu können“, als Aufgabe der betriebswirtschaftlichen Bewertungslehre herausstellt.
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verbundenen Lösungsansätzen – unterschiedliche mögliche Verläufe anzunehmen sind. Konsequenz dieser Erkenntnisse ist, dass bei der Entwicklung des Bezugsrahmens beiden Aspekten Rechnung zu tragen ist. In Anbetracht des letztgenannten Aspekts ist eine gesonderte Betrachtung aus interaktionsorientierter Sicht erforderlich. Im Rahmen einer solchen Betrachtung ist zu untersuchen, welche Konfliktanfälligkeit die jeweiligen rechtlichen Vorgaben mit sich bringen und wie hiermit umgegangen wird, was ggf. auch ein Hinterfragen des durch das geltende Recht angelegten Verhältnisses mehrerer Bewertungsmaßstäbe und -verfahren und der damit wiederum verbundenen Interaktionen nahe legt. Wichtig erscheint dabei vor allem die Feststellung, dass – dies ist gerade im Hinblick auf die Normgebung von Bedeutung – die für eine Wertfindung letztlich erforderliche Konfliktlösung einerseits über die entsprechende geeignete Ausgestaltung von Bewertungsmaßstab und -verfahren angestrebt und im Idealfall erreicht werden kann (in diesem Fall wird ein Konflikt von vornherein vermieden) und andererseits durch die Einigung der Parteien selbst („Eigenlösung“) oder aber unter Hinzuziehung Dritter.205 Die rechtliche Ausgestaltung der Bewertung bzw. Wertfindung kann daher im Hinblick auf die Berücksichtigung möglicher Konflikte zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung nicht nur am jeweiligen Bewertungsmaßstab und -verfahren selbst, sondern auch an den beiden letztgenannten Gesichtspunkten ansetzen. Ungeachtet der letztlich zwingend erforderlichen Konfliktbewältigung erscheint eine Überbetonung dieses Aspekts aber nicht sachgerecht. Vielmehr darf nicht übersehen werden, dass die konkrete Bewertung gleichsam als „Bestandteil“ der im Sinne der vorliegenden Untersuchung verstandenen Wertfindung206 letztlich um einen Bewertungsmaßstab und ein entsprechendes Verfahren – beide Begriffe sind in der Folge noch weiter zu präzisieren – nicht umhinkommt. Gerade insoweit können über das aufgezeigte Erfordernis der Konfliktbewältigung hinaus noch weitere Problemaspekte – erinnert sei an dieser Stelle nur an die (Bewertungs-)Unsicherheit207 – auftreten, die zu beachten sind. Um aber diesen adäquat Rechnung tragen zu können, ist gesondert zu fragen, ob und unter wel204 205 206 207
Vgl. zu den Begriffen Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren unten Abschnitt 2.4.2. Vgl. zu den Möglichkeiten der Konfliktbeendigung bereits oben Abschnitt 2.3.2.2. Vgl. zum Begriff oben Abschnitt 2.2.3. Vgl. oben Abschnitt 2.2.2.
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chen Gesichtspunkten Bewertungsmaßstäbe und -verfahren selbst einer wissenschaftlichen Analyse zugänglich sind und wie diese ggf. in systematischer Form erfolgen kann, um somit letztlich auch insoweit die seitens des geltenden Rechts herangezogenen Lösungsansätze identifizieren, einordnen und kritisch würdigen zu können. Diese Frage ist in Abschnitt 2.4.3. im Anschluss an die im folgenden Abschnitt 2.4.2. vorzunehmende Einordnung der Wertfindung als Interaktion gesondert zu erörtern. 2.4.2. Wertfindung als Interaktion Wie bereits eingangs ausgeführt, versucht das Steuerrecht dem Problem der Wertfindung bei Fehlen von Geldtransaktionen auf unterschiedliche Arten Rechnung zu tragen.208 So bedient es sich nicht zuletzt verschiedener – oben als „Bewertungskonzeptionen“ bezeichneter – kontext-abhängiger steuerrechtlicher Konstrukte, die unterschiedliche Konkretisierungsgrade aufweisen können. Ungeachtet der bereits erwähnten Vielschichtigkeit der Problematik ist in Anbetracht der bisherigen Überlegungen gleichwohl zu vermuten und – um es vorwegzunehmen – auch im weiteren Untersuchungsverlauf konkret zu zeigen, dass die im Steuerrecht zum Einsatz kommenden Vorgehensweisen in ihren Grundlinien auf eine begrenzte Anzahl sich wiederholender Typen zurückgeführt werden können. Für diese Vermutung, die nicht nur auf die Analyse von Bewertungsmaßstäben und -verfahren an sich, sondern auch auf die Betrachtung der Wertfindung aus der im obigen Sinne verstandenen interaktionsorientierten Sicht zu beziehen ist, spricht nicht zuletzt, dass bereits die in allgemeinem Zusammenhang, d.h. losgelöst von dem konkreten steuerrechtlichen Bezug vorgenommene Suche nach Lösungsansätzen in verschiedenen Problemkonstellationen teilweise die Verwendung gleicher oder zumindest ähnlicher Lösungsansätze offenbart hat. Beispielhaft angeführt sei hier nur das Bestreben nach einer, der Konfliktbewältigung zuträglichen, objektivierten Bewertung, welches sowohl im Zusammenhang mit der externen Rechnungslegung209 als auch bei der objektivierten Unternehmensbewertung210 festzustellen war. Im Hinblick auf die vertiefte Betrachtung aus interaktionsorientierter Sicht wird der weiteren Untersuchung daher das im Folgenden darzustellende Erklä208 209 210
Vgl. auch bereits oben Abschnitt 1.1. Vgl. oben Abschnitt 2.3.3.1.2. Vgl. oben Abschnitt 2.3.3.2.2.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 65 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
rungsmodell211 zugrunde gelegt. Indem das Modell insoweit letztlich in abstrakter Form die oben herausgearbeiteten Charakteristika der steuerrechtlichen Bewertungsproblematik bzw. Wertfindungsproblematik und die in der Folge identifizierten möglichen Lösungsansätze verbindet, soll die Basis geschaffen werden für die anschließend durchzuführende bewertungskontextspezifische Analyse. Explananda des Modells sind zum einen die durch das Recht geschaffenen Regelungen zur Bewältigung der Wertfindungsaufgabe selbst und zum anderen die sich im Rahmen der Wertfindung auf deren Grundlage einstellenden Interaktionen zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung. Bei dem Modell handelt es sich um ein nicht quantitatives Aussagengebilde, mit dem im Sinne einer vereinfachten Abbildung der Realität Generalisierungen getroffen werden, die eine Regelmäßigkeit bestimmter (ursächlicher) Zusammenhänge behaupten.212 Die Zusammenfassung von Abbildungs- und Kausalitätsaspekt mündet in die Zielsetzung, die für die zu beobachtenden Phänomene bzw. komplexen Zusammenhänge ursächlichen Faktoren zutreffend im Modell abzubilden.213 Der Detaillierungsgrad ist bewusst niedrig gehalten, was insbesondere auch eine Identifizierung von „Zwischenlösungen“ ermöglichen soll.214 Abb. 2.4.-1 stellt das Modell grafisch dar, das anschließend im Einzelnen zu erläutern ist.
211
212
213 214
Vgl. grundlegend zur Modellbildung und den Typen betriebswirtschaftlicher Modelle Braun, in: HWB (1993), Sp. 1227 ff.; Köhler, in: HWB (1975), Sp. 2702 ff., der allerdings in Erwägung zieht, erst nach vielfältiger Bewährung von einem Modell und vorher lediglich von einem „intendierten Modell“ zu sprechen. Vgl. ferner Adam (1996), S. 60 ff.; derselbe, WISU 1976, S. 1 ff.; Schauenberg, in: Bitz/Domsch/Ewert/F. Wagner (2005), S. 48; Bamberg/Coenenberg (2004), S. 13, m.w.N.; Schmidt/Schor, in: Schmidt/Schor (1987), S. 14 ff. Vgl. grundlegend Köhler, in: HWB (1975), Sp. 2711; Schmidt/Schor, in: Schmidt/Schor (1987), S. 16 ff. Vgl. zum Begriff des Erklärungsmodells auch Adam (1996), S. 87 f.; derselbe, WISU 1976, S. 2; Grochla, ZfbF 1969, S. 388 f.; zur Verwendung eines nicht quantitativen Modells zur Erklärung von Handlungsabfolgen im steuerrechtlichen Kontext auch bereits Marx (1990), S. 4. Vgl. Schmidt/Schor, in: Schmidt/Schor (1987), S. 18. In der Terminologie von Schmidt/Schor, in: Schmidt/Schor (1987), S. 21 ff., kann in letzter Konsequenz von „veredelbaren Approximationen“ gesprochen werden. Das heißt, es werden vorläufige „Inexaktheiten“ des Modells im Sinne von Ausgangspunkten für einen Prozess der im weiteren Untersuchungsverlauf zu leistenden „Veredelung“ in Kauf genommen.
66 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Gesetzliche Vorgabe eines Bewertungsmaßstabs
nein
Rechtliche Vorgabe eines Bewertungsverfahrens
(1)
ja Rechtliche Vorgabe von Lösungsansätzen betr. Verfahrenskomponenten (2)
Potenzieller Konflikt
nein
ja
Verpflichtend (3) nein
Optional
(4)
Eigenlösung
Hinzuziehung Dritter
Inanspruchnahme ja
Wertfindung
Konfliktvermeidung durch (eindeutige) Bewertungsvorgaben
Abb. 2.4.-1: Erklärungsmodell: Wertfindung als Interaktion Als Ausgangspunkt der Wertfindung wird die gesetzliche Vorgabe eines Bewertungsmaßstabs angenommen. Es stellt sich hieran anknüpfend dann die Frage, ob (1)215 das Steuerrecht es bei diesem Bewertungsmaßstab bewenden lässt oder ob zusätzlich eine eindeutige und damit konfliktvermeidende – auf den Begriff „eindeutig“ ist weiter unten noch einzugehen – rechtliche Vorgabe bezüglich des zu seiner Konkretisierung anzuwendenden Bewertungsverfahrens erfolgt. Der Begriff Steuerrecht soll dabei in einem weiten Sinne verstanden werden. Hierunter werden nicht nur das gesetzlich kodifizierte Steuerrecht, sondern auch von der Rechtsprechung entwickelte und anerkannte Grundsätze ebenso wie von der Finanzverwaltung als ‚Quasi- bzw. Interimsgesetzgeber’216 herausgegebene Erlasse gefasst.217 Das der Untersuchung zugrunde liegende Verständnis bzw. Verhältnis der Begriffe Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren möge nachfolgendes Beispiel verdeutlichen.
215 216 217
Die Nummerierungen im Text beziehen sich auf Abb. 2.4.-1. Rose, in: FS Wöhe (1989), S. 293. Vgl. zu einem solchen Steuerrechtsverständnis auch Marx (1990), S. 2; Rose, in: FS D. Schneider (1995), S. 490 ff. Vgl. zum Verhältnis von Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung mit Bezug auf das Steuerrecht auch Spindler, Stbg 2006, S. 1 ff.
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§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG enthält die Legaldefinition des sog. Teilwerts:218 „Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.“ Der Gesetzgeber bestimmt also einen Bewertungsmaßstab, den Teilwert, lässt jedoch offen, wie dieser im Einzelnen auszufüllen ist. Weiterhin wäre es denkbar, dass das Steuerrecht etwa eine wie folgt lautende Bewertungsanweisung enthält: „Der Teilwert ist unter Anwendung des Ertragswertverfahrens219 zu ermitteln.“ In diesem Fall wäre das Ertragswertverfahren als Bewertungsverfahren im Sinne der vorliegenden Untersuchung zu verstehen. Dieser „Abstufung“ von Bewertungsmaßstab auf der einen und Bewertungsverfahren auf der anderen Seite liegt allerdings eine idealtypische Sichtweise zugrunde, von der auch – im dritten Kapitel noch herauszuarbeitende – Abweichungen durchaus denkbar sind. So ist es, wenngleich nicht explizit im Modell abgebildet, auch vorstellbar, dass der Gesetzgeber selbst bereits ein Bewertungsverfahren benennt, so dass beide Aspekte gleichsam ineinander übergehen. Beispielhaft lässt sich hier die unmittelbare Normierung des oder eines Ertragswertverfahrens anführen, die gleichermaßen die Festlegung des Ertragswerts als Bewertungsmaßstab vornimmt. Ein solches „Ineinanderübergehen“ von Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren kann sich auch einstellen, wenn der Bewertungsmaßstab so gewählt wird, dass ein gesondertes Verfahren zu seiner Ermittlung gar nicht mehr benötigt wird. Gedacht werden kann etwa an die Bezugnahme auf einen konkreten Marktpreis. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass ein Bewertungsmaßstab durch einen anderen Bewertungsmaßstab konkretisiert wird, was aber anschließend wiederum – von dem zuletzt genannten Fall abgesehen – die Frage nach dem anzuwendenden Bewertungsverfahren aufwirft. Hieran wird im Übrigen deutlich, dass ein Bewertungsverfahren durchaus zur Konkretisierung unterschiedlicher Bewertungsmaßstäbe in Betracht kommen kann. So ist – ganz losgelöst von der steuerrechtlichen Wertfindung – das Ertragswertverfahren zunächst auf die Ermittlung des Bewertungsmaßstabs „Ertragswert“ gerichtet, was aber dessen Einsatz zur Teilwertermittlung nicht von vornherein ausschließt. Wird Letzteres angeordnet, so dient das 218 219
Vgl. ausführlich zum Teilwert unten Abschnitt 3.1. Vgl hierzu Schmidt/Terberger (1997), S. 130.
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Ertragswertverfahren auch der Ermittlung des Bewertungsmaßstabs „Teilwert“ und damit – neben der Bestimmung des Ertragswerts selbst – noch eines weiteren Bewertungsmaßstabs, wobei der Grund hierfür auch dahingehend beschrieben werden kann, dass der Bewertungsmaßstab „Teilwert“ letztlich im Sinne eines „übergeordneten“ Bewertungsmaßstabs über den „zwischengeschalteten“, in der Investitionstheorie verorteten Bewertungsmaßstab „Ertragswert“ konkretisiert wird, für den gleichsam „originär“ wiederum mit dem Ertragswertverfahren ein entsprechendes Bewertungsverfahren existiert. Wenngleich die vorstehenden Überlegungen somit durchaus auch Abweichungen bzw. Varianten vermuten lassen, erscheint die vorgenommene, idealtypische Trennung zwischen Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren sinnvoll, ermöglicht sie doch eine grundlegende Einordnung des relevanten Zusammenhangs und damit einhergehend eine Problemzerlegung, die zur Transparenz beitragen kann. Sie bringt letztlich zum Ausdruck, dass es im Rahmen der Bewertung einerseits eines Bewertungsmaßstabs und andererseits eines Vorgehens zu dessen Ermittlung, d.h. eines Bewertungsverfahrens bedarf – ungeachtet dessen, dass insoweit auch ein Ineinanderübergehen möglich ist. Hiervon abgesehen verdeutlicht die Trennung, dass ein Konflikt zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung bereits dadurch angelegt sein kann, dass sowohl das Gesetz als auch die übrigen Bestandteile des im vorstehenden weiten Sinn definierten Rechts es an der Vorgabe eines Bewertungsverfahrens fehlen lassen. Was das Verhältnis von Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren betrifft, so ist darüber hinaus festzuhalten, dass beide sich gegenseitig bedingen. Folglich beinhaltet die Auseinandersetzung mit einem Bewertungsmaßstab implizit auch stets die Auseinandersetzung mit einem entsprechenden Verfahren und umgekehrt. In einem weiteren gedanklichen Schritt kann die Frage gestellt werden, ob (2) das Steuerrecht „Lösungsansätze“ im Hinblick auf die in das jeweilige vorgegebene Bewertungsverfahren Eingang findenden Verfahrenskomponenten bereitstellt bzw. vorgibt. Unter Verfahrenskomponenten werden dabei Größen verstanden, die in die konkrete Bewertung Eingang finden. Im Rahmen des Ertragswertverfahrens wären hierunter beispielsweise die zugrunde zu legenden künftigen Zahlungsüberschüsse zu verstehen. Die Vorgaben, nach denen zu fragen ist, betreffen – wie auch Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren selbst – letztlich den Umgang mit den eingangs aufgezeigten Problemen der
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 69 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Subjektivität220 und der Unsicherheit221 auf Ebene der Bewertungskomponenten, wobei auch die oben herausgearbeiteten Lösungsalternativen in Betracht kommen. Fehlt es insoweit an eindeutigen Vorgaben, so droht wiederum ein Konflikt zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung. Auch die Abgrenzung zwischen Bewertungsmaßstab bzw. -verfahren auf der einen und Bewertungskomponenten auf der anderen Seite wird möglicherweise nicht immer trennscharf möglich sein. Dies keineswegs ignorierend wird mit der Unterscheidung jedoch wiederum eine Problemzerlegung und damit einhergehend die Erhöhung der Transparenz der Analyse beabsichtigt. In einem nächsten gedanklichen Schritt kann danach differenziert werden, ob die vorhandenen rechtlichen Vorgaben für den Steuerpflichtigen (3) verpflichtend oder (4) optional sind. Diese Unterscheidung kann in zweifacher Hinsicht verstanden werden: Zum einen ist es denkbar, dass das Steuerrecht selbst entweder eine verpflichtende Vorgabe trifft oder ein Wahlrecht einräumt. In diesem Sinne soll die Unterscheidung zwischen verpflichtender und optionaler Vorgabe auch hier in erster Linie erfolgen. Zum anderen besteht selbst bei verpflichtender rechtlicher Vorgabe die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln (Einspruch, Klage bei den Finanzgerichten, dem Bundesfinanzhof, ggf. auch beim Bundesverfassungsgericht) mit der Folge, dass eine rechtliche Verpflichtung – jedenfalls bis zur endgültigen Entscheidung über das Rechtsmittel – faktisch zu einer Option wird. Dieser zweite Aspekt soll hier jedoch allenfalls nachrangig behandelt werden, was durch die gestrichelte Linie in Abb. 2.4.-1 zum Ausdruck gebracht werden soll. Wird eine Option nicht wahrgenommen, so ist der Ablauf bei Vorliegen weiterer bzw. alternativer Vorgaben zu wiederholen. Eine – im obigen Sinne – verpflichtende eindeutige rechtliche Vorgabe führt ebenso zur von vornherein konfliktfreien Wertfindung wie die Wahrnehmung einer Option durch den Steuerpflichtigen. Dabei bedarf es allerdings nur im Idealfall lediglich einer Vorgabe, der Regelfall dürfte vielmehr darin bestehen, dass letztlich eine Reihe von Verfahrenskomponenten benötigt wird. In diesem Fall sind die dargestellten Über220
Vgl. oben Abschnitt 2.2.1.
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legungen auf jede einzelne Verfahrenskomponente zu beziehen. Kommt es dabei zur endgültigen „Verweigerung“ einer Option durch den Steuerpflichtigen, droht ein Konflikt zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung. Wie das Modell zum Ausdruck bringt und auch oben bereits ausgeführt wurde, kann ein sich einstellender bzw. verbleibender Konflikt entweder allein durch die Beteiligten selbst („Eigenlösung“) oder unter Hinzuziehung Dritter bewältigt werden. Wenngleich das geltende Recht Ausgangspunkt der Untersuchung ist und somit als „Datum“ betrachtet wird, ist gerade in den Fällen, in denen die jeweiligen Bewertungsmaßstäbe und -verfahren selbst nicht zwingend eine Konfliktbewältigung ermöglichen, zu fragen, ob und inwieweit die vorhandenen Rechtsnormen zu einer solchen beitragen bzw. diese unterstützen können, was insbesondere die Konfliktbewältigung durch die Beteiligten selbst im Sinne einer Eigenlösung betrifft. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass im Rahmen der Analyse lediglich auf wertfindungsspezifische Erscheinungsformen der Hinzuziehung Dritter – erwähnt wurde hier bereits die Einbeziehung von Bewertungsgutachtern in die Wertfindung – abgestellt werden soll.222 Damit einhergehend ist im Hinblick auf die weitere Untersuchung noch eine ausdrückliche Einschränkung dahingehend geboten, dass die Möglichkeit der Anrufung von Gerichten in Anbetracht ihrer ohnehin kontextübergreifenden Verfügbarkeit nicht gesondert unter dem Gesichtspunkt der Hinzuziehung Dritter zu problematisieren ist. Im Übrigen sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass Formen der Hinzuziehung Dritter wie auch generell an die Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung anknüpfende Ansätze nur beobachtbar sind, soweit sie bereits im geltenden Recht „institutionalisiert“ sind.223 Folglich scheidet gerade unter diesem Gesichtspunkt ein „sklavisches“ Durchlaufen des Modells aus. Neben der beschriebenen interaktionsorientierten Sicht muss die Analyse der Ausgestaltung der Wertfindung im derzeit geltenden deutschen Steuerrecht zwingend eine Auseinandersetzung mit den anzutreffenden Bewertungsmaßstäben und -verfahren beinhalten. Es stellt sich allerdings vorab die Frage, ob und inwieweit eine solche Analyse möglich ist bzw. unter welchen Gesichtspunkten sie in systematischer Form erfolgen soll. Hierauf ist nachfolgend einzugehen. 221 222 223
Vgl. oben Abschnitt 2.2.2. Vgl. oben Abschnitt 2.3.2.2. Vgl. auch oben Abschnitt 2.3.3.2.3. Vgl. bereits oben Abschnitt 2.3.2.2.
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2.4.3. Zur systematischen Analyse von Bewertungsmaßstäben und -verfahren 2.4.3.1. Die steuerrechtliche Sicht Aus rein steuerrechtlicher Perspektive kann zunächst die Frage aufgeworfen werden, ob ein gesetzlich vorgegebener Bewertungsmaßstab224 als geeigneter Indikator für die Messung der steuerlichen Leistungsfähigkeit anzusehen ist.225 Diese Frage stellt sich insbesondere im Zusammenhang mit der möglichen Verfassungswidrigkeit von Bewertungsvorschriften.226 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung soll hierauf jedoch – einhergehend mit der zugrunde liegenden Aufgabenstellung und der dabei in erster Linie interessierenden ökonomischen Perspektive – allenfalls am Rande eingegangen werden. Die Untersuchung setzt sich gerade nicht zum Ziel, neue Indikatoren für die steuerliche Leistungsfähigkeit zu ermitteln. Vielmehr wird der jeweilige gesetzlich vorgegebene Bewertungsmaßstab zunächst als „Datum“ betrachtet. Im Übrigen würde sich, wäre bereits dieser in Frage zu stellen und ggf. auch zu verwerfen, insoweit eine weitere Analyse erübrigen mit der Folge, dass auch keine Erkenntnisse im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung der Wertfindung gewonnen werden könnten. Hiervon abgesehen kann aus steuerrechtlicher Sicht weiterhin untersucht werden, ob ein bestimmtes Bewertungsverfahren mit dem ggf. gesetzlich vorgegebenen Bewertungsmaßstab in Einklang steht. Dieser Aspekt erstreckt sich aus rein steuerrechtlicher Sicht lediglich auf die in erster Linie „rechtstechnische“ Frage, ob das Bewertungsverfahren dem gesetzlich angeordneten Bewertungsmaßstab genügt oder nicht. Dies kann – wohlgemerkt allein aus steuerrechtlicher Sicht betrachtet – etwa zu verneinen sein, wenn sich beide Vorgaben offensichtlich widersprechen. In der Regel dürfte dies jedoch nicht der Fall sein, so dass sich die Frage nach der Konformität von Bewertungsverfahren und Bewertungsmaßstab dann auf die ökonomische Sicht beschränkt, d.h. auf die weiter unten noch zu präzisierende Frage, ob ein Bewertungsverfahren insbesondere konzeptionell mit dem vorgegebenen Bewertungsmaßstab in Einklang steht
224 225
Vgl. zum zugrunde liegenden Verständnis und Verhältnis der Begriffe Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. auch Kuhn, BFuP 1968, S. 18. Vgl. grundlegend zum Prinzip der steuerlichen Leistungsfähigkeit und seiner Konkretisierung Lang, in: Tipke/Lang (2005), § 4, Rn. 80 ff.
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und auf welche Weise das geltende Steuerrecht mit den oben herausgearbeiteten Problemdimensionen der Wertfindung umgeht bzw. sich der bereits aufgezeigten und ggf. noch weiterer Lösungsansätze bedient.227 2.4.3.2. Die ökonomische Sicht 2.4.3.2.1. Modellcharakter von Bewertungen Im Hinblick auf die Würdigung von Bewertungsmaßstäben und -verfahren aus ökonomischer Sicht ist – losgelöst von deren Analyse mit Bezug auf das Steuerrecht – vorauszuschicken, dass Bewertungen häufig selbst eine Modellbildung228 erfordern. Eine Modellbildung setzt wiederum regelmäßig eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Problemstrukturierung voraus, für die es häufig an Letztbegründungen fehlen wird mit der Folge, dass an irgendeinem Punkt eine – wenngleich mehr oder minder begründete, so doch bis zu einem gewissen Grad subjektive – Entscheidung auch im Hinblick auf den zu wählenden Grad der Komplexitätsreduktion getroffen werden muss.229 Zwar kann daran gedacht werden, auch die Modellbildung selbst als Entscheidungsproblem ‚höherer Art’ zu formulieren; jedoch ist zu beachten, dass sich erneut vergleichbare Probleme stellen, so dass letztlich nur eine Verlagerung des Kernproblems auf eine andere Ebene erfolgt.230 Wie im weiteren Untersuchungsverlauf noch deutlich werden wird, haben der Modellcharakter der Bewertung und die damit verbundenen Implikationen Auswirkungen auf die Analysierbarkeit von Bewertungsmaßstäben und -verfahren. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind nachfolgend die einzubeziehenden Analysebereiche zu spezifizieren.
226 227 228 229 230
Vgl. z.B. zur Erbschaftsteuer BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 235; BFH, Beschl. v. 22.05.2002, II R 61/99, BStBl. II 2002, S. 598. Vgl. zu den einzelnen Problemdimensionen oben Abschnitt 2.2. Grundlegend zum Modellbegriff Klein/Scholl (2004), S. 29 ff.; Adam (1996), S. 60 ff.; Bitz (1977), S. 51 ff.; Köhler, in: HWB (1975), Sp. 2701 ff. Vgl. auch schon Ballwieser (1990), S. 2. So auch Ballwieser (1990), S. 2. Im Zusammenhang mit Entscheidungsmodellen wird auch der Begriff „Meta-Entscheidungsproblem“ gebraucht. Vgl. Laux (2005), S. 18.
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2.4.3.2.2. Spezifizierung der bewertungsmaßstabs- und bewertungsverfahrensbezogenen Analysebereiche Im Hinblick auf die Konkretisierung gesetzlich angeordneter Bewertungsmaßstäbe ist an dieser Stelle zunächst an das dieser Untersuchung zugrunde liegende Problem der Bewertung bei Fehlen von Geldtransaktionen zu erinnern.231 Kennzeichnend hierfür ist die Ermittlung von solchen Werten, die im Bewertungszeitpunkt gerade nicht beobachtbar sind. Dies hat zur Folge, dass die „Richtigkeit“ der Bewertung im Sinne der Findung eines richtigen Ergebnisses regelmäßig nicht ohne Weiteres überprüfbar ist. Aufgrund seiner Nichtbeobachtbarkeit stellt das beabsichtigte Ergebnis der Bewertung somit lediglich eine fiktive Größe dar. Wäre dies nicht der Fall, müsste es eben gerade nicht unter Heranziehung eines Bewertungsverfahrens ermittelt werden. Wenn es sich aber um eine fiktive und damit nicht beobachtbare bzw. nicht überprüfbare Größe handelt, lässt sich allerdings auch die Frage, welches von mehreren zur Wertermittlung in Betracht kommenden Bewertungsverfahren zur Bestimmung des gesetzlich angeordneten Bewertungsmaßstabs vorzuziehen ist, nicht pauschal beantworten. Hieraus ist jedoch nicht etwa zu folgern, dass eine Auseinandersetzung mit Bewertungsverfahren überhaupt nicht möglich oder gar verfehlt ist. Vielmehr können diese sehr wohl im Hinblick auf ihre Eigenschaften bzw. Qualitäten hinterfragt werden. Insbesondere ist von Interesse, ob, auf welche Weise und mit welchen Konsequenzen die der steuerrechtlichen Bewertungsproblematik innewohnenden und oben herausgearbeiteten Einzelprobleme bewältigt werden. Einem systematischen Vorgehen bei der durchzuführenden Analyse ist die Festlegung von Orientierungspunkten zuträglich, die sich aus der Problemstruktur selbst ableiten lassen: Aus ökonomischer und insbesondere aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind Überlegungen anzustellen, welche die Frage nach der konzeptionellen Stimmigkeit eines Bewertungsverfahrens im Sinne der Konformität mit dem Bewertungsmaßstab betreffen. Dies setzt jeweils zunächst eine Charakterisierung des jeweiligen Bewertungsmaßstabs selbst voraus und erfordert sodann die hieran anknüpfende Untersuchung, ob und unter welchen Gesichtspunkten ein Bewertungsverfahren zur Konkretisierung des gesetzlich vorge231
Vgl. hierzu oben Abschnitt 1.1.
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gebenen Bewertungsmaßstabs geeignet bzw. „richtig“ erscheint.232 An dieser Stelle sei nochmals daran erinnert, dass auch eine Konkretisierung eines gesetzlich vorgegebenen Bewertungsmaßstabs durch einen weiteren Bewertungsmaßstab – geknüpft wiederum an ein Verfahren zu dessen Ermittlung – denkbar ist.233 Insoweit ist die Frage nach der konzeptionellen Stimmigkeit abhängig von der im jeweiligen Bewertungskontext anzutreffenden rechtlichen Ausgestaltung entsprechend auszuweiten bzw. zu modifizieren. In Fällen, in denen ein gesetzlich vorgegebener Bewertungsmaßstab durch einen anderen „zwischengeschalteten“ Bewertungsmaßstab mit „zugehörigem“ Bewertungsverfahren konkretisiert wird und damit gleichsam zu einem „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab wird, ist folglich auch der im genannten Sinne verstandene „zwischengeschaltete“ Bewertungsmaßstab – zumindest implizit – einzubeziehen, wenngleich ihm in letzter Konsequenz im Hinblick auf die eigentliche Wertermittlung nur die Funktion eines „Vehikels“ zukommt. Auf die so verstandene konzeptionelle Stimmigkeit gerichtete Überlegungen setzen allerdings eine Offenlegung der jeweiligen Argumente für und gegen eine Eignung voraus, soll sich das Vorgehen nicht in bloßen pauschalen Behauptungen erschöpfen. Wenngleich bei den genannten Gesichtspunkten die qualitative Dimension im Vordergrund steht, ist daneben zu hinterfragen, ob eine ggf., d.h. im jeweiligen Kontext mit dem gesetzlich vorgegebenen Bewertungsmaßstab zu verfolgende quantitative Zielsetzung durch die Bewertungsvorgaben erreicht werden kann. Insoweit wird jedoch vorab einerseits über die Operationalisierung in quantitativer Hinsicht zu diskutieren sein, stellt doch der Bewertungsmaßstab – wie ausgeführt – zunächst nur eine fiktive Größe dar. Andererseits sind derartige Überlegungen nur sinnvoll, soweit weitgehend vorgegebene und somit ein einheitliches Vorgehen bei der Wertermittlung sicherstellende Bewertungsverfahren vorhanden sind. Diese Überlegungen sind daher von vornherein auf die entsprechenden, im weiteren Untersuchungsverlauf noch zu identifizierenden Bewertungskontexte zu beschränken.
232
233
Hierzu auch schon Kuhn, BFuP 1968, S. 18: „Hinzu kommt, daß Gesetzgeber, Rechtsprechung und Finanzverwaltung die von ihnen entwickelten Werte und Bewertungsverfahren vielfach von betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen ableiten oder abzuleiten glauben und damit die Gefahr einer falschen, u.U. sogar ungesetzmäßigen Anwendung betriebswirtschaftlicher Grundsätze gegeben ist.“ Vgl. hierzu oben Abschnitt 2.4.2.
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Von der im vorstehenden Sinne verstandenen konzeptionellen Stimmigkeit zu unterscheiden ist die Analyse des jeweiligen Bewertungsverfahrens selbst. Die insoweit anzustellenden Überlegungen müssen sich zunächst auf die Einordnung des jeweiligen Bewertungsverfahrens aus ökonomischer, insbesondere aus betriebswirtschaftlicher Sicht erstrecken, was vor allem die – allerdings häufig bereits für die Auseinandersetzung mit der im obigen Sinne verstandenen konzeptionellen Stimmigkeit relevante – Frage nach der theoretischen Verortung betrifft. Damit einhergehend sind mögliche, bei der Verwendung des jeweiligen Verfahrens, d.h. bei der konkreten „Umsetzung“ der Bewertung bestehende, sich in Ermittlungsschwierigkeiten äußernde Problembereiche zu charakterisieren und die im geltenden Recht anzutreffenden Ansätze im Umgang mit diesen zu identifizieren und – wiederum aus ökonomischer, insbesondere betriebswirtschaftlicher Sicht – zu hinterfragen und einer Einordnung zuzuführen. Dies betrifft gerade auch die Frage nach dem Vorhandensein bzw. der rechtlichen Verankerung von einzelnen oben aufgezeigten Ansätzen zur Bewältigung der (Bewertungs-)Unsicherheit.234 Einzuräumen ist allerdings, dass eine von der im obigen Sinne verstandenen konzeptionellen Stimmigkeit gänzlich losgelöste Analyse des jeweiligen Bewertungsverfahrens selbst – wie bereits angedeutet – wohl nicht durchgängig aufrechtzuerhalten sein wird bzw. beide Aspekte z.T. fließend ineinander übergehen. Gleichwohl erscheint der Versuch einer Unterscheidung deshalb sinnvoll, weil eine differenzierte Betrachtung einmal mehr die noch ausführlich darzulegende wichtige Erkenntnis verdeutlicht, dass allein die Benennung eines Bewertungsmaßstabs, für dessen Konkretisierung kein nahe liegendes Bewertungsverfahren existiert oder durch das geltende Recht angegeben wird, allenfalls begrenzt zielführend ist. Besondere Beachtung verdient die Frage, ob und ggf. wie im Rahmen eines Bewertungsverfahrens und vor allem mit welchen Konsequenzen eine Objektivierbarkeit der Bewertung erreicht, unter Umständen sogar „erkauft“ wird.235 Mit dem Gesichtspunkt der Objektivierung wird die Brücke geschlagen zu der oben vorgenommenen Betrachtung der Wertfindung als Interaktion. Wurde insoweit der Begriff der „Eindeutigkeit“ rechtlicher Vorgaben gebraucht,236 so kann „eindeutig“ nunmehr durch „eine Objektivierung er234 235 236
Vgl. oben Abschnitt 2.3.4. Vgl. zur Objektivierung bereits oben Abschnitt 2.3.3.1.2. und 2.3.3.2.2. Vgl. oben Abschnitt 2.4.2.
76 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
möglichend“ ersetzt werden: Ermöglichen rechtliche Vorgaben eine objektivierte Bewertung, d.h., ist die auf der Grundlage dieser Vorgaben durchgeführte Bewertung intersubjektiv nachprüfbar, so sind die Vorgaben eindeutig in dem Sinne, dass sie eine Konfliktvermeidung gleichsam über das Bewertungsverfahren, d.h. dessen geeignete Ausgestaltung sicherstellen.237 Hieran wird deutlich, dass die vorgenommene Trennung zwischen der oben eingeführten interaktionsorientierten Sicht und der Betrachtung von Bewertungsmaßstab und -verfahren insoweit künstlicher Natur ist. Gleichwohl wird diese Trennung im Folgenden aufrechterhalten. Dies erscheint deshalb sinnvoll, weil einerseits der interaktionsorientierten Sicht gesondert Rechnung getragen werden soll, andererseits aber die auf eine objektivierte Bewertung abzielende Ausgestaltung von Bewertungsverfahren möglicherweise wiederum Einfluss hat auf andere Eigenschaften des Bewertungsverfahrens. Vor dem Hintergrund der „Zweischneidigkeit“ der Objektivierung erscheint es im Übrigen gerechtfertigt, dass insoweit ein konzeptioneller Bruch vollzogen wird, als mit dem Gesichtspunkt der Objektivierung streng genommen kein auf die im Folgenden beabsichtigte Identifizierung der im Steuerrecht verwendeten Ansätze zur Bewältigung der Wertfindungsproblematik gerichteter Orientierungspunkt, sondern unmittelbar ein möglicher, oben bereits identifizierter Lösungsansatz selbst bemüht wird.238 Wie bereits deutlich wurde, ist zu beachten, dass die vorstehend aufgezeigten Orientierungspunkte bzw. die hierunter fallenden Analyseaspekte vielfach nicht separat betrachtet werden können, sondern vielmehr Beziehungen zueinander aufweisen werden. Die versuchte Trennung dürfte somit letztlich künstlicher Natur sein. Welche Beziehungen bestehen, ist einzelfallabhängig und daher anhand konkreter Bewertungskontexte zu untersuchen und offen zu legen. Gleichwohl sei dieser Aspekt nachfolgend am Beispiel des Ertragswertverfahrens verdeutlicht. Wird als gesetzlich vorgegebener Bewertungsmaßstab ein fiktiver Marktpreis verwendet, so könnte – die hier lediglich unterstellte und noch nicht weiter zu diskutierende – Auffassung vertreten werden, dass das Ertragswertverfahren aus investitionstheoretischer Sicht ein theoretisch „richtiges“ und damit konzeptionell stimmiges Verfahren zur Ermittlung dieses 237 238
Vgl. auch oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. oben Abschnitt 2.3.3.1.2. und 2.3.3.2.2.
2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse 77 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
fiktiven Marktpreises darstellt.239 Damit einher geht im Übrigen eine Gleichsetzung von fiktivem Marktpreis und Ertragswert. Im Hinblick auf die konkrete Umsetzung stellt sich hier nicht nur das bereits mehrfach erwähnte Problem der Prognose künftiger Zahlungsströme, sondern auch der Notwendigkeit der Zurechnung künftiger Zahlungsströme zu einem Bewertungsobjekt. Hiermit im Zusammenhang steht wiederum das mögliche Bestreben nach einer Objektivierung der Ermittlung der künftigen Zahlungsüberschüsse. Wird nun die Objektivierung etwa dadurch erreicht, dass keine künftigen, sondern auf Vergangenheitsgrößen zurückgehende (und damit nachweisbare) Zahlungsüberschüsse herangezogen werden, so stellt sich die Frage, ob und inwieweit dies mit den theoretischen Grundüberlegungen des Ertragswertverfahrens vereinbar ist. In ähnlicher Art und Weise stellt sich das Problem generell im Zusammenhang mit aus ermittlungstechnischen Gründen verwendeten Vereinfachungen, die in verschiedensten Formen und in mehr oder weniger stark „ins Auge springender“ Weise auftreten können.240 Ungeachtet der zu erwartenden Beziehungen zueinander erscheint im Hinblick auf eine systematische Analyse von Bewertungsverfahren die Zugrundelegung der vorstehenden Orientierungspunkte sinnvoll. Die zu erwartenden Beziehungen sprechen allerdings aus zwei Gründen gegen ein die strikte Trennung zwischen den Aspekten verfolgendes Vorgehen:241 Zum einen würde möglicherweise eine tatsächlich nicht durchgängig vorhandene Separierbarkeit der Orientierungspunkte bzw. der hierunter fallenden Analyseaspekte und der seitens des geltenden Rechts bemühten Lösungsansätze suggeriert, die auch im Hinblick auf das Aufzeigen von möglicherweise im geltenden Recht zu verzeichnenden Abwägungen zwischen verschiedenen Ansätzen nicht zielführend erscheint. 239 240
241
Vgl. hierzu nur Schmidt/Terberger (1997), S. 134. Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Aufruf von Henselmann, BFuP 2006, S. 144, geeignete Typisierungen im Hinblick auf eine sinnvolle Nutzbarmachung des objektivierten Werts bei der Unternehmensbewertung zu erarbeiten. Vgl. zum objektivierten Wert oben Abschnitt 2.3.3.2.2. Ein anderes Vorgehen liegt der Untersuchung von Kaminski zugrunde, der die Verrechnungspreisbestimmung unter den übergeordneten Anforderungskriterien „Einheitliche Bestimmung des Verrechnungspreises“, „Rechts- und Planungssicherheit“, „Objektivierung und Nachprüfbarkeit der Ergebnisse“, Aufwandsbelastung und praktische Einsetzbarkeit“ und „Verwirklichung des Äquivalenzprinzips“ untersucht. Vgl. Kaminski (2001), S. 47 ff.
78 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Zum anderen bestünde die Gefahr, dass der Anschein einer abschließenden „Systematik von Qualitäten“ erweckt würde, welcher ebenfalls der Realität gerade nicht gerecht würde. Hierbei muss auch gesehen werden, dass eine solche Systematik zwar aus darstellungstechnischer Sicht gewinnend erscheinen mag, die individuelle Identifizierung von Lösungsansätzen bzw. Gemeinsamkeiten im Sinne von „Mustern“ – einschließlich deren Einordnung – gleichsam auf „tieferer Ebene“ jedoch keineswegs verzichtbar machen würde. Die nachfolgende Analyse folgt den genannten Orientierungspunkten aus den genannten Gründen ganz bewusst nicht dergestalt, dass jeweils ein isoliertes, von einer entsprechenden, strikten Untergliederung begleitetes „Abprüfen von Kriterien“ erfolgt. Vielmehr wird der nach hier vertretener Auffassung „ehrlicheren“ Vorgehensweise der Vorzug gegeben, indem die genannten Aspekte – wie ausgeführt – eben nur im Sinne von „gedanklichen Orientierungspunkten“ herangezogen werden. Über das Zurverfügungstellen einer solchen Leitlinie hinaus soll dies die Möglichkeit bieten, einerseits auch Einzelaspekte im Sinne konkreter Lösungsansätze gesondert und ausdrücklich hervorzuheben, sofern dies angemessen erscheint, und zudem andererseits den Blick offen zu halten für die Erfassung weiterer noch nicht aufgegriffener Gesichtspunkte und Alternativüberlegungen. Damit einhergehend wird der Gefahr der zwanghaften Einhaltung eines vorgegebenen Kriterienschemas vorgebeugt. Gleichwohl soll aber sichergestellt werden, dass die Analyse selbst – soweit dies möglich ist – in einer hinreichend nachvollziehbaren und systematischen Form erfolgt. Die Orientierungspunkte erfüllen insoweit die Funktion des hierfür erforderlichen „Vehikels“. Mangels Beobachtbarkeit der zu ermittelnden Werte und der hieraus resultierenden Nichtüberprüfbarkeit werden abschließende Antworten auf die aufgeworfenen – Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren betreffenden – Fragen vielfach nicht möglich sein. Im Vordergrund stehen wird vielmehr die differenzierte Würdigung des geltenden Rechts unter den aufgezeigten Gesichtspunkten, die jedoch – wie bereits mehrfach erwähnt – insbesondere geeignet ist, die mehr oder minder impliziten Annahmen der Bewertung und die im geltenden Recht beschrittenen Lösungswege offen zu legen, sie zu problematisieren, kritisch zu würdigen und damit letztlich auch in dem angestrebten Gesamtbild zu präsentieren. Dies eröffnet nicht zuletzt auch die Möglichkeit der Überprü-
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fung der im geltenden Recht anzutreffenden Lösungen auf ihre Konsistenz und – damit einhergehend – zur Errichtung einer Basis für das Aufzeigen geeigneter Alternativen. Die Analyse ist somit keineswegs nur dadurch legitimiert, dass die Alternative der Resignation – selbst in Anbetracht der wohl regelmäßig nicht abschließend beurteilbaren „Güte“ von Bewertungsmaßstäben bzw. -verfahren – bereits vor dem Hintergrund des gesetzlich vorgegebenen Bewertungserfordernisses ausscheidet. Von der Betrachtung von Bewertungsmaßstäben und -verfahren ist – damit ist nochmals auf das oben dargestellte Erklärungsmodell zurückzukommen – die Analyse der Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht zu unterscheiden. In diesem Zusammenhang ist nochmals zu konzedieren, dass – wie der Aspekt der Objektivierung zeigt – zwischen beiden Sichten Verbindungen bestehen, was zur Folge hat, dass die hier begründete isolierte Analyse von Bewertungsmaßstäben und -verfahren und damit deren Trennung von der interaktionsorientierten Sicht zwangsweise ebenfalls in gewissem Maße künstlicher Natur sein muss. Gleichwohl soll auch diese künstliche Trennung im Folgenden beibehalten werden. Hierfür spricht insbesondere, dass systematische interaktionsorientierte Betrachtungen im Schrifttum bislang – wie noch zu zeigen sein wird – zu Unrecht vernachlässigt werden. 2.5. Zusammenfassung und weiteres Vorgehen 1. Die steuerrechtliche Wertfindungsproblematik wurde zunächst – nach verschiedenen Problemdimensionen geordnet – charakterisiert. Als Problemdimensionen herausgearbeitet wurden die Subjektivität der Bewertung, die Unsicherheit und die aus dem gegebenen Interessengegensatz resultierende steuerrechtsspezifische interpersonale Konfliktanfälligkeit zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung. 2. Im Zuge einer an den genannten Problemdimensionen orientierten theoriegeleiteten Suche nach Lösungen zur Bewältigung dieser Probleme wurden verschiedene, vergleichbare Problemdimensionen aufweisende Referenzkonstellationen im Hinblick auf die zur Problembewältigung herangezogenen Ansätze und deren möglichen Beitrag zur Bewältigung der steuerrechtlichen Wertfindungsproblematik untersucht. Dabei wurde die Perspektive gleichsam vom Allgemeinen zum Besonderen verengt, indem zunächst allgemein der Umgang mit interpersonalen Konflikten unter Bezugnahme auf das or-
80 2. Problemcharakterisierung, mögliche Lösungsansätze und Bezugsrahmen der Analyse }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
ganisationsbezogene Konfliktmanagement, sodann mit der externen Rechnungslegung und der konfliktbezogenen Unternehmensbewertung zwei Referenzkonstellationen konfliktbezogener Bewertung und schließlich die Berücksichtigung von (Bewertungs-)Unsicherheit in der Entscheidungstheorie betrachtet wurden. Die jeweils durchgeführte Untersuchung der anzutreffenden Ansätze im Hinblick auf ihre Übertragbarkeit auf die steuerrechtliche Wertfindung hat gezeigt, dass eine solche vielfach gegeben ist. Allerdings wurden z.T. auch die Grenzen der Nutzbarmachung der gefundenen Lösungsansätze sichtbar. 3. Problemsicht und gefundene mögliche Lösungsansätze wurden sodann für Zwecke der weiteren Analyse in einen Bezugsrahmen eingebunden. Dabei wurde zwei zentralen Erkenntnissen der vorangegangenen Überlegungen Rechnung getragen: Zum einen sind Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren von wesentlicher Bedeutung für die mit der Wertfindung verbundenen Probleme und deren Bewältigung. Zum anderen kann die Wertfindung – abhängig vom Ausmaß der vorhandenen rechtlichen Vorgaben – als Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung verstanden werden (interaktionsorientierte Sicht). Entsprechend wurde eine Trennung von interaktionsorientierter Sicht auf der einen und Betrachtung der Bewertungsmaßstäbe bzw. -verfahren auf der anderen Seite vorgenommen, wobei auch der künstliche Charakter dieser Trennung aufgezeigt wurde. Der interaktionsorientierten Sicht wurde durch ein nicht quantitatives Erklärungsmodell Rechnung getragen, auf dessen Grundlage zu untersuchen ist, welche Konfliktanfälligkeit die vorhandenen rechtlichen Ausgestaltungen hervorrufen und wie diese bewältigt werden (können). Ggf. schließt dies auch ein Hinterfragen des Verhältnisses mehrerer Bewertungsmaßstäbe bzw. -verfahren und der damit verbundenen Interaktionen ein. Für Zwecke der Betrachtung der Bewertungsmaßstäbe und -verfahren wurde gesondert untersucht, ob, inwieweit und unter welchen Gesichtspunkten Bewertungsmaßstäbe bzw. -verfahren als wesentliche Bestandteile der Wertfindung und damit herausragende Anknüpfungspunkte der durchzuführenden Analyse überhaupt einer systematischen wissenschaftlichen Analyse zugänglich sind. Im Hinblick auf die hier in erster Linie interessierende ökonomische Sicht wurden die konzeptionelle Stimmigkeit im Sinne der Konformität
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von Bewertungsverfahren und Bewertungsmaßstab, die Analyse des Bewertungsverfahrens selbst und die Objektivierbarkeit als „gedankliche Orientierungspunkte“ für die konkrete bewertungskontextbezogene Analyse herausgearbeitet, wobei jedoch auch mögliche Verbindungen und die hieraus für die weitere Analyse resultierenden Konsequenzen aufgezeigt wurden. Mit dem entwickelten Bezugsrahmen ist die Ausgangsbasis für die Auseinandersetzung mit konkreten steuerrechtlichen Wertfindungskontexten gelegt. Ungeachtet des bewusst hohen Abstraktionsgrades stellt der Bezugsrahmen ein problemorientiertes Gerüst zur systematischen Analyse der Wertfindung dar. Auf welche Lösungsansätze das geltende Recht zurückgreift, ist im Folgenden im Einzelnen zu untersuchen. Entsprechend konnten die bislang im allgemeinen Kontext identifizierten Ansätze zur Bewältigung des steuerrechtlichen Wertfindungsproblems auch nur einen ersten Überblick über die möglichen Vorgehensweisen geben. Die ausführliche Darstellung muss dem folgenden dritten Kapitel vorbehalten bleiben, in dem die einzelnen Bewertungskontexte einer konkreten Analyse zuzuführen sind. Dabei sind bislang weitgehend isoliert betrachtete steuerrechtliche Bewertungsprobleme aus einer vereinheitlichten Perspektive zu betrachten. Auf diese Weise soll die Grundlage geschaffen werden für die im darauf folgenden vierten Kapitel vorzunehmende vergleichende Gegenüberstellung und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen einschließlich anzustellender Alternativüberlegungen.
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3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten
3.1. Teilwert 3.1.1. Vorbemerkungen Die seit jeher am heftigsten umstrittene Bewertungskonzeption ist wohl der Teilwert. Nach der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG1 enthaltenen Legaldefinition ist der Teilwert „der Betrag, den ein fiktiver Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.“ Diese Definition sah sich in den vergangenen Jahrzehnten im Schrifttum immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt.2 Während zunächst noch zahlreiche Bemühungen zu verzeichnen waren, den Teilwert im Wege der Aufteilung des Gesamtertragswerts auf die einzelnen Wirtschaftsgüter zu ermitteln, haben diese im Zeitablauf deutlich abgenommen und wurden schließlich aufgegeben. Grund hierfür dürfte wohl die Verfestigung einer BFH-Rechtsprechung sein, die den Teilwert durch ein „System“ von Teilwertvermutungen und Widerlegungsgründen zu ermitteln versucht. Gleichwohl kann die Problematik der Teilwertermittlung noch keineswegs als gelöst angesehen werden. Insbesondere fällt auf, dass Fragen der Teilwertermittlung immer wieder die Gerichte beschäftigen und entsprechende Äußerun1
2
Eine fast wortgleiche Definition findet sich in § 10 Sätze 2 und 3 BewG; anstelle des Begriffs „Betrieb“ wird dabei der Begriff „Unternehmen“ verwendet. Der Auslegung nach stimmt der bewertungsrechtliche Teilwertbegriff mit dem in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG enthaltenen Teilwertbegriff überein. Da dem Teilwertbegriff im Bewertungsrecht zudem nur subsidiäre Bedeutung zukommt (§ 109 BewG), erscheint eine Konzentration auf die Teilwertfindung für ertragsteuerliche Zwecke sachgerecht. Vgl. zum Verhältnis der beiden Teilwertbegriffe auch Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 574 (2003). So etwa Heigl, StuW 1969, Sp. 461: „Brauchen wir den Teilwert noch?“; D. Schneider, StuW 1971, S. 337: „Wirtschaftstheoretischer Unsinn“; W. Euler, in: Raupach (1984), S. 164: „Die Teilwertdefinition […] ist richtungslos und daher unbrauchbar.“ Anders aber Brenner, StbJb 1991/92, S. 179: „Genialer Wurf“; Doralt, in: Raupach (1984), S. 153: „Den Teilwert, gegen den man zum Angriff pfiff, den gab es nie.“ Vgl. zur Kritik an der Teilwertdefinition auch die Nachweise bei Müller-Dott, in: FS Ritter (1997), S. 215. Gesondert zu erwähnen ist, dass auch unlängst wieder die Abschaffung der Teilwertdefinition gefordert wurde. Vgl. die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des Fachbereichs Steuern der Ernst & Young AG, BB 2004, Beilage Nr. 3 zu Heft 24.
84 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
gen bzw. Diskussionen im Schrifttum hervorrufen.3 Dabei dominieren allerdings Publikationen, die sich – vielfach auch aus gegebenem, praktischem Anlass – nur mit der konkreten Ermittlung des Teilwertes einzelner Wirtschaftsgüter auseinandersetzen. Demgegenüber mangelt es weitgehend an konzeptionellen Bemühungen um die Teilwertfindung.4 Auch wird die Frage vernachlässigt, ob neben den bislang von der Rechtsprechung bemühten – alternativ oder ergänzend – nicht noch andere Bewertungsmaßstäbe oder Bewertungsverfahren im Rahmen des geltenden Rechts zur Anwendung kommen können. Schließlich fehlt es an Überlegungen zur Entwicklung eines systematischen Vorgehens bzw. Verfahrens im Sinne einer für den Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung verbindlichen „Anleitung“ zur Wertermittlung. Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend die Findung des Teilwerts analysiert, der gerade in Anbetracht der Vielschichtigkeit der zu verzeichnenden Konkretisierungsversuche in besonderer Weise geeignet scheint, das steuerrechtliche Wertfindungsproblem in seinen verschiedenen Dimensionen zu verdeutlichen. Die Betrachtung konzentriert sich dabei auf die Funktion des Teilwerts als alternativen Stichtagswert,5 wobei das nicht finanzielle Aktivvermögen im Vordergrund steht, was jedoch die Übertragung der Überlegungen auf andere Bereiche nicht von vornherein ausschließt. Ausgeklammert wird auch die jeweils separat zu klärende Frage des Vorliegens einer voraussichtlich dauernden Wertminderung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG.6 Im Übrigen muss sich die Analyse in Anbetracht der in Teilen kaum noch zu überschauenden Rechtsprechung auf die wesentlichen Entwicklungslinien konzentrieren.
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4
5 6
Vgl. z.B. aus der jüngeren Vergangenheit betr. Teilwertabschreibungen auf Forderungen BFH, Urt. v. 24.10.2006, I R 2/06, DB 2007, S. 662; betr. die Ermittlung des Teilwerts von Anteilen an der Betriebs-GmbH im Rahmen einer Betriebsaufspaltung BFH, Urt. v. 06.11.2003, IV R 10/01, BStBl. II 2004, S. 416 (aufgegriffen von Paus, FR 2004, S. 943); betr. Teilwertabschreibungen auf Grund und Boden bei Überpreisen BFH, Urt. v. 07.02.2002, IV R 87/99, BStBl. II 2002, S. 294 (aufgegriffen von Weilbach/Weilbach, StuB 2002, S. 754). Ausnahmen stellen etwa die Beiträge von Beiser, DStR 2002, S. 1778, Kirsch, DStR 2002, S. 645, Hildebrand (1998) sowie die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des Fachbereichs Steuern der Ernst & Young AG, BB 2004, Beilage Nr. 3 zu Heft 24, dar. Vgl. zur Legitimation eines solches Vorgehens infolge einer grundsätzlich möglichen normspezifischen Auslegung der Teilwertdefinition auch Hildebrand (1998), S. 5 f. Vgl. hierzu aber jüngst BFH, Urt. v. 14.03.2006, I R 22/05, DB 2006, S. 1656.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 85 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
3.1.2. Der Teilwertbegriff: Entwicklung und gegenwärtiger Stand Begriff und Grundgedanke des Teilwerts werden einem Aufsatz von LUDWIG MIRRE aus dem Jahr 1913 zugeschrieben7; die erstmalige Kodifizierung erfolgte im Jahr 1934 in § 6 EStG 1934 und fast gleichlautend in § 12 BewG 1934.8 Von der Rechtsprechung des RFH wurde der Teilwertbegriff bereits vor seiner erstmaligen Kodifizierung bemüht.9 Dabei wurde die Argumentation des RFH zunächst von Alternativ- bzw. Opportunitätskostenüberlegungen dominiert.10 Im Vordergrund der Teilwertermittlung stand die Frage, welche Verwendung des zu bewertenden Wirtschaftsguts in Betracht kommt und welchen Wert der Käufer des Unternehmens dem Wirtschaftsgut im Hinblick auf eine erforderliche Anpassungsmaßnahme bei dessen Verlust beimessen würde. Im Rahmen dieses – als sog. Differenzmethode in das Schrifttum eingegangenen11 – Vorgehens kam der Notwendigkeit einer Aggregation der Teilwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter zu einem Gesamtwert bzw. Gesamtkaufpreis aus Sicht der Rechtsprechung anfänglich nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Dies änderte sich allerdings spätestens mit der erstmaligen Kodifizierung des Teilwerts.12 In deren Folge rückte zunehmend das Bestreben in den Vordergrund, den Teilwert so zu definieren, dass die Summe der Einzelwerte der Wirtschaftsgüter mit dem Gesamtwert des Betriebs übereinstimmt.13 Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die durch den RFH entwickelte sog. Zurechnungsmethode (auch Verteilungs- oder Repartitionsmethode). Diese strebte eine Verteilung des ermittelten Gesamtwerts einer Unternehmung auf die einzelnen Wirtschaftsgüter an, führte jedoch mangels Verfügbarkeit eines entsprechenden
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9 10 11
12 13
Vgl. Mirre, Zeitschrift des Deutschen Notarvereins 1913, S. 155, zitiert nach Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 572 (2003). Einen kompakten Überblick zur Entwicklung des Teilwerts gibt Luhmer, ZfbF 1985, S. 1051. Vgl. hierzu auch aus der jüngeren Vergangenheit Mujkanovic (1994), S. 27 ff.; Mellwig, in: FS Moxter (1994), S. 1076 ff.; Diller/Grottke, SteuerStud 2007, S. 70 f. Vgl. RFH, Urt. v. 14.12.1926, VI A 575/26, RFHE 20, S. 87, auszugsweise auch wiedergegeben bei Luhmer, ZfbF 1985, S. 1051. Vgl. Luhmer, ZfbF 1985, S. 1051 f. Als Ausgangspunkt der Differenzmethode werden das RFH-Urt. v. 14.12.1926, VI A 575/26, RFHE 20, S. 87, und das RFH-Urt. v. 14.12.1927, VI A 802/27, RFHE 22, S. 309, angeführt. Vgl. Luhmer, ZfbF 1985, S. 1055. Vgl. zur Differenzmethode auch Mujkanovic (1994), S. 33 ff. Vgl. Luhmer, ZfbF 1985, S. 1055. Vgl. etwa RFH, Urt. v. 19.01.1938, VI 533/36, RStBl. 1938, S. 179.
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Verteilungsschlüssels letztlich nicht zum Erfolg.14 Auch im betriebswirtschaftlichen Schrifttum waren eine Reihe von Ansätzen zur Lösung des Aufteilungsproblems zu verzeichnen.15 Im Ergebnis müssen jedoch sämtliche Ansätze als gescheitert angesehen werden. Konsequenz hiervon war, dass die Rechtsprechung des BFH aus einem gewissen Wandlungen unterliegenden Teilwertverständnis heraus – und in Abkehr von dem Bestreben einer Aggregation der Einzelwerte zu einem Gesamtwert – dazu überging, in Einzelfallentscheidungen Ansätze zur Bestimmung des Teilwerts von Wirtschaftsgütern zu entwickeln.16 Diese Vorgehensweise hat nach wie vor Bestand. Hiernach bestimmen zunächst Ober- und Untergrenze den Rahmen, in dem der Teilwert im Einzelfall festzulegen ist. Innerhalb dieser Grenzen sind verschiedene Vermutungen zu beachten, anhand derer der Teilwert zu ermitteln ist. Hiervon ist nur dann abzuweichen, wenn der Steuerpflichtige in der Lage ist, die jeweils anzuwendende Vermutung zu widerlegen. Die Teilwertobergrenze wird durch die Wiederbeschaffungs- bzw. die Wiederherstellungskosten bestimmt.17 Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass ein Erwerber der ganzen Unternehmung nicht mehr als die Wiederbeschaffungskosten für das zu bewertende Wirtschaftsgut bezahlen würde.18 Dabei werden unter den Wiederbeschaffungskosten diejenigen Aufwendungen verstanden, die vorgenommen werden müssten, um ein Wirtschaftsgut gleicher Art und Güte am Bewertungsstichtag anzuschaffen oder herzustellen. Entsprechend der traditionellen Erwerberfiktion der unveränderten Fortführung ist dabei von den Wie14
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Vgl. zur Zurechnungsmethode etwa Mujkanovic (1994), S. 36 ff., sowie insbesondere RFH, Urt. v. 19.01.1938, VI 533/36, RStBl. 1938, S. 179. In dem genannten Urteil verneinte der RFH allerdings eine für mehrere Gebäude begehrte Teilwertabschreibung mit der Begründung, dass die Gebäude zusammen mit den zugehörigen Grundstücken als einheitliche Wirtschaftsgüter anzusehen seien, deren Teilwerte wegen gestiegener Bodenpreise nicht unter die Buchwerte gesunken sein könnten. Die konkrete Lösung des Aufteilungsproblems war somit im Entscheidungsfall entbehrlich. Vgl. insbesondere den von Gümbel, ZfbF 1987, S. 131, entwickelten und später von Adam, ZfbF 1987, S. 489, und Wilhelm, ZfbF 1988, S. 360, aufgegriffenen „Gümbel-Algorithmus“. Vgl. ferner den Aufteilungsansatz von Luhmer, ZfbF 1985, S. 1051. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Überlegungen von Albach, WPg 1963, S. 628, zur Synthese von Einzelbewertung und Gesamtbewertung. Vgl. auch Luhmer, ZfbF 1985, S. 1063. Vgl. z.B. BFH, Urt. v. 24.02.1994, IV R 18/92, BStBl. II 1994, S. 514; Urt. v. 25.08.1983, IV R 218/80, BStBl. II 1984, S. 33; Urt. v. 05.11.1981, IV R 103/79, BStBl. II 1982, S. 258; Urt. v. 20.07.1973, III R 100-101/72, BStBl. II 1973, S. 794; Urt. v. 20.09.1960, I 108/60 U, BStBl. III 1960, S. 461. Vgl. Moxter, in: FS Klein (1994), S. 830.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 87 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
derbeschaffungskosten auszugehen, die sich im betreffenden Betrieb ergeben würden (betriebsindividuelle Bewertung).19 Als Teilwertuntergrenze ist auf den Einzelveräußerungspreis (ggf. abzüglich entstehender Veräußerungskosten) des zu bewertenden Wirtschaftsguts abzustellen, d.h. den Preis20, den der Steuerpflichtige hätte erzielen können, wenn er das Wirtschaftsgut am Stichtag einzeln ohne Rücksicht auf die Betriebszugehörigkeit veräußert hätte.21 Handelt es sich um zum Absatz bestimmtes Vorratsvermögen, so ist neben den Veräußerungskosten der durchschnittlich anfallende „Unternehmergewinn“ (geeigneter, weil übergreifend, wäre der Begriff „Gewinnaufschlag“) abzusetzen.22 Dem liegt letztlich die Überlegung zugrunde, dass der Erwerber der Unternehmung darauf besteht, diesen Gewinn selbst zu realisieren, und folglich bei Erwerb der Unternehmung nur den entsprechend gekürzten Betrag für das Wirtschaftsgut bezahlen wird.23 Unter dem Einzelveräußerungspreis abzüglich Kosten und Unternehmergewinn kann der Teilwert jedoch im Allgemeinen nicht liegen.24 Innerhalb des so festgelegten Bewertungsrahmens richtet sich die Teilwertbestimmung nach einer Reihe von Teilwertvermutungen, deren wichtigste nachfolgend kurz dargestellt werden. Aktive Wirtschaftsgüter: Während für den Anschaffungs-/Herstellungszeitpunkt eines Wirtschaftsguts die Anschaffungs-/Herstellungskosten als Teilwert gelten,25 ist für die Bewertung zu späteren Zeitpunkten hinsichtlich der aktiven Wirtschaftsgüter wie folgt zu differenzieren:
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23 24 25
Vgl. Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 615 (1998), mit Verweis auf BFH, Urt. v. 19.05.1972, III R 21/71, BStBl. II 1972, S. 748; Urt. v. 20.07.1973, III R 100-101/72, BStBl. II 1973, S. 794. Aufgrund der Abzugsfähigkeit der Veräußerungskosten wäre der Begriff „Veräußerungserlös“ oder der z.B. von Herzig (2004), S. 198, gebrauchte Begriff „Nettoveräußerungspreis“ zutreffender. Vgl. BFH, Urt. v. 17.09.1987, III R 201-202/84, BStBl. II 1988, S. 488; Urt. v. 04.12.1986, IV R 162/85, BFH/NV 1987, S. 296; Urt. v. 05.11.1981, IV R 103/79, BStBl. II 1982, S. 258. Vgl. BFH, Urt. v. 27.10.1983, IV R 143/80, BStBl. II 1984, S. 35, mit Verweis auf BFH, Urt. v. 05.05.1966, IV 252/60, BStBl. III 1966, S. 370; Urt. v. 06.11.1975, IV R 205/71, BStBl. II 1977, S. 377; Urt. v. 13.10.1976, I R 79/74, BStBl. II 1977, S. 540; Urt. v. 30.01.1980, I R 89/79, BStBl. II 1980, S. 327. Vgl. Mujkanovic (1994), S. 40. Vgl. Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 616 (1998). Vgl. BFH, Urt. v. 13.10.1976, I R 79/74, BStBl. II 1977, S. 540; Beschl. v. 25.10.1972, GrS 6/71, BStBl. II 1973, S. 79, m.w.N.
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Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens wird vermutet, dass der Teilwert auch an Bilanzstichtagen nach der erstmaligen Bilanzierung mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten übereinstimmt.26 Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ist davon auszugehen, dass der Teilwert nach der erstmaligen Bilanzierung den um die Absetzungen für Abnutzung gekürzten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten entspricht.27 Für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens besteht nach der erstmaligen Bilanzierung die Vermutung, dass der Teilwert den Wiederbeschaffungsbzw. Wiederherstellungskosten entspricht.28 Eine kombinierte absatz- und beschaffungsmarktpreisorientierte Vorgehensweise ist jedoch bei Waren des Vorratsvermögens, die zum Absatz bestimmt sind, zugrunde zu legen. In diesem Fall soll der niedrigere Wert aus dem Einzelveräußerungspreis abzüglich eines Gewinnaufschlags und ggf. noch anfallender Aufwendungen und den Wiederbeschaffungskosten den Teilwert darstellen.29 Im Übrigen wird insbesondere bei sog. entbehrlichen Wirtschaftsgütern, d.h., Wirtschaftsgütern, deren Fehlen den ungestörten Fortgang des Betriebs nicht nur nicht hindert, sondern die für den Betrieb überflüssig sind, der Teilwert regelmäßig durch den Einzelveräußerungspreis bestimmt.30 Verbindlichkeiten und Rückstellungen: Für Verbindlichkeiten und Rückstellungen ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich der Mehrbetrag anzusetzen, den der Erwerber für das Unternehmen zahlen würde, wenn er die Belastung nicht übernehmen würde.31 Dieser entspricht regelmäßig dem Er-
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Vgl. BFH, Urt. v. 09.02.1977, I R 130/74, BStBl. II 1977, S. 412. Vgl. BFH, Urt. v. 01.04.1981, I R 27/79, BStBl. II 1981, S. 660. Vgl. BFH, Urt. v. 27.10.1983, IV R 143/80, BStBl. II 1984, S. 35; Urt. v. 13.10.1976, I R 79/74, BStBl. II 1977, S. 540. Vgl. BFH, Urt. v. 27.10.1983, IV R 143/80, BStBl. II 1984, S. 35. Vgl. auch Mujkanovic (1994), S. 48; Ehmcke, in: Blümich, § 6 EStG, Rn. 660 (2003). Vgl. BFH, Urt. v. 05.10.1972, IV R 118/70, BStBl. II 1973, S. 207. Nicht abschließend geklärt ist, ob auch die jederzeit ersetzbaren Wirtschaftsgüter mit dem Einzelveräußerungspreis anzusetzen sind. Dies zu Recht verneinend: BFH, Urt. v. 05.10.1972, IV R 118/70, BStBl. II 1973, S. 207, und wohl auch BFH, Urt. v. 06.07.1995, IV R 30/93, BStBl. II 1995, 831. A.A. aber BFH, Urt. v. 25.08.1983, IV R 218/80, BStBl. II 1984, S. 33. Vgl. hierzu auch Ehmcke, in: Blümich, § 6 EStG, Rn. 674 f. (2003). Vgl. BFH, Urt. v. 13.12.1972, I R 7-8/70, BStBl. II 1973, S. 217.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 89 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
füllungsbetrag und somit den Anschaffungskosten. Mittlerweile sind darüber hinaus die Abzinsungsgebote des § 6 EStG zu beachten. Die Teilwertvermutungen können nach der Rechtsprechung insbesondere durch den Nachweis gesunkener Wiederbeschaffungskosten widerlegt werden,32 wobei aus konzeptioneller Sicht bereits an dieser Stelle die Übereinstimmung zwischen Vermutung und Widerlegung der Vermutung bei den Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens zu kritisieren ist.33 Daneben sind als Gründe für die Entkräftung der Teilwertvermutungen insbesondere die mangelnde Rentabilität des ganzen Betriebs34 und die mangelnde Rentabilität des zu bewertenden Wirtschaftsguts, z.B. bei Erwerb einer überdimensionierten Anlage35 denkbar.36 Abb. 3.1.-1 gibt eine umfassende Übersicht über die Ermittlung des Teilwerts im geltenden Recht.
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Vgl. BFH, Urt. v. 09.09.1986, VIII R 20/85, BFH/NV 1987, S. 442. Vgl. auch Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 598 (1998); Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, § 6 EStG, Rn. 436 ff. (2002); Beiser, DStR 2002, S. 1777; R 6.7 EStR 2005. Vgl. Mujkanovic (1994), S. 43. Vgl. BFH, Urt. v. 20.09.1989, II R 96/86, BStBl. II 1990, S. 206; Urt. v. 02.03.1973, III R 88/69, BStBl. II 1973, S. 475. Vgl. aber zur geringen praktischen Relevanz dieses Widerlegungsgrunds auch Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, § 6 EStG, Rn. 461 f. (2002), m.w.N. Vgl. BFH, Urt. v. 17.09.1987, III R 201-202/84, BStBl. II 1988, S. 488. Vgl. auch die Rechtsprechungsnachweise bei Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, § 6 EStG, Rn. 435 (2002), zum Vorliegen einer Fehlmaßnahme. Vgl. auch die Beispiele bei Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 599 ff. (1998), sowie die Ausführungen von Mujkanovic (1994), S. 44 ff.
90 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}} Obergrenze: Wiederbeschaffungs-/Wiederherstellungskosten (Reproduktionswert)
hoher positiver Erfolgsbeitrag des Wirtschaftsgutes
zeitnah zur Anschaffung/ Herstellung
Teilwert
Teilwertvermutungen
Tatsächliche Anschaffungs-/ Herstellungskosten
nichtabnutzbares Anlagevermögen
Anschaffungs-/ Herstellungskosten (AK/HK)
abnutzbares Anlagevermögen
Absetzungswert (AK/HK ./. AfA)
Vorratsvermögen
Wiederbeschaffungs-/ Wiederherstellungskosten
Zahlungsmittel, Forderungen
(ggf. zum Erwerbskurs umgerechneter) Nennbetrag
Wertpapiere
Börsen-/Marktpreis
Verbindlichkeiten
Rückzahlungsbetrag
später
Gründe zur Entkräftung der Teilwertvermutungen 1. niedriger positiver Erfolgsbeitrag des Wirtschaftsgutes
2. 3. 4. 5.
Nachhaltig gesunkene Wieder-AK/HK, Börsen-/ Marktpreise Anschaffung/Herstellung war Fehlmaßnahme Wertminderung durch Mangel, Lagerschaden, gesunkenen inneren Beteiligungswert Zur Deckung der Selbstkosten und des Gewinnaufschlags unzureichende Verkaufserlöse Mangelnde Rentabilität des Betriebs
Untergrenze: Einzelveräußerungspreis abzüglich Veräußerungskosten; zugleich Teilwertfiktion bei Betriebsgründung
Abb. 3.1.-1: Ermittlung des Teilwerts37 Die Reihe der inzwischen von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Gründe für eine Widerlegung der Teilwertvermutungen ließe sich noch unschwer weiter fortsetzen. Hinsichtlich der praktisch wichtigsten Fälle dürften mittlerweile zwar Entscheidungen vorliegen, welche die Bewertung vorgeben.38 Aufgrund der kasuistischen Vorgehensweise der Rechtsprechung mangelt es aber zum einen an klaren Bewertungsvorgaben für solche Fälle, die noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung waren.39 Dies wird insbesondere daran deutlich, dass – wie bereits erwähnt – auch nach der Etablierung der Teilwertvermutungen Fragen der Teilwertermittlung in Rechtsprechung und Schrifttum immer wieder Gegenstand der Diskussion sind. Zum anderen ist bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass die Wiederbeschaffungskosten den Hauptvergleichsmaßstab darstellen.
37 38 39
Quelle: Kußmaul (2003), S. 60. Vgl. auch Knobbe-Keuk (1993), S. 177. So auch Knobbe-Keuk (1993), S. 177: „Für jeden Fall, für den eine ausgesprochene Teilwertvermutung nicht passt, besteht leider Unsicherheit.“ Vgl. zur Kritik an der Kasuistik auch schon Heigl, StuW 1969, S. 461.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 91 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Bislang nicht durchgesetzt hat sich die unter Bezugnahme auf eine bilanzzweckorientierte Auslegung des Teilwertbegriffs im jüngeren handelsrechtlichen Schrifttum vermehrt geforderte Gleichsetzung des Teilwerts mit dem handelsrechtlichen beizulegenden Wert (§ 253 Abs. 2 und 3 HGB).40 Eine solche würde im Ergebnis wohl eine grundlegende Abkehr vom Bewertungsmaßstab der Wiederbeschaffungskosten und eine vermehrte Hinwendung zum Ertragswert bzw. zu einer generell absatzmarktorientierten Bewertung der Wirtschaftsgüter mit sich bringen. Da auf diese Bewertungsmaßstäbe und ihre Eignung für die Teilwertermittlung im Folgenden ohnehin noch eingegangen wird, erscheint eine weitere Diskussion dieses Vorschlags entbehrlich. 3.1.3. Die Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht 3.1.3.1. Verschärfung des Problems der Bewertungssubjektivität durch den Gesetzgeber Als Ausgangspunkt der Wertfindung war oben im Rahmen der Betrachtung der Wertfindung als Interaktion die gesetzliche Vorgabe eines Bewertungsmaßstabs gekennzeichnet worden.41 Im Hinblick auf die Teilwertfindung erweist sich bereits dieser seitens des Gesetzgebers vorgegebene Bewertungsmaßstab als höchst problematisch. Der Gesetzgeber selbst hat hier das sich zuvorderst im Hinblick auf Zielsetzung und Alternativen stellende Problem der Bewertungssubjektivität verschärft,42 indem er – wie noch ausführlich zu zeigen sein wird – mit seiner Teilwertdefinition eine bereits für sich in erheblicher Weise mehrdeutige Bewertungsvorgabe getroffen hat. Somit hat der Gesetzgeber gerade nicht von der sich bietenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, der Bewertungssubjektivität durch eine – zumindest ansatzweise – eindeutige Vorgabe zu begegnen. Vielmehr hat er bereits durch einen „steuerrechtsspezifischen Sondermaßstab“ und damit eine weitgehend unbestimmte und daher auslegungsbedürftige Bewertungsanweisung die Grundlage für einen potenziellen Konflikt zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung geschaffen. Im Unterschied zu anderen Bewertungskontexten, in denen – wie noch deutlich werden wird – zumindest die „grobe Richtung“ vorgegeben ist, erstreckt sich dieser Konflikt damit 40
41 42
Vgl. Moxter, DStR 1998, S. 511; derselbe, in: FS Loitlsberger (1991), S. 473 ff.; R. Euler, ZfbF 1991, S. 191 ff.; Mellwig, in: FS Moxter (1994), S. 1076 ff.; Hildebrand (1998). Ablehnend Müller-Dott, in: FS Ritter (1997), S. 215; Stobbe, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 621 (2003). Vgl. oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. zur Subjektivität der Bewertung oben Abschnitt 2.2.1.
92 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
grundsätzlich nicht nur bzw. erst auf das Bewertungsverfahren, mit dem der Bewertungsmaßstab „Teilwert“ auszufüllen ist, sondern bereits auf den Bewertungsmaßstab selbst. Im Fehlen einer zumindest im Ansatz richtungsweisenden Vorgabe ist auch der Grund für die zunächst entwickelten, ganz unterschiedlichen Ansätze zur Teilwertermittlung zu sehen. 3.1.3.2. Die Umsetzung der gesetzlichen „Bewertungsvorgabe“: Optionen mit Widerlegungsmöglichkeiten Mit dem durch die Rechtsprechung herausgearbeiteten und nach wie vor bestehenden „System“ von Teilwertvermutungen mit Widerlegungsmöglichkeiten ist die Teilwertermittlung mittlerweile in einen gewissen Rahmen eingebettet. Betrachtet man das auf den ersten Blick diffus anmutende „Vermutungssystem“ genauer, so lässt sich dieses, was die mögliche Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung betrifft, als potenziell zweistufiges Vorgehen beschreiben. Die in einem ersten Schritt unterstellte Gleichheit von Teilwert und Buchwert mit Widerlegungsmöglichkeit lässt sich letztlich – auch wenn keine eigenständige Wertermittlung erfolgt und der Gedanke damit zunächst keineswegs nahe liegend erscheint – als Option im Sinne des oben dargestellten Erklärungsmodells43 interpretieren: Es wird ein bereits in der Buchführung vorhandener und damit objektivierter Wert bereitgestellt. Anders ausgedrückt wird der Teilwert hier durch einen anderen Bewertungsmaßstab „ersetzt“, für dessen Ermittlung es eines gesonderten Verfahrens nicht bedarf.44 Macht der Steuerpflichtige von der Option Gebrauch, so ist die Wertfindung abgeschlossen. Mit dem Gebrauch des Begriffs „Option“ soll wohlgemerkt lediglich aus interaktionsorientierter Sicht herausgestellt werden, dass eine „Befriedung“ möglich ist, vorausgesetzt, dass der Steuerpflichtige entsprechend „optiert“. Wenngleich diese Interpretation einen vergleichsweise weit gefassten Optionsbegriff voraussetzt, erscheint sie doch sinnvoll, um den Unterschied zu anderen Bewertungskontexten, in denen sich das Problem des Fehlens von Geldtransaktionen ebenfalls stellt,45 aber gerade kein konfliktbewältigender Wert optional zur Verfügung steht, zu verdeutlichen. Bereits an dieser Stelle ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass das 43 44 45
Vgl. oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. in diesem Zusammenhang bereits oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. zum Problem des Fehlens von Geldtransaktionen oben Abschnitt 1.1.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 93 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Steuerrecht mit der so verstandenen Option – bei zunächst isolierter Betrachtung – der Objektivierung einen herausragenden Stellenwert einräumt und die Frage nach der konzeptionellen Stimmigkeit im Sinne der zutreffenden Konkretisierung des gleichsam „übergeordneten“ Bewertungsmaßstabs Teilwert durch den steuerlichen Buchwert in den Hintergrund rückt. Die Begründung dafür, dass ein potenzieller Erwerber ausgerechnet den Buchwert für ein Wirtschaftsgut bezahlen wird, dürfte jedenfalls schwer fallen. Daher bedarf auch die fragwürdige Gleichsetzung von Buchwert und Teilwert keiner weiteren Erörterung. Bei näherer Betrachtung liegt für diese Vorgehensweise ohnehin die Bezeichnung als „Kunstgriff“ nahe: Ein eigentlich neu zu ermittelnder Wert soll dadurch gewonnen werden, dass schlichtweg dessen Gleichheit mit dem bereits vorhandenen Wert angenommen wird! Im Ergebnis versucht die Rechtsprechung auf diese Weise, mit dem Buchwert einen weiteren Wert anstelle des eigentlich zu ermittelnden Teilwerts nutzbar zu machen, der die an sich gebotene Wertermittlung für den Fall entbehrlich macht, dass der Steuerpflichtige diesen bereits als Teilwert akzeptiert. Lehnt der Steuerpflichtige allerdings den Buchwert ab, so kommt es (wohlgemerkt erst) in einem zweiten Schritt zur an sich angeordneten Teilwertermittlung. Wie bereits aufgezeigt, gibt die Rechtsprechung – wenn auch nur abstrakt – eine Bandbreite zwischen den beiden Werten bzw. Bewertungsmaßstäben Wiederbeschaffungskosten und Einzelveräußerungspreis vor, in welcher der Teilwert – im Wege der Widerlegung der Teilwertvermutungen – zu suchen bzw. zu bestimmen ist. Auf den ersten Blick besteht zwar eine gewisse Parallelität zu der oben erörterten konfliktbezogenen Unternehmensbewertung wie auch zu der Offenlegung der Risikostruktur durch Kennzeichnung einer Bandbreite von Werten:46 Auch dort wird der Lösungsraum durch Angabe entsprechender „Eckpunkte“ eingegrenzt. Im Gegensatz dazu bezweckt die Bandbreitenfixierung bei dem hier betrachteten Teilwert aber – anders als zunächst angenommen werden könnte – nicht die konkrete Ausfüllung eines einzelnen vorgegebenen Bewertungsmaßstabs im Sinne des Umgangs mit mehrwertigen Erwartungen, die durch unterschiedliche Vorstellungen von Käufer und Verkäufer oder etwa die einer zukunftsbezogenen Bewertung innewohnende Unsicherheit bedingt wären. Vielmehr werden zwei verschiedene Bewertungsmaßstäbe angegeben, was aus der Mehrdeutigkeit der Teilwertdefinition selbst und damit letzt46
Vgl. oben Abschnitt 2.3.3.2.3. sowie Abschnitt 2.3.4.2.
94 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
lich aus der oben aufgezeigten Verschärfung des Problems der Bewertungssubjektivität durch den Gesetzgeber resultiert.47 Zudem führen die so festzulegenden Grenzen gerade nicht zur „Fixierung“ einer Bandbreite und der damit einhergehenden Einengung des Lösungsraums, sondern in Anbetracht der noch zu zeigenden Mehrwertigkeit der Bewertungsmaßstäbe selbst eher noch zu dessen weiterer Ausdehnung. Hiervon abgesehen ist – mit Ausnahme von Fallkonstellationen, die bereits Gegenstand der Rechtsprechung waren, und damit weitgehend – unklar, wie die „eigentliche“ Teilwertermittlung innerhalb der festgelegten Grenzen erfolgen soll. Damit weist die Teilwertfindung eine erhebliche Konfliktanfälligkeit auf. An die vorstehende, vornehmlich aus interaktionsorientierter Sicht vorgenommene Analyse anknüpfend werden im Folgenden die von der Rechtsprechung gewählten Bewertungsmaßstäbe analysiert. Ohne eine vor dem Hintergrund des Untersuchungsziels ohnehin nicht gebotene Neukonzeption des Teilwerts zu bezwecken, werden dabei zunächst eigene ökonomische Überlegungen zur Auslegung der Teilwertdefinition angestellt. Dies erscheint vor dem Hintergrund der besonderen Komplexität der Bewertungskonzeption Teilwert nicht nur gerechtfertigt, sondern geradezu erforderlich, um überhaupt zu einer fundierten Einschätzung hinsichtlich der konzeptionellen Stimmigkeit im Sinne einer Konformität der letztlich zum Einsatz kommenden Bewertungsverfahren oder auch „zwischengeschalteten“ Bewertungsmaßstäbe mit dem „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab „Teilwert“ gelangen zu können,48 bereitet doch die Entwicklung einer – auch nur ansatzweise konkreten – Vorstellung von diesem Bewertungsmaßstab bereits selbst erhebliche Schwierigkeiten. 3.1.4. Die Bewertungsmaßstäbe aus ökonomischer Sicht 3.1.4.1. Ökonomische Überlegungen zur Auslegung der Teilwertdefinition Die Teilwertdefinition selbst enthält – wie bereits ausgeführt – keine eindeutige Bewertungsvorgabe. Ihr kann lediglich ein auslegungsbedürftiger „Bewertungsauftrag“ entnommen werden: Es ist der Betrag zu ermitteln, den ein fiktiver Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Die Teilwertdefinition ordnet ferner an, dass 47 48
Vgl. oben Abschnitt 3.1.3.1. Vgl. zur konzeptionellen Stimmigkeit oben Abschnitt 2.4.3.2.2.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 95 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
von der Fortführung des Unternehmens auszugehen ist. Letztlich geht es um die Bestimmung eines aus Sicht des Erwerbers zu ermittelnden Kaufpreises oder auch nur eines erwerberbezogenen Wertes für das einzelne Wirtschaftsgut unter der Prämisse der Aufrechterhaltung des Gesamtunternehmens. Dabei stellt sich zunächst die Frage nach der Auslegung der in der Teilwertdefinition enthaltenen Formulierung „im Rahmen des Gesamtkaufpreises“. Bekanntlich war diese Formulierung der Auslöser für die in der Vergangenheit zu verzeichnenden gescheiterten Bestrebungen, die Einzelwerte der Wirtschaftsgüter zu einem Gesamtwert zu aggregieren. Aus dem Wortlaut der Teilwertdefinition ist allerdings keineswegs zwingend zu schließen, dass der Gesetzgeber die Herstellung eines Bezugs zwischen dem Gesamtwert und den Einzelwerten der Wirtschaftsgüter tatsächlich bezweckt hat. In der Teilwertdefinition wird gerade nicht die Formulierung „Teil des Gesamtkaufpreises“ gebraucht. Vielmehr ist von dem „im Rahmen des Gesamtkaufpreises“ durch den Erwerber anzusetzenden Betrag die Rede – eine Formulierung, die durchaus auch auf den Ausdruck der Betriebsbezogenheit der Bewertung reduziert werden kann.49 Entsprechend hat die Rechtsprechung auch unter Bezugnahme auf Entstehungsgeschichte und Zweck der Vorschrift immer wieder betont, dass die Kenntnis des Gesamtkaufpreises des Unternehmens keine unerlässliche Voraussetzung für die Teilwertermittlung einzelner Wirtschaftsgüter ist, und konsequenterweise das Bemühen um eine solche Verknüpfung faktisch längst aufgegeben.50 Es versteht sich daher von selbst, dass auch im Rahmen der vorliegenden Untersuchung keine entsprechenden „Reanimierungsversuche“ erforderlich sind. Ein weiteres grundlegendes Auslegungsproblem resultiert aus der Kennzeichnung des Teilwerts als „Betrag, den ein fiktiver Erwerber […] ansetzen [Hervorh. des Verf.] würde“. Hier ist unklar, was mit dem „anzusetzenden Betrag“ gemeint ist. Geht man von einer erforderlichen Kaufpreisermittlung aus, so wäre diese unproblematisch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines vollkommenen Marktes; in diesem Fall existiert für das Wirtschaftsgut bzw. das Unter49
50
Vgl. Mujkanovic, DB 1995, S. 842; Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 582 (2003), m.w.N.; Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, § 6 EStG, Rn. 411 f. (2003). A.A. wohl die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des Fachbereichs Steuern der Ernst & Young AG, BB 2004, Beilage Nr. 3 zu Heft 24, S. 11. Vgl. BFH, Urt. v. 20.07.1973, III R 100-101/72, BStBl. II 1973, S. 794, mit Verweis auf BFH, Urt. v. 02.03.1973, III R 88/69, BStBl. II 1973, S. 475. Vgl. auch BFH, Urt. v. 12.07.1968, III 181/64, BStBl. II 1968, S. 794; Urt. v. 08.05.1981, III R 26/79, BStBl. II 1981, S. 702; Urt. v. 12.05.1993, II R 2/90, BStBl. II 1993, S. 587.
96 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
nehmen nur ein Preis, auf den die Entscheidungen eines Anbieters oder Nachfragers keinen Einfluss haben.51 Bekanntlich ist dieses Modell jedoch für die praktische Bewertung von Wirtschaftsgütern unbrauchbar. Ohnehin liegt in der Realität gerade bei Unternehmenstransaktionen häufig eine Marktsituation vor, die als bilaterales Monopol bezeichnet wird.52 Dabei stehen sich ein Anbieter und ein Nachfrager gegenüber. Liegt die Wertvorstellung des Nachfragers über der des Anbieters, kann zwar von einem Einigungsbereich ausgegangen werden, innerhalb dessen der Preis durch Aushandeln zustande kommt.53 Welcher Kaufpreis sich aber letztlich ergibt, ist vor Abschluss des jeweiligen Verhandlungsprozesses nicht vorhersehbar. Mangels Verfügbarkeit tatsächlicher Kaufpreise am Bewertungsstichtag kann dem Teilwert somit nur ein fiktiver Kaufpreis zugrunde gelegt werden.54 Im Hinblick auf dessen Ermittlung liegt daher der Versuch nahe, den ökonomischen Hintergrund und insbesondere die möglichen Überlegungen des ebenfalls fiktiven Erwerbers näher zu charakterisieren, wobei auf Probleme der konkreten Wertermittlung – dies betrifft das jeweils anzuwendende Verfahren – noch nicht vertieft eingegangen wird: Alternative 1: Wird die bereits erwähnte Käufer-Verkäufer-Situation zugrunde gelegt und zudem Rationalverhalten unterstellt, so lässt sich zunächst die Preisobergrenze des Erwerbers in Abhängigkeit von der Verwendung des in Rede stehenden Wirtschaftsguts angeben. Grundsätzlich wird diese durch den (subjektiven) Ertragswert bestimmt, was allerdings die Nutzung zur kontinuierlichen Ertragserzielung unterstellt. Einmal mehr ist dabei zu betonen, dass mit der Preisobergrenze keine Aussage über den tatsächlich zustande kommenden Kaufpreis getroffen ist. Zumindest ergibt sich hieraus aber eine mögliche Begrenzung dieses Preises und damit auch des Teilwerts nach oben.
51
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Vgl. hierzu schon Albach, in: StbJb 1965/66, S. 314. Ein vollkommener Markt liegt dann vor, wenn alle Marktteilnehmer nach dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip handeln, vollständige Markttransparenz gegeben ist, die sog. Homogenitätsbedingung (Fehlen persönlicher, sachlicher, räumlicher und zeitlicher Präferenzen) erfüllt ist und unendlich schnelle Reaktionsgeschwindigkeit der Marktteilnehmer gegeben ist. Vgl. zum Modell des vollkommenen Marktes z.B. Wöhe (2005), S. 481 f.; Fehl/Oberender (2004), S. 15 ff.; Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 530 f. Vgl. Albach, in: StbJb 1965/66, S. 314. Vgl. zur Systematisierung der Marktformen in der klassischen Preistheorie Wöhe (2005), S. 483. Vgl. in diesem Zusammenhang auch oben Abschnitt 2.3.3.2.1. Vgl. Maassen (1986), S. 19.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 97 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Die im Schrifttum55 z.T. vorgetragenen Bedenken gegen die Auslegung des Teilwerts unter Rückgriff auf Ertragswertüberlegungen stehen – von der gesondert zu erörternden konkreten Ermittlung noch losgelöst – nach hier vertretener Auffassung der Eignung des (Einzel-)Ertragswerts für Zwecke der Teilwertermittlung nicht entgegen.56 Zunächst schließt der Gesetzeswortlaut eine Heranziehung des Ertragswerts nicht aus. Zudem sind die Vorbehalte gegenüber dem Ertragswertkonzept wohl in erster Linie auf die fehlgeschlagenen Versuche zurückzuführen, den Teilwert als Teilertragswert durch Aufteilung eines vorab zu berechnenden Gesamtertragswerts zu ermitteln. Sie können deshalb nicht unbesehen auf das Ertragswertkonzept an sich übertragen werden. Soweit ersichtlich lassen sich zudem aus der Entstehungsgeschichte der Teilwertdefinition keine überzeugenden Argumente gegen den (Einzel-)Ertragswert als konkretisierenden Bewertungsmaßstab an sich ableiten.57 Entsprechend sind im Übrigen auch der Rechtsprechung Ertragswertüberlegungen im Zusammenhang mit der Teilwertermittlung – wie noch zu zeigen sein wird – durchaus nicht gänzlich fremd.58 Der Ertragswert stellt somit einen Bewertungsmaßstab dar, welcher auf der Grundlage der angestellten Überlegungen mit der Legaldefinition des Teilwerts in Einklang steht.59 Untrennbar verbunden mit dem Begriff „Ertragswert“ ist allerdings die wichtige und weiter unten noch eingehend zu erörternde Frage der Zurechnung von Erträgen bzw. Zahlungsströmen einer Unternehmung zu einzelnen Wirtschaftsgütern. Hier ist zu beachten, dass bestimmte Wirtschaftsgüter einer Unternehmung der Ermittlung von (Einzel-)Ertragswerten zugänglich sind, während dies für andere eben gerade nicht der Fall ist.60
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Vgl. etwa Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 582 (2003). Wenn im Folgenden auf den Ertragswert einzelner Wirtschaftsgüter abgestellt wird, handelt es sich stets um den „(Einzel-)Ertragswert“, wenngleich dieser Begriff nur noch dann gebraucht wird, wenn Besonderheiten seiner Ermittlung hervorgehoben werden sollen. Vgl. W. Euler, in: Raupach (1984), S. 168. A.A. evtl. Doralt, in: Raupach (1984), S. 145 ff.; Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 582 (2003), denen zufolge der Gesetzgeber den Teilwert nicht als Ertragswert verstanden wissen wollte. Vgl. z.B. BFH, Urt. v. 22.12.1999, I B 158/98, BFH/NV 2000, S. 710; Urt. v. 07.11.1990, I R 116/86, BStBl. II 1991, S. 342. Auch Glanegger, in: Schmidt (2007), § 6 EStG, Rn. 239, hält eine „Zuordnung von Ertragswerten“ in bestimmten Konstellationen für zulässig. Vgl. auch Beiser, DStR 2002, S. 1778 ff. Die Konkretisierung des Teilwerts durch den (Einzel-)Ertragswert auch schon in Erwägung ziehend D. Schneider, WPg 1969, S. 308. Auch Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, § 6 EStG, Rn. 426 (2002), trifft die Feststellung, dass der ökonomische Wert eines Wirtschaftsguts ausschließlich von den zukünftigen Ertragsmöglichkeiten abhänge. In diesem Sinne auch Glanegger, in: Schmidt (2007), § 6 EStG, Rn. 239.
