Public Management : innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor [4., aktualisierte Aufl]
 9783834907301, 3834907308 [PDF]

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Zitiervorschau

Norbert Thom | Adrian Ritz Public Management

Norbert Thom | Adrian Ritz

Public Management Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor 4., aktualisierte Auflage

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Norbert Thom ist Direktor des Instituts für Organisation und Personal (IOP) der Universität Bern. Zu seinen Schwerpunkten gehören – neben Public Management – Innovationsmanagement, Personalmanagement und organisatorische Gestaltung. Er verfügt über umfangreiche Beratungserfahrungen im öffentlichen Sektor. Dr. Adrian Ritz ist Dozent am Kompetenzzentrum für Public Management der Universität Bern sowie Programmleiter des Executive Master of Public Administration der Universität Bern. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Public Management (Führung, Personal- und Organisationsmanagement), Evaluationsforschung, Verwaltungsreformen sowie Bildungsmanagement.

Mitglieder der SGO (Schweizerische Gesellschaft für Organisation und Management) erhalten auf diesen Titel einen Nachlass in Höhe von 10 % auf den Ladenpreis.

1. Auflage 2000 Nachdruck 2000 2. Auflage 2004 3. Auflage 2006 4. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Ulrike Lörcher | Katharina Harsdorf Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, Wiesbaden Umschlaggrafik: Grafik-Design Peter Möhrle, Radolfszell Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0730-1

Geleitwort

Geleitwort zur 1. Auflage (Auszug) DieȱKriseȱderȱöffentlichenȱHaushalteȱundȱdieȱForderungȱnachȱeinerȱ höherenȱWirkungsorientierungȱhabenȱderȱDiskussionȱumȱdieȱÜberȬ tragungȱprivatwirtschaftlicherȱManagementkonzepteȱaufȱdenȱöffentȬ lichenȱ Sektorȱ inȱ denȱ letztenȱ Jahrenȱ neuenȱ Auftriebȱ verliehen.ȱ Dieȱ AuseinandersetzungȱmitȱderȱFragestellungȱeinerȱeffizientenȱundȱefȬ fektivenȱVerwaltungsführungȱdarfȱaberȱaufȱeineȱlangeȱTraditionȱzuȬ rückblicken.ȱ Maxȱ Weberȱ beschäftigteȱ sichȱ schonȱ Anfangȱ desȱ 20.ȱ Jahrhundertsȱmitȱdemȱ„modernenȱStaat“ȱundȱentwickelteȱseinȱklasȬ sischesȱ Bürokratiemodell.ȱ Dieȱ unterȱ denȱ Begriffenȱ wirkungsorienȬ tierteȱ Verwaltungsführungȱ oderȱ Newȱ Publicȱ Managementȱ subsuȬ miertenȱ aktuellenȱ Reformbemühungenȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ beȬ gannenȱ bereitsȱ inȱ denȱ frühenȱ achtzigerȱ Jahrenȱ undȱ habenȱ inȱ denȱ neunzigerȱ Jahrenȱ desȱ 20.ȱ Jahrhundertsȱ einenȱ erstenȱ KulminationsȬ punktȱ erreicht.ȱ Entsprechendeȱ Forschungsaktivitätenȱ beschränkenȱ sichȱ nichtȱ aufȱ denȱ deutschsprachigenȱ europäischenȱRaum,ȱ sondernȱ umfassenȱu.ȱa.ȱauchȱSkandinavien,ȱGroßbritannien,ȱNeuseelandȱundȱ Australien.ȱ InȱderȱvorliegendenȱPublikationȱsetztȱdieȱSGOȬStiftungȱdieȱTraditionȱ fort,ȱ aktuelleȱ wissenschaftlicheȱ Forschungsfragestellungenȱ mitȱ hoȬ herȱ Praxisrelevanzȱ vonȱ ausgewiesenenȱ Expertenȱ fundiertȱ analysieȬ renȱzuȱlassen.ȱMitȱProf.ȱDr.ȱNorbertȱThomȱundȱAdrianȱRitz,ȱmag.ȱrer.ȱ pol.,ȱkonntenȱzweiȱAutorenȱgewonnenȱwerden,ȱdieȱsichȱseitȱmehreȬ renȱ Jahrenȱ intensivȱ alsȱ Forscherȱ mitȱ demȱ Publicȱ Managementȱ beȬ schäftigenȱ undȱ zudemȱ überȱ sehrȱ breiteȱ praktischeȱ Erfahrungenȱ inȱ derȱBeratungȱundȱSchulungȱöffentlicherȱInstitutionenȱverfügen.ȱ[…]ȱ DasȱkonzeptionelleȱGebäudeȱdesȱPublicȱManagementsȱbefindetȱsichȱ immerȱ nochȱ imȱ Aufbau.ȱ Währendȱ dasȱ FinanzȬȱ undȱ RechnungsweȬ senȱdieȱDiskussionȱlangeȱZeitȱdominiertȱhaben,ȱsindȱFragestellungenȱ zumȱ PersonalȬ,ȱ OrganisationsȬȱ undȱ Innovationsmanagementȱ imȱ öfȬ fentlichenȱ Sektorȱ nochȱ eherȱ seltenȱ umfassendȱ behandeltȱ worden.ȱ GenauȱdieseȱLückeȱschließenȱdieȱAutoren.ȱDurchȱnützlicheȱHinweiȬ seȱ zurȱ Gestaltungȱ derȱ genanntenȱ Aufgabenfelderȱ tragenȱ sieȱ zumȱ EmpowermentȱvonȱFührungskräftenȱinȱderȱVerwaltungȱbeiȱundȱerȬ möglichenȱdadurchȱeineȱechteȱErneuerungȱbzw.ȱWeiterentwicklungȱ derȱ Verwaltungsführung.ȱ Besondersȱ hervorzuhebenȱ sindȱ dieȱ inforȬ mativenȱ undȱ originärenȱ Fallstudienȱ ausȱ verschiedenenȱ öffentlichenȱ Institutionen,ȱ welcheȱ dieȱ konzeptionellenȱ Ausführungenȱ ergänzenȱ undȱ illustrieren.ȱ Auchȱ eineȱ beiȱ schweizerischenȱ ReformprojektleiȬ tungenȱdurchgeführteȱStudie,ȱwelcheȱgezieltȱaufȱdasȱKonzeptȱdiesesȱ Buchesȱausgerichtetȱwurde,ȱverdientȱspezielleȱErwähnung.ȱ



Geleitwort

Insgesamtȱ istȱ einȱ Werkȱ entstanden,ȱ dasȱ einenȱ großenȱ Nutzenȱ fürȱ Führungskräfteȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ aufweistȱ undȱ maßgebȬ lichȱ dazuȱ beitragenȱ wird,ȱ Voraussetzungenȱ fürȱ dieȱ Steigerungȱ vonȱ EffektivitätȱundȱEffizienzȱinȱderȱVerwaltungȱzuȱschaffen.ȱDabeiȱgiltȱ esȱzuȱ beachten,ȱ dassȱ dieȱAutorenȱ durchȱ dieȱAufbereitungȱ innovatiȬ verȱ Lösungenȱ desȱ Publicȱ Managementsȱ inȱ derȱ Schweizȱ inȱ FallstuȬ dienȱundȱBeispielenȱErfahrungswerteȱdokumentiertȱhaben,ȱdieȱauchȱ fürȱ staatlicheȱ Institutionenȱ imȱ Auslandȱ einȱ sehrȱ hohesȱ AnregungsȬ potenzialȱ ergeben.ȱ Darüberȱ hinausȱ enthältȱ dasȱ Werkȱ grundlegendeȱ Ansätzeȱ undȱ praktischeȱ Beispiele,ȱ dieȱ fürȱ denȱ Betriebswirtschafterȱ undȱ Organisatorȱ inȱ derȱ Praxisȱ vonȱ höchstemȱ Interesseȱ sind.ȱ Ichȱ wünscheȱ diesemȱ Buchȱ dieȱ verdienteȱ nationaleȱ undȱ internationaleȱ Beachtung.ȱ

Geleitwort zur 4. Auflage DerȱErfolgȱundȱdieȱBeachtungȱdesȱWerkesȱ„PublicȱManagement.ȱInȬ novativeȱKonzepteȱzurȱFührungȱimȱöffentlichenȱSektor“ȱsindȱaußerȬ gewöhnlich.ȱ Nachȱ derȱ 1.ȱ Auflageȱ imȱ Jahreȱ 2000ȱ undȱ einemȱ NachȬ druckȱvonȱ4000ȱExemplarenȱwarȱschonȱimȱJahreȱ2004ȱeineȱ2.ȱAuflageȱ undȱzweiȱJahreȱspäterȱeinȱ3.ȱAuflageȱnotwendig.ȱZusätzlichȱzurȱerȬ folgreichenȱVerbreitungȱimȱdeutschsprachigenȱRaumȱkamȱinȱdieserȱ ZeitspanneȱdieȱÜbersetzungȱinȱdieȱlitauischeȱSpracheȱdazu.ȱAuchȱinȱ diesemȱSprachraumȱhatȱdasȱWerkȱeineȱgroßeȱResonanzȱgefunden.ȱȱ DieȱAutorenȱProf.ȱDr.ȱDr.ȱh.ȱc.ȱmult.ȱNorbertȱThomȱundȱDr.ȱAdrianȱ Ritzȱbietenȱseitȱderȱ3.ȱAuflageȱeinȱerweitertesȱKonzept.ȱNebenȱeinemȱ neuenȱKapitelȱzumȱInformationsmanagementȱzeichnetȱsichȱderȱTextȱ durchȱ zahlreicheȱ internationaleȱ Praxisbeispieleȱ aus.ȱ Damitȱ erfährtȱ dasȱ Buchȱ nichtȱ nurȱ eineȱ bedeutendeȱ inhaltlicheȱ Erweiterung,ȱ sonȬ dernȱauchȱeineȱAktualisierungȱsowieȱvertiefteȱPraxisausrichtung.ȱ IchȱbedankeȱmichȱbeiȱdenȱAutorenȱfürȱdieȱAktualisierungenȱinȱdieȬ serȱ 4.ȱ Auflageȱ sehrȱ herzlich.ȱ Ausȱ demȱ Forschungsprojektȱ derȱ StifȬ tungȱderȱSchweizerischenȱGesellschaftȱfürȱOrganisationȱundȱManaȬ gementȱistȱinȱkurzerȱZeitȱeinȱStandardwerkȱzumȱThemaȱPublicȱMaȬ nagementȱ geworden,ȱ dasȱ ausȱ derȱ Bibliothekȱ vonȱ Wissenschaftlernȱ undȱinteressiertenȱPraktikernȱnichtȱmehrȱwegzudenkenȱist.ȱ

VIȱ

Zürich,ȱimȱSeptemberȱ2007ȱ

Dr.ȱMarkusȱSulzbergerȱ

ȱ

Präsidentȱ derȱ Stiftungȱ derȱ SchweizeriȬ schenȱ Gesellschaftȱ fürȱ Organisationȱ undȱManagementȱ

Vorwort

Vorwort zur 1. Auflage (Auszug) Nachȱ vielenȱ punktuellenȱ Modernisierungsschrittenȱ wurdeȱ derȱ öfȬ fentlicheȱ Sektorȱ inȱ denȱ letztenȱ Jahrenȱ desȱ 20.ȱ Jahrhundertsȱ immerȱ stärkerȱvonȱseinenȱsystemeigenenȱundȱhistorischȱgewachsenenȱFühȬ rungsdefizitenȱeingeholt.ȱBruchstückartigȱerneuertenȱsichȱstaatlicheȱ InstitutionenȱinȱdieselbeȱRichtungȱneuerȱSteuerungsmodelleȱaufȱderȱ GrundlageȱdesȱmodernenȱManagementwissens.ȱ[…]ȱȱ DieȱtreffendsteȱBezeichnungȱdieserȱReformbewegungȱdesȱNewȱPubȬ licȱManagementsȱkommtȱausȱunsererȱSichtȱmitȱdemȱinȱderȱSchweizȱ gebräuchlichenȱ Terminusȱ derȱ „Wirkungsorientiertenȱ VerwaltungsȬ führung“ȱzumȱAusdruck.ȱStaatlicheȱFührung,ȱwelcheȱechteȱWirkunȬ genȱauslöst,ȱüberzeugtȱinȱersterȱLinieȱdurchȱihreȱFähigkeit,ȱinȱbesteȬ hendeȱoderȱunerwarteteȱProblemsituationenȱeinenȱsituationsgerechȬ tenȱ innovativenȱ Lösungsansatzȱ einzubringen.ȱ Wirkungsvolleȱ Führungȱistȱjedochȱnurȱmöglich,ȱwennȱsieȱinȱanpassungsfähigenȱOrȬ ganisationsstrukturenȱ stattfindet,ȱ dieȱ klarȱ aufȱ dieȱ Verwaltungszieleȱ ausgerichtetȱ sind.ȱ Letztlichȱ entstehtȱ derȱ Erfolgȱ derȱ neuenȱ Führungȱ nurȱdort,ȱwoȱeineȱWirkungȱaufȱdieȱMenschenȱinnerhalbȱundȱaußerȬ halbȱderȱöffentlichenȱInstitutionenȱeintrifft.ȱInȱdiesemȱSinneȱsollȱdasȱ IOPȬKonzeptȱdenȱFührungskräftenȱstaatlicherȱInstitutionenȱKonzepȬ teȱundȱWerkzeugeȱdesȱInnovationsmanagementsȱ(I),ȱderȱorganisatoȬ rischenȱGestaltungȱ(O)ȱundȱdesȱPersonalmanagementsȱ(P)ȱzuȱeffekȬ tiverȱ Führungȱ zurȱ Verfügungȱ stellenȱ undȱ beiȱ derȱ Umsetzungȱ vonȱ Reformvorhabenȱbehilflichȱsein.ȱ Einȱ solchesȱ Buchȱ kommtȱ nichtȱ vonȱ alleineȱ zustande.ȱAnȱ vordersterȱ StelleȱgebührtȱunserȱgroßerȱDankȱallȱdenjenigenȱPersonenȱundȱInstiȬ tutionenȱ undȱ Institutionenȱ desȱ öffentlichenȱ Sektors,ȱ dieȱ unsȱ inȱ denȱ vergangenenȱ Jahrenȱ mitȱ ihrenȱ Fragen,ȱ Ideenȱ sowieȱAufträgenȱ konȬ frontiert,ȱanȱschriftlichenȱUmfragenȱundȱanȱvertiefendenȱFallstudienȱ teilgenommenȱ haben.ȱ […]ȱ Eineȱ besondereȱ Würdigungȱ verdientȱ dieȱ Schweizerischeȱ Gesellschaftȱ fürȱ Organisationȱ (SGO),ȱ ohneȱ derenȱ ideelleȱ undȱ finanzielleȱ Förderungȱ diesesȱ Forschungsprojektȱ nichtȱ entstandenȱ wäre.ȱ Dieȱ Projektabwicklungȱ wurdeȱ inȱ derȱ SGOȱ vonȱ FrauȱGiselaȱM.ȱKubliȱinȱeffizienterȱWeiseȱdurchgeführt.ȱDemȱPräsiȬ dentenȱderȱSGOȬStiftung,ȱHerrnȱDr.ȱMarkusȱSulzberger,ȱdankenȱwirȱ herzlichȱfürȱdieȱerfolgreicheȱKooperationȱundȱdemȱGeschäftsführerȱ derȱ SGOȬStiftung,ȱ Herrnȱ Dr.ȱ Robertȱ Zaugg,ȱ sindȱ wirȱ sehrȱ dankbarȱ fürȱdieȱDurchsichtȱdesȱTextesȱundȱseineȱgeschätztenȱinhaltlichenȱAnȬ regungen.ȱ[…]ȱ ȱ

VIIȱ

Vorwort

Vorwort zur 3. Auflage (Auszug) Nachdemȱ dasȱ Buchȱ bereitsȱ imȱ Jahreȱ 2001ȱ einenȱ Nachdruckȱ erhieltȱ undȱwirȱimȱJahrȱ2004ȱdieȱ2.ȱAuflageȱpublizierenȱkonnten,ȱfreuenȱwirȱ unsȱbesondersȱüberȱdieȱvorliegendeȱ3.ȱAuflage.ȱȱ […]ȱ Inȱ Kapitelȱ einsȱ wurdenȱ dieȱ theoretischenȱ Grundlagenȱ vertieftȱ undȱwirȱweisenȱaufȱReformȬGefahrenȱhin.ȱImȱdrittenȱKapitelȱhabenȱ wirȱ dieȱ Rolleȱ desȱ Wissensmanagementsȱ aufgewertetȱ undȱ BefraȬ gungsinstrumenteȱ sowieȱ dasȱ Benchmarkingȱ integriert.ȱ Imȱ neuȱ entȬ wickeltenȱ Kapitelȱ vierȱ werdenȱ dieȱ Bedeutungȱ desȱ InformationsmaȬ nagementsȱzurȱbesserenȱEntscheidungsfindungȱsowieȱdieȱrelevantenȱ InstrumenteȱdesȱPerformanceȱManagementsȱaufgezeigt.ȱDieȱorganiȬ satorischeȱGestaltungȱimȱKapitelȱfünfȱwurdeȱeinerseitsȱdurchȱOrgaȬ nisationsalternativenȱ(Privatisierung,ȱOutsourcingȱetc.),ȱandererseitsȱ durchȱ vertiefendeȱ Erläuterungenȱ zuȱ Leistungskontraktenȱ undȱ indiȬ katorenbasiertenȱ Führungsinstrumentenȱ ergänzt.ȱ Dasȱ sechsteȱ KapiȬ telȱweistȱneuȱmitȱdemȱAbschnittȱzurȱPersonalführungȱausȱderȱSichtȱ derȱLeadershipȬForschungȱeinenȱzweitenȱSchwerpunktȱauf.ȱ Nebenȱ diesenȱ Überarbeitungenȱ desȱ Buchinhaltsȱ giltȱ esȱ aufȱ dieȱ 16ȱ Praxisfensterȱ hinzuweisen.ȱ Wirȱ sindȱ allenȱ imȱ Textȱ genanntenȱ PraȬ xispartnernȱzuȱgroßemȱDankȱverpflichtet.ȱ[…]ȱ EineȱvollständigeȱBuchüberarbeitungȱkommtȱnichtȱohneȱdieȱMithilfeȱ vielerȱMitarbeitenderȱimȱHintergrundȱzustande.ȱAllenȱvoranȱmöchȬ tenȱwirȱFrauȱDipl.ȬKffr.ȱKerstinȱAlfesȱfürȱihrenȱunermüdlichenȱEinȬ satzȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Kapitelüberarbeitung,ȱ derȱ Textformatierungȱ undȱ derȱ Gesamtkoordinationȱ danken.ȱ Ebenfallsȱ großerȱ Dankȱ geȬ bührtȱ Fabienneȱ Fischer,ȱ lic.ȱ rer.ȱ pol.,ȱ Michaelȱ Galliker,ȱ Raffaelȱ Knecht,ȱSandraȱKohler,ȱCarolineȱKramer,ȱSaraȱReist,ȱlic.ȱrer.ȱsoc.,ȱSteȬ fanieȱSchüpbach,ȱlic.ȱrer.ȱpol.,ȱundȱDanielȱZimmermann,ȱlic.ȱrer.ȱpol.,ȱ vomȱInstitutȱfürȱOrganisationȱundȱPersonalȱderȱUniversitätȱBernȱfürȱ ihreȱwertvollenȱUnterstützungsarbeiten.ȱ[…]ȱ Bern,ȱimȱJanuarȱ2006ȱ

ȱ

NorbertȱThomȱundȱAdrianȱRitzȱ

Vorwort zur 4. Auflage WirȱhabenȱdenȱText,ȱderȱsichȱinȱderȱ3.ȱAuflageȱbewährtȱhatte,ȱüberȬ prüft,ȱ korrigiertȱ undȱ punktuellȱ überarbeitet.ȱ Dabeiȱ hatȱ unsȱ inȱ sehrȱ bewährterȱ Weiseȱ Frauȱ Dipl.ȬKffr.ȱ Kerstinȱ Alfesȱ unterstützt.ȱ Ihrȱ giltȱ unserȱbesterȱDank.ȱDasȱanhaltendeȱInteresseȱanȱunseremȱBeitragȱzuȱ einemȱleistungsfähigenȱöffentlichenȱSektorȱgibtȱunsȱdieȱChanceȱaufȱ anregendeȱKontakteȱzuȱneuenȱLeserkreisen.ȱ Bern,ȱimȱOktoberȱ2007ȱ ȱ

VIIIȱ

NorbertȱThomȱundȱAdrianȱRitz

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Geleitworte.......................................................................................... V Vorworte............................................................................................VII Inhaltsverzeichnis ............................................................................. IX Einleitung ..........................................................................................XV Kapitelȱ1 ZielȱundȱZweckȱeinesȱManagementsȱfürȱdenȱStaat ........................... 1 1.1 Bürokratieȱdesȱ20.ȱJahrhundertsȱundȱdieȱgeändertenȱ Anforderungen......................................................................... 3 1.2 EinȱneuesȱManagementȱfürȱdenȱStaatȱalsȱKonsequenz? ..... 8 1.3 VerwaltungsmodernisierungȱausȱinternationalerȱSicht .... 12 1.3.1 Managementreformenȱseitȱdenȱ1980erȱJahren ................... 12 1.3.2 InternationaleȱReformentwicklungen ................................. 13 1.4 TheoretischeȱGrundlagenȱdesȱPublicȱManagements......... 15 1.4.1 PublicȱChoiceȱundȱdieȱRolleȱderȱBürokratie....................... 15 1.4.2 NeueȱInstitutionenökonomie ............................................... 18 1.4.3 Managerialismus.................................................................... 21 1.5 SpannungsfelderȱundȱGefahrenȱbeiȱReformen .................. 24 1.5.1 UrsachenȱvonȱVerwaltungsreformen .................................. 24 1.5.2 StaatsleitendeȱPrinzipienȱundȱPublicȱManagement .......... 27 1.5.3 ÖkonomischeȱversusȱstaatspolitischeȱRationalität ............ 29 1.5.4 AuswirkungenȱderȱKombinationȱvonȱrechtlichenȱundȱ ökonomischenȱGrundprinzipien ......................................... 31ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ1:ȱWirkungsorientierteȱLandesverwaltungȱȱ inȱOberösterreich ...................................................................... 34ȱ 1.5.5 GefahrenȱvonȱVerwaltungsreformen................................... 36 Kapitelȱ2 DasȱIOPȬFührungskonzeptȱfürȱdenȱöffentlichenȱSektor................ 39 2.1 IOPȬFührungskonzept........................................................... 41 2.2 BedingungsgrößenȱderȱFührungȱimȱöffentlichenȱSektor.. 43 2.3 SteuerungsebenenȱimȱöffentlichenȱSektor .......................... 45 2.3.1 EbeneȱderȱpolitischenȱSteuerung ......................................... 46 2.3.2 EbeneȱderȱbetrieblichenȱSteuerung...................................... 48 2.3.3 EbeneȱderȱLeistungenȱundȱWirkungen............................... 49

IX

Inhaltsverzeichnis

2.4 ArtenȱdesȱWandels ................................................................. 51 2.4.1 Strategiewandel...................................................................... 52ȱ Fallstudie:ȱDieȱPortfolioanalyseȱzurȱstrategischenȱEntscheiȬ dungsfindungȱinȱderȱbernischenȱKantonsverwaltung .............. 64ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ2:ȱErneuerungȱvonȱStaatskanzleienȱzurȱ effektivenȱFührungsunterstützungȱanȱderȱSchnittstelleȱvonȱ PolitikȱundȱVerwaltung............................................................. 72ȱ 2.4.2 Kulturwandel.......................................................................... 76ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ3:ȱWandelȱderȱOrganisationskulturȱinȱȱ ÅrhusȱAmtȱ(Dänemark)............................................................ 86ȱ 2.4.3 StrukturȬȱundȱProzesswandel............................................... 90 2.5 ManagementȱdesȱWandels .................................................... 91 2.5.1 KonzepteȱdesȱManagementsȱdesȱWandels ......................... 91 2.5.2 WiderstandȱgegenȱWandel.................................................... 95 2.5.3 FührungsȬȱundȱPromotorenfunktionenȱimȱWandel ........ 103 2.5.4 PhasenȱdesȱVeränderungsprojekts..................................... 108ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ4:ȱPhasenmodellȱdesȱChangeȱManagementsȱ inȱderȱPolizeiȬȱundȱMilitärdirektionȱdesȱKantonsȱBern .......... 114ȱ Kapitelȱ3 DasȱInnovationsmanagementȱzurȱNeuausrichtungȱöffentlicherȱ Institutionen ......................................................................................... 117 3.1 InnovationsmanagementȱinnerhalbȱdesȱIOPȬKonzepts.. 119 3.2 InnovationenȱundȱderȱöffentlicheȱSektor .......................... 121 3.2.1 BedeutungȱvonȱInnovationen ............................................. 121 3.2.2 InnovationshindernisseȱimȱöffentlichenȱSektor ............... 124 3.2.3 VoraussetzungenȱfürȱInnovationen ................................... 127 3.3

MerkmaleȱvonȱInnovationenȱundȱInnovationsȬȱ prozessen............................................................................... 131 3.3.1 InnovationȱundȱInnovationsaufgaben............................... 131 3.3.2 ArtenȱvonȱInnovationen ...................................................... 133 3.3.3 AblaufȱvonȱInnovationsprozessen ..................................... 135ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ5:ȱDieȱInnovationsstrategieȱdesȱȱ Saarlandes:ȱVisionȱȬȱKonzeptionȱȬȱUmsetzung ....................... 138ȱ

3.4 InstrumenteȱdesȱInnovationsmanagements ..................... 140 3.4.1 VerwaltungsexterneȱInnovationsinstrumente.................. 141ȱ ȱ



Inhaltsverzeichnis

3ȱ .4.2 VerwaltungsinterneȱInnovationsinstrumente .................. 146ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ6:ȱBenchmarkingȱeinesȱinternenȱȱ ITȬDienstleisters ..................................................................... 154ȱ 3.4.3 Benchmarking ...................................................................... 156 3.5

InnovationsȬȱundȱWissensmanagement............................ 157ȱ Fallstudie:ȱInnovationsorientierungȱimȱEidgenössischenȱȱ InstitutȱfürȱGeistigesȱEigentumȱ(IGE) ................................... 159ȱ

Kapitelȱ4 DasȱInformationsmanagementȱzurȱTransparenzsteigerung ........ 165 4.1 InformationenȱalsȱTeilȱderȱpolitischȬadministrativenȱ Steuerung .............................................................................. 167ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ7:ȱNeueȱHerausforderungenȱstaatlicherȱȱ Kommunikation ...................................................................... 170ȱ 4.2 ControllingȱalsȱDenkhaltung.............................................. 172 4.2.1 BerichtswesenȱundȱManagementinformationssysteme .. 176 4.2.2 KennzahlenȱundȱKennzahlensysteme............................... 180 4.2.3 BalancedȱScorecard .............................................................. 182 4.3 Qualitätsmanagement ......................................................... 186 4.3.1 ISOȱundȱEFQM ..................................................................... 190ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ8:ȱNeueȱVerwaltungssteuerung,ȱCAFȱȱ undȱQualitätsmanagement ..................................................... 194ȱ 4.3.2 CAF ........................................................................................ 196 4.4 EvaluationȱstaatlicherȱMaßnahmen................................... 197 4.4.1 ArtenȱvonȱEvaluationen ...................................................... 198 4.4.2 VerwendungszweckȱvonȱEvaluationen............................. 200 4.4.3 VorgehensmodellȱeinerȱWirkungsevaluation................... 201ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ9:ȱEinsatzmöglichkeitenȱderȱPolitikȬȱ evaluationȱinȱderȱVerwaltungspraxis...................................... 204ȱ 4.5

EȬGovernment ...................................................................... 207

Kapitelȱ5 DieȱorganisatorischenȱGestaltungselementeȱdesȱPublicȱ Managements ....................................................................................... 211 5.1 OrganisatorischeȱGestaltungȱinnerhalbȱdesȱȱ IOPȬKonzepts ....................................................................... 213 5.1.1 OrganisatorischeȱGestaltungsfelder .................................. 215

XI

Inhaltsverzeichnis

5.1.2 GrundprinzipienȱundȱKriterienȱderȱorganisatorischenȱ Gestaltung ............................................................................. 217 5.2 LeistungstiefeȱfürȱstaatlichesȱEngagement ....................... 219 5.2.1 BestimmungȱderȱLeistungstiefe ......................................... 219 5.2.2 AlternativeȱOrganisationsformenȱderȱLeistungsȬȱ erbringung ............................................................................ 229ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ10:ȱAuslagerungȱvonȱGeschäftsprozessenȱ inȱderȱöffentlichenȱVerwaltung................................................ 234ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ11:ȱPublicȱPrivateȱPartnershipȱinȱderȱȱ Schweiz ................................................................................... 238ȱ 5.3 Konzernorganisation ........................................................... 241 5.3.1 FormenȱderȱHoldingȬOrganisation.................................... 242 5.3.2 SteuerungsinstrumenteȱderȱHoldingȬOrganisation ........ 245ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ12:ȱGemeindereformȱRiehen:ȱNeueȱ SteuerungsinstrumenteȱimȱAnwendungstest......................... 246ȱ 5.3.3 AusgestaltungȱderȱRegierungsȬHolding........................... 260 5.4 GestaltungȱderȱStrukturenȱinnerhalbȱvonȱInstitutionen . 267 5.4.1 BisherigeȱundȱzukünftigeȱOrganisationsstrukturenȱinȱ Reformprojekten .................................................................. 267 5.4.2 KlassischeȱOrganisationsformen........................................ 269ȱ Fallstudie:ȱWirkungsorientierteȱFührungsstrukturenȱinȱderȱȱ KantonsschuleȱZürcherȱUnterlandȱ(KZU) ............................. 275ȱ 5.4.3 Prozessorganisation............................................................. 284ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ13:ȱVonȱderȱBundesanstaltȱfürȱArbeitȱȱ zumȱmodernenȱDienstleister................................................... 296ȱ Fallstudie:ȱVonȱderȱdivisionalenȱOrganisationȱzurȱProzessȬȱ organisationȱimȱBundesamtȱfürȱLandestopographie ............... 298ȱ Kapitelȱ6 FührungȱundȱFörderungȱdurchȱeinȱerweitertesȱPersonalȬ management.......................................................................................... 305 6.1 PersonalfunktionȱinnerhalbȱdesȱIOPȬKonzepts ............... 307 6.2 ProblembereicheȱimȱPersonalmanagement ...................... 308 6.2.1 FehlendeȱLeistungsmotivation ........................................... 308 6.2.2 Beamtenstatus....................................................................... 309 6.2.3 FehlendeȱEntwicklungsmöglichkeiten.............................. 313ȱ ȱ

XIIȱ

Inhaltsverzeichnis

6.2.4 MangelhafteȱAnreizȬȱundȱBelohnungsstrukturen ........... 314ȱ 6.2.5 EingeschränkteȱPersonalauswahl ...................................... 315ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ14:ȱHerausforderungenȱimȱBeamtenrecht:ȱ NeueȱWegeȱimȱöffentlichenȱDienstȱinȱDeutschland................ 316ȱ 6.3

Lösungsansätzeȱdurchȱeinȱumfassendesȱ Personalmanagement .......................................................... 318 6.4 SteuerungȱundȱOrganisationȱdesȱPersonalȬȱ managements........................................................................ 321 6.4.1 StrategischesȱPersonalmanagement .................................. 321 6.4.2 OrganisationȱdesȱPersonalmanagements.......................... 324 6.5 Prozessfunktionen ............................................................... 328 6.5.1 Personalgewinnung ............................................................. 328ȱ 6.5.2 Personalbeurteilung............................................................. 339 6.5.3 Personalerhaltung ................................................................ 343ȱ Fallstudie:ȱNeuesȱAnreizsystemȱinȱderȱGemeindeȱWohlen..... 354ȱ 6.5.4 Personalentwicklung ........................................................... 358ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ15:ȱGezielteȱFührungskräfteentwicklungȱ undȱLaufbahnplanungȱmitȱAssessments ................................ 366ȱ 6.5.5 Personalfreistellung ............................................................. 370ȱ PraxisfensterȱNr.ȱ16:ȱPersonalabbauȱ–ȱEineȱneueȱ HerausforderungȱfürȱdieȱöffentlicheȱVerwaltung .................... 376ȱ Fallstudie:ȱPersonalmanagementȱzurȱUnterstützungȱdesȱ StrategieȬ,ȱStrukturȬȱundȱKulturwandelsȱamȱBeispielȱdesȱ RegionalspitalsȱThunȱ(RST) ................................................... 378ȱ 6.6

PersonalführungȱundȱLeadershipȱimȱöffentlichenȱȱ Sektor..................................................................................... 386 6.6.1 GrundlagenȱundȱVerantwortlichkeitenȱdesȱ Führungshandelns ............................................................... 386 6.6.2 Führungstheorien ................................................................ 396 6.6.3 FührungskonzepteȱundȱFührungsstile.............................. 401 Schlusswort ...................................................................................... 415 Literaturverzeichnis........................................................................ 419 Stichwortverzeichnis....................................................................... 447 ZuȱdenȱAutoren ............................................................................... 453ȱ

XIII

Einleitung

Einleitung „DieȱIntegrationȱunternehmerischenȱManagementsȱinȱdieȱetabliertenȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ dürfteȱ dieȱ vordersteȱ politischeȱ Aufgabeȱ unsererȱGenerationȱsein.“ȱ Wasȱ derȱ kürzlichȱ verstorbeneȱ amerikanischeȱ Managementforscherȱ PeterȱF.ȱDruckerȱbereitsȱ1986ȱprognostizierte,ȱsetztȱsichȱgegenwärtigȱ immerȱmehrȱinȱdenȱunterschiedlichstenȱInstitutionenȱdesȱstaatlichenȱ Sektorsȱ durchȱ (vgl.ȱ Druckerȱ 1986:ȱ S.ȱ 268).ȱ Diesesȱ Buchȱ willȱ inȱ dieȱ sehrȱ reformfreudigeȱ Zeitȱ anfangsȱ desȱ 21.ȱ Jahrhundertsȱ eineȱ FühȬ rungskonzeptionȱ einbringen,ȱ welcheȱ zurȱ Lösungȱ dieserȱ entscheiȬ dendenȱ politischenȱ Aufgabeȱ beitragenȱ kann.ȱ Dabeiȱ gehtȱ esȱ nebenȱ derȱ Entwicklungȱ praxistauglicherȱ Führungsinstrumentarienȱ ebensoȱ umȱdenȱWandelȱbisherigerȱVerhaltensweisenȱundȱEinstellungenȱderȱ ArbeitnehmerȱimȱöffentlichenȱSektor.ȱ Inȱ Kapitelȱ1ȱwerdenȱ dieȱHintergründeȱ bisherigerȱ StaatsleitungsmoȬ delleȱundȱdieȱUrsachenȱderȱimȱletztenȱJahrzehntȱglobalȱfestgestelltenȱ FührungsdefiziteȱinȱstaatlichenȱInstitutionenȱaufgezeigt.ȱDieȱFordeȬ rungȱ nachȱ einemȱ neuenȱ Managementȱ fürȱ denȱ Staatȱ wirdȱ ausȱ demȱ Blickwinkelȱ grundlegenderȱ Theorienȱ sowieȱ rechtsstaatlicherȱ undȱ ökonomischerȱLeitprinzipienȱüberprüft.ȱ

Kapitelȱ1

Imȱ zweitenȱ Kapitelȱ erfolgtȱ dieȱ Darstellungȱ desȱ vonȱ denȱ Autorenȱ entwickeltenȱ IOPȬFührungskonzepts.ȱ IOPȱ stehtȱ fürȱ InnovationsȬȱ undȱ Informationsmanagement,ȱ Organisationsgestaltungȱ sowieȱ PerȬ sonalmanagement.ȱ Dieȱ Integrationȱ vonȱ StrategieȬ,ȱ StrukturȬȱ undȱ Kulturwandelȱ inȱ dieȱ unterschiedlichenȱ Steuerungsebenenȱ öffentliȬ cherȱ Institutionenȱ ermöglichtȱ eineȱ umfassendeȱ Sichtweiseȱ fürȱ eineȱ neueȱ Formȱ derȱ Steuerungȱ desȱ öffentlichenȱ Sektors.ȱ Desȱ Weiterenȱ schildernȱ wirȱ dieȱ Kernelementeȱ einesȱ effektivenȱ Managementsȱ desȱ WandelsȱzurȱUmsetzungȱdesȱIOPȬFührungskonzepts.ȱ

Kapitelȱ2

Kapitelȱ3ȱgehtȱaufȱdenȱerstenȱzentralenȱEckpfeilerȱderȱFührungskonȬ zeptionȱein.ȱWelcheȱRolleȱspielenȱInnovationenȱfürȱdenȱöffentlichenȱ Sektor?ȱ Wasȱ sindȱ dieȱ Merkmaleȱ vonȱ Innovationenȱ undȱ derenȱ EntȬ stehungsprozessen?ȱ Konkreteȱ Instrumenteȱ zurȱ InnovationsfördeȬ rungȱhelfen,ȱInnovationsprozesseȱinȱeinerȱInstitutionȱzuȱinitiieren.ȱ

Kapitelȱ3

Kapitelȱ 4ȱ zeigtȱ dieȱ Bedeutungȱ Transparenzȱ schaffenderȱ InformatiȬ onsprozesseȱ imȱ Rahmenȱ derȱ politischȬadministrativenȱ Steuerung.ȱ Sowohlȱ aufȱ derȱ politischenȱ alsȱ auchȱ derȱ betrieblichenȱ Ebeneȱ haltenȱ vermehrtȱInstrumenteȱEinzug,ȱdieȱdurchȱdieȱgezielteȱErhebungȱundȱ Verdichtungȱ vonȱ Informationenȱ bessereȱ Entscheidungsgrundlagenȱ bieten.ȱ Ausgehendȱ vomȱ Controllingdenkenȱ verdeutlichenȱ wirȱ dieȱ

Kapitelȱ4

XV

Einleitung

zentralenȱ Merkmaleȱ vonȱ Kennzahlensystemen,ȱ Instrumentenȱ desȱ QualitätsmanagementsȱundȱderȱEvaluationȱstaatlicherȱMaßnahmen.ȱ Kapitelȱ5ȱ

Organisatorischeȱ Gestaltungsmaßnahmen,ȱ welcheȱ denȱ Gegenstandȱ desȱ fünftenȱ Kapitelsȱ bilden,ȱ stehenȱ inȱ engemȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱFlexibilitätssteigerungȱöffentlicherȱLeistungserbringung.ȱAusgeȬ hendȱvonȱderȱBestimmungȱderȱLeistungstiefeȱ(„makeȱorȱbuy“)ȱwerȬ denȱalternativeȱFormenȱderȱLeistungserbringungȱ(z.ȱB.ȱOutsourcing,ȱ Publicȱ Privateȱ Partnership)ȱ vertiefendȱ betrachtet.ȱ Dieȱ Koordinationȱ großerȱ Verwaltungsbereicheȱ undȱ derenȱ Steuerungsmechanismenȱ werdenȱamȱBeispielȱderȱKonzernorganisationȱaufgezeigt,ȱbevorȱaufȱ dieȱGestaltungȱinnerbetrieblicherȱProzesseȱeingegangenȱwird.ȱ

Kapitelȱ6ȱ

Imȱ abschließendenȱ sechstenȱ Kapitelȱ erweiternȱ wirȱ dasȱ IOPȬFühȬ rungskonzeptȱumȱseineȱvierteȱentscheidendeȱVariable:ȱFührungȱundȱ Personalmanagement.ȱWelcheȱProblembereicheȱexistierenȱimȱstaatliȬ chenȱPersonalwesenȱundȱinȱderȱPersonalführung?ȱDaraufȱaufbauendȱ werdenȱ einȱ umfassendesȱ Gesamtkonzeptȱ desȱ PersonalmanageȬ ments,ȱ wichtigeȱ Einzelinstrumenteȱ sowieȱ ausgewählteȱ FührungsȬ theorienȱ undȱ Ȭstileȱ vorgestellt,ȱumȱ dieȱSteuerungȱderȱ menschlichenȱ Ressourcenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ anȱ dieȱ gegenwärtigenȱ ForȬ schungserkenntnisseȱheranführenȱzuȱkönnen.ȱȱ DieȱPraxisrelevanzȱdesȱinȱdiesemȱBuchȱentwickeltenȱIOPȬFührungsȬ konzeptsȱ wirdȱ exemplarischȱ anhandȱ quantitativerȱ undȱ qualitativerȱ Forschungsergebnisseȱerläutert.ȱInsgesamtȱ16ȱPraxisfensterȱausȱdemȱ öffentlichenȱ Sektorȱ Dänemarks,ȱ Deutschlands,ȱ Österreichsȱ undȱ derȱ SchweizȱgebenȱeinenȱaktuellenȱEinblickȱinȱdieȱUmsetzungȱderȱtheoȬ retischȬkonzeptionellenȱ Inhalteȱ desȱ Buchs.ȱ Imȱ Rahmenȱ vonȱ sechsȱȱ originärȱ erhobenenȱ Fallstudienȱ wurdeȱ dasȱ sehrȱ wertvolleȱ ErfahȬ rungswissenȱ vonȱ Führungskräftenȱ genutzt,ȱ umȱ dieȱ ImplementieȬ rungȱeinzelnerȱinnovativerȱKonzeptelementeȱinȱöffentlichenȱInstituȬ tionenȱ derȱ Schweizȱ aufzuzeigen.ȱ Weiterhinȱ wurdenȱ 62ȱ ProjektleiȬ tungenȱ vonȱ Publicȱ ManagementȬReformprojekteȱ inȱ derȱ Schweizȱ zuȱ denȱ Themenbereichenȱ desȱ IOPȬFührungskonzeptsȱ befragt.ȱ Dieȱ UnȬ tersuchungsergebnisseȱ verdeutlichenȱ jeweilsȱ begleitendȱ dieȱ theoreȬ tischenȱ Bausteineȱ desȱ Buchesȱ undȱ zeigenȱ deutlichȱ dieȱ ReformtenȬ denzenȱ innerhalbȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ auf.ȱ Dieȱ detailliertenȱ Auswertungsergebnisseȱ enthältȱ einȱSonderbericht,ȱ welcherȱ demȱ inȬ teressiertenȱ Leserȱ zurȱ vertiefendenȱ Lektüreȱ dientȱ (vgl.ȱ Thom/Ritzȱ 2000).ȱ Ebenfallsȱ kannȱ dieȱ Entwicklungȱ derȱ Publicȱ ManagementȬ Reformenȱ inȱ verschiedenenȱ Ländernȱ inȱ einemȱ separatenȱ ForȬ schungsberichtȱnachgelesenȱwerdenȱ(vgl.ȱRitz/Thomȱ2000).ȱȱ AlleȱPersonenkategorienȱimȱBuchȱumfassenȱbeideȱGeschlechter.ȱ ȱȱȱ

XVIȱ

Bürokratie des 20. Jahrhunderts und die geänderten Anforderungen

1.1

ȱ

Kapitel 1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat



Bürokratie des 20. Jahrhunderts und die geänderten Anforderungen

1.1

NichtȱseltenȱbegegnetȱmanȱderȱkritischenȱFrage,ȱobȱesȱsichȱbeiȱPublicȱ ManagementȱwirklichȱumȱeinenȱneuenȱAnsatzȱderȱFührungȱvonȱöfȬ fentlichenȱ Institutionenȱ handelt.ȱ Dieȱ Implementierungȱ neuerȱ FühȬ rungsinstrumenteȱ wirdȱ mitunterȱ auchȱ alsȱ Imperialismusȱ betriebsȬ wirtschaftlicherȱManagementkonzepteȱbezeichnet.ȱDieȱBerechtigungȱ einerȱbetriebswirtschaftlichenȱSichtweiseȱkannȱnichtȱgeleugnetȱwerȬ den,ȱ dennȱ wasȱ unterscheidetȱ letztlichȱ dieȱ effektiveȱ AufgabenerfülȬ lungȱ einerȱ öffentlichenȱ Institutionȱ vonȱ derjenigenȱ einesȱ privatwirtȬ schaftlichenȱBetriebs?ȱBeideȱsehenȱsichȱeinerȱUmweltȱmitȱbegrenztenȱ Ressourcenȱ gegenüber,ȱ dieȱ sieȱ beiȱ verantwortungsvollemȱ Umgangȱ möglichstȱ effektivȱ undȱ effizientȱ einsetzenȱ wollen,ȱ umȱ soȱ mitȱ denȱ vorhandenenȱ Personenȱundȱ Sachmittelnȱ ihreȱAufgabenȱ zuȱ erfüllen,ȱ wennȱ auchȱ mitȱ unterschiedlichenȱ Steuerungsmechanismen.ȱ Esȱ lasȬ senȱsichȱbereitsȱinȱderȱMitteȱdesȱletztenȱJahrhundertsȱersteȱVersucheȱ erkennen,ȱdieȱstaatlichenȱVerwaltungenȱmittelsȱLeistungsȬȱundȱWirȬ kungsorientierungȱ zuȱ erneuern,ȱ dieȱ inȱ denȱ folgendenȱ Jahrzehntenȱ durchȱ unterschiedlicheȱ PlanungsȬȱ undȱ Führungssystemeȱ zurȱ EffiȬ zienzȬȱ undȱ Effektivitätssteigerungȱ ergänztȱ wurdenȱ (Planningȱ ProȬ grammingȱ Budgetingȱ System,ȱ Zeroȱ Basedȱ Budgeting,ȱ GemeinkosȬ tenȬWertanalyse,ȱ Managementȱ byȱ Objectives,ȱ Harzburgerȱ Modellȱ u.ȱa.,ȱvgl.ȱSchedlerȱ1996:ȱ2ȱff.).ȱ

1.1

Bürokratie des 20. Jahrhunderts und die geänderten Anforderungen

Einer,ȱderȱdieȱUnterscheidungȱzwischenȱstaatlicherȱVerwaltungȱundȱ privatemȱBetriebȱbereitsȱamȱAnfangȱdesȱ20.ȱJahrhundertsȱalsȱ„irrigeȱ Vorstellung“ȱbezeichnete,ȱwarȱMaxȱWeber.ȱ„Beideȱsindȱvielmehrȱimȱ Grundwesenȱ ganzȱ gleichartig.ȱ Einȱ ‚Betrieb’ȱ istȱ derȱ moderneȱ Staat,ȱ gesellschaftswissenschaftlichȱ angesehen,ȱ ebensoȱ wieȱ eineȱ Fabrik:ȱ dasȱ istȱ geradeȱ dasȱ ihmȱ historischȱ Spezifische.“ȱ (Weberȱ 1976:ȱ 825).ȱ Weberȱ gabȱ mitȱ seinemȱ Idealtypusȱ derȱ bürokratischenȱ Verwaltungȱ eineȱ Antwortȱ aufȱ dieȱ Gesellschaftssituationȱ jenerȱ Zeit,ȱ dieȱ gekennȬ zeichnetȱ warȱ durchȱ einenȱ wachsendenȱ Verwaltungsapparat.ȱ Seineȱ Leitideeȱ zurȱ Entwicklungȱ desȱ Bürokratiemodellsȱ warȱ derȱ damalsȱ nebenȱInstitutionenȱebenfallsȱdasȱgesellschaftlicheȱWeltbildȱundȱdenȱ praktischenȱLebensalltagȱstarkȱprägendeȱRationalismus.ȱWeberȱentȬ wickelteȱdreiȱ IdealtypenȱderȱHerrschaftȱmitȱunterschiedlicherȱLegiȬ timationslageȱ undȱ Rationalitätȱ (vgl.ȱ Weberȱ 1976:ȱ 122ȱ ff.).ȱ Dieȱ chaȬ rismatischeȱ Herrschaftȱ beruhteȱ aufȱ einerȱ Führungsperson,ȱ derenȱ LegitimitätȱsichȱaufȱdieȱHeiligkeit,ȱHeldenkraftȱoderȱVorbildlichkeitȱ derȱPersonȱstützte.ȱDieȱtraditionaleȱHerrschaftȱbasierteȱaufȱderȱtradiȬ

MaxȱWeber



1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

tionellenȱOrdnungȱundȱentsprechendenȱRegeln.ȱÄhnlichȱwieȱbeiȱderȱ charismatischenȱ Herrschaftȱ warenȱ Führungspersonenȱ nichtȱ anȱ ratiȬ onaleȱ Verordnungenȱ gebunden,ȱ sondernȱ folgtenȱ denȱ Wertenȱ derȱ Vergangenheit.ȱ Derȱ dritteȱ Idealtypȱ derȱ Herrschaftȱ warȱ lautȱ Weberȱ dieȱlegaleȱHerrschaft,ȱdieȱaufȱgesatztem,ȱformalemȱRechtȱfußteȱundȱ ihreȱ Legitimitätȱ durchȱ ihreȱ rationaleȱ Ordnungȱ erhielt.ȱ KennzeichȬ nendȱ fürȱ diesenȱ Herrschaftstypȱ warenȱ dieȱ Sachlichkeit,ȱ UnpersönȬ lichkeitȱ undȱ Berechenbarkeit.ȱ Alsȱ reinsteȱ Formȱ derȱ legalenȱ HerrȬ schaftȱsahȱMaxȱWeberȱdieȱBürokratieȱan.ȱ„DieȱBürokratieȱistȱrationaȬ lenȱ Charakters:ȱ Regel,ȱ Zweck,ȱ Mittel,ȱ ‚sachliche’ȱ Unpersönlichkeitȱ prägenȱihreȱGebaren.“ȱ(Weberȱ1976:ȱ578).ȱDieȱbürokratischeȱVerwalȬ tungȱwirdȱsomitȱnachȱrationalȱgesatztemȱRechtȱundȱrationalȱerdachȬ tenȱ Reglementenȱ bestimmt.ȱ Dieȱ spezifischeȱ Funktionsweiseȱ dieserȱ Bürokratie,ȱ welcheȱ sichȱ vollständigȱ erstȱ imȱ „modernen“ȱ Staatȱ undȱ imȱweitȱentwickeltenȱKapitalismusȱentfaltet,ȱbesitztȱfolgendeȱMerkȬ maleȱ(vgl.ȱWeberȱ1976:ȱ551ȱff.):ȱ BürokratieȬ modellȱ

„ PrinzipȱderȱregelgebundenenȱAmtsführungȱ „ KlareȱKompetenzabgrenzungȱundȱArbeitsverteilungȱ „ PrinzipȱderȱAmtshierarchieȱundȱdesȱInstanzenzugesȱ(festeȱÜberȬȱ undȱUnterordnungȱderȱBehörden)ȱ

„ PrinzipȱderȱAktenmäßigkeitȱ „ Trennungȱ derȱ Beamtenȱ vonȱ sachlichenȱ VerwaltungsȬȱ undȱ BeȬ schaffungsmittelnȱ

„ TrennungȱvonȱAmtȱundȱPersonȱ „ EingehendeȱFachschulungȱfürȱspezialisierteȱAmtstätigkeitenȱ „ Gewährleistungȱ derȱ Pflichtenerfüllungȱ durchȱ Anstellungȱ vonȱ PersonenȱmitȱgeregelterȱQualifikationȱ

„ VollamtlicheȱErledigungȱderȱGeschäfteȱdurchȱdieȱBeamtenȱ Beamtentumȱ



Dieȱ Machtȱ inȱ einemȱ solchenȱ „modernen“ȱ Staatȱ liegtȱ nachȱ Weberȱ nichtȱ beiȱ denȱ Parlamentariern,ȱ sondernȱ inȱ denȱ Händenȱ desȱ BeamȬ tentums,ȱ dasȱ dieȱ Ausübungȱ derȱ Verwaltungstätigkeitȱ übernimmt.ȱ Dieseȱ Prinzipienȱ desȱ bürokratischenȱ Systemsȱ habenȱ fürȱ denȱ BeamȬ tenȱ verschiedeneȱ Konsequenzen.ȱ Durchȱ dieȱ fachlicheȱ Ausbildungȱ undȱdieȱÜbernahmeȱderȱAmtstreuepflichtȱübenȱsieȱdasȱAmtȱalsȱ„BeȬ ruf“ȱaus.ȱBeamteȱwerdenȱvonȱeinerȱübergeordnetenȱInstanzȱernannt,ȱ wodurchȱ eineȱ getreuereȱ Arbeitsausführungȱ imȱ Vergleichȱ zuȱ einemȱ vonȱ denȱ „Beherrschten“ȱ gewähltenȱ Beamtenȱ sichergestelltȱ werdenȱ soll,ȱundȱnehmenȱgegenüberȱdenȱ„Beherrschten“ȱeineȱgehobeneȱsoȬ zialeȱ Stellungȱ ein.ȱ Dieȱ lebenslangeȱ Anstellungȱ garantiertȱ dieȱ reinȱ sachliche,ȱvonȱpersönlichenȱMotivenȱlosgelösteȱErfüllungȱderȱAmtsȬ

Bürokratie des 20. Jahrhunderts und die geänderten Anforderungen

1.1

pflicht.ȱ Beamteȱ beziehenȱ einȱ regelmäßigesȱ festesȱ Gehalt,ȱ dasȱ nichtȱ demȱ Leistungsprinzip,ȱ sondernȱ standesgemäßȱ derȱ Funktion,ȱ demȱ Rangȱ undȱ derȱ Dauerȱ derȱ Dienstzeitȱ entspricht.ȱ Schließlichȱ strebenȱ sieȱ nachȱ einemȱ „mechanischȱ fixierten“ȱ Aufstiegȱ inȱ derȱ hierarchiȬ schenȱOrdnungȱderȱBehördenȱ(„Beamtenlaufbahn“).ȱ Dieȱ Eigenheitenȱ diesesȱ Bürokratiemodellsȱ sindȱ bisȱ heuteȱ inȱ denȱ meistenȱöffentlichenȱVerwaltungenȱundȱBetrieben,ȱv.ȱa.ȱimȱdeutschȬ sprachigenȱ Europa,ȱ beobachtbar.ȱ Besondersȱ großeȱ Gebildeȱ neigenȱ zuȱbürokratischenȱStrukturenȱundȱAbläufen,ȱdaȱvielerortsȱkaumȱanȬ dereȱ Organisationsprinzipienȱ bekanntȱ undȱ bewährtȱ sind,ȱ dieȱ eineȱ vergleichbareȱ Planung,ȱ Umsetzungȱ undȱ Kontrolleȱ derȱAufgabenerȬ füllungȱ gewährleisten.ȱ Weberȱ machteȱ bereitsȱ umȱ dieȱ Wendeȱ zwiȬ schenȱdemȱ19.ȱundȱ20.ȱJahrhundertȱdieselbeȱBeobachtung:ȱ„NurȱweȬ nigȱ modifiziertȱ vollziehtȱ sichȱ derȱ Vormarschȱ desȱ Bürokratismusȱ inȱ derȱGemeindeverwaltung.ȱJeȱgrößerȱdieȱGemeindeȱistȱoderȱjeȱmehrȱ sieȱ durchȱ technischȱ undȱ ökonomischȱ bedingteȱ ZweckverbandsbilȬ dungenȱ allerȱ Artȱ unvermeidlichȱ ihrerȱ organischenȱ lokalenȱ BodenȬ ständigkeitȱentkleidetȱwird,ȱdestoȱmehr.“ȱ(Weberȱ1976:ȱ825).ȱȱ BeobachtungenȱüberȱeineȱzunehmendȱbürokratischeȱAufgabenerfülȬ lungȱmachteȱauchȱCyrilȱNorthcoteȱParkinson,ȱderȱinȱseinemȱGesetzȱ aufȱsatirischeȱWeiseȱdarlegte,ȱdassȱderȱbürokratischeȱAufwandȱeinerȱ Organisationȱ unabhängigȱ davonȱ wächst,ȱ obȱ dieȱ zuȱ erledigendenȱ Aufgabenȱ zunehmen,ȱ abnehmenȱ oderȱ vollständigȱ verschwinden.ȱ Diesȱ liegtȱ lautȱ Parkinsonȱ zumȱ einenȱ daran,ȱ dassȱ jederȱ Beamteȱ undȱ AngestellteȱdieȱZahlȱseinerȱUntergebenen,ȱnichtȱjedochȱdieȱZahlȱseiȬ nerȱ Rivalen,ȱ vergrößernȱ möchte.ȱ Zumȱ anderenȱ schaffenȱ sichȱ lautȱ Parkinsonȱ Beamteȱ undȱ Angestellteȱ gegenseitigȱ Arbeitȱ (vgl.ȱ ParkinȬ sonȱ1966:ȱ12ȱff.).ȱDanachȱdehntȱsichȱdieȱArbeitȱentsprechendȱderȱfürȱ ihreȱErledigungȱzurȱVerfügungȱstehendenȱZeitȱaus.ȱAufgrundȱmanȬ gelnderȱ Ergebnisorientierungȱ undȱ Wettbewerbdrucksȱ istȱ insbesonȬ dereȱdieȱöffentlicheȱVerwaltungȱdavonȱbetroffen.ȱ

Gesetzȱvon Parkinsonȱ

AberȱauchȱdieȱPrivatwirtschaftȱkenntȱbisȱheuteȱähnlicheȱPrinzipien.ȱ Etwaȱ zurȱ gleichenȱ Zeitȱ wieȱ Weberȱ entwickelteȱ Frederickȱ Winslowȱ Taylorȱ dasȱ Organisationsmodellȱ desȱ „Scientificȱ Management“ȱ fürȱ dieȱmitȱderȱVerwaltungssituationȱteilweiseȱvergleichbarenȱProblemeȱ derȱ industriellenȱ Massenfertigungȱ (vgl.ȱ Taylorȱ 1913).ȱ Dieȱ AuspräȬ gungenȱdesȱScientificȱManagementsȱwarenȱformalȱbetrachtetȱdenenȱ desȱ BürokratieȬModellsȱ sehrȱ ähnlich.ȱ Taylorȱ gingȱ vonȱ einerȱ grundȬ sätzlichenȱ Übereinstimmungȱ derȱ ArbeitgeberȬȱ undȱ ArbeitnehmerȬ interessenȱaus:ȱ„DasȱHauptaugenmerkȱeinerȱVerwaltungȱsollteȱdarȬ aufȱ gerichtetȱ sein,ȱ gleichzeitigȱ dieȱ größteȱ Prosperitätȱ desȱArbeitgeȬ bersȱundȱdesȱArbeitnehmersȱherbeizuführenȱundȱsoȱbeideȱInteressenȱ zuȱ vereinen.“ȱ (Taylorȱ 1913:ȱ 7).ȱ Dasȱ Zielȱ bestandȱ inȱ derȱ Gestaltungȱ

Taylorismus



1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

einerȱArbeitsorganisation,ȱdieȱeineȱProduktivitätserhöhungȱerlaubteȱ undȱ zuȱ höherenȱ Löhnenȱ führte.ȱ Dieȱ vonȱ ihmȱ durchgeführtenȱ ZeitȬ studienȱ führtenȱ letztendlichȱ zuȱ denȱ folgendenȱ Grundsätzenȱ einerȱ „wissenschaftlichenȱBetriebsführung“:ȱ

„ TrennungȱvonȱHandȬȱundȱKopfarbeitȱ „ FestesȱArbeitspensumȱundȱBonusȱbeiȱerreichterȱTagesleistungȱ „ AusleseȱundȱAnpassungȱderȱArbeiterȱ „ Herrschaftȱ vonȱ Expertenȱ undȱ Versöhnungȱ zwischenȱ Arbeiternȱ undȱManagementȱ Idealtypusȱderȱ Bürokratieȱ

Sowohlȱ Webersȱ Bürokratiemodellȱ alsȱ auchȱ Taylorsȱ Scientificȱ ManaȬ gementȱ warenȱ keineȱ vollständigȱ neuenȱ theoretischenȱ Konstrukte.ȱ Beideȱversuchten,ȱdieȱzuȱjenerȱZeitȱbeobachtbarenȱgesellschaftlichenȱ ZuständeȱinȱderȱArbeitsweltȱweiterzuentwickelnȱundȱzuȱoptimieren,ȱ wobeiȱderȱAnsatzȱTaylorsȱeineȱstarkȱeingeengteȱSichtweiseȱhinsichtȬ lichȱ derȱ Erhöhungȱ derȱ individuellenȱ Arbeitsleistungȱ imȱ industrielȬ lenȱKontextȱverfolgt.ȱWeberȱwollteȱmitȱseinemȱIdealtypusȱderȱBüroȬ kratieȱ keineȱ Handlungsempfehlungenȱ anȱ dieȱ Verwaltungspraktikerȱ geben,ȱ sondernȱ versuchte,ȱ mitȱ demȱ Bürokratiemodellȱ dieȱ rationaleȱ Ausübungȱ legalerȱ Herrschaftȱ zuȱ erklärenȱ (vgl.ȱ Budäusȱ 1998:ȱ 1ȱ f.).ȱ BeideȱAnsätzeȱdientenȱletztlichȱdemȱVersuch,ȱgroßeȱInstitutionenȱinȱ derȱVerwaltungȱundȱimȱprivatwirtschaftlichenȱBereichȱeffizienterȱzuȱ steuern.ȱ DieȱFolgenȱwarenȱOrganisationskonzepteȱmitȱstarkerȱOrdnungsmäȬ ßigkeit,ȱRechtmäßigkeitȱundȱKontrollierbarkeit,ȱwelcheȱbisȱheuteȱimȱ öffentlichenȱundȱprivatenȱSektorȱexistierenȱundȱbesondersȱdieȱstaatȬ lichenȱ Verwaltungenȱ prägen.ȱ Weshalbȱ sollȱ nunȱ dieserȱ erfolgreicheȱ Führungsansatz,ȱderȱimȱdemokratischenȱRechtsstaatȱmitȱseinenȱHoȬ heitsȬȱ undȱ Ordnungsaufgabenȱ immerȱ nochȱ seineȱ Berechtigungȱ beȬ sitzt,ȱvonȱeinemȱneuenȱöffentlichenȱManagementȱabgelöstȱwerden?ȱ

Defiziteȱderȱȱ Bürokratieȱ



Wieȱ sichȱ bereitsȱ Webersȱ Überlegungenȱ amȱ gesellschaftspolitischenȱ HintergrundȱEndeȱdesȱ19.ȱJahrhundertsȱorientierten,ȱsoȱistȱauchȱheuȬ teȱ eineȱ Reflexionȱ derȱ gewachsenenȱ Verwaltungssystemeȱ mitȱ Blickȱ aufȱdieȱgesellschaftlichenȱVeränderungenȱvorzunehmen.ȱAuchȱwennȱ sichȱnichtȱjedeȱöffentlicheȱInstitutionȱdenȱIdealenȱdesȱBürokratiemoȬ dellsȱexplizitȱverschriebenȱhatȱundȱkaumȱnurȱausȱ„Bürokraten“ȱbeȬ steht,ȱ soȱ überwiegenȱ immerȱ mehrȱ dieȱ Defiziteȱ derȱ gemäßȱ denȱ WeȬ berschenȱ Überlegungenȱ gewachsenenȱ Verwaltungsstrukturenȱ (vgl.ȱ Hillȱ1997b:ȱ5;ȱkritischȱdazuȱPollittȱ2000:ȱ184ȱf.).ȱDieȱVerwaltungȱsiehtȱ sichȱ demnachȱ neuenȱ Anforderungenȱ gegenüber,ȱ dieȱ sichȱ vorȱ einȱ paarȱ Jahrzehntenȱ inȱ dieserȱ Formȱ nochȱ nichtȱ stellten.ȱ Tabelleȱ 1ȱ fasstȱ

Bürokratie des 20. Jahrhunderts und die geänderten Anforderungen

1.1

dieȱverändertenȱAnforderungen,ȱdieȱheuteȱimȱVergleichȱzuȱfrüherȱanȱ dieȱVerwaltungȱgestelltȱwerden,ȱzusammenȱ(vgl.ȱHillȱ1997a:ȱ21ȱf.).ȱ

VeränderteȱAnforderungenȱanȱdenȱöffentlichenȱSektorȱ Früher

Heute

Überschaubare Sachverhalte und Problembereiche

Unübersichtlichkeit und Komplexität

Relativ konstante Verhältnisse

Dynamischer Wandel

Klare Wirkungszusammenhänge

Vernetzung und Multikausalität

Rechtsstrukturen nach dem Trennungsprinzip

Kombinationen und Alternativen

Eindeutige gesellschaftliche Zielgruppen

Schnelllebige Zielgruppen, „Sowohl-alsauch-Gesellschaft“

Politische Berechenbarkeit

Nichtwähler, Wechselwähler

Obrigkeitsglaube, Autorität

Wertewandel, -gleichgültigkeit

Soziokulturelle Stabilität

Demographische Veränderungen

Tabelleȱ1ȱ

ȱ Dieseȱ Tendenzenȱ zuȱ vermehrterȱ Pluralisierung,ȱ Individualisierung,ȱ Mobilitätȱ undȱ Flexibilitätȱ beeinflussenȱ sowohlȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ alsȱauchȱdieȱLeistungsempfängerȱdesȱöffentlichenȱSektors.ȱDieȱneuȬ enȱ Werteȱ stoßenȱ zunehmendȱ aufȱ erstarrteȱ Verwaltungsstrukturenȱ undȱȬkulturen.ȱDieseȱBürokratiekritikȱrichtetȱsichȱaufȱdieȱentstandeȬ nenȱ Pathologienȱ imȱ Vergleichȱ zumȱ idealtypischenȱAusgangsmodellȱ vonȱWeber,ȱderenȱersterȱKritikerȱerȱselbstȱwar:ȱ„Wieȱistȱesȱangesichtsȱ dieserȱ Übermachtȱ derȱ Tendenzȱ zurȱ Bürokratisierungȱ überhauptȱ nochȱ möglich,ȱ irgendwelcheȱ Resteȱ einerȱ inȱ irgendeinemȱ Sinnȱ ‚indiȬ vidualistischen’ȱBewegungsfreiheitȱzuȱretten?“ȱ(Weberȱ1966:ȱ49).ȱZuȬ sammenfassendȱlässtȱsichȱfesthalten:ȱ

Wertewandel

DieȱbürokratischeȱOrganisationȱgewährleistetȱunterȱbestimmȬ tenȱkonstantenȱBedingungenȱ(z.ȱB.ȱkonstanteȱUmwelt)ȱeineȱefȬ fizienteȱAufgabenerfüllung,ȱbehindertȱaberȱdenȱWandelȱeinerȱ Institution.ȱ



1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

1.2 Krisenȱdesȱ Staatsȱ

Ein neues Management für den Staat als Konsequenz?

Dieȱ obenȱ beschriebenenȱ Entwicklungenȱ undȱ geändertenȱ AnfordeȬ rungenȱ verlangenȱ nachȱ neuenȱ Steuerungsformenȱ fürȱ denȱ europäiȬ schenȱVerwaltungsstaat,ȱderȱimȱRahmenȱseinerȱbürokratischenȱEntȬ wicklungȱ denȱ höchstenȱ Entwicklungsstandȱ modernerȱ Staatsformenȱ erreichtȱ zuȱ habenȱ glaubte.ȱ Dieseȱ Staatsformȱ leidetȱ aberȱ angesichtsȱ derȱbeschriebenenȱUmweltveränderungenȱzunehmendȱanȱfolgendenȱ Krisenerscheinungenȱ (vgl.ȱ Albrowȱ 2001:ȱ 183ȱ ff.;ȱ Willkeȱ 2000ȱ undȱ Coombesȱ1998:ȱ20ȱff.):ȱ

„ Legitimitätskrise:ȱ DieȱMöglichkeitenȱdesȱVerwaltungsstaatsȱreichenȱnichtȱmehrȱaus,ȱ umȱ dieȱ anstehendenȱ Problemeȱ derȱ Marktwirtschaftȱ selbständigȱ lösenȱzuȱkönnen.ȱDieȱfürȱdenȱVerwaltungsstaatȱnotwendigeȱLegiȬ timationsgrundlageȱ rationalerȱ undȱ legalerȱAutoritätȱ wirdȱ durchȱ diesesȱSteuerungsdefizitȱinȱFrageȱgestellt.ȱ

„ Interdependenzkrise:ȱ Derȱ europäischeȱ Nationalstaatȱ stehtȱ aufgrundȱ derȱ grenzüberȬ schreitendenȱ Entwicklungenȱ vonȱ Technologie,ȱ Wirtschaftȱ undȱ Gesellschaftȱ immerȱ mehrȱ inȱ sehrȱ komplexen,ȱ gegenseitigenȱAbȬ hängigkeitenȱ zuȱ anderenȱ Staaten.ȱ Dieȱ darausȱ entstandeneȱ ZuȬ sammenarbeitȱimȱRahmenȱderȱEuropäischenȱUnionȱweistȱaufȱdieȱ geändertenȱ staatlichenȱ Kooperationserfordernisseȱ sowohlȱ ausȱ politischerȱalsȱauchȱwirtschaftlicherȱPerspektiveȱhin.ȱ

„ Leistungskrise:ȱ InȱZusammenhangȱmitȱdemȱSteuerungsdefizit,ȱdasȱdieȱLegitimaȬ tionsbasisȱdesȱNationalstaatsȱhinterfragt,ȱresultiertȱdieȱLeistungsȬ kriseȱ ausȱ einerȱ Überbeanspruchungȱ undȱ einemȱ falschenȱ Einsatzȱ desȱstaatlichenȱLeistungsapparats.ȱInsbesondereȱdieȱHerstellungȱ undȱ Bereitstellungȱ vonȱ Leistungenȱ undȱ Gütern,ȱ dieȱ privatwirtȬ schaftlichȱeffizienterȱproduziertȱwerdenȱkönnten,ȱsindȱeineȱUrsaȬ cheȱdieserȱLeistungskrise.ȱ FlexibilitätsȬ kriseȱ



Derȱ Ansatzȱ einesȱ neuenȱ Verwaltungsmanagementsȱ basiertȱ aufȱ derȱ Annahme,ȱ dassȱ solcheȱ Krisenȱ aufgrundȱ vonȱAnpassungsschwierigȬ keitenȱ imȱ politischȬadministrativenȱ Systemȱ zustandeȱ kommen,ȱ wasȱ alsȱ Flexibilitätskriseȱ desȱ Gesamtsystemsȱ bezeichnetȱ werdenȱ kann.ȱ Verwaltungsmanagementȱ charakterisiertȱ nichtȱ nurȱ einenȱ innovaȬ tivenȱAnsatz,ȱ derȱ sichȱ aufȱ technischeȱ Verfahrensverbesserungenȱ imȱ bisherigenȱ Systemȱ abstützt,ȱ sondernȱ eineȱ neueȱ Strategieȱ zurȱ FühȬ rungȱ desȱ Nationalstaatsȱ angesichtsȱ derȱ neuenȱ Anforderungenȱ undȱ existentenȱKrisenzustände.ȱȱ

Ein neues Management für den Staat als Konsequenz?

DieȱLegitimitätskriseȱstelltȱimmerȱhöhereȱAnforderungenȱanȱdieȱpoȬ litischeȱKonsensbildungȱimȱSpannungsfeldȱwirtschaftlicherȱundȱsoȬ zialerȱ Fragestellungen,ȱ führtȱ dadurchȱ zuȱ erhöhterȱ ProfessionalisieȬ rungȱ inȱ Politikȱ undȱ Verwaltungȱ undȱ fördertȱ letztlichȱ dieȱ Trennungȱ vonȱPolitikȱundȱAdministration.ȱDieȱInterdependenzkriseȱleitetȱzweiȱ unterschiedlicheȱ Entwicklungenȱ territorialerȱ Politikenȱ ein:ȱ zumȱ eiȬ nenȱ dieȱ zunehmendeȱ Bedeutungȱ vonȱ supranationalenȱ OrganisatiȬ onen,ȱzumȱanderenȱeinenȱneuenȱRegionalismusȱmitȱeigenerȱlokalerȱ Verantwortungȱ fürȱ dieȱ Gestaltungȱ derȱ WirtschaftsȬȱ undȱ SozialpoliȬ tik.ȱBeideȱEntwicklungenȱaufeinanderȱabzustimmen,ȱführtȱzuȱerhöhȬ terȱKomplexitätȱundȱzuȱverstärkterȱBürokratie,ȱwennȱdieȱbisherigenȱ Führungsmusterȱ aufȱ dieseȱ neueȱ Situationȱ übertragenȱ werden.ȱ DarȬ ausȱfolgtȱaberȱauchȱeinȱerhöhterȱZentralisationsgrad,ȱdaȱübergeordȬ neteȱBehördenȱdazuȱneigen,ȱihremȱeigenenȱVerwaltungsapparatȱdieȱ VerantwortungȱfürȱdieȱProblemlösungȱzuȱübertragen.ȱDamitȱschwäȬ chenȱ sieȱ dieȱ Handlungsmöglichkeitenȱ subsidiärerȱ Institutionen.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ wirdȱ oftȱ unterȱ demȱ Deckmantelȱ vonȱ DeȬ zentralisationȱ undȱ Regionalisierungȱ eineȱ zentraleȱ KoordinationsȬȱ undȱ Kontrollpolitikȱ gefördert.ȱ Effektivesȱ Managementȱ istȱ einȱ LöȬ sungsansatzȱzurȱSchaffungȱderȱfürȱdieȱDezentralisierungstendenzenȱ notwendigenȱHandlungsspielräumeȱ(vgl.ȱCoombesȱ1998:ȱ23ȱff.).ȱ

1.2 ProfessionaliȬ sierungȱ

Derȱ Perspektivenwechselȱ vonȱ derȱ klassischenȱ Verwaltungsführungȱ zuȱ einemȱ Verwaltungsmanagementȱ bedeutetȱ jedochȱ nichtȱ nurȱ dieȱ EinführungȱeinerȱReiheȱeffizienzsteigernderȱFührungstechnikenȱzurȱ AbwendungȱstaatlicherȱKrisen.ȱWorinȱbestehtȱdannȱderȱUnterschiedȱ zurȱbisherigenȱVerwaltungsführung?ȱȱ Einȱ wirkungsvollesȱ öffentlichesȱ Managementȱ bedeutetȱ dieȱ vollständigeȱ Verantwortungsübernahmeȱ fürȱ denȱ Erfolgȱ oderȱ MisserfolgȱstaatlicherȱVerwaltungsleistungen.ȱȱ ȱ AufȱdieserȱallgemeinȬgenerellenȱEbeneȱunterscheidetȱsichȱalsoȱstaatȬ lichesȱ Managementȱ nichtȱ starkȱ vonȱ privatwirtschaftlichemȱ ManaȬ gement.ȱEineȱsolcheȱVerwaltungsführungȱgreiftȱdieȱvorherȱbeschrieȬ benenȱ Defiziteȱ desȱ Verwaltungsstaatsȱ auf,ȱ umȱ einenȱ zielȬȱ undȱ erȬ folgsorientierterenȱEinsatzȱstaatlicherȱRessourcenȱzuȱerreichen.ȱNurȱ soȱkannȱlangfristigȱdasȱnotwendigeȱGleichgewichtȱzwischenȱderȱpoȬ litischȬrechtlichenȱ Staatsautoritätȱ undȱ derȱ sichȱ wandelndenȱ marktȬ wirtschaftlichenȱGesellschaftȱerhaltenȱwerden.ȱȱ

Zielorientierterȱ RessourcenȬ einsatzȱ

DasȱAnfangȱ derȱ 90erȱ Jahreȱ desȱ 20.ȱ Jahrhundertsȱ erstmalsȱ erwähnteȱ Newȱ Publicȱ Managementȱ (NPM)ȱ griffȱ rechtzeitigȱ dasȱ Bedürfnisȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ auf,ȱ dieȱ imȱ altenȱ Verwaltungsverständnisȱ entȬ standenenȱ Lückenȱ auszufüllen.ȱ Dabeiȱ handeltȱ esȱ sichȱ ausȱ betriebsȬ

NewȱPublic Managementȱ



1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

wirtschaftlicherȱ Sichtȱ umȱ eineȱ reformorientierteȱ Führungslehreȱ fürȱ denȱöffentlichenȱSektor.ȱȱ NPMȱistȱaberȱkeinȱHeilmittelȱundȱv.ȱa.ȱkeineȱSchnelllösungȱfürȱ alleȱüberȱJahrzehnteȱimȱpolitischȬadministrativenȱSystemȱentȬ standenenȱMissstände.ȱNPMȱkannȱeinȱMittelȱsein,ȱumȱzuȱeinerȱ besserenȱVerwaltungsführungȱzuȱgelangen.ȱAlsȱfürȱalleȱBereiȬ cheȱ undifferenziertȱ geltenderȱ Grundsatzȱ istȱ esȱ jedochȱ zumȱ Scheiternȱverurteilt.ȱȱ ȱ PrivatwirtȬ schaftlicheȱ Konzepteȱ

Dieȱ Reformbewegungȱ desȱ NPMȱ wurdeȱ inȱ denȱ 1990erȱ Jahrenȱ zuȬ nächstȱ sehrȱ starkȱ vonȱ unterschiedlichenȱ Managementmodenȱ geȬ prägt.ȱ Moderneȱ Managementkonzepteȱ ausȱ derȱ Privatwirtschaftȱ (Leanȱ Production,ȱ Businessȱ Processȱ Reengineering,ȱ Totalȱ Qualityȱ Management)ȱ wurdenȱ teilweiseȱ modifiziertȱ aufȱ denȱ öffentlichenȱ SektorȱübertragenȱmitȱdemȱZiel,ȱeineȱverbesserteȱSteuerungȱderȱöfȬ fentlichenȱ Verwaltungȱzuȱerreichenȱundȱ demȱ StaatsȬȱ bzw.ȱBürokraȬ tieversagenȱ entgegenzuwirkenȱ (vgl.ȱ Jannȱ 2002:ȱ 292).ȱ Derȱ UnterȬ schiedȱliegtȱdarin,ȱdassȱderȱprivateȱSektorȱimȱGegensatzȱzumȱöffentȬ lichenȱeinerȱdauerndenȱBewegungȱdurchȱMärkteȱausgesetztȱistȱundȱ laufendȱ Adaptionsprozesseȱ durchführenȱ muss.ȱ Dieseȱ zugleichȱ AnȬ reizȬȱundȱKontrollfunktionȱausübendeȱKraftȱwirdȱbeiȱderȱstaatlichenȱ Tätigkeitȱ kaumȱ durchȱ dieȱ „öffentlicheȱ Meinung“ȱ oderȱ dieȱ Gefahrȱ derȱAbwahlȱfürȱPolitikerȱersetztȱ(vgl.ȱPicot/Wolffȱ1995:ȱ66).ȱDasȱtypiȬ scheȱ Merkmalȱ rationalerȱ Verwaltungȱ wurdeȱ alsoȱ durchȱ einȱ EffiȬ zienzȬȱoderȱauchȱFlexibilitätsȬParadigmaȱerweitertȱundȱteilweiseȱabȬ gelöst.ȱ Dasȱ verwaltungspolitischeȱ Leitbild,ȱ dasȱ hinterȱ dieserȱ ReȬ formbewegungȱ stand,ȱ kannȱ mitȱ demȱ Begriffȱ desȱ schlankenȱ Staatsȱ zusammengefasstȱ werden.ȱ Dasȱ traditionelleȱ Regelsystemȱ wurdeȱ folglichȱ entbürokratisiertȱ undȱ veränderteȱ sichȱ vonȱ derȱ ZentralisieȬ rungȱzurȱDezentralisierung,ȱvonȱderȱFormalisierungȱzurȱErfolgsoriȬ entierungȱ undȱ vonȱ derȱ Spezialisierungȱ zurȱ Generalisierungȱ (vgl.ȱ Jannȱ2002:ȱ292).ȱȱ

Governanceȱ

AlsȱReaktionȱ aufȱ dieseȱ Reformkonzepte,ȱ dieȱ sichȱ entwederȱ aufȱ PriȬ vatisierungsalternativenȱ oderȱ aufȱ dieȱ Binnenmodernisierungȱ derȱ Verwaltungȱ konzentriertenȱ undȱ häufigȱ alsȱ zuȱ starkȱ manageriaȬ listischȱ empfundenȱ wurden,ȱ kamȱ esȱ seitȱ Endeȱ derȱ 1990erȱ Jahreȱ zuȱ einerȱ Neuausrichtungȱ derȱ Verwaltungsführung.ȱ Nichtȱ mehrȱ ausȬ schließlichȱ effizientesȱ Management,ȱ sondernȱ auchȱ bessereȱ „GoverȬ nance“ȱ bildenȱ dieȱ Schwerpunkteȱ derȱ Modernisierungsdiskussion,ȱ dieȱ inȱdemȱ neuenȱ Leitbildȱ desȱ „aktivierendenȱ Staats“ȱ bzw.ȱ desȱ GeȬ währleistungsstaatsȱ ihreȱ Orientierungȱ findetȱ (vgl.ȱ aufȱ internationaȬ lerȱ Ebeneȱ OECDȱ 2005b).ȱ Imȱ Rahmenȱ desȱ ȱ GovernanceȬKonzeptsȱ werdenȱ nichtȱ nurȱ derȱ Staatȱ undȱ dieȱ Bürokratieȱ alsȱ Ursachenȱ vonȱ

10ȱ

Ein neues Management für den Staat als Konsequenz?

1.2

Steuerungsdefizitenȱ undȱ Ineffizienzenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ geseȬ hen.ȱ Vielmehrȱ wirdȱ auchȱ dieȱ Gesellschaft,ȱ d.ȱ h.ȱ dieȱ schwierigȱ zuȱ steuerndenȱgesellschaftlichenȱSubsysteme,ȱexplizitȱalsȱProblemquelȬ leȱberücksichtigt.ȱȱ Eineȱ entscheidendeȱ Konsequenzȱ dieserȱ Betrachtungsweiseȱ liegtȱ imȱ Einbezugȱ allerȱ Gesellschaftsgruppenȱ inȱ dieȱ staatlicheȱ ProblemlöȬ sung.ȱ Derȱ Staatȱ alsȱ Gewährleistungsstaatȱ istȱ nichtȱ mehrȱ alleineȱ fürȱ dieȱ Erfüllungȱ öffentlicherȱAufgabenȱ zuständig,ȱ sondernȱ fördertȱ alsȱ Moderatorȱ undȱ Koordinatorȱ dieȱ gesellschaftlicheȱ VerantwortungsȬ übernahmeȱ derȱ unterschiedlichenȱ Gruppenȱ (Bürger,ȱ Unternehmenȱ etc.)ȱ sowieȱ dieȱ Zusammenarbeitȱ derȱ verschiedenenȱ staatlichenȱ undȱ privatenȱAkteureȱzurȱErreichungȱgemeinsamerȱZiele.ȱȱ

EntwicklungenȱinȱderȱVerwaltungspolitikȱ(nachȱJannȱ2002:ȱ294)ȱ

Schlagworte

Probleme

Ziele

Management 1990er

Governance 2000er

í Neues Steuerungsmodell

í Bürger-/Zivilgesellschaft

í Unternehmen Verwaltung

í Sozialkapital

í Bürokratiekritik

í Gewährleistungsstaat

í Dienstleistungskommune

í Bürgerkommune

í Schlanker Staat

í Aktivierender Staat

í Staat/Bürokratie (-versagen)

í Gesellschaft (-versagen)

í Steuerungslücken

í Fragmentierung

í Organisierte Unverantwortlichkeit

í Externe Effekte

í Effizienz, value for money

í Soziale, politische und administrative Kohäsion

í Dienstleistung í Kundenorientierung í Qualität

GewährleisȬ tungsstaatȱ

Tabelleȱ2ȱ

í Exklusion

í Beteiligung í Bürgerschaftliches Engagement

ȱ Mitȱ demȱ neuenȱ Verständnisȱ vonȱ derȱ Beziehungȱ zwischenȱ Staat,ȱ Marktȱ undȱ Zivilgesellschaftȱ hatȱ sichȱ auchȱ aufȱ kommunalerȱ Ebeneȱ dasȱKonzeptȱderȱDienstleistungskommuneȱhinȱzurȱIdeeȱderȱBürgerȬ kommuneȱentwickelt,ȱbeiȱderȱdieȱBürgerȱmehrȱEinflussȱaufȱdieȱLeisȬ tungenȱ undȱ Programmeȱ derȱ Kommunenȱ haben,ȱ aberȱ auchȱ mehrȱ Pflichtenȱ imȱ Rahmenȱ derȱ bürgerschaftlichenȱ Selbstorganisationȱȱ übernehmenȱ müssenȱ (vgl.ȱ Bannerȱ 1998:ȱ 179ȱ f.).ȱ Inȱ diesemȱ ZusamȬ

ZivilȬ gesellschaftȱ

11ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

menhangȱ wirdȱ dasȱ Sozialkapitalȱ derȱ Gesellschaftȱ zuȱ einerȱ immerȱ wichtigerenȱ Messgröße.ȱ Derȱ Begriffȱ desȱ Sozialkapitalsȱ wurdeȱ maßȬ geblichȱ vonȱ Robertȱ D.ȱ Putnamȱ geprägt,ȱ derȱ unterȱ Sozialkapitelȱ dieȱ Beziehungenȱ zwischenȱ Individuenȱ sowieȱ dasȱ darausȱ resultierendeȱ sozialeȱNetzwerkȱverstehtȱ(vgl.ȱPutnamȱ2000:ȱ19).ȱGrundgedankeȱist,ȱ dassȱeinȱhohesȱSozialkapitalȱdazuȱführt,ȱdassȱjederȱeinzelneȱBürgerȱ sichȱ seinerȱ Verantwortungȱ inȱ derȱ Gesellschaftȱ bewusstȱ undȱ daherȱ bereitȱist,ȱseinenȱAnteilȱzurȱLösungȱgesellschaftlicherȱProblemeȱbeiȬ zutragen,ȱ sodassȱAnreizasymmetrienȱ kollektivenȱ Handelnsȱ (GefanȬ genendilemma,ȱTrittbrettfahrerproblemȱetc.)ȱverringertȱwerdenȱ(vgl.ȱ Putnamȱ2000:ȱ288ȱff.).ȱ DasȱfolgendeȱKapitelȱgibtȱzunächstȱeinenȱkurzenȱÜberblickȱüberȱdieȱ internationaleȱ Entwicklungȱ derȱ Verwaltungsmodernisierung,ȱ bevorȱ imȱ anschließendenȱ Kapitelȱ aufȱ dieȱ theoretischenȱ Grundlagenȱ desȱ ManagementȬGrundgedankensȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Verwaltungsreformȱ eingegangenȱwird.ȱ

Haushaltskriseȱ

12ȱ

1.3

Verwaltungsmodernisierung aus internationaler Sicht

1.3.1

Managementreformen seit den 1980er Jahren

Dieȱ Ursachenȱ derȱ Reformȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ reichenȱ bisȱ zumȱ Endeȱ derȱ 1970erȱ Jahreȱ zurück.ȱ Dieȱ aufȱ denȱ Ölpreisschockȱ folgendeȱ Wirtschaftskriseȱ mitȱ zunehmendenȱ Arbeitslosenzahlen,ȱ abnehmenȬ denȱ Staatseinnahmenȱ undȱ steigendenȱ Sozialausgabenȱ unterstützteȱ dieȱStimmenȱjenerȱKritiker,ȱwelcheȱdieȱbisherigenȱFunktionsmängelȱ desȱ bürokratischenȱ Systemsȱ hinterfragtenȱ (vgl.ȱ Budäus/Grüningȱ 1998:ȱ4ȱf.).ȱDieȱHaushaltskriseȱzahlreicherȱeuropäischerȱStaatenȱwurȬ deȱletztlichȱzumȱAnlass,ȱdieȱGrenzenȱderȱbürokratischenȱSteuerungȱ angesichtsȱ vonȱ PluralisierungsȬȱ undȱ Individualisierungstendenzenȱ sowieȱ einerȱ zunehmendȱ komplexerenȱ undȱ dynamischerenȱ Umweltȱ kritischȱzuȱhinterfragen.ȱAusȱdemȱVergleichȱmitȱderȱQualitätssteigeȬ rungȱ privatwirtschaftlicherȱ Leistungserstellungȱ stiegenȱ inȱ denȱ letzȬ tenȱJahrzehntenȱzusätzlichȱdieȱAnsprücheȱderȱBürgerȱundȱBürgerinȬ nenȱanȱdenȱöffentlichenȱSektorȱundȱverstärktenȱdieȱallgemeineȱUnȬ zufriedenheitȱmitȱderȱstaatlichenȱVerwaltung.ȱDerȱöffentlicheȱHausȬ haltȱ rückteȱ zusehendsȱ insȱ Zentrumȱ politischerȱ Diskussionenȱ undȱ Wahlprogramme.ȱȱ

Verwaltungsmodernisierung aus internationaler Sicht

InȱdiesemȱZeitraumȱbegannenȱdieȱerstenȱModernisierungsbewegunȬ genȱdesȱöffentlichenȱSektorsȱinȱunterschiedlichenȱLändernȱderȱWelt,ȱ dieȱsichȱschließlichȱinȱRichtungȱNPMȱweiterentwickelten.ȱDieseȱReȬ formbewegungȱ istȱ mittlerweileȱ internationalȱ verbreitet,ȱ wasȱ daȬ durchȱ verdeutlichtȱ wird,ȱ dassȱ NPMȬspezifischeȱ Begriffeȱ undȱ KonȬ zepteȱländerübergreifendȱeinheitlichȱverwendetȱwerden.ȱBeiȱnähererȱ Betrachtungȱfälltȱjedochȱauf,ȱdassȱdieȱNPMȬElementeȱinȱdenȱeinzelȬ nenȱ Ländernȱ mitȱ unterschiedlichemȱ Inhaltȱ gefülltȱ werden,ȱ sodassȱ sichȱbeiȱderenȱkonkretenȱpraktischenȱAusgestaltungȱdeutlichȱunterȬ schiedlicheȱ undȱ teilweiseȱ sogarȱ entgegenȱ gesetzteȱ Lösungsansätzeȱ findenȱlassenȱ(vgl.ȱSchedler/Proellerȱ2006:ȱ287ȱff.).ȱNPMȱkannȱsomitȱ nichtȱ alsȱ internationalȱ einheitlichesȱ Konzeptȱ gesehenȱ werden,ȱ sonȬ dernȱ weistȱ einȱ weitgehendȱ kohärentesȱ Setȱ vonȱ Reformbausteinenȱ auf,ȱ welcheȱ jeȱ nachȱ situativerȱ Ausgangslageȱ undȱ vorherrschendenȱ ProblembereichenȱvonȱdenȱModernisierernȱzurȱErreichungȱsehrȱverȬ schiedenerȱModernisierungszieleȱeingesetztȱwerden.ȱ

1.3 UnterschiedȬ licheȱNPMȬ Ansätzeȱ

Imȱ Folgendenȱ sollenȱ dieȱ wesentlichenȱ internationalenȱ ReformentȬ wicklungenȱ–ȱzusammengefasstȱnachȱLändergruppenȱ–ȱkurzȱdargeȬ stelltȱwerden.ȱZuȱeinerȱvertiefendenȱDarstellungȱinternationalerȱEntȬ wicklungenȱ vgl.ȱ OECDȱ2005a,ȱ McLauglin/Osborne/Ferlieȱ2002,ȱPolȬ litt/Bouckaertȱ2000ȱundȱRitz/Thomȱ2000.ȱ

1.3.2

Internationale Reformentwicklungen

HinsichtlichȱderȱEntwicklungsvariantenȱdesȱöffentlichenȱSektorsȱlasȬ senȱ sichȱ imȱ internationalenȱ Vergleichȱ dreiȱ Gruppenȱ identifizieren,ȱ derenȱ Reformprogrammeȱ zwarȱ mitȱ denȱ Kernprinzipienȱ desȱ Publicȱ Managementsȱ übereinstimmen,ȱ dieȱ jedochȱ inȱ ihrerȱ konkretenȱAusȬ prägungȱeinȱsehrȱbreitesȱSpektrumȱumfassen.ȱ Dieȱ ersteȱ Gruppeȱ umfasstȱ dieȱ angelsächsischenȱ Länderȱ Australien,ȱ Neuseeland,ȱ Großbritannienȱ undȱ dieȱ USA.ȱ Derȱ Fokusȱ inȱ denȱ ReȬ formbestrebungenȱ dieserȱ Länderȱ lagȱ aufȱ derȱ Etablierungȱ leistungsȬ orientierter,ȱ marktähnlicherȱ Strukturenȱ mitȱ derȱ Zielsetzungȱ einesȱ tiefȱ greifendenȱ UmȬȱ undȱ Rückbausȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ (vgl.ȱ Ritz/Thomȱ2000:ȱ84ȱff.ȱundȱNaschold/Bogumilȱ2000:ȱ38ȱf.).ȱSoȱzeichȬ netenȱ sichȱ insbesondereȱ Neuseeland,ȱ Australienȱ undȱ GroßbritanȬ nienȱ durchȱ einenȱ sehrȱ radikalenȱ Reformprozessȱ aus,ȱ derȱ vonȱ derȱ Überzeugungȱ geprägtȱ war,ȱ durchȱ dieȱ Einführungȱ marktlicherȱ ProȬ zesseȱeineȱdeutlicheȱSteigerungȱderȱEffizienzȱundȱEffektivitätȱinȱderȱ Verwaltungsführungȱ zuȱ erreichen.ȱ Dieseȱ Politikȱ resultierteȱ insbeȬ sondereȱ inȱ Großbritannienȱ inȱ derȱ Bildungȱ vonȱAgenturen,ȱ derȱ umȬ fassendenȱPrivatisierungȱvonȱStaatsbetriebenȱundȱinȱobligatorischenȱ

AngelsächȬ sischeȱLänderȱ

13ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

Ausschreibungsverfahrenȱ(CompulsoryȱCompetitiveȱTendering)ȱfürȱ öffentlicheȱLeistungenȱaufȱkommunalerȱEbene.ȱWeiterhinȱzeichneteȱ sichȱ dieseȱ Gruppeȱ dadurchȱ aus,ȱ dassȱ Reformideenȱ häufigȱ zentralȬ staatlichȱaufȱRegierungsebeneȱinitiiertȱundȱaufȱdieȱkommunaleȱEbeȬ neȱ übertragenȱ wurden,ȱ wobeiȱ dieȱ Regierungȱ inȱ denȱ USAȱ aufgrundȱ strukturellerȱGründeȱnichtȱdieȱgleicheȱMachtbefugnisȱbesaßȱwieȱdieȱ RegierungenȱderȱanderenȱLänder.ȱ NordeuropäȬ ischeȱStaatenȱ

ZuȱderȱzweitenȱGruppeȱgehörenȱdieȱnordeuropäischenȱStaatenȱNorȬ wegen,ȱ Finnlandȱ undȱ Schwedenȱ sowieȱ dieȱ Niederlande.ȱ Dieȱ ReȬ formprozesseȱ inȱ diesenȱ Ländernȱ zeichnetenȱ sichȱ durchȱ einȱ hohesȱ Maßȱ anȱ Konzertierungȱ vonȱ Staatȱ undȱ Kommunenȱ sowieȱ eineȱ konȬ sensȬbasierteȱVorgehensweiseȱaus.ȱSoȱwurdenȱbspw.ȱinȱdenȱNiederȬ landenȱzahlreicheȱReformprojekteȱaufȱInitiativeȱderȱKommunenȱmitȱ derȱ Unterstützungȱ derȱ Regierungȱ durchgeführt.ȱ Hierȱ erlangteȱ v.ȱa.ȱ dieȱStadtȱTilburgȱdurchȱdieȱkonsequenteȱEinführungȱeinerȱkommuȬ nalenȱKonzernorganisationȱmitȱeinemȱCityȬManagerȬModellȱmittelsȱ KontraktmanagementȱimȱRahmenȱdesȱ„TilburgerȱModells“ȱinternaȬ tionaleȱ Bekanntheit.ȱ Imȱ Fokusȱ derȱ Reformenȱ standȱ weiterhinȱ dieȱ BinnenmodernisierungȱdesȱöffentlichenȱSektors,ȱwelcheȱmittelsȱPerȬ sonalȬȱ undȱ Organisationsentwicklungȱ sowieȱ derȱ Einführungȱ neuerȱ Managementinstrumenteȱ erreichtȱ werdenȱ sollte.ȱ Obwohlȱ sichȱ dieȱ LänderȱdurchȱeinenȱfrühenȱBeginnȱderȱReformaktivitätenȱsowieȱeineȱ Offenheitȱ gegenüberȱ denȱ Reformelementenȱ derȱ angelsächsischenȱ Länderȱ auszeichneten,ȱ verliefenȱ dieȱ Modernisierungsbestrebungenȱ imȱVergleichȱzurȱerstenȱGruppeȱruhigerȱundȱwenigerȱradikal.ȱ

Deutschland,ȱ Österreich,ȱ Schweizȱ

Dieȱ dritteȱ Gruppeȱ bildenȱ dieȱ Länderȱ Deutschland,ȱ Österreichȱ undȱ dieȱ Schweiz,ȱ dieȱ sichȱ durchȱ eineȱ eherȱ abwartendeȱ undȱ reservierteȱ Haltungȱ gegenüberȱ Publicȱ ManagementȬReformenȱ auszeichneten.ȱ DieȱModernisierungsbestrebungenȱinȱdiesenȱLändernȱbegannenȱspäȬ terȱ alsȱ inȱ denȱ erstenȱ beidenȱ Gruppenȱ undȱ wurdenȱ aufgrundȱ derȱ starkenȱAusprägungenȱ rechtsstaatlicherȱ DenkȬȱundȱVerhaltensmusȬ terȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ Weberschenȱ Bürokratieȱ erschwert.ȱ Insbesondereȱ inȱ Deutschlandȱ wurdenȱ Reformelementeȱ vereinzeltȱ undȱ zunächstȱ ohneȱ grundlegendesȱ Gesamtkonzeptȱ eingeführt,ȱ daȱ dieȱ kommunaleȱ Ebeneȱ denȱ Ausgangspunktȱ zahlreicherȱ Initiativenȱ bildete.ȱAuchȱ inȱ diesenȱ Ländernȱ bildeteȱ dieȱ Binnenmodernisierungȱ denȱ Schwerpunktȱ derȱ Reformen.ȱ Dieȱ Umstellungȱ desȱ RechnungsȬ wesensȱ vonȱ derȱ Kameralistikȱ zurȱ Doppik,ȱ einȱ verändertesȱ PersoȬ nalmanagementȱsowieȱeineȱverstärkteȱKundenȬȱundȱWirkungsorienȬ tierungȱwarenȱweitereȱwichtigeȱPunkteȱderȱReformagenda.ȱ Zusammenfassendȱ zeigtȱ derȱ internationaleȱ Ländervergleichȱ (vgl.ȱ ausführlichȱ Ritz/Thomȱ 2000)ȱ eineȱ zunehmendeȱAbkehrȱ vomȱ klassiȬ schenȱ Bürokratiemodellȱ Maxȱ Webersȱ durchȱ dieȱ Einführungȱ neuerȱ

14ȱ

Theoretische Grundlagen des Public Managements

1.4

Managementmethoden,ȱ eineȱ zunehmendeȱ KundenȬȱ undȱ BürgeroriȬ entierungȱ sowieȱ eineȱumfassendeȱAufgabenkritikȱ mitȱ demȱ Resultatȱ derȱAuslagerungȱ undȱ Privatisierungȱ vormalsȱ staatlicherȱAufgabenȬ bereiche.ȱ Dieȱ Vorgehensweiseȱ undȱ derȱ Entwicklungsstandȱ desȱ ReȬ formprozessesȱsowieȱdieȱSchwerpunkteȱimȱRahmenȱderȱModernisieȬ rungsbestrebungenȱ derȱ Verwaltungsführungȱ unterscheidenȱ sichȱ jeȬ dochȱ inȱ denȱ einzelnenȱ Ländernȱ erheblichȱ undȱ führenȱ somitȱ zuȱ einemȱ unterschiedlichenȱ Aussehenȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ inȱ denȱ betrachtetenȱNationen.ȱ

1.4

Theoretische Grundlagen des Public Managements

Inȱ derȱ Literaturȱ herrschtȱ rechtȱ großeȱ Übereinstimmungȱ darüber,ȱ dassȱ dieȱ Verwaltungsreformȱ keinenȱ eigenständigenȱ theoretischenȱ Unterbauȱbesitzt,ȱsondernȱaufȱmehrerenȱtheoretischenȱAnsätzenȱbaȬ siertȱ (vgl.ȱ Ritzȱ 2003a;ȱ Grüningȱ 2000;ȱ Reichardȱ 1992:ȱ 843ȱ f.ȱ undȱAuȬ coinȱ1990:ȱ235ȱff.).ȱImȱFolgendenȱwerdenȱdieȱwesentlichenȱGrundlaȬ genȱ desȱ Publicȱ Managementsȱ ausgewähltȱ undȱ ausȱ ökonomischerȱ Perspektiveȱdargestellt.ȱEsȱhandeltȱsichȱdabeiȱumȱzweiȱAnsätzeȱderȱ Modernenȱ Institutionenökonomieȱ sowieȱ umȱ jenenȱ desȱ ManageriaȬ lismus.ȱ

1.4.1

Public Choice und die Rolle der Bürokratie

Dieȱ Publicȱ ChoiceȬTheorieȱ kannȱ ebensoȱ wieȱ dieȱ verschiedenenȱAnȬ sätzeȱderȱnachfolgendȱerläutertenȱNeuenȱInstitutionenökonomieȱunȬ terȱ demȱ Begriffȱ derȱ Modernenȱ Institutionenökonomieȱ subsumiertȱ werdenȱ(vgl.ȱGrüningȱ2000:ȱ196).ȱDieȱPublicȱChoiceȬTheorieȱhatȱihȬ renȱUrsprungȱinȱdenȱPolitikȬȱundȱFinanzwissenschaftenȱundȱwurdeȱ auchȱvonȱwohlfahrtsökonomischenȱStrömungenȱgeprägtȱ(vgl.ȱBraunȱ 1999:ȱ55).ȱObwohlȱgrundlegendeȱTheoriebausteineȱderȱPublicȱChoiȬ ceȬTheorieȱ bisȱ zuȱ Adamȱ Smithȱ undȱ seinemȱ 1776ȱ veröffentlichtenȱ Werkȱ „Wealthȱ ofȱ Nations“ȱ zurückreichen,ȱ wurdenȱ dieȱ ImplikatioȬ nen,ȱwelcheȱdieȱökonomischeȱTheorieȱauchȱfürȱdenȱöffentlichenȱSekȬ torȱ hat,ȱ erstȱ inȱ denȱ 1960erȱ Jahrenȱ durchȱ Jamesȱ Buchananȱ undȱ GorȬ denȱTullockȱaufgezeigt.ȱPublicȱChoiceȱkennzeichnetȱdieȱAnwendungȱ derȱ ökonomischenȱ Theorieȱ (insbesondereȱ derȱ neoklassischenȱ WirtȬ schaftstheorie)ȱimȱRahmenȱderȱPolitikwissenschaftenȱresp.ȱdieȱökoȬ nomischeȱ Analyseȱ vonȱ nichtȬmarktorientiertemȱ EntscheidungsverȬ

Staatsversagenȱ imȱZentrumȱ

15ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

haltenȱ (vgl.ȱ Ott/Winkelȱ 1985:ȱ 38ȱ f.).ȱ Imȱ Zentrumȱ derȱ Analyseȱ stehtȱ dasȱStaatsversagen,ȱdasȱunterȱderȱgrundlegendenȱAnnahmeȱdesȱmeȬ thodologischenȱ Individualismusȱ untersuchtȱ wird.ȱ Menschlichesȱ Verhaltenȱ istȱ demnachȱ ausȱ demȱ Blickwinkelȱ derȱ Publicȱ ChoiceȬ Theorieȱrationalȱundȱnutzenmaximierendȱ(vgl.ȱMuellerȱ2003:ȱ1).ȱ

MethodoloȬ gischerȱIndiviȬ dualismusȱ

Abbildungȱ1ȱ

Dieȱ Publicȱ ChoiceȬTheorieȱ gliedertȱ sichȱ inȱ verschiedeneȱ inhaltlicheȱ Strängeȱ (vgl.ȱ Braunȱ 1999:ȱ 137ȱ f.).ȱ Zumȱ einenȱ stehtȱ dieȱ Beziehungȱ zwischenȱ rationalenȱ Wählernȱ undȱ politischenȱ Parteienȱ undȱ damitȱ derȱProzessȱderȱpolitischenȱWillensbildungȱimȱMittelpunktȱdesȱInteȬ resses,ȱ zumȱ anderenȱ wirdȱ derȱ Prozessȱ derȱ Umsetzungȱ politischerȱ Entscheidungenȱ durchȱ dieȱ Betrachtungȱ vonȱ Politikernȱ undȱ derenȱ Berücksichtigungȱ vonȱ Interessensgruppenȱ thematisiert.ȱ Einȱ dritterȱ StrangȱderȱPublicȱChoiceȬTheorieȱwidmetȱsichȱdemȱVerhältnisȱzwiȬ schenȱ sog.ȱ „Ämtern“ȱ undȱ ihrenȱ Mitarbeiternȱ sowieȱ Politikern.ȱ Imȱ MittelpunktȱdiesesȱForschungsschwerpunktsȱstehtȱdieȱFrage,ȱmittelsȱ welcherȱRationalitätȱdasȱbürokratischeȱHandelnȱgesteuertȱwirdȱ(vgl.ȱ Braunȱ1999:ȱ138).ȱAusgehendȱvonȱderȱGrundannahmeȱdesȱmethodoȬ logischenȱIndividualismusȱundȱdenȱdarausȱfolgendenȱRationalitätsȬ regelnȱwidersprechenȱVertreterȱderȱPublicȱChoiceȬTheorieȱMaxȱWeȬ bersȱ Bürokratiethese,ȱ nachȱ welcherȱ derȱ rationalȬlegaleȱ HerrschaftsȬ typȱdieȱhöchsteȱFormȱdesȱVerwaltungshandelnsȱdarstellt.ȱSieȱgehenȱ imȱGegensatzȱzuȱWeberȱdavonȱaus,ȱdassȱVerwaltungsangestellteȱihȬ reȱAufgabenȱ nichtȱ inȱ bedingungsloserȱ Loyalitätȱ erledigen,ȱ sondernȱ durchȱ Eigeninteresseȱ motiviertȱ werdenȱ undȱ versuchen,ȱ beiȱ ihrenȱ HandlungenȱihrenȱeigenenȱNutzenȱzuȱmaximieren.ȱȱ

ErklärungȱpolitischerȱProzesseȱdurchȱdieȱPublicȱChoiceȬTheorieȱ Erklärung politischer Prozesse

u Kollektives (staatliches) Handeln als Ergebnis der Aggregation individueller Präferenzen

u Eigennutzenmaximierende Akteure („budgetmaximierende Bürokraten“)

ȱ

Alsȱ Konsequenzȱ istȱ dasȱ Entscheidungsverhaltenȱ vonȱ Politikernȱ dasȱ Ergebnisȱ derȱ Summeȱ allerȱ individuellenȱ Präferenzenȱ derȱ ExekutivȬ kräfteȱ undȱ Beamten.ȱAbbildungȱ1ȱ zeigtȱ schematisch,ȱ wieȱ politischeȱ EntscheidungsprozesseȱausȱdieserȱSichtȱbegründetȱwerden.ȱȱ

16ȱ

Theoretische Grundlagen des Public Managements

1.4

Imȱ Folgendenȱ werdenȱ dieȱ beidenȱ zentralenȱ Vertreterȱ dieserȱ RichȬ tungȱdargestellt.ȱ 1.4.1.1

Niskanens Bürokratiemodell

Lautȱ Williamȱ A.ȱ Niskanenȱ handelnȱ Beamteȱ ausȱ unterschiedlichenȱ Motivgründen,ȱ dieȱ jedochȱ immerȱ aufȱ Eigeninteresseȱ basierenȱ (vgl.ȱ Niskanenȱ1974:ȱ208ȱf.).ȱIhreȱInteressenȱkönnenȱsieȱamȱbestenȱdurchȱ Budgetmaximierungȱ verwirklichen,ȱ sodassȱ sichȱ Administratorenȱ letztlichȱ alsȱ eigennutzenȬȱ bzw.ȱ budgetmaximierendeȱ Bürokratenȱ verhalten.ȱ Dieȱ Politikȱ istȱ sehrȱ eingeschränktȱ hinsichtlichȱ derȱ KonȬ trollmöglichkeitenȱdiesesȱVerhaltens,ȱdaȱdieȱBerechnungsgrundlageȱ fürȱ dieȱ Leistungenȱ derȱ Ämterȱ intransparentȱ bleibt,ȱ dieȱ Ämterȱ einȱ funktionalesȱ Monopolȱ besitzenȱ undȱ dieȱ Politikerȱ sichȱ häufigȱ selbstȱ nichtȱeinstimmigȱverhalten.ȱ

BudgetmaxiȬ mierendeȱȱ Bürokratenȱ

UmȱdasȱdadurchȱgefährdeteȱPrimatȱderȱPolitikȱwiederȱherzustellen,ȱ istȱeinerseitsȱmehrȱWettbewerbȱzwischenȱdenȱBehördenȱnotwendig,ȱ damitȱ dieȱ monopolistischeȱ Positionȱ derȱ Bürokratieȱ eingedämmtȱ werdenȱkann,ȱsowieȱandererseitsȱeineȱleistungsgerechteȱEntlohnungȱ derȱ Beamten,ȱ wobeiȱ möglichstȱ effizientesȱ (budgetminimierendes)ȱ Verhaltenȱhonoriertȱwerdenȱsollteȱ(vgl.ȱNiskanenȱ1974:ȱ221ȱf.).ȱȱ

Mehrȱ Wettbewerbȱ

Dieȱ Auswirkungenȱ dieserȱ theoretischenȱ Überlegungenȱ zeigenȱ sichȱ imȱRahmenȱderȱStrukturreformȱvonȱPublicȱManagement:ȱTrennungȱ derȱ ProduzentenȬȱ undȱ derȱ Gewährleistungsrolleȱ sowieȱ Einführungȱ vonȱmarktwirtschaftlichenȱSteuerungsinstrumentenȱundȱmehrȱWettȬ bewerbȱ (vgl.ȱ Budäus/Grüningȱ 1998:ȱ 7).ȱ Dieȱ Ansätzeȱ desȱ PersonalȬ managementsȱimȱPublicȱManagementȱ(LeistungsȬȱundȱZielvereinbaȬ rung,ȱ Mitarbeiterbeurteilung,ȱ neueȱ Führungsstile,ȱ leistungsorienȬ tierteȱ Entlohnungssystemeȱ usw.)ȱ gründenȱ auchȱ inȱ denȱ Annahmenȱ derȱ Publicȱ ChoiceȬTheorieȱ überȱ dasȱ nutzenmaximierendeȱ IndiviȬ duumȱ(vgl.ȱBudäus/Grüningȱ1998:ȱ7).ȱȱ

Trennungȱ Strategieȱundȱ Operationȱ

1.4.1.2

Downs Bürokratiemodell

Währendȱ Niskanenȱ v.ȱa.ȱ dieȱ Beziehungȱ zwischenȱ bürokratischenȱ ÄmternȱundȱpolitischenȱEntscheidungsträgernȱbeleuchtete,ȱwidmeteȱ sichȱAnthonyȱDownsȱderȱinternenȱHandlungsdynamikȱvonȱÄmternȱ (vgl.ȱ Braunȱ 1999:ȱ 138ȱ f.).ȱ Ähnlichȱ wieȱ Niskanenȱ gehtȱ auchȱ Downsȱ vonȱBürokratenȱmitȱegoistischenȱMotivenȱaus,ȱwelcheȱdieȱfünfȱIdealȬ typenȱ vonȱ Verwaltungsbeamtenȱ bestimmen:ȱ Aufsteiger,ȱ Bewahrer,ȱ Eiferer,ȱ Anwälteȱ undȱ Staatsdienerȱ handelnȱ ausȱ unterschiedlichenȱ MotivlagenȱundȱprägenȱwesentlichȱdasȱHandelnȱvonȱbürokratischenȱ Organisationenȱ (vgl.ȱ Downsȱ 1974:ȱ 202).ȱ Downsȱ identifiziertȱ einenȱ

Beamtentypȱ undȱÄmterȱ

17ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

LebenszyklusȱvonȱÄmtern,ȱderȱvonȱdemȱmaßgeblichȱvorherrschenȬ denȱ Idealtypȱ anȱ Verwaltungsbeamtenȱ festgelegtȱ wird.ȱ Neueȱ Ämterȱ entstehenȱdurchȱEifererȱundȱAufsteiger,ȱverlierenȱaberȱimȱLaufeȱderȱ Zeitȱ anȱ Wachstumsdynamik,ȱ zeigenȱ einȱ zunehmendȱ konservativesȱ Verhaltenȱ undȱ verzeichnenȱ einenȱ steigendenȱ Anteilȱ anȱ Bewahrern.ȱ Ausȱ dieserȱ Logikȱ herausȱ folgertȱ Downs,ȱ dassȱ nichtȱ alleȱ Ämterȱ dasȱ ZielȱderȱBudgetmaximierungȱverfolgen,ȱsondernȱdassȱdiesȱvomȱAlȬ terȱdesȱAmtesȱundȱdemȱvorherrschendenȱBeamtentypusȱabhängt.ȱȱ KontrollȬ versagenȱ

Weiterhinȱ erklärtȱ Downs,ȱ dassȱ Bürokratienȱ durchȱ dieȱ hierarchischeȱ Koordination,ȱ ihreȱ Größeȱ sowieȱ dieȱ eigeninteressiertenȱ VerwalȬ tungsbeamtenȱ ineffizientȱ handelnȱ (vgl.ȱ Downsȱ 1974:ȱ 199ȱ ff.).ȱ Mitȱ steigenderȱ Größeȱ beobachtetȱ Downsȱ einȱ Versagenȱ derȱ KoordinatiȬ onsȬȱ undȱ Kontrollstrukturen,ȱ wasȱ zuȱ einemȱ erhöhtenȱAufwandȱ fürȱ dieȱKontrollmechanismenȱseitensȱderȱAmtsleitungȱführt.ȱDiesȱführtȱ zuȱeinerȱAusweitungȱderȱGesamtgrößeȱdesȱAmts,ȱworausȱwiederumȱ erhöhteȱ Kontrollanforderungenȱ entstehen.ȱ Dieseȱ Spiraleȱ führtȱ lautȱ Downsȱdazu,ȱdassȱÄmterȱimmerȱaufgeblähterȱwerden,ȱdaȱauchȱdieȱ Kontrollinstanzenȱ ausȱ Eigeninteresseȱ versuchen,ȱ ihreȱ Leistungenȱ auszuweiten,ȱumȱsomitȱihreȱMachtpositionȱzuȱstärken.ȱ

Regulierungȱ

Downsȱ Hypothesenȱ lassenȱ sichȱ sehrȱ gutȱ anȱ zahlreichenȱ UnternehȬ menȱderȱDaseinsvorsorgeȱ(StromȬ,ȱWasserversorgung,ȱAbfallentsorȬ gung,ȱ Post,ȱ Telekommunikation,ȱ Rundfunkȱ etc.)ȱ verdeutlichen.ȱ DurchȱderegulierendeȱMaßnahmenȱwurdenȱausȱehemaligenȱVerwalȬ tungenȱUnternehmenȱimȱWettbewerb.ȱZurȱKontrolleȱvonȱProblemenȱ derȱ Kommerzialisierungȱ sowieȱ zurȱ Gewährleistungȱ vonȱ DaseinsȬ vorsorgeȱ undȱ Zukunftssicherungȱ erließenȱ dieȱ Gesetzgeberȱ immerȱ mehrȱ Vorgabenȱ undȱ Verordnungen.ȱ Fürȱ dieȱ Überwachungȱ dieserȱ VorschriftenȱsindȱnunȱRegulierungsbehördenȱverantwortlich,ȱdieȱihȬ rerseitsȱ ständigȱ wachsenȱ undȱ teilweiseȱ bereitsȱ dieȱ Größeȱ desȱ urȬ sprünglichenȱ Verwaltungsbetriebsȱ überschrittenȱ habenȱ (vgl.ȱ EichȬ hornȱ1999:ȱ20).ȱ

1.4.2 Institutionenȱ

18ȱ

Neue Institutionenökonomie

Dieȱ Neueȱ Institutionenökonomieȱ wirdȱ imȱAllgemeinenȱ aufȱ Ronaldȱ H.ȱCoaseȱzurückgeführtȱundȱbefasstȱsichȱmitȱderȱAnalyseȱvonȱInstiȬ tutionen,ȱ inȱ derenȱ Rahmenȱ sichȱ derȱ ökonomischeȱ Austauschȱ vollȬ zieht.ȱDasȱZielȱderȱverschiedenenȱAnsätzeȱbestehtȱdarin,ȱdieȱStrukȬ tur,ȱ dieȱ Verhaltenswirkungen,ȱ dieȱ Effizienzȱ undȱ denȱ Wandelȱ vonȱ ökonomischenȱ Institutionenȱ zuȱ erklärenȱ (vgl.ȱ Ebers/Gotschȱ 2006:ȱ 247).ȱDerȱBegriffȱderȱInstitutionȱwirdȱdabeiȱsehrȱweitreichendȱinterȬ pretiert.ȱUnternehmen,ȱMarktwirtschaft,ȱVerträge,ȱDemokratie,ȱStaatȱ

Theoretische Grundlagen des Public Managements

1.4

undȱ Verfassungȱ sindȱ nurȱ einigeȱ Beispieleȱ fürȱ Institutionen,ȱ dieȱ mitȱ derȱ Neuenȱ Institutionenökonomieȱ erklärtȱ werdenȱ könnenȱ (vgl.ȱ GöȬ belȱ 2002:ȱ 1).ȱ Imȱ Folgendenȱ werdenȱ dieȱ dreiȱ zentralenȱ Ansätzeȱ derȱ Neuenȱ Institutionenökonomieȱ dargestelltȱ undȱ ihreȱ Bedeutungȱ imȱ RahmenȱdesȱPublicȱManagementsȱerläutert.ȱ 1.4.2.1

Property Rights-Theorie

Derȱ Wertȱ vonȱ Güternȱ undȱ Dienstleistungenȱ sowieȱ dieȱ Handlungenȱ vonȱMenschenȱhängenȱvonȱjenenȱRechtenȱab,ȱdieȱihnenȱzugeordnetȱ werdenȱ (vgl.ȱ Ritzȱ 2003a:ȱ 142).ȱ Dabeiȱ könnenȱ dieȱ Rechteȱ aufȱ GüterȬ nutzung,ȱ aufȱ Güterveränderung,ȱ aufȱ Gewinnaneignungȱ undȱ aufȱ Güterveräußerungȱunterschiedenȱwerden.ȱDieȱAuswirkungenȱdieserȱ HandlungsȬȱundȱVerfügungsrechteȱaufȱdasȱVerhaltenȱvonȱIndividuȬ enȱsindȱderȱUntersuchungsgegenstandȱderȱPropertyȱRightsȬTheorieȱ (vgl.ȱ Göbelȱ 2002:ȱ 61).ȱ Dieȱ Propertyȱ RightsȬTheorieȱ gehtȱ davonȱ aus,ȱ dassȱIndividuenȱbeiȱgegebenenȱVerfügungsrechtsstrukturenȱdieȱResȬ sourcenȱ soȱ einsetzen,ȱ dassȱ sieȱ ihrenȱ Nettonutzenȱ maximierenȱ (vgl.ȱ Ebers/Gotschȱ 2006:ȱ 249).ȱ Darausȱ lässtȱ sichȱ folgern,ȱ dassȱ dieȱ VerfüȬ gungsrechteȱmöglichstȱvollständigȱundȱmöglichstȱeindeutigȱaufȱausȬ schließlichȱ einȱ Individuumȱ übertragenȱ werdenȱ sollten,ȱ damitȱ dieȬ semȱAkteurȱalleȱpositivenȱundȱnegativenȱKonsequenzenȱseinesȱHanȬ delnsȱzugeordnetȱwerdenȱkönnenȱ(vgl.ȱRitzȱ2003a:ȱ142ȱf.).ȱNurȱunterȱ diesenȱ Voraussetzungenȱ wirdȱ einȱ Individuumȱ anȱ einerȱ rationalenȱ Ressourcennutzungȱ interessiertȱ sei,ȱ ohneȱ seineȱ Erträgeȱ aufȱ Kostenȱ andererȱIndividuenȱzuȱmehren.ȱȱ

VerfügungsȬ rechteȱ

Imȱ Rahmenȱ derȱ Publicȱ ManagementȬReformenȱ wirdȱ dieȱ Propertyȱ RightsȬTheorieȱinȱdemȱBemühenȱdeutlich,ȱFreiräumeȱfürȱdieȱVerwalȬ tungsangestelltenȱ zuȱ schaffen,ȱ dieȱ sieȱ zuȱ eigenverantwortlichemȱ Handelnȱanimieren,ȱsieȱaberȱauchȱdieȱKonsequenzenȱihresȱHandelnsȱ tragenȱlassen.ȱDieȱZusammenlegungȱvonȱFachȬȱundȱRessourcenverȬ antwortung,ȱ dieȱ Budgetierungȱ mitȱ derȱ Eröffnungȱ vonȱ EntscheiȬ dungsfreiheitenȱ hinsichtlichȱ derȱ Ressourcenverwendungȱ sowieȱ dasȱ Kontraktmanagement,ȱ imȱ Rahmenȱ dessenȱ nurȱ Ziele,ȱ nichtȱ jedochȱ dieȱ Wegeȱ zurȱ Zielerreichungȱ vorgegebenȱ werden,ȱ sindȱ wesentlicheȱ Teilbereicheȱ derȱ Reformbewegung,ȱ dieȱ demȱ Grundgedankenȱ derȱ PropertyȱRightsȬTheorieȱfolgenȱ(vgl.ȱReinermannȱ2000:ȱ89).ȱ

EigenverantȬ wortlichesȱ Handelnȱ

19ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

1.4.2.2

InformationsȬ vorsprungȱ

VertragsȬ gestaltungȱ

Principal Agent-Theorie

Dieȱ Leitideeȱ desȱ PrincipalȱAgentȬAnsatzesȱ istȱ dieȱ Bewältigungȱ vonȱ Zielkonflikten,ȱ dieȱ ausȱ einemȱ Vertragsverhältnisȱ zwischenȱ einemȱ AuftraggeberȱoderȱPrinzipalȱundȱeinemȱAuftragnehmerȱbzw.ȱAgenȬ tenȱ entstehenȱ könnenȱ (vgl.ȱ Arrowȱ 1991:ȱ 37ȱ f.).ȱ Dieȱ Institutionȱ desȱ Vertragsȱ stehtȱ somitȱ imȱ Mittelpunktȱ derȱ Betrachtungȱ (vgl.ȱ Ebers/ȱ Gotschȱ2006:ȱ258).ȱAufȱBasisȱeinerȱVereinbarungȱdelegiertȱderȱPrinȬ zipalȱ einenȱ Teilȱ seinerȱ Aufgabenȱ undȱ Entscheidungskompetenzenȱ anȱ denȱAgenten,ȱ derȱfürȱ seineȱ Tätigkeitȱ eineȱ Vergütungȱ erhält.ȱ Derȱ VorteilȱdiesesȱArrangementsȱbestehtȱfürȱdenȱPrinzipalȱdarin,ȱdassȱerȱ dasȱspezialisierteȱWissenȱdesȱAgentenȱzurȱVerfolgungȱeigenerȱInteȬ ressenȱ einsetzenȱ kann.ȱ Diesemȱ Vorteilȱ stehtȱ dieȱ Gefahrȱ gegenüber,ȱ dassȱ derȱ Agentȱ seinenȱ Informationsvorsprungȱ ausnutzt,ȱ umȱ stattȱ pflichtgemäßerȱ Aufgabenerfüllungȱ eigeneȱ Interessenȱ zumȱ Nachteilȱ desȱ Prinzipalsȱ zuȱ verfolgen.ȱ Diesesȱ Risikoȱ desȱ Prinzipalsȱ steigtȱ mitȱ fallenderȱ Verfügbarkeitȱ vonȱ Informationenȱ überȱ dieȱ Motiveȱ undȱ HandlungsmöglichkeitenȱdesȱAgenten.ȱ Dieȱ Principalȱ AgentȬTheorieȱ analysiertȱ dieȱ vertraglicheȱ Gestaltungȱ derȱ Beziehungenȱ zwischenȱ demȱ Prinzipalȱ undȱ demȱAgentenȱ unterȱ denȱ Bedingungenȱ ungleicherȱ Informationsverteilung,ȱ rationalenȱ Verhaltens,ȱ Unsicherheitȱ sowieȱ unterȱ Berücksichtigungȱ derȱ RisikoȬ verteilung.ȱDurchȱAnreizȬ,ȱKontrollȬȱundȱInformationsmechanismenȱ lassenȱ sichȱ dabeiȱ dieȱ Zielkonflikteȱ zwischenȱ Agentȱ undȱ Prinzipalȱ grundlegendȱ minimierenȱ undȱ Problemeȱ vonȱ Auftragsbeziehungenȱ effizientȱbehandeln.ȱȱ ImȱRahmenȱvonȱPublicȱManagementȱstellenȱdieȱFörderungȱderȱVerȬ waltungskulturȱ (bspw.ȱ durchȱ dieȱ Entwicklungȱ vonȱ Leitbildern,ȱ dieȱ MotivationȱundȱQualifikationȱderȱMitarbeiter,ȱeinȱaufȱdieȱZielorienȬ tierungȱ gerichtetesȱAnreizsystem)ȱ sowieȱ klareȱ Informationssystemeȱ (Kontraktmanagement,ȱControlling,ȱBerichtwesen)ȱwichtigeȱMechaȬ nismenȱ derȱ Principalȱ AgentȬTheorieȱ zurȱ Vermeidungȱ vonȱ ZielkonȬ fliktenȱdarȱ(vgl.ȱReinermannȱ2000:ȱ92).ȱ 1.4.2.3

ProduktionsȬȱ undȱTransaktiȬ onskostenȱ

20ȱ

Transaktionskostentheorie

DieȱTransaktionskostentheorieȱgehtȱzurückȱaufȱOliverȱE.ȱWilliamsonȱ undȱRonaldȱH.ȱCoase.ȱSieȱthematisiertȱdieȱFrage,ȱwelcheȱArtenȱvonȱ Transaktionenȱ inȱ welchenȱ institutionellenȱArrangementsȱ relativȱ amȱ kostengünstigstenȱ abgewickeltȱ undȱ organisiertȱ werdenȱ könnenȱ (Williamsonȱ 1985:ȱ 15ȱ ff.).ȱ Alsȱ Maßstabȱ derȱ Vorteilhaftigkeitȱ verȬ schiedenerȱinstitutionellerȱArrangementsȱwirdȱdieȱSummeȱausȱProȬ duktionsȬȱ undȱ Transaktionskostenȱ herangezogen,ȱ wobeiȱ letztereȱ inȱ exȱ anteȬȱ undȱ exȱ postȬKostenȱ unterteiltȱ werden,ȱ dieȱ VerhandlungsȬ,ȱ

Theoretische Grundlagen des Public Managements

1.4

InformationsȬ,ȱ Vertragskostenȱ sowieȱ Kostenȱ fürȱ dieȱ Absicherung,ȱ Durchsetzungȱundȱevtl.ȱAnpassungȱderȱvertraglichenȱVereinbarungȱ umfassen.ȱȱ DieȱVerhaltensannahmenȱderȱTransaktionskostentheorieȱgehenȱzumȱ einenȱ vonȱ derȱ begrenztenȱ Rationalitätȱ bzw.ȱ Denkfähigkeitȱ derȱ AkȬ teureȱundȱzumȱanderenȱvonȱOpportunismusȱderȱVertragspartnerȱbeiȱ unvollständigerȱInformationslageȱausȱ(vgl.ȱRitzȱ2003a:ȱ137).ȱDieȱdaȬ mitȱ verbundeneȱ Unsicherheitȱ führtȱ ebensoȱ wieȱ dieȱ Unsicherheitȱ überȱdieȱsituativenȱBedingungenȱderȱTransaktionȱundȱtransaktionsȬ spezifischeȱInvestitionenȱzuȱeinerȱErhöhungȱderȱTransaktionskosten,ȱ währendȱ dieȱ Häufigkeitȱ einerȱ Transaktionȱ derenȱ Kostenȱ sinkenȱ lässt.ȱȱ

Begrenzteȱ Rationalitätȱȱ

Esȱ existierenȱ dreiȱ grundlegendeȱ institutionelleȱ Arrangements,ȱ inȬ nerhalbȱdererȱTransaktionenȱstattfindenȱkönnenȱundȱdieȱsichȱinȱBeȬ zugȱ aufȱ Anreizstrukturen,ȱ dasȱ Ausmaßȱ bürokratischerȱ Steuerungȱ undȱKontrolleȱsowieȱdieȱAnpassungsfähigkeitȱunterscheiden:ȱMarkt,ȱ HierarchieȱundȱalsȱZwischenformȱNetzwerke.ȱDieȱTransaktionskosȬ tentheorieȱpostuliertȱnun,ȱdassȱeineȱgegebeneȱTransaktionȱunterȱdenȱ genanntenȱ Verhaltensannahmenȱ umȱ soȱ effizienterȱ organisiertȱ undȱ abgewickeltȱwerdenȱ kann,ȱ jeȱ besserȱdieȱ CharakteristikaȱdesȱinstituȬ tionellenȱArrangementsȱdenȱsichȱausȱdenȱCharakteristikaȱderȱabzuȬ wickelndenȱTransaktionȱergebendenȱAnforderungenȱentsprechen.ȱ

Markt,ȱHierarȬ chie,ȱNetzwerkeȱ

Inȱ Bezugȱ aufȱ Publicȱ Managementȱ wirdȱ derȱ Einflussȱ derȱ TransaktiȬ onskostentheorieȱbeiȱderȱEntscheidungȱüberȱdieȱEigenȬȱoderȱFremdȬ erstellungȱ öffentlicherȱ Leistungenȱ deutlichȱ (vgl.ȱ Reichardȱ 2002a:ȱ 592).ȱ Eineȱ sorgfältigeȱ Abwägungȱ vonȱ „makeȬorȬbuy“ȬEntscheidunȬ genȱ wirdȱ zuȱ einemȱ immerȱ wichtigerenȱ Themaȱ imȱ Rahmenȱ derȱ ReȬ formprozesseȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ (vgl.ȱ Eichhornȱ 1997:ȱ 96ȱ ff.).ȱ Aufgabenkritik,ȱ Outsourcing,ȱ Privatisierung,ȱ CenterȬKonzepteȱ soȬ wieȱ Bürgerämterȱ undȱ Selbstbedienungȱ vonȱ Bürgernȱ mitȱ VerwalȬ tungsleistungenȱ entspringenȱ somitȱ transaktionskostentheoretischenȱ Überlegungenȱ(vgl.ȱReinermannȱ2000:ȱ88).ȱ

MakeȬorȬBuy

1.4.3

Managerialismus

Dieȱ starkeȱ Bedeutungszunahmeȱ derȱ Managementfunktionȱ inȱ derȱ VerwaltungȱinȱZusammenhangȱmitȱdemȱPublicȱManagementȱführteȱ zuȱerheblicherȱKritikȱanȱbetriebswirtschaftlichenȱKonzeptionen,ȱdieȱ z.ȱT.ȱvorbehaltlosȱinȱdasȱVerwaltungssystemȱübertragenȱwurden.ȱEiȬ neȱsolcheȱkritikloseȱÜbernahmeȱistȱzuȱhinterfragen,ȱdarfȱjedochȱnichtȱ zurȱ gänzlichenȱ Verurteilungȱ vonȱ Managementansätzenȱ führen,ȱ deȬ renȱ Beitragȱ zurȱ MotivationsȬ,ȱ EffizienzȬȱ undȱ Effektivitätssteigerungȱ

ManagementȬ leitfädenȱ

21ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

eineȱ langeȱ Traditionȱ aufweist.ȱ Inȱ derȱ Literaturȱ reichenȱ dieȱ UrȬ sprüngeȱ derȱ erstenȱ Managementleitfädenȱ bisȱ insȱAlteȱ Ägyptenȱ zuȬ rückȱundȱfindenȱinȱAdamȱSmith,ȱHenriȱFayol,ȱFrederickȱTaylor,ȱPeȬ terȱDruckerȱsowieȱinȱpopulärenȱAutorenȱwieȱTomȱPetersȱundȱRobertȱ WatermanȱihreȱFortsetzungȱbisȱheuteȱ(vgl.ȱKieserȱ2002:ȱ65ȱff.).ȱ POSDCoRBȱ

GroßeȱBedeutungȱkamȱdabeiȱderȱAdministrationstheorieȱvonȱHenriȱ Fayolȱzu.ȱDieserȱentwarfȱeinenȱerstenȱsystematischenȱBezugsrahmenȱ fürȱdieȱManagementlehre,ȱindemȱerȱManagementȱalsȱeineȱKombinaȬ tionȱ unterschiedlicherȱ Teilfunktionenȱ charakterisierteȱ (vgl.ȱ SteinȬ mann/Schreyöggȱ2005:ȱ47ȱf.).ȱVorausschauȱundȱPlanung,ȱOrganisatiȬ on,ȱLeitungȱbzw.ȱAnweisung,ȱKoordinationȱsowieȱKontrolleȱbildetenȱ lautȱ Fayolȱ dieȱ unterschiedlichenȱ Teilschritteȱ desȱ ManagementproȬ zesses,ȱ dieȱ imȱAllgemeinenȱ nichtȱ nurȱ inhaltlich,ȱ sondernȱ auchȱ zeitȬ lichȱ aufeinanderȱ folgtenȱ (Wolfȱ 2005:ȱ 82).ȱ Darüberȱ hinausȱ definierteȱ Fayolȱ14ȱManagementȬPrinzipien,ȱdieȱdenȱFührungskräftenȱalsȱLeitȬ fadenȱ beiȱ derȱ Ausübungȱ ihrerȱ Managementaufgabeȱ dienenȱ solltenȱ (vgl.ȱFayolȱ1929).ȱAufbauendȱaufȱFayolsȱArbeitȱstelltenȱeinigeȱJahreȱ späterȱ Gulick/Urwickȱ eineȱ siebenteiligeȱ Systematikȱ zurȱ CharakteriȬ sierungȱ desȱ ManagementȬBegriffsȱ vor,ȱ dieȱ unterȱ demȱ Namenȱ desȱ „POSDCoRB“ȱ bekanntȱ wurde:ȱ Planning,ȱ Organizing,ȱ Staffing,ȱ DiȬ recting,ȱCoordinating,ȱReportingȱundȱBudgetingȱbildenȱeineȱfunktiȬ onaleȱ Zusammenstellungȱ derȱ Tätigkeitenȱ einesȱ Managers,ȱ dieȱ bisȱ heuteȱ inȱ teilweiseȱ modifizierterȱ Formȱ dieȱ Managementliteraturȱ prägtȱ(vgl.ȱStaehleȱ1999:ȱ27ȱf.).ȱ Pollittȱ begründeteȱ schließlichȱ denȱ alsȱ eineȱ Grundlageȱ derȱ Publicȱ ManagementȬBewegungȱ herangezogenenȱ Managerialismusȱ (vgl.ȱ Pollittȱ1990:ȱ27ȱff.).ȱDerȱManagerialismusȱstelltȱkeineȱinȱsichȱstimmiȬ geȱTheorieȱdar.ȱErȱkennzeichnetȱvielmehrȱdieȱAnwendungȱvonȱGlauȬ benssätzenȱundȱPraktiken,ȱsog.ȱManagementprinzipien,ȱaufȱspezifiȬ scheȱ Probleme.ȱ Ganzeȱ Managementleitfädenȱ entstehenȱ durchȱ dieȱ Identifikationȱ bewährterȱ Praktiken,ȱ welcheȱ inȱ Regelnȱ gefasstȱ werȬ den,ȱdamitȱsieȱvonȱanderenȱebenfallsȱerfolgreichȱangewandtȱwerdenȱ könnenȱ(vgl.ȱKieserȱ2002:ȱ65).ȱ

22ȱ

Theoretische Grundlagen des Public Managements

1.4 Abbildungȱ2ȱ

ErklärungȱsozialenȱFortschrittsȱdurchȱdenȱManagerialismusȱ Sozialer Fortschritt aufgrund der Steigerung ökonomischer Produktivität

u Bessere Technologien

u Anwendung der Technologien nur durch Arbeitskräfte, die Produktivitätsmaximierung verfolgen

u Professionelles Management ist zentrale Organisationsform für Produktivitätssteigerung

u Handlungsspielraum als Voraussetzung für professionelles Management

ȱ

Zurȱ Erreichungȱ sozialenȱ Fortschrittsȱ undȱ damitȱ zurȱ effektivenȱ LöȬ sungȱökonomischerȱundȱsozialerȱProblemeȱistȱausreichenderȱHandȬ lungsspielraumȱdieȱgrundsätzlicheȱVoraussetzung.ȱHandlungsspielȬ raumȱ ermöglichtȱ inȱ einerȱ Institutionȱ dieȱ Ausübungȱ vonȱ professioȬ nellemȱ Management,ȱ dasȱ alsȱ zentraleȱ Organisationsformȱ fürȱ dieȱ Erreichungȱ vonȱ Produktivitätszuwachsȱ gilt.ȱ Dieȱ ProduktivitätssteiȬ gerungȱ erfolgtȱ ihrerseitsȱ aufgrundȱ derȱ Anwendungȱ vonȱ TechnoloȬ gienȱ durchȱ Arbeitskräfte,ȱ welcheȱ dieȱ Produktivitätȱ zuȱ maximierenȱ versuchen.ȱ Esȱ kommtȱ aufgrundȱ derȱ Überlegungenȱ desȱ ManageriaȬ lismusȱ zuȱ einerȱ Verbesserungȱ derȱ Technologienȱ undȱ letztlichȱ zumȱ sozialenȱFortschrittȱ(vgl.ȱAbb.ȱ2).ȱ

HandlungsȬ spielraumȱ

Dieseȱ Gedankenfolgeȱ desȱ Managerialismusȱ führtȱ imȱ Rahmenȱ vonȱ PublicȱManagementȱzuȱeinerȱDekonzentrationȱderȱMacht,ȱdieȱdurchȱ Dezentralisation,ȱ Deregulationȱ undȱ Delegationȱ inȱ derȱ Verwaltungȱ erreichtȱ werdenȱ kann.ȱ Weitereȱ Folgenȱ davonȱ sindȱ dieȱ Entwicklungȱ einesȱ leistungsfähigenȱ Rechnungswesens,ȱ dieȱ Einführungȱ vonȱ ZielȬȱ undȱ Leistungsvereinbarungen,ȱ Leistungsmessungen,ȱ neueȱ FühȬ rungsstile,ȱ leistungsorientierteȱ Entlohnungssystemeȱ undȱ dieȱ PersoȬ nalentwicklung.ȱTypischeȱManagementkonzepte,ȱdieȱausȱdemȱprivaȬ tenȱSektorȱinȱdieȱöffentlicheȱVerwaltungȱübernommenȱwurden,ȱsindȱ z.ȱ B.ȱ Totalȱ Qualityȱ Management,ȱ Leanȱ Management,ȱ Businessȱ ProȬ cessȱReengineeringȱundȱdasȱKonzeptȱderȱUnternehmenskultur.ȱ

DekonzentratiȬ onȱderȱMachtȱ

23ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

1.5

Spannungsfelder und Gefahren bei Reformen

Inȱ diesemȱ Abschnittȱ werdenȱ zunächstȱ dieȱ verschiedenenȱ Ursachenȱ vonȱ Verwaltungsreformenȱ thematisiert.ȱ Anschließendȱ werdenȱ dieȱ grundsätzlichenȱKonfliktpunkteȱzwischenȱderȱdemȱPublicȱManageȬ mentȱ zuȱ Grundeȱ liegendenȱ Managementorientierungȱ undȱ denȱ bisȬ langȱ dominierendenȱ staatsrechtlichenȱ Prinzipienȱ erläutert,ȱ bevorȱ grundsätzlicheȱ mitȱ derȱ Durchführungȱ vonȱ Verwaltungsreformenȱ verbundeneȱRisikenȱdargestelltȱwerden.ȱ

1.5.1

Ursachen von Verwaltungsreformen

Beiȱ derȱ Frageȱ nachȱ denȱ Ursachenȱ vonȱ Reformprozessenȱ imȱ öffentȬ lichenȱ Sektorȱ könnenȱ dreiȱ Gruppenȱ vonȱ Erklärungsansätzenȱ unterȬ schiedenȱwerdenȱ(vgl.ȱLadnerȱetȱal.ȱ2000:ȱ153ȱff.).ȱDieȱzweiȱKategoȬ rienȱ derȱ GestaltungsȬȱ undȱ Steuerungsansätzeȱ fassenȱ Reformenȱ alsȱ Problemlösungsstrategienȱ auf,ȱ dieȱ immerȱ dortȱ initiiertȱ werden,ȱ woȱ dieȱ notwendigenȱ Ressourcenȱ inȱ ausreichendemȱ Maßeȱ vorhandenȱ sind.ȱȱ ReformfeindȬ lichkeitȱ

KrisenȬȱundȱSystemzusammenbruchansätzeȱgehenȱvonȱeinerȱgrundȬ sätzlichenȱ Reformfeindlichkeitȱ politischerȱ Systemeȱ aus.ȱ Daherȱ werȬ denȱReformenȱnurȱdannȱlanciert,ȱwennȱsichȱöffentlicheȱInstitutionenȱ mitȱ ihrenȱ traditionellenȱ Strukturenȱ inȱ einerȱ Kriseȱ befindenȱ undȱ dieȱ ihrȱ gesetztenȱ politischenȱ Zieleȱ zurȱ AufgabenȬȱ undȱ LeistungserfülȬ lungȱnichtȱerreichenȱkönnen,ȱsodassȱihreȱgrundlegendeȱExistenzȱbeȬ drohtȱistȱ(vgl.ȱRitzȱ2003a:ȱ103).ȱDabeiȱkönnenȱinȱöffentlichenȱInstituȬ tionenȱdieȱdreiȱKrisenartenȱLegitimitätsȬ,ȱInterdependenzȬȱundȱLeisȬ tungskriseȱ identifiziertȱ werden,ȱ dieȱ sichȱ hinsichtlichȱ derȱ bedrohtenȱ Organisationszieleȱunterscheidenȱ(vgl.ȱKapitelȱ1.2).ȱ InȱeinerȱdrittenȱKategorieȱwerdenȱsituativeȱAnsätzeȱundȱOpportuniȬ tätsansätzeȱzusammengefasst.ȱDieseȱAnsätzeȱbeinhaltenȱsowohlȱKriȬ senȬȱ alsȱ auchȱ Gestaltungselemente.ȱ Esȱ wirdȱ davonȱ ausgegangen,ȱ dassȱ bestimmteȱ wenigȱ vorhersehbareȱ Ereignisseȱ oderȱ KonstellatioȬ nenȱzurȱInitiierungȱeinesȱReformprozessesȱführen.ȱȱ

VerhaltensȬ orientierteȱȱ Ursachenȱ

24ȱ

Auchȱ ausȱ einerȱ verhaltensorientiertenȱ Perspektiveȱ giltȱ esȱ dieȱ UrsaȬ chenȱ vonȱ Verwaltungsreformenȱ zuȱ betrachten.ȱ Dabeiȱ sindȱ dieȱ folȬ gendenȱ Erkenntnisseȱ wegleitendȱ (vgl.ȱ Brunsson/SahlinȬAnderssonȱ 2000;ȱKieserȱ1996ȱundȱBrunsson/Olsenȱ1993:ȱ6ȱff.):ȱȱ

Spannungsfelder und Gefahren bei Reformen

1.5

1. Reformenȱ generierenȱ Reformen:ȱ Reformkonzepteȱ sindȱ klar,ȱ einȬ leuchtendȱ undȱ wirkenȱ wenigerȱ komplexȱ undȱ diffusȱ alsȱ derȱ OrȬ ganisationsalltag.ȱDarüberȱhinausȱwirdȱnurȱeinȱinȱsichȱgeschlosȬ senerȱLösungsansatzȱdargestellt,ȱderȱimȱGegensatzȱzuȱdenȱinȱderȱ RealitätȱvorkommendenȱInkonsistenzenȱundȱZielkonfliktenȱsteht.ȱ Schließlichȱ gebenȱ Reformenȱ vor,ȱ zielȬȱ undȱ zukunftsbezogeneȱ OrdnungȱinȱdieȱchaotischeȱGegenwartssituationȱzuȱbringen.ȱ 2. ReformenȱprofitierenȱvonȱProblemen:ȱAuchȱfunktionierendeȱOrȬ ganisationenȱhabenȱProblemstellen,ȱdieȱbeiȱeinerȱentsprechendenȱ Hervorhebungȱ dieȱ Sucheȱ nachȱ Lösungsansätzenȱ initiierenȱ könȬ nen.ȱȱ 3. Reformenȱ resultierenȱ ausȱ Lösungsansätzen:ȱ Nichtȱ dieȱ Problemeȱ alleineȱ lösenȱ Verwaltungsreformenȱ aus.ȱ Vielmehrȱ istȱ dasȱ AngeȬ botȱvonȱLösungsansätzenȱnotwendig,ȱumȱReformprozesseȱanzuȬ regen.ȱZahlreicheȱAngeboteȱstehenȱnichtȱnurȱinȱderȱOrganisation,ȱ sondernȱauchȱexternȱ(Beratungen,ȱUniversitäten)ȱzurȱVerfügungȱ undȱziehenȱReformerȱundȱzuȱReformierendeȱan.ȱ DieseȱErkenntnisseȱzuȱdenȱUrsachenȱvonȱReformprozessenȱfordernȱ dieȱ Führungskräfteȱ auf,ȱ darüberȱ nachzudenken,ȱ weshalbȱ ReformȬ ideenȱ aufkommenȱ undȱ Reformstrategienȱ initiiertȱ werden.ȱ Damitȱ kannȱ verhindertȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ einseitigeȱ Wahrnehmungȱ (sog.ȱ „FocusingȬEffekt“)ȱ vonȱ Ursachenȱ zuȱ wenigȱ Erfolgȱ versprechendenȱ Reformentscheidungenȱ führtȱ (vgl.ȱ Legrenziȱ etȱ al.ȱ 1993:ȱ 37ȱ ff.).ȱ BeiȬ spielsweiseȱmussȱhinterfragtȱwerden,ȱobȱdieȱsichȱvielerortsȱverbreiȬ tendenȱ Qualitätsmanagementkonzepteȱ eineȱAntwortȱ aufȱ einenȱ entȬ sprechendenȱBedarfȱsindȱoderȱobȱsieȱprimärȱaufgrundȱderȱverfügbaȬ renȱLösungsansätzeȱoderȱwegenȱparallelȱstattfindenderȱReformenȱinȱ anderenȱVerwaltungsstellenȱinitiiertȱwerden.ȱ

„FocusingȬ Effekt“ȱ

Reformenȱ imȱ politischȬadministrativenȱ Systemȱ könnenȱ aufȱ mehreȬ renȱ Ebenenȱ stattfinden.ȱ Jannȱ unterscheidetȱ folgendeȱ fünfȱ Ebenen,ȱ aufȱdenenȱgrundsätzlichȱBürokratieproblemeȱidentifiziertȱundȱkritiȬ siertȱwerdenȱundȱdieȱmitȱHilfeȱderȱReformbestrebungenȱgelöstȱwerȬ denȱsollenȱ(vgl.ȱJannȱ2004):ȱȱ

Reformebenen

1. DieȱAufgabenebene,ȱaufȱderȱkritisiertȱwird,ȱdassȱesȱzuȱvieleȱstaatȬ licheȱAufgabenȱundȱInterventionenȱgibt.ȱ 2. DieȱpolitischeȱRegulierungsebene,ȱaufȱderȱzuȱvieleȱunnötigeȱGeȬ setzeȱundȱVorschriftenȱexistieren.ȱ 3. Dieȱ administrativeȱ Regulierungsebene,ȱ dieȱ durchȱ komplizierte,ȱ widersprüchlicheȱundȱteureȱVorschriftenȱgekennzeichnetȱist.ȱ 4. Dieȱ ImplementationsȬȱ oderȱ Organisationsebene,ȱ dieȱ durchȱ dieȱ langsame,ȱ unfreundlicheȱ undȱ unqualifizierteȱ Umsetzungȱ vonȱ

25ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

intraȬorganisatorischenȱNormen,ȱd.ȱh.ȱinnerhalbȱvonȱöffentlichenȱ Verwaltungenȱsowieȱ 5. interȬorganisatorischȱ zwischenȱ öffentlichenȱ Organisationenȱ undȱ Ebenenȱcharakterisiertȱwird.ȱ Entscheidendȱ ist,ȱ dassȱ dieȱ dargestelltenȱ Bürokratieproblemeȱ nichtȱ nurȱ mitȱ Hilfeȱ einesȱ Instrumentsȱ gelöstȱ werdenȱ können.ȱ Vielmehrȱ sindȱ unterschiedlicheȱ Methodenȱ notwendig,ȱ umȱ dieȱ Problemeȱ derȱ verschiedenenȱEbenenȱzuȱlösen.ȱ

ImȱBlickpunktȱ

VerwaltungsreformenȱinȱderȱschweizerischenȱBundesverwaltungȱ Im September 2005 wurde von der schweizerischen Regierung eine umfassende Reform der Bundesverwaltung beschlossen. Die neun Querschnitts- sowie 25 Departementsprojekte wurden mit dem Ziel initiiert, Prozesse zu vereinfachen, Abläufe besser zu strukturieren sowie Strukturen innerhalb der Bundesverwaltung zu straffen. Dabei ist die Regierung als Gesamtes für die erfolgreiche Umsetzung der Verwaltungsreform verantwortlich, wobei den einzelnen Querschnittsprojekten jeweils ein Regierungsmitglied vorsteht. Die neun Kernprojekte verfolgen die untenstehenden Ziele:

„ „

Führung: Überprüfung der Führungsstrukturen aller Departemente (Ministerien)

„

Vereinfachung und Abbau der Regelungsdichte in Personalangelegenheiten: Vereinfachung der Verfahren und Entscheide

„ „

Beseitigung von Doppelspurigkeiten: Klärung von Schnittstellen

„

Vereinfachung von Verfahren, Abläufen und Dokumenten: Vereinfachung interner Prozesse und Kürzung von Dokumenten

„ „

Entrümpelung des Bundesrechts: Abbau nicht mehr nötiger Erlasse

„

Überprüfung der außerparlamentarischen Kommissionen: Reduktion der Anzahl außerparlamentarischer Kommissionen

Personalstrategie und Personalprozesse: Klärung der Rollen und Verantwortlichkeiten auf Ebene Bund, Departemente und Ämter, Shared Service Center

Straffung der Beschaffungsorganisation: Zentralisierung der Zuständigkeiten im Beschaffungswesen von 42 auf 2 Stellen

Konzentration der Bibliotheken und Dokumentationsstellen: Konzentration der rund 50 Bibliotheken

Darüber hinaus werden weitere 25 Projekte durchgeführt, für die die einzelnen Departemente verantwortlich sind. So sollen bspw. Abteilungen bzw. Aufgaben ausgelagert oder zusammengelegt, Schnittstellen überprüft sowie Personal abgebaut werden. Insgesamt ist die Verwaltungsreform Teil einer umfassenden Sanierungsstrategie für den Bundeshaushalt. Die Projekte sollen weitestgehend mit bundesinternen personellen Ressourcen umgesetzt und in einem Zeitraum von gut 2 Jahren (2006 bis 2007) abgeschlossen werden.

26ȱ

Spannungsfelder und Gefahren bei Reformen

1.5.2

1.5

Staatsleitende Prinzipien und Public Management

Dieȱ inȱ denȱ vorangegangenenȱ Abschnittenȱ skizziertenȱ ReformursaȬ chenȱundȱȬansätzeȱdesȱPublicȱManagementsȱführenȱzwangsläufigȱzuȱ Spannungsfeldernȱ mitȱ denȱ Grundprinzipienȱ desȱ modernenȱ Staats.ȱ Soȱ sindȱ inȱ denȱ meistenȱ Grundrechtstextenȱ westlicherȱ Demokratienȱ mehrheitlichȱstaatlicheȱAufgabengebieteȱundȱallenfallsȱZieleȱstaatliȬ cherȱ Tätigkeitenȱ genannt,ȱ dochȱ werdenȱ dieȱ staatsleitendenȱ PrinziȬ penȱ alsȱ umfassendeȱ Ordnungskriterienȱ nichtȱ festgehalten.ȱ MastroȬ nardiȱ hatȱ dieseȱ Prinzipienȱ inȱ Verbindungȱ mitȱ Publicȱ Managementȱ exemplarischȱ dargestelltȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 3).ȱ Dasȱ schraffierteȱ Dreieckȱ inȱ derȱAbbildungȱ kennzeichnetȱ denȱ Wirkungsbereichȱ vonȱ Publicȱ MaȬ nagementȱinȱseinerȱbetriebswirtschaftlichenȱFassung.ȱEineȱIntegratiȬ onȱdesȱneuenȱFührungsansatzesȱinȱdieȱstaatspolitischenȱAbläufeȱundȱ StrukturenȱhätteȱeineȱAusweitungȱdesȱWirkungsbereichsȱvonȱPublicȱ Managementȱi.ȱS.ȱderȱgestricheltenȱLinieȱzurȱFolgeȱ(vgl.ȱMastronarȬ di/Schedlerȱ2004:ȱ61ȱff.).ȱ

Keineȱ OrdnungsȬ kriterienȱ

Abbildungȱ3ȱ

PublicȱManagementȱimȱSpannungsfeldȱstaatsleitenderȱPrinzipienȱ Nationalstaat

Leistungsstaat

Rechtsstaat

Public Management Demokratie

Wirtschaftsstaat

Bundesstaat

ȱ

Dasȱ Spannungsverhältnisȱ zwischenȱ denȱ Leitprinzipienȱ undȱ Publicȱ Managementȱ kommtȱ amȱ deutlichstenȱ zwischenȱ demȱ Rechtsstaatȱ sowieȱ derȱ Demokratieȱ undȱ demȱ LeistungsȬȱ undȱ Wirtschaftsstaatȱ zumȱ Ausdruck.ȱ Publicȱ Managementȱ verlangtȱ vonȱ Rechtsstaatȱ undȱ DemokratieȱeinenȱAbbauȱdesȱLegalitätsprinzips,ȱwonachȱprinzipiellȱ fürȱ alleȱ Bereicheȱ undȱ Artenȱ derȱ Verwaltungstätigkeitȱ dieȱ RechtsetȬ

Rechtsstaatȱ undȱȱ Demokratieȱ

27ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

zungȱ vomȱ demokratischȱ legitimiertenȱ Gesetzgeberȱ ausgeht.ȱ DaȬ durchȱwirdȱdieȱstaatlicheȱMachtausübungȱanȱVerfassungȱundȱGesetȬ zeȱ gebundenȱ undȱ sollȱ somitȱ einȱ höchstmöglichesȱ Maßȱ anȱ RechtsȬ gleichheitȱgarantieren.ȱDieȱVerwaltungȱwirdȱimȱWeiterenȱdurchȱdieȱ rechtsstaatlicheȱ Kompetenzzuordnungȱ undȱ dieȱ Garantieȱ einesȱ beȬ schwerdefähigenȱ Verwaltungsablaufsȱ inȱ klareȱ Strukturenȱ undȱ HieȬ rarchienȱeingeteilt.ȱ DieseȱStärkenȱderȱbürokratischȱundȱstarkȱregelgebundenenȱVerwalȬ tungȱimplizierenȱaberȱauchȱihreȱSchwächen:ȱ „Dieȱ Verwaltungȱ gehtȱ oftȱ nichtȱ mitȱ derȱ vollenȱ Wirklichkeitȱ um,ȱ sondernȱ mitȱ bürogemäßenȱ Ausschnittenȱ undȱ Modellenȱ vonȱihr.ȱDasȱmachtȱVerwaltungȱleistungsfähig,ȱaberȱauchȱeng,ȱ vermindertȱ jedochȱ ihreȱ Fähigkeit,ȱ Unterschiedeȱ zuȱ erkennenȱ undȱ zuȱ berücksichtigen.ȱ Unterscheidungsfähigkeitȱ gehörtȱȱ aberȱzurȱHumanitas.ȱBürokratischeȱVerwaltungȱkannȱinhumanȱ sein.“ȱ(Ellweinȱ1994:ȱ7)ȱ ȱ Gesetzesdichteȱ verringernȱ

DieȱForderungȱvonȱPublicȱManagement,ȱinȱdenȱBereichenȱdesȱWirtȬ schaftsȬȱ undȱ Leistungsstaatsȱ dieȱ Gesetzesdichteȱ zuȱ Gunstenȱ stärkeȬ rerȱ Finalprogrammierungȱ undȱ Überprüfungȱ durchȱ WirkungskonȬ trollenȱabzuschwächen,ȱistȱberechtigt.ȱDennȱauchȱdieȱbisherigeȱVerȬ waltungslehreȱhatȱdieȱstaatlicheȱOrganisationȱaufgrundȱvonȱrechtsȬ staatlichenȱ undȱ demokratischenȱ Prinzipienȱ festgelegt.ȱ Diesȱ stehtȱ demȱPublicȱManagementȱebensoȱaufȱderȱGrundlageȱdesȱWirtschaftsȬȱ undȱ Leistungsstaatesȱzu.ȱDasȱ bisherigeȱ Verständnisȱdesȱ demokratiȬ schenȱRechtsstaatesȱgingȱvonȱ„[...]ȱeinerȱlinearenȱLegitimationsketteȱ aus,ȱ beiȱ derȱ imȱ Wegeȱ einesȱ striktenȱ Gesetzesvollzugsȱ gesetzlicheȱ AnweisungenȱhierarchischȱundȱinputorientiertȱvonȱderȱVerwaltungȱ umgesetztȱwerden.ȱDanachȱistȱdieȱVerwaltungsorganisationȱeinȱMitȬ telȱzumȱZweckȱdesȱGesetzesvollzugs.“ȱ(Hillȱ1997b:ȱ31).ȱDochȱdiesesȱ primärȱ anȱ derȱ Eingriffsverwaltungȱ orientierteȱ Verständnisȱ entȬ sprichtȱnichtȱmehrȱderȱheutigenȱVielzahlȱvonȱVerwaltungsaufgabenȱ undȱdenȱFormenȱdesȱVerwaltungshandelns.ȱHinzuȱkommt,ȱdassȱsichȱ dieȱ unterschiedlichenȱ StaatsȬȱ undȱ Verwaltungstätigkeitenȱ vonȱ derȱ HoheitsverwaltungȱbisȱzurȱLeistungsverwaltungȱletztlichȱauchȱnichtȱ eindeutigȱeinemȱstaatsleitendenȱGrundsatzȱzuordnenȱlassen.ȱȱ „Damitȱ gibtȱ esȱ einerseitsȱ keineȱ ‚reinen’ȱ Publicȱ ManagementȬ Domänen,ȱinȱdenenȱdieȱökonomischenȱKriterienȱschrankenlosȱ geltenȱ könnten,ȱ andererseitsȱ aberȱ auchȱ keineȱ Bereiche,ȱ inȱ deȬ nenȱ keinȱ Publicȱ ManagementȬElementȱ zugelassenȱ werdenȱ darf,ȱweilȱderȱStaatȱüberallȱleistungsfähig,ȱwirksamȱundȱwirtȬ schaftlichȱhandelnȱsoll.“ȱ(Mastronardi/Schedlerȱ2004:ȱ64ȱff.).ȱ

28ȱ

ȱ

Spannungsfelder und Gefahren bei Reformen

1.5

DiesenȱGrundsatzȱhatȱebenfallsȱdasȱdeutscheȱBundesverfassungsgeȬ richtȱ imȱ Jahreȱ 1990ȱ festgehalten:ȱ „Ausȱ verfassungsrechtlicherȱ Sichtȱ entscheidendȱ istȱ nichtȱ dieȱ Formȱ derȱ demokratischenȱ Legitimationȱ staatlichenȱ Handelns,ȱ sondernȱ derenȱ Effektivität;ȱ notwendigȱ istȱ einȱ bestimmtesȱ Legitimationsniveau.ȱ Diesesȱ kannȱ beiȱ denȱ verschiedeȬ nenȱErscheinungsformenȱvonȱStaatsgewaltȱimȱAllgemeinenȱundȱderȱ vollziehendenȱ Gewaltȱ imȱ Besonderenȱ unterschiedlichȱ ausgestaltetȱ sein.“ȱ(BVerfGEȱ1998).ȱȱ MitȱderȱIdeeȱdesȱGewährleistungsstaatsȱwirdȱversucht,ȱdieseȱgegenȬ sätzlichenȱ Staatsideenȱ undȱ dadurchȱ auchȱ denȱ bisherȱ ideologischȱ festgelegtenȱ Widerspruchȱ zwischenȱ wohlfahrtsmaximierendenȱ undȱ neoliberalenȱmarktorientiertenȱ Staatssystemenȱ zuȱüberwindenȱ(vgl.ȱ Mastronardi/Schedlerȱ2004:ȱ5ȱff.).ȱDieserȱzeichnetȱsichȱimȱGegensatzȱ zumȱ bisherigenȱ Wohlfahrtsstaatȱ dadurchȱ aus,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ LeisȬ tungstiefeȱ aufȱ staatlicheȱ Kernaufgabenȱ beschränktȱ (vgl.ȱ Kapitelȱ 5).ȱ DieȱAutonomieȱ fürȱ dieȱ Verwaltungȱ istȱ somitȱ größerȱ alsȱ imȱ bisheriȬ genȱStaatsgebilde,ȱworausȱu.ȱa.ȱeineȱstärkereȱVerantwortungsteilungȱ zwischenȱöffentlicherȱundȱprivaterȱHandȱresultiertȱ(z.ȱB.ȱPublicȱPriȬ vateȱPartnership).ȱEinȱHauptmerkmalȱdesȱGewährleistungsstaatsȱistȱ dasȱ Nebeneinanderȱ vonȱ rechtsstaatlicherȱ Regulierungȱ undȱ MarktȬ mechanismen.ȱ Insbesondereȱ dieȱ neueȱ Politikȱ desȱ „Drittenȱ Weges“ȱ derȱ britischenȱ Regierungȱ unterȱ demȱ ehemaligenȱ Premierministerȱ Blair,ȱ aberȱ auchȱ dieȱ schwedischeȱ Politikȱ gehenȱ mitȱ ihrenȱ staatsleiȬ tendenȱ Ideenȱ vermehrtȱ inȱ eineȱ ähnlicheȱ Richtung.ȱ Eineȱ Integrationȱ vonȱ Ökonomieȱ undȱ Staatsrechtȱ inȱ demselbenȱ Staatsverständnisȱ drängtȱsichȱimmerȱstärkerȱauf.ȱ

1.5.3

GewährleisȬ tungsstaatȱ

Ökonomische versus staatspolitische Rationalität

Bislangȱ überwogenȱ dieȱ rechtsstaatlichenȱ undȱ demokratischenȱ Grundprinzipienȱ inȱ denȱ meistenȱ Aufgabenbereichenȱ desȱ öffentliȬ chenȱSektors.ȱDennȱ„[...]ȱdieȱAufgabeȱdesȱRechtsȱimȱZusammenhangȱ mitȱ derȱ StaatsȬȱ undȱ Verwaltungsorganisationȱ wirdȱ aberȱ primärȱ inȱ derȱ Wahrungȱ vonȱ Rechtsstaatȱ undȱ Demokratieȱ gesehenȱ undȱ nurȱ mittelbarȱ imȱ Erreichenȱ optimalerȱ Wirksamkeitȱ vonȱ VerwaltungsȬ handeln.“ȱ (Meyerȱ 1998:ȱ 84).ȱ Insofernȱ istȱ einȱ Ausgleichȱ vonȱ staatsȬ rechtlichemȱ undȱ wirtschaftlichemȱ Denkenȱ inȱ derȱ öffentlichenȱ VerȬ waltungȱ notwendig,ȱ derȱ imȱ Folgendenȱ beschriebenȱ undȱ inȱ AbbilȬ dungȱ4ȱdargestelltȱwirdȱ(vgl.ȱSchedler/Proellerȱ2006:ȱ63ȱff.).ȱ

Ausgleichȱvonȱ Rechtȱundȱȱ Ökonomieȱ

Dasȱ neoliberaleȱ undȱ nutzenmaximierendeȱ Marktdenkenȱ derȱ ökoȬ nomischenȱ Ansätzeȱ widersprichtȱ denȱ gerechtigkeitsȬȱ undȱ konsensȬ

29ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

orientiertenȱ Grundlagenȱ staatspolitischenȱ Denkens.ȱ Insofernȱ herrȬ schenȱ zweiȱ unterschiedlicheȱ Staatsverständnisseȱ hinsichtlichȱ desȱ Staatsaufbausȱ ausȱ derȱ staatsrechtlichenȱ Sichtweiseȱ oderȱ derȱ Publicȱ ManagementȬPerspektive.ȱ Dasȱ Staatsverständnisȱ unterȱ Publicȱ ManagementȬGesichtspunktenȱ warȱ bisherȱ durchȱ eineȱ eindimensionaleȱ hierarchischeȱ Perspektiveȱ geprägt.ȱ Dieȱ ökonomischeȱ Logikȱ findetȱ aufȱ allenȱ StaatsebenenȱAnȬ wendung,ȱbeimȱParlamentȱnurȱinȱschwächeremȱAusmaßȱalsȱaufȱderȱ RegierungsȬȱundȱVerwaltungsebene.ȱDamitȱjedochȱdieȱneueȱVerwalȬ tungsführungȱerfolgreichȱumgesetztȱwerdenȱkann,ȱistȱeineȱdifferenȬ ziertereȱ Betrachtungsweiseȱ notwendig.ȱ Unterȱ Wahrungȱ derȱ staatsȬ rechtlichenȱ Prinzipienȱ (LegalitätsȬ,ȱ GleichheitsȬȱ undȱ GewaltenteiȬ lungsprinzip)ȱ undȱ gleichzeitigerȱ EffektivitätsȬȱ undȱ EffizienzorienȬ tierungȱ staatlichenȱ Handelnsȱ mussȱ unterschiedlichenȱ EntscheiȬ dungsmaximenȱRechnungȱgetragenȱwerden.ȱȱ

Abbildungȱ4ȱ

IntegrationȱvonȱPolitikȱundȱManagementȱ Politikgestaltung Zielvorgaben

Wirkungsbeurteilung Politische Rationalität

u

u

u

Zielkonkretisierung

„Übersetzung“

Wirkungsdarstellung

u

u

u

ManagementRationalität Zielumsetzung

Zielerreichung Ausführung

30ȱ

ȱ

Spannungsfelder und Gefahren bei Reformen

Dasȱ zukünftigeȱ Staatsverständnisȱ integriertȱ dieȱ staatspolitischeȱ RaȬ tionalitätȱ aufȱ derȱ Seiteȱ derȱ Legislativeȱ undȱ dieȱ vermehrtȱ ökonomiȬ scheȱRationalitätȱimȱVerwaltungsbereich.ȱDieȱExekutiveȱ(Regierung)ȱ alsȱBindegliedȱverknüpftȱdieȱbeidenȱEntscheidungsrationalitätenȱamȱ stärkstenȱ (vgl.ȱ Mastronardiȱ 1999).ȱ Dieseȱ Integrationȱ unterschiedliȬ cherȱ Rationalitätenȱ stelltȱ eineȱ großeȱ Herausforderungȱ anȱ dasȱ poliȬ tischȬadministrativeȱSystem.ȱDieȱPolitikȱdientȱderȱAushandlungȱpoȬ litischerȱPrioritätenȱvorȱdemȱHintergrundȱeinesȱpluralistischenȱWerȬ teȬȱundȱMeinungsspektrums.ȱDieȱRationalitätenintegrationȱverlangtȱ nunȱ verstärktȱ eineȱ Zielkonkretisierungȱ aufȱ derȱ politischenȱ Ebene.ȱ DochȱdasȱwidersprichtȱimȱGrundsatzȱdemȱSystem;ȱpolitischeȱAkteuȬ reȱbindenȱsichȱeherȱkurzfristigȱaufȱderȱMaßnahmenebeneȱdurchȱzeitȬ lichȱbegrenzteȱKoalitionenȱimȱGegensatzȱzuȱlangfristigenȱZielvorgaȬ ben,ȱ dieȱ einenȱ stärkerenȱ Wertekonsensȱ bedingen,ȱ welcherȱ jedochȱ systemfremdȱist.ȱImȱGegensatzȱdazuȱhatȱdieȱVerwaltungȱnurȱeinȱbeȬ grenztesȱ Interesseȱ zurȱ vollständigȱ transparentenȱ LeistungsȬȱ undȱ Wirkungsinformation,ȱ abgesehenȱ vonȱ denȱ Schwierigkeiten,ȱ dieȱ mitȱ derȱ Wirkungsbeurteilungȱ verbundenȱ sind.ȱ Entsprechendȱ wichtigȱ wirdȱ dieȱ Übersetzungsrolleȱ derȱ Regierungsebene,ȱ dieȱ einerseitsȱ eiȬ nerȱ politischenȱ Rationalitätȱ folgt,ȱ andererseitsȱ aberȱ vermehrtȱ ihreȱ Führungsverantwortungȱ i.ȱ S.ȱ derȱ ManagementȬRationalitätȱ wahrȬ nehmenȱ muss.ȱ Dadurchȱ wirdȱ deutlich,ȱ dassȱ auchȱ aufȱ derȱ rechtsȬ staatlichenȱ undȱ demokratischenȱ Seiteȱ Gestaltungsspielräumeȱ besteȬ hen,ȱwelcheȱaberȱteilweiseȱverkanntȱwerdenȱ„[...]ȱoderȱgarȱalsȱ‚Alibi’ȱ benutztȱwerden,ȱumȱInnovationenȱimȱöffentlichenȱSektorȱzuȱverhinȬ dern.“ȱ (Damkowski/Prechtȱ 1995:ȱ 132).ȱ Dieȱ Auswirkungenȱ dieserȱ sichȱ nichtȱ nurȱ aufȱ dieȱ Verwaltungsführung,ȱ sondernȱ auchȱ aufȱ dieȱ Staatsführungȱ beziehendenȱ Überlegungenȱ sindȱ vielfältigȱ undȱ imȱ Vorausȱnichtȱvollständigȱabsehbar.ȱȱ

1.5.4

1.5 StaatsȬ politischeȱundȱ ökonomischeȱ Rationalitätȱ

Auswirkungen der Kombination von rechtlichen und ökonomischen Grundprinzipien

Eineȱ situativȱ angemesseneȱ Kombinationȱ derȱ Erkenntnisseȱ ausȱ derȱ Staatslehreȱ undȱ derȱ Ökonomieȱ dürfteȱ zuȱ einerȱ verbessertenȱ ZielerȬ reichungȱ staatlichenȱ Handelnsȱ führen.ȱ Aufȱ diesenȱ Überlegungenȱ aufbauend,ȱunterstützenȱfolgendeȱrelevanteȱAspekteȱeineȱangemesȬ seneȱUmsetzungȱderȱneuenȱVerwaltungsführungȱ(vgl.ȱPraxisfensterȱ Nr.ȱ1ȱsowieȱLienhardȱ2005;ȱSolothurnȱ2003b;ȱRitzȱ2003a;ȱBrühlmeierȱ etȱ al.ȱ 2001;ȱ Mastronardi/Schedlerȱ 2004;ȱ Meyerȱ 1998;ȱ Oechsler/VaanȬ holtȱ1998;ȱBolzȱ1996ȱundȱRichliȱ1996):ȱ

Verbesserte Zielerreichungȱ

31ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

„ Dieȱ Gesetzgebungȱ mussȱ sichȱ aufȱ politischȱ wichtigeȱ Inhalteȱ beȬ schränken.ȱDieȱBestimmungȱderȱWichtigkeitȱeinerȱGesetzesnormȱ wirdȱaufgrundȱbereitsȱbestehenderȱKriterienȱfestgelegt.ȱ

„ Delegationsregelnȱ i.ȱ S.ȱ einerȱ selbständigenȱ verfassungsrechtliȬ chenȱKompetenzȱderȱRegierungȱkönntenȱzumȱErlassȱvonȱwenigerȱ wichtigenȱ Vorschriftenȱ ohneȱ formelleȱ Rechtsgrundlageȱ anȱ dieȱ Verwaltungȱführen,ȱwasȱbesondersȱimȱBereichȱderȱLeistungsverȬ waltungȱ dieȱ staatlicheȱ Leistungsfähigkeitȱ undȱ Flexibilitätȱ erhöȬ henȱwürde.ȱ

„ Dieȱ Organisationsautonomieȱ derȱ Regierungȱ undȱ Verwaltungȱ wirdȱ verstärkt,ȱ indemȱ Verwaltungsorganisationsgesetzeȱ nichtȱ mehrȱdieȱkonkretȱmitȱderȱAusführungȱbeauftragteȱVerwaltungsȬ einheitȱ nennen,ȱ sondernȱ nurȱ nochȱ vonȱ derȱ „zuständigenȱ Stelle“ȱ oderȱvonȱAufgabenbereichenȱbzw.ȱProduktgruppenȱsprechen.ȱ

„ DasȱParlamentȱsollteȱangemessenȱinȱdieȱmittelfristigeȱAufgabenȬȱ undȱ Finanzplanungȱ miteinbezogenȱ werden.ȱ Esȱ übtȱ seinenȱ EinȬ flussȱaufȱdieȱVerwaltungstätigkeitȱüberȱProduktgruppenbudgetsȱ undȱpolitischeȱ(WirkungsȬ)Indikatorenȱaus,ȱjedochȱnichtȱüberȱdieȱ GestaltungȱderȱLeistungsaufträge.ȱDieseȱfallenȱinȱdieȱKompetenzȱ derȱRegierung.ȱ

„ Mitȱ neuenȱ parlamentarischenȱ Interventionsinstrumentenȱ erhältȱ dieȱ Legislativeȱ flexibleȱ Möglichkeiten,ȱ umȱ Regierungȱ undȱ VerȬ waltungȱ wirksamȱ steuernȱ zuȱ können,ȱ ohneȱ ihnenȱ dieȱ EigenverȬ antwortungȱzuȱnehmenȱoderȱsichȱinȱdieȱExekutivverantwortungȱ zuȱverstricken.ȱ

„ Durchȱ denȱ vermehrtenȱ Einsatzȱ vonȱ Evaluationen,ȱ Revisionenȱ undȱ desȱ Controllingsȱ wirdȱ dieȱ Transparenzȱ undȱ WirkungskonȬ trolleȱderȱVerwaltungstätigkeitȱunterȱgleichzeitigerȱVergrößerungȱ desȱHandlungsspielraumsȱerhöht.ȱȱ

„ Dasȱ öffentlicheȱ Dienstrechtȱ wirdȱ durchȱ eineȱ Flexibilisierungȱ beiȱ denȱAnstellungsbedingungen,ȱderȱEntlohnungspolitik,ȱdenȱQuaȬ lifizierungsmaßnahmenȱ sowieȱ beiȱ derȱ Freistellungȱ vonȱ Personalȱ denȱ personalpolitischenȱ Bedingungenȱ imȱ privatwirtschaftlichenȱ Sektorȱ teilweiseȱ angeglichenȱ (vgl.ȱ Meyerȱ 1998:ȱ 79ȱ f.;ȱ Oechsler/ȱ Vaanholtȱ1998:ȱ151ȱff.ȱundȱRichliȱ1996:ȱ17ȱf.).ȱ Gefahrenȱfürȱȱ Legitimationȱ

32ȱ

Beiȱ derȱ Reformumsetzungȱ giltȱ esȱ aberȱ gleichzeitigȱ folgendeȱ fürȱ dieȱ Legitimationȱ staatlichenȱ Handelnsȱ kritischenȱ Punkteȱ zuȱ beachten,ȱ dieȱ sichȱ negativȱ aufȱ dieȱ Legitimation,ȱ Gemeinwohlorientierungȱ soȬ wieȱ dieȱ Zuverlässigkeitȱ desȱ Verwaltungshandelnsȱ auswirkenȱ könȬ nenȱ(vgl.ȱReichardȱ2002b:ȱ273ȱf.):ȱȱ

Spannungsfelder und Gefahren bei Reformen

1.5

„ Dieȱ imȱ Rahmenȱ vonȱ Publicȱ Managementȱ angestrebteȱ EffizienzȬ orientierungȱ undȱ Stärkungȱ vonȱ Managementkompetenzenȱ kannȱ zuȱ einerȱ Schwächungȱ derȱ politischȬdemokratischenȱ Dimensionȱ sowieȱzuȱeinerȱeinseitigenȱÖkonomisierungȱundȱMonetarisierungȱ führen.ȱ

„ DieȱKonzentrationȱderȱpolitischenȱEbeneȱaufȱRahmenzielsetzungȱ undȱȬsteuerungȱsowieȱdieȱzunehmendeȱProfessionalisierungȱderȱ Verwaltungȱ könnenȱ zuȱ verringertenȱ politischenȱ KontrollmögȬ lichkeitenȱ undȱ somitȱ zuȱ einemȱ Vertrauensverlustȱ inȱ dieȱ Politikȱ führenȱsowieȱletztlichȱdieȱLegitimitätȱdesȱpolitischenȱSystemsȱgeȬ fährden.ȱ

„ DieȱDezentralisierungȱvonȱVerwaltungsstrukturenȱundȱdieȱdamitȱ verbundeneȱ Verlagerungȱ vonȱ Entscheidungskompetenzenȱ könȬ nenȱ dieȱ Fragmentierungȱ vonȱ Verwaltungenȱ sowieȱ denȱ RessortȬ egoismusȱinȱdenȱVerwaltungenȱfördern.ȱ

„ Wettbewerbsmechanismenȱ undȱ Marktstrukturenȱ könnenȱ unerȬ wünschteȱNebeneffekteȱhaben,ȱdaȱimȱöffentlichenȱSektorȱMarktȬ versagenȱ auftretenȱ kannȱ oderȱ verschiedeneȱAufgabenfelderȱ vonȱ Beginnȱanȱnichtȱmarktfähigȱsind.ȱȱ Dieȱ durchȱ Publicȱ Managementȱ ausgelösteȱ Grundsatzdiskussionȱ überȱdieȱbisherigenȱrechtsstaatlichenȱRegulierungenȱundȱihreȱFlexiȬ bilisierungȱ durchȱ managementȬȱ undȱ wirtschaftsorientierteȱ GrundȬ sätzeȱ wirdȱ dieȱ Reformentwicklungȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ sicherȱ nochȱ längerȱ beschäftigen.ȱ Ihreȱ Wichtigkeitȱ istȱ hoch,ȱ dennȱ geradeȱ dadurchȱ unterscheidetȱ sichȱ dieȱ Publicȱ ManagementȬReformȬ bewegungȱ vonȱ bisherigenȱ Einzelreformenȱ vergangenerȱ Jahre.ȱ Denȱ vielerortsȱexistierendenȱundȱnachȱlangenȱReformphasenȱlauterȱwerȬ dendenȱKritikenȱderȱManagementȬReformenȱimȱöffentlichenȱSektorȱ giltȱesȱaberȱentgegenzuhalten:ȱȱ

Kritikȱanȱ ManagementȬ Reformenȱ

„Nichtȱ dieȱ Einführungȱ modernerȱ ManagementȬȱ undȱ SteueȬ rungsmethodenȱ istȱ zuȱ rechtfertigen,ȱ sondernȱ derenȱ AblehȬ nung.“ȱ(Jannȱ1995)ȱ ȱ ȱ

33ȱ

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

1

Praxisfenster Nr. 1: Wirkungsorientierte Landesverwaltung in Oberösterreich 1. Einleitung ȱ Dr.ȱEduardȱPesendorferȱ Landesamtsdirektor,ȱ Amtȱderȱȱ Oö.ȱLandesregierung,ȱ Linzȱ

Für die Weiterentwicklung der oö. Landesverwaltung hat 1993 und 2003 jeweils ein neuer Abschnitt begonnen. Die sich vielfältig ändernden Anforderungen und Bedürfnisse der Gesellschaft haben 1993 zu ersten Reformschritten i. S. des "New Public Management" geführt, bei denen u. a. ein Steuerungsmodell und Konzept zur gesamtheitlichen und vorausschauenden Verwaltungsentwicklung erarbeitet wurde. 2003 beschloss die oö. Landesregierung das umfassende und langfristige Management- und Unternehmenskonzept für eine wirkungsorientierte Landesverwaltung (WOV 2015).

2. Das Konzept WOV 2015 Das wesentlichste Ziel steckt schon im Namen dieses Konzeptes: In der Gesellschaft sollen angestrebte Wirkungen erzeugt werden. Zum Herzstück des Konzeptes WOV 2015 gehören ein Modell eines Steuerungs- und Regelkreises für die öffentliche Verwaltung in Oberösterreich sowie 119 Kern- und Richtungsaussagen, die Entwicklungsziele, Werthaltungen und Hinweise auf einzusetzende Instrumente enthalten. Die Kern- und Richtungsaussagen werden 7 Entwicklungsfeldern zugeordnet (siehe Tabelle). Um die Umsetzung in diesen Feldern voranzutreiben, laufen derzeit 12 Großprojekte (WOV-Leitprojekte) und zahlreiche Pilotprojekte und es wurden bereits erste sog. Management-Teilkonzepte entwickelt. Die derzeit bestehenden 36 Abteilungen des Amtes der Oö. Landesregierung und die 15 dezentralen Bezirkshauptmannschaften werden in ihrer Entwicklung durch die Amtsleitung und vereinzelt auch durch externe Berater unterstützt.

3. Bisherige Erfahrungen mit der Verwaltungsentwicklung

34ȱ

„ Die Bewältigung des breiten Entwicklungsansatzes erfordert klar eingeschränkte Zielsetzungen für kürzere Phasen (Komplexitätsreduktion). „ Ein umfassender Reformprozess in einer großen Organisation bedeutet eine große Herausforderung für die Steuerung. Eine gewisse Eigendynamik muss akzeptiert werden und ist vielleicht sogar notwendig. „ Organisationsreformen umfassen v. a. das Erlernen neuer Methoden, Instrumente und Verhaltensweisen, den Aufbau neuer Kompetenzen und die Umstellung auf eine neue Betriebskultur und haben naturgemäß einen hohen Zeitbedarf. Die Führungskräfte spielen dabei und auch beim nachfolgenden Punkt eine bedeutende Rolle. „ Ein wichtiger Faktor der Organisationsentwicklung ist die Kommunikation. Entscheidend ist die direkte Interaktion von Mensch zu Mensch. „ Das Motiv der Sparsamkeit und Effizienz bietet zwar Anreize zur Reform, ist aber alleine keine ausreichende Basis für Reformprozesse.

Spannungsfelder und Gefahren bei Reformen

1.5

4. Ausblick Die oö. Landesverwaltung wird ihren Reformprozess voraussichtlich bis ins Jahr 2015 fortsetzen. Wir werden v. a. unsere bestehenden Aufgaben an ein sich ständig änderndes Umfeld anpassen (Aufgabenreform), eine neue Aufbauorganisation fertig stellen, uns mit Wirkungszielen auseinandersetzen sowie Steuerungsprozesse und Qualitätsmanagement ausbauen.

Kundenorientierung

Wirkungsorientierung

WOVÜberblick über den Stand Verwaltungsentwicklung in Oberösterreich Entwicklungsfeld

„ „ „ „ „ „ „ „ „

Planung und Steuerung

„ „ „ „ „

„ „ „ „ „

Wettbewerb

„ „

Optimierung v. Strukturen u. Abläufen

Mitarbeiter/innenorientierung

Gemeinsame Ergebnis- u. Ressourcenverantwortg.

„ „

„

„

„ „ „

Ein Großteil der Abteilungen hat Wirkungen (grob) beschrieben. Abstimmungen mit Politik und Bezirkshauptmannschaften laufen. Ein zweiter Aufgabenreformprozess wurde gestartet. Ein Projekt zur wirkungsorientierten Gesetzgebung läuft. Die Umsetzung der Ergebnisse der Kundenbefragung der Bezirkshauptmannschaften im Jahre 2001 ist weitgehendst abgeschlossen. Bürgerservicestellen wurden zentral und dezentral eingerichtet. Erhebung von Kundenbedarf/Fremdbildern erfolgte in einzelnen Abteilungen. Ein Großteil der Abteilungen hat Kunden definiert. Umfangreiche Infos sind im Internet. Kundeninfo-System und weitere Internet-Zugangsmöglichkeiten sind in Vorbereitung. Viele Abteilungen haben langfristige Ziele und Planungen (ca. 12 Jahre). Strategische Planungen (6 Jahre) gibt es bisher in wenigen Abteilungen. Ein Teil der Dienststellen stellt Jahresplanungen auf das neue System um. Es bestehen weitgehend durchgängige Zielvereinbarungen. Systeme zur Leistungserfassung sowie zur Kosten- und Leistungsrechnung sind weitgehend etabliert. Ein Management-Informationssystem ist im Aufbau. Die Abstimmung mit der politischen Führung läuft. Im Rahmen einer Flexibilitätsklausel zur Haushaltsordnung werden neue Formen der Gebarung und Budgetierung in Pilotprojekten erprobt. Zur Führungskräfteauswahl und -entwicklung wurden neue Auswahlverfahren und umfangreiche Lehrgänge geschaffen. Leitbilder und Zielvereinbarungen bieten bereits für einen Großteil der Mitarbeiter/innen Orientierung und Mitsprachemöglichkeiten. Ein modernes, sich weiterentwickelndes Besoldungssystem orientiert sich immer stärker an Leistungen. Viele Dienststellen haben mit einer systematischen Personalentwicklung begonnen. Die Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten sind umfangreich und werden ständig weiterentwickelt. In einigen Dienststellen werden bereits Instrumente zum gegenseitigen Lernen vom Besten eingesetzt (Optimierungsworkshops). Einzelne Dienstellen beteiligen sich an internationalen Wettbewerben. Zahlreiche Einzelprojekte zur Verbesserung der Aufbauorganisation wurden abgeschlossen. Eine neue Aufbauorganisation des gesamten Amtes wird vorbereitet. In zahlreichen Dienststellen laufen Projekte zur Optimierung einzelner Arbeitsabläufe. Der elektronische Akt ist im Versuchsstadium.

