Psychische Distanz und Internationalisierung von KMU : empirische Untersuchung am Beispiel des sächsisch-tschechischen Grenzraumes 9783835009004, 3835009001 [PDF]


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Psychische Distanz und Internationalisierung von KMU : empirische Untersuchung am Beispiel des sächsisch-tschechischen Grenzraumes
 9783835009004, 3835009001 [PDF]

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Zitiervorschau

Radka Hodicová Psychische Distanz und Internationalisierung von KMU

WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT

Radka Hodicová

Psychische Distanz und Internationalisierung von KMU Empirische Untersuchung am Beispiel des sächsisch-tschechischen Grenzraumes

Mit einem Geleitwort von Prof. Cornelia Zanger

Deutscher Universitäts-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Dissertation Universität Chemnitz, 2006 Gedruckt mit freundlicher Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds

1. Auflage September 2007 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitäts-Verlag | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: Frauke Schindler / Anita Wilke Der Deutsche Universitäts-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0900-4

Geleitwort Die Bereitschaft zum Auslandsengagement hat im Gefolge der Globalisierung der Märkte auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen erreicht. Veränderte weltwirtschaftliche Rahmenbedingungen wie die Liberalisierung der Märkte, die Gründung und Erweiterung internationaler Gemeinschaften sowie das Zusammenwachsen im „Global Village“ durch moderne Informations- und Kommunikations-, aber auch Produktions- und Transporttechnik eröffnen gerade auch den kleinen und mittelständischen Unternehmen erfolgversprechende Perspektiven im Auslandsgeschäft. Die wirtschaftswissenschaftliche Forschung setzt sich seit langem mit Fragen der Auslandsaktivität von Unternehmen auseinander. Große Aufmerksamkeit wird dabei u. a. der Bestimmung und Analyse von Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung gewidmet. Neben unternehmensbezogenen Faktoren wie den finanziellen Ressourcen wird auch der Einfluss unternehmerbezogener Faktoren auf die Internationalisierungsentscheidungen untersucht. Hervorgehoben werden dabei allerdings eher objektive Merkmale der Entscheidungsträger wie z. B. Alter, Ausbildung bzw. Fremdsprachenkenntnisse. Eine detaillierte Betrachtung der persönlichen Einstellungen der Unternehmer gegenüber bestimmten Internationalisierungsstrategien sowie gegenüber bestimmten Auslandsmärkten erfolgt dagegen nur selten. Insb. bei der Vorauswahl geeigneter Auslandsmärkte spielen neben den sachlichen Gründen und strategischen Einschränkungen jedoch auch spezifische Werthaltungen des Unternehmers eine bedeutende Rolle, die auf Sympathie zu bestimmten Ländern oder auf deren Abneigung beruhen. Diese subjektiven Einflüsse auf Internationalisierungsentscheidungen erlangen besondere Relevanz, wenn der Persönlichkeit des Unternehmers bei der Entscheidung eine zentrale Rolle zukommt, wie dies bei inhabergeführten kleinen und mittelständischen Unternehmen der Fall ist. Seiner eingeschränkten Rationalität zufolge werden bei der Erweiterung der Unternehmenstätigkeit über die Landesgrenzen hinaus einige Märkte bevorzugt, während andere nach objektiven Kriterien vergleichbare Länder vernachlässigt werden. Die Autorin wendet sich in ihrer Arbeit genau dieser Fragestellung zu. Als geeignete Internationalisierungsstrategie wird von kleinen und mittelständischen Unternehmen häufig eine Kooperation mit ausländischen Partnern angesehen. Als geeigneten theoretischen Zugang zur Erklärung von Internationalisierungsverhalten im Zusammenhang mit der persönlichen Einstellung des Unternehmers gegenüber einem Auslandsmarkt kann die Autorin das Konstrukt der psychischen Distanz identifizieren. Die wissenschaftlichen Befunde zur Beschreibung des Konstrukts der psychischen Distanz, das zur Erklärung der individuellen soziokulturellen Präferenz für bestimmte Märkte beitragen soll, sind jedoch inkonsistent. Die Autorin wendet sich deshalb einer wissenschaftlich sehr anspruchsvollen Aufgabe zu, wenn sie das Konstrukt der psychischen Distanz im Kontext der grenzüberschreitenden Kooperation untersucht und dabei präzise auf Grundlage von qualitativen Interviews konzeptualisiert. Besondere Aktualität erhält die Arbeit durch das Untersuchungsfeld, die grenzüberschreitende Kooperation sächsischer und tschechischer Unternehmer von kleinen und mittelV

ständischen Unternehmen, die im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung neue Chancen, aber auch Risiken der Zusammenarbeit eröffnet. Die Autorin kann mit ihrer Arbeit neue und z. T. überraschende Einsichten in die Denkhaltung von Unternehmern vermitteln und eine Fülle von praxisrelevanten Hinweisen für die Unterstützung von Kooperationsvorhaben von staatlicher und unternehmensbezogener Seite entwickeln. Vor diesem Hintergrund wendet sich die Monographie nicht nur an interessierte Wissenschaftler aus den Bereichen Marketing, internationales Management, Wirtschaftsgeografie oder interkulturelle Kommunikation, sondern auch an die Vertreter der Unternehmenspraxis, an Industrie- und Handelskammern, Wirtschaftsverbände und Wirtschaftsförderer sowie an Politiker. Ich hoffe, dass dieses Buch den Diskurs auf dem Gebiet der länderübergreifenden Kooperation befruchtet und wünsche ihm deshalb viele interessierte Leser.

Univ.-Prof. Dr. Cornelia Zanger

VI

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als Promotionsstudentin am Lehrstuhl für Marketing an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Chemnitz, gefördert durch ein Landesstipendium des Freistaates Sachsen. Allen, die mich bei der Erstellung meiner Dissertation unterstützten, möchte ich ganz herzlich danken. Mein besonderer Dank für eine wohlwollende Förderung und Unterstützung gilt meiner Doktormutter, Frau Prof. Dr. Cornelia Zanger, Inhaberin der Professur für Marketing und Handelsbetriebslehre an der TU Chemnitz, die mir sowohl bei der Entstehung als auch bei der Erstellung meiner Arbeit jederzeit zur Seite stand. Durch ihre offene und optimistische Art konnte ich auch etwas mühsame Phasen meiner Dissertation jederzeit überwinden und viel Neues lernen. Bedanken möchte ich mich ebenfalls bei Herrn Prof. Dr. Peter Jurczek, Inhaber der Professur für Sozial- und Wirtschaftsgeographie an der TU Chemnitz sowie Herrn Prof. Dr. Horst Brezinski, Inhaber der Professur für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der TU Bergakademie Freiberg für die Übernahme der Gutachten. Einen besonderen Anteil am Gelingen der vorliegenden Arbeit hat mein Ehemann Dr.-Ing. LudČk Hodic, der mich während meiner Promotionszeit nicht nur durch sein Verständnis und seine Geduld, sondern auch durch zahlreiche Gespräche zum Thema meiner Arbeit stets unterstützte. Dank gilt ebenfalls meinen Kollegen und Kolleginnen am Lehrstuhl für Marketing und Handelsbetriebslehre der TU Chemnitz für die zahlreichen Diskussionen und hilfreichen Hinweise. Die vorliegende Arbeit hätte nicht ohne die Bereitschaft aller an der empirischen Untersuchung beteiligten Unternehmer im sächsisch-tschechischen Grenzraum entstehen können. Bei allen möchte ich mich für ihre Zeit sowie ihre intensive Auseinandersetzung mit den zum Teil schwierigen Fragen bedanken. Für die gründliche und kritische Durchsicht meiner Arbeit nach grammatischen und stilistischen Mängeln bin ich Frau Ilona Scherm, Mitarbeiterin des Sächsisch-tschechischen Hochschulkollegs an der TU Chemnitz sowie Frau Tina Obermeit, ehemalige Studentin der TU Chemnitz sehr dankbar. Nicht zuletzt gilt mein besonderer Dank meinen Eltern Václava Holeþková und Aleš Holeþek, die mir die Ausbildung ermöglichten und mich jederzeit unterstützten und unterstützen. Die Arbeit wurde unter meinem Geburtsnamen Radka Holeþková verfasst und verteidigt.

