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German Pages 241 Year 2007
Carsten Rahlfs Redefinition der Wertschöpfungskette von Versicherungsunternehmen
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Carsten Rahlfs
Redefinition der Wertschöpfungskette von Versicherungsunternehmen Bewertungsmodell zur Entscheidungsunterstützung bei der Disaggregation der Wertschöpfungskette am Beispiel kleiner und mittlerer Versicherungsunternehmen
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Ulrich Döring
Deutscher Universitäts-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität Lüneburg, 2006
1. Auflage Februar 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Brigitte Siegel / Nicole Schweitzer Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0571-6
Inhaltsverzeichnis
VII
Vorwort
Die deutsche Versicherungswirtschaft war in den vergangenen Jahrzehnten durch kontinuierliches Prämienwachstum und auskömmliche Gewinne geprägt, so dass nur ein geringer Wettbewerb zwischen den einzelnen Akteuren zu erkennen war. Aufgrund vielfältiger Faktoren hat sich diese Situation jedoch in den vergangenen Jahren geändert, so dass insbesondere kleine und mittlere Versicherungsunternehmen einer Reihe von Herausforderungen ausgesetzt sind: zunehmender Wettbewerbsdruck auf allen Wertschöpfungsstufen, erhöhter Druck zur Steigerung des Shareholder Values von Seiten der Anteilseigner sowie die Notwendigkeit zur Profitabilisierung des operativen Geschäfts. Aufgrund der vielfältigen Herausforderungen steht eine Vielzahl von Versicherungsunternehmen vor der Fragestellung, wie und auf welchen Märkten sich das Unternehmen in Zukunft positionieren sollte. In vielen Industriezweigen wurde bereits vor einigen Jahren die vollständig integrierte Struktur der Wertschöpfungskette in Frage gestellt, und durch Outsourcing und Spezialisierungsentscheidungen wurden nachhaltig Wertsteigerungen erzielt. Der Schwerpunkt meiner Arbeit lag auf der Erarbeitung eines theoretisch fundierten Modells zur Unterstützung von Entscheidungen über die Disaggregation der Wertschöpfungskette. Dieses soll die bereits bestehende Literatur zur wertorientierten Unternehmensführung in Versicherungsunternehmen um eine Vertikalanalyse entlang der Wertschöpfungskette ergänzen und Versicherungsunternehmen bei der Neuausrichtung der eigenen Wertschöpfungskette unterstützen. Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als Unternehmensberater bei McKinsey & Company. Ohne vielfältige Unterstützung wäre die Erstellung dieser Arbeit nicht möglich gewesen. An erster Stelle möchte ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Döring für die Unterstützung und kritischen Anregungen danken. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Kreilkamp für die Übernahme des Zweitgutachtens und die gute Zusammenarbeit im Rahmen des Promotionsverfahrens. Der Fellowgruppe im Hamburger Büro von McKinsey & Company, den Herren Dr. Kai Deneke, Dr. Stefan Hundacker, Dr. Thomas Meyer, Dr. Jörn Herrmann, Dr. Alexander Edelmann und Dr. cand. Alexander Wellhöfer, möchte ich für vielfältige
Inhaltsverzeichnis
V
Geleitwort
Unternehmen der Versicherungsbranche sehen sich aus vielfältigen Gründen (Globalisierung, fortschreitende Informationstechnologie, Deregulierung u. a.) einem verschärften Wettbewerb ausgesetzt. Kleinere Versicherungsgesellschaften, die Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind, spüren den zunehmenden Wettbewerbsdruck besonders stark. Von den beiden Ausweichstrategien „Größe“ oder „Nische“, also Kostensenkung durch Massenangebot oder Spezialisierung, bleibt ihnen nur die Nischenpolitik als Ausweg. Aber auch die Möglichkeiten der Nischenpolitik sind weitgehend ausgeschöpft, denn längst haben sich Nischenanbieter auf eine bestimmte Kundengruppe oder auf eine bestimmte Versicherungssparte spezialisiert. Die gängige Einteilung des Versicherungsgeschäfts in Leistungssparten (Lebens-, Kranken-, Sachversicherung usw.) wird als horizontale Differenzierung bezeichnet. Dieser Einteilung kann die vertikale Differenzierung gegenübergestellt werden, wobei der Leistungsprozeß entlang der Wertschöpfungskette in Wertschöpfungsstufen (Vertragsverwaltung, Vertrieb, Schadenabwicklung usw.) eingeteilt wird. Mit der vorgelegten Arbeit verfolgt Carsten Rahlfs das Ziel, mittelständischen Versicherungsunternehmen Handlungsempfehlungen zur Optimierung ihrer Wertschöpfungspolitik zu geben. Die Handlungsempfehlungen, die sich am Unternehmensziel der Steigerung des Shareholder Value orientieren, sind auf der strategischen und der operativen Ebene angesiedelt: In strategischer Hinsicht ist zu prüfen, ob die Beibehaltung einer Wertschöpfungsstufe einen Beitrag zur Steigerung des Shareholder Value leistet. Bei negativem Prüfungsergebnis sollte sich das Versicherungsunternehmen von dieser Wertschöpfungsstufe trennen (Disaggregation). In operativer Hinsicht sind alle verbleibenden Wertschöpfungsstufen durch Ausnutzung von Rationalisierungspotentialen zu einer höheren Profitabilität zu führen. Mit seiner Arbeit unternimmt Carsten Rahlfs den verdienstvollen Versuch, die versicherungswirtschaftliche Literatur zur wertorientierten Unternehmensführung um eine Vertikalanalyse (entlang der Wertschöpfungskette) zu ergänzen und damit eine Forschungslücke zu schließen.
Prof. Dr. Ulrich Döring
VIII
Vorwort
Hinweise und Anregungen sowie die immerwährende moralische Unterstützung während meiner Promotion danken. Schließlich gilt mein besonderer Dank meinen Eltern und meiner Frau Katia, die meine akademische und persönliche Entwicklung entscheidend beeinflusst und mich im Hintergrund immer mit Geduld und vielfältigen Anregungen unterstützt haben.
Carsten Rahlfs
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ................................................................. XIII Abkürzungsverzeichnis.......................................................................................... XV 1
Einleitung ............................................................................................................. 1 1.1
Problemstellung .................................................................................... 1
1.2
Zielsetzung und Skizzierung der Methodik.......................................... 6
1.3
Aufbau der Arbeit................................................................................. 9
1.4
Eingrenzung des Betrachtungsgegenstandes ...................................... 10
1.5 1.5.1 1.5.2
Begriffliche Definitionen.................................................................... 12 Definition des Strategiebegriffs .......................................................... 12 Definition der Begriffe Wertschöpfungskette und Wertschöpfungsstufe .......................................................................... 14 Abgrenzung Outsourcing, Desintegration und Disaggregation .......... 14
1.5.3 2
Konzepte der Unternehmensbewertung als Instrument zur Bewertung von Disaggregationsentscheidungen ................................................................ 17 2.1
Aufbau des Kapitels ........................................................................... 17
2.2
Grundsätzliche Anforderungen an die Bewertung von Strategien ..... 17
2.3
Determinanten der Bestimmung einer geeigneten Bewertungsmethode ........................................................................... 21 Überblick über die Determinanten der Bestimmung einer geeigneten Bewertungsmethode ......................................................... 21 Anlässe der Unternehmensbewertung ................................................ 22 Bewertungszweck und Funktion der Bewertung ................................ 25 Subjekt der Unternehmensbewertung ................................................. 26 Objekt der Unternehmensbewertung .................................................. 28 Wertkonzeptionen im Rahmen der Unternehmensbewertung ............ 32 Klassifizierung von Verfahren der Unternehmensbewertung und Bestimmung einer geeigneten Bewertungsmethode........................... 38
2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.3.5 2.3.6 2.3.7 2.4
Analyse des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes ........................................................................ 41
X
Inhaltsverzeichnis
2.4.1 2.4.2 2.4.3 2.4.3.1 2.4.3.2 2.4.3.3 2.4.3.4 2.4.3.4.1 2.4.3.4.2 2.4.3.4.3 2.4.3.4.4 2.4.3.4.5 2.4.3.4.6 2.4.3.4.7 2.4.3.5 2.4.3.6 2.5 2.5.1 2.5.2 3
Definition und Analyse der Prämissen zur Anwendung des Konzeptes des Zukunftserfolgswertes ................................................ 41 Darstellung des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes ........................................................................ 43 Analyse der Determinanten des Zukunftserfolgswertes ..................... 48 Ermittlung der Investitionsauszahlung bzw. der Kapitalausstattung der zu bewertenden Einheit.................................. 48 Bestimmung des Planungshorizontes ................................................. 53 Prognose der Zahlungsströme bzw. Cash Flows der Periode t........... 57 Bestimmung risikogerechter Kapitalkosten........................................ 63 Grundfragen zur Bestimmung risikogerechter Kapitalkosten ............ 63 Kapitalkostenbestimmung nach den klassischen Kapitalkostenkonzepten ..................................................................... 70 Kapitalkostenbestimmung nach dem CFROI-Ansatz......................... 70 Kapitalkostenbestimmung nach dem CAPM ..................................... 71 Kapitalkostenbestimmung nach der Arbitrage Pricing Theory .......... 78 Kapitalkostenbestimmung nach dem EVA-Ansatz ............................ 79 Pragmatisches Vorgehen zur Bestimmung risikogerechter Kapitalkosten ...................................................................................... 80 Bestimmung des Restwertes der Periode p......................................... 84 Bestimmung des Wertes des nicht betriebsnotwendigen Vermögens.......................................................................................... 87 Zusammenfassende Darstellung der Vorgehensweise ....................... 88 Zusammenfassende Darstellung der Logik zur Bestimmung des Shareholder Values auf Basis des Zukunftserfolgswertes.................. 88 Ableitung von Hypothesen zur Steigerung des Shareholder Values .. 91
Grundlagen des Strategischen Managements................................................. 97 3.1
Überblick über die Ansätze des Strategischen Managements ............ 97
3.2
Darstellung des industrieökonomischen Ansatzes nach Porter ........ 101
3.3
Darstellung des Konzeptes der Kernkompetenzen als Weiterentwicklung des ressourcenorientierten Ansatzes ................. 104
3.4
Transaktionskostentheorie als Konzept zur Unterstützung von Outsourcing-Entscheidungen ........................................................... 107 Traditionelle Ansätze zur Unterstützung von OutsourcingEntscheidungen................................................................................. 107 Einordnung der Transaktionskostentheorie in den Rahmen der Neuen Institutionenökonomik .......................................................... 110 Darstellung der wesentlichen Merkmale der Transaktionskostentheorie ................................................................ 113
3.4.1 3.4.2 3.4.3
Inhaltsverzeichnis
4
Versicherungsunternehmen als Bewertungsobjekt: Historie, aktuelle Situation und Ausblick der deutschen Versicherungswirtschaft................ 119 4.1
Aufbau des Kapitels ......................................................................... 119
4.2 4.2.1
Begriff der Versicherung und des Versicherungsproduktes............. 119 Überblick über die verschiedenen wissenschaftlichen Ansätze zum Versicherungsprodukt.............................................................. 119 Merkmale der Bedarfstheorie ........................................................... 120 Merkmale der Produktionstheorie .................................................... 121 Merkmale des systemtheoretischen Ansatzes................................... 122 Implikationen für die Versicherungswirtschaft ................................ 124
4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.3
5
XI
4.3.1 4.3.2
Historie und aktuelle Situation der deutschen Versicherungswirtschaft ................................................................... 126 Historische Entwicklung des deutschen Versicherungswesens........ 126 Überblick über die aktuelle Marktstruktur........................................ 131
4.4
Ziele von Versicherungsunternehmen .............................................. 133
4.5 4.5.1 4.5.2 4.5.3 4.5.4
Änderungen des Wettbewerbsumfeldes ........................................... 141 Überblick über die Wettbewerbstreiber ............................................ 141 Die horizontalen Wettbewerbskräfte ................................................ 142 Die Betriebsgröße als strategischer Erfolgsfaktor ............................ 148 Die vertikalen Wettbewerbskräfte .................................................... 150
4.6
Zusammenfassende Darstellung der Herausforderungen für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen ............................... 155
Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation der Wertschöpfungskette....................................................................................... 159 5.1
Konzeption des Modells ................................................................... 159
5.2
Kurzbeschreibung des Beispielunternehmens Virtuelle Versicherung VVAG ........................................................................ 160
5.3
Analyse der Ist-Situation des Beispielunternehmens ....................... 161
5.4 5.4.1
Analyse der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens ....... 165 Identifikation gängiger Normwertschöpfungsstufen in der Assekuranz ....................................................................................... 165 Detaillierte Ausgestaltung und Analyse exemplarischer Wertschöpfungsstufen ...................................................................... 171
5.4.2 5.5
Finanzielle Analyse und Bewertung der Wertschöpfungsstufen auf Basis des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes ...................................................................... 175
XII
Inhaltsverzeichnis
5.6
6
Strategische Analyse und Bewertung der Wertschöpfungsstufen auf Basis der Transaktionskostentheorie .......................................... 180
5.7
Ableitung strategischer Optionen ..................................................... 185
5.8 5.8.1 5.8.2 5.8.3
Kritische Würdigung des Modells.................................................... 195 Überblick zur Vorgehensweise bei der kritischen Analyse .............. 195 Darstellung der konzeptionellen Anwendungsprobleme .................. 195 Problembereiche bei der praktischen Anwendung ........................... 200
Schlussbetrachtung: Aktives Management der Wertschöpfungskette als Kernaufgabe kleiner und mittlerer Versicherungsunternehmen ......... 205
Anhang .................................................................................................................... 211 I.
Markenstärke in der Versicherungswirtschaft.................................. 211
II.
Skaleneffekte bei den Verwaltungskosten in der Versicherungswirtschaft ................................................................... 211
III.
Zusammenhang zwischen Planungshorizont und Anteil des Restwertes......................................................................................... 212
IV.
Sensitivität des Kalkulationszinssatzes auf den Wert zukünftiger Zahlungsströme ................................................................................ 212
V.
Laufzeiten von Sachversicherungsverträgen .................................... 212
VI.
Übersicht zum Beispielunternehmen Virtuelle Versicherung VVAG............................................................................................... 213
VII.
Bestimmung der Eigenkapitalausstattung der Wertschöpfungsstufe Risikogeschäft des Beispielunternehmens..... 214
VIII.
Überblick über die erforderliche Kapitalausstattung der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens ........................... 215
IX.
Übersicht über die wertschöpfungsspezifischen Kapitalkosten des Beispielunternehmens ................................................................ 215
XI.
Berechnung der Ergebnisgrößen für das Beispielunternehmen – Analyseszenario................................................................................ 216
XII.
Berechnung der Ergebnisgrößen für das Beispielunternehmen – Reorganisationsszenario ................................................................... 217
XIII.
Exemplarische Gewinn- und Verlustrechnungen der Wertschöpfungsstufen Schadenmanagement und Vertrieb.............. 218
Literaturverzeichnis............................................................................................... 219
Inhaltsverzeichnis
XIII
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Abbildung 2: Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Abbildung 8: Abbildung 9: Abbildung 10: Abbildung 11: Abbildung 12: Abbildung 13: Abbildung 14: Abbildung 15: Abbildung 16: Abbildung 17: Abbildung 18: Abbildung 19: Abbildung 20: Abbildung 21: Abbildung 22: Abbildung 23: Abbildung 24: Abbildung 25: Abbildung 26: Abbildung 27: Abbildung 28:
Aufbau der Arbeit .......................................................................... 10 Phasen der strategischen Planung .................................................. 18 Determinanten zur Bestimmung einer geeigneten Bewertungsmethode....................................................................... 22 Anlässe einer Unternehmensbewertung......................................... 24 Funktionen und Bewertungszwecke .............................................. 26 Bestimmung des Shareholder Values nach der Bruttomethode..... 36 Bestimmung des Shareholder Values nach der Nettomethode...... 37 Klassifizierung von Bewertungsverfahren..................................... 38 Bestimmung des Shareholder Values nach dem investitionstheoretischen Konzept des Zukunftserfolgswertes...... 45 Kapitalbereitstellung und Zahlungsströme .................................... 50 Zusammenhang zwischen Planungshorizont und Anteil des Restwertes am Shareholder Value ................................................. 54 Planungsphasen bei der Prognose der zukünftigen Cash Flows und des Restwertes......................................................................... 56 Cash Flows zwischen Investor, Investitionsobjekt und Umwelt ... 58 Vorgehensweise bei der Prognose zukünftiger Cash Flows.......... 60 Wertpapiermarktlinie des CAPM .................................................. 73 Bestimmung des Restwertes auf Basis Cash Flow-basierter Verfahren ....................................................................................... 87 Logikbaum zur Bestimmung des Shareholder Values................... 89 Hypothesen zur Steigerung des Shareholder Values des Gesamtunternehmens..................................................................... 92 Hypothesen zur Steigerung zukünftiger Cash Flows..................... 94 Perspektiven des strategischen Managements im Überblick ......... 98 Matrix der Wettbewerbsstrategien nach Porter ........................... 102 Ressourcenmatrix: Kategorisierung nach Handelbarkeit und physischer Qualität ...................................................................... 105 Marketingkonzept der Versicherung als interaktiver, kundenorientierter Prozess........................................................... 123 Anzahl und Marktanteile von Versicherungsunternehmen nach Rechtsform im Jahr 2000 in Deutschland ........................... 132 Wirkungskreis der Steigerung des Shareholder Values............... 138 Wettbewerbskräfte in der Versicherungswirtschaft..................... 142 Aufteilung des Gesamtergebnisses eines Versicherungsunternehmens........................................................ 149 Typisierung potentieller Wettbewerber ....................................... 152
XIV
Abbildung 29:
Abbildung 30: Abbildung 31: Abbildung 32: Abbildung 33: Abbildung 34: Abbildung 35: Abbildung 36: Abbildung 37: Abbildung 38: Abbildung 39: Abbildung 40: Abbildung 41: Abbildung 42:
Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3:
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Differenzierungsmerkmale bei der Wahl einer Nischenstrategien: Kundengruppen, Produkte oder Wertschöpfungsstufen ................................................................. 157 Konzeption des Bewertungsmodells............................................ 160 Herausforderungen für die Virtuelle Versicherung VVaG.......... 162 Erforderliche Kernkompetenzen entlang der Wertschöpfungskette ................................................................... 169 Innerbetriebliche Leistungsbeziehungen und Transferzahlungen ....................................................................... 170 Determinanten des Shareholder Values, des Kapitalwerts und des internen Zinsfußes .......................................................... 177 Shareholder Values je Wertschöpfungsstufe im Analyseszenario ........................................................................... 178 Kapitalwert und interner Zinsfuß je Wertschöpfungsstufe im Analyseszenario ........................................................................... 179 Vorgehensweise bei der Transaktionskostenanalyse................... 181 Analyse der Transaktionseigenschaften der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens....................... 183 Portfolio-Matrix der Wertschöpfungsstufen auf Basis finanzieller und transaktionskostentheoretischer Bewertung ...... 186 Strategieoptionen für die einzelnen Portfolio-Segmente ............. 191 Shareholder Values je Wertschöpfungsstufe im Reorganisationsszenario .............................................................. 194 Weiterentwicklung des Produkt-Markt-Denkens hin zu einer drei-dimensionalen Betrachtung des Unternehmens ................... 208
Berechnete Kapitalkosten und Betafaktoren deutscher Versicherungsunternehmen 1978 bis 1998.................................... 77 Beispiel zum pragmatischen Ansatz zur Bestimmung von wertschöpfungsstufenspezifischen Kapitalkosten ......................... 82 Verkürzte Gewinn und Verlustrechnung der Virtuellen Versicherung VVaG .................................................................... 161
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
a.G. APT BBE CAPM CFEK ,CFGK CFROI CFt Cov d.h. DV E (Ri) E (RM) EBIT EK EKM, FKM et al. EU EVA FK GE ggf. GK GUV H i iA iGK in,r INV ir
auf Gegenseitigkeit Arbitrage Pricing Theory Brutto-Beitragseinnahmen Capital Asset Pricing Model direkt den Eigenkapital- bzw. Gesamtkapitalgebern zufließende Cash Flows Cash Flow Return on Investment Cash Flows zum Zeitpunkt t Kovarianz das heißt Datenverarbeitung erwartete Rendite des Wertpapiers i erwartete Rendite des Marktportfolios Earnings before Interests and Taxes Eigenkapital Marktwert des Eigen- bzw. Fremdkapitals et alii (Verfasser) Europäische Union Economic Value Added Fremdkapital Geldeinheiten gegebenenfalls Gesamtkapital Gewinn- und Verlustrechnung Holding Kalkulationszinssatz bzw. Kapitalkosten Kapitalkosten aus Analogiebetrachtung auf das Gesamtkapital bezogene Kapitalkosten normierte, risikobasierte Kapitalkosten Investitionsauszahlung bzw. Kapitalausstattung risikobasierte Kapitalkosten
XV
XVI
IT iu,m KMU Mio. n NBV (H) NBV0 p.a. PIMS Plan-GUV Rf Sp. SV SV (WSSw) UW VAG Var vgl. Vol. VU VVaG WACC WSSw z.B. ȕi ȕM
Abkürzungsverzeichnis
Informationstechnologie unternehmenseinheitliche, marktorientierte Kapitalkosten kleine und mittlere Unternehmen Millionen Anzahl Wertschöpfungsstufen Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens auf Holdingebene Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zum Zeitpunkt t=0 per annum Profit Impact of Market Strategies Plan-Gewinn- und Verlustrechnung Rendite eines risikolosen Wertpapiers Spalte Shareholder Value Shareholder Value der Wertschöpfungsstufe w Unternehmenswert Versicherungsaufsichtsgesetz Varianz vergleiche Volume Versicherungsunternehmen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Weighted Average Cost of Capital Wertschöpfungsstufe w zum Beispiel Risiko des Wertpapiers i Risiko des Marktportfolios
1.1 Problemstellung
1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung Die deutsche Versicherungswirtschaft war in den vergangenen Jahrzehnten durch kontinuierliches Prämienwachstum und auskömmliche Gewinne geprägt, so dass nur ein geringer Wettbewerb zwischen den einzelnen Akteuren zu erkennen war.1 Aufgrund vielfältiger Faktoren hat sich diese Situation jedoch in den vergangenen Jahren geändert, so dass insbesondere kleine und mittlere Versicherungsunternehmen einer Reihe von Herausforderungen ausgesetzt sind:2
zunehmender Wettbewerbsdruck auf allen Wertschöpfungsstufen; erhöhter Druck zur Steigerung des Shareholder Values3; Zwang zur Profitabilisierung des operativen Geschäfts; Vielfach eine problematische Positionierung der kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen in der „unscharfen Mitte“4.
Der zunehmende Wettbewerbsdruck ist vor allem durch drei Entwicklungen gekennzeichnet. Zunächst kann seit einigen Jahren eine weitgehende Sättigung des Marktes beobachtet werden.5 Zudem nimmt der Wettbewerbsdruck auf allen Wertschöpfungsstufen durch fokussierte Spezialisten, z.B. Vertriebsgesellschaften wie die MLP AG, kontinuierlich zu. Auch die Kombination von Banken und Versicherungen, Allfinanz oder Bancassurance genannt6, übt zusätzlichen Druck sowohl auf der 1 2 3 4
5 6
Vgl. Hesse, D./ Schulenburg, J.-M. Graf v.d./ Wittmer, N./ Zietsch, D. (1993), S. XI Für eine detaillierte Analyse der Herausforderungen und Veränderungstreiber in der Versicherungswirtschaft vgl. Kapitel 0 Eine Abgrenzung der Begriffe Shareholder Value und Unternehmenswert wird in Abschnitt 2.3.6 vorgenommen. Farny, D. (1998), S. 13. Als „unscharfe Mitte“ bezeichnet Farny eine mittlere Marktposition, bei der weder eine klar definierte Nischenstrategie noch eine Strategie auf Basis von Größenvorteilen zu erkennen ist. Unternehmen dieser unscharfen Mitte verfügen demnach über eine mittlere Größe, mit marktüblichen Sortimenten und Produkt-gestaltungen, durchschnittlichen Prozessen und unspezifischen Vertriebssystemen; vgl. Farny, D. (1998), S. 13 Vgl. Hesse, D./ Schulenburg, J.-M. Graf v.d./ Wittmer, N./ Zietsch, D. (1993), S. XI sowie detailliert zur historischen Entwicklung des Versicherungsmarktes Abschnitt 4.3 Zur genauen Abgrenzung der Begriffe „Allfinanz“, „Bancassurance“, „Financial Services“ oder „Assurfinance“ vgl. Lehmann, A. (2000), S. 25
2
1 Einleitung
Seite der Marktleistung durch das umfassende Allfinanzangebot aus einer Hand7 als auch auf der Kostenseite durch hohe Skaleneffekte aus.8 Schließlich wurden bereits von einigen Unternehmen umfangreiche Effizienzsteigerungen durch das Outsourcing9 von Aktivitäten erzielt. Beispielsweise kommt eine gemeinsame Studie des Instituts für Versicherungswirtschaft an der Universität St. Gallen und der Unternehmensberatung Accenture zu dem Schluss, dass durch Outsourcing Kosteneinsparungen bis zu 17% und eine Qualitätssteigerung um knapp 20% möglich wären.10 Im Vergleich zur Automobilbranche, wo Eigenerstellungsquoten zwischen 22% und 50% gemessen werden können,11 verzeichnet die Versicherungsbranche weiterhin eine eigene Wertschöpfung von knapp 90%.12 Es bestehen jedoch vielfältige Hinweise darauf, dass eine niedrige Wert-schöpfungstiefe ein unternehmerischer Erfolgsfaktor sein kann13, so dass zunehmend Möglichkeiten des Outsourcings geprüft werden.14 Lehmann führt hierzu an, dass eine „Integration auf der Kundenseite, andererseits aber auch eine Tendenz zur Desintegration auf der Produzentenseite“15 zu beobachten wäre. Haller merkt hierzu sogar an, dass „die Identität von Versicherungen sich derzeit im Umbruch“16 befindet. Ein weiterer Aspekt ist der auf das Management von Versicherungsunternehmen erhöhte Druck zur Steigerung des Shareholder Values. Ein wesentlicher und aufgrund des gestiegenen Kapitalbedarfes der Versicherungsunternehmen zunehmender Treiber ist die Forderung der Kapitalgeber nach einer angemessenen Rendite.17 Auch Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und öffentlich-rechtliche Gesellschaften können sich diesem Renditedruck nicht entziehen, sofern sie auch zukünftig konkurrenzfähig bleiben wollen.18 7 8 9 10 11 12 13 14
15 16 17 18
Vgl. Lehmann, A. (2000), S. 23 f. Vgl. Haller, M. (2000), S. 290 ff. Für eine Definition des Begriffs des Outsourcings vgl. Abschnitt 1.5.3 Vgl. Surminski, M. (2004), S. 8 Vgl. Schneider, D./ Bauer, C./ Hopfmann, L. (1994), S. 25 Vgl. Surminski, M. (2004), S. 8 Vgl. Schneider, D. (1996), S. 894 und die dort angeführte Literatur Beispielsweise können verschiedene Fälle der Auslagerung von IT-Dienstleistungen, aber auch des Risikogeschäfts beobachtet werden. So kommt Schneider in einer empirischen Studie für den IT-Bereich zu dem Schluss, dass 14 von 17 Wertaktivitäten ausgelagert werden könnten; vgl. Schneider, D. (1996), S. 894. Die Verbriefung von Versicherungsrisiken, Securitization genannt, stellt als eine Form des alternativen Risikotransfers ebenfalls eine Auslagerung einer Wertaktivtät dar; vgl. Hartung, T. (2004), S. 401 ff. Lehmann, A. (2000), S. 26. Eine solche Disaggregation der Wertschöpfungskette ist bereits in einer Vielzahl von Branchen zu beobachten; vgl. Picot, A./ Heger, D. (2001), S. 129 ff. Haller, M./ Maas, P. (1997), S. 286 Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 1 Vgl. Wagner, F./ Deppe, S. (2004), S. 570 oder Farny, D. (2000), S. 306
1.1 Problemstellung
3
Zur Erreichung der gesetzten Renditeziele steht zukünftig die Profitabilisierung des operativen Geschäfts im Vordergrund. Während in der Vergangenheit operative Verluste, signalisiert durch eine so genannte Combined Ratio19 von mehr als 100%, durch hohe Erträge der Kapitalanlagen ausgeglichen werden konnten, entfällt aktuell diese Möglichkeit aufgrund der Kapitalmarktkrise der vergangenen Jahre.20 Schließlich kann eine problematische Positionierung der kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen in der unscharfen Mitte beobachtet werden. Nach Farny ist auf dem deutschen Versicherungsmarkt der „überwiegende Versicherertyp mittlerer Größe, mit marktüblichen Sortiments- und Produktgestaltungen, Preisen, Vertriebssystemen und Geschäftsprozesssystemen in einer wenig günstigen Marktposition“21. Die Nachteile aus der unklaren Positionierung werden durch den Preisdruck der großen Versicherer, ermöglicht durch Skalenvorteile, zunehmend verstärkt. Durch die Betriebsgröße entstehen positive Effekte auf die Rentabilität von Versicherungsunternehmen, so dass die „Betriebsgröße als strategischer Erfolgsfaktor“22 zu Wettbewerbsvorteilen für große Versicherungsunternehmen führen kann. Diese umfangreichen Herausforderungen führen insbesondere für die kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen zu den Kernaufgaben
der Steigerung des Shareholder Values, der Schärfung und klaren Positionierung der angebotenen Marktleistung, der Überarbeitung bzw. Redefinition der Wertschöpfungskette23 sowie der Einführung von Systemen zur effizienten Steuerung des Kapital-einsatzes24.
In der betriebswirtschaftlichen Forschung bestehen zwar vereinzelt Ansätze in diesen Richtungen, jedoch existiert für die Versicherungswirtschaft kein integrierter Ansatz,
19 Die Combined Ratio gibt das Verhältnis von Schadenzahlungen zuzüglich der Abschluss- und Verwaltungskosten zu den Prämieneinnahmen wieder. Bei einer Combined Ratio von mehr als 100% muss eine Versicherung also mehr für den Versicherungsbetrieb und die Schadenzahlungen aufwenden, als die Versicherung an Einnahmen hat, so dass ein operativer Verlust entsteht. 20 Vgl. o.V. (2003c), S. 126 oder Metternich, F. (2004), S. 372 21 Farny, D. (1998), S. 13 22 Kaluza, B. (1990), S. 1 23 Vgl. hierzu auch Hennerici, B./ Lang, C./ Meyer, R./ Ostermann, K. (2003), S. 88 ff. Hier wird die Corporate Fitness von Versicherungsunternehmen in den Vordergrund gestellt, welche durch Prozessoptimierung, Umgestaltung der Wertschöpfungskette sowie ein aktives Hinterfragen der aktuellen Systeme, Strategien und Strukturen erreicht werden soll. Insbesondere durch Beschreiten von so genannten Neuen Wegen bei Systemen, Strategien und Strukturen werden die größten Ergebnisverbesserungen für möglich gehalten. 24 Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 1
4
1 Einleitung
der diese Kernaufgaben kombiniert betrachtet. Folgende Problemfelder bzw. Forschungs-lücken können identifiziert werden:
fehlende vertikale Betrachtung von Wertschöpfungsstufen im Rahmen der wertorientierten Steuerung; Make-or-Buy- bzw. Outsourcing-Entscheidungen ohne wertorientierte Komponente; fehlende Integration von finanzieller und strategischer Analyse bei Entscheidungen über die Disaggregation der Wertschöpfungskette.
Bereits eine Vielzahl von Arbeiten hat sich mit dem Thema der wertorientierten Steuerung beschäftigt und hierbei vor allem die Vergleichbarkeit verschiedener Produktgruppen bzw. Sparten betrachtet. In dieser Arbeit soll diese horizontale Analyse um eine vertikale Sicht entlang der Wertschöpfungskette ergänzt werden.25 Es finden sich in der Literatur auch eine Reihe von Artikeln zur Bedeutung des Outsourcings, zu Einsparpotentialen durch Outsourcing in Versicherungsunternehmen26 und auch zur organisatorischen Ausgestaltung von Outsourcing-Projekten27. Es existieren jedoch kaum Ansätze zur Analyse eines Unternehmens mit dem Erkenntnisgewinn, welche Prozesse oder Wertschöpfungsstufen ausgelagert werden könnten. Lediglich klassische Make-or-Buy-Konzepte, bei denen mögliche Kosteneinsparungen im Vordergrund stehen und in der Regel über keine wertorientierte Komponente verfügen, werden in der Literatur zahlreich diskutiert.28 Zur Marktleistung bzw. Positionierung von Versicherungsunternehmen existieren ebenfalls verschiedene Arbeiten.29 Es fehlt somit zum einen die wertorientierte Unterstützung von Outsourcingbzw. Disaggregationsaktivitäten, zum anderen eine integrierte Betrachtung des wertorientierten Managements von Wertschöpfungsstufen, der strategischen Analyse sowie des gezielten Aufbaus und Managements von Kernkompetenzen. Wie bereits erwähnt soll der Fokus dieser Arbeit daher auf der Entwicklung eines integrierten Modells zur Analyse und Steuerung der einzelnen Wertschöpfungs25 Für die horizontale Betrachtung nach Sparten bzw. Produkten vgl. beispielsweise Dotterweich, A. (2004) oder Oletzky, T. (1998). Zur allgemeinen Notwendigkeit der Einführung wertorientierter Steuerungssysteme bei Versicherungsunternehmen vgl. beispielsweise Koch, P./ Seifert, M. (2004), S. 386 26 Vgl. Surminski, M. (2004), S. 8 27 Vgl. beispielsweise o.V. (2004b), S. 8 ff. 28 Vgl. Schneider, D. (1996), S. 895 29 Vgl. beispielsweise Haller, M. (2000), Lehmann, A. (2000) oder Farny, D. (1998)
1.1 Problemstellung
5
stufen sein, mit dessen Hilfe Strategien für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen entwickelt werden können, welche die Steigerung des Shareholder Values durch Disaggregation der Wertschöpfungskette zum Ziel haben. Basierend auf diesem Modell sollen Hypothesen zu potentiellen Strategieoptionen für Versicherungsunternehmen, insbesondere für die einzelnen Wertschöpfungsstufen, untersucht und bewertet werden. Wesentlicher Bestandteil hiervon ist die Bewertung der einzelnen Wertschöpfungsstufen eines Versicherungsunternehmens hinsichtlich ihrer Eignung zur Fokussierung bzw. Disaggregation. Neben den Ansätzen der Unternehmensbewertung bei der finanziellen Bewertung von Disaggregationsentscheidungen soll auf folgende theoretische Konzepte aufgebaut werden:
die industrieökonomischen Ansätze nach Porter zur Analyse der Branchenstruktur30; die Transaktionskostentheorie zur qualitativen und strategischen Bewertung von Disaggregationsentscheidungen31; das Konzept der Kernkompetenzen zur Beurteilung der Strategieoptionen32.
Aufgrund der vielfältigen Herausforderungen steht eine Vielzahl von Versicherungsunternehmen vor der Fragestellung, wie sich das Unternehmen in Zukunft positionieren sollte. Insbesondere die nachhaltige Steigerung des Shareholder Values stellt eine strategische Kernaufgabe für Versicherungsunternehmen dar. In vielen Industriezweigen wurde bereits vor einigen Jahren die vollständig integrierte Struktur der Wertschöpfungs-kette in Frage gestellt, und durch Outsourcing und Spezialisierungsentscheidungen wurden nachhaltig Wertsteigerungen erzielt. Haller sieht eine „Tendenz, wonach sich der Wettbewerb nicht zwischen den Institutionen im gesamten, sondern zwischen den einzelnen Gliedern der Wertschöpfungskette abspielt“.33
30 Vgl. Porter, M. (1999), S. 33 ff. 31 Als Ursprung der Neuen Institutionenökonomik, zu der die Transaktionskostentheorie gezählt wird, kann der Aufsatz „The nature of the firm“ von Ronald Coase angesehen werden; vgl. Coase, R. (1937). Eine wichtige Weiterentwicklung wurde durch Williamson seit den 70er Jahren vorgenommen; vgl. beispielsweise Williamson, O.E. (1975). Für einen aktuellen Überblick über die Neue Institutionenökonomik vgl. Göbel, E. (2002) 32 Zum Konzept der Kernkompetenzen vgl. Hamel, G./ Prahalad, C. (1990) oder Hamel, G./ Prahalad, C. (1995) 33 Haller, M. (2000), S. 292
6
1 Einleitung
1.2 Zielsetzung und Skizzierung der Methodik In diesem Abschnitt sollen die Ziele, die Instrumente und die Methodik der Vorgehensweise beschrieben werden. Es soll zwischen den Zielen der Arbeit sowie dem Ziel des Endproduktes differenziert werden. Als Ziel dieser Arbeit soll ein Modell zur Unterstützung von Entscheidungen über die Disaggregation der Wertschöpfungskette definiert werden. Zudem sollen für ein Beispielunternehmen konkrete Handlungsempfehlungen zur Stärkung der Wettbewerbsposition und zur Steigerung des Shareholder Values formuliert werden. Wie bereits im vorherigen Abschnitt dargelegt wurde, sind bislang nur wenige Arbeiten in diesem Bereich entstanden, obwohl die Tragweite von Entscheidungen über die Wertschöpfungskette sehr hoch ist. „Entscheidungen über den Integrationsgrad sind zumindest kurz- bis mittelfristig kaum revidierbar und haben unmittelbare Folgen für den Erfolg des Unternehmens. Mit Nachdruck wird daher deutlich, dass die methodische Kompetenz auf dem MobSektor34zum Engpass für das erfolgreiche Re-Design der Wertkette wird.“35 Es ergeben sich hieraus folgende Kernfragen der Arbeit:
Welches sind die relevanten Wertschöpfungsstufen bei Versicherungsunternehmen, wie können diese abgegrenzt werden, und welches sind die kritischen Erfolgsfaktoren? Wie kann die Bewertung von Disaggregationsentscheidungen erfolgen, bzw. wie kann die Steigerung des Shareholder Values gemessen werden? Welche Strategien könnten für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen Erfolg versprechend sein, und in welchen Wertschöpfungsstufen können langfristig Kernkompetenzen aufgebaut werden?
Im Rahmen dieser Arbeit sollen Lösungsansätze für diese Kernfragen erarbeitet werden, wobei die Entwicklung eines Modells zur Bewertung von Disaggregationsentscheidungen im Mittelpunkt stehen soll. Das zuvor definierte Endprodukt, das Bewertungsmodell, besitzt das klare Ziel der Maximierung des Shareholder Values des betrachteten Unternehmens.36 Das hier entwickelte Modell baut maßgeblich auf Daten des internen Rechnungswesens
34 Make-or-Buy-Sektor, Anmerkung des Verfassers 35 Schneider, D./ Baur, C./ Hopfmann, L. (1994), S. 92 36 Zur Relevanz des Ziels der Unternehmenswertsteigerung für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen vgl. Abschnitt 4.4
1.2 Zielsetzung und Skizzierung der Methodik
7
auf, welche beispielsweise im Rahmen der Bestimmung eines adäquaten Kalulationszinssatzes um externe Marktdaten ergänzt werden müssen. Als Instrumente zur Entwicklung eines integrierten Modells dienen die Investitionstheorie, insbesondere das Konzept des Zukunftserfolgswertes37, die Ansätze des strategischen Managements sowie die Transaktionskostentheorie. Der Auswahl einer geeigneten Forschungsstrategie soll eine wissenschaftstheoretische Einordnung der Untersuchung vorangehen. Üblicherweise wird zwischen einem theoretischen und einem praxeologischen Wissenschaftsziel unterschieden.38 Bei einem theoretischen Wissenschaftsziel steht mit dem Ziel des Erkenntnisgewinns die Erklärung von Phänomenen im Vordergrund. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen dann in Theorien formuliert werden, die „ein System von logisch widerspruchsfreien Aussagen (Sätzen, Hypothesen) über den jeweiligen Untersuchungsgegenstand mit den zugehörigen Definitionen“39 repräsentieren. Es soll nicht ein konkreter Fall beleuchtet werden, sondern generelle Aussagen bzw. Tendenzen festgehalten werden.40 Im Rahmen einer praxeologisch ausgerichteten Arbeit wird nicht primär das Ziel der Erkenntnisgewinnung verfolgt. Es geht in erster Linie um die Ableitung von Gestaltungsmöglichkeiten und -empfehlungen für die Unternehmenspraxis.41 Praxeologisch gewonnene Aussagen sollen der Optimierung des Zielerreichungsgrades von betrieblichen Handlungen dienen, und es soll ein konkretes Ziel-Mittel-Denken einbezogen werden.42 Somit ergibt sich der Nutzen für die Managementpraxis als Maßstab für den Wert einer Arbeit.43 Dennoch können auch praxeologisch ausgerichtete Arbeiten wichtige Ansatzpunkte für theoretische Arbeiten insofern liefern, als dass sie den zukünftig erforderlichen Forschungsbedarf beleuchten und ihrerseits die Grundlage für eine weitere kritische, wissenschaftliche Auseinandersetzung darstellen können. In der Betriebswirtschaftslehre finden sich praxeologische Arbeiten vor allem im angloamerikanischen Raum44, jedoch existiert auch im deutschsprachigen
37 Dieser Begriff geht auf Busse von Colbe „Der Zukunftserfolg“ zurück; vgl. Busse von Colbe, W. (1957) 38 Vgl. Kieser, A./ Kubicek, H. (1992), S. 56 oder Chmielewicz, K. (1994), S. 17 ff. 39 Kromrey, H. (2002), S. 48 40 Allgemein zum theoretischen Wissenschaftsziel vgl. beispielsweise Schanz, G. (1988), S. 7 ff. 41 Vgl. Kieser, A./ Kubicek, H. (1992), S. 56 42 Vgl. Chmielewicz, K. (1994), S. 169 43 Vgl. Hamel, G./ Prahalad, C. (1995), S. 9 44 Vgl. beispielsweise Hamel, G./ Prahalad, C. (1995)
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1 Einleitung
Raum eine Reihe von Veröffentlichungen, beispielsweise der entscheidungsorientierte Ansatz nach Heinen oder der konstruktivistische Ansatz nach Steinmann.45 Da als Ziel dieser Arbeit die Entwicklung eines Modells zur Bewertung und Ableitung von Entscheidungen über die Disaggregation der Wertschöpfungskette definiert wurde und konkrete Handlungsempfehlungen für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen abgeleitet werden sollen, steht im Rahmen der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre ein praxeologisches Forschungsziel im Vordergrund. Eine der wesentlichen Problemstellungen im Rahmen der strategischen Planung wie auch bei der Bewertung eines Unternehmens bzw. von Unternehmensteilen liegt in der Komplexität der strategie- bzw. bewertungsrelevanten Merkmale. Daher erfolgt in der Betriebswirtschaftslehre in der Regel eine Reduktion der realen Welt durch Modellbildung.46 Im Rahmen einer solchen Modellbildung wird versucht, durch Transformation eines realen Objektes in ein entsprechendes Modell Erkenntnisse über die komplexe Realität zu gewinnen. Dabei sind jedoch bestimmte Anforderungen an ein Modell zu berücksichtigen.47 Grundsätzlich werden drei Grundtypen von Modellen unterschieden: Beschreibungsmodelle, Erklärungsmodelle und Entscheidungsmodelle.48 Während Beschreibungsmodelle reale Erscheinungen abbilden, ohne diese zu erklären oder zu analysieren, sollen mit Erklärungsmodellen Aussagen über betriebswirtschaftliche Zusammenhänge getroffen und mögliche Gesetzmäßigkeiten formuliert werden. Entscheidungsmodelle hingegen sollen auf Basis theoretischer Erkenntnisse die Bestimmung optimaler Handlungsmöglichkeiten unterstützen. Es wird deutlich, dass das hier zu erarbeitende Modell den Charakter eines Entscheidungsmodells besitzen soll und damit auch das praxeologische Forschungsziel unterstützt. Eine Herausforderung dieser Arbeit wird die Verknüpfung verschiedener Modelle, beispielsweise Ansätze aus der Finanzierungs- oder Investitionstheorie, mit unterschiedlichen Prämissen in einem integrierten Modell sein.49
45 Vgl. hierzu ausführlich Nienhüser, W. (1989), S. 20 ff. 46 Vgl. Helten, E. (1991), S. 137 f. 47 Einerseits soll ein solches Modell ein zweckorientiertes, vereinfachtes Bild der Realität repräsentieren, andererseits muss die Ähnlichkeit zwischen Modell und Realität gewahrt werden; vgl. Bamberg, G./ Coenenberg, A. (2004), S. 13 48 Teilweise werden auch vier Grundtypen definiert, wenn die Prognosemodelle als eigenständiger Typ definiert werden; vgl. beispielsweise Helten, E. (1986), S. 6. 49 Vgl. für die Prämissen des Konzeptes des Zukunftserfolgswertes Abschnitt 2.4.1 und für die Transaktionskostentheorie Abschnitt 3.4.
1.3 Aufbau der Arbeit
9
Die zu erarbeitenden Erkenntnisse sollen primär durch Desk Research betriebswirtschaftlicher Literatur gewonnen werden, um dann im Anschluss im Rahmen eines Beispielfalls illustriert und kritisch beleuchtet zu werden. Die Anwendung von Fallstudien wird in der Literatur durchaus ambivalent betrachtet.50 Fallstudien beziehen sich auf eine detaillierte Betrachtung einzelner Fälle als Untersuchungseinheiten. Fälle in diesem Zusammenhang können beispielsweise Personen, Gruppen von Personen, Firmen oder auch Branchen sein.51 Die Analyse von Fallstudien verfolgt insbesondere das Ziel, ein ganzheitliches und nur so auch wirklichkeitsgetreues Bild der realen, sozialen Untersuchungsobjekte zu zeichnen.52 Aufgrund der umfangreichen Arbeit, der nur mangelhaften Verifizierung53 durch eine Fallstudie sowie der Vertraulichkeit der gewonnenen Daten54 wurde auf die Durchführung einer Fallstudie verzichtet.
1.3 Aufbau der Arbeit Die Arbeit unterteilt sich in sechs Kapitel, welche in Abbildung 1 dargestellt werden. Im Grundlagenteil der Arbeit, den Kapiteln 2 und 3, sollen wesentliche theoretische Grundlagen wie das investitionstheoretische Konzept des Zukunftserfolgswertes, der Shareholder Value-Ansatz, die Transaktionskostentheorie sowie die Theorie der Kernkompetenzen dargestellt werden. Hierbei dienen das Konzept des Zukunftserfolgswertes und der Shareholder Value-Ansatz als theoretische Grundlage für die finanzielle Bewertung und die Transaktionskostentheorie sowie die Theorie der Kernkompetenzen als Grundlage der strategischen Bewertung bei der Entscheidung über die Disaggregation der Wertschöpfungskette. Die strategische Bewertung soll hierbei der Kontrolle der finanziellen bzw. quantitativen Bewertung dienen, um die Entscheidungsqualität zu steigern. Die Theorie der Kernkompetenzen soll zudem auch bei der Ausgestaltung der Strategien der einzelnen Wertschöpfungsstufen als Unterstützung dienen. 50 Vgl. z.B. die den Stand der Literatur zusammenfassenden Ausführungen bei Kittel-Wegner, E./ Meyer, J.-A. (2002), S. 13 und Stake, R. (1994), S. 237. Zur Kritik an Fallstudien als Methode vgl. Kittel-Wegner, E./ Meyer, J.-A. (2002), S. 24 f. 51 Vgl. Royer, S. (2000), S. 156 52 Vgl. Kittel-Wegner, E./ Meyer, J.-A. (2002), S. 13 53 Nach Popper ist eine umfassende Verifizierung von Hypothesen nicht möglich, da sämtliche Zusammenhänge überprüft werden müssen. Daher wird postuliert, dass eine logisch hergeleitete Hypothese solange als richtig gilt, bis diese widerlegt wird; vgl. Popper, K. (1994), S. 7 f. 54 Vgl. Peschke, M. (1997), S. 15
10
1 Einleitung
In Kapitel 4 stellt ein Überblick über die aktuelle Situation und mögliche Entwicklungen in der Versicherungsbranche die wesentlichen Veränderungstreiber dar, welche zu einer Disaggregation der Wertschöpfungskette führen könnten. Hierbei wird deutlich, dass insbesondere kleine und mittlere Versicherungsunternehmen das bestehende Geschäftskonzept sowie die eigene Wertschöpfungstiefe überdenken sollten. Das entwickelte Modell soll in Kapitel 5 exemplarisch auf ein virtuelles Beispielunternehmen angewendet werden, um daraus konkrete Handlungsempfehlungen für dieses Unternehmen abzuleiten. Einleitung, Problemstellung und Methodik (Kapitel 1)
Konzepte der Unternehmensbewertung (Kapitel 2)
Grundlagen des strategischen Managements (Kapitel 3)
Situation und Ausblick der Versicherungswirtschaft (Kapitel 4)
Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation von Wertschöpfungsketten (Kapitel 5)
Schlussbetrachtung (Kapitel 6)
Abbildung 1:
Aufbau der Arbeit55
1.4 Eingrenzung des Betrachtungsgegenstandes Zur Eingrenzung der Betrachtung soll sich die Arbeit auf den deutschen Versicherungsmarkt fokussieren. Zudem soll das Konzept speziell für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen mit einem Schwerpunkt im Sachversicherungsgeschäft entwickelt werden. Sachversicherungen eignen sich aufgrund der vielfältigeren 55 Eigene Darstellung
1.4 Eingrenzung des Betrachtungsgegenstandes
11
Wertschöpfungskette sowie der einfacheren Periodenabgrenzung für die Betrachtung von Disaggregationsentscheidungen besser als Kranken- oder Lebensversicherungen.56 Für das Beispielunternehmen, welches das Modell in Kapitel 0 illustrieren soll, wurden entsprechend Daten eines kleinen bzw. mittleren Versicherungsunternehmens gewählt.57 Problematisch erscheint die Definition von Versicherungsunternehmen als mittelständische Unternehmen. Farny sieht grundsätzlich die große Zahl von Versicherungsunternehmen kleiner und mittlerer Größe als klassische Vertreter des Mittelstandes58, jedoch steht dies im Widerspruch zur Mittelstandsdefinition der EU59 und der Definition nach dem Institut für Mittelstandsforschung in Bonn60. Auch wenn die Mehrzahl der quantitativen Merkmale und auch beispielsweise die besondere Stellung des Unternehmers auf die meisten Versicherungsunternehmen nicht zutrifft, soll in dieser Arbeit von kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen gesprochen werden, da diese aufgrund ihrer Wettbewerbsposition am Beschaffungsund Absatzmarkt oder der Bedrohung durch große Konzerne ähnlichen Herausforderungen gegenüber gestellt sind, wie die kleinen und mittleren Unternehmen in anderen Branchen. Im Jahr 2003 waren 677 Versicherungsunternehmen in Deutschland
56 Zudem müssen auch keine spezifischen Konzepte der Lebensversicherung, wie beispielsweise der Embedded Value, betrachtet werden, was die Fokussierung der Arbeit auf die Entwicklung des Modells zur Unterstützung von Entscheidungen über die Disaggregation der Wertschöpfungskette erleichtert. 57 Vgl. hierzu Abschnitt 5.2 58 Vgl. Farny, D. (1998), S. 13 59 Am 3.4.1996 wurde von der Kommission der Europäischen Union eine Empfehlung zur Definition von kleinen und mittleren Unternehmen verabschiedet: Jahresumsatz < 80 Mio. DM oder Bilanzsumme 1
Beta
Wertpapiermarktlinie des CAPM324
Mit dem CAPM wird in erster Linie versucht, das Zustandekommen von Renditen am Kapitalmarkt auf Basis des Risikos der einzelnen Wertpapiere zu erklären. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist, dass nicht das gesamte Risiko des Wertpapiers bei der Ermittlung betrachtet wird, sondern lediglich sein Beitrag zum Risiko des Marktportfolios. Dieses Risiko wird als das systematische Risiko bezeichnet. Daneben existiert jedoch auch das unternehmensspezifische Risiko, das so genannte unsystematische Risiko, welches jedoch durch Diversifikation in einem Portfolio vollständig vermieden werden kann. Entsprechend des CAPM wird einem Investor daher nur das systematische Risiko durch eine Risikoprämie auf den risikolosen Zins vergütet.325
324 Eigene Darstellung in Anlehnung an Copeland, T./ Koller, T./ Murrin, J. (2000), S. 215 325 Vgl. hierzu auch das Wertpapier i in Abbildung 15, dessen Risiko ȕi größer als das Marktrisiko ȕM ist, so dass die erwartete Rendite des Wertpapiers ebenfalls größer ist als die erwartete Rendite des Marktportfolios.
74
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
Diese so bestimmte, erwartete Rendite des Wertpapiers ist mit der Rendite gleichzusetzen, die als Ertrag von den Eigenkapitalgebern gefordert wird, und kann daher als Kostensatz für das Eigenkapital des Unternehmens verwendet werden.326 Die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Rendite eines Wertpapiers sind somit
der risikolose Zins, der Betafaktor des Unternehmens sowie die Marktrisikoprämie.