35ȱ

1

Ziel und Zweck eines Managements für den Staat

1.5.5

Gefahren von Verwaltungsreformen

VorȱdemȱHintergrundȱderȱmitȱVerwaltungsreformenȱgemachtenȱErȬ fahrungenȱ sollȱ nunȱ dieȱ Publicȱ ManagementȬKonzeptionȱ inȱ einerȱ Zwischenbilanzȱ beleuchtetȱ werden.ȱ Daȱ dieȱ „Pluspunkte“ȱ derȱ ReȬ formȱ bereitsȱ angeschnittenȱ wurdenȱ undȱ Gegenstandȱ derȱ BetrachȬ tungȱ derȱ folgendenȱ Kapitelȱ sind,ȱ werdenȱ hierȱ v.ȱa.ȱ dieȱ ProblemȬ punkteȱderȱReformbewegungȱstichpunktartigȱbeleuchtet.ȱ VernachlässiȬ gungȱderȱWertȬ schöpfungsȬ ebeneȱ

Abgesehenȱ vonȱ denȱ inȱ denȱ vorigenȱAbschnittenȱ genanntenȱ grundȬ sätzlichenȱ Problemfeldernȱ bestehtȱ eineȱ weitereȱ Schwierigkeitȱ derȱ Publicȱ ManagementȬReformȱ darin,ȱ dassȱ Modernisierungsansätzeȱ sowohlȱinȱderȱTheorieȱalsȱauchȱinȱderȱPraxisȱhäufigȱnurȱanȱderȱSteuȬ erungsebeneȱ ansetzenȱ undȱ dieȱ primärenȱ LeistungserstellungsproȬ zesse,ȱaufȱdenenȱdieȱeigentlicheȱWertschöpfungȱstattfindet,ȱnurȱselȬ tenȱ imȱ Fokusȱ vonȱ Reformbestrebungenȱ stehenȱ (vgl.ȱ Brüggemeierȱ 2004:ȱ335).ȱȱ

BaukastenȬȱȱ Vorgehenȱ

Überȱ dieseȱ fundamentalenȱAmbivalenzenȱ derȱ Publicȱ ManagementȬ Konzeptionȱ hinausȱ könnenȱ Krisenȱ imȱ Zugeȱ desȱ KonzeptionsȬȱ undȱ Umsetzungsprozessesȱ vonȱ Publicȱ Managementȱ zumȱ Scheiternȱ derȱ Reformȱ führen.ȱ Daȱ sichȱ dieȱ Publicȱ ManagementȬKonzeptionȱ insbeȬ sondereȱfürȱvieleȱKommunenȱalsȱzuȱkomplexȱdarstellt,ȱwerdenȱhäuȬ figȱ nurȱ einzelneȱ Reformelementeȱ oderȱ Ȭinstrumenteȱ ausȱ demȱ ReȬ formkastenȱ herausgepicktȱ anstattȱ einenȱ ganzheitlichenȱ ReformanȬ satzȱzuȱverfolgenȱ(vgl.ȱBannerȱ2003).ȱDasȱZielȱderȱModernisierungsȬ bestrebungenȱ wirdȱ inȱ diesenȱ Gemeindenȱ insofernȱ verfehlt,ȱ alsȱ dassȱ dieȱ Publicȱ ManagementȬReformȱ ihreȱ volleȱ Wirkungȱ nurȱ durchȱ dasȱ Zusammenwirkenȱ verschiedenerȱ Elementeȱ erfüllenȱ kann.ȱ Darüberȱ hinausȱ werdenȱ häufigȱ standardisierteȱ Instrumenteȱ unreflektiertȱ inȱ denȱeinzelnenȱKommunenȱeingesetzt,ȱohneȱdieseȱindividuellȱanȱdieȱ örtlichenȱ Gegebenheitenȱ anzupassen.ȱ Darausȱ ergibtȱ sichȱ z.ȱB.ȱ auchȱ dieȱ paralleleȱ Einführungȱ gleichartigerȱ Reforminstrumenteȱ ohneȱ geȬ genseitigeȱ Abstimmung.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ stelltȱ dieȱ konȬ kreteȱAusgestaltungȱderȱModelleȱzuȱhoheȱAnsprücheȱanȱdieȱUmsetȬ zungsfähigkeitȱ desȱ Gemeinwesensȱ (vgl.ȱ Thom/Bolz/Lutzȱ 2004:ȱ 16),ȱ sodassȱ esȱ zuȱ einemȱ falschenȱ Umgangȱ mitȱ neuenȱ SteuerungsinstruȬ mentenȱ oderȱ demȱ ineffizientenȱ Einsatzȱ derȱ neuȱ verfügbarenȱ ResȬ sourcenȱkommenȱkann.ȱȱ

Verlustȱanȱȱ traditionellenȱ Wertenȱ

Derȱ mitȱ derȱ Einführungȱ vonȱ Reformprojektenȱ häufigȱ beabsichtigteȱ Kulturwandelȱ inȱ derȱ öffentlichenȱ Verwaltungȱ kannȱ weiterhinȱ dazuȱ führen,ȱdassȱdieȱtraditionellenȱWerteȱimȱöffentlichenȱDienstȱ(GleichȬ heit,ȱIntegrität,ȱUnbestechlichkeit,ȱProfessionalität,ȱGemeinwohlȱundȱ Loyalität)ȱ abgewertetȱ werden,ȱ anȱ Bedeutungȱ verlierenȱ undȱ verȬ schwindenȱ(vgl.ȱReichardȱ2002b:ȱ273ȱf.).ȱ

36ȱ

Spannungsfelder und Gefahren bei Reformen

Schließlichȱ sollteȱ nochȱ erwähntȱ werden,ȱ dassȱ häufigȱ falscheȱ oderȱ überzogeneȱ Vorstellungenȱ hinsichtlichȱ derȱ Einführungȱ einerȱ wirȬ kungsorientiertenȱ Verwaltungsführungȱ bestehen,ȱ daȱ dasȱ BewusstȬ seinȱ fehlt,ȱ dassȱ dieȱ Wirkungsorientierungȱ schwierigȱ zuȱ realisierenȱ istȱ(vgl.ȱKapitelȱ5.3.2).ȱDiesȱkannȱdazuȱführen,ȱdassȱRegierungȱundȱ Parlamentȱ ihreȱ wichtigeȱ Promotorfunktionȱ aufgebenȱ (vgl.ȱ Kapitelȱ 2.5.3)ȱ undȱ dieȱ anfänglicheȱ Reformeuphorieȱ inȱ Frustrationȱ umȬ schlägt.ȱDiesȱsowieȱdieȱbeimȱProjektstartȱzunächstȱanfallendenȱ„IniȬ tialkosten“ȱkönnenȱdannȱauchȱerklären,ȱwarumȱdieȱEinführungȱderȱ wirkungsorientiertenȱVerwaltungsführungȱinȱeinigenȱVerwaltungenȱ gestopptȱwurde.ȱZusammenfassendȱkannȱsomitȱfestgestelltȱwerden,ȱ dassȱ esȱ keineȱ Wunderlösungenȱ durchȱ Publicȱ ManagementȬReforȬ menȱinȱkurzerȱZeitȱgebenȱkann.ȱVielmehrȱwirdȱeinȱlangerȱLernproȬ zessȱinitiiert,ȱderȱnurȱdannȱerfolgreichȱbeendetȱundȱzuȱVerbesserunȬ genȱ führenȱ kann,ȱ wennȱ dasȱ inȱ denȱ folgendenȱ Kapitelnȱ dargestellteȱ IOPȬKonzeptȱumfassend,ȱaberȱindividuellȱanȱdieȱGegebenheitenȱanȬ gepasstȱeingeführtȱwird.ȱ

1.5 Keine WunderȬ lösungenȱ

37ȱ

IOP-Führungskonzept

2.1

ȱ ȱ

Kapitel 2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

39ȱ

IOP-Führungskonzept

2.1

InȱdiesemȱundȱdenȱvierȱfolgendenȱKapitelnȱwirdȱeinȱKonzeptȱdargeȬ stellt,ȱ dasȱ denȱ Modernisierungsprozessȱ imȱ öffentlichenȱ Sektor,ȱ derȱ durchȱdieȱPublicȱManagementȬBewegungȱausgelöstȱwurde,ȱausȱvierȱ Richtungenȱ unterstützt:ȱ Innovation,ȱ Information,ȱ Organisationȱ undȱ Personalȱ (kurz:ȱ IOP)ȱ kennzeichnenȱ dieȱ vierȱ integralenȱ Bestandteileȱ fürȱeineȱErneuerungȱderȱVerwaltungsführung.ȱIhreȱsituationsgerechȬ teȱAnwendungȱwirdȱalsȱTriebfederȱeinesȱumfassendenȱstrategischen,ȱ strukturellenȱ undȱ kulturellenȱ Wandelsȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ beȬ zeichnet.ȱBisherȱwurdeȱimȱRahmenȱderȱVerwaltungsmodernisierungȱ oftȱzuȱstarkȱeineȱtechnischeȱPerspektiveȱ(z.ȱB.ȱTechnikenȱdesȱFinanzȬȱ undȱRechnungswesens)ȱeingenommenȱundȱdieȱMitarbeiterpotenziaȬ leȱ bzw.ȱ ihreȱAktivierungȱ durchȱ dieȱ organisatorischeȱ Gestaltungȱ soȬ wieȱ dasȱ PersonalȬ,ȱ InformationsȬȱ undȱ Innovationsmanagementȱ auȬ ßerȱ Achtȱ gelassenȱ (vgl.ȱ Freyȱ 1996:ȱ 37).ȱ Dasȱ IOPȬKonzeptȱ sollȱ dieȱ notwendigenȱ instrumentellenȱ Veränderungenȱ durchȱ dieȱ genanntenȱ zusätzlichenȱ Aspekteȱ desȱ Wandelsȱ weiterentwickeln.ȱ Damitȱ wirdȱ einȱnächsterȱSchrittȱinȱRichtungȱeinerȱumfassendenȱPublicȱManageȬ mentȬKonzeptionȱvollzogen.ȱ

2.1

IOP-Führungskonzept

Ausȱ denȱ Länderübersichtenȱ imȱ erstenȱ Kapitelȱ desȱ Buchesȱ wirdȱ dieȱ Beeinflussungȱ derȱ Reformentwicklungenȱ durchȱ unterschiedlicheȱ Umweltbedingungenȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ deutlich.ȱ Dieseȱ RahȬ menbedingungenȱ werdenȱ imȱ IOPȬKonzeptȱ inȱ dieȱ externenȱ undȱ inȬ ternenȱBedingungsgrößenȱaufgeteiltȱ(vgl.ȱAbb.ȱ5).ȱDieȱinternenȱEinȬ flussgrößenȱenthaltenȱinstitutionelleȱsowieȱpersonelleȱFaktoren.ȱ Dieȱ sichȱ imȱ Wandelȱ befindendenȱ Strategien,ȱ Strukturen,ȱ Prozesseȱ undȱ Kulturenȱ staatlicherȱ Einrichtungenȱ kennzeichnenȱ diejenigenȱ Handlungsgrößen,ȱ welcheȱ zurȱ angestrebtenȱ Steuerungȱ derȱ staatliȬ chenȱ Institutionȱ eingesetztȱ oderȱ verändertȱ werdenȱ können.ȱ UnmitȬ telbarenȱ Einflussȱ aufȱ denȱ Wandelȱ habenȱ dannȱ dieȱ Instrumenteȱ desȱ InnovationsȬȱundȱ Informationsmanagements,ȱ derȱ organisatorischenȱ Gestaltungȱ undȱ desȱ Personalmanagements,ȱ welcheȱ gezieltȱ eingeȬ setztȱwerden.ȱȱ

HandlungsȬ größenȱ

Derȱ gesamteȱ Veränderungsprozessȱ zuȱ einerȱ neuenȱ Führungȱ imȱ öfȬ fentlichenȱSektorȱspieltȱsichȱaufȱdreiȱEbenenȱab.ȱDieȱpolitischeȱsowieȱ dieȱbetrieblicheȱEbeneȱumfassenȱdiejenigenȱEntscheidungsträgerȱimȱ öffentlichenȱSektor,ȱwelcheȱdenȱWandelȱaktivȱgestaltenȱkönnen.ȱAufȱ derȱEbeneȱderȱLeistungenȱundȱWirkungenȱstehenȱdieȱunterschiedliȬ chenȱAnspruchsgruppenȱ(Bürger,ȱKunden,ȱPrivatwirtschaftȱetc.),ȱdieȱ

DreiȱEbenen

41ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

vonȱ denȱ Auswirkungenȱ derȱ Handlungenȱ aufȱ politischerȱ undȱ beȬ trieblicherȱEbeneȱdirektȱbetroffenȱsindȱundȱalsȱ„Prosumer“ȱ(ProduȬ zentenȱ undȱ Konsumenten)ȱ amȱ Leistungserstellungsprozessȱ mitwirȬ ken,ȱimȱMittelpunkt.ȱ

Abbildungȱ5ȱ

IOPȬFührungskonzeptȱfürȱdenȱöffentlichenȱSektorȱ

Politische Ebene

Strategiewandel

Betriebliche Ebene

-/ el ur d kt an ru w St ess oz

Pr

l Ku

rw tu

l de an

Ebene der Leistungen und Wirkungen

42ȱ

Veränderung des Innovationsniveaus und der Transparenz

Veränderung der Flexibilität der Organisation

Veränderung der Motivation und Qualifikation des Personals

Innovations-und Informationsmanagement

Organisatorische Gestaltung

Personalmanagement

I

O

P

ȱ

Bedingungsgrößen der Führung im öffentlichen Sektor

Dieȱ Umsetzungȱ desȱ IOPȬKonzeptsȱ verfolgtȱ primärȱ dieȱ Steigerungȱ desȱ Innovationsniveaus,ȱ eineȱ Verbesserungȱ derȱ InformationstransȬ parenz,ȱ dieȱ Flexibilisierungȱ derȱ staatlichenȱ Leistungserbringungȱ sowieȱdieȱErhöhungȱderȱMotivationȱundȱQualifikationȱbeiȱdenȱMitȬ arbeitendenȱ desȱ öffentlichenȱ Sektors.ȱ Dieȱ Kombinationȱ dieserȱ vierȱ Elementeȱ zurȱ Führungȱ undȱ Entwicklungȱ vonȱ Institutionenȱ desȱ öfȬ fentlichenȱ Sektorsȱ basiertȱ aufȱ demȱ systemtheoretischenȱ OrganisatiȬ onsansatz.ȱDemnachȱwirdȱdieȱstaatlicheȱVerwaltungȱalsȱproduktivesȱ undȱ sozialesȱ Systemȱ bezeichnet,ȱ dasȱ nichtȱ unabhängigȱ vonȱ derȱ Komplexitätȱ undȱ Dynamikȱ seinesȱ Umsystemsȱ undȱ denȱ dadurchȱ entstehendenȱ Bedingungsgrößenȱ gedachtȱ werdenȱ kann.ȱ Dasȱ WechȬ selspielȱ zwischenȱ derȱ organisatorischenȱ Strukturierungȱ undȱ demȱ Verhaltenȱ vonȱ Organisationsmitgliedernȱ führtȱ letztlichȱ zumȱ durchȱ dieȱVerwaltungȱproduziertenȱOutputȱundȱdessenȱWirkungenȱaufȱdieȱ Umweltȱ(vgl.ȱKrügerȱ2005:ȱ141ȱff.).ȱDieȱFlexibilitätȱderȱSystemstrukȬ turenȱ istȱ entscheidend,ȱ damitȱ aktuelleȱ Informationenȱ undȱ EntwickȬ lungenȱinnerhalbȱundȱaußerhalbȱdesȱSystemsȱaufgenommenȱwerdenȱ können,ȱ umȱ entsprechendȱ schnellȱ daraufȱ zuȱ reagierenȱ (vgl.ȱ BeckȬ hardȱ1998:ȱ343ȱf.).ȱNurȱdurchȱFührungȱundȱFörderungȱderȱMitarbeiȬ tendenȱ inȱ Richtungȱ verbesserterȱ Motivationȱ undȱ Qualifikationȱ fürȱ dieȱzuȱerbringendenȱAufgabenȱwirdȱgewährleistet,ȱdassȱdieȱUmfeldȬ informationenȱwahrgenommenȱundȱverarbeitetȱwerdenȱkönnen.ȱFürȱ denȱöffentlichenȱSektorȱspielteȱdieȱErzeugungȱvonȱinnovativenȱLeisȬ tungenȱ undȱ Produktenȱ bisherȱ nurȱ eineȱ untergeordneteȱ Rolle.ȱ Dieȱ InnovationsförderungȱistȱeinerseitsȱeinȱProduktȱderȱoptimalenȱAusȬ gestaltungȱderȱStrukturȬȱundȱPersonalaspekte,ȱdientȱandererseitsȱderȱ langfristigenȱEntwicklungȱundȱLegitimationȱderȱstaatlichenȱHoheitsȬȱ undȱLeistungsverwaltungȱinȱeinerȱmarktorientiertenȱUmwelt.ȱMögȬ lichȱ wirdȱ dieȱ bessereȱ Adaptionȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ anȱ seineȱ Umsystemeȱ sowieȱ dieȱ gezielteȱ Einflussnahmeȱ aufȱ jeneȱ nurȱ durchȱ mehrȱ Transparenzȱ inȱ Bezugȱ aufȱ interneȱ undȱ externeȱ FührungsinȬ formationen.ȱ

2.2

2.2 Systemtheorie

Bedingungsgrößen der Führung im öffentlichen Sektor

InȱZusammenhangȱmitȱderȱneuenȱVerwaltungsführungȱkommtȱdenȱ Bedingungsgrößenȱ fürȱ dasȱ staatlicheȱ Handelnȱ eineȱ erheblicheȱ BeȬ deutungȱ zu.ȱ Entscheidendȱ fürȱ dieȱ Führungsfunktionenȱ imȱ öffentliȬ chenȱ Sektorȱ sindȱ dieȱ Wahrnehmungȱ vonȱ Umsystemveränderungenȱ undȱeineȱdarausȱabgeleiteteȱEinflussnahmeȱaufȱdieȱbetroffeneȱstaatȬ licheȱInstitution.ȱDerȱUnterschiedȱzwischenȱdenȱexternen,ȱinstitutioȬ

UmsystemȬ einflussȱ

43ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

nellenȱundȱpersonellenȱBedingungsgrößenȱliegtȱimȱHandlungsspielȬ raum,ȱdenȱdasȱManagementȱzurȱEinflussnahmeȱaufȱdieȱdreiȱKategoȬ rienȱhat.ȱDieserȱistȱgrundsätzlichȱbeiȱdenjenigenȱBedingungsgrößen,ȱ dieȱ sichȱ hauptsächlichȱ aufȱ derȱ politischenȱ Ebeneȱ befinden,ȱ bedeuȬ tendȱkleinerȱalsȱaufȱderȱbetrieblichenȱEbene.ȱȱ Entwicklungȱ derȱUmsystemeȱ

DieȱexternenȱBedingungenȱwerdenȱinȱgenerelleȱundȱaufgabenspeziȬ fischeȱGrößenȱunterteilt.ȱDieȱgenerellenȱRahmenbedingungenȱgeltenȱ fürȱ alleȱ staatlichenȱ Institutionen,ȱ nichtȱ nurȱ fürȱ diejenigen,ȱ dieȱ vonȱ denȱ Reformentwicklungenȱ betroffenȱsind.ȱ Innerhalbȱdieserȱ KategoȬ rieȱ lassenȱ sichȱ unterscheiden:ȱ PolitischȬrechtliche,ȱ wirtschaftliche,ȱ sozioȬkulturelleȱ undȱ technologischeȱ Bedingungsgrößen.ȱ Inȱ ZusamȬ menhangȱ mitȱ derȱ gegenwärtigenȱ Verwaltungsreformȱ könnenȱ folȬ gendeȱ Entwicklungstendenzenȱ inȱ denȱ vierȱ obenȱ genanntenȱ UmȬ systembereichenȱ identifiziertȱ werden,ȱ welcheȱ sichȱ nurȱ durchȱ eineȱ VeränderungȱdesȱbisherigenȱpolitischenȱSystemsȱundȱderȱdazugehöȬ rendenȱ staatlichenȱ Verwaltungenȱ inȱ dieȱ politischȱ angestrebteȱ RichȬ tungȱsteuernȱlassen:ȱ

„ Komplexereȱ undȱ weitläufigereȱ Prozesseȱ staatlichenȱ Handelnsȱ durchȱ dieȱ Einbindungȱ inȱ oderȱ zumindestȱ teilweiseȱAusrichtungȱ aufȱ supranationaleȱ Organisationenȱ wieȱ dieȱ Europäischeȱ Union,ȱ UNOȱusw.ȱundȱderenȱpolitischȬrechtlicheȱSysteme.ȱ

„ Ungenügendeȱ undȱ nurȱ nochȱ reaktiveȱ Einflussnahmeȱ staatlicherȱ OrganisationenȱaufȱdasȱwirtschaftlicheȱGeschehenȱundȱdieȱdamitȱ verbundeneȱ Verselbständigungȱ undȱ Dominanzȱ wirtschaftlicherȱ LösungswegeȱfürȱstaatspolitischeȱProblembereicheȱ

„ Individualisierungȱ derȱ Gesellschaftȱ mitȱ derȱ Forderungȱ nachȱ eiȬ nerȱ stärkerenȱ KundenȬȱ undȱ Bürgerorientierungȱ derȱ staatlichenȱ InstitutionenȱsowieȱeinerȱFlexibilisierungȱderȱinstitutionellenȱundȱ personalpolitischenȱRahmenbedingungenȱfürȱdieȱMitarbeitendenȱ imȱöffentlichenȱSektorȱ

„ Technologischeȱ Revolutionȱ durchȱ neueȱ KommunikationstechnoȬ logienȱ mitȱ Auswirkungenȱ aufȱ dasȱ Verhältnisȱ vomȱ Bürgerȱ zumȱ Staat,ȱ vonȱ Leistungsbeziehernȱ zuȱ staatlichenȱ Leistungsanbieternȱ undȱdieȱArbeitsbeziehungenȱinȱöffentlichenȱInstitutionenȱ Interaktionȱ zwischenȱȱ Verwaltungȱȱ undȱAnspruchsȬ gruppenȱ

44ȱ

Dieȱ aufgabenspezifischenȱ Bedingungsgrößenȱ wirkenȱ sichȱ unmittelȬ barȱaufȱeineȱbestimmteȱöffentlicheȱInstitutionȱaus,ȱmüssenȱaberȱkeiȬ nenȱEinflussȱaufȱandereȱstaatlicheȱOrganisationenȱhaben.ȱDieȱexterȬ nenȱEinflüsseȱundȱRestriktionenȱentstehenȱausȱderȱdirektenȱInterakȬ tionȱ zwischenȱ einerȱ Verwaltungseinheitȱ undȱ ihrenȱ AnspruchsȬ gruppenȱ(Leistungskäufer,ȱBürger,ȱZuliefererȱusw.).ȱDieseȱsehenȱbeiȱ einerȱZentralverwaltungȱganzȱandersȱausȱalsȱbspw.ȱbeiȱeinerȱSchule,ȱ einerȱ Gemeindeverwaltungȱ oderȱ einemȱ Krankenhaus.ȱ ErwähnensȬ

Steuerungsebenen im öffentlichen Sektor

2.3

wertȱ sindȱ beispielsweiseȱ dieȱ Umgestaltungȱ desȱ KrankenhaussysȬ temsȱundȱdarausȱfolgendeȱZusammenlegungenȱoderȱdieȱInternatioȬ nalisierungȱ desȱ Patentwesensȱ undȱ dieȱ dadurchȱ zunehmendeȱ InfraȬ gestellungȱnationalerȱPatentämter.ȱ Hinsichtlichȱ derȱ Veränderungenȱ beiȱ denȱ externenȱ BedingungsgröȬ ßenȱ lässtȱ sichȱ feststellen,ȱ dassȱ dieȱ Änderungsgeschwindigkeitȱ marȬ kantȱ zugenommenȱ hat,ȱ wovonȱ v.ȱa.ȱ derȱ öffentlicheȱ Sektorȱ starkȱ beȬ troffenȱist,ȱsodassȱsichȱderȱAbstandȱzwischenȱderȱEntwicklungȱstaatȬ licherȱInstitutionenȱundȱihrerȱUmweltȱstetigȱvergrößert.ȱ WeitereȱAuswirkungenȱaufȱdasȱManagementȱöffentlicherȱInstitutioȬ nenȱhabenȱdieȱinternenȱBedingungsgrößen,ȱdieȱinȱinstitutionelleȱundȱ personelleȱ Rahmenbedingungenȱ gegliedertȱ werden.ȱ Dieȱ institutioȬ nellenȱ Bedingungsgrößenȱ umfassenȱ dieȱ Staatsebene,ȱ denȱ VerwalȬ tungsȬ,ȱ BetriebsȬȱ oderȱAmtstyp,ȱ dieȱ Größeȱ sowieȱ dieȱ Standorteȱ derȱ Institutionen,ȱ dieȱ Finanzlage,ȱ spezialgesetzlicheȱ Vorschriften,ȱ dieȱ politischeȱ Ausrichtungȱ oderȱ dieȱ stattfindendenȱ VeränderungsproȬ zesse.ȱ Sieȱ sindȱ imȱ Allgemeinenȱ deutlichȱ ersichtlichȱ undȱ gebenȱ daȬ durchȱ demȱ Managementȱ einerȱ Institutionȱ einenȱ klarȱ abgegrenztenȱ Handlungsspielraum.ȱSomitȱscheintȱesȱoftȱvielȱnaheȱliegender,ȱdieseȱ Aspekteȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Verwaltungsmodernisierungȱ umzugestalȬ tenȱoderȱabzuändernȱalsȱdieȱpersonellenȱBedingungsgrößen.ȱ DieȱpersonellenȱBedingungsgrößenȱumfassenȱeinerseitsȱdeutlichȱerȬ sichtlicheȱAspekteȱwieȱdasȱAlter,ȱdieȱFunktionȱundȱdenȱberuflichenȱ Hintergrund,ȱ andererseitsȱ eherȱ verborgeneȱ Seitenȱ einesȱ MitarbeiȬ tendenȱ (z.ȱB.ȱ Wertvorstellungen),ȱ dieȱ dieȱ Arbeitsmotivationȱ undȱȱ Ȭleistungȱstarkȱbeeinflussen.ȱFürȱdasȱGelingenȱvonȱReformprozessenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ kommtȱ demȱ Kulturwandelȱ eineȱ herausraȬ gendeȱBedeutungȱzu.ȱDieȱVeränderungȱdieserȱsichȱlängerfristigȱausȬ wirkendenȱ Aspekteȱ istȱ aberȱ mitȱ gravierenderenȱ Schwierigkeitenȱ verbundenȱalsȱdieȱdieȱStrukturenȱundȱProzesseȱbetreffendenȱGestalȬ tungsmöglichkeiten.ȱDaherȱwirdȱdieȱNeuausrichtungȱderȱbisherigenȱ Personalfunktionȱ inȱ Richtungȱ einesȱ denȱ Wandelȱ unterstützendenȱ PersonalmanagementsȱzentralȱfürȱdenȱReformprozessȱsein.ȱ

2.3

Zunehmenderȱ Wandelȱ

Abgegrenzterȱ HandlungsȬ spielraumȱ

Kulturwandelȱ

Steuerungsebenen im öffentlichen Sektor

Derȱ durchȱ dieȱ Verwaltungsreformenȱ ausgelösteȱ Wandelȱ betrifftȱ nichtȱnurȱdieȱVerwaltungsbetriebeȱoderȱpolitischenȱOrgane.ȱGrundȬ sätzlichȱ laufenȱ dieȱ Veränderungenȱ aufȱ denȱ zweiȱ Ebenenȱ derȱ politiȬ

45ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

schenȱundȱbetrieblichenȱSteuerungȱab,ȱworausȱFolgenȱinȱBezugȱaufȱ dieȱ Leistungenȱ undȱ Wirkungenȱ desȱ politischȬadministrativenȱ HanȬ delnsȱresultierenȱ(vgl.ȱRitz/Rieder/Jenzerȱ1999:ȱ221ȱff.).ȱȱ

2.3.1

Ebene der politischen Steuerung

Exekutiveȱ undȱ Legislativeȱ erhaltenȱ bspw.ȱ neueȱ SteuerungsinstruȬ mente,ȱ mitȱ denenȱ sieȱ dieȱ Verwaltungȱ effektiverȱ führenȱ sollenȱ (z.ȱ B.ȱ Leistungsauftragȱ undȱ Globalbudget).ȱ Umgekehrtȱ aberȱ verändernȱ dieseȱ neuenȱ Führungsmechanismenȱ auchȱ dieȱ politischenȱ SteueȬ rungsorgane.ȱȱ KontrollȬ funktionȱderȱȱ Legislativeȱ

WirdȱdasȱParlamentȱalsȱeinȱTeilȱderȱpolitischenȱFührungȱbezeichnet,ȱ dannȱgiltȱes,ȱimȱGegensatzȱzurȱprimärenȱFührungsfunktionȱderȱExeȬ kutive,ȱ dieȱ Kontrollfunktionȱ derȱ Legislativeȱ imȱ Rahmenȱ derȱ politiȬ schenȱFührungȱhervorzuheben.ȱDieȱKontrolleȱundȱKritikȱderȱRegieȬ rungsȬȱ undȱ Verwaltungstätigkeitenȱ durchȱ dieȱ Legislativeȱ sindȱ imȱ demokratischenȱ Systemȱ zentral.ȱ Gleichzeitigȱ werdenȱ darausȱ aberȱ auchȱ dieȱ Grenzenȱ derȱ parlamentarischenȱ Führungsrolleȱ ersichtlich.ȱ DemȱParlamentȱkommtȱimȱRahmenȱderȱpolitischenȱFührungȱprimärȱ dieȱ RechtssetzungsȬȱ undȱ Oberaufsichtskompetenzȱ zu.ȱ Dieȱ RegieȬ rungsȬȱundȱVerwaltungskompetenzȱliegtȱbeiȱdenȱExekutivbehördenȱ (vgl.ȱ Grünenfelderȱ 1997:ȱ 8ȱ f.;ȱ Häfelin/Hallerȱ 2005:ȱ 442ȱ ff.ȱ undȱ zurȱ parlamentarischenȱAufsichtsfunktionȱZimmerli/Lienhardȱ1998).ȱ

FinalesȱRechtȱ

Fürȱ dasȱ Parlamentȱ sowieȱ dieȱ parlamentarischenȱ Kommissionenȱ bedeutetȱdiesȱeineȱveränderteȱAufgabenerfüllungȱgemäßȱdemȱPrinȬ zipȱ desȱ finalenȱ Rechtsȱ (vgl.ȱ Lienhardȱ 2005:ȱ 46).ȱ Soȱ sollȱ nichtȱ mehrȱ überȱdetaillierteȱBudgetpläneȱundȱeinzelneȱAusgabenpostenȱberatenȱ werden.ȱ Vielmehrȱ wirdȱ esȱ zurȱ zentralenȱ Aufgabeȱ desȱ Parlaments,ȱ durchȱ klareȱ Zielsetzungenȱ undȱ Grundsatzregelungen,ȱ welcheȱ dieȱ längerfristigȱ intendiertenȱ Wirkungenȱ undȱ strategischenȱ ZielsetzunȬ genȱ beinhalten,ȱ nachfolgendeȱ Verwaltungsbehördenȱ zuȱ steuern.ȱ Dieseȱ erhaltenȱ einenȱ größerenȱ Handlungsspielraumȱ zurȱ eigenverȬ antwortlichenȱErfüllungȱderȱvorgegebenenȱZiele.ȱȱ

Vertrauenȱȱ zwischenȱȱ Akteurenȱ

Dadurchȱ nimmtȱ dieȱ inȱ direktdemokratischenȱ Systemenȱ gängigeȱ Profilierungsmöglichkeitȱ derȱ Parlamentsmitgliederȱ durchȱ dieȱ VerȬ tretungȱ vonȱ bürgernahen,ȱ aberȱ unterȱ Umständenȱ politischȱ wenigerȱ bedeutungsvollenȱ Anliegenȱ ab.ȱ Dieȱ dadurchȱ verlangteȱ StrategieȬ funktionȱdesȱParlamentsȱlässtȱsichȱnichtȱohneȱZusammenwirkenȱvonȱ ParlamentȱundȱRegierungȱausüben.ȱErhöhtesȱgegenseitigesȱVertrauȬ enȱzwischenȱParlament,ȱRegierungȱundȱVerwaltungȱbeiȱderȱZielfestȬ legungȱ sowieȱ einȱ kooperativesȱ Verständnisȱ derȱ Gewaltenteilungȱ bildenȱeineȱunabdingbareȱGrundlageȱfürȱeineȱwirkungsvollereȱVerȬ

46ȱ

Steuerungsebenen im öffentlichen Sektor

2.3

waltungsführungȱ (vgl.ȱ Mastronardi/Schedlerȱ 2004:ȱ 72).ȱ Insofernȱ istȱ eineȱDiskussionȱüberȱRolleȱundȱFunktionȱderȱLegislativeȱnotwendigȱ undȱ fördertȱ nebenȱ derȱ Verwaltungsreformȱ gleichzeitigȱ auchȱ eineȱ Politikreform,ȱ derenȱ Zielȱ wieȱ folgtȱ zusammengefasstȱ werdenȱ kannȱ (vgl.ȱHofmeisterȱ1999:ȱ181ȱf.):ȱ Dieȱ neueȱ Hauptfunktionȱ derȱ politischenȱ Steuerungȱ istȱ dieȱ Strategiefindungȱ zurȱ längerfristigenȱ Staatsführungȱ unterȱ derȱ RollenteilungȱvonȱLegislativeȱundȱExekutive.ȱ ȱ Derȱ Regierungȱ stehenȱ dieȱ grundlegendenȱ Entscheidungenȱ fürȱ dasȱ staatlicheȱHandelnȱzu,ȱwasȱeinenȱzielgerichtetenȱGestaltungsprozessȱ kennzeichnetȱ(vgl.ȱHäfelin/Hallerȱ2005:ȱ481ȱff.).ȱDavonȱabzugrenzenȱ istȱ dieȱ Verwaltungskompetenz,ȱ welcheȱ dieȱ Ausführungȱ derȱ RegieȬ rungsentscheideȱ beinhaltetȱ undȱ derȱ Verwaltungȱ zusteht,ȱ jedochȱ durchȱ dieȱ verbindlichenȱ politischenȱ Entscheideȱ derȱ Exekutiveȱ geȬ steuertȱundȱüberwachtȱwird.ȱEllweinȱordnetȱderȱRegierungȱdieȱFühȬ rungsfunktionenȱderȱInformation,ȱKoordination,ȱPlanung,ȱEntscheiȬ dung,ȱ Mittelbeschaffung,ȱ derȱ Organisationȱ undȱ derȱ KonsensȬ schaffungȱ zuȱ (vgl.ȱ Ellweinȱ 1976:ȱ 173ȱ ff.).ȱ Dieseȱ RegierungsfunkȬ tionenȱwerdenȱausȱdemȱenglischsprachigenȱRaumȱergänztȱdurchȱdieȱ MissionsȬȱ oderȱ auchȱ Visionsfunktionȱ derȱ Regierungstätigkeitȱ (vgl.ȱ Osborne/Gaeblerȱ1992:ȱ113ȱff.).ȱDieȱKernaufgabenȱderȱRegierungȱalsȱ Teilȱ derȱ politischenȱ Führungȱ imȱ Rahmenȱ desȱ Publicȱ Managementsȱ sindȱ(vgl.ȱGrünenfelderȱ1997:ȱ45ȱff.ȱundȱThomȱ1990a:ȱ9):ȱȱ

FührungsȬ funktionenȱderȱȱ Regierungȱ

„ DieȱstrategischeȱZielbildungȱ „ DieȱPlanungȱderȱerwartetenȱWirkungenȱ(ImpactȱundȱOutcome)ȱ „ DieȱPlanungȱderȱOutputsȱzurȱErreichungȱderȱWirkungenȱ „ DieȱFestlegungȱderȱgeeignetenȱArbeitsteilungȱundȱKoordinationȱ „ DieȱÜberwachungȱderȱZielumsetzungȱdurchȱdieȱVerwaltungȱ „ Dieȱ politischeȱ Informationsverantwortungȱ gegenüberȱ denȱ AnȬ spruchsgruppenȱ DieȱRegierungsmitgliederȱmüssenȱdafürȱsorgen,ȱdassȱdasȱParlamentȱ dieȱ Leistungsaufträgeȱ ihrerȱ Ministerienȱ imȱ Rahmenȱ desȱ ProduktȬ budgetsȱ genehmigt,ȱ damitȱ dieȱ Umsetzungȱ innerhalbȱ derȱ strategiȬ schenȱLeitplankenȱerfolgenȱkannȱ(vgl.ȱSchedlerȱ1996:ȱ135ȱff.).ȱȱ ȱ

47ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

2.3.2 OperativeȱSelbȬ ständigkeitȱ

Ebene der betrieblichen Steuerung

Dieȱ Ebeneȱ derȱ betrieblichenȱ Steuerungȱ istȱ kurzȱ gesagtȱ fürȱ dieȱ konȬ kreteȱUmsetzungȱderȱaufȱderȱpolitischenȱSteuerungsebeneȱfestgelegȬ tenȱ LeistungsȬȱ undȱ Wirkungszieleȱ verantwortlich.ȱ Sieȱ umfasstȱ alleȱ Institutionenȱ desȱ privatenȱ undȱ öffentlichenȱ Sektors,ȱ dieȱ imȱ KonȬ traktverhältnisȱ mitȱ derȱ politischenȱ Steuerungsebeneȱ stehen.ȱ Dieseȱ VerwaltungseinheitenȱerlangenȱunterȱderȱwirkungsorientiertenȱVerȬ waltungsführungȱ einȱ hohesȱ Maßȱ anȱ operativerȱ Selbständigkeitȱ beiȱ derȱ Leistungserbringung.ȱ Welcheȱ institutionelleȱ Rechtsformȱ (unȬ selbständigeȱAnstalt,ȱ privatrechtlicheȱ Organisationȱ usw.)ȱ dieseȱ EinȬ heitenȱ besitzen,ȱ istȱ fürȱ dieȱ eigentlicheȱ Autonomieȱ nichtȱ entscheiȬ dend.ȱ„WesentlicherȱistȱdasȱAusmaßȱderȱoperativenȱHandlungsfreiȬ heit,ȱdieȱderȱVerwaltungseinheitȱzugestandenȱwird.“ȱ(Schedlerȱ1996:ȱ 119).ȱ Dieȱ Verantwortungȱ fürȱ dieseȱ neueȱ Autonomieȱ liegtȱ inȱ ersterȱ Linieȱ beiȱ denȱ Führungskräftenȱ vonȱ Institutionenȱ desȱ öffentlichenȱ Sektors.ȱSieȱhabenȱimȱRahmenȱderȱFührungsverantwortungȱzukünfȬ tigȱfolgendeȱAufgabenbereicheȱwahrzunehmenȱ(vgl.ȱThomȱ1990a:ȱ9):ȱ

„ Zielbildungsverantwortungȱ i.ȱ S.ȱ derȱ betrieblichenȱ (nichtȱ politiȬ schen)ȱStrategieȬȱundȱZielfindungȱfürȱdieȱInstitutionȱ

„ Ergebnisverantwortungȱ fürȱ dieȱ Erreichungȱ derȱ vereinbartenȱ OutputsȱunterȱBeachtungȱvonȱvorgegebenenȱStandardsȱetc.ȱ

„ Organisationsverantwortungȱ i.ȱ S.ȱ einerȱ zweckmäßigenȱ ArbeitsȬ teilungȱundȱKoordinationȱ

„ FörderungsverantwortungȱfürȱdieȱMitarbeitendenȱderȱInstitutionȱ „ FinanzverantwortungȱüberȱdieȱEinhaltungȱderȱBudgetvorgabenȱ „ InformationsverantwortungȱgegenüberȱdenȱMitarbeitendenȱihrerȱ InstitutionȱundȱexternenȱAnspruchsgruppenȱinȱAbstimmungȱmitȱ derȱpolitischenȱFührungȱ ErgebnisverȬ antwortungȱderȱ Amtsleitungȱ

48ȱ

AufȱdieserȱEbeneȱverhandelnȱbspw.ȱAmtsleitungenȱmitȱdenȱMinisteȬ rienȱ überȱ Leistungskontrakteȱ sowieȱ Globalbudgetsȱ undȱ erstattenȱ periodischȱ Auskunftȱ überȱ Zielerreichungȱ undȱ Mitteleinsatz.ȱ Dieȱ betrieblicheȱSteuerungȱvereinbartȱmitȱdenȱübergeordnetenȱInstanzenȱ derȱ politischenȱ Führungȱ inȱ einemȱ wechselseitigenȱ Prozessȱ dieȱ zuȱ erbringendenȱ Outputsȱ undȱ erwartetenȱ Outcomes.ȱ Fürȱ dieȱ Outputsȱ trägtȱdieȱAmtsleitungȱdieȱErgebnisverantwortung,ȱnichtȱaberȱfürȱdieȱ Outcomes,ȱ welcheȱ unterschiedlichenȱ externenȱ Einflüssenȱ unterlieȬ gen,ȱdieȱvonȱderȱPolitikȱinȱdieȱZielvorgabenȱmiteinbezogenȱwerdenȱ müssen.ȱ Dasȱ Managementȱ staatlicherȱ Institutionenȱ erfährtȱ auchȱ durchȱdenȱEinsatzȱvonȱneuȱausgestaltetenȱAnreizsystemenȱsowieȱdieȱ Einführungȱ vonȱ Kostenrechnungȱ undȱ Controllingȱ einenȱ starkenȱ

Steuerungsebenen im öffentlichen Sektor

2.3

Wandel.ȱ Einerseitsȱ wirdȱ dieȱ Führungsfunktionȱ i.ȱ S.ȱ einesȱ echtenȱ „Leadership“ȱstarkȱaufgewertet,ȱandererseitsȱgewinntȱauchȱdieȱMaȬ nagementverantwortungȱ durchȱ denȱ Einsatzȱ neuerȱ Instrumentarienȱ undȱPraktikenȱanȱBedeutung.ȱ Aktiveȱ undȱ gestaltendeȱ Führungsverantwortungȱ löstȱ dieȱ bisȬ herigeȱ Vollzugstreueȱ beiȱderȱUmsetzungȱ vonȱ politischenȱ VorȬ gabenȱdurchȱdieȱVerwaltungȱab.ȱ

2.3.3

Ebene der Leistungen und Wirkungen

Alsȱ dritteȱ Steuerungsebeneȱ istȱ dieȱ Ebeneȱ derȱ Leistungenȱ undȱ WirȬ kungenȱ eineȱ Weiterführungȱ derȱ beidenȱ erstgenanntenȱ Ebenen.ȱ Dieȱ politischeȱEbeneȱformuliertȱpolitischeȱZieleȱmitȱdemȱZweckȱderȱMaȬ ximierungȱ desȱ Gemeinwohlsȱ (vgl.ȱ Bräunigȱ 2000:ȱ 74).ȱAuchȱ aufȱ derȱ EbeneȱderȱbetrieblichenȱSteuerungȱdientȱdieȱAufgabenerfüllungȱderȱ Erreichungȱ diesesȱ Ziels,ȱ jedochȱ verstärktȱ ausȱ einerȱ ManagementȬ orientiertenȱ Sicht.ȱ Dieȱ alsȱ Konsequenzȱ desȱ Verwaltungshandelnsȱ erstelltenȱLeistungenȱbzw.ȱerzieltenȱWirkungenȱbeeinflussenȱunmitȬ telbarȱdieȱunterschiedlichenȱAnspruchsgruppenȱinȱderȱGesellschaft.ȱ Somitȱ rückenȱ aufȱ dieserȱ Ebeneȱ insbesondereȱ dieȱ Bürgerȱ alsȱ LeisȬ tungsempfängerȱ inȱ denȱ Mittelpunkt,ȱ dieȱ hochwertigeȱ Leistungenȱ undȱausȱSichtȱderȱGesellschaftȱwünschenswerteȱWirkungenȱfürȱdasȱ geleisteteȱEntgeltȱ(Steuern,ȱGebührenȱundȱBeiträge)ȱeinfordernȱ(„vaȬ lueȬforȬmoney“)ȱ (vgl.ȱ Brandel/StöbeȬBlossey/Wohlfahrtȱ 1999:ȱ 72).ȱ Fürȱ dieȱ Verwaltungȱ resultiertȱ darausȱ derȱ Anspruch,ȱ inȱ derȱ LeisȬ tungsverwaltungȱ qualitativȱ hochwertigeȱ Dienstleistungenȱ zurȱ ZuȬ friedenheitȱderȱBürgerȱzuȱerstellenȱsowieȱinȱderȱHoheitsverwaltungȱ Maßnahmenȱ zuȱ ergreifen,ȱ dieȱ einȱ optimalesȱ Funktionierenȱ desȱ geȬ sellschaftlichenȱ Zusammenlebensȱ sicherstellen,ȱ d.ȱh.ȱ dieȱ bestmögliȬ chenȱWirkungenȱentfalten.ȱȱ

LeistungsȬ empfängerȱimȱ Mittelpunktȱ

Dieseȱ zentraleȱ Ergänzungȱ desȱ politischȬadministrativenȱ SteueȬ rungsgedankensȱumȱdieȱsog.ȱ„Outputorientierung“ȱverdeutlichtȱdieȱ Ebeneȱ derȱ Leistungenȱ undȱ Wirkungen.ȱ Abbildungȱ 6ȱ stelltȱ dieȱ ZuȬ sammenhängeȱ vomȱ politischenȱ Planungsprozessȱ bisȱ zuȱ denȱ AusȬ wirkungenȱ desȱ administrativenȱ Leistungsprozessesȱ exemplarischȱ darȱ (vgl.ȱ Bouckaert/Vanȱ Doorenȱ 2003;ȱ Ritzȱ 2003a:ȱ 229ȱ ff.ȱ undȱ MäȬ der/Schedlerȱ1994).ȱ

OutputȬ orientierungȱ

49ȱ

2 Abbildungȱ6ȱ

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

DerȱpolitischȬadministrativeȱSteuerungskreislaufȱ Planungsprozess (SOLL)

Managementkreislauf

Politikkreislauf

Bedürfnisse/Bedarf

Leistungsprozess (IST)

Nutzen- und Wirkungsebene

Reaktion des Gesamtsystems, indirekte Wirkung (Outcome) Umwelteinflüsse, Nebenwirkungen

Politikformulierung, Ziele

Wirkungs- und Verhaltensebene

Reaktion der Zielgruppe, direkte Wirkung (Impact)

Produkt-, Leistungsplan

Leistungsebene

Ausstoss an Produkten/ Leistungen (Output)

Mittelplan

Kostenebene

Mittelverbrauch

Leistungserbringung/ Vollzug

ȱ

Dieȱ eigentlicheȱ „Bedarfsanalyse“ȱ geschiehtȱ einerseitsȱ imȱ Rahmenȱ derȱ (direkt)ȱ demokratischenȱ Prozesseȱ inȱ derȱ Politik,ȱ andererseitsȱ aberȱ auchȱ vermehrtȱ durchȱ gezielteȱ Bedürfnisanalyseȱ beiȱ denȱ AnȬ spruchsgruppenȱ (z.ȱB.ȱ Reduktionȱ vonȱ Lärmȱ undȱ Verkehrsgefahrȱ inȱ Wohnquartieren).ȱDieȱvonȱderȱPolitikȱoderȱVerwaltungȱinȱGesetzenȱ oderȱ Planungsdokumentenȱ definiertenȱ SachȬȱ undȱ Ressourcenzieleȱ (z.ȱB.ȱ Planungȱ vonȱ Maßnahmenȱ zurȱ Geschwindigkeitsreduzierung)ȱ werdenȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ konkretisierterȱ Planungsinstrumenteȱ undȱzurȱVerfügungȱgestellterȱMittelȱimȱeigentlichenȱVollzugȱumgeȬ setztȱ(z.ȱB.ȱBauȱderȱMaßnahmen).ȱ Keineȱlineareȱ LeistungsȬ Wirkungsketteȱ

50ȱ

DarausȱresultierenȱeinerseitsȱeinȱMittelverbrauchȱsowieȱandererseitsȱ eineȱ erbrachteȱ Leistungȱ (z.ȱ B.ȱ Pollerȱ undȱ Blumenkästen),ȱ welcheȱ entsprechendȱ denȱ gefasstenȱ Zielenȱ zuȱ einerȱ Reaktionȱ bzw.ȱ VerhalȬ tensänderungȱ i.ȱ S.ȱ direkterȱ Wirkungenȱ beiȱ derȱ Zielgruppeȱ führenȱ sollȱ(z.ȱB.ȱlangsameresȱFahrverhalten).ȱLetztlichȱwirdȱeineȱindirekteȱ Wirkungȱ beiȱ denȱ Politikbegünstigtenȱ beabsichtigtȱ (z.ȱ B.ȱ erhöhteȱ Wohnqualitätȱ fürȱ Familienȱ undȱ wenigerȱ Verkehrsunfälleȱ inȱ WohnȬ quartieren).ȱ Derȱ Versuchung,ȱ Leistungenȱ undȱ Wirkungenȱ inȱ einemȱ linearenȱZusammenhangȱzuȱbetrachten,ȱmussȱauchȱunterȱverstärkterȱ Managementperspektiveȱ widerstandenȱ werden,ȱ daȱ vielfältigeȱ UmȬ systemänderungenȱ undȱ Nebenwirkungenȱ diesȱ verunmöglichen.ȱ Insofernȱ dienenȱ dieȱ vorȱ diesemȱ Hintergrundȱ entwickeltenȱ outputȬ orientiertenȱ Instrumenteȱ einerȱ systematischerenȱ Erfassungȱ vonȱ

Arten des Wandels

2.4

ZweckȬMittelȬZusammenhängenȱundȱdarausȱabgeleiteterȱMethodenȱ sowieȱVorgehensweisen.ȱȱ DieȱdargestellteȱRollenverteilungȱderȱunterschiedlichenȱHandlungsȬ ebenenȱführtȱvorȱdemȱHintergrundȱdesȱneuenȱLeitbildsȱdesȱStaatesȱ alsȱGewährleistungsstaatȱ(vgl.ȱKapitelȱ1.2)ȱauchȱzuȱeinerȱerweitertenȱ Sichtweiseȱ desȱ Bürgersȱ bzw.ȱ andererȱ Anspruchsgruppenȱ imȱ Staat.ȱ Dieseȱ verbleibenȱ nichtȱ mehrȱ imȱ passivenȱ Statusȱ derȱ LeistungsempȬ fänger,ȱ sondernȱ werdenȱ zusätzlichȱ zuȱ aktivenȱ Mitproduzentenȱ öfȬ fentlicherȱDienstleistungenȱ(prosuming).ȱInȱdiesemȱSinneȱistȱesȱeineȱ zentraleȱAufgabeȱvonȱPolitikȱundȱVerwaltung,ȱdasȱvorhandeneȱResȬ sourcenpotenzialȱ derȱ Bürgerȱ zuȱ nutzen,ȱ indemȱ sieȱ dasȱ freiwilligeȱ EngagementȱfördernȱundȱdieȱBürgerȱanȱstaatlichenȱPlanungsprozesȬ senȱbeteiligenȱ(vgl.ȱBogumil/Holtkampȱ2005:ȱ128).ȱ

2.4

Arten des Wandels

Unternehmerischesȱ Managementȱ siehtȱ sichȱ seitȱ jeherȱ mitȱ demȱ PhäȬ nomenȱ desȱ Wandelsȱ konfrontiert,ȱ manȱ könnteȱ sogarȱ sagen,ȱ seineȱ Hauptaufgabeȱ istȱ dasȱ Bewirkenȱ vonȱ Veränderungen.ȱ Unterȱ denȱ Spielregelnȱ derȱ Marktwirtschaftȱ könnenȱ grundsätzlichȱ alleȱ OrganiȬ sationen,ȱ welcheȱ nichtȱ zuȱGrundeȱ gehen,ȱ dieȱ immerȱ wiederȱ auftreȬ tendeȱDiskrepanzȱzwischenȱsichȱundȱderȱUmweltȱrechtȱgutȱbewältiȬ genȱ (vgl.ȱ Ulrichȱ 1995:ȱ 24ȱ ff.).ȱ Gegenwärtigȱ istȱ dieȱ Bedeutungȱ einerȱ aktivenȱ Gestaltungȱ vonȱ Wandlungsprozessenȱ angesichtsȱ derȱ GeȬ schwindigkeitȱ undȱ desȱ Ausmaßesȱ vonȱ Umsystemveränderungenȱ starkȱgestiegen.ȱDerȱöffentlicheȱSektorȱleidetȱaufgrundȱderȱimȱerstenȱ KapitelȱbeschriebenenȱBürokratieentwicklungȱundȱderȱbisherȱkaumȱ wettbewerbsbedrängtenȱ Positionȱ unterȱ einemȱ FlexibilitätsȬȱ oderȱ Wandlungsdefizit.ȱ Nurȱ durchȱ dieȱ gezielteȱ Veränderungȱ dieserȱ SysȬ temdefiziteȱ kannȱ sichȱ dieȱ Institutionȱ Staatȱ langfristigȱ alsȱ WohlȬ fahrtsgarantȱfürȱdieȱGesellschaftȱbehaupten.ȱ

Spielregelnȱderȱ MarktȬ wirtschaftȱ

DerȱseitȱdemȱletztenȱJahrzehntȱstattfindendeȱWandelȱimȱöffentlichenȱ SektorȱlässtȱsichȱanhandȱvonȱdreiȱgrundlegendenȱArtenȱdesȱWandelsȱ beiȱReformprozessenȱstrukturierenȱ(vgl.ȱRitzȱ1999:ȱ30ȱff.ȱundȱThomȱ 1997b:ȱ 203).ȱ Dieȱ Autorenȱ vertretenȱ inȱ ihremȱ Konzeptȱ dieȱ AuffasȬ sung,ȱ dassȱ dieȱ Verwaltungsmodernisierungȱ sowohlȱ VeränderungsȬ schritteȱbeiȱdenȱStrategien,ȱderȱStrukturȱundȱdenȱProzessenȱalsȱauchȱ beiȱderȱKulturȱbedarf,ȱdamitȱsichȱVerwaltungsinstitutionenȱinȱRichȬ tungȱ einesȱ wirkungsȬȱ undȱ ergebnisorientiertenȱ VerwaltungsverȬ ständnissesȱentwickelnȱkönnen.ȱInȱdenȱfolgendenȱAbschnittenȱwirdȱ

51ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

gesondertȱ aufȱ dieȱArtenȱ desȱ Wandelsȱ undȱ ihreȱ Verknüpfungenȱ mitȱ denȱdreiȱSteuerungsebenenȱeingegangen.ȱ

2.4.1

Strategiewandel

KeineȱTrenȬ nungslinieȱzwiȬ schenȱPolitikȱ undȱManageȬ mentȱ

Derȱ Strategiewandelȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ wirdȱ imȱ IOPȬKonzeptȱ grundsätzlichȱ alsȱ Schnittstellenaufgabeȱ zwischenȱ derȱ politischenȱ undȱ derȱ betrieblichenȱ Steuerungsebeneȱ betrachtet,ȱ daȱ vonȱ derȱ straȬ tegischenȱFührungȱimȱöffentlichenȱSektorȱsowohlȱdieȱRegierungȱalsȱ auchȱdieȱSpitzenȱderȱVerwaltungȱbetroffenȱsind.ȱEsȱistȱvonȱzentralerȱ Bedeutung,ȱ dassȱ imȱ Spannungsfeldȱ beiderȱ Steuerungsebenenȱ nichtȱ einfachȱ eineȱ Trennungslinieȱ zwischenȱ Politikȱ undȱ Managementȱ geȬ zogenȱ wird.ȱ Dieȱ vielfachȱ geforderteȱ expliziteȱ Trennungȱ zwischenȱ StrategieȱundȱOperationȱexistiertȱimȱPublicȱManagementȱnicht,ȱdennȱ „Operatives“ȱ kannȱ kurzfristigȱ eineȱ politischeȱ Bedeutsamkeitȱ erlanȬ genȱ undȱ somitȱ strategischeȱ Entscheideȱ beeinflussen.ȱ Imȱ Rahmenȱ einesȱ Publicȱ Managementsȱ beginntȱ Managementȱ nichtȱ exaktȱ dort,ȱ woȱ dieȱ Politikȱ endet,ȱ sondernȱ verlangtȱ eineȱ Interaktionȱ zwischenȱ beidenȱBereichenȱ(vgl.ȱMetcalfe/Richardsȱ1993:ȱ116ȱff.).ȱDarausȱlässtȱ sichȱauchȱdieȱPositionierungȱdesȱStrategiewandelsȱaufȱbeidenȱSteueȬ rungsebenenȱbegründen.ȱ

Strategischesȱ Managementȱ istȱkontextȬ gebundenȱ

Strategischesȱ Managementȱ mussȱ spezifischȱ imȱ Kontextȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ undȱ derenȱAkteureȱ betrachtetȱ werden.ȱ Sowohlȱ PolitiȬ kerȱ alsȱ auchȱ Verwaltungskaderȱ müssenȱ ihrenȱ (strategischen)ȱ EinȬ flussbereichȱmitȱanderenȱAkteurenȱteilenȱ(SeparierungȱderȱPolitikbeȬ reiche,ȱ Gewaltenteilung).ȱ Zudemȱ gilt,ȱ dassȱ derȱ Einflussȱ einzelnerȱ AkteureȱdurchȱGesetzeȱundȱVerfahrensregelungenȱbeschränktȱwird,ȱ Managemententscheidungenȱ einemȱ größerenȱ Einflussȱ politischerȱ Kriterienȱ unterliegenȱ undȱ Zieleȱ sowieȱ Indikatorenȱ vielfachȱ vage,ȱ widersprüchlichȱundȱmehrdeutigȱsind.ȱȱ Dennochȱ istȱ dieȱ strategischeȱ Einflussnahmeȱ durchȱ VerwaltungskaȬ derȱmöglich.ȱInsbesondereȱwennȱstrategischeȱZieleȱaufȱdieȱzentralenȱ politischenȱ Problemstellungenȱ ausgerichtetȱ sindȱ undȱ dadurchȱ dieȱ politischeȱUnterstützungȱderȱrelevantenȱInteressensgruppenȱsicherȬ stellenȱ könnenȱ oderȱ aberȱ wennȱ dieȱ Kaderpersonenȱ überȱ eineȱ hoheȱ ReputationȱbetreffendȱdesȱnotwendigenȱFachwissens,ȱManagementȬ fähigkeitenȱ oderȱ derȱ Geschäftsvorbereitungȱ verfügenȱ (vgl.ȱ Raineyȱ 2003:ȱ176ȱff.).ȱ

52ȱ

Arten des Wandels

2.4.1.1

2.4

Strategische Führung im öffentlichen Sektor

Wasȱ bedeutetȱ „strategischeȱ Führung“ȱ inȱ derȱ öffentlichenȱ VerwalȬ tung?ȱDieȱstrategischeȱFührungȱlässtȱsichȱdurchȱfolgendeȱMerkmaleȱ kennzeichnenȱ(vgl.ȱBichselȱ1994:ȱ122ȱff.):ȱ

Merkmaleȱderȱ strategischenȱ Führungȱ

„ InȱAnlehnungȱanȱdieȱStrategielehreȱsindȱStrategienȱMaßnahmenȱ zurȱ Sicherungȱ desȱ langfristigenȱ Organisationserfolgs.ȱ Darunterȱ istȱderȱPlanȱzurȱZielerreichung,ȱdieȱdazuȱerforderlichenȱstrategiȬ schenȱ „Spielzüge“,ȱ erkennbareȱ Musterȱ undȱAbhängigkeitenȱ bisȬ herigerȱ Entscheidungen,ȱ dieȱ Positionierungȱ derȱ Organisationȱ undȱ ihrerȱ Leistungenȱ inȱ ihrerȱ Umweltȱ sowieȱ dieȱ kollektiveȱ WahrnehmungȱderȱUmweltȱdurchȱdieȱOrganisationȱzuȱverstehenȱ (vgl.ȱMintzbergȱ1987:ȱ18ȱff.).ȱ

„ Strategischeȱ Führungȱ konzentriertȱ sichȱ aufȱ dieȱ Zielerreichungȱ staatlichenȱ Handelnsȱ undȱ somitȱ aufȱ dieȱ resultierendenȱ WirkunȬ genȱ vonȱ Verwaltungstätigkeitenȱ („Doingȱ theȱ rightȱ things“).ȱ Fürȱ denȱAufbauȱundȱdieȱSicherungȱvonȱlangfristigenȱErfolgspotenziȬ alenȱeinerȱInstitutionȱmüssenȱdieȱkünftigȱwegweisendenȱAktionsȬ felderȱbearbeitetȱundȱdasȱZielsystemȱregelmäßigȱinȱFrageȱgestelltȱ werden.ȱ

„ Strategischeȱ Führungȱ versucht,ȱ künftigeȱ Entwicklungen,ȱ dieȱ fürȱ dieȱInstitutionȱvonȱBedeutungȱseinȱkönnen,ȱzuȱerkennen,ȱzuȱevaȬ luierenȱsowieȱinȱdieȱZielbildungȱundȱPlanungȱeinzubeziehen.ȱDieȱ Früherkennungȱ vonȱ Chancen,ȱ Risikenȱ undȱ Potenzialenȱ imȱ UmȬ systemȱ derȱ Organisationȱ kannȱ mitȱ unterschiedlichenȱ Verfahrenȱ undȱ Methodenȱ derȱ Frühaufklärungȱ angegangenȱ werdenȱ (vgl.ȱ Kühnȱ1980aȱundȱKühnȱ1980b).ȱ Dieȱ Kernfrageȱ ausȱ strategischerȱ Sichtȱ fürȱ jedeȱ staatlicheȱ Institutionȱ heißtȱfolglichȱ(vgl.ȱBichselȱ1994:ȱ126ȱff.):ȱ Wasȱ willȱ dieȱ staatlicheȱ Institutionȱ heuteȱ undȱ inȱ Zukunftȱ ausȱ welchenȱGründenȱtun?ȱ ȱ Esȱ wirdȱ davonȱ ausgegangen,ȱ dassȱ dasȱ obersteȱ Zielȱ desȱ Staatsȱ undȱ derȱ öffentlichenȱ Verwaltungȱ darinȱ besteht,ȱ dasȱ Wohlȱ derȱ GesellȬ schaftȱ zuȱ optimierenȱ bzw.ȱ Werteȱ fürȱ dieȱ Öffentlichkeitȱ zuȱ schaffenȱ („publicȱvalue“).ȱEsȱistȱAufgabeȱderȱstrategischenȱFührung,ȱdieȱdaȬ fürȱ notwendigenȱ Zielsetzungenȱ festzulegen.ȱ Demȱ Staatȱ undȱ derȱ VerwaltungȱkommenȱinnerhalbȱderȱGesellschaftȱinsofernȱbesondereȱ Rollenȱ zu,ȱ alsȱ sieȱ nichtȱ nurȱ einenȱ optimalenȱ Zielkatalogȱ fürȱ sichȱ selbstȱ erarbeiten,ȱ wieȱ diesȱ privatwirtschaftlicheȱ Unternehmungenȱ tun,ȱ sondernȱ auchȱ dieȱ Zieleȱ ihrerȱ Umsystemeȱ direktȱ beeinflussenȱ könnenȱundȱdiesȱimȱerforderlichenȱFallȱauchȱsollen.ȱ

PublicȱValue

53ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

Bestmöglicheȱ Annahmenȱüberȱ dieȱZukunftȱ

Darausȱwirdȱersichtlich,ȱdassȱstrategischeȱFührungȱohneȱlängerfrisȬ tigeȱPerspektiveȱnichtȱmöglichȱist.ȱStrategischeȱEntscheideȱbedürfenȱ bestmöglicherȱAnnahmenȱüberȱdieȱZukunftsentwicklungȱeinerȱInstiȬ tutionȱundȱihrerȱUmsysteme.ȱDiesesȱzentraleȱMerkmalȱstrategischerȱ Führungȱ widersprichtȱ aberȱ oftȱ derȱ politischenȱ Kulturȱ imȱ öffentliȬ chenȱSektor.ȱRegierungsmitgliederȱreduzierenȱihreȱPerspektiveȱnichtȱ seltenȱaufȱdieȱgegenwärtigeȱWahlperiode,ȱundȱjeȱnäherȱderȱnächsteȱ Wahlterminȱ kommt,ȱ destoȱ kurzfristigerȱ wirdȱ derȱ strategischeȱ EntȬ scheidungshorizont.ȱ Dieseȱ fürȱ dieȱ strategischeȱ Führungȱ äußerstȱ ineffektiveȱEntscheidungslogikȱverstärktȱsichȱdurchȱdieȱÜbernahmeȱ derȱkurzfristigenȱZielperspektiveȱvonȱderȱVerwaltung.ȱAmȱstärkstenȱ zeigtȱ sichȱ diesȱ beiȱ denȱ Budgetverhandlungenȱ nachȱ demȱ JährlichȬ keitsprinzipȱ(vgl.ȱMetcalfe/Richardsȱ1990:ȱ110ȱff.).ȱȱ

Inkrementellerȱ EntscheidungsȬ prozessȱ

DiesȱhatȱzurȱFolge,ȱdassȱstrategischeȱFührungȱinȱVerwaltungenȱweȬ nigerȱ einemȱ klarȱ Zielȱ gerichtetenȱ Prozessȱ folgt,ȱ sondernȱ verstärktȱ einenȱ inkrementellenȱ Entscheidungsprozessȱ darstellt.ȱ Strategischeȱ EntscheideȱentwickelnȱsichȱvielfachȱwährendȱdesȱEntscheidungsfinȬ dungsprozessesȱundȱsindȱnichtȱvonȱBeginnȱwegȱplanbar.ȱDiesȱerforȬ dertȱ eineȱ größereȱ Flexibilitätȱ fürȱ dieȱ Verwaltungskaderȱ betreffendȱ derȱEinsatzmöglichkeitenȱvonȱPersonal,ȱderȱAufgabenerfüllung,ȱderȱ Responsivitätȱ gegenüberȱ Anspruchsgruppenȱ undȱ dieȱ laufendeȱ MiȬ nimierungȱ vonȱ Diskontinuitätenȱ bzw.ȱ Abweichungenȱ imȱ Rahmenȱ desȱStrategieprozessesȱ(vgl.ȱRaineyȱ2003:ȱ178ȱf.).ȱDieseȱFlexibilitätsȬ erfordernisseȱwerdenȱimȱIOPȬKonzeptȱexplizitȱaufgegriffen.ȱȱ 2.4.1.2

Strategischeȱ Zieleȱnachȱ Situationȱȱ verändernȱ

Wandlungsfähigkeit bei der Strategiebildung

DerȱWandlungsfähigkeitȱundȱNeuausrichtungȱstaatlicherȱStrategienȱ kommtȱ aufgrundȱ derȱ neuenȱ outputorientiertenȱ Sichtȱ desȱ VerwalȬ tungshandelnsȱ eineȱ zusätzlicheȱ Bedeutungȱ zu.ȱ Zunehmendȱ wirdȱ erkannt,ȱdassȱesȱnichtȱgenügt,ȱnurȱeineȱStrategieȱzuȱhabenȱbzw.ȱsichȱ nachȱ einmalȱ festgehaltenenȱ Gesetzesanforderungenȱ auszurichten,ȱ sondernȱ auchȱ dieȱ Kapazität,ȱ dieȱ strategischenȱ Zieleȱ undȱ MaßnahȬ menȱ jeȱ nachȱ Situationȱ verändernȱ zuȱ können,ȱ notwendigȱ istȱ (vgl.ȱ Metcalfe/Richardsȱ 1990:ȱ 50ȱ ff.).ȱ Derȱ Strategiewandelȱ umfasstȱ dieȱ laufendeȱÜberprüfungȱundȱallfälligeȱAnpassungȱderȱlängerfristigenȱ Zielsystemeȱ aufgrundȱ derȱ frühzeitigȱ erkanntenȱ Chancen,ȱ Gefahrenȱ undȱRisiken.ȱȱ Dieȱ Aufgabeȱ derȱ neuenȱ Verwaltungsführungȱ bestehtȱ u.ȱ a.ȱ darin,ȱ dieseȱ erforderlichenȱ personellenȱ Kapazitätenȱ fürȱ denȱ StrategiewanȬ delȱ bereitzustellenȱ oderȱ zuȱ entwickeln.ȱ Zudemȱ sindȱ dieȱ neuenȱ InȬ strumenteȱfürȱdieȱbetrieblicheȱSteuerungȱundȱdieȱpolitischeȱFührungȱ soȱ auszugestalten,ȱ dassȱ strategischesȱ Führenȱ überhauptȱ möglichȱ

54ȱ

Arten des Wandels

2.4

wird.ȱ Mehrȱ Handlungsspielraumȱ inȱ finanziellerȱ undȱ personellerȱ Hinsichtȱ sowieȱ flexibleȱ Strukturenȱ sindȱ dafürȱ aufȱ derȱ betrieblichenȱ SteuerungsebeneȱeineȱGrundvoraussetzung.ȱ Imȱ IOPȬFührungskonzeptȱ wirdȱ derȱ Strategiewandelȱ primärȱ durchȱ dieȱ beidenȱ Handlungsgrößenȱ derȱ Innovationsförderungȱ undȱ derȱ organisatorischenȱ Flexibilitätȱ verwirklicht.ȱ Derȱ Strategiewandelȱ imȱ RahmenȱdesȱPublicȱManagementsȱistȱnichtȱnurȱeinȱProzess,ȱderȱsichȱ inȱ denȱ Köpfenȱ derȱ Führungskräfteȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ abspielt,ȱ sondernȱ stehtȱ inȱ direktemȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ AufbauȬȱ undȱ Ablauforganisationȱ derȱ öffentlichenȱ Institution.ȱ Umȱ durchȱ strategiȬ scheȱ Führungȱ eineȱ Effektivitätssteigerungȱ herbeiführenȱ zuȱ können,ȱ istȱ esȱ unerlässlich,ȱ dieȱ Strukturenȱ undȱ Prozesseȱ aufȱ dasȱ gesamteȱ Zielsystemȱ auszurichten.ȱ Dieȱ Förderungȱ derȱ organisatorischenȱ FleȬ xibilitätȱ unterstütztȱ folglichȱ dieȱ neuenȱ Zieleȱ öffentlichenȱ ManageȬ mentsȱimȱGegensatzȱzuȱdenȱstarrenȱbürokratischenȱStrukturen.ȱDasȱ Verhältnisȱ desȱ Strategiewandelsȱ zumȱ Kulturwandelȱ istȱ durchȱ dieȱ Nutzungȱ desȱ vorhandenenȱ Innovationspotenzialsȱ undȱ dieȱ SteigeȬ rungȱ desȱ Innovationsniveausȱ einerȱ Institutionȱ gekennzeichnet.ȱ Dieȱ Zielfindungȱ„[...]ȱkannȱnurȱdannȱalsȱstrategischȱbezeichnetȱwerden,ȱ wennȱ sichȱ dieȱ Organisationȱ fürȱ dieȱ Zielgestaltungȱ flexibelȱ undȱ fürȱ InnovationenȱundȱWandelȱoffenȱzeigt.“ȱ(Bichselȱ1994:ȱ122).ȱInȱeinerȱ starrenȱbürokratischȱreguliertenȱVerwaltungȱistȱfolglichȱstrategischeȱ Führungȱnichtȱmöglich,ȱdaȱderȱunerlässlicheȱFreiraumȱzurȱInnovatiȬ onsgenerierungȱundȱzumȱWandelȱfehlt.ȱDiesȱzeigtȱsichȱbspw.ȱinȱderȱ BudgetpolitikȱdesȱöffentlichenȱSektors.ȱDieȱfinanziellenȱMittelȱeinerȱ Verwaltungseinheitȱ werdenȱ ausschließlichȱ fürȱ dieȱAbwicklungȱ vonȱ operativenȱ Tätigkeitenȱ bewilligt.ȱ Ressourcenȱ fürȱ Investitionenȱ werȬ denȱ höchstensȱ imȱ Rahmenȱ vonȱ überȱ dasȱ Budgetȱ hinausgehendenȱ zusätzlichenȱ Haushaltsmittelnȱ bereitgestelltȱ (vgl.ȱ Osborne/Gaeblerȱ 1992:ȱ 192ȱ ff.).ȱ Insofernȱ bestehtȱ fürȱ denȱ Verwaltungsmanagerȱ keinȱ Anreiz,ȱinnovativȱtätigȱzuȱwerden.ȱSeineȱArbeitȱbeschränktȱsichȱaufȱ dasȱgetreueȱVerwaltenȱderȱverfügbarenȱGelder.ȱDochȱdieseȱArbeitsȬ haltungȱ genügtȱ derȱ erwünschtenȱ Einstellungȱ einerȱ Führungskraftȱ imȱöffentlichenȱSektorȱnichtȱmehr,ȱwieȱfolgenderȱSatzȱverdeutlicht:ȱȱ

Strukturenȱundȱ Prozesseȱaufȱ Zielsystemȱ ausrichtenȱ

Dieȱ Möglichkeit,ȱ innovativeȱ Ideenȱ eigenständigȱ umsetzenȱ zuȱ können,ȱ kennzeichnetȱ nichtȱ prinzipiellȱ denȱ Unterschiedȱ zwiȬ schenȱ einerȱ öffentlichenȱ undȱ einerȱ privatwirtschaftlichenȱ InȬ stitution,ȱsondernȱvielmehrȱdieȱDifferenzȱzwischenȱeinerȱFühȬ rungspersonȱundȱeinemȱVerwalter.ȱ ȱ

55ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

2.4.1.3 Festlegungȱvonȱ WirkungsȬ bereichenȱ

Strategieprozess

DieȱstrategischeȱZielsetzungȱerfordertȱÜberlegungenȱinȱZusammenȬ hangȱmitȱdenȱzuȱerzielendenȱWirkungenȱimȱbetroffenenȱUmsystem.ȱ Dasȱ erfordertȱ dieȱ Festlegungȱ bestimmterȱ Wirkungsbereicheȱ durchȱ dieȱ politischeȱ Führung.ȱ Sindȱ dieȱ Wirkungsfelderȱ undȱ erwünschtenȱ Wirkungenȱ desȱ staatlichenȱ Handelnsȱ bekannt,ȱ kannȱ dieȱ Führungȱ einerȱstaatlichenȱInstitutionȱdieȱstrategischenȱZieleȱfestlegen.ȱDieȱfürȱ dieȱ strategischeȱ Zielbildungȱ notwendigenȱ Kernfragenȱ lautenȱ wieȱ folgt:ȱ

„ WelchenȱWirkungsbereich,ȱwelchesȱUmsystemȱversuchenȱwirȱzuȱ beeinflussen?ȱ

„ Wieȱ schätzenȱ wirȱ dieȱ längerfristigenȱ Entwicklungstendenzenȱ inȱ diesemȱWirkungsbereichȱein?ȱ

„ Welchesȱ Problemȱ mussȱ inȱ diesemȱ Wirkungsbereichȱ gelöstȱ werȬ den?ȱ

„ WelcheȱAuswirkungenȱ habenȱ dieȱlängerfristigenȱ Entwicklungenȱ aufȱunserȱProblemfeld?ȱ

„ Wieȱ siehtȱ derȱ erwünschteȱ „Endzustand“ȱ inȱ diesemȱ Problemfeldȱ aus?ȱWelcheȱWirkungenȱsollenȱausgelöstȱwerden?ȱ

„ Welcheȱ Einflussmöglichkeitenȱ hatȱ unsereȱ Institutionȱ zurȱ LenȬ kungȱ derȱ problematischenȱ Aspekteȱ inȱ dieȱ Richtungȱ desȱ erȬ wünschtenȱEndzustandes?ȱ

„ Welcheȱ Personenȱ undȱ Stellenȱ sindȱ fürȱ dieȱ konkreteȱ Umsetzungȱ derȱZieleȱinȱMaßnahmenȱgeeignetȱundȱkompetent?ȱ Umfassenderȱ StrategieȬ prozessȱ

56ȱ

Dieseȱ siebenȱ Kernfragenȱ zurȱ strategischenȱ Zielbildungȱ bildenȱ eineȱ guteȱAusgangslageȱfürȱdenȱgesamtenȱStrategieprozess.ȱDerȱBezugsȬ rahmenȱ zurȱ Gestaltungȱ desȱ Strategiewandelsȱ nachȱ Brysonȱ (2004)ȱ wirdȱimȱFolgendenȱalsȱeinȱweltweitȱanerkanntesȱVorgehenȱzurȱStraȬ tegiefindungȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ erläutert.ȱ Dasȱ Konzeptȱ basiertȱ aufȱ einemȱ zehnstufigenȱ Planungsmodell,ȱ dasȱ alsȱ Regelkreisȱ konzipiertȱistȱ(vgl.ȱAbb.ȱ7).ȱ

Arten des Wandels

Abbildungȱ7ȱ

ZyklusȱdesȱStrategiewandelsȱ(nachȱBrysonȱ2004:ȱ33ȱf.)ȱ

„Key Resource Controllers“

Kräfte und Trends

2.4

Wettbewerber

4a 2

Externes Umfeld Chancen/Risiken

1

Externe und interne Anspruchsgruppen

Eingangsvereinbarung

3 Mission und Werte

Ressourcen

9

7

Aufträge

5

Bewertung und Anpassung von Strategie und Plan

Implementation

Strategische Themen 10 6

Stärken/Schwächen 4b Interne Bedingungen

Gegenwärtige Strategie

Strategieformulierung

8 Beschreibung der Zukunft der Organisation

Bewertung des Strategie- und Planungsprozesses

Leistung

ȱ

Dieȱ einzelnenȱ Schritteȱ desȱ Planungsmodellsȱ werdenȱ imȱ Folgendenȱ kurzȱdargestelltȱ(vgl.ȱBrysonȱ2004:ȱ32ff.):ȱ 1. Initiierungȱ undȱ Einigungȱ überȱ dieȱ Durchführungȱ desȱ strategiȬ schenȱ Planungsprozesses:ȱ Vorȱ Beginnȱ desȱ strategischenȱ PlaȬ nungsprozessesȱ mussȱ einȱ Konsensȱ überȱ dieȱ wichtigstenȱ EckȬ punkteȱ (Ziele,ȱ Rolleȱ derȱ Beteiligten,ȱ Einbindungȱ vonȱ internenȱ undȱ externenȱ Anspruchsgruppen,ȱ verfügbareȱ Ressourcen)ȱ geȬ troffenȱwerden.ȱ

Zehnȱ PlanungsȬ schritteȱ

2. Identifikationȱ desȱ Auftragsȱ derȱ Organisation:ȱ Derȱ Auftragȱ derȱ Organisation,ȱ d.ȱh.ȱ dieȱ Erwartungenȱ anȱ dieȱ Organisationȱ sowieȱ derenȱ Verpflichtungen,ȱ müssenȱ deutlichȱ gemachtȱ werden.ȱ Dazuȱ müssenȱsowohlȱdieȱformaleȱ(Gesetze,ȱLeistungsauftrag,ȱVerträgeȱ etc.)ȱalsȱauchȱinformelleȱEbeneȱbeachtetȱwerden.ȱ 3. Klärungȱ vonȱ Missionȱ undȱ Wertenȱ derȱ Organisation:ȱ Imȱ GegenȬ satzȱzuȱdemȱexternenȱAuftragȱwerdenȱdieȱMissionȱundȱdieȱWerteȱ einerȱ Organisationȱ vonȱ innenȱ herausȱ entwickelt.ȱ Sieȱ bestimmenȱ maßgeblichȱ dasȱ Selbstverständnisȱ derȱ Organisationȱ sowieȱ dieȱ Identitätȱ ihrerȱ Mitarbeitenden.ȱ Dieȱ Schritteȱ 2ȱ undȱ 3ȱ bildenȱ dieȱ BasisȱfürȱdieȱEntwicklungȱeinesȱLeitbildsȱinȱderȱOrganisation.ȱ

57ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

4. Bewertungȱ derȱ internenȱ undȱ externenȱ Bedingungen:ȱ Durchȱ dieȱ IdentifikationȱvonȱStärkenȱundȱSchwächen,ȱChancenȱundȱRisikenȱ (SWOTȬAnalyse:ȱ Strengths,ȱ Weaknesses,ȱ Opportunities,ȱ Threats;ȱ sieheȱ auchȱ Abschnittȱ 2.4.1.4)ȱ sollenȱ dieȱ verschiedenenȱ EntwickȬ lungstendenzenȱ analysiertȱ undȱ daraufȱ aufbauendȱ möglicheȱ ZuȬ kunftsszenarienȱfürȱdieȱOrganisationȱerforschtȱwerden.ȱ 5. IdentifikationȱderȱstrategischȱrelevantenȱThemenȱderȱOrganisatiȬ on:ȱ Dasȱ Zielȱ desȱ strategischenȱ Planungsprozessesȱ bestehtȱ darin,ȱ eineȱmöglichstȱausgewogeneȱAbstimmungȱzwischenȱderȱOrganiȬ sationȱundȱihrerȱ Umweltȱ zuȱ erreichen.ȱDaherȱkommtȱ demȱ fünfȬ tenȱ Schrittȱ eineȱ wesentlicheȱ Bedeutungȱ zu.ȱ Dieȱ Teilnehmendenȱ müssenȱ sichȱ inȱ einemȱ Aushandlungsprozessȱ daraufȱ verständiȬ gen,ȱmitȱwelchenȱstrategischenȱHerausforderungenȱdieȱOrganisaȬ tionȱinȱZukunftȱkonfrontiertȱseinȱwird,ȱwelcheȱPrioritätenȱbeiȱderȱ Problemlösungȱ gesetztȱ werdenȱ undȱ inȱ welchenȱ ThemenbereiȬ chenȱStrategienȱentwickeltȱwerdenȱsollen.ȱ 6. Formulierungȱ vonȱ Strategienȱ inȱ denȱ relevantenȱ ThemenbereiȬ chen:ȱ Imȱ sechstenȱ Schrittȱ werdenȱ alternativeȱ Strategienȱ alsȱAntȬ wortȱ zurȱ Bewältigungȱ derȱ zukünftigenȱ Herausforderungenȱ entȬ wickelt.ȱInȱdiesemȱSchrittȱmussȱweiterhinȱeineȱEinigungȱüberȱdieȱ Optionenȱ getroffenȱ werden,ȱ dieȱ realisiertȱ werdenȱ sollen,ȱ wobeiȱ derȱImplementierungsprozessȱbereitsȱjetztȱbedachtȱwerdenȱsollte.ȱ 7. Überprüfungȱsowieȱevtl.ȱAnpassungȱderȱStrategienȱundȱdesȱstraȬ tegischenȱ Plans:ȱ Inȱ größerenȱ Organisationenȱ kannȱ esȱ möglichȱ sein,ȱdassȱdieȱausgearbeitetenȱStrategienȱundȱPläneȱvonȱübergeȬ ordnetenȱ Entscheidungsgremienȱ genehmigtȱ werdenȱ müssen.ȱ Diesȱ kannȱ dazuȱ führen,ȱ dassȱ dieȱ Strategienȱ undȱ Pläneȱ vorȱ derȱ Implementationȱnochȱeinmalȱüberarbeitetȱwerdenȱmüssen.ȱ 8. Entwicklungȱ einerȱ Erfolgsvorstellung:ȱ Inȱ diesemȱ Schrittȱ sollȱ beȬ schriebenȱ werden,ȱ wieȱ dieȱ Organisationȱ nachȱ Umsetzungȱ derȱ Strategienȱaussehenȱsoll.ȱMöglicheȱSchwerpunkteȱsindȱdabeiȱdieȱ Mission,ȱLeistungskriterienȱoderȱVerhaltensstandardsȱfürȱalleȱBeȬ schäftigten.ȱ 9. Entwicklungȱ einesȱ wirkungsvollenȱ Implementationsprozesses:ȱ Wieȱ bereitsȱ inȱ Schrittȱ 6ȱ deutlichȱ wurde,ȱ sindȱ dieȱ Planungȱ undȱ Entwicklungȱ vonȱ Strategienȱ keineȱ ausreichendenȱ Maßnahmen.ȱ Inȱ größerenȱ Organisationenȱ istȱ esȱ notwendig,ȱ dieȱ konkreteȱ UmȬ setzungȱ dieserȱ Strategienȱ zuȱ planen.ȱ Wichtigeȱ Bausteineȱ einesȱ ImplementationsplansȱsindȱdabeiȱdieȱFestlegungȱvonȱRollenȱundȱ Verantwortlichkeiten,ȱ spezifischenȱ Zielen,ȱ erwartetenȱ ErgebnisȬ senȱ undȱ Meilensteinen,ȱ benötigtenȱ Ressourcen,ȱ KommunikatiȬ onsprozessenȱsowieȱÜberwachungsȬȱundȱAnpassungsprozessen.ȱ

58ȱ

Arten des Wandels

2.4

10. Bewertungȱ vonȱ Strategienȱ undȱ demȱ strategischenȱ PlanungsproȬ zess:ȱ Inȱ demȱ abschließendenȱ Schritt,ȱ derȱ einigeȱ Zeitȱ nachȱ derȱ ImplementationȱderȱMaßnahmenȱbeginnt,ȱwerdenȱdieȱStrategienȱ sowieȱ derȱ strategischeȱ Planungsprozessȱ nochȱ einmalȱ überprüft.ȱ Zumȱeinenȱsollteȱdabeiȱfestgestelltȱwerden,ȱobȱdieȱStrategienȱbeiȬ behalten,ȱ modifiziertȱ oderȱ abgesetztȱ werdenȱ sollen.ȱ Zumȱ andeȬ renȱ sollteȱ derȱ strategischeȱ Planungsprozessȱ beurteiltȱ undȱ ggf.ȱ modifiziertȱwerden.ȱ 2.4.1.4

Instrumente des strategischen Managements

InȱderȱVergangenheitȱhabenȱsichȱunterschiedlicheȱVorgehensweisenȱ undȱ Instrumenteȱ desȱ strategischenȱ Managementsȱ herausgebildet.ȱ Derenȱ gezielteȱ Auswahlȱ undȱ sinnvolleȱ Kombinationȱ erweistȱ sichȱ letztlichȱ alsȱ zentral.ȱ Dabeiȱ kannȱ unterschiedenȱ werdenȱ zwischenȱ Instrumentenȱ derȱ strategischenȱ Analyse,ȱ Planungȱ undȱ Umsetzungȱ (vgl.ȱ Schedler/Siegelȱ 2005:ȱ 183ȱ ff.).ȱ Imȱ Folgendenȱ wirdȱ aufȱ ausgeȬ wählteȱInstrumenteȱeingegangen,ȱderenȱVerbreitungȱinȱöffentlichenȱ Institutionenȱzugenommenȱhat.ȱ Alsȱ wesentlichesȱ Instrumentȱ imȱ Rahmenȱ einesȱ strategischenȱ PlaȬ nungsprozessesȱ giltȱ dieȱ UmsystemȬȱ oderȱ Umweltanalyse.ȱ ÖffentliȬ cheȱ Institutionenȱ könnenȱ ähnlichȱ wieȱ privatwirtschaftlicheȱ UnterȬ nehmenȱalsȱoffeneȱsozioȬtechnischeȱSystemeȱbetrachtetȱwerden,ȱdieȱ inȱBeziehungȱzuȱverschiedenenȱGruppenȱimȱUmsystemȱderȱOrganiȬ sationȱstehenȱ(vgl.ȱKubicek/Thomȱ1976:ȱ3980ȱff.).ȱAufgrundȱderȱunȬ terschiedlichenȱ Beziehungszusammenhängeȱ werdenȱRahmenbedinȬ gungenȱ geschaffen,ȱ dieȱ maßgeblichenȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ ZielerreiȬ chungȱ einerȱ Organisationȱ haben.ȱ Imȱ Rahmenȱ desȱ strategischenȱ Managementsȱ kommtȱ somitȱ derȱ Analyseȱ desȱ Umsystemsȱ imȱ HinȬ blickȱ aufȱ dieȱ Chancenȱ undȱ Risikenȱ derȱ zukünftigenȱ Entwicklungȱ eineȱ wesentlicheȱ Bedeutungȱ zu,ȱ daȱ dieȱ Verwaltungsführungȱ nurȱ unterȱ Berücksichtigungȱ derȱ relevantenȱ Einflussfaktorenȱ optimiertȱ undȱzielgerichtetȱgestaltetȱwerdenȱkann.ȱDieȱUmsystemanalyseȱsollȬ teȱsichȱnichtȱnurȱaufȱdasȱengereȱUmfeldȱderȱOrganisationȱkonzentȬ rieren,ȱsondernȱauchȱumfassendereȱTrendsȱberücksichtigen,ȱdieȱsichȱ aufȱdieȱOrganisationȱauswirkenȱkönntenȱ(vgl.ȱSteinmann/Schreyöggȱ 2005:ȱ173).ȱWesentlicheȱBereiche,ȱdieȱeineȱöffentlicheȱInstitutionȱbeȬ leuchtenȱsollte,ȱumfassenȱsomitȱrechtlichȬpolitische,ȱtechnologische,ȱ sozioȬkulturelleȱ undȱ wirtschaftlicheȱ Komponentenȱ sowieȱ EntwickȬ lungenȱ beiȱ denȱ unterschiedlichenȱ Anspruchsgruppenȱ undȱ LeisȬ tungsempfängernȱinȱderȱGesellschaft.ȱ

UmsystemȬȱundȱ Umweltanalyseȱ

ImȱGegensatzȱzurȱUmsystemanalyseȱhandeltȱesȱsichȱbeiȱderȱSWOTȬ AnalyseȱumȱeinȱstrategischesȱAnalyseinstrument,ȱwelchesȱdieȱinterȬ

SWOTȬAnalyse

59ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

neȱRessourcensituationȱeinerȱöffentlichenȱInstitutionȱmitȱeinbezieht.ȱ Mitȱ Hilfeȱ derȱ SWOTȬAnalyseȱ wirdȱ zumȱ einenȱ ausȱ einerȱ Innensichtȱ untersucht,ȱwelcheȱspezifischenȱStärkenȱundȱSchwächenȱeineȱöffentȬ licheȱ Institutionȱ aufweist.ȱ Zumȱ anderenȱ werdenȱ dieȱ Chancenȱ (EntȬ wicklungsmöglichkeiten)ȱ undȱ Risikenȱ (Gefahren),ȱ dieȱ sichȱ fürȱ dieȱ Institutionȱ aufgrundȱ derȱ Artȱ undȱ Intensitätȱ zukünftigerȱ UmweltȬ entwicklungenȱergebenȱkönnen,ȱausȱeinerȱAußensichtȱherausȱanalyȬ siert.ȱ Aufbauendȱ aufȱ denȱ Erkenntnissenȱ ausȱ derȱ SWOTȬAnalyseȱ lassenȱsichȱdurchȱdenȱAbgleichȱvonȱinternenȱundȱexternenȱEinflussȬ faktorenȱ strategischeȱ Optionenȱ generierenȱ mitȱ demȱ Ziel,ȱ einerseitsȱ dieȱStärkenȱzuȱmaximierenȱundȱdieȱChancenȱzuȱnutzenȱsowieȱandeȬ rerseitsȱ Schwächenȱ undȱ Risikenȱ zuȱ minimierenȱ (vgl.ȱ MüllerȬ Stewens/Lechnerȱ2005:ȱ226).ȱ PortfolioȬ Analyseȱ

Einȱ weiteresȱ essentiellesȱ Analyseinstrument,ȱ dasȱ imȱ Rahmenȱ desȱ strategischenȱManagementsȱeingesetztȱwird,ȱistȱderȱPortfolioansatz.ȱ DieserȱAnsatzȱeignetȱsichȱu.ȱa.ȱdafür,ȱfürȱdieȱunterschiedlichenȱAufȬ gabenfelderȱ einerȱ öffentlichenȱ Institutionȱ strategischeȱ Leitlinienȱ bzw.ȱ Normstrategienȱ zuȱ entwickelnȱ (vgl.ȱ MüllerȬStewens/Lechnerȱ 2005:ȱ300).ȱZurȱDarstellungȱderȱStrukturȱundȱBedeutungȱdieserȱAufȬ gabenfelderȱ wirdȱ beiȱ derȱ PortfolioȬAnalyseȱ eineȱ zweidimensionaleȱ Matrixȱ aufgespannt,ȱ aufȱ derȱ eineȱ UmweltȬȱ sowieȱ eineȱ OrganisatiȬ onsachseȱabgetragenȱwird.ȱAufȱderȱUmweltachseȱwirdȱderȱzukünfȬ tigeȱ Bedarfȱ bzw.ȱ dieȱ zukünftigeȱ Bedeutungȱ desȱ jeweiligenȱ AufgaȬ benfeldesȱ dargestelltȱ undȱ somitȱ dieȱ Einflusskräfte,ȱ dieȱ vonȱ externȱ aufȱdieȱöffentlicheȱInstitutionȱeinwirken,ȱbetrachtet.ȱDemgegenüberȱ werdenȱ aufȱ derȱ Organisationsachseȱ verwaltungsinterneȱ KompetenȬ zenȱ undȱ Einflussfaktorenȱabgetragen,ȱdieȱ vonȱ derȱ Institutionȱ selbstȱ beeinflusstȱwerdenȱkönnen.ȱDieȱausȱderȱ4ȬFelderȬMatrixȱabgeleitetenȱ NormstrategienȱkönnenȱjedochȱkeineȱvorbehaltlosenȱEmpfehlungenȱ darstellen.ȱ Vielmehrȱ bietenȱ sieȱ ersteȱ möglicheȱ EntwicklungsstrateȬ gienȱ zurȱ weiterenȱ Überprüfungȱ derȱ jeweiligenȱ Aufgabenfelderȱ inȱ Abhängigkeitȱ vonȱ derȱ konkretenȱ Situation.ȱ Dieȱ PortfolioȬAnalyseȱ eignetȱ sichȱ bspw.ȱ fürȱ dieȱ Erarbeitungȱ strategischerȱ Optionenȱ fürȱ unterschiedlicheȱ Aufgabenfelderȱ oderȱ zurȱ Identifikationȱ vonȱ SparȬȱ undȱ Entwicklungspotenzialenȱ (vgl.ȱ nachfolgendeȱ Fallstudie:ȱ Dieȱ Portfolioanalyseȱ zurȱ strategischenȱ Entscheidungsfindungȱ inȱ derȱ bernischenȱKantonsverwaltung).ȱ

AuswahlȱreleȬ vanterȱHandȬ lungsoptionenȱ

Imȱ Anschlussȱ anȱ dieȱ durchȱ dieȱ strategischeȱ Analyseȱ gewonnenenȱ Empfehlungenȱ undȱ Entwicklungsmöglichkeiten,ȱ gehtȱ esȱ inȱ einemȱ nächstenȱ Schrittȱ umȱ dieȱ Auswahlȱ relevanterȱ Handlungsoptionenȱ sowieȱdieȱPlanungȱderenȱpraktischerȱUmsetzung.ȱDabeiȱstehenȱeinerȱ öffentlichenȱ Institutionȱ mitȱ derȱ Entwicklungȱ vonȱ Vision,ȱ Missionȱ undȱ Leitbildȱ sowieȱ derȱ IntegriertenȱAufgabenȬȱ undȱ Finanzplanungȱ (IAFP)ȱzweiȱwirkungsvolleȱPlanungsinstrumenteȱzurȱVerfügung,ȱdieȱ

60ȱ

Arten des Wandels

2.4

eineȱ strategischeȱ (NeuȬ)ȱ Orientierungȱ ermöglichenȱ (vgl.ȱ auchȱ nachȬ folgendesȱPraxisfensterȱNr.ȱ2).ȱȱ Vision,ȱ Missionȱ undȱ Leitbildȱ werdenȱ inȱ Organisationenȱ entworfenȱ undȱimplementiert,ȱumȱderȱOrganisationȱundȱihrenȱMitarbeitendenȱ eineȱ Orientierungȱ zuȱ gebenȱ undȱ langfristigeȱ EntwicklungsperspekȬ tivenȱ zuȱ fokussieren.ȱ Dabeiȱ wirdȱ unterȱ einerȱ Visionȱ eineȱ aufȱ dieȱ ZukunftȱgerichteteȱLeitideeȱüberȱdieȱEntwicklungȱeinerȱOrganisatiȬ onȱ verstanden,ȱ dieȱ richtungsweisendeȱ undȱ normativeȱAussagenȱ zuȱ denȱ zentralenȱ Zielenȱ derȱ Organisationȱ enthaltenȱ sollȱ (vgl.ȱ MüllerȬ Stewens/Lechnerȱ 2005:ȱ 234ȱ ff.).ȱ Demgegenüberȱ enthältȱ dieȱ Missionȱ eineȱDarstellungȱdesȱOrganisationszwecksȱ(WasȱwillȱeineȱOrganisaȬ tionȱtun?ȱWieȱlegitimiertȱsieȱihrȱBestehen?)ȱsowieȱAussagenȱzuȱWerȬ ten,ȱVerhaltensstandardsȱundȱStrategienȱzurȱErfüllungȱdiesesȱOrgaȬ nisationszwecks.ȱ Inȱ einemȱ Leitbildȱ werdenȱ Visionȱ undȱ Missionȱ schließlichȱschriftlichȱfixiertȱundȱkonkretisiert.ȱÖffentlicheȱLeitbilderȱ formulierenȱsomitȱdieȱlängerfristigȱgültigenȱGlobalzieleȱeinerȱöffentȬ lichenȱ Institutionȱ sowieȱ ihreȱ Ziele,ȱ Prinzipienȱ undȱ Spielregelnȱ (vgl.ȱ Heinzȱ2000:ȱ118ȱf.).ȱZahlreicheȱVerwaltungenȱimȱdeutschsprachigenȱ Raumȱ habenȱ inȱ jüngsterȱ Zeitȱ Leitbilderȱ formuliert.ȱ Beispielhaftȱ seiȱ hierȱaufȱdieȱStadtȱPassauȱverwiesen.ȱBürgerinnenȱundȱBürger,ȱPoliȬ tikerȱsowieȱdieȱStadtverwaltungȱerarbeitetenȱinȱeinemȱZeitraumȱvonȱ mehrȱ alsȱ einemȱ Jahrȱ einȱ Leitbildȱ fürȱ dieȱ Stadtȱ Passau,ȱ welchesȱ aufȱ dasȱ Jahrȱ 2005ȱ ausgerichtetȱ istȱ undȱ kontinuierlichȱ weiterentwickeltȱ wird.ȱ Dasȱ Leitbildȱ enthältȱ dieȱ dreiȱ Bereicheȱ ȈLebenȱ inȱ derȱ StadtȈ,ȱ ȈPolitikȈȱundȱȈVerwaltungȈ,ȱinȱdenenȱdurchȱdieȱMitarbeitȱderȱÖffentȬ lichkeitȱ Projektgruppenȱ verschiedeneȱ Themenstellungenȱ bearbeitenȱ undȱ präsentieren,ȱ sodassȱdasȱ Leitbildȱinȱ derȱ Stadtȱ Passauȱ aktivȱ geȬ lebtȱwirdȱ(vgl.ȱPassauȱ2005).ȱȱ

Orientierungȱ gebenȱ

EinenȱnochȱumfassenderenȱAnsatzȱwählteȱdieȱGemeindeȱLaupenȱinȱ derȱ Schweiz,ȱ woȱ inȱ einerȱ zweitägigenȱ Zukunftskonferenzȱ GemeinȬ deratȱundȱBürgerȱStärkenȱundȱSchwächenȱanalysiertenȱsowieȱdaraufȱ aufbauendȱHoffnungen,ȱZiele,ȱLeitideenȱundȱMaßnahmenfelderȱdisȬ kutiertenȱ(vgl.ȱBlickpunkt).ȱ

ZukunftsȬ konferenzȱ

ȱ ȱ ȱ ȱ

61ȱ

2 ImȱBlickpunktȱ

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

ZukunftskonferenzȱinȱderȱGemeindeȱLaupenȱ Der Gemeinderat und die Gemeindeentwicklungskommission in Laupen veranstalteten am 17. und 18. Juni 2005 eine Zukunftskonferenz mit dem Ziel, in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung die gemeinsame Zukunft der Gemeinde zu gestalten. Insgesamt nahmen an beiden Tagen knapp 100 Personen aus unterschiedlichen Interessensgruppen an der Zukunftskonferenz teil, darunter Behördenvertreter, Politiker, Gewerbe- und Wirtschaftsvertreter, Vertreter von Freizeitvereinen, Vertreter von kulturellen Institutionen, interessierte Einwohner und spezielle Bevölkerungsgruppen. Am ersten Tag widmeten sich die Teilnehmenden einer umfassenden StärkenSchwächen-Analyse. Darauf aufbauend wurden am zweiten Tag die Resultate analysiert sowie mögliche Szenarien der zukünftigen Entwicklung der Gemeinde Laupen in unterschiedlichen Themenbereichen entworfen. Als wesentliche Schwächen der Gemeinde Laupen wurden die Verkehrssituation, die Gemeindefinanzen, Abfall und Vandalismus sowie fehlende Angebote für Kinder und Jugendliche identifiziert. Demgegenüber sahen die Teilnehmenden der Zukunftskonferenz die Stärken der Gemeinde Laupen insbesondere im Naherholungsgebiet, im Ortsbild, in Kultur und Schule sowie in der Infrastruktur. Aufbauend auf der Stärken-Schwächen-Analyse erarbeiteten die Teilnehmenden der Zukunftskonferenz in unterschiedlichen Gruppen Hoffnungen und Ziele, die jeweils durch Punkte gewichtet wurden. Dabei wurden folgende Schwerpunkte identifiziert:

„

Verbesserung der Verkehrssituation (Konsequente Verkehrsregelung, Umfahrung Laupen, Beleuchtung, Geschwindigkeitsbeschränkung)

„

Laupen für Kinder und Jugendliche attraktiv machen (Optimierung von Freizeitaktivitäten/Sport/Kultur, Jugendtreff realisieren)

„ „

Schuldenlast mindern und Finanzen wieder ins Lot bringen

„

Nachhaltige Umsetzung der Erkenntnisse trotz finanzieller Engpässe (mindestens 50 % aller Schwächen bis Ende 2006 beheben)

Sanierung der Sportanlagen (bestehendes Angebot für Jugend fördern, Fußballplatz sanieren)

Aus den Hoffnungen und Zielen entwickelten die Teilnehmenden Leitsätze, die den vier Themengebieten Identität, Engagement, Politik und Verhalten/Umgang zugeordnet wurden. Abschließend wurden elf Themenbereiche und Handlungsfelder festgelegt, die in der Gemeinde Laupen zur Erreichung der im Verlauf der Zukunftskonferenz identifizierten Vorstellungen bearbeitet werden sollen. In den einzelnen Themenbereichen erarbeiteten die Teilnehmenden ein Ziel, unterschiedliche Subziele sowie Maßnahmen zur Erreichung der Ziele. Die Themengebiete lauteten Finanzen, Marketing (Attraktivität), Wachstum, Regionale Zusammenarbeit/Regionalisierung, Bildung, Gewerbe, Optimierung der Verkehrssituation, Jugendförderung, Natur, Soziale Vernetzung und Vernetzung allgemein. Diese Themengebiete sollen in einzelnen Arbeitsgruppen weiterverfolgt werden. Insgesamt wurde die Veranstaltung von den Teilnehmenden sehr positiv aufgenommen. In einer anschließenden Befragung lobten diese die gute Organisation, das offene und konstruktive Diskussionsklima sowie das Engagement vieler Bürger für ihre Gemeinde. Die Teilnehmenden äußerten auch die Erwartung, dass möglichst viele der erarbeiteten Punkte in der Gemeinde Laupen umgesetzt werden.

62ȱ

Arten des Wandels

Beiȱ derȱ Integriertenȱ AufgabenȬȱ undȱ Finanzplanungȱ (IAFP),ȱ auchȱ Politikplanȱgenannt,ȱhandeltȱesȱsichȱumȱeinȱmittelfristigesȱPlanungsȬ instrumentȱderȱRegierung,ȱbeiȱdemȱdieȱinhaltlicheȱPlanungȱ(AufgaȬ ben,ȱ Maßnahmen)ȱ mitȱ derȱ Finanzplanungȱ (FinanzȬȱ undȱ InvestitiȬ onsplan)ȱverbundenȱwirdȱ(vgl.ȱBrühlmeierȱetȱal.ȱ2001:ȱ117ȱundȱuntenȱ stehendesȱ Praxisfensterȱ Nr.ȱ 2).ȱ Dieȱ IAFPȱ enthält,ȱ gegliedertȱ nachȱ Aufgabenbereichenȱ undȱ Produktgruppen,ȱ dieȱ politischenȱ Zieleȱ inȱ FormȱderȱangestrebtenȱAuswirkungenȱdesȱstaatlichenȱHandelnsȱaufȱ dieȱBevölkerung.ȱDieseȱwerdenȱmitȱderȱgeplantenȱEntwicklungȱderȱ Finanzenȱ verknüpft,ȱ sodassȱ dieȱ IAFPȱ dieȱ mittelfristigenȱ Zieleȱ undȱ Absichtenȱ einerȱ Regierungȱ inȱ konkreterȱ Formȱ darstellt.ȱ EntspreȬ chendȱ wirdȱ dieȱ traditionelleȱ inputorientierteȱ Sichtweiseȱ umȱ eineȱ OutputȬȱ bzw.ȱ OutcomeȬSteuerungȱ ergänzt,ȱ wobeiȱ dieȱ IAFPȱ gleichȬ zeitigȱ auchȱ alsȱ Controllinginstrumentȱ dienenȱ kann,ȱ daȱ sieȱ eineȱ BiȬ lanzȱ derȱ staatlichenȱ undȱ staatlichȱ finanziertenȱ Tätigkeitenȱ desȱ jeȬ weilsȱvergangenenȱJahresȱbeinhaltet.ȱ

2.4 Integrierte AufgabenȬȱundȱ Finanzplanungȱ

ZurȱUmsetzungȱderȱimȱRahmenȱdesȱStrategieprozessesȱerarbeitetenȱ undȱ geplantenȱ Maßnahmenȱ existierenȱ wiederumȱ unterschiedlicheȱ Managementinstrumente.ȱSoȱkönnenȱinȱLeistungskontraktenȱzeitlichȱ begrenzteȱ Vereinbarungenȱ zwischenȱ derȱ Regierungȱ undȱ verwalȬ tungsinternenȱ sowieȱ Ȭexternenȱ Leistungserbringernȱ bzw.ȱ zwischenȱ Verwaltungȱ undȱ externenȱ Leistungsanbieternȱ überȱ dieȱ Umsetzungȱ geplanterȱ Maßnahmenȱ undȱ dieȱ darausȱ resultierendenȱ Leistungenȱ getroffenȱ werdenȱ (vgl.ȱ hierzuȱ ausführlichȱ Kapitelȱ 5).ȱ Zurȱ UmsetȬ zungȱderȱMaßnahmenȱaufȱMitarbeiterebeneȱbietetȱsichȱdieȱFührungȱ durchȱZielvereinbarungenȱ(MbO)ȱan,ȱdieȱinȱKapitelȱ6ȱnäherȱerläutertȱ wird.ȱSchließlichȱ existiertȱmitȱ derȱ Balancedȱ Scorecardȱ (BSC)ȱ einȱInȬ strumentȱ desȱ strategischenȱ Managements,ȱ welchesȱ dieȱ beschriebeȬ nenȱ dreiȱ Phasenȱ derȱ Analyse,ȱ Planungȱ undȱ Umsetzungȱ integriertȱ undȱinȱKapitelȱ4ȱdetailliertȱbeschriebenȱwird.ȱ

63ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

Fallstudie: Die Portfolioanalyse zur strategischen Entscheidungsfindung in der bernischen Kantonsverwaltung1

1. Ausgangslage Trotz einer Reihe von Sanierungsmaßnahmen schloss die Staatsrechnung des Kantons Bern seit 1990 mit Defiziten ab. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Auftrags, den kantonalen Finanzhaushalt konjunkturgerecht zu führen und mittelfristig auszugleichen sowie kaum absehbarer Verbesserungsaussichten bis ins Jahr 2002 beschloss der bernische Regierungsrat (Kantonsregierung) 1997, mit einem umfassenden „Legislatursanierungsprogramm (LSP)“ den Staatshaushalt nachhaltig zu gesunden, indem als Zielgröße jährlich wiederkehrende Saldoverbesserungen in der Größe von rund 200 Mio. Franken angestrebt wurden. Das Programm sollte dabei nicht primär auf kurzfristige Einsparungen, sondern in Fortsetzung der bisherigen Finanzpolitik aus längerfristiger Perspektive eine nachhaltige Wirkung entfalten. Im Sanierungsprozess wurde erstmals ein Moderationsverfahren unter Leitung zweier Experten mit betriebswirtschaftlichem Hintergrund gewählt. Dadurch behielt die Regierung bewusst die Führungsund Ergebnisverantwortung in ihren Händen, ließ die politischen Aufgabenbereiche aber von externer Seite in Zusammenarbeit mit der Verwaltungsspitze kritisch durchleuchten.

2. Methodik des gesamten Sanierungsprogramms Sanierungsmaßnahmen werden allzu oft nur als einschneidender Eingriff in das Verwaltungsgeschehen betrachtet. Da sie jedoch auch einen kreativen und innovativen Aspekt enthalten können, wurden Sanierungsvorschläge im LSP nicht als Sparmaßnahmen, sondern als Reform-Ideen bezeichnet. Das methodische Vorgehen im gesamten Sanierungsprozess lehnte sich dementsprechend auch an das Ablaufschema bei Innovationsprozessen an (vgl. Kapitel 3). Die einzelnen Schritte waren: „ Schritt 1: Strategische Portfolioanalyse Durchführung einer strategischen Portfolioanalyse auf der Basis der Aufgabenfelder des Kantons zur Erarbeitung einer gemeinsamen strategischen Perspektive und zu erster Identifikation von Spar- und Entwicklungspotenzialen.

ȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱȱ ȱ ȱ

64ȱ

1ȱDieȱGrundlagenȱzuȱdieserȱFallstudieȱstammenȱausȱdemȱBeitragȱvonȱThom/Näfȱ1998.ȱ

Arten des Wandels

2.4

„ Schritt 2: Ideengenerierung Generierung von Reform-Ideen zu den Aufgabenfeldern mit einer ersten Grobquantifizierung des Sparpotenzials. „ Schritt 3: Ideenakzeptierung Auswahl der Reform-Ideen im Regierungsrat und Verabschiedung der Ideenliste zuhanden der Verwaltung mit dem Auftrag, die Ideen zu prüfen und weiterzuentwickeln. „ Schritt 4: Ideenbewertung und Ideenpriorisierung Gesetzgeberische und finanztechnische Bearbeitung, wirkungsorientierte Optimierung, Beurteilung und Quantifizierung der Reform-Ideen durch die Verwaltung. „ Schritt 5: Zusammenstellen des Sanierungsprogramms Festlegen der Sanierungsmaßnahmen und Abstimmen mit den gleichzeitig entstehenden Regierungsrichtlinien, Integration der angestrebten finanziellen Effekte in den Legislaturfinanzplan als Teil der Regierungsrichtlinien, in den Voranschlag und in den Finanzplan. Zur Vorbereitung des Sanierungsprozesses und zur ausgewogenen Betrachtung des Gesamtengagements des Kantons wurde im ersten Schritt die nachfolgend vertiefend dargestellte strategische Portfolioanalyse durchgeführt.

3. Strategische Portfolioanalyse Alle Regierungsmitglieder füllten drei Portfolios für die eigene Direktion aus (vgl. Abb. 1, 2 und 3). Dabei war ihnen überlassen, inwieweit sie die Mitarbeitenden ihrer Direktion bei der Erarbeitung der Portfolios miteinbezogen. Die Moderatoren besuchten alle Direktionen, um methodische Unklarheiten zu beseitigen und um das gemeinsame Grundverständnis zur Interpretation der Portfolios auszubauen. Die im Folgenden dargestellten Portfolios enthalten in den einzelnen Quadranten sog. Normstrategien. Diese stellen nicht vorbehaltlose Empfehlungen, sondern mögliche Entwicklungsstrategien dar, die für die entsprechend positionierten Aufgabenfelder aufgrund der konkreten Situation zu prüfen sind.

4. „Legitimitäts-Bedarfs-Portfolio“ Zur Einschätzung der „politischen Legitimation“ des kantonalen Engagements im Aufgabenfeld dienten folgende Indikatoren als Orientierungshilfe: die öffentliche Akzeptanz des kantonalen Engagements, die Ansprüche politisch gewichtiger Anspruchsgruppen, die rechtliche Verankerung des kantonalen Engagements, potenzielle politische Mehrheiten und der potenzielle politische Widerstand beim Abbau von staatlichen Leistungen. Zur Einschätzung des zukünftigen Bedarfs bzw. Nutzens des öffentlichen Engagements im Aufgabenfeld gehören folgende Indikatoren als Orientierungshilfe: Der potenzielle Nutzen für den Kanton, der zukünftige Einfluss

65ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

auf das Wohl der Bevölkerung, die zu erwartende Nachfrage nach den Leistungen in der Bevölkerung und zu erwartende negative Konsequenzen beim Abbau des Engagements.

durchschnittlich

Politisch geprägtes Engagement mit eher geringem effektivem Handlungsbedarf

Sachlich und politisch legitimiertes Engagement

(„politische Eintagsfliegen“, überholte politische Konventionen)

(„legitimiertes Kerngeschäft“)

Politisch unwichtiges Engagement mit eher geringem Handlungsbedarf

Wichtiges, aber noch zu wenig legitimiertes Engagement

(„Sparpotenziale“)

(„heiße Eisen“)

tief

Politische Legitimation im Aufgabenfeld

hoch

Abbildungȱ1:ȱ DasȱLegitimationsȬBedarfsȬPortfolioȱ

tief

durchschnittlich Zukünftiger Bedarf bzw. Nutzen des öffentlichen Engagements im Aufgabenfeld

hoch

ȱ

Hier nicht zu berücksichtigen waren die rechtlichen Rahmenbedingungen und der gesetzliche Auftrag. Basierend auf dem „Legitimations-BedarfsPortfolio“ wurden von der jeweils zuständigen Direktion folgende ergänzenden Fragen beantwortet: „ Welches sind die 3 wichtigsten politischen Forderungen im Aufgabenfeld? „ Welche 3 Bereiche innerhalb des Aufgabenfelds haben einen eher tieferen zukünftigen Bedarf bzw. Nutzen? „ Welche 3 Bereiche innerhalb des Aufgabenfelds haben einen eher höheren zukünftigen Bedarf bzw. Nutzen?

5. „Kernkompetenzen-Portfolio“

66ȱ

Zur Einschätzung der vorhandenen Kernkompetenzen der kantonalen Verwaltung und Betriebe im Aufgabenfeld wurden folgende Indikatoren gebil-

Arten des Wandels

2.4

det: die vorhandenen Fähigkeiten und Erfahrungen der Mitarbeitenden, die Methodik, das „Know-how“, die kritische Masse der Aufgaben (d. h. genügend hohes Arbeitsvolumen, damit es sich angesichts der Investitionsund Betriebskosten lohnt, die Aufgabe selbst wahrzunehmen), verwaltungsinterne Synergien, die Risiken einer allfälligen Delegation der Aufgaben (z. B. Datenschutz, Missbrauch) und weitere Vorteile der kantonalen Verwaltung und Betriebe gegenüber alternativen Trägerschaften (vgl. auch die Erklärungen zur „Spezifität“ im fünften Kapitel). Hier ebenfalls nicht zu berücksichtigen waren die rechtlichen Rahmenbedingungen und der gesetzliche Auftrag.

hoch durchschnittlich

Abbau von Subventionen an Dritte, Überprüfen des eigenen Angebots

Beibehaltung der Leistungserbringung durch kantonale Verwaltung und kantonale Betriebe

(„Sparpotenzial“)

(„Prozessoptimierungspotenzial“)

Abbau des kantonalen Engagements

Leistungserbringung mit Kontraktsteuerung und Wettbewerb

(„Sparpotenzial“)

(„Strategiepotenzial“)

tief

Vorhandene Kernkompetenzen der kantonalen Verwaltung und Betriebe im Aufgabenfeld im Vergleich zu alternativen Leistungsanbietern

Abbildungȱ2:ȱ DasȱKernkompetenzenȬPortfolioȱ

tief

durchschnittlich

hoch

Zukünftige Bedeutung des Aufgabenfelds für den Kanton

ȱ

Die zukünftige Bedeutung des Aufgabenfelds für den Kanton ist eine Kombination aus politischer Legitimation und zukünftigem Bedarf bzw. Nutzen des öffentlichen Engagements im Aufgabenfeld. Zur Einschätzung der zukünftigen Bedeutung wurden die Indikatoren des wachsenden Problemdrucks im Aufgabenfeld, der zunehmenden Ansprüche gegenüber dem Kanton und die Übereinstimmung mit den Legislaturzielen beigezogen. Auch hier nicht zu berücksichtigen waren wiederum die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie der gesetzliche Auftrag.

67ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

Basierend auf dem „Kernkompetenzen-Portfolio“ wurde von der jeweils zuständigen Direktion folgende ergänzende Frage beantwortet: „ Welches sind die 3 wichtigsten Kernkompetenzen im Aufgabenfeld?

6. „Versorgungsintensitäts-Portfolio“ Die Einschätzung der Versorgungsintensität der kantonalen Leistungen im Aufgabenfeld wurde anhand folgender Indikatoren vorgenommen: heutige Dichte des Versorgungsnetzes, bestehende Versorgungsengpässe, gegenwärtige Dauer der Wartezeiten, Länge der Bezugswege, derzeitige Kundenzufriedenheit, individuelle Qualitätsmerkmale der bestehenden Versorgung sowie ein Vergleich der aktuellen Qualität der öffentlichen Leistungen mit alternativen Angeboten.

hoch durchschnittlich

Überversorgung

Hohe, gerechtfertigte Intensität des öffentlichen Engagements

(„Sparpotenziale“)

Geringe, angemessene Intensität des öffentlichen Engagements

Unterversorgung

(„Entwicklungspotenziale“)

tief

Versorgungsintensität (quantitativ und qualitativ) der kantonalen Leistungen im Aufgabenfeld

Abbildungȱ3:ȱ DasȱVersorgungsintensitätsȬPortfolioȱ

tief

durchschnittlich

hoch

Zukünftiger Bedarf an Versorgungsintensität (quantitativ und qualitativ) der kantonalen Leistungen im Aufgabenfeld

ȱ

Zur Einschätzung des zukünftigen Bedarfs an Versorgungsintensität der kantonalen Leistungen im Aufgabenfeld dienten folgende Indikatoren als Orientierungshilfe: die Entwicklung der Zahl der Leistungsempfänger bzw. derjenigen, welche einen Bedarf nach den Leistungen aufweisen, mögliche Konsequenzen von Versorgungsengpässen, die Bereitschaft der Kunden zur Bezahlung der angebotenen Qualität, die Sicherheitsrisiken bei gerin-

68ȱ

Arten des Wandels

2.4

ger Qualität oder schlechter Versorgung und Trends bezüglich der Kundenwünsche. Hier erneut nicht zu berücksichtigen waren rechtliche Rahmenbedingungen und gesetzlicher Auftrag. Basierend auf dem „Versorgungsintensitäts-Portfolio“ wurde von der jeweils zuständigen Direktion folgende ergänzende Frage beantwortet: „ In welchen 3 Bereichen innerhalb des Aufgabenfelds ist am ehesten ein zukünftiges Überangebot zu vermuten? Sehr häufig gelangten die Regierungsmitglieder beim Einstufen der Aufgabenfelder in den Portfolios in Bezug auf die zu beurteilenden Kriterien zur Einschätzung „überdurchschnittlich“. Dies bedeutete zugleich, dass für den Regierungsrat noch wenig strategische Prioritäten sichtbar wurden. Hingegen erarbeiteten die Direktionen in wertvollen Diskussionen eine Informationsgrundlage für die weiteren Überlegungen in relevanten strategischen Kategorien und in angemessener Verdichtung.

7. Ideengenerierung In dieser Phase wurden die Regierungsrätinnen und Regierungsräte nicht in ihrer Verantwortung als Direktorinnen und Direktoren für ihre jeweilige Direktion (Ministerium), sondern in ihrer Gesamtverantwortung als Regierungsmitglieder angesprochen. Zur Festlegung der strategischen Prioritäten beurteilten alle Regierungsmitglieder mit einem anonym auszufüllenden Fragebogen direkt an die Moderatoren für alle Aufgabenfelder und nicht nur mehr für die ihrer Direktion zugeordneten Aufgabenfelder: deren zukünftige Bedeutung, deren Soll-Entwicklung hinsichtlich der Ausgaben, die Kernkompetenzen alternativer Leistungserbringer sowie deren Sparpotenzial für das Legislatursanierungsprogramm. Um Nachhaltigkeit und die strategische Basis der zu generierenden Sanierungsideen zu sichern, wurden auf der Grundlage der strategischen Portfolioanalyse aus den Direktionen und der strategischen Prioritätensetzung der Regierungsmitglieder den einzelnen Aufgabenfeldern Entwicklungsstrategien zugeordnet. Die Zuordnung der Entwicklungsstrategien je Aufgabenfeld erhoben die Moderatoren bei jedem Regierungsmitglied schriftlich und werteten das Ergebnis anonymisiert aus. Die nachfolgenden Entwicklungsstrategien gaben die Moderatoren im Erhebungsverfahren vor. Sie konnten durch die Regierungsmitglieder ergänzt werden. Aufgabenfelder mit höchstens durchschnittlicher zukünftiger Bedeutung, einer abnehmenden Soll-Entwicklung im Budget und Finanzplan sowie vorhandenem Sparpotenzial waren hinsichtlich der Entwicklungsstrategien des „Leistungsabbaus“ zu überprüfen: „ Abbau des Leistungsvolumens „ Abbau der Leistungsqualität (Reduktion der Qualität auf das Niveau der Kundenerwartungen) „ Konzentration des Versorgungsnetzes (Reduktion der Standorte) „ Abbau von Subventionen

69ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

„ Einführung und Erhöhung von Eigenfinanzierung (bedarfsgerechte Nachfragedämpfung) Aufgabenfelder mit vorhandenen Kernkompetenzen alternativer Anbieter galt es im Hinblick auf Möglichkeiten des „Wettbewerbs“ zu überprüfen: „ Benchmarking (Leistungsvergleiche und daraus folgendes Lernen von den vergleichbaren Besten) „ Aufbau von Wettbewerb unter den Anbietern (Ausschreibungen, Ideenwettbewerbe) „ Ausgliederung der Leistungserbringung (von öffentlichen Institutionen über private Trägerschaften mit Leistungsaufträgen bis zu eigenfinanzierten, privaten Unternehmungen) Für Aufgabenfelder mit vorhandenem Sparpotenzial empfahlen sich Entwicklungsstrategien der „Produktivitätssteigerung“: „ Ablösung von ineffizienten Leistungen durch hocheffiziente Leistungen „ Prozessoptimierung (Vereinfachung von Abläufen, Reduktion der Verfahrensschritte, Abbau von Doppelspurigkeiten) „ Bereinigung der „Produktionsstrukturen“ (Zusammenlegung von Organisationseinheiten, Schaffung von optimalen Betriebsgrößen) „ Erhöhung der Produktivität mit neuen Technologien „ Intensives Kostenmanagement (tiefe Kostenvorgaben, verstärkte Budgetbewirtschaftung) Für Aufgabenfelder, in denen die Art und Weise des kantonalen Engagements grundsätzlich überdacht werden sollte, wurden Möglichkeiten eines „Systemwechsels“ vorgeschlagen: „ Subjektfinanzierung (die wahlkompetenten Kundinnen und Kunden erhalten vom Kanton finanzielle Mittel, die es ihnen ermöglichen, selbst die benötigten Leistungen auszuwählen) „ Gezielter Leistungseinkauf mit Kontrakten (bei verwaltungsinternen und -externen Leistungsanbietenden) „ Delegation von Aufgaben mit Globalkrediten „ Infragestellung gegebener Infrastrukturen (andere Nutzung, Verkauf, andere Finanzierungsformen) Zusammen mit den Entwicklungsstrategien wurde den Aufgabenfeldern ein strategisches Sparziel zugeordnet. Damit konnte eine strategische Vorgabe als Orientierung für die Ideengenerierung geschaffen werden. Gleichzeitig sollte eine solche Vorgabe einen etwas geschützteren Raum für Flexibilität und Kreativität aufbauen, indem nicht die Ideen, sondern die strategisch begründeten Sparziele den Umfang der zu beschließenden Einsparungen bestimmten. Auf diese Weise galt es zu verhindern, dass Kreativität mit

70ȱ

Arten des Wandels

2.4

Einsparungen bestraft und mit dem Abwehren von Reform-Ideen einzelne Aufgabenfelder geschont werden.

8. Ergebnisse des Sanierungsprogramms Die Beschlüsse des Regierungsrates im Rahmen des LSP entlasten den kantonalen Finanzhaushalt um insgesamt 264 Mio. Franken bis ins Jahr 2002. Die aus der strategischen Aufgabenanalyse abgeleiteten „outputorientierten“ Maßnahmen machen davon jedoch nur 106 Mio. Franken aus. Der Restbetrag bis hin zu einem Ausgleich des Finanzhaushalts konnte nur mit Hilfe von Desinvestitionen und linearen Sparmaßnahmen (z. B. Budgetkompression) erreicht werden. Die Portfolioanalyse brachte aus qualitativer Sicht nachhaltigere und verstärkt auf strategischen Überlegungen basierende Sanierungsaktivitäten. Zudem wurden die Regierungsmitglieder in erster Linie in ihrer wirkungsverantwortlichen und nicht produktionsverantwortlichen Rolle angesprochen. Denn jedes Mitglied beschäftigte sich intensiv auch mit den Aufgabenfeldern anderer Direktionen und verbreiterte dadurch seinen Wissenstand wie kaum zuvor. Als wichtiges Erfolgskriterium zeigte sich auch der Einbezug der Verwaltungskader sowohl in den strategischen Entscheidungsprozess als auch in die Beurteilung und Weiterentwicklung der Reform-Ideen (vgl. Lauri 1998: 271 ff.). Der für dieses Sanierungsprogramm fachlich federführende Finanzdirektor des Kantons Bern hält abschließend die folgenden Punkte als wesentliche Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Verwaltung fest (vgl. Lauri 1998: 276 f.): „ Planen und Entscheiden in strategischen Dimensionen „ Erarbeitung und Erhaltung von stufengerechtem Wissen über alle Politikfelder „ Lernen, mit Unsicherheiten umzugehen „ Verbindung von Ressourcenentscheiden mit dem Leistungsinhalt „ Finden von neuen, innovativen Wegen der Leistungserstellung „ Fähigkeit, radikal zu denken und pragmatisch zu handeln Die Steigerung des Innovationsniveaus in staatlichen Stellen durch strategisches Management, wie soeben dargestellt, verändert die Verwaltungskultur tiefgehend, ermöglicht eine bessere Bearbeitung von komplexen sowie vernetzten Problemfeldern und hat letztlich einen hohen Wert für die gesellschaftliche Akzeptanz des öffentlichen Sektors. Der Strategiewandel steht in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem durch die Innovationsfähigkeit stark geprägten und im Folgenden erläuterten Kulturwandel.

ȱ

71ȱ

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

2

Praxisfenster Nr. 2: Erneuerung von Staatskanzleien zur effektiven Führungsunterstützung an der Schnittstelle von Politik und Verwaltung ȱ Dr.ȱPeterȱGrünenfelderȱ Staatsschreiber,ȱ StaatskanzleiȱdesȱKantonsȱ Aargauȱ

1. Ausgangslage Herkömmlich stellt die Staatskanzlei die zentrale Administrationsstelle von Regierung und Parlament dar. Als Stabsstelle der Kantonsregierung sind ihre wesentlichen Aufgaben die Koordination und Gesamtplanung der Tätigkeiten der Regierung, die Vor- und Nachbereitung der Regierungssitzungen, die Kommunikation der Regierungstätigkeit sowie die Rechtsberatung für den Regierungsrat. Dieses Profil entwickelte sich jedoch in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zu departementsähnlichen Konglomeraten, so dass die Staatskanzlei ihre originäre Zweckbestimmung nicht mehr in ausreichendem Ausmaße wahrnehmen kann. Aufgrund der verschärften Standortkonkurrenz ist jedoch ein integrierter und ganzheitlicher Ansatz der Führungsunterstützung erforderlich (vgl. Buschor 2000: 53). Wie die Verwaltungsbürokratie ist auch die Staatskanzleiadministration durch eine prozessuale Organisation mit einer hohen Anpassungsfähigkeit und Dynamik abzulösen. Den Möglichkeiten der regierungsrätlichen Gestaltung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen kantonalen Entwicklung sind durch bundespolitische und supranationale Vorgaben sowie weltweite wirtschaftliche Entwicklungen teilweise enge Grenzen gesetzt. Die Rolle der Staatskanzlei ist somit weiter zu entwickeln mit dem Ziel, die Regierung durch die Stabsarbeit derart zu unterstützen, dass sie ihre Gestaltungsmöglichkeiten trotz des beschränkten Handlungsspielraums frühzeitig planen und optimal umsetzen kann. Aufgabe der zentralen Stabsstellen ist daher, in enger Zusammenarbeit mit den Departementen politisch mehrheitsfähige Strategien für die Regierung zu entwickeln, die zur Realisierung der notwendigen Reformen beitragen, aber auch die Anliegen der zahleichen Zielgruppen (u. a. Parteien, Städte und Gemeinden, Bürger und Bürgerinnen, Bund, NPOs etc.) mit ihren oft divergierenden Interessen berücksichtigen.

2. Zukunft der Staatskanzlei des Kantons Aargau: SK 2005 Anstelle der Führung und Koordination von „artfremden“ Abteilungen ist die Funktion der Staatskanzlei auf ihre Kernaufgaben auszurichten, so dass sie ihre effektive Führungsunterstützung an der Schnittstelle von Politik und Verwaltung wahrnehmen kann. Aufgrund dieser Ausgangslage wurde im Herbst 2004 mit dem Projekt SK 2005 eine konsequente Neuausrichtung der Aargauer Staatskanzlei mit den folgenden Hauptpfeilern beschlossen: 1. Umfeldanalyse der nationalen, wirtschaftlichen sowie wissenschaftlichen Entwicklungen zur Ableitung der kantonalen Handlungsfelder

72ȱ

Arten des Wandels

2.4

2. Realisierung der vorausschauenden mehrjährigen Strategiearbeit für den Regierungsrat 3. Optimierung der Geschäftsplanung und der operativen Unterstützung für den Regierungsrat 4. Verstärkung der strategischen Rechtsberatung 5. Verstärkung der regierungsrätlichen Kommunikationstätigkeit Die Neuausrichtung kann anhand eines Führungskreislaufs (vgl. Abb. 1) dargestellt werden. Dieser reicht vom Umfeldmonitoring über die mehrjährige strategische Planung, die Mittelfristplanung sowie die operative Planung der ordentlichen Regierungsgeschäftsprozesse bis hin zur Umsetzung mit anschließendem Regierungscontrolling und der Berichterstattung. Strategische Führungsunterstützung Die strategische Führungsunterstützung nimmt die Aargauer Staatskanzlei instrumentell im Rahmen der Langfristplanung „Entwicklungsleitbild“ (ELB) und zusammen mit dem Finanzdepartement in der Mittelfristplanung „Aufgaben- und Finanzplan“ (AFP) wahr.

Abbildungȱ1:ȱ Führungskreislaufȱ

ȱ

Umfeldmonitoring

Staatskanzlei und Departemente

Berichterstattung Entwicklung langfristige Strategievarianten Controlling und Evaluation Departemente

Umsetzung Reg.programme (ELB und AFP)

Regierungsrat

Führungskreislauf

Entscheid langfristige Strategievarianten (ELB)

Staatskanzlei und Departemente

Umsetzung Reg.beschlüsse

Planung Mittelfriststrategie (AFP)

Regierungsratssitzungen

Staatskanzlei

operative Planung Regierungsgeschäftsprozesse Staatskanzlei

diverse Supportprozesse (z.B. Wahlen/Abstimmungen)

ȱ

73ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

Im Sinne der Planhierarchie (vgl. Abb. 2) wird die Führungsinformation für die Regierung nach oben verdichtet. Während das Entwicklungsleitbild Vorgaben in neun Politikbereichen mit einem Zeithorizont von rund zehn Jahren umfasst, ist der Aufgaben- und Finanzplan in 42 Aufgabenbereiche gegliedert (vgl. Brühlmeier et al. 2001: 112). Ein zusätzliches Element der strategischen Führungsunterstützung für die Aargauer Regierung bildet das Umfeldmonitoring. Hierbei werden rund 150 Quellen (Wissenschaft, internationale und nationale Behörden, Verbände, Think Tanks etc.) systematisch ausgewertet, um die Regierung i. S. einer Frühwarnfunktion mittels Strategiereports auf mittel- und langfristige Entwicklungen mit Folgen für den Kanton hinzuweisen. Hieraus werden dann Maßnahmen für Strategie und Planung abgeleitet.

Abbildungȱ2:ȱ PlanhierarchieȱdesȱKantonsȱAargauȱ Planungsstruktur (Planungshorizont/ Aktualisierung):

Zuständigkeiten: Steuerungsinstrument für Regierung (Parlament zur Kenntnisnahme) Mittelfristplanung für Regierung und Departemente (Parlament Genehmigung Planung und Festlegung Budget) Departemente Abteilungen

ELB Entwicklungsleitbild

9 Politikbereiche (10 Jahre/alle 4 Jahre)

AFP Aufgaben- und Finanzplan

42 Aufgabenbereiche (4 Jahre/jährlich)

Produktegruppenpläne Produktepläne Produktegruppen/Produkte (1-4 Jahre/jährlich)

ȱ

Operative Führungsunterstützung

74ȱ

Die Erkenntnisse der strategischen Führungsunterstützung fließen in die jährlichen Tätigkeitsschwerpunkte der Aargauer Regierung ein, die von der operativen Führungsunterstützung koordiniert werden. Diese ist verantwortlich für die Jahresplanung von Leitgeschäften sowie für die Geschäftsund Sitzungsplanung, die einen detaillierten Überblick über die geplanten Geschäfte der folgenden vier Regierungssitzungen umfasst. Durch die enge Abstimmung der operativen und strategischen Führungsunterstützung innerhalb der Staatskanzlei wird es möglich, die Geschäfte auf die für die Regierung relevanten politisch-strategischen Fragestellungen zu konzentrieren. Während einzelne Kantonsregierungen bis zu 14 000 Geschäfte im Jahr behandeln, beträgt die Zahl der Aargauer Regierungsgeschäfte jährlich rund 2’000. Dies ermöglicht, dass ausreichend Regierungszeit zur Be-

Arten des Wandels

2.4

handlung wesentlicher Sachfragen zur Verfügung steht. Mit einem einfachen Controllingsystem wird zugleich die zeitlich und inhaltlich abgestimmte Umsetzung der Regierungsvorgaben sichergestellt. Zu ausgewählten Sachgeschäften erfolgt eine Evaluation, um die Wirksamkeit der Umsetzung von politischen Sachvorlagen zu überprüfen und möglichen Anpassungsbedarf zu eruieren. Rechtliche und kommunikative Führungsunterstützung Eine effektive Führungsunterstützung der Regierung erfordert auch eine Neuausgestaltung der Rechtsdienste. Diese beschränkten sich bisher primär auf die Beratung der Regierung bezüglich der Rechtsprechungsfunktionen. Die zunehmende Umfelddynamik erfordert jedoch die frühzeitige Information über Entwicklungen im rechtlichen Umfeld des Kantons, auch um evtl. geplante Einschränkungen der kantonalen Handlungsautonomie auf Bundesstufe wirksam entgegenzutreten. Rechtliche und politische Chancen der Kantonsregierung können damit optimal genutzt und Entscheidungen unter Zeitnot vermieden werden. Als Folge der Neuausrichtung der Aargauer Staatskanzlei wird der Regierung regelmäßig ein strategischer Rechtsreport vorgelegt, der auf einem rechtlichen Umfeldmonitoring beruht. Gegliedert nach den neun Politikbereichen (analog zum Entwicklungsleitbild) werden das rechtsetzerische Umfeld auf Bundesstufe sowie die Entwicklungen in ausgewählten Kantonen analysiert. In den Bereichen, in denen sich Chancen und Risiken für die Entwicklung des Kantons ergeben, erfolgt eine Handlungsempfehlung an die Regierung. Eine wirksamere Führungsunterstützung soll ebenfalls durch die Regierungskommunikation erfolgen, die die kantonale Regierungspolitik frühzeitig begleiten muss. Aufgrund der föderalen Schweizer Strukturen müssen sich die Kantone aktiver in die politischen Entscheidungsprozesse einbringen. Dies verlangt auf der kommunikativen Ebene ein Agenda Setting zu ausgewählten Themen (vgl. Rosenbaum 1997: 88 ff.), um die Entwicklung innerhalb des Kantons zu fördern sowie auf Bundesstufe den notwendigen Druck auf politisch blockierte Entscheidungsprozesse auszuüben.

3. Folgerungen Mit der Fokussierung der Tätigkeiten der zentralen Stabsstelle der Regierung auf die strategische, operative, rechtliche und kommunikative Führungsunterstützung kann ein gezielterer Ressourceneinsatz erfolgen. Mit der Umsetzung von SK 2005 im Kanton Aargau reduzierte sich der Personalbestand der Staatskanzlei um beinahe einen Drittel. Stabsstellenfremde Verwaltungseinheiten wurden ausgegliedert und in die politische Verantwortung eines Departements überführt. Die Konzentration auf ihre Kernaufgaben ermöglicht der Staatskanzlei, Kapazitäten bereit zu stellen, um ganzheitliche und strategisch-langfristige Zielsetzungen (mit) zu entwickeln, die Antworten auf zahlreiche Umfeldentwicklungen geben. Ihre Innovations- und Vordenkerrolle kann die Staatskanzlei verstärkt erfüllen.

75ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ

2.4.2

Kulturwandel

DieȱkulturellenȱVeränderungenȱbildenȱeinȱwichtigesȱZielȱvonȱOrgaȬ nisationsänderungenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektor.ȱ Dieȱ Schwierigkeit,ȱ eiȬ nenȱ Kulturwandelȱ inȱ staatlichenȱ Organisationenȱ herbeizuführen,ȱ wirdȱ jedochȱ oftȱ unterschätzt,ȱ wennȱ „dieȱ neueȱ Kultur“ȱ alsȱ durchȬ schlagendesȱ Argumentȱ fürȱ dieȱ Verwaltungsmodernisierungȱ eingeȬ brachtȱwird.ȱ „DerȱgeforderteȱWandelȱfälltȱdeshalbȱnichtȱleicht,ȱweilȱVerwalȬ tungshandelnȱebenȱkeinȱOberflächenphänomenȱist.ȱDieȱkultuȬ relleȱ ‚Tiefenprogrammierung’ȱ wirdȱ nichtȱ berührt,ȱ [...],ȱ wennȱ imȱ Rahmenȱ vonȱ Newȱ Publicȱ Managementȱ nurȱ mitȱ Hilfeȱ priȬ vatwirtschaftlicherȱ Verfahrenȱ undȱ Managementinstrumenteȱ versuchtȱwird,ȱdieȱVerwaltungȱneuȱauszurichten.ȱSolangeȱsichȱ BemühungenȱumȱVeränderungȱnurȱaufȱdieserȱEbeneȱbewegen,ȱ istȱ dieȱ Wahrscheinlichkeitȱ groß,ȱ dassȱ sieȱ demȱ ImmunisieȬ rungseffektȱ derȱ Verwaltungskulturȱ anheimȱ fallen.“ȱ (Nagelȱ 1998:ȱ25).ȱ ȱ Kulturwandelȱ alsȱLernprozessȱ

Ausȱ diesemȱ Grundȱ scheintȱ dieȱ Verknüpfungȱ derȱ ModernisierungsȬ bestrebungenȱvonȱderȱpolitischenȱFührungsebeneȱüberȱdieȱbetriebliȬ cheȱSteuerungsebeneȱbisȱaufȱdieȱEbeneȱderȱLeistungenȱundȱWirkunȬ genȱ imȱ IOPȬKonzeptȱ alsȱ einȱ zentralesȱAnliegen.ȱ Derȱ Kulturwandelȱ kannȱ einerseitsȱ alsȱ Lernprozessȱ derȱ beteiligtenȱ Individuenȱ undȱ daȬ mitȱ verbundenȱ derȱ betroffenenȱ staatlichenȱ Institutionȱ durchȱ eineȱ gezielteȱ Veränderungȱ derȱ MotivationsȬȱ undȱ QualifikationskompoȬ nentenȱ betrachtetȱ werden.ȱ Andererseitsȱ trägtȱ derȱ Kulturwandelȱ zuȱ erhöhterȱ Innovationsfähigkeitȱ aufȱ allenȱ Ebenenȱ desȱ ReformprozesȬ sesȱ bei.ȱ Nurȱ eineȱ wandlungsfähigeȱ undȱ fürȱ Innovationenȱ offeneȱ Kulturȱ gelangtȱ zuȱ Strategien,ȱ dieȱ wirkungsvollesȱ staatlichesȱ HanȬ delnȱlangfristigȱsichern.ȱ SollenȱReformprojekteȱnachhaltigeȱWirkungenȱentfalten,ȱgehtȱ esȱ letztlichȱ umȱ dieȱ gegenseitigeȱ Abstimmungȱ vonȱ FührungsȬ konzept,ȱInstrumenteneinsatzȱundȱKulturelementen.ȱ ȱ

Managementȱ istȱnichtȱgleichȱ Kontrolleȱ

76ȱ

DieȱnochȱnieȱdaȱgeweseneȱBedeutungȱdesȱKulturwandelsȱbeiȱstaatliȬ chenȱReformenȱfordertȱerheblicheȱAnstrengungenȱinȱderȱkulturellenȱ Gestaltung.ȱ Publicȱ Managementȱ istȱ nichtȱ gleichzusetzenȱ mitȱ KonȬ trolleȱundȱRegulierung.ȱVieleȱvergangeneȱReformbemühungenȱsindȱ aufgrundȱ dieserȱ einseitigenȱ Auffassungȱ vonȱ Verwaltungsführungȱ gescheitert,ȱ weilȱ sieȱ Kontrollsystemeȱ wieȱ z.ȱ B.ȱ „Planningȱ ProgramȬ

Arten des Wandels

2.4

ȱ mingȱ Budgetingȱ Systemȱ (PPBS)“ȱ aufȱ Managementproblemeȱ anzuȬ wendenȱversuchtenȱ(vgl.ȱMetcalfe/Richardsȱ1993:ȱ106).ȱ 2.4.2.1

Bestandteile der Organisationskultur

Wasȱ kennzeichnetȱ dieȱ Organisationskulturȱ inȱ staatlichenȱ InstitutioȬ nenȱundȱausȱwelchenȱInhaltenȱbestehtȱdieseȱVerwaltungskultur?ȱDieȱ grundlegendeȱAnnahmeȱist,ȱdassȱdasȱPhänomenȱKulturȱkeineȱstatiȬ scheȱGrößeȱist,ȱsondernȱsichȱabhängigȱvonȱderȱgegenseitigenȱBeeinȬ flussungȱ zwischenȱ staatlichenȱ Institutionenȱ undȱ Umsystemenȱ verȬ ändertȱundȱentwickelt.ȱEineȱerhellendeȱPerspektiveȱzumȱKulturverȬ ständnisȱ bietetȱ Schein:ȱ „Dieȱ Kulturȱ spiegeltȱ letztenȱ Endesȱ dasȱ Bemühenȱ derȱ Gruppe,ȱ interneȱ undȱ externeȱ Schwierigkeitenȱ durchȱ Lernenȱ zuȱ bewältigen,ȱ undȱ stelltȱ somitȱ einenȱ Extraktȱ desȱ LernproȬ zessesȱdar.ȱKulturȱerscheintȱalsoȱnichtȱnurȱalsȱzweckmäßigeȱEinrichȬ tung,ȱdieȱStabilitätȱundȱBerechenbarkeitȱfürȱdieȱGegenwartȱerzeugt,ȱ sondernȱauchȱalsȱResultatȱeffektiverȱundȱerfolgreicherȱEntscheidunȬ genȱinȱderȱVergangenheitȱderȱGruppe.“ȱ(Scheinȱ1995:ȱ73ȱf.).ȱ

Kulturȱalsȱ Resultatȱȱ vergangenerȱȱ Entscheidungenȱȱȱ

Abbildungȱ8ȱ

EbenenȱderȱOrganisationskulturȱ(nachȱScheinȱ1985:ȱ14)ȱ Artefakte Leicht zu beobachten, aber schwer zu entschlüsseln (z. B. Architektur, Bekleidung, Bürogestaltung, Dokumente, Slang, Rituale, Zeremonien, Geschichten, Legenden, Anekdoten)

Werte (z. B. angenommene Werte wie Strategien, Ziele, Philosophien und internalisierte Werte wie Leistungsorientierung)

Grundannahmen Unbewusste, selbstverständliche Anschauungen, Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühle als Kulturkern (z. B. Beziehungen zur Umwelt, Menschenbilder, Wesen menschlicher Aktivitäten oder Beziehungen)

ȱ

Alsȱ Kulturwandelȱ wirdȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ dieȱ Gesamtheitȱ vonȱ Werten,ȱ Einstellungenȱ undȱ Verhaltensweisenȱ bezeichnet,ȱ dieȱ sichȱ unterȱ demȱ Einflussȱ derȱ neuenȱ Verwaltungsführungȱ verändertȱ haȬ

77ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ ben.ȱZurȱBeurteilungȱeinerȱsolchenȱVeränderungȱwirdȱhierȱdasȱgeneȬ relleȱ Konzeptȱ derȱ „organizationalȱ culture“ȱ vonȱ Scheinȱ verwendet,ȱ dasȱdreiȱEbenenȱderȱOrganisationskulturȱunterscheidetȱ(vgl.ȱAbb.ȱ8).ȱ

DreiȱEbenenȱderȱ OrganisationsȬ kulturȱ

„ Aufȱ derȱ oberstenȱ Ebeneȱ derȱArtefakteȱ zeigtȱ sichȱ dieȱ OrganisatiȬ onskulturȱ einerseitsȱ inȱ geschaffenenȱ Objektenȱ undȱ Symbolenȱ (Leitbildern,ȱ Schriftzügenȱ usw.),ȱ andererseitsȱ inȱ VerhaltensmusȬ ternȱ derȱ Organisationsangehörigen.ȱ Dieȱ aufȱ dieserȱ Ebeneȱ geäuȬ ßertenȱ Kulturmerkmaleȱ sindȱ immerȱ sichtbarȱ undȱ hörbar,ȱ dochȱ fürȱdenȱAußenstehendenȱnichtȱimmerȱvollständigȱverständlich.ȱ

„ AufȱderȱzweitenȱEbeneȱliegenȱdieȱkollektivenȱWerteȱderȱInstitutiȬ on,ȱdieȱsichȱimȱZeitverlaufȱausȱderȱZusammenarbeitȱunterschiedȬ licherȱ Personenȱ herausgebildetȱ haben.ȱ Derartigeȱ Werteȱ könnenȱ vomȱEinzelnenȱbewusstȱübernommenȱseinȱoderȱaberȱalsȱinternaȬ lisierteȱ undȱ dasȱ Verhaltenȱ steuerndeȱ Werteȱ wirksamȱ werden.ȱ DieseȱKulturmerkmaleȱsindȱnichtȱsichtbarȱundȱkönnenȱdemȱEinȬ zelnenȱ oderȱ derȱ Gruppeȱ bewusstȱ sein,ȱ sindȱ aberȱ teilweiseȱ starkȱ verinnerlichtȱ undȱ entsprechendȱ unbewusst,ȱ d.ȱ h.ȱ sieȱ werdenȱ imȱ letztenȱFallȱnichtȱmehrȱexplizitȱreflektiert.ȱ

„ Dieȱ tiefsteȱ Ebeneȱ derȱ Organisationskulturȱ beinhaltetȱ dieȱ imȱ UnȬ terbewusstseinȱ desȱ Einzelnenȱ liegendenȱ Grundannahmen.ȱ ObȬ wohlȱsieȱdasȱVerhaltenȱamȱmeistenȱprägen,ȱlassenȱsieȱsichȱkaumȱ ermitteln,ȱ stehenȱ imȱ Normalfallȱ nichtȱ zurȱ Diskussionȱ undȱ sindȱ nichtȱ konfrontierbar.ȱ Einȱ neuesȱ Lernenȱ oderȱ Verändernȱ dieserȱ Grundannahmenȱ („doubleȬloupȱ learning“)ȱ hältȱ Scheinȱ fürȱ äuȬ ßerstȱschwer.ȱBestätigtȱwirdȱdiesȱdurchȱeineȱHaupterkenntnisȱderȱ Evaluationsforschungȱ vergangenerȱ Jahrzehnte:ȱ Menschenȱ sindȱ sehrȱ schwierigȱ zuȱ verändernȱ undȱ entsprechendȱ erfolglosȱ sindȱ vieleȱ sozialeȱ Veränderungsprozesseȱ (vgl.ȱ Rossi/Lipsey/Freemanȱ 2004:ȱ3ȱf.).ȱ Verständnisȱderȱ existierendenȱ Kulturȱ

Bevorȱ überhauptȱ einȱ Kulturwandelȱ eingeleitetȱ werdenȱ kann,ȱ sindȱ dasȱ Verständnisȱ undȱ dieȱ Kenntnisȱ derȱ existierendenȱ Kulturȱ sehrȱ wichtig.ȱ Dieȱ folgendenȱ Fragenȱ sindȱ beiȱ derȱ Analyseȱ derȱ IstȬKulturȱ hilfreichȱ(vgl.ȱSchallȱ1997:ȱ370ȱf.).ȱErstȱdieȱkonkretenȱAntwortenȱaufȱ dieseȱFragenȱermöglichenȱderȱFührungȱeinerȱOrganisation,ȱdieȱRichȬ tungȱeinerȱKulturveränderungȱbestimmenȱzuȱkönnen:ȱȱ

„ WelchesȱsindȱdieȱGrundannahmenȱunsererȱInstitution?ȱȱ „ Welcheȱ Verhaltensweisenȱ erwartenȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ voneinȬ anderȱundȱvonȱderȱFührung?ȱȱ

„ Woraufȱkannȱmanȱsichȱverlassen?ȱȱ

78ȱ

Arten des Wandels

2.4

ȱ

„ WelcheȱReaktionenȱundȱVerhaltensweisenȱwerdenȱohneȱWeiteresȱ akzeptiert?ȱ

„ Warumȱ handelnȱ undȱ verhaltenȱ sichȱ Mitarbeitendeȱ inȱ einerȱ beȬ stimmtenȱArtȱundȱWeise?ȱ 2.4.2.2

Zielgerichtete Veränderung einer Kultur

Abgeleitetȱ ausȱ denȱ vorangegangenenȱ ÜberlegungenȱzumȱStrategieȬ wandelȱlässtȱsichȱfolgern,ȱdassȱKulturmerkmaleȱinȱstaatlichenȱOrgaȬ nisationenȱeinerseitsȱausȱdemȱinternenȱLernprozessȱderȱOrganisatiȬ onsmitgliederȱentstehen,ȱandererseitsȱdurchȱdieȱUmsystemverändeȬ rungenȱ beeinflusstȱ werden.ȱ Dasȱ bereitsȱ erläuterteȱ Defizitȱ zwischenȱ denȱ Handlungsmusternȱ staatlicherȱ Institutionenȱ undȱ ihrerȱ Umweltȱ fordertȱ alsoȱ zumȱ Überdenkenȱ undȱ zurȱ Neuausrichtungȱ derȱ Kulturȱ öffentlicherȱOrganisationenȱaufȱ(vgl.ȱauchȱnachfolgendesȱPraxisfensȬ terȱNr.ȱ3).ȱHinsichtlichȱderȱMöglichkeit,ȱeineȱOrganisationskulturȱzuȱ verändern,ȱexistierenȱinȱderȱLiteraturȱzweiȱunterschiedlicheȱPositioȬ nenȱ (vgl.ȱ Sackmannȱ 1992:ȱ 160ȱ ff.ȱ undȱ Staehleȱ 1999:ȱ 497ȱ ff.).ȱ Zumȱ einenȱwirdȱdieȱOrganisationskulturȱalsȱVariableȱverstanden,ȱdieȱvonȱ einerȱOrganisationȱ–ȱähnlichȱwieȱProdukteȱundȱStrukturenȱ–ȱgestalȬ tetȱ wird.ȱ Inȱ diesemȱ Sinneȱ erfülltȱ dieȱ Organisationskulturȱ unterȬ schiedlicheȱFunktionenȱimȱHinblickȱaufȱdenȱErfolgȱeinerȱOrganisatiȬ onȱ undȱ kannȱ zielgerichtetȱ verändertȱ undȱ neuȱ ausgerichtetȱ werden:ȱ DieȱOrganisationȱhatȱeineȱKultur.ȱ

DieȱOrganisaȬ tionȱhatȱeineȱ Kulturȱ

Zumȱ anderenȱ wirdȱ dieȱ Organisationskulturȱ alsȱ eineȱ Metapherȱ verȬ standen.ȱ Dieȱ Organisationȱ istȱ inȱ diesemȱ Fallȱ eineȱ Kultur,ȱ d.ȱh.ȱ einȱ ideellesȱSystem,ȱdasȱausȱderȱgemeinsamenȱKonstruktionȱderȱorganiȬ satorischenȱ Wirklichkeitȱ entstandenȱ ist.ȱ Ausȱ dieserȱ Sichtweiseȱ herȬ ausȱkannȱdieȱOrganisationskulturȱnichtȱfunktionalȱausgerichtetȱundȱ verändertȱ werden,ȱ daȱ sieȱ sichȱ alsȱ „[…]ȱ organischȱ gewachseneȱ LeȬ bensweltȱ[…]ȱjedemȱgezieltenȱHerstellungsprozessȱentzieht.“ȱ(SteinȬ mann/Schreyöggȱ2005:ȱ734).ȱȱ

DieȱOrganisaȬ tionȱistȱeineȱ Kulturȱ

Imȱ Hinblickȱ aufȱ einenȱ Wandelȱ derȱ Organisationskulturȱ gehtȱ dieȱ zweiteȱSichtweiseȱweiter,ȱdaȱsieȱimpliziert,ȱdassȱWandlungsprozesseȱ anȱ Grundannahmenȱ undȱ demȱ organisationalenȱ Tiefenwissenȱ undȱ nichtȱ anȱ vordergründigenȱ Artefaktenȱ ansetzenȱ müssenȱ (vgl.ȱ Nagelȱ 2001:ȱ 26ȱ f.).ȱ Dieserȱ zentraleȱ Kulturwandelȱ mussȱ folgendemȱ AnȬ spruchȱgenügenȱkönnenȱ(vgl.ȱMetcalfe/Richardsȱ1993:ȱ110):ȱ

OrganisaȬ tionalesȱȱ Tiefenwissenȱ

ȱ ȱ

79ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ Derȱ Kulturwandelȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ wirdȱ nurȱ dannȱ erȬ folgreichȱsein,ȱwennȱdieȱkulturprägendenȱVerantwortungsträȬ gerȱ (politischeȱ Spitze,ȱ obersteȱ Führungskräfte)ȱ aufȱ derȱ Basisȱ bisherigerȱKulturelementeȱneueȱWerteȱundȱhandlungsleitendeȱ Konzepteȱentwickelnȱ bzw.ȱ kommunizierenȱ undȱvorleben,ȱ dieȱ denȱzukünftigenȱAufgabenȱderȱstaatlichenȱInstitutionȱundȱdeȬ renȱUmsystemveränderungenȱRechnungȱtragen.ȱ ȱ

Vorsichtȱbeiȱ Übertragungȱ vonȱȱKulturȬ elementenȱ

DerȱKulturwandelȱmussȱfolglichȱgegenwärtigeȱundȱzukünftigeȱZieleȱ staatlicherȱ Tätigkeitenȱ berücksichtigen.ȱ Dadurchȱ istȱ auchȱ beiȱ derȱ naheȱ liegendenȱ Übertragungȱ vonȱ privatwirtschaftlichenȱ KultureleȬ mentenȱ aufȱ denȱ öffentlichenȱ Sektorȱ Vorsichtȱ geboten.ȱ Dennȱ erstensȱ sindȱ dieȱ Aufgabenȱ staatlicherȱ Organisationenȱ denjenigenȱ vonȱ priȬ vatwirtschaftlichenȱ nichtȱ generellȱ gleichzusetzenȱ undȱ zweitensȱ obȬ liegtȱ denȱ staatlichenȱ Institutionenȱ aufȱ derȱ Basisȱ ihrerȱ legitimiertenȱ Machtȱ dieȱ verantwortungsvolleȱ undȱ langfristigeȱ Lenkungȱ vonȱ geȬ sellschaftlichenȱ Umsystemen,ȱ wasȱ nichtȱ primäresȱ Anliegenȱ privatȬ wirtschaftlicherȱ Unternehmenȱ ist.ȱ Dasȱ 1982ȱ vonȱ Petersȱ undȱ WaterȬ manȱveröffentlichteȱWerkȱ„InȱSearchȱofȱExcellence“ȱunterstreichtȱdieȱ Bedeutungȱ vonȱ Kulturmerkmalenȱ fürȱ denȱ bisherigenȱ Erfolgȱ vonȱ ausgewähltenȱ Unternehmenȱ derȱ USAȱ (vgl.ȱ Peters/Watermanȱ 1982).ȱ InwiefernȱdieseȱMerkmaleȱauchȱfürȱdenȱstaatlichenȱSektorȱzutreffen,ȱ istȱschwierigȱzuȱsagen.ȱGrundlegenderȱscheintȱdieȱFrage,ȱwasȱletztȬ lichȱ exzellentesȱ Handelnȱ inȱ staatlichenȱ Institutionenȱ auszeichnetȱ undȱwelcheȱElementeȱdieȱdazuȱförderlicheȱKulturȱenthält?ȱ 2.4.2.3

SechsȱKulturȬ dimensionenȱ

Dimensionen des Kulturwandels

Ausȱ demȱ Oberziel,ȱ durchȱ dieȱ gesellschaftlicheȱ Steuerungsfähigkeitȱ dasȱ gesamtgesellschaftlicheȱ Wohlȱ fördernȱ undȱ sichernȱ zuȱ können,ȱ sowieȱdenȱAnnahmenȱüberȱdieȱunterschiedlichenȱRollenȱderȱstaatliȬ chenȱ Verwaltungȱ imȱ RechtsȬ,ȱ DemokratieȬ,ȱ LeistungsȬȱ undȱ WirtȬ schaftsstaatȱkannȱgeschlossenȱwerden,ȱdassȱauchȱderȱKulturwandelȱ dieseȱ Spannbreiteȱ staatlicherȱ Tätigkeitenȱ zurȱ Erreichungȱ desȱ OberȬ zielsȱ integrierenȱ muss.ȱ Abbildungȱ 9ȱ enthältȱ sechsȱ KulturdimensioȬ nen,ȱ nachȱ denenȱ sichȱ dieȱ Organisationskulturȱ staatlicherȱ InstitutioȬ nenȱausrichtenȱsollte,ȱumȱdenȱzukünftigenȱAnforderungenȱvonȱSeiȬ tenȱderȱUmsystemeȱgewachsenȱzuȱsein.ȱ DieȱsechsȱKulturdimensionenȱlassenȱsichȱsehrȱgrobȱinȱzweiȱGruppenȱ einteilen.ȱEinerseitsȱinȱdieȱDimensionenȱRichtungȱUmsystem,ȱwobeiȱ hierȱdieȱEinflussnahmeȱaufȱdasȱgesellschaftlicheȱUmfeldȱdominiert.ȱ AndererseitsȱinȱdieȱDimensionenȱRichtungȱInnensystemȱderȱInstituȬ

80ȱ

Arten des Wandels

2.4

ȱ tion,ȱbeiȱderenȱAusprägungenȱdieȱEinflussnahmeȱaufȱdieȱinnerorgaȬ nisatorischenȱKulturmerkmaleȱvorherrscht.ȱȱ

Abbildungȱ9ȱ

DimensionenȱdesȱKulturwandelsȱstaatlicherȱInstitutionenȱ

Richtung Umsystem

Innovationsorientierung

Integrations- und Partizipationsorientierung

Entwicklungsorientierung

Kulturwandel staatlicher Institutionen

Kostenorientierung

Richtung Innensystem

Ergebnisorientierung

Mitarbeiterorientierung

ȱ

Unabhängigȱ davon,ȱ obȱ dieȱAufgabenerfüllungȱ mehrheitlichȱ rechtsȬ staatlicheȱFragenȱoderȱleistungsstaatlicheȱAspekteȱbetrifft,ȱwirdȱvonȱ staatlichenȱ Institutionenȱ einȱ effizienterȱ Ressourceneinsatzȱ erwartetȱ (vgl.ȱ Lynnȱ 1997:ȱ 83ȱ ff.).ȱAusȱ einerȱ vorwiegendȱ liberalenȱ oderȱ meistȱ auchȱ angloamerikanischenȱ Betrachtungsweiseȱ desȱ Staatesȱ herausȱ giltȱderȱstaatlicheȱSektorȱeherȱalsȱunproduktivȱ(vgl.ȱBuchwitzȱ1998:ȱ 188ȱff.).ȱDiesȱbedeutetȱextremȱinterpretiertȱzugleich,ȱdassȱeinȱsolcherȱ StaatȱkeinenȱstaatlichenȱWertȱ(„publicȱvalue“)ȱgenerierenȱkann.ȱEinȱ inȱdiesemȱSinneȱeinseitigesȱundȱnurȱdieȱprivatwirtschaftlicheȱWertȬ schöpfungȱ unterstützendesȱ Verständnisȱ staatlichenȱ Handelnsȱ entȬ sprichtȱ jedochȱ nichtȱ derȱ Wirklichkeit.ȱ Dasȱ Staatssystemȱ trugȱ seitȱ jeherȱ zuȱ Wertvermehrungȱ fürȱ dieȱ gesamteȱ Gesellschaftȱ bei,ȱ manȱ denkeȱ bspw.ȱanȱdenȱSchutzȱbeiȱGefahrenȱdurchȱNaturkatastrophenȱ oderȱ anȱ dieȱ Sozialversicherungssysteme.ȱ Eineȱ verstärkteȱ ErgebnisȬ orientierung,ȱ dieȱ zugleichȱ derȱ LeistungsȬȱ undȱ Wirkungsebeneȱ (vgl.ȱ Kapitelȱ 5)ȱ mehrȱ Bedeutungȱ beimisst,ȱ istȱ fürȱ dasȱ öffentlicheȱ ManaȬ gementȱjedochȱnotwendig,ȱdamitȱinȱeinerȱGesellschaftȱdieȱstaatlicheȱ Wertschöpfungȱ überhauptȱ wahrgenommenȱ wirdȱ (vgl.ȱ Mooreȱ 1995:ȱ 28ȱ f.).ȱAlsȱ Kriterienȱ zurȱ Beurteilungȱ derȱ Ergebnisorientierungȱ könȬ nenȱ bspw.ȱ dasȱ Verhältnisȱ vonȱ Ressourceneinsatzȱ undȱ erreichterȱ Wirkungȱ beiȱ derȱ Leistungserbringung,ȱ dieȱ Schnelligkeitȱ oderȱ MenȬ

ErgebnisȬ orientierungȱ

81ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ genȱ derȱ Leistungserbringung,ȱ dieȱ Kundenzufriedenheitȱ sowieȱ derȱ MittelrückflussȱausȱInvestitionenȱdienen.ȱ

InnovationsȬ orientierungȱ

Nurȱ dieȱ Fähigkeit,ȱ neuartigeȱ Produkteȱ undȱ Verfahrenȱ sowieȱ LöȬ sungsalternativenȱ zuȱ gesellschaftlichenȱ Problemenȱ aufzuzeigen,ȱ ermöglichenȱ demȱ Staatȱ undȱ seinerȱ Verwaltung,ȱ inȱ denȱ betroffenenȱ Aufgabenfeldernȱ eineȱ Führungsrolleȱ einzunehmen.ȱ Dieȱ Lenkungȱ staatlicherȱ Umsystemeȱ erfordertȱ immerȱ wiederȱ neueȱ undȱ denȱ UmȬ systembedingungenȱ angemesseneȱ EingriffsȬȱ undȱ UnterstützungsȬ mechanismen,ȱ dieȱ letztlichȱ dieȱ Legitimitätȱ staatlicherȱ Institutionenȱ bestimmen.ȱMitȱdemȱVergleichȱvonȱprivatenȱundȱöffentlichenȱInstiȬ tutionenȱundȱeinemȱhärterenȱStandortwettbewerbȱwächstȱderȱBedarfȱ anȱ Innovationenȱ auchȱ imȱ öffentlichenȱ Sektor.ȱ Dabeiȱ istȱ entscheiȬ dend,ȱidealeȱVoraussetzungenȱfürȱdieȱErzeugungȱvonȱInnovationenȱ zuȱschaffenȱ(vgl.ȱThomȱ1997a:ȱ5),ȱwobeiȱdieȱFähigkeitȱzurȱInnovationȱ engȱmitȱderȱVeränderungsfähigkeitȱeinerȱInstitutionȱoderȱeinesȱTeilsȱ davonȱverbundenȱist.ȱSomitȱgilt:ȱȱ InnovationȱbedeutetȱWandel,ȱundȱWandelȱistȱeinȱsozialerȱProȬ zessȱ innerhalbȱ einerȱ Institution.ȱ Dieserȱ erfordertȱ umsoȱ mehrȱ Veränderungsfähigkeitȱ vonȱ denȱ Mitarbeitenden,ȱ jeȱ wenigerȱ Ähnlichkeitenȱ dieȱ Innovationȱ mitȱ bisherigenȱ Merkmalenȱ derȱ Institutionȱbesitztȱ(vgl.ȱLynnȱ1997:ȱ87ȱf.).ȱ ȱ Wesentlicheȱ Kriterienȱ zurȱ Beurteilungȱ desȱ Innovationsniveausȱ sindȱ bspw.ȱ dieȱ Anzahlȱ Neuerungen,ȱ dieȱ sichȱ wirklichȱ zurȱ Innovationȱ durchgesetztȱ haben,ȱ dasȱ mitȱ derȱ Innovationsleistungȱ verbundeneȱ BeurteilungsȬȱ undȱ Anreizsystemȱ sowieȱ dieȱ Möglichkeitȱ zumȱ expeȬ rimentellenȱ Lernenȱ anhandȱ vonȱ Qualitätszirkeln,ȱ PraktikergemeinȬ schaftenȱetc.ȱ(vgl.ȱRitzȱ1999:ȱ51ȱff.;ȱThomȱ1997a:ȱ5ȱff.ȱundȱSchallȱ1997:ȱ 360ȱff.).ȱ

IntegrationsȬȱ undȱȱ PartizipationsȬ orientierungȱ

82ȱ

Derȱ Kulturwandelȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ kannȱ sichȱ nichtȱ einzigȱ anȱ derȱ privatwirtschaftlichenȱ Managementkulturȱ orientieren,ȱ sondernȱ mussȱeineȱeigenständigeȱundȱglaubwürdigeȱAlternativeȱhervorbrinȬ gen.ȱDerȱKernȱdieserȱKulturȱbestehtȱinȱderȱAusrichtungȱaufȱdieȱzuȬ künftigenȱHerausforderungenȱdesȱStaates.ȱDurchȱdieȱZusammenarȬ beitȱmitȱInstitutionenȱaußerhalbȱderȱeigenenȱstaatlichenȱStellenȱundȱ durchȱ dieȱ Integrationȱ unterschiedlicherȱ Perspektivenȱ zurȱ Lösungȱ gesellschaftlicherȱ Fragenȱ vergrößertȱ sichȱ derȱ Handlungsspielraumȱ fürȱ dieȱ Führungȱ öffentlicherȱ Institutionen.ȱ Dieȱ IntegrationsȬȱ undȱ Partizipationsorientierungȱbeziehtȱi.ȱS.ȱeinesȱ„StakeholderȬAnsatzes“ȱ dieȱ relevantenȱ gesellschaftlichenȱ Gruppierungenȱ mitȱ ein.ȱ Diesȱ sindȱ zumȱeinenȱInstitutionenȱwieȱinternationaleȱOrganisationen,ȱVerbänȬ deȱ oderȱ dieȱ Privatwirtschaft,ȱ zumȱ anderenȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ dieȱ

Arten des Wandels

2.4

ȱ Kundenȱ undȱ Bürger.ȱ Wieȱ ausȱ Tabelleȱ 3ȱ ersichtlichȱ wird,ȱ könnenȱ Kundenȱ undȱ Bürgerȱ inȱ neunȱ verschiedeneȱ Gruppenȱ differenziertȱ werden,ȱdieȱsichȱhinsichtlichȱihrerȱLegitimationsbasisȱunterscheidenȱ (vgl.ȱBroekmate/Dahrendorf/Dunkerȱ2001:ȱ54ȱff.).ȱ

KundenȬȱundȱBürgertypologieȱimȱöffentlichenȱSektorȱ Kunden- bzw. Bürgertyp

Beispiele

Der Bürger als Teil der örtlichen Gemeinschaft

Der Bürger beteiligt sich an der Diskussion zur Weiterentwicklung seines Stadtteils

Der Bürger als Nutzer öffentlicher Einrichtungen

Fußgängerzonen, Straßen, Wege, Kinderspielplätze

Der Bürger als Nutzer von Einrichtungen mit Anschlusszwang

Entsorgungsbetriebe (Müllabfuhr, Abwasserbeseitigung)

Der Bürger als Adressat der Eingriffsverwaltung

Verhängung von Verwarnungsgeldern, Schließung von Gaststätten, Ablehnung von Bauanträgen

Der Bürger als Hilfeempfänger

Gewährung von Sozialleistungen

Der Bürger als Nutzer von Angeboten und Einrichtungen gegen Entgelt

Betrieb von Kindergärten, Angebote von Bildungs-, Kultur-, Freizeit, Gesundheitseinrichtungen

Öffentliche Investoren

Wirtschaftsförderung, Industrie- und Handwerkskammern

Die Fachbereiche der Verwaltung

Fachbereiche als interne Kunden

Tabelleȱ3ȱ

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als interne Kunden, z. B. der Personalabteilung

ȱ Aufbauendȱ aufȱ dieserȱ Typologieȱ könnenȱ unterschiedlicheȱ AbstuȬ fungenȱderȱIntegrationȱundȱPartizipationȱvonȱKundenȱundȱBürgernȱ identifiziertȱ werden,ȱ dieȱ hinsichtlichȱ derȱ Intensitätȱ derȱ Einbindungȱ zunehmenȱ(Pollittȱ2004:ȱ98ȱff.):ȱ

„ Information:ȱDieȱBürgerȱwerdenȱüberȱdieȱProzesseȱundȱEreignisȬ seȱinȱeinerȱöffentlichenȱInstitutionȱumfassendȱinformiert.ȱ

„ Befragung:ȱDieȱBürgerȱwerdenȱumȱRatȱgefragt,ȱbevorȱendgültigeȱ Entscheidungenȱ getroffenȱ werden.ȱ Diesȱ kannȱ mittelsȱ BürgerbeȬ fragungen,ȱ OnlineȬBefragungenȱ oderȱ Diskussionsforenȱ gescheȬ hen.ȱ

„ Partizipation:ȱDieȱBürgerȱwerdenȱdirektȱinȱEntscheidungsprozesȬ seȱeinbezogen,ȱdieȱsichȱunmittelbarȱaufȱihreȱLebenssituationȱausȬ

83ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ wirken.ȱ Möglicheȱ Instrumenteȱ desȱ Einbezugsȱ derȱ Bürgerȱ sindȱ Workshops,ȱRundeȱTische,ȱKomiteesȱoderȱBürgerforen.ȱ

„ Repräsentation:ȱDieȱMeinungenȱderȱBürgerȱwerdenȱalsȱwesentliȬ cheȱ Informationsquelleȱ undȱ Voraussetzungȱ fürȱ eineȱ guteȱ EntȬ scheidungsfindungȱgesehen.ȱDiesȱkannȱbspw.ȱüberȱeinenȱBürgerȬ ratȱgeschehen,ȱderȱdieȱMeinungenȱderȱeinzelnenȱBürgerȱvertritt.ȱ KundenȬ orientierungȱ

Dieȱ IntegrationȬȱ undȱ Partizipationsorientierungȱ erweitertȱ demnachȱ auchȱ denȱ vielfachȱ verwendetenȱ Begriffȱ derȱ „Kundenorientierung“ȱ i.ȱS.ȱeinesȱgegenseitigenȱVerhältnissesȱvonȱPflichtenȱundȱRechtenȱaufȱ beidenȱ Seitenȱ (vgl.ȱ Bostonȱ etȱ al.ȱ 1996:ȱ 323ȱ ff.),ȱ sodassȱ eineȱ Abkehrȱ vomȱ regelȬȱ undȱ eingriffsorientiertenȱ Staatȱ zumȱ gewährleistendenȱ undȱ integrierendenȱ Staatȱ zumȱAusdruckȱ kommt.ȱ Dieȱ v.ȱa.ȱ mitȱ demȱ Gewährleistungsstaatȱ verbundeneȱ Dezentralisierungȱ undȱ AuslageȬ rungȱ staatlicherȱ Tätigkeitenȱ undȱ Institutionenȱ wirdȱ dortȱ eingeȬ schränkt,ȱwoȱdieȱIntegrationsȬȱundȱPartizipationsorientierungȱverloȬ renȱ zuȱ gehenȱ drohtȱ (vgl.ȱ Metcalfe/Richardsȱ 1993:ȱ 110ȱ ff.).ȱ Sieȱ kannȱ aberȱ beiȱ derȱ bürgernahenȱ staatlichenȱ Leistungserbringungȱ durchȱ Dezentralisationȱ auchȱ vergrößertȱ werden.ȱ Zentraleȱ Aspekteȱ zurȱ Beurteilungȱ derȱ IntegrationsȬȱ undȱ Partizipationsorientierungȱ könȬ nenȱ dasȱAusmaßȱ derȱ Zusammenarbeitȱ mitȱ internationalen,ȱ verwalȬ tungsinternenȱ oderȱ privatenȱ Akteurenȱ sowieȱ derȱ Stellenwertȱ derȱ TätigkeitenȱderȱstaatlichenȱInstitutionȱimȱVergleichȱmitȱinternationalȱ ähnlichenȱEinrichtungenȱsein.ȱ

MitarbeiterȬ orientierungȱ

Organisationsinternȱ erhältȱ dieȱ Mitarbeiterorientierungȱ eineȱ starkȱ erhöhteȱ Bedeutungȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Verwaltungsentwicklungȱ (vgl.ȱ Finger/Uebelhardtȱ 1998:ȱ 16ȱ ff.;ȱ Oechsler/Vaanholtȱ 1998:ȱ 151ȱ ff.;ȱ KoȬ rintenbergȱ1997:ȱ74ȱff.ȱundȱSchedlerȱ1996:ȱ221ȱff.).ȱDieserȱAspektȱdesȱ KulturwandelsȱwirdȱinȱKapitelȱ6ȱvertieftȱbehandeltȱundȱsollȱhierȱnurȱ kurzȱumrissenȱwerden.ȱ Dieȱ Personalführungȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ istȱ ebensoȱ wieȱ andereȱ Aspekteȱ derȱ Verwaltungsführungȱ vonȱ denȱ UmsystemveränderunȬ genȱbetroffen.ȱUmȱdenȱzukünftigenȱAnforderungenȱanȱdieȱstaatlicheȱ Leistungserstellungȱ genügenȱ zuȱ können,ȱ istȱ eineȱAbkehrȱ vonȱ einerȱ bisȱ insȱ Detailȱ gesetzlichȱ geregeltenȱ Personalarbeitȱ notwendig.ȱ Dieȱ Veränderungȱ derȱ Mitarbeiterorientierungȱ drücktȱ sichȱ amȱ stärkstenȱ durchȱ eineȱ erhöhteȱ Arbeitszufriedenheitȱ undȱ eineȱ dadurchȱ gesteiȬ gerteȱArbeitsleistungȱaus.ȱImȱZentrumȱderȱAuswirkungenȱdurchȱdieȱ geänderteȱ Mitarbeiterorientierungȱ stehtȱ aberȱ letztlichȱ dieȱ Loyalitätȱ zwischenȱ derȱ staatlichenȱ Institutionȱ undȱ denȱ Mitarbeitendenȱ alsȱ FolgeȱderȱArbeitszufriedenheitȱundȱUrsacheȱfürȱdieȱproduktiveȱArȬ beitsleistung.ȱ Faktoren,ȱ welcheȱ dieȱ Loyalitätȱ positivȱ beeinflussen,ȱ sindȱimȱöffentlichenȱSektorȱhäufigȱunterȱDruckȱgeraten:ȱTraditionelȬ

84ȱ

Arten des Wandels

2.4

ȱ leȱMerkmaleȱwieȱunbeschränkteȱArbeitsplatzsicherheit,ȱkontinuierliȬ cheȱ Karrierepfade,ȱ Einkommenssicherheitenȱ undȱ gleichmäßigeȱ ArȬ beitszeitenȱ werdenȱ unwichtigerȱ undȱ damitȱ seltenerȱ einȱ Merkmalȱ öffentlicherȱ Arbeitsplätze.ȱ Folgendeȱ Erkenntnisȱ istȱ fürȱ denȱ KulturȬ wandelȱbesondersȱrelevantȱ(vgl.ȱMetcalfe/Richardsȱ1993:ȱ109ȱf.):ȱ DerȱDestabilisierungȱundȱInfragestellungȱbisherigerȱWerteȱimȱ öffentlichenȱSektorȱundȱdadurchȱauchȱderȱAuflösungȱderȱtraȬ ditionellenȱMitarbeiterloyalitätȱmussȱdieȱBildungȱundȱVerfesȬ tigungȱ vonȱ neuenȱ undȱ fürȱ dieȱ Zukunftȱ wichtigerenȱ LoyaliȬ tätsmusternȱfolgen.ȱ ȱ Dieȱ Kostenorientierungȱ existiertȱ nurȱ ansatzweiseȱ imȱ traditionellenȱ Verwaltungsbetriebȱ mitȱ derȱ klassischenȱ Inputsteuerung.ȱ Dieseȱ istȱ ausgerichtetȱ aufȱ Verlässlichkeit,ȱ Gerechtigkeitȱ undȱ Dauerhaftigkeit.ȱ Eineȱ echteȱ betriebswirtschaftlicheȱ Kostenermittlungȱ erfolgtȱ nurȱ selȬ ten,ȱ z.ȱB.ȱ werdenȱ einmalȱ budgetierteȱ Ausgabenȱ undȱ Stellenȱ auchȱ dannȱbeansprucht,ȱwennȱsichȱdieȱSituationȱändertȱundȱeineȱAusgaȬ benverringerungȱmöglichȱwäre,ȱoderȱeinmalȱangeschafftesȱMaterialȱ wirdȱ seltenȱ alsȱ Kostenträgerȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Lagerbewirtschaftungȱ betrachtet.ȱDasȱbekannteȱ„Dezemberfieber“ȱverdeutlichtȱdieseȱstabiȬ leȱ Ordnungȱ desȱ staatlichenȱ Rechnungssystemsȱ ohneȱ RücksichtnahȬ meȱ aufȱ Wirtschaftlichkeitskriterien.ȱ Dieȱ durchȱ dieȱ ReformentwickȬ lungȱ ausgelöstenȱ Veränderungenȱ verlangenȱ jedochȱ mehrȱ TranspaȬ renzȱundȱHandlungsspielraumȱimȱBereichȱdesȱKostenȬȱundȱFinanzȬ managementsȱ staatlicherȱ Institutionen.ȱ Derȱ gesamteȱ MentalitätsȬ wechselȱ zeigtȱ sichȱ imȱ Bedeutungsanstiegȱ desȱ Deckungsbeitragsȱ beiȱ kommerziellerȱ Randnutzungȱ staatlicherȱ Leistungserbringung.ȱ PreiȬ seȱwerdenȱnichtȱmehrȱaufgrundȱderȱangenommenenȱKostenȱkalkuȬ liert,ȱsondernȱdieȱamȱMarktȱerzielbarenȱPreiseȱbestimmenȱdenȱKosȬ tenrahmen.ȱDieserȱwirdȱdannȱi.ȱS.ȱeinesȱGlobalbudgetsȱbewilligt,ȱbeiȱ dessenȱVerwendungȱundȱEinteilungȱstaatlicheȱInstitutionenȱweitgeȬ hendȱfreieȱHandȱhabenȱ(vgl.ȱWitteȱ1994:ȱ367ȱf.).ȱȱ

KostenȬ orientierungȱ

Auchȱ derȱ aufkommendeȱ Leistungsvergleichȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ verlangtȱeineȱstärkereȱKostenorientierung.ȱDieȱVergleichbarkeitȱvonȱ KostenȬȱ undȱ Leistungsdatenȱ innerhalbȱ derȱ Verwaltung,ȱ aberȱ auchȱ mitȱ privatenȱ Unternehmungen,ȱ verlangtȱ nachȱ einemȱ zeitgemäßenȱ FinanzȬȱ undȱ Rechnungswesen.ȱ Derȱ Ausbauȱ derȱ Kameralistikȱ inȱ Richtungȱ einesȱ ManagementȬInformationssystemsȱ mitȱ integrierterȱ KostenȬȱ undȱ Leistungsrechnung,ȱ Investitionsrechnung,ȱ einemȱ umȬ fassendenȱControllingȱbisȱzurȱWirkungsprüfungȱistȱnotwendigȱ(vgl.ȱ Nau/Wallnerȱ1999:ȱ53ȱff.ȱundȱSchedlerȱ1996:ȱ156ȱff.).ȱȱ ȱ

85ȱ

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

2

ȱ

Praxisfenster Nr. 3: Wandel der Organisationskultur in Århus Amt (Dänemark)

ȱ JohannesȱFlenstedȬJensenȱ Bürgermeisterȱdesȱȱ LandkreisesȱÅrhusȱAmt,ȱ Dänemarkȱ

1. Unternehmensmodell Seit einigen Jahren richtet sich die Verwaltungstätigkeit in Århus Amt nach einem Unternehmensmodell, das auf zwei Grundwerten basiert: Demokratie und Effizienz. Ziel dieses Unternehmensmodells ist die bestmögliche Abstimmung zwischen dem politischen, dem administrativen und dem demokratischen Prozess, an dem Arbeitnehmer und Dienstleistungsempfänger gleichermaßen beteiligt sind. Ein Kernelement stellt dabei die exakte Definition der Arbeitsteilung zwischen Politik und Verwaltung dar. Während die Politik Standards für die angebotenen Dienstleistungen festlegt, ist die Verwaltung dazu verpflichtet, ihre Effizienz mittels Arbeitsplanung und Personalentwicklung zu verbessern sowie ihr Dienstleistungsangebot kontinuierlich zu steigern. Ziel ist ein offener und transparenter politischer Prozess, wobei insbesondere in schwierigen Situationen Offenheit und ein fairer, ehrlicher Dialog mit den Bürgern wichtige Grundbausteine sind. Das Unternehmensmodell sowie die im Folgenden beschriebenen Werte sollen das Selbstverständnis der Kreisverwaltung verdeutlichen.

2. Werte In Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern hat der Landkreis Århus sechs zentrale Werte festgelegt. Diese sollen die Arbeitsweise und das Dienstleistungsangebot sowie den Austausch mit Kollegen und den Kontakt mit dem Bürger bestimmen.

„ Dialog: Wir suchen den Dialog sowohl mit Bürgern, Benutzern, Kooperationspartnern und mit der Presse. Für eine gute Atmosphäre und einen guten Umgangston ist auch der interne Dialog wichtig.

„ Offenheit: Wir wollen Offenheit. Deshalb legen wir die Grundlagen unserer Beschlüsse offen dar. Die Grenze für die Offenheit ist z. B. die Schweigepflicht gegenüber den Benutzern.

„ Respekt: Wir behandeln einander respekt- und vertrauensvoll. Wir schätzen die Vielfalt und lassen uns von der Maxime „keiner ist mehr wert als der andere“ leiten.

„ Entwicklung: In den Bereichen Serviceangebot, Organisation und Kompetenz der Mitarbeiter wollen wir uns laufend weiterentwickeln.

„ Engagement: Wir erachten engagierte Mitarbeiter als wichtigste Voraussetzung für die Lösung anspruchsvoller Aufgaben.

86ȱ

Arten des Wandels

2.4

ȱ

„ Glaubwürdigkeit: Was wir sagen und was wir tun, stimmt miteinander überein. Wir halten, was wir versprechen – sowohl gegenüber den Bürgern als auch innerhalb der Organisation.ȱ

3. Weg von Regeln Århus Amt richtet sein Verhalten nicht mehr ausschließlich nach führungsund kulturbestimmenden Regeln. Das heißt nicht, dass keine Regeln existieren oder diese nicht beachtet würden, sondern dass die Verwaltungsführung davon ausgeht, dass jede Regulierung ihre Grenzen hat. Dies gilt v. a. für eine moderne öffentliche Institution, die sich in einem sich ständig ändernden Umfeld bewegt und sich so kontinuierlich anpassen muss. Die Vorteile von regelbasiertem Management bleiben jedoch auch in der Kreisverwaltung Århus erhalten. So schreiben auch hier Regeln gewisse Handlungen vor und führen zu einer Reduktion von Unsicherheit. Als Managementwerkzeug sind sie deshalb v. a. bei Aufgaben mit einem hohen Maß an Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit geeignet. Im gleichen Atemzug will Århus Amt aber Probleme, die durch zu strenge Regulierungen entstehen, vermeiden. Regeln können unmöglich im Voraus alle denkbaren Situationen erfassen, da dies zu einem unnötigen Maß an Bürokratie führen und die Flexibilität der Beteiligten erheblich einschränken würde. Århus Amt hat erkannt, dass der wertebasierte Ansatz ein flexibles Führungsinstrument darstellt, welches Organisationen nicht als mechanische Gebilde, sondern als äußerst komplexe Systeme wahrnimmt. Dieser Ansatz wird dem schnellen Wandel der Prozesse gerecht und erlaubt situativ angepasste Lösungen. Es wird davon ausgegangen, dass die Angestellten am besten wissen, wie die anstehenden Aufgaben optimal zu erledigen sind. Deshalb kreiert der wertebasierte Ansatz ein Klima des Vertrauens, der Verantwortung und der Sinnhaftigkeit. Dialog, Reflexion und Entwicklung werden dadurch begünstigt.

4. Von Werten zu Taten Wie kann in einer komplexen Organisation mit 22.000 Mitarbeitern ein Wertesystem etabliert und aktiv umgesetzt werden? Wie kann der interne und externe Dialog gesichert werden? Wie kann erreicht werden, dass ein bestimmter Wert gelebt wird und wie kann dies gemessen werden? Da sich der wertebasierte Ansatz auf Vertrauen stützt, sind die einzelnen Führungskräfte als Vorbilder und Werteträger speziell gefordert. So wird die Personalführung in Århus Amt stark von der Fähigkeit der Vorgesetzten geprägt, Werte aktiv zu leben. Die dezentralisierte Organisationsstruktur lässt den einzelnen Institutionen und Individuen Freiraum für kreative und optimal angepasste Lösungen. Das Unternehmensmodell und die Wertebasis bestimmen die Verwaltungstätigkeit in Århus Amt. Um sicherzustellen, dass diese nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, werden auf allen Ebenen in Århus Amt Analysen über die sechs Eckdaten des Unternehmensmodells angefertigt:

87ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ 6. Sind die Benutzer mindestens so zufrieden wie bei der letzten Messung? 7. Werden die Benutzer gemäß den formal definierten Normen behandelt, und ist ihre fachliche Qualität mindestens so gut wie bei der letzten Messung? 8. Werden die Serviceziele erfüllt? 9. Steigt die Produktivität wie geplant? 10. Sind die Mitarbeiter mindestens so zufrieden wie bei der letzten Messung? 11. Kann das Budget eingehalten werden? Kennzeichnend für diese Schlüsselgrößen ist ihr ganzheitlicher und ausgewogener Charakter, da nicht ausschließlich Fragen über die Haushaltsdisziplin gestellt werden. Zahlreiche Beispiele für die Umsetzung des wertebasierten Ansatzes könnten angeführt werden. So bietet Århus Amt bspw. im öffentlichen Personen-Nahverkehr den Busbenützern eine sog. "Reisegarantie". Gemäß dieser haben die Kunden u. a. Anspruch auf ein kostenloses Taxi plus einer Entschädigung von 40 Euro, wenn ihr Bus mit mehr als 20 Minuten Verspätung am Ziel eintrifft. Ein anderes Beispiel betrifft Wartezeiten für Spitalbehandlungen, bei denen Århus Amt seit 1999 eine deutliche Verbesserung der Patientenzufriedenheit erreicht hat. Auch Århus Amt arbeitet nicht fehlerfrei. Die Kreisverwaltung nimmt jedoch ungenügende Leistungen ernst und konstruktive Kritik gerne entgegen. Auch hierbei wird die Kreisverwaltung durch die Grundsätze der Offenheit, des Dialogs und des Respekts gegenüber den Bürgern verpflichtet.

5. Århus Amt und die neuen Regionen Für die kommenden Jahre steht in Dänemark eine grundlegende Verwaltungsreform an. Ab Januar 2007 werden die Landkreise abgeschafft und Århus Amt wird Teil der neu geschaffenen Region Mitteljütland. Einige der heutigen Aufgaben sollen dabei auf die Gemeinden, private Stiftungen und den Staat übergehen. Diese Veränderungen werden für alle Einwohner des Landkreises relevant sein und Chancen wie Risiken gleichermaßen beinhalten. Århus Amt will seine bewährten Werte und Instrumente möglichst in die neue Region einbringen. Offenheit, Dialog und Respekt werden auch beim Aufbau der neuen regionalen Strukturen eine essentielle Rolle spielen. In der neuen Organisation werden weiterhin Effizienz, Nachhaltigkeit, Kundenbeteiligung und Demokratie die Basis für einen gesunden politischadministrativen Apparat und für eine hohe Qualität bei der Dienstleistungserstellung im öffentlichen Sektor bilden.