Radka Hodicová

VII

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung ......................................................................................................................................................... 1 1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit .............................................................................................. 1 1.2 Aufbau der Arbeit ....................................................................................................................................... 5 2 Die Rolle des Unternehmers bei der Internationalisierung von KMU ....................................................... 7 2.1 Die Entscheidung über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten als strategisches Entscheidungsproblem. 7 2.1.1 Spezifika des Informations- und Entscheidungsverhaltens in KMU .................................................. 7 2.1.2 Einflussfaktoren auf eine Entscheidung über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten....................... 9 2.1.2.1 Kurze Charakteristik von Internationalisierungsentscheidungen .............................................. 9 2.1.2.2 Unternehmensexterne Einflussfaktoren................................................................................... 10 2.1.2.3 Unternehmensinterne Einflussfaktoren ................................................................................... 11 2.1.3 Der Unternehmer als Schlüsselvariable bei Internationalisierungsentscheidungen – ein Zwischenfazit .................................................................................................................................. 16 2.2 Die Bedeutung des Unternehmers in theoretischen Internationalisierungsansätzen ............................... 16 2.2.1 Internationalisierungsentscheidungen in theoretischen Ansätzen..................................................... 16 2.2.2 Die Rolle des Menschen in der behavioristischen Theorie von Aharoni .......................................... 18 2.2.3 Die Rolle des Menschen in den behavioristischen Prozessansätzen der Internationalisierung......... 20 2.2.3.1 Grundzüge der behavioristischen Phasenmodelle der Internationalisierung ........................... 20 2.2.3.2 Die Rolle des Menschen im Internationalisierungsmodell der Uppsala-Schule ...................... 22 2.2.3.3 Die Rolle des Menschen im Internationalisierungsmodell von Luostarinen ........................... 24 2.2.3.4 Der Beitrag der behavioristischen Phasenmodelle für die vorliegende Arbeit ........................ 25 2.3 Die Bereitschaft des Unternehmers zur Aufnahme von Auslandsaktivitäten als zentraler Aspekt der Internationalisierung von KMU ............................................................................................................... 26 2.4 Wahrgenommene Unterschiede zwischen Ländern als mögliche Barrieren der grenzüberschreitenden Kooperation.............................................................................................................................................. 31 2.4.1 Landesbezogene Länderunterschiede ............................................................................................... 31 2.4.2 Produkt- und unternehmensbezogene Länderunterschiede............................................................... 33 2.4.3 Kulturelle Unterschiede als eine übergeordnete Kategorie............................................................... 33 2.4.4 Wahrgenommene Länderunterschiede als Grundlage für die Entstehung von psychischer Distanz 40 3 Das Konstrukt der psychischen Distanz...................................................................................................... 43 3.1 Die Bedeutung der psychischen Distanz im Internationalisierungsprozess ............................................. 43 3.2 Psychische Distanz – Entwicklung des Begriffsverständnisses ................................................................ 44 3.3 Abgrenzung des Begriffs ‚psychische Distanz’ von anderen Distanzkonzepten ....................................... 51 3.4 Entstehung und Minderung von psychischer Distanz............................................................................... 57 3.4.1 Theoretische Grundlagen der Entstehung von psychischer Distanz ................................................. 57 3.4.2 Minderung der psychischen Distanz ................................................................................................. 61 3.5 Konzeptualisierung und Messung der psychischen Distanz ..................................................................... 64 3.5.1 Wahrgenommene Unsicherheit......................................................................................................... 64 3.5.2 Wahrgenommene Unterschiede ........................................................................................................ 66 3.5.3 Wahrgenommene Nähe/Distanz ....................................................................................................... 70

IX

3.5.4 Wahrgenommene Fremdartigkeit ..................................................................................................... 72 3.5.5 Wahrnehmung von Stimuli der psychischen Distanz ....................................................................... 76 3.5.6 Zusammenfassende Würdigung bestehender Konzeptualisierungen und Messkonzepte der psychischen Distanz ........................................................................................................................ 78 3.6 Mängel der Forschung zur psychischen Distanz...................................................................................... 80 3.7 Heutige Relevanz des Konstrukts der psychischen Distanz...................................................................... 86 3.8 Zusammenfassung und Zwischenfazit....................................................................................................... 87 4 Psychische Distanz als intervenierende Variable der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation................................................................................................... 89 4.1 Theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz........................................ 89 4.1.1 Die Konzeptualisierung von psychischer Distanz im Überblick...................................................... 89 4.1.2 Wahrgenommene Merkmale des Auslandsmarktes .......................................................................... 91 4.1.2.1 Marktwissen ............................................................................................................................ 91 4.1.2.2 Stereotype................................................................................................................................ 95 4.1.3 Landesimage ..................................................................................................................................... 99 4.1.4 Subjektiv wahrgenommene Unterschiede zwischen Auslands- und Heimatmarktimage ............... 103 4.1.5 Subjektive Bewertung der Konsequenzen für eine grenzüberschreitende Kooperation ................. 107 4.2 Psychische Distanz und die Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation – ein Zwischenfazit 109 5 Der qualitative Forschungsprozess ............................................................................................................ 111 5.1 Begründung der qualitativen Vorgehensweise im Hinblick auf die Ziele der Arbeit.............................. 111 5.2 Forschungsdesign der empirischen Studie ............................................................................................. 113 5.2.1 Vorbereitung und Durchführung der empirischen Studie ............................................................... 113 5.2.2 Probleme bei der Durchführung der empirischen Studie ................................................................ 116 5.3 Vorstellung der befragten Unternehmer................................................................................................. 118 5.3.1 Erläuterungen zu den Kurzporträts der befragten Unternehmer ..................................................... 118 5.3.2 Kurzporträts der befragten Unternehmer ........................................................................................ 119 5.4 Auswertung der qualitativen Interviews ................................................................................................. 132 5.4.1 Grundzüge der qualitativen Inhaltsanalyse ..................................................................................... 132 5.4.2 Das Prinzip der strukturierten Zusammenfassung .......................................................................... 138 5.4.3 Vorgehensweise bei der Auswertung der empirischen Untersuchung............................................ 140 5.4.3.1 Vorbereitung der Auswertung – Entwicklung der Kodiersysteme ....................................... 140 5.4.3.2 Auswertung der Einzelfälle und fallvergleichende Auswertung ........................................... 143 5.4.4 Prinzipien der Darstellung qualitativer Ergebnisse......................................................................... 144 6 Empirische Ergebnisse................................................................................................................................ 147 6.1 Darstellung empirischer Ergebnisse ...................................................................................................... 147 6.2 Befragte Unternehmer und grenzüberschreitende Kooperation............................................................ 148 6.2.1 Zusammenhang zwischen Unternehmer- und Unternehmensmerkmalen und der Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation .............................................................................................. 148 6.2.2 Einstellung befragter Unternehmer zur grenzüberschreitenden Kooperation ................................. 155

X

6.3 Mögliche Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz bzgl. der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation......................................................................... 162 6.3.1 Landesbezogene Merkmale ............................................................................................................ 162 6.3.1.1 Politische Stabilität und Sicherheit........................................................................................ 162 6.3.1.2 Rechtliche Bedingungen........................................................................................................ 167 6.3.1.3 Wirtschaftliche Bedingungen und Entwicklungsstand .......................................................... 171 6.3.1.4 Mentalität der Bevölkerung ................................................................................................... 177 6.3.1.5 Sprachbarriere ....................................................................................................................... 186 6.3.1.6 Geographische Entfernung .................................................................................................... 191 6.3.1.7 Historische Entwicklung ....................................................................................................... 196 6.3.2 Produkt- und unternehmensbezogene Merkmale............................................................................ 200 6.3.3 Kenntnisse und Erfahrungen........................................................................................................... 210 6.4 Zusammenfassende Darstellung der wichtigsten Ergebnisse ................................................................. 216 6.4.1 Kernvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz ................................................................. 216 6.4.2 Weitere wichtige Variablen des Konstrukts der psychischen Distanz ............................................ 219 6.5 Erklärungsvariablen der psychischen Distanz am Beispiel der Bereitschaft zur sächsisch-tschechischen Unternehmenskooperation........................................................................ 225 7 Gestaltungsempfehlungen zum Aufbau grenzüberschreitender Kooperationsbeziehungen ................ 233 7.1 Generelle Gestaltungsempfehlungen ...................................................................................................... 233 7.1.1 Kritische Würdigung bestehender praxisbezogener Implikationen ................................................ 233 7.1.2 Die Rolle externer Institutionen und Wirtschaftssubjekte beim Abbau von psychischer Distanz .. 234 7.1.3 Ansatzpunkte zur Senkung der psychischen Distanz potentieller Kooperationspartner ................. 239 7.2 Gestaltungsempfehlungen für die Kooperation von KMU im sächsisch-tschechischen Grenzraum...... 242 8 Zusammenfassung der Arbeit und weiterer Forschungsbedarf.............................................................. 251

XI

Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Einflussfaktoren des Vorexportverhaltens von Unternehmen.................................................................. 13 Abb. 2: Dimensionen der Auslandsorientierung ................................................................................................... 15 Abb. 3: Theorie des geplanten Verhaltens ............................................................................................................ 27 Abb. 4: Konzeptioneller Bezugsrahmen der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation ............................................................................................................................................ 29 Abb. 5: Determinanten der psychischen Distanz .................................................................................................. 47 Abb. 6: Zusammenhang zwischen geographischer und psychischer Distanz ....................................................... 51 Abb. 7: Reziprozität der kulturellen und psychischen Distanz ............................................................................. 54 Abb. 8: Abgrenzung der psychischen Distanz von anderen Distanzkonzepten .................................................... 57 Abb. 9: Ansatz zur Messung von psychischer Distanz nach Müller/Köglmayr.................................................... 73 Abb. 10: Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz nach Dow/Karunaratna .......................... 77 Abb. 11: Theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz ..................................... 89 Abb. 12: Klassifizierung des Marktwissens .......................................................................................................... 92 Abb. 13: Erweiterter Bezugsrahmen der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation .......................................................................................................................................... 110 Abb. 14: Allgemeines inhaltsanalytisches Ablaufmodell ................................................................................... 134 Abb. 15: Vorgehensweise der strukturierten Zusammenfassung ........................................................................ 139 Abb. 16: Beispiel eines Kodiersystems............................................................................................................... 142 Abb. 17: Struktur der Darstellung empirischer Ergebnisse................................................................................. 147 Abb. 18: Erklärungsvariablen der psychischen Distanz...................................................................................... 220 Abb. 19: Zusammenfassende Darstellung der Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz ... 224 Abb. 20: Bedeutung der Erklärungsvariablen der psychischen Distanz im sächsisch-tschechischen Grenzraum (nach der Erfahrung) .......................................................................................................... 225 Abb. 21: Bedeutung der Erklärungsvariablen der psychischen Distanz im sächsisch-tschechischen Grenzraum (nach der Herkunft) ............................................................................................................ 226