Lediglich die Rendite eines risikolosen Wertpapiers lässt sich zukunftsbezogen anhand einer aktuellen Zinsstrukturkurve ermitteln. Zur Bestimmung des Betafaktors und der Marktrisikoprämie müssen historische Daten herangezogen werden.327 Der risikolose Zins besitzt die Aufgabe, die bei alternativer Anlage in risikolose Wertpapiere erzielbare Rendite abzubilden. Theoretisch sollte ein risikoloses Wertpapier weder ein Ausfallrisiko haben, noch dürfte dieses mit der Rendite der übrigen Wertpapiere korreliert sein. Diese Anforderungen, insbesondere der Ausschluss von Ausfallrisiken, erscheinen in der Praxis realitätsfern. Als Annäherung an diese Anforderungen werden daher langfristige Staatsanleihen, welche als quasisicher angesehen werden, verwendet.328 Die Bestimmung der Marktrisikoprämie erscheint dagegen problematischer. Zunächst besteht die Frage, wie das entsprechende Marktportfolio definiert werden muss. Theoretisch umfasst es sämtliche Investitionsmöglichkeiten, die am Markt existieren. Aus Pragmatismus wird daher das Marktportfolio durch ein breit diversifiziertes Aktienportfolio oder durch einen Marktindex ersetzt.329 Die Marktrisikoprämie lässt sich dann vereinfachend als die Differenz zwischen der langfristigen Durchschnittsrendite dieses Aktienportfolios sowie der langfristigen Durchschnittsrendite von Staatsanleihen, also dem so definierten risikolosen Zins, bestimmen. Empirische Studien ermitteln für den deutschen Markt Werte zwischen 3,2% und 326 Vgl. Ehrhardt, M. (1994), S. 51 327 Vgl. Copeland, T./ Weston, J. (1988), S. 212 f. 328 Dabei sollte die Laufzeit der Anleihen mit der Lebensdauer des Unternehmens oder zumindest mit dem gewählten Prognosehorizont der Cash Flows übereinstimmen; vgl. Ballwieser, W./ Leuthier, R. (1986), S. 608. Auch die Verwendung von zwei verschiedenen Kalkulationszinssätzen für den Prognosehorizont sowie den Restwert wäre sinnvoll und vorstellbar, aufgrund der zusätzlichen und sicherlich bedeutenderen Differenzierung nach Geschäftsbereichen bzw. Wertschöpfungsstufen würde dies jedoch zu einer Zunahme der Komplexität führen. Weiterführend zur Problematik der Laufzeitäquivalenz sowie allgemein zur Bestimmung des risikolosen Zins vgl. Drukarczyk, J. (2003), S. 352 ff. 329 Vgl. Nowak, K. (2003), S. 72
2.4 Analyse des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes
75
7,3%.330 Aufgrund der hohen Volatilität der historischen Aktienrenditen hängt die Höhe der Marktrisikoprämie maßgeblich von dem gewählten Betrachtungszeitraum ab, so dass dieser möglichst lang definiert werden sollte.331 Wie zuvor bereits ausgeführt, soll der Betafaktor das systematische Risiko eines Wertpapiers abbilden. Es umfasst sowohl finanzielle, maßgeblich durch den Verschuldungsgrad des Unternehmens determiniert, als auch leistungswirtschaftliche Risiken. Die Ermittlung des Betafaktors erfolgt in der Praxis bei börsennotierten Unternehmen mit Hilfe der Regressionsanalyse, bei der die historischen Kursschwankungen des zu bewertenden Unternehmens ins Verhältnis zu einem marktbreiten Index gesetzt werden.332 Eine Voraussetzung für dieses Vorgehen ist das Vorliegen von historischen Daten zur Rendite bzw. den Marktpreisen des Wertpapiers. Dafür muss das betrachtete Unternehmen in der Regel börsennotiert sein, und es müssen ausreichende Umsätze zur Ermittlung eines Marktpreises vorgelegen haben.333 Bei nicht börsennotierten Unternehmen bzw. auf der Ebene von Wertschöpfungsstufen kann ein historisches Beta nicht abgeleitet werden. Alternative Ansätze zur Bestimmung eines Betas wären die analytischen Ansätze oder die Analogieansätze.334 Bei den analytischen Ansätzen wird versucht, einen funktionalen Zusammenhang zwischen dem Betafaktor und anderen Kenngrößen des Unternehmens herzustellen. Neben der Anwendung für nicht börsennotierte Unternehmen können die
330 Für eine Übersicht der empirischen Untersuchungen vgl. Hartung, T. (2000), S. 217 sowie die dort angeführte Literatur zu den durchgeführten Studien von Bimberg, Stehle/ Hartmond, Conen/ Väth sowie Stehle. 331 Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 136 332 Vgl. Bufka, J./ Schiereck, D./ Zinn, K. (1999), S. 117 333 In der Literatur wird ein Betrachtungszeitraum von ca. fünf Jahren als erforderlich angesehen; vgl. Freygang, W. (1993), S. 220. Zudem erfordert die Ableitung eines zukunftsbezogenen Kalkulationszinssatzes auf Basis historischer Betafaktoren die Annahme der Stabilität des Betafaktors. 334 Ein weiterer Ansatz besteht in der Ableitung von Betafaktoren aus buchhalterischen Daten. Dieser Ansatz wurde vor allem zur Bestimmung spartenspezifischer Betafaktoren für einzelne Unternehmensbereiche entwickelt und basiert auf der Annahme, dass der Betafaktor eines Unternehmens vor allem von den aggregierten Gewinnen der operativen Unternehmenssparten abhängig ist. Mittels buchhalterischer Daten werden für das eigene Unternehmen als auch für Vergleichsunternehmen so genannte Spartenrenditen berechnet, auf deren Basis spartenbezogene Betafaktoren bestimmt werden können. Als Marktrendite wird dann eine gewichtete Spartenrendite der betrachteten Unternehmen verwendet. Zur konkreten Vorgehensweise vgl. Serfling, K./ Pape, U. (1994), S. 520 ff. Problematisch jedoch sind die Datenlage bezüglich der Ableitung der Spartenrendite anderer Unternehmen, die Verwendung von buchhalterischen Daten, obwohl sonst nur zahlungsstromorientierte Daten verwendet werden, sowie die Verfügbarkeit historischer Gewinnund Renditedaten, so dass eine Anwendung im Rahmen dieser Arbeit nicht sinnvoll erscheint.
76
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
analytischen Ansätze auch für die Schätzung zukünftiger Kapitalkosten börsennotierter Unternehmen verwendet werden.335 Die Grundannahme bei den Analogieansätzen ist die Vergleichbarkeit von Renditerisiko und Eigenkapitalkosten bei Unternehmen mit gleichem Tätigkeitsgebiet. Zur Bestimmung der Kapitalkosten für nicht börsennotierte Unternehmen oder z.B. für Wertschöpfungsstufen werden dann vergleichbare, börsennotierte Unternehmen herangezogen. In der Literatur finden sich drei unterschiedliche Arten von Vergleichsgruppen: Bei einer hohen Zahl von Vergleichsunternehmen spricht man von einem „Industry-Beta“, bei wenigen von „Peer-Group-Betas“, und für den Fall, dass nur ein Unternehmen herangezogen wird, spricht man vom „Pure-Play-Beta“. In der Praxis finden die Analogieansätze vor allem bei der Ermittlung von Kapitalkosten für Unternehmensbereiche Anwendung.336 Für die konkrete Anwendung im Rahmen dieser Arbeit, d.h. für einzelne Wertschöpfungsstufen von Versicherungsunternehmen, lassen sich beispielsweise für das Risikogeschäft aus der Verbriefung von Versicherungsrisiken337 oder auch für den Vertrieb von börsennotierten Vertriebsgesellschaften338 Betafaktoren und somit Kapitalkosten ableiten. Insgesamt wird das CAPM in der Literatur kritisch gesehen. Neben den Problemen bei der Anwendung auf nicht börsennotierte Unternehmen sowie auf einzelne Geschäftsbereiche werden vor allem die teilweise realitätsfernen Annahmen, beispielsweise die Existenz des risikolosen Wertpapiers oder die Annahme homogener Erwartungen bezüglich zukünftiger Renditen, kritisiert.339 Von den Befürwortern des CAPM wird entgegengehalten, dass die Anwendung des CAPM solange sinnvoll ist,
335 Grundsätzlich können die analytischen Ansätze datenanalytisch oder theoretisch fundiert sein. Bei den theoretisch fundierten Ansätzen kann der Zusammenhang zwischen der gesuchten Ergebnisvariable sowie den Erklärungsvariablen in einem theoretischen Modell erläutert werden. Bei den datenanalytisch basierten Ansätzen wird auf eine theoretische Begründung verzichtet, und im Rahmen der Analyse werden die statistisch signifikanten Zusammenhänge identifiziert; vgl. Freygang, W. (1993), S. 276 ff. Hachmeister hingegen hält dieses Vorgehen aufgrund der fehlenden theoretischen Fundierung der Zusammenhänge für fragwürdig; vgl. Hachmeister, D. (2000), S. 223 ff. Als Erklärungsvariablen können sowohl buchhalterische als auch fundamentale Unternehmensdaten verwendet werden; vgl. Freygang, W. (1993), S. 281 336 Bei Oletzky sollen beispielsweise die Kapitalkosten für den Dienstleistungsbereich eines Versicherungsunternehmens aus den Daten externer Anbieter abgeleitet werden; vgl. Oletzky, T. (1998), S. 207 337 Vgl. Hartung, T. (2004), S. 401 ff. 338 Beispielsweise ließen sich die Betafaktoren der börsennotierten Gesellschaften MLP AG oder AWD AG hierfür verwenden. 339 Vgl. Copeland, T./ Weston, J. (1988), S. 205 ff. Für weitere Kritikpunkte vgl. Ballwieser, W. (2001), S. 23 oder Hachmeister, D. (2000), S. 171 ff.
2.4 Analyse des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes
77
bis das Modell empirisch eindeutig widerlegt wurde oder eine geeignete Alternative zur Bestimmung von Kapitalkosten vorliegt.340
Kapitalkosten in % Jahr 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 Durchnschnitt 78-89 90-98 Max Min
SchadenVersicherung 6,41% 7,17% 11,95% 12,51% 13,99% 9,70% 10,28% 10,68% 10,66% 11,08% 9,54% 11,48% 14,19% 14,78% 14,85% 13,96% 10,93% 10,05% 8,39% 7,92% 8,81% 10,92% 10,45% 11,54% 14,85% 6,41%
LebensVersicherung 5,51% 6,09% 11,56% 11,93% 14,17% 10,07% 10,07% 9,16% 7,87% 8,48% 7,83% 9,98% 12,92% 14,44% 15,14% 14,32% 11,40% 10,88% 9,29% 8,28% 7,81% 10,34% 9,39% 11,61% 15,14% 5,51%
Betafaktor SchadenVersicherung 0,83 0,83 0,74 0,75 0,78 0,84 0,97 1,14 1,30 1,37 1,36 1,36 1,31 1,23 1,18 1,17 1,12 1,08 1,03 1,06 1,16 1,08 1,02 1,15 1,37 0,74
LebensVersicherung 0,63 0,59 0,65 0,62 0,82 0,92 0,92 0,80 0,68 0,79 0,98 1,02 1,02 1,15 1,24 1,25 1,23 1,26 1,23 1,15 0,93 0,95 0,79 1,16 1,26 0,59
Tabelle 1: Berechnete Kapitalkosten und Betafaktoren deutscher Versicherungsunternehmen 1978 bis 1998341 Bei Kielholz finden sich mit dem CAPM bestimmte durchschnittliche Eigenkapitalkosten für deutsche Versicherungsunternehmen für die Jahre 1978 bis 1998.342 Wie in Tabelle 1 zu erkennen ist, schwanken die ermittelten Eigenkapitalkosten deutlich zwischen 5,51% und 15,14%. Auch eine eindeutige Aussage im Vergleich von Le340 Vgl. beispielsweise Bühner, R. (1994), S. 27 341 Eigene Darstellung; für die Daten vgl. Kielholz, W. (2000), S. 11 und 13 342 Vgl. Kielholz, W. (2000), S. 11
78
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
bens- und Schaden-Versicherungen ist nicht zu erkennen.343 Insbesondere die hohe Schwankungsbreite von ca. zehn Prozentpunkten stellt die Praxistauglichkeit des CAPM bei Versicherungsunternehmen in Frage. Im Rahmen der Steuerung eines Unternehmens und in Bezug auf komplexe Fragestellungen zur Disaggregation von Wertschöpfungsstufen erscheint es nicht sinnvoll, jährlich deutlich abweichende Kalkulationszinssätze zu verwenden und möglicherweise zu jeweils anderen Erkenntnissen zu kommen.344
2.4.3.4.5
Kapitalkostenbestimmung nach der Arbitrage Pricing Theory
Eine Alternative zur Anwendung des CAPM stellt die Arbitrage Pricing Theory (APT) dar.345 Im Gegensatz zum CAPM handelt es sich bei der APT um ein Multifaktorenmodell, bei dem die Rendite eines einzelnen Wertpapiers aus einer Vielzahl von Faktoren berechnet wird. Die Rendite des Wertpapiers berechnet sich als Summe aus dem risikolosen Zinssatz und n Risikozuschlägen, die sich aus der wertpapierspezifischen Sensitivität bij für diesen Faktor sowie der für alle Wertpapiere identischen Risikoprämie für den jeweiligen Faktor ergibt. In der Literatur wird die APT daher teilweise auch als Verallgemeinerung des CAPM bzw. das CAPM als Sonderfall der APT mit nur einem Faktor angesehen.346 Ein wesentlicher Vorteil der APT liegt darin, dass sie mit schwächeren Annahmen auskommt und daher als robuster als das CAPM gilt. Jedoch wird die APT in der Praxis bislang nur selten angewendet. Dies liegt teilweise darin begründet, dass die APT weder eine Aussage über die Art der Faktoren noch über die Anzahl der Faktoren trifft.347 Eine Lösung für nicht börsennotierte Unternehmen, Geschäftsbe-
343 Während die Eigenkapitalkosten für die Lebensversicherer von 1990 bis 1998 über denen der Schadenversicherer gelegen hatten, lagen die Kapitalkosten der Schadenversicherer im Zeitraum 1978 bis 1989 im Durchschnitt höher als die der Lebensversicherer; vgl. Tabelle 1. 344 In der Literatur finden sich beispielsweise in der Diskussion zur Bestimmung der Marktrisikoprämie unterschiedliche Auffassungen, ob die Marktrisikoprämie über einen möglichst langen Zeitraum ermittelt werden soll bzw. ob die Berücksichtigung von Ausprägungen von vor mehreren Jahrzehnten für die Bestimmung aktueller Kapitalkosten relevant ist; vgl. Kielholz, W. (2000), S. 8 345 Die APT geht maßgeblich auf Ross zurück; vgl. Ross, S. (1976), S. 341 ff. 346 Vgl. Copeland, T./ Koller, T./ Murrin, J. (2000), S. 226 347 Chen, Roll und Ross haben folgende Faktoren als relevant identifiziert: Niveau der industriellen Produktion, Risikoprämie der Industrieanleihen, Differenz zwischen kurzfristigen und langfristigen Zinsen, unerwartete Inflation und Veränderungen der Inflationserwartungen; vgl. Chen, N./ Roll, R./ Ross, S. (1983). Für eine Übersicht der in empirischen Studien verwendeten Risikofaktoren vgl. Nowak, K. (2003), S. 76
2.4 Analyse des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes
79
reiche oder Wertschöpfungsstufen bietet auch die APT nicht, da sowohl die wertpapierspezifischen Faktorsensitivitäten als auch die wertpapierübergreifenden, faktorspezifischen Renditen aus Kapitalmarktdaten abgeleitet werden müssten. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Ansätze des CAPM und der APT von der theoretischen Fundierung nicht weit auseinander liegen. Mit Hilfe der APT haben Copeland/ Koller/ Murrin für 13 US-Schaden- und Unfallversicherer einen Eigenkapitalkostensatz von 13,7% ermittelt, während auf Basis des CAPM ein Wert von 14,6% berechnet wurde.348 Da jedoch die Auswahl der Faktoren wiederum im Ermessensspielraum des Bewertungssubjektes liegt, erscheint die APT in der Praxis nicht objektiver als das CAPM.
2.4.3.4.6
Kapitalkostenbestimmung nach dem EVA-Ansatz
Die Kapitalkostenbestimmung auf Basis des EVA-Ansatzes349 basiert ebenfalls auf der Grundgleichung des CAPM, d.h. die Kapitalkosten setzen sich aus dem risikolosen Zinssatz sowie dem Produkt aus Marktrisikoprämie und unternehmensspezifischem Risikofaktor zusammen. Während im CAPM jedoch der unternehmensspezifische Risikofaktor, das Beta, aus historischen Kapitalmarktdaten abgeleitet wird, schlägt Stewart vor, diesen Risikofaktor auf Basis fundamentaler Unternehmensdaten zu schätzen.350 Hierbei identifiziert Stewart folgende vier Risikofaktoren:
das operative Risiko, d.h. die Volatilität der Ergebnisse, das strategische Risiko bezüglich der langfristigen Profitabilität und des Wachstums, das Risiko des Managements der Aktiva sowie die Größe und den Diversifizierungsgrad.351
Die Gewichtung der einzelnen Faktoren erfolgt auf Basis einer empirischen Untersuchung der Kapitalkosten, jedoch ohne Angabe bzw. Herleitung einer ökonomischen Fundierung.
348 Vgl. Copeland, T./ Koller, T./ Murrin, J. (2000), S. 228 349 Der EVA-Ansatz geht maßgeblich auf die Unternehmensberatung Stern Stewart & Co. zurück; vgl. Stewart, G. (1991) 350 Vgl. Stewart, G. (1991), S. 449 ff. 351 Vgl. Stewart, G. (1991), S. 449
80
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
Es kann festgehalten werden, dass dieses Vorgehen Vorteile durch das pragmatische Vorgehen bei der Anwendung auf nicht börsennotierte Unternehmen, einzelne Unternehmensbereiche oder Wertschöpfungsstufen bietet. Die tatsächliche Erklärungskraft bzw. Fundierung der ermittelten Werte kann jedoch nicht eindeutig beurteilt werden.352
2.4.3.4.7
Pragmatisches Vorgehen zur Bestimmung risikogerechter Kapitalkosten
Sämtliche bisher vorgestellten Ansätze weisen deutliche Schwächen bei der Ermittlung risikogerechter Kapitalkosten auf. Diese Schwächen verschärfen sich bei der Ermittlung von Werten für nicht börsennotierte Unternehmen und insbesondere bei der Bestimmung wertschöpfungsstufenspezifischer Kapitalkosten. So ist es nicht verwunderlich, dass die in der Literatur dargestellten praktischen Anwendungsbeispiele zur Bestimmung von Kapitalkosten auf der Ebene von Unternehmensbereichen ein überaus pragmatisches Vorgehen gewählt haben. Auch wenn die Verfahren in der Unternehmenspraxis häufig das CAPM als Ausgangspunkt der Überlegungen wählen, werden empirisch ermittelte Risikoprämien durch subjektive Zu- oder Abschläge korrigiert.353 Insbesondere das Risiko einzelner Unternehmensbereiche wird aufgrund fehlender Daten in der Regel überwiegend, teilweise sogar ausschließlich, auf Basis subjektiver Kriterien ermittelt.354 Aufgrund der Probleme bezüglich der Datenlage, insbesondere bei nicht börsennotierten Gesellschaften und Unternehmensbereichen, des hohen Aufwands bei der Ermittlung sowie der mangelnden Akzeptanz erscheint ein pragmatisches Vorgehen gerechtfertigt. Sofern jedoch subjektive Risikoeinschätzungen durch das Management vorgenommen werden, sollte gewährleistet sein, dass diese die langfristige Perspektive des Eigentümers berücksichtigen. Ansonsten könnten kurzfristige Ergebnisschwankungen einzelner Unternehmensbereiche, die sich auf die Rendite des Eigenkapitals kaum auswirken, durch das Management überbewertet werden. Wie auch im Rahmen des CFROIAnsatzes diskutiert, dient eine Anpassung der Kapitalkosten für Unternehmensbereiche bzw. Wertschöpfungsstufen auf Basis qualitativer Faktoren auch der Erhöhung der Akzeptanz durch das Management der einzelnen Bereiche.355
352 353 354 355
Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 62 Vgl. Van Horne, J. (1980), S. 16 f. Vgl. Gup, B./ Norwood, S. (1982), S. 20 ff. Vgl. Lewis, T. (1994), S. 85
2.4 Analyse des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes
81
Als Ausgangspunkt eines pragmatischen Ansatzes zur Ermittlung wertschöpfungsstufenspezifischer Kapitalkosten können die marktorientiert bestimmten Kapitalkosten des Gesamtunternehmens herangezogen werden, die das systematische Risiko des Gesamtunternehmens berücksichtigen. Bei Geltung des Wertadditivitätsprinzips kann angenommen werden, dass sich das systematische Risiko des Gesamtunternehmens aus der Summe der systematischen Risiken der einzelnen Wertschöpfungsstufen bestimmen lässt. Ist das Risiko einer Wertschöpfungsstufe mit dem des Gesamtunternehmens vergleichbar, sind die Kapitalkosten gleich hoch. Ist eine Wertschöpfungsstufe risikoreicher bzw. risikoärmer als das Gesamtunternehmen, müssen die Kapitalkosten dieser Wertschöpfungsstufe höher bzw. niedriger als die des Gesamtunternehmens sein.356 Zur Bestimmung der Risikohöhe der Wertschöpfungsstufen wird die jeweilige Risikostruktur anhand verschiedener Kriterien bewertet und die relative Risikohöhe einer Wertschöpfungsstufe im Vergleich zum Gesamtunternehmen ermittelt.357 Auf Basis der zuvor angeführten Annahmen könnte ein pragmatischer Ansatz folgende Schritte umfassen:
Bestimmung unternehmenseinheitlicher, marktorientierter Kapitalkosten auf Basis langfristiger Marktuntersuchungen; Analyse, für welche Wertschöpfungsstufen Analogiebetrachtungen möglich sind; Einschätzung der Risikohöhe der Wertschöpfungsstufen entlang verschiedener Dimensionen; Bestimmung wertschöpfungsstufenspezifischer Kapitalkosten entsprechend der jeweiligen Risikohöhe; Abgleich der wertschöpfungsstufenspezifischen Kapitalkosten mit den Werten aus der Analogiebetrachtung und Auswahl des Wertes mit dem geringeren Abstand zu den unternehmenseinheitlichen Kapitalkosten; Normierung der wertschöpfungsstufenspezifischen Kapitalkosten entsprechend der Eigenkapitalausstattung.
356 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Notwendigkeit wertschöpfungsstufenspezifischer Kapitalkosten in Abschnitt 0 357 Eine ähnliche Vorgehensweise wird auch als die Methode der Boston Consulting Group bezeichnet; vgl. Bufka, J./ Schiereck, D./ Zinn, K. (1999), S. 119
82
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
Kapitalkosten aus Anteil AnalogieEigenWertschöp- kapital in betrachtung A fungsstufe % (i ) 20% 13% 1 10% --2 70% --3 Summe GesamtUnternehmen
100%
Operatives Risiko
Strategisches Risiko 2 1 1
1,3
Manage- Größe/ ment der DiversiAktiva fizierung 1 0 2 1 0 1 1 1 1
1,0
0,3
1,3
Risikofaktor 1,25 0,75 1
1,0
Normierte, Risikorisikobasierte basierte Minimum Kapitalkosten Kapitalr A R n,r i ,i (i ) kosten (i ) 13,65% 13,00% 12,83% 8,19% 8,19% 8,08% 10,92% 10,92% 10,78%
11,19%
11,06%
10,92%
Tabelle 2: Beispiel zum pragmatischen Ansatz zur Bestimmung von wertschöpfungsstufenspezifischen Kapitalkosten358 In Tabelle 2 wird als Beispiel ein Unternehmen mit nur drei Wertschöpfungsstufen dargestellt. Als unternehmenseinheitliche, marktorientierte Kapitalkosten (iu,m) wird auf Basis der Untersuchungen von Kielholz ein Wert von 10,92% definiert.359 Im nächsten Schritt wurde für die Wertschöpfungsstufe 1) ein Wert von 13% als Kapitalkosten aus einer Analogiebetrachtung iA ermittelt.360 Die Einschätzung der Risikohöhe der jeweiligen Wertschöpfungsstufe erfolgt entlang verschiedener Dimensionen. Hierzu können die vier Dimensionen aus dem EVA-Ansatz nach Stewart herangezogen werden.361 Eine detaillierte Risikobestimmung wird im Rahmen der Methode der Boston Consulting Group vorgenommen, bei der sechs Kriterien mit fünf möglichen Ausprägungen bewertet werden.362 Auch eine unternehmensspezifische Risikobestimmung ist denkbar, da spezielle Gegebenheiten des Unternehmens bzw. der Branche besser abgebildet werden könnten.363 In diesem Beispiel wurden für die vier Risikodimensionen Werte zwischen 0, entspricht niedrigem Risiko, und 2, entspricht hohem Risiko, bestimmt. Aus dieser vereinfachten Risikoeinschätzung lässt sich dann je Wertschöpfungsstufe ein Risiko-
358 Eigene Darstellung 359 Vgl. Kielholz, W. (2000), S. 11 sowie Tabelle 1. Im Fall der praktischen Anwendung sollte möglichst eine aktuelle Analyse für den deutschen Versicherungsmarkt sowie die spezifische Sparte erstellt werden. Aufgrund der hohen Volatilität der Ergebnisse sollte jedoch ein möglichst langer Zeitraum betrachtet werden. 360 Vgl. zu den Analogieansätzen im Rahmen des CAPM Abschnitt 0 361 Vgl. Stewart, G. (1991), S. 449 sowie Abschnitt 0 362 Als Kriterien werden Kontrolle, Markt, Wettbewerber, Produkte bzw. Konzepte, Markteintrittsbarrieren und Kostenstruktur verwendet; vgl. Bufka, J./ Schiereck, D./ Zinn, K. (1999), S. 119 363 Als Beispiel lässt sich hierfür der Ansatz von Fuqua Industries nennen, bei dem 14 Risikokriterien differenziert werden; vgl. Freygang, W. (1993), S. 327 ff. oder Gup, B./ Norwood, S. (1982), S. 20-24
2.4 Analyse des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes
83
faktor bestimmen.364 Ausgangsbasis zur Bestimmung eines risikobasierter Kapitalkosten ist der zuvor bestimmte, unternehmenseinheitliche Kalkulationszinssatz, welcher dann mit dem Risikofaktor der jeweiligen Wertschöpfungsstufe multipliziert wird. Als Ergebnis erhält man die risikobasierten Kalkulationszinssatz für jede einzelne Wertschöpfungsstufe. Im nächsten Schritt sollten die kalkulierten risikobasierten Kalkulationszinssätze (ir) je Wertschöpfungsstufe mit den Werten aus der Analogiebetrachtung (iA) abgeglichen werden. Als Auswahlkriterium gilt hierbei Minimum von (iu,m - iA; iu,m - ir), d.h. es sollte der Wert mit dem geringeren Abstand zum unternehmenseinheitlichen Kalkulationszinssatz (iu,m) gewählt werden.365 In dem hier angeführten Beispiel wird daher der Wert für die Wertschöpfungsstufe 1) von 13,65% durch den Wert, der über die Analogiebetrachtung ermittelt wurde, von 13,00% ersetzt. Im letzten Schritt werden diese wertschöpfungsstufenspezifischen Kalkulationszinssätze entsprechend des Anteils an der Eigenkapitalausstattung normiert, so dass sich als normierte, risikobasierte Kapitalkosten in,r Werte zwischen 8,08% und 12,83% definieren lassen. Dieses Vorgehen bietet gegenüber einer rein subjektiven Bestimmung von Risikozuschlägen eine übersichtliche Systematik und zwingt den Anwender zum strukturierten Arbeiten. Eine weitere Ausgestaltung der Risikoeinschätzung könnte unternehmensspezifisch vorgenommen werden. Zudem kann bei Vorliegen eines bereits definierten unternehmenseinheitlichen, marktorientierten Kalkulationszinssatzes auf diesen zurückgegriffen werden.366 Ein wichtiger Aspekt im Rahmen der langfristigen Steuerung eines Unternehmens sollte die relative Konstanz des unternehmenseinheitlichen Kalkulationszinssatzes sein, damit langfristige, strategische Entscheidungen aufgrund einer kurzfristigen Änderung bzw. Anpassung des Wertes nicht unterschiedlich ausfallen. Bei empirischer Überprüfung ergibt sich für die Methode der Boston Consulting Group im Fall „besonders homogener Unternehmen [...] ein signifikanter 364 Im Fall einer praktischen Umsetzung könnte eine Ausgestaltung der Risikoeinschätzung auf Basis qualitativer Faktoren durch das Management sowie auf Basis quantitativer, historischer Daten erfolgen. Auch eine unterschiedliche Gewichtung der einzelnen Dimensionen ist vorstellbar. Bei Stewart wird die Gewichtung auf Basis einer empirischen Untersuchung vorgenommen; vgl. Stewart, G. (1991), S. 449 365 Es soll hier der Wert mit dem geringeren Abstand zum unternehmenseinheitlichen, marktorientierten Kalkulationszinssatz gewählt werden, damit die Spanne zwischen den Kapitalkosten der einzelnen Wertschöpfungsstufen nicht zu groß wird und Verzerrungen beispielsweise durch die Einschätzung der Risikohöhe nicht zu sehr ins Gewicht fallen. Alternativ könnte auch der Mittelwert von iA und ir verwendet werden. 366 Beispielsweise verwendet die Allianz Holding AG als Kapitalkostensatz einen Wert von 8,85% für das Jahr 2004; vgl. Dams, J. (2004)
84
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
Erklärungszusammenhang mit dem Risikomaß Beta“367, so dass dieser Ansatz „auf dem Weg zur adäquaten Ermittlung der Kapitalkosten hilfreich sein“368 kann. Neben der mangelnden theoretischen Fundierung ist insbesondere die Vorgehensweise bei der Gewichtung der Kriterien zu kritisieren, die unterstellt, dass die Risiken der einzelnen Segmente vollkommen unabhängig voneinander sind. Treten bei den segmentspezifischen Risiken jedoch Interdependenzen auf, kann die in diesem Ansatz zugrunde gelegte additive Verknüpfung der Segmentrisiken nicht mehr angenommen werden.369 Kritisch ist an der hier vorgestellten Vorgehensweise die Transformation der Risikoeinschätzung des Managements auf die eigentlich zu ermittelnde Risikopräferenz der Investoren. „Schließlich kommt es bei der marktorientierten Betrachtungsweise nicht auf die subjektive Risikoeinschätzung der Entscheidungsträger im Unternehmen an, sondern auf die der Kapitalgeber.“370 Zusammenfassend sollte darauf hingewiesen werden, „dass der Anspruch an die Ermittlung der Eigenkapitalkosten im Rahmen eines internen Steuerungsinstrumentariums nicht eine Genauigkeit im Bereich einzelner Basispunkte sein kann“371. Im Vergleich zu der hohen Unsicherheit bei der Prognose zukünftiger Cash Flows würde eine Scheingenauigkeit bei der Ermittlung eines geeigneten Kalkulationszinssatzes nicht sinnvoll erscheinen.
2.4.3.5 Bestimmung des Restwertes der Periode p Bezüglich der Ermittlung eines Restwertes unterscheidet sich das Investitionsobjekt Unternehmen von den meisten anderen Investitionsobjekten hinsichtlich seiner Nutzungsdauer. Während beispielsweise eine Investition in eine neue Maschine einen Zahlungsstrom von zehn Jahren mit einem Liquidationserlös am Ende der Nutzungsdauer aufweist, bestehen bei einem Unternehmen grundsätzlich keine endlichen Nutzungsdauern, und somit ist auch ein Liquidationserlös kaum zu bestimmen. Folglich wäre es notwendig, eine unendliche Folge von Cash Flows zu prognostizieren und diese zu diskontieren. Wie aber bereits in Abschnitt 2.4.3.2 ausgeführt, steigt die Unsicherheit der Prognosen zukünftiger Cash Flows mit zunehmendem Planungshorizont an, so dass an Stelle der weiteren Prognose der Cash Flows ein Restwert zum 367 368 369 370 371
Bufka, J./ Schiereck, D./ Zinn, K. (1999), S. 127 Bufka, J./ Schiereck, D./ Zinn, K. (1999), S. 127 Vgl. Bufka, J./ Schiereck, D./ Zinn, K. (1999), S. 120 o.V. (1996b), S. 557 f. Oletzky, T. (1998), S. 154
2.4 Analyse des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes
85
Zeitpunkt p bestimmt werden soll. Wie im Folgenden jedoch diskutiert wird, stellt die adäquate Bestimmung eines Restwertes insbesondere deshalb eine große Herausforderung in der Unternehmensbewertung dar, weil die Bedeutung des Restwertes für den zu ermittelnden Unternehmenswert zunimmt, je kürzer die Dauer des Planungshorizontes der Cash Flows ist.372 Daher ist zwischen der zunehmenden Unsicherheit bei der Prognose der Cash Flows und der Minimierung des Anteils des Restwertes abzuwägen. Eine allgemeingültige Methode zur Bestimmung des Restwertes gibt es jedoch nicht.373 Grundsätzlich ist die Wahl einer adäquaten Methode maßgeblich von der Stellung des Unternehmens im Lebenszyklus sowie von der gewählten Strategie abhängig. Während bei einer Melk- oder Marktaustrittsstrategie am Ende des Prognosehorizontes ein über Einzelbewertungsverfahren ermittelter Liquidationswert vertretbar erscheint, sollte im Fall einer Investitions- bzw. Marktdurchdringungsstrategie die Bestimmung eines Fortführungswertes gewählt werden.374 Die Bestimmung eines Liquidationswertes auf Basis von Einzelbewertungsverfahren erscheint nur dann sinnvoll, wenn im Fall einer Marktaustrittsstrategie eine Liquidation am Ende des Prognosezeitraumes stattfinden soll.375 Der Liquidationswert entspricht im Fall der Fortführung des Unternehmens einer Wertuntergrenze, da ansonsten ein rational handelnder Unternehmer das Unternehmen nicht fortführen, sondern liquidieren würde.376 Die in Abschnitt 2.3 diskutierten Nachteile der Anwendung von Einzelbewertungsverfahren, beispielsweise die fehlende Zukunftsbezogenheit oder die Verletzung des Prinzips der Bewertungseinheit, würden auch in diesem Fall zutreffen, so dass die Verwendung eines Liquidationswertes nicht geeignet erscheint. Zur Bestimmung eines Fortführungswertes existieren zwei grundsätzliche Alternativen: die Multiplikator- bzw. Vergleichsverfahren sowie Cash Flow-basierte
372 Vgl. Abbildung 11 oder Anhang III. Neben der Dauer des Prognosehorizontes determiniert die Höhe des Kalkulationszinssatzes maßgeblich den Anteil des Restwertes am Unternehmenswert. 373 Für einen Überblick über mögliche Ansätze vgl. Copeland, T./ Koller, T./ Murrin, J. (2000), S. 269 ff., insbesondere Abbildung 12.11, S. 281 374 Vgl. Siegert, T. (1998), S. 326 oder Hachmeister, D. (2000), S. 85 ff. 375 Vgl. Hachmeister, D. (2000), S. 88 f. 376 Vgl. Hartung, T. (2000), S. 39 f. Der Liquidationswert bestimmt sich unter Ausschluss der Going Concern-Prämisse über die Verkaufserlöse der Unternehmenssubstanz, d.h. es werden die Vermögensgegenstände mit ihren Zerschlagungswerten und alle Schulden mit ihren Ablösewerten bewertet. Maßgebliche Faktoren bei der Bestimmung des Liquidationswertes sind die Zerschlagungsgeschwindigkeit und die Zerschlagungstiefe; vgl. beispielsweise Mandl, G./ Rabel, K. (1999), S. 48 f.
86
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
Verfahren.377 Die Multiplikatorverfahren bestimmen den Restwert entsprechend der Vorgehensweise der in Abschnitt 2.3.7 dargestellten Vergleichsverfahren durch die Multiplikation einer Kennzahl des Unternehmens in der Periode n mit entsprechenden Multiplikatoren.378 Die Verwendung solcher Multiplikatorverfahren erscheint recht einfach, jedoch bestehen die bereits diskutierten Probleme der Verwendung buchhalterischer Größen379, der zu großen Vereinfachung von Ursachen- und Wirkungsbeziehungen in einer Momentaufnahme380, der mangelnden Zukunftsbezogenheit381 sowie in der Problematik, die Multiplikatoren für die Zukunft vorherzusagen382. Die einfachste Form der Cash Flow-basierten Verfahren geht von konstanten, unendlichen Cash Flows aus, so dass sich der Restwert als ewige Rente interpretieren lässt.383 Hierbei wird angenommen, dass vollkommener Wettbewerb herrscht und nach Ablauf des Prognosezeitraumes keine Strategiewirkung mehr vorhanden ist. Die Folge dieser Annahmen ist, dass das Unternehmen keine Überrenditen mehr erwirtschaften kann, so dass es nur noch die Kapitalkosten erwirtschaftet. Diese Annahme erscheint plausibel, da durch den Marktbeitritt von Konkurrenten bzw. den Wegfall technologischer Wettbewerbsvorteile eine mögliche Überrendite reduziert wird.384 Im Fall dieser Vorgehensweise sollte der Planungshorizont so gewählt werden, dass die Prognose den Zeitraum abdeckt, während Überrenditen erwirtschaftet werden. Probleme treten bei der Bestimmung des Cash Flows der letzten Periode auf, da es sich um einen steuerbaren Stichtagswert handelt. Sofern ein weiteres Wachstum der Cash Flows als realistisch angesehen wird, kann die Formel der ewigen Rente leicht modifiziert werden, so dass sich der Restwert als ewig wachsende Rente385 ergibt. Allerdings birgt die Verwendung der ewig 377 Im Fall der Anwendung auf ein Lebensversicherungsunternehmen wäre auch die Anwendung des so genannten Embedded Value denkbar.; vgl. Hartung, T. (2000) , S. 245 ff. Problematisch hierbei ist neben der ausschließlichen Anwendbarkeit auf Lebensversicherungsunternehmen auch die Verletzung des Zukunftsbezogenheitsprinzips, da nur der aktuelle Versicherungsbestand bewertet wird; vgl. Pfaffenzeller, F. (1995), S. 51 378 Als Beispiele können hier die Multiplikation von Eigenkapital zum Buchwert am Ende des Prognosehorizontes mit dem eigenkapitalbezogenen Marktwert-Buchwert-Verhältnis oder die Multiplikation des Gewinns in der Periode n mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis angeführt werden; vgl. Rappaport, A. (1999), S. 56 379 Vgl. Rappaport, A. (1986), S. 63 380 Vgl. Stewart, G. (1991), S. 257 381 Vgl. Ballwieser, W. (1991), S. 47 ff. 382 Vgl. Rappaport, A. (1999), S. 56 383 Vgl. Rappaport, A. (1986), S. 60 ff. 384 Vgl. Rappaport, A. (1986), S. 61 ff. oder Klien, W. (1995), S. 153. Reimann hält sogar die Annahme einer langfristigen Rendite in Höhe der Kapitalkosten für unrealistisch; vgl. Reimann, B. (1989), S. 21 385 Zur Berechnung vgl. Abbildung 16 oder Copeland, T./ Koller, T./ Murrin, J. (2000), S. 269
2.4 Analyse des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes
87
wachsenden Rente die Gefahr, dass die zukünftigen Chancen zu optimistisch eingeschätzt werden.
1)
Ewige Rente: Tp = CFp / i
2)
Ewig wachsende Rente: Tp = CFp / (i-g)
3)
T0 = Tp * (1+i)-p
T0 / TP p CFp i g
= Restwert der Periode 0 bzw. p = Anzahl Planungsperioden = Cash Flow der Periode p = Diskontierungszinsfuß = Wachstumsrate der Cash Flows
Abbildung 16:
Bestimmung des Restwertes auf Basis Cash Flow-basierter Verfahren386
Trotz der Anwendungsprobleme erscheint die Verwendung der Cash Flow-basierten Verfahren als die beste Option zur Bestimmung des Restwertes und sollte auch unter dem Aspekt der Konsistenz des Modells bevorzugt werden. In der Literatur wird im Rahmen der wertorientierten Steuerung „ein überschaubarer Prognosezeitraum von fünf bis zehn Jahren sowie eine Berechnung des Restwertes als ewige Rente des Cash Flows mit oder ohne Wachstumskomponente“387 empfohlen.
2.4.3.6 Bestimmung des Wertes des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Neben dem Barwert der prognostizierten Cash Flows sowie dem abdiskontierten Restwert stellt der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens den dritten Bestandteil des Shareholder Values dar. Das nicht betriebsnotwendige Vermögen eines Unternehmens beinhaltet sämtliche Vermögensgegenstände, die keinen Beitrag zum betrieblichen Cash Flow leisten.388 Beispielsweise gehören die für den Leis386 Eigene Darstellung 387 Oletzky, T. (1998), S. 168; vgl. auch Copeland, T./ Koller, T./ Murrin, J. (2000), S. 267 f. 388 Vgl. Bühner, R. (1993), S. 228
88
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
tungserstellungsprozess nicht erforderlichen Grundstücke und Gebäude oder Wertpapiere des Anlage- und Umlaufvermögens zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen.389 Der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens entspricht den am Bewertungsstichtag potentiell erzielbaren Erlösen aus dem Verkauf bzw. der Liquidation der Vermögensgegenstände. Doppelerfassungen von Vermögensgegenständen, die für die Erzielung der betrieblichen Cash Flows erforderlich sind, müssen ausgeschlossen werden. Wie bereits ausgeführt wurde, sollen die nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände der Ebene der Holding bzw. des Gesamtunternehmens zugeordnet werden. Dieses Vorgehen erscheint plausibel, da eine Allokation der nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände auf Wertschöpfungsstufen willkürlich vorgenommen werden müsste, da diese gerade nicht notwendig für den betrieblichen Prozess einzelner Wertschöpfungsstufen sind. Insgesamt geht diese Form der Bewertung, wie auch die Bestimmung eines Liquidationswertes, auf den grundsätzlichen Ansatz der Einzelbewertungsverfahren zurück, welche die Bestimmung eines Reproduktionswertes und nicht die eines Zukunftserfolgswertes zum Ziel haben.390
2.5 Zusammenfassende Darstellung der Vorgehensweise 2.5.1 Zusammenfassende Darstellung der Logik zur Bestimmung des Shareholder Values auf Basis des Zukunftserfolgswertes In diesem Abschnitt soll die Logik zur Bestimmung des Shareholder Values zusammenfassend dargestellt und die maßgeblichen Hebel zur Steigerung des Shareholder Values herausgearbeitet werden. In Abbildung 17 wird die Berechnung des Shareholder Values des Versicherungsunternehmens und der Wertschöpfungsstufen als Logikbaum dargestellt. Es wird auf die in Abbildung 7, Abbildung 9 und Abbildung 16 dargestellten Gleichungen zurückgegriffen, wobei diese hier auf den konkreten Fall der Bewertung von Wertschöpfungsstufen angepasst bzw. spezifiziert wurden.391 Zunächst sollen jedoch die praxisorientierten Annahmen zur Anwendung des Modells zusammengefasst werden: 389 Vgl. Rappaport, A. (1986), S. 51 390 Vgl. Mandl, G./ Rabel, K. (1999), S. 46 ff. 391 Beispielsweise wird zwischen Holdingebene und Ebene der Wertschöpfungsstufen differenziert, zudem werden als Kalkulationszinssätze wertschöpfungsstufenspezifische, risikobasierte Kapitalkosten verwendet; vgl. hierzu auch Abschnitt 0
2.5 Zusammenfassende Darstellung der Vorgehensweise
89
Das Versicherungsunternehmen wird als ein Portfolio von Wertschöpfungsstufen verstanden, welches durch eine Holding gesteuert wird. Die Holding nimmt neben der Steuerungsfunktion auch die Finanzierungsfunktion ein und optimiert für das gesamte Unternehmen die Finanzierungsstruktur, während die einzelnen Wertschöpfungsstufen nur mit Eigenkapital ausgestattet sind. Das nicht betriebsnotwendige Vermögen wird ausschließlich auf Holdingebene allokiert. Das operative Geschäft des Versicherungsunternehmens steht im Fokus, so dass keine Strategien zur Optimierung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens erarbeitet werden. Zur Bestimmung des Shareholder Values wird die Nettomethode angewendet, so dass keine Effekte durch eine Änderung der Finanzierung betrachtet werden.
p
Ȉ CF (WSS ) t
t=0
÷ (1+in,r)t
ZEWo (WSSw)
n
Tp (WSSw)
n
SV(WSS (WSS) ) SV ȈȈSV0 (WSS )
W=1 W=1
0
0
w w
w
÷ p
(1+in,r) SV0 (VU)
NBVo (WSSw)
NBVo (H)
Abbildung 17:
Logikbaum zur Bestimmung des Shareholder Values392
392 Eigene Darstellung
w
90
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
In Abbildung 17 wird der nach der Nettomethode bestimmte Shareholder Value als Ergebnis der Addition von nicht betriebsnotwendigem Vermögen auf der Holdingebene sowie der Summe der Shareholder Values der einzelnen Wertschöpfungsstufen dargestellt. Die einzelnen Shareholder Values der Wertschöpfungsstufen berechnen sich wiederum als Summe aus Zukunftserfolgswert der Wertschöpfungsstufe und nicht betriebsnotwendigem Vermögen der Wertschöpfungsstufe, wobei dieses annahmegemäß auf Holdingebene allokiert sein sollte. Der Zukunftserfolgswert der Wertschöpfungsstufe setzt sich aus dem Barwert der zukünftigen, den Eigenkapitalgebern zufließenden Cash Flows im Planungshorizont und dem abdiskontierten Restwert zusammen. Wie bereits in Abschnitt 2.3.3 postuliert wurde, sind neben dem absoluten Wert des Shareholder Values bzw. der Veränderung im Zeitablauf auch Informationen über die relative Vorteilhaftigkeit einzelner Wertschöpfungsstufen im Vergleich zu anderen Wertschöpfungsstufen, z.B. in Form eines Renditevergleichs, und über die relative Vorteilhaftigkeit im Verhältnis zur getätigten Anschaffungsinvestition, z.B. in Form eines Kapitalwertes, erforderlich. Der Kapitalwert ergibt sich als Differenz von erwirtschaftetem Shareholder Value und der geleisteten Investitionszahlung. Während ein negativer Kapitalwert bedeutet, dass der geschaffene Wert geringer als die zu tätigende Anschaffungsinvestition ist und somit wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint, kann auf Basis der Renditen einzelner Wertschöpfungsstufen ein Vergleich der Wirtschaftlichkeit vorgenommen werden. Da es sich jedoch hier nicht um eine Investition sondern um eine Portfolioentscheidung handelt, wären die historischen Anschaffungskosten eine falsche Bezugsgröße. Vielmehr sollte der Vergleich mit potentiellen Veräußerungserlösen am Markt vorgenommen werden, um zu entscheiden, ob ein Disaggregation und Veräußerung vorteilhaft erscheint. Als Rendite soll hier der interne Zinsfuß der Investition verwendet werden.393 Im folgenden Abschnitt soll gezeigt werden, wie Entscheidungen über die Disaggregation von Wertschöpfungsstufen mit diesem Modell unterstützt werden können.
393 Zur Bestimmung des internen Zinsfußes einer Investition vgl. Perridon, L./ Steiner, M. (2004), S. 65 ff. Als Alternative zum internen Zinsfuß könnte auch der so genannte ROI-Spread herangezogen werden, der sich als Differenz des internen Zinsfußes und der Kapitalkosten ergibt; vgl. Peschke, M. (1997), S. 222. Aufgrund der unterschiedlichen Kapitalkosten je Wertschöpfungsstufe wäre dies ebenfalls eine interessante Erfolgsgröße, an der, wie auch am Kapitalwert, abgelesen werden könnte, ob die spezifische Wertschöpfungsstufe die Kapitalkosten verdient.
2.5 Zusammenfassende Darstellung der Vorgehensweise
91
2.5.2 Ableitung von Hypothesen zur Steigerung des Shareholder Values In diesem Abschnitt soll auf Basis der zuvor dargestellten Gleichungen und Zusammenhänge gezeigt werden, wie Entscheidungen zur Disaggregation von Wertschöpfungsstufen unterstützt werden können. In Abbildung 18 wird dabei die Vorgehensweise illustriert, wie ein Unternehmen das Ziel der Maximierung des Shareholder Values394 auf Basis der Disaggregation der Wertschöpfungskette verfolgen kann. Grundgedanke bei diesem Vorgehen ist die Disaggregation des Entscheidungsproblems „Steigerung des Shareholder Values des Versicherungsunternehmens“ in aktionsorientierte, praxistaugliche Maßnahmen auf Ebene der Holding bezüglich möglicher Portfolioentscheidungen und auf Ebene der einzelnen Wertschöpfungsstufen bezüglich operativer Optimierungsfragen.395 Die Steigerung des Shareholder Values kann entweder durch eine Steigerung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens auf Holdingebene oder durch die Steigerung der Summe der einzelnen Shareholder Values der Wertschöpfungsstufen erzielt werden. Die Steigerung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens, beispielsweise Immobilien- oder Wertpapiervermögen, wird nicht durch das operative Geschäft des Versicherungsunternehmens beeinflusst, sondern vielmehr durch exogene Faktoren, wie beispielsweise die Performance des Immobilien- oder Kapitalmarktes. Daher soll diese Option zur Steigerung des Shareholder Values nicht weiter verfolgt werden. Zur Steigerung der Summe der einzelnen Shareholder Values der Wertschöpfungsstufen sind zwei grundsätzliche Fragen zu beantworten:
Wie kann der Shareholder Value des Gesamtunternehmens durch Portfolioentscheidungen bezüglich der Wertschöpfungskette gesteigert werden? Wie kann der Shareholder Value bzw. die Rendite einzelner Wertschöpfungsstufen durch operative Optimierung gesteigert werden?
394 Die Gültigkeit des Ziels der Maximierung des Shareholder Values für Versicherungsunternehmen wird in Abschnitt 4.4 hergeleitet. 395 Bei Rappaport sowie Copeland/ Koller/ Murrin lassen sich so genannte Werttreibermodelle finden, die die Werttreiber darstellen, mit denen eine Steigerung des Shareholder Values erzielt werden kann. Im Rahmen dieser Arbeit wurde jedoch aufgrund der besonderen Fragestellung nach der Disaggregation der Wertschöpfungskette eine eigene Vorgehensweise gewählt. Für die anderen Ansätze vgl. Rappaport, A. (1999), S. 67 ff. oder Copeland, T./ Koller, T./ Murrin, J. (2000), S. 97 ff.
92
2 Konzepte der Unternehmensbewertung Prüfung auf Basis der Transaktionskostentheorie Steigerung SV durch Portfolioentscheidungen bezüglich der Wertschöpfungskette
Steigerung der Shareholder Values der Wertschöpfungsstufen
Steigerung des Shareholder Values des Unternehmens
Abbildung 18:
Operative Optimierung, wenn Disaggregation nicht sinnvoll
Senkung Kapitalausstattung
Steigerung SV der einzelnen Wertschöpfungsstufen durch Operative Optimierung
Steigerung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens
Disaggregation Wertschöpfungsstufe
Senkung Kapitalkosten
Steigerung zukünftiger Cash Flows
Hypothesen zur Steigerung des Shareholder Values des Gesamtunternehmens396
Die erste Frage kann auf Basis des finanzwirtschaftlichen Modells mittels des Kapitalwertes nur zum Teil beantwortet werden. Demnach kann der Kapitalwert der Wertschöpfungsstufen als Entscheidungswert herangezogen werden. Ein negativer Kapitalwert bedeutet, dass der geschaffene Shareholder Value geringer als die zu tätigende Anschaffungsinvestition bzw. als der zu erzielende Marktpreis ist, so dass mit dem Betrieb dieser Wertschöpfungsstufe für die Investoren ein Wertverlust verbunden ist. Ein positiver Kapitalwert bedeutet hingegen, dass mit dieser Wertschöpfungsstufe zusätzlicher Shareholder Value geschaffen wird. Allerdings bleibt unbeantwortet, ob eine Disaggregation einer Wertschöpfungsstufe mit negativem Kapitalwert überhaupt strategisch wünschenswert und möglich ist und ob die Transaktionskosten einer disaggregierten Wertschöpfungsstufe nicht zu zusätzlichen, letztendlich höheren Kosten führen. Eine Antwort auf diese Frage könnten die Ansätze des strategischen Managements, insbesondere der Transaktionskostentheorie, bieten, die
396 Eigene Darstellung
2.5 Zusammenfassende Darstellung der Vorgehensweise
93
im folgenden Kapitel detailliert diskutiert werden sollen.397 Wertschöpfungsstufen mit negativem Kapitalwert, deren Disaggregation jedoch aus strategischer Blickrichtung nicht sinnvoll erscheint, sollten dann ebenfalls eine operative Optimierung erfahren, um den Kapitalwert bzw. die Rendite der Wertschöpfungsstufe und damit letztendlich den Shareholder Value des Gesamtunternehmens zu steigern.398 Im Rahmen der operativen Optimierung der einzelnen Wertschöpfungsstufen kann die Rendite auf das eingesetzte Kapital, hier also der interne Zinsfuß, als Maßstab für die Attraktivität der Wertschöpfungsstufen sowie als Erfolgsmaß potentieller Maßnahmen verwendet werden. Ein Maßstab für die Attraktivität der Wertschöpfungsstufen wäre im Fall einer Priorisierung von Maßnahmen erforderlich, beispielsweise bei einer Fokussierung auf nur einzelne Wertschöpfungsstufen. Die grundsätzlichen Stellhebel zur Steigerung der Rendite der Wertschöpfungsstufen mittels operativer Optimierung bestehen in der Senkung der Kapitalausstattung, der Senkung der Kapitalkosten sowie der Steigerung der zukünftigen Cash Flows.399 Die Senkung der Kapitalausstattung erscheint nur bedingt möglich, da bereits mit Mindestkapitalisierungen gerechnet wurde. Zudem müssten beispielsweise Leasingverträge ebenfalls kapitalisiert werden, so dass auch durch Modelle wie „sell and lease back“ nur geringe Effekte zu erwarten wären. Die Senkung der Kapitalkosten wäre vor allem durch eine Senkung des wertschöpfungsspezifischen Risikos erzielbar.400 397 In Abschnitt 3.4 wird explizit auf die Transaktionskostentheorie und ihre Eignung zur Unterstützung von Disaggregationsentscheidungen eingegangen. In Kapitel 0 wird die Kombination der finanziellen und strategischen Analyse in einem Modell dargestellt und an einem Beispielunternehmen illustriert. 398 Auch in dem Fall, dass sämtliche Kapitalwerte positiv bzw. negativ sind, sollte ein Vergleichsmaßstab, wie beispielsweise die Rendite auf das eingesetzte Kapital, Informationen generieren, welche Wertschöpfungsstufen unterdurchschnittliche Renditen erwirtschaften und damit für die Disaggregation geeignet erscheinen. 399 Bei Coenenberg/ Salfeld werden in erster Linie die Steigerung der Cash Flows und die Senkung des Kapitalkostensatzes als Einflussfaktoren des Unternehmenswertes genannt. Die Verringerung der Kapitalbindung wird hier als ein Unterpunkt zur Steigerung der Cash Flows definiert; vgl. Coenenberg, A./ Salfeld, R. (2003), S. 72 ff. Diese Stellhebel entsprechen auch den bei Rappaport definierten Werttreibern des Shareholder Values: Wachstum des Umsatzes, Steigerung der betrieblichen Gewinnmarge, Kapitalreduktion sowie Senkung der Kapitalkosten; vgl. Rappaport, A. (1999), S. 79 f. 400 Auf Maßnahmen zur Senkung des Risikos einzelner Wertschöpfungsstufen soll im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter eingegangen werden. Grundsätzlich determinieren maßgeblich das Geschäfts- und das Finanzrisiko die Höhe des Gesamtrisikos, wobei die Höhe des Finanzrisikos vor allem durch die Kapitalstruktur bestimmt wird; vgl. Coenenberg, A./ Salfeld, R. (2003), S. 74. In der Literatur zu den neuen Solvenzrichtlinien werden z.B. umfangreiche Abhandlungen zur Bestimmung von Risikopositionen vorgenommen. Für einen Überblick zu Solvency II vgl. Hattemer, C./ Schüller, J. (2004), S. 377 ff., Schubert, T./ Grießmann, G. (2004), S. 470 ff. oder Gründl, H./ Schmeiser, H. (2004), S. 473 f.