88ȱ

Arten des Wandels ȱ DieseȱletzteȱDimensionȱdesȱKulturwandelsȱstehtȱinȱZusammenhangȱ mitȱ derȱ Qualifikationskomponenteȱ innerhalbȱ derȱ MitarbeiterorienȬ tierung.ȱ Dieȱ Entwicklungsorientierungȱ wirdȱ jedochȱ alsȱ gesamterȱ Lernprozessȱ einerȱ staatlichenȱ Institutionȱ inȱ Verbindungȱ mitȱ demȱ individuellenȱLernprozessȱbetrachtet,ȱderȱbestmöglichȱaufȱdieȱOrgaȬ nisationszieleȱ abgestimmtȱ werdenȱ sollte.ȱ Dieȱ EntwicklungsorientieȬ rungȱ stehtȱ fürȱ eineȱ gesamtorganisatorischeȱ VeränderungsphilosoȬ phie,ȱ „[...]ȱ dieȱ aufȱ Prozesseȱ derȱ kulturbewusstenȱ Entwicklungȱ undȱ desȱ Lernensȱ ausgerichtetȱ ist.“ȱ (Klimeckiȱ 1999:ȱ 24).ȱ Dieȱ Verwaltungȱ sollteȱ alsȱ lernendeȱ Organisationȱ Lernblockadenȱ überwindenȱ undȱ denȱ Wandelȱ alsȱ einenȱ selbstverständlichenȱ Bestandteilȱ inȱ dieȱ tägliȬ cheȱ Arbeitȱ integrierenȱ (vgl.ȱ Schriddeȱ 2005:ȱ 224).ȱ Diesȱ schließtȱ dieȱ ständigeȱReflektionȱdesȱEntwicklungsstandesȱbezüglichȱangestrebterȱ Zieleȱ undȱ dieȱ bewussteȱ Steuerungȱ vonȱ organisationsȬȱ oderȱ indiviȬ dualbezogenenȱ Veränderungsprozessenȱ mitȱ ein.ȱ Mitȱ welchenȱ MitȬ telnȱ oderȱ Ansätzenȱ dieȱ Entwicklungsfähigkeitȱ imȱ konkretenȱ Fallȱ initiiertȱundȱgefördertȱwird,ȱistȱeineȱoffeneȱGestaltungsfrage.ȱWichȬ tigȱ istȱ dieȱ Ausrichtungȱ desȱ Instrumentariumsȱ aufȱ dieȱ zukünftigenȱ Anforderungen.ȱDieȱEntwicklungsorientierungȱfördertȱdieȱStrategieȬ findungȱinȱeinemȱsichȱrasantȱwandelndenȱUmfeldȱundȱwillȱeinerȱnurȱ reaktivenȱAnpassungȱdurchȱ eineȱ zielorientierteȱ Steuerungȱ vonȱVerȬ änderungsprozessenȱzuvorkommen.ȱ

2.4 EntwicklungsȬ orientierungȱ

LeiderȱvernachlässigenȱvieleȱVeränderungsprogrammeȱüberȱgesamȬ teȱVerwaltungenȱhinwegȱoftȱdieȱEntwicklungȱderȱeinzelnenȱVerwalȬ tungseinheitȱinȱihremȱspezifischenȱKontext.ȱDieȱEntwicklungsorienȬ tierungȱ sollȱ Veränderungsfähigkeitȱ undȱ Ȭpotenzialȱ vorȱ Ort,ȱ alsoȱ inȱ einzelnenȱAbteilungenȱ undȱ Stellenȱ schaffen.ȱ Entscheidendeȱ BedeuȬ tungȱ kommtȱ derȱ Einflussnahmeȱ undȱ demȱ Gestaltungswillenȱ derȱ Linienverantwortlichenȱ zu,ȱ dieȱ wichtigeȱ Kenntnisseȱ überȱ dieȱ AnȬ satzpunkteȱ zurȱ Veränderungȱ ihrerȱ Institutionȱ undȱ dasȱ VerändeȬ rungspotenzialȱ derȱ Mitarbeitendenȱ besitzenȱ (vgl.ȱ Kieser/Hegele/ȱ Klimmerȱ1998:ȱ228ȱff.ȱundȱBeer/Eisenstat/Spectorȱ1990:ȱ23ȱff.).ȱ AufeinanderȱabgestimmteȱKonzepteȱundȱMaßnahmenȱvonȱPersonalȬȱ undȱ Organisationsentwicklung,ȱ einȱ breitesȱ MethodenȬȱ undȱ InstruȬ mentenspektrumȱzurȱSteuerungȱvonȱVeränderungsprozessenȱsowieȱ dieȱ regelmäßigeȱ Kommunikationȱ undȱ Informationȱ überȱ EntwickȬ lungszieleȱ undȱ Veränderungsprojekteȱ inȱ derȱ Institutionȱ sindȱ einigeȱ AspekteȱzurȱBeurteilungȱderȱEntwicklungsorientierung.ȱ

89ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ

2.4.3

Struktur- und Prozesswandel

Nebenȱ Strategieȱ undȱ Verwaltungskulturȱ werdenȱ durchȱ dieȱ Publicȱ ManagementȬEntwicklungȱ auchȱ dieȱ Strukturenȱ undȱ Prozesseȱ derȱ Verwaltungȱverändert.ȱImȱFolgendenȱwerdenȱdieȱdamitȱzusammenȬ hängendenȱFragenȱkurzȱaufgegriffen.ȱEineȱvertiefteȱDarstellungȱderȱ organisatorischenȱ Gestaltungsmöglichkeitenȱ imȱRahmenȱ desȱ StrukȬ turȬȱundȱProzesswandelsȱerfolgtȱimȱfünftenȱKapitelȱdiesesȱBuches.ȱ Leistungstiefeȱ

HinsichtlichȱderȱReformenȱvonȱStrukturenȱundȱProzessenȱimȱstaatliȬ chenȱ Bereichȱ lassenȱ sichȱ zweiȱ Begriffsdimensionenȱ unterscheiden.ȱ Weitȱ gefasstȱ bezeichnetȱ derȱ StrukturȬȱ undȱ Prozesswandelȱ grundȬ sätzlicheȱ Strukturänderungenȱ zurȱ Flexibilisierungȱ imȱ öffentlichenȱ Sektor.ȱ Dieȱ Leistungstiefeȱ derȱ staatlichenȱ Tätigkeitȱ undȱ somitȱ dieȱ Konzentrationȱ aufȱ dieȱ staatlichenȱ Kernkompetenzenȱ mussȱ überȬ dachtȱ werden.ȱ Dieȱ Möglichkeitenȱ zurȱ Dezentralisierung,ȱ AuslageȬ rungȱ undȱ Privatisierung,ȱ aberȱ auchȱ Rezentralisierungspotenzialeȱ müssenȱgeprüftȱundȱausgeschöpftȱwerden.ȱ

BinnenmoderȬ nisierungȱ

ZudemȱbetrifftȱderȱStrukturȬȱundȱProzesswandelȱdieȱBinnenmoderȬ nisierungȱöffentlicherȱInstitutionen.ȱImȱMittelpunktȱstehtȱdieȱinnerȬ betrieblicheȱ AufbauȬȱ undȱ Ablauforganisation,ȱ dieȱ durchȱ dasȱ AufȬ kommenȱ neuerȱ Organisationsformenȱ maßgeblichȱ beeinflusstȱ wird.ȱ DieȱGestaltungȱderȱAufbauȬȱundȱAblauforganisationȱstehtȱinȱengemȱ ZusammenhangȱmitȱderȱangestrebtenȱQualifikationȱundȱMotivationȱ derȱ Mitarbeitenden.ȱ Dieȱ Neuausrichtungȱ derȱ Verwaltungskulturȱ bedingtȱ insofernȱ eineȱ Abkehrȱ vonȱ denȱ klassischenȱ StrukturprinziȬ pienȱimȱstaatlichenȱSektor.ȱDieseȱweisenȱaufȱderȱGrundlageȱdesȱWeȬ berschenȱ BürokratieȬȱ undȱ desȱ tayloristischenȱ Organisationsmodellsȱ eineȱ sehrȱ hoheȱ vertikaleȱ undȱ horizontaleȱ Arbeitsteilungȱ auf,ȱ wasȱ eineȱstarkeȱGliederungȱderȱOrganisationȱnachȱFunktionenȱundȱeineȱ tiefeȱhierarchischeȱAbstufungȱzurȱFolgeȱhat.ȱȱ

Jeȱgrößerȱeineȱ Organisation,ȱ destoȱmehrȱ Delegationȱ

Ausȱ organisationstheoretischerȱ Sichtȱ mussȱ vorabȱ festgehaltenȱ werȬ den,ȱdassȱesȱkeineȱausgereifteȱTheorieȱgibt,ȱausȱderȱdieȱStrukturȱfürȱ eineȱ Institutionȱ inȱ einerȱ bestimmtenȱ Situationȱ präziseȱ abgeleitetȱ werdenȱkann.ȱWoȱwelcheȱkonkreteȱStrukturformȱgeeignetȱist,ȱbedarfȱ einerȱ Analyseȱ derȱ jeweiligenȱ Aufgabenȱ undȱ situationsspezifischenȱ Faktoren,ȱ denenȱ dieȱ staatlicheȱ Institutionȱ ausgesetztȱ ist.ȱ Aufȱ derȱ Basisȱ empirischerȱ Befundeȱ sindȱ höchstensȱ Tendenzaussagenȱ mögȬ lich,ȱ wieȱ bspw.:ȱ Jeȱ größerȱ eineȱ Organisation,ȱ destoȱ stärkerȱ solltenȱ Entscheidungenȱ aufȱ tiefereȱ Ebenenȱ delegiertȱ werdenȱ (vgl.ȱ Kieser/ȱ Hegele/Klimmerȱ1998:ȱ115ȱff.).ȱEineȱdeutlicheȱTendenzȱhatȱsichȱdiesȬ bezüglichȱseitȱdenȱ1990erȱJahrenȱimȱstaatlichenȱSektorȱdurchgesetzt:ȱ DieȱDezentralisierungȱundȱSchaffungȱvonȱErgebnisȬȱundȱVerantworȬ tungszentrenȱzurȱReduktionȱdesȱBürokratisierungsȬȱundȱKomplexiȬ

90ȱ

Management des Wandels

2.5

ȱ tätsgradsȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionen.ȱ Durchȱ eineȱ verstärkteȱ DeleȬ gationȱdrängtȱsichȱeineȱVerflachungȱderȱHierarchienȱaufȱundȱwegenȱ neuerȱ strategischerȱ Zieleȱ werdenȱ andereȱ StrukturierungsalternatiȬ venȱ nebenȱ demȱ herkömmlichenȱ Funktionalprinzipȱ notwendigȱ (vgl.ȱ Lawton/Roseȱ 1994:ȱ 48ȱ ff.).ȱ Dieȱ Förderungȱ derȱ Kernkompetenzenȱ inȱ staatlichenȱInstitutionenȱzurȱSicherungȱderȱstrategischenȱErfolgspoȬ tenzialeȱkannȱbspw.ȱdurchȱdieȱProzessorganisationȱerreichtȱwerden,ȱ wodurchȱ derȱ enge,ȱ wechselseitigeȱ Zusammenhangȱ zwischenȱ demȱ StrukturȬȱ undȱ Prozesswandelȱ undȱ demȱ Strategiewandelȱ deutlichȱ wirdȱ(vgl.ȱHunzikerȱ1999:ȱ167ȱff.ȱundȱKapitelȱ5.4.3).ȱȱ Insgesamtȱ nimmtȱ derȱ Strukturwandelȱ einenȱ wichtigenȱ Platzȱ inȱ derȱ EntwicklungȱeinesȱzeitgerechtenȱPublicȱManagementȬKonzeptesȱein.ȱ Unabhängigȱ davon,ȱ obȱ Reformenȱ durchȱ anfänglicheȱ Entwicklungȱ beiȱ denȱ Personenȱ oderȱ beiȱ denȱ Strukturenȱ ausgelöstȱ werden,ȱ exisȬ tiertȱeinȱgroßerȱReorganisationsbedarfȱöffentlicherȱInstitutionenȱzurȱ effektivenȱ undȱ effizientenȱ Erfüllungȱ derȱ künftigenȱ staatlichenȱAufȬ gabenȱ(vgl.ȱNascholdȱetȱal.ȱ1996:ȱ20ȱff.).ȱ WieȱkönnenȱnunȱaberȱdieȱStrategien,ȱStrukturen,ȱProzesseȱundȱKulȬ turenȱ imȱ Reformprojektȱ konkretȱ verändertȱ werden?ȱ Wasȱ istȱ notȬ wendig,ȱ umȱ denȱ Wandelȱ zielorientiertȱ steuernȱ zuȱ können?ȱ Diesenȱ Fragenȱ zurȱ Organisationȱ undȱ zurȱ Steuerungȱ desȱ Wandelsȱ wirdȱ imȱ anschließendenȱAbschnittȱnachgegangen.ȱ

2.5

Management des Wandels

NachȱderȱDarstellungȱunterschiedlicherȱArtenȱdesȱWandelsȱwirdȱinȱ diesemȱ Abschnittȱ dieȱ gezielteȱ Steuerungȱ undȱ Durchführungȱ vonȱ Veränderungsprojektenȱerläutert.ȱDasȱManagementȱdesȱWandelsȱistȱ einesȱderȱbedeutendstenȱElementeȱimȱZugeȱeinesȱReformprozesses,ȱ undȱ gewinntȱ zunehmendȱ anȱ zentralerȱ Bedeutungȱ fürȱ dieȱ laufendeȱ FührungȱvonȱInstitutionenȱsowohlȱimȱprivatenȱalsȱauchȱimȱöffentliȬ chenȱSektor,ȱdaȱWandelȱallgegenwärtigȱundȱnichtȱnurȱeinȱpunktuelȬ lesȱEreignisȱistȱ(vgl.ȱHopp/Göbelȱ2004:ȱ195ȱf.ȱundȱReißȱ1997a:ȱ6ȱff.).ȱ

2.5.1

Steuerungȱvonȱ VeränderungsȬ projektenȱ

Konzepte des Managements des Wandels

Veränderungenȱ könnenȱ sichȱ inȱ kleinenȱ Schrittenȱ oderȱ inȱ großenȱ Schübenȱ vollziehenȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 10).ȱ Dieȱ Bandbreiteȱ derȱ UmgestalȬ tungsmaßnahmenȱbewegtȱsichȱi.ȱS.ȱeinesȱKontinuumsȱgrundsätzlichȱ

91ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ zwischenȱ radikalenȱ undȱ evolutionärenȱ Formenȱ desȱ Managementsȱ desȱWandelsȱinȱöffentlichenȱInstitutionenȱ(vgl.ȱThomȱ1998:ȱ4ȱff.).ȱ

Abbildungȱ10ȱ

GrundverständnisseȱeinesȱManagementsȱdesȱWandelsȱ Handlungsfreiheit für Politik und Verwaltungsspitze Machtgrundlage bzw. Dominanz ökonomischer Ziele Hohe Veränderungsgeschwindigkeit (ökonomische Effizienz) Zusätzliche Berücksichtigung sozialer Ziele Niedrige Veränderungsgeschwindigkeit (soziale Effizienz) Partizipation der Mitarbeitenden im öffentlichen Sektor Radikaler Wandel

Evolutionärer Wandel

ȱ

„Businessȱ Reengineering“ȱ

DieȱradikaleȱVeränderungȱhatȱihrenȱUrsprungȱimȱ1993ȱvonȱHammerȱ undȱ Champyȱ vorgestelltenȱ Konzeptȱ desȱ „Businessȱ Reengineering“ȱ (BR).ȱ BRȱ istȱ „[...]ȱeinȱ fundamentalesȱ Überdenkenȱ undȱ radikalesȱ ReȬ designȱ vonȱ Unternehmenȱ oderȱ wesentlichenȱ UnternehmensprozesȬ sen.ȱ Dasȱ Resultatȱ sindȱ Verbesserungenȱ umȱ Größenordnungenȱ inȱ entscheidenden,ȱ heuteȱ wichtigenȱ undȱ messbarenȱ Leistungsgrößenȱ inȱ denȱ Bereichenȱ Kosten,ȱ Qualität,ȱ Serviceȱ undȱ Zeit.“ȱ (Hammer/ȱ Champyȱ 1994:ȱ 24).ȱ Dieȱ radikaleȱ Neugestaltungȱ derȱ Prozesseȱ undȱ damitȱ verbundenȱ dieȱ effektiveȱ undȱ effizienteȱ Befriedigungȱ derȱ Wünscheȱ internerȱ undȱ externerȱ Kundenȱ stehtȱ imȱ Mittelpunktȱ desȱ Konzepts.ȱ Dieȱ Gestaltungsprioritätenȱ lauten:ȱ „Structureȱ followsȱ processȱfollowsȱstrategy“.ȱȱ

OrganisationsȬ entwicklungȱ

Imȱ Gegenteilȱ dazuȱ handeltȱ esȱ sichȱ beimȱ evolutionärenȱ Ansatzȱ derȱ Organisationsentwicklungȱ (OE)ȱ umȱ eineȱ partizipativeȱ Konzeptionȱ zurȱPlanung,ȱInitiierungȱundȱDurchführungȱvonȱWandlungsprozesȬ senȱ(vgl.ȱThomȱ1992b).ȱZuerstȱmüssenȱsichȱdieȱEinstellungen,ȱWerteȱ undȱ Verhaltensweisenȱ derȱ Mitgliederȱ einesȱ sozioȬtechnischenȱ SysȬ temsȱ ändern,ȱ bevorȱ sichȱ diesesȱ Systemȱ selbstȱ wandelnȱ kann.ȱ Dieȱ Gestaltungsprioritätenȱ lautenȱ daher:ȱ „Structureȱ followsȱ processȱ followsȱstrategyȱfollowsȱculture“.ȱDasȱZielȱbestehtȱinȱderȱgleichzeitiȬ genȱ Verbesserungȱ derȱ Leistungsfähigkeitȱ einerȱ Organisationȱ undȱ derȱ Qualitätȱ desȱArbeitslebensȱ (vgl.ȱ Gesellschaftȱ fürȱ OrganisationsȬ entwicklungȱ1980).ȱȱ

92ȱ

Management des Wandels

2.5

ȱ DieȱGegenüberstellungȱinȱTabelleȱ4ȱverdeutlichtȱdieȱbeidenȱExtremȬ ansätzeȱdesȱManagementsȱdesȱWandelsȱ(vgl.ȱausführlichȱThomȱ1998:ȱ 9ȱff.).ȱȱ

BusinessȱReengineeringȱundȱOrganisationsentwicklungȱimȱVergleichȱ Kriterium

Business Reengineering

Organisationsentwicklung

Menschenbild

Tendenziell Theorie X (während des Wandlungsprozesses)

Theorie Y (für den Wandlungsprozess und das Zusammenleben danach)

Ziele

Erhebliche und nachhaltige Erhöhung der Wirtschaftlichkeit (ökonomische Effizienz)

Erhöhung der Wirtschaftlichkeit (ökonomische Effizienz) und der Humanität (soziale Effizienz)

í Liquiditätskrise í Erfolgskrise Veränderungs- í Spitze-Abwärts-Strategie strategien Auslöser/Krise

Stärken

Schwächen (Gefahren)

í Möglichkeit zum Neuanfang í Chance zur deutlichen Steigerung der Wirtschaftlichkeit í Schnelligkeit des Wandels í Konzeptionelle Einheitlichkeit der Veränderungsmaßnahmen (durchgängige ProzessPerspektive) í Bedeutende Kompetenzerweiterungen für „ProzessSpezialisten“

Tabelleȱ4ȱ

í Erfolgskrise í Strategische Krise í Spitze-Abwärts-Strategie í Basis-Aufwärts-Strategie í Bipolare Strategie í Keilstrategie í Multiple-Nukleus-Strategie í Sozialverträglichkeit, da natürliche Veränderung í Berücksichtigung der Entwicklungsfähigkeit der Systemmitglieder í Förderung des Selbstmanagements bzw. der Selbstorganisation í Langfristige Optik í Vermeidung/Reduktion von Änderungswiderständen

í Instabilität in Veränderungsphase í Zeit- und Handlungsdruck, u. a. Druck auf kurzfristige Resultatverbesserungen í Ausschluss alternativer Veränderungsstrategien (neben der Spitze-abwärts-Strategie)

í Reaktionsgeschwindigkeit teilweise unzureichend í Extrem hohe Anforderungen an die Sozialkompetenz der Beteiligten í Zwang zur Suche nach Kompromissen í Unzureichende Möglichkeiten zur Durchsetzung unpoí Mangelnde Sozialverträglichkeit (wenig Sensibilität bei pulärer, aber notwendiger Änderungswiderständen) Entscheidungen (Unterschätzung der Machtkomponente für Ressourcen- und Kompetenzverlagerungen)

93ȱ

2 Menschenbildȱ undȱMachtȬ verständnisȱ

KonzeptȬȱundȱ Kontextfokusȱ

94ȱ

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ Dieȱ Beurteilungȱ derȱ Zweckmäßigkeitȱ beiderȱ Ansätzeȱ hängtȱ vonȱ vielenȱ Faktorenȱ ab.ȱ Fundamentalȱ sindȱ dieȱ Unterschiedeȱ imȱ MenȬ schenbildȱ undȱ Machtverständnis.ȱ Derȱ evolutionäreȱ Wandelȱ basiertȱ aufȱeinerȱPartizipationȱderȱVerwaltungsmitarbeitendenȱamȱVerändeȬ rungsprozess.ȱ Aufȱ demȱ Kontinuumȱ zumȱ radikalenȱ Ansatzȱ nimmtȱ derȱPartizipationsgradȱabȱundȱdieȱHandlungsfreiheitȱfürȱdieȱPolitikȱ undȱ Verwaltungsspitzeȱ zu.ȱ Dieȱ Situationsgerechtigkeitȱ einesȱ dieserȱ extremenȱWandlungskonzepteȱkannȱinsbesondereȱanȱderȱKrisenart,ȱ inȱwelcherȱsichȱdieȱöffentlicheȱInstitutionȱbefindet,ȱbeurteiltȱwerdenȱ (vgl.ȱThomȱ1998:ȱ4).ȱÄußerstȱseltenȱwirdȱgezielterȱWandelȱinȱkrisenȬ losenȱundȱerfolgreichenȱZeitenȱangestrebt.ȱZudemȱwächstȱauchȱdieȱ Bereitschaft,ȱWandelȱ inȱkrisenhaftenȱSituationenȱ undȱ beiȱ genügendȱ starkemȱLeidensdruckȱzuȱakzeptieren.ȱImȱRahmenȱderȱgegenwärtiȬ genȱ Reformenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ istȱ zuȱ beachten,ȱ dassȱ esȱ sichȱ zumȱeinenȱausȱderȱSichtȱdesȱöffentlichenȱHaushaltsȱumȱLiquiditätsȬ krisenȱ(überhöhterȱVerschuldungsgrad),ȱzumȱanderenȱaberȱauchȱumȱ strategischeȱKrisenȱbeiȱPolitikȱundȱVerwaltungsführungȱhandeltȱundȱ somitȱ imȱ letztenȱ Fallȱ prinzipiellȱ einȱ rechtȱ großerȱ HandlungsspielȬ raumȱ bestehtȱ (vgl.ȱ Nascholdȱ 1997).ȱ Aufgrundȱ desȱ demokratischenȱ „Vorbildcharakters“,ȱ derȱ vonȱ derȱ Leitungȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ häufigȱerwartetȱwird,ȱundȱderȱimmerȱnochȱeherȱstarrenȱRahmenbeȬ dingungenȱ durchȱ dasȱ DienstȬȱ undȱ Organisationsrecht,ȱ sindȱ inȱ derȱ Regelȱ radikaleȱ ReengineeringȬAnsätzeȱ schwierigerȱ zuȱ realisieren.ȱ AußerdemȱistȱvielfachȱdieȱfürȱeinȱReengineeringȱerforderlicheȱstarkeȱ Machtpositionȱ derȱ Hierarchiespitzeȱ nichtȱ erwünscht.ȱ Dieȱ ReengiȬ neeringȬIdeeȱ derȱ Prozessorientierungȱ fürȱ sichȱ alleineȱ betrachtetȱ istȱ jedochȱ auchȱ fürȱ denȱ öffentlichenȱ Sektorȱ sehrȱ nützlichȱ (vgl.ȱ Kapitelȱ fünfȱundȱHillȱ1996:ȱ14).ȱ InȱderȱManagementpraxisȱgibtȱesȱeineȱVielzahlȱvonȱErneuerungsanȬ sätzenȱzurȱBewältigungȱvonȱWandel.ȱGrundsätzlichȱlassenȱsichȱdieseȱ inȱ zweiȱ Gruppenȱ einteilenȱ (vgl.ȱ Reißȱ 1997a:ȱ 22ȱ ff.):ȱ Einerseitsȱ dieȱ Konzepte,ȱwelcheȱdenȱInhaltȱdesȱVeränderungsprogrammsȱschwerȬ punktmäßigȱ betrachtenȱ (Konzeptfokus)ȱ undȱ andererseitsȱ jeneȱ AnȬ sätze,ȱwelcheȱsichȱstärkerȱaufȱdieȱArtȱundȱWeiseȱderȱUmsetzungȱundȱ dieȱdafürȱnotwendigeȱInfrastrukturȱzurȱErreichungȱderȱProjektzieleȱ fokussierenȱ (Kontextfokus).ȱ Fürȱ dasȱ eigentlicheȱ Managementȱ desȱ WandelsȱistȱderȱKontextfokusȱentscheidend.ȱEsȱgehtȱimȱRahmenȱdesȱ Publicȱ Managementsȱ bspw.ȱ darum,ȱ wieȱ durchȱ dasȱ VeränderungsȬ managementȱneueȱergebnisorientierteȱKulturelementeȱundȱdazugeȬ hörigeȱ Steuerungsinstrumenteȱ erfolgreichȱ eingeführtȱ werdenȱ könȬ nen.ȱ Abbildungȱ 11ȱ verdeutlichtȱ diesenȱ Unterschiedȱ zwischenȱ denȱ kontextȬȱ undȱ konzeptorientiertenȱAnsätzenȱ imȱ Rahmenȱ desȱ VeränȬ derungsmanagements.ȱ KontextorientierteȱAnsätzeȱ habenȱ zumȱ Ziel,ȱ inȱderȱOrganisationȱeinȱallgemeinesȱVeränderungspotenzialȱherbeiȬ

Management des Wandels

2.5

ȱ zuführen;ȱ diesȱ imȱ Unterschiedȱ zuȱ denȱ konzeptorientiertenȱ AnsätȬ zen,ȱ dieȱ eineȱ spezifischeȱ Akzeptanzhaltungȱ fürȱ einenȱ konkretenȱ Veränderungsansatzȱschaffenȱwollenȱ(vgl.ȱReißȱ1997a:ȱ23).ȱ

Abbildungȱ11ȱ

Kontextfokus

KontextȬȱundȱkonzeptorientierteȱAnsätzeȱdesȱManagementsȱdesȱWandelsȱȱ

Schaffung allgemeinen Veränderungspotenzials

Lernende Organisation Projektmanagement Kaizen

Organisationsentwicklung

Schaffung spezifischer Veränderungsakzeptanz Business Reengineering Total Quality Management New Public Management Lean Management Konzeptfokus

ȱ

Dieȱ weiterenȱAusführungenȱ zumȱ Managementȱ desȱ Wandelsȱ bauenȱ aufȱ einerȱ kontextorientiertenȱ Sichtweiseȱ auf,ȱ wonachȱ allgemeineȱ VeränderungspotenzialeȱundȱȬfähigkeitenȱinȱderȱstaatlichenȱInstituȬ tionȱgeschaffenȱwerdenȱsollen.ȱDieseȱkönnenȱsichȱspäterȱgünstigȱaufȱ dieȱ Förderungȱ spezifischerȱ Akzeptanzȱ fürȱ dieȱ Modernisierungȱ derȱ Verwaltungsführungȱauswirken.ȱ

2.5.2

Widerstand gegen Wandel

Jedesȱ Reformprojekt,ȱ dasȱ maßgeblicheȱ Neuerungenȱ enthält,ȱ wirdȱ aufȱ Hindernisseȱ undȱ Widerstandȱ stoßen.ȱ Erstȱ dieȱ Überwindungȱ solcherȱ Hindernisseȱ ermöglichtȱ eineȱ erfolgreicheȱ Projektrealisation.ȱ Widerstandȱ entstehtȱ inȱ derȱ Regelȱ aufgrundȱ folgenderȱ GegebenheiȬ tenȱjedesȱReformvorhabens:ȱ

Ursachenȱvon Widerstandȱ

95ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ 1. Widerstandȱ aufgrundȱ einzelnerȱ Personen,ȱ PersonenkonstellatioȬ nenȱoderȱspeziellerȱgruppendynamischerȱEffekteȱ 2. WiderstandȱaufgrundȱderȱInitiierungsȬȱundȱUmsetzungsartȱeinerȱ Reformȱ 3. Widerstandȱaufgrundȱ desȱ Reformzeitpunktsȱ undȱ derȱ generellenȱ Situation,ȱinȱwelcherȱsichȱdieȱbetroffeneȱInstitutionȱbefindetȱ 4. WiderstandȱaufgrundȱdesȱkonkretenȱReforminhaltsȱ BeimȱgezieltenȱEinsatzȱdesȱVeränderungsmanagementsȱinteressierenȱ dieȱ Punkteȱ einsȱ undȱ zweiȱ amȱ stärksten.ȱ Hierȱ bestehenȱ SteuerungsȬ möglichkeiten,ȱdieȱvonȱderȱProjektleitungȱundȱdenȱFührungskräftenȱ inȱ einemȱ Veränderungsprojektȱ aktivȱ eingesetztȱ werdenȱ können.ȱ Ausgehendȱ vonȱ diesenȱ Überlegungenȱ werdenȱ inȱ denȱ nächstenȱAbȬ schnittenȱ dieȱ Barrierenȱ gegenȱ Wandel,ȱ dieȱ Mitarbeiterbeteiligungȱ undȱ dieȱ Führungsfunktionȱ inȱ Reformprojektenȱ dargestellt.ȱ Imȱ letzȬ tenȱAbschnittȱdiesesȱKapitelsȱwerdenȱdieȱPhasenȱdesȱVeränderungsȬ projektsȱbetrachtet.ȱ 2.5.2.1

Barrieren gegen den organisatorischen Wandel

Befürworterȱ undȱBedenȬ kenträgerȱ

Beiȱ derȱ Einführungȱ vonȱ Publicȱ ManagementȬElementenȱ existierenȱ einerseitsȱ dieȱ euphorischenȱ Befürworter,ȱ andererseitsȱ dieȱ schwarzȱ malendenȱ Bedenkenträger.ȱ Dieȱ Befürworterȱ undȱ leiderȱ auchȱ vieleȱ ProjektleitungenȱunterliegenȱderȱgroßenȱGefahr,ȱdieȱUmsetzungsarȬ beitȱzuȱunterschätzen,ȱweilȱsieȱdasȱ„richtige“ȱKonzeptȱgefundenȱzuȱ habenȱ glauben.ȱ Beiȱ derȱ Umsetzungȱ zeigenȱ sichȱ jedochȱ meistȱ rechtȱ baldȱ dieȱ erstenȱ Widerständeȱ undȱ dieȱ beträchtlicheȱ Trägheitȱ derȱ staatlichenȱ Institutionen.ȱ Dieseȱ Hindernisseȱ oderȱ Barrierenȱ beiȱ derȱ Umsetzungȱ umfassenȱ einerseitsȱ konkreteȱ Widerstandsaktionen,ȱ danebenȱaberȱauchȱgenerelleȱHemmschwellenȱundȱallgemeineȱTrägȬ heit,ȱ welcheȱ dieȱ Nutzungȱ bestehenderȱ undȱ neuerȱ GestaltungsspielȬ räumeȱverhindernȱ(vgl.ȱKieser/Hegele/Klimmerȱ1998:ȱ120ȱff.).ȱȱ

Typischeȱȱ Anzeichenȱvonȱ Widerstandȱ

Dieȱ Barrieren,ȱ welcheȱ Widerstandȱ entstehenȱ lassen,ȱ zeigenȱ sichȱ oftȱ erstȱzumȱZeitpunkt,ȱinȱdemȱbereitsȱetwasȱnichtȱstimmt.ȱBisȱesȱjedochȱ soweitȱ kommt,ȱ sindȱ vorläufigȱ vieleȱ Begegnungen,ȱ Prozesseȱ undȱ Entscheidungenȱ abgelaufen,ȱ dieȱ zurȱ Entstehungȱ derȱ Barrierenȱ geȬ führtȱ haben.ȱ Dasȱ frühzeitigeȱ Erkennenȱ desȱ Widerstandesȱ resp.ȱAnȬ sätzeȱdavonȱgiltȱalsȱeineȱKernkompetenzȱinȱVeränderungsprozessen,ȱ umȱ Partizipationȱ umsetzenȱ undȱ Identifikationȱ mitȱ denȱ neuenȱ BeȬ dingungenȱ entstehenȱ lassenȱ zuȱ können.ȱ TypischeȱAnzeichenȱ dafür,ȱ dassȱ etwasȱ nichtȱ stimmtȱ sindȱ z.ȱ B.ȱ (vgl.ȱ Doppler/Lauterburgȱ 1994:ȱ 204ȱf.):ȱ

96ȱ

Management des Wandels

2.5

ȱ

„ ArbeitsȬ,ȱ EntscheidungsȬȱ undȱ Kommunikationsprozesseȱ laufenȱ nurȱnochȱzähflüssigȱab.ȱ„Esȱrolltȱnichtȱmehr“.ȱ

„ Nebensächlichkeitenȱ tretenȱ anȱ Sitzungenȱ inȱ denȱ Vordergrund,ȱ manȱkommtȱnichtȱzumȱZiel,ȱverliertȱsichȱinȱdenȱDetailsȱundȱAnȬ wesendeȱbeginnenȱunterȱUmständenȱzuȱ„blödeln“.ȱ

„ Peinlichkeitenȱ entstehen,ȱ betreteneȱ Gesichterȱ undȱ Ratlosigkeitȱ weisenȱ aufȱ fehlendesȱ Engagementȱ oderȱ mangelndeȱ Motivationȱ hin.ȱBisherȱguteȱMitarbeitendeȱhaltenȱsichȱauffallendȱzurück.ȱ

„ AufȱklareȱFragenȱwirdȱungenauȱgeantwortet,ȱevtl.ȱauchȱausgewiȬ chen.ȱ Dasȱ vordergründigȱ Plausibleȱ lässtȱ sichȱ beiȱ genaueremȱ Hinhörenȱnichtȱrichtigȱeinordnen.ȱ Imȱ Weiterenȱ könnenȱ hoheȱ Fluktuationsraten,ȱ Fehlzeiten,ȱ Intrigen,ȱ Mobbing,ȱ Gerüchtebildung,ȱ „bissige“ȱ interneȱ Nachrichtenȱ undȱȱ überschnelleȱKonflikteȱaufȱdenȱentstandenenȱWiderstandȱhindeuten.ȱ EsȱlassenȱsichȱfünfȱFormenȱvonȱDefizitenȱunterscheiden,ȱdieȱbeiȱdenȱ Reformbeteiligtenȱ Widerstandȱ aufkommenȱ lassen:ȱ WissensȬ,ȱ FähigȬ keitsȬ,ȱ WillensȬ,ȱ NormȬȱ sowieȱ Systembarrierenȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 12,ȱ Reißȱ 1997a:ȱ 17ȱ ff.ȱ undȱ Rosenstielȱ 1997:ȱ 201ȱ ff.).ȱ Dieȱ erstenȱ dreiȱ könnenȱ innerhalbȱ desȱ IOPȬFührungskonzeptesȱ denȱ personellenȱ BedinȬ gungsgrößenȱ zugeordnetȱ werden,ȱ dieȱ Systembarrierenȱ denȱ instituȬ tionellenȱ Bedingungskategorienȱ undȱ dieȱ Normbarrierenȱ weisenȱ sowohlȱ Aspekteȱ derȱ personellenȱ alsȱ auchȱ institutionellenȱ BedinȬ gungsgrößenȱ auf.ȱ Beiȱ allenȱ fünfȱ Formenȱ desȱ Widerstandesȱ mussȱ unterschiedenȱ werden,ȱ obȱ derenȱ Ursachenȱ systemȬȱ oderȱ personenȬ bedingtȱsind.ȱWiderstandȱalsȱpersonenbedingteȱBeharrungstendenzȱ entstehtȱ durchȱ fehlendeȱ Veränderungsbereitschaftȱ oderȱ Ȭfähigkeitȱ imȱGegensatzȱzurȱsystembedingtenȱTrägheit,ȱwelcheȱdieȱFolgeȱmanȬ gelnderȱstrategischerȱNeuausrichtung,ȱeinerȱunzureichendenȱMachtȬ basisȱoderȱungeschriebenerȱGesetzeȱderȱOrganisationȱdarstelltȱ(vgl.ȱ Kieser/Hegele/Klimmerȱ1998:ȱ123ȱff.).ȱ

FünfȱArtenȱvonȱ Widerstandȱ

97ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ

Abbildungȱ12ȱ

ArtenȱdesȱWiderstandsȱgegenȱWandelȱ

Wissensbarrieren Informationsdefizite v Unkenntnis

Systembarrieren Ressourcendefizite v Trägheit

Widerstand gegen Wandel Fähigkeitsbarrieren Qualifikationsdefizite v Schlechterfüllung

Normbarrieren Entfaltungsdefizite v Anpassung

Willensbarrieren Motivationsdefizite v Weigerung

ȱ

„ Wissensbarrierenȱ kennzeichnenȱ dasȱ „NichtȬKennen“ȱ vonȱ InforȬ mationen,ȱ Abläufen,ȱ Personenȱ usw.ȱ inȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ ArbeitȱoderȱspeziellȱmitȱdemȱVeränderungsvorhaben.ȱȱ

„ Fähigkeitsbarrierenȱ kennzeichnenȱ dasȱ „NichtȬKönnen“.ȱ FähigȬ keitenȱ undȱ Fertigkeitenȱ fehlen,ȱ umȱ denȱ Wandelȱ gestaltenȱ oderȱ zumindestȱdenȱSchrittȱderȱVeränderungȱmitgehenȱzuȱkönnen.ȱImȱ Rahmenȱ derȱ täglichenȱArbeitȱ entstehenȱ dieseȱ Defiziteȱ aufgrundȱ mangelnderȱQualifikation.ȱBeiȱReformprozessenȱmüssenȱdeshalbȱ betroffeneȱ Mitarbeiterȱ fürȱ ihreȱ neuenȱ Aufgabenȱ gezieltȱ entwiȬ ckeltȱwerden.ȱȱ Wissenȱ undȱ Könnenȱ alleineȱ genügenȱ nochȱ nicht,ȱ umȱ mitȱ WandȬ lungsprozessenȱ erfolgreichȱ Schrittȱ haltenȱ zuȱ können,ȱ wennȱ dasȱ inȬ dividuelleȱWollenȱeinerȱPersonȱfehlt.ȱImmerȱwiederȱzeigtȱsich,ȱdassȱ Personenȱ nichtȱ ihremȱ Wissenȱ undȱ Könnenȱ entsprechendȱ handelnȱ (vgl.ȱRosenstielȱ1997:ȱ201).ȱ

98ȱ

Management des Wandels ȱ

„

Willensbarrierenȱkennzeichnenȱdasȱ„NichtȬWollen“:ȱObȱjemandȱ einȱspezifischesȱVerhaltenȱanȱdenȱTagȱlegt,ȱhängtȱstarkȱvonȱseiȬ nerȱ Motivationȱ undȱ denȱ mitȱ demȱ Verhaltenȱ verbundenenȱ ZieȬ lenȱab.ȱ Imȱ Rahmenȱ vonȱ Veränderungsprozessenȱkannȱ dieȱ VerȬ haltensȬȱundȱEinstellungsmodifikationȱdurchȱVeränderungȱderȱ WertorientierungȱoderȱgeeigneteȱAnreizeȱerreichtȱwerden.ȱ

„

Normbarrierenȱ kennzeichnenȱ dasȱ „NichtȬDürfen“:ȱ Innerhalbȱ jederȱ Organisationȱ gibtȱ esȱ bestimmteȱ Selbstverständlichkeitenȱ undȱ kulturelleȱ Ausprägungen,ȱ dieȱ dasȱ Tunȱ oderȱ Lassenȱ derȱ Mitarbeitendenȱ leiten.ȱ Inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ sindȱ NorȬ menȱundȱRegelungenȱbesondersȱstarkȱausgeprägt.ȱOftȱwirdȱdaȬ durchȱ dasȱ Potenzialȱ derȱ Mitarbeitendenȱ nichtȱ ausgeschöpftȱ (Entfaltungsdefizite).ȱ Normenȱ werdenȱ imȱ Besonderenȱ durchȱ glaubwürdigeȱ Führungspersonenȱ gesetztȱ undȱ gefestigt.ȱ Eineȱ Veränderungȱ erfordertȱ diesbezüglichȱ eineȱ Neuorientierungȱ imȱ Führungsverständnis.ȱ

„

Systembarrierenȱ kennzeichnenȱ Ressourcendefiziteȱ undȱ existieȬ renȱdann,ȱwennȱderȱEinzelneȱoderȱauchȱeineȱGruppeȱaufgrundȱ fehlenderȱ Ressourcenȱ wieȱ Geld,ȱ Räumeȱ oderȱ zurȱ Verfügungȱ stehendeȱ Zeitȱ dieȱ Projektzieleȱ nichtȱ verfolgenȱ undȱ erreichenȱ kann.ȱ Dieseȱ situativenȱ Umständeȱ sindȱ beiȱ Reformprozessenȱ vonȱ besondererȱ Wichtigkeit,ȱ dennȱ dieȱ zusätzlichȱ notwendigeȱ Motivationȱ undȱ derȱ überdurchschnittlicheȱArbeitseinsatzȱkannȱ durchȱ ungünstigeȱ Ressourcenausstattungȱ schnellȱ verlorenȱ geȬ hen,ȱsoȱdassȱdieȱTrägheitȱobsiegt.ȱ

2.5

Dieseȱ fünfȱ Barrierenȱ sindȱ nichtȱ voneinanderȱ unabhängig,ȱ sondernȱ beeinflussenȱundȱverstärkenȱsichȱgegenseitig.ȱȱ InsgesamtȱistȱesȱdieȱAufgabeȱdesȱManagementsȱdesȱWandels,ȱ einȱ Reformprogrammȱ soȱ einzuführen,ȱ dassȱ dieȱ Betroffenenȱ zielgruppengerechtȱinformiertȱundȱfürȱdieȱNeuerungenȱqualiȬ fiziertȱ sind,ȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ sichȱ mitȱ denȱ Reformzielenȱȱ identifizierenȱ könnenȱ undȱ dieseȱ vonȱ einemȱ reformunterstütȬ zendenȱKlimaȱundȱdafürȱbereitgestelltenȱRessourcenȱgetragenȱ werden.ȱ ȱ 2.5.2.2

Mitarbeiterpartizipation bei Wandlungsprozessen

Grundsätzlichȱ scheintȱ sichȱ inȱ Wissenschaftȱ undȱ Praxisȱ –ȱ spätestensȱ bezüglichȱderȱUmsetzungsphaseȱ–ȱdieȱAnsichtȱdurchzusetzen,ȱdassȱ derȱEinbezugȱderȱMitarbeitendenȱnotwendigȱistȱundȱReformprojekteȱ

99ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ sichȱnurȱmitȱderȱUnterstützungȱderȱBetroffenenȱnachhaltigȱrealisieȬ renȱ lassenȱ (vgl.ȱ Rosenstiel/Comelliȱ 2003:ȱ 134ȱ ff.;ȱ Picot/FreudenȬ berg/Gassnerȱ 1999:ȱ 46ȱ undȱ Kieser/Hegele/Klimmerȱ 1998:ȱ 218ȱ f.).ȱ Umstrittenerȱ istȱ dieȱ Frage,ȱ inȱ welchemȱ Ausmaßȱ Mitarbeitendeȱ amȱ Veränderungsprozessȱpartizipierenȱsollen.ȱ

Ausmaßȱanȱ Partizipationȱ

Dasȱ Ausmaßȱ derȱ Beteiligungȱ sollȱ imȱ Folgendenȱ anhandȱ vonȱ sechsȱ Kriterienȱbestimmtȱwerden,ȱdieȱjeȱnachȱihrerȱAusprägungȱdieȱWahlȱ derȱ Veränderungsstrategieȱ undȱ dadurchȱ desȱ Partizipationsgradsȱ bestimmenȱ helfenȱ (vgl.ȱ Hoy/Miskelȱ 2001:ȱ 340ȱ ff.ȱ undȱ Kieser/HegeȬ le/Klimmerȱ 1998:ȱ 221ȱ ff.).ȱ Zurȱ Bestimmungȱ desȱ Partizipationsgradsȱ eignetȱsichȱdasȱeingangsȱerwähnteȱKontinuumȱzwischenȱradikalemȱ undȱevolutionäremȱWandel.ȱFolgendeȱsechsȱKriterienȱsindȱzurȱBeurȬ teilungȱdesȱPartizipationsgradsȱwichtig:ȱ

„ RelevanzȱfürȱdieȱBetroffenenȱ NichtȱjederȱEntscheidȱundȱnichtȱjedeȱMaßnahmeȱinnerhalbȱeinesȱ VeränderungsprojektsȱistȱvonȱzentralerȱBedeutungȱfürȱdieȱBetrofȬ fenen.ȱ Esȱ giltȱ zuȱ bestimmen,ȱ obȱ dieȱ angestrebteȱ Problemlösungȱ relevanteȱAuswirkungenȱaufȱdieȱbetroffenenȱMitarbeitergruppenȱ hatȱoderȱnicht.ȱ

„ KompetenzȱderȱBetroffenenȱ Nurȱ wennȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ dieȱ erforderlichenȱ Fähigkeitenȱ undȱ Kenntnisseȱ zurȱ Mitarbeitȱ beimȱ Veränderungsvorhabenȱ mitȬ bringen,ȱlohntȱsichȱausȱderȱPerspektiveȱvonȱEffektivitätȱundȱEffiȬ zienzȱeineȱdirekteȱBeteiligung.ȱ

„ EignungȱderȱPersonȱoderȱGruppeȱ Personenȱ undȱ Gruppen,ȱ dieȱ aufgrundȱ fehlenderȱ KonsensfähigȬ keit,ȱ wenigȱ Konsenswillenȱ oderȱ einerȱ starkenȱ innerenȱ GeschlosȬ senheitȱ dieȱ Zusammenarbeitȱ mitȱ anderenȱ eherȱ erschweren,ȱ eigȬ nenȱsichȱwenigerȱfürȱeineȱPartizipation.ȱ

„ EignungȱderȱArbeitȱ Dieȱ Formȱ derȱ Arbeitȱ kannȱ dieȱ Partizipationȱ fördernȱ oderȱ hinȬ dern.ȱDieȱkonzeptionelleȱAusarbeitungȱeinerȱThematikȱwirdȱvonȱ einerȱPersonȱoftȱeffektiverȱdurchgeführt.ȱDasȱGegenteilȱgiltȱmeistȱ fürȱAktivitätenȱzurȱIdeengenerierungȱoderȱÜberprüfungȱvonȱErȬ gebnissen.ȱ

„ ProjektȬȱundȱOrganisationszieleȱ EnthältȱeinȱVeränderungsprojektȱinhaltlicheȱZieleȱi.ȱS.ȱvonȱmehrȱ Delegationȱ undȱ Dezentralisation,ȱ abteilungsübergreifenderȱ ProȬ zessoptimierungȱ usw.,ȱ dannȱ lässtȱ sichȱ dieserȱ Wandelȱ ohneȱ MitȬ einbezugȱ derȱ Betroffenenȱ nichtȱ glaubwürdigȱ realisieren.ȱ Istȱ dieȱ Veränderungsmaßnahmeȱ sehrȱ schnellȱ durchzuführen,ȱ istȱ derȱ

100ȱ

Management des Wandels

2.5

ȱ Einbezugȱ einerȱ breiterenȱ Gruppeȱ jedochȱ hinderlichȱ fürȱ dieȱ ZielȬ erreichung.ȱ

„ AnsichtenȱüberȱdieȱPartizipationȱ DieȱherrschendeȱAnsicht,ȱobȱGruppenarbeitȱundȱandereȱFormenȱ derȱBeteiligungȱeineȱeffizienteȱZielerreichungȱermöglichen,ȱwirktȱ sichȱoftȱstärkerȱaufȱdenȱProblemlösungsprozessȱausȱalsȱdasȱAusȬ maßȱderȱPartizipation.ȱ

Abbildungȱ13ȱ

AkzeptanzȬSensibilitätsȬRasterȱzurȱFestlegungȱdesȱPartizipationsgradsȱ Zone der Akzeptanz

Zone der Sensibilität

Grauzone

Relevanz

Nein

Nein

Ja

Ja

Kompetenz

Nein

Ja

Nein

Ja

Radikaler, zentralistischer Wandel Evolutionärer, demokratischer Wandel Eignung Person/Gruppe

Nein

Nein

Ja

Ja

Eignung Arbeit

Nein

Ja

Nein

Ja

Radikaler, zentralistischer Wandel Evolutionärer, demokratischer Wandel Projektziele

Nein

Ansicht über Partizipation Nein

Nein

Ja

Ja

Ja

Nein

Ja

Radikaler, zentralistischer Wandel Evolutionärer, demokratischer Wandel

ȱ

Abbildungȱ 13ȱ stelltȱ einȱ Entscheidungsrasterȱ zurȱ Festlegungȱ desȱ Partizipationsgradsȱ dar.ȱ Dieȱ einzelnenȱ Kriterienȱ wurdenȱ dafürȱ inȱ Paareȱ gebündeltȱ undȱ dasȱ ersteȱ Kriteriumȱ jeweilsȱ gegenüberȱ demȱ zweitenȱ priorisiert.ȱ Dieȱ Bündelungȱ undȱ Priorisierungȱ derȱ Kriterienȱ kannȱjeȱnachȱInstitutionȱundȱVeränderungsprojektȱverschiedenȱsein.ȱ Wenigerȱ Partizipationsbedarfȱ findetȱ sichȱ inȱ derȱ Zoneȱ derȱ „AkzepȬ tanz“ȱ (Hinnehmenȱ derȱ Nichtbeteiligung),ȱ wonachȱ Entscheidungenȱ undȱ Maßnahmenȱ stärkerȱ zentralistischȱ gefälltȱ resp.ȱ durchgeführtȱ werden.ȱ Aberȱ auchȱ inȱ dieserȱ Phaseȱ giltȱ esȱ mitȱ kritischerȱ Distanzȱ darüberȱ nachzudenken,ȱ inwiefernȱ eineȱ zentraleȱ EntscheidungsfinȬ

Festlegungȱdesȱ PartizipationsȬ gradsȱ

101ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ dungȱ wirklichȱ hingenommenȱ wirdȱ undȱ sichȱ dieȱ Betroffenenȱ nichtȱ vollständigȱübergangenȱfühlenȱ–ȱganzȱnachȱdemȱGrundsatz:ȱ MenschenȱsindȱnichtȱgrundsätzlichȱgegenȱVeränderungen.ȱSieȱ sindȱaberȱdagegen,ȱverändertȱzuȱwerden,ȱalsoȱlediglichȱObjekȬ teȱderȱVeränderungȱzuȱsein.ȱ ȱ Beiȱ hohemȱ Partizipationsbedarfȱ bewegtȱ sichȱ dasȱ VeränderungsproȬ jektȱinȱderȱZoneȱderȱ„Sensibilität“ȱ(BefindlichkeitȱzurȱPartizipation),ȱ inȱ derȱ vermehrtȱ demokratischeȱ Entscheidungsverfahrenȱ notwendigȱ sind.ȱ

„TopȬdown“ȱ oderȱȱ ȱ„BottomȬup“ȱ

DamitȱistȱaberȱdieȱFrage,ȱobȱeinȱVeränderungsvorhabenȱ„TopȬdown“ȱ oderȱ „BottomȬup“ȱ eingeführtȱ werdenȱ soll,ȱ nochȱ nichtȱ abschließendȱ beantwortet.ȱ Dennȱ geradeȱ inȱ Großorganisationenȱ lässtȱ sichȱ seltenȱ einȱBottomȬupȬVerfahrenȱwählenȱbeiȱgleichzeitigemȱAnspruch,ȱeineȱ einheitlicheȱGesamtlösungȱzuȱerreichen.ȱEchteȱBottomȬupȬVerfahrenȱ bringenȱ immerȱ unterschiedlicheȱ undȱ situationsangepassteȱ TeillöȬ sungenȱ hervor.ȱ Insofernȱ istȱ dieȱ Entscheidungȱ überȱ BottomȬupȱ oderȱ TopȬdownȱ stärkerȱ vonȱ derȱ Handhabbarkeitȱ derȱ Partizipationȱ alsȱ vomȱ wünschenswertenȱ Partizipationsgradȱ alleineȱ abhängig.ȱ Dieȱ Strukturierungȱ vonȱ Reorganisationsprozessenȱ i.ȱ S.ȱ zentralȱ vorgegeȬ benerȱ Grobstrukturenȱundȱ Oberzieleȱ mitȱ eigenständigȱ auszufüllenȬ denȱ Gestaltungsspielräumenȱ fürȱ dieȱ Betroffenenȱ bietetȱ hierȱ einenȱ Mittelwegȱanȱ(vgl.ȱPicot/Dietl/Franckȱ2005:ȱ398ȱff.).ȱDieȱorganisatoriȬ schenȱ Gestaltungsmöglichkeitenȱ (vgl.ȱ Systembarrieren)ȱ engenȱ dieȱ AuswahlȱderȱgeeignetenȱVeränderungsstrategieȱimȱpraktischenȱFallȱ jedochȱeinȱ(vgl.ȱKieser/Hegele/Klimmerȱ1998:ȱ229ȱf.).ȱȱ

Widerstandȱ gegenȱradikaleȱȱ Reformenȱ

AufgrundȱderȱstarkenȱRegelungsorientierungȱundȱdesȱDemokratieȬ prinzipsȱ werdenȱ radikalereȱ undȱ schnellereȱ Reorganisationsformenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ oftȱ generellȱ verunmöglicht,ȱ obwohlȱ sieȱ aufȬ grundȱ obenȱ erwähnterȱ Kriterienȱ inȱ verschiedenenȱ Situationenȱ dieȱ Zielerreichungȱ fördernȱ würden.ȱ Inȱ derȱ japanischenȱ Industrie,ȱ woȱ Reorganisationsprozesseȱ nichtȱ demokratischȱ eingeführtȱ werden,ȱ leistenȱdieȱMitarbeitendenȱvergleichsweiseȱwenigȱWiderstandȱgegenȱ Wandel.ȱ Diesȱ rührtȱ daher,ȱ dassȱ dieȱ traditionelleȱ LebenszeitbeschäfȬ tigung,ȱJobȱRotation,ȱstarkeȱPartizipationȱimȱRahmenȱvonȱQualitätsȬ zirkelnȱundȱfesteȱEntlohnungsstrukturenȱnachȱdemȱSenioritätsprinȬ zipȱ dieȱ Angstȱ vorȱ Arbeitsplatzverlust,ȱ vorȱ Fremdbestimmungȱ undȱ weiterenȱ Risikenȱ aufgrundȱ vonȱ Reformenȱ abschwächenȱ (vgl.ȱ PiȬ cot/Dietl/Franckȱ2005:ȱ400ȱf.).ȱBeiȱderȱÜbertragungȱdieserȱErkenntnisȱ aufȱdenȱöffentlichenȱSektorȱundȱdieȱähnlicheȱVerwaltungsmentalitätȱ inȱ Europaȱ wirdȱ verständlich,ȱ weshalbȱ sichȱ gegenȱ radikalereȱ ReforȬ menȱ rechtȱ starkerȱ Widerstandȱ erhebt.ȱ Einerseitsȱ istȱ derȱ PartizipatiȬ

102ȱ

Management des Wandels

2.5

ȱ onsȬȱ undȱ Teamgedankeȱ inȱ denȱ staatlichenȱ Institutionenȱ nichtȱ weitȱ verbreitet,ȱ wodurchȱ hierarchischeȱ Strukturenȱ dieȱ ReorganisationsȬ landschaftȱ prägen.ȱAndererseitsȱ drohenȱ durchȱ dieȱ aktuellenȱ ReforȬ menȱ Sicherheitenȱ undȱ Vorteileȱ derȱ Staatsangestelltenȱ verlorenȱ zuȱ gehen.ȱ Echteȱ Partizipationȱ wirdȱ erstȱ möglich,ȱ wennȱ dieȱ VerwalȬ tungskulturȱ Eigeninitiativeȱ undȱ situativȱ unterschiedlicheȱ TeillösunȬ genȱhonoriert.ȱ Darausȱ ergebenȱ sichȱ folgendeȱ Hinweiseȱ fürȱ dieȱ Ausgestaltungȱ desȱ PartizipationsgradsȱimȱöffentlichenȱSektor:ȱ

„ Dieȱ Kriterienȱ zurȱ Begründungȱ desȱ Partizipationsgradsȱ müssenȱ

Ausgestaltungȱ desȱPartizipaȬ tionsgradsȱ

imȱ Rahmenȱ desȱ AkzeptanzȬSensibilitätsȬRastersȱ vonȱ jederȱ InstiȬ tutionȱeigenständigȱundȱsituativȱgewichtetȱwerden.ȱ

„ Partizipativesȱ BottomȬupȱ Vorgehenȱ bedarfȱ derȱ Möglichkeitȱ unȬ terschiedlicherȱ Teillösungen,ȱ welcheȱ allenfallsȱ späterȱ zuȱ einerȱ Gesamtlösungȱoptimiertȱwerdenȱkönnen.ȱ

„ Radikaleȱ Reformmaßnahmenȱ erzeugenȱ beiȱ derȱ gegenwärtigenȱ VerwaltungskulturȱstarkenȱWiderstand.ȱ

„ StrukturierteȱReorganisationsprozesseȱ bietenȱ erforderlicheȱ PartiȬ zipationsmöglichkeitenȱmitȱeinerȱzentralenȱSteuerung.ȱ

2.5.3

Führungs- und Promotorenfunktionen im Wandel

Dieȱ Verantwortlichenȱ vonȱ Wandlungsprozessenȱ habenȱ nebenȱ derȱ Festlegungȱ derȱ Projektzieleȱ dieȱ zentraleȱ Aufgabe,ȱ existierendeȱ WiȬ derständeȱ undȱ Hindernisseȱ zuȱ verringernȱ undȱdieȱdenȱ WandelȱunȬ terstützendenȱ Kräfteȱ bestmöglichȱ zuȱ fördern.ȱ Kurtȱ Lewinȱ verdeutȬ lichteȱdiesesȱWechselspielȱvonȱtreibendenȱundȱhemmendenȱKräftenȱ beiȱ Veränderungsprozessenȱ inȱ derȱ KraftfeldȬAnalyseȱ (vgl.ȱ Lewinȱ 1963:ȱ223ȱff.).ȱWirdȱdieserȱgenerelleȱDenkansatzȱaufȱdasȱPublicȱMaȬ nagementȱübertragen,ȱsoȱistȱdieȱfolgendeȱAbbildungȱ14ȱeineȱOrienȬ tierungshilfeȱ(vgl.ȱDubsȱ1994:ȱ277).ȱ

KraftfeldȬ Analyseȱ

103ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ

Abbildungȱ14ȱ

DieȱPromotorenrollenȱimȱWandlungsprozessȱ Stabilität

Wandlungsprozess

Stabilität hemmende Kräfte

hemmende Kräfte

Staatliche Institution im Gleichgewicht

hemmende Kräfte ution Instit ht e h tlic wic Staa leichge im G

Staatliche Institution im Gleichgewicht

treibende Kräfte Fach- und Prozesspromotor treibende Kräfte

Machtpromotor treibende Kräfte

StärkungȱtreiȬ benderȱKräfteȱ

Durchȱ dasȱ Managementȱ desȱ Wandelsȱ mussȱ imȱ VeränderungsproȬ zessȱeineȱGleichgewichtsverschiebungȱvonȱdenȱhemmendenȱzuȱdenȱ treibendenȱ Kräftenȱ bewirktȱ werden,ȱ ansonstenȱ findetȱ kaumȱ einȱ Wandlungsprozessȱ statt.ȱ Dieseȱ Gleichgewichtsverschiebungȱ (VerlaȬ gerungȱzuȱdenȱtreibendenȱKräften)ȱkannȱausȱderȱFührungsperspekȬ tiveȱdurchȱdieȱgezielteȱAusübungȱvonȱPromotorenfunktionenȱüberȬ nommenȱ werdenȱ (vgl.ȱ Witteȱ 1973:ȱ 14ȱ ff.;ȱ Hauschildt/Chakrabartiȱ 1988:ȱ38ȱff.ȱundȱHauschildt/Gemündenȱ1999).ȱ 2.5.3.1

WandlungsȬ prozessȱ legitimierenȱ

104ȱ

ȱ

Macht- bzw. Legitimationspromotor

Derȱ Machtpromotorȱ (Businessȱ Reengineeringȱ =ȱ Leader,ȱ OrganisatiȬ onsentwicklungȱ =ȱ Changeȱ Catalyst)ȱ istȱ aufgrundȱ seinesȱ hohenȱ hieȬ rarchischenȱ Rangesȱ inȱ derȱ Lage,ȱ denȱ Wandlungsprozessȱ zuȱ legitiȬ mieren,ȱ dieȱ notwendigenȱ Ressourcenȱ bereitzustellenȱ undȱ SystemȬ barrierenȱ (z.ȱ B.ȱ aufgrundȱ gegebenerȱ Kompetenzverteilungenȱ undȱ Hierarchien)ȱ zuȱ überwinden.ȱ Imȱ radikalenȱ Wandelȱ nimmtȱ dieȱ VerȬ waltungsführungȱ dieȱ Funktionȱ desȱ mächtigenȱ Initiatorsȱ derȱ VeränȬ derungȱ wahrȱ (SpitzeȬabwärtsȬStrategie).ȱ Beiȱ Reformenȱ i.ȱ S.ȱ derȱ OrȬ ganisationsentwicklungȱ kannȱ derȱ „Changeȱ Catalyst“ȱ denȱ WandȬ lungsprozessȱ sowohlȱ beschleunigenȱ alsȱ auchȱ verlangsamen.ȱ Aberȱ auchȱ hierȱ istȱ derȱ Machtpromotorȱ sinnvollerweiseȱ hochȱ inȱ derȱ HieȬ rarchieȱangesiedelt.ȱGeradeȱzuȱBeginnȱeinesȱVeränderungsprozessesȱ istȱ dieȱ Unterstützungsleistungȱ durchȱ denȱ Machtpromotorȱ vonȱ beȬ

Management des Wandels

2.5

ȱ sondererȱ Bedeutung,ȱ umȱ denȱ ProzessȬȱ undȱ Fachpromotorenȱ genüȬ gendȱHandlungsspielraumȱundȱAkzeptanzȱzuȱverschaffen.ȱDieȱRolleȱ desȱMachtpromotorsȱwirdȱimȱöffentlichenȱSektorȱaufgrundȱdesȱDeȬ mokratieprinzipsȱ undȱ zuȱ einemȱ großenȱ Teilȱ auchȱ wegenȱ fehlenderȱ Innovationsfreudeȱnichtȱimmerȱgenügendȱintensivȱwahrgenommen.ȱ Umȱ negativeȱ Assoziationenȱ zuȱ vermeiden,ȱ eignetȱ sichȱ fürȱ denȱ öfȬ fentlichenȱ Sektorȱ alternativȱ dieȱ Bezeichnungȱ „LegitimationspromoȬ tor“,ȱ daȱ dieserȱ Terminusȱ aufȱ dieȱ zeitlichȱ befristete,ȱ vomȱ Souveränȱ legitimierteȱMachtȱmitȱRechtfertigungspflichtȱanspielt.ȱ 2.5.3.2

Prozesspromotor

Dieȱ Funktionȱ desȱ Prozesspromotorsȱ (BRȱ =ȱ Processȱ Owner,ȱ OEȱ =ȱ Changeȱ Agent)ȱ erweistȱ sichȱ alsȱ anspruchsvoll.ȱ Seineȱ Aufgabenȱ beȬ stehenȱ bspw.ȱ darin,ȱ dieȱ Projektgruppeȱ zusammenzuführen,ȱ büroȬ kratischeȱ Eingriffeȱ abzuwendenȱ sowieȱ dieȱ amȱ Wandlungsprozessȱ direktȱBeteiligtenȱzuȱinspirierenȱundȱmotivieren.ȱDerȱProzesspromoȬ torȱnimmtȱdieȱzentraleȱKoordinationsȬȱundȱKommunikationsfunktiȬ onȱ imȱ Veränderungsprozessȱ wahr.ȱ Dazuȱ gehörenȱ dieȱ laufendeȱ InȬ formationȱ überȱ denȱ Standȱ derȱ Veränderungȱ sowieȱ dieȱ EntgegenȬ nahmeȱundȱVerarbeitungȱvonȱVerbesserungsvorschlägenȱundȱKritik.ȱ ChangeȱAgentsȱimȱOEȬSinneȱsollenȱüberȱhoheȱsozialeȱKompetenzenȱ undȱ entsprechendeȱ Technikenȱ verfügen.ȱ Derȱ „Processȱ Owner“ȱ imȱ BRȱistȱletztlichȱeherȱBetreuerȱeinesȱbestimmtenȱProzessesȱ(„ProzessȬ verantwortlicher“)ȱ alsȱ einȱ Beraterȱ desȱ Wandlungsprozesses.ȱ IdealȬ erweiseȱ fördertȱ erȱ auchȱ schonȱ denȱ Umwandlungsprozessȱ aufȱ dieȱ neueȱprozessorientierteȱOrganisationȱhin.ȱ 2.5.3.3

Koordinationȱ undȱKommuȬ nikationȱ

Fachpromotor

Schließlichȱ bedarfȱ jedesȱ Managementȱ desȱ Wandelsȱ derȱ Rolleȱ vonȱ Fachpromotorenȱ (BRȱ =ȱ Reengineeringȱ Czar,ȱ OEȱ =ȱ ChangeȱAgentȱ inȱ engerȱ Verbindungȱ mitȱ demȱ Clientȱ Systemȱ (Betroffenen)).ȱ Dieseȱ haȬ benȱ dasȱ fachlicheȱ Instrumentariumȱ fürȱ Veränderungenȱ zurȱ VerfüȬ gungȱzuȱstellen.ȱDazuȱkönnenȱdieȱBeherrschungȱvonȱVeränderungsȬ technikenȱ (Prozessanalyse,ȱ Kreativitätstechniken,ȱ gruppendynamiȬ scheȱÜbungenȱusw.)ȱundȱkonkretesȱFachwissenȱzurȱProblemlösungȱ gehören.ȱ Imȱ evolutionärenȱ Wandelȱ wirdȱ Fachwissenȱ nichtȱ vomȱ Fachpromotorȱmonopolisiert,ȱsondernȱbewusstȱausȱdemȱ„ClientȱSysȬ tem“,ȱ denȱ Mitgliedernȱ desȱ zuȱ wandelndenȱ Systems,ȱ aktiviert.ȱ Derȱ „changeȱAgent“ȱ(Veränderungshelfer)ȱleistetȱHilfeȱzuȱSelbsthilfe.ȱInȱ ReengineeringȬProjektenȱ nimmtȱ dieȱ Bereitstellungȱ derȱ neuenȱ InforȬ mationsȬȱundȱKommunikationstechnologieȱeinenȱwichtigenȱPlatzȱimȱ

ȱInstrumentariȬ umȱzurȱVerfüȬ gungȱstellenȱ

105ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ Aufgabenspektrumȱ desȱ Fachpromotorsȱ ein.ȱ Dieȱ vonȱ denȱ Autorenȱ Hammerȱ undȱ Champyȱ verwendeteȱ Bezeichnungȱ „Reengineeringȱ Czar“ȱistȱinsofernȱirreführend,ȱalsȱhierȱnichtȱeinȱdespotischerȱHerrȬ scher,ȱ sondernȱ einȱ meisterhafterȱ „Beherrscher“ȱ derȱ Methodenȱ undȱ Technikenȱgemeintȱist.ȱ 2.5.3.4

Promotorenȱalsȱ abgestimmtesȱ Gespannȱ

Zusammenwirken der Promotoren

DieȱPromotorenȱderȱverschiedenenȱArtenȱsolltenȱimȱWandlungsproȬ zessȱ wirkungsvollȱ kooperieren,ȱ undȱ zwarȱ gleichsamȱ wieȱ einȱ gutȱ abgestimmtesȱ Gespann.ȱ Promotorenȱ sindȱ häufigȱ nichtȱ aufȱ DienstȬ wegenȱ inȱ derȱ nützlichenȱ Konstellationȱ hintereinanderȱ angeordnetȱ undȱkönnenȱauchȱhierarchischȱweitȱvoneinanderȱentferntȱsein,ȱbspw.ȱ unterschiedlichenȱ Abteilungen,ȱ Ressorts,ȱ Ministerienȱ usw.ȱ angehöȬ ren.ȱDeshalbȱmussȱeinerseitsȱFreiraumȱbleiben,ȱdamitȱsichȱPromotoȬ renȱinȱzugkräftigenȱGespannenȱzusammenfindenȱkönnen.ȱAndererȬ seitsȱbedarfȱesȱeinesȱbewusstenȱGestaltungsaktes,ȱumȱdieȱPromotoȬ renrollenȱ zuȱ definieren,ȱ dieȱ entsprechendenȱ Rollenträgerȱ auszuȬ wählenȱ undȱ dasȱ Zusammenwirkenȱ dieserȱ Kernpersonenȱ imȱ WandȬ lungsprozessȱ zuȱ fördernȱ (z.ȱ B.ȱ inȱ Projektgruppenȱ undȱ LenkungsȬ ausschüssen).ȱȱ Letztlichȱ kommtȱ esȱ daraufȱ an,ȱ dassȱ derȱ Veränderungsprozessȱ vonȱderȱHierarchiespitzeȱkraftvollȱgetragen,ȱvonȱsozialkompeȬ tentenȱProzessverantwortlichenȱfortlaufendȱgefördertȱundȱvonȱ versiertenȱExpertenȱfachlichȱbestmöglichȱbetreutȱwird.ȱ ȱ EinȱBlickȱinȱdieȱOrganisationspraxisȱschweizerischerȱUnternehmunȬ genȱ undȱ Verwaltungenȱ (vgl.ȱ Thom/Ritzȱ 2000:ȱ 20ȱ ff.ȱ undȱ Cantin/ȱ Thomȱ 1996:ȱ 121ȱ ff.)ȱ zeigt,ȱ dassȱ dieȱ Rollenȱ desȱ ProzessȬȱ undȱ FachȬ promotorsȱ einzelnȱ oderȱ kombiniertȱ häufigȱ eingenommenȱ werden.ȱ Weitȱ zurückhaltenderȱ warenȱ dieȱ befragtenȱ Personenȱ damit,ȱ sichȱ selbstȱ dieȱAttributeȱ einesȱ Machtpromotorsȱ zuzuordnen.ȱ Dieȱ PraktiȬ kerȱ warenȱsichȱ allerdingsȱ ȱderȱ Notwendigkeitȱ derȱ Machtdimensionȱ imȱȱProzessȱderȱorganisatorischenȱ(UmȬ)Gestaltungȱstärkerȱbewusstȱ alsȱ dieȱ ebenfallsȱ befragtenȱ Universitätsprofessorenȱ fürȱ dasȱ Fachȱ „Organisation/Führung“.ȱDieseȱhobenȱbeimȱzukünftigenȱRollenverȬ ständnisȱ vonȱ Organisierendenȱ dieȱ tendenziellȱ „weicheren“ȱ Rollenȱ wieȱChangeȱAgent,ȱinternerȱBerater,ȱIntegratorȱundȱModeratorȱherȬ vor.ȱ Geradezuȱ wieȱ eineȱ Passageȱ ausȱ demȱ Handbuchȱ derȱ „RealpoliȬ tik“ȱ töntȱ esȱ daher,ȱ wennȱ dieȱ ReengineeringȬAutorenȱ Hammerȱ undȱ Champyȱ dieȱ Figurȱ desȱ „Leaders“,ȱ alsoȱ Machtpromotors,ȱ beschreiȬ ben.ȱ Erȱ sollȱ dieȱ Befähigungȱ zuȱ mitreißendenȱ Redenȱ haben,ȱ überȱ

106ȱ

Management des Wandels

2.5

ȱ Sanktionsmachtȱverfügenȱ(LobȱundȱTadelȱvirtuosȱeinsetzen)ȱundȱimȱ Grenzfallȱ Widerstandȱ brechen,ȱ wieȱ ausȱ folgendemȱ Zitatȱ zumȱ RolȬ lenverständnisȱherausgelesenȱwerdenȱdarf:ȱ„Wennȱsichȱeuchȱjemandȱ inȱdenȱWegȱstellt,ȱlasstȱmichȱwissen,ȱwerȱesȱist,ȱdamitȱichȱmichȱseinerȱ annehmenȱkann.“ȱ(Hammer/ȱChampyȱ1994:ȱ136).ȱ Beer,ȱ Eisenstatȱ undȱ Spectorȱ untersuchtenȱ inȱ sechsȱ amerikanischenȱ Unternehmungenȱ dieȱRolleȱ vonȱ Führungspersonenȱbeiȱ ReorganisaȬ tionsprozessenȱ(vgl.ȱBeer/Eisenstat/Spectorȱ1990:ȱ179ȱff.).ȱInsgesamtȱ erwiesȱsichȱdieȱRolleȱderȱFührungsverantwortlichenȱbeiȱallenȱerfolgȬ reichenȱ Wandlungsprozessenȱ alsȱ einerȱ derȱ wichtigstenȱ Faktorenȱ überhaupt.ȱFürȱdasȱVeränderungsmanagementȱerhältȱhierȱdieȱtransȬ formationaleȱ Führungȱ einenȱ neuenȱ Stellenwertȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ transaktionalenȱ Führung,ȱ welcheȱ dieȱ Führungȱ eherȱ alsȱ AustauschȬ beziehungȱ zwischenȱ Führerȱ undȱ Geführtemȱ betrachtet.ȱ Nichtȱ dieȱ unmittelbareȱ Hierarchieposition,ȱ sondernȱ vielmehrȱ dieȱ situationsȬ spezifischeȱ Fähigkeitȱ derȱ Führungspersonen,ȱ einenȱ starkenȱ undȱ veränderndenȱEinflussȱaufȱihreȱUmgebungȱausübenȱzuȱkönnenȱundȱ dadurchȱ Werte,ȱ Zieleȱ undȱ Ansprücheȱ derȱ Geführtenȱ imȱ konkretenȱ Wandlungsprozessȱzuȱverändern,ȱistȱentscheidendȱ(vgl.ȱKapitelȱ6.6.6ȱ undȱKrügerȱ1994:ȱ220ȱff.).ȱ 2.5.3.5

RolleȱderȱFühȬ rungsverantȬ wortlichenȱ

Fähigkeiten und Kompetenzen der Promotoren

Abschließendȱ sollenȱ dieȱ unterschiedlichenȱ Promotorenrollenȱ aufȬ grundȱihrerȱFunktionenȱundȱderȱdazuȱnotwendigenȱFähigkeitskateȬ gorienȱzusammengefasstȱwerdenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ15).ȱȱ

Abbildungȱ15ȱ

AnforderungsprofilȱfürȱPromotorenȱinȱWandlungsprozessenȱ Macht-/ Legitimationspromotor

Prozesspromotor

Politische Fähigkeiten

Soziale Fähigkeiten

Fachliche Fähigkeiten

Konzeptionelle Fähigkeiten

Fachpromotor

ȱ

107ȱ

2 SozialkompeȬ tenzenȱundȱ KonfliktȬ austragungȱ

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ Derȱ Machtpromotorȱ überzeugtȱ primärȱ durchȱ seineȱ politischenȱ FäȬ higkeitenȱ undȱ damitȱ verbundenenȱ Kompetenzen,ȱ welcheȱ dieȱ WeiȬ terentwicklungȱdesȱVeränderungsprojektesȱsichern.ȱDiesȱimȱGegenȬ satzȱ zuȱ denȱ FachȬȱ undȱ Prozesspromotoren,ȱ dieȱ denȱ VeränderungsȬ prozessȱverstärktȱdurchȱihreȱfachlichenȱundȱkonzeptionellenȱFähigȬ keitenȱbegleitenȱundȱsteuern.ȱFürȱalleȱdreiȱPromotorenȱsindȱdieȱSoȬ zialkompetenzenȱ vonȱ tendenziellȱ gleichȱ hoherȱ Bedeutung,ȱ daȱ einȱ Veränderungsvorhabenȱ unterschiedlichsteȱ Reaktionenȱ beiȱ denȱ BeȬ troffenenȱ hervorruftȱ undȱ dieȱ Umsetzungȱ Einfühlungsvermögen,ȱ aberȱ auchȱ dieȱ Fähigkeitȱ zurȱ Konfliktaustragungȱ undȱ zurȱ KonsensȬ findungȱinȱbeträchtlichemȱMaßeȱerfordertȱ(vgl.ȱKrügerȱ1994:ȱ220ȱff.).ȱ

2.5.4

Phasen des Veränderungsprojekts

Dieȱ vorhergehendenȱ Abschnitteȱ beschäftigtenȱ sichȱ stärkerȱ mitȱ denȱ konzeptionellenȱAspektenȱdesȱVeränderungsmanagementsȱundȱmitȱ denȱUmständen,ȱdieȱeinenȱWandlungsprozessȱbehindern.ȱImȱletztenȱ AbschnittȱdiesesȱKapitelsȱwerdenȱdieȱUmsetzungsphasenȱbetrachtetȱ (vgl.ȱauchȱPraxisfensterȱNr.ȱ4ȱamȱSchlussȱdesȱKapitels).ȱ „Unfreezing,ȱ Moving,ȱ Refreezing“ȱ

Alsȱ wegweisendȱ fürȱ einȱ verhaltensorientiertesȱ VeränderungsmanaȬ gementȱgiltȱdieȱUnterteilungȱeinesȱVeränderungsprojektsȱinȱdieȱdreiȱ Phasenȱ desȱ „Auftauensȱ (unfreezing)“,ȱ desȱ „Verändernsȱ (moving)“ȱ undȱ desȱ „Wiedereinfrierensȱ (refreezing)“ȱ nachȱ Kurtȱ Lewin,ȱ einemȱ derȱgeistigenȱVäterȱderȱOrganisationsentwicklungȱ(vgl.ȱLewinȱ1963:ȱ 262ȱf.).ȱImȱFolgendenȱwerdenȱdieseȱPhasenȱaufgegriffenȱundȱdetailȬ liertȱ dargestelltȱ (vgl.ȱ auchȱ Thom/Zauggȱ 2001ȱ undȱ Picot/FreudenȬ berg/Gassnerȱ1999:ȱ49ȱff.).ȱFürȱdieȱkonkreteȱUmsetzungȱscheintȱeineȱ vorangestellteȱEntwurfsphaseȱzurȱPlanungȱundȱgrundsätzlichenȱAbȬ klärungȱ desȱ notwendigenȱ Veränderungseingriffsȱ eineȱ wichtigeȱ ErȬ gänzungȱ imȱ organisatorischenȱ Wandlungsprozessȱ zuȱ sein.ȱ Esȱ werȬ denȱ inȱ derȱ Folgeȱ dieȱ vierȱ Phasenȱ derȱ Planung,ȱ derȱ Gestaltung,ȱ derȱ RealisationȱundȱderȱStabilisationȱunterschieden.ȱ 2.5.4.1

WissensȬȱundȱ EntscheidungsȬ trägerȱimȱȱ Kernteamȱ

108ȱ

Planungsphase

Inȱ dieserȱ erstenȱ Auseinandersetzungȱ mitȱ derȱ herausforderndenȱ SiȬ tuationȱ gehtȱ esȱ zunächstȱ umȱ dieȱ Analyseȱ derȱ Umsystemfaktorenȱ undȱderȱEinflüsse,ȱwelcheȱzumȱVeränderungsprojektȱgeführtȱhaben.ȱ DieȱNotwendigkeitȱzurȱVeränderungȱmussȱersichtlichȱgemachtȱwerȬ denȱ undȱ eineȱ genaueȱ Problemdefinitionȱ istȱ alsȱ Ausgangslageȱ zuȱ erstellen.ȱBeteiligteȱsindȱvorerstȱdieȱInitiatorenȱdesȱWandelsȱundȱeinȱ involvierterȱVerantwortungsträgerȱfürȱdenȱbetroffenenȱVerwaltungsȬ

Management des Wandels

2.5

ȱ bereich.ȱ Wichtigeȱ WissensȬȱ undȱ Entscheidungsträgerȱ sindȱ inȱ dasȱ Kernteamȱ undȱ inȱ dieȱ Planungȱ einzubinden.ȱ Nebenȱ derȱ AusarbeiȬ tungȱ vonȱ Anreizenȱ undȱ Entwicklungsperspektivenȱ zurȱ ÜberzeuȬ gungȱ derȱ betroffenenȱ Mitarbeiterȱ wirdȱ einȱ weitererȱ Faktorȱ oftȱ verȬ nachlässigt:ȱzuȱspätȱwirdȱderȱgezielteȱEinsatzȱvonȱInstrumentenȱzurȱ InformationȱundȱKommunikationȱüberȱdenȱWandlungsprozessȱfestȬ gelegt.ȱ Nebenȱ derȱ Festlegungȱ vonȱ Meilensteinenȱ undȱ dazugehöriȬ genȱ Informationsveranstaltungenȱ zählenȱ hierzuȱ auchȱ dieȱ EinrichȬ tungȱ bspw.ȱ einerȱ Kommunikationsplattformȱ aufȱ demȱ Intranet,ȱ dieȱ PlanungȱderȱRessourcenȱfürȱProjektteamsȱundȱdasȱKonzeptȱderȱexȬ ternenȱKommunikationȱinȱFormȱeinerȱHomepageȱoderȱüberȱandereȱ Medienȱ(vgl.ȱuntenstehenderȱBlickpunkt).ȱ

KommunikationȱimȱVeränderungsprozessȱ

ImȱBlickpunktȱ

Mitarbeitende wollen frühzeitig, umfangreich und kontinuierlich informiert werden. Zusätzlich besitzen sie selbst Informationen, die sie in den Veränderungsprozess einspeisen können. Die Aufgabe der Kommunikation im Wandlungsprozess ist zweifach: Einerseits sollen sachliche Informationen an die Betroffenen weitergegeben werden, andererseits soll mit der Kommunikation die Wahrnehmung und als Konsequenz das Verhalten gesteuert werden. Die Planung der folgenden fünf Aspekte trägt zur mitarbeitergerechten Kommunikation im Veränderungsprozess bei (vgl. Picot/Freudenberg/Gassner 1999: 48 ff.):

„

Kommunikationskanal: Womit? Welches Medium eignet sich zu welchem Zweck am besten? Das offene persönliche Gespräch zwischen Vorgesetztem und Mitarbeitendem entlang der Hierarchie ist zur sender- und empfängergerechten Informationsvermittlung am besten geeignet. Wichtige und für alle gleichzeitige Informationen sind jedoch besser durch Veranstaltungen oder gleichzeitige schriftliche resp. elektronische Kommunikation vorzunehmen (vgl. Abb. 16).

„

Kommunikationsperson: Wer? Besonders am Anfang und in regelmäßigen Abständen sollte hochrangig und persönlich über das Projekt informiert werden – nicht nur bei „Brandherden“. Entscheidend ist, dass immer die direkt Zuständigen kommunizieren und nicht ihre Vertreter. Nur authentische und glaubwürdige, d. h. vom Veränderungsvorhaben selbst überzeugte Kommunikatoren wirken ihrerseits überzeugend und mobilisierend. Eine positive und optimistische Ausstrahlung ist förderlich, Divergenzen zwischen Wort und Tat des Kommunikators machen ihn unglaubwürdig. Nicht empfehlenswert ist die Übertragung der Kommunikation an bspw. ernannte Projektsprecher oder externe Berater. Ihnen fehlt aufgrund mangelnder persönlicher Verantwortung letztlich die Akzeptanz in Veränderungsprozessen.

„

Kommunikationsinhalt: Was? Der Inhalt von Informationen muss auf folgende Fragen der Mitarbeitenden Antwort geben können: Warum eine Veränderung? Was ist das Ziel davon? Was bedeutet das für mich? Eine offene Darstellung absehbarer Vor- und Nachteile ist

109ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ v. a. beim letzten Punkt unerlässlich. Detailinformationen, Erklärungsversuche sind im persönlichen Gespräch durch den direkten Vorgesetzten zu überbringen.

„

Kommunikationsform: Wie? Das Aufnahmevermögen des Menschen ist begrenzt. Einfache, für alle verständliche und in sich konsistente Informationen ohne lange fachliche Exkurse, bildhafte und beispielreiche Worte, die systematisch aufgebaut und mehrmals wiederholt werden, kennzeichnen eine wirkungsvolle Kommunikation. Ebenfalls unterstützend wirken symbolträchtige Formen i. S. von Erfolgsfeiern sowie offizielle Start- und Abschlussveranstaltungen.

„

Kommunikationszeitpunkt: Wann? “So früh wie fertig“ und nicht „so früh wie möglich“ ist der erste geeignete Zeitpunkt. Am Anfang der Entwurfsphase ist also noch kaum eine Information nötig. Sich verselbständigenden Informationen und Gerüchten muss jedoch auf alle Fälle entgegengewirkt werden. Eine kontinuierliche Kommunikation bis ans Ende des Veränderungsprojektes ist sicherzustellen.

2.5.4.2

Orientierungsphase

Informationȱ undȱȱ Konfrontationȱ

NachdemȱderȱAblauf,ȱdieȱOrganisationȱundȱdieȱKommunikationȱdesȱ Veränderungsprozessesȱ festgelegtȱ wurden,ȱ folgtȱ dieȱ Orientierungȱ derȱ Betroffenen.ȱ Dieserȱ Informationsvorgangȱ undȱ v.ȱa.ȱ dieȱ daraufȱ folgendeȱ Zeitȱ sindȱ äußerstȱ wichtigȱ fürȱ einenȱ erfolgreichenȱ ProjektȬ beginn.ȱDieȱInformationȱundȱgleichzeitigeȱKonfrontationȱderȱMitarȬ beitendenȱ mitȱ nichtȱ immerȱ angenehmenȱ Inhaltenȱ sollteȱ möglichstȱ vollständigȱundȱunverzerrtȱdurchȱdieȱMachtȬȱundȱProzesspromotoȬ renȱ erfolgen.ȱ Dabeiȱ giltȱ esȱ primär,ȱ dasȱ neueȱ Zielȱ undȱ dieȱ Chancenȱ fürȱdieȱBetroffenenȱaufzuzeigen.ȱInȱdieserȱPhaseȱformierenȱsichȱdieȱ erstenȱWiderstände,ȱwelcheȱernstȱzuȱnehmenȱsindȱundȱdenenȱsoȱgutȱ wieȱmöglichȱmitȱErklärungenȱentgegengewirktȱwerdenȱsollte.ȱDieseȱ Konfliktbereinigungȱ kannȱ auchȱ beiȱ denȱ Promotorenȱ kritischeȱ ReȬ flektionenȱauslösen,ȱdieȱsehrȱoftȱzuȱeinerȱweiterenȱOptimierungȱderȱ beschlossenenȱ Zieleȱ undȱ Maßnahmenȱ derȱ Planungsphaseȱ führenȱ können.ȱ

KommunikatiȬ onsinstrumenteȱ

NachȱeinerȱallfälligenȱKlärungȱderȱZielsetzungenȱistȱfürȱdieseȱPhaseȱ kennzeichnend,ȱ dassȱ verbindlicheȱ Entscheidungenȱ überȱ dasȱ ProȬ jektvorgehenȱ gefälltȱ werden.ȱ Nichtȱ abgebautenȱ Widerstandȱ giltȱ esȱ weiterhinȱ alsȱ einenȱ Teilȱ desȱ „Kraftfelds“ȱ zuȱ behandelnȱ undȱ allenȱ unterstützendenȱKräftenȱwirdȱhierȱeineȱklareȱOrientierungȱüberȱdieȱ Projektschritteȱ gegeben.ȱ Inȱ derȱ Orientierungsphaseȱ sindȱ möglichstȱ wirkungsvolleȱ Kommunikationsinstrumenteȱ auszuwählen,ȱ dieȱ eiȬ nerseitsȱzuȱüberzeugenȱvermögen,ȱandererseitsȱlatentenȱWiderstandȱ herausfordernȱ(vgl.ȱAbb.ȱ16).ȱ

110ȱ

Management des Wandels

2.5

ȱ Abbildungȱ16ȱ

SpektrumȱderȱKommunikationsinstrumenteȱ(nachȱReißȱ1997b:ȱ99)ȱ Nutzung vorhandener Kommunikationsinfrastruktur

„billig“

Geschäftsbericht Mitarbeiter-Zeitschrift

Offene Türen Regel-Betriebsversammlung

Aushänge

Mitarbeitergespräche

Führungsinformationen

Gruppengespräche

Pressemitteilungen

Abteilungssitzungen

EinwegKommunikation

ZweiwegKommunikation Sonder-Betriebsversammlung

Projektzeitschrift Broschüren

Projekthomepages / Intranet

Sprechstunden Infobörsen, -märkte, -telefon

Befragungen

Kick off-Veranstaltungen

Videos

Pressekonferenzen

Navigationskarte Infotafeln, -plakate

Workshops / Roundtables

Entwicklung spezifischer Kommunikationsinstrumente

2.5.4.3

„teuer“

ȱ

Realisierungsphase

Jetztȱ werdenȱ dieȱ Kernteamsȱ unterȱ derȱ Führungȱ derȱ ProzesspromoȬ torenȱzurȱBearbeitungȱderȱProjektaufgabenȱgebildetȱundȱeingesetzt.ȱ Ebenfallsȱ frühzeitigȱ sollteȱ mitȱ gezieltenȱ Schulungsmaßnahmenȱ beȬ gonnenȱ werden,ȱ beiȱ denenȱ u.ȱ a.ȱ dieȱ Fachpromotorenȱ zumȱ Einsatzȱ gelangen.ȱWoȱspezifischeȱKompetenzenȱundȱFähigkeitenȱzurȱBewälȬ tigungȱneuerȱAufgabenȱerforderlichȱsind,ȱliegtȱesȱinȱderȱVerantworȬ tungȱ desȱ Managements,ȱ dieseȱ aufzubauen.ȱ Beiȱ denȱ Reformenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ istȱ geradeȱ hierȱ eineȱ großeȱ Lückeȱ beimȱ betriebsȬ wirtschaftlichenȱ Wissenȱ desȱ Verwaltungspersonalsȱaufgetaucht,ȱ dieȱ schnellstmöglichȱgeschlossenȱwerdenȱmuss,ȱdamitȱVorhabenȱwieȱdieȱ Einführungȱ vonȱ Kostenrechnungenȱ oderȱ Controllingsystemenȱ geȬ lingenȱ können.ȱ Nebenȱ derȱ laufendenȱ Kommunikationȱ beimȱ ErreiȬ chenȱ vonȱ Meilensteinenȱ undȱ einerȱ Erfolgskontrolleȱ i.ȱS.ȱ einesȱ ProȬ jektcontrollingsȱ istȱ inȱ größerenȱ Abständenȱ dieȱ Stimmeȱ derȱ MachtȬ

Mangelȱanȱȱ betriebswirtȬ schaftlichemȱ Wissenȱ

111ȱ

2

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor ȱ promotorenȱnotwendig.ȱDasȱVertrauenȱinȱdieȱneuenȱGegebenheitenȱ mussȱ laufendȱ gestärktȱ werden,ȱ undȱ inȱ dieserȱ Phaseȱ auftretendeȱ Rückschlägeȱ imȱ Projektfortschrittȱ sindȱ schnellȱ zuȱ verarbeitenȱ bzw.ȱ auszugleichen.ȱDieȱRealisierungsphaseȱistȱderȱzweifellosȱschwierigsȬ teȱ Teilȱ desȱ gesamtenȱ Veränderungsprojekts.ȱ Projekterfolgeȱ solltenȱ möglichstȱ oftȱ herausgestelltȱ undȱ inȱ geeigneterȱ Formȱ kommuniziertȱ werden.ȱEineȱgezielteȱAufbereitungȱdesȱlaufendȱentwickeltenȱKnowȬ howsȱsowieȱderȱAustauschȱzwischenȱdenȱKernteamsȱträgtȱzurȱProȬ jektbeschleunigungȱbeiȱundȱverhindertȱDoppelspurigkeiten.ȱJeȱstärȬ kerȱ dasȱ Vertrauenȱ inȱ dieȱ Neuerungenȱ wächst,ȱ destoȱ näherȱ kommtȱ manȱderȱabschließendenȱStabilisierungsphase.ȱ 2.5.4.4

Konsolidierungȱ desȱneuenȱZuȬ standsȱ

Die Stabilisierungsphase

Stabilisierungȱ bedeutetȱ nichtȱ Stagnationȱ undȱ meintȱ auchȱ nichtȱ dasȱ ErstarrenȱinȱeinemȱneuenȱZustand.ȱInsofernȱkannȱdieȱursprünglicheȱ BezeichnungȱvonȱKurtȱLewinȱ(„refreezing“)ȱzuȱfalschenȱVorstellunȬ genȱ führen.ȱ Stabilisationȱ istȱ vonȱ jenemȱ Zeitpunktȱ anȱ angesagt,ȱ vonȱ demȱ anȱ dieȱ neuenȱ Projektelementeȱ erfolgreichȱ imȱ Einsatzȱ sind,ȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ dieȱ Anfangsschwierigkeitenȱ überwundenȱ habenȱ undȱ keineȱ nennenswertenȱ Widerständeȱ denȱ Projektfortschrittȱ mehrȱ behindern.ȱDasȱneueȱGleichgewichtȱundȱdieȱangestrebteȱveränderteȱ Situationȱwurdenȱgrößtenteilsȱerreicht.ȱEineȱVerfestigungȱȱbzw.ȱKonȬ solidierungȱ diesesȱ neuenȱZustandsȱistȱeinerseitsȱ wichtig,ȱ damitȱ derȱ geleisteteȱAufwandȱundȱdieȱdamitȱverbundenenȱProjekterfolgeȱüberȬ hauptȱ zumȱ Tragenȱ kommen.ȱ Reformprojekteȱ amȱ laufendenȱ Bandȱ undȱModernisierungsschritteȱausȱdenȱvorangegangenenȱReorganisaȬ tionenȱverlierenȱmitȱderȱZeitȱbeiȱdenȱMitarbeitendenȱanȱGlaubwürȬ digkeitȱund,ȱwasȱnochȱgravierenderȱist,ȱesȱwirdȱimmerȱschwieriger,ȱ derenȱ Engagementȱ undȱ ideelleȱ Unterstützungȱ fürȱ Neuerungenȱ zuȱ erhalten.ȱ Andererseitsȱ bietetȱ einȱ konsolidierterȱ Neuzustandȱ dieȱ Möglichkeitȱ zurȱ weiterenȱ LernȬȱ undȱ Entwicklungsfähigkeitȱ derȱ InȬ stitution.ȱDazuȱkannȱeineȱRückschauȱhilfreichȱsein,ȱbeiȱderȱmitȱHilfeȱ desȱFeedbacksȱvonȱBeteiligtenȱamȱVeränderungsprozessȱdieȱErfolgsȬȱ undȱMisserfolgsfaktorenȱherausgefiltertȱwerdenȱkönnen.ȱȱ Dieseȱ vierȱ Phasenȱ einesȱ Veränderungsvorhabensȱ (begleitetȱ vonȱ KommunikationsȬȱ undȱ Controllingaktivitäten)ȱ sindȱ inȱ derȱ Praxisȱ nichtȱ immerȱ modellhaftȱ durchzuführen,ȱ dochȱ eineȱ Planungȱ undȱ Ausrichtungȱ derȱ Tätigkeitenȱ anȱ diesemȱ Konzeptȱ erleichtertȱ dieȱ erȬ folgreicheȱProjektsteuerungȱ(vgl.ȱAbb.ȱ17ȱundȱPraxisfensterȱNr.ȱ4).ȱȱ

112ȱ

Management des Wandels

2.5

ȱ Abbildungȱ17ȱ

DieȱvierȱPhasenȱdesȱWandlungsprozessesȱ Planung • Bildung der Steuergruppe • Analyse Umsystem, Einflüsse und Ursachen • Problemdefinition • Anreizplanung • Kommunikationskonzept • Festlegung der Meilensteine

• Orientierung und Information • Ziele und Vision kommunizieren • Konfliktbereinigung • Reflektion und Optimierung • Entscheide fällen

Realisation • Bildung und Einsatz von Kernteams • Schulungsmaßnahmen • Präsenz der Machtpromotoren • Projekterfolge kommunizieren und belohnen • Wissensaustausch

Projektcontrolling

Kommunikationsmaßnahmen

Orientierung

Stabilisation • Beseitigung von Überresten des alten Zustands • Vertrauen und Routine gewinnen • Projektnutzen kommunizieren • Rückschau und Feedback • Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren auswerten

ȱ

ȱ ȱ

113ȱ

Das IOP-Führungskonzept für den öffentlichen Sektor

2

ȱ

Praxisfenster Nr. 4: Phasenmodell des Change Managements in der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern

ȱ AndreasȱMichelȱ Stellv.ȱGeneralsekretär,ȱȱ PolizeiȬȱundȱMilitärdirektionȱ desȱKantonsȱBernȱ

1. Anwendung des Modells Neue Bedürfnisse und gesellschaftliche Veränderungen erfordern den flexiblen Einsatz der beschränkten Ressourcen des Staates. Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern arbeitet für die zahlreichen damit zusammenhängenden Reorganisationsvorhaben seit einigen Jahren mit einem 3-Phasenmodell. Das Modell eignet sich für Projekte, bei denen ein radikaler und schnell wirksamer organisatorischer Wandel angestrebt wird. Anhand eines konkreten Projekts soll die Vorgehensweise dargestellt werden.

Abbildungȱ1:ȱ PhasenmodellȱdesȱChangeȱManagementsȱ PHASE 1 • Vorgaben, Zielsetzungen, Projektorganisation • Ablauf- und Terminplanung • Informationsveranstaltung mit Betroffenen • Workshop mit Betroffenen (Präsentation IST, Abholen von Know-how, Einbezug der Betroffenen) • Definition Eckwerte für weiteres Vorgehen

PHASE 2 • Definition Grobmodell der zukünftigen Organisation • Festlegen der Stellenstruktur • Information Mitarbeitende (Stellenstruktur, Stellenausschreibungsverfahren, Unterstützung durch Personaldienste und Personalverbände) • Interne Ausschreibung der Stellen • Anmeldungsprozedere • Personalentscheide

PHASE 3 • Umsetzung neue Organisation • Workshops mit neuen Funktionsträgern (Kultur, Führung, Detailorganisation etc.) • Schrittweise Implementierung • Anpassungen, wo nötig

PHASE 3 • Aktive Betreuung ausscheidender Mitarbeitender

ȱ

2. Konkrete Umsetzung in der Praxis Nachdem einem Amt ein neuer Bereich zugewiesen wurde, stellten Direktion und Amtsleitung fest, dass die Führung dieses Bereiches und die Schnittstellen zum Amtsstab schwerfällig und mit den Anforderungen der Neuen Verwaltungsführung nicht mehr vereinbar sind. Die Direktion startete deshalb ein Reorganisationsprojekt mit dem Ziel, die Organisation zu optimieren und Synergien zu realisieren (Abbau von ca. 20% der Stellen). Phase 1 diente dem Aufbau der Projektorganisation und der Analyse des Ist-Zustandes. Das Projekt wurde ohne externe Unterstützung umgesetzt. Der Projektleiter übernahm sowohl die Funktion des Prozesspromotors als auch die des Fachpromotors. Seine Unabhängigkeit erlaubte es, auch in heiklen Fragen fachlich klar Stellung zu beziehen. Eine Informationsveranstaltung und ein Workshop mit allen Betroffenen (ca. 50 Personen) erweiterten die Sichtweisen und führten zum Abbau von Widerständen. Am Ende der Phase 1 legte die Direktion Eckwerte für das weitere Vorgehen fest.

114ȱ

Management des Wandels

2.5

ȱ Phase 2 war der raschen Stellenbesetzung gewidmet, sodass zunächst das Grundmodell der neuen Organisation und die wichtigsten Führungszuständigkeiten erarbeitet wurden, die als Basis für die Festlegung der neuen Stellenstruktur dienten. Die Mitarbeitenden wurden von der Projektleitung über die neue Organisation sowie über die Unterstützung bei einer möglichen Stellensuche informiert. Alle Mitarbeitende konnten sich auf eine oder mehrere Stellen bewerben und wurden zu einem internen Bewerbungsgespräch eingeladen. Stellen, die nicht durch interne Mitarbeitende besetzt werden konnten, wurden extern ausgeschrieben. Die Amtsleitung informierte die Mitarbeitenden, welche in der neuen Organisation nicht mehr berücksichtigt wurden, im persönlichen Gespräch über die Gründe des Entscheids. Vier Monate nach dem Start des Projekts kannte jeder Mitarbeitende seine Funktion in der neuen Organisation. In der Phase 3 wurden die in der neuen Organisation vorgesehenen Kader und Mitarbeiter in die weiteren Arbeiten der fünf Projektbereiche (PB) einbezogen. Der PB Amtsführung setzte sich mit der Anpassung der Führungs- und Informationsprozesse auf Stufe Amt auseinander und sorgte für den Einbezug der nicht direkt betroffenen Bereiche des Amtes. In den PB Bereichsführung und Stabsorganisation wurden in mehreren Workshops die Führungsgrundsätze, die Zielsetzungen, die Verteilung der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen sowie die Gestaltung der Prozesse des Bereiches bzw. Amtstabes festgelegt. Der PB Austritte koordinierte die umfassende Betreuung der austretenden Mitarbeiter. Der PB Information sorgte schließlich mit einer periodisch erscheinenden Projektinformation für die einheitliche Orientierung der gesamten Belegschaft des Amtes.

3. Empfehlungen Das Phasenmodell wurde in den letzten Jahren in 10 Projekten erfolgreich angewendet, sodass sich folgende Empfehlungen ableiten lassen: „ Definieren Sie einen klaren Umsetzungsauftrag mit ehrgeizigen und fordernden Zielen – bleiben Sie aber flexibel bei neuen Erkenntnissen. „ Sorgen Sie für eine unabhängige Projektleitung und für eine permanente unbürokratische Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber. „ Verlangen Sie eine direkte persönliche Kommunikation der Zielsetzungen durch die verantwortlichen Linienvorgesetzten. „ Nutzen Sie das vorhandene Know-how der betroffenen Mitarbeitenden. „ Verkürzen Sie mit raschen und transparenten Personalentscheiden die Zeitdauer der Unsicherheit im Personal. „ Gestalten Sie notwendige personalrechtliche Schritte menschlich und begründen Sie ihren Entscheid von Angesicht zu Angesicht. „ Entlasten Sie austretende Mitarbeitende vom Tagesgeschäft und unterstützen Sie sie bei ihrer beruflichen Neuausrichtung.

115ȱ

Innovationsmanagement innerhalb des IOP-Konzepts

3.1

ȱ

Kapitel 3

Das Innovationsmanagement zur Neuausrichtung öffentlicher Institutionen

117ȱ

Innovationsmanagement innerhalb des IOP-Konzepts

3.1

Dasȱ vorliegendeȱ Kapitelȱ widmetȱ sichȱ derȱ gezieltenȱ Generierung,ȱ Akzeptierungȱ undȱ Umsetzungȱ vonȱ Innovationenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektor.ȱ Inwiefernȱ sindȱ Innovationenȱ überhauptȱ bedeutungsvollȱ fürȱ Politikȱ undȱ Verwaltung?ȱ Welchenȱ Stellenwertȱ habenȱ sieȱ ausȱ einerȱ volkswirtschaftlichenȱ Perspektiveȱ undȱ welcheȱ Möglichkeitenȱ derȱ Förderungȱ vonȱ Innovationsprozessenȱ existierenȱ imȱ Rahmenȱ desȱ Publicȱ Managements?ȱ Unterschiedlicheȱ Artenȱ vonȱ Innovationen,ȱ aberȱ auchȱ Technikenȱ undȱ Instrumenteȱ zurȱ Innovationserzeugungȱ zeigenȱMöglichkeitenȱzurȱgezieltenȱGestaltungȱvonȱInnovationsproȬ zessenȱundȱdadurchȱzuȱeinerȱNeuausrichtungȱöffentlicherȱInstitutiȬ onenȱauf.ȱȱ

3.1

Innovationsmanagement innerhalb des IOP-Konzepts

Zunächstȱgiltȱes,ȱnochȱeinmalȱaufȱdieȱEinordnungȱdesȱInnovationsȬ managementsȱinȱdasȱIOPȬFührungskonzeptȱhinzuweisenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ 5).ȱInnovationenȱsindȱfürȱdieȱkünftigeȱEntwicklungȱstaatlicherȱInstiȬ tutionenȱ bedeutungsvoll,ȱ weilȱ nebenȱ demȱ politischenȱ undȱ rechtsȬ staatlichenȱHandelnȱausȱderȱPublicȱManagementȬPerspektiveȱunterȬ nehmerischesȱ Handelnȱ zunehmendȱ anȱ Bedeutungȱ gewinnenȱ wird.ȱ Erfolgreichesȱ unternehmerischesȱ Handelnȱ bestehtȱ zuȱ einemȱ entȬ scheidendenȱAnteilȱausȱderȱFähigkeitȱzurȱInnovation.ȱDerȱbeschrieȬ beneȱ Strategiewandelȱ ermöglichtȱ Innovationsprozesse,ȱ dieȱ sichȱ inȱ eineȱ erwünschteȱ Richtungȱ entwickeln.ȱ Dieȱ strategischeȱ Führungȱ entwirftȱdieȱgrobenȱLinienȱfürȱdieȱzukünftigeȱEntwicklungȱderȱstaatȬ lichenȱInstitutionȱundȱkennzeichnetȱderenȱBeitragȱzuȱdenȱlangfristiȬ genȱ politischenȱ Zielen.ȱ Daranȱ orientierenȱ sichȱ auchȱ dieȱ Gedankenȱ vonȱ innovationserzeugendenȱ Personen.ȱ Geradeȱ vonȱ diesenȱ gibtȱ esȱ aberȱnichtȱallzuȱvieleȱimȱöffentlichenȱDienst,ȱoderȱandersȱgesagt:ȱihrȱ InnovationspotenzialȱverkümmertȱoftȱschonȱzuȱBeginnȱderȱBerufstäȬ tigkeitȱdurchȱdieȱroutineȬȱundȱregelgebundeneȱAmtskultur.ȱDieȱkulȬ turellenȱAusprägungenȱeinerȱArbeitsgruppeȱoderȱeinerȱgesamtenȱInȬ stitutionȱkönnenȱinnovationsförderlichȱoderȱȬhemmendȱsein.ȱDurchȱ dieȱIntegrationȱeinesȱInnovationsmanagementsȱundȱdieȱ„LegitimatiȬ on“ȱ vonȱ innovativemȱ Handelnȱ verändernȱ sichȱ dieȱ Werteȱ undȱ EinȬ stellungen,ȱwelcheȱdieȱbisherigeȱKulturȱgeprägtȱhabenȱundȱermögliȬ chenȱsoȱdasȱEntstehenȱvonȱInnovationenȱzurȱErreichungȱderȱstrateȬ gischenȱ undȱ politischenȱ Ziele.ȱ Ohneȱ Offenheitȱ fürȱ Innovationenȱ istȱ letztendlichȱ ausȱ derȱ Sichtȱ derȱ Managementlehreȱ keineȱ strategischeȱ Führungȱmöglich.ȱ

Fähigkeitȱzurȱ Innovationȱ

119ȱ

3 Innovationȱalsȱ Resultatȱȱ schlechtȱvorȬ aussehbarȱ

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

Derȱ Begriffȱ „Innovationsmanagement“ȱ istȱ erklärungsbedürftig,ȱ daȱ InnovationȱausȱeinerȱbestimmtenȱSichtweiseȱbetrachtet,ȱschlechtȱmitȱ Managementȱ vereinbarȱ ist.ȱ Dieȱ Innovationȱ alsȱ Resultatȱ einesȱ umȬ fangreichenȱ Prozessesȱ mitȱ kreativen,ȱ analytischenȱ undȱ handlungsȬ orientiertenȱElementenȱistȱschlechtȱvoraussehbar,ȱentwickeltȱsichȱoftȱ überȱeinenȱlängeren,ȱschwerȱkalkulierbarenȱZeitraumȱundȱdurchȱdieȱ Mitwirkungȱ mehrererȱ Personen.ȱ Managementȱ alsȱ mehrheitlichȱ technokratischeȱ undȱ klarȱ zielfokussierteȱ Formȱ derȱ Führungȱ widerȬ sprichtȱ diesemȱ schwerȱ strukturierbarenȱ undȱ offenenȱ Prozessȱ eher.ȱ Ausȱ diesemȱ Grundȱ wirdȱ hierȱ Innovationsmanagementȱ alsȱ dieȱ GesȬ taltungȱvonȱRahmenbedingungenȱzurȱInnovationsförderungȱinȱeinerȱ Institutionȱverstanden.ȱ DasȱInnovationsmanagementȱgeneriertȱletztlichȱkeineȱInnovaȬ tionen,ȱsondernȱfördertȱdurchȱgeeigneteȱRahmenbedingungenȱ denȱkomplexenȱProzessȱderȱIdeenfindung,ȱIdeenakzeptierungȱ undȱIdeenrealisierung.ȱ ȱ

Autonomie,ȱ DezentralisatiȬ onȱundȱFehlerȬ toleranzȱ

120ȱ

ZurȱFörderungȱinnovativerȱLeistungenȱdesȱöffentlichenȱSektorsȱbieȬ tetȱ derȱ Publicȱ ManagementȬAnsatzȱ nützlicheȱ Gestaltungselemente.ȱ Bürgerinnenȱ undȱ Bürgerȱ verlangenȱ heuteȱ einerseitsȱ alsȱ VerwalȬ tungskundenȱ dasselbeȱ Leistungsniveau,ȱ wieȱ esȱ ihnenȱ vonȱ privatȬ wirtschaftlichenȱ Leistungserbringernȱ gebotenȱ wird.ȱ Andererseitsȱ fordernȱsieȱaberȱauchȱInnovationenȱvonȱdenȱpolitischenȱVerantworȬ tungsträgernȱ undȱ Führungskräftenȱ inȱ derȱ Verwaltungȱ zurȱ Lösungȱ gesellschaftlicherȱProbleme.ȱGleichzeitigȱsollȱdiesȱallesȱinȱdenȱGrenȬ zenȱ derȱ demokratischenȱ Rechtsordnungȱ geschehen.ȱ Darausȱ resulȬ tiertȱeinȱZielkonfliktȱfürȱdieȱpolitischeȱundȱadministrativeȱFührung,ȱ indemȱ Innovationsprozesseȱ primärȱ Autonomie,ȱ Dezentralisation,ȱ Fehlertoleranzȱ undȱ unstrukturierteȱ Aufgabenprozesseȱ benötigen.ȱ Dieȱ politischeȱ Verantwortungȱ wirdȱ aberȱ nichtȱ dadurch,ȱ sondernȱ durchȱ möglichstȱ gutȱ voraussehbare,ȱ standardisierte,ȱ replizierbareȱ undȱstabileȱVerfahrenȱgewährleistetȱ(vgl.ȱLynnȱ1997:ȱ99ȱff.).ȱDerȱPubȬ licȱManagementȬAnsatz,ȱwelcherȱinȱdiesemȱBuchȱprimärȱdurchȱdasȱ InnovationsȬ,ȱ InformationsȬ,ȱ OrganisationsȬȱ undȱ PersonalmanageȬ mentȱausgebautȱwird,ȱversuchtȱdiesenȱKonfliktȱzuȱentschärfenȱundȱ verbessertȱ dieȱ Voraussetzungenȱ zurȱ Innovationsförderungȱ imȱ öfȬ fentlichenȱSektor.ȱ

Innovationen und der öffentliche Sektor

3.2

3.2

Innovationen und der öffentliche Sektor

DerȱrapideȱWandelȱinȱdenȱbeschriebenenȱUmweltbereichenȱkonfronȬ tiertȱ dieȱ Trägerȱ öffentlicherȱ Dienstleistungenȱ mitȱ neuenȱ HerausforȬ derungen,ȱ dieȱ Chancenȱ undȱ Gefahrenȱ enthalten.ȱ Wieȱ sollenȱ dieseȱ Chancenȱ aberȱ genutztȱ werden,ȱ wennȱ esȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ eherȱ schwerȱ fällt,ȱ innovativȱ zuȱ agieren?ȱ Welcheȱ Voraussetzungenȱ sindȱnotwendig,ȱdamitȱInnovationenȱinȱstaatlichenȱInstitutionenȱerȬ zeugt,ȱakzeptiertȱundȱrealisiertȱwerden?ȱ

3.2.1

Bedeutung von Innovationen

Dieȱ Innovationstätigkeitȱ istȱ einȱ zentralesȱ Erfolgskriteriumȱ fürȱ dasȱ wirtschaftlicheȱWachstumȱundȱdieȱgesellschaftlicheȱWohlfahrt.ȱFortȬ schrittȱ durchȱ Innovationenȱ treibtȱ dieȱ Entwicklungȱ ganzerȱ UnterȬ nehmungen,ȱ aberȱ auchȱ vonȱ Regionenȱ undȱ Nationenȱ an.ȱ Sieȱ bringtȱ gesellschaftlicheȱ Veränderungsprozesseȱ inȱ Gang,ȱ dieȱ wiederumȱ zuȱ weiterenȱ Innovationenȱ anregenȱ (vgl.ȱ zuȱ denȱ folgendenȱ ErläuterunȬ genȱVahs/Burmesterȱ2005:ȱ5ȱff.).ȱȱ 3.2.1.1

Volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung von Innovationen

Ausȱ volkswirtschaftlicherȱ Sichtȱ stehenȱ primärȱ dasȱ wirtschaftlicheȱ Wachstumȱ undȱ derȱ technologischeȱ Fortschrittȱ imȱ Mittelpunkt.ȱ Dieȱ zumeistȱmitȱInnovationenȱeinhergehendenȱerheblichenȱInvestitionenȱ inȱForschungȱundȱEntwicklung,ȱaberȱauchȱinȱMaschinen,ȱInfrastrukȬ turenȱ undȱ Verfahrenȱ haltenȱ denȱ Motorȱ derȱ konjunkturellenȱ EntȬ wicklungȱinȱSchwung.ȱ Kondratieffȱ identifizierteȱ sog.ȱ BasisinnovatiȬ onenȱalsȱAuslöserȱvonȱlängerenȱKonjunkturzyklen,ȱwelcheȱzusätzliȬ cheȱ kleinereȱ Innovationenȱ verursachtenȱ undȱ insgesamtȱ zuȱ einerȱ ErhöhungȱdesȱVolkseinkommensȱführtenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ18ȱundȱKondraȬ tieffȱ1984:ȱ1ȱff.).ȱȱ

KondratieffȬ Zyklenȱ

121ȱ

1790

1820

1850

1880

1910

Informations- und Kommunikationstechnologien

Diesellok / TV / Luft- und Raumfahrt

Chemie / Auto / Elektrizität

Eisenbahn / Stahlindustrie

InnovationenȱalsȱAuslöserȱvonȱKonjunkturzyklenȱ

Volkseinkommen

Abbildungȱ18ȱ

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

Dampfmaschine

3

1940

1970

2000

ȱ

DieseȱBasisinnovationenȱhabenȱnebenȱihrenȱAuswirkungenȱaufȱdenȱ korrespondierendenȱ Wirtschaftszweigȱ entscheidendeȱ AuswirkunȬ genȱ aufȱ andereȱ Wirtschaftsbereiche,ȱ aufȱ dieȱ Gesellschaftȱ undȱ aufȱ denȱ Staat.ȱ Dieȱ Dampfmaschineȱ alsȱ Übergangȱ vonȱ derȱ handwerkliȬ chenȱ zurȱ industriellenȱ Fertigungȱ verlangteȱ bspw.ȱ ersteȱ ArbeitnehȬ merȬȱundȱArbeitgeberȬRegelungen.ȱDieȱVerbreitungȱdesȱAutomobilsȱ führteȱ zuȱ einemȱ rapidenȱAusbauȱ desȱ staatlichenȱ Straßennetzes,ȱ dieȱ LuftfahrtȱförderteȱdieȱwirtschaftlicheȱGlobalisierungȱundȱdenȱinterȬ nationalenȱ Standortwettbewerb.ȱ Mitȱ derȱ rasantenȱ Entwicklungȱ derȱ InformationsȬȱundȱKommunikationstechnologienȱhatȱseitȱdenȱ1980erȱ Jahrenȱ derȱ definitiveȱ Übergangȱ vonȱ derȱ IndustrieȬȱ zurȱ DienstleisȬ tungsgesellschaftȱ begonnen.ȱ Dieȱ schnelleȱ Annahmeȱ desȱ Internetsȱ wurdeȱnichtȱalleineȱdurchȱdenȱMechanismusȱdesȱfreienȱMarktesȱerȬ reicht,ȱsondernȱauchȱdurchȱaktiveȱRegierungsmaßnahmenȱ(z.ȱB.ȱProȬ grammeȱzurȱVernetzungȱvonȱUniversitätenȱundȱöffentlichenȱBiblioȬ theken).ȱNebenȱVeränderungenȱbeiȱWahlenȱoderȱbeiȱderȱAusübungȱ weitererȱ demokratischerȱ Volksrechteȱ durchȱ dasȱ Internetȱ wirdȱ sichȱ einȱerheblicherȱTeilȱderȱstaatlichenȱInstitutionenȱzuȱDienstleistungsȬ organisationenȱ mitȱ nichtȱ hoheitlichenȱ Aufgabenȱ wandeln.ȱ Hinzuȱ kommt,ȱdassȱimȱZugeȱderȱ(wirtschaftlichen)ȱGlobalisierungȱderȱNaȬ tionalstaatȱanȱBedeutungȱeinbüßtȱ(vgl.ȱThom/Ritzȱ2003).ȱ

122ȱ

Innovationen und der öffentliche Sektor

Dieȱ Innovationenȱ aufȱ derȱ volkswirtschaftlichenȱ Ebeneȱ entspringenȱ zuȱeinemȱgroßenȱTeilȱdenȱInnovationsleistungenȱaufȱderȱEbeneȱderȱ Institutionen.ȱ Unternehmungenȱ undȱ auchȱ nichtȱ kommerzielleȱ OrȬ ganisationenȱ könnenȱ sichȱ längerfristigȱ nurȱ durchȱ neueȱ Produkteȱ undȱ Dienstleistungenȱ aufȱ demȱ Marktȱ behaupten.ȱ Ihreȱ ÜberlebensȬ fähigkeitȱhängtȱwesentlichȱvonȱihrerȱInnovationsfähigkeitȱab.ȱVielesȱ weistȱ aufȱ dieȱ steteȱ Verkürzungȱ derȱ Produktlebenszyklenȱ hin,ȱ dieȱ wiederumȱ dieȱ Dauerȱ vonȱ Innovationszyklenȱ verkleinert.ȱ Vonȱ dieȬ semȱ verschärftenȱ Zeitwettbewerbȱ istȱ nebenȱ Produktenȱ undȱ VerfahȬ renȱauchȱdasȱWissenȱimȱwirtschaftlichenȱLeistungsprozessȱbetroffen.ȱ Diesesȱ verliertȱ vielȱ schnellerȱ seinenȱ Wert,ȱ infolgeȱ dessenȱ gewinnenȱ dasȱorganisationaleȱLernen,ȱdasȱWissensmanagementȱsowieȱu.ȱa.ȱdieȱ lebenslangeȱWeiterbildungȱvermehrtȱanȱBedeutung.ȱ 3.2.1.2

3.2 Ursprungȱvonȱ Innovationenȱ

Bedeutung von Innovationen für Politik und Verwaltung

DerȱStaatȱtrittȱzumȱeinenȱalsȱRegulatorȱundȱKoordinatorȱ(auchȱMoȬ derator)ȱgegenüberȱWirtschaftȱundȱGesellschaftȱauf.ȱDanebenȱerfülltȱ erȱ selbstȱ auchȱ dieȱ Funktionȱ einesȱ Leistungserbringersȱ oderȱ zuminȬ destȱ Leistungsbestellersȱ undȱ mussȱ dadurchȱ dieȱ Interessenȱ derȱ BürȬ gerinnenȱ undȱ Bürgerȱ wahrnehmen.ȱ Dieȱ Innovationstätigkeitȱ desȱ Staatesȱ beziehtȱ sichȱ aufȱ dieȱ zweiȱ zentralenȱ Aufgabenbereicheȱ derȱ staatlichenȱLeistungserbringungȱsowieȱderȱAusgestaltungȱvonȱRahȬ menbedingungenȱfürȱWirtschaftȱundȱGesellschaft.ȱ Inȱ seinerȱ Funktionȱ alsȱ Leistungserbringerȱ wirdȱ derȱ Staatȱ auchȱ inȱ Zukunftȱ einenȱ beträchtlichenȱ Anteilȱ anȱ derȱ wirtschaftlichenȱ LeisȬ tungserbringungȱ beitragen.ȱ Dazuȱ istȱ esȱ notwendig,ȱ dassȱ dieȱ Trägerȱ öffentlicherȱAufgabenȱ produktivȱ undȱ innovativȱ sind.ȱ DieȱAnknüpȬ fungȱanȱvergangene,ȱäußerstȱinnovativeȱstaatlicheȱErrungenschaftenȱ wieȱ dasȱ Sozialversicherungswesen,ȱ dasȱ Gesundheitssystemȱ oderȱ auchȱdieȱvonȱinnovativemȱGedankengutȱgeprägteȱdeutscheȱWiederȬ vereinigungȱ bildenȱ günstigeȱ Traditionenȱ fürȱ weiterenȱ Fortschrittȱ inȱ Politikȱ undȱ Verwaltung.ȱ Wirdȱ dieseȱ Innovationstätigkeitȱ inȱ großenȱ Sprüngenȱ undȱ kontinuierlichenȱ Verbesserungenȱ nichtȱ mehrȱ wahrȬ genommen,ȱdrohenȱstaatlicheȱInstitutionenȱimmerȱmehrȱzuȱHinderȬ nissenȱ fürȱ dieȱ wirtschaftlicheȱ undȱ gesellschaftlicheȱ Entwicklungȱ zuȱ werdenȱ(vgl.ȱDruckerȱ1986:ȱ265ȱff.).ȱ

Bisherigeȱ staatlicheȱȱ Innovationenȱ

Imȱ Rahmenȱ derȱ Regulationȱ undȱ Koordinationȱ mussȱ aufȱ dieȱ UmȬ weltentwicklungenȱRücksichtȱgenommenȱwerden.ȱZeitgemäßeȱRahȬ menbedingungenȱzurȱErreichungȱderȱangestrebtenȱZuständeȱinȱdenȱ verschiedenenȱ Umsystemenȱ sindȱ herbeizuführen.ȱ Beiȱ verkürztenȱ Innovationszyklenȱ müssenȱ bspw.ȱ derȱ Privatwirtschaftȱ geeigneteȱ

Verkürzteȱ InnovationsȬ zyklenȱ

123ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

Rahmenbedingungenȱangebotenȱ werden,ȱ indemȱ zugleichȱ umsichtiȬ geȱundȱschnelleȱGenehmigungsverfahrenȱsowieȱsteuerlicheȱAnreizeȱ ermöglichtȱ werden.ȱ Dafürȱ sindȱ Innovationsleistungenȱ beiȱ derȱAusȬ gestaltungȱ undȱAnwendungȱ rechtsstaatlicherȱ Normenȱ erforderlich.ȱ Derȱ Staatȱ kannȱ auchȱ Netzwerkeȱ fördern,ȱ dieȱ denȱ Wissenstransferȱ zwischenȱ staatlichenȱ undȱ privatenȱ Institutionenȱ zumȱ Zweckeȱ derȱ Innovationȱverbessern.ȱ Zweckeȱȱ staatlicherȱȱ Innovationenȱ

Innovationenȱ vonȱ Politikȱ undȱ Verwaltungȱ sindȱ infolgedessenȱ unerȬ lässlichȱundȱdienenȱfolgendenȱZwecken:ȱ

„ Steigerungȱ derȱ Wettbewerbsfähigkeitȱ imȱ Vergleichȱ mitȱ anderenȱ Staaten,ȱ mitȱ anderenȱ staatlichenȱ Organisationenȱ undȱ mitȱ privaȬ tenȱInstitutionenȱ

„ Förderungȱ derȱ Kooperationsfähigkeitȱ mitȱ anderenȱ Staatenȱ undȱ staatlichenȱOrganisationenȱsowieȱmitȱprivatenȱInstitutionenȱ

„ Einflussnahmeȱ aufȱ dieȱ gesellschaftlichenȱ undȱ wirtschaftlichenȱ Umsystemeȱ

„ Attraktivitätssteigerungȱ staatlicherȱ Institutionenȱ inȱ derȱ ÖffentȬ lichkeitȱundȱaufȱdemȱArbeitsmarktȱ AngesichtsȱdieserȱgroßenȱBedeutungȱvonȱInnovationsleistungenȱgiltȱ dieȱ Innovationstätigkeitȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ inȱ Wissenschaftȱ undȱPraxisȱbisherȱkaumȱalsȱherausragendesȱMerkmalȱstaatlicherȱInȬ stitutionen.ȱDasȱInnovationspotenzialȱwirdȱzwarȱhäufigȱalsȱsehrȱgutȱ beurteilt,ȱallerdingsȱwirdȱdiesesȱzuȱwenigȱumgesetzt,ȱdaȱdieȱKompeȬ tenzenȱ zurȱ Findungȱ undȱ Realisierungȱ vonȱ Innovationenȱ beiȱ derȱ jeȬ weiligenȱInstitutionȱundȱbeiȱdenȱMitarbeitendenȱmehrheitlichȱnichtȱ vorhandenȱsindȱ(vgl.ȱThom/Ritzȱ2000:ȱ60).ȱ DieȱInnovationsfähigkeitȱwirdȱinȱderȱbreitenȱÖffentlichkeitȱinȱersterȱ LinieȱmitȱUnternehmertumȱassoziiert,ȱjedochȱseltenȱmitȱPolitikȱundȱ Verwaltung.ȱ Warumȱ diesesȱ Dilemmaȱ imȱ öffentlichenȱ Bereichȱ exisȬ tiert,ȱwirdȱimȱnächstenȱAbschnittȱbehandelt.ȱ

3.2.2 SystemimmaȬ nenteȱBeharȬ rungstendenzenȱ

124ȱ

Innovationshindernisse im öffentlichen Sektor

Nebenȱ denȱ personenbezogenenȱ Barrieren,ȱ dieȱ großeȱ Relevanzȱ fürȱ Innovationsprozesseȱhabenȱ(vgl.ȱKapitelȱ2.5.2),ȱsindȱimȱöffentlichenȱ Sektorȱ dieȱ systemimmanentenȱ Hemmungsfaktorenȱ besondersȱ ausȬ geprägt,ȱdaȱvieleȱursprünglichȱinnovationsfreudigeȱundȱȬfähigeȱPerȬ sonenȱdieseȱEigenschaftȱschonȱkurzȱnachȱihremȱArbeitsbeginnȱimȱöfȬ fentlichenȱ Dienstȱ verlieren.ȱ Durchȱ systemimmanenteȱ BeharrungsȬ

Innovationen und der öffentliche Sektor

3.2

tendenzenȱdrohtȱimȱöffentlichenȱSektorȱdaherȱdieȱGefahr,ȱInnovatiȬ onsvorhabenȱ schonȱ garȱ nichtȱ zuȱ formulieren,ȱ geschweigeȱ dennȱ durchzusetzen.ȱ Dieȱ Innovationsträgheitȱ setztȱ sichȱ u.ȱ a.ȱ ausȱ folgenȬ denȱ Elementenȱ zusammenȱ (vgl.ȱ Behnȱ 1997:ȱ 3ȱ ff.;ȱ Lynnȱ 1997:ȱ 83ȱ ff.ȱ undȱDruckerȱ1986:ȱ255ȱff.):ȱ

„ Budgeterhöhungȱ alsȱ Erfolgskriterium:ȱ Dieȱ Budgeterhöhungȱ kennzeichnetȱeinenȱwesentlichenȱErfolgȱimȱVerwaltungshandeln.ȱ Daȱ esȱ keineȱ Gewinneȱ gibt,ȱ istȱ Wachstumȱ inȱ ersterȱ Linieȱ durchȱ Aufgabenmehrungȱbzw.ȱBudgeterhöhungȱdefiniert.ȱInnovationsȬ anstrengungenȱrichtenȱsichȱdaherȱwenigerȱaufȱdieȱQualitätserhöȬ hungȱ undȱ Erneuerungȱ vonȱ Verwaltungsleistungen,ȱ sondernȱ aufȱ quantitativesȱWachstumȱzurȱErzielungȱeinerȱBudgeterhöhung.ȱ

„ Unterschiedlicheȱ Anspruchsgruppenȱ undȱ Zielsysteme:ȱ Imȱ GeȬ gensatzȱ zuȱ privatwirtschaftlichenȱ Unternehmungenȱ hatȱ derȱ öfȬ fentlicheȱ Leistungserbringerȱ mehrereȱ Kunden.ȱ Stelltȱ eineȱ UnterȬ nehmungȱ ihreȱ Kundenȱ zufrieden,ȱ erreichtȱ sieȱ durchȱ ErtragsȬ wachstumȱ einenȱ verteilungsfähigenȱNutzenȱ fürȱ dieȱStakeholder.ȱ DieȱöffentlicheȱInstitutionȱmussȱgleichzeitigȱmehrereȱAnspruchsȬ gruppenȱzufriedenȱstellen,ȱwelcheȱdasȱErgebnisȱnichtȱnurȱmittelsȱ desȱfinanziellenȱGewinnsȱmessen.ȱDieȱunterschiedlichenȱInteresȬ senȱundȱErfolgsmaßstäbeȱmachenȱimȱöffentlichenȱSektorȱWiderȬ standȱ gegenȱ Innovationsvorhabenȱ wahrscheinlicherȱ alsȱ beiȱ denȱ meistenȱInstitutionenȱdesȱprivatenȱBereichs.ȱ

„ MaximierungȱstattȱOptimierung:ȱDasȱeigentlicheȱZielȱöffentlicherȱ Institutionen,ȱdieȱMaximierungȱdesȱGemeinwohls,ȱistȱgleichzeitigȱ einȱHinderungsfaktorȱfürȱdieȱRealisierungȱvonȱInnovationen,ȱdaȱ esȱ kaumȱ mitȱ Wirtschaftlichkeitsgrößenȱ oderȱ KostenȬNutzenȬ Relationenȱ gerechtfertigtȱ werdenȱ kann.ȱ Dieȱ Trägerȱ öffentlicherȱ LeistungenȱerhöhenȱdemnachȱbeiȱNichterreichungȱderȱZieleȱeinȬ fachȱ ihreȱAnstrengungen,ȱ anstattȱ dasȱ WirtschaftlichkeitsverhältȬ nisȱ imȱ Augeȱ zuȱ behaltenȱ oderȱ dieȱ Zieleȱ grundsätzlichȱ zuȱ überȬ denken.ȱ Druckerȱ folgertȱ daraus,ȱ dassȱ öffentlicheȱ Institutionenȱ nichtȱ nachȱ Optimierung,ȱ sondernȱ nachȱ Maximierungȱ strebenȱ (vgl.ȱ Kapitelȱ1).ȱ Innovationenȱ habenȱ inȱ einerȱ solchenȱ Situationȱ kaumȱPlatz,ȱdennȱsieȱrichtenȱsichȱjaȱgegenȱdieȱbisherigeȱArbeitsȬ weiseȱundȱgefährdenȱdasȱangestrebteȱMaximalziel.ȱ

„ Abhängigkeitȱ desȱ Verwaltungshandelns:ȱ Durchȱ dieȱ klareȱ TrenȬ nungȱ undȱ Aufeinanderfolgeȱ vonȱ PolitikȬȱ undȱ VerwaltungshanȬ delnȱ(PrimatȱderȱPolitik)ȱbeginntȱdasȱVerwaltungshandelnȱerstȱinȱ einemȱ zweitenȱ Schrittȱ nachȱ derȱ Politikformulierung.ȱ Dieȱ darausȱ folgendeȱAbhängigkeitȱdesȱVerwaltungshandelnsȱbehindertȱeineȱ eigenständigeȱ Ideenfindungȱ undȱ Initiative.ȱ Gesetzeȱ undȱ politiȬ scheȱ Regelungenȱ sindȱ zudemȱ meistensȱsehrȱ vageȱformuliert,ȱ saȬ

125ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

genȱzuȱnaheȱliegendenȱThemenȱnichtsȱausȱoderȱstehenȱsogarȱmitȬ einanderȱ inȱ Konflikt.ȱ Seltenȱ ergreiftȱ inȱ dieserȱ Situationȱ dieȱ VerȬ waltungȱ dieȱ Initiativeȱ undȱ versucht,ȱ dieȱ entstandenenȱ Lückenȱ mitȱneuenȱLösungenȱzuȱschließen.ȱVielmehrȱwirdȱdasȱdurchȱdieȱ PolitikerȱunscharfȱvorgegebeneȱZielȱaufgenommenȱundȱversucht,ȱ diesesȱmitȱbekanntenȱundȱbewährtenȱLösungsansätzenȱinnerhalbȱ derȱgegebenenȱLeitplankenȱzuȱerreichen.ȱ

„ GeringeȱFehlertoleranz:ȱFehlerȱwidersprechenȱgrundsätzlichȱdemȱ rechtsstaatlichenȱ Handelnȱ undȱ sollenȱ durchȱ möglichstȱ gesetzesȬ treueȱ undȱ exakteȱAusführungȱ verhindertȱ werden.ȱ Politikerȱ undȱ Führungskräfteȱ derȱ Verwaltungȱ scheuenȱ dasȱ Risiko,ȱ dieȱ Kostenȱ undȱ Konsequenzenȱ vonȱ Fehlern,ȱ daȱ ihreȱ Fehlertoleranzȱ imȱ AllȬ gemeinenȱ vielȱ geringerȱ istȱ alsȱ dieȱ privatwirtschaftlicherȱ FühȬ rungskräfte.ȱ Einerseitsȱ drohenȱ Sanktionenȱ durchȱ dieȱ VerwalȬ tungsgerichtsbarkeitȱ undȱ dieȱ Presse.ȱ Andererseitsȱ stehenȱ keineȱ MittelȱzurȱVerfügung,ȱumȱrisikoreicheȱInvestitionenȱinȱInnovatiȬ onenȱzuȱtätigen.ȱFürȱPolitikerȱgibtȱesȱletztlichȱnichtsȱSchlimmeresȱ alsȱ negativeȱ Meldungenȱ überȱ ihreȱ Ideenȱ undȱ Vorstöße.ȱ Esȱ empȬ fiehltȱ sichȱ demnach,ȱ lieberȱ keineȱ innovativenȱ Leistungenȱ alsȱ misslungeneȱ Vorhabenȱ imȱ politischenȱ Leistungsausweisȱ zuȱ haȬ ben,ȱdaȱNegativmeldungenȱWählerverlusteȱverursachenȱkönnen.ȱ

„ Wertkonflikte:ȱ Verwaltungshandelnȱ istȱ infolgeȱ vonȱ Regelungenȱ starkȱroutinisiert.ȱSolcheȱRegelungenȱermöglichenȱmeistȱeinȱehrȬ liches,ȱfairesȱundȱordnungsgemäßesȱArbeitenȱundȱfördernȱsoȱeiȬ neȱ konsistenteȱ Umsetzungȱ politischerȱ Beschlüsse.ȱ Ehrlichkeit,ȱ Fairnessȱ undȱ Effizienzȱ stehenȱ aberȱ zunehmendȱ neueȱ Werteȱ wieȱ Unternehmertum,ȱ Flexibilität,ȱ Kundenorientierung,ȱ Kreativität,ȱ RisikoȬȱ undȱ Konfliktaustragungsbereitschaftȱ gegenüber.ȱ Dieȱ alȬ tenȱ undȱ neuenȱ Werteȱ könnenȱ durchausȱ inȱ konkurrierenderȱ BeȬ ziehungȱ zueinanderȱ stehen,ȱ soȱ dassȱ sichȱ Führungskräfteȱ entȬ scheidenȱ müssen,ȱ entwederȱ routinemäßigesȱ Handelnȱ undȱ dieȱ dadurchȱ resultierendenȱ Vorteileȱ oderȱ innovativesȱ Handelnȱ undȱ dessenȱunkalkulierbareȱKonsequenzenȱzuȱfördern.ȱ

„ PlanungȱundȱAnalyse:ȱBevorȱneueȱProjekteȱinȱAngriffȱgenommenȱ werden,ȱsindȱinȱderȱöffentlichenȱVerwaltungȱoftȱeingehendeȱPlaȬ nungsprozesseȱundȱAnalysenȱzurȱAbklärungȱderȱKosten,ȱRisikenȱ undȱ Folgenȱ notwendig.ȱ Kommtȱ inȱ politischȱ relevantenȱ AngeleȬ genheitenȱ nochȱ eineȱ Verzögerungȱ durchȱ dasȱ GesetzgebungsverȬ fahrenȱ hinzu,ȱ dannȱ drohtȱ einȱ Großteilȱ derȱ Innovationskraftȱ verȬ lorenȱ zuȱ gehen.ȱ Dadurchȱ werdenȱ derȱ fürȱ Innovationsprozesseȱ nötigeȱFreiraumȱundȱdieȱanfänglicheȱUnstrukturiertheitȱbeseitigt.ȱ

126ȱ

Dieseȱ siebenȱ weitȱ verbreitetenȱ systemimmanentenȱ Hindernisseȱ beiȱ derȱFindungȱundȱRealisierungȱvonȱInnovationenȱgebenȱzugleichȱersȬ

Innovationen und der öffentliche Sektor

3.2

teȱAnhaltspunkteȱzurȱFörderungȱderȱstaatlichenȱInnovationsleistunȬ gen.ȱ Welchesȱ sindȱ nunȱ dieȱ Voraussetzungenȱ undȱ Eigenheitenȱ vonȱ InnovationenȱundȱwoȱbestehenȱdieȱAnsatzpunkteȱzurȱgezieltenȱFörȬ derungȱvonȱInnovationsleistungenȱimȱöffentlichenȱSektor?ȱ

3.2.3

Voraussetzungen für Innovationen

Imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ istȱ Innovationspotenzialȱ vorhanden,ȱ gleichȬ wohlȱ konntenȱ sichȱ potenzielleȱ Innovatorenȱ häufigȱ nichtȱ entfalten.ȱ Dieȱ Hauptproblematikȱ bestehtȱ inȱ derȱ mangelndenȱ Grundfähigkeitȱ undȱ Bereitschaft,ȱ Neuerungenȱ alsȱ einenȱ zentralenȱ Erfolgsfaktorȱ fürȱ dieȱ Weiterentwicklungȱ undȱ Verbesserungȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ anzuerkennen.ȱ Imȱ Folgendenȱ werdenȱ grundsätzlicheȱ Erfordernisseȱ zurȱ Förderungȱ innovativenȱ Verhaltensȱ aufȱ derȱ strategischen,ȱ strukȬ turellenȱundȱkulturellenȱEbeneȱerläutert.ȱ 3.2.3.1

Neuerungenȱalsȱ Erfolgsfaktorȱ

Strategische Voraussetzungen

Öffentlicheȱ Institutionenȱ benötigenȱ einenȱ klarȱ definiertenȱ Auftrag.ȱ Darausȱ mussȱ ersichtlichȱ sein,ȱ warumȱ dieȱ Institutionȱ existiertȱ undȱ welcheȱ Zieleȱ sieȱ anzustrebenȱ hat.ȱ Wenigerȱ detaillierteȱ Programmeȱ undȱ Konditionalnormen,ȱ sondernȱ vielmehrȱ anspruchsvolleȱ ZielȬȱ undȱWertekatalogeȱkönnenȱInnovationsprozesseȱsteuern.ȱDieȱformuȬ liertenȱZieleȱmüssenȱambitiös,ȱaberȱmitȱAnstrengungȱerreichbarȱsein.ȱ Nurȱ beiȱ erreichbarenȱ Zielenȱ werdenȱ Kräfteȱ zurȱ tatsächlichenȱ AnȬ spruchserfüllungȱmobilisiert.ȱWerdenȱdieȱZieleȱnichtȱerreicht,ȱerforȬ dertȱdiesȱeineȱUmorientierung.ȱEntwederȱkönnenȱdieȱZieleȱalsȱfalschȱ erkanntȱ werdenȱ undȱ einȱ neuerȱ Zielfindungsprozessȱ mussȱ stattfinȬ den,ȱoderȱderȱWegȱzurȱZielerreichungȱwarȱungeeignetȱundȱeinȱzweiȬ terȱ Anlaufȱ istȱ notwendig.ȱ Beideȱ Alternativenȱ bietenȱ wiederȱ neueȱ Anknüpfungspunkteȱ fürȱ Innovationsprozesse.ȱ Ebensoȱ entstehtȱ einȱ Innovationsspielraum,ȱwennȱdieȱZieleȱerreichtȱwordenȱsindȱundȱeinȱ neuerȱAuftragȱdefiniertȱwerdenȱkann.ȱDieȱstetigeȱSucheȱnachȱneuenȱ Lösungenȱ zurȱ Verbesserungȱ unbefriedigenderȱ Ergebnisseȱ oderȱ zurȱ ErreichungȱerhöhterȱAnsprücheȱistȱauchȱfürȱdenȱöffentlichenȱBereichȱ zunehmendȱ einȱ Mussȱ (vgl.ȱ Druckerȱ 1986:ȱ 262ȱ ff.).ȱ Zuȱ denȱ strategiȬ schenȱ Voraussetzungenȱ gehörtȱ u.ȱ a.ȱ dieȱ inhaltlicheȱ Formulierungȱ vonȱ Gesetzenȱ undȱ Verordnungen,ȱ welcheȱ denȱAusführendenȱ einenȱ InnovationsȬȱundȱGestaltungsspielraumȱüberlassenȱbzw.ȱübertragen.ȱ Dieseȱ finalorientiertenȱ Normenȱ (vgl.ȱ Lienhardȱ 2005:ȱ 46ȱ f.)ȱ bindenȱ dasȱ Verwaltungsmanagementȱ aufȱ längereȱ Zeitȱ undȱ beeinflussenȱ soȱ dieȱ strategischenȱ Zielsetzungen.ȱ Auchȱ dieȱ Bewerberauswahlȱ undȱ Besetzungȱ vonȱ Führungspositionenȱ gehörenȱ zuȱ denȱ strategischenȱ

Ambitiöse,ȱaberȱ erreichbareȱȱ Zieleȱ

127ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

Voraussetzungen.ȱ Sieȱ könnenȱ dieȱ Innovationskraftȱ einerȱ Institutionȱ begünstigen,ȱ daȱ innovationsfreudigeȱ Vorgesetzteȱ auchȱ ihreȱ MitarȬ beitendenȱbeiȱderȱUmsetzungȱneuerȱIdeenȱfördern.ȱ 3.2.3.2 HoherȱStellenȬ wertȱvonȱInnoȬ vationenȱ

Kulturelle Voraussetzungen

Welchesȱ sindȱ dieȱ Kulturmerkmaleȱ einerȱ innovationsförderndenȱ InȬ stitution?ȱAlsȱentscheidendesȱMerkmalȱgiltȱderȱhoheȱStellenwertȱvonȱ InnovationenȱimȱgelebtenȱWertsystemȱderȱInstitution.ȱDieȱSelbstdarȬ stellungȱsolcherȱOrganisationenȱistȱstarkȱvonȱInnovationȱundȱKreaȬ tivitätȱ geprägt.ȱ Dieseȱ geltenȱ alsȱ Herausforderungenȱ fürȱ alleȱ MitarȬ beitenden,ȱ undȱ dasȱ entsprechendeȱ Verhaltenȱ wirdȱ auchȱ tatsächlichȱ belohntȱsowieȱdurchȱdieȱFührungȱunterstützt.ȱEineȱbesondersȱwirkȬ sameȱBelohnungȱstelltȱdieȱÜbertragungȱeinerȱAufgabeȱmitȱFreiraumȱ undȱ Innovationspotenzialȱ darȱ (vgl.ȱ Kieserȱ 1986:ȱ 47).ȱ PersönlichȬ keitsmerkmaleȱ alleinȱ genügenȱ jedochȱ nichtȱ fürȱ denȱ InnovationserȬ folg,ȱ daȱ auchȱ dasȱ Arbeitsumfeldȱ dieȱ Innovationsbereitschaftȱ undȱȱ Ȭfähigkeitȱ lähmenȱ kann.ȱ Wichtigeȱ Einflüsseȱ gehenȱ vonȱ derȱ Artȱ derȱ AufgabeȱsowieȱdemȱVerhaltenȱderȱVorgesetztenȱaus.ȱFürȱdenȱAspektȱ derȱ Kreativitätȱ zeigtȱ diesȱ derȱ nachstehendeȱ Blickpunktȱ exemplaȬ risch.ȱ EineȱweitereȱmitȱderȱInnovationsfähigkeitȱeinerȱöffentlichenȱInstituȬ tionȱ zusammenhängendeȱ Grundvoraussetzungȱ istȱ dieȱ Akzeptanzȱ undȱFörderungȱvonȱAndersartigkeit.ȱ „DerȱAufrufȱzuȱEigeninitiative,ȱSelbständigkeitȱundȱmehrȱUnȬ ternehmertumȱkannȱnurȱfunktionieren,ȱwennȱmanȱdieȱEinmaȬ ligkeitȱundȱdamitȱ Andersartigkeitȱeinesȱ jedenȱeinzelnenȱ MitȬ arbeitersȱbewusstȱanerkennt.“ȱ(Blank/Kremerȱ1999:ȱ131)ȱ ȱ

Innovativerȱ ProblemȬ lösungsstilȱ

128ȱ

Dieȱ Andersartigkeitȱ istȱ einȱ zentralesȱ Merkmalȱ einesȱ innovativenȱ Problemlösungsstils.ȱKirtonȱhatȱausȱpsychologischerȱPerspektiveȱtyȬ pischeȱ Merkmaleȱ einesȱ innovativenȱ Problemlösungsstilsȱ dargelegt,ȱ wonachȱ einȱMitarbeiter,ȱderȱ Problemeȱ inȱ innovativerȱ Manierȱzuȱ löȬ senȱ sucht,ȱ eherȱ einenȱ neuenȱ Wegȱ einschlägt,ȱ alsȱ einenȱ gewohntenȱ verbessert,ȱ neueȱ Perspektivenȱ gegenüberȱ altenȱ Problemenȱ entwiȬ ckeltȱundȱsichȱmitȱmehrerenȱneuenȱIdeenȱgleichzeitigȱbefasst.ȱDazuȱ gehtȱ erȱ keineswegsȱ betontȱ methodischȱ undȱ systematischȱ vor,ȱ legtȱ Regelnȱgroßzügigȱausȱundȱriskiertȱesȱoft,ȱDingeȱandersȱzuȱmachen.ȱ Einȱ innovativerȱ Mitarbeitenderȱ hältȱ esȱ aus,ȱ wennȱ erȱ mitȱ derȱ GrupȬ penmeinungȱ nichtȱ übereinstimmtȱ undȱ wirdȱ auchȱ ohneȱ besondereȱ Befugnisȱ(z.ȱB.ȱAuftragserteilung)ȱaktivȱ(vgl.ȱKirtonȱ1989:ȱ6ȱff.).ȱ

Innovationen und der öffentliche Sektor

3.2

DieseȱMerkmaleȱsindȱaufȱkeinenȱFallȱtypischȱfürȱjedenȱMitarbeitenȬ denȱeinerȱerfolgreichenȱOrganisation.ȱBesondersȱgroßeȱInstitutionenȱ neigenȱdazu,ȱeherȱanpassungsorientiertesȱundȱregelgebundenesȱVerȬ haltenȱzuȱfördern.ȱEntsprechendȱsindȱdieȱEigenschaftenȱdesȱInnovaȬ torsȱbesondersȱseltenȱinȱbürokratischȱorganisierten,ȱstaatlichenȱInstiȬ tutionenȱ zuȱ finden.ȱ Dabeiȱ kannȱ dieȱ Förderungȱ innovativenȱ VerhalȬ tensȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ bspw.ȱ durchȱ dasȱ bewussteȱ ManaȬ gementȱ vonȱ Diversityȱ derȱ Mitarbeiterȱ inȱ derȱ Institutionȱ geschaffenȱ werden,ȱ daȱ Menschenȱ mitȱ unterschiedlichenȱ Erfahrungen,ȱ WerteȬ systemen,ȱCharakteren,ȱdemographischenȱMerkmalenȱundȱsozialenȱ Hintergründenȱ zuȱ unterschiedlichenȱ Lösungswegenȱ tendieren.ȱ Soȱ geltenȱ erhöhteȱ Kreativität,ȱ differenziertereȱ Perspektivenȱ sowieȱ besȬ sereȱ Ideenfindungȱ alsȱ dieȱ wesentlichenȱ Vorteileȱ vonȱ Diversityȱ inȱ Teamsȱ(vgl.ȱLadwigȱ2003:ȱ449ȱff.).ȱ

Diversityȱ Managementȱ

DieȱFörderungȱvonȱAndersartigkeitȱdrücktȱsichȱauchȱdarinȱaus,ȱdassȱ Autonomieȱ undȱ Verantwortlichkeitȱ zentraleȱ Werteȱ derȱ OrganisatiȬ onskulturȱsind.ȱSieȱführenȱzuȱeigenständigemȱDenken,ȱwasȱletztlichȱ derȱ Motorȱ fürȱ dieȱ Sucheȱ nachȱ neuenȱ Lösungen,ȱ fürȱ dieȱ UmsetzunȬ genȱvonȱIdeenȱundȱfürȱdasȱEinschlagenȱandersartigerȱLösungswegeȱ ist.ȱWesentlichȱfürȱdieȱFörderungȱvonȱAndersartigkeitȱistȱdieȱFehlerȬ toleranz,ȱ daȱ Innovationsprozesseȱ nichtȱ ohneȱ Fehlschlägeȱ ablaufen.ȱ InȱeinerȱfehlertolerierendenȱKulturȱwerdenȱMisserfolgeȱinnovativenȱ Bemühensȱpositivȱinterpretiert.ȱEinȱhalbwegsȱgeglücktesȱProjektȱlieȬ fertȱeineȱMengeȱAnsatzpunkteȱfürȱVerbesserungenȱundȱbringtȱvieleȱ wertvolleȱErkenntnisseȱfürȱweitereȱEntwicklungen.ȱȱ

Förderungȱvonȱ Andersartigkeitȱ

DiesȱstehtȱimȱGegensatzȱzuȱeinerȱinnovationsfeindlichenȱKultur,ȱwoȱ Misserfolgsfaktorenȱ akribischȱ analysiertȱ undȱ alsȱ Belegȱ fürȱ dasȱ geȬ scheiterteȱ Projektȱ aufgezeigtȱ werden.ȱ Wennȱ eineȱ OrganisationskulȬ turȱ Misserfolgeȱ undȱ Fehlschlägeȱ nichtȱ toleriert,ȱ istȱ dieȱ WahrscheinȬ lichkeitȱ klein,ȱ dassȱ Innovationenȱ entstehenȱ können.ȱ Aufgrundȱ derȱ ausȱdemȱRechtsstaatlichkeitsprinzipȱundȱdemȱWeberschenȱBürokraȬ tieidealtypusȱgewachsenenȱNormierungȱallerȱAktivitätenȱinȱöffentliȬ chenȱ Institutionenȱ wirdȱ nichtsȱ unternommen,ȱ wasȱ nichtȱ ausdrückȬ lichȱ oderȱ sogarȱ gesetzlichȱ festgehaltenȱ ist.ȱ Innovationenȱ erfordernȱ aberȱgeradeȱdenȱMutȱvonȱPolitikȱundȱVerwaltung,ȱdieȱFehlerkostenȱ zuȱ verantwortenȱ undȱ durchȱ darausȱ entstehendenȱ Innovationenȱ zuȱ überzeugenȱ(vgl.ȱAltshuler/Zegansȱ1997:ȱ68ȱff.ȱundȱBehnȱ1997:ȱ15).ȱ

WoȱKreativitätȱamȱbestenȱgedeihtȱ Cummings und Oldham untersuchten in zwei Studien, welchen Einfluss das Arbeitsumfeld auf unterschiedliche Typen von Mitarbeitenden in zwei Unternehmungen hat (vgl. Cummings/Oldham 1998: 32 ff.). Mitarbeitende unterscheiden sich einerseits in

ImȱBlickpunktȱ

129ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

ihren Verhaltensweisen beim der Lösung von Problemen. Anpassungsorientierte Personen versuchen im bestehenden Regelwerk neue und brauchbare Ergebnisse zu erzielen, die jedoch auf dem gewohnten Lösungsmuster für Probleme basieren. Innovative Mitarbeitende hingegen ignorieren zeitweise das bestehende Regelwerk und definieren das Problem selbst neu. Mitarbeitende unterscheiden sich andererseits in ihrer Persönlichkeit. Kreative Personen sind bspw. selbstbewusst und zugleich einfühlsam, finden Komplexität reizvoll und können mit Mehrdeutigkeiten leben. Diese Personeneigenschaften genügen jedoch nicht zur Innovationsgenerierung. Kreative Fähigkeiten kommen nur in einem entsprechend förderlichen Arbeitsumfeld zur Geltung, das sich insbesondere durch drei Faktoren auszeichnet: Komplexität der Tätigkeit, unterstützende, nicht-autoritäre Vorgesetzte und anregende Kollegen. Die Untersuchungen von Cummings und Oldham zeigten folgende Ergebnisse in Bezug auf die gegenseitigen Wirkungen von Personeneigenschaften und Merkmalen des Arbeitsumfelds:

„

Die Anzahl kreativer Vorschläge ist klar am höchsten bei Personen mit einem hohen Kreativitätswert, denen komplexe Tätigkeiten übertragen werden.

„

Die Arbeitskreativität ist zudem dort am größten, wo kreative Mitarbeitende komplexe Aufgaben ausführen und unterstützenden, nicht-autoritären Vorgesetzten unterstellt sind.

„

Mitarbeitende mit einer generell kreativen Persönlichkeit und einem innovativen Problemlösungsstil haben eine positive Einstellung zu starker Konkurrenz unter Kollegen und erzielen in einer solchen Wettbewerbssituation die höchste Anzahl kreativer Vorschläge. Insbesondere bei schwacher Konkurrenz sinkt die Anzahl der Vorschläge bei kreativen Personen beträchtlich.

ȱ KundenorienȬ tierungȱ

EinȱletzterȱAspektȱeinerȱinnovationsförderlichenȱKulturȱistȱdieȱKunȬ denorientierung.ȱKeineȱInnovationȱhatȱErfolg,ȱwennȱsieȱnichtȱbeiȱihȬ rerȱ (internenȱ oderȱ externen)ȱ Zielgruppeȱ Akzeptanzȱ findet.ȱ Hierȱ schließtȱ sichȱ derȱ Kreisȱ mitȱ denȱ strategischenȱ Voraussetzungenȱ fürȱ Innovationenȱ wieder,ȱ dennȱ dortȱ wurdeȱ postuliert,ȱ dassȱ denȱ AnȬ spruchsgruppenȱ einerȱ öffentlichenȱ Institutionȱ inȱ denȱ strategischenȱ ZielsetzungenȱimmerȱeineȱzentraleȱStellungȱzukommenȱmuss.ȱ 3.2.3.3

ControllingȬ systemeȱȱ

130ȱ

Strukturelle Voraussetzungen

WieȱimȱIOPȬKonzeptȱerläutert,ȱsindȱInnovationenȱnichtȱeinȱprimäresȱ Ergebnisȱ optimalerȱ Organisationsstrukturen.ȱ Hauschildtȱ stelltȱ fest,ȱ dassȱInnovationenȱeinȱGeflechtȱvonȱVerbotenȱundȱGebotenȱzuȱüberȬ windenȱhabenȱundȱ„[...]ȱdassȱeineȱwohlgeordneteȱAdministrationȱinȱ ihremȱsachgerechtenȱFunktionierenȱInnovationenȱnichtȱfördert,ȱsonȬ dernȱsogarȱbehindert.“ȱ(Hauschildt/Salomoȱ2007:ȱ199).ȱOrganisatioȬ nenȱwerdenȱprimärȱgeschaffen,ȱumȱStabilitätȱzuȱgewährleistenȱundȱ nichtȱ umȱ derȱ Flexibilitätȱ Willen.ȱ Insbesondereȱ dieȱ OrganisationsȬȱ undȱ Controllingsystemeȱ könnenȱ latentȱ eineȱ innovationsfeindlicheȱ Funktionȱausüben.ȱInȱöffentlichenȱInstitutionenȱsindȱzudemȱhierarȬ

Merkmale von Innovationen und Innovationsprozessen

3.3

chische,ȱschnittstellenreicheȱundȱzentralistischeȱStrukturenȱweitȱverȬ breitet.ȱ Dieseȱ übenȱ aufȱ denȱ Innovationsprozessȱ einenȱ hemmendenȱ Einflussȱaus.ȱSieȱbehindernȱdieȱfürȱInnovationenȱnotwendigeȱKoorȬ dinationȱüberȱverschiedeneȱBereicheȱundȱAbteilungenȱhinwegȱ(vgl.ȱ Kieserȱ 1986:ȱ 42ȱ ff.)ȱ undȱ bremsenȱ neueȱ Impulseȱ durchȱ fähigeȱ KolleȬ gen.ȱ Möglicheȱ Synergienȱ bleibenȱ ungenutztȱ (vgl.ȱ Blank/Kremerȱ 1999:ȱ 131ȱ f.).ȱ Ähnlicheȱ Aktivitätenȱ sindȱ dannȱ innovationsfördernd,ȱ wennȱ sieȱ eineȱ stimulierendeȱ Konkurrenzȱ ohneȱ Bekämpfungȱ inȱ derȱ eigenenȱInstitutionȱundȱeinȱweiteresȱZusammenarbeitenȱerlauben.ȱ Innovationenȱ entstehenȱinȱ partizipativenȱ Prozessenȱ undȱ könȬ nenȱnichtȱvonȱ„oben“ȱverordnetȱwerden.ȱDieȱamȱInnovationsȬ prozessȱ beteiligtenȱ Personenȱ folgenȱ ihrerȱ Ideeȱ undȱ nichtȱ denȱ gegebenenȱStrukturen.ȱ ȱ Einfacheȱ undȱ dezentralisierteȱ Organisationsstrukturen,ȱ dieȱ aufȱ dieȱ zentralenȱ Werteȱ derȱ Institutionȱ ausgerichtetȱ sind,ȱ begünstigenȱ denȱ Innovationsprozess.ȱ Anȱ diesenȱ könnenȱ sichȱ dieȱ Innovatorenȱ orienȬ tieren.ȱ Eineȱ schnelleȱ Koordinationȱ undȱ Kommunikationȱ zwischenȱ Stellen(Ȭinhabern)ȱ sollteȱ ermöglichtȱ werden,ȱ damitȱ derȱ „InnovatiȬ onsdrang“ȱ nichtȱ gebremstȱ wird.ȱ Innovationenȱ stehenȱ demȱ starkenȱ DepartementalisierungsȬȱundȱAbgrenzungsgedankenȱinȱöffentlichenȱ Institutionenȱdiametralȱentgegenȱ(vgl.ȱMetcalfe/Richardsȱ1990:ȱ61).ȱȱ

3.3

„InnovationsȬ drang“ȱ

Merkmale von Innovationen und Innovationsprozessen

Derȱ Begriffȱ Innovationȱ kannȱ unterschiedlichȱ verstandenȱ werden.ȱ Deshalbȱ sollȱ hierȱ eineȱ inhaltlicheȱ Präzisierungȱ derȱ relevantenȱ MerȬ kmaleȱ desȱ Innovationsbegriffsȱ vorangestelltȱ werden,ȱ bevorȱ unterȬ schiedlicheȱ Innovationsartenȱ undȱ derȱ Ablaufȱ vonȱ InnovationsproȬ zessenȱ erläutertȱ werdenȱ (vgl.ȱ zumȱ Folgendenȱ woȱ nichtȱ andersȱ verȬ merkt:ȱThomȱ1997a;ȱThomȱ1992aȱundȱThomȱ1980).ȱ

3.3.1

Innovation und Innovationsaufgaben

Innovationenȱ könnenȱ alsȱ inȱ derȱ Praxisȱ realisierte,ȱ neueȱ Ideenȱ verȬ standenȱ werden.ȱ Erstȱ dieȱ Umsetzungȱ oderȱ Anwendungȱ vonȱ Ideenȱ (z.ȱT.ȱsogarȱaufȱderȱStufeȱvonȱErfindungen)ȱkennzeichnetȱdieȱeigentȬ licheȱ Innovation.ȱ Innovationenȱ unterscheidenȱ sichȱ zudemȱ deutlichȱ

IdeenȬ umsetzungȱ

131ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

vonȱ demȱ vorherigenȱ Zustand.ȱ Dieseȱ Neuartigkeitȱ mussȱ wahrgeȬ nommenȱwerdenȱkönnen.ȱWieȱstarkȱderȱNeuigkeitseffektȱvonȱInnoȬ vationenȱ seinȱ muss,ȱ hängtȱ vomȱ individuellenȱ InnovationsverständȬ nisȱ ab.ȱ Dieȱ Fachliteraturȱ weistȱ aufȱ dasȱ ursprünglicheȱ Verständnisȱ vonȱInnovationenȱhin,ȱwelchesȱeineȱradikaleȱundȱerheblicheȱVerbesȬ serungȱ verlangt.ȱ Langfristige,ȱ undramatischȱ undȱ inȱ kleinenȱ SchritȬ tenȱ erfolgendeȱ Neuerungenȱ aufgrundȱ kontinuierlicherȱ WeiterentȬ wicklungȱdesȱBestehendenȱkönnenȱaberȱebensoȱalsȱInnovationenȱbeȬ zeichnetȱwerdenȱ(vgl.ȱVahs/Burmesterȱ2005:ȱ43ȱff.).ȱȱ Vierȱdominanteȱ Merkmaleȱ

132ȱ

Innovationenȱ lassenȱ sichȱ anhandȱ vonȱ vierȱ dominantenȱ Merkmalenȱ kennzeichnenȱ (vgl.ȱ Thomȱ 1997a:ȱ 6ȱ f.).ȱ Grundlegendȱ istȱ derȱ NeuigȬ keitsgradȱ(sieheȱdieȱWortherkunftȱausȱdemȱLateinischen:ȱinnovatioȱ=ȱ Erneuerung,ȱ Schaffenȱ vonȱ etwasȱ Neuem).ȱAlsȱ Mindestanforderungȱ gilt,ȱ dassȱ sichȱ derȱ betrachteteȱ Neuerungsprozessȱ erstmaligȱ inȱ derȱ jeweiligenȱöffentlichenȱInstitutionȱvollzieht.ȱMitȱsteigendemȱNeuigȬ keitsgradȱ(z.ȱB.ȱnationaleȱNeuheit,ȱWeltneuheit)ȱwachsenȱdieȱManaȬ gementproblemeȱ undȱRisikenȱ beiȱ Innovationsprozessen.ȱNurȱ weniȬ geȱ neueȱ Ideenȱ werdenȱ zuȱ Innovationen.ȱ Dasȱ Risikoȱ desȱ Scheiternsȱ (dieȱ„Sterblichkeitsquote“)ȱistȱhoch,ȱweilȱesȱnichtȱnurȱeinȱtechnischesȱ Risikoȱgibt,ȱsondernȱauchȱeinȱwirtschaftlichesȱundȱeinȱsoziales.ȱMitȱ letzteremȱ istȱ dieȱ Akzeptanzȱ derȱ Neuerungȱ beimȱ Zielpublikumȱ (Verwaltungsmitarbeitende,ȱ Vorgesetzte,ȱ Kundenȱ usw.)ȱ undȱ inȱ derȱ allgemeinenȱÖffentlichkeitȱgemeintȱ(vgl.ȱdieȱProblemeȱbeiȱderȱKernȬ energieȱundȱderȱGentechnologie).ȱInnovationenȱvollziehenȱsichȱnichtȱ alsȱ isolierteȱ Handlungen.ȱ Sieȱ lassenȱ sichȱ alsȱ eineȱ Abfolgeȱ unterȬ schiedlicherȱ Teilentscheidungenȱ undȱ Ausführungshandlungenȱ beȬ schreiben.ȱDieseȱverlaufenȱkeineswegsȱinȱlinearerȱzeitlicherȱReihenȬ folge.ȱ Teilsȱ erfolgenȱ Einzelaktivitätenȱ parallel,ȱ teilsȱ sequentiell,ȱ woȬ beiȱimmerȱwiederȱRückkoppelungsschleifenȱauftreten.ȱInȱallerȱRegelȱ sindȱ mitȱ Innovationsaktivitätenȱ arbeitsteiligȱ mehrereȱ Personenȱ beȬ traut,ȱdieȱunterschiedlicheȱMerkmaleȱ(z.ȱB.ȱAusbildungsgänge,ȱWerȬ teordnungen)ȱaufweisen.ȱNichtlinearitätȱundȱArbeitsteiligkeitȱgeltenȱ alsȱwichtigeȱUrsachenȱderȱKomplexitätȱvonȱInnovationsprozessen.ȱȱ MitȱsteigenderȱKomplexitätȱwächstȱauchȱdieȱWahrscheinlichkeitȱdesȱ Auftretensȱ vonȱ Konflikten.ȱ Diesȱ hatȱ verschiedeneȱ Ursachen.ȱ ZuȬ nächstȱgehtȱesȱumȱsachlicheȱAuffassungsunterschiede,ȱdieȱbeiȱInnoȬ vationenȱ erwartungsgemäßȱ auftretenȱ undȱ durchausȱ zurȱ Erhöhungȱ derȱ Problemlösungsqualitätȱ beitragenȱkönnen.ȱAusȱihrerȱ jeweiligenȱ Fachpositionȱ heraus,ȱ könnenȱ z.ȱ B.ȱ dieȱ Verantwortlichenȱ derȱ LeisȬ tungserstellung,ȱ derȱ Logistik,ȱ derȱ Finanzabteilungȱ oderȱ dieȱ politiȬ schenȱEntscheidungsträgerȱdieȱErfolgswahrscheinlichkeitȱeinerȱneuȬ enȱ Problemlösungȱ unterschiedlichȱ beurteilen.ȱ Eineȱ sachlicheȱ KonȬ fliktaustragungȱ erhöhtȱ dieȱ Qualitätȱ derȱ definitivenȱ Lösung.ȱ WirtȬ schaftlichȱwenigerȱvorteilhaftȱsindȱdieȱunvermeidlichenȱwertmässigȬ

Merkmale von Innovationen und Innovationsprozessen

3.3

kulturellenȱ oderȱ sozioȬemotionellenȱ Konflikte.ȱ Sieȱ entstehenȱ bspw.ȱ ausȱAngstȱvorȱEntwertungȱdesȱeigenenȱKnowȬhows,ȱderȱjeweiligenȱ beruflichenȱoderȱpolitischenȱPosition,ȱausȱRivalitätȱumȱdieȱ„IdeeneiȬ gentümerschaft“ȱ oderȱ aufgrundȱ vonȱ Auffassungsunterschiedenȱ üȬ berȱ dieȱ staatsrechtliche,ȱ demokratische,ȱ ethischeȱ oderȱ ökologischeȱ Vertretbarkeitȱ vonȱ Innovationen.ȱ Konfliktgefahrenȱ werdenȱ imȱ AllȬ gemeinenȱ mitȱ zunehmendemȱ NeuigkeitsȬȱ undȱ Risikogradȱ einesȱ inȬ novativenȱ Vorhabensȱ verstärkt.ȱ Denȱ Zusammenhangȱ zwischenȱ denȱ vierȱ erläutertenȱ Hauptmerkmalenȱ vonȱ Innovationsaufgabenȱ verȬ deutlichtȱAbbildungȱ19.ȱ

Abbildungȱ19ȱ

VierȱdominanteȱMerkmaleȱvonȱInnovationenȱ(nachȱThomȱ1992a:ȱ7)ȱ Neuigkeitsgrad

Komplexität

+

+

Unsicherheit / Risiko

+ Konfliktgehalt

3.3.2

ȱ

Arten von Innovationen

DieȱKenntnisȱüberȱunterschiedlicheȱInnovationsartenȱistȱimȱZusamȬ menhangȱ mitȱ derȱ Einführungȱ neuerȱ Führungskonzepteȱ vonȱ großerȱ Bedeutung.ȱ Imȱ Folgendenȱ werdenȱ zweiȱ Klassifizierungenȱ zurȱ UnȬ terscheidungȱvonȱInnovationenȱdargestellt.ȱ 3.3.2.1

Politik- und Verwaltungsinnovationen

InnovationenȱlassenȱsichȱzunächstȱhinsichtlichȱderȱSteuerungsebene,ȱ aufȱ derȱ dieȱ Innovationȱ entsteht,ȱ unterscheiden.ȱ PolitikȬȱ bzw.ȱ ProȬ gramminnovationenȱsowieȱVerwaltungsinnovationenȱbildenȱdiesbeȬ züglichȱdieȱbeidenȱunterschiedlichenȱInnovationsrichtungen.ȱ

133ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

PolitikȬ innovationenȱ

Politikinnovationenȱ sindȱ Erneuerungenȱ beiȱ derȱ Politikvorbereitungȱ undȱ Programmformulierung,ȱ welcheȱ ausȱ derȱ Erarbeitungȱ vonȱ GeȬ setzen,ȱVerordnungenȱsowieȱBeschlüssenȱresultieren.ȱDieseȱInnovaȬ tionenȱ dienenȱ direktȱ derȱ Erreichungȱ derȱ oberstenȱ politischenȱ Zieleȱ (Lösungȱ einesȱ politischen,ȱ wirtschaftlichenȱ oderȱ gesellschaftlichenȱ Problems;ȱ Schaffungȱ neuerȱ politischerȱ Standpunkteȱ etc.)ȱ undȱ könȬ nenȱ sowohlȱ vonȱ Mitgliedernȱ desȱ Parlamentsȱ alsȱ auchȱ vonȱ RegieȬ rungsmitgliedernȱkommen.ȱSieȱentstehenȱalsoȱprimärȱaufgrundȱpoliȬ tischerȱInteressen.ȱ

VerwaltungsȬ innovationenȱ

Verwaltungsinnovationenȱ entstehenȱ inȱ ersterȱ Linieȱ aufȱ derȱ Ebeneȱ derȱ betrieblichenȱ Steuerung,ȱ alsoȱ inȱ denȱ Verwaltungsstellenȱ oderȱ anderenȱ Institutionenȱ desȱ öffentlichenȱ Sektors,ȱ undȱ resultierenȱ inȱ verändertenȱ Leistungenȱ undȱ Wirkungen.ȱ Mitȱ VerwaltungsinnovatiȬ onenȱ verbundeneȱ Zieleȱ sindȱ dieȱ Verbesserungȱ derȱ staatlichenȱ LeisȬ tungserbringungȱ zurȱ Erfüllungȱ desȱ gesellschaftlichenȱ oderȱ politiȬ schenȱAuftragsȱoderȱdieȱKundenfreundlichkeitȱderȱVerwaltung.ȱȱ SowohlȱPolitikȬȱalsȱauchȱVerwaltungsinnovationenȱkönnenȱstrategiȬ scheȱBedeutungȱerlangen.ȱInȱdiesemȱFallȱtragenȱsieȱzurȱgrundsätzliȬ chenȱVeränderungȱdesȱZwecksȱeinerȱInstitutionȱundȱihrerȱbisherigenȱ Kernaufgabenȱ beiȱ (vgl.ȱ Mooreȱ 1995:ȱ 232ȱ ff.).ȱ Dieȱ Eigenheitȱ bestehtȱ darin,ȱdassȱzugleichȱPolitikȬȱundȱVerwaltungsinnovationenȱnotwenȬ digȱ sind,ȱ sofernȱ sieȱ wirklichȱ zumȱ Durchbruchȱ kommenȱ sollen.ȱ Fürȱ dieȱ staatlicheȱ Wohneigentumsförderungȱ kannȱ diesȱ bspw.ȱ eineȱ AbȬ kehrȱvonȱderȱSubventionierungȱvonȱMieteigentumȱzurȱFinanzierungȱ andererȱ Wohnformenȱ bedeutenȱ oderȱ imȱ Rahmenȱ derȱ VerbrechensȬ präventionȱ eineȱ Fokussierungȱ derȱAktivitätenȱ aufȱSchulen,ȱ JugendȬ vereineȱundȱElternhäuser.ȱȱ 3.3.2.2

Produkt-, Verfahrens- und soziale Innovationen

Dieȱ Verwaltungsinnovationenȱ sindȱ ausȱ derȱ Perspektiveȱ desȱ Publicȱ Managementsȱ wesentlichȱ fürȱ eineȱ Neuorientierungȱ staatlicherȱ OrȬ ganisationen.ȱ Wirdȱ eineȱVerwaltungseinheitȱ alsȱ eineȱ Institutionȱ mitȱ ähnlichenȱ Merkmalenȱ wieȱ eineȱ Unternehmungȱ betrachtet,ȱ dannȱ istȱ dieȱ Übertragungȱ derȱ Klassifizierungȱ vonȱ Innovationsartenȱ ausȱ derȱ BetriebswirtschaftlehreȱauchȱaufȱdenȱöffentlichenȱBereichȱnützlich.ȱȱ ProduktȬ innovationenȱ

134ȱ

Produktinnovationenȱ sindȱ Neuerungenȱ zurȱ Erreichungȱ desȱ SachȬ zielsȱ einerȱ Verwaltungseinheit.ȱ Jeȱ nachȱ Tätigkeitsbereichȱ kannȱ esȱ sichȱdabeiȱumȱProdukteȱoderȱDienstleistungen,ȱdieȱanȱandereȱInstiȬ tutionenȱ innerȬȱ undȱ außerhalbȱ derȱ Verwaltungȱ weitergegebenȱ werȬ den,ȱhandeln.ȱSieȱverfolgenȱinȱersterȱLinieȱdieȱZieleȱderȱNachfrageȬ steigerungȱoderȱderȱerhöhtenȱNachfragerzufriedenheit.ȱDieȱimȱRahȬ menȱderȱVerwaltungsreformenȱausgelöstenȱProduktdefinitionenȱbieȬ

Merkmale von Innovationen und Innovationsprozessen

3.3

tenȱ eineȱ sehrȱ guteȱAusgangslageȱfürȱNeuerungenȱ imȱ ProduktȬȱundȱ Leistungsbereich.ȱ Dieȱ starkeȱ Belastungȱ undȱ derȱ plötzlicheȱ GestalȬ tungsdruckȱ durchȱ denȱ aufgestautenȱ Reformbedarfȱ verhindernȱ oftȱ aberȱechteȱNeuerungen.ȱImȱNormalfallȱwerdenȱbisherigeȱStrukturenȱ umbenanntȱ undȱ einȱ unveränderterȱ Leistungskatalogȱ wirdȱ angeboȬ ten.ȱ Dort,ȱ woȱ jedochȱ einȱ Kulturwandelȱ dieȱ Bedeutungȱ kundengeȬ rechterȱProdukteȱundȱDienstleistungenȱsteigert,ȱsindȱoftȱgroßeȱInnoȬ vationspotenzialeȱersichtlichȱundȱrealisierbarȱ(vgl.ȱFallstudieȱEidgeȬ nössischesȱInstitutȱfürȱGeistigesȱEigentumȱIGE).ȱ Beiȱ VerfahrensȬȱ oderȱ Prozessinnovationenȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ dieȱ Umsetzungȱ neuartigerȱ Ideenȱ imȱ Prozessȱ derȱ Leistungserstellung.ȱ Wieȱ verändertȱ sichȱ bspw.ȱ derȱ Ablaufȱ einerȱ Gesetzesvorbereitung,ȱ dieȱZusammenarbeitȱmehrererȱAbteilungenȱinnerhalbȱeinesȱMinisteȬ riumsȱundȱzwischenȱKommunenȱoderȱdieȱHerstellungȱundȱVerbreiȬ tungȱvonȱamtlichenȱDokumenten?ȱDieȱmitȱVerfahrensȬȱoderȱProzessȬ innovationenȱ verbundenenȱ Zieleȱ könnenȱ inȱ ProduktivitätssteigeȬ rungen,ȱRessourceneinsparungenȱoderȱderȱErhöhungȱderȱSicherheitȱ liegen.ȱ

VerfahrensȬ innovationenȱ

Alsȱ sozialeȱ Innovationenȱ werdenȱ neueȱ Entwicklungenȱ imȱ HumanȬ bereichȱderȱstaatlichenȱInstitutionȱbezeichnet.ȱDabeiȱkannȱesȱsichȱumȱ Neuerungenȱ fürȱ Individuenȱ (Personalauswahl,ȱ PersonalentwickȬ lung,ȱ Personalerhaltungȱ usw.)ȱ handelnȱ oderȱ umȱ dieȱ Realisierungȱ neuerȱ Ideen,ȱ welcheȱ sichȱ aufȱ dasȱ Beziehungsgefügeȱ zwischenȱ denȱ Organisationsmitgliedernȱ auswirkenȱ (Maßnahmenȱ derȱ OrganisatiȬ onsentwicklungȱundȱneueȱKooperationsȬȱundȱFührungsformen).ȱSieȱ dienenȱ u.ȱ a.ȱ derȱ Erhaltungȱ undȱ Steigerungȱ derȱ ArbeitsmarktfähigȬ keitȱ derȱ Mitarbeiterȱ sowieȱ derȱ Erhöhungȱ derȱAttraktivitätȱ aufȱ demȱ Arbeitsmarkt.ȱ

Sozialeȱ Innovationenȱ

ZwischenȱdenȱdreiȱgenanntenȱInnovationsartenȱkönnenȱWechselbeȬ ziehungenȱbestehen,ȱz.ȱB.ȱinȱderȱWeise,ȱdassȱeineȱProduktinnovationȱ eineȱ Verfahrensinnovationȱ (z.ȱ B.ȱ elektronischeȱ VorgangsbearbeiȬ tung)ȱ erforderlichȱ machtȱ undȱ parallelȱ dazuȱ eineȱ Sozialinnovationȱ entstehtȱ(z.ȱB.ȱneuesȱBerufsbild).ȱ

3.3.3

Ablauf von Innovationsprozessen

AlsȱweiteresȱElementȱfürȱdasȱbessereȱVerständnisȱvonȱInnovationenȱ bedarfȱ esȱ derȱ Gliederungȱ derȱ Innovationsentstehungȱ inȱ Phasen.ȱ Inȱ derȱbetrieblichenȱRealitätȱlassenȱsichȱvieleȱFormenȱderȱPhasenunterȬ teilungȱnachweisen.ȱAnȱdieserȱStelleȱgehtȱesȱumȱdieȱprinzipielleȱProȬ zesslogik,ȱdieȱimȱEinzelfallȱdurchȱRückkoppelungsschleifenȱundȱPaȬ rallelaktivitätenȱüberlagertȱwirdȱ(vgl.ȱauchȱPraxisfensterȱNr.ȱ5).ȱ

135ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

Inventionȱundȱ Innovationȱ

AufgrundȱderȱUnterscheidungȱzwischenȱInventionȱ(neueȱIdee)ȱundȱ Innovationȱ (realisierteȱ Idee)ȱ dürfteȱ esȱ unmittelbarȱ einsichtigȱ sein,ȱ dassȱeinȱInnovationsprozessȱmindestensȱzweiphasigȱist:ȱIdeengeneȬ rierungȱundȱIdeenrealisierung.ȱDieseȱEinteilungȱbleibtȱjedochȱfürȱeiȬ neȱAnalyseȱnochȱzuȱgrob,ȱdaȱdieȱzwischengeschalteteȱEntscheidungȱ überȱdieȱAnnahmeȱderȱneuenȱIdeenȱnichtȱgebührendȱbeachtetȱwird.ȱ Inȱdieserȱ(unternehmensȬ)politischȱsehrȱwichtigenȱPhaseȱderȱIdeenȬ akzeptierungȱvollziehtȱsichȱdieȱPrüfungȱderȱIdeenȱ(z.ȱB.ȱausȱdenȱPerȬ spektivenȱ derȱ Marktchancen,ȱ derȱ politischenȱAkzeptanz,ȱ derȱ interȬ nenȱ Ressourcenlageȱ oderȱ inȱ rechtlicherȱ undȱ technischerȱ Hinsicht).ȱ DieseȱPhaseȱhatȱeineȱentscheidendeȱBedeutungȱimȱöffentlichenȱSekȬ tor,ȱ daȱ neueȱ Ideenȱ oftȱ aufgrundȱ derȱ fehlendenȱ politischenȱ AkzepȬ tanzȱ inȱ Regierungȱ undȱ Parlamentȱ scheitern.ȱ Fürȱ dieȱ erfolgverspreȬ chendstenȱ Variantenȱ werdenȱ danachȱ Realisationspläneȱ erstellt.ȱ Durchȱ eineȱ echteȱ Führungsentscheidungȱ erfolgtȱ schließlichȱ dieȱ AuswahlȱderȱnützlichstenȱVariante.ȱ

IdeenȬ generierungȱ

Dieȱ Ideengenerierungȱ alsȱ ersteȱ Hauptphaseȱ umfasstȱ alsȱ eineȱ derȱ TeilaktivitätenȱzunächstȱdieȱSuchfeldbestimmung.ȱEsȱistȱwirtschaftȬ lichȱ unsinnig,ȱ wahllosȱ Ideenȱ zuȱ produzieren,ȱ derenȱ Bezugȱ zuȱ denȱ VerwaltungszielenȱundȱȬstrategienȱnichtȱerkennbarȱist.ȱDieȱKonzenȬ trationȱ aufȱ vorhandeneȱ oderȱ realistischȱ erwerbbareȱ KernkompetenȬ zenȱ istȱ nachhaltigȱ zuȱ empfehlen.ȱ Dieȱ kreativsteȱ Detailphaseȱ innerȬ halbȱderȱIdeengenerierungȱsollȱmitȱ„Ideenfindung“ȱbezeichnetȱwerȬ den.ȱ Zwischenȱ demȱ Findenȱ einerȱ Ideeȱ undȱ ihremȱ formgerechtenȱ undȱ aufmerksamkeitsförderndenȱ Vorschlagȱ anȱ dieȱ zuständigenȱ InȬ stanzenȱ innerhalbȱ einesȱ Verwaltungssystemsȱ könnenȱ bedeutendeȱ Barrierenȱ (z.ȱ B.ȱ Artikulationsprobleme,ȱ Angstȱ vorȱ materiellenȱ undȱ immateriellenȱ Nachteilen,ȱ unzureichendeȱ innereȱ Antriebskraft)ȱ lieȬ gen.ȱ Dieseȱ giltȱ esȱ mitȱ Hilfeȱ angemessenerȱ personalwirtschaftlicherȱ Führungsinstrumenteȱ(vgl.ȱKapitelȱ6.6)ȱzuȱüberwinden.ȱ

IdeenȬ realisierungȱ

Inȱ derȱ letztenȱ Phaseȱ derȱ Ideenrealisierungȱ stehtȱ dieȱ ImplementieȬ rungȱdesȱ„angenommenenȱInnovationsplans“ȱimȱVordergrund.ȱDiesȱ schließtȱweitereȱkreativeȱAktivitätenȱkeineswegsȱaus.ȱDieȱDetailphaȬ seȱ„konkreteȱVerwirklichungȱderȱneuenȱIdee“ȱverlangtȱbspw.ȱdurchȬ ausȱ Einfallsreichtum.ȱ Kommunikativeȱ Fähigkeitenȱ sindȱ v.ȱa.ȱ inȱ derȱ Teilphaseȱ„AbsatzȱderȱneuenȱIdeenȱanȱAdressaten“ȱgefordert.ȱLetzȬ tereȱ befindenȱ sichȱ beiȱ SozialȬȱ undȱ Prozessinnovationȱ innerhalbȱ derȱ Verwaltung,ȱ währendȱ sieȱ beiȱ Produktinnovationenȱ aufȱ demȱ exterȬ nenȱGüterȬȱundȱLeistungsmarkt,ȱaberȱinsbesondereȱimȱgesamtenȱpoȬ litischenȱ Prozessȱ zuȱ identifizierenȱ undȱ zuȱ überzeugenȱ sind.ȱ Dieseȱ Überzeugungsaktivitätenȱ sindȱ ebensoȱ beiȱ staatlichenȱ Leistungenȱ ohneȱ explizitenȱ Marktȱ aberȱ mitȱ externenȱ Leistungsempfängernȱ erȬ forderlich.ȱ Dieȱ Überzeugungȱ derȱ Adressatenȱ istȱ imȱ Vergleichȱ zurȱ PrivatwirtschaftȱimȱöffentlichenȱSektorȱvielȱschwieriger.ȱDerȱInnovaȬ

136ȱ

Merkmale von Innovationen und Innovationsprozessen

3.3

tionsprozessȱistȱ hierȱ wenigerȱ aufȱeindeutigeȱ Zielgruppenȱ zuȱfokusȬ sierenȱ undȱ stärkerȱ abhängigȱ vonȱ derȱ Fähigkeit,ȱ Unterstützungȱ anȱ vielenȱ unterschiedlichenȱ Ortenȱ imȱ politischenȱ undȱ verwaltungsorȬ ganisatorischenȱ Gefügeȱ mobilisierenȱ zuȱ könnenȱ (vgl.ȱ MetcalȬ fe/Richardsȱ1990:ȱ67).ȱȱ MancheȱInnovationȱfandȱ(imȱerstenȱAnlauf)ȱnurȱdeshalbȱAkzeptanz,ȱ weilȱ fürȱ dieȱ Pilotgruppeȱ dieȱ denkbarȱ günstigstenȱ Bedingungenȱ geȬ schaffenȱwurdenȱ(z.ȱB.ȱSonderbezugskonditionenȱfürȱdieȱAbnehmer,ȱ Erprobungȱ desȱ Leistungslohnesȱ mitȱ einerȱ innerbetrieblichenȱ LeisȬ tungselite).ȱ Daherȱ istȱ eineȱ „Akzeptanzprüfung“ȱ erforderlich,ȱ wennȱ einȱgewisserȱAbstandȱzumȱ„Premieretermin“ȱvorliegt.ȱBeiȱpositivemȱ Prüfungsergebnisȱ undȱ geglückterȱ Einführungȱ kannȱ endgültigȱ vonȱ einerȱgelungenenȱInnovationȱausgegangenȱwerden.ȱȱȱ

AkzeptanzȬ kontrolleȱ

Abbildungȱ20ȱzeigtȱabschließendȱdieȱidealtypischenȱHauptȬȱundȱDeȬ tailphasenȱdesȱInnovationsprozesses.ȱDasȱPhasenkonzeptȱgiltȱfürȱalȬ leȱ Innovationsarten,ȱ dieȱ ihrerseitsȱ jeweilsȱ alleȱ vierȱ Hauptmerkmaleȱ vonȱInnovationsaufgabenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ19)ȱaufweisen.ȱ

Abbildungȱ20ȱ

AblaufȱvonȱInnovationsprozessenȱ(nachȱThomȱ1992a:ȱ9)ȱ Ideengenerierung Ideenfindung

Suchfeldbestimmung Ideenvorschlag

Ideenakzeptierung Erstellung von Realisationsplänen

Prüfung der Ideen

Entscheidung für einen zu realisierenden Plan

Ideenrealisierung Konkrete Verwirklichung der neuen Ideen

Absatz der neuen Ideen an Adressaten Akzeptanzkontrolle

ȱ

137ȱ

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

3

Praxisfenster Nr. 5: Die Innovationsstrategie des Saarlandes: Vision – Konzeption - Umsetzung

ȱ Dr.ȱChristianȱEgeȱ Staatssekretärȱimȱȱ MinisteriumȱfürȱWirtschaftȱ undȱArbeitȱdesȱSaarlandes,ȱ Saarbrückenȱ

1. Ausgangslage Gute Ideen gibt es viele in Deutschland und Europa. Aber nur erfolgreich auf dem Markt umgesetzte Ideen werden zu Innovationen und schaffen neue Werte und Wachstum. In Deutschland werden rund 2,5 % des Bruttoinlandsproduktes in Forschung und damit in die Entwicklung guter Ideen investiert. Doch die Umsetzung von Innovationen hängt von motivierten und patenten Entrepreneuren und Mitarbeitern genauso ab wie von der Markteignung, der Geschwindigkeit, mit der sie sich im Wettbewerb durchsetzen können, und der Risikobereitschaft von Investoren und Finanzinstitutionen, die Realisierung von Innovationen zu finanzieren. Insbesondere in den Kettenwirkungen zwischen Bildung, Forschung und Wirtschaft liegen die Potenziale für neue Wertschöpfung und damit zur Sicherung des Wohlstands. Dieser Zusammenhang ist gerade für die Wettbewerbsfähigkeit von Regionen und Ländern interessant. Denn wer im heute international stattfindenden Standortwettbewerb positiv herausragen will, muss Ressourcen auf den Ausbau seiner Stärken konzentrieren, aussichtsreiche Nischen besetzen und für diese ein funktionierendes Innovationsund Transfersystem bereithalten. Diesen Weg hat die saarländische Landesregierung mit der "Innovationsstrategie für das Saarland" im Jahr 2001 eingeschlagen und zur zentralen Gestaltungs- und Zukunftsaufgabe gemacht.

2. Umsetzungsprozess Die Umsetzung der Innovationsstrategie ist ein langfristiger Prozess, der sich über zwei bis drei Legislaturperioden erstreckt. Bis ins Jahr 2010 wird die Innovationsstrategie dazu beitragen, das gesteckte Ziel von 60.000 neuen Arbeitsplätzen im Saarland zu erreichen. Die über 80 infrastrukturellen, gesetzlichen und organisatorischen Projekte stärken systematisch die Kompetenzen des Saarlandes. Cluster sind dabei das Kernelement der Innovationsstrategie und bilden eine Wertschöpfungskette aus den vier Teilbereichen Bildung, Forschung, Gründungen und Unternehmen. Informationstechnologie, Nanobiotechnologie, Automotive, Logistik, Zukunftsenergie und Wissen gelten als die aussichtsreichsten Kompetenzfelder der Region, für die ein Clustermanagement jeweils die Koordination der Clusterentwicklung übernimmt. Parallel zur Clusterbildung zielen die Projekte der Innovationsstrategie darauf ab, Rahmenbedingungen zu verbessern, die Hochschulen zu modernisieren, die Forschungskompetenz zu erhöhen, die Gründungsrate zu stei-

138ȱ

Merkmale von Innovationen und Innovationsprozessen

3.3

gern, qualifizierte Arbeitskräfte anzuwerben und an den Standort zu binden sowie die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Die Projektsteuerung erfolgt vornehmlich in Kooperationen. Auf Seite der Landesregierung arbeiten die Ministerien für Wirtschaft und Arbeit sowie Bildung, Kultur und Wissenschaft eng zusammen. Alle acht Wochen treffen sich die zuständigen Minister mit dem Ministerpräsidenten und seinem Innovationsbeauftragten, beraten und verfolgen den Fortgang des Innovationsprozesses. Innovation ist Chefsache!

3. Ergebnisse Durch die Cluster und die damit verbundene enge Vernetzung der Akteure gelingt es zunehmend, wissenschaftliche Neuentwicklungen auf kurzem Wege in die Wirtschaft einzuspielen und in marktreife Produkte und Dienstleistungen umzuwandeln. Beispielhaft für die Clusterentwicklung ist das Kompetenznetzwerk NanoBioNet, für welches das Saarland 2004 im Wettbewerb „Regionale Innovation in Europa“ als einzige deutsche Region von der EU mit einem ersten Preis ausgezeichnet wurde. Das Saarland wird inzwischen als interessanter und innovativer Standort auch über Deutschlands Grenzen hinaus wahrgenommen. Nicht nur der deutliche Aufstieg des Saarlandes in den Standortrankings der Bertelsmann-Stiftung oder der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, sondern auch das überdurchschnittliche Wirtschaftswachstum des Saarlandes seit 1999 zeigen: das Land ist im Innovationsprozess große Schritte vorangekommen. Im Innovationswettbewerb schlägt Geschwindigkeit Größe. Informationen und Download der Innovationsstrategie gibt es auf der Homepage des Saarlandes (vgl. Saarland 2005, www.innovation.saarland.de).

ȱ

139ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

3.4

Instrumente des Innovationsmanagements

InnovativeȱIdeenȱentstehenȱdurchȱErfahrungenȱundȱWissenȱausȱunȬ terschiedlichenȱ Bereichen,ȱ dieȱ inȱ geeigneterȱ Weiseȱ durchȱAssoziatiȬ on,ȱ Abstraktionȱ undȱ Kombinationȱ vonȱ (teilweise)ȱ bekanntenȱ EleȬ mentenȱ zuȱ neuenȱ Problemlösungsansätzenȱ führenȱ (Geschkaȱ 1986:ȱ 184).ȱ Diesesȱ Kapitelȱ widmetȱ sichȱ nunȱ derȱ Frage,ȱ wieȱ solcheȱ ErfahȬ rungenȱ zusammengebrachtȱ werdenȱ könnenȱ undȱ werȱ anȱ kreativenȱ Prozessenȱ beteiligtȱ ist,ȱ indemȱ aufȱ unterschiedlicheȱ Instrumenteȱ zurȱ Ideenfindungȱeingegangenȱwird.ȱDerȱFokusȱliegtȱdabeiȱaufȱderȱGeȬ nerierungȱ vonȱ Verwaltungsinnovationen.ȱ Grundsätzlichȱ lassenȱ sichȱ zweiȱ Kategorienȱ zurȱ inȱ Abbildungȱ 21ȱ dargestelltenȱ Einteilungȱ derȱ Innovationsinstrumenteȱunterscheidenȱ.ȱ

Abbildungȱ21ȱ

AusgewählteȱInnovationsinstrumenteȱȱimȱöffentlichenȱSektorȱ • Betriebliches Vorschlagswesen

• Fachgruppen • Beiratstätigkeiten

• Qualitätszirkel

• Bürgerbeteiligung • Öffentliches Vorschlagswesen

• Benchmarking

• Mängelmanagement • Befragungen

Verwaltungsextern

Ressourcenȱfürȱ Ideenȱ

140ȱ

• Kontinuierlicher Verbesserungsprozess

• Kreativitätstechniken

Verwaltungsintern

ȱ

VerwaltungsexterneȱInstrumenteȱbeziehenȱdieȱIdeenressourcenȱz.ȱB.ȱ vonȱParlamentsmitgliedern,ȱKunden,ȱBürgern,ȱLieferantenȱundȱKoȬ operationspartnernȱ ein.ȱ Verwaltungsinterneȱ Instrumenteȱ bedienenȱ sichȱ derȱ Erfahrungenȱ undȱ desȱ Wissensȱ derȱ Verwaltungsmitglieder.ȱ Jeȱ nachȱ Bezugspunktȱ kommenȱ andereȱ Technikenȱ derȱ Ideenfindungȱ zumȱ Einsatz.ȱ Imȱ Folgendenȱ werdenȱ ausgewählteȱ Instrumenteȱ desȱ Innovationsmanagementsȱ (v.ȱa.ȱ zurȱ Ideengenerierung)ȱ kurzȱ dargeȬ

Instrumente des Innovationsmanagements

3.4

stelltȱ undȱ dieȱ Bürgerbefragungȱ alsȱ einȱ verwaltungsexternesȱ InstruȬ mentȱdesȱInnovationsmanagementsȱausführlichȱpräsentiert.ȱ

3.4.1

Verwaltungsexterne Innovationsinstrumente

3.4.1.1

Fachgruppen

Publicȱ Managementȱ fordertȱ dieȱ Konzentrationȱ desȱ ParlamentsbeȬ triebsȱ aufȱ dasȱ Wesentliche.ȱ Neuerungenȱ imȱ Zusammenhangȱ mitȱ demȱ Verwaltungshandelnȱ ausfindigȱ zuȱ machen,ȱ gehörtȱ zwarȱ nichtȱ direktȱinȱdenȱAufgabenbereichȱdesȱParlamentsȱundȱkannȱunterȱUmȬ ständenȱgegenȱdasȱPrinzipȱderȱGewaltenteilungȱverstoßen,ȱdochȱzurȱ Innovationsförderungȱ kannȱ eineȱ punktuelleȱ Zusammenarbeitȱ sehrȱ hilfreichȱ sein.ȱ Dieȱ Einführungȱ ständigerȱ Fachkommissionenȱ innerȬ halbȱ derȱ schweizerischenȱ Bundesversammlungȱ imȱ Jahreȱ 1991ȱ undȱ dieȱgegenwärtigȱgleicheȱEntwicklungȱbeiȱdenȱkantonalenȱParlamenȬ tenȱ tragenȱ vielȱ zurȱ Stärkungȱ desȱ Parlamentsȱ beiȱ (vgl.ȱ NEFȱ 2002).ȱ DadurchȱerhältȱdieȱLegislativeȱdieȱMöglichkeit,ȱdasȱFachwissenȱundȱ dieȱ Erfahrungenȱ derȱ Parlamentarierȱ zuȱ akkumulieren.ȱ Mastronardiȱ folgerteȱdaraus,ȱdassȱdiesȱzuȱeinemȱhäufigerȱaktivȱgestaltendenȱundȱ eingreifendenȱ Parlamentȱ führteȱ (vgl.ȱ Mastronardiȱ 1998:ȱ 73ȱ f.).ȱ Dieȱ Kombinationȱ solcherȱ Gremienȱ mitȱ denȱ Entscheidungsträgernȱ ausȱ derȱ Verwaltungȱ erhältȱ eineȱ zusätzlicheȱ Innovationskraft.ȱ Diesȱ kannȱ einerseitsȱ durchȱ denȱ Beizugȱ vonȱ Verwaltungsvertreternȱ inȱ dieȱ parȬ lamentarischenȱKommissionen,ȱandererseitsȱdurchȱdenȱEinsatzȱvonȱ Politikernȱ inȱ EntscheidungsȬȱ undȱ Aufsichtsgremienȱ derȱ staatlichenȱ Institutionenȱ oderȱ durchȱ Mitwirkungȱ inȱ fachspezifischenȱ Gruppenȱ geschehen.ȱ Innovationsförderlichȱ sindȱ solcheȱ Alternativenȱ jedochȱ nur,ȱwennȱdieȱoftȱstarkȱparteipolitischȱgeprägteȱPositionȱinȱdenȱHinȬ tergrundȱ undȱ derȱ gegenseitigeȱ Austauschȱ vonȱ Wissenȱ undȱ ErfahȬ rungenȱ beiȱ derȱ Sucheȱ nachȱ neuenȱ Lösungenȱ inȱ denȱ Vordergrundȱ tritt.ȱ 3.4.1.2

Parlament

Beiratstätigkeiten

EineȱintensivereȱFormȱderȱZusammenarbeitȱmitȱRätenȱoderȱBürgernȱ undȱ Kundenȱ bietetȱ dieȱ Einbindungȱ inȱ BeiratsȬ,ȱ SteuerungsȬȱ oderȱ Aufsichtsratsgremienȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ (vgl.ȱ Hillȱ 1997b:ȱ 33ȱ f.).ȱ Dadurchȱ kannȱ Fachwissenȱ ausȱ derȱ Gesellschaftȱ ohneȱ ÜbertraȬ gungȱ einesȱ politischenȱ Amtesȱ anȱ denȱ Betroffenenȱ genutztȱ werden.ȱ Solcheȱ Tätigkeiten,ȱ welcheȱ dieȱ Übernahmeȱ gesellschaftlicherȱ VerȬ antwortungȱinȱKombinationȱmitȱberufsspezifischemȱKnowȬhowȱundȱ kundenseitigenȱ Erfahrungenȱ ermöglichen,ȱ könnenȱ fürȱ Bürgerȱ attȬ

Fachwissenȱderȱ Gesellschaftȱ

141ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

raktivȱundȱsinngebendȱseinȱ(vgl.ȱFallstudieȱEidgenössischesȱInstitutȱ fürȱGeistigesȱEigentumȱIGE).ȱ 3.4.1.3 KundenȬ bedürfnisseȱ

Bürgerbeteiligung

DieȱAusrichtungȱvonȱInnovationenȱaufȱdieȱBedürfnisseȱderȱKundenȱ istȱ einȱ äußerstȱ wichtigerȱ Faktorȱ fürȱ denȱ Innovationserfolgȱ vonȱ UnȬ ternehmungenȱ(vgl.ȱHauschildt/Salomoȱ2007:ȱ256ȱff.).ȱÄhnlichȱdürfȬ teȱ esȱ sichȱ grundsätzlichȱ mitȱ Leistungenȱ desȱ öffentlichenȱ Bereichsȱ verhalten,ȱ siehtȱ manȱ zunächstȱ einmalȱ vonȱ demȱ Problemȱ ab,ȱ dassȱ dortȱderȱNutzenȱfürȱdieȱLeistungsempfängerȱnichtȱimmerȱsoȱeinfachȱ erfassbarȱistȱ(z.ȱB.ȱbeimȱFreiheitsentzug).ȱMöglichkeitenȱzurȱKombiȬ nationȱ unterschiedlichenȱ Wissensȱ undȱ vonȱ Erfahrungenȱ zurȱ ProbȬ lemlösungȱbietetȱauchȱhierȱdieȱKooperationȱderȱöffentlichenȱInstituȬ tionȱmitȱihrenȱAnspruchsgruppen.ȱ BeiȱderȱBürgerbeteiligungȱwirdȱdieȱstaatlicheȱAutoritätȱnichtȱnurȱzurȱ Problemlösungȱ benutzt.ȱ Sieȱ wirdȱ vielmehrȱ dahingehendȱ erweitert,ȱ dassȱ sieȱ geeigneteȱ Rahmenbedingungenȱ schafft,ȱ damitȱ Bürgerȱ anȱ denȱ sieȱ gemeinsamȱ betreffendenȱ Problemlösungenȱ optimalȱ mitwirȬ kenȱkönnen.ȱDiesȱbedeutetȱeineȱAbkehrȱvomȱPrinzip,ȱdassȱdieȱVerȬ waltungȱ„ihr“ȱGeschäftȱamȱbestenȱversteheȱsowieȱvonȱungeeignetenȱ autoritärenȱ (nichtȬpartizipativen)ȱ Lösungsansätzenȱ fürȱ gesamtgeȬ sellschaftlicheȱProblembereicheȱ(vgl.ȱMooreȱ1995:ȱ179ȱff.).ȱ

Bürgergruppenȱ

Nebenȱ denȱ eherȱ schwerfälligenȱ InitiativȬȱ undȱ Referendumsrechtenȱ (vgl.ȱ zurȱ Schweizȱ Linderȱ 2005:ȱ 260ȱ ff.)ȱ kannȱ dieȱ Bürgerbeteiligungȱ eineȱschnelleȱundȱwirkungsvolleȱArtȱzurȱBedürfniserfassungȱbeiȱdenȱ AnspruchsgruppenȱundȱzurȱInnovationsgenerierungȱinȱderȱVerwalȬ tungȱ darstellen.ȱ Bereitsȱ inȱ denȱ 1960erȱ Jahrenȱ wurdeȱ diesesȱ InstruȬ mentȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Verwaltungsreformenȱ inȱ denȱ USAȱ aufgegrifȬ fen,ȱ daȱ dasȱ moderneȱ Staatswesenȱ zuȱ komplexȱ gewordenȱ warȱ undȱ sowohlȱ Abstimmungsverfahrenȱ alsȱ auchȱ dieȱ Möglichkeitenȱ derȱ VolksvertreterȱnichtȱmehrȱzurȱSteuerungȱausreichtenȱ(vgl.ȱAltshulerȱ 1997:ȱ 53ȱ ff.).ȱ Bürgergruppenȱ mitȱ spezifischenȱ undȱ problemrelevanȬ tenȱ Interessenȱ oderȱ Werthaltungenȱ werdenȱ demnachȱ regelmäßigȱ währendȱ derȱ Entscheidungsfindungȱ oderȱ zurȱ GesetzesȬȱ bzw.ȱ ProȬ grammausarbeitungȱbeigezogen.ȱȱ Dieȱ Bürgerbeteiligungȱ bietetȱ demȱ Einzelnenȱ inȱ einemȱ beȬ grenztenȱRahmenȱechteȱMitwirkungsmöglichkeitenȱinȱGebieȬ ten,ȱ dieȱ ihnȱ persönlichȱ interessieren,ȱ undȱ ermöglichtȱ soȱ eineȱ Kombinationȱ vonȱ Individualverantwortungȱ undȱ sozialerȱ VerȬ antwortungsübernahmeȱ(vgl.ȱHillȱ1997b:ȱ101ȱff.).ȱȱ ȱ

142ȱ

Instrumente des Innovationsmanagements

Imȱ Rahmenȱ derȱ Bürgerbeteiligungȱ existierenȱ verschiedeneȱ InstruȬ menteȱ zurȱ Einbindungȱ derȱ Bürger.ȱ ProblemlösungsȬȱ oderȱ ProjektȬ gruppenȱ widmenȱ sichȱ derȱ Überarbeitung,ȱ Qualitätsverbesserung,ȱ undȱ Weiterentwicklungȱ aberȱ auchȱ allfälligenȱ Auslagerungenȱ vonȱ Produktenȱ undȱ Leistungenȱ derȱ öffentlichenȱ Institution.ȱ Ebenfallsȱ möglichȱsindȱöffentlicheȱForenȱi.ȱS.ȱeinerȱBürgerberatung.ȱDieȱdirekȬ teȱ Konfrontationȱ mitȱ Problembereichen,ȱ welcheȱ dieȱ Bürgerȱ speziȬ fischȱ betreffen,ȱ bietetȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ unterschiedlicheȱ Ansichtenȱ undȱ Lösungsansätzeȱ anzuhören.ȱ Dasȱ Zielȱ ist,ȱ dassȱ derȱ Einzelneȱ inȱ seinȱBildȱ„öffentlicherȱWertschöpfung“ȱdieȱAnsichtenȱandererȱintegȬ rierenȱundȱsoȱeinȱsozialerȱLernprozessȱimȱöffentlichenȱBereichȱstattȬ findenȱkannȱ(vgl.ȱMooreȱ1995:ȱ180ȱff.).ȱAmȱbestenȱeignetȱsichȱdieserȱ Ansatzȱ zurȱ Innovationsgenerierung,ȱ wennȱ eineȱ professionelleȱ MoȬ derationȱinȱAnspruchȱgenommenȱwird,ȱdieȱverbindlicheȱSpielregelnȱ aufstelltȱ(sieheȱauchȱdieȱRegelnȱbeiȱKreativitätstechniken).ȱ

3.4 Öffentlicheȱ Forenȱundȱ Bürgerberatungȱ

Dieȱ Bürgerbeteiligungȱ trägtȱ entscheidendȱ zurȱ Findungȱ innoȬ vativerȱ Lösungsansätzeȱ fürȱ gesellschaftlicheȱ Problemeȱ bei,ȱ undȱ zwarȱ durchȱ denȱ Einbezugȱ derer,ȱ dieȱ amȱ ProblemgegenȬ standȱ interessiertȱ undȱ davonȱ betroffenȱ sindȱ sowieȱ zurȱ LöȬ sungsfindungȱaufgrundȱihrerȱpersönlichenȱKompetenzenȱbeiȬ tragenȱkönnen.ȱ 3.4.1.4

Öffentliches Vorschlagswesen

Imȱ Gegensatzȱ zumȱ Betrieblichenȱ Vorschlagswesenȱ (BVW),ȱ dasȱ inȱ ähnlicherȱFormȱinnerhalbȱderȱöffentlichenȱInstitutionenȱAnwendungȱ findet,ȱsollenȱbeimȱÖffentlichenȱVorschlagswesenȱ(ÖVW)ȱIdeenȱundȱ Verbesserungsvorschlägeȱ derȱ Bürgerȱ undȱ Bürgerinnenȱ aufgenomȬ menȱwerden.ȱDieȱAufforderungȱzurȱVorschlagseinreichungȱkannȱreȬ gelmäßigȱoderȱaufgrundȱeinesȱEreignissesȱeinmaligȱundȱthemenbeȬ zogenȱ erfolgen.ȱ Esȱ eignenȱ sichȱ ebensoȱ derȱ Postversandȱ wieȱ auflieȬ gendeȱ IdeenȬKartenȱ undȱ Sammelboxenȱ inȱ staatlichenȱ Institutionenȱ oderȱ beiȱ öffentlichenȱ Anlässen.ȱ Dasȱ BVWȱ enthältȱ immerȱ auchȱ einȱ Anreizsystemȱ fürȱ dieȱ Ideeneinreicherȱ (vgl.ȱ ausführlichȱ Thomȱ 2003:ȱ 60ȱff.).ȱDiesȱkannȱauchȱbeimȱÖVWȱderȱFallȱsein.ȱAlsȱAnreizeȱbietenȱ sichȱ z.ȱ B.ȱ finanzielleȱ Erleichterungenȱ oderȱ Gutscheineȱ fürȱ vergünsȬ tigteȱ Dienstleistungenȱ an.ȱ Sogarȱ zurȱ Gestaltungȱ vonȱAnreizenȱ könȬ nenȱ Bürgerideenȱ sehrȱ hilfreichȱ sein.ȱ Esȱgiltȱ aberȱ zuȱ bedenken,ȱ dassȱ dieȱ Nutzenermittlungȱ vonȱ Verbesserungsvorschlägenȱ schwierigerȱ istȱalsȱinȱeinerȱUnternehmungȱundȱnurȱbegrenzteȱMittelȱfürȱdieȱBeȬ lohnungȱ eingesetztȱ werdenȱ können.ȱ Insofernȱ sollteȱ dasȱ ÖVWȱ eherȱ alsȱeinȱInstrumentȱzurȱBürgeraktivierungȱgesehenȱwerdenȱundȱeinȬ fache,ȱaberȱwirkungsvolleȱimmaterielleȱAnreizeȱwieȱdieȱPublikationȱ

VorschlagsȬ einreichungȱ

143ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

derȱListeȱ„DieȱkreativstenȱKöpfeȱunsererȱStadt“ȱalsȱeigenerȱLinkȱaufȱ derȱInternetȬEröffnungsseiteȱangebotenȱwerden.ȱȱ 3.4.1.5 Auswirkungenȱ aufȱKundenzuȬ friedenheitȱ

Fehlerȱ oderȱ Mängelȱ beiȱ Leistungenȱ undȱ Produktenȱ müssenȱ nichtȱ immerȱ zuȱ einerȱ Behinderungȱ derȱ Leistungserbringungȱ führenȱ undȱ werdenȱdeshalbȱoftȱnichtȱerkannt.ȱIhreȱBeseitigungȱkannȱjedochȱgroȬ ßeȱAuswirkungenȱ aufȱ dieȱKundenzufriedenheitȱ undȱ dieȱ WeiterentȬ wicklungȱ derȱ Leistungenȱ haben.ȱ Besondersȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ werdenȱmangelhafteȱLeistungenȱimmerȱwiederȱaufgrundȱdesȱsimpȬ lenȱErklärungsversuchsȱ„TypischȱVerwaltung“ȱakzeptiert.ȱUndȱauchȱ innerhalbȱ staatlicherȱ Institutionenȱ hatȱ manȱ sichȱ oftmalsȱ aufgrundȱ derȱ bereitsȱ beschriebenenȱ Autoritätshaltungȱ gegenüberȱ denȱ LeisȬ tungsempfängernȱ gegenȱ mangelhafteȱ Leistungserbringungȱ ausȱ BeȬ nutzersichtȱ immunisiert.ȱ Fehlerquellenhinweiseȱ nützenȱ nurȱ dann,ȱ wennȱ sieȱ systematischȱ erfasstȱ undȱ ausgewertetȱ werden.ȱ Dennȱ dasȱ Verhältnisȱ vonȱ Mehrbelastungȱ undȱ Aufwandȱ zurȱ Fehlerbehebungȱ undȱerreichbaremȱNutzenȱsollteȱimȱAugeȱbehaltenȱwerden.ȱDieȱFehȬ lerquellenerfassungȱkannȱz.ȱB.ȱüberȱeineȱüberallȱgutȱersichtlicheȱ„TeȬ lefonȬHotlineȬNummer“ȱ oderȱ mittelsȱ Mängelkartenȱ bzw.ȱ entspreȬ chendenȱ elektronischenȱ Variantenȱ erfolgen.ȱ Dieȱ Auswertungȱ lässtȱ sichȱ dannȱ jeweilsȱ imȱ Teamȱ derȱ fürȱ dieȱ Leistungȱ verantwortlichenȱ PersonenȱderȱöffentlichenȱInstitutionȱrealisierenȱ(vgl.ȱFallstudieȱEidȬ genössischesȱInstitutȱfürȱGeistigesȱEigentumȱIGE).ȱ 3.4.1.6

Weitreichendeȱ undȱrepräsentaȬ tiveȱErgebnisseȱ

144ȱ

Mängelmanagement

Kunden-, Bürger- und Einwohnerbefragungen

Befragungenȱ beiȱ derȱ Bevölkerungȱ liefernȱ zusätzlichȱ Datenȱ fürȱ dasȱ Controllingȱ undȱ nebenȱ denȱ Grundlagenȱ fürȱ Leistungsvergleicheȱ zwischenȱöffentlichenȱInstitutionenȱauchȱdieȱMöglichkeitȱzurȱErfasȬ sungȱ vonȱ Kundenideenȱ undȱ Verbesserungsvorschlägen.ȱ Sieȱ stellenȱ alsoȱ abgesehenȱ vonȱ derȱ eigentlichenȱ ControllingȬȱ undȱ EvaluationsȬ funktionȱ auchȱ einȱ Innovationsinstrumentȱ dar,ȱ wennȱ dieȱ BefraȬ gungsbogenȱentsprechendȱ konzipiertȱ undȱ ausgewertetȱ werden.ȱ BeȬ völkerungsumfragenȱ bringenȱ derȱ Verwaltungȱ unterȱ Umständenȱ weitreichendereȱ undȱ repräsentativereȱ Ergebnisseȱ alsȱ dieȱ direktdeȬ mokratischenȱ Partizipationsmittel,ȱ daȱ auchȱ Jugendliche,ȱ Ausländerȱ usw.ȱ mitȱ einbezogenȱ werdenȱ können.ȱ Dieȱ Gefahrȱ bestehtȱ jedochȱ inȱ einerȱzuȱstarkenȱAusrichtungȱvonȱPolitikȱundȱVerwaltungȱnachȱdenȱ Befragungsresultatenȱundȱeinerȱdarausȱentstehendenȱ„WindfahnenȬ politik“.ȱ Befragungenȱ lösenȱ alsoȱ nichtȱdieȱ FührungsȬȱ undȱ InnovatiȬ onsverantwortungȱ derȱ Verwaltungȱ sowieȱ derȱ politischenȱ Spitzeȱ ab,ȱ sondernȱdienenȱalsȱergänzendesȱMittelȱzurȱIdeenfindungȱ(vgl.ȱLadȬ

Instrumente des Innovationsmanagements

3.4

nerȱ1999:ȱ1ȱf.).ȱDasȱErkenntnisinteresseȱbeiȱBefragungenȱimȱRahmenȱ desȱ Innovationsmanagementsȱ liegtȱ alsoȱ nebenȱ derȱ Erfassungȱ vonȱ Zufriedenheiten,ȱ Prioritätenȱ undȱ Änderungswünschenȱ auchȱ imȱ Gewinnenȱ vonȱ Alternativvorschlägenȱ (vgl.ȱ ausführlichȱ denȱ BlickȬ punktȱBürgerbefragungenȱundȱalsȱBeispielȱSteiner/Fiechterȱ2005).ȱ

Bürgerbefragungenȱ

ImȱBlickpunktȱ

Kunden- oder Bürgerbefragungen werden immer häufiger insbesondere von Verwaltungen auf kommunaler Ebene eingesetzt, um einerseits Informationen über die Bedürfnisse und Meinungen der Bürger hinsichtlich der Leistungen der Verwaltung zu erfragen sowie andererseits mit Hilfe dieses Innovationsinstruments neue Ideen und Verbesserungsvorschläge zu generieren. Werden Bürgerbefragungen über einen längeren Zeitraum durchgeführt, lassen sich Entwicklungstendenzen in den Kundenpräferenzen identifizieren. Darüber hinaus können Bürger in Wiederholungsbefragungen beurteilen, ob und zu welchem Zufriedenheitsgrad Anregungen aus früheren Befragungen von der jeweiligen Verwaltung umgesetzt wurden. Hinsichtlich der Durchführung von Bürgerbefragungen existieren unterschiedliche Methoden, die in Abhängigkeit von Zielsetzung und Zielgruppe sowie Rahmenbedingungen (Kosten, Zeit etc.) gewählt werden müssen. Häufig werden schriftliche Befragungen eingesetzt, die aufgrund der neuen Informations- und Kommunikationsmittel zunehmend online durchgeführt werden, was jedoch ein entsprechendes technisches Know-how voraussetzt. Die Bürger können über eine Gemeinde- bzw. Stadtverwaltung insgesamt oder auch über einzelne Teilbereiche (Standesamt, Ordnungsamt, Polizei etc.) befragt werden. Um möglichst wertvolle Ergebnisse aus der Bürgerbefragung generieren zu können, sollte die Verwaltung vor jeder Befragung klar festlegen, welche Personen aus der Gesamtheit aller Bürger befragt werden sollen. Mögliche Zielgruppen sind dabei:

„ „ „ „

die Gesamtheit aller Bürger

„

eine bestimmte Bevölkerungsgruppe (Senioren, Eltern von schulpflichtigen Kindern, Schüler, Behinderte etc.)

die Gesamtheit aller wahlberechtigten Bürger eine repräsentative Stichprobe aus der Grundgesamtheit aller Bürger alle Bürger, die in der letzten Zeit mit der Verwaltung in Verbindung getreten sind (Kundenbefragung)

Haben mehrere Abteilungen parallele Umfrageinteressen, sollten Synergiepotenziale genutzt werden, indem bspw. Omnibusbefragungen durchgeführt werden. Wenn Bürgerbefragungen als ein Instrument eingesetzt werden, das über eine reine Zufriedenheitsabfrage hinaus geht und mit Hilfe dessen neue Ideen und Verbesserungsvorschläge angeregt werden sollen, müssen die verschiedenen Fragenkomplexe ein entsprechend breites Spektrum umfassen:

„

Kriterien: Anhand welcher Aspekte beurteilen die Bürger ihre Gemeinde? Welche Themengebiete sind ihnen wichtig?

„

Qualitätsmessung: Wie zufrieden sind die Bürger mit dem Lebensumfeld, den Dienstleistungen, den Behörden, der Finanzpolitik, der Prioritätensetzung in ihrer Gemeinde? Wie sehr fühlen sie sich verbunden?

145ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

„

Ursachenanalyse: Aus welchen Gründen sind die Bürger mit einzelnen Aspekten ihrer Gemeinde nicht zufrieden?

„

Verbesserungsvorschläge: Wo liegen in dieser Hinsicht mögliche Verbesserungsansätze?

„

Programmgestaltung: Welche Prioritäten sollte die Gemeinde im Hinblick auf die zukünftige Programmgestaltung und deren Akzeptanz legen?

„

Zukunftsaussichten: Wie werden die mittel- und langfristigen Zukunftsaussichten der Gemeinde beurteilt? Ist diese im Hinblick auf zukünftige Herausforderungen gut aufgestellt?

Abschließend zeigt folgende Übersicht, welche Punkte bei einer Bürgerbefragung beachtet werden sollten, damit diese möglichst effektiv und effizient durchgeführt wird und somit auch für die Verwaltung verwertbare Ergebnisse liefert (vgl. Siegl/Stephan 2000: 14):

„

Einsetzen eines Projektteams oder einer externen Beratergruppe für den Gesamtprozess der Befragung

„ „

Klare Formulierung von Zielsetzung und Zielgruppen der Befragung

„

Sicherstellung der Repräsentativität hinsichtlich der Durchführung und der Ergebnisse der Befragung

„ „ „

Gewährleistung einer zeitnahen und anonymen Auswertung der Befragung

Sicherstellung eines ausreichenden Know-hows für die Durchführung der Befragung (Methodik, Statistik)

Dokumentation und Veröffentlichung der Ergebnisse der Befragung Ableitung von Konsequenzen / Maßnahmen aus den Ergebnissen der Befragung und Kontrolle deren Umsetzung

Besonders auf kommunaler Ebene eignen sich viele Aufgabenbereiche für eine Bürgerbefragung. Im Vergleich zu Prozessen der Hoheits- bzw. Ordnungsverwaltung können die Anforderungen an die Leistungsverwaltung mit Hilfe einer Bürgerbefragung umfassender und grundsätzlicher untersucht werden. Mögliche Aspekte, die im Rahmen einer Bürgerbefragung abgedeckt werden, können z. B. die Arbeits-, Verkehrs- oder Einkaufssituation, die Zufriedenheit mit den Dienstleistungen der Gemeinde, die Lebenssituation älterer Mitmenschen, die schulischen Angebote für Kinder, Freizeitmöglichkeiten, die wahrgenommene Bürgernähe, das Sicherheitsgefühl und die Kriminalitätsrate, die Qualität von Sportanlagen oder auch Tourismusaspekte sein.