98 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Wie bereits erwähnt, basiert die Heranziehung des Ertragswerts auf der Annahme der Verwendung für Zwecke der fortwährenden Ertragserzielung. Denkbar ist allerdings auch, dass die vorteilhafte Verwendung aus Sicht des Erwerbers in der sofortigen Veräußerung des in Rede stehenden Wirtschaftsguts besteht. In diesem Fall tritt als Preisobergrenze an die Stelle des Ertragswerts der Einzelveräußerungspreis.61 Welche Verwendung vorteilhaft ist, muss der Erwerber selbst beurteilen.62 Mit den beiden Bewertungsmaßstäben – Ertragswert und Einzelveräußerungspreis – ist somit das Entscheidungskalkül, d.h. das Grenzpreiskalkül des Erwerbers in einer spezifischen Kaufsituation beschrieben.63 Im Gegensatz zur Preisobergrenze ergibt die Ermittlung einer Preisuntergrenze aus Sicht des fiktiven Erwerbers jedoch ökonomisch keinen Sinn. Die Vorteilhaftigkeit aus Erwerbersicht erhöht sich mit sinkendem Preis kontinuierlich, so dass er den niedrigst möglichen Kaufpreis anstreben wird. Kann mithin nur die Preisobergrenze näher spezifiziert werden, lässt sich aber der letztlich realisierte Preis unter alleiniger Bezugnahme auf die Käuferperspektive von vornherein nicht determinieren. Im Hinblick auf die Bestimmung des Teilwerts könnte bei unterstelltem Zustandekommen der Transaktion und einer den Bilanzwert unterschreitenden Preisobergrenze allenfalls gleichsam näherungsweise unmittelbar auf die durch die obigen Überlegungen zu gewinnende Preisobergrenze rekurriert werden mit der Begründung, dass ein zustande kommender fiktiver Preis nicht über der Preisobergrenze des fiktiven Erwerbers liegen kann. Zur weiteren Eingrenzung des fiktiven Kaufpreises wäre jedoch die Ermittlung der Preisuntergrenze des fiktiven Verkäufers, d.h. des Verkäufer-Grenzpreises erforderlich. Auch insoweit wären die einzelnen Verwendungsmöglichkeiten gegenüberzustellen und der sich bei bestmöglicher Verwendung ergebende Wert als Preisuntergrenze anzusetzen. Allerdings bietet die Teilwertdefinition selbst keine Anhaltspunkte für die Einbeziehung eines fiktiven Verkäufers. Auch würde eine exakte Preisbestimmung auf dieser Grundlage wiederum ausscheiden, kommt der Preis doch letztlich durch Aushandeln innerhalb des Einigungsbereichs 61 62
63
Vgl. auch im Kontext des Unternehmenskaufs Elser (2000), S. 60. Unter dem Gesichtspunkt der erforderlichen bilanziellen Bewertung könnte erwogen werden, die Verwendung nach der bilanziellen Vermögenszuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen festzulegen, was jedoch im Rahmen der hier vorzunehmenden grundsätzlichen Einordnung nicht weiter zu diskutieren ist. Vgl. zum Grenzpreiskalkül auch oben Abschnitt 2.3.3.2.1.
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zustande. Die vorstehenden Überlegungen führen somit nicht zu einem fiktiven Kaufpreis, wohl aber zu einem möglichen aus Sicht des Erwerbers „anzusetzenden Betrag“. Alternative 2: In Anbetracht des weiten Wortlauts könnte alternativ darauf abgestellt werden, dass der fiktive Erwerber über die Möglichkeit verfügt, das in Rede stehende Wirtschaftsgut am Markt zu einem konkreten Preis zu beschaffen oder dieses gar selbst herzustellen. Eine denkbare alternative Auslegung des Teilwerts wäre somit der alleinige Rückgriff auf die (Wieder-)Beschaffungskosten.64 Damit wäre der Teilwert – von der vor dem Hintergrund allgemeiner bilanzieller Überlegungen wohl erforderlichen Bestimmung einer Wertuntergrenze einmal abgesehen – durch einen Bewertungsmaßstab konkretisiert, der auch einen Kaufpreis oder – bei unterstellter Eigenfertigung – eine auf mehrere Kaufpreise (die der Eingangsfaktoren) zurückzuführende Größe darstellen würde.65 Alternative 3: Ferner könnte daran gedacht werden, die oben in Zusammenhang mit dem Grenzpreis angestellten Überlegungen mit dem Rückgriff auf die Wiederbeschaffungskosten zu kombinieren. Dies hieße letztlich, die zunächst unterstellte Käufer-Verkäufer-Situation um einen „gegebenen Bezugspreis“ zu ergänzen. Hierfür könnte sprechen, dass auch bei zunächst gegebenen Wiederbeschaffungskosten, also letztlich bei gegebenem Kaufpreis im Rahmen einer Kaufentscheidung rationalerweise ein Vergleich mit dem Ertragswert erfolgt.66 Führt man entsprechend alle drei genannten Bewertungsmaßstäbe zusammen, so wäre aus Sicht des Käufers das Minimum des höheren Wertes aus Ertragswert und Einzelveräußerungspreis einerseits und den Wiederbeschaffungskosten andererseits anzusetzen. Diese Überlegung lässt sich gedanklich im Übrigen mit einer Preiszuordnungsregel in Einklang bringen, die unter dem Namen „Deprival Value“ in das Schrifttum einge-
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Wenn hier der Begriff Wiederbeschaffungskosten gebraucht wird, so geschieht dies nur in Anbetracht von dessen Gängigkeit und keinesfalls unter Vernachlässigung der Kenntnis, dass streng genommen im hier in Rede stehenden Kontext, d.h. in der unterstellten Situation des fiktiven Erwerbers, nur von Beschaffungskosten gesprochen werden dürfte, da der fiktive Erwerber gerade noch nicht über das in Rede stehende Wirtschaftsgut verfügt. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Schult/Richter, DStR 1991, S. 1265, denen zufolge die Wiederbeschaffungswerte die „ökonomisch richtigen“ Werte sind. Vgl. Beiser, DStR 2002, S. 1779. Vgl. auch Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 45.
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gangen ist.67 Bei der auf dem Opportunitätskostenkonzept basierenden Zuordnungsregel wird zunächst davon ausgegangen, dass ein Unternehmen einen Gegenstand bei Verlust stets wiederbeschaffen kann. Ein möglicher Wert des Deprival Value ist daher der Wiederbeschaffungspreis (WP). Da ein rational handelndes Unternehmen den Gegenstand aber nur dann wiederbeschaffen würde, wenn der Nutzen aus der Verwertung den Wiederbeschaffungspreis mindestens deckt, ist der Deprival Value als Minimum aus Wiederbeschaffungspreis und dem sich bei optimaler Verwertung ergebenden Wert definiert. Letzterer kann wiederum als Maximum von Veräußerungspreis (VP) und Gebrauchswert, d.h. Ertragswert (EW) bestimmt werden, so dass sich wie folgt schreiben lässt: Deprival Value = min [WP; max (VP; EW)]. Die auf alle drei Bewertungsmaßstäbe – Ertragswert, Einzelveräußerungspreis und Wiederbeschaffungskosten – Bezug nehmenden Überlegungen können zwar Anhaltspunkte für die Bestimmung des aus Sicht des fiktiven Erwerbers „anzusetzenden Betrags“ zur Verfügung stellen. Wohlgemerkt führen aber auch sie nicht zu einem fiktiven Kaufpreis. Selbst wenn mit den Wiederbeschaffungskosten ein möglicher Kaufpreis feststeht, den der Erwerber „realisieren“ kann, ist nicht sichergestellt, dass er diese Alternative auch wahrnehmen wird. Letztlich hängt dies von der geplanten Verwendung und der Ausprägung der anderen Bewertungsmaßstäbe ab. Wird die Preisfindung in einer konkreten Käufer-Verkäufer-Situation unterstellt, so können die Überlegungen wiederum nur zur Bestimmung der Preisobergrenze herangezogen werden. Alternative 4: Die Grenzen der vorstehenden Überlegungen zur Kenntnis nehmend könnte schließlich – auf die eingangs unterstellte KäuferVerkäufer-Situation rekurrierend – erwogen werden, den (Einzel-)Ertragswert allein zur Konkretisierung des Teilwerts heranzuziehen. Wenngleich von seinem Grundsansatz her als subjektiver Entscheidungswert zu charakterisieren, könnte der Bezug zu einem als fiktiver Kaufpreis verstandenen Teilwert gedanklich durch die Anknüpfung an das – sowohl auf Seiten des Verkäufers als auch des Käufers zur Anwendung kommende – Grenzpreiskonzept hergestellt werden. Hiervon ausgehend kann auch an die Verdich67
Vgl. hierzu Pohlmann (1981), S. 41 ff., m.w.N.; Bromwich, Accounting and Business Research 1977, S. 242.
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tung des ggf. vorhandenen Einigungsintervalls zu einem Einigungspunkt gedacht werden, was etwa durch die gedankliche Zugrundelegung geeigneter, wohlgemerkt gleicher Konventionen bei Käufer und Verkäufer erreicht werden kann.68 Im Übrigen kann bei einem unterstellten vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt – wenngleich dieses theoretische Konstrukt in der Praxis nicht existiert – der Preis eines Investitionsobjekts und damit auch eines Wirtschaftsguts mit dem im Wege der Diskontierung der aus dem Wirtschaftsgut zukünftig resultierenden Zahlungsströme zu bestimmenden Ertragswert gleichgesetzt werden.69 Die aufgezeigten Alternativen verdeutlichen einmal mehr die bereits festgestellte Mehrdeutigkeit der Teilwertdefinition, die ganz unterschiedliche Auslegungsansätze ermöglicht bzw. zulässt. Die vorstehend skizzierten Ansätze zeigen zudem die erheblichen Probleme, die beim Versuch einer Auslegung der Teilwertdefinition auftreten können. Bezogen auf den vom Gesetzgeber bemühten fiktiven Erwerber mangelt es letztlich an der vollständigen Beschreibung einer konkreten Bewertungs- bzw. Entscheidungssituation. Damit lässt sich bereits an dieser Stelle die Feststellung treffen, dass auch die im geltenden Recht verankerte, nachfolgend auf der Grundlage der angestellten Überlegungen zu analysierende Ausgestaltung keineswegs die einzig denkbare darstellt. 3.1.4.2. Ökonomische Analyse der Auslegung der Teilwertdefinition de lege lata Wie bereits erwähnt, geht die Rechtsprechung von Überlegungen zur Eingrenzung des Teilwerts im Sinne einer Ober- und einer Untergrenze aus. Als Teilwertobergrenze benennt sie dabei nur die Wiederbeschaffungskosten im Sinne des Kaufpreises, den – so die Begründung – der Erwerber maximal zu zahlen bereit wäre. Die Teilwertobergrenze wird somit zwar als Preisobergrenze verstanden, aber unabhängig von der möglichen Verwendung des zu bewertenden bzw. zu bepreisenden Wirtschaftsguts ermittelt. Insoweit befindet sich die Rechtsprechung im Einklang mit der oben diskutierten Alternative 2, bei der ebenfalls die Bezugnahme auf die Wiederbeschaffungskosten im Vordergrund
68 69
Vgl. hierzu das in diesem Zusammenhang in Abschnitt 3.2.4.2. angeführte Schrifttum. Vgl. Schmidt/Terberger (1997), S. 134. Die zur Vollkommenheit hinzutretende Prämisse der Vollständigkeit beinhaltet die Handelbarkeit jedes beliebigen Zahlungsstroms, unabhängig von
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steht. Anders verhält es sich demgegenüber mit der Teilwertuntergrenze. Bei deren Festlegung auf den Einzelveräußerungspreis (ggf. abzüglich entstehender Veräußerungskosten) wird zwar mit der möglichen Veräußerung des Wirtschaftsguts durch den fiktiven Erwerber argumentiert. Gedanklich kann hierin aber auch eine weitere Preisobergrenze, und zwar wohlgemerkt nun eine von der Verwendung des Wirtschaftsguts (Veräußerung) abhängige gesehen werden. So gesehen würde der Teilwert aber durch zwei verschiedene mögliche Preisobergrenzen markiert: die verwendungsunabhängigen Wiederbeschaffungskosten (Teilwertobergrenze) und den verwendungsabhängigen Einzelveräußerungspreis (Teilwertuntergrenze). Von der aus betriebswirtschaftlicher Sicht bereits an sich fragwürdigen Herangehensweise der Eingrenzung eines „Zielwerts“ durch zwei Preisobergrenzen abgesehen, stellt sich die Frage, welcher Wert gleichsam „dazwischen“ liegen und nach erfolgter Eingrenzung dann tatsächlich ermittelt werden soll. Mit dem Kaufpreiskalkül eines fiktiven Erwerbers, etwa im Sinne eines Grenzpreiskalküls hat die Vorgehensweise der Rechtsprechung jedenfalls nichts zu tun. Auch die Feststellung, dass der Teilwert nicht unter den Einzelveräußerungspreis sinken kann, weist allenfalls in Richtung einer „Wertbeimessung“ im Sinne des in der Teilwertdefinition erwähnten „anzusetzenden Betrags“. Dabei hat es den Anschein, dass die Festlegung der Teilwertuntergrenze lediglich aus allgemeinen bilanziellen Grundsätzen resultiert, nach denen der Bilanzansatz nicht unter den Einzelveräußerungspreis sinken kann. Auch die näher liegende und der Rechtsprechung z.T. zu entnehmende Interpretation unter Opportunitätskostengesichtspunkten verschafft keine Klarheit.70 Zwar kann aus Sicht eines Unternehmens oder Unternehmers bei einem unterstellten Verlust des in Rede stehenden Wirtschaftsguts einerseits auf die bei angenommener fortwährender Nutzung erforderliche Wiederbeschaffung und andererseits auf die ansonsten vorgenommene Veräußerung rekurriert und auf dieser Grundlage ein sich bei fiktivem Verlust einstellender Mittelabfluss oder entgehender Mittelzufluss in Abhängigkeit der jeweiligen Verwendung quantifiziert werden. Dies bedeutet jedoch, dass bereits das Vorhandensein des Wirtschaftsguts unterstellt wird, was wiederum die Wahrung des Bezugs zu einem fiktiven Erwerber – und damit der konzeptionellen Stimmigkeit – fragwürdig
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seiner Höhe, zeitlichen Struktur und Unsicherheit. Vgl. hierzu auch Schmidt/Terberger (1997), S. 57. Vgl. zu obiger Überlegung auch unten Abschnitt 3.2.4.2. Vgl. zum Opportunitätskostenbegriff Coenenberg (2003), S. 294 ff.
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erscheinen lässt. Selbst wenn man sich hieran nicht stört und die vorgegebenen Grenzen – Wiederbeschaffungskosten als Obergrenze und Einzelveräußerungspreis als Untergrenze – akzeptiert, bleibt immer noch die Kernfrage unbeantwortet, nach welchem ökonomischen Kalkül der „eigentlich“ zu ermittelnde und durch die beiden Eckpunkte nur eingegrenzte Wert bestimmt werden soll. Die Rechtsprechung ist die Antwort hierauf bekanntlich bislang schuldig geblieben. Hierin dürfte ein entscheidendes Problem zu sehen sein: Ober- und Untergrenze für die Teilwertbestimmung sind zwar festgelegt, offen bleibt aber, wie die konkrete Ermittlung innerhalb der so definierten Bandbreite auf systematische Weise erfolgen soll. Beide hier erwogenen Ansätze – „Annahme einer doppelten Preisobergrenze“ wie auch „Opportunitätskosten“ – erweisen sich insoweit nicht als richtungsweisend. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Überlegungen überrascht es auch nicht, dass die Rechtsprechung mit den Buchwertvermutungen zunächst auf „ernsthafte“ Bemühungen zur Ermittlung des Teilwerts im Sinne der Legaldefinition verzichtet und sich eben auf die beschriebene „Buchwertkonservierung“ verlegt. Die Problematik eines letztlich fehlenden, in ein System eingebetteten Kalküls für die „eigentliche“ Wertbestimmung innerhalb der Teilwertgrenzen verdeutlicht auch die Auseinandersetzung mit einzelnen möglichen Widerlegungsgründen:71 Betrachtet man das Anlagevermögen, kann sich nach der Rechtsprechung – wie bereits ausgeführt – ein gesunkener Teilwert in gesunkenen Wiederbeschaffungskosten manifestieren, was eingeordnet in den Gedankenrahmen der Rechtsprechung ein Absinken der Teilwertobergrenze bedeutet und damit bei Unterschreiten des bisherigen Buchwerts auch eine niedrigere Bewertung. Dies ist zwar an sich nicht zu beanstanden. Insoweit findet aber – wie oben bereits erwähnt – wiederum keine „eigentliche“ Teilwertermittlung in dem Sinne statt, dass der zunächst durch Ober- und Untergrenze eingegrenzte Wert gesucht wird. Neben den Wiederbeschaffungskosten wird insbesondere die mangelnde Rentabilität des ganzen Betriebs oder des zu bewertenden Wirtschaftsguts als Grund für einen gesunkenen Teilwert genannt.72 Dieser Widerlegungsgrund lässt sich letztlich auf einen gesunkenen Ertragswert des jeweiligen Wirtschaftsguts zurückführen: Mangelnde Renta71 72
Vgl. detailliert zu möglichen Widerlegungsgründen auch Hoffmann, in: Littmann/Bitz/Pust, § 6 EStG, Rn. 425 ff. (2002). Vgl. BFH, Urt. v. 20.09.1989, II R 96/86, BStBl. II 1990, S. 206; Urt. v. 02.03.1973, III R 88/69, BStBl. II 1973, S. 475; Urt. v. 17.09.1987, III R 201-202/84, BStBl. II 1988, S. 488.
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bilität bedeutet nichts anderes, als dass die zurechenbaren Erträge niedriger ausfallen als erwartet, dass also der Ertragswert gesunken ist.73 Entsprechend werden zwar bei einer festgestellten niedrigen Rentabilität niedrigere Werte grundsätzlich zugelassen. Allerdings findet regelmäßig insbesondere keine an sich gebotene (Einzel-)Ertragswertermittlung für die jeweiligen Wirtschaftsgüter statt; eine hervorzuhebende Ausnahme stellt hier die Teilwertermittlung von Beteiligungen74 dar, bei der Ansätze für Ertragswertüberlegungen feststellbar sind und die zudem ob der impliziten Beachtung der konkreten Verwendung der jeweiligen Wirtschaftsgüter gedanklich auch in die Nähe des oben erörterten Deprival Value gerückt werden kann. In Anbetracht der sich stellenden und noch zu diskutierenden Zurechnungsprobleme ist die zu konstatierende Zurückhaltung gegenüber dem Ertragswert durchaus nachvollziehbar.75 Gleichwohl erscheint es bedenklich, wenn Teilwertermittlungen in Betracht gezogen oder gar vorgenommen werden, die einer ökonomischen Begründbarkeit entbehren – davon ganz zu schweigen, dass die Überlegungen vielfach nicht über den konkreten Einzelfall hinausreichen. Zu erwähnen ist etwa die von der Rechtsprechung erwogene Ermittlung der Teilwerte des beweglichen Anlagevermögens eines stillzulegenden Steinkohlebergwerks im Wege der Absenkung der Buchwerte auf die Einzelveräußerungspreise durch zeitanteilige Verteilung des Unterschiedsbetrags auf die Stilllegungsdauer.76 Aus betriebswirtschaftlicher Sicht dagegen schon eher vertretbar erscheint es zwar, den Teilwert für eine überdimensionierte – und damit letztlich auch in ihrer Rentabilität geminderte – Anlage durch die Wiederbeschaffungskosten eines dem betrieblichen Bedarf genügenden Wirtschaftsguts festzulegen.77 Hierbei wird allerdings einmal mehr nur der Gedanke der gesunkenen Teilwertobergrenze herangezogen, während die „eigentliche“ Teilwertermittlung wiederum unterbleibt. Ökono73 74
75 76 77
Vgl. auch Mujkanovic (1994), S. 47; Beiser, DStR 2002, S. 1778: „Klassische Beispiele einer Ertragswertminderung“. Vgl. z.B. BFH, Beschl. v. 22.12.1999, I B 158/98, BFH/NV 2000, S. 710; Urt. v. 07.11.1990, I R 116/86, BStBl. II 1991, S. 342. Vgl. für weitere Beispiele aus der Rechtsprechung auch Schleithoff (2006), S. 195 ff., der die Berücksichtigung verschiedener Verfahren der Unternehmensbewertung zur „Verwirklichung“ steuerrechtlicher Bewertungsmaßstäbe einschließlich des Teilwerts analysiert. Auch die Finanzverwaltung zieht den Ertragswert für die Teilwertermittlung in Betracht. Vgl. OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. A.2.3. Vgl. zur Berücksichtigung von Ertragswertüberlegungen darüber hinaus FinMin NRW, Erl. v. 20.01.1994, S 2171 – 30 – V B 1, DB 1994, S. 555 f. (betr. die Bewertung vermieteter Immobilien). Vgl. auch Mujkanovic (1994), S. 47. Vgl. BFH, Urt. v. 02.03.1973, III R 88/69, BStBl. II 1973, S. 475. Vgl. BFH, Urt. v. 17.09.1987, III R 201-202/84, BStBl. II 1988, S. 488.
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misch wenig überzeugend erscheint beispielsweise auch die prozentuale Minderung eines für ein Grundstück bezahlten Überpreises entsprechend dem gegenüber dem Anschaffungszeitpunkt gesunkenen, anhand von Bodenrichtwerten ermittelten „Marktpreisniveau“,78 wenngleich hier eine Teilwertermittlung innerhalb der Grenzen erfolgt. Im Umlaufvermögen ist zwar bei der Teilwertermittlung in erster Linie auf die Wiederbeschaffungskosten abzustellen. Hier findet sich also einmal mehr der Gedanke des Absinkens der Wiederbeschaffungskosten. Wenn jedoch hinsichtlich der zum Absatz bestimmten Waren des Vorratsvermögens für Zwecke der Teilwertfindung auf den niedrigeren Wert aus den Wiederbeschaffungskosten und dem Einzelveräußerungswert abzustellen ist, so wird hier letztlich zwar einerseits die verwendungsabhängige Preisobergrenze „Einzelveräußerungspreis“ bemüht, andererseits aber in der „Gedankenwelt“ der Rechtsprechung Teilwertobergrenze mit Teilwertuntergrenze verglichen. Hiervon abgesehen lässt sich Letztere (der Einzelveräußerungspreis) – von der ohnehin kontrovers diskutierten Einbeziehung von Gewinnzuschlägen einmal abgesehen79 – grundsätzlich als Ertragswert im Rahmen der für die zum Absatz bestimmten Waren vorgegebenen Verwendungsalternative „Veräußerung des Wirtschaftsgutes“ interpretieren.80 Somit lässt sich hier abermals der Deprival Value, gleichsam mit „vorgegebener Verwendungsalternative“ erkennen, ohne dass die Rechtsprechung allerdings entsprechende Überlegungen zum Ausdruck bringen würde. Der Versuch einer weiteren Aufarbeitung der letztlich als unbefriedigend zu bezeichnenden kasuistischen Rechtsprechung soll hier nicht unternommen werden, lässt er doch im Hinblick auf das Untersuchungsziel nur begrenzten Erkenntnisgewinn erwarten. Wichtig erscheint jedoch an dieser Stelle der nochmalige Hinweis darauf, dass das Wertfindungsproblem sich – wie gezeigt wurde – vor allem in Form eines Maßstabsproblems im Hinblick auf die nach der Festlegung der Teilwertgrenzen zu erwartende „eigentliche“ Teilwertermittlung äu78 79
80
Vgl. BFH, Urt. v. 07.02.2002, IV R 87/99, BStBl. II 2002, S. 294. Vgl. hierzu Mellwig, in: FS Moxter (1994), S. 1087, demzufolge eine Berücksichtigung des Rohgewinnaufschlags der bestehenden Unternehmung jedoch keineswegs aus der gesetzlichen Teilwertdefinition folgt. Auch R. Euler, ZfbF 1991, S. 206, hält die Einbeziehung eines Gewinnaufschlags unter dem Gesichtspunkt der Verlustantizipation nicht für erforderlich. Entsprechend auch Kammann (1988), S. 289 f. Vgl. auch D. Schneider, WPg 1969, S. 307.
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ßert. Als möglicher Bewertungsmaßstab käme hier bei konsequenter Zugrundelegung einer an Opportunitätskostengesichtspunkten orientierten Wertfindung grundsätzlich der Ertragswert in Betracht, wie es etwa bei dem oben diskutierten Deprival Value der Fall ist. Wenngleich auch die Rechtsprechung vereinzelt Ertragswertüberlegungen bemüht, dominieren doch Überlegungen, die einer ökonomischen Begründbarkeit entbehren. In Anbetracht der sich gerade bei der nahe liegenden Ertragswertermittlung vielfach stellenden Zurechnungsproblematik ist dies zwar nachvollziehbar, begegnet aber gleichwohl ob der willkürlich anmutenden Vorgehensweise Bedenken und lässt daher die im Sinne der Konformität mit der Teilwertdefinition verstandene konzeptionelle Stimmigkeit gerade im Hinblick auf die „eigentliche“ Teilwertermittlung fragwürdig erscheinen.81 Der „Grundstein“ für die derzeitige Rechtsprechungspraxis ist wohl darin zu sehen, dass die Rechtsprechung mit der von ihr vorgenommenen Festlegung der Teilwertgrenzen die „entscheidende Weichenstellung“ dergestalt vornimmt, dass eben innerhalb der Bandbreite abgesehen von dem – regelmäßig bereits einer Zurechnungsproblematik begegnenden und daher problembehafteten – Ertragswert kein ökonomisch begründbarer Bewertungsmaßstab zur opportunitätskostenorientierten Bewertung existiert, so dass sich die Rechtsprechung innerhalb ihres eigenen Korsetts zu zwangsweise Bedenken begegnenden Reaktionen bzw. Lösungen gezwungen sieht. Wenngleich somit gegenüber der Rechtsprechung ernsthafte Bedenken angezeigt sind und auch die vorangestellten eigenen Auslegungsüberlegungen gezeigt haben, dass die von der Rechtsprechung verwirklichte keineswegs die einzige mögliche Auslegung darstellt, darf allerdings nicht übersehen werden, dass auch die hier nicht vorzunehmende Entwicklung einer alternativen Teilwertkonzeption auf der Grundlage der vorhandenen Legaldefinition selbst in Anbetracht der vorhandenen Gestaltungsfreiheiten erhebliche Schwierigkeiten bereiten dürfte. Betrafen die bisherigen Ausführungen die im Sinne der Konformität mit dem Bewertungsmaßstab Teilwert verstandene konzeptionelle Stimmigkeit, so ist nachfolgend auf die konkrete Wertermittlung einzugehen, die letztlich die Analyse des jeweils anzuwendenden Bewertungsverfahrens betrifft.
81
Vgl. zur konzeptionellen Stimmigkeit oben Abschnitt 2.4.3.2.2.
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3.1.5. Zur konkreten Ermittlung der (möglichen) Bewertungsmaßstäbe 3.1.5.1. Wiederbeschaffungskosten und Einzelveräußerungspreis 3.1.5.1.1. Grundüberlegungen und „Lösung“ des geltenden Rechts Bei der Ermittlung der Wiederbeschaffungskosten liegt es – wenngleich keiner wissenschaftlichen Letztbegründung zugänglich – auch in Anbetracht der aus der Teilwertdefinition ableitbaren transaktionsorientierten Bewertung nahe, in erster Linie auf den Beschaffungsmarktpreis des jeweiligen Wirtschaftsguts bzw. eines Wirtschaftsguts gleicher Art und Güte abzustellen.82 Von der Grundüberlegung her repräsentiert der Marktpreis den Konsens aller Marktteilnehmer über Nutzen, unsichere künftige Zahlungsströme sowie über die für diese Unsicherheiten verlangten Risikoprämien.83 Damit soll wohlgemerkt nicht darüber hinweggegangen werden, dass auch Marktpreise keine objektiven, im Sinne „normalerweise“ oder „von jedermann“ zu bezahlender Kaufpreise darstellen und keinesfalls zwingend frei von durch nichtrepräsentative Wertschätzungen bedingten einseitigen „Verzerrungen“ sind. Dieser Aspekt betrifft allerdings die bereits oben diskutierte, als Konformität mit dem Teilwert verstandene konzeptionelle Stimmigkeit, die ohnehin unter verschiedenen Gesichtspunkten als fragwürdig zu beurteilen war, so dass an dieser Stelle eine weitere Auseinandersetzung hiermit verzichtbar erscheint.84 Wird der Gedanke des Rückgriffs auf Marktpreise weiterverfolgt, so ergäben sich – die Verfügbarkeit bzw. Beobachtbarkeit des Marktpreises für das in Rede stehende Wirtschaftsgut vorausgesetzt – keine Ermittlungsprobleme und auch die Objektivierung wäre sichergestellt. Gänzlich unproblematisch wäre eine solche Heranziehung des Marktpreises wiederum für den Fall, dass die Voraussetzungen des theoretischen Konstrukts vollkommener Markt vorliegen, in dem nur ein einheitlicher Preis existiert, was jedoch – wie oben bereits erwähnt – gerade nicht der Realität entspricht.85 Selbst bei Vorliegen homogener Güter,86 lassen sich hier regelmäßig eine Vielzahl von Preisen beobachten. Häufig wird
82 83
84 85
Vgl. auch Winkeljohann, in: HHR, § 6 EStG, Rn. 615 (1998). Vgl. Kümmel (2002), S. 111. So auch Jones/Stanwick, JCAF 1999, S. 104: „Market prices capture the consensus view of all market participants about an asset’s or liability’s economic characteristics, including assumptions about cash flows, profit margins, and risk.” Vgl. zur Repräsentativität von Marktpreisen jedoch unten Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. bereits oben Abschnitt 3.1.4.1.
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es jedoch bereits am Vorliegen solcher homogener Güter mangeln. In diesem Fall kann zwar daran gedacht werden, den fiktiven Beschaffungsmarktpreis des in Rede stehenden Wirtschaftsguts aus vergleichbaren oder ähnlichen Gütern abzuleiten. Im Hinblick auf eine solche „Preisableitung“ stellt sich allerdings die Frage, wie die Vergleichbarkeit definiert sein soll und nach welchem Vorgehen bzw. Verfahren die Ableitung erfolgen könnte. Gerade Letzteres bereitet in Anbetracht der Vielzahl der in die Preisbildung Eingang findenden Faktoren Schwierigkeiten. Wenngleich die ökonomische und insbesondere die betriebswirtschaftliche Forschung eine Reihe von Erkenntnissen über einzelne Preisbildungsfaktoren hervorgebracht hat, mangelt es an einem theoretisch begründbaren Vorgehen, d.h. einem Verfahren zur Quantifizierung bzw. zur quantitativen Berücksichtigung der genannten möglichen Unterschiede.87 Versuche der „Preisableitung“ rufen daher bereits von vornherein Bedenken hervor. Diese Beurteilung gilt nicht nur für die Wiederbeschaffungskosten, sondern lässt sich gleichsam mit „umgekehrtem Vorzeichen“ auf den Einzelveräußerungspreis als weiteren von der Rechtsprechung bemühten Bewertungsmaßstab übertragen. Anders als im Hinblick auf den Einzelveräußerungspreis kann ein weiterer Ansatz zur Ermittlung der Wiederbeschaffungskosten zwar darin bestehen, auf den Reproduktionswert des betreffenden Wirtschaftsguts zurückzugreifen.88 Wie nachfolgende Abb. 3.1.-2 verdeutlicht, ist es denkbar, den Wert einer vorhandenen Anlage aus den Marktzeitwerten, d.h. den Marktpreisen der für ihre Reproduktion erforderlichen Produktionsfaktoren abzuleiten.89 Mengengerüst
Wertgerüst
Konstruktionspläne, Daten aus Kostenrechnung
Marktpreise
Abb. 3.1.-2: Ermittlung von Reproduktionswerten
86 87 88 89
Die Homogenitätsbedingung beinhaltet im Einzelnen das Fehlen persönlicher, sachlicher, aber auch räumlicher und zeitlicher Präferenzen. Vgl. Wöhe (2005), S. 481. Vgl. zu dieser – insbesondere im Zusammenhang mit der Verrechnungspreisfindung relevanten und daher dort ausführlicher aufzugreifenden – Problematik auch unten Abschnitt 3.4.3.2.2. Letztlich handelt es sich um die von der Rechtsprechung begrifflich hervorgehobenen „Wiederherstellungskosten“. Vgl. zur Ermittlung von Reproduktionswerten auch Busse von Colbe, in: Raupach (1984), S. 44.
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Während bei selbst erstellten Anlagen ggf. auf Konstruktionspläne und Daten der Kostenrechnung zurückgegriffen werden kann, stellen sich allerdings bei fremd beschafften Anlagen nur schwer lösbare Ermittlungs- und – damit einhergehend – Objektivierungsprobleme bereits hinsichtlich des zugrunde zu legenden Mengengerüstes. Im Übrigen treten bei der Ermittlung der Marktpreise der erforderlichen Produktionsfaktoren generell vergleichbare Probleme auf wie bei der Ermittlung der Marktpreise der jeweiligen Wirtschaftsgüter selbst. Auch die Verwendung von Reproduktionswerten zur Konkretisierung der Wiederbeschaffungskosten ist folglich mit erheblichen Problemen behaftet. Den aufgezeigten Problemen könnte ergänzend dadurch begegnet werden, dass man neben Preisen aus der Vergangenheit im Sinne der flexiblen Planung auf Preise nach dem Stichtag abstellt,90 um auf diese Weise den Kreis der für vergleichbare Wirtschaftsgüter verfügbaren Marktpreise zu erweitern. Entsprechend könnte auch auf Vergangenheitspreise rekurriert werden. Bei enger Auslegung des Stichtagsprinzips wäre hierbei eine verhältnismäßig kurze Frist um den Stichtag zu wählen. Gedacht werden könnte etwa an die im Rahmen der zeitverschobenen Inventur gem. § 241 Abs. 3 HGB verwendete Frist91, nach der die Inventur auch innerhalb der letzten drei Monate vor oder der ersten zwei Monate nach dem Bilanzstichtag durchgeführt werden kann. Je kürzer eine solche Frist gewählt wird, desto weniger dürfte diese Vorgehensweise allerdings einer Wertfindung zuträglich sein. Abhilfe schaffen könnte allenfalls eine weite Auslegung des Stichtagsprinzips, die aber wiederum gerade vor dem Hintergrund dieses Prinzips für die bilanzielle Bewertung fragwürdig erscheint. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass sich der Ansatz im geltenden Recht – soweit ersichtlich – nicht wieder findet. Ohnehin überrascht, dass die der Ermittlungsproblematik hinsichtlich der Wiederbeschaffungskosten und des Einzelveräußerungspreises in Rechtsprechung und Schrifttum im Zusammenhang mit dem Teilwert zukommende Aufmerksamkeit nicht einmal ansatzweise mit der in anderen Kontexten – wie etwa der weiter unten noch zu behandelnden Verrechnungspreisfindung92 – der Bestimmung der jeweiligen Bewertungsmaßstäbe zuteil werdenden vergleichbar ist, müsste hierin doch eigentlich ein erhebliches Problem bei der Teilwertermitt90 91 92
Vgl. zur flexiblen Planung oben Abschnitt 2.3.4.2. Vgl. auch R 5.3 EStR 2005. Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.4.
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lung liegen. Der Hauptgrund hierfür dürfte darin zu sehen sein, dass vielfach – auch seitens der Rechtsprechung – auf die Bestimmung von Wiederbeschaffungskosten und Einzelveräußerungspreis im Sinne einer Bandbreitenfixierung verzichtet und unmittelbar auf die jeweiligen Widerlegungsgründe selbst abgestellt wird. Gerechtfertigt erscheint der Verzicht auf die Ermittlung von Wiederbeschaffungskosten und Einzelveräußerungspreis allerdings nur dann, wenn zweifelsfrei feststeht, dass sich der nachzuweisende niedrigere Teilwert innerhalb der Bandbreite befindet. Dies dürfte zwar deshalb – jedenfalls in der Einschätzung von Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung – häufig der Fall sein, weil einerseits die Frage nach der Obergrenze schon in Anbetracht der Interessenlage auf Seiten des Steuerpflichtigen nicht aufgeworfen werden und andererseits auch ein Unterschreiten der Untergrenze vielfach schon durch „Plausibilitätsüberlegungen“ auszuschließen sein dürfte. Gleichwohl stellt sich gerade im Hinblick auf die Wiederbeschaffungskosten als wichtig(st)em Widerlegungsgrund die Frage nach weiteren Wegen des möglichen Umgangs mit der Ermittlungs- und Objektivierungsproblematik. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass ähnliche Ermittlungsprobleme auch bei der mit der Fair Value-Bewertung in der IFRS-Rechnungslegung angestrebten marktnahen Bewertung auftreten. Es erscheint daher für eine weitere Problemdurchdringung sinnvoll, die „Lösung“ des geltenden Rechts hierzu in Bezug zu setzen. 3.1.5.1.2. Das geltende Recht im Spiegel der „Fair Value-Typologie“ Im Einklang mit seiner Konzeption als marktorientiertem Bewertungsmaßstab ist oberste Leitlinie bei der Fair Value-Ermittlung nach IFRS eine marktpreisgestützte Ermittlung.93 Ganz grundsätzlich ist eine dreistufige Ermittlungshierarchie zu beachten.94 Während auf den ersten beiden Stufen eine Verwendung von beobachtbaren Preisinformationen geboten ist (Marking to Market), ist auf der dritten Stufe eine modellgestützte Ermittlung vorzunehmen (Marking to Model): 93
94
Vgl. grundlegend zum Fair Value Lorson, in: Bieg/Heyd (2005), S. 3 ff.; Kessler, in: Bieg/Heyd (2005), S. 57 ff.; Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 529 ff.; Hitz, WPg 2005, S. 1013 ff.; Pfaff/Kukule, KoR 2006, S. 542 ff.; Schruff, in: FS Siegel (2005), S. 111 ff.; Dohrn (2004); Streim/Bieker/Esser, BFuP 2003, S. 457 ff.; Mujkanovic (2002); Baetge/Zülch, BFuP 2001, S. 543 ff.; Barth/Landsman, Accounting Horizons 1995, S. 97 ff.; zur Bedeutung des Fair Value in der deutschen Bilanzierungspraxis Küting/Zwirner/Reuter, DStR 2007, S. 500 ff. Vgl. auch Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 533 f.; Hitz, WPg 2005, S. 1015; Tanski/Zeretzke, DStR 2006, S. 53 ff.
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Im Einzelnen ist auf der ersten Stufe zu prüfen, ob für den zu bewertenden Vermögenswert („Asset“) ein Marktpreis zum oder nahe dem Bewertungsstichtag vorliegt, der die erforderliche Qualität aufweist. Qualitätskriterium ist dabei das Vorliegen eines aktiven Marktes, der wiederum durch drei Voraussetzungen charakterisiert wird:95 (1) Homogenität der auf dem Markt gehandelten Vermögenswerte, (2) vertragswillige Käufer und Verkäufer können in der Regel jederzeit gefunden werden, (3) die Preise sind öffentlich verfügbar. Sind keine Marktpreise verfügbar oder weisen diese nicht die geforderte Qualität auf, so ist auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob entsprechende Preise für vergleichbare Vermögenswerte vorliegen. Ggf. sind diese in modifizierter Form als Fair Value heranzuziehen. Kann auch auf diesem Wege der Wert nicht bestimmt werden, so ist auf der dritten Stufe eine modellgestützte Bewertung vorzunehmen. Zu beachten ist allerdings, dass es sich bei den drei beschriebenen Stufen lediglich um eine Grundordnung handelt, die jedoch standardübergreifend nicht strikt eingehalten wird, sondern vielmehr standardbezogen auch Durchbrechungen bzw. Modifizierungen erfährt, wie die nachfolgende Gegenüberstellung der Ausprägungen des Fair Value in ausgewählten Standards zeigt:96
95 96
Vgl. hierzu auch Hitz, WPg 2005, S. 1015. Vgl. Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 532 f.
112 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}} Fair Value-Ausprägungen
1)
2)
IAS 16
IAS 36
IAS 38
IAS 39
IAS 40
Sachanlagevermögen
Impairment Test
Immaterielle Vermögensgegenstände
Finanzinstrumente
Immobilien (Finanzinvestitionen)
Wert unter Bezugnahme auf einen aktiven Markt Ansonsten Bilanzierung mit fortgeführten Anschaffungsoder Herstellungskosten
1)
Preis auf Basis marktbasierter Begutachtung Ertragswertverfahren oder fortgeführte Wiederbeschaffungskosten
1)
2) 3)
4)
Preis aus bindendem Kaufvertrag Preis am aktiven Markt Schätzung aufgund des letzten vorliegenden Preises am aktiven Markt Schätzung anhand anderer Informationen
1)
2)
2)
3)
Preis am aktiven Markt Schätzung aufgrund des letzten vorliegenden Preises am aktiven Markt Anwendung anerkannter Bewertungsverfahren
1) 2)
Preis am aktiven Markt Verlässlichste Schätzung aus: Markt für abweichende Immobilien, auf einem weniger aktiven Markt erzielte Preise nach Adjustierung oder diskontierte Cash FlowPrognosen
Abb. 3.1.-3: Fair Value-Ausprägungen97 Abb. 3.1.-3 verdeutlicht, dass die Fair Value-Bewertung – wie die Bewertung im Rahmen der IFRS generell – letztlich im Wege einer nach Vermögenswerten differenzierenden Bewertung erfolgt und durch Hierarchien bzw. Stufenkonzepte gekennzeichnet ist. Ob die jeweiligen Konkretisierungen dem Bewertungsziel „Fair Value“ gerecht werden oder insoweit Kritik angebracht ist, soll hier in Anbetracht der dieser Untersuchung zugrunde liegenden steuerrechtlichen Wertfindung nicht diskutiert werden. 98 Bedeutsam erscheint aber die Feststellung, dass die Fair Value-Bewertung von vornherein zumindest den Versuch einer grundlegenden Systematik zur Konkretisierung unternimmt und damit wesentlich weiter reichende Rahmenbedingungen im Sinne von „Verfahrensschritten“ als das geltende deutsche Steuerrecht 97 98
Quelle: Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 533 (leicht modifiziert). Vgl. zur Kritik aber etwa Hitz, WPg 2005, S. 1013 ff.; Schildbach, in: Küting/Pfitzer/Weber (2006), S. 8 ff. Vgl. aber auch den Beitrag von Pfaff/Kukule, KoR 2006, S. 542, mit dem pointierten Titel „Wie fair ist der fair value?“. In diesem Zusammenhang ist ferner auf Bestrebungen der Standardsetter FASB und IASB zur Schaffung eines einheitlichen Konzepts für eine Fair Value-Bewertung hinzuweisen. Vgl. hierzu Zülch/Gebhardt, BB 2007, S. 147 ff.; Hitz, WPg 2007, S. 361 ff.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 113 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
im Hinblick auf den Teilwert bereitstellt. Neben den anzuwendenden Bewertungsmaßstäben bzw. -verfahren betrifft dies etwa auch die „Funktionsfähigkeit“ des Marktes. Damit werden zwar keine abschließenden Lösungen für die sich stellenden Ermittlungs- und Objektivierungsprobleme unterbreitet. Vielmehr wird im Schrifttum zu Recht eine hohe Ermessensbehaftung auch des Fair Value bemängelt.99 Gleichwohl legt die beobachtete Vorgehensweise die Frage nahe, ob nicht – die aufgezeigten theoretischen Bedenken keineswegs negierend – auch das hier in Rede stehende steuerrechtliche Wertfindungsproblem durch entsprechende wirtschaftsgüterbezogene Vorgaben „im Wege des Zusammenführens der Parteien“ abgemildert werden könnte. Deren Beantwortung ist jedoch – wie die Frage selbst – nicht etwa auf den Problemaspekt des Teilwerts und die bilanzielle Bewertung zu beschränken und muss daher dem vierten Kapitel vorbehalten bleiben.100 3.1.5.2. Zum Rückgriff auf Ertragswertüberlegungen Oben wurde festgestellt, dass innerhalb der durch die vorstehend diskutierten Bewertungsmaßstäbe, Wiederbeschaffungskosten und Einzelveräußerungspreis, konkretisierten Teilwertgrenzen die „eigentliche“ Teilwertermittlung nicht auf ein systematisches, ökonomisch begründbares Vorgehen gestützt wird, die angeführten Widerlegungsgründe aber vielfach auf Ertragswertüberlegungen zurückgeführt werden können.101 Zudem legen die der Analyse vorangestellten eigenen ökonomischen Überlegungen unter verschiedenen Gesichtspunkten einen Rückgriff auf den Ertragswert im Sinne eines „zwischenzuschaltenden“ Bewertungsmaßstabs und damit das Ertragswertverfahren nahe. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, die Zurückhaltung des geltenden Rechts gegenüber dem Ertragswert kritisch zu hinterfragen. Hierfür ist zunächst auf den (Einzel-)Ertragswert und sodann auf das Konzept des Asset Impairment nach IAS 36 einzugehen. In terminologischer Hinsicht sei vorweg angemerkt, dass
99
100 101
Vgl. mit Einzelheiten etwa Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 534. Auf die mit der Ermittlung von Zeitwerten verbundene Unsicherheit weist auch der IDW Prüfungsstandard IDW PS 315 hin. Vgl. IDW, WPg 2006, S. 309, Tz. 1 Abs. 3. Allerdings hat dieser Standard (nur) die Prüfung von Zeitwerten durch den Abschlussprüfer zum Gegenstand und geht daher auf die konkrete Ermittlung selbst nur am Rande ein. Vgl. zur Prüfung von Zeitwerten auch Ruhnke/Schmidt, WPg 2003, S. 1037 ff. Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.2.3.3.3.1. Vgl. oben Abschnitt 3.1.4.2.
114 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
mit der Diskussion der Ermittlung des Ertragswerts letztlich auch das Ertragswertverfahren angesprochen ist.102 (1) (Einzel-)Ertragswert Den ersten Problemkreis der zahlungsstrombasierten Bewertung stellt seit jeher die bereits erwähnte Zurechnung von Zahlungsströmen103 zu dem in Rede stehenden Bewertungsobjekt dar.104 Bei einer angedachten Konkretisierung des Teilwerts mittels (Einzel-)Ertragswert stellt sich dieses Problem insbesondere dann, wenn mehrere Wirtschaftsgüter zusammen zur Erzielung von Einnahmen herangezogen werden.105 Die verursachungsgerechte Zurechnung der Zahlungsströme zu dem jeweiligen einzeln zu bewertenden Wirtschaftsgut erweist sich dann regelmäßig als unmöglich. Dies ist auch der Grund dafür, dass es letztlich nicht gelungen ist, den Teilwert einzelner Wirtschaftsgüter als Teilertragswert des Gesamtertragswerts zu ermitteln. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass es durchaus Konstellationen bzw. Wirtschaftsgüter gibt, in bzw. bei denen die Ermittlung eines Ertragswerts unter Zurechnungsgesichtspunkten möglich ist. Wirtschaftsgüter mit Einzelerträgen
Rechtlich isolierte Wirtschaftsgüter
Rechtlich nicht isolierte Wirtschaftsgüter
Keine Verbunderträge
Dominante Erträge
Abb. 3.1.-4: Wirtschaftsgüter mit Einzelerträgen 102 103
104 105
Vgl. zu den Begriffen Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren oben Abschnitt 2.4.2. Die Begriffe „Zahlungsstrom“, „Ertrag“ bzw. „Zukunftsertrag“ und „Erfolg“ bzw. „Zukunftserfolg“ werden im Folgenden grundsätzlich synonym im Sinne von Zahlungsgrößen verwendet. Wenn hiervon ausnahmsweise abgewichen wird und auf periodisierte Zahlungen abgestellt werden soll, ergibt sich dies entweder aus dem Sinnzusammenhang, oder es wird hierauf im Text gesondert hingewiesen. Die Problemkreise entsprechen im Grundsatz denen bei einer Unternehmensbewertung. Vgl. hierzu auch Mujkanovic (2002), S. 289. Vgl. Beyhs (2002), S. 245, m.w.N.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 115 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Abb. 3.1.-4 zeigt eine mögliche grundlegende Systematisierung der in Frage kommenden Wirtschaftsgüter, die nachfolgend erläutert wird.106 Rechtlich isolierte Wirtschaftsgüter: Eine Ertragszurechnung ist ohne Weiteres möglich bei Wirtschaftsgütern, die sich allein in einer „rechtlichen Hülle“ befinden, wie es bei sog. Objektgesellschaften der Fall ist. Zu denken ist beispielsweise an ein Containerschiff, welches im Gesamthandsvermögen einer GmbH & Co. KG gehalten und von der Gesellschaft verleast wird. In diesem Fall lassen sich die Leasingerträge und sämtliche weiteren Zahlungen mangels Vorhandenseins weiterer Wirtschaftsgüter dem Containerschiff zurechnen. Wirtschaftsgüter ohne Verbunderträge: Eine Zurechnung von Zukunftserträgen ist weiterhin möglich bei Wirtschaftsgütern, welche die jeweiligen Erträge nicht im Verbund mit anderen Wirtschaftsgütern, sondern eigenständig erzeugen. Als Beispiele können insbesondere (Finanz-)Beteiligungen, Wertpapiere und Miet- bzw. Vermietungsobjekte angeführt werden.107 Wirtschaftsgüter mit dominanten Erträgen: Schließlich ist eine Zurechnung von Erträgen bei solchen Wirtschaftsgütern zu überlegen, die zwar nur im Verbund mit anderen Wirtschaftsgütern Erträge erzielen, denen jedoch bei der Ertragserzielung die dominante Rolle zukommt; so z.B. bei einem Verbund mehrerer Produktionsanlagen, innerhalb dessen einer Anlage an der Wertschöpfung der weit überwiegende Anteil zukommt. Hierbei handelt es sich jedoch von vornherein um eine „Behelfslösung“. Auch ist zu beachten, dass die Grenzen zu den „Wirtschaftsgütern ohne Verbunderträge“ im Einzelfall fließend sein können. Bei den vorstehend genannten Fallgruppen könnte – von den rechtlich isolierten Wirtschaftsgütern abgesehen – einer Einzelertragswertberechnung unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung bzw. Zurechenbarkeit die Einbeziehung von Ertragsteuern entgegenstehen.108 Da die ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage 106
107 108
Eine an konkreten Bilanzposten orientierte Auseinandersetzung mit der Frage, welche Vermögensgegenstände und Schulden einer Einzelzurechnung und damit einer Barwertberechnung zugänglich sind, findet sich bei Kümmel (2002), S. 103. Vgl. auch Glanegger, in: Schmidt (2007), § 6 EStG, Rn. 239. Vgl. auch FinMin NRW, Erl. v. 20.01.1994, S 2171 – 30 – V B 1, DB 1994, S. 555 f. Vgl. zur vergleichbaren Problematik der Berücksichtigung von Steuern bei der Unternehmensbewertung Löffler, in: Schacht/Fackler (2005), S. 363 ff.; zur Berücksichtigung der Einkom-
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nicht für einzelne Wirtschaftsgüter, sondern im Verbund für alle Wirtschaftsgüter zu ermitteln ist, bestünde hierbei ein zusätzliches Zurechnungsproblem hinsichtlich der Steuerzahlungen. Allerdings spricht einiges dafür, die sich bereits vorweg stellende Frage, ob die Besteuerung überhaupt einzubeziehen ist, zu verneinen. Ihre Berücksichtigung hätte zur Folge, dass (abgezinste) Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerzahlungen (zuzüglich Solidaritätszuschlag) über ggf. vorzunehmende Teilwertabschreibungen die steuerliche Bemessungsgrundlage des in Rede stehenden Gewinnermittlungszeitraums mindern würden. Dies erscheint aber insbesondere vor dem Hintergrund des in § 12 Nr. 3 EStG bzw. in § 10 Nr. 2 KStG geregelten Abzugsverbots fragwürdig. Ferner ist ein solches Ergebnis aus systematischer Sicht bedenklich, würde es doch dazu führen, dass die Steuern auf die im Ermittlungszeitraum selbst angefallenen bzw. periodisierten Zahlungen zwar nach wie vor nicht zum Abzug zugelassen wären, wohl aber zukünftige Steuerzahlungen.109 Im Übrigen erscheint eine Einbeziehung von Steuern auch deshalb verzichtbar, weil die zu berechnenden Ertragswerte gerade nicht der Entscheidungsfindung, sondern (nur) der Bemessungsgrundlagenermittlung dienen sollen.110 Neben der Zurechnung stellt sich – damit ist der zweite Problemkreis angesprochen – die Frage nach der Bewältigung der Unsicherheitsproblematik und damit einhergehend im Hinblick auf eine möglichst konfliktfreie Verwendung von Ertragswerten für steuerliche Zwecke die Frage nach der Objektivierbarkeit der Zahlungsströme.111 Eine verlässliche Ermittlung und damit auch eine Objektivierung der künftigen Zahlungsströme (als Punktwert) ist etwa dann zu bewerkstelligen, wenn diese vertraglich vereinbart sind und überdies keine tatsächlichen Ausfallrisiken bekannt sind.112 Beispielsweise können die Zukunftserfolge von Mietobjekten grundsätzlich aus vorhandenen langfristigen vertraglichen
109
110
111 112
mensbesteuerung Laas, WPg 2006, S. 290 ff. Kritisch zur Einbeziehung von Ertragsteuern Barthel, DStR 2007, S. 83 ff. Für die Gewerbesteuer ergibt sich – ungeachtet ihrer Abzugsfähigkeit von der eigenen Bemessungsgrundlage – keine abweichende Beurteilung, da die Ausgangsgröße an die einkommenbzw. körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage anknüpft (§ 7 Satz 1 GewStG). Eine andere Beurteilung ist möglicherweise im Hinblick auf die im Rahmen der handelsrechtlichen Gewinnermittlung relevante Informationsfunktion angebracht. Vgl. in diesem Zusammenhang etwa Beyhs (2002), S. 230 ff. Vgl. zu den nachfolgenden Möglichkeiten im Einzelnen Kümmel (2002), S. 209 ff. In diesem Zusammenhang kann auch von „fast sicheren Erwartungen“ gesprochen werden. Vgl. Leffson (1987), S. 471.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 117 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Vereinbarungen des Bilanzierenden (z.B. Mietverträgen) entnommen werden.113 Darüber hinaus sind die Zahlungsströme innerhalb eines statistisch objektivierten Schätzintervalls nachprüfbar, wenn sie mit Hilfe quantitativ-statistischer Verfahren auf der Grundlage vorhandener Vergangenheitserfahrungen prognostiziert werden können.114 In Betracht kommen grundsätzlich auch auf einzelne Wirtschaftsgüter bezogene Möglichkeiten der Ertragsobjektivierung. So kann beispielsweise bei der Bewertung immaterieller Vermögenswerte an die sog. Relief from Royalty-Methode115 gedacht werden. Diese sieht im Ergebnis eine Barwertermittlung der eingesparten „marktüblichen“ Lizenzentgelte vor; dabei können die Lizenzentgelte u.U. durch Rückgriff auf entsprechende Datenbanken objektiviert werden, wobei aber regelmäßig mit Vergleichbarkeitsproblemen zu rechnen sein dürfte. Ungeachtet der aufgezeigten Restriktionen sind somit eine Reihe von Anknüpfungspunkten für eine – zumindest im Ansatz – objektivierte Ermittlung der künftigen Zahlungsströme zu verzeichnen. Soweit eine Objektivierung hinsichtlich der Zahlungsströme aber ausscheidet, kann jedoch allenfalls eine nachvollziehbare Bewertung erreicht werden.116 Der dritte und letzte Problemkreis betrifft die Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes, der sich – bei unterstellter Berücksichtigung einer Risikoprämie in Form eines Risikozuschlags auf den risikolosen Zinssatz – aus einem risikolosen Zinssatz und einem Risikozuschlag zusammensetzt.117 Der risikolose Zinssatz lässt sich zwar aus aktuellen Marktzinssätzen von Anleihen der öffentlichen Hand mit entsprechenden (Rest-)Laufzeiten bzw. – bei Heranziehung periodenspezifischer Zinssätze – aus Zinsstrukturkurven ermitteln, die ihrerseits wiederum mit Hilfe von marktgehandelten Nullkuponanleihen bestimmt werden können.118 Eine gänzlich unproblematische Ermittlung und damit auch eine Objektivierung der Risikokompensation ist jedoch nur durch Heranziehung risikoangepasster Marktzinssätze erreichbar, die aus marktgehandelten Vergleichsobjekten gewonnen werden können.119 Insoweit stellt sich aber erneut das oben bereits im Hinblick auf die Marktpreise der jeweiligen Wirtschaftsgüter festge113 114 115 116 117 118 119
Vgl. in diesem Zusammenhang auch FinMin NRW, Erl. v. 20.01.1994, S 2171 – 30 – V B 1, DB 1994, S. 555 f. Vgl. Leffson (1987), S. 471. Vgl. Jäger/Himmel, BFuP 2003, S. 432. Vgl. zur Abgrenzung von Objektivierung und Nachvollziehbarkeit oben Abschnitt 2.3.3.1.2. Vgl. zur Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes auch unten Abschnitt 3.5.3.1.2. Vgl. Kümmel (2002), S. 189. Vgl. Kümmel (2002), S. 189.
118 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
stellte Vergleichbarkeitsproblem.120 Letztlich wird somit auch hier regelmäßig keine objektivierte, sondern nur eine nachvollziehbare Bewertung möglich sein.121 Auch von der Zurechnungsproblematik abgesehen, weist die zukunftsbezogene Bestimmung der Zahlungsströme wie auch die Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes somit Ermittlungsprobleme auf, mit denen entsprechende Objektivierungsprobleme einhergehen.122 Soll – über die vorstehend genannten Konstellationen hinaus – der Ertragswert nicht nur in nachvollziehbarer, sondern in objektivierter Form verwendet werden, sind „ergänzende Maßnahmen“ erforderlich. Eine vergleichsweise einfache Vorgehensweise hinsichtlich des Kapitalisierungszinssatzes besteht etwa darin, einen entsprechenden Risikozuschlag exogen vorzugeben.123 Was die Ermittlung der Zahlungsströme betrifft, so findet sich in der Rechtsprechung des BFH der Gedanke, die für Zwecke der Beteiligungsbewertung benötigten Jahresüberschüsse anhand von nachhaltig erzielbaren Jahresgewinnen zu schätzen.124 Vergleichbare Überlegungen weist auch das zur Bewertung nicht börsennotierter Anteile an Kapitalgesellschaften heranzuziehende Stuttgarter Verfahren auf, im Rahmen dessen für Zwecke der Ermittlung des Ertragshundertsatzes auf den gewichteten Durchschnittsertrag der letzten drei Jahre abgestellt wird.125 Hierbei ist allerdings zu beachten, dass häufig wider bessere Informationen verfahren werden muss, so z.B. bei der Zugrundelegung von Erträgen, die als atypisch für die Zukunft anzusehen sind.126 Die vorstehenden „ergänzenden Maßnahmen“ sind damit zwar geeignet, die Ermittlungs- und die Objektivierungsproblematik zu bewältigen bzw. zu vermeiden, begegnen aber ihrerseits wiederum erheblichen Bedenken, welche jedoch eine andere Qualität als die im Zusammenhang mit der oben erörterten Preisableitung festgestellten Bedenken aufweisen: Die im Rahmen des theoretisch zunächst überlegenen Ertragswerts auftretenden Ermittlungsprobleme 120 121 122 123 124 125
126
Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.1.1. Vgl. hierzu detaillierter unten Abschnitt 3.5.3.1.2. Vgl. auch den Hinweis von Kümmel (2002), S. 189, auf die begrenzten Objektivierungsmöglichkeiten. Vgl. Moxter (1983), S. 34. Vgl. BFH, Urt. v. 12.12.1990, I R 85/88, BFH/NV 1992, S. 59. Vgl. zum Stuttgarter Verfahren unten Abschnitt 3.2.4. In diesem Zusammenhang auch Moxter (1983), S. 34: „Die Domäne von Ertragswertobjektivierungen liegt dort, wo bereits der objektivierungsbedingte Vereinfachungseffekt andere Erwägungen verdrängt, insbesondere bei den steuerlichen Massenverfahren.“ Vgl. Moxter (1983), S. 34.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 119 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
werden durch vereinfachende Vorgaben bzw. Annahmen bewältigt, welche die angesprochenen Ermittlungsprobleme lösen und auch eine objektivierte Bewertung ermöglichen, gleichwohl aber das Vorgehen insgesamt fragwürdig erscheinen lassen. Ungeachtet der ansatzweise vorhandenen theoretischen Vorzugswürdigkeit ist die durchgängige Überlegenheit eines solchermaßen ausgestalteten Ertragswerts folglich nicht festzustellen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass für die Frage der Beurteilung einer ertragswertorientierten Bewertung auch erheblich ist, wie die Komponenten – Zukunftserfolge und Kapitalisierungszinssatz – bestimmt werden, während die oben erörterte Preisableitung bereits deshalb Bedenken hervorrufen muss, weil hierfür – im Gegensatz zum Ertragswert – die theoretische (Verfahrens-)Basis von vornherein fehlt. (2) Nutzungswert (Value in Use) gem. IAS 36 Vor dem Hintergrund der in der jüngeren Vergangenheit vermehrt diskutierten Nutzbarmachung von Regelungen der IFRS für die steuerliche Gewinnermittlung stellt sich die Frage, ob unter Verwendung des sog. Value in Use im Sinne des Asset Impairment gem. IAS 36 ein über die dargestellten Überlegungen hinausgehender Rückgriff auf den Ertragswert zur Teilwertfindung in Betracht kommen könnte.127 Der Value in Use verkörpert einen subjektiven unternehmensspezifischen Wert, der von der Nutzungsabsicht des bilanzierenden Unternehmens bestimmt wird, sich folglich aus den künftigen, mit dem Vermögenswert verbundenen Ein- und Auszahlungen ergibt und somit von seiner Grundüberlegung her letztlich einen Ertragswert darstellt.128 Hauptanwendungsfall ist das sog. Asset Impairment, d.h. der Wertminderungstest bzw. die Ermittlung eines außerplanmäßigen Abschreibungsbedarfs von Vermögenswerten des Anlagevermögens.129 Nach IAS 36.66 muss der Value in Use, falls er für einen Vermögenswert nicht unabhängig von anderen Vermögenswerten bestimmt werden kann, für die umfassendere Zahlungsmittel generierende Einheit – sog. Cash-Generating Unit – ermittelt
127
128 129
Vgl. grundlegend zum Asset Impairment Pellens/Fülbier/Gassen (2006), S. 243 ff.; Beyhs (2002), S. 72 ff. Vgl. mit Bezug zum Teilwert Herzig (2004), S. 190 ff.; Kirsch, DStR 2002, S. 645 ff. Vgl. zum Begriff des Value in Use auch Barth/Landsman, Accounting Horizons 1995, S. 101; Lienau/Zülch, KoR 2006, S. 319. Vgl. zum Anwendungsbereich im Einzelnen Lienau/Zülch, KoR 2006, S. 319 f.
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werden.130 Eine Cash-Generating Unit stellt die kleinste identifizierbare Gruppe von Vermögenswerten dar, die Mittelzuflüsse aus der fortgesetzten Nutzung erzeugt und dabei weitestgehend unabhängig von den Mittelzuflüssen anderer Vermögenswerte oder anderer Gruppen von Vermögenswerten ist.131 Dabei ist die Einschätzung des Managements von wesentlicher Bedeutung.132 Auch ein der Cash-Generating Unit zuzuordnender derivativer Geschäfts- oder Firmenwert ist in die Betrachtung mit einzubeziehen. Die Ermittlung des Wertminderungsaufwands selbst vollzieht sich bei Maßgeblichkeit des Value in Use in mehreren Schritten:133 Zunächst wird dieser für die gesamte Cash-Generating Unit ermittelt, indem der Ertragswert bzw. Value in Use der gesamten Cash-Generating Unit ihrem Buchwert gegenüber gestellt wird. Sodann wird zuerst der ggf. vorhandene (derivative) Goodwill im Wert gemindert, welcher der Cash-Generating Unit zugerechnet werden kann. Ein darüber hinaus bestehender Wertminderungsaufwand wird in der Folge buchwertproportional auf die einzelnen Vermögenswerte innerhalb der Cash-Generating Unit verteilt.134 Die im Rahmen einer jeden Ertragswertermittlung auftretenden drei Problemkreise sind im Hinblick auf den Value in Use um die Frage der Abgrenzung der Cash-Generating Units zu ergänzen. Die einzelnen Ermittlungsprobleme sind hier allerdings nicht (erneut) zu diskutieren.135 Stattdessen soll nur auf die Nutzbarkeit des Konzepts für Zwecke der Teilwertermittlung eingegangen werden. Ein wesentliches Argument gegen eine Übertragung auf die Teilwertermittlung ist wohl darin zu sehen, dass die Ermittlung eines Ertragswerts für mehrere 130 131 132 133
134
135
Vgl. zur Ermittlung des Value in Use Lienau/Zülch, KoR 2006, S. 319 ff. Vgl. IAS 36.6. Vgl. IAS 36.69 ff. Vgl. zur Vorgehensweise im Einzelnen IAS 36.104 ff. Hinzuweisen ist darauf, dass die Maßgeblichkeit des Value in Use für die Quantifizierung der Wertminderung im Sinne des sog. Recoverable Amount regelmäßig voraussetzt, dass er den beizulegenden Zeitwert abzüglich der Verkaufskosten (Fair Value Less Costs to Sell) übersteigt. Vgl. zu dem hier nicht zu vertiefenden Verhältnis beider Bewertungsmaßstäbe Pellens/Fülbier/Gassen (2006), S. 248 f. Die detaillierte Vorgehensweise nach IAS 36 wird nicht erläutert, da sie für die hier in erster Linie interessierende grundsätzliche Frage der Ertragswertaufteilung nicht von Bedeutung ist. Vgl. hierzu jedoch z.B. Pellens/Fülbier/Gassen (2006), S. 254 ff. Vgl. aber etwa Lienau/Zülch, KoR 2006, S. 319 ff.; Beyhs (2002), S. 98 ff.
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Wirtschaftsgüter zu einer Saldierung von ertragsschwachen und ertragsstarken Vermögenswerten führt und deshalb gegen den Grundsatz der Einzelbewertung verstößt.136 Dem kann allerdings entgegengehalten werden, dass dieser Grundsatz bereits im geltenden Recht eine Reihe von Durchbrechungen erfährt. So sind gem. § 240 Abs. 4 i.V.m. § 256 Satz 2 HGB Gruppenbewertungen im Vorratsvermögen unter bestimmten Voraussetzungen längst zulässig. Aber auch darüber hinaus wird die Bildung von Bewertungseinheiten von der Rechtsprechung in verschiedenen Zusammenhängen anerkannt.137 Nach § 5 Abs. 1a EStG ist sie im Hinblick auf die Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken für die Steuerbilanz sogar ausdrücklich gesetzlich vorgesehen.138 Im Übrigen findet aufgrund der buchwertproportionalen Aufteilung des Ertragswerts auf die einzelnen Wirtschaftsgüter der Cash-Generating Unit letztlich doch eine Einzelbewertung statt.139 Wesentlich bedenklicher erscheint demgegenüber die buchwertproportionale Aufteilung selbst,140 die einer theoretischen Fundierung ermangelt. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass sich gerade die im Hinblick auf die Ermittlung des Teilwerts angestrebte Aufteilung des für eine Gesamtheit von Wirtschaftsgütern ermittelten Ertragswerts auf die einzelnen Wirtschaftsgüter letztlich als unlösbares Zurechnungsproblem erwiesen hat. Gleichwohl sollen mögliche Argumente für eine Übernahme des nach IAS 36 vorgesehenen Aufteilungskonzepts an dieser Stelle nicht verschwiegen werden. Zunächst ist festzustellen, dass sich die nach IAS 36 vorgesehene Aufteilung – im Unterschied zu den in der Vergangenheit im Zusammenhang mit der Teilwertermittlung unternommenen Versuchen der Ertragswertaufteilung – nicht auf den gesamten Unternehmens- bzw. Ertragswert, sondern nur auf den jeweiligen Ertragswert einer Cash-Generating Unit bezieht. Da letztlich (nur) ein Niederstwerttest bezweckt wird, ist zudem der Ansatz eines originären Firmenwerts auf Ebene der Cash-Generating Unit ausgeschlossen.141 Somit ist die entscheidende – über die bereits im Zusammenhang mit der Ermittlung des (Ein136
137
138 139 140 141
Vgl. Herzig (2004), S. 205. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Gesamtbewertung in der IFRS-Rechnungslegung bei Küting/Hayn, BB 2006, S. 1211. Vgl. mit zahlreichen Beispielen aus der Rechtsprechung Weber-Grellet in: Schmidt (2007), § 5 EStG, Rn. 70; zur Bildung von Bewertungseinheiten bereits Wiedmann, in: FS Moxter (1994), S. 453. Vgl. hierzu Herzig/Breckheimer, DB 2006, S. 1451 ff. Letzteres räumt auch Herzig (2004), S. 205, ein, der allerdings den davor erfolgenden Verstoß gegen den Einzelbewertungsgrundsatz für entscheidend erachtet. Vgl. auch Beyhs (2002), S. 243 ff. Vgl. hierzu auch Kirsch, DStR 2002, 648.
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zel-)Ertragswerts diskutierten Gesichtspunkte hinausreichende – Problematik des Konzepts in der buchwertproportionalen und damit offensichtlich nicht verursachungsgerechten Aufteilung des Ertragswerts zu sehen. Dass eine solche als theoretisch bedenklich zu charakterisieren ist, bedarf keiner weiteren Diskussion. Wichtig erscheint gleichwohl der nachfolgende Hinweis: Erteilt man dem Value in Use allein aufgrund der theoretisch bedenklichen buchwertproportionalen Aufteilung eine Absage, muss man sich aber fragen lassen, warum man in anderen Bereichen der Gewinnermittlung, insbesondere bei der Verteilung stiller Reserven oder dem wohl nicht weniger bedeutsamen Bereich der Herstellungskostenermittlung, eine bekanntermaßen nicht verursachungsgerechte Schlüsselung akzeptiert,142 die im Grundsatz vergleichbare Ertragswertschlüsselung aber ablehnt. Diese Frage muss sich erst recht stellen, wenn man sich vor Augen führt, dass die – als bedenklich erkannte – buchwertproportionale Aufteilung auf das Sachanlagevermögen beschränkt bleibt und damit einen, wenn nicht sogar den Bereich betrifft, in dem sich mangels Verfügbarkeit anderer adäquater Bewertungsmaßstäbe das eingangs angesprochene Problem der „Zementierung der Buchwerte“ im Rahmen der Teilwertermittlung in besonders starkem Maße stellen dürfte. Gerade vor diesem Hintergrund erscheint jedenfalls die Ablehnung einer Übertragung des Konzepts auf die Teilwertermittlung ohne eingehende Diskussion des Für und Wider nicht sachgerecht. Hiervon abgesehen wäre zu überlegen, ob der Konflikt zwischen der auf einzelne Wirtschaftsgüter bezogenen bilanziellen Einzelbewertung und der vielfach auf eine Sachgesamtheit bezogenen Ertragswertermittlung möglicherweise durch eine weite Auslegung des Wirtschaftsgutbegriffs (Annäherung an den Begriff der Cash-Generating Unit) gelöst werden könnte.143 Im Gegensatz zur buchwertproportionalen Ertragswertaufteilung würde dieser Ansatz eine Annäherung des Bewertungsobjekts der bilanziellen Einzelbewertung (Wirtschaftsgut) an das Bewertungsobjekt der Ertragswertermittlung (Sachgesamtheit) bedeuten und käme ohne die Bedenken begegnende buchwertproportionale Aufteilung aus. Zu beachten ist jedoch neben der erforderlichen – wiederum mögliche Folgeprobleme bei der Erstbewertung hervorrufenden – Modifikation des 142
143
Klassischerweise werden im Rahmen der betrieblichen Kostenträgerstückrechnung die Gemeinkosten mittels einer Zuschlagskalkulation auf die einzelnen Kostenträger verteilt. Begründet wird dies unter anderem damit, dass der Grundsatz der Richtigkeit nicht verletzt werde, wenn ein „begründbares“ Zurechnungsverfahren angewendet wird, das beispielsweise mit plausiblen Bezugsgrößen arbeitet. Vgl. hierzu Baetge/Kirsch/Thiele (2003), S. 188 ff., m.w.N. Vgl. Kirsch, DStR 2002, S. 645.
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Wirtschaftsgutbegriffs, dass zwar das Zurechnungsproblem abgemildert wäre, nach wie vor jedoch die anderen Problemkreise auch im Hinblick auf eine mögliche Objektivierung einer Lösung zugeführt werden müssten. Die Frage nach der möglichen Nutzbarmachung des Value in Use ist – auch in Anbetracht des zugrunde liegenden Untersuchungsziels – hier ebenso wenig abschließend zu beantworten, wie eine Neukonzeption des Teilwerts beabsichtigt ist. Die vorstehenden, durch die Zurückhaltung der Rechtsprechung motivierten Überlegungen sind jedoch dahingehend zusammenzufassen, dass der (Einzel-)Ertragswert unter dem Gesichtspunkt der Ermittelbarkeit in vielfacher Hinsicht problembehaftet ist. Dies betrifft insbesondere die Zurechnung von Zahlungsströmen: Wenngleich verschiedene Bereiche aufgezeigt werden konnten, in denen eine Zurechnungsmöglichkeit besteht, sind diese letztlich doch begrenzt mit der Folge, dass eine wirtschaftsgüterübergreifende Verwendung bereits aus diesem Grund ausscheidet. Entsprechend werden hier auch – über die bisherigen hinausgehende – Überlegungen zur Objektivierung des Ertragswerts nicht angestellt, sondern bleiben einerseits den noch zu behandelnden Bewertungskontexten, in denen der Ertragswert eine gewichtigere Stellung einnimmt als im Rahmen der Teilwertermittlung, und andererseits dem vierten Kapitel vorbehalten.144 Was die für die eingeschränkte Verwendbarkeit des (Einzel-)Ertragswerts ursächliche Zurechnungsproblematik betrifft, so könnte dieser zwar grundsätzlich durch eine Übertragung des Asset Impairment nach IAS 36 entgegengetreten werden, allerdings müsste mit der buchwertproportionalen Ertragswertaufteilung eine Bedenken begegnende Lösung hingenommen werden. Eine konzeptionell überzeugendere Lösung würde demgegenüber die Annäherung des Wirtschaftsgutbegriffs an den Begriff der Cash-Generating Unit beinhalten, die allerdings insoweit mit einer Aufgabe des bisherigen Verständnisses der bilanziellen Einzelbewertung verbunden wäre, wobei auch hier die sich im Rahmen einer zukunftsorientierten Bewertung stellenden Problemkreise zu beachten sind. Damit ist die Analyse des Teilwerts abgeschlossen. Der Blick ist von den Ertragsteuern abzuwenden und auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu richten. Mit den nicht notierten Anteilen an Kapitalgesellschaften wird dabei zunächst ein Bereich betrachtet, dessen Analyse nicht zuletzt in Anbetracht des nach wie 144
Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.2. und 3.5.
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vor hohen Stellenwerts von Fragen der Unternehmensbewertung in der Betriebswirtschaftslehre im Hinblick auf die hier in Rede stehende Problematik lohnend erscheint. 3.2. Bewertung nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer 3.2.1. Vorbemerkungen In der Betriebswirtschaftslehre hat sich seit geraumer Zeit die Auffassung verfestigt, dass der Unternehmenswert einen Zukunftserfolgswert darstellt.145 Dieser ist bekanntlich – basierend auf dem bereits oben erörterten Ertragswertkalkül – durch Kapitalisierung der zukünftigen ausschüttungs- bzw. entnahmefähigen Ergebnisse der Anteilseigner mit einem Vergleichszins, der die Renditeerwartung einer Alternativinvestition ausdrückt (Kapitalisierungszinssatz), zu ermitteln. Die Diskussion um die Unternehmensbewertung ist zwar nach wie vor im Fluss. In den Hintergrund getreten ist dabei allerdings die Frage nach der „richtigen“ Bewertungsmethode. In erster Linie geht es vielmehr darum, die jeweiligen Berechnungsparameter möglichst „zutreffend“ zu ermitteln. Beispielhaft angeführt werden kann hier die Überarbeitung der im Standard S 1 geregelten „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ durch das IDW. 146 Während sich die Zivilrechtsprechung den betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen in der Vergangenheit bereitwillig geöffnet hat,147 steht das Steuerrecht den betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden seit jeher zögerlich gegenüber. Zwar ist im ertragsteuerlichen Kontext eine Öffnung gegenüber der auf dem Zukunftserfolgswert basierenden Unternehmensbewertung zu verzeichnen. So ist nach dem „Leitfaden der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Münster zur Bewertung von (Anteilen an) Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche [Her145 146
147
Vgl. zur Unternehmensbewertung auch bereits oben Abschnitt 2.2.1.1. sowie Abschnitt 2.3.3.2. Die Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen waren zuletzt in dem IDW Standard IDW S 1 geregelt. Vgl. HFA des IDW, WPg 2000, S. 825 ff. Am 18.10.2005 verabschiedete der HFA die Neufassung des Standards, die seither gilt. Vgl. HFA des IDW, IDWFn. 2005, S. 690 ff. Vgl. etwa zur Unternehmensbewertung in der Rechtsprechung Piltz, in: Peemöller (2005), S. 779 ff., und im Hinblick auf das Ertragswertverfahren insbesondere S. 783. Vgl. mit Bezug auf das Gesellschaftsrecht auch Hüttemann, StbJb 2000/2001, S. 385 ff., der selbst allerdings einen Methodenpluralismus für angebracht erachtet.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 125 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
vorh. des Verf.] Zwecke“148 für die Wertermittlung grundsätzlich das Ertragswertverfahren heranzuziehen.149 Anders verhält es sich jedoch nach wie vor im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht. Im Zentrum der betriebswirtschaftlichen Kritik steht hier seit langem das sog. Stuttgarter Verfahren, das von der Finanzverwaltung und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zur Bewertung nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften herangezogen wird, deren gemeiner Wert nicht aus Verkäufen abgeleitet werden kann. Wenngleich dieses Verfahren aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre schon seit den 1970er Jahren wegen seiner starken Substanzbezogenheit als überkommen angesehen wird, ist es bisher noch nicht abgelöst worden.150 Eine Wende zeichnet sich allerdings im Gefolge der Entscheidung des BVerfG vom 07.11.2006 ab.151 Bekanntermaßen hat das Bundesverfassungsgericht die geltenden Vorschriften zur Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage insbesondere beim Betriebsvermögen von Einzelunternehmen und gewerblichen Personengesellschaften und bei den Anteilen an Kapitalgesellschaften wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber dazu verpflichtet, die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlagenermittlung in den genannten Bereichen grundlegend zu überarbeiten. Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend – stellvertretend für die Unternehmensbewertung insgesamt – die derzeitige Bewertung nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht analysiert. Dabei wird der Blick zunächst auf die Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht gerichtet, um das oben eingeführte Erklärungsmodell152 zu durchlaufen. Anschließend werden die im geltenden Recht herangezogenen Bewertungsverfahren im Einzelnen betrachtet. Abweichend zu der in Abschnitt 3.1. zugrunde ge148
149 150
151
Vgl. OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002). Vgl. für einen Überblick auch Brinkmeier, GmbHStB 2005, S. 16 ff.; für eine ausführliche Darstellung und Würdigung Schleithoff (2006), S. 154 ff. Vgl. hierzu detaillierter unten Abschnitt 3.5.3.1.2. Auch der vorläufige Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge v. 07.07.2006 sah eine Bewertung auf der Grundlage des Stuttgarter Verfahrens nicht nur für Anteile an Kapitalgesellschaften, sondern sogar für Anteile an Personengesellschaften sowie Einzelunternehmen vor. Hierauf wurde dann jedoch in dem Regierungsentwurf, BR-Drs. 778/06 v. 03.11.2006, im Hinblick auf eine spätere gesonderte Regelung verzichtet. Vgl. hierzu Ziegenbein/Beine, BB 2006, S. 2500 ff.; Hannes, DStR 2006, S. 2058; Bäuml, FR 2006, S. 1057. Vgl. zum Gesetzesentwurf auch Wachter, BB 2007, S. 577 ff. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 235.
126 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
legten Problembehandlung wird hier jedoch keine gesonderte ökonomische Auslegung vorangestellt. Vielmehr wird jeweils eine „integrierte“ Analyse der sich hinsichtlich der vorgegebenen Verfahren stellenden Probleme und der im geltenden Recht anzutreffenden Lösungsansätze vorgenommen, die in Teilen auch eine Auseinandersetzung mit seitens des geltenden Rechts bislang nicht berücksichtigten Lösungen beinhaltet. Was die in § 11 Abs. 1 BewG153 geregelte Bewertung notierter Anteile betrifft, stellt diese zwar auch einen Anwendungsfall der dieser Untersuchung zugrunde liegenden Bewertungskonstellation „Fehlen von Geldtransaktionen“ dar. Sie ist jedoch in Anbetracht der – nicht zuletzt im Sinne einer verbesserten Übersichtlichkeit vorgenommenen – Begrenzung des hier in Rede stehenden Bewertungskontexts auf die nicht notierten Anteile aus systematischen Gründen erst weiter unten in anderem Zusammenhang zu erörtern.154 3.2.2. Die gesetzlich vorgegebene Verfahrenshierarchie und ihre Umsetzung aus interaktionsorientierter Sicht Zunächst ist zu bemerken, dass der Gesetzgeber bei der Anteilsbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer insoweit einen konzeptionell anderen Weg eingeschlagen hat als bei dem in Abschnitt 3.1. betrachteten, sich generell auf Wirtschaftsgüter erstreckenden Teilwert, als er hier keine übergreifende Bewertungsanordnung trifft, sondern seine Vorgaben unmittelbar auf das konkrete Bewertungsobjekt „Anteile“ bezieht. Das oben abgebildete Erklärungsmodell155 ist insofern gedanklich zu ergänzen, als – wie hieran deutlich wird – für die rechtliche Ausgestaltung zwischen einer bewertungsobjektübergreifenden Vorgabe und Einzelvorgaben für die jeweiligen konkreten Bewertungsobjekte gewählt werden kann.
152 153
154 155
Vgl. oben Abschnitt 2.4.2. § 11 Abs. 1 ordnet für Anteile an Kapitalgesellschaften die Bewertung mit dem (niedrigsten) Stichtagskurs im amtlichen Handel an einer deutschen Börse an; bei Nichtvorliegen einer Notierung ist gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 BewG der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im amtlichen Handel notierte Kurs maßgebend. Diese Bewertungsvorgaben gelten gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 BewG entsprechend für Wertpapiere, die im geregelten Markt oder im Freiverkehr gehandelt werden. Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.5.3.1.1. Vgl. oben Abschnitt 2.4.2.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 127 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Mit bewertungsobjektübergreifend ist allerdings – dies sei hier ausdrücklich betont – keine Gesamtbewertung im Sinne der Bewertung von Sachgesamtheiten gemeint, wie sie im Rahmen der zukunftserfolgsbasierten Unternehmensbewertung und letztlich auch im hier interessierenden Kontext erfolgt. Vielmehr bezieht sich diese Differenzierung allein auf die rechtstechnische Frage, ob sich eine Bewertungsvorgabe entweder von vornherein auf ein bestimmtes Bewertungsobjekt oder (art)verschiedene Bewertungsobjekte erstreckt. Entsprechend wird – wie erwähnt – auch die für die nicht notierten Anteile normierte Vorgabe gerade nicht als bewertungsobjektübergreifend in diesem Sinne angesehen, wenngleich hinter einer Anteilsbewertung in letzter Konsequenz die Bewertung einer Sachgesamtheit steht. Als Bewertungsmaßstab für die nicht notierten Anteile gibt der Gesetzgeber den sog. gemeinen Wert vor. Der Gesetzgeber lässt es jedoch für die Bewertung nicht notierter Anteile nicht mit dieser unbestimmten Bewertungsvorgabe bewenden, sondern gibt – anders als etwa beim Teilwert – in § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG selbst weiterführende Hinweise zur Bewertung im Sinne einer Verfahrenshierarchie.156 Insoweit ist das Vorgehen abzugrenzen von der im Erklärungsmodell abgebildeten optionalen Bewertung und das Erklärungsmodell gedanklich entsprechend zu ergänzen. Ob diese Hierarchie bzw. ihre konkrete Ausgestaltung mit dem Bewertungsmaßstab in Einklang steht, wird weiter unten noch zu prüfen sein.157 Vorrangig ist der Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“ aus Verkäufen von Anteilen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen.158 Dabei kann allerdings im Einzelfall die bereits mehrfach an die Rechtsprechung herangetragene Frage auftreten, ob die jeweiligen Verkäufe – sofern vorhanden – die Feststellung des weiter unten noch zu erörternden gemeinen Werts, definiert als im „gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ zu erzielender Preis, überhaupt erlauben.159 Nach der 156
157 158
159
Auf den in § 11 Abs. 3 BewG angeordneten Paketzuschlag in Fällen, in denen der gemeine Wert einer Beteiligung auf Grund besonderer Umstände höher ist als die Summe der Werte der einzelnen Anteile, sei hier nur hingewiesen. Vgl. hierzu jedoch von Oertzen/Zens, DStR 2005, S. 1040. Vgl. unten Abschnitt 3.2.3.1. und Abschnitt 3.2.4.2. Nach BFH, Urt. v. 05.03.1986, II R 232/82, BStBl. II 1986, S. 593, hat die Ermittlung aus Verkäufen Vorrang vor der „Schätzung“. Ähnlich Ellesser/Lahme, BB 2002, S. 2202, denen zufolge die „Wertermittlung in Anlehnung an das tatsächliche Wirtschaftsgeschehen“ den Vorrang vor einer „Schätzung nach dem Stuttgarter Verfahren“ hat. Vgl. z.B. BFH, Urt. v. 14.10.1966, III 281/63, BStBl. III 1967, S. 82; Urt. v. 14.02.1969, III 88/65, BStBl. II 1969, S. 395; Urt. v. 06.05.1977, III R 17/75, BStBl. II 1977, S. 626; Urt. v.
128 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Rechtsprechung ist dabei unter dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr der Handel zu verstehen, „der sich nach den marktwirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage vollzieht und bei dem jeder Vertragspartner ohne Zwang und nicht aus Not, sondern freiwillig in Wahrung seiner eigenen Interessen zu handeln in der Lage ist“.160 Besteht hierüber Uneinigkeit zwischen dem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung, droht ein Konflikt.161 Damit einhergehend ist aber auch im Hinblick auf „berücksichtigungsfähige“ Verkäufe problematisch, dass der Gesetzestext lediglich anordnet, dass der gemeine Wert aus Verkäufen „abzuleiten“ ist, jedoch offen lässt, wie diese Ableitung im Einzelnen ggf. zu erfolgen hat. Der BFH hat zwar klargestellt, dass der tatsächlich erzielte Verkaufspreis u.U. zu modifizieren ist, und auch in verschiedenen Fällen bereits eine entsprechende Wertableitung vorgenommen.162 Weder Rechtsprechung noch Finanzverwaltung haben jedoch das zu wählende Vorgehen bzw. Verfahren abschließend geregelt. Folglich besteht auch insoweit ein Auslegungsspielraum, der einmal mehr eine Konfliktanfälligkeit birgt. In diesem Zusammenhang kann insbesondere unklar sein, ob und wenn ja, wie – von ihrer Abgrenzung einmal ganz abgesehen – zwischenzeitliche Marktschwankungen oder Veränderungen beim Bewertungsobjekt in Fällen zu berücksichtigen sind, in denen die jeweiligen Verkäufe bereits mehrere Monate zurückliegen.163 Die gesetzlich vorgegebene Wertableitung aus Verkäufen weist
160 161
162
163
23.02.1979, III R 44/77, BStBl. II 1979, S. 618; Beschl. v. 22.08.2002, II B 170/01, BFH/NV 2003, S. 11. Vgl. zur Rechtsprechung betr. die Differenzierung zwischen gewöhnlichem und ungewöhnlichem Geschäftsverkehr auch Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 126 ff. (2002); Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 286 ff. (2007); Teß/Eisele, in: Rössler/Troll, § 11 BewG, Rn. 26. BFH, Beschl. v. 22.08.2002, II B 170/01, BFH/NV 2003, S. 11. Vgl. auch BFH, Urt. v. 05.03.1986, II R 232/82, BStBl. II 1986, S. 591. Entsprechend auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 286 (2007): „Ob ein Verkauf im gewöhnlichen Geschäftsverkehr vorlag, kann nur nach dem Gesamtbild der Umstände beurteilt werden; die Entscheidung ist naturgemäß streitanfällig.“ Vgl. BFH, Urt. v. 23.02.1979, III R 44/77, BStBl. II 1979, S. 618, betr. die Bewertung einer Minderheitsbeteiligung auf der Grundlage des Kaufpreises für eine Mehrheitsbeteiligung; BFH, Urt. v. 02.11.1988, II R 52/85, BStBl. II 1989, S. 80, betr. den Verkauf aller in Fremdbesitz befindlichen Anteile einer auch über eigene Anteile verfügenden GmbH. Vgl. in diesem Zusammenhang auch BFH, Beschl. v. 28.05.1997, II B 105/96, DStR 1997, S. 1163, betr. Aktien mit unterschiedlicher Ausstattung. Vgl. zur Rechtsprechung auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 293 ff. (2007); Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 132 ff. (2002). Einen Anpassungsbedarf, insbesondere infolge einer veränderten Marktlage grundsätzlich bejahend Meincke (2004), § 12 ErbStG, Rn. 40; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 293 (2007); Ellesser/Lahme, BB 2002, S. 2205, die allerdings auf das konkrete Vorgehen nicht eingehen. Wenig hilfreich ist auch der Hinweis von Meincke (2004), § 12 ErbStG, Rn. 40,
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 129 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
somit unter diesem Gesichtspunkt eine erhebliche Konfliktanfälligkeit auf, wenngleich Rechtsprechung und Finanzverwaltung mittlerweile in Teilen Abhilfe geschaffen haben. Was den praktischen Anwendungsbereich der Wertableitung aus Verkäufen betrifft, so wird dieser zwar dadurch ausgeweitet, dass nach der Rechtsprechung auch die Zugrundelegung nur eines Verkaufs grundsätzlich zulässig ist.164 Eine Einschränkung erfährt er jedoch dadurch, dass lediglich auf Verkäufe von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst abgestellt werden soll, was der BFH wie folgt begründet:165 „Für die Ableitung des Wertes aus Verkäufen muß es sich um mehrere Verkäufe der zu bewertenden Aktie, nicht aber um Verkäufe der Aktien anderer Gesellschaften handeln. Andernfalls würde keine Ableitung aus Verkäufen, sondern eine Schätzung in Anlehnung an branchenähnliche Werte erfolgen [...].“ Ungeachtet der unter verschiedenen Gesichtspunkten im Rahmen der Wertableitung zu verzeichnenden Konfliktanfälligkeit darf somit nicht übersehen werden, dass die Wertableitung aus Verkäufen häufig erst gar nicht zur Anwendung kommen dürfte. Den Regelfall der Bewertung nicht notierter Anteile dürfte vielmehr die „Schätzung“ des gemeinen Werts unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft darstellen, die nach Rechtsprechung und Finanzverwaltung mit dem Stuttgarter Verfahren zu erfolgen hat und über § 12 Abs. 1 ErbStG ausdrücklich auch für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer zur Anwendung kommt. Aufgrund der nachfolgend noch zu erörternden engen Vorgaben, die sich aus dem Gesetz (Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte) und den ErbStR ergeben, besteht hierbei im Regelfall nicht die Gefahr eines Konflikts zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung. Hierzu trägt auch nicht zuletzt die mittlerweile erhebliche „Regulierungsdichte“ in den ErbStR – gerade auch in Bezug auf „Besonderheiten“ des Bewertungsobjekts wie unverhältnismäßig geringe Erträge, Verfügungsbeschränkungen etc. – bei, die wohlgemerkt das Resultat eines sich in der Rechtsprechung manifestierenden Ent-
164
165
dass der Verkaufspreis bei zwischenzeitlich veränderter Marktlage „entsprechend“ korrigiert werden müsse. Vgl. BFH, Urt. v. 05.03.1986, II R 232/82, BStBl. II 1986, S. 591. Anders aber noch BFH, Urt. v. 14.10.1966, III 281/63, BStBl. III 1967, S. 82; RFH, Urt. v. 28.04.1938, III 345/37, RStBl. 1938, S. 716. Vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung auch Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 138 ff. (2002). BFH, Urt. v. 14.10.1966, III 281/63, BStBl. III 1967, S. 83. Vgl. hierzu auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 283 (2007).