94
2 Konzepte der Unternehmensbewertung
Organisches, internes Wachstum
Erhöhung der Erlöse
Prüfung, ob Nachfrage Dritter bestehen würde Wachstum durch Angebot der Leistungen an Dritte
Steigerung zukünftiger Cash Flows einer Wertschöpfungsstufe
Prüfung, welche Kernkompetenzen erforderlich sind
Senkung der Kosten durch stringentes Kostenmanagement
Abbildung 19:
Prüfung auf Basis Transaktionskostentheorie
Prüfung auf Basis der Theorie der Kernkompetenzen
Hypothesen zur Steigerung zukünftiger Cash Flows401
Die Steigerung der Cash Flows kann wiederum in die Fragen nach der Erhöhung der Erlöse sowie die Senkung der Kosten der einzelnen Wertschöpfungsstufen differenziert werden. Während die Senkung der Kosten durch ein stringentes Kostenmanagement erzielt werden kann402, existieren bei der Steigerung der Erlöse zwei Optionen. Entweder wächst die Wertschöpfungsstufe intern im Gleichschritt mit dem gesamten Unternehmen, oder es wird versucht, Erlössteigerungen durch das Angebot der eigenen Leistungen für Dritte zu erzielen. Hierbei stellen sich jedoch folgende Fragen:
Würde für die angebotene Leistung dieser Wertschöpfungsstufe eine Nachfrage Dritter bestehen?
401 Eigene Darstellung 402 Auf die Möglichkeiten der Kostensenkung in Versicherungsunternehmen soll in dieser Arbeit ebenfalls nicht weiter eingegangen werden. Zum einen stellt das Senken von Kosten nur eine Defensivstrategie dar, zum anderen existieren insbesondere für kleine Versicherungsunternehmen nur wenig Chancen, gegenüber großen Versicherungsunternehmen langfristig Kostenvorteile zu erzielen. Zur Betriebsgröße als strategischem Erfolgsfaktor in der Versicherungswirtschaft vgl. insbesondere Abschnitt 4.5.3. Für Ansätze zum Kostenmanagement in Versicherungsunternehmen vgl. beispielsweise Pelizäus, R. (2003), S. 800 ff. oder allgemein zum Kostenmanagement durch operative Exzellenz Coenenberg, A./ Salfeld, R. (2003), S. 148 ff.
2.5 Zusammenfassende Darstellung der Vorgehensweise
95
Welche Kompetenzen bzw. Wettbewerbsvorteile müsste eine Wertschöpfungsstufe bieten, um am Markt erfolgreich zu agieren?
Im Rahmen dieser Arbeit soll bezüglich der Nachfrage der angebotenen Leistungen geprüft werden, ob theoretisch ein Markt für diese Leistungen existieren könnte oder ob die Eigenerstellung für sämtliche Unternehmen vorteilhaft erscheint, so dass keine Nachfrage bestehen würde. Insbesondere die Ansätze der Transaktionskostentheorie können hierzu ein geeignetes Instrumentarium bereitstellen. Bei Angebot der Leistungen am Markt soll dann in einem nächsten Schritt geprüft werden, welche Kompetenzen aufgebaut werden müssen, um komparative Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Wie auch die Frage nach der Eignung von Wertschöpfungsstufen zur Disaggregation sollen diese Fragen durch die Ansätze des strategischen Managements beantwortet werden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die finanzielle Analyse zur Bestimmung von Shareholder Value, Kapitalwert und Rendite der einzelnen Wertschöpfungsstufen ein geeignetes Instrumentarium zur Unterstützung von Disaggregationsentscheidungen bietet. Grundsätzlich kann jedoch die Entscheidungsqualität durch eine Ergänzung um Ansätze des strategischen Managements weiter gesteigert werden, so dass eine Unterstützung und Kontrolle der finanziellen Bewertung empfehlenswert ist. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass möglichst sämtliche Erkenntnisse aus der strategischen Analyse in das quantitative, finanzielle Bewertungsmodell integriert werden müssen. Im folgenden Kapitel soll hierzu eine Systematisierung der Ansätze des strategischen Managements vorgenommen werden, um anschließend geeignete Instrumente auszuwählen und die Eignung zu diskutieren. Im Rahmen der Darstellung des Bewertungsmodells in Kapitel 0 sollen diese dann erneut aufgegriffen werden und mit den in diesem Kapitel erarbeiteten Erkenntnissen kombiniert werden.
3.1 Überblick über die Ansätze des Strategischen Managements
97
3 Grundlagen des Strategischen Managements
3.1 Überblick über die Ansätze des Strategischen Managements Das strategische Management befasst sich mit der Suche nach zweckorientierten Strategien, der relativen Positionierung der eigenen Aktivitäten gegenüber dem Wettbewerb, der Konzentration der Kräfte sowie der Entwicklung langfristiger Erfolgspotentiale.403 Den Ansätzen des strategischen Managements ist die Ausrichtung auf die Vorteilsposition des Unternehmens und die damit verbundenen Ergebniswirkungen gemeinsam.404 Zur Systematisierung der theoretischen Ansätze des strategischen Managements muss hinterfragt werden, welches der jeweils wesentliche Bezugspunkt der theoretischen und empirischen Analysen ist. Zu Knyphausen-Aufseß sieht entlang der zwei Dimensionen Makro- und Mikroebene sowie Wettbewerb und Koordination/ Kooperation folgende Bezugspunkte: Branche (Feld 1 in Abbildung 20), strategische Geschäftseinheit (Feld 2), Unternehmen (Feld 3) sowie Netzwerke (Feld 4). Die Ansätze der Neuen Institutionenökonomik, die Transaktionskostentheorie und die Principal-Agent-Theorie405, gelten als hybride Theorien, da sie auf der Dimension Wettbewerb und Koordination/ Kooperation nicht eindeutig zugeordnet werden können.406
403 Vgl. Pümpin, C. (1980), S. 15 404 Vgl. Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 40 405 Grundsätzlich wird auch die Verfügungsrechtstheorie bzw. der Property Rights-Ansatz zum Bereich der Neuen Institutionenökonomik gerechnet. Es handelt sich um eine makroökonomisch geprägte, volkswirtschaftliche Theorie und soll an dieser Stelle nicht detailliert beschrieben werden. In Abschnitt 3.4.2 wird die Verfügungsrechtstheorie kurz im Rahmen der Neuen Institutionenökonomik dargestellt. Zur Vertiefung vgl. beispielsweise Opper, S. (2001), S. 604 f. oder Göbel, E. (2002), S. 66 f. und die dort angeführte Literatur 406 Für andere Systematisierungen vgl. Coenenberg, A./ Salfeld, R. (2003), S. 77 ff. oder Mintzberg, H. (1998). Mintzberg sieht beispielsweise zehn verschiedene Schulen des strategischen Managements; vgl. Mintzberg, H. (1998), S. 5
98
Makroebene
3 Grundlagen des Strategischen Managements
Branche
Netzwerke
• Orthodoxe
• Institutionen-
Industrieökonomik
theorie
• Evolutionstheoretische
• Neuere
Ansätze
Mikroebene
Strategische Geschäftseinheit • PIMS-Studie • Neue Industrieökonomik
Systemtheorie
Unternehmen kostentheorie
• Agencytheorie
Wettbewerb
Abbildung 20:
• Ressourcen-
• Transaktions-
orientierter Ansatz • „Managerial Theory of the Firm“
Koordination/ Kooperation
Perspektiven des strategischen Managements im Überblick407
Als branchenbezogener Ansatz kann der industrieökonomische Ansatz nach Porter angesehen werden.408 Wesentliches Merkmal ist hierbei die Strukturanalyse der Branche, die das Verhalten und das Ergebnispotential des Unternehmens determiniert. Porter definiert hierbei fünf Wettbewerbskräfte, die maßgeblich die Branche bestimmen. Aus der Analyse der Branche sowie der Position des zu betrachtenden Unternehmens können nach Porter zwei grundsätzliche Arten von Wettbewerbsvorteilen abgeleitet werden: Differenzierung und Kostenführerschaft. In Abschnitt 3.2 wird der industrieökonomische Ansatz nach Porter im Detail vorgestellt, da in Abschnitt 4.5 die Versicherungsbranche aufbauend auf den Ausführungen Porters analysiert werden soll. 407 Darstellung entnommen aus Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 40 408 Als weiterer branchenbezogener Ansatz kann der populationsökologische Ansatz angesehen werden; vgl. Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 43. Vertiefend vgl. hierzu beispielsweise Barnett, W./ Burgelman, R. (1996), S. 5-19
3.1 Überblick über die Ansätze des Strategischen Managements
99
Ansätze, welche die strategische Geschäftseinheit als Betrachtungsgegenstand haben, sind beispielsweise die PIMS-Studie409 oder die Ansätze der neuen Industrieökonomik410. Während die branchenbezogenen Ansätze den Erfolg eines Unternehmens maßgeblich über die Branche, in der das Unternehmen tätig ist, beurteilen, werden bei den Ansätzen, welche die strategische Geschäftseinheit im Fokus sehen, das Unternehmen und die Verhaltensweisen gegenüber der Umwelt genauer beleuchtet. Eine umfassende empirische Untersuchung stellt die PIMS-Studie da, während die Arbeiten der neuen Industrieökonomik aus theoretischer Perspektive die Verhaltensweisen von Unternehmen betrachten, beispielsweise gegenüber potentiellen neuen Wettbewerbern in einem Markt.411 Im Rahmen dieser Arbeit soll auf die hier kurz vorgestellten Ansätze nicht weiter eingegangen werden, da die Ansätze der Transaktionskostentheorie sowie des ressourcenorientierten Ansatzes die hier diskutierten Fragestellungen auf Unternehmensebene deutlich besser unterstützen. Zu den unternehmensbezogenen Ansätzen kann der ressourcenorientierte Ansatz gezählt werden.412 Im Vordergrund dieses Ansatzes stehen die Ressourcen bzw. Kompetenzen des Unternehmens und die Frage, wie das Zusammenspiel der Ressourcen zu komparativen Wettbewerbsvorteilen führen kann. Bei der strategischen Analyse von Unternehmen sowie der Ausgestaltung von strategischen Optionen soll auf die Ansätze dieser Theorie zurückgegriffen werden, so dass in Abschnitt 0 der ressourcenorientierte Ansatz und als spezielle Ausprägung das Konzept der Kernkompetenzen ausführlich dargestellt werden sollen. Netzwerkorientierte Ansätze betrachten vor allem die sozialen Beziehungen zwischen Akteuren bzw. den Aufbau und die Ausgestaltung von Netzwerken. In den verschiedenen netzwerkorientierten Ansätzen, z.B. der neueren Systemtheorie, wird der Begriff Akteur durchaus unterschiedlich definiert, gemeinsam ist ihnen jedoch
409 PIMS steht für „Profit Impact of Market Strategies“. Bei der PIMS-Studie handelt es sich um eine empirische Analyse, bei der die Zusammenhänge zwischen Marktanteil, Marktwachstum, Gewinn, ROI und Cash Flow untersucht wurden. Als Kernaussage kann festgehalten werden: Je höher das Marktwachstum und der eigene Marktanteil im Verhältnis zum Marktanteil des stärksten Wettbewerbers sind, desto attraktiver ist die Rentabilität. Vgl. Meffert, H. (2000), S. 351 oder vertiefend Welge, M./ Al-Laham, A. (1992), S. 57 ff. 410 Vertiefend vgl. beispielsweise Schmalensee, R. (1982) oder Jacquemin, A. (1986) 411 Vgl. Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 44 f. 412 Nach Knyphausen-Aufseß kann auch die „Managerial Theory of the Firm“ zu den unternehmensbezogenen Ansätzen gezählt werden; vgl. Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 49 f. Die „Managerial Theory of the Firm“ sieht als wesentliche Aufgabe des Managements einer Firma die Steuerung von drei Prozessen: den unternehmerischen Prozess zur Generierung neuer Ideen, den Integrationsprozess sowie den Prozess der permanenten Erneuerung. Vertiefend hierzu vgl. Bartlett, C./ Ghoshal, S. (1993)
100
3 Grundlagen des Strategischen Managements
die makro-ökonomische Analyse des Zusammenspiels dieser Akteure.413 Im Rahmen dieser Arbeit soll die mikro-ökonomische Perspektive im Vordergrund stehen, so dass die netzwerkorientierten Ansätze nicht weiter vertieft werden. Zu den hybriden Ansätzen werden sowohl die Transaktionskostentheorie414 als auch die Agency-Theorie415 aus dem Bereich der Neuen Institutionenökonomik gezählt. Diese gelten im Vergleich zu den unternehmensbezogenen Ansätzen und den Ansätzen, welche die strategische Geschäftseinheit als Betrachtungsgegenstand haben, als hybride Ansätze, da zwar eine Kategorisierung auf die Mikroebene unproblematisch ist, jedoch die Zuordnung zur anderen Dimension nicht eindeutig erkennbar ist. Einerseits übernehmen die Ansätze die Wettbewerbsorientierung, beispielsweise die Frage nach der Erzielung komparativer Wettbewerbsvorteile, andererseits wird zu erklären versucht, warum es zur Bildung von Unternehmen bzw. Kooperationen kommt. Während der Transaktionskostenansatz die Frage nach dem optimalen Organisationsgrad und den damit verbundenen Koordinierungsmechanismen zu beantworten versucht, stehen bei der Agency-Theorie die Vertragsbeziehungen und ihre optimale Ausgestaltung zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern im Vordergrund.416 In Abschnitt 0 soll die Eignung der Transaktionskostentheorie als Konzept zur Entscheidung über die Disaggregation der Wertschöpfungskette betrachtet werden. Im Rahmen dieser Arbeit soll zur Beschreibung und Bewertung der Versicherungsbranche sowie zur Positionierung von Unternehmen auf die Ansätze von Porter eingegangen werden. Bei der Analyse der aktuellen Wettbewerbsposition eines Unternehmens sollen die mikroökonomisch ausgerichteten, ressourcenorientierten Ansätze verwendet werden. Zur Beurteilung von Disaggregationsentscheidungen bzw. zur Frage Eigenerstellung versus Fremdbezug wird auf die Grundlagen der Transaktionskostentheorie, insbesondere auf die identifizierten Transaktionseigenschaften, zurückgegriffen. Schließlich sollen unter Berücksichtigung der ressourcenorientierten Ansätze komparative Wettbewerbsvorteile für die reorganisierten bzw. neu aus413 Bei der neueren Systemtheorie werden die Akteure eines Netzwerkes als die Elemente angesehen, die erst durch das System selbst konstruiert werden. Unter Akteur können sowohl Individuen, Gruppen, Organisationen, Unternehmen oder auch Entscheidungen verstanden werden. Unternehmen werden beispielsweise als ein Netzwerk von Ent-scheidungen angesehen, die rekursiv neue Entscheidungen generieren; vgl. hierzu Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 58 f. oder vertiefend Kappelhoff, P. (2002) oder Rüegg-Stürm, J. (1998). Eine weiterer netzwerkorientierter Ansatz besteht in der Neuen Institutionentheorie; vgl. hierzu DiMaggio, P. (1998) 414 Die Transaktionskostentheorie geht maßgeblich auf Coase zurück; vgl. Coase, R. (1937). In Abschnitt 0 wird die Transaktionskostentheorie im Detail dargestellt. 415 Vgl. Göbel, E. (2002), S. 98 ff. oder vertiefend Abschnitt 3.4.2 und die dort angegebene Literatur 416 Vgl. beispielsweise Opper, S. (2001), S. 605 f.
3.2 Darstellung des industrieökonomischen Ansatzes nach Porter
101
gerichteten Unternehmen identifiziert und die Unternehmen am Markt positioniert werden.
3.2 Darstellung des industrieökonomischen Ansatzes nach Porter Als die Kernpunkte der Forschung von Porter können drei Themenbereiche angesehen werden:
die Branchenanalyse, insbesondere die Identifizierung der Wettbewerbskräfte einer Branche;417 die Ableitung von Normstrategien zur Erzielung von Wettbewerbs-vorteilen;418 die Analyse der Wertkette als mikroökonomischer Ansatzpunkt zur Identifizierung bzw. Erzielung von Wettbewerbsvorteilen419.
Für Porter determiniert die Struktur der Branche maßgeblich das Ergebnispotential sowie das Verhalten der Wettbewerber innerhalb bzw. der potentiellen neuen Konkurrenten außerhalb der Branche. Somit steht vor der Formulierung einer Wettbewerbsstrategie die Analyse der Branche. Insbesondere die Intensität des Wettbewerbs innerhalb einer Branche kann aus dieser Strukturanalyse abgeleitet werden.420 Nach Porter wirken fünf Wettbewerbskräfte innerhalb einer Branche:
die Verhandlungsstärke der Lieferanten; die Rivalität unter den bestehenden Unternehmen; die Verhandlungsmacht der Abnehmer; die Bedrohung durch neue Konkurrenten; die Bedrohung durch Ersatzprodukte und -dienste.421
Die spezifische Stärke dieser fünf Wettbewerbskräfte und die Position eines Unternehmens im Verhältnis zu den fünf einwirkenden Wettbewerbskräften determinieren
417 418 419 420 421
Vgl. Porter, M. (1999), S. 33 ff. Vgl. Porter, M. (1999), S. 70 ff. Vgl. Porter, M. (2000), S. 66 Vgl. Porter, M. (1999), S. 33 f. Vgl. Porter, M. (1999), S. 34 ff. oder detaillierter um die jeweiligen Determinanten der Wettbewerbskräfte ergänzt Porter, M. (2000), S. 32 ff. sowie Kotler, P./ Bliemel, F. (2001), S. 664 ff.
102
3 Grundlagen des Strategischen Managements
maßgeblich das Ergebnispotential und auch die Verhaltensweisen der Unternehmen, die sich beispielsweise in den gewählten Wettbewerbsstrategien widerspiegeln.422 Ziel dieser Wettbewerbsstrategien ist die Schaffung langfristig haltbarer Wettbewerbsvorteile423. Porter hat in seinen Arbeiten drei grundsätzliche Typen von Normstrategien definiert:
umfassende Kostenführerschaft; Differenzierung; Konzentration auf Schwerpunkte.424
Branchenweit
Strategisches Zielobjekt
Differenzierung
Umfassende Kostenführerschaft
Konzentration auf Schwerpunkte
Beschränkung auf ein Segment Singularität aus Sicht des Käufers
Kostenvorsprung
Strategischer Vorteil Abbildung 21:
Matrix der Wettbewerbsstrategien nach Porter425
422 In Abschnitt 4.5.1 werden die fünf Wettbewerbskräfte zunächst spezifisch für die Versicherungsbranche beschrieben und dann in den Abschnitten 4.5.2 und 4.5.4 detailliert analysiert. 423 Wettbewerbsvorteile liegen dann vor, wenn die drei Kriterien Wichtigkeit für den Kunden, Wahrnehmbarkeit sowie Dauerhaftigkeit erfüllt werden. Zur Definition von Wettbewerbsvorteilen vgl. Meffert, H. (2000), S. 267 424 Vgl. Porter, M. (1999), S. 70 ff. oder Kotler, P./ Bliemel, F. (2001), S. 139 f.
3.2 Darstellung des industrieökonomischen Ansatzes nach Porter
103
Andere Protagonisten des industrieökonomischen Ansatzes, wie beispielsweise Bain, sehen vier Quellen von Wettbewerbsvorteilen: absolute Kostenvorteile, z.B. über den privilegierten Zugang zu Rohstoffen, Economies of Scale, eine höhere Kapitalintensität oder Vorteile durch Produktdifferenzierung. Porter hat diese verschiedenen Faktoren in den drei genannten Normstrategien zusammengefasst.426 Die drei von Porter identifizierten generischen Wettbewerbsstrategien werden in der Literatur auch für Versicherungsunternehmen als relevant angesehen.427 Im Rahmen dieser Arbeit soll auf diese Normstrategien als Quelle von Wettbewerbsvorteilen eingegangen werden, indem für die betrachteten Unternehmen bzw. Unternehmenstypen hinterfragt werden soll, ob die Erzielung relevanter Wettbewerbsvorteile und eine Erfolg versprechende Positionierung entsprechend der Normstrategien realistisch erscheint. Nach Porter „lassen sich Wettbewerbsvorteile nicht verstehen, solange man ein Unternehmen als Ganzes betrachtet“428. Eine dezidierte Betrachtung der Wertkette bzw. Wertschöpfungskette ist zum Verständnis erforderlich, da auf jeder einzelnen Stufe Kostenvorteile oder Differenzierungsquellen erzielt werden können. Die Betrachtung der Wertkette ergänzt die makroökonomischen Ansätze Porters zur Branchenanalyse und Strategiedefinition um eine mikroökonomisch ausgerichtete Betrachtung der Wertkette. Mit Hilfe der Wertkette kann ein Unternehmen in strategisch relevante Tätigkeiten, hier Wertaktivitäten genannt, gegliedert werden.429 Nach Porter müssen alle Wertaktivitäten von Konkurrenten verglichen werden, um die Ursachen von Wettbewerbsvorteilen zu identifizieren. Die Wertkette kann somit auch als Ansatzpunkt für ein Benchmarking genutzt werden.430 Auf die branchenübergreifenden Ansätze zur Struktur einer Wertkette wird insbesondere bei der Definition und Analyse der Wertschöpfungsstufen in der Versicherungsbranche in Abschnitt 5.4 eingegangen. Wesentliche Kritik an den Ansätzen Porters macht sich an der statischen Branchenanalyse, der fehlenden proaktiven Änderung von Wettbewerbsregeln sowie den generischen Strategien fest. Insbesondere die aktive Gestaltung der eigenen Ressourcen wird nicht betrachtet.431 425 426 427 428 429
In Anlehnung an Porter, M. (1999), S. 75 Vgl. Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 42 Vgl. Kaluza, B. (1990), S. 2 Porter, M. (2000), S. 63 Für ein Modell einer Wertkette vgl. Porter, M. (2000), S. 66 und für ein Beispiel vgl. Porter, M. (2000), S. 79 430 Vgl. Kotler, P./ Bliemel, F. (2001), S. 70 oder Porter, M. (2000), S. 67 431 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 58 ff. Der zuletzt genannte Punkt soll in dieser Arbeit explizit durch die Betrachtung des Konzeptes der Kernkompetenzen integriert werden.
104
3 Grundlagen des Strategischen Managements
3.3 Darstellung des Konzeptes der Kernkompetenzen als Weiterentwicklung des ressourcenorientierten Ansatzes 3.3 Darstellung des Konzepts der Kernkompetenzen Bei dem Konzept der Kernkompetenzen handelt es sich um einen Ansatz auf Unternehmensebene, bei dem die aktive Rolle des Managements bei der Gestaltung von Wettbewerbsvorteilen betont wird.432 Das Konzept der Kernkompetenzen geht maßgeblich auf Hamel/ Prahalad zurück, die eine Weiterentwicklung und Konkretisierung des ressourcenorientierten Ansatzes vorgenommen haben. Diese Weiterentwicklung beinhaltet eine Abkehr vom Produkt-Markt-Kategorie-Denken des industrieökonomischen Ansatzes hin zur Betrachtung eines Unternehmens als Portfolio von Ressourcen.433 Während die Industrieökonomik eine so genannte Outside-in-Betrachtung vornimmt und die Umfeld-daten als Datum ansieht, sieht der ressourcenorientierte Ansatz ein Unternehmen als Kombination materieller und immaterieller Ressourcen, die marktwirksam in Wettbewerbsvorteile umgesetzt werden können. Zudem können diese unternehmenseigenen Ressourcen langfristig auch das Potential besitzen, einen neuen Markt zu schaffen.434 Die Entstehung von Unternehmen wird ebenfalls näher beleuchtet, denn gäbe es funktionierende Ressourcenmärkte, würde es keinen Grund für die Bildung von Unternehmen geben. Erst das Vorhandensein unvollkommener Ressourcenmärkte bzw. unterschiedlicher Nutzen- und Gewinnerwartungen führen zur Unternehmensbildung. Gründe hierfür sind zum einen Economies of Scope, d.h. Verbundvorteile, mit anderen Ressourcen. Außerdem ist Wissen nur bedingt transferierbar, schwer zu sichern und ex-ante kaum zu bewerten.435 Als Ressourcen können nach diesem Ansatz beispielsweise Markennamen, spezielle Technologien, gut ausgebildetes Personal, exklusive Lieferverträge, eine effiziente Organisation oder ein besonders günstiger Zugang zu Investitionskapital angesehen werden.436 Besonderen Wert legt der ressourcenorientierte Ansatz auf die Frage, wieso die Ressourcenmärkte unvollkommen sind bzw. welcher Art die Barrieren für den Austausch von Ressourcen sind. Zwei Arten von Barrieren können hierbei identifiziert werden:
432 433 434 435 436
Vgl. Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 46 f. Vgl. Hamel, G./ Prahalad, C. (1990), S. 80 Vgl. Börner, C. (1999), S. 10 f. oder Hamel, G./ Prahalad, C. (1990), S. 80 Vgl. Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 47 Vgl. Wernerfelt, B. (1984), S171 ff. oder Hall, R. (1993), S. 149 ff.
3.3 Darstellung des Konzepts der Kernkompetenzen
105
Informationsbarrieren und Transfer- und Replikationsbarrieren.437
Unter Informationsbarrieren werden insbesondere kausale Ambiguitäten verstanden. Hiermit ist gemeint, dass für Außenstehende und zum Teil auch für die Unternehmen selbst die Wirkungszusammenhänge von Ressourcen bzw. die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen nicht nachvollzogen werden können. Als Transfer- und Replikationsbarrieren können die spezielle Historie eines Unternehmens, die soziale Komplexität oder die „Asset Specifity“, d.h. der Einsatz komplementärer Ressourcen, angesehen werden.438 Praxisorientierte Schutzmechanismen können beispielsweise Patentrechte, Arbeitsverträge mit Wettbewerbsklausel oder auch die Verteilung von spezifischem Wissen auf mehrere Köpfe sein.439
handelbar
• maschinelle Ausstattung
• Personal • Standardsoft-
• Lizenzen • individuelles
Strategische Ressourcen
Expertenwissen
ware
• spezifische
• Wissens-
Anlagen • spezifische Software
management • implizites Wissen • Managementfähigkeiten
nicht handelbar materiell Abbildung 22:
immateriell
Ressourcenmatrix: Kategorisierung nach Handelbarkeit und physischer Qualität440
437 Vgl. Börner, C. (1999), S. 12 oder in anderer Systematik Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 48 438 Vgl. Dierickx, H./ Cool, K. (1994), S. 70 f. oder Börner, C. (1999), S. 12 439 Vgl. Knyphausen-Aufseß, D. zu (2000), S. 48 oder ausführlicher Liebeskind, J. (1997) 440 In Anlehnung an Hall, R. (1993), S. 149 ff. Nach Hall können die immateriellen Ressourcen noch weiter gegliedert werden: Vermögensgegenstände (Assets) bzw. Fähigkeiten (Skills) in den Kategorien Funktion, Kultur, Positionierung und Regulierung; vgl. Hall, R. (1993), S. 154 f.
106
3 Grundlagen des Strategischen Managements
Zur Identifikation von strategischen Ressourcen kann eine Kategorisierung nach der Handelbarkeit bzw. der physischen Qualität vorgenommen werden. Strategisch relevant sind nach dem ressourcenorientierten Ansatz vor allem die nicht handelbaren und immateriellen Ressourcen. Es gibt jedoch auch kleine Überschneidungen in die angrenzenden Bereiche. Ressourcen, die materiell und handelbar sind, bieten keine langfristige Basis für Wettbewerbsvorteile. Strategische Ressourcen werden zu Kernkompetenzen441 und somit zu einer potentiellen Quelle von Wettbewerbsvorteilen, wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind:
Erzielung eines Kundennutzens; deutliche Abhebung von der Konkurrenz bei gleichzeitiger Nicht-Substituierbarkeit der Ressource; Potential zum Ausbau sowie zur Diversifikation.442
Kritisch an der Analyse der vorhandenen Kernkompetenzen kann angemerkt werden, dass diese nicht unbedingt Quelle zukünftiger Wettbewerbsvorteile sein werden. Somit sollte der langfristige Aufbau neuer Kernkompetenzen als Aufgabe des Managements eines Unternehmens definiert werden.443 Nach dem Konzept der Kernkompetenzen sollten in den Bereichen, in denen das Unternehmen über keine Kernkompetenzen verfügt, Kooperationspartner gefunden werden, die im Marktvergleich einzigartige Fähigkeiten beisteuern können.444 Eine Disaggregation der Wertschöpfungskette unter Berücksichtigung der eigenen Kernkompetenzen kann somit als Erfolg versprechende Option betrachtet werden. Der hier vorgestellte Ansatz soll in Abschnitt 5.4 im Rahmen der strategischen Analyse der Wertschöpfungsstufen und in Abschnitt 5.7 bei der Ableitung strategischer Optionen erneut aufgegriffen werden.
441 Im Folgenden soll in dieser Arbeit der Begriff Kernkompetenzen verwendet werden. 442 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 41 oder speziell zum Postulat der Nicht-Substituierbarkeit und des Diversifikationspotentials Börner, C. (1999), S. 13 f. Umfassender vgl. Hamel, G./ Prahalad, C. (1990), S. 83 ff. oder Hamel, G./ Prahalad, C. (1995), S. 308 ff. 443 Vgl. Hamel, G./ Prahalad, C. (1995), S. 320 f. 444 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 45 oder Hamel, G./ Prahalad, C. (1990), S. 83 f.
3.4 Transaktionskostentheorie
107
3.4 Transaktionskostentheorie als Konzept zur Unterstützung von OutsourcingEntscheidungen 3.4 Transaktionskostentheorie 3.4.1 Traditionelle Ansätze zur Unterstützung von Outsourcing-Entscheidungen Neben der Transaktionskostentheorie445 haben sich verschiedene Ansätze zur Unterstützung von Outsourcing- bzw. Make-or-Buy-Entscheidungen in der Literatur herausgebildet. Diese können in quantitative und qualitative Ansätze unterschieden werden. Zu den quantitativen Ansätzen zählen kostenrechnerische Ansätze, die Analyse der Wertkette446 und investitionstheoretische Ansätze. Zu den qualitativen Ansätzen können hingegen Checklisten und Argumentenbilanzen, Punktbewertungsverfahren sowie Portfolio-Modelle gezählt werden.447 Während bei den quantitativen Verfahren in erster Linie monetäre Kriterien betrachtet werden, versuchen die qualitativen Verfahren möglichst alle entscheidungsrelevanten Faktoren abzubilden.448 Die kostenrechnerischen Ansätze versuchen die entscheidungsrelevanten Kosten der Eigenfertigung mit Fremdbezugskosten zu vergleichen. Bei der Anwendung bestehen jedoch eine Vielzahl von Problemen, wie beispielsweise die Zurechenbarkeit von Gemein- und Fixkosten449, die Ermittlung der Fremdbezugskosten450 oder die einseitige Betrachtung von Produktionskosten und Vernachlässigung der Transaktionskosten451.452 Die Analyse der Wertkette ermöglicht ebenfalls vor allem Kostenbetrachtun453 gen , gibt zudem aber Unterstützung bei der Strukturierung. Durch die Gliederung eines „Unternehmens in strategisch relevante Tätigkeiten“454 besteht die Möglichkeit, sich einen adäquaten Überblick über Kosten und Nutzen einzelner Wertaktivitäten zu verschaffen. Zudem bietet die Analyse der Wertkette einen guten Ansatzpunkt zum Benchmarking. Letztendlich dient sie somit eher als Bewertungshilfe für Outsour445 Auf diese wird in den Abschnitten 3.4.2 und 3.4.3 im Detail eingegangen. 446 Die Analyse der Wertkette geht ursprünglich auf Porter zurück; vgl. Porter, M. (2000), S. 63 ff. Porter jedoch hat den Fokus hierbei auf das Ziel der Identifikation und Erzielung von Wettbewerbsvorteilen gelegt. Zur Verwendung der Wertkettenanalyse für Make-or-Buy-Entscheidungen vgl. beispielsweise Bauer, C./ Kluge, J. (2000), S. 140 ff. 447 Als Überblick über die verschiedenen Ansätze vgl. Schätzer, S. (1999), S. 52 ff. oder Nagengast, J. (1997), S. 173 ff. 448 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 174 und S. 177 449 Vgl. Picot, A. (1992), S. 109 450 Vgl. beispielsweise zu Forschungs- und Entwicklungskosten Scherer, N. (1995), S. 55 451 Vgl. Beer, M. (1998), S. 26 ff. oder Picot, A./ Reichwald, R./ Schönecker, H. (1985), S. 820 452 Für weitere Kritikpunkte vgl. Schneider, D./ Baur, C./ Hopfmann, L. (1994), S. 59 ff. oder Buhl, H./ Wirth, A. (1993), S. 3 sowie die dort angegebene Literatur 453 Vgl. Schneider, D./ Baur, C./ Hopfmann, L. (1994), S. 59 ff. 454 Porter, M. (2000), S. 63
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3 Grundlagen des Strategischen Managements
cing-Entscheidungen und weniger als Entscheidungsverfahren.455 Die „Wertkettenanalyse kann zwar nicht die vollständige Entscheidungslogik für Make-or-BuyÜberlegungen abbilden, aber […] auf die Struktur der Wertkette hinweisen“456. Die investitionstheoretischen Ansätze versuchen auf Basis der dynamischen Erfolgsrechnung mittels Prognose von Aus- und Einzahlungen beispielsweise den Kapitalwert einer Outsourcing-Entscheidung zu bestimmen.457 Problematisch erweist sich vor allem die Prognose der zukünftigen Zahlungen, die maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis haben.458 Aufgrund der vielfältigen Probleme der vorgestellten quantitativen Ansätze werden diese kritisch betrachtet. Zudem führt die einseitige Berücksichtigung monetärer Aspekte zu einer Vernachlässigung weiterer Dimensionen wie der Qualität, der Flexibilität oder strategischer Aspekte.459 Pragmatische Verfahren bestehen in Checklisten und Argumentenbilanzen. Während Checklisten lediglich potentielle Vor- und Nachteile auflisten, werden diese in Argumentenbilanzen systematisiert und in Form einer Bilanz gegenübergestellt. Insgesamt dienen Checklisten und Argumentenbilanzen weniger als Verfahren zur Entscheidungsunterstützung, sondern eher als Hilfe bei der Vorarbeit zur Anwendung anderer Verfahren, indem Argumente möglichst vollständig erfasst werden. Hauptkritikpunkte liegen zum einen in der mangelnden Gewichtung unterschiedlich relevanter Kriterien, zum anderen in der mangelnden theoretischen Fundierung der Ansätze.460 Punktbewertungsverfahren, beispielsweise die Nutzwertanalyse oder Scoringmodelle, bieten gegenüber Checklisten und Argumentenbilanzen den Vorteil, dass über die Gewichtung von Kriterien und die Bestimmung von Punktwerten je Kriterium die Entscheidungsfindung systematisch unterstützt wird. Gegenüber den zuvor diskutierten quantitativen Verfahren besteht der Vorteil, dass neben monetären 455 456 457 458
Vgl. Baur, C./ Kluge, J. (2000), S. 140 Baur, C./ Kluge, J. (2000), S. 140 Vertiefend hierzu vgl. Kremeyer, H. (1982) Vgl. Benkenstein, M. (1994), S. 496. Auf die zahlreichen Herausforderungen bei der Anwendung investitionstheoretischer Bewertungsverfahren wurde im Detail bereits in Abschnitt 2.4.3 eingegangen. Im Rahmen dieser Arbeit soll mit der Anwendung des Konzeptes des Zukunftserfolgswertes ein anderer Weg eingeschlagen werden: Nicht der Kapitalwert einer einzelnen Outsourcing-Entscheidung soll bestimmt werden, sondern vielmehr sollen die investitionstheoretischen Ansätze als Verfahren der Unternehmensbewertung zur Analyse der Wertschöpfungsstufen verwendet werden. Vgl. hierzu ausführlich Abschnitt 1.3 zum Aufbau der Arbeit, Abschnitt 2.4 zur theoretischen Ausgestaltung, Abschnitt 2.5 zur Logik der Vorgehensweise sowie Abschnitt 0 zur praxisorientierten Anwendung im Rahmen des erarbeiteten Bewertungsmodells. 459 Vgl. Schätzer, S. (1999), S. 52 ff. 460 Für weitere Kritikpunkte vgl. Schätzer, S. (1999), S. 54 ff.
3.4 Transaktionskostentheorie
109
Aspekten auch weitere Aspekte über die Bestimmung von Nutzwerten in die Entscheidungsfindung integriert werden können. In der Literatur kritisch betrachtet wird die Bestimmung der adäquaten Kriteriengewichtung und der Auswahl der Kriterien461, die Bestimmung der Punktwerte sowie die Nicht-Berücksichtigung von Interdependenzen462. Insgesamt täuschen die Punktbewertungsverfahren somit eine Objektivität vor, wobei die Bestimmung der Gewichte und Punktwerte den subjektiven Einschätzungen des Entscheiders unterliegen.463 Mit der Anwendung von Portfolio-Modellen sollen verschiedene Objekte in einem in der Regel zweidimensionalen Raum positioniert werden, um dann bereits vordefinierte Normstrategien entsprechend der Positionierung anzuwenden. Als Beispiel kann die Sechs-Felder-Portfolio-Matrix mit den Dimensionen „Know-howBarrieren für die Eigenerstellung“ und „Spezifität, strategische Bedeutung, Unsicherheit, Häufigkeit“ angeführt werden, die insgesamt sechs verschiedene Normstrategien definiert.464 Da in Portfolio-Modellen üblicherweise nur zwei Dimensionen abgebildet werden, ist die Verdichtung heterogener Kriterien oder die Auswahl weniger Kriterien erforderlich. Dies führt jedoch zu Informationsverlusten sowie zu möglichen Problemen bei der Verdichtung bzw. Aggregation von Kriterien. Durch die Definition von Normstrategien können nur pauschale Entscheidungen gefällt werden. Zudem bestehen Probleme bei der Abgrenzung der Felder, so dass unter Umständen die falsche Normstrategie gewählt wird.465 Zusammenfassend können folgende Kritikpunkte an den vorgestellten Ansätzen festgehalten werden:
461 462 463 464
mangelnde theoretische Fundierung; mangelnde oder eindimensionale Operationalisierung bzw. Probleme bei der Aggregation von Kriterien; fehlende Berücksichtigung von Transaktionskosten.
Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 178 f. Vgl. Picot, A. (1992), S. 110 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 179 Vgl. Picot, A./ Maier, M. (1992), S. 22. Durch die Verwendung der transaktionskostentheoretischen Begriffe Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit wird der Versuch unternommen, die transaktionskostentheoretischen Ansätze ohne die Durchführung einer vollständigen Transaktionskostenanalyse zu integrieren. 465 Vgl. Knolmayer, G. (1992), S. 6. Vertiefend zu Portfolio-Modellen vgl. Schneider, D./ Baur, C./ Hopfmann, L. (1994), S. 92 ff. oder speziell bezüglich DV-Leistungen vgl. Schneider, D. (1996), S. 894 ff.
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3 Grundlagen des Strategischen Managements
Insbesondere der letztgenannte Aspekt erscheint besonders kritisch, denn „der wesentliche Grund für die vermehrte Infragestellung von internen Leistungen liegt im sukzessiven Verfall der Transaktionskosten.“466
3.4.2 Einordnung der Transaktionskostentheorie in den Rahmen der Neuen Institutionenökonomik Der Begriff der Neuen Institutionenökonomik wurde von Williamson467 geprägt, auch wenn die ersten Ansätze bereits 1937 von Coase in dem Artikel „The Nature of the Firm“468 diskutiert wurden. Insgesamt lässt sich die Neue Institutionenökonomik eher noch als offene „work in progress“469 bezeichnen. „Kernpunkt der Neuen Institutionenökonomik ist die Anerkennung von Koordinations- und Motivationsproblemen bei der Interaktion von Menschen in einer arbeitsteiligen Wirtschaft.“470 Im Gegensatz zur neoklassischen Theorie treten diese Koordinations- und Motivationsprobleme auf, weil von den teilweise realitätsfernen Annahmen der Neoklassik, z.B. die Annahme der vollständigen Information, abgerückt wurde. Wesentliche Grundannahmen der Neuen Institutionenökonomik sind der methodologische Individualismus, die beschränkte Rationalität, unvollständige Informationen471 und opportunistische Verhaltensweisen der agierenden Individuen.472 Insgesamt sind diese Grundannahmen mehr eine Ergänzung zu denen der Neoklassik als eine grundsätzlich andere Ausrichtung. Der bereits aus der Neoklassik bekannte methodologische Individualismus gilt weiterhin. Dies bedeutet, dass ein Unternehmen, ein Staat oder eine Gesellschaft nicht als eine Handlungseinheit anzusehen sind, sondern sich die Handlungen des Kollektivs als Summe der Aktivitäten der einzelnen Individuen erklären lassen. So-
466 Baur, C./ Kluge, J. (2000), S. 140 467 Williamson bezog den Begriff der Neuen Institutionenökonomik zunächst nur auf die Transaktionskostentheorie; vgl. Williamson, O. E. (1975). Heute werden jedoch übereinstimmend die Property Rights-Theorie und die Agency-Theorie hinzu gezählt; vgl. beispielsweise Göbel, E. (2002) oder Richter, R./ Bindseil, U. (1995), S. 134 468 Vgl. Coase, R. (1937) 469 Opper, S. (2001), S. 607 470 Göbel, E. (2002), S. VII 471 Die Annahme der unvollständigen Informationen wird in der Literatur nur selten explizit, sondern eher implizit angeführt. Eine Ausnahme bildet hier Windsperger; vgl. Windsperger, J. (1983), S. 889 472 Vgl. Opper, S. (2001), S. 602 f., Schätzer, S. (1999), S. 92, Nagengast, J. (1997), S. 188 f. oder Picot, A. / Dietl, H. (1990), S. 179
3.4 Transaktionskostentheorie
111
mit bestimmen die individuellen Anreize und Ziele über das Verhalten der Gruppe.473 Beschränkte Rationalität wird als eine Ergänzung gegenüber der Annahme der individuellen Rationalität verstanden. Die beschränkte Rationalität besagt, dass Individuen durchaus rational handeln wollen, jedoch aufgrund der Komplexität der Umwelt und der damit verbundenen Informationsdefizite in Kombination mit begrenzten kognitiven Fähigkeiten hierzu nicht in der Lage sind.474 Eine der Grundannahmen der Neoklassik besteht im Vorliegen vollständiger Informationen. Auch wenn die Annahme der unvollständigen Informationen in der Literatur nur selten explizit genannt wird, so ist sie doch „untrennbar mit dem Konzept der Transaktionskosten verbunden“475. Bei unvollständigen Informationen muss ein Unternehmer die Transaktionen mit anderen Wirtschaftssubjekten koordinieren. Beispielsweise müssen zur Auswahl von Transaktionspartnern Informationen über diese eingeholt werden. Die bei dieser Koordinationstätigkeit entstehenden Kosten werden Transaktionskosten genannt. Das Vorliegen von Transaktionskosten, welches einer der Kernpunkte der Neuen Institutionenökonomik ist, bedingt somit die Grundannahme der unvollständigen Informationen, da im Fall vollständiger Informationen keine Koordinationstätigkeiten erforderlich wären.476 Eine weitere Ergänzung gegenüber der Neoklassik ist in der Annahme opportunistischer Verhaltensweisen zu sehen.477 Dieser Opportunismus drückt sich beispielsweise im so genannten „moral hazard“, in Bummelei oder adverser Selektion aus. Hierbei nehmen die Akteure die bewusste Schädigung des Vertragspartners in Kauf. Hierbei entstehen in Vertragsbeziehungen höhere Transaktionskosten, weil sich beide Vertragspartner gegen das opportunistische Verhalten der anderen Partei abzusichern versuchen.478 Aus den zuvor dargestellten Annahmen geht als Kernpunkt die Existenz von Transaktionskosten bei der Koordination von Transaktionen hervor, welche wiederum die „Bedeutung von Institutionen als Forschungsgegenstand der Ökonomik“479 begründen. Unter Institutionen werden alle Erscheinungsformen eines geregelten
473 474 475 476 477 478 479
Vgl. Richter, R./ Bindseil, U. (1995), S. 132 Vgl. Williamson, O. E. (1975), S. 21 f. Windsperger, J. (1983), S. 900 Vgl. Windsperger, J. (1983), S. 889 Vgl. Williamson, O.E. (1975), S. 20 ff. Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 189 Opper, S. (2001), S. 603
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3 Grundlagen des Strategischen Managements
Miteinanders sowie Kooperationen von Menschen verstanden.480 North definiert Institutionen als formale, z.B. Verfassungen oder Gesetze, bzw. informelle Beschränkungen, beispielsweise Sitten oder Bräuche.481 Die Neue Institutionenökonomik umfasst derzeit drei Kerngebiete:
die Verfügungsrechtstheorie bzw. den Property Rights-Ansatz, die Agency-Theorie bzw. Principal-Agent-Theorie und die Transaktionskostentheorie.482
Die Verfügungsrechtstheorie beschäftigt sich primär mit der Frage volkswirtschaftlich effizienter Zuweisungen von Verfügungsrechten. Verfügungsrechte setzen sich aus vier Komponenten zusammen:
dem Recht auf Nutzung eines Gutes (usus); dem Recht auf die Erträge aus der Güternutzung (usus fructus); dem Recht auf Veränderung eines Gutes (abusus); dem Recht auf Veräußerung des Gutes und der damit verbundenen Verfügungsrechte.483
Diese Verfügungsrechte können einem Individuum zugeordnet sein, aber auch auf verschiedene Träger verteilt sein. Die Ausgestaltung der Verfügungsrechte determiniert die Allokation und Nutzung wirtschaftlicher Ressourcen auf spezifische und vorhersehbare Weise.484 Um dies zu gewährleisten, sollte die Durchsetzung der Verfügungsrechte durch Institutionen gesichert sein. Einen Bezug zur Betriebswirtschaftslehre besitzt die Verfügungsrechtstheorie als Organisationstheorie, indem gefragt wird, an wen Verfügungsrechte innerhalb einer Organisation delegiert werden, um eine effiziente Ressourcenallokation zu gewährleisten.485
480 Vgl. Göbel, E. (2002), S. 1 481 Vgl. North, D. (1992), S. 4 f. 482 Vgl. beispielsweise Göbel, E. (2002), S. VII oder Opper, S. (2001), S. 604 f. Richter/ Bindseil hingegen betrachten noch eine Reihe von Gebieten als Bestandteil der modernen Institutionenökonomik, beispielsweise die ökonomische Analyse des Rechts, den neoinstitutionellen Ansatz der Wirtschaftsgeschichte oder die neue politische Ökonomik; vgl. hierzu Richter, R./ Bindseil, U. (1995), S. 134 483 Vgl. Alchian, A. (1977), Furubotn, E./ Richter, R. (1996), S. 82 oder Göbel, E. (2002), S. 66 f. 484 Vgl. Furubotn, E./ Pejovich, S. (1972), S. 1139 485 Vgl. Schätzer, S. (1999), S. 86
3.4 Transaktionskostentheorie
113
Die Agency-Theorie betrachtet arbeitsteilige Vertragsbeziehungen und die optimale Ausgestaltung von Auftrags- und Überwachungssystemen zwischen Auftraggebern486 und Auftragnehmern487. Kernaspekt dieses Ansatzes ist die These, dass Auftraggeber und Auftragnehmer keine kongruenten Interessen verfolgen und beide als individuelle Nutzenmaximierer opportunistisch agieren. Aufgrund der Informationsasymmetrie und des Entscheidungsspielraums des Auftragnehmers kann dieser auf zwei Arten seine individuellen Ziele verfolgen:
über versteckte Aktionen (hidden action) oder durch das Verstecken von Informationen (hidden information).488
Ziele der Agency-Theorie sind zum einen die Analyse der Ursachen und Merkmale dieser Agency-Problematik. Zum anderen umfasst die Theorie Beschreibungen institutioneller Einrichtungen zur Lösung dieser Problematik sowie die Ausgestaltung effizienter Vertragsbeziehungen und kostenminimaler Kontrollmechanismen, mit denen der Auftraggeber seine Interessen wahrt.489 In der Literatur wird zwischen der normativen, theoretisch geprägten Agency-Theorie und der positiven, empirisch orientierten Agency-Theorie unterschieden.490 Auf die Transaktionskostentheorie soll im folgenden Abschnitt im Detail eingegangen werden.
3.4.3 Darstellung der wesentlichen Merkmale der Transaktionskostentheorie Das Ziel der Transaktionskostentheorie ist die Klärung der Frage, weshalb spezielle Transaktionen in einem bestimmten Organisationsdesign effizienter abgewickelt
486 Auch Principals bzw. Prinzipale genannt. 487 Auch Agents bzw. Agenten genannt. 488 Unter „hidden action“ wird verstanden, dass der Auftraggeber die Handlungen des Agenten nicht bzw. nicht kostenlos beobachten kann und somit eine Bewertung anhand der Ergebnisse nur zum Teil möglich ist, da beispielsweise andere Effekte keinen direkten Rückschluss auf die Leistungen des Auftragnehmers zulassen. „Hidden information“ meint, dass der Auftragnehmer über handlungsrelevante Informationen verfügt, die dem Auftraggeber nicht bzw. nicht kostenlos zugänglich sind; vgl. Arrow, K. (1985), S. 37 f. 489 Ein klassisches Anwendungsgebiet der Agency-Theorie liegt in der Ausgestaltung von Corporate Governance Strukturen zwischen Eigentümern und Management von Unternehmen; vgl. Opper, S. (2001), S. 606 490 Zur normativen Agency-Theorie vgl. Grossmann, S./ Hart, O. (1983) und zur positiven AgencyTheorie vgl. Jensen, M./ Meckling, W. (1976). Für einen Überblick vgl. beispielsweise Göbel, E. (2002), S. 98 ff.