XIII

Tabellenverzeichnis Tab. 1: Übersicht bedeutender Forschungsarbeiten zur psychischen Distanz aus den 1970er Jahren .................. 46 Tab. 2: Übersicht bedeutender Forschungsarbeiten zur psychischen Distanz aus den 1980er Jahren .................. 47 Tab. 3: Übersicht bedeutender Forschungsarbeiten zur psychischen Distanz aus den 1990er Jahren .................. 49 Tab. 4: Übersicht bedeutender Forschungsarbeiten zur psychischen Distanz aus den 2000er Jahren .................. 50 Tab. 5: Abgrenzungsmerkmale ausgewählter Distanzkonzepte............................................................................ 57 Tab. 6: Erklärungsansätze der psychischen Distanz.............................................................................................. 60 Tab. 7: Übersicht der untersuchten Aspekte der wahrgenommenen Länderunterschiede..................................... 69 Tab. 8: Ausgewähle Kritikpunkte der gängigen Konzeptualisierung und Messung der psychischen Distanz...... 79 Tab. 9: Häufig gewählte abhängige Variablen in der Forschung zur psychischen Distanz .................................. 84 Tab. 10: Dimensionen des Landesimages ........................................................................................................... 103 Tab. 11: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ACZ) .......................................................................... 119 Tab. 12: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr BCZ)........................................................................... 120 Tab. 13: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr CCZ)........................................................................... 121 Tab. 14: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr DCZ) .......................................................................... 122 Tab. 15: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ECZ)........................................................................... 122 Tab. 16: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr FCZ) ........................................................................... 123 Tab. 17: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr GCZ) .......................................................................... 124 Tab. 18: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr HCZ) .......................................................................... 125 Tab. 19: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ICZ) ............................................................................ 125 Tab. 20: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr AD)............................................................................ 126 Tab. 21: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr BD) ............................................................................ 127 Tab. 22: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr CD) ............................................................................ 128 Tab. 23: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr DD)............................................................................ 128 Tab. 24: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ED) ............................................................................ 129 Tab. 25: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr FD)............................................................................. 130 Tab. 26: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr GD)............................................................................ 130 Tab. 27: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr HD)............................................................................ 131 Tab. 28: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ID) ............................................................................. 132 Tab. 29: Beispiel einer Transkriptionstabelle...................................................................................................... 140 Tab. 30: Herkunft der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation ............................. 149 Tab. 31: Alter der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation.................................... 150 Tab. 32: Ausbildung der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation ......................... 151 Tab. 33: Fremdsprachenkenntnisse der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation .. 152 Tab. 34: Auslandsaufenthalte der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation ........... 153 Tab. 35: Unternehmensgröße und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation ....................................... 155 Tab. 36: Einstellung befragter Unternehmer zur GK 1 ....................................................................................... 156 Tab. 37: Einstellung befragter Unternehmer zur GK 2 ....................................................................................... 156 Tab. 38: Einstellung befragter Unternehmer zur GK 3 ....................................................................................... 158 Tab. 39: Einstellung befragter Unternehmer zur GK 4 ....................................................................................... 161 Tab. 40: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der politischen Situation 1 ...................................... 166 Tab. 41: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der politischen Situation 2 ...................................... 167 Tab. 42: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der rechtlichen Bedingungen 1 ............................... 170 Tab. 43: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der rechtlichen Bedingungen 2 ............................... 170 Tab. 44: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der wirtschaftlichen Situation ................................. 174 Tab. 45: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Mentalität 1....................................................... 185 Tab. 46: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Mentalität 2....................................................... 185

XV

Tab. 47: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Sprachbarriere 1................................................ 190 Tab. 48: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Sprachbarriere 2................................................ 190 Tab. 49: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Sprachbarriere 3................................................ 191 Tab. 50: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der geographischen Entfernung 1 ........................... 192 Tab. 51: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der geographischen Entfernung 2 ........................... 193 Tab. 52: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der geographischen Entfernung 3 ........................... 196 Tab. 53: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der historischen Entwicklung.................................. 200 Tab. 54: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Kenntnisse und Erfahrungen 1.......................... 215 Tab. 55: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Kenntnisse und Erfahrungen 2.......................... 215 Tab. 56: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Kenntnisse und Erfahrungen 3.......................... 216 Tab. 57: Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz auf der Ebene des Staates........... 236 Tab. 58: Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz für Kommunen........................... 237 Tab. 59: Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz für Handelskammern.................. 239 Tab. 60: Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz für Unternehmen ........................ 242 Tab. 61: Deutsch-tschechische Kulturstandards ................................................................................................. 244

XVI

Abkürzungsverzeichnis AJ BIP CEFTA CR CZ D DPH EFTA EU F&E FDI GCA GK GPA GU IHK JIT JV KB Kc KMU MNC MR MSP NAFTA NJ PD SPA

Anglický jazyk (Englische Sprache) Bruttoinlandsprodukt Central European Free Trade Agreement ýeská republika (Tschechische Republik) Tschechien Deutschland DaĖ z pĜidané hodnoty (Mehrwertsteuer) European Free Trade Agreement Europäische Union Forschung und Entwicklung Foreign direct investment General country attributes Grenzüberschreitende Kooperation General product attributes Großunternehmen Industrie- und Handelskammer Just in time Joint venture Kooperationsbereitschaft Koruna þeská (Tschechische Krone) Kleine und mittelständische Unternehmen Multinational company Mean Establishment Rank Malé a stĜední podniky (Kleine und mittelständische Unternehmen) North American Free Trade Agreement NČmecký jazyk (Deutsche Sprache) Psychische Distanz Specific product attributes

XVII

1

Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit Grenzüberschreitende Aktivitäten sind insb. seit den 1980er Jahren verstärkt auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) charakteristisch (vgl. bspw. Larimo, 2003, S. 258; Bamberger/Evers, 1997, S. 105; Lamb/Liesch, 2002, S. 8f.). Die Gründe für das zunehmende Auslandsengagement von KMU liegen in den veränderten Rahmenbedingungen der gesamten Weltwirtschaft. Technischer und technologischer Fortschritt, Liberalisierung der Märkte, Gründung und Erweiterung internationaler Gemeinschaften (EU, NAFTA, AFTA, CEFTA), Öffnung osteuropäischer Märkte sowie schnell wachsende Märkte in Südostasien (vgl. Eden, 2002, S. 39f.) sind die Hauptanlässe für eine nähere Auseinandersetzung mit der Internationalisierung von KMU auch aus der wissenschaftlichen Perspektive. Als eine geeignete Internationalisierungsstrategie für KMU, die i. d. R. über begrenzte Ressourcen verfügen, wird auf Grund eines überschaubaren Aufwandes eine Kooperation empfohlen (vgl. Haussmann, 1997, S. 469f.; Müschen, 1998, S. 63ff.). Die Gründe dafür bestehen u. a. in der Ermöglichung bzw. Beschleunigung der Markterschließung, in Kostenersparnissen sowie in einem besseren Zugang zum Know-how (vgl. Bühner, 1991, S. 5ff.). Der Begriff Kooperation soll zum Zwecke der vorliegenden Arbeit breit gefasst werden. Unter grenzüberschreitender Kooperation wird eine Zusammenarbeit zwischen rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Unternehmen mit Sitz in verschiedenen Ländern verstanden, die auf freiwilliger Basis erfolgt sowie einen längerfristigen und kontinuierlichen Charakter hat (vgl. Haussmann, 1997, S. 461). Demzufolge werden auch langfristige Lieferverträge oder Lohnveredelungen als Kooperationen betrachtet.1 Innerhalb der Literatur zur Internationalisierung von KMU lassen sich zahlreiche Arbeiten finden, die sich auf mögliche Problemfelder der grenzüberschreitenden Kooperation konzentrieren, insb. auf die Wahl eines geeigneten Kooperationspartners (vgl. bspw. Bleicher, 1992, S. 267ff.; Börsig/Baumgarten, 1997, 483f.; Binder/Lux, 1997, S. 502ff.; Killich/Luczak, 2003, S. 111ff.). Bei der Partnerwahl stellen nicht nur die Informationen über das potentielle Partnerunternehmen sondern auch die über dessen Herkunftsland ein wichtiges Bewertungskriterium dar. Von hoher Relevanz sind dabei neben den harten Faktoren, wie z. B. Kaufkraft in dem jeweiligen Markt, auch weiche Faktoren, wie Kultur, Werte und Normen oder Mentalität der Bevölkerung. Trotz der Tatsache, dass die Unkenntnis der jeweiligen Kultur zu den häufigsten Ursachen des Scheiterns einer Kooperation gehört (vgl. Strohmayer, 1996, S. 163f.), werden bei den Überlegungen über die Suche nach einem Kooperationspartner im Ausland gerade diese Faktoren von vielen KMU unterschätzt (vgl. Bassen/Behnam/Gilbert, 2001, S. 422ff.).