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wicklungsprozesses ist. Nach der Rechtsprechung kann vom Stuttgarter Verfahren zugunsten des Steuerpflichtigen zwar abzuweichen sein, wenn der hiernach ermittelte Wert „offensichtlich unrichtig“ ist.166 Dies kommt in Betracht, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die im Stuttgarter Verfahren nicht berücksichtigt werden und die den Anteilswert nicht unerheblich mindern.167 Von diesen, wohl wenig praxisrelevanten Ausnahmefällen abgesehen, ist jedoch – insbesondere im Gesetz – keine „Korrekturmöglichkeit“ vorgesehen, so dass es regelmäßig bei dem ermittelten Stuttgarter Verfahren-Wert bleiben wird.168 Das Entstehen eines Konflikts wird hierdurch von vornherein verhindert. In der Tendenz dürfte sich die in Abschnitt 2.4.2. skizzierte Interaktion somit auf eine Konfliktbewältigung über den objektivierten Bewertungsmaßstab bzw. das -verfahren, d.h. letztlich eine Konfliktvermeidung im Voraus reduzieren. Anschließend an diese erste, aus interaktionsorientierter Sicht vorgenommene Analyse werden im Folgenden die einzelnen Bewertungsverfahren analysiert. 3.2.3. Wertableitung aus Verkäufen 3.2.3.1. Die eingeschränkte vergangenheitsorientierte Wertableitung Mit dem gemeinen Wert hat der Gesetzgeber für die Bewertung nicht notierter Anteile als Bewertungsmaßstab einen „unter bestimmten Bedingungen normalerweise erzielbaren Einzelveräußerungspreis“ angeordnet.169 Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, ungewöhnliche oder persönliche Umstände jedoch nicht zu berücksichtigen.
166 167
168
169
Vgl. hierzu auch Uelner, in: FS Flick (1997), S. 610. Vgl. Teß/Eisele, in: Rössler/Troll, § 11 BewG, Rn. 44 (2007); Meincke (2004), § 12 ErbStG, Rn. 44. Vgl. hierzu auch Jahndorf, StuW 1999, S. 277 ff.; Hoffmann, in: FS FischerWinkelmann (2006), S. 55, mit Überlegungen zur Überprüfung der Bewertung mit dem Stuttgarter Verfahren anhand des objektivierten Werts nach IDW S 1. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der mit dem Stuttgarter Verfahren ermittelte Wert im Verhältnis zum gemeinen Wert durchaus als eigenständiger Bewertungsmaßstab angesehen werden kann, wenngleich diese Differenzierung im hier interessierenden Zusammenhang entbehrlich erscheint. Vgl. zur Terminologie bereits oben Abschnitt 2.4.2. Bierle (1969), S. 220. Vgl. zu der hier nicht wiederzugebenden Entwicklung des gemeinen Werts z.B. W. Euler, in: Raupach (1984), S. 160; Bierle (1969), S. 149 ff. Vgl. zur Konzeption auch Diller/Grottke, SteuerStud 2007, S. 69 f.
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Dahinter steht letztlich die Vorstellung eines personenunabhängigen Verkehrswerts und damit eines objektiven Werts.170 Zur Konkretisierung des gemeinen Werts erscheint zunächst der Rückgriff auf den Markt als „überindividuell wertende Institution“ nahe liegend.171 Allerdings ist zu bezweifeln, dass das reale Marktgeschehen zwingend derart repräsentative Wertvorstellungen zum Ausdruck bringt, dass die Annahme eines objektiven Werts gerechtfertigt wäre.172 So erscheint diese Vorstellung umso fragwürdiger, je geringer die „Tauschfrequenz“ ist, je weniger Umsätze also erfolgen und je mehr die subjektiven Vorstellungen der Marktteilnehmer in den Vordergrund treten.173 Bereits dieser Aspekt weist auf die erheblichen Bedenken hin, die hinsichtlich des Konstrukts des gemeinen Werts und seiner möglichen Konkretisierung angezeigt sind. Beseitigt wären diese Bedenken letztlich nur bei Vorliegen der Bedingungen des theoretischen Ideals eines vollkommenen Marktes.174 In diesem Fall existiert bekanntlich nur ein Marktpreis, der den angeglichenen Wertschätzungen der Marktteilnehmer entspricht; anders ausgedrückt sind subjektive Wertschätzungen im Sinne von individuellen und damit differierenden Preisvorstellungen beseitigt. In der Realität liegen die Bedingungen des vollkommenen Marktes aber nicht vor. Damit einhergehend ist – hieran sei an dieser Stelle nochmals erinnert – selbst bei homogenen Gütern regelmäßig eine Vielzahl unterschiedlicher Preise festzustellen. Ferner ist denkbar, dass – auch bei „großzügiger“ Marktabgrenzung – überhaupt keine „vergleichbaren“ Güter am Markt gehandelt werden. Die Forderung nach der Ermittlung des gemeinen Werts im Sinne eines „objektiven“ Einzelveräußerungspreises beinhaltet somit bereits im Grundsatz und noch losgelöst vom konkreten Bewertungsobjekt, den Anteilen, eine Bewertungsanweisung, die hinsichtlich des zugrunde liegenden
170 171
172 173 174
Vgl. Bierle (1969), S. 220; W. Euler, in: Raupach (1984), S. 160; Vogel (1979), S. 40; Halaczinsky, in: Rössler/Troll, § 9 BewG, Rn. 1 (2006). Vogel (1979), S. 40. Vgl. auch im nicht steuerrechtlichen Zusammenhang Kümmel (2002), S. 111; sowie Jones/Stanwick, JCAF 1999, S. 104: „Market prices capture the consensus view of all market participants about an asset’s or liability’s economic characteristics, including assumptions about cash flows, profit margins, and risk.” Vgl. auch Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 535. Vgl. Vogel (1979), S. 40. Vgl. zum Modell des vollkommenen Marktes bereits oben Abschnitt 3.1.4.1. Vgl. zu der ähnlich gelagerten Problematik im Hinblick auf den Fair Value auch Ballwieser/Küting/ Schildbach, BFuP 2004, S. 530 f.
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Anspruchs fragwürdig erscheint und nicht ohne Weiteres erfüllt werden kann.175 Damit postuliert der gemeine Wert letztlich ein von vornherein unerreichbares Ideal, das zudem nicht operational definiert ist.176 Auf die nahe liegende Parallele zu der mittlerweile überkommenen Vorstellung von der Ermittlung des Unternehmenswerts als einem objektiven, d.h. allgemeingültigen Wert ist hinzuweisen.177 Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass auch der Gesetzgeber hinsichtlich der nicht notierten Anteile weitgehend offen lässt, welches Verfahren zu dem Bewertungsmaßstab führen soll. Nach seiner Vorstellung soll in erster Linie eine „Ableitung“ aus – nicht länger als ein Jahr zurückliegenden – Verkäufen stattfinden; wie diese Ableitung erfolgen soll, erläutert der Gesetzgeber nicht. Der BFH stellt hierzu fest: „Für nichtnotierte Anteile an Kapitalgesellschaften besteht kein offener Markt in dem Sinn, daß Angebot und Nachfrage für verschiedene Gesellschaften laufend festgestellt werden könnten. Deshalb wird der gemeine Wert auch nicht durch den Preis bestimmt, der bei einer Veräußerung ‚zu erzielen wäre’ (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG), weil dieser nicht bekannt ist; maßgebend ist vielmehr der Preis, der bei einer Veräußerung tatsächlich erzielt wurde (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG).“178 Die gesetzgeberische Vorgabe konkretisierend wird somit der Versuch unternommen, den fiktiven Veräußerungspreis am bzw. zum Stichtag aus in der Vergangenheit tatsächlich erfolgten Verkäufen, und zwar – wie bereits erwähnt – von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst zu ermitteln. Losgelöst von der generellen Fragwürdigkeit des gemeinen Werts erscheint die konzeptionelle Stimmigkeit dieses Vorgehens, verstanden als Konformität mit dem gemeinen Wert, hier in Anbetracht der bereits erwähnten und gerade bei nicht notierten Anteilen zu erwartenden tendenziell niedrigen „Tauschfrequenz“ zweifelhaft, hat Letztere doch zur Folge, dass die jeweiligen Preise eben nicht die repräsentativen Wertvorstellungen einer Vielzahl von Marktteilnehmern abbilden dürften.179 Von der Frage nach der „richtigen“ Vorgehensweise zur „Ab175
176 177 178 179
Entsprechend auch Seer, StuW 1997, S. 289, im Zusammenhang mit der Grundstücksbewertung: „Führt man sich vor Augen, daß es einen objektiv zutreffenden Verkehrswert nicht gibt, […].“ In diesem Sinne auch Vogel (1979), S. 119: „Hier zeigt sich das Dilemma, daß das Steuerrecht am ‚Ideal’ des objektiven Wertes festhält, obwohl es einen solchen nicht geben kann.“ Vgl. oben Abschnitt 2.2.1.1. BFH, Urt. v. 05.03.1986, II R 232/82, BStBl. II 1986, S. 593. Vgl. zur konzeptionellen Stimmigkeit oben Abschnitt 2.4.3.2.2.
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leitung“ des gemeinen Werts aus Verkäufen ganz abgesehen, wird man deshalb gerade hier von einem normalerweise erzielbaren Veräußerungspreis wohl kaum sprechen können. Ohnehin dürfte bei nicht notierten Anteilen regelmäßig eben keine atomistische Marktstruktur, sondern vielmehr die Marktform des bilateralen Monopols gegeben sein, bei der eine gänzlich individuelle Preisfindung zwischen einem Anbieter und einem Nachfrager erfolgt,180 die eine Ermittlung bzw. Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen einmal mehr zweifelhaft erscheinen lässt. Auch Aussagen darüber, ob oder inwieweit der Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“ in quantitativer Hinsicht im Rahmen der Wertableitung – wenn schon zwangsweise nicht absolut, so aber doch annähernd – erreicht wird, sind nicht ohne Weiteres möglich, würden sie doch zunächst eine Operationalisierung dieses Bewertungsmaßstabs erfordern; dieser Gesichtspunkt wird im vierten Kapitel noch zu vertiefen sein.181 Was das Vorgehen, d.h. das Verfahren bei der Wertableitung selbst betrifft, so liegt die Bezugnahme auf außerhalb der Börse beobachtbare Verkäufe bzw. Preise bei fehlender Börsennotierung nahe; eine wissenschaftliche Letztbegründung lässt sich hierfür allerdings nicht anführen.182 Hiervon abgesehen bleibt sogar nach der von der Rechtsprechung vorgenommenen Festlegung auf die Wertableitung aus Verkäufen von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst das Problem bestehen, dass mit dem gemeinen Wert eben kein eindeutiger Bewertungsmaßstab vorgegeben ist, mit der Folge, dass ebenfalls unklar ist, wie die Wertableitung genau erfolgen soll. Aus dem Charakter des gemeinen Werts als „normalerweise erzielbarer Preis“ lässt sich lediglich folgern, dass beobachtbare Verkaufspreise u.U. dahingehend zu modifizieren sind, d.h. hiermit nicht zu vereinbarende Einflüsse bei der Preisableitung zu berücksichtigen sind.183 Mit den bestehenden, bereits oben im Zusammenhang mit der Analyse aus interaktionsorientierter Sicht skizzierten, konzeptionellen Unklarheiten gehen erhebliche und letztlich selbst nicht einmal abschließend definierte Ermittlungsprobleme einher. Wie bereits ausgeführt, hat sich die Rechtsprechung auf eine kasuistische Problembewältigung verlegt. Auf deren detaillierte Vertiefung soll jedoch in Anbetracht der hier im Vordergrund stehenden grundlegenden 180 181 182 183
Vgl. Bierle (1969), S. 220. Vgl. zur Systematisierung der Marktformen in der klassischen Preistheorie Wöhe (2005), S. 483. Vgl. unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Letzteres gilt gleichermaßen für die Präferenz von Börsenkursen bei vorhandener Kursnotierung. Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.5.3.1.1. Vgl. oben Abschnitt 3.2.2.
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Einordnung verzichtet werden. Vielmehr sind nachfolgend einige wesentlich erscheinende und bislang noch nicht ausführlich diskutierte „Eckpfeiler“ näher zu beleuchten: Vorliegen mehrerer Verkäufe: Zunächst erscheint wichtig, dass die Vorgehensweise bei der Wertableitung insbesondere in solchen Fällen unklar ist, in denen – wie auch gesetzlich vorgesehen – tatsächlich mehrere Verkäufe erfolgt sind. Im Schrifttum wird etwa vertreten, den niedrigsten Verkaufspreis zugrunde zu legen. 184 Es findet sich aber etwa auch die Auffassung, dass auf den Durchschnittskaufpreis und bei großen Unterschieden im Kaufpreis primär auf die zeitliche Nähe zum Stichtag abzustellen ist.185 Bei näherer Betrachtung geht es hierbei auch um den Umgang mit Mehrwertigkeit, mit dem sich das geltende Recht nicht abschließend auseinandergesetzt hat.186 Ausreichen auch nur eines Verkaufs: Die vorstehend aufgezeigte Problematik verringert sich, wenn es an mehreren Verkäufen fehlt. In diesem Zusammenhang erscheint hervorhebungsbedürftig, dass seitens der Rechtsprechung grundsätzlich auch nur ein Verkauf als ausreichend für die Wertableitung erachtet wird. Dies ist dann der Fall, wenn Gegenstand des Verkaufs nicht nur ein „Zwerganteil“ ist;187 allerdings fehlt bislang eine abschließende Eingrenzung der hierfür erforderlichen Beteiligungshöhe.188 Hiervon abgesehen, weist die Heranziehung nur eines Verkaufs die Besonderheit auf, dass u.U. die erwähnten Ermittlungsprobleme bewältigt bzw. vermieden werden können und die Wertfindung auch einer Objektivierung zugänglich wird: Dies ist gegeben, wenn unmittelbar auf den beobachtbaren Verkaufspreis selbst abgestellt werden kann. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass „zweifelsfrei“ gerade keine Umstände vorliegen, welche in Form einer Wertableitung bzw. von „Anpassungsrechnungen“ berücksichtigt werden
184 185
186 187 188
Vgl. Kapp/Ebeling, § 12 ErbStG, Rn. 135 (2006). Vgl. Teß/Eisele, in: Rössler/Troll, § 11 BewG, Rn. 27 (2007). Für das Abstellen auf den stichtagsnächsten Verkauf bei mehreren „ähnlich gewichteten“ Verkäufen auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 291 (2007). Vgl. in diesem Zusammenhang die Überlegungen zum Umgang mit der Unsicherheit in Abschnitt 2.3.4.2. Vgl. hierzu bereits oben Abschnitt 3.2.2. Vgl. Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 138 (2002). Kritisch Hölzer (2006), S. 45, mit der Forderung nach gesetzlicher Normierung der maßgeblichen Beteiligungshöhe.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 135 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
müssen.189 Hierfür muss insbesondere nicht nur der Preis „im gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ zustande gekommen, sondern gerade auch die zeitliche Divergenz von Verkaufszeitpunkt und Stichtag ohne Auswirkung auf den zu ermittelnden fiktiven Preis am Stichtag sein. Dies betrifft sowohl Veränderungen des Bewertungsobjekts selbst als auch Veränderungen der Marktlage im Zeitablauf. Von der bereits oben erörterten Frage, was unter einem „gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ zu verstehen ist, einmal abgesehen muss gerade Letzteres bezweifelt werden. Nicht zuletzt in Ermangelung eines Verfahrens zur Berücksichtigung der zeitlichen Divergenz erscheint daher die Wertableitung aus Verkäufen vor dem Stichtag in Anbetracht des Stichtagsprinzips generell fragwürdig, wenngleich in dem Rückgriff auf Verkäufe vor dem Stichtag zumindest das Bestreben des geltenden Rechts erkennbar ist, die geforderte transaktionsorientierte Bewertung überhaupt einer Umsetzung zuzuführen. Die Problemlage weist insoweit Parallelen auf zu der oben im Zusammenhang mit dem Teilwert diskutierten Preisableitung.190 Auch im hier interessierenden Kontext begegnet die Wertermittlung – von der Objektivierung ganz zu schweigen – in Ermangelung eines entsprechenden theoretisch fundierten Verfahrens erheblichen Problemen, und Versuche der Wertableitung rufen Bedenken hervor; in Anbetracht solcher Bedenken schließt sich die erst im vierten Kapitel zu diskutierende Frage unmittelbar an, ob nicht von vornherein auf Anpassungsrechnungen zur Eliminierung welcher Einflüsse auch immer verzichtet werden sollte.191 Anlass zu dieser Überlegung gibt auch, dass die sich im Rahmen der Wertableitung stellende Ermittlungs- und auch Objektivierungsproblematik – von der möglichen Übertragbarkeit bereits ergangener Einzelfallentscheidungen auf neue Sachverhalte abgesehen, die sich jedoch in Grenzen halten dürfte – bislang unbewältigt geblieben ist. Ausschließliche Vergangenheitsorientierung: Bemerkenswert ist weiterhin, dass der Rückgriff auf tatsächliche Verkäufe im geltenden Recht – gesetzlich vorgegeben – ausschließlich vergangenheitsorientiert erfolgt. Nach der Rechtsprechung ist für die gesetzlich normierte Jahresfrist der Zeitpunkt
189 190 191
Ganz deutlich zum grundsätzlichen Erfordernis solcher Anpassungsrechnungen aber Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 293 (2007). Vgl. auch bereits oben Abschnitt 3.2.2. Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.1.1. Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1.
136 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
der Einigung über den Kaufpreis maßgeblich.192 Mithin ist eine Heranziehung von Verkäufen nach dem Stichtag nur ausnahmsweise möglich, wenn der formelle Vertragsabschluss zwar nach dem Stichtag liegt, die Einigung über den Kaufpreis jedoch schon am Bewertungsstichtag herbeigeführt war.193 Ausreichend soll dabei bereits sein, dass sich die Verhandlungen durch Festlegung eines Preisrahmens bereits so weit verdichtet haben, dass der Kaufpreis durch den Kaufvertrag lediglich noch dokumentiert wird.194 Der Gesetzeswortlaut führt demgegenüber ausschließlich Verkäufe vor dem Stichtag an und ist insoweit eindeutig, so dass eine Berücksichtigung von Verkäufen nach dem Stichtag bereits in den bislang von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen fragwürdig erscheint.195 Gleichwohl hätte seitens des Gesetzgebers durchaus daran gedacht werden können, auch Verkäufe nach dem Bewertungsstichtag – z.B. ebenfalls innerhalb eines Jahres nach dem Bewertungsstichtag – generell und nicht nur in den bislang von der Rechtsprechung für zulässig erachteten Ausnahmefällen für die Wertfindung heranzuziehen. Gegen diesen Ansatz könnte zwar eingewendet werden, dass sich die zu bewertenden Anteile – einhergehend mit dem Unternehmen – in dem Zeitraum zwischen dem ursprünglichen Bewertungsstichtag und dem Tag, auf den dann die letztlich maßgebende Bewertung erfolgt, in ihrer Beschaffenheit verändern können, so dass letztlich nicht mehr die am Stichtag vorhandenen Anteile bewertet werden. Diesem Argument kann jedoch entgegengehalten werden, dass gerade der Gesetzgeber selbst in § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG die Möglichkeit eingeräumt hat, den gemeinen Wert aus Verkäufen zu ermitteln, die bis zu einem Jahr zurückliegen. Warum die „spiegelbildliche“ Verwendung von Zukunftswerten ausscheidet, ist daher nicht ersichtlich. Ein gravierendes Gegenargument ist allerdings darin zu sehen, dass regelmäßig nicht absehbar ist, ob überhaupt mit „zeitnahen“ Verkäufen nach dem Stichtag gerechnet werden kann. Dies hat zur Folge, dass die Ermittlung eines Werts zum Stichtag zwingend erforderlich ist. Andernfalls 192 193
194 195
Vgl. hierzu auch Meincke (2004), § 12 ErbStG, Rn. 40; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 292 (2007). Vgl. BFH, Urt. v. 30.01.1976, III R 74/74, BStBl. II 1976, S. 280; Beschl. v. 16.05.2003, II B 50/02, BFH/NV 2003, S. 1150. Vgl. auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 292 (2006); Elleser/Lahme, BB 2002, S. 2201, m.w.N. Vgl. BFH, Urt. v. 02.11.1988, II R 52/85, BStBl. II 1989, S. 80; Urt. v. 11.11.1998, II R 59/96, BFH/NV 1999, S. 908; Beschl. v. 23.06.1999, X B 103/98, BFH/NV 2000, S. 30. Vgl. kritisch zur BFH-Rechtsprechung Hölzer (2006), S. 41 f., der eine Berücksichtigung von Verkäufen nach dem Stichtag de lege lata generell ablehnt.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 137 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
bestünde die Gefahr, dass letztlich überhaupt kein Wert zur Verfügung steht. Eine alleinige Verwendung von Verkäufen nach dem Stichtag scheidet somit aus; vielmehr könnten Verkäufe nach dem Bewertungsstichtag nur in Verbindung mit anderen Werten – evtl. auch nur zu Kontrollzwecken – herangezogen werden. Gegen ein Abstellen auf Verkäufe nach dem Stichtag könnte allerdings auch sprechen, dass verhindert werden müsste, dass der Steuerpflichtige auf die Verkaufspreise nach dem Stichtag – z.B. durch gezielte Verlagerung von Einkunftsquellen – Einfluss nehmen kann. Zu denken wäre deshalb etwa an die Festlegung bestimmter Merkmale, bei deren Vorliegen bzw. Einhaltung von einer Fortführung des Betriebs auszugehen wäre. Der Einsatzbereich des aus Verkäufen nach dem Stichtag abzuleitenden Werts könnte dann auf Fälle beschränkt werden, in denen diese Merkmale eingehalten werden. Von der Problematik der sich bei einer unbestimmten Formulierung einstellenden Rechtsunsicherheit abgesehen, ist allerdings kritisch zu sehen, dass mit der Verpflichtung zur Einhaltung solcher Voraussetzungen erhebliche betriebswirtschaftliche Restriktionen verbunden sein können. Dies zeigen auch die Kriterien, die von der Finanzverwaltung für das Vorliegen des im Rahmen von § 8 Abs. 4 KStG relevanten Tatbestandsmerkmals „Fortführung des Geschäftsbetriebs in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang“ bemüht werden.196 Im Übrigen müssten die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für eine ergänzende Verwendung von Nach-Stichtags-Verkäufen geschaffen werden. In Betracht käme neben einem generellen Vorläufigkeitsvermerk (§ 165 AO) insbesondere die Einführung einer speziellen Änderungsnorm, ggf. in Verbindung mit der Anwendbarkeit der Vorschriften über die Vollverzinsung (§ 233a AO ff.). Eine Berücksichtigung von Verkäufen nach dem Stichtag würde damit zwar zusätzlicher Regelungen bedürfen, erscheint jedoch keineswegs zwingend ausgeschlossen. Das geltende Recht zieht ein solches – gedanklich mit der flexiblen Planung197 zu verbindendes – Vorgehen aber bekanntlich nicht in Betracht, sondern beinhaltet vielmehr eine rein vergangenheitsorientierte Vorgehensweise. Von der einseitig vergangenheitsorientierten Vorgehensweise und der Divergenz zum Stichtag ganz abgesehen ist auch die Festlegung einer bestimmten zeitlichen Grenze hinsichtlich der einzubeziehenden Verkäufe problematisch, 196 197
Vgl. hierzu BMF, Schr. v. 16.04.1999, IV C 6 – S 2745 – 12/99, BStBl. I 1999, S. 455 ff. Vgl. hierzu oben Abschnitt 2.3.4.2.
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weil nicht begründbar; damit können einerseits Rechtfertigungsversuche der Grenze von einem Jahr nicht überzeugen,198 andererseits dürfte es schwer fallen, Alternativüberlegungen auf überzeugende ökonomische Argumente zu stützen. Bezugnahme auf Verkäufe von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst: Von erheblicher Tragweite für den Anwendungsbereich der (vergangenheitsorientierten) Wertableitung ist im Übrigen – hieran sei an dieser Stelle nochmals erinnert – dass die Rechtsprechung ausschließlich eine Bezugnahme auf Verkäufe zulässt, denen Anteile an der betreffenden Gesellschaft selbst zugrunde liegen, da ansonsten keine Wertableitung aus Verkäufen, sondern eine „Schätzung in Anlehnung an branchenähnliche Werte“199 erfolgen würde. Auf die Auswirkungen dieser Einschränkung auf die Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht, d.h. die Reduzierung der „verfügbaren Verkäufe“ wurde bereits oben hingewiesen.200 Darüber hinaus sind jedoch diese Wertung selbst und die von der Rechtsprechung angeführte Begründung zu hinterfragen. Offenbar schätzt die Rechtsprechung die Problematik einer Wertableitung aus Verkäufen von Anteilen an anderen Gesellschaften aufgrund der Verschiedenheit der Bewertungsobjekte wesentlich gravierender ein als den möglichen „Anpassungsbedarf“, der sich auch bei der von ihr favorisierten Beschränkung auf die Wertableitung aus Verkäufen von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst ergeben kann. Diese Einschätzung ist nachfolgend genauer zu untersuchen. Problemlage und Aufgabenstellung der Untersuchung legen dabei die Bezugnahme auf die in der Betriebswirtschaftslehre diskutierte Ermittlung der Marktpreise von Unternehmen anhand des Multiplikatoransatzes nahe. 3.2.3.2. Wertableitung aus Verkäufen im Spiegel des Multiplikatoransatzes Der in der US-amerikanischen Bewertungspraxis schon seit geraumer Zeit gebräuchliche Multiplikatoransatz findet in den letzten Jahren auch in der deut198
199 200
In diesem Zusammenhang aber Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 291 (2006): „Länger zurückliegende Verkäufe haben deshalb auszuscheiden; sie werden auch kaum als Anhaltspunkt herangezogen werden dürfen, weil es sich im heutigen Wirtschaftsleben geradezu aufdrängt, dass die Umstände nach mehr als einem Jahr nicht mehr die gleichen sein können.“ BFH, Urt. v. 14.10.1966, III 281/63, BStBl. III 1967, S. 83. Vgl. hierzu auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 283 (2007). Vgl. oben Abschnitt 3.2.2.
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schen Bewertungspraxis zunehmend Verwendung.201 Bei diesem Verfahren, das sich in der jüngeren Vergangenheit sogar zu einem eigenständigen Bewertungsansatz entwickelt hat, werden zunächst Marktpreise vergleichbarer Unternehmen zu einer Bezugsgröße (z.B. Gewinn oder Umsatz) in Relation gesetzt. Der auf diese Weise gewonnene Multiplikator wird dann mit der jeweiligen Bezugsgröße des zu bewertenden bzw. zu bepreisenden Unternehmens multipliziert, um so dessen Marktpreis zu generieren. Als Ausprägungsformen des Multiplikatoransatzes lassen sich unterscheiden:202 Multiplikatoren vergleichbarer börsennotierter Unternehmen, die durch eine detaillierte Analyse börsennotierter Unternehmen mit vergleichbaren Charakteristika ermittelt werden (Similar-Public-Company Method).203 Multiplikatoren vergleichbarer Unternehmenstransaktionen, bei denen auf Grundlage einer Analyse von Transaktionen ermittelt wird, welche Preise für Unternehmen mit vergleichbaren Charakteristika gezahlt wurden und welche Multiplikatoren in der Vergangenheit Anwendung fanden (RecentAcquisitions Method). „Faustregeln“, bei denen der Multiplikator allerdings regelmäßig nicht auf Basis einer umfassenden Analyse von Referenzunternehmen ermittelt wird, sondern eine mehr oder weniger allgemein akzeptierte Größe darstellt.204 Ungeachtet der mittlerweile nicht mehr zu bestreitenden bewertungspraktischen Relevanz des Multiplikatoransatzes ist im deutschen betriebswirtschaftlichen Schrifttum – wenngleich auch Tendenzen zu einer Abkehr von der lange Zeit nahezu einhelligen Ablehnung erkennbar sind – unter verschiedenen Gesichts201
202 203 204
Vgl. Löhnert/Böckmann, in: Peemöller (2005), S. 405; Peemöller/Beckmann/Heyke, UM 2004, S. 310 ff.; Nelles/Rojahn/Berner, FB 2001, S. 322; Herrmann (2002), S. 3 f., m.w.N. Vgl. zu den US-amerikanischen Bewertungsmethoden bereits Sanfleber-Decher, WPg 1992, S. 597. Vgl. grundlegend zum Multiplikatoransatz Ballwieser, in: FS Loitlsberger (1991), S. 47 ff.; derselbe, in: FS Loitlsberger (2001), S. 24 ff.; Barthel, DB 1996, S. 149 ff.; Bausch, FB 2000, S. 448 ff.; Berner/Rojahn, FB 2003, S. 155 ff.; Buchner/Englert, BB 1994, S. 1573 ff.; Coenenberg/Schultze, FB 2002, S. 697 ff.; dieselben, DBW 2002, S. 601 ff.; Damodaran (2001), S. 251 ff.; Küting/Eidel, FB 1999, S. 225 ff.; Peemöller/Meister/Beckmann, FB 2002, S. 197 ff.; Pratt (2001); Schacht/Fackler, in: Schacht/Fackler (2005), S. 237 ff.; Wagner, in: Krolle/Schmitt/Schwetzler (2005), S. 5 ff. Vgl. zu dieser Unterscheidung Löhnert/Böckmann, in: Peemöller (2005), S. 405. Vgl. hierzu auch die Untersuchung von Meitner (2006) zum Anwendungsbereich und zur konkreten Ausgestaltung entsprechender Modelle aus deutscher Sicht. Vgl. hierzu z.B. Buchner/Englert, DB 1994, S. 1577.
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punkten erhebliche Kritik an diesem Ansatz zu verzeichnen.205 In diesem Zusammenhang wird auch die theoretische Überlegenheit des Ertragswertverfahrens betont.206 Das Kernproblem des Multiplikatoransatzes ist darin zu sehen, dass sich Unternehmen bzw. Unternehmenstransaktionen mit vergleichbaren Charakteristika wie das zu bewertende Unternehmen häufig nur schwer finden lassen, was wiederum das Erfordernis einer entsprechenden Anpassung der zu verwendenden Multiplikatoren nach sich zieht.207 Weitere Einwände beziehen sich etwa auf das Fehlen einer „fairen“ Bewertung aufgrund nicht hinreichend effizienter Märkte und den fehlenden Zukunftsbezug des Ansatzes.208 Wenngleich die Kritik am Multiplikatoransatz durchaus relativiert werden kann,209 ist zu konzedieren, dass sie sich letztlich nicht vollständig beseitigen lässt. Von der fragwürdigen theoretischen Fundierung abgesehen betrifft dies insbesondere die zuvorderst angeführte Vergleichbarkeitsproblematik und ihre Bewältigung.210 Was die Favorisierung des Ertragswertverfahrens durch Teile des Schrifttums betrifft, muss allerdings auch gesehen werden, dass nicht beantwortet werden kann, ob die prognostischen Fähigkeiten eines einzelnen Bewerters, der sich des Ertragswertverfahrens bedient, zu „besseren“ Bewertungsresultaten führen als Preise, die auf Kapitalmärkten durch die Gesamtheit der Marktteilnehmer zustande gekommenen sind.211 So ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass der Multiplikatoransatz in der Unternehmensbewertung zunehmend bemüht wird, gerade darin zu sehen, dass das Prognoseproblem durch die zukunftserfolgsba205
206 207 208 209 210
211
Vgl. kritisch z.B. Coenenberg/Schultze, FB 2002, S. 697 ff.; Ballwieser, in: FS Loitlsberger (2001), S. 25 ff.; Buchner/Englert, BB 1994, S. 1579 f.; Drukarczyk/Schüler (2007), S. 486. Eine Auseinandersetzung mit der im Schrifttum zu verzeichnenden Kritik findet sich bei Peemöller/Meister/Beckmann, FB 2002, S. 199 ff. Eine extreme Gegenposition beinhaltet die Mindermeinung von Barthel, DB 2007, S. 589, der nicht nur generell für ein vergleichsorientiertes Vorgehen bei der Unternehmensbewertung plädiert und den Multiplikatoransatz für theoretisch überlegen erachtet, sondern sogar die Aufgabe zukunftserfolgsbasierter Verfahren und damit letztlich auch des Ertragswertverfahrens fordert. Vgl. Ballwieser, in: FS Loitlsberger (2001), S. 26 f. Dies ebenfalls einräumend Küting/Eidel, FB 1999, S. 228. Vgl. Coenenberg/Schultze, FB 2002, S. 702. Vgl. zur Vergleichbarkeitsproblematik auch Peemöller/Meister/Beckmann, FB 2002, S. 199 f.; Meitner (2006), S. 2. Vgl. Meitner (2006), S. 2; Peemöller/Meister/Beckmann, FB 2002, S. 199 ff. Vgl. hierzu im Einzelnen Peemöller/Meister/Beckmann, FB 2002, S. 199 ff. In diesem Zusammenhang ist aber auch auf Überlegungen hinzuweisen, die darauf abzielen, dem Vergleichbarkeitsproblem durch differenzierte Modelle zu begegnen. So gelangt Meitner im Rahmen einer auf börsennotierte Unternehmen bezogenen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass sich die Anforderungen an die Vergleichbarkeit der einbezogenen Unternehmen durch die Erweiterung klassischer Einfaktor-Modelle zu Mehrfaktoren-Modellen verringern. Vgl. Meitner (2006). Vgl. zur empirischen Forschung auch Herrmann (2002), S. 5 f. Vgl. Peemöller/Meister/Beckmann, FB 2002, S. 209. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Küting/Eidel, FB 1999, S. 231.
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sierten Verfahren nach wie vor nicht befriedigend gelöst werden kann.212 Dabei muss allerdings auch bedacht werden, dass der Multiplikatoransatz von seiner Grundüberlegung her auf die Ermittlung eines Marktpreises gerichtet ist, während der Ertragswert zunächst nur auf den subjektiven Unternehmenswert abzielt.213 Gegen die Verwendung des Multiplikatoransatzes für steuerliche Zwecke, d.h. die Ermittlung des gemeinen Werts im Sinne eines „normalerweise erzielbaren Einzelveräußerungspreises“, lassen sich eine Reihe von Argumenten anführen. So ändert die Einbeziehung von Preisen auch von Anteilen an anderen Gesellschaften nichts daran, dass der gemeine Wert im Sinne eines „objektiven“ Einzelveräußerungspreises eine Bewertungsanweisung beinhaltet, die letztlich nicht zuverlässig erfüllbar ist.214 Selbst bei Bezugnahme auf eine große Anzahl von Preisen kann etwa nicht ausgeschlossen werden, dass sich besondere Interessenlagen in diesen Preisen niedergeschlagen haben, die definitionsgemäß gerade keine Berücksichtigung finden sollen.215 Zudem wird die – gegenüber der Wertableitung aus Verkäufen des Bewertungsobjekts selbst – tendenziell höhere Zahl der verfügbaren Verkäufe u.U. durch hinzunehmende sachliche Divergenzen bei der Vergleichbarkeit „erkauft“. Diese Argumente keineswegs außer Acht lassend, ist aber auch nicht ersichtlich, dass eine Beschränkung der Wertableitung auf Verkäufe von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst der Anwendung des Multiplikatoransatzes etwa in dem Sinne überlegen wäre, dass sie zu „besseren“ gemeinen Werten führen würde. Auch die gesetzlichen Vorgaben stehen dem Multiplikatoransatz nicht entgegen. Nach der von der Rechtsprechung (in Bezug auf die insoweit gleich lautende Vorgängerregelung des § 13 BewG) vertretenen Auffassung ist § 11 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BewG – wie bereits mehrfach erwähnt – zwar so auszulegen, dass lediglich Verkäufe von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst, nicht aber von Anteilen an anderen Gesellschaften zugrunde gelegt werden dürfen;216 begründet wird dies damit, dass andernfalls keine Wertableitung 212 213 214 215 216
Vgl. Barthel, DB 1996, S. 149. Vgl. zur Unterscheidung von Wert und Preis bereits oben Abschnitt 2.2.1.3. Vgl. zur Bestimmung des gemeinen Werts anhand von Marktpreisen bereits oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. Vogel (1979), S. 127. Dieses Argument geht einher mit der bereits dem Multiplikatoransatz an sich entgegengehaltenen fragwürdigen Effizienz der Kapitalmärkte. So auch Meincke (2004), § 12 BewG, Rn. 40.
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aus Verkäufen, sondern eine „Schätzung in Anlehnung an branchenähnliche Werte“ erfolgen würde.217 Dieser Begründung kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Wortlaut von § 11 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BewG ordnet lediglich eine Wertableitung aus weniger als ein Jahr zurückliegenden Verkäufen an („Lässt sich der gemeine Wert nicht aus Verkäufen ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen […]“). Der Bewertungsanweisung ist aber mitnichten eine Beschränkung auf Verkäufe von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst zu entnehmen. Zwar sind die von der Rechtsprechung ergänzend angeführten Bedenken nachvollziehbar, dass sich vergleichbare Unternehmen regelmäßig nur schwer finden lassen.218 Die Rechtsprechung steht insoweit im Ergebnis in Einklang mit der auf diesen Gesichtspunkt abzielenden Kritik seitens des betriebswirtschaftlichen Schrifttums. Diese methodischen Bedenken ändern aber nichts an dem weit gefassten Wortlaut der Vorschrift. Auch kann die Rechtsprechung keine sinnvolle ökonomische Begründung für ihre enge Auslegung anführen. Insbesondere das bereits erwähnte Argument, dass ohne eine Beschränkung auf Verkäufe von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst lediglich eine „Schätzung in Anlehnung an branchenähnliche Werte“219 erfolgen würde, ist nicht stichhaltig. Auch die Wertableitung aus Verkäufen von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst beinhaltet letztlich nur eine Schätzung, so dass die von der Rechtsprechung bemühte sprachliche Differenzierung zwischen den Begriffen „Verkäufe“ und „Schätzung“ nicht überzeugen kann. Vor dem Hintergrund, dass die geforderte Wertableitung mangels eindeutigen Bewertungsmaßstabs einer abschließenden Beurteilung hinsichtlich ihrer „Güte“ unabhängig davon nicht ohne Weiteres zugänglich ist, ob sie aus Verkäufen von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst oder auch aus anderen Anteilen erfolgt, mutet diese Auslegung nicht nur eher intuitiv an. Vielmehr führt sie sogar dazu, dass der Gesetzesbefehl womöglich vielfach unnötigerweise umgangen wird, obgleich mit dem Multiplikatoransatz inzwischen ein – wenn auch zugegebenermaßen ebenfalls mit theoretischen Schwächen behaftetes und 217 218
219
BFH, Urt. v. 14.10.1966, III 281/63, BStBl. III 1967, S. 83. BFH, Urt. v. 14.10.1966, III 281/63, BStBl. III 1967, S. 83: „[…] aus etwa gleicher Erwägung bietet nach ständiger Rechtsprechung ein Vergleich nichtnotierter Anteile mit den Börsenkursen der Aktien anderer gleichartiger Unternehmen keine geeignete Grundlage. Denn zwei Gesellschaften desselben Betriebszweiges können hinsichtlich ihrer Geschäftsführung, ihrer Organisation, ihrer Absatzbedingungen und Kalkulationsgrundlagen derart voneinander abweichen, dass der geschäftliche Erfolg beider Gesellschaften keinen Schluß aus der Bewertung der Aktien der einen Gesellschaft auf die Bewertung der Aktien der anderen Gesellschaft zuläßt.“ BFH, Urt. v. 14.10.1966, III 281/63, BStBl. III 1967, S. 83.
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zudem für steuerliche Zwecke konkretisierungsbedürftiges – Verfahren existiert, welches den Anwendungsbereich der Wertableitung aus Verkäufen erweitern würde. Entgegen der Rechtsprechung ist somit nach hier vertretener Auffassung die Möglichkeit einer Wertableitung auch aus Verkäufen von Anteilen an anderen Gesellschaften de lege lata zu bejahen, so dass auch der Anwendungsbereich des Multiplikatoransatzes – in Betracht kommt etwa das Abstellen auf Vergleichstransaktionen im Sinne der „Recent-Acquisitions Method“ – im Grundsatz bereits im Rahmen der derzeitigen gesetzlichen Vorgaben eröffnet ist.220 In diesem Zusammenhang ist schon an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass auch der gemeinsame Leitfaden der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Münster den Multiplikatoransatz für die Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen für ertragsteuerliche Zwecke für anwendbar erachtet;221 auf die insoweit zu verzeichnende Inkonsistenz gegenüber der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist weiter unten noch einzugehen.222 Damit soll jedoch keineswegs über die sich bei einer möglichen Anwendung des Multiplikatoransatzes für Zwecke der steuerlichen Wertfindung stellenden Probleme hinweggegangen werden. Auch der Multiplikatoransatz beinhaltet letztlich eine – wenn auch durch die Bewertungspraxis bereits zu einem eigenständigen Ansatz „kultivierte“ – Vergleichbarkeitsproblemen begegnende Wertableitung aus Verkäufen und muss – wie erwähnt – in Anbetracht des Fehlens eines theoretisch fundierten Verfahrens zur Quantifizierung der unterschiedlichen Preiseinflüsse bzw. Preisbildungsfaktoren zwangsweise Bedenken hervorrufen.223 Neben bzw. einhergehend mit der bereits von vornherein theoretischen Fragwürdigkeit des Multiplikatoransatzes stellt sich die in eine Ermittlungsund Objektivierungsproblematik mündende Frage nach der konkreten Abgrenzung der vergleichbaren Unternehmen, der hinreichenden Verfügbarkeit von Vergleichspreisen und des konkreten Vorgehens bzw. Verfahrens bei der Ablei220
221 222 223
Die Anwendung des Multiplikatoransatzes auch auf nicht börsennotierte Unternehmen bejahend Küting/Eidel, FB 1999, S. 229; Peemöller/Meister/Becklmann, FB 2002, S. 198, wenn auch mit dem Hinweis auf Probleme bei deren Bewertung anhand börsennotierter Unternehmen. Vgl. OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. C.2. Dies ebenfalls für ertragsteuerliche Zwecke befürwortend Neumann, StbJb 2000/2001, S. 443. Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.5.3.1.2. Vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere auch den Hinweis auf Probleme bei der Bewertung nicht börsennotierter Unternehmen von Peemöller/Meister/Beckmann, FB 2002, S. 198.
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tung des Preises aus den jeweiligen Vergleichspreisen, d.h. insbesondere nach den Multiplikatoren und den als preisbestimmend anzusehenden Faktoren (den Bezugsgrößen). Gleichwohl könnte – ggf. auch unterstützt durch weitere empirische Erkenntnisse224 – an die Festlegung eines konkreten Verfahrens gedacht werden, das sich auf die Hinzuziehung geeigneter und erforderlichenfalls noch zu erstellender Datenbanken im Sinne von Kaufpreissammlungen stützen könnte, welche – evtl. nach Industriezweigen gegliedert – die erforderlichen Transaktionsinformationen beinhalten und somit die Ableitung der benötigten Multiplikatoren ermöglichen würden.225 Durch die Festlegung der Verfahrensschritte könnte der Ermittlungs- und Objektivierungsproblematik somit zumindest begegnet werden, diese bei abschließender Festlegung im Sinne einer „Standardisierung“ sogar bewältigt bzw. vermieden werden. In jedem Fall müssten die mit dem Multiplikatoransatz bereits an sich einhergehenden theoretischen Bedenken hingenommen werden. Diesen Bedenken ist indes entgegenzusetzen, dass nicht von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass – selbst bei einer „Standardisierung“ des Multiplikatoransatzes – mit „schlechteren“ gemeinen Werten zu rechnen ist als bei einer Beschränkung auf Anteile an der betreffenden Gesellschaft selbst. Die weitere Prüfung bedürfte allerdings letztlich einer Operationalisierung des Bewertungsmaßstabs „gemeiner Wert“ und einer hieran anknüpfenden empirischen Untersuchung. Zu bedenken ist ferner, dass für eine transaktionsorientierte Wertfindung in objektivierter Form keine überlegenen Alternativen ersichtlich sind. Anders als etwa bei der weiter unten noch zu erörternden bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung226 ist jedoch dem geltenden Recht bei der Anteilsbewertung – jedenfalls für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke – ein solches Vorgehen ebenso wie die Bemühung des Multiplikatoransatzes überhaupt bekanntlich fremd. Die Eignung eines Multiplikatoransatzes wie auch des möglichen Anwendungsbereichs von Preisableitungsverfahren generell soll und kann im Rahmen der vorliegenden Untersuchung – auch vor dem Hintergrund der eingangs getroffenen thematischen Eingrenzung – nicht abschließend beurteilt werden. Auch die im Rahmen der Untersuchung insoweit sehr wohl zu leistende grund224 225
226
Vgl. zur bisherigen, sich noch in den Anfängen befindenden empirischen Forschung im Zusammenhang mit dem Multiplikatoransatz Meitner (2006), S. 2. Vgl. Sanfleber-Decher, WPg 1992, S. 600. Diese Möglichkeit besteht zwar auch im Hinblick auf mehrere Verkäufe bzw. Verkaufspreise von Anteilen an der betreffenden Gesellschaft selbst, was hier jedoch nicht Gegenstand der Erörterung ist. Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.3.6.
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sätzliche Einordnung muss dem vierten Kapitel vorbehalten bleiben.227 Gleichwohl ist an dieser Stelle zu konstatieren, dass – wohlgemerkt ohne mögliche Bedenken übergehen zu wollen und von Fragen der praktischen Umsetzung einmal abgesehen – kein sachliches Argument dafür erkennbar ist, welches von vornherein gegen eine Verwendung des Multiplikatoransatzes, ggf. auch in standardisierter und damit in vergleichbarer Form wie bei der bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung, sprechen würde. Nicht zuletzt könnte hierdurch der tendenziell zu vermutenden Umgehung des Gesetzesbefehls entgegengewirkt werden. 3.2.4. Wertermittlung mit dem Stuttgarter Verfahren 3.2.4.1. Entwicklungslinien, Ausgestaltung und Steuerwirkungen Von Angehörigen der Stuttgarter Finanzverwaltung für die VermögensteuerHauptveranlagung zum 01.01.1953 entwickelt,228 wurde das Stuttgarter Verfahren am 14.02.1955 erstmals im Bundessteuerblatt als Verwaltungsanweisung unter der Bezeichnung „Richtlinien zur Bewertung nichtnotierter Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften (AntBewR 1953)“ veröffentlicht.229 Hintergrund war, dass das vorher für Zwecke der Vermögen- und Erbschaftsteuer eingesetzte sog. „Berliner Verfahren“, nach dem der Wert der Anteile grundsätzlich als Mittel von Vermögens- und Ertragswert (Mittelwertmethode) zu berechnen war, wegen des als zu hoch angesehenen Gewichts der Ertragswertkomponente auf heftige Kritik und Ablehnung gestoßen war.230 Seit 1960 war das Stuttgarter Verfahren Bestandteil der Vermögensteuerrichtlinien und ist nunmehr in den ErbStR231 enthalten.232 Inhaltlich war das Stuttgarter Verfahren bereits von Anfang an als Übergewinnverfahren ausgestaltet, also ein Verfahren, das neben dem Substanzwert des Unternehmens den kapitalisierten Mehr- oder Mindergewinn von zunächst drei 227 228 229
230
231
Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Vgl. Metzger, BB 1953, S. 704 f. BStBl. I 1955, S. 97. Vgl. zur Entwicklung auch Schleithoff (2006), S. 137 ff.; Hölzer (2006), S. 49 ff.; Jahndorf, StuW 1999, S. 271 ff.; Breidenbach, StbJb 1998/1999, S. 246 ff.; Rid, in: FS Flick (1997), S. 534 ff.; Moxter, in: FS Koch (1989), S. 298 ff. Vgl. Breidenbach, StbJb 1998/1999, S. 246. Vgl. zur Kritik Boettcher, StuW 1953, Sp. 505 f.; Bühler, NJW 1953, S. 1121, mit der Kennzeichnung des Verfahrens als eine der „bösartigsten Einrichtungen des Steuerrechts“. Vgl. R 96 ff. ErbStR 2003.
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und später fünf Jahren verglichen mit der Normalverzinsung berücksichtigt.233 Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass als „Normalwert“ der Substanzwert des Unternehmens anzusehen ist und ein höherer Kaufpreis nur dann vergütet wird, wenn in einem übersehbaren Zeitraum die aus dem Anteil zu erwartenden Erträge die bei anderweitiger Anlage des Kaufpreises erzielbaren Erträge übersteigen.234 Während die einzelnen Bewertungskomponenten im Laufe der Zeit immer wieder durch die Finanzverwaltung modifiziert bzw. angepasst wurden (z.B. Anpassung des Zinssatzes, Erhöhung der zu berücksichtigenden Jahre etc.),235 ist die Grundkonzeption des Bewertungsverfahrens als Übergewinnverfahren stets erhalten geblieben. Zuletzt wurde das Stuttgarter Verfahren an die im Zuge des Steuersenkungsgesetzes geänderte körperschaftsteuerliche Rechtslage angepasst.236 Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für das Stuttgarter Verfahren war lange Zeit nur die – auch heute noch geltende – Bewertungsvorgabe des § 11 Abs. 2 BewG, die zuvor inhaltsgleich in den Vorgängerregelungen der § 13 Abs. 2 RBewG 1934 und § 15 Abs. 2 RBewG 1931 enthalten war.237 Die fehlende gesetzliche Bestimmung der Begriffe „Vermögen“ und „Ertragsaussichten“ räumte der Finanzverwaltung für die Schätzung des Anteilswerts einen weiten Spielraum ein. Erst im Zuge des Steueränderungsgesetzes 1992238 (mit Nachbesserung durch Art. 3 Nr. 1 Zinsabschlaggesetz239) wurden die gesetzlichen Vorgaben erweitert.240 Durch Einfügung der Sätze 3 bis 5 in § 11 Abs. 2 BewG wurde mit Wirkung vom 01.01.1993 geregelt, dass als Vermögenswert der Einheitswert des Betriebsvermögens anzusetzen ist. Damit einhergehend wurde ab diesem Zeitpunkt die Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte für den Einheitswert des Betriebsvermögens normiert (§ 109 Abs. 1 BewG).
232 233 234 235 236 237 238
239 240
Vgl. Jahndorf, StuW 1999, S. 272. Vgl. Rid, in: FS Flick (1997), S. 536. Vgl. R 100 Abs. 1 ErbStR 2003. Vgl. auch Moxter (1983), S. 66. Vgl. auch Breidenbach, StbJb 1998/1999, S. 247 f.; Geck, ZEV 2001, S. 46. Vgl. Weinmann, ZEV 2001, S. 184. Vgl. Jahndorf, StuW 1999, S. 272. Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992 – StÄndG 1992), BGBl. I 1992, S. 297 ff. Gesetz zur Neuregelung der Zinsbesteuerung (Zinsabschlaggesetz) vom 09.11.1992, BGBl. I 1992, S. 1853 ff. Vgl. hierzu Hübner, DStR 1993, S. 1656 ff.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 147 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Mit Wirkung vom 01.01.1997 wurden die Sätze 3 bis 5 des § 11 Abs. 2 BewG allerdings im Zuge des Jahressteuergesetzes (JStG) 1997241 wieder aufgehoben.242 Da von diesem Zeitpunkt an infolge der Nichterhebung der Vermögensteuer eine Einheitswertfeststellung nur noch für Zwecke der Gewerbekapitalsteuer erforderlich war, wurde – ebenfalls im Zuge des Jahressteuergesetzes mit Wirkung vom 01.01.1997 – ein neuer Abs. 2a in § 11 BewG eingefügt, der die bisherige Rechtslage für Zwecke der Gewerbekapitalsteuer konservierte. Darüber hinaus wurde auch für erbschaft- und schenkungsteuerliche Anteilsbewertungen in § 12 ErbStG in den Abs. 1 und 5 vorgeschrieben, dass für die Schätzung des gemeinen Werts von Anteilen an Kapitalgesellschaften das Vermögen der Gesellschaft mit ertragsteuerlichen Werten (Steuerbilanzwerten) anzusetzen ist.243 Mit dem Wegfall der Gewerbekapitalsteuer wurde bald darauf § 11 Abs. 2a BewG im Zuge des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform244 mit Wirkung ab 01.01.1998 wieder aufgehoben.245 Seitdem ist die Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte nur noch für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer relevant: § 12 Abs. 2, Abs. 5 Satz 2 ErbStG geben ausdrücklich vor, dass der Vermögenswert unter Rückgriff auf die Steuerbilanzwerte zu ermitteln ist (§ 109 Abs. 1 BewG). Die einzelnen Schritte zur Ermittlung des Anteilswerts nach dem Stuttgarter Verfahren sind nunmehr in R 96 ff. ErbStR 2003 enthalten. Verfahrenskomponenten sind der als Verhältnis des Werts des Betriebsvermögens (im Wesentlichen: Steuerbilanzwerte) zum Nennkapital der Kapitalgesellschaft bestimmte Vermögenswert (V) und der Ertragshundertsatz (E), der als gewichteter Durchschnittsertrag der letzten drei Jahre stellvertretend für den voraussichtlichen künftigen Jahresertrag ebenfalls bezogen auf das Nennkapital zu ermitteln ist. Bei der Ermittlung der in den Durchschnittsertrag bzw. Jahresertrag eingehenden Betriebsergebnisse wird jeweils an das körperschaftsteuerliche Einkommen angeknüpft, das in der Folge insbesondere um eine Reihe von Sondereinflüssen
241 242 243 244 245
Jahressteuergesetz (JStG) 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, S. 2049 ff. Vgl. hierzu Rid, in: FS Flick (1997), S. 541. Vgl. Rid, in: FS Flick (1997) S. 541. Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, S. 2590 ff. Vgl. hierzu Jahndorf, StuW 1999, S. 273.
148 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
zu korrigieren ist. Liegen die Verfahrenskomponenten vor, so kommt folgende Berechnungsformel zur Ermittlung des Anteilwerts (X) zur Anwendung: 246 X
68 (V 5E) 100
Gedanklich liegt dem Vorgehen – wie bereits erwähnt – die Überlegung zugrunde, dass ein Käufer über den Vermögenswert hinaus nur die Erträge des Anteils im Kaufpreis zu vergüten bereit ist, welche die am Markt erhältliche Verzinsung des investierten Kapitals in einem übersehbaren Zeitraum (nach Auffassung der Finanzverwaltung: 5 Jahre) übersteigen; dabei geht die Finanzverwaltung derzeit typisierend von einer Normalverzinsung von 9 % aus.247 Der Zinssatz wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert, um Entwicklungen am Kapitalmarkt Rechnung zu tragen,248 wobei – soweit ersichtlich – auf die allgemeine Umlaufrendite für festverzinsliche Wertpapiere Bezug genommen wurde.249 Seit der letzten Absenkung auf 9 % im Jahre 1995 ist er allerdings unverändert geblieben, d.h., die noch zuvor zu verzeichnende Berücksichtigung von Änderungen des Zinsniveaus am Kapitalmarkt wurde aufgegeben.250 Über die dargestellten Bewertungsvorgaben hinaus sind im Rahmen der Bewertung ggf. noch eine Reihe weiterer Umstände – wie z.B. Renditeabschläge wg. unverhältnismäßig geringer Erträge, Paketzuschläge etc. – in Form von Modifikationen zu berücksichtigen. Entsprechend enthalten auch die ErbStR hierzu eine Viel-
246
247 248
249
250
Es handelt sich um die Umformung folgender Ausgangsgleichung: X V 5(E
9X ) . Der 100
Satz von 68 % ergibt sich durch Abrundung. Vgl. R 100 Abs. 2 ErbStR 2003. Vgl. R 100 Abs. 1 ErbStR 2003. Betrug er 1986 noch 10 %, so wurde er 1989 auf 8 % gesenkt, um 1993 wieder auf 10 % angehoben und 1995 auf 9 % gesenkt zu werden. Vgl. im Einzelnen zu den verschiedenen Anpassungen Christoffel, GmbHR 1993, S. 206 f.; derselbe, GmbHR 1994, S. 853 f.; Mannek, DB 1994, S. 2573 f.; Teß, BB 1989, Beilage Nr. 7 zu Heft 10, S. 12 f. Vgl. auch Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 167 (2002). Kritisch zum Zinssatz Pensel, in: FS Wacker (2006), S. 199 ff.; Schleithoff (2006), S. 150; Teß/Eisele, in: Rössler/Troll, § 11 BewG, Rn. 70 und 72 (2003). Vgl. zu den Auswirkungen von Anpassungen des Zinssatzes auch Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 167 ff. (2002). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Umlaufrendite für inländische Inhaberschuldverschreibungen mit mittlerer Restlaufzeit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren Anfang 1995 noch fast 8 % betrug, während sie sich Anfang 2007 bei ca. 4 % befand. Vgl. hierzu die Zeitreihe WU8608 der Bundesbank www.bundesbank.de/statistik/statistik_zeitreihen.php?lang=de&open=zinsen&func=row&tr=WU8608 (zuletzt abgerufen am 30.06.2007)
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 149 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
zahl von Sonderregelungen, auf die hier jedoch nicht eingegangen werden soll.251 Im Gegensatz zur rein substanzorientierten Bewertung von Betriebsvermögen einer natürlichen Person bzw. einer Personengesellschaft geht nach oben dargestellter Bewertungsformel der durch den Vermögenswert repräsentierte Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft – ebenso wie die mit dem Faktor 5 multiplizierte Jahresrendite – zwar nur mit 68 % in die Bewertung ein. Der Substanzwert kommt jedoch vollständig zum Tragen, wenn der Ertragshundertsatz der dem Stuttgarter Verfahren zugrunde liegenden „Normalrendite“ von 9 % entspricht. Übersteigt der Ertragshundertsatz diesen Wert, so übersteigt der Stuttgarter Verfahren-Wert den Substanzwert. Ist er hingegen niedriger, so ist der Stuttgarter Verfahren-Wert niedriger. Abb. 3.2.-1 verdeutlicht diesen Zusammenhang anhand eines stark vereinfachten Beispiels und zeigt das Verhältnis der Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren und der Bewertung von Einzelunternehmen/Personengesellschaften im geltenden Recht (in Anlehnung an H 100 Abs. 2 ErbStR 2003, alle Angaben in EUR, (Stamm-)Kapital 90.000, Werte vor Anwendung § 13a ErbStG, ohne Rundungen). 180.000 Gemeiner Wert (EUR)
Wert (EUR)
160.000
Vermögen (EUR)
140.000 120.000 100.000 80.000 5.000
10.000
11.294
15.000
20.000
25.000
Durchschnittsertrag (EUR)
Abb. 3.2.-1: Verhältnis von Stuttgarter Verfahren und Steuerbilanzwerten 251
Vgl. zu den Sonderregelungen aber Schleithoff (2006), S. 145 ff.; Gerlach, BB 1996, S. 821 ff. und S. 874 ff. Vgl. hierzu aus interaktionsorientierter Sicht bereits oben Abschnitt 3.2.2.
150 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Von der Ausgestaltung des Stuttgarter Verfahrens gehen folglich eine Reihe von Steuerwirkungen aus, die in der Terminologie von MARX als „Entscheidungseinwirkungen“252 zu kennzeichnen sind.253 So kann im Hinblick auf geplante Schenkungen insbesondere durch bilanzpolitische Maßnahmen auf den Vermögenswert Einfluss genommen werden.254 Die Bemühungen werden zwar in der Regel darauf gerichtet sein, einen möglichst niedrigen Anteilswert zu erreichen. Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen ein hoher Anteilswert von Vorteil ist, z.B. wenn der im Stuttgarter Verfahren ermittelte gemeine Wert für die Berechnung der im Rahmen eines Zugewinnausgleichs anteilig steuerfrei bleibenden fiktiven Ausgleichsforderung von Relevanz ist.255 Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt für Gestaltungen betrifft den Zeitpunkt der Sachverhaltsverwirklichung.256 So bietet sich etwa die Vornahme einer Schenkung gerade bei schlechter Vorjahresertragslage an. Im Übrigen ist mit Blick auf die in Abb. 3.2.-1 aufgezeigten Bewertungsunterschiede an die Möglichkeit des ertragsteuerneutralen Formwechsels einer Personengesellschaft mit hohem Vermögenswert in eine Kapitalgesellschaft zu denken.257 3.2.4.2. Das Stuttgarter Verfahren aus ökonomischer Sicht Die Fragwürdigkeit des gemeinen Werts als Bewertungsmaßstab wurde bereits oben herausgearbeitet.258 Gleichwohl stellt sich die Frage nach der konzeptionellen Stimmigkeit des Stuttgarter Verfahrens im Sinne seiner Konformität mit dem gemeinen Wert, die – wie deutlich werden wird – einmal mehr fließend zu der Analyse des Verfahrens selbst überleitet.259 In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die von Teilen des Schrifttums geäußerte und letztlich auch seitens des Bundesverfassungsgerichts260 geteilte Kritik einzugehen, wonach die Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte dazu führe, dass die nicht aus Verkäufen, sondern mit dem Stuttgarter Verfahren zu schätzenden Werte hinter den gemeinen Werten im Sinne fiktiver Veräußerungspreise bzw. 252 253 254 255 256 257 258 259 260
Marx (1990), S. 11. Vgl. zu den Gestaltungsaspekten auch Jorde/Götz, BB 2003, S. 1816. Vgl. Rödder, DStR 1994, S. 238. Vgl. Bauer, StbJb 1999/2000, S. 408; H 11 Abs. 5 ErbStR 2003. Vgl. hierzu auch Bauer, StbJb 1999/2000, S. 408. Vgl. auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 467 ff. (2004). Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. zur konzeptionellen Stimmigkeit oben Abschnitt 2.4.3.2.2. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 235.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 151 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Verkehrswerte zurückbleiben.261 Wenngleich diese Vermutung bzw. Aussage bei oberflächlicher Betrachtung nahe liegt, bedarf sie einer empirischen Überprüfung, die jedoch gerade mangels Beobachtbarkeit bzw. Operationalität des gemeinen Werts selbst nicht ohne Weiteres möglich ist. Hilfsweise kann zwar daran gedacht werden, tatsächlich zu beobachtende Verkäufe der Bewertung mit dem Stuttgarter Verfahren gegenüberzustellen.262 Ob dies dem gemeinen Wert gerecht wird, erscheint aber fraglich. Einen anderen Ansatz verfolgt eine neuere Studie von MÜLLER263, die ein regelmäßiges Zurückbleiben im Sinne von Wertlücken zwischen Stuttgarter Verfahren-Werten einerseits und mittels Adjusted Present Value (APV)-Verfahren264 ermittelten Werten andererseits dokumentiert. Allerdings ist auch der dort vorgenommene Vergleich des Stuttgarter Verfahren-Werts mit einem Unternehmenswert, der ebenfalls mit einem Schätzverfahren (namentlich dem APV-Verfahren) ermittelt wird und somit zwangsweise einen nicht am Markt bestätigten Wert repräsentiert, im Hinblick auf die im Ergebnis damit einhergehende Gleichsetzung von gesetzlich gefordertem „gemeinen Wert“ und APV-Verfahren-Wert hinterfragungsbedürftig. Mit diesem Gesichtspunkt ist letztlich ebenso wie mit dem zuvor erwähnten Vergleich von tatsächlichen Verkäufen und Stuttgarter-Verfahren-Werten die – um es vorwegzunehmen – nicht auf die Anteilsbewertung beschränkte, sondern auch darüber hinaus relevante Frage eng verknüpft, wie ein „übergeordneter“ Bewertungsmaßstab erforderlichenfalls in quantitativer Hinsicht operationalisiert werden kann. Er ist daher in Anbetracht der kontextübergreifenden Relevanz an dieser Stelle nicht weiter zu vertiefen, wird aber im vierten Kapitel nochmals aufzugreifen sein.265
261
262
263
264 265
So z.B. Teß/Eisele, in: Rössler/Troll, § 11 BewG, Rn. 41 (2007): „Das Stuttgarter Verfahren führt zu einer durchschnittlichen Erfassungsquote von nur rund 65 % des Verkehrswerts […]“; Viskorf, in: Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck (2004), § 11 BewG, Rn. 32: „Etikettenschwindel“. Vgl. zur Kritik auch Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 305 (2007). Vgl. in diesem Zusammenhang auch bereits den Hinweis von Moench, in: Moench/Glier/Knobel/Viskorf (1995), § 11 BewG, Rn. 32, auf Verprobungen anhand von Anteilsverkäufen, die in der Vergangenheit gezeigt hätten, dass die Schätzwerte im Durchschnitt erheblich unter den Verkaufswerten lagen, dass vereinzelt aber auch ein umgekehrtes Verhältnis vorlag. Vgl. Müller (2007), der auch einen Überblick über ältere, aufgrund der zwischenzeitlichen Modifikationen des Stuttgarter Verfahrens nicht ohne Weiteres auf die heutigen Gegebenheiten übertragbare Studien gibt. Vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere bereits Göllert/ Ringling, DB 1999, S. 516 ff., mit einer ähnlichen Untersuchung. Vgl. auch Schoenfeld, WPg 1984, S. 425, mit einem Vergleich von Stuttgarter Verfahren-Werten und Börsenkursen. Vgl. zum APV-Verfahren z.B. Matschke/Brösel (2005), S. 578 ff. Vgl. unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1.
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Die Tendenz zu einer Unterbewertung aufgrund des Stuttgarter Verfahrens einmal unterstellt, vermag allerdings nicht zu überzeugen, dass zunächst in § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG ein Bewertungsmaßstab, der in § 9 Abs. 2 BewG definierte gemeine Wert, ausdrücklich benannt wird, hiervon jedoch anschließend wissentlich wieder abgewichen wird. Letztlich wäre damit eine – geradezu inkonsequente – Abkehr von dem Bewertungsmaßstab gemeiner Wert verbunden. Auch wenn dem Gesetzgeber bei rein formalrechtlicher Betrachtung zuzugestehen sein mag, unter Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben das Schätzungsziel „Verkehrswert gem. § 9 Abs. 2 BewG“ zugunsten des Steuerpflichtigen zu verschieben,266 bleibt diese Einschätzung bestehen. Dabei verhält es sich im Übrigen keineswegs so, dass der Gesetzgeber diese Problematik übersehen hätte. Vielmehr hat er bei der durch die Heranziehung der Steuerbilanzwerte erklärtermaßen bezweckten „Vereinfachung“ des Stuttgarter Verfahrens die Gefahr einer Unterbewertung selbst zunächst erkannt, dann aber billigend in Kauf genommen.267 Von diesen an den quantitativen Auswirkungen des Stuttgarter Verfahrens ansetzenden Überlegungen abgesehen soll nach der Vorstellung der Finanzverwaltung das Stuttgarter Verfahren zur Ermittlung des Unternehmenswerts, genauer eines Werts dienen, den ein Käufer dem Unternehmen beimisst und den folglich auch der Verkäufer erzielen kann.268 Bekanntlich ist diese Vorstellung jedoch durch betriebswirtschaftliche Erkenntnisse nicht gedeckt, was das Verfahren nicht nur in seiner Grundkonzeption, sondern gerade auch im Hinblick auf die Ermittlung des gemeinen Werts fragwürdig erscheinen lässt. Zwar war auch die in der Betriebswirtschaftslehre geführte Diskussion um das theoretisch richtige Unternehmensbewertungsverfahren zunächst von den sog. Kombinationsmethoden wie z.B. der Mittelwertmethode oder der Übergewinnkapitalisierung geprägt, die darauf abzielten, den Unternehmenswert als Funktion von Substanzund Ertragswert zu definieren.269 Spätestens in den 1970er und 1980er Jahren verfestigte sich jedoch die Auffassung, dass Mischwerte aus Substanz- und Er266 267
268 269
Vgl. Jahndorf, StuW 1999, S. 273. In diesem Sinne die Begründung zum Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1992, BT-Drucks. 12/1108 v. 03.09.1991, S. 73, betr. die erstmalige Normierung der Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte: „Bei einer künftigen Überarbeitung der Vorschriften […] wird jedoch, auch um eine Vergleichbarkeit mit an der Börse notierten Aktien zu gewährleisten, zu prüfen sein, ob aufgrund des nun geringeren Ansatzes des Vermögenswertes der Komponente „Ertragswert“ ein größeres Gewicht beigemessen werden muß.“ Vgl. auch Hübner, DStR 1995, S. 4. Vgl. R 100 Abs. 1 ErbStR 2003. Vgl. Breidenbach, StbJb 1998/1999, S. 250.
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tragswert nicht haltbar sind und der Unternehmenswert im Wesentlichen durch die dem Unternehmens- bzw. Anteilseigner zukünftig aus dem Unternehmen zufließenden Zahlungen bestimmt wird, während dem Substanzwert lediglich eine Hilfsfunktion zukommt.270 Richtungsweisend war in dieser Hinsicht wohl die von MOXTER271 vorgelegte Monographie „Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung“.272 Konsequenterweise wurde das Ertragswertverfahren 1983 in die Stellungnahme des Hauptfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer „Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen“ aufgenommen.273 In der Folge fanden zunehmend die aus dem USamerikanischen Raum stammenden Discounted Cash Flow (DCF)-Methoden Eingang in die deutsche Bewertungspraxis. Wenn diese Verfahren auch bewertungstechnische Unterschiede zum Ertragswertverfahren aufweisen, wird der Unternehmenswert ebenso als Zukunftserfolgswert im Wege der Diskontierung der zukünftigen Überschüsse ermittelt.274 Was nun die hier in Rede stehende Konformität mit dem gemeinen Wert betrifft, so geht zwar der Ertragswert275 wie auch das zu seiner Ermittlung führende Ertragswertverfahren zunächst von der subjektiven Sichtweise des Bewerters aus und ist insoweit nicht mit der hinter dem gemeinen Wert stehenden Vorstellung eines objektiven Werts vereinbar. Wird auf die zwischen Käufer und Verkäufer unter Rationalverhalten erfolgende Preisermittlung abgestellt, ist jedoch aus betriebswirtschaftlicher Sicht eine Grenzpreisermittlung durch die Parteien unter Zugrundelegung des jeweiligen Ertragswerts nahe liegend.276 Die Möglichkeiten des gedanklichen „Brückenschlags“ zum Kaufpreis wurden bereits oben in anderem Zusammenhang angedeutet, seien hier jedoch erneut aufgegrif-
270 271 272 273 274
275
276
Vgl. etwa Dörner, BFuP 1976, S. 505 f.; Dörner, in: Goetzke/Sieben (1977), S. 47 ff.; Bolsenkötter, WPg 1969, S. 417. Vgl. hierzu auch Breidenbach StbJb 1998/1999, S. 251. Vgl. Moxter (1983). Vgl. auch Breidenbach StbJb 1998/1999, S. 251. Vgl. HFA des IDW, WPg 1983, S. 468 ff. Im Übrigen lassen sich das Ertragswertverfahren und die DCF-Verfahren bei Zugrundelegung einer konsistenten Planungsrechnung ineinander überführen. Im Hinblick auf die hier interessierende Problematik muss daher auf die bewertungstechnischen Unterschiede nicht näher eingegangen werden. Ferner erscheint es vertretbar, den Begriff Ertragswert im Folgenden als Oberbegriff für die Zukunftserfolgswertverfahren zu gebrauchen. Wenn im Folgenden die Eignung des Ertragswerts als „zwischengeschalteter“ Bewertungsmaßstab im Hinblick auf die Bestimmung des gemeinen Werts diskutiert wird, ist damit letztlich die Verwendung des Ertragswertverfahrens gemeint. Vgl. in diesem Zusammenhang auch oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. hierzu auch oben Abschnitt 2.3.3.2.1.
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fen.277 So kann – die Grenzpreisüberlegung weiterführend – ausgehend von der verkäufer- und käuferseitig vorzunehmenden Grenzpreisbildung an die Verdichtung des ursprünglich vorhandenen Einigungsintervalls zu einem Einigungspunkt gedacht werden, was etwa durch die gedankliche Zugrundelegung geeigneter, wohlgemerkt gleicher Konventionen bei Käufer und Verkäufer erreicht werden könnte.278 Bei einem unterstellten vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkt kann ferner – wenngleich diese theoretische Vorstellung der Realität nicht entspricht – der Preis eines Investitionsobjekts (hier: das Unternehmen bzw. der Anteil) mit dem im Wege der Diskontierung der aus dem Investitionsobjekt zukünftig resultierenden Zahlungsströme zu bestimmenden Ertragswert gleichgesetzt werden:279 Der so ermittelte Ertragswert stellt den Betrag dar, der alternativ am Kapitalmarkt angelegt werden müsste, um einen gleichen Einkommensstrom wie aus dem Investitionsobjekt selbst zu erhalten. Dieser entspricht dem Marktpreis, zu dem eine solche Zahlungserwartung gehandelt werden kann. Wenngleich auch der Ertragswert nicht ohne Weiteres mit dem gemeinen Wert gleichgesetzt werden kann, so lassen sich doch verschiedene Argumente anführen, die der Ertragswert gegenüber dem Stuttgarter Verfahren für sich in Anspruch nehmen kann. Auch wenn der Ertragswert letztlich ebenfalls nicht zu der angestrebten Preisermittlung führt, stellt in Anbetracht der vorstehenden Überlegungen er und eben nicht das als Übergewinnverfahren ausgestaltete und theoretisch nicht haltbare Stuttgarter Verfahren die überzeugendere Konzeption zur Konkretisierung des gemeinen Werts im Sinne eines fiktiven Verkaufspreises dar. Daran ändert auch nichts, dass der Gesetzgeber im Gegensatz zur Wertableitung nur eine „Schätzung“ des gemeinen Werts anordnet. Wenngleich nicht an den vorstehenden, auf die Konformität mit dem gemeinen Wert gerichteten Gesichtspunkten, sondern an der fehlenden theoretischen Verortung anknüpfend, wurde einhergehend mit der Adaption des Ertragswerts durch die Betriebswirtschaftslehre im Schrifttum immer wieder Kritik am Stutt277 278
279
Vgl. oben Abschnitt 3.1.4.1. Vgl. Vogel (1979), S. 131, der dies zur Auflösung des Konflikts zwischen subjektiver und objektiver Bewertung im Sinne eines „typisierten Verhandlungskompromisses“ in Erwägung zieht. In diesem Sinne auch Henselmann, BFuP 2006, S. 152: „Spinnt man den […] Gedanken einer Einigung von Grenzverkäufer und Grenzkäufer weiter, so eröffnet dies die Möglichkeit, den Verkehrswert aus den typisierten ‚Entscheidungswerten’ dieser fiktiven Referenzpersonen abzuleiten.“ Vgl. Schmidt/Terberger (1997), S. 134.
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garter Verfahren laut.280 Im Zentrum stand dabei die Methodik an sich, die der Unternehmenssubstanz eine Bedeutung beimisst, die sich bewertungstheoretisch nicht begründen lässt – eine Erkenntnis, die sich allerdings im steuerjuristischen Schrifttum nach wie vor noch nicht durchgängig verfestigt zu haben scheint.281 Zu einer Ablösung des Verfahrens ist es bis heute jedoch nicht gekommen. Ein wesentlicher Grund hierfür dürfte darin liegen, dass die Diskussion in der betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertungslehre und auch die vermeintliche Methodenvielfalt in der Bewertungspraxis insbesondere die Rechtsprechung – und wohl auch den Gesetzgeber – zu der Schlussfolgerung veranlassten, dass es eine Übereinstimmung hinsichtlich der zutreffenden Bewertungsmethode und damit auch das „richtige“ Bewertungsverfahren nicht gäbe.282 Die fehlende Umsetzung der Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre führte gar zu Äußerungen wie der, „daß das Festhalten von Finanzverwaltung und -rechtsprechung an Kombinationsverfahren wie der indirekten Methode oder dem Stuttgarter Verfahren bequem, aber schlicht rechtswidrig ist.“283 Diese Aussage ist jedoch relativierungsbedürftig.284 Nach dem Wortlaut der Bewertungsvorgabe des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ist der gemeine Wert „unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft“ zu schätzen. Bei einer weiten Auslegung kann hierunter auch das Ertragswertver-
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283 284
Vgl. bereits Moxter, DB 1976, S. 1585. Vgl. für die jüngere Vergangenheit insbesondere Pensel, in: FS Wacker (2006), S. 171; Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 177 ff. (2002); Bauer, StbJb 1999/2000, S. 387; Breidenbach, StbJb 1998/1999, S. 245. Mit Groh, in: FS Rose (1991), S. 146, hat sich sogar der damalige Vorsitzende Richter des IV. Senats des BFH für eine Übernahme des Ertragswertverfahrens in das Steuerrecht ausgesprochen. Vgl. zur Kritik an der BFH-Rechtsprechung auch bereits Vogel (1979), S. 217 ff. Dies macht etwa die Äußerung von Becker/Horn, DB 2005, S. 1083, deutlich: „Gegen ein ausschließliches Ertragswertverfahren ist einzuwenden, dass Vermögensgegenstände nicht berücksichtigt würden, die aber gerade auch den Verkehrswert eines Unternehmens ausmachen. Vielmehr kann das Stuttgarter Verfahren als Kombination des Substanzwertverfahrens und Ertragswertverfahrens unter Korrekturen auf der Aktivseite beibehalten werden […].“Auch bei Jahndorf, StuW 1999, S. 271, der die wesentlichen Entwicklungslinien und Modifikationen des Stuttgarter Verfahrens im Zeitablauf nachzeichnet, bleiben die aus bewertungstheoretischer Sicht bestehenden Bedenken unerwähnt. Bauer, StbJb 1999/2000, S. 404, mit Verweis auf BFH, Urt. v. 06.02.1991, II R 87/88, BStBl. II 1991, S. 459. Vgl. zu weiteren möglichen Gründen auch Pensel, in: FS Wacker (2006), S. 186 ff. Vgl. Bauer, StbJb 1999/2000, S. 407. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass insoweit ökonomische und steuerrechtliche Sicht des Problems ineinander greifen. Vgl. zu den beiden Aspekten oben Abschnitt 2.4.3.
156 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
fahren subsumiert werden.285 Somit kann argumentiert werden, dass der Ertragswert auf der Grundlage der mit dem vorhandenen Vermögen erzielbaren Erträge und damit letztlich eben „unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten“ ermittelt wird. Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer steht einer solchen Auslegung allerdings der klare Wortlaut des ebenfalls anzuwendenden § 12 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ErbStG entgegen. Hiernach „wird das Vermögen [Hervorh. des Verf.] mit dem Wert im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer angesetzt.“ Diese Bewertungsanweisung gibt somit zwingend den Ansatz einer Bewertungskomponente Vermögenswert vor, deren Zusammensetzung bzw. Ermittlung im Übrigen – über den Verweis in § 12 Abs. 2 Satz 2 ErbStG – durch § 12 Abs. 5 und 6 ErbStG und § 12 Abs. 2 Satz 3 ErbStG konkretisiert wird. Aus dem Zusammenwirken mit der allgemeinen Bewertungsvorgabe des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG folgt demnach unmissverständlich die Anwendung eines Mischverfahrens aus der konkret vorgegebenen Bewertungskomponente Vermögenswert und einer weiteren – wenngleich gesetzlich nicht konkretisierten – Bewertungskomponente, welche die Ertragsaussichten repräsentiert. Das Ertragswertverfahren stellt damit de lege lata kein zur Ermittlung des gemeinen Werts nicht notierter Anteile für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke zulässiges Bewertungsverfahren dar, da es gerade der gesetzlich angeordneten Bewertungskomponente Vermögenswert ermangelt und somit eben nicht als Mischverfahren einzustufen ist.286 Folglich kann zwar dem Gesetzgeber durchaus der Vorwurf gemacht werden, dass er betriebswirtschaftliche Erkenntnisse nicht zutreffend berücksichtigt hat mit der Folge, dass das Stuttgarter Verfahren eine entsprechende konzeptionelle Anbindung vermissen lässt. Gegenüber Rechtsprechung und Finanzverwaltung ist dieser Vorwurf indes im Hinblick auf den hier interessierenden Kontext nicht gerechtfertigt, übersieht er doch, dass gerade das Stuttgarter Verfahren der gesetzgeberischen Vorgabe eines Mischverfahrens gerecht wird.
285
286
So auch Neumann, StbJb 2000/2001, S. 433; Schleithoff (2006), S. 138, mit Verweis auf Berg (1953), S. 21; Sauer, StbJb 1975/1976, S. 300. Anders aber die ständige Rechtsprechung des BFH und die herrschende Meinung im Schrifttum. Vgl. BFH, Urt. v. 28.02.1975, III R 19/74, BStBl. II 1975, S. 656; Urt. v. 19.12.1960, III 396/58 S, BStBl. III 1961, S. 93; Urt. v. 11.10.1989, I R 148/85, BStBl. II 1990, S. 336. Vgl. für das Schrifttum z.B. Pensel, in: FS Wacker (2006), S. 197; Jahndorf, StuW 1999, S. 272; Werndl, in: Raupach (1984), S. 407. So im Ergebnis auch Pensel, in: FS Wacker (2006), S. 197, der allerdings in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des BFH bereits auf die entsprechende Auslegung von § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG abstellt.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 157 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Neben den vorstehenden, in erster Linie an der grundsätzlichen theoretischen Verortung ansetzenden Überlegungen verdient – auch im Hinblick auf die im Rahmen der Untersuchung angestrebte umfassende Analyse – die konkrete Verfahrensausgestaltung Beachtung. Da der Vermögenswert aufgrund der Anknüpfung an die Steuerbilanzwerte keine erbschaft- und schenkungsteuerspezifischen Ermittlungs- und Objektivierungsprobleme aufweist, soll dabei ausschließlich auf die Ausgestaltung des Ertragswerts als weiterem Verfahrensbestandteil eingegangen werden, genauer: auf die diesen bildenden Verfahrenskomponenten, die Zukunftserfolge und den Kapitalisierungszinssatz. Dabei sind – auch in Anbetracht der ohnehin begrenzten Beurteilbarkeit von Modellen – nur deren grundlegende Merkmale zu betrachten.287 Vorweg sei daran erinnert, dass der Ertragswert bzw. das Ertragswertverfahren im Gegensatz zu Verfahren der Preisableitung zwar nicht von vornherein einer theoretischen Basis ermangelt, dafür aber seinerseits im Hinblick auf die konkrete Umsetzung problembehaftet ist, d.h. Ermittlungs- und auch Objektivierungsprobleme aufweisen kann:288 Was die Ermittlung der „Zukunftserfolge“ betrifft, so gibt die Finanzverwaltung ein differenziertes Berechnungsschema vor, welches vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ausgeht, dieses um diverse Größen modifiziert, damit ertrags- und nicht – wie es geboten wäre – zahlungsbasiert ist und ferner auf Vergangenheitsgrößen (die Erträge der letzten drei abgeschlossenen Wirtschaftsjahre) rekurriert.289 In einem neueren Urteil hat der BFH im Übrigen entschieden, dass das Jahr, in dem die Schenkung oder Erbschaft stattgefunden hat, selbst dann außer Betracht bleibt, wenn der Steuertatbestand kurz vor Jahresende verwirklicht wurde.290 Wenngleich die Anknüpfung an Vergangenheitserträge kritisch zu sehen ist, darf nicht übersehen werden, dass bei der an sich gebotenen Anknüpfung an zukünftige Größen aufgrund der bestehenden Prognoseschwierigkeiten eine erhebliche Ermittlungsproblematik auftreten würde, mit der eine entsprechende Objektivierungsproblematik einherginge.291 Ansatzpunkte zur Problembewälti287 288 289 290 291
Vgl. zur eingeschränkten Beurteilbarkeit oben Abschnitt 2.4.3.2.2. Vgl. zum Ertragswertverfahren auch bereits oben Abschnitt 3.1.5.2. Vgl. zu weiterer Kritik im Detail Schleithoff (2006), S. 142 ff. Vgl. BFH, Urt. v. 01.02.2007, II R 19/05, DB 2007, S. 834. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zur Prognoseproblematik bei Pensel, in: FS Wacker (2006), S. 190. Vgl. auch im Hinblick auf einzelne Wirtschaftsgüter oben Abschnitt 3.1.5.2.
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gung könnten hier unter Rückgriff auf das Prinzip der flexiblen Planung gewonnen werden.292 So könnte gerade für steuerliche Zwecke in Erwägung gezogen werden, erst nach Ablauf des bei der Unternehmensbewertung üblichen Detailplanungszeitraums von ca. 4 Jahren auf der Grundlage der tatsächlichen Ergebnisse einen „Pseudo-ex-ante-Ertragswert“ auf den Bewertungsstichtag zu ermitteln und diesen – evtl. auch nur zu Kontrollzwecken – heranzuziehen;293 die nachhaltige Erfolgsgröße könnte dabei aus dem Erfolg der letzten Periode des Detailplanungszeitraums abgeleitet werden. Die Prognose- und Objektivierungsproblematik würde sich hierdurch auf den Zeitraum nach dem Ende des Detailplanungszeitraums reduzieren. Eine verfeinerte Variante könnte darin bestehen, auch die nachhaltige Erfolgsgröße durch tatsächlich erzielte Werte zu objektivieren. Von der gedanklichen Fundierung würde es sich im Übrigen letztlich gar nicht um einen „Wert nach dem Stichtag“, sondern lediglich um das „Warten auf den ansonsten zu prognostizierenden Wert“ handeln. Wenngleich vergleichbare Folgeprobleme auftreten würden wie bei dem oben angedachten Rückgriff auf Verkäufe nach dem Stichtag – zu nennen sind etwa: keine alleinige Verwendbarkeit mangels möglichen Wegfalls des Bewertungsobjekts innerhalb des Detailplanungszeitraums, Sicherstellung der Identität des Bewertungsobjekts, Schaffung erforderlicher verfahrensrechtlicher Voraussetzungen –, wären diese nicht unlösbar, so dass ein solcher Pseudo-ex-ante-Ertragswert durchaus eine zusätzliche Möglichkeit zur Wertfindung eröffnen könnte. Dem geltenden Recht sind die vorstehenden Überlegungen jedoch bei der Ausgestaltung der Ertragswertkomponente im Stuttgarter Verfahren fremd. Vielmehr erfolgt hier ein Rückgriff auf Vergangenheitserträge, wobei auch „erzwungene Irrtümer“ in Kauf genommen werden:294 Diese sind etwa zu verzeichnen, wenn trotz Kenntnis einer künftigen – und sei es auch nur vorübergehenden – Verlustsituation positive Vergangenheitserträge herangezogen werden, ganz zu schweigen von hier ebenfalls möglichen Veränderungen des zu bewertenden Unternehmens im Zeitablauf. Letztlich werden somit zwar die bestehenden Ermittlungs- und Objektivierungsprobleme bewältigt bzw. vermieden. Einmal mehr ist aber die erforderliche Inkaufnahme erheblicher theoretischer Bedenken zu verzeichnen. Mit dieser Charakterisie292 293 294
Vgl. hierzu oben Abschnitt 2.3.4.2. Vgl. ähnlich auch bereits Hetzel (1988), S. 126. Moxter (1983), S. 34.
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rung – hierauf sei ausdrücklich hingewiesen – soll allerdings lediglich die Vorgehensweise des geltenden Rechts eingeordnet werden und weder über die Restriktionen des Pseudo-ex-ante-Ertragswerts noch darüber hinweggegangen werden, dass auch die konzeptionell vorzugswürdige Verwendung von Zukunftserfolgen eine nach wie vor nicht befriedigend lösbare Prognoseproblematik aufweist. Entsprechend kann die Vorgehensweise bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes charakterisiert werden. Indem eine pauschale Vorgabe erfolgt, entfällt eine individuelle Risikoberücksichtigung. Wenngleich hierauf aus systematischen Gründen erst weiter unten eingegangen wird,295 ist bereits an dieser Stelle zu vermerken, dass die Unternehmensbewertungslehre durchaus Verfahren vorsieht, die eine – wenn auch nicht gänzlich bedenkenfreie – individuelle Risikoberücksichtigung ermöglichen, wobei diese bei entsprechenden Vorgaben zumindest in nachvollziehbarer Form erfolgen könnte. Auch könnte die im Zusammenhang mit den Erfolgen angestellte Überlegung eines Pseudo-ex-ante-Ertragswerts grundsätzlich insoweit auf den Kapitalisierungszinssatz übertragen werden, als im Zeitablauf hierüber verbesserte Kenntnis erlangt wird. Die Finanzverwaltung sieht demgegenüber wiederum ein Vorgehen vor, das unter dem Gesichtspunkt der fehlenden individuellen Risikoberücksichtigung in theoretischer Hinsicht bereits im Grundsatz kritisiert werden kann, aber das Entstehen möglicher Ermittlungs- und Objektivierungsprobleme von vornherein verhindert. Mit der Analyse des Stuttgarter Verfahrens ist die Auseinandersetzung mit der Bewertung nicht notierter Anteile abgeschlossen. Im Folgenden wird die erbschaft- und schenkungsteuerliche Perspektive beibehalten und mit der Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke ein weiterer materiell bedeutsamer Bereich behandelt.296 Dessen Analyse erscheint gerade vor dem Hintergrund nützlich, dass die Relevanz der grundlegenden Problematik, der Immobilienbewertung – ebenso wie die der Unternehmensbewertung – weit über den steuerlichen Bereich hinausreicht, was möglicherweise auch die Gewinnung zusätzlicher Erkenntnisse für die hier in Rede stehende Problematik verspricht. 295 296
Vgl. unten Abschnitt 3.5.3.1.2. Wenngleich die Bedarfsbewertung bekanntlich über die Erbschaft- und Schenkungsteuer hinaus auch für die Grunderwerbsteuer von Bedeutung ist, liegt den nachfolgenden Überlegungen ausschließlich die erbschaft- und schenkungsteuerliche Perspektive zugrunde, was allerdings deren Übertragung auf die Grunderwerbsteuer nicht von vornherein ausschließt.
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3.3. Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke 3.3.1. Vorbemerkungen Bereits mit Entscheidung vom 22.06.1995 hatte das BVerfG den Gesetzgeber aufgerufen, die Erbschaft- und Schenkungsteuer vor dem Hintergrund der ungleichen Bewertung von Immobilien und anderem Vermögen mit Wirkung zum 01.01.1996 neu zu regeln.297 Diesem Reformauftrag kam der Gesetzgeber in Gestalt des Jahressteuergesetzes (JStG) 1997 vom 20.12.1996298 seinerzeit gerade noch rechtzeitig nach.299 Wesentliche Neuerung bei der Bewertung von Grundvermögen war dabei die Einführung der sog. „Bedarfsbewertung“, d.h., die Feststellung von Grundbesitzwerten erfolgt seither nur dann, wenn die jeweiligen Werte für die Erbschaft- und Schenkungsteuer aktuell benötigt werden.300 Im Rahmen dieser Bedarfsbewertung sind bei der Bewertung des Grundvermögens abhängig von der Qualifizierung des Bewertungsobjekts – hier ist insbesondere zu differenzieren zwischen unbebauten Grundstücken (§ 145 Abs. 1 BewG) und bebauten Grundstücken (§ 146 Abs. 1 BewG) – unterschiedliche Bewertungsverfahren anzuwenden. Der Gesetzgeber hat sich dabei zwar an gängigen Immobilienbewertungsverfahren orientiert, die Bewertung jedoch letztlich weitgehend einer eigenständigen steuerrechtlichen Ausgestaltung zugeführt. Im Schrifttum hat die Bedarfsbewertung bereits unmittelbar nach ihrer erstmaligen Kodifizierung erhebliche Kritik hervorgerufen. Die Beanstandungen reichen dabei von einer Konzeptionslosigkeit der Neuregelung insgesamt über die fehlende Nachvollziehbarkeit der gewählten Bewertungsverfahren bis hin zur verfassungsrechtlichen Fragwürdigkeit.301 Trotz der immer wieder laut gewordenen Kritik und ungeachtet zwischenzeitlicher, auf eine Neuregelung der Grundstücksbewertung gerichteter Überlegungen wurde die Bedarfsbewertung
297 298 299
300 301
Vgl. BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvR 552/91, BStBl. II 1995, S. 671. Vgl. betr. die Vermögensteuer auch BVerfG v. 22.06.1995, 2 BvL 37/91, BStBl. II 1995, S. 655. Jahressteuergesetz (JStG) 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, S. 2049 ff. Vgl. zum Gesetzgebungsverfahren Halaczinsky, in: Rössler/Troll, § 146 BewG, Rn. 1 ff. (2007); Wolf, DStR 1997, S. 349 f.; Meincke, DStR 1996, S. 1305 ff.; für einen Überblick über das Gesetz Christoffel, DStR 1997, S. 265. Vgl. zu den Entwicklungslinien auch Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 500 ff. (2007); Gürsching/Stenger, § 138 BewG, Rn. 1 ff. (2003). Vgl. stellvertretend Wolf, DStR 1997, S. 349 ff.; Seer, StuW 1997, S. 283 ff.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 161 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
seither nicht grundlegend überarbeitet.302 Auch die im Rahmen des JStG 2007303 vorgenommenen Änderungen, mit denen nicht zuletzt auf das Auslaufen der in § 138 Abs. 4 BewG a.F. enthaltenen Bezugnahme auf die Wertverhältnisse zum 01.01.1996 mit Ablauf des 31.12.2006 reagiert wurde,304 brachten keine umfassende konzeptionelle Neuausrichtung mit sich.305 Erneuter Handlungsbedarf hat sich aber aus der bereits mehrfach erwähnten Entscheidung des BVerfG vom 07.11.2006 zum Vorlagebeschluss des BFH vom 22.05.2002306 ergeben,307 der zufolge die noch geltende Grundstücksbewertung in weiten Teilen gegen das Gleichbehandlungsgebot verstößt. Verfassungsrechtliche Fragen sind allerdings im Rahmen der vorliegenden Untersuchung – auch in Anbetracht der eingangs getroffenen thematischen Abgrenzung – nicht vertiefend zu behandeln. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Auseinandersetzung mit der Bewertung bzw. Wertfindung aus ökonomischer Sicht. Vor diesem Hintergrund wird als wichtiger Anwendungsfall der Bedarfsbewertung nachfolgend die Bewertung inländischer308 bebauter Grundstücke (§ 146 Abs. 1 BewG) analysiert.309 Da im Rahmen der Ermittlung der Wertun-
302
303
304 305 306 307 308 309
Vgl. ausführlich zu Vorschlägen für eine neue Grundstücksbewertung – namentlich dem Bericht einer auf Grund der Koalitionsvereinbarung vom 20.10.1998 einberufenen Expertenkommission und einem von den Ländern Schleswig-Holstein, Hamburg, MecklenburgVorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt im Jahre 2001 eingebrachten Gesetzesentwurf – Gürsching/Stenger, § 146 BewG, Rn. 57 ff. (2004); dieselben, § 138 BewG, Rn. 1 ff. (2003). Jahressteuergesetz 2007 (JStG 2007) v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, S. 2878 ff. Wenn im Folgenden auf die aktuell geltende Gesetzesfassung Bezug genommen wird, erfolgt (wie bislang) keine ausdrückliche Kennzeichnung. Im Übrigen sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Regelungen der ErbStR, soweit den vierten und fünften Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes betreffend, durch die gleich lautenden Erlasse vom 02.04.2007 zum Teil aufgehoben und ergänzt wurden. Vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314 ff. Vgl. den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007), BT-Drs. 16/2712 v. 25.09.2006, S. 86. Hinzuweisen ist allerdings auf die Neuregelung der Bewertung von Erbbaurechten (§ 148 BewG). Vgl. hierzu Eisele, DStR 2007, S. 1023 ff. Vgl. BFH, Beschl. v. 22.05.2002, II R 61/99, BStBl. II 2002, S. 598. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Kessler/Märkle/Offerhaus, DB 2003, Beilage Nr. 2 zu Heft 6. Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 235. Vgl. jedoch zum ausländischen Grundbesitz Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 936 ff. (2007). Die Überlegungen konzentrieren sich folglich auf solche bebauten Grundstücke, die als oder wie Grundvermögen zu bewerten sind (§ 138 Abs. 3 BewG).