3.4.2

Verwaltungsinterne Innovationsinstrumente

Verwaltungsinterneȱ Innovationsinstrumenteȱ könnenȱ sowohlȱ beimȱ einzelnenȱMitarbeitendenȱalsȱauchȱbeiȱMitarbeitergruppenȱansetzen.ȱ Dabeiȱ werdenȱ dieȱ inȱ diesemȱ Abschnittȱ präsentiertenȱ KerninstruȬ menteȱ durchȱ sehrȱ wichtigeȱ Unterstützungsinstrumenteȱ wieȱ bspw.ȱ dieȱPersonalȬȱundȱOrganisationsentwicklung,ȱdieȱüberȱdieȱInnovatiȬ onsförderungȱhinausȱnochȱandereȱZieleȱverfolgenȱ(z.ȱB.ȱVermittlungȱ vonȱFähigkeitenȱundȱVerhaltensweisen),ȱergänzt.ȱȱ

146ȱ

Instrumente des Innovationsmanagements

3.4.2.1

3.4

Betriebliches Vorschlagswesen BVW

DasȱBetrieblicheȱVorschlagswesen,ȱauchȱIdeenmanagementȱgenannt,ȱ istȱinȱöffentlichenȱInstitutionenȱnichtȱsehrȱverbreitet.ȱKrauseȱsprichtȱ anstelleȱ vomȱ Behördlichenȱ Vorschlagswesenȱ bereitsȱ vomȱ „BetrübliȬ chenȱ Vorschlagswesen“ȱ (vgl.ȱ Krauseȱ 1996:ȱ 79).ȱ Inȱ derȱ BundesrepuȬ blikȱ Deutschlandȱ kamȱ 1999ȱ aufȱ 100ȱ Staatsdienerȱ nurȱ einȱ einzigerȱ Verbesserungsvorschlag.ȱ Imȱ Vergleichȱ dazuȱ erreichteȱ dieȱ sehrȱ konȬ kurrenzintensiveȱ GummiȬIndustrieȱ mitȱ 256ȱ VerbesserungsvorschläȬ genȱ proȱ 100ȱ Mitarbeitendenȱ einenȱ Spitzenplatzȱ (vgl.ȱ InformationsȬ dienstȱdesȱInstitutsȱderȱdeutschenȱWirtschaftȱ2000:ȱ8).ȱDieȱhäufigstenȱ Argumenteȱ gegenȱ dasȱ BVWȱ betreffenȱ denȱ zusätzlichenȱ PersonalȬ,ȱ ZeitȬȱ undȱArbeitsaufwand,ȱ eineȱ Verbürokratisierungȱ sowieȱ erhöhteȱ Einflussmöglichkeitenȱ desȱ Personalrats.ȱ Dieseȱ Argumenteȱ lassenȱ sichȱjedochȱleichtȱentkräften,ȱwennȱbspw.ȱAufwandȱundȱNutzenȱdesȱ BVWȱ mitȱ ähnlichenȱ Instrumentenȱ desȱ Qualitätsmanagementsȱ verȬ glichenȱwerdenȱ(vgl.ȱThomȱ2003:ȱ26ȱf.).ȱȱ

Anzahlȱ VerbesserungsȬ vorschlägeȱ

Dasȱ klassischeȱ Betrieblicheȱ Vorschlagswesenȱ funktioniertȱ nachȱ folȬ gendemȱ Grundmusterȱ (vgl.ȱ Thomȱ 1992a:ȱ 29ȱ ff.):ȱ Einȱ Mitarbeiterȱ reichtȱ innerȬȱ oderȱ außerhalbȱ desȱ Dienstwegesȱ einenȱ Vorschlagȱ ein,ȱ derȱletztlichȱanȱeinenȱhauptȬȱoderȱnebenamtlichȱBeauftragtenȱfürȱdasȱ Vorschlagswesenȱ gelangt.ȱ Dieserȱ holtȱ jeweilsȱ Gutachtenȱ zumȱ NutȬ zenȱ undȱ zurȱ Durchführbarkeitȱ desȱ Vorschlagsȱ beiȱ denȱ zuständigenȱ Fachleutenȱ imȱ Verwaltungsbetriebȱ ein.ȱ Erȱ bringtȱ dannȱ dieȱ Ideeȱ desȱ Arbeitnehmersȱ mitȱ allenȱ Stellungnahmenȱ vorȱ eineȱ PrüfungsȬȱ undȱ Bewertungskommission.ȱ Inȱ dieserȱ betrieblichenȱ Kommission,ȱ dieȱ ausȱVertreternȱderȱVerwaltungsführungȱundȱderȱMitarbeitendenȱbeȬ steht,ȱ wirdȱ überȱ Annahmeȱ bzw.ȱ überȱ Ablehnungȱ desȱ Vorschlagsȱ entschiedenȱ undȱ dieȱ Formȱ derȱ Anerkennungȱ (z.ȱ B.ȱ Prämie,ȱ Lobȱ usw.)ȱfestgelegt.ȱDerȱAblaufȱundȱdieȱOrganisationȱdesȱBVWȱsindȱinȱ derȱAbbildungȱ22ȱexemplarischȱdargestellt.ȱDieserȱklassischeȱAblaufȱ wurdeȱ inȱ denȱ letztenȱ Jahrenȱ inȱ derȱ Privatwirtschaftȱ immerȱ stärkerȱ durchȱeinȱsog.ȱ„Vorgesetztenmodell“ȱabgelöst,ȱbeiȱdemȱsichȱderȱEinȬ reicherȱzunächstȱanȱseinenȱunmittelbarenȱVorgesetztenȱwendet.ȱDieȬ serȱkannȱinȱgewissemȱUmfangȱbereitsȱselbstȱüberȱdieȱAnnahmeȱ(undȱ Prämierung)ȱ desȱ Verbesserungsvorschlagesȱ entscheiden.ȱ Fallsȱ Artȱ undȱWirkungȱdesȱVorschlagesȱseineȱKompetenzenȱübersteigen,ȱhilftȱ derȱVorgesetzteȱdemȱvorschlagendenȱMitarbeiterȱbeimȱweiterenȱBeȬ gutachtungsȬȱundȱBewertungsprozess.ȱȱ

IdeenȬManagerȱ oderȱ VorgesetztenȬ modellȱ

147ȱ

3 Abbildungȱ22ȱ

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

AblaufȱundȱOrganisationȱdesȱklassischenȱbetrieblichenȱVorschlagswesensȱ Verwaltungsführung und Betriebsrat

Festlegen und Prüfen der BVW-Betriebsvereinbarungen

BVW-Beauftragter BVW-Marketing und Sonderaktionen

Einreicher

Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Schutzfähigkeit des VV prüfen und erproben

BVW-Beauftragter Ergebnisse auswerten und vor Ort prüfen, Bewertungsvorschlag erarbeiten

BVW-Kommission (inkl. Berufungsausschuss)

BVW-Beauftragter

Verwaltungsführung (ggf. höhere Führungskräfte)

Vorlagen prüfen, Beschluss über Annahme, Prämienart und -höhe fassen, ggf. Einspruch behandeln

Prämie anweisen, Informationen für Personalakte erfassen, Statistiken erstellen, Öffentlichkeitsarbeit veranlassen

Über Annahme und Verwertung entscheiden, Anerkennung aussprechen, BVWEntwicklung prüfen und anregen

Zwischenbescheid

Fachgutachter

Beschluss

VV registrieren, auf Neuheit prüfen und Fachgutachter auswählen

Abschlussbescheid, Ehrung

BVW-Beauftragter

Eingang bestätigen

Verbesserungsvorschlag (VV) erarbeiten und einreichen

ȱ

Derȱ öffentlicheȱ Sektorȱ sollteȱ jedochȱ nichtȱ denȱ Fehlerȱ begehen,ȱ ausȬ schließlichȱ dasȱ Vorgesetztenmodellȱ zuȱ implementieren.ȱ Derȱ alleiniȬ geȱ Einreichungswegȱ überȱ denȱ direktenȱ Vorgesetztenȱ kannȱ dieȱ TeilȬ

148ȱ

Instrumente des Innovationsmanagements

3.4

nahmebarrierenȱbeiȱdenȱMitarbeitendenȱerhöhenȱ(vgl.ȱEtienneȱ1997).ȱ Daherȱ empfiehltȱ sichȱ einȱ hybridesȱ Modell,ȱ welchesȱ dasȱ klassischeȱ BVWȱ mitȱ demȱ Vorgesetztenmodellȱ verbindetȱ (vgl.ȱ Thom/Etienneȱ 1997:ȱ569).ȱDiesesȱModellȱerlaubtȱsowohlȱdieȱAbgabeȱdesȱVerbesseȬ rungsvorschlagesȱ beimȱ direktenȱ Vorgesetztenȱ alsȱ auchȱ dasȱ EinreiȬ chenȱ überȱ denȱ IdeenȬManagerȱ (BVWȬBeauftragter).ȱ Derȱ Wegȱ überȱ dieȱ direktenȱ Vorgesetztenȱ istȱ auchȱ imȱ hybridenȱ Modellȱ vorrangig.ȱ DieȱBenützungȱeinesȱalternativenȱEinreichungswegesȱsollteȱdasȱVerȬ trauensverhältnisȱ zwischenȱ direktenȱ Vorgesetztenȱ undȱ Einreichernȱ nichtȱgefährden.ȱDerȱindirekteȱWegȱkannȱzusätzlichesȱIdeenpotenziȬ alȱ aktivieren.ȱ Dieȱ Häufigkeitȱ derȱ Inanspruchnahmeȱ desȱ indirektenȱ WegesȱerlaubtȱSchlussfolgerungenȱzumȱaktuellenȱStandȱdesȱInnovaȬ tionsklimasȱimȱentsprechendenȱVerwaltungsbereich.ȱ Dieȱ materielleȱ Belohnungȱ fürȱ denȱ Einreicherȱ inȱ Formȱ einerȱ Prämieȱ sollteȱsichȱnachȱdemȱerwartetenȱNutzenȱderȱUmsetzungȱdesȱVerbesȬ serungsvorschlagsȱ richten.ȱ Fürȱ eineȱ Prämienbegrenzungȱ nachȱ obenȱ istȱausȱVerwaltungssichtȱkeinȱGrundȱerkennbar.ȱDieȱeinzigeȱRestrikȬ tionȱ stelltȱ dasȱ Budgetȱ inklusiveȱ derȱ erlaubtenȱ Reservebildungȱ dar.ȱ DennȱderȱVerwaltungsbetriebȱerhältȱbeiȱeinemȱangenommenenȱVorȬ schlagȱ zumindestȱ denȱ gleichȱ hohenȱ Nutzenȱ wiederȱ zurück,ȱ inȱ derȱ RegelȱsogarȱeinȱVielfachesȱdavon.ȱKannȱderȱNutzenȱdesȱVorschlagsȱ nichtȱ genauȱ errechnetȱ werden,ȱ dannȱ mussȱ einȱ Bewertungsschemaȱ zurȱ Beurteilungȱ undȱ Prämienfestlegungȱ beigezogenȱ werden.ȱ Dafürȱ könnenȱz.ȱB.ȱfolgendeȱKriterienȱverwendetȱwerdenȱ(vgl.ȱThomȱ2003:ȱ 66):ȱ derȱ geschätzteȱ Nutzenȱ fürȱ dieȱ Institution,ȱ derȱ Neuigkeitsgradȱ desȱVerbesserungsvorschlags,ȱdieȱAnwendungshäufigkeitȱinnerhalbȱ derȱInstitutionȱ(z.ȱB.ȱnurȱeinzelnesȱAmtȱoderȱganzeȱVerwaltung),ȱderȱ Fleiß,ȱdieȱMüheȱundȱdasȱEngagementȱdesȱVorschlagenden,ȱdieȱVerȬ gleichbarkeitȱ mitȱ bereitsȱ prämiertenȱ Vorschlägenȱ oderȱ dieȱ WerbeȬ wirksamkeitȱfürȱpotenzielleȱBVWȬTeilnehmer.ȱ

Materielle Anreizeȱ

NebenȱderȱPrämierungȱmittelsȱmateriellenȱAnreizenȱeignetȱsichȱdasȱ BVWȱ bestensȱ fürȱ dieȱAnwendungȱ vonȱ immateriellenȱAnreizenȱ zurȱ Belohnungȱ (vgl.ȱ Treyerȱ 2005).ȱ Dieȱ schnelleȱ Realisationȱ desȱ eingeȬ reichtenȱVorschlags,ȱdieȱpersönlicheȱAnerkennungȱdurchȱdieȱobersteȱ Führung,ȱeineȱangemesseneȱDarstellungȱinȱderȱPersonalzeitungȱundȱ v.ȱa.ȱ eineȱ Integrationȱ desȱ BVWȱ z.ȱ B.ȱ alsȱ PotenzialerkennungsinstruȬ mentȱ inȱ dieȱ individuelleȱ LaufbahnȬȱ undȱ Entwicklungsplanungȱ desȱ VorschlagendenȱzählenȱzuȱdenȱwichtigstenȱBelohnungsartenȱfürȱdieȱ InnovationsbereitschaftȱundȱȬfähigkeitȱderȱMitarbeitenden.ȱ

Immaterielleȱ Anreizeȱ

149ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

3.4.2.2

Qualitätszirkel

AuchȱwennȱimȱRahmenȱdesȱBVWȱdieȱMöglichkeitȱexistiert,ȱdassȱeinȱ VerbesserungsvorschlagȱvonȱmehrȱalsȱeinerȱPersonȱeingereichtȱwird,ȱ hatȱ dasȱ Instrumentȱ eherȱ eineȱ Tendenzȱ zurȱ Ermöglichungȱ vonȱ VerȬ besserungsvorschlägenȱ durchȱ Einzelpersonenȱ oderȱ kleineȱ SpontanȬ gruppen.ȱDiesȱimȱGegensatzȱzumȱnachfolgendȱdargestelltenȱAnsatzȱ desȱ Qualitätszirkelsȱ (QZ)ȱ undȱ derȱ darinȱ zumȱ Einsatzȱ kommendenȱ Kreativitätstechnikenȱ(vgl.ȱzurȱVertiefungȱThomȱ1992a:ȱ29ȱff.).ȱ InnovationsȬ kraftȱdurchȱ Gruppenȱ

Zurȱ Förderungȱ derȱ Innovationskraftȱ durchȱ Gruppenȱ existierenȱ unȬ terschiedlicheȱ Konzepteȱ undȱ Bezeichnungenȱ (LernstattȬ,ȱ VerbesseȬ rungsȬȱ undȱ Aktionsgruppen,ȱ Innovationsringeȱ usw.),ȱ dieȱ aberȱ imȱ GrundsatzȱalleȱderȱkreativenȱIdeenfindungȱundȱProblemlösungȱdieȬ nenȱ(vgl.ȱDeppeȱ1992:ȱ121ȱff.).ȱDieserȱAbschnittȱveranschaulichtȱdasȱ QualitätszirkelȬKonzeptȱ alsȱ einenȱ zentralenȱ undȱ weitȱ verbreitetenȱ AnsatzȱzurȱgruppenorientiertenȱInnovationsförderung.ȱ

Merkmaleȱvonȱȱ QualitätsȬ zirkelnȱ

Dieȱ konstitutivenȱ Merkmaleȱ desȱ Qualitätszirkelsȱ könnenȱ wieȱ folgtȱ beschriebenȱwerdenȱ(vgl.ȱStöbeȬBlosseyȱ2005:ȱ285ȱf.;ȱBungard/WienȬ dieckȱ 1986:ȱ 53ȱ f.ȱ undȱ Deppeȱ 1992:ȱ 40ȱ ff.):ȱ Derȱ Qualitätszirkelȱ setztȱ sichȱausȱeinerȱetwaȱfünfȱbisȱmaximalȱzehnȱMitarbeiterȱumfassendenȱ Gesprächsrundeȱ zusammen.ȱ Dieȱ Gruppenmitgliederȱ stammenȱ ausȱ derȱ gleichenȱ hierarchischenȱ Ebeneȱ undȱ besitzenȱ eineȱ gemeinsameȱ Erfahrungsgrundlage.ȱ Anȱ denȱ regelmäßigȱ stattfindenden,ȱ freiwilliȬ genȱ undȱ grundsätzlichȱ allenȱ Mitarbeitendenȱ offenȱ stehendenȱ ZuȬ sammenkünftenȱ werdenȱ selbstȱ gewählteȱ Themenȱ desȱ eigenenȱ ArȬ beitsbereichsȱ oderȱ durchȱ dieȱ Verwaltungsführungȱ vorgeschlageneȱ Themenȱ analysiertȱ undȱ Problemeȱ eigenverantwortlichȱ gelöst.ȱ Eineȱ Schlüsselstellungȱ imȱ Innovationsprozessȱ desȱ QZȱ kommtȱ demȱ geȬ schultenȱModeratorȱ(VorgesetzterȱoderȱGruppenbetreuer)ȱzu.ȱDurchȱ seineȱ Steuerungsfunktionȱ sorgtȱ erȱ fürȱ einȱ partnerschaftliches,ȱ offeȬ nesȱ Klimaȱ innerhalbȱ derȱ Gruppeȱ undȱ bewirktȱ mitȱ Hilfeȱ speziellerȱ ProblemlösungsȬȱ undȱ Kreativitätstechnikenȱ eineȱ kreativeȱ ArbeitsȬ atmosphäre.ȱDaȱdieȱQZȬArbeitȱzurȱvertraglichenȱArbeitsleistungȱgeȬ hört,ȱ wirdȱ sieȱ nichtȱ speziellȱ entlohnt.ȱ Esȱ bestehtȱ aberȱ dieȱ MöglichȬ keit,ȱüberragendeȱVerbesserungsvorschlägeȱzuȱprämieren.ȱȱ DerȱeinzelneȱQZȱistȱorganisatorischȱinȱeinȱgesamtesȱQZȬSystemȱeinȬ gebundenȱ undȱ kommuniziertȱ mitȱ anderenȱ QZ.ȱ Nebenȱ denȱ KoordiȬ natorenȱderȱQZȱbefasstȱsichȱdasȱSteuerungsteamȱInnovationsmanaȬ gementȱ mitȱ derȱ grobenȱ ZielȬȱ undȱ Zeitvorgabe,ȱ derȱ KoordinatorenȬȱ undȱModeratorenauswahl,ȱderȱAusbildungȱsowieȱderȱFestlegungȱeiȬ nesȱVerhaltenskodexesȱfürȱdieȱQZȬArbeitȱ(vgl.ȱAbb.ȱ23).ȱ

150ȱ

Instrumente des Innovationsmanagements

EmpirischeȱUntersuchungenȱzumȱErfolgȱvonȱQZȬKonzeptenȱzeigen,ȱ dassȱ dieȱ primärenȱ Fortschritteȱ nichtȱ beiȱ ProduktivitätsȬȱ undȱ QualiȬ tätssteigerungenȱ oderȱ Kostensenkungen,ȱ sondernȱ beiȱ derȱ VerbesseȬ rungȱ derȱ Zusammenarbeit,ȱ desȱ Arbeitsklimas,ȱ derȱ innerbetriebliȬ chenȱKommunikationȱundȱderȱoptimiertenȱProblemlösungenȱliegenȱ (vgl.ȱ StöbeȬBlosseyȱ 2005:ȱ 285;ȱ Berigerȱ 1995:ȱ 123ȱ undȱ Zinkȱ 1986:ȱ 4).ȱ DieseȱprimärenȱEinflüsseȱkönnenȱjedochȱinȱeinemȱzweitenȱSchrittȱzuȱ produktivitätssteigerndenȱ undȱ kostensenkendenȱ Innovationenȱ beiȬ tragen.ȱ

3.4 Erfolgȱvonȱ QualitätsȬ zirkelnȱ

QZȱhabenȱinȱEuropaȱnichtȱdenselbenȱEinflussȱundȱnichtȱdenȱgleichȱ großenȱErfolgȱwieȱinȱJapan,ȱwoȱnachȱSchätzungenȱmehrȱalsȱdieȱHälfȬ teȱ allerȱ japanischenȱ Arbeitnehmerȱ inȱ QZȱ integriertȱ seinȱ sollȱ (vgl.ȱ Thomȱ 1992a:ȱ 36ȱ undȱ Deppeȱ 1992:ȱ 28ȱ ff.).ȱ Trotzdemȱ bestätigtȱ derȱ Blickȱ inȱ dieȱ Realität,ȱ dassȱ Kreativitätsfreudigkeitȱ undȱ InnovationsȬ kraftȱ durchȱ QZȱ gesteigertȱ werdenȱ können.ȱ Insbesondereȱ fürȱ denȱ Kulturwandelȱ inȱ Reformprozessenȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ eignenȱ sichȱ Kleingruppenȱ zurȱ Findungȱ undȱ Förderungȱ alternativerȱ ProbȬ lemlösungsmethodenȱimȱVergleichȱzurȱgängigenȱMaximeȱdesȱkondiȬ tionalȱgeleitetenȱVollzugshandelns.ȱQZȱbietenȱeinȱExperimentierfeldȱ fürȱunternehmerischesȱHandelnȱinnerhalbȱderȱbisherȱeherȱinnovatiȬ onshemmendenȱ Kulturȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ undȱ beschleuȬ nigenȱdenȱKulturwandelȱdurchȱdenȱEinbezugȱderȱMitarbeitenden.ȱ

Abbildungȱ23ȱ

OrganisationȱdesȱQualitätszirkelȬSystemsȱ(nachȱDeppeȱ1992:ȱ50)ȱ Steuerungsteam Innovationsmanagement

Koordinator

Koordinator

Koordinator

QZ 1 Moderator

QZ 2 Moderator

QZ 3 Moderator

QZ 4 Moderator

QZ 5 Moderator

QZ 6 Moderator

Mitglieder

Mitglieder

Mitglieder

Mitglieder

Mitglieder

Mitglieder

ȱ

151ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

3.4.2.3 Kaizenȱ

Kontinuierlicher Verbesserungsprozess KVP

Aufbauendȱ aufȱ denȱ Erfahrungenȱ derȱ Qualitätszirkelȱ werdenȱ heuteȱ inȱ vielenȱ Organisationenȱ kontinuierlicheȱ Verbesserungsprozesseȱ eingeführt.ȱ Derȱ KVPȱ basiertȱ aufȱ demȱ japanischenȱ ManagementȬ PrinzipȱdesȱKaizen.ȱDiesesȱverfolgtȱdasȱZiel,ȱkontinuierlicheȱVerbesȬ serungenȱ inȱallenȱArbeitsbereichenȱ unterȱ Einbeziehungȱ allerȱ MitarȬ beitendenȱ durchzuführenȱ (vgl.ȱ Witt/Wittȱ 2006:ȱ 15).ȱ Positiveȱ VeränȬ derungenȱsollenȱdabeiȱnichtȱinȱgroßenȱSprüngen,ȱsondernȱinȱkleinenȱ SchrittenȱerfolgenȱundȱbeziehenȱsichȱsowohlȱaufȱdieȱVerbesserungenȱ derȱProduktȬȱalsȱauchȱderȱProzessqualität.ȱȱ Derȱ KVPȱ bestehtȱ ausȱ fünfȱ Teilschritten,ȱ inȱ derenȱ Mittelpunktȱ dieȱ KVPȬSitzungenȱ stehenȱ undȱ dieȱ imȱ Folgendenȱ kurzȱdargestelltȱ werȬ denȱ(vgl.ȱzumȱAblaufȱdesȱKVPȱausführlichȱWitt/Witt:ȱ2006:ȱ76ȱff.).ȱInȱ einemȱ erstenȱ Schrittȱ werdenȱ dieȱ Problemeȱ inȱ (größtenteils)ȱ funktiȬ onsbezogenenȱArbeitsgruppenȱidentifiziert,ȱschriftlichȱdokumentiertȱ undȱallenȱMitarbeitendenȱperȱAushangȱzugänglichȱgemacht.ȱInȱdieȬ semȱ Zusammenhangȱ istȱ esȱ essentiell,ȱ dassȱ dieȱ VerbesserungsmögȬ lichkeitenȱ inȱ derȱ Organisationȱ systematischȱ erfasstȱ werden.ȱ Imȱ Rahmenȱ einerȱ KVPȬSitzungȱ werdenȱ dieȱ Problemeȱ anschließendȱ inȱ KleingruppenȱanalysiertȱundȱVerbesserungsvorschlägeȱerarbeitet.ȱInȱ einemȱdrittenȱSchrittȱwerdenȱMaßnahmenȱzurȱLösungȱderȱProblemeȱ bzw.ȱzurȱVerbesserungȱderȱSituationȱfestgelegtȱsowieȱZeitfensterȱfürȱ derenȱUmsetzungȱbeschlossen.ȱGegenstandȱderȱfolgendenȱPhaseȱistȱ dieȱ Umsetzungȱ derȱ festgelegtenȱ Entscheidungen,ȱ bevorȱ imȱ letztenȱ SchrittȱdieȱfristgerechteȱAusführungȱderȱbeschlossenenȱMaßnahmenȱ kontrolliertȱwirdȱundȱevtl.ȱAnpassungenȱvorgenommenȱwerden.ȱ

InnovationsȬ potenzialȱ

Derȱ KVPȱ wirdȱ häufigȱ alsȱGegensatzȱ zurȱ Innovationȱdargestellt,ȱ dieȱ eineȱdrastischeȱVerbesserungȱoderȱSystemänderungȱbeinhaltet.ȱDenȬ nochȱbestehtȱauchȱbeimȱKVPȱeinȱechtesȱInnovationspotenzial,ȱwennȱ MitarbeitendeȱihreȱVerbesserungsaktivitätenȱnichtȱnurȱaufȱdenȱeigeȬ nenȱArbeitsplatzȱundȱdieȱSchnittstellenȱzuȱvorȬȱundȱnachgelagertenȱ Funktionenȱ beschränken,ȱ sondernȱ sichȱ darüberȱ hinausȱ mitȱ übergeȬ ordnetenȱ Fragestellungenȱ beschäftigenȱ (vgl.ȱ Witt/Wittȱ 2006:ȱ 29ȱ f.).ȱ DarüberȱhinausȱerhöhtȱderȱKVPȱnachweislichȱdieȱZahlȱundȱQualitätȱ derȱVerbesserungsvorschläge,ȱfördertȱeinȱkritischesȱArbeitsbewusstȬ seinȱ undȱ schafftȱ eineȱ innovativeȱ Teamkultur,ȱ ausȱ derȱ wiederumȱ Verbesserungspotenzialeȱ fürȱ dieȱ öffentlicheȱ Verwaltungȱ resultierenȱ können.ȱȱ 3.4.2.4

Kreativitätstechniken

Beiȱ derȱ Ideenfindungȱ undȱ Ȭrealisierungȱ imȱ Rahmenȱ desȱ InnovatiȬ onsmanagementsȱ istȱ Kreativitätȱ zwingendȱ erforderlich.ȱ Dieseȱ kannȱ

152ȱ

Instrumente des Innovationsmanagements

3.4

durchȱdenȱEinsatzȱgeeigneterȱTechnikenȱsowohlȱinȱVorschlagsgrupȬ penȱoderȱinsbesondereȱinȱQualitätszirkelnȱalsȱauchȱinȱsonstigenȱSitȬ zungenȱgefördertȱwerden.ȱȱ Kreativitätȱ bezeichnetȱ dieȱ Fähigkeit,ȱ WissensȬȱ undȱ ErfahrungseleȬ menteȱausȱverschiedenenȱBereichenȱunterȱÜberwindungȱverfestigterȱ Strukturenȱ undȱ Denkmusterȱ zuȱ neuenȱ Ideenȱ undȱ ProblemlösungsȬ ansätzenȱzuȱverschmelzen.ȱDabeiȱkannȱdasȱintuitiveȱHervorbringenȱ vonȱ Ideenȱ sowohlȱ durchȱ sog.ȱ heuristischeȱ Prinzipienȱ desȱAssoziieȬ rensȱundȱderȱÜbertragungȱvonȱStrukturenȱalsȱauchȱdurchȱsystemaȬ tischȬanalytischesȱ Vorgehenȱ mittelsȱ Variation,ȱ Kombinationȱ undȱ Abstraktionȱ gefördertȱ werdenȱ (vgl.ȱ Lantelme/Geschkaȱ 2004:ȱ 82).ȱ Nebenȱ derȱArtȱ undȱ Weiseȱ derȱ Ideengenerierungȱ spieltȱ dieȱ Gruppeȱ beiȱdenȱmeistenȱKreativitätstechnikenȱeineȱwichtigeȱRolle,ȱdaȱdurchȱ mehrereȱPersonenȱmehrȱWissenȱundȱErfahrungȱinȱdenȱInnovationsȬ prozessȱeinfließenȱ(vgl.ȱGeschkaȱ1986:ȱ148ȱf.).ȱȱ

Kreativität

DieȱVielfaltȱderȱKreativitätstechnikenȱistȱinzwischenȱkaumȱmehrȱzuȱ übersehen.ȱ Higgins/Wieseȱ nennenȱ bspw.ȱ überȱ 60ȱ Technikenȱ zurȱ Ideenfindungȱ undȱ auchȱ Geschkaȱ erwähntȱ inȱ seinerȱ Klassifizierungȱ 22ȱ unterschiedlicheȱ Methodenȱ (vgl.ȱ Higgins/Wieseȱ 1996:ȱ 75ȱff.ȱ undȱ Geschkaȱ 2002:ȱ 147).ȱ Ausȱ dieserȱ Vielzahlȱ vonȱ Kreativitätstechnikenȱ habenȱnurȱwenigeȱeinenȱhohenȱVerbreitungsgradȱgefundenȱundȱvieȬ leȱerreichenȱnurȱeinȱgeringesȱMaßȱanȱPraktikabilität.ȱOhneȱKreativiȬ tätstechnikenȱüberschätzenȱzuȱwollen,ȱistȱaberȱunbestritten,ȱdassȱsieȱ vorhandenesȱ Innovationspotenzialȱ aktivieren,ȱ Teilnahmebarrierenȱ zuȱ überwindenȱ undȱ Gruppenvorteileȱ inȱ derȱ Ideenproduktionȱ zuȱ nutzen.ȱ Alsȱ gutȱ einsetzbareȱ Kreativitätstechnikenȱ seienȱ hierȱ dasȱ Brainstormingȱ (vgl.ȱ Thomȱ 1992a:ȱ 40ȱ f.),ȱ dasȱ Brainwritingȱ (vgl.ȱ Geschkaȱ 1986:ȱ 151)ȱ undȱ derȱ morphologischeȱ Kastenȱ (vgl.ȱ Geschkaȱ 1986:ȱ153ȱf.)ȱ genannt.ȱ Kreativitätstechnikenȱ eignenȱ sichȱ eherȱ alsȱ gruppenspezifischeȱ Innovationsinstrumente,ȱ sindȱ aberȱ auchȱ indiviȬ dualorientiertȱeinsetzbarȱ(z.ȱB.ȱmorphologischerȱKasten).ȱ ȱ

153ȱ

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

3

Praxisfenster Nr. 6: Benchmarking eines internen IT-Dienstleisters

ȱ Dr.ȱAloisȱRegl,ȱMBAȱ EhemaligerȱLeiterȱderȱITȱ desȱMagistratsȱLinzȱ ȱ

ȱ Dr.ȱChristophȱAndlinger,ȱ MBAȱ LeiterȱderȱAbteilungȱȱ PersonalȬȱundȱȱ Organisationsentwicklungȱȱ

Die Informationstechnologie des Magistrates Linz (IT) ist ein moderner Inhouse-Dienstleister, der mit ca. 85 Mitarbeitenden knapp 3.000 ITArbeitsplätze betreut. Im Rahmen der Einführung einer umfassenden dezentralen Budgetverantwortung mit gegenseitiger Deckungsfähigkeit von Personal- und Sachausgaben erfolgte u. a. die interne Verrechnung aller IT-Leistungen im Magistrat Linz. „Value for money“ lautet die Devise, sodass klar definierte Service Levels den Fachdienststellen erlauben, Produkte und Leistungen der IT zu kaufen. Die IT ihrerseits erhält kein Budget, sondern muss sich zu 100% durch den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen refinanzieren. Infolge des knapp bemessenen Budgets wurde innerhalb kurzer Zeit der Ruf nach kostengünstigeren IT-Leistungen laut. Daher fand zur Plausibilisierung der internen IT-Preise ein TCO-Vergleich (Total Cost of Ownership) statt, bei dem die gesamten IT-Kosten durch die Anzahl der ITArbeitsplätze dividiert wurden. Dieser Vergleich liefert zwar aufgrund der “ceteris paribus“-Betrachtung der Leistungen nur bedingt eine Aussage über die Wirtschaftlichkeit; dennoch bietet er eine erste Orientierung über die IT-Ausgaben anderer Organisationen. In den vergangenen Jahren wurde ein derartiger Vergleich mehrfach mit diversen österreichischen Städten und privatwirtschaftlichen Unternehmen durch die Abteilung Personal- und Organisationsentwicklung durchgeführt. Linz lag schon beim ersten Vergleich am unteren Ende des Bereichs und hat diese Position seither auch beibehalten (siehe Abb. 1).

desȱMagistratsȱLinzȱ ȱ

Abbildungȱ1:ȱ ITȬKostenȱjeȱArbeitsplatzȱ

7'000 Linz

6'000

in Euro

5'000 4'000 3'000 2'000 1'000 0 2000

2001

2002

ȱ

154ȱ

Instrumente des Innovationsmanagements

3.4

Ein vertiefendes, auch die Leistungen im Detail bewertendes Benchmarking fand in der Folge mit der Linz AG, einem privatwirtschaftlich agierenden kommunalen Dienstleister und mit der Stadt Villach statt. Die Abwicklung dieses Benchmarkings erfolgte projektorientiert im 4. Quartal 2003 und 1. Quartal 2004. Mit den Vergleichspartnern einigte man sich, das Produkt „IT-Arbeitsplatz“ näher zu analysieren. Nach Konstituierung des Projektteams fand zunächst eine Leistungsdefinition statt. In einem iterativen Prozess definierte man sechs Vergleichsparameter: Hardware (PC, Monitor), Helpdesk und Anwenderservice, Storage (Platten, Datensicherung), Netzwerk und Exchange, Internet, Intranet und Security sowie Lizenzen und Verträge. Der Definitionsprozess erwies sich ob der unterschiedlichen Vorstellungen zu diesen Parametern als sehr komplex und arbeitsintensiv. Das Entwickeln einer gemeinsamen Basis stellte jedoch zugleich einen zentralen Erfolgsfaktor dar; mangelnde Transparenz hätte wohl die Folgeschritte maßgeblich erschwert. Nach Durchführung der erforderlichen Definitionen folgte die Leistungsmessung und -analyse. Dabei wurden ein Kalkulationsschema entwickelt, relevante Daten erhoben und gemeinsam mit den Benchmarkingpartnern analysiert. Zielsetzung war es, markante Unterschiede heraus zu arbeiten und i. S. von „Ursachenforschung“ zu hinterfragen. Um die Analyse der Vergleichsdaten zu ermöglichen, wurden sowohl Daten bezüglich der Servicelevels als auch die technischen Hintergründe miteinbezogen. Zur Positionsbestimmung der kalkulierten Detailkosten holte man ferner zu Einzelkomponenten (z. B. Hardware, Helpdesk) Angebote von vier am Markt agierenden IT-Anbietern ein. Aufbauend auf den vorliegenden (Analyse-) Daten folgten die Kernpunkte jedes Benchmarking-Prozesses: die Erstellung eines Aktionsplanes zur Leistungsverbesserung und die Realisierung dieses Planes. Mit den Produktverantwortlichen erfolgten dazu klare Zielabsprachen bzw. Prozessverbesserungen und Kostenoptimierungen. Die gewonnenen Erfahrungen wurden weiter im Benchmarking Ring erörtert. Dabei handelt es sich um einen informellen Kreis von IT-Leitern aus unterschiedlichen Organisationen (Banken, Energie, Industrie, Verwaltung), der sich alle 6-8 Wochen zu einem Meeting trifft. Wir sind fest davon überzeugt, dass die skizzierte Art des „Lernen vonund miteinander“ für alle Beteiligten ausgesprochen wertvoll war. Der für Verwaltungen partiell bestehende fehlende Marktwettbewerb wurde quasi substituiert und eine evolutionäre Weiterentwicklung ermöglicht. Die realisierten Kostenoptimierungen und Qualitätsverbesserungen für die Endkunden sind pro futuro Anlass, diesen Prozess zu vertiefen und alle zwei Jahre zu wiederholen.

155ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

3.4.3 Vergleichȱmitȱ demȱȱ Klassenbestenȱ

Benchmarking

Neueȱ Ideenȱ undȱ Verbesserungsvorschlägeȱ könnenȱ auchȱ durchȱ denȱ kontinuierlichenȱ Vergleichȱ derȱ eigenenȱ Leistungsfähigkeitȱ mitȱ derȱ andererȱEinrichtungenȱausgelöstȱwerdenȱ(vgl.ȱBräunigȱ2000:ȱ141ȱf.).ȱ DiesȱistȱderȱgrundlegendeȱGedankeȱdesȱBenchmarking,ȱdasȱLernenȱ vonȱ„gutenȱIdeenȱundȱLösungen“ȱbedeutetȱundȱdessenȱZielsetzungȱ darinȱ besteht,ȱ durchȱ denȱ Vergleichȱ mitȱ demȱ „Klassenbesten“ȱ VerȬ besserungspotenzialeȱ inȱ derȱ eigenenȱ Organisationȱ zuȱ erschließenȱ (vgl.ȱ Bandemerȱ 2005:ȱ 444).ȱ Wichtigeȱ Voraussetzungȱ istȱ dabei,ȱ dassȱ dieȱVergleicheȱsystematischȱundȱpraxisorientiertȱdurchgeführtȱwerȬ den.ȱ Durchȱ dieȱ Prüfungȱ derȱ Übertragbarkeitȱ derȱ Ergebnisseȱ desȱ „Klassenbesten“ȱ aufȱ dieȱ eigeneȱ Organisationȱ sollenȱ Lernprozesse,ȱ dieȱidealerweiseȱinȱkontinuierlicheȱVerbesserungsprozesseȱmünden,ȱ beiȱ allenȱ Beteiligtenȱ initiiertȱ werdenȱ (vgl.ȱ Schauer/Preslmaierȱ 2003:ȱ 19).ȱSomitȱliegtȱdieȱZielsetzungȱdesȱBenchmarkingsȱnichtȱdarin,ȱeineȱ Bestenlisteȱ anzuführen,ȱ sondernȱ kreativeȱ Ideenȱ undȱ ständigesȱ LerȬ nenȱzuȱfördernȱ(vgl.ȱauchȱvorangehendesȱPraxisfensterȱNr.ȱ6).ȱȱ GrundsätzlichȱexistierenȱverschiedeneȱAnsatzpunkteȱfürȱdieȱDurchȬ führungȱ vonȱ BenchmarkingȬProzessen.ȱ Dieseȱ könnenȱ zumȱ einenȱ zwischenȱöffentlichenȱInstitutionenȱbzw.ȱeinerȱöffentlichenȱInstitutiȬ onȱ undȱ privatwirtschaftlichenȱ Unternehmungenȱ (externesȱ BenchȬ marking),ȱ zumȱ anderenȱ innerhalbȱ einerȱ Verwaltungȱ zwischenȱ denȱ einzelnenȱAbteilungenȱoderȱBetriebenȱerfolgenȱ(internesȱBenchmarȬ king).ȱ Desȱ Weiterenȱ könnenȱ quantitativeȱ Vergleicheȱ mitȱ Hilfeȱ vonȱ KennzahlenȱoderȱqualitativeȱVergleichȱdurchgeführtȱwerden,ȱwobeiȱ sowohlȱ Betriebsfunktionenȱ (z.ȱ B.ȱ Produktion,ȱ Marketing,ȱ Logistik)ȱ alsȱ auchȱ Prozesseȱ oderȱ Verfahrensweisenȱ undȱ WirkungsmechanisȬ menȱimȱMittelpunktȱstehenȱkönnen.ȱȱ

Benchmarkingȱ alsȱWettbeȬ werbssurrogatȱ

156ȱ

Inȱ derȱ Privatwirtschaftȱ istȱ Benchmarkingȱ einȱ bereitsȱ seitȱ längererȱ ZeitȱetabliertesȱQualitätsinstrument.ȱInȱderȱöffentlichenȱVerwaltungȱ wurdeȱ diesesȱ Instrumentȱ insbesondereȱ imȱ Rahmenȱ derȱ durchȱ dieȱ Kommunaleȱ Gemeinschaftsstelleȱ fürȱ Verwaltungsvereinfachungȱ (Deutschland)ȱ undȱ durchȱ dieȱ vonȱ derȱ Bertelsmannȱ Stiftungȱ geförȬ dertenȱ kommunalenȱ Vergleichsringeȱ eingesetzt.ȱ Dieȱ Identifikationȱ vonȱVerbesserungspotenzialen,ȱdieȱSteigerungȱderȱ(DienstleistungsȬ)ȱ Qualitätȱ sowieȱ derȱ Einsatzȱ desȱ Benchmarkingȱ alsȱ WettbewerbssurȬ rogatȱ sindȱ dieȱ wesentlichenȱ Vorteileȱ diesesȱ Innovationsinstrumentsȱ fürȱdieȱöffentlicheȱVerwaltung.ȱ

Innovations- und Wissensmanagement

3.5

3.5

Innovations- und Wissensmanagement

DasȱInnovationsmanagementȱimȱöffentlichenȱSektorȱweistȱvieleȱVerȬ bindungenȱzuȱeinemȱweiterenȱzentralenȱKonzept,ȱdemȱAufbauȱeinesȱ WissensmanagementsȱinȱstaatlichenȱOrganisationen,ȱauf.ȱAufgrundȱ derȱ zunehmendȱ dynamischenȱ undȱ komplexenȱ Veränderungenȱ inȱ derȱ Umweltȱ vonȱ Organisationenȱ giltȱ dasȱ Wissenȱ vonȱ Mitarbeiternȱ häufigȱalsȱdieȱwichtigsteȱRessourceȱinȱOrganisationen,ȱdieȱunterȱderȱ VoraussetzungȱeinesȱrichtigenȱManagementsȱwesentlichȱzurȱÜberleȬ bensfähigkeitȱ derȱ Organisationȱ beiträgtȱ (vgl.ȱ Eichhornȱ etȱ al.ȱ 2003:ȱ 1219ȱundȱThomȱ2005:ȱ1).ȱȱ

Wissenȱalsȱ Ressourceȱ

Derȱ Begriffȱ desȱ Wissensmanagementsȱ wurdeȱ wesentlichȱ vonȱ demȱ JapanerȱIkujiroȱNonakaȱgeprägt.ȱInȱseinemȱModellȱstelltȱerȱdar,ȱwieȱ dasȱWissenȱinȱeinerȱOrganisationȱsystematischȱvonȱderȱindividuellenȱ aufȱ derȱ organisationalenȱ Ebeneȱ verfügbarȱ gemachtȱ werdenȱ kannȱ (vgl.ȱ Nonakaȱ 1994:ȱ 18ȱ ff.).ȱ Inȱ einemȱ kontinuierlichenȱ Wechselȱ zwiȬ schenȱimplizitemȱundȱexplizitemȱWissenȱmüssenȱdabeiȱvierȱPhasenȱ durchlaufenȱwerden,ȱdieȱimȱFolgendenȱkurzȱcharakterisiertȱwerden.ȱ DerȱProzessȱderȱ„Sozialisation“ȱ(implizitȱzuȱimplizit)ȱistȱdadurchȱgeȬ kennzeichnet,ȱdassȱIndividuenȱvonȱdenȱErfahrungenȱandererȱlernen,ȱ ohneȱdassȱdasȱWissenȱexplizitȱgemachtȱwird.ȱDiesȱgeschiehtȱz.ȱB.ȱinȬ nerhalbȱ vonȱ Teamsȱ oderȱArbeitsgruppen.ȱ Imȱ Schrittȱ derȱ „ExternaliȬ sierung“ȱ (implizitȱ zuȱ explizit)ȱ werdenȱ dieȱ Teammitgliederȱ dazuȱ animiert,ȱ inȱ Gesprächenȱ undȱ mitȱ Hilfeȱ vonȱ Metaphernȱ ihreȱ GedanȬ kenȱundȱihrȱWissenȱauszudrücken.ȱImȱdaraufȱfolgendenȱProzessȱderȱ „Kombination“ȱ (explizitȱ zuȱ explizit)ȱ tauschenȱ Individuenȱ ihreȱ GeȬ dankenȱ undȱ ihrȱ Wissenȱ aus.ȱ Sieȱ verknüpfenȱ diesȱ mitȱ bereitsȱ inȱ derȱ Organisationȱ verfügbarenȱ Erfahrungenȱ undȱ Datenȱ undȱ entwickelnȱ inȱeinemȱiterativenȱProzessȱneueȱKonzepte.ȱDieseȱPhaseȱdesȱAusproȬ bierensȱ führtȱ schließlichȱ imȱ viertenȱ Schritt,ȱ derȱ „Internalisierung“ȱ (explizitȱ zuȱ implizit),ȱ dazu,ȱ dassȱ Lernerfahrungenȱ gemachtȱ werdenȱ undȱ dassȱ dadurchȱ dasȱ neueȱ Wissenȱ beiȱ denȱ OrganisationsmitglieȬ dernȱinternalisiertȱwird.ȱKerngedankeȱdiesesȱWissenskonzeptsȱistȱes,ȱ dieȱvierȱunterschiedlichenȱPhasenȱinȱeinerȱOrganisationȱsoȱzuȱmanaȬ gen,ȱ dassȱ sieȱ eineȱ kontinuierlicheȱ Abfolgeȱ bilden,ȱ umȱ denȱ Wechselȱ zwischenȱ einerseitsȱ implizitemȱ undȱ explizitemȱ sowieȱ andererseitsȱ individuellemȱundȱorganisationalemȱWissenȱzuȱfördern.ȱ

Implizitesȱundȱ explizitesȱȱ Wissenȱ

Zwischenȱ demȱ InnovationsȬȱ undȱ demȱ Wissensmanagementȱ inȱ OrȬ ganisationenȱ bestehenȱ vielfältigeȱ Verbindungenȱ (vgl.ȱ Minderȱ 2001:ȱ 237ȱ ff.).ȱ Zumȱ einenȱ kannȱ dasȱ Wissensmanagementȱ alsȱ wesentlicheȱ VoraussetzungȱfürȱdieȱIdeengenerierungȱimȱRahmenȱeinesȱInnovatiȬ onsprozessesȱ gesehenȱ werden.ȱ Nurȱ wennȱ Wissenȱ identifiziert,ȱ geȬ speichert,ȱ denȱ Mitarbeitendenȱ inȱ geeigneterȱ Formȱ zurȱ Verfügungȱ

WissensmanaȬ gementȱalsȱȱ Voraussetzungȱ

157ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

gestelltȱ undȱ vonȱ diesenȱ genutztȱ wird,ȱ könnenȱ sichȱ systematischeȱ Hinweiseȱ aufȱ Innovationspotenzialeȱ ergeben.ȱ Inȱ diesemȱ ZusamȬ menhangȱ kommtȱ v.ȱa.ȱ demȱ Aufbauȱ einerȱ Kultur,ȱ welcheȱ denȱ WisȬ senstransferȱ fördert,ȱ grundlegendeȱ Bedeutungȱ zu.ȱ Zumȱ anderenȱ stelltȱ dasȱ Wissensmanagementȱ zahlreicheȱ Instrumenteȱ zurȱ VerfüȬ gung,ȱ dieȱ auchȱ imȱ Rahmenȱ desȱ Innovationsmanagementsȱ genutztȱ werdenȱkönnen,ȱwieȱbspw.ȱYellowȱPagesȱoderȱCommunitiesȱofȱPracȬ tice.ȱ Schließlichȱ kannȱ dieȱ Einführungȱ desȱ Wissensmanagementsȱ selbstȱalsȱeineȱSozialinnovationȱbezeichnetȱwerden.ȱ Ähnlichȱ wieȱ imȱ privatenȱ Sektorȱ wirdȱ demȱ Wissensmanagementȱ auchȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ eineȱ immerȱ größereȱ Bedeutungȱ zugemessen,ȱ daȱ zunehmendȱ beideȱ Sektorenȱ ihreȱ Leistungenȱ anȱ EfȬ fektivitätsȬȱundȱEffizienzmaßstäbenȱausrichtenȱmüssenȱ(vgl.ȱThom/ȱ HarasymowiczȬBirnbachȱ 2005:ȱ 35).ȱ Durchȱ denȱAustauschȱ vonȱ WisȬ senȱundȱdasȱLernenȱvoneinanderȱkönnenȱbeideȱSektorenȱprofitieren,ȱ indemȱ sieȱ sichȱ dieȱ Stärkenȱ desȱ anderenȱ zumȱ Vorbildȱ nehmenȱ undȱ eigeneȱSchwächenȱ verringernȱ (vgl.ȱ Eichhornȱ 2005b:ȱ 52ȱ undȱ Heilingȱ 2005:ȱ 22).ȱ Dabeiȱ istȱ auchȱ dieȱ Verwaltungsführungȱ gefordert,ȱ WisȬ sensbarrierenȱabzubauenȱundȱeineȱoffene,ȱtransparenteȱWissenskulȬ turȱ durchȱ denȱAufbauȱ wissensdurchlässigerȱ Prozesseȱ undȱ StruktuȬ renȱ zuȱ fördernȱ (vgl.ȱAmschwandȱ 2007).ȱ Dieȱ inȱ diesemȱ ZusammenȬ hangȱwichtigstenȱPunkteȱenthältȱderȱfolgendeȱBlickpunktȱ(vgl.ȱRitzȱ 2005c:ȱ250ȱff.ȱundȱRitzȱ2005d:ȱ244ȱff.).ȱ

ImȱBlickpunktȱ

EckpunkteȱeinesȱerfolgreichenȱWissensmanagementsȱ

„

Abkehr von einem einseitig technischen Ansatz der Daten- und Informationsaufbereitung

„

Sicherung des expliziten Wissens i. S. von dokumentierten Informationen bei gleichzeitiger Externalisierung des impliziten Wissens (in den Köpfen der Mitarbeitenden)

„

Förderung des Wissensaustauschs zwischen den Mitarbeitenden durch den Aufbau einer Vertrauenskultur, der Etablierung von Netzwerken und dem Einsatz vielfältiger Kommunikationsinstrumente

„

Förderung des Austauschs von Wissen mit der Öffentlichkeit bei gleichzeitiger Beachtung des Datenschutzes und der Personenrechte

„ „

Wissenstransfer durch verwaltungsinterne und -externe Kooperationen

ȱ ȱ ȱ

158ȱ

Nutzung von Wissensplattformen (Universitäten und Fachhochschulen)

Innovations- und Wissensmanagement

3.5

Fallstudie: Innovationsorientierung im Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum (IGE)

1. Ausgangslage Das Bundesamt für Geistiges Eigentum BAGE wurde am 1. Januar 1996 in das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum IGE umgewandelt. Das Bundesgesetz über Statut und Aufgaben des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum begründet in betriebswirtschaftlicher Hinsicht die Autonomie des IGE. Das Institut verfügt über eine eigene Rechtspersönlichkeit und ist als öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes ins Handelsregister eingetragen worden. Das IGE hat eine eigene Personalverordnung, ein eigenes Rechnungswesen und ist insofern vom Bundeshaushalt unabhängig. Der Bund ist einzig noch Eigentümer des IGE und der Bundesrat (Bundesregierung) muss die Gebührenordnung für die Dienstleistungserbringung im Immaterialgüterrecht (Marken-, Patent- und Urheberrecht) genehmigen. In politischer Hinsicht ist das Institut der Weisungsbefugnis des Bundesrates bzw. der Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements EJPD unterworfen. Durch die Politikdienstleistungen bei der Gesetzgebung und bei internationalen Verhandlungen wird die Willensbildung der Regierung vorbereitet. Aus organisatorischer Perspektive wurde beim IGE die vom New Public Management geforderte Trennung zwischen Politik und Betrieb sehr konsequent vollzogen (vgl. zur gesamten Institutsentwicklung Ritz 2003a: 329 ff. und Thom et al. 1999: 78 ff.). Der Verselbständigungsprozess des IGE stellt einen innovativen Schritt in der schweizerischen Bundesverwaltung dar. Der Institutsdirektor kann als eigentlicher Innovator der Public Management-Bestrebungen auf Bundesebene bezeichnet werden und die Loslösung von der Kernverwaltung in den sog. dritten Kreis der Bundesverwaltung stellt eine innovative organisatorische Gestaltungsmaßnahme dar. Daneben zeichnet sich das IGE auch durch verschiedene Merkmale innovativer Betriebsführung im öffentlichen Sektor aus. Im Folgenden werden die Innovationsorientierung des Instituts im Vergleich zu anderen Ämtern aufgezeigt und konkrete Instrumente und Aktivitäten des IGE im Rahmen des Innovationsmanagements erläutert.

2. Innovationsorientierung als Kulturmerkmal Neben den nachfolgend dargestellten empirischen Ergebnissen zur aktuellen Innovationsorientierung war die Kultur des einstigen Bundesamts bereits vor über zehn Jahren, als ein Reformprozess kaum zu erkennen war, vom innovativen Geist geprägt. Die Thematik der Dezentralisierung und Auslagerung staatlicher Aktivitäten erlebte in den Verwaltungswissenschaften in den letzten zehn Jahren einen neuen Aufschwung. Eine steigende Anzahl europäischer Patent- und Markenämter erhielten zu jenem Zeitpunkt ein unterschiedlich ausgestaltetes Autonomiestatut (Dänemark,

159ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

Frankreich, Großbritannien, Schweden u. a.). Die britische Verwaltung mit ihren seit 1968 entstandenen „Agencies“ und „Trading Funds“, die eine beachtliche Autonomie bei ihrer Aufgabenerfüllung haben, diente der IGEEntwicklung zu einem wichtigen Teil als Vorbild. 1990 wurde u. a. das britische „Patent Office“ in eine selbständige „Executive Agency“ überführt. Aus diesem Grund referierte 1994 in der Eidgenössischen Bundesverwaltung eine Vertreterin aus der britischen Verwaltung über die dortigen Veränderungsprozesse und die neuen Organisationsalternativen. Diese ausländischen Ideen und Projektumsetzungen wurden im IGE intensiv verfolgt und auf die eigene Situation übertragen. Der Mut zum pionierhaften Vorgehen innerhalb der schweizerischen Bundesverwaltung führte soweit, dass sich die Institutsleitung aus der eigens initiierten und 1992 gegründeten Amtsdirektorengruppe „Erweiterter Handlungsspielraum“ verabschiedete und einen noch weiter reichenden Verselbständigungsprozess in Angriff nahm. Bereits zu diesem Zeitpunkt war besonders die Amtsleitung zu außergewöhnlichen Problemlösungen bereit. Die Messung der Innovationsorientierung als Kulturbestandteil nach dem Reorganisationsprozess verdeutlicht diese Feststellung (vgl. Ritz 2003a: 398 ff. und Thom et al. 1999: 46 ff.). Die Innovationsorientierung wird beim IGE jeweils deutlich über dem Skalenmittelwert eingeschätzt. Die Bedeutung neuer Lösungswege hat nach Aussagen der befragten Institutsmitarbeitenden klar zugenommen. Am positivsten wird die Suche nach neuen Lösungen durch die vergrößerte Selbständigkeit der Abteilungen eingeschätzt, danach folgt die verbesserte Problemlösung aufgrund regelmäßiger Überprüfung der Abläufe sowie der vergrößerte individuelle Handlungsspielraum bei der Arbeit (vgl. Tabelle 1). Im Vergleich mit zwei anderen Ämtern, die ebenfalls mittels Leistungsauftrag und Globalbudget geführt werden, jedoch einen geringeren Handlungsspielraum in organisatorischer Hinsicht besitzen und später als das IGE mit dem Reformprozess begannen, weisen die berechneten Mittelwerte beim IGE jeweils die höchsten Ausprägungen auf. Daraus lässt sich auf eine tendenziell am stärksten eingeschätzte Innovationsorientierung im IGE schließen.

Tabelleȱ1:ȱ

InnovationsorientierungȱunterschiedlicherȱReformämterȱȱ

Skalenmittelwert=2.0 auf Skala 1 (abgenommen), 2 (gleich geblieben) bis 3 (zugenommen) Bedeutung neuer Lösungswege nach der Reform

160ȱ

Amt A (nt62)

Amt B (nt41)

Amt C (nt58)

2.20

2.34

2.57

Skalenmittelwert = 2.5 auf Skala 1 (trifft überhaupt nicht zu) bis 4 (trifft ganz und gar zu)

Amt A (nt62)

Amt B (nt41)

Amt C (nt58)

Die Abteilung kann seit der Reform selbständiger arbeiten und je nach Bedarf nach neuen Lösungen suchen

2.46

2.83

3.16

Die Bedeutung neuer Lösungswege hat sich verändert, da interne Abläufe regelmäßig überprüft werden

2.51

2.60

2.87

Mehr Handlungs- und Entscheidungsspielraum bei der täglichen Arbeit als vorher und kann daher neue Lösungswege ausprobieren

2.23

2.46

2.78

Innovations- und Wissensmanagement

3.5

3. Innovationsinstrumente An dieser Stelle werden zwei im Einsatz stehende Innovationsinstrumente des IGE, so wie sie generell in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben wurden, dargestellt. Dies ist zum einen der Beizug von organisationsexternen Fachexperten in Beiräten und die Zusammenarbeit mit den Verwaltungskunden in Fachgruppen, zum anderen die aktive Nutzung von Beschwerden durch das Mängelmanagement.

4. Institutsrat und Arbeitsgruppen im IGE Das Institut für Geistiges Eigentum IGE besitzt als Steuerungsgremium einen Institutsrat, der sich aus 9 Personen zusammensetzt und von der Bundesregierung für jeweils eine Amtsperiode mit der Möglichkeit zur Wiederwahl gewählt wird. Er stellt im Bereich der Betriebsführung das oberste Organ dar und steuert das Institut im Rahmen des Budgetierungs- und Rechnungslegungsprozesses. Die Bundesregierung und ihre Mitglieder als Ministerienvorsteher üben die Steuerung über die politischen Aktivitäten mittels einer Leistungsvereinbarung aus. Nach Aussagen des Institutsdirektors erlaube dies eine viel stärker aufgabenbezogene und kundenorientierte Steuerung der Institutstätigkeiten im Vergleich zur früheren Steuerung über die parlamentarischen Gremien. Dem Institutsrat gehören zurzeit drei Patent- bzw. Markenanwälte, zwei Vertreter der Verwaltung, ein Universitätsprofessor sowie drei Personen aus privatwirtschaftlichen Unternehmungen an, welche intensive Kundenbeziehungen mit dem Institut pflegen und dessen Systeme nutzen. Die Mitwirkung dieser fachkompetenten Personen trägt entscheidend zu neuen Lösungsansätzen auf der strategischen Führungsebene bei. Zudem ist dieses Steuerungsgremium im Gegensatz zu den früheren Ministerienvertretern dem Institutsgeschäft viel näher verbunden. Die Mitglieder des Institutsrats haben Einsicht in die einzelnen Institutsprojekte und nehmen gegebenenfalls auch Einfluss, indem ein Projekt nicht bewilligt wird und die entsprechenden Budgetmittel nicht bereitgestellt werden. Nach der Gründung des neuen IGE wurde bspw. vom Institutsrat die Notwendigkeit eines starken Ausbaus des Rechnungswesens und des Controllings erkannt und der Auftrag erteilt, in diesem Bereich besondere Anstrengungen zu unternehmen. Dies war angesichts der gestiegenen Bedeutung von Transparenz und Rechenschaftspflicht öffentlicher Institutionen gegenüber der Politik aber auch gegenüber Bevölkerung und Privatwirtschaft ein wegweisender Schritt. Seit 1999 existiert im Weiteren eine Arbeitsgruppe, die sich aus Institutsmitarbeitenden sowie Großkunden zusammensetzt. Diese partizipieren bei der Entwicklung eines neuen Verfahrens zur elektronischen Markenanmeldung. Die Großkunden bringen ihre Erwartungen und Ansprüche in die Arbeitsgruppe ein und testen gleichzeitig das Pilotprojekt, indem sie fiktive Markenanmeldungen auf dem neuen System durchführen. Diese partnerschaftliche und innovative Form der Produktentwicklung dient einerseits der Kundenorientierung des Instituts, andererseits dem Kunden durch die Bereitstellung von Angeboten, die seine Bedürfnisse decken.

161ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

Abgerundet wird diese Innovationsstrategie in der Instituts- und Produktentwicklung durch einen regelmäßig stattfindenden Kundentag zur Intensivierung der Kundenbeziehung und des informellen Austauschs über das Leistungsangebot und die Leistungsansprüche.

5. Mängelmanagement Seit 1997 verfügt das IGE über ein Management von Reklamationen und Anregungen, um einerseits das Wissen über die Kundenbeanstandungen und -bedürfnisse laufend zu vertiefen und andererseits diese Erkenntnisse für die Optimierung der Dienstleistungen und Prozesse nutzen zu können. Reklamationen werden grundsätzlich als wichtig betrachtet und erfordern deshalb aus Institutssicht einer besonderen Aufmerksamkeit. Das systematische und aktive Beschwerdemanagement des IGE versteht Reklamationen als Chancen in folgender Hinsicht: „ Chance, unzufriedene Kunden überhaupt zu entdecken, da sich nur ein sehr geringer Anteil der unzufriedenen Kunden von selbst meldet. „ Chance, unzufriedene Kunden durch Vermeidung von Nachfrageverzicht oder von Abwanderungen zur Konkurrenz als Kunden zu behalten. Hierbei ist zu beachten, dass Nachfrageverzicht teilweise auch in hoheitlichen Leistungsbereichen möglich ist. So können bspw. Unternehmungen, die dem Nutzen von Schutzrechten skeptisch gegenüberstehen und zusätzlich negative Erfahrungen mit Institutsleistungen gemacht haben, zukünftig auf einen Patent- oder Markenschutz verzichten. „ Chance, die Unzufriedenheit von Kunden in Zufriedenheit umzuwandeln, bevor diese ihren Unmut an Dritte weitererzählt haben. „ Chance, durch eine rasche, unkomplizierte und kundenfreundliche Lösung von Problemen das Vertrauen in das Institut zu stärken und die Kundentreue zu erhöhen. Kunden, deren Beschwerdeproblem gelöst wurde, sind unter Umständen treuere Kunden als solche, die nie Anlass zur Unzufriedenheit hatten. „ Chance, durch Reklamationen die Bedürfnisse der Kunden besser verstehen zu können, so dass sich die Institutsleistungen verbessern lassen. „ Chance, durch eine systematische Beschwerdenauswertung Innovationen zu generieren. Diese Leitgedanken äußern sich im Mängelmanagement durch die breite Abstützung des Systems und dessen Zielsetzungen: Sechs Kaderpersonen (verteilt auf alle Abteilungen des Instituts) sind für die Reklamationsbearbeitung und eine innerhalb von 48 Stunden gewährte Antwort an den Kunden verantwortlich. Ist dies nicht möglich, dann wird dem Kunden im selben Zeitraum mindestens der Beschwerdeeingang bestätigt und die Bearbeitung des Anliegens versichert.

162ȱ

Innovations- und Wissensmanagement

3.5

Die vier Phasen des idealtypischen Beschwerdeprozesses lassen sich folgendermaßen charakterisieren (vgl. Abb. 1): 1. Stimulation von Beschwerden Die Kunden werden aktiv aufgefordert, ihre Unzufriedenheit auszudrücken und sich beim Institut zu beschweren sowie Anregungen an das Institut weiterzugeben. 2. Erfassung und Bearbeitung von Beschwerden Da Beschwerden auf unterschiedlichste Weise (mündlich, telefonisch, brieflich, elektronisch), an den verschiedensten Orten und aus vielfältigsten Gründen (Leistungsqualität, Formalitäten, administrative Abwicklung und Personen) anfallen, müssen sie für die Bearbeitung kanalisiert werden. 3. Problemlösung Die Ursache für die Unzufriedenheit des Kunden soll erkannt, eine für den Kunden sowie den Leistungsbereich adäquate Problemlösung entwickelt und diese dem Kunden mitgeteilt werden. 4. Feedback Die Feedbackphase erfolgt nach Benachrichtigung des Kunden über die Problemlösung und soll im Rückblick die Zufriedenheit des Kunden mit dem Verlauf und dem Ergebnis der Beschwerdebearbeitung erfassen.

Abbildungȱ1:ȱ AblaufȱdesȱBeschwerdeprozessesȱimȱIGEȱ

Stimulation von Beschwerden

Erfassung und Bearbeitung von Beschwerden

Problemlösung

Feedback

Systematische Beschwerdeauswertung von der Erfassung bis zum Feedback als Lernprozess

ȱ

Ein Hauptmerkmal des Mängelmanagements im IGE ist dessen breite Abstützung bei allen Mitarbeitenden. Alle einfacheren Reklamationen – solche, die durch Erklärung eines Sachverhalts erledigt werden können – werden vom durch die Beschwerde betroffenen und adressierten Institutsmitarbeitenden direkt bearbeitet. Die detaillierte Aufgabenzuordnung im Beschwerdemanagement des IGE ist in der Tabelle 2 dargestellt.

163ȱ

3

Das Innovationsmanagement öffentlicher Institutionen

Tabelleȱ2:ȱ

AufgabenȱderȱInstitutsstellenȱimȱBeschwerdemanagementȱ

Stelle

Hauptaufgaben

Alle Institutsmitarbeitenden

í Selbständige Erledigung aller einfacheren Reklamationen und Anregungen, die persönlich an sie adressiert wurden, innerhalb von 48 Stunden. Bei schriftlicher Erledigung ist eine Kopie an den Kundendienst weiterzuleiten í Weiterleitung von komplexeren Problemfällen an den Kundendienst der betroffenen Abteilung mit minimaler Zeitverzögerung

Kundendienst í Erfassung der direkt bei ihm eingehenden und an ihn weitergeleiteten Beschwerden auf elektronischem Formular der Fachabteilungen í Kommunikation der Problemlösung oder mindestens Eingangsbestätigung innerhalb von 48 Stunden í Erledigt möglichst viele Reklamationen in Abhängigkeit seines Fachwissens selbständig, leitet übrige weiter í Er überwacht den Status der Beschwerdebehandlung und kommuniziert definitive Problemlösungen an Kunden í Meldet monatlich die behandelten Beschwerden zur systematischen Auswertung an das Marketing í Sorgt für ständige Erreichbarkeit (ggf. durch Stellvertretung) Marketing

Plant, realisiert Maßnahmen zur Stimulierung von Beschwerden Wertet die Beschwerden systematisch aus Realisiert mit Fachabteilungen die Einholung des Feedbacks Initiiert Verbesserungen der Dienstleistungen und des Mängelmanagements í Erstellt regelmäßig einen Bericht über die Erkenntnisse aus dem Beschwerdemanagement

í í í í

Telefonzentra- í Leitet telefonisch eingehende Reklamationen an den Kundendienst der betroffenen Fachabteilung weiter le, Empfang

Insgesamt ist das IGE ein anschauliches Beispiel für die Erzeugung und Umsetzung von Innovationen in einer staatlichen Institution. Die vorbildliche Innovationskultur ist fest in der Institutsleitung verankert und zeigt sich einerseits durch die Übernahme einer Pionierrolle im Rahmen der Verwaltungsmodernisierung. Andererseits arbeitet das Institut mit Instrumenten und Konzepten, welche der Erzeugung von Innovationen dienlich sind und für die kontinuierliche Prozess- sowie Leistungsverbesserung genutzt werden. Als Beispiel können hier die informationstechnologische Verbreitung der Institutsdienstleistungen durch das Internet und andere Kommunikationssysteme genannt werden, womit das IGE international eine Vorreiterrolle einnimmt. Schutzrechtssysteme werden zukünftig nicht mehr einseitig als Monopol zu Gunsten der Schutzrechtsinhaber (Privatpersonen und Unternehmungen) verstanden, sondern verstärkt als Träger und Erzeuger von wirtschaftlich äußerst relevanten Informationen, die sowohl für die staatliche Politik i. S. der Forschungs- und Technologieförderung als auch für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft von großer Bedeutung sind.

164ȱ

Informationen als Teil der politisch-administrativen Steuerung

4.1

ȱ

Kapitel 4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

165ȱ

Informationen als Teil der politisch-administrativen Steuerung

4.1

InformationsȬȱ undȱ Kommunikationsprozesseȱ gewinnenȱ angesichtsȱ desȱ gesellschaftlichenȱ undȱ technologischenȱ Wandelsȱ inȱ derȱ staatliȬ chenȱVerwaltungȱanȱBedeutung.ȱDasȱInformationsbedürfnisȱderȱStaȬ keholderȱ (z.ȱ B.ȱ Bürger,ȱ Parlamentsmitglieder,ȱ Leistungsempfänger,ȱ Interessengruppen,ȱNichtȬRegierungsorganisationen)ȱsteigtȱlaufend,ȱ daȱ dieȱ Beschaffungȱ sowieȱ derȱ Vergleichȱ vonȱ Informationenȱ undȱ Wissenȱheuteȱeinfacherȱfälltȱalsȱfrüher.ȱTechnologischeȱEntwicklunȬ genȱermöglichenȱzusätzlichȱeineȱqualitativȱimmerȱbessere,ȱmengenȬ mäßigȱbreitere,ȱzeitlichȱraschereȱundȱörtlichȱunabhängigereȱInformaȬ tionsversorgungȱsowohlȱderȱFührungsverantwortlichenȱalsȱauchȱderȱ Anspruchsgruppen.ȱȱ DasȱvierteȱKapitelȱinȱdiesemȱBuchȱwidmetȱsichȱnachȱdemȱInnovatiȬ onsmanagementȱ demȱ Aspektȱ desȱ InformationsȬȱ undȱ PerformanceȬ ManagementsȱalsȱTeilȱdesȱPublicȱManagementȬAnsatzesȱundȱkennȬ zeichnetȱ dieȱ Verknüpfungȱ beiderȱ Teilbereiche.ȱ Informationenȱ sindȱ dieȱBasisȱvonȱEntscheidungenȱundȱjeȱkomplexerȱdieȱEntscheidungsȬ situationȱist,ȱdestoȱwichtigerȱwerdenȱInformationen,ȱdamitȱinnovatiȬ veȱundȱzielkonformeȱEntscheidungenȱresultierenȱkönnen.ȱȱ VorȱdemȱHintergrundȱunterschiedlicherȱAnsätzeȱderȱErfolgskontrolȬ leȱ staatlichenȱ Handelnsȱ (vgl.ȱ Ritzȱ 2003a:ȱ 36ȱ ff.)ȱ werdenȱ inȱ diesemȱ KapitelȱdreiȱKonzepteȱvertieft,ȱdieȱalleȱderȱInformationsbeschaffungȱ undȱ Ȭnutzungȱ zurȱ Entscheidungsvorbereitungȱ inȱ Politikȱ undȱ VerȬ waltungȱ dienen.ȱ Zunächstȱ wirdȱ dasȱ Informationsmanagementȱ ausȱ derȱ Sichtȱ desȱ Controllingsȱ betrachtet.ȱ Zweiȱ aktuelleȱ Instrumente,ȱ dasȱManagementinformationssystemȱ(MIS)ȱundȱdieȱBalancedȱScoreȬ cardȱ(BSC),ȱwerdenȱvorgestellt.ȱDanachȱwirdȱaufȱdieȱverschiedenenȱ Konzepteȱ desȱ Qualitätsmanagementsȱ eingegangen,ȱ bevorȱ abschlieȬ ßendȱ dieȱ Möglichkeitenȱ derȱ verbessertenȱ Entscheidungsfindungȱ aufgrundȱderȱEvaluationsmethodeȱdargestelltȱwerden.ȱ

4.1

Informationen als Teil der politischadministrativen Steuerung

Staatlichenȱ Organisationenȱ kommtȱ imȱ Wettlaufȱ umȱ Informationenȱ eineȱ wichtigeȱ Rolleȱ zu,ȱ daȱ dieseȱ vielfachȱ überȱ jeneȱ Informationenȱ verfügen,ȱdieȱmaßgeblichȱzurȱLegitimationȱstaatlichenȱHandelnsȱvorȱ demȱ Hintergrundȱ funktionierenderȱ rechtsstaatlicherȱ Institutionenȱ beitragenȱ (vgl.ȱ nachfolgendesȱ Praxisfensterȱ Nr.ȱ 7).ȱ Damitȱ diesȱ geȬ wahrtȱ wird,ȱ sindȱ transparenteȱ sowieȱ professionelleȱ InformationsȬȱ undȱKommunikationsprozesseȱinnerhalbȱderȱstaatlichenȱVerwaltungȱ wichtig.ȱ Dieseȱ müssenȱ denȱ Informationsbedürfnissenȱ derȱ verschieȬ

LegitimationsȬ grundlageȱ

167ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

denenȱAnspruchsgruppenȱgenügenȱundȱdieȱErfolgskontrolleȱstaatliȬ chenȱ Handelnsȱ ermöglichen.ȱ Gleichzeitigȱ istȱ aufgrundȱ derȱ ManaȬ gementreformenȱimȱöffentlichenȱSektorȱdieȱBedeutungȱvonȱInformaȬ tionen,ȱ welcheȱ anhandȱ vonȱ Indikatorenȱ gemessen,ȱ zuȱ Kennzahlenȱ verdichtetȱ undȱ zurȱ Entscheidungsfindungȱ genutztȱ werden,ȱ gestieȬ gen.ȱ Hierȱ habenȱ sichȱ dieȱ Begriffeȱ derȱ Leistungsmessungȱ (PerforȬ manceȱ Management)ȱ undȱ desȱ Leistungsvergleichsȱ (Benchmarking)ȱ etabliertȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱKuhlmann/Bogumil/Wollmannȱ2004ȱundȱdieȱKaȬ pitelȱ3.4.3ȱsowieȱ5.3.2.3).ȱ Politischeȱundȱ betrieblicheȱȱ Ebeneȱ

Informationenȱ sindȱ alsȱ Entscheidungsprämissenȱ fürȱ dieȱ politischȬ administrativeȱ Steuerungȱ unabdingbar.ȱ Dabeiȱ werdenȱ unterschiedȬ licheȱ Informationenȱ fürȱ dieȱ politischeȱ undȱ betrieblicheȱ Steuerungȱ benötigt.ȱ Aufȱ derȱ politischenȱ Ebeneȱ dientȱ dasȱ InformationsmanaȬ gementȱ primärȱ derȱ Oberaufsichtȱ desȱ Parlamentsȱ undȱ konzentriertȱ sichȱaufȱdieȱregelmäßige,ȱpunktuelleȱundȱmehrheitlichȱnachträglicheȱ Informationsbeschaffung.ȱ Ausȱ inhaltlicherȱ Perspektiveȱ dienenȱ dieȱ InformationenȱderȱpolitischenȱEntscheidungsfindungȱdurchȱdasȱParȬ lamentȱ undȱ dieȱ Regierung.ȱ Dieȱ Informationsprozesseȱ aufȱ dieserȱȱ EbeneȱwerdenȱimȱFolgendenȱdemȱReportingȱbzw.ȱBerichtswesenȱzuȬ geordnet.ȱ Demgegenüberȱ zeichnetȱ sichȱ dasȱ InformationsmanageȬ mentȱ aufȱ derȱ betrieblichenȱ Ebeneȱ durchȱ regelmäßige,ȱ flächendeȬ ckendeȱ sowieȱ fürȱ dieȱ Zukunftȱ steuerungsrelevanteȱ InformationsȬ prozesseȱ aus.ȱ Dieȱ laufendeȱ Steuerungȱ undȱ Zielerreichungȱ i.ȱ S.ȱ derȱ Controllingverantwortungȱ undȱ wenigerȱ dieȱ nachträglicheȱ KontrollȬ verantwortungȱstehtȱimȱZentrumȱdesȱInformationsmanagementsȱbeiȱ denȱMinisterienȱundȱDienststellen.ȱDementsprechendȱsindȱesȱprimärȱ Inhalteȱ betrieblicherȱ Natur,ȱ wieȱ qualitativeȱ undȱ quantitativeȱ InforȬ mationenȱausȱdemȱFinanzȬ,ȱLeistungsȬȱoderȱPersonalbereich,ȱdieȱdasȱ Informationsmanagementȱcharakterisieren.ȱAufȱbeidenȱEbenenȱwerȬ denȱ Informationenȱ aberȱ auchȱ alsȱ Grundlageȱ institutionellerȱ MachtȬ politikenȱverwendet,ȱdennȱeinȱInformationsvorsprungȱkennzeichnetȱ letztlichȱ einenȱ Vorteilȱ inȱ politischenȱ undȱ betrieblichenȱ AushandȬ lungsprozessenȱ(vgl.ȱCrozier/Friedbergȱ1979:ȱ52ȱf.).ȱ Tabelleȱ 5ȱ verdeutlichtȱ dieȱ unterschiedlichenȱAnforderungenȱ anȱ dasȱ Informationsmanagementȱ inȱ Bezugȱ aufȱ Informationszweck,ȱ Ȭinhalt,ȱ ȬformȱundȱȬtermin.ȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

168ȱ

Informationen als Teil der politisch-administrativen Steuerung

Tabelleȱ5ȱ

AnforderungenȱanȱdasȱInformationsmanagementȱ

Politische Ebene

Ebene

Informationszweck

Informationsinhalt

Informationsform

Politische Entscheidungsfindung

Langfristige Wirkungsinformationen

Verdichtet, fokus- Periodisch oder punktuell siert

Parlamentarische Politikrelevante Oberaufsicht Programminformationen Grundlage für

Standardisiert

4.1

Informationstermin

Ex post

Verstärkt qualitativ

Budgetierung Festlegung von Wirkungszielen Früherkennung Zielkorrektur Kurz- und mittel- Vollständig fristige Leistungs- Situativ informationen Standardisiert Laufende Steue- FührungsrelevanQualitativ und rung, Vollzugsab- te Prozessinforquantitativ mationen läufe

Betriebliche Ebene

Betriebliche Entscheidungsfindung

Begleitendperiodisch

Flächendeckende Kontrolle Festlegung von Leistungs- und Prozesszielen Prozesskorrektur

ȱ Dieȱ Akteureȱ aufȱ denȱ jeweiligenȱ Ebenenȱ verhaltenȱ sichȱ beiȱ derȱ BeȬ schaffung,ȱ Nutzungȱ undȱ Verbreitungȱ vonȱ Informationenȱ konformȱ mitȱ ihrenȱ Rationalitätenȱ (vgl.ȱAbb.ȱ4,ȱ Kapitelȱ 1).ȱ Dasȱ hatȱzurȱ Folge,ȱ dassȱdieȱpolitischeȱRationalitätȱihreȱeigenenȱGesetzmäßigkeitenȱverȬ folgtȱ undȱ bspw.ȱ dasȱ Interesseȱ anȱ administrativenȱ DetailinformatioȬ nenȱ plötzlichȱ zurȱ politischȱ relevantenȱ Informationȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Oberaufsichtȱ werdenȱ kann.ȱ Dieȱ inȱ derȱ Tabelleȱ erwähntenȱAnfordeȬ rungenȱanȱdasȱInformationsmanagementȱbeziehenȱsichȱsomitȱaufȱdieȱ institutionalisiertenȱ Routineinformationsprozesse.ȱ Informationȱ undȱ KommunikationȱwährendȱKrisensituationenȱsindȱdarinȱnichtȱenthalȬ tenȱbzw.ȱfolgenȱanderenȱGrundsätzenȱ(vgl.ȱCarrelȱ2004).ȱȱ

169ȱ

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

4

Praxisfenster Nr. 7: Neue Herausforderungen staatlicher Kommunikation

ȱ Prof.ȱDr.ȱKurtȱNuspligerȱ Staatsschreiber,ȱ StaatskanzleiȱdesȱKantonsȱ Bernȱ

1. Ausgangslage Der Kanton Bern hat sich vor einiger Zeit eine neue Verfassung gegeben. Diese Verfassung bekennt sich zu einem modernen Verständnis staatlicher Kommunikation. Dieses beruht auf zwei Säulen: 1. Verbindlicher Informationsauftrag Nach Art. 70 der Verfassung müssen die Behörden „über ihre Tätigkeit ausreichend informieren“. Ausreichend ist eine Information dann, wenn sie den Umständen entsprechend rasch, umfassend, sachgerecht und klar ist. Nur eine ständige und qualitativ hochstehende Informationspolitik schafft Vertrauen in die Tätigkeit von Parlament, Regierung und Verwaltung. 2. Öffentlichkeitsprinzip Art. 17 Abs. 3 der bernischen Verfassung legt fest, dass jede Person ein Recht auf Einsicht in amtliche Akten hat, soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen. Dieses Akteneinsichtsrecht besteht unabhängig vom Nachweis eines eigenen schutzwürdigen Interesses oder eines persönlichen Bezugs zu den fraglichen Akten. Das Recht auf Akteneinsicht kann, weil es sich um ein Grundrecht handelt, in letzter Instanz beim Verwaltungsgericht eingeklagt werden. Es gibt nur wenige Gerichtsentscheide.

2. Die Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips Behördenmitglieder und Kader der Verwaltung im Kanton sowie in den Gemeinden wurden im Hinblick auf die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips geschult. Später wurde die Broschüre „365 Tage Öffentlichkeitsprinzip“ herausgegeben. Diese Broschüre enthält Fallbeispiele und Hinweise für die Praxis. Das Öffentlichkeitsprinzip trug auch zur Entwicklung einer modernen Verwaltungskultur bei. Dokumente werden von Anfang an so erfasst, dass später der Zugang für einen weiteren Kreis berechtigter Personen erleichtert wird. Die Verwaltung wurde für Fragen der Transparenz und des Personendatenschutzes sensibilisiert. Der Datenschutzbeauftragte des Kantons Bern bestätigt, dass die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips die Position des Datenschutzes nicht geschmälert hat. Zusätzliche Kosten sind kaum entstanden.

3. Erfahrungen mit dem Öffentlichkeitsprinzip Die kantonalen Behörden, die Gemeinden und die Medienschaffenden wurden vor einiger Zeit über Ihre Erfahrungen mit dem Öffentlichkeitsprinzip befragt. Die Erfahrungen sind gut. Der befürchtete Ansturm auf die Amts-

170ȱ

Informationen als Teil der politisch-administrativen Steuerung

4.1

stuben blieb aus. In der Praxis werden in den meisten Fällen gangbare Wege gefunden. In der Regel werden die gewünschten Auskünfte in formloser Art erteilt. Der formelle Weg des Gesuchs um Akteneinsicht wird von den Medienschaffenden kaum begangen. Das Öffentlichkeitsprinzip hat sich in heiklen Situationen als Instrument der aktiven Politikgestaltung erwiesen. Dazu ein Beispiel: Im Kanton Bern war der Neubau des INO (Intensivbehandlungs-, Notfall- und Operationszentrum) im Inselspital seit längerer Zeit Gegenstand politischer Diskussionen. Zeitliche Verzögerungen und Kostenüberschreitungen wurden kritisiert. Das zuständige Regierungsmitglied veranlasste die Durchführung einer Untersuchung durch externe Spezialisten. Vorerst bestand die Absicht, den Medienschaffenden nur eine Zusammenfassung des Untersuchungsberichts abzugeben. Wegen des Öffentlichkeitsprinzips wurde der integrale Schlussbericht schließlich im Internet zugänglich gemacht. Diese Maßnahme erwies sich als vertrauensbildend.

4. Fazit Die Erfahrungen im Kanton Bern lassen sich in drei Punkten zusammenfassen: 1. Die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips hat sich bewährt. Die Rückmeldungen der Bürgerinnen und Bürger und der Medienschaffenden sind positiv. 2. Das Öffentlichkeitsprinzip und eine aktive Informationspolitik der Behörden haben sich als richtig erwiesen. Das Öffentlichkeitsprinzip ist Teil einer modernen Problemslösungsstrategie. 3. Das Öffentlichkeitsprinzip ist mit geringen Kosten verbunden. Die Behörden können durch eine adäquate Dossierkultur selbst auf das Ausmaß der Kosten Einfluss nehmen.

171ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

Dasȱ Informationswesenȱ staatlicherȱ Institutionenȱ befindetȱ sichȱ nochȱ vielerortsȱimȱAufbau.ȱDasȱvorhandeneȱInformationswesenȱorientiertȱ sichȱzuȱeinemȱ großenȱ Teilȱ anȱEinȬȱ undȱAusgaben,ȱwährendȱdieȱBeȬ wertungȱderȱeigentlichenȱLeistungsprozesseȱnochȱamȱAnfangȱsteht.ȱ Imȱ Rahmenȱ derȱ Publicȱ ManagementȬReformenȱ inȱ derȱ Schweizȱ haȬ benȱsichȱjedochȱneueȱReportingprozesseȱverbreitetȱundȱv.ȱa.ȱdieȱFühȬ rungȱmitȱLeistungskontraktenȱundȱGlobalbudgetierungȱ(vgl.ȱKapitelȱ 5.3.2)ȱverlangtȱaufgrundȱderȱvielfältigenȱundȱumfassendenȱKompeȬ tenzdelegationenȱ nachȱ einemȱ professionellenȱ InformationsmanageȬ mentȱinȱPolitikȱundȱVerwaltung.ȱInȱdiesemȱZusammenhangȱwurdenȱ Führungskräfteȱ inȱ derȱ Verwaltungȱ nachȱ demȱ Nutzenȱ dieserȱ beidenȱ Instrumenteȱ befragtȱ (vgl.ȱ Rameletȱ 2004:ȱ 85).ȱ Sowohlȱ LeistungskonȬ traktenȱ alsȱ auchȱ demȱ Globalbudgetȱ wirdȱ einȱ hoherȱ Nutzenȱ imȱ BeȬ reichȱderȱLeistungsȬȱundȱWirkungsorientierungȱzugeschrieben.ȱDiesȱ bedeutet,ȱ dassȱ Leistungsprozesseȱ entlangȱ ihrerȱ vollständigenȱ WirȬ kungskettenȱbetrachtetȱwerden,ȱindemȱeineȱOrientierungȱanȱZielen,ȱ Ergebnissenȱ undȱ Auswirkungenȱ staatlichenȱ Handelnsȱ angestrebtȱ undȱdieȱInformationenȱhierüberȱtransparentȱgemachtȱwerden.ȱȱ

4.2

Controlling als Denkhaltung

Denkhaltungȱ fürȱȱ Führungskräfteȱ

DerȱControllingȬBegriffȱdominiertȱdieȱSpracheȱderȱVerwaltungspraȬ xisȱderȱletztenȱJahreȱimmerȱmehr.ȱImȱZugeȱeingeleiteterȱDezentraliȬ sierungsschritteȱbzw.ȱaufgrundȱdesȱnotwendigenȱSteuerungswissensȱ zurȱFührungȱdesȱGewährleistungsstaatsȱwerdenȱControllingȬInstruȬ menteȱinȱgroßemȱAusmaßȱimplementiertȱundȱsollenȱeineȱNahtstelleȱ zwischenȱ Politikȱ undȱ Verwaltungȱ bzw.ȱ öffentlichenȱ Unternehmenȱ zurȱ verbessertenȱ Planungȱ undȱ Steuerungȱ bilden.ȱ Controllingȱ kennȬ zeichnetȱ jedochȱ nichtȱ primärȱ dieȱ Einführungȱ neuerȱ RechnungsȬ,ȱ KennzahlenȬȱundȱDatenerfassungssysteme,ȱsondernȱeineȱinȱZukunftȱ fürȱ alleȱ Führungskräfteȱ notwendigeȱ Denkhaltungȱ zurȱ Übernahmeȱ derȱInformationsverantwortungȱinȱihrerȱFührungstätigkeit.ȱ

FührungsȬ unterstützungȱ

Unterȱ Controllingȱ wirdȱ imȱ Folgendenȱ einȱ laufenderȱ informationsȬ verarbeitenderȱ Prozessȱ zurȱ Überwachungȱ undȱ Steuerungȱ derȱAktiȬ vitätenȱeinerȱstaatlichenȱOrganisationȱimȱHinblickȱaufȱderenȱZielerȬ reichungȱ verstanden.ȱ Controllingȱ istȱ somitȱ Führungsunterstützungȱ undȱ wirdȱ klassischȱ inȱ dieȱ Teilfunktionenȱ derȱ InformationsversorȬ gung,ȱderȱSteuerungȱundȱPlanungȱsowieȱderȱKoordinationȱunterteiltȱ (vgl.ȱWeber/Schäfferȱ2006:ȱ16ȱff.ȱundȱBerens/Hoffjanȱ2004:ȱ6).ȱ

172ȱ

Controlling als Denkhaltung

Dieȱ Informationsversorgungȱ istȱ dieȱ eigentlicheȱ Kernfunktionȱ desȱ Controllingsȱ undȱ umfasstȱ insbesondereȱ dieȱ Aufbereitungȱ entscheiȬ dungsrelevanterȱ Informationenȱ (u.ȱ a.ȱ durchȱ dasȱ Rechnungswesen).ȱ Dieȱ SteuerungsȬȱ undȱ Planungsfunktionȱ kennzeichnetȱ dieȱ zielorienȬ tierteȱ Lenkungȱ undȱ Überwachungȱ durchȱ geeigneteȱ Instrumenteȱ (z.ȱB.ȱLeistungskontrakte,ȱZielvereinbarungenȱundȱPläne)ȱundȱstelltȱ ControllingȱalsȱeinenȱTeilȱderȱgesamtenȱFührungȱdar.ȱDieȱKoordinaȬ tionȱ unterschiedlicherȱ Teilsystemeȱ derȱ Verwaltungsführungȱ (z.ȱB.ȱ StrategieȬ,ȱ PersonalȬ,ȱ PlanungsȬȱ undȱ Informationssystem)ȱ verfolgtȱ dasȱ Ziel,ȱ effizienteȱ undȱ effektiveȱ Aufgabenerfüllungȱ verhinderndeȱ Koordinationsdefiziteȱ zuȱ vermindern,ȱ wasȱ dieȱ Verbindungȱ desȱ ControllingsȱzuȱanderenȱElementenȱderȱFührung,ȱz.ȱB.ȱzuȱAnreizsysȬ temenȱimȱRahmenȱderȱPersonalführungȱverdeutlicht.ȱDieȱangesproȬ cheneȱ Denkhaltungȱ wirdȱanhandȱ desȱRegelkreisȬDenkensȱinȱAbbilȬ dungȱ24ȱveranschaulicht.ȱ ȱ

4.2 ControllingȬ Funktionenȱ

Abbildungȱ24ȱ

DerȱRegelkreisȱdesȱControllingȬDenkensȱ Ziele setzen (SOLL) IST erfassen

Berichten

Abweichungen feststellen und analysieren

Abweichungen feststellen

Maßnahmen planen

Maßnahmen vollziehen

Ziele der Maßnahmen festlegen

ȱ

Imȱ RegelkreisȬDenkenȱ wirdȱ dieȱ Informationsfunktionȱ desȱ ControlȬ lingsȱdeutlich.ȱZieleȱwerdenȱaufgrundȱvonȱInformationenȱfestgelegtȱ oderȱ angepasstȱ undȱ laufendeȱ Maßnahmenȱ werdenȱ ebenfallsȱ aufȬ grundȱ aktuellerȱ Informationenȱ gesteuert.ȱ Dieseȱ Denkhaltungȱ beiȱ Akteurenȱ mitȱ einerȱ Controllingverantwortungȱ imȱ öffentlichenȱ SekȬ

Controllingȱ undȱpolitischeȱ Informationȱ

173ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

torȱ zuȱ verankern,ȱ istȱ mitȱ Schwierigkeitenȱ verbunden.ȱ Zumȱ einenȱ konkurrierenȱdieȱbetrieblichenȱInformationenȱzurȱZielfestlegungȱmitȱ vielfachȱentgegenȱgesetztenȱoderȱsehrȱunsicherenȱInformationenȱausȱ demȱpolitischenȱUmfeld,ȱwasȱdieȱBedeutungȱdesȱControllingsȱzwarȱ erhöht,ȱ dessenȱ Verwendbarkeitȱ aberȱ auchȱ erschwert.ȱ Zumȱ anderenȱ verlangtȱesȱvonȱdenȱControllingȬBeauftragtenȱeinȱstärkeresȱBewusstȬ seinȱ fürȱ ihreȱ Steuerungsverantwortungȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ früherenȱ vergangenheitsorientiertenȱ Kontrollverantwortung.ȱ Inȱ derȱ Schweizȱ befindetȱ sichȱ bspw.ȱ dieȱ Schulaufsichtȱ imȱ Umbruch.ȱ Dieȱ Mitgliederȱ derȱSchulaufsichtȱverlierenȱaufgrundȱneuȱinstitutionalisierterȱSchulȬ leiterinnenȱ undȱ Schulleiterȱ anȱ konkretenȱ FührungsȬȱ undȱ KontrollȬ aufgaben.ȱ Dieȱ ihnenȱ nunmehrȱ übertrageneȱ ControllingverantworȬ tungȱistȱvielfachȱnichtȱklarȱverständlichȱundȱerfordertȱeinȱgrundsätzȬ lichesȱÜberdenkenȱderȱbisherigenȱRollenteilungȱbzw.ȱderȱkonkretenȱ TätigkeitenȱimȱRahmenȱdesȱControllings.ȱ EinführungsȬ problemeȱ

174ȱ

Imȱ Zugeȱ derȱ Managementreformenȱ derȱ vergangenenȱ Jahreȱ hatȱ dieȱ Einführungȱ desȱ Controllingsȱ inȱ öffentlichenȱ Verwaltungenȱ auchȱ Problemeȱ mitȱ sichȱ gebracht.ȱ Einerseitsȱ führteȱ dieȱ raschȱ geforderteȱ Institutionalisierungȱ vonȱ ControllerȬStellen,ȱ ȬStäbenȱ undȱ ȬDienstenȱ zuȱeinerȱübermäßigȱstarkȱkennzahlenlastigenȱGestaltungȱneuerȱFühȬ rungsinstrumente.ȱ Zuȱ vielȱ Energieȱ wirdȱ inȱ dieȱ Implementierungȱ neuerȱ Instrumenteȱ desȱ RechnungsȬȱ undȱ Informationswesensȱ invesȬ tiert,ȱ quantitativeȱ Indikatorenȱ dominierenȱ dieȱ Erfolgsanalysenȱ undȱ fürȱ dieȱ Entscheidungsfindungȱ kaumȱ relevanteȱ Datenȱ werdenȱ aufȬ wendigȱ generiert.ȱ Andererseitsȱ werdenȱ dieȱ Linienstellenȱ vermehrtȱ derȱ Kontrolleȱ neuerȱ Querschnittsabteilungenȱ unterstellt,ȱ wasȱ denȱ vielerortsȱimȱRahmenȱderȱReformenȱangestrebtenȱerweitertenȱHandȬ lungsspielraumȱwiederȱeinengt.ȱZusätzlichȱkommtȱbeiȱGroßverwalȬ tungenȱdieȱneueȱHerausforderungȱhinzu,ȱdassȱdieȱunterschiedlichenȱ ControllingdiensteȱundȱȬverantwortlichenȱeinȱgemeinsamesȱControlȬ lingverständnisȱ sowieȱ darausȱ abgeleiteteȱ fürȱ dieȱ ganzeȱ Verwaltungȱ kohärenteȱ Maßnahmenȱ entwickelnȱ müssen.ȱ Grundsätzlichȱ empȬ fiehltȱsichȱeineȱZurückhaltungȱbeimȱAufbauȱneuerȱStabsstellenȱundȱ Managementinstrumente.ȱControllingȱsollȱinȱderȱVerwaltungspraxisȱ nichtȱ alsȱ einenȱ Mehraufwandȱ generierendes,ȱ technokratischesȱ MaȬ nagementinstrument,ȱ sondernȱ alsȱ grundlegendeȱ Denkhaltungȱ undȱ umfassendeȱ Informationsverantwortungȱ allerȱ Mitarbeitendenȱ EinȬ gangȱfinden.ȱNotwendigȱistȱdieȱvorgängigeȱAnalyse,ȱobȱderȱAufbauȱ neuerȱ Funktionenȱ undȱ Stellenȱ oderȱ nurȱ dieȱ Bildungȱ neuerȱ KompeȬ tenzenȱerforderlichȱist.ȱ

Controlling als Denkhaltung

4.2 Abbildungȱ25ȱ

ControllingȱalsȱBestandteilȱdesȱFührungssystemsȱ Führungssystem Zielsystem (Rechtsgrundlagen, Leitbild)

Planungs- und Kontrollsystem (Legislaturplanung, Politikplan, Strategien, Kontrakte, Zielvereinbarungen)

Organisation (Aufbau- und Ablauforganisation, verschiedene Aufgabenträger) Controlling Personalführungssystem (HR-Prozesse und HR-Instrumente)

Informationssystem (IKT, Informationsprozesse, -gefässe)

Budgetierungs- und Rechnungssystem (Budgetprozess, Rechnungswesen, Finanzreporting)

Leistungssystem

ȱ

BevorȱaufȱeinzelneȱInstrumenteȱdesȱControllingsȱeingegangenȱwird,ȱ giltȱesȱaufȱeinenȱletztenȱGefahrenpunktȱaufmerksamȱzuȱmachen.ȱDieȱ Einführungȱ neuerȱ Managementinstrumenteȱ imȱ Rahmenȱ desȱ ConȬ trollingsȱ bedarfȱ derȱ situativenȱAbstimmungȱ mitȱ demȱ vorhandenenȱ Führungssystemȱ aufȱ derȱ politischenȱ undȱ betrieblichenȱ Ebene.ȱ Dieȱ bereitsȱbestehendenȱFührungsinstrumenteȱundȱderenȱProzesseȱkönȬ nenȱ durchȱ dieȱ koordinierendeȱ Wirkungȱ desȱ Controllingsȱ erneuert,ȱ verbessertȱ undȱ ergänztȱ werden.ȱ Dasȱ Controllingȱ bedientȱ sichȱ aberȱ derȱ vorhandenenȱ Führungsinstrumenteȱ undȱ versucht,ȱ durchȱ ihrenȱ optimalenȱ Einsatzȱ eineȱ möglichstȱ effektiveȱ undȱ effizienteȱ Führungȱ derȱ Organisationȱ zuȱ erreichen.ȱ Nurȱ woȱ nötigȱ ersetzenȱ ControllingȬ prozesseȱ undȱ Ȭinstrumenteȱ dieȱ bisherigenȱ Abläufeȱ undȱ Systeme.ȱ Ausȱ dieserȱ Perspektiveȱ beschränktȱ sichȱ Controllingȱ nichtȱ nurȱ aufȱ dasȱ Rechnungswesen.ȱ Abbildungȱ 25ȱ verdeutlichtȱ dieseȱ primärȱ koȬ ordinierendeȱFunktionȱdesȱControllingsȱ(vgl.ȱKüpperȱ1987:ȱ99).ȱ

Abstimmungȱ mitȱvorhandeȬ nemȱFührungsȬ systemȱ

175ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

4.2.1 Controllingȱ undȱBerichtsȬ wesenȱ

Berichtswesen und Managementinformationssysteme

WährendȱinȱeinemȱUnternehmenȱdasȱBerichtswesenȱbzw.ȱReportingȱ dasȱKernproduktȱderȱControllerȱfürȱdasȱManagementȱdarstellt,ȱumȬ fasstȱ dasȱ Berichtswesenȱ inȱ derȱ öffentlichenȱ Verwaltungȱ grundsätzȬ lichȱ alleȱ Berichteȱ derȱ Exekutiveȱ anȱ dieȱLegislativeȱ (vgl.ȱ Eichhornȱ etȱ al.ȱ 2003:ȱ 113ȱ f.).ȱ Inȱ derȱ Verwaltungspraxisȱ hatȱ sichȱ angesichtsȱ derȱ Verbreitungȱ vonȱ ControllingȬȱ undȱ ReportingȬProzessenȱ dasȱ VerȬ ständnisȱ durchgesetzt,ȱ dassȱ auchȱ dieȱ verwaltungsinternenȱ Berichteȱ zumȱ Berichtswesenȱ gezähltȱ werden.ȱ Ohneȱ dasȱ Berichtswesenȱ verȬ liertȱ dasȱ Controllingȱ seineȱ Bedeutung,ȱdaȱ dieȱ Informationsfunktionȱ einenȱ Hauptzweckȱ desȱ Controllingsȱ darstellt.ȱ Aussagekräftigeȱ BeȬ richteȱschaffenȱfürȱdieȱzukunftsgerichteteȱSteuerungȱderȱOrganisatiȬ onȱTransparenz.ȱDieȱAussagekraftȱbestimmtȱsichȱnachȱInhaltȱundȱInȬ formationsverarbeitungsgradȱ einesȱ Berichts.ȱ Alsȱ Grundregelȱ gilt,ȱ dassȱ zwingendȱ alleȱ wichtigenȱ undȱ neuenȱ Informationenȱ inȱ einemȱ Berichtȱenthaltenȱseinȱmüssen.ȱDabeiȱstelltȱdieȱKomplexitätsreduktiȬ onȱohneȱgleichzeitigeȱGehaltsreduktionȱeineȱderȱgroßenȱHerausforȬ derungenȱanȱdasȱBerichtswesenȱdar.ȱDurchȱdieȱKomplexitätsredukȬ tionȱwerdenȱdenȱBerichtsempfängernȱderȱnächstȱhöherenȱEbeneȱnurȱ jeneȱ Informationenȱ weiterȱ geleitet,ȱ dieȱ nichtȱ mehrȱ inȱ denȱ EntscheiȬ dungsbereichȱderȱuntergeordnetenȱStellenȱgehörenȱbzw.ȱfürȱwelcheȱ dieȱ Entscheidungsfindungȱ derȱ oberenȱ Stellenȱ notwendigȱ sindȱ (vgl.ȱ Müllerȱ2004:ȱ252).ȱDasȱBerichtswesenȱdientȱfolglichȱderȱVerdichtungȱ vonȱInformationen,ȱwelcheȱfolgendeȱVariantenȱumfasst:ȱ

„ Vertikaleȱ Verdichtung:ȱ Informationsverarbeitung,ȱ Ȭaggregationȱ undȱȬinterpretationȱentlangȱderȱOrganisationshierarchieȱ

„ Horizontaleȱ Verdichtung:ȱ Informationsverarbeitung,ȱ ȬaggregatiȬ onȱ undȱ Ȭinterpretationȱ überȱAufgabenȬȱ undȱ OrganisationsbereiȬ cheȱhinwegȱ

„ Zeitlicheȱ Verdichtung:ȱ Informationsverarbeitung,ȱ Ȭaggreggationȱ undȱȬinterpretationȱüberȱeinenȱbestimmtenȱZeitraumȱ KeinȱControlȬ lingȱersetztȱdenȱ Steuermannȱ

176ȱ

JeȱmehrȱVerdichtungsleistungȱerforderlichȱist,ȱdestoȱstärkerȱkommenȱ auchȱ qualitativeȱ Methodenȱ i.ȱ S.ȱ derȱ Informationsbeurteilungȱ undȱȱ Ȭinterpretationȱ zumȱ Zug.ȱ Dasȱ verdeutlichtȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ keinȱ nochȱ soȱ gutesȱ Controllingȱ undȱ Berichtswesenȱ denȱ Steuermannȱ anȱ derȱSpitzeȱbzw.ȱeineȱgutȱzusammenarbeitendeȱCrewȱersetzt,ȱdieȱvorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ eigenenȱ Führungserfahrungȱ ausȱ Datenȱ verȬ schiedensterȱ Instrumenteȱ dieȱ richtigenȱ Schlüsseȱ ziehenȱ kannȱ (vgl.ȱ RüeggȬStürmȱ2002:ȱ213).ȱ

Controlling als Denkhaltung

DieȱBerichteȱlassenȱsichȱgrundsätzlichȱnachȱihrerȱArtȱunterscheidenȱ (vgl.ȱJungȱ2003:ȱ141ȱff.):ȱ

4.2 Artenȱvonȱ Berichtenȱ

„ Standardberichteȱ weisenȱ aufgrundȱ ihrerȱ Regelmäßigkeitȱ bezügȬ lichȱ Inhalt,ȱ Berichtstermin,ȱ Berichtsempfängerȱ undȱ InformatiȬ onsherkunftȱeinenȱgeringenȱVerdichtungsgradȱauf.ȱSieȱsindȱkosȬ tengünstig,ȱerfordernȱjedochȱmehrȱInterpretationsaufwandȱdurchȱ dieȱ Berichtsempfänger.ȱ Hierzuȱ gehörenȱ etwaȱ jährlicheȱ VerwalȬ tungsberichte,ȱSemesterberichteȱvonȱDienststellen,ȱparlamentariȬ scheȱKommissionsberichteȱetc.ȱȱ

„ Abweichungsberichteȱ werdenȱ nichtȱ regelmäßigȱ erstellt,ȱ sondernȱ dienenȱ derȱ Früherkennungȱ undȱ Warnungȱ beiȱ zuȱ hoherȱ AbweiȬ chungȱ vonȱ denȱ Planwerten.ȱ Imȱ Gegensatzȱ zuȱ denȱ StandardbeȬ richtenȱweisenȱsieȱeinenȱhohenȱGradȱanȱSituationsspezifität,ȱAkȬ tualitätȱ undȱ Verdichtungȱ auf.ȱ Nebenȱ Controllinginformationenȱ könnenȱ insbesondereȱ auchȱ Evaluationsresultateȱ Bestandteilȱ vonȱ Abweichungsberichtenȱsein.ȱ

„ Sonderberichteȱ sindȱ wieȱ Abweichungsberichteȱ nichtȱ standardiȬ siertȱundȱanȱkeineȱregelmäßigenȱErscheinungszeitpunkteȱgebunȬ den.ȱ Sieȱ sindȱ inȱ hohemȱ Masseȱ empfängerorientiertȱ undȱ dienenȱ vielfachȱ derȱ Klärungȱ spezifischerȱ Fragestellungen,ȱ Unklarheitenȱ oderȱzurȱUntermauerungȱvonȱTatbeständenȱanhandȱvertiefterȱInȬ formationen.ȱ Typischeȱ Sonderberichteȱ sindȱ jeneȱ vonȱ FinanzkonȬ trollenȱoderȱvonȱparlamentarischenȱKommissionenȱzurȱUntersuȬ chungȱvonȱUnregelmäßigkeitenȱimȱVerwaltungshandeln.ȱ Dieȱ Wünscheȱ undȱ Bedürfnisseȱ vonȱ Regierungȱ undȱ Parlamentȱ hinȬ sichtlichȱderȱBerichterstattungȱbeiȱLeistungsaufträgenȱwurdenȱinȱderȱ Schweizȱ untersuchtȱ (vgl.ȱ Brunȱ 2003:ȱ 173ȱ ff.).ȱAusȱ denȱ Äußerungenȱ derȱ Befragtenȱ könnenȱ folgendeȱ ausgewählteȱ Empfehlungenȱ fürȱ dieȱ inhaltlicheȱGestaltungȱabgeleitetȱwerden.ȱZunächstȱsollȱeineȱadressaȬ tengerechteȱBerichterstattungȱalleȱKomponentenȱeinesȱLeistungsaufȬ tragsȱ abdecken.ȱ Dieȱ Berichterstattungȱ mussȱ aufȱ dieȱ Leistungszieleȱ BezugȱnehmenȱundȱKennzahlenȱsowieȱerklärendenȱTextȱbeinhalten.ȱ Weiterhinȱ istȱ wichtig,ȱ dassȱ eineȱ adressatengerechteȱ BerichterstatȬ tungȱ einenȱ Bezugȱ sowohlȱ zurȱ Legislaturplanungȱ derȱ Regierungȱ alsȱ auchȱ zurȱ mittelfristigenȱ Planungȱ herstelltȱ undȱ denȱ jeweiligenȱ BeiȬ tragȱdesȱLeistungsauftragsȱzurȱZielerreichungȱverdeutlicht.ȱSchließȬ lichȱ solltenȱ Parlamentȱ undȱ Regierungȱ inȱ denȱ Berichtenȱ überȱ außerȬ gewöhnlicheȱEreignisseȱinformiertȱwerden.ȱȱ

Berichtsinhalt

HinsichtlichȱderȱformellenȱGestaltungȱderȱBerichteȱkönnenȱu.ȱa.ȱfolȬ gendeȱ Schlussfolgerungenȱ gezogenȱ werden.ȱ Dieȱ Berichterstattungȱ mussȱ vergleichbarȱ sein,ȱ jedochȱ nichtȱ überstandardisiertȱ werden.ȱ Esȱ istȱ wichtig,ȱ wesentlicheȱ Kennzahlenȱ proȱ Amtȱ darzustellenȱ sowieȱ

BerichtsȬ gestaltungȱ

177ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

VeränderungenȱundȱAbweichungenȱzuȱkommentieren.ȱDieȱBerichteȱ müssenȱHinweiseȱaufȱZusatzinformationen,ȱeineȱkurzeȱInterpretatiȬ onȱ sowieȱ Handlungsempfehlungenȱ enthalten.ȱ Weiterhinȱ empfiehltȱ sichȱ fürȱ dieȱ adressatengerechteȱ Berichterstattungȱ dieȱ Erstellungȱ eiȬ nesȱpolitischenȱRatingȬSystems,ȱwelchesȱdieȱwichtigstenȱKennzahlenȱ fürȱParlamentȱundȱRegierungȱinȱgewichteterȱFormȱenthält.ȱ BerichtsȬ terminierungȱ

SchließlichȱlassenȱsichȱausȱderȱUntersuchungȱausgewählte,ȱzeitlicheȱ Gestaltungsempfehlungenȱ ableitenȱ (vgl.ȱ Brunȱ 2003:ȱ 256ȱ ff.).ȱ Dieȱ Häufigkeitȱ derȱ Berichterstattungȱ sollteȱ flexibelȱ anȱ dieȱ Bedürfnisseȱ derȱ Ministeriumsvorsteherȱ angepasstȱ werden,ȱ wobeiȱ beiȱ außerorȬ dentlichenȱ Ereignissenȱ unverzüglichȱ berichtetȱ undȱ vomȱ StandardȬ rhythmusȱ abgewichenȱ wird.ȱ Dieȱ Berichteȱ müssenȱ mitȱ einerȱ ausreiȬ chendenȱ Vorlaufzeitȱ anȱ dieȱ ParlamentsȬȱ undȱ Regierungsmitgliederȱ versandtȱwerden.ȱDieȱzeitgerechteȱBerichterstattungȱermöglichtȱeineȱ bessereȱ Entscheidungsfindung,ȱ daȱ inȱ derȱ Berichterstattungȱ VarianȬ tenȱundȱverschiedeneȱLösungsansätzeȱaufgezeigtȱwerdenȱkönnen.ȱ

Integrierteȱȱ ManagementȬ informationsȬ systemeȱ

Dieȱ Verwaltungsberichteȱ i.ȱS.ȱ vonȱ vergangenheitsorientiertenȱ ReȬ chenschaftsablagenȱ derȱ Verwaltungsführungȱ gegenüberȱ denȱ überȬ geordnetenȱ Instanzenȱ weichenȱ immerȱ mehrȱ vergleichendenȱ BeȬ richtsformenȱ zurȱ zukunftsorientiertenȱ Steuerungȱ aufȱ derȱ Basisȱ inȬ tegrierterȱManagementinformationssystemeȱ(MIS).ȱAnhandȱzentralȬ erȱ Datenerfassungenȱ (mittelsȱ sog.ȱ dataȱ warehouses,ȱ z.ȱB.ȱ mitȱ StanȬ dardsoftwareprodukten)ȱ werdenȱ Informationenȱ ausȱ denȱ verschieȬ denenȱ Führungssystemenȱ integriertȱ undȱ zueinanderȱ inȱ Beziehungȱ gesetzt.ȱEineȱtypischeȱ Formȱ solcherȱAnwendungenȱdesȱ BerichtsweȬ sensȱ sindȱ CockpitȬSysteme.ȱ Derȱ Nameȱ verdeutlichtȱ dieȱ Ähnlichkeitȱ mitȱMerkmalenȱeinesȱFlugzeugcockpitsȱoderȱArmaturenbrettsȱeinesȱ Motorfahrzeugs.ȱ Dieȱ Informationstafelnȱ undȱ Ȭinstrumenteȱ zeigen,ȱ obȱsichȱdieȱOrganisationȱaufȱKursȱbefindetȱundȱverschaffenȱdemȱPiȬ lotenȱ aufȱ übersichtlicheȱ undȱ anschaulicheȱ Weiseȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ periodischȱ oderȱ laufendȱ dieȱ entscheidendenȱ Datenȱ zurȱ Steuerungȱ nutzenȱzuȱkönnen.ȱ

Aufbauȱeinesȱ VerwaltungsȬ cockpitsȱ

DerȱAufbauȱbzw.ȱdieȱInhalteȱeinesȱVerwaltungscockpitsȱsindȱsituativȱ festzulegen.ȱ Dieȱ folgendenȱ Inhalteȱ sollenȱ dabeiȱ alsȱ OrientierungsȬ rahmenȱdienen:ȱ

„ Inputgrößen:ȱPersonal,ȱFinanzenȱundȱSachmittelȱ „ Prozessinformationen:ȱ Kapazitätsauslastungen,ȱ Wartezeiten,ȱ anȬ stehendeȱAufgaben,ȱBeschwerden,ȱProjektfortschritteȱ

„ Ergebnisgrößen:ȱ FinanzȬ,ȱ MengenȬȱ undȱ Qualitätsinformationenȱ nachȱInstitution,ȱAufgabenfeld,ȱProduktȱoderȱProduktgruppeȱ

178ȱ

Controlling als Denkhaltung

4.2

„ Wirkungsgrößenȱ (Impacts):ȱ Zufriedenheitsdaten,ȱ VerhaltensinȬ formationenȱȱ

„ Vergleichendeȱ Informationen:ȱ Dienststellenvergleiche,ȱ ZeitverȬ gleiche,ȱGrößenvergleicheȱ DieȱInformationenȱsollten,ȱwannȱimmerȱmöglich,ȱvergangenheitsbeȬ zogenȱundȱSOLLȬISTȬvergleichendȱabgebildetȱsowieȱzuȱPrognosedaȬ tenȱinȱBezugȱgestelltȱwerden.ȱ DerȱInhaltȱeinesȱumfassendenȱCockpitberichtsȱgehtȱaberȱimmerȱüberȱ dieȱ zahlenbasierteȱ Informationsdarstellungȱ hinaus.ȱ Imȱ Folgendenȱ werdenȱ sechsȱ Berichtsfensterȱ vorgeschlagen,ȱ welcheȱ nebenȱ derȱ InȬ formationsfunktionȱ auchȱ dieȱ Steuerungsfunktionȱ desȱ BerichtsweȬ sensȱaufzeigenȱ(vgl.ȱRüeggȬStürmȱ2002:ȱ237ȱff.):ȱ

Mehrȱalsȱ zahlenbasierteȱ Berichteȱ

„ Berichtsfensterȱ1:ȱDatenȬȱundȱZahlenteilȱ „ Berichtsfensterȱ2:ȱ Abweichungsanalyseȱ (kurzeȱ Erklärungȱ sowieȱ Einschätzungȱ derȱ Bedeutungȱ allerȱ Abweichungenȱ zurȱ TranspaȬ renzschaffung)ȱ

„ Berichtsfensterȱ3:ȱ Ursachenanalyseȱ (Herausarbeitungȱ derȱ UrsaȬ chenȱ vonȱ wesentlichenȱ Abweichungen,ȱ Priorisierungȱ undȱ ProgȬ noseeinschätzung)ȱ

„ Berichtsfensterȱ4:ȱ Maßnahmenȱ (Maßnahmenkatalogȱ mitȱ VerantȬ wortlichkeitenȱundȱMeilensteinen)ȱ

„ Berichtsfensterȱ5:ȱ Erwartungszieleȱ (Modifizierteȱ Zielvorstellungȱ alsȱ revidierteȱ Selbstverpflichtung,ȱ wennȱ Plangrößenȱ (z.ȱ B.ȱ BudȬ getzahlen)ȱnichtȱmehrȱerreichtȱwerdenȱkönnen)ȱ

„ Berichtsfensterȱ6:ȱAktionsplanȱ (Konkretisierungȱ desȱ MaßnahmeȬ plansȱdurchȱeinzelneȱAktionen)ȱ UmȱeineȱÜberadministrationȱzuȱverhindern,ȱsindȱdieȱBerichtsfensterȱ aufȱ dasȱ Wesentlicheȱ zuȱ begrenzen.ȱ Ebenfallsȱ istȱ dieȱ Integrationȱ anȬ derweitigȱ erarbeiteterȱ Berichtsinformationenȱ oderȱ PlanungsmaßȬ nahmenȱ(z.ȱB.ȱausȱdemȱPolitikplan,ȱvgl.ȱKapitelȱ2.4.1.4)ȱsinnvoll.ȱ ZurȱexemplarischenȱDarstellungȱderȱBerichtsfensterȱ1ȱundȱ2ȱhatȱsichȱ inȱderȱVerwaltungspraxisȱdasȱAmpelsystemȱherausgebildet.ȱHierbeiȱ werdenȱ Informationen,ȱ welcheȱ eineȱ Zielerreichungȱ oderȱ ZielüberȬ treffungȱ darstellenȱ sowieȱ solche,ȱ welcheȱ bspw.ȱ eineȱ negativeȱ ZielȬ abweichungȱvonȱ mehrȱ alsȱ fünfȱ Prozentȱ kennzeichnen,ȱ unterschiedȬ lichȱ veranschaulicht.ȱ Diesȱ kannȱ bspw.ȱ anhandȱ roter,ȱ orangerȱ undȱ grünerȱDarstellungsvariantenȱerfolgen.ȱ

Ampelsystem

179ȱ

4 Begrenzteȱȱ Eignungȱ fürȱPolitikȱ

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

CockpitȬSystemeȱsindȱanschaulichȱundȱgeeignetȱfürȱdieȱmitȱdemȱInȬ formationsumfeldȱ starkȱ vertrauteȱ Führungskraft.ȱ Fürȱ RegierungsȬ mitgliederȱ oderȱ Parlamentsvertreterȱ eignenȱ sieȱ sichȱ aberȱ nurȱ beȬ grenzt,ȱdaȱdiesenȱderȱKontextȱsowieȱergänzendeȱInformationenȱzurȱ DatenȬȱ undȱ Kennzahleninterpretationȱ fehlen.ȱ CockpitȬInformatioȬ nenȱ sindȱ dannȱ fürȱ dieȱ Politikȱ hilfreich,ȱwennȱ dieȱ darinȱ enthaltenenȱ Datenȱ ausreichendȱ erläutertȱ sindȱ undȱ insbesondereȱ aufȱ politikreleȬ vantenȱ Informationenȱ aufbauen,ȱ d.ȱ h.ȱ Politikfeldȱ spezifischeȱ WirȬ kungsdaten,ȱ Programmfortschritte,ȱ Evaluationsergebnisseȱ etc.ȱ entȬ haltenȱ (vgl.ȱ auchȱ Kapitelȱ 4.4).ȱ Derȱ Kantonȱ Solothurnȱ kommtȱ dieserȱ Forderungȱentgegen,ȱindemȱerȱimȱRahmenȱderȱwirkungsorientiertenȱ VerwaltungsführungȱdemȱParlamentȱdieȱMöglichkeitȱderȱFestlegungȱ vonȱ sog.ȱ politischenȱ Indikatorenȱ gibt.ȱ „AufȱAntragȱ einerȱ zuständiȬ genȱ Kommissionȱ legtȱ derȱ Kantonsratȱ fürȱ ausgewählteȱ ProdukȬ tegruppenȱ Zieleȱ fest,ȱ zuȱ denenȱ derȱ Regierungsratȱ politischȱ bedeutȬ sameȱLeistungsȬȱoderȱWirkungsindikatorenȱzuȱbestimmenȱhat.“ȱ(SoȬ lothurnȱ 2003a:ȱArt.ȱ 38bis).ȱ Dieȱ Berichterstattungȱ zuȱ politischenȱ IndiȬ katorenȱ erfordertȱ vonȱ Regierungenȱ oftmalsȱ vertiefteȱ Analysenȱ imȱ Rahmenȱ vonȱ SelbstȬȱ oderȱ Fremdevaluationen.ȱ Dadurchȱ wirdȱ dasȱ Reportingȱ zuȱ Händenȱ derȱ Legislativeȱ aufȱ politikrelevanteȱ Inhalteȱ zugeschnittenȱundȱermöglichtȱeineȱAnpassungȱderȱStandardberichteȱ anȱdieȱBedürfnisseȱderȱPolitik.ȱ

4.2.2 Verdichtungȱȱ derȱkomplexenȱ Realitätȱ

Kennzahlen und Kennzahlensysteme

Kennzahlenȱ sindȱ quantitativeȱ Daten,ȱ dieȱ zuȱ einemȱ großenȱ Teilȱ ausȱ denȱ betrieblichenȱ Basissystemenȱ wieȱ demȱ Rechnungswesenȱ oderȱ derȱBetriebsdatenerfassungȱstammen.ȱSieȱstellenȱeineȱzahlenmäßigeȱ VerdichtungȱderȱbetriebswirtschaftlichenȱSachverhalteȱzurȱReduktiȬ onȱderȱkomplexenȱRealitätȱinȱVerwaltungenȱundȱBetriebenȱdar.ȱDieȱ FührungsunterstützungȱdurchȱKennzahlenȱzeigtȱdenȱgegenwärtigenȱ TrendȱinȱRichtungȱvermehrtȱquantitativȱundȱanȱZahlenȱausgerichteȬ tenȱ Managementmethodenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektor.ȱ Damitȱ einherȱ gehtȱaberȱauchȱdieȱGefahr,ȱdassȱmitȱjederȱneuenȱManagementmodeȱ bzw.ȱ neuerȱ Personȱ inȱ derȱ Controllingabteilungȱ neueȱ Kennzahlenȱ entstehen,ȱ wasȱ letztlichȱ zuȱ „Kennzahlenfriedhöfen“ȱ führt.ȱ Esȱ werȬ denȱ u.ȱ a.ȱ folgendeȱ Kennzahlenartenȱ unterschiedenȱ (vgl.ȱ WeȬ ber/Schäfferȱ2006:ȱ168ȱff.ȱundȱEichhornȱetȱal.ȱ2003:ȱ557):ȱ

„ Absoluteȱ (z.ȱB.ȱ Deckungsbeitrag,ȱ Leitungsspanne)ȱ undȱ relativeȱ Kennzahlen.ȱLetztereȱwerdenȱinȱGliederungszahlenȱ(Teilmengeȱ:ȱ Gesamtmenge;ȱ z.ȱ B.ȱ Personalkostenanteilȱ anȱ Gesamtkosten),ȱ BeȬ ziehungszahlenȱ (Mengeȱ Aȱ:ȱMengeȱ B;ȱ z.ȱB.ȱ Anzahlȱ PatententȬ scheideȱ:ȱPatentmitarbeiter)ȱ undȱ Indexzahlenȱ (beobachteteȱ MenȬ

180ȱ

Controlling als Denkhaltung

4.2

geȱ:ȱBasismenge;ȱz.ȱB.ȱAnzahlȱSteuerentscheideȱimȱJahrȱxȱ:ȱAnzahlȱ SteuerentscheideȱimȱBasisjahrȱy)ȱunterteilt.ȱ

„ ErfolgsȬȱ oderȱ Rentabilitätskennzahlenȱ (z.ȱB.ȱ Betriebskostenȱ imȱ VerhältnisȱzuȱKostenȱeinerȱNeuinvestition)ȱoderȱLiquiditätskennȬ zahlenȱ (z.ȱB.ȱ Zahlungsmittelȱ imȱ Verhältnisȱ zuȱ kurzfristigemȱ Fremdkapitel).ȱ

„ Globaleȱ Kennzahlen,ȱ dieȱ überȱ alleȱ Organisationsbereicheȱ verȬ dichtetȱwerdenȱkönnenȱundȱlokaleȱKennzahlen,ȱwelcheȱz.ȱB.ȱnurȱ aufȱeineȱDienststelleȱbezogenȱwerdenȱkönnen.ȱ Dieȱ Artȱ derȱ Kennzahlenȱ istȱ letztlichȱ nichtȱ entscheidend.ȱ Vielmehrȱ mussȱdieȱverwendeteȱZahlȱeinenȱausreichendenȱInformationsgehaltȱ fürȱdieȱdamitȱverbundeneȱFragestellungȱbesitzen.ȱȱ AlbertȱEinsteinȱsollȱeinmalȱgesagtȱhaben:ȱ„Nichtȱalles,ȱwasȱgeȬ zähltȱwerdenȱkann,ȱzähltȱundȱnichtȱalles,ȱwasȱzählt,ȱkannȱgeȬ zähltȱwerden.“ȱ ȱ DamitȱKennzahlenȱanȱAussagekraftȱgewinnen,ȱwerdenȱsieȱinȱKennȬ zahlensystemenȱ inȱ sachlichȱ zweckmäßigerȱ Artȱ sowieȱ ausgewogenȱ zueinanderȱ inȱ Beziehungȱ gesetzt.ȱ Ersteresȱ kennzeichnetȱ dieȱ Formȱ desȱZusammenhangsȱzwischenȱeinzelnenȱKennzahlenȱdesȱSystems.ȱ Esȱ handeltȱ sichȱ bspw.ȱ umȱ mathematischeȱ Verknüpfungenȱ vonȱ FiȬ nanzzahlen,ȱ umȱ reineȱ Klassifizierungenȱ wieȱ beiȱ denȱ Ansätzenȱ desȱ QualitätsmanagementsȱoderȱumȱangenommeneȱUrsacheȬWirkungsȬȱ oderȱZweckȬMittelȬZusammenhängeȱzwischenȱdenȱKennzahlen.ȱȱ

Kennzahlenȱinȱ Beziehungȱȱ setzenȱ

Weber/Sandtȱ (2001:ȱ 21)ȱ habenȱ dieseȱ Klassifizierungȱ vonȱ KennzahȬ lensystemenȱ anschaulichȱ dargestelltȱ (vgl.ȱAbb.ȱ 26).ȱ KennzahlensysȬ temeȱohneȱinnerenȱZusammenhangȱundȱmitȱeinseitigenȱ(z.ȱB.ȱfinanȬ ziellen)ȱDatenȱvermögenȱdenȱAnsprüchenȱanȱdieȱEntscheidungsvorȬ bereitungȱ nichtȱ zuȱ genügen.ȱ Oftȱ resultierenȱ darausȱ ungenutzteȱ Datenberge,ȱ welcheȱ auchȱ alsȱ Kennzahlenfriedhöfeȱ bezeichnetȱ werȬ denȱ (Feldȱ 1).ȱ Eineȱ Ursacheȱ solcherȱ Datenbergeȱ istȱ vielfachȱ derȱ fehȬ lendeȱ Systemunterhaltȱ i.ȱS.ȱ derȱ Bereinigungȱ nichtȱ zweckmäßigerȱȱ oderȱüberflüssigerȱDaten.ȱFinanzwirtschaftlicheȱKennzahlensystemeȱ wieȱdasȱinȱderȱPrivatwirtschaftȱweitȱverbreiteteȱDuPontȬSystemȱdesȱ „ReturnȱonȱInvestment“ȱ(ROI)ȱweisenȱeinenȱhohenȱZusammenhang,ȱ jedochȱ nurȱ eineȱ geringeȱ Ausgewogenheitȱ derȱ Kennzahlenȱ auf.ȱ Derȱ großeȱ Zusammenhangȱ desȱ ROIȱ zeigtȱ sichȱ inȱ derȱ Verknüpfungȱ vonȱ mehrerenȱ absolutenȱ undȱ relativenȱ Kennzahlenȱ zuȱ einerȱ Kennzahl,ȱ demȱROI.ȱDieȱreinȱfinanzwirtschaftlicheȱBasisȱdesȱROIȬKennzahlenȬ systemsȱ lässtȱ aberȱ anȱ Ausgewogenheitȱ fürȱ dieȱ gesamthafteȱ FühȬ rungsperspektiveȱ vermissenȱ (Feldȱ2).ȱ Dieȱ vonȱ Kaplanȱ undȱ Nortonȱ

KennzahlenȬ systemeȱohneȱ innerenȱZuȬ sammenhangȱ

181ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

entwickelteȱundȱinȱKapitelȱ4.2.3ȱerläuterteȱBalancedȱScorecardȱ(BSC)ȱ weistȱbereitsȱinȱihrerȱBezeichnungȱaufȱdieȱAusgewogenheitȱderȱdarȬ inȱ enthaltenenȱ Kennzahlenȱ hinȱ (vgl.ȱ Kaplan/Nortonȱ 1992).ȱ Werdenȱ jedochȱdieȱPerspektivenȱeinerȱBSCȱnurȱmitȱbereitsȱbestehendenȱDaȬ tenȱ einerȱ Organisationȱ „aufgefüllt“,ȱ ohneȱ dieȱ relevantenȱ ZweckȬ MittelȬZusammenhängeȱ zwischenȱ denȱ Kennzahlenȱ undȱ PerspektiȬ venȱ zuȱ analysieren,ȱ wirdȱ ihrȱ Potenzialȱ nurȱ ungenügendȱ ausgeȬ schöpftȱ (Feldȱ3).ȱ Eineȱ „gute“ȱ BSCȱ basiertȱ aufȱ einemȱ WirkungsmoȬ dell,ȱ dasȱ organisationsspezifischȱ entwickeltȱ wurdeȱ undȱ dieȱ KennȬ zahlenȱinȱeinenȱerfolgsrelevantenȱZusammenhangȱstelltȱ(Feldȱ4).ȱ

hoch

KlassifizierungȱvonȱKennzahlensystemenȱ

3

4

„aufgefüllte“ Balanced Scorecard

„gute“ Balanced Scorecard

1

2

Kennzahlenfriedhof

ROI-System

niedrig

Ausgewogenheit der Kennzahlen

Abbildungȱ26ȱ

niedrig

hoch

Zusammenhang der Kennzahlen

4.2.3 ExȱpostȬ Kontrolleȱundȱ vorausschauȬ endeȱSteuerungȱ

182ȱ

ȱ

Balanced Scorecard

Dieȱ BSCȱ istȱ einȱ kennzahlenbasiertesȱ PerformanceȬMeasurementȬ Instrument,ȱinȱderenȱMittelpunktȱdieȱkonsequenteȱAusrichtungȱallerȱ Aktivitätenȱ aufȱdieȱ Unternehmensstrategieȱstehtȱ (vgl.ȱSchererȱ 2002:ȱȱ 12ȱff.).ȱAlsȱManagementinstrumentȱermöglichtȱdieȱBSCȱeineȱeffektiȬ veȱSteuerungȱvonȱInstitutionen,ȱinȱdemȱsieȱzumȱeinenȱeineȱexȱpostȬ Kontrolleȱ undȱ zumȱ anderenȱ eineȱ vorausschauende,ȱ strategischeȱ

Controlling als Denkhaltung

4.2

SteuerungȱderȱAktivitätenȱermöglicht.ȱWieȱbereitsȱerwähnt,ȱzeichnetȱ sichȱdieȱBSCȱimȱGegensatzȱzuȱalternativenȱSteuerungsȬȱundȱControlȬ linginstrumentenȱ durchȱ eineȱ sehrȱ ausgewogeneȱ undȱ gesamthafteȱ Führungsperspektiveȱ aus,ȱ dieȱ sichȱ v.ȱa.ȱ aufȱ folgendeȱ Bereicheȱ beȬ ziehtȱ(vgl.ȱEichhornȱetȱal.ȱ2003:ȱ86):ȱȱ 1. Ergänzungȱ vonȱ finanziellenȱ Kennzahlenȱ durchȱ nichtȬfinanzielleȱ Kennzahlenȱ 2. Überwindungȱ einerȱ reinȱ internenȱ Erfolgsmessungȱ durchȱ denȱ EinbezugȱkundenorientierterȱMessgrößenȱ 3. Berücksichtigungȱ objektiverȱ Kennzahlenȱ sowieȱ subjektiverȱ EinȬ schätzungenȱ 4. BetrachtungȱkurzȬȱundȱlangfristigerȱZieleȱȱ 5. Kombinationȱ vergangenheitsȬȱ undȱ zukunftsbezogenerȱ IndikatoȬ renȱ Insgesamtȱgesehen,ȱkannȱderȱEinsatzȱeinerȱBSCȱdieȱTransparenzȱderȱ Leistungserstellungsprozesseȱ einerȱ Organisationȱ erhöhenȱ undȱ dieȱ effektiveȱ undȱ effizienteȱ Unternehmenssteuerungȱ verbessern.ȱ Diesȱ geschiehtȱv.ȱa.ȱdadurch,ȱdassȱVisionȱundȱStrategieȱeinerȱInstitutionȱinȱ vierȱ Perspektivenȱ übertragenȱ werden,ȱ dieȱ inȱ einerȱ ZweckȬMittelȬ Beziehungȱ zueinanderȱ stehenȱ (Kaplan/Nortonȱ 1997:ȱ 23ȱ ff.).ȱ Somitȱ sindȱdieȱeinzelnenȱPerspektivenȱausȱderȱStrategieȱabgeleitetȱundȱbilȬ denȱ gleichzeitigȱ dieȱ Voraussetzungȱ zurȱ Durchführungȱ vonȱ MaßȬ nahmenȱzurȱRealisierungȱderȱStrategie.ȱȱ

Transparenz derȱLeistungsȬ erstellungsȬ prozesseȱȱ

Inȱ derȱ finanziellenȱ Perspektiveȱ werdenȱ finanzielleȱ Zielgrößenȱ defiȬ niertȱ undȱ Kennzahlenȱ festgelegt,ȱ welcheȱ dieȱ finanzielleȱ Situationȱ messenȱ undȱ überwachenȱ sollen.ȱ Wesentlicheȱ Fragestellungenȱ sindȱ hier:ȱ Trägtȱ dieȱ Strategieumsetzungȱ zurȱ Ergebnisverbesserungȱ bei?ȱ WelcheȱZieleȱleitenȱsichȱausȱdenȱErwartungenȱunsererȱKapitalgeberȱ ab?ȱ Dieȱ Kundenperspektiveȱ beziehtȱ sichȱ aufȱ MarktȬȱ bzw.ȱ KundenȬ segmente.ȱ Esȱ gilt,ȱ dieȱ Zieleȱ zuȱ definieren,ȱ dieȱ beiȱ denȱ Kundenȱ erȬ reichtȱwerdenȱmüssen,ȱumȱdieȱStrategieȱdurchsetzenȱundȱdieȱfinanȬ ziellenȱZieleȱerreichenȱzuȱkönnen.ȱDaherȱistȱdieȱKundenperspektiveȱ bereitsȱ einȱ erstesȱ Mittelȱ zurȱ Erreichungȱ desȱ Unternehmenszwecks.ȱ Alsȱ dritteȱ BSCȬKomponenteȱ betrachtetȱ dieȱ interneȱ ProzessperspekȬ tiveȱ wesentlicheȱ Prozesseȱ derȱ Leistungserstellung.ȱ Dabeiȱ mussȱ dieȱ QualitätȱderȱWertschöpfungsprozesseȱsoȱausgestaltetȱsein,ȱdassȱsichȱ derȱbeiȱdenȱKundenȱangestrebteȱErfolgȱerreichenȱlässt.ȱHierbeiȱstelltȱ sichȱ dieȱ Grundfrage:ȱ Durchȱ welcheȱ internenȱ Prozesseȱ müssenȱ wirȱ unsȱauszeichnen,ȱumȱAnspruchsgruppenȱundȱKundenȱzufriedenȱzuȱ stellen?ȱDieȱvierteȱPerspektive,ȱdieȱLernȬȱundȱEntwicklungsperspekȬ tive,ȱdientȱdazu,ȱi.ȱS.ȱeinerȱDynamisierungȱkontinuierlichȱdieȱChanȬ

VierȱBSCȬ Perspektivenȱ

183ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

cenȱzurȱVerbesserungȱderȱinternenȱProzesseȱzuȱnutzen.ȱAlleȱvierȱPerȬ spektivenȱ sindȱ grundsätzlichȱ identischȱ aufgebaut,ȱ indemȱ proȱ PerȬ spektiveȱ Ziele,ȱ Kennzahlen,ȱ Zielvorgabenȱ undȱ UmsetzungsmaßȬ nahmenȱidentifiziertȱundȱanalysiertȱwerden.ȱȱ Einbezugȱvonȱ SachȬȱundȱȱ Formalzielenȱ

Dieȱ BSCȱ wurdeȱ ursprünglichȱ fürȱ erwerbswirtschaftlicheȱ UnternehȬ menȱentwickelt.ȱJedoch,ȱsoȱerkanntenȱKaplanȱundȱNortonȱinȱeinemȱ zweitenȱSchritt,ȱ„[…]ȱsindȱdieȱMöglichkeiten,ȱdieȱsichȱdurchȱdieȱBSCȱ fürȱ dieȱ Verbesserungȱ desȱ Managementsȱ vonȱ staatlichenȱ undȱ Nonȱ Profitȱ Organisationenȱ ergeben,ȱ wahrscheinlichȱ nochȱ vielȱ größer.“ȱ (Kaplan/Nortonȱ 1997:ȱ 173).ȱ Diesȱ liegtȱ insbesondereȱ daran,ȱ dassȱ derȱ BSCȬAnsatzȱnichtȱnurȱfinanzielleȱKennzahlenȱberücksichtigt.ȱDurchȱ dieȱganzheitlicheȱPerspektiveȱkönnenȱdieȱheterogenenȱundȱmehrdiȬ mensionalenȱ Zielsystemeȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ gleichberechtigtȱ berücksichtigtȱwerdenȱ(vgl.ȱLangthalerȱ2002:ȱ134).ȱÖffentlicheȱInstiȬ tutionenȱ befindenȱ sichȱ traditionellȱ inȱ einemȱ Spannungsfeldȱ zwiȬ schenȱ SachȬȱ undȱ Formalzielen.ȱ Währendȱ Formalzieleȱ erwünschteȱ geldwerteȱ Zuständeȱ (Rentabilität,ȱ Liquidität,ȱ Sekurität)ȱ bezeichnen,ȱ beziehenȱsichȱSachzieleȱaufȱdieȱLeistungssphäreȱvonȱöffentlichenȱInȬ stitutionenȱ undȱ umfassenȱ gesellschaftlicheȱ (sozialeȱ Verantwortungȱ u.ȱa.),ȱ wirtschaftlicheȱ (Kundenorientierungȱ u.ȱa.)ȱ sowieȱ ökologischeȱ Zieleȱ(vgl.ȱEichhornȱ2005a:ȱ186ȱff.).ȱDieȱBSCȱstelltȱeineȱwichtigeȱMögȬ lichkeitȱdar,ȱbeideȱPerspektivenȱinȱEinklangȱzuȱbringen.ȱȱ

Anpassungȱȱ desȱBSCȬ Grundmodellsȱ

Zuȱ beachtenȱ ist,ȱ dassȱ dieȱ hierȱ beschriebeneȱ BSCȱ einenȱ Idealtypusȱ verkörpert,ȱd.ȱh.ȱeinȱRasterȱdarstellt,ȱdasȱgrundsätzlichȱaufȱalleȱOrȬ ganisationenȱanwendbarȱist.ȱDennochȱsollteȱdiesesȱGrundmodellȱaufȱ dieȱ spezifischeȱ Situationȱ undȱ Organisationȱ angepasstȱ werden,ȱ umȱ einenȱoptimalenȱEinsatzȱalsȱManagementinstrumentȱzuȱgewährleisȬ ten.ȱEsȱentstehtȱdaherȱzunächstȱdieȱNotwendigkeit,ȱdieȱBSCȱfürȱdieȱ Übertragungȱ aufȱ öffentlicheȱ Institutionenȱ nachȱ derenȱ besonderenȱ Bedürfnissenȱzuȱmodifizieren.ȱDaȱimȱGegensatzȱzuȱprivatwirtschaftȬ lichenȱ Unternehmen,ȱ inȱ denenȱ häufigȱ Formalzieleȱ imȱ Vordergrundȱ stehen,ȱ inȱ öffentlichenȱ Unternehmenȱ Sachzieleȱ dominieren,ȱ solltenȱ dieȱverwendetenȱBetrachtungsdimensionenȱentsprechendȱderȱSpeziȬ fikaȱdesȱöffentlichenȱSektorsȱumgewandeltȱwerdenȱ(vgl.ȱBocciȱ2005ȱ undȱSchererȱ2002:ȱ18).ȱȱ

BSCȱfürȱdenȱȱ öffentlichenȱ Sektorȱ

Imȱ Folgendenȱ wirdȱ eineȱ modifizierteȱ Konzeptionȱ derȱ BSC,ȱ wieȱ sieȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ Anwendungȱ findenȱ kann,ȱ dargestelltȱ (vgl.ȱ Schererȱ 2002:ȱ 18).ȱ Hiernachȱ wirdȱ dieȱ Finanzperspektiveȱ durchȱ dieȱ Perspektiveȱ„WirtschaftlichkeitȱundȱGesetzmäßigkeit“ȱersetzt.ȱDieseȱ enthältȱ dieȱ wirtschaftlichenȱ undȱ rechtlichenȱ Rahmenbedingungenȱ derȱöffentlichenȱLeistungserstellung,ȱwelcheȱVerwaltungenȱbeachtenȱ müssen,ȱ umȱ ihrenȱ öffentlichenȱAuftragȱzuȱ erfüllen.ȱ Weiterhinȱ wirdȱ dieȱPerspektiveȱKundenorientierungȱzurȱPerspektiveȱ„WirkungsoriȬ

184ȱ

Controlling als Denkhaltung

4.2

entierungȱundȱAnspruchsgruppen“ȱentwickelt.ȱInȱdieserȱPerspektiveȱ werdenȱ dieȱ Leistungenȱ derȱ öffentlichenȱ Handȱ gegenüberȱ denȱ BürȬ gernȱ ausȱ derȱ Sichtȱ derȱ Leistungsempfängerȱ betrachtet,ȱ wobeiȱ dieȱ Kernfrageȱlautet,ȱwelcheȱZieleȱbeiȱundȱfürȱdieȱunterschiedlichenȱAnȬ spruchsgruppen,ȱinsbesondereȱBürgerȱundȱKunden,ȱerreichtȱwerdenȱ müssen,ȱ umȱ dieȱ politischeȱ Visionȱ verwirklichenȱ zuȱ können.ȱ Dieȱ nochȱfehlendenȱPerspektivenȱbleiben,ȱähnlichȱwieȱinȱderȱUrsprungsȬ version,ȱauchȱfürȱöffentlicheȱInstitutionenȱerhaltenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ27).ȱ

Abbildungȱ27ȱ

DieȱBalancedȱScorecardȱalsȱSteuerungsinstrumentȱimȱöffentlichenȱSektorȱ

Zi el e Ke nn z Vo ahl en rg a M ben aß na hm en

Wirtschaftlichkeit und Gesetzmäßigkeit „Welche wirtschaftl. und rechtl. Restriktionen müssen wir einhalten, um unseren gesetzlichen/ politischen Auftrag zu erfüllen?“

Interne Verwaltungsprozesse

Vision und Strategie

„Wie müssen wir die internen Verwaltungsprozesse ausgestalten, um die Interessen unserer Bürger zu befriedigen?“

Zi el e Ke nn z Vo ahl en rg a M ben aß na hm en

Zi el e Ke nn z Vo ahl en rg a M ben aß na hm en

Wirkungsorientierung und Anspruchsgruppen

„Welche Leistung müssen wir in welcher Qualität erbringen, um die von den Anspruchsgruppen und der Politik beabsichtigten Wirkungen herbei zu führen?“

Zi el e Ke nn z Vo ahl en rg a M ben aß na hm en

Lernen und Entwicklung „Wie können wir unsere Ressourcen laufend verbessern und weitere politische Spielräume zur Erhöhung des Gemeinwohls aufbauen?“

ȱ

Zusammenfassendȱbetrachtet,ȱbildetȱderȱstrategischeȱSteuerungsgeȬ dankeȱ denȱ Kernȱ undȱ Ausgangspunktȱ derȱ BSC.ȱ Mitȱ Hilfeȱ vonȱ loȬ gischȬpragmatischenȱ Verknüpfungenȱ derȱ verschiedenenȱ PerspektiȬ venȱ zuȱ einerȱ ZweckȬMittelȬKetteȱ stelltȱ dieȱ BSCȱ dar,ȱ wieȱ durchȱ denȱ EinsatzȱverschiedenerȱMittelȱdieȱStrategieȱerfülltȱundȱdieserȱZweckȬ MittelȬZusammenhangȱ anhandȱ vonȱ Kennzahlensystemenȱ geprüftȱ werdenȱkannȱ(vgl.ȱSchererȱ2002:ȱ19).ȱȱ Imȱ Vergleichȱ zuȱ denȱ imȱ folgendenȱ Abschnittȱ dargestelltenȱ InstruȬ mentenȱ desȱ Qualitätsmanagements,ȱ dieȱ häufigȱ aufȱ einerȱ einfachenȱ KlassifizierungȱoderȱTypologieȱbasieren,ȱgehtȱdieȱBSCȱeinenȱSchrittȱ weiter,ȱ daȱ sieȱ einȱ situationsspezifischesȱ Wirkungsmodellȱ darstellt,ȱ welchesȱdieȱstrategischeȱAusrichtungȱunterstütztȱundȱeineȱdynamiȬ scheȱ Perspektiveȱ ermöglicht.ȱ Derȱ Einsatzȱ derȱ BSCȱ imȱ öffentlichenȱ SektorȱbietetȱdaherȱzahlreicheȱVorteile.ȱDennochȱbirgtȱdieȱBSCȱeiniȬ geȱProblembereiche,ȱdaȱsieȱbspw.ȱvoraussetzt,ȱdassȱöffentlicheȱInstiȬ

Strategischerȱ SteuerungsȬ gedankeȱ

185ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

tutionenȱihreȱStrategieȱbereitsȱformuliertȱhabenȱundȱdaȱsieȱzuȱeinerȱ weiterenȱBürokratisierungȱvonȱOrganisationenȱführenȱkann.ȱ

4.3

Qualitätsmanagement

Definitionȱ TQMȱ

QualitätsmanagementȱwirdȱheuteȱweitgehendȱalsȱTotalȱQualityȱMaȬ nagementȱ (TQM)ȱ verstanden,ȱ dasȱ dieȱ Deutscheȱ Gesellschaftȱ fürȱ Qualitätȱwieȱfolgtȱdefiniert:ȱ„TotalȱQualityȱManagementȱistȱeineȱaufȱ dieȱMitwirkungȱallerȱihrerȱMitgliederȱgestützteȱManagementmethoȬ deȱ einerȱ Organisation,ȱ dieȱ Qualitätȱ inȱ denȱ Mittelpunktȱ stelltȱ undȱ durchȱ Zufriedenstellungȱderȱ Kundenȱaufȱlangfristigenȱ GeschäftserȬ folgȱsowieȱaufȱNutzenȱfürȱdieȱMitgliederȱderȱOrganisationȱundȱfürȱ dieȱGesellschaftȱzielt“ȱ(DeutscheȱGesellschaftȱfürȱQualitätȱe.ȱV.ȱ1995:ȱ 35).ȱ Dieserȱ umfassendeȱ undȱ lernorientierteȱ Ansatzȱ mussȱ jedochȱ nichtȱ immerȱ Grundlageȱ desȱ Qualitätsdenkensȱ sein.ȱ QualitätskonȬ zepteȱ könnenȱ auchȱ einseitigȱ kontrollorientiertȱ seinȱ (QualitätskonȬ trolleȱundȱȬsicherungȱzurȱAusräumungȱvonȱQualitätsmängelnȱdurchȱ nachträglicheȱ Kontrolle),ȱ dieȱ perfekteȱ Prozessbeherrschungȱ verfolȬ genȱ(genaueȱDokumentationȱallerȱProduktionsprozesseȱundȱdarausȱ folgenderȱAnweisungen,ȱdieȱzumȱrichtigenȱVerhaltenȱundȱgutenȱErȬ gebnissenȱ führen)ȱ oderȱ denȱ Kundenȱ inȱ denȱ Mittelpunktȱ stellenȱ (KundenbedürfnisseȱalsȱQualitätsmaßstab)ȱ(vgl.ȱBroekmate/DahrenȬ dorf/Dunkerȱ2001:ȱ189ȱff.).ȱȱ

TQMȬKonzeptȱ

Dasȱ TQMȬQualitätsverständnisȱ basiertȱ aufȱ demȱ Grundgedanken,ȱ dassȱ optimaleȱ Qualitätȱ nurȱ dannȱ erlangtȱ werdenȱ kann,ȱ wennȱ dieȱ Organisationȱbeachtet,ȱdassȱsichȱguteȱQualitätȱausȱeinerȱVielzahlȱvonȱ Faktorenȱ undȱ nichtȱ linearȱzusammensetzt.ȱ TQMȱ istȱsomitȱ eineȱ umȬ fassendeȱ Managementphilosophie,ȱ dieȱ flexibleȱ undȱ angemesseneȱ ReaktionenȱderȱOrganisationȱaufȱdieȱAnforderungenȱvonȱMarktȱundȱ Gesellschaftȱerlaubtȱ(vgl.ȱBroekmate/Dahrendorf/Dunkerȱ2001:ȱ195).ȱ DasȱTQMȬKonzeptȱlässtȱsichȱanhandȱderȱfolgendenȱBausteineȱfürȱöfȬ fentlicheȱ Institutionenȱ verdeutlichenȱ (vgl.ȱ Kamiske/Brauerȱ 2006:ȱ 328):ȱ 1. „Total“ȱ beinhaltetȱ dieȱ Einbeziehungȱ allerȱ Ebenenȱ undȱ Aspekteȱ derȱ staatlichenȱ Organisation.ȱ Dazuȱ zähltȱ dieȱ partnerschaftlicheȱ Kommunikationȱ mitȱ denȱ Anspruchsgruppen,ȱ dieȱ bereichsȬȱ undȱ funktionsübergreifendeȱ Einbeziehungȱ allerȱ OrganisationsmitȬ gliederȱsowieȱdieȱGesellschaftsȬȱundȱUmweltorientierung.ȱȱ

186ȱ

Qualitätsmanagement

4.3

2. ȱ„Quality“ȱ verweistȱ aufȱ dasȱ umfassendeȱ Qualitätsverständnisȱ i.ȱS.ȱderȱQualitätȱderȱOrganisationsstrukturenȱundȱȬsysteme,ȱderȱ Prozesse,ȱderȱPotenzialeȱundȱderȱErgebnisse.ȱ 3. ȱ„Management“ȱ bedeutetȱ dieȱ exzellenteȱ Führungȱ undȱ eineȱ lernȬ fähigeȱOrganisation,ȱdieȱderȱFührungsqualität,ȱeinerȱQualitätspoȬ litikȱ undȱ darausȱ abgeleitetenȱ Zielen,ȱ derȱ TeamȬȱ undȱ LernfähigȬ keitȱsowieȱderȱBeharrlichkeitȱeinenȱhohenȱStellenwertȱbeimisst.ȱ Derȱ anȱ zweiterȱ Stelleȱ genannteȱ Aspektȱ derȱ Qualitätsbereicheȱ verȬ langtȱ dieȱ spezifischeȱ Wertschöpfungsperspektiveȱ öffentlicherȱ InstiȬ tutionen,ȱ welcheȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ privatwirtschaftlichenȱ UnterȬ nehmungȱ überȱ dieȱ Produktebeneȱ hinausreicht.ȱ Zurȱ Erfassungȱ undȱ Beurteilungȱ derȱ Qualitätȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ lassenȱ sichȱ i.ȱS.ȱ derȱ politischȬadministrativenȱ Steuerungȱ InputȬ,ȱ ProzessȬ,ȱ OutputȬ,ȱ ImpactȬȱundȱOutcomequalitätenȱunterscheidenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ6,ȱKapitelȱ 2.3.3).ȱȱ Amȱ Beispielȱ derȱ Schulqualitätȱ umfasstȱ derȱ Qualitätsbereichȱ derȱ InȬ putqualitätenȱallȱjeneȱFaktoren,ȱwelcheȱalsȱRessourcenȱoderȱalsȱRahȬ menbedingungenȱ inȱ denȱ Leistungserbringungsprozessȱ derȱ Schuleȱ eingehenȱundȱ mithinȱ dessenȱ Qualitätȱbeeinflussenȱ(vgl.ȱ Ritzȱ2005b:ȱ 144ȱff.).ȱAlsȱBeispieleȱfürȱFaktorenȱdieserȱArtȱwerdenȱu.ȱa.ȱdieȱQualiȬ fikationenȱ derȱ Lehrkräfte,ȱ dieȱ Aufbauorganisationȱ derȱ Schule,ȱ dieȱ Schulleistungsfähigkeitȱ derȱ Schülerȱ oderȱ rechtlicheȱ undȱ kulturelleȱ Rahmenbedingungenȱ genannt.ȱ Dieȱ Prozessqualitätenȱ beziehenȱ sichȱ aufȱdasȱSchullebenȱalsȱGanzes.ȱEsȱgehtȱumȱeineȱVielzahlȱvonȱFaktoȬ renȱwieȱUnterrichtsqualität,ȱSchulklima,ȱZusammenarbeitȱderȱLehrȬ kräfte,ȱ Arbeitsorganisationȱ undȱ Arbeitsabläufe,ȱ dieȱ ihrerseitsȱ dasȱ Leistungsergebnisȱ (Output)ȱ undȱ dessenȱ Wirkungenȱ (Impactȱ undȱ Outcome)ȱbestimmen.ȱ

InputȬȱundȱProȬ zessqualitätenȱ

Wieȱbereitsȱangemerkt,ȱspielenȱinȱöffentlichenȱInstitutionenȱdieȱProȬ duktqualitätenȱ(Output,ȱImpactȱundȱOutcome)ȱeineȱbesondereȱRolle.ȱ Diesȱhatȱprimärȱdamitȱzuȱtun,ȱdassȱsieȱdenȱgefordertenȱBezugȱzumȱ LeistungsempfängerȱmitȱseinenȱBedürfnissenȱeinerseits,ȱandererseitsȱ aberȱauchȱimȱHinblickȱaufȱdieȱbeabsichtigteȱVerhaltensänderungȱzurȱ Erreichungȱ gesamtgesellschaftlicherȱ Zieleȱ herstellenȱ undȱ dieȱ Basisȱ fürȱ dieȱ „Kundenorientierung“ȱ derȱ zuȱ beurteilendenȱ organisatoriȬ schenȱ Einheitȱ bilden.ȱ Esȱ erscheintȱ aȱ prioriȱ nichtȱ ohneȱ weiteresȱ verȬ ständlich,ȱwasȱderȱAusdruckȱ„Produktqualität“ȱimȱZusammenhangȱ mitȱderȱSchuleȱbedeutet.ȱBetrachtenȱwirȱjedochȱdieȱLeistungsprozesȬ seȱeinerȱSchuleȱnäher,ȱdannȱlassenȱsichȱeinzelneȱLeistungsergebnisseȱ oderȱ ebenȱ Produkteȱ identifizierenȱ (z.ȱ B.ȱ dieȱ Bücherausleiheȱ derȱ Schulbibliothek,ȱ dieȱ Lernleistungenȱ derȱ Schülerȱ inȱ einemȱ bestimmȬ tenȱFachȱoderȱdieȱBelegungȱvonȱFreikursen).ȱAufȱSeitenȱderȱImpactsȱ

ProduktȬ qualitätenȱ

187ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

kannȱdasȱz.ȱB.ȱeinȱbestimmtesȱVerhaltenȱderȱLernendenȱzurȱBewältiȬ gungȱdesȱaufȱsieȱzukommendenȱBerufsalltagsȱsein.ȱ DemingȬKreisȱ

DieȱAnwendungȱdesȱQualitätsmanagementsȱwirdȱinȱderȱPraxisȱnorȬ malerweiseȱ alsȱ Kreislaufprozessȱ aufgefasst.ȱ Inȱ derȱ Literaturȱ wirdȱ dazuȱ derȱ sog.ȱ „DemingȬKreis“ȱ vorgestellt,ȱ derȱ demȱ inȱ denȱ 1950erȱ Jahrenȱ inȱ Japanȱ entstandenenȱ erstenȱ Qualitätspreis,ȱ demȱ „Demingȱ Prize“,ȱentstammt.ȱDerȱklassischeȱ„DemingȬKreis“ȱzerlegtȱdenȱQuaȬ litätsmanagementȬProzessȱ inȱ dieȱ vierȱ Phasenȱ ȈplanȈȱ (planen),ȱ ȈdoȈȱ (durchführen),ȱ ȈcheckȈȱ (prüfen)ȱ andȱ ȈactȈȱ (handeln)ȱ (vgl.ȱ Biegerȱ 2002:ȱ180).ȱ Eineȱ interessanteȱ Weiterentwicklungȱ derȱ Ideeȱ diesesȱ Konzeptsȱ finȬ detȱsichȱbeiȱMeffert/Bruhnȱ(2006:ȱ359).ȱDieseȱführenȱalsȱweitereȱTeilȬ aufgabeȱ dieȱ sog.ȱ ȈQualitätsmanagementdarlegungȈȱ ein.ȱ Dieȱ QualiȬ tätsmanagementdarlegungȱumfasstȱdieȱDokumentationȱundȱSicherȬ stellung,ȱ dassȱ dieȱ angeboteneȱ Dienstleistungȱ dieȱ QualitätsanfordeȬ rungenȱerfüllt,ȱundȱbeinhaltetȱdamitȱdieȱimȱmodernenȱQualitätsmaȬ nagementȱ wichtigenȱ Aufgabenȱ derȱ Qualitätssicherungȱ undȱ QualiȬ tätszertifizierung.ȱ Abbildungȱ 28ȱ verbindetȱ anschaulichȱ dieȱ TeilaufȬ gabenȱdesȱDemingȬKreisesȱmitȱderȱGrundideeȱdesȱTQM.ȱ

Abbildungȱ28ȱ

DerȱQualitätsmanagementprozessȱ Qualitätsniveau

Qualitätsverbesserung

n Qualitätsplanung Qualitätsprüfung q

p

Qualitätssteuerung o

Qualitätssicherung Weg

ȱ

188ȱ

ȱ

Qualitätsmanagement

4.3

BezogenȱaufȱeinenȱkonkretenȱAnwendungsfallȱbeinhaltenȱdieȱinȱAbȬ bildungȱ28ȱunterschiedenenȱvierȱPhasenȱfolgendeȱTeilaufgaben:ȱ 1. InȱderȱPhaseȱderȱQualitätsplanungȱwerdenȱv.ȱa.ȱdieȱzuȱerreichenȬ denȱQualitätszieleȱundȱsonstigenȱQualitätsanforderungenȱfestgeȬ legt.ȱZurȱDefinitionȱdieserȱAnforderungenȱwirdȱeinerseitsȱaufȱdieȱ WünscheȱderȱKundenȱundȱandererȱBezugsgruppen,ȱandererseitsȱ aufȱ Vorgabenȱ übergeordneterȱ Instanzenȱ –ȱ z.ȱ B.ȱ aufȱ dieȱ strategiȬ schenȱZieleȱeinesȱMinisteriumsȱ–ȱzurückgegriffen.ȱ 2. Dieȱ Qualitätssteuerungȱ basiertȱ aufȱ denȱ Ergebnissenȱ derȱ QualiȬ tätsplanung.ȱSieȱumfasstȱalleȱAktivitäten,ȱdieȱnötigȱsind,ȱumȱdieȱ ErfüllungȱderȱQualitätszieleȱsicherzustellen,ȱv.ȱa.ȱ



Mitarbeiterbezogeneȱ Maßnahmenȱ (z.ȱ B.ȱ Schulung,ȱ AnreizȬ system,ȱIntegration,ȱVerteilungȱderȱQualitätsverantwortung)ȱ



KulturbezogeneȱMaßnahmenȱ(z.ȱB.ȱFührungsschwerpunkte,ȱ Leitbild,ȱ Kommunikation,ȱ Information,ȱ Anreizsystem,ȱ PerȬ sonalauswahl)ȱundȱ



OrganisationsbezogeneȱMaßnahmenȱ(z.ȱB.ȱAufbauȬȱundȱAbȬ lauforganisation,ȱ Installationȱ vonȱ Qualitätszirkeln,ȱ KoordiȬ nationȱundȱVerankerungȱderȱQualitätsverantwortung).ȱ

3. Inȱ dieȱ Phaseȱ derȱ Qualitätsprüfungȱ fallenȱ alleȱ Maßnahmenȱ zurȱ Ermittlungȱ derȱ Qualitätsanforderungenȱ derȱ Empfängerȱ vonȱ staatlichenȱ Leistungen,ȱ aberȱ auchȱ andererȱ Anspruchsgruppen.ȱ Dazuȱ kommenȱ ergänzendeȱ Maßnahmenȱ zurȱ Evaluationȱ derȱ ErȬ reichungȱderȱAnforderungen.ȱGegenstandȱderȱÜberprüfungȱsindȱ dabeiȱ dieȱ Gesamtorganisation,ȱ Teilbereicheȱ (Abteilungen)ȱ undȱ einzelneȱMitarbeiterȱderȱVerwaltungsstelle.ȱImȱAllgemeinenȱwirdȱ dabeiȱ zwischenȱ derȱ internenȱ Selbstevaluationȱ undȱ derȱ externenȱ Fremdevaluationȱ unterschieden.ȱ Speziellȱ fürȱ dieȱ externeȱ QualiȬ tätsprüfungȱdurchȱdenȱ„Kunden“ȱexistiertȱeineȱVielzahlȱquantitaȬ tiverȱ undȱ qualitativerȱ Befragungsmethoden,ȱ dieȱ adaptiertȱ auchȱ alsȱInstrumenteȱzurȱBeurteilungȱderȱQualitätȱöffentlicherȱInstituȬ tionenȱinȱFrageȱkommenȱ(vgl.ȱParasuraman/Zeithaml/Berryȱ1988:ȱ 12ȱff.;ȱScharnbacher/Kieferȱ2003ȱundȱHentschelȱ2000:ȱ289ȱff.).ȱ 4. Dieȱ Qualitätssicherungȱ i.ȱ S.ȱ derȱ Qualitätsmanagementdarlegungȱ enthältȱ „alleȱ geplantenȱ undȱ systematischenȱ Tätigkeiten,ȱ dieȱ inȬ nerhalbȱdesȱQualitätsmanagementsystemsȱverwirklichtȱsindȱundȱ dieȱ wieȱ erforderlichȱ dargelegtȱ werden,ȱ umȱ ausreichendesȱ VerȬ trauenȱ zuȱ schaffen,ȱ dassȱ eineȱ Einheitȱ dieȱ Qualitätsforderungȱ erȬ füllenȱwirdȈ.ȱ(DeutscheȱGesellschaftȱfürȱQualitätȱe.ȱV.ȱ1995:ȱ145).ȱ DabeiȱgehtȱesȱinȱersterȱLinieȱumȱalleȱAktivitäten,ȱdieȱeineȱinstituȬ tionelleȱ Qualitätszertifizierungȱ sicherstellen.ȱ Weiterhinȱ istȱ eineȱ

189ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

Beteiligungȱ anȱ Qualitätswettbewerben,ȱ dieȱ zuȱ Qualitätspreisenȱ führen,ȱ vorstellbar.ȱ Darüberȱ hinausȱ istȱ auchȱ denkbar,ȱ dassȱ VerȬ waltungenȱdieȱErgebnisseȱvonȱKundenȬȱundȱBürgerbefragungenȱ sowieȱ anderenȱ Qualitätsmessungenȱ intern,ȱ evtl.ȱ auchȱ externȱ kommunizieren,ȱ umȱ eineȱ qualitätsorientierteȱ Grundeinstellungȱ derȱVerwaltungsmitarbeitendenȱzuȱfördern.ȱ Zufriedenheitȱ derȱAnspruchsȬ gruppenȱ

Offensichtlichȱ bestehtȱ zwischenȱ denȱ einzelnenȱ Phasenȱ desȱ QualiȬ tätsmanagementsȱ einȱ engerȱ Zusammenhang.ȱ Insbesondereȱ setzenȱ Qualitätsplanungȱ undȱ Qualitätsprüfungȱ klareȱ Vorstellungenȱ vonȱ derȱanzustrebendenȱQualitätȱvoraus.ȱBeiȱderȱAnwendungȱvonȱTQMȬ Konzeptenȱ wirdȱ davonȱausgegangen,ȱ dassȱ dieȱangestrebteȱ Qualitätȱ letztlichȱderȱvonȱdenȱLeistungsempfängernȱ(subjektiv)ȱgewünschtenȱ Qualitätȱentsprechenȱsollteȱ(vgl.ȱBruhnȱ1998:ȱ24).ȱDamitȱwerdenȱdieȱ Ermittlungȱ derȱ Anforderungenȱ anȱ staatlicheȱ Institutionenȱ undȱ dieȱ Bestimmungȱ derȱ Zufriedenheitȱ derȱ Anspruchsgruppenȱ zurȱ wichȬ tigstenȱ Basisȱ derȱ qualitätsorientiertenȱ Verwaltungsführungȱ (vgl.ȱ auchȱKapitelȱ3.4.1.6).ȱEsȱstelltȱsichȱdieȱFrage,ȱobȱundȱinwieweitȱderȬ artigeȱ „unternehmerische“ȱ Überlegungenȱ fürȱ einȱ gezieltesȱ ManaȬ gementȱderȱQualitätȱinȱöffentlichenȱInstitutionenȱübernommenȱwerȬ denȱkönnenȱbzw.ȱsollen.ȱAbgesehenȱvonȱderȱsituativenȱEignungȱvonȱ Instrumenten,ȱ Technikenȱ undȱ spezifischenȱ Kriterienȱ desȱ QualitätsȬ managements,ȱdieȱjeȱnachȱOrganisation,ȱZielsystem,ȱvielfältigenȱAnȬ spruchsgruppenȱ(z.ȱB.ȱaufȱderȱpolitischenȱEbene),ȱAufgabenfeldȱundȱ Handlungsspielräumenȱ beiȱ derȱ Aufgabenerfüllungȱ analysiertȱ werȬ denȱmüssen,ȱgibtȱesȱkeineȱgrundlegendenȱBarrieren,ȱdenȱQualitätsȬ gedankenȱinȱöffentlichenȱInstitutionenȱzuȱinstitutionalisieren.ȱ

4.3.1

ISO und EFQM

Mitȱ derȱ DINȱ ENȱ ISOȱ 9000ȬReiheȱ (imȱ Folgendenȱ kurzȱ ISOȱ 9000ȱ geȬ nannt)ȱexistiertȱeinȱinternationalerȱNormensatzȱzurȱAbsicherungȱdesȱ Qualitätsmanagementsȱ inȱ Organisationenȱ (vgl.ȱ Broekmate/DahrenȬ dorf/Dunkerȱ2001:ȱ198ȱff.),ȱwobeiȱdieȱAbkürzungenȱfürȱdieȱBegriffeȱ „Deutschesȱ Institutȱ fürȱ Normung“,ȱ „Europäischeȱ Norm“ȱ undȱ „InȬ ternationalȱ Organisationȱ ofȱ Standardization“ȱ stehen.ȱAlsȱ QualitätsȬ managementnormȱbeschreibtȱdieȱISOȱ9000,ȱnachȱwelchenȱGrundsätȬ zenȱdieȱMaßnahmenȱzumȱQualitätsmanagementȱdokumentiertȱwerȬ denȱmüssen.ȱHinterȱderȱISOȱ9000ȬNormenreiheȱstehenȱdreiȱeinzelneȱ Normen,ȱdieȱsichȱ hinsichtlichȱ ihrerȱ konkretenȱ Zielsetzungȱ undȱAnȬ wendungsbereicheȱwieȱfolgtȱunterscheiden:ȱ

„ DieȱDINȱENȱISOȱ9000ȱerläutertȱdieȱGrundlagenȱfürȱQualitätsmaȬ nagementsystemeȱundȱinȱderȱNormreiheȱverwendetenȱBegriffe.ȱ

190ȱ

Qualitätsmanagement

4.3

„ Dieȱ DINȱ ENȱ ISOȱ 9001ȱ bildetȱ denȱ Kernȱ derȱ Normenreihe.ȱ Inȱ ihrȱ werdenȱ dieȱ Minimalanforderungenȱ anȱ einȱ QualitätsmanageȬ mentsystemȱfestgelegt.ȱ

„ Dieȱ DINȱ ENȱ ISOȱ 9004ȱ stelltȱ einenȱ Leitfadenȱ fürȱ EntscheidungsȬ trägerȱ bereit,ȱderȱ dieȱVerwirklichungȱundȱ Nutzungȱ einesȱ QualiȬ tätsmanagementsystemsȱ zurȱ Verbesserungȱ derȱ Gesamtleistungȱ einerȱOrganisationȱunterstützenȱsoll.ȱ DieȱISOȱ9000ȱbeinhaltetȱreineȱVerfahrensnormen,ȱd.ȱh.ȱsieȱbeschreibtȱ Abläufe,ȱ Merkmaleȱ undȱ Eigenschaftswerteȱ fürȱ dieȱ inȱ einemȱ UnterȬ nehmenȱablaufendenȱTätigkeiten,ȱVerfahrenȱundȱProzesseȱ(vgl.ȱLöffȬ lerȱ1998:ȱ72).ȱDerȱdiesemȱinternationalenȱStandardȱzugrundeȱliegenȬ deȱ Prozessgedankeȱ lehntȱ sichȱ anȱ denȱ bereitsȱ erwähntenȱ „DemingȬ Kreis“ȱ an.ȱ Dasȱ Qualitätsmanagementsystemȱ einerȱ Organisationȱ wirdȱ alsȱ Regelkreisȱ verstanden,ȱ derȱ dieȱ Leistungserstellungȱ undȱȱ Ȭüberprüfungȱ sowieȱ einenȱ kontinuierlichenȱ Verbesserungsprozessȱ umfasst.ȱDurchȱdieȱEinbindungȱderȱKundenȱundȱihrerȱAnforderunȬ genȱ inȱ dasȱ Qualitätsmanagementsystemȱ sollenȱ auchȱ ausȱ demȱ UmȬ feldȱ einerȱ Organisationȱ Impulseȱ fürȱ dieȱ kontinuierlicheȱ LeistungsȬ verbesserungȱ entstehen.ȱ Dabeiȱ strebtȱ dieȱ Normȱ keineȱ vollständigeȱ Kundenzufriedenheitȱ an,ȱ sondernȱ verlangtȱ vielmehr,ȱ dassȱ dieȱ erȬ brachtenȱ Leistungenȱ bzw.ȱProdukteȱ desȱ Unternehmensȱ denȱ schriftȬ lichȱfestgelegtenȱAnforderungenȱentsprechen.ȱGrundsätzlichȱähnelnȱ dieȱ imȱ Folgendenȱ skizziertenȱ achtȱ Grundsätzeȱ derȱ ISOȱ 9000ȱ denȱ PrinzipienȱdesȱTQMȱ(vgl.ȱBroekmate/Dahrendorf/Dunkerȱ2001:ȱ202):ȱȱȱ

ISOȱ9000

„ KundenorientierteȱOrganisationȱ „ Führungȱ „ EinbeziehungȱvonȱMitarbeiterinnenȱundȱMitarbeiternȱ „ ProzessorientierterȱAnsatzȱ „ SystemorientierterȱManagementansatzȱ „ StändigeȱVerbesserungȱ „ SachlicherȱAnsatzȱzurȱEntscheidungsfindungȱ „ LieferantenbeziehungenȱzumȱgegenseitigenȱNutzenȱ Dieȱ inȱ derȱ ISOȬNormȱ enthaltenenȱ QualitätsmanagementanfordeȬ rungenȱ sindȱallgemeinȱ gehalten,ȱ sodassȱ esȱ derȱAusgestaltungȱ einesȱ konkretenȱQualitätsmanagementsystemsȱdurchȱdasȱjeweiligeȱUnterȬ nehmenȱbedarfȱ(vgl.ȱFelixȱ2003:ȱ62).ȱBeiȱanforderungsgerechterȱAusȬ gestaltungȱderȱeinzelnenȱNormen,ȱdieȱv.ȱa.ȱdieȱDokumentationȱinȱeiȬ nemȱQualitätshandbuchȱumfasst,ȱbestehtȱdieȱMöglichkeitȱeinerȱAuȬ ditierungȱundȱZertifizierungȱdesȱQualitätsmanagementsystems.ȱ

QualitätsȬ handbuchȱ

191ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

Dieȱ Anwendungȱ derȱ ISOȱ 9000ȱ beschränkteȱ sichȱ zunächstȱ v.ȱ a.ȱ aufȱ privatwirtschaftlicheȱUnternehmungenȱdesȱproduzierendenȱGewerȬ besȱ (vgl.ȱ Felixȱ 2003:ȱ 63ȱ f.).ȱ Imȱ Rahmenȱ derȱ Publicȱ ManagementȬ ReformenȱwerdenȱISOȬNormenȱjedochȱzunehmendȱauchȱinȱöffentliȬ chenȱ Verwaltungenȱ eingesetzt,ȱ wobeiȱ dieȱ Steigerungȱ derȱ InnovatiȬ onskraftȱ undȱ dieȱMöglichkeitȱ desȱ Benchmarkingsȱalsȱ WettbewerbsȬ surrogatȱ dieȱ Hauptgründeȱ fürȱ dieȱ Implementierungȱ diesesȱ QualiȬ tätsmanagementsystemsȱdarstellenȱ(vgl.ȱKouzminȱetȱal.ȱ1999:ȱ126).ȱ EFQMȬModellȱ

Nebenȱ derȱ ISOȱ 9000ȱ Normenreiheȱ existiertȱ inȱ Europaȱ einȱ weiteresȱ Qualitätsmodell,ȱdasȱvonȱderȱEuropeanȱFoundationȱforȱQualityȱMaȬ nagementȱ(EFQM)ȱentwickeltȱwurde.ȱDiesesȱ„EFQMȬModellȱfürȱExȬ cellence“ȱ basiertȱ aufȱ denȱ Erfahrungenȱ führenderȱ Unternehmenȱ imȱ TQMȬBereichȱundȱgiltȱalsȱReferenzmodellȱzurȱEinführungȱvonȱTQMȱ inȱEuropaȱ(vgl.ȱBroekmate/Dahrendorf/Dunkerȱ2001:ȱ246).ȱDasȱMoȬ dellȱ greiftȱ dieȱ Grundideeȱ desȱ TQMȱ aufȱ undȱ umfasstȱ inȱ seinerȱ GrundstrukturȱneunȱKriterien,ȱdieȱinȱfünfȱ„BefähigerȬKriterien“ȱundȱ vierȱ„ErgebnisȬKriterien“ȱunterschiedenȱwerdenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ29).ȱ

Abbildungȱ29ȱ

DasȱEFQMȬModellȱfürȱExcellenceȱ(nachȱEFQMȱ2003:ȱ5)ȱ Befähiger

Ergebnisse Mitarbeiterbezogene Ergebnisse

Mitarbeiter

Führung Führung

Politik und Strategie Partnerschaften und Ressourcen

Prozess Prozesse e

Kundenbezogene Ergebnisse

SchlüsselProzess ergebnisse e

Gesellschaftsbezogene Ergebnisse Innovation und Lernen

BefähigerȬ Kriterienȱ

ȱ

Dieȱ fünfȱ BefähigerȬKriterienȱ werdenȱ vonȱ derȱ EFQMȱ wieȱ folgtȱ umȬ schriebenȱ(vgl.ȱEFQMȱ2003:ȱ13ȱff.):ȱ

„ Führung:ȱ Inwiefernȱ fördernȱ undȱ vermittelnȱ Führungskräfteȱ dieȱ UmsetzungȱvonȱVisionȱundȱMissionȱinȱeinemȱUnternehmen?ȱInȬ wiefernȱ tragenȱ sieȱ zurȱ Sicherungȱ undȱ Verbesserungȱ desȱ QualiȬ tätsmanagementsystemsȱ beiȱ undȱ verankernȱ mitȱ ihrenȱ MitarbeiȬ ternȱeineȱExcellenceȬKultur?ȱ

„ Mitarbeiter:ȱWieȱwerdenȱdasȱPotenzialȱundȱdieȱKompetenzenȱderȱ MitarbeiterȱimȱHinblickȱaufȱdieȱangestrebteȱPolitikȱundȱStrategieȱ

192ȱ

Qualitätsmanagement

4.3

aufȱ allenȱ Organisationsstufenȱ gemanagt,ȱ entwickeltȱ undȱ ausgeȬ baut?ȱInwiefernȱwerdenȱdieȱMitarbeiterȱinȱdieȱOrganisationȱeinȬ gebundenȱundȱzuȱselbständigemȱHandelnȱermutigt?ȱ

„ Politikȱ undȱ Strategie:ȱ Wieȱ setzenȱ Organisationenȱ ihreȱ Missionȱ undȱVisionȱdurchȱdieȱEntwicklungȱeinerȱaufȱalleȱInteressengrupȬ penȱ ausgerichtetenȱ Strategieȱ um?ȱ Wieȱ wirdȱ dieȱ Strategieȱ durchȱ Politik,ȱPläne,ȱZieleȱundȱProzesseȱunterstützt?ȱ

„ Partnerschaftenȱ undȱ Ressourcen:ȱ Wieȱ planenȱ undȱ managenȱ OrȬ ganisationenȱ ihreȱ externenȱ Partnerschaftenȱ undȱ internenȱ ResȬ sourcenȱzurȱUnterstützungȱvonȱPolitik,ȱStrategieȱundȱProzessen?ȱȱ

„ Prozesse:ȱ Wieȱ gestalten,ȱ managenȱ undȱ verbessernȱ OrganisatioȬ nenȱdieȱProzesse,ȱumȱihreȱAnspruchsgruppenȱzufriedenȱzuȱstelȬ lenȱundȱihreȱWertschöpfungȱzuȱsteigern?ȱ WeiterhinȱwerdenȱfolgendeȱErgebnisȬKriterienȱunterschieden:ȱ

„ Mitarbeiterbezogeneȱ Ergebnisse:ȱ Welcheȱ Ergebnisseȱ erreichtȱ dieȱ

ErgebnisȬ Kriterienȱ

OrganisationȱinȱBezugȱaufȱihreȱMitarbeiter?ȱ

„ KundenbezogeneȱErgebnisse:ȱWelcheȱErgebnisseȱerreichtȱdieȱOrȬ ganisationȱinȱBezugȱaufȱihreȱKunden?ȱ

„ Gesellschaftsbezogeneȱ Ergebnisse:ȱ Welcheȱ Ergebnisseȱ erreichtȱ dieȱOrganisationȱinȱBezugȱaufȱihreȱBeziehungȱzurȱGesellschaft?ȱ

„ Schlüsselergebnisse:ȱWelcheȱErgebnisseȱerreichtȱdieȱOrganisationȱ inȱBezugȱaufȱdieȱangestrebteȱPolitikȱundȱStrategie?ȱ ImȱVergleichȱzuȱdenȱISOȱ9000ȱNormenȱistȱdasȱEFQMȬModellȱumfasȬ senderȱ aufgestellt,ȱ daȱ mehrereȱ Kriterien,ȱ insbesondereȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ Ergebnisse,ȱ mitȱ inȱ dieȱ Betrachtungȱ einbezogenȱ werden.ȱ WährendȱdieȱISOȬReiheȱMindestanforderungenȱdefiniert,ȱstrebtȱdasȱ EFQMȬModellȱ nachȱ einerȱ kontinuierlichenȱ Optimierungȱ allerȱ beȬ schriebenenȱKriterienȱ(vgl.ȱFelixȱ2003:ȱ66).ȱAufgrundȱdesȱbreitenȱAnȬ satzesȱ istȱ dasȱ EFQMȬModellȱ zurȱ Sicherungȱ undȱ Verbesserungȱ derȱ Qualitätȱ inȱ Unternehmenȱ unterschiedlicherȱ Branchenȱ geeignet.ȱ DaȬ beiȱ istȱ auchȱ eineȱ Anwendungȱ desȱ Modellsȱ inȱ Institutionenȱ desȱ öfȬ fentlichenȱSektorsȱdenkbar.ȱZuȱbeachtenȱist,ȱdassȱv.ȱa.ȱdieȱErgebnisȬ Kriterienȱ einerȱ Anpassungȱ anȱ dieȱ Besonderheitenȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ bedürfenȱ (vgl.ȱ Broekmate/Dahrendorf/Dunkerȱ 2001:ȱ260ȱ f.).ȱ Umȱ eineȱ aufȱ denȱ öffentlichenȱ Sektorȱ angepassteȱAlternativeȱ bereitȬ zustellen,ȱwurdeȱletztlichȱaufȱBasisȱdesȱEFQMȬModellsȱeinȱwenigerȱ komplexesȱ QualitätsmanagementȬInstrumentȱ entwickelt,ȱ welchesȱ fürȱdenȱEinsatzȱinȱöffentlichenȱInstitutionenȱbesserȱgeeignetȱistȱundȱ imȱ folgendenȱ Praxisfensterȱ Nr.ȱ 8ȱ anschaulichȱ inȱ derȱ Anwendungȱ dargestelltȱundȱanschließendȱerläutertȱwird.ȱ

VergleichȱISOȱ undȱEFQMȱ

193ȱ

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

4

Praxisfenster Nr. 8: Neue Verwaltungssteuerung, CAF und Qualitätsmanagement

ȱ GerdȱKöhlerȱ Leitenderȱȱ Vermessungsdirektor,ȱȱ Abteilungsleiterȱderȱȱ Zentralabteilung,ȱHessischesȱ LandesamtȱfürȱBodenmanaȬ gementȱundȱGeoinformation,ȱ Wiesbadenȱ

1. Die Rahmenbedingungen Ab dem Jahr 1995 hat die Hessische Landesregierung sich intensiv damit befasst, die Landesverwaltung für die Zukunft „fit“ zu machen. Zunächst mit dem „Neuen Steuerungsmodell (NSM)“ und ab dem Jahr 2003 mit dem Modell der „Neuen Verwaltungssteuerung (NVS)“ wurde auch das Hessische Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation mit einem neuen Managementansatz, schlankeren Strukturen und mehr Eigenverantwortlichkeit zu einer effizienter arbeitenden Dienstleistungsbehörde umgebildet. Aber erst ca. 8 Jahre nach den ersten Reformschritten haben wir uns bewusst mit der eigentlich selbstverständlichen Überlegung beschäftigt, dass alle eingeführten Reformen zwingend qualitätsgesichert werden müssen, um ihre ergebnisorientierte Nachhaltigkeit und damit auch die Glaubwürdigkeit und die Akzeptanz beim Personal zu gewährleisten.

2. Der Weg mit CAF hin zu einem TQM Für den Einstieg in ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem (TQM) haben wir das Instrument des Common Assessment Framework (CAF) gewählt, das von der Europäischen Union für die öffentlichen Verwaltungen Europas als „Gemeinsames Europäisches Qualitätsbewertungsschema“ entwickelt wurde. Die erste Selbstbewertung nach CAF wurde im Jahr 2003 durch eine repräsentative Gruppe von ca. 5% der Beschäftigten durchgeführt. Das Selbstbewertungsergebnis hat uns eine als sehr realistisch akzeptierte Einschätzung des eigenen Organisationszustandes geliefert. Es hat aufgezeigt, mit welcher Nachhaltigkeit die seit dem Jahr 1995 eingeführten Modernisierungselemente tatsächlich angewandt und „gelebt“ werden. Stärken, Schwächen und — unter Berücksichtigung des umfassenden Modernisierungsansatzes — noch gänzlich unbetrachtete Elemente der NVS wurden sichtbar. Anhand dieser Ist-Aufnahme haben wir in einer weiteren Projektarbeit analysiert, auf welchen Sektoren (Themenfelder des CAF) dringender Verbesserungs- und Weiterentwicklungsbedarf bestand. Dabei wurden 20 mehr oder weniger ausgeprägt vorhandene bzw. in Planung oder im Aufbau begriffene Steuerungselemente der NVS einbezogen. Dies bedeutet, dass wir anhand der mit dem CAF gewonnenen Ergebnissen konkrete Handlungsbedarfe abgeleitet und ihre priorisierte Umsetzung geplant haben. Das Ergebnis findet sich im „TQM-Konzept 2004“ wieder. Dieses Konzept

194ȱ

Qualitätsmanagement

4.3

enthält einen 16-teiligen Maßnahmenkatalog sowie 16 priorisierte Projektaufträge, die es in den Jahren 2005 und 2006 umzusetzen gilt.

3. Unsere Erfahrungen Mit der Methode des CAF steht zu Beginn und während des Betriebs eines Qualitätsmanagements ein einfach handhabbares und in seinem am Praxisergebnis gemessenen Ressourcenverbrauch auch in wirtschaftlicher Hinsicht sehr empfehlenswertes Instrument zur Ist-Analyse des inneren und äußeren Organisationszustandes und damit auch zum Benchmarking zur Verfügung. Es gilt in den Gesamtprozess von Anfang an sowohl die Entscheidungsträger als auch die Personalvertretung einzubeziehen und zu überzeugen. Dieser Personenkreis wurde bei uns, wie auch alle Projektgruppenmitglieder, zum Thema Qualitätsmanagement professionell geschult. Das Ziel und der Nutzen eines Qualitätsmanagements unter Einsatz des CAF ist den Beschäftigten von Beginn an transparent darzustellen. Alle Mitwirkenden an der Selbstbewertung und am TQM-Konzept sind wertvolle Multiplikatoren für das Gesamtprojekt. Es ist wichtig, dass es von Anfang an starke Promotoren des Prozesses gibt, die sich persönlich für den Einsatz von CAF und ein TQM mit „Leidenschaft“ einsetzen. Der Kontakt zum nationalen CAF-Zentrum und der Erfahrungsaustausch mit anderen Anwendern sind sehr wertvoll und sollten unbedingt genutzt werden.

4. Die Entwicklung messen Die zweite Selbstbewertungsrunde planen wir für das erste Halbjahr 2006. So werden wir nach 3 Jahren überprüfen, welche Fortschritte im Modernisierungsprozess und bei seiner Qualitätssicherung über alle Themenfelder des CAF erzielt worden sind.

Viel Erfolg auf dem Weg eines Qualitätsmanagements mit CAF!

195ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

4.3.2

CAF

Europäischesȱ QualitätsȬ bewertungsȬ systemȱ

AufȱderȱerstenȱEuropäischenȱQualitätskonferenzȱimȱMaiȱ2000ȱinȱPorȬ tugalȱwurdeȱvonȱdenȱfürȱdenȱöffentlichenȱDienstȱzuständigenȱMinisȬ ternȱ dieȱ Einführungȱ einesȱ gemeinsamenȱ europäischenȱ QualitätsbeȬ wertungssystemsȱ fürȱ öffentlicheȱ Verwaltungenȱ beschlossenȱ (vgl.ȱ Saatweberȱ 2004:ȱ 227).ȱ Dasȱ CommonȱAssessmentȱ Frameworkȱ (CAF)ȱ wurdeȱ mitȱ demȱ Zielȱ konzipiert,ȱ Institutionenȱ desȱ öffentlichenȱ SekȬ torsȱeinȱSelbstbewertungsinstrumentȱzurȱVerfügungȱzuȱstellen,ȱundȱ gleichzeitigȱ dasȱ Verständnisȱ fürȱ dieȱ Grundprinzipienȱ einesȱ TQMȱ sowieȱ dieȱ Anwendungȱ vonȱ Qualitätsmanagementstrategienȱ imȱ öfȬ fentlichenȱSektorȱzuȱerhöhen.ȱCAFȱbietetȱöffentlichenȱVerwaltungenȱ dieȱMöglichkeit,ȱdieȱQualitätȱihrerȱLeistungenȱ(Leistungserstellung,ȱ Leistungsergebnisseȱetc.)ȱeigenständigȱzuȱbewertenȱundȱermöglichtȱ somitȱ einenȱ relativȱ einfachenȱ Einstiegȱ insȱ Qualitätsmanagementȱ (vgl.ȱauchȱvorangehendesȱPraxisfensterȱNr.ȱ8).ȱȱ

ÜbereinȬ stimmungȱmitȱ EFQMȱ

DieȱSelbsteinschätzungȱeinerȱVerwaltungȱmitȱCAFȱberuhtȱaufȱneunȱ vorgegebenenȱ Kriterien,ȱ wobeiȱ eineȱ ganzheitlicheȱ Betrachtungȱ vonȱ Menschen,ȱ Prozessenȱ undȱ Ergebnissenȱ angestrebtȱ wird.ȱ Dieȱ zuȱ beȬ urteilendenȱ Themenfelderȱ stimmenȱ weitestgehendȱ mitȱ denenȱ desȱ EFQMȬModellsȱ überein,ȱ wobeiȱ dieȱ einzelnenȱ Kriterienȱ spezifischerȱ aufȱ dieȱ öffentlicheȱ Aufgabeȱ sowieȱ dieȱ Rahmenbedingungenȱ einerȱ Verwaltungȱzugeschnittenȱsindȱ(vgl.ȱBroekmate/Dahrendorf/Dunkerȱ 2001:ȱ262).ȱWieȱauchȱdasȱEFQMȬModellȱorientiertȱsichȱCAFȱinȱseinerȱ Bewertungȱamȱ„plan,ȱdo,ȱcheck,ȱact“ȱdesȱDemingȬKreislaufs.ȱ

SelbstȬ bewertungȱ

AusȱderȱSichtȱeinerȱVerwaltungȱsindȱmitȱderȱSelbstbewertungȱnachȱ CAFȱfolgendeȱZieleȱverbundenȱ(vgl.ȱSaatweberȱ2004:ȱ228ȱf.):ȱ

„ NutzungȱeinesȱstandardisiertenȱundȱleichtȱanwendbarenȱModellsȱ „ DurchführungȱeinerȱStärkenȬSchwächenȬAnalyseȱ „ ErkennenȱvonȱVerbesserungspotenzialenȱundȱMaßnahmen,ȱdieseȱ auszuschöpfenȱ

„ AktiveȱMitarbeiterbeteiligungȱaufgrundȱderȱSelbstbewertungȱ „ SteigerungȱderȱMitarbeitermotivationȱ „ ErarbeitungȱeinerȱGrundlageȱfürȱModernisierungsprojekteȱ „ EinstiegȱinȱeinenȱkontinuierlichenȱVerbesserungsprozessȱ „ MöglichkeitȱeinesȱeuropaweitenȱBenchmarkingsȱȱ DiagnoseȬ instrumentȱ

196ȱ

DieȱdargestelltenȱZielsetzungenȱmachenȱdeutlich,ȱdassȱCAFȱeinȱfürȱ denȱöffentlichenȱSektorȱvorteilhaftesȱDiagnoseinstrumentȱseinȱkann,ȱ mitȱHilfeȱdessenȱeinȱumfassendesȱStärkenȬSchwächenȬProfilȱfürȱdasȱ

Evaluation staatlicher Maßnahmen

4.4

eigeneȱ Qualitätsmanagementȱ erstelltȱ werdenȱ kann.ȱ Wichtigeȱ VorȬ aussetzungȱ istȱ jedoch,ȱ dassȱ dieȱ ausȱ derȱ Analyseȱ resultierendenȱ erȬ forderlichenȱVerbesserungsmaßnahmenȱauchȱumgesetztȱwerden.ȱ

4.4

Evaluation staatlicher Maßnahmen

Evaluationenȱ sindȱ imȱ Zugeȱ derȱ wirkungsorientiertenȱ VerwaltungsȬ führungȱ inȱ derȱ Schweizȱ wiederȱ stärkerȱ insȱ Gesichtsfeldȱ vonȱ Politikȱ undȱVerwaltungȱgerückt.ȱDiesȱerstaunt,ȱdaȱzuȱBeginnȱderȱReformenȱ vonȱ politikwissenschaftlicherȱ Seiteȱ eherȱAngstȱ gegenüberȱ demȱ verȬ stärktenȱ Einsatzȱ vonȱ Managementansätzenȱ inȱ derȱ öffentlichenȱ VerȬ waltungȱ aufkam.ȱ Dochȱ dasȱ großeȱ Ziel,ȱ dieȱ Wirkungsorientierungȱ derȱVerwaltungȱundȱdamitȱauchȱdieȱEffektivitätȱundȱEffizienzȱpoliȬ tischȬadministrativenȱ Handelnsȱ zuȱ verbessern,ȱ verdeutlichtȱ dieȱ BeȬ deutungȱ einesȱ angemessenenȱ Einsatzesȱ vonȱ Evaluationenȱ erneuert.ȱ Immerȱ mehrȱ Gesetzeȱ werdenȱ wirkungsorientiertȱ formuliertȱ undȱȱ Evaluationsklauselnȱ wieȱ inȱ Art.ȱ 3ȱ Abs.ȱ 3ȱ desȱ neuenȱ Gesetzesȱ überȱ dieȱ Steuerungȱ vonȱ Finanzenȱ undȱ Leistungenȱ desȱ Kantonsȱ Bernȱ nehmenȱ zu:ȱ „Dieȱ Wirkungsorientierungȱ umfasstȱ insbesondereȱ (a)ȱ dieȱAusrichtungȱdesȱstaatlichenȱHandelnsȱanȱdenȱpolitischȱgesetztenȱ Zielen,ȱ (b)ȱ dieȱ vorgängigeȱ Beurteilungȱ möglicherȱ Auswirkungenȱ vonȱErlassenȱundȱBeschlüssenȱundȱ(c)ȱdieȱqualitativeȱundȱquantitaȬ tiveȱ Überprüfungȱ derȱ Auswirkungenȱ vonȱ Erlassenȱ undȱ BeschlüsȬ sen.“ȱ(Bernȱ2002).ȱ

Evaluationȱundȱ WoVȱ

Dieȱ Evaluationȱ untersuchtȱ intendierteȱ undȱ nichtȱ intendierteȱ WirȬ kungenȱöffentlicherȱInterventionenȱanhandȱsozialwissenschaftlicherȱ UntersuchungsmethodenȱzurȱBewertungȱdesȱKonzepts,ȱderȱUmsetȬ zungȱ undȱ desȱ Nutzensȱ staatlicherȱ Maßnahmenȱ (vgl.ȱ Ritzȱ 2003a:ȱ 26ȱ ff.).ȱ Darausȱwirdȱ deutlich,ȱ dassȱ sichȱ Evaluationenȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ anderenȱ Ansätzenȱ derȱ Erfolgskontrolleȱ derȱ vertieftenȱ Analyseȱ vonȱ Kausalzusammenhängenȱ undȱ beiȱ Maßnahmenbeginnȱ nichtȱ beabȬ sichtigtenȱ (positivenȱ undȱ negativen)ȱ Nebenwirkungenȱ widmen.ȱ Trotzȱ derȱ Anwendungȱ sozialwissenschaftlicherȱ UntersuchungsmeȬ thodenȱ unterscheidetȱ sichȱ dieȱ Evaluationȱ vonȱ angewandterȱ ForȬ schungȱ undȱ insbesondereȱ vonȱ derȱ Grundlagenforschung.ȱ EvaluatiȬ onsforschungȱ istȱ normalerweiseȱ Auftragsforschungȱ undȱ widmetȱ sichȱspezifischen,ȱvomȱAuftraggeberȱvorgegebenenȱFragestellungen.ȱ Sieȱ dientȱ dabeiȱ primärȱ derȱ Bewertungȱ undȱ Entscheidungsfindungȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ Programmzieleȱ undȱ strebtȱ keineȱ breiteȱ GeneralisierbarkeitȱihrerȱErgebnisseȱan.ȱEvaluationenȱliegenȱimȱAllȬ gemeinenȱ normativeȱ Kriterienȱ zuȱ Grunde,ȱ welcheȱ zumeistȱ ausȱ denȱ

Intendierteȱ undȱnichtȱȱ intendierteȱ Wirkungenȱ

197ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

Programmzielenȱabgeleitetȱwerden.ȱWährendȱsichȱdieȱGrundlagenȬ forschungȱ derȱ Untersuchungȱ vonȱ UrsacheȬWirkungsȬZusammenȬ hängenȱ annimmt,ȱ stehenȱ beiȱ derȱ Evaluationȱ ZielȬMittelȬKettenȱ imȱ Zentrum,ȱ umȱ unmittelbareȱ Systemzusammenhängeȱ inȱ einemȱ klarȱ definiertenȱ Kontextȱ zuȱ verstehen.ȱ Derȱ wesentlichsteȱ Unterschiedȱ liegtȱ imȱ Zweckȱ vonȱ Evaluationen:ȱ Sieȱ sollenȱ fürȱ denȱ Auftraggeberȱ einenȱ Nutzenȱ bringenȱ undȱ dienenȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ GrundlagenȬ forschungȱdemȱdirektenȱGebrauchȱinȱderȱVerwaltungspraxis.ȱȱ

4.4.1 TypischeȱEvaȬ luationsartenȱ

Arten von Evaluationen

Anhandȱ derȱ unterschiedlichenȱ Merkmaleȱ einerȱ Evaluationȱ könnenȱ verschiedeneȱ Evaluationsartenȱ unterschiedenȱ werden.ȱ Jeȱ nachȱ GeȬ genstandȱderȱUntersuchungȱsindȱtypischeȱEvaluationsarten:ȱ

„ Dieȱ Programmevaluationȱ alsȱ typischeȱ Evaluationskategorieȱ unȬ tersuchtȱ staatlicheȱ Maßnahmen,ȱ dieȱ derȱ Umsetzungȱ vonȱ politiȬ schenȱZielenȱdienen.ȱAlsȱProgrammȱwirdȱeinȱMaßnahmenbündelȱ bezeichnet,ȱdasȱgeplantȱundȱwohlȱkonzipiertȱdieȱgezielteȱVeränȬ derungȱ sozialerȱ Bedingungenȱ inȱ Staat,ȱ Wirtschaft,ȱ Gesellschaftȱ undȱUmweltȱherbeizuführenȱversucht.ȱȱ

„ Dieȱ Gesetzesevaluationenȱ erlangenȱ v.ȱa.ȱ imȱ Rahmenȱ desȱ Publicȱ Managementsȱ eineȱ neueȱ Bedeutungȱ (vgl.ȱ Kettigerȱ 2000).ȱ Dieȱ exȱ postȬEvaluationȱ vonȱ Gesetzenȱ wirdȱ alsȱ retrospektiveȱ GesetzesȬ folgenabschätzungȱ bezeichnet.ȱ Dieȱ Folgeanalysenȱ versuchenȱ zuȱ ermitteln,ȱ welcheȱ Auswirkungenȱ (z.ȱ B.ȱ auchȱ Kosten,ȱ InakzepȬ tanz,ȱ Regelungsverdrossenheit,ȱ langfristigeȱ Ressourcenbindung,ȱ IntentionsȬ/Realisationsverhältnis)ȱ beiȱ denȱ Normadressatenȱ undȱ imȱgesamtenȱWirkungsfeldȱeingetretenȱsind.ȱȱ

„ ImȱWeiterenȱwerdenȱauchȱProduktȬ,ȱProjektȬ,ȱInstitutionenȬ,ȱPerȬ sonalȬȱ undȱ ReformȬEvaluationenȱ unterschiedenȱ (vgl.ȱ Ritzȱ 2003a:ȱ 45ȱff.).ȱ Fragestellungenȱȱ InȱBezugȱaufȱdieȱhäufigstenȱFragestellungenȱeinerȱEvaluationȱlassenȱ sichȱfolgendeȱunterscheidenȱ(vgl.ȱRossi/Lipsey/Freemanȱ2004:ȱ62ȱff.):ȱ

„ „Needsȱassessment“:ȱBedarfsanalyseȱzurȱBeantwortungȱvonȱFraȬ genȱ bezüglichȱ derȱ Notwendigkeitȱ desȱ Programmsȱ undȱ seinerȱ Zielsetzungen.ȱ

„ „Assessmentȱ ofȱ programȱ theory“:ȱ Beurteilungȱ derȱ ProgrammȬ theorie,ȱ d.ȱ h.ȱ desȱ Politikkonzeptsȱ sowieȱ derȱ Programmstruktur.ȱ DieȱzentralenȱFragestellungenȱbetreffenȱdieȱvonȱdenȱProgrammȬ leistungenȱ Betroffenen,ȱ dieȱ Artȱ derȱ anzubietendenȱ Leistungen,ȱ

198ȱ

Evaluation staatlicher Maßnahmen

4.4

dieȱ dafürȱ zweckmäßigeȱ Vollzugsstrukturȱ sowieȱ dieȱ sinnvolleȱ Programmkonstruktionȱ (Logik)ȱ undȱ dieȱ Erreichbarkeitȱ derȱ inȬ tendiertenȱWirkungenȱmitȱdenȱgeplantenȱMitteln.ȱȱ

„ Dieȱ Prozessevaluationȱ oderȱ Analyseȱ derȱ Programmumsetzungȱ (Implementationsforschung)ȱinȱBezugȱaufȱdieȱintendierteȱFunktiȬ onalitätȱ undȱ Eignungȱ derȱ Prozesseȱ widmetȱ sichȱ demȱ VollzugsȬ mechanismusȱundȱdenȱdavonȱbetroffenenȱProgrammwirkungen.ȱ

„ „Impactȱ assessment”ȱ (Wirkungsevaluation):ȱ Beurteilungȱ derȱ vomȱProgrammȱerzeugtenȱImpactsȱoderȱOutcomes.ȱEsȱinteressieȬ renȱdieȱErreichungȱderȱWirkungsziele,ȱdieȱAuswirkungenȱaufȱdieȱ Leistungsempfänger,ȱnegativeȱoderȱwidersprüchlicheȱNebenwirȬ kungen,ȱdieȱBevorzugungȱgewisserȱLeistungsempfängerȱundȱdieȱ VerbesserungȱderȱProblemlageȱanȱsich.ȱȱ

„ „Efficiencyȱ assessment”ȱ (Effizienzanalyse):ȱ Ergänzungȱ derȱ WirȬ kungsevaluationȱundȱUntersuchungȱvonȱProgrammkostenȱsowieȱ derȱ Kostenwirksamkeit,ȱletztlichȱ einesȱwirtschaftlichenȱ RessourȬ ceneinsatzesȱ(KostenȬNutzenȬAnalyse).ȱ InȱAbhängigkeitȱdesȱZeitpunktsȱderȱDurchführungȱeinerȱEvaluationȱ werdenȱunterschiedenȱ(vgl.ȱauchȱnachfolgendesȱPraxisfensterȱNr.ȱ9):ȱ

„ ExȱanteȬEvaluationenȱversuchenȱdieȱmöglichenȱzukünftigenȱAusȬ

Formativeȱundȱ summativeȱȱ Evaluationȱ

wirkungenȱ einerȱ Maßnahmeȱ zuȱ antizipieren.ȱ Typischeȱ exȱ anteȬȱ Evaluationenȱ stellenȱ z.ȱ B.ȱ imȱ Vorausȱ angefertigteȱ RechtsgutȬ achtenȱzuȱGesetzeswirkungenȱdar.ȱȱ

„ Formativeȱ oderȱ begleitendeȱ Evaluationenȱ findenȱ währendȱ derȱ Umsetzungȱ einerȱ Maßnahmeȱ stattȱ undȱ dienenȱ derȱ vertiefendenȱ Einsichtȱ inȱ einenȱ Untersuchungsgegenstand.ȱ Derȱ Hauptzweckȱ bestehtȱinȱderȱVerbesserungȱeinesȱProgrammsȱundȱderȱKorrekturȱ vonȱnichtȬintendiertenȱWirkungen.ȱDieȱrascheȱRückkopplungȱderȱ Evaluationsergebnisseȱ anȱ dieȱ Programmverantwortlichenȱ undȱ derȱkontinuierlicheȱLernprozessȱstehenȱimȱVordergrund.ȱȱ

„ Exȱ postȬEvaluationenȱ oderȱ summativeȱ Evaluationsstudienȱ werȬ denȱ durchgeführt,ȱ wennȱ eineȱ Maßnahmeȱ schonȱ implementiert,ȱ stabilisiertȱundȱmehrheitlichȱabgeschlossenȱist.ȱIhrȱZielȱistȱdieȱBiȬ lanzierungȱ derȱ Wirkungenȱ einerȱ Maßnahmeȱ ausȱ einerȱ gesamtȬ haftenȱPerspektiveȱzurȱEntscheidungsunterstützung.ȱ Unterschiedeȱ ergebenȱ sichȱ zudemȱ bezüglichȱ derȱ Steuerungȱ undȱ Durchführungȱ einerȱ Evaluation.ȱ Esȱ kannȱ zwischenȱ derȱ SelbstȬȱ undȱ derȱFremdevaluationȱunterschiedenȱwerden.ȱBeiȱderȱSelbstevaluatiȬ onȱ istȱ dieȱ Steuerungsinstanz,ȱ d.ȱ h.ȱ jeneȱ Verantwortungsträger,ȱ welȬ cheȱ dieȱ Funktionȱ derȱ Evaluationȱ undȱ dieȱ Fragestellungenȱ bestimȬ men,ȱ innerhalbȱ derȱ vonȱ derȱ Evaluationȱ betroffenenȱ Organisationȱ

SelbstȬȱundȱ FremdȬ evaluationȱ

199ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

angesiedelt.ȱDieȱFremdevaluationȱunterliegtȱeinerȱaußerhalbȱderȱInȬ stitutionȱverortetenȱSteuerung.ȱDieȱEvaluatorenȱbeiȱderȱsummativenȱ Evaluationȱ sindȱ ebensoȱ wieȱ dieȱ Klientenȱ häufigȱ externeȱ Personen.ȱ DieȱformativeȱEvaluationȱwirdȱhäufigerȱvonȱprogramminternenȱPerȬ sonenȱ gesteuertȱ und/oderȱ vollzogen,ȱ ihreȱ Klientenȱ sindȱ ProjektverȬ antwortlicheȱ undȱ Ȭmitarbeitende.ȱ Mitȱ dieserȱ Unterscheidungȱ lässtȱ sichȱ auchȱ derȱ Ortȱ bestimmen,ȱ anȱ demȱ dieȱ Evaluationȱ ihreȱ WirkunȬ genȱ zeigtȱ undȱ verwendetȱ werdenȱ soll;ȱ formativeȱ Evaluationȱ innerȬ halbȱdesȱProgrammsȱoderȱderȱOrganisation,ȱsummativeȱEvaluationȱ „[...]ȱ sollȱ Verantwortlichkeitȱ gegenüberȱ Außenstehendenȱ erzeugen,ȱ indemȱ sieȱ Entscheidungsgrundlagenȱ zurȱ Verfügungȱ stelltȱ oderȱ zurȱ Systemlegitimationȱbeiträgt.“ȱ(Widmerȱ2000:ȱ79).ȱFormativeȱEvaluaȬ tionenȱ berichtenȱ somitȱ anȱ dieȱ Maßnahmeȱ oderȱ dasȱ Programm,ȱ summativeȱEvaluationenȱüberȱeineȱMaßnahmeȱoderȱeinȱProgramm.ȱ

4.4.2 Nachträglicheȱ Legitimationȱ

Verwendungszweck von Evaluationen

VielfachȱistȱdenȱBetroffenenȱnichtȱklar,ȱweshalbȱeineȱEvaluationȱanȬ gesetztȱwirdȱoderȱesȱzeigtȱsichȱnachȱderȱEvaluation,ȱdassȱdieȱanfängȬ lichȱ beabsichtigteȱ Verwendungȱ völligȱ anȱ Bedeutungȱ verlorenȱ hatȱ undȱ esȱ letztlichȱ nurȱ umȱ dieȱ nachträglicheȱ Legitimationȱ bereitsȱ beȬ gonnenerȱ Maßnahmenȱ ging.ȱ Insofernȱ sindȱ verschiedeneȱ VerwenȬ dungszweckeȱ vonȱ Evaluationenȱ erkennbarȱ (vgl.ȱ Rossi/Lipsey/FreeȬ manȱ2004:ȱ34ȱff.ȱundȱWeissȱ1998:ȱ310ȱff.):ȱ

„ „Guidanceȱforȱaction“:ȱAdressatenȱbenutzenȱdieȱEvaluation,ȱumȱ Richtungsweisungȱ bezüglichȱ derȱ Programmweiterentwicklungȱ oderȱEntscheidungsfindungȱzuȱerhaltenȱ(„instrumentalȱuse“).ȱ

„ „Reinforcementȱ ofȱ priorȱ beliefs“:ȱ Bestätigungȱ bisherigerȱ MeiȬ nungenȱzumȱProgrammȱausȱSichtȱderȱAuftraggeberȱoderȱBetrofȬ fenen,ȱdientȱletztlichȱderȱWeiterarbeitȱinȱdieselbeȱStossrichtung.ȱ

„ „Mobilizationȱofȱsupport“:ȱEvaluationsergebnisseȱwerdenȱimȱpoȬ litischenȱ Prozessȱ zurȱ Koalitionsbildungȱ undȱ Mobilisierungȱ vonȱ UnterstützungȱimȱWandlungsprozessȱbenötigtȱ(„policyȱuse“).ȱ

„ „Enlightenmentȱ use“:ȱ Dieȱ Studienresultateȱ dienenȱ derȱ allgemeiȬ nenȱ Erkenntnismehrungȱ undȱ Schaffungȱ einesȱ besserenȱ VerȬ ständnissesȱ fürȱ dieȱ Stärkenȱ undȱ Schwächenȱ desȱ EvaluationsgeȬ genstands.ȱ Mangelndeȱ Umsetzungȱ

200ȱ

DieȱersteȱNutzungsartȱdesȱ„instrumentalȱuse“ȱliegtȱoftȱimȱZentrumȱ desȱ Interessesȱ derȱ Evaluatoren,ȱ dochȱ inȱ derȱ Evaluationspraxisȱ werȬ denȱ dieȱ Studienempfehlungenȱ nichtȱ immerȱ umgesetztȱ undȱ eineȱ VielzahlȱvonȱEvaluationsergebnissenȱhatȱeinenȱgeringenȱEinflussȱaufȱ

Evaluation staatlicher Maßnahmen

4.4

dieȱ Problemlösungȱ (vgl.ȱ Zimmerman/Kolly/Mahonȱ 1989).ȱ EvaluatiȬ onsarbeitȱ kannȱ besondersȱ dannȱ frustrierendȱ sein,ȱ wennȱ dieȱ ErgebȬ nisseȱmitȱwohlwollenderȱAnerkennungȱinȱderȱerstbestenȱSchubladeȱ verschwinden.ȱ Dasȱ bedeutet,ȱ dassȱ sichȱ guteȱ Evaluatorenȱ durchȱ dieȱ rechtzeitige,ȱ allenfallsȱ mehrmalsȱ wiederholteȱ Kommunikationȱ derȱ Ergebnisseȱ anȱ derȱ richtigenȱ Stelleȱ auszeichnen.ȱ Umȱ dieȱ Qualität,ȱȱ aberȱauchȱdieȱGlaubwürdigkeitȱundȱVertrauenswürdigkeitȱvonȱEvaȬ luationenȱsowieȱEvaluatorenȱzuȱerhöhen,ȱhabenȱdieȱSchweizerischeȱ undȱdieȱDeutscheȱGesellschaftȱfürȱEvaluationȱaufȱderȱBasisȱinternaȬ tionalerȱ Normenȱ zweckmäßigeȱ Standardsȱ fürȱ dieȱ Planungȱ undȱ Durchführungȱ vonȱ Evaluationenȱ verfasstȱ (vgl.ȱ Schweizerischeȱ EvaȬ luationsgesellschaftȱ2005ȱoderȱDeutscheȱGesellschaftȱfürȱEvaluationȱ 2005).ȱ

4.4.3

Vorgehensmodell einer Wirkungsevaluation

Einȱ praxistauglichesȱ Vorgehensmodellȱ zurȱ Durchführungȱ vonȱ EvaȬ luationenȱwirdȱabschließendȱerläutertȱ(vgl.ȱLedergerberȱ1998).ȱ

Abbildungȱ30ȱ

VorgehensmodellȱzurȱDurchführungȱeinerȱWirkungsevaluationȱ 1. Vorarbeiten

2. Zieldefinition

3. Vollzugskontrolle

4. Wirkungsanalyse 4a. Wirkungsmechanismus 4b. Ermittlung der Wirkungen 4c. Bewertung ermittelte Wirkungen

5. Auswertung

6. Umsetzung/Änderung

ȱ

ȱ

201ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

6ȬSchritteȬ Modellȱ

Dasȱ Modellȱ enthältȱ sechsȱ Schritte.ȱ Abbildungȱ 30ȱ veranschaulichtȱ sowohlȱ dieȱAbfolgeȱ derȱ Schritteȱ alsȱ auchȱ dieȱ Kopplungȱ derȱ ErgebȬ nisseȱ desȱ zweitenȱ mitȱ demȱ fünftenȱ Schrittȱ bzw.ȱ derȱ Zieldefinitionȱ undȱ derȱ Wirkungsanalyse.ȱ Werdenȱ dieȱ Evaluationsergebnisseȱ imȱ letztenȱSchrittȱumgesetzt,ȱhatȱdiesȱwiederumȱFolgenȱfürȱdieȱZieldeȬ finitionȱ undȱ Vollzugskontrolleȱ einesȱ Programms.ȱ Zuerstȱ aberȱ sindȱ Vorarbeitenȱ zuȱ erledigen,ȱ dieȱ einenȱ nichtȱ unwesentlichenȱ Einflussȱ aufȱdieȱgesamteȱEvaluationsarbeitȱhabenȱkönnen.ȱZuȱklärenȱsind:ȱ

Vorarbeitenȱ

„ DerȱEvaluationsgegenstand:ȱHandeltȱesȱsichȱumȱeinȱlängerfristiȬ ges,ȱ komplexesȱ Programmȱ (z.ȱ B.ȱ Gesetzesevaluation)ȱ oderȱ umȱ einenȱrelativȱeinfachenȱGegenstandȱ(z.ȱB.ȱWeiterbildungskurs)?ȱ

„ Fragestellungen:ȱWelchesȱsindȱdieȱzentralen,ȱunbedingtȱzuȱerörȬ terndenȱundȱwelchesȱallenfallsȱwenigerȱwichtigeȱsowieȱergänzenȬ deȱFragestellungen?ȱDieȱersteȱFormulierungȱderȱFragestellungenȱ sollteȱdurchȱdenȱAuftraggeberȱerfolgenȱundȱnichtȱdenȱEvaluatoȬ renȱüberlassenȱwerden.ȱ

„ Abgrenzung:ȱWieȱlässtȱsichȱdieȱEvaluationȱinhaltlichȱundȱzeitlichȱ abgrenzen?ȱ Welcheȱ Fragestellungenȱ sindȱ nichtȱ betroffenȱ oderȱ wurdenȱbereitsȱanderweitigȱuntersucht?ȱȱ

„ Detaillierungsgrad,ȱ Umfang:ȱ Inwieweitȱ sollenȱ dieȱ KausalzuȬ sammenhängeȱ analysiertȱ werden?ȱ Sindȱ Primärerhebungenȱ notȬ wendig?ȱ Verlangenȱ dieȱ Fragestellungenȱ spezifischeȱ AuswertunȬ genȱ oderȱ reichtȱ einȱ Globalbericht?ȱ Müssenȱ mehrereȱAnspruchsȬ gruppen,ȱ Untersuchungsmethodenȱ undȱ Ȭperspektivenȱ einbezoȬ genȱwerden?ȱ

„ DauerȱundȱFinanzen:ȱIstȱeherȱeineȱLangȬȱ(ca.ȱ1ȱbisȱ4ȱJahre)ȱoderȱ eineȱ Kurzevaluationȱ (ca.ȱ 3ȱ bisȱ 12ȱ Monate)ȱ erforderlich?ȱ Welcheȱ Folgenȱ hatȱ diesȱ fürȱ dieȱ Kosten,ȱ fürȱ begleitendeȱ InformationsȬ maßnahmenȱundȱfürȱdenȱweiterenȱProgrammverlauf?ȱWieȱhochȱ sollȱderȱAnteilȱderȱEvaluationskosten,ȱz.ȱB.ȱauchȱimȱVergleichȱzuȱ denȱgesamtenȱProgrammkostenȱinȱetwaȱsein?ȱ

„ Organisation:ȱ Werȱ istȱ eigentlichȱ Auftraggeber?ȱ Werȱ istȱ fürȱ dieȱ Steuerungȱi.ȱS.ȱderȱAuswahlȱderȱFragestellungenȱverantwortlich?ȱ WelcheȱAnspruchsgruppenȱ sindȱ aufȱ demȱ Laufendenȱ zuȱ halten?ȱ WieȱwirdȱdieȱZusammenarbeitȱmitȱdenȱEvaluatorenȱgestaltet?ȱ

„ Untersuchungsmerkmale:ȱ Währendȱ Eckpunkteȱ einerȱ Evaluationȱ (z.ȱ B.ȱ derȱ Untersuchungszeitpunktȱ undȱ dieȱ externenȱ oderȱ interȬ nenȱ Träger)ȱ nochȱ gutȱ vomȱ Auftraggeberȱ mitbestimmtȱ werdenȱ können,ȱ solltenȱ dieȱ Vorschlägeȱ zuȱ denȱ verwendetenȱ Methodenȱ undȱanzustellendenȱVergleichenȱi.ȱS.ȱdesȱEvaluationsdesignsȱvonȱ denȱEvaluatorenȱgemachtȱwerden.ȱ

202ȱ

Evaluation staatlicher Maßnahmen

4.4

InȱeinemȱzweitenȱSchrittȱsindȱdieȱdemȱProgrammȱzugrundeȱliegenȬ denȱ Ziele,ȱ systematischȱ zuȱ klären.ȱ Diesȱ kannȱ anhandȱ derȱ gesetzliȬ chenȱ Grundlagenȱ sowieȱ weitererȱ Grundlagendokumenteȱ erfolgen.ȱ Vielfachȱ sindȱ dieȱ Zieleȱ nichtȱ eindeutigȱ klarȱ undȱ bekannt,ȱ soȱ dassȱ hierȱbereitsȱdieȱEvaluationȱzurȱKlärungȱbeitragenȱundȱdieȱZielgrupȬ penȱbefragenȱmuss.ȱEsȱempfiehltȱsichȱauchȱnachȱdenȱursprünglichenȱ GründenȱderȱMaßnahmeȱundȱeventuellenȱÄnderungenȱdieserȱUrsaȬ chenȱoderȱdesȱKontextesȱzuȱfragen.ȱDiesȱdientȱderȱHerleitungȱeinesȱ Zielsystemsȱ mitȱ einerȱ Unterscheidungȱ zwischenȱ OberȬȱ undȱ UnterȬ zielenȱoderȱZielenȱderȱPolitikȱundȱsolchenȱandererȱAkteure.ȱDieȱZieȬ leȱlassenȱsichȱgewichtenȱundȱZielkonflikteȱsindȱoffenȱzuȱlegen,ȱdamitȱ sieȱimȱNachhineinȱnichtȱderȱEvaluationȱangelastetȱwerden.ȱEbenfallsȱ könnenȱinȱdiesemȱSchrittȱersteȱMessgrößenȱi.ȱS.ȱvonȱLeistungsȬȱundȱ Wirkungsindikatorenȱ(vgl.ȱKapitelȱ5.3.2.3)ȱdefiniertȱundȱexistierendeȱ SollwerteȱzuȱdenȱIndikatorenȱfestgehaltenȱwerden.ȱ

Zieldefinition

Derȱ dritteȱ Schrittȱ nimmtȱ eineȱ Bestandsaufnahmeȱ desȱ Vollzugsȱ derȱ Maßnahmeȱ vor.ȱ Esȱ stellenȱ sichȱ zunächstȱ einmalȱ dieȱ einfachenȱ FraȬ gen,ȱwer,ȱwas,ȱwann,ȱwie,ȱwoȱundȱwieȱoftȱtut.ȱDieȱIntensitätȱundȱdasȱ Ausmaßȱ desȱ Vollzugsȱ wirdȱ abgeklärt,ȱ umȱ danachȱ feststellenȱ zuȱ können,ȱ obȱ eingetreteneȱ oderȱ ausgebliebeneȱ Wirkungenȱ überhauptȱ mitȱ denȱ durchgeführtenȱ Vollzugsmaßnahmenȱ inȱ Verbindungȱ geȬ brachtȱwerdenȱkönnen.ȱDarausȱergebenȱsichȱersteȱHinweiseȱaufȱVollȬ zugsschwierigkeiten,ȱ nichtȱ stabileȱ Vollzugsmaßnahmenȱ undȱ notȬ wendigeȱVerbesserungsmöglichkeiten.ȱ

VollzugsȬ kontrolleȱ

Imȱ Kernȱ derȱ Evaluationȱ stehtȱ dieȱ Wirkungsevaluationȱ alsȱ vierterȱ Schritt.ȱDafürȱsindȱfolgendeȱdreiȱTeilschritteȱnotwendig:ȱ

WirkungsȬ analyseȱ

„ Klärungȱ desȱ Wirkungsgefüges:ȱ Welchesȱ sindȱ dieȱ HauptwirkunȬ gen?ȱ Existierenȱ erwünschteȱ oderȱ unerwünschte,ȱ nichtȱ beabsichȬ tigteȱNebenwirkungen?ȱInȱwelcheȱRichtungenȱentfaltenȱsichȱWirȬ kungen?ȱ Dieȱ sorgfältigeȱAnalyseȱ derȱ Wirkungszusammenhängeȱ stelltȱdieȱBasisȱderȱEvaluationȱdar.ȱ

„ Ermittlungȱ derȱ Wirkungen:ȱ Mitȱ Hilfeȱ sozialwissenschaftlicherȱ Methodenȱ giltȱ esȱ dieȱ Wirkungenȱ anhandȱ derȱ laufendȱ konkretiȬ siertenȱIndikatorenȱundȱMessgrößenȱausȱSchrittȱzweiȱzuȱerfassen.ȱ HierȱkannȱsichȱderȱBeizugȱvonȱExpertenȱoderȱexternenȱErfahrunȬ gen,ȱdieȱinȱeinemȱähnlichenȱProgrammȱgemachtȱwurden,ȱeignen.ȱ

„ Dieȱ Bewertungȱ derȱ Messergebnisseȱ zähltȱ zumȱ eigentlichenȱ „Kunsthandwerk“ȱ vonȱ Evaluatoren.ȱ Unterschiedlicheȱ WirkunȬ genȱmüssenȱgewichtetȱundȱInterpretationenȱmitȱdenȱMeinungenȱ derȱ Betroffenenȱ verglichenȱ werden,ȱ umȱ dieȱ Ergebnisseȱ zuȱ valiȬ dieren.ȱ Esȱ lassenȱ sichȱ jeȱ nachȱ Untersuchungsdesignȱ Vergleicheȱ anstellenȱoderȱexemplarischeȱFälleȱveranschaulichen.ȱ

203ȱ

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

4

Praxisfenster Nr. 9: Einsatzmöglichkeiten der Politikevaluation in der Verwaltungspraxis

ȱ Dr.ȱStefanȱRiederȱ Interfaceȱ Institutȱfürȱȱ Politikstudien,ȱ Luzernȱ

1. Qualitätsbewertung des Verwaltungshandelns Evaluieren bedeutet Bewerten. Evaluation in der öffentlichen Verwaltung bewertet in der Regel die Qualität des Verwaltungshandelns. Dabei können sowohl die Art und Weise der Aufgabenerfüllung selber (Abläufe, Prozesse, Verfahren) wie auch deren Konzeption und Wirkung Gegenstand der Bewertung sein. Evaluationen im Kontext öffentlicher Verwaltung werden in der Regel aus zwei Motiven durchgeführt: „ Verwaltungshandeln soll verbessert werden: Wir sprechen von formativer Evaluation, bei denen der Lerneffekt im Zentrum steht. „ Es gilt über die Weiterführung oder den Abbruch einer öffentlichen Politik zu entscheiden: In diesem Kontext sprechen wir von summativen Evaluationen.