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3 Grundlagen des Strategischen Managements
werden können als in anderen.491 Den Maßstab der Analyse bildet ein Vergleich sämtlicher Kosten für die Produktion und Transaktion von Leistungen.492 Der Ursprung der Transaktionskostentheorie liegt in der von Coase in seinem Aufsatz „The Nature of the Firm“ behandelten Frage, weshalb nicht alle Transaktionen über Märkte, sondern zu einem großen Teil unternehmensintern abgewickelt werden.493 Wesentliche Annahme war hierbei die Existenz von Transaktionskosten, welche bei der Nutzung des Marktes entstehen. Williamson hat diesen Ansatz in den 70er Jahren weiterentwickelt, indem er verschiedene Organisationsformen bezüglich zuvor definierter Transaktionseigenschaften analysiert hat.494 Die Analyse der Transaktionskosten verfolgt demnach den Zweck, das optimale Organisationsdesign zu identifizieren. Bei gleichen Produktionskosten495 wird dann das Organisationsdesign gewählt, welches die geringsten Transaktionskosten aufweist.496 Bedingungen für die Relevanz der Transaktionskosten sind somit, dass Produktionskosten bei Änderung der Organisationsform gleich bleiben und ein effizienter Wettbewerb zwischen den Akteuren stattfindet.497 Eine konkrete Definition von Transaktionskosten hat sich bislang in der Literatur nicht durchgesetzt. Unstrittig können die „Kosten der Koordination der Transaktionen unter einem bestimmten Organisationsdesign als Transaktionskosten“498 bezeichnet werden. In der konkreten Ausgestaltung sowie der Abgrenzung zu den Produktionskosten stehen jedoch verschiedene Ansätze und Definitionen gegenüber, die zum Teil auch als eine Aufzählung von Kostenarten angeführt werden. Hier soll auf die auch in der Literatur etablierte Definition nach Picot zurückgegriffen werden: Dieser definiert Anbahnungs-, Vereinbarungs-, Kontroll- und Anpassungskosten
491 492 493 494 495
Vgl. Beer, M. (1998), S. 52 Vgl. Williamson, O.E. (1985), S. 41 Vgl. Coase, R. (1937), S. 386 ff. Vgl. Williamson, O.E. (1975), S. 21 f. Windsperger sieht unter anderem aufgrund der Subadditivität der Kostenfunktionen sowie der geringeren Economies of Scale bei interner Koordination sogar Produktionskostennachteile gegenüber der marktlichen Beschaffung; vgl. Windsperger, J. (1983), S. 899 f. Picot definiert, dass Produktionskosten keine organisatorischen Aspekte beinhalten, so dass diese per Definition unabhängig vom gewählten Organisationsdesign wären; vgl. Picot, A. (1982), S. 270. Grundsätzlich wäre jedoch denkbar, dass ein anderer Anbieter aufgrund von Skalenvorteilen niedrigere Produktionskosten erzielen könnte, so dass nur dann die interne Eigenerstellung gewählt werden sollte, wenn die Transaktionskosten bei Beschaffung am Markt größer sind als die möglichen Produktionskostenvorteile eines anderen Anbieters. 496 Vgl. Windsperger, J. (1983), S. 896 497 Vgl. Picot, A. (1982), S. 271 498 Windsperger, J. (1983), S. 896
3.4 Transaktionskostentheorie
115
als Transaktionskosten.499 Als Abgrenzung zu den Produktionskosten definiert Picot, dass die Höhe der Produktionskosten durch die Produktionsfunktion determiniert wird, während die Transaktionskosten sämtliche über die Produktionsfunktion hinausgehenden Faktoreinsätze als Kosten umfassen.500 Nach Schätzungen sollen Transaktionskosten in den USA ca. 50% des BIP betragen.501 Als grundlegende Prämissen gelten auch bei der Transaktionskostentheorie die beschränkte Rationalität und der Opportunismus. Williamson hat hierzu das so genannte Markt-Hierarchie-Paradigma entwickelt, das Verhaltensannahmen und Umweltfaktoren gegenüberstellt. Williamson sieht erst durch das Zusammenspiel von Verhaltensannahme und speziellen Umweltfaktoren ein Problempotential.502 Beispielsweise führt die Annahme der beschränkten Rationalität erst im Fall von Unsicherheit über die Zukunft oder bei Komplexität zu Problemen.503 Ebenso entstehen erst durch Kombination von Opportunismus und Spezifität Probleme. Das gemeinsame Auftreten beider Annahmen und Umweltfaktoren führen demnach zum Versagen der klassischen, marktlichen Koordinationsmechanismen. Neben diesen Hauptfaktoren existieren noch drei weitere Einflussgrößen auf die Wirksamkeit von Koordinationsmechanismen: Informationsverkeilung, Transaktionsatmosphäre und Transaktionshäufigkeit.504 Die Analyse der Transaktionskosten soll durch die Bewertung der Ausprägung von Transaktionseigenschaften Hinweise darauf geben, welches Organisationsdesign für ein Unternehmen am effizientesten wäre. Die untersuchten Transaktionseigenschaften sind
Faktorspezifität, Unsicherheit und Häufigkeit.505
499 Vgl. Picot, A. (1982), S. 270 oder Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 178. Für weitere Definitionen vgl. Göbel, E. (2002), S. 129 ff., Schätzer, S. (1999), S. 103 oder Windsperger, J. (1983), S. 896, welcher beispielsweise eine Differenzierung nach Transaktionskosten bei interner Koordination versus Markttransaktionen vornimmt. 500 Vgl. Picot, A. (1982), S. 270, wobei Picot organisatorische Aspekte nicht als Bestandteil der Produktionsfunktion ansieht. 501 Vgl. Richter, R./ Bindseil, U. (1995), S. 134 502 Vgl. Williamson, O.E. (1975), S. 21 f. 503 Picot/ Dietl grenzen Unsicherheit und Komplexität mit dem Beispiel ab, dass ein Würfelspiel als unsicher und ein Schachspiel als komplex betrachtet werden können; vgl. Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 179. Zur Definition der beschränkten Rationalität vgl. Abschnitt 3.4.2 504 Vertiefend hierzu vgl. Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 179 f. 505 Vgl. Göbel, E. (2002), S. 139 ff., Nagengast, J. (1997), S. 187 oder Picot, A. (1982), S. 271. Bei Picot wird zusätzlich auch noch die Infrastruktur der Transaktionen, also die rechtlichen und
116
3 Grundlagen des Strategischen Managements
Die Eigenschaft mit dem bedeutendsten Einfluss ist die Spezifität bzw. Faktorspezifität.506 Spezifität bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die „Leistungsbeziehungen auf idiosynkratischen, d.h. auf bestimmte Transaktionen spezialisierten, Investitionen basieren“507. Picot nennt diese Eigenschaft auch Mehrdeutigkeit der Transaktionssituation. Die Spezifität stellt einen maßgeblichen Unterschied zum neoklassischen Modell dar, welches von homogenen Gütern ausgeht. In der Literatur werden verschiedene Formen der Spezifität unterschieden: Standort-, Sachkapital-, Humankapital-, Zeit- und Markennamenspezifität sowie abnehmerspezifische Investitionen.508 Als Kernprobleme bezeichnet Picot in einer anderen Darstellungsform die Spezialitäten des Transaktionsobjektes, eine kleine Anzahl verfügbarer Transaktionspartner sowie das Vorliegen des Informationsparadoxon, sofern das Transaktionsobjekt aus Informationen besteht.509 Ein hoher Spezifitätsgrad führt zu monopolartigen Austauschbeziehungen, welche zu wechselseitigen Abhängigkeiten und somit eher zu hierarchischen Koordinationsformen führen.510 Unter der Transaktionseigenschaft Unsicherheit wird die Unsicherheit über zukünftige Umweltzustände verstanden. Wird beispielsweise die Unsicherheit antizipativ in Form von Vertragsvereinbarungen berücksichtigt, so steigen hierdurch die Vereinbarungs- und die Kontrollkosten. Sofern dies jedoch nicht antizipativ aufgenommen wird, steigen im Fall unerwarteter Umweltzustände die Anpassungskosten. Insgesamt kann somit eine hohe Unsicherheit ex-ante oder ex-post zu einer deutlichen Erhöhung der Transaktionskosten führen.511 Eine große Häufigkeit gleichartiger Transaktionen bietet die Möglichkeit, auch im Bereich der Transaktionskosten sinkende Durchschnittskosten bei zunehmender
506 507 508 509
510 511
techno-logischen Rahmenbedingungen, betrachtet; vgl. Picot, A. (1982), S. 271. Für Beispiele zum Vorgehen bei der Auswahl der Koordinationsform bzw. des Organisationsdesigns vgl. die Abbildung 2 bei Picot, A. (1982), S. 275 Zur dominanten Bedeutung der Eigenschaft Spezifität vgl. Riordan, M./ Williamson, O.E. (1985), S. 367 Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 179 Vgl. Williamson, O.E. (1985), S. 95 f., Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 179 oder Göbel, E. (2002), S. 139 ff. Mit Spezialitäten des Transaktionsobjektes sind Eigenschaften gemeint, für die es keine bzw. kaum andere Verwendungsmöglichkeiten gibt. Unter dem Informationsparadoxon wird verstanden, dass der Wert einer Information vor dem Kauf für den Käufer nicht bekannt ist, jedoch dann, wenn der Käufer die Information zur Bewertung einsieht, er diese bereits beschafft und damit kostenlos erworben hat; vgl. Picot, A. (1982), S. 271 f. Vgl. Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 179. Zur weiteren Vertiefung vgl. auch Schneider, D./ Baur, C./ Hopfmann, L. (1994), S. 69 ff. Vgl. Picot, A. (1982), S. 272. Bei Göbel wird auch noch die Verhaltensunsicherheit als spezielle Form der Umweltunsicherheit angeführt; vgl. Göbel, E. (2002), S. 142. Vertiefend zur Eigenschaft der Unsicherheit vgl. auch Schneider, D./ Baur, C./ Hopfmann, L. (1994), S. 74 ff.
3.4 Transaktionskostentheorie
117
Menge zu erzielen. Diese können durch Fixkostendegressionseffekte, z.B. Verteilung hoher Kosten der Erstvereinbarung, Lerneffekte, beispielsweise durch vereinfachte Abwicklung von Transaktionen oder Kontrollen, oder durch Economies of Scale begründet sein.512 Trotz sinkender Transaktionskosten bei zunehmender Häufigkeit könnte bei einer sehr hohen Häufigkeit wiederum die Eigenerstellung vorteilhaft sein, weil mögliche Skalenvorteile auch von dem eigenen Unternehmen erzielt werden können.513 Die Häufigkeit an sich gestattet daher noch keinen Rückschluss auf die Frage nach dem Organisationsdesign, vielmehr führt die Häufigkeit in Kombination mit der Spezifität zu verschiedenen Ausprägungen des Organisationsdesigns und der erforderlichen Kontrollsysteme.514 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass hochspezifische, mit hoher Unsicherheit verbundene und seltene Transaktionen eher zu einem hierarchischen Organisationsdesign führen, während häufige Transaktionen mit einer geringen Spezifität sowie geringer Unsicherheit eher über den Markt abgewickelt werden können. Dies spiegelt auch das auf Williamson zurückgehende Aussagesystem wider.515 Bei der praktischen Umsetzung des Transaktionskostenansatzes werden teilweise Erweiterungen der betrachteten Transaktionseigenschaften um die Infrastruktur der Transaktion, den Opportunismus der Transaktionspartner sowie die Produktionskosten vorgenommen.516 Die Betrachtung der Infrastruktur der Transaktion kann in rechtliche, technologische und soziale Rahmenbedingungen unterteilt werden. Unter technologischen Rahmenbedingungen werden z.B. bessere Kommunikations- und Informationssysteme verstanden, welche zu sinkenden Transaktionskosten führen können. Rechtliche Rahmenbedingungen stellen klare Regelungen des Vertragsrechtes oder auch die allgemeine Rechtssicherheit dar. Die sozialen Rahmenbedingungen determinieren den Opportunismus der Vertragspartner, welcher als eigenständige Eigenschaft betrachtet werden kann. Im Rahmen dieser Arbeit könnte der Opportunismus des Vertragspartners beispielsweise dann auftreten, wenn der Vertragspartner auf einer Wertschöpfungsstufe, z.B. ein anderer Versicherer, wiederum Wettbewerber auf an-
512 Vgl. Picot, A. (1982), S. 272 513 Vgl. hierzu die Ausführungen zur Berücksichtigung der Höhe der Produktionskosten in Fußnote 495 514 Vgl. Göbel, E. (2002), S. 143 und vertiefend zu den Effekten der Häufigkeit und Erfahrung vgl. Schneider, D./ Baur, C./ Hopfmann, L. (1994), S. 78 ff. 515 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 196 sowie die dort angeführte Literatur 516 Vgl. beispielsweise Picot, A. (1982), S. 271, welcher die ergänzende Betrachtung der Infrastruktur postuliert.
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3 Grundlagen des Strategischen Managements
deren Wertschöpfungsstufen ist.517 Die Berücksichtigung der Produktionskosten im Rahmen der Transaktionskostenanalyse ist in der Literatur umstritten. Wie in Abschnitt 4.5.3 jedoch herausgearbeitet werden soll, besteht in der Betriebsgröße von Versicherungen auf einzelnen Wertschöpfungsstufen ein strategischer Erfolgsfaktor, so dass mögliche Skalenvorteile der externen Leistungsanbieter berücksichtigt werden sollen. Es soll auf eine quantitative Ermittlung der Produktionskosten bzw. der Skalenvorteile verzichtet werden. Entsprechend der qualitativen Einschätzung der Transaktionseigenschaften soll jedoch eine ebenfalls qualitative Bewertung erfolgen.518 Potentielle Anwendungsgebiete einer Transaktionskostenanalyse sind Analysen zur vertikalen Integration, zum Outsourcing, zu Arbeitsverhältnissen oder zur internen Organisationsgestaltung.519 Als „prominentestes Anwendungsgebiet dieser Vorgehensweise gilt die Ermittlung des vertikalen Integrationsgrades“520. Im Ergebnis existiert jedoch keine Dichotomie zwischen Outsourcing und Eigenerstellung, sondern eine „Reihe von Zwischenformen“521. Kritisch an der Transaktionskostentheorie wird gesehen, dass sie keine quantitative Bewertung sondern nur die nicht quantifizierte Auswahl der optimalen Koordinationsform bietet. Die Transaktionskostentheorie soll jedoch im Rahmen dieser Arbeit als Ergänzung zur quantitativen Bewertung durch die Ansätze der Unternehmensbewertung genutzt werden, so dass durch die Kombination quantitativer und qualitativer Bewertung eine höhere Entscheidungssicherheit erzielt werden kann.522
517 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 193 und 208 f. 518 Eine Integration von Transaktionseigenschaften und Produktionskosten findet sich beispielsweise bei Nagengast; vgl. Nagengast, J. (1997), S. 209 ff. Im Rahmen dieser Arbeit erscheint dieses Vorgehen aufgrund der hohen Bedeutung der Betriebsgröße und sich daraus ergebender Skalenvorteile bei Versicherungsunternehmen als geeignet. 519 Für eine weitere Auflistung potentieller Anwendungsgebiete der Transaktionskostenanalyse vgl. Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 182 sowie die dort angeführte Literatur. Vertiefend zur Analyse der vertikalen Integration sowie für eine Definition vgl. Schätzer, S. (1999), S. 119 520 Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 182 521 Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 182. Vertiefend zu den potentiellen Koordinationsformen vgl. Picot, A. (1982), S. 273 f. sowie die in Abschnitt 1.5.3 angeführte Literatur 522 Vgl. Picot, A./ Dietl, H. (1990), S. 182 f. Für weitere Kritikpunkte vgl. Picot, A. (1982), S. 281, Göbel, E. (2002), S. 153 oder bezüglich der Eignung für Outsourcing-Entscheidungen bei Dienstleistungen Nagengast, J. (1997), S. 212 f. Sehr ausführlich wird die kritische Würdigung bei Beer vorgenommen; vgl. Beer, M. (1998), S. 63 ff.
4.2 Begriff der Versicherung und des Versicherungsproduktes
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4 Versicherungsunternehmen als Bewertungsobjekt: Historie, aktuelle Situation und Ausblick der deutschen Versicherungswirtschaft 4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
4.1 Aufbau des Kapitels In diesem Abschnitt soll der Aufbau des folgenden Kapitels kurz skizziert werden. Im Fokus steht hierbei das Bewertungsobjekt Versicherungsunternehmen. Zunächst soll betrachtet werden, zu welchen Implikationen die Spezifika des Versicherungsproduktes führen. Dabei soll auf die verschiedenen theoretischen Ansätze der Versicherungsbetriebslehre zurückgegriffen werden. Im nächsten Schritt wird die aktuelle Situation der deutschen Versicherungswirtschaft dargestellt. Durch die Analyse der Historie soll herausgearbeitet werden, wie es zu spezifischen Aspekten, beispielsweise den unterschiedlichen Gesellschaftsformen in der Versicherungswirtschaft, gekommen ist. Auf Basis dieser Analysen sollen dann in Abschnitt 4.4 die Ziele für Versicherungsunternehmen definiert werden. In Abschnitt 4.5 werden schließlich die aktuellen Herausforderungen aufgrund von Änderungen des Wettbewerbsumfeldes diskutiert. Die abschließende Zusammenfassung der Herausforderungen und Spezifika bildet den Abschluss des Kapitels zum Bewertungsobjekt.
4.2 Begriff der Versicherung und des Versicherungsproduktes 4.2.1 Überblick über die verschiedenen wissenschaftlichen Ansätze zum Versicherungsprodukt In der Literatur werden das Versicherungsprodukt und die Entwicklung des Versicherungswesens unter verschiedenen Sichtweisen betrachtet. Ausgehend vom Merkmal der Gefahrengemeinschaft bzw. den Ansätzen der Bedarfstheorie, welche auf die Wurzeln des Versicherungswesens zurückgehen, wurde in den 70er Jahren die Produktionstheorie nach Gutenberg auf das Produkt Versicherung angewendet, was zu einer Interpretation des Produkte als reales, immaterielles Wirtschaftsgut geführt hat. Das systemorientierte Produktkonzept stellt schließlich die
120
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
Funktion der Versicherungsunternehmung gegenüber dem Kunden in den Vordergrund und wurde vor allem im 3-Ebenen-Konzept der Versicherung formuliert.523 Haller/ Maas sprechen auch von einer Entwicklung hin zu einer „Individualisierung der Versicherung“524. Hierbei ist eine Abkehr von der Identität der Versicherung als Gefahrengemeinschaft zu erkennen, welche sich in der zunehmenden Bedeutung der Kundenorientierung, aber auch der Ausrichtung auf das Ziel der Gewinnmaximierung widerspiegelt.525
4.2.2 Merkmale der Bedarfstheorie Übereinstimmend kann als Kern des Produktes der Versicherungsschutz an sich definiert werden. Unter Versicherungsschutz kann das „Versicherungsschutzversprechen und dessen Einlösung in Form von Versicherungsleistungen nach Eintritt exakt definierter Versicherungsfälle“526 verstanden werden. Grundlage dieser Sichtweise ist die Bedarfstheorie, nach welcher Versicherung die „Deckung eines im Einzelnen ungewissen, insgesamt geschätzten Mittelbedarfs auf der Grundlage des Risikoausgleichs im Kollektiv und in der Zeit“527 ist. Hieraus können auch die ursprüngliche Identität von Versicherungsunternehmen als Gefahrengemeinschaft sowie daraus resultierende Eigenschaften bzw. Wesensmerkmale einer Versicherung abgeleitet werden:
Gegenseitigkeit, Wirtschaftlichkeit, Bedarf bei befürchtetem Ereignis, Zufälligkeit des Eintritts, Schätzbarkeit mittels Statistik und Gleichartigkeit der Bedrohung.528
Diese Eigenschaften beziehen sich jedoch in erster Linie nur auf den Kern des Produktes, den Versicherungsschutz. 523 524 525 526 527 528
Vgl. Farny, D. (2000), S. 8 f. oder Haller, M. (1988), S. 561 Haller, M./ Maas, P. (1997), S. 286 Vgl. Haller, M./ Maas, P. (1997), S. 286 ff. Farny, D. (2000), S. 8 Farny, D. (2000), S. 8 Vgl. Haller, M./ Maas, P. (1997), S. 283 f.
4.2 Begriff der Versicherung und des Versicherungsproduktes
121
4.2.3 Merkmale der Produktionstheorie Die produktionstheoretische Versicherungsbetriebslehre529 versteht das Agieren im Versicherungsunternehmen entsprechend der Produktionstheorie nach Gutenberg „als Produktion von Versicherungsschutz durch Einsatz und Kombination von Produktionsfaktoren“530. Im Fokus stehen hierbei die Beziehungen zwischen Input und Output mit dem Ziel der Maximierung von Produktivität und Wirtschaftlichkeit sowie die Ableitung einer Produktionsfunktion der Versicherung. Dieser Definition folgend kann das Wirtschaften im Versicherungsunternehmen als Produktion von Versicherungsschutz definiert werden.531 Diese Produktion kann in die drei Bestandteile Risikogeschäft, Spar- und Entspargeschäft sowie Dienstleistungsgeschäft gegliedert werden.532 Aufgrund der zunehmenden Kundenorientierung der Versicherung erschien die Definition des Versicherungsproduktes lediglich als Versicherungsschutz nicht ausreichend, so dass später der dienstleistungsorientierte Charakter der Versicherung mehr in den Vordergrund gestellt wurde. Eine Dienstleistung kann als eine Leistung definiert werden, „die im Wesentlichen immaterieller Natur ist und keine direkten Besitz- oder Eigentumsverhältnisse mit sich bringt“533. Die Definition des Versicherungsproduktes als Dienstleistung534 lässt auch die Anwendung von allgemeingültigen Wesensmerkmalen von Dienstleistungen zu, wie beispielsweise die Unmöglichkeit der Lagerung von Dienstleistungen, das Vorliegen eines Interaktionsprozesses zwischen Leistungsersteller und Konsument oder der immaterielle Charakter der Dienstleistung ohne die Existenz eines physischen Produktes.535 529 Auch güterwirtschaftliche, gütertheoretische, güterliche, faktortheoretische oder faktorielle Versicherungsbetriebslehre genannt; vgl. Farny, D. (2000), S. 6 530 Farny, D. (2000), S. 6 531 Vgl. Farny, D. (2000), S. 529 ff. und speziell zur Produktionsfunktion der Versicherung vgl. Farny, D. (2000), S. 558 ff. 532 Das Risikogeschäft umfasst aus Sicht des Versicherungsunternehmens die Übernahme einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Schäden von den Versicherungsnehmern, die Risikodeckung bei Eintritt des Versicherungsfalles und den Risikoausgleich im Kollektiv bzw. über Zeit. Das Spar- und Entspargeschäft meint in der Lebens-, Kranken- und zum Teil auch in der Unfallversicherung die Durchführung eines planmäßigen, verzinslichen Spar- und Entsparprozesses zur Bildung bzw. Auflösung eines individuellen Deckungskapitals. Das Dienstleistungsgeschäft schließlich umfasst sowohl interne Abwicklungsleistungen als auch externe Beratungsleistungen, wie beispielsweise die Kundenberatung; vgl. Farny, D. (2000), S. 531, Farny, D. (1998), S. 11 oder ausführlicher Wiesehahn, A. (2001), S. 9 ff. 533 Kotler, P./ Bliemel, F. (2001), S. 772 534 Zur Definition von Versicherung als Dienstleistung vgl. Köhne, T. (1997), S. 115 oder Lehmann, A. (1989), S. 251 und S. 266 ff. 535 Ausführlich hierzu vgl. Ehrler, B. (1999), S. 64 ff. oder Lehmann, A. (1989), S. 77 ff.
122
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
Hieraus lassen sich folgende Implikationen für das Versicherungsgeschäft ableiten: Schwierigkeiten bei der Anpassung der Kapazitäten im Leistungserstellungsprozess; die hohe Bedeutung des Kundenvertrauens und -zufriedenheit; die hohe Bedeutung der Interaktion mit den Kunden und somit besondere Berücksichtigung der Schnittstellen mit dem Kunden536; die simultane Erbringung von Produktion und Übergabe der Dienstleistung537; hohe Ansprüche an Sicherheit und Prozessqualität. Durch die Definition der Versicherung als Dienstleistung wird deutlich, dass die Betrachtung des Kernproduktes Versicherungsschutz nicht ausreichend ist. Kritisch wird angemerkt, dass bei Anwendung der betriebswirtschaftlichen Produktionstheorie die Produktion des Kernproduktes im Vordergrund steht und schließlich nur noch der Absatz gewährleistet sein müsste.538
4.2.4 Merkmale des systemtheoretischen Ansatzes Der systemtheoretische Ansatz sieht im Gegensatz zur Produktionstheorie nicht das Produkt bzw. die Produktion als Ausgangspunkt, vielmehr stehen der Kunde und seine Bedürfnisse im Vordergrund. Zur Verdeutlichung wurde das 3-EbenenKonzept des Versicherungsproduktes539 entwickelt, nach dem das Versicherungsprodukt auf drei Ebenen einen Wert für die Kunden generiert:
Ebene des Kernproduktes: Versicherungsschutz an sich; Ebene der Marktleistungen: z.B. Problemberatung, Schadenbearbeitung, Convenience bzw. Service; Ebene der erweiterten Funktionen: z.B. horizontale oder vertikale Sortimentspolitik.
Auf der ersten Ebene wird das Kernprodukt Versicherungsschutz gesehen. Dieses beinhaltet neben der materiellen Komponente, dem Verfügen über eine Deckungszu536 537 538 539
Vertiefend zur Bedeutung der Interaktion mit dem Kunden vgl. Lehmann, A. (2001), S. 83 ff. Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 198 Vgl. Haller, M./ Maas, P. (1997), S. 281 oder Haller, M. (1988), S. 561 Vgl. als Überblick Farny, D. (2000), S. 9; ausführlicher Haller, M. (2000), S. 279 ff., Haller, M./ Maas, P. (1997), S. 281 ff. oder Haller, M. (1988), S. 561 ff.
4.2 Begriff der Versicherung und des Versicherungsproduktes
123
sage, auch eine immaterielle Komponente, dem „Wissen und Verstehen um den Schutz“540. Erst diese immaterielle Komponente ermöglicht dem Versicherten durch das Wissen um den Schutz die Entlastung, welche durch den Abschluss erzielt werden soll.541 Auf der zweiten Ebene stehen der Kunde und seine Bedürfnisse im Fokus und bieten somit einen Ansatzpunkt für ein Marketingkonzept der Versicherung, welches sich in der angebotenen Marktleistung zeigt. Diese umfasst sowohl das Kernprodukt als auch begleitende Dienstleistungen. Als Beispiele können hier Schadenbearbeitung, Problemberatung, aber auch Convenience beim Service, wie Schnelligkeit oder Einfachheit, genannt werden.
Problemorientierung
Kunde
Abbildung 23:
2b Welche Dienstleistung?
1a Welches Grundbedürfnis?
Produktion/ Verwaltung
2a Welches Produkt?
1b Welche Funktion können wir erfüllen?
3 Optimale Erfüllung von 1 und 2
2 Welche Marktleistung benötigt der Kunde, um sein Problem zu lösen?
Kundenorientierung
Marketingkonzept der Versicherung als interaktiver, kundenorientierter Prozess542
Wie in Abbildung 23 dargestellt, ist das Marketingkonzept einer Versicherung ein interaktiver, kundenorientierter Prozess. Ausgehend von den Bedürfnissen des Kunden werden die Funktionen, welche die Versicherung erfüllen kann, identifiziert. Dieser Bereich spiegelt die Kundenorientierung dieses Ansatzes wider, da hierbei im Gegensatz zum klassischen Produktkonzept die Kundenbedürfnisse im Mittelpunkt stehen. Basierend auf den erzielten Erkenntnissen wird im Rahmen der Problemorientierung versucht, eine Marktleistung zu definieren, die eine Problemlösung für den Kunden ermöglicht. Dies führt im nächsten Schritt zur Frage nach der Erfül-
540 Haller, M. (1988), S. 562 541 Zur weiteren Vertiefung der Komponenten des Versicherungsschutzes entsprechend des 3Ebenen-Konzeptes vgl. Haller, M. (1988), S. 562 f. 542 In Anlehnung an Haller, M. (2000), S. 274
124
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
lung dieser Marktleistung durch Produktion bzw. Verwaltung. Durch Kombination von Produkt, z.B. Versicherungsschutz gegen ein spezifisches Risiko, und Dienstleistung, z.B. Abwicklung eines Schadenfalles oder Beratung, wird die geforderte Marktleistung ermöglicht. Durch die Interaktion mit dem Kunden werden ständig Anpassungen der Marktleistung erforderlich, damit die Bedürfnisse des Kunden jederzeit befriedigt werden können.543 Auf der dritten Ebene des 3-Ebenen-Modells wird die Marktleistung mit erweiterten Dienstleistungen oder Produkten kombiniert, um die Bedürfnisse des Kunden möglichst umfassend zu befriedigen. Insbesondere durch die weitgehende Deregulierung der Versicherungsmärkte erscheint eine Erweiterung der Marktleistung erforderlich, da ein isolierter Versicherungsschutz zunehmend an Bedeutung verliert und durch neuartige Kombinationen von Produkten und Dienstleistungen substituiert werden kann.544 Dieses bedeutet zur Absicherung der eigenen Wettbewerbsposition eine Erweiterung der Sortimentspolitik sowohl in vertikaler als auch horizontaler Richtung. Die horizontale Sortimentspolitik erweitert die Marktleistung der Versicherung um allgemeine Finanzdienstleistungen. Durch die Kombination der Leistung Schutz mit den Leistungen Einnehmen und Ausgeben, Vermögensbildung und Sparen sowie Anlegen und Verteilen entstehen hierbei Möglichkeiten zur Erweiterung des Leistungsangebots. Jedoch besteht auch die Gefahr des Wettbewerbs durch versicherungsnahe Finanzdienstleister, wie beispielsweise Banken. Die vertikale Sortimentspolitik hingegen stellt eine Erweiterung der Wertschöpfungstiefe dar. Als mögliche Optionen lassen sich Dienstleistungen in der Schadenverhütung oder im Gesundheitsmanagement bei Krankenversicherern545 nennen. Hierbei tritt jedoch das ursprüngliche Kernprodukt Versicherungsschutz deutlich in den Hintergrund, auch wenn die Gesamtheit der Leistungen dem gleichen Kunden dienen soll.546
4.2.5 Implikationen für die Versicherungswirtschaft Die Betrachtung des 3-Ebenen-Konzeptes und des Marketingkonzeptes nach Haller führt zu folgenden Implikationen: 543 Vgl. Haller, M. (2000), S. 273 ff. Ausführliche Darstellungen zum Marketingkonzept nach Haller finden sich auch bei Ehrler, B. (1999), S. 68 ff. oder bei Lehmann, A. (1989), S. 273 ff. 544 Zur Bedeutung von Substitutprodukten vgl. Abschnitt 4.5.4 545 Vgl. hierzu die Beispiele in Abschnitt 4.5.2 546 Ausführlich zur Sortimentspolitik vgl. Haller, M. (1988), S. 566 f.
4.2 Begriff der Versicherung und des Versicherungsproduktes
547 548 549 550 551 552 553
125
Versicherung als interaktive Marktleistung zwischen Kunde und Versicherungsunternehmen: Hieraus entsteht neben der hohen Bedeutung der Kundenschnittstellen, welche durch die erhöhte Interaktivität der Marktleistung bedeutsam sind, auch die Anforderung an eine hohe Verrichtungsqualität im Gegensatz zur ausschließlichen Berücksichtigung der Ergebnisqualität.547 Marktleistung der Versicherung als Prozess über die Zeit: Dies erfordert das Funktionieren über die Zeit und impliziert somit den Anspruch an eine dauerhafte Erfüllung der Kundenbedürfnisse.548 Orientierung an der Problemlösung für den Kunden: Dies bedeutet eine Abkehr vom Produktdenken hin zu einer Funktionsorientierung, so dass neuartige Leistungsbündel und Wertschöpfungsketten möglich werden.549 Als Beispiel kann hier auch das Entstehen der Vertriebsgesellschaften, wie beispielsweise der MLP AG, genannt werden, die sich durch konsequente Orientierung an den Kundenbedürfnissen und darauf zielender Problemlösungen sukzessive von der reinen Produktvermittlung gelöst haben, um aus Kernprodukten unterschiedlicher Zulieferer ganz individuell kundenbezogene Konzepte maßzuschneidern.550 Bewertung und Ausbau der Kernkompetenzen als wesentliche Managementaufgabe: Die kritische Bewertung und der gezielte Ausbau von Kernkompetenzen entsprechend der Funktionen aus Kundensicht rücken zunehmend in den Vordergrund.551 Insbesondere eine Fokussierung auf wenige Kernkompetenzen erscheint nach der bereits dargestellten Theorie der Kernkompetenzen sinnvoll, denn Firmen seien nach Haller/ Maas lediglich in der Lage, wenige Aktivitäten so ausgezeichnet wahrzunehmen, dass diese dem höchsten Stand der Branche entsprechen könnten und vom Kunden auch als solche wahrgenommen würden.552 Lehmann sieht in diesem Zusammenhang in der Desintegration auf der Produzentenebene, dem „Unbundling“, und der anschließenden Bün-delung der Einzelelemente gegenüber dem Kunden, dem „Rebundling“, eine der Kernherausforderungen für Versicherungsunternehmen.553 Identifikation und Bewertung von Substitutions- bzw. Markterweiterungspotential zur Absicherung der Wettbewerbsposition: Haller stellt hierzu folgenVgl. Ehrler, K. (1999), S. 78 ff. Vgl. Ehrler, K. (1999), S. 80 f. Vgl. Ehrler, K. (1999), S. 81 f. Vgl. Termühlen, B. (2001), S. 155 Vgl. Haller, M. (2000), S. 275 Vgl. Haller, M./ Maas, P. (1997), S. 290 Vgl. Lehmann, A. (2000), S. 26 f.
126
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
de Kernfragen: „Welche durch uns erfüllte Funktion könnte eventuell mit anderen Mitteln durch Konkurrenten übernommen werden? Welche zusätzlichen Funktionen könnten wir mit den vorhandenen Mitteln übernehmen?“554 Insbesondere die vertikale Sortimentspolitik bietet den Versicherungsunternehmen eine Vielzahl neuer Wachstumsoptionen sowie Abgrenzungsmöglichkeiten gegenüber den Wettbewerbern. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Versicherungswirtschaft durch die Abkehr von der ausschließlichen Identität als Gefahrengemeinschaft über eine produktionstheoretische Sichtweise hin zu einer Betrachtung unter den Aspekten des Dienstleistungsmanagements bzw. der Funktionsorientierung an Erkenntnissen und Ansatzpunkten zur Optimierung gewonnen hat. Im Rahmen dieser Arbeit soll vor allem der Ansatz der Funktionsorientierung und das 3-Ebenen-Konzept des Versicherungs-produktes als Basis der weiteren Ausführungen dienen, denn die hier vorgestellten Aspekte bieten wesentliche Anknüpfungspunkte für die Fokussierung auf Kernkompetenzen sowie die Entscheidung über die Disaggregation der Wertschöpfungskette.
4.3 Historie und aktuelle Situation der deutschen Versicherungswirtschaft 4.3.1 Historische Entwicklung des deutschen Versicherungswesens Nachdem in Abschnitt 4.2 der Versicherungsbegriff definiert und die Besonderheiten des Versicherungsproduktes als Dienstleistung herausgearbeitet wurden, soll in diesem Abschnitt zunächst die historische Entwicklung der Versicherungswirtschaft dargestellt werden, um im Anschluss in Abschnitt 4.3.2 die aktuelle Marktsituation in einem Überblick zu beschreiben. Die Wurzeln des deutschen Versicherungswesens lassen sich auf drei eigenständige Strömungen zurückführen, die bis heute die Struktur der Branche maßgeblich determinieren. Trotz der deutlich verschiedenen Charakteristika dieser drei Strömungen hat vor allem in den vergangenen Jahren eine weitgehende Angleichung der Merkmale der Gesellschaften stattgefunden.555
554 Haller, M. (2000), S. 275 555 Vgl. Koch, P. (1988), S. 225 ff. oder Wandel, E. (1998), S. 59 ff.
4.3 Historie und aktuelle Situation der deutschen Versicherungswirtschaft
127
Aus den genossenschaftlichen Zusammenschlüssen, z.B. in Form von Genossenschafts- und Sterbekassen oder Brandgilden, welche sich im Laufe der Zeit zunehmend über die ursprünglichen Mitglieder hinaus für Außenstehende öffneten, entwickelte sich der Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Bereits im Jahr 779 wurden erste Zusammenschlüsse zur gegenseitigen Unterstützung bei Brand oder Schiffbruch erwähnt. Auch die Zünfte der Handwerker und Gilden der Kaufleute haben diese genossenschaftlichen Funktionen wahrgenommen und insbesondere gegen die Gefahren Brand, Krankheit und Tod abgesichert.556 Zu Anfang des 19. Jahrhunderts wurden dann durch Arnoldi die ersten Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gegründet, welche den Betrieb von Feuer- und Lebensversicherungen in ganz Deutschland als Ziel hatten. Diese spezielle Rechtsform wurde ausschließlich für das Versicherungswesen entwickelt und seine Rechtsgrundlagen im VAG definiert.557 Charakteristisch für diese genossenschaftlichorientierten Gesellschaften ist das Prinzip der gegenseitigen Unterstützung bei Schadenfällen. Durch die zunehmende Wettbewerbsintensität und die Öffnung des Angebots der Versicherungsvereine für Außenstehende hat jedoch eine deutliche Annäherung an die kaufmännischorientierten Gesellschaften stattgefunden.558 Als weitere Strömung kann die Gründung von Versicherungen aufgrund staatlicher Initiative bezeichnet werden. Diese in der Regel öffentlich-rechtlichen Gesellschaften gehen auf die 1676 gegründete Hamburger Feuerkasse zurück. Merkmale dieser Gesellschaften sind, dass sie aufgrund staatlicher Initiative mit dem Zweck der Entlastung des Staates bei Großschäden gegründet wurden und zudem auch von öffentlicher Hand getragen bzw. abgesichert wurden. Teilweise wurde diesen öffentlich-rechtlichen Gesellschaften ein regionales Monopol oder sogar die Zwangsmitgliedschaft der Versicherten zugesichert. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts kamen neben der Feuerversicherung weitere Sparten hinzu, so dass die heute existierenden öffentlich-rechtlichen Gesellschaften teilweise auch als Komplettanbieter für alle Sparten fungieren.559 Eine spezielle Form der öffentlich-rechtlichen Versicherungen besteht in Form der 1881 gegründeten Sozialversicherung.560 Die dritte Strömung der privaten Versicherungsgesellschaften auf kaufmännischer Grundlage wurde hingegen erst Mitte des 18. Jahrhunderts in Deutschland 556 Vgl. Koch, P. (1988), S. 225 f. 557 Vgl. Lorenz, E. (1988), S. 1147 558 Zu den aktuellen Problemen von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit vgl. Auchinleck, B./ Komar, E./ Mühlbauer, E. (2002), S. 455 ff. oder Gießmann, C. (2002), S. 459 559 Vgl. Koch, P. (1988), S. 226 560 Vertiefend hierzu vgl. Wandel, E. (1998), S. 70 ff.
128
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
begründet. In anderen Wirtschaftsregionen wie beispielsweise Italien oder England bestanden solche Gesellschaften bereits seit dem 14. Jahrhundert. Mit der Entwicklung der privat-wirtschaftlichen Versicherungen fand eine zunehmende Kommerzialisierung, aber auch Professionalisierung des Versicherungswesens statt. Insbesondere die mathematisch-statistische Bewertung von Risiken wurde bei diesen im Gegensatz zu den genossenschaftlichen Sterbekassen zunehmend angewendet. Seit etwa 1850 führte dies zur Konzernbildung, zur Ausgestaltung der professionellen Rückversicherung und zum Einsatz hauptberuflicher Versicherungsvertreter. Die meisten privaten Versicherungsgesellschaften firmieren als Aktiengesellschaft. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hat dann eine Angleichung der drei Strömungen stattgefunden, welche sich in der Begrenzung der Nachschusspflicht der Mitglieder in den Versicherungsvereinen, in der Anwendung kaufmännischer Methoden bei den öffentlich-rechtlichen Gesellschaften oder der Gewinnbeteiligung der Versicherten bei den Aktiengesellschaften widergespiegelt hat. Durch die 1901 gegründete gemeinsame Versicherungsaufsicht sowie das 1908 erlassene Versicherungsvertragsgesetz wurde eine gemeinsame Klammer über dem deutschen Versicherungswesen gebildet. Seit etwa 1970 ist die deutsche Versicherungswirtschaft von einer zunehmenden Konzentration sowie deutlichen Effizienzsteigerungen, insbesondere aufgrund des Einsatzes der elektronischen Datenverarbeitung, geprägt.561 In jüngerer Zeit sind vor allem die umfangreiche Deregulierung zu Anfang der 90er Jahre sowie die Umsetzung des europäischen Binnenversicherungsmarktes als maßgebliche Ereignisse zu erwähnen. Seit 1990 ist das Industriekundengeschäft teilweise dereguliert und seit 1994 wurde das gesamte Versicherungsaufsichtssystem auf eine Finanz- und Rechtsaufsicht reduziert. Unternehmerische Aktionsparameter wie Preispolitik und Produktgestaltung sind von der Vorabkontrolle und -genehmigung befreit. Seit der Deregulierung besteht auch Freiheit bei der Wahl und Ausgestaltung der Vertriebssysteme und bei der Gestaltung der internen Geschäftsprozesse. Insbesondere in der Industrieversicherung sowie in der Kfz-Versicherung hat die Deregulierung zu massiven Marktverschiebungen und Preissenkungen sowie zu innovativen Produkt- und Preisgestaltungen geführt. Aber die Deregulierung wird teilweise aufgrund zunehmender Intransparenz kritisiert, wobei die Vielzahl von Rankings und Tests nur bedingt Hilfe leisten.562 Die Vollendung des europäischen Binnenversicherungsmarktes wurde formal juristisch am 1.7.1994 vollzogen. Dies bedeutet, dass alle Teilnehmer des Binnen561 Vgl. Wandel, E. (1998), S. 62 ff. 562 Vgl. Farny, D. (1998), S. 9 f.
4.3 Historie und aktuelle Situation der deutschen Versicherungswirtschaft
129
marktes, Versicherungsunternehmen, Versicherungsnehmer und Versicherungsvermittler, ohne Rücksicht auf ihre Standorte Versicherungsgeschäfte miteinander abschließen können.563 Bislang sind die Wettbewerbswirkungen durch den Binnenmarkt im Vergleich zu den Deregulierungswirkungen deutlich geringer ausgefallen. Farny bezeichnet das Privatkundengeschäft der Versicherungen in diesem Zusammenhang auch als „local business“564. Folgende Ursachen können hierzu angeführt werden:
Unterschiedliche Versicherungskulturen, wie z.B. verschiedene Arten von Produkten bzw. Produktgestaltungen oder Verhaltensweisen gegenüber den Kunden;
Bestehen von spezifischen, lokalen Risiken und Geschäftsmodellen wie z.B. Hochwasser oder die Private Krankenversicherung; fehlendes Vertrauen der Versicherungsnehmer in ausländische Versicherungsunternehmen; mangelnde Transportierbarkeit von Prozessen, beispielsweise dem Prozess der Schadenregulierung.565
Lediglich übergeordnete Aktivitäten, wie z.B. der Rückversicherungseinkauf, das Asset Management oder die Kapitalbeschaffung, können international abgewickelt werden.566 Insgesamt wird der europäische Binnenversicherungsmarkt nicht als echter Einheitsmarkt, sondern eher als eine Vielzahl offener Teilmärkte betrachtet.567 Seit Mitte der 90er Jahre sind die deutsche und die europäische Versicherungswirtschaft durch Konzentrationsprozesse geprägt. Als Gründe werden der erhöhte Wettbewerbsdruck und die Krise der Kapitalmärkte genannt, welche die Erzielung von Skalenerträgen, Synergiepotentialen sowie Marktvorteilen, z.B. durch flächendeckende Präsenz oder Cross Selling, erfordern. Grundsätzlich sind drei Arten von Konzentrationsvorgängen zu beobachten:
563 Als Überblick zur Einführung des europäischen Binnenversicherungsmarktes vgl. Farny, D. (2001), S. 47. Zur genaueren Betrachtung der Entwicklung des europäischen Binnenmarktes für Versicherungen vgl. Müller-Reichart, M./ Chalkiadakis, F./ Nagel, S./ Skegro, A. (2005), S. 6 ff. oder Ehrler, K. (1999), S. 83 ff. 564 Farny, D. (1998), S. 6 565 Vgl. Farny, D. (1998), S. 7 und Farny, D. (2001), S. 48 566 Vgl. Farny, D. (2001), S. 48 567 Vgl. Farny, D. (1998), S. 5
130
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
Eintritt von Versicherern in bisher nicht bearbeitete Teilmärkte durch Akquisition von Versichertenbeständen bzw. Versicherungsunternehmen; Bereinigung des Marktes um schwache Anbieter, in der Regel aus der unscharfen Mitte kommend. Zum Teil geschieht dies durch Liquidation, teilweise durch aktiven Verkauf an einen anderen Versicherer; Konzentration als aktive Strategie: Versicherer versuchen, durch Verbundeffekte bzw. Kostendegression aufgrund der Zunahme der Unternehmensgröße eine höhere Wettbewerbsfähigkeit zu erzielen. Verbundeffekte können sich durch die gemeinsame Nutzung von Vertriebskanälen, Kundenbeziehungen oder Produkten ergeben. Kostendegressionen sind hingegen im Bereich der Risikokosten wegen der besseren Ausgleichsmöglichkeit in großen Versicherungsbeständen, bei den Prozesskosten aufgrund der Skaleneffekte und zum Teil auch bei den Kapitalkosten aufgrund der höheren Solvabilität möglich.568
Bei den Konzentrationsvorgängen sind jedoch neben üblichen Problemen bei der Fusion bzw. Akquisition von Unternehmen insbesondere die hohen Kosten bei der Zusammenführung der IT-Bereiche zu berücksichtigen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die deutsche Versicherungswirtschaft nach wie vor durch vier wesentliche Entwicklungen geprägt ist. Die speziellen Wurzeln des Versicherungswesens in Deutschland haben dazu geführt, dass spezifische Anforderungen verschiedener Stakeholder-Gruppen569 existieren. Zudem nimmt die rechtliche Ausgestaltung des Versicherungswesens mit einer starken Stellung der Aufsichtsbehörde eine besondere Stellung im Branchenvergleich ein. Auch das Vorhandensein einer hohen Anzahl kleiner Unternehmen spezifischer Rechtsformen, wie die Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit oder die öffentlichrechtlichen Gesellschaften, prägen den Markt maßgeblich. Außerdem hat die umfangreiche Deregulierung in den vergangenen zehn Jahren zu einer deutlichen Zunahme der Wettbewerbsintensität geführt. Die Erschaffung des europäischen Binnenmarktes im Versicherungswesen hingegen hat nur unwesentlichen Einfluss auf die Marktentwicklung in Deutschland. Hieran wird deutlich, dass insbesondere das Privatkundengeschäft ein „local business“ ist. Die Zersplitterung des Marktes hat in den vergangenen Jahren zu Konzentrationsprozessen in der Ver-
568 Vgl. Farny, D. (1998), S. 13 569 Zur detaillierten Darstellung des Stakeholder-Ansatzes sowie den spezifischen Zielsystemen von Gesellschaften verschiedener Rechtsformen vgl. Kapitel 4.4
4.3 Historie und aktuelle Situation der deutschen Versicherungswirtschaft
131
sicherungswirtschaft geführt, wobei diese bislang noch anhalten bzw. gegebenenfalls auch noch zunehmen werden.
4.3.2 Überblick über die aktuelle Marktstruktur In diesem Abschnitt sollen die Auswirkungen der spezifischen Wurzeln der deutschen Versicherungswirtschaft anhand der aktuellen Marktstruktur aufgezeigt werden.570 Zur Betrachtung der aktuellen Marktstruktur bzw. der Marktattraktivität der deutschen Versicherungswirtschaft können die Merkmale Marktgröße, Wachstumsrate, Marktrentabilität, Wettbewerbsintensität, technologische Erfordernisse sowie mögliche Regulierungswirkungen571 herangezogen werden.572 Der deutsche Versicherungsmarkt erzielte im Jahr 2003 ein Prämienvolumen von ca. 148 Mrd. Euro. Davon entfielen 46% auf die Lebensversicherung, ca. 37% auf die Schaden- und Unfallversicherung und 17% auf die Krankenversicherung.573 Nach wie vor ist das Geschäft mit Privatkunden mit ca. 98% der Stückzahlen und 75% des Geschäftsvolumens deutlich größer als das mit Geschäftskunden.574 Die drei Strömungen des deutschen Versicherungswesens prägen auch heute noch die Marktstruktur der Branche. Dabei ist jedoch ein nachhaltiger Rückgang der öffentlich-rechtlichen Versicherer und der Versicherungsvereine a.G. sowohl in der Anzahl als auch im Marktanteil zu erkennen. In Deutschland werden nach wie vor knapp zwei Drittel aller Versicherungen über Ausschließlichkeitsvertreter abgeschlossen, während in anderen europäischen Ländern insbesondere Makler und Banken einen höheren Anteil besitzen.575 Das durchschnittliche Marktwachstum des Gesamtmarktes von 1991 bis 2000 lag bei ca. 5,8% p.a., wobei sich der Bereich Schaden- und Unfallversicherung mit
570 Es soll hier auf eine ausführliche Analyse des Versicherungsmarktes verzichtet und nur die für diese Arbeit relevanten Aspekte, insbesondere bezüglich der Sachversicherung, beleuchtet werden. Für detaillierte Informationen zum deutschen Versicherungsmarkt vgl. o.V. (2004c) 571 Auf die Regulierungswirkungen wurde bereits im vorigen Abschnitt eingegangen, so dass eine erneute Betrachtung nicht erforderlich ist. Für den hier im Fokus stehenden Sachversicherungsmarkt wurden in den vergangenen Jahren auch keine marktbeeinflussenden Regelungen umgesetzt, wie es beispielsweise im Vorsorgebereich der Fall ist. 572 Vgl. Kotler, P./ Bliemel, F. (2001), S. 123 573 Vgl. o.V. (2004c), Tabelle 1. Für eine weitere Unterteilung der Sparte Schaden- und Unfallversicherung vgl. o.V. (2004c), Tabelle 42 574 Vgl. Farny, D. (1998), S. 7 575 Vgl. Farny, D. (2001), S. 54
132
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
3,1% p.a. unterdurchschnittlich entwickelte. Die Entwicklung in den vergangenen drei Jahren zeigt keine wesentliche Änderung.576
Aktiengesellschaften
Versicheöffentlich- Auslänrungsrechtliche dische vereine a.G. Gesellsch. Versicherer Summe
Anzahl VU 2002
355
289
22
11
677
Marktanteil 2002 in %
77,2
18,8
2,6
1,4
100,0
Anzahl VU 1995
336
340
23
19
718
Marktanteil 1995 in %
68,4
22,6
7,2
1,8
100,0
Abbildung 24:
Anzahl und Marktanteile von Versicherungsunternehmen nach Rechtsform im Jahr 2000 in Deutschland577
Die Schadenquote im Sachversicherungsmarkt ist im Jahr 2003 signifikant von 84,8% auf 76% der gebuchten Bruttobeiträge zurückgegangen. Der Sachversicherungsmarkt zeigt damit wieder eine deutliche Tendenz zu einer steigenden Rentabilität mit einer Combined Ratio von 95% im Jahr 2003, nachdem in den vergangenen Jahren der Gesamtmarkt durch hohe Schadenquoten und Combined Ratios von mehr als 100% gekennzeichnet war.578 Wie aus der Abbildung 24 zu entnehmen ist, ist die Anzahl der in Deutschland tätigen Versicherungsunternehmen weiterhin rückläufig. Aufgrund der nach wie vor sehr hohen Anzahl von Versicherungsunternehmen sind jedoch keine so deutlichen Konzentrationstendenzen wie in anderen Branchen zu erkennen. Eine Zunahme der Wettbewerbsintensität wird vor allem an dem steigenden Marktanteil der ausländischen Versicherer bzw. durch ausländische Versicherer kontrollierter Unternehmen 576 Vgl. o.V. (2004c), Tabelle 6 577 Eigene Darstellung; für die Daten vgl. o.V. (2004c), Tabelle 3 und 7. Unter ausländischen Versicherern sind hier nur die Unternehmen gemeint, die ihren Sitz im Ausland haben und von dort aus ohne eine deutsche Gesellschaft Versicherungen in Deutschland anbieten. 578 Die Combined Ratio für die Schaden- und Unfallversicherung lag 1999 bei 102,6%, im Jahr 2000 bei 102,2%, im Jahr 2001 bei 100,7%, im Jahr 2002 bei 104,1% und im Jahr 2003 bei 95%. Eine Combined Ratio von mehr als 100% bedeutet, dass der Versicherer mehr für Schäden und Verwaltung ausgibt, als das Unternehmen an Prämie einnimmt. Vgl. o.V. (2004c), Tabelle 39 und 61
4.4 Ziele von Versicherungsunternehmen
133
deutlich. Diese erzielen einen Marktanteil von ca. 20%, wobei hiervon drei Viertel in den vergangenen zehn Jahren gekauft und nicht durch organisches Wachstum erzielt wurden.579 Spezielle technologische Erfordernisse, die beispielsweise einen Markteintritt erschweren würden, sind für den Versicherungsmarkt nicht erkennbar, wenn auch hohe Investitionen in Informationstechnologie erforderlich sind. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der deutsche Versicherungsmarkt insgesamt sehr groß ist, jedoch in viele kleine Teilmärkte zersplittert ist. Das Wachstum für den bei dieser Arbeit im Fokus stehenden Teilmarkt der Sachversicherung ist gering. Trotz einer deutlichen Rentabilitätssteigerung im Jahr 2003 lag die durchschnittliche Combined Ratio der Jahre 1999 bis 2003 über 100%. Nach wie vor existiert eine sehr hohe Anzahl von Versicherungsunternehmen, von denen sehr viele nur geringe Marktanteile aufweisen. Beispielsweise liegt der durchschnittliche Marktanteil der 289 Versicherungsvereine a.G. im Jahr 2002 bei nur 0,065%, was rechnerisch ein durchschnittliches Prämienvolumen von 100 Mio. Euro bedeutet. Wie bereits in Abschnitt 1.4 diskutiert, sollen die unterhalb dieser Grenze arbeitenden Unternehmen den kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen zugerechnet werden.