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tergrenze auf die in § 145 BewG geregelte Bewertung unbebauter Grundstücke Bezug genommen wird, muss allerdings auch diese einbezogen werden.310 3.3.2. Die relevanten Regelungen im Überblick Bebaute Grundstücke – dies sind gem. § 146 Abs. 1 BewG solche Grundstücke, auf welche die in § 145 Abs. 1 BewG genannten Merkmale (Fehlen benutzbarer, d.h. bezugsfertiger Gebäude oder zur Nutzung vorgesehener im Bau befindlicher Gebäude) nicht zutreffen311 – sind unter der Voraussetzung, dass die tatsächliche oder übliche Miete ermittelbar ist, nach einem vereinfachten, in § 146 BewG geregelten Ertragswertverfahren zu bewerten, das auf das Jahressteuergesetz 1997 (JStG 1997)312 zurückgeht. Sah die Begründung zu dem Regierungsentwurf dieses Gesetzes dabei als gleichsam „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab zwar nicht den Verkehrswert bzw. gemeinen Wert selbst, aber zumindest einen typisierenden, durchschnittlichen Wert vor, der aus Verkehrswerten abgeleitet wird,313 so wurde diese Absicht im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens aufgegeben. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, sollten letztlich die zu ermittelnden Grundstückswerte durchschnittlich nur etwa 50 % des Kaufpreises vergleichbarer Grundstücke erreichen.314 Im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens ist auch nach Inkrafttreten des JStG 2007 zunächst von der Jahres-Nettokaltmiete auszugehen.315 Maßgeblich war dabei gem. § 146 Abs. 2 BewG a.F. die im Durchschnitt der letzten drei Jahre erzielte Jahresmiete; bei kürzerem Mietzeitraum war dieser zugrunde zu legen. Bei selbstgenutzten, anderen unentgeltlich überlassenen, aber auch bei an nahe stehende Personen/Arbeitnehmer vermieteten Grundstücken war die übliche Miete, d.h. die von fremden Dritten für vergleichbare Grundstücke zu zah310
311 312 313 314 315
Nicht eingegangen wird jedoch auf den vom Gesetzgeber berücksichtigten (Sonder-)Fall, dass eine übliche Miete nicht ermittelt werden kann mit der Folge, dass gem. § 147 Abs. 1 BewG der Wert des bebauten Grundstücks nach der Summe des Werts von Grund und Boden und des Werts der Gebäude zu bestimmen ist. In Ausnahmefällen können auch Grundstücke mit aufstehenden Gebäuden als unbebaute Grundstücke anzusehen sein. Vgl. hierzu § 145 Abs. 2 BewG. Jahressteuergesetz (JStG) 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, S. 2049 ff. Vgl. den Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1997, BT-Drs. 13/4839 v. 11.06.1996, S. 43. Vgl. Zweiter Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss), BT-Drs. 13/5952 v. 05.11.1996, S. 28. Vgl. hierzu im Einzelnen Knobel, in: Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck (2004), § 146 BewG, Rn. 21.
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lende Vergleichsmiete anzusetzen (§ 146 Abs. 3 BewG a.F.). Im Zuge des JStG 2007 erfolgte eine Modifikation dergestalt, dass nunmehr von der Jahresmiete auszugehen ist, die im Besteuerungszeitpunkt für den Zeitraum von 12 Monaten aufgrund vertraglicher Vereinbarungen zu zahlen ist (§ 146 Abs. 2 BewG). Auch die Bestimmungen zur „üblichen“ Miete wurden geändert. Diese ist nunmehr anstelle der Jahresmiete für solche Grundstücke oder Grundstücksteile anzusetzen, die eigengenutzt, ungenutzt, zu vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen sind, und ferner in Fällen, in denen die tatsächliche Miete von der „üblichen“ Miete um mehr als 20 % abweicht (§ 146 Abs. 3 BewG).316 Unabhängig von den individuellen Eigenschaften des zu bewertenden Grundstücks ist die nach den vorstehenden Grundsätzen ermittelte Jahresmiete mit einem einheitlichen Vervielfältiger von 12,5 zu multiplizieren (§ 146 Abs. 2 Satz 1 BewG). Von dem Ergebnis ist sodann eine Alterswertminderung in Abzug zu bringen, die sich auf 0,5 % p.a. (gerechnet seit der Bezugsfertigkeit), maximal jedoch auf 25 % beläuft (§ 146 Abs. 4 BewG). Ggf. ist noch ein Zuschlag von 20 % für Ein- und Zweifamilienhäuser anzusetzen (§ 146 Abs. 5 BewG). Der so ermittelte Wert war bislang und ist auch weiterhin mit dem Wert zu vergleichen, der sich bei alleiniger (typisierender) Bewertung des unbebauten Grundstücks ergibt (§ 146 Abs. 6 BewG); Letzterer stellt folglich die Wertuntergrenze dar. Insoweit dem ursprünglichen Bewertungsmaßstab eines typisierten Verkehrswerts entsprechend wurden unbebaute Grundstücke bislang auf der Grundlage der von den Gutachterausschüssen der Gemeinden auf den 01.01. 1996 zu ermittelnden, sog. Bodenrichtwerten bewertet (§ 145 Abs. 3 Satz 2 BewG a.F.). Bei dem Bodenrichtwert handelt es sich um den durchschnittlichen Lagewert des Grund und Bodens pro Quadratmeter der bebauten und unbebauten Grundstücksfläche in einem Gebiet mit im Wesentlichen gleichen Lage- und Nutzungsverhältnissen.317 Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sind die Bodenrichtwerte so abzuleiten, dass der individuelle Bodenwert des einzelnen Grundstücks nur unerheblich vom Richtwert der zugeordneten Bodenwertzone
316 317
Vgl. hierzu Halaczinsky, in: Rössler/Troll, § 146 BewG, Rn. 46 ff. (2007). Vgl. zur Ermittlung von Bodenrichtwerten auch Kleiber, in: Francke/Rehkugler (2005), S. 176 f.
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abweicht.318 Auch nach Inkrafttreten des JStG 2007 ist der Wert des Grund und Bodens (die Wertuntergrenze) anhand der Bodenrichtwerte zu ermitteln. Anders als bislang ist jedoch nunmehr auf die zuletzt festzustellenden Bodenrichtwerte abzustellen (§ 145 Abs. 3 Satz 3 BewG), d.h., die Anknüpfung an die Bodenrichtwerte vom 01.01.1996 wurde aufgegeben. Nach wie vor durch einen pauschalen Abschlag von 20 % bei der Bewertung des unbebauten Grundstücks zu berücksichtigen sind dabei etwaige Bewertungsunsicherheiten und wertmindernde Umstände (z.B. Lärm-, Staub-, Geruchsbelästigung, Altlasten), während einzelnen Abweichungen vom Richtwertgrundstück im Rahmen der Bodenrichtwertermittlung selbst Rechnung zu tragen ist.319 Im Übrigen regelt § 145 Abs. 3 Satz 4 BewG nunmehr ausdrücklich, dass in den Fällen, in denen für den Gutachterausschuss keine Verpflichtung zur Ermittlung eines Bodenrichtwerts nach § 196 BewG besteht, der Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten und um 20 % zu ermäßigen ist. Sowohl im Hinblick auf den Wert des unbebauten Grundstücks in seiner Funktion als Untergrenze des Ertragswerts als auch für den Wert des bebauten Grundstücks insgesamt bestand bislang die Möglichkeit zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (§ 146 Abs. 7 BewG a.F., § 146 Abs. 6 BewG i.V.m. § 145 Abs. 3 BewG). Nunmehr differiert jedoch nicht nur die gesetzestechnische Umsetzung insoweit, als die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts übergreifend in § 138 Abs. 4 BewG geregelt ist.320 Vielmehr soll sich die Nachweismöglichkeit ausweislich der Gesetzesbegründung nur noch auf die jeweilige wirtschaftliche Einheit321 des Grundvermögens insgesamt erstrecken.322 Dies hat zur Folge, dass die isolierte Nachweismöglichkeit für den als Wertuntergrenze fungierenden Grund und Boden nicht mehr 318 319 320 321 322
Vgl. den Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG) v. 20.12.1996, BT-Drs. 13/4839 v. 11.06.1996, S. 50. Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.3.6. Vgl. zur Neuregelung des § 138 Abs. 4 BewG und ihrem Hintergrund Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 523 (2007). Vgl. instruktiv zum Begriff Ramb, SteuerStud 2007, S. 309 ff. Vgl. die Begründung zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007), BT-Drs. 16/2712 v. 25.09.2006, S. 87. Die Nachweismöglichkeit bezieht sich im Übrigen – wie die Bewertung insgesamt – auf die tatsächlichen Verhältnisse und Wertverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt (§ 138 Abs. 1 BewG). Damit ist insbesondere die bislang streitige Frage entfallen, ob in Anbetracht der bei den Bodenrichtwerten zugrunde zu legenden Wertverhältnisse zum 01.01.1996 nicht auch beim Nachweis niedrigerer gemeiner Werte entsprechend auf diese Wertverhältnisse abzustellen ist. Vgl. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 614 (2007).
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besteht.323 Zwar könnte argumentiert werden, dass der Zugang zur Führung des „Gegenbeweises“ auch für den Grund und Boden als Wertuntergrenze nicht versperrt sein sollte, wenn an die Stelle der eigentlich zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit „bebautes Grundstück“ eine andere wirtschaftliche Einheit, der Grund und Boden im Sinne einer Wertuntergrenze, tritt. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass § 146 Abs. 6 BewG gerade keine solche „stellvertretende“ Heranziehung einer anderen wirtschaftlichen Einheit „Grund und Boden“ vorsieht, sondern allein auf § 145 Abs. 3 BewG für Zwecke der Bestimmung der Wertuntergrenze verweist. Die Möglichkeit des Nachweises ist daher ebenso zu verneinen wie in solchen Fällen, in denen der Wert des Grund und Bodens lediglich als Berechnungswert bzw. Berechnungskomponente dient, wie es bei der auf die Summe von Boden- und Gebäudewert abstellenden Grundstücksbewertung gem. § 147 BewG der Fall ist.324 Was die Führung des Nachweises des gemeinen Werts betrifft, so kann unverändert auf tatsächlich erzielte Kaufpreise für das zu bewertende Grundstück selbst oder „qualifizierte Gutachten“ des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken zurückgegriffen werden.325 Nachfolgende Abb. 3.3.-1 stellt die Wertermittlung für bebaute Grundstücke i.S.v. § 146 Abs. 1 BewG zusammenfassend dar.
323
324 325
Vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314, Tz. 2 Abs. 3 Satz 1. So wohl auch Halaczinsky, in: Rössler/Troll, § 146 BewG, Rn. 62 (2007). Im Ergebnis a.A. Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 654 f. (2007), der von der Möglichkeit eines solchen Nachweises auch nach der Neufassung des Bewertungsgesetzes weiterhin ausgeht. Vgl. zur letztgenannten Konstellation Halaczinsky, DStR 2007, S. 327; derselbe, in: Rössler/Troll, § 138 BewG, Rn. 48 (2007). Vgl. die Begründung zu dem Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007), BT-Drs. 16/2712 v. 25.09.2006, S. 87. Vgl. hierzu im Einzelnen unten Abschnitt 3.3.5.
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Ertragswert Bewertung nach § 146 BewG
Wertuntergrenze
Gegenbeweis (§ 138 Abs. 4 BewG)
Jahresmiete bzw. übliche Miete * Vervielfältiger 12,5 % = Ausgangswert - Alterswertminderung (0,5 % p.a. seit Bezugsfertigkeit, max. 25 %) + Zuschlag von 20 % (Ein- und Zweifamilienhäuser)
Wert des Grund und Bodens
Bodenrichtwert (angepasst) * Fläche qm - Abschlag 20 %
Gemeiner Wert des bebauten Grundstücks
Abb. 3.3.-1: Bewertung bebauter Grundstücke i.S.v. § 146 Abs. 1 BewG
3.3.3. Die interaktionsorientierte Sicht: Option mit Widerlegungsmöglichkeit Wie bei der in Abschnitt 3.2. betrachteten Bewertung nicht notierter Anteile hat der Gesetzgeber die Grundstücksbewertung nicht in eine übergreifende Bewertung einbezogen, sondern eine bzw. mehrere einzelne Bewertungsvorgaben für das jeweilige Bewertungsobjekt „Grundstück“ (hier: das bebaute Grundstück) getroffen. In Abweichung zu dem oben in allgemeiner Form eingeführten Erklärungsmodell326 ist Ausgangspunkt der Wertfindung hier allerdings nicht die gesetzliche Vorgabe lediglich eines unbestimmten Bewertungsmaßstabs. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren bereits unmittelbar ein konkretes Bewertungsverfahren vorgegeben, welches auf die Ermittlung eines entsprechenden Bewertungsmaßstabs, des Ertragswerts, abzielt. Gleichwohl kann dieser Ertragswert letztlich insoweit als „zwischengeschalteter“ Bewertungsmaßstab verstanden werden, als sich – wie bereits ausgeführt – aus den Gesetzesmaterialien ein im Verhältnis zu diesem wiederum „übergeordneter“ Bewertungsmaßstab („durchschnittlich etwa 50 % des Kaufpreises vergleichbarer Grundstücke“) „rekonstruieren“ lässt.327
326 327
Vgl. oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. zur Terminologie oben Abschnitt 2.4.2.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 167 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren hat der Gesetzgeber eine Bewertungsvorgabe geschaffen, die – für sich betrachtet – aufgrund der detaillierten gesetzlichen Regelung in der Tendenz wenig konfliktbehaftet sein dürfte. Konfliktbehaftet kann allenfalls die Ermittlung der Jahres-Nettokaltmiete im Hinblick auf den Vergleich mit der „üblichen“ Miete oder deren u.U. unabhängig hiervon erforderliche Verwendung sein. Gerade Ersteres (d.h. der Vergleich von tatsächlicher und üblicher Miete) dürfe jedoch unter Fremden ohnehin nicht zur Diskussion stehen; zudem ist die zulässige Abweichung mit 20 % vergleichsweise „großzügig“ bemessen. Auch die Ermittlung des Werts des Grund und Bodens als Wertuntergrenze auf der Grundlage von Bodenrichtwerten dürfte sich regelmäßig als wenig konfliktbehaftet erweisen. Das oben dargestellte Erklärungsmodell findet sich im Hinblick auf die Betrachtung der Wertfindung als Interaktion insoweit wieder, als der Steuerpflichtige die Möglichkeit hat, einen niedrigeren gemeinen Wert für das bebaute Grundstück nachzuweisen. Vor diesem Hintergrund kann der vereinfachte Ertragswert als Option im Sinne des Erklärungsmodells, d.h. als zumindest weitgehend objektivierte Wertvorgabe interpretiert werden. Auch was die Ermittlung des niedrigeren gemeinen Werts selbst betrifft, sind Elemente des Erklärungsmodells feststellbar.328 Zunächst ist hier mit dem gemeinen Wert ein gesetzlich vorgegebener Bewertungsmaßstab vorhanden – soweit an einen Kaufpreis angeknüpft werden kann, ist dabei eine konfliktfreie Bewertung bzw. Wertfindung möglich. Indem der Nachweis des niedrigeren Werts auch durch ein „qualifiziertes Gutachten“ geführt werden kann, bedient sich das geltende Recht zudem einer Hinzuziehung Dritter im Sinne des Erklärungsmodells. Die Wertfindung zeichnet sich somit aus interaktionsorientierter Sicht insbesondere durch eine optionale Bewertungsvorgabe mit Widerlegungsmöglichkeit aus, wobei die Konfliktanfälligkeit in der Tendenz eher gering einzustufen ist. Wenngleich auf die Parallele zum Teilwert hinzuweisen ist, erscheint in Abgrenzung hierzu hervorhebungsbedürftig, dass – was das vereinfachte Ertragswertverfahren betrifft – bei der Grundstücksbewertung eine eigenständige Bewertung erfolgt und im Gegensatz zum Teilwert nicht auf einen bereits vorhandenen Wert rekurriert wird.329 Zudem ist die hier – und auch bereits beim Teil328 329
Vgl. zur Ermittlung im Einzelnen unten Abschnitt 3.3.5. Vgl. zum Teilwert aus interaktionsorientierter Sicht oben Abschnitt 3.1.3., zur Verwendung von Optionen Abschnitt 3.1.3.2.
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wert – angetroffene Verwendung der optionalen Bewertungsvorgabe mit Widerlegungsmöglichkeit von der oben analysierten Bewertung nicht notierter Anteile insoweit deutlich abzugrenzen: Anders als im hier betrachteten Kontext wird dort keine Option bemüht, sondern die auf der Grundlage des Erklärungsmodells skizzierte mögliche Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung stellt sich in jenem Wertfindungskontext tendenziell als Konfliktlösung durch objektivierte Vorgaben dar.330 Nachfolgend sind die Bewertungsmaßstäbe und zur Anwendung kommenden Verfahren im Einzelnen zu betrachten. Abweichend von der Gesetzessystematik werden zunächst das vereinfachte Ertragswertverfahren und die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts für das bebaute Grundstück insgesamt analysiert. Auf den als Wertuntergrenze für den Ertragswert heranzuziehenden Wert des unbebauten Grundstücks wird erst in der Folge eingegangen. Dies erscheint nicht zuletzt in Anbetracht des insoweit zu verzeichnenden Austauschs des Bewertungsobjekts gerechtfertigt. 3.3.4. Das vereinfachte Ertragswertverfahren 3.3.4.1. Das Verfahren aus ökonomischer Sicht Zunächst ist nochmals festzuhalten, dass es für die hier in Rede stehende Bewertung bebauter Grundstücke an einem gesetzlich ausdrücklich vorgegebenen Bewertungsmaßstab fehlt: Vielmehr benennt § 146 BewG mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren unmittelbar das anzuwendende Verfahren selbst.331 Wie bereits erwähnt, wurde das ursprünglich angestrebte Ziel eines aus Verkehrswerten abgeleiteten Durchschnittswerts im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens aufgegeben.332 Entsprechend sah § 138 Abs. 3 BewG a.F. für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und für Betriebsgrundstücke aus330 331 332
Vgl. zur Bewertung nicht notierter Anteile aus interaktionsorientierter Sicht oben Abschnitt 3.2.2. Vgl. oben Abschnitt 3.3.3. Grund hierfür war wohl das aus dem zunächst geplanten Sachwertverfahren resultierende und zu hoch empfundene Wertniveau; im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde jedoch auf die gedankliche Anknüpfung dieses Sachwertverfahrens an die üblicherweise nicht beabsichtigte Verwertung des Grundstücks und die daraus resultierende Ungeeignetheit für die Bewertung für steuerliche Zwecke abgestellt. Vgl. Seer, StuW 1997, S. 289. Vgl. hierzu sowie zur Eignung von Verkehrs- oder Ertragswerten für Zwecke der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung auch Jüptner, StuW 2005, S. 127 ff.; zu den „Wertkategorien“ Verkehrs- und Ertragswert auch Kulzer (2000), S. 116 ff.
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drücklich einen vom gemeinen Wert im Sinne von § 9 BewG abweichenden „typisierenden Wert“ (Grundbesitzwert) vor. Darüber hinaus wurde jedoch im Gesetz selbst keine Aussage darüber getroffen, welche Charakteristika der letztlich zu ermittelnde Wert aufweisen soll.333 Nach dem Inkrafttreten des JStG 2007 fehlt es nunmehr sogar gänzlich an derartigen gesetzlichen Anhaltspunkten im Hinblick auf den „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab. Wird jedoch auf die Gesetzesmaterialien abgestellt, so soll(te) mit dem in § 146 BewG enthaltenen vereinfachten Ertragswertverfahren – wie bereits dargelegt – gerade kein typisierter Verkehrswert bzw. gemeiner Wert ermittelt werden. Vielmehr wurde im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens als Bewertungsziel ein Wert adaptiert, der durchschnittlich nur etwa 50 % des Kaufpreises vergleichbarer Grundstücke erreicht.334 Damit wurde letztlich ein „übergeordneter“, auch quantitativ charakterisierter Bewertungsmaßstab festgelegt.335 Insoweit ist allerdings die „Zielgenauigkeit“ der gewählten Verfahrensausgestaltung für sich allein nicht überprüfbar, sondern vielmehr aufgrund des auf einen Durchschnitt abstellenden „Zielwerts“ die Ermittlung mehrerer Ertragswerte und die Kenntnis der entsprechenden tatsächlich gezahlten Kaufpreise erforderlich, wobei neben den Anforderungen an die Vergleichbarkeit der Untersuchungszeitraum oder -zeitpunkt festzulegen ist. Diese Zielsetzung erscheint somit bereits an sich aufgrund ihrer mangelnden Operationalität fragwürdig. Darüber hinaus vermag die seitens des Gesetzgebers gewählte Vorgehensweise nicht zu überzeugen, eine Unterbewertung bzw. Privilegierung bereits in das Bewertungsverfahren selbst zu integrieren. Sie ermangelt nicht nur der Transparenz, sondern bereitet zudem im Hinblick auf die „Adjustierung“ des Ausmaßes der letztlich angestrebten Privilegierung wohl weitaus größere Schwierigkeiten als etwa ein alternativ denkbarer, separat vorzunehmender Bewertungsabschlag. Was nun die konzeptionelle Stimmigkeit im Sinne der Konformität des vereinfachten Ertragswertverfahrens mit dem, den Gesetzesmaterialien zu entnehmenden „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab betrifft,336 so ist daran zu erinnern, dass der Ertragswert zwar von der subjektiven Sichtweise des Bewerters aus333 334 335 336
Vgl. auch Wittmann, BB 1997, S. 549, der in diesem Zusammenhang von einem „pragmatischen Wertenihilismus“ spricht. Vgl. den Zweiten Bericht des Finanzausschusses (7. Auschuss), BT-Drs. 13/5952 v. 11.06.1996, S. 28. Kritisch hierzu aus verfassungsrechtlicher Sicht Seer, StuW 1997, S. 290. Vgl. oben Abschnitt 3.3.2. Vgl. zur konzeptionellen Stimmigkeit oben Abschnitt 2.4.3.2.2.
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geht, aber zumindest gewisse theoretische Anknüpfungspunkte bestehen, über die der Ertragswert im Grundsatz mit einer Kaufpreisermittlung in Verbindung gebracht werden kann. Insoweit sei an dieser Stelle auf die obigen Überlegungen zur Vereinbarkeit von Ertragswertverfahren und gemeinem Wert im Zusammenhang mit der Bewertung nicht notierter Anteile verwiesen.337 Abgesehen von diesen qualitativen Gesichtspunkten erscheint jedoch fragwürdig, ob der quantitativ bestimmte „übergeordnete“ Bewertungsmaßstab tatsächlich erreicht wird. In diesem Zusammenhang ist zwar darauf hinzuweisen, dass der BFH bereits in seinem Vorlagebeschluss vom 22.05.2002 auf eine Kaufpreisuntersuchung der Finanzverwaltung aus dem Jahr 1998 Bezug nimmt,338 die gezeigt habe, dass mit dem Bewertungsverfahren für bebaute Grundstücke gem. § 146 ff. BewG im Durchschnitt die Hälfte des „Verkehrswertniveaus“ (gemeint ist das Kaufpreisniveau) erreicht werde, wobei im Hinblick auf die Einzelwerte aber eine erhebliche Streubreite von teilweise weniger als 20 % bis zu 120 % des Verkehrswerts zu verzeichnen sei. Die detaillierte Vorgehensweise der Finanzverwaltung in der oben erwähnten Kaufpreisuntersuchung ist – soweit ersichtlich – allerdings nicht veröffentlicht.339 Sieht man hiervon ab, so könnte bei oberflächlicher Betrachtung der Schluss gezogen werden, dass der „übergeordnete“ Bewertungsmaßstab – ungeachtet hier nicht zu diskutierender verfassungsrechtlicher Bedenken340 – mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren tatsächlich erreicht wird. Wie bereits erwähnt, ist dabei jedoch zu bedenken, dass dieser Bewertungsmaßstab („durchschnittlich etwa 50 % des Kaufpreises vergleichbarer Grundstücke“) in verschiedener Hinsicht konkretisierungsbedürftig ist. Abhängig von der Definition der Vergleichbarkeit, des angenommenen Betrachtungszeitraums und damit letztlich in Abhängigkeit der einbezogenen Kaufpreise ist mit variierenden Ergebnissen zu rechnen. So kommen HAEGERT/MAITERTH bei Berechnungen anhand von Kaufpreissammlungen der Jahre 1996-1998 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin unter anderem zu dem Ergebnis, dass bei Ein- und Zweifamilienhäusern die Relation zwischen Steuer- und „Verkehrswert“ (zugrunde gelegt wird auch hier jeweils der individuelle tatsächlich erzielte Kaufpreis) durchschnittlich etwas mehr als 69 % und bei Mietwohngrundstücken fast 76 % beträgt (Gesamtmittelwerte
337 338 339 340
Vgl. oben Abschnitt 3.2.4.2. Vgl. BFH, Beschl. v. 22.05.2002, II R 61/99, BStBl. II 2002, S. 598. Vgl. kritisch hierzu Daragan, DB 2006, S. 1751 ff. Vgl. hierzu im Einzelnen BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 235.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 171 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
über den betrachteten Zeitraum).341 Bereits hieran wird deutlich, dass generalisierende Aussagen schwer fallen, vielmehr ist der jeweilige Untersuchungsaufbau von erheblicher Bedeutung. In diesem Zusammenhang ist – hierauf wurde bereits oben im Zusammenhang mit der Bewertung nicht notierter Anteile hingewiesen342 – zu beachten, dass die Schwierigkeiten beim Treffen von Aussagen zur Konformität mit einem „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab in quantitativer Hinsicht keineswegs auf den hier interessierenden Wertfindungskontext „Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke“ beschränkt sind, sondern vielmehr kontextübergreifende Relevanz haben können. Dies betrifft gerade auch die bereits oben aufgeworfene Frage, ob für Zwecke empirischer Untersuchungen die z.T. praktizierte Gleichsetzung des gemeinen Werts bzw. Verkehrswerts mit dem individuellen Kaufpreis sachgerecht ist, und welche Alternativen sich verneinendenfalls anbieten.343 Vor dem Hintergrund der kontextübergreifenden Relevanz sind jedoch weitere Überlegungen hierzu dem vierten Kapitel vorbehalten.344 Von der Frage nach der Konformität mit dem „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab abgesehen handelt es sich – um es vorwegzunehmen – bei dem vereinfachten Ertragswertverfahren lediglich in der Grundkonzeption um ein unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten theoretisch fundiertes Bewertungsverfahren. Was die Verfahrensausgestaltung im Einzelnen betrifft, so ist zwar einmal mehr an die begrenzte Beurteilbarkeit von Modellen zu erinnern.345 Gleichwohl erscheinen einige wesentliche Gesichtspunkte im Hinblick auf die Ermittlung der Zukunftserfolge und des Kapitalisierungszinssatzes hervorhebungsbedürftig, wobei – wie bereits im Zusammenhang mit der Bewertung nicht notierter Anteile346 – die möglichen Wechselwirkungen zwischen der Art und Weise der Bewältigung der Ermittlungs- und Objektivierungsproblematik und der Verfahrenscharakterisierung Beachtung verdienen: Zunächst besteht im Hinblick auf die künftigen Mieterträge, d.h. die Zukunftserfolge – aufgrund ihres „isolierten Anfalls“ kein Zurechnungsprob341
342 343 344 345 346
Vgl. Haegert/Maiterth, StuW 2002, S. 254 und S. 258. Vgl. ferner Bach/Broekelschen/Maiterth, DStR 2006, S. 1963. Vgl. zuletzt auch Broekelschen/Maiterth (2007). Vgl. zu weiteren Untersuchungen auch Daragan, DB 2006, S. 1751 f. Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.1. und Abschnitt 3.2.4.2. Vgl. oben Abschnitt 3.2.4.2. Vgl. unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Vgl. zur Beurteilbarkeit von Modellen oben Abschnitt 2.4.3.2.2. Vgl. in diesem Zusammenhang oben Abschnitt 3.2.4.2.
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lem.347 Existieren langfristige Mietverträge, können diesen die benötigten Größen entnommen werden mit der Folge, dass sowohl die Ermittlungs- als auch die Objektivierungsproblematik in den Hintergrund treten bzw. bewältigt werden, ohne dass insoweit theoretische Bedenken angezeigt sind. Nicht nachvollziehbar ist daher, dass erst seit der Modifikation des vereinfachten Ertragswertverfahrens im Rahmen des JStG 2007 auf die aktuell vereinbarte Miete abzustellen ist, während zuvor auf Vergangenheitsmieten zu rekurrieren war. Mit einem Streben nach Objektivierung und/oder Vereinfachung konnte dieser Verstoß gegen die Zukunftsbezogenheit des Ertragswertverfahrens hier jedenfalls nicht begründet werden. Das strikte Abstellen auf Vergangenheitserträge überrascht(e) umso mehr, als das geltende Recht (genauer: die Finanzverwaltung) etwa im Zusammenhang mit dem Teilwert die Möglichkeit der Ableitung von Zukunftsmieten aus langfristigen Mietverträgen selbst ausdrücklich aufzeigt bzw. akzeptiert.348 Gleichermaßen erstaunt es, dass dieser Aspekt gerade Vertretern des juristischen Schrifttums, die sich dezidiert mit dem Verfahren auseinandergesetzt haben, nicht einmal eine Erwähnung wert war.349 Was den Kapitalisierungszinssatz betrifft, so erscheint der verwendete Vervielfältiger von 12,5 ob seiner Beliebigkeit fragwürdig.350 Ausgangspunkt war hier zunächst eine festverzinsliche Anleihe mit einem Jahreszins von 5 %, die zu einem Vervielfältiger von 20 führt. Hiervon wurden sodann verschiedene „gegriffene“ Abschläge vorgenommen, um den „Besonderheiten“ der Anlage Grundvermögen Rechnung zu tragen.351 Ungeachtet der ei347 348 349 350
351
Im Sinne der in Abschnitt 3.1.5.2. entwickelten Systematik von „Wirtschaftsgütern mit Einzelerträgen“ handelt es sich um „Wirtschaftsgüter ohne Verbunderträge“. Vgl. FinMin NRW, Erl. v. 20.01.1994, S 2171 – 30 – V B 1, DB 1994, S. 555 f. Unerwähnt bleibt dieser Aspekt sowohl bei Seer, StuW 1997, S. 283, als auch bei Jüptner, StuW 2005, S. 126. Dahingehend auch Seer, StuW 1997, S. 290: „Der Gesetzgeber hat sich erkennbar auch nicht vom Maklersachverstand leiten lassen, um so einen durchschnittlichen Vervielfältiger zu ermitteln.“ An gleicher Stelle führt Seer aus: „Spätestens hier wird nun der leitende Gesichtspunkt für den Vervielfältiger zur Gewissheit. Ausgehend von einem bestimmten Steueraufkommen wurde der dazu erforderliche Faktor gesucht, der Immobilieneigentümer möglichst nicht beunruhigen durfte und für den schließlich in aller Eile noch irgendeine Begründung zu finden war.“ Vgl. im Einzelnen den Zweiten Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss), BT-Drucks. 13/5952 v. 05.11.1996, S. 40 f.: 15 % für Verwaltungs- und Instandhaltungsaufwand, 10 % für die begrenzte Nutzungsfähigkeit von Grundvermögen, 10 % zur grundsätzlichen Berücksichtigung von Bewertungsrisiken und 5 % für die Gemeinwohlbindung. Für die wieder hinzugerechneten 2,5 % (bezogen auf den Vervielfältiger von 20 %) findet sich in den Gesetzgebungsmaterialien keine Begründung.
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ner theoretischen Begründung ermangelnden Abschläge ist festzuhalten, dass auch die mit Blick auf die betriebswirtschaftliche Bewertungslehre nahe liegende Vorgehensweise, den Kapitalisierungszinssatz als Zusammensetzung von risikolosem Zinssatz und einem Risikozuschlag zu ermitteln, Ermittlungs- und damit einhergehende Objektivierungsprobleme aufweist. Insoweit kann auf die oben angestellten Überlegungen im Zusammenhang mit der angedachten Nutzbarmachung des (Einzel-)Ertragswertverfahrens für Zwecke der Konkretisierung des Teilwerts verwiesen werden.352 Eine mögliche Alternative könnte zwar in der Übertragung der im Zusammenhang mit dem Pseudo-ex-ante-Ertragswert angestellten Überlegungen auch auf den Kapitalisierungszinssatz gesehen werden.353 Das geltende Recht hat jedoch offensichtlich auch hiervon keinen Gebrauch gemacht, sondern eine Vorgehensweise gewählt, die einerseits aus theoretischer Sicht für sich betrachtet erheblichen Bedenken begegnet, aber das Entstehen möglicher Ermittlungsund Objektivierungsprobleme von vornherein verhindert. Wenngleich insbesondere die vorgenommenen Abschläge zu kritisieren sind, soll damit wohlgemerkt keineswegs die uneingeschränkte Überlegenheit möglicher Alternativen suggeriert werden. Von den vorstehenden Gesichtspunkten abgesehen erscheint es konzeptionell bereits für sich im Rahmen eines Ertragswertverfahrens deplatziert, wenn von dem durch Multiplikation des Mietertrags mit dem Vervielfältiger ermittelten Ertragswert ein Abschlag wegen Alters vorgenommen wird, der sich zudem auf den Gesamtwert und damit auch auf den nicht abnutzbaren Grund und Boden bezieht und im Übrigen insoweit eine doppelte Berücksichtigung beinhaltet, als bereits der Vervielfältiger selbst einen 15 %-Abschlag beinhaltet, der unter anderem Aufwendungen für die Instandhaltung berücksichtigt.354 Ebenso wenig ist im Rahmen eines Ertragswertverfahrens Raum für einen Zuschlag wegen Vorliegens eines Ein- oder Zweifamilienhauses. Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Aspekte ist im Ergebnis SEER zuzustimmen, der das Ertragswertverfahren als „wenig konsequent und durchdacht“ bezeichnet.355 Daran vermag letztlich auch die im Zuge des JStG 2007 aus theo352 353 354 355
Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.1.5.2. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.4.2. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Seer, StuW 1997, S. 290. Seer, StuW 1997, S. 290.
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retischer Sicht begrüßenswerte Modifikation der Ermittlung der Jahresmiete, d.h. die nunmehr erfolgende Berücksichtigung der aktuell vereinbarten Miete nichts zu ändern. Wichtig erscheint zudem die Feststellung, dass die willkürlich anmutende Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes und die weiteren genannten Kritikpunkte keineswegs auf „aus der Not geborene Behelfslösungen“ zurückzuführen sind, mit denen das geltende Recht versuchen würde, eine ertragswertorientierte Bewertung im Rahmen „bewertungsimmanenter“ Grenzen wie etwa der sich stellenden Prognoseproblematik umzusetzen. Vielmehr hätte durchaus auch der Versuch einer konzeptionell überzeugenderen Lösung unternommen werden können, wobei die Konformität mit dem „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab – ungeachtet dessen fragwürdiger Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Vorgaben – durch empirische Untersuchungen von vornherein anzustreben gewesen wäre.356 Von den zu vermerkenden konzeptionellen Schwächen abgesehen ist aber auch festzustellen, dass sich keine Ermittlungsund Objektivierungsprobleme ergeben. Allerdings scheint der Gesetzgeber selbst – trotz des „ausgefeilten“ Vorgehens – seinem eigenen Ertragswertverfahren nicht zu trauen. Wohl aus der Befürchtung heraus, dass der jeweilige Wert zu niedrig ausfallen könnte, ist als Wertuntergrenze der – die vorhandenen Gebäude nicht berücksichtigende – aus Bodenrichtwerten abgeleitete Wert des Grund und Bodens heranzuziehen, der aus systematischen Grundsätzen aber erst weiter unten zu analysieren ist.357 Neben dem hier interessierenden steuerrechtlichen Zusammenhang ist die Bewertung von Immobilien auch im Rahmen einer Vielzahl weiterer Anlässe von Relevanz.358 Es liegt daher nahe, das vereinfachte Ertragswertverfahren – als seitens des geltenden Rechts favorisiertes Verfahren zur steuerlichen Bewertung bebauter Grundstücke – zu anderen national und international praktizierten Immobilienbewertungsverfahren in Bezug zu setzen, um in entsprechender Weise wie oben im Zusammenhang mit der Anteilsbewertung im Hinblick auf den Multiplikatoransatz359 die gesetzgeberische Entscheidung für dieses Verfahren auch aus dieser Perspektive einer Einordnung zuzuführen.
356 357 358 359
Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Überlegungen zur Operationalisierung von Bewertungsmaßstäben in Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Vgl. unten Abschnitt 3.3.6. Vgl. zu den Anlässen etwa Engelbrecht (1998), S. 9 ff. Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.2.
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3.3.4.2. Das vereinfachte Ertragswertverfahren im Lichte alternativer Verfahren 3.3.4.2.1. Verfahren der Immobilienbewertung im Überblick Im Unterschied zu anderen Staaten, in denen das Standard-Setting für Immobilienbewertungsverfahren in erster Linie den Berufsverbänden überlassen ist,360 finden sich in Deutschland gesetzliche Regelungen für die Ermittlung von Grundstückswerten in der sog. Wertermittlungsverordnung (WertV).361 Mit dieser Verordnung hat die Bundesregierung von der in § 199 Abs. 1 BauGB enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht, „Vorschriften über die Anwendung gleicher Grundsätze bei der Ermittlung der Verkehrswerte [Hervorh. des Verf.] und bei der Ableitung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten zu erlassen.“ Nach der in § 194 BauGB enthaltenen Definition handelt es sich bei dem Verkehrswert um den Preis, „der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“ Der Verkehrswert der WertV ist somit – von den grundstücksbezogenen Konkretisierungen einmal abgesehen – nahezu inhaltsgleich mit der in § 9 Abs. 1 und 2 BewG enthaltenen Begriffsfassung des gemeinen Werts. Wenngleich die WertV umfassende Regelungen beinhaltet, sind die dort genannten Verfahren jedoch nicht als abschließend anzusehen.362 Vielmehr können in Fällen, in denen diese nicht anwendbar sind, auch andere geeignete Verfahren entwickelt
360
361
362
Zu nennen sind etwa die britische Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) und das USamerikanische Appraisal Institute. Vgl. Zülch (2002), S. 152; Leopoldsberger/Thomas/ Naubereit, in: Schulte (2005), S. 456. Auf europäischer Ebene existiert mit der TEGoVA („The European Group of Valuers Associations“) ein Dachverband für nationale Immobilienbewertungsorganisationen. Vgl. Meyer (2007), S. 105 ff. Mit der Harmonisierung der Bewertung auf internationaler Ebene ist das International Valuation Standards Committee (IVSC) befasst. Vgl. hierzu z.B. Schulte/Leopoldsberger, in: Drukarczyk/Ernst (2006), S. 435. Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung – WertV) v. 06.12.1988, BGBl. I 1988, S. 2209 ff. Vgl. grundlegend zur WertV Kleiber, in: Kleiber/Simon (2007), S. 601 ff.; zum Anwendungsbereich auch Plein, BB 1999, S. 466; Miehler/Kronthaler, DStZ 1992, S. 743. Weitere Regelungen enthalten die Wertermittlungsrichtlinien 06 (WertR 06), die jedoch nur insoweit verbindlich sind, wie ihre Anwendung in gesonderten Regelungen angeordnet ist. Vgl. hierzu im Einzelnen Kleiber, in: Kleiber/Simon (2007), S. 613 ff. Vgl. Kleiber, in: Kleiber/Simon (2007), S. 608; Zülch (2002), S. 150.
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und angewendet werden.363 Entsprechend kommen neben den Verfahren der WertV auch verschiedene nicht normierte Verfahren zur Anwendung, die z.T. auch lediglich Modifizierungen der in der WertV geregelten Verfahren darstellen.364 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass – ungeachtet vorhandener Unterschiede bei der individuellen Ausgestaltung – auch die international, vor allem im angelsächsischen Raum anzutreffenden Verfahren im Hinblick auf die Grundüberlegungen z.T. weit reichende Übereinstimmungen mit den Verfahren der WertV aufweisen.365 Vor diesem Hintergrund sind nachfolgend die in der WertV normierten Verfahren zur Verkehrswertermittlung und darüber hinaus weitere wichtige, nicht normierte Immobilienbewertungsverfahren zu charakterisieren.366 Das dominierende Verfahren innerhalb der WertV stellt das in §§ 13, 14 geregelte Vergleichswertverfahren dar.367 Die Wertermittlung erfolgt hier über einen Preisvergleich. Den Idealfall stellt dabei der unmittelbare Preisvergleich dar, bei dem der Verkehrswert direkt aus Preisen ermittelt werden kann, die am Stichtag für gleichartige Immobilien entrichtet werden. Nach § 13 Abs. 3 WertV können hierzu bei bebauten Grundstücken – vergleichbar der Vorgehensweise des Multiplikatoransatzes im Rahmen der Unternehmensbewertung368 – auch Vergleichsfaktoren herangezogen werden. Gem. § 12 Abs. 2 WertV kommt als Bezugsgröße insbesondere der nachhaltig erzielbare Ertrag (Ertragsfaktor) in Betracht. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Vergleichswertverfahren dann in ein Ertragswertverfahren übergeht, wenn der Jahresertrag mit einem Barwertfaktor multipliziert wird und dieser Barwertfaktor nicht als auf die Ermittlung eines Vergleichspreises gerichteter Vervielfältiger im Sinne eines bloßen Multiplikators, sondern als Alternativanlage verstanden 363 364 365 366
367 368
Vgl. Kleiber, in: Francke/Rehkugler (2005), S. 184. Vgl. Kleiber, in: Francke/Rehkugler (2005), S. 184. Vgl. Schulte/Leopoldsberger, in: Drukarczyk/Ernst (2006), S. 441; Beck, in: Richter/Timmreck (2004), S. 353. Was die nicht in der WertV normierten Verfahren und deren begriffliche Kennzeichnung im angelsächsischen Raum betrifft, so folgt die Terminologie der von Zülch (2002), S. 148 ff., der sich hierbei wiederum auf die der US-amerikanischen Bewertungspraxis entstammenden Begriffe bezieht. Vgl. zu den international angewandten Verfahren und ihren Anwendungsbereichen aber auch Brinsa (2007), S. 108 ff.; Leopoldsberger/Thomas/Naubereit, in: Schulte (2005), S. 453 ff.; Beck, in: Richter/Timmreck (2004), S. 353 ff.; Meyer (2007), S. 65 ff.; Gondring (2004), S. 949 ff.; z.T. Paul, in: Peemöller (2005), S. 577 ff.; Damodaran (2002), S. 729 ff.; Engelbrecht (1998), S. 221 ff. Vgl. auch Beck, in: Richter/Timmreck (2004), S. 347; Kleiber, in: Kleiber/Simon (2007), S. 1136 ff. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.3.2.
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wird bzw. eine solche tatsächlich repräsentiert.369 Nach § 13 Abs. 3 i.V.m. § 12 WertV ist dies auch durchaus zulässig; in diesem Zusammenhang wird zu Recht auch von einem „vereinfachten Ertragswertverfahren“ gesprochen,370 das jedoch ausdrücklich von dem vereinfachten Ertragswertverfahren gem. § 146 BewG zu unterscheiden ist. Von diesem Übergehen in ein Ertragswertverfahren abgesehen begegnet das Vergleichswertverfahren regelmäßig dem Problem, dass die erforderlichen Preise vergleichbarer Grundstücke im Regelfall nicht verfügbar sind. Nach der WertV ist dann ein mittelbarer Preisvergleich erforderlich. Hierbei sind die bestehenden Unterschiede zu den Vergleichsobjekten, für die Preise verfügbar sind, zu analysieren und durch entsprechende Korrekturen auszugleichen (§ 13 Abs. 3 i.V.m. § 14 WertV), wobei Unterschieden in der baulichen Nutzung durch sog. Umrechnungskoeffizienten (§ 10 WertV) und Änderungen der Wertverhältnisse auf dem Grundstücksmarkt durch sog. Indexreihen (§ 9 WertV) Rechnung zu tragen ist. Eine mögliche Ausprägung des Vergleichswertverfahrens stellt auch die weiter unten noch zu diskutierende Ermittlung von Bodenwerten anhand von Bodenrichtwerten dar.371 Im angelsächsischen Raum existiert mit dem Sales Comparison Approach (auch Value Comparison Approach oder Comparative Method) ein dem deutschen Vergleichswertverfahren weitgehend entsprechendes Verfahren.372 Neben dem Vergleichswertverfahren sehen die §§ 15 bis 20 WertV ein Ertragswertverfahren vor, das auch zur Bewertung bebauter Grundstücke herangezogen werden kann.373 Dabei wird der Jahresreinertrag (Jahresrohertrag abzüglich Bewirtschaftungskosten) des Grundstücks zunächst um den Betrag der Bodenwertverzinsung vermindert. Durch Multiplikation des so ermittelten Ertrags (Reinertrag der baulichen Anlage) mit einem unter Berücksichtigung von Liegenschaftszins und Restnutzungsdauer ermittelten Vervielfältiger ergibt sich dann der Ertragswert der baulichen Anlage; dieser beinhaltet somit den Barwert einer endlichen Rente. Nach Berücksichtigung weiterer wertbeeinflussender Umstände resultiert hieraus der Wert der baulichen Anlage. Separat hiervon be369
370 371 372 373
Vgl. hierzu auch Kleiber, in: Francke/Rehkugler (2005), S. 199 ff.; Paul, in: Peemöller (2005), S. 578. Gebräuchlich ist aber auch der Begriff „Maklermethode“. Vgl. z.B. Gottschalk (2003), S. 473 ff.; Gürsching/Stenger, § 146 BewG, Rn. 45 (2003). Vgl. Kleiber, in: Francke/Rehkugler (2005), S. 199. Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.3.6. Vgl. hierzu ausführlich Brinsa (2007), S. 109 ff.; Leopoldsberger/Thomas/Naubereit, in: Schulte (2005), S. 499 ff.; Zülch (2003), S. 154 ff. Vgl. im Einzelnen Simon/Cors/Halaczinsky/Teß (2003), S. 107 ff.; Kleiber, in: Kleiber/Simon (2007), S. 1370 ff.
178 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
stimmt und anschließend hinzuaddiert wird der Wert des Grund und Bodens, der wiederum unter Anwendung des Vergleichswertverfahrens (§ 13 und § 14 WertV) festzustellen ist.374 Aus diesem Grund ist – dies sei angemerkt – die in der WertV gewählte Bezeichnung Ertragswertverfahren irreführend; zutreffend ist vielmehr der in der Bewertungspraxis für das Verfahren ebenfalls herangezogene Begriff „gesplittetes Verfahren“.375 Der Aufsplittung des Verfahrens liegt letztlich die Überlegung zugrunde, dass der Grund und Boden mangels Abnutzbarkeit länger als das aufstehende Gebäude genutzt werden kann und deshalb einer separaten Bewertung zuzuführen ist. Zu beachten ist dabei, dass die Miete als maßgebliche Ertragsgröße regelmäßig für das bebaute Grundstück insgesamt entrichtet wird. Die Herausrechnung der Bodenwertverzinsung unterstellt somit eine Separierbarkeit der Erträge, die zu bezweifeln ist. Auch kann die Mischung zweier Bewertungsverfahren im Rahmen des gesplitteten Verfahrens nicht überzeugen. Eine in der Praxis anzutreffende Modifikation dieses Verfahrens kommt häufig bei Objekten mit einer wirtschaftlichen Restnutzungsdauer von mehr als 40 Jahren zur Anwendung.376 Hier wird unterstellt, dass bei einer solchermaßen langen Restnutzungsdauer der Bodenwert als vernachlässigbare Größe angesehen werden kann, so dass der vereinfachte Ertragswert durch Multiplikation des Jahresreinertrags (Rohertrag – Bewirtschaftungskosten) mit dem Vervielfältiger berechnet werden kann. Was den internationalen Vergleich betrifft, so kommt dem Ertragswertverfahren im Grundsatz das im angelsächsischen Raum als Income Capitalisation Approach (auch Investment Approach) bezeichnete Verfahren sehr nahe. Wenngleich insoweit Unterschiede im methodischen Vorgehen bestehen können, erfolgt im Gegensatz zur deutschen Vorgehensweise regelmäßig keine getrennte Bewertung von Boden und Gebäude.377 Hiervon abzugrenzen ist jedoch das ebenfalls dem angelsächsischen Raum entstammende und in Deutschland zunehmend an Bedeutung gewinnende Discounted Cash Flow-Verfahren (auch Discounted Cash Flow Analysis),378 das sich insbesondere dadurch auszeichnet, dass von sich im 374 375 376 377
378
Dies übersieht Zülch (2003), S. 149, demzufolge der Ertragswert den Barwert von Grund und Boden einschließt. Vgl. auch detailliert zum Verfahren Plein, BB 1999, S. 466; Beck, in: Richter/Timmreck (2004), S. 350. Vgl. Beck, in: Richter/Timmreck (2004), S. 350. Vgl. zum Income Capitalisation Approach ausführlich Zülch (2003), S. 158 ff.; Leopoldsberger/Thomas/Naubereit, in: Schulte (2005), S. 500 ff.; Schulte/Leopoldsberger, in: Drukarczyk/Ernst (2006), S. 441 ff. Vgl. hierzu Wöhle, in: Francke/Rehkugler (2005), S. 209 ff.; Beck, in: Richter/Timmreck (2004), S. 359 ff.; Zülch (2002), S. 151 f.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 179 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Zeitablauf entsprechend der gegebenen Vertragsgestaltungen ändernden Nutzungsentgelten ausgegangen wird, und das letztlich auch als Sonderform des Income Capitalisation Approach angesehen werden kann. Bei diesem Verfahren, welches auch den Regelfall bei der Folgebewertung von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien (Investment Properties) nach IAS 40 mit dem Fair Value im Sinne eines beizulegenden Zeitwerts darstellt,379 ist zunächst eine Prognose für einen Detailplanungszeitraum aufzustellen und erst der sich hieran anschließende Zeitraum durch den Barwert einer ewigen Rente zu berücksichtigen. Als weiteres Verfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke enthalten §§ 21 bis 25 WertV ein Sachwertverfahren. Im Gegensatz zu den vorstehend erörterten Verfahren zielt das Sachwertverfahren auf die Ermittlung der Kosten ab, die anfallen würden, wenn die in Rede stehende Immobilie im vorhandenen Zustand ersatzweise herzustellen wäre.380 Die Parallele zu der oben bereits im Zusammenhang mit dem Teilwert diskutierten Ermittlung von Wiederbeschaffungskosten liegt nahe.381 Es handelt sich somit um einen substanzorientierten Wert, der im Übrigen nach Ermittlung erst noch auf seine Akzeptanz durch den Markt geprüft werden muss.382 Eine Eignung des Verfahrens für Zwecke der Verkehrswertermittlung erscheint – wenngleich dies der empirischen Überprüfung bedürfte383 – bereits vor dem Hintergrund dieser Substanzorientierung zweifelhaft. Dies gilt in entsprechender Weise für den im angelsächsischen
379
380
381 382 383
Vgl. Beck, KoR 2004, S. 501; Pellens/Fülbier/Gassen (2006), S. 328. Vgl. aber auch die Überlegungen von Kormaier, KoR 2006, S. 378 ff., zum Einsatz des Income Capitalisation Approach. Vgl. hierzu Kleiber, in: Kleiber/Simon (2007), S. 1811 ff.; Schulte/Leopoldsberger, in: Drukarczyk/Ernst (2006), S. 439 f. Ein spezielles Sachwertverfahren für Gebäude stellt das in den WertR 06 enthaltene Verfahren zur Ermittlung der Normalherstellungskosten dar, welches eine auf vom Bundesministerium Verkehr, Bau- und Wohnungswesen herausgegebenen, den Preisstand 2000 widerspiegelnden Tabellenwerken basierende Wertermittlung und deren anschließende Umrechnung auf den Wertermittlungsstichtag unter Bezugnahme auf den Baupreisindex des Statistischen Bundesamtes vorsieht. Vgl. hierzu Petersen (2005), S. 46 ff.; Schulte/Leopoldsberger, in: Drukarczyk/Ernst (2006), S. 440 f. Vgl. hierzu auch oben Abschnitt 3.1.5.1.1. Vgl. Zülch (2003), S. 150. Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Vorschlag von Bach/Broekelschen/Maiterth, DStR 2006, S. 1965, gängige Immobilienbewertungsverfahren auf ihre Eignung für Zwecke der steuerlichen Bewertung zu prüfen.
180 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Raum anzutreffenden, dem Sachwertverfahren vergleichbaren Cost Approach.384 Neben dem bereits erwähnten Discounted Cash Flow-Verfahren ist als weiteres, nicht normiertes Verfahren insbesondere das Residualwertverfahren zu nennen, mit dem allerdings nicht der Verkehrswert, sondern der maximal tragfähige Preis für entwicklungsreifen unbebauten oder bebauten Grund und Boden aus Sicht eines Investors ermittelt werden soll; auch zu diesem Verfahren existiert in der angelsächsischen Bewertungspraxis mit dem Residual Approach ein entsprechendes Verfahren.385 3.3.4.2.2. Verhältnis zum vereinfachten Ertragswertverfahren Das Verhältnis der vorstehend erörterten Verfahren zu dem seitens des Gesetzgebers in § 146 BewG geregelten vereinfachten Ertragswertverfahren ist dahingehend zu kennzeichnen, dass der Gesetzgeber sich, was die Grundkonzeption betrifft, hiermit insbesondere gegen ein ebenfalls denkbares und auch nach der WertV praktiziertes Vergleichswertverfahren im Sinne einer Preisableitung aus beobachtbaren Vergleichspreisen und damit auch gegen eine transaktionsorientierte Bewertung entschieden hat. Im Ergebnis ist damit – anders als etwa bei der Bewertung nicht notierter Anteile386 – eine „Wertbestätigung am Markt“ für die vorrangige Bewertung abgelehnt und mit der auf Ertragsgesichtspunkten fußenden Bewertung zumindest im Grundsatz der aus theoretischer Sicht überlegenen Konzeption der Vorzug gegeben worden. In Anbetracht der letztlich von Vergleichgrundstücken bzw. -preisen losgelösten Ermittlung des Vervielfältigers vermag an dieser Einschätzung auch die oben aufgezeigte „technische“ Parallele zu einem, die Multiplikation von Ertrag und aus Vergleichspreisen abgeleitetem Vervielfältiger vorsehenden Vergleichswertverfahren nichts zu
384 385
386
Vgl. zum Cost Approach Brinsa (2007), S. 126 ff.; Leopoldsberger/Thomas/Naubereit, in: Schulte (2005), S. 518 ff. Vgl. zum Residualwertverfahren bzw. zum Residual Approach Kleiber, in: Kleiber/Simon (2007), S. 1191 ff.; Kleiber, in: Francke/Rehkugler (2005), S. 186 f.; Leopoldsberger/Thomas/ Naubereit, in: Schulte (2005), S. 521; Paul, in: Peemöller (2005), S. 579 f. Darüber hinaus ist noch auf den in der angelsächsischen Bewertungspraxis anzutreffenden Profits Approach hinzuweisen, bei dem der Wert einer Immobilie direkt aus ihrem sich aus der Nutzung ergebenden Gewinn ermittelt wird, und der u.a. zur Bewertung von Hotels und Freizeitimmobilien Verwendung findet. Vgl. hierzu Zülch (2003), S. 153, m.w.N.; Leopoldsberger/Thomas/ Naubereit, in: Schulte (2005), S. 522. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 181 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
ändern:387 Vielmehr steht das vereinfachte Ertragswertverfahren nach § 146 BewG ganz offensichtlich in Einklang mit der auch nach § 13 Abs. 3 i.V.m. § 12 WertV zulässigen Verkehrswertermittlung durch Multiplikation des nachhaltig erzielbaren Ertrags mit einem, eine Alternativanlage repräsentierenden Vervielfältiger, d.h. einem Barwertfaktor. Wie bereits erwähnt, wird in diesem Zusammenhang ebenfalls von einem vereinfachten Ertragswertverfahren (wohlgemerkt im Sinne der WertV) gesprochen. 388 Vernachlässigt man das Sachwertverfahren, was auch in Anbetracht der aufgezeigten Vorbehalte gerechtfertigt erscheint, so ist zu beachten, dass das bzw. ein alternativ denkbares Vergleichswertverfahren im Hinblick auf die Nutzbarmachung für Zwecke der steuerrechtlichen Wertfindung in ähnlicher Weise zu charakterisieren ist wie der Multiplikatoransatz für Zwecke der Anteilsbewertung: In beiden Fällen bedürfte es in letzter Konsequenz einer auf einer entsprechenden Kaufpreissammlung basierenden „Standardisierung“,389 um die auftretenden Ermittlungsprobleme zu bewältigen und die Objektivierung zu gewährleisten,390 wobei aber die aus theoretischer Sicht angezeigten vielfältigen Bedenken hingenommen werden müssten. Demgegenüber weist das (vereinfachte) Ertragswertverfahren den Vorteil auf, dass grundsätzlich auf tatsächliche, auch für die Zukunft vereinbarte Mieten zurückgegriffen werden kann, so dass insoweit die Ermittlungs- und Objektivierungsproblematik abgemildert ist, ohne dass dies zu Lasten der theoretischen Fundierung geht. Der Gesetzgeber hat sich seinerzeit von dieser Überlegung aber wohl nicht leiten lassen, was in der bis zum Inkrafttreten des JStG 2007 geregelten Zugrundelegung von Vergangenheitsmieten zum Ausdruck kommt. Im Unterschied zu den in der Immobilienpraxis gebräuchlichen Ausprägungen des Ertragswertverfahrens hat der Gesetzgeber darüber hinaus eine Standardisierung des Kapitalisierungszinssatzes vorgenommen, die wohl der Objektivierung geschuldet ist.
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Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Hinweis von Seer, StuW 1997, S. 290, dass sich der Finanzausschuss erkennbar auch nicht vom Maklersachverstand habe leiten lassen, um so einen durchschnittlichen Vervielfältiger zu ermitteln, sondern vielmehr von einem Kapitalanleger ausgegangen sei, der ein mit 5 % verzinsliches Wertpapier erwirbt. Vgl. hierzu die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem Vergleichswertverfahren in Abschnitt 3.3.4.2.1. Vgl. auch die Überlegungen von Petersen (2005), S. 64 ff., zur Erweiterung des Anwendungsbereichs des Vergleichswertverfahrens und seiner Verfeinerung. Vgl. hierzu im Einzelnen oben Abschnitt 3.2.3.2.
182 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Im Übrigen darf aber letztlich nicht verkannt werden, dass der Gesetzgeber von vornherein gerade nicht das Ziel der Ermittlung des gemeinen Werts bzw. Verkehrswerts, sondern eines niedrigeren, wenn auch ebenfalls nicht operational definierten Werts verfolgt hat. Hierin dürfte auch der Grund dafür zu sehen sein, dass er in letzter Konsequenz gerade kein gebräuchliches Immobilienbewertungsverfahren adaptiert, sondern sich vielmehr für eine eigenständige Verfahrensausgestaltung entschieden hat. Vor diesem Hintergrund erübrigen sich an dieser Stelle weitere Überlegungen im Hinblick auf einen Vergleich von vereinfachtem Ertragswertverfahren gem. § 146 BewG mit den vorstehend diskutierten Immobilienbewertungsverfahren. 3.3.5. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts 3.3.5.1. Vergangenheitsorientierung und flexible Planung Wie bereits ausgeführt, hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert für das gesamte Grundstück als den mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelten Wert nachzuweisen.391 Der Begriff des gemeinen Werts und die mit diesem „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab im Zusammenhang stehenden Probleme wurden bereits an anderer Stelle eingehend erörtert,392 so dass hierauf nicht erneut einzugehen ist. Hervorhebungsbedürftig erscheint hier allerdings, dass das im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens adaptierte Ziel der Ermittlung eines durchschnittlich die Hälfte des Kaufpreises vergleichbarer Grundstücke ausmachenden Werts mit dem Ansatz des gemeinen Werts selbst gleichsam über den „Umweg“ der Möglichkeit des Gegenbeweises letztlich wieder aufgegeben wurde. Hierin kommt auch zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber wohl selbst die Befürchtung gehegt hat, dass der mit dem Ertragswertverfahren verfolgte „übergeordnete“ Bewertungsmaßstab in erheblichem Ausmaß verfehlt werden kann und sich durchaus sogar den gemeinen Wert übersteigende Werte einstellen können.393
391 392 393
Vgl. grundlegend zum Verkehrswertnachweis Münchehofe/Springer, DStZ 2006, S. 725 ff. Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.1. Ähnlich Jüptner, StuW 2005, S. 146: „Ein Verfahren, das auf ca. 50 % des Verkehrswertes zielt, zeigt eine konzeptionelle Schwäche, wenn es Werte über diesem Verkehrswert ermöglicht.“ Dahingehend auch Halaczinsky, in: Rössler/Troll, § 146 BewG, Rn. 15 (2007): „Die Öffnungsklausel ist letztlich das Eingeständnis der Unplausibilität des Ertragswertverfahrens durch den Gesetzgeber.“
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 183 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Im Hinblick auf die Konkretisierung des Bewertungsmaßstabs „gemeiner Wert“ hat der Gesetzgeber seinerseits – anders als bei der Anteilsbewertung – auf Hinweise zur Ermittlung verzichtet. Abhilfe wurde jedoch zwischenzeitlich durch die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung geschaffen. Neben dem weiter unten zu erörternden Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts durch Vorlage eines, bestimmte Anforderungen erfüllenden Gutachtens394 kann ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück selbst als Nachweis dienen. Dabei bestehen nach dem geltenden Recht keine Bedenken, diesen Wert regelmäßig ohne aus der Abweichung zum Stichtag resultierende Wertkorrekturen als Grundstückswert festzustellen.395 Was die Ermittlung des gemeinen Werts durch nur einen Verkauf, die Frage, was unter einem „gewöhnlichen Geschäftsverkehr“ zu verstehen ist, und die ggf. erforderliche Durchführung von Anpassungsrechnungen betrifft, so kann an dieser Stelle – auch aus Gründen der Wiederholungsvermeidung – auf die Ausführungen zur Wertableitung aus Verkäufen im Zusammenhang mit der Bewertung nicht notierter Anteile verwiesen werden.396 In Abgrenzung hierzu erscheinen aber zwei Aspekte hervorhebungsbedürftig: Berücksichtigung von Verkäufen nach dem Stichtag: Verfolgt der Gesetzgeber im Rahmen der Bewertung nicht notierter Anteile bei der Wertableitung aus Verkäufen eine rein vergangenheitsorientierte Vorgehensweise,397 so wird bei der Grundstücksbewertung ersichtlich ein anderer Weg beschritten. Hier können nicht nur Verkäufe vor dem Stichtag für die Bewertung herangezogen werden. Vielmehr werden neben der Vergangenheit entstammenden Kaufpreisen ausdrücklich auch Verkäufe bzw. Kaufpreise berücksichtigt, die erst nach dem Stichtag zustande gekommen sind.398 Gedanklich entspricht dies der in der Betriebswirtschaftslehre bekannten und bereits mehrfach erwähnten flexiblen Planung,399 wenngleich zu bemerken ist, dass dieses verfahrensrechtlich nur halbherzig umgesetzt wurde: Die Fi394 395 396 397 398 399
Vgl. unten Abschnitt 3.3.5.2. Vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314, Tz. 2 Abs. 5 Satz 1. Vgl. zuvor auch R 177 Abs. 2 ErbStR 2003. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.1. Dies mit Verweis auf das Stichtagsprinzip ablehnend Eisele, DStR 2001, S. 698. Vgl. oben Abschnitt 2.3.4.2.
184 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
nanzverwaltung erachtet bei bereits bestandskräftigen Feststellungen den Anwendungsbereich der Vorschriften der AO (§§ 173, 175 AO) nicht für eröffnet,400 so dass es dem Steuerpflichtigen überlassen bleibt, den Feststellungsbescheid etwa durch Einlegung eines Rechtsbehelfs offen zu halten, um die Berücksichtigung eines späteren Verkaufs zu ermöglichen. War oben im Zusammenhang mit der Wertableitung aus Verkäufen im Rahmen der Anteilsbewertung bereits die gesetzliche Festlegung der Grenze hinsichtlich der einzubeziehenden Verkäufe auf ein Jahr problematisiert worden,401 so haben die Ausführungen in entsprechender Weise Gültigkeit für die seitens des geltenden Rechts für die im Rahmen der Grundstücksbewertung herangezogene, in die Vergangenheit und in die Zukunft gerichtete Jahresfrist. Ohne über die Bedenken bei der Wertableitung hinweggehen zu wollen, ist zu konstatieren, dass nicht einsichtig ist, warum bei der Anteilsbewertung nicht auf Preise nach dem Stichtag zurückgegriffen werden kann, während dies bei der Grundstücksbewertung sehr wohl zulässig ist. Unter Konsistenzerwägungen vermag diese Differenzierung zwischen den beiden Bewertungskontexten jedenfalls nicht zu überzeugen. Unmittelbare Übernahme der Verkaufspreise: Damit einhergehend fällt auf, dass das geltende Recht in beide Richtungen der Zeitschiene (Jahresfrist vor und nach dem Stichtag), in die ein Rückgriff auf Nicht-Stichtags-Werte zulässig ist, wohl grundsätzlich keinen aus der Divergenz zum Stichtag resultierenden „Anpassungsbedarf“ sieht; hierauf lässt jedenfalls schließen, dass es ausreichen soll, wenn der Kaufpreis im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen ist.402 Mit dem Stichtagsprinzip ist diese Vorgehensweise wohl allenfalls vereinbar, wenn unterstellt wird, dass sich zwischenzeitlich weder das Bewertungsobjekt noch die maßgebliche Marktlage im Sinne der „Gedankenwelt“ des gemeinen Werts verändert hat; gerade Letzteres erscheint jedoch höchst fragwürdig. Von den vor diesem Hintergrund angezeigten Bedenken abgesehen werden durch das unmittelbare Abstellen auf den Kaufpreis selbst allerdings mögliche Ermittlungs- und Objektivierungsprobleme von vornherein vermieden. Wurde oben bereits im Zusammenhang mit der Wertableitung aus Verkäufen für Zwecke der Bewer400 401 402
Vgl. FinMin Bayern, Erl. v. 20.11.2000, 34 – S 3014 – 33 – 4 – 37 750, DStR 2001, S. 297. Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314, Tz. 2 Abs. 5 Satz 1. Vgl. zuvor R 177 Abs. 2 ErbStR 2003.
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tung von Anteilen an Kapitalgesellschaften die Frage aufgeworfen, ob im Hinblick auf die auftretenden Schwierigkeiten nicht von vornherein auf Anpassungsrechnungen verzichtet werden sollte,403 so wird dies im hier betrachteten Kontext der Grundstücksbewertung – im Gegensatz zur Wertableitung aus Verkäufen bei der Anteilsbewertung – im Hinblick auf eine gegenüber dem Stichtag möglicherweise veränderte Marktlage ausdrücklich zugelassen. Wenngleich das Für und Wider einer solchen Handhabung erst im vierten Kapitel zu diskutieren ist, ist bereits an dieser Stelle auf die unter Konsistenzgesichtspunkten fragwürdige Differenzierung hinzuweisen.404 Eine mögliche Begründung hierfür könnte allenfalls darin gesehen werden, dass sich Grundstückspreise nicht so schnell verändern wie Anteilspreise – dieses Argument vermag allerdings in solchermaßen pauschaler Form nicht zu überzeugen. Mit Urteil vom 02.07.2004 hat der BFH den zeitlichen Rahmen für bebaute Grundstücke sogar noch weiter ausgedehnt.405 Hiernach ist der Nachweis des niedrigeren Werts eines bebauten Grundstücks durch einen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielten Kaufpreis auch dann möglich, wenn der Kauf nicht innerhalb eines Jahres vor oder nach dem maßgeblichen Besteuerungszeitpunkt, sondern noch außerhalb dieses Zeitraums (im Urteilsfall: fast drei Jahre nach dem Besteuerungszeitpunkt) stattgefunden hat. Allerdings muss „die durch den zeitlichen Abstand nachlassende Indizwirkung“ des Kaufpreises für den gemeinen Wert durch eine gutachterliche Äußerung des Gutachterausschusses ausgeglichen werden, wonach (1) der Bodenwert sich nicht geändert hat und (2) die maßgebliche Miete gleich geblieben ist.406 Abgesehen von der nachfolgend noch gesondert zu erörternden Einbeziehung des Gutachterausschusses in die Wertfindung fällt auf, dass bei Überschreiten der Jahresfrist sehr wohl zwischenzeitliche Veränderungen wieder in Betracht zu ziehen und daher tendenziell auszuschließen 403 404
405 406
Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. zur Notwendigkeit der Berücksichtigung einer veränderten Marktlage bei der Wertableitung aus Verkäufen oben Abschnitt 3.2.2. Eine andere, hier jedoch nicht zu diskutierende Frage ist, ob in der praktischen Handhabung möglicherweise doch keine Differenzierung erfolgt. Vgl. BFH, Urt. v. 02.07.2004, II R 55/01, BStBl. II 2004, S. 703. Vgl. BFH, Urt. v. 02.07.2004, II R 55/01, BStBl. II 2004, S. 704. Evtl. weiter gehend nunmehr Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314, Tz. 2, Abs. 5 Sätze 2 und 3: „Ist ein Kaufpreis außerhalb dieses Zeitraums im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen und sind die maßgeblichen Verhältnisse hierfür gegenüber den Verhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt unverändert geblieben, so kann auch dieser als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts dienen. Es bestehen keine Bedenken, diesen Wert regelmäßig ohne Wertkorrekturen als Grundstückswert festzustellen.“
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sind, wobei die Rechtsprechung als maßgebliche Preisbildungsfaktoren Bodenwert und Miethöhe anführt. Von der Verschärfung der verfahrensrechtlichen Problematik im Hinblick auf Verkäufe nach dem Stichtag abgesehen stellt sich einmal mehr die Frage, ob auch in Anbetracht eines solchermaßen langen Zeitkorridors noch eine Vereinbarkeit mit dem Stichtagsprinzip gegeben ist;407 dieser Aspekt betrifft aber letztlich wiederum die einer wissenschaftlichen Begründung ohnehin nicht zugängliche Festlegung der maßgeblichen Frist an sich.408 Im Übrigen ist bemerkenswert, dass gerade bei der Grundstücksbewertung eine ausdrückliche Anknüpfung an einzelne Preisbildungsfaktoren erfolgt, während sich das geltende Recht etwa bei der Anteilsbewertung, bei der eine ähnliche Vorgehensweise gerade vor dem Hintergrund des Multiplikatoransatzes nahe liegend erscheinen würde,409 in Zurückhaltung übt. Die weitere Auseinandersetzung mit diesem Vorgehen muss jedoch in Anbetracht der kontextübergreifenden Relevanz dem vierten Kapitel vorbehalten bleiben.410 3.3.5.2. Konfliktbewältigung durch Hinzuziehung Dritter: Qualifiziertes Gutachten Wie bereits im Zusammenhang mit der Anteilsbewertung festgestellt, ist regelmäßig nicht absehbar, ob überhaupt mit „zeitnahen“ Verkäufen vor oder nach dem Stichtag zu rechnen ist.411 Dem trägt das geltende Recht nicht zuletzt dadurch Rechnung, dass es noch eine weitere Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts benennt. So kann dieser Nachweis auch durch ein Gutachten des örtlich zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken („qualifiziertes Gutachten“) geführt werden.412 Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH kann die WertV auch der Verkehrswertermittlung im Besteuerungsverfahren zugrunde gelegt werden.413 Der 407 408 409 410 411 412 413
Vgl. auch Eisele, SteuerStud 2005, S. 206. Vgl. hierzu bereits oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.2. Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Vgl. hierzu bereits oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. BFH, Urt. v. 10.11.2004, II R 69/01, BStBl. II 2005. S. 259. Vgl. BFH, Beschl. v. 17.08.1999, IV B 116/98, BFH/NV 2000, S. 184; Urt. v. 15.02.2001, III R 20/99, BStBl. II 2003, S. 635. Vgl. auch BFH, Urt. v. 15.01.1985, IX R 81/83, BStBl. II 1985,
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BFH hat bislang jedoch noch nicht zu der Frage Stellung genommen, ob ein Gutachten nur dann anzuerkennen ist, wenn es inhaltlich der WertV entspricht.414 Letzteres dürfte zwar regelmäßig ohnehin der Fall sein. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die WertV ausdrücklich keine abschließende Verfahrensaufzählung beinhaltet, so dass auch dort nicht genannte Verfahren zulässig sein sollten.415 Wie bereits erwähnt, kann der Ansatz des gemeinen Werts nur auf ein Gutachten gestützt werden kann, das der örtlich zuständige Gutachterausschuss oder ein Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken erstellt hat.416 Begründet wird dies damit, dass es aufgrund der Nachweislast gem. § 146 Abs. 7 BewG (a.F.)417 dem Steuerpflichtigen obliege, den Nachweis so durch ein Sachverständigengutachten zu führen, dass ihm das FG regelmäßig ohne Bestellung weiterer Sachverständiger folgen kann.418 Dieses Ziel würde nach Auffassung des BFH verfehlt, wenn Gutachten anderer als der genannten Personen für den Nachweis durch den Steuerpflichtigen zugelassen würden, weil das FG sich zu deren Überprüfung dann selbst eines Sachverständigen bedienen müsste.419 Im Ergebnis träfe den Steuerpflichtigen entgegen der gesetzlichen Wertung nicht mehr die Nachweislast, sondern allenfalls noch eine Darlegungs- und Feststellungslast. Die Finanzverwaltung weist zwar darauf hin, dass auch derartige qualifizierte Gutachten nicht bindend seien, sondern der Beweiswürdigung durch das Finanzamt unterlägen, welches das Gutachten auf seine inhaltliche Richtigkeit und Schlüssigkeit zu prüfen habe.420 Die Möglichkeit zur Abweichung von
414 415 416
417 418 419 420
S. 252, m.w.N. Vgl. zum Sonderproblem des gutachterlichen Nachweises nach Bestandskraft OFD München, Erl. v. 24.01.2000, S 0351 – 27 St 538, DStR 2000, S. 524. Dahingehend aber nun wohl Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314, Tz. 2 Abs. 4 Satz 3. Ablehnend aber Jüptner, StuW 2005, S. 142, demzufolge ein Gutachten, das nicht der WertV entspricht, „im Regelfall“ nicht anzuerkennen sein soll. Vgl. BFH, Urt. v. 10.11.2004, II R 69/01, BStBl. II 2005. S. 259. So bereits R 177 Abs. 1 ErbStR 2003 und nunmehr auch Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314, Tz. 2 Abs. 4 Satz 1. Vgl. zu dem Urt. v. 10.11.2004 Eisele, DStZ 2005, S. 338 ff. Vgl. zu den Anforderungen an den Gutachter auch Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 524 (2007); Moench, in: Moench/Kien-Hümbert/Weinmann, § 12 ErbStG, Rn. 32 (2006). Vgl. zum Sachverständigenwesen in Deutschland Meyer (2007), S. 29 ff. Vgl. zur technischen Umsetzung der Gegenbeweismöglichkeit nach dem JStG 2007 oben Abschnitt 3.3.2. Vgl. BFH, Urt. v. 10.11.2004, II R 69/01, BStBl. II 2005. S. 259. Vgl. BFH, Urt. v. 10.11.2004, II R 69/01, BStBl. II 2005. S. 259. Vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314, Tz. 2 Abs. 4 Satz 3.
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dem durch ein qualifiziertes Gutachten nachgewiesenen Wert dürfte sich allerdings auf Fälle offensichtlicher Fehlbeurteilungen reduzieren.421 Andernfalls wäre nicht einsichtig, warum gerade ein „Expertengutachten“ eingeholt werden soll, dem dann aber letztlich doch nicht zu folgen ist. Das geltende Recht sieht mit der angesprochenen Alternative keine Konfliktbewältigung über die Vorgabe eines Bewertungsmaßstabs bzw. -verfahrens vor, sondern strebt eine Konfliktlösung im Wege der Hinzuziehung eines unabhängigen Dritten an, während das zu wählende Verfahren in den Hintergrund tritt bzw. dem Gutachter selbst – wohl auf dessen Sachkenntnis vertrauend – überlassen wird. Die Parallele zu der aus der Unternehmensbewertung bekannten Ermittlung des objektivierten Unternehmenswerts liegt nahe,422 wobei sich das geltende Recht hier die Tatsache zunutze macht, dass für die Ermittlung von Grundstückswerten mit dem Gutachterausschuss und speziell ausgebildeten Grundstückssachverständigen mit der hinreichenden Expertise ausgestattete Instanzen zur Vornahme von Grundstücksbewertungen existieren. Hinter der Beschränkung auf „qualifizierte“ Sachverständige steht wohl die Intention, Manipulationen des Steuerpflichtigen durch die Vorlage von „Gefälligkeitsgutachten“ zu vermeiden. 423 Zwar ist zu konzedieren, dass auch „qualifizierte Gutachten“ bzw. die mit ihnen zu ermittelnden Werte notgedrungen gewisse Bewertungsspielräume aufweisen.424 Deren Ausnutzung zugunsten des Steuerpflichtigen dürfte sich jedoch bei den zugelassenen Sachverständigen und erst Recht bei den Gutachterausschüssen in Grenzen halten, was auch der Grund der Beschränkung dieser Form der Bewältigung des Wertfindungsproblems auf die Grundstücksbewertung sein dürfte. Aus Sicht des Steuerpflichtigen ist zu beachten, dass die Gutachtenkosten nicht, insbesondere nicht als Nachlassverbindlichkeiten in Form von Nachlassregelungskosten im Sinne von § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzugsfähig sind.425 Ein „qualifiziertes Gutachten“ wird der Steuerpflichtige daher rationalerweise nur
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424
Vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314, Tz. 2 Abs. 4 Satz 3 und Satz 4. Vgl. zum objektivierten Wert oben Abschnitt 2.3.3.2.2. Vgl. auch Wolf, DStR 1997, S. 354. Vgl. auch schon im Zusammenhang mit der Unternehmensbewertung Moxter (1983), S. 34, der die Problematik weniger gravierend einschätzt, wenn ein „redlicher, sachverständiger Bewerter“ verfügbar ist. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 537.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 189 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
dann vorlegen, wenn er davon ausgehen kann, dass der gemeine Wert den zunächst angesetzten vereinfachten Ertragswert in einem solchen Maße unterschreitet, dass mit dem hieraus resultierenden Weniger an Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer mindestens die Gutachtenkosten gedeckt werden können. Der Zugang zu dem Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts wird hierdurch begrenzt. Vor diesem Hintergrund erscheint die – in Reflexion des Erfordernisses eines qualifizierten Gutachtens – von VISKORF getätigte Aussage „Rechthaberei kann teuer werden“426 verfehlt. Bei dem Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts handelt es sich vielmehr um ein berechtigtes, insbesondere gesetzlich vorgesehenes Anliegen des Steuerpflichtigen, keinesfalls aber um Rechthaberei. 3.3.6. Zur Bestimmung der Wertuntergrenze für den Ertragswert Abschließend ist auf den als Wertuntergrenze für den unter Verwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens zu ermittelnden Wert des bebauten Grundstücks einzugehen. Der Gesetzgeber rekurriert hier als Bewertungsmaßstab auf den Wert des Grund und Bodens alleine (§ 146 Abs. 6 BewG i.V.m. § 145 Abs. 3 BewG). Zur Begründung kann zwar – „mit einigem Wohlwollen“ – die ökonomische Überlegung angeführt werden, dass der Veräußerungspreis eines bebauten Grundstücks regelmäßig nicht unter dem Wert des Grund und Bodens liegen dürfte. Gleichwohl kann der vorgenommene „Austausch des Bewertungsobjekts“ nicht überzeugen.427 Damit einhergehend ist nicht einsichtig, dass der Gesetzgeber zunächst einen Wert anstrebt, der erklärtermaßen durchschnittlich nur 50 % des tatsächlichen Kaufpreises betragen, dann aber doch nicht niedriger sein soll als der typisierte Verkehrswert des Grund und Bodens.428 In dieser fragwürdigen Vermengung zweier beziehungslos zueinander stehender Bewertungsmaßstäbe ist letztlich wohl – einmal mehr – das Eingeständnis des Gesetzgebers zu sehen, dass er sich selbst nicht darüber im Klaren ist, wohin die
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Vgl. FG Nürnberg, Urt. v. 21.11.2002, IV 350/2001 – rkr., DStRE 2003, S. 677; Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 10 ErbStG, Rn. 220 (2005); Moench, in: Moench/Kien-Hümbert/ Weinmann, § 12 ErbStG, Rn. 32 (2006); kritisch Kapp/Ebeling, § 12 ErbStG, Rn. 275.7 (2007). Viskorf, INF 2005, S. 122. Vgl. auch Wittmann, BB 1997, S. 551, der insoweit einen „Vergleich von Äpfel mit Birnen“ in Betracht zieht. Kritisch aus konzeptioneller Sicht auch Jüptner, StuW 2005, S. 131: „Unversehens landet so der Bedarfswert, der abweichend vom gemeinen Wert nach § 9 BewG, dem Verkehrswert, zu bestimmen ist, doch wieder, wenn auch typisierend, beim Verkehrswert (§ 194 BauGB)“.
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vereinfachte Ertragswertermittlung eigentlich führen soll,429 so dass sich Überlegungen zur konzeptionellen Stimmigkeit vor diesem Hintergrund erübrigen.430 Mit dem sich an den Bodenrichtwerten orientierenden Vergleichswertverfahren basiert die Bewertung unbebauter Grundstücke im Grundsatz auf einem in der Bewertungspraxis anerkannten Grundstücksbewertungsverfahren.431 Wenngleich weder mit einer stichtagsbezogenen Bewertung noch mit dem Grundgedanken einer Bedarfsbewertung vereinbar, wurden dabei bislang allerdings die auf den 01.01.1996 ermittelten Bodenrichtwerte herangezogen.432 Erst seit dem Inkrafttreten des JStG 2007 sind – wie oben ausgeführt – die zuletzt ermittelten Werte maßgeblich. Im Hinblick auf die konkrete Bewertung sei zunächst daran erinnert, dass es sich bei den Bodenrichtwerten um die durchschnittlichen Lagewerte des Grund und Bodens pro Quadratmeter in einem Gebiet mit im Wesentlichen gleichen Lage- und Nutzungsverhältnissen handelt, die von den Gutachterausschüssen (§ 192 BauGB) anhand der von ihnen zu führenden Kaufpreissammlungen ermittelt werden (§ 196 Abs. 1 BauGB).433 Im Zuge der Bewertung des jeweils in Rede stehenden Grundstücks ist der vom Gutachterausschuss mitgeteilte Bodenrichtwert zu übernehmen, wenn das Grundstück die lagetypischen Merkmale aufweist.434 Bei Abweichungen vom Richtwertgrundstück im Hinblick auf einzelne lagetypische Merkmale (in der Geschossflächenzahl und in der Anzahl der möglichen Geschosse zum Ausdruck kommendes Maß der zulässigen baulichen Nutzung, Grundstückstiefe und Grundstücksgröße, Vorliegen von Frei- und Verkehrsflächen sowie Erschließungszustand) ist der Bodenrichtwert entsprechend anzupassen, wobei hinsichtlich der jeweiligen Berechnungsparameter die Vorgaben des Gutachterausschusses zu beachten sind;435 Werterhöhungen seitens der Finanzverwaltung 429 430 431 432 433 434 435
Vgl. auch Wolf, DStR 1997, S. 354. Kritisch zu dem gesetzlich angeordneten Wertedualismus auch Wittmann, BB 1997, S. 551. Vgl. zur konzeptionellen Stimmigkeit oben Abschnitt 2.4.3.2.2. Vgl. zur Ermittlung der Bodenrichtwerte auch Küting/Trappmann/Keßler, DB 2006, S. 1855 ff. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Jüptner, StuW 2005, S. 132, mit Verweis auf Drosdzol, DStZ 2003, S. 834. Vgl. zur Bodenrichtwertbestimmung durch die Gutachterausschüsse im Einzelnen Knobel, in: Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck (2004), § 145 BewG, Rn. 20 ff. Vgl. hierzu auch Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 612 (2007). Vgl. zur Anpassung des Bodenrichtwerts im Einzelnen Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erl. v. 02.04.2007, BStBl. I 2007, S. 314, Tz. 40 ff., mit Verweis auf die zum Teil weiter anzuwendenden Regelungen in R 161 ErbStR 2003. Vgl. mit entsprechenden Nachweisen aus der Rechtsprechung auch Gebel, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 612 f. (2007).
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selbst aufgrund von Abweichungen bei den lagetypischen Merkmalen kommen demnach wohl nicht in Betracht.436 Explizit von der individuellen Berücksichtigung ausgenommen sind weitere wertbeeinflussende Merkmale wie z.B. eine Ecklage oder der Zuschnitt des Grundstücks.437 Vielmehr erfolgt lediglich ein 20 %-iger pauschaler Abschlag, der Bewertungsunsicherheiten und anderen wertmindernden Umständen wie Lärm, Staub, Geruchsbelästigungen und Altlasten Rechnung tragen soll.438 Eine eigenständige Ermittlung des Bodenrichtwerts durch die Finanzbehörde ist ausnahmsweise dann vorzunehmen, wenn der Gutachterausschuss nicht zur Ermittlung eines Bodenrichtwerts verpflichtet ist: In diesem Fall ist der Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Flächen abzuleiten und um 20% zu ermäßigen (§ 145 Abs. 3 Satz 4 BewG). Letztlich wird bei der Bodenrichtwertermittlung der Versuch unternommen, einen durchschnittlichen Bodenpreis – wohlgemerkt unter Vernachlässigung des Stichtagsprinzips – zu ermitteln, wobei es auch den Gutachterausschüssen überlassen bleibt, ggf. vorhandenen sachlichen Divergenzen und ihren Preiswirkungen gerecht zu werden.439 Bedenken bestehen dabei insbesondere vor dem Hintergrund, dass die in ein Bodenrichtwertgebiet einzuordnenden Grundstücke regelmäßig ein hohes Maß an Individualität aufweisen.440 Auf die im Folgenden zu vernachlässigenden Probleme, die bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte selbst auftreten, wenn in einem Gebiet nur noch bebaute Grundstücke vorhanden sind oder in einer Bodenrichtwertzone nur wenige, im Extremfall gar keine Transaktionen stattgefunden haben,441 sei hier nur hingewiesen. Bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass bei der bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung vergleichbare Überlegungen zum Tragen kommen wie im Rahmen des im Zusammenhang mit der Anteilsbewertung diskutierten standardisierten Multiplikatoransatzes.442 Ohne die Bedenken übergehen zu wollen, die – in entsprechender Weise wie im Zusammenhang mit dem Multiplikatoransatz aufgezeigt – aus der zweifelhaften Vergleichbarkeit und den aus theoreti436 437 438 439 440 441 442
Die Zulässigkeit solcher Werterhöhungen ebenfalls bezweifelnd Gebel, in: Troll/Gebel/ Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 613 (2007). Vgl. R 161 Abs. 8 ErbStR 2003. Vgl. hierzu auch Seer, StuW 1997, S. 288. Vgl. kritisch zu den hierbei bestehenden Ermessenspielräumen Küting/Trappmann/Keßler, DB 2006, S. 1856. Vgl. auch Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 539. Vgl. Küting/Trappmann/Keßler, DB 2006, S. 1856. Vgl. zum Multiplikatoransatz oben Abschnitt 3.2.3.2.
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scher Sicht begrenzten Möglichkeiten des Umgangs mit dieser resultieren, ist die für steuerliche Zwecke Anwendung findende bodenrichtwertbasierte Grundstücksbewertung als standardisierte Preisableitung zu charakterisieren. Diese zielt zunächst auf die Bestimmung eines durchschnittlichen Bodenpreises ab und berücksichtigt individuelle Eigenschaften des jeweiligen Grundstücks auch in der Folge nur begrenzt. Was das Vorgehen bei der Berücksichtigung grundstücksindividueller, lagetypischer Merkmale betrifft, kann hierin eine Preisableitung anhand konkreter, festgelegter Preisbildungsfaktoren gesehen werden. Wenngleich somit auch die bodenrichtwertbasierte Bewertung – von dem pauschalen 20 %-igen Abschlag abgesehen – letztlich aus theoretischer Sicht erheblichen Bedenken begegnet,443 muss diese doch vor dem Hintergrund gesehen werden, die letztlich angestrebte transaktionsorientierte Bewertung überhaupt einer Umsetzung zuzuführen, was hier hinsichtlich der Wertermittlung durch den Gutachterausschusses derart geschieht, dass die sich stellenden Ermittlungs- und Objektivierungsprobleme in Bezug auf das Verhältnis Steuerpflichtiger-Finanzverwaltung bewältigt bzw. im Vorhinein verhindert werden.444 Die weitere Einordnung der bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung einschließlich des Aufzeigens von Bezügen zum Multiplikatoransatz betrifft letztlich die grundlegende Einordnung von Preisableitungsverfahren im Hinblick auf ihre Nutzbarmachung für Zwecke der steuerrechtlichen Wertfindung und muss in Anbetracht der kontextübergreifenden Relevanz dem vierten Kapitel vorbehalten bleiben.445 Im Folgenden wird der Blick von der Erbschaft- und Schenkungsteuer abgewandt und erneut auf die Ertragsteuern gerichtet. Insgesamt wird die Perspektive der vorliegenden Abhandlung dabei insoweit erweitert, als – gerade im Unterschied zu dem eingangs betrachteten Teilwert – nunmehr mit den Verrechnungspreisen und der Wegzugsbesteuerung zwei Bereiche betrachtet werden, die grenzüberschreitende Bezüge und damit besondere Problemstellungen aufweisen, welche besondere Lösungsansätze nicht nur vermuten lassen, sondern – um es vorwegzunehmen – auch tatsächlich aufweisen.
443 444 445
Vgl. zur Detailkritik Küting/Trappmann/Keßler, DB 2006, S. 1855 ff. Von der Angabe der Bodenrichtwerte (nur) in Form von Spannen sei hier einmal abgesehen. Vgl. hierzu jedoch Küting/Trappmann/Keßler, DB 2006, S. 1856. Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1.