1

Mehr zu verschiedenen Formen und Arten grenzüberschreitender Unternehmenskooperation vgl. bspw. Haussmann, 1997, S. 462ff.; Balling, 1998, S. 39ff.

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Insb. bei der Vorauswahl geeigneter Länder spielen neben den sachlichen Gründen und strategischen Einschränkungen auch spezifische Werthaltungen des Managements eine bedeutende Rolle, die auf der Sympathie zu bestimmten Ländern oder auf deren Abneigung bspw. auf Grund negativer Erfahrungen beruhen (vgl. Köhler/Hüttemann, 1989, S. 1431; Berndt/Altobelli/Sander, 2005, S. 103f.). Subjektive Einflüsse des Managers auf die Entscheidungsprozesse werden insb. bei KMU hervorgehoben, bei denen der Persönlichkeit des Unternehmers eine zentrale Rolle zukommt (vgl. bspw. Dichtl et al., 1983, S. 438; McGaughey/Welch/Welch, 1997, S. 175). Der sog. KMU-Forschung kann in dieser Hinsicht allerdings vorgeworfen werden, dass sie lediglich unzureichend die subjektiven Charakteristika des Unternehmers untersucht und dabei sowohl die Phase der Internationalisierung als auch die Spezifika der jeweiligen Zielmärkte nicht ausreichend berücksichtigt. Die Rolle des Unternehmers bei Internationalisierung darf auf keinen Fall überschätzt werden. In der einschlägigen Literatur mangelt es jedoch an einer detaillierten Untersuchung der Bedeutung des Unternehmers insb. in der sog. „Vorentscheidungsphase“ eines Auslandsengagements. Der eingeschränkten Rationalität des Unternehmers zufolge werden bei der Erweiterung der Unternehmenstätigkeit über die Landesgrenzen hinaus einige Märkte bevorzugt, während andere nach objektiven Kriterien vergleichbare Länder vernachlässigt werden. Der Frage, wie die grundsätzliche Entscheidung über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten sowie die Auswahl geeigneter Länder vom Unternehmer beeinflusst werden, gingen bereits zahlreiche Arbeiten nach (vgl. bspw. Caughey/Chetty, 1994, S. 62ff.; Lloyd-Reason/Mughan, 2000, S. 124; Collinson/Houlden, 2005, S. 413ff.). Untersucht werden dabei allerdings vorwiegend objektive Merkmale der Unternehmer, wie z. B. Alter und Ausbildung bzw. deren Einstellungen einem Auslandsengagement gegenüber generell, ohne Bezug auf konkrete Länder.2 Der Rolle von persönlichen Einstellungen des Unternehmers gegenüber einem fremden Land bei der Internationalisierungsentscheidung wurde bis dato nur wenig Rechnung getragen. Intensiv befassen sich mit dieser Problematik jedoch Arbeiten aus dem Gebiet der Forschung zur psychischen Distanz. Das Konstrukt der psychischen Distanz, das zur Erklärung der individuellen soziokulturellen Präferenz für bestimmte Märkte beitragen kann, ist Gegenstand vieler wissenschaftlicher Diskussionen. Zahlreiche Autoren greifen nach dem von Beckerman im Jahr 1956 zum ersten Mal verwendeten (vgl. Beckerman, 1956, S. 38) und von den Autoren der Uppsala-Schule ausführlicher thematisierten Konstrukt (vgl. Johanson/WiedersheimPaul, 1975, S. 307f.) und versuchen, dessen Relevanz insb. für das Exportverhalten von Unternehmen zu überprüfen. Dabei kommen sie z. T. zu sehr inkonsistenten Ergebnissen, was den Zusammenhang zwischen der psychischen Distanz und der Internationalisierung anlangt. Diese Inkonsistenzen führen anschließend dazu, dass einige Autoren die Erklärungsrelevanz des gesamten Konzepts in Frage stellen oder zumindest die Erklärung dafür in einer sinken2

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Die generelle Einstellung des Unternehmers gegenüber dem Auslandsengagement wird in der einschlägigen Literatur als ‚Auslandsorientierung’ bezeichnet (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 440).

den Bedeutung dieses Konstrukts in der Zeit der Globalisierung suchen (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 49f.; Axinn/Matthyssens, 2002, S. 443). Die Aufmerksamkeit der Forscher sollte allerdings vielmehr einer eindeutigen Begriffsabgrenzung sowie einer präzisen Konzeptualisierung und Operationalisierung dieses Konstrukts geschenkt werden. Ausgehend von der gerade skizzierten Problemstellung verfolgt die vorliegende Arbeit folgende Ziele: Aus theoretischer Sicht setzt sich diese Arbeit zum Ziel, eine wissenschaftlich fundierte Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz aufzustellen. Durch die Schließung dieser gravierenden Forschungslücke soll eine Basis für weitere Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet geschaffen werden. Konkret sollen Erklärungsvariablen dieses Konstrukts identifiziert werden, welche die Entstehung von subjektiv empfundenen Fremdartigkeitsgefühlen und des daraus resultierenden Widerwillens gegen eine nähere Auseinandersetzung mit einem bestimmten Land zur Folge haben. Die Identifikation von sog. Kernvariablen der psychischen Distanz steht im Mittelpunkt dieses explorativen Forschungsvorhabens. Der qualitative Forschungsansatz, der zum Zwecke der Fragestellung der vorliegenden Arbeit herangezogen wird, soll dazu beitragen, die theoriegeleitet entwickelte Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz an Hand von Ergebnissen einer explorativen Studie zu präzisieren. Die durch den quantitativen Zugang stark geprägte Forschung zur psychischen Distanz wird somit aus einer anderen Perspektive dargestellt. Zwar kann der qualitative Forschungsansatz keine repräsentativen Ergebnisse liefern, er ermöglicht jedoch eine tiefere Betrachtung dieses Forschungsthemas. Der Einfluss der Persönlichkeit des Unternehmers auf das Internationalisierungsverhalten kann somit wesentlich gründlicher analysiert werden, als dies der quantitative Zugang erlaubt. Aus methodischer Sicht leistet somit diese Arbeit einen Beitrag insb. zur Weiterentwicklung der Auswertung von in mehreren Ländern durchgeführten Erhebungen, bei denen neben der Sprachdifferenz auch interkulturelle Aspekte berücksichtigt werden müssen. Durch die Wahl eines Grenzraums als Untersuchungsfeld ist nicht nur eine zweiseitige Betrachtung der Fragestellung gegeben, sondern es wird auch auf das interessante Spannungsfeld zwischen der Nähe (im geographischen Sinne) und der Distanz (im psychischen Sinne) hingewiesen. Besonderer Wert wird in der vorliegenden Arbeit auf die methodische Vorgehensweise bei der Auswertung qualitativer Einzelinterviews gelegt. Das auf dem Ansatz der qualitativen Inhaltsanalyse von Mayring basierende (vgl. Mayring, 1997, S. 42ff.) und von Roll weiterentwickelte Prinzip der strukturierten Zusammenfassung (vgl. Roll, 2003, S. 144ff.) wird angewendet, wodurch die Eignung dieser Methode zur Auswertung von qualitativen Interviews überprüft wird.

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Neben der theoretischen und methodischen Zielsetzung verfolgt die vorliegende Arbeit auch praxisorientierte Ziele. Durch die Identifikation von Erklärungsvariablen und insb. von Kernvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz sollen Handlungsempfehlungen zum Abbau der Fremdartigkeitsgefühle abgeleitet werden, die sowohl die Anbahnungsphase grenzüberschreitender Kooperationen als auch den eigentlichen Kooperationsverlauf vereinfachen können. Dabei wird neben den Unternehmen auch an Regierungen, Kommunen, Handelskammern und Beratungsunternehmen gedacht. Neben allgemeinen Gestaltungsempfehlungen für Unternehmen, die grenzüberschreitend aktiv sind bzw. sein wollen, verfolgt diese Arbeit auch ein spezifisches praxisorientiertes Ziel, das im Ableiten von Handlungsempfehlungen zur Unternehmenskooperation im sächsischtschechischen Grenzraum besteht. Die Wahl des sächsisch-tschechischen Grenzraums als Untersuchungsgebiet der vorliegenden Arbeit hat mehrere Gründe. Die beiden Teile des Grenzgebietes entwickelten sich bis zum Fall des ‚Eisernen Vorhangs’ zwar ähnlich (Zentralisierung der politischen Macht, Planwirtschaft etc.), allerdings voneinander getrennt, da grenzüberschreitende Aktivitäten auf der Regionalebene nicht üblich waren. Trotz der Tatsache, dass zwischen Deutschland und Tschechien bis April 2004 die EU-Außengrenze verlief, weisen der sächsische und der tschechische Teil des Grenzraums einige Gemeinsamkeiten auf, die ihre Ursachen insb. im Strukturwandel Anfang 1990er Jahre haben. Eine überdurchschnittliche Arbeitslosigkeit und die damit verbundene Abwanderung der Bevölkerung waren die Konsequenzen des Abbaus traditioneller Branchen (Bergbau, Schwer- sowie Textilindustrie) auf beiden Seiten der Grenze. Aus der peripheren Lage dieser Region ergeben sich allerdings zahlreiche Kooperationspotentiale, die u. a. darin bestehen, dass diese Region zu den wichtigsten EU-Fördergebieten gehört. Dies ist eine der Ursachen für die rasche Entwicklung in der gegenseitigen Zusammenarbeit von Kommunen, Schulen, Universitäten und nicht zuletzt auch Unternehmen aus Sachsen und Tschechien. Bei einer näheren Auseinandersetzung mit den Unternehmensbeziehungen im sächsischtschechischen Grenzraum stellt man allerdings fest, dass diese oft auf Export/ImportAktivitäten bzw. auf Kooperationen ohne Kapitalbeteiligung beruhen (vgl. Brezinski/Leick, 2004, S. 8). So stellen Lieferverträge und Lohnveredelungen die häufigsten Kooperationsformen dar. Was Kooperationsbereiche anlangt, überwiegen eindeutig Kooperationen in der Produktion, Beschaffung und im Vertrieb, während eine Zusammenarbeit in der F&E nur selten erfolgt (vgl. ebenda, S. 8f.).3 Dies lässt darauf schließen, dass die Motive grenzüberschreitender Unternehmensaktivitäten insb. im Kostengefälle zwischen den beiden Ländern bestehen.4