4.4 Ziele von Versicherungsunternehmen Grundsätzlich ist die Formulierung eines einzigen Zieles einer Unternehmung kaum möglich, vielmehr handelt es sich in der Regel um ein System verschiedener Ziele bzw. um ein Zielbündel.580 Daher wird in der Literatur zwischen Formal- und Sachzielen bzw. Ober- und Unterzielen unterschieden. Sach- bzw. Unterziele dienen hierbei der Erreichung der Formal- bzw. Oberziele, es besteht jedoch keine direkte Motivation, diese Sachziele gesondert zu erreichen.581 Zur Bestimmung von Zielsystemen haben sich in der Unternehmenstheorie zwei maßgebliche Ansätze herausgebildet:
der Shareholder Value-Ansatz582 und der Stakeholder Value-Ansatz.
579 580 581 582
Vgl. Farny, D. (2001), S. 48 Vgl. Farny, D. (2000), S. 285 Vgl. Farny, D. (1967), S. 134 f. oder Wiesehahn, A. (2001), S. 26 f. Im deutschsprachigen Raum wird auch von wertorientierter bzw. marktwertorientierter Unternehmensführung gesprochen; vgl. hierzu z.B. Coenenberg, A./ Salfeld, R. (2003), S. 3
134
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
Der Shareholder Value-Ansatz geht maßgeblich auf Rappaport und sein Werk „Creating Shareholder Value“583 zurück und wurde beispielsweise durch Copeland/ Koller/ Murrin584 erweitert und präzisiert. Während beim Shareholder Value-Ansatz das marktwirtschaftliche Oberziel der Gewinnmaximierung in abgewandelter Form als Maximierung des Shareholder Values im Vordergrund steht, sind bei dem Stakeholder Value-Ansatz die Interessen sämtlicher Anspruchsgruppen eines Unternehmens zu berücksichtigen.585 Hieraus wird offensichtlich, dass der Stakeholder Value-Ansatz keine Fokussierung auf ein Ziel zulässt, sondern das Vorliegen eines komplexen Zielsystems zur Folge hat. Der Shareholder Value-Ansatz fokussiert auf die Interessen der Anspruchsgruppe der Eigenkapitalgeber. Dabei spielen auch hier neben dem Oberziel der Maximierung des Shareholder Values verschiedene Unterziele, wie beispielsweise die Sicherheit des investierten Eigenkapitals oder ein Wachstumsziel, als Konkretisierung des Oberziels eine Rolle. Festzuhalten bleibt jedoch, dass bei strenger Auslegung des Shareholder Value-Ansatzes lediglich die Steigerung des Shareholder Values als Oberziel definiert werden kann und sämtliche anderen Ziele nur der Erreichung dieses Oberzieles dienen. Diese Fokussierung auf die Interessen der Anspruchsgruppe der Eigenkapitalgeber stößt sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Literatur auf umfangreiche Kritik. Im Vordergrund steht hierbei die Berücksichtigung der Interessen sämtlicher Anspruchsgruppen bzw. Stakeholder, so dass die Formulierung eines komplexen Zielsystems unerlässlich erscheint. Im Rahmen des so genannten Stakeholder Value-Ansatzes lassen sich folgende Anspruchsgruppen identifizieren:
die Eigenkapitalgeber, die Fremdkapitalgeber, die Unternehmensleitung, die Mitarbeiter des Unternehmens,
583 Vgl. Rappaport, A. (1986) 584 Vgl. Copeland, T./ Koller, T./ Murrin, J. (2000) 585 Der Stakeholder Value-Ansatz hat sich in der Literatur aus der Kritik an dem Shareholder ValueAnsatz entwickelt, da die Berücksichtigung sämtlicher Interessensgruppen und nicht nur der Anteilseigner gewahrt werden sollte; vgl. beispielsweise Hill, W. (1996). Vertiefend zum Stakeholder Value-Ansatz vgl. Freeman, R./ Jones, T./ Wicks, A. (2002) oder Schaltegger, S./ Figge, F. (1999)
4.4 Ziele von Versicherungsunternehmen
135
die Versicherungsnehmer bzw. Kunden586, die Aufsichtsbehörden und die Öffentlichkeit.587
Nicht alle Anspruchsgruppen können das gleiche Gewicht bei der Definition von Zielsystemen eines Unternehmens haben, jedoch sollten entsprechend des Stakeholder Value-Ansatzes die Interessen sämtlicher Anspruchsgruppen berücksichtigt werden. Eine Weiterentwicklung des Shareholder Value-Ansatzes sieht jedoch in der Differenzierung zwischen Wertschaffung und Wertverteilung einen Ansatzpunkt für einen breiten Konsens. Während das Ziel der Steigerung des Shareholder Values weiterhin als Oberziel bestehen bleibt, rückt die Frage der gerechten Wertverteilung auf die Anspruchsgruppen in den Vordergrund.588 Grundsätzlich werden in der Literatur
das Ziel der Bedarfsdeckung, das Ziel der Gewinnmaximierung bzw. Maximierung des Shareholder Values, das Sicherheitsziel, das Wachstumsziel und nichtmonetäre bzw. nichtökonomische Ziele
genannt.589 Im Folgenden sollen diese Ziele entsprechend der beiden Theorien aus unterschiedlichen Sichtwinkeln betrachtet werden. In der Historie hatte das Ziel der Bedarfsdeckung eine sehr hohe Bedeutung, die jedoch im Laufe der Zeit abgenommen hat. Die Gründung eines Versicherungsunternehmens mit dem Zweck der Deckung eines konkreten Bedarfs ist eng mit dem Ziel der Bedarfsdeckung verknüpft. Das Bedarfsdeckungsziel kann weit oder auch sehr eng gefasst werden, z.B. ausschließlich für bestimmte Risiken, z.B. Krankenversicherung, für bestimmte Kunden-kreise, z.B. eine Versicherung ausschließlich für 586 Insbesondere in der Lebens- und Krankenversicherung haben die Kunden aufgrund der Gewinnbeteiligung neben dem Sicherheitsziel ein hohes Interesse am Gewinnziel, so dass auch von dem Policyholder Value gesprochen wird; vgl. Farny, D. (2001), S. 55 587 Vgl. Farny (1967), S. 53 f. oder abgeleitet aus den Strukturmerkmalen der Versicherungswirtschaft bei Farny, D. (2001), S. 51. In der Literatur werden teilweise auch noch weitere Gruppen, wie z.B. Wettbewerber, politische Gruppen, Anwohner oder Gewerkschaften genannt, die aber für diese Betrachtung nicht relevant sind; vgl. Freeman, R.E. (1984), S. 55 588 Vgl. Coenenberg, A./ Salfeld, R. (2003), S. 4 f. 589 Für einen Überblick zu den Zielen bzw. Zielbündeln in Versicherungsunternehmen vgl. Wiesehahn, A. (2001), S. 33, Farny, D. (2000), S. 303 ff. oder Kaluza, B. (1979), S. 191 ff.
136
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
Handwerker, oder für begrenzte Regionen, wie beispielsweise die Feuerkassen in Kommunen oder Städten. Die Verfolgung des Bedarfsdeckungszieles zeigt sich unter anderem bei Identität von Bedarfsträger und Gründer, welche insbesondere bei kleineren Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit590 mit hohem Spezialisierungsgrad beobachtet werden kann. Auch die meisten öffentlich-rechtlichen Versicherer wurden zur Bedarfsdeckung gegründet.591 Als Beispiele für die Gründung von Versicherungsunternehmen zur Bedarfsdeckung können in der Historie die Feuerkassen der einzelnen Kommunen angesehen werden und in jüngster Vergangenheit zur Abdeckung von Terrorismusschäden die Gründung der Extremus AG.592 In den meisten Fällen hat jedoch das Bedarfsdeckungsziel gegenüber den anderen Zielen auf Dauer an Bedeutung verloren. Dies liegt zum einen daran, dass das Bedarfsdeckungsziel ohne Beachtung anderer Ziele nicht auf Dauer realisierbar ist, da die langfristige Wettbewerbsfähigkeit nicht gesichert wird.593 Zum anderen besteht durch die Breite des Wettbewerbs ausreichend Angebot, um auch spezielle Bedürfnisse zu befriedigen. Während das Ziel der Bedarfsdeckung für die Anspruchsgruppe der Versicherungsnehmer bzw. Kunden von hoher Bedeutung ist, ist es für die anderen Anspruchsgruppen allenfalls als Unterziel zu definieren. Das Ziel der Gewinnmaximierung bzw. Maximierung des Shareholder Values hat insbesondere für die Eigenkapitalgeber eine große Bedeutung und gilt in einer Marktwirtschaft als systembezogener Tatbestand.594 Grundsätzlich ist die Frage zu stellen, wie das Ziel der Gewinnmaximierung zu formulieren ist:
als Renditeziel auf Umsatz bzw. Prämienvolumen oder Eigenkapital, absolut auf Basis handelsrechtlicher oder kalkulatorischer Gewinnermittlungsverfahren oder als Maximierung des Shareholder Values.
Bei der Formulierung des Gewinnziels als Maximierung des Shareholder Values besteht der Vorteil, dass die langfristige Entwicklung des Unternehmens im Vorder590 In der Regel liegt hier eine Identität zwischen Versicherungsnehmer und Eigenkapitalgeber bzw. Gründer vor, so dass die Maximierung des Shareholder Values für die Eigenkapitalgeber von geringerer Bedeutung ist und die Deckung eines spezifischen Bedarfs der Versicherungsnehmer im Vordergrund steht. 591 Vgl. Farny, D. (2000), S. 305 592 Vgl. Pressemeldung des GDV vom 3.9.2002, o.V. (2002c) 593 Vgl. Farny, D. (2000), S. 306 594 Vgl. Farny, D. (2000), S. 306
4.4 Ziele von Versicherungsunternehmen
137
grund steht und zudem die Zielgröße nicht durch gesetzliche Bewertungsvorschriften verzerrt werden kann.595 Somit eignet sich die Formulierung des Gewinnziels als Maximierung des Shareholder Values insbesondere für die Eigenkapitalgeber eines Unternehmens. Neben den Eigenkapitalgebern hat auch die Unternehmensleitung ein hohes Interesse an diesem Ziel. Jedoch ist dieses Interesse eher von mittelfristiger Natur, da die Unternehmensleitungen in der Regel aufgrund von Principal-Agent-Beziehungen596 und zusätzlich entwickelter Anreizsysteme an der Gewinnmaximierung nur indirekt partizipieren. Anreize können beispielsweise Jobsicherheit, Boni oder Aktienoptio-nen sein, welche an die Shareholder Value- oder Gewinnentwicklung gekoppelt werden.597 Für die Fremdkapitalgeber ist das Ziel der Gewinnmaximierung ebenfalls nur von nachrangiger Bedeutung, da auskömmliche Gewinne der langfristigen Solvenz und Sicherheit des Unternehmens dienen. Für Mitarbeiter und Versicherungsnehmer hingegen kann kein eindeutiges Interesse an dem Ziel der Gewinnmaximierung identifiziert werden. Zum einen gewährleisten hohe Gewinne die Interessen der Anspruchsgruppen, beispielsweise Arbeitsplatzsicherheit, hohe Arbeitseinkommen bzw. niedrige Prämien und Sicherheit der Versichertengelder. Zum anderen führt ein dauerhaftes Streben nach Gewinnmaximierung auch zu Effizienzsteigerungsmaßnahmen, welche wiederum Abbau von Arbeitsplätzen bzw. Abschöpfen der Konsumentenrente bedeuten können. Für die Anspruchsgruppen Öffentlichkeit und Aufsichtsbehörden kann kein besonderes Interesse, allenfalls indirekt über Steuerzahlungen der Unternehmen, an dem Gewinnziel festgestellt werden. Somit kann festgehalten werden, dass das Ziel der Gewinnmaximierung lediglich für Eigenkapitalgeber und bedingt für die Unternehmensleitung als eindeutiges Oberziel zu definieren ist. Für die anderen Anspruchsgruppen handelt es sich allenfalls um ein Unterziel, welches der Erreichung anderer Ziele dienlich ist. Grundsätzlich ist auch der Einfluss eines hohen Unternehmenswertes auf die allgemeine Unternehmensentwicklung zu betrachten. In Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. werden in einem Kreislauf die positiven Auswirkungen auf die Unternehmensentwicklung dargestellt, die durch einen hohen Unternehmenswert in Gang gesetzt werden können.598 Hiermit kann gezeigt werden, dass sowohl das
595 596 597 598
Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 6 Zur Principal-Agent-Theorie vgl. Abschnitt 3.4.2 sowie die dort angeführte Literatur Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 6 Vgl. Coenenberg, A./ Salfeld, R. (2003), S. 37 ff.
138
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
Sicherheits- als auch das Wachstumsziel durch die kontinuierliche Steigerung des Unternehmenswertes unterstützt werden. • Impuls zur Steigerung des Shareholder Values durch Portfoliooptimierung oder operative Optimierung • Ausrichtung des Unternehmens auf das Ziel der Steigerung des Shareholder Values (z.B. durch steigende Börsenbewertung ausgedrückt)
wachstum lässt zukünftige Zahlungsströme steigen • Nachhaltiges Umsatzwachstum lässt Erwartungen am Kapitalmarkt und damit eine mögliche Börsenbewertung steigen
Kapitalbasis unterstützt Sicherheitsziel
Steigerung Shareholder Value
• Schaffung neuer Möglichkeiten der Bereitstellung von zusätzlichem Investitionskapital Bereitstellung von zusätzlichem Investitionskapital
Erhöhung der Erwartungen am Kapitalmarkt
• Profitables Umsatz-
Abbildung 25:
• Nachaltige Stärkung der
Nachhaltiges, profitables Umsatzwachstum
• Organisches Wachstum durch Investitionen in Produktentwicklung und Eintritt in neue Märkte • Externes Wachstum durch Akquisitionen
Wirkungskreis der Steigerung des Shareholder Values599
Es lässt sich festhalten, dass insbesondere aus Sicht des Shareholder ValueAnsatzes das Ziel der Maximierung des Shareholder Values als langfristige Messgröße am besten geeignet erscheint. Die bereits erwähnte Weiterentwicklung, bei der zwischen Wertschaffung und Wertverteilung differenziert wird, bietet zudem Ansatzpunkte, um durch einen gerechten Schlüssel bei der Wertverteilung einen Konsens unter sämtlichen Stakeholdern zu erzielen. Das Ziel der Gewinnmaximierung bietet eher für kurz- oder mittelfristige Betrachtungen einen geeigneten Ansatz. Als Kern des Versicherungsproduktes lässt sich der Versicherungsschutz definie600 ren , so dass das Sicherheitsziel als natürliches Oberziel einer Versicherung angesehen werden kann. Während für die Eigenkapitalgeber wie auch für die Fremdkapitalgeber die Sicherheit der geleisteten Kapitaleinlage relevant ist, verbinden Mitarbeiter und Unternehmensleitung mit der Erhaltung des Unternehmens vor allem die eigene Arbeitsplatzsicherheit. Für die Versicherungsnehmer hingegen 599 Eigene Darstellung in Anlehnung an Coenenberg, A./ Salfeld, R. (2003), S. 38 600 Vgl. Kapitel 4.2
4.4 Ziele von Versicherungsunternehmen
139
besitzt der Erwerb des Produktes Versicherungsschutz nur dann einen Wert, wenn das anbietende Versicherungsunternehmen ein hohes Maß an Existenzsicherheit aufweist.601 Öffentlichkeit und Aufsichtsbehörde legen mit dem Ziel des Verbraucherschutzes einen hohen Wert auf das Sicherheitsziel von Versicherungsunternehmen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Sicherheitsziel für alle Anspruchsgruppen eine hohe Bedeutung hat, jedoch kann die Risikominimierung insbesondere in einer Marktwirtschaft kein ausschließliches Unternehmensziel sein.602 In dieser Arbeit soll vor allem die Disaggregation der Wertschöpfungskette betrachtet werden, was auch zu der Hinterfragung des Produktnutzens an sich führt. Somit wäre es denkbar, dass die Marktleistung eines disaggregierten Unternehmens in der Versicherungswirtschaft nicht mehr den Versicherungsschutz als Kernnutzen besitzt. Somit wäre das Sicherheitsziel von geringerer Bedeutung.603 Auch wenn das Wachstumsziel von einer Vielzahl von Unternehmen als eigenständiges Ziel definiert wird, so kann dennoch die Formulierung als eigenständiges Oberziel kaum gerechtfertigt werden. Vielmehr kann es dem Gewinnziel, durch die langfristige Steigerung des Unternehmenswertes aufgrund von Wachstum des Umsatzes bzw. Prämienvolumens, oder dem Sicherheitsziel, durch verbesserten Risikoausgleich im Kollektiv, als konkretisierendes Unterziel dienen. Allenfalls für die Anspruchsgruppe der Mitarbeiter lässt sich ein höheres Interesse am Wachstumsziel als Oberziel feststellen, da ein langfristiges Unternehmenswachstum der Arbeitsplatzsicherheit dient.604 Zur Messung des Wachstumszieles kann zwischen Inputgrößen, z.B. Anzahl Mitarbeiter, Transformationsgrößen, z.B. Anzahl Schadenbearbeitungen, und Outputgrößen, z.B. Kundenzahl oder Prämienvolumen, differenziert werden. In der Praxis wird Wachstum vornehmlich anhand von Outputgrößen, insbesondere aufgrund der leichten Feststellbarkeit, gemessen.605
601 Vgl. Albrecht, P. (1992), S. 19, Albrecht, P./ Lippe, S. (1988), S. 526 oder Farny, D. (1967), S. 73 602 Aus Sicht der Kapitalgeber kann ein ausschließliches Absichern der Einlage nicht Zweck einer Investition sein, da mit der Übernahme eines Risikos auch die Aussicht auf eine attraktive Rendite verbunden sein sollte; vgl. Karten, W. (1983), S. 216 603 Zur Messung des Sicherheitsziels werden in der Praxis Quoten zwischen risikoproportionalen Größen, z.B. dem Prämienvolumen für eigene Rechnung, und der Eigenkapitalausstattung herangezogen, wobei insbesondere in den vergangenen Jahren zunehmend komplexe Risikomanagementsysteme eingesetzt werden. Zur Vertiefung der Ausgestaltung des Sicherheitsziels vgl. Farny (2000), S. 313 ff. 604 Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 8 605 Vgl. Farny, D. (2000), S. 312
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4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
Schließlich existiert eine Reihe nichtmonetärer bzw. nichtökonomischer Ziele, welche in der Regel nur qualitativ oder nur über quantitative Hilfsgrößen messbar sind. Hierzu zählen Image, Prestige, Macht, Unabhängigkeit, soziale bzw. ethische Ziele oder die Vermeidung von Konflikten mit Teilnehmern der Unternehmensumwelt. Grundsätzlich ist jedoch die Frage zu stellen, ob es sich bei den hier genannten Aspekten um Teile eines Zielsystems oder um davor liegende Motive für die Zielentscheidung handelt.606 Die hier genannten Aspekte werden vor allem auf Seiten der Unternehmensleitung anzutreffen sein, da diese in der Öffentlichkeit am meisten mit den Unternehmen identifiziert werden. Allenfalls Aspekte wie soziales Handeln, z.B. Vermeidung von Arbeitsplatzabbau, oder Unabhängigkeit können auch bei Eigenkapitalgebern festgestellt werden. Aufgrund der Probleme in der Operationalisierung werden diese Aspekte bei der aktiven Steuerung eines Unternehmens jedoch eher implizit als explizit berücksichtigt.607 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass als wesentliche Oberziele bei Versicherungsunternehmen das Ziel der Gewinnmaximierung bzw. der Steigerung des Shareholder Values und das Ziel der Bedarfsdeckung zu erkennen sind. Jedoch scheint das Ziel der Bedarfsdeckung, abgesehen von einigen speziellen Bedarfssituationen, mit der Zeit zunehmend in Hintergrund geraten zu sein und zudem mehr die Funktion einer Motivation zur Gründung einer Versicherung inne zu haben, denn als andauerndes Ziel zu fungieren. Zudem soll sich diese Arbeit primär an die Stakeholdergruppen der Eigenkapitalgeber und Unternehmensleitungen richten, so dass hier das Ziel der Steigerung des Shareholder Values als Oberziel definiert werden soll. Somit sind Wachstumsziele und Sicherheitsziele als Unterziele zu definieren, welche das primäre Ziel der Steigerung des Shareholder Values unterstützen sollen.608 Kritisch bleibt die Definition des Ziels der Steigerung des Shareholder Values bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit sowie öffentlich-rechtlichen Gesellschaften, aber der Ansatz der Differenzierung zwischen Wertschaffung und Wertverteilung unterstützt dies auch bei diesen Gesellschaften, wobei spezifische Mechanis-
606 Vgl. Farny, D. (2000), S. 322 ff. 607 Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 9 608 In einer empirischen Untersuchung von Zielsystemen bei Versicherungsunternehmen auf Basis der Analyse von Lageberichten der Unternehmen wurde ebenfalls die Definition des Gewinnziels als Oberziel festgestellt, wobei seit der Krise der Kapitalmärkte das Sicherheitsziel an Bedeutung gewonnen hat. Vgl. Graumann, M./ Gusterer, E. (2004), S. 1886 ff. In einer gemeinsamen Studie von CSC Ploenzke und der GfK Finanzmarktforschung haben von den befragten 161 Versicherungsunternehmen 78,1% das Ziel der Wertsteigerung genannt; vgl. o.V. (2002b), S. 41
4.5 Änderungen des Wettbewerbsumfeldes
141
men zur Wertverteilung erforderlich sind.609 Die Aufgabe der Unternehmensleitung besteht dann in dem Management der Stakeholder, so dass „der Unternehmung keine kritischen Ressourcen entzogen werden, Leistung und Gegenleistung in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen, das Interesse der Stakeholder an der Unternehmung bestehen bleibt und damit die Aktionsfähigkeit der Unternehmung gesichert wird“610. In Abschnitt 2.3.6 wurde bereits für Modelle der Unternehmensbewertung die Eignung des Shareholder Values als Ergebnisgröße hergeleitet. Nach der Definition der Steigerung des Shareholder Values als Oberziel für Versicherungsunternehmen besteht somit eine Kongruenz zwischen Unternehmensziel und Ergebnisgröße der erarbeiteten Instrumente.
4.5 Änderungen des Wettbewerbsumfeldes 4.5.1 Überblick über die Wettbewerbstreiber Die deutsche Versicherungswirtschaft befindet sich in einer Phase des Umbruchs. Aufgrund vielfältiger Faktoren entstehen für die Unternehmen neue Herausforderungen, welche insbesondere die kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen zu einem Überdenken der Stellung im Wettbewerb, der eigenen Wertschöpfungskette und der Positionierung gegenüber den Kunden drängen. Eine Kategorisierung der auf die Versicherungsunternehmen wirkenden Faktoren ist auf Basis der Wettbewerbskräfte nach Porter möglich.611 In Abbildung 26 werden die Wettbewerbskräfte sowie die Determinanten der jeweiligen Bedeutung bzw. Intensität spezifisch für die Versicherungsbranche dargestellt. Wie in der Darstellung ersichtlich, lassen sich diese zu zwei Gruppen zusammenfassen: den horizontalen Wettbewerbskräften, welche die Auswirkungen auf die jeweiligen Bereiche der Wertschöpfungskette darstellen, sowie den vertikalen Wettbewerbskräften, die die Konkurrenz der Marktleistung bzw. von Zwischenprodukten durch Wettbewerber von außen determinieren. 609 Denkbar wären hier eine umfangreichere Beteiligung der Mitarbeiter und Versicherungsnehmer an der erzielten Steigerung des Shareholder Values durch erfolgsabhängige Ausschüttungen bzw. Prämienrückerstattungen. 610 Hill, W. (1997), S. 87 611 Vgl. detailliert zu den Ansätzen von Porter Abschnitt 3.2 sowie die dort angeführte Literatur
142
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt Neu in den Markt tretende Wettbewerber • Konkurrenz auf allen Wertschöpfungsstufen durch ausgewiesene Spezialisten
• Besonders intensive Konkurrenz durch „Client Owner“, die über bestehende Kundenschnittstelle Versicherungen anbieten können
Beschaffung betriebsnotwendiger Ressourcen • Geringe Verhandlungsmacht • Fehlender Zugang zum Kapitalmarkt • Hohe Investitionen in ITSysteme erforderlich
Änderung der Kundenbedürfnisse • Bedeutungsgewinn von Wettbewerber im Versicherungsmarkt • Zuspitzung des Preiswettbewerbs • Wettbewerbsvorteile durch Skaleneffekte
Transparenz und Spitzenleistungen
• Wertewandel sowie demographische Entwicklung
Konkurrenz durch Substitutprodukte • Weiterentwicklung von Finanzmarkt-Produkten hin zu versicherungsäquivalenten Produkten
• Zunehmende Nachfrage nach innovativen Lösungen
Abbildung 26:
Wettbewerbskräfte in der Versicherungswirtschaft612
4.5.2 Die horizontalen Wettbewerbskräfte Die kostengünstige Beschaffung der erforderlichen Ressourcen spielt für Versicherungsunternehmen insbesondere in drei Bereichen eine große Rolle: Versorgung mit ausreichend Risiko- und Deckungskapital, Absicherung des Risikoportfolios durch Rückversicherer sowie die Ausstattung mit moderner Informationsverarbeitungstechnologie. Insbesondere der Kursverfall an den Wertpapierbörsen hat bei vielen Versicherungsunternehmen zu einer deutlichen Reduzierung des Risiko- bzw. Deckungskapitals geführt. Insbesondere bei Versicherungsunternehmen, die als Versicherungsverein a.G. firmieren, bestehen Probleme bei der Finanzierung über die Kapitalmärkte. Im Bereich der Rückversicherung hat seit Beginn der 90er Jahre ein umfangreicher Konzentrationsprozess eingesetzt.613 Insbesondere die Probleme bei 612 In Anlehnung an Porter, M. (1999), S. 34 ff. oder Porter, M. (2000), S. 32 ff. In diesem Abschnitt soll von den allgemein gültigen Bezeichnungen der Wettbewerbskräfte abgewichen werden, um die Bezeichnungen spezifischer auf die Versicherungsbranche auszurichten. In den Abschnitten 4.5.2 und 4.5.4 werden die fünf Wettbewerbskräfte detailliert für die Versicherungsbranche analysiert und die spezifischen Gegebenheiten in den Vordergrund gestellt. 613 Der Marktanteil der vier größten Rückversicherer ist von 22% in 1990 auf 34% in 1998 gestiegen; vgl. o.V. (1998a), S. 11
4.5 Änderungen des Wettbewerbsumfeldes
143
einigen Rückversicherern zu Beginn des neuen Jahrtausends haben zu einer Verknappung des Angebots und somit zu einer deutlichen Preissteigerung geführt. Teilweise haben kleinere Erstversicherer mit schlechtem Risikoportfolio Probleme, überhaupt einen Rückversicherer zu finden.614 Aufgrund der hohen Kostensteigerungen im Bereich der Informationstechnologie ist es nur finanzstarken, großen Versicherungsunternehmen möglich, auf dem aktuellen Stand der Technik zu sein und somit mögliche Produktivitätspotentiale umfassend zu erschließen. Als Beispiele können hier die kostenintensive Ausstattung und Anbindung der Vertriebsmitarbeiter oder Anpassungen zur Durchführung von internetbasierten Transaktionen genannt werden. Bei den Determinanten der Lieferantenmacht sind somit insbesondere die Aspekte fehlende Ersatz-Inputfaktoren, hohe Lieferantenkonzentration bei den Rückversicherern sowie der hohe Einfluss der Informationstechnologie auf Kosten und Differenzierung zu erkennen.615 Zusammenfassend kann daher in der Versicherungswirtschaft von einer relativ hohen Lieferantenmacht gesprochen werden. Bei der Analyse der Veränderungen der Wettbewerbskraft Kunden soll zunächst auf die Änderung der Kundenbedürfnisse eingegangen werden. Diese können nach folgenden Faktoren differenziert werden:
psychologische Faktoren, beispielsweise Bedarfsgerechtigkeit, Preis-Leistungsempfinden, Transparenz oder Sicherheit; persönliche Faktoren, z.B. Demographie, Alterung oder Ertragsorientierung; soziale Faktoren, wie sinkendes Vertrauen in staatliche Sicherungssysteme oder Individualisierung der Gesellschaft; kulturelle Faktoren, Beispiele wären allgemeiner Wertewandel, höhere Kritikfähigkeit der Kunden oder wachsende Erwartungen.616
In den vergangenen Jahren ist eine umfangreiche Änderung bei den psychologischen Faktoren zu beobachten. Zum einen ist hier die zunehmende Preissensitivität und ein anspruchsvolleres Preis-Leistungsempfinden anzuführen, welche bei den Versicherungsunternehmen zu einem konstanten Druck auf die Preisgestaltung führen. Zum anderen sind insbesondere seit der Krise der deutschen Lebensversicherungen zur Jahrtausendwende Sicherheitsaspekte wieder verstärkt in den Vordergrund getreten, 614 Vgl. Fromme, H. (2003), S. 1 615 Vgl. Porter, M. (1999), S. 61 f. 616 Vgl. allgemein zu Kundenbedürfnissen Kotler, P./ Bliemel, F. (2001), S. 325 ff. Speziell zu den Änderungen der Bedürfnisse in der Versicherungsbranche vgl. Ehrler, K. (1999), S. 88 ff.
144
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
so dass eine Tendenz der Konsumenten zu den großen, bekannten Gesellschaften zu erkennen ist.617 Ein weiterer Aspekt ist der verstärkte Wunsch nach Transparenz der Produkte, die insbesondere durch die Deregulierung nicht mehr gegeben ist.618 Bei den persönlichen Faktoren sind vor allem zwei Tendenzen zu nennen: zum einen der demographische Alterungsprozess, der zu einer Reduktion der staatlichen Leistungen bei der Sozialversicherung und somit zu einer erhöhten Nachfrage nach privaten Vorsorgeprodukten führen wird. Insbesondere in der Lebens- und der Krankenversicherung wird ein deutliches Prämienwachstum erwartet.619 Zum anderen stellt die zunehmende Ertragsorientierung der Kunden hohe Herausforderungen an die Produktion von Vorsorgeprodukten.620 Die sozialen Faktoren determinieren die Änderung der Konsumentenbedürfnisse dahin gehend, dass das kollektiv sinkende Vertrauen in die staatlichen Vorsorgesysteme, verstärkt durch den bereits angeführten Alterungsprozess, zu einer erhöhten Nachfrage nach privater Vorsorge führt.621 Schließlich führen kulturelle Faktoren, wie beispielsweise der allgemeine Wertewandel622 in der Gesellschaft hin zu einer zunehmenden Individualisierung und Entsolidarisierung, zu verschiedenen Implikationen für die Versicherungswirtschaft:
617 618 619 620
Risiken stehen mehr im Vordergrund des Bewusstseins, so dass die Verminderung von Risiken zunehmend an Bedeutung gewinnt; zunehmende Häufigkeit von Eigentumsdelikten und Versicherungsbetrug führt zu ansteigenden Schadenquoten; Absicherung geschieht eher individuell als über soziale Fürsorge; Kunden werden zunehmend kritischer und flexibler, so dass Kundenorientierung und -bindung an Bedeutung gewinnen.623
Vgl. Metternich, F. (2004), S. 372 oder o.V. (2003c), S. 126 Vgl. Ehrler, K. (1999), S. 88 f. Vgl. o.V. (1998b), S. 49 ff. Durch die positive Entwicklung an den Finanzmärkten Ende der 90er Jahre hat die Ertragsorientierung der Kunden deutlich zugenommen. Während vorher der Sicherheitsaspekt deutlich im Vordergrund gestanden hat, werden z.B. Lebensversicherungen zunehmend mit anderen Finanzmarktprodukten bezüglich der Rendite verglichen. Zudem führt dies zu hohen Anforderungen an die Asset Management-Gesellschaften, die eine höhere Rendite bei vertretbarem Risiko erwirtschaften müssen; vgl. Ehrler, K. (1999), S. 92 621 Vgl. Ehrler, K. (1999), S. 92 622 Die deutsche Gesellschaft wird in der Literatur zum Teil bereits als „Wertewandelsgesellschaft“ bezeichnet; vgl. o.V. (1998b), S. 54 623 Vgl. o.V. (1998b), S. 55 ff. oder vertiefend Köcher, R. (1993)
4.5 Änderungen des Wettbewerbsumfeldes
145
Die von Porter definierten Determinanten der Stärke der Verhandlungsmacht auf Seite der Kunden kommen in der Versicherungswirtschaft nur teilweise zur Geltung. Lediglich die zunehmende Vergleichsmöglichkeit durch Medien, beispielsweise dem Internet, und das Angebot von Ersatzprodukten ermöglichen den Kunden eine gewisse Verhandlungsmacht.624 Bezüglich der Preissensitivität der Abnehmer kann festgehalten werden, dass nur geringe Produktunterschiede und auch nur eine schwache Markenidentität durch die Kunden wahrgenommen werden625, so dass die Preissensitivität bei Versicherungskunden recht hoch einzuschätzen ist. Die Wettbewerbsintensität in der Versicherungswirtschaft hat in den vergangenen Jahren deutlich an Dynamik gewonnen. Die weitgehende Deregulierung der Versicherungsbedingungen und Kalkulationsgrundlagen hat zu einer Verschärfung des Preiswettbewerbs626 einerseits und einem deutlich erweiterten Angebot an Versicherungsprodukten andererseits geführt. Dies soll anhand der vier Instrumente des Marketing-Mixes „Product“, „Place“ bzw. Distribution, „Promotion“ bzw. Absatz-förderung und „Price“ betrachtet werden.627 Wie bereits in Kapitel 4.2. dargestellt, beinhaltet das Versicherungsprodukt neben dem Versicherungsschutz als Kern noch weitere Ebenen der Marktleistung. Diese nehmen an Bedeutung zu, so dass Wettbewerber, welche über eine größere Investitionskraft verfügen, hier Vorteile erlangen können. Als Beispiele können hier die DKV AG mit der Strategie „Unternehmen Gesundheit“, die neben dem Betrieb von Zahnprophylaxe-Centern, Gesundheitszentren und einem Hilfsmittelservice auch ein medizinisches Experten-Team für Kundenfragen umfasst,628 oder auch die HUK COBURG Unternehmensgruppe mit dem Angebot „HUK COBURG Schadenservice PLUS“ dienen. Dieses Angebot der HUK COBURG Unternehmensgruppe umfasst im Fall eines Kfz-Haftpflicht- oder Kasko-Schadens die gesamte Schadenabwicklung für den Kunden, d.h. Information über die Ansprüche, Feststellung des Schadens, Beauftragung einer Werkstatt sowie Bereitstellung eines Ersatzfahrzeuges.629 Dabei wird neben dem Ziel der Steigerung der Kundenzufriedenheit auch das Ziel verfolgt, 624 Vgl. Porter, M. (1999), S. 58 ff. sowie zu den möglichen Ersatzprodukten Abschnitt 4.5.4 625 In der deutschen Versicherungswirtschaft lassen sich nur eine geringe Markenbekanntheit und eine schwach ausgeprägte Abschlussbereitschaft feststellen. Lediglich die Allianz AG verfügt mit 72,9% ungestützter Bekanntheit über einen hohen Wert, während bereits die Gesellschaften ab Platz 6 unter 10% liegen. Auch bei der Allianz AG beträgt die Abschlussbereitschaft nur 38%. Vgl. hierzu Anhang 0 626 Vgl. o.V. (1998b), S. 75 f. 627 Vgl. Kotler, P./ Bliemel, F. (2001), S. 149 ff. oder Meffert, H. (2000), S. 969 ff. 628 Vgl. Pressemeldungen der DKV AG, o.V. (2004a) und o.V. (2003b) 629 Vgl. Pressemeldung der HUK COBURG Unternehmensgruppe, o.V. (2002a)
146
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
„Schäden möglichst schnell und preiswert zu regulieren“630. Unterstützung findet die HUK COBURG beispielsweise in einer Studie der Bristol Business School, in der die befragten Autofahrer guten Service im Schadenfall deutlich mehr schätzen als eine niedrige Prämie.631 Neben dieser Ausweitung der Marktleistung gewinnt eine effektive Marktsegmentierung, verbunden mit einer innovativen Modularisierung der Produkte, an Bedeutung, um den Kunden ganzheitliche Lösungen ihrer Probleme anzubieten. Bezüglich der Distribution verfügen größere Gesellschaften auch über umfangreiche Vorteile. Zum einen existiert in der Regel ein besserer Zugang zu alternativen Absatzkanälen wie Bankenvertrieben oder Maklerorganisationen, zum anderen bestehen höhere Investitionskapazitäten zum Aufbau eines Multikanal- oder Internetvertriebs. Zusätzlicher Wettbewerbsdruck wird auch durch die so genannten Direktversicherer erzeugt, welche durch die Einsparung von eigenen Vertriebsorganisationen bzw. Provisionen an andere Vertriebsgesellschaften ihre Produkte besonders kostengünstig anbieten können.632 Prognosen zur Distribution von Versicherungsprodukten sagen vorher, dass vor allem die unternehmensgebundenen Handelsvertreter an Bedeutung verlieren werden, während alternative Kanäle, wie die oben genannten Banken-, Internet- oder Direktvertriebe, an Bedeutung zunehmen.633 Für die Distribution lässt sich festhalten, dass große Versicherungsunternehmen aufgrund von Skaleneffekten, umfangreicheren Cross Selling-Potentialen, den höheren Investitionskapazitäten sowie einer besseren Flächenabdeckung Vorteile gegenüber kleinen und mittleren Gesellschaften besitzen. Wie bereits zuvor dargestellt, liegt die Markenbekanntheit nur bei wenigen großen Versicherungsgesellschaften in einer relevanten Höhe, so dass im Bereich der Absatzförderung für kleinere Gesellschaften nur geringe Gestaltungsoptionen bestehen. Die Bedeutung einer klaren Positionierung am Markt wird zukünftig noch weiter steigen,634 und aufgrund der zunehmenden Konzentration im Versicherungs-
630 Pressemeldung der HUK COBURG Unternehmensgruppe, o.V. (2002a) 631 Vgl. Butterworth, M. (2004), S. 32 f. In dieser Studie gaben 91% der Befragten die zügige Bereitstellung eines Ersatzfahrzeuges als wichtigstes Merkmal einer Kfz-Versicherung an, dahinter folgten eine seriöse Auskunft über die Ansprüche (89%) und erst deutlich dahinter günstige Prämien (25%). 632 Vgl. Köhne, T. (1998), S. 673 oder Muth, M. (1994), S. 290 633 Vgl. Ehrler, K. (1999), S. 99 634 Als Beispiel für eine erfolgreiche Positionierung kann die HUK COBURG Unternehmensgruppe genannt werden, die als besonders günstiger Anbieter mit gutem Service im Schadenfall gilt. Vertiefend zur Bedeutung einer klaren Positionierung vgl. Reuter, F. (1994), S. 56 ff.
4.5 Änderungen des Wettbewerbsumfeldes
147
markt werden die wenigen großen Anbieter ihre Vorteile beim Aufbau einer Marke zukünftig verstärkt ausspielen können.635 Wie bereits in Kapitel 4.3 beschrieben, hat insbesondere im Zuge der Deregulierung des Versicherungsmarktes ein intensiver Preiswettbewerb begonnen. Als Kernmaßnahmen, um in diesem Wettbewerb mitzuhalten, können die Senkung der Schaden- und Kostenquote angesehen werden. In Kapitel 4.5.3 soll diskutiert werden, wie groß der Einfluss der „Betriebsgröße als strategischer Erfolgsfaktor“636 auf die Kosten von Versicherungsgesellschaften ist. Insgesamt lässt sich bezüglich der Wettbewerbsintensität auf dem Versicherungsmarkt festhalten, dass größere Unternehmen bereits bestehende Vorteile in Zukunft weiter ausbauen könnten. Zusammenfassend lassen sich also folgende Herausforderungen festhalten:
Kleine Gesellschaften, insbesondere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, sind durch Finanzierungsprobleme bedroht.637 Die Verhandlungsmacht kleiner und mittlerer Gesellschaften ist auf dem Beschaffungsmarkt begrenzt. Kleine und mittlere Gesellschaften werden nicht alle IT-Innovationen umsetzen können und somit Wettbewerbsnachteile besitzen. Es kann von einem weiteren Marktwachstum aufgrund demographischer Faktoren sowie dem allgemeinen Wertewandel ausgegangen werden. Eine umfassende Kundenorientierung sowie hohe Ansprüche an Transparenz und Spitzenleistungen im gesamten Wertschöpfungsprozess werden zunehmend erforderlich. Die Nachfrage nach innovativen Produktlösungen, wie beispielsweise der bereits genannte „HUK-COBURG Schadenservice PLUS“, wird zunehmen, und nur Unternehmen mit ausreichender Marktmacht können diese zu attraktiven Konditionen anbieten. Eine Zuspitzung des Preiswettbewerbs ist zu erwarten, wobei große Gesellschaften hier Vorteile aufgrund von Skaleneffekten besitzen.
635 Vgl. Jacob, E. (2002), S. 28 oder Reuter, F. (1994), S. 56 ff. 636 Kaluza, B. (1990), S. 1 637 Vertiefend zu den Problemen von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit vgl. Auchinleck, B./ Komar, E./ Mühlbauer, E. (2002), S. 455 ff.
148
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
4.5.3 Die Betriebsgröße als strategischer Erfolgsfaktor In diesem Abschnitt sollen die Effekte der Betriebsgröße auf die Rentabilität von Versicherungsunternehmen betrachtet werden, um die Hypothese zu erhärten, dass die „Betriebsgröße als strategischer Erfolgsfaktor“638 zu Wettbewerbsvorteilen für große Versicherungsunternehmen führen kann. Theoretisch betrachtet können positive Kostenwirkungen durch
eine Senkung des Risikopotentials639, eine Fixkostendegression, einen Übergang zu kostengünstigeren Verfahren, Lernkurveneffekte sowie eine Nutzung der Beschaffungs- und Absatzmacht
entstehen.640 Neben den beschriebenen Kosteneffekten können zudem auch Erlöseffekte wie z.B. Verbundvorteile, Markenstärke, höhere Flächenabdeckung sowie effektiveres Cross Selling erzielt werden. Grundsätzlich ist zu hinterfragen, inwieweit die theoretischen Ansätze für Versicherungsunternehmen Gültigkeit besitzen. In der Literatur für Versicherungen wird beispielsweise das Erfahrungskurvenkonzept übereinstimmend als relevant angesehen,641 auch wenn die grundsätzliche Übertragung auf Dienstleistungsunternehmen zu hinterfragen bleibt. Zur empirischen Untersuchung der Gültigkeit dieser theoretischen Ansätze kann das Gesamtergebnis eines Versicherungsunternehmens in Kapitalergebnis, ordentliches Versicherungsergebnis, außerordentliches Versicherungsergebnis und sonstiges Ergebnis aufgeteilt werden, um die Wirkungen der Betriebsgröße auf die einzelnen Bereiche zu überprüfen. Das ordentliche Versicherungsergebnis kann wiederum in Schadenkostenquote, Abschlusskostenquote und Verwaltungskostenquote differenziert werden.
638 Kaluza, B. (1990), S. 1 639 Nach dem Gesetz der großen Zahl sinkt „die Varianz des Gesamtrisikos proportional mit der Zahl der zusammengefassten Risiken“, Eisen, R. (1994), S.102 640 Vgl. Kaluza, B. (1990), S. 5 oder Eisen, R. (1994), S. 102 f. 641 Vgl. Kaluza, B. (1990), S. 5 f. sowie die dort angeführte Literatur
4.5 Änderungen des Wettbewerbsumfeldes
149
Schadenquote Maßgeblicher Einfluss auf Gesamtergebnis
Korrelation zur Betriebsgröße erkennbar
Ordentliches Versicherungsergebnis Verwaltungskostenquote Kapitalergebnis Abschlusskostenquote
Gesamtergebnis Außerordentliches Versicherungsergebnis
Sonstiges Ergebnis
Abbildung 27:
Aufteilung des Gesamtergebnisses eines Versicherungsunternehmens642
In einer von Kaluza durchgeführten Untersuchung wurde zunächst die Korrelation zwischen den verschiedenen Ergebnisbereichen und dem Gesamtergebnis bestimmt. Als Ergebnis kann hier festgehalten werden, dass lediglich das Kapitalergebnis sowie das ordentliche Versicherungsergebnis einen maßgeblichen, positiven Einfluss auf das Gesamtergebnis besitzen.643 In dieser Untersuchung konnten folgende Zusammenhänge zwischen der Betriebsgröße und den relevanten Ergebnisbereichen festgestellt werden:
Korrelation zwischen Betriebsgröße und Kapitalergebnis nicht ersichtlich; Korrelation zwischen Schadenkostenquote und Betriebsgröße deutlich erkennbar; Korrelation zwischen Vertriebskostenquote und Betriebsgröße nicht erkennbar; Korrelation zwischen Verwaltungskosten und Betriebsgröße erkennbar.644
642 Eigene Darstellung in Anlehnung an Kaluza, B. (1990), S. 13 643 Der Korrelationskoeffizient nach Bravais-Pearson von der Kapitalrendite liegt bei +0,59, des ordentlichen Versicherungsergebnisses bei +0,51, von der außerordentlichen Rendite bei +0,10 und von der sonstigen Rendite bei -0,12; vgl. Kaluza, B. (1990), S. 11 f. 644 Begründet werden kann dies durch fehlende Marktmacht, um spezielle Vereinbarungen durchzusetzen, den Zwang zur Aufnahme schlechterer Risiken sowie mangelnde Erfahrung bei der Risikoselektion; vgl. Kaluza, B. (1990), S. 14 ff.
150
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
In Anhang II wird dargestellt, dass die Verwaltungskostenquote bei Lebensversicherungen in Deutschland in der Größenklasse mit einem Prämienvolumen größer als 1 Mrd. Euro um ca. 27% niedriger ist als bei der Größenklasse bis 125 Mio. Euro. Bei den großen Schaden- und Unfallversicherern liegt die durchschnittliche Verwaltungskostenquote um ca. 20% unter den kleineren Gesellschaften.645 Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die Betriebsgröße über die Verwaltungs- und Schadenkosten einen signifikanten Einfluss auf das Gesamtergebnis von Versicherungsunternehmen besitzt und die theoretischen Quellen der Kostenreduktion scheinbar auch in der Versicherungswirtschaft gültig sind. Positive Ertragswirkungen lassen sich aufgrund der vielfältigen externen Einflussfaktoren kaum belegen, scheinen aber z.B. bezüglich der Markenstärke nachvollziehbar.646
4.5.4 Die vertikalen Wettbewerbskräfte Unter den vertikalen Wettbewerbskräften werden nach Porter die Bedrohung durch Substitutprodukte und die Bedrohung durch neue Konkurrenten verstanden.647 Während unter Substitutprodukten das Angebot von alternativen Produkten, die für den Kunden die gleiche oder zumindest eine verwandte Funktion erfüllen, verstanden wird, bedeutet die Bedrohung durch neue Wettbewerber den Markteintritt von neuen Konkurrenten aus anderen Branchen oder regional anderen Märkten mit den gleichen Produkten. Insbesondere im Vorsorgemarkt wurde aufgrund der Weiterentwicklung von Finanzprodukten sowie der Börsenhausse zum Ende der 90er Jahre eine Vielzahl von neuartigen Substitutprodukten angeboten. Insbesondere wurde die Forderung nach höheren Renditen deutlich, so dass beispielsweise Bündelprodukte aus Versicherung und Investmentfonds hohe Wachstumsraten verzeichnen konnten.648
645 Eigene Auswertung von Geschäftsberichten aus dem Jahr 2001 von 115 Einzelunternehmen im Bereich Lebensversicherung und 100 Versicherungsgruppen im Bereich der Schaden- und Unfallversicherungen; vgl. Anhang 0 646 Vgl. Kaluza, B. (1990), S. 23. Allgemein zur Betriebsgröße als relevanten Wettbewerbsfaktor in der Versicherungswirtschaft vgl. Ackermann, P. (1983), S.87 ff. oder Farny, D. (1960), S. 183 ff. 647 Vgl. Porter, M. (1999), S. 34 648 Als Beispiel können hier die erst seit 1995 vertriebenen fondsgebundenen Lebensversicherungen genannt werden, die 2003 bereits einen Anteil von 20% an den laufenden Lebensversicherungsbeiträgen nach Versicherungsarten ausgemacht haben; vgl. o.V. (2003c), S. 78
4.5 Änderungen des Wettbewerbsumfeldes
151
Neue Wettbewerber erwachsen zum einen durch die Öffnung des deutschen Versicherungsmarktes für ausländische Versicherungsunternehmen sowie durch das Angebot von Versicherungsprodukten durch branchenfremde Unternehmen.649 Kritisch zur Analyse der Wettbewerbskräfte nach Porter ist anzumerken, dass lediglich eine Substitution von Produkten betrachtet wird. Eine Differenzierung nach Leistungsprozessen bzw. die Bedrohung durch Spezialisten auf verschiedenen Wettbewerbsstufen wird nicht abgebildet. Eine genauere Unterteilung der vertikalen Marktkräfte identifiziert hingegen vier potentielle Typen von Wettbewerbern:
Substituters, Client Owner, Service Provider und Process Owner.650
Diese vier Typen können sowohl auf allen Ebenen des Versicherungsproduktes als auch auf allen Wertschöpfungsstufen in der Assekuranz konkurrieren. Unter Substituters können Wettbewerber verstanden werden, die sämtliche Formen der Produktsubstitution anbieten. Die Produktsubstitutionen erfüllen gleiche bzw. verwandte Funktionen wie die Versicherungsleistungen und können diese somit ersetzen. Substituters können grundsätzlich auf allen drei Produktebenen Ersatzprodukte anbieten. Die Gruppe der Substituters umfasst damit sowohl Anbieter von Ersatzprodukten als auch die neuen Konkurrenten nach Porter. Als Beispiele können hier Banken, Rückversicherer oder Risiko-Management-Gesellschaften angeführt werden. Insbesondere die zunehmende Integration von Allfinanz-Produkten ist hierbei als Merkmal anzuführen. Die Eignung der Substituters als Konkurrenten ist auf allen Produktebenen sehr hoch.651
649 Auf diesen Aspekt wird insbesondere zum Thema „Client Owner“ in diesem Kapitel eingegangen. 650 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 107 f. 651 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 110 ff.
152
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
Beschreibung
Substituters
Client Owner
Service Provider
bieten Substitutprodukte an
bieten über bestehende Kundenkontakte Versicherungsleistungen an
bieten in sich geschlossene Teilprodukte an, z.B. Leistungen einer Wertschöpfungsstufe
bieten Übernahme/ Unterstützung von Prozessen an
Innovationen
bestehende Kundenkontakte
hohe Fachkompetenz, Kostenvorteile
hohe Fachkompetenz
Banken, Rückversicherer
Fluglinien, Tchibo AG, Volkswagen AG
Catering, Kapitalanlagegesellschaften, MLP AG
Unternehmensberatungen
zunehmend, insbesonders im Vorsorgemarkt
mittel, enger Kundenkontakt bislang nicht ausgeschöpft
zunehmend, Knowhow und Kostenvorteile möglich
nur geringe Gefahr, aber erfolgreiches Management von Process Ownern als Herausforderung
Vorteile
Beispiele
Bedeutung als Wettbewerber
Abbildung 28:
Process Owner
Typisierung potentieller Wettbewerber652
Unter dem Begriff Client Owner sind Unternehmen zu verstehen, die über bestehende Kundenkontakte versicherungsnahe Dienste anbieten können. Hierbei ist das Vorliegen einer breiten Kundenbasis mit einem hohen Vertrauen von Seiten der Kunden relevant, so dass dieses Kundenvertrauen auf versicherungsnahe Produkte überführt werden kann. Als Client Owner können Kreditkartenfirmen, Versandhäuser, Fluggesellschaften oder auch Warenhäuser fungieren. Folgende drei Faktoren sind für die Eignung eines Client Owner zum Transfer seiner Kundenverbindungen auf den Vertrieb von Versicherungsprodukten relevant:
Qualität der Kundenkontakte und des Kundenvertrauens, Qualität und Umfang der Kundendaten sowie Anzahl der Kundenkontakte.