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3.4. Verrechnungspreise 3.4.1. Vorbemerkungen Eines der zentralen Probleme des internationalen Steuerrechts ist die Ermittlung angemessener Verrechnungspreise bei grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen.446 Das Wertfindungsproblem stellt sich hier insoweit in anderer Form als in den bisher behandelten Bereichen, als zwar regelmäßig Geldtransaktionen vorliegen, deren Angemessenheit aber aufgrund der Verbundenheit der beteiligten Unternehmen in Frage zu stellen ist. Das Fehlen von Geldtransaktionen im eingangs erörterten Sinne resultiert hier somit daraus,447 dass die Vertragspartner keine Fremden sind, d.h., der „fehlende marktwirtschaftliche Interessengegensatz“448 gibt Anlass zu einer separaten Wertfindung. Eine zusätzliche Verschärfung erfährt die Wertfindungsproblematik dadurch, dass infolge des grenzüberschreitenden Bezugs mit der ausländischen Finanzverwaltung mindestens ein weiterer Beteiligter miteinbezogen wird, der über eigene fiskalische Interessen verfügt. Die Erzielung eines angemessenen Interessenausgleichs soll bekanntlich durch die Anwendung des international weitgehend anerkannten Angemessenheitsmaßstabs des Grundsatzes des Fremdvergleichs, das sog. Dealing at Arm’s Length erreicht werden. Die Konkretisierung dieses Maßstabs bereitet allerdings vielfach erhebliche Schwierigkeiten. Entsprechend räumt auch die OECD zu Recht ein, dass die Ermittlung von Verrechnungspreisen „keine exakte Wissenschaft“ 449 darstellt. In Deutschland hat die Rechtsentwicklung auf dem Gebiet der Verrechnungspreise in der jüngeren Vergangenheit eine erhebliche Dynamik erfahren. Von richtungsweisender Bedeutung waren in diesem Zusammenhang zwei Entschei-
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Vgl. auch Oestreicher/Duensing, IStR 2005, S. 134. Die Bedeutung der Thematik wird bereits daran ersichtlich, dass nach Schätzungen der OECD ein Anteil von ca. 60 % des weltweiten Handels auf innerkonzernliche Lieferungs- und Leistungsbeziehungen entfällt, die über Verrechnungspreise abgerechnet werden. Vgl. hierzu sowie generell zur wirtschaftlichen Bedeutung des Verrechnungspreisproblems Grotherr, BB 2005, S. 855. Vgl. zum Problem des Fehlens von Geldtransaktionen oben Abschnitt 1.1. Grotherr, BB 2005, S. 855. OECD (1995), Tz. 1.45.
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dungen des BFH aus dem Jahre 2001.450 Entgegen seiner vorherigen Rechtsprechung vertrat der BFH in diesen Entscheidungen die Auffassung, dass der Steuerpflichtige nach den Bestimmungen der AO nicht zu einer separaten Dokumentation der Angemessenheit der von ihm angesetzten Verrechnungspreise verpflichtet sei. Faktisch war damit der Finanzverwaltung die Grundlage für die Prüfung der Angemessenheit der Verrechnungspreise entzogen. In Reaktion auf diese Rechtsprechung wurde im Rahmen des StVergAbG451 mit der Einfügung von § 90 Abs. 3 in die AO eine Aufzeichnungspflicht für Geschäftsbeziehungen mit nahe stehenden Personen (§ 1 Abs. 2 AStG) gesetzlich geregelt und das BMF zum Erlass einer diese Aufzeichnungspflicht konkretisierenden Verordnung ermächtigt. Zugleich wurde § 162 AO in den Absätzen 3 und 4 dahingehend geändert, dass nunmehr eine widerlegbare Vermutung besteht, dass die Verrechnungspreise unzutreffend sind, sofern die Dokumentationspflichten nach § 90 Abs. 3 AO verletzt werden. Entsprechend können die Einkünfte des Steuerpflichtigen in diesen Fällen gewinnerhöhend korrigiert werden. Zudem kann ein (Straf-)Zuschlag festgesetzt werden, sofern (1) keine, (2) eine unverwertbare oder (3) eine verwertbare Dokumentation verspätet vorgelegt wird. Von der erwähnten Ermächtigung hat die Finanzverwaltung mit dem Erlass der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV)452 Gebrauch gemacht, die Art, Inhalt und Umfang der Aufzeichnungspflichten gem. § 90 Abs. 3 AO regelt. Ihren vorläufigen Schlusspunkt erreichte die Entwicklung mit der Verabschiedung der sog. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren453, welche gesonderte Verfahrensgrundsätze zur Prüfung der Einkunftsabgrenzung enthalten und darüber hinaus die Bestimmungen der GAufzV konkretisieren.454 Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend die Findung von angemessenen Verrechnungspreisen analysiert, wobei die nationale deutsche Perspektive zugrunde
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Vgl. BFH, Beschl. v. 10.05.2001, I S 3/01, BFHE 194, S. 360; Urt. v. 17.10.2001, I R 103/00, BStBl. II 2004, S. 171. Vgl. für umfangreiche Nachweise im Schrifttum Kaminski/Strunk, BB 2005, S. 2378, Fn. 1. Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz – StVergAbG) v. 16.05.2003, BGBl. I 2003, S. 660 ff. Verordnung zu Art, Inhalt und Umfang von Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Abs. 3 der Abgabenordnung (Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung – GaufzV) v. 13.11.2003, BGBl. I 2003, S. 2296 ff. Vgl. hierzu Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2004, S. 157 ff. BMF, Schr. v. 12.04.2005, IV B 4 – S 1341 – 1/05, BStBl. I 2005, S. 570 ff. (nachfolgend auch zitiert als „Verwaltungsgrundsätze-Verfahren”).
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gelegt wird. Ausgehend von einer übergreifenden Betrachtung aus interaktionsorientierter Sicht werden dabei zunächst der Fremdvergleichsgrundsatz und die zu seiner konkreten Ausfüllung herangezogenen Ansätze beleuchtet. Anschließend wird detailliert auf Maßnahmen eingegangen, die an der Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung ansetzen. Hauptanknüpfungspunkt der Analyse sind die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren,455 denen – wenngleich es sich um eine Verwaltungsanweisung handelt, deren Rezeption durch die höchstrichterliche Rechtsprechung abzuwarten bleibt – erhebliche praktische Bedeutung für die Verrechnungspreisbestimmung zukommt. Diese Bedeutung ergibt sich im Übrigen nicht zuletzt aus der durch die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren angestrebten und vielfach auch erreichten Übereinstimmung mit den OECD-Leitlinien 1995456.457 Entsprechend liegt der Schwerpunkt auf den durch diese Verwaltungsgrundsätze begründeten Neuerungen, während die Auseinandersetzung mit den einzelnen Verrechnungspreismethoden auch in Anbetracht eines hierzu bereits vorhandenen umfassenden Schrifttums sich auf diejenigen grundlegenden Aspekte beschränkt, deren Hervorhebung vor dem Hintergrund des der Untersuchung zugrunde liegenden Analyserahmens zwingend geboten erscheint.458 3.4.2. Die interaktionsorientierte Sicht: Verrechnungspreisspezifische institutionalisierte Konfliktbewältigung Wie bei dem in Abschnitt 3.1. betrachteten Teilwert hat das geltende Recht sich bei der Verrechnungspreisbestimmung für eine bewertungsobjektübergreifende Bewertung entschieden und als Bewertungsmaßstab den weiter unten noch zu erörternden Fremdvergleichspreis zugrunde gelegt.459 Das oben eingeführte Erklärungsmodell460 kann insoweit weiter durchlaufen werden, als die Finanzverwaltung eine Reihe von Methoden461 vorgibt, mit denen der Bewertungsmaßstab 454
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In diesem Zuge wurden auch Tz. 7 und 8 des BMF-Schr. v. 23.02.1983, IV C 5 – S 1341 – 4/83, BStBl. I 1983, S. 218 ff. (nachfolgend auch zitiert als „Verwaltungsgrundsätze 1983“), abgelöst. Vgl. zur Rechtsentwicklung auch Endres, in: PwC (2005), S. 1 f. Vgl. hierzu z.B. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2005, S. 1549 ff.; Finsterwalder, DStR 2005, S. 765 ff.; Wehnert/Brüninghaus/Marx u.a., IStR 2005, S. 714 ff. und S. 749 ff.; Kroppen/Rasch, IWB 2005, Fach 3, Gruppe 1, S. 2113 ff. Vgl. OECD (1995). Vgl. hierzu auch Vormoor (2005), S. 19. Vgl. Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 3 (2005). Vgl. zur Analyse von Bewertungsmaßstäben und -verfahren aus ökonomischer Sicht oben Abschnitt 2.4.3.2.
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„Fremdvergleichspreis“ ermittelt werden soll; ob sie mit diesem in Einklang stehen, wird noch zu untersuchen sein.462 Auch auf das Verhältnis der einzelnen Methoden zueinander wird aus systematischen Gründen erst weiter unten eingegangen.463 Wenngleich die durch umfassende Dokumentationsanforderungen flankierten Vorgaben z.T. vergleichsweise weit reichen, ermöglichen sie – wie noch zu zeigen sein wird – regelmäßig keine objektivierte Bewertung.464 Soweit diese Vorgaben nur zu einer nachvollziehbaren Bewertung führen,465 besteht eine erhebliche Konfliktanfälligkeit, wie sie auch in dem oben eingeführten Erklärungsmodell zum Ausdruck kommt. Die Heranziehung von optionalen, zu einer objektivierten und damit einer Konfliktbewältigung führenden Bewertungsvorgaben im Sinne des Erklärungsmodells ist nicht in ähnlich ausgeprägter Form zu beobachten, wie dies etwa im Zusammenhang mit der Grundstücksbewertung oder auch mit dem Teilwert der Fall war.466 Allenfalls kann auf die mögliche Heranziehung unterschiedlicher Methoden durch den Steuerpflichtigen in Verbindung mit Konstellationen hingewiesen werden, in denen für die Fremdvergleichsbestimmung ausnahmsweise „zweifelsfrei“ geeignete Fremdtransaktionen vorliegen. „Optiert“ der Steuerpflichtige in diesen Fällen – bezogen auf eine konkrete Methode – für die Heranziehung der vergleichbaren Fremdtransaktion, so ist eine konfliktfreie Bewertung auf der Grundlage einer „Option“ im Sinne des oben eingeführten Erklärungsmodells möglich. Von diesem Ausnahmefall abgesehen weist die Verrechnungspreisbestimmung – wie erwähnt – aber eine erhebliche Konfliktanfälligkeit auf, die in erster Linie auf die Problematik der Verwendung und Verfügbarkeit bzw. Gewinnung von Vergleichsdaten zurückzuführen ist. Wie zu zeigen sein wird, sind auch die hierauf gerichteten Regelungen ihrerseits gerade in Anbetracht vielfältiger Abgrenzungsschwierigkeiten in erheblicher Weise problembehaftet. 459 460 461
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Vgl. zur Differenzierung zwischen den Begriffen „bewertungsobjektübergreifend“ und „bewertungsobjektbezogen“ oben Abschnitt 3.2.2. Vgl. oben Abschnitt 2.4.2. Die Begriffe „Methode“ und „Verfahren“ werden bei der Analyse der Verrechnungspreise synonym verwandt, da der Begriff „Verrechnungspreismethode“ dem insoweit üblichen Sprachgebrauch entspricht. Vgl. unten Abschnitt 3.4.3.2.2. Vgl. unten Abschnitt 3.4.3.2.3. Vgl. zum Begriff der Objektivierung oben Abschnitt 2.3.3.1.2. Vgl. zum Begriff der Nachvollziehbarkeit oben Abschnitt 2.3.3.1.2. Vgl. zur Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke oben Abschnitt 3.3.; zum Teilwert oben Abschnitt 3.1.
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Nicht ausdrücklich im Rahmen des oben eingeführten Erklärungsmodells erfasst wurde das – auf die zugrunde liegenden grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen zurückgehende – Hinzutreten einer weiteren Konfliktpartei, der jeweiligen ausländischen Steuer- bzw. Finanzverwaltung, deren fiskalische Interessen denen der deutschen Finanzverwaltung regelmäßig diametral entgegenstehen dürften. In Reaktion auf das hieraus resultierende Doppelbesteuerungsproblem stellt das geltende Recht verschiedene Ansätze bereit, die als verrechnungspreisspezifisch bezeichnet werden können und im Sinne einer institutionalisierten Konfliktbewältigung hervorhebungsbedürftig erscheinen. Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit der Vereinbarung eines Advance Pricing Agreements (APAs), dem – um es vorwegzunehmen – der Charakter einer besonderen, in den anderen bislang betrachteten Bewertungskontexten nicht anzutreffenden „Vorweg-Eigenlösung“ zukommt. Ebenso wie das APA-Verfahren auf das drohende Doppelbesteuerungsproblem zurückzuführen sind das Verständigungsverfahren und das EU-Schiedsverfahren. In beiden Fällen handelt es sich um Verfahren, die gleichermaßen auf ein „Zusammenführen der Beteiligten“ gerichtet und daher weiter unten ebenso wie das APA selbst gesondert zu erörtern sind.467 3.4.3. Fremdvergleichsgrundsatz und Verrechnungspreismethoden aus ökonomischer Sicht 3.4.3.1. Der (einheitliche) Fremdvergleichsgrundsatz Der Grundsatz des Fremdvergleichs findet sich sowohl in den Gewinnkorrekturvorschriften des internationalen Steuerrechts als auch in nationalen Regelungen.468 Während abkommensrechtlich das Dealing at Arm’s Length-Prinzip in Art. 9 Abs. 1 OECD-MA enthalten ist,469 ist im Hinblick auf die Umsetzung des Grundsatzes durch das deutsche Steuerrecht zu differenzieren zwischen den Regelungen betreffend die verdeckte Gewinnausschüttung (vGA), die verdeckte
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Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.4.6. Vgl. zum Fremdvergleichsgrundsatz bzw. Fremdvergleichspreis Oestreicher (2000), S. 32 ff.; Kaminski (2001), S. 11 ff.; Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG. Rn. 106 ff. (2002). Vgl. hierzu im Einzelnen z.B. Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 98 ff. (2002); Lahodny-Karner, in: Gassner/Lang/Lechner (1994), S. 101 ff.
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Einlage sowie Gewinnberichtigungen gem. § 1 Abs. 1 AStG470.471 Liegen sowohl die Voraussetzungen für eine Gewinnkorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG als auch nach den Regelungen über die vGA oder die verdeckte Einlage vor, so hat die vGA bzw. die verdeckte Einlage Vorrang vor der Korrektur nach § 1 AStG.472 Hauptanwendungsfall von § 1 AStG ist daher die unentgeltliche oder verbilligte Nutzungsüberlassung oder Erbringung von Dienstleistungen von inländischen Gesellschaftern gegenüber ihrer ausländischen Kapitalgesellschaft – Konstellationen, in denen bekanntlich keine Gewinnkorrektur in Form der verdeckten Einlage in Betracht kommt, weil es an einem einlagefähigen Vermögensvorteil mangelt.473 Tatbestandlich stellt § 1 Abs. 1 AStG auf die Bedingungen ab, die mindestens zwei voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten. Demgegenüber setzt der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung ein Handeln voraus, welches von dem eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters abweicht.474 Während § 1 Abs. 1 AStG somit ausdrücklich auf einen Interessenausgleich zwischen zwei Vertragspartnern Bezug nimmt, dominiert bei der Figur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters die Sichtweise einer Person. Der BFH hat jedoch in seiner jüngeren Rechtsprechung den Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters dahingehend weiterentwickelt, dass nunmehr ein fiktiver Vertragspartner, der ebenfalls von einem ordentlichen Geschäftsleiter vertreten
470
471
472
473 474
An dieser Stelle sei daran erinnert, dass der Untersuchung der Gesetzgebungsstand vom 30.06.2007 zugrunde liegt. Auf die Änderungen von § 1 AStG im Rahmen der Unternehmensteuerreform 2008, einschließlich der gesetzlichen Regelung von Funktionsverlagerungen wird daher nicht eingegangen. Vgl. zur Eingrenzung des Untersuchungsbereichs oben Abschnitt 1.2. Vgl. zur verdeckten Gewinnausschüttung und Einlage und den Steuerwirkungen z.B. Scheffler, BB 2002, S. 543 ff.; zum „besonderen“ Fremdvergleich nach § 1 Abs. 1 AStG aus Sicht der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre bereits Schöne, FR 1975, S. 157 ff.; zur Frage der Vereinbarkeit von § 1 Abs. 1 AStG mit europarechtlichen Diskriminierungsverboten Vormoor (2005), S. 19, m.w.N.; Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 816 (2004). Vgl. auch die Nachweise bei Kessler/Spengel, DB 2007, Beilage Nr. 1 zu Heft 3, S. 25. Vgl. zu den Konkurrenzen nach Inkrafttreten des SEStEG auch mit Bezug auf den allgemeinen Entstrickungstatbestand des § 12 Abs. 1 KStG Blumenberg/Lechner, in: Blumenberg/Schäfer (2007), S. 71 ff. Vgl. zur alten Rechtslage Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 5.3.3.; Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 76 ff. (2004); derselbe, in: Oestreicher (2002), S. 73 ff.; Wöhrle/Schelle/Gross, § 1/VG, Rn. 17 (2006); Vormoor (2005), S. 11 ff. Vgl. auch Wassermeyer, IStR 2001, S. 634 f. Vgl. Blumenberg/Kupke, in: Linklaters Oppenhoff & Rädler (2004), S. 28. Vgl. auch Bodenmüller (2004), S. 62.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 199 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
wird, hinzutritt („doppelt ordentlicher Geschäftsleiter“).475 Begründet wird dies damit, dass die Betrachtung nur eines von zwei Beteiligten zu unangemessenen Ergebnissen führen könne. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unterscheiden sich beide tatbestandlichen Anknüpfungen somit im Hinblick auf den anzuwendenden Fremdvergleichsmaßstab nicht wesentlich voneinander.476 Gleiches gilt für die verdeckte Einlage, da insoweit für den auch in diesem Zusammenhang zu bemühenden ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter nichts anderes gelten kann. Damit kann letztlich auf der Tatbestandsebene von einem einheitlichen Fremdvergleichsgrundsatz ausgegangen werden.477 Was die Rechtsfolgen betrifft, so enthält das geltende Recht unterschiedliche Bewertungsvorgaben. Während bei verdeckten Gewinnausschüttungen mit dem gemeinen Wert und bei verdeckten Einlagen – wie auch Entnahmen – mit dem Teilwert zu bewerten ist, enthält § 1 Abs. 1 AStG keine gesonderte Bewertungsvorgabe auf der Rechtsfolgenseite. Vielmehr gehen Tatbestand und Rechtsfolge hier insoweit gleichsam ineinander über, als der angemessene Preis aus dem Fremdvergleichsgrundsatz selbst abzuleiten ist,478 wobei die Finanzverwaltung allerdings von einer regelmäßigen Übereinstimmung von Fremdvergleichspreis und gemeinem Wert ausgeht.479 Von der unterschiedlichen gesetzestechnischen Vorgehensweise losgelöst kann die Verwendung unterschiedlicher Werte bei wirtschaftlich gleichen Sachverhalten bereits für sich betrachtet nicht überzeugen. Auch erscheint sie vor dem Hintergrund kurios,480 dass – bei konsequenter, eigentlich gebotener Unterscheidung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge auch bezüglich der Bewertungsmaßstäbe – außerhalb von § 1 Abs. 1 AStG zwar zunächst auch die Konformität mit dem Fremdvergleichspreis geprüft werden müsste, dann aber doch wieder andere „Korrekturwerte“
475
476 477 478 479 480
Vgl. zur Rechtsentwicklung z.B. Kaminski (2001), S. 18 ff. Vgl. auch Wöhrle/Schelle/Gross, § 1/VG, Rn. 38 (2006); Wassermeyer, DB 2001, S. 2467 ff. Vgl. zur Verdoppelung des ordentlichen Geschäftsführers auch Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 350; derselbe, in: FS Flick (1997), S. 639 ff.; derselbe (1986), S. 139 ff. Vgl. Bodenmüller (2004), S. 62. Vgl. auch Bodenmüller (2004), S. 62; Krahnert (2005), S. 15; Baumhoff, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 111 (1999); Wassermeyer, IStR 2001, S. 636. Vgl. auch Wassermeyer, IStR 2001, S. 637. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 5.3.1. Ebenso Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 813.1 (2004); Bodenmüller (2004), S. 223. Kritisch zur „Wertevielfalt“, auch unter dem Gesichtspunkt sich eröffnender Gestaltungspotenziale Bodenmüller (2004), S. 186 f.
200 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
anzusetzen wären.481 Diese Thematik soll jedoch hier nicht weiter vertieft werden, zumal Teilwert wie auch gemeiner Wert bereits oben Gegenstand der Untersuchung waren.482 Vielmehr soll hier ausschließlich der Fremdvergleichspreis als Bewertungsmaßstab und seine Ermittlung anhand entsprechender Bewertungsverfahren bzw. Verrechnungspreismethoden diskutiert werden.483 Anders als in den bisher betrachteten Wertfindungskontexten wird mit der Anordnung von üblichen, d.h. dem Fremdvergleich genügenden Bedingungen zwar nicht unmittelbar ein Bewertungsmaßstab angegeben. Jedoch kann die gedankliche Fundierung der Bewertungsanordnung – wie bereits ausgeführt und der Vorgehensweise der Rechtsprechung entsprechend – in der Betrachtung einer fiktiven Käufer-Verkäufer-Situation gesehen werden,484 auf deren Grundlage an die fiktiv vereinbarten Bedingungen anknüpfend der Transaktionspreis zu ermitteln ist.485 Im Unterschied etwa zum gemeinen Wert wird gerade in § 1 Abs. 1 AStG nicht von vornherein die Ermittlung eines „unter bestimmten Bedingungen normalerweise erzielbaren Einzelveräußerungspreises“ im Sinne eines „Verkehrswerts“ angeordnet, der Preis kommt vielmehr erst über den „Umweg“ der Betrachtung der Transaktion insgesamt zum Tragen. Gleichwohl drängt sich der Gedanke auf, dass – hier liegt die Parallele zum gemeinen Wert nahe – zumindest von der Grundüberlegung her insoweit die Wunschvorstellung von einem objektiven Wert zugrunde liegen könnte, als letztlich implizit unterstellt wird, dass es die gleichen oder zumindest ähnlichen Bedingungen gibt, die voneinander unabhängige Dritte vereinbart hätten und damit auch einen bestimmten, für die vergleichbare Transaktion maßgeblichen Preis. So gesehen wäre der Fremdvergleichspreis im Hinblick auf den nahe liegenden Rückgriff auf Marktpreise einerseits und den zweifelhaften repräsentativen Charakter solcher Marktpreise wie auch deren denkbare Nichtverfügbarkeit andererseits bereits an sich von seiner Grundüberlegung her in vergleichbarer Weise fragwürdig wie der gemeine Wert.486 Allerdings ist dies ungeachtet der seitens der Finanzverwaltung487 und z.T. im Schrifttum488 gesehenen regelmäßi481 482 483 484 485 486 487
Kritisch zur Bewertung verdeckter Gewinnausschüttungen mit dem gemeinen Wert Wassermeyer, IStR 2001, S. 637. Vgl. zum Teilwert oben Abschnitt 3.1., zum gemeinen Wert oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. aber für eine Diskussion der Rechtsfolgen im Zusammenhang mit Gewinnkorrekturen nach Fremdvergleichsgrundsätzen und möglichen Verwerfungen Wassermeyer, IStR 2001, S. 637 f. Vgl. hierzu auch Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 350 f. Vgl. Baumhoff, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 260 (1999). Vgl. hierzu bereits oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 5.3.1.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 201 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
gen Deckungsgleichheit des Fremdvergleichspreises mit dem gemeinen Wert im Hinblick auf die konkrete Ermittlung insoweit relativierungsbedürftig, als der Definition des Fremdvergleichs – wie ausgeführt – in konzeptioneller Hinsicht jedenfalls kein ausdrücklicher Anspruch auf Allgemeingültigkeit und Personenunabhängigkeit des Preises zu entnehmen ist. Der Fremdvergleichsgrundsatz, insbesondere der Gesetzeswortlaut von § 1 Abs. 1 AStG, schließt es vielmehr nicht aus, dass auch nur eine einzelne (fiktive) Transaktion zum Vergleich herangezogen wird,489 was durchaus als Argument gegen einen derart weit gefassten Anspruch angeführt werden kann. Eine abschließende Charakterisierung der Reichweite des Anspruchs der Bewertungsvorgabe muss jedoch in Anbetracht der insoweit nicht eindeutigen Definition hier unterbleiben. Wie zu zeigen sein wird, ist eine solche aber auch für Zwecke der vorliegenden Untersuchung nicht zwingend vonnöten. Losgelöst hiervon ist jedoch eine Preisbestimmung unter Rückgriff auf Marktpreise – insoweit besteht zweifelsfrei eine Parallele zum gemeinen Wert – allenfalls dann durchgängig unproblematisch, wenn die Bedingungen des theoretischen Ideals eines vollkommenen Markts gegeben sind mit der Folge, dass nur ein Preis existiert.490 Wie bereits mehrfach ausgeführt, stellen jedoch unvollkommene Märkte in der Realität den Regelfall dar,491 was wiederum dazu führt, dass sich der vom Gesetzgeber geforderte Fremdvergleichspreis im Sinne eines Preises, dem die gleichen Bedingungen zugrunde liegen wie der zu bepreisenden Transaktion, gerade nicht unmittelbar beobachten lässt.492 Selbst bei homogenen Gütern werden sich regelmäßig unterschiedliche Preise bilden. In der Mehrzahl der Fälle wird es jedoch ohnehin schon am Vorliegen homogener und damit vergleichbarer Güter mangeln, d.h., es werden insbesondere höchst un488 489
490 491 492
Vgl. Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 813.1 (2004); Bodenmüller (2004), S. 223. Vgl. auch Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 107.5 (2004), der allerdings die Umwandlung eines bestimmten Einzelvergleichspreises in eine Bandbreite wohl regelmäßig für erforderlich erachtet. Vgl. auch Krahnert (2005), S. 16. Ähnlich Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 218 (2005). Vgl. bereits oben Abschnitt 3.2.3.1. Dies stellen auch Oestreicher/Duensing, IStR 2005, S. 136, heraus: „[…] bewirkt schon die Vielzahl unterschiedlicher Gewinnbildungsfaktoren, dass sich Geschäftsvorgänge außerhalb des theoretischen Konstrukts vollkommener, atomistischer Konkurrenz nicht in allen Merkmalen gleichen werden. Damit ist aber die im Fremdvergleich angelegte Vergleichbarkeit nicht absolut, sondern vielmehr als ein relatives Maß für die sicherzustellende Ähnlichkeit der Transaktionen zu verstehen.“ Ähnlich im Hinblick auf die an die Vergleichbarkeit zu stellenden Anforderungen auch Krahnert (2005), S. 18; Kaminski (2001), S. 23.
202 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
terschiedliche Güter oder Dienstleistungen, einhergehend mit unterschiedlichen Transaktionsbedingungen – einschließlich unterschiedlicher Preise – anzutreffen sein. Ist demzufolge ein tatsächlicher Fremdvergleich nicht möglich, so verbleibt nur die Möglichkeit eines sog. hypothetischen Fremdvergleichs, bei dem ein fiktiver Preis durch Simulation des Preisbildungsprozesses zu ermitteln ist.493 Bereits die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass es sich bei dem Fremdvergleichspreis um einen äußerst problembehafteten Bewertungsmaßstab handelt. 3.4.3.2. Die Verrechnungspreismethoden 3.4.3.2.1. Überblick Abb. 3.4.-1 stellt die nach den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren in Betracht kommenden Methoden und ihre Funktionsweise (mit Ausnahme der Heranziehung von Planrechnungen) dar, so dass eine detaillierte Methodenbeschreibung verzichtbar erscheint und im Folgenden unmittelbar zu der Analyse der Methoden übergegangen werden kann.494
493
494
Vgl. Vormoor (2005), S. 26; Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 350. Vgl. zur Unterscheidung auch Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 110 (2002); kritisch unter diesem Gesichtspunkt zum Wortlaut von § 1 Abs. 1 AStG Baumhoff, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 362 (1999). Vgl. hierzu jedoch z.B. Oestreicher (2000), S. 32 ff.; Becker, in: Kroppen (Hrsg.), O Tz. 2.1, Rn 1. ff. (1999), betr. die Standardmethoden, sowie Schuch/Toifl, in: Kroppen (Hrsg.), O Tz. 3.1, Rn. 1 ff. (1998), betr. die übrigen Methoden.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 203 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}} Transaktionsbezogene Standardmethoden
Preisvergleichsmethode Abstellen auf zwischen fremden Dritten zustande gekommene Preise
Kostenaufschlagsmethode Kosten + Gewinnaufschlag = Verrechnungspreis
Wiederverkaufspreismethode Marktpreis - Handelsspanne = Verrechnungspreis
Gewinnbezogene Methoden
Geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode Nettogewin n Nettomarge Bezugsbasis
Vergleich mit konzerninterner Transaktion
Geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode Gesamterlös aus Konzernsicht - Gesamtaufwand aus Konzernsicht = Nettoerfolg Zerlegung nach geeignetem Schlüssel
Abb. 3.4.-1: Verrechnungspreismethoden und ihre Funktionsweise
3.4.3.2.2. Die Methoden im Einzelnen (1) Preisvergleichsmethode Was die konzeptionelle Stimmigkeit der Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method) bzw. des mit ihr zu ermittelnden Preises im Sinne der Konformität mit dem Fremdvergleichspreis als Bewertungsmaßstab betrifft, erscheint eine von der Analyse der Methode selbst gänzlich losgelöste Betrachtung hier einmal mehr nicht möglich.495 Zur Bestimmung des Fremdvergleichspreises liegt – wie bereits erwähnt – der Rückgriff auf beobachtbare Marktpreise zunächst nahe, wenngleich hieran das gerade auf die Ausschaltung des Marktes gerichtete Ignorieren des ökonomischen Verbunds bereits an sich kritisch zu sehen ist.496 Hiervon abgesehen hängt die weitere Einschätzung im Hinblick auf die konzeptionelle Stimmigkeit von der zugrunde gelegten Sichtweise des Fremdvergleichspreises selbst ab, die oben vor dem Hintergrund der nicht eindeutigen Definition nicht abschließend geklärt werden konnte.497 Attestiert man dem Fremdvergleichspreis den Charakter eines objektiven im Sinne eines all495 496 497
Vgl. zur konzeptionellen Stimmigkeit oben Abschnitt 2.4.3.2.2. Vgl. hierzu Kahle, WPg 2007, S. 211, m.w.N. Vgl. zu den beiden möglichen Sichtweisen oben Abschnitt 3.4.3.1.
204 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
gemeingültigen und personenunabhängigen Werts, erscheint bereits dieser Anspruch selbst bedenklich. Anders verhält es sich demgegenüber, wenn der Fremdvergleichspreis losgelöst von einem solchen Anspruch gesehen wird und somit letztlich auch durch einen Preis konkretisiert werden kann, der für lediglich eine unter fremden Dritten zustandegekommene Transaktion beobachtbar ist. Liegt in diesem Fall tatsächlich eine Transaktion vor, die „hinreichend“ vergleichbare Bedingungen aufweist,498 kann insoweit durchaus von der Konformität der Preisvergleichsmethode mit dem Bewertungsmaßstab „Fremdvergleichspreis“ ausgegangen werden. Problematisch sind jedoch diejenigen Fälle, in denen keine Vergleichbarkeit mit vorhandenen Transaktionen gegeben ist, so dass eine solche erst noch „hergestellt“ werden muss. Hier tritt die Schwierigkeit auf, dass mangels eindeutigen Bewertungsmaßstabs einerseits und damit einhergehend mangels entsprechenden Bewertungsverfahrens andererseits unklar ist, wie bei der Bewertung vorzugehen ist. Entsprechend entzieht sich dann auch die Frage nach der Konformität mit dem Bewertungsmaßstab insoweit ihrer Beantwortung. Damit ist die Preisvergleichsmethode für sich zu betrachten. Von dem ebenfalls weiter unten noch gesondert zu erörternden Gesichtspunkt abgesehen, welcher Preis maßgeblich sein soll, wenn für vergleichbare Güter oder Dienstleistungen unterschiedliche Preise beobachtbar sind,499 besteht das Kernproblem im Hinblick auf die bei regelmäßig fehlender Vergleichbarkeit der Transaktions- bzw. Geschäftsbedingungen erforderlichen Anpassungsrechnungen darin, dass die ökonomische und insbesondere die betriebswirtschaftliche Forschung zwar eine Reihe von Erkenntnissen über einzelne Preisbildungsfaktoren hervorgebracht hat, es aber gleichwohl an einem theoretisch begründbaren Vorgehen zur Berücksichtigung entsprechender Unterschiede in der Ausgestaltung der Transaktions- bzw. Geschäftsbedingungen mangelt.500 Auch die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren enthalten hierzu ebenso wenig konkrete Hinweise wie die glei-
498 499 500
Vgl. zur Vergleichbarkeit unten Abschnitt 3.4.4. Vgl. hierzu unten Abschnitt 3.4.4.3. Vgl. Oestreicher, in: PwC (2005), S. 16 f., m.w.N., der in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Theorie der Preisbildung auf vollkommenen und unvollkommenen Märkten, Untersuchungen zur Preiswahrnehmung und Preisreaktion von Verbrauchern und den Ressourcenansatz der Unternehmensführung verweist. Vgl. auch Kaminski (2001), S. 28, der die (fehlende) Vergleichbarkeit als Hauptschwierigkeit kennzeichnet. Vgl. ferner die Systematisierung der Gründe für das Fehlen des Fremdvergleichspreises bei Kaminski (2001), S. 33.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 205 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
chermaßen zu Anpassungsrechnungen auffordernden OECD-Leitlinien 1995.501 Selbst bei unterstellter gedanklicher Isolierbarkeit einzelner Preisbildungsfaktoren dürfte sich nicht allgemein feststellen bzw. festlegen lassen, wie diese von fremden Dritten gewichtet werden.502 Gerade solche Faktoren wie die ökonomische Bedeutung des Nachfragers aus Anbietersicht oder die Marktmacht des Nachfragers können im Einzelfall höchst unterschiedlich ins Gewicht fallen. Insoweit besteht eine Ermittlungsproblematik, die der oben bei der Wertableitung aus Verkäufen zur Bestimmung des gemeinen Werts nicht notierter Anteile aufgezeigten vergleichbar ist.503 Von den hiermit einhergehenden Objektivierungsproblemen abgesehen können Versuche der Preisableitung in Ermangelung eines entsprechenden Verfahrens zwangsweise nur zu theoretisch bedenklichen Lösungen führen, wenngleich sie auch hier vor dem Hintergrund des Bestrebens gesehen werden müssen, die gesetzlich angeordnete transaktionsorientierte Bewertung überhaupt umzusetzen. Eine Bewältigung bzw. Vermeidung der Ermittlungsproblematik und damit einhergehend eine Objektivierung der Wertfindung erscheint im Übrigen nur dann denkbar, wenn die Vergleichbarkeit „zweifelsfrei“ gegeben ist – insoweit ist auf die Parallele zu einem ggf. beidseitig für maßgeblich erachteten Verkaufspreis im Rahmen der Bewertung nicht notierter Anteile hinzuweisen.504 Hervorhebungsbedürftig erscheint aber auch ein wesentlicher Unterschied zur Bewertung nicht notierter Anteile.505 Während bei Letzterer eine Wertableitung aus Markpreisen von solchen Anteilen ausgeschlossen ist, die nicht an dem betreffenden Unternehmen selbst bestehen, stellt im Rahmen der Preisvergleichsmethode die Wertableitung aus Vergleichstransaktionen den vom geltenden Recht betrachteten „Idealfall“ dar. Dies überrascht umso mehr, als mit dem Multiplikatoransatz ein – wenn auch keinesfalls unbedenkliches – so doch bereits in Grundzügen etabliertes Verfahren zur Ermittlung von Marktpreisen 501
502 503 504 505
Vgl. zur Notwendigkeit von Anpassungsrechnungen OECD (1995), Tz. 2.09. Pointiert in diesem Zusammenhang auch Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 206 (2005): „Seitdem es den Fremdvergleichsgrundsatz gibt, ist im Grunde zwischen allen Beteiligten unstreitig, dass Unterschiede zwischen den Geschäftsbedingungen durch entsprechende Anpassungsrechnungen beseitigt werden müssen. Genauso alt ist das fundamentale Problem, dass anscheinend niemand so recht weiß, wie [Hervorh. im Original] solche Anpassungsrechnungen durchzuführen sind.“ Vgl. zur Preisbildung auch Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 349. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. zur Bewertung nicht notierter Anteile oben Abschnitt 3.2.
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von Unternehmen zur Verfügung steht.506 Ein möglicher Grund für die Differenzierung dürfte wohl in den im Rahmen der Fremdvergleichspreisermittlung von vornherein nur in begrenztem Maße gesehenen alternativen Bewertungsansätzen liegen, wohingegen mit dem Stuttgarter Verfahren bei der Anteilsbewertung ein vergleichsweise „komplikationslos“ erscheinendes Alternativverfahren verfügbar ist. (2) Kostenaufschlagsmethode und Wiederverkaufspreismethode Was die konzeptionelle Stimmigkeit der Kostenaufschlagsmethode (Cost Plus Method) im Sinne ihrer Vereinbarkeit mit dem Bewertungsmaßstab betrifft, erscheint diese vor allem bereits deshalb fragwürdig, weil sie gegen den Grundsatz verstößt, dass Preise „am Markt gemacht“ werden und – von Ausnahmen wie der Preisbestimmung von öffentlichen Aufträgen abgesehen507 – gerade nicht auf das Resultat einer Addition von festgestellten Kosten und einem Gewinnaufschlag reduziert werden können.508 Die Nichtberücksichtigung der Marktseite lässt sich allenfalls dadurch vermeiden, dass ein tatsächlich am Markt erzielbarer Gewinnaufschlag verwendet wird, was sich jedoch vielfach wiederum als problematisch erweisen dürfte.509 Diese Kritik lässt sich letztlich auch auf die Wiederverkaufspreismethode (Resale Price Method) übertragen, hinter der konzeptionell – wenn auch mit „umgekehrtem Vorzeichen“ – die gleiche Überlegung wie hinter der Kostenaufschlagsmethode steht; daran ändert auch nichts, dass der Wiederverkaufspreismethode aufgrund ihrer Anknüpfung an Marktpreise immerhin eine „stärker ausgeprägte“ Marktnähe attestiert werden kann.510
506 507 508
509 510
Vgl. zum Multiplikatoransatz oben Abschnitt 3.2.3.2. Vgl. hierzu Coenenberg (2003), S. 113 ff. Vgl. hierzu auch schon Ahlert/Franz (1992), S. 150 f. In diesem Zusammenhang führt auch Kaminski (2001), S. 122, aus: „[…] erfolgte – gerade in den letzten Jahren – eine erhebliche Bewusstseinsänderung, die bei immer mehr Unternehmen zu der Erkenntnis geführt hat, dass nicht die entstehenden Kosten die Preise auf den Märkten bestimmen, sondern die erzielbaren Preise die Obergrenze für die entstehenden Kosten vorgeben.“ Weiter führt Kaminski an gleicher Stelle aus: „Die Anzahl der praktischen Fälle, in denen fremde Dritte eine Abrechnung auf der Grundlage ‚Kostenerstattung plus Gewinnaufschlag’ vornehmen, ist gering.“ Vgl. Kaminski (2001), S. 118 f. Vor diesem Hintergrund unterscheidet Kaminski (2001), S. 17, die Preisvergleichsmethode und die Wiederverkaufspreismethode als Fremdvergleichspreismethoden auf der einen und die Kostenaufschlagsmethode als Ansatz zur Verrechnungspreisbestimmung bei fehlendem Fremdvergleichspreis auf der anderen Seite. Anzumerken ist allerdings, dass in letzter Konsequenz auch
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Was die beiden Methoden für sich betrachtet betrifft, so treten – wenn auch auf anderer Ebene – vergleichbare Probleme auf wie bei der Preisvergleichsmethode. Schwierigkeiten bereitet hier insbesondere die Festlegung des der Fremdtransaktion entsprechenden Gewinnaufschlags bzw. der Handelsspanne.511 Wird hier naheliegenderweise von branchenüblichen Größen ausgegangen, so stellt sich die Frage nach der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Regelmäßig dürften auch hier Anpassungsrechnungen erforderlich sein, welche die bereits erörterten, im Fehlen eines entsprechenden Verfahrens begründeten Probleme aufwerfen. Auch hier ergeben sich somit gravierende Ermittlungsund Objektivierungsprobleme. Die mit der Vornahme von Anpassungsrechnungen verbundenen Probleme verschärfen sich hinsichtlich der Wiederverkaufspreismethode sogar noch, wenn der erwartete Verkaufspreis zusätzlich um Elemente zu bereinigen ist, die auf eine Be- oder Verarbeitung der Ware bzw. Dienstleistung zwischen Einkauf und Verkauf zurückzuführen sind.512 (3) Geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode Anders als bislang ist – der internationalen Entwicklung Rechnung tragend513 – nach den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren nunmehr auch die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode (Transactional Net Margin Method) ausdrücklich zulässig.514 Auch dieser Methode liegt in ihrer „Reinform“ ein methodisch ähnliches Vorgehen wie der Kostenaufschlagsmethode und der Wiederverkaufspreismethode zugrunde,515 indem sie die Nettogewinnspanne in Bezug auf eine „geeignete“ Grundlage (z.B. Kosten, Umsatz, Kapital) aus einer Vergleichstransaktion für eine zu bepreisende konzerninterne Transaktion heranzieht und hieraus Rückschlüsse auf deren zutreffende Bepreisung zu ziehen versucht. Auch auf diese Methode lassen sich daher insoweit die obigen Ausführungen im Zusammenhang mit der Kostenaufschlags- und der Wiederverkaufspreismethode übertragen. Die methodischen Gemeinsamkeiten werden auch daran deutlich, dass eine trennscharfe begriffliche Abgrenzung zur Kostenauf-
511 512 513 514
die Ermittlung von (branchen-)üblichen Gewinnaufschlägen und Handelsspannen an erzielten Marktpreisen ansetzen muss. Vgl. hierzu auch Kaminski (2001), S. 32 f. (betr. die Wiederverkaufspreismethode) und S. 122 (betr. die Kostenaufschlagsmethode). Vgl. hierzu im Einzelnen Kaminski (2001), S. 32. Vgl. Naumann, in: PwC (2005), S. 4. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.10.3 b). Vgl. hierzu auch Wehnert/Brüninghaus/Marx u.a., IStR 2005, S. 716.
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schlagsmethode und zur Wiederverkaufspreismethode selbst in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren letztlich nicht vorgenommen wird. So werden z.B. auch gerade Kostenaufschläge als zulässige (Netto-)Renditekennzahlen im Zusammenhang mit der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode genannt.516 Neben der erwähnten „Reinform“ der Nettomargenmethode im Sinne ihrer geschäftsvorfallbezogenen Ausprägung sind aufgrund der Zulässigkeit der Zusammenfassung mehrerer Geschäftsbeziehungen auch aggregierte Betrachtungen bzw. solche von Transaktionsbündeln möglich (§ 2 Abs. 3 GAufzV).517 Im Extremfall zielen diese auf eine unternehmensbezogene Ermittlung von Nettomargen ab, welche dann den Rückschluss auf insgesamt fremdvergleichskonforme Transaktionsbedingungen ermöglichen sollen. Damit weicht die Finanzverwaltung von ihrer – den Standardmethoden ursprünglich zugrunde liegenden – einzeltransaktionsbezogenen Sichtweise ab, um sich letztlich die Bildung von „Bewertungseinheiten“ zu eigen zu machen, wobei die Vereinbarkeit solcher Bewertungseinheiten mit § 1 Abs. 1 AStG in Anbetracht des weiten Wortlauts der Vorschrift wohl zu bejahen ist. Hierfür spricht auch, dass der Gesetzgeber selbst in § 1 Abs. 3 AStG die Heranziehung von Kapitalverzinsungen und Umsatzrenditen für Schätzungen gem. § 162 AO im Hinblick auf § 1 AStG ausdrücklich zulässt.518 Wenngleich sich zunächst nicht unmittelbar aufdrängend, so kann bei näherer Betrachtung doch eine Parallele zu dem oben im Zusammenhang mit dem Teilwert diskutierten „Value in Use“ gezogen werden:519 Ebenso wie dort das Bewertungsobjekt letztlich auf die Cash-Generating Unit als größere Einheit „ausgeweitet“ wird, geht auch mit der Ausweitung des Anwendungsbereichs der Nettomargenmethode eine Erweiterung des ursprünglichen Bewertungsobjekts, der Einzeltransaktion, in Richtung Unternehmensebene einher. In beiden Fällen 515 516 517
518
519
Vgl. OECD (1995), Tz. 3.26; Kaminski (2001), S. 136; Krahnert (2005), S. 26. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.10.3 b). Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.10.3 b). Im Rahmen von Schätzungen waren gem. § 1 Abs. 3 AStG bislang bereits Renditevergleiche möglich. Vgl. hierzu Kaminski (2001), S. 123 ff.; Wöhrle/Schelle/Gross, § 1/VG, Rn. 213 ff. (2006). Vgl. zur Verrechnungspreisbestimmung anhand der (angemessenen) Kapitalverzinsung auch Scholz, IStR 2004, S. 209. Kritisch zur Anwendung von „ultima ratio“-Methoden, welche den steuerlichen Gewinn auf der Basis eines vergleichbaren Unternehmerlohns, der Verzinsung des eingesetzten Kapitals und einer (pauschalen) Überrendite im Sinne der Verzinsung des Firmenwerts ermitteln, Oestreicher/Vormoor, IStR 2004, S. 106. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.1.5.2.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 209 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
wird zunächst in einem ersten Schritt die Ermittlungsproblematik abgemildert. Dies führt aber zu Problemen, wenn daraufhin im zweiten Schritt doch der Bezug zu dem ursprünglichen Bewertungsobjekt im Sinne einer Einzelbewertung für das einzelne Wirtschaftsgut bzw. die Einzeltransaktion gewahrt werden soll. Wenngleich bei Generalisierungen Vorsicht geboten ist, liegt der Schluss nahe, dass gerade die Abgrenzung des relevanten Bewertungsobjekts häufig in gewissem Umfang für Probleme bei der Wertfindung ursächlich ist. Was die konzeptionelle Stimmigkeit der Nettomargenmethode in aggregierter Form im Sinne ihrer Konformität mit dem Fremdvergleichspreis betrifft, so ist diese gemeinsam mit der theoretischen Verortung der Methode selbst zu betrachten. Die Konstruktion von Bewertungseinheiten begegnet insbesondere in Anbetracht der die Gefahr von Verzerrungen bergenden Durchschnittsbildung520 sowohl im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Fremdvergleichspreis als Bewertungsmaßstab als auch für sich betrachtet Bedenken. Im Übrigen stellen sich die bereits angesprochenen Probleme bzw. Bedenken und insbesondere das Problem der (Un-)Vergleichbarkeit – verbunden mit hieraus resultierenden Ermittlungs- und Objektivierungsproblemen – auch im Rahmen von Bewertungseinheiten gleichsam „in aggregierter Form“; auf die insoweit bedeutsame Frage nach der Verfügbarkeit vergleichbarer Unternehmen ist weiter unten im Zusammenhang mit der Heranziehung von Datenbanken noch einzugehen.521 Auch der Rückgriff auf Bewertungseinheiten im hier verstandenen Sinne zieht damit aus theoretischer Sicht fragwürdige Lösungen nach sich, wobei allerdings nicht übersehen werden darf, dass hierdurch in Fällen, in denen die transaktionsbezogenen Standardmethoden keine Anwendung finden, über aggregierte Größen zumindest ein – wenn auch u.U. seinerseits mit erheblichen „Ungenauigkeiten“ verbundener – gangbarer Weg zur „Preisüberprüfung“ bzw. Verrechnungspreisfindung eröffnet wird.522 Damit einhergehend ist einzuräumen, dass sich auf die Frage, ob die Bestimmung eines Fremdvergleichspreises durch theoretisch nicht begründbare Anpassungsrechnungen auf der Grundlage eines 520 521 522
Vgl. grundsätzlich zu den Problemen der Durchschnittsbildung Adam (1996), S. 52 ff. Vgl. unten Abschnitt 3.4.4.2. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass auch die OECD jüngst in Anbetracht einer wahrgenommenen zunehmenden internationalen Verbreitung die Frage nach einer erforderlichen Aufwertung der transaktionsbezogenen Gewinnmethoden aufgeworfen hat. Vgl. hierzu Förster/Naumann, DB 2006, S. 1129. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Überlegungen bei Oestreicher/Duensing, IStR 2005, S. 135, im Hinblick auf einen weiter gefassten Transaktionsbegriff.
210 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
nicht vergleichbaren Preises zu größeren Ungenauigkeiten führt als der Rückschluss aus einer aggregierten Renditekennziffer, wohl keine fundierte Antwort finden lassen dürfte. Was im Übrigen den gerade in diesem Zusammenhang häufig angeführten Einwand einer unzulässigen Sollgewinnbesteuerung betrifft, so ist dem entgegenzuhalten, dass letztlich jede Verrechnungspreiskorrektur zu einer Sollgewinnbesteuerung führt.523 Die Notwendigkeit des Abstellens auf aggregierte Größen bringt letztlich auch die Einschätzung von OESTREICHER/VORMOOR hinsichtlich der Bedeutung datenbankgestützter Analysen von unternehmensbezogenen Gewinnspannen zutreffend zum Ausdruck: „Wird jedoch am Grundsatz des Fremdvergleichs festgehalten […], sind diese Studien bei allen Vorbehalten, die aus einer theoretischen Perspektive zu machen sind, aus der Praxis nicht mehr wegzudenken – auch für die Finanzverwaltung.“524 (4) Planrechnungen Wie der Begriff bereits vermuten lässt, zielt auch die Verwendung von Planrechnungen nicht auf die Ermittlung des einzeltransaktionsbezogenen Fremdvergleichspreises ab. Indem auf die prognostizierten Gewinne abgestellt wird und diese zu verproben sind, erfolgt vielmehr – vergleichbar dem Vorgehen der Nettomargenmethode in aggregierter Form – lediglich ein Rückschluss auf die zutreffende Bepreisung der durchgeführten Transaktion(en). Dabei kann die Verprobung nach den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren auf unterschiedliche Arten vorgenommen werden.525 So kann auf Renditekennziffern eingeschränkt vergleichbarer526 Unternehmen in dem betreffenden Geschäftsbereich zurückgegriffen werden. Diese Ausprägung, die am häufigsten Verwendung finden dürfte, entspricht von der Grundüberlegung her der Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode in aggregierter Form, so dass auf die insoweit gemachten Ausführungen verwiesen werden kann. Ferner kommt nach den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren ein Vergleich mit dem Ertrag einer funktions- und risikoadäquaten Anlage am Kapitalmarkt in Frage, etwa unter Anwendung des Capital Asset Pricing Model 523 524 525
Vgl. Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 203 (2005). Oestreicher/Vormoor, IStR 2004, S. 95. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.12.6 b).
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 211 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
(CAPM)527. Die genaue Vorgehensweise bleibt jedoch unklar. Aus konzeptioneller Sicht ist zudem bereits fraglich, ob die durch das CAPM vollzogene Nichtberücksichtigung des unsystematischen, unternehmensindividuellen Risikos mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbar ist.528 Es erscheint daher gerechtfertigt, auch hierauf nicht weiter einzugehen. Ebenfalls denkbar ist ein Vergleich mit dem funktions- und risikoadäquaten Anteil des betrachteten Konzernunternehmens am zu erwartenden Gesamtgewinn des Konzerns. Aufgrund der vorhandenen Ähnlichkeit bzw. des fließenden Übergangs zu der nachfolgend zu diskutierenden geschäftsvorfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode unterbleibt an dieser Stelle eine separate Diskussion dieses Vorgehens. 529 (5) Geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode Die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode (Profit Split Method) verfolgt insoweit einen eigenständigen Ansatz, als ein transaktionsbezogener Gewinn anhand fremdüblicher Gewinnaufteilungsmaßstäbe unter Berücksichtigung von Funktions- und Risikotragung aufzuteilen ist.530 Wird, wie allgemein üblich, auf Transaktionsbündel oder gar auf Unternehmensgewinne insgesamt abgestellt und zudem etwa die fremdübliche Verteilung des Gewinns zwischen unabhängigen Geschäftspartnern oder eine Beitragsanalyse zugrunde gelegt, so geht die Methode fließend in die unternehmensbezogene Ermittlung eines konzernanteiligen Gewinns über. Zu Recht wird die Eignung einer solchen Vorgehensweise zur Begründung der Fremdüblichkeit von Gewinnerwartungen – dies 526 527 528 529
530
Vgl. zu den Vergleichbarkeitskategorien unten Abschnitt 3.4.4.1. Vgl. grundlegend hierzu Perridon/Steiner (2004), S. 274 ff. Vgl. hierzu sowie zu weiteren Kritikpunkten Oestreicher, in: PwC (2005), S. 53. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf das aus den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren nicht klar hervorgehende Verhältnis des in Tz. 3.4.12.6 b) genannten Vergleichs mit dem funktions- und risikoadäquaten Anteil des betrachteten Konzernunternehmens am zu erwartenden Gesamtgewinn des Konzerns zu der in Tz. 3.4.10.3. d) beschriebenen Gewinnvergleichsmethode (globaler Gewinnvergleich, Comparable Profit Method), bei der – ebenfalls nicht geschäftsvorfallbezogen – „Nettogewinne von Geschäftsbereichen bzw. Unternehmen“ herangezogen werden. Je nach im Einzelfall gewählter Ausgestaltung dürften auch insoweit Überschneidungen auftreten, was allerdings für Verprobungszwecke die Zulässigkeit einer ansonsten unzulässigen Methode bedeuten würde. Vgl. zum globalen Gewinnvergleich auch Krahnert (2005), S. 29. Für die Gewinnzerlegung existieren dabei verschiedene Ansätze: die Beitragsanalyse, die Restgewinnanalyse, die Methode des eingesetzten Kapitals und die Methode der vergleichbaren Gewinnaufteilung. Vgl. hierzu Krahnert (2005), S. 27 f.; Jacobs (2002), S. 938 ff.
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betrifft die im Sinne der Konformität mit dem Bewertungsmaßstab verstandene konzeptionelle Stimmigkeit – deshalb in Frage gestellt, weil es sich aufgrund der Aufgabe des Transaktionsbezugs letztlich um ein Alternativkonzept zum Fremdvergleich handelt.531 Von der z.T. erfolgenden und im Widerspruch zur Methodenbezeichnung stehenden Ablösung von der transaktionsbezogenen Preisfindung abgesehen stellt sich hier die Frage nach dem fremdüblichen Gewinnaufteilungsmaßstab, wiederum verbunden mit den damit einhergehenden, aus der bereits mehrfach angesprochenen Vergleichbarkeitsproblematik resultierenden Ermittlungs- und Objektivierungsproblemen. Entsprechend müssen auch zu deren Bewältigung unternommene Versuche zwangsweise theoretischen Bedenken begegnen. Aufgrund ihrer eingeschränkten Zulässigkeit – die VerwaltungsgrundsätzeVerfahren führen hier beispielhaft das sog. „Global Trading“532 an533 – wird auch auf diese Methode nicht weiter eingegangen.534 3.4.3.2.3. Zum Verhältnis der Methoden Eine geschlossene Systematik zur Methodenwahl findet sich in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren nicht. Diese sehen jedoch eine „Unternehmenscharakterisierung“ vor,535 die an die von dem betrachteten Unternehmen übernommenen Chancen und Risiken anknüpft und auch Bedeutung für die anzuwendende Verrechnungspreismethode hat. Der Unternehmenscharakterisierung liegt die Vorstellung zugrunde, das in Rede stehende Unternehmen einem bestimmten Typus zuordnen zu können, um auf dieser Grundlage Rückschlüsse auf Größen wie Gewinn oder Rendite und letztlich auch auf die Verrechnungspreise bzw. deren Bestimmung ziehen zu können: Genannt werden das „Unternehmen mit Routinefunktionen“ und der „Entrepreneur“ (auch „Strategieträger“), eine dritte Gruppe soll daneben für solche Unternehmen gebildet werden, die nicht nur Routinefunktionen ausüben, aber auch nicht Entrepreneur sind. 531 532
533 534 535
Vgl. Oestreicher, in: PwC (2005), S. 52. Nach der Definition von Kaminski (2001), S. 166, ist hierunter der „kontinuierliche Handel mit Finanzprodukten rund um die Uhr an allen bedeutenden Handelsplätzen der Welt durch Teilbereiche eines Unternehmens bzw. Konzerns zu verstehen.“ Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.10.3 c). Vgl. zu dieser Methode jedoch z.B. Kaminski (2001), S. 159 ff. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.10.2. Vgl. zur Unternehmenscharakterisierung auch Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 157 ff. (2005); Rasch/Rettinger, BB 2007, S. 353 ff.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 213 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Von der fehlenden Trennschärfe ganz abgesehen, die der qualitativen Ausrichtung des Ansatzes geschuldet ist,536 erscheint das Vorgehen aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht nur in Anbetracht des mit dem Kategorisierungsversuch verbundenen wenig realitätsgerechten „Schubladendenkens“, sondern gerade mit Blick auf die an die Einstufung anknüpfenden pauschalen Schlussfolgerungen verfehlt.537 Wenn etwa die Aussage getroffen wird, dass Unternehmen, die lediglich Routinefunktionen ausüben und nur in geringem Umfang Wirtschaftsgüter einsetzen und nur geringe Risiken tragen, bei „üblichem Geschäftsablauf“ keine Verluste, sondern regelmäßig geringe aber relativ stabile Gewinne erzielen,538 geht dies schlichtweg an der betriebswirtschaftlichen Realität vorbei, können doch auch die Renditen funktionsarmer Unternehmen durchaus höchst unterschiedliche Werte annehmen.539 Die wesentliche Bedeutung der Unternehmenscharakterisierung besteht – wie schon erwähnt – darin, dass die vorzunehmende Methodenwahl z.T. in mehr oder weniger konkreter Form hieran anknüpft.540 Ein systematisches Vorgehen bzw. Konzept lassen die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren allerdings vermissen. Vielmehr finden sich an die Unternehmenscharakterisierung anknüpfende Aussagen zur Methodenwahl an ganz verschiedenen Stellen der Verwaltungsgrundsätze.541 Als Tendenz lässt sich dabei ableiten, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung unverändert in erster Linie die transaktionsbezogenen Standardmethoden zur Anwendung kommen.542 Auf andere Methoden ist grundsätzlich nur dann auszuweichen, wenn keine Fremdvergleichsdaten verfügbar sind. Vor dem Hintergrund eines als Einzeltransaktionspreis verstandenen Fremdver536
537
538 539 540 541
542
Vgl. auch kritisch Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 158 (2005); Wehnert/Brüninghaus/Marx u.a., IStR 2005, S. 717; Rasch/Rettinger, BB 2007, S. 354 f. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die allgemeine Feststellung von Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2005, S. 1549, dass das eigentliche Ziel der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, nur unzureichend, in Teilbereichen sogar überhaupt nicht erreicht werde. Vgl. auch Oestreicher, in: PwC (2005), S. 18; Schnorberger, in: PwC (2005), S. 12 f., mit dem Appell an die Finanzverwaltung, sich „in Fragen der Angemessenheitsdokumentation […] mit den Erkenntnissen der Ökonomie auseinanderzusetzen.“ Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.10.2 a). Vgl. Oestreicher, in: PwC (2005), S. 18. Kritisch auch Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 161 (2005). Vgl. hierzu auch Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2005, S. 1551. Vgl. zu den Standardmethoden Tz. 3.4.10.3 a); zur geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode Tz. 3.4.10.2 c) und Tz. 3.4.10.3 b); zu den Planrechnungen Tz. 3.4.10.2. c) und Tz. 3.4.12.6 a) sowie zur geschäftsvorfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode Tz. 3.4.10.3 c). Vgl. auch Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 160 (2005).
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gleichspreises ist diese methodische Präferenz zwar nahe liegend. Gleichwohl darf nicht verkannt werden, dass in der Regel – und gerade wenn Anpassungsrechnungen erforderlich sind – nicht feststellbar ist, ob eine transaktionsbezogene Standardmethode oder eine andere Methode eine „zuverlässigere“ Preisbestimmung bzw. -prüfung ermöglicht, so dass die Rangfolge unter diesem Gesichtspunkt nicht gerechtfertigt ist. Ungeachtet gewisser, zum Ausdruck kommender Präferenzen ist ferner zu konstatieren, dass den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren letztlich keine klare Methodenhierarchie entnommen werden kann. Indem z.T. auch bei der Methodenwahl selbst auf die nicht abschließend definierte – weiter unten noch zu erörternde – Vergleichbarkeit abgestellt wird,543 ergeben sich im Übrigen nicht nur Unklarheiten, sondern u.U. auch Gestaltungsspielräume. Gleichwohl erscheint es gerade in Anbetracht zu verzeichnender Einschränkungen aber auch umgekehrt nicht gerechtfertigt, von einer „Freiheit der Methodenwahl“544 auszugehen. So wird etwa die Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode auf „Unternehmen, die mehr als Routinefunktionen ausüben, ohne ‚Entrepreneur’ zu sein“545, ausdrücklich abgelehnt. Begründet wird dies insbesondere damit, dass „solche Unternehmen erhebliche individuelle Risiken tragen, für die regelmäßig nicht feststellbar ist, ob diese eine ausreichende Entsprechung in den Renditekennziffern der Vergleichsunternehmen finden und umgekehrt.“546 In entsprechender Weise soll die Methode auf Entrepreneur-Unternehmen nur anwendbar sein, soweit diese über abgrenzbare Routinefunktionen verfügen.547 Hinter diesen Wertungen verbergen sich in letzter Konsequenz implizite Vergleichbarkeitsüberlegungen, die allerdings gänzlich losgelöst von den konkreten Transaktions- bzw. Geschäftsbedingungen vorgenommen werden und damit – von der bereits für sich fragwürdigen und ohnehin nicht trennscharf möglichen Unternehmenscharakterisierung ganz abgesehen – einer theoretischen Fundierung ermangeln. Nicht einsichtig ist dabei einmal mehr, warum die „Herstellung“ von Vergleichbarkeit durch Anpassungsrechnungen im Grundsatz als unproblematisch angesehen, im Hinblick auf die Verwendung der geschäftsvorfallbezogenen Nettomargenmethode aber in der betrachteten Konstellation ohne konkreten Sachverhaltsbezug von
543 544 545 546 547
Vgl. zur Vergleichbarkeit unten Abschnitt 3.4.4. Oestreicher, StuW 2006, S. 244. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.10.3 b). Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.10.3 b). Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.10.3 b).
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 215 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
vornherein ausgeschlossen wird.548 Nicht konsequent ist ferner, diese Methode zunächst abzulehnen, sie jedoch dann wieder zur Plausibilisierung, Verprobung und Schätzung zuzulassen.549 Inwieweit ein Unterschied bestehen soll zwischen der originären Anwendung der Nettomargenmethode und ihrer Heranziehung „nur zu Verprobungszwecken“, etwa im Rahmen von Planrechnungen, erschließt sich jedenfalls nicht. Nicht nur die in Abschnitt 3.4.3.2.2. durchgeführte Analyse der einzelnen Verrechnungspreismethoden, sondern auch die vorstehende Auseinandersetzung mit dem Verhältnis der einzelnen Methoden zueinander verdeutlicht, dass das dominierende Problem bei allen Methoden – selbst bei Zulässigkeit der Bildung von Bewertungseinheiten – in der Verwendung und in der Verfügbarkeit bzw. Gewinnung von Vergleichsdaten liegt. Dieses methodenübergreifende Problem erfährt im Rahmen der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren durch eine gesonderte Vergleichbarkeitsprüfung, den ausdrücklich zulässigen Rückgriff auf Datenbankanalysen und dezidierte Handlungsanweisungen zum Vorgehen bei Feststellbarkeit mehrerer Vergleichspreise Berücksichtigung. Wenngleich – um es vorwegzunehmen – die Beurteilung, dass die Verrechnungspreisermittlung und insbesondere die Durchführung von Anpassungsrechnungen in theoretischer Hinsicht Bedenken begegnet, nicht zu revidieren sein wird, ist im Folgenden der seitens der Finanzverwaltung geleistete Beitrag zum Umgang mit der aus dem Vergleichbarkeitserfordernis resultierenden Ermittlungs- und Objektivierungsproblematik zu analysieren. Vorweg erscheint jedoch die Feststellung bedeutsam, dass bei der Verrechnungspreisbestimmung dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung anders als etwa dem Stichtagsprinzip im Zusammenhang mit der Bewertung nicht notierter Anteile, im Rahmen derer lediglich Verkäufe vor dem Stichtag, dagegen solche nach dem Stichtag überhaupt nicht für die Wertfindung nutzbar gemacht werden550, methodenübergreifend wohl keine vertiefte Bedeutung beigemessen wird. In den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren findet sich lediglich der Hinweis, dass hinsichtlich der Markt- und Wettbewerbsverhältnisse auch der Zeit548
549 550
Eine Anwendung der Nettomargenmethode auf Entrepreneur-Unternehmen für Zwecke der Ermittlung des Gesamtergebnisses aber ebenfalls ablehnend Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 161 (2005). Kritisch auch Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 161 (2005). Vgl. zu dieser eingeschränkten vergangenheitsorientierten Wertableitung oben Abschnitt 3.2.3.1.
216 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
punkt der Geschäfte von Bedeutung ist. Ausdrückliche konkrete zeitliche Einschränkungen sind jedoch nicht vorhanden.551 Vergleichstransaktionen vor wie auch nach dem jeweiligen Zeitpunkt der betrachteten, zu „bepreisenden“ Transaktion, d.h., vergangenheitsorientierte Wertableitungen einerseits wie auch eine flexible Planung552 im oben verstandenen Sinne andererseits dürften somit wohl in begrenztem Ausmaß für Zwecke der Wertfindung zulässig sein. Hierfür spricht auch die Billigung von Mehrjahresanalysen, die allerdings ausdrücklich nicht mit einer generellen Zulässigkeit von Durchschnittsbetrachtungen gleichgesetzt werden soll.553 3.4.4. Vergleichbarkeit als zentrales methodenübergreifendes Problem 3.4.4.1. Vergleichbarkeitsprüfung Nach den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren ist eine Vergleichbarkeitsprüfung im Hinblick auf die zugrunde liegenden Geschäftsbedingungen vorzunehmen, im Rahmen derer – wie in Abb. 3.4.-2 dargestellt – zwischen verschiedenen Vergleichbarkeitskategorien – der uneingeschränkten Vergleichbarkeit, der Unvergleichbarkeit und der eingeschränkten Vergleichbarkeit – mit jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen zu unterscheiden ist;554 dabei werden dieselben preisgestaltungsrelevanten Faktoren angeführt wie in den OECD-Leitlinien 1995.555 Wenngleich die im Einzelfall festgestellte Vergleichbarkeitskategorie auch Einfluss hat auf die anzuwendende Verrechnungspreismethode selbst, so dürfte ihre entscheidende Bedeutung doch darin zu sehen sein, dass sie den Umgang mit mehreren Vergleichspreisen – nachfolgend als Umgang mit der Mehrwertigkeit bezeichnet – maßgeblich mitbestimmt.556
551
552 553 554 555
556
Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.11.4. Ähnlich bereits die Verwaltungsgrundsätze 1983, Tz. 3.1.2.1.: „Maßgebend sind die Verhältnisse aus der Sicht im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses“. Vgl. oben Abschnitt 2.3.4.2. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.12.9. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.12.7. Die für die eingeschränkte Vergleichbarkeit angeführten Kriterien basieren auf einer eigenen Auslegung der dortigen Ausführungen. Vgl. hierzu im Einzelnen auch Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 233 (2005). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die OECD sich derzeit intensiv mit Fragen der Vergleichbarkeit beschäftigt und mit Veröffentlichung auf ihrer Homepage vom 10.02.2006 um Stellungnahme zu verschiedenen Problembereichen gebeten hat, die sich im Rahmen einer vorangegangenen Erhebung herauskristallisiert haben. Vgl. hierzu OECD (2006). Vgl. zum Umgang mit der Mehrwertigkeit unten Abschnitt 3.4.4.3.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 217 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}} Vergleichbarkeitsprüfung
Preisgestaltungsrelevante Faktoren (exemplarisch): Merkmale und Besonderheiten der betreffenden Wirtschaftsgüter und Dienstleistungen; ausgeübte Funktionen, übernommene Risiken sowie eingesetzte Wirtschaftsgüter; vertragliche Bedingungen; wirtschaftliche Umstände im maßgeblichen Markt; Geschäftsstrategie
Uneingeschränkte Vergleichbarkeit - identische Geschäftsbedingungen oder - Unterschiede bei den Geschäftsbedingungen sind unwesentlich oder - Unterschiede in Geschäftsbedingungen durch Anpassungsrechnungen beseitigt und - qualitative Zuverlässigkeit der Daten
Eingeschränkte Vergleichbarkeit - Unterschiede in den Geschäftsbedingungen, - die jedoch nicht gravierend sind - die durch Anpassungsrechnungen beseitigbar sind
Unvergleichbarkeit - Unterschiede in den Geschäftsbedingungen, die nicht durch Anpassungsrechnungen beseitigbar sind - lückenhafte, unüberprüfbare oder qualitativ unzuverlässige Daten
uneingeschränkt verwendbar
u. U. verwendbar
nicht verwendbar
Abb. 3.4.-2: Vergleichbarkeitsprüfung nach den VerwaltungsgrundsätzenVerfahren Dass eine trennscharfe Abgrenzung der Kategorien auch hier ausscheidet, bedarf keiner vertieften Erörterung. Dies zeigt bereits der in Abb. 3.4.-2 auf der Grundlage von Tz. 3.4.12.7 der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren unternommene Systematisierungsversuch. Konflikte zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung dürften sich somit nur in der wohl wenig praxisrelevanten Konstellation ausschließen bzw. vermeiden lassen, in der von vornherein infolge „zweifelsfrei“ identischer Geschäftsbedingungen uneingeschränkte Vergleichbarkeit vorliegt. Ist dies nicht der Fall, stellt sich die bereits oben erwähnte Problematik, wie die ggf. vorzunehmenden Anpassungsrechnungen im Einzelnen durchzuführen sind und ob sie zur Herstellung einer eingeschränkten Vergleichbarkeit geeignet sind; auf die Nichtexistenz eines theoretisch begründbaren Vorgehens und insbesondere in der Betriebswirtschaftslehre insoweit fehlende Ansätze wurde bereits hingewiesen.557 Gerade vor dem Hintergrund, dass schon im Rahmen bzw. zur Herstellung uneingeschränkter Vergleichbarkeit solche Anpassungsrechnungen geboten sein können, erscheint die Einführung einer eigenständigen, die eingeschränkte Vergleichbarkeit betreffenden Kategorie, im Rahmen derer u.U. ebenfalls Anpas557
Vgl. oben Abschnitt 3.4.3.2.2.
218 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
sungsrechnungen erforderlich sind, fragwürdig. In Anbetracht der absehbaren Abgrenzungsschwierigkeiten kann das „Konzept“ der Vergleichbarkeitsprüfung somit allenfalls als „grober Bezugsrahmen“ dienen. Dass mit der „eingeschränkten Vergleichbarkeit“ eine eigenständige Kategorie eingeführt wird, lässt im Übrigen bereits vermuten, dass im Sinne einer „Öffnungsklausel“ gerade auch die Möglichkeit geschaffen werden soll, vor dem Hintergrund der bestehenden Vergleichbarkeitsproblematik und der daraus resultierenden Ermittlungsproblematik ausdrücklich auch nicht uneingeschränkt vergleichbare Daten für die Verrechnungspreisfindung nutzbar zu machen. Auf die Erweiterung der Möglichkeiten zur Preisbestimmung zielt wohl auch die Verwendung von Datenbanken ab, auf die nachfolgend einzugehen ist. 3.4.4.2. Erhöhte Verfügbarkeit von Vergleichsdaten durch Datenbankeinsatz? Hatte der BFH die Möglichkeit der Verrechnungspreisbestimmung anhand von allgemein zugänglichen Unternehmensdatenbanken in seinem Urteil vom 17.10.2001558 ausdrücklich befürwortet, so erachtet auch die Finanzverwaltung die Heranziehung solcher Datenbanken zur Gewinnung von vergleichbaren Daten, namentlich zur Durchführung von Nettorenditevergleichen in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren für zulässig.559 Hinter dieser letztlich mit den im obigen Sinne verstandenen Bewertungseinheiten einhergehenden Vorgehensweise steht wohl neben der Erhöhung der Verfügbarkeit von Vergleichsdaten letztlich auch der Wunsch nach einer zumindest nachvollziehbaren Bewertung.560 Die Verwendung von Datenbanken ist jedoch keineswegs unproblematisch. So enthalten Unternehmensdatenbanken regelmäßig keine vollständigen Unternehmensbeschreibungen, so dass eine detaillierte Vergleichbarkeitsprüfung schwer möglich ist. Auch ist eine Ableitung der Funktionen und Risiken 558 559
560
Vgl. BFH, Urt. v. 17.10.2001, I R 103/00, BStBl. II 2004, S. 171, GP III.A. 2. c) cc. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.12.4. Vgl. zur Datenbankanalyse Oestreicher, StuW 2006, S. 243 ff.; Scholz/Crüger, RIW 2005, S. 34 ff.; Vormoor (2005); Oestreicher/Vormoor, IStR 2004, S. 95; Oestreicher/Duensing, IStR 2005, S. 134; Baumhoff, IStR 2003, S. 3 f.; zur praktischen Vorgehensweise bei der Erstellung einer Datenbankstudie ausführlich Kühnlein/Wingendorf, in: PwC (2005), S. 115 ff. Vgl. zur Vergleichbarkeitsproblematik im Zusammenhang mit Datenbanken auch Oestreicher, in: PwC (2005), S. 48; Oestreicher/Duensing, IStR 2005, S. 136, die zwischen der erforderlichen Homogenität der Geschäftsvorgänge oder Funktionen und der Vergleichbarkeit der Unternehmen auf der anderen Seite differenzieren.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 219 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
der enthaltenen Unternehmen allenfalls indirekt über Branchencodes oder Tätigkeitsbeschreibungen möglich, die jedoch keinem einheitlichen Raster folgen und häufig auch nicht eindeutig sind. Als weiterer Aspekt sei hier nur die hinsichtlich des Rückgriffs auf internationale Datenbanken mögliche Verwendung unterschiedlicher Rechnungslegungsregeln angeführt.561 Wenngleich aggregierte Daten aus Datenbanken der Verfügbarkeit von Vergleichsdaten zuträglich sein können, machen bereits die vorstehenden Gesichtspunkte deutlich, dass u.U. – abhängig von der Ausgestaltung der jeweiligen Datenbank – erhebliche Probleme auftreten können.562 Dies ist wohl auch der Finanzverwaltung bewusst, welche die Voraussetzungen und den Anwendungsbereich für die Verwendung von Datenbanken eng eingegrenzt hat.563 3.4.4.3. Der Umgang mit der Mehrwertigkeit 3.4.4.3.1. Die Entscheidung des BFH vom 17.10.2001 Oben wurde herausgearbeitet, dass regelmäßig mehrere Vergleichspreise im Sinne einer Preisbandbreite vorliegen dürften. Mit dieser Konstellation haben sich Rechtsprechung und Finanzverwaltung bereits in der Vergangenheit auseinandergesetzt.564 Von Interesse ist dabei zunächst die Klärung der Ursachen für die Existenz von Preisbandbreiten.565 Der BFH hat hierzu in seinem Urteil vom 17.10.2001566 festgestellt, dass „der Fremdvergleichspreis in der Regel […] aus einer Bandbreite von Preisen besteht, was sich nicht nur aus dem Unterschied zwischen übernommenen Funktionen und Risiken, sondern ebenso z.B. aus unterschiedlichen Unternehmensstrategien und Zielsetzungen erklären kann.“ An gleicher Stelle führt der BFH aus: „Unabhängige Unternehmen müssen auch bei vergleichbaren Bedingungen nicht immer den gleichen Preis nehmen bzw. bezahlen.“ Der BFH gibt mit diesen Aussagen zwar die in der Realität anzutreffende Konstellation zutreffend wieder, bei der im Gegensatz zu dem theoretischen Konstrukt eines vollkommenen Marktes gerade nicht nur ein Preis exis-
561 562 563 564 565 566
Vgl. Oestreicher/Vormoor, IStR 2004, S. 98 f. Vgl. hierzu auch unten Abschnitt 3.4.4.3.2. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.12.4. Vgl. auch Oestreicher, StuW 2006, S. 342. Vgl. hierzu Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 352 ff. Vgl. Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 348 ff. BFH, Urt. v. 17.10.2001, I R 103/00, BStBl. II 2004, S. 176.
220 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
tiert.567 Dafür, dass diese Feststellung aber „auf Basis des in den Wirtschaftswissenschaften bekannten Konzepts des vollkommenen Marktes“ erfolgt,568 finden sich allerdings in dem Urteil keine Anhaltspunkte. Allenfalls ist dem BFH zu attestieren, dass er zumindest zwei Aspekte benennt, die auf mögliche Gründe für das Nichtvorliegen eines vollkommenen Marktes zurückgeführt werden können: das Vorliegen sachlich nicht homogener Güter einerseits und die eine Preisdifferenzierung ermöglichende unvollständige Markttransparenz andererseits. Neben dem Nichtvorliegen eines vollkommenen Marktes lässt sich zwar als weitere Ursache für die Existenz von Bandbreiten aus betriebswirtschaftlicher Sicht die Herausbildung von Preisobergrenzen und Preisuntergrenzen anführen, innerhalb derer die verhandlungsabhängige Preisbildung erfolgt.569 Diese Ursache bzw. dieser Ursachenkomplex bezieht sich allerdings nicht in erster Linie auf die Erklärung unterschiedlicher, tatsächlich am Markt beobachtbarer Preise, sondern erscheint unmittelbar vielmehr zur Erklärung einer möglichen Preisbandbreite bei der fiktiven Preisfindung unter Zugrundelegung des doppelt ordentlichen Geschäftsleiters geeignet (hypothetischer Fremdvergleich). Was nun den Umgang mit Bandbreiten betrifft, so hat der BFH in seinem Urteil vom 17.10.2001 vertreten, dass letztlich jeder Wert innerhalb einer Bandbreite dem Fremdvergleich entspricht.570 Der Ansatz eines Mittelwerts kommt nach der Rechtsprechung des BFH demgegenüber nur dann in Betracht, wenn dies wiederum selbst als fremdüblich angesehen werden kann. Entsprechend hat der BFH dies in der Vergangenheit in den die zinslose Darlehensgewährung betreffenden sog. Zinsurteilen mit der Begründung bejaht, dass sich Darlehensgläubiger und Darlehensschuldner im Zweifel die Spanne zwischen den banküblichen Haben- und Schuldzinsen teilen.571
567
568 569 570 571
Vgl. hierzu sowie generell zur Erklärung von Preisbandbreiten durch das Fehlen eines vollkommenen Marktes Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 347. Vgl. in diesem Zusammenhang auch bereits oben Abschnitt 3.4.3.1. So Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 347. Vgl. Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 350; derselbe, in: FS Flick (1997), S. 643 ff. Vgl. hierzu auch bereits oben Abschnitt 2.3.3.2.1. Vgl. BFH, Urt. v. 17.10.2001, I R 103/00, BStBl. II 2004, S. 176. Vgl. BFH, Urt. v. 19.01.1994, I R 93/93, BStBl. II 1994, S. 725; Urt. v. 28.02.1990, I R 83/87, BStBl. II 1990, S. 649. Vgl. zuletzt auch BFH, Urt. v. 22.10.2003, I R 36/03, BStBl. II 2004, S. 307. Vgl. zur Zinsfestlegung auch Baumhoff, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 1 AStG, Rn. 743.1 (2000).
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 221 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
In dem in Reaktion auf das Urteil vom 17.10.2001 ergangenen BMF-Schreiben vom 26.02.2004 hat die Finanzverwaltung die Möglichkeit der Ausnutzung der gesamten Bandbreite im Grundsatz bejaht.572 An gleicher Stelle findet sich aber auch folgende relativierende Aussage: „Hat der Steuerpflichtige einen Wert angenommen, der günstiger für ihn ist als die Werte der festgestellten Bandbreite, ist der Wert innerhalb der Bandbreite anzunehmen, für den die größte Wahrscheinlichkeit spricht. Nur wenn innerhalb der Bandbreite Werte festgestellt werden, die mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit dem Fremdvergleich entsprechen, ist der Wert anzusetzen, der für den Steuerpflichtigen die geringste Belastung auslöst.“573 3.4.4.3.2. Mehrwertigkeit in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren Die vorstehenden Überlegungen der Finanzverwaltung haben auch in die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren Eingang gefunden, die das Problem des Vorliegens mehrerer Fremdvergleichswerte (Bandbreite) gesondert thematisieren.574 Vorrangig maßgeblich ist hiernach regelmäßig der Wert, für den die größte Wahrscheinlichkeit innerhalb der Bandbreite spricht. Ist ein solcher nicht vorhanden, so ist zunächst von der gesamten Bandbreite der Vergleichswerte auszugehen und in Abhängigkeit der Vergleichbarkeit zu differenzieren. Besteht uneingeschränkte Vergleichbarkeit, kann der Steuerpflichtige die volle Bandbreite ausschöpfen. Liegt demgegenüber nur eingeschränkte Vergleichbarkeit vor, ist die Bandbreite einzuengen, um die Vergleichsdaten für die Preisfindung nutzbar zu machen. Neben Verprobungen kommen hier Plausibilitätsbeurteilungen und „mathematische Verfahren“ in Betracht. Nachfolgende Abb. 3.4.-3 stellt das Vorgehen dar, das im Folgenden näher zu analysieren ist.
572
573
574
Vgl. BMF, Schr. v. 26.02.2004, IV B 4 – S 1300 – 12/04, BStBl. I 2004, S. 270 ff. Vgl. hierzu Wehnert/Stalberg, IStR 2004, S. 466 ff.; Kroppen/Rasch, IWB 2004, Fach 3, Gruppe 1, S. 2057 ff. Vgl. BMF, Schr. v. 26.02.2004, IV B 4 – S 1300 – 12/04, BStBl. I 2004, S. 270 ff. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass die Finanzverwaltung im Zusammenhang mit der Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers – letztlich wiederum im Einklang mit dem BFH-Urt. v. 17.10.2001 – vertritt, dass nur der Teil der Bezüge unangemessen sein könnte, der das obere Quartil der Bandbreite, ggf. unter Berücksichtigung situationsspezifischer Zuoder Abschläge übersteige. Vgl. OFD Düsseldorf, Vfg. v. 17.06.2004, S 2742 A – St 13/S 2742 – 88 – St 131 – K, DStR 2004, S. 1386 f. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.12.5.
222 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}} Mehrere Fremdvergleichswerte (Bandbreite)
Existiert ein Wert mit größter Wahrscheinlichkeit?
ja
Verwendung des Werts mit größter Wahrscheinlichkeit
nein Verwendung der Bandbreite
Uneingeschränkte Vergleichbarkeit
Eingeschränkte Vergleichbarkeit
Gesamte Bandbreite
Einengung der Bandbreite
Verprobungen
Plausibilitätsbeurteilungen
Mathematische Verfahren
Abb. 3.4.-3: Der Umgang mit mehreren Fremdvergleichswerten nach den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren Zunächst erscheint die Feststellung bedeutsam, dass das „Ausmaß“ der Vergleichbarkeit – eingeschränkte oder uneingeschränkte – im Rahmen des Umgangs mit mehreren Fremdvergleichspreisen ausdrücklich berücksichtigt wird. Nicht überzeugend ist aber das – der BFH-Rechtsprechung offensichtlich widersprechende – vorrangige Abstellen auf den Wert mit der größten Wahrscheinlichkeit.575 Hieran ist unklar, worauf sich die Wahrscheinlichkeit konkret bezieht und wie diese zu bestimmen ist. Im Schrifttum werden hierfür zwei Interpretationen in Betracht gezogen: 576 Quantitative Interpretation: Gemeint sein könnte der Anteil des Werts an der Grundgesamtheit im Sinne der Häufigkeit, wobei auf die Anzahl der eine 575
Vgl. Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 352 ff.; Oestreicher/Duensing, IStR 2005, S. 135. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der BFH in einer Entscheidung vom 06.04.2005, wenn auch ohne Bezugnahme auf die Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, erneut den aus Sicht des Steuerpflichtigen günstigsten Wert innerhalb einer Bandbreite für maßgeblich erklärt hat. Vgl. BFH, Urt. v. 06.04.2005, I R 22/04, BB 2005, S. 1721, mit Anm. Bogenschütz. Vgl. hierzu auch Kaminski/Strunk, BB 2005, S. 2379 ff.; Baumhoff/Ditz/Greinert, IStR 2005, S. 592 ff.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 223 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Ware oder Dienstleistung zu unterschiedlichen Preisen anbietenden Anbieter abgestellt werden könnte. Insbesondere würde dies allerdings einen vollständigen Marktüberblick voraussetzen, der kaum zu erlangen sein dürfte. Auch ist fraglich, ob ein und derselbe Preis überhaupt mehrfach beobachtet werden kann. Im Übrigen würde sich hier das Problem stellen, dass allein auf die Wahrscheinlichkeit eines Einzelwerts abgestellt wird, ohne dass die Verteilung um diesen herum ausreichend Berücksichtigung fände.577 Eine derartige quantitative Interpretation des Begriffs der größten Wahrscheinlichkeit hilft somit nicht weiter. Qualitative Interpretation: Alternativ könnte die größte Wahrscheinlichkeit im Sinne einer qualitativen Auslegung als Ausmaß der Vergleichbarkeit verstanden werden. Dabei stellt sich jedoch gleichermaßen das Problem der Ermittlung der Grundgesamtheit der möglichen Anbieter. Zuverlässige Aussagen sind dann nicht möglich, wenn nur eine Teilmenge der möglichen Anbieter betrachtet wird. Selbst bei unterstellter vollständiger Erhebung der Grundgesamtheit, könnte der am ehesten vergleichbare Wert im Übrigen immer noch als – auf Marktunvollkommenheiten zurückzuführender – „Ausreißer“ zu qualifizieren sein.578 Beide Ansätze – quantitative und qualitative Interpretation – und somit auch das Abstellen auf die größte Wahrscheinlichkeit sind letztlich nicht zielführend.579 Nicht konsequent ist in diesem Zusammenhang zudem, dass in Berichtigungsfällen, in denen der seitens des Steuerpflichtigen angesetzte Wert außerhalb einer Bandbreite uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbarer Fremdvergleichspreise liegt, der für ihn günstigste Wert angesetzt werden darf und von dem Wert mit der größten Wahrscheinlichkeit keine Rede ist.580 Eine andere Frage, die sich im Hinblick auf den Wert mit der größten Wahrscheinlichkeit – von dessen zweifelhafter Ermittelbarkeit abgesehen – stellt, ist, ob gleichwohl Anstrengungen zur Eliminierung von auf mögliche Marktunvoll576 577 578
579
Vgl. Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 352 ff. Vgl. Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 369. So wäre etwa denkbar, dass der „am ehesten vergleichbare“ Wert sich der Höhe nach erheblich von einer Vielzahl von Werten unterscheidet, die nur marginal unterschiedliche Bedingungen aufweisen und allesamt nah bei einander liegen. Vgl. hierzu auch Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 358. So auch Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 358. Vgl. auch Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2005, S. 1554.
224 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
kommenheiten zurückzuführenden „Ausreißern“ unternommen werden sollten. Dies erscheint zwar sachgerecht.581 Erforderlich wäre hierfür jedoch die Kenntnis oder das Treffen von Annahmen bezüglich der zugrunde liegenden Verteilung der Vergleichswerte. Die insoweit bestehenden Schwierigkeiten dürften der Grund dafür sein, dass das geltende Recht hierauf von vornherein nicht eingeht. Sieht man von der Problembehaftung des Abstellens auf die größte Wahrscheinlichkeit ab und betrachtet das Vorgehen bei einer Bandbreite von Preisen bei uneingeschränkter Vergleichbarkeit, so ist dies dadurch gekennzeichnet, dass letztlich keine „einwertige Gesamtaussage“ abgeleitet wird. Insoweit lässt sich eine Parallele ziehen zum in der Terminologie der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre als Entscheidung auf Basis der vollständigen Risikostruktur bezeichneten Vorgehen, das ebenfalls eine Angabe von Bandbreiten verfolgt, innerhalb derer sich die Auswirkungen einer Strategie bewegen.582 Anders als etwa bei der weiter unten im Zusammenhang mit der Wegzugsbesteuerung noch zu erörternden Festlegung auf den niedrigsten Börsenkurs (bei notierten Anteilen) wird somit hier nicht von vornherein nur eine „Datensituation“ bemüht,583 sondern dem Steuerpflichtigen die Entscheidung im Sinne der Verdichtung zu einer einwertigen Gesamtaussage überlassen. Was demgegenüber die eingeschränkte Vergleichbarkeit betrifft, so wurde bereits oben auf die unklare Abgrenzung zur uneingeschränkten Vergleichbarkeit hingewiesen, die bereits für sich betrachtet eine eigenständige Vorgehensweise bei eingeschränkter Vergleichbarkeit fragwürdig erscheinen lässt.584 Die Möglichkeit einer solchen Kategorisierung einmal unterstellt, erscheint es aber zudem fragwürdig, den für die Besteuerung maßgeblichen Preis aus den erklärtermaßen nur eingeschränkt vergleichbaren Daten ableiten zu wollen. Einmal mehr wird hier wohl gleichsam „aus der Not geboren“ eine Lösung bemüht, die von der theoretischen Fragwürdigkeit einer Preisableitung an sich ganz abgesehen auch insoweit erheblichen Bedenken begegnet, als bereits die Ausgangsüberlegung selbst zweifelhaft erscheint: Auch bei fehlender uneingeschränkter Vergleichbarkeit soll noch eine Preisableitung ermöglicht werden. Wie auch 580 581 582 583 584
Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.20 b). Vgl. zu entsprechenden Überlegungen auch Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 363 ff. Vgl. oben Abschnitt 2.3.4.2. Vgl. unten Abschnitt 3.5.3.1.1. Vgl. auch bereits oben Abschnitt 3.4.4.1.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 225 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Abb. 3.4.-5 verdeutlicht, soll dabei im Gegensatz zur uneingeschränkten Vergleichbarkeit vorweg eine Verengung der feststellbaren Bandbreite erfolgen. Neben – letztlich im Wesentlichen auf die zusätzliche Heranziehung anderer Verrechnungspreismethoden zurückzuführenden und daher nicht weiter zu erörternden – Verprobungen und Plausibilitätsüberlegungen kommen hier nach den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren sog. mathematische Verfahren in Betracht.585 Wenngleich auch andere Verfahren zulässig sind, scheint die Finanzverwaltung erklärtermaßen die Bandbreitenverengung durch Abschneiden von Quartilen (auch Interquartilsmethode genannt) zu bevorzugen. Zu dieser Annahme gibt nicht zuletzt die Aussage Anlass, dass diese Methode selbst bei einer nur kleinen Anzahl von Vergleichswerten ausdrücklich anwendbar sein soll.586 Nach der – auch international verbreiteten587 – Interquartilsmethode ist eine Einengung der Bandbreite im Wege des Ausscheidens von 25 % der kleinsten und 25 % der größten Werte vorzunehmen. Problematisch ist dabei aber bereits die fragwürdige Qualität der herangezogenen Vergleichswerte selbst. Werden gleichwohl die relevanten Ausprägungen auf die mittleren 50 % der Ausprägungen beschränkt, so wird unterstellt, dass das zuverlässigste Ergebnis aus dem Median bzw. den diesen umgebenden Werten resultiert.588 Für den Fall der tatsächlich fehlenden Kenntnis der Bedingungen des Zustandekommens der Vergleichswerte wird eine solche Vorgehensweise im Schrifttum zu Recht als willkürlich bezeichnet.589 Im Übrigen wird bei kardinal skalierten Beobachtungen – wie hier gegeben – als sog. Lageparameter, d.h. die Lokalisierung des gesamten Datenmaterials auf der Merkmalsachse am besten beschreibender
585 586 587
588 589
Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.12.5 d). Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.12.5 d); Oestreicher, in: PwC (2005), S. 47. Eine Bandbreitenverengung nach der Interquartilsmethode sehen insbesondere die US-amerikanischen Verrechnungspreisrichtlinien unter bestimmten Voraussetzungen vor. Vgl. hierzu auch Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 362 f. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 225 (2005), der darauf hinweist, dass sich die Finanzverwaltung auf die in den USA und Großbritannien gebräuchliche Methode gestützt habe. Demgegenüber ist nach den OECD-Leitlinien 1995 zwar für den Steuerpflichtigen die gesamte Bandbreite zulässig, im Berichtigungsfall jedoch auf den, den Gegebenheiten und Umständen des konzerninternen Geschäfts am besten entsprechenden Wert zu korrigieren. Vgl. OECD (1995), Tz. 1.48. Kritisch hierzu Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 361 f. Vgl. Oestreicher, in: PwC (2005), S. 47. Vgl. Oestreicher, in: PwC (2005), S. 47 f.