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Diese Erkenntnisse basieren auf einer in Südwestsachsen durchgeführten Unternehmensbefragung (vgl. Brezinski/Leick, 2004, S. 1). Zu Motiven für Ost-West-Unternehmenskooperationen vgl. bspw. Müschen, 1998, S. 87ff.

Ein unterschiedlicher Entwicklungsstand beider Teile des Grenzgebietes, die vorhandene Sprachbarriere, Differenzen in der Mentalität der Menschen, problematische Beziehungen beider Länder in der Vergangenheit sowie die Existenz vieler Stereotype und Vorurteile führen dazu, dass die Zusammenarbeit zwischen sächsischen und tschechischen Unternehmen trotz geographischer Nähe und vieler Ähnlichkeiten nicht immer reibungslos verläuft (vgl. Castell, 2001, S. 464). Der sächsisch-tschechische Grenzraum kann sich als eine stabile Region für die ansässigen KMU nur dann behaupten, wenn eine rasche Kooperation auch in der Zukunft stattfinden wird, wenn das Kostengefälle nicht mehr so markant sein wird. Besonders wichtig ist aus diesem Grund ein ausgeprägtes Verständnis für kulturelle Gewohnheiten des jeweiligen Nachbarlandes.

1.2 Aufbau der Arbeit Nach den einleitenden Worten zur Problemstellung, Zielsetzung und zum Aufbau der Arbeit soll in Kap. 2 die Bedeutung des Unternehmers bei der Internationalisierung von KMU näher erörtert werden. Ausgehend von den Spezifika des Informations- und Entscheidungsverhaltens von KMU sowie von der Beschreibung der Berücksichtigung der Persönlichkeit des Unternehmers in theoretischen Internationalisierungsansätzen setzt sich dieses Kapitel zum Ziel, einen konzeptionellen Bezugsrahmen der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation aufzustellen und somit die Stellung des zentralen Konstrukts der vorliegenden Arbeit, nämlich des der psychischen Distanz in Zusammenhängen aufzuzeigen. Darüber hinaus wird im Rahmen dieses Kapitels auf mögliche Barrieren einer grenzüberschreitenden Kooperation eingegangen, die ihre Ursachen in individuell wahrgenommenen Länderunterschieden haben können. Den Schwerpunkt des Kap. 3 stellt eine nähere Auseinandersetzung mit dem Konstrukt der psychischen Distanz dar. Dabei werden neben einer ausführlichen Beleuchtung des State-ofthe-Art auf diesem Forschungsgebiet die wichtigsten Mängel der einschlägigen Forschung sowie die heutige Relevanz dieses Konstrukts thematisiert. Die Erkenntnisse des dritten Kapitels bilden die Grundlage für eine theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz, die in Kap. 4 erfolgt. Die überblicksartige Darstellung der einzelnen Komponenten dieses Konstrukts wird in den daran anschließenden Kapiteln (4.1.2 - 4.1.5) gründlich erklärt. Bevor die theoriegeleitete Konzeptualisierung durch empirische Ergebnisse einer explorativen Untersuchung ergänzt und präzisiert wird, erfolgt in Kap. 5 eine Begründung der Wahl des qualitativen Forschungsansatzes. Ein besonderes Augenmerk wird bei der Beschreibung des qualitativen Forschungsprozesses auf die Vorgehensweise bei der Auswertung qualitativer Einzelinterviews gelegt. Außerdem wird hier ausführlich auf das Forschungsdesign der empirischen Studie eingegangen. Wie bereits erwähnt, befasst sich das Kap. 6 mit der Darstellung empirischer Ergebnisse einer explorativen Studie, bei der sächsische und tschechische Unternehmer zu ihrer Bereitschaft 5

zur Kooperation mit ausländischen Unternehmen, insb. mit denen des Nachbarlandes, befragt wurden. Nach einer ausführlichen Darstellung einzelner Erklärungsvariablen der psychischen Distanz werden in Kap. 6.4 die wichtigsten Erkenntnisse der empirischen Studie zusammengefasst, und die in Kap. 4 vorgeschlagene Konzeptualisierung wird erweitert und präzisiert. In Kap. 6.5 erfolgt eine nähere Auseinandersetzung mit der Relevanz der identifizierten Erklärungsvariablen dieses Konstrukts für die Unternehmenskooperation im sächsischtschechischen Grenzraum. Praxisorientierte Implikationen werden in Kap. 7 dargestellt. Dabei sollen neben den generellen Empfehlungen für Unternehmen auch spezielle Gestaltungsempfehlungen für Unternehmenskooperationen im sächsisch-tschechischen Grenzraum abgeleitet werden. Darüber hinaus beinhaltet dieses Kapitel auch zahlreiche Vorschläge für Regierungen, Kommunen, Handelskammern sowie für weitere Wirtschaftssubjekte und Institutionen, die sich mit der grenzüberschreitenden Kooperation von KMU beschäftigen. Die Arbeit schließt mit einer kurzen Zusammenfassung sowie mit Anregungen für die weitere wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Forschung zur psychischen Distanz (vgl. Kap. 8).

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2

Die Rolle des Unternehmers bei der Internationalisierung von KMU

2.1

Die Entscheidung über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten als strategisches Entscheidungsproblem

2.1.1 Spezifika des Informations- und Entscheidungsverhaltens in KMU Unter Entscheidung ist ein Wahlakt zwischen Alternativen zu verstehen, welcher die Existenz von mindestens einem Entscheidungssubjekt (einem Entscheidungsträger) voraussetzt (vgl. Kahle, 1997, S. 9). Dieser Wahlakt, der entweder individuell oder kollektiv getroffen werden kann, ist durch einen prozessualen Charakter geprägt. Demzufolge können unter Entscheidungen grundsätzlich „Prozesse der Gewinnung und Verarbeitung von Informationen“ (Bamberger/Evers, 1997, S. 107) verstanden werden. Den theoretischen Grundlagen von betrieblichen Entscheidungen wird in der einschlägigen Literatur große Aufmerksamkeit gewidmet (vgl. bspw. Pfohl/Braun, 1981, S. 21ff.; Kirsch, 1988, S. 1ff.; Bamberg/Coenenberg, 1992, S. 1ff.; Kahle, 1997, S. 9ff.). Dabei wird ein spezielles Augenmerk auf die Rationalität solcher Entscheidungen gelegt. Neben der Unterscheidung zwischen formaler und substantieller Rationalität werden in der Literatur insb. objektive und subjektive Rationalität thematisiert (vgl. bspw. March/Simon, 1976, S. 129ff.; Kirsch, 1988, S. 6ff.; Neulinger, 1992, S. 64ff.; Kahle, 1997, S. 11). Die auf dem Homo-Oeconomicus-Modell aufbauende objektive Rationalität kann allerdings auf Grund der in der Realität nicht anzutreffenden Bedingungen das reale Entscheidungsverhalten kaum erklären. Die Gründe dafür bestehen neben der Notwendigkeit der Kenntnis aller Alternativen sowie deren Konsequenzen auch darin, dass der Entscheidungsträger den Nutzen aller Konsequenzen kennen müsste (vgl. March/Simon, 1976, S. 130). Die in der Realität fehlenden Informationen sowie situative Einflüsse, kulturelle Heterogenität5 oder auch das Zufriedenstellen mit einer nicht nutzenmaximierten Lösung führen dazu, dass das tatsächliche Verhalten „von den Modellvorgaben abweicht“ (Zellenberg, 1994, S. 31). Die Einbeziehung von verhaltenswissenschaftlichen Aspekten in die entscheidungsorientierte Betriebswirtschaftslehre hatte zur Folge, dass der Mensch mit seiner individuellen Motivstruktur in den Vordergrund gestellt wurde (vgl. Lindert, 1993, S. 42). Die Individuen gehen bei ihren Entscheidungen von einem subjektiven Modell der Realität aus (vgl. Kirsch, 1988, S. 12), in dem neben rationellen, logischen Kriterien auch Intuition oder Emotionen eine Rolle spielen, deren Einfluss auf betriebliche Entscheidungen eine lange Zeit als destruktiv und dysfunktional bezeichnet wurde (vgl. Nippa, 2001, S. 216). Darüber hinaus sind die

5

Durch die Einbeziehung der Voraussetzung der kulturellen Heterogenität können Unterschiede in Entscheidungsprozessen in verschiedenen Kulturen erklärt werden. So verlaufen Entscheidungsprozesse bspw. in kollektivistischen und individualistischen Kulturen anders. Wie die Untersuchung von Hsee/Weber zeigt, weisen kollektivistische Kulturen bspw. eine höhere Risikobereitschaft auf. Den chinesischen Befragten wird im Falle eines Verlustes auf Grund der Wahl einer risikoreichen Alternative von ihrer sozialen Gruppe geholfen, während US-amerikanische Befragte die Folgen eines solchen Verlustes selber tragen müssten (vgl. Hsee/ Weber, 1999, S. 172).