2. Der formative Charakter einer Evaluation Diese Motive für Evaluationen lassen sich an zwei Beispielen illustrieren. Der formative Aspekt stand bei der Evaluation des „interdepartementalen Zentrums für Entwicklung, Assessment und Beratung (cedac)“ im Vordergrund. Das cedac führt primär Kaderassessments für die Bundesverwaltung durch. Mittels einer externen Evaluation sollte geprüft werden, wie die Dienstleistungen des cedac zu beurteilen sind. Die Evaluationsfragen lauteten: Sind die Kundinnen und Kunden des cedac zufrieden? Setzen sie die Ergebnisse von Assessments um? Welche Verbesserungspotentiale existieren? Wo liegt der künftige Bedarf an Assessments in der Bundesverwaltung? Die Evaluation setzte zur Beantwortung dieser Fragen auf drei methodische Zugänge: Zunächst wurden die schriftlichen Feedbacks jener Personen ausgewertet, die ein Assessment durchlaufen haben. Zweitens kamen Interviews bei Auftraggebern zum Einsatz, um deren Zufriedenheit mit den Leistungen des cedac zu ermitteln. Drittens wurde mit einer Breitenbefragung der zukünftige Bedarf an Dienstleistungen des cedac erhoben. Für die Verantwortlichen ergab sich aus den Erhebungen eine Reihe von nützlichen, direkt verwertbaren Informationen: „ Der große Teil der Teilnehmenden der Assessments war mit den Dienstleistungen zufrieden. Dies traf ebenfalls für die Kunden zu, welche die Assessments in Auftrag gegeben hatten. Sie stützten sich bei ihren Personalentscheiden dann auch auf die Ergebnisse der Assessments ab und zeigten sich zufrieden mit dem ausgewählten Personal. Für die Verantwortlichen des cedac war dieses Ergebnis entscheidend, bestätigte es doch, dass die Qualität ihrer Dienstleistungen in formaler und in inhaltlicher Hinsicht den Bedürfnissen der Kundschaft entsprach.

204ȱ

Evaluation staatlicher Maßnahmen

4.4

„ Die Evaluation brachte auch Verbesserungsmöglichkeiten zu Tage: Die Nützlichkeit der Assessments ließe sich gemäß Aussagen der Kunden durch maßgeschneiderte Lösungen und eine intensivere Nachbearbeitung steigern. Ferner unterstrich die Evaluation die Bedeutung einer stets gleich hohen Qualität des Assessorenteams. „ Die Evaluation konnte schließlich zeigen, wie groß der Markt für Assessments in der Bundesverwaltung ist und lieferte damit eine wichtige Grundlage für die Neuausrichtung des cedac.

3. Der summative Charakter einer Evaluation Der summative Charakter einer Evaluation lässt sich an einem zweiten Beispiel illustrieren: Die Evaluation des Projektes zur Einführung der Wirkungsorientierten Verwaltungsführung im Kanton Solothurn (WOVSolothurn). Die Untersuchung wurde von der Regierung in Auftrag gegeben und durch eine parlamentarische Kommission begleitet. Letztere hielt fest, dass sie primär eine summative Beurteilung des WOV-Konzeptes erwarte, um auf dieser Basis über eine flächendeckende Einführung von WOV entscheiden zu können. Die Evaluation hatte sich an diesen Vorgaben auszurichten. Ihr Schwerpunkt lag einerseits bei der Ermittlung der Wirkungen von WOV auf die Leistungen der Verwaltungen (Outputs) und andererseits bei der Abschätzung der Effekte der Reform auf die Regierung und das Parlament. Die Evaluation kam zum Schluss, dass die größten Wirkungen auf Stufe der Verwaltung eingetreten sind. Auf der politischen Ebene (Parlament, Regierung) und bezüglich der Leistungen der Ämter zeigte WOV nur schwache Effekte. Insgesamt kam die Evaluation zum Schluss, dass das Potential von WOV noch bei weitem nicht ausgeschöpft worden sei. Es wurde empfohlen, kein duales System (mit WOV und Nicht-WOVÄmtern) zu führen, sondern sich für eine flächendeckende Einführung oder einen Abbruch der Reform zu entscheiden. Die Gesamtbewertung der Evaluation ist in die politische Meinungsbildung eingeflossen. Die Botschaft der Regierung und das Parlament haben die Evaluationsstudie im Rahmen ihrer Entscheidfindung über die Weiterführung von WOV berücksichtigt. Damit leisteten die Ergebnisse der Evaluation einen Beitrag beim Entscheid über eine flächendeckende Einführung von WOV, die 2003 beschlossen worden ist. Die Evaluation half mit, das Reformvorhaben zu legitimieren. Die beiden Beispiele zeigen, dass die Nützlichkeit von Evaluationen in der Verwaltungspraxis stark erwartungsabhängig ist: Sind diese klar formuliert, lässt sich ein maßgeschneidertes Evaluationsdesign mit angemessenen Methoden definieren. Dies dürfte in Zukunft immer häufiger von Verwaltungen verlangt werden. Der Trend zum New Public Management aber auch die Verknappung öffentlicher Mittel lässt die Frage nach der Wirksamkeit staatlichen Handelns laut werden. Formative wie summative Evaluationen sind Instrumente, mit deren Hilfe Verwaltungen Antworten hinsichtlich der Wirksamkeit und Legitimität ihres Handels liefern können.

205ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

Auswertungȱ

Fünftensȱ werdenȱ dieȱ gewonnenenȱ Informationenȱ ausgewertet.ȱ AbȬ gesehenȱ vonȱ derȱ methodischȱ korrektenȱ Auswertungȱ istȱ eineȱ transȬ parentȱ dokumentierte,ȱ vollständigeȱ sowieȱ unparteiischeȱ AuswerȬ tungȱ notwendig,ȱ damitȱ begründeteȱ Schlussfolgerungenȱ aufȱAkzepȬ tanzȱ stoßenȱ können.ȱ Dieȱ Auswertungȱ erfolgtȱ häufigȱ inȱ Formȱ vonȱ Berichten.ȱ Alsȱ Leitlinienȱ fürȱ dieȱ Berichterstattungȱ sowieȱ zumȱ UmȬ gangȱmitȱEvaluationsergebnissenȱeignenȱsichȱdieȱbereitsȱerwähntenȱ Kriterienȱ derȱ Schweizerischenȱ undȱ Deutschenȱ EvaluationsgesellȬ schaften.ȱEineȱguteȱEvaluationȱsagtȱnurȱsoviel,ȱwieȱaufgrundȱumfasȬ senderȱundȱbegründeterȱEinschätzungȱauchȱwirklichȱgesagtȱwerdenȱ kann.ȱDennȱesȱfälltȱaußerordentlichȱschwerȱzuȱsagen,ȱeinȱProgrammȱ habeȱkeineȱoderȱnichtȱdieȱbeabsichtigtenȱWirkungenȱgehabt.ȱ

Umsetzungȱ

Derȱ sechsteȱ undȱ letzteȱ Schrittȱ desȱ Vorgehensmodellsȱ istȱ zentralȱ fürȱ dieȱFortführungȱeinesȱProgramms.ȱVorȱdemȱHintergrundȱderȱKriteȬ rienȱ derȱ Machbarkeitȱ undȱAngemessenheitȱ giltȱ es,ȱ dieȱ EvaluationsȬ ergebnisseȱundȱVerbesserungsvorschlägeȱumzusetzen.ȱDiesȱkannȱbeiȱ begleitendenȱEvaluationenȱ auchȱfrüherȱeinsetzen.ȱEsȱgiltȱzuȱ klären,ȱ wieȱgutȱdieȱpolitischeȱAbstützungȱfürȱdiesenȱSchrittȱist.ȱStimmtȱdieȱ politischeȱGroßwetterlage?ȱIstȱderȱZeitpunktȱgünstig,ȱhabenȱsichȱdieȱ Interessenȱ derȱ Anspruchsgruppenȱ verändertȱ oderȱ sindȱ sieȱ ähnlichȱ geblieben?ȱ Wieȱ starkȱ istȱ dieȱ Unterstützungȱ durchȱ vorgesetzteȱ EbeȬ nenȱ undȱ existiereȱ Promotoren?ȱ Nichtȱ vergessenȱ werdenȱ darfȱ dieȱ rechtzeitigeȱundȱverständlicheȱKommunikationȱallerȱErgebnisseȱundȱ derȱ beschlossenenȱ Maßnahmenȱ anȱ dieȱ Betroffenenȱ undȱ alleȱ ZielȬ gruppenȱ derȱ Evaluation.ȱ Eventuellȱ entstehtȱ inȱ dieserȱ letztenȱ Phaseȱ nochȱ Bedarfȱ anȱ vertiefendenȱ oderȱ ergänzendenȱ Untersuchungen,ȱ umȱdieȱMaßnahmenȱoptimalȱdurchführenȱzuȱkönnen.ȱ

SeltenȱvollȬ ständigȱplanbarȱ

Dasȱ dargestellteȱ Vorgehenȱ wirdȱ derȱ realenȱ Situationȱ nichtȱ gerecht,ȱ daȱ v.ȱa.ȱ dieȱ Schritteȱ seltenȱ soȱ konsekutivȱ verlaufen.ȱ Plötzlichȱ stehtȱ eineȱ bereitsȱ seitȱ langemȱ geplanteȱ Mitarbeitendenbefragungȱ anȱ undȱ derȱEvaluatorȱwirdȱgezwungen,ȱkurzfristigȱseineȱFragenȱeinzubrinȬ gen,ȱdaȱeineȱnachfolgendeȱUntersuchungȱkaumȱaufȱAkzeptanzȱstosȬ senȱwürde.ȱEvaluationenȱsindȱdaherȱseltenȱklarȱplanbareȱVorhaben.ȱ Unflexibleȱ Evaluatorenȱ oderȱ zielstrebigȱ durchgeführteȱ stattȱ situatiȬ onsadäquateȱ Evaluationenȱ laufenȱ Gefahr,ȱ unauffällige,ȱ aberȱ umsoȱ wichtigereȱInformationenȱzuȱvernachlässigen.ȱGleichzeitigȱmussȱderȱ AuftraggeberȱaberȱdieȱMöglichkeitenȱundȱGrenzenȱeinerȱEvaluationȱ kennen.ȱHierȱgiltȱesȱv.ȱa.ȱeinenȱAspektȱzuȱbetonen:ȱEvaluationenȱsindȱ frühzeitigȱzuȱplanen.ȱVielfachȱwirdȱdieȱEvaluationȱamȱweitȱentfernȬ tenȱ Endeȱ einesȱ Programmsȱ angesetzt,ȱ obwohlȱ Evaluationenȱ geradeȱ vonȱ Beginnȱ wegȱ eingeplantȱ werdenȱ müssen,ȱ umȱ zuverlässigeȱ undȱ begründeteȱ Schlussfolgerungenȱ ziehenȱ zuȱ können.ȱ AuftragserteiȬ lungenȱkurzȱvorȱBeendigungȱdesȱProgrammsȱführenȱvielfachȱzuȱeiȬ nerȱnurȱhalbwegsȱzufriedenȱstellendenȱUntersuchungsqualität.ȱ

206ȱ

E-Government

4.5

4.5

E-Government

Inȱ Zusammenhangȱ mitȱ demȱ Informationsmanagementȱ öffentlicherȱ Verwaltungenȱ istȱ dasȱ Electronicȱ Government,ȱ kurzȱ EȬGovernment,ȱ nichtȱ mehrȱ wegzudenken.ȱ Bereitsȱ inȱ denȱ 1980erȱ undȱ 1990erȱ Jahrenȱ hieltenȱ dieȱ Begriffeȱ derȱ Elektronischenȱ Datenverarbeitungȱ (EDV)ȱ oderȱderȱInformationsȬȱundȱKommunikationstechnologieȱ(IKT)ȱEinȬ zugȱ inȱ dieȱ Verwaltung.ȱAlsȱ logischeȱ Fortentwicklungȱ derȱ NutzbarȬ machungȱvonȱEDVȱundȱIKTȱinȱallenȱBereichenȱderȱVerwaltungsfühȬ rungȱ erlangteȱ EȬGovernmentȱ kurzȱ nachȱ Newȱ Publicȱ Managementȱ eineȱ bisȱ heuteȱ anhaltendeȱ Bedeutung.ȱ Dieserȱ Abschnittȱ sollȱ einenȱ kurzenȱÜberblickȱüberȱdieȱzentralenȱMerkmaleȱdesȱEȬGovernmentsȱ geben.ȱFürȱeineȱvertiefteȱAuseinandersetzungȱwirdȱaufȱdieȱvielfältiȬ geȱ Spezialliteraturȱ verwiesenȱ (vgl.ȱ Jansen/Priddatȱ 2001;ȱ Reichard/ȱȱ Scheske/Schuppanȱ2004;ȱLenkȱ2004ȱundȱSpahniȱ2002).ȱ

Historischeȱ Entwicklungȱ

VorȱdemȱHintergrundȱderȱinȱKapitelȱ1ȱbeschriebenenȱStaatsentwickȬ lungȱ fördernȱ zukünftigȱ dieȱ folgendenȱ Tendenzenȱ eineȱ Verbreitungȱ vonȱ Handlungsformenȱ undȱ Geschäftsprozessenȱ anhandȱ elektroniȬ scherȱMedienȱinnerhalbȱdesȱpolitischȬadministrativenȱSystemsȱsowieȱ zwischenȱ demȱ Staatȱ undȱ seinenȱ Anspruchsgruppenȱ (vgl.ȱ Jansen/ȱ Priddatȱ2001:ȱ94ȱff.ȱundȱBenzȱ2001:ȱ223ȱff.):ȱ

Zukünftigeȱ Tendenzenȱ

„ KooperationȱundȱWettbewerb:ȱDerȱBegriffȱderȱ„CoȬopetition“ȱbeȬ schreibtȱ dieȱ verstärktȱ parallelȱ laufendenȱ Abstimmungsprozesseȱ zwischenȱdenȱtraditionellȱkonkurrierendenȱstaatlichenȱundȱnichtȬ staatlichenȱAkteurenȱimȱRahmenȱvonȱVerhandlungssystemenȱbeȬ ziehungsweiseȱ Netzwerken.ȱ Inȱ durchȱ EȬGovernmentȱ breiterȱ soȬ wieȱ zeitȬȱ undȱ raumübergreifendȱ organisiertenȱ Netzwerkenȱ könȬ nenȱ sowohlȱ konfligierendeȱ alsȱ auchȱ kooperierendeȱ Absichtenȱ sowieȱ wechselndeȱ Koalitionenȱ flexibelȱ gestaltetȱ werden.ȱ Dieȱ Durchsetzungȱ vonȱ Partikularinteressenȱ wirdȱ aufgrundȱ derȱ erȬ höhtenȱ Transparenzȱ schwieriger.ȱ Dasȱ Internetȱ erlaubtȱ eineȱ stänȬ digeȱNeukonfigurationȱderȱNetzwerkeȱundȱdieȱAktivierungȱverȬ schiedensterȱAkteurkoalitionen,ȱ wobeiȱ derȱ Staatȱ nurȱ einȱAkteurȱ unterȱvielenȱist.ȱDurchȱEȬGovernmentȱkannȱderȱStaatȱalsȱModeraȬ torȱ nichtȬorganisierteȱ Interessenȱ inȱ dieȱ Verhandlungenȱ einbezieȬ henȱundȱseineȱSteuerungskompetenzȱauchȱinȱZukunftȱerhalten.ȱ

„ Prozessintegration:ȱ Dasȱ Wissenȱ undȱ dieȱ Kompetenzȱ vonȱ AnȬ spruchsgruppenȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ werdenȱ verstärktȱ inȱ dieȱ Leistungsprozesseȱ derȱ Verwaltungȱ integriert,ȱ d.ȱ h.ȱ dieȱ AufȬ gabenteilungȱ wirdȱ neuȱ definiert.ȱ Bürgerȱ könnenȱ aufȱ dieȱ LeisȬ tungsgestaltungȱ Einflussȱ nehmenȱ (z.ȱ B.ȱ Einbezugȱ inȱ BauplaȬ nungsverfahren),ȱLeistungsprozesseȱselbständigȱausführenȱ(z.ȱB.ȱ elektronischeȱSteuererklärung),ȱzurȱLeistungskontrolleȱbeitragenȱ

207ȱ

4

Das Informationsmanagement zur Transparenzsteigerung

(z.ȱ B.ȱ Feedbackprozesse)ȱ oderȱ sichȱ anȱ Entscheidungsprozessenȱ beteiligenȱ (z.ȱ B.ȱ elektronischeȱAbstimmungen).ȱ Letztlichȱ gehtȱ esȱ umȱneueȱundȱdirektereȱFormenȱderȱBürgerpartizipationȱinȱeinerȱ Gesellschaft,ȱ inȱ welcherȱ derȱ Staatȱ lokaleȱ Beteiligungsportaleȱ zurȱ Verfügungȱ stellenȱ muss,ȱ umȱ derȱ ProduzentenȬȱ undȱ KonsumenȬ tenrolleȱderȱAnspruchsgruppenȱgerechtȱzuȱwerden.ȱ

„ Optimierungȱ derȱ Wertschöpfungskette:ȱ Imȱ Rahmenȱ vonȱ intelliȬ gentemȱOutsourcingȱkonzentriertȱsichȱderȱStaatȱzukünftigȱstärkerȱ aufȱ dieȱ Kommunikationȱ mitȱ Netzwerkpartnern,ȱ umȱ dieȱ WertȬ schöpfungssteuerungȱinȱseinerȱHandȱzuȱhaltenȱundȱinȱBezugȱaufȱ dieȱ gesamtgesellschaftlicheȱ Nutzensteigerungȱ zuȱ optimieren.ȱȱ EȬGovernmentȱ bietetȱ hierȱ v.ȱ a.ȱ imȱ öffentlichenȱ BeschaffungsweȬ senȱ mittelsȱ elektronischenȱAusschreibungsplattformenȱ großeȱ EfȬ fizienzpotenziale,ȱindemȱAngebotȱundȱNachfrageȱschneller,ȱzielȬ gruppenspezifischerȱundȱinȱgrößeremȱUmfangȱaufeinanderȱtrefȬ fen.ȱ Hierausȱ könnenȱ Optimierungspotenzialeȱ derȱ WertschöpȬ fungsketteȱundȱEinsparungseffekteȱresultieren.ȱ

„ InformationsȬȱ undȱ Wissensmanagement:ȱ Dasȱ öffentlicheȱ GeȬ dächtnisȱgarantiertȱdurchȱverbesserteȱTransparenzȱundȱerweiterȬ tenȱ Zugangȱ zuȱ BürgerȬȱ undȱ Staatswissen,ȱ dassȱ relevanteȱ InforȬ mationenȱundȱzuȱbehaltendesȱWissenȱnichtȱverlorenȱgehen.ȱWerȬ teȱbasiertesȱWissenȱundȱentsprechendeȱEntscheidungsergebnisseȱ ausȱderȱVergangenheitȱmüssenȱmitȱInteressenȱderȱGegenwartȱabȬ gewogenȱ werden.ȱ EȬGovernmentȱ kannȱ denȱ Zugangȱ fürȱ dieȱ ÖfȬ fentlichkeitȱ zuȱ staatlichenȱ undȱ gesellschaftlichenȱ Informationenȱ erleichtern,ȱ mittelsȱ intranetbasiertenȱ WissensmanagementsysteȬ menȱinterneȱProzesseȱprofessionalisierenȱundȱbeschleunigen.ȱȱImȱ Rahmenȱ derȱ Politikvorbereitungȱ kannȱ dieȱ Politikȱ dadurchȱ vorȱ kurzfristigȱ populärenȱ Forderungenȱ undȱ Entscheidungenȱ geȬ schütztȱ werden.ȱ EȬGovernmentȱ ermöglichtȱ dieȱ Speicherung,ȱ dieȱ Verbreitungȱ sowieȱ dieȱ Verknüpfungȱ vonȱ Wissenȱ undȱ InformatiȬ onen,ȱwomitȱdieȱErinnerbarkeitȱinȱPolitikȱundȱGesellschaftȱerhöhtȱ wird,ȱwasȱzuȱerhöhterȱLernkompetenzȱderȱGesellschaftȱführt.ȱ Definitionȱȱ EȬGovernmentȱ

EȬGovernmentȱ kannȱ definiertȱ werdenȱ alsȱ Instrumentȱ derȱ organisaȬ torischenȱ Gestaltungȱ vonȱ InteraktionsȬȱ undȱ KommunikationsbezieȬ hungenȱinnerhalbȱdesȱStaatesȱsowieȱzwischenȱdemȱStaatȱundȱseinenȱ Anspruchsgruppenȱ mittelsȱ InformationsȬȱ undȱ KommunikationsȬ technologien.ȱVierȱAusprägungenȱdesȱEȬGovernmentsȱverdeutlichenȱ dieȱ konkreteȱ Umsetzungȱ derȱ obenȱ aufgezeigtenȱ EntwicklungstenȬ denzenȱ(vgl.ȱSchedler/Summermatter/Schmidtȱ2003:ȱ23ȱff.):ȱȱ

„ ElektronischeȱBeschaffungȱundȱProduktion:ȱElektronischeȱSteueȬ

208ȱ

rungȱ undȱ Gestaltungȱ vonȱ Wertschöpfungsprozessenȱ beiȱ derȱ öfȬ fentlichenȱ Leistungserbringungȱ (z.ȱB.ȱ Publicȱ Privateȱ PartnerȬ

E-Government

4.5

ships)ȱ sowieȱ EȬProcurementȱ i.ȱS.ȱ elektronischȱ abgewickelterȱ BeȬ schaffungsvorgängeȱöffentlicherȱGemeinwesenȱundȱprivaterȱAnȬ bieterȱ(z.ȱB.ȱAusschreibungsplattformen,ȱInternetauktionen,ȱelekȬ tronischeȱMarktplätzeȱoderȱTransaktionsformen)ȱ

„ Elektronischeȱ öffentlicheȱ Leistungen:ȱ Externerȱ amtlicherȱ GeȬ schäftsverkehrȱ (z.ȱB.ȱelektronischeȱ Steuererklärungȱ oderȱ WohnȬ sitzanmeldung)ȱsowieȱInformationsdiensteȱ(z.ȱB.ȱBürgerportale)ȱ

„ ElektronischeȱinterneȱZusammenarbeit:ȱErmöglichung,ȱBeschleuȬ nigungȱ undȱ Unterstützungȱ desȱ internenȱ Geschäftsverkehrsȱ undȱ derȱArbeitsprozesseȱ durchȱ elektronischeȱ Systemeȱ (z.ȱ B.ȱ Intranet,ȱ Workflowȱ Systeme,ȱ elektronischeȱ Geschäftsverwaltungȱ undȱ ArȬ chivierung)ȱ

„ Elektronischeȱ Demokratie:ȱ PartizipationsȬȱ undȱ EntscheidungsȬ verfahren,ȱ z.ȱB.ȱ imȱ Rahmenȱ vonȱ Abstimmungenȱ oderȱ Wahlenȱ sowieȱ elektronischeȱ Diskussionsforenȱ undȱ Informationsdiensteȱ zurȱUnterstützungȱderȱpolitischenȱMeinungsbildungȱ UnabhängigȱvonȱderȱinhaltlichenȱAusgestaltungȱhatȱEȬGovernmentȱ bislangȱunterschiedlicheȱEntwicklungsstufenȱinȱöffentlichenȱInstituȬ tionenȱerreicht.ȱDieseȱreichenȱvonȱderȱInformationsstufeȱbisȱhinȱzurȱ einseitigenȱProzessverlagerungȱzumȱNutzerȱ(elektronischeȱFormulaȬ reȱ könnenȱ aufȱ einerȱ Informationsplattformȱ herunterȱ geladenȱ werȬ den).ȱWeiterȱentwickelteȱKonzepteȱdesȱEȬGovernmentȱerreichenȱdieȱ KommunikationsȬȱ undȱ Partizipationsstufeȱ durchȱ denȱ wechselseitiȬ genȱ Austauschȱ vonȱ Informationen.ȱ Innerhalbȱ vonȱ weiterȱ fortgeȬ schrittenenȱelektronischenȱDienstenȱermöglichtȱdieȱTransaktionsstuȬ feȱdenȱunterbruchsfreienȱLeistungsaustauschȱundȱdieȱBezahlungȱinȬ demȱbspw.ȱKonzessionenȱübersȱInternetȱverlängertȱwerdenȱkönnen.ȱ

UnterschiedliȬ cheȱEntwickȬ lungsstufenȱ

209ȱ

Organisatorische Gestaltung innerhalb des IOP-Konzepts

5.1

ȱ

Kapitel 5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

211ȱ

Organisatorische Gestaltung innerhalb des IOP-Konzepts

5.1

DasȱfünfteȱKapitelȱdiesesȱBuchesȱsetztȱsichȱspezifischȱmitȱdemȱStrukȬ turwandelȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ auseinander.ȱ OrganisatoriȬ scheȱÄnderungenȱwerdenȱvorwiegendȱinȱdenȱangelsächsischenȱNaȬ tionenȱz.ȱT.ȱmitȱradikalerȱAusprägungȱdurchgeführtȱ(z.ȱB.ȱPrivatisieȬ rung).ȱ Inȱ derȱ Schweiz,ȱ inȱ Deutschlandȱ undȱ inȱ Österreichȱ benötigtȱ derȱStrukturȬȱundȱProzesswandelȱmehrȱZeit.ȱDieȱdamitȱverbundeneȱ Flexibilitätsänderungȱ istȱ vielerortsȱ wenigȱ erwünscht.ȱ Sieȱ erfordertȱ eigeneȱGestaltungsȬȱundȱInnovationskraftȱundȱv.ȱa.ȱdieȱkonsequenteȱ AusrichtungȱhinȱzurȱErgebnisorientierungȱimȱVerwaltungshandeln.ȱ Welcheȱ organisatorischenȱ Gestaltungselementeȱ dieseȱ FlexibilitätsȬ steigerungȱunterstützen,ȱwirdȱimȱFolgendenȱdargestellt.ȱ

5.1

Organisatorische Gestaltung innerhalb des IOP-Konzepts

DieȱAusweitungȱdesȱallgemeinenȱStaatsverständnissesȱdurchȱAspekȬ teȱeinesȱGewährleistungsstaatsȱbleibtȱnichtȱohneȱAuswirkungenȱaufȱ dieȱ AufbauȬȱ undȱ Ablaufstrukturenȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ inȱ eiȬ nemȱRechtsstaat.ȱFolgendeȱMerkmaleȱkennzeichnenȱdiesenȱ„Wandelȱ vonȱderȱübersteuertenȱzurȱsteuerbarenȱOrganisation“ȱi.ȱS.ȱeinerȱFleȬ xibilitätsveränderungȱwieȱimȱIOPȬFührungskonzeptȱdargestellt:ȱ

Vonȱder Übersteuerungȱ zurȱSteuerungȱ

„ AusrichtungȱaufȱdieȱstrategischeȱFührungȱ Derȱ Gestaltungȱ derȱ Organisationȱ vonȱ staatlichenȱ Institutionenȱ kommtȱangesichtsȱdesȱStrategiewandelsȱeineȱneueȱBedeutungȱzu.ȱ Diesȱganzȱi.ȱS.ȱderȱTheseȱvonȱChandlerȱ„structureȱfollowsȱstrateȬ gy“,ȱ wonachȱ dieȱ Anpassungȱ derȱ Organisationsstrukturen,ȱ ProȬ zesseȱeingeschlossen,ȱnachȱStrategieveränderungenȱeinsetztȱ(vgl.ȱ Chandlerȱ2000).ȱDieȱmöglichstȱwirkungsvolleȱundȱeffizienteȱAusȬ richtungȱ derȱ Kerngeschäfteȱ aufȱ dieȱ strategischenȱ Zielsetzungenȱ (vgl.ȱ Fallstudieȱ derȱ bernischenȱ Kantonsverwaltung,ȱ Kapitelȱ 2)ȱ undȱ eineȱ laufendeȱ Anpassungȱ derȱ Strukturenȱ verhindernȱ einȱ unnötigesȱAnwachsenȱderȱInstitution.ȱStrukturenȱdienenȱgrundȬ sätzlichȱ zwarȱ einerȱ Verfestigungȱ undȱ Regelungȱ vonȱ Abläufenȱ sowieȱInstitutionen.ȱGeradeȱdeshalbȱistȱderenȱregelmäßigeȱÜberȬ prüfungȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ strategischenȱ Zielsetzungenȱ zwingendȱerforderlich.ȱDemȱwidersprechenȱaberȱdieȱtraditionellȱ nachȱ denȱ Grundsätzenȱ derȱ rationalenȱ Bürokratieȱ ausgestaltetenȱ Organisationsformenȱ staatlicherȱ Institutionen.ȱ Klareȱ hierarchiȬ scheȱ ÜberȬȱ undȱ Unterordnung,ȱ eindeutigeȱ KompetenzregelunȬ genȱundȱSpezialisierung,ȱstarreȱRegelgebundenheitȱundȱdasȱdarȬ ausȱfolgendeȱDienstwegprinzipȱverhindernȱdieȱstrategischeȱAusȬ

213ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

richtungȱ derȱ Organisationȱ inȱ einemȱ dynamischenȱ Umfeldȱ zurȱ Lösungȱ vonȱ neuartigen,ȱ veränderlichenȱ undȱ komplexenȱ ProbȬ lemenȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ voraussehbarenȱ undȱ gleichȱ gelagertenȱ Sachverhaltenȱ (vgl.ȱ Hillȱ1997b:ȱ2).ȱNotwendigȱsindȱvoneinanderȱ getrennte,ȱ angemessenȱ große,ȱ selbstverantwortlicheȱ undȱ mitȱ FreiraumȱausgestatteteȱflexiblereȱOrganisationseinheiten.ȱ

„ OrientierungȱamȱLeistungsabnehmerȱ Selbstbewussteȱ Bürger,ȱ kritischeȱ Kundenȱ undȱ andereȱ vomȱ VerȬ waltungshandelnȱ Betroffeneȱ stehenȱ künftigȱ vermehrtȱ imȱ ZenȬ trumȱderȱLeistungserbringung.ȱDabeiȱistȱnichtȱdieȱbestmögliche,ȱ sondernȱ dieȱ fürȱ dieȱ Erreichungȱ derȱ strategischenȱ Zielsetzungenȱ amȱ bestenȱ geeigneteȱ undȱ wirkungsvollsteȱ Leistungserbringungȱ notwendig.ȱ Dieseȱ mussȱ aufȱ dieȱ politischenȱ Zieleȱ ausgerichtetȱ werdenȱ undȱ unterȱ Einbezugȱ derȱ Leistungsabnehmerȱ erfolgen.ȱ DieȱAusrichtungȱderȱOrganisationsstrukturenȱaufȱdieȱLeistungsȬ empfängerȱ undȱ dieȱ Bündelungȱ zusammengehörenderȱ AufgaȬ benbereiche,ȱ Produktgruppenȱ undȱ Zielgruppenȱ ermöglichenȱ eiȬ neȱverbesserteȱWirkungȱstaatlichenȱHandelns.ȱGeeigneteȱOrganiȬ sationsstrukturenȱfördernȱdieȱErbringungȱdesȱpolitischȱgewolltenȱ Outputsȱ undȱ dieȱ vomȱ Leistungsabnehmerȱ erwartetenȱ WirkunȬ gen.ȱ

„ DelegationȱvonȱVerantwortungȱundȱKompetenzenȱ Sowohlȱ aufȱ derȱ institutionellenȱ Ebeneȱ zwischenȱ Regierungȱ undȱ Leistungserbringernȱ alsȱ auchȱ aufȱ derȱ individuellenȱ Ebeneȱ werȬ denȱdieȱVerantwortungȱundȱdieȱKompetenzenȱzurȱAufgabenausȬ führungȱanȱdiejenigenȱEinheitenȱundȱPersonenȱdelegiert,ȱwelcheȱ dieȱ bestenȱ Fähigkeitenȱ undȱ dasȱ notwendigeȱ Wissenȱ dazuȱ besitȬ zen.ȱ Dieseȱ Dezentralisierungȱ erfordertȱ andererseitsȱ auchȱ eineȱ klareȱzentraleȱSteuerungȱdurchȱZielvereinbarungenȱmitȱdenȱselbȬ ständigerenȱöffentlichenȱInstitutionenȱ(vgl.ȱnachfolgenderȱBlickȬ punkt).ȱ Dazuȱ sindȱ neueȱ SteuerungsȬȱ undȱ Kontrollinstrumenteȱ wieȱ Kontrakte,ȱ Leistungsvereinbarungen,ȱ Berichtswesenȱ undȱ KennzahlenȱdesȱControllingsȱnotwendig.ȱ

ImȱBlickpunktȱ

DezentralisationȱversusȱZentralisationȱ Es lassen sich drei Typen der Dezentralisation unterscheiden, die in der Praxis auch kombiniert vorkommen können (vgl. Mintzberg 1983: 99):

„

214ȱ

Die vertikale Dezentralisation verteilt die Macht entlang der hierarchischen Leitungsstruktur vom Top-Management zur Mitarbeiterebene und dadurch auf unterschiedliche Stufen und Personen aller Hierarchiestufen. Es geht um die Entscheidungsdezentralisation.

Organisatorische Gestaltung innerhalb des IOP-Konzepts

„

Die horizontale Dezentralisation bewirkt eine Verteilung der Entscheidungsmacht auf Personen außerhalb der Linienstruktur, damit sich die Linienmanager verstärkt auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Es geht – aus der Perspektive der Linie – um die Auslagerung von Aufgaben mit der entsprechenden Kompetenz und Verantwortung.

„

Die lokale Dezentralisation verteilt die Leistungserstellung an unterschiedliche Orte. Das bedeutet jedoch nicht, dass auch die Hierarchiestrukturen und Entscheidungsbefugnisse dezentralisiert werden müssen.

5.1

Vorteile der Zentralisation:

„ „ „ „ „ „ „

Einfachere Durchsetzung einer gemeinsamen Organisationspolitik Gezieltere Steuerung der Untereinheiten Weniger aufwändige Koordination zwischen Abteilungen und Stellen Erwirtschaftung von Skalenerträgen und Reduktion der Managementkosten Bessere Nutzung und vielfältigerer Einsatz von Spezialisten Beschleunigung der Entscheidungsprozesse und weniger Kompromisse Einheitliche Kundenbetreuung

Vorteile der Dezentralisation:

„ „ „ „ „ „

Entscheidungsfindung und -fällung näher bei der Leistungserstellung Einbezug und Verantwortungsübernahme fördert Mitarbeitermotivation Direkte und schnelle Reaktion auf die Kundenbedürfnisse Vermeidung von bürokratischen Abläufen und entsprechenden Verwaltungskosten Genauere Kostenzurechnung Schnellere Anpassung an Umweltveränderungen

ȱ DerȱnächsteȱAbschnittȱzeigtȱdieȱkonkretenȱAnsatzpunkteȱzurȱorganiȬ satorischenȱVeränderungȱunterȱobigenȱGesichtspunktenȱauf.ȱ

5.1.1

Organisatorische Gestaltungsfelder

Dieȱ wesentlichenȱ organisatorischenȱ Gestaltungsfelderȱ imȱ Rahmenȱ desȱPublicȱManagementsȱsollenȱanhandȱderȱfolgendenȱFragestellunȬ genȱ anȱ dieȱ Verwaltungsorganisationȱ bestimmtȱ werdenȱ (vgl.ȱ Hillȱ 1997b:ȱ2ȱff.ȱundȱSchedler/Proellerȱ2006:ȱ87ȱff.):ȱ

„ Handlungsspielraum:ȱ Wieȱ kannȱ dieȱ Verantwortlichkeitȱ öffentliȬ cherȱInstitutionenȱerhöhtȱwerden,ȱdamitȱdieȱLeistungserbringungȱ eigenverantwortlich,ȱeffektivȱundȱeffizientȱausgeführtȱwird?ȱ

„ Leistungstiefe:ȱ Welcheȱ Organisationsformenȱ ermöglichenȱ eineȱ denȱpolitischenȱundȱbetrieblichenȱZielenȱgerechtȱwerdendeȱLeisȬ tungserfüllungȱ unterȱ demȱ Gesichtspunktȱ staatlicherȱ KernaufgaȬ ben?ȱ

215ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

„ Binnenstruktur:ȱ Wieȱ lassenȱ sichȱ dieȱ Nachteileȱ derȱ HierarchisieȬ rung,ȱ Formalisierung,ȱ Spezialisierungȱ undȱArbeitsteilungȱ bisheȬ rigerȱOrganisationsstrukturenȱunterȱdemȱAspektȱneuartigerȱundȱ komplexerȱSachverhalteȱbeseitigen?ȱ OrganisaȬ torischeȱ Flexibilitätȱ

GemäßȱdemȱIOPȬKonzeptȱwirdȱmehrȱFlexibilitätȱinȱdenȱOrganisatiȬ onsstrukturenȱ zurȱ Erreichungȱ derȱ strategischenȱ Zieleȱ undȱ zurȱ UnȬ terstützungȱ derȱ strategischenȱ Führungȱ verlangt.ȱ Alleȱ dreiȱ vorherȱ genanntenȱ Fragestellungenȱ treffenȱ inȱ ihremȱ Kernȱ denȱ Aspektȱ derȱ organisatorischenȱ Flexibilität:ȱ Erweiterterȱ Handlungsspielraum,ȱ abȬ gestufteȱ Formenȱ derȱ staatlichenȱ Leistungserfüllungȱ sowieȱ anfordeȬ rungsgerechteȱ innerbetrieblicheȱ Strukturlösungenȱ verlangenȱ nachȱ einerȱ strukturellenȱ Flexibilisierung.ȱ Derȱ hierȱ zentraleȱ FlexibilitätsȬ begriffȱwirdȱalsȱrichtungsweisenderȱOberbegriffȱfürȱdieȱorganisatoȬ rischenȱ Veränderungsmaßnahmenȱ verstanden.ȱ Esȱ giltȱ aberȱ daraufȱ hinzuweisen,ȱ dassȱ imȱ spezifischenȱ Fallȱ auchȱ Maßnahmenȱ notwenȬ digȱ seinȱ können,ȱ welcheȱ isoliertȱ betrachtetȱ keinerȱ FlexibilitätserhöȬ hungȱ dienen.ȱAusȱ derȱ Sichtȱ derȱ Gesamtinstitutionȱ trittȱ jedochȱ eineȱ Flexibilitätsveränderungȱeinȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱdieȱIntegrationȱeinerȱzusätzliȬ chenȱHierarchiestufeȱinȱdieȱbestehendeȱOrganisationsstrukturȱinȱderȱ Fallstudieȱ Kantonsschuleȱ Zürcherȱ Unterland).ȱ Ebensoȱ sollȱ derȱ GeȬ fahrȱ einerȱ Überflexibilisierungȱ vorgebeugtȱ werden,ȱ indemȱ situatiȬ onsgerechtȱdieȱmitȱderȱFlexibilisierungȱverbundenenȱKoordinationsȬ aufwändeȱ undȱ Auswirkungenȱ aufȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ analysiertȱ werdenȱ(vgl.ȱEffizienzkriterienȱbeiȱThom/Wengerȱ2000).ȱȱ

OrganisatoȬ rischeȱGestalȬ tungsaspekteȱ

DieȱSchaffungȱdieserȱFlexibilitätȱbeziehtȱsichȱimȱPublicȱManagementȱ aufȱdreiȱwesentlicheȱElementeȱderȱOrganisationȱstaatlicherȱInstitutiȬ onen.ȱ Inȱ derȱ traditionellenȱ Verwaltungsorganisationȱ dienenȱ dieȱ StrukturenȱderȱzentralenȱEntscheidungȱundȱderȱdirektenȱSteuerungȱ vonȱDetailentscheidungenȱdurchȱdieȱoberstenȱHierarchieebenen.ȱDieȱ inȱ derȱ neuenȱ Führungskonzeptionȱ geforderteȱ Trennungȱ vonȱ LeisȬ tungsfinanziererȱ (Parlament/Regierungsmehrheit),ȱ Leistungskäuferȱ (Regierung/Verwaltungsspitze)ȱundȱLeistungserbringerȱ(privateȱundȱ öffentlicheȱ Institutionen)ȱ erfordertȱ auchȱ eineȱ organisatorischeȱ VerȬ änderungȱ inȱ derȱ Zusammenarbeitȱ dieserȱ Akteureȱ (vgl.ȱ Schedler/ȱ Proellerȱ2006:ȱ95ȱff.).ȱDieȱSchnittstelleȱzwischenȱLeistungskäuferȱundȱ LeistungserbringernȱbedarfȱeinerȱbesonderenȱGestaltung,ȱdaȱesȱhierȱ umȱ dieȱ Festlegungȱ abgestufter,ȱ staatlicherȱ Verantwortungȱ beiȱ derȱ Leistungserfüllungȱ geht.ȱ Dieȱ Bestimmungȱ dieserȱ LeistungstiefenȬ strukturȱ undȱ dieȱ dazuȱ notwendigenȱ Führungsinstrumenteȱ werdenȱ imȱzweitenȱAbschnittȱdiesesȱKapitelsȱbehandelt.ȱDieȱimȱdrittenȱAbȬ schnittȱ diesesȱ fünftenȱ Kapitelsȱ erläuterteȱ Konzernorganisationȱ erȬ möglichtȱ aufȱ derȱ politischenȱ Steuerungsebeneȱ eineȱ flexibleȱ undȱ zugleichȱstarkeȱstrategischeȱFührungȱderȱgesamtenȱstaatlichenȱInstiȬ tutionȱ undȱ ihrerȱ Leistungserbringer.ȱ Dieȱ amȱ Schlussȱ desȱ Kapitelsȱ

216ȱ

Organisatorische Gestaltung innerhalb des IOP-Konzepts

5.1

dargestelltenȱOrganisationsformenȱzurȱVeränderungȱvonȱStrukturenȱ undȱ Prozessenȱ innerhalbȱ derȱ leistungserbringendenȱ staatlichenȱ OrȬ ganisationenȱ tragenȱ letztlichȱ zurȱ Ausrichtungȱ aufȱ dieȱ verändertenȱ strategischenȱZielsetzungenȱundȱRahmenbedingungenȱfürȱdieȱjeweiȬ ligenȱ Institutionenȱ bei.ȱ Dieȱ dreiȱ Felderȱ organisatorischerȱ VerändeȬ rungenȱsindȱschematischȱinȱAbbildungȱ31ȱdargestellt.ȱ

Abbildungȱ31ȱ

Politische Steuerungsebene Betriebliche Steuerungsebene Leistungsund WirkungsEbene

Leistungstiefenstruktur Die Leistungstiefe für staatliches Engagement Æ Kapitel 5.2

GestaltungsaspekteȱzwischenȱLeistungskäuferȱundȱȬerbringerȱ

Leistungsfinanzierer

Leistungskäufer

Leistungserbringer

Rahmenstruktur Die Konzernorganisation Æ Kapitel 5.3

Detailstruktur Die Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen Æ Kapitel 5.4

Leistungsempfänger

ȱ

5.1.2

Grundprinzipien und Kriterien der organisatorischen Gestaltung

Bevorȱ dieȱ obenȱ genanntenȱ Aspekteȱ derȱ organisatorischenȱ GestalȬ tungȱöffentlicherȱInstitutionenȱanalysiertȱundȱinȱBezugȱaufȱihreȱrelaȬ tiveȱ Vorteilhaftigkeitȱ bewertetȱ werdenȱ können,ȱ istȱ esȱ wichtig,ȱ dassȱ Entscheidungskriterienȱ festgelegtȱ werden,ȱ anȱ denenȱ OrganisationsȬ formenȱbewertetȱwerdenȱkönnenȱ(vgl.ȱThom/Wengerȱ2002:ȱ22).ȱDaȬ beiȱ kannȱ dieȱ Abstufungȱ staatlicherȱ Leistungserfüllungȱ ausȱ unterȬ schiedlichenȱ Perspektivenȱ betrachtetȱ werdenȱ (vgl.ȱ Thom/Wengerȱ 2000ȱundȱBolz/Reitzeȱ1999:ȱ32ȱff.).ȱȱ

EntscheidungsȬ kriterienȱ

217ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

KongruenzȬ prinzipȱ

Grundsätzlichȱgilt,ȱdassȱbeiȱderȱEntscheidungȱdarüber,ȱaufȱwelcherȱ Stufeȱ dieȱ Leistungserstellungȱ erfolgenȱ soll,ȱ dasȱ Kongruenzprinzipȱ zuȱ beachtenȱ ist.ȱ Diesesȱ fordertȱ dieȱ Übereinstimmungȱ vonȱAufgabe,ȱ KompetenzȱundȱVerantwortungȱ(vgl.ȱSteinleȱ1992:ȱ509).ȱDanachȱsollȬ tenȱAufgabenȱeinerȱInstitutionȱbzw.ȱeinemȱStelleninhaberȱnurȱdannȱ zugeordnetȱwerden,ȱwennȱerȱauchȱüberȱdieȱentsprechendenȱEinwirȬ kungsrechteȱbzw.ȱKompetenzenȱverfügt.ȱDiesemȱGrundprinzipȱliegtȱ nichtȱderȱKontrollgedanke,ȱdassȱderȱStelleninhaberȱansonstenȱnichtȱ zurȱ Verantwortungȱ gezogenȱ werdenȱ kann,ȱ zugrunde.ȱ Vielmehrȱ stehtȱdieȱMotivationsfunktionȱorganisatorischerȱGestaltungȱimȱMitȬ telpunkt,ȱ daȱ dieȱ Förderungȱ derȱ Entfaltungsmöglichkeitenȱ beiȱ derȱ ArbeitȱundȱdieȱErhöhungȱdesȱTätigkeitsspielraumsȱi.ȱS.ȱderȱintrinsiȬ schenȱMotivationȱzurȱSteigerungȱderȱArbeitszufriedenheitȱbeitragenȱ (vgl.ȱKapitelȱ6).ȱȱ

Bewertungȱvonȱ OrganisationsȬ alternativenȱ

Dieȱ imȱ Folgendenȱ erläutertenȱ EffektivitätsȬȱ undȱ Effizienzkriterienȱ dienenȱ derȱ systematischenȱ Evaluationȱ beiȱ derȱ Bewertungȱ organisaȬ torischerȱ Gestaltungsalternativen.ȱ Dabeiȱ handeltȱ esȱ sichȱ umȱ MaßȬ stäbe,ȱdieȱaufȱallgemeinerȱEbeneȱzurȱBeurteilungȱeinerȱOrganisationȱ herangezogenȱwerdenȱkönnen.ȱZurȱKonkretisierungȱdieserȱMaßstäȬ beȱ werdenȱinȱ Kapitelȱ5.2ȱspezifischeȱ Kriterienȱ zurȱ Bestimmungȱderȱ optimalenȱLeistungstiefeȱfürȱstaatlichesȱEngagementȱvorgestellt.ȱDasȱ Kriteriumȱ derȱ Effektivitätȱ bezeichnetȱ dieȱ grundsätzlicheȱ Eignungȱ einerȱ organisatorischenȱ Lösungȱ zurȱ Erreichungȱ derȱ Sachzieleȱ einerȱ öffentlichenȱ Institution,ȱ währendȱ dieȱ Effizienzȱ dieȱ LeistungswirkȬ samkeitȱ bzw.ȱ dasȱ Erfolgsniveauȱ einerȱ organisatorischenȱ Lösungȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Formalzieleȱ dieserȱ Institutionȱ misst.ȱ Grundsätzlichȱ gilt,ȱdassȱEffektivitätsȬȱundȱEffizienzanalysenȱnichtȱgetrenntȱdurchȬ geführtȱwerdenȱkönnen,ȱdaȱdieȱErfüllungȱbeiderȱKriterienȱwesentliȬ cheȱVoraussetzungȱfürȱdasȱAuffindenȱeinerȱoptimalenȱorganisatoriȬ schenȱGestaltungsformȱist,ȱsodassȱhierȱbeideȱKriterienȱberücksichtigtȱ werden.ȱ

Demokratischeȱ Legitimationȱ

AufgrundȱdesȱKriteriumsȱderȱdemokratischenȱLegitimationȱstehtȱdieȱ gesetzlicheȱAbstützungȱderȱAufgabenerfüllungȱimȱZentrum.ȱJeȱstärȬ kerȱ dieȱ gesetzlicheȱ oderȱ verfassungsmäßigeȱ Grundlageȱ undȱ jeȱ gröȬ ßerȱdadurchȱdieȱdemokratischeȱLegitimation,ȱdestoȱgeringerȱistȱdieȱ Flexibilitätȱ derȱAufgabenwahrnehmungȱ ausȱ einemȱ wirtschaftlichenȱ Blickwinkel.ȱEsȱkannȱdavonȱausgegangenȱwerden,ȱdassȱmitȱderȱAbȬ nahmeȱ desȱ politischenȱ Einflussesȱ aufgrundȱ strukturellerȱ ÄnderunȬ genȱ dieȱ öffentlichenȱ Interessenȱ wenigerȱ starkȱwahrgenommenȱ werȬ den.ȱ Wirdȱ dasȱ Kriteriumȱ desȱ Serviceȱ Publicȱ (fürȱ dieȱAllgemeinheitȱ zurȱ Verfügungȱ gestellte,ȱ freiȱzugänglicheȱ staatlicheȱ Leistungen)ȱ heȬ rangezogen,ȱsoȱkönnenȱsowohlȱdieȱRechtsgrundlagen,ȱdieȱMöglichȬ keitenȱderȱWahrungȱöffentlicherȱInteressen,ȱdieȱBürgernäheȱalsȱauchȱ dieȱ wirksameȱ Führungȱ derȱ Institutionȱ überȱ dieȱ Leistungsqualitätȱ

218ȱ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

5.2

entscheiden.ȱAusȱderȱSichtȱeinerȱLeistungsȬȱundȱEffizienzsteigerungȱ dürftenȱAnreizeȱzurȱständigenȱHinterfragungȱderȱLeistungsqualitätȱ dieȱgrößtenȱAuswirkungenȱhaben.ȱDasȱletzteȱKriteriumȱwirdȱinȱderȱ neuenȱ wirkungsorientiertenȱ Verwaltungsführungȱ aufgewertetȱ undȱ istȱinȱeinerȱdifferenziertenȱEntscheidungsfindungȱheranzuziehen.ȱ

5.2

Leistungstiefe für staatliches Engagement

DasȱFlexibilisierungszielȱbeiȱderȱOrganisationȱstaatlicherȱLeistungsȬ erbringungȱ wirdȱ starkȱ durchȱ dieȱ unterschiedlichȱ wahrgenommeneȱ LeistungstiefeȱöffentlicherȱInstitutionenȱbestimmt.ȱInȱdiesemȱKapitelȱ folgtȱ zunächstȱ einȱ Konzeptȱ zurȱ Bestimmungȱ derȱ LeistungstiefenȬ struktur.ȱ Dieseȱ Frageȱ erhältȱ u.ȱa.ȱ dannȱ eineȱ wichtigeȱ Bedeutung,ȱ wennȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Konzernorganisationȱ dieȱ Eingliederungȱ derȱ „Tochtergesellschaften“ȱbzw.ȱderȱunterschiedlichenȱstaatlichenȱLeisȬ tungserbringerȱfestzulegenȱist.ȱImȱanschließendenȱAbschnittȱwerdenȱ dannȱdieȱalternativenȱOrganisationsformenȱzurȱErfüllungȱstaatlicherȱ Aufgabenȱdargestellt.ȱ

5.2.1

Bestimmung der Leistungstiefe

Dasȱ imȱ Folgendenȱ dargestellteȱ Modellȱ wurdeȱ vonȱ Nascholdȱ etȱ al.ȱ entwickeltȱundȱbasiertȱaufȱdenȱGrundlagenȱderȱTransaktionskostenȬ theorieȱ(vgl.ȱNascholdȱetȱal.ȱ1996ȱundȱPicot/Wolffȱ1995).ȱEsȱbetrachȬ tetȱ dieȱ öffentlichenȱ Leistungserbringungsprozesseȱ undȱ ihreȱ instituȬ tionellenȱ Gestaltungsmöglichkeitenȱ ausȱ derȱ Sichtȱ derȱ dreiȱ Kriterienȱ strategischeȱ Relevanz,ȱ Spezifitätȱ undȱ Wirtschaftlichkeitȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 32).ȱ Dieseȱ Formȱ derȱ Leistungstiefenbestimmungȱ sollȱ einerseitsȱ unȬ geeignetenȱ Generalisierungenȱ bezüglichȱ derȱ privatenȱ oderȱ staatliȬ chenȱLeistungserfüllungȱvorbeugenȱundȱandererseitsȱanhandȱgezielȬ terȱKriterienȱeinzelfallbezogeneȱEntscheidungenȱermöglichen.ȱȱ 5.2.1.1

Privateȱoderȱ staatlicheȱLeisȬ tungserstellungȱ

Leistungserstellungsprozess

DerȱwiederȱinsȱZentrumȱderȱorganisatorischenȱGestaltungȱgerückteȱ Wertschöpfungsprozessȱ beiȱ derȱ Erstellungȱ vonȱ Güternȱ undȱ DienstȬ leistungenȱ(Output)ȱexistiertȱauchȱimȱöffentlichenȱSektor.ȱDerȱöffentȬ licheȱLeistungserstellungsprozessȱmussȱsichȱanȱderȱZielgruppeȱausȬ richtenȱ undȱdortȱ dieȱ höchstmöglicheȱ direkteȱ Wirkungȱ bzw.ȱVerhalȬ

Output, Impact,ȱOutȬ comeȱȱ ȱ

219ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

tensänderungenȱgemäßȱdemȱzuȱGrundeȱliegendenȱAuftragȱzuȱerzieȬ lenȱ versuchenȱ (Impact).ȱ Obwohlȱ dieȱ Wertschöpfungȱ einerȱ Leistungȱ oftȱnichtȱinȱGeldeinheitenȱundȱanhandȱvonȱMarktpreisenȱgemessenȱ werdenȱ kann,ȱ kommtȱ derȱ Wertȱ imȱ gesteigertenȱ indirektenȱ Nutzenȱ desȱ Bürgersȱ oderȱ derȱ gesamtenȱ Gesellschaftȱ zumȱ Ausdruckȱ (OutȬ come).ȱAusȱ dieserȱ Sichtweiseȱ lässtȱ sichȱ dasȱ Wertschöpfungsprinzipȱ auchȱ aufȱ dieȱ nichtȱ produktionstypischenȱ Aufgabenȱ einerȱ VerwalȬ tungȱübertragen.ȱȱ Legitimationȱ ausȱstaatsȬ politischerȱȱ Perspektiveȱ

Derȱ Leistungsprozessȱ umfasstȱ alleȱ zuȱ durchlaufendenȱ Tätigkeitenȱ undȱ Funktionen,ȱ umȱ zuȱ derȱ angebotenenȱ undȱ nachgefragtenȱ LeisȬ tungȱ zuȱ gelangen.ȱ Prozesselemente,ȱ dieȱ keinenȱ direktenȱ oderȱ indiȬ rektenȱ Beitragȱ zurȱ Nutzensteigerungȱ beimȱ Leistungsbezieherȱ leisȬ ten,ȱ sindȱ wirtschaftlichȱ nichtȱ zuȱ rechtfertigen.ȱ Nutzensteigerungȱ mussȱhierȱi.ȱS.ȱderȱWirkungsorientierungȱverstandenȱwerden,ȱdamitȱ dieȱLegitimationȱnachȱdemȱWirtschaftlichkeitsprinzipȱauchȱausȱeinerȱ staatspolitischenȱ Perspektiveȱ begründetȱ werdenȱ kannȱ (vgl.ȱ NaȬ scholdȱetȱal.ȱ1996:ȱ15).ȱ

Abbildungȱ32ȱ

AnalyserasterȱzurȱBestimmungȱderȱLeistungstiefeȱ Leistungserstellungsprozess Öffentliche Leistung

Leistungsabnehmer

Analyse eines Prozesselementes Strategische Relevanz

Spezifität

Wirtschaftlichkeit

Institutionelle Wahlmöglichkeiten

ZusammengeȬ hörendeȱProȬ zesselementeȱ

220ȱ

ȱ

Dieȱ Leistungstiefeȱ entsprichtȱ derȱ Zahlȱ zusammengehörenderȱ ProȬ zesselementeȱoderȱȬstufen,ȱdieȱinnerhalbȱeinerȱöffentlichenȱInstitutiȬ onȱvonȱderȱRessourcenbeschaffungȱbisȱzurȱLeistungsabgabeȱreichen.ȱ Dasȱ Zielȱ derȱ Prozessorientierungȱ bestehtȱ darin,ȱ umfassendeȱ undȱ zusammenhängendeȱ Prozesselementeȱ inȱ eineȱ einheitlicheȱ VerantȬ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

5.2

wortungȱ zuȱ geben.ȱ Dieȱ fürȱ dieȱ Leistungserbringungȱ verantwortliȬ chenȱPersonenȱeinerȱöffentlichenȱInstitutionȱgestaltenȱdenȱgesamtenȱ Leistungsprozessȱ unterȱ demȱ Aspektȱ derȱ Kundenorientierung,ȱ verȬ fügenȱüberȱdieȱnotwendigenȱRessourcenȱundȱbeziehenȱdieȱentspreȬ chendenȱVorleistungenȱinternȱoderȱexternȱ(vgl.ȱauchȱdieȱErläuterunȬ genȱ zurȱ Prozessorganisationȱ inȱ diesemȱ Kapitel).ȱ Seltenȱ könnenȱ alleȱ Prozessabschnitteȱ derȱ gesamtenȱ staatlichenȱ Leistungsketteȱ vonȱ derȱ öffentlichenȱ Handȱ kompetentȱ undȱ wirtschaftlichȱ erbrachtȱ werden.ȱ DieȱimȱFolgendenȱerläutertenȱAnalysekriterienȱsollenȱbeiȱderȱFestleȬ gungȱ helfen,ȱ unterȱ welchenȱ Bedingungenȱ Prozessabschnitteȱ vonȱ privatenȱ oderȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ bzw.ȱ inȱ Kooperationȱ zwiȬ schenȱbeidenȱInstitutionenȱwahrgenommenȱwerdenȱsollen.ȱ 5.2.1.2

Strategische Relevanz

Prozesselemente,ȱdieȱvonȱhoherȱstrategischerȱBedeutungȱfürȱeineȱInȬ stitutionȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ sind,ȱ solltenȱ nichtȱ anȱ externeȱ ErȬ bringerȱ ausgelagert,ȱ sondernȱ eigenständigȱ erstelltȱ werden.ȱ Welcheȱ konkretenȱEigenschaftenȱsindȱnunȱaberȱstrategischȱrelevant?ȱDieȱUnȬ ternehmensstrategieȱ bestimmtȱ denȱ langfristigenȱ Rahmenȱ fürȱ dieȱ EntscheidungsfällungȱbezüglichȱderȱMarktbereicheȱundȱRessourcenȱ zurȱErreichungȱeinerȱvorteilhaftenȱWettbewerbsposition.ȱDieȱstrateȬ gischenȱ Zieleȱ einerȱ öffentlichenȱ Institutionȱ bestimmen,ȱ inȱ welchenȱ PolitikfeldernȱwelcheȱHandlungsweisenȱundȱRessourceneinsätzeȱzuȱ wählenȱ sind,ȱ damitȱ dieȱ politischenȱ Zieleȱ erreichtȱ werdenȱ können.ȱ DieȱstrategischeȱRelevanzȱistȱfolglichȱvonȱderȱBedeutungȱderȱpolitiȬ schenȱZieleȱabhängig.ȱ

BedeutungȱpoliȬ tischerȱZieleȱ

Anhandȱ desȱ politischȬadministrativenȱ Steuerungskreislaufsȱ lässtȱ sichȱ ableiten,ȱ dassȱ letztlichȱ dieȱ OutcomeȬZieleȱ strategischȱ relevantȱ sindȱ(vgl.ȱauchȱAbb.ȱ6ȱinȱKapitelȱ2.3.3).ȱDerȱVollzugȱvonȱPolitikproȬ grammenȱ durchȱ öffentlicheȱ Institutionenȱ generiertȱ einenȱ Output,ȱ derȱimȱbestenȱFallȱdieȱerwünschteȱVerhaltensänderungȱbeiȱdenȱAdȬ ressatenȱ imȱ betroffenenȱ Politikbereichȱ bewirkt.ȱ Dieserȱ Impactȱ istȱȱ aberȱnochȱnichtȱdasȱstrategischȱrelevanteȱZiel,ȱdennȱdurchȱnichtȱbeȬ absichtigteȱ Folgenȱ kannȱ dasȱ Gesamtsystemȱ unterschiedlichȱ reagieȬ ren.ȱ Dieȱ letztlichȱ ausȱ denȱ Reaktionenȱ desȱ Gesamtsystemsȱ resultieȬ rendenȱ Auswirkungenȱ bestimmenȱ dieȱ politischȱ relevantenȱ Ziele,ȱ welcheȱmanȱmitȱdemȱProgrammȱzuȱerreichenȱversucht.ȱȱ

Strategischeȱ Relevanzȱdesȱ Outcomesȱ

Dasȱ Kriteriumȱ derȱ strategischenȱ Relevanzȱ giltȱ esȱ zuȱ prüfen,ȱ wennȱ bspw.ȱeineȱStadtverwaltungȱdarüberȱentscheidenȱmuss,ȱobȱdieȱStraȬ ßenreinigungȱdurchȱAnstellungȱzusätzlicherȱArbeitskräfteȱoderȱPriȬ vatisierungȱ optimiertȱ werdenȱ soll.ȱ Ausȱ einerȱ outputȬorientiertenȱ SichtȱbringtȱdieȱzweiteȱLösungȱgroßeȱVorteileȱundȱEffizienzgewinne.ȱ

Reaktionȱdesȱ Gesamtsystemsȱ

221ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

AusȱeinerȱoutcomeȬorientiertenȱSichtȱmussȱdieȱFrageȱnachȱderȱReakȬ tionȱdesȱGesamtsystemsȱgestelltȱwerden.ȱWerdenȱdurchȱdieȱModerȬ nisierungȱ desȱ Maschinenparksȱ letztlichȱ Stellenȱ abgebaut,ȱ dieȱ einenȱ wichtigenȱBeitragȱzurȱSozialpolitikȱderȱStadtȱleisten?ȱBestehtȱdieȱGeȬ fahr,ȱ dassȱ langfristigȱ dieȱ Sozialausgabenȱ imȱ Vergleichȱ zumȱ abnehȬ mendenȱ Reinigungsaufwandȱ stärkerȱ zunehmen?ȱ Dieȱ strategischeȱ Relevanzȱ entscheidetȱ letztlichȱ hierüber,ȱ weilȱ Personenȱ beschäftigtȱ werden,ȱdieȱsonstȱkeineȱAnstellungȱfinden.ȱ Leistungsketteȱ aufȱZieleȱ abstimmenȱ

DieȱFestlegungȱderȱpolitischenȱZieleȱistȱdasȱErgebnisȱdesȱpolitischenȱ Willenbildungsprozesses.ȱ Dieȱ Diskussion,ȱ Definition,ȱ Entwicklungȱ undȱAnpassungȱsolcherȱOutcomeȬZieleȱistȱentscheidendȱfürȱeineȱöfȬ fentlicheȱInstitution.ȱSindȱdieȱhierausȱabgeleitetenȱstrategischenȱZieȬ leȱeinmalȱgeklärt,ȱmüssenȱdieȱgesamteȱLeistungsketteȱundȱdieȱdarinȱ zuȱtreffendenȱEntscheidungenȱaufȱdieȱZieleȱabgestimmtȱwerden.ȱDieȱ Festlegung,ȱ welcheȱ Prozesselementeȱ externȱ erbrachtȱ werdenȱ sollenȱ undȱwelcheȱnicht,ȱhängtȱvonȱderȱSteuerbarkeitȱdieserȱEntscheidunȬ genȱab.ȱPolitischȱgewollteȱLeistungsmerkmaleȱvonȱTeilaufgabenȱundȱ Prozesselementenȱ derȱ Leistungsketteȱ müssenȱ vonȱ derȱ Institutionȱ selbstȱgesteuertȱwerdenȱkönnen.ȱDasȱheißt,ȱdieȱentsprechendenȱZieleȱ müssenȱ gesetztȱ sowieȱ durchgesetztȱ undȱ dieȱ Zielerreichungȱ mussȱ überwachtȱwerdenȱkönnen,ȱwieȱesȱdieȱKonzeptionȱdesȱGewährleisȬ tungsstaatsȱerfordert.ȱ Imȱ ZentrumȱderȱAuslagerungsdiskussionȱ stehenȱ nichtȱ dieȱöfȬ fentlichenȱAufgaben,ȱsondernȱdieȱzuȱerreichendenȱpolitischenȱ Ziele,ȱdieȱzurȱZielerreichungȱnotwendigenȱLeistungenȱundȱdieȱ SteuerbarkeitȱderȱLeistungserbringung.ȱ ȱ

Transparenzȱ

DieȱletzteȱVoraussetzungȱzurȱBeurteilungȱderȱstrategischenȱRelevanzȱ undȱderȱSteuerbarkeitȱvonȱLeistungenȱbestehtȱinȱderȱTransparenzȱimȱ Hinblickȱ aufȱ Kosten,ȱ Qualitätȱ undȱ Leistungenȱ zwischenȱ unterȬ schiedlichenȱ Leistungserbringernȱ undȱ Erstellungsalternativen,ȱ dieȱ gewähltȱwerdenȱkönnen.ȱȱ

Kriterienȱderȱ strategischenȱ Relevanzȱ

ZusammenfassendȱsindȱdieȱfolgendenȱKriterienȱzurȱBeurteilungȱderȱ strategischenȱ Relevanzȱ notwendig,ȱumȱkonkreteȱAnhaltspunkteȱ fürȱ dieȱ Wahlȱ derȱ geeignetenȱ Formȱ derȱ Leistungserstellungȱ findenȱ zuȱ können:ȱ

„ Klarȱ definierteȱ strategischeȱ Zieleȱ aufgrundȱ derȱ politischenȱ ZielȬ setzungenȱundȱderȱbeabsichtigtenȱOutcomesȱ

„ Zurȱ Erreichungȱ derȱ strategischenȱ Zieleȱ festgelegteȱ Leistungenȱ innerhalbȱderȱLeistungsketteȱmitȱbeurteilbarenȱIndikatorenȱ

222ȱ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

5.2

„ KompetenzȱundȱInstrumenteȱzurȱErmöglichungȱeinerȱpolitischenȱ SteuerungȱüberȱdieȱLeistungserstellungȱ Darausȱwirdȱersichtlich,ȱdassȱesȱnichtȱdieȱKriterienȱderȱstrategischenȱ Relevanzȱ schlechthinȱ gibt,ȱ sondernȱ dassȱ anhandȱ derȱ Zieldefinition,ȱ derȱ Verknüpfungȱ vonȱ Zielenȱ mitȱ Leistungenȱ undȱ derȱ Steuerbarkeitȱ desȱ betroffenenȱ Leistungserstellungsprozessesȱ dieȱ strategischeȱ ReȬ levanzȱvonȱProzesselementenȱbestimmtȱwerdenȱmuss.ȱȱ 5.2.1.3

Spezifität

Dieȱ Spezifitätȱ giltȱ alsȱ eineȱ derȱ wichtigstenȱ Einflussgrößenȱ fürȱ dieȱ EntscheidungȱüberȱEigenȬȱoderȱFremderstellungȱvonȱElementenȱdesȱ Leistungsprozesses.ȱEsȱhandeltȱsichȱdabeiȱumȱeinenȱsehrȱumfassenȬ denȱ Begriff,ȱ derȱ zahlreicheȱ Dimensionenȱ einbezieht.ȱ Spezifitätȱ chaȬ rakterisiertȱdieȱexklusiveȱBereitstellung,ȱGestaltungȱundȱdenȱbesonȬ derenȱ Einsatzȱ vonȱ Ressourcen.ȱ Dasȱ heißt:ȱ Fähigkeiten,ȱ Ressourcenȱ undȱ Prozesseȱ habenȱ inȱ derȱ Leistungsketteȱ eineȱ einzigartigeȱ BedeuȬ tung,ȱweshalbȱaufȱalternativeȱVerwendungsmöglichkeitenȱverzichtetȱ wird.ȱ Kernkompetenzenȱ i.ȱS.ȱ vonȱ dauerhaftenȱ undȱ transferierbarenȱ UrsachenȱfürȱdenȱWettbewerbsvorteilȱeinerȱInstitutionȱbesitzenȱeineȱ hoheȱ Spezifitätȱ (vgl.ȱ Krüger/Hompȱ 1997:ȱ 25ȱ ff.).ȱ Einȱ anderweitiger,ȱ insbesondereȱ außerhalbȱ desȱ öffentlichenȱ Verwendungszwecksȱ lieȬ genderȱ Einsatzȱ dieserȱ Fähigkeiten,ȱ Ressourcenȱ undȱ Prozesse,ȱ hätteȱ einenȱgeringerenȱWertȱundȱNutzen.ȱDazuȱgehörenȱetwaȱdieȱEinrichȬ tungenȱundȱaufgebautenȱQualifikationenȱfürȱdieȱinnereȱundȱäußereȱ Sicherheit,ȱ dieȱ legislativenȱ oderȱ judikativenȱ Institutionenȱ oderȱ dieȱ AufgabenbereicheȱderȱEingriffsverwaltung.ȱDieȱdazuȱerforderlichenȱ Ressourcenȱ undȱ Qualifikationenȱ lassenȱ sichȱ imȱ Normalfallȱ kaumȱ außerhalbȱ desȱ öffentlichenȱ Bereichsȱ nutzen.ȱ Diesȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ TätigkeitenȱwieȱReinigungsdienstenȱoderȱTransporten,ȱdieȱproblemȬ losȱ inȱ ähnlichemȱAusmaßȱ auchȱ inȱ anderenȱ (z.ȱ B.ȱ privatwirtschaftliȬ chen)ȱBereichenȱdurchgeführtȱwerdenȱkönnen.ȱȱ

Exklusivitätȱ vonȱRessourcenȱ

DaȱesȱbeiȱeinerȱhohenȱSpezifitätȱderȱLeistungȱkeineȱalternativenȱVerȬ wendungsmöglichkeitenȱ gibt,ȱ werdenȱ dieȱ Bindungserfordernisseȱ fürȱ möglicheȱ Leistungsanbieterȱ umsoȱ größer.ȱ Entsprechendeȱ LeisȬ tungsanbieterȱbenötigenȱlangfristigeȱSicherungen,ȱVerträgeȱundȱGaȬ rantienȱzurȱLeistungsverwendung,ȱdaȱsichȱansonstenȱdieȱLeistungsȬ erstellungȱ nichtȱ lohnt.ȱ Dennȱ wirdȱ dieȱ Leistungȱ nichtȱ mehrȱ nachgeȬ fragt,ȱ hatȱ derȱ Erbringerȱ keineȱ oderȱ nurȱ nochȱ verlustbringendeȱ Verwendungsmöglichkeitenȱ fürȱ dieseȱ spezifischeȱ Leistung.ȱ Darausȱ folgt,ȱ dassȱ beiȱ sehrȱ hoherȱ Spezifitätȱ entwederȱ eineȱ Eigenerstellungȱ derȱ Leistungȱ oderȱ eineȱ langfristigeȱ Bindungȱ mitȱ demȱAnbieterȱ zurȱ Auswahlȱ stehen.ȱ Beiȱ unspezifischen,ȱ standardisierbarenȱ LeistungsȬ

BindungsȬ erfordernisseȱ

223ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

prozessenȱbleibenȱhingegenȱeineȱFremderstellungȱsowieȱderȱEinkaufȱ undȱVerkaufȱaufȱdemȱMarktȱalsȱMöglichkeitenȱoffen.ȱ UmweltȬ unsicherheitȱ

Zusätzlichȱgilt,ȱdassȱbeiȱgroßerȱUmweltunsicherheitȱundȱUnklarheitȱ überȱdieȱNachfrageȱnachȱeinerȱspezifischenȱstaatlichenȱLeistungȱderȱ AufbauȱvonȱEigenerstellungskapazitätenȱrisikoreichȱist,ȱweilȱzuȱweȬ nigeȱ Informationenȱ überȱ dasȱ Marktverhaltenȱ existieren.ȱ Inȱ diesemȱ Fallȱ empfiehltȱ sichȱ vielmehrȱ dieȱ Kooperationȱ mitȱ privatenȱ LeisȬ tungserbringernȱi.ȱS.ȱderȱ„PublicȱPrivateȱPartnerships“ȱ(vgl.ȱKapitelȱ 5.2.2.4).ȱEsȱistȱjedochȱmöglich,ȱdassȱderȱStaatȱeinȱbesonderesȱInteresȬ seȱ daranȱ hat,ȱ spezifischeȱ Ressourcenȱ inȱ gezieltenȱ Politikfeldernȱ selbstȱeinzusetzenȱundȱzuȱentwickeln,ȱumȱlangfristigeȱKompetenzenȱ aufzubauenȱ undȱ erhaltenȱ zuȱ können.ȱ Diesȱ kannȱ bspw.ȱ inȱ spezifiȬ schenȱForschungsgebietenȱoderȱinȱderȱSicherheitsȬ,ȱSozialȬȱundȱUmȬ weltpolitikȱderȱFallȱsein.ȱ

Kriterienȱderȱ Spezifitätȱ

ZurȱAnalyseȱderȱSpezifitätȱvonȱRessourcenȱoderȱLeistungselementenȱ nennenȱ Nascholdȱ etȱ al.ȱ (1996)ȱ folgendeȱ Erscheinungsformenȱ undȱ Aspekteȱ derȱ Leistungserstellung,ȱ dieȱ eineȱ Beurteilungȱ erleichternȱ sollen:ȱ

„ HerstellungskompetenzenȱauchȱkünftigȱnichtȱdurchȱMarktlösunȬ genȱersetzbarȱ

„ HistorischȬtraditionelleȱ Ursacheȱ stattȱ strategischerȱ NotwendigȬ keitȱderȱLeistungserbringungȱ

„ MarktüblicherȱoderȱhochȱspezifischerȱTechnologieeinsatzȱ „ Aufgrundȱ derȱ politischenȱ Institutionenȱ spezifischeȱ politischȬ administrativeȱVerfahrenȱ Weitereȱ wesentlicheȱ Aspekte,ȱ welcheȱ dieȱ Spezifitätȱ beeinflussen,ȱ sindȱ etwaȱ dieȱ Kapazität,ȱ derȱ Standortȱ oderȱ dieȱ Logistikȱ derȱ LeisȬ tungserstellung.ȱ Einȱ Großauftragȱ verlangtȱ denȱAufbauȱ zusätzlicherȱ Kapazitäten,ȱ derenȱ längerfristigeȱ Auslastungȱ garantiertȱ seinȱ muss.ȱ DieȱEntscheidungȱfürȱeinenȱStandortȱinȱderȱNäheȱeinerȱanderenȱöfȬ fentlichenȱInstitutionȱkannȱaufgrundȱnotwendigerȱZusammenarbeitȱ erforderlichȱ sein,ȱ obwohlȱ einȱ zentralererȱ Standortȱ fürȱ dieȱ gesamteȱ Leistungspaletteȱwünschenswerterȱwäre.ȱ Wieȱ beiȱ derȱ strategischenȱ Relevanzȱ giltȱ aberȱ auchȱ hier,ȱ dassȱ sichȱ dieȱ Besonderheitenȱ vonȱ Ressourcenȱ undȱ Leistungenȱ imȱ ZeitablaufȱändernȱkönnenȱundȱneueȱEntscheidungenȱzurȱWahlȱ derȱ optimalenȱ Institutionenȱ fürȱ dieȱ Leistungserbringungȱ anȬ stehen.ȱ Daherȱ istȱ dieȱ Spezifitätȱ zukunftsbezogenȱ undȱ nichtȱ vergangenheitsorientiertȱzuȱbeurteilen. ȱ

224ȱ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

DieȱausȱdenȱMerkmalenȱderȱSpezifitätȱunterȱEinbezugȱderȱstrategiȬ schenȱ Relevanzȱ abgeleitetenȱ organisatorischenȱ Lösungenȱ sindȱ zuȬ demȱunterȱdemȱBlickwinkelȱzuȱbetrachten,ȱdassȱspezifischeȱLeistunȬ gen,ȱ ihreȱ Eigenerstellungȱ undȱ darausȱ entstehendeȱ Bindungenȱ eherȱ zuȱeinerȱOrganisationserweiterungȱführenȱalsȱzuȱschlankerenȱStrukȬ turen.ȱ Indemȱ derȱ Staatȱ dieȱ Möglichkeitȱ besitzt,ȱ mittelsȱ RegulieȬ rungsvorschriftenȱ dieȱ Erfüllungȱ seinerȱ Zieleȱ auchȱ anȱ andereȱ LeisȬ tungserbringerȱ zuȱ delegieren,ȱ solltenȱ staatlicheȱ Leistungsprozesseȱ möglichstȱ entspezifiziertȱ werdenȱ undȱfürȱ nichtȬstaatliche,ȱ allgemeiȬ neȱ Leistungsanbieterȱ herstellbarȱ sein.ȱ Einerseitsȱ kannȱ dadurchȱ derȱ Gefahrȱ vorgebeugtȱ werden,ȱ dassȱ dasȱ staatlicheȱ Leistungsangebotȱ ohneȱ politischeȱ Entscheideȱ schleichendȱ anwächst,ȱ andererseitsȱ erȬ öffnenȱ sichȱ neueȱ Spielräumeȱ zumȱ „Insourcing“ȱ vonȱ inȱ Zukunftȱ beȬ deutungsvollenȱAufgabenfeldern,ȱdieȱgegenwärtigȱnurȱunterȱstaatliȬ cherȱFederführungȱinȱAngriffȱgenommenȱwerdenȱ(z.ȱB.ȱTechnologieȬ entwicklung,ȱUmweltȬȱundȱBildungspolitikȱusw.).ȱ 5.2.1.4

5.2 LeistungsȬ prozesseȱentȬ spezifizierenȱ

Wirtschaftlichkeit

Öffentlicheȱ Institutionenȱ sindȱ wieȱ privateȱ Unternehmungenȱ demȱ Spannungsverhältnisȱ zwischenȱ realenȱ Möglichkeitenȱ undȱ vorstellȬ barenȱ Zielenȱ ausgesetzt.ȱ Wirtschaftlichesȱ Handelnȱ istȱ dadurchȱ geȬ kennzeichnet,ȱ dassȱ zwischenȱ demȱ angestrebtenȱ Ergebnisȱ undȱ denȱ eingesetztenȱ Mittelnȱ einȱ möglichstȱ günstigesȱ Verhältnisȱ erreichtȱ wird.ȱDiesȱkannȱeinerseitsȱdurchȱeinenȱminimalenȱMitteleinsatzȱzurȱ Erreichungȱ einesȱ vorgegebenenȱ Zielsȱ oderȱ andererseitsȱ durchȱ dieȱ Realisationȱ einesȱ maximalenȱ Ergebnissesȱ aufgrundȱ einesȱ vorgegeȬ benenȱMitteleinsatzesȱerreichtȱwerdenȱ(vgl.ȱKapitelȱ2.3.3).ȱ

Minimalerȱ Mitteleinsatzȱ oderȱmaximalesȱ Ergebnisȱ

Dieseȱ allgemeineȱ Definitionȱ vonȱ Wirtschaftlichkeitȱ reichtȱ nichtȱ aus,ȱ umȱ Leistungserstellungsprozesseȱ zuȱ beurteilen.ȱ Eineȱ OperationaliȬ sierungȱ derȱ Größen,ȱ dieȱ durchȱ wirtschaftlichesȱ Handelnȱ gesteuertȱ werdenȱkönnen,ȱistȱnotwendig.ȱDabeiȱlassenȱsichȱZiele,ȱMaßnahmenȱ undȱKostenȱstaatlichenȱHandelnsȱunterscheiden.ȱDieȱZielerreichungȱ unterȱ minimalenȱ Kostenȱ istȱ seltenȱ einfachȱ festzustellen.ȱ Zumȱ einenȱ sindȱ dieȱ Zieleȱ meistȱ quantitativȱ undȱ qualitativȱ zuȱ wenigȱ eindeutigȱ definiert,ȱ zumȱ anderenȱ sindȱ dieȱ Kostenȱ angesichtsȱ verschiedenerȱ Einflussgrößenȱ sowieȱ einerȱ ungenügendȱ entwickeltenȱ KostenȬȱ undȱ LeistungsrechnungȱimȱöffentlichenȱSektorȱderzeitȱkaumȱerfassbar.ȱ

KostenȬ erfassungȱ

Eineȱ Alternativeȱ zurȱ Feststellungȱ derȱ Wirtschaftlichkeitȱ bietenȱ dieȱ mengenmäßigenȱ Produktivitätskennziffern.ȱ Soȱ kannȱ z.ȱB.ȱ dieȱ AnȬ zahlȱ ausgestellterȱ Baugesucheȱ proȱ Zeiteinheit,ȱ proȱ Abteilungȱ oderȱ Amtȱ miteinanderȱ verglichenȱ werden.ȱ Dieȱ Gefahr,ȱ dassȱ „Äpfelȱ mitȱ

ProduktivitätsȬ kennziffernȱ

225ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Birnenȱverglichen“ȱwerden,ȱistȱbeiȱdieserȱMethodeȱjedochȱgroßȱundȱ erhöhtȱsich,ȱwennȱdieȱZieleȱundȱMittelȱunklarȱdefiniertȱsind.ȱ Kostenȱaufȱ Mittelebeneȱȱ erfassenȱ

Zurȱ bestmöglichenȱ Erfassungȱ derȱ Wirtschaftlichkeitȱ istȱ esȱ notwenȬ dig,ȱdieȱKostenȱaufȱderȱkonkretenȱMittelebeneȱundȱnichtȱimȱBereichȱ derȱschlechtȱstrukturiertenȱOberzieleȱzuȱerheben.ȱMitȱBlickȱaufȱdenȱ politischȬadministrativenȱSteuerungskreislaufȱwirdȱderȱZusammenȬ hangȱzwischenȱderȱNutzenȬ/WirkungsȬ,ȱderȱResultatȬȱundȱderȱKosȬ tenebeneȱdeutlichȱ(vgl.ȱKap.ȱ2.3.3).ȱDasȱOberzielȱderȱVerminderungȱ vonȱAidsȬInfizierungenȱistȱbspw.ȱquantitativȱundȱqualitativȱschlechtȱ definiertȱ undȱ dessenȱ Wirkungenȱ (Outcome)ȱ lassenȱ sichȱ mitȱ Hilfeȱ vonȱ Wirtschaftlichkeitsüberlegungenȱ kaumȱ hinreichendȱ beurteilen.ȱ Eineȱ Aktivitätȱ zurȱ Zielerreichungȱ könnenȱ Vorbeugemaßnahmenȱ darstellen,ȱ derenȱ Wirtschaftlichkeitȱ aufgrundȱ derȱ aufgewendetenȱ Mittelȱ(Input)ȱundȱderȱdurchgeführtenȱAktionenȱ(Output)ȱerheblichȱ einfacherȱzuȱbeurteilenȱ ist.ȱAmȱ bestenȱ istȱ dieȱ Wirtschaftlichkeitȱ aufȱ derȱ konkretenȱ Kostenebeneȱ festzustellen,ȱ daȱ dieȱ Kostenȱ proȱ InforȬ mationsveranstaltungȱanȱSchulenȱgenauȱerfasstȱwerdenȱkönnen.ȱ Wichtigȱ ist,ȱ dassȱ dieȱ konkretenȱ Maßnahmenȱ mitȱ denȱ angestrebtenȱ Oberzielenȱ korrelieren,ȱ womitȱ wiederumȱ dieȱ strategischeȱ Relevanzȱ insȱBlickfeldȱgerät.ȱKonkreteȱMaßnahmen,ȱwelcheȱnichtȱzielbezogeȬ neȱWirkungen,ȱsondernȱNebenwirkungenȱzuȱTageȱfördern,ȱsindȱausȱ derȱ Wirtschaftlichkeitsbetrachtungȱ auszuklammern.ȱ Vollständigȱ neutralisierenȱlassenȱsichȱjedochȱsolcheȱexternenȱEffekteȱnicht.ȱ

ȱ

DieȱbesteȱKenntnisȱüberȱdieȱWirtschaftlichkeitȱihrerȱLeistungserstelȬ lungsprozesseȱ habenȱ dieȱ operativenȱ Verwaltungseinheitenȱ undȱ beiȱ einemȱ entwickeltenȱ RechnungsȬȱ undȱ Berichtswesenȱ auchȱ dieȱ VerȬ waltungsspitze.ȱLetztererȱobliegtȱdieȱPflicht,ȱanhandȱvonȱWirtschaftȬ lichkeitsanalysenȱ undȱ Vergleichenȱ mitȱ privatenȱAnbieternȱ überȱ dieȱ EigenerstellungȱoderȱdenȱFremdbezugȱvonȱLeistungenȱzuȱentscheiȬ den.ȱ Dieȱ politischeȱ Führungȱ konzentriertȱ sichȱ aufȱ Entscheideȱ zurȱ ZielȬ/Wirkungsebene.ȱ Aufȱ derȱ operativenȱ Ebeneȱ derȱ LeistungserȬ bringungȱ wirdȱ dieȱ Wirtschaftlichkeitȱ undȱ Effizienzȱ durchȱ WettbeȬ werbȱmitȱanderenȱAnbieternȱoderȱBenchmarkingȱgesteigert.ȱAufȱderȱ operativenȱEbeneȱbildetȱdieȱHäufigkeitȱdesȱLeistungsaustauschsȱimȱ Wettbewerbȱ einȱ Kriteriumȱ zumȱ Bestehenȱ aufȱ demȱ Markt.ȱ Dadurchȱ kannȱeineȱWirtschaftlichkeitserhöhungȱeintreten.ȱ 5.2.1.5

Integrierteȱȱ Perspektiveȱ

226ȱ

Zusammenfassende Betrachtung

Dieȱ vorangegangenenȱ Konzepteȱ zurȱ Beurteilungȱ derȱ strategischenȱ Relevanz,ȱ Spezifitätȱ undȱ zurȱ Wirtschaftlichkeitȱ werdenȱ imȱ FolgenȬ denȱ zusammenfassendȱ dargestellt.ȱ Dieȱ integrierteȱ Perspektiveȱ sollȱ eineȱBeurteilungȱhinsichtlichȱderȱgeeignetenȱInstitutionȱzurȱHerstelȬ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

5.2

lungȱöffentlicherȱLeistungenȱerlauben.ȱDasȱVerhältnisȱzwischenȱstraȬ tegischerȱ Relevanzȱ undȱ Spezifitätȱ sowieȱ dieȱ darausȱ resultierendenȱ EntscheidungsalternativenȱsindȱinȱAbbildungȱ33ȱfestgehalten.ȱȱ

Abbildungȱ33ȱ

BeurteilungȱderȱLeistungserstellungȱ

Spezifität

hoch

Leistungsabbau oder Fremdbezug

Eigenerstellung A

D

tief

Auslagerung und Fremdbezug C tief

Regulierung von nichtstaatlichen Aufgabenträgern B hoch

Strategische Relevanz

ȱ

ȱ

„ Beiȱ hoherȱ strategischerȱ Relevanzȱ undȱ Spezifitätȱ derȱ Ressourcenȱ (Feldȱ A)ȱ istȱ dieȱ Eigenerstellungȱ vonȱ Leistungenȱ amȱ zweckmäȬ ßigsten.ȱEineȱstaatlicheȱMonopolstellungȱkannȱinȱdieserȱSituationȱ gerechtfertigtȱ sein.ȱ Nebenȱ denȱ traditionellen,ȱ eindeutigȱ hoheitȬ lichȱzuȱ erfüllendenȱ Leistungen,ȱ wieȱz.ȱB.ȱRechtssprechung,ȱ LanȬ desverteidigungȱ oderȱ Aktivitätenȱ einerȱ Notenbankȱ könnenȱ hierȱ auchȱneueȱundȱfürȱdieȱZukunftȱbedeutendeȱAufgabenȱdesȱStaatesȱ wieȱz.ȱB.ȱnationaleȱForschungsvorhabenȱangesiedeltȱwerden.ȱ

„ BeiȱhoherȱstrategischerȱRelevanzȱundȱgeringerȱSpezifitätȱ(FeldȱB)ȱ erweistȱsichȱdieȱstaatlicheȱEigenerstellungȱnichtȱalsȱsinnvoll.ȱDaȬ mitȱ dieȱ Leistungserbringungȱ aufgrundȱ ihrerȱ Bedeutungȱ fürȱ denȱ Staatȱ trotzdemȱ gesteuertȱ werdenȱ kann,ȱ empfiehltȱ sichȱ hierȱ dieȱ Regulierungȱ vonȱ nichtstaatlichenȱAufgabenträgern,ȱ dieȱ auchȱ imȱ privatenȱSektorȱtätigȱsind.ȱHierzuȱkönnenȱLeistungenȱimȱBereichȱ desȱUmweltschutzes,ȱderȱBildungsȬȱoderȱderȱGesundheitspolitikȱ zählen.ȱImmerȱwenigerȱgehörenȱinȱdiesesȱFeldȱdieȱeinstȱstarkȱreȬ guliertenȱBereicheȱderȱTelekommunikationȱundȱdesȱEnergieȬȱundȱ

227ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Verkehrswesens.ȱ Dieseȱ werdenȱ nunȱ zunehmendȱ demȱ WettbeȬ werbȱausgesetzt.ȱ

„ LeistungselementeȱimȱFeldȱCȱsindȱproblemlosȱauslagerungsfähigȱ undȱkönnenȱvonȱDrittenȱbezogenȱwerden.ȱDiesȱbetrifftȱunspezifiȬ scheȱundȱfürȱdenȱStaatȱstrategischȱnichtȱrelevanteȱLeistungenȱwieȱ dieȱ Raumbewirtschaftung,ȱ Büromaterial,ȱ EDVȬUnterhalt,ȱ StanȬ dardsoftwareȱundȱjeȱnachȱAnwendungsbereichȱauchȱadministraȬ tiveȱDienstleistungen.ȱ

„ Leistungenȱ mitȱ geringerȱ strategischerȱ Bedeutung,ȱ aberȱ hoherȱ Spezifitätȱ(FeldȱD)ȱverdienenȱbesondereȱAufmerksamkeit,ȱdaȱdieȱ imȱ Normalfallȱ ursprünglichȱ gegebeneȱ strategischeȱ Bedeutungȱ nichtȱ mehrȱ vorliegtȱ undȱ deshalbȱ dieȱ aufgebauteȱ Spezifitätȱ nichtȱ mehrȱerforderlichȱist.ȱImȱschlechtestenȱFallȱwarȱdieȱhoheȱSpezifiȬ tätȱ garȱ nieȱ nötig.ȱ Hierȱ empfiehltȱ sichȱ einȱ schnellerȱ Abbauȱ derȱ staatlichenȱ Leistungȱ oderȱ derȱ Fremdbezug.ȱ Solcheȱ Leistungenȱ könnenȱbspw.ȱinȱBereichenȱmitȱunkündbaremȱPersonalȱauftreten,ȱ woȱdasȱArbeitsangebotȱundȱnichtȱdieȱNachfrageȱdieȱLeistungserȬ stellungȱbestimmt.ȱȱ WirtschaftȬ lichkeitȱ

Derȱ Beizugȱ desȱ Wirtschaftlichkeitskriteriumsȱ hatȱ spezifischeȱ AusȬ wirkungenȱ aufȱ dieȱ Felderȱ Bȱ undȱ Dȱ inȱ derȱ Abbildungȱ 33ȱ (vgl.ȱ NaȬ scholdȱetȱal.ȱ1996:ȱ76).ȱDieȱEntscheideȱinȱdenȱFeldernȱAȱundȱCȱhinȬ gegenȱwerdenȱdadurchȱnichtȱwesentlichȱtangiert,ȱdaȱbeiȱhoherȱstraȬ tegischerȱ Relevanzȱ undȱ Spezifitätȱ wederȱ eineȱ sehrȱ wirtschaftlicheȱ nochȱ eineȱ unwirtschaftlicheȱ Leistungserstellungȱ dieȱ GrundsatzentȬ scheidungȱfürȱdieȱEigenerstellungȱbeeinflussenȱkann.ȱOftȱistȱgeradeȱ derȱ wirtschaftlichȱ unrentableȱ Ressourceneinsatzȱ einȱ Merkmalȱ vonȱ hochȱspezifischenȱLeistungsprozessen.ȱImȱFeldȱCȱhatȱdieȱWirtschaftȬ lichkeitȱ imȱ Normalfallȱ kaumȱ Auswirkungen.ȱ Eineȱ Ausnahmeȱ entȬ stehtȱ inȱ folgenderȱ Situation:ȱ Imȱ Falleȱ einerȱ fürȱ sowohlȱ privateȱ alsȱ auchȱ öffentlicheȱ Leistungserbringerȱ unwirtschaftlichenȱ Erstellungȱ wirdȱdieȱgesamteȱLeistungȱoderȱeinȱTeilprozessȱnichtȱmehrȱangeboȬ ten.ȱEineȱstaatlicheȱEigenerstellungȱdarfȱhierȱausȱökonomischerȱSichtȱ nichtȱ insȱAugeȱ gefasstȱ werden,ȱ eherȱ einȱAlternativangebotȱ vonȱ priȬ vatenȱAnbietern.ȱ

Leistungsabbauȱ

Beiȱ hoherȱ Spezifitätȱ undȱ niedrigerȱ strategischerȱ Relevanzȱ (Feldȱ D)ȱ undȱ gleichzeitigȱ hoherȱ Wirtschaftlichkeitȱ desȱ LeistungserstellungsȬ prozessesȱdrängtȱsichȱeinȱetwasȱverlangsamterȱLeistungsabbauȱauf.ȱ DasȱKostenrisikoȱistȱdadurchȱgeringȱundȱdieȱaufgebaute,ȱaberȱnichtȱ mehrȱnotwendigeȱSpezifitätȱkannȱnochȱfürȱeineȱbestimmteȱZeitdauerȱ genutztȱwerden.ȱLängerfristigȱistȱaberȱeinȱLeistungsabbauȱinsȱAugeȱ zuȱfassen,ȱdaȱdieȱRessourcenȱfürȱeinenȱnichtȱbedeutungsvollenȱProȬ zessȱsuboptimalȱeingesetztȱsind.ȱȱ

228ȱ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

DerȱEinflussȱderȱWirtschaftlichkeitȱistȱinȱFeldȱBȱamȱgrößten.ȱEinȱstraȬ tegischȱ relevanter,ȱ unspezifischerȱ aberȱ sehrȱ wirtschaftlicherȱ LeisȬ tungsprozessȱ wirdȱ problemlosȱ anȱ privateȱ Anbieterȱ unterȱ gewissenȱ Auflagenȱabzugebenȱsein.ȱBeiȱeinemȱnichtȬwirtschaftlichenȱRessourȬ ceneinsatzȱ bestehtȱ allenfallsȱ dieȱ Gefahr,ȱ dassȱ derȱ Staatȱ einenȱ höheȬ renȱ Preisȱ alsȱ beiȱ Eigenerstellungȱ bezahlenȱ muss,ȱ daȱ keineȱ WettbeȬ werberȱexistierenȱundȱderȱPrivateȱkeinȱbesonderesȱInteresseȱanȱeinerȱ regulierten,ȱ nichtȬwirtschaftlichenȱ Leistungserstellungȱ hat.ȱ Soȱ wirdȱ typischerweiseȱgeradeȱdieȱPrivatisierungȱundȱDeregulierungȱderȱTeȬ lekommunikationsindustrieȱsehrȱoftȱmitȱderenȱvoraussichtlichȱwirtȬ schaftlichenȱ Leistungserbringungȱ undȱ rentablenȱ Gesamtlageȱ beȬ gründet.ȱ

5.2.2

5.2 Auslagerungȱ unterȱAuflagenȱ

Alternative Organisationsformen der Leistungserbringung

AusgehendȱvomȱModellȱdesȱGewährleistungsstaatsȱwurdenȱbereitsȱ imȱ erstenȱ Kapitelȱ diesesȱ Buchesȱ dieȱ Erfordernisseȱ anȱ dieȱ staatlicheȱ Aufbauorganisationȱ erläutert.ȱ Eineȱ Konzentrationȱ derȱ öffentlichenȱ Leistungserbringungȱ aufȱ staatlicheȱ Kernaufgabenȱ giltȱ dabeiȱ alsȱ wegweisendȱ undȱ resultiertȱ auchȱ ausȱ derȱ vorangehendȱ erläutertenȱ Leistungstiefenanalyse.ȱ Allerdingsȱ fälltȱ dieȱ eindeutigeȱ UnterscheiȬ dungȱ zwischenȱ Kernaufgabenȱ undȱ anderenȱ Tätigkeitsbereichenȱ nichtȱleicht.ȱSieȱistȱinsofernȱgarȱnichtȱeindeutigȱmöglich,ȱalsȱdassȱesȱ sogarȱhoheitlicheȱTätigkeitenȱgibt,ȱvonȱdenenȱTeileȱsichȱzuȱkommerȬ ziellenȱZweckenȱverwertenȱlassen,ȱdieȱaberȱalleineȱkaumȱvonȱprivaȬ tenȱProduzentenȱerbrachtȱwerdenȱkönnen,ȱdaȱsieȱausȱderȱ„RandnutȬ zung“ȱ vonȱ Produktenȱ derȱ staatlichenȱ Leistungserstellungȱ resultieȬ ren.ȱ Soȱ kannȱ z.ȱB.ȱ eineȱ Wetteranstaltȱ ausȱ ihrenȱ WetterȬȱ undȱ KlimaȬ datenȱgezielteȱPrognoseprodukteȱanȱSkifahrer,ȱLandwirteȱoderȱPolȬ lenallergikerȱ alsȱ „Restprodukte“ȱ anbieten,ȱ dieȱ alleineȱ möglicherȬ weiseȱ nichtȱ erstelltȱ undȱ weitergegebenȱ werden.ȱ Dieȱ bestmöglicheȱ Eingliederungȱ vonȱ staatlichenȱ Tätigkeitsfeldernȱ oderȱ Institutionenȱ mussȱdaherȱstufengerechtȱerfolgenȱundȱkannȱnichtȱaufȱdieȱgenerelleȱ Paroleȱ „entwederȱ Staatȱ oderȱ Privatwirtschaft“ȱ reduziertȱ werden.ȱ Dasȱ Spektrumȱ möglicherȱAufgabenwahrnehmungȱ reichtȱ dabeiȱ vonȱ derȱ ausschließlichȱ staatlichenȱ Aufgabenerfüllungȱ überȱ öffentlichȬ privateȱ Partnerschaftenȱ bisȱ zurȱ privatwirtschaftlichenȱ oderȱ sogarȱ bürgerschaftlichenȱ Leistungserbringungȱ (vgl.ȱ Bolz/Reitzeȱ 1999ȱ undȱ Hillȱ1997b:ȱ5ȱff.).ȱ

Konzentrationȱ aufȱ Kernaufgabenȱ

229ȱ

5 Trendȱinȱ Richtungȱ Privatisierungȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Dieȱ unterschiedlicheȱ Festsetzungȱ derȱ Leistungstiefeȱ bezwecktȱ nichtȱ einenȱAbbauȱdesȱStaats,ȱsondernȱdieȱEffektivitätsȬȱundȱEffizienzsteiȬ gerungȱ derȱ staatlichenȱ Leistungserbringung.ȱ Generellȱ istȱ einȱ Trendȱ inȱ Richtungȱ Privatisierungȱ staatlicherȱ Einrichtungenȱ festzustellen.ȱ Insbesondereȱ imȱ PostȬ,ȱ TelekommunikationsȬȱ undȱ Energiebereichȱ sowieȱbeiȱdenȱöffentlichenȱTransportsystemenȱwerdenȱvieleȱEinrichȬ tungenȱ schrittweiseȱ vomȱ Staatȱ losgelöst.ȱ Verstaatlichungenȱ sindȱ hingegenȱwenigerȱoftȱbeobachtbar.ȱInȱDeutschlandȱoderȱauchȱinȱanȬ derenȱ Ländernȱ wurdeȱ inȱ denȱ letztenȱ Jahrzehntenȱ kaumȱ einȱ bedeuȬ tendesȱ privatesȱ Unternehmenȱ inȱ denȱ Staatsbesitzȱ zurückgeführtȱ (vgl.ȱPicot/Dietl/Franckȱ2005:ȱ294).ȱDieȱAusschöpfungȱallerȱinstitutiȬ onellenȱAlternativenȱbewirktȱeinenȱstärkerenȱWettbewerbȱunterȱdenȱ Leistungserbringernȱ undȱ dadurchȱ eineȱ effizientereȱ AufgabenerfülȬ lung.ȱ Marktähnlicheȱ Strukturenȱ lassenȱ sichȱ leichterȱ imȱ Bereichȱ derȱ Leistungsverwaltungȱeinführen;ȱdurchȱdieȱEinbindungȱderȱHoheitsȬ verwaltungȱinȱKooperationenȱoderȱNetzwerkeȱmitȱmarktnäherenȱInȬ stitutionenȱwirdȱaberȱauchȱdieserȱhoheitlicheȱBereichȱbeeinflusst.ȱInȱ denȱfolgendenȱAbschnittenȱwerdenȱverschiedeneȱinstitutionelleȱOrȬ ganisationsalternativenȱ zunächstȱ inȱ einemȱ Überblickȱ dargestellt,ȱ woranȱ imȱ Anschlussȱ eineȱ detaillierteȱ Erläuterungȱ derȱ wichtigstenȱ Organisationsformenȱerfolgt.ȱ 5.2.2.1

Sechsȱ OrganisationsȬ alternativenȱ

Institutionelle Organisationsalternativen

Dasȱ Organisationsspektrumȱ zurȱ Umsetzungȱ derȱ jeweiligenȱ LeisȬ tungstiefeȱ reichtȱ vonȱ derȱ zentralstaatlichenȱ bisȱ zurȱ privatenȱ LeisȬ tungserstellung.ȱDabeiȱkönnenȱdieȱfolgendenȱsechsȱOrganisationsalȬ ternativenȱ mitȱ unterschiedlichȱ abgestufterȱ Leistungstiefeȱ unterȬ schiedenȱ werden,ȱ welcheȱ imȱ Anschlussȱ anȱ dieȱ Aufzählungȱ vertieȬ fendȱerklärtȱwerdenȱ(vgl.ȱNascholdȱetȱal.ȱ1996:ȱ24ȱundȱLienhardȱetȱal.ȱ 2003):ȱ

„ AuftraggeberȬAuftragnehmermodelleȱ innerhalbȱ derȱ staatlichenȱ Institution;ȱAusschreibungsverfahrenȱmitȱ(ContractingȬOut)ȱoderȱ ohneȱexternenȱWettbewerbȱ(vgl.ȱAbschnittȱ5.2.2.2)ȱ

„ Verselbständigungȱ vonȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ inȱ Agenturenȱ undȱ formelleȱ Privatisierungȱ derȱ Institutionȱ (vgl.ȱ Abschnittȱ 5.2.2.2)ȱ

„ Vermarktlichungȱ öffentlicherȱ Leistungserbringungȱ (materielleȱ Aufgabenprivatisierung,ȱvgl.ȱAbschnittȱ5.2.2.2)ȱ

„ RegulierterȱRegimewettbewerbȱzwischenȱöffentlichenȱundȱprivaȬ tenȱLeistungserbringernȱȱ

230ȱ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

5.2

„ DezentralisierungȱöffentlicherȱAufgabenȱinȱdieȱGesellschaftȱ(vgl.ȱ Abschnittȱ2.4.2.3)ȱ

„ Kooperationsmodelleȱ zwischenȱ denȱ unterschiedlichenȱ LeisȬ tungsanbieternȱ (z.ȱB.ȱ Publicȱ Privateȱ Partnership,ȱ vgl.ȱ Abschnittȱ 5.2.2.4)ȱ Beiȱ demȱ AuftraggeberȬAuftragnehmermodellȱ wirdȱ zwischenȱ LeisȬ tungskäuferȱ undȱ Leistungserbringerȱ differenziert.ȱ Imȱ Sozialbereichȱ werdenȱz.ȱB.ȱPflegeȬ,ȱBetreuungsȬȱundȱPräventionsleistungenȱdurchȱ privateȱoderȱNonȱProfitȱOrganisationenȱerbracht.ȱ

AuftraggeberȬ AuftragnehmerȬ modellȱ

DieȱAgenturbildungȱ versucht,ȱ durchȱ VerantwortungsȬȱ undȱServiceȬ CenterȱdieȱKomplexitätȱvonȱstaatlichenȱGebildenȱzuȱreduzierenȱundȱ sollȱ mittelsȱ neuerȱ Führungsinstrumenteȱ zuȱ mehrȱ ErgebnisorientieȬ rungȱ i.ȱS.ȱ erhöhterȱ Verantwortlichkeitenȱ fürȱ dieȱ OrganisationsleiȬ tungȱ beitragen.ȱ Insbesondereȱ derȱ gewonneneȱ finanzielleȱ undȱ orgaȬ nisatorischeȱHandlungsspielraumȱundȱdieȱdarausȱentstandeneȱKunȬ denorientierungȱ sindȱ positiveȱ Erfahrungen,ȱ dieȱ inȱ entsprechendenȱ Institutionenȱ keinȱ Bedürfnisȱ nachȱ Rückführungȱ inȱ dieȱ klassischeȱ Organisationȱaufkommenȱlassen.ȱAlsȱBeispielȱkannȱhierȱdasȱInstitutȱ fürȱGeistigesȱEigentumȱderȱSchweizerischenȱBundesverwaltungȱgeȬ nanntȱ werdenȱ (vgl.ȱ Fallstudie:ȱ Innovationsorientierungȱ imȱ EidgeȬ nössischenȱInstitutȱfürȱGeistigesȱEigentumȱIGE,ȱKapitelȱ3).ȱȱ

Agenturbildung

DieȱmaterielleȱAufgabenprivatisierungȱistȱbesondersȱumstrittenȱundȱ bildetȱ dieȱ klassische,ȱ oftȱ auchȱ ideologischȱ geprägteȱ Formȱ zurȱ VerȬ schlankungȱdesȱStaates.ȱ DerȱregulierteȱRegimewettbewerbȱstrebtȱeineȱErgänzungȱvonȱstaatliȬ cherȱundȱprivaterȱLeistungserbringungȱan,ȱdaȱwederȱbeiȱeinemȱpriȬ vatenȱMonopolȱnochȱbeiȱeinerȱstaatlichenȱMonopolstellungȱderȱLeisȬ tungsbedarfȱ vollständigȱ abgedecktȱ würde.ȱ Nascholdȱ etȱ al.ȱ nennenȱ fürȱ Deutschlandȱ z.ȱB.ȱ dieȱ staatlicheȱ undȱ gewerbsmäßigeȱ ArbeitsȬ vermittlungȱ (vgl.ȱ Nascholdȱ etȱ al.ȱ 1996:ȱ 29).ȱ Erstereȱ istȱ eherȱ bewerȬ berorientiertȱundȱziehtȱfolglichȱmeistȱStellenbewerberȱmitȱniedrigeȬ remȱ Qualifikationsniveauȱ oderȱ schwererȱ Vermittelbarkeitȱ an.ȱ Dieȱ privateȱ Arbeitsvermittlungȱ istȱ hingegenȱ eherȱ stellenorientiertȱ undȱ wirdȱ somitȱ tendenziellȱ vermehrtȱ vonȱ beschäftigtenȱ Bewerbernȱ mitȱ bestimmtenȱQualifikationenȱaufgesucht.ȱ

Regulierter RegimeȬ wettbewerbȱ

DieȱDezentralisierungȱundȱÜbertragungȱvonȱStaatsaufgabenȱaufȱdieȱ Gesellschaftȱ wirdȱ insbesondereȱ imȱ Dienstleistungsbereichȱ angeȬ wandt,ȱwoȱdieȱQualitätȱundȱEffektivitätȱderȱstaatlichenȱAufgabenerȬ füllungȱdurchȱgesellschaftlicheȱOrganisationenȱwieȱbspw.ȱQuartierȬ vereine,ȱHilfsorganisationenȱusw.ȱgesteigertȱwerdenȱkönnen.ȱ

DezentralisieȬ rungȱ

231ȱ

5 KooperationsȬ modelleȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Schließlichȱ eröffnenȱ Kooperationsmodelleȱ zwischenȱ denȱ verschieȬ denenȱ Leistungsanbieternȱ dieȱ Möglichkeitȱ derȱ partnerschaftlichenȱ Leistungserbringung.ȱ Insbesondereȱ beiȱ derȱ Zusammenarbeitȱ zwiȬ schenȱ öffentlicherȱ Handȱ undȱ privatenȱAnbieternȱ könnenȱ nichtȱ nurȱ KnowȬhowȱ undȱ Erfahrungswissenȱ geteilt,ȱ sondernȱ auchȱ finanzielleȱ VorteileȱfürȱbeideȱPartnerȱerzieltȱwerden.ȱȱ Nachdemȱ bisherȱ eineȱ Methodikȱ zurȱ Bestimmungȱ derȱ optimalenȱ Leistungstiefeȱ sowieȱ grundsätzlicheȱ Formenȱ derȱ alternativenȱ LeisȬ tungserbringungȱ dargestelltȱ wurden,ȱ erfolgtȱ nunȱ eineȱ ausführlicheȱ Beschreibungȱ vonȱ typischenȱAusprägungenȱ institutionellerȱ OrganiȬ sationsalternativen.ȱVorȱdemȱHintergrundȱhoherȱStaatsquotenȱsowieȱ einerȱengenȱFinanzlageȱkommtȱdabeiȱderȱAufgabenkritikȱinnerhalbȱ einerȱ öffentlichenȱ Institutionȱ eineȱ wesentlicheȱ Bedeutungȱ zu.ȱ VerȬ waltungenȱ sindȱ aufgefordertȱ zuȱ überprüfen,ȱ welcheȱ Aufgabenȱ zwingendȱ vonȱ staatlicherȱ Seiteȱ erfülltȱ werdenȱ müssenȱ undȱ welcheȱ Aufgabenȱ alternativȱ überȱ denȱ Marktȱ geregeltȱ werdenȱ können.ȱ Wieȱ anȱdenȱfolgendenȱOrganisationsformenȱdargestelltȱwird,ȱsolltenȱdieȬ seȱ dannȱ i.ȱS.ȱ desȱ Subsidiaritätsprinzipsȱ aufȱ eineȱ niedrigereȱ Ebeneȱ verlagertȱwerden.ȱ 5.2.2.2

Privatisierung

Ähnlichȱ wieȱ zahlreicheȱ Betriebeȱ derȱ Privatwirtschaftȱ stehenȱ auchȱ staatlicheȱ Institutionenȱ vorȱ „makeȬorȬbuy“ȬEntscheidungen,ȱ d.ȱh.ȱ vorȱ derȱ grundlegendenȱ Frage,ȱ obȱ sieȱ dieȱ öffentlichenȱ Aufgabenȱ selbstȱ erfüllenȱ oderȱ andereȱ Anbieterȱ mitȱ derȱ Erfüllungȱ dieserȱ AufȬ gabenȱ beauftragenȱ sollen.ȱ Dabeiȱ wirdȱ unterȱ Privatisierungȱ eineȱ Grenzverschiebungȱ zwischenȱ öffentlicherȱ Handȱ undȱ privaterȱ WirtȬ schaftȱ zugunstenȱ derȱ Privatwirtschaftȱ verstanden,ȱ dieȱ durchȱ EinȬ flussȬȱundȱAufgabenverlagerungȱbewirktȱwirdȱ(vgl.ȱBredeȱ2005:ȱ39).ȱ ImȱSinneȱdesȱGewährleistungsstaatsȱwerdenȱbisherȱvonȱöffentlichenȱ Institutionenȱ erbrachteȱ Leistungenȱ verringert,ȱ indemȱ sieȱ entwederȱ vonȱ Privatenȱübernommenȱ werdenȱ oderȱ ersatzlosȱ entfallen.ȱ StaatliȬ chenȱ Institutionenȱ stehenȱ unterschiedlicheȱ Optionenȱ undȱ Modelleȱ zurȱVerfügung,ȱdieȱsichȱhinsichtlichȱdesȱAusmaßes,ȱinȱdemȱderȱStaatȱ beiȱderȱAufgabenerfüllungȱaufȱSteuerungsȬȱundȱKontrollmöglichkeiȬ tenȱ verzichtenȱ möchte,ȱ unterscheiden.ȱ Dieseȱ sollenȱ imȱ Folgendenȱ kurzȱdargestelltȱwerden.ȱ Formelleȱ Privatisierungȱ

232ȱ

Beiȱ einerȱ formellenȱ (auchȱ unechteȱ oderȱ OrganisationsȬ)ȱ PrivatisieȬ rungȱ erfolgtȱ eineȱ Umwandlungȱ derȱ öffentlichȬrechtlichenȱ inȱ eineȱ privateȱ Rechtsformȱ (GmbH,ȱAG),ȱ wobeiȱ dieȱ Eigentumsverhältnisseȱ unverändertȱ bleibenȱ (vgl.ȱ Bredeȱ 2005:ȱ 39).ȱ Einȱ Beispielȱ fürȱ dieseȱ Formȱ derȱ Privatisierungȱ sindȱ dieȱ Schweizerischenȱ Bundesbahnenȱ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

5.2

SBB,ȱ dieȱ sichȱ seitȱ 1.ȱ Januarȱ 1999ȱ inȱ derȱ Rechtsformȱ einerȱAktiengeȬ sellschaftȱ befinden,ȱ jedochȱ zuȱ 100ȱ Prozentȱ Eigentumȱ derȱ EidgenosȬ senschaftȱsind.ȱ ImȱGegensatzȱdazuȱändernȱsichȱbeiȱeinerȱmateriellenȱ(echten)ȱPrivaȬ tisierungȱ dieȱ tatsächlichenȱ Eigentumsverhältnisse,ȱ indemȱ privateȱ Anbieterȱ entwederȱ Aufgabenȱ übernehmen,ȱ dieȱ bislangȱ vonȱ staatliȬ chenȱInstitutionenȱwahrgenommenȱwurden,ȱoderȱöffentlicheȱProjekȬ teȱfinanzieren.ȱInȱdiesenȱFällenȱkannȱvonȱeinerȱPrivatisierungȱimȱenȬ gerenȱ Sinneȱ gesprochenȱ werden,ȱ daȱ sichȱ dieȱ öffentlicheȱ Handȱ ausȱ derȱ Aufgabenerfüllungȱ zurückzieht.ȱ Beispielhaftȱ seiȱ hierȱ derȱ VerȬ kaufȱ desȱ Stadtwerkesȱ anȱ einȱ Energieversorgungsunternehmenȱ geȬ nannt.ȱȱ

Materielle Privatisierungȱ

UmȱeineȱbesondereȱFormȱderȱPrivatisierungȱhandeltȱesȱsichȱbeiȱAusȬ lagerungen,ȱ fürȱ dieȱ inȱ derȱ betriebswirtschaftlichenȱ Terminologieȱ häufigȱauchȱderȱBegriffȱdesȱContractingȱOutȱverwendetȱwird.ȱBeimȱ ContractingȱOutȱwerdenȱprivateȱDritteȱalsȱ„Erfüllungsgehilfen“ȱaufȱ vertraglicherȱ Ebeneȱ inȱ dieȱ Aufgabenerfüllungȱ eingebunden,ȱ wobeiȱ esȱsichȱbeiȱdenȱübertragenenȱAufgabenȱumȱTätigkeitenȱimȱRahmenȱ derȱ Leistungserstellungȱfürȱ denȱ Bürgerȱhandelt.ȱ Generellȱ bleibtȱ dieȱ Steuerungsverantwortungȱ aberȱ weiterhinȱ beimȱ öffentlichenȱ AufgaȬ benträger,ȱ daȱ nurȱ dieȱ Aufgabenerfüllungȱ ausgelagertȱ undȱ aufȱ dieȱ privateȱ Handȱ übertragenȱ wirdȱ (vgl.ȱ Lienhardȱ etȱ al.ȱ 2003:ȱ 2ȱ f.).ȱ WeȬ sentlicheȱGründeȱfürȱdasȱContractingȱOutȱsindȱderȱzunehmendeȱRaȬ tionalisierungsdruckȱundȱdieȱknappenȱKassen,ȱmitȱdenenȱöffentlicheȱ Institutionenȱkonfrontiertȱsind.ȱSoȱwerdenȱbspw.ȱeigeneȱSozialdiensȬ teȱ aufgegeben.ȱ Einȱ klassischesȱ Beispielȱ fürȱ dieȱ Auslagerungȱ vonȱ Gemeindeaufgabenȱ stelltȱ derȱ Werkhofȱ bzw.ȱ Bauhofȱ dar.ȱ Soȱ wurdeȱ z.ȱB.ȱ inȱ derȱ Schweizerȱ Gemeindeȱ Münchenbuchseeȱ derȱ gesamteȱ Werkhofȱ anȱ einenȱ privatenȱ Anbieterȱ ausgelagert,ȱ dessenȱ KerngeȬ schäftȱbereitsȱinȱderȱErfüllungȱkommunalerȱAufgabenȱbestand.ȱ

Contractingȱ Outȱȱ

BevorȱjedochȱdieȱEntscheidungȱgetroffenȱwird,ȱöffentlicheȱAufgabenȱ auszugliedern,ȱ sollteȱ jedeȱ Verwaltungȱ rechtlicheȱ RahmenbedingunȬ genȱ sowieȱ politischeȱ Vorgabenȱ hinsichtlichȱ derȱAufgabenerstellungȱ überprüfen.ȱWeiterhinȱkommtȱeinerȱsorgfältigenȱVertragsgestaltungȱ mitȱdemȱprivatenȱAnbieterȱeineȱwichtigeȱBedeutungȱzu,ȱdaȱdezidierȬ teȱ Vereinbarungenȱ überȱ Artȱ undȱ Weiseȱ desȱ Leistungsauftrags,ȱ FiȬ nanzmodalitäten,ȱ Laufzeit,ȱ Eingriffsmöglichkeitenȱ etc.ȱ inȱ Formȱ vonȱ Leistungskontraktenȱ (vgl.ȱ Abschnittȱ 5.3.2.1)ȱ Voraussetzungȱ fürȱ dieȱ adäquateȱprivateȱAufgabenerfüllungȱsindȱ(vgl.ȱEichhornȱ1997:ȱ101).ȱȱ

SorgfältigeȱVerȬ tragsgestaltungȱ

233ȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

5

Praxisfenster Nr. 10: Auslagerung von Geschäftsprozessen in der öffentlichen Verwaltung: Debitorenmanagement für lokale Energieversorgungsunternehmen 1. Die Ausgangslage ȱ ReinhardȱPrankeȱ MitgliedȱdesȱBereichsvorȬ standsȱBRIEFȱderȱ ȱDeutschenȱPostȱAG,ȱ Bonnȱ

Ein effizientes Liquiditätsmanagement ist für Unternehmen und öffentliche Verwaltungen unerlässlich. Die zügige und reibungslose Eintreibung ausstehender Forderungen ist von zentraler Bedeutung. Kommunale Energieversorger stehen hierbei vor besonderen Herausforderungen: Um die Verbrauchsdaten ihrer Kunden zu ermitteln, müssen die Mitarbeiter der kommunalen Stadtwerke mindestens einmal im Jahr jeden einzelnen Haushalt aufsuchen. Ist ein Kunde trotz vorheriger Terminabsprache nicht daheim, fällt sogar ein zweiter oder dritter Hausbesuch an. Auch die weiteren nachgelagerten Tätigkeiten wie Druck und Versand der Rechnungen, das Forderungsmanagement gegenüber den Endkunden sowie die Archivierung von Rechnungen und Ablesedaten zählen nicht zu den eigentlichen Kernaufgaben eines Energieversorgungsunternehmens (EVU).

2. Die Lösung Die Deutsche Post AG bietet für Unternehmen und Verwaltungen FullService-Leistungen von Transport und Zustellung über die Betriebs- und Prozessbearbeitung bis hin zu komplexen Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Kunden an. Im Debitorenmanagement sind sämtliche für EVU relevante Prozessstufen vom Versand der Ableseaufforderung über die Rechnungsstellung bis zum kompletten Forderungsmanagement enthalten (vgl. Abb. 1). Durch den Versand der Ableseaufforderungen wird die Erfassung der Verbrauchsdaten für Strom, Gas, Wasser oder Fernwärme in die Hände der Endkunden gelegt. Bei unzustellbaren Ableseaufforderungen recherchieren die Post-Mitarbeiter im Zuge des Forderungsmanagements in verschiedenen Quellen (z. B. die tagesaktuelle Umzugsdatenbank) nach der neuen Adresse. Spätestens nach fünf Tagen geht die Ableseaufforderung erneut auf die Reise, dieses Mal mit der richtigen Adresse. Zudem fließen die bereinigten Adressen in die Kundendatenbank der Stadtwerke ein und garantieren so eine erstklassig gepflegte Kundendatei. Die rücklaufenden Zählerstandsmeldungen werden digitalisiert und auf Plausibilität hinsichtlich Format und Angaben geprüft. Anschließend übermittelt die Post die Daten an das Versorgungsunternehmen und kümmert sich um deren fachgerechte Archivierung. Im nächsten Schritt der Prozesskette folgen Druck und Versand der Verbrauchsrechnungen, Bearbeitung von eventuellen Reklamationen, Debitorenbuchhaltung sowie das Mahnwesen und Inkasso. All diese Prozessschritte kann der Energieversorger an die Deutsche Post auslagern. Natürlich können Unternehmen auch nur einzelne, in sich geschlossene Lösungen der Deutschen Post in Anspruch nehmen.

234ȱ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

5.2

Abbildungȱ1:ȱ „Debitorenmanagement“ȱamȱBeispielȱeinesȱEVUȱ

Rechnungsmanagement

Management Zählerstanderfassung

Wertschöpfungsprozess Ableseaufforderung an EVU-Kunden

Response/ Plausibilisierung

Einzelkomponenten Adressbereinigung Druck und Versand von Ableseaufforderungen* Retourenmanagement** von unzustellbaren Sendungen Digitalisierung der rücklaufenden Ableseaufforderungen* Erfassung der Antwort über Internet-Portal Plausibilitätscheck aller Zählerstandsdaten

Datenrückmeldung/ Archivierung Druck und Versand von Rechnungen

Übermittlung der Ablesedaten an EVU Archivierung

Retourenmanagement** Archivierung

Reklamationsmanagement

Bearbeitung telefonischer und schriftlicher Reklamationen

Forderungsmanagement

Mahnwesen und Inkasso

Debitorenbuchhaltung

*Brief, Karte; **Adressrecherche und Neuversand

ȱ

3. Der Erfolg Geschäftsprozess-Outsourcing (GPO) ist immer die Kombination einzelner, auf die individuellen Kundenbedürfnisse abgestimmter Prozessschritte. Jedoch bringt erst die Summe dieser einzelnen Komponenten das optimale Resultat für den wirtschaftlichen Erfolg. Je breiter die ausgelagerte Prozesskette, umso geringer der Steuerungs- und Kontrollaufwand für den Auftraggeber und umso höher das gesamte Einsparpotenzial. So lassen sich nach Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung durch eine Full-Service-Lösung über alle Stufen des Rechnungsmanagements die Bearbeitungszeit um bis zu 90 Prozent reduzieren und Prozesskosten von 20 bis 40 Prozent einsparen. Mit dem Debitorenmanagement der Deutschen Post straffen kommunale Energieversorger ihr Liquiditätsmanagement. Zudem optimieren sie ihre internen Geschäftsabläufe und erhöhen Adressqualität und die Responsequote. Zusätzlich sparen Versorger Kosten, indem sie die Zahl der Falschaussendungen verringern und unnötige Retouren vermeiden. Deutschlandweit vertrauen bereits mehr als 70 kommunale und gewerbliche Energieversorger im Bereich Debitorenmanagement auf die Deutsche Post.

235ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

5.2.2.3

Outsourcing

Aufgabenȱderȱ BedarfsȬ verwaltungȱ

Outsourcingȱ istȱ einȱ Kunstwort,ȱ dasȱ ausȱ denȱ englischenȱ Begriffenȱ outside,ȱ resourceȱ undȱ usingȱ gebildetȱ wird.ȱ Imȱ Gegensatzȱ zumȱ Contractingȱ Out,ȱ dasȱ sichȱ aufȱ dasȱ Erstellenȱ externerȱ Produkteȱ fürȱ dieȱBürgerȱbezieht,ȱhandeltȱesȱsichȱbeimȱOutsourcingȱumȱdieȱAuslaȬ gerungȱ vonȱ Aufgabenȱ derȱ Bedarfsverwaltung.ȱ Somitȱ werdenȱ beimȱ OutsourcingȱDritteȱnichtȱverpflichtet,ȱVerwaltungsaufgabenȱfürȱdenȱ Bürgerȱwahrzunehmen.ȱVielmehrȱhandeltȱesȱsichȱbeiȱdenȱausgeglieȬ dertenȱ Tätigkeitsfeldernȱ umȱ Leistungenȱ fürȱ denȱ Eigenbedarfȱ (vgl.ȱ Lienhardȱ etȱ al.ȱ 2003:ȱ 2ȱ f.),ȱ dieȱ nichtȱ fürȱ dieȱ Öffentlichkeit,ȱ sondernȱ fürȱdieȱVerwaltungȱselbstȱvonȱprivatenȱAnbieternȱerstelltȱwerden.ȱȱ

Auslagerungȱ vollständigerȱ Prozesskettenȱ

Ähnlichȱ wieȱ auchȱ inȱ derȱ Privatwirtschaftȱ lassenȱ sichȱ zahlreicheȱ beȬ trieblicheȱ Funktionenȱ outsourcen.ȱ Wesentlicheȱ Bereicheȱ sindȱ dabeiȱ dieȱ Auslagerungȱ vonȱ Informatikdienstleistungen,ȱ derȱ GebäudereiȬ nigungȱ oderȱ derȱ Personalverwaltungȱ anȱ externeȱ Anbieter.ȱ Neuereȱ OutsourcingȬAnsätzeȱ gehenȱ nochȱ weiter,ȱ indemȱ vollständigeȱ ProȬ zesskettenȱ ausgelagertȱ undȱ anȱ privateȱAnbieterȱ übertragenȱ werdenȱ (vgl.ȱ auchȱ vorangehendesȱ Praxisfensterȱ Nr.ȱ 10).ȱ Wichtigeȱ Gründeȱ fürȱdasȱOutsourcingȱsindȱdieȱFlexibilisierungȱvonȱKosten,ȱdieȱdurchȱ dieȱAufgabenkritikȱgeförderteȱKonzentrationȱaufȱdieȱKernaufgabenȱ einerȱ öffentlichenȱ Institutionȱ sowieȱ dieȱ Rationalisierungȱ vonȱ GeȬ schäftsprozessenȱ(vgl.ȱEichhorn,ȱ1997:ȱ100).ȱAnalogȱzumȱContractingȱ OutȱistȱauchȱbeimȱOutsourcingȱdieȱVertragsgestaltungȱeinȱwesentliȬ cherȱ Erfolgsfaktorȱ fürȱ dasȱ Funktionierenȱ entsprechenderȱ Modelle.ȱ Erfolgskritischeȱ Punkteȱ derȱ Vertragsgestaltungȱ könnenȱ bspw.ȱ dieȱ KostenȬȱundȱRisikoteilung,ȱdieȱHaftung,ȱderȱEinbezugȱDritter,ȱQuaȬ litätsmerkmale,ȱInformationsprozesseȱundȱKnowȬhowȬSchutzȱsein.ȱ 5.2.2.4

Freiwilligeȱ Verpflichtungȱ

236ȱ

Public Private Partnership

Imȱ Rahmenȱ derȱ Modernisierungȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ undȱ derȱ damitȱverbundenenȱDiskussionȱüberȱdieȱoptimaleȱLeistungstiefeȱöfȬ fentlicherȱ Institutionenȱ gewinntȱ dieȱ alsȱ Publicȱ Privateȱ Partnershipȱ (PPP)ȱ bekannteȱ Kooperationsformȱ zwischenȱ öffentlicherȱ Handȱ undȱ privatenȱ Anbieternȱ zunehmendȱ anȱ Bedeutungȱ (vgl.ȱ Budäusȱ 2003:ȱ 213ȱff.).ȱDabeiȱwerdenȱunterȱPPPȱjeneȱFormenȱderȱZusammenarbeitȱ zwischenȱ öffentlichenȱ undȱ privatenȱ Wirtschaftssubjektenȱ verstanȬ den,ȱinȱdenenȱsichȱbeideȱSeitenȱaufȱderȱGrundlageȱvertraglicherȱBeȬ ziehungenȱfreiwilligȱdazuȱverpflichten,ȱspeziellȱabgegrenzteȱAufgaȬ benkomplexeȱinȱunternehmerischerȱWeiseȱzuȱerledigen.ȱWesentlicheȱ VoraussetzungenȱfürȱeinȱerfolgreichesȱPPPȱsindȱdieȱZielkomplemenȬ taritätȱbeiderȱPartnerȱsowieȱdieȱBereitschaftȱzumȱ„KnowȱhowȬTransȬ fer“ȱ(vgl.ȱThom/Ritzȱ2003:ȱ12).ȱImȱGegensatzȱzurȱmateriellenȱPrivatiȬ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

5.2

sierungȱ ziehtȱ sichȱ dieȱ öffentlicheȱ Handȱ nichtȱ vollständigȱ ausȱ derȱ Aufgabenerfüllungȱ zurück,ȱ sondernȱ behältȱ zumindestȱ dieȱ SteueȬ rungsverantwortung,ȱdaȱsieȱi.ȱS.ȱdesȱGewährleistungsstaatesȱhöchsȬ tensȱdieȱDurchführungsverantwortungȱaufȱPrivateȱüberträgt.ȱ HinsichtlichȱderȱkonkretenȱAusgestaltungȱvonȱPPPsȱexistierenȱzahlȬ reicheȱVarianten,ȱdieȱinȱBezugȱaufȱdenȱLeistungsumfang,ȱdieȱStrukȬ tur,ȱdieȱFinanzierungȱsowieȱdenȱLeistungsgegenstandȱunterschiedenȱ werdenȱkönnenȱ(vgl.ȱBolzȱ2005:ȱ26ȱff.ȱundȱnachfolgendesȱPraxisfensȬ terȱ Nr.ȱ 11).ȱ Dabeiȱ werdenȱ PPPsȱ inȱ nahezuȱ allenȱ Bereichenȱ öffentliȬ cherȱ Aufgabenerfüllungȱ alsȱ organisatorischeȱ GestaltungsalternatiȬ venȱ inȱ Betrachtȱ gezogenȱ (vgl.ȱ Bolzȱ 2005ȱ undȱ Thom/Ritzȱ 2003).ȱ Mitȱ einemȱPPPȱsindȱsowohlȱfürȱdieȱöffentlicheȱHandȱalsȱauchȱdenȱprivaȬ tenȱ Partnerȱ Chancenȱ undȱ Risiken,ȱ dieȱ inȱ Tabelleȱ 6ȱ überblicksartigȱ dargestelltȱwerden,ȱverbundenȱ(vgl.ȱGreilingȱ2002:ȱ340ȱff.).ȱ

Tabelleȱ6ȱ

ChancenȱundȱRisikenȱvonȱPPPsȱ

Staat

Chancen

Risiken

- Synergieeffekte

- Ausnutzung durch privaten Partner aufgrund von asymmetrischen Informationen

- Zugang zu privatem Know-how und privatem Risikokapital - Steigerung der Effizienz - Imagegewinn durch privatwirtschaftliches Denken - Gewährleistung der Aufgabenerfüllung - Entpolitisierung sowie rationalere Entscheidungsfindung - Modernisierung, Flexibilisierung - Zugang zu neuen Märkten Privater Partner

- Synergieeffekte - Gewinn bzw. Rentabilität - Möglichkeit der Risikostreuung

- Ziel- und Managementkonflikte aufgrund von Interessensdivergenzen - Ineffiziente PPP gehen zu Lasten der Bürger - Konkursgefahr des privaten Partners - Verlust von direkter demokratischer Kontrolle - Ausnutzung durch Staat aufgrund von asymmetrischen Informationen

- Verbesserung der Zusammenarbeit mit der Verwaltung

- Ziel- und Managementkonflikte wegen Interessensdivergenzen

- Marketing- bzw. Imageeffekte

- Imageverlust bei gescheiterten PPPs

- Partizipation am Fortschritt

PPPȬVarianten

237ȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

5

Praxisfenster Nr. 11: Public Private Partnership in der Schweiz

ȱ Dr.ȱUrsȱBolzȱ Partner,ȱ PricewaterhouseCoopersȱAG,ȱ PublicȱServicesȱAdvisory,ȱ Bernȱ

1. Partnerschaften: Ein neuer Ansatz für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben war nie eine exklusive Aufgabe der öffentlichen Hand. Seit jeher hat der Staat Private in die Aufgabenerfüllung einbezogen, sei es durch Aufträge (z. B. Bau eines Schulhauses) oder durch Staatsbeiträge (z. B. soziale Institutionen). Was früher noch mittels Verfügung mit Einschluss von Bedingungen und Auflagen erledigt werden konnte, wurde in breiten Bereichen immer mehr durch vertragliche Vereinbarungen und in den letzten Jahren auch durch Leistungsaufträge abgelöst. In der modernen Welt, im Zeitalter von Netzwerken, elektronischem Datenverkehr, Wirkungs- und Wertschöpfungsorientierung reicht dies nicht mehr. In vielen Bereichen verlangt eine moderne Steuerung längerfristige, partnerschaftliche Zusammenarbeitsformen. Die kostenbewusste Verwaltung optimiert zudem die Beschaffung durch bewusste Risikoallokationen und eine Lebenszyklusorientierung. Dies sind die Kernideen von Public Private Partnerships, die in den letzten Jahren in der ganzen Welt zunehmend an Popularität gewonnen haben. Im benachbarten Ausland ist die Diskussion über PPP meist fortgeschritten. In zahlreichen Ländern sind Pilotprojekte lanciert, PPP-Taskforces etabliert und erste Projektevaluationen liegen vor. Sie zeigen, dass PPP-Projekte – in geeigneten Fällen - Einsparungen von bis zu 20% realisieren können.

2. PPP-Potenzial in der Schweiz vorhanden Lange Jahre war PPP in der Schweiz kein richtiges Thema. Eine Gruppe von Vertretern aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik hat unter der Projektleitung von PricewaterhouseCoopers deshalb die „PPP-Initiative Schweiz“ lanciert. Die im Juni 2005 publizierte PPP-Grundlagenstudie (vgl. Bolz 2005) beinhaltet Erfahrungen aus dem Ausland, den Nachweis von Nutzenpotenzialen, abgeleitete Konzepte und Prozesse für die Schweiz, eine vertiefte Darlegung von PPP sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus rechtlicher Sicht sowie Empfehlungen für die Lancierung von PPP bzw. für die Nutzung des Potenzials in der Schweiz. Die Studie weist für die Schweiz ein beachtliches PPP-Potenzial aus. Insbesondere aufgrund ihrer Tradition mit öffentlich-privaten Kooperationen ist die Schweiz für PPP gut geeignet. Die Auseinandersetzung mit PPP in der Schweiz kann in dreifacher Hinsicht Nutzen stiften: Auf Basis neuerer PPP-Erkenntnisse kann das Wissen über Risiken von öffentlich-privaten Kooperationen vertieft werden. Grenzen einer Zusammenarbeit lassen sich somit besser erkennen. Durch PPPIdeen, -Konzepte, -Methoden und -Arbeitshilfen können bestehende öffentlich-private Kooperationen weiterentwickelt und optimiert werden.

238ȱ

Leistungstiefe für staatliches Engagement

5.2

Zudem kann die Diskussion über PPP neue Kooperationen in Form von PPP ermöglichen und beschleunigen.

3. Einblick in die PPP-Praxis Aus Schweizer Sicht dürften insbesondere die Erfahrungen aus Deutschland übertragbar sein. So wird oft auf das Projekt „Schulen in Monheim“ in Nordrhein-Westfalen hingewiesen. Auf Basis einer positiven Machbarkeitsund Wirtschaftlichkeitsstudie wurden die Leistungen der Sanierung, Unterhaltung und Bewirtschaftung sämtlicher zu sanierender Schulgebäude und Turn- bzw. Sporthallen über eine Vertragslaufzeit von 25 Jahren an einen privaten Partner übergeben. Die Stadt behält Informations- und Mitwirkungsrechte sowie die Beteiligung an der Geschäftsführung der mit der privaten Unternehmung gemeinsam geführten Bewirtschaftungs-GmbH. Sie zahlt dem privaten Partner ein jährliches Entgelt, Sanktionsmechanismen sind vertraglich festgelegt. Gegenüber einer konventionellen Beschaffung ergeben sich aus diesem PPP-Modell für die öffentliche Hand Effizienzvorteile von rund 15%, die v. a. aus der wesentlichen Verkürzung der Planungs- und Bauphase sowie aus der Übertragung eigener Risiken auf den privaten Partner resultieren. Verschiedene in der Schweiz initiierte Projekte, wie bspw. im Bereich Hochbau, weisen PPP-Merkmale auf. Beim Stadion Thun werden die Planungsrisiken zwischen öffentlicher Hand und privatem Partner aufgeteilt, beim Kultur- und Kongresszentrum Luzern erfolgte die Planungs- und Realisierungsphase in bemerkenswert enger Zusammenarbeit. Oft fehlt bei den bisherigen Zusammenarbeitsformen in der Schweiz jedoch der lebenszyklusorientierte Ansatz, d. h. die Integration von sämtlichen Projektphasen über Planung, Bau, Finanzierung bis zum Betrieb des Objektes. Im Bereich Standortförderung kann die „Greater Zurich Area“ (GZA) als Vorzeigeprojekt für ein PPP angesehen werden. Die GZA verkörpert eine langfristig angelegte Standortförderung im öffentlichen und im privaten Interesse in gemeinsamen Strukturen (Stiftung, GZA AG). PPP ist somit auch außerhalb des Bereichs Infrastruktur von großer Bedeutung.

4. Schlussbemerkung Das Projekt „PPP-Initiative Schweiz“ zeigt, dass mit Engagement, Fachkompetenz, partnerschaftlicher Zusammenarbeit in einem Netzwerk und einem wachen Sinn für die Feinmechanik von Innovation heute in kurzer Zeit viel erreicht werden kann. Indessen: Ein Buch ist ein Buch; Wandel muss in den Köpfen stattfinden! Wir werden sehen, ob sich mit demselben Rezept in der Folgephase nun auch tatsächlich in der Praxis etwas bewegt. Wir sind optimistisch. Die Zeit ist reif.

239ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

5.2.2.5

Netzwerkorganisation

KoordinationsȬ aufwandȱinȱderȱ Hierarchieȱ

Angesichtsȱ desȱ dynamischenȱ Wandelsȱ inȱ denȱ verschiedenenȱ UmȬ weltkomponentenȱ stoßenȱ klassischeȱ hierarchischeȱ OrganisationsȬ modelleȱvermehrtȱanȱihreȱGrenzen.ȱDieȱLeistungsȬȱundȱArbeitsproȬ zesseȱ wurdenȱ durchȱ zunehmendeȱ Spezialisierungȱ starkȱ unterteilt.ȱ Diesȱ führteȱ inȱ Verbindungȱ mitȱ großerȱ NeigungȱzurȱFormalisierungȱ zuȱ hochȱ komplexenȱ organisatorischenȱ Regelsystemen.ȱ Dieȱ Folgenȱ sindȱ einȱ steigenderȱ Koordinationsaufwandȱ inȱ derȱ Hierarchieȱ undȱ eineȱ aufwändigereȱ Wartungȱ undȱ Aktualisierungȱ desȱ bestehendenȱ organisatorischenȱGefüges.ȱ

Lösungȱderȱ KomplexitätsȬ problemeȱ

Dieȱ Netzwerkorganisationȱ alsȱ neueresȱ Organisationskonzeptȱ trägtȱ zurȱ Lösungȱ derȱ angesprochenenȱ Komplexitätsproblemeȱ beiȱ (vgl.ȱ Staehleȱ 1999:ȱ 744ȱ ff.).ȱ Inȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ verstärktenȱ wirȬ kungsȬȱ undȱ leistungsorientiertenȱ Führungȱ durchȱ flexiblereȱ OrganiȬ sationsstrukturenȱ undȱ aufbauendȱ aufȱ denȱ Gedankenȱ desȱ KontraktȬ managementsȱwerdenȱNetzwerkeȱzuȱeinerȱvielȱversprechendenȱZuȬ sammenarbeitsformȱ fürȱ staatlicheȱ Institutionen.ȱ Sieȱ könnenȱ sowohlȱ innerhalbȱ einerȱ Organisationȱ alsȱ auchȱ institutionenübergreifendȱ zumȱTragenȱkommen.ȱDieȱcharakteristischenȱMerkmaleȱeinesȱNetzȬ werksȱ sindȱ dieȱ Verfolgungȱ einesȱ gemeinsamenȱ Zielsȱ durchȱ dieȱ Netzwerkpartner,ȱ dieȱ freieȱ Wahlȱ derȱ Netzwerkpartner,ȱ dieȱ SelbstȬȱ bzw.ȱ Spontankoordinationȱ sowieȱ dieȱ intensiveȱ undȱ informelleȱ KommunikationȱzwischenȱdenȱPartnern.ȱ Netzwerkeȱ versuchenȱ dieȱ unterschiedlichenȱ Stärkenȱ derȱ KoȬ operationspartnerȱzurȱgemeinsamenȱZielerreichungȱoderȱProbȬ lemlösungȱzuȱverbinden. ȱ

OffeneȱZuȬ sammenarbeitȱ

Dieȱ Bindungȱzwischenȱ denȱ Partnernȱ basiertȱ wederȱaufȱ demȱ gegenȬ seitigenȱ Austauschȱ vonȱ Geldȱ undȱ Leistungȱ (wieȱ beiȱ normalenȱ Marktpartnern)ȱ nochȱ aufȱ einemȱ definiertenȱ Arbeitsverhältnisȱ (wieȱ beiȱ hierarchischenȱ Arbeitsformen).ȱ Angestrebtȱ wirdȱ vielmehrȱ eineȱ offeneȱ Zusammenarbeit,ȱ dieȱ aufgrundȱ desȱ besonderenȱ AbhängigȬ keitsverhältnissesȱ(zwischenȱMarktȱundȱHierarchie)ȱeineȱlangfristigeȱ undȱ innovativeȱ Kooperationsformȱ ist.ȱ Dieȱ Netzwerkorganisationȱ kannȱ inȱ dreiȱ alternativeȱ Typenȱ unterschiedenȱ werden,ȱ welcheȱ sichȱ insbesondereȱhinsichtlichȱihrerȱSteuerbarkeitȱundȱorganisatorischenȱ Flexibilitätȱunterscheidenȱ(vgl.ȱVierȱ1996:ȱ95ȱff.).ȱȱ

Internesȱȱ Netzwerkȱ

Dasȱ interneȱ Netzwerkȱ unterscheidetȱ sichȱ vonȱ denȱ heutigenȱ staatliȬ chenȱ Institutionenȱ v.ȱa.ȱ durchȱ dieȱ durchgängigeȱ Marktorientierungȱ innerhalbȱ derȱ Institutionȱ undȱ giltȱ alsȱ gutȱ steuerbar.ȱ Zwischenȱ denȱ internenȱNetzwerkpartnernȱwerdenȱalleȱausgetauschtenȱLeistungenȱ verrechnet,ȱwennȱmöglichȱzuȱMarktpreisen.ȱJedesȱNetzwerkmitgliedȱ

240ȱ

Konzernorganisation

5.3

istȱ alleinigerȱ Spezialistȱ imȱ Verbund,ȱ wodurchȱ Doppelspurigkeitenȱ vermiedenȱwerdenȱkönnen.ȱDerȱKontaktȱmitȱexternenȱInstitutionenȱ findetȱnichtȱaufȱderȱSeiteȱderȱLeistungserbringungȱstatt,ȱsondernȱnurȱ beiȱ derȱ Leistungsabgabe.ȱ Innerhalbȱ desȱ zulässigenȱ Rahmensȱ derȱ staatlichenȱ Leistungserbringungȱ werdenȱ Leistungenȱ externȱ verȬ kauft,ȱsoȱdassȱimȱinternenȱNetzwerkȱeineȱMarktȬȱundȱUnternehmerȬ orientierungȱangestrebtȱwird.ȱDieseȱOrganisationsformȱkannȱfürȱBeȬ reicheȱderȱZentralverwaltungȱunterȱderȱVoraussetzungȱeinesȱausgeȬ bautenȱRechnungswesensȱangewendetȱwerden.ȱ Dasȱ stabileȱ Netzwerkȱ bestehtȱ ausȱ einerȱ teilweisenȱ FunktionsȬȱ oderȱ Bereichsausgliederungȱ ausȱ derȱ staatlichenȱ Institution.ȱ Dieȱ ZusamȬ menarbeitȱ mitȱ denȱ externenȱ Leistungserbringernȱ oderȱ Lieferantenȱ istȱsehrȱengȱundȱlangfristigȱausgerichtet,ȱdamitȱdieȱorganisatorischeȱ Steuerbarkeitȱ immerȱ nochȱ rechtȱ hochȱ bleibt.ȱ Dieȱ Flexibilitätȱ wirdȱ durchȱ dieȱ ausgelagertenȱ Elemente,ȱ welcheȱ imȱ Falleȱ einerȱ NeuausȬ richtungȱoderȱeinesȱPolitikwechselsȱohneȱgroßeȱinterneȱReorganisaȬ tionȱverändertȱwerdenȱkönnen,ȱerreicht.ȱ

Stabiles Netzwerkȱ

Dasȱ dynamischeȱ Netzwerkȱ spezialisiertȱ dasȱ VerwaltungsmanageȬ mentȱaufȱeinenȱTeilȱderȱLeistungskette.ȱInȱderȱVerwaltungȱfindetȱnurȱ nochȱ dieȱ Politikvorbereitungȱ alsȱ internȱ erbrachteȱ Leistungȱ statt.ȱ Imȱ Gegensatzȱ zurȱ RegierungsȬHoldingȱ mitȱ zentralerȱ VerwaltungsfühȬ rungȱ stehenȱ imȱ dynamischenȱ Netzwerkȱ dieȱ leistungserbringendenȱ Netzwerkpartnerȱ nichtȱ unterȱ einerȱ einheitlichenȱ ManagementverȬ antwortungȱsondernȱsindȱexternalisiert.ȱDasȱstaatlicheȱManagementȱȱ übernimmtȱ dieȱ Koordinationȱ zwischenȱ denȱ Partnern,ȱ dieȱ mittelsȱ mehrjährigerȱ Kontrakteȱ gesteuertȱ werden,ȱ undȱ kannȱ inȱ gewissenȱ BereichenȱimȱExtremfallȱnurȱnochȱdieseȱRolleȱwahrnehmen.ȱȱ

Dynamisches Netzwerkȱ

Insgesamtȱ zeigtȱ dieȱ Netzwerkorganisationȱ Möglichkeitenȱ derȱ flexiȬ blen,ȱ aberȱ längerfristigenȱ Zusammenarbeitȱ vonȱ Partnernȱ unterȬ schiedlicherȱ Größeȱ undȱ differenzierterȱ staatlicherȱ Einbindungȱ auf.ȱ InȱdieserȱHinsichtȱbestehtȱfürȱdenȱGewährleistungsstaatȱeineȱzentraȬ leȱHerausforderungȱdarin,ȱimȱGegensatzȱzumȱtraditionellenȱHierarȬ chieverständnisȱdieȱGleichwertigkeitȱderȱPartnerȱzuȱsichern.ȱ

5.3

Konzernorganisation

Eineȱ Organisationsform,ȱ dieȱ esȱ ermöglicht,ȱ unterschiedlicheȱ Stufenȱ derȱ Leistungstiefeȱ festzulegen,ȱ istȱ dieȱ Konzernorganisation.ȱ Sieȱ giltȱ alsȱeineȱWeiterentwicklungȱderȱdivisionalenȱOrganisationsform,ȱinȬ demȱ ähnlicheȱ Objekteȱ alsȱ primäresȱ Gliederungsmerkmalȱ gewähltȱ

Trennungȱvonȱ Politikȱundȱȱ Betriebȱ

241ȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

5

werden.ȱSolcheȱObjekteȱkönnenȱbspw.ȱdieȱPolitikfelder,ȱLeistungsbeȬ reiche,ȱ Kundengruppenȱ oderȱ Regionenȱ einerȱ staatlichenȱ Institutionȱ sein.ȱ Inȱ derȱ Literaturȱ zumȱ Publicȱ Managementȱ wirdȱ alsȱ geeigneteȱ VarianteȱderȱKonzernorganisationȱzurȱSteuerungȱvonȱobjektartigȱseȬ pariertenȱ Institutionenȱ dieȱ HoldingȬOrganisationȱ vorgeschlagenȱ (vgl.ȱHunzikerȱ1999:ȱ40ȱundȱGrünenfelderȱ1997:ȱ71ȱff.).ȱDieȱHoldingȱ alsȱ eineȱ Varianteȱ derȱ Konzernorganisationȱ unterscheidetȱ sichȱ vonȱ anderenȱVariantenȱdurchȱdieȱrechtlicheȱAusgliederungȱderȱTochterȬ gesellschaftenȱ undȱ unterstütztȱ dieȱ imȱ Publicȱ Managementȱ angeȬ strebteȱTrennungȱvonȱPolitikȱundȱBetriebȱ(vgl.ȱgenerellȱWengerȱ1999:ȱ 119ȱff.ȱundȱKrügerȱ2005:ȱ207ȱff).ȱȱ

5.3.1

Formen der Holding-Organisation

InnerhalbȱderȱHoldingȬOrganisationȱhabenȱsichȱ–ȱvereinfachtȱdargeȬ stelltȱ–ȱdieȱzweiȱdominantenȱFormenȱderȱFinanzȬȱundȱderȱManageȬ mentȬHoldingȱ herausgebildet,ȱ welcheȱ sichȱ inȱ ihrerȱ Wirkungsweiseȱ grundsätzlichȱ unterscheidenȱ (vgl.ȱ Bea/Göbelȱ 2006:ȱ 388ȱ ff.ȱ undȱ GrüȬ nenfelderȱ1997:ȱ71ȱff.).ȱ FinanzȬȱȱversusȱ ManagementȬ Holdingȱ

Inȱ derȱ FinanzȬHoldingȱ überlässtȱ dieȱ HoldingȬLeitungȱ dieȱ gesamteȱ Steuerung,ȱ insbesondereȱ auchȱ dieȱ strategischeȱ Führung,ȱ denȱ TochȬ tergesellschaften.ȱDieȱeinzigeȱAufgabeȱderȱHoldingȬGesellschaftȱbeȬ stehtȱimȱHaltenȱ(„toȱhold“)ȱvonȱAnteilenȱanȱdenȱTochtergesellschafȬ tenȱundȱinȱderȱOptimierungȱdieserȱFinanzbeteiligungen.ȱDieȱManaȬ gementȬHoldingȱ aufȱ derȱ anderenȱ Seiteȱ übernimmtȱ dieȱ strategischeȱ Gesamtverantwortungȱ überȱ alleȱ Organisationseinheitenȱ hinweg.ȱ NebenȱderȱstrategischenȱFührungȱistȱsieȱauchȱfürȱdieȱGesamtorganiȬ sationȱ derȱ Holding,ȱ fürȱ dieȱ Ressourcenzuteilungȱ undȱ fürȱ dieȱ FühȬ rungskräfteentwicklungȱ zuständig.ȱ Dieȱ Zieleȱ einerȱ ManagementȬ Holdingȱsindȱ(vgl.ȱBühnerȱ1992:ȱ34ȱff.):ȱ

„ TrennungȱvonȱStrategieȱundȱOperationȱ „ Bildungȱ vonȱ sinnvollȱ abgegrenzten,ȱ ergebnisverantwortlichenȱ Teileinheitenȱ(inȱderȱPrivatwirtschaft:ȱProfitȱCenter)ȱ

„ ErfolgsorientierteȱFührungȱderȱgesamtenȱHoldingȱ ȱ

242ȱ

Dieseȱ Zieleȱ entsprechenȱ größtenteilsȱ auchȱ denȱ Zielenȱ desȱ Publicȱ ManagementȬAnsatzes.ȱ Daherȱ eignetȱ sichȱ dasȱ Grundmodellȱ derȱ ManagementȬHoldingȱ fürȱ dieȱ Gestaltungȱ derȱ Rahmenstrukturȱ besȬ serȱalsȱdieȱFinanzȬHoldingȱdesȱstaatlichenȱSektorsȱundȱwirdȱimȱFolȬ gendenȱausführlichȱerläutert.ȱ

Konzernorganisation

5.3

Dieȱ HoldingȬOrganisationȱ umfasstȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ sowohlȱ dieȱRegierungȱalsȱauchȱdieȱVerwaltungsstellen.ȱDasȱParlamentȱwirdȱ hingegenȱnichtȱinȱdieȱHoldingȬOrganisationȱeinbezogen.ȱZumȱeinenȱ würdeȱ dadurchȱ dasȱ Prinzipȱ derȱ Gewaltenteilungȱ beträchtlichȱ inȱ Frageȱ gestellt,ȱ zumȱ anderenȱ vertrittȱ dasȱ Parlamentȱ alsȱ LeistungsfiȬ nanziererȱ primärȱ dieȱ Bürgerȱ undȱ dieȱ Leistungsempfängerȱ derȱ VerȬ waltung.ȱ Durchȱ denȱ Leistungsfinanziererȱ werdenȱ dieȱ Zieleȱ fürȱ dasȱ Regierungshandelnȱ inȱ Gesetzenȱ undȱ anderenȱ Normenȱ festgelegt.ȱ Dieseȱ kommenȱ durchȱ Volksentscheidȱ oderȱ parlamentarischeȱ EntȬ scheideȱ zustande.ȱ Ausȱ organisatorischerȱ Perspektiveȱ ändertȱ sichȱ folglichȱaufȱderȱEbeneȱderȱLeistungsfinanziererȱnichts.ȱȱ Dieȱ Einbindungȱ derȱ Regierungȱ inȱ administrativeȱ FührungsfunktioȬ nenȱ wieȱ beiȱderȱ ManagementȬHoldingȱ siehtȱ jeȱ nachȱ politischerȱAbȬ hängigkeitȱ derȱ Regierungȱ unterschiedlichȱ aus.ȱ Imȱ schweizerischenȱ Konkordanzsystemȱ aufȱ Bundesebeneȱ kannȱ dieȱRegierungȱ (mitȱ VerȬ treternȱ ausȱ allenȱ großenȱ Parteien)ȱ dieȱ Rolleȱ desȱ Leistungskäufersȱ einnehmen,ȱ daȱ dasȱ Regierungskollegiumȱ (mitȱ einzelnȱ vonȱ beidenȱ Parlamentskammernȱ gewähltenȱ Mitgliedern)ȱ nichtȱ vonȱ wechselnȬ denȱParlamentsmehrheitenȱinȱeinzelnenȱSachfragenȱinȱseinerȱpersoȬ nellenȱ Zusammensetzungȱ abhängigȱ ist.ȱ Imȱ deutschenȱ KonkurrenzȬ systemȱ (Regierungȱ undȱ Opposition)ȱ istȱ dieseȱ Bindungȱ zwischenȱ demȱ Regierungskabinettȱ undȱ derȱ Parlamentsmehrheitȱ wesentlichȱ stärker.ȱDadurchȱwirdȱdieȱRolleȱdesȱLeistungskäufersȱnichtȱvonȱderȱ Gruppeȱ derȱ Regierungsmitgliederȱ (Bundeskabinett),ȱ sondernȱ vonȱ denȱstärkerȱfachorientiertenȱMinisterienȱwahrgenommen.ȱȱDieȱeinerȱ ManagementȬHoldingȱ zuȱ Grundeȱ liegendenȱ Zieleȱ werdenȱ inȱ denȱ nächstenȱAbschnittenȱspezifischȱfürȱdenȱöffentlichenȱSektorȱbetrachȬ tetȱ(vgl.ȱGrünenfelderȱ1997:ȱȱ72ȱff.).ȱ 5.3.1.1

Einbindungȱderȱ Regierungȱ

Trennung von Politik und Betrieb

DieȱimȱVerwaltungsalltagȱnichtȱrealisierbareȱTrennungȱvonȱStrategieȱ undȱOperationȱwirdȱimȱRahmenȱderȱKonzernorganisationȱimȱPublicȱ Managementȱ zweckmäßigerȱ alsȱ Trennungȱ vonȱ Politikȱ undȱ Betriebȱ bezeichnet,ȱdaȱsichȱpolitischesȱHandelnȱnichtȱanȱbetriebswirtschaftȬ lichenȱ Konzeptionenȱ orientiert.ȱ Inȱ derȱ Politik,ȱ d.ȱh.ȱ fürȱ dieȱ gewählȬ tenȱ Repräsentantenȱ inȱ Parlamentȱ undȱ Regierung,ȱ werdenȱ jeneȱ GeȬ schäfteȱ strategischȱ relevant,ȱ denenȱ eineȱ hoheȱ politischeȱ Bedeutungȱ zukommtȱ–ȱdasȱkönnenȱjeȱnachȱSituationȱ„operative“ȱGeschäftsfälleȱ sein.ȱ Insbesondereȱ vorȱ Wahlenȱ kannȱ jedesȱ Geschäftȱ eineȱ politischeȱ Bedeutungȱ erlangen,ȱ wennȱ damitȱ Wählerstimmenȱ gewonnenȱ werȬ denȱ können.ȱ Dieȱ Unterteilungȱ inȱ Politikȱ undȱ Betriebȱ sollȱ einerseitsȱ eineȱzielȬȱundȱwirkungsorientierteȱFührungȱderȱstaatlichenȱInstitutiȬ onenȱdurchȱdieȱpolitischenȱGremienȱsowieȱandererseitsȱeineȱeffektiȬ

Politik bestimmtȱ strategischȱ Relevantesȱ

243ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

veȱ undȱ effizienteȱ Leistungserbringungȱ durchȱ verwaltungsinterneȱ undȱ Ȭexterneȱ Stellenȱ begünstigen.ȱ Dieȱ HoldingȬLeitungȱ legtȱ zuȬ nächstȱdurchȱihreȱstrategischeȱFührungsaufgabeȱdiejenigenȱBereicheȱ fest,ȱinȱwelchenȱsieȱzukünftigȱtätigȱseinȱwill.ȱImȱWeiterenȱübtȱsieȱdieȱ zurȱGesamtsteuerungȱzentralenȱLeitungsȬ,ȱKontrollȬȱundȱDienstleisȬ tungsaufgabenȱ aus.ȱ Imȱ folgendenȱ Blickpunktȱ sindȱ dieseȱ Aufgabenȱ derȱHoldingȬLeitungȱeinzelnȱaufgelistetȱ(vgl.ȱWengerȱ1999:ȱ131).ȱ

ImȱBlickpunktȱ

AufgabenȱderȱLeitungȱeinerȱRegierungsȬHoldingȱ Grundlegende Führungsaufgaben:

„

Festlegung und Koordination der Konzernpolitik, -ziele und -strategien durch die Regierung vor dem Hintergrund der politischen Ziele und Gesetzgebung

„

Festlegung und Koordination der Aufgabenbereichsziele mittels politischer Outcomes durch die Minister zur Bewältigung wesentlicher Zukunftsaufgaben

„

Delegation der Ergebnisverantwortung durch Leistungsvereinbarungen an die leistungserbringenden Einheiten

„

Bündelung und Zuteilung von Ressourcen durch die Bestimmung der Outputs im Rahmen der jährlichen Budgetrunde

„

Festlegung von verbindlichen Grundsätzen für die konzernweite Personalpolitik sowie Konzeption zentraler Betreuungs- und Entwicklungsprogramme

„ „

Auswahl, Entwicklung und Abberufung von Führungskräften der Verwaltung

„

Weitere Dezentralisations- oder Zentralisationsentscheide, Kauf oder Verkauf von Konzerneinheiten

Koordination des Konzerns durch Festlegung der Konzern- und Managementstruktur

Spezifische Überwachungsaufgaben:

„

Konsolidierung, Genehmigung und Überwachung der Budgets aller Konzerneinheiten

„

Konzernweite Überwachung der Leistungsergebnisse durch das strategische Controlling, das Berichtswesen und die Revisionsstellen

Dienstleistungsaufgaben:

„

Beratungsangebote durch zentrale Spezialisten (z. B. in den Bereichen Personal, Organisation und Recht)

„

Konzeption und Betrieb zentraler Informatikplattformen und Sicherstellung der Öffentlichkeitsarbeit

ȱ 5.3.1.2

Service- und Verantwortungs-Center

Imȱ Gegensatzȱzuȱ denȱinȱderȱ Privatwirtschaftȱanȱ GewinngrößenȱgeȬ messenen,ȱ fastȱ vollständigȱ eigenverantwortlichenȱ ProfitȬCenternȱ sindȱ dieȱ staatlichenȱ Konzerneinheitenȱ alsȱ ServiceȬȱ undȱ VerantworȬ

244ȱ

Konzernorganisation

5.3

tungsȬCenterȱauszugestalten.ȱDieȱimȱvorherigenȱAbschnittȱbeschrieȬ beneȱAutonomieȱderȱBetriebseinheitenȱistȱunerlässlichȱzurȱFührungȱ derȱ Konzerneinheitenȱ alsȱ echteȱ VerantwortungsȬCenter.ȱ Dasȱ kennȬ zeichnendeȱ Merkmalȱ dieserȱ Einheitenȱ ist,ȱ dassȱ dieȱ ErfolgsverantȬ wortungȱ beiȱ derȱ Leitungȱ derȱ VerantwortungsȬȱ undȱ ServiceȬCenterȱ liegt.ȱSieȱwerdenȱanȱdenȱimȱLeistungskontraktȱvereinbartenȱOutputsȱ gemessen.ȱDieȱErreichungȱderȱOutcomes,ȱwelcheȱeineȱprimäreȱAufȬ gabeȱderȱPolitikȱdarstellt,ȱkannȱnichtȱaufȱdieȱLeitungȱdesȱVerantworȬ tungsȬCentersȱabgewälztȱwerden,ȱdaȱdieseȱdenȱvielfältigenȱEinflüsȬ senȱvonȱanderenȱLeistungserbringernȱundȱUmsystemfaktorenȱunterȬ liegen.ȱȱ

5.3.2

Steuerungsinstrumente der HoldingOrganisation

DieȱFührungȱderȱstaatlichenȱInstitutionenȱinnerhalbȱderȱKonzernorȬ ganisationȱ erfolgtȱ überȱ denȱ Einsatzȱ vonȱ erfolgsorientiertenȱ SteueȬ rungsinstrumenten.ȱDabeiȱverfolgtȱdieȱRegierungȱdieȱDurchsetzungȱ undȱ Erreichungȱ derȱ politischenȱ undȱ strategischenȱ Ziele.ȱ Dieȱ FühȬ rungsinstrumenteȱderȱHoldingȬLeitungȱsindȱeinerseitsȱdieȱBudgetieȬ rungȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Finanzhoheit,ȱ dieȱ politischeȱ undȱ betrieblicheȱ Planungȱ mittelsȱ Planungsinstrumentenȱ aufȱ derȱ politischenȱ Ebeneȱ (vgl.ȱKapitelȱ2.4.1.3)ȱsowieȱSteuerungsinstrumenteȱaufȱderȱbetriebliȬ chenȱEbeneȱ(Leistungskontrakte,ȱStrategieȬȱundȱKoordinationsgrupȬ penȱzurȱSicherungȱdesȱkonzernweitenȱInformationsflusses,ȱz.ȱB.ȱSitȬ zungenȱ derȱ Regierungsausschüsse).ȱ Andererseitsȱ bestehenȱ rechtliȬ cheȱ Gestaltungsmöglichkeitenȱ zurȱ Regelungȱ derȱ Autonomieȱ derȱ Konzerninstitutionen.ȱ Weiterhinȱ wirdȱ durchȱ dieȱ Personalauswahlȱ undȱ Ȭfreistellungȱ vonȱ Verwaltungsspitzenȱ eineȱ entscheidendeȱ FühȬ rungsfunktionȱwahrgenommen.ȱ

Politische Ebeneȱ

Aufȱ derȱ Ebeneȱ derȱ betrieblichenȱ Steuerungȱ bedeutenȱ v.ȱ a.ȱ dieȱ EinȬ führungȱvonȱLeistungskontraktenȱundȱGlobalbudgetsȱwichtigeȱNeuȬ erungen.ȱSieȱermöglichenȱeineȱerfolgsorientierteȱFührungȱderȱeigenȬ verantwortlichenȱ Verwaltungseinheitenȱ undȱ spiegelnȱ typischeȱAufȬ traggeberȬAuftragnehmerȬModelleȱinnerhalbȱderȱVerwaltungȱwiderȱ (vgl.ȱauchȱuntenȱstehendesȱPraxisfensterȱNr.ȱ12).ȱExterneȱLeistungsȬ erbringerȱ werdenȱ ebenfallsȱ durchȱ Leistungskontrakteȱ geführt.ȱ ExȬ terneȱ Leistungskontrakteȱ stellenȱ grundsätzlichȱ einȱ rechtsverbindliȬ chesȱ Koordinationsinstrumentȱ zwischenȱ zweiȱ gleichberechtigtenȱ Vertragsparteienȱdar.ȱDiesȱimȱGegensatzȱzuȱdenȱinternen,ȱsog.ȱQuaȬ siȬKontrakten,ȱ welcheȱ immerȱ nochȱ einemȱ hierarchieorientiertenȱ Weisungsverhältnisȱunterliegen.ȱȱ

Betrieblicheȱ Ebeneȱ

245ȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

5

Praxisfenster Nr. 12: Gemeindereform Riehen: Neue Steuerungsinstrumente im Anwendungstest

ȱ AndreasȱSchuppliȱ Gemeindeverwalterȱderȱ GemeindeȱRiehenȱ

Seit 2004 arbeitet die Gemeinde Riehen (gut 20 000 Einwohner/-innen) mit modernen Strukturen. Dank der untypischen Gemeindeorganisation im Basler Stadtkanton war der Gestaltungsspielraum für die Reform weit.

1. Das Riehener Modell im Überblick „Die Handlungsfähigkeit für einen guten öffentlichen Dienst in der Gemeinde Riehen erhalten und erhöhen“, so lautete das Reformziel. Erreicht werden soll es durch gezielte Ausrichtung der Gemeindeleistungen am Bedarf der Bevölkerung, durch qualitätsbewusstes, wirtschaftliches Denken und Handeln sowie durch neue Planungs- und Steuerungsinstrumente und zeitgemäße Führungsstrukturen. Die Reform war explizit weder eine Sparnoch eine Privatisierungsübung. Anders als viele andere NPM-Projekte förderte Riehen beim Projekt PRIMA (Public Riehen Management) von Beginn an das Zusammenspiel zwischen Politik und Verwaltung. Zentral waren die Klärung der Zuständigkeiten, das Erneuern der Spielregeln sowie das Einüben einer offenen Kommunikationskultur. Das Logo symbolisiert das Zusammenwirken von Einwohnerrat, Gemeinderat und Verwaltung. Acht Merkmale charakterisieren die Reform: „ Die Riehener „Welt“ ist abgebildet in einem (veränderbaren) Produktrahmen, gegliedert in zehn Politikbereiche mit 42 Produkten. „ In zehn, in der Regel drei- oder vierjährigen Leistungsaufträgen beschließt der 40-köpfige Einwohnerrat die politischen Ziele und Vorgaben. Die zugehörigen, mehrjährigen Globalkredite sind die finanzrechtliche Grundlage für die Gemeindeleistungen. Hinzu kommen separat zu bewilligende Verpflichtungskredite für größere Investitionen. „ Der Politikplan ist die integrierte Aufgaben- und Finanzplanung des Gemeinderats, der darin jährlich über die Allokation der Mittel im Rahmen der Leistungsaufträge bzw. der Globalkredite beschließt. In Leistungsvereinbarungen mit der Verwaltung oder externen Leistungserbringern wird der Leistungsauftrag ergänzt. Das erste von jeweils vier Planjahren beinhaltet zugleich das Produktsummenbudget (Nettokosten aller Produkte). Es unterliegt der Genehmigung durch den Einwohnerrat (Vetorecht). „ Die Führungsstrukturen sind konform mit den Aufgaben und Zuständigkeiten. Das Tagesgeschäft ist konsequent an die Verwaltung delegiert. Für jedes Produkt wurde je ein verantwortlicher Akteur aus Gemeinderat und Verwaltung bezeichnet. Hier verbindet sich die politische Kompetenz mit der Fachkompetenz. „ Mit einer Leistungs- und Kostenrechnung sowie einer Echt-Bilanz wurde volle Kostentransparenz geschaffen. Die Arbeitsstunden der Mitarbeitenden werden wie die Sachkosten erfasst und den einzelnen Produk-

246ȱ

Konzernorganisation

5.3

ten zugeordnet. Die Investitionen werden nach realen Werten abgeschrieben und ebenfalls den Produkten belastet. „ Die Volksrechte wurden erweitert. Neben dem fakultativen Referendum für die Leistungsaufträge mit Globalkredit wurde neu die „Volksanregung“ eingeführt, zugänglich auch für Jugendliche ab 14 Jahren sowie Einwohner/-innen ohne Schweizerpass. „ Für die rund 240 Mitarbeitenden (170 Vollstellen) wurde ein modernes Personal- und Organisationsrecht mit öffentlich-rechtlichen Arbeitsverträgen geschaffen sowie die Jahresarbeitszeit eingeführt. „ Das Reformmodell wurde in kurzer Zeit erarbeitet und frühzeitig rechtlich verankert: Im Oktober 2000 wurde die Reform beschlossen, im Januar 2001 das Projekt gestartet. 2003 traten die neue Gemeindeordnung und weitere Gesetzesnovellen in Kraft. Die zügige, prozessorientierte Gestaltung des Projekts war ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

2. Die ersten Erfahrungen Mitte 2005 hat sich das neue Instrumentarium schon gut eingespielt. Der Gemeinderat bearbeitet als Führungsteam verstärkt die großen politischen Themen. Fragen nach dem Nutzen einer Gemeindeleistung werden häufiger gestellt. Die Delegation des operativen Geschäfts an die Verwaltung ist weit fortgeschritten. Die neu geschaffenen Sachkommissionen des Einwohnerrats befassen sich engagiert mit ihren Politikbereichen. Die Produktverantwortlichen in der Verwaltung identifizieren sich sehr mit ihrem Verantwortungsbereich. Kundenorientierung und Kostenbewusstsein sind überall als Thema gesetzt. Sehr konstruktiv hat sich die Zusammenarbeit zwischen den drei Ebenen entwickelt. Im Oktober 2004 wurde Riehen für die Gemeindereform in einem Qualitätswettbewerb der Schweizerischen Gesellschaft für Verwaltungswissenschaften ausgezeichnet. Noch funktioniert einiges nicht reibungslos und der kulturelle Wandel ist erwartungsgemäß nicht abgeschlossen. Der Teufel sitzt im Detail der Umsetzung, aber auch in der Komplexität des Gesamtsystems. Aufwändig sind das „Füttern“ und Auswerten der Leistungs- und Kostenrechnung sowie das Berichtswesen. Spannend wird auch sein, wie sich das neue Steuerungssystem in finanziell schwierigeren Verhältnissen bewähren wird, welche die Gemeinde Riehen gegenwärtig herausfordern. Um Hinweise zu erhalten, inwieweit die mit der Gemeindereform angestrebten Zielsetzungen bereits erreicht sind und in welchen Bereichen noch Handlungsbedarf besteht, wird im Auftrag der Gemeinde durch das Kompetenzzentrum für Public Management der Universität Bern eine externe Zwischenevaluation durchgeführt. Ergebnisse und Empfehlungen liegen Ende 2005 vor. Als Dienstleistung sind alle wichtigen Dokumente zur Gemeindereform zum Download publiziert (vgl. Riehen 2005). Den externen Beratern Fred Wenger und Daniel Arn sei an dieser Stelle für die kompetente Begleitung der Projektarbeit bestens gedankt.

247ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

5.3.2.2

Leistungskontrakt

ManagementȬ vereinbarungȱ

Dasȱ Kontraktmanagementȱ siehtȱ zwischenȱ derȱ Regierungȱ undȱ denȱ verwaltungsinternen,ȱ aberȱ auchȱ verwaltungsexternenȱ LeistungserȬ bringernȱsowieȱzwischenȱVerwaltungȱundȱexternenȱLeistungsanbieȬ ternȱ zeitlichȱ begrenzteȱ Vereinbarungenȱ überȱ dieȱ zuȱ erbringendenȱ LeistungenȱundȱdieȱdafürȱzurȱVerfügungȱgestelltenȱMittelȱvorȱ(vgl.ȱ Schedler/Proellerȱ2006:ȱ155ȱff.).ȱȱ

Tabelleȱ7ȱ

UnterschiedlicheȱVariantenȱdesȱLeistungskontraktsȱ Managementvereinbarung

QuasiMarktkontrakt

Marktkontrakt

Partner

Verwaltungsinterne Öffentlich-rechtlich Stellen selbständige Stellen

Öffentlichrechtliche Stelle und Dritte

Gegenstand

Erfüllung eines gesetzlichen Auftrags

Erfüllung eines gesetzlichen Auftrags

Auslagerung eines gesetzlichen Auftrags (Contracting Out)

Koordinationsform

Hierarchie

Interner Wettbewerb/Markt

Wettbewerb/Markt

Koordinationsinstrument

Weisungsgebundene gegenseitige Vereinbarung

Gegenseitig rechtlich bindender Vertrag

Gegenseitig rechtlich bindender Vertrag

Sanktionsmöglichkeit bei Nichtoder Schlechterfüllung

- Durchgriff von Auftraggeber zu Auftragnehmer

- Vertragsauflösung

- Vertagsauflösung

- Abänderung der Vereinbarungsinhalte - Ressourcenanpassung (z. B. Budgetkürzung) - Leistungsbeurteilung der Führung

Beispiel

Leistungskontrakt zwischen Regierung und Dienststellen

- Vertragsanpassung, Haftungsrecht

- Vertragsanpassung - Haftungsrecht

- Grundsätzlich kein direkter Durchgriff, jedoch abhängig von der Stärke der Partner Leistungskontrakt zwischen Bund und Ländern/Kantonen oder Land und Kommunen

Leistungskontrakt zwischen Landesverwaltung und privatem Leistungsanbieter

ȱ

248ȱ

Dieserȱ Leistungskontraktȱ i.ȱS.ȱ einerȱ Managementvereinbarungȱ (vgl.ȱ Tabelleȱ 7)ȱ wirdȱ vonȱ derȱ Regierungȱ alsȱ Leitungsgremiumȱ derȱ HolȬ dingȱ beschlossenȱ undȱ demȱ Parlamentȱ bzw.ȱ denȱ parlamentarischenȱ Kommissionenȱ nurȱ zurȱ Konsultationȱ vorgelegt.ȱ Diesȱ imȱ Gegensatzȱ

Konzernorganisation

5.3

zumȱzweitenȱSteuerungsinstrument,ȱdemȱGlobalbudget,ȱaufȱwelchesȱ dasȱParlamentȱdirektenȱEinflussȱausübenȱkannȱ(vgl.ȱKapitelȱ5.3.2.4).ȱ Dieȱ oberstenȱ (WirkungsȬ)ȱ Zieleȱ werdenȱ vomȱ Parlamentȱ durchȱ dieȱ Gesetzgebung,ȱ Produktgruppenzieleȱ innerhalbȱ desȱ Globalbudgetsȱ sowieȱ gezielteȱ parlamentarischeȱ Interventionsinstrumenteȱ zurȱ BeȬ einflussungȱderȱRegierungsplanungȱfestgelegtȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱMastronarȬ di/Stadlerȱ2003:ȱ393ȱff.).ȱDieȱnachstehendeȱTabelleȱvergleichtȱdieȱunȬ terschiedlichenȱVariantenȱdesȱLeistungskontrakts.ȱ DerȱLeistungskontraktȱwirdȱinȱderȱRegelȱfürȱdieȱDauerȱeinerȱLegisȬ laturperiodeȱabgeschlossen.ȱBeiȱeinerȱz.ȱB.ȱvierjährigenȱPeriodeȱkannȱ erȱ alsȱ vierjährigerȱ Rahmenkontraktȱ mitȱ vierȱ einjährigenȱ DetailkonȬ traktenȱ zurȱ genauerenȱ Bestimmungȱ derȱ MengenȬ,ȱ QualitätsȬȱ undȱ Produktmerkmaleȱ sowieȱ derȱ Finanzgrößenȱ ausgestaltetȱ werdenȱ (vgl.ȱ Tabelleȱ 8).ȱ Derȱ Detailkontraktȱ stelltȱ dieȱ jährlicheȱ KonkretisieȬ rungȱ derȱ imȱ Rahmenkontraktȱ enthaltenenȱ Eckwerteȱ dar.ȱ Wirdȱ derȱ RahmenkontraktȱzwischenȱdenȱDienststellenȱundȱderȱoberstenȱFühȬ rungȱ derȱ Holding,ȱ alsoȱ derȱ Regierung,ȱ abgeschlossen,ȱ soȱ sindȱ dieȱ Vertragsparteienȱ desȱ Detailkontraktesȱ dieȱ zuständigenȱ Ministerienȱ undȱ dieȱ internenȱ oderȱ externenȱ Leistungserbringer.ȱ Derȱ Inhaltȱ desȱ Detailkontraktesȱ stelltȱ dieȱ Aspekteȱ desȱ Rahmenkontraktesȱ jährlichȱ aktualisiertȱ undȱ mitȱ höheremȱ Detaillierungsgradȱ dar.ȱ Zusätzlichȱ enthältȱerȱbesondereȱJahreszieleȱausȱeinmaligenȱProjekten.ȱ

AufbauȱdesȱLeistungskontraktsȱ(nachȱEFVȱ2002)ȱ

RahmenȬȱundȱ Detailkontraktȱ

Tabelleȱ8ȱ

Kapitel Inhalt 0.

Verzeichnisse

1.

Grundlagen í Partner und Dauer des Leistungsauftrags

2. 3.

í Geltende Rechtsgrundlagen Aufgaben í Aufgaben der Verwaltungsstelle Strategie í Umfeldentwicklung, Schlussfolgerungen aus der auslaufenden Periode und aus der Lage- und Risikobeurteilung í Grundstrategie zusammengefasst í Übergeordnete 4-Jahresziele (Strategie orientiert und unter Einbezug von Produktgruppen übergreifenden Projekten)

249ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

4.

Finanzieller Rahmen í Gegenüberstellung der Finanz- und Betriebsrechnungsdaten über die gesamten Perioden des auslaufenden und des neuen Leistungsauftrags í Graphische Darstellung der Kosten- und Erlösstruktur (auf die Vergleiche der Perioden und auf die Interpretation der kumulierten Teuerung wird verzichtet, weil keine durchweg gleiche Perioden vorhanden sind)

5.

Produktgruppen í Funktion der Produktgruppe und deren Anspruchsgruppen í Strategische Stossrichtungen für Kontraktdauer, Schwerpunkt oder Entwicklungsziel der Produktgruppe í Unterteilung in Produkte í Kosten und Erlöse (tabellarische Darstellung der Kosten und Erlöse, graphische Ergänzung der Kosten- und Erlös-Entwicklung, Anteil der Produktgruppe am Total sowie graphische Darstellung des Anteils der Produktgruppe am Saldototal des Amtes) í Wirkungsziele (Ziel, Indikator, Standard und Erhebung; alles auf Ebene der politischen Steuerung) í Bemerkungen (die wichtigsten Hinweise) í Leistungsziele (Menge, Qualität, Häufigkeit, detaillierte Darstellung im Jahreskontrakt; alles auf Ebene der Verwaltungsstelle)

6.

Anhang í Erläuterungen, Rahmenbedingungen í Verzichtsplanung (Option) í Summarische Berichterstattung

ȱ 5.3.2.3

Produkte und Produktgruppen

Ergebnisȱderȱ LeistungsȬ prozesseȱ

Produkteȱ alsȱErgebnisȱ miteinanderȱ kombinierterȱ Leistungsprozesseȱ verkörpernȱdieȱzunehmendeȱBedeutungȱderȱOutputȬPerspektiveȱinȬ nerhalbȱdesȱPublicȱManagementsȱ(vgl.ȱKapitelȱ2.3.3).ȱProdukteȱbzw.ȱ Leistungenȱ stellenȱ dasȱ Ergebnisȱ einerȱ optimalenȱ Kombinationȱ vonȱ FinanzȬȱ undȱ Sachmittelnȱ sowieȱ Personalressourcenȱ undȱ einerȱ optiȬ malenȱ Koordinationȱ imȱ betrieblichenȱ Leistungserstellungsprozessȱ dar.ȱ Entscheidendȱ istȱ dieȱ optimaleȱ Kombinationȱ undȱ Koordinationȱ imȱHinblickȱaufȱdieȱNutzenstiftungȱbeimȱLeistungsempfängerȱ(OutȬ put),ȱ aufȱ dieȱ auszulösendenȱ Verhaltensänderungenȱ beiȱ derȱ ZielȬ gruppeȱ(Impact)ȱundȱaufȱdieȱangestrebtenȱWirkungenȱinȱderȱGesellȬ schaftȱ(Outcome).ȱȱ

KalkulationsȬ grundlagenȱ

ProdukteȱsindȱdieȱGrundlageȱderȱbetrieblichenȱLeistungssteuerung.ȱ Sieȱ dienenȱ derȱ Steuerungȱ desȱ Leistungsprozessesȱ anhandȱ vonȱ ZieȬ len,ȱIndikatorenȱundȱStandards.ȱWeiterhinȱsindȱsieȱGegenstandȱderȱ betrieblichenȱKalkulationȱi.ȱS.ȱderȱKostenträgerȱ(vgl.ȱRiederȱ2004:ȱ54ȱ f.).ȱSieȱstellenȱdieȱkleinsteȱselbständigeȱLeistungseinheitȱdar,ȱdieȱvonȱ

250ȱ

Konzernorganisation

5.3

einemȱ Kundenȱ genutztȱ werdenȱ kannȱ (vgl.ȱ Brühlmeierȱ etȱ al.ȱ 1998:ȱ 301)ȱ undȱ verlassenȱ somitȱ dieȱ Dienststelle.ȱ Davonȱ zuȱ unterscheidenȱ sindȱinterneȱLeistungenȱinnerhalbȱeinerȱDienststelle.ȱ InȱBezugȱaufȱdieȱNutzenstiftungȱundȱBedarfsdeckungȱvonȱProdukȬ tenȱundȱLeistungenȱgiltȱesȱsituativȱfestzulegen,ȱobȱeineȱVerwaltungsȬ tätigkeitȱ tatsächlichȱ derȱ betrieblichenȱ Produktplanungȱ undȱ ȬkalkuȬ lationȱzuzurechnenȱist.ȱBeispielsweiseȱistȱdieȱNutzenstiftungȱderȱArȬ beitȱ einesȱ Dienststellenleitersȱ inȱ internationalenȱ Fachgremienȱ oderȱ dieȱ Öffentlichkeitsarbeitȱ einerȱ Dienststelleȱ schwierigȱ messbarȱ (vgl.ȱ Schedler/Proellerȱ2006:ȱ142).ȱȱ Währendȱ Produkteȱ derȱ kurzfristigenȱ betrieblichenȱ Planungȱ innerȬ halbȱ einesȱ Ministeriumsȱ undȱ derȱ Dienststelleȱ dienen,ȱ bezwecktȱ dieȱ Zusammenfassungȱ vonȱ Produktenȱ zuȱ einerȱ Produktgruppeȱ dieȱ Steuerungȱ durchȱ dieȱ Politik.ȱ Produktgruppenȱ umfassenȱ allȱ jeneȱ Produkte,ȱdieȱinnerhalbȱeinerȱVerwaltungseinheitȱdieȱgleicheȱstrateȬ gischeȱAusrichtungȱverfolgenȱundȱdeckenȱzusammenȱdenȱgesamtenȱ Aufgabenbereichȱabȱ(vgl.ȱRitz/Gerber/Kämpferȱ2005:ȱ23ȱff.).ȱ 5.3.2.4

Produktgruppe

Leistungs- und Wirkungsindikatoren

Alsȱ eineȱ derȱ Hauptschwierigkeitenȱ inȱ Publicȱ ManagementȬReformȬ projektenȱgiltȱnebenȱderȱDefinitionȱvonȱProduktenȱundȱderȱEinfühȬ rungȱ derȱ KostenȬȱ undȱ Leistungsrechnungȱ dieȱ Festlegungȱ vonȱ IndiȬ katorenȱ zurȱ Erfolgsmessung.ȱ Beiȱ betriebsähnlichenȱ Institutionenȱ istȱ diesȱ vergleichsweiseȱ einfacherȱ alsȱ inȱ Institutionenȱ desȱ SozialȬȱ undȱ BildungsbereichsȱoderȱderȱZentralverwaltung.ȱȱ IndikatorenȱstellenȱdieȱfürȱdieȱProduktsteuerungȱzentraleȱVerknüpȬ fungȱ vonȱ Zielformulierungenȱ undȱ realisiertenȱ Ergebnissenȱ dar.ȱ InȬ dikatorenȱ sindȱ Hilfsgrößen,ȱ mitȱ denenȱ sichȱ Gegenstände,ȱ dieȱ sichȱ derȱ direktenȱ oderȱ genauenȱ Messungȱ entziehen,ȱ zumindestȱ indirektȱ oderȱ annäherungsweiseȱ beurteilenȱ lassen.ȱ Sieȱ sindȱ dieȱ beobachtbaȬ renȱFolgenȱderȱPlanungȱundȱerfüllenȱfolgendeȱAnforderungen:ȱȱ

Hilfsgrößen

„ ErfassungȱvonȱMerkmalen,ȱdieȱeineȱsachlicheȱVerbundenheitȱzurȱ Planungȱaufweisenȱ

„ MöglichstȱeindeutigeȱZurechenbarkeitȱdesȱIndikatorsȱzurȱFrageȬ stellung,ȱwelcheȱderȱErgebnismessungȱzugrundeȱliegtȱ

„ MöglichstȱexakteȱErfassungȱanhandȱqualitativerȱund/oderȱquanȬ titativerȱMethodenȱzurȱBeantwortungȱderȱFragestellungȱ Indikatorenȱ könnenȱ aufȱ derȱ Ebeneȱ derȱ Leistungen/Produkteȱ bzw.ȱ desȱ Outputs,ȱ desȱ Impactsȱ (Reaktionȱ derȱ Zielgruppe)ȱ oderȱ desȱ OutȬ comesȱ (Wirkungȱ imȱ Gesamtsystem)ȱ entwickeltȱ werden.ȱ Grobȱ wirdȱ

251ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

inȱderȱPraxisȱzwischenȱLeistungsȬȱundȱWirkungsindikatorenȱunterȬ schieden,ȱwobeiȱletztereȱaufȱderȱEbeneȱdesȱImpactsȱangesiedeltȱwerȬ den.ȱ Einȱ Beispielȱ istȱ dieȱ Umsetzungȱ desȱ politischenȱ Zielsȱ einerȱ Lärmreduktionȱ aufgrundȱ einesȱ Motorfahrzeugverbotsȱ imȱ StadtzenȬ trum.ȱ Aufȱ derȱ Ebeneȱ desȱ Outputsȱ ergreiftȱ dasȱ Straßenverkehrsamtȱ Maßnahmenȱ zurȱ Verkehrseinschränkungȱ undȱ Ȭumleitung.ȱ Dasȱ verȬ änderteȱ Fahrverhaltenȱ derȱ Motorfahrzeuglenkerȱ kennzeichnetȱ denȱ Impact.ȱ Dieȱ gesamteȱ Lärmreduktionȱ inȱ derȱ Innenstadtȱ stelltȱ denȱ Outcomeȱdar.ȱDieȱErgebnismessungȱanhandȱvonȱLeistungsindikatoȬ renȱ kannȱ bspw.ȱ dieȱAnzahlȱ eingeleiteterȱ Maßnahmenȱ (Fahrverbote,ȱ etc.)ȱumfassen.ȱDieȱFeststellungȱeinerȱverbessertenȱSituationȱanhandȱ vonȱWirkungsindikatorenȱbeinhaltetȱdieȱMessungȱdesȱImpactsȱ(z.ȱB.ȱ langsamesȱFahren)ȱundȱdesȱOutcomesȱ(gesamteȱLärmreduktion).ȱ LeistungsȬ indikatorenȱ

Dieȱ Entwicklungȱ vonȱ Leistungsindikatorenȱ verfolgtȱ inȱ ersterȱ Linieȱ eineȱ Erfassungȱ derȱ qualitativen,ȱ quantitativen,ȱ zeitlichenȱ undȱ örtliȬ chenȱEigenschaftenȱeinesȱProduktsȱbzw.ȱeinerȱLeistung.ȱ

WirkungsȬ indikatorenȱ

WirkungsindikatorenȱaufȱderȱEbeneȱdesȱImpactsȱundȱdesȱOutcomesȱ dienenȱ primärȱ einerȱ umfassendenȱ Beurteilungȱ undȱ Bewertungȱ derȱ verändertenȱ Situationȱ undȱ wenigerȱ einerȱ exaktenȱ Messungȱ imȱ VerȬ gleichȱ zuȱ Outputmessungen,ȱ daȱ vielfältigeȱ Einflussfaktorenȱ WirȬ kungenȱ sowieȱ beabsichtigteȱ undȱ unbeabsichtigteȱ Nebenwirkungenȱ erzeugen.ȱInȱdiesemȱBeispielȱkönnenȱNebenwirkungenȱdieȱVerlageȬ rungȱdesȱVerkehrsȱoderȱZusatzlärmȱdurchȱBeschleunigungȱsein.ȱDieȱ HerleitungȱvonȱWirkungsindikatorenȱistȱinsofernȱkomplex.ȱWirkunȬ genȱ resultierenȱ nichtȱ unmittelbar,ȱ sondernȱ tretenȱ oftȱ mitȱ zeitlicherȱ Verzögerungȱein.ȱEineȱoptimaleȱBeurteilungȱvonȱWirkungenȱerfolgtȱ amȱ bestenȱ imȱ Rahmenȱ spezifischerȱ Evaluationen.ȱ Daȱ Evaluationenȱ nurȱ punktuellȱ zumȱ Einsatzȱ kommenȱ undȱ eineȱ eherȱ teureȱ Varianteȱ derȱ Erfolgskontrolleȱ darstellen,ȱ empfehlenȱ sichȱ dieȱ Integrationȱ desȱ systematischenȱWirkungsdenkensȱinȱdenȱVerwaltungsalltagȱundȱdieȱ annäherungsweiseȱ Beurteilungȱ vonȱ Wirkungenȱ alsȱ pragmatischesȱ Vorgehen.ȱDabeiȱfolgtȱdieȱIndikatorenbildungȱinȱfünfȱSchritten:ȱ

252ȱ

1.

Festlegungȱ derȱ beabsichtigtenȱ Leistungenȱ (Produktebene)ȱ undȱ derȱ Wirkungenȱ (Produktgruppenebene)ȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ rechtlichȬpolitischerȱVorgabenȱundȱstrategischerȱZieleȱ

2.

Entwicklungȱ einesȱ Wirkungsmodellsȱ zurȱ Abbildungȱ derȱ releȬ vantenȱKausalzusammenhängeȱ

3.

Operationalisierungȱ derȱ LeistungsȬȱ undȱ Wirkungszieleȱ inȱ einȬ zelneȱIndikatorenȱ

4.

FestlegungȱvonȱStandardsȱundȱErfahrungswerten,ȱdieȱdemȱVerȬ gleichȱmitȱdenȱneuenȱErgebnissenȱdienenȱ

Konzernorganisation

5.