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Wert, üblicherweise das arithmetische Mittel verwendet.590 Zudem ist aus methodischer Sicht anzumerken, dass mit einer Beschränkung auf die mittleren 50 % zwar der Einfluss von Ausreißerwerten verringert und im Idealfall sogar eliminiert wird.591 Allerdings handelt es sich bei der Interquartilsmethode keineswegs um ein anerkanntes statistisches Verfahren, das auf die systematische Identifizierung und Eliminierung von Ausreißern gerichtet ist. Ob die mit der Interquartilsmethode ausgeschlossenen Werte tatsächlich Ausreißer oder vielmehr ebenfalls repräsentative Beobachtungen darstellen, lässt sich daher nicht feststellen.592 An der Bandbreitenverengung mittels Interquartilsmethode sind somit erhebliche Zweifel angebracht.593 Das in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren enthaltene Beispiel zur Interquartilsmethode lässt vermuten,594 dass die Finanzverwaltung hier insbesondere die Vorstellung vor Augen hatte, dass die erforderlichen Daten (vor allem wohl Vergleichsrenditen) durch den Rückgriff auf Unternehmensdatenbanken ermittelt werden können. Die bei der Verwendung von Unternehmensdatenbanken auftretenden Probleme wurden oben bereits in grundlegender Form erörtert.595 Vor diesem Hintergrund drängen sich gerade im Hinblick auf die Anwendung der Interquartilsmethode im Zusammenhang mit solchen Datenbanken Bedenken auf. Diese Bedenken werden auch durch erste empirische Untersuchungen bestätigt, welche die Fehleranfälligkeit – bezogen auf die Ermittlung von „vergleichbaren“ Rohgewinnmargen – herausstellen.596 Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass das festgestellte Fehlerpotenzial – ungeachtet der methodischen Fragwürdigkeit – nicht auf die Interquartilsmethode an sich, sondern vielmehr primär auf die festzustellenden Unzulänglichkeiten der verwendeten Datenbanken, insbesondere die vorgenommenen Unternehmenskategorisierungen selbst zurückzuführen ist. Hiervon abgesehen können aber auch die von den Unternehmen übernommenen Funktionen und Risiken erhebliche Unterschiede 590
591 592 593 594 595 596
Vgl. Bamberg/Baur (2002), S. 16 ff. Als Nachteil des Medians wird zudem angeführt, dass der Median u.U. nur die Zahlenwerte von einer oder zwei Ausprägungen berücksichtigt. Vgl. Schira (2005), S. 46. Vgl. auch Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 363. Vgl. in diesem Zusammenhang aber Hartung (2002), S. 343, zu sog. Ausreißertests, die jedoch allesamt auf der Normalverteilungsannahme basieren. Kritisch auch Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2005, S. 1555 f.; Finsterwalder, DStR 2005, S. 768 f.; Werra, IStR 2005, S. 21. Vgl. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren, Tz. 3.4.12.5 d). Vgl. oben Abschnitt 3.4.4.2. Vgl. für Beispiele für Fehlzuordnungen Oestreicher/Duensing, IStR 2005, S. 138; Oestreicher, in: PwC (2005), S. 49.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 227 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
aufweisen, die an sich einer „Bereinigung“ zuzuführen wären. Zwar könnte daran gedacht werden, hierfür auf statistische Verfahren wie etwa die Regressionsanalyse zurückzugreifen, die eine empirische Prüfung der zwischen einzelnen ökonomischen Variablen bestehenden Zusammenhänge ermöglicht.597 Dabei stellt sich jedoch einmal mehr die Frage, ob die erforderlichen Informationen im Einzelfall durch die jeweilige Datenbank zur Verfügung gestellt werden.598 Diese Frage dürfte in der Regel zu verneinen sein.599 Von der zu zweifelhaften Ergebnissen führenden Anwendung der Interquartilsmethode im Zusammenhang mit Unternehmensdatenbanken abgesehen ist daran zu erinnern, dass aus Werten, denen lediglich eine eingeschränkte Vergleichbarkeit attestiert wird – was hiermit genau gemeint ist, bleibt weitgehend offen, so dass die Grenzen zur Unvergleichbarkeit wohl fließend sind –, letztlich der für die Besteuerung maßgebliche Fremdvergleichspreis abgeleitet werden soll. Neben den bereits oben diskutierten Bewertungseinheiten öffnet sich die Finanzverwaltung mit der ausdrücklichen Nutzbarmachung nur eingeschränkt vergleichbarer Daten somit letztlich einer weiteren, Unschärfen bewusst in Kauf nehmenden „Ausweichlösung“, die aber wiederum vor dem Hintergrund des Fehlens von Alternativen und dem Bestreben gesehen werden muss, die transaktionsorientierte Bewertung auch bei nicht gegebener uneingeschränkter Vergleichbarkeit einer Umsetzung zuzuführen. Was den Umgang mit der Mehrwertigkeit betrifft, so wird im Übrigen wie bei Vorliegen uneingeschränkter Vergleichbarkeit auch bei eingeschränkter Vergleichbarkeit die verbleibende Mehrwertigkeit letztlich vom geltenden Recht im Sinne einer Entscheidung auf Basis der vollständigen Risikostruktur hingenommen,600 wobei ebenfalls dem Steuerpflichtigen die Entscheidung im Sinne der Verdichtung zu einer einwertigen Gesamtaussage überlassen bleibt. Im Hinblick auf die divergierenden Vorgehensweisen bei uneingeschränkter und eingeschränkter Vergleichbarkeit ist anzumerken, dass in beiden Fällen alternativ und insbesondere in Abgrenzung zur Interquartilsmethode eine auf den gängigen Verteilungsmaßen (Variationsbreite, Varianz und Standardabweichung) basierende Festlegung eines für die Verrechnungspreisbestimmung ge597 598 599 600
Vgl. Oestreicher, in: PwC (2005), S. 50. Vgl. Oestreicher, StuW 2006, S. 254; Oestreicher, in: PwC (2005), S. 50. Vgl. in diesem Zusammenhang abermals oben Abschnitt 3.4.4.2. Vgl. hierzu oben Abschnitt 2.3.4.2.
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eigneten Bereichs denkbar wäre.601 Beispielsweise könnten über die Bildung von Konfidenzintervallen Wahrscheinlichkeitsbereiche für den maßgeblichen Wert konstruiert werden.602 Allerdings würde dies wiederum Annahmen über die zugrunde liegende Verteilung erfordern. Hiervon abgesehen vermag aber die unterschiedliche Handhabung der uneingeschränkten und eingeschränkten Vergleichbarkeit vor dem Hintergrund der bereits aufgezeigten, nicht trennscharf möglichen Kategorienabgrenzung nicht zu überzeugen. Dies betrifft nicht nur die aufgezeigten, tatsächlich zu verzeichnenden methodischen Bedenken. Vielmehr kann insbesondere das bei eingeschränkter Vergleichbarkeit zu verfolgende Vorgehen, welches gleichsam eine zuverlässige methodische Fundierung suggeriert („mathematische Verfahren“), nicht darüber hinwegtäuschen, dass die vorgelagerten Kernprobleme, d.h., die Frage unter welchen Bedingungen von einer „angemessenen“ Vergleichbarkeit auszugehen ist und – damit einhergehend – wie die ggf. erforderlichen Anpassungsrechnungen zur Herstellung einer „hinreichenden“ Vergleichbarkeit im Einzelnen durchzuführen sind, ungelöst bleiben. Wenngleich diese Gesichtspunkte in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren zwar nur ansatzweise mit dem Versuch der „Definition“ der Vergleichbarkeit bzw. von Vergleichbarkeitskategorien im Rahmen der Vergleichbarkeitsprüfung berücksichtigt werden, kann dies dem geltenden Recht im Hinblick auf die angestrebte transaktionsorientierte Bewertung, zumindest was das Fehlen eines Verfahrens zur Durchführung von Anpassungsrechnungen betrifft, jedoch nicht zum Vorwurf gemacht werden. Denn gerade das im Hinblick auf die Quantifizierung unterschiedlicher Preisbildungsfaktoren in der Betriebswirtschaftslehre bestehende, bereits mehrfach erwähnte methodische Defizit ist nicht zu leugnen. Gleichwohl erscheint die Sinnhaftigkeit der detaillierten Verfahrensvorgaben bei eingeschränkter Vergleichbarkeit – auch in Anbetracht der insoweit aufgezeigten methodischen Bedenken und der aus zu verzeichnenden Abgrenzungsschwierigkeiten resultierenden Konfliktanfälligkeit – gerade vor dem Hintergrund fragwürdig, dass bereits die verlässliche Grundlage hierfür letztlich nicht gegeben ist. Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass die hinsichtlich der Vergleichbarkeit und der ggf. erforderlichen Durchführung von Anpassungsrechnungen festgestellte Problemlage den im Zusammenhang mit dem Teilwert im Hinblick auf die 601 602
Vgl. hierzu Baumhoff, in: FS Wassermeyer (2005), S. 363 ff. Vgl. zur Bildung von Konfidenzintervallen z.B. Poddig/Dichtl/Petersmeier (2003), S. 197 ff.; Bohley (2000), S. 537 ff.; Bortz (2005), S. 101 ff.
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Konkretisierung von Wiederbeschaffungskosten und Einzelveräußerungspreis(en) und den im Zusammenhang mit der Bewertung nicht notierter Anteile bei der Wertableitung aus Verkäufen festgestellten Schwierigkeiten entspricht:603 Die im hier interessierenden Kontext feststellbare Vergleichbarkeitsproblematik stellt folglich in letzter Konsequenz nicht nur ein verrechnungspreismethodenübergreifendes Problem, sondern vielmehr ein sogar potenziell bewertungskontextübergreifendes Problem dar. In Anbetracht dieser Erkenntnis muss die weitere Vertiefung der Problematik – einschließlich der sich einmal mehr aufdrängenden Frage, ob nicht von vornherein auf Anpassungsrechnungen verzichtet werden sollte – dem vierten Kapitel vorbehalten bleiben,604 auch wenn bereits an dieser Stelle der im Unterschied zu anderen Bereichen zumindest ansatzweise zu verzeichnende Versuch einer „Vergleichbarkeitsdefinition“ hervorzuheben ist. 3.4.5. Verfahrensvorgaben und Dokumentationspflichten zur Sicherstellung von Nachvollziehbarkeit Einhergehend mit den vorhandenen Vorgaben zur Preisermittlung sieht das geltende Recht nunmehr auch die Verpflichtung vor, die Preisermittlung eingehend zu dokumentieren.605 Wie bereits oben erwähnt, drohen bei Nichteinhaltung erhebliche Sanktionen, wobei sich u.U. sogar Konsequenzen steuerstrafrechtlicher Natur einstellen können.606 Die Dokumentationspflichten, die durch Sanktionsandrohung durchgesetzt werden sollen, sind letztlich als flankierende Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachvollziehbarkeit der Wertfindung anzusehen.607 Ihre Entstehung muss vor dem entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund, d.h. der jüngeren BFH-Rechtsprechung und der wohl in diesem Zuge befürchteten vermehrten Gewinnverlagerung ins Ausland gesehen werden.
603 604 605
606 607
Vgl. zu ähnlichen Problemen beim Teilwert oben Abschnitt 3.1.5.1.1., bei der Wertableitung aus Verkäufen oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.1.2.2. sowie Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Vgl. zu den Dokumentationspflichten und den Sanktionen z.B. Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf.; Rn. 36 ff. (2005); Stahl, KÖSDI 2004, S. 14188 ff.; Fischer/Looks/im Schlaa, BB 2007, S. 918 ff.; zur Umsetzung der Dokumentationspflichten auch IDW, IDW-Fn. 2006, Beiheft zu Nr. 4/2006. Vgl. Kiesel/Theisen, IStR 2006, S. 284 ff. Vgl. zur Nachvollziehbarkeit und ihrer Abgrenzung zur Objektivierbarkeit oben Abschnitt 2.3.3.1.2.
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Hervorhebungsbedürftig erscheint, dass ein solches „Spezifikum“ – ökonomisch gesehen handelt es sich bei den Sanktionen um eine auf die Einhaltung der institutionellen Regeln gerichtete Anreizverstärkung – bislang nur im Rahmen der Verrechnungspreisfindung etabliert und in vergleichbarer Form in anderen Bewertungskontexten nicht anzutreffen ist.608 Dies dürfte allerdings nicht darauf zurückzuführen sein, dass in anderen Bewertungskontexten weniger problembehaftete Bewertungsmaßstäbe bzw. -verfahren zur Anwendung kommen. Grund hierfür dürfte vielmehr sein, dass bei der Verrechnungspreisbestimmung dem Dokumentationsaspekt und dessen Sanktionierung im Wege der Beweislastverteilung, veranlasst durch die jüngere BFH-Rechtsprechung, eine größere Bedeutung beigemessen wurde als in anderen Bewertungskontexten, in denen bislang die konkrete Auslegung bzw. Anwendung der Bewertungsmaßstäbe bzw. -verfahren im Mittelpunkt des Interesses stand, wie nicht zuletzt die Rechtsprechung zum Teilwert und zur Wertableitung aus Verkäufen bei der Bewertung nicht notierter Anteile zeigt. Wie bereits oben ausgeführt, weist die Verrechnungspreisfindung besondere, an der Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung ansetzende Maßnahmen auf, die nachfolgend zu erörtern sind. 3.4.6. Institutionalisierte Konfliktbewältigung 3.4.6.1. Advance Pricing Agreements (APAs) als „Vorweg-Eigenlösung“ Zunehmend an Bedeutung gewonnen haben im internationalen Kontext in der jüngeren Vergangenheit die sog. APAs.609 Bei diesem Instrument zur Vermei608
609
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch auf europäischer Ebene Bemühungen um einen gemeinsamen Ansatz im Hinblick auf die im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen zu erbringenden Dokumentationspflichten zu verzeichnen sind. So hat der Europäische Rat am 27.06.2006 einen Verhaltenskodex für die Dokumentation bei der Ermittlung von Verrechnungspreisen für verbundene Unternehmen in der EU verabschiedet. Vgl. Rat der Europäischen Gemeinschaften, Entschließung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten v. 27. Juni 2006 zu einem Verhaltenskodex zur Verrechnungspreisdokumentation für verbundene Unternehmen in der Europäischen Union (EU TPD), ABl. Nr. C 176 v. 28.07.2006, S. 1 ff. Vgl. grundlegend Kramer, IStR 2007, S. 174 ff.; Heinrich/Schmitt, DB 2006, S. 2428 ff.; Gehm, Stbg 2005, S. 149 ff.; Grotherr, IStR 2005, S. 350 ff.; Looks/Waldens/Kerick, PISTB 2005, S. 21 ff.; Schnorberger/Wingendorf, DB 2004, S. 2234 f.; Vögele/Vögele, IStR 2002, S. 641 ff.; Vögele/Brem, TPTP 01/2002, S. 3 ff.; Kroppen/Eigelshoven, IWB 2000, Fach 10, Gruppe 2, S. 1467 f.; Rodemer (2001); Kaminski (2001); Andresen (1999), S. 162 ff.; Eilers, in: Herzig (1996), S. 1 ff.; derselbe, in: FS Ritter (1997), S. 73 ff.; Portner, in: Herzig (1996), S. 14 ff.; Calderón (1998); Flick, IStR 1996, S. 161 f.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 231 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
dung künftiger Verrechnungspreiskonflikte legen sich die beteiligten Finanzverwaltungen (zwei oder auch mehr) und der Steuerpflichtige zeitlich befristet auf Verrechnungspreismethoden (hier: in erster Linie konkrete Kalkulationsgrundlagen und preisbeeinflussende Faktoren610) oder -systeme, Anwendungsmodalitäten sowie Gültigkeitsbedingungen („Critical Assumptions“) ex ante fest.611 Verfahrenstechnisch wird entsprechend zum einen ein internationales Verwaltungsabkommen zwischen den beteiligten Finanzverwaltungen geschlossen, zum anderen bedarf es eines nationalen Umsetzungsinstruments, welches in Deutschland bislang regelmäßig die verbindliche Auskunft612 war.613 Ein APA entfaltet grundsätzlich Wirkung für die Zukunft, u.U. ist jedoch auch eine Anwendung auf zurückliegende Veranlagungszeiträume („Roll-Back“) möglich. Auch in Deutschland sind dem Vernehmen nach in der jüngeren Vergangenheit bereits mehrere APAs geschlossen worden.614 Der herausragende Vorteil eines APA besteht darin, dass sich hierdurch Verrechnungspreiskonflikte bereits im Vorhinein vermeiden lassen und der betroffene Steuerpflichtige selbst Einfluss auf die Wertfindung hat.615 Der insbesondere aus der Bewertungssubjektivität resultierende potenzielle Konflikt wird somit vorweggenommen und vom übrigen Besteuerungsverfahren isoliert. Neben der verbindlichen Auskunft stellt das APA somit ein weiteres Instrument dar, welches vom Veranlagungsprinzip der Besteuerung – und zwar auch für Wertfindungszwecke – ausnahmsweise abweicht. Mit der Einholung eines APA sind aber auch verschiedene Nachteile bzw. Risiken verbunden.616 Aus Sicht sämtlicher Beteiligten ist hier insbesondere die lange Verfahrensdauer zu nennen,617 verbunden mit einem entsprechend lang
610 611 612 613 614
615 616 617
Vgl. Grotherr, BB 2005, S. 856. Vgl. zu Begriff, Zweck und Formen des APA auch Grotherr, BB 2005, S. 856. Vgl. nunmehr § 89 Abs. 2 AO; BMF, Schr. v. 29.12.2003, IV A 4 – S 0430 – 703, BStBl. I 2003, S. 742 f. Vgl. zur verfahrensrechtlichen Umsetzung auch Runge, in: Herzig (1996), S. 43 ff. Vgl. Schnorberger, in: PwC (2005), S. 79. Besondere Aufmerksamkeit erfahren hat das – unter Beteiligung der deutschen Finanzverwaltung – erste europäische multilaterale, durch den Flugzeughersteller Airbus erzielte APA. Vgl. Delorme/Rolfe/Schnorberger/Ortega, TPTP 09/2004, S. 7 ff. Vgl. Herzig, in: FS Debatin (1997), S. 115. Vgl. hierzu auch Herzig, in: FS Debatin (1997), S. 116; Oestreicher, in: Oestreicher (2002), S. 42 f. In den USA lag die durchschnittliche Verfahrensdauer im Jahre 2003 bei 33,7 Monaten. Vgl. Grotherr, IStR 2005, S. 355.
232 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
andauernden Zustand der Rechtsunsicherheit.618 Anzuführen ist ferner der erforderliche Ressourceneinsatz auf Seiten der Beteiligten. Auch besteht das Risiko, dass eine Einigung letztlich doch nicht zustande kommt, der Steuerpflichtige aber sein Verrechnungspreissystem offen gelegt hat und somit in der Betriebsprüfung eher angreifbar ist, als dies ohne erfolgte Offenlegung der Fall wäre. Selbst bei Zustandekommen eines APA ist aus Sicht des Steuerpflichtigen zu beachten, dass ein APA auch einen Verlust an Flexibilität bedeuten kann. Im Extremfall ist es sogar denkbar, dass eine eigentlich gebotene Anpassung der Verrechnungspreise unterbleiben muss. In diesem Zusammenhang wird auch zu Recht ein Widerspruch zu der dem Fremdvergleich zugrunde liegenden Ausgangsüberlegung moniert:619 Wenn Preise für mehrere Jahre festgeschrieben werden, erscheint dies im Hinblick auf den an die Preisbildung auf freien Märkten anknüpfenden Fremdvergleichsgrundsatz bedenklich. Aus steuerrechtlicher Sicht geht die zunehmende Verbreitung von APAVerfahren einher mit einem neuen Verständnis der Steuerverwaltung, das unter dem Begriff „kooperative Verwaltung“ diskutiert wird.620 Hierunter werden Verfahren verstanden, die im Sinne eines „partnerschaftlichen Miteinanders“ auf ein Zusammenwirken der Beteiligten gerichtet sind. Mangels entsprechender Instrumente beschränkt sich die Kooperation in Deutschland allerdings bislang weitgehend auf informelles Verwaltungshandeln, was unter den Gesichtspunkten der Gesetzmäßigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung kritisch gesehen wird.621 Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde jüngst zunehmend der Ruf nach einer klaren Verfahrensordnung für APAs laut.622 Dem ist das BMF inzwischen mit der Veröffentlichung eines Merkblatts nachgekommen, welches den Zweck verfolgt, „Unternehmen die Erlangung von APA zu erleichtern, ihre Rechte, Obliegenheiten und Pflichten im Vorabverständigungsverfahren und im 618 619
620 621 622
Vgl. Eggers, IWB 1995, Fach 2, S. 682. Vgl. auch Zitzelsberger, in: Herzig (1996), S. 53; Herzig, in: FS Debatin (1997), S. 119. Generell ablehnend gegenüber Vereinbarungen über konkrete Verrechnungspreishöhen und stattdessen die Verrechnungspreismethode und die wesentlichen preisbestimmenden Faktoren hervorhebend Grotherr, IStR 2005, S. 356. Vgl. hierzu grundlegend Eckhoff, StuW 1996, S. 107 ff., sowie insbesondere das dort angegebene Schrifttum zur bereits länger währenden Diskussion im allgemeinen Verwaltungsrecht. Vgl. auch Rodemer (2001), S. 238. Vgl. Grotherr, BB 2005, S. 855; derselbe, IStR 2005, S. 350 ff. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass sich die deutsche Finanzverwaltung bereits in einem Erlass im Jahre 1994 grundsätzlich zur Teilnahme an APA-Verfahren bereit erklärt, aber eine Beschränkung auf Ausnahmefälle vorgesehen hatte. Vgl. FinMin Baden-Württemberg, Erl. v. 28.11.1994, S 1300/26, IStR 1995, S. 34. Vgl. hierzu auch Portner, in: Herzig (1996), S. 22.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 233 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Vorabzusageverfahren zu klären sowie die Behandlung von APA-Anträgen durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und die Finanzbehörden der Länder […] zu regeln“623. Das Merkblatt orientiert sich im Wesentlichen an den OECD-Leitlinien von 1995 und deckt damit auch die beschriebenen, international weitgehend üblichen Inhalte bzw. Regelungsbereiche ab. Flankierend normiert der im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007)624 neu in die AO eingefügte § 178a die Erhebung von Gebühren für APA. Hiernach beträgt die Grundgebühr EUR 20.000, während für Änderungen ein Betrag von EUR 15.000 und für Verlängerungen ein Betrag von EUR 10.000 anfällt.625 In das oben dargestellte Erklärungsmodell626 lässt sich das APA – gleichsam als „Sonderform der verbindlichen Auskunft mit Bewertungsbezug“ – im Gegensatz zur beabsichtigten Konfliktlösung über die Vorgabe eines Bewertungsmaßstabs bzw. -verfahrens als Form der Eigenlösung, genauer der „VorwegEigenlösung“ einordnen. Dabei ist festzustellen, dass der Hintergrund für dieses Instrument in erster Linie in dem aus grenzüberschreitenden Beziehungen resultierenden Doppelbesteuerungsproblem zu sehen ist. Demgegenüber scheint das generelle, sich auch im rein innerdeutschen Kontext stellende Problem eines möglichen Konflikts zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung über Bewertungsfragen nicht der Hauptanlass zu sein. Dies überrascht deshalb, weil die Konfliktproblematik allgemein im Zusammenhang mit unbestimmten Rechtsbegriffen durchaus gesehen und insoweit mit dem Instrument der verbindlichen Auskunft handhabbar gemacht wird, aber, wie bereits mehrfach deutlich wurde, gerade im Rahmen von Bewertungsfragen in noch verschärfter Form auftritt. Damit einhergehend ist auffällig, dass ein als verbindliche Auskunft mit Bewertungsbezug verstandenes APA oder ein vergleichbares Instrument in den bisher betrachteten Bereichen und – um es vorwegzunehmen – auch 623
624 625 626
BMF v. 05.10.2006, IV B 4 – S 1341 – 38/06, BStBl. I 2006, S. 594 ff. Vgl. hierzu auch Kramer, IStR 2007, S. 174 ff. Auch auf europäischer Ebene bestehen Überlegungen zu einem koordinierten Vorgehen im Hinblick auf APAs. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Streitvermeidungs- und Streitbeilegungsverfahren und über Leitlinien für Verrechnungspreiszusagen in der EU, KOM (2007) 71 endg. vom 26.02.2007. Jahressteuergesetz 2007 (JStG 2007) v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, S. 2878 ff. Die lediglich hälftigen Gebühren fallen gem. § 178a Abs. 3 AO bei Nichtüberschreiten der Größenkriterien gem. § 6 Abs. 2 Satz 1 GAufzV an. Vgl. oben Abschnitt 2.4.2.
234 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
in dem im Folgenden noch zu erörternden Bewertungskontext nicht zum Einsatz kommt. Offenbar wird bislang allein im Bereich der Verrechnungspreisfindung die Notwendigkeit gesehen, eine verfahrensrechtliche „Ausweichlösung“ zu ermöglichen.627 Ob dies gerechtfertigt ist, wird im vierten Kapitel noch zu diskutieren sein.628 3.4.6.2. Verständigungsverfahren als Eigenlösung und Schiedsverfahren als Hinzuziehung Dritter Neben dem APA stehen mit dem Verständigungsverfahren und dem Schiedsverfahren zwei weitere Ansätze zur Verfügung, die an der Interaktion der Beteiligten ansetzen.629 In beiden Fällen handelt es sich bekanntlich um Verfahren, die darauf abzielen, eine bereits eingetretene Doppelbesteuerung durch die geregelte Auseinandersetzung der beteiligten Finanzverwaltungen zu beseitigen. Während das Verständigungsverfahren630 in den Doppelbesteuerungsabkommen geregelt ist und eine Konkretisierung durch die deutsche Finanzverwaltung erfahren hat, kommt dem auf der Schiedskonvention631 vom 23.07.1990 für die Mitgliedstaaten der EU basierenden Schiedsverfahren ergänzende Funktion zu.632 Hiernach bleiben die Regelungen des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens zunächst unberührt. Erst wenn es im Rahmen eines Verständigungsverfahrens zu keiner Einigung kommt, sind die ergänzenden Regelungen der Schiedskonvention zu beachten, die eine Beseitigung der Doppelbesteuerung
627 628 629 630
631
632
Vgl. Rodemer (2001), S. 253. Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.2.3.3.3.3. Vgl. hierzu BMF, Schr. v. 13.07.2006, IV B 6 – S 1300 – 340/06, BStBl. I 2006, S. 461 ff. Art. 25 OECD-MA regelt im Einzelnen drei Verfahrensarten: Neben dem hier ausschließlich zu betrachtenden Verständigungsverfahren im engeren Sinne werden das Konsultationsverfahren zur Ausräumung von Schwierigkeiten und das Konsultationsverfahren zur Schließung von Vertragslücken genannt. Vgl. hierzu Engler, in: Vögele/Borstell/Engler (2004), F 201 ff.; Kaminski (2001), S. 406 ff. Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (90/436/EWG), BStBl. I 1993, S. 819 ff. Vgl. hierzu auch das deutsche Zustimmungsgesetz: Gesetz zu dem Übereinkommen vom 23. Juli 1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen vom 26. August 1993, BStBl. I 1993, S. 818. Vgl. zur Schiedskonvention auch Vögele/Forster, IStR 2006, S. 537 ff.; Borstell, in: Vögele/Borstell/Engler (2004), B 261 f. Vgl. zum Schiedsverfahren Vögele/Forster, IStR 2006, S. 538 ff.; Schreiber, in: Kroppen (Hrsg.), VerwGr.Verf., Rn. 393 ff. (2005); Engler, in: Vögele/Borstell/Engler (2004), F 251 ff. Hinzuweisen ist jedoch auf die künftige Ergänzung von Art. 25 des OECD-MA um ein geson-
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über drei Verfahrensstufen – das Vorverfahren (Art. 5), das Verständigungsverfahren (Art. 6) und das Schlichtungsverfahren (Art. 7) – vorsehen.633 Der wesentliche Unterschied zum „normalen“ Verständigungsverfahren ist dabei darin zu sehen, dass im Rahmen des EU-Schiedsverfahrens Einigungszwang besteht. Hervorzuheben ist dabei die Einberufung eines Beratenden Ausschusses im Rahmen des Schlichtungsverfahrens. Dessen Aufgabe ist das Anfertigen einer Stellungnahme zur Beseitigung der Doppelbesteuerung, die für den Fall der Nichteinigung für die Beteiligten verpflichtend ist. Der über den erforderlichen Sachverstand verfügende beratende Ausschuss soll die Bewertungsaufgabe weitgehend neutral bewältigen. Der Beratende Ausschuss setzt sich aus je zwei Vertretern (nach Absprache auch aus nur je einem Vertreter) der zuständigen Behörden, einer geraden Anzahl unabhängiger Personen und einem Vorsitzenden zusammen. Mit beiden Verfahren – Verständigungs- und Schiedsverfahren – stehen somit Ansätze zur möglichen Beseitigung von Doppelbesteuerungen zur Verfügung. Ein gravierender Nachteil ist jedoch in der tendenziell langen Verfahrensdauer zu sehen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Europäische Rat am 07.12.2004 einen von der EU-Kommission vorgeschlagenen Verhaltenskodex zur wirksameren und einheitlichen Anwendung des Schiedsübereinkommens angenommen hat,634 dem entsprechende Empfehlungen und Verbesserungsvorschläge des EU-Verrechnungspreisforums vorausgegangen waren.635 Hauptanknüpfungspunkt beider Verfahren – Verständigungsverfahren und Schiedsverfahren – ist allerdings ebenso wie im Rahmen des APA nicht der „originäre“ mögliche Konflikt zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung über innerdeutsche Bewertungsfragen. Vielmehr sind dies die zu mögli-
633 634
635
dertes Schiedsverfahren, das allerdings in seinem Anwendungsbereich nicht auf Verrechnungspreise beschränkt ist. Vgl. hierzu OECD (2007), S. 4 ff. Vgl. Engler, in: Vögele/Borstell/Engler (2004), S. 548 ff. Vgl. Rat der Europäischen Gemeinschaften, Verhaltenskodex zur wirksamen Durchführung des Übereinkommens über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen, ABl. Nr. C 176 v. 28.07.2006, S. 8 ff. Vgl. auch bereits Foddanu, PISTB 2005, S. 125 ff. Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums im Bereich der Unternehmensbesteuerung von Oktober 2002 bis Dezember 2003 und über den Vorschlag eines Verhaltens-
236 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
chen Doppelbesteuerungen führenden konfligierenden Auffassungen der beteiligten Steuerverwaltungen. Von einer Einigung profitiert damit der Steuerpflichtige zwar insoweit, als die Doppelbesteuerung letztlich vermieden werden kann. Das generelle, dieser Frage vorgelagerte Wertfindungsproblem wird jedoch hierdurch nicht primär adressiert. Auch eine Einordnung in das oben eingeführte Erklärungsmodell636 gleichsam in „Reinform“ erscheint in Anbetracht der spezifischen Zielrichtung der beiden Ansätze und der primären, wenngleich letztlich auch im Interesse der Steuerpflichtigen liegenden Zielsetzung der Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den beteiligten Fisci nicht ohne Weiteres nahe liegend. Dies gilt insbesondere für das „normale“ Verständigungsverfahren. Gleichwohl kann hierin ein institutionalisiertes Verfahren gesehen werden, das letztlich zu einer „Eigenlösung“ unter dem Steuerpflichtigen und den beteiligten Finanzverwaltungen führen soll. Was das EU-Schiedsverfahren betrifft, so kann die erforderliche Konsultation des Beratenden Ausschusses im Sinne einer Schiedsrichterlösung mit Einigungszwang als eine Form der Hinzuziehung Dritter interpretiert werden. Im Hinblick auf eine mögliche Nutzbarmachung bzw. Übertragung dieses Instruments generell für Wertfindungsprobleme könnte daran gedacht werden, eine gesonderte neutrale Instanz zur Klärung von Bewertungsfragen einzuführen. Die Auseinandersetzung mit der Sinnhaftigkeit einer solchen Überlegung muss aber dem vierten Kapitel vorbehalten bleiben.637 Zunächst ist jedoch mit der Wegzugsbesteuerung ein weiterer ertragsteuerlicher Bereich mit grenzüberschreitendem Bezug zu analysieren. Was die eigentliche Bewertungs- bzw. Wertfindungsproblematik betrifft, erstreckt diese sich dabei zwar einmal mehr auf die Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Um es vorwegzunehmen, bestehen ungeachtet der differierenden Steuerart Gemeinsamkeiten mit der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung. Die separate Analyse erscheint gleichwohl gerade in Anbetracht der nicht zuletzt wegen des grenzüberschreitenden Bezugs besonderen Problemlage sinnvoll, die sich – wie zu zeigen sein wird – von der bei rein innerdeutschem Bezug gegebenen erheblich unterscheidet.
636 637
kodexes zur effektiven Durchführung des Schiedsübereinkommens (90/436/EWG vom 23. Juli 1990), KOM(2004) 297 endg. vom 23.04.2004. Vgl. oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. unten Abschnitt 4.2.3.3.3.4.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 237 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
3.5. Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG 3.5.1. Vorbemerkungen Mit dem Begriff Wegzugsbesteuerung wird die Besteuerung bestimmter stiller Reserven im Zeitpunkt des Wegzugs einer natürlichen Person bezeichnet.638 Die Relevanz und Aktualität der Thematik verdeutlicht nicht zuletzt eine Reihe in der jüngeren Vergangenheit bekannt gewordener Fälle, in denen insbesondere Unternehmer und bekannte Sportler ihren Wohnsitz aus Deutschland heraus in das benachbarte Ausland verlegt haben.639 Hintergrund dieser Abwanderungsbestrebungen – beliebte „Zielländer“ sind vor allem Österreich und die Schweiz – war bzw. ist vielfach auch die Hoffnung, der als zu hoch empfundenen Steuerbelastung in Deutschland „entrinnen“ und im Ausland von günstigeren steuerlichen Rahmenbedingungen profitieren zu können.640 Das in dieser Untersuchung betrachtete Wertfindungsproblem stellt sich im Rahmen der Wegzugsbesteuerung einerseits einmal mehr in seiner „Reinform“, dem gänzlichen Fehlen einer die Bewertung ermöglichenden Geldtransaktion. Andererseits erfährt es – wie zu zeigen sein wird – eine Verschärfung insofern, als die Problemlösung auch eine Einbeziehung ausländischer Steuerrechtsordnungen erfordert. Nach der in § 6 AStG geregelten Wegzugsbesteuerung wird bekanntlich für von natürlichen Personen gehaltene Anteile i.S.v. § 17 EStG im Zeitpunkt des Wegzugs ein Verkauf der Anteile mit der Folge der Aufdeckung der stillen Reserven fingiert. Aus Sicht der betroffenen Steuerpflichtigen kann die Regelung – unbeschadet von Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung, wie etwa der Einbringung in eine gewerblich geprägte Personengesell638
639 640
Vgl. zum Begriff Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 6 AStG, Rn. 6 (1988); Deininger/Picot, INF 2006, S. 180. Der Begriff wird allerdings auch zunehmend im Zusammenhang mit der Verlegung von Sitz oder/und Geschäftsleitung von in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften gebraucht. Vgl. z.B. Rödder, IStR 2005, S. 297; derselbe, in: FS Wassermeyer (2005), S. 175; Neu, GmbH-StB 2005, S. 267. Weiter reicht der Begriff der „Entstrickungsbesteuerung“. Vgl. hierzu Wissenschaftlicher Beirat des Fachbereichs Steuern der Ernst & Young AG, BB 2005, S. 2166. Eine Aufzählung von Namen prominenter „Wegzügler“ aus der jüngeren Vergangenheit findet sich bei Deininger (2004), S. 1. Vgl. Deininger (2004), S. 1. Vgl. zur Steuergestaltung durch Wegzug ins Ausland auch stellvertretend Bischoff/Kotyrba, BB 2002, S. 382 ff.; Göttsche (1997); Hild, DB 1999, S. 770 ff.; Jülicher, PIStB 2004, S. 22 ff.; Killius/Borschel, IStR 2002, S. 544 ff.; Korn/Stahl, KÖSDI 1995, S. 10263 ff.
238 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
schaft641 – zu erheblichen wirtschaftlichen Belastungen führen, die bei einem rein innerstaatlichen Wegzug nicht auftreten. Von wesentlicher Bedeutung ist hierbei die Ermittlung des an Stelle eines tatsächlichen Veräußerungspreises anzusetzenden Werts, der den Anschaffungskosten für Zwecke der Veräußerungsgewinnermittlung im Wegzugszeitpunkt gegenüberzustellen ist. Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend die Wertfindung im Rahmen der Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG analysiert. Ausgehend von ihrer erstmaligen Kodifizierung werden hierzu zunächst Grundtatbestand und Entwicklungslinien der Vorschrift bis hin zu ihrer, durch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „de Lasteyrie du Saillant“642 und das in diesem Zusammenhang seitens der EU-Kommission gegen Deutschland eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren veranlassten Neuregelung im Zuge des SEStEG643 aufgezeigt. Was die der Untersuchung zugrunde liegende Wertfindungsproblematik betrifft, gilt es für die Ermittlung des fiktiven Veräußerungsgewinns – auch nach erfolgter Neuregelung – den gemeinen Wert im Wegzugszeitpunkt festzustellen. Insoweit weist das zu betrachtende Wertfindungsproblem nicht nur im Hinblick auf das Bewertungsobjekt „Anteile“, sondern auch in seiner Grundstruktur Parallelen zur der oben erörterten Bewertung nicht notierter Anteile für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer auf.644 Entsprechend wird im Rahmen der weiteren Analyse auf die vorhandenen Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede und erst im Anschluss auf die Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht eingegangen. Eine allein auf die Wertfindung im Wegzugszeitpunkt gerichtete Perspektive würde der Gesamtproblematik allerdings nicht gerecht. Anders als die Anteilsbewertung für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke geht diese über ein vorwiegend zeitpunktbezogenes Wertfindungsproblem hinaus, wenn – wie § 6 AStG dies in bestimmten Fällen vorsieht – ein fiktiver Veräußerungspreis und ein später tatsächlich erzielter Veräußerungspreis in die Wertfindung Eingang finden. Dass mithin die Wertfindung im Wegzugszeitpunkt noch nicht zwin641 642 643
644
Vgl. z.B. Wöhrle/Schelle/Gross, § 6 AStG, Rn. 19 (2006); Kaminski/Strunk, RIW 2001, S. 815. EuGH, Urt. v. 11.03.2004, Rs. C-9/02, GmbHR 2004, S. 504. Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) v. 07.12.2006, BGBl. I 2006, S. 2782 ff. Vgl. auch den vorangegangenen Regierungsentwurf, BR-Drs. 542/06 v. 11.08.2006, sowie zu Letzterem mit Bezug auf die Wegzugsbesteuerung Lausterer, BB 2006, BB-Special Nr. 8, S. 80. Vgl. auch zu einzelnen Problembereichen Wassermeyer, DB 2006, S. 1390 ff. Vgl. oben Abschnitt 3.2.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 239 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
gend abgeschlossen ist, wird deshalb berücksichtigt, indem der Abschluss der Wertfindung im Zeitpunkt der tatsächlichen Anteilsveräußerung separat analysiert wird. Dabei ist die Regelung auch vor dem Hintergrund des ursprünglichen Regelungsziels zu würdigen, das in der Besteuerung der bis zum Wegzug und einem möglichen Untergang des deutschen Besteuerungsrechts entstandenen stillen Reserven zu sehen ist. Die Überlegungen konzentrieren sich auf den Grundfall des zum Untergang des deutschen Besteuerungsrechts führenden Wegzugs von Staatsangehörigen der EU oder des EWR in einen dieser Staaten mit anschließender Anteilsveräußerung während der Ansässigkeit in dem betreffenden ausländischen Staat. Eine Auseinandersetzung mit den diversen in § 6 AStG enthaltenen Ersatzrealisationstatbeständen unterbleibt somit ebenso wie eine gesonderte Betrachtung von Drittlandsfällen.645 3.5.2. Grundtatbestand des § 6 AStG und Entwicklungslinien Die erstmalige Kodifizierung von § 6 AStG erfolgte 1972.646 Vielfach wird § 6 AStG auch – anknüpfend an einen viel beachteten Wegzugsfall aus dem Jahr 1968 – als „Lex Horten“ bezeichnet.647 Wenngleich hierin wohl nicht der alleinige Grund für die Einführung der Norm zu sehen ist,648 verweisen bereits die Leitsätze der Bundesregierung vom 17.12.1970 zum ersten Referentenentwurf vom 23.12.1970649 auf das Bekanntwerden von Fällen, in denen Steuerpflichtige in DBA-Länder verzogen waren und anschließend ihre wesentlichen Beteiligungen ohne Eingreifen der deutschen Steuerpflicht veräußert hatten. In diesem Sinne wird auch im Schrifttum ein Versäumnis der Bundesrepublik Deutschland moniert, „sich im Rahmen ihrer DBA das Besteuerungsrecht auf Veräußerungsgewinne an Anteilen von Kapitalgesellschaften insoweit zu erhalten, als während der Dauer der unbeschränkten Steuerpflicht stille Reserven in diesen An645 646
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Vgl. zu den Drittlandsfällen aber Lausterer, in: Blumenberg/Schäfer (2007), S. 229 ff. Vgl. auch Bron, IStR 2006, S. 296; Weigell, IStR 2006, S. 190 ff. Gesetz zur Wahrung der steuerlichen Gleichmäßigkeit bei Auslandsbeziehungen und zur Verbesserung der steuerlichen Wettbewerbslage bei Auslandsinvestitionen v. 08.09.1972, BGBl. I 1972, S. 1713 ff. Vgl. Wöhrle/Schelle/Gross, § 6 AStG, Rn. 1 (2006); Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 6 AStG, Rn. 1 (1992), mit Verweis auf BFH, Urt. v. 26.01.1977, V III R 109/75, BStBl. II 1977, S. 283. Vgl. Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 6 AStG, Rn. 1 (1992). Wiedergegeben bei Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 6 AStG, S. 5 (1988).
240 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
teilen angewachsen waren.“650 Dem Rechnung tragend ist der ursprüngliche Regelungszweck von § 6 AStG darin zu sehen, die bis zum Untergehen des deutschen Besteuerungsrechts infolge eines Wegzugs entstandenen stillen Reserven auch ohne eine Veräußerung der deutschen Besteuerung zuzuführen,651 und betrifft damit insbesondere den Übergang des Besteuerungsrechts auf den Zuzugsstaat kraft DBA.652 Entsprechend ordnete der in § 6 Abs. 1 AStG geregelte Grundtatbestand bereits in der ursprünglichen Fassung eine Besteuerung für den Fall an, dass eine natürliche Person an einer inländischen Kapitalgesellschaft i.S.v. § 17 EStG beteiligt ist und diese natürliche Person ihre mindestens zehn Jahre währende unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland durch Aufgabe ihres Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts beendet. Der maßgebliche Veräußerungsgewinn ist dabei nach § 17 EStG zu ermitteln, wobei an die Stelle des Veräußerungspreises der gemeine Wert der Anteile im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht, d.h. im Wegzugszeitpunkt tritt. Wenngleich die Regelung seit jeher aus verschiedenen Gründen Kritik auf sich gezogen hat,653 hat der Gesetzgeber sie seit der erstmaligen Normierung im Wesentlichen unverändert beibehalten. Mit Urteil vom 11.03.2004654 entschied der EuGH jedoch in der Rechtssache „de Lasteyrie du Saillant“, dass die französische Wegzugsbesteuerung mit dem Grundsatz der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) nicht vereinbar ist.655 Dabei sprach sich der EuGH nicht allgemein gegen eine Besteuerung der auf ihrem Hoheitsgebiet entstandenen stillen Reserven durch die Mitgliedstaaten aus, sondern beanstandete eine Ausgestaltung der Sicherung des Besteuerungsanspruchs, bei der dem Steuerpflichtigen in einem Zeitpunkt eine Steuer auferlegt
650 651
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Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 6 AStG, Rn. 1 (1992). So Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 6 AStG, Rn. 8 (1988): „Das Ziel von § 6 AStG geht […] dahin, die im Inland angesammelten stillen Reserven vorzeitig der inländischen Besteuerung zu unterwerfen und dies zu einem Zeitpunkt, in dem die Gefahr besteht, dass das Besteuerungsrecht dem Inland auf Dauer verlorengeht.“ Vgl. zum Regelungszweck auch Lausterer, in: Blumenberg/Schäfer (2007), S. 222 f. Vgl. z.B. Bron, IStR 2006, S. 296, m.w.N. EuGH, Urt. v. 11.03.2004, Rs. C-9/02, GmbHR 2004, S. 504. Vgl. zu dem Urteil Wassermeyer, GmbHR 2004, S. 613 ff.; Körner, IStR 2004, S. 424 ff.; Kraft/Müller, RIW 2004, S. 366 ff.; Lausterer, DStZ 2004, S. 299 ff.; Schindler, IStR 2004, S. 300 ff.; Schnitger, BB 2004, S. 804 ff.; Fischer, FR 2004, S. 630 ff.; Strunk/Kaminski, Stbg 2004, S. 226; Forst/Ruppel, EStB 2006, S. 66 f.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 241 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
wird, in dem ein Liquiditätszufluss noch gar nicht stattgefunden hat.656 Noch während des Gerichtsverfahrens leitete die EU-Kommission daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, in dem sie die deutsche Regierung aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zur europarechtskonformen Anpassung von § 6 AStG zu ergreifen.657 Auf Betreiben der Bundesregierung wurde das Vertragsverletzungsverfahren zwar zwischenzeitlich bis zum Ergehen des EuGH-Urteils ausgesetzt, jedoch am 30.03.2004 wieder aufgenommen. Das BMF trug dem Vertragsverletzungsverfahren in der Folge mit Schreiben vom 08.06.2005 Rechnung.658 Hiernach war bis zum Ergehen einer gesetzlichen Neuregelung die Steuer bei Wegzug von Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates der EU oder des EWR in einen dieser Staaten nicht sofort zu erheben, sondern zinslos zu stunden.659 Darüber hinaus enthält das Schreiben eine Anknüpfung an den im Zuzugsstaat tatsächlich realisierten Veräußerungsgewinn: Für den Fall, dass der Veräußerungsgewinn im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG im Zeitpunkt der Veräußerung (oder des gleichgestellten Ereignisses) niedriger als der Vermögenszuwachs nach § 6 Abs. 1 AStG ist und die Wertminderung bei der Einkommensbesteuerung durch den Mitgliedstaat der EU oder des EWR nicht berücksichtigt wird, kann die darauf entfallende Steuer nach § 227 AO erlassen werden. Im Rahmen des am 13.12.2006 in Kraft getretenen SEStEG660 wurde § 6 AStG schließlich neu gefasst. Erklärtes Ziel war es dabei, die vorher nur durch die 656
657 658
659 660
Eine weitgehende Bestätigung erfuhren die Grundsätze der „de Lasteyrie du Saillant“Entscheidung durch das Urteil des EuGH in der Rechtssache „N“, das darüber hinaus auch weitere Konkretisierungen enthält. Vgl. EuGH, Urt. v. 07.09.2006, Rs. C-470/04, IStR 2006, S. 702. Vgl. hierzu auch Köhler/Eicker, DStR 2006, S. 1874 ff. Vgl. zu Überlegungen im Hinblick auf ein koordiniertes Vorgehen bei der Wegzugsbesteuerung auf EU-Ebene auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss „Wegzugsbesteuerung und die Notwendigkeit einer Koordinierung der Steuerpolitiken der Mitgliedstaaten, KOM (2006) 825 endg. vom 19.12.2006. Vgl. Deininger/Picot, INF 2006, S. 180. Vgl. BMF, Schr. v. 08.06.2005, IV B 5 – S 1348 – 35/05, BStBl. I 2005, S. 714 f. Kritisch hierzu, insbesondere zu dem Versuch der geltungserhaltenden Reduktion der deutschen Wegzugsbesteuerung im Erlasswege Kinzl/Goerg, IStR 2005, S. 450 ff. Eine solche ablehnend FG München, Beschl. v. 03.08.2006, 11 V 500/06 – rkr., IStR 2006, S. 746. Kritisch zu dem BMFSchreiben auch Strunk/Kaminski, Stbg 2005, S. 318, die zu Recht auf den aus der Stundungslösung resultierenden positiven Progessionsvorbehalt hinweisen. In anderen Fällen sollte § 6 AStG weiterhin in seiner bisherigen Fassung angewendet werden. Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) v. 07.12.2006, BGBl. I 2006, S. 2782 ff.
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Finanzverwaltung vorgenommene europarechtskonforme Auslegung von § 6 AStG auch gesetzlich nachzuvollziehen.661 Die Neufassung von § 6 AStG, die den Geltungsbereich im Übrigen auch auf Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften ausdehnt, sieht bei Wegzug von Staatsangehörigen der EU oder des EWR in einen dieser Staaten – ebenso wie das oben erwähnte BMF-Schreiben662 – die zinslose Stundung der Steuer von Amts wegen vor; zudem ist keine Sicherheitsleistung erforderlich.663 Insofern vermag es – dies sei hier nur angemerkt – nicht zu überzeugen, wenn im betrieblichen Bereich mit dem Argument der mangelnden Administrierbarkeit von einer Sofortbesteuerung der im Zuge von Entstrickungen aufgedeckten stillen Reserven ausgegangen wird.664 Auch die bereits im BMF-Schreiben vom 08.06.2005 enthaltene Anknüpfung an den im Zuzugsstaat realisierten, möglicherweise den nach § 6 Abs. 1 AStG ermittelten unterschreitenden Veräußerungsgewinn wurde beibehalten. Anstelle eines Erlasses der Steuer ist allerdings die Aufhebung oder Änderung des ursprünglichen Steuerbescheids vorgesehen, wobei die entsprechende Anwendung von § 175 Abs. 1 Satz 2 AO die Festsetzungsfrist wie bei rückwirkenden Ereignissen hemmt. Dabei ist ein niedrigerer Veräußerungsgewinn allerdings nicht zu berücksichtigen, soweit er auf gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, insbesondere Gewinnausschüttungen zurückzuführen ist.665 Was die Kenntniserlangung der deutschen Finanzverwaltung von der Veräußerung betrifft, soll diese durch entsprechende Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen sichergestellt werden.666
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662 663 664 665 666
Vgl. die Gesetzesbegründung zu dem Regierungsentwurf des SEStEG, BR-Drs. 542/06 v. 11.08.2006, S. 41. Kritisch zur Erreichung des Ziels einer europarechtskonformen Ausgestaltung Lausterer, in: Blumenberg/Schäfer (2007), S. 242 ff. BMF-Schreiben vom 08.06.2005, IV B 5 – S 1348 – 35/05, BStBl. I 2005, S. 714 f. Vgl. zu den Voraussetzungen der Stundung im Einzelnen Lausterer, in: Blumenberg/Schäfer (2007), S. 231 f. Vgl. hierzu sowie zur Neuregelung der Entstrickungsregelungen die Gesetzesbegründung zu dem Regierungsentwurf des SEStEG, BR-Drs. 542/06 v. 11.08.2006, S. 38 ff. Vgl. in diesem Zusammenhang bereits van Lishaut, FR 2004, S. 1305 f.; Neu, GmbH-StB 2005, S. 271. Vgl. § 6 Abs. 7 AStG.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 243 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
3.5.3. Die Wertfindung im Wegzugszeitpunkt 3.5.3.1. Die Bewertungsverfahren aus ökonomischer Sicht 3.5.3.1.1. Bewertung anhand vorhandener Kursnotierung § 6 Abs. 1 AStG sieht „stellvertretend“ für den Veräußerungspreis nach § 17 Abs. 2 EStG als Bewertungsmaßstab unverändert den gemeinen Wert vor. Was die hinter diesem Wert in seiner Eigenschaft als Bewertungsmaßstab stehenden Überlegungen betrifft, sei auf die oben vorgenommene Analyse der Bewertung nicht notierter Anteile für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke verwiesen.667 Ungeachtet des gleichlautenden Bewertungsmaßstabs bestehen allerdings – wie anschließend zu zeigen ist – neben einer Reihe von Gemeinsamkeiten auch diverse Unterschiede zwischen den beiden Kontexten hinsichtlich seiner Konkretisierung. Im Gegensatz zu § 12 ErbStG führt § 6 AStG den gemeinen Wert unmittelbar an und verweist nicht in abstrakter Form auf die Vorschriften des Bewertungsgesetzes. Gleichwohl kann allein hieraus nicht geschlossen werden, dass Letztere für ertragsteuerliche Zwecke keine Anwendung finden. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem im Umkehrschluss aus § 17 Abs. 1 BewG ableitbaren subsidiären Charakter des Bewertungsgesetzes.668 So gesehen wäre es aber mit dem systematischen Aufbau des Bewertungsgesetzes ebenso wenig vereinbar, in der – wenngleich lediglich abstrakten – Verweisung nur eine unmittelbare Verweisung auf § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG zu sehen und die speziellere Vorschrift des § 11 Abs. 1 BewG zu negieren.669 Vorrangig ist daher gem. § 11 Abs. 1 BewG auf die ggf. vorhandene Kursnotierung am Stichtag, genauer den niedrigsten am Stichtag im amtlichen Handel notierten Kurs, hilfsweise den letzten innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im amtlichen Handel festgestellten Kurs abzustellen.670 Entsprechendes wird für die zum geregelten Markt zugelassenen oder
667 668 669 670
Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. auch Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 6 AStG, Rn. 30 (1992). Die Bewertung nach § 11 Abs. 1 BewG ist als Sonderfall der in § 9 Abs. 2 BewG aufgestellten Grundsätze anzusehen. Vgl. auch Teß/Eisele, in: Rössler/Troll, § 11 BewG, Rn. 11 (2007). So auch Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 6 AStG, Rn. 30 (1992); entsprechend mit allgemeinem Bezug auf die ertragsteuerliche Anteilsbewertung OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. A.4.2
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in den Freiverkehr einbezogenen Wertpapiere angeordnet.671 Das „Verfahren“ zur Ermittlung des gemeinen Werts geht hier folglich in einen anderen Bewertungsmaßstab (den Börsenkurs) über.672 Oben war herausgearbeitet worden, dass hinter dem gemeinen Wert die Vorstellung von einem objektiven Wert zu sehen ist.673 Auch die hieraus resultierenden grundsätzlichen Probleme wurden aufgezeigt. Ergänzend ist im Hinblick auf die beabsichtigte Bestimmung des gemeinen Werts anhand des Börsenkurses – dies betrifft die Frage, ob dieser, ein gesondertes Bewertungsverfahren ersetzende Bewertungsmaßstab mit dem „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“ in Einklang steht – festzustellen, dass gerade auch Börsenkurse letztlich keine objektiven Werte zur Verfügung stellen können.674 Dies wäre – hieran sei nochmals erinnert – allenfalls bei Vorliegen des theoretischen Ideals eines vollkommenen Marktes möglich, auf dem ein Preis existiert, der den angeglichenen Wertvorstellungen der Marktteilnehmer entspricht. Bekanntlich ist dies jedoch auch bei Wertpapierbörsen nicht der Fall. Wenn im Hinblick auf die beabsichtigte Preisbestimmung gleichwohl an den Börsenkurs und damit einen beobachtbaren Marktpreis angeknüpft wird, ist dies zwar nahe liegend. Vor dem Hintergrund der Interpretation des gemeinen Werts im Sinne eines objektiven Werts problematisch ist jedoch insbesondere, dass gerade Börsenkurse nicht zuletzt durch subjektive Eingriffe wie Maßnahmen zur Kurspflege verzerrt sein können, was wiederum mit der an sich erforderlichen Wiedergabe der repräsentativen Wertvorstellungen einer Vielzahl von Marktteilnehmern nicht in Einklang steht.675 Hiervon abgesehen, unterliegen real beobachtbare Marktpreise auch Einflussfaktoren, die mit einer Bewertung aus der Sache heraus nicht zwingend in Verbindung stehen müssen, zu denken ist hier an die gerade im Zusammenhang mit Börsenkursen vielzitierten sog. „spekulativen Blasen“.676 Dies gilt unabhängig davon, ob man auf variable Kurse oder Kassakurse abstellt, was – wenngleich Letzteres mit dem gemeinen Wert noch eher vereinbar erscheint – im Rahmen von § 11 Abs. 1 BewG grundsätzlich beides in Betracht 671
672 673 674 675 676
Vgl. zu den Segmenten und ihrer Relevanz Teß/Eisele, § 11 BewG, Rn. 4 ff. (2007); Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 265 (2002); Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 41 ff. (2003). Vgl. zum Verhältnis von Bewertungsmaßstab und -verfahren oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. zur konzeptionellen Stimmigkeit oben Abschnitt 2.4.3.2.2. Vgl. auch Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 535 f. Vgl. Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 535.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 245 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
kommt,677 wobei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen ist, dass für Aktien inzwischen vielfach keine Kassakurse mehr ermittelt werden. Von der fragwürdigen Vereinbarkeit mit dem gemeinen Wert abgesehen, die letztlich – wie auch in den bereits behandelten Bewertungskontexten mehrfach deutlich wurde – aus dessen Anspruch selbst resultiert, erscheint die Anknüpfung an den Börsenkurs und damit einen bereits vorhandenen Marktpreis, wenngleich diese Präferenz einer wissenschaftlichen Letztbegründung nicht zugänglich ist, aber zumindest nahe liegend. Problematisch ist, dass jedoch auch der Rückgriff auf Börsenkurse nicht ohne Weiteres die Bestimmung eines oder des zum jeweiligen Stichtag erzielbaren Preises ermöglicht. So wird in dem vom Gesetzgeber an erster Stelle genannten amtlichen Handel sogar stichtagsbezogen im Rahmen der variablen Kursfeststellung eine mehrfache Preisfeststellung vorgenommen, wobei bekanntlich erhebliche Kursbewegungen zu verzeichnen sein können. Lediglich der Kassakurs wird hier nur einmalig während des Handelsverlaufs ermittelt. Ferner besteht die Möglichkeit, dass ein Handel an mehreren Börsen erfolgt. Dem möglichen Vorliegen mehrerer Kurse trägt der Gesetzgeber Rechnung, indem er einen, den niedrigsten Kurs für maßgeblich erklärt.678 Der weiteren Charakterisierung dieser gesetzlichen Anordnung zuträglich ist der Vergleich mit der Preisableitung aus Verkäufen im Rahmen der bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung679 einerseits und mit der Verrechnungspreisfindung680 andererseits. Die Börse (oder auch mehrere Börsen) stellt einen Kursverlauf für die in Rede stehende Aktie zur Verfügung, der sämtliche am Stichtag gezahlten Preise umfasst. Anders ausgedrückt wird eine „stichtagsbezogene Kaufpreissammlung“ bereitgestellt. Zudem besteht die Besonderheit des Vorliegens homogener Güter, was – anders als bei der bodenrichtwertba677
678
679
Vgl. Teß/Eisele, in: Rössler/Troll, § 11 BewG, Rn. 8 (2007); Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 267 (2002). A.A. allerdings FinMin Bayern, Erl. v. 07.08.1991, 34 – S 3102 S – 11551, Lex-Inform Dok. Nr. 0105048, dem zufolge variable Kursnotierungen nicht maßgeblich sein sollen. Entsprechend auch Viskorf, in: Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck (2004), § 11 BewG, Rn. 11; Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 62 (2003). Diese Auffassung erscheint allerdings in Anbetracht der klaren gesetzgeberischen Vorgabe, die allgemein auf den niedrigsten notierten Kurs abstellt, nicht haltbar. So auch zutreffend Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 267 (2002). Vgl. zur maßgeblichen Kursnotierung im Einzelnen auch Teß/Eisele, in: Rössler/Troll, § 11 BewG, Rn. 7 ff. (2007); Viskorf, in: Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck (2004), § 11 BewG, Rn. 8 ff. Vgl. zur bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung oben Abschnitt 3.3.6.
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sierten Grundstücksbewertung und der Verrechnungspreisfindung – aufgrund unterschiedlicher Gütereigenschaften oder Transaktionsbedingungen erforderliche Anpassungsrechnungen (eine mögliche Ausnahme hiervon stellen etwa Paketzuschläge bei größeren Aktienpaketen dar) entbehrlich macht. Das Problem der fehlenden Vergleichbarkeit stellt sich folglich insoweit nicht. Mithin ist auch die Ermittlungsproblematik insoweit von vornherein abgemildert. Was den Umgang mit der gleichwohl noch zu bewältigenden Mehrwertigkeit betrifft, so ist ein Unterschied zur ähnlichen Problemlage der „uneingeschränkten Vergleichbarkeit“ im Rahmen der Verrechnungspreisermittlung festzustellen.681 Während der Steuerpflichtige im letztgenannten Zusammenhang die gesamte Bandbreite nutzen kann, wird hier der niedrigste Wert angesetzt. In der Terminologie der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre ausgedrückt wird mithin nicht auf Basis der vollständigen Risikostruktur entschieden, sondern einer möglichen, auch in der Entscheidungstheorie verankerten Reaktion auf das Fehlen von „Eintrittswahrscheinlichkeiten“ entsprechend nur eine, die für den Steuerpflichtigen regelmäßig günstigste Datensituation, zugrunde gelegt.682 Auf diese Weise wird die aus der Mehrwertigkeit resultierende Ermittlungsproblematik bewältigt und letztlich auch eine Objektivierung der Wertfindung ermöglicht. Die soeben erörterte Bewältigung bzw. Vermeidung der Ermittlungsproblematik und damit einhergehend der Objektivierungsproblematik gelingt lediglich dann nicht, wenn vom Kurswert abzuweichen ist. Nach der Rechtsprechung ist eine solche Abweichung allerdings nur in engen Grenzen möglich, und zwar namentlich dann, wenn Umstände vorliegen, unter denen die Streichung des Kurses nach Börsenrecht hätte verlangt werden können.683 In solchen Fällen ist jedoch der Börsenkurs insgesamt nicht maßgeblich, d.h., es sind auch keine Anpassungsrechnungen zwecks Bereinigung „unerwünschter“ Kurseinflüsse vorzunehmen. Ohnehin würde sich – ebenso wie bei der Wertableitung aus Verkäu680 681 682 683
Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.4. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.4.4.3.2. Vgl. zum Umgang mit der Unsicherheit oben Abschnitt 2.3.4.2. Vgl. BFH, Urt. v. 26.07.1974, III R 16/73, BStBl. II 1974, S. 656; Urt. v. 23.02.1977, II R 63/70, BStBl. II 1977, S. 427. Vgl. auch BFH, Urt. v. 15.10.1965, III 76/64 U, BStBl. III 1965, S. 732; Beschl. v. 01.10.2001, II B 109/00, BFH/NV 2002, S. 319; zum möglichen Abweichen vom Börsenkurs auch Teß/Eisele, in: Rössler/Troll, § 11 BewG, Rn. 11 ff. (2007); Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 269 (2002); Gürsching/Stenger, § 11 BewG, Rn. 68 ff. (2002); Kapp/Ebeling, § 12 ErbStG, Rn. 112 (2003).
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fen – die Frage stellen, wie die ggf. erforderlichen Anpassungsrechnungen durchzuführen sind, d.h., es wäre eine vergleichbare Problemlage wie bei der Wertableitung aus Verkäufen gegeben. Wenn entsprechende Bemühungen unternommen werden sollten, müssten diese mangels eines entsprechenden Vorgehens aus theoretischer Sicht bereits einmal mehr Bedenken hervorrufen. Vergleicht man das Ausmaß der dabei ggf. erforderlichen Anpassungen mit der Wertableitung aus Verkäufen, so müssen allerdings bei Verfügbarkeit eines Stichtagskurses von vornherein keine zeitlichen Divergenzen, d.h. zwischenzeitliche Veränderungen der Marktlage berücksichtigt werden; zumindest hieraus resultierende „Verzerrungen“ sind bzw. wären somit von vornherein ausgeschlossen. Vor dem Hintergrund, dass nach der Rechtsprechung bei – im vorstehenden Sinne – unmaßgeblichen Börsenkursen jedoch ohnehin keine Anpassungsrechnungen vorgesehen sind, sondern insgesamt deren Nichtberücksichtigung, ist an die bereits oben aufgeworfene, im vierten Kapitel aufzugreifende Frage zu erinnern, ob nicht von vornherein ein genereller Verzicht auf Anpassungsrechnungen auch in vergleichbaren Fällen geboten erscheint.684 Gesondert zu erwähnen ist, dass der Gesetzgeber auch Kurse vor dem Stichtag für die Wertfindung für geeignet erachtet und sich insoweit ergänzend auch einer vergangenheitsorientierten Vorgehensweise bedient. Dies legt die Interpretation nahe, dass die gebotene Stichtagsbezogenheit der Bewertung der Bewältigung der Ermittlungsproblematik, d.h. der Verfügbarkeit eines notfalls auch nicht stichtagsbezogenen Börsenkurses und damit einhergehend auch der Objektivierung „geopfert“ wird.685 Wenngleich sich theoretische Bedenken aufdrängen und insoweit auch hinsichtlich des Gesetzesbefehls ob der nicht vorzunehmenden Anpassungsrechnungen eine Inkonsistenz gegenüber der Wertableitung aus Verkäufen auffällt, muss auch gesehen werden, dass das geltende Recht hier abermals zumindest um eine Lösung bestrebt ist. Für sich betrachtet ist das Vorgehen zudem zwar einmal mehr als einseitig vergangenheitsorientiert zu kennzeichnen. Im Gegensatz zu anderen Kontexten kann der Grund hierfür allerdings in dem der Wegzugsbesteuerung insgesamt zugrunde liegenden, im Folgenden noch zu erörternden Konzept gesehen werden, das – wie sich 684 685
Vgl. unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Vgl. aber einschränkend Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, § 12 ErbStG, Rn. 268 (2002), dem zufolge der Kurs nach den Verhältnissen vom Bewertungsstichtag noch als zutreffend anzusehen sein muss und verneinendenfalls auszuscheiden ist. Diese Einschränkung ist dem Gesetzeswortlaut allerdings nicht zu entnehmen.
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zeigen wird – bereits selbst mit dem Prinzip der flexiblen Planung verbunden werden kann.686 3.5.3.1.2. Bewertung bei fehlender Kursnotierung Oben war herausgestellt worden, dass in Fällen fehlender Kursnotierung gem. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG – wie bereits im Zusammenhang mit der Bewertung nicht notierter Anteile für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer erörtert687 – eine zweistufige Verfahrenshierarchie zum Tragen kommt: Vorrangig ist eine Wertableitung aus Verkäufen vorzunehmen, während der Anteilswert nur subsidiär unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen ist. Dabei sieht die Finanzverwaltung für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke das oben bereits analysierte Stuttgarter Verfahren vor. Eine uneingeschränkte Übertragung dieser Bewertungsvorgaben auf den ertragsteuerlichen Bewertungszusammenhang und damit auch auf die hier interessierende Findung des gemeinen Werts für Zwecke des § 6 AStG ist jedoch nach dem mittlerweile geltenden Recht nicht mehr zulässig. War die Anwendung des Stuttgarter Verfahrens für ertragsteuerliche Zwecke bereits in der Vergangenheit kontrovers diskutiert worden,688 so wurde im Rahmen des SEStEG689 ein neuer Satz 3 in § 11 Abs. 2 BewG eingefügt, der wie folgt lautet: „Satz 2 gilt nicht für ertragsteuerliche Zwecke.“ Nach der gesetzgeberischen Intention soll hierdurch „klargestellt“ werden,690 dass Anteile an Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke nicht nach dem Stuttgarter Verfahren zu bewerten sind.691 Unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz ist dabei nicht einsichtig, wa686 687 688
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Vgl. unten Abschnitt 3.5.4. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.2. Vgl. OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. A.4.2. Vgl. auch van Lishaut, FR 2004, S. 1305, mit Verweis auf BMF, Schr. v. 25.03.1998, IV B 7 – S 1978 – 21/98, S. 268 ff., Rn. 21.06, dem zufolge § 11 BewG für die Ermittlung des fiktiven Veräußerungspreises einbringungsgeborener Anteile nicht anzuwenden ist. A.A. jedoch Wassermeyer, in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff, § 6 AStG, Rn. 30 (1992), der von einer Anwendung des Stuttgarter Verfahrens im Rahmen von § 6 AStG ausgeht. Im Ergebnis auch Jahndorf, StuW 1999, S. 271. Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) v. 07.12.2006, BGBl. I 2006, S. 2782 ff. Ob die Änderung tatsächlich klarstellender und nicht konstitutiver Natur ist, erscheint fraglich, soll hier aber nicht diskutiert werden. Vgl. die Gesetzesbegründung zu dem Regierungsentwurf des SEStEG, BR-Drs. 542/06 v. 11.08.2006, S. 90.
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rum ein Verfahren, das in einem Bewertungskontext als geeignet zur Ermittlung des gemeinen Werts angesehen wird, in einem anderen Bewertungskontext zu dessen Konkretisierung nicht mehr zur Anwendung kommen soll.692 Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die nunmehr angeordnete Nichtanwendung von § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG auch die Wertableitung aus Verkäufen ausschließt oder lediglich das Stuttgarter Verfahren. Die Beschränkung der Gesetzesbegründung auf die beabsichtigte Klarstellung spricht für Letzteres.693 Die Wertableitung aus Verkäufen dürfte daher auch weiterhin Anwendung finden. Im Hinblick auf deren Analyse, die allerdings – ebenso wie der Rückgriff auf eine Kursnotierung – wohl eher den praktischen Ausnahmefall darstellen dürfte, sei daher an dieser Stelle auf die Ausführungen in Abschnitt 3.2.3. verwiesen. Genauer einzugehen ist hier jedoch auf die Frage, wie zu bewerten ist, wenn das Stuttgarter Verfahren nicht zur Anwendung kommen soll. Wie bereits oben erwähnt, finden sich Hinweise zur ertragsteuerlichen Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im „Leitfaden der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Münster zur Bewertung von (Anteilen an) Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke“694. Zwar hat der Leitfaden einhergehend mit seinem Charakter als Arbeitshilfe im Gegensatz zu einer Verfügung keine Verbindlichkeit für die nachgeordneten Stellen.695 Gleichwohl kommt ihm eine richtungsweisende Bedeutung zu, die über den Verwaltungsbereich der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Münster hinausgehen dürfte.696
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Vgl. aber zu möglichen Rechtfertigungsansätzen für eine Differenzierung zwischen Ertragsund Vermögensbesteuerung Jahndorf, StuW 1999, S. 275. Vgl. die Gesetzesbegründung zu dem Regierungsentwurf des SEStEG, BR-Drs. 542/06 v. 11.08.2006, S. 90. Die Wertableitung aus Verkäufen gem. § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG bereits bislang ausdrücklich vorsehend OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. A.3.2. Vgl. OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002). Vgl. für einen Überblick auch Brinkmeier, GmbHStB 2005, S. 16 ff.; für eine Darstellung und Würdigung Schleithoff (2006), S. 154 ff. Vgl. auch Schleithoff (2006), S. 154 f. Von einer strikten Anwendung durch die Finanzämter im Verwaltungsbereich der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Münster geht Schleithoff aus. Vgl. Schleithoff (2006), S. 155, der dies aus der Komplexität der Unternehmensbewertung und der daraus resultierenden Suche der Verwaltung nach entsprechender Hilfestellung und aus der dokumentierten permanenten Weiterentwicklung des Leitfadens, die auf eine hohe Akzeptanz schließen lasse, folgert. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Leitfaden bereits in seiner 3. Fassung veröffentlicht wurde und im Juni 2005 zuletzt angepasst wurde.
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Wird der Leitfaden zugrunde gelegt, so dürfte wohl der künftige Regelfall die Anwendung des dort geregelten vereinfachten Ertragswertverfahrens sein,697 das sich wohlgemerkt von dem bei der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Grundstücksbewertung anzuwendenden gleich bezeichneten Verfahren unterscheidet.698 Neben diesem Ertragswertverfahren sind zwar noch weitere Verfahren – insbesondere die DCF-Verfahren und der Multiplikatoransatz – zulässig.699 Das geltende Recht erweist sich hierbei insoweit als inkonsistent, als Bewertungsverfahren, die im Rahmen der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung für die Findung des gemeinen Werts unzulässig sind, im Rahmen der ertragsteuerlichen Bewertung nichts entgegen steht. Da diese Verfahren allerdings nicht näher spezifiziert werden, ihnen somit wohl eine eher nachrangige Bedeutung zukommen dürfte und sie ohnehin insbesondere bereits im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Bewertung nicht notierter Anteile in grundsätzlicher Hinsicht behandelt wurden,700 wird an dieser Stelle hierauf nicht eingegangen. Die Betrachtung konzentriert sich vielmehr auf das vereinfachte Ertragswertverfahren. Nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ist der Unternehmenswert als Barwert einer unendlichen Rente des künftigen Jahresertrags zu ermitteln.701 Wie bereits oben ausgeführt, lassen sich zwar Argumente anführen, die das „reine“ Ertragswertverfahren unter dem Gesichtspunkt der konzeptionellen Stimmigkeit im Sinne einer Konformität mit dem gemeinen Wert zumindest vorzugswürdig gegenüber dem Stuttgarter Verfahren erscheinen lassen.702 Auch hiermit kann jedoch nicht der objektiv erzielbare Einzelveräußerungspreis ermittelt werden, was wiederum nicht zuletzt auf den Charakter des gemeinen Werts als von vornherein unerreichbares, auch nicht operational definiertes Ide697
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700 701
702
Angemerkt sei, dass damit der gemeine Wert durch einen anderen und damit „zwischengeschalteten“ Bewertungsmaßstab, den vereinfachten Ertragswert, konkretisiert wird. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen zur Terminologie in Abschnitt 2.4.2. Vgl. zum vereinfachten Ertragswertverfahren für Zwecke der Grundstücksbewertung oben Abschnitt 3.3.4. Vgl. OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. B.3. ff. Dabei wird auch auf die Möglichkeit zur Vorlage von Gutachten hingewiesen, denen jedoch der verbindliche Charakter von vornherein abgesprochen wird. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.3.2. und Abschnitt 3.2.4.2. Vgl. OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. B.1.1.1. Anzumerken ist, dass als Wertuntergrenze der Substanzwert maßgeblich ist. Vgl. OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. B.2. ff. Da dieser jedoch vielfach nicht zum Tragen kommen dürfte, wird hierauf nicht weiter eingegangen. Vgl. hierzu im Einzelnen oben Abschnitt 3.2.4.2.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 251 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
al zurückzuführen ist.703 Auch Aussagen darüber, ob oder inwieweit unter Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens der Bewertungsmaßstab „gemeiner Wert“ in quantitativer Hinsicht zumindest annähernd erreicht wird, sind folglich nicht ohne Weiteres möglich; hierauf wird im vierten Kapitel noch zurückzukommen sein.704 Was die konkrete Ausgestaltung betrifft, so ist – wenngleich das methodische Vorgehen bzw. Verfahren bei der Ertragswertermittlung in Teilen an den alten IDW-Standard S 1705 anknüpft – zunächst ein erheblicher Vereinfachungsgrad des Bewertungsmodells zu konstatieren. An Stelle einer, in Anbetracht der ohnehin eingeschränkten Beurteilbarkeit von Modellen nur begrenzten Erkenntnisgewinn versprechenden706, umfassenden Detailwürdigung sind nachfolgend die grundlegenden Merkmale der beiden Verfahrenskomponenten – Zukunftserfolge und Kapitalisierungszinssatz – zu beleuchten:707 Für die Ermittlung der Zukunftserfolge bzw. der zu diskontierenden „ewigen Rente“ gibt die Finanzverwaltung ein differenziertes Berechnungsschema vor, das vom körperschaftsteuerlichen Einkommen ausgeht, dieses um diverse Größen modifiziert und damit ertragsbasiert ist.708 Auf die an sich gebotene Anknüpfung an (künftige) Zahlungsströme wird somit – wohl vereinfachend – ebenso verzichtet wie auf konkrete Ausschüttungsprognosen; der Verzicht auf Letztere kann dabei als Vollausschüttung interpretiert werden. Ausdrücklich anerkannt wird zwar, dass die Bewertung zukunftsbezogen zu erfolgen hat. Entsprechend wird auch die Zugrundelegung von Prognosen des Steuerpflichtigen zugelassen. Allerdings wird dies dadurch eingeschränkt, dass eine „Verprobung“ anhand der erzielten Vergangenheitsergebnisse vorzunehmen und bei „nicht verwertbaren“ Prognosen – in vergleichbarer Weise wie beim Stuttgarter Verfahren – ausschließlich auf gewichtete Vergangenheitsergebnisse abgestellt werden soll.709 Ungeachtet 703 704 705
706 707 708 709
Vgl. auch bereits oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Die Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen waren zuletzt in dem IDW Standard IDW S 1 geregelt. Vgl. HFA des IDW, WPg 2000, S. 825 ff. Am 18.10.2005 verabschiedete der HFA die Neufassung des Standards, die seither gilt. Vgl. HFA des IDW, IDWFn. 2005, S. 690 ff. Vgl. zur Beurteilbarkeit von Modellen oben Abschnitt 2.4.3.2.2. Vgl. für weitere Einzelheiten aber Schleithoff (2006), S. 160 ff.; Brinkmeier, GmbH-StB 2005, S. 16 ff. Vgl. hierzu OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. B.1.2. ff. Vgl. hierzu OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. B.1.2. ff.
252 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
des grundsätzlichen Bekenntnisses zur Zukunftsorientierung hat es den Anschein, dass die Finanzverwaltung letztlich doch wieder auf eine Zugrundelegung der Vergangenheitsergebnisse hinwirken möchte. Die Ausgestaltung spiegelt einmal mehr das Dilemma des Ertragswerts wider.710 Wird die aus betriebswirtschaftlicher Sicht vorzugswürdige Zukunftsorientierung konsequent verfolgt, so verbleiben aufgrund der auch seitens des geltenden Rechts methodisch nicht gesondert aufgegriffenen Unsicherheitsproblematik Schwierigkeiten im Hinblick auf die Ermittlung der Zukunftserfolge und damit einhergehend die bereits mehrfach in diesem Zusammenhang aufgezeigten Objektivierungsprobleme. In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass das geltende Recht auch für das vereinfachte Ertragswertverfahren keinen „Pseudo-ex-ante-Ertragswert“ in Betracht zieht; als solcher war oben die aus dem Prinzip der flexiblen Planung abgeleitete Vorgehensweise bezeichnet worden, auf die tatsächlichen Ergebnisse nach deren Vorliegen zu rekurrieren.711 Wird umgekehrt aber die Zukunftsorientierung aufgegeben, so lassen sich hierdurch zwar Ermittlungs- und Objektivierungsproblematik bewältigen, dies begegnet jedoch aus theoretischer Sicht Bedenken. Mit dieser Einschätzung soll aber – um es nochmals zu betonen – wohlgemerkt weder die Restriktionsfreiheit des Pseudo-ex-ante-Ertragswerts noch die Problemlosigkeit der Zukunftserfolgsbestimmung suggeriert werden. Bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes ist von der Umlaufrendite für festverzinsliche öffentliche Anleihen mit einer Restlaufzeit von 9-10 Jahren als Basiszinssatz auszugehen.712 Dieser Basiszinssatz ist sodann um einen pauschalen Risikozuschlag von 3 % zu erhöhen und der so ermittelte Zinssatz um eine typisierte Ertragsteuerbelastung von 35 % zu kürzen.713 Entspricht die Ermittlung des Basiszinssatzes durchaus dem in der Unternehmensbewertung üblichen Vorgehen, so entbehrt der Risikozuschlag einer individuellen Risikoberücksichtigung. Die Möglichkeit einer solchen eröffnet bekanntlich das im Rahmen der Unternehmensbewertung üblicher-
710 711 712 713
Vgl. hierzu bereits oben Abschnitt 2.4.3.2.2. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.4.2. Vgl. hierzu OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002), Tz. B.1.3. ff. An dieser Stelle sei lediglich darauf hingewiesen, dass auf die Berücksichtigung von Ertragsteuern aus weiter unten noch zu erläuternden Gründen nicht eingegangen wird. Vgl. hierzu unten Abschnitt 4.1.2.2.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 253 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
weise zur Anwendung kommende CAPM.714 Allerdings ist zu beachten, dass gerade bei den für die Bewertung mit dem vereinfachten Ertragswert in Frage kommenden nicht börsennotierten Unternehmen die Ableitung der hierfür erforderlichen (Aktien-)Betafaktoren aufgrund fehlender Marktdaten nicht ohne Weiteres möglich ist. Ersichtlich bemüht die Finanzverwaltung aber auch keine in diesem Fall alternativ denkbaren Ansätze. Insoweit könnte an die Ermittlung anhand von Branchenbetafaktoren, anhand von Betafaktoren vergleichbarer Unternehmen oder sog. Accounting-Betafaktoren gedacht werden,715 die zwar – wie das CAPM selbst – letztlich auch nicht gänzlich frei von Ansatzpunkten für konzeptionelle Kritik sind, wohl aber jedenfalls den Versuch einer Ermittlung anhand von Marktdaten unter Einbeziehung individueller Eigenschaften des Bewertungsobjekts unternehmen und bei entsprechender Kennzeichnung der Verfahrensschritte auch die Möglichkeit einer zumindest nachvollziehbaren Ermittlung in Aussicht stellen. Ebenso wenig wird eine Übertragung des Pseudo-ex-ante-Ertragswerts erwogen. Die Finanzverwaltung löst das sich im Hinblick auf den Risikozuschlag stellende Wertfindungsproblem vielmehr durch die pauschale Vorgabe, die zwar aus theoretischer Sicht unter dem Gesichtspunkt kritisiert werden kann, dass die erwähnte individuelle Risikoberücksichtigung unterbleibt, andererseits aber sich hierbei stellende mögliche Ermittlungs- und damit einhergehende Objektivierungsprobleme von vornherein verhindert. Einmal mehr ist darauf hinzuweisen, dass mit dieser Einschätzung keine Überlegenheit der möglichen Alternativen suggeriert werden soll. Bei einem Vergleich der Verfahrenskomponenten – Zukunftserfolge und Kapitalisierungszinssatz – fällt auf, dass das vereinfachte Ertragswertverfahren auch in sich insoweit eine Inkonsistenz aufweist, als bei der Bestimmung der Zukunftserfolge die theoretisch vorzugswürdige Zukunftsprognose zugelassen, hingegen für Zwecke der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes wohl die Notwendigkeit der „komplikationslosen“ Ermittlung in objektivierbarer Form als vorrangig angesehen wird.
714 715
Vgl. hierzu im Einzelnen Pankoke/Petersmeier, in: Schacht/Fackler (2005), S. 106 ff. Vgl. hierzu Pankoke/Petersmeier, in: Schacht/Fackler (2005), S. 118 ff.
254 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
3.5.3.2. Die interaktionsorientierte Sicht: Verfahrenshierarchie mit eingeschränkter Option mit Widerlegungsmöglichkeit(en) Wie bei der Bewertung nicht notierter Anteile für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer beziehen sich die Vorgaben des Gesetzgebers für die Wegzugsbesteuerung auf das konkrete Bewertungsobjekt „Anteile“. Der Gesetzgeber bedient sich also – anders als beim Teilwert und im Rahmen der Verrechnungspreisfindung beobachtet – keiner bewertungsobjektübergreifenden Vorgabe. Als Bewertungsmaßstab im Sinne des oben entwickelten Erklärungsmodells716 hat der Gesetzgeber den gemeinen Wert vorgegeben, der durch die bewertungsgesetzlichen Vorschriften sowie von Rechtsprechung und Finanzverwaltung weiter konkretisiert wurde. Dabei ist festzustellen, dass das geltende Recht eine mehrstufige Verfahrenshierarchie vorsieht, insoweit erweist sich das Erklärungsmodell – wie auch bereits oben im Zusammenhang mit der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Anteilsbewertung festgestellt717 – als zu eng. Der vorrangige Rückgriff auf die niedrigste Kursnotierung ermöglicht eine konfliktfreie Bewertung, falls eine solche Kursnotierung vorhanden und maßgeblich ist. Letztere Konstellation hat die Rechtsprechung vergleichsweise deutlich abgegrenzt,718 so dass vorgegeben ist, in welchen Fällen das vorrangige Bewertungsverfahren (bzw. hier der ein gesondertes Bewertungsverfahren entbehrlich machende Bewertungsmaßstab „Kursnotierung“) nicht zum Tragen kommt und auf die Wertableitung aus Verkäufen abzustellen ist, die, wie bereits deutlich wurde,719 eine erhebliche Konfliktanfälligkeit aufweist. Wenngleich insoweit auf die Ausführungen zur Bewertung nicht notierter Anteile verwiesen werden kann,720 sei an dieser Stellen erneut hervorgehoben, dass nicht klar vorgegeben ist, in welchen Fällen selbst bei vorhandenen Verkäufen auf die nachgelagerte Stufe der Hierarchie auszuweichen ist. Was Letztere betrifft, so ist für den Regelfall von dem oben erörterten vereinfachten Ertragswertverfahren auszugehen, bei dem hinsichtlich der Konfliktanfälligkeit zwischen den Verfahrenskomponenten zu differenzieren ist. Während für den Kapitalisierungszinssatz eindeutige Vorgaben bestehen, muss hinsichtlich der Zukunftserfolge, sofern sie tatsächlich zukunftsbezogen ermittelt werden, eine erhebliche Konfliktanfällig716 717 718 719 720
Vgl. oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. oben Abschnitt 3.2.2. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.5.3.1.1. Vgl. oben Abschnitt 3.2.2. Vgl. oben Abschnitt 3.2.2.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 255 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
keit konstatiert werden: Die Öffnung für eine aus theoretischer Sicht gebotene Zukunftsbasierung führt allenfalls zu einer nachvollziehbaren, nicht jedoch zu einer objektivierten Bewertung. Dies verkehrt sich ins Gegenteil, wenn die Anknüpfung an Zukunftserfolge aufgegeben wird. Anders als hinsichtlich der Zukunftserfolge hat somit bei der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes – zumindest im Ergebnis – die objektivierte und damit konfliktvermeidende Bewertung den Vorrang. Wenn das vereinfachte Ertragswertverfahren auch den Regelfall darstellen dürfte, so ist jedoch zu beachten, dass daneben noch verschiedene andere Verfahren zulässig sind, die jedoch inhaltlich nicht genauer spezifiziert werden und damit einmal mehr konfliktbehaftet sind. In der Möglichkeit, die Bewertung anhand des vereinfachten Ertragswertverfahrens, ggf. auch unter vergangenheitsorientierter Bestimmung der Zukunftserfolge vorzunehmen, diese alternativ aber auch zukunftsorientiert zu ermitteln oder auch andere Bewertungsmaßstäbe bzw. -verfahren zu verwenden, kann zudem eine eingeschränkte Option mit Widerlegungsmöglichkeit(en) im Sinne des oben dargestellten Erklärungsmodells gesehen werden. Die Zusatzbezeichnung „eingeschränkt“ wird dabei verwendet, um die Unschärfe der „Option“ im Hinblick auf die möglichen Alternativen zum Ausdruck zu bringen. Wenngleich keine Festlegung auf nur ein Bewertungsverfahren besteht und insbesondere mit der vorhandenen Werthierarchie und der optionalen Ausgestaltung auch der Wertfindung im Sinne einer Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung in Teilen Rechnung getragen wird, ist insgesamt letztlich doch eine Konfliktanfälligkeit in mehrfacher Hinsicht festzustellen. Gegenüber der Wertfindung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer dürfte sich tendenziell verschärfend auswirken, dass anstelle des Stuttgarter Verfahrens grundsätzlich eine Ertragswertermittlung erfolgt, im Rahmen derer auch Zukunftsprognosen Verwendung finden (können). 3.5.4. Der Abschluss der Wertfindung bei tatsächlicher Veräußerung Nach § 6 AStG ist die für Zwecke der deutschen Besteuerung vorzunehmende Wertfindung im Wegzugszeitpunkt noch nicht zwingend abgeschlossen. Vielmehr kann die maßgebliche Bemessungsgrundlage in dem hier betrachteten Grundfall721 bei nach § 6 Abs. 5 Satz 1 AStG erfolgter Steuerstundung – von in 721
Vgl. oben Abschnitt 3.5.1.
256 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
der Folge noch aufzuzeigenden Ausnahmen abgesehen – erst im späteren tatsächlichen Veräußerungszeitpunkt abschließend festgelegt werden. In diesem Zeitpunkt stellt sich zwar für sich betrachtet kein Wertfindungsproblem im Sinne der vorliegenden Untersuchung. Der bestehende Zusammenhang zur Wertfindung im Wegzugszeitpunkt selbst legt es gleichwohl nahe, das gesetzgeberisch angeordnete Vorgehen im Veräußerungszeitpunkt einschließlich dessen Implikationen für die Wertfindung insgesamt zu analysieren. Dabei ist auch der Frage nachzugehen, ob das ursprüngliche Regelungsziel „Besteuerung der bis zum Wegzugszeitpunkt und einem Untergang des deutschen Besteuerungsrechts entstandenen stillen Reserven“ erreicht wird. Für den Fall, dass der im späteren Veräußerungszeitpunkt tatsächlich erzielte Veräußerungsgewinn niedriger ist als der im Wegzugszeitpunkt ermittelte Gewinn und dieser Mindergewinn im Zuzugsstaat nicht berücksichtigt wird, ist der ergangene deutsche Steuerbescheid insoweit aufzuheben oder zu ändern (§ 6 Abs. 6 Satz 1 AStG).722 Dies gilt allerdings nur, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Wertminderung betrieblich veranlasst und nicht auf eine gesellschaftsrechtliche Maßnahme, insbesondere eine Gewinnausschüttung zurückzuführen ist (§ 6 Abs. 6 Satz 2 AStG).723 Was die mögliche Nichtberücksichtigung des Mindergewinns betrifft, nennen die Gesetzesmaterialien zu § 6 Abs. 6 AStG zwei mögliche Fälle:724 Zum einen ist es denkbar, dass nach den Vorschriften des Zuzugsstaats eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns gänzlich unterbleibt. Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass der Zuzugsstaat zwar eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns vornimmt, hierbei aber nicht auf den der deutschen Besteuerung gem. § 6 AStG zugrunde liegenden gemeinen
722 723
724
§ 6 Abs. 6 Satz 1 AStG spricht allerdings nicht von einem „Mindergewinn“, sondern gebraucht den Begriff „Wertminderung“. Hierdurch soll verhindert werden, dass beim Wegzug vorhandene Gewinnrücklagen nach dem Wegzug ausgeschüttet und somit stille Reserven realisiert werden, die hieraus resultierende Wertminderung dann aber bei der Berechnung des tatsächlichen Veräußerungsgewinns angesetzt werden kann. Ist entsprechend die Berücksichtigung einer solchen Wertminderung nicht möglich, kann jedoch die keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende deutsche Kapitalertragsteuer auf die nach dem fiktiven Veräußerungsgewinn ermittelte Steuer angerechnet werden (§ 6 Abs. 6 Satz 4 AStG). Vgl. Lausterer, in: Blumenberg/Schäfer (2007), S. 237 f. Vgl. die Gesetzesbegründung zu dem Regierungsentwurf des SEStEG, BT-Drs. 542/06 v. 11.08.2006, S. 88.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 257 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Wert im Wegzugszeitpunkt, sondern auf die historischen Anschaffungskosten als Zugangswert abstellt. Abhängig von der Ausgestaltung der Besteuerung im Zuzugsstaat (keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns, Besteuerung unter Zugrundelegung des gemeinen Werts im Wegzugszeitpunkt, Besteuerung unter Zugrundelegung der historischen Anschaffungskosten) und der Höhe des erzielten Veräußerungspreises (Veräußerungspreis > gemeiner Wert im Wegzugszeitpunkt, gemeiner Wert im Wegzugszeitpunkt > Veräußerungspreis > historische Anschaffungskosten, gemeiner Wert im Wegzugszeitpunkt > Veräußerungspreis < historische Anschaffungskosten) lassen sich bei einem unterstellten Gewinn gem. § 6 Abs. 1 AStG (gemeiner Wert im Wegzugszeitpunkt > historische Anschaffungskosten) folgende Fallkonstellationen unterscheiden: WiW > AK und VP > WiW
WiW > AK und WiW > VP > AK
WiW > AK und WiW > VP < AK
Keine Besteuerung im Zuzugsstaat
Fall 1a
Fall 2a
Fall 3a
Besteuerung mit AK als Zugangswert
Fall 1b
Fall 2b
Fall 3b
Besteuerung mit WiW als Zugangswert
Fall 1c
Fall 2c
Fall 3c
mit: WiW = Gemeiner Wert im Wegzugszeitpunkt AK = Historische Anschaffungskosten VP = Veräußerungspreis
Tab. 3.5.-1: Fallkonstellationen der Wegzugsbesteuerung Nachfolgend werden die sich in den einzelnen Fallkonstellationen ergebenden Steuerwirkungen anhand eines einfachen Zahlenbeispiels analysiert, wobei im Hinblick auf einen späteren tatsächlichen Veräußerungsgewinn, der den im Wegzugszeitpunkt ermittelten Gewinn unterschreitet, von der Möglichkeit des Nachweises der betrieblichen Veranlassung gem. § 6 Abs. 6 Satz 2 AStG ausgegangen wird. Damit einhergehend werden zwar gesellschaftsrechtlich bedingte Wertminderungen nicht ausdrücklich einbezogen. Dies ist jedoch – wie deutlich werden wird – der beabsichtigten grundlegenden konzeptionellen Betrach-
258 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
tung der Wegzugsbesteuerung keineswegs abträglich. Im Übrigen sei hierzu angemerkt, dass gerade Gewinnausschüttungen nach dem Wegzugszeitpunkt, die den Hauptgrund solcher nicht zu berücksichtigender Wertminderungen darstellen dürften, aus deutscher Sicht letztlich als „Surrogat“ für einen später realisierten Veräußerungsgewinn interpretiert werden können. Hiermit lässt sich durchaus rechtfertigen, dass sie keinen Einfluss auf den im Wegzugszeitpunkt festgestellten fiktiven Veräußerungsgewinn haben sollen, was auch zur Folge hat, dass der Regelungszweck der Besteuerung der bis zum Wegzugszeitpunkt entstandenen stillen Reserven insoweit nicht beeinträchtigt, sondern vielmehr realisiert wird.725 Im Rahmen des Zahlenbeispiels werden durchgängig die historischen Anschaffungskosten (AK) mit 100 GE und der gemeine Wert im Wegzugszeitpunkt (WiW) mit 500 GE angesetzt, während der Veräußerungspreis – den Spalten in der obigen Tabelle entsprechend – variiert und (1) zunächst mit 1000 GE und damit über dem Wert im Wegzugszeitpunkt (VP > WiW), (2) sodann mit 300 GE und damit zwischen den historischen Anschaffungskosten und dem Wert im Wegzugszeitpunkt (WiW > VP > AK) und (3) schließlich mit 50 GE und somit unter dem Wert im Wegzugszeitpunkt wie auch den Anschaffungskosten (WiW > VP < AK) angesetzt wird.726 Der für die deutsche Wegzugsbesteuerung maßgebliche und zu stundende Gewinn beträgt in allen Fällen im Wegzugszeitpunkt 400 GE. Bei tatsächlicher Veräußerung ergeben sich die nachfolgend dargestellten Auswirkungen. (1) Fall 1a bis Fall 1c: Da der Veräußerungspreis den gemeinen Wert im Wegzugszeitpunkt übersteigt und es zu einem Gewinn von EUR 900 kommt, stellt sich kein Mindergewinn gegenüber dem ursprünglich angesetzten Gewinn von 400 GE ein. Erfolgt im Zuzugsstaat keine Besteuerung (Fall 1a), so bleibt es daher allein bei diesem 725
726
Vor dem Hintergrund der Vermeidung von Doppelbesteuerungen separat zu sehen ist die Anrechnung von deutscher Kapitalertragsteuer auf Gewinnausschüttungen auf die auf den fiktiven Veräußerungsgewinn entfallende Steuer gem. § 6 Abs. 6 Satz 4 AStG, die jedoch ebenfalls mit der gedanklichen Einstufung etwaiger Gewinnausschüttungen als Surrogat für einen Veräußerungsgewinn einhergeht. Vgl. zu ähnlichen Überlegungen bereits Neu, GmbH-StB 2005, S. 270 ff., der sich mit dem BMF-Schreiben vom 08.06.2005, IV B 5 – S 1348 – 35/05, BStBl. I 2005, S. 714 f., auseinandersetzt.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 259 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Gewinn. Besteuert der Zuzugsstaat auf der Grundlage des gemeinen Werts im Wegzugszeitpunkt (Fall 1c), so fällt im Ausland zusätzlich ein Veräußerungsgewinn von 500 GE an. Besteuert der Zuzugsstaat demgegenüber auf der Grundlage der historischen Anschaffungskosten (Fall 1b), entsteht im Ausland ein zusätzlicher Veräußerungsgewinn von 900 GE. Im Hinblick auf den insgesamt entstehenden Veräußerungsgewinn besteht somit in dieser Fallkonstellation in Höhe von 400 GE die Gefahr einer Doppelbesteuerung, deren Beseitigung Sache der beteiligten Staaten ist, wobei insbesondere das Verständigungsverfahren in Betracht kommt.727 Die sich in der letztgenannten Variante einstellenden Steuerwirkungen sind letztlich darauf zurückzuführen, dass auf deutscher Seite die stichtagsbezogene Ermittlung eines fiktiven Veräußerungspreises angestrebt wird, der Ansatz des Zuzugsstaats mit den historischen Anschaffungskosten jedoch von vornherein nur mit einer Aufteilung des Gesamtgewinns zu vereinbaren ist. Hier spiegeln sich im Übrigen die bereits im Zusammenhang mit der Analyse der Verrechnungspreisfindung aufgezeigten Methoden – Gewinnzuweisung anhand stichtagsbezogener Bewertung einerseits und Gewinnaufteilung andererseits – wider.728 Der deutsche Gesetzgeber hat sich hier gerade nicht für den letztgenannten Ansatz entschieden, der anstelle des stichtagsbezogenen Wertfindungsproblems das Problem der Gewinnaufteilung im Sinne der Frage nach einem geeigneten Aufteilungsmaßstab aufweist.729 (2) Fall 2a bis Fall 2c: In diesen Fällen ergibt sich zwar insgesamt ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 200 GE, dieser ist jedoch niedriger als der im Wegzugszeitpunkt ermittelte Gewinn von 400 GE. Abhängig von der Besteuerung im Zuzugsstaat ergeben sich somit unterschiedliche Folgen. Erfolgt im Ausland keine Besteuerung (Fall 2a), so ist der im Wegzugszeitpunkt ermittelte Gewinn auf 200 GE zu korrigieren. Besteuert der Zuzugsstaat auf der Grundlage des gemeinen Werts im Wegzugszeitpunkt (Fall 2c), so fällt im Ausland ein Veräußerungsverlust von 200 GE an, eine Korrektur des im Wegzugszeitpunkt ermittelten Gewinns ist nicht vorzunehmen, da eine Berücksichtigung des Mindergewinns im Zuzugsstaat 727 728 729
Vgl. zum Stand der Berücksichtigung der Wegzugsbesteuerung im Rahmen der deutschen DBA Wöhrle/Schelle/Gross, § 6 AStG, Rn. 29 (2006). Vgl. zu den Verrechnungspreismethoden oben Abschnitt 3.4.3.2. Vgl. in diesem Zusammenhang aber van Lishaut, FR 2004, S. 1305, der eine zeitanteilige Aufteilung des Veräußerungsgewinns vorschlägt. Ablehnend Neu, GmbH-StB 2005, S. 272.