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Entscheidungsprozesse durch individuelle Entscheidungsanomalien (im Sinne der objektiven Rationalität) gekennzeichnet, die u. a. in Reihenfolgeeffekten, ungenügender Prognosefähigkeit oder im Konservatismus bestehen (vgl. Müller/Kornmeier, 2002, S. 456ff.; Klose, 1994, S. 43ff.). Die in der normativen Entscheidungstheorie vorausgesetzte objektive Rationalität mit ihrer formalen Entscheidungslogik wird durch für die subjektive Rationalität eher zutreffende sog. Psycho-Logik ersetzt (vgl. Neulinger, 1992, S. 64). Die Entscheidungsprozesse werden von zahlreichen Variablen beeinflusst. Aus dieser Vielfalt von Einflussfaktoren folgt, dass die komplexen Entscheidungsprobleme auf Grund kognitiver Beschränkungen des Individuums vereinfacht werden müssen (vgl. Zellenberg, 1994, S. 33). Zu den Einflussfaktoren betrieblicher Entscheidungen gehören zum Einen unternehmensexterne Variablen (z. B. Marktsituation), zum Anderen unternehmensinterne Variablen wie z. B. Hierarchien im Unternehmen oder die Anzahl der Entscheidungssubjekte. Außerdem wird jede betriebliche Entscheidung durch situative Faktoren (z. B. Zeitdruck, Anzahl der Alternativen) beeinflusst. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen weisen die Entscheidungsprozesse einige Spezifika auf, auf die nun kurz eingegangen wird. In der Literatur über die Vor- und Nachteile von kleinen und mittelständischen Unternehmen im Vergleich zu Großunternehmen werden insb. begrenzte Ressourcen kleinerer Firmen erwähnt (vgl. Hutchinson/Quinn/Alexander, 2005, S. 152). Dabei handelt es sich nicht nur um finanzielle, sondern auch um personelle und organisationelle Ressourcen, die oft einen aufwändigen Informationsbeschaffungs- und -verarbeitungsprozess ausschließen. Nach Hildebrand haben KMU „weniger Möglichkeiten, sich die nötigen Informationen zu beschaffen“ (Hildebrand, 1993, S. 14). Wie mehrere Arbeiten belegen, erfolgt die Suche nach für eine Entscheidung notwendigen Informationen bei kleineren Unternehmen anders als bei großen. Betont werden u. a. ein eher passives, reaktives Informationsbeschaffungsverhalten sowie ein gewisser Widerwille gegenüber formalen, schriftlichen Informationsquellen (vgl. bspw. Bamberger/Evers, 1997, S. 116). Bei KMU werden generell kurzfristige, operative Entscheidungen den strategischen vorgezogen. Die Entscheidungsprozesse sind außerdem durch einen niedrigen Formalisierungsgrad gekennzeichnet (vgl. Bamberger/Evers, 1997, S. 109). Dies hängt mit dem wahrscheinlich wesentlichsten Merkmal von Entscheidungsverhalten bei KMU zusammen, nämlich mit dessen personenbezogener Prägung (vgl. Bussiek, 1994, S. 19). Die Einheit von Leitung und Eigentum (vgl. Thelen, 1993, S. 24) hat zur Folge, dass die Anzahl der Entscheidungssubjekte gering, sehr oft sogar auf einen Entscheidungsträger begrenzt ist. Dies kann zu einem stark ausgeprägten Unternehmertum führen, das „häufig einen patriarchalischen Führungsstil und eine gering ausdifferenzierte Organisationsstruktur zur Folge [hat]“ (Strohmayer, 1996, S. 23). Alle betrieblichen Entscheidungen werden demzufolge durch die Persönlichkeit des Entscheidungsträgers und dessen begrenzte kognitive Kapazität geprägt (vgl. Neulinger, 1992, S. 73; 8

Ostendorf, 1997, S. 59ff.). So werden solche Entscheidungen bspw. durch Risikoeinstellung, Entscheidungsbereitschaft oder Überzeugungsvermögen des Entscheidungsträgers beeinflusst. Neben Motiven, Zielen, Werten und Einstellungen werden in der einschlägigen Literatur auch objektive Merkmale von Entscheidungsträgern bei KMU in Bezug auf ihr Informations- und Entscheidungsverhalten untersucht (vgl. Neulinger, 1992, S. 72). Die Einstellungen und Präferenzen des Entscheidungsträgers sollen jedoch im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Die eingeschränkte Rationalität des Entscheidungsträgers verursacht, dass nicht nur wirtschaftliche, sondern auch andere Ziele eine bedeutende Rolle spielen können, denn persönliche Anliegen wie Beibehaltung von Tradition oder Anerkennung in der Gesellschaft werden insb. bei KMU oft den materiellen Zielen gleichgesetzt. Nicht zuletzt ist für Entscheidungen bei KMU charakteristisch, dass diese auch von sog. außenstehenden Vertrauenspartnern beeinflusst werden, zu denen insb. Familie oder Freunde des Entscheidungsträgers zählen (vgl. Bussiek, 1994, S. 41; Hamer, 1988, S. 53). Zwar ist der Einfluss von persönlichen Zielen, Motiven und Einstellungen auf eine Entscheidung bei KMU größer als bei Großunternehmen, die erwähnten persönlichkeitsbezogenen Faktoren beeinflussen jedoch Entscheidungen in allen Unternehmen. Was bspw. Internationalisierungsentscheidungen anlangt, zeigen mehrere Studien, dass die damit verbundenen Entscheidungsprozesse keinesfalls komplex und rational ablaufen. So erfolgt bspw. eine Erstellung von formalen Analysen nur selten. Die Mehrheit der Unternehmen zieht lediglich eine einzige Alternative des Markteintritts in Betracht (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 1997, S. 246). In diesem Zusammenhang weisen Müller/Kornmeier darauf hin, dass „weniger als 20 % der vorwiegend mittelständischen deutschen Exporteure bei der Bearbeitung der Auslandsmärkte eine bewusste Strategie verfolgen“ (Müller/Kornmeier, 1997, S. 76). Welche Faktoren eine spezielle Form von betrieblichen Entscheidungen, nämlich die Internationalisierungsentscheidung beeinflussen, wird im nächsten Kapitel näher erörtert.

2.1.2 Einflussfaktoren auf eine Entscheidung über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten 2.1.2.1 Kurze Charakteristik von Internationalisierungsentscheidungen Die Entscheidung über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten ist den schlecht strukturierten strategischen Entscheidungsproblemen zuzuordnen, da es dem Entscheidungsträger auf Grund der schwierigen Quantifizierbarkeit der Folgen solcher Entscheidungen schwer fällt, diese einzuschätzen (vgl. Bamberger/Evers, 1997, S. 107). Für diese Entscheidungen ist charakteristisch, dass sie in gewissem Maße neu und nicht wiederholbar sind und dass es für deren Lösung keine standardisierten Lösungswege gibt. Sie fördern Kreativität sowie umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen und nicht zuletzt auch die Intuition des Entscheidungsträgers. Dabei handelt es sich nicht um einzelne, isolierte Entscheidungen, sondern um unterschiedlich lange Prozesse, die mehrere Entscheidungen und Handlungen beinhalten und von situativen Faktoren beeinflusst werden. Im Vergleich zu gut strukturierten Entscheidungsproblemen