5.3

Bestimmungȱ derȱ Erhebungsmethodenȱ undȱ RahmenbedingunȬ genȱderȱErfolgsbeurteilungȱ

Dieȱ Entwicklungȱ desȱ Wirkungsmodellsȱ inȱ Schrittȱ 2ȱ stelltȱ eineȱ äuȬ ßerstȱ sinnvolleȱ Maßnahmeȱ zurȱ Förderungȱ desȱ Wirkungsdenkensȱ undȱ derȱ Reflektionȱ desȱ administrativenȱAlltagsgeschehensȱ dar.ȱ Dieȱ HerleitungȱvonȱUrsacheȬWirkungskettenȱistȱaberȱkeineȱSchreibtischȬ arbeitȱ fürȱ Stabsmitarbeiter.ȱ Sieȱ istȱ Bestandteilȱ einesȱ StrategieworkȬ shopsȱ aufȱ jederȱ Organisationsebene,ȱ dieȱ ihrȱ eigenesȱ WirkungsmoȬ dellȱ entwickelt.ȱ Inȱ derȱ Wissenschaftȱ werdenȱ solcheȱ Vorgängeȱ u.ȱa.ȱ alsȱ„Redeinstrumente“ȱbezeichnet,ȱd.ȱh.ȱinȱgemeinsamenȱDiskussioȬ nenȱ werdenȱ dieȱ strategierelevantenȱ Zusammenhängeȱ derȱ WertȬ schöpfungsketteȱfestgelegt,ȱohneȱeventuelleȱNebenwirkungenȱaußerȱ Achtȱ zuȱ lassen.ȱ Somitȱ stellenȱ Wirkungsmodelleȱ eineȱ vereinfachte,ȱ aberȱsystematischeȱErfassungȱderȱkomplexenȱRealsituationȱdar.ȱAbȬ bildungȱ 34ȱ zeigtȱ dasȱ Wirkungsmodellȱ amȱ Beispielȱ einerȱ landwirtȬ schaftlichenȱForschungsanstalt.ȱ

Abbildungȱ34ȱ

WirkungsmodellȱeinerȱlandwirtschaftlichenȱForschungsanstaltȱ

Ziele

Gesunde, unbedenkliche Lebensmittel tierischer Herkunft

Ökologische, marktgerechte Produktion

Vollzugsprozess

Erarbeitung umfassender wissenschaftlicher/technischer Grundlagen

Früherkennung wichtiger Entwicklungen in Ernährung, Gesundheit, Sicherheit sowie natürlicher Ressourcen für die Produktion

Erstellen von Rahmenbedingungen und Konzepten (Weisungen, QualitätsStandards, Inspektionen, Kontrollen u. a.)

Output

Produktgruppe PR: Öffentlichkeitsarbeit (Beiträge in Medien, Stellungnahmen u. a.)

Produktgruppe Forschung und Wissenstransfer: Publikationen, Beiträge, Vorträge, Beratung, Gutachten u. a.

Produktgruppe Kontrollen: Kontrollen, Inspektionen, Audits (Futtermittel, Labore, Qualitätssicherungssysteme)

Impacts

Medien, Ernährungsberatung, u. a. Kennen der Eigenschaften der Lebensmittel

Produktion und Verarbeitung wenden Erkenntnisse an

Organisationen definieren und erreichen schweizerische Qualitätsstandards

Outcome

Gesundheitszustand von Konsumenten tierischer Produkte ist gut

Konsument hat Vertrauen in schweizerische Lebensmittel tierischer Herkunft

Schweizerische Lebensmittel tierischer Herkunft haben hohes Image und werden im Inund Ausland gekauft

WirkungsȬ modellȱ

ȱ

NichtȱinȱjedemȱFallȱkönnenȱdieȱZusammenhängeȱzwischenȱLeistunȬ genȱundȱWirkungenȱmitȱBestimmtheitȱfestgelegtȱwerden.ȱInwiefernȱ

253ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

dieȱTätigkeitenȱderȱForschungsanstaltȱzumȱhohenȱImageȱschweizeriȬ scher,ȱtierischerȱLebensmittelȱbeitragenȱoderȱobȱdasȱallgemeineȱLänȬ derimageȱ denȱ maßgeblichenȱ Einflussfaktorȱ darstellt,ȱ istȱ ohneȱ wisȬ senschaftlicheȱ Untersuchungenȱ schwierigȱ festzustellen.ȱ Inȱ diesenȱ Fällenȱ wirdȱ empfohlen,ȱ plausibleȱ Kausalitätenȱ anzunehmenȱ (sog.ȱ „Plausibilitätsbrücke“).ȱErkenntnisseȱausȱderȱVergangenheitȱundȱdieȱ Erfahrungenȱ derȱ Verwaltungsmitarbeitendenȱ helfenȱ hierȱ aufȱ pragȬ matischeȱWeise,ȱzuverlässigeȱAnnahmenȱzuȱtreffen.ȱ IndikatorenȬ bildungȱ

Zurȱ Bildungȱ derȱ eigentlichenȱ Wirkungsindikatorenȱ existierenȱ verȬ schiedeneȱ Möglichkeiten.ȱ Esȱ wirdȱ empfohlen,ȱ nichtȱ dieȱ eigentlicheȱ WirkungȱaufȱderȱEbeneȱdesȱOutcomesȱzuȱmessen,ȱsondernȱdieȱIndiȬ katorenȱ i.ȱ S.ȱ vonȱ Voraussetzungenȱ oderȱ Rahmenbedingungenȱ zurȱ Wirkungserzielung,ȱvielfachȱaufȱderȱEbeneȱderȱImpacts,ȱzuȱdefinieȬ ren.ȱ Anstattȱ denȱ Gesundheitszustandȱ vonȱ Konsumentenȱ tierischerȱ Produkteȱermittelnȱzuȱwollen,ȱwerdenȱz.ȱB.ȱdieȱInhalteȱderȱWissensȬ vermittlungȱ vonȱ BeratungsȬȱ undȱ Bildungsstellenȱ regelmäßigȱ unterȬ suchtȱbzw.ȱdieȱInspektionsergebnisseȱvonȱProduktionsbetriebenȱmitȱ denȱ erforderlichenȱ Standardsȱ verglichen.ȱ Eineȱ weitereȱ Möglichkeitȱ bestehtȱ inȱ derȱ Wirkungsbeurteilungȱ durchȱ Dritteȱ i.ȱ S.ȱ vonȱ ZufrieȬ denheitserhebungen.ȱ Umȱ dieȱ Zuverlässigkeitȱ derȱ mittelsȱ IndikatoȬ renȱ erhobenenȱ Informationenȱ zuȱ erhöhen,ȱ empfiehltȱ sichȱ dieȱ BilȬ dungȱ unterschiedlicherȱ Indikatorenȱ (z.ȱB.ȱ Zufriedenheitswerteȱ undȱ Voraussetzungen)ȱ bzw.ȱ dieȱ Anwendungȱ unterschiedlicherȱ ErheȬ bungsmethoden.ȱ Tabelleȱ 9ȱ zeigtȱ WirkungsȬȱ undȱ LeistungsindikatoȬ renȱamȱBeispielȱeinerȱlandwirtschaftlichenȱForschungsanstalt.ȱ

Tabelleȱ9ȱ

BeispieleȱfürȱWirkungsȬȱundȱLeistungsindikatorenȱ Produktgruppe „Forschung und Wissenstransfer“

ȱ

254ȱ

Allgemeine Wirkung

Wirkungsziel(e) (Ebene Impact)

Indikator(en)

Standard(s)

Erhebung

Gesundheitszustand von Konsumenten tierischer Produkte ist gut

Aktuelle, korrekte und ausreichende Information der Beratungs- und Bildungsinstitutionen über Forschungsergebnisse zum Konsum tierischer Produkte

Informationsstand der Beratungs- und Lehrpersonen ist „gut“ bis „sehr gut“

Mind. 80 % schätzen ihren Informationsstand als „sehr gut“ ein

Periodische Befragung der Beratungs- und Lehrpersonen

Aktualität der verfügbaren Dokumentationen

Dokumentationsanteil mit veralteten bzw. fehlerhaften Inhalten kleiner als 10 %

Periodische Inhaltsanalyse einer Stichprobe erhältlicher Dokumentationen

Konzernorganisation

5.3

Produkt „Vorträge“ Allgemeine Leistung

Leistungsziel(e) (Ebene Output)

Indikator(en)

Standard(s)

Erhebung

Vielzahl von sowohl wissenschaftlich als auch methodischdidaktisch hoch stehenden Vorträgen

Forschungsergebnisse gelangen rasch und breit an Zielgruppen

Anzahl Vorträge eines Referenten pro Jahr und Region

VortragsIm Durchschnitt drei Re- statistik ferate jährlich in zugeteilter Region

Indikator(en)

Standard(s)

Produkt „Beratung“ Allgemeine Leistung

Leistungsziel(e) (Ebene Output)

Effektive und Rechtzeitige effiziente Bera- Reaktion der tungstätigkeit Beratungspersonen auf Anfragen

Steigerung der Produktivität

100 % erste Zeitdauer bis zur ersten Kon- Kontaktaufnahme intaktaufnahme nerhalb von 24 Stunden

Durchschnittliche Anzahl erledigter Beratungsmandate

Erhebung

Regelmäßige Auswertung der Teamsitzungen, Stichproben, periodischen Umfragen

Auswertung Fachbeamte der Beratungsbehandeln 18 bis 25 Mandate statistik pro Quartal

ȱ AbschließendȱgiltȱesȱaufȱzweiȱzentraleȱPunkteȱhinzuweisen:ȱErstens,ȱ dieȱ Entwicklungȱ vonȱ Indikatorenȱ undȱ dieȱ Erhebungȱ vonȱ ErgebnisȬ senȱ dürfenȱ nichtȱ primärȱ ausȱ einerȱ Kontrollperspektiveȱ erfolgen.ȱ Verwaltungsmitarbeitendeȱentdeckenȱverständlicherweiseȱinnerhalbȱ kurzerȱ Zeitȱ Wege,ȱ umȱ Indikatoren,ȱ Erhebungsmethoden,ȱ UmfrageȬ skalenȱetc.ȱsoȱanzupassen,ȱdassȱdieȱerwünschtenȱbzw.ȱihnenȱdienliȬ chenȱErgebnisseȱdarausȱresultieren.ȱDieȱTransparenzschaffungȱüberȱ Leistungenȱ undȱ Wirkungenȱ imȱ politischȬadministrativenȱ Vollzugȱ dientȱderȱlaufendenȱQualitätsverbesserung,ȱderȱOptimierungȱbesteȬ henderȱVerfahrenȱundȱdemȱVergleichȱmitȱanderen,ȱnichtȱjedochȱderȱ „Bestrafung“ȱ vonȱ Verwaltungsmitarbeitenden.ȱ Dieȱ Einflussnahmeȱ aufȱungenügendeȱArbeitsleistungenȱoderȱȬmotivationȱsindȱeineȱAufȬ gabeȱderȱPersonalführungȱjedesȱVorgesetzten.ȱȱ

VerbesserungsȬ anstelleȱvonȱ Kontrolldenkenȱ

Zweitens,ȱ dieȱ Erhebungȱ vonȱ DatenȱzuȱWirkungsȬȱundȱ LeistungsinȬ dikatorenȱkannȱnichtȱinȱjedemȱFallȱgleichȱerfolgen.ȱEsȱstelltȱsichȱinsȬ besondereȱ dieȱ Frage,ȱ inȱ welchemȱ Ausmaßȱ Fremdbeurteilungenȱ (vielfachȱquantitativerȱArt)ȱoderȱSelbstbeurteilungenȱ(vielfachȱqualiȬ tativerȱArt)ȱeingesetztȱwerdenȱsollen.ȱVorȱdemȱHintergrundȱderȱökoȬ

FremdȬȱoderȱ SelbstȬȱ beurteilungȱ

255ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

nomischenȱGütertheorieȱ(vgl.ȱOsterlohȱ2001:ȱ53ȱff.)ȱgiltȱes,ȱdaraufȱzuȱ achten,ȱ dassȱ sichȱ einfache,ȱ inȱ Bezugȱ aufȱ ihreȱ Qualitätsmerkmaleȱ leichtȱdefinierbareȱVerfahren,ȱProdukteȱundȱLeistungenȱ(sog.ȱ„SuchȬ güter“,ȱz.ȱB.ȱErstellungȱvonȱFührerausweisen)ȱbesserȱfürȱFremdbeurȬ teilungenȱ eignen.ȱ Dagegenȱ erfordernȱ „komplexe“ȱ Verfahrenȱ undȱ Leistungen,ȱwieȱz.ȱB.ȱderȱUnterrichtȱvonȱLehrpersonen,ȱBeratungstäȬ tigkeitenȱ oderȱ dieȱ Resozialisierungȱ vonȱ Straftäternȱ (sog.ȱ „ErfahȬ rungsȬȱ undȱ Vertrauensgüter“)ȱ denȱ Einbezugȱ vonȱ SelbstbeurteilunȬ genȱ undȱ vermehrtȱ qualitativenȱ Methodenȱ zurȱ Erfolgsbeurteilung,ȱ weilȱdasȱErgebnisȱnichtȱalleineȱvomȱProduzentenȱundȱseinerȱArbeitȱ abhängt,ȱ sondernȱ ausȱ demȱ Zusammenspielȱ vonȱ Leistungserbringerȱ undȱ Ȭempfängerȱ entsteht.ȱ Grundsätzlichȱ empfiehltȱ sichȱ dieȱ ErheȬ bungȱmitȱunterschiedlichenȱMethodenȱunterȱBerücksichtigungȱeinerȱ angemessenenȱundȱproduktgruppenspezifischenȱPeriodizität.ȱ 5.3.2.5

Globalbudget

Verknüpfungȱ vonȱLeistungenȱ mitȱRessourcenȱ

Dieseȱ Formȱ derȱ staatlichenȱ Budgetpolitikȱ istȱ dieȱ logischeȱ Folgeȱ derȱ organisatorischenȱTrennungȱvonȱPolitikȱundȱBetriebȱimȱRahmenȱderȱ Konzernorganisation.ȱ Dasȱ Globalbudgetȱ stelltȱ einȱ grundlegendesȱ Instrumentȱ zurȱ strategischenȱ Führungȱ derȱ Verwaltungȱ durchȱ dasȱ ParlamentȱdarȱundȱverbindetȱdieȱimȱRahmenȱdesȱLeistungskontrakȬ tesȱ vorgegebenenȱ politischenȱ Leistungszieleȱ mitȱ denȱ verfügbarenȱ Ressourcen.ȱMitȱdemȱGlobalbudgetȱkannȱmittelsȱEinflussnahmeȱdesȱ Parlamentsȱ aufȱ dieȱ wichtigstenȱ Zieleȱ (z.ȱB.ȱ Wirkungsziele)ȱ undȱ ZuȬ teilungȱderȱFinanzmittelȱaufȱeinzelneȱLeistungsȬȱundȱProduktbereiȬ cheȱ dieȱ strategischeȱ Führungȱ durchȱ dieȱ Politikȱ gefördertȱ werden.ȱ DieȱdafürȱnotwendigenȱGrundlagenȱerhältȱdasȱParlamentȱdurchȱdieȱ Konsultationȱ derȱ Leistungskontrakteȱ innerhalbȱ derȱ parlamentariȬ schenȱFachgremien,ȱdurchȱspezifischeȱInterventionsinstrumenteȱzurȱ EinflussnahmeȱaufȱdieȱZieleȱoderȱIndikatorenȱaufȱderȱWirkungsebeȬ neȱimȱRahmenȱderȱBudgetdebatteȱsowieȱdurchȱdieȱjährlichȱrollendeȱ AufgabenȬȱ undȱ Finanzplanungȱ (vgl.ȱ Kapitelȱ 2.4.1.4).ȱ Gleichzeitigȱ wirdȱderȱRegierungȱ(HoldingȬLeitung)ȱundȱderȱVerwaltungȱderȱfürȱ eineȱ wirtschaftlicheȱ Leistungserbringungȱ notwendigeȱ HandlungsȬ spielraumȱ gewährt.ȱ Imȱ Gegenzugȱ fürȱ denȱ gewonnenenȱ Freiraumȱ trägtȱ dieȱ Exekutiveȱ eineȱ höhereȱ Ergebnisverantwortungȱ undȱ istȱ imȱ Rahmenȱ desȱ Verwaltungscontrollingsȱ undȱ desȱ Berichtwesensȱ reȬ chenschaftspflichtig.ȱ

Neuerungenȱ gegenüberȱȱ Kameralistikȱ

DieȱNeuerungenȱderȱGlobalbudgetierungȱimȱVergleichȱzurȱKameraȬ listikȱ bestehenȱ ausȱ folgendenȱ Aspektenȱ (vgl.ȱ Steblerȱ 2003;ȱ MastroȬ nardi/Stadlerȱ2003ȱundȱSchedler/Proellerȱ2006:ȱ165ȱff.):ȱȱ ȱ

256ȱ

Konzernorganisation

5.3

„ Kreditverschiebungenȱ Bisherȱ verboteneȱ Kreditverschiebungenȱ vonȱ einerȱ BudgetpositiȬ onȱaufȱeineȱandereȱwerdenȱinnerhalbȱderȱmitȱdenȱProduktgrupȬ penȱverknüpftenȱKontraktsummenȱmöglich.ȱ

„ KeineȱdetaillierteȱBudgetbindungȱ Auchȱ hierȱ trittȱ eineȱ Lockerungȱi.ȱS.ȱ derȱAufhebungȱeinerȱanȱ DeȬ tailpositionenȱ festgemachtenȱ Budgetbindungȱ (qualitativ,ȱ quantiȬ tativȱundȱzeitlich)ȱein.ȱDieȱglobaleȱKontraktsummeȱistȱjedochȱabȬ solutȱ verbindlichȱ fürȱ dieȱ vereinbarteȱ Leistungspaletteȱ währendȱ derȱ Kontraktdauerȱ undȱ beiȱ Überschreitungenȱ müssenȱ wieȱ bisȱ anhinȱNachtragskrediteȱbewilligtȱwerden.ȱȱ

„ Kreditübertragungenȱ Sofernȱ dieȱ vereinbartenȱ Leistungenȱ erbrachtȱ wurden,ȱ wirdȱ eineȱ ÜbertragungȱallfälligerȱKreditresteȱaufȱdieȱnächsteȱPeriodeȱmögȬ lich.ȱGegebenenfallsȱkannȱdasȱjeweiligeȱGemeinwesenȱeinenȱTeilȱ derȱ vonȱ derȱ Verwaltungseinheitȱ eingespartenȱ Mittelȱ abschöpfenȱ undȱzurȱReservebildungȱverwenden.ȱDasȱAusmaßȱderȱAbschöpȬ fungȱ kannȱ alsȱ Anreizinstrumentȱ fürȱ dieȱ Verwaltungseinheitenȱ eingesetztȱwerden.ȱEbenfallsȱwirdȱeineȱvereinfachteȱÜbertragungȱ vonȱprojektgebundenenȱKreditmittelnȱmöglich.ȱ

„ Ertragsüberschüsseȱ Zukünftigȱ werdenȱ dieȱ imȱ Globalbudgetȱ festgehaltenenȱ NettoȬ aufwendungenȱ (Saldoȱ vonȱ Aufwandȱ undȱ Ertrag)ȱ proȱ ProduktȬ gruppeȱ undȱ nichtȱ mehrȱ dieȱ Bruttoaufwendungenȱ rechtlichȱ binȬ dendȱ sein.ȱ Beiȱ zusätzlichenȱ Erträgenȱ kannȱ derȱ LeistungserbrinȬ gerȱsomitȱhöhereȱAufwendungenȱhabenȱalsȱursprünglichȱbudgeȬ tiertȱwurden.ȱ

„ Jährlichkeitsprinzipȱ Daȱ dieȱAbänderungȱ desȱ Globalbudgetsȱ dieȱ einzigeȱ direkteȱ EinȬ griffsmöglichkeitȱ desȱ Parlamentsȱ inȱ dieȱVerwaltungȱdarstellt,ȱ istȱ dieȱ Ablösungȱ derȱ jährlichenȱ durchȱ mehrjährigeȱ Budgetsȱ kaumȱ realisierbar.ȱEineȱflexibleȱSteuerungȱmussȱweiterhinȱmöglichȱsein.ȱ Derȱ Beschlussȱ vonȱ mehrjährigenȱSaldovorgabenȱ proȱ GlobalbudȬ getȱ ermächtigtȱ dieȱ Regierungen,ȱ Verpflichtungenȱ einzugehen.ȱ DieseȱkönnenȱimȱjährlichenȱBudgetprozessȱaberȱabgeändertȱwerȬ den,ȱsoweitȱnichtȱrechtlicheȱBindungenȱbestehen.ȱ Dasȱ Globalbudgetȱ bestehtȱ ausȱ zweiȱ Teilen.ȱ Derȱ Zahlenteilȱ umfasstȱ dieȱ Kostenȱ undȱ erwartetenȱ Erlöseȱ proȱ Produktgruppeȱ sowieȱ derenȱ SaldoȱalsȱNettoȬFinanzierungsbedarfȱ(Budget).ȱDanebenȱsindȱEinlaȬ genȱ inȱ dieȱ Reservenȱ undȱ Subventionsbeiträgeȱ aufgeführt.ȱ Inȱ einemȱ Begründungsteilȱ wirdȱ dasȱ Budgetȱ durchȱ zusätzlicheȱ Angabenȱ zurȱ AusgabenȬȱ undȱ Einnahmenstrukturȱ (traditionelleȱ Kreditrubriken),ȱ

257ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

zurȱ Leistungserbringung,ȱ zuȱ denȱ beanspruchtenȱ Ressourcenȱ sowieȱ zuȱ gewichtigenȱ Veränderungenȱ gegenüberȱ demȱ Vorjahrȱ erläutert.ȱ Weitereȱ Informationenȱ widmenȱ sichȱ derȱ Überleitungȱ vonȱ derȱ herȬ kömmlichenȱ FinanzȬȱ zurȱ Betriebsrechnung,ȱ denȱ Ergebnissenȱ proȱ Produktgruppeȱ sowieȱ allfälligenȱ Zusatzangabenȱ (z.ȱ B.ȱ nichtȱ inȱ denȱ ProduktgruppenȱenthalteneȱPostenȱwieȱSubventionsbeiträge).ȱ Machtverlustȱ desȱParlamentsȱ

Eineȱ kurze,ȱ gegenüberȱ früherȱ aberȱ maßgeblichȱ aussagekräftigereȱ DarstellungȱermöglichtȱdemȱParlament,ȱsichȱaufȱwesentlicheȱAspekȬ teȱzuȱkonzentrierenȱundȱgezieltȱsteuernȱzuȱkönnen.ȱReichenȱdieȱInȬ formationenȱinȱTeilbereichenȱnichtȱaus,ȱsoȱkannȱdieȱdafürȱzuständiȬ geȱ Fachkommissionȱ desȱ Parlamentsȱ weitereȱ Informationenȱ anforȬ dern.ȱ Dieȱ mitȱ derȱ Einführungȱ derȱ Globalbudgetierungȱ verbundeneȱ AngstȱvonȱEinflussverlustȱaufȱderȱSeiteȱderȱLegislativeȱistȱberechtigt.ȱ AusȱdiesemȱGrundȱempfiehltȱsichȱdieȱSchaffungȱvonȱgezieltenȱSteuȬ erungsmöglichkeitenȱ i.ȱS.ȱ einesȱ Machtausgleichsȱ durchȱ dieȱ LegislaȬ tive.ȱ Mitȱ derȱ Budgetstrukturȱ undȱ derȱ Detaillierungȱ desȱ GlobalbudȬ getsȱstehenȱdemȱParlamentȱzweiȱSteuerungsinstrumenteȱzurȱVerfüȬ gung,ȱmitȱdenenȱdieȱKompetenzverteilungȱzwischenȱLegislativeȱundȱ Exekutiveȱbestimmtȱwerdenȱkönnenȱ(vgl.ȱMastronardi/Stadlerȱ2003).ȱ Mitȱ Hilfeȱ derȱ Budgetstrukturȱ hatȱ dasȱ Parlamentȱ imȱ Vorhineinȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ fürȱ jedeȱ Staatsaufgabeȱ dieȱ Ebeneȱ festzulegen,ȱ aufȱ derȱ dasȱ Parlamentȱ zumȱ einenȱ denȱ rechtlichȱ verbindlichenȱ Finanzsaldoȱ (FinanzseiteȱdesȱGlobalbudgets,ȱSaldovorgabe)ȱbestimmenȱundȱzumȱ anderenȱdieȱWirkungsȬȱundȱLeistungszieleȱ(LeistungsseiteȱdesȱGloȬ balbudgets,ȱSaldovorgabe)ȱfestlegenȱdarf.ȱMitȱderȱDetaillierungȱdesȱ Globalbudgetsȱ stehtȱ demȱ Parlamentȱ einȱ Sanktionsmittelȱ zurȱ VerfüȬ gung,ȱ welchesȱ imȱ Nachhineinȱ eingesetztȱ werdenȱ kann,ȱ wennȱ dieȱ Regierungȱ einenȱ parlamentarischenȱAuftragȱ nichtȱ befolgt.ȱ Dasȱ ParȬ lamentȱhatȱinȱdiesenȱFällenȱdieȱMöglichkeit,ȱdieȱinȱderȱBudgetstrukȬ turȱ vorgenommeneȱ Delegationȱ vonȱ Kompetenzenȱ fürȱ denȱ spezifiȬ schenȱ Fallȱ zurückzunehmenȱ undȱ stattdessenȱ eineȱ Saldovorgabeȱ zuȱ beschließenȱoderȱeinenȱLeistungsauftragȱzuȱerteilen.ȱ 5.3.2.6

Auswirkungen von Leistungsauftrag und Globalbudget

Imȱ Rahmenȱ derȱ vonȱ denȱ Autorenȱ durchgeführtenȱ Evaluationȱ vonȱ neuenȱFührungsmaßnahmenȱinȱderȱschweizerischenȱBundesverwalȬ tungȱ wurdenȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ vonȱ vierȱ Verwaltungsstellenȱ zuȱ denȱ Auswirkungenȱ vonȱ Leistungskontraktȱ undȱ Globalbudgetȱ beȬ fragtȱ(vgl.ȱRitzȱ2003a:ȱ371ȱff.).ȱTabelleȱ10ȱzeigtȱdieȱUmfrageergebnisȬ seȱ zuȱ denȱ Auswirkungenȱ derȱ neuenȱ Führungsinstrumenteȱ ausȱ derȱ Sichtȱ derȱ Führungskräfteȱ dreierȱ Amtsstellen,ȱ dieȱ bereitsȱ seitȱ mehrȱ alsȱ einemȱ Jahrȱ dieȱ neuenȱ Instrumenteȱ einsetzen.ȱ Esȱ giltȱ vorausȱ zuȱ

258ȱ

Konzernorganisation

5.3

schicken,ȱ dassȱ alleȱ dreiȱ Amtsstellenȱ alsȱ sog.ȱ „freiwilligeȱ Pioniere“ȱ derȱneuenȱFührungsformenȱbezeichnetȱwerdenȱkönnen.ȱ

EinflussȱvonȱGlobalbudgetȱundȱLeistungskontraktȱaufȱKaderpersonenȱ Sehr groß

Eher groß

Eher klein

Sehr klein

31

28

28

13

Einfluss von Leistungskon- 28 trakt auf Arbeit (n=46)

50

22

0

Trifft voll zu

Trifft eher zu

Trifft weniger zu

Trifft gar nicht zu

Bessere Ausrichtung auf Ziele und Produkte (n=42)

18

45

29

8

Mehr Handlungsspielraum (n=42)

23

43

27

7

Erhöhter Leistungsdruck (n=41)

60

31

9

0

Sehr zufrieden

Eher zufrieden

Eher un- Sehr unzufrieden zufrieden

Zufriedenheit mit Veränderungen durch Produktgruppenbudget (n=45)

18

69

11

2

Zufriedenheit mit Veränderungen durch Leistungskontrakt (n=44)

18

61

21

0

Zufriedenheit

Art des Einflusses

Einfluss

Angaben in Prozent Einfluss von Produktgruppenbudget auf Arbeit (n=39)

Tabelleȱ10ȱ

ȱ Derȱ Einflussȱ vonȱ Produktgruppenbudgetsȱ (Globalbudgets)ȱ aufȱ dieȱ Arbeitȱ wirdȱ vonȱ fastȱ 60ȱ Prozentȱ derȱ Führungskräfteȱ alsȱ eherȱ bzw.ȱ sehrȱ großȱ bezeichnet.ȱ Dieȱ Einwirkungenȱ aufȱ dieȱ Arbeitȱ derȱ FühȬ rungskräfteȱdurchȱdenȱLeistungskontraktȱbezeichnenȱfastȱ80ȱProzentȱ alsȱeherȱoderȱsehrȱgroß.ȱBeiȱderȱFrageȱnachȱderȱArtȱdieserȱEinflüsseȱ ergibtȱ sichȱ einȱ schwierigȱ interpretierbaresȱ Bild.ȱ Dieȱ größteȱ EinwirȬ kungȱ findetȱ sichȱ beiȱ derȱ Zunahmeȱ desȱ Leistungsdrucksȱ durchȱ dieȱ neuenȱInstrumente.ȱGutȱ90ȱProzentȱbemerkenȱeineȱerhöhteȱArbeitsȬ belastung.ȱ Dieȱ primärȱ verfolgtenȱ Zieleȱ desȱ erweitertenȱ HandlungsȬ spielraumesȱ undȱ einerȱ verstärktenȱ ZielȬȱ undȱ Produktorientierungȱ aufgrundȱderȱneuenȱFührungsinstrumenteȱwerdenȱvonȱeinerȱMehrȬ heitȱvonȱrundȱ65ȱProzentȱbejaht.ȱHierȱzeigtȱsich,ȱdassȱinȱderjenigenȱ Amtsstelle,ȱ welcheȱ insgesamtȱ stärkerȱ vonȱ derȱ Zentralverwaltungȱ losgelöstȱwurdeȱundȱdasȱReformprogrammȱfrüherȱdurchführte,ȱauȬ ßerȱ einerȱ Personȱ alleȱ oberenȱ Kaderangestelltenȱ positiveȱ VerändeȬ rungenȱzuȱmehrȱHandlungsspielraumȱundȱbessererȱZielorientierungȱ

Grosserȱ Einflussȱderȱ Kontrakteȱ

259ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

feststellen.ȱ Diesȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ denȱ zweiȱ wenigerȱ ausgelagertenȱ Amtsstellen,ȱausȱwelchenȱdieȱAnteileȱanȱdenȱnegativenȱProzentwerȬ tenȱstammenȱ(vgl.ȱRitzȱ2003a:ȱ371ȱff.ȱundȱThomȱetȱal.ȱ1999:ȱ39ȱff.).ȱ MehrȱZielorienȬ tierungȱ

Dieȱ Frageȱ nachȱ derȱ Zufriedenheitȱ mitȱ denȱ neuenȱ Führungsmittelnȱ wirdȱ wiederumȱ vorwiegendȱ bisȱ sehrȱ positivȱ beantwortet.ȱ Rundȱ 80ȱ Prozentȱ sindȱ mitȱ denȱ durchȱ dasȱ Globalbudgetȱ undȱ denȱ LeistungsȬ kontraktȱausgelöstenȱVeränderungenȱeherȱoderȱsehrȱzufrieden.ȱDarȬ ausȱ lässtȱ sichȱ folgern,ȱ dassȱ dieȱ Einführungȱ dieserȱ Instrumenteȱ beiȱ denȱ hierȱ befragtenȱ Verwaltungskadernȱpositivȱaufgenommenȱ wird,ȱ undȱ zwarȱ trotzȱ desȱ erhöhtenȱ Leistungsdrucks.ȱ Ebensoȱ scheintȱ sichȱ dieȱ Erreichungȱ derȱ angestrebtenȱ Zieleȱ bezüglichȱ mehrȱ HandlungsȬ spielraumȱundȱbessererȱZielorientierungȱabzuzeichnen.ȱEineȱUnterȬ suchungȱ derȱ Auswirkungenȱ vonȱ Globalbudgetȱ undȱ LeistungsaufȬ tragȱaufȱkantonalerȱEbeneȱzeigtȱinȱdiesemȱZusammenhang,ȱdassȱdieȱ VerwaltungskaderȱdiesenȱbeidenȱManagementinstrumentenȱv.ȱa.ȱeiȬ nenȱNutzenȱimȱHinblickȱaufȱdieȱSteigerungȱderȱLeistungsȬȱundȱWirȬ kungsorientierungȱzuschreibenȱ(vgl.ȱRameletȱ2004:ȱ85).ȱ Andereȱ Reformprojekteȱ zeigenȱ nichtȱ dieselbenȱ Ergebnisse,ȱ daȱ v.ȱ a.ȱ dieȱ mangelhafteȱ Projekteinführungȱ oderȱ unausgereifteȱ ReformmoȬ delleȱ häufigȱ zuȱ Misserfolgenȱ führenȱ (vgl.ȱ Ritzȱ 2005a:ȱ 47ȱ ff.).ȱ Inȱ derȱ Schweizȱzeigtȱsich,ȱdassȱsichȱklassischeȱPublicȱManagementȬProjekteȱ beiȱkleinerenȱVerwaltungenȱaufȱKommunalebeneȱwenigerȱeignen.ȱ

5.3.3

Ausgestaltung der Regierungs-Holding

Dieȱ organisatorischeȱAusgestaltungȱ derȱ RegierungsȬHoldingȱ zeichȬ netȱsichȱinȱersterȱLinieȱdurchȱeineȱTrennungȱvonȱpolitischenȱundȱbeȬ trieblichenȱ Aufgabenȱ aus.ȱ Damitȱ entstehenȱ sowohlȱ beiȱ derȱ politiȬ schenȱ Steuerungȱ alsȱ auchȱ beiȱ derȱ Verwaltungsführungȱ eineȱ EntlasȬ tungȱ vonȱ NichtȬPrimäraufgabenȱ undȱ eineȱ Konzentrationȱ aufȱ KernȬ prozesse.ȱ Imȱ Folgendenȱ werdenȱ zweiȱ Hauptvariantenȱ zurȱ organisatorischenȱ Gestaltungȱvorgeschlagen.ȱZumȱeinenȱdieȱRegierungsȬHoldingȱohneȱ zentraleȱ Verwaltungsführungȱ undȱ zumȱ anderenȱ dieȱ RegierungsȬ HoldingȱmitȱzentralerȱVerwaltungsführungȱ(vgl.ȱdazuȱGrünenfelderȱ 1997:ȱ78ȱff.).ȱ

260ȱ

Konzernorganisation

5.3.3.1

5.3

Regierungs-Holding ohne zentrale Verwaltungsführung

DieseȱArtȱ derȱ RegierungsȬHoldingȱ entsprichtȱ einerȱ naheȱ liegendenȱ Weiterentwicklungȱ derȱ typischenȱ Organisationȱ gegenwärtigerȱ BunȬ desregierungenȱ (z.ȱB.ȱ inȱ derȱ Schweiz).ȱ Dieȱ Politikȱ wirdȱ durchȱ denȱ oderȱ dieȱ Regierendenȱ undȱ derenȱ Ministerienȱ gesteuert.ȱ Aufȱ dieserȱ politischenȱ Ebeneȱ existierenȱ ausschließlichȱ politischeȱ Institutionenȱ undȱ Akteure,ȱ welcheȱ Politikleistungenȱ vonȱ denȱ ihnenȱ zugeteiltenȱ Verwaltungseinheitenȱ beziehen.ȱ Letztereȱ werdenȱ mittelsȱ LeistungsȬ kontraktenȱ zwischenȱ Ministerȱ undȱ Verwaltungsleitungȱ gesteuert.ȱ DieȱLeitungȱderȱVerwaltungseinheitenȱwirdȱnichtȱaufȱGrundȱpolitiȬ scherȱ Kriterienȱ besetzt.ȱ Dieseȱ ManagementȬVerantwortlichenȱ werȬ denȱvonȱderȱHoldingȬLeitung,ȱalsoȱderȱGesamtregierung,ȱeingesetzt,ȱ damitȱ nichtȱ dieȱ politischenȱ Präferenzenȱ einesȱ einzelnenȱ Ministersȱ überȱ dieȱ Managementbesetzungȱ entscheiden.ȱ Hierȱ zeigenȱ sichȱ jeȬ dochȱdieȱGrenzenȱeinerȱsolchenȱOrganisationsform.ȱDurchȱdasȱFehȬ lenȱ einerȱ zentralenȱ betrieblichenȱ Führungȱ drohtȱ dieȱ politischeȱ UnȬ abhängigkeitȱderȱVerwaltungsleitungenȱverlorenȱzuȱgehen,ȱdaȱderenȱ direkterȱ Bezugȱ imȱ Verwaltungsalltagȱ eherȱ dasȱ politischeȱ MinisteriȬ umȱ sowieȱ dessenȱ Stäbeȱ undȱ nichtȱ dieȱ Gesamtregierungȱ ist.ȱ Dieseȱ Gefahrȱ istȱ besondersȱ großȱ inȱ Verwaltungseinheitenȱ mitȱ politischerȱ Brisanzȱwieȱbspw.ȱdemȱSozialȬ,ȱGesundheitsȬȱoderȱLandwirtschaftsȬ bereich.ȱ

Verlustȱanȱ politischerȱUnȬ abhängigkeitȱ

Dieȱ rechtlicheȱ Ausgestaltungȱ derȱ einzelnenȱ Verwaltungseinheitenȱ kannȱ unterschiedlichȱ geregeltȱ werden.ȱ Jeȱ unabhängigerȱ undȱ selbȬ ständigerȱdieȱEinheitenȱjedochȱsind,ȱdestoȱeherȱistȱauchȱderenȱpolitiȬ scheȱUnabhängigkeitȱgewährleistet.ȱDasȱbedeutetȱjedochȱnicht,ȱdassȱ dieȱPolitikȱvorbereitendeȱLeistungenȱfürȱdieȱMinisterienȱnichtȱmehrȱ inȱnützlicherȱFormȱoderȱsogarȱimȱWiderspruchȱzurȱpolitischenȱSpitȬ zeȱ erbrachtȱ werdenȱ –ȱ imȱ Gegenteil.ȱ Dieȱ verselbständigteȱ VerwalȬ tungseinheitȱ istȱ oftȱ stärkerȱ bemüht,ȱ dieȱ Kundenansprücheȱ imȱ BeȬ reichȱ hoheitlicherȱ oderȱ freierȱ Dienstleistungenȱ undȱ Produkteȱ zurȱ vollenȱZufriedenheitȱderȱLeistungsbestellerȱzuȱerfüllen.ȱImȱExtremȬ fallȱwirdȱsieȱsogarȱLeistungenȱanbietenȱundȱInformationenȱverarbeiȬ ten,ȱdieȱaufgrundȱihresȱExpertenwissensȱnichtȱsinnvollȱsind,ȱjedochȱ vomȱ politischȱ motiviertenȱ Ministeriumȱ verlangtȱ werden.ȱ Wirdȱ dieȱ erhöhteȱ LeistungsȬȱ undȱ Expertenfähigkeitȱ derȱ selbständigerenȱ VerȬ waltungseinheitenȱerkannt,ȱkannȱeineȱverbesserteȱWirkungsorientieȬ rungȱ undȱ Effektivitätssteigerungȱ politischerȱ Entscheideȱ realisiertȱ werden.ȱ

ErhöhteȱExperȬ tenfähigkeitȱ möglichȱ

ȱ

261ȱ

5 Abbildungȱ35ȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

RegierungsȬHoldingȱohneȱzentraleȱVerwaltungsführungȱ Regierungs-Holding (Bundesregierung) Minister A Minister B Minister C Minister D Minister E Minister F mit politi- mit politi- mit politi- mit politi- mit politi- mit politischem schem schem schem schem schem Stab Stab Stab Stab Stab Stab

Leitung

Leitung

Leitung

Leitung

Leitung

Leitung

Leitung

Leitung

Verwaltungseinheit 3

Verwaltungseinheit 4

Verwaltungseinheit 5

Verwaltungseinheit 6

Verwaltungseinheit 7

Verwaltungseinheit 8

Verwaltungseinheit 9

Verwaltungseinheit 10

LK LK LK

Leitung

LK

Unpolitische Führung durch Verwaltung

ȱ

Beiȱ dieserȱ Organisationsvarianteȱ werdenȱ Querschnittsaufgabenȱ soȬ weitȱ wieȱ möglichȱ dezentralȱ wahrgenommen,ȱ wasȱ zuȱ einerȱ EntlasȬ tungȱ derȱ HoldingȬLeitungȱ undȱ zuȱ einemȱ größerenȱ AufgabenvoluȬ menȱbeiȱdenȱdezentralenȱVerwaltungseinheitenȱführt.ȱEinȱMinimalȬ anteilȱ anȱ Querschnittsaufgaben,ȱ welcheȱ zurȱ zentralenȱ Steuerungȱ unbedingtȱ standardisiertȱ erstelltȱ undȱ gesteuertȱ werdenȱ müssen,ȱ lässtȱsichȱinȱderȱorganisatorischenȱFormȱvonȱStabsabteilungenȱanȱdieȱ HoldingȬLeitungȱangliedern.ȱ ȱ

262ȱ

LK

Verwaltungseinheit 2

LK = Leistungskontrakt

Dezentraleȱ QuerschnittsȬ aufgabenȱ

LK LK

Leitung

LK

Verwaltungseinheit 1

LK LK

Politische Führung durch Regierung

Konzernorganisation

Dasȱ4ȬKreiseȬModellȱinȱderȱschweizerischenȱBundesverwaltungȱ

5.3 ImȱBlickpunktȱ

Der Schweizer Bundesrat (Regierung) entschied sich bei der Einführung von NPM auf Bundesebene für das folgende differenzierte Modell, welches flexible und abgestufte Strukturalternativen erlaubt (vgl. Jenzer 2002). 4 Unternehmen (Swisscom/Bundesbahnen/Post) 3 Betriebe/Anstalten (Institut für Geistiges Eigentum IGE) 2 FLAG-Ämter (Landestopographie/Wetteramt)

1 Zentralverwaltung (Querschnittsämter, Ministerien)

Dominanz des Marktes

Dominanz der Politik

Die Zentralverwaltung im ersten Kreis erbringt mit ihren Querschnittsfunktionen und Ministerien primär politische Steuerungs- sowie Koordinationsleistungen und bezieht als Leistungskäufer Dienstleistungen bei anderen Stellen. Der zweite Kreis enthält Verwaltungseinheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit und Rechnung. Diese werden mittels Leistungsauftrag und Globalbudget (FLAG) geführt und erbringen einen geringen Anteil ihrer Leistungen im Wettbewerb mit privaten Anbietern. Die Betriebe und Anstalten des dritten Kreises gehören ebenfalls vollständig dem Bund, verfügen aber über eine eigene gesetzliche Grundlage, treten verstärkt auf dem freien Markt auf und haben in der Regel eine eigene Rechtspersönlichkeit. Im vierten Kreis befinden sich privatrechtliche oder spezialgesetzliche, sog. halbstaatliche Unternehmungen. Der Bund ist in der Regel maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt.

ȱ 5.3.3.2

Regierungs-Holding mit zentraler Verwaltungsführung

EineȱzentraleȱVerwaltungsführungȱerscheintȱnachȱAnsichtȱderȱAutoȬ renȱ alsȱ eineȱ notwendigeȱ Bedingungȱ zurȱ effektivenȱ undȱ effizientenȱ

263ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Steuerungȱ derȱ staatlichenȱ Leistungserbringungȱ inȱ größerenȱ InstituȬ tionenȱwieȱeinerȱBundesȬȱoderȱLandesregierung.ȱȱ RahmenȬ kontraktȱ

Dieȱ Verwaltungȱ wirdȱ durchȱ dasȱ Verwaltungsmanagementȱ geführt.ȱ Dieȱ HoldingȬLeitungȱ wähltȱ dasȱ Managementȱ ausȱ undȱ gibtȱ diesemȱ denȱLeistungskontraktȱvor.ȱImȱGegensatzȱzurȱVarianteȱohneȱzentraleȱ Managementverantwortungȱ existierenȱ hierȱ nichtȱ mehrereȱ KontrakȬ te,ȱwelcheȱvonȱdenȱeinzelnenȱMinisterienȱausgestaltetȱwerden,ȱsonȬ dernȱ einȱ Rahmenkontraktȱ zwischenȱ Regierungȱ undȱ VerwaltungsȬ führung.ȱ Einzelneȱ Leistungsvereinbarungenȱ zwischenȱ denȱ MinisteȬ rienȱ undȱ denȱ Verwaltungseinheitenȱ sindȱ jedochȱ weiterhinȱ möglich,ȱ sofernȱ sieȱ nichtȱ demȱ Rahmenkontraktȱ widersprechen.ȱ Mangelhafteȱ oderȱfehlendeȱLeistungserbringungȱwirdȱhierȱdurchȱdieȱMinisterienȱ undȱ derenȱ Stäbeȱ beimȱ zentralenȱ Verwaltungsmanagement,ȱ dasȱ dieȱ Verantwortungȱ fürȱ Korrekturenȱ inȱ derȱ operativenȱ LeistungserstelȬ lungȱträgt,ȱbeanstandet.ȱDieȱOrganisationȱderȱleistungserbringendenȱ VerwaltungȱobliegtȱderȱVerwaltungsführung.ȱSieȱwirdȱinȱdenȱwichȬ tigenȱBereichenȱeinȱmehrȱoderȱwenigerȱähnlichesȱAbbildȱderȱpolitiȬ schenȱ Ministerienȱ undȱ ihrerȱ Stäbeȱ darstellen.ȱ Dadurchȱ wirdȱ derȱ hauptsächlicheȱ Leistungsbezugȱ zwischenȱ denȱ inhaltlichȱ ähnlichȱ strukturiertenȱ Verwaltungseinheitenȱ undȱ Departementenȱ bzw.ȱ MiȬ nisterienȱ erfolgen.ȱ Querbezügeȱ vonȱ anderenȱ Verwaltungseinheitenȱ sindȱdenȱMinisterienȱjedochȱerlaubt.ȱ

MehrȱMachtȱbeiȱ Verwaltungȱ

DieseȱVarianteȱfördertȱeineȱEntscheidungsȬȱundȱMachtansammlungȱ beiȱderȱVerwaltungsführung.ȱDieseȱistȱfürȱeineȱzielȬȱundȱwirkungsȬ orientierteȱ Leistungserbringungȱ sowieȱ zurȱ Vermeidungȱ vonȱ DopȬ pelspurigkeitenȱ undȱ unerwünschtenȱ Schnittstellenȱ innerhalbȱ derȱ Verwaltungȱ notwendig.ȱ Jeȱ nachȱArtȱ derȱ Leistungȱ wirdȱ dasȱ VerwalȬ tungsmanagementȱ dieȱ leistungserbringendenȱ Stellenȱ zweckmäßiȬ gerweiseȱunterschiedlichȱzentralȱoderȱdezentralȱführenȱmüssen.ȱVerȬ schiedeneȱRechtsformenȱsindȱbeiȱdieserȱRahmenstrukturȱmöglich.ȱ

264ȱ

Konzernorganisation

5.3 Abbildungȱ36ȱ

RegierungsȬHoldingȱmitȱzentralerȱVerwaltungsführungȱ Regierungs-Holding (Bundesregierung) Minister A Minister B Minister C Minister D Minister E Minister F mit politi- mit politi- mit politi- mit politi- mit politi- mit politischem schem schem schem schem schem Stab Stab Stab Stab Stab Stab

Politische Führung durch Regierung

LK

Verwaltungseinheit 11

Verwaltungseinheit 10

Verwaltungseinheit 9

Verwaltungseinheit 8

Verwaltungseinheit 7

Verwaltungseinheit 6

Verwaltungseinheit 5

Verwaltungseinheit 4

Verwaltungseinheit 3

Verwaltungseinheit 2

Verwaltungseinheit 1

Verwaltungsführung / Management Unpolitische Führung durch Verwaltungsmanagement

Leistungsbezug / -erbringung mit ministeriumsnahen Leistungserbringern Leistungsbezug / -erbringung mit ministeriumsfernen Leistungserbringern LK = Leistungskontrakt

5.3.3.3

ȱ

Organisation der Holding-Leitung

JeȱnachȱpolitischemȱSystemȱistȱdieȱobersteȱLeitungȱderȱHolding,ȱalsoȱ dieȱ Regierung,ȱ unterschiedlichȱ organisiert.ȱ Inȱ einemȱ KonkordanzȬ systemȱwieȱdemjenigenȱderȱSchweizȱmitȱeinerȱsiebenköpfigenȱBunȬ desregierungȱ(alsȱKollegiumȱohneȱRegierungschef)ȱkannȱjeweilsȱeinȱ Regierungsmitgliedȱ (Bundesminister)ȱ einȱ Ministeriumȱ undȱ dieȱ daȬ zugehörendenȱ politischenȱ Stäbeȱ führen.ȱ Ebensoȱ bestehtȱ aberȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ dassȱ mehrereȱ (FachȬ)ȱ Ministerȱ vonȱ einemȱ RegierungsȬ mitgliedȱgeführtȱwerden.ȱDasȱRegierungsmitgliedȱführtȱhierbeiȱdenȱ wichtigstenȱpolitischenȱBereichȱselberȱ(vgl.ȱAbb.ȱ37).ȱInȱeinemȱKonȬ kurrenzsystemȱmitȱeinerȱEinpersonenȬRegierungsspitzeȱentfallenȱalȬ

KonkordanzȬ oderȱKonkurȬ renzsystemȱ

265ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

leȱ politischenȱ Bereicheȱ aufȱ Ministerpostenȱ undȱ derȱ Regierungschefȱ führtȱkeinȱMinisteriumȱderȱHoldingȬOrganisation.ȱ

Abbildungȱ37ȱ

MinisterialȬOrganisationȱderȱHoldingȬLeitungȱ(Kollegialsystem)ȱ Regierungs-Holding (Bundesregierung) Bundesminister A

266ȱ

Bundesminister C

Ministerium A1 Bundesminister A mit politischem Stab

Ministerium B1 Bundesminister B mit politischem Stab

Ministerium C1 Bundesminister C mit politischem Stab

Ministerium A2 Minister mit politischem Stab

Ministerium B2 Minister mit politischem Stab

Ministerium C2 Minister mit politischem Stab

Ministerium A3 Minister mit politischem Stab

Ministerium B3 Minister mit politischem Stab

Ministerium C3 Minister mit politischem Stab

5.3.3.4 Angemesseneȱ Zentralisierungȱ

Bundesminister B

ȱ

Querschnittsfunktionen

Wieȱ dieȱ vorangegangenenȱ Gestaltungsmöglichkeitenȱ derȱ RegieȬ rungsȬHoldingȱzeigen,ȱsindȱdieȱpolitischenȱAufgabenfelderȱ(ObjektȬ orientierung)ȱ dasȱ Hauptkriteriumȱ zurȱ Organisationȱ derȱ HoldingȬ Leitungȱundȱderȱ Verwaltung.ȱ EineȱEinteilungȱ nachȱFunktionsbereiȬ chenȱ(Verrichtungsgliederung)ȱeignetȱsichȱnichtȱfürȱdieȱFührungȱeiȬ nerȱ staatlichenȱ Institution.ȱ Insgesamtȱ werdenȱ innerhalbȱ derȱ HolȬ dingȬOrganisationȱ vieleȱ Querschnittsaufgabenȱ anȱ dieȱ VerwaltungsȬ stellenȱ abgetreten.ȱ Dennochȱ existierenȱ Organisationsbereiche,ȱ fürȱ dieȱ eineȱ funktionsorientierteȱ undȱ meistensȱ zentraleȱ Gliederungȱ sinnvollerȱist,ȱdaȱeineȱzentraleȱStandardisierungȱnotwendigȱundȱeineȱ dezentraleȱ Leistungserbringungȱ nichtȱ wirtschaftlichȱ ist.ȱ Solcheȱ BeȬ reicheȱsindȱetwaȱdieȱInformatik,ȱdasȱzentraleȱFinanzwesenȱundȱdasȱ Controlling,ȱ Grundlagenȱ desȱ Personalmanagementsȱ (z.ȱB.ȱ DienstȬ recht),ȱgewisseȱBereicheȱderȱAusȬȱundȱWeiterbildungȱ(z.ȱB.ȱfürȱhöheȬ reȱ Führungskräfte),ȱ Beschaffungsstellenȱ oderȱ UnterstützungsaktiviȬ täten.ȱȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

Beiȱ einerȱ RegierungsȬHoldingȱ ohneȱ zentralesȱ VerwaltungsmanageȬ mentȱ istȱ dieȱ Angliederungȱ solcherȱ Funktionenȱ anȱ dieȱ HoldingȬ Leitungȱ durchȱ zentraleȱ Stäbe,ȱ Steuerungsdiensteȱ usw.ȱ zweckmäßigȱ (vgl.ȱ Schedler/Proellerȱ 2006:ȱ 112ȱ ff.).ȱ Existiertȱ eineȱ zentraleȱ VerwalȬ tungsführung,ȱ dannȱ empfiehltȱ esȱ sich,ȱ dieseȱ zentralenȱ Funktionen,ȱ welcheȱauchȱLeistungenȱfürȱdieȱHoldingȬLeitungȱerbringen,ȱdemȱbeȬ trieblichenȱVerwaltungsmanagementȱanzugliedernȱ(vgl.ȱauchȱdieȱalȬ ternativenȱOrganisationsformenȱinȱdiesemȱKapitel).ȱ

5.4

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

Dieȱ Gestaltungȱ derȱ Strukturenȱ undȱ Prozesseȱ innerhalbȱ staatlicherȱ Institutionenȱ undȱ insbesondereȱ derȱ Organisationseinheitenȱ aufȱ derȱ betrieblichenȱ Steuerungsebeneȱ werdenȱ inȱ diesemȱ Kapitelȱ thematiȬ siert.ȱ Imȱ Einzelnenȱ gehtȱ esȱ darum,ȱ grundlegendeȱ Formenȱ derȱAufȬ bauȬȱundȱAblauforganisationȱ(funktionaleȱundȱdivisionaleȱOrganisaȬ tion,ȱ MatrixȬȱ undȱ Prozessorganisation)ȱ zuȱ beurteilen.ȱ Dieseȱ spielenȱ beimȱ Wandelȱ vonȱ derȱ bürokratischenȱ Administrationȱ zumȱ moderȬ nenȱDienstleistungsbetriebȱeineȱwichtigeȱRolle.ȱ

5.4.1

Bisherige und zukünftige Organisationsstrukturen in Reformprojekten

DamitȱeineȱleistungsfähigeȱundȱsteuerbareȱGrundstrukturȱentstehenȱ kann,ȱmüssenȱzusammengehörendeȱRessourcenbündel,ȱStellenprofiȬ leȱ oderȱ Leistungsprozesseȱ aufbauorganisatorischȱ zusammengefasstȱ werden.ȱ Dieseȱ Grundstrukturȱ gliedertȱ sichȱ prinzipiellȱ inȱ dieȱ dreiȱ Funktionenȱ derȱ Steuerungȱ (Management),ȱ derȱ operativenȱ FunktioȬ nenȱ(fachlicheȱAusführung)ȱundȱderȱServicefunktionenȱ(interneȱVerȬ sorgung).ȱ Dieȱ dreiȱ grundlegendenȱ Funktionenȱ lassenȱ sichȱ nunȱ unȬ terschiedlichȱaufeinanderȱabstimmenȱundȱkönnenȱsepariertȱoderȱinȬ tegriertȱ auftreten.ȱ Dabeiȱ kannȱ dieȱ Effizienzȱ einerȱ organisatorischenȱ Lösungȱ anhandȱ verschiedenerȱ Effizienzkriterienȱ beurteiltȱ werden.ȱ Zuȱ dieserȱ komplexenȱ Thematikȱ existiertȱ spezifischeȱ Fachliteraturȱ (vgl.ȱThom/ȱWengerȱ2000).ȱAnȱdieserȱStelleȱsollȱzunächstȱinȱeinfachȱ kommunizierbarerȱ Formȱ dieȱ Frageȱ beantwortetȱ werden,ȱ welcheȱ tyȬ pischenȱ Zieleȱ derȱ Verwaltungsreformȱ welcheȱ organisatorischenȱ Konsequenzenȱhabenȱkönnen.ȱDieȱfolgendeȱTabelleȱenthältȱmöglicheȱ strukturelleȱFolgenȱaufgrundȱderȱjeweiligenȱReformziele.ȱ

DreiȱGrundȬ funktionenȱ

267ȱ

5 Tabelleȱ11ȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

ReformzieleȱimȱöffentlichenȱSektorȱundȱderenȱorganisatorischeȱFolgenȱ Reformziele

Organisatorische Folgen

Mehr Handlungsspielraum

Selbständigere Organisationseinheiten

Mehr Kostenbewusstsein

Strukturen, die Kostenzurechnung auf Leistungen und Produkte erlauben

Stärkere Kundenorientierung

Strukturen, die an den Leistungsabnehmern ausgerichtet sind

Prozess- und Verfahrensbeschleunigungen

Strukturen, die sich an den Leistungserstellungsprozessen ausrichten

Erhöhung der Leistungsqualität

Ausrichtung auf den Leistungsabnehmer und die Herstellungsprozesse

ȱ Trendȱzurȱ ProzessȬ organisationȱ

WerdenȱdieȱorganisatorischenȱKonsequenzenȱderȱverschiedenenȱReȬ formzieleȱinȱBetrachtȱgezogen,ȱistȱesȱnichtȱverwunderlich,ȱdassȱsichȱ inȱüberȱzweiȱDrittelnȱderȱinȱeinerȱUmfrageȱderȱVerfasserȱȱbefragtenȱ schweizerischenȱ Verwaltungsbereicheȱ mitȱ Reformprojektenȱ dieȱ OrȬ ganisationsstrukturenȱgeändertȱhabenȱoderȱnochȱverändernȱwerden.ȱ HinsichtlichȱderȱRichtungȱderȱVeränderungenȱinȱdenȱOrganisationsȬ strukturenȱistȱeineȱgroßeȱAbkehrȱvonȱderȱfunktionalenȱOrganisationȱ auffällig.ȱ Dieȱ Strukturveränderungenȱ gehenȱ mehrheitlichȱ inȱ RichȬ tungȱdivisionaleȱOrganisationȱundȱProzessorganisation.ȱDieȱabnehȬ mendeȱFallzahlȱdeutetȱjedochȱdaraufȱhin,ȱdassȱeinȱTeilȱderȱbefragtenȱ Projekteȱ zumȱ Erhebungszeitpunktȱ nochȱ keinenȱ Entschlussȱ betrefȬ fendȱderȱneuenȱOrganisationsstrukturȱgefasstȱhat.ȱ

Tabelleȱ12ȱ

OrganisationsstrukturenȱinȱVerwaltungenȱmitȱReformprojektenȱ Bisherige und angestrebte Organisationsstrukturen Angaben in Prozent

Funktionale Divisionale OrganiOrganisation sation

Matrixorganisation

Prozessorganisation

Struktur vor dem Reformprojekt (n=37)

86

11

3

0

Struktur nach dem Reformprojekt (n=26)

8

54

7

31

ȱ Dieȱ imȱ Folgendenȱ erläutertenȱ Organisationsformenȱ sindȱ sichȱ insoȬ fernȱähnlich,ȱalsȱdieȱobersteȱManagementebeneȱjeweilsȱunverändertȱ bleibtȱ undȱ sichȱ dieȱ organisatorischenȱ Gestaltungsalternativenȱ aufȱ denȱ nachfolgendenȱ Hierarchieebenenȱ zeigen.ȱ Dieȱ ProzessorganisaȬ

268ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

tionȱ wirdȱ aufgrundȱ ihrerȱAktualitätȱ undȱ ihremȱ Neuigkeitsgradȱ amȱ Ausführlichstenȱbehandelt.ȱInȱdenȱnachfolgendenȱAbschnittenȱwerȬ denȱ dieseȱ vierȱ Organisationsalternativenȱ erklärtȱ sowieȱ derenȱ VorȬȱ undȱNachteileȱfürȱInstitutionenȱdesȱöffentlichenȱSektorsȱaufgezeigt.ȱ

5.4.2

Klassische Organisationsformen

5.4.2.1

Funktionale Organisation

Dieȱ funktionaleȱ Organisationȱ orientiertȱ sichȱ amȱ primärenȱ LeisȬ tungsprozess,ȱ derȱ inȱ einzelneȱ Elementeȱ (wichtigsteȱ Verrichtungen)ȱ unterteiltȱwirdȱ(vgl.ȱBea/Göbelȱ2006:ȱ376ȱff.).ȱTieferȱgelegeneȱHierarȬ chieebenenȱ könnenȱ vomȱ Funktionalprinzipȱ abweichenȱ undȱ z.ȱB.ȱ nachȱProduktenȱoderȱStandortenȱgegliedertȱwerden.ȱ Beiȱ derȱ funktionalenȱ Organisationȱ sindȱ dieȱ aufȱ derȱ zweitenȱ Hierarchieebeneȱ angesiedeltenȱ Einheitenȱ nachȱ gleichartigenȱ Funktionenȱ(Verrichtungen)ȱzusammengefasst.ȱ ȱ ImȱOrganigrammȱderȱfunktionalenȱOrganisationȱkannȱdemnachȱaufȱ derȱ zweitenȱ Hierarchieebeneȱ z.ȱB.ȱ nachȱ denȱ Funktionenȱ Personal,ȱ Finanzen,ȱ Leistungserstellung,ȱ Ȭentwicklungȱ undȱ Ȭabgabeȱ unterȬ schiedenȱwerden.ȱGrundsätzlichȱlassenȱsichȱFunktionenȱdesȱVersorȬ gungsȬȱ undȱ desȱ Vollzugsbereichsȱ unterscheiden.ȱ Derȱ VersorgungsȬ bereichȱ umfasstȱ dieȱ mehrheitlichȱinputseitigȱausgerichtetenȱ FunktiȬ onenȱ undȱ Elementeȱ desȱ Leistungsprozessesȱ wieȱ dieȱ MittelbeschafȬ fung,ȱȬverwaltungȱundȱȬbereitstellung.ȱDerȱVollzugsbereichȱumfasstȱ dieȱ einzelnenȱ leistungsbezogenenȱ Prozesseȱ wieȱ dieȱ LeistungsentȬ wicklung,ȱȬerstellung,ȱȬabgabeȱundȱȬüberwachungȱ(vgl.ȱSidlerȱ1974:ȱ 226ȱff.).ȱInsbesondereȱdieȱFunktionenȱdesȱVollzugsbereichsȱsehenȱjeȱ nachȱ Typȱ derȱ öffentlichenȱ Institutionȱ ganzȱ unterschiedlichȱ aus.ȱ Beiȱ einerȱFinanzverwaltungȱkönnenȱesȱbspw.ȱdieȱFunktionenȱGirostelle,ȱ Buchführung,ȱInformationȱundȱRechtȱsein.ȱImȱRahmenȱeinerȱSpitalȬ organisationȱ sindȱ esȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Funktionenȱ derȱ Patientenaufnahme,ȱ diverseȱFunktionenȱderȱMedizin,ȱPatientenpflegeȱundȱAustritte.ȱȱ

Funktionenȱdesȱ VersorgungsȬȱ undȱVollzugsȬ bereichsȱ

DasȱVerrichtungsprinzipȱfördertȱdieȱTendenzȱzurȱStandardisierung,ȱ daȱinnerhalbȱderȱFunktionenȱSpezialistenȱ(z.ȱB.ȱfürȱFinanzȬȱundȱPerȬ sonalfragen)ȱ tätigȱ sind,ȱ dieȱ ihreȱ Aufgabeȱ zunehmendȱ perfektionieȬ renȱ undȱ Standardlösungenȱ generieren.ȱ Interneȱ undȱ externeȱ MerkȬ male,ȱdieȱeineȱfunktionaleȱOrganisationsformȱbegünstigen,ȱsindȱeinȱ überschaubaresȱLeistungsprogrammȱundȱeineȱrelativeȱStabilitätȱderȱ Umwelt.ȱDiesȱmagȱimȱBereichȱderȱZentralverwaltungȱnochȱeherȱderȱ FallȱseinȱalsȱbeiȱstaatlichenȱInstitutionen,ȱdieȱsichȱnaheȱbeimȱBürgerȱ

Tendenzȱzurȱ StandardiȬ sierungȱ

ȱ

269ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

befindenȱundȱallenfallsȱauchȱvonȱprivatenȱWettbewerbernȱbedrängtȱ werden.ȱDieȱVerteilungȱderȱWeisungsbefugnisseȱerfolgtȱinȱderȱfunkȬ tionalenȱOrganisationȱstriktȱnachȱdemȱEinliniensystem,ȱwonachȱeineȱ inȱderȱLeitungshierarchieȱuntergeordneteȱStelleȱnurȱvonȱeinerȱeinziȬ genȱübergeordnetenȱEinheitȱWeisungenȱempfangenȱdarf,ȱsoȱdassȱdieȱ Merkmaleȱ derȱ funktionalenȱ Organisationȱ denȱ Charakteristikaȱ derȱ WeberschenȱBürokratieȱsehrȱähnlichȱsind.ȱDeshalbȱerstauntȱdieȱhoheȱ Anzahlȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ nicht,ȱ welcheȱ vorȱ Projektbeginnȱ eineȱfunktionaleȱOrganisationsformȱhatten.ȱȱ

Tabelleȱ13ȱ

VorȬȱundȱNachteileȱderȱfunktionalenȱOrganisationȱ Vorteile

Nachteile

í Langwierige und suboptimale Entí Einfache, überschaubare Struktur scheidungsprozesse auf der Manaí Nutzung und Förderung von Spezialigementebene, da unterschiedliche sierungs- und StandardisierungseffekSichtweisen der Funktionsvertreter ten abgestimmt werden müssen í Verringerung der vertikalen Koordinaí Hohe Interdependenz der Funktionen tionskosten durch Entscheidungserschwert klare Verantwortungszuzentralisation ordnung í Verringerung von Doppelspurigkeiten Viele verarbeitungsablaufbedingte í í Vielzahl einzubeziehender Stellen Schnittstellen zwischen den funktiofördert die Problemlösungsumsicht nalen Einheiten í Realisierung fachlicher Lern- und Gefahr von Bereichsegoismen und í Übungseffekte in den Funktionsbereifehlender Gesamtsicht innerhalb der chen (Bündelung spezifischen WisFunktionen senspotenzials) í Überlastung der obersten Steuerungsebene („Flaschenhalseffekt“) í Entwicklung des Führungsnachwuchses wird vernachlässigt, da die oberste Steuerung Führungsverantwortung an sich zieht í Das funktionsbezogene Denken der Führungskräfte behindert die Entwicklung von Generalisten í Mangel an Bürger-, Markt- und Wettbewerbsorientierung í Kaum autonome und unternehmerische Untereinheiten

ȱ Horizontaleȱ Abhängigkeitenȱ

270ȱ

Dieȱ Hauptproblematikȱ derȱ funktionalenȱ Organisationȱ liegtȱ darin,ȱ dassȱ aufgrundȱ derȱ Orientierungȱ amȱ Leistungsprozessȱ keineȱ autoȬ nomenȱBereicheȱentstehen,ȱdaȱvielfältigeȱInterdependenzenȱundȱhoȬ rizontaleȱ Abhängigkeitenȱ zwischenȱ denȱ Funktionenȱ bestehen.ȱ Dieȱ Koordinationȱ erfolgtȱ jedochȱ aufgrundȱ desȱ Einliniensystemsȱ nichtȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

aufȱdirektemȱWeg,ȱsondernȱerschwertȱüberȱdieȱdenȱFunktionsbereiȬ chenȱ übergeordneteȱ Instanz.ȱ Diesȱ führtȱ letztlichȱ zuȱ einerȱ EntscheiȬ dungsȬȱundȱKoordinationszentralisationȱanȱderȱSpitzeȱderȱOrganisaȬ tionȱ („Flaschenhalseffekt“).ȱ Inȱ kleinenȱ undȱ mittelgroßenȱ InstitutioȬ nenȱbeiȱüberschaubaremȱLeistungsprogrammȱundȱgroßemȱSpezialiȬ sierungsbedarfȱ kannȱ dieȱ funktionaleȱ Organisationsformȱ zweckȬ mäßigȱ sein.ȱ Mitȱ zunehmenderȱ Größeȱ oderȱ vielfältigemȱ LeistungsȬ programmȱ derȱ Institutionȱ sowieȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ dieȱ neuenȱAnforȬ derungenȱ anȱ denȱ öffentlichenȱ Sektorȱ erweistȱ sieȱ sichȱ jedochȱ verȬ mehrtȱalsȱungeeignetȱ(vgl.ȱTabelleȱ13).ȱAusȱSichtȱderȱAnforderungenȱ anȱ eineȱ wirkungsorientierteȱ Verwaltungsführungȱ sindȱ dieȱ erwähnȬ tenȱNachteileȱgravierend,ȱsodassȱsichȱempfiehlt,ȱdieȱGesamtstrukturȱ einerȱ öffentlichenȱ Institutionȱ nurȱ beiȱ unabdingbaremȱ Erfordernisȱ derȱVorteileȱnachȱdemȱFunktionalprinzipȱzuȱgliedern.ȱȱ 5.4.2.2

Divisionale Organisation

Dieȱ divisionaleȱ Organisationȱ entstandȱ beiȱ Erweiterungȱ desȱ ProȬ duktprogrammsȱ inȱ Firmen,ȱ dieȱ eineȱ Diversifikationsstrategieȱ verȬ folgtenȱ(vgl.ȱChandlerȱ2000).ȱ AufȱderȱzweitenȱHierarchieebeneȱerfolgtȱeineȱGliederungȱderȱ Organisationseinheitenȱ nachȱ Objekten.ȱ Dieȱ Diversifikationȱ kannȱ sichȱ aufȱ Objekteȱ i.ȱS. vonȱ Produkten,ȱ Produktgruppen,ȱ KundengruppenȱoderȱRegionenȱbeziehen. ȱ Dieȱ divisionaleȱ Organisationȱ wirdȱ oftȱ auchȱ alsȱ ObjektȬȱ oderȱ SparȬ tenorganisationȱ bezeichnet.ȱ Dieȱ Weisungsbefugnisseȱ sindȱ wieȱ beiȱ derȱfunktionalenȱOrganisationȱnachȱdemȱEinliniensystemȱausgestalȬ tet.ȱ Dieȱ zentraleȱ Leitungȱ übernimmtȱ zwarȱ auchȱ KoordinationsaufȬ gaben,ȱ hatȱ aberȱ inȱ ersterȱ Linieȱ dieȱ Gesamtstrategieȱ undȱ Ȭpolitikȱ zuȱ entwerfenȱ sowieȱ dieȱ umfassendeȱ Finanzplanungȱ undȱ dieȱ ÜberwaȬ chungsaufgabenȱwahrzunehmen.ȱInsofernȱentsprichtȱsieȱderȱbereitsȱ dargestelltenȱ RegierungsȬHolding.ȱ Dieȱ Divisionenȱ erhaltenȱ aufȬ grundȱderȱTendenzȱzurȱEntscheidungszentralisationȱsowieȱwenigenȱ Schnittstellenȱ mitȱ denȱ anderenȱ Bereichenȱ eineȱ größereȱ Autonomie,ȱ wodurchȱ keinȱ Flaschenhalseffektȱ auftritt.ȱ Dieȱ Organisationȱ innerȬ halbȱ derȱ einzelnenȱ Divisionenȱ kannȱ unterschiedlichȱ (z.ȱ B.ȱ nachȱ Funktionen,ȱ Produktenȱ oderȱ Kundengruppen)ȱ unterteiltȱ werden.ȱ Dieseȱ quasiȬautonomenȱ Teileinheiten,ȱ welcheȱ alsȱ ProfitȬȱ oderȱ CostȬ Centerȱ sowieȱ beiȱ derȱ HoldingȬOrganisationȱ sogarȱ mitȱ eigenerȱ Rechtspersönlichkeitȱausgestaltetȱwerdenȱkönnen,ȱsindȱinȱderȱRegelȱ fürȱ ihrenȱ Erfolgȱ selberȱ verantwortlichȱ undȱ besitzenȱ dementspreȬ chendȱbeträchtlicheȱEntscheidungskompetenzen.ȱ

Tendenzȱzurȱ EntscheidungsȬ zentralisationȱ

271ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Seltenȱechteȱ CostȬCenterȱ

Inȱ Verwaltungsorganisationenȱ sindȱ divisionaleȱ Gesamtstrukturenȱ vielfachȱanzutreffen.ȱDieȱHaupteinheitenȱ(Ministerien,ȱDepartemenȬ te,ȱDezernate)ȱsindȱoftȱnachȱähnlichenȱPolitikfeldernȱundȱLeistungsȬ gruppenȱgegliedertȱ(wieȱz.ȱB.ȱVerkehr,ȱBau,ȱEnergie,ȱPolizei,ȱVolksȬ wirtschaft,ȱ Bildung,ȱ Rechtȱ usw.).ȱ Oftȱ trittȱ auchȱ dieȱ Regionȱ alsȱ GlieȬ derungsmerkmalȱ auf,ȱ soȱ z.ȱB.ȱ beiȱ Einzugsbereichenȱ vonȱ Schulen,ȱ SpitälernȱoderȱauchȱaufȱderȱKommunalebene.ȱTrotzȱderȱhäufigȱvorȬ herrschendenȱObjektstrukturȱtretenȱdieȱweiterenȱzuȱeinerȱechtenȱdiȬ visionalenȱ Organisationȱ gehörendenȱ Merkmaleȱ seltenerȱ auf.ȱ Aufȱ Grundȱ derȱ vielerortsȱ nochȱ fehlendenȱ Leistungsziele,ȱ mangelnderȱ Leistungsmessbarkeitȱ undȱ einemȱ ungenügendȱ ausgebautenȱ RechȬ nungswesenȱ könnenȱ dieȱ divisionalenȱ Einheitenȱ nurȱ inȱ AusnahmeȬ fällenȱalsȱechteȱCostȬCenterȱgeführtȱwerden.ȱAmȱehestenȱeignenȱsichȱ ServiceȬȱ resp.ȱ VerantwortungsȬCenter,ȱ dieȱ fürȱ ihreȱ Kostenvolumen,ȱ fürȱ dieȱ erbrachtenȱ Leistungsmengenȱ undȱ Ȭqualitätenȱ eigenständigȱ verantwortlichȱ sind.ȱ Alsȱ ServiceȬCenterȱ wirdȱ hierȱ eineȱ interneȱ Dienstleistungseinheitȱ verstanden,ȱ dieȱ primärȱ anȱ derȱ erbrachtenȱ Leistungsqualitätȱgemessenȱwird.ȱDasȱVerantwortungsȬCenterȱträgtȱ dieȱvolleȱErgebnisverantwortungȱfürȱseineȱAufgabenerfüllungȱ(z.ȱB.ȱ anȱ denȱ Zielenȱ desȱ Leistungskontraktesȱ messbar).ȱ Voraussetzungenȱ dafürȱ sindȱ jedochȱ eineȱ auftragsbezogeneȱ Führungȱ mitȱ Kontrakten,ȱ Handlungsspielräumeȱ inȱ finanzieller,ȱ personellerȱ undȱ organisatoriȬ scherȱ Hinsicht,ȱ alltagstauglicheȱ LeistungsȬȱ undȱ WirkungsindikatoȬ renȱsowieȱangemesseneȱLeistungsanreizeȱfürȱdieȱjeweiligenȱVerantȬ wortungsträgerȱ(vgl.ȱReichardȱ1987:ȱ172ȱf.).ȱ

SteuerungsȬ dienstȱ

Nebenȱ denȱ rechtȱ unabhängigenȱ Divisionenȱ gibtȱ esȱ Funktionen,ȱ dieȱ spartenübergreifendȱ gleichartigȱ sindȱ undȱ dieȱ zurȱ Erfüllungȱ einerȱ einheitlichenȱ Strategieȱ oderȱ aufȱ Grundȱ vonȱ Skaleneffektenȱ effizienȬ terȱanȱeinemȱOrtȱoberhalbȱderȱDivisionenȱangesiedeltȱwerden.ȱDieseȱ Querschnittsfunktionenȱ werdenȱ inȱ sog.ȱ Zentralabteilungenȱ oderȱ zentralenȱ Steuerungsdienstenȱ (vgl.ȱ Schedler/Proellerȱ 2006:ȱ 87ȱ ff.),ȱ welcheȱ u.ȱa.ȱdieȱ Funktionenȱ Finanzen,ȱPlanung,ȱ Controlling,ȱ PersoȬ nal(Ȭadministration)ȱ enthalten,ȱ zusammengefasst.ȱ Dieȱ ZentralabteiȬ lungenȱsindȱdirektȱderȱoberstenȱbetrieblichenȱLeitungseinheitȱzugeȬ ordnet,ȱimȱFalleȱdesȱBundes,ȱderȱBundesregierungȱoderȱdemȱeigenȬ ständigenȱ Verwaltungsmanagement,ȱ undȱ aufȱ kommunalerȱ Ebeneȱ demȱStadtȬȱoderȱGemeindepräsidium.ȱ

272ȱ

Abbildungȱ38ȱzeigtȱeineȱdivisionaleȱOrganisationȱamȱBeispielȱeinerȱ Gemeindeverwaltung,ȱwelcheȱnachȱderȱerfolgtenȱReorganisationȱdieȱ Spartenanzahlȱvonȱneunȱaufȱsiebenȱreduzierte.ȱDieȱAufgabenverteiȬ lungȱanȱdieȱDepartementeȱundȱdieȱihnenȱzugeteiltenȱDepartementsȬȱ undȱFachkommissionenȱ(DK/FK)ȱwerdenȱinȱeinerȱseparatenȱDeparȬ tementsorganisationȱ festgehalten.ȱ Dieȱ Querschnittsfunktionenȱ sindȱ inȱ einemȱ Dienstleistungsdepartementȱ zusammengefasstȱ undȱ unterȬ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

stehenȱ demȱ vollamtlichenȱ Gemeindepräsidenten.ȱAusȱ demȱ OrganiȬ grammȱ wirdȱ weiterȱ ersichtlich,ȱ dassȱ zwischenȱ derȱ politischenȱ (GeȬ meinderat)ȱ undȱ derȱ betrieblichenȱ (Departemente)ȱ Ebeneȱ eineȱ klareȱ Trennungȱvollzogenȱwerdenȱsoll,ȱdamitȱeineȱbessereȱWirkungskonȬ trolleȱderȱVerwaltungstätigkeitenȱdurchgeführtȱwerdenȱkann.ȱAußerȱ demȱvomȱvollamtlichenȱGemeindepräsidentenȱgeleitetenȱDienstleisȬ tungsdepartementȱ mitȱ dreiȱ Abteilungsleiternȱ werdenȱ alleȱ anderenȱ Fachdepartementeȱ vonȱ einemȱ nebenamtlichenȱ GemeinderatsmitȬ gliedȱ undȱ einemȱ Abteilungsleiterȱ geführt.ȱ Dieȱ LeistungsvereinbaȬ rungȱ undȱ Ȭüberprüfungȱ geschiehtȱ jeweilsȱ zwischenȱ denȱ DeparteȬ mentsvorstehendenȱundȱdenȱAbteilungsleitern.ȱInȱdiesenȱZielvereinȬ barungsgesprächenȱ istȱ jedochȱ auchȱ immerȱ derȱ Gemeindepräsidentȱ inȱ derȱ Funktionȱ alsȱ Personalchefȱ anwesend,ȱ daȱ erȱ intensivȱ mitȱ denȱ Abteilungsleiternȱ zusammenarbeitet.ȱ Dieȱ DepartementsȬȱ undȱ FachȬ kommissionenȱ beratenȱ dieȱ Departementeȱ inȱ fachlicherȱ undȱ politiȬ scherȱ Hinsichtȱ undȱ werdenȱ wieȱ dieȱ themenbezogenenȱ Ausschüsseȱ undȱSpezialprojekteȱdurchȱdieȱGemeindebevölkerungȱbesetzt.ȱ

Abbildungȱ38ȱ

DivisionaleȱOrganisationsformȱamȱBeispielȱderȱGemeindeȱWohlenȱ Gemeindeversammlung

Legislative Geschäfts- und RechnungsPrüfungskommission

Projekte Spezialkomm.

Dep.Vorst

Exekutive Dep.Vorst

Dep.Vorst

Strategie Controlling

DK/FK

DK/FK

DK/FK

Betrieb Fachdepartement Bildung und Kultur

operativ Fachdepartement Soziales

DK/FK

Fachdepartement Liegenschaften, Land- und Forstwirtschaft

DK/FK

Fachdepartement Gemeindebetriebe

DK/FK

Fachdepartement Bau und Planung

Dienstleistungsdepartement

DK/FK

Fachdepartement Schutz und Sicherheit

Wirkung

Ausschüsse

Gemeinderat (Kollegium) Dep.Dep.Dep.Vorst Vorst Vorst

Dep.Vorst

Kontrolle

Bürger/Kunde Bevölkerung/Kunden

Produkte

ȱ

Dieȱ wichtigstenȱ Voraussetzungenȱ fürȱ eineȱ divisionaleȱ OrganisatiȬ onsformȱ sindȱ beiȱ vielenȱ Institutionenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ gegeȬ ben:ȱEinȱvielfältigesȱundȱunterschiedlichesȱLeistungsprogrammȱmitȱ verschiedenenȱProzessenȱderȱLeistungserstellungȱundȱunterschiedliȬ chenȱ Abnehmergruppenȱ sowieȱ eineȱ dynamischeȱ Umwelt,ȱ dieȱ anȬ passungsfähigeȱ Organisationsstrukturenȱ verlangt.ȱ Derȱ hauptsächliȬ

GefahrȱderȱVerȬ selbständigungȱ

273ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

cheȱNachteilȱistȱdieȱGefahrȱeinerȱzuȱweitȱreichendenȱVerselbständiȬ gungȱderȱdivisionalenȱEinheitenȱundȱdadurchȱeinȱSteuerungsverlustȱ aufȱderȱoberstenȱManagementebeneȱ(vgl.ȱTabelleȱ14).ȱDerȱhierarchiȬ scheȱ undȱ zentraleȱ Aufbauȱ staatlicherȱ Institutionenȱ sowieȱ dieȱ KonȬ trollverantwortungȱdesȱParlamentsȱverhindertenȱaberȱbisherȱeineȱsoȱ weitȱreichendeȱErhöhungȱdesȱHandlungsspielraumsȱwieȱdiesȱinȱpriȬ vatwirtschaftlichenȱInstitutionenȱzuȱerkennenȱist.ȱȱ DieȱanschließendȱdargestellteȱFallstudieȱderȱKantonsschuleȱZürcherȱ Unterlandȱ KZUȱ stelltȱ dieȱ Gestaltungȱ einerȱ divisionalenȱ OrganisatiȬ onsstrukturȱ imȱ Rahmenȱ vonȱ Publicȱ ManagementȬReformenȱ imȱ BilȬ dungswesenȱdar.ȱȱ

Tabelleȱ14ȱ

VorȬȱundȱNachteileȱderȱdivisionalenȱOrganisationȱ Vorteile

Nachteile

í Gefahr zu weit reichender Verselbí Entlastung der Leitung von operatiständigungen der Sparten („Divisiven Aufgaben, Konzentration auf onsegoismus“) Strategiefindung und Politikgestaltung í Bessere Koordination und schnellere Entscheidungen in den Divisionen í Geringer horizontaler Koordinationsbedarf über die Sparten hinweg í Ganzheitliche Delegation von Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortung í Unternehmerische Selbständigkeit der Spartenleiter erhöht die Motivation und ermöglicht eine exaktere Erfolgsbeurteilung

í Vernachlässigung übergeordneter Gesichtspunkte und ungenügende Nutzung von Verbundeffekten í Mehrbedarf an Leitungsstellen í Zusammenarbeit zwischen Zentralfunktionen und Sparten kann schwierig sein und erfordert hohe Kooperationsbereitschaft í Verlust von Synergieeffekten zwischen Sparten

í Höhere Flexibilität bei Veränderungen í Doppelspurigkeiten bei Funktionen, die in mehreren Divisionen wahrgeí Besseres Kostenbewusstsein durch nommen werden Transparenz in der Gesamtinstitution Richtlinienkompetenzen der Zentralí í Verbesserte Bürger-, Kunden- und bereiche können Kongruenz der AufMarktnähe gaben-, Kompetenz- und Verantworí Neue objektorientierte Teilsysteme tungszuteilung für Spartenleiter bekönnen bei ausreichendem Geeinträchtigen schäftsvolumen geschaffen werden í Bessere Entwicklung von Nachwuchsführungskräften í Reorganisationen sind ohne Anpassung der Gesamtorganisation möglich í Organisatorische Anpassungen wirken sich primär auf Sparten aus

ȱ

274ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

Fallstudie: Wirkungsorientierte Führungsstrukturen in der Kantonsschule Zürcher Unterland (KZU)

1. Ausgangslage Die Einführung neuer Steuerungsmechanismen, Führungsinstrumentarien und Organisationsstrukturen im Rahmen des Public Managements erfreuen sich im Bildungssektor oft nur sehr geringer Beliebtheit. Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich nimmt in dieser Hinsicht eine Pionierrolle ein und fordert die Lehrerschaft mit dem 1996 gestarteten Projekt „Teilautonome Mittelschulen“ im Rahmen der gesamten kantonalen New Public Management-Reform heraus. Heute werden im Kanton alle Mittelschulen mittels Leitbild, Leistungskontrakten sowie Globalbudgets geführt und die Lehrpersonen lohnwirksam beurteilt. Die Globalbudgetierung ermöglicht die Zuteilung von schülerbezogenen Pauschalbeiträgen des Kantons an jede Schule auf der Basis von Kostenvergleichen im Rahmen eines kantonsweiten Benchmarkings zwischen allen Bildungsinstitutionen. Die Kantonsschule Zürcher Unterland (KZU) in Bülach gehört in diesem vom Wandel geprägten Umfeld zu den fortschrittlicheren Schulen, indem sie sich bereits anfangs der 1990er Jahre vor der angelaufenen Reformdiskussionen im Bildungswesen zentralen Themen wie der Leitbildentwicklung oder der Einführung eines Qualitätssicherungssystems annahm. Die Reformdiskussion tritt in einer Zeit der Verknappung der öffentlichen Mittel auf. Dadurch erleben die Schulen Public Management in erster Linie als eine Maßnahme, die Ressourcen verringert. Da die KZU keine billige Schule ist, gerät sie besonders unter Spardruck. Es ist somit kaum verwunderlich, dass die Mitglieder der KZU der Verwirklichung der Reform eher kritisch gegenüberstehen.

2. Schulorganisation Die KZU besteht seit 28 Jahren und beschäftigt rund 150 Lehrkräfte, wovon ein Drittel ein volles Pensum und die restlichen Lehrpersonen Teilpensen unterrichten. Insgesamt besuchen zwischen 900 und 1 000 Schüler diese Mittelschule. Die Schulleitung besteht aus einem Rektor und zwei Prorektoren, welche durch drei Sekretariatsmitarbeiterinnen und einen EDVSupporter (Teilzeitmitarbeiter) unterstützt werden. Über zwölf Vollzeitstellen sind zur Pflege der großen Schulanlage sowie zum Unterhalt und zur Bereitstellung des Unterrichtsmaterials notwendig. Die Schulorganisation umfasst folgende Gremien: „ Schulkommission: Oberstes Schulorgan, genehmigt Entscheide des Konvents, wählt Lehrkräfte auf Antrag der Schulleitung aus und beurteilt diese.

275ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

„ Schulleitung: Ist nach dem neuen Schulgesetz von 1999 für die pädagogische, administrative und finanzielle Führung der Schule verantwortlich und vertritt die Schule nach außen. „ Schulsekretariat: Drei Sekretariatsangestellte führen die administrativen Arbeiten aus, eine Lehrperson betreut teilzeitlich das Informatiksystem. „ Lehrkollegium: Ist in fachlicher und erzieherischer Hinsicht für den Unterricht zuständig. Erwartet wird die Mitarbeit im Konvent und in verschiedenen Arbeitsgruppen. „ Fachkreise und Fachvorstände: Alle Lehrkräfte eines Faches bilden den Fachkreis zur Behandlung inhaltlicher Fragen. Die Fachvorstände leiten die Fachkreise, es stehen ihnen jedoch keinerlei Entscheidungs- oder Weisungsbefugnisse zu. „ Gesamtkonvent: Hauptlehrkräfte und Lehrbeauftragte mit größeren Unterrichtspensen sowie fünf Mitglieder der Schülerorganisation. Er wird in wesentlichen Fragen zur Vernehmlassung beigezogen, verabschiedet das Leitbild und stellt den Auftrag für den Lehrplan. „ Konventsrat: Schulleitung, Konventspräsident, drei Lehrpersonen und zwei Mitglieder der Schülerorganisation bereiten Geschäfte des Konvents vor. „ Klassenkonvent: Alle Klassenlehrkräfte entscheiden mit der Schulleitung über klassenbezogene Promovierungen und pädagogische Maßnahmen. „ Arbeitsgruppen: Vom Gesamtkonvent eingesetzte Gruppen zur Bearbeitung ausgewählter Themen. „ Schülerorganisation: Vertreter der Schülerinnen und Schüler, welche in praktisch allen Gremien und Arbeitsgruppen zur Mitarbeit willkommen sind. „ Foren: Schulinterne, freiwillige Diskussionsveranstaltungen mit konsultativem Charakter. Sie stellen u. a. Anträge an den Konvent. Trotz dieser Vielzahl von organisatorischen Gremien verfügt die KZU über eine sehr flache und dezentrale Schulorganisation. Weisungs- und Entscheidungsbefugnisse zur Schulführung haben nur die Schulaufsicht, die Schulleitung und der Gesamtkonvent. Alle anderen Gremien behandeln mehrheitlich pädagogisch-fachliche Fragestellungen.

3. Problembereiche der Schulorganisation Die bestehende Organisation und die Einführung der neuen Verwaltungsführung hat zu Mängeln geführt, die nach Ansicht der Schulleitung eine effektive und effiziente Führung der KZU unter den neuen Rahmenbedingungen des Kantons behindern. Nachstehend sind die gravierendsten Problempunkte und deren Ursachen aufgezeigt.

276ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

Arbeitsanfall und Zeitmangel in der Schulleitung Das größte Problem der Schulleitung besteht im enormen Arbeitsanfall, welcher mit den bestehenden organisatorischen Strukturen und Ressourcen nicht bewältigt werden kann. Die Kernaufgaben können nur durch ein Übermaß an Arbeitsstunden und mit viel Idealismus gelöst werden. Die Folgen davon sind: „ Die Schulleiter stehen unter einem ständigen Druck. Zeit zur Findung und Festlegung längerfristiger Schulentwicklungsziele und zur pädagogischen Ausrichtung findet man kaum. „ Die ständige Belastung führt zu einem schlechten Arbeitsklima, vermindert die Motivation und wirkt sich negativ auf die Gesundheit der Schulleiter aus. „ Die Betreuung des Lehrkörpers wird auf ein Minimum beschränkt. Obwohl vermehrt Rückmeldungen erwünscht wären, erhalten die Lehrkräfte nur alle drei Jahre im Rahmen der lohnwirksamen Beurteilung ein Feedback. Die Überlastung der Schulleitung ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen: „ Mit der Public Management-Einführung sind viele neue Aufgaben an die Schulleitungen delegiert worden (z. B. zusätzliche Verwaltungsaufgaben, Gebäude, Parkplätze, Einführung des neuen lohnwirksamen Qualifikationssystems usw.). Bis anhin erhielten sie jedoch weder zusätzliche finanzielle noch personelle Mittel zur Bewältigung der neuen Arbeiten. „ Aufgrund von kantonalen Sparmaßnahmen ist es ferner nicht möglich, den Schulen mehr Stellenprozente zur Verfügung zu stellen. Mittel, die momentan zur Verfügung stehen, können zwar umverteilt, aber nicht erhöht werden. „ Die bestehenden organisatorischen Strukturen sind mit der Erweiterung der Aufgabenbereiche nicht mehr funktionell. Die Hierarchie ist flach und weist kaum Delegationsmöglichkeiten auf, so dass ein „Flaschenhals“ entsteht. Die Schulleiter müssen häufig Routinearbeiten selber übernehmen und haben sehr viele Direktunterstellte zu betreuen (bis zu 50 und mehr Lehrkräfte pro Schulleiter). Dadurch arbeiten die Lehrkräfte z. T. isoliert nebeneinander und erhalten kaum Feedback zu ihrer Tätigkeit. „ Besonders für die Erledigung von Verwaltungsarbeiten fehlen den Personen in der Schulleitung die nötigen Qualifikationen. Sehr oft besitzen sie einen pädagogischen Hintergrund und müssen als Schulleiter einer großen Schule administrative Arbeiten und Führungsaufgaben ausführen, für die sie gar nicht genügend qualifiziert sind. „ Von Gesetzes wegen sind die Rektoren und Prorektoren verpflichtet, eine gewisse Anzahl Lektionen zu erteilen. Die sieben bis zwölf Stun-

277ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

den Unterricht bilden einen weiteren Belastungsfaktor. Ein Minimalpensum scheint jedoch wichtig, damit sie sich einen aktuellen Einblick in den Schulalltag machen können und die richtigen Entscheidungen in ihrer Führungsaufgabe treffen. Unzureichendes Anreizsystem Das Anreizsystem an der KZU ist nicht ausgebaut. Personen, die sich vermehrt engagieren, verrichten vielfach zusätzliche Arbeit ohne jegliche Entschädigung. Die Motivation und das Engagement der Lehrkräfte sinkt. Bereits sind Tendenzen festzustellen, dass in Zukunft verschiedene Gremien nicht mehr besetzt werden können. Nach Ansicht der befragten Personen sind die Ursachen davon: Anreize in Form von Geld spielen für die Mitglieder der Schule eine geringere Bedeutung als eine Entlastung in Form eines Lektionenabbaus. An der KZU sind solche Entlastungsmöglichkeiten jedoch minimal und können aufgrund der kantonalen Sparmaßnahmen nicht ausgebaut werden. Man steht vor der großen Herausforderung, die bestehenden Mittel optimal zu verteilen. Das finanzielle Anreizsystem wird durch die kantonalen Behörden bestimmt. Mit der Anstellung als Lehrperson wird man in eine bestimmte Besoldungsklasse eingestuft. Ein Stufenanstieg innerhalb dieser Klasse erfolgt mit einer positiven Beurteilung durch die bei Hauptlehrern und bei Lehrbeauftragten alle drei Jahre stattfindenden Unterrichtsbesuche. Mit der kürzlichen Einführung des neuen Personalgesetzes im Kanton Zürich wurden neue Besoldungsklassen gebildet. Voll ausgebildete Lehrkräfte werden zukünftig in die Lohnklassen 21 und 22 eingestuft. Die höhere Lohnklasse ist für „Mittelschullehrer mit besonderen Aufgaben“ vorgesehen. Die vorgesetzten Behörden müssen diese „besonderen Aufgaben“ noch definieren und die Lehrkräfte neu klassifizieren. Grundsätzlich muss man annehmen, dass alle Hauptlehrkräfte und evtl. Lehrbeauftragte mit zusätzlichen Aufgaben in die Lohnklasse 22 gelangen werden. An der KZU sind indirekte finanzielle Anreize nicht stark verbreitet, was damit zusammenhängt, dass diese sehr oft mit nicht verfügbaren finanziellen Aufwendungen verbunden sind (z. B. verbilligte Mahlzeiten, Kurse usw.). Die Schulen haben daher nur einen geringen Spielraum, Anreize zu schaffen. Insofern ist von der Schulführung besonderes Gewicht auf immaterielle Anreize zu legen. Mangelndes unternehmerisches Denken Die Bildungsdirektion kritisiert das fehlende unternehmerische Denken der Schulleiter. Entscheide werden meistens sehr vorsichtig und konservativ gefällt. Die Führungskräfte der Schulen sind zu wenig innovativ und scheuen sich davor, neue Wege zu gehen. Die Ursachen liegen darin, dass die Aufrechterhaltung des täglichen Schulbetriebs an die Belastungsgrenzen der Schulleiter stößt, so dass keine weitere Zeit für Innovationen investiert wird. Zudem werden die Führungs-

278ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

kräfte durch fehlende Führungserfahrung und mangelnde Ausbildung gehemmt, progressive Entscheide zu fällen.

4. Gestaltungsvorschläge zur Neuorganisation der Schulleitung Stärkung der Fachvorstände Mit der Stärkung der Fachvorstände i. S. der Einführung einer mittleren Hierarchieebene wird die Leitungsspanne verringert, und es werden Delegationsmöglichkeiten für die oberste Schulleitungsebene geschaffen (vgl. Abb. 1). Danach hat ein Fachvorstand nicht nur mehr Aufgaben, sondern auch festgesetzte Weisungs- und Entscheidungsrechte. Diese Möglichkeit wurde an der KZU im Zusammenhang mit der Einführung des Lohnsystems besprochen. Damals hat sich der Konvent gegen die Einführung einer Hierarchieebene entschieden, da er die Teamkultur gefährdet sah. Der Fachvorstand wurde als Lehrkraft, die nur gewisse administrative Arbeiten übernimmt und die Fachschaft als Gruppe organisiert, definiert. Die Einführung der divisionalen Schulorganisation ist keine besonders neuartige organisatorische Lösung. Sie scheint aber vor dem Hintergrund einer recht großen Skepsis der Lehrerschaft gegenüber Organisationsänderungen und Kompetenzverlagerungen die einzig realisierbare Systemverbesserung zu sein. An dieser Stelle ist anzumerken, dass im Gegensatz zu den meisten anderen staatlichen Institutionen die Schulen über eine stark dezentralisierte und flache Organisationsstruktur verfügen und hier eine zusätzliche Leitungsstufe als Maßnahme zur Verbesserung der Schulführung aus organisatorischer Sicht sinnvoll ist.

Abbildungȱ1:ȱ DivisionaleȱSchulorganisationȱmitȱneuerȱHierarchieebeneȱȱ Schulleitung

Informatik

Administration

Leitung Interne Dienste

Fachvorstand Sprachen

Fachvorstand Mathematik

Fachvorstand Wirtschaft

Fachvorstand Turnen

Lehrerschaft Sprachen

Lehrerschaft Mathematik

Lehrerschaft Wirtschaft

Lehrerschaft Turnen

ȱ

279ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Diese Gestaltungsmaßnahme ist jedoch nur anwendbar, wenn folgende Aspekte in die Reorganisation mit einbezogen werden: „ Das Kollegium muss den Zweck einer solchen organisatorischen Lösung erkennen, so dass die neuen Vorgesetzten als solche akzeptiert werden. Dadurch wird die Schul- und Teamkultur nicht gefährdet. „ Die Besetzung der Fachvorstände kann nicht mehr durch ein Rotationsprinzip erfolgen. Lehrkräfte mit Führungsfähigkeiten müssen von der Schulleitung ausgewählt und zu Fachvorständen befördert werden. Neben der fachlichen Weiterentwicklung entstehen so auch „Führungslaufbahnen“ an der Schule. „ Damit die Führungskräfte von den Lehrenden besser akzeptiert werden, ist auch die Wahl der Fachvorstände durch die Fachschaft denkbar. „ Die oft große Angst vor Hierarchieebenen in Bildungsinstitutionen kann durch Schulungen im Bereich der Personalführung, gezielter Personalauswahl, klare Stellenbeschreibungen für Leitungspersonen und Miteinbezug der übrigen Lehrkräfte abgebaut werden. „ Damit die Arbeit ungefähr gleich verteilt werden kann, ist es nötig, die Gruppengrößen auszugleichen. Kleinere Fachschaften müssten dabei zusammengelegt, größere evtl. aufgeteilt werden. „ Die Lehrkräfte betrachten die Beurteilung aus derselben Fachschaft nicht als zwingende Vorgabe. Die Beurteilung des Unterrichts könnte auch ein Fachvorstand einer anderen Fachschaft vornehmen, was sich wohl weniger belastend auf die Teamkultur auswirken würde. Verknüpfung der Organisationsgestaltung mit dem Anreizsystem Damit überhaupt Lehrkräfte, die weitere Arbeiten übernehmen, gefunden werden, muss die Frage nach einem möglichen Anreizsystem beantwortet werden. Da zurzeit keine zusätzlichen Mittel an die Schulen fließen, können Lösungen nur in Form einer Umverteilung der Ressourcen erfolgen. Dies bedingt jedoch finanzielle Opfer. Eine Möglichkeit, Anreize für eine mittlere Hierarchiestufe zu schaffen, besteht darin, die den Aufstieg in Lohnklasse 22 rechtfertigenden „besonderen Aufgaben“ als diejenigen der Fachvorstände zu definieren. Damit könnten nicht, wie angenommen, alle Hauptlehrkräfte in die Lohnklasse 22 aufsteigen. Neben dem höheren Lohn müsste jedoch auch die Verantwortungsübernahme i. S. eines immateriellen Anreizes Geltung erlangen und nicht alleine als Belastungsfaktor angesehen werden. Finanzielle Anreize sind jedoch weniger wichtig als die Schaffung von Kapazitäten in Form von Zeit. Da mit einer solchen Lösung nicht alle Lehrkräfte automatisch in die oberste Lohnklasse gelangen, werden Mittel frei. Diese sollten in Form von Entlastungsstunden den Fachvorständen zukommen. Eine solche Lösung würde große Opposition auslösen, da sie für 80 Prozent der Lehrer eine Lohnkürzung zur Folge hätte. Der vermehrte Spardruck

280ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

hat den Lehrkräften bereits beträchtliche Opfer abverlangt. Besonders benachteiligt waren Lehrer im mittleren Dienstalter, weil sie den ausbleibenden Stufenanstieg der letzten Jahre kompensationslos und mit bleibender relativer Lohneinbuße hinnehmen mussten. Zudem haben die Halbierung bei den Entlastungen für Projekt- und Studienwochen und erhöhte Klassengrößen die Arbeitsbelastung deutlich gesteigert. Diese sich öffnende Schere zwischen Belastung und Entlohnung ist mitverantwortlich für wachsende Frustration und Demotivation bei der Lehrerschaft. Bei einer allfälligen Übergangslösung (vorübergehende Einstufung aller Hauptlehrer in die Lohnklasse 22) müssten bei deren Auslaufen die finanziellen Opfer wiederum von Lehrkräften des mittleren Alters erbracht werden. Diesbezüglich müssen situationsspezifische Lösungen i. S. von Abbau des Leistungsangebots, Änderung von Schülerbeiträgen, Übergangslösungen für benachteiligte Angestelltengruppen usw. durch die Schulleitungen gefunden werden. Das ist jedoch nur möglich, wenn sie ihre Führungsverantwortung in organisatorischer und finanzieller Hinsicht vollständig wahrnehmen kann. Organisationsveränderungen in Bildungsinstitutionen gehören aufgrund der zu erwartenden Widerstände zu einer der schwierigsten Führungsaufgaben. Ein schrittweises Vorgehen mit starkem Einbezug der Lehrerschaft in die Lösungsfindung ist eine unabdingbare Voraussetzung für das Gelingen einer Reorganisation.

5.4.2.3

Matrixorganisation

Dieȱ Matrixorganisationȱ istȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ undȱ auchȱ inȱ derȱ privatenȱ Wirtschaftȱ inȱ expliziterȱ Formȱ nichtȱ sehrȱ weitȱ verbreitet.ȱ Diesȱ erklärtȱ sichȱ u.ȱa.ȱ wegenȱ derȱ hohenȱAnforderungenȱ anȱ dieȱ OrȬ ganisationsmitglieder.ȱ Impliziteȱ Matrixstrukturenȱ mitȱ sichȱ überlaȬ gerndenȱ KommunikationsȬȱ undȱ Weisungsebenenȱ existierenȱ jedochȱ häufiger.ȱImȱGegensatzȱzurȱfunktionalenȱundȱdivisionalenȱOrganisaȬ tionȱfolgtȱdieȱMatrixȱdemȱMehrlinienprinzip.ȱȱ

MehrlinienȬ prinzipȱ

Dieȱ Organisationseinheitenȱ innerhalbȱ einerȱ Rahmenstruktur nachȱ demȱ Matrixprinzipȱ unterliegenȱ denȱ spezifischenȱ WeiȬ sungsbefugnissenȱvonȱzweiȱübergeordnetenȱStellenȱundȱwerȬ denȱ nachȱ einemȱ zweidimensionalenȱ Gliederungsprinzipȱ strukturiert.ȱ ȱ DieȱZweidimensionalitätȱentstehtȱdurchȱdieȱÜberlagerungȱeinesȱverȬ tikalenȱundȱeinesȱhorizontalenȱLeistungssystems.ȱDiesesȱnimmtȱv.ȱa.ȱ dieȱfolgendenȱAusprägungenȱan:ȱ ȱ

281ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

„ Funktionȱ–ȱFunktionȱ(Finanzen,ȱPersonalȱusw.)ȱ „ Funktionȱ–ȱObjektȱ(Kunden,ȱProduktȱusw.)ȱ „ Funktionȱ–ȱRegionȱ „ Objektȱ–ȱRegionȱȱ Kompetenzȱ wichtigerȱalsȱ formaleȱ Autoritätȱ

Beiȱ öffentlichenȱ Verwaltungenȱ istȱ amȱ ehestenȱ anȱ eineȱ Kombinationȱ vonȱ Funktionsbereichenȱ undȱ Objektdimensionenȱ i.ȱS.ȱ vonȱ ProduktȬ gruppenȱzuȱdenken.ȱEineȱÄhnlichkeitȱzurȱdivisionalenȱOrganisationȱ bestehtȱtrotzȱderȱunterschiedlichenȱAnordnungȱdieserȱzweiȱDimenȬ sionen.ȱBeiȱderȱMatrixorganisationȱsindȱaberȱdieȱinȱeinerȱdivisionaȬ lenȱ Organisationȱ inȱ Zentralabteilungenȱ zusammengefasstenȱ FunkȬ tionenȱ gegenüberȱ denȱ Objektdimensionenȱ gleichberechtigtȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 39ȱ sowieȱ dieȱ Fallstudieȱ Bundesamtȱ fürȱ Landestopographieȱ swisstopo).ȱDasȱheißtȱkeineswegs,ȱdassȱjeweilsȱbeideȱInstanzenȱdieȬ selbenȱ Kompetenzenȱ besitzenȱ müssen.ȱDieȱ eineȱ Instanzȱistȱ z.ȱB.ȱ fürȱ fachlicheȱ Lösungenȱ undȱ denȱ Personaleinsatzȱ zuständig,ȱ dieȱ andereȱ Instanzȱ hatȱ dieȱ Kompetenzȱ fürȱ dieȱ strikteȱ Einhaltungȱ vonȱ TerminȬȱ undȱKostenvorgaben.ȱEineȱgleichwertigeȱStellungȱundȱEinbringungȱ vonȱ spezifischemȱ Wissenȱ undȱ Erfahrungenȱ sollȱ jedochȱ einenȱ umȬ sichtigenȱ Willenbildungsprozessȱ ermöglichen,ȱ beiȱ demȱ fachlicheȱ KompetenzȱundȱÜberzeugungskraftȱmehrȱGewichtȱhabenȱalsȱformaȬ leȱAutoritätȱ(vgl.ȱBea/Göbelȱ2006:ȱ395ȱff.).ȱȱ

Abbildungȱ39ȱ

Matrixorganisationȱȱ

Leitung Marketing

Finanzen & Controlling

Personal

Objektdimension

Gesundheit & Fürsorge Bildung

Polizei

Weitere Politikfelder

282ȱ

Recht

Verrichtungsdimension (Funktionen)

ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

Dieȱ Matrixorganisationȱ istȱ koordinationsaufwändig,ȱ fördertȱ jedochȱ dieȱ Selbstregelungȱ vonȱ Problemenȱ zwischenȱ denȱ horizontalenȱ undȱ vertikalenȱ Dimensionen.ȱ Diesȱ erfordertȱ eineȱ hoheȱ KonfliktaustraȬ gungsbereitschaftȱ beiȱ denȱ betroffenenȱ Personenȱ undȱ dieȱ EntwickȬ lungȱvonȱentsprechendenȱSozialkompetenzenȱfürȱeineȱkonfliktträchȬ tige,ȱaberȱproduktiveȱZusammenarbeitȱzwischenȱdenȱInstanzen.ȱ

KonfliktȬ austragungsȬ bereitschaftȱ

Matrixstrukturenȱ eignenȱ sichȱ beiȱ abgrenzbarenȱ Produktbereichen,ȱ dieȱaberȱaufȱgemeinsameȱRessourcenȱzurückgreifenȱsowieȱbeiȱeinerȱ Organisationsumwelt,ȱdieȱsichȱinȱdenȱrelevantenȱUmweltsegmentenȱ häufigȱ undȱ starkȱ ändert.ȱ Dasȱ Überlappenȱ vonȱ klarȱ abgrenzbarenȱ vertikalenȱ undȱ horizontalenȱ Bereichenȱ ermöglichtȱ eineȱ teamorienȬ tierteȱ undȱ relativȱ hierarchiefreieȱ Zusammenarbeitȱ derȱ MatrixpartȬ ner.ȱFallsȱdieseȱkooperieren,ȱerhöhenȱsieȱihrenȱHandlungsspielraumȱ gegenüberȱderȱvorgesetztenȱInstanz.ȱEineȱeffizienteȱ(SelbstȬ)KoordiȬ nationȱderȱMatrixpartnerȱwiederumȱerfordertȱeineȱsehrȱtransparenteȱ undȱ offeneȱ Informationskultur,ȱ damitȱ keineȱ InformationsasymmeȬ trienȱzwischenȱObjektȬȱundȱVerrichtungsdimensionenȱentstehen.ȱ

Dynamischeȱ Umweltȱ

Wirdȱ inȱ staatlichenȱ Institutionenȱ dieȱ Objektdimensionȱ nachȱ ProȬ duktgruppenȱ oderȱ Leistungsabnehmernȱ gegliedert,ȱ dannȱ kannȱ einȱ bewussterȱSchwerpunktȱaufȱdieȱKundenorientierungȱgelegtȱwerden,ȱ indemȱauchȱdieȱVerrichtungsdimensionenȱinȱdenȱgemeinsamenȱEntȬ scheidungsprozessenȱmitȱeinerȱaufȱdieȱLeistungsabnehmerȱgerichteȬ tenȱPerspektiveȱkonfrontiertȱwerden.ȱZudemȱobliegtȱdenȱLeiternȱderȱ Objektdimensionenȱ dieȱ Verantwortungȱ fürȱ produktbezogeneȱ ResȬ sourcenȱundȱFinanzen.ȱ Insgesamtȱ istȱ dieȱ Matrixorganisationȱ eineȱ aufwändigeȱ undȱ anȬ spruchsvolleȱ Strukturierungsalternativeȱ (vgl.ȱ ausführlicherȱ Thomȱ 1990b).ȱ Fürȱ staatlicheȱ Institutionen,ȱ welcheȱ bisherȱ nachȱ einemȱ eherȱ starren,ȱ eindimensionalenȱWeisungssystemȱ organisiertȱ waren,ȱ stelltȱ dieȱ Einführungȱ vonȱ Matrixstrukturenȱ eineȱ großeȱ Herausforderungȱ dar.ȱVorȱeinemȱsolchenȱSchrittȱsolltenȱdieȱerforderlichenȱKompetenȬ zenȱ (Gradȱ derȱ „MatrixȬReife“)ȱ analysiertȱ undȱ überȱ einȱ vorausgeȬ hendesȱOrganisationsȬȱundȱTeamentwicklungsprogrammȱvermitteltȱ werden.ȱFürȱdieȱBesetzungȱneuerȱPositionenȱinȱdenȱMatrixdimensiȬ onenȱbedarfȱesȱidealerweiseȱeinerȱlängerenȱVorlaufzeit.ȱ

MatrixȬReife

DieȱwesentlichenȱVorȬȱundȱNachteileȱderȱMatrixorganisationȱsindȱinȱ derȱfolgendenȱTabelleȱenthalten.ȱȱ ȱ

283ȱ

5 Tabelleȱ15ȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

VorȬȱundȱNachteileȱderȱMatrixorganisationȱ Vorteile

Nachteile

í Umfassende Problemlösung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Standpunkte

í Gefahr von Kompetenzkonflikten und Machtkämpfen aufgrund schwieriger Kompetenzabgrenzungen

í Erhöhung der Wahrscheinlichkeit von kreativen und innovativen Lösungen

í Hohe Informationsverarbeitungskapazität erforderlich

í Kürzere und direktere Kommunikationswege

í Gefahr von widersprüchlichen oder eindimensionalen Weisungen

í Flexible Anpassungsfähigkeit an die Kunden- und Wettbewerbserfordernisse, ohne dass die Grundstruktur modifiziert werden muss

í Gefahr von langwierigen Entscheidfindungsprozessen wegen der zahlreichen Schnittstellen

í Vielfältige Möglichkeiten der Personalentwicklung; guter Nährboden für Durchlässigkeit und innerbetriebliche Mobilität í Förderung von Teamentscheidungen und Mitarbeiterpartizipation í Entlastung der obersten Leitung durch Entscheidungsdelegation auf Matrixpartner

í Bürokratisierungstendenzen durch komplexe Organisationsform und formalisierte Absicherung für Konfliktsituationen í Gefahr der Verantwortungsabschiebung bei Fehlentscheiden und Misserfolgen; Fehler können auf beide Dimensionen zurückwirken í Großer Bedarf an qualifizierten Führungskräften

í Nutzung von Spezialistenwissen í Förderung der Sachkompetenz im Gegensatz zur formalen Autorität

5.4.3 AblaufȬ organisationȱ

284ȱ

Prozessorganisation

Imȱ Gegensatzȱ zuȱ denȱ dreiȱ vorherȱ beschriebenenȱ OrganisationsforȬ men,ȱwelcheȱinzwischenȱalleȱalsȱtraditionelleȱundȱbewährteȱKonzepȬ teȱderȱAufbauorganisationȱgelten,ȱrücktȱdieȱProzessorganisationȱdieȱ langeȱ Zeitȱ inȱ denȱ Hintergrundȱ gedrängteȱ Ablauforganisationȱ insȱ Zentrumȱ derȱ organisatorischenȱ Gestaltung.ȱ Imȱ Vergleichȱ zuȱ denȱ bisherigenȱStrukturierungsalternativenȱfälltȱauf,ȱdassȱdieȱProzessorȬ ganisationȱdieȱLieferantenȱundȱdieȱLeistungsabnehmerȱinȱdasȱOrgaȬ nigrammȱ integriertȱ undȱkonsequentȱ eineȱ Orientierungȱ nachȱ beidenȱ „Grenzpunkten“ȱdesȱeigenenȱSystemsȱverfolgtȱ(vgl.ȱAbb.ȱ40ȱundȱdieȱ FallstudieȱBundesamtȱfürȱLandestopographie).ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4 Abbildungȱ40ȱ

Prozessorganisationȱ

Führungsprozesse

„Kunden“

„Lieferanten“

Kernprozess 1

Kernprozess 2

Kernprozess 3 Komp.zentrum

Komp.zentrum

Supportprozesse (Personal, Finanzen, Recht)

ȱ

AufgrundȱihrerȱAktualitätȱwirdȱimȱFolgendenȱausführlicherȱaufȱdieȱ Gestaltungȱ derȱ Prozessorganisationȱ eingegangen.ȱ Geradeȱ fürȱ InstiȬ tutionenȱdesȱöffentlichenȱBereichsȱeignetȱsichȱdieȱProzessorganisatiȬ onȱ sehrȱ gut,ȱdaȱ sieȱ dreiȱSchwerpunkteȱverfolgt,ȱdieȱbisherȱ nichtȱ imȱ MittelpunktȱderȱVerwaltungsführungȱstanden,ȱausȱeinerȱPublicȱMaȬ nagementȬPerspektiveȱaberȱalsȱnotwendigȱerachtetȱwerden:ȱȱ

„ AufhebungȱderȱbisherȱfunktionsbezogenenȱArbeitsteilungȱdurchȱ Bündelungȱ einerȱ Tätigkeitsfolge,ȱ dieȱ einenȱ Nutzenȱ fürȱ Interneȱ oderȱ Externeȱ erbringt,ȱ sowieȱ Aufgabenerfüllungȱ durchȱ TeamȬ strukturenȱ

„ StrikteȱAbleitungȱ derȱ Prozessinhalteȱ ausȱ denȱ strategischenȱ ZielȬ setzungenȱ

„ SchaffungȱvonȱEinheitenȱmitȱderȱVerantwortungȱfürȱdieȱgesamteȱ LeistungsketteȱvomȱLieferantenȱbisȱzumȱKundenȱ DiesȱwidersprichtȱdenȱoftȱbeklagtenȱverwaltungstypischenȱMerkmaȬ lenȱ derȱ horizontalenȱ Arbeitsteilungȱ beiȱ gleichzeitigȱ starrerȱ HierarȬ chie,ȱderȱfehlendenȱZielorientierung,ȱderȱ„organisiertenȱVerantworȬ tungslosigkeit“ȱundȱderȱmangelndenȱKundenorientierung.ȱInsofernȱ istȱ dieȱ Prozessorganisationȱ einȱ geeignetesȱ Konzeptȱ fürȱ denȱ AbȬ schlussȱ einesȱ erfolgreichenȱ organisatorischenȱ Wandelsȱ inȱ öffentliȬ chenȱInstitutionen.ȱInȱdenȱfolgendenȱAbschnittenȱwerdenȱdieȱzentraȬ

Förderungȱdesȱ organisationaȬ lenȱWandelsȱ

285ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

lenȱ Elementeȱ derȱ Prozessdefinition,ȱ Prozessstrukturierungȱ undȱ derȱ ProzessträgerȱzurȱGestaltungȱderȱProzessorganisationȱerläutert.ȱ 5.4.3.1

Prozessdefinition

BeiȱderȱProzessdefinitionȱgehtȱesȱumȱdieȱAuswahlȱundȱAbgrenzungȱ derȱ unterschiedlichenȱ Prozesse,ȱ dieȱ einenȱ Nutzenȱ fürȱ denȱ LeisȬ tungsabnehmerȱ erzeugen.ȱTätigkeitsbereiche,ȱ dieȱ keinenȱ LeistungsȬ empfängerȱ(wederȱeinenȱinternenȱnochȱeinenȱexternen)ȱkennen,ȱsollȬ tenȱmöglichstȱbaldȱaufgehobenȱwerden.ȱȱ Strategischeȱ GeschäftsfeldȬ analyseȱ

Derȱ Prozessdefinitionȱ gehtȱ eineȱ strategischeȱ Geschäftsfeldanalyseȱ voraus,ȱ welcheȱ aufgrundȱ derȱ übergeordnetenȱ politischenȱ ZielsetȬ zungenȱdieȱAusrichtungȱderȱVerwaltungstätigkeitenȱimȱspezifischenȱ Politikfeldȱ festlegt,ȱ worausȱ dieȱ Kernaufgabenȱ undȱ Ȭleistungenȱ derȱ Organisationȱbestimmtȱwerden.ȱÄhnlichȱwieȱbeiȱderȱErmittlungȱderȱ strategischenȱ Relevanzȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Leistungstiefenanalyseȱ beȬ ziehenȱ sichȱ dieseȱ Kernaufgabenȱ aufȱ dieȱ angestrebtenȱ Wirkungen,ȱ welcheȱ durchȱ dasȱ Verwaltungshandelnȱ erreichtȱ werdenȱ sollen.ȱ InȬ nerhalbȱ derȱ Institutionȱ werdenȱ nunȱ diejenigenȱ Aktivitäten,ȱ welcheȱ vomȱInputȱbisȱzumȱOutputȱzusammenhängenȱundȱeinenȱeigenstänȬ digenȱ Beitragȱ zuȱ denȱ beabsichtigtenȱ Gesamtwirkungenȱ derȱ InstituȬ tionȱ leisten,ȱ zuȱ Prozessenȱ gebündelt.ȱ Dieseȱ wichtigstenȱ LeistungsȬ prozesse,ȱ welcheȱ primärȱ zurȱ Erreichungȱ derȱ Zieleȱ undȱ Wirkungenȱ beitragen,ȱ sindȱ dieȱ Kernprozesse.ȱ Eineȱ Organisationȱ bestehtȱ jedochȱ immerȱ ausȱ mehrerenȱ unterschiedlichenȱ Prozessen,ȱ dieȱ nichtȱ alleȱ gleichȱ aufȱ dasȱ Leistungsergebnisȱ einwirken.ȱ Imȱ Folgendenȱ werdenȱ deshalbȱFührungsȬ,ȱKernȬȱundȱSupportprozesseȱunterschieden.ȱȱ

FührungsȬ prozesseȱ

DieȱbisherigeȱLiteraturȱzurȱProzessorganisationȱbeschränkteȱsichȱaufȱ dieȱ Entwicklungȱ vonȱ KernȬȱ undȱ Supportprozessen.ȱ Wirdȱ davonȱ ausgegangen,ȱ dassȱ dieȱ Führungsarbeitȱ einenȱ entscheidendenȱ StelȬ lenwertȱinȱjederȱInstitutionȱeinnimmt,ȱsichȱaberȱnurȱindirektȱaufȱdieȱ Leistungsabnehmerȱ derȱ Institutionȱ i.ȱS.ȱ derȱ Kernprozesseȱ beziehtȱ undȱ aufgrundȱ ihrerȱ Wichtigkeitȱ auchȱ nichtȱ denȱ Supportprozessenȱ zugeordnetȱ werdenȱ sollte,ȱ dannȱ erscheintȱ dieȱ Entwicklungȱ vonȱ eiȬ genständigenȱ Führungsprozessenȱ alsȱ einȱ zwingendesȱ Elementȱ derȱ Prozessorganisation.ȱȱ Derȱ Führungsprozessȱ setztȱ sichȱ ausȱ strategischenȱ undȱ operativenȱ Tätigkeitenȱzusammen.ȱEntsprechendȱwerdenȱimȱWeiterenȱstrategiȬ scheȱundȱoperativeȱFührungsprozesseȱunterschieden,ȱwobeiȱerstereȱ dieȱstrategischeȱPlanungȱundȱletztereȱdieȱStrategieumsetzungȱsowieȱ Ȭkontrolleȱbeinhaltenȱ(vgl.ȱKühn/Grünigȱ2000:ȱ61ȱf.ȱundȱKapitelȱ2).ȱȱ

286ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

Führungsprozesseȱ gewährleistenȱ inȱ ersterȱ Linieȱ dieȱ Steuerungȱ derȱ öffentlichenȱInstitutionȱhinsichtlichȱderȱErhaltungȱundȱEntwicklungȱ ihrerȱlangfristigenȱErfolgspotenziale.ȱDerȱstrategischeȱFührungsproȬ zessȱwidmetȱsichȱderȱEntwicklungȱderȱGesamtstrategieȱderȱInstitutiȬ on,ȱdenȱeinzelnenȱPolitikȬȱoderȱGeschäftsfeldstrategien,ȱderȱstrategiȬ schenȱWeiterentwicklungȱderȱprozessübergreifenden,ȱzentralenȱSupȬ portfunktionenȱ undȱ denȱ erforderlichenȱ Ressourcen.ȱ Folgendeȱ AufȬ gabenbereicheȱ werdenȱ imȱ Rahmenȱ desȱ strategischenȱ FührungsȬ prozessesȱ(vgl.ȱGerberȱ1999:ȱ13ȱff.)ȱbearbeitet:ȱdieȱVisionsȬ,ȱLeitbildȬ,ȱ Strategieentwicklungȱ fürȱ dieȱ Gesamtinstitution,ȱ dieȱ Aushandlungȱ derȱ Leistungskontrakte,ȱ dieȱ Erarbeitungȱ derȱ Personalpolitikȱ undȱ Zielfestlegungȱ fürȱ dieȱ Personalauswahlȱ undȱ Ȭentwicklungȱ beiȱ FühȬ rungskräften,ȱ dieȱ langfristigeȱ Ressourcenplanungȱ sowieȱ dieȱ KomȬ munikationȱmitȱinternenȱundȱexternenȱAnspruchsgruppen.ȱ

Entwicklungȱ vonȱErfolgsȬ potenzialenȱ

DieȱoperativenȱFührungsprozesseȱübernehmenȱdieȱUmsetzungȱundȱ ÜberwachungȱderȱinȱdenȱstrategischenȱFührungsprozessenȱgefälltenȱ EntscheideȱundȱdieȱdarausȱfolgendenȱTätigkeiten.ȱFürȱdieȱStrategieȬ umsetzungȱ sindȱ zweiȱ Aufgabenkomplexeȱ notwendig,ȱ umȱ dieȱ geȬ plantenȱZieleȱinȱderȱInstitutionȱzuȱverankern.ȱEinerseitsȱgehtȱesȱumȱ dieȱ Realisierungȱ derȱ strategischenȱ Planungȱ durchȱ Konkretisierungȱ derȱZieleȱinȱPlänen,ȱstrategischenȱProgrammen,ȱProjektenȱoderȱVerȬ einbarungenȱ fürȱ dieȱ operativeȱ Führung,ȱ d.ȱh.ȱ dieȱ Umsetzungȱ undȱ FormulierungȱvonȱSachzielenȱ(„Was“?)ȱstehenȱimȱVordergrund.ȱAnȬ dererseitsȱ müssenȱ dieȱ Strategienȱ imȱ Rahmenȱ derȱ StrategieimpleȬ mentierungȱ überȱ Führungsinstrumenteȱ undȱ überȱ dieȱ interaktiveȱ Personalführungȱ denȱ Mitarbeitendenȱ vermitteltȱ werden.ȱ Diesȱ geȬ schiehtȱdurchȱdenȱEinsatzȱvonȱFührungsmittelnȱi.ȱS.ȱderȱZielvereinȬ barung,ȱ durchȱ strategiebezogenesȱ Führungsverhaltenȱ undȱ durchȱ Programmeȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Personalentwicklung,ȱ OrganisationsȬ entwicklungȱusw.ȱHierȱstehtȱalsoȱdasȱ„Wie“ȱderȱTransformationȱvonȱ strategischenȱZielenȱzuȱdenȱMitarbeitendenȱimȱZentrum.ȱDazuȱkomȬ menȱnochȱdieȱAufgabenȱderȱstrategischenȱKontrolle.ȱDieseȱgeschiehtȱ anhandȱ einerȱ regelmäßigenȱ Prämissenkontrolleȱ zurȱ Überprüfungȱ derȱAnnahmen,ȱwelcheȱangesichtsȱderȱsichȱwandelndenȱpolitischen,ȱ ökonomischenȱ undȱ gesellschaftlichenȱ Umsystemeȱ denȱ formuliertenȱ StrategienȱzuȱGrundeȱliegen.ȱDanebenȱistȱeineȱpunktuelleȱÜberprüȬ fungȱderȱMeilensteineȱstrategischerȱProgrammeȱsowieȱeineȱkontinuȬ ierlicheȱ Überwachungȱ derȱ Veränderungenȱ inȱ denȱ relevantenȱ UmȬ weltsegmentenȱnotwendigȱ(vgl.ȱKühn/Grünigȱ2000:ȱȱ63ȱff.).ȱ

OperativeȱFühȬ rungsprozesseȱ

ZuȱdenȱoperativenȱFührungsprozessenȱgehörenȱu.ȱa.:ȱ

„ Zielformulierungȱ fürȱ dieȱ einzelnenȱ Geschäftsfeldstrategienȱ undȱ Planerstellungȱ

287ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

„ ProgramminitialisierungȱzurȱStrategieumsetzung,ȱz.ȱB.ȱinnerhalbȱ desȱjährlichenȱLeistungskontraktesȱ

„ Budgetprozess,ȱBerichtswesenȱundȱControllingȱ „ WirkungsprüfungenȱundȱEvaluationsprogrammeȱ „ Erstellungȱ vonȱ AuswahlȬ,ȱ BeurteilungsȬȱ undȱ EntwicklungsproȬ grammenȱimȱPersonalbereichȱ DieȱFührungsprozesseȱwerdenȱdurchȱdieȱGeschäftsleitungȱgesteuertȱ undȱ dienenȱ alsȱ Wegweiserȱ fürȱ dieȱ imȱ Folgendenȱ beschriebenenȱ KernȬȱundȱSupportprozesse.ȱ Kernprozesseȱ

DasȱMerkmalȱvonȱKernprozessenȱbestehtȱinȱderenȱdirekterȱAusrichȬ tungȱ aufȱ dieȱ inȱ denȱ Führungsprozessenȱ festgelegtenȱ strategischenȱ Ziele.ȱKernprozesseȱwerdenȱdurchȱeineȱzusammengehörigeȱAbfolgeȱ vonȱ Aktivitätenȱ gebildet,ȱ dieȱ aufȱ einȱ bestimmtesȱ Kundensegmentȱ ausgerichtetȱsind.ȱOsterloh/FrostȱempfehlenȱeineȱBeschränkungȱaufȱ wenige,ȱ robusteȱ Kernprozesse,ȱ dieȱ jeȱ nachȱ Artȱ derȱ Institutionȱ dieȱ Anzahlȱ fünfȱ bisȱ achtȱ nichtȱ überschreitenȱ sollteȱ (vgl.ȱ Osterloh/Frostȱ 2006:ȱ36ȱff.).ȱȱ

KernȬ kompetenzenȱ alsȱBasisȱ

DieȱKernprozesseȱbasierenȱaufȱdenȱKernkompetenzenȱeinerȱöffentliȬ chenȱ Institution,ȱ welcheȱ dieseȱ benötigt,ȱ umȱ dieȱ ihrȱ demokratischȱ übertragenenȱAufgabenȱzurȱErreichungȱdesȱöffentlichenȱNutzensȱzuȱ erfüllen.ȱ Folgendeȱ Eigenschaftenȱ zeichnenȱ dieȱ Kernkompetenzenȱ einerȱöffentlichenȱInstitutionȱausȱ(vgl.ȱHunzikerȱ1999:ȱ150ȱff.):ȱ

„ Spezifitätȱ (vgl.ȱ dazuȱ dieȱ Ausführungenȱ imȱ Rahmenȱ derȱ LeisȬ tungstiefeȱinȱdiesemȱKapitel).ȱ

„ NichtȬSubstituierbarkeit:ȱ Dieȱ Kernprozesseȱ könnenȱ kaumȱ durchȱ anderweitigeȱProzesseȱersetztȱwerden.ȱ

„ NichtȬImitierbarkeit:ȱ Dieȱ fürȱ dieȱ öffentlicheȱ Institutionȱ spezifiȬ schenȱ Arbeitsprozesseȱ lassenȱ sichȱ nichtȱ leichtȱ undȱ schonȱ garȱ nichtȱkurzfristigȱvonȱanderenȱLeistungsanbieternȱnachahmen.ȱ

„ Politikrelevanterȱ öffentlicherȱ Zusatznutzen:ȱ Kernkompetenzenȱ ermöglichenȱdieȱErstellungȱvonȱLeistungen,ȱdieȱeineȱgesellschaftȬ licheȱ Wertschöpfungȱ bewirken,ȱ fürȱ welcheȱ dieȱ politischȱ legitiȬ miertenȱ Organeȱ bereitȱ sind,ȱ Staatsgelderȱ zurȱ Verfügungȱ zuȱ stelȬ len.ȱ Kernprozesseȱ könnenȱ sowohlȱ eineȱ LeistungsȬ,ȱ RegulierungsȬȱ alsȱ auchȱ Umverteilungsfunktionȱ bezweckenȱ undȱ sindȱ jeȱ nachȱ PolitikȬ feldȱundȱArtȱderȱöffentlichenȱInstitutionȱverschieden.ȱSieȱrechtfertiȬ genȱletztlich,ȱdassȱeineȱstaatlicheȱSteuerungȱdesȱProzessesȱaufgrundȱ

288ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

obenȱ genannterȱ Merkmaleȱ notwendigȱ istȱ (vgl.ȱ auchȱ dieȱ früherenȱ AusführungenȱzurȱstrategischenȱRelevanz,ȱKapitelȱ5.2.1.2).ȱ SupportprozesseȱkönnenȱmitȱdenȱQuerschnittsfunktionenȱeinerȱOrȬ ganisationȱ verglichenȱ werden.ȱ Jedochȱ wirdȱ auchȱ hierȱ dieȱ fürȱ dieȱ Prozessorganisationȱ charakteristischeȱ Kundenausrichtungȱ inȱ dieseȱ unterstützendenȱProzesseȱeinbezogen.ȱSupportprozesseȱhabenȱdemȬ zufolgeȱihreȱLeistungsabnehmerȱi.ȱS.ȱinternerȱKundenȱinnerhalbȱderȱ Institution.ȱSieȱkönnenȱjeȱnachȱUnternehmenspolitikȱauchȱvonȱexterȬ nenȱAnbieternȱeingekauftȱwerdenȱ(z.ȱB.ȱPersonaladministration,ȱInȬ formatik,ȱRechtsberatungȱusw.).ȱDennochȱsollteȱvorȱallfälligenȱAusȬ lagerungsentscheidenȱ sorgfältigȱ geprüftȱ werden,ȱ obȱ dieȱ AufgabenȬ wahrnehmungȱinnerhalbȱderȱInstitutionȱnichtȱsinnvollerȱoderȱunterȱ EinbezugȱderȱKoordinationskostenȱnichtȱkostengünstigerȱwäre.ȱEinȱ zentralesȱEntscheidungskriteriumȱimȱ Rahmenȱ derȱProzessorganisaȬ tionȱ istȱ dieȱ Näheȱ zuȱ direktȱ kundenrelevantenȱ Elementenȱ derȱ KernȬ prozesse.ȱDarüberȱhinausȱtragenȱsieȱzuȱeinemȱproblemlosenȱNebenȬ einanderȱundȱreibungslosenȱAblaufȱinnerhalbȱderȱKernprozesseȱbei.ȱ

SupportȬ prozesseȱ

InȱderȱPraxisȱzeigtȱsich,ȱdassȱzurȱWahrnehmungȱwichtigerȱFunktioȬ nenȱ oftȱ sog.ȱ Kompetenzzentrenȱ eingerichtetȱ werden.ȱ Ähnlichȱ wieȱ beiȱ einerȱ Matrixorganisationȱ überlagernȱ sichȱ hierȱ eineȱ funktionaleȱ undȱ eineȱ objektbezogeneȱ Strukturdimension.ȱ Dieȱ KompetenzzentȬ renȱ dienenȱ derȱ Spezialisierungȱ aufȱ einzelneȱ Inhalteȱ desȱ LeistungsȬ prozesses.ȱ Dazuȱ könnenȱz.ȱ B.ȱ dieȱ Forschungȱundȱ Entwicklung,ȱdasȱ MarketingȱoderȱgeradeȱfürȱöffentlicheȱInstitutionenȱauchȱdieȱrechtliȬ chenȱBelangeȱgehören.ȱImȱGegensatzȱzuȱdenȱFunktionszentrenȱeinerȱ MatrixȬȱoderȱSpartenorganisationȱistȱesȱhierȱaberȱnichtȱerforderlich,ȱ dassȱeinȱKompetenzzentrumȱausȱeinemȱfestenȱMitarbeiterstammȱbeȬ stehtȱ undȱ dieserȱ alleineȱ dasȱ Spezialwissenȱ generiert.ȱ Dieȱ Eigenheitȱ bestehtȱ geradeȱ darin,ȱ dassȱ Personenȱ ausȱ denȱ Kernprozessenȱ auchȱ AufgabenȱinnerhalbȱdesȱKompetenzzentrumsȱwahrnehmenȱkönnenȱ undȱsoȱeineȱVerknüpfungȱderȱKundenorientierungȱmitȱderȱSpezialiȬ sierungȱ stattfindenȱ kann.ȱ Kompetenzzentrenȱ bildenȱ alsoȱ zugleichȱ auchȱ Ausbildungsstättenȱ fürȱ Personenȱ ausȱ denȱ Kernprozessen.ȱ Imȱ GegenzugȱdazuȱkönnenȱfestȱMitarbeitendeȱausȱdenȱKompetenzzentȬ renȱ inȱ denȱ ProzessȬTeamsȱ neueȱ undȱ kundenbezogeneȱ Erfahrungenȱ sammelnȱ(vgl.ȱOsterloh/Frostȱ2006:ȱ220ȱff.).ȱDieȱLeitungȱdesȱKompeȬ tenzzentrumsȱkannȱentwederȱvonȱeinerȱPersonȱmitȱnurȱdiesemȱAufȬ gabenbereichȱ oderȱ einemȱ Mitarbeitendenȱ ausȱ einemȱ Kernprozessȱ wahrgenommenȱwerden.ȱ

KompetenzȬ zentrenȱ

289ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

5.4.3.2

Prozessstrukturierung

Gefahrȱderȱ StrukturȬ übernahmeȱ

DieȱArtȱ undȱ Weise,ȱ wieȱ Prozesseȱ letztlichȱ unterteiltȱ undȱ aufgebautȱ werden,ȱstelltȱsichȱalsȱeineȱderȱHauptschwierigkeitenȱinnerhalbȱderȱ Prozessorganisationȱheraus.ȱDieȱGefahrȱliegtȱnahe,ȱdassȱdieȱbisheriȬ geȱ Abteilungsstrukturȱ inȱ eineȱ neue,ȱ prozessorientierteȱ Strukturȱȱ übertragenȱ wird,ȱ alsoȱ z.ȱ B.ȱ dassȱ eineȱ Spartenorganisationȱ „umȱ 90ȱ Gradȱ gedreht“ȱ undȱ alsȱ Prozessorganisationȱ benanntȱ wird.ȱ Zurȱ UnȬ terteilungȱ derȱ Kernprozesseȱ schlagenȱ Osterloh/Frostȱ eineȱ SegmenȬ tierungȱ entwederȱ nachȱ Funktionen,ȱ Komplexitätsgradenȱ oderȱ nachȱ Kundengruppenȱvorȱ(vgl.ȱOsterloh/Frostȱ2006:ȱ52ȱff.).ȱȱ

DreiȱSegmentieȬ rungsartenȱ

Dieȱ funktionaleȱ Segmentierungȱ unterteiltȱ denȱ Kernprozessȱ inȱ ProȬ zesselementeȱi.ȱS.ȱderȱfunktionalenȱOrganisationȱ(Mittelbeschaffung,ȱ Ȭentwicklung,ȱ Ȭverwaltungȱ undȱ Ȭbereitstellung).ȱ Diesȱ entsprichtȱ amȱ ehestenȱ demȱ eigentlichenȱ Prozessgedankenȱ einerȱ Leistungsketteȱ vomȱ Lieferantenȱ bisȱ zumȱ Leistungsabnehmer.ȱ Eineȱ Segmentierungȱ nachȱ Komplexitätsgradenȱ unterscheidetȱ zwischenȱ Teilprozessen,ȱ welcheȱunterschiedlichȱschwerȱdurchzuführenȱsind.ȱDarausȱergebenȱ sichȱ z.ȱ B.ȱ komplexe,ȱ mittelschwereȱ undȱ routinemäßigeȱ Prozesse.ȱ Dieseȱ Varianteȱ eignetȱ sichȱ u.ȱa.ȱ beiȱ einerȱ Versicherungskasseȱ oderȱ einemȱ Sozialamt,ȱ welcheȱ unterschiedlicheȱ Schwierigkeitsgradeȱ derȱ Fallbearbeitungȱ kennen.ȱ Dieȱ Prozessmitarbeitendenȱ müssenȱ entȬ sprechendeȱFähigkeitenȱbesitzen,ȱumȱdieȱjeweiligeȱArtȱderȱFälleȱbeȬ arbeitenȱzuȱkönnen.ȱDieȱSegmentierungȱnachȱKundengruppenȱoderȱ LeistungsbereichenȱistȱeineȱinȱderȱPraxisȱhäufigȱgewählteȱAlternatiȬ ve.ȱ Hierȱ kommtȱ dieȱ Kundenorientierungȱ derȱ Prozessorganisationȱ amȱ stärkstenȱ zumȱ Ausdruck,ȱ indemȱ dieȱ Bearbeitungsteamsȱ einesȱ Kernprozessesȱ jeweilsȱ eineȱ Kundengruppeȱ oderȱ einenȱ kundenausȬ gerichtetenȱLeistungsȬ/Produktbereichȱverfolgen.ȱSoȱkannȱderȱKernȬ prozessȱ„Baubewilligung“ȱeinerȱBaubehördeȱinȱdieȱTeilprozesseȱderȱ Wohnhäuserȱ undȱ Industriebautenȱ unterteiltȱ werden.ȱAbbildungȱ 41ȱ zeigtȱdieȱmöglichenȱStrukturierungsalternativen.ȱ

290ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4 Abbildungȱ41ȱ

StrukturierungȱvonȱProzessenȱ(nachȱOsterloh/Frostȱ2006:ȱ52ȱff.)ȱ

Kernprozess

Leistungsbereitstellung

Leistungsverwaltung

Leistungsbeschaffung

Teilprozesse

Funktionale Segmentierung

Komplexe Fälle

Kunden-, Produktgruppe A

Mittelschwere Fälle

Kunden-, Produktgruppe B

Routinefälle

Kunden-, Produktgruppe C

Segmentierung nach Komplexitätsgrad

Segmentierung nach Kunden- oder Produktgruppen

ȱ

Dieȱ dritteȱ Varianteȱ derȱ Prozessstrukturierungȱ nachȱ ProduktȬȱ oderȱ KundengruppenȱdientȱderȱSchaffungȱvonȱTransparenzȱinȱderȱöffentȬ lichenȱ Leistungserstellung.ȱ Diesȱ geschiehtȱ v.ȱ a.ȱ durchȱ dieȱ gezielteȱ Gliederungȱ derȱ Prozessoutputsȱ nachȱ unterschiedlichenȱAnspruchsȬ gruppenȱoderȱLeistungscharakteristikaȱdesȱöffentlichenȱSektors.ȱEinȱ Teilprozessȱ kannȱ demnachȱ einenȱ Outputȱ fürȱ dieȱ hoheitlichenȱ LeisȬ tungsbereicheȱ hervorbringenȱ oderȱ Beiträgeȱ fürȱ einȱ kommerziellȱ vermarktbaresȱ Produktȱ leisten.ȱ Dieseȱ Zuordnungȱ ermöglichtȱ eineȱ genaueȱ Bestimmungȱ derȱAnteileȱ anȱ unterschiedlichenȱ LeistungsbeȬ reichenȱderȱöffentlichenȱInstitution,ȱwelcheȱbisȱinȱdieȱZuteilungȱaufȱ einzelneȱKostenstellenȱinȱderȱKostenȬȱundȱLeistungsrechnungȱreicht.ȱ Abbildungȱ42ȱenthältȱeineȱDreiteilungȱnachȱhoheitlichenȱLeistungsȬ bereichen,ȱ dieȱ nichtȱ kostendeckendȱ erbrachtȱ werdenȱ könnenȱ undȱ durchȱ dieȱ Politikȱ finanziertȱ werdenȱ müssen,ȱ damitȱ dasȱ staatlicheȱ Leistungsangebotȱ überhauptȱ erbrachtȱ werdenȱ kann.ȱ Beispielhafteȱ LeistungenȱsindȱdieȱErstellungȱdesȱFixpunktenetzesȱfürȱdieȱLandesȬ vermessung,ȱ dieȱ Mitgliedschaftȱ inȱ internationalenȱ Organisationen,ȱ derȱTruppenunterhaltȱimȱRahmenȱderȱLandesverteidigungȱusw.ȱ Leistungenȱ desȱ „Serviceȱ Public“ȱ stehenȱ derȱ Bevölkerungȱ unterȱ derȱ BedingungȱdesȱgleichenȱPreisesȱundȱmeistȱflächendeckendȱzurȱVerȬ fügung.ȱ Sieȱ werdenȱ überȱ Gebührenȱ finanziertȱ undȱ aufgrundȱ einesȱ vonȱderȱPolitikȱanȱdieȱVerwaltungȱerteiltenȱAuftragsȱproduziert.ȱBeiȱ Nachfrageänderungenȱ entscheidetȱ dieȱ Politikȱ überȱ eineȱ allfälligeȱ Angebotserneuerung.ȱ Kommerzielleȱ Leistungenȱ werdenȱ aufgrundȱ

Verknüpfungȱ mitȱRechȬ nungswesenȱȱ

291ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

derȱ Nachfrageȱ angebotenȱ undȱ erreichenȱ einenȱ vollenȱ KostendeȬ ckungsgrad.ȱ Dieseȱ Leistungenȱ benötigenȱ dieselbenȱ Ressourcenȱ wieȱ dieȱ beidenȱ anderenȱ Leistungskategorienȱ undȱ stehenȱ inȱ engemȱ ZuȬ sammenhangȱ mitȱ derȱ Grundaufgabeȱ derȱ öffentlichenȱ Institutionȱ (vgl.ȱFallstudieȱBundesamtȱfürȱLandestopographie).ȱ

Abbildungȱ42ȱ

ProzessstrukturierungȱnachȱProduktȬȱoderȱLeistungsbereichenȱ Kernprozess A

Produkte 1-3 Hoheitlich

Teilprozess 1

Kommerziell

P1

Hoheitlich Service Public P2

Teilprozess 2 Hoheitlich Hoheitlich Teilprozess 3

Service Public

P3

Kommerziell

ȱ

Analyseȱderȱ LeistungsȬ bereicheȱ

Inȱ derȱ Praxisȱ erweistȱ sichȱ dieȱ Prozessstrukturierungȱ häufigȱ alsȱ schwierig,ȱdaȱdieȱStrukturenȱinȱöffentlichenȱInstitutionenȱgewachsenȱ sindȱundȱoftȱnichtȱaufȱGrundȱbewusstȱgewählterȱPrinzipienȱgestaltetȱ wurden.ȱ Deshalbȱ istȱ eineȱ vorausgehendeȱAnalyseȱ derȱ LeistungsbeȬ reicheȱnotwendig.ȱFolgendeȱFragestellungenȱsindȱdazuȱhilfreich:ȱ

„ Welcheȱ Teilaktivitätenȱ desȱ Kernprozessesȱ solltenȱ zuȱ einemȱ BünȬ delȱzusammengefasstȱwerden?ȱ

„ WelcheȱArbeitsschritteȱtragenȱzuȱdemselbenȱOutputȱbei?ȱ „ Erzeugenȱ dieȱ gebündeltenȱ Teilprozesseȱ einenȱ begründetenȱ NutȬ zenȱfürȱBürger,ȱKundenȱoderȱPolitik?ȱ

„ ZwischenȱwelchenȱPersonenȱfindenȱderȱgrößteȱInformationsausȬ tauschȱundȱdieȱstärksteȱKommunikationȱstatt?ȱ

„ Welcheȱ Teilprozesseȱ greifenȱ aufȱ dieȱ gleichenȱ Ressourcenȱ (PersoȬ nen,ȱSachmittel,ȱFinanzen)ȱzurück?ȱ

„ Welcheȱ Tätigkeitsbereicheȱ unterliegenȱ derȱ Verantwortungȱ derȬ selbenȱPersonȱoderȱPersonengruppe?ȱ

„ Beherrschenȱ dieȱ imȱ Teilprozessȱ tätigenȱ Personenȱ mehrereȱ oderȱ alleȱTeilarbeitenȱdesȱTeilprozesses?ȱ

292ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

Zielȱ derȱ Prozessstrukturierungȱ istȱ dieȱ Reduktionȱ derȱ Schnittstellenȱ innerhalbȱ einesȱ Leistungsprozesses.ȱ Derȱ Koordinationsbedarfȱ zwiȬ schenȱdenȱinnerhalbȱeinesȱProzessesȱtätigenȱMitarbeitendenȱwirdȱalȬ soȱreduziert.ȱDasȱeigentlicheȱKoordinationsinstrumentȱinnerhalbȱeiȬ nesȱ Teilprozessesȱ istȱ letztlichȱ dieȱ Selbstabstimmungȱ zwischenȱ denȱ Prozessmitarbeitendenȱ(vgl.ȱBea/Göbelȱ2006:ȱ368ȱff.).ȱ 5.4.3.3

Reduktionȱderȱ Schnittstellenȱ

Prozessträger

DieȱProzessorganisationȱwirktȱsichȱstarkȱaufȱdieȱArbeitsorganisationȱ innerhalbȱderȱProzesseȱaus.ȱDasȱHauptmerkmalȱliegtȱdabeiȱaufȱeinerȱ VergrößerungȱdesȱHandlungsspielraumsȱfürȱdieȱeinzelnenȱMitarbeiȬ tendenȱ durchȱ eineȱ teamorientierteȱ Arbeitsorganisationȱ (vgl.ȱ untenȱ stehendesȱPraxisfensterȱNr.ȱ13).ȱDieȱArbeitstätigkeitenȱinnerhalbȱderȱ Prozesseȱwerdenȱvonȱsog.ȱ„ProcessȱOwners“ȱoderȱProzessmanagernȱ gesteuertȱ undȱ vonȱ denȱ ProzessȬTeamsȱ bearbeitetȱ (vgl.ȱAbb.ȱ 43ȱ undȱ Osterloh/Frostȱ2006:ȱ113ȱff.).ȱ

Abbildungȱ43ȱ

ProzessträgerȱinnerhalbȱeinesȱKernprozessesȱȱ Kernprozess A Teilprozess 1

Prozess-Team 1

Teilprozess 2

Prozess-Team 2

Teilprozess 3

Prozess-Team 3

Prozessmanager

= Teamsprecher

ȱ

DerȱProzessmanagerȱistȱfürȱdieȱgesamteȱLeistungsketteȱeinesȱKernȬ prozessesȱ undȱ dieȱ darinȱ tätigenȱ Personenȱ verantwortlich.ȱ Ebenfallsȱ kannȱ fürȱ einzelneȱ Teilprozesseȱ eineȱ verantwortlicheȱ Personȱ beȬ stimmtȱ werden,ȱ worausȱ normaleȱ Unterstellungsverhältnisseȱ undȱ darausȱfolgendeȱVerantwortlichkeitenȱwieȱbeiȱdenȱanderenȱOrganiȬ sationsformenȱ resultieren.ȱ Entsprechendȱ derȱ Teamorganisationȱ hatȱ derȱ Teilprozessverantwortlicheȱ alsȱ Teamsprecherȱ jedochȱ keineȱ forȬ malȱ höhereȱ Positionȱ gegenüberȱ denȱ anderenȱ Teammitgliedern.ȱ Derȱ

ProzessȬ managerȱ

293ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Prozessmanagerȱ istȱ fürȱ dieȱ Koordinationȱ derȱ Teilprozesseȱ untereiȬ nanderȱsowieȱfürȱübergeordneteȱAufgabenbereicheȱzuständig.ȱ ProzessȬTeamsȱ

Derȱ Hauptunterschiedȱ zurȱ Abteilungsstrukturȱ bestehtȱ inȱ denȱ ProȬ zessȬTeams,ȱwelcheȱfürȱbestimmteȱTeilprozesseȱzuständigȱsind.ȱȱ „Dieȱ Teamarbeitȱ istȱ insofernȱ eineȱ logischeȱ Folgeȱ derȱ ProzessȬ orientierung,ȱ alsȱ dieȱ größeren,ȱ zusammenhängendenȱ AufgaȬ benbereicheȱ(Prozesse)ȱoftȱnichtȱalleinȱvonȱeinerȱEinzelpersonȱ zuȱbewältigenȱsind.“ȱ(Bea/Göbelȱ2006:ȱ416ȱf.).ȱ ȱ DerȱTeamarbeitȱwirdȱeineȱwachsendeȱBedeutungȱzugestandenȱ(vgl.ȱ Scholzȱ 2000:ȱ 849ȱ ff.).ȱ Unterschiedlicheȱ Fähigkeiten,ȱ SpezialisieȬ rungsgradeȱ undȱ einȱ gemeinsamesȱ Zielȱ kennzeichnenȱ dieȱ ZusamȬ mensetzungȱ einesȱ Teams.ȱ Innerhalbȱ einesȱ ProzessȬTeamsȱ existierenȱ keineȱ hierarchischenȱ Unterordnungsverhältnisse.ȱ Esȱ kannȱ lediglichȱ vorkommen,ȱ dassȱ einȱ Teamsprecherȱ dasȱ Teamȱ nachȱ außenȱ vertritt.ȱ ImȱGegensatzȱzuȱeinerȱArbeitsgruppeȱherrschenȱinȱeinemȱTeamȱeinȱ besondersȱ starkerȱ Zusammenhaltȱ undȱ eineȱ hoheȱ KooperationsbeȬ reitschaft.ȱ Dasȱ ProzessȬTeamȱ istȱ primärȱ durchȱ dieȱ zweiȱ folgendenȱ Merkmaleȱ gekennzeichnetȱ (vgl.ȱ Bea/Göbelȱ 2006:ȱ 416ȱ ff.;ȱ OsterȬ loh/Frostȱ2006:ȱ113ȱff.ȱundȱUlichȱ2005:ȱ215ȱff.):ȱȱ

„ Kundennäheȱ MöglichstȱalleȱProzessȬTeamsȱundȱderenȱMitarbeitendeȱsolltenȱinȱ Kundenkontaktȱ stehen.ȱ Dieserȱ kannȱ durchȱ direktenȱ LeistungsȬ austausch,ȱ aberȱ auchȱ durchȱ dieȱ Übernahmeȱ vonȱ Funktionenȱ inȬ nerhalbȱ desȱ Mängelmanagements,ȱ derȱ ServiceȬFunktionenȱ usw.ȱ geschehen.ȱ Diesȱ stehtȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ einerȱ arbeitsteiligenȱAbȬ teilungsstruktur,ȱbeiȱwelcherȱnurȱdieȱinȱderȱLeistungsabgabeȱtäȬ tigenȱMitarbeitendenȱinȱKundenkontaktȱstehen.ȱ

„ ErweiterterȱHandlungsspielraumȱ Gegenwärtigȱ bezeichnetȱ durchȱ denȱ Terminusȱ „Empowerment“ȱ istȱdieȱErweiterungȱdesȱHandlungsspielraumsȱdurchȱautonomereȱ Teamsȱ eineȱ Folgeȱ derȱ Prozessorganisation.ȱ Anspruchsvolleȱ TäȬ tigkeitsbündelȱ undȱ derenȱ umfassendeȱ Bearbeitungȱ durchȱ eineȱ Gruppeȱ verlangenȱ nachȱ echterȱ Delegationȱ vonȱ Aufgaben,ȱ VerȬ antwortungȱ undȱ Kompetenzen.ȱ Einerseitsȱ wirdȱ derȱ TätigkeitsȬ spielraumȱ desȱ einzelnenȱ Mitarbeitersȱ durchȱ „Jobȱ Enlargement“ȱ erweitert,ȱandererseitsȱentstehtȱdurchȱdieȱVergrößerungȱdesȱEntȬ scheidungsȬȱ undȱ Gestaltungsspielraumsȱ echteȱ Delegationȱ i.ȱS.ȱ desȱ„JobȱEnrichments“.ȱDafürȱnotwendigȱistȱderȱZugangȱzuȱdenȱ erforderlichenȱInformationen,ȱwelcherȱheuteȱdurchȱdieȱinformaȬ tionstechnischenȱMöglichkeitenȱwesentlichȱvereinfachtȱwird.ȱDieȱ

294ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

KontrollfunktionȱwirdȱinȱersterȱLinieȱdurchȱdieȱGruppeȱi.ȱS.ȱeinerȱ Selbstkontrolleȱwahrgenommen.ȱ Insgesamtȱ mussȱ festgehaltenȱ werden,ȱ dassȱ dieȱ Entwicklungȱ einerȱ reinenȱProzessorganisationȱeinȱsehrȱanforderungsreichesȱProjektȱfürȱ eineȱ öffentlicheȱ Institutionȱ darstelltȱ (vgl.ȱ Fallstudieȱ Bundesamtȱ fürȱ Landestopographie).ȱ Dieseȱ StrukturȬȱ undȱ Prozessänderungȱ istȱ keinȱ reinȱformalȬorganisatorischerȱAkt,ȱsondernȱerfordertȱneueȱFähigkeiȬ tenȱundȱVerhaltensweisen,ȱwieȱsieȱdurchȱPersonalȬȱundȱOrganisatiȬ onsentwicklungsaktivitätenȱ vermitteltȱ werden.ȱ Zumȱ einenȱ istȱ dasȱ anzustrebendeȱ KundenȬȱ undȱ Produktdenkenȱ mitȱ einerȱ vollständiȬ genȱNeuausrichtungȱallerȱTätigkeitsbereicheȱverbunden,ȱzumȱandeȬ renȱ verlangtȱ dieȱ teamorientierteȱ Arbeitsorganisationȱ eineȱ weitgeȬ hendeȱ Delegationȱ sowieȱ eineȱ Abkehrȱ vomȱ bisherigenȱ HierarchieȬ prinzipȱ undȱ dessenȱ Arbeitsteilungȱ mitȱ demȱ Resultatȱ einerȱ VerflaȬ chungȱ vonȱ gewachsenenȱ Hierarchiegebilden.ȱAbschließendȱ werdenȱ VorȬȱundȱNachteileȱderȱProzessorganisationȱerörtert.ȱ VorȬȱundȱNachteileȱderȱProzessorganisationȱ Vorteile

Nachteile

í Schnellere Leistungsprozesse, Verfahrensbeschleunigung durch Überwindung der Funktionsdominanz und Reduktion der Liegezeiten bei Verwaltungstätigkeiten

í Vernachlässigung der permanenten Förderung von Spezialistenwissen und -fähigkeiten

Vollständigeȱ Neuausrichtungȱ

Tabelleȱ16ȱ

í Gefahr einer Überstrapazierung der Kundenorientierung im Gegensatz zur Ressourcenorientierung im staatlichen Bereich

í Verminderung von Schnittstellen í Komplexitätsreduktion durch Begrenzung auf einige wenige Kernprozesse í Gefahr der „Doppelbearbeitung“ von Kunden durch unterschiedliche Proí Strategie- und Kundenausrichtung cess-Owners í Erhöhung der Innovationsfähigkeit Überadministration bei der Optimieí durch Integration der Kundenperrung von Prozessen bis ins letzte Despektive tail í Kostensenkung durch Konzentration Zu starke Hierarchieverflachung kann í auf Kernaktivitäten und Auslagerung, zu Konflikten führen Elimination nicht wertschöpfungsrelevanter Sekundärprozesse í Qualitätsverbesserung durch Integration der Kundenperspektive

í Gefahr der Prozessorientierung ohne konsequente Übernahme der Teamstruktur

ȱ Ebensoȱ weitreichendeȱ Folgenȱ hatȱ dieȱ Prozessorganisationȱ aufȱ dieȱ Anreizsystemeȱ alsȱ Teilȱ desȱ Personalmanagements.ȱ StrategieȬ,ȱ teamȬȱ undȱ fähigkeitsorientierteȱ Anreizsystemeȱ sindȱ eineȱ logischeȱ KonseȬ quenzȱ dieserȱ Organisationsform.ȱ Diesȱ imȱ Gegensatzȱ zuȱ denȱ inȱ denȱ letztenȱJahrenȱvermehrtȱaufgekommenenȱindividualorientiertenȱEntȬ lohnungssystemenȱimȱöffentlichenȱSektorȱ(vgl.ȱKapitelȱ6).ȱ

Anreizsysteme

295ȱ

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

5

Praxisfenster Nr. 13: Von der Bundesanstalt für Arbeit zum modernen Dienstleister

ȱ WolfgangȱKärcherȱ BereichsleiterȱArbeitgeber,ȱȱ AgenturȱfürȱArbeit,ȱ Heilbronnȱ

Die Bundesagentur für Arbeit als Nachfolgerin der Bundesanstalt für Arbeit hat in den vergangenen Jahren mehrere Reformprozesse durchlaufen. Auf den ersten Blick scheint es, als würde der zweite, aus politischen Entscheidungen resultierende, grundlegende Reformprozess die unter dem Titel „Arbeitsamt 2000“ vorangegangenen Veränderungen in Frage stellen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch sehr schnell offensichtlich, dass eine deutliche Akzentverschiebung stattgefunden hat. Gleichzeitig kann der Beweis erbracht werden, dass die vorangegangenen Reformschritte in verschiedener Hinsicht den Boden für das „Kundenzentrum der Zukunft“ bereitet haben, welches aktuell das Gesicht der Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung in der Bundesrepublik Deutschland verändert.

1. Was war das Arbeitsamt 2000? Die Reform unter dem Titel „Arbeitsamt 2000“ zielte darauf ab, die über Jahrzehnte verfestigte Spartenorganisation (Arbeitsvermittlung, Leistungsgewährung, Berufsberatung, interne Verwaltung) aufzubrechen. Ziel war eine teamorientierte Arbeit, bei der die Mitarbeiter in die Gestaltung der Prozesse eingebunden sind. Innerhalb der Teams gab es keine formalen Hierarchien. Alle Dienstleistungen an den Kunden sollten aus einer Hand erbracht werden. Der Teamleiter stand außerhalb des Teams. Er führte mehrere Teams und war von ausführenden Aufgaben freigestellt. Die Ziele der Reform lauteten: Dienstleistungsorientierung, Effektivität, Effizienz und Mitarbeiterorientierung. Die zu erreichenden Ziele der Teams wurden in Form eines differenzierten Dialogs vereinbart. Eigens ausgebildete Organisations-Entwicklungs-Begleiter wurden aus der Belegschaft der Arbeitsämter gewonnen und für die Einführung der neuen Organisationsform in den Ämtern für mehrere Monate eingesetzt. Ihre Aufgabe war es, die Führungskräfte auf ihre neue Rolle vorzubereiten und den gesamten Umorganisationsprozess im Arbeitsamt zu begleiten. Alle Mitarbeiter wurden in mehrtägigen Seminaren auf teamorientiertes Arbeiten vorbereitet.

2. Vom Arbeitsamt 2000 zur Agentur für Arbeit Die politische Entscheidung, den Reformprozess „Arbeitsamt 2000“ abzubrechen, traf die Arbeitsämter in unterschiedlichen Stadien. Während einzelne bereits in der neuen Organisationsform arbeiteten und die neuen, teamorientierten Strukturen mit den damit verbundenen Gremien, Qualitätszirkeln etc. eingeführt hatten, wurden andere aus dem Reformprozess gerissen. Weitere befanden sich noch in der ursprünglichen Spartenorganisation.

296ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

Ausgehend vom Beschluss der Bundesregierung, die Arbeitsmarktpolitik durch die Kommission „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, die „Hartz-Kommission“, auf den Prüfstand zu stellen, wurden auf der Grundlage der Empfehlungen dieser Kommission und dem Beschluss der Bundesregierung, diese möglichst 1:1 umzusetzen (Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt – „Hartz I – IV“) , sämtliche Fachprozesse auf ihre Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit überprüft. Gemäß dem Prinzip des „Förderns und Forderns“ und dem sich daraus ergebenden Dienstleistungskatalog wurden die Aufgaben der Organisation mit Prozessen hinterlegt, die in insgesamt mehr als 25 Projektgruppen unter Begleitung führender Wirtschaftsberatungsunternehmen erarbeitet wurden. Ziel war es, durch die Standardisierung der Prozesse eine einheitliche Dienstleistungsqualität in allen Agenturen sicherzustellen. Von den Ergebnissen der Projektgruppen - soweit sie von der Geschäftsführung der Bundesagentur für Arbeit übernommen wurden - leiteten sich die Qualifikationsanforderungen an die Mitarbeiter und die Organisationsstrukturen der neuen „Agenturen für Arbeit“ ab. Diese neuen Strukturen sind mittlerweile bundesweit implementiert. Hierzu zählt nicht zuletzt die stützpunktartige Einrichtung von Service Centern, durch die die telefonische Erreichbarkeit der Agenturen deutlich optimiert werden konnte.

3. Resümee Im laufenden Reformprozess zeigt sich, dass diejenigen Agenturen, welche in den vorangegangenen Jahren die Gelegenheit genutzt hatten, alte Strukturen aufzubrechen, die Mitarbeiter auf teamorientiertes Arbeiten und die klare Ergebnisverantwortung der Teams vorzubereiten, einen Vorteil gegenüber denjenigen Agenturen haben, die noch in den ursprünglichen Strukturen verhaftet waren. Die Agenturen, die aus dem „Arbeitsamt 2000“ heraus die neuen Reformanstrengungen unternahmen, profitierten von der Reformerfahrung der Mitarbeiter, ihrer Flexibilität in der Wahrnehmung neuer Aufgaben und deren Fähigkeit, ihr Wissen in die Gestaltung neuer Prozesse einzubringen.

ȱ

297ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Fallstudie: Von der divisionalen Organisation zur Prozessorganisation im Bundesamt für Landestopographie

1. Ausgangslage Das Bundesamt für Landestopographie (swisstopo) der schweizerischen Bundesverwaltung ist für die Landesvermessung, für die Erstellung des Landeskartenwerkes sowie für die amtliche Vermessung zuständig und führt die Koordinationsstelle für geografische Informationssysteme (KOGIS). Als Bundesamt mit einem starken Betriebscharakter i. S. eigenständiger Produktions- und Vertriebsabteilungen erkannte die swisstopo bereits 1993, dass ihr Freiraum zu unternehmerischem Handeln in der Zentralverwaltung zu klein war. Insbesondere das Spannungsfeld zwischen erhöhten Kunden- und Marktanforderungen mit privatwirtschaftlichen Konkurrenten in der Kartenherstellung, die rasanten technologischen Entwicklungsschritte, abnehmende Bestelleingänge des staatlichen Verteidigungsdepartements sowie Privatisierungs- und Transparenzforderungen von politischer Seite zwangen die Amtsführung zum Handeln. Aus diesem Grund beteiligte sich die damalige Leitung des klassischen Bundesamts an der Amtsdirektorengruppe „Erweiterter Handlungsspielraum“ und führte bereits zu jener Zeit Teamentwicklungskurse durch. Das 1995 in Angriff genommene und 1997 umgesetzte Projekt „Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget FLAG“ brachte neben der Einführung neuer Steuerungsinstrumente auch die Umgestaltung der Organisationsstrukturen mit sich. Im Folgenden wird dieser Entwicklungsprozess im Bundesamt für Landestopographie exemplarisch erläutert.

2. Der Strukturwandel im Bundesamt für Landestopographie Seit der Umsetzung des FLAG-Programms unter Mithilfe des Eidgenössischen Personalamtes EPA, des zuständigen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und eines externen Beraters kam dem Strukturwandel eine zentrale Rolle im Veränderungsprozess zu. Ausgehend von der ursprünglich divisionalen Organisation wurde über den Zwischenschritt der Einführung einer Matrixorganisation Anfang 2000 eine Prozessstruktur realisiert. Von der divisionalen Organisation zur Matrix

298ȱ

Die vor dem FLAG-Prozess 1996 bestehende divisionale Organisationsform war bereits ein Ergebnis mehrerer Veränderungsprozesse (vgl. Abb. 1). Die Kernforderung von FLAG nach mehr Kunden- und Ergebnisorientierung verlangte im damaligen Bundesbetrieb ein grundsätzliches Umdenken. Bisher war der Schwerpunkt auf die fachlich und qualitativ einwandfreie Produktion von Landeskarten gerichtet. Insofern kann das Kartenwerk der swisstopo auch im internationalen Vergleich als einmalig angesehen werden.

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

Abbildungȱ1:ȱ DivisionaleȱOrganisationsformȱderȱswisstopoȱbisȱ1997ȱ Direktor

Stabsstelle Informatik

Abteilung Geodäsie

Sektion Geodätische Grundlagen

SatellitenGeodäsie Sektion Fixpunkte

FixpunktDokumentation Dienststelle Landesgrenze

Abteilung Topographie

Stabsstelle Personal, Information, Betriebsanlagen Abteilung Kartographie und Reproduktion

Kommerzieller Dienst und Controlling

Sektion Topographische Grundlagen

Sektion Topographische Kartographie

Rechnungswesen

Sektion Photogrammetrie und Fernerkundung

Sektion Thematische Kartographie

Beschaffung und Projekte

Sektion Topographisches Informationssystem

Dienststelle Photographie

Kartenvertrieb und Logistik

Dienststelle Druckerei

Marketing und Werbung

Dienststelle Arbeitsvorbereitung und Reprobewilligungen

ȱ

Die Matrixorganisation bot zu diesem Zeitpunkt eine geeignete Lösung zur Verbesserung der Kunden- und Produktorientierung und wurde zu Beginn des FLAG-Programms 1997 eingeführt. Die Sparten der divisionalen Organisation wurden in der Folge mit den neu gebildeten Produktgruppen in eine gemeinsame zweidimensionale Struktur integriert. Die Produktionsabteilungen blieben für das Know-how und die Produktionskapazitäten verantwortlich. Die Produktgruppenverantwortlichen und die Produktmanager waren für die Produktgestaltung und -steuerung zuständig. Bestimmten Letztere den zu erbringenden Output („Was“), so waren die Produktionsabteilungen für die Verfahrenslösungen und die Methodik („Wie“) zuständig. Daneben existierten weiterhin die Stabsstellen Personal, Informatik und Kommerz (Finanzen, Marketing, Controlling und Logistik), welche die Rahmenbedingungen für die Betriebsführung garantierten. Die Schnittstellen zwischen den beiden Matrixdimensionen wurden jeweils nach den Kriterien Verantwortung und Mitarbeit unterschieden (vgl. Abb. 2).

299ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Abbildungȱ2:ȱ Matrixorganisationȱderȱswisstopoȱ1997ȱbisȱ2000ȱ Direktion

Produktgruppenverantwortliche

Verfahren Produktionsabteilungen Rahmen

ProduktManager

Geodäsie

Topografie

Karten & Vermes Repro. -sung

Service-, Stabsstellen Personal

Informatik

Kommerz

PG 1: Grundlagen Output

Kunden

PG 2: Karte & Daten

PG 3: Dienstleistungen

PG 4: Amtliche Vermessung Verantwortung des PGVerantwortlichen Mitarbeit des PG-Verantwortlichen

Produktions-Know-how

Unterstützende Dienste

ȱ

Eine klare Kompetenzabgrenzung zwischen Produktionsabteilungen und Produktgruppenverantwortlichen wurde letztlich aber bewusst vermieden. Einerseits durch die Besetzung der Leitungsposten einer Produktionsabteilung und einer Produktgruppe durch teilweise dieselbe Person. Dadurch kam es nicht zu der in einer Matrixorganisation beabsichtigten Kompetenzaufteilung und daraus folgenden konstruktiven Verhandlungs- und Zielfindungsprozessen. Andererseits lag die Ressourcenverantwortung bezüglich Finanzen und Personal weiterhin bei den Produktionsabteilungen, wodurch den Produktgruppenchefs in ihrer grundlegenden Aufgabe der Outputbestimmung die Hände gebunden waren. Diese Verteilung zusammengehöriger Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortungen auf unterschiedliche Stellen verhinderte letztlich ein gutes Funktionieren der Matrix in der swisstopo. Diese Mängel der Neuorganisation wurden aber bewusst in Kauf genommen. Zum einen aus Kapazitätsgründen, zum anderen weil nur so die im Reformprogramm FLAG erforderliche Produktgruppenstruktur schnell und ohne große Reorganisation des gesamten Amtes in die Struktur aufgenommen werden konnte. Denn es stand im Januar 1999 noch die Integration der Amtlichen Vermessungsdirektion in die swisstopo bevor, deren Eingliederung den Beginn des umfassenden Strukturwandels zur Prozessorganisation einleitete. Die von den Autoren durchgeführte Evaluation der Reformmaßnahmen in der swisstopo verdeutlicht diverse Erfahrungen der Amtsverantwortlichen. Bei der 1999 durchgeführten Befragung aller Mitarbeitenden des Bundes-

300ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

amtes berichtete nur rund ein Viertel, dass durch die Organisationsveränderung mehr Entscheidungsspielraum entstanden sei. 73 Prozent der Befragten waren gegenteiliger Meinung. Am stärksten zugenommen haben fachliche Diskussionen und Koordinationsgespräche, was von 38 resp. 58 Prozent der Befragten bejaht wurde. Hingegen gaben 93 Prozent an, dass sich die Entscheidungsprozesse nicht beschleunigt hätten. Daraus kann geschlossen werden, dass die Zunahme der Koordinationsgespräche nicht der Entscheidungsfindung diente. Insgesamt wurde die organisatorische Veränderung mehrheitlich kritisch beurteilt (vgl. Thom et al. 1999: 43 ff. und Ritz 2003a). Es zeigt sich an diesem Beispiel, dass die genaue Kompetenzabgrenzung und die vorgängig klare Trennung von Produktionsabteilungen sowie Unterstützungs- oder Querschnittsfunktionen den Erfolg einer Matrixorganisation wesentlich mitbestimmen. Erst dann kann die beabsichtigte Konfliktaustragung innerhalb der Matrix positiv zum Tragen kommen. Prozessorganisation der swisstopo Zum 1. Januar 2000 wurde im Rahmen eines anschließenden Reorganisationsprojektes die in der Matrixorganisation weiter bestehende Struktur mit den in der Bundesverwaltung üblichen Abteilungen und Sektionen aufgehoben. Diese Reorganisation kennzeichnet den geplanten letzten Schritt im Rahmen des FLAG-Projektes in der swisstopo und entstand vor dem Hintergrund des Wechsels in der Amtsleitung und einer Überarbeitung der Amtsstrategie und des Leistungsauftrags. Zusätzlich wurde eine optimale Integration der Amtlichen Vermessungsdirektion in die swisstopo angestrebt. Die neue Prozessorientierung stützt sich auf die vier ursprünglichen Produktgruppen der swisstopo ab (vgl. Abb. 3).

Abbildungȱ3:ȱ ProzessorganisationȱderȱswisstopoȱseitȱJanuarȱ2000ȱ Bundesverwaltung Koordinationsstelle für geografische Informationssysteme

Forschung und Entwicklung

Marketing Geodäsie K

Geschäftsleitung GL

Amtliche Vermessung

u n

Topografie

FÜHRUNGSPROZESS

d e

Kartografie

GL-Ausschuss

n

Kompetenzzentrum

Führungsunterstützung

Kompetenzzentrum

Personal

Supportprozesse

Finanzen + Logistik

ȱ

301ȱ

5

Die organisatorischen Gestaltungselemente des Public Managements

Verglichen mit der vorherigen Matrixorganisation wurde die Produktionsund Produktverantwortung wieder zusammengefügt. Somit verfügen die Prozessleiter über die zur Outputbestimmung notwendige Kompetenz bezüglich des Ressourceneinsatzes. Das Kompetenzzentrum Forschung und Entwicklung gilt als wissensbasierte „Zukunftswerkstatt“ und soll die qualitativ hoch stehende Grundlagenarbeit im Bundesamt weiterhin gewährleisten. Das Kompetenzzentrum Marketing soll längerfristig zu einer neuen Kernkompetenz der swisstopo ausgebaut werden und die Kundenorientierung weiterentwickeln, indem z. B. im Rahmen eines Key Account Managements Kundengruppen spezifisch bearbeitet werden. Dabei setzen sich diese beiden Kompetenzzentren aus Mitarbeitenden zusammen, die alle, außer dem Zentrumsleiter, auch eine Funktion in den Kernprozessen wahrnehmen. Eine Änderung erfolgte ebenfalls in den Unterstützungsfunktionen (Supportprozessen), welche bis anhin immer weniger effizient organisiert waren als die wertschöpfenden Aufgabenbereiche des Bundesamts. Die bisherigen Verantwortlichen für Unterstützungsaufgaben waren oft noch zusätzlich mit fachfremden Aufgaben beschäftigt (z. B. der Personalchef mit Infrastrukturaufgaben). Neu haben sie klar abgegrenzte Kompetenzbereiche, welche ihren Qualifikationen entsprechen. Die Koordinationsstelle für geografische Informationssysteme erfüllt eine Querschnittsfunktion für die ganze Bundesverwaltung, was geografische Informationssysteme und Daten anbelangt. Alle Kernprozesse sind ihrerseits wieder in Prozesse, Teilprozesse und Teams heruntergebrochen. Jede Teilprozesstätigkeit resultiert letztlich in einzelnen Produkten und Teilprodukten, die mit der Arbeitszeiterfassung sowie den Kostenstellen der Kostenrechnung verbunden sind (vgl. Abb. 4).

Abbildungȱ4:ȱ ProzessorganisationȱdesȱKernprozessesȱ(verkürzt)ȱ Geschäftsleitung

dsd

Bereichsleitung Geodäsie

D. Sander

dsd

wig

Prozesse

Führungsprozess Geodäsie

Teamleiter Teams

Teilprozesse

Sekretariat PR - Geodäsie

dsd

Permanentnetze und Analysis Center

bre

Prozess GG Geodät. Grundlagen und Permanentnetze

Geostation Zimmerwald (SLR)

wil

SLR:

Geodätische Wissenschaft

dsd

WI:

Prozess GF Geodätische

Geodätische Netze

Prozess GE Geodätische Entwicklungen und Aufträge

vog

Geod. Entwicklungsprojekte Geod. Aufträge

Support

2

225

1

290

SW-G:

wig

PRO:

wig

IV:

G108

G1

G104 G101-3/106-7

LFP:

mar

Produkte

G105

PN-AC:

LHN:

Kompetenzzentren

302ȱ

BL - G:

MitarStellenbeitende prozente

15

5

1150

615

G201 G203 G205

G204

G401

G402

G403

G4

G404,405,406

hoheitlich Service Public kommerziell

ȱ

Gestaltung der Strukturen innerhalb von Institutionen

5.4

Als eines der entscheidensten Erfolgsmerkmale des gesamten Reformprozesses in der swisstopo nennt der Amtsdirektor die von Anfang an durchgeführte Teamentwicklung, die mit der Geschäftsleitung begann und mit den übrigen Kadern fortgesetzt wurde. Dies wurde, indem für alle Teilprozesse selbständige Prozess-Teams verantwortlich sind, konsequent in der neuen Prozessorganisation weitergeführt.

3. Ergebnisse der Reorganisation Aufgrund des Strukturwandels mit der Einführung der Prozessorganisation konnten aus Amtssicht die folgenden Verbesserungen realisiert werden (vgl. Gerber/Dietrich 2000): „ Der produktgruppenbezogene Aufbau des Leistungsauftrags des Bundesrates findet sein Abbild in der Organisationsstruktur; die Verantwortung für die Zielerreichung kann so klar zugeordnet werden. „ Die kritischen Schnittstellen zwischen den Kernprozessen werden mit Service Level Agreements zur Leistungsvereinbarung in zeitlicher, qualitativer und quantitativer Hinsicht zwischen den Prozessen geregelt. „ Die personellen und finanziellen Mittel befinden sich in der Hand der Produktgruppen- oder Kernprozessleiter; für Leistungen der Supportbereiche sind klare Dienstleistungsvereinbarungen vorgesehen. „ Die bisherige Produktionsorientierung wird bis zu einem gewissen Grad einer noch stärkeren Kundenausrichtung Platz machen. Aus dem Reorganisationsprozess wurden folgende Schlüsse gezogen: „ Die Einführung der Prozessorganisation ist als Schritt in einem ganzheitlichen Veränderungsprozess zu betrachten. Die Entwicklung einer strategischen Ausrichtung – insbesondere die Definition der Produkte, die Identifikation der Kunden und der eigenen Kernkompetenzen – muss der Gestaltung der Prozesse und der Strukturen vorangehen. „ Bei der Zusammensetzung der Projektteams ist auf eine angemessene Partizipation zu achten, d. h. dass die mit der späteren Umsetzung betrauten Kader und Spezialisten, aber auch Vertreter des Personals, bereits in der Konzeptionsphase mit einbezogen werden. „ Die Prozessorganisation muss von innen her gestaltet, getragen und später „ertragen“ werden. Beratern kommt im Prozess nur eine unterstützende Rolle zu. Der Strukturwandel in der swisstopo zeigt einen mehrstufigen Reorganisationsprozess auf, der trotz einer provisorischen Übergangslösung mittels einer Matrixorganisation zu einem klaren Ziel führte. Dies ist nach Aussagen der Amtsleitung aber auch nach den Beobachtungen der Evaluatoren sicherlich das Resultat einer sehr transparenten, partizipativen und zielorientierten Reformpolitik, die im Amt verfolgt wurde.

303ȱ

Personalfunktion innerhalb des IOP-Konzepts

6.1

ȱ

Kapitel 6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

305ȱ

Personalfunktion innerhalb des IOP-Konzepts

6.1

Betrachtetȱ manȱ dieȱ Stellungȱ desȱ Personalsȱ imȱ öffentlichenȱ Sektor,ȱ dannȱ lässtȱ sichȱ inȱ denȱ letztenȱ Jahrenȱ einȱ bedeutenderȱ Wechselȱ beȬ obachten.ȱ Währendȱ sichȱ inȱ derȱ privatenȱ Wirtschaftȱ imȱ Laufeȱ derȱ 1970erȱundȱ1980erȱJahreȱeinȱeigenständigerȱZweigȱ„Personalwesen“ȱ herauskristallisierte,ȱderȱnebenȱbetriebswirtschaftlichenȱKenntnissenȱ auchȱAspekteȱderȱPsychologieȱundȱSoziologieȱintegrierte,ȱdominierȬ teȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ langeȱ Zeitȱ dieȱ Beeinflussungȱ desȱ „PersoȬ nenstandswesens“ȱdurchȱdieȱRechtswissenschaftenȱmitȱdenȱSchwerȬ punktenȱderȱexaktenȱEinreihung,ȱlangfristigerȱAnstellungenȱundȱderȱ pflichtgemäßenȱAufgabenerfüllungȱ fürȱ denȱ „Dienstherrn“.ȱ Eineȱ eiȬ genständigeȱ Personallehreȱ fürȱ denȱ öffentlichenȱ Sektorȱ wurdeȱ nichtȱ entwickeltȱ (vgl.ȱ Reichardȱ 1987:ȱ 227ȱ ff.).ȱ Dieȱ Querschnittsfunktionȱ PersonalȱmitȱneuenȱSchwerpunktenȱwuchsȱinȱdenȱletztenȱJahrenȱamȱ ehestenȱausȱderȱbestehendenȱPersonaladministrationȱheraus.ȱ

6.1

Personalfunktion innerhalb des IOPKonzepts

AlsȱvierteȱzentraleȱDimension,ȱdieȱdenȱWandelȱimȱöffentlichenȱSekȬ torȱ gezieltȱ ermöglicht,ȱ wirdȱ nachȱ demȱ InnovationsȬȱ undȱ InformatiȬ onsmanagementȱ sowieȱ derȱ organisatorischenȱ Gestaltungȱ aufȱ dasȱ Personalmanagementȱ eingegangen.ȱ Dasȱ Personalmanagementȱ alsȱ InstrumentariumȱzurȱVeränderungȱvonȱMotivationȱundȱQualifikatiȬ onȱderȱMitarbeitendenȱstaatlicherȱInstitutionenȱistȱeingebettetȱinȱdasȱ Spannungsfeldȱ zwischenȱ demȱ Kulturwandelȱ undȱ demȱ StrukturȬȱ bzw.ȱ Prozesswandelȱ (vgl.ȱ auchȱ Wagnerȱ 1998:ȱ 39).ȱ Neueȱ EinstellunȬ genȱ undȱ Kulturwerteȱ verändernȱ dieȱ Mitarbeiterführungȱ grundleȬ gendȱ undȱ ermöglichenȱ eineȱ Motivationssteigerungȱ imȱ Falleȱ einesȱ demotivierten,ȱeherȱgleichgültigȱundȱroutinemäßigȱarbeitendenȱPerȬ sonalsȱ oderȱ dieȱ Aktivierungȱ bestehender,ȱ aberȱ nichtȱ freigesetzterȱ Leistungsbereitschaft.ȱ

MotivationsȬ undȱQualifikaȬ tionssteigerungȱ

DieȱReformenȱdesȱPublicȱManagementsȱderȱ1990erȱJahreȱverlagertenȱ denȱ Fokusȱ wegȱ vonȱ derȱ traditionellenȱ Personenbewirtschaftungȱ zuȱ einerȱ motivationsȬ,ȱ qualifikationsȬ,ȱ leistungsȬȱ undȱ flexibilitätsförȬ derndenȱPersonalfunktion.ȱUnterdessenȱnähernȱsichȱdieȱPersonalabȬ teilungenȱ undȱ derenȱ Funktionsverständnisȱ immerȱ mehrȱ denȱ InhalȬ tenȱ vergleichbarerȱ Einheitenȱ derȱ Privatwirtschaftȱ an,ȱ undȱ auchȱ inȱ derȱwissenschaftlichenȱLiteraturȱsetztȱsichȱlangsamȱeinȱ„Stateȱofȱtheȱ Art“ȱ einesȱ „Humanȱ Resourceȱ Managements“ȱ fürȱ denȱ öffentlichenȱ Sektorȱdurchȱ(vgl.ȱz.ȱB.ȱHopp/Göbelȱ2004;ȱDuelliȱ1999;ȱWagnerȱ1998;ȱ Korintenbergȱ1997ȱundȱVaanholtȱ1997).ȱ

Human Resourceȱ Managementȱ

307ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Inȱ diesemȱ Sinneȱ sollȱ fürȱ dieȱ folgendenȱ Ausführungenȱ einȱ Zielȱ desȱ PersonalmanagementsȱöffentlicherȱInstitutionenȱgelten:ȱ Dasȱ Personalȱ alsȱ wichtigsteȱ Ressource, aberȱ auchȱ kritischerȱ Faktorȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ sollȱ zeitgemäß,ȱ vorbildlichȱ undȱ mittelsȱ neuesterȱ Erkenntnisseȱ derȱ PersonalmanagementȬ lehreȱgeführtȱwerden.

6.2

Problembereiche im Personalmanagement

Dasȱ Personalwesenȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ leidetȱ anȱ grundsätzliȬ chenȱProblemen,ȱwelcheȱeinenȱbedeutendenȱEinflussȱaufȱdieȱhäufigȱ beklagtenȱ Mängelȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ habenȱ (vgl.ȱ auchȱ nachȬ folgendesȱPraxisfensterȱNr.ȱ14).ȱEsȱsindȱdiesȱv.ȱa.ȱdieȱfehlendeȱLeisȬ tungsmotivation,ȱ derȱ Beamtenstatus,ȱ fehlendeȱ EntwicklungsȬȱ undȱ Ausbildungsmöglichkeiten,ȱ mangelhafteȱ AnreizȬȱ undȱ BelohnungsȬ strukturenȱ sowieȱ Beförderungsautomatismenȱ undȱ einȱ ModernisieȬ rungsbedarfȱinȱderȱPersonalauswahl.ȱInȱdenȱfolgendenȱAbschnittenȱ werdenȱdieseȱhauptsächlichenȱProblembereicheȱerläutert.ȱ

6.2.1 UnausgeȬ schöpfteȱ LeistungsȬ potenzialeȱ

Fehlende Leistungsmotivation

DasȱPersonalȱderȱöffentlichenȱHandȱwirdȱnichtȱseltenȱalsȱleistungsȬ trägeȱ undȱ zuȱ wenigȱ leistungsfähigȱ bezeichnet.ȱ Pflichtbewusstȱ undȱ exaktȱseienȱsie,ȱdochȱkaumȱeffizientȱundȱinnovativ.ȱHinzuȱkommenȱ dieȱ rechtlichenȱ Vorschriftenȱ imȱ öffentlichenȱ Dienst,ȱ welcheȱ einenȱ leistungsorientiertenȱPersonaleinsatzȱverhindern.ȱAngesichtsȱderȱarȬ beitsteiligenȱ sowieȱ hierarchischenȱ Verwaltungsorganisationenȱ undȱ entsprechendȱ fehlenderȱ Ergebnisverantwortungȱ derȱ einzelnenȱAufȬ gabenträgerȱ wirdȱ dieȱ Leistungsmotivationȱ garȱ nichtȱ erstȱ erzeugt.ȱ Klagesȱ stelltȱ anhandȱ seinerȱ langjährigenȱ Erfahrungenȱ mitȱ MitarȬ beiterbefragungenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ dieseȱ Behauptungȱ jedochȱ inȱFrageȱ(vgl.ȱKlagesȱ1998:ȱ53ȱff.).ȱDemnachȱbildenȱnichtȱdieȱfehlendeȱ Leistungsmotivationȱ oderȱ tiefeȱArbeitsbelastung,ȱ sondernȱ vielmehrȱ dieȱ unausgeschöpftenȱ Leistungspotenzialeȱ undȱ dieȱ nichtȱ genutzteȱ LeistungsbereitschaftȱdenȱKernȱderȱProblematik.ȱȱ Mitarbeitendeȱ derȱ öffentlichenȱ Handȱ sindȱ teilweiseȱ sogarȱ zuȱ einerȱ Mehrbelastungȱ bereitȱ undȱ fühlenȱ sichȱ eherȱ unterȬȱ alsȱ überfordert.