260 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
erfolgt. Besteuert der Zuzugsstaat demgegenüber auf der Grundlage der historischen Anschaffungskosten (Fall 2b), so ist der deutsche Gewinn auf 200 GE zu korrigieren, während im Zuzugsstaat ebenfalls ein Veräußerungsgewinn von 200 GE entsteht. Es besteht somit wiederum die Gefahr einer Doppelbesteuerung von 200 GE. (3) Fall 3a bis Fall 3c: In diesen Fällen ergibt sich insgesamt ein Veräußerungsverlust in Höhe von 50 GE. Erfolgt im Zuzugsstaat keine Besteuerung (Fall 3a), ist der im Wegzugszeitpunkt ermittelte Gewinn von 400 GE auf 0 zu korrigieren; die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes entfällt aufgrund der in § 6 Abs. 6 Satz 3 AStG enthaltenen „Verlustdeckelung“. Besteuert der Zuzugsstaat auf der Grundlage des gemeinen Werts im Wegzugszeitpunkt (Fall 3c), so bleibt der im Wegzugszeitpunkt ermittelte, auf Deutschland entfallende Gewinn von 400 GE bestehen, während im Zuzugsstaat ein Veräußerungsverlust von 450 GE entsteht. Insgesamt unterliegt somit der gesamte Veräußerungsverlust von 50 GE (einschließlich des Mindergewinns im Hinblick auf den im Wegzugszeitpunkt ermittelten Veräußerungsgewinn) der Besteuerung, so dass eine Korrektur des im Wegzugszeitpunkt ermittelten Gewinns nicht vorzunehmen ist. Besteuert der Zuzugsstaat demgegenüber auf der Grundlage der historischen Anschaffungskosten (Fall 3b), so ist der deutsche Gewinn auf 0 GE zu korrigieren, während im Zuzugsstaat ein Veräußerungsverlust von 50 GE entsteht. Die Gefahr einer Minderbesteuerung wird in der letztgenannten Variante durch die auf deutscher Seite zu vollziehende „Verlustdeckelung“ beseitigt. Die verbleibende Nichtberücksichtigung des Verlustes in der erstgenannten Variante erscheint allerdings systematisch nicht gerechtfertigt. Tab. 3.5.-2 stellt die Steuerwirkungen, d.h. die entstehenden und der Besteuerung unterliegenden Veräußerungsergebnisse in der Bundesrepublik Deutschland (D) und im Zuzugsstaat (Z) zusammenfassend in Form eines Ergebnistableaus dar.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 261 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
AK: 100 GE WiW: 500 GE
Keine Besteuerung im Zuzugsstaat
Besteuerung mit AK als Zugangswert
Besteuerung mit WiW als Zugangswert
WiW > AK und VP > WiW
WiW > AK und WiW > VP > AK
WiW > AK und WiW > VP < AK
VP: 1000 GE
VP: 300 GE
VP: 50 GE
Fall 1a
Fall 2a
Fall 3a
D: 400 GE
D: 200 GE
D: 0 GE
Z: ./.
Z: ./.
Z: ./.
Fall 1b
Fall 2b
Fall 3b
D: 400 GE
D: 200 GE
D: 0 GE
Z: 900 GE
Z: 200 GE
Z: - 50 GE
Fall 1c
Fall 2c
Fall 3c
D: 400 GE
D: 400 GE
D: 400 GE
Z: 500 GE
Z: - 200 GE
Z: - 450 GE
Tab. 3.5.-2: Steuerwirkungen der Wegzugsbesteuerung Im Hinblick auf die Beantwortung der Frage nach der Erreichung des Ziels der Besteuerung der bis zum Wegzugszeitpunkt entstandenen stillen Reserven erscheint es zunächst sachgerecht, unter diesen stillen Reserven allein die betragliche Differenz zwischen dem fiktiven Veräußerungspreis im Wegzugszeitpunkt und den Anschaffungskosten zu verstehen.730 Auf die Reserven ihrer Art und Qualität nach selbst abzustellen, bietet sich demgegenüber in Anbetracht der möglichen, einer differenzierten Analyse kaum zugänglichen Wertentwicklungen zwischen Wegzugszeitpunkt und Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung, die zur Folge haben können, „dass der Art und Qualität nach bei tatsächlicher Veräußerung häufig andere stille Reserven realisiert werden, wenn der Verkauf lange Zeit nach dem Wegzug erfolgt“,731 nicht an. So gesehen konnte nach der bisherigen Fassung von § 6 AStG der verfolgte Zweck in dem hier betrachteten Grundfall732 durchgängig erreicht werden, da diese keine nachträgliche Berücksichtigung des später tatsächlich erzielten Gewinns vorsah. Nach der Neuregelung kann diese Aussage jedoch nicht aufrechterhalten werden, wie aus Tab. 3.5.-2 abzuleiten ist: Unabhängig vom Veräußerungspreis wird der ursprüngliche Regelungszweck nur dann verwirklicht, wenn der Zuzugsstaat eine „Wertverknüpfung“ vornimmt, d.h. bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns an den 730 731 732
Vgl. Lausterer, in: Blumenberg/Schäfer (2007), S. 243. Lausterer, in: Blumenberg/Schäfer (2007), S. 243. Vgl. oben Abschnitt 3.5.1.
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der deutschen Besteuerung zugrunde gelegten gemeinen Wert im Wegzugszeitpunkt als Zugangswert anknüpft („c-Fälle“). In diesem Fall wird der im Wegzugszeitpunkt ermittelte fiktive Veräußerungsgewinn (= Betrag der stillen Reserven) unabhängig von dem später tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinn der deutschen Besteuerung unterworfen.733 In den übrigen Fällen („a-Fälle“ und „b-Fälle“) ist eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Wie Tab. 3.5.-2 verdeutlicht, kann der im Wegzugszeitpunkt ermittelte fiktive Veräußerungsgewinn – von der bereits erörterten Wertverknüpfung abgesehen – nur in den Fällen 1a und 1b in voller Höhe der deutschen Besteuerung zugrunde gelegt werden, da hier der später tatsächlich realisierte Veräußerungsgewinn mindestens dem fiktiven Veräußerungsgewinn entspricht. Auch insoweit kann mithin von einer Besteuerung der während der bis zum Wegzugszeitpunkt entstandenen stillen Reserven im obigen Sinne ausgegangen werden. Anders verhält es sich in den restlichen Fällen, in denen der tatsächlich erzielte den im Wegzugszeitpunkt ermittelten fiktiven Veräußerungsgewinn unterschreitet (Fälle 2a, 2b, 3a, 3b). Hier muss insoweit – der gesetzlichen Anordnung folgend – eine Korrektur vorgenommen werden mit der Folge, dass das ursprüngliche Regelungsziel im oben verstandenen Sinn nicht mehr erreicht wird. Grund hierfür ist letztlich, dass die beabsichtigte betragliche Beschränkung der Wegzugsbesteuerung auf den tatsächlich realisierten Veräußerungsgewinn mit einer, eine zeitpunktbezogene Betrachtung bzw. Berechnung erfordernden Besteuerung der im obigen Sinne verstandenen stillen Reserven in den aufgezeigten Fällen (keine Wertverknüpfung und den fiktiven Veräußerungspreis unterschreitender tatsächlicher Veräußerungspreis) konfligiert bzw. konzeptionell nicht vereinbar ist. Die vorstehenden Ergebnisse sind letztlich darauf zurückzuführen, dass zwei Vorgehensweisen parallel Anwendung finden, die zwangsläufig auch ökonomisch unterschiedlich einzuordnen sind: (1) Das bei vorliegender Wertverknüpfung zum Tragen kommende Konzept entspricht einer konsequenten gedanklichen Aufteilung der gesamten Wertentwicklung während des Haltens der Anteile in zwei Zeiträume: den Zeitraum vor und den Zeitraum nach dem Wegzug.
733
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Wertverknüpfung bislang noch nicht weit verbreitet ist, die BRD jedoch bereits in der Vergangenheit hierum in Verhand-
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 263 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Der Verlauf der Wertentwicklung wird an drei Größen festgemacht: historische Anschaffungskosten, fiktiver Veräußerungspreis im Wegzugszeitpunkt und realisierter Veräußerungspreis im tatsächlichen Veräußerungszeitpunkt. (2) Von diesem Konzept zu unterscheiden ist die beschriebene Kombination von im Wegzugszeitpunkt festgestelltem, fiktivem Veräußerungspreis und später tatsächlich realisiertem Veräußerungspreis. Indem eine verfahrensmäßige Rückbeziehung des tatsächlich erzielten Veräußerungspreises auf den Wegzugszeitpunkt vorgenommen wird, wird letztlich gerade keine konsequente wegzugszeitpunktbezogene Ermittlung eines fiktiven Veräußerungspreises vorgenommen. Nicht gerechtfertigt erscheint allerdings aus den bereits oben ausgeführten Gründen die auf den ersten Blick nahe liegende pauschale Schlussfolgerung, dass eine Besteuerung der bis zum Wegzugszeitpunkt entstandenen stillen Reserven in der Höhe sichergestellt wird, in der gerade diese stillen Reserven ihrer Art und Qualität nach später auch realisiert werden. Vielmehr ist das Besteuerungskonzept zutreffend so zu interpretieren, dass ein im Wegzugszeitpunkt ermittelter fiktiver Veräußerungsgewinn, d.h. die im Wegzugszeitpunkt entstandenen und ermittelten stillen Reserven im Sinne einer betraglichen Differenzgröße, nur in der Höhe der deutschen Besteuerung zugrunde gelegt werden soll, in der später auch tatsächlich ein Veräußerungsgewinn erzielt wird. Ohne die sich bei beiden Konzepten stellenden Einzelprobleme und insbesondere die Doppelbesteuerungsproblematik vertiefen zu wollen, erscheint der Hinweis auf zwei wichtige Eigenschaften beider Konzepte hervorhebungsbedürftig, die wiederum wichtige Erkenntnisse für deren mögliche Übertragung auf andere Bewertungskontexte beinhalten. Das erste Konzept kann die Besteuerung des tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinns gleichsam „staatenübergreifend“ durch die Wertverknüpfung sicherstellen, wobei im Ergebnis der einer fiktiven Veräußerungspreisermittlung innewohnenden Unsicherheit gerade durch die Wertverknüpfung letztlich „kompensatorisch“ Rechnung getragen wird. Demgegenüber wird bei dem zweiten Konzept die Besteuerung mit dem tatsächlich erzielten Veräußerungsgewinn zunächst nur für Zwecke der deutschen Besteuerung ermöglicht mit der Folge, dass die Besteuerung im Zuzugsstaat ergänzender Regelungen bedarf und u.U. auch sich stellende Doppelbesteuerungsprobleme zu lösen sind. Über den hier in Rede stehenden Kontext hinaus bietet sich lungen über die Revision von DBA gerade im Hinblick auf die Vermeidung von Doppelbesteuerungen bemüht war. Vgl. hierzu Wöhrle/Schelle/Groß, § 6 AStG, Rn. 29 (2006).
264 3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
vor diesem Hintergrund das erste Konzept tendenziell eher zum Umgang mit der Wertfindungsproblematik über zwei oder auch mehrere „Besteuerungssphären“ (hier: die beteiligten Staaten) an, während das zweite Konzept – wie auch die angesprochenen Probleme zeigen – hierfür weniger, sondern eher für die auf nur eine Besteuerungssphäre gerichtete Wertfindung geeignet erscheint, da die „aufnehmende“ Besteuerungssphäre letztlich „ausgeblendet“ wird. Hiervon abgesehen, lässt sich das zuletzt betrachtete Konzept gedanklich mit dem Prinzip der flexiblen Planung in Einklang bringen:734 Im Wegzugszeitpunkt wird zunächst ein fiktiver Veräußerungsgewinn ermittelt, der nach Kenntnis des tatsächlichen Veräußerungsgewinns – also letztlich nach verbesserter Information – erforderlichenfalls modifiziert wird; auf die Parallele zur Bedarfsbewertung735 ist hinzuweisen. Zwar kann die verfahrensmäßige Rückbeziehung des erst im Veräußerungszeitpunkt erzielten tatsächlichen Veräußerungspreises auf den Wegzugszeitpunkt auch vor dem Hintergrund des Stichtagsprinzips in grundsätzlicher Hinsicht kritisiert werden, wird doch im Ergebnis der stichtagsbezogen ermittelte fiktive Veräußerungsgewinn mit einem erst später tatsächlich realisierten Gewinn vermengt. Umgekehrt darf aber nicht übersehen werden, dass dem Bewertungsproblem bzw. Wertfindungsproblem (genauer: der Unsicherheit) durch die Anknüpfung an den tatsächlich erzielten Veräußerungspreis letztlich dergestalt abgeholfen wird, dass eben nicht allein auf eine unsicherheitsbehaftete Größe abgestellt wird. Ohne die angesprochenen Bedenken ignorieren zu wollen, ist daher beiden Konzepten – dem eine Kombination von fiktivem und tatsächlichem Veräußerungspreis vorsehenden ebenso wie dem sich einer Wertverknüpfung bedienenden Konzept – die Eignung als ergänzendes oder alternatives Besteuerungskonzept zur Ermittlung stichtagsbezogener fiktiver Werte auch über den hier in Rede stehenden Besteuerungszusammenhang hinaus zu attestieren. Wenngleich
734 735
Vgl. hierzu oben Abschnitt 2.3.4.3. Vgl. oben Abschnitt 3.3.5.1.
3. Analyse der steuerrechtlichen Wertfindung in einzelnen Bewertungskontexten 265 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
entsprechende Überlegungen dem vierten Kapitel vorbehalten bleiben müssen, ist bereits hier zu konstatieren, dass dem – seitens des Gesetzgebers im Hinblick auf die im internationalen Kontext im betrieblichen Bereich vorzunehmende Entstrickung angeführten – Argument der mangelnden Administrierbarkeit auf nationaler Ebene wohl von vornherein ein erheblich geringeres Gewicht beizumessen sein dürfte.736
736
Vgl. hierzu sowie zur Überarbeitung der Entstrickungsregelungen die Gesetzesbegründung zu dem Regierungsentwurf des SEStEG, BR-Drs. 542/06 v. 11.08.2006, S. 38 ff.
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4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen
4.1. Gegenüberstellung der Bereichsergebnisse und Versuch einer Typenbildung 4.1.1. Zur Relevanz des Bezugsrahmens Die im zweiten Kapitel vorgenommene Integration von Problemsicht und Lösungsansätzen in einen gemeinsamen Bezugsrahmen1 hat sich als tauglich für die Auseinandersetzung mit der Wertfindung in unterschiedlichen Kontexten erwiesen. Bislang getrennt gesehene Problembereiche konnten gemeinsam betrachtet und geordnet werden. Hilfreich war dabei insbesondere die Unterscheidung zwischen der Betrachtung von Bewertungsmaßstab und -verfahren einerseits und der Analyse der Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht andererseits. Im Hinblick auf Letztere konnten die im Rahmen des in Abschnitt 2.4.2. entwickelten Erklärungsmodells angenommenen möglichen Abläufe mehrfach nachgewiesen werden. Tatsächlich stellt sich die Vorgehensweise des geltenden Rechts regelmäßig so dar, dass ein Bewertungsmaßstab gesetzlich vorgegeben wird, der in der Folge ebenfalls gesetzlich, durch die Rechtsprechung oder die Finanzverwaltung konkretisiert wird. Abgesehen von der Bedarfsbewertung (ohne Einbeziehung von Untergrenze und Gegenbeweismöglichkeit) beschränkt sich das geltende Recht dabei allerdings nicht auf die Konkretisierung durch nur ein entsprechendes Verfahren. Vielmehr kommen in der Regel – häufig hierarchisch gestuft – mehrere unterschiedliche Bewertungsverfahren zur Anwendung. Die in dem Erklärungsmodell explizit enthaltene Vorgehensweise der Zurverfügungstellung einer Option mit Widerlegungsmöglichkeit war insbesondere im Zusammenhang mit dem Teilwert und der Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke festzustellen.2
1 2
Vgl. oben Abschnitt 2.4. Vgl. zum Teilwert oben Abschnitt 3.1.3.2.; zur Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke oben Abschnitt 3.3.3. Aus darstellungstechnischen Gründen werden im Folgenden die Bewertungskontexte „Bewertung nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften für Zwecke der Erbschaftund Schenkungsteuer“, und „Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke“ mit „Anteilsbewertung“ und „Bedarfsbewertung“ abgekürzt. Dem Vorgehen im dritten Kapitel, d.h. der dort vorge-
268 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Im Zuge der im dritten Kapitel durchgeführten Analyse wurde letztlich deutlich, dass sich das geltende Recht in den untersuchten Kontexten zwar verschiedener Ansätze bedient, die auch unterschiedliche Interaktionen zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung nach sich ziehen können. Jedoch konnten die betrachteten Kontexte anhand des zuvor entwickelten Bezugsrahmens in ihrer grundsätzlichen Ausgestaltung eingeordnet werden. Verschiedentlich konnten im Rahmen der vorgenommenen Bereichsanalysen auch Elemente der im zweiten Kapitel in allgemeiner Form herausgearbeiteten Ansätze zum Umgang mit dem Wertfindungsproblem identifiziert werden, dies betrifft etwa die nach Möglichkeit objektivierte3 Bewertung und die flexible Planung.4 Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang darüber hinaus die Feststellung, dass die Vorgaben des geltenden Rechts bezüglich der Bewertungsmaßstäbe und -verfahren in den einzelnen Bereichen unterschiedliche „Reichweiten“ aufweisen, die nachfolgend noch gegenüberzustellen sind. Was den Umgang mit Konflikten betrifft, so waren lediglich vereinzelt an die beiden Konfliktbewältigungsformen „Eigenlösung“ und „Hinzuziehung Dritter“ anknüpfende institutionalisierte Formen der Konfliktbewältigung erkennbar.5 Neben der Bedarfsbewertung betraf dies die Verrechnungspreisbestimmung.6 Nachfolgend sind die Ergebnisse im Einzelnen gegenüberzustellen. 4.1.2. Die Bewertung als Bestandteil der Wertfindung 4.1.2.1. Problem, grundlegendes Vorgehen und Bedeutung des Objektbezugs Das der Untersuchung zugrunde liegende Kernproblem der Notwendigkeit einer Bewertung bzw. Wertfindung auch in Fällen, in denen es an Geldtransaktionen fehlt,7 versucht das geltende Recht – dem Erklärungsmodell entsprechend – regelmäßig in einer ersten Annäherung durch die Vorgabe eines Bewertungsmaßstabs zu bewältigen, den es in der Folge zu konkretisieren gilt. Für die weitere rechtliche Ausgestaltung ergeben sich hieraus – dies gilt es gerade bei der Aus-
3 4 5 6
nommenen Abgrenzung der Analysebereiche entsprechend wird die Heranziehung von Börsenkursen im Übrigen der Wegzugsbesteuerung zugeordnet. Vgl. zur Objektivierung oben Abschnitt 2.3.3.1.2. Vgl. zur flexiblen Planung oben Abschnitt 2.3.4.2. Vgl. zu beiden Ansätzen oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. zur Bedarfsbewertung oben Abschnitt 3.3.5.2.; zur Verrechnungspreisbestimmung oben Abschnitt 3.4.6.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 269 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
einandersetzung mit den anzutreffenden Problemlösungen zu beachten – in mehrfacher Hinsicht Konsequenzen. So richtet sich der im Hinblick auf die konkrete Wertfindung erforderliche Konkretisierungsbedarf ganz allgemein nach den Vorgaben des Bewertungsmaßstabs und somit wiederum danach, welchen Konkretisierungsgrad dieser selbst aufweist. Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Bewertungsmaßstäben hat umgekehrt gezeigt, dass gerade die Vorgabe des Bewertungsmaßstabs regelmäßig nicht nur für die erforderliche Konkretisierung an sich, sondern auch für die überhaupt bestehenden Möglichkeiten einer Konkretisierung im Sinne von „Ausfüllung“ bzw. Ermittlung durch Bewertungsverfahren Bedeutung hat. Grund hierfür ist, dass der Bewertungsmaßstab, d.h. letztlich sein Wortlaut – auch dies hat die kontextbezogene Analyse im dritten Kapitel deutlich gemacht – die Grenzen bestimmt, innerhalb derer mögliche Konkretisierungen durch Bewertungsverfahren zu suchen sind. Dies betrifft gerade solche Fälle, in denen ein Bewertungsmaßstab nicht zwingend nur ein bestimmtes Bewertungsverfahren nahe legt. Hervorhebungsbedürftig erscheint ferner die Bedeutung des Objektbezugs der Bewertungsvorgaben und insbesondere des Bewertungsmaßstabs. Im Hinblick auf die rechtstechnische Vorgehensweise konnte dabei zwischen bewertungsobjektübergreifenden und spezifischen, auf konkrete Bewertungsobjekte bezogene Vorgaben differenziert werden.8 Mit bewertungsobjektübergreifend ist dabei – hieran sei nochmals erinnert – keine Gesamtbewertung im Sinne der Bewertung von Sachgesamtheiten gemeint, wie sie im Rahmen der zukunftserfolgsbasierten Unternehmensbewertung erfolgt. Vielmehr zielt sich die Unterscheidung allein auf die Frage ab, ob die Bewertungsvorgaben und insbesondere der Bewertungsmaßstab im jeweiligen Regelungskontext von vornherein auf ein bestimmtes Bewertungsobjekt wie etwa die Anteile an einer Kapitalgesellschaft bezogen werden oder sich zunächst in übergreifender Weise auf mehrere, (art)verschiedene Bewertungsobjekte erstrecken, wie es hinsichtlich des Teilwerts als übergreifender Bewertungsvorgabe für Wirtschaftsgüter der Fall ist. Beide Vorgehensweisen finden sich, wie bereits mehrfach deutlich geworden ist und auch durch nachfolgende Tab. 4.1.-1 nochmals unterstrichen wird, im geltenden Recht wieder. 7 8
Vgl. zum Problem des Fehlens von Geldtransaktionen oben Abschnitt 1.1. Vgl. zu dieser Unterscheidung bereits oben Abschnitt 3.2.2.
270 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Teilwert Anteilsbewertung Bedarfsbewertung Verrechnungspreise Wegzugsbesteuerung
bewertungsobjektbezogen
bewertungsobjektübergreifend
x x
x
x
x
Tab. 4.1.-1: Objektbezug der Bewertungsvorgaben Zu konstatieren ist, dass sich die jeweiligen gesetzlich vorgegebenen Bewertungsmaßstäbe selbst weitgehend als wenig konkret erwiesen haben. Dies gilt selbst für die Fälle, in denen eine konkrete Bezugnahme auf das spezifische Bewertungsobjekt zu verzeichnen war. Im Hinblick auf die Bedarfsbewertung sei nochmals an die Besonderheit erinnert, dass mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren unmittelbar ein Bewertungsverfahren und damit einhergehend zwar der entsprechende Ertragswert als Bewertungsmaßstab für das konkrete Bewertungsobjekt (das bebaute Grundstück) vorgegeben wird, dieser Ertragswert jedoch insofern als „zwischengeschalteter“ Bewertungsmaßstab anzusehen ist, als den Gesetzesmaterialien noch ein gleichsam „übergeordneter“ Bewertungsmaßstab („durchschnittlich etwa 50 % des Kaufpreises vergleichbarer Grundstücke“) entnommen werden kann.9 Im Übrigen hat sich gezeigt, dass neben dem Bewertungsmaßstab die Abgrenzung des relevanten Bewertungsobjekts selbst die Verfügbarkeit ökonomischer, theoretisch fundierter Bewertungsverfahren, die auf die Ermittlung entsprechender Bewertungsmaßstäbe abzielen, in erheblicher Weise beeinflusst.10 So setzt etwa das Ertragswertverfahren die Zurechenbarkeit von Erträgen zum jeweiligen Bewertungsobjekt voraus.11 Wird das Bewertungsobjekt aber so abgegrenzt, dass eine solche Zurechenbarkeit nicht gegeben ist, scheidet die Anwendung dieses Verfahrens und auch der Ertragswert als Bewertungsmaßstab somit von vornherein aus.
9 10 11
Vgl. oben Abschnitt 3.3.4.1. Vgl. zum Verhältnis von Bewertungsmaßstab und Bewertungsverfahren bereits oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.2.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 271 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
4.1.2.2. Transaktions- und ertragswertorientierte Bewertung als Grundtypen der Bewertung Die in den analysierten Bewertungskontexten anzutreffenden Bewertungsverfahren bzw. die mit diesen zu ermittelnden Bewertungsmaßstäbe lassen sich – von Ausnahmen abgesehen – zwei wiederkehrenden und damit dominanten Grundtypen zuordnen, die als transaktionsorientierte Bewertung auf der einen und als ertragswertorientierte Bewertung auf der anderen Seite gekennzeichnet werden können. Bevor hierauf im Einzelnen eingegangen wird, erscheint der Befund wichtig, dass die Herstellung einer Verbindung zwischen dem jeweiligen gesetzlich normierten Bewertungsmaßstab und dem oder den jeweiligen, diesen konkretisierenden Bewertungsverfahren12 im Sinne einer als konzeptionelle Stimmigkeit bezeichneten Konformität durchgängig als problembehaftet zu kennzeichnen war,13 was besonders deutlich bei der mehrdeutigen Vorgabe der Teilwertdefinition zum Ausdruck kam. (1) Transaktionsorientierte Bewertung Kennzeichnend für die transaktionsorientierte Bewertung als erstem Grundtyp ist die Intention, die Bewertung anhand am Markt beobachtbarer, realisierbarer Preise oder gar bereits erfolgter Transaktionen vorzunehmen. Letztlich geht es darum, für das in Rede stehende Bewertungsobjekt einen fiktiven (Transaktions-)Preis zu ermitteln. Die aus ökonomischer Sicht in den einzelnen Kontexten bestehenden theoretischen Bedenken wurden im dritten Kapitel deutlich herausgearbeitet. Letztlich wäre eine Simulation des Preisbildungsprozesses erforderlich, die jedoch mangels Verfügbarkeit eines theoretisch fundierten Verfahrens nicht gelingt.14 Entsprechend versucht das geltende Recht die transaktionsorientierte Bewertung in erster Linie unter Rückgriff auf tatsächlich beobachtbare Preise bzw. Transaktionen umzusetzen.
12
13
14
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass das anzuwendende Verfahren z.T. der Ermittlung eines „zwischengeschalteten“ Bewertungsmaßstabs dient und auch ein „Ineinanderübergehen“ von Bewertungsmaßstab und -verfahren verschiedentlich anzutreffen war. Vgl. in diesem Zusammenhang bereits oben Abschnitt 2.4.2. Im Hinblick auf die Bedarfsbewertung betrifft dies – wie erwähnt – die Konformität mit dem „übergeordneten“ Bewertungsmaßstab, der sich zwar nicht aus dem Gesetz, wohl aber aus den Gesetzesmaterialien ergibt. Vgl. oben Abschnitt 3.3.4.1. Vgl. insbesondere oben Abschnitt 3.4.3.2.2.
272 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Als unterschiedliche Facetten aufweisendes Kernproblem wurde die regelmäßig nicht gegebene, aber für notwendig erachtete und Anpassungsrechnungen erfordernde Herstellung der Vergleichbarkeit eines oder mehrerer vorhandener Bewertungsobjekte bzw. der jeweiligen Transaktionsbedingungen mit dem in Rede stehenden Bewertungsobjekt bzw. den im Hinblick auf dieses maßgeblichen Transaktionsbedingungen herausgearbeitet. Das geltende Recht begegnet dieser Vergleichbarkeitsproblematik insbesondere mit einer Reihe von wiederkehrenden unterschiedlichen Formen, die Tab. 4.1.-2 – wenngleich dies nur begrenzt möglich ist – zu systematisieren und gegenüberzustellen versucht. Formen des Umgangs mit der Vergleichbarkeitsproblematik Anweisungen zum Vorgehen
Beschränkung auf Bewertungsobjekt
Nennung von Vergleichsfaktoren
Beachtung von Mehrwertigkeit
Wiederbeschaffungskosten
Einzelveräußerungspreis
x
x
Bodenrichtwerte (Grund u. Boden)
x
x
x
Verkäufe (Wertableitung)
x
x
Preisvergleichsmethode
x
x
x
Nettomargenmethode (aggregiert)
x
x
x
Börsenkurs
x
x
x
Verkäufe (Wertableitung)
x
x
Teilwert
Anteilsbewertung Verkäufe (Wertableitung) Bedarfsbewertung
Verrechnungspreise
Wegzugsbesteuerung
Tab. 4.1.-2: Transaktionsorientierte Bewertung im Kontextvergleich Wie die Darstellung zeigt, sind im Hinblick auf den Teilwert – dies betrifft neben der eigentlichen Teilwertermittlung innerhalb der „Bandbreitengrenzen“ gerade diese Grenzen selbst – keine spezifischen Anweisungen zum Vorgehen, d.h. zum Verfahren bei der Ermittlung der Wiederbeschaffungskosten und des Einzelveräußerungspreises vorhanden, die auf den Umgang mit der Vergleichbarkeitsproblematik gerichtet sind. Die Problemlösung bleibt somit letztlich den beteiligten „Parteien“ überlassen, wobei aber daran zu erinnern ist, dass die Ermittlung der Bandbreitengrenzen vielfach ohnehin entfallen dürfte.15 15
Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.1.1.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 273 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
In einer Reihe von Kontexten finden sich demgegenüber ansatzweise wiederkehrende „Muster“ im Vorgehen bei der „Preisableitung“. Hervorzuheben ist die für die Wertableitung aus Verkäufen von Anteilen an Kapitalgesellschaften vorhandene ausgeprägte Kasuistik, wenngleich diese naheliegenderweise keineswegs abschließend ist.16 Die Anteilsbewertung – und entsprechend die Wegzugsbesteuerung – weist bei der Wertableitung aus Verkäufen die Besonderheit auf, dass auf Verkäufe von Anteilen an dem betreffenden Unternehmen selbst („Beschränkung auf Bewertungsobjekt“) abzustellen ist;17 diese Überlegung kann gleichermaßen hinter dem Börsenkurs gesehen werden.18 In ähnlicher Weise wird im Rahmen der Bedarfsbewertung bei der Wertableitung für Zwecke des Nachweises des niedrigeren gemeinen Werts auf Verkäufe des zu bewertenden Grundstücks selbst abgestellt;19 wenngleich diese Beschränkung somit noch enger gefasst ist als im Hinblick auf die in die Wertableitung aus Verkäufen einzubeziehenden Anteile und die Kategorisierung „Beschränkung auf Bewertungsobjekt“ insoweit zutreffender erscheinen mag als im Hinblick auf die einzubeziehenden Anteile, wird diese gleichwohl ganz bewusst im Sinne eines Oberbegriffs verwendet. Was die Vergleichbarkeitsproblematik betrifft, so kann diese durch das mit „Beschränkung auf Bewertungsobjekt“ im vorstehenden Sinne bezeichnete Vorgehen zwar zunächst im Hinblick auf die Beschaffenheit der Bewertungsobjekte abgemildert werden. Gleichwohl kann, wie gezeigt wurde, keineswegs von einer Bewältigung der Problematik insgesamt gesprochen werden.20 Nicht konsistent ist hierbei im Übrigen, dass im Hinblick auf die Anteilsbewertung nur Verkäufe vor dem Stichtag maßgeblich sind, während im Rahmen der Bedarfsbewertung für Zwecke des Nachweises des gemeinen Werts des bebauten Grundstücks als Ganzes auch der Rückgriff auf Verkäufe nach dem Stichtag im Sinne des aus der Betriebswirtschaftslehre bekannten Konzepts der flexiblen Planung zulässig ist.21 Dass die Anwendung dieses Konzepts – wenngleich einhergehend mit der Hinnahme von möglichen Verstößen gegen das Prinzip einer Stichtagsbewertung – aber keineswegs von vorn16 17 18 19 20
21
Vgl. im Einzelnen oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.1. Vgl. zur Bewertung anhand von Kursnotierungen oben Abschnitt 3.5.3.1.1. Vgl. oben Abschnitt 3.3.5.1. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass mit „Beschränkung auf Bewertungsobjekt“ nicht die oben behandelte bewertungsobjektbezogene Ausgestaltung der Bewertung gemeint ist. Vielmehr betreffen beide Kategorisierungen gänzlich unterschiedliche Aspekte. Vgl. zu dieser Inkonsistenz Abschnitt 3.3.5.1. Vgl. zur flexiblen Planung oben Abschnitt 2.3.4.2.
274 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
herein zwingend auf Grundstücke begrenzt sein muss, wurde im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Anteilsbewertung deutlich; dabei wurden auch die sich bei einer Erweiterung des Anwendungsbereichs stellenden Folgeprobleme herausgearbeitet. Zu erinnern ist aber auch daran, dass im geltenden Recht bereits derzeit eine erhebliche „Aufweichung“ des Stichtagsprinzips zu verzeichnen ist, auf die weiter unten nochmals zurückzukommen sein wird.22 In unterschiedlichen Ausprägungsformen bedient sich das geltende Recht z.T. einer Nennung konkreter Vergleichsfaktoren zur Feststellung bzw. auch „Herstellung“ der Vergleichbarkeit. So wird bei der bodenrichtwertbasierten Bewertung des Grund und Bodens im Rahmen der Bedarfsbewertung die Preisableitung im Sinne einer Standardisierung konkret vorgegeben.23 Insoweit werden auch Verkäufe von anderen, d.h. letztlich „artverschiedenen“ Objekten einbezogen und ein „Durchschnittspreis“ ermittelt, der unter Bezugnahme auf die für preisbestimmend gehaltenen Faktoren sodann an das zu bewertende Objekt angepasst wird. Das Vorgehen des geltenden Rechts ist allerdings hier insoweit als inkonsistent zu kennzeichnen, als etwa bei der Anteilsbewertung eine solche Preisableitung unter Bezugnahme auf Anteile an anderen Gesellschaften – grundsätzlich in Betracht käme etwa der Multiplikatoransatz – von vornherein ausgeschlossen wird.24 Zwar keine Standardisierung, aber doch eine Nennung von konkreten Vergleichsfaktoren ist bei der Verrechnungspreisbestimmung im Rahmen der Preisvergleichsmethode gegeben.25 Auch hier wird letztlich eine Preisableitung aus Preisen vergleichbarer Güter oder Dienstleistungen angestrebt, indem im Rahmen dieser Methode auch Anpassungsrechnungen bei zunächst nicht gegebener Vergleichbarkeit der Transaktionsbedingungen für zulässig erachtet werden. Zwar wird hierfür kein geschlossenes Vorgehen bzw. Verfahren bereitgestellt, jedoch macht das geltende Recht zumindest gewisse Vorgaben und benennt damit einhergehend auch eine Reihe von seiner Wertung nach für die Preisbildung relevanten Faktoren. Vergangenheitsorientierte Wertableitungen wie auch das Prinzip der flexiblen Planung dürften in beschränktem Maße zulässig sein.26 Eine Besonderheit stellt bei der Verrechnungspreisbestimmung zudem das Ausweichen auf aggregierte Nettomargen dar, bei dem 22 23 24 25 26
Vgl. unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Vgl. oben Abschnitt 3.3.6. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.2.3.2. Vgl. zur Vergleichbarkeitsprüfung im Rahmen der Verrechnungspreisbestimmung oben Abschnitt 3.4.4.1. Vgl. oben Abschnitt 3.4.3.2.3.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 275 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
sich die Vergleichbarkeitsproblematik auf die Unternehmensebene verlagert, aber ebenfalls in Form vorgegebener Vergleichbarkeitsüberlegungen (Renditevergleiche) berücksichtigt wird.27 Hinter dem Abstellen auf Renditevergleiche kann letztlich ebenfalls ein Bemühen von Vergleichsfaktoren gesehen werden. Von der bodenrichtwertbasierten Bewertung des Grund und Bodens und der Verrechnungspreisbestimmung insgesamt unter dem Gesichtspunkt der Nennung von Vergleichsfaktoren abzugrenzen sind die übrigen betrachteten Bereiche. Mit Ausnahme des Teilwerts besteht der „Preisvergleich“ bzw. die „Preisableitung“ dabei in der Hauptsache darin, dass aus Verkäufen des jeweiligen Bewertungsobjekts (Anteilsverkauf bei der Anteilsbewertung, Grundstücksverkauf bei der Bedarfsbewertung, Anteilsverkauf und letztlich auch Börsenkurs bei der Wegzugsbesteuerung) auf dessen gemeinen Wert geschlossen werden soll mit der Folge, dass sich die „Herstellung der Vergleichbarkeit“ letztlich insbesondere auf die vor dem Hintergrund dieses Bewertungsmaßstabs ggf. erforderliche Beseitigung von Effekten erstreckt, die aus „unüblichen“ oder „ungewöhnlichen“ Einflüssen im weitesten Sinne resultieren. Diese Fokussierung ist wiederum Resultat der „Beschränkung auf das jeweilige Bewertungsobjekt“ im obigen Sinne. Letztlich wird die vorgenommene Unterscheidung hierdurch bestätigt, wenngleich eine gewisse Überschneidung insoweit einzuräumen ist, als auch bei der mit „Nennung von Vergleichsfaktoren“ überschriebenen Kategorie etwa im Rahmen der Preisvergleichsmethode bei der Verrechnungspreisbestimmung „ungewöhnliche Geschäftsbedingungen“ Anpassungsbedarf hervorrufen können. Zum Teil weisen die betrachteten Kontexte auch einen besonderen Umgang mit dem oben als Mehrwertigkeit bezeichneten Vorliegen mehrerer in Betracht kommender (Transaktions-)Preise auf, die letztlich als Teilaspekt der im Rahmen der Untersuchung weit gefassten Unsicherheitsproblematik angesehen werden kann.28 Hervorzuheben ist das im Rahmen der Verrechnungspreisbestimmung verwendete, bereits eingehend diskutierte Verfahren bei auftretender Mehrwertigkeit, d.h. die Bandbreitenverengung nach der Interquartilsmethode.29 Mit der standardisierten Preisableitung bei der bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung geht letztlich ebenfalls eine Bewältigung der so verstandenen
27 28 29
Vgl. hierzu die Ausführungen zur Nettomargenmethode in Abschnitt 3.4.3.2.2. Vgl. zur Unsicherheit oben Abschnitt 2.3.4. Vgl. hierzu oben Abschnitt 3.4.4.3.2.
276 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Mehrwertigkeit einher.30 Hinzuweisen ist auch auf die Heranziehung des niedrigsten Börsenkurses, die im Rahmen der Wegzugsbesteuerung erörtert wurde.31 Wenngleich somit durchaus wiederholt anzutreffende Ausprägungsformen des Grundtyps „transaktionsorientierte Bewertung“ im Sinne wiederkehrender „Muster“ vorhanden sind, erscheinen auch diese selbst nicht nur – wie bereits erwähnt – unter dem Gesichtspunkt der im Sinne der Konformität mit dem jeweiligen Bewertungsmaßstab verstandenen konzeptionellen Stimmigkeit, sondern bereits für sich fragwürdig. Was den Teilwert betrifft, ist allerdings Kritik an der Rechtsprechung im Hinblick auf die so verstandene konzeptionelle Stimmigkeit in Anbetracht der mit der Teilwertdefinition verbundenen Auslegungsschwierigkeiten nur begrenzt gerechtfertigt.32 Generell sind einmal mehr die bei der transaktionsorientierten Bewertung regelmäßig auftretenden erheblichen Ermittlungsprobleme und damit einhergehende Objektivierungsprobleme zu konstatieren. Grund hierfür ist das bereits mehrfach erwähnte Fehlen eines theoretisch begründbaren Verfahrens für die letztlich bezweckte Preisableitung, das Anlass gibt für verschiedenste, aus theoretischer Sicht von vornherein bedenklich erscheinende Anstrengungen, die darauf abzielen, die angestrebte transaktionsorientierte Bewertung überhaupt einer Umsetzung zuzuführen. (2) Ertragswertorientierte Bewertung Einen anderen Ansatz verfolgt der zweite Grundtyp, der aufgrund der Bezugnahme auf Ertragswertüberlegungen als ertragswertorientierte Bewertung bezeichnet werden kann. Dieser – in der Betriebswirtschaftslehre im Bereich der Unternehmensbewertung fest verankerte33 – Grundtyp ist im Rahmen der Anteilsbewertung als Bestandteil des Stuttgarter Verfahrens, bei der Bedarfsbewertung in Form eines vereinfachten Ertragswertverfahrens und bezüglich der Wegzugsbesteuerung ebenfalls in Gestalt eines vereinfachten Ertragswertverfahrens im geltenden Recht vorhanden.34 Ungeachtet der eingeschränkten Beurteilbarkeit von Modellen35 konnten die wesentlichen, sich bei der Ertragswert30 31 32 33 34 35
Vgl. zur bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung oben Abschnitt 3.3.6. Vgl. oben Abschnitt 3.5.3.1.1. Vgl. hierzu im Einzelnen oben Abschnitt 3.1.4.2. Vgl. insbesondere oben Abschnitt 2.3.3.2. Vgl. zur Anteilsbewertung oben Abschnitt 3.2.4.2.; zur Bedarfsbewertung oben Abschnitt 3.3.4.1.; zur Wegzugsbesteuerung oben Abschnitt 3.5.3.1.2. Vgl. oben Abschnitt 2.4.3.2.2.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 277 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
ermittlung stellenden Probleme und der im geltenden Recht zu verzeichnende Umgang hiermit herausgearbeitet werden. Problembehaftet bei der ertragswertorientierten Bewertung ist grundsätzlich sowohl die Ermittlung der Ertragskomponente als auch des Kapitalisierungszinssatzes. Die im geltenden Recht vorhandenen Ansätze wie auch die Nutzbarmachung des Ertragswerts überhaupt stellt nachfolgende Tab. 4.1.-3 dar. Ausgestaltung des Ertragswertverfahrens Ertragskomponente Fortschreibung der Prognose Vergangenheit
Kapitalisierungszinssatz Freie Ermittlung
Vorgabe
Teilwert Anteilsbewertung Stuttgarter Verfahren
−
x
−
x
(x)
−
−
x
(x)
−
−
x
Bedarfsbewertung Vereinfachtes Ertragswertverfahren Verrechnungspreise Wegzugsbesteuerung Vereinfachtes Ertragswertverfahren
Tab. 4.1.-3: Ertragswertorientierte Bewertung im Kontextvergleich Während der Kapitalisierungszinssatz durchgängig vorgegeben wird, ist hinsichtlich der Ertragskomponente zu differenzieren. Im Rahmen des Stuttgarter Verfahrens erfolgt eine Fortschreibung der Vergangenheitserträge,36 während beim vereinfachten Ertragswertverfahren im Rahmen der Wegzugsbesteuerung nunmehr auch eine prognosebasierte Ermittlung zulässig ist;37 dem fehlenden konsequenten Bekenntnis hierzu soll die Klammersetzung in Tab. 4.1.-3 Ausdruck verleihen. Als prognosebasiert kann letztlich auch das nunmehr normierte Abstellen auf die vertraglich vereinbarten Mieterträge bei der Bedarfsbewertung bezeichnet werden, wobei insoweit die Besonderheit der Absicherung durch die vertragliche Vereinbarung besteht,38 der wiederum durch die Klammersetzung Rechnung getragen werden soll. In Anbetracht der uneinheitlichen Vorgehensweise war das geltende Recht insoweit einmal mehr als inkonsistent zu kennzeichnen.
36 37 38
Vgl. oben Abschnitt 3.2.4.2. Vgl. oben Abschnitt 3.5.3.1.2. Vgl. oben Abschnitt 3.3.4.1.
278 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Als inkonsistent wurde ferner die Konkretisierung des gemeinen Werts durch zwei unterschiedliche ertragswertorientierte Bewertungsverfahren erkannt: das Stuttgarter Verfahren bei der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Anteilsbewertung auf der einen und das vereinfachte Ertragswertverfahren bei der Wegzugsbesteuerung auf der anderen Seite.39 Im Übrigen war der ertragswertorientierten Bewertung – von der Kritik an ihrer Vermengung mit dem Substanzwert im Rahmen des Stuttgarter Verfahrens und den nicht begründbaren Abschlägen im Rahmen der Bedarfsbewertung abgesehen – jedenfalls im Grundsatz eine theoretische Fundierung zu bescheinigen. Auf die sich im Rahmen eines Ertragswertverfahrens stellenden Probleme bei der konkreten Wertermittlung wurde mehrfach hingewiesen. Von der erwähnten Inkonsistenz abgesehen ist es insofern nachvollziehbar, dass das geltende Recht diesen Ermittlungsproblemen mit den festgestellten Ansätzen zu begegnen versucht. Gesehen werden muss aber auch, dass mit dem in Erwägung gezogenen Pseudo-ex-ante-Ertragswert (bzw. dem damit einhergehenden Verfahren) durchaus eine überlegenswerte Alternative aufgezeigt werden konnte, die letztlich auf das Prinzip der flexiblen Planung zurückgeführt werden kann.40 Insofern ist jedoch festzuhalten, dass dieses Prinzip – anders als bei der transaktionsorientierten Bewertung – sich in der ertragswertorientierten Bewertung nicht niedergeschlagen hat. Im Übrigen sei hier lediglich „nachrichtlich“ auf die bei der Berücksichtigung von Ertragsteuern zu verzeichnenden Inkonsistenzen hingewiesen. So sieht z.B. der vereinfachte Ertragswert im Rahmen der Wegzugsbesteuerung eine vergleichsweise differenzierte Berücksichtigung vor, während Ertragsteuern bei der Bedarfsbewertung überhaupt nicht berücksichtigt werden. Vor dem Hintergrund der bezweckten grundsätzlichen Einordnung und in Anbetracht des fließenden Übergangs zur „Rechtfertigung“ durch Gründe der Modellvereinfachung wird dieser Aspekt hier jedoch nicht vertieft. Vergleicht man die „Verbreitung“ der beiden Grundtypen der Bewertung – transaktions- und ertragswertorientierte Bewertung – in den betrachteten Bewertungskontexten, so wird, wie auch nachfolgende Tab. 4.1.-4 zeigt, deutlich, dass die transaktionsorientierte Bewertung favorisiert wird, wobei allerdings im Hinblick auf den Teilwert eine, durch die Klammersetzung zum Ausdruck gebrachte, Relativierung dahingehend geboten ist, dass die Beurteilung nur ten39 40
Vgl. oben Abschnitt 3.5.3.1.2. Vgl. zum Pseudo-ex-ante-Ertragswert oben Abschnitt 3.2.4.2.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 279 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
denzieller Natur ist. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass es gerade bei der Anteilsbewertung und somit auch bei der Wegzugsbesteuerung häufig zu einer Umgehung des Gesetzesbefehls dergestalt kommen dürfte, dass letztlich doch eine ertragswertorientierte Bewertung vorzunehmen sein wird, wenngleich dies durch eine Ausweitung des Kreises der in die Wertableitung aus Verkäufen einzubeziehenden Anteile verhindert werden könnte.41 In Anbetracht der aufgrund der bestehenden Zurechnungsproblematik nur eingeschränkten Verwendbarkeit des Ertragswertkonzepts für die Bewertung ist die Dominanz der Transaktionsorientierung zwar nicht überraschend. Die Gegenüberstellung in Tab. 4.1.-4 zeigt jedoch auch eine Präferenz in einzelnen Kontexten, in denen sowohl eine transaktionsorientierte als auch eine ertragswertorientierte Bewertung im Grundsatz in Frage kommt. Dies betrifft die Anteilsbewertung und die Wegzugsbesteuerung.
Verfahrensdominanz
Teilwert Anteilsbewertung Bedarfsbewertung Verrechnungspreise Wegzugsbesteuerung
Transaktionsorientierung
Ertragswertorientierung
(x) x
x x
x
Tab. 4.1.-4: Verfahrensdominanz im Kontextvergleich Ebenfalls untersucht wurde in den betrachteten Kontexten, ob die jeweiligen Bewertungsmaßstäbe bzw. -verfahren eine objektivierte und damit konfliktvermeidende Bewertung ermöglichen. Eine vergleichende Gegenüberstellung der Bereichsergebnisse zeigt Tab. 4.1.-5.42
41 42
Vgl. oben Abschnitt 3.2.3.2. Im Hinblick auf die Verrechnungspreise wurde in Anbetracht der in Abschnitt 3.4.3.2.2. aufgezeigten methodischen Gemeinsamkeiten von Kostenaufschlags-, Wiederverkaufspreis- und Nettomargenmethode von diesen Methoden nur Letztere in die Darstellung einbezogen.
280 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}} Objektivierung weitgehend gesichert
"fallweise"
Wiederbeschaffungskosten
x
Einzelveräußerungspreis
x
Teilwert
Anteilsbewertung Verkäufe (Wertableitung)
x
Stuttgarter Verfahren
x
Vereinfachtes Ertragswertverfahren
x
Bodenrichtwerte (Grund u. Boden)
x
Verkäufe (Wertableitung)
x
(x)
Preisvergleichsmethode
x
Nettomargenmethode
x
Börsenkurs
x
Verkäufe (Wertableitung)
x
Vereinfachtes Ertragswertverfahren (vergangenheitsbezogen)
x
Vereinfachtes Ertragswertverfahren (zukunftsbezogen)
Bedarfsbewertung
Gutachterwert Verrechnungspreise
Wegzugsbesteuerung
Tab. 4.1.-5: Objektivierung im Kontextvergleich Was die Kategorisierung „weitgehend gesicherte Objektivierung“ betrifft, so soll mit der hierin enthaltenen Einschränkung lediglich auf – wenn auch nur ganz vereinzelt feststellbare – konstellationsabhängige Durchbrechungen auch bei an sich eine Objektivierung ermöglichenden Verfahren43 hingewiesen werden, die im Folgenden jeweils zu benennen sind. Zu konstatieren ist, dass die Objektivierung als eine im zweiten Kapitel – gerade unter dem Gesichtspunkt des als Agency-Beziehung zu kennzeichnenden Verhältnisses zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung44 – als zielführend herausgearbeitete Vorgehensweise zur Konfliktbewältigung letztlich eine tendenziell geringe Berücksichtigung erfährt: Ursächlich hierfür sind insbesondere die aufgezeigten, einer transaktionsorientierten Bewertung immanenten
43
44
An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass ein (gesetzlich vorgegebener) Bewertungsmaßstab auch durch einen anderen Bewertungsmaßstab konkretisiert werden kann mit der Folge, dass u.U. ein gesondertes Verfahren zur Ermittlung gar nicht mehr benötigt wird. Vgl. bereits oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. oben Abschnitt 2.3.3.1.3.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 281 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Ermittlungsprobleme, die im Gegensatz zur ertragswertorientierten Bewertung regelmäßig unbewältigt bleiben (müssen). Im Einzelnen erstreckt sich die objektivierte Bewertung auf das bei der Anteilsbewertung anzuwendende Stuttgarter Verfahren und im Rahmen der Bedarfsbewertung auf das vereinfachte Ertragswertverfahren (abgesehen von der ggf. heranzuziehenden „üblichen“ Miete)45, die Bewertung von Grund und Boden anhand von Bodenrichtwerten (soweit vorhanden und damit einer „Standardisierung“ zugeführt)46 und den Gutachterwert47. Bei der Ertragswertermittlung im Rahmen der Wegzugsbesteuerung wurde zwischen den beiden Möglichkeiten der Bestimmung der Ertragskomponente – vergangenheitsbezogen und zukunftsbezogen – differenziert.48 Während bei der zukunftsbezogenen Ermittlung eine Objektivierung ausscheidet, ist eine solche bei der vergangenheitsbezogenen Ermittlung sichergestellt. Auch der Börsenkurs gewährleistet eine objektivierte Bewertung, wenn er maßgeblich ist, wobei auf die nach der Rechtsprechung nur in sehr engen Grenzen erforderlichen bzw. zulässigen Abweichungen hinzuweisen ist.49 Ergänzend zu erwähnen ist die mögliche Buchwertbeibehaltung im Rahmen des Teilwerts, die mangels eigenständiger Wertermittlung nicht in Tab. 4.1.-5 aufgenommen wurde, letztlich aber ebenfalls eine objektivierte Wertfindung ermöglicht.50 Im Hinblick auf den Gutachterwert für Zwecke des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Werts im Rahmen der Bedarfsbewertung ist zudem anzumerken, dass die „Objektivierungsfunktion“ gleichsam auf Dritte „ausgelagert“ wird, welche die erforderlichen Verfahrenskomponenten bereit stellen, so dass im Verhältnis Steuerpflichtiger-Finanzverwaltung letztlich eine „Objektivierung durch exogene Vorgaben“ erreicht wird, wobei jedoch zu beachten ist, dass das eigentliche Bewertungsverfahren selbst in den Hintergrund tritt, was durch die Klammersetzung in Tab. 4.1.-5 zum Ausdruck gebracht werden soll. Bei den in der rechten Spalte von Tab. 4.1.-5 entsprechend gekennzeichneten Bewertungsverfahren ist eine objektivierte Bewertung nur „fallweise“ denkbar, soweit nach dem übereinstimmenden Verständnis der Beteiligten unmittelbar 45 46 47 48 49 50
Vgl. oben Abschnitt 3.3.4.1. Vgl. oben Abschnitt 3.3.6. Vgl. oben Abschnitt 3.3.5.2. Vgl. oben Abschnitt 3.5.3.1.2. Vgl. oben Abschnitt 3.5.3.1.1. Vgl. oben Abschnitt 3.1.3.2.
282 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
und ohne Modifikationen auf einen beobachtbaren Preis bzw. eine entsprechende Transaktion abgestellt werden kann. Insoweit ist die Objektivierung der Bewertung im Sinne der intersubjektiven Nachprüfbarkeit zwar für sich betrachtet denkbar, jedoch von der tatsächlichen Konstellation abhängig: Im Unterschied zu den in der linken Spalte von Tab. 4.1.-5 markierten Fällen ist sie in letzter Konsequenz gerade nicht von vornherein durch die Bewertungsvorgaben selbst gesichert, so dass streng genommen im Hinblick auf das Verfahren selbst nicht mehr von einer Objektivierung gesprochen werden kann. 4.1.3. Die Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht Der zuletzt betrachtete Gesichtspunkt der Objektivierung leitet unmittelbar über zu der gesondert vorgenommenen Betrachtung der Wertfindung als Interaktion.51 Damit ist auch die Frage angesprochen, wie das geltende Recht möglichen Konflikten zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung entgegentritt. Insoweit können mit dem Bewertungsmaßstab bzw. -verfahren, dem Verhältnis mehrerer Bewertungsmaßstäbe bzw. verfahren zueinander und – den im Folgenden noch zu erörternden – institutionalisierten Konfliktbewältigungsansätzen drei Anknüpfungspunkte im Hinblick auf die rechtliche Ausgestaltung der Wertfindung unterschieden werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich jegliche Vorgaben bzw. Regelungen zum Bewertungsmaßstab und -verfahren selbst tendenziell dazu beitragen, mögliche Konflikte zu bewältigen:52 Je genauer der Bewertungsmaßstab und das zu seiner Ermittlung zu verfolgende Vorgehen im Sinne eines Bewertungsverfahrens spezifiziert sind, desto breiter ist die gemeinsame Basis für Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung im Hinblick auf die Durchführung der Bewertung – in diesen Zusammenhang lässt sich im Übrigen auch, soweit sie sich auf die Konkretisierung von Bewertungsmaßstäben und -verfahren erstreckt, die „Fair Value-Typologie“ einordnen, an der oben die Teilwertermittlung „gespiegelt“ wurde.53 Den unter dem Gesichtspunkt der Konfliktbewältigung wünschenswerten Idealfall stellt das Vorliegen von Regelungen dar, die
51 52 53
Vgl. zu diesem Bezug auch bereits oben Abschnitt 2.4.3.2.2. Vgl. auch oben Abschnitt 2.3.3.2.3. Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.1.2.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 283 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
eine objektivierte Bewertung ermöglichen.54 Wie im dritten Kapitel herausgearbeitet wurde, weisen die vorhandenen Regelungen allerdings ganz unterschiedliche Ausprägungen und „Reichweiten“ im Sinne von Detaillierungsgraden auf. Vielfach besteht dabei eine erhebliche Konfliktanfälligkeit. Von den auf einzelne Bewertungsmaßstäbe und -verfahren selbst gerichteten Regelungen zu trennen ist das im geltenden Recht angelegte Verhältnis der jeweiligen unterschiedlichen, in den einzelnen Kontexten in Frage kommenden Bewertungsverfahren zueinander, wobei nochmals daran erinnert sei, dass ein Bewertungsverfahren auch fließend in einen Bewertungsmaßstab übergehen kann, wenn zur Ermittlung von Letzterem eben kein gesondertes Vorgehen im Sinne eines Verfahrens erforderlich ist.55 Auch hier lassen sich im Hinblick auf die betrachteten Kontexte zwei Grundtypen feststellen: Option mit Widerlegungsmöglichkeit: Wie bereits im Rahmen des oben dargestellten Erklärungsmodells56 angenommen besteht ein möglicher Ansatz darin, ein konfliktfreies optionales Bewertungsverfahren mit einer Widerlegungsmöglichkeit zu normieren. Wenngleich ein Konflikt bei Wahrnehmung der Widerlegungsmöglichkeit nicht ausgeschlossen ist, beinhaltet eine solche Ausgestaltung zumindest die Möglichkeit, dass bereits über die Wahrnehmung der Option eine Einigung zustande kommt.57 Verfahrenshierarchie: Ein weiterer, durch das Erklärungsmodell nur implizit erfasster Ansatz besteht darin, dass insbesondere in den Fällen, in denen ein Verfahren sich als problembehaftet erweist, eine „Ausweichlösung“ zur Verfügung gestellt wird, so dass letztlich eine Verfahrenshierarchie entsteht. Damit ist die Wertfindung gerade nicht zwingend auf nur ein Verfahren festgelegt. Ferner besteht die Möglichkeit, dass es im Konfliktfall bei Anwendung eines hierarchisch nachrangigen Verfahrens zu einer Einigung kommt, was allerdings eine klare Abgrenzung der Hierarchie bzw. der Hierarchiestufen erfordert.
54
55 56 57
An dieser Stelle sei nochmals daran erinnert, dass die Auseinandersetzung mit Bewertungsmaßstäben und -verfahren – erfolgt sie unter dem Gesichtspunkt des Umgangs mit Konflikten – fließend in die Betrachtung der Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht übergeht. Vgl. bereits oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. zu dieser Überlegung auch, allerdings mit konkreten Bezügen Pensel, in: FS Wacker (2006), S. 195; Kaminski (2001), S. 511 ff.
284 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Die „Verbreitung“ der beiden genannten Ausgestaltungen im geltenden Recht stellt Tab. 4.1.-6 dar.
Teilwert Anteilsbewertung Bedarfsbewertung Verrechnungspreise Wegzugsbesteuerung
Hierarchie
Option(en)
x
(x) x
x
x (x) (x)
Tab. 4.1.-6: Hierarchien und Optionen im Kontextvergleich Hierarchien sind – wie Tab. 4.1.-6 zeigt – mit Ausnahme des Teilwerts und der Bedarfsbewertung durchgängig vorzufinden. In diesen beiden Kontexten sind ausschließlich Optionen mit Widerlegungsmöglichkeiten vorhanden. Kein eindeutiges Bild ergibt sich bei der Verrechnungspreisbestimmung, die Elemente beider Vorgehensweisen aufweist. Dies ist allerdings insoweit zu relativieren, als sich diese Elemente – wie gezeigt wurde – nur ansatzweise und damit in tendenziell „unschärferer“ Form erkennen lassen als in den anderen Kontexten,58 was durch die Klammersetzung in Tab. 4.1.-6 zum Ausdruck gebracht werden soll. Gleiches gilt für die Wegzugsbesteuerung, der vor dem Hintergrund unterschiedlicher Möglichkeiten zur Bestimmung der Zukunftserfolge und der zum Ertragswertverfahren bestehenden Alternativen eine eingeschränkte Option zu attestieren war,59 welche hier wiederum durch die Klammersetzung kenntlich gemacht wird. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass sich die aufgezeigten Hierarchien weitgehend gerade nicht durch eine trennscharfe Abgrenzung der jeweiligen Hierarchiestufen auszeichnen. Neben den die einzelnen Bewertungsmaßstäbe und Bewertungsverfahren selbst und das Verhältnis von Bewertungsverfahren zueinander betreffenden Vorgaben weist das geltende Recht noch weitere Regelungen auf, die an der Interaktion ansetzen, ebenfalls auf ein „Zusammenführen der Parteien“ gerichtet sind und daher als institutionalisierte Formen der Eigenlösung und der Hinzuziehung Dritter, d.h. der beiden im Rahmen des oben entwickelten Erklärungsmo-
58 59
Vgl. oben Abschnitt 3.4.2. Vgl. oben Abschnitt 3.5.3.2.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 285 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
dells60 herausgearbeiteten grundlegenden Möglichkeiten der Konfliktbewältigung charakterisiert werden können: Mit der Heranziehung qualifizierter Gutachten61 im Rahmen der Bedarfsbewertung, dem APA-Verfahren62 und dem Verständigungs- bzw. Schiedsverfahren63 im Rahmen der Verrechnungspreisbestimmung sind allerdings lediglich in zwei der fünf betrachteten Kontexte derartige Formen institutionalisierter Konfliktbewältigungsansätze vorhanden.64 Wie auch aus Tab. 4.1.-7 erkennbar ist, stehen vielmehr – ungeachtet der erheblichen Konfliktanfälligkeit – im geltenden Recht die an den Bewertungsverfahren selbst (einschließlich deren Verhältnis zueinander) ansetzenden Regelungen im Vordergrund.
Umgang mit Konflikten
Teilwert Anteilsbewertung Bedarfsbewertung Verrechnungspreise Wegzugsbesteuerung
Reine Maßstabs- und Verfahrensorientierung
Institutionalisierte Konfliktbewältigung
x x
x
x x
Tab. 4.1.-7: Umgang mit Konflikten im Kontextvergleich 4.1.4. Zusammenfassende Beurteilung Die vergleichende Gegenüberstellung der Bereichsergebnisse hat deutlich gemacht, dass die steuerrechtliche Wertfindung im Hinblick auf die Bewältigung des der Untersuchung zugrunde liegenden Problems des Fehlens von Geldtransaktionen tatsächlich bestimmte Grundtypen von Reaktionsformen aufweist.65
60 61 62 63 64
65
Vgl. oben Abschnitt 2.4.2. Vgl. oben Abschnitt 3.3.5.2. Vgl. oben Abschnitt 3.4.6.1. Vgl. oben Abschnitt 3.4.6.2. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass zwar auch im Rahmen der Wegzugsbesteuerung vereinzelt mögliche Anwendungsbereiche für ein Verständigungsverfahren sichtbar wurden, insoweit aber kein Bezug zum eigentlichen, hier in Rede stehenden Wertfindungsproblem gegeben ist. Vgl. zum Problem des Fehlens von Geldtransaktionen bereits oben Abschnitt 1.1.
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Auf der Maßstabs- und Verfahrensebene stellen die transaktionsorientierte und die ertragswertorientierte Bewertung die dominierenden Vorgehensweisen dar. Diese beiden Grundtypen einschließlich ihrer Ausprägungsformen sind aber ihrerseits in erheblichem Maße problembehaftet und verdeutlichen einmal mehr die Vielschichtigkeit des der Untersuchung zugrunde liegenden Bewertungsbzw. Wertfindungsproblems: Die transaktionsorientierte Bewertung erscheint bereits aus theoretischer Sicht im Hinblick auf das Vorgehen bzw. Verfahren an sich und damit von vornherein fragwürdig. Dies betrifft sämtliche festgestellten Ausprägungen. Das weitgehend fehlende Vorgehen im Sinne eines Verfahrens zur Durchführung der Preisableitung zieht zudem eine erhebliche Konfliktanfälligkeit nach sich, mit der die Beteiligten (Steuerpflichtiger und Finanzverwaltung) umzugehen haben. Eine von vornherein objektivierte Bewertung bei durchzuführender Preisableitung ermöglicht lediglich die bodenrichtwertbasierte Grundstücksbewertung, bei der gleichsam eine „Standardisierung“ bzw. „Normierung“ der Preisbildungsfaktoren erfolgt. Die ertragswertorientierte Bewertung ist zwar im Hinblick auf die theoretische Fundierung im Grundsatz überlegen. Hier bereitet jedoch ebenfalls die konkrete Ermittlung Schwierigkeiten. Dies betrifft insbesondere die Ertragskomponente und die damit verbundenen Prognoseerfordernisse. Insoweit ist auch der mögliche Beitrag der Betriebswirtschaftslehre zur Problemlösung als begrenzt einzustufen. Die in Reaktion hierauf vorgenommene Fortschreibung von Vergangenheitserträgen hat zur Folge, dass der aus ökonomischer Sicht gebotene Zukunftsbezug verloren geht. Das geltende Recht stellt insoweit die Objektivierung und damit letztlich die konfliktfreie Wertfindung in den Vordergrund und akzeptiert folglich die hiermit verbundenen theoretischen Bedenken. Entsprechend ist die Objektivierung bei der ertragswertorientierten im Gegensatz zur transaktionsorientierten Bewertung nahezu durchgängig gesichert. Die gesonderte Betrachtung aus interaktionsorientierter Sicht ließ – von der bereits erwähnten Konfliktanfälligkeit der Bewertungsmaßstäbe und -verfahren selbst abgesehen – bei der Verwendung verschiedener Bewertungsverfahren ebenfalls zwei Grundmuster erkennen: Neben Hierarchien greift das geltende Recht auf Optionen mit Widerlegungsmöglichkeiten zurück. Was die Konflikt-
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 287 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
bewältigung insgesamt betrachtet betrifft, so dominieren Regelungen zu den Bewertungsmaßstäben und -verfahren selbst, während institutionalisierte Formen der Konfliktbewältigung zwar durchaus vorhanden sind, aber letztlich nur vereinzelt Verwendung finden. Im Übrigen weist die Ausgestaltung der Bewertungsverfahren erhebliche Inkonsistenzen auf, hinter denen letztlich unterschiedliche kontextbezogene Wertungen gesehen werden können. Nicht übersehen werden darf aber auch, dass die Kritik gegenüber der Rechtsprechung z.T. relativierungsbedürftig ist. So hat sich etwa das Stuttgarter Verfahren – ungeachtet der nicht zu bestreitenden betriebswirtschaftlichen Fragwürdigkeit – im Hinblick auf die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung nicht notierter Anteile als gesetzeskonformes Verfahren erwiesen.66 Ingesamt legen die im Detail recht unterschiedlichen Ausgestaltungen – insbesondere was die transaktionsorientierte Bewertung betrifft – jedoch den Schluss nahe, dass ein systematisches Vorgehen bislang nicht verfolgt wird bzw. wurde. 4.2. Weiterführende Überlegungen zur Ausgestaltung der Wertfindung 4.2.1. Vorbemerkungen Der aus der im vorangegangenen Abschnitt 4.1. vorgenommenen Querschnittsanalyse resultierende Befund, der – kurz gefasst – eine weitgehend fragwürdige „Qualität“ der Bewertung einhergehend mit einer weit reichenden Konfliktanfälligkeit zeigt, legt die Frage nach den möglichen Alternativen zur bisherigen Ausgestaltung der Wertfindung nahe, die abhängig von den verfolgten Zielsetzungen auch als Weiterentwicklung angesehen werden könnten. In diesem Zusammenhang ist allerdings auch zu untersuchen, ob eine mögliche Problemlösung darin bestehen könnte, bei Fehlen von Geldtransaktionen zunächst auf die Bewertung zu verzichten und diese erst später anhand einer tatsächlich erfolgenden Geldtransaktion vorzunehmen. Eine Erörterung dieser Frage erscheint nicht zuletzt in Anbetracht der insoweit bestehenden Aussicht auf eine vergleichsweise einfach handhabbare Problemlösung angebracht. Was die alternative Ausgestaltung der Wertfindung betrifft, wurden einzelne Alternativen bereits im dritten Kapitel erörtert. Insoweit war jedoch nur ein 66
Vgl. oben Abschnitt 3.2.4.2.
288 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
kontextbezogenes und damit zwangsweise auch lediglich punktuelles Vorgehen möglich. Demgegenüber soll im Folgenden ein übergreifender und damit kontextunabhängiger Ansatz verfolgt werden, der an dem der Untersuchung zugrunde liegenden Problem des Fehlens von Geldtransaktionen ansetzt. Ausgehend von dem festgestellten Befund soll in Grundzügen ein systematisches Vorgehen für die Entwicklung von Alternativen zur bisherigen Ausgestaltung der Wertfindung in abstrakter Form skizziert werden, um so die Basis zu schaffen für die kontextbezogene Entwicklung konkreter Alternativen. Abgesehen davon, dass eine – die behandelten und weitere Kontexte – umfassende Neukonzipierung der steuerrechtlichen Wertfindung im Rahmen dieser Untersuchung nicht bezweckt ist und auch gar nicht geleistet werden kann, ist zu beachten, dass eine abschließende Entscheidung über die zu wählende Ausgestaltung letztlich ohnehin einem Werturteil und/oder einer Güterabwägung des Gesetzgebers vorbehalten bleiben muss, die einer wissenschaftlichen Letztbegründung nicht zugänglich sind.67 Die Überlegungen konzentrieren sich daher ganz bewusst in erster Linie auf das an dem festgestellten Befund ansetzende Aufzeigen in Frage kommender Alternativen, einschließlich ihrer möglichen Einsatzfelder sowie des Ordnens und in Beziehung-Setzens zueinander, ohne jedoch den Versuch einer die Gefahr des Suggerierens „überlegener“ Lösungen bergenden Auswahlentscheidung zu unternehmen. Ungeachtet dieser geboten erscheinenden Fokussierung kann dabei aber über die Frage nicht hinweggegangen werden, welchen Beitrag die Betriebswirtschaftslehre und insbesondere die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre zur methodischen Einbettung einer systematischen Entwicklung von Alternativen zur bisherigen Wertfindung insgesamt leisten kann. Auch hierauf ist deshalb im Folgenden einzugehen. Zunächst ist jedoch im nachfolgenden Abschnitt zu klären, ob und inwieweit ggf. ein Verzicht auf die Wertfindung in Betracht kommt. 4.2.2. Zum möglichen Verzicht auf die Wertfindung Im Hinblick auf einen möglichen Verzicht auf die steuerrechtliche Wertfindung bei Fehlen von Geldtransaktionen ist zunächst an die oben vorgenommene Problemcharakterisierung zu erinnern.68 Von zentraler Bedeutung erscheint, 67 68
Vgl. unten Abschnitt 4.2.3.1.3. Vgl. oben Abschnitt 2.2.
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dass eine Bewertung grundsätzlich subjektiv und damit bereits für sich auf nur ein Bewertungssubjekt bezogen ist, die für Zwecke der Besteuerung vorzunehmende Bewertung aber gerade nicht nur für ein, sondern letztlich zwei Bewertungssubjekte – den Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung – von Relevanz ist. Insoweit besteht somit – anders als bei der Entscheidungswertermittlung – von vornherein eine gewisse „Inkongruenz“ zwischen dem, was eine Bewertung zu leisten vermag, und dem Anspruch, der im Steuerrecht an sie gestellt wird. Dieser Widerspruch in sich drückt sich auch in der oben erörterten steuerrechtsspezifischen interpersonalen Konfliktanfälligkeit aus.69 Während dem der Bewertung immanenten Subjektbezug im Rahmen der Entscheidungswertermittlung dadurch folgerichtig Rechnung getragen werden kann, dass das Bewertungssubjekt gleichsam „ungehindert“ seine subjektiven Vorstellungen im Sinne eines Entscheidungskalküls (einschließlich der maßgeblichen Alternativen) und damit einhergehend seine subjektiven Annahmen zur Bewältigung der Unsicherheitsproblematik zugrunde legen kann, ist dies bei der Besteuerung gerade nicht der Fall. Vielmehr muss mit einem subjektiven „Konstrukt“ letztlich zwei verschiedenen Subjekten mit grundsätzlich gegenläufigen Interessen entsprochen werden. Dieser Problemaspekt wird letztlich auch in dem in der vorliegenden Untersuchung gebrauchten Begriff „Wertfindung“ widergespiegelt. Vor diesem Hintergrund kann das steuerrechtliche Unterfangen einer Wertfindung bei Fehlen von Geldtransaktionen durchaus bereits an sich als fragwürdig, wenn nicht gar als verfehlt angesehen werden. Erschwerend kommt hinzu, dass – wie deutlich geworden ist – der Beitrag, den die Ökonomie und insbesondere die Betriebswirtschaftslehre zur befriedigenden Bewältigung dieser Grundproblematik wie auch der gesondert hiervon zu sehenden Unsicherheitsproblematik leisten können, letztlich begrenzt ist. Es überrascht daher auch nicht, dass, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die seitens des geltenden Rechts unternommenen Anstrengungen nichts daran ändern können, dass die Wertfindung regelmäßig zwangsweise erheblichen theoretischen Bedenken begegnen muss und eine in erheblicher Weise fragwürdige „Qualität“ zu konstatieren ist. In Anbetracht dieser Erkenntnisse ist die nahe liegende Konsequenz eigentlich darin zu sehen, von der Bewertung bzw. Wertfindung – sofern und soweit möglich – in der hier
69
Vgl. auch oben Abschnitt 2.2.3.
290 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
in Rede stehenden Konstellation, d.h. bei Fehlen von Geldtransaktionen, gänzlich Abstand zu nehmen. Wenngleich nicht zu verkennen ist, dass gerade außerhalb des Besteuerungsverfahrens eine Reihe vergleichbarer Problemlagen existiert, in denen ungeachtet des aufgezeigten Widerspruchs in sich Bewertungen unverzichtbar sind, an denen nicht nur ein Bewertungssubjekt interessiert ist – gedacht werden kann etwa an Quantifizierungserfordernisse im Rahmen zivilrechtlicher Auseinandersetzungen –, scheint eine solche Unverzichtbarkeit gerade im Rahmen der Besteuerung aber nicht zwingend gegeben. Vor dem Hintergrund, dass sich das Wertfindungsproblem von vornherein gar nicht oder nur in abgeschwächter Form stellen würde, sind daher nachfolgend sich bietende Möglichkeiten eines Verzichts auf die Wertfindung bei Fehlen von Geldtransaktionen zu diskutieren, wobei zwischen dem Fehlen von Transaktionen oder/und Gegenleistungen in Geld einerseits und dem Sonderproblem des Fehlens fremder Dritter andererseits zu differenzieren ist:70 Zunächst ist das Fehlen von Transaktionen oder/und Gegenleistungen in Geld zu betrachten, das – eine Beibehaltung der entsprechenden Tatbestände mit Bewertungsbezug vorausgesetzt – in jedem Fall für Zwecke der Besteuerung eine Bewertung erforderlich macht. Insoweit ist von vornherein nur ein teilweiser Verzicht auf die Wertfindung möglich. Im Sinne eines solchen teilweisen Verzichts könnte ein möglicher Ansatz darin bestehen, von einer möglichst exakten Wertfindung abzusehen und sich eine ggf. zu erwartende Fehlerkompensation im Zeitablauf zu Nutze zu machen. So sorgt etwa in der Rechnungslegung – und damit auch in der steuerbilanziellen Gewinnermittlung – der Grundsatz der Bilanzidentität für einen Fehlerausgleich über die Totalperiode.71 Diese Überlegung könnte grundsätzlich auch auf solche Fallgestaltungen angewendet werden, in denen das jeweilige Bewertungsobjekt – früher oder später – ohnehin Gegenstand einer Geldtransaktion bei dem die Bewertung vornehmenden Steuerpflichtigen wird. Dieser Ansatz könnte 70
71
Vgl. zum Problem des Fehlens von Geldtransaktionen und den einzelnen Facetten oben Abschnitt 1.1.; zum Sonderproblem des Fehlens fremder Dritter als Transaktionspartner oben Abschnitt 1.1. sowie 3.4.1. Vgl. Kalabuch (1994), S. 46. Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen von F. Wagner, BFuP 2005, S. 539, zur fehlenden Prognosefunktion von Steuerbemessungsgrundlagen für den Fiskus. Die periodengerechte Gewinnermittlung demgegenüber für die steuerliche Gewinnermittlung (noch) herausstellend Jacobs (1971), S. 14.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 291 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
weiter auf Konstellationen ausgedehnt werden, in denen die spätere Geldtransaktion nicht durch den die Bewertung vornehmenden Steuerpflichtigen selbst, sondern durch denjenigen Steuerpflichtigen vorgenommen wird, auf den das Bewertungsobjekt im Zuge des Bewertungsanlasses übergeht (z.B. Transfer von einem Betriebsvermögen in ein anderes). Die hierfür erforderliche „Wertverknüpfung“ könnte durch die Vorgabe einer korrespondierenden Bewertung erreicht werden. Es wäre somit festzulegen, dass der „Übernehmer“ des Bewertungsobjekts an den anlässlich dessen Übergangs der Besteuerung zugrunde gelegten Wert gebunden ist bzw. diesen fortführt. Entsprechend könnte die Bewertung im Sinne des Verzichts auf ein möglichst exaktes Vorgehen in den jeweiligen Konstellationen weitgehend dem Steuerpflichtigen selbst überlassen werden. Um aber einerseits willkürliche Unterbewertungen seitens des Steuerpflichtigen zu vermeiden und andererseits auch das Ausmaß von Steuerausfällen zu begrenzen, könnten Toleranzgrenzen festgelegt werden, bei deren Einhaltung auf die genauere Überprüfung der Bewertung verzichtet wird. Diese „Toleranzgrenzen“ könnten grundsätzlich unter Materiality-Gesichtspunkten bestimmt werden.72 Wenngleich kontextbezogen zu klären ist, wie geeignete Wesentlichkeitsgrenzen gefunden werden können,73 erscheint die Heranziehung solcher Grenzen insbesondere deshalb gerechtfertigt, weil es für Zwecke der Besteuerung letztlich auf eine möglichst exakte Bewertung gerade nicht ankommen kann, wird doch eben kein Informationszweck verfolgt. Hinzu kommt, dass, wie bereits angeführt wurde, sich eine möglicherweise zunächst entstehende „Bewertungsungenauigkeit“ bzw. ein „Bewertungsfehler“ im Zeitablauf zumindest in gewissen Grenzen wieder ausgleicht. Weiterhin könnte daran gedacht werden, auch losgelöst von den angesprochenen Konstellationen, in denen sich die Effekte im Zeitablauf wieder ausgleichen, Nichtaufgriffsgrenzen festzulegen, bei deren Einhaltung eine Überprüfung der Bewertung durch die Finanzverwaltung entfallen kann. Allerdings ist insoweit ebenso wie im Hinblick auf die Toleranzgrenzen bei zu erwartender Fehlerkompensation bereits an dieser Stelle auf den fließenden Übergang zu den weiter unten noch zu erörternden Standardisierungen hinzuweisen.74 Hiervon abgesehen lässt sich 72 73
74
Vgl. grundlegend zur Materiality Rossmanith (1998); Wolz (2003). Vgl. auch Jung (1997). Vgl. in diesem Zusammenhang – allerdings mit Bezug auf die externe Rechnungslegung – Rossmanith (1998), S. 48 ff., der in methodischer Hinsicht zwischen einer logisch-deduktiven und einer empirisch-induktiven Vorgehensweise differenziert. Vgl. unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1.
292 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
auch die Heranziehung von Renditevergleichen bzw. -bandbreiten im Rahmen der Verrechnungspreisfindung in letzter Konsequenz mit dieser Überlegung in Einklang bringen. Der hier erwogene Ansatz geht jedoch insoweit darüber hinaus, als er eine verlässliche Festlegung der maßgeblichen Grenzen vorsieht. Ergänzend wäre zu untersuchen, ob die sich ergebenden Spielräume des Steuerpflichtigen flankierend durch die Festlegung von Stetigkeitsanforderungen eingegrenzt werden können.75 Gesondert zu betrachten ist das Fehlen fremder Dritter als Transaktionspartner, das im derzeit geltenden deutschen Steuerrecht grundsätzlich Anlass zur Überprüfung der Angemessenheit der vereinbarten Gegenleistung und damit der alleinigen Zugrundelegung der durchaus vorhandenen Geldtransaktionen entgegensteht. Hier könnte erwogen werden, die jeweils vereinbarten Bedingungen der Besteuerung nach Möglichkeit ohne Kontrolle zugrunde zu legen. In diesem Zusammenhang ist zu fragen, ob die Annahme nicht fremdüblicher Bedingungen überhaupt durchgängig gerechtfertigt ist. So wäre von den hier analysierten Bereichen insbesondere die Verrechnungspreisfindung daraufhin zu untersuchen, ob es nicht Konstellationen gibt, in denen von vornherein tatsächlich gar kein Anlass besteht, eine Verletzung des Fremdvergleichsgrundsatzes anzunehmen. Gedacht werden könnte bei solchen „unproblematischen“ Konstellationen etwa an Fallgestaltungen, in denen kein Steuersatzgefälle besteht. Damit einhergehend wäre auch zu prüfen, ob Möglichkeiten zur Reduzierung von Anreizen für die Vereinbarung nicht fremdüblicher Bedingungen gegeben sind, wobei allerdings das Auftreten möglicher Folgeprobleme nicht übersehen werden darf. Ferner wäre generell zu überlegen, ob nicht auch mögliche Verletzungen des Fremdvergleichsgrundsatzes unter dem Gesichtspunkt der Fehlerkompensation im Zeitablauf in gewissen Grenzen hingenommen werden können. Insbesondere könnten etwa – wiederum gerade im Bereich der Verrechnungspreisermittlung – Konstellationen in Betracht gezogen werden, in denen die Unternehmens- bzw. Konzernstruktur so beschaffen ist, dass letztlich eine Einkünfteverlagerung nicht oder allenfalls in begrenztem Umfang möglich ist. Im Übrigen könnte auch bei Fehlen von fremden Dritten die Festlegung von Nichtaufgriffsgrenzen in Betracht gezogen werden. 75
Vgl. zur ermessensbegrenzenden Funktion von Stetigkeitsanforderungen Kalabuch (1994), S. 4, 48.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 293 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Die vorstehenden Überlegungen machen deutlich, dass durchaus Anknüpfungspunkte für einen Verzicht auf die Wertfindung vorhanden sind. Der „Verzicht“ besteht dabei darin, dass letztlich das umfassendere Wertfindungsproblem, das insbesondere durch eine erhebliche interpersonale Konfliktanfälligkeit gekennzeichnet ist, wieder auf ein Bewertungsproblem mit dem ihm immanenten Bezug auf nur ein Bewertungssubjekt reduziert und von einem weitgehenden Verzicht auf eine Kontrolle durch die Finanzverwaltung flankiert wird. Charakteristisch für die aufgezeigten Ansätze ist somit, dass – von den auf die Identifizierung „unproblematischer“ Konstellationen gerichteten Überlegungen und der Reduzierung von Anreizen abgesehen – die rechtliche Vorgabe eines Rahmens erfolgt, innerhalb dessen sich der Steuerpflichtige dann unter Hinnahme von „Genauigkeitseinbußen“ mehr oder weniger frei „bewegen“ kann, wobei allerdings auch die Frage der Festlegung eines solchen Rahmens im Einzelfall erhebliche Probleme bereiten kann. Ob die unter dem Oberbegriff „Verzicht auf die Wertfindung“ diskutierten Ansätze durchgängig zielführend sind, muss daher bezweifelt werden. Im Folgenden ist deshalb auf mögliche Alternativen zur bisherigen Wertfindung einzugehen, wobei zunächst die methodische Einbettung der Alternativenentwicklung zu diskutieren ist. Zuvor werden jedoch die Überlegungen zum Verzicht auf die Wertfindung in Abb. 4.2.-1 zusammenfassend dargestellt. Verzicht auf die Wertfindung
Fehlen von Transaktionen oder/und Gegenleistungen in Geld
Fehlerkompensation im Zeitablauf
Kompensation beim Steuerpflichtigen selbst
Nichtaufgriffsgrenzen
Fehlen fremder Dritter
„Unproblematische“ Konstellationen
Korrespondierende Bewertung
Abb. 4.2.-1: Verzicht auf die Wertfindung
Reduzierung von Anreizen
Fehlerkompensation im Zeitablauf
294 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
4.2.3. Entwicklung von Alternativen zur bisherigen Wertfindung 4.2.3.1. Zur methodischen Einbettung des Vorgehens 4.2.3.1.1. Die Ausgestaltung der Wertfindung als Planungsproblem Die Untersuchung von Planungs- und Entscheidungsprozessen ist bekanntlich seit jeher Gegenstand der anwendungsorientiert ausgerichteten Betriebswirtschaftslehre.76 Ausgangspunkt einer jeden Planung ist die, auch als Problem77 bezeichnete Differenz zwischen einem Istzustand und einem angestrebten Sollzustand.78 Entsprechend lässt sich auch die Ausgestaltung der steuerrechtlichen Wertfindung als betriebswirtschaftliches Planungs- und Entscheidungsproblem einordnen. Der angestrebte Istzustand besteht dabei in der Festlegung des Vorgehens bei der Wertfindung oder – genauer ausgedrückt – des Vorgehens zur Ermittlung eines Werts, der letztlich in eine steuerrechtliche Bemessungsgrundlage eingeht. Ungeachtet der Abhängigkeit der Ausgestaltung vom jeweiligen Bewertungskontext lassen sich die anzustellenden Überlegungen und durchzuführenden Schritte, die sich letztlich in einem konkreten Vorgehen niederschlagen sollten, ganz allgemein als ein aus mehreren Stufen bestehender Problemlösungsprozess interpretieren und in Anlehnung an ADAM79 anhand eines allgemeinen betriebswirtschaftlichen Planungsschemas wie folgt veranschaulichen:80 Problemerkennung und -verdichtung: Am Beginn des Prozesses steht – wie bereits erwähnt – das Erkennen und Analysieren eines Problems und die Verdichtung zu einer konkreten Fragestellung, die es zu lösen gilt. Es sind zunächst Anregungsinformationen erforderlich, aus denen der Entscheidungsträger erkennt, dass ein Problem vorliegt, das sein Tätigwerden erfordert. Bezogen auf die steuerrechtliche Wertfindung besteht eine erste Fragestellung somit in der Festlegung des im jeweiligen Bewertungskontext zu-
76
77 78 79
Vgl. grundlegend zum Entscheidungsbegriff und zur Untersuchung von Entscheidungsprozessen aus unterschiedlicher Perspektive Schildbach, in: Bitz/Domsch/Ewert/F. Wagner (2005), S. 1 ff. Vgl. zu einem entscheidungstheoretischen Ansatz zur Auswahl von Verfahren zur Unternehmensbewertung Hölscher (1998), S. 44. Vgl. zum Problembegriff etwa Pfohl, in: HWPlan (1989), Sp. 1578 ff.; Nagel, in: HWO (1992), Sp. 2014 f.; Ulrich/Probst (1995), S. 105. Vgl. Adam (1996), S. 1. Vgl. Adam (1996), S. 35 ff.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 295 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
grunde zu legenden Bewertungsmaßstabs. Hieran knüpft das Problem an, ein oder „das“ – ggf. auch mehrere geeignete Bewertungsverfahren – zu finden und festzulegen. Neben der Frage nach der rechnerischen Vorgehensweise ist zu klären, welche Aufgabenverteilung zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung bei der Bewertung vorgenommen werden soll. Ideenfindung: An die Problemerkennung schließt sich auf der zweiten Stufe des Problemlösungsprozesses eine Suche nach möglichen Problemlösungen an. Hier geht es darum, regelmäßig mit Hilfe von Kreativitätstechniken Lösungsideen für das anstehende Problem zu suchen. Bezogen auf die steuerrechtliche Wertfindung bzw. die Bewertung bedeutet dies die Suche nach konkreten Bewertungsverfahren, die zur Ausfüllung des vorgegebenen Bewertungsmaßstabs geeignet sind. Die Menge der in Frage kommenden Alternativen wird dabei durch verschiedene Anforderungen begrenzt, die weiter unten noch eingehend zu diskutieren sind.81 Allerdings sollte eine Orientierung an diesen Anforderungen im Rahmen der Ideenfindung nicht dazu führen, dass tatsächlich in Frage kommende Alternativen zu früh verworfen werden. Vielmehr ist auch bei einer nach dem ersten Anschein vermeintlichen Ungeeignetheit erst zu prüfen, ob diese tatsächlich vorliegt. Alternativenauswahl einschließlich Umsetzung: Gegenstand der dritten Stufe des Problemlösungsprozesses ist die Auswahl einer Handlungsalternative und deren Umsetzung. Was die hier interessierende Auswahl des zu wählenden Bewertungsverfahrens einschließlich Umsetzung betrifft, so beinhaltet diese zwingend ein Urteil darüber, ob und inwieweit die bereits auf der Stufe der Ideenfindung relevanten Anforderungen durch die jeweiligen in Betracht kommenden Verfahren erfüllt werden. Mangels einer klaren Zielfunktion wird die Vorgabe der konkreten Verfahrensausgestaltung letztlich in Teilen aber nicht um entsprechende Werturteile umhin kommen.82 Der vorstehend dargestellte Prozess kann nicht nur für die weitere Auseinandersetzung mit dem derzeitigen Vorgehen bei der Wertfindung herangezogen werden, indem er Rückschlüsse auf die von den steuerrechtsetzenden Instanzen
80 81 82
Eine differenzierte Darstellung des Planungs- bzw. Entscheidungsprozesses, die auch Rückkopplungen zwischen den einzelnen Phasen aufzeigt, gibt z.B. Heinen (1985), S. 45 ff. Vgl. Abschnitt 4.2.3.1.2. Vgl. zur Bedeutung von Werturteilen unten Abschnitt 4.2.3.1.3.