9

gibt es bei diesen mehrere Kriterien für die Bewertung der Alternativen (vgl. Fotr/DČdina/ HrĤzová, 2000, S. 19). Zudem zeichnen sich die Einflussfaktoren eines strategischen Entscheidungsproblems dadurch aus, dass sie nur beschränkt beeinflussbar und quantifizierbar sind. Außerdem sind sowohl die Anzahl als auch die Vielfalt dieser Einflussfaktoren groß (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 1997, S. 240). Mit den Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung bei KMU beschäftigt sich eine ganze Reihe von Autoren (vgl. bspw. Olson/Wiedersheim-Paul, 1978, S. 284ff.; Thelen, 1993, S. 27ff.; Bamberger/Evers, 1997, S. 110ff.; Setzer, 2001, S. 98f.). Trotz der Vielfalt an Klassifikationen, die in der einschlägigen Literatur zu finden sind, lassen sich diese Einflussfaktoren grundsätzlich zwei Gruppen zuordnen. Die erste Gruppe bezieht sich auf die unternehmensexternen, die zweite auf die unternehmensinternen Faktoren. Außerdem erwähnen bspw. Bamberger/Evers noch sog. kursierende Ideen, die eine Internationalisierung zur Folge haben können. Darunter verstehen sie „die Menge aus (theoretischen) Überlegungen oder (empirischen) Beobachtungen und Beschreibungen von Wissenschaftlern, Beratern oder Praktikern hervorgegangenen führungsrelevanten Theorien, Konzepten, (Analyse- oder Planungs-) Methoden, Ideologien und (Führungs- und Management-) Philosophien“ (Bamberger/ Evers, 1997, S. 114). Müller-Stewens/Lechner unterscheiden zwischen gastlandbezogenen und unternehmensindividuellen Einflussfaktoren, welche sie jeweils in zwei Gruppen aufteilen. Bei den gastlandbezogenen Faktoren sprechen sie zum Einen über das nationale Umfeld, zum Anderen über die Branchenstruktur, was der üblichen Unterteilung der unternehmensexternen Faktoren entspricht (vgl. Müller-Stewens/Lechner, 1997, S. 240f.). Die unternehmensinternen Einflussfaktoren setzen sich nach Müller-Stewens/Lechner aus strategischen, harten und weichen Einflussfaktoren zusammen (vgl. ebenda, S. 243f.). Zu dieser Klassifikation können zusätzlich die Merkmale des Heimatmarktes hinzugefügt werden, bei denen neben quantitativen auch qualitative Faktoren, wie z. B. Verfügbarkeit qualifizierter Mitarbeiter oder Zugang zu wissenschaftlichen Einrichtungen eine große Bedeutung haben (vgl. Müller/Kornmeier, 1997, S. 90). Auf Grund einer ständigen Interaktion der unternehmensexternen und -internen Faktoren (vgl. McGaughey/Welch/Welch, 1997, S. 181) dürfen diese nicht voneinander isoliert betrachtet werden. Zu betonen ist dabei insb. der Einfluss der Faktoren der Unternehmensumwelt auf die Unternehmenscharakteristika (vgl. Olson/Wiedersheim-Paul, 1978, S. 289). Im Weiteren werden die wichtigsten unternehmensexternen Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung skizziert (vgl. Kap. 2.1.2.2), bevor in Kap. 2.1.2.3 etwas ausführlicher auf die unternehmensinternen Einflussfaktoren eingegangen wird.

2.1.2.2 Unternehmensexterne Einflussfaktoren Unter die unternehmensexternen Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung lassen sich die Bedingungen der unternehmerischen Umwelt subsumieren. Die meisten Auto10

ren unterscheiden hierbei zwischen der Makroumwelt (auch globale oder allgemeine Umwelt genannt) und der Mikroumwelt (auch als Aufgaben-, Branchenumwelt oder als unternehmensspezifische Umwelt bekannt) (vgl. bspw. Thelen, 1993, S. 87; Weber, 1997, S. 43ff.; Bamberger/Evers, 1997, S. 111; Götze/Mikus, 1999, S. 28ff.). Für die Faktoren der globalen Umwelt ist charakteristisch, dass sie nur sehr begrenzt durch das Unternehmen und dessen Handeln beeinflussbar sind (vgl. McGaughey/Welch/Welch, 1997, S. 181; Bamberger/Evers, 1994, S. 254). Zu denen sind politisch-rechtliche, wirtschaftliche, geographische, demographische, soziokulturelle und andere Bedingungen zu zählen, die einen generellen Rahmen einer Internationalisierungsentscheidung bilden. Zur Aufgabenumwelt gehören die sich im unmittelbaren Umfeld des Unternehmens befindenden Faktoren. Ausgehend von Porter setzt sich die Aufgabenumwelt aus Lieferanten, Abnehmern, Ersatzprodukten, Konkurrenten und potentiellen Konkurrenten zusammen (vgl. Porter, 2000, S. 29). Da sich der Ansatz der fünf Wettbewerbskräfte auch auf internationale Märkte übertragen lässt (vgl. Segler, 1986, S. 93; Weber, 1997, S. 62), können die genannten Wettbewerbskräfte als Faktoren der unternehmensspezifischen Umwelt betrachtet werden, die eine Internationalisierungsentscheidung beeinflussen. Demzufolge können bspw. das Nichterkennen der ausländischen Nachfrage oder die wahrgenommenen Handelshindernisse ein Auslandsgeschäft verhindern, während z. B. ein hoher Wettbewerbsdruck oder gesättigte Heimatmärkte ein Auslandsgeschäft auslösen können (vgl. Bamberger/Evers, 1997, S. 111f.).

2.1.2.3 Unternehmensinterne Einflussfaktoren Die unternehmensinternen Faktoren beziehen sich insb. auf die im Unternehmen vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten. Neben finanziellen Ressourcen muss ein Unternehmen im Falle einer Internationalisierung auch über entsprechende organisationelle, personelle und intangible Ressourcen verfügen. Unter Ressourcen verstehen Kühn/Grünig „spezifische Merkmale der zur Erstellung von Angeboten einsetzbaren, unternehmensinternen Faktoren und Fähigkeiten sowie gewisse langfristig stabile Merkmale von Marktpositionen, die sich für den Aufbau von Angebotsvorteilen instrumentalisieren lassen“ (Kühn/Grünig, 2000, S. 143). Im weiteren Sinne gehören zu unternehmerischen Ressourcen bspw. auch Unternehmensimage, Motivation der Mitarbeiter sowie Unternehmenskultur (vgl. ebenda, S. 144). Thelen nennt in ihrer Arbeit Produkte, Motivation und Qualität des Managements, Merkmale der Unternehmensführung, für die Internationalisierung bereitgestellte Ressourcen, Marktkenntnisse und Unternehmensgröße als interne Einflussfaktoren der Internationalisierung (vgl. Thelen, 1993, S. 27). Ähnliche Variablen lassen sich auch bei anderen Autoren finden (vgl. bspw. Bamberger/Evers, 1994, S. 252; Weber, 1997, S. 125ff.; McGaughey/Welch/ Welch, 1997, S. 181). Von den unternehmensinternen Einflussfaktoren der Internationalisierung werden v. a. die Merkmale des Entscheidungsträgers hervorgehoben. Die verhaltenswissenschaftlich orien11

tierte Internationalisierungsforschung geht davon aus, dass die Entscheidung über die Aufnahme bzw. Erweiterung unternehmerischer Tätigkeit über die Landesgrenzen hinaus neben den objektiven, rationellen Gründen im hohen Maße subjektiv geprägt ist (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 434; Müller/Kornmeier, 2002, S. 451). Dabei werden Motive, Einstellungen und Merkmale des Entscheidungsträgers (insb. persönliche Erfahrungen) in den Vordergrund gestellt (vgl. Wimmer/Wesnitzer, 1993, S. 239). Nach Müller kann erst nach der Einbeziehung der Persönlichkeit des Managers „das gesamte Internationalisierungspotential aktiviert werden“ (Müller, 1991, S. 72). Insb. bei der Internationalisierung von KMU wird den Charakteristika des Entscheidungsträgers eine enorme Bedeutung zugeschrieben. So bezeichnen bspw. Bamberger/Evers den Entscheidungsträger als ‚Kernaktor’ (vgl. Bamberger/Evers, 1997, S. 113), andere Autoren sprechen über die ‚Schlüsselrolle’ des Unternehmers (vgl. McGaughey/Welch/Welch, 1997, S. 175; Chetty, 1999, S. 128; Lloyd-Reason/Mughan, 2002, S. 120; Hutchinson/ Quinn/Alexander, 2005, S. 155) und bspw. Dichtl et al. oder Collinsen/Houlden schreiben dem Entscheidungsträger eine ‚Zentralrolle’ zu (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 438; Collinson/ Houlden, 2005, S. 416). Eine hohe Bedeutung des Unternehmers bei der Internationalisierung von KMU betonen Bamberger/Evers u. a. auch dadurch, dass sie diesen nicht als einen der internen Einflussfaktoren ansehen, sondern ihn neben den externen und internen Faktoren gesondert betrachten (vgl. Bamberger/Evers, 1997, S. 111ff.). Eine ganze Reihe von Autoren widmet sich ausschließlich dem Einfluss des Unternehmers auf Internationalisierungsentscheidungen (vgl. bspw. Dichtl et al., 1983; Holzmüller/Kasper, 1990; Caughey/Chetty, 1994; McGaughey/Welch/Welch, 1997; Lloyd-Reason/Mughan, 2000; Collinson/Houlden, 2005). Interessanterweise wird der Einfluss des Unternehmers nur selten im Vergleich zu den anderen Einflussfaktoren untersucht, denn der Großteil der Forschungsarbeiten geht von der in der Literatur zur Internationalisierung von KMU generell befürworteten Hypothese über einen zentralen Einfluss des Unternehmers aus. Demzufolge konzentriert sich die einschlägige Literatur insb. auf die Erforschung von Merkmalen, die für auslandstätige bzw. nicht-auslandstätige Unternehmer charakteristisch sind. Einen Versuch, den Einfluss des Unternehmers mit den übrigen internen sowie externen Faktoren in Verbindung zu setzen, unternahmen Olson/Wiedersheim-Paul (1978). Sie konzentrierten sich in ihren Ausführungen ausschließlich auf die Vorentscheidungsphase einer Internationalisierung und stellten ein Modell der Exportneigung auf, in dem sie zum ersten Mal anstatt des Entscheidungsobjektes das Entscheidungssubjekt ins Zentrum der Betrachtung rückten. Bei ihren Überlegungen gehen Olson/Wiedersheim-Paul von der Annahme aus, dass Unterschiede in den externen und internen Internationalisierungsstimuli allein nicht erklären können, warum einige Unternehmen international tätig sind, während sich andere ausschließlich auf den heimischen Markt konzentrieren. Vielmehr sollen hier die Charakteristika des Entscheidungsträgers eine Rolle spielen, die sie zum Einen der Auslandsorientierung und zum 12