308ȱ

Problembereiche im Personalmanagement

6.2

AngesichtsȱdieserȱTatsacheȱundȱderȱFeststellung,ȱdassȱderȱArbeitsinȬ haltȱeinenȱnichtȱunwesentlichenȱMotivatorȱfürȱöffentlicheȱBediensteȬ teȱdarstelltȱ(vgl.ȱOECDȱ1997),ȱgehtȱesȱalsoȱumȱdieȱFrage,ȱwieȱMitarȬ beitendeȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ angemessenȱ gefordertȱ undȱ zuȱ höhererȱ Arbeitsleistungȱ motiviertȱ werdenȱ können.ȱ Fehlendeȱ LeisȬ tungsmotivationȱ undȱ Ȭbereitschaftȱ sindȱ jedochȱ keinȱ spezifischesȱ Problemȱ derȱ öffentlichenȱ Verwaltung,ȱ sondernȱ auchȱ inȱ privatwirtȬ schaftlichenȱInstitutionenȱanzutreffen.ȱ

6.2.2

Beamtenstatus

DerȱBeamtenstatusȱalsȱHaupthindernisȱdesȱfehlendenȱLeistungseinȬ satzesȱöffentlicherȱBediensteterȱverliertȱaufgrundȱdieserȱErläuterunȬ genȱanȱGewicht,ȱprägtȱaberȱdennochȱmehrheitlichȱdenȱPersonaleinȬ satzȱinȱdenȱdeutschsprachigenȱLändern,ȱimȱGegensatzȱzuȱdenȱskanȬ dinavischenȱ Ländern,ȱ woȱ esȱ kaumȱ mehrȱ eineȱ Unterscheidungȱ zwischenȱAngestelltenȱundȱBeamtenȱimȱöffentlichenȱSektorȱgibt.ȱȱ InȱderȱSchweizȱzeichnetȱsichȱderȱBeamtenstatusȱdurchȱdieȱWahlȱaufȱ eineȱbestimmteȱAmtsdauerȱ(i.ȱd.ȱR.ȱvierȱJahre)ȱundȱeinenȱfürȱdiesenȱ Zeitraumȱ geltendenȱ Kündigungsschutzȱ aus.ȱ Dieȱ Befristungȱ desȱ Beamtenverhältnissesȱ aufgrundȱ derȱ automatischenȱ Verlängerungȱ derȱAmtsdauerȱwarȱletztlichȱnurȱnochȱeineȱFiktionȱ(vgl.ȱMichelȱ1998:ȱ 3ȱ ff.).ȱSeitȱJanuarȱ 2002ȱgiltȱinȱ derȱBundesverwaltungȱeinȱ neuesȱPerȬ sonalgesetz,ȱ wonachȱ alleȱ Anstellungenȱ öffentlichȬrechtlicherȱ Naturȱ sindȱ undȱ unbefristetȱ geltenȱ (vgl.ȱ Bundesversammlungȱ 2000).ȱ Imȱ Vergleichȱ zurȱ Privatwirtschaftȱ kommtȱ demȱ Bundespersonalgesetzȱ eineȱ Vorbildrolleȱ zu,ȱ indemȱ esȱ verantwortungsvolleȱAnstellungsbeȬ dingungenȱ fürȱ Familieȱ undȱ Gesellschaftȱ fördert.ȱ Esȱ enthältȱ aberȱ auchȱ alleȱ Elementeȱ einesȱ zeitgemäßenȱ Personalmanagementsȱ wieȱ Kaderförderung,ȱ Mitarbeiterbeurteilungȱ undȱ einȱ leistungsȬȱ bzw.ȱ zielorientiertesȱEntlohnungssystem.ȱ

Vorbildlicheȱ ArbeitsȬ bedingungenȱ

InȱDeutschlandȱhingegenȱistȱdieȱ„Verbeamtung“ȱmitȱeinemȱVerbleibȱ imȱöffentlichenȱDienstȱaufȱLebzeitenȱverbunden.ȱDieȱüberwiegendeȱ Mehrheitȱ derȱ Beschäftigtenȱ unterliegtȱ derȱ dauerhaftenȱ BeschäftiȬ gungsgarantieȱdesȱöffentlichenȱDienstes.ȱTrotzdemȱistȱimȱvergangeȬ nenȱ Jahrhundertȱ dieȱ Gruppeȱ derȱAngestelltenȱ imȱ Vergleichȱ zuȱ denȱ Beamtenȱ laufendȱ angestiegenȱ undȱ erreichtȱ mittlerweileȱ einȱ Drittelȱ desȱ Personalbestandesȱ imȱ öffentlichenȱ Dienstȱ (vgl.ȱ Kühnlein/WohlȬ fahrtȱ1996:ȱ10ȱff.).ȱAuchȱinȱÖsterreichȱsindȱinȱersterȱLinieȱ„ernannteȱ berufsmäßigeȱ Organe“ȱ mitȱ derȱ Führungȱ derȱ Verwaltungȱ vertraut.ȱ Abgesehenȱ vonȱ denȱ Hoheitsaufgabenȱ derȱ Kernverwaltungȱ istȱ aberȱ auchȱhierȱeineȱgewisseȱAufweichungȱdesȱursprünglichȱstrengen,ȱdieȱ

Dienstȱauf Lebzeitenȱ

309ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Beamtenȱ bevorteilendenȱ Funktionsvorbehaltsȱ zuȱ beobachten.ȱ DenȬ nochȱ scheintȱ dasȱ lebenslängliche,ȱ unkündbareȱ Beamtenverhältnisȱ einȱ weiterhinȱ geltendesȱ Prinzipȱ desȱ öffentlichenȱ Dienstesȱ zuȱ sein,ȱ dasȱ sichȱ fürȱ dieȱ nächstenȱ Jahreȱ alsȱ schwerȱ überwindbarȱ erweisenȱ wirdȱ(vgl.ȱHartmann/Pesendorferȱ1998:ȱ353ȱff.).ȱ Problempunkteȱ

Problematischerȱ erscheinenȱ dieȱ Auswirkungenȱ desȱ Beamtenrechtsȱ jedochȱ hinsichtlichȱ folgenderȱAspekteȱ (vgl.ȱ zuȱ denȱ folgendenȱAusȬ führungenȱv.ȱa.ȱMichelȱ1998ȱundȱVaanholtȱ1997:ȱ253ȱff.):ȱȱ

„ MobilitätȱimȱöffentlichenȱDienstȱȱ „ ChancenȱaufȱdemȱArbeitsmarktȱvonȱöffentlichȱBedienstetenȱ „ Flexibilitätȱ imȱ Tätigkeitsfeldȱ aufgrundȱ derȱ Dienstpflichtenȱ desȱ Staatspersonalsȱ

„ Hindernisȱ fürȱ einenȱ bedarfsȬȱ undȱ personengerechtenȱ PersonalȬ einsatzȱ

„ EinschränkungȱbeiȱderȱPersonalfreistellungȱ „ SteuerungȱderȱPersonalkostenȱ Dieseȱ Aspekteȱ überlappenȱ sichȱ teilweise,ȱ drückenȱ jedochȱ dieȱ HauptproblematikȱdesȱBeamtenstatusȱaus:ȱȱ Dieȱ fehlendeȱ Flexibilitätȱ aufgrundȱ einerȱ überhöhtenȱ StatusȬ orientierungȱverhindertȱinȱersterȱLinieȱeinenȱoptimalenȱPersoȬ naleinsatzȱ sowieȱ dieȱ eigeneȱ Laufbahnentwicklungȱ desȱ PersoȬ nalsȱimȱöffentlichenȱSektor.ȱ ȱ Gestiegeneȱ MobilitätsȬ anforderungenȱ

310ȱ

Dieȱ Mobilitätȱ öffentlicherȱ Bediensteterȱ wirdȱ zumȱ einenȱ durchȱ dieȱ teilweiseȱ existierendeȱ Wohnsitzpflicht,ȱ zumȱ anderenȱ durchȱ dieȱ beȬ absichtigteȱ Kontinuitätȱ derȱ Amtsführungȱ erschwert.ȱ Aufgrundȱ derȱ UnvereinbarkeitȱderȱWohnsitzpflichtȱmitȱderȱNiederlassungsfreiheitȱ bestehtȱ eineȱ Tendenzȱ zurȱAbschaffungȱ dieserȱ Verpflichtung.ȱ Durchȱ dieȱWahlȱ(Ernennung)ȱaufȱunbegrenzteȱBeschäftigungsdauerȱerlangtȱ derȱ langjährigeȱ Beamteȱ Spezialistenkenntnisse,ȱ worausȱ sichȱ derȱ öfȬ fentlicheȱ Arbeitgeberȱ eineȱ kompetenteȱ undȱ kontinuierlicheȱ AufgaȬ benerledigungȱ erhofft.ȱ Problematischȱ sindȱ jedochȱ dieȱ negativenȱ AuswirkungenȱvonȱDauerstellen:ȱBetriebsblindheit,ȱÜberperfektion,ȱ VerlustȱanȱEigenkritik,ȱabnehmendeȱKreativitätȱundȱInnovationsbeȬ reitschaftȱusw.ȱAngesichtsȱderȱheutigenȱMobilitätȱinȱderȱPrivatwirtȬ schaftȱ undȱ derȱ geändertenȱ Werthaltungenȱ bezüglichȱ derȱ Loyalitätȱ zwischenȱArbeitgeberȱundȱArbeitnehmerȱwirdȱderȱvomȱStaatȱgaranȬ tierteȱ Kündigungsschutzȱ oftȱ nichtȱ mehrȱ durchȱ entsprechendeȱ GeȬ genleistungenȱ erwidert.ȱ Derȱ Staatȱ kannȱ denȱ Beamtenȱ nichtȱ fürȱ dieȱ

Problembereiche im Personalmanagement

6.2

Amtsdauerȱverpflichten,ȱdennȱderȱBeamteȱkannȱseineȱStelleȱvonȱsichȱ ausȱkündigenȱoderȱeinȱEntlassungsgesuchȱstellen.ȱȱ Einȱ weitererȱ großerȱ Nachteilȱ desȱ Amtsdauersystemsȱ undȱ derȱ StelȬ lengarantieȱistȱdieȱErhaltungȱvonȱArbeitsplätzen,ȱFunktionenȱbisȱhinȱ zuȱganzenȱAbteilungenȱüberȱJahreȱhinweg.ȱDerenȱNotwendigkeitȱistȱ aberȱoftȱaufgrundȱveränderterȱUmweltbedingungen,ȱneuerȱAnfordeȬ rungenȱ anȱ denȱ öffentlichenȱ Sektorȱ undȱ veränderterȱ strategischerȱ Zielsetzungenȱnichtȱmehrȱgegeben.ȱ

Bremseȱdesȱ StrukturȬ wandelsȱȱ

DerȱBeamteȱunterliegtȱeinerȱVielzahlȱvonȱPflichten.ȱSoȱz.ȱB.ȱderȱAufȬ gabenerfüllungspflicht,ȱ derȱ Befolgungspflichtȱ dienstlicherȱ AnweiȬ sungenȱ derȱ Vorgesetzten,ȱ derȱ Geheimhaltungspflicht,ȱ derȱ TreueȬ pflichtȱusw.ȱAbgesehenȱvonȱdenȱzweckmäßigenȱundȱpositivenȱAusȬ wirkungenȱ fürȱ dieȱ Leistungserfüllungȱ könnenȱ dieseȱ Grundwerteȱ desȱBeamtenȱseinȱDenkenȱundȱTunȱeinschränken.ȱErkannteȱFehlentȬ scheideȱderȱVorgesetztenȱwerdenȱnichtȱhinterfragt,ȱMissständeȱbleiȬ benȱverdecktȱoderȱdringendȱnotwendigeȱTätigkeitenȱwerdenȱwegenȱ fehlenderȱAnweisungȱverschleppt.ȱ

Kehrseiteȱderȱ Beamtenpflichtȱ

Dieȱ zunehmendeȱ Durchlässigkeitȱ desȱ öffentlichenȱ undȱ privatwirtȬ schaftlichenȱ Arbeitsmarktesȱ erfordertȱ eineȱ entsprechendeȱ MobiliȬ tätsbereitschaftȱ beiȱ denȱ Arbeitnehmenden.ȱ Dieȱ staatlicheȱ BeamtenȬ karriereȱ istȱ jedochȱ oftȱ sehrȱ linearȱ undȱ dieȱ zunehmendeȱ SpezialisieȬ rungȱ erschwertȱ denȱ Wechselȱ inȱ andereȱ Funktionenȱ oderȱ Branchen.ȱ Hierȱ kommtȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ dieȱ Verantwortungȱ zu,ȱ BeȬ diensteteȱnichtȱdurchȱrechtlicheȱVorschriftenȱanȱdenȱStaatȱzuȱbindenȱ oderȱ zuȱ verhindern,ȱ dassȱ durchȱ allzuȱ langesȱ Verbleibenȱ aufȱ beȬ stimmtenȱPositionenȱQualifikationsdefiziteȱentstehen.ȱDieȱErhaltungȱ derȱ Arbeitsmarktfähigkeitȱ vonȱ Mitarbeitendenȱ gehörtȱ ebensoȱ zurȱ AufgabeȱdesȱArbeitgebersȱwieȱdesȱArbeitnehmers.ȱSystemimmanenȬ teȱ Hinderungsfaktorenȱ wieȱ dasȱ Beamtenrechtȱ sindȱ diesbezüglichȱ kritischȱzuȱhinterfragenȱ(vgl.ȱHeilingȱ2005:ȱ22).ȱ

Durchlässigkeitȱ desȱArbeitsȬ marktesȱ

Beamteȱkönnenȱnurȱschwerlichȱversetztȱwerden.ȱDieȱAufgabeninhalȬ teȱlassenȱsichȱnichtȱanȱdieȱWahlperiodeȱanbindenȱundȱerfordernȱoftȱ schnellereȱVersetzungsȬȱoderȱAnpassungsschritteȱbeimȱPersonaleinȬ satz.ȱ Diesȱ stelltȱ eineȱ zusätzlicheȱ Schwierigkeitȱ beiȱ VerwaltungsreȬ formenȱ dar.ȱ Derenȱ Umsetzungszeitpunkteȱ undȱ VeränderungsmaßȬ nahmenȱ könnenȱ nichtȱ derȱ Amtsdauerȱ angepasstȱ werden,ȱ wodurchȱ sichȱ personelleȱ undȱ strukturelleȱ Erneuerungenȱ verzögernȱ oderȱ garȱ nichtȱ erstȱ angegangenȱ werden.ȱ Damitȱ verbundenȱ sindȱ auchȱ dieȱ erȬ schwertenȱ Freistellungsbedingungen.ȱ Eineȱ Entlassungȱ vorȱ Ablaufȱ derȱAmtsdauerȱoderȱNichtȬWiederwahlȱistȱoftȱnurȱbeiȱschwerenȱdisȬ ziplinarischenȱVerstößen,ȱdauernderȱKrankheitȱoderȱunterȱUmstänȬ denȱ beiȱ Aufhebungȱ derȱ Stelleȱ möglich.ȱ Dieȱ damitȱ verbundenenȱ rechtlichenȱ Schritteȱ einerȱ angeordnetenȱ Untersuchungȱ desȱ TatbeȬ

Schnellere VersetzungsȬ schritteȱ

311ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

standesȱundȱGewährungȱdesȱrechtlichenȱGehörsȱsindȱzwarȱeineȱpoȬ sitiveȱSchrankeȱgegenȱdieȱWillkürȱderȱVorgesetzten,ȱbehindernȱaberȱ auchȱ angemesseneȱ Freistellungsmaßnahmenȱ beiȱ nichtȱ genügenderȱ Leistung,ȱStellenaufhebungȱusw.ȱȱ DieȱAuflösungȱeinesȱArbeitsverhältnissesȱdientȱnichtȱnurȱdemȱ Arbeitgeber,ȱsondernȱkannȱauchȱsinnvollȱundȱzweckmäßigȱfürȱ dieȱkünftigeȱberuflicheȱEntwicklungȱdesȱArbeitnehmersȱsein.ȱ ȱ Dabeiȱgiltȱesȱaberȱzuȱbeachten,ȱdassȱFreistellungenȱsozialverträglichȱ gehandhabtȱwerdenȱundȱdemȱEntlassenenȱeineȱguteȱChanceȱfürȱdieȱ zukünftigeȱ Erwerbsarbeitȱ angebotenȱ wird.ȱ Dieȱ bisherȱ sehrȱ zurückȬ haltendeȱ Freistellungspolitikȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ zeigtȱ derenȱ Vorbildrolle.ȱAndererseitsȱ giltȱ esȱ zuȱ bedenken,ȱ dassȱ geradeȱ inȱ VerȬ waltungsbetriebenȱ dieȱ Personalkostenȱ aufgrundȱ derȱ personalintenȬ sivenȱ Aufgabenȱ einenȱ rechtȱ hohenȱ Anteilȱ anȱ denȱ Gesamtkostenȱ ausmachen.ȱEinȱAnsteigenȱderȱPersonalkostenȱwirdȱgegenwärtigȱoftȱ durchȱ Personalstoppsȱ verhindert,ȱ wasȱ aberȱ fürȱ dasȱ Gleichgewichtȱ derȱ Personalstrukturȱ eineȱ äußerstȱ ungünstigeȱ Maßnahmeȱ darstellt.ȱ InsofernȱistȱdieȱSteuerungȱvonȱPersonalstrukturȱundȱPersonalkostenȱ längerfristigȱzuȱplanen.ȱInȱderȱnichtȱsehrȱseltenȱanzutreffendenȱSituȬ ationȱmitȱeinemȱvergleichsweiseȱhohenȱPersonalbestandȱundȱgleichȬ zeitigenȱFinanzengpässenȱsindȱaberȱauchȱFreistellungenȱnotwendig,ȱ umȱ dieȱ Kostenseiteȱ inȱ denȱ Griffȱ zuȱ bekommen.ȱ Beiȱ unerwartetenȱ kurzfristigenȱEreignissenȱmussȱfürȱstaatlicheȱInstitutionenȱzusätzlichȱ dieȱMöglichkeitȱbestehen,ȱPersonalȱsozialverträglichȱabzubauen.ȱ PersonalȬ bestandȱimȱ Vergleichȱ

312ȱ

Hinsichtlichȱ derȱ Entwicklungȱ desȱ Personalbestandsȱ inȱ mehrerenȱ StaatenȱlassenȱsichȱzweiȱunterschiedlicheȱTendenzenȱfeststellenȱ(vgl.ȱ OECDȱ 2005c).ȱ Währendȱ seitȱAnfangȱ derȱ 1990erȱ Jahreȱ derȱ PersonalȬ bestandȱ aufȱ regionalerȱ undȱ lokalerȱ Ebeneȱ eherȱ zugenommenȱ hat,ȱ wurdenȱaufȱbundesstaatlicherȱEbeneȱPersonalreduktionenȱimȱöffentȬ lichenȱ Dienstȱ durchgeführt.ȱ Dieȱ Personalbestandsentwicklungȱ aufȱ staatlicherȱEbeneȱinȱfünfȱausgewähltenȱOECDȬLändernȱverdeutlichtȱ Abbildungȱ 44.ȱ Derȱ hauptsächlicheȱ Personalabbauȱ erfolgteȱ durchȱ Strukturänderungenȱi.ȱS.ȱvonȱPrivatisierungȱundȱAgenturbildungen,ȱ danebenȱwurdenȱinȱdenȱOECDȬLändernȱaberȱauchȱFreistellungenȱinȱ größeremȱAusmaßȱvorgenommen.ȱȱ

Problembereiche im Personalmanagement

6.2 Abbildungȱ44ȱ

PersonalbestandȱaufȱBundesebeneȱinȱfünfȱOECDȬLändernȱȱ

Index 1990 =100 110 100 90 80 70 60

Kanada Deutschland Neuseeland Spanien USA

50 1985

1990

1997

1998

1999

2000

ȱ

6.2.3

Fehlende Entwicklungsmöglichkeiten

DerȱKarriereverlaufȱinȱöffentlichenȱInstitutionenȱfolgtȱüblicherweiseȱ demȱ einfachenȱ Prinzipȱ desȱ hierarchischenȱ Aufstiegs.ȱ Dieȱ vertikaleȱ LaufbahnȱhatȱaberȱeinȱbegrenztesȱAufnahmevolumenȱundȱjeneȱMitȬ arbeitenden,ȱ dieȱ keineȱ höhereȱ Positionȱ erreichenȱ können,ȱ müssenȱ sichȱ mitȱ demȱ periodischȱ ansteigendenȱ Gehaltȱ begnügen.ȱ Konkreteȱ FachlaufbahnenȱundȱProjektlaufbahnenȱmitȱentsprechendenȱBewähȬ rungsȬȱ undȱAufstiegsmöglichkeitenȱ fehlenȱ größtenteils.ȱ Nebenȱ groȬ ßenȱVerwaltungsbetrieben,ȱzumeistȱaufȱBundesȬȱoderȱLänderebene,ȱ gibtȱ esȱ zudemȱ vieleȱ kleinereȱ staatlicheȱ Institutionenȱ aufȱ derȱ KomȬ munalebeneȱoderȱz.ȱB.ȱSchulen,ȱwelcheȱdurchȱihreȱflacheȱHierarchieȱ wenigeȱAufstiegsmöglichkeitenȱinnerhalbȱderȱeigenenȱOrganisationȱ bieten.ȱInstitutionenübergreifendeȱLaufbahnkonzepteȱundȱerweiterȬ teȱTätigkeitsfelderȱkönnenȱdieȱAttraktivitätȱerhöhen.ȱ DieȱfehlendenȱEntwicklungsmöglichkeitenȱbestätigtenȱsichȱauchȱbeiȱ einerȱ vonȱ denȱAutorenȱ durchgeführtenȱ Zufriedenheitsbefragungȱ inȱ dreiȱBundesämternȱderȱschweizerischenȱBundesverwaltung.ȱInȱallenȱ dreiȱ untersuchtenȱ Betriebenȱ wurdenȱ dieȱ AufstiegsȬȱ undȱ EntwickȬ lungsmöglichkeitenȱ vonȱ elfȱ Zufriedenheitsaspektenȱ amȱ schlechtesȬ tenȱ rangiert.ȱ Gleichzeitigȱ wurdeȱ dieȱ Wichtigkeitȱ dieserȱ Dimensionȱ wenigerȱ hochȱ alsȱ diejenigeȱ vonȱ anderenȱ Aspektenȱ bewertet.ȱ Dabeiȱ

Hierarchischerȱ Aufstiegȱ

313ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

istȱzuȱbeachten,ȱdassȱdieȱinȱderȱEvaluationȱerfasstenȱÄmterȱ(WetterȬ amt,ȱLandesvermessungȱundȱPatentamt)ȱeinenȱeherȱhohenȱAnteilȱanȱ wissenschaftlichenȱ Berufsgruppenȱ beschäftigen,ȱ fürȱ welcheȱ derȱArȬ beitsinhaltȱ unterȱ Umständenȱ bedeutungsvollerȱ alsȱ derȱ KarriereaufȬ stiegȱist.ȱTrotzdemȱschnittȱdieȱZufriedenheitȱmitȱdenȱEntwicklungsȬ möglichkeitenȱamȱschlechtestenȱab.ȱDieseȱErkenntnisseȱwerdenȱverȬ stärktȱdurchȱdieȱBeurteilungȱderȱMöglichkeitenȱimȱRahmenȱderȱAusȬȱ undȱWeiterbildung,ȱdieȱimȱVergleichȱzuȱdenȱrestlichenȱAspektenȱtiefȱ bewertetȱwurdenȱ(vgl.ȱRitzȱ2003a:ȱ366ȱff.).ȱ

6.2.4

Mangelhafte Anreiz- und Belohnungsstrukturen

Lohngarantieȱ

Dieȱ Belohnungsstrukturenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ warenȱ bisȱ anhinȱ vonȱLoyalitätsȬȱundȱPflichtwertenȱgeprägtȱundȱwurdenȱwenigerȱleisȬ tungsabhängigȱ bestimmt.ȱ Dieȱ existenzielleȱ undȱ materielleȱAbsicheȬ rungȱderȱBeschäftigtenȱstehtȱimȱVordergrundȱundȱnichtȱderenȱLeisȬ tungsverhaltenȱ(vgl.ȱReichardȱ1998:ȱ103).ȱVielerortsȱwirdȱdieȱArbeitȱ nachȱ derȱ klassischenȱ Einreihungȱ inȱ derȱ Lohntabelleȱ mitȱ periodiȬ schemȱStufenanstiegȱentlohntȱundȱwederȱungenügendeȱnochȱbesonȬ dersȱ guteȱ Leistungserfüllungȱ wirkenȱ sichȱ aufȱ dieȱ Gehaltshöheȱ aus.ȱ Dort,ȱ woȱ sog.ȱ „Leistungslohnsysteme“ȱ eingeführtȱ wurden,ȱ istȱ derȱ Leistungsanteilȱ oftȱ sehrȱ klein,ȱ soȱ dassȱ erstensȱ kaumȱ eineȱ MotivatiȬ onswirkungȱ entstehtȱ undȱ zweitensȱ dieȱ Kostenȱ fürȱ dieȱ SystementȬ wicklungȱ undȱ Ȭeinführungȱ dieȱ beabsichtigtenȱ ProduktivitätssteigeȬ rungenȱ einholen.ȱ Einȱ weitererȱ Problempunktȱ bestehtȱ inȱ derȱ KontiȬ nuitätȱ undȱ Garantieȱ zuȱ gewährenderȱ Lohnzusätzeȱ beiȱ derȱ gegenȬ wärtigȱ eherȱ heiklenȱ Finanzlageȱ derȱ öffentlichenȱ Handȱ (vgl.ȱ Ritz/ȱ Steinerȱ2000).ȱ

Ganzheitlichesȱ Anreizsystemȱ

Imȱ Rahmenȱ einesȱ ganzheitlichenȱ Anreizsystemsȱ gehtȱ esȱ aberȱ nichtȱ nurȱumȱdieȱmateriellenȱundȱvonȱderȱIndividualleistungȱabhängigenȱ Belohnungskomponenten.ȱ Nebenȱ derȱ Koppelungȱ vonȱ Lohnȱ undȱ LeistungȱsolltenȱimmaterielleȱundȱteamorientierteȱAnreizstrukturenȱ verfolgtȱwerden,ȱdieȱinȱderȱgegenwärtigenȱLeistungslohndiskussionȱ nochȱ zuȱ wenigȱ Platzȱ haben.ȱ Momentanȱ giltȱ eherȱ derȱ Grundsatz:ȱ „Derȱ öffentlicheȱ Sektorȱ kommtȱ kaumȱ amȱ individuellenȱ LeistungsȬ lohnȱvorbei!“ȱZuȱhochȱistȱderȱDruckȱvonȱderȱprivatwirtschaftlichenȱ Seiteȱ undȱ dasȱ negativeȱ Imageȱ desȱ Beamtentumsȱ verschärftȱ dieseȱ Forderungen.ȱ Alsȱ fortschrittlicheȱ Arbeitgeberȱ könnenȱ sichȱ öffentliȬ cheȱInstitutionenȱdadurchȱprofilieren,ȱdassȱsieȱweiterȱgreifendeȱAnȬ reizkonzepteȱeinführen.ȱ ȱ

314ȱ

Problembereiche im Personalmanagement

6.2.5

6.2

Eingeschränkte Personalauswahl

Dieȱ Publicȱ ManagementȬReformenȱ verändernȱ dasȱ AnforderungsȬ profilȱ fürȱ Mitarbeitendeȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ undȱ insbesondereȱ fürȱ dieȱ Kaderangestellten.ȱ Neueȱ Fähigkeiten,ȱ Erfahrungenȱ undȱ Kompetenzenȱ werdenȱ erwartet,ȱ umȱ künftigȱ Führungspositionenȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ einnehmenȱ undȱ dieȱ damitȱ verbundenenȱ Aufgabenȱauchȱerfüllenȱzuȱkönnen.ȱImmerȱwenigerȱGewichtȱhabenȱ dieȱ politischenȱ oderȱ militärischenȱ Netzwerkeȱ beiȱ derȱ PersonalausȬ wahlȱ undȱ Beförderungsautomatismen.ȱ Systematischȱ evaluierteȱ AnȬ forderungsprofileȱ undȱ daraufȱ ausgerichteteȱ Auswahlprozesseȱ werȬ denȱ anȱ Bedeutungȱ gewinnenȱ undȱ dieȱ traditionellenȱAuswahlȬȱ undȱ Beförderungsverfahrenȱ verdrängen.ȱ Letztereȱ habenȱ dazuȱ geführt,ȱ dassȱ derȱ Stellenwertȱ desȱ internenȱ Arbeitsmarktesȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱzuȱgroßȱist.ȱDieseȱVarianteȱderȱPersonalauswahlȱdürfteȱzwarȱ insgesamtȱkostengünstigerȱsein,ȱbringtȱjedochȱdieȱNachteileȱmitȱsich,ȱ dassȱ einerseitsȱ wenigerȱ potenzielleȱ Kandidatenȱ zurȱ Verfügungȱ steȬ hen,ȱandererseitsȱdieȱLeistungsbereitschaftȱdurchȱerwartungssichereȱ BeförderungenȱüberȱdieȱZeitȱgeschmälertȱwerdenȱkann.ȱȱ

Veränderte AnforderungsȬ profileȱ

Dieȱ beruflicheȱ Vorbildungȱ undȱ Befähigungȱ fürȱ denȱ öffentlichenȱ DienstȱwirdȱzumeistȱdurchȱdieȱPrüfungȱderȱBewerbungsunterlagen,ȱ derȱ Schulzeugnisseȱ undȱ durchȱ Bewerbungsgesprächeȱ beurteilt.ȱDieȱ EignungȱfürȱeineȱspezifischeȱStelleȱundȱderenȱAnforderungenȱkannȱ mittelsȱdieserȱKriterienȱaberȱnurȱungenügendȱabgeklärtȱwerden.ȱȱ Angesichtsȱ desȱ immerȱ nochȱ zumindestȱ inȱ denȱ Köpfenȱ verankertenȱ Beamtenlaufbahnprinzipsȱ rechtfertigenȱ sichȱ gezielteȱ undȱ z.ȱT.ȱ aufȬ wändigereȱ Auswahlverfahren.ȱ Dennȱ imȱ Normalfallȱ sindȱ verfehlteȱ Auswahlentscheideȱ längerfristigȱ kaumȱ zuȱ korrigieren.ȱ QualifikatiȬ onsdefiziteȱ erfordernȱ dannȱ kostenintensiveȱ PersonalentwicklungsȬ maßnahmenȱmitȱungewissenȱErfolgsaussichten.ȱ

Aufwändigereȱ AuswahlȬ verfahrenȱ

Inwieweitȱ dieseȱ Mangelerscheinungenȱ imȱ Personalmanagementȱ öfȬ fentlicherȱInstitutionenȱverbessertȱwerdenȱkönnen,ȱwirdȱimȱnächstenȱ Abschnittȱerläutert.ȱ ȱ

315ȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

6

Praxisfenster Nr. 14: Herausforderungen im Beamtenrecht: Neue Wege im öffentlichen Dienst in Deutschland

ȱ WernerȱMüllerȱ Leiterȱderȱȱ AbteilungȱDienstrechtȱȱ imȱBundesministeriumȱȱ desȱInnern,ȱ Berlinȱ

1. Ausgangslage Angesichts des sich weiter fortentwickelnden Staatsverständnisses, des raschen Wandels der Gesellschaft sowie einer zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft wurde immer deutlicher, welche Bedeutung eine leistungswillige und -fähige Verwaltung, die sich rechtzeitig auf neu abzeichnende Probleme in Staat und Gesellschaft einstellen kann, für die Entwicklung des Standortes Deutschland hat. Die bisher vom Gesetzgeber gebotenen Instrumente des Dienstrechts reichten nicht aus, zumal sie (insbesondere in Bezug auf die Leistungsbezahlungen) nicht überall eingesetzt wurden. In dieser Situation haben der Bundesinnenminister sowie die Vorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di im Oktober 2004 gemeinsam die Grundlage für die Neugestaltung der Beschäftigungsbedingungen der Beamten in Deutschland gelegt. Die sog. Eckpunkte "Neue Wege im öffentlichen Dienst" sind das vorläufige Ergebnis eines im Januar 2004 eingeleiteten Reformdialogs mit den Gewerkschaften. Auf der Basis dieser Eckpunkte wurde - ebenfalls im Dialog mit den Gewerkschaften - ein Strukturreformgesetz erarbeitet, das die Bundesregierung am 15. Juni 2005 beschlossen hat.

2. Gesetzentwurf In Einklang mit der parallel laufenden Neugestaltung des Tarifrechts der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes und im Rahmen des geltenden Verfassungsrechts wurden die folgenden wesentlichen Komplexe geregelt. Dem föderativen System entsprechend schlägt der Gesetzentwurf zugunsten der Länder weitgehende Öffnungen vor und baut bundesstaatliche Vorgaben ab. Der Bund regelt künftig nur Grundstrukturen, Basisinhalte und Systemfragen. Im Laufbahn-, Bezahlungs- und Versorgungsrecht werden Möglichkeiten zur Berücksichtigung regionaler Besonderheiten der Länder zugelassen. Darüber hinaus werden Voraussetzungen geschaffen, um die Zahl von etwa 700 bis 800 unterschiedlichen Laufbahnen in Bund und Ländern erheblich zu reduzieren. Eine breite Verwendung und berufliche Erfahrung stärkt die Qualifikation der Beschäftigten. Daher wird die Mobilität, auch zur Wirtschaft und zu internationalen Organisationen, gefördert. Umgekehrt wird der Quereinstieg in den öffentlichen Dienst erleichtert, da entsprechende Hemmschuhe im Laufbahnrecht beseitigt werden. Schließlich dienen weitere Veränderungen des Laufbahnrechts der Stärkung des Leistungsprinzips. Grundsätzlich wurden Vorschriften, die überflüssigen Aufwand an Bürokratie verursachen, bereinigt. So kommt das neue Beamtenrechtsrahmengesetz mit etwa 25 % weniger Vorschriften aus als das bisherige Recht.

316ȱ

Problembereiche im Personalmanagement

6.2

3. Leistungsorientierte Bezahlung Herzstück der Reform ist das neue leistungsorientierte Bezahlungssystem. Die bisherige Besoldung ist zu stark an Alter und Familienstand und zu wenig an Leistung orientiert. Eine stärkere Ausrichtung an der individuellen Leistung und dem Engagement wird mithelfen, Qualität und Effizienz der staatlichen Aufgabenerfüllung zu verbessern und eine breite Akzeptanz gerade bei engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu finden. Die neue Bezahlung setzt sich aus einem Basisgehalt und einer individuellen Leistungsvariable zusammen. Das Basisgehalt hängt von den Anforderungen und Funktionen des Arbeitsplatzes ab. Hierfür stehen 25 Bezahlungsebenen zur Verfügung. Der bisherige Altersaufstieg wird abgeschafft. Stattdessen wird es 3 Erfahrungsstufen geben, die nach 5, 10 und 20 Dienstjahren erreicht werden und nach entsprechendem Leistungsnachweis zu einer höheren Bezahlung innerhalb der innegehabten Bezahlungsebenen führen. Leistungsvariablen ergänzen das Basisgehalt und sind je nach dem Grad der individuellen Leistung in 4 Stufen bemessen. In einem ersten Schritt werden insgesamt 4 % der Basisgehälter für die Leistungsvariablen zur Verfügung stehen. Sie sind in einem Budget haushaltsrechtlich abgesichert und müssen jährlich ausgegeben werden. Die Höhe der zusätzlichen Leistungsvariablen umfasst pro Monat je nach der wahrgenommenen Funktion eine Bandbreite von 68 bis 220 € in der Stufe 2 (für die gute Normalleistung) bzw. von 136 bis 440 € in der Stufe 4 (für eine herausragende Leistung). Wer die Anforderungen nicht erfüllt, läuft also künftig Gefahr, weniger auf seinem Konto zu haben. Allerdings soll niemand durch die Einführung des neuen Systems weniger bekommen. Dies wird durch eine entsprechende Besitzstandsregelung sichergestellt. Die Zahlung der Leistungsvariablen setzt natürlich voraus, dass die jeweilige Leistung gemessen und bewertet werden kann. Dies soll nach unseren Vorstellungen in Abständen von maximal zwei Jahren, besser einmal jährlich, geschehen. Instrumente hierfür sind Zielvereinbarungen oder strukturierte Bewertungsverfahren. Wir sind uns bewusst, dass Dreh- und Angelpunkt des Erfolgs des neuen Verfahrens die Akzeptanz durch die beteiligten Beschäftigten und Vorgesetzten ist. Wir müssen also alle Anstrengungen darauf richten, Mentalität sowie Führungs- und Kommunikationsverhalten der Vorgesetzten im Verhältnis zu ihren Mitarbeitern zu verändern. Diese Herausforderungen können u. a. mit Fortbildungsveranstaltungen gemeistert werden, die einer gründlichen Konzeption bedürfen. Bestandteil des Gesetzentwurfs sind auch Regelungen, die bewirken, dass sich die Summe der in einem Beamtenleben erzielten oder nicht erzielten Leistungsvariablen in der Versorgung widerspiegelt. Welches Schicksal der im Juni 2005 von der Bundesregierung beschlossene Gesetzentwurf im weiteren Verlauf haben wird, hängt von der politischen Entwicklung nach der Bundestagswahl am 18. September 2005 ab.

ȱ

317ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

6.3

Lösungsansätze durch ein umfassendes Personalmanagement

DieȱdargestelltenȱProblembereicheȱdesȱPersonalmanagementsȱimȱöfȬ fentlichenȱ Sektorȱ lassenȱ sichȱ nurȱ durchȱ einȱ umfassendesȱ PersonalȬ managementȬKonzeptȱ überwinden,ȱ welchesȱ dieȱ einzelnenȱ persoȬ nalwirtschaftlichenȱ Teilfunktionenȱ systematischȱ integriertȱ undȱ aufȬ einanderȱ abstimmt.ȱ Anstelleȱ vonȱ verschiedenenȱ Einzelmaßnahmenȱ müssenȱ dieȱ zusammenhängendenȱ personalwirtschaftlichenȱ ProzesȬ seȱmitȱdenȱerforderlichenȱInstrumentenȱundȱFähigkeitenȱinȱdenȱMitȬ telpunktȱderȱBetrachtungȱgestelltȱwerden.ȱ Dasȱ imȱ Folgendenȱ dargestellteȱ PersonalmanagementȬKonzeptȱ zeigtȱ dieȱ relevantenȱ personalwirtschaftlichenȱ Zusammenhängeȱ aufȱ undȱ eignetȱsichȱsomitȱalsȱOrientierungshilfeȱfürȱeineȱverbesserteȱGestalȬ tungȱ desȱ Personalmanagementsȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ undȱ gleichȬ zeitigȱzurȱweiterenȱStrukturierungȱdiesesȱKapitelsȱ(vgl.ȱAbb.ȱ45).ȱȱ Prozessmodellȱ

Imȱ Mittelpunktȱ desȱ PersonalmanagementȬKonzeptsȱ stehtȱ einȱ ProȬ zessmodell,ȱ welchesȱ dieȱ zentralenȱ Funktionenȱ derȱ PersonalgewinȬ nung,ȱ Ȭbeurteilung,ȱ Ȭerhaltung,ȱ Ȭentwicklungȱ undȱ PersonalfreistelȬ lungȱ unterscheidetȱ (einȱ nochȱ umfassenderesȱ Gesamtkonzeptȱ findetȱ sichȱ beiȱ Thomȱ 1999:ȱ 433ȱ ff.).ȱ Jederȱ Mitarbeitendeȱ einerȱ staatlichenȱ OrganisationȱdurchläuftȱimȱNormalfallȱdieseȱfünfȱAktionsfelder.ȱZuȱ Beginnȱ desȱ Personalprozessesȱ stehtȱ (abgesehenȱ vonȱ derȱ hierȱ nichtȱ behandeltenȱ Personalbedarfsplanung)ȱ dieȱ Personalgewinnung,ȱ amȱ SchlussȱdieȱFreistellung.ȱVorȱjederȱPersonalentwicklungsmaßnahmeȱ sollteȱeineȱPersonalbeurteilungȱdurchgeführtȱwerden.ȱDieȱPersonalȬ erhaltungȱ mitȱ ihrenȱ unterschiedlichenȱ Elementenȱ vonȱ AnreizsysteȬ menȱkannȱsowohlȱvorȱalsȱauchȱnachȱderȱBeurteilungȱoderȱEntwickȬ lungȱ desȱ Personalsȱ stattfinden.ȱ Wesentlicheȱ Ansatzpunkteȱ fürȱ VerȬ besserungenȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Prozessfunktionenȱ werdenȱ inȱ Abschnittȱ6.5ȱdargestellt.ȱ

QuerschnittsȬ funktionenȱ

DanebenȱbeschäftigenȱsichȱdieȱPersonalfachleuteȱinsbesondereȱauchȱ mitȱ denȱ Querschnittsfunktionenȱ desȱ Dienstrechts,ȱ derȱ PersonalplaȬ nung,ȱdesȱPersonalcontrollingsȱundȱȬmarketings,ȱwelcheȱjedochȱhierȱ (ebensoȱ wieȱ dieȱ Personalinformation)ȱ nichtȱ weiterȱ vertieftȱ werden.ȱ Dasȱ strategischeȱ Personalmanagementȱ sowieȱ dieȱ Organisationȱ desȱ Personalmanagementsȱ tragenȱ i.ȱS.ȱ einerȱ Klammerȱ überȱ alleȱ QuerȬ schnittsȬȱundȱProzessfunktionenȱmaßgeblichȱzurȱSteuerungȱdesȱPerȬ sonalmanagementsȱbei.ȱSieȱwerdenȱinȱAbschnittȱ6.4ȱvertieftȱbetrachȬ tet.ȱDasȱstrategischeȱPersonalmanagementȱbefasstȱsichȱeinerseitsȱmitȱ derȱ langfristigenȱ Zielfindungȱ undȱ Ȭfestlegungȱ fürȱ dieȱ PersonalpoliȬ tik,ȱandererseitsȱmitȱderȱdaraufȱabgestimmtenȱKoordinationȱderȱeinȬ

318ȱ

Lösungsansätze durch ein umfassendes Personalmanagement

6.3

zelnenȱ Personalfunktionen.ȱ Dieȱ Organisationȱ desȱ gesamtenȱ PersoȬ nalmanagementsȱ undȱ seinerȱ institutionellenȱ Einheitenȱ ermöglichtȱ dieȱ bestmöglicheȱ Zielerreichungȱ durchȱ dasȱ Personalmanagementȱ innerhalbȱderȱbestehendenȱOrganisationsstrukturen.ȱȱ Dieseȱ systembildendenȱ undȱ indirektenȱ Führungsfunktionenȱ zwiȬ schenȱ derȱ Personalabteilungȱ sowieȱ denȱ Vorgesetztenȱ undȱ denȱ MitȬ arbeitendenȱeinerȱFachabteilungȱunterscheidenȱsichȱdeutlichȱvonȱderȱ interaktionellenȱ undȱ direktenȱ Funktionȱ derȱ Personalführungȱ zwiȬ schenȱ Vorgesetztenȱ undȱ Mitarbeitendenȱ jederȱ organisatorischenȱ Einheit,ȱ welcheȱ inȱ Abschnittȱ 6.6ȱ behandeltȱ wird.ȱ Insbesondereȱ dieȱ fünfȱ Personalprozesseȱ werdenȱ starkȱ vonȱ derȱ direktenȱ PersonalfühȬ rungȱ geprägt.ȱ Dieȱ Personalführungȱ gestaltetȱ letztlichȱ dieȱ ProzessȬ funktionenȱundȱsetztȱihreȱInhalteȱum.ȱAusȱdiesemȱGrundȱenthaltenȱ dieȱProzessfunktionenȱsowohlȱAnteileȱderȱindirekten,ȱsystemischenȱ alsȱauchȱderȱdirekten,ȱinteraktionellenȱPersonalfunktion.ȱ

Abbildungȱ45ȱ

Indirekte, systemische Personalfunktion

UmfassendesȱPersonalmanagementȬKonzeptȱ

Direkte, interaktionelle Personalfunktion

FührungsȬ funktionenȱȱ

Strategisches Personalmanagement Organisation des Personalmanagements Dienstrecht, Personalplanung, Personalcontrolling, Personalmarketing

Personalgewinnung

Personalbeurteilung

Personaleinsatz und -erhaltung

Personalentwicklung

Personalfreistellung

Personalführung

ȱ

DieȱimȱvorherigenȱAbschnittȱerläutertenȱProblembereicheȱzeigenȱvorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ imȱ Prozessmodellȱ erläutertenȱ personalwirtȬ schaftlichenȱFunktionenȱzahlreicheȱAnsatzpunkteȱzurȱVerbesserungȱ derȱgegenwärtigenȱDefiziteȱimȱöffentlichenȱPersonaldienst.ȱȱ

Ansatzpunkteȱ zurȱ Verbesserungȱ

319ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

„ Strategischesȱ Personalmanagement:ȱ Lockerungȱ undȱ Aufhebungȱ desȱ Beamtenstatus,ȱAuswirkungenȱ aufȱ alleȱ Elementeȱ desȱ PersoȬ nalprozessesȱȱ

„ Organisationȱ desȱ Personalmanagements:ȱ Aktivierungȱ derȱ LeisȬ tungsmotivationȱ undȱ verbessertesȱ Zusammenspielȱ derȱ Akteureȱ imȱPersonalmanagementȱ

„ Personalgewinnung:ȱ Zielgerechteȱ Personalauswahl,ȱ Reduktionȱ vonȱSelektionsfehlernȱ

„ Personalbeurteilung:ȱ Verbesserungȱ derȱ Informationsgrundlageȱ fürȱ Entwicklungsmaßnahmen,ȱ Beseitigungȱ derȱ BeförderungsauȬ tomatismenȱ

„ Personalerhaltung:ȱ Aktivierungȱ derȱ Leistungsmotivation,ȱ OptiȬ mierungȱderȱAnreizȬȱundȱBelohnungsstrukturenȱ

„ Personalentwicklung:ȱVerbesserungȱderȱbildungsȬȱundȱstellenbeȬ zogenenȱ Entwicklungsmaßnahmen,ȱ Beseitigungȱ derȱ BefördeȬ rungsautomatismenȱ

„ Personalfreistellung:ȱLockerungȱundȱAufhebungȱdesȱBeamtenstaȬ tusȱ

„ Personalführung:ȱ Aktivierungȱ derȱ Leistungsmotivation,ȱ BeseitiȬ gungȱderȱBeförderungsautomatismenȱ DieseȱschwerpunktmäßigeȱZuordnungȱvonȱProblemfeldernȱundȱLöȬ sungsansätzenȱ stelltȱ eineȱ Problemreduktionȱ dar.ȱ Sieȱ konzentriertȱ sichȱ aufȱ aktuelleȱ Hauptansatzpunkteȱ zurȱ EffektivitätsȬȱ undȱ EffiȬ zienzsteigerungȱ imȱ Personalmanagementȱ desȱ öffentlichenȱ Sektors.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ zeigtȱ eineȱ Umfrageȱ derȱ Verfasserȱ inȱ derȱ Schweiz,ȱ dassȱ v.ȱ a.ȱ dieȱ Personalauswahlȱ undȱ dieȱ Personalführungȱ derȱ Mitarbeitendenȱ nachȱ derȱ Umsetzungȱ vonȱ Publicȱ ManagementȬ Reformenȱvielȱwichtigerȱeingeschätztȱwerdenȱalsȱvorȱoderȱwährendȱ desȱReformprojekts,ȱwährendȱdieȱBedeutungȱderȱPersonalerhaltungȱ (Anreizsysteme)ȱalsȱwenigerȱwichtigȱeingestuftȱwird.ȱ Dieȱ folgendenȱAbschnitteȱ zeigenȱ denȱ Stellenwertȱ derȱ personalwirtȬ schaftlichenȱ Teilprozesseȱ aufȱ undȱ erläuternȱ danachȱ dieȱ möglichenȱ Ansatzpunkteȱ zurȱ Professionalisierungȱ desȱ Personalmanagementsȱ undȱ denȱ damitȱ angestrebtenȱ QualifizierungsȬȱ undȱ MotivationsverȬ besserungenȱbeiȱdenȱMitarbeitendenȱöffentlicherȱInstitutionen.ȱȱ

320ȱ

Steuerung und Organisation des Personalmanagements

6.4

Steuerung und Organisation des Personalmanagements

6.4.1

Strategisches Personalmanagement

Ausȱ demȱ IOPȬKonzeptȱ gehtȱ hervor,ȱ dassȱ dieȱ strategischeȱ Führungȱ zuȱ einerȱ derȱ wichtigstenȱ Stützenȱ einerȱ modernenȱ VerwaltungsfühȬ rungȱgehörtȱ(vgl.ȱKapitelȱ2).ȱVorȱdemȱHintergrundȱderȱgewandeltenȱ Anforderungenȱ anȱ dieȱ staatlichenȱ Institutionenȱ gewinntȱ auchȱ dieȱ strategischeȱAusrichtungȱdesȱPersonalmanagementsȱzunehmendȱanȱ Bedeutung.ȱ Dieȱ möglichstȱ guteȱ Antizipationȱ derȱ wesentlichenȱ unȬ ternehmensexternenȱEntwicklungsprozesseȱundȱderȱdaraufȱaufbauȬ endenȱpersonalpolitischenȱEntscheidungenȱermöglichtȱdieȱlaufendeȱ Beantwortungȱ derȱ Grundfragenȱ desȱ strategischenȱ PersonalmanaȬ gementsȱ(vgl.ȱZauggȱ1996b:ȱ59ȱf.):ȱ

6.4

Strategischeȱ Grundfragenȱ

„ Welchenȱ aktuellenȱ undȱ zukünftigenȱ Personalpotenzialenȱ weistȱ dieȱVerwaltungsführungȱeineȱzentraleȱBedeutungȱzu?ȱ

„ WelcheȱMaßnahmenȱsindȱzumȱfrühzeitigenȱAufbau,ȱErhalt,ȱNutȬ zungȱoderȱAbbauȱdieserȱPersonalpotenzialeȱerforderlich?ȱ DieȱUmfrageȱbeiȱReformprojektleitungenȱinȱderȱSchweizȱzeigt:ȱNurȱ 16ȱProzentȱderȱBefragtenȱkönnenȱbejahen,ȱdassȱinȱihrerȱVerwaltungȱ eineȱPersonalstrategieȱexistiert.ȱRundȱ42ȱProzentȱverneinenȱdiesȱundȱ nochmalsȱsoȱvieleȱstellenȱersteȱAnsätzeȱzuȱeinemȱstrategischenȱPerȬ sonalmanagementȱ festȱ (nȱ =ȱ 59).ȱ Dieȱ Relevanzȱ derȱ StrategieentwickȬ lungȱ zurȱ bestmöglichenȱ Steuerungȱ derȱAktivitätenȱ imȱ PersonalmaȬ nagementȱwirdȱalsoȱerstȱteilweiseȱerkannt.ȱ Grundsätzlichȱ stehtȱ dieȱPersonalstrategieȱinȱeinemȱZusammenhangȱ mitȱ derȱ Verwaltungsstrategie,ȱ wobeiȱ vierȱ unterschiedlicheȱ Formenȱ dieȱ Beziehungȱ zwischenȱ diesenȱ beidenȱ Strategienȱ charakterisierenȱ könnenȱ(vgl.ȱZauggȱ1996b:ȱ100ȱff.):ȱ

PersonalȬȱundȱ VerwaltungsȬ strategieȱ

1. Dieȱ PersonalȬȱ undȱ dieȱ Verwaltungsstrategieȱ sindȱ voneinanderȱ unabhängig:ȱ Dieseȱ Varianteȱ widersprichtȱ denȱ Grundsätzenȱ derȱ strategischenȱ Führungȱ undȱ derȱ Erkenntnis,ȱ dassȱ dasȱ PersonalȬ managementȱ eineȱ zentraleȱ Führungsaufgabeȱ darstellt.ȱ Eineȱ vonȱ derȱ Verwaltungsstrategieȱ losgelösteȱ Personalstrategieȱ istȱ somitȱ nichtȱzweckmäßig.ȱȱ 2. DieȱPersonalstrategieȱwirdȱausȱderȱVerwaltungsstrategieȱabgeleiȬ tet:ȱDieseȱtraditionelle,ȱjedochȱeinseitigeȱMethodikȱzurȱStrategieȬ findungȱ vernachlässigtȱ zumȱ einenȱ dasȱ innovatorischeȱ Potenzialȱ desȱ Personalbereichs,ȱ zumȱ anderenȱ fasstȱ sieȱ dasȱ Personalȱ alsȱ kurzfristigȱveränderbarenȱFaktorȱauf.ȱȱ

321ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

3. DieȱVerwaltungsstrategieȱwirdȱausȱderȱPersonalstrategieȱabgeleiȬ tet:ȱ Dasȱ Personalȱ wirdȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ zweitenȱ Varianteȱ alsȱ dominierenderȱ Engpassfaktorȱ fürȱ dieȱ Verfolgungȱ derȱ VerwalȬ tungsstrategieȱdefiniert.ȱDiesȱistȱu.ȱa.ȱinȱKleinstkommunenȱmögȬ lich,ȱ woȱ einzelneȱ Personenȱ dieȱ strategischeȱAusrichtungȱ bestimȬ men.ȱ 4. DieȱPersonalstrategieȱundȱdieȱUnternehmensstrategieȱwerdenȱinȬ teraktivȱ durchȱ eineȱ wechselseitigeȱ Abstimmungȱ entwickelt:ȱ Dieȱ SyntheseȱausȱdenȱVariantenȱzweiȱundȱdreiȱüberträgtȱdemȱPersoȬ nalmanagementȱ aufȱ derȱ Ebeneȱ derȱ Strategieentwicklungȱ dieȱ InȬ novationsaufgabe,ȱ Personalpotenzialeȱ zuȱ schaffen,ȱ dieȱ alteȱ straȬ tegischeȱOrientierungenȱinȱFrageȱstellenȱundȱdurchȱstrategischesȱ Denkenȱ wesentlichȱ zurȱ zukünftigenȱ Entwicklungȱ derȱ VerwalȬ tungȱbeitragen.ȱ Wechselseitigeȱ Abstimmungȱ

Dasȱ bürokratischeȱ Personenstandswesenȱ folgteȱ eindeutigȱ derȱ zweiȬ tenȱVariante,ȱbeiȱderȱdieȱPersonalstrategieȱausȱderȱVerwaltungsstraȬ tegieȱ abgeleitetȱ wird.ȱ Dieȱ verwaltungsrechtlichenȱ Prinzipienȱ schluȬ genȱ sichȱ inȱ denȱ beamtenrechtlichenȱ Rahmenbedingungenȱ niederȱ undȱprägtenȱdieȱKulturȱstaatlicherȱInstitutionenȱmaßgeblich.ȱDurchȱ dieȱneuenȱZieleȱdesȱVerwaltungshandelnsȱi.ȱS.ȱderȱWirkungsȬ,ȱKunȬ denȬ,ȱLeistungsȬȱundȱKostenorientierung,ȱwelcheȱverstärktȱdieȱneueȱ unternehmerischereȱVerwaltungskulturȱkennzeichnen,ȱrücktȱdieȱBeȬ ziehungsformȱ vierȱ insȱ Zentrum.ȱ Dasȱ Personalmanagementȱ entwiȬ ckeltȱ dieȱ Personalstrategieȱ inȱ wechselseitigerȱ Abstimmungȱ mitȱ derȱ Verwaltungsstrategie,ȱ wodurchȱ dieȱ strategischeȱ Kompetenzȱ inȱ derȱ gesamtenȱöffentlichenȱInstitutionȱerhöhtȱwird.ȱ Eineȱ typischeȱ Folgeȱ davonȱ istȱ dieȱ Lockerungȱ undȱ vielerortsȱ beȬ schlosseneȱ Aufhebungȱ desȱ Beamtenstatusȱ zumindestȱ inȱ derȱ LeisȬ tungsverwaltung.ȱ Dieȱ neuenȱ Strategienȱ einerȱ gemäßȱ Publicȱ ManaȬ gementȬKriterienȱ geführtenȱ Verwaltungȱ rufenȱ nachȱ Flexibilitätȱ inȱ denȱStrukturenȱundȱsomitȱauchȱinȱdenȱAnstellungsregelungen.ȱEsȱistȱ dieȱ natürlicheȱ Folgeȱ einerȱ nachȱ EffizienzȬȱ undȱ Effektivitätszielenȱ ausgerichtetenȱ Verwaltungsführung,ȱ dassȱ derȱ erweiterteȱ unternehȬ merischeȱ Handlungsfreiraumȱ auchȱ dasȱ Personalmanagementȱ undȱ dasȱPersonalrechtȱalsȱRahmenbedingungȱdafürȱerfasst.ȱ 6.4.1.1

Integrationȱinȱ dieȱStrategieȱ

322ȱ

Ansätze des strategischen Human Resource Managements

ImȱMittelpunktȱderȱAnsätzeȱeinesȱstrategieorientiertenȱPersonalmaȬ nagementsȱstehtȱdieȱIntegrationȱdesȱHumanȱResourceȱManagementsȱ (HRM)ȱ inȱ dieȱ Organisationsstrategieȱ beiȱ allenȱ unternehmerischenȱ Entscheidungenȱ(vgl.ȱOechslerȱ2006:ȱ28).ȱDieȱMitarbeiterȱwerdenȱalsȱ

Steuerung und Organisation des Personalmanagements

6.4

Erfolgsfaktorenȱ gesehen,ȱ welcheȱ soȱ geführt,ȱ motiviertȱ undȱ entwiȬ ckeltȱwerdenȱmüssen,ȱdassȱsieȱwesentlichȱzumȱErreichenȱderȱUnterȬ nehmenszieleȱbeitragenȱ(vgl.ȱGuestȱ1987:ȱ507).ȱDieȱbeidenȱzentralenȱ Konzepte,ȱ derȱ HarvardȬȱ undȱ derȱ MichiganȬAnsatz,ȱ werdenȱ hierȱ kurzȱskizziert.ȱ DerȱHarvardȬAnsatzȱgehtȱvomȱHRMȱalsȱzentralenȱTeilȱdesȱGeneralȱ Managementsȱ ausȱ undȱ siehtȱ dieȱ Personalstrategieȱ inȱ engerȱ VerbinȬ dungȱ zurȱ Unternehmensstrategie.ȱ Erȱ berücksichtigtȱ eineȱ großeȱ Bandbreiteȱ internerȱ undȱ externerȱ Stakeholderȱ sowieȱ KontextfaktoȬ ren,ȱwelcheȱdieȱHandlungsspielräumeȱdesȱHRMȱbeeinflussen.ȱDaherȱ beruhtȱderȱHarvardȬAnsatzȱimȱVergleichȱzumȱMichiganȬAnsatzȱweȬ nigerȱ aufȱ derȱ Ableitungȱ derȱ Personalstrategieȱ ausȱ derȱ OrganisatiȬ onsstrategie.ȱ Vielmehrȱ werdenȱ inȱ Erweiterungȱ traditionellerȱ PersoȬ nalkonzeptionenȱdieȱMitarbeiterȱalsȱtreibendeȱKraftȱinȱEntscheidunȬ genȱundȱArbeitsorganisationȱeinbezogenȱ(vgl.ȱBeerȱetȱal.ȱ1985).ȱ

HarvardȬ Ansatzȱ

Imȱ Mittelpunktȱ desȱ MichiganȬAnsatzesȱ stehtȱ dieȱ integrativeȱ VerȬ knüpfungȱ vonȱ Unternehmensstrategie,ȱ Organisationsstrukturȱ undȱ HRM,ȱwobeiȱdieȱUnternehmensstrategieȱzeitlichȱundȱinhaltlichȱprioȬ risiertȱwird.ȱDieȱStrukturȱundȱdieȱAusgestaltungȱdesȱPersonalmanaȬ gementsȱ werdenȱ somitȱ ausȱ derȱ Unternehmensstrategieȱ i.ȱS.ȱ einerȱ Funktionsbereichsstrategieȱabgeleitet.ȱDasȱErgebnisȱistȱeinȱ„Humanȱ Resourceȱ Cycle“,ȱ derȱ ausȱ denȱ personalwirtschaftlichenȱ TeilfunktioȬ nenȱ Auswahl,ȱ Leistungsbeurteilung,ȱ Belohnungȱ undȱ Entwicklungȱ bestehtȱ undȱ dieȱ Personalarbeitȱ sowieȱ dieȱ Mitarbeiterleistungȱ entȬ scheidendȱbeeinflusstȱ(vgl.ȱTichy/Fombrun/Devannaȱ1982).ȱ

MichiganȬ Ansatzȱ

6.4.1.2

Strategieorientierte Personalfunktionen

Alsȱ wesentlicheȱ Gestaltungsfelderȱ einesȱ strategieorientiertenȱ PersoȬ nalmanagementsȱ nehmenȱ dieȱ folgendenȱ Teilfunktionenȱ desȱ PersoȬ nalmanagementsȱ indirektȱ wesentlichenȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ strategiȬ schenȱEntscheidungsprozesseȱderȱVerwaltung:ȱ

ZentraleȱGeȬ staltungsfelderȱ

„ Personalplanungȱ undȱ Ȭauswahl:ȱ Planungȱ undȱAuswahlȱ derȱMitȬ arbeitendenȱ ausȱ demȱ Blickwinkelȱ zukünftigȱ notwendigerȱ KomȬ petenzbereicheȱundȱdesȱsichȱänderndenȱPersonalbedarfs.ȱ

„ Personalbeurteilungȱ undȱ Ȭerhaltung:ȱ Durchȱ BeurteilungsȬȱ undȱ AnreizsystemeȱwerdenȱvonȱderȱAmtsstrategieȱabgeleiteteȱQualiȬ fikationsȬȱ undȱ Leistungszieleȱ sowieȱ dieȱ angestrebteȱ Kulturȱ verȬ wirklichendeȱVerhaltensweisenȱgefördert.ȱ

„ Personalentwicklung:ȱ Beiȱ derȱ strategieorientiertenȱ PersonalentȬ wicklungȱgiltȱes,ȱzukünftigȱnotwendigeȱKompetenzenȱaggregiertȱ aufȱ AbteilungsȬȱ oderȱ Amtsebeneȱ aufzubauen.ȱ Dabeiȱ wirdȱ zuȬ

323ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

künftigenȱArbeitsmarktȬ,ȱ TechnologieȬȱ oderȱ DemographieveränȬ derungenȱRechnungȱgetragen.ȱ

„ Personalführung:ȱDieȱdirekte,ȱinteraktionelleȱMitarbeiterführungȱ trägtȱunterȱstrategischenȱGesichtspunktenȱmaßgeblichȱzurȱPflegeȱ undȱ Gestaltungȱ derȱ Unternehmenskulturȱ bei.ȱ Insbesondereȱ giltȱ es,ȱ beiȱ derȱ Kommunikationȱ vonȱ Führungskräftenȱ aufȱ dieȱ VerȬ knüpfungȱmitȱderȱstrategischenȱAusrichtungȱzuȱachten.ȱ Fehlendeȱ VerwaltungsȬ strategienȱ

Strategieorientiertesȱ Personalmanagementȱ benötigtȱ geeigneteȱ VorȬ gabenȱ undȱ Zieleȱ betreffendȱ derȱ Qualifikation,ȱ Motivationȱ undȱ VerȬ änderungȱderȱHumanressourcenȱinȱdenȱVerwaltungsstrategien.ȱVieȬ lerortsȱfehltȱesȱaberȱnochȱanȱderȱEntwicklungȱvonȱVerwaltungsȬ,ȱMiȬ nisterialȬȱoderȱAmtsstrategien.ȱHierȱkannȱdieȱPersonalfunktionȱauchȱ eineȱ Vorreiterrolleȱ übernehmen,ȱ indemȱ sieȱ zurȱ Initiierungȱ undȱ BeȬ einflussungȱvonȱVerwaltungsstrategienȱentscheidendȱbeiträgt.ȱȱ

6.4.2 EntscheidungsȬ zentralisationȱ

Organisation des Personalmanagements

InȱstaatlichenȱInstitutionenȱundȱv.ȱa.ȱgroßenȱVerwaltungsorganisatiȬ onenȱdominierenȱdieȱzentraleȱOrganisationȱundȱWahrnehmungȱvonȱ Personalaufgaben.ȱ Imȱ Mittelpunktȱ derȱ Aktivitätenȱ stehtȱ dieȱ PersoȬ naladministrationȱ mitȱ ihrenȱ Aufgabenȱ derȱ Lohnverwaltung,ȱ PersoȬ neneinreihung,ȱ EinȬȱ undȱ Freistellungȱ sowieȱ demȱ BeförderungsproȬ zess.ȱOftȱkommtȱeinȱverwaltungsinternesȱAusȬȱundȱWeiterbildungsȬ angebotȱdazu.ȱDieseȱz.ȱT.ȱsinnvollerweiseȱzentralȱwahrgenommenenȱ AktivitätenȱwerdenȱaberȱoftȱdurchȱeineȱEntscheidungszentralisationȱ ergänzt.ȱ Dieȱ Fachabteilungenȱ oderȱ dezentralenȱ Einheitenȱ könnenȱ nurȱmitȱderȱGenehmigungȱderȱzentralenȱPersonalabteilungȱPersonenȱ einȬȱ oderȱ freistellenȱ undȱ Beförderungsanträgeȱ habenȱ einenȱ weitenȱ Wegȱ durchȱ dieȱ Hierarchieȱ hinȱ zurȱ zentralenȱ Personalabteilungȱ zuȱ durchlaufen,ȱbisȱihnenȱunterȱUmständenȱstattgegebenȱwird.ȱȱ ImȱSinneȱderȱKongruenzȱvonȱAufgaben,ȱKompetenzenȱundȱVerantȬ wortungȱ widersprichtȱ dieȱ Organisationȱ desȱ Personalmanagementsȱ inȱöffentlichenȱInstitutionenȱaberȱoftȱdenȱgegenwärtigenȱReformtenȬ denzenȱ undȱ Zielenȱ desȱ Publicȱ Managements,ȱ sodassȱ sichȱ zweiȱ Grundfragenȱstellenȱ(vgl.ȱHopp/Göbelȱ2004:ȱ242ȱff.):ȱ

„ Wieȱ istȱ dieȱAufgabenȬȱ undȱ Kompetenzverteilungȱ zwischenȱ VerȬ waltungsführung,ȱPersonalabteilungȱundȱFachämternȱzuȱregeln?ȱ

„ Wieȱ siehtȱ eineȱ geeigneteȱ Arbeitsteilungȱ innerhalbȱ desȱ PersonalȬ managementsȱaus?ȱ

324ȱ

Steuerung und Organisation des Personalmanagements

6.4

Imȱ Folgendenȱ wirdȱ nurȱ aufȱ denȱ erstenȱ Aspektȱ eingegangen,ȱ daȱ erȱ fürȱ dieȱ gesamteȱ Führungȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ vonȱ zentralerȱ Bedeutungȱ istȱ (zurȱ Arbeitsteilungȱ innerhalbȱ desȱ PersonalmanageȬ mentsȱvgl.ȱThom/Zauggȱ2000:ȱ10ȱff.).ȱ Dieȱ Verwaltungsführungȱ istȱ normalerweiseȱ fürȱ dieȱ Personalpolitikȱ undȱdieȱstrategischȬkonzeptionelleȱAusgestaltungȱderȱPersonalfunkȬ tionȱ zuständig,ȱ sofernȱ dieseȱ wichtigenȱ Aufgabenȱ überhauptȱ wahrȬ genommenȱ werden.ȱ Zwischenȱ demȱ Personalamtȱ undȱ denȱ FachämȬ ternȱ gibtȱ esȱ mehrereȱAufgaben,ȱ dieȱ kooperativȱ gelöstȱ werden:ȱ z.ȱ B.ȱ dieȱPersonalauswahl,ȱdieȱPersonalentwicklungȱundȱAspekteȱderȱBeȬ urteilung.ȱVieleȱdieserȱAufgabenȱsindȱvonȱeinerȱwechselseitigenȱZuȬ ständigkeitȱ derȱ beidenȱ Abteilungenȱ geprägt.ȱ Dieȱ einzelnenȱ AufgaȬ benschritteȱsindȱjeweilsȱvonȱEntscheidungenȱderȱanderenȱAbteilungȱ abhängigȱ undȱ sehrȱ raschȱ entstehenȱAbstimmungsȬȱ undȱ SchnittstelȬ lenprobleme.ȱDiesȱistȱumsoȱhinderlicher,ȱwennȱdieȱProzesseȱschnellȱ bearbeitetȱwerdenȱsollten,ȱwieȱz.ȱB.ȱbeiȱderȱNeubesetzungȱeinerȱStelȬ leȱoderȱBeförderungsanträgenȱ(vgl.ȱHopp/Göbelȱ2004:ȱ244ȱf.).ȱ

Kooperation zwischenȱ PersonalȬȱundȱ Fachamtȱ

Abbildungȱ46ȱ

KompetenzverteilungȱzwischenȱPersonalȬȱundȱFachabteilungȱ Kompetenz der Fachabteilungen

Kompetenz der Personalabteilung

Die Personalabteilung ist allein zuständig.

Die Personalabteilung handelt nach vorheriger Konsultation entsprechend ihrer Richtlinienkompetenz.

Die Personalabteilung kann nur gemeinsam mit der Fachabteilung handeln.

Die Fachabteilungen können nur gemeinsam mit der Personalabteilung handeln.

Die Personalabteilung gewährt auf Verlangen Beratung und Unterstützung.

Die Fachabteilung handelt eigenständig.

Beispiele:

Beispiele:

Beispiele:

Beispiele:

Beispiele:

Beispiele:

• Aktenführung • Personalstatistik • Lohnabrechnung • Verwaltung der Sozialleistungen

• Erstellung von Führungsrichtlinien • Personalplanung • Abschluss von Betriebsvereinbarungen • Führungskräftebeurteilung

• Gewährung von Sozialleistungen • Einführung von Qualitätszirkeln • Laufbahnplanung • Programm zur Chancengleichheit

• Personalgewinnung • Aus- und Weiterbildung • Personaleinsatz • Personalabbau

• Methodenunterstützung • Organisationsentwicklung • Führungsberatung und Coaching • Persönliche Beratung

• Gestaltung der Arbeitsstruktur • Aufgabenverteilung • Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit • Mitarbeitergespräche

ȱ

325ȱ

6 Externeȱ AufgabenȬ wahrnehmungȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Weiterhinȱ könnenȱ personalwirtschaftlicheȱ Aufgabenȱ vonȱ anderenȱ Stellenȱ alsȱ derȱ PersonalȬȱ oderȱ Fachabteilungȱ wahrgenommenȱ werȬ den.ȱ Diesȱ könnenȱ Tätigkeitenȱ sein,ȱ dieȱ anȱ Spezialistenȱ delegiertȱ werdenȱwieȱPersonalberatungenȱfürȱAuswahlverfahrenȱoderȱSpeziaȬ listenȱfürȱAssessmentȬCenterȬVerfahren.ȱZumȱanderenȱkönnenȱRouȬ tinetätigkeitenȱv.ȱa.ȱausȱdemȱBereichȱderȱPersonaladministrationȱaufȱ externeȱ Anbieterȱ ausgelagertȱ werden,ȱ dieȱ bspw.ȱ dieȱ LohnbuchhalȬ tungȱundȱdasȱPersonalcontrollingȱausführenȱ(vgl.ȱThom/Kraftȱ2000).ȱ FallsȱletztereȱTätigkeitenȱinȱderȱVerwaltungȱverbleibenȱsollen,ȱbietenȱ sichȱ alsȱ geeigneteȱ Organisationsalternativenȱ sog.ȱ SharedȬServicesȬ Centerȱ an.ȱ Dieseȱ erbringenȱ aufȱ zentralerȱ Ebeneȱ interneȱ DienstleisȬ tungenȱfürȱverschiedeneȱOrganisationseinheiten.ȱVerwaltungsintenȬ siveȱ Tätigkeitenȱ ohneȱ Strategiebezugȱ könnenȱ durchȱ dieȱ Bündelungȱ derȱRessourcenȱkostengünstigȱundȱȬtransparentȱerbrachtȱwerden.ȱ Dieȱ hauptsächlicheȱ interneȱ Kompetenzabstufungȱ geschiehtȱ jedochȱ zwischenȱ denȱ Linienverantwortlichenȱ undȱ derȱ Personalabteilung.ȱ Abbildungȱ 46ȱ zeigtȱ dieseȱ Kompetenzabstufungȱ bezüglichȱ derȱ perȬ sonalwirtschaftlichenȱ Teilaufgabenȱ anhandȱ einesȱ Kontinuumsȱ (vgl.ȱ Thom/Zauggȱ2000:ȱ10ȱundȱSauder/Schmidtȱ1988:ȱ92).ȱ

ProzessbeȬ schleunigungȱ

Angesichtsȱ derȱ notwendigenȱ Delegationȱ vonȱ Kompetenzenȱ undȱ Ressourcenverantwortungȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ drängtȱ sichȱ diesȱ auchȱ fürȱ denȱ Personalbereichȱ auf.ȱ Ebensoȱ sindȱ hierȱ ProzessverkürȬ zungenȱ undȱ Ȭbeschleunigungenȱ möglich,ȱ wennȱ dieȱ EntscheidungsȬ befugnisseȱ anȱ dieȱ Facheinheitenȱ abgetretenȱ werdenȱ undȱ dieȱ PersoȬ nalabteilungȱ sichȱ alsȱ ServiceȬCenterȱ versteht,ȱ dasȱ UnterstützungsȬȱ undȱBeratungsleistungenȱanbietet.ȱȱ

Zentraleȱ AufgabenȬ wahrnehmungȱ

Aufgabenbereiche,ȱ dieȱ besserȱ durchȱ dieȱ zentraleȱ Personalabteilungȱ erledigtȱ werden,ȱ zeichnenȱ sichȱ primärȱ durchȱ folgendeȱ Merkmaleȱ aus:ȱ

„ Dieȱ Aufgabeȱ istȱ fürȱ dieȱ ganzeȱ Institutionȱ erheblichȱ (z.ȱB.ȱ PersoȬ nalmarketing).ȱ

„ Dieȱ personalwirtschaftlichenȱ Maßnahmenȱ sindȱ bereichsȬȱ undȱ funktionsübergreifendȱ undȱ müssenȱ aufgrundȱ ihrerȱ organisatiȬ onsweitenȱ bzw.ȱ strategischenȱ Wirkungenȱ aufeinanderȱ abgeȬ stimmtȱwerdenȱ(z.ȱB.ȱPersonalentwicklungskonzept).ȱ

„ Dieȱ ausschließlichȱ zentraleȱ Aufgabenerfüllungȱ durchȱ dieȱ PersoȬ nalabteilungȱistȱwirtschaftlicherȱ(z.ȱB.ȱPersonaladministration).ȱ

„ Fürȱ dieȱAufgabenerfüllungȱ sindȱ besondereȱ personalwirtschaftliȬ cheȱ Fachkenntnisseȱ notwendigȱ (z.ȱ B.ȱAusarbeitungȱ vonȱArbeitsȬ verträgenȱoderȱArbeitsmarktforschung).ȱ

326ȱ

Steuerung und Organisation des Personalmanagements

6.4

DasȱInstitutȱfürȱOrganisationȱundȱPersonalȱderȱUniversitätȱBernȱbeȬ fragteȱdieȱgrößtenȱschweizerischenȱUnternehmungenȱzurȱOrganisaȬ tionȱ personalwirtschaftlicherȱ Aufgabenȱ (vgl.ȱ Thom/Zauggȱ 2000:ȱ 10ȱ f.).ȱDabeiȱzeigteȱsich,ȱdassȱdieȱMehrheitȱderȱPersonalaufgabenȱganzȱ oderȱzumindestȱteilweiseȱinȱdenȱAufgabenbereichȱderȱPersonalabteiȬ lungȱfällt.ȱEsȱlässtȱsichȱaberȱseitȱderȱerstenȱ1995ȱdurchgeführtenȱStuȬ dieȱ einȱ leichterȱ Trendȱ zuȱ einerȱ Delegationȱ personalwirtschaftlicherȱ Aufgabenȱ anȱ dasȱ Linienmanagementȱ feststellen,ȱ zumindestȱ inȱ derȱ Privatwirtschaft.ȱ Dieserȱ empirischeȱ Befundȱ unterstütztȱ dieȱ generelȬ lenȱTendenzenȱdesȱmodernenȱManagements.ȱVaanholtȱstellteȱjedochȱ fürȱdenȱöffentlichenȱSektorȱinȱDeutschlandȱfest,ȱdassȱderȱÜbergangȱ vomȱ Bürokratiemodellȱ zumȱ Publicȱ Managementȱ bislangȱ keineȱ EntȬ sprechungȱimȱPersonalrechtȱgefundenȱhat.ȱDieȱzentralistischenȱundȱ arbeitsteiligenȱ Prinzipienȱ derȱ Bürokratieȱ prägenȱ dieȱ Personalarbeitȱ weiterhinȱ(vgl.ȱVaanholtȱ1997:ȱ265).ȱȱ InȱeineȱandereȱRichtungȱwandelnȱsichȱdieȱinhaltlichenȱAufgabenȱderȱ Personalabteilungenȱ (vgl.ȱ Vaanholtȱ 1997:ȱ 265ȱ undȱ Schedlerȱ 1996:ȱȱ 223).ȱ Dieȱ klassischeȱ Personalverwaltungȱ undȱ dieȱ Anwendungȱ desȱ Dienstrechtsȱ werdenȱ zunehmendȱ vonȱ derȱ konzeptionellȬstrateȬ gischenȱPersonalarbeitȱundȱderȱBeratungȱvonȱFührungskräftenȱverȬ drängt.ȱ Inȱ derȱ vonȱ denȱ Autorenȱ durchgeführtenȱ Studieȱ überȱ dieȱ UmsetzungȱvonȱPublicȱManagementȬProjektenȱinȱderȱSchweizȱzeigtȱ sichȱdasselbeȱBildȱ(vgl.ȱTabelleȱ17).ȱ

Tabelleȱ17ȱ

ZukünftigeȱRollenȱdesȱPersonalmanagementsȱ Angaben in Prozent n=62

Inhaltlicherȱ AufgabenȬ wandelȱ

Ja

Nein Keine Antwort

„Strategischer Partner“: Strategisches Human Resource Management

61

36

3

„Administrativer Profi“: Infrastruktur und Human Resource Services

52

45

3

„Change Agent“: Transformation und Kulturwandel

42

55

3

„Performance Coach“: Management von Leistung und Commitment

32

65

3

ȱ DieȱMehrheitȱderȱBefragtenȱsiehtȱeinenȱWandelȱderȱPersonalarbeitȱinȱ Richtungȱ strategischesȱ Personalmanagementȱ undȱ gleichzeitigȱ hinȱ zumȱ Anbieterȱ bestmöglicherȱ Personaldienstleistungen.ȱ Diesȱ deutetȱ daraufȱhin,ȱdassȱPersonalabteilungenȱimmerȱwenigerȱmitȱderȱPersoȬ nalführungȱvorȱOrt,ȱsondernȱverstärktȱmitȱderȱVerfolgungȱderȱstraȬ tegischenȱ Zielsetzungenȱ durchȱ dasȱ Personalȱ zuȱ tunȱ habenȱ werden.ȱ

327ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Dieȱ eherȱ zurȱ direktȬinteraktionellenȱ Personalfunktionȱ gehörendenȱ Aspekteȱ desȱ „Changeȱ Agent“ȱ undȱ „Performanceȱ Coach“ȱ werdenȱ wenigerȱ zumȱ künftigenȱ Rollenverständnisȱ desȱ Personalwesensȱ geȬ zählt.ȱ

6.5

Prozessfunktionen

6.5.1

Personalgewinnung

Wieȱ bereitsȱ dieȱ Analyseȱ derȱ Problembereicheȱ imȱ PersonalmanageȬ mentȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ undȱ auchȱ dieȱ empirischeȱ UntersuȬ chungȱ zeigte,ȱ stelltȱ dieȱ Personalgewinnungȱ eineȱ derjenigenȱ FunktiȬ onenȱ dar,ȱ dieȱ fürȱ dieȱ künftigeȱ Verwaltungsentwicklungȱ vonȱ besonȬ dersȱwichtigerȱBedeutungȱseinȱwird.ȱȱ Erfolgreicheȱ Reformprozesseȱ undȱ dasȱ Zielȱ einerȱ modernȱ geȬ führtenȱ öffentlichenȱ Institutionȱ könnenȱ nurȱ erreichtȱ werden,ȱ wennȱ derȱ Personalbedarfȱ systematischȱ erhobenȱ undȱ dieȱ AusȬ wahlȱ gezieltȱ sowieȱ methodischȱ korrektȱ daraufȱ ausgerichtetȱ wird.ȱ ȱ DementsprechendȱwirdȱinȱdiesemȱKapitelȱzuerstȱaufȱdieȱPersonalbeȬ schaffungȱundȱdanachȱaufȱdieȱkonkreteȱPersonalauswahlȱeingeganȬ genȱ(vgl.ȱauchȱZauggȱ1996bȱundȱJetterȱ2003).ȱ 6.5.1.1 Internerȱundȱ externerȱ Arbeitsmarktȱ

328ȱ

Personalbeschaffung

Dieȱ Sucheȱ vonȱ potenziellenȱ Arbeitnehmernȱ aufȱ demȱ internenȱ undȱ externenȱ Arbeitsmarktȱ sollteȱ sichȱ nachȱ denȱ jeweiligenȱ VorȬȱ undȱ NachteilenȱderȱgewähltenȱBeschaffungsmethodeȱausrichten.ȱDieȱinȬ terneȱPersonalbeschaffungȱfördertȱz.ȱB.ȱdieȱMotivationȱdurchȱdieȱErȬ öffnungȱvonȱAufstiegschancen,ȱistȱkostengünstiger,ȱbrauchtȱwenigerȱ Zeit,ȱ greiftȱ aufȱ vorhandeneȱ Betriebskenntnisseȱ undȱ bestehendeȱ BeȬ triebsbindungȱzurückȱundȱistȱimȱAllgemeinenȱmitȱeinemȱgeringerenȱ Beschaffungsrisikoȱ verbunden.ȱ Nachteileȱ sindȱ dieȱ geringerenȱ AusȬ wahlmöglichkeitenȱ undȱ erhöhtenȱ Weiterbildungskosten,ȱ dieȱ unerȬ wünschteȱ Pflegeȱ vonȱ Beförderungsautomatismenȱ oderȱ dieȱ mitȱ derȱ Dienstdauerȱ oftȱ zunehmendeȱ Betriebsblindheit.ȱ Dazuȱ kommtȱ dieȱ Tatsache,ȱ dassȱ derȱ eigentlicheȱ Personalbedarfȱ nurȱ verlagertȱ wird.ȱ VorȱdemȱHintergrund,ȱdassȱdieȱinterneȱPersonalbeschaffungȱbisȱvorȱ kurzemȱdenȱNormalfallȱimȱöffentlichenȱSektorȱdarstellteȱundȱderȱBeȬ förderungsautomatismusȱ damitȱ einherging,ȱ rücktȱ dieȱ NotwendigȬ

Prozessfunktionen

6.5

keitȱ derȱ externenȱ Personalbeschaffungȱ insȱ Zentrumȱ desȱ Publicȱ MaȬ nagements.ȱBesondersȱdieȱgrößereȱAuswahlȱanȱKandidatenȱundȱdieȱ Gewinnungȱ neuerȱ Ideen,ȱ Einsichtenȱ undȱ Informationenȱ vonȱ außenȱ erhöhenȱ dieȱ Leistungsmotivationȱ beiȱ denȱ Mitarbeitendenȱ undȱ verȬ ringernȱdieȱBetriebsblindheit.ȱAngesichtsȱdesȱWandelsȱderȱStellenanȬ forderungenȱ kannȱ durchȱ dieȱ externeȱ Beschaffungȱ eineȱ größereȱȱ ÜbereinstimmungȱzwischenȱdemȱAnforderungsȬȱundȱFähigkeitsproȬ filȱ derȱ potenziellenȱ Stellenbewerberȱ resultieren.ȱ Nachteiligȱ wirkenȱ sichȱ jedochȱ dieȱ höherenȱ Beschaffungskosten,ȱ dieȱ zeitaufwändigereȱ Stellenbesetzung,ȱmöglicheȱRivalitätenȱundȱdieȱBlockierungȱvonȱinȬ ternenȱAufstiegsmöglichkeitenȱaus.ȱ AlsȱinformatorischeȱGrundlagenȱfürȱdieȱPersonalbeschaffungȱdienenȱ dieȱ Analyseȱ desȱ Arbeitsmarktesȱ (Beschäftigungsstatistiken,ȱ ArȬ beitsmarktentwicklung,ȱ Fremdimageȱ derȱ Institutionȱ aufȱ demȱ ArȬ beitsmarkt)ȱ oderȱ dieȱ Personalforschungȱ i.ȱS.ȱ derȱ Erfassungȱ vonȱ InȬ formationen,ȱ welcheȱ denȱ internenȱ Arbeitsmarktȱ betreffenȱ (vgl.ȱ Zauggȱ 1996b:ȱ 144).ȱ Fluktuation,ȱ Fehlzeitenȱ undȱ ArbeitszufriedenȬ heitswerteȱ derȱ Mitarbeitendenȱ könnenȱ z.ȱ B.ȱ durchȱ Befragung,ȱ BeoȬ bachtungȱ undȱ Controllingdatenȱ ermitteltȱ werden.ȱ Fürȱ denȱ öffentliȬ chenȱ Sektorȱ imȱ Wandelȱ wirdȱ dieȱ BerufsȬȱ undȱ Mobilitätsforschungȱ immerȱwichtiger.ȱDieȱZukunftschancenȱgewisserȱBerufe,ȱdieȱVeränȬ derungȱvonȱBerufsbildernȱoderȱdasȱPrestigeȱeinzelnerȱBerufeȱhabenȱ einenȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ Meinungsbildungȱ derȱ potenziellenȱ KandidaȬ ten.ȱDieȱerhöhteȱBereitschaftȱzumȱPositionswechselȱundȱdieȱgeograȬ fischeȱ Mobilitätȱ desȱ anvisiertenȱ Bewerbersegmentsȱ beeinflussenȱ auchȱdieȱBeschaffungsmethodenȱundȱdieȱArtȱundȱWeiseȱderȱStellenȬ gestaltung.ȱ

InformaȬ torischeȱ Grundlagenȱ

DieȱinterneȱPersonalbeschaffungȱumfasstȱfolgendeȱInstrumenteȱ(vgl.ȱ Hentze/Kammelȱ2001:ȱ265ȱff.):ȱ

Interne PersonalȬ beschaffungȱ

„ InterneȱStellenausschreibungenȱanȱAnschlagbrettern,ȱinȱInformaȬ tionskästen,ȱ inȱ derȱ Betriebszeitung,ȱ alsȱ Beilageȱ inȱ derȱ LohnabȬ rechnungȱoderȱimȱinternenȱStellenmarktȱaufȱdemȱIntranetȱ

„ Auswertungȱ vonȱ Personalakten,ȱ NachwuchsȬ,ȱ Förderkarteien,ȱ Stellenbesetzungsplänen,ȱNachfolgeȬȱundȱLaufbahnplanungȱ

„ DirektanspracheȱpotenziellerȱKandidatenȱ „ BefragungȱderȱLinienvorgesetztenȱzurȱVerwertungȱvonȱInformaȬ tionenȱausȱMitarbeitergesprächenȱ WährendȱMitteȱderȱneunzigerȱJahreȱdesȱ20.ȱJahrhundertsȱnochȱrelaȬ tivȱseltenȱdasȱInstrumentȱderȱelektronischenȱStellenbörseȱeingesetztȱ wurdeȱ(vgl.ȱZauggȱ1996a:ȱ8),ȱhatȱesȱinȱdenȱletztenȱJahrenȱhierȱeinenȱ

329ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

starkenȱ Nutzungsanstiegȱ gegeben,ȱ derȱ inzwischenȱ zumȱ Begriffȱ desȱ ElectronicȱRecruitingȱgeführtȱhatȱ(vgl.ȱZimmermanȱ2001).ȱ Externeȱȱ PersonalȬ beschaffungȱ

DieȱexterneȱPersonalbeschaffungȱihrerseitsȱerfolgtȱüberȱfolgendeȱInȬ strumente:ȱ Öffentlicheȱ Anschlagbretterȱ (z.ȱB.ȱ Universitäten),ȱ EmpȬ fehlungȱdurchȱMitarbeitende,ȱpersönlicheȱKontakte,ȱÖffentlichkeitsȬ arbeitȱ (Messen,ȱ Tagungenȱ usw.),ȱ denȱ Einsatzȱ vonȱ Personalberaternȱ oderȱz.ȱB.ȱdieȱStellenausschreibungȱaufȱderȱeigenenȱHomepageȱoderȱ inȱ elektronischenȱ Stellenbörsenȱ (vgl.ȱ Hentze/Kammelȱ 2001:ȱ 267ȱ ff.).ȱ Festzustellenȱ ist,ȱ dassȱ sichȱ derȱ öffentlicheȱ Sektorȱ sehrȱ wenigȱ aufȱ Kontaktbörsenȱ präsentiert.ȱ Ohnehinȱ sehrȱ bekannteȱ PrivatunternehȬ menȱbetreibenȱhierȱdieȱweitausȱaktivereȱBewerberpflegeȱundȱtretenȱ auchȱ imȱ „Electronicȱ Recruiting“ȱ mitȱ attraktivenȱ undȱ informativenȱ Darstellungenȱauf.ȱȱ 6.5.1.2

Modernisierungȱ derȱRekrutieȬ rungsstrategienȱ

Personalauswahl

AnȱdieȱPersonalbeschaffungȱschließtȱsichȱdasȱAuswahlverfahrenȱan.ȱ DiesesȱerweistȱsichȱinȱdenȱgegenwärtigenȱReformprozessenȱalsȱAnȬ gelpunktȱ zurȱ Beseitigungȱ vorhandenerȱ Defizite.ȱ Esȱ istȱ zunehmendȱ schwieriger,ȱdieȱFührungsfunktionenȱimȱöffentlichenȱDienstȱmitȱanȬ forderungsgerechtenȱ Kandidatenȱ zuȱ besetzen.ȱ Dieȱ Mitarbeitendenȱ sindȱinȱBezugȱaufȱdieȱneuenȱAnforderungenȱdurchȱdenȱReformproȬ zessȱ teilweiseȱ ungenügendȱ qualifiziertȱ oderȱ motiviert.ȱ „Eineȱ MoȬ dernisierungȱ derȱ Rekrutierungsstrategienȱ erscheintȱ umsoȱ dringliȬ cher,ȱ weilȱ imȱ öffentlichenȱ Dienstȱ zwarȱ dieȱ Einstellungsverfahrenȱ vergleichsweiseȱ strengȱ reglementiertȱ sindȱ (formalisierteȱ schulischeȱ Vorbildung,ȱ psychologischeȱ Eignungstestsȱ imȱ mittlerenȱ undȱ gehoȬ benenȱ Bereichȱ alsȱ Eignungsvoraussetzung),ȱ dochȱ wirdȱ dieȱ PrognoȬ sefähigkeitȱ dieserȱ Verfahrenȱ fürȱ eineȱ lebenslangeȱ Beschäftigungȱ imȱ öffentlichenȱDienstȱzunehmendȱangezweifelt.“ȱ(Kühnlein/Wohlfahrtȱ 1996:ȱ30).ȱȱ Dieȱ Ausgangsbasisȱ jederȱ Personalselektionȱ bildenȱ dieȱ beidenȱ folȬ gendenȱGrundsätzeȱ(vgl.ȱHarlanderȱetȱal.ȱ1994:ȱ315):ȱ

„ Umfassendeȱ Kenntnisȱ derȱ Anforderungenȱ desȱ zuȱ besetzendenȱ Arbeitsplatzesȱ alsȱ Voraussetzungȱ fürȱ eineȱ wirksameȱ BewerberȬ ausleseȱ

„ BewerberauswahlȱunterȱdemȱGesichtspunktȱderȱKongruenzȱzwiȬ schenȱAnforderungsȬȱundȱFähigkeitsprofilȱ DerȱEinsatzȱdesȱdazuȱnotwendigenȱInstrumentariumsȱinȱderȱPraxisȱ stelltȱTabelleȱ18ȱdar.ȱDieȱUmfrageergebnisseȱderȱVerfasserȱbeiȱdenȱ62ȱ schweizerischenȱ Reformprojektenȱzeigenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ einȱ

330ȱ

Prozessfunktionen

6.5

deutlichesȱ Bildȱ überȱ denȱ Einsatzȱ derȱ sechsȱ hauptsächlichenȱ AusȬ wahlinstrumente.ȱ

Tabelleȱ18ȱ

EinsatzȱvonȱInstrumentenȱzurȱPersonalauswahlȱ Kein Einsatz Angaben in Prozent

Wird angestrebt

Wird eingesetzt

Zaugg

Bewerbungsgespräch (n=52)

2

4

94

~100

Analyse der Bewerbungsunterlagen (n=52)

4

2

94

93

Grafologische Gutachten (n=4)

67

2

31

65

Leistungs-, Intelligenz-, Persönlichkeitstests (n=49)

71

6

23

17, 14, 68

Assessment Center (n=46)

63

17

20

~45

Biographischer Fragebogen (n=45)

84

4

12

6

ȱ DasȱBewerbungsgesprächȱundȱdieȱAnalyseȱderȱBewerbungsunterlaȬ genȱ werdenȱ klarȱ amȱ häufigsten,ȱ nämlichȱ vonȱ rundȱ 94ȱ Prozentȱ derȱ Befragten,ȱalsȱAuswahlverfahrenȱeingesetzt.ȱVonȱjeweilsȱwenigerȱalsȱ einemȱDrittelȱderȱAntwortendenȱwerdenȱdieȱrestlichenȱInstrumenteȱ genutzt.ȱ Dasȱ Assessmentȱ Centerȱ wirdȱ imȱ Verwaltungsbereichȱ verȬ stärktȱangestrebt.ȱ

Dominanzȱvonȱ BewerbungsȬ gesprächȱ

DerȱVergleichȱmitȱderȱUntersuchungȱvonȱZauggȱinȱüberȱ800ȱschweiȬ zerischenȱUnternehmungenȱinklusiveȱ90ȱöffentlichenȱVerwaltungenȱ zeigt,ȱ dassȱ einerseitsȱ dieȱ (fachwissenschaftlichȱ erheblichȱ umstritteȬ nen)ȱ grafologischenȱ Gutachtenȱ inȱ derȱ Privatwirtschaftȱ stärkerȱ verȬ tretenȱ sind,ȱ andererseitsȱ dasȱ (fachwissenschaftlichȱ positivȱ eingeȬ schätzte)ȱAssessmentȱ Centerȱ bisherȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ klarȱ weȬ nigerȱeingesetztȱwirdȱ(vgl.ȱZauggȱ1996a:ȱ13ȱundȱzumȱgrafologischenȱ GutachtenȱZauggȱ1996b:ȱ203ȱf.).ȱ Ausgehendȱ vonȱ diesenȱ Umfrageresultatenȱ wirdȱ imȱ Folgendenȱ aufȱ dieȱ Prüfungȱ derȱ Bewerbungsunterlagen,ȱ dasȱ Bewerberinterviewȱ undȱ dasȱ zunehmendȱ verbreiteteȱ Assessmentȱ Centerȱ eingegangenȱ (zuȱdenȱanderenȱInstrumentenȱsieheȱOechslerȱ2006:ȱ222ȱff.).ȱ Dieȱ Bewerbungsunterlagenȱ sindȱ einȱ Bestandteilȱ vonȱ fastȱ jedemȱ Auswahlverfahren.ȱ Beiȱ derȱ internenȱ Personalbeschaffungȱ werdenȱ dieseȱ jedochȱ oftȱ nurȱ inȱ vereinfachterȱ Formȱ oderȱ garȱ nichtȱ zuȱ Hilfeȱ gezogen.ȱ Tabelleȱ 19ȱ stelltȱ eineȱ möglicheȱ Checklisteȱ zurȱ Bewertungȱ derȱformalenȱundȱinhaltlichenȱPrüfungskriterienȱdar.ȱ

BewerbungsȬ unterlagenȱ

331ȱ

6 Tabelleȱ19ȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

ChecklisteȱzurȱPrüfungȱderȱBewerbungsunterlagenȱ Bewerbungsunterlagen

Bewertung //

Bewerbungsschreiben í Bezieht sich das Schreiben konkret auf die zu besetzende Stelle? í Kommt darin eine erwartete soziale Kompetenz des Bewerbers zum Ausdruck? í Ist ein klares Interesse des Kandidaten an der Institution und der Stelle ersichtlich? Lebenslauf í Wie oft und welcher Art wurden Arbeitsplatzwechsel vorgenommen? í Wo sind Zeitlücken? Wie wurden diese genutzt? í Sind die Wechsel zielgerichtet erfolgt? í War die durchschnittliche Verweilzeit angemessen? í Sind die Gründe für den Arbeitsplatzwechsel ersichtlich und einleuchtend? í Kommt eine Persönlichkeitsentwicklung zum Vorschein? Schul-, Studienzeugnisse í Leistungsniveau und Leistungsqualität í Prognose für Bildungsleistungen í Welche Interessensschwerpunkte sind ersichtlich? Arbeitszeugnisse í í í í í í

Informationen zu Arbeitsaufgaben Arbeitsbeurteilung (fachliche Qualitäten) Positionsentwicklung und -dauer Führungsleistung und -beurteilung Potenzialbeurteilung Vertrauenswürdigkeit, Verlässlichkeit, Akzeptanz

Arbeitsproben í Qualität der beigelegten Arbeitsproben (z. B. Pläne, Modelle, Konzepte, Publikationen) í Sind Entwicklungsfortschritte ersichtlich? Referenzen í Überprüfung des Wahrheitsgehalts der Bewerberangaben í Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Sozialkompetenz Foto í Selbstpräsentation des Bewerbers í Aussehen, Größe, Kleidung Zusammenfassende Bewertung

332ȱ

/

.

-

--

Prozessfunktionen

6.5

Gesamtbewertung Formal í í í í í í í í

Struktur und Aufbau Konsistenz Sorgfalt, Fehlerfreiheit Aufmachung Vollständigkeit Sprache, Ausdrucksfähigkeit Intellektuelle Kompetenz Originalität

Inhaltlich í í í í í í í í í í

Hintergrund Mobilität Aus- und Weiterbildung Erfahrung Ausbildungs- und Berufserfolg Qualifikatorische Übereinstimmung mit Stellenprofil Engagement Interessen Zielstrebigkeit Kontinuität, Beständigkeit

Abschließende Bewertung der Bewerbungsunterlagen

ȱ AngesichtsȱderȱTatsache,ȱdassȱBewerbungsunterlagenȱeherȱeinȱgünsȬ tigesȱBildȱüberȱdenȱKandidatenȱundȱseineȱQualitätenȱvermitteln,ȱgiltȱ esȱzuȱbedenken,ȱdassȱdieȱprognostischeȱBedeutungȱdieserȱInformaȬ tionȱnichtȱallzuȱhochȱeingestuftȱwerdenȱdarf.ȱDieseȱkannȱjedochȱerȬ höhtȱwerden,ȱwennȱbestimmteȱElementeȱwieȱz.ȱB.ȱSchulnoten,ȱAusȬ bildungserfolgȱ undȱ Arbeitsleistungenȱ inȱ Zusammenhangȱ gesetztȱ werdenȱundȱeinȱkonsistenteresȱBildȱvomȱBewerberȱentsteht.ȱDerȱkriȬ tischeȱ Nutzerȱ dieserȱ Unterlagenȱ sollteȱ dieȱ Informationsverzerrungȱ durchȱ „WeglobungsȬȱ oderȱ Trostzeugnisse“ȱ (vgl.ȱ Hentze/Kammelȱ 2001:ȱ277ȱff.)ȱeinschätzen.ȱDieȱErkenntnisseȱausȱderȱPrüfungȱderȱBeȬ werbungsunterlagenȱdienenȱdirektȱalsȱAusgangslageȱfürȱdasȱimȱFolȬ gendenȱerläuterteȱBewerbungsgespräch.ȱ DasȱGesprächȱmitȱeinemȱoderȱmehrerenȱBewerbernȱdientȱderȱFeinȬ selektionȱnachȱderȱAnalyseȱderȱBewerbungsunterlagen.ȱDieȱpersönȬ licheȱVorstellungȱermöglichtȱdasȱgegenseitigeȱKennenlernenȱundȱeiȬ neȱ letzteȱ Überprüfungȱ desȱ Eignungspotenzialsȱ desȱ Kandidatenȱ vorȱ demȱpotenziellenȱStellenantritt.ȱInsgesamtȱkönnenȱdieȱHauptfunktiȬ onenȱ desȱ Einstellungsinterviewsȱ wieȱ folgtȱ unterschiedenȱ werdenȱ (vgl.ȱZimmer/Brakeȱ1993:ȱ62ȱf.):ȱ

BewerbungsȬ gesprächȱ

333ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

„ Informationsfunktion:ȱ Gewinnungȱ sowieȱ Weitergabeȱ vonȱ InforȬ mationenȱüberȱdieȱInstitutionȱundȱüberȱdenȱBewerberȱ

„ Klassifikationsfunktion:ȱ Ermittlungȱ desȱ Eignungsprofilsȱ undȱȱ ȬpotenzialsȱdesȱKandidatenȱ

„ Motivationsfunktion:ȱ Überzeugungȱ qualifizierterȱ Bewerber,ȱ sichȱ fürȱdieȱStelleȱundȱInstitutionȱzuȱentscheidenȱ

„ Steuerungsfunktion:ȱIdentifikationȱvonȱInformationslückenȱ „ Kontrollfunktion:ȱ Beantwortungȱ vonȱ offenenȱ Fragen,ȱ ÜberprüȬ fungȱderȱAngabenȱausȱBewerbungsunterlagenȱ

„ Gestaltungsfunktion:ȱ Schaffungȱ einerȱ Beobachtungssituation,ȱ AbspracheȱvonȱDetailvereinbarungenȱ DieȱletztgenannteȱFunktionȱergibtȱdieȱMöglichkeitȱderȱgemeinsamenȱ Besprechung,ȱ Komplettierungȱ undȱ Korrekturȱ vonȱ Informationen,ȱ welcheȱfürȱbeideȱSeitenȱbestmöglicheȱundȱtransparenteȱStartvorausȬ setzungenȱschaffenȱsollen.ȱȱ DieȱArtȱdesȱBewerbungsgesprächsȱkannȱimȱExtremfallȱmittelsȱgenauȱ vorgegebenerȱ Fragenȱ (strukturiert)ȱ oderȱ inȱ völligerȱ Freiheitȱ bezügȬ lichȱdesȱWortlautsȱinȱderȱReihenfolgeȱderȱFragenȱerfolgen.ȱDieȱZwiȬ schenformȱdesȱhalbstrukturiertenȱInterviewsȱsetztȱeinenȱFragenkataȬ logȱ oderȱ Leitfadenȱ mitȱ derȱ Möglichkeitȱ vonȱ freienȱ Zusatzfragenȱ jeȱ nachȱGesprächsverlaufȱvorausȱ(vgl.ȱScholzȱ2000:ȱ472ȱff.).ȱȱ Multimodalesȱ Interviewȱ ȱ Tabelleȱ20ȱ

SchulerȱentwickelteȱdasȱmultimodaleȱInterview,ȱwelchemȱeineȱrechtȱ hoheȱ prognostischeȱ Voraussagegültigkeitȱ zugeschriebenȱ wirdȱ (vgl.ȱ Tabelleȱȱ20ȱundȱSchulerȱ2002:ȱ188ȱff.).ȱȱ

DasȱmultimodaleȱInterviewȱ(nachȱSchulerȱ1998:ȱ89)ȱ Aufbau eines multimodalen Interviews

Beurteilung

Keine Bewertung Gesprächsbeginn Begrüßung, kurze informelle Unterhaltung, Bemühung um angenehme und offene Atmosphäre, Vorstellung, Skizzierung des Interviews, Abbau von Unklarheiten.

334ȱ

Selbstvorstellung des Bewerbers Bewerber spricht einige Minuten über seinen persönlichen und beruflichen Hintergrund.

Nach anforderungsbezogenen Dimensionen auf 5stufiger Skala

Freies Gespräch Interviewer stellt offene Fragen anknüpfend an die Selbstvorstellung und über die Bewerbungsunterlagen.

Summarische Eindrucksbeurteilung

Prozessfunktionen

Biographische Fragen Biographische (oder Erfahrungs-) Fragen werden aus Anforderungsanalysen abgeleitet und anforderungsbezogen aus biographischen Fragebögen übernommen.

6.5

Auf 3- bis 5stufiger verhaltensverankerter Skala

Realistische Tätigkeitsinformation Ausgewogene Information seitens des Interviewers über Arbeitsplatz und Institution. Überleitung zu situativen Fragen. Situative Fragen Auf critical incident-Basis konstruierte situative Fragen werden gestellt.

Auf 5stufiger verhaltensverankerter Skala

Gesprächsschluss Fragen des Bewerbers, Zusammenfassung und weitere Vereinbarungen.

ȱ Alsȱ Beispielȱ einerȱ biographiebezogenenȱ Frageȱ wirdȱ imȱ untensteȬ hendenȱBlickpunktȱdieȱBewertungȱderȱAnforderungsdimensionȱKolȬ legialitätȱerläutertȱ(Quelle:ȱSchulerȱ1998:ȱ91).ȱ

KomplexeȱbiographiebezogeneȱFragenȱausȱdemȱmultimodalenȱInterviewȱ

BiographieȬ bezogeneȱ Fragenȱ

ImȱBlickpunktȱ

Anforderungsdimension „Kollegialität“ Fragen:

„

In welchem Fall haben Sie einen Kollegen oder eine Kollegin bei der Lösung eines Problems unterstützt?

„ „

Wie haben Sie erkannt, dass er oder sie Hilfe braucht? Wie sind Sie vorgegangen, wie hat er oder sie darauf reagiert?

Antwortbewertung 1 Punkt: Kein oder belangloses Beispiel. Antwortbewertung 3 Punkte: Beispiel für Unterstützung, die auf Ersuchen des Kollegen erfolgte, oder Hilfe, die nicht zur Selbsthilfe führt. Antwortbewertung 5 Punkte: Beispiel für Unterstützung, die über den alltäglichen Rahmen hinausgeht; Interesse am Wohlergehen und Erfolg anderer; aktive Hilfsbereitschaft; Hilfe zur Selbsthilfe.

ȱ Unabhängigȱ vonȱ derȱ mitunterȱ durchȱ empirischeȱ Forschungȱ nichtȱ sonderlichȱ gutȱ bestätigtenȱ Vorhersagequalitätȱ desȱ VorstellungsgeȬ sprächsȱkommtȱmanȱinȱderȱPraxisȱohneȱdiesesȱInstrumentȱnichtȱaus.ȱ Infolgedessenȱ istȱ esȱ praxisrelevantȱ zuȱ prüfen,ȱ wieȱ dasȱ Interviewȱ verbessertȱ undȱ derȱ Selektionserfolgȱ erhöhtȱ werdenȱ können.ȱ Dieȱ Vorhersagequalitätȱ desȱ Bewerbungsgesprächsȱ wirdȱ anhandȱ einesȱ strukturiertenȱ Vorgehensȱ gesteigert.ȱ Dieȱ Strukturierungȱ kannȱ sichȱ aufȱ denȱ Inhaltȱ (Anforderungsprofil,ȱ Leitfaden,ȱ Fragetechniken,ȱArȬ

VorhersageȬ qualitätȱ

335ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

beitsproben),ȱ aufȱ denȱ Interviewerȱ (Protokollierung,ȱ mehrereȱ InterȬ views,ȱAuswahlȱundȱSchulung)ȱoderȱaufȱdieȱAuswertungȱ(anfordeȬ rungsbasiert,ȱ Bewertungsskalen)ȱ beziehen.ȱ Nachstehendeȱ Aspekteȱ tragenȱ u.ȱa.ȱ zuȱ einerȱ besserenȱ Vorhersagequalitätȱ beiȱ (vgl.ȱ Cookȱ 2004:ȱ46ȱff.).ȱ Auswahlȱdesȱ Interviewersȱ

Nichtȱ jedeȱ Personȱ undȱ Führungskraftȱ istȱ gleichȱ gutȱ geeignet,ȱ einȱ BewerbungsgesprächȱzuȱführenȱundȱPersonenȱzuȱbeurteilen.ȱInȱdieȬ serȱHinsichtȱbegabteȱPersonenȱsolltenȱinȱderȱstaatlichenȱVerwaltungȱ spezifischȱgefördertȱwerden.ȱHatȱmanȱdenȱKontaktȱzuȱeinemȱerfahȬ renenȱPersonalberater,ȱlohntȱesȱsich,ȱdiesenȱKontaktȱzuȱpflegen.ȱVorȱ derȱ Beraterauswahlȱ empfiehltȱ sichȱ angesichtsȱ derȱ QualitätsunterȬ schiede,ȱ mehrereȱ zuȱ testenȱ undȱ derenȱ Auswahlunterstützungȱ kenȬ nenȱzuȱlernenȱ(vgl.ȱThom/Kraftȱ2000).ȱ

Schulungȱ

InterviewerȱkönnenȱinȱderȱFrageȬȱundȱBewertungstechnik,ȱinȱihremȱ Beobachtungsvermögenȱ undȱ inȱ derȱ allgemeinenȱ Gesprächsführungȱ geschultȱ werden.ȱ Hierȱ istȱ einȱ längerfristigesȱ Trainingȱ (inkl.ȱ indiviȬ duellesȱ Coaching)ȱ einerȱ kurzenȱ Einführungȱ vorȱ demȱ „Ernstfall“ȱ vorzuziehen.ȱ

BewertungsȬ qualitätȱ

Dieȱ Bewertungsqualitätȱ desȱ Gesprächsȱ undȱ desȱ Kandidatenȱ kannȱ durchȱ denȱ Beizugȱ mehrererȱ inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ zuȱ besetzendeȱ Stelleȱ urteilsfähigerȱ Personenȱ erhöhtȱ werden.ȱ Esȱ empfiehltȱ sich,ȱ nebenȱ demȱ Führungsvorgesetztenȱ auchȱ denȱ Fachvorgesetzten,ȱ allenfallsȱ denȱ Personalverantwortlichenȱ undȱ einenȱ Arbeitskollegenȱ beizuzieȬ henȱ oderȱ eineȱ Gesprächsmöglichkeitȱmitȱ diesenȱ PersonenȱzuȱschafȬ fen.ȱ

AnforderungsȬ basierteȱ Interviewsȱ

DerȱGesprächsführendeȱsollteȱaufgrundȱeinerȱAnforderungsanalyseȱ undȱStellenbeschreibungȱdetailliertȱüberȱdieȱzuȱbesetzendeȱStelleȱinȬ formiertȱ sein.ȱ Dieȱ Vorbereitungȱ mittelsȱ solcherȱ Informationenȱ istȱ unverzichtbarȱ fürȱ einȱ effizientesȱ Vorstellungsgesprächȱ undȱ ermögȬ lichtȱ inȱ Verbindungȱ mitȱ einemȱ entsprechendȱ strukturiertenȱ InterȬ viewleitfadenȱdieȱVerbesserungȱderȱVorhersagewahrscheinlichkeit.ȱ

Effizienteȱ InformationsȬ nutzungȱ

DieȱimȱVorstellungsgesprächȱaufȱdenȱInterviewerȱzukommendenȱInȬ formationenȱverbalerȱundȱvisuellerȱArtȱverlangenȱeineȱsehrȱschnelleȱ undȱgezielteȱBewertung.ȱInkonsistenteȱInformationenȱmüssenȱsofortȱ zueinanderȱinȱVerbindungȱgesetztȱundȱnochȱimȱGesprächȱüberprüftȱ werden.ȱEinȱguterȱInterviewerȱnotiertȱsichȱdieȱfürȱdieȱAnstellungȱreȬ levantenȱ Informationenȱ sofort,ȱ bewertetȱ dieseȱ undȱ bautȱ daraufȱ dasȱ weitereȱGesprächȱauf.ȱEineȱvorschnelleȱBeurteilungȱdesȱKandidatenȱ nachȱ Gesprächsendeȱ istȱ zuȱ vermeiden.ȱ Erstȱ nachȱ derȱ sorgfältigenȱ Auswertungȱ desȱ Gesprächsȱ anhandȱ einesȱ Bewertungsbogens,ȱ derȱ Diskussionȱ mitȱ anderenȱ Gesprächsteilnehmernȱ undȱ Überprüfungȱ mittelsȱderȱBewerbungsunterlagen,ȱdenȱStellenanforderungenȱsowieȱ

336ȱ

Prozessfunktionen

6.5

allfälligenȱRückfragenȱbeimȱKandidatenȱoderȱbeiȱReferenzpersonenȱ kannȱ eineȱ faireȱ undȱ Erfolgȱ versprechendeȱ Entscheidungȱ getroffenȱ werden.ȱ DasȱAssessmentȱCenterȱ(AC)ȱleistetȱsowohlȱbeiȱderȱPersonalauswahlȱ alsȱ auchȱ beiȱ derȱ Personalentwicklungȱ sehrȱ guteȱ Dienste.ȱ DementȬ sprechendȱ existierenȱ AuswahlȬ,ȱ EntwicklungsȬȱ oderȱ BeurteilungsȬ assessments.ȱ Aufgrundȱ seinerȱ Bedeutungȱ fürȱ eineȱ erneuerteȱ FühȬ rungskräfteauswahlȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ wirdȱ esȱ hierȱ alsȱ InstruȬ mentȱzurȱPersonalselektionȱdargestellt.ȱ

Assessmentȱ Centerȱ

Dasȱ ACȱ istȱ eineȱ seminarähnlicheȱ Veranstaltung,ȱ inȱ derȱ dieȱ VerhalȬ tensleistungȱ einesȱ oderȱ mehrererȱ Kandidatenȱ vonȱ mehrerenȱ BeobȬ achternȱ(Assessoren)ȱinȱunterschiedlichenȱTestsituationenȱsowieȱanȬ handȱvorherȱdefinierterȱKriterienȱbeurteiltȱwird.ȱDieȱZieleȱeinesȱACȱ sindȱ (jeȱ nachȱ Anwendungsbereich)ȱ dieȱ Förderungȱ derȱ MitarbeiterȬ motivation,ȱ eineȱ Verminderungȱ desȱ Auswahlrisikos,ȱ eineȱ „ObjektiȬ vierung“ȱ desȱ Beurteilungsverfahrensȱ undȱ dieȱ Erfassungȱ exaktererȱ Ausgangsinformationenȱ fürȱ dieȱ Personalentwicklungȱ (vgl.ȱ zuȱ denȱ folgendenȱAusführungenȱOechslerȱ2006:ȱ230ȱf.;ȱRidderȱ2007:ȱ121ȱff.;ȱ Jeserichȱ1991ȱundȱHeitmeyer/Thomȱ1982:ȱ21ȱff.).ȱ FolgendeȱCharakteristikaȱsindȱVoraussetzungȱfürȱeinȱzweckmäßigesȱ AssessmentȱCenter:ȱAȱprioriȱistȱeinȱausȱderȱAnforderungsanalyseȱerȬ arbeiteterȱ Merkmalskatalogȱ zuȱ erstellen.ȱ Dieȱ Übungenȱ sollenȱ geȬ währleisten,ȱ dassȱ alleȱ inȱ derȱ Anforderungsanalyseȱ identifiziertenȱ Kriterienȱbeobachtetȱwerdenȱkönnen.ȱEsȱwerdenȱverschiedeneȱTestȬ verfahrenȱ bzw.ȱ Übungsformenȱ angewandt.ȱ Jederȱ Kandidatȱ mussȱ mindestensȱeinmalȱvonȱjedemȱAssessorȱbeobachtetȱ werden,ȱdieȱBeȬ urteilungȱ wirdȱ zeitlichȱ vonȱ derȱ Beobachtungȱ getrenntȱ undȱ dasȱ ErȬ gebnisȱwirdȱerstȱinȱeinemȱabschließendenȱGesprächȱallerȱBeobachterȱ festgestellt.ȱEbenfallsȱnotwendigȱist,ȱdassȱdieȱAssessorenȱinȱderȱBeoȬ bachtungȱundȱBewertungȱgeschultȱwordenȱsind.ȱ VorȱderȱÜbernahmeȱvonȱStandardübungenȱohneȱStellenbezugȱistȱzuȱ warnen.ȱDasȱeigentlicheȱPrüfungsverfahrenȱsetztȱsichȱausȱmehrerenȱ unterschiedlichenȱ Übungenȱ zusammen,ȱ dieȱ alleȱ spezifischȱ aufȱ dieȱ zuȱbesetzendeȱStelleȱausgerichtetȱseinȱmüssenȱ(vgl.ȱTabelleȱ21).ȱDieȱ inȱderȱTabelleȱerwähntenȱKriterienȱkönnenȱjeweilsȱfürȱdieȱbetreffenȬ deȱÜbungȱalsȱBewertungskategorienȱverwendetȱundȱaufȱeinerȱselbstȱ gewähltenȱSkalaȱimȱEinzelfallȱzugeordnetȱwerden.ȱBeiȱderȱerstmaliȬ genȱDurchführungȱeinesȱACȱistȱderȱBeizugȱeinesȱprofessionellenȱBeȬ ratersȱ unabdingbar,ȱ umȱ methodischeȱ Fehlerȱ zuȱ vermeidenȱ (vgl.ȱ auchȱPraxisfensterȱNr.ȱ15).ȱ

Beizugȱeinesȱ professionellenȱ Beratersȱ

337ȱ

6 Tabelleȱ21ȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

ÜbungsaufgabenȱundȱKriterienȱimȱAssessmentȱCenterȱ(Auswahl)ȱ Übungsaufgaben

Kriterien

Interview

Mündlicher Ausdruck, Führungsfähigkeit, Sensibilität, Kommunikationsfähigkeit

Management-, Rollenspiel

Mündlicher Ausdruck, rollengerechtes Verhalten, Kontaktfähigkeit, Energieniveau, Tatkraft, Bewältigung sozialer Stresslagen, Einfühlungsvermögen

Führerlose Gruppendiskussion

Führungspotenzial, Durchsetzungsfähigkeit, Beharrlichkeit, Sozialkompetenz, Risikobereitschaft

Datensammlung und Entscheidung (Fallstudie)

Problemanalyse, -überblick, Urteils- und Entscheidungsfähigkeit, Entschlossenheit, schriftliche Kommunikation

Postkorb (Bearbeitung stellenrelevanter Schriftstücke)

Informationsverarbeitung, Planungs-, Entscheidungs-, Organisations- und Delegationsfähigkeit, schriftlicher und mündlicher Ausdruck

Präsentation

Analyse-, Überzeugungs- und Kommunikationsfähigkeit, mündlicher Ausdruck

ȱ FeedbackȬ Gesprächȱ

DasȱnachȱderȱBeobachtungȱundȱBewertungȱstattfindendeȱFeedbackȬ GesprächȱgehörtȱzuȱdenȱwichtigstenȱElementenȱeinesȱAC.ȱZunächstȱ mussȱdasȱFeedbackȱaufgrundȱderȱaußerordentlichenȱPrüfungssituaȬ tionȱ rücksichtsvoll,ȱ verständnisvollȱ undȱ nachvollziehbarȱ erfolgen.ȱ DerȱTeilnehmerȱhatȱnämlichȱnachträglichȱkaumȱmehrȱeineȱMöglichȬ keit,ȱ dasȱ getroffeneȱ Urteilȱ ausȱ seinerȱ Sichtȱ richtigȱ zuȱ stellen.ȱ Derȱ Kandidatȱ erhältȱ dabeiȱ differenzierteȱ Informationenȱ überȱ seineȱ imȱ ACȱgezeigtenȱStärkenȱundȱSchwächen.ȱImȱGesprächȱhatȱderȱausgeȬ wählteȱ Kandidatȱ auchȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ seineȱ persönlichenȱ Ziele,ȱ Neigungenȱ undȱ Entwicklungswünscheȱ einzubringen,ȱ damitȱ ersteȱ Maßnahmenȱ fürȱ dieȱ Zukunftȱ getroffenȱ oderȱ fürȱ grundsätzlichȱ geȬ eigneteȱ Kandidatenȱ evtl.ȱ weitereȱ Stellenangeboteȱ ausȱ demȱ VerwalȬ tungsbereichȱinȱBetrachtȱgezogenȱwerdenȱkönnen.ȱȱ

Hoherȱ Aufwandȱ

ACȱsindȱnichtȱunumstritten.ȱSoȱstelltȱsichȱdieȱFrage,ȱobȱderȱAufwandȱ undȱ dieȱ hohenȱ Kostenȱ fürȱ einȱ ACȱ gerechtfertigtȱ sind,ȱ solangeȱ esȱ kaumȱ Hinweiseȱ daraufȱ gibt,ȱ dassȱ derȱ Ertragȱ höherȱ istȱ alsȱ mitȱ konȬ ventionellenȱAuswahlverfahrenȱ(vgl.ȱ Friedrichȱ2000:ȱ 40ȱ undȱRidderȱ 2007:ȱ124ȱf.).ȱDieȱwichtigstenȱArgumenteȱfürȱdasȱACȱsind:ȱDieȱBeurȬ teilungȱdurchȱdasȱACȱwirdȱ„objektiver“,ȱesȱbestehtȱdieȱMöglichkeit,ȱ Lernprozesseȱ (auchȱ fürȱ dieȱ Assessoren)ȱ zuȱ durchlaufenȱ undȱ jederȱ Teilnehmendeȱ erhältȱ verbesserteȱ Informationenȱ überȱ seinȱ EntwickȬ lungspotenzial.ȱ Dieȱ Gefahrȱ vonȱ Fehlbesetzungenȱ kannȱ beiȱ spezifiȬ scherȱAusgestaltungȱderȱÜbungsaufgabenȱreduziertȱwerden.ȱ

338ȱ

Prozessfunktionen

6.5.2

6.5

Personalbeurteilung

Angesichtsȱ desȱ lebenslangenȱ Beschäftigungsziels,ȱ derȱ automatiȬ schenȱBeförderungȱundȱderȱstarrenȱEinreihungsȬȱundȱEntlohnungsȬ politikȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ erlangteȱ dieȱ Personalbeurteilungȱ bisȬ herȱ keineȱ herausragendeȱ Bedeutung.ȱ Zukünftigȱ sindȱ jedochȱ zurȱ Entwicklung,ȱ Motivationȱ undȱ Entlohnungȱ desȱ VerwaltungspersoȬ nalsȱ personenȬȱ undȱ tätigkeitsbezogeneȱ Beurteilungsverfahrenȱ notȬ wendig.ȱ 6.5.2.1

Beurteilungsziele

Dieȱ Zieleȱ derȱ Personalbeurteilungȱ liegenȱ inȱ derȱ MotivationsfördeȬ rung,ȱderȱEntwicklungȱsowieȱderȱLeistungssteigerungȱderȱMitarbeiȬ tenden.ȱ Dasȱ Verhaltenȱ undȱ dieȱ Leistungȱ hängenȱ vonȱ dreiȱ Faktorenȱ ab:ȱ Derȱ Fähigkeitȱ („Können“),ȱ derȱ Bereitschaftȱ („Wollen“)ȱ undȱ derȱ Situationȱ („Dürfen/Sollen“).ȱ Abbildungȱ 47ȱ stelltȱ dieȱ BeurteilungsȬ dimensionenȱ undȱ derenȱ Zusammenhängeȱ darȱ (vgl.ȱ Ritz/Steinerȱ 2000:ȱ28;ȱHilbȱ2007:ȱ77ȱff.ȱundȱKlimecki/Gmürȱ2005:ȱ264ȱff.).ȱ

MehrȬ dimensionaleȱ Beurteilungȱ

DimensionenȱderȱMitarbeiterbeurteilungȱ

Abbildungȱ47ȱ

Zukunft Zukunft Person Person

Gegenwart Gegenwart ++

Verhalten Verhalten

++

Vergangenheit Vergangenheit

„Können“

„Wollen“

Situation Situation „Dürfen“

Fähigkeiten Potenziale

Motivation Bereitschaft

Rahmenbedingungen

Input-Faktoren

Mitarbeiterbeurteilung

==

Leistung Leistung Qualität und Quantität der Arbeitsergebnisse

Output-Faktoren

ȱ

Eineȱ umfassendeȱ Mitarbeiterbeurteilungȱ istȱ aufȱ alleȱ vierȱ DimensioȬ nenȱ abgestützt.ȱAnhandȱ derȱ anzustrebendenȱ Werteȱ ausȱ derȱ letztenȱ ZielvereinbarungȱwirdȱdieȱinȱderȱletztenȱPeriodeȱerbrachteȱLeistungȱ beurteilt.ȱDieȱverhaltensbezogeneȱBeurteilungȱbewertetȱHandlungsȬ musterȱ wieȱ Flexibilität,ȱ Termintreue,ȱ Qualitätsorientierungȱ usw.ȱ HierfürȱistȱdieȱBerücksichtigungȱderȱdurchȱdieȱSituationȱgegebenenȱ

339ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Rahmenbedingungenȱ notwendig,ȱ damitȱ nurȱ diejenigenȱ HandȬ lungsmusterȱ beurteiltȱ werden,ȱ dieȱ auchȱ erwartetȱ werdenȱ können.ȱ Dieȱ personenbezogeneȱ Beurteilungȱ beziehtȱ sichȱ aufȱ dasȱ Potenzialȱ desȱ Mitarbeitenden,ȱ sichȱ spezifischeȱ Qualifikationenȱ undȱ FähigkeiȬ tenȱinȱderȱerforderlichenȱZeitȱanzueignen.ȱEsȱgehtȱhierȱalsoȱnichtȱumȱ dieȱ Bewertungȱ bisherȱ erlangterȱ Qualifikationen,ȱ welcheȱ bereitsȱ beiȱ derȱPersonalauswahlȱundȱbeimȱPersonaleinsatzȱberücksichtigtȱwurȬ den,ȱsondernȱumȱdieȱzukünftigenȱEntwicklungspotenziale.ȱȱ Reineȱ„Input“Ȭ Beurteilungȱ

Setztȱ dieȱ Beurteilungȱ nurȱ beimȱ Verhaltenȱ undȱ beiȱ derȱ Personȱ an,ȱ dannȱsprichtȱmanȱvonȱeinerȱsog.ȱreinenȱ„Input“ȬBeurteilung.ȱDabeiȱ läuftȱ manȱ jedochȱ Gefahr,ȱ z.ȱB.ȱ einenȱ Mitarbeiterȱ aufgrundȱ seinesȱ Verhaltensȱalsȱ sehrȱgutȱ zuȱ beurteilen,ȱ obwohlȱ seineȱLeistungswerteȱ nichtȱ überzeugendȱ sind.ȱAndererseitsȱ istȱ eineȱ sog.ȱ reine,ȱ leistungsȬ bezogeneȱ „Output“ȬBeurteilungȱ gefährlich,ȱ daȱ nichtȱ gefragtȱ wird,ȱ wieȱ derȱ Mitarbeitendeȱ dieseȱ Leistungȱ erreichtȱ hat.ȱ Wurdenȱ unterȱ Umständenȱ zurȱ Zielerreichungȱ vieleȱ Mitarbeitendeȱ undȱ Kollegenȱ frustriert?ȱAusȱdiesemȱGrundȱsollteȱjedeȱMitarbeiterbeurteilungȱsoȬ wohlȱInputȬȱalsȱauchȱOutputȬFaktorenȱerfassen.ȱImȱFolgendenȱwirdȱ kurzȱ aufȱ dieȱ Leistungsbeurteilungȱ eingegangen.ȱ Imȱ daraufȱ folgenȬ denȱAbschnittȱwirdȱdieȱ„InputȬBeurteilung“ȱinsȱZentrumȱgerückt.ȱ

VerfahrensȬ schritteȱ

Dieȱ Leistungsbeurteilungȱ alsȱ einȱ Elementȱ derȱ MitarbeiterbeurteiȬ lungȱsollteȱsystematischȱerfolgen.ȱFolgendeȱfünfȱSchritteȱgewährleisȬ tenȱeinȱzweckmäßigesȱVerfahrenȱ(vgl.ȱBosbachȱ2000:ȱ44ȱff.):ȱȱ 1. BestimmungȱderȱrelevantenȱundȱdemȱMitarbeitendenȱindividuellȱ zurechenbarenȱArbeitsergebnisse.ȱ 2. Gewichtungȱ derȱ beurteilungsrelevantenȱ Arbeitsergebnisse.ȱ Jeȱ bedeutungsvollerȱdasȱArbeitsergebnisȱfürȱdenȱOutput,ȱdieȱGrupȬ peȱoderȱdieȱInstitution,ȱdestoȱhöherȱdessenȱGewicht.ȱ 3. Festlegungȱ desȱ Maßstabsȱ fürȱ einzelneȱ Arbeitsmerkmaleȱ (z.ȱB.ȱ Quantität,ȱ Qualität,ȱ Akzeptanz)ȱ undȱ Bewertungȱ derȱ ArbeitserȬ gebnisseȱsowieȱFestlegungȱdesȱBeitragsȱzumȱOutput.ȱ 4. Festlegungȱ desȱ Maßstabsȱ fürȱ dasȱ Gesamturteilȱ undȱ Bewertungȱ derȱeinzelnenȱArbeitsergebnisseȱundȱdesȱGesamtarbeitsergebnisȬ sesȱdanach.ȱ 5. Überprüfungȱ derȱ Stimmigkeitȱ zwischenȱ Beurteilungȱ nachȱ ArȬ beitsmerkmalenȱ(Schrittȱdrei)ȱundȱGesamturteilȱ(Schrittȱvier).ȱ Einȱ fürȱ denȱ drittenȱ Schrittȱ anwendbaresȱ Beurteilungsschemaȱ istȱ inȱ Tabelleȱ22ȱabgebildet.ȱ

340ȱ

Prozessfunktionen

6.5 Tabelleȱ22ȱ

BewertungsrasterȱzurȱLeistungsbeurteilungȱ(nachȱBosbachȱ2000:ȱ45ȱf.)ȱ Beitrag des Arbeitsergebnisses zu Produkten und Leistungen (Output) Arbeitsergebnis

Beitrag Summe Beitrag Beitrag Beitrag Gewichzum zum zum zum tung in Punkten Produkt 1 Produkt 2 Produkt 3 Produkt 4

Ergebnis A

70

+

-

0

=

=

Ergebnis B

10

0

0

+

+

++

Ergebnis C

20

-

0

=

0

-/=

+: übertrifft Erwartung / =: erfüllt Erwartung / -: erfüllt Erwartung nicht / 0: kein oder irrelevanter Beitrag Bewertung des Arbeitsergebnisses nach einzelnen Arbeitsmerkmalen Arbeitsergebnis

Gewichtung in Punkten

Qualität

Quantität

Wirtschaftlichkeit

Akzeptanz

Ergebnis A

70

2 (=140)

2 (=140)

0 (=0)

2 (=140)

Ergebnis B

10

1 (=10)

2 (=20)

1 (=10)

2 (=20)

Ergebnis C

20

1 (=20)

2 (=40)

2 (=40)

2 (=40)

Summe

100

170

200

50

200

0: erfüllt Erwartung nicht / 1: erfüllt Erwartung / 2: übertrifft Erwartung

ȱ 6.5.2.2

Mitarbeitergespräch

Denȱ Hauptbestandteilȱ derȱ Personalbeurteilungȱ bildetȱ unbestrittenȱ dasȱMitarbeitergespräch,ȱwelchesȱperiodischȱ(z.ȱB.ȱjährlich)ȱdieȱlauȬ fendeȱBeurteilungȱvornimmtȱundȱderȱneuenȱZielvereinbarungȱdient.ȱ NebenȱdemȱMitarbeitergesprächȱkönnenȱauchȱdieȱBewertungenȱvonȱ Arbeitskollegen,ȱvonȱinternenȱoderȱexternenȱKundenȱundȱunterstellȬ tenȱPersonenȱ(sog.ȱVorgesetztenbeurteilung)ȱinȱdieȱBeurteilungȱeinȬ fließen.ȱEineȱvollständigeȱ360ȱGradȬBeurteilungȱistȱoftȱsehrȱaufwänȬ digȱ(vgl.ȱGerpottȱ2000:ȱ357ȱf.).ȱZumȱeinenȱistȱdieȱAkzeptanzȱdesȱzuȱ Beurteilendenȱ erforderlich,ȱ zumȱ anderenȱ solltenȱ dieȱ Bewertungenȱ transparentȱundȱeinsehbarȱsein.ȱDieȱAnonymitätȱderȱverschiedenenȱ Beurteilendenȱistȱsicherzustellen.ȱWichtigerȱalsȱeinȱvollständigesȱBeȬ urteilungssystemȱ istȱ dieȱ Akzeptanzȱ derȱ Bewertungȱ sowieȱ derȱ MeȬ thodeȱ durchȱ dieȱ Beurteilten.ȱ Dazuȱ kannȱ dieȱ Durchführungȱ einerȱ Selbstbeurteilungȱ zumȱ Vergleichȱ vonȱ FremdȬȱ undȱ Selbstbildȱ vonȱ großemȱNutzenȱsein.ȱDabeiȱbewertetȱsichȱderȱMitarbeitendeȱi.ȱS.ȱderȱ VorbereitungȱaufȱdasȱMitarbeitergesprächȱselbst,ȱbesprichtȱundȱverȬ

Beurteilungȱundȱ ZielvereinȬ barungȱ

341ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

gleichtȱdieȱeigenenȱErgebnisseȱmitȱdenjenigenȱdesȱVorgesetzten.ȱTaȬ belleȱ23ȱzeigtȱdenȱAufbauȱeinesȱMitarbeitergesprächformulars.ȱ

Tabelleȱ23ȱ

BeurteilungsbogenȱfürȱdasȱMitarbeitergesprächȱ(nachȱHilbȱ2007:ȱ86ȱff.)ȱ 1. Beurteilung des Leistungsverhaltens

FührungsKompetenz

Sozialkompetenz

Fachkompetenz

Persönlichkeitskompetenz

Leitbildgerechte Dimension

Leitbildgerechte Ausprägung tief hoch

Integrität; ethisch verantwortliches und interessenwahrendes Verhalten

1---2---3---4---5

Stressresistenz; Belastbarkeit in außergewöhnlichen Situationen, Frustrationstoleranz

1---2---3---4---5

Innovationsfreude; trägt zum Entstehen von Neuerungsprozessen bei

1---2---3---4---5

1---2---3---4---5 Unternehmertum; proaktives und wohlkalkulierendes Verhalten zur Sicherung und zum Ausbau der Erfolgspotenziale Ganzheitliches Handeln; Einbezug verschiedener 1 - - - 2 - - - 3 - - - 4 - - - 5 für die Leistungsentwicklung förderlicher Aspekte Berufliches Können; Fähigkeiten im fachlichen Kern und weiteren Aufgabenumfeld

1---2---3---4---5

Zuhörfähigkeit; aktives und interessiertes Zuhören

1---2---3---4---5

Offenheit; angemessen direkte und konstruktive Kommunikation

1---2---3---4---5

Teamfähigkeit; Integration seiner selbst und anderer ins Team

1---2---3---4---5

Zielorientierung; Setzen und Erreichen von Meilensteinen

1---2---3---4---5

Ressourcenumgang; wirtschaftlicher Einsatz von Ressourcen

1---2---3---4---5

Vorbildlichkeit; glaubwürdiges Verhalten

1---2---3---4---5

2. Beurteilung der Zielerreichung im vergangenen Jahr Zielerreichung

Zielgewich- Messbare tung (Rang- Zielbeschreifolge) bung Übertroffen 1. 2. usw.

ȱ

342ȱ

erreicht

teilweise erreicht

Zukunftsmaßnahmen mit Zeitangaben nicht erreicht

Prozessfunktionen

6.5

3. Gesamtbeurteilung í Zufriedenheit mit der gegenwärtigen Tätigkeit: -- -/ . /- // í Persönliche Anliegen: ............................................................................................ í Besondere Stärken des Mitarbeitenden: ............................................................... í Entwicklungsfähige Bereiche des Mitarbeitenden: ................................................ í Vorschläge zur individuellen Entwicklung: Maßnahmen/Verantwortlicher/Datum í Bemerkungen: ....................................................................................................... 4. Ziele für das nächste Jahr Zielgewichtung (Rangfolge)

Messbare Zielbeschreibung

Datum

í 1. í 2.

í

í

í

í

í usw.

í

í

ȱ Abschließendȱ mussȱ aberȱ festgehaltenȱ werden,ȱ dassȱ dasȱ BeurteiȬ lungsinstrumentariumȱ undȱ dieȱ Mitarbeitergesprächeȱ nochȱ soȱ proȬ fessionellȱgehandhabtȱwerdenȱkönnen,ȱfehlenȱjedochȱdieȱdarausȱabȬ geleitetenȱ konkretenȱ Entwicklungsmaßnahmenȱ undȱ Konsequenzenȱ z.ȱB.ȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Entlohnung,ȱ desȱ Personaleinsatzesȱ oderȱ derȱ Freistellung,ȱ dannȱ verfehltȱ auchȱ dasȱ besteȱ Beurteilungssystemȱ seiȬ nenȱZweck.ȱȱ

6.5.3

Personalerhaltung

DieȱPersonalerhaltungȱversucht,ȱdurchȱunterschiedlicheȱInstrumenteȱ dieȱLeistungsbereitschaftȱundȱArbeitszufriedenheitȱderȱMitarbeitenȬ denȱ zuȱ fördernȱ sowieȱ zuȱ verhindern,ȱ dassȱ guteȱ Arbeitskräfteȱ denȱ Arbeitsplatzȱverlassen.ȱInȱZusammenhangȱmitȱdenȱReformenȱimȱöfȬ fentlichenȱ Sektorȱ wirdȱ insbesondereȱ derȱ „Leistungslohn“ȱ lebhaftȱ diskutiertȱ (vgl.ȱ z.ȱ B.ȱ Reichardȱ 1998:ȱ 103ȱ ff.ȱ undȱ Tondorfȱ 1997).ȱ Dieȱ aktuellenȱReformenȱfördernȱvorwiegendȱeineȱErkenntnis:ȱ

Leistungslohn

Derȱ öffentlicheȱ Sektorȱ kommtȱ gegenwärtigȱ kaumȱ anȱ einemȱ individualzentriertenȱ Leistungslohnsystemȱ vorbeiȱȬȱ unabhänȬ gigȱvonȱdessenȱWirkungen! ȱ DieȱForderungenȱnachȱeinerȱGleichstellungȱdesȱstaatlichenȱmitȱdemȱ privatwirtschaftlichenȱ Personalȱ sindȱ zurzeitȱ unüberhörbar,ȱ obwohlȱ auchȱ inȱ derȱ Privatwirtschaftȱ unterschiedlicheȱ Lohnsystemeȱ existieȬ renȱundȱeineȱkonsequenteȱUmsetzungȱdesȱindividuellenȱLeistungsȬ lohnsȱ vielerortsȱ fehlt.ȱ Dieseȱ Entwicklungenȱ scheinenȱ dieȱ Folgenȱ eiȬ nesȱ inȱ derȱ Lohnpolitikȱ spätȱ einsetzendenȱ Systemwandelsȱ zuȱ sein.ȱ

343ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Angesichtsȱ dieserȱ Bedeutungȱ desȱ Leistungslohnsȱ wirdȱ inȱ diesemȱ Abschnittȱprimärȱdaraufȱeingegangen.ȱȱ 6.5.3.1 WertȬ vorstellungȱundȱ VerteilungsȬ gerechtigkeitȱ

Bemessungsgrundlagen

GrundsätzlichȱorientiertȱsichȱdieȱEntgeltȬȱundȱAnreizgestaltungȱimȬ merȱ anȱ einerȱ Wertentscheidungȱ überȱ dieȱ „richtige“ȱ BemessungsȬ grundlageȱ undȱ dieȱ damitȱ angestrebteȱ Wirkungȱ aufȱ dasȱ Verhaltenȱ derȱMitarbeitendenȱ(vgl.ȱKlimecki/Gmürȱ2005:ȱ296ȱff.).ȱDennȱnebenȱ derȱ absolutenȱ Lohnhöheȱ sindȱ dieȱ Zusammensetzungȱ derȱ LohnbeȬ standteileȱundȱdieȱdahinterȱstehendenȱMotiveȱentscheidendeȱFaktoȬ ren.ȱHinterȱderȱLohnpolitikȱstehtȱletztlichȱdieȱWertvorstellung,ȱnachȱ welchenȱKriterienȱsichȱdieȱmaterielleȱundȱimmaterielleȱAusstattungȱ vonȱPersonenȱinȱderȱGesellschaftȱrichtenȱsoll.ȱInȱdiesemȱZusammenȬ hangȱhatȱdieȱempfundeneȱLohnzufriedenheitȱundȱȬgerechtigkeitȱausȱ derȱ Sichtȱ desȱ einzelnenȱ Mitarbeiters,ȱ aberȱ auchȱ ausȱ institutionellerȱ Perspektive,ȱeinenȱentscheidendenȱEinflussȱaufȱdieȱlangfristigeȱQuaȬ litätssicherungȱ öffentlicherȱ Institutionen.ȱ Dieȱ zuȱ treffendeȱ WertentȬ scheidungȱ stehtȱ grundsätzlichȱ imȱ Spannungsfeldȱ vonȱ vierȱ PrinziȬ pienȱderȱVerteilungsgerechtigkeit:ȱ

„ Anforderungsgerechtigkeit:ȱ Jeȱ größerȱ dieȱ physischenȱ undȱ psyȬ chischenȱ Anforderungenȱ einerȱ Position,ȱ destoȱ höherȱ derȱ Anteilȱ anȱderȱbetrieblichenȱWertschöpfung.ȱ

„ Sozialgerechtigkeit:ȱJeȱgrößerȱderȱBeitragȱeinerȱPersonȱzurȱRealiȬ sierungȱderȱsozialpolitischenȱZieleȱeinerȱGesellschaft,ȱdestoȱgröȬ ßerȱihrȱAnteilȱanȱderȱWertschöpfung,ȱdaȱeineȱInstitutionȱauchȱeiȬ neȱgesellschaftlicheȱVerantwortungȱträgt.ȱ

„ Marktgerechtigkeit:ȱJeȱhöherȱderȱArbeitsmarktwertȱeinerȱPerson,ȱ umsoȱhöherȱderȱWertschöpfungsanteil,ȱdaȱderȱMarktwertȱdasȱfürȱ dieȱErreichungȱderȱZieleȱeinerȱInstitutionȱnutzbareȱLeistungspoȬ tenzialȱausdrückt.ȱ

„ Leistungsgerechtigkeit:ȱJeȱhöherȱdieȱLeistungȱeinerȱPerson,ȱdestoȱ größerȱ ihrȱ Wertschöpfungsanteil,ȱ weilȱsieȱdiesenȱselbstȱ realisiertȱ hat.ȱ Dieȱ vierȱ Prinzipienȱ beeinträchtigenȱ einanderȱ gegenseitigȱ undȱ sindȱ jeweilsȱstarkȱvonȱderȱBranchenȬ,ȱInstitutionsȬȱundȱLandeskulturȱabȬ hängig.ȱInȱderȱPraxisȱspielenȱimȱNormalfallȱmehrereȱPrinzipienȱeineȱ Rolleȱundȱesȱdominiertȱnichtȱnurȱeines.ȱInsofernȱistȱauchȱderȱBegriffȱ desȱ „Leistungslohns“ȱ falschȱ gewählt,ȱ daȱ normalerweiseȱ undȱ insbeȬ sondereȱimȱöffentlichenȱSektorȱderȱeffektiveȱLeistungsanteilȱnurȱeiȬ nenȱ geringenȱ Anteilȱ amȱ Gesamtlohnȱ einnimmtȱ (oftȱ wenigerȱ alsȱ 5ȱ Prozentȱ inȱ derȱ Verwaltung).ȱ Dieȱ AnforderungsȬȱ undȱ LeistungsgeȬ

344ȱ

Prozessfunktionen

6.5

rechtigkeitȱ erfordertȱ dieȱ Anwendungȱ zuverlässigerȱ BewertungsȬ grundlagen:ȱ zumȱ einenȱ dieȱ Mitarbeiterbeurteilungȱ (vgl.ȱ Kapitelȱ 6.5.2),ȱ zumȱ anderenȱ dieȱ Arbeitsplatzbewertung,ȱ welcheȱ hierȱ nichtȱ weiterȱvertieftȱwirdȱ(vgl.ȱScholzȱ2000:ȱ733ȱff.).ȱ 6.5.3.2

Gründe für und gegen eine lohnwirksame Beurteilung

Dieȱ Argumenteȱ gegenȱ eineȱ lohnwirksameȱ Beurteilungȱ sindȱ sehrȱ vielfältigȱ undȱ kommenȱ zuȱ einemȱ großenȱ Teilȱ ausȱ derȱ MitarbeiterȬ schaftȱ selbst.ȱ Zumȱ einenȱ wirdȱ bezweifelt,ȱ dassȱ sichȱ staatlicheȱ ArȬ beitnehmerȱdurchȱmaterielleȱLohnbestandteileȱzuȱmehrȱoderȱbesseȬ rerȱ Leistungȱ motivierenȱ lassen,ȱ daȱ ihrerȱ Berufsausübungȱ primärȱȱ ideelleȱ Motiveȱ zuȱ Grundeȱ liegenȱ (vgl.ȱ Durantȱ etȱ al.ȱ 2006;ȱ Crewsonȱ 1997ȱ undȱ Perryȱ 1996).ȱ Zumȱ anderenȱ betrifftȱ dieȱ Kritikȱ dasȱ Systemȱ derȱ Leistungsentlohnung.ȱ Fehlendeȱ „objektive“ȱ Beurteilbarkeitȱ derȱ Leistung,ȱBeurteilungswillkürȱ beiȱ einzelnenȱ BeurteiȬlungspersonen,ȱ großerȱadministrativerȱArbeitsaufwand,ȱzuȱgeringerȱLeistungsanteilȱ sowieȱ dieȱ Förderungȱ destruktiverȱ Konkurrenzȱ undȱ kurzfristigerȱ „Einschmeichelungsstrategien“ȱgegenüberȱderȱVerwaltungsführungȱ seienȱnegativeȱAspekte.ȱȱ

Zweifelȱanȱ LeistungsȬ steigerungȱ

AufȱderȱSeiteȱderȱBefürwortendenȱwerdenȱdieȱPrämierungȱaußerorȬ dentlicherȱ Leistungen,ȱ neueȱ Entwicklungsalternativen,ȱ dieȱ GleichȬ behandlungȱ mitȱ Angestelltenȱ derȱ Privatwirtschaft,ȱ dieȱ Steigerungȱ derȱ Berufsattraktivitätȱ sowieȱ dieȱ Verhaltenssteuerungȱ durchȱ LeisȬ tungsanreizeȱinȱdenȱVordergrundȱgerückt.ȱDieseȱArgumenteȱwerdenȱ ergänztȱ durchȱ dieȱ kritischeȱ Frage,ȱ obȱ dennȱ dasȱ bisherigeȱ LohnsysȬ temȱwirklichȱgerechterȱalsȱneueȱAnsätzeȱderȱlohnwirksamenȱQualiȬ fikationȱ seiȱ oderȱ nurȱ aufgrundȱ seinerȱ nichtȱ offensichtlichenȱ UngeȬ rechtigkeitenȱallgemeinȱgeduldetȱwerde.ȱ

Gleichheitȱoderȱ Gerechtigkeitȱ

AusgehendȱvonȱdieserȱKontroverseȱmussȱmanȱnachȱderȱBedeutungȱ derȱ Entlohnungȱ anȱ sichȱ fragen.ȱ Lohnȱ istȱ primärȱ einȱ Entgeltȱ fürȱ dieȱ derȱ Institutionȱ zurȱ Verfügungȱ gestellteȱ Arbeitskraftȱ einerȱ Person.ȱ Danebenȱ istȱdieȱ Entlohnungȱ aberȱauchȱ einȱ Mittel,ȱumȱ bspw.ȱ MitarȬ beitendeȱ mitȱ ihrerȱArbeitȱ zufriedenȱ zuȱ stellen,ȱ sieȱ zurȱ weiterenȱArȬ beitȱ zuȱ motivieren,ȱ dieȱ Identifikationȱ mitȱ demȱArbeitgeberȱ zuȱ steiȬ gernȱ undȱ denȱ Arbeitnehmerȱ anȱ dieȱ Institutionȱ bindenȱ zuȱ könnenȱ (vgl.ȱLawlerȱ1971:ȱ1ȱf.).ȱZudemȱistȱdieȱEntlohnungȱeinȱwichtigerȱFakȬ torȱfürȱdieȱPersonalgewinnung.ȱDieseȱAspekteȱinteressierenȱbeiȱderȱ BeurteilungȱgeeigneterȱEntlohnungsformenȱbesonders.ȱ

Bedeutungȱderȱ Entlohnungȱ

345ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

6.5.3.3

Zusammenhang zwischen Entlohnung und Motivation

VerhaltensȬ beeinflussungȱ

Dieȱ Veränderungȱ derȱ Motivationȱ durchȱ denȱ Lohnȱ entsprichtȱ einerȱ VerhaltensbeeinflussungȱdurchȱeinenȱAnreiz,ȱderȱjeȱnachȱpersonenȬ spezifischerȱ Bedürfnisstrukturȱ unterschiedlichesȱ Verhaltenȱ zurȱ FolȬ geȱ hatȱ(vgl.ȱMarch/Simonȱ 1965).ȱ Dieȱ Bedeutung,ȱ welcheȱ jemandȱeiȬ nemȱ Anreizȱ beimisst,ȱ bestimmtȱ alsoȱ auchȱ dessenȱ Wirkungȱ aufȱ dasȱ individuelleȱ Verhalten.ȱ Ausȱ theoretischerȱ Sichtȱ könnenȱ ausȱ verȬ schiedenenȱMotivationstheorienȱSchlüsseȱüberȱdenȱEinflussȱvonȱAnȬ reizenȱaufȱdieȱMotivationȱgezogenȱwerden.ȱKeineȱMotivationstheoȬ rieȱ gibtȱ aberȱ eineȱ vollständigeȱ undȱ allgemeinȱ gültigeȱ Antwortȱ beȬ züglichȱderȱUrsachenȱvonȱgezieltemȱVerhalten.ȱAusȱeinemȱVergleichȱ vonȱ fünfȱ grundlegendenȱ Motivationstheorienȱ (vgl.ȱ Maslowȱ 1954;ȱ McGregorȱ 1960;ȱ Herzbergȱ 1966;ȱ Vroomȱ 1964;ȱ Porter/Lawlerȱ 1968ȱ undȱAdamsȱ1965)ȱkönnenȱdieȱfolgendenȱErkenntnisseȱgezogenȱwerȬ denȱ(vgl.ȱdazuȱauchȱLawton/Roseȱ1994:ȱ104ȱff.):ȱȱ

Erkenntnisseȱ ausȱMotivatiȬ onstheorienȱ

„ Esȱ gibtȱ unterschiedlicheȱ individuelleȱ Bedürfnisarten.ȱ Derȱ Lohnȱ stelltȱnurȱeineȱFormȱzurȱBedürfnisbefriedigungȱdarȱundȱmussȱfürȱ denȱjeweiligenȱEmpfängerȱwichtigȱsein.ȱ

„ Bedürfnisse,ȱ z.ȱ B.ȱ nachȱ Lohn,ȱ könnenȱ einenȱ individuellenȱ SättiȬ gungsgradȱerreichen.ȱ

„ DieȱAnnahmenȱüberȱdasȱMenschenbildȱvonȱMitarbeitendenȱkönȬ nenȱderenȱBedürfnisse,ȱMotivationȱundȱVerhaltenȱbeeinflussen.ȱ

„ DieȱäußerenȱArbeitsbedingungenȱwieȱz.ȱB.ȱderȱLohnȱbestimmenȱ dieȱ Motivationȱ undȱ Zufriedenheitȱ nichtȱ abschließend,ȱ ermögliȬ chenȱaber,ȱdassȱZufriedenheitȱeintretenȱkann,ȱwennȱderȱArbeitsȬ inhaltȱpositivȱempfundenȱwird.ȱ

„ DieȱEntlohnungȱmussȱeinenȱpositivenȱWertȱfürȱdenȱMitarbeitenȬ denȱhaben,ȱdamitȱdieȱMotivationȱgesteigertȱwird.ȱ

„ DieȱEntlohnungȱmussȱinȱdirektemȱZusammenhangȱmitȱdemȱLeisȬ tungsniveauȱstehen.ȱ

„ Dieȱ Lohnformȱ undȱ Ȭhöheȱ müssenȱ mitȱ vergleichbarenȱ Personenȱ oderȱBerufsgruppenȱübereinstimmen.ȱ Leistungslohnȱ undȱöffentlicherȱ Sektorȱȱ

DieȱvonȱderȱOECDȱdurchgeführtenȱStudienȱzuȱdenȱWirkungenȱdesȱ individuellenȱ Leistungslohnsȱ aufȱ Kaderangestellteȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ kommenȱ zuȱ weiterenȱ Ergebnissenȱ (vgl.ȱ OECDȱ 2005dȱ undȱ OECDȱ1997):ȱ

„ DerȱStellenwertȱdesȱLohnesȱistȱimȱVergleichȱzurȱberuflichenȱUnȬ

346ȱ

abhängigkeit,ȱ zurȱ Situationsbewältigungȱ beiȱ derȱArbeit,ȱ zurȱ beȬ ruflichenȱHerausforderungȱundȱzurȱempfundenenȱGerechtigkeitȱ gering.ȱ

Prozessfunktionen

6.5

„ DieȱWichtigkeitȱdesȱLeistungslohnesȱwirdȱmehrheitlichȱalsȱmäßigȱ wichtigȱbisȱwichtigȱeingestuft.ȱ

„ Derȱ Leistungslohnȱ stärktȱ dieȱ Beziehungȱ zwischenȱ individuellenȱ ArbeitszielenȱundȱZielsetzungenȱderȱInstitutionȱkaum.ȱ

„ Derȱ Leistungslohnȱ hatȱ primärȱ einenȱ positivenȱ Einflussȱ aufȱ dieȱ „Topleute“,ȱwenigerȱaufȱdenȱgroßenȱ„Durchschnitt“.ȱ

„ Dieȱ Kombinationȱ verschiedenerȱ Beurteilungsmethodenȱ erhöhtȱ dieȱAkzeptanzȱvonȱLeistungslohnsystemen.ȱ Dieȱ Einführungȱ vonȱ leistungsorientiertenȱ Lohnsystemenȱ imȱ RahȬ menȱderȱ„NextȱStepsȬReformen“ȱinȱGroßbritannienȱkonnteȱnichtȱalsȱ Reformerfolgȱgewertetȱwerden.ȱDieȱintendiertenȱWirkungenȱbliebenȱ aufgrundȱstrukturellerȱundȱkulturellerȱDefiziteȱimȱöffentlichenȱSekȬ torȱfürȱdieȱEinführungȱeinesȱneuenȱVergütungssystemsȱgrößtenteilsȱ ausȱ(vgl.ȱKeraudrenȱ1994).ȱ Ausȱ motivationstheoretischerȱ Sichtȱ mussȱ aberȱ auchȱ angefügtȱ werȬ den,ȱ dassȱ u.ȱ a.ȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ einerȱ nichtȱ primärȱ gehaltsorientiertenȱ Stellenwahlȱ dieȱ Verdrängungȱ inȬ trinsischerȱMotivationȱdurchȱdieȱextrinsischeȱMotivationȱinfolgeȱmaȬ teriellerȱAnreizeȱmöglichȱist.ȱDennȱdieȱBelohnungȱinȱFormȱvonȱGeldȱ kannȱbeiȱintrinsischȱmotiviertenȱPersonenȱzurȱFolgeȱhaben,ȱdassȱsieȱ dieȱ Belohnungȱ mehrȱ alsȱ Kontrolleȱ dennȱ alsȱ Informationȱ überȱ ihrȱ Leistungsverhaltenȱempfinden.ȱDadurchȱerhöhtȱsichȱdasȱGefühlȱderȱ Fremdsteuerung,ȱwasȱeineȱVerringerungȱdesȱGefühlsȱderȱSelbststeuȬ erungȱ zurȱ Folgeȱ hatȱ undȱ letztlichȱ zuȱ einerȱ Abnahmeȱ derȱ intrinsiȬ schenȱ Motivationȱ zuȱ Gunstenȱ derȱ extrinsischenȱ Motivationȱ führt.ȱ DieȱMitarbeitendenȱverlierenȱalsoȱeinenȱTeilȱihrerȱMotivationȱfürȱdieȱ eigentlicheȱTätigkeitȱ(vgl.ȱFreyȱ2002).ȱ

VerdrängungsȬ effektȱ

Denȱ theoretischenȱ undȱ empirischenȱ Erkenntnissenȱ kannȱ verallgeȬ meinerndȱ entnommenȱ werden,ȱ dassȱ derȱ Lohnȱ einȱ wichtiger,ȱ aberȱ nichtȱ primärerȱAnreizȱ zurȱ Leistungserbringungȱ beiȱ Mitarbeitendenȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ ist.ȱ Zudemȱ vermögenȱ individuumsȬ zentrierteȱLohnanreizeȱdenȱangestrebtenȱZielenȱnichtȱvollaufȱzuȱgeȬ nügen.ȱ Ausgehendȱ davonȱ scheintȱ nichtȱ einȱ generellesȱ Proȱ oderȱ ContraȱzumȱLeistungslohn,ȱsondernȱdieȱkonkreteȱAusgestaltungȱbeiȱ derȱ Entwicklungȱ vonȱ Lohnsystemenȱ inȱ einzelnenȱ Institutionenȱ derȱ zentraleȱAnsatzpunktȱzuȱsein.ȱȱ 6.5.3.4

Gestaltung von Entlohnungssystemen

Beiȱ derȱ Ausgestaltungȱ einesȱ Lohnsystemsȱ sindȱ dreiȱ Aspekteȱ entȬ scheidend,ȱdamitȱdieȱLeistungenȱundȱQualitätȱeinerȱöffentlichenȱInȬ

347ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

stitutionȱ kontinuierlichȱ verbessertȱ werdenȱ undȱ neueȱ Systemeȱ auchȱ beiȱderȱMitarbeiterschaftȱAkzeptanzȱfinden:ȱErstensȱdieȱZusammenȬ setzungȱ desȱ Gesamtlohnsȱ durchȱ mehrereȱ Lohnbestandteile,ȱ zweiȬ tensȱ dieȱAusweitungȱ derȱAnreizformenȱ fürȱ dieȱ einzelnenȱ MitarbeiȬ tendenȱ undȱ drittensȱ dieȱ Strategieȱ orientierteȱ Anreizgestaltungȱ mitȱ BlickȱaufȱdieȱgesamteȱInstitution.ȱ MehrereȱLohnȬ bestandteileȱ

DerȱLohnȱeinesȱMitarbeitendenȱsollteȱerstensȱeinenȱKompetenzanteilȱ (wasȱ kannȱ ich?),ȱ zweitensȱ einenȱ Leistungsanteilȱ (wasȱ tueȱ ich?)ȱ undȱ drittensȱeinenȱEffektivitätsanteilȱ(wieȱwirksamȱtueȱichȱes?)ȱenthalten,ȱ welcheȱ zusammenȱ mitȱ demȱ stellenbezogenenȱ Grundlohn,ȱ EinmalȬ prämienȱundȱdenȱZulagenȱdasȱBruttoȬGehaltȱergebenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ48).ȱȱ

Abbildungȱ48ȱ

ZusammensetzungȱdesȱGehaltsȱ(nachȱRitz/Steinerȱ2000:ȱ41)ȱ Gesetzliche und vertragliche Zulagen Einmalige Prämien für exzellente Leistungen Kompetenz-, Leistungsund Effektivitätsanteil: Die individuelle Gehaltsbandentwicklung basiert auf Erfassung und Beurteilung der Kompetenz, der Leistung und der Zielerreichung (Effektivität) unter Einbezug der Situation

Stufenanteil: Die Lohnstufe des Grundlohns wird aufgrund einer Arbeitsplatzbewertung nach folgenden Kriterien vorgenommen: • Führungs-, Aufgabenbereich • Verantwortungsübernahme • Berufs-, Führungs- und Facherfahrung • Weitere Anforderungen

Gehaltsbandbreite

0

Dienstjahre

40

Minimalgehalt/Grundlohn je nach Stellenstruktur

Stufe

Führungsfunktion

Fachfunktion

Projektfunktion

1 2 3 etc.

ȱ

348ȱ

Dieȱ beruflicheȱ Erfahrungȱ wirdȱ mitȱ derȱ Bandbreiteȱ undȱ derȱ BewerȬ tungȱderȱKompetenzenȱeinbezogen.ȱSieȱistȱaberȱlängstȱnichtȱmehrȱsoȱ dominantȱwieȱimȱtraditionellenȱSystemȱmitȱdemȱautomatischenȱStuȬ

Prozessfunktionen

6.5

fenanstiegȱ nachȱ einerȱ bestimmtenȱ Anzahlȱ vonȱ Dienstjahren.ȱ Dasȱ VerhältnisȱzwischenȱLeistungsȬȱundȱKompetenzanteilȱistȱvariabel.ȱJeȱ nachȱArbeitstätigkeitȱ empfiehltȱ esȱ sich,ȱ stärkerȱaufȱ dieȱ KompetenzȬȱ undȱ Beurteilungskomponenteȱ Wertȱ zuȱ legenȱ alsȱ aufȱ denȱ schwierigȱ messbarenȱLeistungsanteil,ȱsoȱz.ȱB.ȱbeiȱLehrpersonen.ȱ Weiterhinȱ kannȱ dieȱ Gehaltsbandbreiteȱ durchȱ Leistungsergebnisseȱ derȱ gesamtenȱ Institutionȱ oderȱ aufȱ Grundȱ vonȱ Gruppenleistungenȱ beeinflusstȱ werden.ȱ Inȱ derȱAbbildungȱ istȱ dieȱ individuelleȱ LohnentȬ wicklungȱ überȱ dieȱ Dienstjahreȱ hinwegȱ durchȱ dieȱ gestrichelteȱ Linieȱ gekennzeichnet.ȱ Jeȱ nachȱ Beurteilungȱ desȱ KompetenzȬ,ȱ LeistungsȬȱ undȱEffektivitätsanteilsȱvariiertȱdieȱLohnhöheȱinnerhalbȱderȱfürȱdieȱ jeweiligeȱGehaltsstufeȱmaßgeblichenȱGehaltsbandbreite.ȱSolcheȱneuȬ enȱ Lohnmodelleȱ fürȱ denȱ öffentlichenȱ Bereichȱ setzenȱ dieȱ EntwickȬ lungȱ vonȱ differenziertenȱ Leitungsstrukturenȱ undȱ darausȱ folgenderȱ PersonalführungsverantwortungȱvorȱOrtȱvoraus.ȱDadurchȱwirdȱsichȱ dieȱStellenstrukturȱerweiternȱundȱdieȱBildungȱvonȱFührungsȬ,ȱFachȬȱ oderȱ Projektaufgabenȱ wirdȱ möglich,ȱ welcheȱ denȱ Grundlohnȱ beeinȬ flussenȱ(vgl.ȱKapitelȱ6.5.4).ȱȱ

GehaltsȬ bandbreiteȱ

Unterȱ Berücksichtigungȱ derȱ Unterscheidungȱzwischenȱ intrinsischerȱ undȱ extrinsischerȱ Motivationȱ undȱ angesichtsȱ derȱ Tatsache,ȱ dassȱ MenschenȱunterschiedlicheȱundȱsichȱveränderndeȱBedürfnisstruktuȬ renȱ aufweisenȱ sowieȱ aufgrundȱ aktuellerȱ empirischerȱ Befundeȱ sindȱ dieȱ Anreizeȱ besondersȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ breitȱ auszugestalten.ȱ StaatsangestellteȱwählenȱihrenȱBerufȱnichtȱausschließlichȱwegenȱmaȬ teriellerȱ Anreize.ȱ Dieȱ finanziellenȱ Aufstiegsmöglichkeitenȱ sindȱ imȱ Vergleichȱ zuȱ (SpitzenȬ)ȱ Führungskräftenȱ inȱ derȱ Wirtschaftȱ gering.ȱ EinȱguterȱGrundlohnȱundȱeinȱgroßerȱSelbständigkeitsgradȱsindȱvonȱ zentralerȱBedeutung.ȱWirdȱdavonȱausgegangen,ȱdassȱdieseȱFaktorenȱ sowieȱdieȱqualitativȱguteȱAufgabenerfüllung,ȱdieȱberuflicheȱWeiterȬ entwicklungȱundȱdieȱMitwirkungȱanȱfachbezogenenȱEntwicklungsȬ projektenȱ mehrȱ Bedeutungȱ habenȱ alsȱ einȱ möglichstȱ hohesȱ Gehalt,ȱ müssenȱimmaterielleȱAnreizeȱvermehrtȱanȱBedeutungȱgewinnen.ȱȱ

Ausweitungȱderȱ Anreizformenȱ

InȱeinerȱUmfrageȱderȱVerfasserȱinȱderȱSchweizȱbezüglichȱdesȱEinsatȬ zesȱvonȱPersonalerhaltungsmaßnahmenȱergabȱsichȱdasȱinȱTabelleȱ24ȱ dargestellteȱResultat.ȱZunächstȱfälltȱauf,ȱdassȱLohnzusatzleistungenȱ i.ȱS.ȱvonȱFringeȱBenefitsȱ(z.ȱB.ȱgünstigeȱDarlehen,ȱkostenloseȱRechtsȬ beratungȱ usw.)ȱ undȱ v.ȱa.ȱ Veränderungenȱ beiȱ derȱ Arbeitszeitȱ undȱȱ ȬformȱnichtȱalsȱAnreizmaßnahmenȱgeplantȱsind.ȱGeradeȱimȱöffentliȬ chenȱBereich,ȱderȱvieleȱArbeitstätigkeitenȱ„geistigerȱNatur“ȱumfasst,ȱ erstauntȱderȱkaumȱgeplanteȱEinsatzȱvonȱTelearbeit.ȱFürchtenȱhierȱeiȬ nigeȱ Vorgesetzteȱ Machtverlustȱ infolgeȱ verringerterȱ PräsenzkontrolȬ le?ȱOderȱwarenȱdieȱgeringenȱEntfernungenȱzumȱArbeitsplatz,ȱdieȱinȱ derȱSchweizȱüblichȱsind,ȱderȱGrundȱfürȱdiesesȱAntwortmuster?ȱ

349ȱ

6 Tabelleȱ24ȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

EinsatzȱvonȱPersonalerhaltungsmaßnahmenȱ Kein Einsatz geplant

Wird angestrebt

Wird eingesetzt

Individueller Leistungslohn (n = 49)

10

57

33

Zusatzleistungen (Fringe Benefits) (n = 49)

94

2

4

Telearbeit / Heimarbeit (n = 44)

80

9

11

Sabbaticals (Langzeiturlaube) (n = 45)

62

13

25

Mehr Urlaubstage als Norm (n = 47)

60

10

30

Variable Arbeitszeit ohne Kern- und Gleitzeitblöcke (n = 48)

59

23

18

Bonus (kollektiver Erfolgsanteil) (n = 49)

51

33

16

Angaben in Prozent

ȱ Leistungslohnȱ angestrebtȱ

Dieȱ leistungsorientierteȱ Entlohnungȱ wirdȱ inȱ derȱ Mehrheitȱ derȱ ProȬ jekteȱ angestrebt,ȱ 57ȱ Prozentȱ derȱ befragtenȱ Projektleitungenȱ fassenȱ dieseȱ Entlohnungsformȱ insȱ Augeȱ undȱ inȱ bereitsȱ einemȱ Drittelȱ derȱ befragtenȱProjekteȱexistiertȱeineȱlohnwirksameȱBeurteilung.ȱBeiȱderȱ EinschätzungȱdesȱErfolgsȱvonȱPersonalerhaltungsmaßnahmenȱwurȬ deȱ jedochȱ v.ȱ a.ȱ derȱ Leistungslohnȱ vonȱ überȱ einemȱ Drittelȱ alsȱ „eherȱ erfolglos“ȱ eingestuft.ȱ Alsȱ wenigerȱ erfolgreichȱ wurdeȱ nurȱ nochȱ dasȱ BetrieblicheȱVorschlagswesenȱeingeschätzt.ȱInstrumente,ȱwelcheȱmitȱ eherȱgroßemȱbisȱsehrȱgroßemȱErfolgȱeingesetztȱwurden,ȱsind:ȱAnerȬ kennungsprämien,ȱ ganzheitlicheȱ undȱ vielseitigeȱ Aufgaben,ȱ AutoȬ nomie,ȱVerantwortungsübernahme,ȱPersonalentwicklung,ȱpartizipaȬ tiverȱ Führungsstil,ȱ Gleitzeitȱ sowieȱ Jahresarbeitszeit.ȱ Derȱ Befundȱ zeigtȱ eineȱ starkeȱ Bedeutungȱ derȱ immateriellenȱAnreize.ȱ Dieȱ UnterȬ suchungȱbestätigtȱjedochȱauch,ȱdassȱeinȱangemessenesȱGrundgehaltȱ einȱnichtȱzuȱvernachlässigenderȱFaktorȱist,ȱdennȱrundȱ93ȱProzentȱderȱ BefragtenȱstuftenȱesȱalsȱeherȱbisȱsehrȱerfolgreichȱfürȱdieȱPersonalerȬ haltungȱeinȱ(vgl.ȱThom/Ritzȱ2000).ȱ

Zuȱwenigȱ immaterielleȱ Anreizeȱ

Grundsätzlichȱ wirdȱ inȱ derȱ aktuellenȱ Diskussionȱ umȱ dieȱ NeuentȬ wicklungȱ derȱ Lohnsystemeȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ nochȱ zuȱ wenigȱ Gewichtȱ aufȱ immaterielleȱAnreizeȱ gelegt.ȱ EntwicklungsmöglichkeiȬ tenȱ inȱ fachlicherȱ undȱ führungsorientierterȱ Hinsicht,ȱ stimulierendeȱ Zusammenarbeitȱ mitȱ Kollegenȱ undȱ Kolleginnenȱ sowieȱ herausforȬ derndeȱ Verantwortungsübernahmeȱ könnenȱ dieȱ bisherȱ finanziellȱ dominiertenȱAnreizeȱerweiternȱ(vgl.ȱAbb.ȱ49).ȱ

350ȱ

Prozessfunktionen

Abbildungȱ49ȱ

ElementeȱeinesȱumfassendenȱAnreizsystemsȱ(nachȱBayardȱ1997:ȱ88)ȱ Extrinsische Motivation Materielle Anreize

6.5

Intrinsische Motivation

Immaterielle Anreize

Finanzielle Anreize Direkte finanzielle Anreize Lohn und Gehalt, Prämien

Indirekte finanzielle Anreize

Soziale Anreize

Institutionelle Anreize

Die Arbeit selbst

Alle geldwerten Anreize, die unabhängig von der Arbeitsleistung freiwillig von der Institution erbracht werden.

Gruppenmitgliedschaft, Führungsstil, Kooperation mit KollegInnen, Kommunikation usw.

Verwaltungsstandort, -kultur, Arbeitszeitregelungen, Entwicklungsmöglichkeiten, Arbeitsplatzsicherheit usw.

Arbeitsinhalt, Tätigkeitsspielraum, Arbeitsvielfalt, Entwicklungsmöglichkeiten

Individualorientierte Anreize Teamanreize

ȱ

Dieȱ Vielfaltȱ derȱ Anreizartenȱ zeigtȱ dieȱ Notwendigkeitȱ einerȱ IndiviȬ dualisierungȱ derȱ Honorierung.ȱ Derȱ v.ȱa.ȱ inȱ denȱ USAȱ angewendeteȱ CafeteriaȬAnsatzȱversucht,ȱdieȱäußerstȱunterschiedlichenȱBedürfnisȬ seȱderȱMitarbeitendenȱmitȱentsprechendȱvielfältigenȱundȱfreiȱwählȬ barenȱ materiellenȱ sowieȱ immateriellenȱAnreizenȱ abzudeckenȱ (sieheȱ untenstehenderȱBlickpunkt).ȱȱ

CafeteriaȬSystemȱfürȱdieȱöffentlicheȱVerwaltungȱ

CafeteriaȬ Ansatzȱ

ImȱBlickpunktȱ

Ein Cafeteria-System, wie es in der öffentlichen Verwaltung angewendet werden könnte, basiert auf folgenden Spielregeln:

„

In das Cafeteria-System sind die verschiedensten Arten von Belohnungen als Anreize integriert, insbesondere materielle und immaterielle.

„

Die Gewichtung der Belohnungen untereinander ist klar definiert. So entspricht bspw. eine Prämie von Euro 200.- einem zusätzlichen Urlaubstag, zwei Abendessen für zwei Personen oder einer Teilnahme an einem Weiterbildungsseminar.

351ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Ausschlaggebend für die Verrechnung sind die Selbstkosten für die jeweilige Verwaltung.

„

Die Leistungshonorierung ist einheitlich geregelt. Sie erfolgt bspw. in Form von kumulierbaren Leistungspunkten. Eine bestimmte Anzahl von Punkten berechtigt zum Bezug einer bestimmten Honorierung. Die Punkte sind nicht auf Dritte übertragbar, können hingegen auch in Teilbezüge aufgeteilt werden. Mit Punkten kann in der Cafeteria „eingekauft“ werden.

„

Die Leistungshonorierung kann nach der jährlichen Beurteilung oder individuell nach besonderen Leistungen während des Jahres erfolgen. Jeder Vorgesetzte erhält ein bestimmtes Punktebudget, das er nach vorgegebenen Kriterien verteilen kann.

„

Die Cafeteria kann ausverkauft sein. Gefährden Kumulationen den Verwaltungsbetrieb, so kann der Bezug verweigert werden. Grundsätzlich ist jedoch großes Gewicht auf höchstmögliche Flexibilität zu legen.

„

Die Anreize sind auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden abgestimmt. Diese werden über eine periodisch wiederholte Mitarbeiterbefragung ermittelt. Die Arbeitnehmer können zudem jederzeit Vorschläge für neue Honorierungen einreichen, die nach Möglichkeit zu berücksichtigen sind.

(In enger Anlehnung an: Schedler 1993: 164)

ȱ StrategieorienȬ tierteȱAnreizȬ gestaltungȱ

Wichtigerȱ alsȱ reinȱ individualzentrierteȱLohnformenȱistȱ dieȱAusweiȬ tungȱ derȱ Anreizgestaltungȱ aufȱ dieȱ Gesamtinstitution.ȱ Inȱ denȱ USAȱ undȱ zunehmendȱ auchȱ inȱ Großbritannienȱ gewinnenȱ Konzepteȱ i.ȱS.ȱ desȱ„NewȱPay“ȱanȱWichtigkeitȱ(vgl.ȱLawlerȱ1990ȱundȱForresterȱ2000:ȱ 7ȱ ff.).ȱ Entlohnungssystemeȱ könnenȱ demnachȱ denȱ Wandelȱ undȱ dieȱ Kulturȱ einerȱ Institutionȱ unterstützen.ȱ Voraussetzungȱ dafürȱ istȱ dieȱ VerknüpfungȱdesȱLohnsystemsȱmitȱdenȱZielsetzungenȱundȱderȱStraȬ tegieȱeinerȱInstitution.ȱȱ Dieȱ strategischeȱ Führungȱ dokumentiertȱ sichȱ idealerweiseȱ imȱ LeitȬ bildȱundȱspezifiziertȱdieȱerforderlichenȱorganisatorischen,ȱwirkungsȬȱ undȱleistungsorientiertenȱZiele,ȱwelcheȱauchȱdieȱFührungsgrundsätȬ zeȱ bestimmen.ȱ Darausȱ lässtȱ sichȱ einȱ strategieorientiertesȱ EntlohȬ nungssystemȱableiten.ȱDieȱKaskadeȱvonȱdenȱOberzielenȱderȱInstituȬ tionȱ bisȱ zuȱ individuellenȱ Zielvereinbarungenȱ undȱ dieȱ BelohnungsȬ politikȱ fürȱ erbrachteȱ Leistungenȱ sindȱ entscheidendȱ fürȱ dieȱ gesamteȱ Leistungsqualitätȱ(vgl.ȱAbschnittȱ6.6).ȱDamitȱistȱnichtȱunbedingtȱeineȱ Revolutionierungȱ derȱ Entlohnungȱ nötig,ȱ sondernȱ vielmehrȱ dieȱ BeȬ seitigungȱvonȱEntlohnungselementen,ȱwelcheȱdieȱgesamteȱOrganisaȬ tionsentwicklungȱ hindern,ȱ wieȱ etwaȱ derȱ automatischeȱ GehaltsstuȬ fenanstiegȱnachȱDienstalter.ȱ

352ȱ

Prozessfunktionen

6.5.3.5

6.5

Empfehlungen zur Gestaltung und Einführung von Entlohnungssystemen

Generellȱ istȱ zuȱ empfehlen,ȱ aufȱ dasȱ Individuumȱ bezogeneȱ AnreizȬ formenȱdurchȱTeamanreizeȱbzw.ȱvonȱderȱganzenȱInstitutionȱabhänȬ gendeȱBelohnungsartenȱzuȱergänzen,ȱallenfallsȱzuȱersetzen.ȱEinȱausȬ schließlichȱ individuellerȱ Leistungslohnȱ kannȱ denȱ Konfliktgehaltȱ inȱ einerȱInstitutionȱerhöhen,ȱv.ȱa.ȱwennȱaufgrundȱderȱnochȱwenigȱausȬ gebildetenȱ Beurteilungskompetenzenȱ Ungleichheitenȱ wahrgenomȬ menȱwerden.ȱZudemȱentsprichtȱderȱEinsatzȱvonȱTeamanreizenȱauchȱ demȱinsgesamtȱwichtigenȱZiel,ȱAngestellteȱwegȱvomȱEinzelkämpferȬ tumȱ inȱ Richtungȱ aufȱ Teamarbeitȱ undȱ Nutzungȱ vonȱ Synergienȱ zwiȬ schenȱOrganisationseinheitenȱzuȱentwickeln.ȱDieȱVielfaltȱderȱGrupȬ penanreizeȱreichtȱvonȱzusätzlicherȱEntlohnungȱfürȱFachbereicheȱbisȱ zumȱ Vergleichȱ vonȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ (Benchmarking)ȱ undȱ darausȱ folgenderȱ finanziellerȱ Ausgestaltungȱ einerȱ Institution.ȱ Dieȱ Grundlageȱ hierzuȱ bildetȱ nebenȱ derȱ institutionalisiertenȱ VerwalȬ tungsführungȱ eineȱ gewisseȱ Teilautonomieȱ mitȱ organisatorischem,ȱ finanziellemȱ undȱ personellemȱ Handlungsspielraum.ȱ Dadurchȱ wirdȱ dasȱBeurteilungsproblemȱnichtȱgelöst,ȱkannȱjedochȱstärkerȱaufȱinstiȬ tutionenbezogeneȱ LeistungsȬȱ undȱ Wirkungsindikatorenȱ abgestütztȱ werdenȱ undȱ unterliegtȱ wenigerȱ derȱ (beiȱ geistigenȱ Tätigkeiten)ȱ schwerȱ messbarenȱ individuellenȱ Leistung.ȱAufȱ individuellerȱ Ebeneȱ kannȱ sodannȱ losgelösterȱ vonȱ lohnrelevantenȱ Leistungskriterienȱ dieȱ persönlicheȱEntwicklungȱdesȱMitarbeitersȱsowieȱdessenȱBeitragȱzurȱ Organisationsentwicklungȱ insȱ Zentrumȱ derȱ Beurteilungȱ gerücktȱ werden.ȱ DieȱHöheȱ desȱ Leistungslohnesȱ istȱ mitȱAugenmaßȱfestzuleȬ gen.ȱ Dieȱ Schwankungenȱ dürfenȱ imȱ öffentlichenȱ Bereichȱ nichtȱ zuȱ starkȱ ausfallen.ȱ Andernfallsȱ verlierenȱ Leistungslöhneȱ ihreȱ GlaubȬ würdigkeitȱundȱAkzeptanz.ȱ

IndividualȬȱundȱ Teamanreizeȱ

BeiȱderȱEinführungȱneuerȱSystemeȱistȱdieȱpartizipativeȱEntwicklung,ȱ dieȱ gründlicheȱ Schulungȱ undȱ Informationȱ unverzichtbar,ȱ wennȱ dieȱ NeuerungȱvonȱdenȱMitarbeitendenȱunterstütztȱwerdenȱsoll.ȱEsȱempȬ fiehltȱ sich,ȱ zuerstȱ dasȱ Systemȱ einzuführenȱ undȱ nachȱ einerȱ ErproȬ bungsphaseȱ zuȱ evaluierenȱ bevorȱ dieȱ Beurteilungȱ mitȱAnreizenȱ verȬ knüpftȱ wird.ȱ Inȱ derȱ Erprobungsphaseȱ kannȱ dieȱ Freiwilligkeitȱ zurȱ Teilnahmeȱ anȱ einerȱ Beurteilungȱ positiveȱ Wirkungenȱ entfaltenȱ undȱ dasȱVertrauenȱinȱdasȱneueȱSystemȱstärken.ȱ

ErprobungsȬ phaseȱ

353ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Fallstudie: Neues Anreizsystem in der Gemeinde Wohlen

1. Ausgangslage Wohlen als typische Agglomerationsgemeinde im Raum Bern umfasst über 9000 Einwohner und erstreckt sich auf die drei geografischen Siedlungsschwerpunkte Hinterkappelen, Uettligen und Wohlen. 1970 betrug die Einwohnerzahl nur 4000 Personen und Wohlen war eine Landgemeinde. Der einsetzende Bauboom ließ die Bevölkerung in den letzten 30 Jahren um mehr als das Doppelte ansteigen. Damit verbunden war eine Verstädterung mit entsprechenden Auswirkungen auf die Bevölkerungsstruktur. Anfang der neunziger Jahre führte die Gegensätzlichkeit zwischen der eingesessenen Landbevölkerung und den neuen, eher stadtorientierten Einwohnern, zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Gemeindeführung. Dies löste in den Gemeinderatswahlen von 1989 einen „Linksrutsch“ durch die Sozialdemokratische Partei und Offene Liste aus, welche die Schweizerische Volkspartei als bislang stärkste Partei ablösten. Der neue Gemeinderat erkannte die gesellschaftlichen, finanziellen und verwaltungsinternen Probleme der Gemeinde Wohlen und initiierte erneut eine zuvor abgelehnte Verwaltungsüberprüfung durch eine externe Firma. Dazu kam, dass die Gemeindeverwaltung den neuen Größenverhältnissen nicht mehr gewachsen war. Die missliche Finanzlage der Gemeinde aufgrund massiver Verschuldung seit 1989 sollte 1992 zu einer Steuerfußerhöhung führen, was aber von der Bevölkerung nicht toleriert wurde und zur Ablehnung des Budgets durch die Gemeindeversammlung führte (vgl. Wohlen 1998: 11 ff.). Veränderungen im politischen Machtgefüge und die Grobanalyse der Verwaltungsorganisation waren die Hauptauslöser für einen umfassenden Reformprozess, den Wohlen durchführte. Zusammenfassend lassen sich drei Auslöser für die in Wohlen durchgeführte Verwaltungsreform feststellen: „ Wechsel in den politischen Kräfteverhältnissen „ Unstrukturierte, intransparente, überforderte Verwaltungsorganisation „ Hohe Verschuldung der Gemeinde Ergebnisse des Reformprozesses sind u. a. die Einführung des vollamtlichen Gemeindepräsidiums, die Reduktion des Gemeinderates von neun auf sieben Mitglieder, die Revision des Organisations- und Verwaltungsreglementes (neu: Gemeindeverfassung und Organisationsverordnung) sowie die neue Gestaltung der Ablauf- und Aufbauorganisation der Verwaltung. Zudem wurde mit der Neugestaltung der Organisationsstruktur ein modernes Leistungslohnsystem eingeführt, das im Folgenden dargestellt wird. Entscheidend für das Gelingen des Reorganisationsprozesses war die zuerst vorgenommene Einführung des vollamtlichen Gemeindepräsidiums, welches danach für die Umsetzung der anderen Reformziele verantwortlich

354ȱ

Prozessfunktionen

6.5

war und somit die Rolle des Prozesspromotors wahrnehmen konnte. Von 1994 bis 1998 war Wohlen eine Pilotgemeinde des Projektes „Die Berner Gemeinde als neuzeitliches Dienstleistungsunternehmen“ und erhielt dadurch die Möglichkeit, Lernerfahrungen mit anderen Pilotgemeinden auszutauschen (vgl. Verband Bernischer Gemeinden 1999: 5-55 ff.). An dieser Stelle wird gezielt auf das im Rahmen derselben Reform neu eingeführte Entlohnungssystem der Gemeindeverwaltung eingegangen. Aspekte des Personalmanagements bildeten einen im Vergleich mit anderen Reformprojekten auf der Kommunalebene sehr wichtigen Pfeiler der Reform in Wohlen. In Zusammenarbeit mit einem Industriebetrieb wurde ein Leistungs- und Anreizlohnsystem entwickelt, welches für Kommunalverwaltungen noch einmalig ist. Die rechtlichen Grundlagen des Personalmanagements bestehen aus dem Personalreglement, der Lohnverordnung und den Weisungen zur Führung der Mitarbeitergespräche, zur Fort- und Weiterbildung sowie zur Arbeitszeitgestaltung und -erfassung. Dabei muss angemerkt werden, dass es sich beim Anreizsystem um eine konsequente Weiterentwicklung der generellen Reorganisation bis auf die Mitarbeitendenebene handelt. Denn die neue Departementsorganisation und das damit verbundene Herunterbrechen der Tätigkeiten bis auf die Ebene der einzelnen Stellen bildet die Grundlage für Stellenbeschreibungen und -bewertungen sowie die darauf aufbauende Leistungsbeurteilung. Die Leistungsbewertung mündet in einen Leistungslohnanteil, welcher momentan maximal 30 Prozent über dem Basislohn liegt, vom Gemeinderat jedoch auf bis zu 40 Prozent erhöht werden kann.

2. Aufbau des neuen Lohnsystems Grundlage für die Gestaltung des neuen Lohnsystems ist ein Katalog mit sieben Merkmalen, anhand derer die Stellen beschrieben und bewertet wurden. Diese Stellenmerkmale und die dazugehörenden Bewertungskriterien können grob wie folgt umschrieben werden: 1. Aufgaben Was ist in dieser Funktion zu tun? Welche Arbeitsgebiete umfasst sie? Wie hoch ist die Aufgabenkomplexität der Arbeitsgebiete? Wie groß ist der Handlungsspielraum der zu bewertenden Funktion? 2. Ausbildung und Erfahrung Welche Ausbildung und/oder berufliche Erfahrung ist für diese Funktion notwendig? Wie sieht das Anforderungsprofil für diese Stelle aus (nicht dasjenige für den Stelleninhaber)? 3. Fachliche Führungsunterstützung Wie selbständig sind Aufträge in dieser Funktion auszuführen? Wie viel Unterstützung benötigt die Person zur Funktionsausübung? Wie viel Unterstützungsleistungen erbringt der Stelleninhaber in- und außerhalb der organisatorischen Einheit?

355ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

4. Zusammenarbeit/Kommunikation Mit wem und für wen sind die Aufträge zu erledigen? Quantität (Anzahl, Dauer) und Qualität (eigenes oder fremdes Fachgebiet, Position der Kontaktpartner, Verhandlungsnotwendigkeit usw.) der Kontakte? 5. Direkte Führung Wie ist das Ausmaß der Führungsarbeit, beeinflusst durch Anzahl unterstellter Mitarbeitender, deren Bildungsniveau, Reifegrad und situationsspezifischer Führungserschwernissen, einzustufen? 6. Schaden/Risiko/Verantwortung Welche materiellen und immateriellen Schäden können durch unsachgemäße Aufgabenerledigung innerhalb dieser Stelle erwachsen? Welches sind die verwalteten Werte? Wie hoch ist die Beeinflussbarkeit und in welchem Rahmen bestehen Korrekturmöglichkeiten? 7. Physische Belastung/Flexibilität am Arbeitsplatz Wie hoch ist die körperliche Belastung an diesem Arbeitsplatz? Welche längerfristigen physischen Auswirkungen hat die Arbeit? Verlangt die Stelle Arbeitseinsätze außerhalb der ordentlichen Arbeitszeit oder eine hohe geografische Mobilität? Für jedes Merkmal wurde in einem ersten Schritt der Anteil am Basislohn festgelegt (z. B. 21,2 Prozent für das Merkmal „Aufgabe“). Der Prozentwert pro Merkmal wurde im Vergleich zum System in der Industrie unterschiedlich festgelegt. So wurde bspw. der Aspekt der Zusammenarbeit und Kommunikation in Wohlen stärker gewichtet. Die Ermittlung dieser Werte muss institutionenspezifisch erfolgen und bestimmt so die grundlegende Wertung innerhalb der Entlohnungspolitik sowie das gegenseitige Verhältnis verschiedener Stellenmerkmale zueinander. In einer zweiten Phase erfolgte eine Beschreibung aller Stellen anhand vordefinierter und in Arbeitsgruppen ausgehandelter Kriterien (siehe obige Aufzählung). Für sämtliche Kriterien über alle sieben Merkmale hinweg werden danach Punkte vergeben. Der totale Punktewert wird mit einem zuvor festgelegten Frankenbetrag pro Punkt multipliziert. Als Resultat ergibt sich der Basislohn für jeden Stelleninhaber. Neben dem Leistungsanteil kann der Basislohn durch einen auf 5 Dienstjahre beschränkten Erfahrungsanteil von 2 Prozent pro Jahr ansteigen (vgl. Abb. 1). Diese Stellenbeschreibung und -bewertung geschah durch die den Reformprozess steuernde Projektgruppe, zusammengesetzt aus allen Abteilungsleitern, für die Stellen in den Abteilungen sowie durch den Gemeinderat für die Abteilungsleitungen. Die Kontrolle der Bewertungen und Beschreibungen oblag einer politisch zusammengesetzten Arbeitsgruppe.

356ȱ

Prozessfunktionen

6.5

Abbildungȱ1:ȱ LohnsystemȱderȱGemeindeȱWohlenȱ Stellenbewertung

1. Aufgaben

Aufgabenkomplexität

21.2%

2. Ausbildung / Erfahrung

Ausbildung / berufl. Erfahrung

12.1%

3. Fachliche Führungsunterstützung

Unterstützung geben / erhalten

12.1%

4. Zusammenarbeit / Kommunikation

Kommunikationsniveau

18.2%

5. Direkte Führung

Führungsarbeit

18.2%

6. Schaden / Risiko / Verantwortung

Risikopotenzial

9.1%

7. Flexibilität und physische Belastung

Körperliche / unregelm. Arbeit

Leistungsbewertung

Erfahrung

Erfahrung in der Stelle gemeindebezogen Pro Jahr 2%, maximal bis 5 Jahre

Stellenbeschreibung

Mitarbeitendengespräche Gesprächsführung, Coaching Führungsentwicklung Leistungsbeurteilung mittels Zielsetzung

Merkmal

9.1% 100.0%

Total

Basislohn 100%

Minimallohn:

Basislohn 100%

Maximallohn:

Basislohn 100%

+

Leistungsanteil 0% - 30% v. Basislohn

+

Erfahrungsanteil 0% - 10% v. Basislohn

Entwicklungspotenzial

+

Leistungsanteil 30% v. Basislohn

+

Erfahrungsanteil 10% v. Basislohn

ȱ

Die Merkmale des Lohnsystems bilden die Grundlage für die jährlich stattfindenden Mitarbeitergespräche, in denen neue Ziele gesetzt und die Erreichung der alten Ziele erfasst werden.

Zielvereinbarungȱanhandȱ„smartȬKriterien“ȱȱ s m a r t

stimmig mit anderen Zielen messbar und beobachtbar attraktiv und herausfordernd realistisch: selber erreichbar und beeinflussbar terminiert: Meilensteine, Endtermin

Je nach Zielerreichungsgrad in den sieben Merkmalen wird der leistungsabhängige Lohnanteil berechnet, welcher momentan bis zu 30 Prozent des Basislohnes ausmachen kann. Allerdings wird bei der ordentlichen Erfüllung der Stellenaufgaben bereits ein Leistungsanteil von 15 Prozent des Basislohnes zum Einkommen dazugerechnet. Das Lohnsystem der Gemeinde Wohlen steht nicht losgelöst innerhalb der gesamten Verwaltung. Die einzelnen Eckdaten werden über das Personalcontrolling in das verwal-

357ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

tungsweite Finanzcontrolling integriert. Dadurch ist eine gezielte Steuerung der Lohnsumme möglich und dem Personalmanagement steht eine jeweils aktualisierte Datenbasis für seine Aufgaben zur Verfügung. Das neue Entlohnungssystem in der Gemeinde Wohlen stellt ein Hauptelement der Verwaltungsreform dar, welche insbesondere ein Schwergewicht auf die organisatorischen und personalwirtschaftlichen Elemente des Public Managements legte. Das dortige Personalinstrumentarium kann für eine kleine Kommune als weit fortgeschritten bezeichnet werden. Eine in der ersten Hälfte des Jahres 2000 durchgeführte Mitarbeiterbefragung zeigte aber die Schwierigkeiten der Lohnsystemveränderung. Das neue Lohnmodell wurde kritisch beurteilt, da die Frustration nach der Neueinstufung bei den Mitarbeitenden groß war. Denn es mussten Rückstufungen vorgenommen werden und das System zeigte sich für die Befragten als unübersichtlich und schwer verständlich. Zusätzlich kam eine beträchtliche Angst vor der ersten Beurteilungsrunde mit dem neuen System auf. Diese Auswirkungen sind dem Gemeindepräsidenten bewusst und werden in die weitere Systemhandhabung miteinbezogen.

6.5.4 Kompetenzenȱ entwickelnȱ

Personalentwicklung

DasȱVerständnisȱüberȱdieȱPersonalentwicklungȱ(PE)ȱhatȱsichȱinȱdenȱ vergangenenȱ Jahrenȱ grundsätzlichȱ geändert.ȱ Imȱ traditionellenȱ PEȬ Konzeptȱ gingȱ manȱ weitgehendȱ vonȱ einemȱ statischenȱ BildungsbeȬ griffȱaus.ȱEineȱsolideȱAusbildungȱmitȱdaraufȱaufbauendenȱWeiterbilȬ dungsmaßnahmenȱführteȱzumȱZiel.ȱDiesesȱVerständnisȱistȱvorȱdemȱ Hintergrundȱ derȱ neuenȱAnforderungenȱ anȱ denȱ öffentlichenȱ Sektorȱ nichtȱ mehrȱ angemessen.ȱ Dieȱ Entwicklungȱ vonȱ unterschiedlichenȱ Kompetenzen,ȱ welcheȱ sichȱ nachȱ derȱ individuellenȱKarriereplanungȱ richten,ȱistȱinsȱZentrumȱgerückt.ȱ DieȱPersonalentwicklungȱumfasstȱalleȱbildungsȬȱundȱstellenbezogeȬ nenȱ Maßnahmenȱ beiȱ Mitarbeitendenȱ allerȱ Ebenenȱ einerȱ Institutionȱ zurȱ Steigerungȱ derȱ Qualifikation,ȱ umȱ dieȱ gegenwärtigenȱ undȱ zuȬ künftigenȱAnforderungenȱ erfüllenȱ zuȱ können.ȱ Dieȱ Entscheidungenȱ überȱdieȱPEȬMaßnahmenȱbasierenȱaufȱInformationenȱüberȱMitarbeiȬ tendeȱ (z.ȱB.ȱ Beurteilungen),ȱ überȱ Organisationseinheitenȱ (z.ȱB.ȱ AnȬ forderungsanalysen)ȱundȱrelevanteȱMärkteȱ(z.ȱB.ȱBildungsȬȱundȱArȬ beitsmarkt)ȱ(vgl.ȱThomȱ1992c:ȱ1676ȱundȱKlimecki/Gmürȱ2005:ȱ193).ȱ

358ȱ

Prozessfunktionen

6.5

Dieȱ Personalentwicklungȱ sollȱ aufȱ Dauerȱ betrachtetȱ einȱ verȬ gleichbaresȱ AktivitätsȬȱ undȱ Qualitätsniveauȱ inȱ allenȱ dreiȱ Grundfeldernȱ (informatorischeȱ Grundlagen,ȱ BildungsmaßȬ nahmen,ȱ stellenbezogeneȱ Maßnahmen)ȱ erreichen.ȱ ÜberȬ oderȱ UnterentwicklungenȱinȱeinemȱGrundfeldȱgefährdenȱdieȱErreiȬ chungȱderȱPEȬZiele.ȱ ȱ DieȱPEȱdientȱderȱgegenseitigenȱAbstimmungȱzwischenȱdenȱBedürfȬ nissenȱ undȱ Zielenȱ desȱ Mitarbeitendenȱ nachȱ Entfaltungȱ sowieȱ denȱ ErwartungenȱundȱZielenȱderȱInstitutionȱzurȱErreichungȱdesȱOrganiȬ sationszweckes.ȱ Alsȱ einȱ möglichesȱ Oberzielȱ derȱ PEȱ kannȱ dieȱ Selbstentwicklungȱ desȱ Mitarbeitendenȱi.ȱS.ȱdesȱ„Deuteroȱlearning“ȱbezeichnetȱwerdenȱ(vgl.ȱ Argyris/Schönȱ1996:ȱ28).ȱDerȱMitarbeiterȱlerntȱdieȱFähigkeitȱundȱBeȬ reitschaft,ȱ nachȱ neuenȱ Problemlösungenȱ zuȱ suchenȱ undȱ AbweiȬ chungenȱ vonȱ denȱ gewohntenȱ Routinenȱ zuȱ findenȱ (vgl.ȱ Klimecki/ȱ Gmürȱ 2005:ȱ201).ȱ Dieseȱ neueȱ Formȱ desȱLernensȱistȱ eineȱ großeȱ HerȬ ausforderungȱ fürȱ vieleȱ Angestelltenȱ imȱ öffentlichenȱ Sektor.ȱ Sieȱ beȬ deutetȱ eineȱ vollständigeȱ Abkehrȱ vomȱ gewohntenȱ Lernprinzipȱ desȱ BefehlvollzugsȱundȱderȱVerhaltensanpassungȱanȱRegelnȱundȱRichtȬ linien.ȱ 6.5.4.1

„Deutero learning“ȱ

Personalentwicklungsmaßnahmen

DieȱPEȱumfasstȱgrundsätzlichȱdreiȱArtenȱvonȱBildungsmaßnahmen:ȱ

„ Ausbildungȱ Berufsausbildungȱ zurȱ Vermittlungȱ derȱ fürȱ dieȱ AufgabenerfülȬ lungȱ erforderlichenȱ Qualifikationenȱ inȱ einemȱ geordnetenȱ LernȬȱ undȱLehrprozess.ȱ

„ Weiterbildungȱ Bildungsmaßnahmen,ȱ dieȱ sichȱ nachȱ derȱAufnahmeȱ einerȱ eigenȬ verantwortlichenȱ Erwerbstätigkeitȱ vollziehen.ȱ Kenntnisse,ȱ FerȬ tigkeiten,ȱEinstellungenȱundȱVerhaltensweisenȱwerdenȱgefestigt,ȱ erneuert,ȱvertieftȱoderȱerweitert.ȱ

„ Umschulungȱ ÜberȱdieȱWeiterbildungȱhinausgehendeȱBefähigungȱundȱQualifiȬ kationȱfürȱeineȱandereȱberuflicheȱTätigkeitȱ(Zweitqualifizierung).ȱ ZuȱdenȱstellenbezogenenȱMaßnahmenȱderȱPEȱgehören:ȱ

„ VerwendungsplanungȱundȱȬsteuerungȱ Mitarbeitendeȱ folgenȱ einerȱ Versetzungsplanungȱ (aufȱ grundsätzȬ lichȱ gleicherȱ Ebene),ȱ umȱ durchȱ systematischenȱ FunktionsȬ/AufȬ

359ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

gabenwechselȱ (Jobȱ Rotation)ȱ ihreȱ Kompetenzenȱ (z.ȱ B.ȱ fachliche,ȱ methodische)ȱ zuȱ erweiternȱ undȱ innerhalbȱ derȱ Institutionȱ flexibȬ ler/vielseitigerȱverwendbarȱzuȱsein.ȱ

„ AufstiegsplanungȱundȱȬsteuerungȱ Mitarbeitendeȱ werdenȱ aufȱ dieȱ Besetzungȱ höherwertigerȱ Stellenȱ vorbereitet.ȱDieȱHöherwertigkeitȱliegtȱbeiȱeinerȱLinienkarriereȱimȱ hierarchischenȱAufstieg,ȱbeiȱderȱFachkarriereȱinȱdenȱgestiegenenȱ fachlichenȱAnforderungenȱundȱbeiȱderȱProjektkarriereȱinȱdenȱanȬ spruchsvollerenȱ Projektmerkmalenȱ (z.ȱB.ȱ Komplexität,ȱ RisikoȬ grad,ȱBudgetrahmen).ȱ

„ Stellvertretungsregelungenȱ Stellvertreterȱhabenȱ teilweiseȱ oderȱ ganzȱdasȱAnforderungsprofilȱ einerȱ anderenȱ Stelleȱ zuȱ erfüllen.ȱ Dieseȱ vertretungsweiseȱ einzuȬ nehmendeȱ Stelleȱ istȱ zumindestȱ andersartigȱ (Vertretungȱ einesȱ Kollegenȱ oderȱ einerȱ nachgeordnetenȱ Person),ȱ manchmalȱ auchȱ höherwertigȱ(VertretungȱfürȱeinenȱVorgesetzten).ȱDurchȱStellverȬ tretungȱ kannȱ ebenfallsȱ dieȱ Kompetenzflächeȱ einesȱ MitarbeitenȬ denȱvergrößertȱwerden.ȱ Konkreteȱ Aktivitätenȱ derȱ PEȱ könnenȱ inȱ ganzȱ unterschiedlichemȱ Verhältnisȱ zumȱ Arbeitsfeldȱ desȱ Mitarbeitendenȱ gehören.ȱ Demnachȱ lassenȱ sichȱ dieȱ inȱ Abbildungȱ 50ȱ dargestelltenȱ sechsȱ Konzepteȱ zurȱ Durchführungȱ vonȱ PEȬMaßnahmenȱ unterscheidenȱ (vgl.ȱ Klimecki/ȱ Gmürȱ2005:ȱ207;ȱScholzȱ2000:ȱ510ȱf.ȱundȱConradiȱ1983:ȱ37ȱff.).ȱ ZielgruppenȬ spezifischeȱȱ PersonalȬ entwicklungȱ

360ȱ

DieȱverschiedenenȱKonzepteȱsindȱElementeȱeinerȱumfassendenȱPerȬ sonalentwicklungsplanung.ȱ Offȱ theȱ jobȬMaßnahmenȱ findenȱ imȱ öfȬ fentlichenȱ Sektorȱ eineȱ starkeȱ Verbreitung.ȱ Eineȱ äußerstȱ innovativeȱ onȱ theȱ jobȬMaßnahmeȱ wurdeȱ imȱ Kantonȱ Bernȱ durchgeführt.ȱ Imȱ Rahmenȱ derȱ Einführungȱ derȱ Neuenȱ Verwaltungsführungȱ (NEF)ȱ inȱ derȱ gesamtenȱ Kantonsverwaltungȱ wurdenȱ gleichzeitigȱ neueȱ parlaȬ mentarischeȱ Instrumenteȱ (Auftrag,ȱ Integrierteȱ AufgabenȬȱ undȱ FiȬ nanzplanung)ȱ implementiert.ȱ Dasȱ gesamteȱ Parlamentȱ erklärteȱ sichȱ bereit,ȱanȱeinemȱTagȱeineȱFallstudieȱzuȱlösen,ȱinȱwelcherȱderȱEinsatzȱ derȱ neuenȱ Instrumenteȱ inȱ einerȱ fiktivenȱ parlamentarischenȱ Sitzungȱ geübtȱwurdeȱ(vgl.ȱKettigerȱ2003:ȱ181ȱff.).ȱJeȱnachȱZielgruppeȱkönnenȱ andereȱ PEȬMaßnahmenȱ geeignetȱ sein.ȱ Insbesondereȱ beiȱ derȱ FühȬ rungsentwicklungȱ sindȱ onȱ theȱ jobȬMaßnahmenȱ wieȱ Coachingȱ oderȱ Mentoringȱ häufigȱ vielȱ effektiverȱ alsȱ seminarähnlicheȱ WeiterbilȬ dungsveranstaltungen,ȱ daȱ esȱ hierȱ v.ȱa.ȱ umȱ Verhaltensänderungenȱ undȱwenigerȱumȱWissensaneignungȱgeht.ȱ

Prozessfunktionen

6.5 Abbildungȱ50ȱ

KonzepteȱderȱPersonalentwicklungȱ(nachȱScholzȱ2000:ȱ511ȱf.)ȱ along the job Laufbahn-, Förderplanung Mitarbeitergespräch Nachfolgeplanung on the job Lernpartnerschaft on the job i. e. S. into the job Berufsausbildung Einarbeitung Trainee-Programm

Mentoring Coaching

Gelenkte Erfahrungsermittlung Stellvertretung Projektarbeit

near the job Lernstatt Qualitätszirkel

Qualifikationsfördernde Arbeitsgestaltung job enlargement job enrichment job rotation

out of the job Ruhestandsvorbereitung

off the job Konferenz Seminar Studium

ȱ

Derȱ folgendeȱ Abschnittȱ zeigtȱ überblicksartigȱ denȱ Einsatzȱ vonȱ PEȬ MaßnahmenȱinȱPublicȱManagementȬReformprojekten.ȱ 6.5.4.2

Einsatz von Maßnahmen der Personalentwicklung

Dieȱ Umfrageȱ derȱ Verfasserȱ beiȱ schweizerischenȱ Reformprojektenȱ zeigt,ȱ dassȱ sichȱ PEȬAktivitätenȱ amȱ stärkstenȱ aufȱ dasȱ MitarbeitergeȬ sprächȱ undȱ Weiterbildungskonzepteȱ beschränken.ȱ Dreiȱ Gruppenȱ unterschiedlichenȱEinsatzesȱlassenȱsichȱerkennenȱ(vgl.ȱTabelleȱ25):ȱȱ

„ Dasȱ Mitarbeitergesprächȱ undȱ dasȱ AusȬ,ȱ FortȬȱ undȱ WeiterbilȬ dungskonzeptȱ existierenȱ fastȱ überallȱ oderȱ werdenȱ vonȱ allenȱ anȬ gestrebt.ȱ Jobȱ Enlargementȱ kannȱ mitȱ kleinenȱ Abstrichenȱ auchȱ nochȱzuȱdieserȱGruppeȱgezähltȱwerden.ȱ

„ JobȱEnrichment,ȱdasȱFördergesprächȱsowieȱdieȱFachkarriereȱsindȱ beiȱetwaȱ50ȱProzentȱderȱProjekteȱimȱEinsatz,ȱwerdenȱvonȱgutȱeiȬ nemȱViertelȱangestrebtȱundȱrundȱeinȱViertelȱsiehtȱkeinenȱEinsatzȱ vor.ȱ

„ Dasȱ Assessmentȱ Center,ȱ TraineeȬProgrammeȱ undȱ Jobȱ Rotationȱ werdenȱ vonȱhöchstensȱ einemȱ Fünftelȱ eingesetzt,ȱ vonȱ derȱdeutliȬ chenȱMehrheitȱaberȱnichtȱfürȱdieȱZukunftȱgeplant.ȱ

361ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

ModerneȱInȬ strumenteȱ kaumȱverbreitetȱ

Moderneȱ Instrumenteȱ wieȱ TraineeȬProgramme,ȱAssessmentȱ Center,ȱ undȱderȱdieȱArbeitsmarktfähigkeitȱverbesserndeȱArbeitsplatztauschȱ sindȱbeiȱdenȱBefragtenȱalsoȱkaumȱverbreitet.ȱDieȱbereitsȱeingesetztenȱ Instrumenteȱ werdenȱ überwiegendȱ alsȱ erfolgreichȱ eingestuft.ȱ Rundȱ einȱViertelȱbewertetȱsieȱsogarȱalsȱsehrȱerfolgreich.ȱ

Tabelleȱ25ȱ

EinsatzȱvonȱMaßnahmenȱderȱPersonalentwicklungȱ Angaben in Prozent n = Kein Einsatz, wird angestrebt, wird eingesetzt/Einsatz eher oder sehr erfolgreich

Kein Wird Einsatz angegeplant strebt

Wird Einsatz Einsatz eingeeher sehr setzt erfolg- erfolgreich reich

Mitarbeitergespräch (n=54/51)

0

6

94

55

37

Assessment Center (n=45)

76

20

4

100

0

Fördergespräch, Laufbahnberatung (n=47/22)

21

32

47

55

27

Aus-, Fort- und Weiterbildungskonzept (n=51/39)

0

24

76

72

23

Job Enlargement (n=45/28)

13

25

62

82

11

Job Rotation (n=44)

57

25

18

62

25

Job Enrichment (n=44/25)

20

23

57

68

24

Fachkarriere (n=46/21)

26

28

46

52

29

Trainee-Programme (n=43)

70

14

16

86

14

ȱ KaumȱJobȱ Rotationȱ

DerȱsehrȱbegrenzteȱEinsatzȱvonȱArbeitsplatzwechselnȱ(JobȱRotation)ȱ erstauntȱ nicht,ȱ v.ȱ a.ȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ traditionellenȱ Wahlȱ undȱ Verwendungȱ vonȱ Beamtenȱ inȱ derȱ Schweizerȱ Verwaltung.ȱ Dieȱ vertikaleȱ Karriereentwicklungȱ galtȱ langeȱ Zeitȱ alsȱ einzigeȱ MaßnahȬ me.ȱDieȱbefragtenȱöffentlichenȱInstitutionenȱbefindenȱsichȱalleȱinȱeiȬ nemȱ Publicȱ ManagementȬReformprozess.ȱ Darausȱ kannȱ gefolgertȱ werden,ȱ dassȱ sieȱ eherȱ innovativeȱ Institutionenȱ darstellenȱ undȱ auchȱ beimȱEinsatzȱvonȱPEȬInstrumentenȱeineȱVorreiterrolleȱeinnehmen.ȱ

Anforderungenȱ imȱZentrumȱ

DieȱPEȬMaßnahmenȱlassenȱsichȱausȱzweiȱunterschiedlichenȱGrundȬ haltungenȱbetrachtenȱ(vgl.ȱRidderȱ2007:ȱ150ȱf.).ȱZumȱeinenȱkannȱdieȱ Annahmeȱ gelten,ȱ dassȱ ausȱ Anforderungenȱ anȱ eineȱ Stelle,ȱ Positionȱ oderȱ Tätigkeitȱ Entwicklungsmaßnahmenȱ abgeleitetȱ werden.ȱ Nichtȱ derȱ individuelleȱ Stelleninhaberȱ stehtȱ imȱ Zentrumȱ desȱ EntwickȬ lungsprozesses,ȱsondernȱdieȱAnforderungsermittlungȱundȱeineȱdarȬ aufȱabgestimmteȱMaßnahmenplanung.ȱ

362ȱ

Prozessfunktionen

Dieȱ zweite,ȱ denȱ eigenschaftstheoretischenȱ Ansätzenȱ naheȱ liegendeȱ Annahme,ȱgehtȱdavonȱaus,ȱdassȱdieȱinȱderȱPersönlichkeitȱdesȱMitarȬ beitendenȱ liegendenȱ Potenzialeȱ weiterentwickeltȱ werdenȱ müssen,ȱ damitȱdieȱZukunftȱbesserȱbewältigtȱwerdenȱkann.ȱNichtȱdieȱStellenȬ anforderungȱgibtȱvor,ȱwasȱderȱMitarbeitendeȱfürȱdieȱZukunftsbewälȬ tigungȱbrauchtȱundȱwonachȱsichȱdieȱFähigkeitsentwicklungȱrichtet.ȱ Esȱ gehtȱ inȱ diesemȱ Fallȱ umȱ dieȱ Entwicklungȱ vonȱ ökonomischȱ verȬ wertbarenȱ Persönlichkeitsmerkmalen,ȱ dieȱ esȱ demȱ Mitarbeiterȱ erȬ möglichen,ȱsichȱfürȱdieȱsichȱwandelndenȱAnforderungenȱjeweilsȱneuȱ zuȱqualifizieren.ȱAngesichtsȱderȱimmerȱwenigerȱstabilenȱUmsystemeȱ fürȱ denȱ öffentlichenȱ Sektorȱ scheintȱ dieȱ potenzialorientierteȱ PersoȬ nalentwicklungȱ anȱ Bedeutungȱ zuȱ gewinnenȱ undȱ wirdȱ ausȱ diesemȱ GrundȱimȱfolgendenȱAbschnittȱvertieft.ȱ 6.5.4.3

6.5 Persönlichkeitȱ imȱZentrumȱ

Potenzialentwicklung

Dieȱ Entwicklungȱ vonȱ Persönlichkeitsmerkmalenȱ bezeichnetȱ eineȱ ressourcenorientierteȱ Sichtweise,ȱ wonachȱ dasȱ Personalȱ nichtȱ einenȱ limitierendenȱFaktorȱdarstellt,ȱsondernȱeineȱInitiativfunktionȱbeiȱderȱ EntwicklungȱvonȱneuenȱProdukten,ȱProzessenȱundȱDienstleistungenȱ einnimmt.ȱ Diesȱ scheintȱ eineȱ derȱ wichtigstenȱ Funktionenȱ zurȱ AktiȬ vierungȱ desȱ Leistungspotenzialsȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ zuȱ sein.ȱ Soȱ könnenȱ brachȱ liegendeȱ Fähigkeitenȱ gefördertȱ oderȱ bisherȱ nichtȱerkannteȱPotenzialeȱaktiviertȱwerdenȱ(vgl.ȱHilbȱ2007:ȱ141ȱff.).ȱ

RessourcenȬ orientierteȱ Sichtweiseȱ

DieȱPotenzialentwicklungȱbasiertȱaufȱderȱErmittlungȱdesȱvorhandeȬ nenȱ Potenzialsȱ durchȱ dieȱ Kompetenzbeurteilung.ȱ Abbildungȱ 51ȱ zeigtȱ denȱAufbauȱ einerȱ solchenȱ Potenzialbeurteilungȱ basierendȱ aufȱ einerȱexemplarischenȱEinschätzungȱderȱvorhandenenȱKompetenzenȱ verschiedenerȱArtȱ(vgl.ȱauchȱWenkȱ1993:ȱ115ȱff.).ȱ

KompetenzȬ beurteilungȱ

363ȱ

DieȱPotenzialbeurteilungȱ

Selbstsicherheit

Veränderungsbereitschaft

Persönlichkeitskompetenz

Identifikationsfähigkeit

Facherfahrung

Übergreifende Kenntnisse

Fachkompetenz

Spez. Fachkenntnisse

Strategieorientierung

Motivationsfähigkeit

Führungskompetenz

Führungsvorbild

Sozialkompetenz

Interaktionsfähigkeit

Potenzialbeurteilung

Ausdrucksvermögen

Abbildungȱ51ȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Konfliktfähigkeit

6

Kompetenzbeurteilung

Untere 10 Prozent Unterdurchschnittlich Durchschnittlich Überdurchschnittlich

Maßnahmen

Potenzialbeurteilung

Obere 10 Prozent

UnterschiedȬ licheȱBeeinȬ flussbarkeitȱ

364ȱ

Begrenzt auf jetzige Position Potenzialförderung innerhalb Funktion Beförderung innerhalb von 2 Jahren Beförderung heute/ bald

On the job

Vortragsmöglichkeit innerhalb Abteilung schaffen

Off the job

Eventuell Rhetorik-Kurs

Gezielte Laufbahnplanung

Integration in Fachlaufbahnkonzept

ȱ

Entscheidendȱ zurȱ Ableitungȱ vonȱ Fördermaßnahmenȱ aufgrundȱ derȱ PotenzialbeurteilungȱistȱdieȱErkenntnis,ȱdassȱnichtȱalleȱKompetenzȬ bereicheȱ gleichermaßenȱ beeinflussbarȱ undȱ bedeutungsvollȱ fürȱ dieȱ Potenzialbeurteilungȱsindȱ(vgl.ȱAbb.ȱ52).ȱDarausȱfolgt,ȱdassȱEntwickȬ lungsmaßnahmenȱ inȱ spezifischenȱ Kompetenzbereichenȱ rechtzeitigȱ insȱAugeȱgefasstȱwerdenȱmüssen.ȱDiesȱwirdȱnurȱdurchȱeineȱkontinuȬ ierlicheȱPotenzialbeurteilungȱundȱeinenȱlaufendȱaktualisiertenȱAktiȬ onsplanȱ ermöglicht.ȱ Solchesȱ trifftȱ insbesondereȱ aufȱ dieȱ FührungsȬ nachwuchsplanungȱzu.ȱ

Prozessfunktionen

Abbildungȱ52ȱ

KompetenzbereicheȱundȱPotenzialentwicklungȱ(vgl.ȱWenkȱ1993:ȱ119)ȱ Beeinflussbarkeit

6.5

Maßnahmenbeginn

Hoch

Später

Fachkompetenz

Führungskompetenz

Früh

Gering

Sozialkompetenz

Persönlichkeitskompetenz Gering

Hoch

Bedeutung für Potenzialentwicklung

ȱ

Dieȱ Potenzialbeurteilungȱ bildetȱ auchȱ eineȱ wertvolleȱ Grundlageȱ fürȱ dieȱ Nachfolgeplanung.ȱ Dabeiȱ gehtȱ esȱ nichtȱ nurȱ umȱ dieȱ lückenloseȱ Besetzungȱ allerȱ aktuellenȱ Stellvertreterposten,ȱ sondernȱ umȱ gezielteȱ Nachfolgepläne,ȱdieȱdemȱEinzelnenȱfürȱdieȱeigeneȱLaufbahnplanungȱ dienenȱ undȱ derȱ Institutionȱ dieȱ bestmöglicheȱ Nutzungȱ desȱ vorhanȬ denenȱPotenzialsȱermöglichen.ȱ

NachfolgeȬ planungȱ

Wirdȱ eineȱ solchȱ umfassendeȱ Potenzialerfassungȱ durchgeführtȱ undȱ zurȱgezieltenȱEntwicklungȱundȱFörderungȱvonȱKompetenzbereichenȱ eingesetzt,ȱ dannȱ verliertȱ dasȱ Instrumentȱ denȱ eigenschaftstheoretiȬ schenȱCharakter.ȱEsȱistȱnichtȱdasȱZiel,ȱinȱallenȱKompetenzfeldernȱdieȱ Spitzenpersonȱ „heranzuzüchten“,ȱ sondernȱ aufȱ derȱ Basisȱ einerȱ SelbstȬȱ undȱ Fremdbeobachtungȱ dieȱ besteȱ Ausgangslageȱ fürȱ einenȱ individuellenȱ Laufbahnpfadȱ zuȱ schaffen.ȱ Einȱ breitesȱ undȱ zugleichȱ hochȱbewertetesȱPotenzialbildȱdesȱeinzelnenȱMitarbeitendenȱwieȱderȱ gesamtenȱMitarbeiterschaftȱistȱgenerellȱdieȱbesteȱVoraussetzungȱzurȱ Bewältigungȱverschiedener,ȱschwerȱvoraussehbarerȱSituationen.ȱȱ ȱ ȱ ȱ ȱ

365ȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

6

Praxisfenster Nr. 15: Gezielte Führungskräfteentwicklung und Laufbahnplanung mit Assessments

ȱ Dr.ȱMartinȱSchiessȱ Abteilungschef,ȱ LeitungȱderȱAbteilungȱ ȱLuftreinhaltungȱundȱNIS,ȱ BundesamtȱfürȱUmweltȱ BAFU,ȱ Bernȱ ȱ

Die Abteilung Luft, Nichtionisierende Strahlung, Sicherheit (LuNiS) im Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) setzt sich für den Schutz von Mensch und Umwelt vor schädlicher oder lästiger Luftverunreinigung und nicht ionisierender Strahlung (NIS) sowie vor Störfällen ein. Sie stützt sich dabei auf die Luftreinhalte-Verordnung, die NIS-Verordnung und die Störfallverordnung. Sie publiziert Übersichten über Emissionen und Immissionen sowie den Risikokataster (ERKAS) und unterstützt die Kantone und Gemeinden beim Vollzug.