296 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
(Gesetzgeber, Finanzverwaltung als ‚Interims-Gesetzgeber’83 und Rechtsprechung) bei der Konzipierung der einzelnen Bewertungsverfahren angestellten Überlegungen ermöglicht. Vielmehr kann er gerade für die hier interessierende Entwicklung alternativer Ausgestaltungen der steuerrechtlichen Wertfindung und auch generell bei der Ausgestaltung von Bewertungen als Orientierungshilfe dienen. Da er die anzustellenden Überlegungen und durchzuführenden Schritte transparent macht, erschöpft sich die Verfahrensentwicklung nicht länger in einem lediglich intuitiven, im Wesentlichen von dem Einfallsreichtum und dem Erfahrungsschatz des die Verfahrensentwicklung Durchführenden bestimmten Vorgehen. Der dargestellte Problemlösungsprozess ist allerdings – wie bereits erwähnt – um die an die Wertfindung zu stellenden Anforderungen zu ergänzen. Neben den aus dem Erfordernis der konkreten Problemlösung abzuleitenden, aus Gründen der Systematik und Übersichtlichkeit erst weiter unten zu präzisierenden Anforderungen sind grundlegende Anforderungen steuerrechtlicher und steuertechnischer Natur einzuhalten, auf die nachfolgend einzugehen ist. 84 4.2.3.1.2. Grundlegende Anforderungen an die Wertfindung Mit der Frage, welche Anforderungen an ein „gerechtes“ und „ökonomisch rationales“ Steuersystem zu stellen sind, beschäftigt sich seit jeher die Finanzwissenschaft.85 Einen wesentlichen Bestandteil eines jeden Steuersystems stellt auch die hier in Rede stehende steuerrechtliche Wertfindung dar. Folglich müssen die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung anzustellenden Überlegungen zu einer alternativen Ausgestaltung der Wertfindung – in gewissen Grenzen – auch eine Auseinandersetzung mit und eine Berücksichtigung von allgemein anerkannten Besteuerungsgrundsätzen einschließen. Eine umfassende systematische Darstellung solcher Besteuerungsgrundsätze, die eine weite Verbreitung 83 84 85
Rose, in: FS Wöhe (1989), S. 293. Einen eigenen Katalog von Kriterien bzw. Anforderungen für die Beurteilung von Verfahren zur Verrechnungspreisbestimmung entwickelt Kaminski (2001), S. 47 ff. So finden sich bekanntlich bereits bei A. Smith die vier Besteuerungsgrundsätze Gleichheit, Bestimmtheit, Bequemlichkeit und Wohlfeilheit der Besteuerung. Vgl. A. Smith (1776), 5. Buch, S. 703 ff. Vgl. für einen Überblick über verschiedene in der Folge zu verzeichnende, durch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen gekennzeichnete Ansätze Lang, in: Tipke/Lang (2005), § 8, Rn. 1 ff. Vgl. darüber hinaus hier nur exemplarisch Elschen, in: HWB (1993), Sp. 362 ff.; Musgrave/Musgrave/Kullmer (1985), S. 8 f.; Neumark (1970); Stiglitz/Schönfelder (1989), S. 408 ff.; Brümmerhoff (2001), S. 384 f.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 297 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
erfahren hat, wurde beispielsweise von NEUMARK vorgelegt.86 Von Interesse für die hier zugrunde liegende Fragestellung sind dabei vor allem die von ihm angeführten steuerrechtlichen und steuertechnischen Anforderungen.87 Entsprechend sollen nachfolgend – hierauf basierend – bestimmte Grundanforderungen skizziert werden, die an die steuerrechtliche Wertfindung zu stellen sind:88 Widerspruchslosigkeit und Systemhaftigkeit: Mit Blick auf das Steuersystem insgesamt beinhaltet der Grundsatz der Widerspruchslosigkeit und Systemhaftigkeit sowohl die Vermeidung einseitiger Verfolgung bestimmter Ziele in der Steuerpolitik als auch die Ausschaltung von Unvereinbarkeiten zwischen einzelnen steuerlichen Maßnahmen.89 Dieser Grundsatz, der bei strenger Betrachtung keinen selbstständigen Zielaspekt beinhaltet, sondern eher eine Maßgabe zur Abwägung konfligierender Besteuerungsgrundsätze,90 lässt sich im Hinblick auf die steuerrechtliche Wertfindung als übergeordnete Forderung nach einer Konsistenz („Systemhaftigkeit“) im Vorgehen bei der Wertfindung transformieren. Entsprechend lässt sich hieraus ableiten, dass in gleichgelagerten Bewertungskontexten grundsätzlich auch die gleichen Bewertungsverfahren zur Anwendung gelangen sollten. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass im Zuge der im dritten Kapitel durchgeführten Analyse gerade im geltenden Recht diverse Inkonsistenzen identifiziert worden sind. Erinnert sei hier nur an die Bestimmung des gemeinen Werts nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften durch zwei unterschiedliche Verfahren, das Stuttgarter Verfahren im Zusammenhang mit der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung91 einerseits und das 86 87 88
89 90 91
Vgl. Neumark (1970); derselbe (1965); derselbe, in: HdWW (1988), S. 303 ff. Vgl. zu den Grundsätzen Neumarks auch Andel (1998), S. 295 ff.; Reding/Müller (1999), S. 235 ff. Vgl. Neumark (1970), S. 334 ff. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass Neumark seine Grundsätze – dies betrifft auch die steuerrechtlichen und steuertechnischen Anforderungen – an den genannten Stellen in unterschiedlicher Abgrenzung, Formulierung und Ausführlichkeit dargelegt hat. Die folgenden Ausführungen basieren insbesondere auf Neumark (1970), S. 334 ff., und lehnen sich an die kompakten Darstellungen von Andel (1998), S. 295 ff., und Reding/Müller (1999), S. 235 ff., an. Von den von Neumark angeführten Grundsätzen ist dabei der Grundsatz der Stetigkeit des Steuerrechts von vornherein auszunehmen. Dieser Grundsatz, der besagt, dass eine Änderung von Steuernormen nur in größeren Zeitabschnitten und im Rahmen allgemein-systematischer Reformen durchgeführt werden sollen, hat für die hier zu untersuchende Frage nach einer alternativen Wertfindung unmittelbar keine Bedeutung. Vgl. zu dem Grundsatz aber Neumark (1970), S. 364 ff. Vgl. Reding/Müller (1999), S. 237; im Einzelnen Neumark (1970), S. 335 ff. Vgl. Andel (1998), S. 298. Vgl. oben Abschnitt 3.2.4.
298 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
vereinfachte Ertragswertverfahren im Rahmen der Wegzugsbesteuerung92 andererseits. Transparenz: Der Grundsatz der Steuertransparenz beinhaltet die „Forderung nach Gemeinverständlichkeit, Eindeutigkeit und Bestimmtheit steuerlicher Vorschriften zur Vermeidung von Willkür.“93 Anders ausgedrückt sollten die steuerlichen Vorschriften möglichst allgemeinverständlich und eindeutig sein.94 Übertragen auf die steuerrechtliche Wertfindung bedeutet dies, dass in den jeweiligen Bewertungskontexten nach Möglichkeit eindeutige und verständliche Bewertungsverfahren zur Anwendung kommen sollten, deren einzelne Schritte allen Beteiligten nicht nur bekannt, sondern auch verständlich sind. Insoweit besteht zwar eine gewisse Überschneidung zu dem aus der spezifischen Beschaffenheit des Steuerrechtsverhältnisses ableitbaren Objektivierungserfordernis.95 Die Rechtfertigung des Grundsatzes der Transparenz leitet sich im Unterschied hierzu jedoch aus einer alle Beteiligten gleichermaßen betreffenden „Systemanforderung“ ab. Praktikabilität: Nach dem Grundsatz der Praktikabilität ist das Steuerwesen so auszugestalten, dass es „dem intellektuellen Verständnis und den politischen Neigungen des durchschnittlichen (typischen) Pflichtigen einerseits, den institutionellen und fachlichen Kapazitäten der Veranlagungs-, Erhebungs- und Kontrollbehörden andererseits“ entspricht.96 Im Hinblick auf die Ausgestaltung der steuerrechtlichen Wertfindung beinhaltet der Grundsatz insbesondere, dass die anzuwendenden Bewertungsverfahren so ausgestaltet sein sollten, dass sie von den Beteiligten – Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung – handhabbar sind. Wohlfeilheit: Der Grundsatz der Wohlfeilheit der Besteuerung erfordert, die Veranlagungs-, Erhebungs-, und Kontrollkosten sowohl bei der Verwaltung als auch beim Zensiten gering zu halten.97 Dieser Grundsatz flankiert somit in gewisser Weise den vorstehend genannten Grundsatz der Praktikabilität. Im vorliegenden Kontext lässt er sich mit der Forderung nach einer mög92 93 94 95 96 97
Vgl. oben Abschnitt 3.5.3.1.2. Reding/Müller (1999), S. 237. Vgl. im Einzelnen Neumark (1970), S. 342 ff. Vgl. Andel (1998), S. 298. Vgl. zur Objektivierung insbesondere oben Abschnitt 2.3.3.1.2. Neumark (1970), S. 358. Vgl. hierzu auch Andel (1998), S. 298. Vgl. Andel (1998), S. 298. Vgl. im Einzelnen Neumark (1970), S. 368 ff.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 299 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
lichst geringen Kostenbelastung der Beteiligten durch die Wertfindung verbinden. Bei mehreren zur Auswahl stehenden und gleichermaßen zielführenden Verfahren sollte somit das jeweils kostengünstigste zur Anwendung kommen. Bequemlichkeit: Der Grundsatz der Bequemlichkeit der Besteuerung beinhaltet die Einräumung aller möglichen Erleichterungen im Zusammenhang mit der Erfüllung der Steuerpflicht.98 Ihm ist daher ein ergänzender Charakter im Verhältnis zu den beiden vorstehend erörterten Grundsätzen der Praktikabilität und der Wohlfeilheit beizumessen. Im Hinblick auf die Wertfindung geht es um eine möglichst geringe Aufwandsbelastung der Beteiligten. Aus den steuerrechtlichen und steuertechnischen Grundsätzen können somit Anforderungen an die steuerrechtliche Wertfindung als integralen Bestandteil eines jeden Steuersystems abgeleitet werden. Es ist allerdings einzuräumen, dass diese in der vorhandenen allgemein gehaltenen Formulierung im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung nur bedingt aussagekräftig sind. Unbeschadet ihrer grundsätzlichen Eignung als Orientierungshilfe bedürfen sie im Rahmen der Entscheidung über das konkrete Verfahren somit einer Operationalisierung. Insoweit kann im Zusammenhang mit den Anforderungen der Praktikabilität, Wohlfeilheit und Bequemlichkeit der Bezug zu dem in der politischen Diskussion immer wieder laut werdenden Ruf nach Steuervereinfachung hergestellt werden, den in der jüngeren Vergangenheit vor allem F. WAGNER zur vertieften Auseinandersetzung mit dem Begriff der Steuervereinfachung und seiner Operationalisierung zum Anlass genommen hat.99 Demnach erscheint es sinnvoll, auf die Senkung der – sich aus Planungs- und Vollzugskosten – zusammensetzenden Steuererhebungskosten abzustellen, wobei jedoch gerade hinsichtlich der Höhe und der Einflussgrößen steuerlicher Planungskosten derzeit noch ein erheblicher Forschungsbedarf zu konstatieren ist.100
98 99 100
Vgl. im Einzelnen Neumark (1970), S. 378 ff. Vgl. auch Reding/Müller (1999), S. 237. Vgl. F. Wagner, StuW 2005, S. 93 ff.; derselbe, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2006, S. 19 ff.; derselbe, BFuP 2005, S. 528 ff. Vgl. auch F. Wagner, StuW 2005, S. 96. Vgl. in diesem Zusammenhang aber Breithecker/Garden/Thönnes, DStR 2007, S. 361 ff., die sich mit den durch die Erfüllung von Pflichten im Besteuerungsverfahren verursachten, von ihnen als Steuerverwaltungskosten bezeichneten Kosten befassen. Vgl. grundlegend zum Besteuerungsverfahren als Gegenstand der Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre auch Breithecker, StuW 2002, S. 326 ff.
300 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
4.2.3.1.3. Die Bedeutung von Werturteilen Wie bereits erwähnt, kommt die Festlegung der Wertfindung für den jeweiligen Bewertungskontext um sog. Werturteile nicht herum.101 Grund hierfür ist, dass sich die Ausgestaltung der Bewertung in Teilen einer wissenschaftlichen Beweisführung entzieht. Nicht zuletzt erfordert die Beurteilung der Erfüllung der jeweiligen Anforderungen durch ein Bewertungsverfahren eine entsprechende Zuordnung von „Zielerreichungsgraden“, welche vorab die Festlegung entsprechender Beurteilungsmaßstäbe selbst voraussetzt. Insofern ist insbesondere mit Konstellationen zu rechnen, in denen mit wissenschaftlichen Überlegungen nicht begründbar ist, ob das eine Verfahren dem jeweiligen Beurteilungsmaßstab eher gerecht wird als ein anderes, so dass ein Werturteil nicht vermieden werden kann.102 Eng hiermit verknüpft ist die sich stellende Notwendigkeit von Güterabwägungen, d.h. der Lösung von Prinzipien- und Normenkollisionen, die sich häufig ebenfalls wissenschaftlichen Letztbegründungen entziehen kann.103 Um die „Werturteilsproblematik“ abzumildern, muss der Anspruch an die jeweilige rechtsetzende Instanz zumindest darin bestehen, die getroffenen Werturteile transparent zu machen,104 wozu letztlich auch die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre einen Beitrag leisten kann. Die Auseinandersetzung mit der Werturteilsproblematik und ihren Implikationen für die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden.105 Vielmehr sind nachfolgend – entsprechend der eingangs vor101
102
103 104 105
Vgl. zum Werturteilsbegriff und der Diskussion um die Werturteilsfreiheit in der Betriebswirtschaftslehre, einschließlich einer Rekonstruktion unterschiedlicher Positionen Schmiel, ZfbF 2005, S. 525 ff.; dieselbe (2005), jeweils m.w.N. Vgl. zur Werturteilsproblematik aber auch Wöhe, in: FS Scherpf (1983), S. 8 ff.; derselbe, in: HWB (1993), Sp. 447; F. Wagner, in: DB 1974, S. 396 ff.; Federmann (1977), S. 66 f.; Kleineidam, BFuP 1973, S. 391 ff.; D. Schneider (1981), S. 179 ff.; derselbe (1994), S. 45 ff.; derselbe (2001), S. 305 ff. Anzumerken ist, dass D. Schneider anstelle einer Betriebswirtschaftlichen Steuerlehre von einer steuerlichen Betriebswirtschaftslehre ausgeht, so dass auch seine allgemein auf die Betriebswirtschaftslehre bezogenen Überlegungen entsprechend gelten. Vgl. D. Schneider, in: FS Scherpf (1983), S. 28. Vgl. mit Bezug auf die steuerliche Gerechtigkeit als Forschungsgegenstand Elschen, in: StuW 1988, S. 5 ff.; derselbe, in: Schanz (1984), S. 275 ff.; zur Werturteilsproblematik bei der Gesetzesauslegung Larenz/Canaris (1995), S. 109 ff. In der Terminologie von Wöhe können solche Werturteile als „primäre (echte) Werturteile“ bezeichnet werden, die von bloße Zweck-Mittelverhältnisse (Finalrelationen) beinhaltenden „sekundären Werturteilen“ zu unterscheiden sind. Vgl. Wöhe, in: FS Scherpf (1983), S. 9. Vgl. zum Begriff der Güterabwägung Larenz/Canaris (1995), S. 223. Vgl. in diesem Sinne auch Wöhe mit Bezug auf die Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, in: FS Scherpf (1983), S. 11. Vgl. hierzu aber insbesondere Schmiel, ZfbF 2005, S. 525 ff.; dieselbe (2005), sowie das dort angegebene Schrifttum.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 301 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
genommenen Eingrenzung – in systematischer Form Ansatzpunkte für eine Weiterentwicklung bzw. für Alternativen aufzuzeigen. Damit ist letztlich der Bereich der an der Bewältigung des Wertfindungsproblems ansetzenden Alternativengenerierung angesprochen. 4.2.3.2. Plädoyer für eine ganzheitliche Sicht: Von der Bewertung zur Wertfindung Die auf einzelne Kontexte bezogene Analyse und die vergleichende Gegenüberstellung der Bereichsanalysen haben gezeigt, dass die vorhandenen rechtlichen Regelungen in erster Linie an den Bewertungsmaßstäben und -verfahren selbst anknüpfen, während gerade institutionalisierte Formen der Konfliktbewältigung nur vereinzelt anzutreffen sind; hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das im Rahmen der Verrechnungspreisfindung zum Tragen kommende APAVerfahren.106 Offenbar geht das geltende Recht primär von einem Bewertungsproblem aus und macht sich somit die mit der Ableitung des der Analyse zugrunde liegenden Bezugsrahmens eingenommene umfassende Sicht des Problems als Wertfindungsproblem gerade nicht zu Eigen.107 Ein erster übergreifender Ansatzpunkt für die systematische und möglichst umfassende Nutzbarmachung von Alternativen ist somit darin zu sehen, eine ganzheitliche Sicht einzunehmen und das der Untersuchung zugrunde liegende Problem des Fehlens von Geldtransaktionen bewusst als Wertfindungsproblem zu begreifen, bei dessen Bewältigung gerade auch an der Betrachtung der Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht anzusetzen ist.108 Die Rechtfertigung hierfür ergibt sich bereits daraus, dass die Möglichkeiten einer Bewältigung desjenigen Teilproblems des gesamten Wertfindungsproblems, das sich auf den möglichen Konflikt zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung erstreckt, allein über den Bewertungsmaßstab und das -verfahren selbst sich als begrenzt erwiesen haben.109 Beschränkte sich die im dritten Kapitel vorgenom106 107 108
109
Vgl. oben Abschnitt 3.4.6.1. Vgl. zu dem Bezugsrahmen oben Abschnitt 2.4. Als ganzheitliche Sicht wird allgemein – und somit auch im hier interessierenden Zusammenhang – eine Denkrichtung bezeichnet, die einzelne Phänomene nicht isoliert betrachtet, sondern als Teile einer größeren Ganzheit begreift. Vgl. zu diesem, insbesondere eng mit der Systemtheorie verknüpften Ansatz z.B. Ulrich/Probst (1995). Vgl. zu seiner Anwendung im betriebswirtschaftlichen Kontext z.B. – mit Bezug auf das Portfoliomanagement – Dichtl (2001). Entsprechend ist auch der Anwendungsbereich des in Abschnitt 4.2.3.1.1. dargestellten Problemlösungsprozesses gedanklich im Sinne einer ganzheitlichen Sicht zu ergänzen.
302 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
mene Analyse im Hinblick auf die interaktionsorientierte Sicht weitgehend auf ein Beobachten, gilt es somit im Folgenden, darüber hinausgehend auch insoweit in Frage kommende Ansätze in systematischer Form aufzubereiten und mögliche Einsatzfelder aufzuzeigen. Wie oben ausgeführt, stellt sich allerdings bei der Bearbeitung des Problems „Ausgestaltung der steuerrechtlichen Wertfindung“ die Frage, welche Anforderungen an die Wertfindung zu stellen sind, die im Einzelnen und nach Möglichkeit auch unter Einbeziehung und Berücksichtigung der ökonomischen Wirkungen zu spezifizieren sind. Wenngleich eine umfassende Neukonzeption der Wertfindung hier nicht beabsichtigt ist, muss gleichwohl geklärt werden, welche Anforderungen den im Folgenden zu entwickelnden Ansatzpunkten neben den bereits aus den zu beachtenden steuerrechtlichen und steuertechnischen Grundsätzen abgeleiteten, gleichsam als „Leitlinien“ zugrunde zu legen sind. Es bietet sich auch insoweit an, auf zwei zentrale, bereits im zweiten Kapitel gewonnene und bei der Entwicklung des Bezugsrahmens für die anschließende Analyse herangezogene Erkenntnisse zu rekurrieren:110 Da die Wertfindung letztlich um eine Bewertung nicht umhin kommt, ist der Blick zunächst auf den anzuwendenden Bewertungsmaßstab und das Bewertungsverfahren zu richten. In Anbetracht der dieser Untersuchung zugrunde liegenden ökonomischen Perspektive liegt es nahe, grundsätzlich die Anwendung eines aus dieser Sicht theoretisch fundierten Maßstabs bzw. Verfahrens zu postulieren. Verfehlt erscheint insoweit allerdings der Anspruch, jegliches andere Verfahren abzulehnen, welches insoweit Bedenken begegnet, hieße dies doch in der Konsequenz, auf die Bewertung und damit auf die Wertfindung zu verzichten und folglich eine Alternative zu wählen, die nicht – jedenfalls nicht durchgängig – zur Verfügung steht. Die Problematik zwingt vielmehr dazu, „mit ihr umzugehen.“ Entsprechend wird auch über „second-best“-Lösungen in diesem Sinne zu diskutieren sein, wobei darauf hinzuweisen ist, dass eine trennscharfe Kategorisierung bereits an sich problembehaftet ist. Neben der Relevanz von Maßstab und Verfahren wurde die Wertfindung als grundsätzlich konfliktbehaftete Interaktion gekennzeichnet, wobei das Ziel darin bestehen muss, den potenziellen Konflikt zu bewältigen, idealer110
Vgl. oben Abschnitt 2.4.2.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 303 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
weise frühzeitig zu vermeiden. Hieraus lässt sich – bezogen auf die anzuwendenden Bewertungsmaßstäbe und -verfahren – die Anforderung der Objektivierung ableiten, während darüber hinaus, d.h. bei der Betrachtung der Wertfindung als Interaktion ganz grundsätzlich eine auf eine Konfliktbewältigung abzielende rechtliche Ausgestaltung nahe liegend erscheint. Mit dem oben entwickelten methodischen Vorgehen und dessen Ergänzung um die im vorstehenden Sinne verstandene ganzheitliche Sicht ist die Grundlage geschaffen für die nachfolgend anzustellenden Überlegungen zur Entwicklung von Alternativen zur bisherigen Wertfindung. Damit einhergehend ist gewährleistet, dass die Überlegungen über eine rein induktive und punktuelle Übertragung der im dritten Kapitel identifizierten Maßnahmen hinausreichen können. Nochmals deutlich darauf hinzuweisen ist allerdings, dass mit den nachfolgenden Überlegungen keine Aussage über die letztlich tatsächlich zu wählende Ausgestaltung getroffen werden soll und auch nicht getroffen werden kann, da insoweit nicht zuletzt die bereits erwähnte Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu respektieren ist. Gleichwohl wird in Grundzügen ein systematisches Vorgehen für die Entwicklung möglicher Alternativen zur bisherigen Ausgestaltung der Wertfindung entwickelt, welches im Einzelnen bedarfsgerecht modifiziert bzw. individuell angepasst werden kann. Entsprechend erscheint es auch gerechtfertigt, wenn sich die folgenden Überlegungen auf der Grundlage der im dritten Kapitel durchgeführten Analyse und des hieraus resultierenden Befunds auf die ertragswertorientierte und die transaktionsorientierte Bewertung konzentrieren,111 wobei eine Erweiterung um andere Bewertungsmaßstäbe und -verfahren keinesfalls ausgeschlossen, sondern ohne Weiteres möglich ist. 4.2.3.3. Überlegungen zur Umsetzung einer ganzheitlichen Sicht 4.2.3.3.1. Grundlegende Ansatzpunkte 4.2.3.3.1.1. Die Notwendigkeit des Objektbezugs Die im dritten Kapitel vorgenommene kontextbezogene Analyse hat deutlich gemacht, dass die Bewertung letztlich am konkreten Bewertungsobjekt anknüpfen muss.112 Nicht zuletzt hängt die Anwendbarkeit eines bestimmten Bewer111 112
Vgl. zu den beiden Grundformen – transaktions- und ertragswertorientierte Bewertung – oben Abschnitt 4.1.2.2. Vgl. zur Relevanz des Objektbezugs oben Abschnitt 4.1.2.1.
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tungsverfahrens häufig von der Abgrenzung des Bewertungsobjekts ab, wie das sich im Zusammenhang mit dem Ertragswertverfahren stellende Zurechnungsproblem verdeutlicht.113 Wenn der Gesetzgeber lediglich bewertungsobjektgüterübergreifende Vorgaben trifft, kommen Rechtsprechung und Finanzverwaltung letztlich nicht umhin, diese Vorgaben anhand des jeweiligen konkreten Bewertungsobjekts zu präzisieren; besonders deutlich wurde dies am Beispiel des Teilwerts.114 Es liegt somit die Überlegung nahe, die Wertfindung – soweit möglich – von vornherein bewertungsobjektbezogen zu regeln, um so dem Objektbezug der Bewertung adäquat Rechnung zu tragen. 4.2.3.3.1.2. Zur Ungeeignetheit unbestimmter Rechtsbegriffe Nicht sachgerecht erscheint dabei jedoch gerade vor dem Hintergrund der angezeigten Problemsicht im Sinne einer „Wertfindung“ die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Unbestimmte Rechtsbegriffe haben grundsätzlich das Ziel, möglichst vielen Fallgestaltungen gerecht zu werden, die sich nicht zuletzt aus der dynamischen Entwicklung des wirtschaftlichen Umfelds ergeben.115 Gerade diese Problemlage ist jedoch hinsichtlich der Wertfindung nicht gegeben. Zwar könnte eine solche Begriffsoffenheit im Hinblick auf eine möglichst weit reichende Akzeptanz vorhandener und ggf. neu entstehender betriebswirtschaftlicher Verfahren angezeigt sein. Allerdings kann durchaus zum einen von vornherein die Zulässigkeit existierender Verfahren gesetzlich geregelt und zum anderen neuen Verfahren durch entsprechende Anpassungen Rechnung getragen werden, zumal im Hinblick auf die Entwicklung neuer Verfahren ohnehin mit einer begrenzten Dynamik zu rechnen ist. Hiervon abgesehen sind die sich bei Fehlen von Geldtransaktionen im Rahmen der Wertfindung stellenden Kernprobleme – wie eingangs gezeigt wurde – jedoch anderer Natur. Hervorzuheben ist die Subjektivität der Bewertung und die hieraus resultierende steuerrechts-
113 114 115
Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.2. Vgl. zum Teilwert oben Abschnitt 3.1. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Larenz/Canaris (1995), S. 26, die den sich in der Fülle von Bedeutungsvarianten äußernden Ausdrucksreichtum der Sprache und ihre Anpassungsfähigkeit an die jeweilige Situation herausstellen. Kritisch zur Verwendung des Ausdrucks „unbestimmter Rechtsbegriff“ insbesondere mit Bezug auf das Steuerrecht in Anbetracht der Gefahr einer beliebigen Ausfüllbarkeit Luttermann, FR 2007, S. 18 ff.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 305 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
spezifische Konfliktanfälligkeit.116 Diesen fundamentalen Problemen kann mit unbestimmten Rechtsbegriffen letztlich gerade nicht abgeholfen werden. Im Übrigen sind die möglichen Konsequenzen unbestimmter Rechtsbegriffe in einer tendenziell freien Wertfindung im Verhandlungswege zwischen den „Parteien“ und, sollte diese nicht gelingen, einer Problemverlagerung auf die Rechtsprechung zu sehen. Erschwerend kommt dabei hinzu, dass gerade die Rechtsprechung häufig nicht über die erforderlichen ökonomischen Kenntnisse verfügen dürfte. Diese Konsequenzen legen es nahe, die Wertfindung im Hinblick auf ihr Zustandekommen – soweit möglich – durch entsprechende Vorgaben zu regeln, könnte ein weitgehender Verzicht auf Regelungen doch allenfalls auf die begründbare Möglichkeit des Zustandekommens „richtigerer“ Werte im Verhandlungswege oder durch die Inanspruchnahme der Rechtsprechung gestützt werden, wofür es jedoch keine Anhaltspunkte gibt. 4.2.3.3.1.3. Der Verzicht auf unbestimmte Bewertungsmaßstäbe Von der generellen Problematik unbestimmter Rechtsbegriffe ausgehend erscheint es sinnvoll, die Frage nach der Sinnhaftigkeit unbestimmter Bewertungsmaßstäbe gesondert zu beleuchten. Die kontextbezogene Analyse im dritten Kapitel hat in allen Bereichen die Schwierigkeit verdeutlicht, eine konzeptionelle Stimmigkeit dergestalt zu erreichen, dass von einer Konformität des jeweiligen Bewertungsverfahrens mit dem jeweiligen gesetzlich vorgegebenen Bewertungsmaßstab ausgegangen werden kann.117 Insbesondere scheitert der Nachweis an der naturgemäß nicht gegebenen Beobachtbarkeit des nicht operationalen Bewertungsmaßstabs. In Anbetracht der Problemlage ist dies zwar nicht überraschend. Das hinter der alleinigen Anordnung solcher Bewertungsmaßstäbe stehende Negieren der ökonomischen Realität erscheint jedoch bedenklich und ist zudem nicht zielführend im Sinne von die Wertfindung tatsächlich ermöglichend. Wenn somit letztlich ohnehin die Heranziehung eines konkreten Bewertungsverfahrens erforderlich ist, kommt einem unbestimmt formulierten Bewertungsmaßstab im Ergebnis nur eine „Statistenrolle“ zu. Demgegenüber liefert er gerade keinen tatsächlichen Beitrag zur Problemlösung. Auch die auf den ersten Blick vermeintlich sinnvolle Anknüpfung an ein ohnehin 116 117
Vgl. grundlegend zur Charakterisierung der steuerrechtlichen Wertfindungsproblematik oben Abschnitt 2.2. Vgl. zur konzeptionellen Stimmigkeit im hier verstandenen Sinne oben Abschnitt 2.4.3.2.2.
306 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
nicht erreichbares Ideal mit aber immerhin „wegweisender“ Funktion hilft bei näherer Betrachtung nicht weiter. Vielmehr verleitet die Verwendung von unbestimmten Bewertungsmaßstäben eher dazu, das Problem zu verdrängen und durch nur scheinbar klare Vorstellungen von dem eigentlichen Bewertungsmaßstab zu überdecken, was insbesondere der Bemühung von „Scheinlösungen“ zuträglich sein kann. Wenn beispielsweise im Zusammenhang mit dem Teilwert lediglich die Ersetzung des Teilwerts durch den gemeinen Wert gefordert wird,118 bleibt unbeachtet, dass auch mit der Nennung dieses anderen Bewertungsmaßstabs das Problem der konkreten Wertermittlung noch keinesfalls gelöst ist. Darüber hinaus besteht die dem Problemverständnis eher abträgliche Gefahr, dass die Existenz „objektiver Werte“ im Sinne von dem Bewertungsobjekt anhaftenden Eigenschaften suggeriert wird. Die Unentbehrlichkeit konkreter Bewertungsmaßstäbe und -verfahren wie auch den begrenzten Problemlösungsbeitrag der Nennung von Bewertungsmaßstäben ohne Konkretisierung entsprechender Verfahren erkennt wohl letztlich auch das BVerfG, wenn es ausführt: „Inwieweit die praktische Umsetzung einer gleichheitsgerechten, am Verkehrswert orientierten Bewertung auch bei Zugrundelegung verschiedener Wertermittlungsmethoden für einzelne Gruppen von Vermögensgegenständen möglich ist, ist zunächst keine verfassungsrechtliche Frage, sondern ein im Gesetzgebungsverfahren zu lösendes steuertechnisches Problem.“119 Die Notwendigkeit konkreter Bewertungsverfahren und den nur begrenzten Problemlösungsbeitrag von unbestimmten Bewertungsmaßstäben verdeutlicht schließlich auch die in der jüngeren Vergangenheit geführte Diskussion um den Fair Value. Auch hier wird im Schrifttum zu Recht kritisiert, dass es den Fair Value nicht gibt,120 was allerdings wiederum nichts daran ändert, dass man sich mit der konkreten Wertermittlung auseinandersetzen muss. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen erscheint es somit sachgerecht, auf die Kodifizierung von unbestimmten Bewertungsmaßstäben nach Möglichkeit zu verzichten und von vornherein geeignete Verfahren zu spezifizieren. Insoweit ist allerdings darauf hinzuweisen, dass mit dem Verzicht auf 118 119 120
Vgl. dahingehend etwa die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats des Fachbereichs Steuern der Ernst & Young AG, BB 2004, Beilage Nr. 3 zu Heft 24, S. 11. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 241. Vgl. hierzu auch unten Abschnitt 4.2.3.3.2.1. Vgl. Ballwieser/Küting/Schildbach, BFuP 2004, S. 534.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 307 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
unbestimmte Bewertungsmaßstäbe keinesfalls eine „Ziellosigkeit“ der Wertfindung propagiert werden soll, worauf weiter unten noch einzugehen sein wird. 4.2.3.3.2. Objektivierte Bewertung als Ansatzpunkt 4.2.3.3.2.1. Möglichkeiten, Grenzen und Einsatzfelder objektivierter stichtagsbezogener Bewertung Die Forderung nach möglichst weit reichender Abschaffung unbestimmter Bewertungsmaßstäbe leitet unmittelbar über zu der Frage nach der Verwendung konkreter Bewertungsverfahren. Die an die Analyse im dritten Kapitel anknüpfende vergleichende Gegenüberstellung hat hier – wie bereits ausgeführt – mit der ertragswertorientierten und der transaktionsorientierten Bewertung zwei Grundtypen sichtbar werden lassen. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang nochmals die Feststellung, dass auch die Besteuerung sachgerechterweise letztlich nur auf eine aus ökonomischen Überlegungen ableitbare Bewertung, die an einem konkreten Bewertungsobjekt anknüpft, zurückgreifen kann, auch wenn dies im geltenden Recht teilweise durch „übergeordnete“, vermeintlich „steuerrechtsspezifische Sondermaßstäbe“ wie etwa den Teilwert verdeckt werden mag. Dies untermauern letztlich auch die beiden festgestellten Grundtypen. Wird eine theoretisch fundierte Bewertung bzw. Wertfindung angestrebt, so liegt – ausgehend von dem aus der im dritten Kapitel durchgeführten Analyse resultierenden Befund – die ertragswertorientierte Bewertung nahe, die zunächst dem Bewertungsobjekt zurechenbare Zahlungsströme voraussetzt. Wird zudem eine Konfliktvermeidung beabsichtigt, führt dies zu der Frage, in welchen Fällen der Ertragswert bzw. das Ertragswertverfahren in objektivierter Form eingesetzt werden kann. Insoweit wurde zwar insbesondere deutlich, dass es Konstellationen gibt, in denen auf vertraglich vereinbarte Zahlungsströme abgestellt werden kann,121 so dass auch die Objektivierung sichergestellt ist. Insgesamt haben sich die Möglichkeiten einer objektivierten und theoretisch „richtigen“ Ermittlung der Zukunftserfolge jedoch als begrenzt erwiesen. Problematisch ist ferner die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes, da insoweit bei der Ermittlung risikoadäquater Zinssätze konsequenterweise auf marktgehandelte Vergleichsobjekte abgestellt werden müsste,122 die jedoch häufig be121 122
Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.2. Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.2.
308 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
reits fehlen dürften. Ersatzweise kommen im Hinblick auf beide Komponenten – Zukunftserfolge wie auch Kapitalisierungszinssatz – Standardisierungen wie etwa die Festschreibung bestimmter Zinssätze in Betracht, die jedoch zu Lasten der theoretischen „Richtigkeit“ gehen.123 Im Hinblick auf die möglichen Einsatzfelder der ertragswertorientierten Bewertung ist im Übrigen anzumerken, dass diese tendenziell zunehmen, je weiter das jeweilige Bewertungsobjekt abgegrenzt wird und damit einhergehend die Zurechenbarkeit von Zahlungsströmen ermöglicht wird. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die oben im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Teilwert diskutierte Zurechnung von Zahlungsströmen zu Cash-Generating Units.124 Von der ertragswertorientierten Bewertung zu unterscheiden ist die transaktionsorientierte Bewertung, die – wie bereits mehrfach ausgeführt – in theoretischer Hinsicht der ertragswertorientierten Bewertung bereits von ihrer Ausgangsüberlegung her unterlegen ist. Da das Vorliegen einheitlicher und damit eine objektivierte Bewertung ermöglichender Marktpreise nur in der theoretischen Idealkonstellation des vollkommenen Marktes gegeben ist, kommt zunächst die Heranziehung von vor dem Stichtag erfolgten Verkäufen des Bewertungsobjekts selbst in Betracht, ggf. auch weiter gefasst im Sinne der oben mit dem Begriff „Beschränkung auf Bewertungsobjekt“ bezeichneten Kategorie.125 Im Hinblick auf eine objektivierte Bewertung ist dabei zum einen das Zugrundeliegen einer bestimmten Marktsituation bzw. individuellen Transaktion mit den damit verbundenen, bereits oben erörterten Implikationen und insbesondere der ggf. fragwürdigen Repräsentativität zu akzeptieren. Zum anderen ist der mögliche Verstoß gegen das Stichtagsprinzip hinzunehmen, wobei ergänzend der zulässige zeitliche Abstand zum Stichtag zu determinieren wäre. Ein sich einstellender Verstoß gegen das Stichtagsprinzip infolge zwischenzeitlich veränderter Verhältnisse hat im Übrigen zur Folge, dass auch bei Abstellen auf Verkäufe, genauer auf einen Verkauf, von einer theoretischen Unterlegenheit der transaktionsorientierten gegenüber der ertragswertorientierten Bewertung auszugehen ist, auch wenn dies mangels Anpassungsrechnungen bei oberflächlicher Betrachtung leicht übersehen werden mag. 123 124 125
Vgl. in diesem Zusammenhang auch bereits die Überlegungen von Hetzel (1988) zu einem „normierten“ Ertragswertverfahren als Alternative zum Stuttgarter Verfahren. Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.2. Vgl. hierzu die Systematisierung der unterschiedlichen Formen des Umgangs mit der Vergleichbarkeitsproblematik in Abschnitt 4.1.2.2.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 309 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Neben der Heranziehung solcher Verkäufe des Bewertungsobjekts selbst ist an den Rückgriff auf standardisierte Preisableitungsverfahren auf der Grundlage von Kaufpreissammlungen zu denken. Gerade im Hinblick auf die steuerrechtliche Wertfindung erscheinen solche standardisierten Preisableitungen deshalb vertretbar, weil der bei nicht objektivierter Bewertung etwa im Verhandlungswege oder auch unter Bemühung der Rechtsprechung zustande kommende Wert aus ökonomischer Sicht nicht als „besser“ zu kennzeichnen sein dürfte. Insoweit stellt sich aber die nicht pauschal zu beantwortende Frage, ob und inwieweit die Suche nach weiteren standardisierten Preisableitungsverfahren, die sich an der derzeit bereits vorhandenen bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung orientieren könnten,126 für sinnvoll zu erachten ist. Fundierte Überlegungen zu möglichen Anwendungsbereichen solcher Verfahren finden sich im Schrifttum bislang nicht.127 So wird zwar insoweit etwa darauf verwiesen, dass sich „zuverlässige Verkehrswerte“ nur bei Vermögensobjekten beobachten lassen, die „in hinreichender Anzahl auf funktionierenden Märkten gehandelt werden“,128 wobei aber in diesem Zusammenhang insbesondere im Einzelnen unklar bleibt, was unter einem funktionierenden Markt zu verstehen ist bzw. verstanden werden soll(te). Tendenziell erscheint eine standardisierte Preisableitung allerdings umso eher vertretbar, je homogener die jeweiligen, in die Kaufpreissammlungen einzubeziehenden Güter sind. Insoweit besteht aber noch zusätzlicher Forschungsbedarf. Einhergehend mit den vorstehend aufgezeigten Möglichkeiten einer transaktionsorientierten Bewertung ist auf die im dritten Kapitel unter verschiedenen Gesichtspunkten aufgeworfene Frage nach der zwingenden Notwendigkeit von Anpassungsrechnungen etwa zur Erreichung eines bestimmten Bewertungsmaßstabs oder zur Berücksichtigung von Unterschieden in der Vergleichbarkeit zurückzukommen. Bei der Antwort ist zweckabhängig zu differenzieren. Wird eine objektivierte Bewertung angestrebt, kommen Anpassungsrechnungen wiederum nur dann in Betracht, wenn sie in standardisierter Form durchgeführt werden, was erneut zu der Entwicklung standardisierter Preisableitungsverfahren zurückführt. Hiervon abgesehen sind Anpassungsrechnungen mit einer objektivierten Bewertung jedoch nicht vereinbar. Wird eine solche angestrebt, so 126 127 128
Vgl. zur bodenrichtwertbasierten Grundstücksbewertung oben Abschnitt 3.3.6. Auf die Grenzen der praktischen Umsetzbarkeit – dies betrifft etwa die Verfügbarkeit von Kaufpreisen – sei hier nur hingewiesen. Bach/Broekelschen/Maiterth, DStR 2006, S. 1961.
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bleibt vielmehr neben einer standardisierten Preisableitung nur die bereits oben ausgeführte Möglichkeit, auf Verkäufe des Bewertungsobjekts selbst vor dem Stichtag abzustellen. Zwar könnte bei oberflächlicher Betrachtung durchaus daran gedacht werden, unmittelbar und ohne standardisierte Preisableitung auf Preise von vergleichbaren Gütern bzw. Transaktionen abzustellen. Hier verlagert sich jedoch die Objektivierungsproblematik lediglich auf die Feststellung der Vergleichbarkeit selbst. Unter diesem Gesichtspunkt dürfte eine objektivierte Bewertung von wenigen Ausnahmefällen abgesehen – gedacht werden kann etwa an Börsenkurse – mangels Homogenität der Güter bzw. abschließender Charakterisierbarkeit der Vergleichbarkeit ausscheiden. Diese Überlegung ist daher im Hinblick auf die, eine objektivierte Bewertung anstrebenden Alternativüberlegungen hier nicht weiter zu vertiefen. Was den zeitlichen Bezug der aufgezeigten Möglichkeiten einer objektivierten transaktionsorientierten Bewertung betrifft, ist die Bewertung zwar – wie auch in der Überschrift dieses Abschnitts zum Ausdruck gebracht – insoweit stichtagsbezogen, als eine Bewertung am Stichtag erfolgen kann. Bei den so zu gewinnenden Werten handelt es sich jedoch, wie oben bereits angeklungen ist, wohlgemerkt regelmäßig nicht um Stichtagswerte in dem Sinne, dass die Wertverhältnisse am Stichtag selbst berücksichtigt werden, es sei denn die Verhältnisse haben sich zwischenzeitlich nicht verändert. Wird jedoch zwingend eine Zugrundelegung der Verhältnisse am Stichtag bezweckt, so könnte die hier zunächst angestrebte objektivierte Bewertung wiederum nur über entsprechend standardisierte Anpassungsrechnungen zur Berücksichtigung der zeitlichen Divergenzen erreicht werden. Ob derartige Bemühungen zu „besseren“ Werten führen als der Verzicht hierauf, erscheint jedoch höchst fragwürdig, wobei im Übrigen – ein solches Bestreben unterstellt – auch die Heranziehung von vor dem Stichtag erfolgten einzelnen Verkäufen des Bewertungsobjekts selbst mit zusätzlicher Berücksichtigung zeitlicher Divergenzen im Hinblick auf eine objektivierte Bewertung letztlich deren Überführung in ein standardisiertes Preisableitungsverfahren im oben dargelegten Sinne nach sich ziehen würde. In Anbetracht der ohnehin zu bezweifelnden Verbesserung der „Qualität“ der Bewertung liegt es somit nahe, der zeitlichen Divergenz eher durch eine regelmäßige Aktualisierung der standardisierten Preisableitung oder die Akzeptanz einer bestimmten zeitlichen Divergenz zum Stichtag im Rahmen des Abstellens auf Verkäufe des Bewertungsobjekts selbst zu begegnen. Wenngleich dies einer-
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seits ein Negieren des Stichtagsprinzips in dem Sinne bedeutet, dass eben regelmäßig nicht die Wertverhältnisse am Stichtag selbst zugrunde gelegt werden, sind jedoch andererseits erhebliche Zweifel daran geboten, dass ein striktes Festhalten an diesem Prinzip, jedenfalls außerhalb bilanzieller Bewertungen, überhaupt zwingend erforderlich ist. Diese Zweifel werden auch durch die im dritten Kapitel vorgenommene Analyse bestätigt, die eine bereits im geltenden Recht weit fortgeschrittene Erosion des in diesem Sinne verstandenen Stichtagsprinzips hat erkennen lassen. In diesem Zusammenhang ist im Übrigen anzumerken, dass die zu verzeichnenden möglichen Abweichungen vom Stichtagsprinzip, soweit ersichtlich, bislang auch nicht unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Gleichmäßigkeit der Besteuerung thematisiert werden. Gerade im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung standardisierter Verfahren liegt – bezogen auf die ertragswertorientierte wie auch auf die transaktionsorientierte Bewertung – die Überlegung nahe, ihre Eignung im Sinne von „Zielgenauigkeit“ zu überprüfen, was jedoch zuvor die Gewinnung einer klaren Vorstellung im Sinne einer Operationalisierung des Bewertungsmaßstabs erfordert. Angebracht erscheint dies nicht nur unter dem Gesichtspunkt eines seriösen ökonomischen Vorgehens. Vielmehr ist auch auf die verfassungsrechtlich gebotene Gleichmäßigkeit der Besteuerung hinzuweisen. Wenngleich Letztere zuletzt in erster Linie im Zusammenhang mit der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung problematisiert wurde, ist sie auch darüber hinaus und insbesondere für die parallele Verwendung verschiedener, gerade auch standardisierter Bewertungsverfahren einerseits und nicht standardisierter Verfahren andererseits von grundsätzlicher Relevanz. Im Hinblick auf beide Gesichtspunkte – Operationalisierung des Bewertungsmaßstabs wie auch Zielgenauigkeit des Verfahrens – sind jedoch Forschungsdefizite zu konstatieren. Eine Ausnahme im Hinblick auf den letztgenannten Aspekt stellt die bereits oben erwähnte Untersuchung von MÜLLER129 dar, der die Wirkungen des Stuttgarter Verfahrens zur Bewertung nicht notierter Anteile anhand des Vergleichs von sich hiernach ergebenden Werten mit nach dem APV-Verfahren ermittelten Unternehmenswerten überprüft hat. Dabei muss jedoch gesehen werden, dass zur Überprüfung eines Schätzverfahrens (Stuttgarter Verfahren) ein anderes Schätzverfahren (APV-Verfahren) bemüht wird. Dar129
Vgl. Müller (2007). Vgl. bereits oben Abschnitt 3.2.4.2.
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über hinaus ist aber vor allem zu beachten, dass gerade auch die Ergebnisse des APV-Verfahrens letztlich von den zu prognostizierenden Zukunftserfolgen abhängen. Selbst wenn es in dem gegebenen Zusammenhang vertretbar erscheinen mag, dies zwangsweise hinzunehmen, und auch die auf dieser Grundlage getroffene Aussage durchaus nachvollziehbar ist, dass durch das Stuttgarter Verfahren regelmäßig eine Unterbewertung – gemessen an einem theoretisch überzeugenderen Verfahren – erfolgt, weist der Untersuchungsansatz daher ebenso wenig wie das APV-Verfahren den zwingenden Weg zu einer Operationalisierung des gemeinen Werts bzw. Verkehrswerts im Hinblick auf eine Verfahrensstandardisierung für steuerliche Zwecke. Insoweit unmittelbar auf den oder einen mit dem APV-Verfahren zu ermittelnden und damit erheblich prognosebasierten Wert abzustellen, erscheint jedenfalls weder sachgerecht, noch zielführend. Eine andere als die von MÜLLER verfolgte Vorgehensweise liegt den Untersuchungen von HAEGERT/MAITERTH130 und BACH/BROEKELSCHEN/MAITERTH131 zugrunde, die sich mit den Wirkungen der Bedarfsbewertung befassen.132 Hinterfragungsbedürftig erscheint aber auch das in diesen Untersuchungen verfolgte Vorgehen insoweit, als letztlich die „Güte“ bzw. Zielgenauigkeit des Verfahrens (genauer des vereinfachten Ertragswertverfahrens nach § 146 BewG) an dem Vergleich des tatsächlich erzielten Kaufpreises mit dem sich ergebenden Steuerwert gemessen wird. Auch wenn sich bei dieser Vorgehensweise gerade der Bezugnahme auf am Markt realisierte Preise etwas abgewinnen lässt, stellt sich doch die grundsätzliche Frage, ob die letztlich hierin zu sehende Gleichsetzung von gemeinem Wert bzw. Verkehrswert und individuellem Kaufpreis sachgerecht ist.133 Dass sich bei einem solchen Vorgehen und der so angestrebten Bestimmung bzw. dann auch der Überprüfung des „gemeinen Werts“ von vornherein nur eine „begrenzte Zielgenauigkeit“ des Verfahrens manifestieren wird, liegt jedenfalls auf der Hand, wenngleich dem in beiden Untersuchungen mit einer Durchschnittsbildung begegnet wird. Problematisch in ihren Auswirkungen auf die Zielgenauigkeit erscheint darüber hinaus die Auswahl der einzubeziehenden Objekte. Die insoweit auftretende Vergleichbarkeitsproblematik ist – wie bereits im dritten Kapitel verschiedentlich aufgezeigt – gerade für die 130 131 132 133
Vgl. Haegert/Maiterth, StuW 2002, S. 248. Vgl. auch bereits oben Abschnitt 3.3.4.1. Vgl. Bach/Broekelschen/Maiterth, DStR 2006, S. 1961. Vgl. zuletzt auch Broekelschen/Maiterth (2007); zu weiteren Untersuchungen auch Daragan, DB 2006, S. 1751 f. Vgl. zur Charakterisierung des gemeinen Werts bereits oben Abschnitt 3.2.
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transaktionsorientierte Bewertung charakteristisch. Ohnehin begegnen die Untersuchungen dem Problem, dass von Seiten des Steuerrechts mit einem statischen Verfahren einer dynamischen (Markt-)Entwicklung Rechnung getragen werden soll. In Anbetracht der aufgezeigten Schwierigkeiten könnte etwa erwogen werden, bereits vorab konkret und möglichst übergreifend festzulegen, in welchem Maße Abweichungen von der mit dem Bewertungsmaßstab verbundenen quantitativen Zielgröße zulässig sein sollen, was letztlich aber wieder zum Ausgangspunkt der Überlegungen, dem zu erreichenden Bewertungsmaßstab und seiner Operationalisierung, d.h. der mit ihm einhergehenden quantitativen Zielsetzung überhaupt zurückführt. Eine konkrete, sich einer transaktionsorientierten Bewertung bedienende Alternative könnte möglicherweise in gewissen Bereichen und unter Umständen auch bei der Bewertung bebauter Grundstücke – wohlgemerkt unter Hinnahme aufgezeigter theoretischer Bedenken – in der Entwicklung standardisierter Preisableitungsverfahren auf der Grundlage von Vergangenheitspreisen bestehen, welche dann im Zeitablauf regelmäßig anzupassen wären. Bereits diese beiden Ansatzpunkte (Zulässigkeit gewisser Abweichungen einerseits und regelmäßige Verfahrensanpassung im Zeitablauf andererseits) zeigen, dass für die Festlegung des Bewertungsmaßstabs im Hinblick auf eine quantitative Zielsetzung und die Messung der Zielgenauigkeit nicht die eine überlegene Lösung existiert. Möglicherweise wird man sich auch bei einer detaillierten Auseinandersetzung mit den ökonomischen Gegebenheiten ohnehin von vornherein mit bescheideneren Ansprüchen begnügen müssen. Festzuhalten ist jedoch, dass punktuelle empirische Untersuchungen ohne vorangestellte bzw. weiterführende Überlegungen der ausgeführten Art im Hinblick auf die Bewältigung der Problematik insgesamt allenfalls begrenzt zielführend erscheinen. Vielmehr erscheint der Versuch zwingend erforderlich, zunächst die aufgezeigten Forschungsdefizite zu beheben. Fehlen und Problematik einer hinreichenden Klarheit über den Bewertungsmaßstab wie auch gerade seiner Operationalisierung in quantitativer Hinsicht verdeutlicht auch die Entscheidung des BVerfG v. 07.11.2006 am Beispiel der Erbschaft- und Schenkungsteuer.134 Das BVerfG verweist hier im Hinblick auf die
134
Vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 235. Vgl. hierzu auch Crezelius, DStR 2007, S. 415; Wachter, BB 2007, S. 577 ff.; Geck, DStR 2007, S. 427 ff.; Hübner,
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Bewertung des Grundvermögens – der vorstehend diskutierten Vorgehensweise folgend – auf den Vergleich von tatsächlichen Verkaufspreisen und Steuerwerten von Grundstücken und führt hierzu aus: „Den vom vorlegenden Gericht und von der Literatur zitierten Untersuchungen liegen im Wesentlichen solche Vergleiche zugrunde.“135 Entsprechend sind auch der Argumentation des BVerfG die insoweit bereits angeführten Bedenken entgegenzuhalten. Im Übrigen basiert die Feststellung gleichheitswidriger Bewertungsunterschiede im Wesentlichen auf Plausibilitätsüberlegungen. Wenngleich hierbei verschiedentlich und auch in durchaus nachvollziehbarer Weise auf den gemeinen Wert rekurriert wird, unterbleibt eine grundlegende Auseinandersetzung hiermit aber ebenso wie dessen Operationalisierung. Beides erscheint jedoch vor allem im Hinblick auf die Neuregelung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Bewertung von zentraler Bedeutung, soll diese einer soliden Grundlage zugeführt und die Gefahr der erneuten Verfassungswidrigkeit vermieden werden. In diesem Zusammenhang ist nochmals zu betonen, dass empirische Erhebungen bzw. Überprüfungen der „Zielgenauigkeit“ der genannten Art stets nur „Momentaufnahmen“ beinhalten, die zudem insbesondere von den einbezogenen Objekten und der Marktentwicklung im Zeitablauf abhängen, so dass im Rahmen unterschiedlicher Untersuchungen und insbesondere im Zeitablauf unterschiedliche Ergebnisse durchaus nicht ausgeschlossen sind. Umgegangen werden kann mit dieser Problematik letztlich nur im Wege einer möglichst bewertungsobjektübergreifenden Einordnung im Sinne der Beseitigung der aufgezeigten Defizite. Wenn das BVerfG insoweit im Hinblick auf die „praktische Umsetzung einer gleichheitsgerechten, am Verkehrswert orientierten Bewertung auch bei Zugrundelegung verschiedener Wertermittlungsmethoden“ auf „ein im Gesetzgebungsverfahren zu lösendes steuertechnisches Problem“ verweist,136 bedeutet dies aber letztlich nichts anderes, als dass es von seiner Möglichkeit Gebrauch macht, sich der Kernfrage der Operationalisierung des Bewertungsmaßstabs und der Überprüfung von dessen Sicherstellung durch ein konkretes Bewertungsverfahren im Sinne der „Zielgenauigkeit“ auf elegante Weise zu entledigen. Auf die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegende ökonomische Perspektive zurückkommend ist im Übrigen anzumerken, dass sich bei genauerer Überlegung eine gleichmäßige Besteuerung als „Zugangssperre“ für die Verwendung unter-
135 136
DStR 2007, S. 1013 ff.; Bilsdorfer, SteuerStud 2007, S. 280 ff., sowie für weitere Nachweise Wachter, DB 2007, S. 821, Fn. 3. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 244. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2006, 1 BvL 10/02, DStR 2007, S. 241.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 315 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
schiedlicher Verfahren erweisen könnte. In letzter Konsequenz könnte dies wiederum zum Anlass genommen werden, das Postulat einer gleichmäßigen Besteuerung in Anbetracht der aus ökonomischer Sicht begrenzten Möglichkeiten ihrer Umsetzung im Hinblick auf die hier in Rede stehende Konstellation der Bewertung bzw. Wertfindung bei Fehlen von Geldtransaktionen ganz grundsätzlich zu hinterfragen. 4.2.3.3.2.2. Möglichkeiten, Grenzen und Einsatzfelder objektivierter Bewertung nach dem Stichtag Liegt den bisherigen Ausführungen eine Bewertung zum bzw. am Stichtag zugrunde, so kommt im zweiten Schritt gerade in Anbetracht der zu konstatierenden erheblichen Problembehaftung auch eine Bewertung, d.h. eine Durchführung der Bewertung nach dem Stichtag in Betracht. Insoweit ist wiederum zwischen der ertragswert- und der transaktionsorientierten Bewertung zu differenzieren. Im Hinblick auf die transaktionsorientierte Bewertung könnte auf Verkäufe des Bewertungsobjekts selbst und damit nach dem Stichtag erzielte Preise abgestellt werden, wobei wiederum – von der Möglichkeit einer standardisierten „Rückrechnung“ abgesehen – die akzeptable zeitliche Differenz zum Stichtag zu determinieren wäre. Insoweit kommt die objektivierte Bewertung erneut nicht um Zugeständnisse herum, die letztlich einmal mehr die Aufweichung des Stichtagsprinzips betreffen. Was die ertragswertorientierte Bewertung betrifft, könnte mit dem Pseudo-ex-ante-Ertragswert grundsätzlich eine theoretisch richtige und objektivierte Bewertung – im Sinne einer „nachgelagerten Primärbewertung“ – jedenfalls im Hinblick auf die Zahlungsströme erreicht werden, während die Frage des anzuwendenden Kapitalisierungszinssatzes noch gesondert zu beleuchten wäre. Im Unterschied zur transaktionsorientierten Bewertung anhand von Verkäufen nach dem Stichtag kann die zeitverschobene ertragswertorientierte Bewertung aber sehr wohl als Bewertung nach den Wertverhältnissen am Stichtag angesehen werden, die lediglich nach verbesserter Information erfolgt.
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Generell ist im Hinblick auf die objektivierte Bewertung nach dem Stichtag im vorstehenden Sinne jedoch zu beachten, dass nur eine ergänzende Verwendung in Betracht kommt, da nicht von vornherein absehbar ist, ob die jeweiligen Werte überhaupt zur Verfügung stehen werden. Als Anwendungsbereich könnte daher insbesondere die „Kontrolle“ von zum Stichtag ermittelten Werten in Betracht kommen, wobei nicht nur an eine punktuelle Überprüfung, sondern auch an ein Abstellen auf Bandbreiten zu denken ist. Was die technische Vorgehensweise betrifft, so wird mit dieser Überlegung letztlich die Verzahnung von materiellem und formellem Steuerrecht nutzbar gemacht.137 Festzuhalten ist, dass die aufgezeigten Möglichkeiten einer objektivierten Bewertung nach dem Stichtag wie auch der zuvor diskutierten objektivierten stichtagsbezogenen Bewertung einerseits unter verschiedenen Gesichtspunkten – dies betrifft bei der transaktionsorientierten Bewertung im Wege der (standardisierten) Preisableitung bereits die grundsätzliche theoretische Fundierung – kritisiert werden können. Andererseits muss man sich aber stets vor Augen führen, dass alles „Wehklagen“ über die vorhandenen Unzulänglichkeiten nichts daran ändert, dass im Besteuerungsverfahren mit der sich stellenden Problematik umgegangen werden muss. Wie weit die auf den skizzierten Wegen zu gewinnenden Alternativen reichen, hängt vor diesem Hintergrund letztlich insbesondere davon ab, inwieweit einzugehende „Zugeständnisse“ noch als akzeptabel angesehen werden. 4.2.3.3.3. Die Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung als Ansatzpunkt 4.2.3.3.3.1. Die weitgehende Festlegung der Verfahrensschritte Wird die Bewertung nicht so ausgestaltet, dass eine objektivierte Bewertung im obigen Sinne ermöglicht wird, liegt es nahe, im Hinblick auf die Bewältigung möglicher Konflikte eine möglichst weitgehende Kennzeichnung der durchzuführenden Verfahrensschritte anzustreben. Insoweit ist auf die im zweiten Kapitel angestellten Überlegungen zurückzukommen: Zum einen wirkt die Kennzeichnung der Verfahren bzw. Verfahrensschritte zwar nicht in Richtung einer objektivierten, aber doch zumindest in Richtung einer nachvollziehbaren Be137
Vgl. zur Nutzbarmachung des Zusammenhangs allerdings mit umgekehrten Vorzeichen und aus steuerplanerischer Perspektive Löffler (2002), S. 147 ff.
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wertung.138 Zum anderen kommt – eine Festlegung von Verfahrensschritten und eine nachvollziehbare Bewertung unterstellt – wohl tendenziell eher eine Einigung zwischen den Beteiligten zustande.139 Während die Konkretisierung der Verfahrensschritte bei der ertragswertorientierten Bewertung bzw. bei dem Ertragswertverfahren auf die Ermittlung der Komponenten zu beziehen ist, gilt es im Rahmen der transaktionsorientierten Bewertung das jeweilige transaktionsorientierte Verfahren festzulegen, wobei an die zwischen der ertragswertorientierten und der transaktionsorientierten Bewertung im Hinblick auf die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes bestehenden Parallelen nochmals erinnert sei.140 Grundlegende Anhaltspunkte für die weitere Festlegung der Verfahrensschritte lassen sich insbesondere aus der Fair Value-Typologie der IFRS gewinnen.141 In diesem Zusammenhang ist an dieser Stelle die oben aufgeworfene Frage, ob das Wertfindungsproblem durch entsprechende bewertungsobjektbezogene Vorgaben „im Wege des Zusammenführens der Parteien“ abgemildert werden könnte,142 ausdrücklich zu bejahen. So könnte etwa im Hinblick auf die transaktionsorientierte Bewertung an den Kriterien für das Vorliegen eines „aktiven Marktes“ – Homogenität der auf dem Markt gehandelten Vermögenswerte, Vorhandensein vertragswilliger Käufer und Verkäufer, öffentliche Verfügbarkeit von Preisen – angesetzt werden, wobei weitere Präzisierungen gerade im Hinblick auf die an die Homogenität zu stellenden Anforderungen erfolgen müssten. Wenngleich einzuräumen ist, dass auch einer detaillierten Festlegung der Verfahrensschritte Grenzen gesetzt sind, erscheinen zusätzliche, hierauf gerichtete Bemühungen durchaus nicht vergeblich. Zum einen zeigen bereits die wenigen genannten Beispiele – ungeachtet der Grenzen – die durchaus noch vorhandenen Ansatzpunkte. Zum anderen kann eine weitgehende Festlegung der Verfahrensschritte und ihre Einhaltung – wie bereits erwähnt – zumindest zur Verbesserung der Nachvollziehbarkeit der Bewertung beitragen. Aus der im dritten Kapitel vorgenommenen Analyse lässt sich noch ein weiterer Ansatzpunkt ableiten. Dort konnte gezeigt werden, dass selbst in Bereichen 138 139 140 141 142
Vgl. zur Differenzierung zwischen Objektivierung und Nachvollziehbarkeit oben Abschnitt 2.3.3.1.2. Vgl. auch oben Abschnitt 2.3.3.2.3. Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.2. Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.1.2. Vgl. oben Abschnitt 3.1.5.1.2.
318 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
bzw. Kontexten, in denen bereits vergleichsweise detaillierte Vorgaben vorhanden sind – beispielhaft kann hier die Verrechnungspreisbestimmung angeführt werden – insoweit noch Verbesserungspotenzial besteht, als diese Vorgaben häufig mehrdeutig sind. Dabei ist der „Mindestanspruch“ darin zu sehen, solche Mehrdeutigkeiten nach Möglichkeit zu vermeiden. Allerdings ist einzuräumen, dass dem sich bietenden Verbesserungspotenzial einmal mehr von vornherein Grenzen gesetzt sind, die in der Natur der Sache selbst liegen, als es nicht gelingen kann, sämtliche zwangsweise subjektiven Wertungen vorwegzunehmen. Dies verdeutlicht insbesondere das Prognoseerfordernis im Rahmen der ertragswertorientierten Bewertung. Im Hinblick auf die transaktionsorientierte Bewertung ist dabei einmal mehr auf die bereits oben diskutierte Frage zurückzukommen, ob überhaupt Anpassungsrechnungen vorzunehmen sind.143 In Anbetracht der aus theoretischer Sicht bereits im Grundsatz bestehenden Bedenken lässt sich durchaus vertreten, nach Möglichkeit von vornherein auf solche Anpassungsrechnungen zu verzichten. Dies entbindet dann jedoch nicht von der Notwendigkeit, die Konstellationen zu benennen, in denen ein solcher Verzicht für zulässig erachtet werden soll. Hieran wird erneut deutlich, dass der mögliche Beitrag zu einer Weiterentwicklung in Richtung einer verbesserten Konfliktbewältigung über die Kennzeichnung der Verfahrensschritte, dessen weitere Herausarbeitung den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen würde, zwar vorhanden, letztlich aber doch begrenzt ist. Überwinden lassen sich die bestehenden Grenzen in Richtung einer Sicherstellung der Konfliktbewältigung letztlich eben nur durch eine objektivierte Bewertung im oben aufgezeigten Sinne, einhergehend mit den dabei u.U. hinzunehmenden Bedenken. 4.2.3.3.3.2. Regelung des Verhältnisses unterschiedlicher Bewertungsverfahren Neben den Bewertungsverfahren selbst stellt deren Verhältnis zueinander einen Ansatzpunkt für mögliche Alternativen dar. Dies betrifft die bereits mehrfach erwähnten Hierarchien und Optionen, auf deren grundsätzlichen Anwendungsbereich bereits im Rahmen der oben vorgenommenen vergleichenden Gegenüberstellung der Ergebnisse des dritten Kapitels eingegangen wurde.144 Im Hin-
143 144
Vgl. z.B. oben Abschnitt 3.2.3.1. sowie Abschnitt 3.4.4.3.2. Vgl. oben Abschnitt 4.1.3.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 319 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
blick auf eine alternative Ausgestaltung bzw. Weiterentwicklung der Wertfindung erscheinen folgende Aspekte hervorhebungsbedürftig: Hierarchien können über ihre bisherige Verbreitung hinaus generell dort eingesetzt werden, wo sie eine Wertung des Gesetzgebers betreffend die Rangfolge unterschiedlicher Verfahren zum Ausdruck bringen sollen, etwa abhängig von deren konkreter Verwendbarkeit. Ist dies bezweckt, so ist nicht nur in Bezug auf neu einzuführende, sondern gerade auch auf bereits vorhandene Hierarchien eine hinreichende Kennzeichnung der einzelnen Hierarchiestufen, d.h. der Bedingungen für das „Betreten“ einer anderen Hierarchiestufe erforderlich. Die Hierarchie verfehlt ansonsten ihren eigentlichen Zweck, indem sie die Wertfindung auf einer bestimmten Stufe „einfriert“. Auch der mögliche Anwendungsbereich von Optionen und insbesondere der mit ihnen verbundene „Befriedungsaspekt“ wurden bereits oben dargelegt.145 Entsprechend kann sich auch eine alternative Ausgestaltung dieses Instruments bedienen. Wurde oben bislang nur ganz grundsätzlich auf Optionen mit Widerlegungsmöglichkeiten eingegangen, so kann eine mögliche Variante auch darin bestehen, dass die Möglichkeit einer zulässigen Widerlegung von der Zustimmung der Beteiligten abhängig gemacht wird, um in jedem Fall eine Einigung zu erzielen.146 4.2.3.3.3.3. Institutionalisierte Konfliktbewältigung durch verbindliche Vorwegauskünfte Ist die Bewertung nicht zwingend objektiviert, so ist – wie bereits mehrfach ausgeführt – zu beachten, dass die Wertfindung tendenziell zunächst auf eine „Verhandlungslösung“ hinausläuft. Soweit hiermit zu rechnen ist, liegt es nahe, den Anwendungsbereich für verbindliche Vorwegauskünfte auf Fragen der Bewertung auch über den Bereich der Verrechnungspreisbestimmung hinaus zu erweitern.147 Sinnvoll erscheint dies allerdings nur in solchen Bereichen, in denen die Sachverhaltsverwirklichung durch den Steuerpflichtigen noch dispositiv ist. Dies betrifft von den im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erörterten
145 146 147
Vgl. oben Abschnitt 4.1.3. Vgl. hierzu – mit Bezug auf die Verrechnungspreisfindung – Kaminski (2001), S. 518 ff. Die grundsätzliche Notwendigkeit einer Verständigung über Werte ebenfalls bejahend Seer (1996), S. 15.
320 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
Wertfindungskontexten neben der Verrechnungspreisbestimmung148 die Bedarfsbewertung149 und die Bewertung nicht notierter Anteile150, soweit ihnen geplante Schenkungsvorgänge zugrunde liegen, darüber hinaus auch die Wegzugsbesteuerung.151 Mit der Begrenzung auf noch gestaltbare Vorgänge ist der Anwendungsbereich verbindlicher Vorwegauskünfte zwar begrenzt, gleichwohl ist ein solcher vorhanden. Auch ist in diesem Zusammenhang zu konstatieren, dass die bislang zu beobachtende, wohl im Zusammenhang mit der Beschränkung des möglichen Anwendungsbereichs solcher Auskünfte auf die Beantwortung von Rechtsfragen zu sehende Zurückhaltung der Finanzverwaltung nicht angebracht erscheint.152 Vielmehr ist die Bewertungsproblematik, soweit sie sich im Zusammenhang mit der Auslegung steuerrechtlicher Normen stellt, nach hier vertretener Auffassung keineswegs ausschließlich als Tatsachenfrage, sondern durchaus auch als Rechtsfrage zu begreifen.153 Wie bereits oben erwähnt,154 können im Übrigen „verbindliche Auskünfte mit Bewertungsbezug“ gerade dazu beitragen, den einer „kooperativen Besteuerung“155 unter den Gesichtspunkten der Gesetzmäßigkeit und der Gleichmäßigkeit mangels entsprechender verfahrensrechtlicher Instrumente entgegengebrachten Bedenken entgegenzutreten, dürfte doch gerade die Bewertung bzw. Wertfindung einen Bereich darstellen, in dem – wenngleich empirische Evidenz hierfür nicht vorhanden ist – die kooperative Besteuerung aufgrund der wertfindungsspezifischen Probleme weit verbreitet ist. In diesem Zusammenhang muss auch gesehen werden, dass eine Einigung über den Wert der ökonomischen Charakterisierung der steuerrechtlichen Wertfindung – den ohnehin und wohl auch unter Praktikabilitätserwägungen eingeschränkten Anwendungsbereich verbindlicher Vorwegauskünfte keineswegs negierend – letztlich durchaus gerecht wird, beinhaltet doch – wie oben gezeigt wurde – eine Bewertung im Interesse mehrerer Bewertungssubjekte bereits in 148 149 150 151 152
153 154 155
Vgl. oben Abschnitt 3.4. Vgl. oben Abschnitt 3.3. Vgl. oben Abschnitt 3.2. Vgl. oben Abschnitt 3.5. Gegenstand „normaler“ verbindlicher Auskünfte waren bislang ausschließlich Rechtsfragen. Vgl. in diesem Sinne Tz. 2.1 des BMF, Schr. v. 29.12.2003, IV A 4 – S 0430 – 7/03, BStBl. I 2003, S. 742 f., mit dem Erfordernis der „Formulierung konkreter Rechtsfragen“. In diesem Sinne auch Seer (1996), S. 14: „Bei der Bewertung gehen Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung nahtlos ineinander über.“ Vgl. oben Abschnitt 3.4.6.1. Vgl. zum Begriff oben Abschnitt 3.4.6.1.
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 321 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
sich einen Widerspruch.156 Akzeptiert man ferner den besonderen und von „herkömmlichen“ Rechtsfragen zu unterscheidenden Charakter von Fragen der steuerrechtlichen Wertfindung, so bietet sich ein Umgang mit der Problematik im Rahmen eines „gesonderten“ Verfahrens auch nicht zuletzt deshalb an, weil auf diese Weise eine drohende Vermengung mit andersartigen Rechtsproblemen im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen vermieden werden kann. 4.2.3.3.3.4. Institutionalisierte Konfliktbewältigung durch qualifizierte Gutachten Ebenfalls bereits diskutiert wurde im Zusammenhang mit der Grundstücksbewertung die Verwendung von qualifizierten Gutachten.157 In diesem Zusammenhang wurde insbesondere auf die Gefahr von Manipulationen des Steuerpflichtigen durch die Vorlage von Gefälligkeitsgutachten hingewiesen. Auch qualifizierte Gutachten bzw. die mit ihnen ermittelten Werte weisen notgedrungen gewisse Bewertungsspielräume auf, die sich jedoch in Grenzen halten dürften. Gleichwohl erscheint die Verlagerung der Wertfindung bzw. der Bewertung auf (qualifizierte) Gutachter tendenziell nur sinnvoll, sofern diese über eine gewisse Unabhängigkeit verfügen, wie es etwa bei den Gutachterausschüssen der Fall ist. Damit sind jedoch dem Anwendungsbereich dieser Maßnahme in Anbetracht des begrenzten Vorhandenseins entsprechender Institutionen in anderen Bereichen als der Grundstücksbewertung von vornherein Grenzen gesetzt. Eine künftige Weiterentwicklung könnte daher in der Einrichtung geeigneter unabhängiger Institutionen zur Klärung von steuerlichen Bewertungsfragen ggf. auch in Verbindung mit der Einführung eines Verfahrens nach Art des im Bereich der Verrechnungspreisbestimmung bereits vorhandenen Schiedsverfahrens158 mit Einigungszwang bestehen und könnte mit der besonders gelagerten, spezifische Kenntnisse erfordernden Problematik gerechtfertigt werden, wobei aber auch die zusätzlichen Kosten in Betracht zu ziehen wären. Nachfolgende Abb. 4.2.-2 fasst die Überlegungen – einschließlich der bestehenden Bezüge zwischen den einzelnen Maßnahmen – abschließend grafisch zusammen, wobei die zuletzt diskutierten, an der Interaktion zwischen Steuer-
156 157 158
Vgl. oben Abschnitt 4.2.2. Vgl. oben Abschnitt 3.3.5.2. Vgl. oben Abschnitt 3.4.6.2.
322 4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
pflichtigem und Finanzverwaltung anknüpfenden Überlegungen zur Hervorhebung dunkel hinterlegt wurden. Ganzheitliche Sicht: Von der Bewertung zur Wertfindung Verzicht auf unbestimmte Rechtsbegriffe
Hierarchie
Objektivierte stichtagsbezogene Bewertung Ertragswertorientierte Bewertung
Verzicht auf unbestimmte Maßstäbe
Objektivierte Bewertung nach dem Stichtag
- Reinform - standardisiert
Transaktionsorientierte Bewertung Preis vor standardisierte Stichtag Preisableitung Weitere Verfahren …
Pseudo-ex-ante-Ertragswert (Nachgelagerte) Primärbewertung
Objektbezug der Wertfindung
Ertragswertorientierte Bewertung
Transaktionsorientierte Bewertung
Weitere Verfahren …
Verbindliche Vorwegauskunft
Qualifiziertes Gutachten
Kontrolle
Option
Verfahrensschritte
- punktuell - Bandbreite
Nicht objektivierte stichtagsbezogene Bewertung Preis nach Stichtag
Weitere Verfahren…
Abb. 4.2.-2: Ansatzpunkte für eine alternative Wertfindung
4.2.4. Kombination von Verzicht auf die Wertfindung und Umsetzung einer ganzheitlichen Sicht als zukünftiger Weg Die vorstehenden Überlegungen haben einerseits gezeigt, dass insbesondere unter verschiedenen Gesichtspunkten die Möglichkeit besteht, auf die Wertfindung in Teilen zu verzichten. Andererseits wurde in Grundzügen ein – von einer möglichst theoretisch fundierten und objektivierten Wertfindung als Leitlinien ausgehendes – systematisches Konzept zur Entwicklung von Alternativen zur bisherigen Wertfindung aufgezeigt, das auf konkrete Bewertungskontexte angewendet werden kann. Inwieweit die Erarbeitung solcher Alternativen zu einer „Verbesserung“ der bisherigen Wertfindung führt, lässt sich allerdings nicht allgemein feststellen, sondern hängt von den zugrunde liegenden Zielsetzungen ab. In diesem Zusammenhang ist zu konzedieren, dass der Forderung
4. Vergleichende Querschnittsanalyse und weiterführende Überlegungen 323 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
nach einer theoretisch fundierten und zudem objektivierten Bewertung durch entsprechende Bewertungsmaßstäbe und -verfahren nur begrenzt genügt werden kann. Es sind regelmäßig Abwägungen zwischen beiden Gesichtspunkten erforderlich. Anders ausgedrückt müssen Zugeständnisse gemacht werden, die jedoch der Problematik immanent sind. Auch die Möglichkeiten der zusätzlichen Nutzbarmachung ökonomischer Erkenntnisse haben sich insoweit als begrenzt erwiesen. Über die systematische Vertiefung von auf eine objektivierte Bewertung gerichteten Überlegungen hinaus erscheint daher eine verstärkte Anknüpfung an der Interaktion zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung lohnenswert, stellen sich die Möglichkeiten der Bewältigung des Wertfindungsproblems allein auf der Maßstabs- und Verfahrensebene doch – wie bereits die im dritten Kapitel vorgenommene Analyse gezeigt hat – als begrenzt dar. Gerade diese Erkenntnis legt zudem die Konsequenz nahe, die auf einen Verzicht auf die Wertfindung gerichteten Überlegungen weiter zu entwickeln. Als sachgerecht erweisen dürfte sich im Hinblick auf eine mögliche Weiterentwicklung der bisherigen Wertfindung somit letztlich die Kombination beider aufgezeigten Vorgehensweisen – Verzicht auf die Wertfindung einerseits und systematische Nutzbarmachung von Alternativen auf Grundlage der oben ausgeführten ganzheitlichen Sicht andererseits.
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5. Zusammenfassung und Ausblick Die Zuweisung von Geldwerten zu Gütern wie auch Dienstleistungen im Besteuerungsverfahren ist in erheblicher Weise problembehaftet, wenn hierbei nicht auf vom Steuerpflichtigen verwirklichte Geldtransaktionen zurückgegriffen werden kann. Ausgehend von der Vermutung, dass ein systematischer Umgang mit der sich bei fehlenden Geldtransaktionen stellenden Wertfindungsproblematik im derzeit geltenden deutschen Steuerrecht nicht verfolgt wird, bestand das Ziel der vorliegenden Untersuchung darin, die derzeitige Ausgestaltung einer umfassenden Analyse zuzuführen und auf dieser Grundlage Ansatzpunkte für die systematische Entwicklung möglicher Alternativen aufzuzeigen. Hierzu war die sich stellende Bewertungsproblematik zunächst zu charakterisieren. Dabei konnten als wesentliche Problembereiche die Subjektivität der Bewertung, die Unsicherheit als Begleiterscheinung von Bewertungen sowie die mit beiden Bereichen eng zusammenhängende steuerrechtsspezifische Konfliktanfälligkeit herausgearbeitet werden. Aufbauend auf der vorgenommenen Problembeschreibung wurde untersucht, welche Ansätze die Ökonomie und gerade die Betriebswirtschaftslehre zur Bewältigung des Wertfindungsproblems zur Verfügung stellen kann. Auf der Grundlage der Problembeschreibung und der gefundenen Lösungsansätze wurde sodann ein Bezugsrahmen für die weitere Analyse entwickelt. Anhand des Bezugsrahmens wurden im Folgenden fünf konkrete Bewertungskontexte ausführlich analysiert, in denen sich das Problem des Fehlens von Geldtransaktionen stellt: Mit dem Teilwert wurde zunächst ein bedeutsamer ertragsteuerlicher Problembereich untersucht, bevor mit der Bewertung nicht notierter Anteile und der Bedarfsbewertung bebauter Grundstücke zwei wichtige Felder des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts Gegenstand der Analyse waren. Sodann wurde der Blick erneut auf die Ertragsteuern gerichtet, wobei die Perspektive jedoch mit der Betrachtung der Verrechnungspreisfindung und der Wegzugsbesteuerung und somit von Problembereichen mit grenzüberschreitenden Bezügen erweitert wurde. In der Folge wurden die Einzelergebnisse gegenübergestellt. Dabei konnte insbesondere die Eignung des abgeleiteten Bezugsrahmens als taugliches Analyse-
326 5. Zusammenfassung und Ausblick }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
instrument herausgestellt werden. Der unternommene Versuch einer Typenbildung zeigte, dass die steuerrechtliche Wertfindung im Hinblick auf die Bewältigung des der Untersuchung zugrunde liegenden Problems des Fehlens von Geldtransaktionen tatsächlich – ungeachtet der Heterogenität der Fragestellungen – bestimmte Grundformen aufweist. Auf der Maßstabs- und Verfahrensebene stellen die transaktionsorientierte und die ertragswertorientierte Bewertung die Hauptvorgehensweisen dar, die jedoch beide in erheblicher Weise problembehaftet sind. Während Erstere bereits im Grundsatz aus theoretischer Sicht fragwürdig erscheint und regelmäßig zu Konflikten zwischen den „Parteien“ führen dürfte, liegt Letzterer zwar ein ökonomisch begründbares Vorgehen zugrunde. Allerdings bestehen auch hier Ermittlungs- und damit einhergehende Objektivierungsprobleme, die regelmäßig nur durch weit reichende Vorgaben unter Aufgabe des Zukunftsbezugs der Bewertung bewältigt werden können. Entsprechend ist die Objektivierung bei der im geltenden Recht umgesetzten ertragswertorientierten im Gegensatz zur transaktionsorientierten Bewertung weitgehend gesichert. Die Betrachtung der Wertfindung aus interaktionsorientierter Sicht ließ ebenfalls zwei Grundtypen bei der Verwendung verschiedener Bewertungsverfahren hervortreten. Neben Hierarchien kommen Optionen mit Widerlegungsmöglichkeiten zur Anwendung. Was die Konfliktbewältigung insgesamt betrifft, finden institutionalisierte Konfliktbewältigungsansätze (Heranziehung qualifizierter Gutachten, APA-Verfahren und Verständigungs- bzw. Schiedsverfahren) nur in zwei der fünf betrachteten Kontexte Berücksichtigung. Im Übrigen zeigte sich, dass die Ausgestaltung der Bewertungsvorgaben erhebliche Inkonsistenzen aufweist, hinter denen letztlich unterschiedliche kontextbezogene Wertungen gesehen werden können. Die Kritik gegenüber der Rechtsprechung hat sich allerdings z.T. als ungerechtfertigt herausgestellt. So hat sich etwa das Stuttgarter Verfahren – ungeachtet der nicht zu bestreitenden betriebswirtschaftlichen Fragwürdigkeit – im Hinblick auf die erbschaft- und schenkungsteuerliche Bewertung nicht notierter Anteile als gesetzeskonformes Verfahren erwiesen.1 Ingesamt bestätigte sich aber die Ausgangsannahme, dass ein systematisches Vorgehen zur Problemlösung bislang nicht verfolgt wird. Der festgestellte Befund leitete zu der Frage über, welche Möglichkeiten einer alternativen Ausgestaltung der Wertfindung bestehen. In diesem Zusammenhang wurde zunächst untersucht, ob eine mögliche Problemlösung darin liegen 1
Vgl. oben Abschnitt 3.2.4.2.
5. Zusammenfassung und Ausblick 327 }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
könnte, bei Fehlen von Geldtransaktionen zunächst auf die Bewertung zu verzichten und diese erst später anhand von tatsächlich erfolgten Geldtransaktionen vorzunehmen. Dabei konnten verschiedene Ansätze aufgezeigt werden, die einen solchen Verzicht ermöglichen. Allerdings zeigte sich auch, dass ein genereller Verzicht auf die Wertfindung bei Fehlen von Geldtransaktionen wohl nicht, und schon gar nicht ohne einschneidende systematische Eingriffe in das derzeit geltende deutsche Steuerrecht, in Frage kommt. Konsequenterweise wurde ein methodisches Vorgehen für die systematische alternative Ausgestaltung bzw. Weiterentwicklung der Wertfindung bei fehlenden Geldtransaktionen skizziert, das auf der Einordnung der steuerrechtlichen Wertfindung als betriebswirtschaftliches Planungsproblem basiert. Dabei wurde zunächst die Notwendigkeit einer – im geltenden Recht bislang vernachlässigten – ganzheitlichen Sicht herausgearbeitet. Hiernach ist das Problem des Fehlens von Geldtransaktionen nicht nur als Bewertungsproblem, sondern vielmehr als Wertfindungsproblem zu begreifen, bei dessen Bewältigung gerade auch der Betrachtung der Wertfindung als Interaktion Rechnung zu tragen ist. Auf der Grundlage dieser ganzheitlichen Sichtweise wurden neben dem Aufzeigen grundsätzlicher Ansatzpunkte Überlegungen im Hinblick auf eine systematische alternative Ausgestaltung bzw. Weiterentwicklung der Wertfindung angestellt und abschließend zueinander in Bezug gesetzt. Inwieweit die Erarbeitung von Alternativen zu einer Verbesserung der Wertfindung führt, lässt sich allerdings nur anhand der zugrunde liegenden Zielsetzungen beantworten. Die Erkenntnis, dass auch unter systematischer Nutzbarmachung von Alternativen die Möglichkeiten einer aus ökonomischer Sicht theoretisch „richtigen“ und objektivierten Wertfindung durch die Wahl entsprechender Bewertungsmaßstäbe und -verfahren begrenzt sind, legt einerseits eine stärkere Berücksichtigung an der interaktionsorientierten Sicht ansetzender Überlegungen und andererseits eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem möglichen Verzicht auf die Wertfindung nahe. Als sachgerecht erweisen dürfte sich im Hinblick auf eine mögliche Weiterentwicklung der bisherigen Wertfindung letztlich die Kombination beider aufgezeigten Vorgehensweisen: Verzicht auf die Wertfindung einerseits und systematische Nutzbarmachung von Alternativen andererseits. Vor diesem Hintergrund ist der Beitrag der vorliegenden Untersuchung neben der grundlegenden Aufarbeitung einschließlich der Analyse einzelner konkreter Bewertungskontexte im Aufzeigen eines systematischen Umgangs mit der
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Wertfindungsproblematik zu sehen. Er erstreckt sich nicht nur auf die Entwicklung des hierfür erforderlichen Ordnungsrahmens, sondern besteht zudem in der Erarbeitung eines über die betrachteten Kontexte hinaus einsetzbaren Vorgehens im Sinne eines Instrumentariums zur Entwicklung möglicher Alternativen, wobei wohlgemerkt auch die bislang noch nicht hinreichend berücksichtigte Möglichkeit eines Verzichts auf die Wertfindung einzubeziehen ist. Die grundlegende Auseinandersetzung mit dem Problem der Wertfindung bei fehlenden Geldtransaktionen hat eine Reihe von Anknüpfungspunkten für zukünftige mögliche Forschungsaktivitäten im Zusammenhang mit der Bewältigung des Wertfindungsproblems eröffnet. Diese betreffen einerseits die vertiefte Auseinandersetzung mit auf einen Verzicht auf die Wertfindung abzielenden Überlegungen. Andererseits erstrecken sie sich auf die konkrete Entwicklung von alternativen Ausgestaltungen. Zu nennen ist zunächst die methodische Unterstützung einer systematischen Weiterentwicklung der Wertfindung auf der Grundlage der Einordnung als betriebswirtschaftliches Planungsproblem. Darüber hinaus ist die Auseinandersetzung mit den zugrunde zu legenden, durch entsprechende Bewertungsverfahren zu ermittelnden Bewertungsmaßstäben und ihrer Operationalisierung (auch im Hinblick auf eine bessere Fundierung verfassungsrechtlicher, insbesondere auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gerichteter Diskussionen), die darauf aufbauende Untersuchung konkreter Bewertungsverfahren bzw. ihrer Wirkungen (einschließlich von Überlegungen zur Zielgenauigkeit) sowie die Entwicklung von weiteren Ansätzen zur Festlegung von Verfahrensschritten hervorzuheben. An den aufgezeigten Aspekten wird im Übrigen deutlich, dass für den Umgang mit der steuerrechtlichen Bewertungsbzw. Wertfindungsproblematik ein solides ökonomisches Fundament unentbehrliche Voraussetzung ist. Wenngleich die konkrete alternative Ausgestaltung der Wertfindung letztlich einer kontextbezogenen Abwägung der jeweiligen Zielsetzungen überlassen bleiben muss, ist abschließend festzuhalten, dass eine Reihe von Lösungsalternativen zum bisherigen Vorgehen aufgezeigt werden konnten, deren weitere Konkretisierung Erfolg versprechend erscheint. Ganz allgemein erscheinen darüber hinaus übergreifende Analysen in vergleichender Form zur Fundierung der Auseinandersetzung mit steuerrechtlichen Einzelproblemen lohnend, da sie geeignet sind, Gemeinsamkeiten aufzuzeigen und damit einhergehend neue Sichtweisen wahrgenommener Probleme zu ermöglichen, die schließlich auch
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in neue Lösungsansätze münden können. Dies verdeutlicht die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung herausgearbeitete ganzheitliche Sicht des Problems des Fehlens von Geldtransaktionen im Sinne eines Wertfindungsproblems.
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374 Verzeichnis der Verwaltungsanweisungen }}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}}
BMF v. 05.10.2006, Merkblatt für bilaterale oder multilaterale Vorabverständigungsverfahren auf der Grundlage der Doppelbesteuerungsabkommen zur Erteilung verbindlicher Vorabzusagen über Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen (sog. „Advance Pricing Agreements“ – APAs), IV B 4 – S 1341 – 38/06, BStBl. I 2006, S. 594-603. Erlasse, Verfügungen FinMin Bayern, Erl. (koordinierter Ländererlaß) v. 07.08.1991, 34 – S 3102 S – 11551, Vermögensteuer. Bekanntmachung der nach § 11 Absatz 1 BewG maßgebenden Kurse, Lex-Inform Dok. Nr. 0105048. FinMin NRW, Erl. v. 20.01.1994, S 2171 – 30 – V B 1, Ermittlung der Teilwerte für den Grundbesitz gemeinnütziger Unternehmen in der Anfangsbilanz nach § 13 Abs. 2, 3 oder 5 KStG, DB 1994, S. 555-556. FinMin Baden-Württemberg, Erl. v. 28.11.1994, S 1300/26, Verrechnungspreisgestaltungen international verbundener Unternehmen – verbindliche Vorwegauskünfte ausländischer Steuerverwaltungen, IStR 1995, S. 34. FinMin Bayern, Erl. v. 20.11.2000, 34 – S 3014 – 33/4 – 37 750, Verkehrswertnachweis nach Bestandskraft des Feststellungsbescheids, DStR 2001, S. 297. OFD München, Erl. v. 24.01.2000, S 0351 – 27 St 538, Änderung von Bescheiden über Bedarfswerte nach eingetretener Rechtskraft, DStR 2000, S. 524. OFD Düsseldorf, Vfg. v. 17.06.2004, S 2742 A – St 13/S 2742 – 88 – St 131 – K, Angemessenheit der Gesamtausstattung eines GesellschafterGeschäftsführers bei Vereinbarung einer Gewinntantieme, DStR 2004, S. 1386-1387. OFD Düsseldorf/OFD Münster, Leitfaden der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Münster zur Bewertung von (Anteilen an) Kapitalgesellschaften für ertragsteuerliche Zwecke“, 3. gründlich überarbeitete Fassung (Stand: September 2002, letzte Anpassung Juni 2005), elektronisch abrufbar im Internet auf der Homepage der OFD Münster unter www.fm.nrw.de/amt/300 [zuletzt abgerufen am 30.06.2007, im Text zitiert als „OFD Düsseldorf/OFD Münster (2002)“.] Oberste Finanzbehörden der Länder, gleich lautende Erlasse zur Umsetzung des Jahressteuergesetzes v. 02.04.2007, BStBl. I 2007. S. 314-368.
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Verzeichnis der Gesetze und Gesetzesmaterialien sowie Verordnungen Gesetz zur Wahrung der steuerlichen Gleichmäßigkeit bei Auslandsbeziehungen und zur Verbesserung der steuerlichen Wettbewerbslage bei Auslandsinvestitionen v. 08.09.1972, BGBl. I 1972, S. 1713-1724. Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Wertermittlungsverordnung – WertV) v. 06.12.1988, BGBl. I 1988, S. 2209-2218. Entwurf eines Gesetzes zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992 – StÄndG 1992), BT-Drs. 12/1108 v. 03.09.1991. Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze (Steueränderungsgesetz 1992 – StÄndG 1992) v. 25.02.1992, BGBl. I 1992, S. 297-358. Gesetz zur Neuregelung der Zinsbesteuerung (Zinsabschlaggesetz) v. 09.11.1992, BGBl. I 1992, S. 1853-1863. Gesetz zu dem Übereinkommen vom 23. Juli 1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen v. 26.08.1993, BStBl. I 1993, S. 818. Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (90/436/EWG), BStBl. I 1993, S. 819-825. Entwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG) 1997, BT-Drs. 13/4839 v. 11.06.1996. Zweiter Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss), BT-Drs. 13/5952 v. 05.11.1996. Jahressteuergesetz (JStG) 1997 v. 20.12.1996, BGBl. I 1996, S. 2049-2081. Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform v. 29.10.1997, BGBl. I 1997, S. 2590-2603. Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz – StVergAbG) v. 16.05.2003, BGBl. I 2003, S. 660-667.
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Verordnung zu Art, Inhalt und Umfang von Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Abs. 3 der Abgabenordnung (Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung – GaufzV) v. 13.11.2003, BGBl. I 2003, S. 2296-2299. Entwurf eines Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG), BR-Drs. 542/06 v. 11.08.2006. Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 (JStG 2007), BT-Drs. 16/2712 v. 25.09.2006. Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge, BR-Drs778/06 v. 03.11.2006. Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) v. 07.12.2006, BGBl. I 2006, S. 2782-2806. Jahressteuergesetz 2007 (JStG 2007) v. 13.12.2006, BGBl. I 2006, S. 2878-2912.