Beispielsweise besitzen Unternehmen mit einer hohen Anzahl von Kundenkontakten, aber ohne Kundendaten, nur wenig Möglichkeiten zum spezifischen Angebot von Versicherungsdienstleistungen. Als Beispiel könnten hier klassische Supermärkte oder auch das Angebot der Tchibo AG in Deutschland genannt werden. Als positives Beispiel kann hingegen die britische Handelskette Marks&Spencer fungieren, die über 652 Eigene Darstellung in Anlehnung an Ehrler, B. (1999), S. 108
4.5 Änderungen des Wettbewerbsumfeldes
153
die Ausgabe einer Kundenkarte und die Auswertung der verfügbaren Daten großen Erfolg beim Vertrieb von Bank- und Versicherungsprodukten erzielen konnte.653 Aufgrund der traditionellen Stärke der deutschen Versicherungsaußendienste ist der Absatz von Versicherungsprodukten über Client Owner bislang relativ gering ausgeprägt.654 Mit bekannten Marken, intensiver Kundenbindung, hohem Serviceniveau und umfangreichen Kundendaten, welche umfassendes Wissen über Bedarf und Gewohnheiten der Kunden gewährleisten, verfügen die Client Owner dennoch über umfangreiches Potential. Die Gefahr der Konkurrenz für etablierte Versicherungsunternehmen ist sehr hoch, da die Client Owner über zahlreiche, qualitative Kundenkontakte verfügen. Jedoch müssen originäre Versicherungsdienstleistungen teilweise zugekauft werden. Als Service Provider gelten Unternehmen, die einzelne Stufen der Wertschöpfungskette bzw. einzelne Leistungen anbieten. Ein wichtiges Merkmal hierbei ist das Angebot von in sich geschlossenen Teilprodukten. Die Versicherer kaufen dieses Teilprodukt hinzu und übernehmen selber nur die Koordination mit der eigenen Wertschöpfungskette, d.h. das Management der Schnittstellen sowie das Controlling. Grundsätzlich ist das Angebot sämtlicher Wertschöpfungsstufen durch Service Provider denkbar. Im Back-Office eines Versicherungsunternehmens wäre beispielsweise die Übernahme von Immobilien-verwaltung, Kapitalanlagenverwaltung oder Management des Rechenzentrums durch einen Service Provider denkbar. Beispielsweise sind empirischen Untersuchungen zu Folge bei ca. 70% der Versicherungsunternehmen das Catering und zu 30% bis 40% die Kapital-anlageverwaltung ausgelagert.655 Service Provider können auch Dienstleistungen mit direktem Kundenkontakt übernehmen, auch wenn dies ein höheres Maß an Koordination und Controlling der erbrachten Dienstleistung erfordert. Beispiele dafür sind Assistance-Unternehmen, die das Schadenmanagement zum Teil übernehmen bzw. eine 24-Stunden-Erreichbarkeit bieten. Auch das Management von Call Centern oder Vertriebs-gesellschaften wie MLP oder AWD können als Beispiele genannt werden. Unternehmen können durch den Einsatz von Service Providern Vorteile in Form von spezifischem Know-how oder Kostenvorteile aufgrund von Skaleneffekten erzielen. Insbesondere die Bedeutung von Service Providern soll im Rahmen dieser Untersuchung beleuchtet werden, da diese durch Spezialisierung bzw. Fokussierung auf 653 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 117 f. Als weitere positive Beispiele können der Otto Versand oder auch die VW-Bank angeführt werden. 654 Für einen Überblick über die maßgeblichen Vertriebskanäle in Deutschland vgl. Farny, D. (2001), S. 54 655 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 125
154
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
einzelne Wertschöpfungsstufen möglicherweise Wettbewerbsvorteile gegenüber integrierten Versicherungsunternehmen erzielen können. Von den Service Providern geht nur eine geringe Gefahr der Konkurrenz durch Vorwärts- bzw. Rückwärtsintegration aus, jedoch besteht die Möglichkeit, dass andere Versicherungsunternehmen durch effektiven Einsatz von Service Providern Wettbewerbsvorteile erzielen. Unter Process Ownern werden Unternehmen verstanden, die als Dienstleister ganze Prozesse der Versicherungsgesellschaften übernehmen. Die Dienstleistungen der Service Provider sind im Gegensatz zu den Leistungen der Process Owner als additiv zu der Wertschöpfung der Versicherungsunternehmen zu betrachten. Die Leistungen der Process Owner unterstützen die Wertschöpfung durch Beratung und Prozessbegleitung. Im Vordergrund steht hierbei nicht die Erstellung eines marktfähigen Zwischenproduktes, sondern die Kompetenz bei der Ausführung bzw. Übernahme von Prozessen. Ein Beispiel wären Unternehmensberatungen, die durch Methoden- und Fachkompetenz beratend auf allen Wertschöpfungsstufen unterstützen können. Ein anderes Beispiel wäre der Unterhalt von EDV-Netzen bzw. die Unterstützung beim Betrieb von Rechenzentren durch Softwarefirmen. Insgesamt besteht eine mittlere Gefahr der Konkurrenz durch Process Owner, da der Zugang zu den Endkunden in der Regel fehlen wird.656 Zusammenfassend lassen sich folgende Punkte festhalten:
Konkurrenz entsteht nicht ausschließlich über Substitutprodukte oder gleichartige Wettbewerber, sondern auch auf allen Wertschöpfungsstufen bzw. Leistungsprozessen durch ausgewiesene Spezialisten. Kernaufgabe der Unternehmensleitung wird das erfolgreiche Management von Kooperationspartnern, z.B. Service Providern, in flexiblen Netzwerken. Weitere Aufgabe der Unternehmensleitung wird der gezielte Aufbau von Kernkompetenzen in ausgewählten Wertschöpfungsstufen sein.
656 Der Begriff des Outsourcings soll im Folgenden zu Process Owner und Service Provider abgegrenzt werden. Gemäß des Ursprungs des Begriffs als Outside Resource Using, vgl. auch Abschnitt 1.5.3, kann Outsourcing als Verwendung von externen Ressourcen für die eigene Leistungserstellung definiert werden. In diesem Fall wären sowohl Service Provider als auch Process Owner als Outsourcing-Partner zu definieren. Die Abgrenzung zwischen Service Providern und Process Ownern geschieht in dem Punkt der Kontrolle über die Prozesse bzw. Wertschöpfungsstufe. Sofern diese im Unternehmen verbleibt und nur durch Externe unterstützt wird, spricht man von Process Ownern. Im Fall der vollständigen Erstellung eines Prozesses durch Externe handelt es sich um den Einsatz von Service Providern; vgl. Ehrler, B. (1999), S. 130
4.6 Zusammenfassende Darstellung
155
4.6 Zusammenfassende Darstellung der Herausforderungen für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen 4.6 Zusammenfassende Darstellung Wie in den vorherigen Abschnitten herausgearbeitet wurde, bestehen für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen umfangreiche Herausforderungen für eine erfolgreiche Zukunftsgestaltung im deutschen Versicherungsmarkt. Diese lassen sich zusammenfassend in folgenden Dimensionen charakterisieren:
Steigerung des Shareholder Values, Schärfung und Positionierung der angebotenen Marktleistung sowie Überarbeitung bzw. Redefinition der Wertschöpfungskette.
In Abschnitt 4.4 wurden die Zielsysteme von Versicherungsunternehmen herausgearbeitet, wobei die Steigerung des Shareholder Values als Oberziel definiert werden kann. Das gilt in zunehmendem Maß auch für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und öffentlich-rechtliche Gesellschaften. Die Verteilung der erzielten Unternehmenswertsteigerung kann als eigene Fragestellung betrachtet werden. Auch in der aktuellen Literatur wird die Unternehmenswertsteigerung als Oberziel deutscher Versicherungsunternehmen angesehen. „Im Management deutscher Versicherungsunternehmen wird man sich in den kommenden fünf Jahren besonders stark mit der Frage der Wertsteigerung bzw. der Steigerung der Werthaltigkeit ihrer Unternehmen beschäftigen.“657 Aus der Betrachtung der Entwicklung des Versicherungsproduktes bzw. der Marktleistung der Versicherungsunternehmen wird deutlich, dass eine intensive Kundenorientierung, die Stärkung der durch den Kunden wahrgenommenen Kernkompetenzen und eine klare Positionierung erforderlich sind. Zudem besteht sowohl eine umfangreiche Substitutionsgefahr als auch ein beträchtliches Markterweiterungs-potential. Der Druck zur klaren Positionierung für die kleinen und mittleren Gesellschaften entsteht insbesondere aufgrund des nach wie vor stark zersplitterten Marktes bei gleichzeitig zunehmender Konzentration. Für die zukünftige Entwicklung zieht Farny folgenden Schluss: „Das Szenario des Versicherungsangebots lässt sich am besten mit Polarisierung erläutern.“658 Danach sollten Versicherungsunternehmen aus der unscharfen Mitte versuchen, sich einem der Pole des Marktes anzu-
657 o.V. (2003a), S. 86 658 Farny, D. (1998), S. 13
156
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
nähern, um aus ihrer ungünstigen Wettbewerbsposition herauszukommen. Folgende Implikationen für die verschiedenen Positionierungsparameter könnten sich ergeben:
Sortimentspolitik: generelle Sortimente versus spezielle Angebote für einzelne Versicherungsgeschäfte, Kunden oder Regionen; Vertriebsstrategie: Monovertrieb versus Multikanal; Preisniveau: günstig versus hoch; Produktgestaltung: standardisierte versus individuelle Angeboten; Markenpolitik: Firmenmarke versus Produktmarke; Betriebsgröße: groß mit Skaleneffekten oder klein mit Vorteilen bei Elastizität und Flexibilität.659
Insgesamt können die sich gegenüberstehenden Pole als hochwertige, individualisierbare und teure Angebote versus mittelwertige, standardisierte und günstige Angebote charakterisiert werden.660 In Abschnitt 4.5 wurde zur Marktleistung herausgearbeitet, dass der Anspruch der Kunden auf Spitzenleistungen deutlich gestiegen ist, was für die Unternehmen eine Forderung nach dem Ausbau eindeutiger, unverwechselbarer Kernkompetenzen bedeutet. Aus der Darstellung der Änderungen des Wettbewerbsumfeldes wird deutlich, dass eine Überarbeitung bzw. Redefinition der Wertschöpfungskette insbesondere für kleine und mittlere Gesellschaften erforderlich wird.661 Insbesondere der Druck, Spitzenleistungen auf allen Wertschöpfungsstufen zu erzielen bei gleichzeitiger Erreichung von Kosteneffizienz durch Skaleneffekte, bedeutet für kleine und mittlere Gesellschaften ein radikales Überdenken der Wertschöpfungskette. Zudem steigt der Konkurrenzdruck auf allen Wertschöpfungsstufen durch Spezialisten. Die Kombination von Banken und Versicherungen übt zusätzlichen Druck sowohl auf der Seite der Marktleistung durch das umfassende Allfinanzangebot aus einer Hand662 als auch auf der Kostenseite durch hohe Skaleneffekte aus.663 659 Vgl. Farny, D. (1998), S. 13 660 Vgl. Farny, D. (1998), S. 13 661 Vgl. hierzu auch Hennerici, B./ Lang, C./ Meyer, R./ Ostermann, K. (2003), S. 88 ff. Hier wird die „Corporate Fitness“ von Versicherungsunternehmen in den Vordergrund gestellt, welche durch Prozessoptimierung, Umgestaltung der Wertschöpfungskette sowie ein aktives Hinterfragen der aktuellen Systeme, Strategien und Strukturen erreicht werden soll. Insbesondere durch Beschreiten von so genannten neuen Wegen bei Systemen, Strategien und Strukturen werden die größten Ergebnisverbesserungen für möglich gehalten. 662 Vgl. Lehmann, A. (2000), S. 23 f. 663 Vgl. Haller, M. (2000), S. 290 ff.
4.6 Zusammenfassende Darstellung
157
In Anlehnung an Porter können drei grundsätzliche Strategietypen definiert werden.664 Wie die vorangegangenen Betrachtungen implizieren, erscheinen für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen die branchenweiten Differenzierungs- bzw. Kostenführerschaftsstrategien nur bedingt umsetzbar, so dass für die kleinen und mittleren Versicherungsunternehmen nur die Möglichkeit der Wahl einer Nischenstrategie besteht. Wie jedoch in Abschnitt 4.2.5 und 4.5.2 herausgearbeitet wurde, verspricht eine Fokussierung auf wenige Produktfelder nur wenig Erfolg, da die Kunden das Angebot eines umfassenden Sortimentes wünschen. Eine Nischenstrategie erscheint somit allenfalls durch Differenzierungsmerkmale für eine spezielle Kundengruppe oder durch die Fokussierung auf einzelne Wertschöpfungsstufen Erfolg versprechend.
Kundengruppen
Sonstige Schadenmanagement Vertrieb
Wertschöpfungsstufen
Vertrag/ Mathematik Privat
Gewerbe
Industrie Produkte Leben
Abbildung 29:
Kranken
Sach
Sonstige
Differenzierungsmerkmale bei der Wahl einer Nischenstrategien: Kundengruppen, Produkte oder Wertschöpfungsstufen665
664 Vgl. hierzu Abbildung 21 oder Porter, M. (1999), S. 75 665 Eigene Darstellung; eine weitere Differenzierung der Dimension Kundengruppen wäre beispielsweise eine Unterteilung des Privatkundengeschäfts in „Massengeschäft“ und „vermögende Privatkunden“ oder in soziodemographische Daten. Die Dimension Produkte könnte ebenfalls tiefer untergliedert werden, d.h. Unterteilung der Lebensversicherung in Kapitallebens-, Risikolebens- und Rentenversicherung. Die Dimension der Wertschöpfungsstufen wurde hier analog der in Abschnitt 5.4.1 zu erarbeitenden Wertschöpfungsstufen gegliedert, wobei auch hier eine unternehmens- und situationsabhängige Darstellungsweise gewählt werden kann.
158
4 Versicherungen als Bewertungsobjekt
Eine mögliche strategische Option für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen könnte daher die Fokussierung auf ausgewählte Wertschöpfungsstufen und der Aufbau gezielter Kernkompetenzen sein, um dann für andere Versicherungsunternehmen als Service Provider zu agieren. In vielen Industriezweigen wurde bereits vor einigen Jahren die vollständig integrierte Struktur der Wertschöpfungskette in Frage gestellt. Durch Outsourcing und Spezialisierungsentscheidungen wurde so die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Branchen gesteigert, und es wurden nachhaltige Wertsteigerungen erzielt.
5.1 Konzeption des Modells
159
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation der Wertschöpfungskette 5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
5.1 Konzeption des Modells In diesem Kapitel sollen die bisher erarbeiteten Grundlagen zur finanziellen bzw. investitionstheoretischen Bewertung von Wertschöpfungsketten, zur strategischen Analyse auf Basis der Transaktionskostentheorie sowie zum Bewertungsobjekt Versicherungsunternehmen an sich in einem Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation der Wertschöpfungskette kombiniert werden. Wie in Abbildung 30 dargestellt, besteht das Modell aus fünf Phasen: Der Ist-Analyse des Versicherungsunternehmens, der strategischen Analyse der Wertschöpfungskette, der finanziellen bzw. investitionstheoretischen Bewertung der Wertschöpfungsstufen, der transaktionskostentheoretischen Bewertung der Wertschöpfungsstufen sowie als Kombination dieser vier ersten Phasen die Ableitung von Strategien für das Versicherungsunternehmen. Dieses Modell soll gemäß dem hier verfolgten praxeologischen Forschungsziel Entscheidungsträger in der Unternehmenspraxis in die Lage versetzen, über die Disaggregation von bzw. Fokussierung auf einzelne Wertschöpfungsstufen auf der Basis einer Kombination strategischer und finanzieller Analysen zu entscheiden. Jede der in Abbildung 30 dargestellten Phasen besteht aus einer Vielzahl von Teilaktivitäten, die in den entsprechenden Abschnitten ausführlich erläutert werden und in den vorangegangenen Kapiteln theoretisch fundiert wurden.
160
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
Ist-Analyse des Versicherungsunternehmens
Beschreibung
• Analyse der Positionierung des Versicherungsunternehmens bezüglich der fünf Wettbewerbskräfte
Theoretische Fundierung
• Analyse der Branchenstruktur nach Porter
Abbildung 30:
Analyse der Wertschöpfungskette
• Identifikation der Wertschöpfungsstufen • Ausgestaltung der GUVs je Wertschöpfungsstufe • Analyse der kritischen Erfolgsfaktoren je Wertschöpfungsstufe
• Wertkette nach Porter
Transaktionskostentheoretische Bewertung
Finanzielle Bewertung
• Bestimmung des Shareholder Values, Kapitalwertes sowie internen Zinsfußes je Wertschöpfungsstufe
• Konzept des Zukunftserfolgswertes • Shareholder-ValueAnsatz nach Rappaport
• Analyse der Transaktionseigenschaften
• Transaktionskostentheorie
Ableitung von Strategien
• Zusammenführung der einzelnen Module der strategischen Analyse und Erstellung Portfolio von Wertschöpfungsstufen • Ableitung potentieller Strategieoptionen für Portfolio-Segmente • Aufbau langfristiger Kernkompetenzen auf einzelnen Wertschöpfungsstufen
• Portfolio-Modelle • Konzept der Kernkompetenzen
• Shareholder-ValueAnsatz nach Rappaport
Konzeption des Bewertungsmodells666
5.2 Kurzbeschreibung des Beispielunternehmens Virtuelle Versicherung VVAG Im Folgenden werden die wichtigsten Parameter der Virtuellen Versicherung VVaG dargestellt, die in diesem Kapitel zur Illustration des Modells beispielhaft verwendet werden soll. Es soll sich um einen Einspartenversicherer handeln, der sich auf die Sparte Sachversicherungen667 fokussiert. Folgende Daten sollen für den Beispielversicherer gelten:668 Organisation und Rechtsform: Sparte: Sachversicherung Mitarbeiter: 1800 im Innendienst sowie 1000 Vermittler Rechtsform: Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
666 Eigene Darstellung 667 Diese umfasst Hausrat-, Wohngebäude-, Glas-, Feuer-, Sturm-, Einbruchdiebstahlversicherungen und technische Zweige; vgl. o.V. (2003c), S. 89 668 Für eine ausführliche Darstellung der Daten des Beispielversicherers vgl. Anhang 0
5.3 Analyse der Ist-Situation des Beispielunternehmens
161
Beitragseinnahmen: Brutto-Beitragseinnahmen (BBE): 100 GE669 Beitragswachstum p.a. seit 2000: -0,9% Marktanteil: 0,5% Kostenstruktur: Schadenquote ohne Regulierungskosten: 60% der BBE Kosten für den Versicherungsbetrieb: 49,2% der BBE; davon 16,2% der BBE Provisionen, 19,9% der BBE Personalkosten, 12,5% der BBE Sachkosten, 0,6% der BBE Abschreibungen Bilanzdaten und verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung: Kapitalanlagen: 194,8 GE Durchschnittliche Verzinsung der Kapitalanlagen: 4,5% p.a. Eigenkapital: 38,8 GE Fremdkapital: 205,2 GE
Brutto-Beitragseinnahmen - Aufwendungen f. Versicherungsfälle - Aufwendungen f. Versicherungsbetrieb = Versicherungstechnisches Ergebnis + Kapitalanlageergebnis = Jahresüberschuss
100,0 -60,0 -49,2 -9,2 8,8 -0,4
GE GE GE GE GE GE
Tabelle 3: Verkürzte Gewinn und Verlustrechnung der Virtuellen Versicherung VVaG670
5.3 Analyse der Ist-Situation des Beispielunternehmens In diesem Abschnitt soll das Beispielunternehmen Virtuelle Versicherung VVaG hinsichtlich seiner zu definierenden Ziele, der aktuellen Wettbewerbspo669 Vereinfachend soll in diesem Beispiel mit einer Basis von 100 Geldeinheiten als Beitragseinnahmen gerechnet werden. 670 Eigene Darstellung; für die Daten vgl. Anhang 0
162
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
sition, der Herausforderungen auf Basis der horizontalen und vertikalen Marktkräfte sowie der aktuellen strategischen Positionierung untersucht werden. Wie bereits in Abschnitt 4.4 für sämtliche Versicherungsunternehmen hergeleitet, kann als Oberziel die Maximierung des Shareholder Values festgehalten werden. Als Unterziele sollen in diesem Fall die unternehmerische Eigenständigkeit, die finanzielle Stabilität und langfristig profitables Wachstum definiert werden. In Abbildung 31 werden die Herausforderungen der Virtuellen Versicherung AG durch die auf sie einwirkenden Wettbewerbskräfte dargestellt. Für die Virtuelle Versicherung VVaG stellen vor allem die horizontalen Wettbewerbskräfte umfangreiche Herausforderungen dar. Dazu gehören Probleme bei der Finanzierung671, die fehlende Verhandlungsmacht auf dem Beschaffungsmarkt und höhere IT-Kosten aufgrund fehlender Skalenvorteile. Langfristig führen ausbleibende Investitionen in Innovationen im Bereich der Informationstechnologie zu strategischen Wettbewerbsnachteilen.672 Auf Kundenseite führt die zunehmende Transparenz über Leistungsangebote und Preise zu einem erhöhten Wettbewerbsdruck auf das Beispielunternehmen. Neben einem attraktiven Preis werden Spitzenleistungen im gesamten Wertschöpfungsprozess und innovative Produktlösungen zur Erweiterung und Abhebung der angebotenen Marktleistung, wie beispielsweise das aktive und umfassende Schadenmanagement der HUK-COBURG Unternehmensgruppe673, erforderlich. Von Seiten der Wettbewerber muss die Virtuelle Versicherung AG eine Zuspitzung des Preiswettbewerbs erwarten, da große Gesellschaften im Sachversicherungsmarkt Kostenvorteile aufgrund von Skaleneffekten an die Kunden weiterreichen können. Wie bereits in Abschnitt 4.5.3 dargestellt, besitzt die Betriebsgröße eine zunehmende strategische Bedeutung, so dass eine sehr kleine Gesellschaft, wie das hier dargestellte Beispielunternehmen, zunehmend mit umfangreichen Kostenund Ertragsnachteilen konfrontiert wird.
671 Finanzierungsprobleme stellen insbesondere aufgrund der Solvenzvorschriften umfangreiche Probleme dar, denn zur Absicherung von zusätzlichem Versicherungsgeschäft besteht ein Finanzierungsbedarf, der beispielsweise aufgrund des fehlenden Zugangs zum Kapitalmarkt nur schwer gedeckt werden kann. Vertiefend zu den Problemen von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit vgl. Auchinleck, B./ Komar, E./ Mühlbauer, E. (2002), S. 455 ff. 672 Beispielsweise könnte der Einsatz von Expertensystemen bei der Antragsprüfung oder von Dokumentenmanagementsystemen im Rahmen der Vertragsverwaltung neben Kostenvorteilen auch Qualitätsvorteile in der angebotenen Marktleistung ermöglichen. Insbesondere Investitionen in internetbasierte Anwendungen zur Steigerung der Effizienz und Flexibilität von Geschäftsprozessen erscheinen aktuell erforderlich; vgl. Kenfenheuer, M. (2003), S. 101 673 Vgl. Pressemeldung der HUK-COBURG, o.V. (2002a) sowie Abschnitt 4.5.2.
5.3 Analyse der Ist-Situation des Beispielunternehmens
163
Neu in den Markt tretende Wettbewerber • zunehmende Bedeutung von spezialisierten Service Providern auf allen Wertschöpfungsstufen, z.B. Versicherungsmaklern oder Vertriebsgesellschaften wie MLP AG oder AWD AG
• Konkurrenz durch Client Owner wie z.B. Banken, ADAC, oder Tchibo
• Im Groß- und Gewerbekundengeschäft Konkurrenz durch Substituters wie Banken oder Rückversicherer
Beschaffung betriebsnotwendiger Ressourcen • hohe Kosten der Finanzierung • geringe Verhandlungsmacht • hohe IT-Kosten • Skalennachteile bei Asset
Wettbewerber im Versicherungsmarkt • zunehmender Preiswettbewerb • erhöhte Skalenvorteile der Wettbewerber durch zunehmende Konzentration der Anbieter
Management und Schadenregulierern
Änderung der Kundenbedürfnisse • hohe Markenaffinität • hohe Preistransparenz • Nachfrage nach RundumVersicherungsangeboten bzw. Allfinanz • zunehmende Bedeutung von Spitzenleistungen auf allen Wertschöpfungsstufen
Konkurrenz durch Substitutprodukte • nur geringe Konkurrenz durch Substitutprodukte
Abbildung 31:
Herausforderungen für die Virtuelle Versicherung VVaG674
Eine Zuspitzung der kritischen Wettbewerbsposition ist zudem durch neu in den Markt tretende Wettbewerber zu erwarten. Während die Konkurrenz auf allen Wertschöpfungsstufen bzw. Leistungsprozessen durch ausgewiesene Spezialisten bereits zu beobachten ist, steht eine Verschärfung der Konkurrenz durch neu in den Markt tretende Client Owner, wie beispielsweise Banken oder den ADAC, für den Sachversicherungsmarkt noch aus. Eine klar definierte Wettbewerbsstrategie, wie beispielsweise eine der in Abbildung 21 dargestellten Normstrategien nach Porter, kann bei der Virtuellen Versicherung VVaG nicht erkannt werden. Eine Kostenführerschaft kann aufgrund der Skalennachteile nicht erreicht werden. Eine branchenweite Differenzierungsstrategie ist ebenfalls nicht erkennbar, da keine Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Anbietern aufgebaut wurden. Die Bedingungen für das Vorliegen von Kernkompetenzen als Voraussetzung möglicher Wettbewerbsvorteile, die Erzielung eines Kundennutzens, deutliche Abhebung von der Konkurrenz bei gleichzeitiger Nicht-Substituierarkeit der Ressource und Potential zum Ausbau675 sind bei keiner der Wertleistungen des Beispielunternehmens zu erkennen. 674 Eigene Darstellung in Anlehnung an Abbildung 26 sowie Porter, M. (1999), S. 34 ff. oder Porter, M. (2000), S. 32 ff. 675 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 41 oder ausführlich Abschnitt 0
164
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
Wie bereits in Abbildung 29 dargestellt, existieren drei Dimensionen möglicher Nischenstrategien: Produktangebot, Kundengruppen oder Wertschöpfungsstufen. Bei Betrachtung des Beispielunternehmens kann folgende Positionierung festgestellt werden:
Produktangebot: Sachversicherung; Kundengruppen: Massengeschäft im Privatkundensegment und kleine Gewerbekunden; Wertschöpfungsstufen: Abdeckung der gesamten Wertschöpfungskette.
Grundsätzlich könnte eine solche Nischenstrategie Erfolg versprechend sein.676 Jedoch erscheint die hier gewählte Nische nur bedingt attraktiv und entspricht nicht den aktuellen Markttrends der Versicherungsbranche: Die Fokussierung auf ein Produktangebot steht dem Kundenwunsch eines Angebotes aller Versicherungsleistungen aus einer Hand entgegen. Die Kundensegmente Privatkunden-Massengeschäft sowie kleine Gewerbekunden sind vor allem durch einen intensiven Preiswettbewerb und Anbieter mit Skalenvorteilen gekennzeichnet. Durch die fehlende Fokussierung auf wenige Wertschöpfungsstufen sowie die mangelnde Finanzkraft fehlt dem Beispielunternehmen die Möglichkeit, sich durch spezielle Leistungen auf einzelnen Wertschöpfungsstufen gegenüber den Wettbewerbern zu differenzieren.677 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Beispielunternehmen mit umfangreichen Herausforderungen konfrontiert wird und bislang keine nachhaltige Wettbewerbsstrategie verfolgt. Die ungünstige Wettbewerbsposition spiegelt sich zudem auch in der kritischen finanziellen Situation wider. Zum einen verzeichnet das Unternehmen einen Rückgang der Beitragseinnahmen, zum anderen ist das versicherungs-technische Ergebnis mit -9,2 GE deutlich negativ und auch der Jahresüberschuss nach Kapitalanlageergebnis mit -0,4 GE negativ. Die zuvor definierten Ziele der Steigerung des Shareholder Values, die finanzielle Stabilität sowie ein langfristiges profitables Wachstum werden aktuell nicht erfüllt, so dass das Ziel der unternehmerischen Eigenständigkeit ebenfalls gefährdet erscheint. Zur Steigerung des Shareholder Values bestehen grundsätzlich folgende Optionen: Senkung der Kapitalausstattung, Senkung der Kapitalkosten sowie Steigerung 676 Vgl. Kotler, P./ Bliemel, F. (2001), S. 419 f. 677 Auch eine Analyse der von Farny definierten Merkmale zur Positionierung zeigt, dass sich ein solches Beispielunternehmen in der unscharfen Mitte befinden würde, welche Farny als besonders unattraktiv ansieht. Vgl. hierzu Abschnitt 0 und Farny, D. (1998), S. 13
5.4 Analyse der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens
165
der zukünftigen Cash Flows.678 In der aktuellen Situation scheinen jedoch diese Optionen für das Beispielunternehmen kaum umsetzbar bzw. Erfolg versprechend,679 so dass alternative Strategien erforderlich sind. Im Rahmen dieser Arbeit soll geprüft werden, ob das Beispielunternehmen durch mögliche Portfolioentscheidungen bezüglich der Wertschöpfungskette oder durch operative Optimierung auf Ebene der einzelnen Wertschöpfungsstufen eine Steigerung des Shareholder Values erzielen könnte. Konkret könnte dies die Fokussierung auf unternehmenswertmaximierende Wertschöpfungsstufen, das Outsourcing Wert vernichtender Wertschöpfungsstufen sowie eine Steigerung der Erlöse durch den gezielten Aufbau von Kernkompetenzen für die verbleibenden Wertschöpfungsstufen bedeuten. Zur Analyse der Wertschöpfungsstufen des Unternehmens, bei der Formulierung einer adäquaten Strategie sowie zum laufenden Controlling soll das bereits skizzierte Modell zur Unterstützung von Disaggregationsentscheidungen verwendet werden. Als nächster Schritt soll zunächst die Disaggregation eines Versicherungsunternehmens in einzelne Wertschöpfungsstufen an dem Beispiel der Virtuellen Versicherung VVaG illustriert werden.680
5.4 Analyse der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens 5.4.1 Identifikation gängiger Normwertschöpfungsstufen in der Assekuranz In diesem Abschnitt soll die Disaggregation eines Versicherungsunternehmens in einzelne Wertschöpfungsstufen zunächst theoretisch fundiert werden, um dann die gängigen Normwertschöpfungsstufen in der Versicherungsbranche zu definieren und schließlich an einem exemplarischen Beispiel der Virtuellen Versicherung VVaG das
678 Vgl. hierzu ausführlich Abschnitt 2.5.2 679 Beispielsweise könnten die Cash Flows durch eine Senkung der Kosten oder eine Steigerung der Erträge erhöht werden. Aufgrund der fehlenden Skalenvorteile sind Kostensenkungen nur in geringem Ausmaß möglich. Ertragssteigerungen durch den Vertrieb von Versicherungsprodukten sind in dem angespannten Wettbewerbsumfeld ebenfalls unwahrscheinlich. 680 Bei der Analyse der Ist-Situation eines Unternehmens wäre eine Operationalisierung der Analyse der zukünftigen Entwicklung eines Unternehmens interessant. Ziel hierbei wäre es, in Abhängigkeit der Wettbewerbskräfte quantitative Aussagen über die Ist-Situation des betrachteten Unternehmens zu treffen. Ein interessanter Ansatzpunkt hierfür könnte das Modell von Peschke liefern, welches als Erweiterung von Porters Wettbewerbskräften über einen Werttreiberbaum die Operationalisierung der Werttreiber zum Ziel hat. Vgl. für eine Darstellung des Werttreiberbaums Peschke, M. (1997), S. 146 und für die Vorgehensweise S. 151 ff.
166
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
Vorgehen zu illustrieren. Zudem sollen die erforderlichen Kernkompetenzen für die exemplarischen Wertschöpfungsstufen herausgearbeitet werden. In Abschnitt 1.5.3 wurden bereits die Begriffe Wertschöpfungskette und Wertschöpfungs-stufe definiert, so dass unter Wertschöpfungsstufe die sinnvolle Zusammenfassung einzelner Wertaktivitäten verstanden werden soll. Durch die Verwendung von Wertschöpfungsstufen soll das Versicherungsunternehmen im Gegensatz zu einer zufällig gewählten Aufteilung des Unternehmens in strategisch relevante Tätigkeiten gegliedert werden.681 Farny spricht in diesem Zusammenhang von der Gliederung der Gesamtaufgabe eines Versicherungsunternehmens in mehrere Teilaufgaben, die dem „Zweck vertiefter betriebswirtschaftlicher Untersuchungen und zur besseren Erkenntnis der Gestaltungsmöglichkeiten“682 dienen. Farny gliedert im Rahmen der funktionalen Versicherungsbetriebslehre das Unternehmen demnach in folgende betriebswirtschaftliche Funktionen, welche weitgehend mit den gängigen Wertschöpfungsstufen übereinstimmen, so dass im Folgenden nur der Begriff Wertschöpfungsstufe verwendet werden soll: Beschaffung von Produktionsfaktoren, Leistungserstellung im Versicherungsunternehmen, Absatz von Versicherungsprodukten, Finanzierung und Verwaltung.683 Eine andere Möglichkeit zur Gliederung des Unternehmens basiert auf dem Profit Center-Konzept. Unter Profit Centern werden Einheiten verstanden, für die ein eigener Erfolgsausweis möglich ist, wobei die Transaktionen der Einheit nicht zwangsläufig auf externen Märkten stattfinden müssen, sondern es reicht aus, dass die Leistungen messbar sind und bewertet werden können. Als wichtige Aspekte führt Oletzky die Allokation des Kapitals, das jeweils eigenverantwortliche Management des Unternehmensbereichs sowie eine adäquate innerbetriebliche Kosten- und Leistungsverrechnung an.684 Oletzky gliedert auf Basis des Profit Center-Konzeptes ein Versicherungsunternehmen in Versicherungs-geschäft, Vertrieb, Kapitalanlagen, passive Rückversicherung, interne Dienstleistungen und Zentralbereiche.685 Ein interessantes Beispiel für eine Wertschöpfungskette in der Assekuranz findet sich auch bei Ehrler, der Produktentwicklung/ Versicherungstechnik, Vertragsverwaltung/ Back Office, Produktmanagement/ Service Center, Schadenmanagement 681 682 683 684
Vgl. Porter, M. (2000), S. 63 Farny, D. (2000), S. 603 Vgl. Farny, D. (2000), S. 603 Zur Ausgestaltung und Bedeutung der internen Kosten- und Leistungsverrechnung vgl. Oletzky, T. (1998), S. 205 ff. sowie die dort angeführte Literatur 685 Zentralbereiche werden bei Oletzky jedoch aufgrund fehlender Bewertungsmöglichkeiten und Messbarkeit der erbrachten Leistungen nicht als Profit Center geführt; vgl. Oletzky, T. (1998), S. 185 ff.
5.4 Analyse der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens
167
und persönliche Dienstleistungen/ Beratung/ Verkauf als Wertschöpfungsstufen definiert.686 Letztendlich muss die Gliederung des Unternehmens sowohl von der konkreten Situation des Unternehmens, von dem gewünschten Detaillierungsgrad und von der aktuellen Organisationsform des Unternehmens abhängig gemacht werden. Beispielsweise würde eine Gliederung konträr zu der aktuellen Organisationsform zu umfangreichen Kosten- und Leistungsverrechnungen führen, die durch eine adäquate Gliederung minimiert werden können.687 Die Abgrenzung der einzelnen Wertschöpfungsstufen ist in einzelnen Fällen nicht eindeutig, so dass einzelne Teilaktivitäten verschiedenen Wertschöpfungsstufen zugeordnet werden können.688 Als Eigenschaften von Wertschöpfungsstufen sollen auf Basis dieser Ausführungen folgende definiert werden:
Es existiert ein eigener Erfolgsausweis, d.h. es kann eine eigenständige Marktleistung bzw. Wertschöpfung ermittelt werden bzw. es sind interne Leistungen messbar und objektiv zu bewerten. Dies ermöglicht die Aufstellung einer eigenen Gewinn- und Verlustrechnung. Ein eigenes Management mit Entscheidungskompetenz ist vorhanden und es bekommt die unmittelbare Verantwortung für den Ergebnisausweis zugewiesen. Eine Zurechnung des investierten Kapitals ist möglich.689 Die Wertschöpfungsstufen sollten isoliert existenzfähig sein. Dies bedeutet, dass es sich um ein selbständiges Objekt handelt, welches möglichst wenig oder
686 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 110. Eine weitere Aufgliederung von Versicherungsunternehmen sieht die Wertschöpfungsstufen Procurement, Bestandsführung, Leistungs-/ Schadenbearbeitung, Marketing/ Produktentwicklung und Vertrieb; vgl. Krämer, C./ Münzberg, P./ Pelzer, B. (2002), S. 1967. Berner gliedert ein Versicherungsunternehmen in Unternehmenssteuerung, Produktgestaltung, Vertrieb, Kunden-/ Vertragspflege, Personalmanagement, Organisationsmanagement, Kapitalanlagemanagement, Logistik, Informationsmanagement und Rechnungswesen; vgl. Berner, C. (1998), S. 364. Die Aufgliederung von Helten/ Hartung in primäre und sekundäre, unterstützende Aktivitäten erscheint für die Zielrichtung dieser Arbeit ungeeignet, da im Rahmen dieser Arbeit sämtliche Wertschöpfungsstufen auf die jeweilige strategische Option untersucht werden sollen und somit eine Differenzierung nicht sinnvoll erscheint. Als primäre Aktivitäten werden die Kollektivorganisation (Tarif- und Produktentwicklung), Akquisition/ Vertrieb, Risikomanagement/ Underwriting, Finanzen (Prämieneinnahme, Reservepolitik, Kapitalanlage) und die Verwaltung (Schadenbearbeitung, Data Mining, Vertragsbearbeitung) definiert. Als sekundäre Aktivitäten werden die Unternehmensinfrastruktur, die Personalwirtschaft sowie die Informationswirtschaft angesehen; vgl. Helten, E./ Hartung, T. (2001), S. 53 ff. 687 Mittelfristig wäre jedoch auch die Organisationsform als Variable zu betrachten und somit an eine andere Gliederung des Unternehmens anpassbar. 688 Vgl. Farny, D. (2000), S. 604 689 Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 187
168
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
zumindest klar definierte Interdependenzen zu anderen Wertaktivitäten aufweist.690 Eine klare Abgrenzung und Zuordnung der Teilaktivitäten ist möglich, d.h. es sollten keine bzw. nur wenige Teilaktivitäten mehreren Wertschöpfungsstufen zugerechnet werden.691
Es muss darauf hingewiesen werden, dass die angeführten Eigenschaften nicht die dualen Ausprägungen „vorhanden“ und „nicht vorhanden besitzen“, sondern dass es sich um eine stetige Skala handelt. Grundsätzlich ist anzumerken, dass die konkrete Definition der Wertschöpfungsstufen von jedem Versicherungsunternehmen selbst ausgestaltet werden sollte692 und im Rahmen dieser Arbeit nur ein Vorschlag zur Illustration dargestellt wird. Dieser umfasst sechs bzw. sieben Wertschöpfungsstufen und sieht folgendermaßen aus:
Vertrag/ Mathematik; Vertrieb; Schadenmanagement; Risikogeschäft; Asset Management; Informationstechnologie (IT); Dienstleistungsfunktionen.
Die Definition des Asset Managements bzw. des Kapitalanlagebereiches als eigenständige Wertschöpfungsstufe erscheint von der jeweiligen Versicherungssparte abhängig. Während bei Sachversicherungen das Asset Management nicht an der Wertschöpfung für den Kunden beteiligt ist und somit nur eine weitere Dienstleistungsfunktion für das Unternehmen erfüllt, stellt es bei Lebens- oder Krankenversicherungen in Form der Anlage der Alters- bzw. Deckungsrückstellungen für zukünftige Leistungsfälle eine wichtige Wertschöpfungsstufe dar.693
690 691 692 693
Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 68 sowie die dort angeführte Literatur Vgl. Farny, D. (2000), S. 604 Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 188 Durch die Eingrenzung dieser Arbeit auf Kompositversicherungen soll daher bei dem Beispielunternehmen auch auf diese Wertschöpfungsstufe verzichtet werden.
5.4 Analyse der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens
Kernkompetenzen
Strategische Ziele
Vertrag/ Mathematik
Vetrieb
• Innovations-
• Kundenorien-
fähigkeit und Time-to• Market bei Produktentwicklung • Standardisierung/ Rationalisierung • der Prozesse • Risikoadäquates • Underwriting Neu• geschäft
• Innovation/ Wachstum • Kostensenkung
tierte Beratung Customer Relationship Management und Kundensegmentierung Hohe Markenbekanntheit Multi-ChannelAngebote Cross Selling
• Wachstum • Servicesteigerung
Schadenmanagement
• Kostenmanagement
• Service im Leistungsfall
• Kooperationen mit Werkstätten und sonstigen Leistungserbringern
• Optimierung Combined Ratio • Servicesteigerung
169 Informationstechnologie
Dienstleistungsfunktionen
• Verbesserung
• Verbesserung von
Risikogeschäft
• Kostenmanagement
Beschaffungskonditionen ausgleich- bzw. • Einbindung minimierung der Lieferanten in Leistungsprozess
• Risiko-
• Optimierung Combined Ratio
• Kostenreduktion
Einkaufskonditionen • Einbindung Lieferanten in Leistungsprozess • Effiziente Erstellung innerbetrieblicher Dienstleistungen
• Kostenreduktion
• Qualitätssteigerung
Abbildung 32:
Erforderliche Kernkompetenzen entlang der Wertschöpfungskette694
Bei Betrachtung der hier dargestellten Kernkompetenzen entlang der zuvor definierten Wertschöpfungskette wird deutlich, dass insbesondere kleine und mittlere Versicherungsunternehmen auf sämtlichen Wertschöpfungsstufen umfangreichen Herausforderungen gegenübergestellt sind. In Abbildung 33 werden die Zahlungsströme und Leistungsbeziehungen innerhalb des Unternehmens zwischen den Wertschöpfungsstufen und der Holding exemplarisch dargestellt. Eine detaillierte Identifikation und Darstellung dieser Zahlungsströme ist eine der maßgeblichen Voraussetzungen zur Bestimmung der Gewinnund Verlustrechnungen und damit der Cash Flows je Wertschöpfungsstufe. Eine grundlegende Annahme, die dieser Darstellung zugrunde liegt, ist die Zuordnung des Versicherungsnehmers zur Holding. Dies bedeutet, dass die Holding als Auftraggeber die Versicherungsprämie von den Versicherungsnehmern erhält und an die jeweiligen Wertschöpfungsstufen standardisierte Transferzahlungen für die zu erbringenden Leistungen vornimmt, beispielsweise für die Produktvermittlung oder für das Schadenmanagement. Die Höhe der Transferzahlungen richtet sich nach einem zu ermittelnden Marktpreis und stellt für die einzelnen Wertschöpfungsstufen eine Ertragsposition dar. Der Wertschöpfungsstufe Risikogeschäft werden beispielsweise die aus der durchschnittlichen Schadenquote des Marktes abgeleiteten, durchschnittlichen Aufwendungen für Versicherungsfälle als Ertrag gutgeschrieben. Die dahinter 694 Eigene Darstellung; für die Herausforderungen entlang der Wertschöpfungskette vgl. Krämer, C./ Münzberg, P./ Pelzer, B. (2002), S. 1967 f.
170
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
stehende Annahme wäre, dass der Markt für ein durchschnittliches Risikoportfolio genau die am Markt zu leistenden, durchschnittlichen Aufwendungen für die Übernahme des Risikos fordern würde. Neben diesen Zahlungsströmen findet zudem auch ein Leistungsaustausch zwischen den Wertschöpfungsstufen statt. Beispielsweise führt der Vertrieb für das Schadenmanagement die Leistung Außenregulierung von Schadenfällen durch. Diese Leistung wiederum würde dem Vertrieb als Ertragsposition gutgeschrieben und dem Schadenmanagement als Aufwandsposition in Rechnung gestellt werden.695
Vertrag/ Mathematik
Transferzahlung für Produktvermittlung
Vertrieb
Transferzahlung für Vertragsverwaltung
Holding
Transferzahlung f. Vertriebshinweise im Schadenfall
Transferzahlung für Vor-Ort-Schadenregulierung
Transferzahlung für Übernahme Risiko
Risikogeschäft
Abbildung 33:
Transferzahlung für Schadenmanagement
Schadenmanagement
Innerbetriebliche Leistungsbeziehungen und Transferzahlungen696
Bei diesen Ausführungen wird erneut deutlich, dass die Aufgliederung in Wertschöpfungsstufen von Fall zu Fall differenziert betrachtet und an die konkrete Situation des jeweiligen Unternehmens angepasst werden muss. Theoretisch wäre eine Zuordnung des Kunden und der Zahlungsströme der Versicherungsprämie auch zu einer anderen Wertschöpfungsstufe möglich, beispielsweise zum Risikogeschäft oder zur Vertragsverwaltung, jedoch soll in dieser Arbeit die Holding die Koordinationsfunktion übernehmen, damit sämtliche Wertschöpfungsstufen bei der Analyse zunächst gleichgestellt sind. Im folgenden Abschnitt soll die hier diskutierte Vorgehensweise exempla-
695 Vgl. auch die Ausführungen zur Behandlung von Synergien in Abschnitt 2.3.5 und zur Gestaltung der internen Leistungsverrechnung vgl. Oletzky, T. (1998), S. 205 ff. 696 Eigene Darstellung; Leistungsbeziehungen und die entsprechenden Transferzahlungen wurden nur auszugsweise dargestellt
5.4 Analyse der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens
171
risch an den Wertschöpfungsstufen Vertrieb und Schadenmanagement illustriert werden.
5.4.2 Detaillierte Ausgestaltung und Analyse exemplarischer Wertschöpfungsstufen In diesem Abschnitt sollen die Wertschöpfungsstufen Vertrieb und Schadenmanagement exemplarisch beschrieben werden. Neben einer Kurzbeschreibung der Wertschöpfungsstufe sollen die erforderlichen Kernkompetenzen, die strategischen Ziele, die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Kapitalausstattung der jeweiligen Wertschöpfungsstufe skizziert werden. Im Folgenden soll das Kurzprofil der Wertschöpfungsstufe Vertrieb anhand der zuvor definierten Kriterien skizziert werden:
Kurzbeschreibung: Neben dem Versicherungsaußendienst sollen hier auch der Innendienst in den Vertriebsdirektionen sowie das Marketing als direkte Vertriebsunterstützung zur Wertschöpfungsstufe Vertrieb gezählt werden. Die Kernaufgabe liegt im Vertrieb der Versicherungsprodukte durch eigene Vermittler oder ggf. über externe Vermittler oder Makler. Die Vertriebsdirektionen nehmen vor allem die Aufgaben der Vertriebsunterstützung und Vermittlerbetreuung wahr. Das Marketing hat neben der Markenführung auch die Aufgabe der Koordination von Maßnahmen der Marketinginstrumente, beispielsweise dem Einsatz von Werbemaßnahmen. Grundsätzlich sollen sämtliche Aktivitäten, die direkt oder indirekt mit dem Vertrieb der Versicherungsprodukte zusammenhängen, in dieser Wertschöpfungsstufe zusammengefasst werden. Die Wertaktivität Antragsprüfung kann grundsätzlich auch dem Vertrieb zugeordnet werden, jedoch soll sie in diesem Beispiel der Wertschöpfungsstufe Vertrag/ Mathematik zugeordnet werden. Erforderliche Kernkompetenzen: Erforderliche Kernkompetenzen im Vertriebsbereich sind vor allem eine kundenorientierte, fachgerechte Beratung, ein wirksames Customer Relationship Management, eine klare Kundensegmentierung, kundenspezifische Service- und Produktangebote, eine hohe Markenbekanntheit sowie Multi-Channel-Angebote. Im Marketing von Versicherungsunternehmen wird zunehmend die Bedeutung der Marke in den Vordergrund gerückt, die bislang nur zum Teil ein relevanter Faktor gewesen ist. Das strategi-
172
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
sche Ziel der Differenzierung im Kundenservice sowie eine klare Positionierung des Unternehmens müssen über die Marke transportiert werden, um das Oberziel des Prämienwachstums zu gewährleisten.697 Zunehmende Konkurrenz durch Service Provider, wie beispielsweise die Vertriebsgesellschaften MLP AG oder AWD AG, oder Client Owner erfordern vor allem im Bereich der Kundenbindung hohe Anstrengungen und ein hohes Qualitätsniveau der unternehmenseigenen Vermittler. Aus Sicht von Versicherungsunternehmen wurden für den Bereich Marketing und Vertrieb vor allem eine konsequente Kundenorientierung sowie die Markenführung als Erfolgsfaktoren genannt.698 Strategische Ziele: Zur Erreichung des Oberziels Prämienwachstum muss eine Differenzierung im Kundenservice bei adäquaten Abschlusskosten erzielt werden. Als weitere aktuelle Unterziele werden beispielsweise auch der Zugang zu einer breiten Produktpalette, die Gewinnung einer hohen Anzahl freier Vermittler und Makler sowie die effiziente Unterstützung des Vertriebs genannt.699 In der Literatur wird dem Vertrieb über die Erzielung von Prämienwachstum, als hoher Kostenfaktor sowie aufgrund der Bestimmung der Risikoposition durch die Kundenselektion eine maßgebliche Rolle zur Unternehmenswertsteigerung zugesprochen.700 Ausgestaltung der Gewinn- und Verlustrechnung: Maßgebliche Aufwendungen der Wertschöpfungsstufe Vertrieb sind die Abschlussprovisionen, Bonifikationen und Zuschüsse für Vermittler sowie Personalaufwendungen für die Mitarbeiter des Innendienstes und der Vertriebsdirektionen. Ertragskomponenten dieser Wertschöpfungsstufe sind neben den Erträgen für die Vermittlung der Versicherungsprodukte mögliche Transferzahlungen für Schadenregulierung oder Inkasso durch die Vermittler.701 Die an die Vermittler zu zahlenden Bestandsprovisionen sollen in dieser Arbeit als Aufwandskomponente der Wertschöpfungsstufe Vertrag/ Mathematik zugeordnet werden, da Bestandsprovisionen vor allem
697 Vertiefend zum Marketing bei Versicherungsunternehmen; vgl. Strauß, O./ von Keyserlingk, A. Graf von (2004), S. 1652 ff., Kasten, H. (1997), S. 449 ff., Nickel-Wanninger, H. (1987) sowie explizit zu der zunehmenden Bedeutung des Brandings bei Versicherungsunternehmen Auerbach, H./ Voigt, A. (2002), S. 729 ff. Zur Markenstärke von Versicherungsunternehmen vgl. auch Anhang 0 698 Diese Ziele wurden in einer gemeinsamen Studie von CSC Ploenzke und der GfK Finanzmarktforschung von den befragten 161 Versicherungsunternehmen genannt; vgl. o.V. (2002b), S. 35 699 Vgl. Brozy, L./ Mangold, C. (2004), S. 476 ff. 700 Vgl. Wolff-Metternich, F./ Trapp, J. (2004), S. 9 701 Im Rahmen dieses Modells soll die Holding als Auftraggeber der Wertschöpfungsstufen fungieren und somit die Wertleistungen Produktvermittlung und Marketing an diese Wertschöpfungsstufe vergüten.
5.4 Analyse der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens
173
als Gegenleistung für die langfristige Kundenbetreuung gezahlt werden. Eine Zuordnung zum Vertrieb wäre daher nicht sinnvoll. Bei der Prognose der zukünftigen Cash Flows sollte zunächst eine Analyse der Werttreiber je Wertschöpfungsstufe stattfinden. Für die Wertschöpfungsstufe Vertrieb könnten dies die Kundenzufriedenheit oder Kennziffern wie die Cross Selling-Rate sein.702 Bestimmung der Kapitalausstattung der Wertschöpfungsstufe: Die Kapitalausstattung der Wertschöpfungsstufe Vertrieb ist von der Ausstattung je Mitarbeiter im Innendienst und den Vertriebsdirektionen, der Ausstattung der Vertriebsdirektionen und der Ausstattung der Vermittler abhängig. Den größten Aufwandsfaktor stellt hierbei die Ausstattung sämtlicher Mitarbeiter mit Informationstechnologie dar. In dem Beispielunternehmen wird die Kapitalausstattung über einen Betrag je Mitarbeiter bestimmt, wobei zwischen Vermittlern und Innendienstmitarbeitern differenziert wird.703
Im Schadenmanagement ist neben der reinen Verwaltung der Schadenfälle eine Reihe von Leistungen relevant704, die im Kurzprofil skizziert werden sollen:
Kurzbeschreibung: Die Wertschöpfungsstufe Schadenmanagement umfasst alle Leistungen zur Bearbeitung von Schadenfällen, d.h. neben der internen Bearbeitung der Leistungsansprüche und des Exkassos müssen auch die Außenregulierung von Schadenfällen, die Einbeziehung von Sachverständigen sowie die Kommunikation mit den Versicherungsnehmern koordiniert bzw. durchgeführt werden. Erforderliche Kernkompetenzen: Erforderliche Kernkompetenzen für eine effektive und effiziente Schadenbearbeitung sind vor allem die Qualität der Sachbearbeitung und die Optimierung des Prozesses des Schadenmanagements. Die Qualität der Schadenbearbeitung spiegelt sich zum einen in einer genauen Prüfung der Leistungsansprüche und damit in einer niedrigen Schadenquote wider. Zum anderen zeigt sich die Qualität auch im Service gegenüber dem Kunden, für den eine zeitnahe, umfassende Aufklärung über seine Ansprü-
702 Vgl. zur Vorgehensweise bei der Prognose der Cash Flows und der Bedeutung der Analyse der Werttreiber Abschnitt 2.4.3.3 und insbesondere Abbildung 14. 703 Lediglich die Wertschöpfungsstufen Risikogeschäft sowie Informationstechnologie werden gesondert berechnet: Die Kapitalausstattung des Risikogeschäfts wird auf Basis von Ruinwahrscheinlichkeiten bestimmt; vgl. Abschnitt 2.4.3.1. Für die Wertschöpfungsstufe Informationstechnologie wird neben der Ausstattung je Mitarbeiter ein Betrag für Investitionen in Informationstechnologie angesetzt. 704 Vgl. Littig, M. (2001), S. 24 f.