1. Ausgangslage 2004 kam es in der Abteilung LuNiS zu einem Chefwechsel. Der neue Abteilungsleiter war sich bewusst, dass sein Erfolg in der Führung in erster Linie davon abhängt, ob die richtige Person am richtigen Platz ist. Die besondere Herausforderung dabei: das Vertrauen der Beteiligten in dem Optimierungsprozess zu gewinnen und zu beweisen, dass ein evolutionäres und nicht ein revolutionäres Vorgehen angestrebt wird.

2. Umsetzungsprozess Definitionsphase

ȱ Dr.ȱNicolasȱGoninȱ ManagingȱPartner,ȱȱ cedacȱentwicklungȱassessmentȱ beratungȱag,ȱ Bernȱ

Ein erster Meilenstein im Projekt war die Definition der Anforderungsprofile für die erste und zweite Führungsebene unter Einbezug der Personalund Organisationsentwicklung. Mit der Erstellung der Anforderungsprofile auf der Basis von Organigramm und Stellenprofilen wurde Transparenz geschaffen. Aufgrund der Anforderungsprofile wurden maßgeschneiderte Assessments organisiert und mit dem Abteilungsleiter, dem Stabschef sowie den Bereichsleiter(innen) Assessmenttermine vereinbart.

ȱ

Assessmentphase

ȱ

Mit dem Abteilungsleiter, dem Stabschef und den Bereichsleiter(innen) wurden Assessments in der Muttersprache durchgeführt. Die Kandidat(inn)en wurden jeweils - nach dem Vieraugenprinzip - von einer Assessorin und einem Assessor durch den gut strukturierten Tag begleitet. Die Assessments umfassten verschiedene Teile: „ In computergestützten Tests können sich die Kandidat(inn)en selbst mit Ankreuzen auf einer Skala in Bezug auf bestimmte Persönlichkeits- und Leistungsmerkmale einschätzen. „ Ein analytisches Interview evaluiert die Denk- und Handlungsfähigkeit. Hier finden auch Rollenspiele mit den Assessor(inn)en statt.

366ȱ

Prozessfunktionen

6.5

„ Ein strukturiertes Interview bezieht sich auf Fähigkeiten und Kompetenzen, wobei auch hier nicht Fachkompetenzen, sondern Persönlichkeitsmerkmale gefragt sind. „ Praxisfälle und Präsentationen geben realistische Verhaltensbeispiele. Die folgende Tabelle zeigt das definierte Anforderungsprofil für Bereichsleiter(innen) LuNis.

Tabelleȱ1:ȱ

AnforderungsprofilȱfürȱBereichsleiter(innen)ȱLuNisȱ

Selbstkompetenz

Sozialkompetenz

Führungskompetenz

Belastbarkeit

Fähigkeit zur Vernetzung

Managementkompetenz/ Führung

Eigenverantwortung/ Selbständigkeit

Verhandlungsgeschick

Feedback- und Informationsphase In individuellen Feedbackgesprächen wurden die Resultate dem Abteilungschef, dem Stabschef und den Bereichsleiter(inne)n kommuniziert. Der Einbezug der Personal- und Organisationsentwicklung wurde bei Bedarf von den Teilnehmenden organisiert. In einigen Fällen war es zentral, diese und damit den Personalbereich mit einzubeziehen, weil dadurch allfällige individuelle Entwicklungsmaßnahmen nachhaltig unterstützt werden können.

3. Ausblick Die Führung der LuNiS gewinnt damit weiter an Transparenz. Heute darf man sagen, dass sich eine solide Basis für individuelle Entwicklungsschritte gebildet hat.

367ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

6.5.4.4 Fördergesprächȱ

Laufbahnplanung

Dieȱ Laufbahnplanungȱ knüpftȱ anȱ dieȱ Potenzialbeurteilungȱ fürȱ IndiȬ viduenȱanȱundȱorientiertȱsichȱanȱderenȱErwartungenȱhinsichtlichȱeiȬ nesȱ Weiterkommensȱ inȱ derȱ Institution.ȱ Dieȱ individuelleȱ LaufbahnȬ planungȱmussȱmitȱdemȱMitarbeitendenȱregelmäßigȱbesprochenȱwerȬ den,ȱumȱdessenȱpersönlichenȱZieleȱmitȱdenȱAnforderungenȱundȱZieȬ lenȱ derȱ Organisationȱ abzustimmen.ȱ Dazuȱ kannȱ dasȱ MitarbeitergesȬ prächȱoderȱeineȱspezifischeȱStandortbestimmungȱundȱPerspektivenȬ erörterungȱ(kurz:ȱFördergespräch)ȱdienen.ȱ Dieȱ Laufbahnplanungȱistȱimȱ Zusammenhangȱ mitȱ derȱ umfassendenȱ LebensentwicklungȱeinesȱArbeitnehmersȱzuȱsehen.ȱDieȱindividuelleȱ BalanceȱvonȱLernȬ,ȱArbeitsȬȱundȱFreizeitȱfließtȱdemnachȱinȱdieȱLaufȬ bahnplanungȱeinȱundȱermöglichtȱdieȱerfolgreicheȱÜberwindungȱvonȱ kritischenȱPhasenübergängenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ53).ȱ

Abbildungȱ53ȱ

ÜbergangsphasenȱbeiȱderȱLaufbahngestaltungȱ(nachȱHilbȱ2007:ȱ139)ȱ Phase I:

Eintritt in die Institution, Ausbildung zum Spezialisten

Phase II:

Übergang vom Spezialisten zum Generalisten

Phase III:

Übergang vom Projekt- zum Menschen-Führer

Phase IV:

Übergang von der eindimensionalen Einstellung „Arbeit als einziger Lebensinhalt“ zur ganzheitlichen familienorientierten Einstellung „Arbeit als ein Element in der Lebensbalance“

Phase V:

Übergang vom Aufstiegs- zum Kompetenzerweiterungsdenken

Phase VI:

Übergang von der Vollzeit-Beschäftigung zur flexiblen Pensionierung

ȱ

DieȱLebensphasenȱsolltenȱimȱFördergesprächȱmitȱdemȱMitarbeitenȬ denȱ zurȱ Spracheȱ kommenȱ undȱ inȱ dieȱ Laufbahnplanungȱ mitȱ einbeȬ zogenȱ werden.ȱ Inȱ Abhängigkeitȱ vonȱ denȱ eigenenȱ Fähigkeiten,ȱ derȱ momentanenȱ Lebensphaseȱ oderȱ denȱ individuellenȱ VeränderungsȬ wünschenȱ sowieȱ denȱ Erfordernissenȱ derȱ Institutionȱ könnenȱ dannȱ

368ȱ

Prozessfunktionen

6.5

unterschiedlicheȱ Laufbahnenȱ mitȱ derȱ notwendigenȱ Unterstützungȱ durchȱandereȱPEȬMaßnahmenȱverfolgtȱwerden.ȱȱ Grundsätzlichȱ werdenȱ dreiȱ verschiedeneȱ Laufbahnformenȱ unterȬ schieden:ȱ dieȱ FührungsȬ,ȱ FachȬȱ undȱ dieȱ Projektlaufbahnȱ (vgl.ȱ BerȬ thel/Beckerȱ2007:ȱ377ȱff.ȱundȱThom/Friedli/Probstȱ2000).ȱ

„ Führungslaufbahnȱ Dieseȱ Laufbahnformȱ entsprichtȱ derȱ inȱ derȱ staatlichenȱ VerwalȬ tungȱbisherȱhauptsächlichȱverfolgtenȱstellenbezogenenȱPersonalȬ entwicklung.ȱSieȱwurdeȱdurchȱdasȱBeförderungsȬȱundȱdamitȱgeȬ koppelteȱ Besoldungssystemȱ regelrechtȱ standardisiert.ȱ Derȱ VerȬ such,ȱaufȱdieseȱWeiseȱeineȱAnreizwirkungȱdurchȱdenȱAufstiegȱinȱ höhereȱ Besoldungsgruppenȱ mitȱ ansteigendemȱ Alterȱ zuȱ erreiȬ chen,ȱ endeteȱvielerortsȱ inȱ„Cheforganisationenȱ ohneȱ UntergebeȬ ne“.ȱDerȱvertikaleȱAufstiegȱinȱderȱHierarchieȱbringtȱaberȱeineȱErȬ höhungȱ vonȱ Kompetenzen,ȱ Einfluss,ȱ Ansehenȱ undȱ Einkommenȱ mitȱsich.ȱDasȱbedeutetȱgleichzeitigȱeineȱErhöhungȱderȱFührungsȬ verantwortungȱ gegenüberȱ direktȱ undȱ indirektȱ zuȱ führendenȱ Mitarbeitenden,ȱerhöhteȱstrategischeȱVerantwortungȱundȱgrößeȬ reȱ Anforderungȱ hinsichtlichȱ derȱ Lösungȱ zwischenmenschlicherȱ Konflikte.ȱ Fürȱ einȱ solchesȱ Anforderungsprofilȱ eignenȱ sichȱ aufȬ grundȱvonȱPersönlichkeitsȬȱundȱFähigkeitsmerkmalenȱsowieȱderȱ jeweiligenȱLebensphaseȱjedochȱnichtȱalleȱPersonen.ȱ

„Chefȱohneȱ Untergebene“ȱ

„ Fachlaufbahnȱ Warȱ dieȱ Spezialistenlaufbahnȱ bisherȱ fürȱ Mitarbeitendeȱ gedacht,ȱ denenȱ dieȱ Bereitschaftȱ oderȱ dieȱ Fähigkeitenȱ zurȱ FührungslaufȬ bahnȱ fehlten,ȱ soȱ giltȱ sieȱ heuteȱ alsȱ vollberechtigteȱ KarrieremögȬ lichkeitȱ mitȱ vergleichbarenȱ Motivationswirkungenȱ wieȱ dieȱ FühȬ rungslaufbahn.ȱ Dieȱ Zieleȱ einerȱ Fachlaufbahnȱ liegenȱ primärȱ imȱ laufendenȱ Kompetenzzuwachs,ȱ insbesondereȱ inȱ derȱ Fähigkeit,ȱ neueȱ undȱ immerȱ komplexereȱ Problemeȱ zuȱ lösen.ȱ FachspezialisȬ tenȱkönnenȱzudemȱinȱdieȱfachlicheȱAusbildungȱintegriertȱwerdenȱ oderȱ ihreȱ Institutionȱ aufȱ internationalerȱ Ebeneȱ inȱ ForschungsȬ teamsȱoderȱanȱFachtagungenȱrepräsentieren.ȱDieȱFolgeȱderȱFachȬ karriereȱistȱzumȱeinenȱdieȱEinrichtungȱvonȱParallelkarrieren.ȱEinȱ Fachspezialistȱ mitȱ Führungspotenzialȱ kannȱ zweiȱ Rollenȱ gleichȬ zeitigȱ übernehmen.ȱ Erȱ leitetȱ eineȱ hochȱ spezialisierteȱ EntwickȬ lungseinheitȱ undȱ istȱ dadurchȱ auchȱ inȱ Führungsgremienȱ seinerȱ Institutionȱ vertreten.ȱ Zumȱ anderenȱ sindȱ neueȱ Anreizstrukturenȱ erforderlich,ȱ welcheȱ dieȱ Fachkenntnisseȱ sowieȱ dieȱ damitȱ verȬ bundeneȱVerantwortungȱentsprechendȱhonorieren.ȱHervorragenȬ deȱFachspezialistenȱkönnenȱinȱBesoldungsklassenȱvorstoßen,ȱdieȱ bisherȱnurȱvonȱhöherenȱFührungskräftenȱerreichtȱwurden.ȱDurchȱ dieȱReduktionȱderȱvielenȱFormalȬFührungskräfteȱimȱöffentlichenȱ

SpezialistenȬ laufbahnȱ ȱ

369ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

SektorȱgleichtȱsichȱdieserȱZuwachsȱwiederȱaus.ȱDieȱFachlaufbahnȱ existiertȱ seitȱ vielenȱ Jahrzehntenȱ schonȱ beimȱ wissenschaftlichenȱ Personalȱ (Universitätslaufbahn)ȱ oderȱ fürȱ sonstigeȱ Spezialistenȱ (z.ȱB.ȱ Chefjurist),ȱ sieȱ kannȱ jedochȱ auchȱ inȱ weiterenȱ öffentlichenȱ Institutionenȱgefördertȱwerden.ȱ

„ Projektlaufbahnȱ Zeitlichȱȱ begrenzteȱProȬ jektlaufbahnȱ

DieȱProjektorganisationȱistȱinzwischenȱzuȱeinemȱfestenȱBestandȬ teilȱ vielerȱ Institutionenȱ geworden.ȱ Diesȱ giltȱ zumindestȱ imȱ priȬ vatwirtschaftlichenȱ Bereich,ȱ dochȱ zunehmendȱ auchȱ imȱ öffentliȬ chenȱSektor.ȱProjektgruppenȱwerdenȱnurȱfürȱeineȱbestimmteȱZeit,ȱ nämlichȱbisȱzumȱEndeȱderȱProjektarbeiten,ȱeingesetzt.ȱDieȱinȱProȬ jektgruppenȱ involviertenȱ Mitarbeiterȱ übernehmenȱ entwederȱ eiȬ nenȱ neuenȱ fachȬȱ oderȱ führungsbezogenenȱ VerantwortungsbeȬ reichȱnebenȱihrerȱständigenȱFunktionȱoderȱsieȱsindȱvollzeitlichȱinȱ einemȱ Projektȱ tätig.ȱ Nachȱ Beendigungȱ istȱ dieȱ Beschäftigungȱ inȱ einemȱ neuenȱ Projektȱ vorgesehen.ȱ Einȱ wesentlicherȱ Unterschiedȱ dieserȱFunktionenȱaufȱZeitȱliegtȱinȱderȱvariablenȱBeschäftigungsȬ situation.ȱProjektphasenȱundȱinsbesondereȱdieȱEndphaseȱverlanȬ genȱ oftȱ eineȱ sehrȱ hoheȱ Einsatzbereitschaft,ȱ währendȱ nachȱ ProȬ jektabschlussȱ bisȱ zuȱ einemȱ Neubeginnȱ eineȱ teilweiseȱ starkeȱAbȬ nahmeȱ derȱ Arbeitsintensitätȱ erfolgt.ȱ Diesenȱ Umständenȱ mussȱ sowohlȱ imȱAnreizȬȱ alsȱauchȱ imȱArbeitszeitsystemȱ Rechnungȱ geȬ tragenȱ werden.ȱ Dieȱ Projektlaufbahnȱ entsprichtȱ imȱ Wesentlichenȱ einerȱFührungsȬȱbzw.ȱFachlaufbahnȱaufȱZeit.ȱȱ Diesesȱ ausgeweiteteȱ Laufbahnverständnisȱ trägtȱ zuȱ einemȱ entscheiȬ dendenȱWandelȱderȱKarriereȱbei:ȱ DieȱwachsendeȱpersönlicheȱKompetenzȱzumȱNutzenȱderȱMitȬ arbeitendenȱ undȱ derȱ Institutionȱ verdrängtȱ denȱ traditionellenȱ HierarchieaufstiegȱzuȱLastenȱandererȱ(vgl.ȱFuchsȱ1998:ȱ91).ȱȱ ȱ DieȱLaufbahnplanungȱstelltȱalsoȱeinenȱsehrȱbedeutendenȱBestandteilȱ derȱ Personalentwicklungȱ dar,ȱ indemȱ sieȱ vorȱ demȱ Hintergrundȱ derȱ PotenzialbeurteilungȱdieȱzukünftigeȱStellenfolgeȱdesȱMitarbeitendenȱ beeinflusstȱ undȱ entsprechendeȱ Fördermaßnahmenȱ bereitstelltȱ (vgl.ȱ Berthel/Beckerȱ2007:ȱ372).ȱ

6.5.5 Fehlendeȱ Flexibilitätȱ

370ȱ

Personalfreistellung

Dieȱ Beendigungȱ desȱ Dienstverhältnissesȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ istȱ engȱverknüpftȱmitȱderȱVeränderungȱdesȱAmtsdauersystemsȱundȱderȱ Lockerungȱ desȱ Beamtenstatus.ȱ Dieȱ ordentlicheȱ Aufhebungȱ desȱ

Prozessfunktionen

6.5

DienstverhältnissesȱkannȱinȱderȱSchweizȱnebenȱeinerȱBeendigungȱinȬ folgeȱAlter,ȱTodȱoderȱInvaliditätȱdurchȱbeidseitigeȱKündigungȱerfolȬ genȱ(vgl.ȱRichliȱ1996:ȱ137).ȱDieȱKritikȱanȱderȱPersonalfreistellungȱimȱ öffentlichenȱ Sektorȱ richtetȱ sichȱ primärȱ aufȱ dieȱ fehlendeȱ Flexibilität,ȱ welcheȱ sichȱ einerseitsȱ negativȱ aufȱ dieȱ Spielräumeȱ fürȱ dieȱ PersonalȬ planungȱauswirkt.ȱAndererseitsȱentstehenȱinȱjederȱInstitutionȱinfolgeȱ nichtȱperfekterȱPotenzialeinschätzungȱProblemeȱaufgrundȱvonȱFehlȬ besetzungen.ȱ Ausȱ diesemȱ Grundȱ istȱ eineȱ denȱ Verhältnissenȱ angeȬ passteȱFreistellungspolitikȱfürȱöffentlicheȱInstitutionenȱbedeutungsȬ voll.ȱ Dieȱ Personalfreistellungȱ stelltȱ einȱ bislangȱ vernachlässigtesȱ AktiviȬ tätsfeldȱ imȱ Personalmanagementȱ desȱ öffentlichenȱ Dienstesȱ dar.ȱ Dieȱ Integrationȱ vonȱ Personalplanung,ȱ Personalentwicklungȱ undȱ PersoȬ nalfreisetzungȱ wirdȱ zukünftigȱ einenȱ wichtigenȱ Stellenwertȱ innerȬ halbȱ desȱ Führungsinstrumentariumsȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ einȬ nehmenȱ(vgl.ȱauchȱnachfolgendesȱPraxisfensterȱNr.ȱ16).ȱ

Vernachlässigteȱ Aktivitätȱ

StellenȬȱundȱPositionswechselȱbisȱhinȱzuȱFreistellungenȱmüsȬ senȱ unterȱ demȱ Blickwinkelȱ einerȱ Optimierungȱ desȱ PersonalȬ einsatzesȱ ausȱ zugleichȱ institutionellerȱ undȱ individuellerȱ PerȬ spektiveȱbetrachtetȱwerden.ȱ 6.5.5.1

Personalfreistellungen bei Reformen

DieȱUmfrageȱbeiȱdenȱschweizerischenȱPublicȱManagementȬProjektenȱ ergab,ȱdassȱbeiȱrundȱ70ȱProzentȱderȱProjekteȱkeineȱPersonalfreistelȬ lungenȱdurchgeführtȱwerdenȱmussten,ȱinȱdenȱrestlichenȱ17ȱReformȬ projektenȱließenȱsieȱsichȱnichtȱvermeiden.ȱInȱdiesenȱFällenȱwarenȱinȱ ersterȱLinieȱdieȱAufhebungȱderȱAufgabeȱsowieȱdieȱVeränderungȱderȱ Organisationsstrukturenȱ innerhalbȱ derȱ Institutionȱ Gründeȱ fürȱ dieȱ Freisetzungen.ȱ Zudemȱ werdenȱ inȱ 70ȱ Prozentȱ derȱ Projekteȱ FähigȬ keitsȬȱ undȱ Potenzialdefiziteȱ undȱ dasȱ Verhaltenȱ derȱ Betroffenenȱ alsȱ eherȱoderȱsehrȱwichtigeȱUrsachenȱfürȱdieȱFreistellungenȱbezeichnet.ȱ Beiȱ denȱ Freistellungsmaßnahmenȱ zeigteȱ sich,ȱ dassȱ harteȱ MaßnahȬ menȱwieȱKündigungenȱoderȱAufhebungsverträgeȱwenigerȱzumȱEinȬ satzȱkommen.ȱVielȱstärkerȱverbreitetȱsindȱderȱEinstellungsstopp,ȱderȱ vorzeitigeȱRuhestandȱoderȱderȱAbbauȱvonȱÜberstunden.ȱȱ 6.5.5.2

Gründe und Auswirkungen von Freistellungen

Dieȱ Freistellungȱ vonȱ Personenȱ ausȱ demȱ Arbeitsverhältnisȱ erfolgtȱ grundsätzlichȱausȱdreiȱGründen:ȱ

371ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

„ BetrieblichȱbedingteȱFreistellungȱaufgrundȱvonȱAbsatzȬȱundȱProȬ duktionsrückgang,ȱKonjunkturschwankungen,ȱstrukturellenȱVerȬ änderungen,ȱRationalisierungsmaßnahmenȱusw.ȱ

„ Verhaltensbedingteȱ Freistellungȱ aufgrundȱ disziplinarischerȱ VerȬ fehlungen,ȱuntragbarenȱpersonellenȱKonflikten,ȱgrobemȱVertrauȬ ensbruchȱoderȱauchȱkriminellerȱAktivitätenȱ

„ Personenbedingteȱ Freistellungȱ aufgrundȱ einesȱ nichtȱ ausreichenȬ denȱ Eignungsprofilsȱ undȱ damitȱ verbundenenȱ FähigkeitsȬȱ undȱ Potenzialdefizitenȱ KündigungsȬ schutzȱ

372ȱ

EinenȱumstrittenenȱPunktȱbeiȱderȱNeugestaltungȱöffentlicherȱPersoȬ nalgesetzeȱ stelltȱ derȱ Kündigungsschutzȱ dar.ȱ Dieserȱ istȱ imȱ öffentliȬ chenȱ Dienstrechtȱ imȱ Gegensatzȱ zurȱ privatrechtlichenȱ Anstellungȱ stärkerȱausgeprägt.ȱEinerseitsȱhistorischȱgewachsenȱalsȱeinȱElementȱ derȱ regelgebundenenȱ Bürokratie,ȱ andererseitsȱ aberȱ auchȱ aufgrundȱ derȱ Vorbildfunktion,ȱ dieȱ demȱ staatlichenȱ Arbeitgeberȱ zukommt.ȱ InsbesondereȱdieȱgegenwärtigeȱReformphaseȱimȱöffentlichenȱSektorȱ wecktȱ Ängsteȱ undȱ Befürchtungen,ȱ dassȱ eineȱ gelockerteȱ FreistelȬ lungspolitikȱsofortȱzuȱWillkürȱderȱVorgesetztenȱundȱzuȱeinerȱ„HireȬ andȬFireȬPolitik“ȱ führenȱ wird.ȱ Derȱ öffentlicheȱ Sektorȱ istȱ bisherȱ mitȱ seinemȱ Personalȱ rechtȱ fürsorglichȱ umgegangen.ȱ Zukünftigȱ könnenȱ Abbaumaßnahmenȱnichtȱvermiedenȱwerden.ȱBeiȱderȱDurchführungȱ vonȱAbbaumaßnahmenȱsollteȱdabeiȱbeachtetȱwerden,ȱdassȱvomȱPerȬ sonalabbauȱ ImageȬȱ undȱ Bindungseffekteȱ ausgehenȱ (vgl.ȱ Abb.ȱ 54).ȱ DerȱImageeffektȱwirktȱsichȱaufȱNeueinstellungenȱaus.ȱZeichnetȱsichȱ eineȱ Institutionȱ durchȱ ihreȱ sozialverträglicheȱ Freistellungspolitikȱ aus,ȱ steigenȱ ihreȱ Chancenȱ beiȱ derȱ Gewinnungȱ neuerȱ Arbeitskräfte.ȱ Sanfteȱ Abbaumaßnahmenȱ (vorzeitigerȱ Ruhestand,ȱ Outplacementȱ etc.)ȱ beeinflussenȱ dasȱ Unternehmensimageȱ wenigerȱ negativȱ alsȱ raȬ dikaleȱ Maßnahmenȱ wieȱ Massenentlassungen.ȱ Demgegenüberȱ beȬ ziehtȱ sichȱ derȱ Bindungseffektȱ aufȱ dieȱ vonȱ demȱ Personalabbauȱ beȬ troffenenȱ Mitarbeiter.ȱ Dieȱ Rückgewinnungȱ guterȱ freigestellterȱ oderȱ abgewanderterȱ Mitarbeiterȱ gelingtȱ nur,ȱ wennȱ dieȱ AbbaumaßnahȬ menȱ (Ergebnisȱ undȱ Prozess)ȱ fairȱ erfolgtȱ sind.ȱ Auchȱ dieȱ imȱ UnterȬ nehmenȱ verbliebenenȱ Mitarbeiterȱ (sog.ȱ „survivors“)ȱ sindȱ vonȱ denȱ Entlassungenȱbetroffen,ȱdaȱsieȱoftȱeinȱWechselbadȱderȱGefühleȱerleȬ ben,ȱbisȱsichȱdieȱGesamtsituationȱstabilisiertȱhat.ȱHierȱgiltȱes,ȱdurchȱ gezielteȱVerarbeitungsȬȱundȱMotivationsmaßnahmenȱinnereȱKündiȬ gungenȱ zuȱ verhindern.ȱ Durchȱ gezielteȱ Vorbereitungȱ undȱ eineȱ dieȱ Menschenwürdeȱ beachtendeȱ Durchführungȱ zeigtȱ dasȱ PersonalmaȬ nagementȱ dieȱ inȱ diesemȱ Bereichȱ erwarteteȱ Verantwortungsethikȱ (vgl.ȱRitzȱ2003b).ȱȱ

Prozessfunktionen

Abbildungȱ54ȱ

AuswirkungenȱvonȱPersonalfreistellungsmaßnahmenȱ

Imageeffekt Chance zur Gewinnung neuer MA tief hoch

6.5

Outplacement Vorzeitiger Ruhestand Nichtverlängerung von Zeitverträgen

Einfache Entlassung

Beschäftigungsgesellschaft

Langfristurlaub Überführung in selbständige Existenz Versetzung Abbau von Einstellungsstopp Überstunden

Kurz-, Teilzeitarbeit

tief

hoch Bindungseffekt Chance zur Rückgewinnung/Erhaltung freigestellter MA

ȱ

Dieȱ Auswirkungenȱ vonȱ Personalfreistellungenȱ betreffenȱ inȱ ersterȱ Linieȱ dieȱ individuelleȱ Ebene.ȱ Zumȱeinenȱ resultierenȱmaterielleȱ EinȬ bußenȱundȱpsychosozialeȱFolgenȱwieȱderȱVerlustȱvonȱStatussymboȬ lenȱoderȱgesellschaftlicheȱDiskriminierung.ȱZumȱanderenȱbietetȱeineȱ Freistellungȱ auchȱ dieȱ Möglichkeitȱ zurȱ beruflichenȱ Neuorientierungȱ undȱzuȱeinemȱWechselȱdesȱArbeitsumfelds.ȱȱ AufȱderȱEbeneȱderȱGesamtinstitutionȱentstehenȱdurchȱFreistellungenȱ KostenȱfürȱAbfindungenȱundȱSozialpläne.ȱNichtȱzuȱunterschätzenȱistȱ zudemȱ derȱ Verlustȱ derȱ beruflichenȱ Kompetenzenȱ undȱ Fähigkeitenȱ derȱbetroffenenȱPersonȱ(sog.ȱ„KnowȬhowȬVerlust“),ȱzuȱderenȱerneuȬ temȱ Aufbauȱ kostenintensiveȱ EinstellungsȬȱ undȱ EntwicklungsmaßȬ nahmenȱ ergriffenȱ werdenȱ müssen.ȱ MittelȬȱ bisȱ längerfristigȱ resultieȬ renȱ ausȱ Personalfreistellungenȱ Kostenentlastungen,ȱ wennȱ tatsächȬ lichȱ einȱ Personalüberhangȱ beiȱ fehlendemȱ Arbeitsvolumenȱ vorlagȱ oderȱneueȱArbeitsprozesseȱeineȱEntlastungȱbewirkten.ȱUnvorhergeȬ sehenȱ anfallendeȱ Arbeitȱ wirdȱ dannȱ durchȱ Überstunden,ȱ externeȱ Mitarbeitendeȱ(sog.ȱ„Freelancer“),ȱAuslagerungenȱusw.ȱerbracht.ȱ 6.5.5.3

KnowȬhowȬ Verlustȱ

Freistellungsarten und -maßnahmen

Vorȱ einerȱ definitivenȱ Freistellungȱ einesȱ Mitarbeitendenȱ solltenȱ alleȱ möglichenȱ Maßnahmenȱ geprüftȱ werden,ȱ mitȱ denenȱ dieȱ Situationȱ verbessertȱ werdenȱ kann.ȱ Soȱ gibtȱ esȱ eineȱ Reiheȱ vonȱ vorbeugendenȱ Schritten,ȱwelcheȱalleȱinȱengemȱZusammenhangȱmitȱdenȱPlanungsȬ aktivitätenȱ derȱ Institutionȱ stehen,ȱ z.ȱB.ȱ dieȱ Veränderungȱ desȱ LeisȬ

373ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

tungsprogrammsȱoderȱdieȱEigenerstellungȱvonȱursprünglichȱgeplanȬ tenȱ Fremdaufträgen.ȱ Überblicksartigȱ existierenȱ folgendeȱ MöglichȬ keitenȱ desȱ indirektenȱ oderȱ direktenȱ Personalabbaus,ȱ dieȱ inȱ AbbilȬ dungȱ55ȱnochȱeinmalȱzusammengefasstȱwerden:ȱȱ

„ Qualitativeȱ Anpassungsmaßnahmenȱ imȱ Rahmenȱ derȱ PersonalȬ entwicklung.ȱ Dasȱ sog.ȱ „Inplacement“ȱ bezeichnetȱ einenȱ QualifiȬ zierungspool,ȱ inȱ demȱ vomȱ Personalabbauȱ betroffeneȱ MitarbeiȬ tendeȱaufȱeinenȱdurchȱFluktuationȱfreiȱgewordenenȱArbeitsplatzȱ vorbereitetȱwerden,ȱdurchȱprofessionelleȱBeratungȱzurȱÜberwinȬ dungȱ desȱArbeitsplatzverlustesȱ oderȱ durchȱ Qualifizierung,ȱ welȬ cheȱ eineȱ Bewerbungȱ aufȱ freiȱ gewordeneȱ interneȱ Stellenangeboteȱ ermöglichtȱ(vgl.ȱRidderȱ2007:ȱ134ȱf.ȱundȱBundesratȱ2003).ȱ

„ Quantitativeȱ Anpassungsmaßnahmenȱ wieȱ Einstellungsstopps,ȱ Aufhebungsverträge,ȱ vorzeitigerȱ Ruhestand,ȱ Nichtverlängerungȱ befristeterȱArbeitsverträge,ȱEinzelkündigungenȱ

„ ÖrtlicheȱAnpassungsmaßnahmenȱdurchȱVersetzung,ȱUmsetzungȱ oderȱÄnderungskündigungenȱ

„ ZeitlicheȱAnpassungsmaßnahmenȱwieȱUrlaubsgestaltung,ȱAbbauȱ vonȱMehrarbeit,ȱArbeitszeitveränderungȱoderȱKurzarbeitȱ

Abbildungȱ55ȱ

MaßnahmenȱbeiȱPersonalüberhangȱ(nachȱHeilȱ1980:ȱFȱIVȬ2)ȱ Leistungsplanung • Vorleistungen erbringen • Rücknahme von Fremdaufträgen • Vorziehen von Überarbeitungen • Leistungsdiversifizierung • Leistungserstellung dämpfen

qualitativ Arbeitsgestaltung (-inhalt, -intensität) • Arbeitserweiterung • Mehrstellenbegrenzung • Besetzungsrichtlinien

• • • •

Ausbildung Weiterbildung Umschulung Qualifiziertes Anlernen

quantitativ Arbeitszeitgestaltung

Personalplanung

Qualifikation

• Abbau von Überstunden/Sonderschichten • Kurzarbeit • Veränderungen der regulären Arbeitszeit • Urlaubsplanung • Umwandlung von Voll- in Teilzeitarbeitsplätze

indirekter Personalabbau

direkter Personalabbau

• Einstellungsstopp • Nichtverlängerung von Zeitverträgen • Abbau von Leiharbeit • Umsetzungen/ Versetzungen

• Frühpensionierungen • Aufhebungsverträge • Veränderungen der regulären Arbeitszeit • Entlassungen (Einzelkündigungen, Massenentlassungen)

ȱ

374ȱ

Prozessfunktionen

BeiȱPersonalüberhangȱdarfȱeinȱdirekterȱPersonalabbauȱ(insbesondereȱ Massenentlassungen)ȱnurȱalsȱ„ultimaȱratio“ȱbetrachtetȱwerden,ȱdaȱesȱ eineȱVielzahlȱvonȱvorbeugendenȱundȱalternativenȱMaßnahmenȱgibt.ȱ DerȱöffentlicheȱSektorȱsollteȱsichȱinȱdiesemȱGebietȱdesȱPersonalmaȬ nagementsȱdurchȱumsichtigesȱHandelnȱauszeichnen,ȱv.ȱa.ȱauch,ȱweilȱ erȱvonȱderȱallgemeinenȱÖffentlichkeitȱundȱvonȱPersonalvertretungenȱ (mitȱ hohemȱ Organisationsgrad)ȱ kritischȱ betrachtetȱ wird.ȱ Darüberȱ hinausȱhabenȱFreistellungenȱAuswirkungenȱaufȱdasȱImageȱderȱInstiȬ tutionȱ(vgl.ȱKlimecki/Gmürȱ2005:ȱ321).ȱȱ

6.5 ȱ„ultimaȱratio“

Derȱ Konfliktȱ zwischenȱ denȱ institutionellenȱ undȱ denȱ individuellenȱ Interessenȱ kannȱ letztlichȱ nichtȱ aufgehobenȱ werden.ȱ Esȱ bestehtȱ jeȬ dochȱ dieȱ Möglichkeit,ȱ dassȱ sichȱArbeitnehmerȱ undȱArbeitgeberȱ anȬ nähernȱundȱeineȱzumindestȱbeiderseitsȱannehmbareȱLösungȱgefunȬ denȱwerdenȱkann.ȱ

ReformierungȱdesȱschweizerischenȱBundespersonalgesetzesȱBPGȱ

ImȱBlickpunktȱ

Das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene neue schweizerische Bundespersonalgesetz sieht eine zeitgemäße Anpassung der Regelungen aus dem Jahre 1927 vor. Neu wird auf die vierjährige Amtsdauer (mit unbeschränkter Wiederwahlmöglichkeit) für Beamte verzichtet. Trotz einer erhöhten Beschäftigungssicherheit durch längere Fristen und größeren Entlassungen nur für den Fall, dass eine zumutbare andere Arbeit angeboten werden kann, verfolgt das neue BPG eine moderne Personalpolitik mit stärkerer Leistungshonorierung, mehr Dialog durch zielorientierte Mitarbeitergespräche, erweitertem Handlungsspielraum und einer verstärkten Sozialpartnerschaft. Gründe für die ordentliche Kündigung sind neu:

„ „

Die Verletzung wichtiger gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten;

„

Mangelnde Eignung, Tauglichkeit oder Bereitschaft, die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zu verrichten;

„ „

Mangelnde Bereitschaft zur Verrichtung zumutbarer anderer Arbeit;

„

Der Wegfall einer gesetzlichen oder vertraglichen Anstellungsbedingung.

Mängel in der Leistung oder im Verhalten, die trotz schriftlicher Mahnung anhalten oder sich wiederholen;

Schwer wiegende wirtschaftliche oder betriebliche Gründe, sofern der Arbeitgeber der betroffenen Personen keine zumutbare andere Arbeit anbieten kann;

Als Grund für die fristlose Kündigung durch die Vertragsparteien gilt jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein der kündigenden Partei nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.

ȱ ȱ

375ȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

6

Praxisfenster Nr. 16: Personalabbau – Eine neue Herausforderung für die öffentliche Verwaltung

ȱ Dr.ȱPeterȱHablützelȱ Inhaberȱ HablützelȱConsulting,ȱ Bernȱ

1. Ausgangslage In der Schweizerischen Bundesverwaltung ist mit dem Personalgesetz vom 24. März 2000 der Beamtenstatus abgeschafft worden. Seither darf Beamten aufgrund mangelnder Leistung, aber auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen gekündigt werden. Verschiedene finanzpolitisch induzierte Programme führen — mit Schwerpunkt in den Jahren 2005 bis 2008 — zu einem Stellenabbau von netto rund 4 200 Stellen. Das sind deutlich mehr als 10 Prozent des aktuellen Personalbestandes. Dieser massive Abbau soll auch als Chance für die Verwaltung und ihre Belegschaft genutzt werden können. Deshalb hat der Bundesrat am 10. Juni 2004 das vom Eidgenössischen Personalamt (EPA) erarbeitete Konzept "Umbau mit Perspektiven" und eine entsprechende Verordnung über die Stellen- und Personalbewirtschaftung verabschiedet. Damit hat die Regierung eine wichtige Grundlage für einen sozialverträglichen Stellenabbau — möglichst ohne Entlassungen — geschaffen.

2. Umsetzungsprozess Im Rahmen des Prozesses "Umbau mit Perspektiven" mussten die Dienststellen (Bundesämter), abgestimmt auf ihre Aufgabenverzichtsplanung, eine Stellen- und Personalplanung für die Jahre 2005 bis 2008 erarbeiten. Dabei stand zunächst die Bewältigung des Stellenabbaus innerhalb jeder Dienststelle im Vordergrund. Praktisch setzte die Planung bei der Ermittlung der Fluktuation über Pensionierungen an. Daraus ergab sich der planbare personalpolitische Handlungsspielraum. In der nächsten Phase prüften die Dienststellen, inwiefern vom Stellenabbau Betroffene auf zukünftig vakant werdende Stellen passen. Personen, die nicht in der Dienststelle gehalten, und offene Stellen, die nicht innerhalb der Dienststelle besetzt werden können, sind umgehend von der zentralen bundesinternen Datenbank zu erfassen. Im Weiteren wird versucht, den internen Arbeitsmarkt zu intensivieren. Dies geschieht mittels einer übergeordneten Steuerung der Personalgewinnung (Stellenausschreibung und Rekrutierung) und einer Verbesserung der Information über Angebot (Stellen) und Nachfrage (Personen). Der Bundesrat hat die Verantwortung über die Steuerung der Personalgewinnung bei den Departementen belassen. Indes hat er dem EPA eine koordinierende Funktion übertragen, indem es entsprechende Empfehlungen abgeben kann. Die Steuerungseingriffe erfolgen nach Bedarf und differenziert nach Funktionsgruppen bzw. Berufskategorien.

376ȱ

Prozessfunktionen

6.5

Die beabsichtigte Intensivierung des internen Arbeitsmarktes setzt jedoch auch die Mobilität der vom Stellenabbau Betroffenen voraus. Jede Dienststelle schließt mit diesen Personen eine Vereinbarung ab, die Arbeitgeber und –nehmer während der Dauer von sechs Monaten verpflichtet, eine zumutbare Stelle zu suchen. Nach erfolgloser Suche oder wenn eine zumutbare Stelle nicht akzeptiert wird, kann die Kündigung ausgesprochen werden. Die Mitarbeitenden werden bei der Stellensuche durch das bundesinterne Job-Center, welches vom EPA im Verbund mit den Personaldiensten der Departemente und Bundesämtern geführt wird, individuell beraten und unterstützt. Für die Finanzierung von Umschulungen und gezielten Weiterbildungen reservieren die Dienststellen einen Teil ihrer Ausbildungskredite. Teure vorzeitige Pensionierungen nach Sozialplan sollen damit die Ausnahme bleiben.

3. Erfahrungen Massiver Personalabbau im öffentlichen Bereich wirkt auf die Belegschaft wie ein Schock. Umso wichtiger sind eine intensive Kommunikation und eine persönliche Betreuung der Betroffenen, denen neue Perspektiven eröffnet werden sollten. Ein faires und transparentes Vorgehen ist dabei ebenso Voraussetzung wie eine konstruktive Zusammenarbeit aller Dienststellen. Wenn die Personalfachleute ihr Gärtchendenken überwinden, können sie für die betroffenen Mitarbeitenden und für die Führung zu wirkungsvollen Lösungssuchern und Vermittlern werden. Gleichzeitig wird deutlich, wie wichtig ein guter Draht zu den Personalverbänden gerade auch in schwierigen Zeiten ist.

ȱ ȱ

377ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Fallstudie: Personalmanagement zur Unterstützung des Strategie-, Struktur- und Kulturwandels am Beispiel des Regionalspitals Thun (RST)

1. Ausgangslage und Reformentwicklung Reformen im staatlichen Gesundheitsbereich stehen bei den politischen Instanzen gegenwärtig an vorderster Stelle. Die Kostenentwicklung verlangt neue Lösungsansätze zu einer effektiven und effizienten Steuerung öffentlicher Krankenhäuser. Seit Anfang der 1990er Jahre wurden die finanziellen Mittel für die einzelnen Krankenhäuser im Kanton Bern linear gekürzt. Damit gingen auch kontinuierliche Stellenkürzungen einher. Das Regionalspital Thun (RST) ist Teil der Spitalgruppe Berner Oberland, das insgesamt vier Spitäler umfasst und zusätzlich mit zwei Kliniken in einem Zusammenarbeitsvertrag verbunden ist. Die Gruppe befindet sich seit mehreren Jahren in einem kontinuierlichen Veränderungsprozess, um mit den stetig geringeren Mittelvorgaben und Personalstellen mindestens die gleichen Leistungen zu derselben Qualität erbringen zu können. Aufgrund der seit 1990 praktisch unverändert gebliebenen Budgetmittel für Neuinvestitionen kommt die Erschwernis dazu, mit den begrenzten Mitteln dem Fortschritt in der Medizinaltechnik folgen zu können. Neben den genannten Problembereichen kam ein zunehmender Verlust an Patienten hinzu, welche sich vermehrt in anderen Krankenhäusern behandeln ließen. Zur Verbesserung der schwierigen Finanzsituation im kantonalen Gesundheitswesen setzte sich erst nach längerem Drängen durch die Spitalleitungen die Erkenntnis durch, dass die restriktive Führung und Kontrolle durch die Gesundheitsdirektion (Fachministerium) nicht dazu beitrug, das Kostenwachstum in den Griff zu bekommen und den einzelnen Krankenhäusern eine wirtschaftliche Betriebsführung zu ermöglichen. Daraus entstanden die ersten Modellversuche im Bereich der Leistungsfinanzierung mittels Fallkostenpauschale, an denen sich Thun beteiligte. Das System der modifizierten Fallkostenpauschale erteilt dem Krankenhaus jährlich für jeden Patienten der allgemeinen Abteilung einen pauschalen Betrag. Dieser wird aufgrund der Eigenschaften des Patientengutes und der in der Vergangenheit tatsächlich entstandenen Kosten errechnet. Die Ziele des neuen Systems waren, die Aufenthaltsdauer zu verkürzen, mehr Verantwortung und Kompetenzen an das Krankenhaus zu delegieren, durch positive Rechnungsabschlüsse die Attraktivität des Spitals als Arbeitsplatz zu erhöhen sowie die Kosten- und Ertragstransparenz zu steigern. Die Systemeinführung im Jahr 1993 erfolgte durch die in Tabelle 1 dargestellte Gewinn- und Verlustverteilung zwischen dem RST und den kantonalen Gesundheitsbehörden.

378ȱ

Prozessfunktionen

Tabelleȱ1:ȱ

6.5

GewinnȬȱundȱVerlustverteilungȱbeimȱModellversuchȱȱ Verlust

Gewinn

Regionalspital Thun

Kantonales Spitalwesen

Regionalspital Thun

Kantonales Spitalwesen

1. Jahr

0%

100%

10%

90%

2. Jahr

50%

50%

60%

40%

3. Jahr

60%

40%

60%

40%

Seit 1994 ist das System der modifizierten Fallkostenpauschale im RST eingeführt, die meisten anderen Spitäler des Kantons werden gegenwärtig aber immer noch nach dem alten System finanziert. Vor diesem Hintergrund wurde durch die Neugestaltung der Spitalfinanzierung im Jahr 1994 ein umfassender Veränderungsprozess initiiert. Die wesentlichen Elemente dieses Wandels werden im Folgenden nach den Aktionsfeldern Strategie, Struktur, Prozesse und Kultur dargestellt.

2. Strategiewandel im Regionalspital Thun Durch die geänderten Rahmenbedingungen wurde die finanzielle Autonomie und die damit verbundene Möglichkeit einer wirtschaftlichen Spitalführung zum neuen ökonomischen Hauptziel im RST. Die Erreichung finanzieller Autonomie bedingt auch die Bindung möglichst vieler Patienten an das Spital und den Aufbau einer starken Marktposition. Das RST hatte jedoch in der Vergangenheit (1990-1994) „Marktanteile“ an andere Spitäler verloren. Durch den Aufbau folgender strategischer Erfolgspositionen sollte dieser Entwicklung entgegen gewirkt werden: „ Aufbau von qualitativ hochstehenden und modernen Leistungen im medizinischen, pflegerischen und administrativen Bereich „ Konsequente Kunden- und Prozessorientierung „ Aufbau eines auf allen Stufen motivierten Mitarbeiterstamms als Voraussetzung für eine erfolgreiche Patientenbetreuung „ Verbesserung des Images und der Funktionsfähigkeit des RST durch aktive, offene Zusammenarbeit und Kommunikation mit einweisenden Ärzten, Krankenkassen, Berufsverbänden, Behörden sowie regionalen Bezirks- und Privatspitälern durch Information der Öffentlichkeit Als Konsequenz wurde z. B. eine Station, welche die Gewinnung von Patienten im (baulich) alten Spitalteil erheblich erschwerte, geschlossen und anstelle dessen eine chirurgische und medizinische Tagesklinik zur stärkeren strategischen Ausrichtung auf den teilstationären Bereich eröffnet. Für die Finanzierung des durch die fehlenden Investitionsmittel gefährdeten Infrastrukturbereichs wurden ebenfalls neue Wege gesucht. So wurde zur Beschaffung einer Magnetresonanz-Diagnostik eine Aktiengesellschaft ge-

379ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

gründet, welche das Gerät finanzierte und sich am Erfolg beteiligt. Weitere ähnliche Beschaffungslösungen sollen in Zukunft folgen.

3. Struktur- und Prozesswandel im Regionalspital Thun Die strukturellen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen im RST erleichterten den Wandel zu einer erfolgsorientierten Dienstleistungsorganisation kaum. 1993 wurde von einer funktionalen Organisationsform mit der Dreiteilung Verwaltung, Ärzteschaft und Pflege zu einer Spartengliederung nach den einzelnen medizinischen Fachbereichen übergegangen, was eine am Patienten orientierte Leistungserbringung besser ermöglichte. Die Neuorganisation verlief primär auch unter dem Grundsatz der eindeutigen Zuordnung der Verantwortung. War bei der funktionalen Organisationsform noch ein Direktionsgremium aus den Funktionen Ärzteschaft, Pflegedienst und Verwaltung für die Spitalführung verantwortlich, so besteht die neue Direktion nur noch aus dem geschäftsführenden Direktor, der für die gesamte Spitalleitung verantwortlich ist. Er erhält seine Zielvorgaben vom Spitalrat, der für Entscheidungen im Rahmen der gesundheits-, finanz- und sozialpolitischen Belange zuständig ist. Trotz der Organisationsänderung blieb das alte, funktionale Denken bestehen. Dies führte zu typischen Schnittstellenproblemen bei den Prozessen wie bspw. entlang des Patientendurchlaufs (z. B. lange Wartezeiten bis zur eigentlichen Aufnahme, Absagen von Untersuchungen wegen fehlender Koordination, zu viele Tests in der Diagnostik, mehrtägige stationäre Wartezeiten bis zur Operation usw.). Begleitet durch eine externe Beratungsfirma, führte man deshalb Ende 1995 im RST ein Qualitäts- und Zeitmanagement (QZM)-Projekt durch. Im Teilprojekt Operationssaal (OP) wurde das Ziel verfolgt, den Prozessablauf durch eine grundlegende Änderung der Operationsplanung zu optimieren, um Ineffizienzen wie Prozess- und Anfangsleerzeiten zu minimieren. Zur regelmäßigen Überwachung und Verbesserung der Abläufe erfolgte zudem die Einführung eines OP-Controllings, das monatlich die Leerzeiten, Prozesszeiten usw. aufzeigt. In der medizinischen Klinik wurden zwei grundlegende Änderungen eingeführt, um die Abläufe zu verbessern. In einem ersten Schritt erfolgte die Schaffung einer medizinischen Aufnahmestation. Hier werden anschließend durch den erfahrensten Arzt der Abklärungsweg und die Therapie festgelegt sowie entschieden, ob ein Patient stationär oder ambulant zu behandeln ist. Der Patient wird von der zweiten Neuerung, dem Coach, in Empfang genommen und anschließend mit allen Unterlagen und Verordnungen auf die Abteilung oder an den nachbehandelnden Hausarzt eingewiesen. Coaches sind speziell ausgebildete Pflegepersonen und zeigen sich als dauernde Kontaktperson des Patienten (und der Angehörigen) für den reibungslosen Behandlungsablauf verantwortlich. Zur Ausübung der vielfältigen und übergreifenden Aufgaben benötigen die Coaches sehr viele Kompetenzen. Sie sind deshalb direkt der Klinikleitung unterstellt.

380ȱ

Prozessfunktionen

6.5

Neben der Verbesserung der internen Prozesse sollten aber auch die Schnittstellen zu externen Partnern verbessert werden. Die Chefärzte des RST boten deshalb den praktizierenden Ärzten der Region Thun eine wöchentliche Fallbesprechung an. Die Einladung wurde angenommen und das Fallseminar entwickelte sich in kurzer Zeit zur festen Veranstaltung. Diese dient dabei nicht nur der Fort- und Weiterbildung der teilnehmenden Ärzte, sondern auch den Patienten, indem die Betreuung generell und v. a. der Übergang vom ambulanten ins stationäre Versorgungssystem optimiert werden. Für das RST ergibt sich dadurch die Möglichkeit, die Beziehung zu den einweisenden Ärzten zu verbessern und Problembereiche in der Zusammenarbeit schneller zu erkennen. Um die Schnittstelle zu den Krankenkassen zu verbessern, wurde im RST Anfang 1998 ein sog. „Fallmanagement“ eingeführt. Zusammen mit einer Fallmanagerin der Krankenkasse werden Probleme bei der Abrechnung der vereinbarten Fallpauschalen sowie andere Probleme an der Schnittstelle Spital/Krankenkasse geregelt. Zudem erfolgt beim Austritt eines Patienten eine gemeinsame Planung der günstigsten Weiterbehandlung. Inzwischen wird das Fallmanagement mit zwei Krankenversicherungen durchgeführt.

4. Kulturwandel im Regionalspital Thun 1986 wechselte die Direktion des Regionalspitals. Der Bezug eines Neubaues mit wesentlich mehr Kapazität sowie der damalige generelle Personalmangel führten zu einer sehr hohen, kurzfristig bis auf 40 Prozent ansteigenden Fluktuationsrate. Ein Teil der damaligen Mitarbeitenden konnte sich mit den neuen Vorstellungen der Spitalleitung zur zukünftigen Ausrichtung nicht mehr identifizieren. Gemäß der neuen Kulturorientierung sollten möglichst alle Mitarbeitenden an der Entwicklung des Spitals teilnehmen und ihren Beitrag dazu leisten. Die Mitarbeitenden sollen zu Partnern der Spitalleitung werden, am Unternehmensgeschehen aktiv partizipieren und damit Verantwortung für den Erfolg des Spitals übernehmen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur im RST betrifft den Aufbau eines neuen Selbstverständnisses zwischen den einzelnen Berufsgruppen. Das bisherige hierarchische, funktionsbezogene Denken und Handeln soll einer teambasierten, interdisziplinären, prozess- und patientenorientierten Aufgabenerfüllung weichen.

5. Maßnahmen des Personalmanagements Die vorher beschriebenen Aspekte des sehr umfassenden Reformprozesses im RST waren jeweils durch gezielte Maßnahmen des Personalmanagements begleitet. Sie haben nach Ansicht der Spitalleitung erheblich zur heute verbesserten Situation des RST im kantonalen Gesundheitswesen geführt. Einzelne Funktionen, die im Wandlungsprozess als Katalysatoren wirkten, werden in den folgenden Abschnitten eingehender dargestellt.

381ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Personalgewinnung Seit Beginn des Veränderungsprozesses im RST wird bei der Besetzung neuer Stellen vermehrt Gewicht auf die Beurteilung der Sozial- und Persönlichkeitskompetenz gelegt. Dies aufgrund der Überlegung, dass die Fachkompetenz veränderbar ist, die Sozialkompetenz aber unter Umständen nicht oder nur bedingt. Die Einstellung des neuen Personals liegt im Verantwortungsbereich der einzelnen Ressorts. In der chirurgischen Klinik muss jeder der in Frage kommenden Kandidaten für eine offene Stelle im Pflegebereich einen Schnuppertag absolvieren. Das Pflegeteam und die Pflegedienstleiterin beurteilen anschließend, welcher Kandidat die Voraussetzungen am besten erfüllt. Bei der Gewinnung von Mitarbeitern des obersten Kaders wird eine Personalberatungsfirma beigezogen, welche die Rekrutierung und die Vorselektion der Kandidaten vornimmt. Personalentwicklungsmaßnahmen Im Vergleich mit anderen Reformen im öffentlichen Sektor legte das RST einen Schwerpunkt auf die Personalentwicklung. Folgende Elemente wurden in den Schulungen behandelt: „ Führungsschulung: Alle Führungskräfte (einschließlich Stationsleiter) des RST mussten nach der Einführung der neuen Organisationsstruktur eine umfassende Führungsschulung absolvieren. Zusammen mit einem externen Trainer wurde ein auf den Betrieb ausgerichtetes Führungstraining mit den Inhalten partizipative Führung, vernetztes Denken, Mitarbeitergesprächsführung und Mitarbeitermotivation durchgeführt. „ Kommunikationskompetenz: Über zwei Jahre wurden rund 250 Mitarbeiter (Kader und Mitarbeiter, die das Spital nach außen repräsentieren) von einem externen Kommunikationsfachmann gruppenweise geschult. Ein Teil des Seminars bildete jeweils eine offene Gesprächsrunde mit dem Direktor und dem Personalchef, um Vorstellungen einbringen zu können und vorhandene Ängste abzubauen. „ Ausbildungsgruppe: Zur Abklärung des fachlichen und sozialen Ausbildungsbedarfs bei den Mitarbeitern wurde im RST eine Fachgruppe „Aus- und Weiterbildung“ gebildet. Diese ist verantwortlich für die Zusammenstellung des Schulungsprogramms. In der Fachgruppe sind alle Mitarbeitenden vertreten, welche die Schulungsverantwortung in ihrem Ressort wahrnehmen. „ Kundenorientierung: Im Rahmen der Maßnahmenplanung zur Qualitätsverbesserung in der chirurgischen Klinik wurden beim gesamten Pflegepersonal ein zweitägiges Gesprächstraining und eine Schulung in Kundenorientierung durchgeführt. In der medizinischen Klinik wurden insbesondere die Coaches im Rahmen einer „Verkaufsschulung“ ausgebildet.

382ȱ

Prozessfunktionen

6.5

Personalinformation und -kommunikation Bei der Einführung der neuen Organisationsstruktur schuf man folgende Gremien, welche die Information der Belegschaft sicherstellen sowie die Möglichkeit der Mitwirkung am Unternehmensgeschehen einräumen sollen. „ Direktionsstab: Je ein Vertreter der Ressorts „operative Medizin“, „interne Medizin“ sowie „Dienstleistung und Administration“ bereiten zusammen mit dem Spitaldirektor die wesentlichen Geschäfte des Spitals vor. Durch die personelle Zusammensetzung des Stabes, die einen Einbezug der Funktionen „Arzt“, „Pflege“ und „Verwaltung“ sicherstellt, sind die drei Hauptfunktionen in der Spitalleitung weiterhin vertreten. „ Ressortkonferenz: Hier kommen alle Ressort- bzw. Klinikleiter monatlich zusammen, um über vorgegebene Tagesordnungspunkte zu diskutieren und sich über neue Entwicklungen informieren zu lassen. Die weitere Information der Mitarbeiter ist Sache der Ressortleiter. „ Kaderrapport: Alle Mitglieder der Spitalleitung, leitende Ärzte, Oberärzte, Oberpflegepersonal, Stationsleitungen und Dienstleiter (insgesamt ca. 50 Personen) werden hier monatlich über aktuelle Entscheidungen der Spitalleitung informiert und für zukünftig zu fällende Entscheide von großer Tragweite konsultiert. „ Spitalkonferenz: Hier wird der ganzen Belegschaft die Möglichkeit gegeben, sich über aktuelle Entscheide von allgemeinem Interesse zu informieren. Die Spitalkonferenz wird bei jeweiligem Bedarf einberufen. Eine weitere Maßnahme, um die Partizipation der Belegschaft am Unternehmensgeschehen zu gewährleisten, ist die seit 1996 bestehende Betriebskommission, in die 15 Mitarbeitende aus allen Berufsgruppen und Ressorts von der Belegschaft gewählt werden. Die Betriebskommission verfügt über ein festgelegtes Mitspracherecht. Die Spitalleitung ist verpflichtet, diese monatlich über Neuerungen zu informieren und anzuhören. Personalerhaltung Die Leistungsmotivation wird im RST vorwiegend durch immaterielle Anreizfaktoren gewährleistet, denn die materielle Entlohnung ist durch den Kanton relativ starr vorgegeben und wird durch die schlechte Finanzsituation eingeschränkt. Die wichtigsten Motivationsfaktoren stellen dabei die transparente Information, der möglichst weite Einbezug der Mitarbeitenden in Problemlösungsprozesse sowie das breite Weiterbildungsprogramm dar. Zudem werden die Mitarbeitenden hin und wieder mit kleinen Anerkennungen belohnt. Sie erhielten bspw. am Valentinstag eine Blume mit einem Gutschein für ein Fahrradnummernschild. Für die fortlaufende Motivation der Mitarbeiter ist es zudem wichtig, dass die Fortschritte der Veränderungsmaßnahmen bzw. die erbrachten Leistungen gemessen werden können. Im Operationssaal hat man mit einem Controllingsystem ein geeignetes Instrument zur Hand. In den Kliniken wird die Motivationswirkung u. a. durch die Erhebung der Patientenzufriedenheit erzeugt. Die medizinische Klinik führte zusammen mit dem Coach

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6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

eine entsprechende Patientenbefragung ein. Auch in der chirurgischen Klinik wird seit 1997 die Patientenzufriedenheit regelmäßig erhoben und die Resultate werden monatlich an die Mitarbeitenden weitergegeben. Das RST hat 1998/99 einen neuen Gesamtarbeitsvertrag ausgehandelt, der per 1. Januar 2000 eingeführt wurde. Dieser enthält keinen automatischen Lohnaufstieg mehr. Er ist abhängig von den Möglichkeiten des Betriebes und von der Qualifikation des Mitarbeiters. Damit ist die Grundlage geschaffen, um leistungsorientierte Lohnbestandteile auszubezahlen. Dabei ist festgelegt, dass nur der finanzielle Erfolg des Spitals und die Verbesserung der Qualifikation zu mehr Lohn führen können. Personalfreistellung Während des Veränderungsprozesses mussten Kadermitarbeiter, die nicht mehr bereit waren, die veränderte Philosophie des Unternehmens mitzutragen, durch neue ersetzt werden. In einem Fall wurde ein Outplacement mit Hilfe eines Personalberaters durchgeführt. In der chirurgischen Klinik wurden zwei Abteilungen zusammengelegt. Die Anpassung des Personalbestandes an die neue Struktur überließ man dem Ressort. Dabei kam es zu keiner einzigen Kündigung, obwohl Stellen gestrichen werden mussten. Eine erfolgreiche Bewältigung dieser Krise war nur durch den starken Einbezug der Mitarbeitenden möglich. Die Teams entschieden mit, wie der Stellenabbau erfolgen sollte. Man entschloss sich, die verschiedenen Arbeitspensen so auszugleichen, dass keine Kündigung notwendig wurde. In den Teams wurde anschließend die individuelle Situation des einzelnen Mitarbeiters diskutiert und die Festlegung der jeweiligen Arbeitspensen vorgenommen. Dieser von der Pflegedienstleiterin geleitete und vom Personalchef unterstützte Prozess wurde zu einem sehr wichtigen Teil der Mitarbeiterentwicklung in sozialer Hinsicht. Die Mitarbeitenden mussten verstärkt aufeinander eingehen und Verantwortung für das gesamte Team übernehmen.

6. Ergebnisse des Reformprozesses Folgende Aspekte können als wichtige Auswirkungen der vielseitigen Reformbemühungen im RST seit Anfang der 1990er Jahre betrachtet werden: „ Von 1993 bis 1998 nahm die Anzahl Pflegetage bei gleicher Patientenzahl um 26 Prozent ab und die Anzahl ambulant behandelter Patienten um 55 Prozent zu. Trotz rückläufiger Patientenzahlen bei den stationären Behandlungen im Kanton Bern konnten die Patientenzahlen im RST insgesamt gehalten werden. Im Bereich der Tagespatienten (teilstationärer Bereich) gelang es, sich gegenüber den Wettbewerbern zu etablieren und eine starke Position aufzubauen. Bis Ende 1998 konnte die Aufenthaltsdauer im Akutbereich auf 8,2 Tage gesenkt werden, wobei der Durchschnittswert aller sieben Regionalspitäler im Kanton Bern bei 9,9 Tagen liegt. Dies weist auf effizientere Prozessabläufe im RST hin. „ Trotz der um 6 Prozent verbesserten Bettenauslastung stieg der Personalbestand pro 100 betriebene Betten von 202 auf 230 Mitarbeiter

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Prozessfunktionen

6.5

wegen der von 317 auf 219 stark gesunkenen Bettenanzahl. Einen Teil trug der erhöhte Personalbestand in den (ambulanten) medizinischen Nebenbetrieben bei, was auf eine Erweiterung des Leistungsangebotes insbesondere in der medizinischen Diagnostik zurückzuführen ist. „ Die vielen Personalentwicklungsmaßnahmen im gesamten Spital förderten wesentlich fachliche und soziale Qualifikationen der Mitarbeitenden. Auch die Rekrutierung fachlich hoch stehender Personen hat sich verbessert. Das Image des RST als Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt konnte stark verbessert werden. Die Ergebnisqualität der medizinischen Leistungserbringung ließ sich bisher noch nicht erfassen. Anhand von Indikatoren (z. B. Anzahl unerwartete Rehospitalisationen und Reoperationen) soll dies aber zukünftig systematisch gemessen und einem Benchmarking unterzogen werden. „ Der Gesamtaufwand des RST erhöhte sich zwischen 1993 und 1996 von 65,0 auf 75,2 Mio. SFr. (+15,7 Prozent). Seit 1996 ist der Gesamtaufwand aber rückläufig (-1,8 Prozent), obwohl die Anzahl der behandelten Patienten stetig ansteigt. Die Kostensenkung ist v. a. auf die Verlagerung der Behandlungen vom stationären auf den teilstationären Bereich zurückzuführen. Aber auch die stark verringerte Aufenthaltsdauer und die verbesserte Bettenauslastung (Abbau fixer Kosten) wirken sich positiv aus. Trotz fallenden Kosten in den letzten Jahren wird das Defizit immer größer. Der Ertragsrückgang ist auf den zunehmenden Wettbewerbsdruck bei den Krankenkassen seit der Einführung des neuen Krankenversicherungsgesetzes, auf die kürzere Aufenthaltsdauer sowie den höheren Anteil allgemein hospitalisierter Patienten zurückzuführen. „ Positiv werden nach Ansicht der im Spital befragten Personen die folgenden Aspekte beurteilt: Die von den Patienten wahrgenommene Qualität (Ergebnisse der Patientenbefragungen), die hohe Mitarbeiterzufriedenheit trotz Veränderungsprozess aufgrund des starken Einbezuges und der aktiven Teilnahme an der Umsetzung, das verstärkt teamorientierte Arbeitsklima und weniger Grabenkämpfe zwischen den Funktionen sowie Abbau hierarchischer und funktionsbezogener Denkund Handlungsmuster aufgrund interdisziplinärer Projektgruppen. „ Die Fluktuationsrate als ein Indikator für die Mitarbeiterzufriedenheit sank von 25 Prozent vor dem Reorganisationsprozess auf 15 Prozent. Obwohl diese Ergebnisse das positive Fazit der Spitalleitung über den umfassenden Veränderungsprozess bestätigen, ist die Spitalentwicklung in Thun noch nicht abgeschlossen. Zurzeit wird über die Einführung eines verstärkt variablen Entlohnungssystems nachgedacht, das insbesondere im Rahmen der Personalerhaltung andere Anreize für die privatärztlichen Tätigkeiten am RST einführen soll.

ȱ

385ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

6.6 Direkt,ȱinterȬ aktionelleȱPerȬ sonalführungȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

Nachdemȱ inȱ denȱ bisherigenȱ Abschnittenȱ dieȱ OrganisationsȬȱ undȱ Steuerungsfunktionȱ sowieȱ dieȱ Prozessfunktionenȱ desȱ PersonalmaȬ nagementsȱ behandeltȱ wurden,ȱ widmetȱ sichȱ derȱ folgendeȱAbschnittȱ derȱdirekten,ȱinteraktionellenȱPersonalführungȱimȱöffentlichenȱSekȬ torȱundȱanalysiertȱdieȱBeziehungȱzwischenȱVorgesetztenȱundȱMitarȬ beiternȱ derȱ jeweiligenȱ organisatorischenȱ Einheiten.ȱ Wieȱ bereitsȱ beiȱ derȱ Schwachstellenanalyseȱ festgestelltȱ wurde,ȱ bestehtȱ dasȱ Zielȱ derȱ Personalführungȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ primärȱ inȱ derȱ Aktivierungȱ vonȱ Mitarbeitermotivationȱ undȱ Leistungsbereitschaft.ȱ Dieȱ starkȱ reȬ gelorientierteȱ Verwaltungskulturȱ hatȱ dieȱ Ausrichtungȱ aufȱ Leistungȱ langeȱ behindert.ȱ Dieȱ Verwaltungskulturȱ wirdȱ starkȱ durchȱ dasȱ VerȬ haltenȱ derȱ Führungskräfte,ȱ insbesondereȱ derenȱ Führungsstil,ȱ geȬ prägt.ȱ Dieȱ folgendenȱ Abschnitteȱ erläuternȱ dieȱ wesentlichenȱ Grundlagenȱ ausȱderȱFührungsforschung,ȱumȱdanachȱaufȱgezielteȱFührungstheoȬ rienȱundȱȬstileȱeingehenȱzuȱkönnen.ȱ

6.6.1

Grundlagen und Verantwortlichkeiten des Führungshandelns

6.6.1.1

Richtung des veränderten Führungsverhaltens

Klagesȱ untersuchteȱ anhandȱ vonȱ Mitarbeiterbefragungenȱ dasȱ FühȬ rungsverhaltenȱ derȱ Vorgesetztenȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ (vgl.ȱ Klagesȱ 1998:ȱ 61ȱ ff.).ȱAmȱ bestenȱ beurteiltȱ wurdenȱ u.ȱ a.ȱ dieȱ ErmögliȬ chungȱzurȱselbständigenȱArbeit,ȱdieȱhohenȱFachkenntnisseȱderȱVorȬ gesetzten,ȱ derenȱ Durchsetzungskraftȱ undȱ Eigeninitiative,ȱ angemesȬ seneȱ Leistungsforderungenȱ undȱ dieȱ nichtȱ ungerechteȱ KritikausȬ übung.ȱAlsȱDefizitbereicheȱresultiertenȱprimärȱdieȱfolgendenȱAspekȬ te:ȱ Dieȱ Rückmeldungȱ bzw.ȱ dasȱ Feedbackverhalten,ȱ dieȱ KritikfähigȬ keit,ȱ dasȱ Informationsverhalten,ȱ dieȱ Konfliktaustragungsfähigkeitȱ sowieȱdieȱVermittlungȱvonȱZielsicherheit.ȱ Dieȱ Schwächenȱ desȱ Vorgesetztenverhaltensȱ liegenȱ alsoȱ primärȱ imȱ BereichȱderȱSozialkompetenzȱundȱbetreffenȱAspekte,ȱwelcheȱinȱVerȬ bindungȱmitȱderȱGewährungȱvonȱmehrȱHandlungsspielraumȱunbeȬ dingtȱnotwendigȱsind.ȱ DieȱvonȱdenȱAutorenȱdurchgeführteȱUntersuchungȱbeiȱdenȱschweiȬ zerischenȱPublicȱManagementȬReformprojektenȱzeigt,ȱdassȱderȱPerȬ

386ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6

sonalführungȱnachȱAbschlussȱdesȱReformprojektesȱeinȱklarȱhöhererȱ Stellenwertȱ eingeräumtȱ wird.ȱ Nurȱ dieȱ Personalentwicklungȱ machtȱ nachȱEinschätzungȱderȱBefragtenȱeinenȱnochȱgrößerenȱBedeutungsȬ wandelȱdurch.ȱȱ Dabeiȱ wurdeȱ dieȱ Ausprägungȱ derȱ Führungskulturȱ inȱ derȱ Schweizȱ vonȱdenȱVerfassernȱanhandȱvonȱ12ȱKriterienȱuntersucht,ȱwelcheȱsichȱ nachȱAnsichtȱderȱBefragtenȱfolgendermaßenȱverändernȱwerdenȱ(vgl.ȱ Tabelleȱ26):ȱ

Tabelleȱ26ȱ

VeränderungȱderȱFührungsȬȱundȱKooperationskulturȱ Angaben: Mittelwerte auf der 4er-Skala 1 (trifft nicht zu) bis 4 (trifft völlig zu); Skalenmittelwert=2.5; n=bisherig/zukünftig

Ausprägungenȱ derȱFührungsȬ kulturȱ

bisheriger Stellenwert

zukünftiger Stellenwert

Zuverlässige und ordnungsgemäße Aufgabenausführung (n=55/57)

3.69

3.19

Anweisungen müssen respektiert werden (n=55/57)

3.27

3.11

Kooperativer und vertrauensvoller Umgang zwischen Führung und Mitarbeitenden (n=56/56)

2.95

3.63

Mitsprache und Kompromissfindungen gibt es sehr oft (n=55/57)

2.87

3.21

Man entscheidet nicht zu schnell und geht lieber „auf sicher“ (n=54/55)

2.70

1.96

Kontinuierliche und gewohnte Arbeitsprozesse werden gegenüber ausgefallenen und neuen Ideen bevorzugt (n=54/54)

2.69

1.94

Konflikte werden eher gemieden (n=55/55)

2.64

1.82

Störungsfreies Arbeiten hat hohe Priorität (n=55/54)

2.62

2.52

Kritische und genaue Überprüfung der Geführten (n=55/57)

2.36

2.44

Endresultate und deren schnelles Erreichen zählen, nicht das Verfahren (n=53/55)

2.51

2.71

Als Einzelkämpfer kommt man gut weiter (n=53/54)

2.06

1.48

Man macht, was man tun muss, doch nicht zuviel (n=55/55)

1.93

1.36

ȱ Dieȱ grauȱ schraffiertenȱ Felderȱ kennzeichnenȱ diejenigenȱ Merkmale,ȱ welcheȱeinenȱbisherigenȱStellenwertȱüberȱdemȱSkalenmittelwertȱaufȬ weisenȱ undȱ derenȱ Bedeutungȱ nachȱ Ansichtȱ derȱ Befragtenȱ rechtȱ deutlichȱ abnehmenȱ wird.ȱ Derȱ vertrauensvolleȱ Umgangȱ zwischenȱ denȱMitarbeitendenȱundȱVorgesetztenȱverzeichnetȱeinenȱvergleichsȬ weiseȱ starkenȱ Bedeutungsanstieg.ȱ Vorȱ allemȱ zweiȱ Aspekteȱ prägenȱ dieȱbisherigeȱVerwaltungskultur,ȱnämlichȱdieȱzuverlässigeȱundȱordȬ nungsgemäßeȱ Aufgabenausführungȱ undȱ derȱ Respektȱ gegenüberȱ

SozialkompeȬ tenzȱundȱZielȬ orientierungȱ

387ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Anweisungenȱ vonȱ oben.ȱ Betrachtetȱ manȱ dieȱ Veränderungenȱ vomȱ bisherigenȱzumȱzukünftigenȱStellenwert,ȱdannȱzeigtȱsichȱeineȱähnliȬ cheȱ Tendenzȱ wieȱ beiȱ denȱ Untersuchungenȱ vonȱ Klages.ȱ Eineȱ verȬ stärkteȱ Konfliktbereitschaft,ȱ teamorientiertesȱ undȱ kooperativesȱ ArȬ beiten,ȱwenigerȱordnungsgemäßeȱAufgabenausführungȱundȱschnelȬ lereȱ Entscheidungsprozesseȱ werdenȱ künftigȱ anȱ Bedeutungȱ gewinȬ nen.ȱZusammengefasstȱlassenȱsichȱalsoȱzweiȱSchwerpunkteȱimȱHinȬ blickȱaufȱdieȱPersonalführungȱerkennen:ȱ

„ StärkereȱBedeutungȱderȱSozialȬȱundȱTeamkompetenzenȱ „ MehrȱentscheidungsȬȱundȱzielorientiertesȱanstelleȱvonȱordnungsȬ gemäßemȱArbeitenȱ InȱdenȱnächstenȱAbschnittenȱgehtȱesȱumȱdieȱVoraussetzungenȱzuȱeiȬ nerȱ verbessertenȱ Personalführungȱ aufgrundȱ desȱ Menschenbildsȱ eiȬ nerȱ Führungskraftȱ sowieȱ umȱ dieȱ Erläuterungȱ möglicherȱ FührungsȬ konzepte,ȱwelcheȱfürȱFührungskräfteȱdesȱöffentlichenȱSektorsȱhandȬ lungsweisendȱseinȱkönnen.ȱ 6.6.1.2 IndividualmoȬ tiveȱundȱOrgaȬ nisationswerteȱ

388ȱ

Legitimation und Machtgrundlagen des Führungshandelns

DieȱVeränderungȱdesȱFührungsverhaltensȱmussȱinȱZusammenhangȱ mitȱderȱVeränderungȱderȱGesamtinstitutionȱbetrachtetȱwerden.ȱPerȬ sonalführungȱäußertȱsichȱgrundlegendȱimȱSpannungsfeldȱzwischenȱ Zielvorgabe,ȱ Motivationsfähigkeitȱ undȱ Ergebniskontrolle.ȱ Dieȱ VerȬ einbarkeitȱzwischenȱdenȱMotivstrukturenȱundȱWertenȱderȱOrganisaȬ tionȱ (imȱ institutionellenȱ Sinne)ȱ undȱ denjenigenȱ desȱ Einzelnenȱ stehtȱ amȱAnfangȱderȱSucheȱnachȱgeeignetenȱKonzeptenȱzurȱPersonalfühȬ rung.ȱ Ausȱ organisationssoziologischerȱ Sichtȱ resultierenȱ grundsätzȬ lichȱ dreiȱ verschiedeneȱ Organisationstypenȱ mitȱ unterschiedlichenȱ MotivationsȬȱ undȱ Kontrollstrukturenȱ (vgl.ȱ Etzioniȱ 1967:ȱ 96ȱ ff.ȱ undȱ Etzioniȱ 1965).ȱ Derȱ ersteȱ Typȱ kennzeichnetȱ dieȱ Zwangsorganisation,ȱ welcheȱmittelsȱHerrschaftsstrukturenȱundȱdarausȱfolgendemȱZwangȱ sowieȱBestrafungȱdieȱOrganisationszieleȱzuȱerreichenȱversucht.ȱTypȱ zweiȱ entsprichtȱ denȱ heutigenȱ Arbeitsorganisationen,ȱ beiȱ welchenȱ angestrebtȱ wird,ȱ durchȱ materielleȱ (teilweiseȱ auchȱ immaterielle)ȱ BeȬ lohnungsstrukturenȱ dieȱ Motivationȱ derȱ Mitarbeitendenȱ zuȱ aktivieȬ ren.ȱ Derȱdritteȱ Typȱ gewinntȱ dasȱ Engagementȱ derȱ Systemmitgliederȱ durchȱAppelleȱanȱdenȱgutenȱWillen,ȱanȱWerteȱundȱNormenȱ(nichtȱzuȱ verwechselnȱmitȱderȱjuristischenȱNorm!).ȱDiese,ȱjeȱnachȱOrganisatiȬ onstypȱunterschiedlichenȱMachtgrundlagenȱwirkenȱsichȱaufȱdieȱMoȬ tivationȱundȱdasȱEngagementȱderȱOrganisationsmitgliederȱausȱ(vgl.ȱ Tabelleȱ27).ȱȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6 Tabelleȱ27ȱ

OrganisationstypologieȱnachȱEtzioniȱ Typ I: Zwangsorganisation

Typ II: Utilitaristische Organisation

Typ III: Normative Organisation

Machtgrundlage

Zwang

Belohnung

Normen/Werte

Organisatorische Koordination

Unterwerfung

Kontrakt, Verhandlung

Konsens, Wertegemeinschaft

Individuelles Engagement

Entfremdet

Kalkulatorisch

Engagiert

Reaktionstypus

Resignation

Partizipation

Identifikation

Beispiel

Gefängnis

Unternehmung

Kirche

ȱ DieȱklassischeȱTypologieȱEtzionisȱistȱstarkȱvereinfachend,ȱkannȱaberȱ inȱeinerȱerstenȱAnnäherungȱzurȱBeschreibungȱderȱEntwicklungȱdesȱ öffentlichenȱSektorsȱverwendetȱwerden.ȱBetrachtetȱmanȱdasȱneueȱInȬ strumentariumȱ desȱ Publicȱ Managementsȱ (Leistungskontrakte,ȱ AnȬ reizsystemeȱusw.),ȱdannȱistȱeineȱHinwendungȱzumȱzweitenȱTypȱfestȬ stellbar.ȱMitȱBlickȱaufȱdasȱnichtȱaktivierteȱLeistungspotenzialȱimȱöfȬ fentlichenȱ Sektorȱ erhältȱ derȱ dritteȱ Typȱ eineȱ besondereȱ Bedeutung.ȱ Durchȱ Identifikationȱ mitȱ denȱ Organisationszielenȱ undȱ Ȭwertenȱ sollȱ Engagementȱ gefördertȱ undȱ dieȱ Leistungsmotivationȱ aktiviertȱ werȬ den.ȱ Eigentlichȱ enthieltȱ dasȱ bisherigeȱ Beamtentumȱ Ansätzeȱ dieserȱ normativenȱ Organisation.ȱ Eineȱ überausȱ starkeȱ Identifikationȱ mitȱ denȱbürokratischenȱPrinzipienȱundȱdarausȱfolgendenȱLoyalitätswerȬ tenȱ förderteȱ eineȱ ausgeprägteȱ Bindungȱ derȱ Mitarbeitendenȱ anȱ dieȱ staatlichenȱOrganisationen.ȱEsȱstelltȱsichȱdieȱkritischeȱFrage,ȱobȱderȱ gegenwärtigeȱKulturwandelȱimȱöffentlichenȱSektorȱzuȱeinerȱreinȱutiȬ litaristischenȱ Organisationȱ führenȱ sollȱ undȱ obȱ denȱ staatlichenȱ ArȬ beitgebernȱ damitȱ nichtȱ einȱ Attraktivitätsvorteilȱ abhandenȱ kommenȱ könnte.ȱVorȱdemȱHintergrundȱdesȱgesellschaftlichenȱAuftragsȱbietetȱ dieȱstaatlicheȱOrganisationȱihrenȱFührungskräftenȱeinȱgroßesȱPotenȬ zialȱanȱsinnstiftendenȱWertenȱundȱNormen,ȱwelcheȱanȱdieȱMitarbeiȬ tendenȱ weiterȱ gegebenȱ werdenȱ können.ȱ Somitȱ erhältȱ dieȱ PersonalȬ führungȱ inȱ staatlichenȱ Organisationenȱ ihreȱ Legitimationȱ einerseitsȱ ausȱdemȱvertraglichenȱArbeitsverhältnisȱaufȱderȱBasisȱvonȱKontrakȬ ten,ȱ andererseitsȱ aberȱ auchȱ ausȱ derȱ Identifikationȱ derȱ MitarbeitenȬ denȱ mitȱ denȱOrganisationszielenȱ undȱderȱ darausȱ entstehendenȱZuȬ sammenarbeit.ȱ

Engagementȱ undȱLeistungsȬ motivationȱ

ImȱRahmenȱvonȱFührungsbeziehungenȱzwischenȱVorgesetztenȱundȱ MitarbeiternȱspielenȱMachtprozesseȱeineȱwichtigeȱRolle.ȱDabeiȱwirdȱ unterȱ Machtȱ dieȱ Möglichkeitȱ seitensȱ desȱ Vorgesetzten,ȱ Einflussȱ aufȱ seineȱ Mitarbeiterȱ auszuüben,ȱ verstanden.ȱ Grundsätzlichȱ existierenȱ

Machtprozesse

389ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

unterschiedlicheȱGrundlagen,ȱaufȱdenenȱdieȱMachtȱeinesȱVorgesetzȬ tenȱ gründenȱ kann.ȱ InȱAnlehnungȱ undȱ Erweiterungȱ derȱ Systematikȱ vonȱFrenchȱundȱRavenȱwerdenȱdabeiȱfolgendeȱMachtquellenȱunterȬ schiedenȱ(vgl.ȱFrench/Ravenȱ1959:ȱ150ȱff.ȱundȱNeubergerȱ1995:ȱ955):ȱ

„ Belohungen:ȱ Wennȱ unterschiedlicheȱ Ressourcenȱ (Geld,ȱ StatusȬ symbole,ȱPrivilegienȱetc.)ȱzurȱBelohnungȱeingesetztȱwerden,ȱwirdȱ dasȱgewünschteȱVerhaltenȱwahrscheinlicher.ȱ

„ BestrafungenȱoderȱZwang:ȱDieȱMachtȱgründetȱsichȱaufȱderȱMögȬ lichkeit,ȱ unterschiedlicheȱ Bestrafungenȱ (Kündigung,ȱ LohneinȬ bussenȱetc.)ȱbeiȱnichtȱerwünschtemȱVerhaltenȱeinzusetzen.ȱ

„ Legitimität:ȱ Dieȱ Machtȱ gründetȱ aufȱ einerȱ Autoritätȱ „kraftȱ AmȬ tes“,ȱ dieȱ dazuȱ führt,ȱ dassȱ Anweisungenȱ befolgtȱ werden,ȱ daȱ dieȱ entsprechendeȱLegitimitätȱanerkanntȱwird.ȱ

„ Identifikation:ȱ Alsȱ Vorbildȱ undȱ Identifikationsfigurȱ könnenȱ AnȬ ordnungenȱgegebenȱwerden,ȱdieȱalleinȱschonȱaufgrundȱderȱemoȬ tionalenȱNäheȱzumȱ„Idol“ȱbefolgtȱwerden.ȱ

„ Expertentum:ȱWerȱüberȱeineȱgroßeȱExpertiseȱoderȱbesondereȱFäȬ higkeitenȱverfügt,ȱkannȱzielkonformesȱVerhaltenȱfördern.ȱ

„ Situation:ȱ Werdenȱ dieȱ Rahmenbedingungenȱ engȱ gesetztȱ (bspw.ȱ engmaschigeȱ Verfahrensregeln),ȱ kannȱ abweichendesȱ Verhaltenȱ ausgeschlossenȱwerden.ȱ 6.6.1.3

Menschenbilder als Grundlage der Personalführung

Vorgesetzteȱ verfügenȱ überȱ eineȱ eigeneȱ Sichtȱ derȱ Arbeitssituation,ȱ desȱUmfeldesȱundȱderȱihnenȱunterstelltenȱPersonen,ȱsog.ȱMenschenȬȱ undȱ Weltbilder.ȱ Diese,ȱ dieȱ Wirklichkeitȱ vereinfachendenȱ SichtweiȬ sen,ȱerleichternȱeinerȱPersonȱdieȱFührungsarbeitȱundȱdieȱdamitȱverȬ bundeneȱEntscheidungsfindungȱ(vgl.ȱWeinertȱ1995:ȱ1497ȱff.).ȱȱ Inȱ derȱ Arbeitssituationȱ wirdȱ dieȱ Personalführungȱ grundsätzȬ lichȱ vonȱ den Annahmenȱ einerȱ Führungskraftȱ überȱ dieȱ Naturȱ desȱMenschenȱgeprägt. ȱ Leitlinieȱdesȱ FührungsȬ handelnsȱ

Derȱ Kausalzusammenhangȱ zwischenȱ Menschenbildernȱ undȱ FühȬ rungsstilenȱ kannȱ empirischȱ nichtȱ nachgewiesenȱ werden.ȱ Dennochȱ istȱ davonȱ auszugehen,ȱ dassȱ Führungskräfteȱ dieȱ Komplexitätȱ reduȬ zierendeȱMenschenbilderȱalsȱLeitlinieȱihresȱFührungshandelnsȱwähȬ len.ȱȱ ȱ

390ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

Dieȱ folgendeȱ Zusammenstellungȱ skizziertȱ einigeȱ weitȱ verbreiteteȱ Menschenbilderȱ(vgl.ȱWeinertȱ1995:ȱ1499ȱf.):ȱ

6.6 Menschenbilder

„ DerȱMenschȱalsȱkognitivesȱWesenȱ Derȱ Menschȱ istȱ primärȱ durchȱ wirtschaftlicheȱ Anreizeȱ motivierȬ bar.ȱErȱistȱmanipulierbarȱundȱpassiv,ȱseineȱnatürlichenȱZieleȱweiȬ chenȱ vonȱ denȱ Organisationszielenȱ abȱ (vgl.ȱ Scheinȱ 1965).ȱ Diesesȱ Menschenbild,ȱ basierendȱ aufȱ derȱ Annahmeȱ desȱ rationalȬ ökonomischenȱ Menschenȱ nachȱ Schein,ȱ veranlasstȱ FührungskräfȬ te,ȱrestriktiveȱundȱüberwachungsorientierteȱpersonalwirtschaftliȬ cheȱ Instrumenteȱ einzusetzenȱ (Kontrolle,ȱ Akkordarbeit,ȱ fixeȱ ArȬ beitszeiten,ȱleistungsorientierteȱmaterielleȱAnreizsysteme).ȱ

„ DerȱMenschȱalsȱträges,ȱinaktivesȱWesenȱ Derȱ Menschȱ hatȱ eineȱ angeboreneȱAbneigungȱ gegenȱArbeit,ȱ desȬ halbȱ mussȱ erȱ unterȱ Umständenȱ durchȱ Strafandrohungȱ dazuȱ geȬ zwungenȱ undȱ beiȱ derȱ Arbeitȱ intensivȱ geführtȱ werden.ȱ Derȱ Menschȱ willȱ keineȱ Verantwortungȱ übernehmen,ȱ istȱ imȱ Berufȱ nichtȱ ehrgeizigȱ undȱ primärȱ sicherheitsorientiertȱ (vgl.ȱ McGregorȱ 1960).ȱ Dieseȱ Theorieȱ Xȱ vonȱ McGregorȱ fördertȱ eineȱ restriktiveȱ FührungȱmitȱklarenȱRegelungenȱundȱSanktionsmechanismen.ȱ

„ DerȱMenschȱalsȱzufriedenȱstellenderȱEntscheidungsfällerȱ Derȱ Menschȱ strebtȱ nichtȱ nachȱ vollkommenerȱ Information,ȱ erȱ kannȱ imȱ Berufȱ mitȱ fürȱ ihnȱ zufriedenȱ stellendenȱ Entscheidungenȱ gutȱ zurechtkommenȱ (vgl.ȱ March/Simonȱ 1965).ȱ Eineȱ vonȱ diesemȱ Menschenbildȱ geleiteteȱ Führungskraftȱ wirdȱ u.ȱa.ȱ ihreȱ MitarbeiȬ tendenȱinȱEntscheidungsprozesseȱeinbeziehen.ȱȱ

„ DerȱMenschȱalsȱsichȱentwickelndesȱWesenȱ Derȱ Menschȱ strebtȱ nachȱ Selbstkontrolleȱ undȱ SelbstverwirkliȬ chung.ȱInsofernȱwillȱerȱLeistungȱerbringen,ȱkreativȱseinȱundȱVerȬ antwortungȱ wahrnehmen.ȱ Diesȱ istȱ inȱ derȱ heutigenȱ Arbeitsweltȱ jedochȱ nurȱ bedingtȱ möglichȱ (vgl.ȱ McGregorȱ 1960).ȱ Eineȱ aufȱ dieȬ senȱ Grundannahmenȱ aufbauendeȱ Führungȱ gewährtȱ denȱ MitarȬ beitendenȱ dieȱ bestmöglicheȱ Ausübungȱ ihrerȱ Begabungenȱ mitȱ großemȱ HandlungsȬȱ undȱ Verantwortungsspielraumȱ beiȱ derȱ ErȬ füllungȱ einerȱ sinnstiftendenȱ Arbeitsaufgabe.ȱ Eigenständigkeitȱ undȱInnovationsfähigkeitȱwerdenȱbegrüßt.ȱ

„ DerȱMenschȱalsȱsozialesȱWesenȱ DerȱMenschȱwirdȱprimärȱdurchȱseineȱsozialenȱBedürfnisseȱmotiȬ viertȱ undȱ gewinntȱ seineȱ Identitätȱ ausȱ derȱ Beziehungȱ zuȱ seinenȱ Mitmenschen.ȱSozialeȱKräfteȱinnerhalbȱderȱGruppeȱwirkenȱstärȬ kerȱalsȱMaßnahmenȱdesȱVorgesetztenȱoderȱalsȱvonȱaußenȱgesetzȬ teȱAnreizeȱ(vgl.ȱScheinȱ1965).ȱEineȱFührungskraft,ȱdieȱsichȱanȱdieȬ semȱMenschenbildȱorientiert,ȱbemühtȱsichȱumȱeinȱBetriebsklima,ȱ

391ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

dasȱZugehörigkeitȱundȱgegenseitigeȱAkzeptanzȱfördert,ȱohneȱdasȱ Individuumȱ zuȱ vernachlässigen.ȱ Teamanreizeȱ stehenȱ jedochȱ vorȱ Individualbelohnungen.ȱ

„ DerȱMenschȱalsȱkomplexesȱWesenȱ Derȱ Menschȱ istȱ komplex,ȱ vielschichtigȱ undȱ wandlungsfähig.ȱ Erȱ istȱ lernfähigȱ undȱ verändertȱ seineȱ Motivstrukturenȱ inȱAbhängigȬ keitȱ vonȱ Zeitȱ undȱ Umweltȱ (vgl.ȱ Scheinȱ 1965).ȱ Dasȱ FührungsverȬ haltenȱentsprechendȱdiesemȱMenschenbildȱistȱnichtȱeindeutigȱbeȬ stimmbar.ȱ Derȱ Vorgesetzteȱ versucht,ȱ soȱ gutȱ wieȱ möglichȱ denȱ MitarbeitendenȱinȱAbhängigkeitȱvonȱseinerȱUmweltȱzuȱverstehenȱ undȱ Veränderungenȱ beiȱ seinerȱ Führungsarbeitȱ zuȱ berücksichtiȬ gen.ȱ Betonungȱderȱ SelbstverantȬ wortungȱ

Dieȱ derzeitigenȱ Veränderungenȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ bedinȬ genȱ auchȱ eineȱAbkehrȱ vonȱ Menschenbildelementen,ȱ welcheȱ fürȱ dieȱ Leistungsaktivierungȱ hinderlichȱ sind.ȱ Dieȱ beidenȱ erstgenanntenȱ Menschenbilderȱ kommenȱ demȱ bürokratischenȱ OrganisationsȬȱ undȱ Führungsansatzȱ undȱ denȱ tayloristischenȱ Führungsgedankenȱ amȱ nächsten.ȱ Eineȱ stärkereȱ Betonungȱ desȱ Mitarbeitendenȱ alsȱ nichtȱ maȬ ximierendes,ȱ sichȱ selbstȱ entwickelndes,ȱ sozialesȱ undȱ situationsabȬ hängigesȱ komplexesȱ Wesenȱ i.ȱS.ȱ derȱ letztenȱ vierȱ Menschenbilderȱ entsprichtȱ denȱ Forderungenȱ desȱ Publicȱ ManagementȬAnsatzesȱ undȱ wirdȱ derȱ Selbstverantwortungȱ desȱ einzelnenȱ Mitarbeitendenȱ geȬ recht.ȱ Dieȱ stärkereȱ Bedeutungȱ derȱ SozialȬȱ undȱ Teamkompetenzen,ȱ aberȱ auchȱ dieȱ zunehmendeȱ EntscheidungsȬȱ undȱ Zielorientierungȱ unterstützenȱeineȱNeuorientierungȱdesȱFührungsverständnissesȱderȱ VerwaltungskaderȱinȱfolgendeȱRichtungȱ(vgl.ȱBorgȱ1995:ȱ12ȱff.):ȱ

„ MitarbeiterȱalsȱIndividuumȱ Dieȱ Mitarbeitendenȱ verfolgenȱ eigene,ȱ auchȱ immaterielleȱ Ziele.ȱ Sieȱ denkenȱ eigenständig,ȱ nehmenȱ Einflussȱ aufȱ dasȱ OrganisatiȬ onsgeschehenȱ undȱ sindȱ unbequem.ȱ Derȱ Mitarbeitendeȱ interpreȬ tiertȱdieȱOrganisationsziele,ȱlehntȱsieȱteilweiseȱunterȱUmständenȱ auchȱ ab,ȱ vergleichtȱ sieȱ mitȱ denȱ eigenenȱ Zielenȱ undȱ entscheidetȱ individuellȱ überȱ seineȱ Leistungsbereitschaft.ȱ Dementsprechendȱ lässtȱ erȱ sichȱ aufȱ eineȱ Interessengemeinschaftȱ aufȱ Zeitȱ ein.ȱ Einȱ daraufȱaufbauendesȱFührungsverständnisȱfordertȱdieȱMitarbeiterȱ heraus,ȱvereinbartȱZieleȱmitȱihnen,ȱermöglichtȱErfolgserlebnisse,ȱ überträgtȱ ihnenȱ Verantwortungsbereicheȱ zurȱ Entfaltungȱ derȱ eiȬ genenȱFähigkeiten,ȱlässtȱFreudeȱanȱderȱArbeitȱzuȱundȱfördertȱdasȱ InteresseȱanȱdenȱArbeitsinhaltenȱundȱderȱOrganisation.ȱ

„ MitarbeiterȱalsȱPartnerȱ

392ȱ

DieȱOrganisationȱundȱderȱMitarbeitendeȱsindȱaufeinanderȱangeȬ wiesenȱ undȱ tragenȱ gegenseitigȱ zurȱ Zielerreichungȱ bei.ȱ Derȱ MitȬ arbeitendeȱ denktȱ unternehmerischȱ undȱ mussȱ nichtȱ kurzfristigȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6

belohntȱwerden.ȱSeineȱMeinungȱistȱinȱseinemȱVerantwortungsbeȬ reichȱ relevantȱ undȱ wirdȱ inȱ Entscheidungsprozesseȱ miteinbezoȬ gen.ȱDiesesȱMenschenbildȱerfordertȱvonȱderȱFührungskraftȱDeleȬ gationsbereitschaft,ȱ denȱ gegenseitigenȱ Respektȱ inȱ derȱ ZusamȬ menarbeitȱundȱdieȱBereitschaft,ȱeinȱgewissesȱRisikoȱeinzugehen.ȱ 6.6.1.4

Führungserfolg

FundierteȱAussagenȱzurȱPersonalführungȱimȱöffentlichenȱSektorȱlasȬ senȱsichȱnurȱtreffen,ȱwennȱzunächstȱgeklärtȱwird,ȱvonȱwelchenȱFakȬ torenȱ derȱ Führungserfolgȱ abhängigȱ ist.ȱ Umȱ dieȱ vielschichtigenȱ ZuȬ sammenhängeȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Mitarbeiterführungȱ aufzuzeigen,ȱ wirdȱdasȱfolgendeȱModellȱherbeigezogenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ56).ȱȱ

Abbildungȱ56ȱ

RahmenmodellȱderȱFührungȱ

Führungssituation

Führungsperson

Führungsverhalten

Führungserfolg

ȱ

DasȱModellȱbeschreibtȱinȱseinenȱGrundzügenȱdenȱEinflussȱvonȱFühȬ rungspersonȱundȱFührungsverhaltenȱaufȱdenȱFührungserfolgȱunterȱ Berücksichtigungȱ derȱ jeweiligenȱ Führungssituationȱ (vgl.ȱ Gebert/ȱ Rosenstielȱ 2002:ȱ 20).ȱ Derȱ grundlegendeȱ Gedankeȱ wurdeȱ bereitsȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Persönlichkeitstheorieȱ thematisiert.ȱ Soȱ stellteȱ Kurtȱ LeȬ winȱdasȱVerhaltenȱ(V)ȱalsȱdasȱErgebnisȱderȱInteraktionȱzwischenȱderȱ Personȱ(P)ȱundȱihrerȱUmweltȱ(U),ȱkurzȱVȱ=ȱf(P,ȱU),ȱdar,ȱwobeiȱUmȬ weltȱzweifelsohneȱalsȱSituationȱverstandenȱwirdȱ(vgl.ȱLewinȱ1936:ȱ11ȱ f.;ȱLewinȱ1963:ȱ271ȱundȱSchanzȱ2000:ȱ110).ȱ HauptanliegenȱdiesesȱRahmenmodellsȱistȱdieȱAnalyseȱderȱKriterienȱ desȱFührungserfolgs,ȱderȱdemȱModellȱzufolgeȱsowohlȱvonȱMerkmaȬ lenȱ derȱ Personȱ alsȱ auchȱ vonȱ Merkmalenȱ derȱ Situationȱ beeinflusstȱ wirdȱ (Comelli/Rosenstielȱ 2003:ȱ 87ȱ ff.).ȱ Damitȱ gehtȱ dieseȱ Sichtweiseȱ überȱdieȱAnnahmenȱderȱpersonalistischenȱFührungstheorieȱbzw.ȱEiȬ genschaftstheorieȱ (vgl.ȱ Kapitelȱ 6.6.2.1)ȱ hinaus,ȱ dieȱ historischȱ eineȱ wichtigeȱRolleȱ innerhalbȱ derȱ Führungsforschungȱ einnahm.ȱ Imȱ MitȬ

EigenschaftsȬ theorieȱ

393ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

telpunktȱderȱpersonalistischenȱFührungstheorieȱstehtȱderȱGrundgeȬ danke,ȱ dassȱ bestimmteȱ Persönlichkeitsmerkmaleȱ einerȱ FührungsȬ personȱ (Intelligenz,ȱ Alter,ȱ fachlicheȱ Kompetenzȱ etc.)ȱ fürȱ denȱ FühȬ rungserfolgȱentscheidendȱsindȱ(vgl.ȱGebert/Rosenstielȱ2002:ȱ185ȱf.).ȱȱ SituationsȬ ansatzȱ

DurchȱdieȱErgänzungȱderȱpersonalistischenȱFührungstheorieȱumȱsiȬ tuativeȱElementeȱwirdȱanerkannt,ȱdassȱesȱnichtȱeinenȱrichtigenȱFühȬ rungsstilȱ gibt,ȱ sondernȱ dassȱ dieȱ Führungȱ jeȱ nachȱ Situationȱ unterȬ schiedlichȱaussehenȱmuss.ȱDiesȱliegtȱzumȱeinenȱdaran,ȱdassȱderȱFühȬ rendeȱsichȱinȱunterschiedlichenȱSituationenȱunterschiedlichȱverhält.ȱ Zumȱ anderenȱ bestimmtȱ dieȱ Situationȱ (Kultur,ȱ OrganisationsstrukȬ tur,ȱ Gruppengröße,ȱ Funktion,ȱ Persönlichkeitsmerkmaleȱ derȱ MitarȬ beiter),ȱ obȱ dasȱ konkreteȱ Führungsverhaltenȱ tatsächlichȱ zumȱ geȬ wünschtenȱErfolgȱführt.ȱ Dasȱ ausȱ demȱ Führungsverhaltenȱ resultierendeȱ Handlungsergebnisȱ (Führungserfolg)ȱkannȱsomitȱalsȱProduktȱsämtlicherȱEinflussvariabȬ len,ȱdieȱinȱderȱPersonȱdesȱFührenden,ȱaberȱauchȱimȱsituativenȱKonȬ textȱbegründetȱsind,ȱinterpretiertȱwerden.ȱ 6.6.1.5

Führungsverantwortung

WieȱbereitsȱinȱKapitelȱ5ȱdargestellt,ȱkommtȱdemȱKongruenzprinzipȱ imȱ Rahmenȱ derȱ betriebswirtschaftlichenȱ Organisationslehreȱ eineȱ wichtigeȱ Bedeutungȱ zu,ȱ daȱ dargelegtȱ wird,ȱ dassȱAufgabe,ȱ KompeȬ tenzȱundȱVerantwortungȱeinesȱStelleninhabersȱeinanderȱentsprechenȱ müssen.ȱ Fürȱ Führungskräfteȱ istȱ dabeiȱ dasȱ Themaȱ Verantwortungȱ vonȱgroßerȱBedeutungȱ(vgl.ȱThomȱ1990a:ȱ7ȱf.).ȱ FremdȬȱundȱȱ EigenverantȬ wortungȱ

Verantwortungȱbeziehtȱsichȱaufȱ„[…]ȱdieȱPflichtȱeinerȱPerson,ȱfürȱdieȱ zielentsprechendeȱErfüllungȱeinerȱAufgabeȱpersönlichȱRechenschaftȱ abzulegen.“ȱ (Hauschildtȱ 1995:ȱ 2097).ȱ Beiȱ derȱ Betrachtungȱ vonȱ VerȬ antwortungȱkannȱzwischenȱFremdȬȱundȱEigenverantwortungȱunterȬ schiedenȱ werden.ȱ Währendȱ sichȱ dieȱ Fremdverantwortungȱ einerȱ FührungskraftȱnichtȱnurȱaufȱihrȱeigenesȱTun,ȱsondernȱauchȱaufȱdasȱ Handelnȱ ihrerȱ Mitarbeiterȱ bezieht,ȱ istȱ dieȱ Eigenverantwortungȱ daȬ durchȱ gekennzeichnet,ȱ dassȱ dieȱ Führungskraftȱ nurȱ fürȱ dieȱ eigeneȱ Aufgabenerfüllungȱ zurȱ Rechenschaftȱ gezogenȱ werdenȱ kannȱ (vgl.ȱ Thomȱ1990a:ȱ8ȱf.).ȱInȱgrößerenȱVerwaltungenȱistȱdasȱKonzeptȱderȱEiȬ genverantwortungȱvorteilhaft,ȱdaȱunterȱdemȱModellȱderȱFremdverȬ antwortungȱeineȱeffizienteȱArbeitsteilungȱnichtȱmöglichȱist,ȱsoȱdassȱ dasȱSystemȱunproduktivȱundȱleistungshemmendȱwirkt.ȱȱ

AusführungsȬȱ verantwortungȱ

Innerhalbȱ desȱ Konzeptsȱ derȱ Eigenverantwortungȱ wirdȱ weiterhinȱ zwischenȱ AusführungsȬȱ undȱ Führungsverantwortungȱ unterschieȬ den.ȱDieȱAusführungsverantwortungȱbeziehtȱsichȱdarauf,ȱdassȱ„[…]ȱ

394ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6

jedesȱ Mitgliedȱ derȱ Institutionȱ dieȱ Pflichtȱ undȱ dieȱ Bereitschaftȱ überȬ nimmt,ȱfürȱseinȱausführendesȱHandelnȱRechenschaftȱabzulegenȱundȱ sichȱdenȱentsprechendenȱSanktionenȱzuȱunterwerfen.“ȱ(Thomȱ1990a:ȱ 9).ȱ Demgegenüberȱ habenȱ Führungskräfteȱ dieȱ FührungsverantworȬ tungȱ überȱ dieȱAusführungsverantwortungȱ hinausȱ zuȱ tragen,ȱ daȱ sieȱ sichȱaufȱspezifischeȱAufgabenȱimȱFührungsprozessȱimȱHinblickȱaufȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ bezieht,ȱ dieȱ nichtȱ delegierbarȱ sind.ȱ Dazuȱ gehöȬ renȱinsbesondereȱ(vgl.ȱThomȱ1990a:ȱ9):ȱȱ 1. Zielbildungsverantwortungȱ Dieȱ Führungskraftȱ hatȱ dieȱ Verantwortung,ȱ Zieleȱ zuȱ bildenȱ undȱ Aufgabenȱ zuȱ präzisieren,ȱ dieȱ denȱ Mitarbeitendenȱ Orientierungȱ beiȱderȱErfüllungȱihrerȱAufgabenȱbieten.ȱ 2. Organisationsverantwortungȱ Dieȱ Führungskraftȱ hatȱ dieȱ Verantwortung,ȱ eineȱ geeigneteȱ ArȬ beitsteilungȱ undȱ Koordinationȱ festzulegen,ȱ wozuȱ auchȱ dieȱ MitȬ arbeiterauswahlȱundȱderȱMitarbeitereinsatzȱgehören.ȱ 3. Informationsverantwortungȱ Dieȱ Führungskraftȱ hatȱ dieȱ Verantwortung,ȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ überȱihreȱZieleȱsowieȱdieȱAufbauȬȱundȱAblauforganisationȱzuȱinȬ formieren.ȱ Dazuȱ gehörtȱ auchȱ einȱ umfassendesȱ EinstellungsgeȬ sprächȱ beiȱ Stellenantrittȱ (Einweisungsverantwortung),ȱ inȱ demȱ Aufgaben,ȱ Kompetenzȱ undȱ Verantwortungȱ desȱ neuenȱ MitarbeiȬ tersȱbeschriebenȱwerdenȱ(vgl.ȱHauschildtȱ1987:ȱ2001).ȱ 4. Kontrollverantwortungȱ DieȱFührungskraftȱhatȱdieȱVerantwortung,ȱfürȱdieȱergebnisȬ,ȱverȬ fahrensȬȱundȱverhaltensorientierteȱKontrolleȱderȱMitarbeiter.ȱDaȬ beiȱsindȱauchȱBeurteilungsaufgabenȱvorzunehmen,ȱwennȱeinȱbeȬ trieblichesȱPersonalbeurteilungssystemȱbesteht.ȱ 5. Förderungsverantwortungȱ DieȱFührungskraftȱhatȱdieȱVerantwortungȱfürȱdieȱFörderungȱundȱ EntwicklungȱihrerȱMitarbeiterȱimȱRahmenȱvonȱAusȬȱundȱWeiterȬ bildung,ȱKarriereȬȱundȱLaufbahnplanung,ȱEinsatzȱalsȱStellvertreȬ terȱetc.ȱȱ Nachdemȱ inȱ diesemȱ Kapitelȱ dieȱ zentralenȱ Grundlagenȱ desȱ FühȬ rungshandelnsȱ dargestelltȱ wurden,ȱ widmetȱ sichȱ derȱ folgendeȱ AbȬ schnittȱdenȱwichtigstenȱFührungstheorien.ȱȱ

395ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

6.6.2

Führungstheorien

Führungstheorienȱ dienenȱ dazu,ȱ dieȱ Bedingungen,ȱ Strukturen,ȱ ProȬ zesseȱ undȱ Konsequenzenȱ vonȱ Führungȱ aufzuzeigenȱ (vgl.ȱ WundeȬ rer/Grundwaldȱ 1980:ȱ 112).ȱ Aufgrundȱ ihrerȱ Bedeutungȱ imȱ Rahmenȱ derȱ Führungsforschung,ȱ dieȱ bereitsȱ inȱ Zusammenhangȱ mitȱ demȱ Führungserfolgȱdargelegtȱwurdeȱȱ(vgl.ȱKapitelȱ6.6.1.4),ȱwerdenȱinsȬ besondereȱeigenschaftsȬȱsowieȱsituationstheoretischeȱBetrachtungenȱ erläutert.ȱEinȱweitererȱAbschnittȱwidmetȱsichȱdarüberȱhinausȱdenȱInȬ teraktionsȬȱundȱVerhaltenstheorien.ȱ 6.6.2.1

Eigenschaftstheorien

Führungskraftȱ imȱMittelpunktȱ

DieȱEigenschaftstheorieȱgiltȱalsȱdieȱältesteȱFührungstheorie,ȱdieȱlanȬ geȱZeitȱdieȱVorstellungȱvonȱeffizientenȱundȱerfolgreichenȱFührungsȬ prozessenȱ dominiertȱ hat.ȱ Imȱ Mittelpunktȱ derȱ Eigenschaftstheorieȱ stehtȱ dabeiȱ derȱ Grundsatz:ȱ „Esȱ kommtȱ vorȱ allemȱ anderenȱ aufȱ denȱ Führerȱ oderȱ dieȱ Führerinȱ an!“ȱ (Neubergerȱ 2002:ȱ 223).ȱ Ausgehendȱ vonȱ derȱ Annahme,ȱ dassȱ bestimmteȱ Eigenschaftenȱ einerȱ FührungsȬ kraftȱ unabhängigȱ vonȱ Situation,ȱAufgabeȱ undȱ zuȱ führendenȱ MitarȬ beiternȱ entscheidendȱ fürȱ denȱ Führungserfolgȱ sind,ȱ stehtȱ dieȱ FühȬ rungskraftȱimȱMittelpunktȱderȱBetrachtungȱ(vgl.ȱDelheesȱ1995:ȱ897).ȱ AnhandȱzahlreicherȱempirischerȱAnalysenȱwurdeȱdaherȱuntersucht,ȱ welcheȱ Eigenschaftenȱ erfolgreicheȱ vonȱ nichtȱ erfolgreichenȱ Führernȱ unterscheiden.ȱȱ

Zeitlichȱstabileȱ Dispositionenȱ

Eigenschaftenȱ könnenȱ alsȱ zeitlichȱ stabileȱ Dispositionenȱ aufgefasstȱ werden,ȱdieȱsystematischȱinȱverschiedenenȱSituationenȱbeobachtbarȱ sindȱundȱuniversellȱvorkommenȱ(vgl.ȱNeubergerȱ2002:ȱ226).ȱSieȱgelȬ tenȱ alsȱ hypothetischeȱ Konstrukte,ȱ dieȱ nichtȱ materiellȱ greifbarȱ sind,ȱ sondernȱausȱVerhaltensinterpretationenȱgefolgertȱwerdenȱkönnen.ȱȱ

„Bigȱfive“Ȭ Faktorenȱ

Inȱ zahlreichenȱ Studienȱ wurdenȱ verschiedeneȱ PersönlichkeitsmerkȬ maleȱidentifiziertȱundȱgruppiertȱ(vgl.ȱzurȱÜbersichtȱNeubergerȱ1976ȱ undȱWunderer/Grunwaldȱ1980:ȱ113ȱf.),ȱwobeiȱbeiȱeinerȱVielzahlȱeinȱ korrelativerȱ Bezugȱ zumȱ Führungserfolgȱ aufgezeigtȱ werdenȱ konnteȱ (vgl.ȱRosenstielȱ2003:ȱ7).ȱInȱLiteraturȱundȱempirischerȱForschungȱhatȱ dabeiȱ dasȱ FünfȬFaktorenȬModellȱ derȱ Persönlichkeitȱ („bigȱ fiveȬ Faktoren“)ȱ großeȱ Aufmerksamkeitȱ erlangt,ȱ welchesȱ imȱ untensteȬ hendenȱBlickpunktȱdargestelltȱwird.ȱ ȱ

396ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

FünfȬFaktorenȬModellȱderȱPersönlichkeitȱ(nachȱNeubergerȱ2002:ȱ230)ȱ

6.6 ImȱBlickpunktȱ

1. Extraversion (gesprächig – ruhig; offen – verschwiegen; abenteuerlustig – vorsichtig; bestimmt – scheu; energisch - gehemmt) 2. Emotionale Stabilität (unerschütterlich - launenhaft; beherrscht - launenhaft; entspannt – angespannt; unemotional - emotional) 3. Verträglichkeit (warm – kalt; gutmütig – grob; kooperativ - misstrauisch; freundlich – unfreundlich; einfühlend - rüde) 4. Gewissenhaftigkeit (organisiert – desorganisiert; effizient – unpraktisch; ordentlich – schlampig; verantwortlich - verantwortungslos) 5. Offenheit für Erfahrungen (phantasievoll – geistlos; komplex – einfach; breite Interessen – enge Interessen; intellektuell - unintellektuell)

ȱ Dieȱ Eigenschaftstheorieȱ weistȱ eineȱ hoheȱ Bedeutungȱ fürȱ dieȱ Praxisȱ auf.ȱSoȱbasierenȱz.ȱB.ȱPersönlichkeitstests,ȱdieȱbeiȱAssessmentȱCenterȱ zurȱ Auswahlȱ vonȱ Nachwuchsführungskräftenȱ eingesetztȱ werden,ȱ u.ȱa.ȱ aufȱ denȱ Annahmenȱ derȱ Eigenschaftstheorie.ȱ Jedochȱ lässtȱ sichȱ alsȱKritikȱanȱdieserȱKonzeptionȱvorbringen,ȱdassȱdieȱPersonȱderȱFühȬ rungskraftȱ imȱ Vergleichȱ zuȱ anderenȱ Einflussbedingungenȱ überbeȬ wertetȱwirdȱundȱdassȱesȱnichtȱnurȱaufȱdieȱPersonȱallein,ȱsondernȱaufȱ dieȱ Interaktionȱ zwischenȱ Personȱ undȱ Situationȱ ankommtȱ (vgl.ȱ zurȱ Grundproblematikȱ derȱ Eigenschaftstheorieȱ Wunderer/Grunwaldȱ 1980:ȱ128ȱf.)ȱȱ

Überbewertungȱ derȱ Führungskraftȱ

Letztlichȱ sollteȱ nichtȱ vergessenȱ werden,ȱ dassȱ persönlichkeitsstarkeȱ Führungskräfteȱ nichtȱ automatischȱ gutesȱ Führungsverhaltenȱ anȱ denȱ Tagȱlegen.ȱFührungsverhaltenȱenthältȱauchȱeineȱnegativeȱSeiteȱ(„Badȱ Leadership“)ȱ undȱ erfordertȱ eineȱ ganzheitlichereȱ Betrachtungsweiseȱ (vgl.ȱKellermanȱ2004:ȱ11ȱff.).ȱȱ

BadȱLeadership

KellermanȱidentifiziertȱineffektiveȱsowieȱunethischeȱFührungȱalsȱdieȱ beidenȱKategorienȱschlechterȱFührung.ȱAufgrundȱfehlenderȱCharakȬ tereigenschaften,ȱmangelnderȱFähigkeitenȱoderȱschlechtȱausgearbeiȬ teterȱ Strategienȱ gelingtȱ esȱ ineffektivenȱ Führungskräftenȱ nicht,ȱ ihreȱ Zieleȱ zuȱ erreichenȱ undȱ dieȱ gewünschtenȱ Veränderungenȱ herbeizuȬ führen.ȱImȱGegensatzȱdazuȱfehltȱesȱunethischenȱFührungskräftenȱanȱ derȱFähigkeit,ȱzwischenȱrichtigȱundȱfalschȱzuȱunterscheiden,ȱsoȱdassȱ anerkannteȱ„codesȱofȱconduct“ȱverletztȱwerdenȱundȱderȱFührungsȬ prozessȱdarunterȱleidet.ȱȱ ȱ ȱ

397ȱ

6 Typologieȱ schlechterȱFühȬ rungȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Grundsätzlichȱ kannȱ derȱ Anteilȱ ineffektiverȱ sowieȱ unethischerȱ EleȬ menteȱ imȱ Führungsprozessȱ nieȱ exaktȱ festgestelltȱ werden.ȱ Umȱ denȬ nochȱdasȱBewusstseinȱfürȱdieȱKonsequenzenȱschlechterȱFührungȱzuȱ schärfenȱ undȱ dasȱ Wissenȱ überȱ ineffektiveȱ undȱ unethischeȱ Führungȱ zuȱverbessern,ȱschlägtȱKellermanȱeineȱTypologieȱschlechterȱFührungȱ vor,ȱ inȱ derȱ sieȱ dieȱ unterschiedlichenȱArtenȱ schlechterȱ Führungȱ wieȱ folgtȱunterscheidetȱ(vgl.ȱKellermanȱ2004:ȱ40ȱff.):ȱ 1. Inkompetenteȱ Führung:ȱ Derȱ Führungskraftȱ fehltȱ derȱ Willeȱ und/ȱ oderȱdieȱFähigkeit,ȱnachhaltigȱeffektivȱzuȱhandeln.ȱSieȱschafftȱesȱ nicht,ȱpositivenȱWandelȱherbeizuführen.ȱ 2. Starrköpfigeȱ Führung:ȱ Dieȱ Führungskraftȱ istȱ sturȱ undȱ unnachȬ giebig.ȱEsȱgelingtȱihrȱnicht,ȱsichȱanȱneueȱGegebenheiten,ȱInformaȬ tionenȱoderȱsichȱgrundlegendȱänderndeȱZeitenȱanzupassen.ȱ 3. Unbeherrschteȱ Führung:ȱ Derȱ Führungskraftȱ fehltȱ esȱ anȱ SelbstȬ kontrolle.ȱ 4. Kaltherzigeȱ Führung:ȱ Dieȱ Führungskraftȱ istȱ unfreundlichȱ oderȱ garȱgemein.ȱDieȱBedürfnisseȱundȱWünscheȱderȱmeistenȱMitglieȬ derȱ derȱ Organisation,ȱ v.ȱ a.ȱ derjenigenȱ untererȱ Hierarchiestufen,ȱ werdenȱignoriertȱoderȱalsȱunwichtigȱabgetan.ȱ 5. Korrumpierteȱ Führung:ȱ Dieȱ Führungskraftȱ lügtȱ undȱ betrügt.ȱ Mehrȱ alsȱ andereȱ stelltȱ sieȱ ihreȱ ureigenenȱ Interessenȱ überȱ dasȱ WohlȱderȱAllgemeinheit.ȱ 6. Engstirnigeȱ Führung:ȱ Dieȱ Führungskraftȱ schertȱ sichȱ wenigȱ oderȱ garȱ nichtȱ umȱ dieȱ Gesundheitȱ undȱ dasȱ Wohlȱ Außenstehender,ȱ d.ȱh.ȱnichtȱzurȱOrganisationȱGehörender.ȱ 7. Bösartigeȱ Führung:ȱ Dieȱ Führungskraftȱ kommuniziertȱ undȱ hanȬ deltȱ bösartigȱ undȱ setztȱ dasȱ Beifügenȱ vonȱ Schmerzȱ alsȱ MachtinȬ strumentȱein.ȱSieȱfügtȱihrenȱMitmenschenȱbeträchtlichenȱkörperȬ lichenȱoderȱpsychischenȱSchadenȱzu.ȱ

Interaktionȱ Personȱundȱ Situationȱ

398ȱ

Dieȱ erwähntenȱ Unzulänglichkeitenȱ derȱ Eigenschaftstheorieȱ führtenȱ zuȱeinerȱAbkehrȱvonȱreinȱanȱPersönlichkeitsmerkmalenȱorientiertenȱ Führungstheorien.ȱ Stattdessenȱ wurdeȱ verstärktȱ auchȱ dieȱ Situationȱ sowieȱdieȱInteraktionȱzwischenȱPersonȱundȱSituationȱinȱdieȱBetrachȬ tungȱ einbezogen.ȱ Dieserȱ Sichtweiseȱ liegtȱ dieȱ Erkenntnisȱ zugrunde,ȱ dassȱverschiedeneȱAnforderungenȱunterschiedlicheȱFührungseigenȬ schaftenȱerfordernȱundȱdassȱstabileȱPersönlichkeitsmerkmaleȱjeȱnachȱ Situationȱ unterschiedlicheȱ Ergebnisseȱ imȱ Hinblickȱ aufȱ denȱ FühȬ rungserfolgȱhervorbringenȱkönnenȱ(vgl.ȱYuklȱ2005:ȱ214).ȱInȱdenȱfolȬ gendenȱAbschnittenȱwerdenȱdaherȱInteraktionsȬ,ȱVerhaltensȬȱundȱSiȬ tuationstheorienȱderȱFührungȱausführlichȱbetrachtet.ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6.2.2

6.6

Verhaltens- und Interaktionstheorien

DasȱAugenmerkȱvonȱverhaltensȬȱundȱinteraktionstheoretischenȱFühȬ rungsansätzenȱ liegtȱ aufȱ derȱ Analyseȱ vonȱ Beziehungenȱ zwischenȱ Vorgesetztenȱ undȱ Mitarbeitern.ȱ Ausgehendȱ vonȱ derȱ Überlegung,ȱ dassȱ sichȱ dasȱ Führungsverhaltenȱ aufȱ bestimmteȱ Kriterienȱ desȱ FühȬ rungserfolgsȱ auswirkenȱ kann,ȱ stehenȱ dieȱ Handlungsweisenȱ vonȱ FührungskräftenȱimȱFokusȱderȱVerhaltenstheorie.ȱȱ DieȱmeistenȱverhaltenstheoretischenȱFührungsstileȱlassenȱsichȱdurchȱ zweiȱ voneinanderȱ unabhängigeȱ Dimensionenȱ beschreiben.ȱ Unterȱ derȱ Aufgabenorientierungȱ wirdȱ dieȱ Strukturierungȱ vonȱ Aufgaben,ȱ Rollen,ȱ InformationsȬȱ undȱ Kommunikationsbeziehungenȱ verstanȬ den,ȱwährendȱdieȱBeziehungsȬȱoderȱMitarbeiterorientierungȱdasȱverȬ trauensvolleȱundȱfreundschaftlicheȱVerhaltenȱgegenüberȱdenȱMitarȬ beiternȱ bezeichnet.ȱAusȱempirischenȱErhebungenȱlässtȱ sichȱfolgern,ȱ dassȱ eineȱ ausgeprägteȱ Mitarbeiterorientierungȱ derȱ Führungskraft,ȱ dieȱsichȱdurchȱWertschätzungȱundȱAnerkennungȱäußert,ȱzurȱZufrieȬ denheitȱderȱGeführtenȱbeitragenȱkann,ȱwährendȱdieȱAuswirkungenȱ aufȱdieȱLeistungenȱderȱMitarbeiterȱnichtȱbestimmbarȱsind.ȱInȱBezugȱ aufȱdieȱAufgabenorientierungȱzeigenȱempirischeȱStudienȱeinenȱposiȬ tivenȱ Zusammenhangȱ zwischenȱ Aufgabenstrukturierungȱ undȱ MitȬ arbeiterleistungȱ(vgl.ȱRosenstielȱ2003:ȱ12).ȱ

VerhaltensȬ theorienȱ

InteraktionstheorienȱbetrachtenȱdieȱFührungȱalsȱeinenȱProzessȱsoziaȬ lerȱ Interaktion.ȱ Daȱ Interaktionenȱ alsȱ wechselseitige,ȱ interpersonaleȱ Beziehungenȱverstandenȱwerdenȱkönnen,ȱwerdenȱnichtȱnurȱdieȱPerȬ sönlichkeitsmerkmaleȱ derȱ Führungskraft,ȱ sondernȱ auchȱ ihreȱ BezieȬ hungȱzuȱdenȱMitarbeiternȱalsȱEinflussfaktorȱaufȱdenȱFührungserfolgȱ betrachtet.ȱSomitȱunterstützenȱInteraktionstheorienȱdieȱVermutung,ȱ dassȱFührungsbeziehungenȱvonȱinteraktionellen,ȱkurzfristigenȱSituȬ ationenȱ undȱ wenigerȱ vonȱ strukturalenȱ sowieȱ längerfristigenȱ BeȬ stimmungsgrößenȱabhängenȱ(vgl.ȱBassȱ1990:ȱ44ȱff.).ȱȱ

InteraktionsȬ theorienȱ

6.6.2.3

Situationstheorie der Führung

Personale,ȱinteraktionelleȱundȱverhaltensorientierteȱEinflussfaktorenȱ werdenȱ durchȱ situativeȱ externeȱ sowieȱ interneȱ Merkmaleȱ derȱ UmȬ weltȱ einerȱ Führungskraftȱ ergänzt.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ istȱ esȱ vonȱ zentralerȱ Bedeutung,ȱ ausgehendȱ vomȱ spezifischenȱ FührungsȬ kontext,ȱdieȱAnforderungenȱundȱMöglichkeitenȱderȱFührungȱzuȱerȬ mitteln.ȱȱ DieȱersteȱsystematischȱentwickelteȱundȱauchȱbekanntesteȱFührungsȬ theorieȱistȱdieȱKontingenztheorieȱderȱFührungseffektivitätȱvonȱFiedȬ lerȱ (1967).ȱ Lautȱ Fiedlerȱ istȱ dieȱ Effektivitätȱ derȱ Führungȱ abhängigȱ

KontingenzȬ theorieȱ

399ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

(kontingent)ȱ vonȱ derȱ Beziehungȱ zwischenȱ Führungskraftȱ undȱ MitȬ arbeiter,ȱderȱPositionsmachtȱderȱFührungskraftȱsowieȱderȱAufgabenȬ struktur.ȱ Durchȱ dieȱ Operationalisierungȱ dieserȱ Faktorenȱ versuchteȱ Fiedlerȱaufzuzeigen,ȱwelcherȱFührungsstilȱunterȱwelchenȱBedingunȬ genȱamȱmeistenȱgeeignetȱist.ȱȱ Währendȱ dieȱ Kontingenztheorieȱ nurȱ aufȱ dreiȱ Situationsmerkmaleȱ beschränktȱwird,ȱlassenȱsichȱinȱeinemȱerweitertenȱBezugsrahmenȱeiȬ neȱ größereȱ Anzahlȱ Situationsvariablenȱ abbilden,ȱ welcheȱ dieȱ Wahlȱ desȱ optimalenȱ Führungsstilsȱ beeinflussenȱ (vgl.ȱ Thomȱ 1980:ȱ 345).ȱ Dabeiȱ stellenȱ insbesondereȱ dieȱ Spezifikaȱ desȱ öffentlichenȱ Sektorsȱ sowieȱdieȱCharakteristikaȱvonȱAufgabeȱundȱOrganisationȱsituationsȬ spezifischeȱMerkmaleȱdar,ȱdieȱsichȱaufȱdenȱFührungsstilȱauswirken.ȱ Begrenzteȱȱ GestaltungsȬ möglichkeitenȱ

ImȱGegensatzȱzurȱPrivatwirtschaftȱunterliegenȱInstitutionenȱdesȱöfȬ fentlichenȱ Sektorsȱ häufigȱ gesetzlichenȱ Regelungenȱ undȱ Vorgaben,ȱ dieȱinȱFormȱvonȱRichtlinienȱauchȱAnweisungenȱfürȱdieȱZusammenȬ arbeitȱ zwischenȱ Mitarbeiternȱ undȱ Führungskräftenȱ enthalten.ȱ DarȬ überȱ hinausȱ erfolgtȱ dieȱ Aufgabenerfüllungȱ traditionellȱ starkȱ regelȬ gebundenȱ undȱ arbeitsteiligȱ sowieȱ durchȱ eindeutigeȱ hierarchischeȱ Kompetenzaufteilung.ȱ Entscheidungsprozesseȱ sindȱ vielfachȱ durchȱ politischeȱ Strategienȱ beeinflusst.ȱ Dieȱ Gestaltungsmöglichkeitenȱ derȱ Vorgesetztenȱ sindȱ somitȱ begrenzt,ȱ soȱ dassȱ inȱ vielenȱ Fällenȱ stärkerȱ aufgabenȬȱ undȱ wenigerȱ zielbezogenȱ geführtȱ wird.ȱ Diesȱ bedeutet,ȱ dassȱ sichȱ Personalführungȱ oftȱ aufȱ dieȱ Kontrolleȱ derȱArbeitsabläufeȱ undȱ Ȭergebnisseȱ beschränkt,ȱ wodurchȱ einȱ direktiverȱ Führungsstil,ȱ derȱ dieȱ Handlungsspielräumeȱ derȱ Mitarbeiterȱ einschränkt,ȱ entstehtȱ (vgl.ȱKlages/Hipplerȱ1991:ȱ53ȱff.).ȱȱ DieȱverändertenȱsituativenȱBedingungenȱimȱöffentlichenȱSektorȱundȱ dasȱ Zielȱ einerȱ verbessertenȱ Verwaltungsführungȱ stellenȱ auchȱ neueȱ Anforderungenȱ anȱ denȱ Führungsstilȱ inȱ zahlreichenȱ Verwaltungen.ȱ WesentlicheȱForderungenȱdesȱPublicȱManagementsȱ(QualitätssicheȬ rung,ȱVerantwortungsbewusstsein,ȱWirkungsȬȱundȱKundenorientieȬ rung,ȱ Teamgeist,ȱ effizienteȱ AufbauȬȱ undȱ Ablaufstrukturenȱ sowieȱ transparenteȱ InformationsȬȱ undȱ Kommunikationsprozesse)ȱ lassenȱ sichȱnurȱerreichen,ȱwennȱderȱFührungsstilȱundȱdieȱMaßnahmenȱderȱ Mitarbeiterführungȱ aufȱ dieseȱ Forderungenȱ ausgerichtetȱ sindȱ (vgl.ȱ Hopp/Göbelȱ 2004:ȱ 249).ȱ Darüberȱ hinausȱ fordertȱ auchȱ dasȱ neueȱ Selbstverständnisȱ derȱ Mitarbeiterȱ alsȱ Individuenȱ mitȱ eigenenȱ BeȬ dürfnissenȱ undȱ Zielenȱ eineȱ Abkehrȱ vonȱ traditionellȱ hierarchischenȱ FührungskonzeptenȱimȱöffentlichenȱSektor.ȱ

400ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6.3

6.6

Führungskonzepte und Führungsstile

Inȱ diesemȱ Kapitelȱ werdenȱ verschiedeneȱ Führungskonzepteȱ undȱ Führungsstileȱvorgestellt.ȱDenȱSchwerpunktȱimȱerstenȱTeilȱbildetȱdasȱ Führungskonzeptȱ „Managementȱ byȱ Objectives“,ȱ welchesȱ ausführȬ lichȱdargestelltȱwird.ȱImȱzweitenȱTeilȱwerdenȱunterschiedlicheȱFühȬ rungsstileȱsowieȱFührungsstiltypologienȱvorgestellt,ȱwobeiȱdieȱdreiȬ dimensionaleȱFührungȱnachȱReddinȱdetailliertȱpräsentiertȱwird.ȱDenȱ AbschlussȱdesȱKapitelsȱbildenȱdieȱspezifischenȱAnsätzeȱzurȱFührungȱ imȱWandel.ȱ 6.6.3.1

Führungskonzepte

FührungskonzepteȱbildenȱdasȱFührungsgeschehenȱaufȱpragmatischeȱ undȱübersichtlicheȱWeiseȱabȱundȱdienenȱsoȱalsȱsystematischerȱOrdȬ nungsrahmenȱ zurȱ Erfassungȱ komplexerȱ Führungsphänomeneȱ (vgl.ȱ Eichhornȱetȱal.ȱ2003:ȱ390).ȱDieȱGrundlagenȱvonȱFührungskonzeptenȱ liegenȱzumȱeinenȱinȱderȱFührungsforschungȱmitȱdenȱErkenntnissenȱ ausȱ Führungstheorienȱ undȱ empirischenȱ Untersuchungen.ȱ Zumȱ anȬ derenȱ fließenȱ Erfahrungenȱ ausȱ derȱ FührungsȬȱ undȱ Beratungspraxisȱ inȱFührungskonzepteȱein.ȱȱ

Systematischerȱ OrdnungsȬ rahmenȱ

Durchȱ denȱ Einsatzȱ vonȱ Führungskonzeptenȱ wirdȱ eineȱ Steigerungȱ derȱ Effektivitätȱ (Leistungswirksamkeitȱ bezüglichȱ derȱ SachzielerreiȬ chung)ȱ undȱ derȱ Effizienzȱ (Leistungswirksamkeitȱ bezüglichȱ derȱ Formalzielerreichung)ȱ desȱ Führungserfolgsȱ angestrebt.ȱ Inȱ diesemȱ ZusammenhangȱnehmenȱFührungskonzepteȱunterschiedlicheȱFunkȬ tionenȱ wahr,ȱ wobeiȱ derȱ Gestaltungsfunktionȱ besondereȱ Bedeutungȱ zukommt.ȱAnsätzeȱwieȱdieȱFührungȱdurchȱZielvereinbarungȱstellenȱ normativeȱDenkmodelleȱdar,ȱdieȱAussagenȱzurȱoptimalenȱVerwirkliȬ chungȱvonȱFührungȱtreffen.ȱAufgrundȱihrerȱunmittelbarenȱPraxisreȬ levanzȱ sindȱ sieȱ insbesondereȱ fürȱ Führungspraktikerȱ eineȱ wichtigeȱ OrientierungsȬȱundȱGestaltungshilfe.ȱ

Normativeȱ Denkmodelleȱ

AusȱdemȱBlickwinkelȱderȱinȱdenȱvorigenȱAbschnittenȱfestgestelltenȱ SchwachstellenȱundȱderȱsichȱveränderndenȱAnforderungenȱanȱFühȬ rungskräfteȱ imȱ öffentlichenȱ Sektorȱ wirdȱ imȱ Folgendenȱ dasȱ ausgeȬ wählteȱ Führungskonzeptȱ derȱ Führungȱ durchȱ Zielvereinbarungȱ (Managementȱ byȱ Objectives)ȱ skizziert,ȱ mitȱ demȱ Führungsprozesseȱ besserȱgesteuertȱwerdenȱkönnen.ȱImȱAnschlussȱdaranȱwerdenȱunterȬ schiedlicheȱ Führungsstiltypologienȱ dargestellt,ȱ bevorȱ zumȱ AbȬ schlussȱdesȱFührungskapitelsȱdieȱFührungȱimȱWandelȱdetailliertȱbeȬ schriebenȱwird.ȱ

401ȱ

6 Führungȱdurchȱ ZielvereinbaȬ rungȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Peterȱ Druckerȱ (1954)ȱ kannȱ alsȱ „Erfinder“ȱ desȱ weltweitȱ verbreitetenȱ Führungsmodellsȱ „Managementȱ byȱ Objectivesȱ (MbO)“ȱ bezeichnetȱ werden.ȱInȱallenȱseinenȱWerkenȱbetontȱDruckerȱdieȱEffektivitätȱvonȱ Führungskräftenȱ –ȱ v.ȱa.ȱ imȱ klugenȱ Einsatzȱ derȱ zurȱ Verfügungȱ steȬ hendenȱ Mitarbeitendenȱ –ȱ alsȱ Schlüsselȱ zuȱ unternehmerischemȱ ErȬ folg:ȱ „Einȱ Managerȱ hatȱ erstensȱ Zieleȱ zuȱ setzen.ȱ Erȱ mussȱ festlegen,ȱ wieȱ dieseȱ Zieleȱ auszusehenȱ haben.ȱ Erȱ bestimmt,ȱ wasȱ getanȱ werdenȱmuss,ȱdamitȱdieȱZieleȱerreichtȱwerden.ȱErȱbewirktȱdieȱ UmsetzungȱderȱZielvorgabenȱinȱdieȱPraxis,ȱindemȱerȱsieȱjenenȱ Menschenȱ bekanntȱ gibt,ȱ derenȱ Leistungȱ zuȱ ihrerȱ Erreichungȱ nötigȱist.“ȱ(Kennedyȱ1998:ȱ68ȱf.). ȱ

ZieloperatioȬ nalisierungȱ

MbOȱ verfolgtȱ dasȱ Ziel,ȱ dieȱ einzelnenȱ Elementeȱ einesȱ sozialenȱ SysȬ temsȱ(alsoȱauchȱderȱVerwaltung)ȱaufȱdieȱübergeordnetenȱgemeinsaȬ menȱ Zieleȱ hinȱ zuȱ koordinieren.ȱ Diesȱ geschiehtȱ durchȱ eineȱ konseȬ quenteȱ Zieloperationalisierung,ȱ beiȱ welcherȱ dieȱ oberstenȱ Zieleȱ kasȬ kadenartigȱinȱverschiedeneȱUnterziele,ȱAbteilungsziele,ȱGruppenzieȬ leȱbisȱhinȱzuȱdenȱMitarbeiterzielenȱunterteiltȱundȱverfeinertȱwerden.ȱ Dieȱ Ergebnisseȱ derȱ Erfolgsbeurteilungȱ ziehenȱ sichȱ überȱ dieȱ PersoȬ nalerhaltungȱ bisȱ inȱ dieȱ Personalentwicklungȱ undȱ Ȭplanungȱ weiterȱ (vgl.ȱAbb.ȱ57).ȱȱ

MbOȬKriterienȱ

Inȱ Bezugȱ aufȱ dieȱ Personalführungȱ sindȱ fürȱ einȱ erfolgreichesȱ MbOȱ folgendeȱ Aspekteȱ zuȱ beachtenȱ (vgl.ȱ Gebert/Rosenstielȱ 2002:ȱ227ȱff.ȱ undȱdieȱdortȱzitierteȱLiteratur):ȱ

„ Zielpräzisierungȱ MitȱzunehmenderȱZielspezifizierungȱsteigtȱdieȱLeistungȱderȱMitȬ arbeitenden,ȱ daȱ dieȱ Ableitungȱ derȱ eigenenȱ Handlungspläneȱ fürȱ denȱMitarbeitendenȱvereinfachtȱwird.ȱBeiȱinnovativenȱAufgabenȬ stellungenȱ kannȱ dieȱ Zielspezifizierungȱ mitȱ zunehmenderȱ PräziȬ sierungȱ jedochȱ auchȱ einschränkendȱ wirken.ȱ Hierȱ empfiehltȱ esȱ sich,ȱ denȱ SuchȬȱ undȱ Handlungsspielraumȱ nichtȱ vonȱ vornhereinȱ einzuengen.ȱ

„ Zielinstrumentalitätȱ WennȱdieȱZielerreichungȱstarkȱvomȱzielförderlichenȱEngagementȱ abhängigȱist,ȱkannȱesȱsichȱlohnen,ȱdieȱZielerreichungȱmitȱBelohȬ nungenȱ zuȱ verbinden.ȱ Woȱ möglich,ȱ sollteȱ derȱ Belohnungswertȱ desȱ zielorientiertenȱ Handelnsȱ einenȱ intrinsischen,ȱ immateriellenȱ Teilȱ beinhalten.ȱ Eineȱ ausschließlicheȱ Verknüpfungȱ derȱ ZielerreiȬ chungȱ mitȱ extrinsischer,ȱ materiellerȱ Belohnungȱ imȱ Rahmenȱ desȱ MbOȱ istȱ zuȱ hinterfragenȱ („Leistungspeitsche“).ȱ Dasȱ MbOȱ istȱ alȬ lerdingsȱ dieȱ wesentlicheȱ Grundlageȱ fürȱ leistungsorientierteȱ EntȬ

402ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6

lohnungssysteme,ȱ dieȱ sowohlȱ materielleȱ alsȱ auchȱ immaterielleȱ Anreizeȱumfassen.ȱ

„ Partizipationȱ Dieȱ partizipativeȱ Zielvereinbarungȱ zwischenȱ Vorgesetztemȱ undȱ MitarbeitendemȱistȱnichtȱinȱjedemȱFallȱergebnisförderlich.ȱInsbeȬ sondereȱ beiȱ einerȱ Zielabsprache,ȱ dieȱ ausȱ derȱ Sichtȱ desȱ MitarbeiȬ tendenȱ eherȱ alsȱ negativȱ wahrgenommenȱ wirdȱ (z.ȱB.ȱ Sparziele),ȱ zeigenȱsichȱdieȱGrenzenȱderȱPartizipation.ȱDasȱAusmaßȱderȱParȬ tizipationȱ hängtȱ davonȱ ab,ȱ obȱ derȱ Zielvereinbarungsprozessȱ alsȱ kooperativeȱoderȱkompetitiveȱSituationȱwahrgenommenȱwird.ȱ

„ Zielhöheȱ Hoheȱundȱanspruchsvolle,ȱaberȱrealistischeȱZieleȱführenȱzuȱbesȬ serenȱ Leistungsergebnissenȱ alsȱ wenigȱ ambitionierteȱ Ziele.ȱ Dasȱ Anspruchsniveauȱ kannȱ auchȱ ausȱ Leistungsvergleichenȱ (z.ȱB.ȱ BenchmarkingȱmitȱanderenȱVerwaltungen)ȱabgeleitetȱwerden.ȱ

„ Feedbackȱ RückmeldungenȱzuȱbisherȱerreichtenȱTeilzielenȱundȱErmutigunȬ genȱfürȱdieȱweitereȱArbeitȱhabenȱeinenȱsehrȱgroßenȱEinflussȱaufȱ dieȱZielerreichung.ȱEindeutiges,ȱobjektiviertesȱ(faktenfundiertes)ȱ undȱschnellesȱFeedbackȱgehörenȱzurȱFührungsaufgabe.ȱ

„ Zielpluralitätȱ MehrereȱnebeneinanderȱexistierendeȱZieleȱsindȱinȱderȱPraxisȱkeiȬ neȱAusnahme.ȱ Derȱ Mitarbeitendeȱ priorisiertȱ imȱ Normalfallȱ dasȬ jenigeȱZielȱmitȱderȱhöherenȱZielattraktivitätȱundȱZielerreichungsȬ wahrscheinlichkeit.ȱSomitȱistȱesȱerforderlich,ȱbeiȱmehrerenȱZielenȱ klareȱ Prioritätenȱ zuȱ setzenȱ undȱ dieseȱ durchȱ dieȱ Förderungȱ derȱ ZielattraktivitätȱundȱErreichungswahrscheinlichkeitȱabzustützen.ȱ Dieȱ mitȱ derȱ Anwendungȱ vonȱ MbOȱ verbundeneȱ AufgabenȬȱ undȱ Kompetenzdelegationȱ ermöglichtȱ einenȱ größerenȱ HandlungsspielȬ raumȱfürȱdieȱMitarbeitenden.ȱFolglichȱkannȱderȱMitarbeitendeȱunterȱ BezugnahmeȱaufȱseineȱFähigkeitenȱundȱseinȱWissenȱeineȱkomplexeȬ reȱ Aufgabenstellungȱ eigenständigȱ lösen.ȱ Erȱ wirdȱ alsoȱ ermächtigt,ȱ dasȱzuȱtun,ȱwasȱerȱfürȱrichtigȱhält.ȱDadurchȱsteigtȱseineȱErwartung,ȱ dasȱ Zielȱ zukünftigȱ eigenständigȱ erreichenȱ zuȱ können.ȱ Diesȱ setztȱ beimȱMitarbeitendenȱdenȱMutȱzurȱÜbernahmeȱderȱsog.ȱHandlungsȬ verantwortungȱvoraus.ȱDieserȱwirdȱaberȱgebremst,ȱwennȱbeiȱNichtȬ erreichenȱderȱZieleȱderȱMitarbeitendeȱalsȱ„Sündenbock“ȱhingestelltȱ wird.ȱ Vielȱ besserȱ istȱ esȱ hingegen,ȱ MbOȱ alsȱ einȱ Instrumentȱ fürȱ perȬ sönlichesȱ undȱ organisatorischesȱ Lernenȱ einzusetzenȱ (sieheȱ RückȬ kopplungenȱinȱAbb.ȱ57).ȱ

HandlungsȬ verantwortungȱ

ȱ

403ȱ

DasȱGrundmodellȱMbOȱ(nachȱBleicher/Meyerȱ1976:ȱ242)ȱ Antizipieren von Situationsveränderungen

Abbildungȱ57ȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Gesamtpolitik der öffentlichen Institution / politische Ziele

Strategische Planung Strat. Ziele, Rahmenkontrakte

Maßnahmen

Operative Planung

Budgets

(Detail-)Leistungskontrakte

Individuelle Ziele Leistungsziele

Indiv. Entwicklungsziele

Innovationsziele

REALISATION Selbstkontrolle

Beurteilungskriterien

6

Fremdkontrolle

Leistungsbewertung Personalbeurteilung

Abweichungsanalyse

Fördergespräch

Gehaltsüberprüfung

Rückkopplung

Kooperative Erfolgsbeurteilung

Personalplanung Personalentwicklung

ȱ

DieȱHauptforderungȱdesȱMbOȱkannȱfolgendermaßenȱzusammengeȬ fasstȱwerdenȱ(vgl.ȱGebert/Rosenstielȱ2002:ȱ228ȱf.):ȱ Durchȱ dieȱ Festlegungȱ spezifischerȱ Zieleȱ erhältȱ derȱ MitarbeiȬ tendeȱ eineȱ klareȱ Orientierung,ȱ zugleichȱ wirdȱ derȱ Wegȱ zumȱ Zielȱ freigegebenȱ undȱ nichtȱ eingeengt.ȱ Eigenständigesȱ undȱ selbstverantwortlichesȱHandelnȱwirdȱdadurchȱmöglich.ȱ ȱ

404ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

DasȱVorgehenȱbeiȱeinemȱpartizipativenȱMbOȱsiehtȱfolgendermaßenȱ aus:ȱ

6.6 Vorgehenȱbeiȱ MbOȱ

1. VereinbarungȱvonȱZielenȱzwischenȱdemȱMitarbeitendenȱundȱderȱ Führungskraft:ȱErsteȱZielformulierungenȱzuȱdenȱbekanntenȱAufȬ gabenfeldernȱwerdenȱvomȱVorgesetztenȱundȱMitarbeitendenȱunȬ abhängigȱ voneinanderȱ erarbeitet.ȱ Esȱ empfiehltȱ sichȱ eineȱ KonȬ zentrationȱ aufȱ dreiȱ bisȱ fünfȱ Zieleȱ proȱ Mitarbeitenden.ȱ Imȱ GeȬ sprächȱoderȱauchȱnachȱmehrerenȱGesprächenȱerfolgtȱdieȱgemeinȬ same,ȱverbindlicheȱZielfestlegung.ȱ 2. Vereinbarungȱ vonȱ Leistungsstandardsȱ (Zielpräzisierung):ȱ Dieȱ Zieleȱ solltenȱ präziseȱ formuliert,ȱ terminbezogen,ȱ möglichstȱ mitȱ Indikatorenȱ undȱ Standardsȱ quantifiziert,ȱ durchȱ OberȬȱ undȱ UnȬ tergrenzenȱbestimmt,ȱwiderspruchsfrei,ȱrealistischȱundȱaufȱjedenȱ FallȱbezüglichȱderȱZielerreichungȱbeurteilbarȱsein.ȱDieȱErfahrungȱ zeigt,ȱdassȱdieseȱZielpräzisierungȱnichtȱfürȱalleȱHierarchiestufenȱ undȱ alleȱ Fachgebieteȱ einfachȱ oderȱ problemlosȱ durchführbarȱ ist.ȱ Sieȱ fälltȱ auchȱ leichterȱ beiȱ operationalenȱ Lenkungszielenȱ alsȱ beiȱ strategischenȱEntwicklungszielen.ȱ 3. Vereinbarungȱ vonȱ Überprüfungsverfahren:ȱ Beimȱ MbOȱ hatȱ dieȱ SelbstkontrolleȱdurchȱdieȱMitarbeitendenȱinȱZusammenhangȱmitȱ derȱ Eigenmotivationȱ eineȱgroßeȱ Bedeutung.ȱ Dieȱ Fremdkontrolleȱ wirdȱjedochȱnichtȱüberflüssigȱundȱdurchȱdieȱfestgelegtenȱIndikaȬ torenȱ ermöglicht.ȱAufȱ alleȱ Fälleȱ sollteȱ vonȱ einemȱ zuȱ engmaschiȬ genȱ Kontrollverfahrenȱ abgesehenȱ werden.ȱ Diesȱ wirktȱ repressivȱ undȱwidersprichtȱdemȱzielorientiertenȱMotivationsgedankenȱdesȱ MbO.ȱ Dasȱ MbOȱ istȱ einȱ Führungskonzept,ȱ dasȱ bestensȱ mitȱ demȱ neuenȱ SteuerungsmodellȱfürȱdenȱöffentlichenȱSektorȱharmoniert.ȱDerȱLeisȬ tungsauftragȱ zwischenȱ Politikȱ undȱ Verwaltungȱ istȱ imȱ Denkansatzȱ mitȱ demȱMbOȱ vergleichbar.ȱWährendȱdasȱ ersteȱ Instrumentȱ dieȱ ZuȬ sammenarbeitȱ zwischenȱ verschiedenenȱ Systemelementenȱ imȱ Staatȱ regelt,ȱistȱdasȱMbOȱeinȱFührungsmittelȱfürȱdieȱunmittelbareȱInterakȬ tionȱ zwischenȱ Menschen,ȱ dieȱ Verantwortungȱ aufȱ verschiedenenȱ Hierarchiestufenȱ tragen.ȱ MbOȱ istȱ zugleichȱ eineȱ Grundlageȱ fürȱ dasȱ Personalmanagement,ȱ z.ȱ B.ȱ fürȱ dieȱ Beurteilung,ȱ PersonalentwickȬ lungȱundȱGestaltungȱvonȱAnreizen.ȱ Tabelleȱ28ȱzeigtȱdieȱVorȬȱundȱNachteileȱderȱFührungȱdurchȱZielverȬ einbarung.ȱ

405ȱ

6 Tabelleȱ28ȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

VorȬȱundȱNachteileȱdesȱManagementsȱbyȱObjectivesȱ(MbO)ȱ Vorteile (Chancen)

Nachteile (Gefahren)

í Bessere Planung und Zielabstimmung im gesamten Unternehmen

í Mangelnde empirische Überprüfung der Wirkungsmechanismen

í Größere Flexibilität der Institution durch den geregelten Prozess der Zieländerung und -fortschreibung

í Unzureichende Erklärung der Abstimmung zwischen ökonomischen und individual-sozialen Zielen (Was geschieht bei Zielkonflikten?)

í Entlastung der Hierarchiespitze í Höhere Effektivität der Führung bei tendenziell höherer Zufriedenheit der Mitarbeitenden í Förderung der Leistungsmotivation, Eigeninitiative, Verantwortungsbereitschaft und Selbstregelungsfähigkeit í Objektivere Leistungsbeurteilung í Gezielte Personalentwicklung unter Berücksichtigung persönlicher Ziele

í Einsatz ist nicht auf allen Hierarchiestufen gleichermaßen möglich bzw. erwünscht (am besten geeignet für die mittleren Hierarchieebenen) í Vernachlässigung gruppendynamischer Aspekte (bilaterale Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden stehen im Vordergrund) í Neben der vertikalen Zielverfeinerung sollte die horizontale Zielabstimmung nicht vernachlässigt werden

í Innovationsförderliches Klima í Förderung der Partizipation í Verbesserung des Kontroll- und Informationssystems

6.6.3.2

Führungsstile

VerhaltensȬ musterȱeinerȱ Führungskraftȱ

Imȱ Gegensatzȱ zumȱ Führungsverhalten,ȱ welchesȱ jeȱ nachȱ Situationȱ starkȱ verändertȱ auftretenȱ kann,ȱ wirdȱ unterȱ demȱ Führungsstilȱ einȱ zeitstabiles,ȱ typisiertesȱ undȱ situationsinvariatesȱ Verhaltensmusterȱ einerȱFührungskraftȱverstandenȱ(vgl.ȱWundererȱ2007:ȱ204).ȱInȱderȱLiȬ teraturȱexistierenȱunterschiedlicheȱFührungsstilȬTypologien.ȱDieȱweȬ sentlichenȱwerdenȱimȱFolgendenȱdargestellt.ȱNachȱeinerȱErläuterungȱ derȱklassischenȱFührungsstilkonzeptionenȱvonȱMaxȱWeberȱundȱKurtȱ Lewinȱ werdenȱ inȱ einemȱ zweitenȱ Schrittȱ einȬȱ bisȱ dreidimensionaleȱ Führungsstiltypologienȱ skizziertȱ undȱ ausgewählteȱ Ansätzeȱ detailȬ lierterȱpräsentiert.ȱ

Idealtypenȱderȱ Herrschaftȱȱ

Maxȱ Weberȱ unterscheidetȱ traditionellȱ dreiȱ Idealtypenȱ derȱ HerrȬ schaft,ȱ dieȱ sichȱ inȱ unterschiedlichenȱ Führungsstilenȱ manifestierenȱ (vgl.ȱ Kapitelȱ1):ȱ derȱ charismatischeȱ Führungsstil,ȱ derȱ sichȱ aufȱ dieȱ HeldenkraftȱoderȱVorbildlichkeitȱderȱFührungskraftȱstützt,ȱderȱpatȬ riarchalischeȱ bzw.ȱ autokratischeȱ Führungsstil,ȱ derȱ aufȱ derȱ traditioȬ nalenȱHerrschaftȱbasiert,ȱsowieȱderȱbürokratischeȱFührungsstil,ȱdesȬ

406ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6

senȱ Legitimitätsgrundlageȱ dieȱ rationaleȱ Ordnungȱ istȱ (vgl.ȱ Weberȱ 1976:ȱ122ȱff.).ȱ EineȱalternativeȱKlassifikationȱvonȱFührungsstilenȱstammtȱvonȱKurtȱ Lewin,ȱ derȱinȱ Laborexperimentenȱ anȱ derȱ Universityȱ ofȱ Iowaȱ unterȬ schiedlicheȱFührungsstileȱeinanderȱgegenüberstellteȱundȱderenȱEinȬ flussȱ aufȱ dasȱ sozialeȱ Klimaȱ einerȱ Gruppeȱ undȱ dasȱ Verhaltenȱ ihrerȱ Mitgliederȱuntersuchteȱ(vgl.ȱLewin/Lippitt/Whiteȱ1939).ȱDieȱdarausȱ resultierendeȱ klassischeȱ Dreiteilungȱ vonȱ Führungsstilenȱ bildetȱ dieȱ ersteȱGrundlageȱderȱFührungsstilforschungȱundȱwirdȱimȱFolgendenȱ kurzȱbeschriebenȱ(vgl.ȱWunderer/Grunwaldȱ1980:ȱ222):ȱ

KlassischeȱFühȬ rungsstilȬ Typologieȱ

„ AutoritärerȱFührungsstilȱ DieȱFührungskraftȱbestimmtȱundȱlenktȱdieȱTätigkeitenȱihrerȱMitȬ arbeiter.ȱSieȱverteiltȱAufgaben,ȱ entscheidetȱ undȱ kontrolliert,ȱ woȬ hingegenȱdieȱMitarbeiterȱlediglichȱdieȱAnweisungenȱausführen.ȱ

„ DemokratischerȱFührungsstilȱ DieȱFührungskraftȱlegtȱWertȱaufȱeinȱkollegialesȱundȱkooperativesȱ Gruppenverhalten.ȱDieȱMitarbeiterȱbringenȱihreȱAktivitätenȱundȱ Zieleȱ inȱ dieȱ Gruppendiskussionenȱ einȱ undȱ werdenȱ inȱ dieȱ EntȬ scheidungsfindungȱeinbezogen.ȱ

„ LaissezȬfaireȱFührungsstilȱ DieȱFührungskraftȱüberlässtȱdenȱMitarbeiternȱvölligeȱFreiheitȱimȱ HinblickȱaufȱdieȱAufgabenerfüllung.ȱSieȱnimmtȱeineȱfreundliche,ȱ jedochȱpassiveȱHaltungȱein.ȱȱ Aufȱ Basisȱ derȱ Klassifikationȱ vonȱ Lewinȱ wurdenȱ Untersuchungenȱ mitȱ derȱ Zielsetzung,ȱ dieȱ Wirksamkeitȱ verschiedenerȱ Führungsstileȱ aufȱdieȱLeistungȱundȱdieȱZufriedenheitȱderȱMitarbeiterȱfestzustellen,ȱ durchgeführtȱ(vgl.ȱRosenstielȱ2005).ȱDieseȱwerdenȱinȱderȱfolgendenȱ Tabelleȱzusammengefasst.ȱ

Tabelleȱ29ȱ

WirksamkeitȱvonȱFührungsstilenȱ Kriterium

Autoritär

Demokratisch

Laissez-faire

Leistung

+ (-)

+ (+)

- (Entstehung autoritärer Führung in Gruppe)

Zufriedenheit

- (+)

+ (+)

+/-

()ȱ=ȱWirkungȱbeiȱAbwesenheitȱderȱFührungskraftȱ

407ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Kontinuumȱ desȱFührungsȬ verhaltensȱ

Inȱ Erweiterungȱ derȱ Führungsstiltypologienȱ vonȱ Weberȱ undȱ Lewinȱ erreichtenȱ idealtypischeȱ Konzepteȱ desȱ Führungsverhaltensȱ eineȱ großeȱ Popularitätȱ innerhalbȱ derȱ Führungsliteratur.ȱ Jeȱ nachȱ Anzahlȱ derȱbetrachtetenȱDimensionenȱlassenȱsichȱeinȬȱbisȱdreidimensionaleȱ Ansätzeȱunterscheiden.ȱDieȱeinfachsteȱeindimensionaleȱKlassifikatiȬ onȱistȱdieȱunmittelbarȱaufȱdasȱFührungsverhaltenȱbezogeneȱTypoloȬ gieȱ derȱ Mitarbeiterpartizipationȱ vonȱ Tannenbaumȱ undȱ Schmidtȱ (1958:ȱ 96).ȱ Dieseȱ ordnetȱ siebenȱ Führungsstileȱ nachȱ demȱ Gradȱ desȱ Entscheidungsspielraumsȱ vonȱ Führungskraftȱ undȱ Mitarbeiternȱ aufȱ einemȱ Kontinuumȱ undȱ wirdȱ daherȱ häufigȱ auchȱ alsȱ KontinuumȬ Theorieȱ bezeichnetȱ (vgl.ȱ Staehle/Sydowȱ 1987:ȱ 664).ȱ Dieȱ inȱ Abb.ȱ 58ȱ dargestellteȱKontinuumȬTheorieȱkannȱalsȱHeuristikȱverstandenȱwerȬ den,ȱdaȱsieȱmöglicheȱFührungsstileȱanhandȱverschiedenerȱMerkmaleȱ charakterisiert,ȱdadurchȱdieȱRealitätȱjedochȱvereinfachtȱundȱidealtyȬ pischȱdarstelltȱ(vgl.ȱScholzȱ2000:ȱ923).ȱȱ

Abbildungȱ58ȱ

KontinuumȱdesȱFührungsverhaltensȱ Autoritärer Führungsstil

Kooperativer Führungsstil

Entscheidungsspielraum des Vorgesetzten

Vorgesetzter entscheidet ohne Konsultation der Mitarbeiter

DreidimensioȬ naleȱFührungȱ nachȱReddinȱ

408ȱ

Vorgesetzter entscheidet; er ist aber bestrebt, die Untergebenen von seinen Entscheidungen zu überzeugen, bevor er sie anordnet

Entscheidungsspielraum der Gruppe

Vorgesetzter entscheidet; er gestattet jedoch Fragen zu seinen Entscheidungen, um durch deren Beantwortung deren Akzeptierung zu erreichen

Vorgesetzter informiert seine Untergebenen über seine beabsichtigten Entscheidungen; die Untergebenen haben die Möglichkeit, ihre Meinung zu äußern, bevor der Vorgesetzte die endgültige Entscheidung trifft

Die Gruppe entscheidet, nachdem der Vorgesetzte zuvor das Problem aufgezeigt und die Grenzen des Entscheidungsspielraumes festgelegt hat

Die Gruppe entscheidet, der Vorgesetzte fungiert als Koordinator nach innen und nach außen

ȱ

Dasȱ wichtigsteȱ dreidimensionaleȱ Konzeptȱ wurdeȱ vonȱ Williamȱ J.ȱ Reddinȱentwickelt.ȱReddinȱergänztȱeigenschaftstheoretischeȱAspekteȱ derȱ Personalführungȱ mitȱ einerȱ Situationskennzeichnung,ȱ wonachȱ dasselbeȱ Führungsverhaltenȱ inȱ verschiedenenȱ Situationenȱ eineȱ unȬ terschiedlicheȱWirkungȱ(Effektivität)ȱentfaltenȱkann.ȱ„Effektivitätȱistȱ dasȱ Ausmaß,ȱ inȱ demȱ einȱ Managerȱ Ergebnisseȱ erzielt,ȱ dieȱ erȱ aufȬ grundȱ seinerȱ Positionȱ erbringenȱ muss.ȱ Imȱ gesamtenȱ Bereichȱ derȱ FührungslehreȱgehtȱesȱhauptsächlichȱumȱdiesesȱKonzeptȱderȱEffekȬ tivitätȱ desȱ Managers.ȱ Dieȱ eigentlicheȱ undȱ einzigeȱ Aufgabeȱ einesȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6

Managersȱbestehtȱdarin,ȱeffektivȱzuȱsein.ȱDieȱEffektivitätȱmussȱdaherȱ amȱErtragȱ(output)ȱundȱnichtȱamȱEinsatzȱ(input)ȱgemessenȱwerden,ȱ anȱ dem,ȱ wasȱ einȱ Managerȱ erreichtȱ undȱ nichtȱ anȱ dem,ȱ wasȱ erȱ tut.“ȱ (Reddinȱ 1981:ȱ 17).ȱ Wirdȱ imȱ Rahmenȱ desȱ Publicȱ Managementsȱ vonȱ einerȱ „outputȬ“ȱ undȱ nichtȱ mehrȱ „inputorientierten“ȱ VerwaltungsȬ führungȱgesprochen,ȱdannȱlässtȱsichȱdieserȱGedankeȱdurchȱdasȱMoȬ dellȱvonȱReddinȱaufȱdieȱPersonalführungȱübertragenȱ(vgl.ȱAbb.ȱ59).ȱ

Abbildungȱ59ȱ

3ȬDȬFührungskonzeptȱvonȱReddinȱ 5 Situationselemente: Vorgesetzte / ArbeitskollegInnen / Mitarbeitende / Arbeitsweise / Organisation

Anforderungen

Vier Grundstile

Förderer

Integrierer

Verwalter

Macher

Beziehungsorientiert Beziehungsstil Gefälligkeitsapostel

Kompromissler

Kneifer

Autokrat

Integrationsstil

Verfahrens- Aufgabenstil stil

Situationsadäquat genutzter Grundstil: Effektivität hoch

Aufgabenorientiert

Nicht situationsadäquat genutzter Grundstil: Effektivität niedrig

ȱ

Derȱ dreidimensionaleȱ Ansatzȱ vonȱ Reddinȱ ausȱ denȱ OhioȬStateȬ Forschungenȱwirdȱhierȱvorgestellt,ȱdaȱerȱdemȱAnwenderȱeinenȱrechtȱ großenȱ Interpretationsspielraumȱ gewährtȱ undȱ imȱ Vergleichȱ zuȱ anȬ derenȱAnsätzenȱ nichtȱ eineȱ einzigeȱ Führungsformȱ alsȱ grundsätzlichȱ überlegenȱeinstuftȱ(vgl.ȱScholzȱ2000:ȱ947ȱf.).ȱSituativeȱFührungstheoȬ rienȱverdeutlichenȱdenȱAspekt,ȱdassȱeffektiveȱFührungȱletztlichȱnichtȱ nurȱ vonȱ derȱ Führungskraftȱ abhängt,ȱ sondernȱ ebensoȱ AufgabenȬ merkmale,ȱorganisatorischeȱRahmenbedingungen,ȱFührungsvorstelȬ lungenȱundȱȬerwartungenȱsowieȱdasȱVerhaltenȱderȱGeführtenȱeinenȱ EinflussȱaufȱdasȱFührungsergebnisȱbesitzenȱ(vgl.ȱKapitelȱ6.6.2.3).ȱ

Hohe FührungsȬ wirksamkeitȱ

409ȱ

6 SituationsȬ dimensionenȱ

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Dieȱ Situationsdimensionȱ umfasstȱ imȱ Konzeptȱ vonȱ Reddinȱ dieȱ fünfȱ situativenȱVariablenȱderȱOrganisation,ȱderȱArbeitsweise,ȱderȱVorgeȬ setzten,ȱ derȱ Arbeitskollegenȱ undȱ derȱ Geführten.ȱ Reddinsȱ Theorieȱ „[...]ȱverlangtȱvonȱeinemȱManager,ȱsichȱnachȱaußenȱaufȱdieȱSituationȱ hinȱzuȱkonzentrierenȱundȱnichtȱnachȱinnenȱaufȱsichȱselbst.“ȱ(Reddinȱ 1981:ȱ90).ȱDieȱ3ȬDȬTheorieȱstelltȱFührungskräfteȱalsȱaktiveȱMenschenȱ dar.ȱ„EsȱistȱdieȱAufgabeȱeinerȱFührungskraft,ȱdieȱSituationȱzuȱüberȬ wachenȱundȱzuȱsteuern,ȱundȱdamitȱmussȱsieȱzuerstȱsichȱselbstȱsteuȬ ern.ȱ Indemȱ dieȱ Situationȱ undȱ dieȱ Führungskraftȱ voneinanderȱ geȬ trenntȱgehaltenȱwird,ȱwirdȱdieȱTatsacheȱunterstrichen,ȱdassȱSituatioȬ nenȱ dazuȱ daȱ sind,ȱ dassȱ Führungskräfteȱ inȱ ihnenȱ arbeitenȱ undȱ ihreȱ Effektivitätȱ erhöhen.“ȱ(Reddinȱ1981:ȱ92).ȱAlleȱfünfȱVariablenȱstellenȱ situationsabhängigȱ unterschiedlicheȱ Anforderungenȱ anȱ dieȱ FühȬ rungskraftȱ undȱ verlangenȱ dieȱ kontextgerechteȱ Grundstilformȱ alsȱ BeitragȱzurȱEffektivität.ȱDasȱFührungsverhaltenȱmanifestiertȱsichȱimȱ Koordinatensystemȱ innerhalbȱ derȱ zweiȱ Dimensionenȱ BeziehungsȬȱ oderȱAufgabenorientierungȱinȱdenȱvierȱGrundstilenȱBeziehungsȬ,ȱInȬ tegrationsȬ,ȱ VerfahrensȬȱ undȱ Aufgabenstil.ȱ Dieseȱ vierȱ Grundstileȱ könnenȱsichȱnunȱjeȱnachȱAusprägungȱderȱdrittenȱDimension,ȱderȱSiȬ tuationsadäquanz,ȱ inȱ vierȱ effektivereȱ oderȱ vierȱ wenigerȱ effektiveȱ Führungsstileȱverändern.ȱȱ WieȱeineȱhoheȱFührungswirksamkeitȱdurchȱjedenȱderȱvierȱGrundstiȬ leȱerreichtȱwerdenȱkann,ȱlässtȱsichȱwieȱfolgtȱerläutern:ȱ

„ Derȱ durchȱ Regelnȱ undȱ Vorschriftenȱ geprägteȱ Verfahrensstilȱ erȬ reichtȱ hoheȱ Effektivitätȱ beimȱ Typusȱ „Verwalter“,ȱ derȱ fürȱ einȱ reiȬ bungslosesȱFunktionierenȱinnerhalbȱderȱSpielregelnȱsorgt.ȱErȱarȬ beitetȱ zuverlässig,ȱ fair,ȱ rationalȱ undȱ selbstbeherrscht.ȱ Hiermitȱ wirdȱ u.ȱ a.ȱ einȱ starkȱ verbreitetesȱ Führungsverhaltenȱ inȱ öffentliȬ chenȱVerwaltungenȱgekennzeichnet.ȱȱ

„ DerȱdenȱBeziehungsstilȱ(jederȱMitarbeitendeȱistȱeinȱIndividuum)ȱ pflegendeȱ Fördererȱ widmetȱ sichȱ seinenȱ Mitarbeitern,ȱ fördertȱ sieȱ undȱsorgtȱfürȱeineȱvertrauensvolleȱundȱkooperativeȱAtmosphäre.ȱ Adäquateȱ Situationenȱ fürȱ diesenȱ Stilȱ findenȱ sichȱ z.ȱB.ȱ inȱ ForȬ schungsabteilungenȱoderȱinȱeinerȱEinheitȱfürȱinterneȱTrainer.ȱ

„ Beimȱ Aufgabenstilȱ stehenȱ Leistungȱ undȱ Arbeitsergebnisȱ (z.ȱB.ȱ gemessenȱ anȱ Kennzahlen)ȱ imȱ Vordergrund.ȱ Einȱ Macherȱ kannȱ seinȱTeamȱdurchȱErfahrung,ȱFleiß,ȱpersönlichenȱEinsatzȱundȱLeisȬ tungȱzumȱErfolgȱführen.ȱErȱdiskutiertȱmitȱdenȱMitarbeitern,ȱwirdȱ aberȱ aufgrundȱ seinerȱ Fachkenntnisseȱ alsȱ Entscheidungsinstanzȱ akzeptiert.ȱDieserȱStilȱkannȱz.ȱB.ȱanȱderȱSpitzeȱderȱInstitutionen,ȱ inȱ produktionsorientiertenȱ Bereichenȱ mitȱ standardisiertenȱ ProȬ zessenȱundȱhohemȱOutput,ȱerfolgreichȱsein.ȱ

410ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6

„ DerȱIntegriererȱalsȱeffektiveȱAusprägungȱdesȱIntegrationsstilsȱakȬ zeptiertȱ undȱ entwickeltȱ dieȱ Persönlichkeitenȱ seinerȱ Mitarbeiter,ȱ koordiniertȱdieȱAufgabenȱdesȱTeams,ȱwecktȱdasȱEngagementȱundȱ istȱbezüglichȱKosten,ȱZeitȱundȱQualitätȱgeeignetȱfürȱProjektteamsȱ mitȱselbständigȱarbeitendenȱSpezialistenȱundȱklarenȱZielen.ȱ DamitȱdieseȱFührungsstileȱeffektivȱsind,ȱbedarfȱesȱfolgenderȱQualiȬ fikationenȱderȱFührungskräfteȱ(vgl.ȱdasȱBeispielȱimȱBlickpunkt):ȱȱ

Erforderlicheȱ Qualifikationȱ

1. OffenheitȱfürȱSituationsfaktoren:ȱdieȱFähigkeit,ȱdieȱBedingungenȱ undȱ Anforderungenȱ einerȱ Situationȱ (sieheȱ dieȱ genanntenȱ fünfȱ Variablen)ȱrichtigȱeinzuschätzenȱȱ 2. Führungsflexibilität:ȱdieȱFähigkeit,ȱdenȱFührungsstilȱdenȱsituatiȬ venȱBedingungenȱanzupassenȱ 3. Gestaltungsfähigkeit:ȱ dieȱ Fähigkeit,ȱ dieȱ Situationȱ oderȱ einzelneȱ Elementeȱgegebenenfallsȱselbstȱzuȱverändernȱ Reddinsȱ 3ȬDȬTheorieȱ betontȱ dieȱ Notwendigkeitȱ desȱ inȱ öffentlichenȱ Institutionenȱ verbreitetenȱ „Verwaltungsstils“.ȱ Gleichzeitigȱ werdenȱ dieȱ Qualifikationsanforderungenȱ aufgezeigt,ȱ welcheȱ denȱ „VerwalȬ tungsstil“ȱ alsȱ eineȱ situationsadäquateȱ Stilvarianteȱ charakterisieren,ȱ dieȱsowohlȱnegativeȱalsȱauchȱpositiveȱWirkungenȱentfaltenȱkann.ȱ

Vomȱ„Kompromissler“ȱzumȱ„Integrierer“ȱ

ImȱBlickpunktȱ

Auf einem Sozialamt steht die Führungskraft einem Dreierteam vor, das wegen einer neuen, besser ausgebildeten Mitarbeiterin Spannungen aufweist. Aufgrund der vier Arbeitsplätze, die sich in zwei Räumen befinden, und der unverzichtbaren Zusammenarbeit, entstehen schnell „Konfliktherde“. Eine Folge davon ist, dass immer wieder wichtige Informationen bezüglich der Sozialhilfeempfänger nicht oder nur ungenügend weitergeleitet werden und es öfters zu Unzuständigkeiten bei der laufenden Aktenbearbeitung kommt. Bisher wurde v. a. an das Verständnis der drei dienstälteren Mitarbeitenden für die neue Arbeitssituation appelliert (Kompromissneigung). Die Situationsanalyse zeigt folgende an den Amtsleiter gestellte Erwartungen:

„

Angesichts der häufigen Interaktion zwischen der Führungskraft und den Mitarbeitenden wird erwartet, dass alle gleich behandelt und gegenseitige Unkorrektheiten sowie Anschuldigungen nicht toleriert werden.

„

Infolge der stark partizipativen und kollegialen Organisationskultur werden keine neuen Regeln hinsichtlich Arbeitsteilung und Koordination erwartet.

„

Die Arbeitsweise innerhalb des Sozialamtes ist stark durch gegenseitigen Informationsaustausch und selbstverständliche Fortführung der von den Arbeitskollegen angefangenen Arbeiten geprägt.

„

Die negativen Auswirkungen auf die Vorgangsbearbeitung führen zu stärkeren Kontrollfragen der obersten Amtsleitung, da sehr viel Wert auf Termintreue und exakte Aufgabenerledigung gelegt wird.

411ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

Die Situationsanalyse führt zum Ergebnis, dass im beschriebenen Kontext einerseits eine deutliche Aufgabenorientierung hin zu fehlerfreier Fallbearbeitung, andererseits aber eine starke Beziehungsorientierung zur Verbesserung des Arbeitsklimas notwendig ist. Der situationsgerechte Integrationsstil verlangt vom Sozialamtsleiter somit die gezielte Eingliederung der neuen Mitarbeiterin unter gleichmäßiger Aufgaben-, Kompetenzen- und Verantwortungszuteilung an alle Mitarbeitenden unter Mitsprache aller. Das Ziel und der Zweck der Bearbeitung von Sozialfällen muss jedoch ebenso in den Vordergrund gerückt werden. Das ganze Team soll sich für die korrekte und empfängerfreundliche Fallbearbeitung gemeinsam verantwortlich fühlen. Der Amtsleiter wird zum Coach eines produktiven und harmonisch kooperierenden Teams, d. h. er integriert.

6.6.3.3

Führung im Wandel

Keinenȱ„oneȱ bestȱway“ȱ

Dieȱ inȱ denȱ bisherigenȱ Kapitelnȱ geschildertenȱ Führungsansätzeȱ verȬ körpernȱdieȱhistorischeȱEntwicklungȱderȱFührungsforschung.ȱDabeiȱ wirdȱ deutlich,ȱ dassȱ esȱ keinenȱ „oneȱ bestȱ way“ȱ derȱ Führungȱ gebenȱ kannȱ(vgl.ȱRidder/Schirmerȱ2005:ȱ257).ȱVielmehrȱsindȱdieȱFührungsȬ kräfteȱgefordert,ȱdenȱgrößerenȱSystemȬȱundȱInteraktionszusammenȬ hangȱzuȱerkennen,ȱinȱdemȱsieȱsichȱselbstȱbefindenȱundȱinȱdemȱauchȱ dasȱFührungsverhaltenȱstattfindet.ȱNurȱdannȱwerdenȱFührungskräfȬ teȱ durchȱ geeigneteȱ Verhaltensweisenȱ Einflussȱ aufȱ denȱ FührungserȬ folgȱ nehmenȱ können.ȱ Inȱ diesemȱ Zusammenhangȱ stelltȱ sichȱ insbeȬ sondereȱ dieȱ Frage,ȱ welcheȱ Rollenȱ undȱ Funktionenȱ Führungskräfteȱ aufȱ demȱ Wegȱ zuȱ einerȱ neuen,ȱ wirkungsorientiertenȱ VerwaltungsȬ führungȱeinnehmenȱsollten.ȱ

Transaktionaleȱ Führungȱ

Denȱ bisherȱ dargestelltenȱ Führungskonzeptionenȱ liegtȱ eineȱ transakȬ tionaleȱ Sichtweiseȱ i.ȱS.ȱ einerȱ Austauschbeziehungȱ zugrunde.ȱ Dieseȱ gehtȱdavonȱaus,ȱdassȱdieȱMitarbeitendenȱspezifischeȱZieleȱbesitzen,ȱ dieȱ sieȱ imȱ Rahmenȱ ihrerȱ Tätigkeitȱ verfolgenȱ (vgl.ȱ Burnsȱ 1978ȱ undȱ Bassȱ 1990:ȱ 319ȱ ff.).ȱ Auchȱ dieȱ Führungskraftȱ hatȱ differenzierteȱ ZielȬ vorstellungen,ȱ dieȱ sieȱ fürȱ sichȱ undȱ fürȱ dieȱ Verwaltungȱ umzusetzenȱ versucht.ȱDasȱVerhaltenȱderȱFührungskraftȱbasiertȱnunȱdarauf,ȱdenȱ Mitarbeiterȱ mitȱ Hilfeȱ vonȱ bedingtenȱ Belohnungenȱ undȱ ausnahmsȬ weisenȱ Interventionenȱ (Managementȱ byȱ Exception)ȱ zuȱ motivieren.ȱ Dieȱ Mitarbeiterȱ verfolgenȱ daherȱ inȱ ersterȱ Linieȱ ihrȱ Eigeninteresseȱ undȱgehenȱdabeiȱrationalȱvorȱ(vgl.ȱWartȱ2005:ȱ335ȱff.).ȱAlsȱVorgesetzȬ terȱkannȱdieȱmitȱderȱ„Transaktion“ȱverbundene,ȱeingeforderteȱLeisȬ tungȱ erwartetȱ werden.ȱ Transaktionaleȱ Führungȱ wirdȱ somitȱ nachȱ demȱPrinzipȱ„GebenȱundȱNehmen“ȱdurchgeführt.ȱȱ

TransformatioȬ naleȱFührungȱ

Imȱ Gegensatzȱ dazuȱ spieltȱ dieȱ Persönlichkeitȱ derȱ Führungskraftȱ beiȱ derȱ transformationalenȱ Führungȱ eineȱ entscheidendeȱ Rolle.ȱ Dieseȱ versucht,ȱdieȱMitarbeiterȱzuȱanimieren,ȱihreȱeigenenȱZielvorstellunȬ genȱ radikalȱ zuȱ verändernȱ undȱ sichȱ fürȱ übergeordneteȱ Zieleȱ einzuȬ

412ȱ

Personalführung und Leadership im öffentlichen Sektor

6.6

setzenȱ(vgl.ȱScholzȱ2000:ȱ948ȱf.).ȱDieȱMitarbeiterȱhandelnȱsomitȱnichtȱ mehrȱ ausȱ Eigeninteresse,ȱ sondernȱ identifizierenȱ sichȱ mitȱ denȱ InteȬ ressenȱ undȱ demȱ Erfolgȱ einerȱ größerenȱ Gruppeȱ oderȱ sogarȱ derȱ geȬ samtenȱ Organisationȱ (vgl.ȱ Wartȱ 2005:ȱ 335ȱ ff.).ȱ Transformationaleȱ Führungȱ verändertȱ dieȱ Wertebasisȱ vonȱ Führendenȱ undȱ Geführten.ȱ Sieȱ ermöglichtȱ letztlichȱ dieȱ Transformierungȱ gemeinsamerȱ Werteȱ undȱ Zieleȱ aufȱ eineȱ höhereȱ Ebeneȱ sowieȱ derenȱ Verinnerlichung.ȱ Transformationaleȱ Führungȱ istȱ durchȱ dieȱ vierȱ folgendenȱ Technikenȱ gekennzeichnetȱ(vgl.ȱBassȱ1990:ȱ206ȱff.):ȱ

„ Charisma:ȱ Dieȱ Geführtenȱ identifizierenȱ sichȱ mitȱ derȱ FührungsȬ kraftȱundȱnehmenȱdieseȱzumȱVorbild,ȱweilȱsieȱihnenȱeineȱerreichȬ bareȱVisionȱundȱMissionȱbietet.ȱ

„ Inspiration:ȱ Mitȱ Hilfeȱ vonȱ Symbolenȱ undȱ emotionalenȱAppellenȱ wirdȱdasȱBewusstseinȱundȱVerständnisȱfürȱgegenseitigeȱZieleȱgeȬ stärktȱ(sieheȱAbschnittȱzurȱsymbolischenȱFührung).ȱ

„ IntellektuelleȱStimulation:ȱDieȱGeführtenȱwerdenȱermutigt,ȱtradiȬ tionelleȱ Vorgehensweisen,ȱ ihreȱ eigenenȱ Werte,ȱ Überzeugungenȱ undȱErwartungenȱsowieȱjeneȱderȱFührungskraftȱundȱderȱOrganiȬ sationȱinȱFrageȱzuȱstellen.ȱ

„ Individualisierteȱ Fürsorge:ȱ Dieȱ Geführtenȱ werdenȱ individuellȱ undȱ gerechtȱ behandelt.ȱ Ihreȱ Bedürfnisseȱ werdenȱ situativȱ beachȬ tet.ȱ Gleichzeitigȱ kümmertȱ sichȱ dieȱ Führungskraftȱ umȱ dieȱ MögȬ lichkeitenȱ derȱ Geführten,ȱ Zieleȱ zuȱ verfolgenȱ undȱ HerausfordeȬ rungenȱzuȱbewältigen.ȱ Dieȱ transformationaleȱ Führungȱ nimmtȱ eineȱ zunehmendȱ wichtigereȱ Rolleȱein.ȱDabeiȱwirdȱinsbesondereȱdieȱBedeutungȱderȱSinnstiftungȱ durchȱ Führungskräfteȱ inȱ Veränderungsprozessenȱ betontȱ (vgl.ȱ RidȬ der/Schirmerȱ2005:ȱ257),ȱdieȱauchȱdenȱWandelȱimȱöffentlichenȱSektorȱ entscheidendȱ mitgestaltenȱ kann.ȱ Daȱ symbolischeȱ Handlungenȱ OriȬ entierungȱ imȱ Veränderungsprozessȱ gebenȱ undȱ somitȱ denȱ Wandelȱ aktivȱunterstützenȱkönnen,ȱistȱdieȱsymbolischeȱFührungȱeinȱwichtiȬ gesȱElementȱderȱtransformationalenȱFührung.ȱ

Sinnstiftungȱinȱ VeränderungsȬ prozessenȱ

Beiȱ derȱ symbolischenȱ Führungȱ zeichnetȱ sichȱ dieȱ Führungskraftȱ imȱ Wesentlichenȱdadurchȱaus,ȱdassȱsieȱeineȱVisionȱbesitztȱundȱdieȱOrȬ ganisationȱ primärȱ überȱ einenȱ Kulturwandelȱ zurȱ Zielerreichungȱ führt.ȱ Dieseȱ Visionȱ wirdȱ symbolischȱ durchȱ Worte,ȱ Zeremonien,ȱ RiȬ tualeȱusw.ȱvermitteltȱ(vgl.ȱKrügerȱ1994:ȱ220ȱff.ȱundȱRosenstielȱ1993:ȱȱ 55ȱff.).ȱȱ

Symbolischeȱ Führungȱ

Führungshandelnȱ kannȱ sichȱ einerseitsȱ anȱ derȱ Wirklichkeitȱ orientieȬ renȱ undȱ durchȱ Zielfestlegungenȱ dieȱ Veränderungȱ vonȱ Zuständenȱ anstreben.ȱAndererseitsȱhatȱjedochȱjedeȱFührungshandlungȱauchȱeiȬ

413ȱ

6

Führung und Förderung durch ein erweitertes Personalmanagement

neȱ symbolischeȱ Bedeutung,ȱ wodurchȱ Sinnȱ undȱ letztlichȱ LegitimatiȬ onȱvermitteltȱwerden.ȱDerȱsymbolischeȱGehaltȱeinesȱProjektbeginnsȱ beiȱderȱneuenȱVerwaltungsführung,ȱwieȱerȱbspw.ȱbeiȱeinemȱBundesȬ amtȱ imȱ Rahmenȱ einesȱ festlichenȱ Essensȱ fürȱ dieȱ ganzeȱ Belegschaftȱ vollzogenȱwurde,ȱhatȱeineȱganzȱandereȱWirkungȱimȱVergleichȱzuȱeiȬ nerȱschriftlichenȱInformationȱdurchȱdieȱProjektleitung.ȱ Einsatzȱvonȱ Symbolenȱ

FürȱdenȱEinsatzȱvonȱSymbolenȱgibtȱesȱvieleȱGelegenheitenȱ(z.ȱB.ȱderȱ ersteȱ Arbeitstag,ȱ dieȱ morgendlicheȱ Begrüßung,ȱ Kontaktformenȱ mitȱ ehemaligenȱMitarbeitenden,ȱGeburtstage,ȱFeierlichkeiten,ȱRaumgesȬ taltung,ȱArchitektur,ȱBekleidungȱusw).ȱJedeȱFührungskraftȱkannȱihrȱ Umfeldȱ aufȱ dieȱ Existenzȱ solcherȱ symbolhaltigenȱ Anlässeȱ undȱ VerȬ haltensweisenȱüberprüfen.ȱEinerseitsȱsolltenȱunterȱdenȱMitarbeitenȬ denȱ entstandeneȱ Symbolhandlungenȱ wederȱ zuȱ starkȱ unterstütztȱ nochȱverhindertȱwerden,ȱandererseitsȱkannȱdieȱFührungskraftȱselberȱ entsprechendeȱ Anlässeȱ initiierenȱ oderȱ symbolischesȱ Verhaltenȱ anȱ denȱ Tagȱ legen.ȱ Ausȱ organisationspsychologischerȱ Sichtȱ lässtȱ sichȱ folgenderȱGrundsatzȱformulierenȱ(Gebert/ȱRosenstielȱ2002:ȱ219):ȱȱ „Manȱkannȱnichtȱnichtȱsymbolischȱführen!“ȱ

Stabilisierungȱ informellerȱ Normenȱ

Symbolischeȱ Führungȱ wirdȱ insbesondereȱ inȱ vonȱ Unsicherheitȱ geȬ kennzeichnetenȱ Übergangsphasen,ȱ speziellȱ zuȱ würdigendenȱ oderȱ besondersȱ schwierigenȱ Situationenȱ wichtig.ȱ Symbolischeȱ HandlunȬ genȱ könnenȱ einȱ WirȬGefühlȱ erzeugenȱ undȱ zurȱ Stabilisierungȱ inforȬ mellerȱ Verhaltensnormenȱ führen.ȱ Besondersȱ relevantȱ werdenȱ sie,ȱ wennȱMitarbeitendeȱaufgrundȱihrerȱspeziellenȱfachlichenȱQualifikaȬ tionȱ durchȱ denȱ Vorgesetztenȱ fachlichȱ kaumȱ nochȱ gesteuertȱ werdenȱ können.ȱ Inȱ diesemȱ Fallȱ mussȱ derȱ Vorgesetzteȱ dieȱ Mitarbeitendenȱ durchȱGruppenzusammenhaltȱundȱMotivationȱaufȱgemeinsameȱZieȬ leȱ ausrichtenȱ können.ȱ Ebensoȱ zentralȱ wirdȱ dieseȱArtȱ vonȱ Führung,ȱ wennȱZweifelȱüberȱdieȱzuȱerreichendenȱZieleȱoderȱüberȱderenȱSinnȱ aufkommen.ȱ Dieȱ Orientierungsfunktionȱ inȱ Krisensituationenȱ kannȱ maßgeblichȱdurchȱsymbolischeȱFührungȱübernommenȱwerden.ȱAnȬ gesichtsȱderȱhäufigȱauftretendenȱFührungsaufgaben,ȱSpezialistenȱzuȱ koordinierenȱ sowieȱ derȱ fachlichenȱ Unterstützungȱ durchȱ Softwareȱ undȱ Expertensysteme,ȱ gewinntȱ dieȱ sozialeȱ undȱ kommunikativeȱ KompetenzȱanȱBedeutungȱundȱfördertȱeinȱneues,ȱsymbolischesȱFühȬ rungsverständnisȱ(vgl.ȱRosenstielȱ1993:ȱ58):ȱ Symbolischeȱ Führungȱ verleihtȱ inȱ Zeitenȱ kontroverserȱ MeiȬ nungen,ȱ desȱ Zweifels,ȱ derȱ Unsicherheit,ȱ derȱ WertȬȱ undȱ ZielȬ konflikteȱEindeutigkeitȱundȱvermagȱdenȱGlaubenȱanȱdieȱLegiȬ timitätȱderȱFührungȱzuȱstärken.ȱ ȱ

414ȱ

Schlusswort

Schlusswort Wirȱsindȱunsȱbewusst,ȱdassȱdiesesȱBuchȱundȱdasȱdarinȱvorgestellteȱ IOPȬFührungskonzeptȱ keinȱ Patentrezeptȱ istȱ undȱ eineȱ erfolgreicheȱ FührungȱvonȱöffentlichenȱInstitutionenȱnichtȱgarantierenȱkann.ȱFühȬ rungskräfteȱ desȱ staatlichenȱ Sektorsȱ bewegenȱ sichȱ immerȱ inȱ ihremȱ spezifischenȱKontext.ȱDazuȱkenntȱjedeȱNation,ȱRegionȱundȱauchȱdieȱ jeweiligeȱ Staatsebene,ȱ inȱ derȱ sichȱ dieȱ Institutionȱ befindet,ȱ andereȱ Rahmenbedingungenȱundȱ eigeneȱAnforderungenȱ anȱ dieȱ LeistungsȬ erfüllung.ȱInȱjederȱInstitutionȱstellenȱsichȱaberȱeinigeȱgrundlegendeȱ Fragen:ȱWirdȱeinȱgemeinsamesȱZielȱverfolgt?ȱSindȱdieȱProzesseȱaufȬ einanderȱ abgestimmt?ȱ Behindernȱ sichȱ Ziele,ȱ Strukturenȱ undȱ PersoȬ nenȱgegenseitigȱoderȱtragenȱsieȱgemeinsamȱzurȱErgebniserreichungȱ bei?ȱ Währendȱ Zielkonflikteȱ imȱ politischenȱ Aushandlungsprozessȱ notwendigȱ undȱ inȱ einerȱ lebendigenȱ Demokratieȱ anȱ derȱ TagesordȬ nungȱsind,ȱsoȱsollteȱvorȱallemȱdieȱLeistungserfüllungȱinȱVerwaltunȬ genȱ undȱ Behördenȱ eineȱ Zielrichtungȱ kennen.ȱ Diesȱ unabhängigȱ daȬ von,ȱobȱesȱsichȱdabeiȱumȱLeistungsprozesseȱderȱunmittelbarenȱPoliȬ tikvorbereitungȱ oderȱ umȱ dieȱ Erstellungȱ wenigerȱ politikrelevanterȱ Leistungenȱ handelt.ȱ Manȱ kannȱ solcheȱ Entwicklungenȱ sichȱ selbstȱ bzw.ȱdenȱtradiertenȱHandlungsmusternȱundȱgewachsenenȱAbläufenȱ überlassen,ȱwasȱjedochȱinȱallerȱRegelȱzuȱEffektivitätsȬȱundȱEffizienzȬ einbußenȱführenȱdürfte.ȱȱ VieleȱVerantwortungsträgerȱimȱstaatlichenȱSektorȱhabenȱinȱdenȱletzȬ tenȱ Jahrenȱ festgestellt,ȱ dassȱ insb.ȱ beiȱ derȱ Führungȱ imȱ öffentlichenȱ Bereichȱ großeȱ Verbesserungspotenzialeȱ vorhandenȱ sind.ȱ Insofernȱ bestehtȱdieȱMöglichkeit,ȱdiesenȱWandelȱzuȱeffektivererȱFührungȱzuȱ steuern.ȱSowohlȱMenschenȱalsȱauchȱsozialeȱSystemeȱsindȱaberȱnurȱinȱ einemȱ gewissenȱ Umfangȱ veränderbar.ȱ Ausȱ diesemȱ Grundȱ istȱ esȱ notwendig,ȱ einenȱ solchenȱ Wandlungsprozessȱ sehrȱ verantwortungsȬ vollȱ zuȱ gestaltenȱ imȱ Wissenȱ umȱ dieȱ Grenzenȱ derȱ betroffenenȱ MenȬ schenȱ undȱ Institutionen.ȱ Dasȱ IOPȬFührungskonzeptȱ willȱ geradeȱ inȱ diesemȱSinneȱdieȱbisherigenȱAnsätzeȱzumȱPublicȱManagementsȱumȱ vierȱzentraleȱAspekteȱerweitern.ȱDerȱZusammenhangȱzwischenȱVerȬ änderungenȱdesȱInnovationsniveaus,ȱerhöhterȱTransparenz,ȱderȱFleȬ xibilitätȱ vonȱ Institutionenȱ sowieȱ derȱ Motivationȱ undȱ Qualifikationȱ derȱ Mitarbeitendenȱ scheintȱ unsȱ ausȱ denȱ folgendenȱ Überlegungenȱ herausȱ eineȱ entscheidendeȱ Grundlageȱ fürȱ denȱ anstehendenȱ StrateȬ gieȬ,ȱStrukturȬȱundȱKulturwandelȱzuȱsein:ȱ

„ DieȱZieleȱstaatlichenȱHandelnsȱmüssenȱkonsequentȱaufȱdieȱLeisȬ tungenȱ undȱ Wirkungenȱ beiȱ denȱ jeweiligenȱ Anspruchsgruppenȱ ausgerichtetȱsein.ȱDaranȱsollenȱsichȱdieȱGedankenȱinnovationsfäȬ higerȱ Führungskräfteȱ undȱ Mitarbeiterȱ orientieren.ȱ Mitȱ dieserȱ Einstellungȱkannȱdieȱprimärȱdurchȱmöglichstȱgutȱvoraussehbare,ȱ

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Schlusswort

standardisierte,ȱreplizierbareȱundȱstabileȱVerfahrenȱgewährleisteȬ teȱ politischeȱ undȱ verwaltungsinterneȱ Verantwortungȱ durchȱ weȬ nigerȱ strukturierteȱ Innovationsprozesseȱ angereichertȱ werden.ȱ Dieseȱ ermöglichenȱ derȱ staatlichenȱ Institutionȱ letztlichȱ dieȱ ExisȬ tenzȱ alsȱ gleichwertigerȱ Partnerȱ nebenȱ anderenȱ WirtschaftsȬȱ undȱ Gesellschaftsbereichen.ȱ

„ Zurȱ Steigerungȱ derȱ Qualitätȱ undȱ Wirtschaftlichkeitȱ staatlicherȱ Aufgabenerfüllungȱ bedarfȱ esȱ spezifischerȱ Ansätzeȱ derȱ ErfolgsȬ kontrolle.ȱPunktuelleȱAufsichtsȬȱundȱKontrolltätigkeitenȱmüssenȱ durchȱdieȱlaufendeȱSteuerungȱanhandȱvonȱControllinginformatiȬ onenȱ ergänztȱ werden.ȱ Berichterstattungenȱ undȱ ManagementinȬ formationssystemeȱbasierenȱneuȱaufȱqualitativȱsowieȱquantitativȱ erhobenenȱ Datenȱ ausȱ Kennzahlensystemen,ȱ QualitätsmanageȬ mentmodellenȱundȱfürȱdieȱvertiefendeȱAnalyseȱherbeigezogenenȱ Evaluationsuntersuchungen.ȱ Politischeȱ wieȱ betrieblicheȱ EntȬ scheidungenȱ werdenȱ künftigȱ verstärktȱ steuerungsrelevanteȱ InȬ formationenȱbenötigenȱundȱdieȱÖffentlichkeitȱwirdȱvermehrteȱInȬ formationstransparenzȱfordern.ȱ

„ Zurȱ Sicherungȱ strategischerȱ Erfolgspotenzialeȱ istȱ einerseitsȱ eineȱ Konzentrationȱ aufȱ dieȱ staatlichenȱ Kernkompetenzenȱ notwendigȱ undȱ andererseitsȱ eineȱ vonȱ derȱ Zentralverwaltungȱ losgelöstereȱ Formȱ derȱ Aufgabenerfüllungȱ inȱ anderenȱ Aktivitätsbereichen.ȱ Diesȱ erfordertȱ grundsätzlichȱ flexibleȱ Organisationsstrukturen,ȱ dieȱ sichȱ wenigerȱ anȱ derȱ klassischȱ vertikalenȱ undȱ horizontalenȱ Arbeitsteilungȱ orientieren,ȱ sondernȱ organisatorischeȱ Lösungenȱ mitȱ abgestufterȱ staatlicherȱ Verantwortungȱ ermöglichen.ȱ Dieȱ Grundprinzipienȱ derȱ Flexibilisierungȱ undȱ Dezentralisierungȱ beȬ nötigenȱ zunächstȱ eineȱ Verankerungȱ inȱ denȱ Leitungsstrukturenȱ öffentlicherȱ Institutionenȱ zurȱ zielorientiertenȱ Steuerungȱ derȱ deȬ zentralenȱ Verantwortungszentrenȱ undȱ zurȱ konsequentenȱ OrienȬ tierungȱamȱLeistungsabnehmer.ȱȱ

„ DieȱNeuausrichtungȱbestehenderȱStrukturenȱimȱöffentlichenȱSekȬ torȱfordertȱvonȱdenȱStaatsangestelltenȱeineȱunternehmerischeȱArȬ beitshaltung,ȱ welcheȱ durchȱ dieȱ Aktivierungȱ bestehendenȱ LeisȬ tungspotenzialsȱ erreichtȱ werdenȱ kann.ȱ Dieȱ damitȱ verbundeneȱ Motivationserhöhungȱ undȱ umfassendereȱ Qualifikationȱ desȱ einȬ zelnenȱMitarbeitendenȱerfolgtȱdurchȱdenȱgezieltenȱAufbauȱeinesȱ erweitertenȱ Personalmanagements,ȱ dasȱ denȱ Wandelȱ vomȱ bisheȬ rigenȱ Personenstandswesenȱ zurȱ Mitarbeiterförderungȱ undȱ PerȬ sonalführungȱinȱderȱLinieȱunterstützt.ȱEinȱmodernisiertesȱPersoȬ nalinstrumentariumȱ verbundenȱ mitȱ einerȱ Verbesserungȱ derȱ diȬ rekten,ȱ interaktionellenȱ Personalführungȱ tragenȱ entscheidendȱ zumȱKulturwandelȱbei.ȱ

416ȱ

Schlusswort

AufȱdieserȱGrundlageȱeinerȱinȱihrenȱStrategien,ȱStrukturen,ȱProzesȬ senȱundȱinȱihrerȱKulturȱverändertenȱFührungȱöffentlicherȱInstitutioȬ nenȱscheintȱunsȱdieȱbeabsichtigteȱundȱwirkungsorientierteȱEinflussȬ nahmeȱ desȱ staatlichenȱ Sektorsȱ aufȱ seineȱ Umsystemeȱ inȱ angemesseȬ nerȱ Formȱ möglichȱ zuȱ sein.ȱ Nichtȱ mehrȱ derȱ Aufgabenvollzugȱ stehtȱ imȱ Zentrumȱ desȱ Verwaltungshandelns,ȱ sondernȱ dieȱ ergebnisorienȬ tierteȱ Leistungserbringungȱ amȱ Bürger,ȱ Kundenȱ oderȱ anderweitigȱ vomȱstaatlichenȱHandelnȱbetroffenerȱMenschenȱundȱInstitutionen.ȱȱ Wirȱ schließenȱ unsereȱ Ausführungenȱ mitȱ demȱ einleitendȱ zitiertenȱ undȱamȱ11.ȱNovemberȱ2005ȱverstorbenenȱPeterȱF.ȱDrucker.ȱAlsȱeinerȱ derȱVäterȱderȱmodernenȱManagementlehreȱundȱVordenkerȱdesȱheuȬ tigenȱManagementwissensȱstellteȱerȱvorȱüberȱ50ȱJahrenȱfest:ȱ „Dasȱ bestgehüteteȱ Geheimnisȱ imȱ Managementȱ istȱ dieȱ TatsaȬ che,ȱdassȱesȱdieȱersteȱsystematischeȱAnwendungȱvonȱTheorienȱ undȱPrinzipienȱdesȱManagementsȱnichtȱinȱeinemȱGeschäftsunȬ ternehmenȱ gab,ȱ sondernȱ imȱ öffentlichenȱ Sektor.“ȱ (Peterȱ F.ȱ DruckerȱinȱBeattyȱ1998:ȱS.ȱ120).ȱ ȱ Peterȱ F.ȱ Druckerȱ dachteȱ dabeiȱ anȱ dieȱ Reorganisationȱ derȱ USȬArmyȱ währendȱderȱPräsidentschaftȱvonȱTheodoreȱRooseveltȱ(1858ȱȬȱ1919).ȱ Könnteȱ esȱ nichtȱ sein,ȱ dassȱ nachȱ denȱ Reformenȱ imȱ Publicȱ ManageȬ mentȱ derȱ öffentlicheȱ Sektorȱ wiederȱ inȱ derȱ Lageȱ ist,ȱ „Benchmarks“ȱ fürȱbesteȱManagementpraktikenȱzuȱsetzen?ȱDieȱChancenȱsindȱintakt.ȱȱ ȱ ȱ

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