174
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
che sowie die zügige Bearbeitung des Schadenfalles im Vordergrund stehen. Ein optimaler Prozess des Schadenmanagements bedeutet vor allem eine weitgehende Integration aller Beteiligten in die Wertschöpfungskette, d.h. die enge Anbindung sonstiger Leistungserbringer und Sachverständigen an das Unternehmen, beispielsweise in Form von Werkstattkooperationen.705 Auch im Bereich des Schadenmanagements besteht ein zunehmender Wettbewerbsdruck durch neu auf den Markt dringende Service Provider, so dass sowohl Kosteneffizienz als auch hohe Fachkompetenz erzielt werden müssen. Strategische Ziele: Als das vorrangige Ziel im Schadenmanagement gilt sicherlich die Kostensenkung, da die Aufwendungen für Leistungsfälle die größte Aufwandsposition bei Versicherungsunternehmen darstellt. Jedoch bestehen in der Auswertung wertvoller Kunden- und Schadeninformationen für den Vertrieb und die Produktentwicklung sowie in der Bestätigung der Erwartungen der Versicherungsnehmer im so genannten „Moment of Truth“ weitere wichtige Ziele.706 Die Bestätigung der Erwartungen der Versicherungsnehmer wird vor allem durch umfassenden Service und eine wirkungsvolle Aufklärung über die Ansprüche im Schadenfall gewährleistet.707 Die in vielen Versicherungssparten üblichen Assistance-Leistungen im Schadenfall nehmen somit eine zentrale Bedeutung ein. Ausgestaltung der Gewinn- und Verlustrechnung: Maßgebliche Aufwendungen der Wertschöpfungsstufe Schadenmanagement liegen vor allem in den Personalaufwendungen für die Schadenbearbeitung im Unternehmen. Die Höhe der Aufwendungen für externe Regulierung bzw. Sachverständige und die Aufwendungen für Außenregulierung sind von der betrachteten Versicherungssparte abhängig.708 Das Schadenmanagement erhält in diesem Modell von der Holding Erträge als Transferzahlungen für die Bearbeitung der Schadenfälle. Hingegen stellen Erträge für Cross Selling-Hinweise, die vom Vertrieb gezahlt werden, nur einen kleinen Beitrag dar. Relevante Werttreiber für die Wertschöpfungsstufe
705 Vgl. beispielhaft die Ausführungen zu den Angeboten der HUK COBURG in Abschnitt 4.5.2. Zu der Bedeutung des Internets für die Optimierung des Schadenmanagementprozesses vgl. Träger, M. (2001), S. 1650 ff. oder Knipp, S./ Dölker, A. (2002), S. 308 ff. 706 Vgl. El Hage, B./ Jara, M. (2003), S. 5 707 Für einen Überblick über theoretische Grundlagen und praktische Ansätze im Schadenmanagement; vgl. Sammelband „Schadenmanagement“ von El Hage, B./ Jara, M. (2003) 708 Unter Außenregulierung wird verstanden, dass ein Schadenfall direkt von einem Mitarbeiter des Außendienstes reguliert wird. Sachverständige werden beispielsweise in der Kfz-Schadenregulierung zur Beurteilung der Schadenhöhe eingesetzt. In anderen Versicherungssparten spielen Sachverständige jedoch nur eine kleine Rolle.
5.5 Finanzielle Analyse und Bewertung der Wertschöpfungsstufen
175
Schadenmanagement könnten die Kundenzufriedenheit mit dem Schadenservice oder das Marktpotential des Schadenmanagements sein. Bestimmung der Kapitalausstattung der Wertschöpfungsstufe: Die Kapitalausstattung der Wertschöpfungsstufe Schadenmanagement besteht aus der Ausstattung je Mitarbeiter im Innendienst. In dem Beispielunternehmen wird die Kapitalausstattung über einen Betrag je Mitarbeiter bestimmt.
Entsprechend der hier skizzierten Aspekte sollte im Fall einer praktischen Umsetzung eine Beschreibung sämtlicher Wertschöpfungsstufen vorgenommen werden. Darauf aufbauend sollte für jede Wertschöpfungsstufe geprüft werden, ob die Wertleistungen entsprechend der erforderlichen Kernkompetenzen erfolgreich umgesetzt werden können, um die je Wertschöpfungsstufe definierten Ziele zu erreichen. Wie bereits in der Ist-Analyse in Abschnitt 5.3 diskutiert, kann das hier beschriebene Beispielunternehmen auf keiner Wertschöpfungsstufe Spitzenleistungen erzielen, so dass am Markt keine differenzierenden Kernkompetenzen wahrgenommen werden.709
5.5 Finanzielle Analyse und Bewertung der Wertschöpfungsstufen auf Basis des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes 5.5 Finanzielle Analyse und Bewertung der Wertschöpfungsstufen Im Rahmen des in Abbildung 30 dargestellten Modells soll in diesem Abschnitt auf die zuvor generierten Erkenntnisse aufgebaut werden, um die Bewertung der Wertschöpfungsstufen auf Basis des investitionstheoretischen Konzeptes des Zukunftserfolgswertes vorzunehmen. Die Bestimmung der relevanten Erfolgsgrößen erfolgt entsprechend der in Kapitel 0 erarbeiteten Methodik.710 In Abbildung 34 werden die Determinanten der Ergebnisgrößen Shareholder Value, Kapitalwert sowie interner Zinsfuß dargestellt. Die Inputgrößen können in Marktdaten, Unternehmensdaten und wertschöpfungsstufenspezifische Daten unterschieden werden. Als Marktdaten gehen in die Bewertung beispielsweise das Marktwachstum oder auch die Schadenquote des Marktes ein. In dem Beispielfall wird das zukünftige Marktwachstum mit 0% angesetzt, d.h. es wird von einem stagnierenden Markt aus709 Auf eine detaillierte strategische Analyse sämtlicher Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens soll im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden. Im Rahmen einer praktischen Umsetzung des Modells wäre dies jedoch ein wichtiger Bestandteil der Analyse. 710 Vgl. insbesondere Abschnitt 2.5.1, in dem die Bestimmungslogik der maßgeblichen Erfolgsgrößen skizziert wird
176
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
gegangen. Diese, wie auch andere vereinfachende Annahmen, sollen vor allem dazu dienen, die Komplexität zu reduzieren und die Ergebnisse nicht durch eine Vielzahl von verschiedenen dynamischen Inputfaktoren zu verzerren. Die Schadenquote des Marktes wird in diesem Modell als Standardpreis für die Übernahme des Risikos eines durchschnittlichen Portfolios verwendet, d.h. die Wertschöpfungsstufe Risikogeschäft erhält eine Transferzahlung von der Holding in Höhe dieser Schadenquote des Marktes.711 Für die Verwendung des Modells zur Ableitung strategischer Optionen, wie in Abschnitt 5.7 skizziert, müsste der Marktbegriff auf die einzelnen Submärkte der Wertschöpfungsstufen heruntergebrochen werden, dies bedeutet z.B. die Bestimmung des Marktpotentials und -wachstums des Marktes für Schadenmanagement. Die Unternehmensdaten umfassen vor allem die Prämieneinnahmen, die Kostenstruktur des Unternehmens, die Schadenquote, Daten zur Kapitalausstattung und die Verzinsung der Kapitalanlagen. Ein wichtiger Aspekt ist die genaue Kostenzuordnung auf die einzelnen Wertschöpfungsstufen. In der Regel wird diese Zuordnung einen hohen Aufwand bedeuten, da nur wenige Versicherungsunternehmen die Kostenrechnung nach Wertschöpfungsstufen, sondern eher nach bestehenden organisatorischen Einheiten aufgebaut haben. Wertschöpfungsstufenspezifische Daten sind beispielsweise die jeweilige Risikohöhe, die Gewinn- und Verlustrechnungen oder auch die Kapitalausstattung der Wertschöpfungsstufen. Ein Kernaspekt stellt hierbei die Aufstellung der Gewinnund Verlustrechnungen der einzelnen Wertschöpfungsstufen dar, wie es für die Wertschöpfungsstufen Vertrieb und Schadenmanagement exemplarisch beschrieben wurde. Entsprechend der Definition von Cash Flows können dann in einem nächsten Schritt ausgehend von der Gewinn- und Verlustrechnung die zukünftigen Cash Flows bestimmt werden. Entsprechend des Modells bestimmen diese Inputgrößen zunächst die wertschöpfungsstufenspezifischen Zwischengrößen: Kapitalkosten, zukünftige Cash Flows, Restwert und Zukunftserfolgswert. Diese bilden dann wiederum die Grundlage zur Bestimmung der Ergebnisgrößen. Im letzten Schritt werden die ebenfalls wertschöpfungsstufenspezifischen Ergebnisgrößen Shareholder Value, Kapitalwert und interner Zinsfuß als Grundlage der Beurteilung der Wertschöpfungsstufen bestimmt.
711 Vgl. zu den Marktdaten des Beispielunternehmens Anhang 0
5.5 Finanzielle Analyse und Bewertung der Wertschöpfungsstufen
177
Marktdaten
• Marktwachstum • Schadenquote des Marktes • Marktorientierte Kapitalkosten
Unternehmensdaten
• • • •
Prämieneinnahmen Kostenstruktur Schadenquote Kapitalstruktur
Wertschöpfungsstufenspezifische Zwischengrößen
• • • •
Kapitalkosten Zukünftige Cash Flows Restwert Zukunftserfolgswert
Wertschöpfungsstufenspezifische Ergebnisgrößen
• Shareholder Value • Kapitalwert • interner Zinsfuß
Wertschöpfungsstufenspezifische Daten
• Risikohöhe • GUV • Kapitalausstattung
Abbildung 34:
Determinanten des Shareholder Values, des Kapitalwerts und des internen Zinsfußes712
Anhand des Beispielunternehmens sollen in der Abbildung 35 die Analyse des Shareholder Values und in Abbildung 36 die Analyse der jeweiligen internen Rendite und der Kapitalwerte je Wertschöpfungsstufe illustriert werden. Die Analyse der Shareholder Values der Wertschöpfungsstufen zeigt, dass nur drei Wertschöpfungsstufen sowie die Holding Wert für die Aktionäre schaffen. Die Shareholder Values der Wertschöpfungsstufen Risikogeschäft, IT und Dienstleistungsfunktionen sind hingegen negativ. Eine detaillierte Betrachtung zeigt, dass beispielsweise die Wertschöpfungsstufe Vertrieb einen Shareholder Value von 4,2 GE erwirtschaftet, der sich aus 2,3 GE Wert der Cash Flows von Periode t0 bis t10 sowie aus 1,9 GE Restwert zusammensetzt. Der Wert der Cash Flows und der Restwert der Wertschöpfungsstufe Risikogeschäft hingegen sind negativ. Für das gesamte Unternehmen ergibt sich somit als Summe lediglich ein Shareholder Value von 3,9 GE, der sich aus -1,1 GE für den Wert der Cash Flows t0 bis t10 sowie +5,0 GE für den Restwert errechnet. 712 Eigene Darstellung
178
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
4,2
2,5 0,9 1,6
1,9
8,5
-6,6
Restwert
-1,9
Cash Flows t0-t10
-4,7 -2,7 -0,7 -2,0
2,3
5,0
-7,9 -2,1
3,5
-5,8
5,9 4,0 1,9
Vertrag/ Vertrieb Mathematik
Kapitalkosten in %
5,2
Abbildung 35:
7,8
Schadenmanagement
Risikogeschäft
10,4
12,4
InformaDiensttionsleistungstechnologie funktion
13,0
13,0
Holding
10,9
3,9 5,0 -1,1 Summe Beispielunternehmen 10,9
Shareholder Values je Wertschöpfungsstufe im Analyseszenario713
Die Kapitalkosten je Wertschöpfungsstufe ergeben sich auf Basis der Einschätzung der Risikohöhe der einzelnen Wertschöpfungsstufen. Während also beispielsweise die Vertragsverwaltung/ Mathematik ein geringes Risiko und somit nur einen Kalkulationszinssatz von 5,2% aufweisen, wird das Risiko der Wertschöpfungsstufe Risikogeschäft deutlich höher eingeschätzt, so dass ein Kalkulationszinssatz von 12,4% bestimmt wurde. Für die Holding sowie das Gesamtunternehmen wurden die unternehmenseinheitlichen, marktorientierten Kapitalkosten iu,m von 10,9% ange714 positive Shareholder Value der Holding ist kritisch zu betrachten, da hier nur etzt.Der Wert durch die Verzinsung des überschüssigen, nicht betriebsnotwendigen Eigenkapitals und nicht durch die operative Tätigkeit des Unternehmens erzielt wird. Grundsätzlich kann hier von einer Überkapitalisierung des Unternehmens gesprochen werden, und eine Ausschüttung des überschüssigen Eigenkapitals wäre zu prüfen.715 Eine reine Betrachtung des Shareholder Values würde nicht ausreichen, wie auch das Beispiel der Holding deutlich macht. Zum einen wird der geschaffene Wert nicht in Verhältnis zum potentiellen Veräußerungserlös gesetzt, zum anderen wäre keine Möglichkeit des relativen Vergleichs der Rendite der Wertschöpfungsstufen gege713 Eigene Darstellung; Shareholder Value in Geldeinheiten 714 Vgl. zur Ableitung der Kapitalkosten und der Risikohöhe Abschnitt 0. Für die konkrete Berechnung für das Beispielunternehmen vgl. Anhang IX. 715 Für eine Übersicht über die Kapitalausstattung der einzelnen Wertschöpfungsstufen vgl. Anhang 0
5.5 Finanzielle Analyse und Bewertung der Wertschöpfungsstufen
179
ben. Die Betrachtung der Kapitalwerte hingegen zeigt, ob eine Fortführung der Wertschöpfungsstufe vorteilhaft wirkt. 5,0 0,9
1,5
-6,0
-6,1 -9,8
-20,4
-34,9 Vertrag/ Vertrieb Mathematik
interner Zinsfuß in %
17,8
Abbildung 36:
11,4
Schadenmanagement
Risikogeschäft
30,8
negativ
InformaDiensttionstechno- leistungslogie funktion
negativ
negativ
Holding
0,9
Summe Beispielunternehmen negativ
Kapitalwert und interner Zinsfuß je Wertschöpfungsstufe im Analyseszenario716
Die Betrachtung der Kapitalwerte zeigt ein sehr kritisches Bild: Der Kapitalwert der Holding und vor allem auch die Summe des Beispielunternehmens sind deutlich negativ. Lediglich die Wertschöpfungsstufen Vertrag/ Mathematik, Vertrieb und Schadenmanagement erwirtschaften einen positiven Kapitalwert. Der negative Kapitalwert der Holding zeigt, dass die Anlage des überschüssigen, nicht betriebsnotwendigen Kapitals durch die Holding keinen Wert für die Aktionäre schafft. Zudem wäre das Beispielunternehmen in dieser Form kein lohnenswertes Investment. Der interne Zinsfuß bietet schließlich die Möglichkeit, die Wertschöpfungsstufen miteinander zu vergleichen. Es wird deutlich, dass das Schadenmanagement deutlich profitabler als die Wertschöpfungsstufen Vertrieb und Vertrag/ Mathematik ist. Dies bedeutet, dass eine Fokussierung möglichst auf das Schadenmanagement erfolgen sollte, weil hier die größte Rendite erwirtschaftet wird. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass lediglich drei Wertschöpfungsstufen einen positiven Kapitalwert erzielen. Die anderen Wertschöpfungsstufen, 716 Eigene Darstellung
180
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
wie auch das Unternehmen als Ganzes, können die Kapitalkosten nicht erwirtschaften und vernichten daher Kapital. Ein Outsourcing dieser Wertschöpfungsstufen wäre daher zu prüfen, da das Kapital in den anderen Wertschöpfungsstufen Wert schaffend eingesetzt werden könnte. Wie bereits in Abschnitt 2.5.2 diskutiert wurde, existieren zwei grundsätzlich Fragestellungen, wie der Shareholder Value des Unternehmens gesteigert werden kann: Zum einen besteht die Möglichkeit von Portfolioentscheidungen bezüglich der Wertschöpfungskette, zum anderen könnte die Rendite einzelner Wertschöpfungsstufen durch operative Optimierung gesteigert werden. Nachdem in diesem Abschnitt die Wert vernichtenden Wertschöpfungsstufen identifiziert wurden, ist nun zu prüfen, ob die strategische Analyse zusätzliche Erkenntnisse bietet, welche dann in dem finanziellen Modell integriert werden sollten, und ob die Transaktionskosten einer disaggregierten Wertschöpfungsstufe nicht zu zusätzlichen, letztendlich höheren Kosten führen. Diese Analyse auf Basis der Transaktionskostentheorie soll im folgenden Abschnitt diskutiert werden.717
5.6
Strategische Analyse und Bewertung der Wertschöpfungsstufen auf Basis der Transaktionskostentheorie 5.6 Strategische Analyse und Bewertung Nach der finanziellen Bewertung der Wertschöpfungsstufen soll in diesem Abschnitt auf Basis der Transaktionskostentheorie zum einen diskutiert werden, welche der eigenen Wertschöpfungsstufen ausgelagert werden könnten. Zum anderen soll aber auch aufgezeigt werden, auf welchen der Wertschöpfungsstufen mit positivem Kapitalwert grundsätzlich eine Nachfrage durch andere Unternehmen nach dieser Wertaktivität existieren könnte. Wenn die Transaktionskosten zu hoch wären, würde auch bei Aufbau von Kernkompetenzen keine Nachfrage nach diesen Wertaktivitäten entstehen, da auch für die anderen Unternehmen eine Eigenerstellung vorteilhaft wäre.
717 Zur Entscheidungslogik bei der Ableitung von strategischen Handlungsoptionen vgl. Abschnitt 2.5.2 insbesondere die Abbildung 18 und die Abbildung 19
5.6 Strategische Analyse und Bewertung
181
Definition der jeweiligen Transaktion
Ermittlung alternativer Koordinationsformen
Ermittlung und Beurteilung der Einflussgrößen auf die Transaktion
Bestimmung der Transaktionskostenhöhe
Wahl des kostenminimalen Abwicklungsmusters
Abbildung 37:
Vorgehensweise bei der Transaktionskostenanalyse718
Zunächst soll kurz die Vorgehensweise bei einer Transaktionskostenanalyse skizziert werden. Wie in Abbildung 37 dargestellt, besteht eine Transaktionskostenanalyse aus fünf Phasen, wobei der dritte Schritt der Ermittlung und Beurteilung der Einflussgrößen auf die Transaktion den Kernpunkt der Analyse darstellt. Der Schritt der Ermittlung alternativer Koordinationsformen ist in dieser Arbeit kaum relevant, denn dies wäre erst dann erforderlich, wenn konkrete Koordinationsformen und Vertragspartner evaluiert werden sollen.719 Aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Dienstleistungen, beispielsweise der simultanen Erbringung von Produktion und Übergabe720, soll an dieser Stelle der Begriff der Transaktion konkretisiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit soll daher der „Austauschprozess, der vor, während und nach der Erbringung einer Dienstleistung vollzogen wird“721, als Transaktion verstanden werden. Aufgrund der Simulta718 Eigene Darstellung in Anlehnung an Michaelis, E. (1985), S. 61 719 Zur Vorgehensweise vgl. Nagengast, J. (1997), S. 195 oder beispielhaft Picot, A. (1982), S. 276 720 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 198 und Abschnitt 4.2.3 zur Definition des Versicherungsproduktes als Dienstleistung 721 Nagengast, J. (1997), S. 198
182
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
nität von Produktion und Übergabe der Dienstleistung ist eine Trennung nicht möglich. Daher muss im Rahmen der Transaktionskostenanalyse von Dienstleistungen die bereits skizzierte Ergänzung um die Produktionskosten vorgenommen werden. Um die Vorteilhaftigkeit eines Fremdbezuges bzw. der Eigenerstellung umfassend zu prüfen, sollten die Transaktionseigenschaften Spezifität, Unsicherheit und Häufigkeit um eine Betrachtung der technologischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, des Opportunismus der Vertragspartner sowie der Produktionskosten ergänzt werden.722 Wie in Abbildung 38 zu erkennen ist, sollen im Rahmen dieser Arbeit diese sechs Determinanten teilweise umformuliert werden, um die Verständlichkeit der Darstellung zu erhöhen. So wird die Eigenschaft der Spezifität invers als allgemeine Verwendbarkeit, die Unsicherheit als Sicherheit und der Opportunismus als Kooperationsbereitschaft bezeichnet. Ziel dieser Korrektur ist es, dass alle Eigenschaften die gleiche Wirkungsrichtung auf das Ergebnis der Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges besitzen. Damit ist gemeint, dass eine hohe Ausprägung der einzelnen Eigenschaften auch zu hohen Vorteilen führt.723 Ebenfalls wurde die Determinante Produktionskosten in Skalenvorteile umformuliert, da diese der maßgebliche Grund für geringere Produktionskosten in einer anderen Organisationsform sind.724 Bei der Herleitung der Höhe der Skalenvorteile soll auf die in Abschnitt 4.5.3 erarbeiteten Ergebnisse zur Betriebsgröße als strategischen Erfolgsfaktor zurückgegriffen werden. Dort wurde eine Korrelation zwischen Betriebsgröße und Schadenkostenquote sowie Betriebsgröße und Verwaltungskostenquote festgestellt. Zwischen Vertriebskosten und Betriebsgröße konnte jedoch keine Korrelation erkannt werden.725 Bezüglich der Methodik bei der Ermittlung der Transaktionseigenschaften soll darauf verwiesen werden, dass eine qualitative Einschätzung der Ausprägung der einzelnen Determinanten durch Experten den Kern einer Transaktionskostenanalyse darstellt.726 Hier erscheint eine Quantifizierung der Transaktionskosten in besonderem Maße unmöglich, da aufgrund der nur geringen Erfahrungen mit dem Out-
722 Vgl. Abschnitt 3.4.3 723 Bei einer Beibehaltung des Begriffs Spezifität würde eine hohe Spezifität entgegengesetzt zu geringen Vorteilen des Fremdbezugs führen, während günstige Rahmenbedingungen zu hohen Vorteilen führen würden. 724 Im Fall einer Auslagerung von Wertaktivitäten kann der Vertragspartner Skalenvorteile gegenüber der Eigenerstellung erzielen, wenn dieser die gleiche Wertaktivität auch anderen Unternehmen anbietet und somit größere Mengen erstellt. 725 Vgl. Kaluza, B. (1990), S. 14 ff. sowie die Ausführungen in Abschnitt 4.5.3 726 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 207 f.
5.6 Strategische Analyse und Bewertung
183
sourcing in der Versicherungswirtschaft für die einzelnen Wertschöpfungsaktivitäten kaum Marktpreise oder Transaktionskosten ermittelbar wären. Hoch/ Günstig Gering/ Ungünstig
Allgem. Verwendbarkeit
Sicherheit
Häufigkeit
Rahmenbedingungen
Kooperationsbereitschaft
Skalenvorteile
Vorteil Fremdbezug
Vertrag/ Mathematik Vertrieb Schadenmanagement Risikogeschäft IT Dienstleistungsfunktionen
Abbildung 38:
Analyse der Transaktionseigenschaften der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens727
Für das Beispielunternehmen wurde die Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges für die einzelnen Wertschöpfungsstufen anhand der sechs zuvor skizzierten Kriterien bestimmt. Beispielsweise ist die Spezifität der Transaktionen im Bereich der Vertragsverwaltung/ Mathematik sehr hoch, da hier aufgrund der spezifischen Produkte des Unternehmens und der hohen Zahl verschiedener Kundenbeziehungen unternehmensspezifische Prozesse und Fähigkeiten erforderlich sind. Ebenfalls müssen zahlreiche Schnittstellen zu anderen Bereichen, wie beispielsweise dem In- und Exkasso, dem Schadenmanagement oder auch dem Vertrieb, unternehmensspezifisch definiert und ausgestaltet werden. Diese hohe Spezifität wird in der Darstellung als geringe allgemeine Verwendbarkeit abgebildet. Ein anderes Beispiel wäre die hohe Ausprägung der Skalenvorteile im Risikogeschäft. Zwischen der Schadenkostenquote und der Betriebsgröße ist eine hohe, positive Korrelation erkennbar, so dass hier hohe Skalenvorteile erzielt werden können.
727 Eigene Darstellung
184
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für die Wertschöpfungsstufen Vertrieb, Schadenmanagement und Risikogeschäft eine hohe Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges vorliegt, während für die Bereiche Vertragsverwaltung/ Mathematik und die Dienstleistungsfunktionen nur geringe Vorteile erkennbar sind. Für die Wertschöpfungsstufe IT kann keine eindeutige Aussage getroffen werden. Einerseits sind zwar umfangreiche Skalenvorteile grundsätzlich möglich, andererseits ist beispielsweise die allgemeine Verwendbarkeit nur gering, da Investitionen in der Regel unternehmensspezifisch an die zahlreichen Schnittstellen und bisherigen Systeme angepasst werden müssten. Den Vorteilen bei der Anwendung der Transaktionskostentheorie steht eine Reihe von Kritikpunkten gegenüber. Hauptkritikpunkt ist die mangelnde objektive Bestimmung bzw. Quantifizierung der Determinanten der Transaktionskosten.728 Zur Objektivierung der Beurteilungen sind konkrete Richtlinien und Kriterien für die Einschätzung der einzelnen Determinanten aufzustellen. Aber auch der nächste Schritt, der Schluss von den Determinanten auf die Höhe der Transaktionskosten, ist besonders kritisch zu sehen. Ein funktionell bestimmbarer Zusammenhang wird im Rahmen der Transaktionskostenanalyse nicht ermittelt. Es werden lediglich plausible Tendenzaussagen getroffen, die teilweise empirisch oder theoretisch fundiert werden können.729 Eine Gewichtung sowie eine Betrachtung der Interdependenzen der Determinanten fehlen im Gegensatz zu Scoringmodellen ebenfalls. Neben diesen Hauptkritikpunkten werden an der Transaktionskostenanalyse weitere Aspekte kritisiert: Der mögliche Verlust von Erlösen durch die Auslagerung von Wertaktivitäten wird nicht betrachtet.730 Zudem gilt die Transaktionskostenanalyse als statische Methode, bei der nur ein ausgewählter Zeitpunkt der Realität betrachtet wird.731 Das Problem, dass andere Unternehmen als der eigentliche Vertragspartner des Kunden Leistungserbringer sind, kann vernachlässigt werden, sofern die Leistung qualitativ der dem Kunden gegenüber abgegebenen Leistungszusage entspricht.732
728 Vgl. Picot, A. (1992), S. 112 729 Beispielsweise lässt sich der Zusammenhang der Häufigkeit von Transaktionen und der Höhe der Transaktionskosten plausibel aufgrund von Skalenvorteilen erklären. Wie hoch jedoch der Einfluss ist, wird nicht ermittelt. Zu diesem Kritikpunkt vgl. beispielsweise Benkenstein, M. (1994), S. 488 oder Weiß, M. (1993), S. 115 730 Vgl. Schneider, D. (1985) oder Windsperger, J. (1987), S. 65, welche die Differenz zwischen Transaktionserträgen und -kosten als Kriterium empfehlen 731 Vgl. Scherm, E. (1996) , S. 52 732 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 216
5.7 Ableitung strategischer Optionen
185
5.7 Ableitung strategischer Optionen Im Rahmen der strategischen Planung wurden bereits die Zielbildung und die strategische Analyse durchgeführt. Als Ergebnis der Zielbildung wurde die Steigerung des Shareholder Values als Oberziel definiert. Die strategische Analyse besteht aus der Ist-Analyse des Versicherungsunternehmens, der Analyse der einzelnen Wertschöpfungsstufen, der finanziellen bzw. investitionstheoretischen Bewertung der Wertschöpfungsstufen und schließlich der transaktionskostentheoretischen Bewertung der Wertschöpfungsstufen. Auf Basis dieser umfangreichen Analyse soll in diesem Abschnitt die Strategieformulierung und die Bewertung der formulierten Strategie vorgenommen werden. Nächster Schritt wäre die Umsetzung der definierten Strategie und schließlich die Wahrnehmung einer kontinuierlichen Strategiekontrolle.733 Die strategische Analyse hat gezeigt, dass das Beispielunternehmen mit umfangreichen Herausforderungen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette konfrontiert wird und bislang keine nachhaltige Wettbewerbsstrategie verfolgt, die durch den gezielten Aufbau von Kernkompetenzen unterstützt wird. Die ungünstige Wettbewerbsposition spiegelt sich zudem auch in der kritischen finanziellen Situation wider, die durch einen Rückgang der Beitragseinnahmen und ein deutlich negatives versicherungstechnisches Ergebnis geprägt ist. Die Analyse der Wertschöpfungskette zeigt, dass die erforderlichen Kernkompetenzen im Vertrieb, wie eine klare Positionierung, erfolgreiche Markenführung oder eine konsequente Kundenorientierung, nur zum Teil vorliegen. Auch im Schadenmanagement bestehen beispielsweise durch die Integration aller an der Leistungserstellung Beteiligten in die Wertschöpfungskette umfangreiche Verbesserungspotentiale. Für den Schritt der Strategieformulierung sollen die bereits in Abschnitt 2.5.2 skizzierten Hypothesen zur Steigerung des Shareholder Values zur Anwendung kommen:
Steigerung des Shareholder Values des Gesamtunternehmens durch Portfolioentscheidungen bezüglich der Wertschöpfungskette und Steigerung der Shareholder Values bzw. der Rendite einzelner Wertschöpfungsstufen durch operative Optimierung.
Beide Hypothesen sollen auf Basis einer Portfoliobetrachtung der Wertschöpfungsstufen genauer beleuchtet werden.734 Hierzu sollen die Ergebnisse der finanziellen 733 Vgl. zu den Phasen der strategischen Planung Abbildung 2 734 Im Rahmen der strategischen Planung und Bewertung finden sich häufig Portfolio-MatrixModelle, bei denen wertbezogene Kriterien in ein Koordinatenkreuz abgetragen werden, um da-
186
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
und transaktionskostentheoretischen Bewertung verwendet werden: Auf der vertikalen Achse soll die Wertschaffung bzw. -vernichtung der einzelnen Wertschöpfungsstufen und auf der horizontalen Achse die Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges abgetragen werden. Das Portfolio lässt sich in vier Quadranten aufteilen, wobei die Trennlinie auf der Achse Wertschaffung/ -vernichtung durch einen Kapitalwert von 0 und auf der anderen Achse durch eine mittlere Ausprägung der Vorteilhaftigkeit bestimmt wird. Die Sortierung auf der Achse für die Wertschaffung/ -vernichtung erfolgt im Bereich der Wertschaffung anhand des internen Zinsfußes der Wertschöpfungsstufen und im Bereich der Wertvernichtung anhand der absoluten Höhe der Kapitalwerte. Für das Beispielunternehmen wird auf die Daten der Abbildung 36 für die Wertschaffung/ -vernichtung und auf die Daten der Abbildung 38 für die Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges zurückgegriffen.
positiv 3 Schadenmanagement
1
Wertschaffung/ -vernichtung
Vertrag/ Mathematik 2 Vertrieb
5
IT
6 Dienstleistungsfunktionen
4 Risikogeschäft
negativ gering
hoch Vorteilhaftigkeit Fremdbezug
Abbildung 39:
Portfolio-Matrix der Wertschöpfungsstufen auf Basis finanzieller und transaktionskostentheoretischer Bewertung735
mit eine Typologisierung vorzunehmen. Zu den Konzepten der Portfolio-Technik vgl. Welge, M./ Al-Laham, A. (1992), S. 192 ff. 735 Eigene Darstellung
5.7 Ableitung strategischer Optionen
187
Diese Darstellung zeigt, dass die drei Wertschöpfungsstufen Vertrag/ Mathematik, Vertrieb und Schadenmanagement Wert schaffend für das Unternehmen sind, während das Risikogeschäft, die IT sowie die Dienstleistungsfunktionen Wert vernichten. Konkret wäre nun also zu prüfen, ob Portfolioentscheidungen, d.h. ein Outsourcing der Wert vernichtenden Wertschöpfungsstufen, möglich wären. Aus der transaktionskostentheoretischen Bewertung ging hervor, dass die Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges für das Risikogeschäft, den Vertrieb und das Schadenmanagement hoch und für Vertrag/ Mathematik und die Dienstleistungsfunktionen gering wäre. Für die Informationstechnologie wurde eine mittlere Ausprägung festgestellt. Daraus lässt sich ableiten, dass das Risikogeschäft möglichst ausgelagert werden sollte, da diese Wertschöpfungsstufe Wert vernichtend und die Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges hoch ist. Der Vertrieb und das Schadenmanagement sollten trotz der hohen Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges nicht ausgelagert werden, da hier die höchsten Renditen erwirtschaftet werden. Für den IT-Bereich wäre eine konkrete Prüfung möglicher Koordinationsformen und Vertragspartner erforderlich, um hier ein abschließendes Urteil zu treffen. Der ebenfalls Wert vernichtende Bereich der Dienstleistungsfunktionen weist nur eine geringe Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges auf, verursacht vor allem durch die hohen Transaktionskosten, so dass eine Auslagerung hier nicht sinnvoll erscheint. Der Wert schaffende Bereich Vertrag/ Mathematik weist ebenfalls eine geringe Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges auf, aber aufgrund des erwirtschafteten, positiven Kapitalwertes ist eine weitere Eigenerstellung vorteilhaft. Die Portfoliobetrachtung kommt zusammenfassend zu dem Schluss, dass das Risikogeschäft und nach Prüfung ggf. auch der IT-Bereich ausgelagert werden sollten und dies zu einer Erhöhung des Shareholder Values des Gesamtunternehmens führen kann. Für die im Unternehmen verbleibenden Wertschöpfungsstufen stellt sich nun die Frage, wie der Shareholder Value und die Rendite dieser Wertschöpfungsstufen gesteigert werden kann. Die grundsätzlichen Stellhebel zur Steigerung der Rendite der Wertschöpfungsstufen mittels operativer Optimierung bestehen in der Senkung der Kapitalausstattung, der Senkung der Kapitalkosten sowie in der Steigerung der zukünftigen Cash Flows, welche wiederum durch Steigerung der Erlöse oder Senkung der Kosten erhöht werden können. Wie bereits in Abschnitt 2.5.2 diskutiert wurde, stellen die Senkung der Kapitalausstattung, der Kapitalkosten sowie der sonstigen Kosten lediglich Defensivstrategien dar, so dass diese hier nicht im Vordergrund stehen sollen. Nur für die Wertschöpfungsstufen, für
188
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
die keine anderen strategischen Optionen bestehen, sollten entsprechende Maßnahmen angegangen werden. Wie bereits beschrieben wurde, existieren bei der Steigerung der Erlöse zwei Optionen: Wachstum der Erlöse der Wertschöpfungsstufe im Gleichschritt mit dem gesamten Unternehmen oder Erlössteigerungen durch das Angebot der eigenen Leistungen an Dritte. Zur Steigerung der Erlöse durch Angebot der Wertaktivität an Dritte bestehen zwei Kernfragen: Zum einen ist zu hinterfragen, ob überhaupt für die angebotene Leistung dieser Wertschöpfungsstufe eine Nachfrage Dritter bestehen würde. Zum anderen wäre zu definieren, welche Kompetenzen bzw. Wettbewerbsvorteile eine Wertschöpfungsstufe bieten müsste, um am Markt erfolgreich zu agieren. Anhand der Matrix in Abbildung 39 kann festgehalten werden, dass für den Vertrieb und das Schadenmanagement die Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges hoch ist. Da eine solche Analyse für andere Unternehmen des Marktes gleich aussehen würde, könnte für diese Unternehmen der Fremdbezug dieser Wertaktivitäten vorteilhaft sein. Grundsätzlich würde also für diese Wertaktivitäten eine Nachfrage durch Dritte, die diese Wertaktivitäten auslagern wollen, bestehen. Für die Wertschöpfungsstufe Vertrag/ Mathematik beispielsweise würde keine Nachfrage bestehen, da auch für andere Unternehmen die Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges gering wäre. Die erste Kernfrage, ob überhaupt für die angebotene Leistung dieser Wertschöpfungsstufe eine Nachfrage Dritter bestehen würde, kann also für die Wertschöpfungsstufen Vertrieb und Schadenmanagement positiv beurteilt werden. Im nächsten Schritt wäre zu analysieren, welche Kernkompetenzen bzw. Wettbewerbsvorteile diese Wertschöpfungsstufen bieten müssten, um am Markt erfolgreich zu agieren. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, um frühzeitig eine vorteilhafte Wettbewerbsposition für die spezifischen Leistungen zu erreichen und abzusichern. Bezüglich des Aufbaus von Kernkompetenzen soll auf den bereits in Abschnitt 0 beschriebenen Ansatz nach Hamel/ Prahalad zurückgegriffen werden. Danach können Kernkompetenzen marktwirksam in Wettbewerbsvorteile umgesetzt werden oder auch langfristig einen neuen Markt schaffen.736 Insbesondere die Schaffung eines neuen Marktes für die einzelnen Wertaktivitäten in der Versicherungswirtschaft würde für ein Unternehmen eine Kernherausforderung sein, wenn z.B. das Schadenmanagement als einzelne Leistung für Dritte angeboten würde. Kernkompetenzen als potentielle Quelle von Wettbewerbsvorteilen liegen dann vor, wenn die drei Bedin736 Vgl. Börner, C. (1999), S. 10 f. oder Hamel, G./ Prahalad, C. (1990), S. 80
5.7 Ableitung strategischer Optionen
189
gungen Erzielung eines Kundennutzens, deutliche Abhebung von der Konkurrenz bei gleichzeitiger Nicht-Substituierbarkeit der Ressource und Potential zum weiteren Ausbau erfüllt sind.737 Für den Bereich Schadenmanagement könnten solche Kernkompetenzen der Aufbau einer Marke oder exklusive Kooperationen mit Leistungserbringern sein, die den Kunden eine spezielle, einzigartige Leistung im Schadenfall und dem Unternehmen eine günstige Kostenposition garantieren.738 Eine solche Marke müsste dem Kunden die Befriedigung spezifischer Bedürfnisse signalisieren, wie beispielsweise die Befriedigung individueller Nutzenkomponenten oder die Reduktion des Risikos.739 Als Befriedigung individueller Nutzenkomponenten wäre beispielsweise ein Angebot von „Rundum-Service im Schadenfall“ denkbar, d.h. das Versicherungsunternehmen nimmt dem Kunden neben der eigentlichen Regulierung des Schadenfalles auch die Koordination von Reparatur, Sachverständigen, Organisation eines Ersatzobjektes oder auch die Beratung beim Neuerwerb des beschädigten Objektes ab. Auch die Reduktion des Risikos kann in der Versicherungswirtschaft, vor allem im Bereich des Schadenmanagements, eine interessante Option sein.740 Nach den Vorstellungen von Hamel/ Prahalad sollten Unternehmen in den Bereichen, in denen das Unternehmen über keine Kernkompetenzen verfügt, Kooperationspartner finden, die im Marktvergleich einzigartige Fähigkeiten beisteuern können.741 Für das Beispielunternehmen bzw. andere kleine und mittlere Versicherungsunternehmen könnte daher die Aufgabe als Kooperationspartner, der auf ausgewählten Wertschöpfungsstufen über Kernkompetenzen verfügt, eine attraktive Wettbewerbsposition darstellen. Ein wichtiger Aspekt beim Aufbau von Kernkompetenzen 737 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 41 oder speziell zum Postulat der Nicht-Substituierbarkeit und des Diversifikationspotentials Börner, C. (1999), S. 13 f. Umfassender vgl. Hamel, G./ Prahalad, C. (1990), S. 83 ff. oder Hamel, G./ Prahalad, C. (1995), 308 ff. 738 Als Kernkompetenzen kommen grundsätzlich Markennamen, spezielle Technologien, gut ausgebildetes Personal, exklusive Lieferverträge oder eine effiziente Organisation in Betracht; vgl. Wernerfelt, B. (1984), S171 ff. oder Hall, R. (1993), S. 149 ff. 739 Vgl. Meffert, H. (2003), S. 765 740 Für die besondere Bedeutung des so genannten „Moment of Truth“ des Schadenfalles, in dem die Erwartungen der Versicherungsnehmer bestätigt werden, vgl. El Hage, B./ Jara, M. (2003), S. 5. Im weiterhin intransparenten Markt der Versicherungsbranche könnte für neue oder kleine, unbekannte Wettbewerber die Auszeichnung des Produktes mit einer Marke für das Schadenmanagement eine interessante Option liegen, da beispielsweise in der Sachversicherung die Leistungen auf den anderen Wertschöpfungsstufen für den Kunden nur von geringer Relevanz sind. Unternehmen, die selber noch keine eigene Marke aufgebaut haben, könnten dann mit dem Schadenmanagement durch den Markenanbieter werben. Für die Wertschöpfungsstufe Vertrieb wären beispielsweise der exklusive Zugang zu bestimmten Kundengruppen oder der Aufbau einer Vertriebsmarke mit dem Merkmal „Unabhängigkeit der Beratung“ als Erfolg versprechende Kernkompetenzen denkbar. 741 Vgl. Ehrler, B. (1999), S. 45 oder Hamel, G./ Prahalad, C. (1990), S. 83 f.
190
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
besteht darin, dass nicht nur die Analyse vorhandener Kernkompetenzen, sondern vor allem die Entwicklung von neuartigen Kernkompetenzen im Fokus stehen sollte. Diese können dann wiederum eine Quelle zukünftiger Wettbewerbsvorteile sein.742 Für die Dienstleistungsfunktionen und Vertrag/ Mathematik wäre entsprechend der Abbildung 39 keine Nachfrage Dritter zu erwarten, so dass keine strategischen Wachstumsoptionen erkennbar sind und der Aufbau von Kernkompetenzen nur bedingt Erfolg versprechend erscheint. Es müssen hier also die eher defensiven Strategien der operativen Optimierung gewählt werden, d.h. Senkung der Kapitalausstattung, Senkung der Kapitalkosten oder das aktive Kostenmanagement. Als langfristige Option wäre für das Beispielunternehmen sogar eine Konzentration auf nur ein oder zwei Wertschöpfungsstufen denkbar, um sich dann als Spezialist für diese Leistungen am Markt zu positionieren. In Abbildung 40allgemeingültige Aussagen zu den strategischen Optionen bezüglich der Disaggregation der Wertschöpfungskette identifiziert werden. Dazu wurde das Portfolio in vier Felder aufgeteilt. Für die Wertschöpfungsstufen in den jeweiligen Feldern lassen sich folgende Aussagen und strategische Optionen ableiten:
Feld I Eigenerstellung: Diese Wertschöpfungsstufen weisen eine hohe Wertschaffung, aber nur eine geringe Vorteilhaftigkeit des Fremd-bezuges auf. Es kann nur eine defensive Strategie der operativen Optimierung gewählt werden, d.h. Senkung der Kapitalausstattung, Senkung der Kapitalkosten oder das aktive Kostenmanagement. Als Beispiel kann die Wertschöpfungsstufe Vertrag/ Mathematik genannt werden. Feld II Problemfälle: Die hier positionierten Wertschöpfungsstufen vernichten Wert und zeigen nur eine geringe Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges. Es können trotz der Wertvernichtung nur defensive Strategien der operativen Optimierung gewählt werden, d.h. Senkung der Kapitalausstattung, Senkung der Kapitalkosten oder das aktive Kostenmanagement. Ziel hierbei ist die Minimierung der Wertvernichtung. Im Beispielunternehmen trifft dies auf die Dienstleistungsfunktionen zu. Feld III Outsourcing: Diese Wertschöpfungsstufen vernichten Wert für die Kapitalgeber, aber es besteht eine hohe Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges, so dass diese Wertschöpfungsstufen möglichst ausgelagert werden sollten. Als Beispiele fungieren hier das Risikogeschäft und, nach Prüfung, der IT-Bereich.
742 Vgl. Hamel, G./ Prahalad, C. (1995), 319 f.
5.7 Ableitung strategischer Optionen
191
Feld IV Fokus/ Wachstum: Dieses Feld zeichnet sich sowohl durch eine hohe Wertschaffung als auch eine hohe Vorteilhaftigkeit des Fremdbezuges aus. Es ist ein Angebot der Wertaktivitäten an Dritte zu prüfen, und die hierfür erforderlichen Kernkompetenzen bzw. Wett-bewerbsvorteile sollten mittelfristig aufgebaut werden, so dass das Unternehmen durch Fokussierung auf diese Wertschöpfungsstufen nachhaltiges Wachstum und schließlich auch zusätzlichen Wert für die Kapitalgeber erzielen kann. Im Beispielunternehmen liegen der Vertrieb und das Schadenmanagement in diesem Feld.
Wertschaffung/ -vernichtung
positiv
3 I IV Schaden1 management EigenFokus/ Vertrag/ Mathematik erstellung Wachstum 2 Vertrieb
II Problem6 Dienstleistungsfälle funktionen
5
III Out4 sourcing
IT
Risikogeschäft
negativ gering
hoch Vorteilhaftigkeit Fremdbezug
Abbildung 40:
Strategieoptionen für die einzelnen Portfolio-Segmente743
Für Wertschöpfungsstufen, die zwischen mehreren Feldern liegen und nicht eindeutig zugeordnet werden können, ist eine detaillierte Prüfung der strategischen Optionen erforderlich. Beispielsweise müsste für die Wertschöpfungsstufe IT auf Basis konkreter Koordinationsformen und Vertragspartner ein Outsourcing geprüft werden. Sofern jedoch keine Vorteile auf Basis der Detailprüfung zu erkennen wären, würde 743 Eigene Darstellung
192
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
diese Wertschöpfungsstufe ebenfalls dem Feld II Problemfälle zugeordnet, und die entsprechenden Optionen müssten geprüft werden.744 In Abbildung 41 soll gezeigt werden, wie sich die Verfolgung der zuvor skizzierten strategischen Optionen für das Beispielunternehmen auswirken könnten. Dabei wurden folgende Annahmen getroffen:
Die Kapitalkosten bleiben für alle Wertschöpfungsstufen konstant.745 Die Kapitalausstattung wurde analog dem Vorgehen beim Analyse-szenario vorgenommen. Die Kosten der Wertschöpfungsstufe Vertrag/ Mathematik können ein-malig durch ein Kostensenkungsprogramm um 3% reduziert werden. Für den Vertrieb kann durch Angebot der Leistungen an Dritte von einem zukünftigen Wachstum der Erlöse und Kosten von 5% p.a. für die ersten zehn Jahre ausgegangen werden746; dies erfordert den gezielten Aufbau von Kernkompetenzen in diesem Bereich. Das Schadenmanagement kann ebenfalls durch Angebot der Leistungen an Dritte ein Wachstum der Erlöse und Kosten in Höhe von 5% p.a. für zehn Jahre erzielen; ein gezielter Aufbau von Kernkompetenzen ist ebenfalls erforderlich. Die Dienstleistungsfunktionen senken die Kosten durch ein Kostensenkungsprogramm um einmalig 3%. Die Cash Flows und damit auch die Shareholder Values der Wertschöpfungsstufen Risikogeschäft und IT betragen 0 GE.747 Die ewige Rente ist für sämtliche Wertschöpfungsstufen konstant und wird aus den Cash Flows der letzten Jahre abgeleitet.748
744 Eine empirische Analyse zum Outsourcing von IT-Leistungen in Versicherungsunternehmen zeigt jedoch deutlich, dass sich der IT-Bereich grundsätzlich für das Outsourcing anbietet. So liegen in dieser empirischen Studie 11 von 14 IT-Leistungen im Feld „Buy/ Outsourcing“; vgl. Schneider, D. (1996), S. 894 745 Die Kapitalkosten sollen im Rahmen dieser Arbeit konstant gehalten werden, um eine Trennung der verschiedenen Effekte, welche im Anschluss an die Annahmen des Reorganisationsszenarios beschrieben werden, zu gewährleisten. Grundsätzlich ist jedoch von einer Änderung der Risikoposition des Gesamtunternehmens auszugehen, so dass eine erneute Bestimmung der Kapitalkosten analog Abschnitt 0 erforderlich wäre. 746 Im ersten Jahr wird keine Kostenerhöhung vorgenommen, da zunächst mit gleicher Kapazität gearbeitet und die Auslastung erhöht werden kann. Ab dem zweiten Jahr werden die Kosten analog dem Erlöswachstum angepasst. 747 Im Analyseszenario wurden als Verrechnungspreise bzw. als Erlöse der Wertschöpfungsstufen Risikogeschäft und IT genau die Marktpreise angesetzt, so dass nun aus Sicht der Holding keine Änderung der Situation eintritt, da weiterhin Marktpreise gezahlt werden. Die negativen Shareholder Values der Wertschöpfungsstufen Risikogeschäft und IT müssen nun jedoch nicht mehr getragen werden.
5.7 Ableitung strategischer Optionen
193
Die Anzahl der Mitarbeiter wird zunächst aufgrund der Auslagerungen sowie der Kostensenkungsprogramme um 8,5% zurückgehen. Mittelfristig wird das nachhaltige Wachstum aber auch wieder mehr Mitarbeiter erfordern. Eine Ausschüttung bzw. Teilausschüttung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens wäre zu prüfen, da aufgrund der Auslagerung des Risikogeschäfts auch das Geschäftsrisiko des Beispielunternehmens und damit das erforderliche Eigenkapital deutlich geringer sein würden.749 Sämtliche Wertschöpfungsstufen könnten positive Effekte im Shareholder Value verzeichnen. Grundsätzlich kann hier zwischen Portfolioeffekten und Optimierungsffekten differenziert werden. Unter Portfolioeffekten soll die Steigerung des Shareholder Values verstanden werden, die durch den Wegfall von Wertschöpfungsstufen mit negativem Shareholder Value entstehen würde. In diesem Beispiel würde dies auf das Risikogeschäft sowie den IT-Bereich zutreffen und zu einer Steigerung des Shareholders Values um 9,3 GE führen. Die Optimierungseffekte ließen sich wiederum in Wachstumseffekte, Kosteneffekte und Risikoeffekte unterscheiden. Wachstumseffekte werden durch das Wachstum der Erlöse durch Angebot von Wertaktivitäten an Dritte erzielt. Im Beispielunternehmen könnte dies für die Wertschöpfungsstufen Vertrieb und Schadenmanagement durch den gezielten Aufbau von Kernkompetenzen zu einer Steigerung des Shareholder Values von 10,2 GE führen. Kosteneffekte entstehen durch die Optimierung der Kostenposition bei gleich bleibenden Erlösen. In diesem Beispiel betragen diese 3,2 GE. Risikoeffekte sind in dem Reorganisationsszenario nicht zum Tragen gekommen, da diese durch eine Änderung der Risikoposition über die Senkung der Kapitalkosten entstehen würden, aber in diesem Beispiel wurden annahmegemäß konstante Kapitalkosten verwendet. Zusammenfassend können also die Portfolioeffekte und die Wachstumseffekte als die maßgeblichen Treiber einer Steigerung des Shareholder Values angesehen werden.
748 Wie bereits in Abschnitt 2.4.3.5 diskutiert wurde, soll keine ewig wachsende Rente verwendet werden, da hierfür fortwährend neue Innovationen erforderlich wären, um auch zukünftig Überrenditen im Vergleich zum Markt zu erzielen. Mögliche, einmalig anfallende Restrukturierungsaufwendungen wurden nicht berücksichtigt. 749 Neben dem Rückgang des erforderlichen Eigenkapitals würde auch ein erheblicher Rückgang des versicherungstechnischen Fremdkapitals zu verzeichnen sein, da beispielsweise die Einstellung in Schwankungsrückstellungen mit der Auslagerung des Risikogeschäfts hinfällig wäre.
194
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation Optimierungseffekte Portfolioeffekte
20,7 11,3
12,5
Shareholder Value Reorganisationsszenario
4,4 0
0 -7,5
22,7
Veränderung gegenüber Analyseszenario
8,3 2,8
Vertrag/ Mathematik
Abbildung 41:
6,6 1,9
Vertrieb
Schadenmanagement
Risikogeschäft
2,7
Informationstechnologie
9,3
13,4
Portfolioeffekte
Optimierungseffekte
0,4
Dienstleistungsfunktionen
Summe Wertschöpfungsstufen
Shareholder Values je Wertschöpfungsstufe im Reorganisationsszenario750
Grenzen und Risiken bei diesem Vorgehen liegen in möglichen rechtlichen Restriktionen und auch den Interessen der Kapitalgeber bzw. Gründungsmitglieder. Beispielsweise besitzen die Gründungsmitglieder von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit oder öffentlich-rechtlichen Versicherungen andere Nebeninteressen, die durch das Outsourcing oder die Fokussierung auf ausgewählte Wertschöpfungsstufen nicht weiter verfolgt werden. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Kosten der ausgelagerten Bereiche durch das Outsourcing sogar steigen. Als langfristige Option wäre für das Beispielunternehmen sogar eine Konzentration auf nur eine oder zwei Wertschöpfungsstufen denkbar, um sich dann als Service Provider für diese Leistungen am Markt zu positionieren. Eine solche Strategie wäre jedoch kurzfristig riskant, da die Auslastung der eigenen Kapazitäten nicht gewährleistet wäre und zudem der Transformationsprozess und der Aufbau von Kernkompetenzen eine gewisse Zeit in Anspruch nähme. Auch der Aufbau von Kernkompetenzen auf sämtlichen Wertschöpfungsstufen und Angebot aller Leistungen an Dritte wäre kritisch zu sehen, da dies zu einer Überforderung der Mitarbeiter und zum Verlust einer klaren und eindeutigen Positionierung führen könnte. Daraus kann abgeleitet werden, dass das aktive Management der Wertschöpfungsstufen und der Aufbau 750 Eigene Darstellung; für die Daten vgl. Anhang 0
5.8 Kritische Würdigung des Modells
195
gezielter Kernkompetenzen eine zunehmende Bedeutung erhält. Eine frühzeitige Positionierung als Service Provider auf ausgewählten Wertschöpfungsstufen, ausgestattet mit Erfolg versprechenden Kernkompetenzen, könnte Unternehmen eine gute Ausgangslage und eine attraktive Wettbewerbsposition sichern.
5.8 Kritische Würdigung des Modells 5.8.1 Überblick zur Vorgehensweise bei der kritischen Analyse In diesem Abschnitt soll eine kritische Würdigung des in dieser Arbeit erarbeiteten Modells vorgenommen werden. Grundsätzlich können zwei Arten von Problembereichen identifiziert werden:
konzeptionelle Probleme sowie Probleme bei der praktischen Anwendbarkeit bzw. Umsetzung.
Unter konzeptionellen Problemen sind zum einen die nicht praxiskonformen bzw. realitätsfernen Prämissen gemeint, z.B. die Prämisse des Vorliegens vollkommener Information. Zum anderen zählt auch die Unvereinbarkeit von Prämissen verschiedener Ansätze zu den konzeptionellen Problemen. Darunter wird die Kombination verschiedener Ansätze verstanden, die miteinander unvereinbare Prämissen postulieren, beispielsweise die parallele Anwendung eines Ansatzes, der von einem Kapitalmarktgleichgewicht ausgeht, und von einem Ansatz, der dieses verneint. Auf diese Aspekte soll in Abschnitt 5.8.2 eingegangen werden. Die Probleme bei der praktischen Anwendbarkeit bzw. Umsetzung lassen sich wiederum in allgemeine Kritikpunkte und anwendungsspezifische Probleme unterscheiden, die aufgrund der spezifischen Fragestellung bei der Bewertung von Versicherungsunternehmen bzw. der Bewertung von einzelnen Wertschöpfungsstufen entstehen.
5.8.2 Darstellung der konzeptionellen Anwendungsprobleme In diesem Abschnitt sollen die konzeptionellen Anwendungsprobleme der in diesem Modell angewendeten theoretischen Ansätze, vor allem die investitionstheoretischen
196
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
Ansätze und kapitalmarktorientierten Theorien zur Unternehmensbewertung wie auch der Transaktionskostenansatz, kritisch beleuchtet werden. Hierbei sollen zunächst die Prämissen der einzelnen Ansätze gesondert betrachtet werden, um dann in einem nächsten Schritt die Kombination dieser Ansätze kritisch zu diskutieren. Wie bereits in Abschnitt 2.2 beschrieben, existieren im Rahmen der Strategiebewertung grundsätzlich Struktur-, Bewertungs- und Wirkungsdefekte.751 Um unter solchen Voraussetzungen überhaupt agieren zu können, ist eine massive Komplexitätsreduktion erforderlich. In der Regel wird eine solche Reduktion der Komplexität der Umwelt durch verschiedene Annahmen herbeigeführt, auch wenn diese Annahmen nicht der Realität entsprechen. Hering führt hierzu an, dass der Unternehmenswert als Entscheidungswert daher notwendigerweise eine Bandbreite verschiedener Werte umfasst.752 In Abschnitt 2.4.1 wurden die für die Anwendung der investitionstheoretischen Ansätze erforderlichen Annahmen kurz dargestellt. In der im Rahmen dieser Arbeit verwendeten einfachen Form der investitionstheoretischen Ansätze wird von der realitätsfernen Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes ausgegangen. Im Normalfall sind Unternehmensbewertungen jedoch bei unvollkommenem Kapitalmarkt durchzuführen.753 Auch die grundsätzliche Annahme eines homo oeconomicus erscheint realitätsfern. Zum einen sind nicht alle Marktteilnehmer in der Lage, die Zusammenhänge am Markt zu überblicken und dementsprechend zu handeln. Zum anderen beabsichtigen auch nicht alle Marktteilnehmer, rational zu handeln.754 Wie bereits bei der Bestimmung eines risikogerechten Kalkulationszinssatzes beschrieben, erscheint die Methode der Sicherheitsäquivalente theoretisch fundiert, jedoch in der Praxis nicht umsetzbar, denn zur Bestimmung der Sicherheitsäquivalente müsste die Risikonutzenfunktion des Bewertungssubjektes bekannt sein.755 Im Fall verschiedener Interessensgruppen an der Bewertung mit unterschiedlichen Risikonutzenfunktionen könnte kein für alle Interessensgruppen gültiger Wert ermittelt werden.756 751 Vgl. Meffert, H. (2000), S. 302 ff. 752 Vgl. Hering, T. (1999), S. 5 753 Vgl. Coenenberg, A. (1992a), S. 100 f. Für eine detaillierte Betrachtung der investitionstheoretischen Ansätze bei einem unvollkommenen Kapitalmarkt vgl. Hering, T. (1999), S. 27 ff. 754 Vgl. Hering, T. (1999), S. 8. Insbesondere die Annahme des homo oeconomicus wird auch von den Vertretern der Neuen Institutionenökonomik kritisiert, so dass dort von der so genannten beschränkten Rationalität ausgegangen wird; vgl. Williamson, O. E. (1975), S. 21 f. sowie Abschnitt 0 755 Vgl. beispielsweise Hartung, T. (2000), S. 60 oder Mandl, G./ Rabel, K. (1999), S. 221 f. oder S. 248 756 Vgl. Mandl, G./ Rabel, K. (1999), S. 248
5.8 Kritische Würdigung des Modells
197
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die investitionstheoretischen Ansätze nur entscheidungsorientiert-subjektive Werte zum Ergebnis haben können, sie erscheinen aber gerade als Grundlage zur Berechnung solcher Entscheidungswerte besonders geeignet.757 Im Rahmen der Ermittlung eines risikogerechten Kalkulationszinssatzes wurde auf das kapitalmarktorientierte CAPM zurückgegriffen, um einen unternehmenseinheitlichen, marktorientierten Kapitalkostensatz zu bestimmen. Bei den kapitalmarktorientierten Modellen steht die Ermittlung eines gleichgewichtsorientiertobjektiven Wertes im Vordergrund, so dass diese Modelle von deutlich strengeren Annahmen bezüglich der Vollkommenheit des Kapitalmarktes, z.B. der Existenz eines risikolosen Wertpapiers oder der fehlenden Beeinflussung von Kursen durch einzelne Investoren758, und auch der Informationseffizienz ausgehen.759 Diese teilweise realitätsfernen Annahmen werden in der Literatur vielfach kritisiert.760 Weitere Kritikpunkte liegen in der Annahme konstanter Risikoklassen und der Willkürlichkeit der Festsetzung des betrachteten Intervalls bei der Ermittlung der Betafaktoren.761 In einer empirischen Analyse für den deutschen Markt zeigt sich jedoch eine hohe Stabilität der Betafaktoren mit einer nur geringen Standardabweichung von 5%, so dass dieses Gegenargument nur bedingt gültig ist.762 Beim CAPM wird zudem nur das systematische Risiko abgebildet, weil annahmegemäß das unsystematische Risiko durch Diversifizierung vermieden werden kann. Im Fall von nicht diversifizierten Investoren würde dies jedoch zu einem Fehlen der Berücksichtigung des unsystematischen Risikos führen.763
757 758 759 760
Vgl. Hering, T. (1999), S. 91 Vgl. Mandl, G./ Rabel, K. (1999), S. 309 Vgl. zu den Annahmen auch Abschnitt 0 Vgl. Copeland, T./ Weston, J. (1988), S. 205 ff. Für weitere Kritikpunkte vgl. Ballwieser, W. (2001), S. 23 oder Hachmeister, D. (2000), S. 171 ff. Hering führt noch die Irrelevanz der als Prämisse genannten Kapitalstruktur-Irrelevanzthese als Gegenargument an; vgl. Hering, T. (1999), S. 153 f. Coenenberg kritisiert vor allem auch die Asymmetrie der verarbeiteten Informationen zwischen Bewertungssubjekt und Kapitalmarkt und begründet dies mit den guten Kenntnissen des Bewertungssubjektes über das Unternehmen und einer nur mittleren Informationseffizienz des Kapitalmarktes; vgl. Coenenberg, A. (1992a), S. 106 f. 761 Vgl. Nowak, K. (2003), S. 88 f. zur Konstanz der Risikoklassen und S. 93 ff. zur Abhängigkeit vom betrachteten Intervall 762 Zur Untersuchung der DAX 100-Unternehmen zwischen 1988 und 1998 vgl. Nowak, K. (2003), S. 212 763 Vgl. Mandl, G./ Rabel, K. (1999), S. 309
198
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
Zusammenfassend muss festgehalten werden, dass das Problem der Ermittlung der Kapitalkosten mit Hilfe der kapitalmarktorientierten Modelle weder theoretisch noch praktisch befriedigend gelöst werden kann.764 Die in dieser Arbeit vorgenommene Kombination zwischen investitionstheoretischen Ansätzen und kapitalmarktorientierten Modellen erscheint dahingehend problematisch, als dass die Prämissen der verschiedenen Ansätze teilweise gegensätzlich definiert sind. Beispielsweise die Annahme eines vollkommenen Kapitalmarktes bei Anwendung des CAPM oder auch die Kombination des CAPM als Einperiodenmodell mit den Mehrperioden-Ansätzen aus der Investitionstheorie. Solche Kombinationen von Ansätzen, die auf gegensätzlichen Annahmen beruhen, sind grundsätzlich kritisch zu sehen.765 Aber die Vielzahl von anwendungsbezogenen Modellen mit ähnlichen Problemen, beispielsweise die Bewertungskonzeption des Discounted Cash Flow-Modells nach Copeland/ Koller/ Murrin766, lässt die Anwendung eines ebenfalls kombinierten Modells in der Praxis vertretbar erscheinen. Zu beachten ist jedoch, dass letztendlich so viele subjektive Komplexitätsreduktionen erfolgen, dass der daraus abzuleitende Entscheidungswert nur als subjektiver Wert angesehen werden kann. Zudem sollte eine Bandbreite bzw. Mehrwertigkeit des Entscheidungswertes gewährleistet sein.767 Die in dieser Arbeit gewählte Vorgehensweise, grundsätzlich auf die theoretisch fundierten Ansätze der Investitionstheorie zurückzugreifen und nur bei besonderen Fragestellungen um die kapitalmarktorientierten Modelle zu erweitern, erscheint vertretbar und sinnvoll.768 Auch Mandl/ Rabel sehen in der Kombination investitionstheoretisch fundierter Ansätze mit Elementen der kapitalmarktorientierten Modelle eine Lösung. Einen Ausweg aus der Problematik der Bestimmung eines risikogerechten Kalkulationszinssatzes „könnte die Heranziehung von Diskontsätzen bieten, die aus kapitalmarkttheoretischen Modellen abgeleitet werden“769. Im Rahmen der Neuen Institutionenökonomik, auf der die transaktionskostentheoretische Analyse in Abschnitt 0 basiert, wurde von den teilweise realitätsfer764 Vgl. Mandl, G./ Rabel, K. (1999), S. 384 765 Vgl. Hering, T. (1999), S. 178 766 In dem Modell wird ebenfalls eine Kombination der mehrperiodischen DCF-Methode und des einperiodischen CAPM vorgenommen; vgl. Copeland, T./ Koller, T./ Murrin, J. (2000) 767 Vgl. Hering, T. (1999), S. 16 und S. 90 f. 768 Eine mögliche Lösung beschreibt Hering in Form eines Zustands-Grenzpreismodells als einheitliche Bewertungstheorie unter Unsicherheit. Es handelt sich hierbei jedoch auch nur um ein Denkmodell, das als Bindeglied zwischen der entscheidungsorientiert-subjektiven Investitionstheorie und der gleichgewichtsorientiert-objektiven Finanzierungstheorie fungieren könnte; vgl. Hering, T. (1999), S. 181 ff. 769 Mandl, G./ Rabel, K. (1999), S. 248
5.8 Kritische Würdigung des Modells
199
nen Annahmen der Neoklassik, z.B. die Annahme der vollständigen Information, abgerückt. Wesentliche Grundannahmen der Neuen Institutionenökonomik sind der methodologische Individualismus, die beschränkte Rationalität, unvollständige Informationen und opportunistische Verhaltensweisen der agierenden Individuen.770 Die Annahme der beschränkten Rationalität kann, wie bereits in der Kritik an den Konzepten der Unternehmensbewertung deutlich geworden, als realistisch angesehen werden. Aufgrund der Beteiligung von Individuen muss von einem begrenzten kognitiven Leistungsvermögen im Verhältnis zur hohen Komplexität der Umwelt ausgegangen werden. Die Frage nach dem Vorliegen von Opportunismus der beteiligten Personen kann ebenfalls positiv beantwortet werden. Insbesondere in dem Fall einer Anwendung des Modells durch das angestellte Management eines Unternehmens muss von der Verfolgung eigener Interessen ausgegangen werden.771 Die Annahme der unvollständigen Informationen, wie auch die Annahme der beschränkten Rationalität, kann damit begründet werden, dass es sich bei den Beteiligten um Individuen handelt, die aufgrund der hohen Komplexität der Umwelt keine vollständigen Informationen haben können.772 Das Vorliegen des bereits aus der Neoklassik bekannten methodologischen Individualismus kann unkritisch als weiterhin gültig betrachtet werden. Kritisch an der Transaktionskostentheorie muss der statische Charakter gesehen werden. Es wird nur eine zeitpunktbezogene Bewertung vorgenommen und zukünftige Entwicklungen werden nicht explizit berücksichtigt.773 Weitere Kritikpunkte ergeben sich aus der fehlenden Quantifizierung der einzelnen Transaktionseigenschaften. Zum einen hängt die Einschätzung der einzelnen Ausprägungen teilweise von der Willkür des Entscheidungsträgers ab. Zum anderen existiert auch kein funktionaler Zusammenhang zwischen den Ausprägungen der einzelnen Transaktionseigenschaften und den letztlich zu bestimmenden Transaktionskosten.774 Auch werden mögliche Interdependenzen zwischen den einzelnen Parametern nicht berücksichtigt. Hierbei wird demnach von dem Bewertungssubjekt gefordert, dass mögliche Interdependenzen sowie die Gewichtung der einzelnen Parameter implizit einbezogen werden.775 770 Vgl. Abschnitt 0 oder detailliert beispielsweise Opper, S. (2001), S. 602 f., Schätzer, S. (1999), S. 92, Nagengast, J. (1997), S. 188 f. oder Picot, A. / Dietl, H. (1990), S. 179 771 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 199 772 Vgl. Windsperger, J. (1983), S. 889 773 Vgl. Scherm, E. (1996), S. 52 774 Vgl. Weiß, M. (1993), S. 115 775 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 217 f.
200
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
Insgesamt kann für die Anwendung der Transaktionskostentheorie festgehalten werden, dass kaum konzeptionelle Probleme bezüglich der Modellannahmen bestehen, dafür jedoch eine Vielzahl von Kritikpunkten bezüglich der nur unzureichenden Quantifizierung der Vorgehensweise und des statischen Charakters existiert. Schließlich muss die Kombination der Transaktionskostentheorie mit den investitionstheoretischen und kapitalmarktorientierten Ansätzen im Rahmen der finanziellen Analyse des Unternehmens kritisch beleuchtet werden. Vor allem die bereits zuvor beschriebene Problematik bei der Kombination statischer Verfahren, wie der Transaktionskostentheorie oder dem CAPM, mit dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung ist kritisch zu sehen. Beispielsweise wird in Abbildung 39 eine Kombination einer statischen und dynamischen Bewertung des Bewertungsobjektes dargestellt. Auch die Modellannahmen sind zu einem großen Teil nicht übereinstimmend, z.B. die Annahme vollständiger Informationen oder die eines vollkommenen Kapitalmarktes. Aufgrund des praxeologischen Forschungsziels dieser Arbeit, bei dem es primär um die Ableitung von Gestaltungsmöglichkeiten und -empfehlungen für die Unternehmenspraxis geht,776 können diese Kritikpunkte akzeptiert werden. Letztendlich gilt der Nutzen für die Managementpraxis als Maßstab für den Wert einer Arbeit.777 Die hier herausgearbeiteten Kritikpunkte liefern jedoch auch wichtige Ansatzpunkte für weitere theoretische Arbeiten bezüglich der Kombination von Modellen mit gegensätzlichen Prämissen. Im Speziellen wird die nach wie vor bestehende Lücke bei der theoretischen Fundierung praxisnaher Konzepte der Unternehmensbewertung verdeutlicht.
5.8.3 Problembereiche bei der praktischen Anwendung Neben den konzeptionellen Problemen existiert auch eine Reihe von Problemen bei der praktischen Anwendung. Die Kritikpunkte lassen sich folgendermaßen kategorisieren:
allgemeine Probleme bei der praktischen Anwendung, Probleme bei der Anwendung auf die Bewertung von Wertschöpfungsstufen,
776 Vgl. Kieser, A./ Kubicek, H. (1992), S. 56 777 Vgl. Hamel, G./ Prahalad, C. (1995), S. 9
5.8 Kritische Würdigung des Modells
201
spezifische Probleme aufgrund der Bewertung von Versicherungsunternehmen und Probleme bei der Auswahl geeigneter Informationsquellen.
Unter allgemeinen Problemen sind all die Probleme zu verstehen, die auch bei Anwendung auf Unternehmen anderer Branchen oder ohne die zusätzliche Komplexität der Anwendung auf Wertschöpfungsstufen auftreten würde. Grundsätzlicher Natur ist die Frage nach der Shareholder- versus der Stakeholderorientierung, d.h. inwieweit die Steigerung des Shareholder Values als alleiniges Oberziel definiert werden kann. Für die Versicherungswirtschaft wurde diese Frage in Abschnitt 4.4 detailliert diskutiert und für diese Arbeit die Maximierung des Shareholder Values als Oberziel definiert. Weitere Kritik richtet sich gegen die Prognose der zukünftigen Cash Flows. Es wird die Gefahr gesehen, dass den quantitativen Analysen trotz großer Unsicherheit bezüglich zukünftiger Entwicklungen letztendlich blind vertraut wird.778 Wesentliche Grundregeln zur Qualitätssicherung der Prognosen könnten in der Verantwortung des Linienmanagements für die Prognosen, in regelmäßigen Plausibilitätsprüfungen, in der Anwendung von Sensitivitätsanalysen und in der flankierenden Einführung von unterstützenden Anreizmechanismen liegen.779 Wie schon bei den konzeptionellen Kritikpunkten liegen auch bei der praktischen Anwendung große Probleme in der Bestimmung eines risikogerechten Kalkulationszinsfußes. Während die Bestimmung von Sicherheitsäquivalenten in der Praxis aufgrund fehlender Kenntnis der Risikonutzenfunktionen ungeeignet erscheint, treten bei der marktorientierten Bestimmung der Kapitalkosten Probleme auf, wenn keine Börsennotierung vorliegt. Dies ist insbesondere bei der Anwendung auf Wertschöpfungsstufen oder einzelne Unternehmensbereiche problematisch. In Abschnitt 2.4.3.4 wurden hierzu bereits verschiedene Lösungsansätze diskutiert, wobei die Bestimmung eines risikogerechten Kalkulationszinssatzes nach wie vor eine ungelöste Frage im Rahmen der Unternehmensbewertung darstellt.780 Aufgrund verschiedener Merkmale von Versicherungen bestehen spezifische Eigenheiten und Probleme bei der Bewertung von Versicherungsunternehmen. Bezüglich folgender Aspekte führen diese Spezifika zu Problemen oder zumindest zu
778 Vgl. Reimann, B. (1989), S. 133 779 Vgl. Oletzky, T. (1998), S. 80 f. 780 Vgl. Mandl, G./ Rabel, K. (1999), S. 309 oder Oletzky, T. (1998), S. 80 f. Zu den Problemen bei der Bestimmung segmentspezifischer Kapitalkosten im Fall eines Mehrspartenunternehmens vgl. Nowak, K. (2003), S. 97 ff.
202
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
Abwandlungen gegenüber der Unternehmensbewertung von Unternehmen anderer Branchen:
Die Spezifika des Versicherungsprodukts: Zum einen erwachsen aus dem Dienstleistungscharakter verschiedene Eigenheiten, wie beispielsweise das Zusammenfallen von Produktion und Transaktion oder die besondere Bedeutung des „Wissen[s] und Verstehen[s] um den Schutz“781. Zum anderen führen versicherungsspezifische Besonderheiten, wie die in der Regel sehr langfristigen Vertragsverhältnisse, zu einer Vielzahl von Herausforderungen bei der Planung und Steuerung des Geschäfts.782 Die Definition des relevanten Eigenkapitals: Aufgrund der spezifischen Kapitalstruktur von Versicherungsunternehmen und vielen versicherungsspezifischen Bilanzpositionen erfordert die Definition und Abgrenzung des relevanten Eigenkapitals besondere Aufmerksamkeit im Fall einer praktischen Umsetzung des skizzierten Modells.783 Die Bestimmung der Kapitalkosten: Insbesondere bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und öffentlich-rechtlichen Versicherern sind die Kapitalkosten schwierig zu bestimmen. Vor allem aufgrund der Tatsache, dass die Eigentümer bzw. Mitglieder bei der Gründung nicht die Motivation zur Erzielung von Kapitalerträgen besaßen, müssen hier die Kapitalkosten aus dem Vergleich mit ähnlich strukturierten, börsennotierten Unternehmen abgeleitet werden.784 Die Bestimmung der Cash Flows: Bei Versicherungsunternehmen sind vor allem versicherungsspezifische Cash Flows785, Besonderheiten bei der Gewinnverwendung786 und Unterschiede bei den verschiedenen Rechtsformen787 zu be-
781 Haller, M. (1988), S. 562 782 Beispielsweise müssen die Abschlusskosten sinnvoll über die Vertragslaufzeit verteilt werden; vgl. Oletzky, T. (1998), S. 122. Eine besondere Sorgfalt muss auch bei der Prämienkalkulation angewendet werden, da die Prämien teilweise über mehrere Jahre hinweg festgeschrieben sind. 783 Ausführlich zur Definition des relevanten Eigenkapitals vgl. Oletzky, T. (1998), S. 96 ff. 784 Vgl. Hartung, T. (2000), S. 198 785 So existieren beispielsweise versicherungsspezifische Einzahlungen von Rückversicherern oder Entnahmen und Zuführungen aus bzw. zu langfristigen, versicherungstechnischen Rückstellungen; vgl. Hartung, T. (2000), S. 166 ff. 786 Hierbei sind die versicherungsspezifischen Vorschriften zur Gewinnbeteiligung der Versicherungsnehmer zu beachten und entsprechend als Wert steigernd bzw. senkend zu kategorisieren; vgl. Farny, D. (2000), S. 494 ff. 787 So sind bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit unter Umständen die Beitragsrückerstattungen als Zahlungsstrom an den Investor und damit als Wert steigernd zu werten; vgl. Hartung, T. (2000), S. 123
5.8 Kritische Würdigung des Modells
203
rücksichtigen. Vorteilhaft wirkt sich die Langfristigkeit der Vertragsverhältnisse auf die Sicherheit der Prognosen aus. Die Verwendung bestehender Steuerungsinstrumente: Hier liegt bei Versicherungsunternehmen eine vergleichsweise schlechte Ausgangslage vor, d.h. Versicherungsunternehmen verfügen in der Regel über unterschiedliche Steuerungsinstrumente nach Sparten und es liegt eine „unzureichende Abbildung verschiedener Risikopositionen und die fehlende Berücksichtigung des Kapitalbedarfs“788 vor, so dass hierzu umfangreiche Vorarbeiten erforderlich sind. Beachtung aufsichtsrechtlicher Regelungen: Schließlich bestehen für die Ausgliederung ganzer Funktionen auf andere Wirtschaftssubjekte einschränkende aufsichtsrechtliche Bestimmungen.789 Inwieweit hier eine Ausgliederung des Risikogeschäfts möglich wäre, müsste detailliert geprüft werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass auch die Rückversicherung im weitesten Sinne eine Ausgliederung des Risikogeschäfts darstellt.790
Die Anwendung auf Wertschöpfungsstufen bereitet vor allem bei der Ermittlung wertschöpfungsspezifischer Kapitalkosten791, der Ermittlung von Marktpreisen bei Veräußerung der einzelnen Wertschöpfungsstufen, der Aufstellung einer adäquaten Gewinn- und Verlustrechnung je Wertschöpfungsstufe und der internen Kosten- und Leistungsverrechung zwischen den Wertschöpfungsstufen792 Probleme. Beim Outsourcing einzelner Wertschöpfungsstufen können verschiedene Probleme auftreten. Zum einen wären hier Probleme bei der Koordination des Vertragspartners zu nennen, die sich aus dem Principal-Agent-Verhältnis zwischen Unternehmen und Outsourcing-Partner entwickeln könnten.793 Zum anderen könnten beispielsweise Probleme dadurch entstehen, dass die Outsourcing-Partner nicht die vereinbarte Qualität oder Effizienz erzielen können, so dass durch das Outsourcing von einzelnen Wertschöpfungsstufen qualitative Einbußen der Marktleistung oder höhere Kosten entstünden. Schließlich existieren noch offene Fragen bezüglich der organisa788 Oletzky, T. (1998), S. 34 789 Vgl. Farny, D. (2000), S. 605, insbesondere die in Fußnote 4 genannten Bestimmungen des VAG, in denen der Vertrieb, die Bestandsverwaltung, die Leistungsbearbeitung, das Rechnungswesen sowie die Vermögensanlage als ausgliederbare Funktionen genannt werden. 790 Vgl. Farny, D. (2000), S. 606 791 Auf dieses Problem wurde detailliert in Abschnitt 2.4.3.4 eingegangen und in Abschnitt 0 eine pragmatische Lösung beschrieben. 792 Vgl. zu den innerbetrieblichen Kosten- und Leistungsverrechnungen auch die Ausführungen zur Abbildung 33 und Abschnitt 2.4.3.3 zur Prognose der Cash Flows je Wertschöpfungsstufe, die in Abschnitt 5.4.2 exemplarisch illustriert wurden 793 Vertiefend zur Principal-Agent-Theorie vgl. beispielsweise Schätzer, S. (1999), S. 87 ff.
204
5 Bewertungsmodell zur Entscheidung über die Disaggregation
torischen Gestaltung des Bewertungsprozesses und der Organisation nach Umsetzung der definierten Strategie. Auch wenn die gewählte Organisationsform maßgeblich Qualität, Akzeptanz, Kosteneffizienz und Geschwindigkeit der Analysen sowie der Umsetzung der definierten Strategien determiniert, soll dieser Aspekt nicht näher beleuchtet werden.794 Die Auswahl geeigneter Informationsquellen stellt insofern eine Herausforderung dar, als dass die bestehenden Bezugsquellen die erforderlichen Daten nur zum Teil enthalten bzw. für andere Zwecke aufbereiten. Daher ist eine umfassende Analyse der Informationsquellen des betreffenden Unternehmens erforderlich, um die Konsistenz und Integration aller Daten zu gewährleisten.795 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine Vielzahl spezifischer Herausforderungen bei der praktischen Anwendung besteht, die jedoch keine unüberbrückbare Hürde darstellen.
794 Für interessante Ansätze vgl. Peschke, M. (1997), S. 225 ff. oder zur organisatorischen Ausgestaltung von Outsourcing-Projekten vgl. beispielsweise o.V. (2004b), S. 8 ff. 795 Für eine Systematik der Informationsquellen vgl. Hesse, D./ Schulenburg, J.-M. Graf v.d./ Wittmer, N./ Zietsch, D. (1993), S. 34 ff.
6 Schlussbetrachtung
205
6 Schlussbetrachtung: Aktives Management der Wertschöpfungskette als Kernaufgabe kleiner und mittlerer Versicherungsunternehmen 6 Schlussbetrachtung
In diesem Kapitel sollen abschließend noch einmal die grundsätzlichen Anforderungen an die Strategiebewertung aufgenommen und ein Abgleich mit dem erarbeiteten Bewertungsmodell vorgenommen werden. Zudem sollen die in 1.1 identifizierte Forschungslücke unter Berücksichtigung der hier vorgestellten Arbeit beleuchtet und neu identifizierte Fragestellungen skizziert werden. Schließlich erfolgt ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen der Versicherungswirtschaft und mögliche Optionen für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen. Es wird deutlich, dass das hier erarbeitete Modell im Rahmen der strategischen Analyse sowohl für die Analyse des Unternehmens als auch zur Bewertung alternativer Strategien geeignet erscheint. Auch für die Phase der Strategiekontrolle könnten regelmäßige Soll-Ist-Kontrollen auf Ebene der Wertschöpfungsstufen wichtige Erkenntnisse liefern, da aufgrund der quantitativen Zielgrößen eine gute Messbarkeit gewährleistet ist.796 Im Folgenden sollen die in Abschnitt 2.2 definierten Anforderungen an ein geeignetes Instrumentarium zur Bewertung von Strategien geprüft werden. Eine eindeutige Definition der Zielgrößen und eine einfache Operationalisierbarkeit hinsichtlich der übergreifenden Unternehmensziele liegen in Form des Shareholder Values des Gesamtunternehmens sowie der Shareholder Values der einzelnen Wertschöpfungsstufen eindeutig vor. Durch die detaillierten Cash Flow-Prognosen je Wertschöpfungsstufe würden hier auch umfangreiche Daten und praxistaugliche Werkzeuge zur regelmäßigen Kontrolle erarbeitet. Die Auswertungen zum Shareholder Value, beispielsweise entsprechend der Abbildung 35, könnten ebenfalls regelmäßig durchgeführt werden. Durch die Verwendung der Ansätze der dynamischen Investitionsrechnung wird der Zukunftsbezogenheit möglicher Strategiewirkungen in besonderem Maße Rechnung getragen. Auf Ebene der Wertschöpfungsstufen im Rahmen der Prognose der zukünftigen Cash Flows und bei Definition der erforderlichen Kernkompetenzen ist die detaillierte Berücksichtigung strategischer Erfolgsfak796 Für die Phasen der strategischen Planung vgl. Abbildung 2.
206
6 Schlussbetrachtung
toren ein wichtiger Bestandteil. Die in Abschnitt 1.1 identifizierte Forschungslücke umfasst folgende Aspekte:
fehlende vertikale Betrachtung von Wertschöpfungsstufen im Rahmen der wertorientierten Steuerung; fehlende wertorientierte Komponente bei Make-or-Buy- bzw. OutsourcingEntscheidungen; fehlende Integration finanzieller und strategischer Analysen bei Entscheidungen über die Disaggregation der Wertschöpfungskette.
Genau diese Aspekte umfasst das hier erarbeitete Bewertungsmodell. Zum einen kann es im Rahmen der langfristigen, wertorientierten Steuerung verwendet werden und bietet damit eine Erweiterung bisheriger Arbeiten um die zusätzliche Sichtweise der Wertschöpfungskette. Zum anderen wird im Vergleich zu klassischen Make-orBuy- bzw. Outsourcing-Entscheidungen explizit eine wertorientierte Komponente berücksichtigt. Vorteilhaft ist hierbei, dass Make-or-Buy-Entscheidungen ohne wertorientierte Komponente unter der Zielsetzung der Maximierung des Shareholder Values zu falschen Aussagen führen können. Beispielsweise würde eine Wertleistung bzw. Wertschöpfungsstufe dann zugekauft werden, wenn ein anderer Anbieter diese Leistung kostengünstiger anbieten könnte. Würde jedoch gerade diese Wertschöpfungsstufe den größten Wert für die Investoren schaffen, würde das Unternehmen damit eine hochrentable und aussichtsreiche Wertschöpfungsstufen auslagern. Eine Entscheidung auf Basis einer reinen Kostenvergleichsrechnung könnte daher zur Verfolgung einer nicht Wert maximieren Strategie führen. Schließlich wurde durch die Kombination von finanzieller und transaktionskostentheoretischer Analyse in einem Modell, wie beispielsweise in Abbildung 39 illustriert, ein Instrument entwickelt, das im Rahmen von Entscheidungen über die Disaggregation der Wertschöpfungskette zu einer höheren Aussagekraft führt. Zur Ableitung von erfolgreichen Strategien wurde als Ergänzung auf die Theorie der Kernkompetenzen zurückgegriffen, um die Bedeutung des Aufbaus von Wettbewerbs-vorteilen gegenüber den Wettbewerbern zu verdeutlichen. Zusammenfassend kann das erarbeitete Modell als eine integrierte Betrachtung des wertorientierten Managements von Wertschöpfungsstufen, der strategischen Analyse sowie des gezielten Aufbaus und Managements von Kernkompetenzen angesehen werden.
6 Schlussbetrachtung
207
In der Literatur wird der innovative Charakter des Shareholder Value-Ansatzes vor allem in der Anwendung der Kapitalwertmethode nicht nur zur Bewertung von Anlageninvestitionen, wie in der klassischen Investitionstheorie, sondern im Rahmen der strategischen Planung auch zur Bewertung von Unternehmen, Geschäftsbereichen oder Strategien gesehen.797 Durch die in dieser Arbeit skizzierte Anwendung der Kapitalwertmethode als Instrument zur Entscheidungsunterstützung über die Disaggregation der Wertschöpfungskette würde diese somit in einem weiteren Anwendungsbereich zur Geltung kommen. Ansatzpunkte für weitere Arbeiten liegen beispielsweise in dem Fehlen eines Mehrperioden-CAPM798, einer Erweiterung der Konzepte der wertorientierten Steuerung um die vertikale Sichtweise entlang der Wertschöpfungskette, einer empirischen Überprüfung des hier skizzierten Modells sowie einer Erweiterung des vorgestellten Bewertungsmodells auf Mehrspartenunternehmen und andere Branchen. Eine Erweiterung auf Mehrspartenunternehmen erscheint unproblematisch und für kleine Mehrspartenunternehmen ebenfalls relevant. Letztendlich führen verschiedene Sparten nur zu zusätzlicher Komplexität durch verschiedene Cash FlowDefinitionen, unterschiedliche Bilanzpositionen und teilweise auch aufgrund der unterschiedlichen Geschäftslogik bei Einbeziehung von Lebens- oder Krankenversicherungen, insbesondere durch das in der Sachversicherung unbekannten Spar- und Entspargeschäfts. Eine Portfoliobetrachtung entsprechend Abbildung 39 müsste dann zusätzlich nach den Versicherungssparten differenziert werden, so dass unter Umständen das disaggregierte Unternehmen aus einem Portfolio unterschiedlicher Kombinationen von Sparte und Wertschöpfungsstufe bestünde.799 Die Abbildung 29 gibt zur Vielzahl der Kombinationsmöglichkeiten einen Hinweis, da diese von der Anzahl der Sparten, der Produktgruppen und der definierten Wertschöpfungsstufen abhängen. Zusammenfassend führen die für kleine und mittlere Versicherungsunternehmen zunehmend an Bedeutung gewinnenden Kernaufgaben der Steigerung des Shareholder Values, der Schärfung und klaren Positionierung der angebotenen Marktleistung, der Überarbeitung bzw. Redefinition der Wertschöpfungskette sowie der Einführung von Systemen zur effizienten Steuerung des Kapitaleinsatzes zu umfangreichen Herausforderungen. Mit dem hier skizzierten Modell können Versicherungsunternehmen 797 Vgl. Freygang, W. (1993), S. 149 oder Coenenberg, A. (1992b), S. 42 798 Vgl. Hering, T. (1999), S. 178 799 Als Ergebnis könnte beispielsweise ein Unternehmen mit den Sparten A, B und C den Vertrieb für alle Sparten, das Risikogeschäft nur für Sparte A, das Schadenmanagement für Sparte A und B, die Vertragsverwaltung hingegen nur für Sparte C etc. anbieten.
208
6 Schlussbetrachtung
genau bei diesen Herausforderungen effektiv unterstützt werden. Daher erscheint diese Weiterentwicklung des bisherigen Produkt-Markt-Denkens hin zu einer Betrachtung des Unternehmens als Portfolio von Ressourcen800 und einer dreidimensionalen Betrachtung des Unternehmens, wie in Abbildung 42 illustriert, Erfolg versprechend. Einer der Kernpunkte der in dieser Arbeit abgeleiteten Strategien ließe sich auch mit der Konzentration auf das Kerngeschäft umschreiben, wie es beispielsweise auch als strategischer Grund für das Outsourcing genannt wird.801 Das hier beschriebene Bewertungsmodell bietet in diesem Zusammenhang ein geeignetes Instrument, um ein bislang nur wenig fokussiertes Unternehmen bei der Identifikation und Ausgestaltung des Kerngeschäfts zu unterstützen.
Kundengruppen
Markt/ Kundengruppen
Privat
1
3
2
Private Rentenvers.
Private Krankenvers.
Hausratvers.
Sonstige Schadenmanagement Vertrieb
Wertschöpfungsstufen
Vertrag/ Mathematik
Privat 4
Industrie
SachGewerbevers.
6 betriebliche Altersvorsorge
IndustrieFeuervers.
Personenversicherungen
Industrie
Schaden-/ Unfallversicherungen
Produkte
Abbildung 42:
Gewerbe
2
Produkte Leben Kranken
Sach Sonstige
Weiterentwicklung des Produkt-Markt-Denkens hin zu einer dreidimensionalen Betrachtung des Unternehmens802
Der Schwerpunkt der Arbeit lag auf der Erarbeitung eines theoretisch fundierten Modells zur Unterstützung von Entscheidungen über die Disaggregation der Wertschöpfungskette. Zudem sollten für ein Beispielunternehmen konkrete Handlungsempfehlungen zur Stärkung der Wettbewerbsposition und Steigerung des Shareholder Values formuliert werden. Die praxeologische Ausrichtung stand somit im Vor-
800 Vgl. Hamel, G./ Prahalad, C. (1990), S. 80 801 Vgl. Nagengast, J. (1997), S. 102 f. oder in einer empirischen Untersuchung Nagengast, J. (1997), S. 238 802 Eigene Darstellung
6 Schlussbetrachtung
209
dergrund. Heinen formuliert hierzu: „Die betriebswirtschaftliche Forschung darf bei aller Freiheit theoretischen Erkenntnisstrebens ihr reales Erkenntnisobjekt, die Betriebswirtschaft der Praxis, nicht aus den Augen verlieren.“803 Erst die Erfahrungen mit der Umsetzung des Konzeptes werden zeigen, ob das theoretisch fundierte Modell auch in der Praxis zu einer höheren Entscheidungs- und Steuerungsqualität führen wird.
803 Heinen, E. (1962), S. 71
Anhang
211
Anhang
I.
Markenstärke in der Versicherungswirtschaft804
Ungestützte Bekanntheit in % 72,9 28,4 28,2 15,9 12,4 9,8 9,3 8,8 8,4 7,7 7,1 5,9 4,8 4,6
Marke Allianz Hamburg-Mannheimer HUK-COBURG Volksfürsorge R+V VICTORIA Gothaer Aachener und Münchener Nürnberger DEVK Württembergische ARAG Gerling D.A.S.
Abschlussbereitschaft in % 38,0 16,0 25,0 14,0 15,0 8,0 7,0 9,0 4,0 7,0 8,0 6,0 4,0 5,0
II. Skaleneffekte bei den Verwaltungskosten in der Versicherungswirtschaft805 Prämienvolumen in Mio. EUR
0-125
125-250
250-500
500-1000
>1000
Verwaltungskostenquote Lebensversicherer in %
6,3
5,9
5,1
5,0
4,6
Verwaltungskostenquote Schaden- und Unfallversicherer in %
17,7
15,0
16,8
17,0
14,2
804 Vgl. o.V. (2001) 805 Eigene Auswertung von Geschäftsberichten aus dem Jahr 2001 von 115 Einzelunternehmen im Bereich Lebensversicherung und 100 Versicherungsgruppen im Bereich der Schaden- und Unfallversicherungen
212
Anhang
III. Zusammenhang zwischen Planungshorizont und Anteil des Restwertes806 Anzahl Planungsperioden
2
3
4
90,9%
1
82,6%
75,1%
68,3%
62,1%
9,1% 6
17,4% 7
24,9% 8
31,7% 9
37,9% 10
Anteil Restwert
56,4%
51,3%
46,7%
42,4%
38,6%
Anteil Cash Flows Annahmen Shareholder Value in GE (konstant) Kalkulationszinssatz in % Cash Flows in GE (konstant) Liquidationswert in GE
43,6%
48,7%
53,3%
57,6%
61,4%
Anteil Restwert Anteil Cash Flows Anzahl Planungsperioden
5
100 10 10 100
IV. Sensitivität des Kalkulationszinssatzes auf den Wert zukünftiger Zahlungsströme807 Periode Cash Flows Cash Flows diskontiert Kumulierte , diskontierte Cash Flows
1 10 9,1 9,1
2 10 8,3 17,4
3 10 7,5 24,9
4 10 6,8 31,7
5 10 6,2 37,9
6 10 5,6 43,6
7 10 5,1 48,7
8 10 4,7 53,3
9 10 4,2 57,6
Kalkulationszinssatz Cash Flows Cash Flows diskontiert Kumulierte , diskontierte Cash Flows
10% 10 9,0 9,0
10% 10 8,1 17,1
10% 10 7,3 24,4
10% 10 6,6 31,0
10% 10 5,9 37,0
10% 10 5,3 42,3
10% 10 4,8 47,1
10% 10 4,3 51,5
Kalkulationszinssatz Cash Flows Cash Flows diskontiert Kumulierte , diskontierte Cash Flows
11% 10 8,7 8,7
11% 10 7,6 16,3
11% 10 6,6 22,8
11% 10 5,7 28,5
11% 10 5,0 33,5
11% 10 4,3 37,8
11% 10 3,8 41,6
Kalkulationszinssatz
15%
15%
15%
15%
15%
15%
15%
V. Laufzeiten von Sachversicherungsverträgen808 Versicherungssparte Unfallvers. Verbundene Gebäudevers. Verbundene Hausratvers. Glasvers. Einbruch-/ Diebstahlvers. Feuervers. Allgemeine Haftpflichtvers. Kraftfahrzeug-Haftpflichtvers.
Laufzeit in Jahren 8,9 24,2 13,7 11,1 7,8 11,4 16,9 6,5
806 Eigene Darstellung 807 Eigene Darstellung 808 Eigene Auswertung; für die Daten vgl. o.V. (2002d)
10
Differenz zu i=10%
10 3,9 61,4
0,0%
10% 10 3,9 55,4
10% 10 3,5 58,9
-4,2%
11% 10 3,3 44,9
11% 10 2,8 47,7
11% 10 2,5 50,2 -18,3%
15%
15%
15%
Anhang
213
VI. Übersicht zum Beispielunternehmen Virtuelle Versicherung VVAG809 Organisation und Rechtsform Sparte Mitarbeiter Innendienst Vermittler Rechtsform
Sachversicherung 1800 1000 Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit
Beitragseinnahmen Brutto-Beitragseinnahmen (BBE) in GE 100 Beitragswachstum p.a. seit 2000 -0,9% Marktanteil 0,50% Kostenstruktur Schadenquote in % der BBE 64,1% Schadenquote ohne Regulierungskosten 60% Kostenstruktur nach Kostenarten Provision 16,2% Personalkosten 19,9% Sachkosten 12,5% Abschreibung 0,6% = Kosten für den Versicherungsbetrieb 49,2% Kostenstruktur nach Wertschöpfungsstufen Vertrag/ Mathematik 15,2% Vertrieb 16,2% Schaden 4,1% Risikogeschäft 66,0% IT 2,6% Dienstleistungsfunktionen 5,1% = Summe Wertschöpfungsstufen 109,2%
809 Eigene Darstellung; vereinfachend soll in diesem Beispiel mit einer Basis von 100 Geldeinheiten als Beitragseinnahmen gerechnet werden.
214
Anhang
Bilanzdaten in GE Kapitalanlagen Durchschnittsverzinsung der Kapitalanlagen Eigenkapital Fremdkapital FK - versicherungstechnischisch FK - sonst. Rückstellungen FK - Abgrenzungsposten FK - sonst. Verbindlichkeiten Marktdaten Marktwachstum Schadenquote des Marktes Verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung in GE Brutto-Beitragseinnahmen - Aufwendungen f. Versicherungsfälle - Aufwendungen f. Versicherungsbetrieb = Versicherungstechnisches Ergebnis + Kapitalanlageergebnis = Jahresüberschuss
VII.
194,8 4,5% 38,8 205,2 179,2 9,5 3,2 13,3 0% 58,2% 100,0 -60,0 -49,2 -9,2 8,8 -0,4
Bestimmung der Eigenkapitalausstattung der Wertschöpfungsstufe Risikogeschäft des Beispielunternehmens810
Erwartungswert der Schadenquote
66,8%
Sicherheitsniveau
99,9%
Annahme
Standardabweichung der Schadenquote
3,3%
Eigene Auswertung aus Marktdaten
Zunahmefaktor Schwankung Schadenquote
2,0
Abnahme Prämie/ negatives Wachstum
-5%
Eigene Auswertung aus Marktdaten
Annahme: zunehmende Schwankung Annahme: zunehmender Wettbewerb
Kostenquote
35,2%
Eigene Auswertung aus Marktdaten
vers.techn FK/ BBE
179%
aus Anhang VI
Bruttobeitragseinnahmen (BBE) in GE Verzinsung des Anlagekapitals i
100 4,5%
Annahme: normierte BBE = 100 GE aus Anhang VI
EK-Risikogeschäft in % der BBE
13,7%
810 Für die Vorgehensweise bei der Berechnung vgl. Oletzky, T. (1998), S. 165 f.
Anhang
VIII.
215
Überblick über die erforderliche Kapitalausstattung der Wertschöpfungsstufen des Beispielunternehmens811
Wertschöpfungsstufe
Eigenkapital in GE
Vertrag/ Mathematik
3,5
Vertrieb
3,3
Schadenmanagement
0,9
Risikogeschäft
13,7
Informationstechnologie
3,4
Dienstleistungsfunktionen
1,9
= Summe der Wertschöpfungsstufen
26,7
IX.
Übersicht über die wertschöpfungsspezifischen Kapitalkosten des Beispielunternehmens812
Wertschöp-fungsstufe
Anteil Eigenkapital in %
Vertrag/ Mathem. Vertrieb Schaden Risikogeschäft IT Dienstleistungsfkt. Holding
9% 9% 2% 35% 9% 5% 31%
Summe GesamtUnternehmen
100%
Operatives Risiko
Strategisches Risiko
Management der Aktiva
0 2 1 2 1 0
1 0 1 1 1 2
0 1 1 0 2 2
Risikobasierte Kapitalkosten Minimum iA , Wertschöpfungsstufe Vertrag/ Mathem. Vertrieb Schaden Risikogeschäft IT Dienstleistungsfkt. Holding Summe GesamtUnternehmen
(ir) 5,5% 8,2% 10,9% 13,7% 13,7% 13,7%
iR 5,5% 8,2% 10,9% 13,0% 13,7% 13,7%
Größe/ Diversifizierung 1 0 1 2 1 1
Risikofaktor 0,50 0,75 1,00 1,25 1,25 1,25
Normierte, risikobasierte Kapitalkosten (in,r) 5,2% 7,8% 10,4% 12,4% 13,0% 13,0% 10,9% 10,9%
811 Eigene Darstellung zum Beispielunternehmen entsprechend der in Abschnitt 2.4.3.1 beschriebenen Vorgehensweise 812 Eigene Darstellung zum Beispielunternehmen entsprechend der pragmatischen Vorgehensweise aus Abschnitt 0
216
XI.
Anhang
Berechnung der Ergebnisgrößen für das Beispielunternehmen – Analyseszenario813
abgezinste Cash Flows der Periode zum Zeitpunkt 0 Vertrag/ Mathematik Vertrieb Schaden Risikogeschäft Informationstechnologie Dienstleistungsfunktionen Holding Cash Flows der Periode zum Zeitpunkt p Vertrag/ Mathematik Vertrieb Schaden Risikogeschäft Informationstechnologie Dienstleistungsfunktionen Holding
Erlöse der Periode Vertrag/ Mathematik Vertrieb Schaden Risikogeschäft Informationstechnologie Dienstleistungsfunktionen Holding
Kosten der Periode Vertrag/ Mathematik Vertrieb Schaden Risikogeschäft Informationstechnologie Dienstleistungsfunktionen Holding
Vertrag/ Mathematik Vertrieb Schaden Risikogeschäft Informationstechnologie Dienstleistungsfunktionen Holding
1 0,4 0,3 0,2 -0,8 -0,3 -0,9
2 0,4 0,3 0,2 -0,7 -0,3 -0,8
3 0,4 0,3 0,2 -0,6 -0,2 -0,7
4 0,4 0,2 0,2 -0,5 -0,2 -0,7
5 0,4 0,2 0,2 -0,5 -0,2 -0,6
6 0,3 0,2 0,1 -0,4 -0,2 -0,5
7 0,3 0,2 0,1 -0,4 -0,2 -0,5
8 0,3 0,2 0,1 -0,3 -0,1 -0,4
9 0,3 0,2 0,1 -0,3 -0,1 -0,4
10 0,3 0,2 0,1 -0,3 -0,1 -0,3
0,6
0,5
0,5
0,4
0,4
0,4
0,3
0,3
0,3
0,2
1 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
2 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
3 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
4 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
5 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
6 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
7 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
8 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
9 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
10 0,5 0,3 0,3 -0,8 -0,4 -1,1
0,7
0,7
0,7
0,7
0,7
0,7
0,7
0,7
0,7
0,7
1 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
2 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
3 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
4 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
5 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
6 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
7 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
8 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
9 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
10 15,7 16,5 4,4 65,2 2,2 3,9
0,9
0,9
0,9
0,9
0,9
0,9
0,9
0,9
0,9
0,9
1 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
2 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
3 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
4 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
5 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
6 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
7 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
8 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
9 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
10 15,2 16,2 4,1 66,0 2,6 5,0
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
0,2
Kalkulationszinssatz i 5,2% 7,8% 10,4% 12,4% 13,0% 13,0% 10,9%
Summe Cash Flows Restwert Restwert T ewige NBV zu Kapitalzu t=0 T zu t = 0 zu t=p+1 Rente t=0 ausstattung 3,5 5,0 8,7 0,5 --3,5 2,3 1,9 4,3 0,3 --3,3 1,6 0,9 2,6 0,3 --0,9 -4,7 -1,9 -6,9 -0,8 --13,7 -1,9 -0,7 -2,7 -0,4 --3,4 -5,8 -2,1 -8,2 -1,1 --1,9 4,0
2,0
6,2
0,7
5,9
12,0
813 Eigene Darstellung: Die gewählten Kapitalausstattungen wurden im Beispiel frei gewählt und in Summe dem EK gleich gesetzt. Bei der praktischen Umsetzung müssten an dieser Stelle jedoch am Markt erzielbare, potentielle Veräußerungserlöse der einzelnen Wertschöpfungsstufen verwendet werden.
Anhang
217
Vertrag/ Mathematik Vertrieb Schaden Risikogeschäft Informationstechnologie Dienstleistungsfunktionen Holding
XII.
Zukunftserfolgswert 8,5 4,2 2,5 -6,6 -2,7 -7,9 0,0
Shareholder Value 8,5 4,2 2,5 -6,6 -2,7 -7,9 5,9
Kapitalwert 5,0 0,9 1,5 -20,4 -6,0 -9,8
interner Zinsfuß 17,8% 11,4% 30,8% negativ negativ negativ
-6,1
0,9%
ROISpread 12,6% 3,6% 20,4% -------10,0%
Berechnung der Ergebnisgrößen für das Beispielunternehmen – Reorganisationsszenario814
Vertrag/ Mathematik Vertrieb Schaden Risikogeschäft Informationstechnologie Dienstleistungsfunktionen Holding
Vertrag/ Mathematik Vertrieb Schaden Risikogeschäft Informationstechnologie Dienstleistungsfunktionen Holding
814 Eigene Darstellung
Summe Kalkulations- Cash Flows Restwert zinssatz i zu t=0 T zu t = 0 NBV zu t=0 5,2% 4,6 6,7 0,0 7,8% 6,4 6,1 0,0 10,4% 2,7 1,7 0,0
Kapitalausstattung 3,5 3,4 1,0
13,0%
-5,5
-2,0
0,0
1,9
10,9%
11,3
5,6
16,9
29,0
Zukunftserfolgswert 11,3 12,5 4,4
Shareholder Value 11,3 12,5 4,4
Kapitalwert 7,8 9,1 3,4
interner Zinsfuß 23,1% 31,5% 46,1%
ROI-Spread 17,9% 23,7% 35,7%
-7,5
-7,5
-9,4
negativ
---
0,0
16,9
-12,2
2,9%
-8,0%
218
XIII.
Anhang
Exemplarische Gewinn- und Verlustrechnungen der Wertschöpfungsstufen Schadenmanagement und Vertrieb815
Schadenmanagement Aufwendungen Personalaufwendungen Schadenbearbeitung Aufwendungen f. externe Regulierung/Sachverständige Aufwendungen f. Außenregulierung Erträge Erträge für Schadenmanagement Erträge für Cross-Selling-Hinweise
Vertrieb Aufwendungen Abschlussprovisionen Personalaufwendungen Produktmanagement Marktforschung Werbung Vertriebscontrolling Vertriebsverwaltung dezentrale Vertriebsunterstützung zentrale Vertriebsunterstützung Aufwendungen für Werbung Aufwendungen für Marktforschung Aufwendungen für Wettbewerbe Aufwendungen für Vermittler Boni Aufwendungen für Vermittler Zuschüsse Reiseaufwendungen Aufwendungen für Schulungen Aufwendungen für Cross-Selling-Hinweise Erträge Erträge für die Produktvermittlung Transferzahlungen für Außenregulierung Transferzahlungen für Inkasso
Empfänger/ Quelle Innendienst Externe Vermittler Holding Vertrieb
Empfänger/ Quelle Vermittler Innendienst Innendienst Innendienst Innendienst Innendienst Innendienst Mitarbeiter Vertriebsdirektionen Innendienst Externe Externe Vermittler Vermittler Vermittler Externe Externe Schadenmanagement/ Vertrag Holding Schadenmanagement Vertrag/ Mathematik
815 Eigene Darstellung exemplarischer Aufwands- und Ertragsarten der Wertschöpfungsstufen Schadenmanagement und Vertrieb
Literaturverzeichnis
219
Literaturverzeichnis
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