Anderen dem kognitiven Stil zuordnen (vgl. Olson/Wiedersheim-Paul, 1978, S. 290ff.). Dem Entscheidungsträger wird somit eine ‚Filterfunktion’ zugeschrieben, denn verschiedene, sowohl interne als auch externe Internationalisierungsstimuli können eine Internationalisierungsentscheidung nur dann beeinflussen, falls sie vom Entscheidungsträger für eine solche Entscheidung als relevant wahrgenommen werden (vgl. Abb. 1). -

FIRM CHARACTERISTICS Product Characteristics Domestic Market Optimal Scale of Production Location in Domestic Market Potential Export Markets

EXPORT STIMULI EXPOSED TO THE FIRM

DECISION-MAKER CHARACTERISTICS - Cognitive Style - Degree of International Orientation

PERCEIVED INTERNAL EXPORT STIMULI Perception of Present or Future: - Excess Capacity - Product Characteristics - Expansion Objectives

PERCEIVED EXTERNAL EXPORT STIMULI Perception of Present or Future: - Fortuitous Order - Market Opportunity - Competition - Government Stimulation - Economic Integration

DECISION ABOUT PRE-EXPORT BEHAVIOUR REACTIVATING

ACTIVE

EXPORT SALE

DOMESTIC

PASSIVE

NO EXPORT SALE

Abb. 1: Einflussfaktoren des Vorexportverhaltens von Unternehmen Quelle: Olson/Wiedersheim-Paul, 1978, S. 285 (Auszug)

Das Modell der Exportneigung ist auf Grund der Kritik entstanden, dass in der Forschung der grundsätzlichen Entscheidung, ins Ausland zu gehen oder nicht nur eine sehr geringe Aufmerksamkeit gewidmet wurde (vgl. Müller/Kornmeier, 2002, S. 444f.). Obwohl diesem Modell eine unzureichende theoretische Fundierung vorgeworfen werden muss, stellt es ein bedeutendes Konzept auf dem Gebiet der Forschung des ‚Vorinternationalisierungsverhaltens’ von Unternehmen dar (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 434). Neben einer starken Hervorhebung der Persönlichkeit des Entscheidungsträgers sind in diesem Modell die wichtigsten Einflussfaktoren des ersten Schrittes des Internationalisierungsprozesses zusammengefasst.

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Das ursprüngliche Modell von Olson/Wiedersheim-Paul wurde im Jahr 1994 von Caughey/ Chetty um einige Aspekte erweitert (vgl. Caughey/Chetty, 1994, S. 67). Zu erwähnen ist an dieser Stelle insb. dessen Erweiterung um die wahrgenommenen Exportbarrieren, die eine Internationalisierung bspw. auf Grund fehlender Ressourcen ausschließen. Außerdem betrachteten Caughey/Chetty die Beziehungen zwischen Unternehmenscharakteristika und Exportstimuli sowie zwischen den Charakteristika des Entscheidungsträgers und den wahrgenommenen Exportstimuli im Gegensatz zu Olson/Wiedersheim-Paul als wechselseitig (vgl. ebenda, S. 66). Bei den Charakteristika des Unternehmers wird in der Literatur zur Internationalisierung eine große Aufmerksamkeit den objektiven Merkmalen der Unternehmer geschenkt, von denen insb. Alter, Ausbildung, Fremdsprachenkenntnisse oder Auslandsaufenthalte als wichtige Einflussfaktoren des Internationalisierungsverhaltens identifiziert werden (vgl. bspw. Dichtl et al., 1983, S. 440; Caughey/Chetty, 1994, S. 65f.). Nach den bisherigen Erkenntnissen der Forschung zur Internationalisierung von KMU tendieren eher jüngere (vgl. Endress, 1991, S. 29), besser ausgebildete Unternehmer, die häufig privat oder berufsbedingt ins Ausland reisen sowie mehrere Fremdsprachen beherrschen, zur Aufnahme von Auslandsaktivitäten (vgl. bspw. Müller/Köglmayr, 1986, S. 789). Das Internationalisierungsverhalten wird jedoch insb. von subjektiven, psychologisch orientierten Merkmalen der Unternehmer beeinflusst. „Gerade in den subjektiven Charakteristika liegen intangible Ressourcenpotentiale begründet, die von Unternehmer zu Unternehmer differieren und somit einen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung zum ‚going international’ ausüben“ (Weber, 1997, S. 129). Die Charaktereigenschaften des Unternehmers, seine Werte und Normen sowie seine grundsätzlichen Einstellungen gegenüber Internationalisierung tragen wesentlich zur Entscheidung über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten bei. Zu den im Zusammenhang mit der Internationalisierung von KMU am häufigsten erwähnten subjektiven Einflussfaktoren gehören Risikoneigung, Flexibilität, Konservatismus oder Zukunftsaussichten (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 440; Bamberger/Evers, 1997, S. 113f.). Die Persönlichkeit des Unternehmers ist außerdem durch bereits gesammelte Internationalisierungserfahrungen geprägt. International tätige Unternehmer seien demzufolge u. a. innovativer, flexibler und dynamischer als diejenigen, die ausschließlich am heimischen Markt agieren (vgl. Weber, 1997, S. 131). Einen bedeutenden Fortschritt auf dem Gebiet der Forschung zu den unternehmerbezogenen Einflussfaktoren der Internationalisierung stellte das von der Forschergruppe Dichtl et al. entwickelte Konzept der Auslandsorientierung6 dar (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 440). Unter Auslandsorientierung verstehen Dichtl et al. „ein ganzes Bündel individueller Eigenschaften 6

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In der verhaltenswissenschaftlich orientierten Literatur zur Internationalisierung werden neben Auslandsorientierung auch weitere Konzepte untersucht, die diesem Konstrukt nahe liegen. Zu den am häufigsten verwendeten Begriffen gehören dabei ‚international orientation’, ‚foreign market orientation’ oder ‚supranational outlook’ (vgl. Engelhard, 1992, S. 145; Dichtl/Müller, 1992, S. 341).

und Ansichten, die maßgebliche Prädispositionen für die erkenntnis- und verhaltensmäßige Auseinandersetzung mit der internationalen Umwelt verkörpern“ (Dichtl/Müller, 1992, S. 341). Dieses Konzept, das sowohl objektive als auch subjektive Merkmale des Entscheidungsträgers in Betracht zieht, beeinflusste die weitere Erforschung von personenbezogenen Einflussfaktoren der Internationalisierung maßgeblich (vgl. Köglmayr, 1990, S. 89ff.; Holzmüller/Kasper, 1990, S. 218f.; Dichtl/Müller, 1992, S. 341ff.; Engelhard, 1992, S. 145ff.; Weber, 1997, S. 129). Ähnlich wie Olson/Wiedersheim-Paul gehen auch Dichtl et al. bei ihren Überlegungen davon aus, dass die Charakteristika des Entscheidungsträgers als Schlüsselgröße einer Internationalisierungsentscheidung betrachtet werden sollen (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 434f.). Ausgehend von dem Modell der Exportneigung von Olson/Wiedersheim-Paul greifen Dichtl et al. insb. zu dem Grad der Auslandsorientierung, operationalisieren diesen und überprüfen ihn mit Hilfe einer Längsschnittstudie an Hand von Export- und Nicht-Exportunternehmen (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 440f.). Später wandten diese Autoren ihren Messansatz auch im internationalen Kontext an, indem sie neben der Auslandsorientierung in Deutschland ebenfalls diese in Finnland, Japan und Südafrika untersuchten (vgl. Köglmayr, 1990, S. 110ff.). Die Forschergruppe um Dichtl konnte Indikatoren der Auslandsorientierung identifizieren, die sich insgesamt vier Gruppen zuordnen lassen (vgl. Abb. 2). Zu den objektiven Managermerkmalen zählten diese Autoren Alter, Ausbildung, Fremdsprachenkenntnisse sowie Auslandsurlaub, zu den subjektiven Managermerkmalen dann Risikopräferenz, Zukunftsperspektiven, Änderungsbereitschaft und Rigidität (vgl. Köglmayr, 1990, S. 90). Auslandsorientierung

Psychische Distanz

Objektive Managermerkmale

Subjektive Managermerkmale

Einstellung zum Export

Abb. 2: Dimensionen der Auslandsorientierung Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Köglmayr, 1990, S. 90

Spätere Arbeiten aus dem deutschsprachigen Raum übernahmen meistens das von Dichtl et al. entwickelte Konstrukt der Auslandsorientierung sowie dessen Operationalisierung ohne jegliche Änderungen (vgl. bspw. Holzmüller/Kasper, 1990, S. 219). Trotz der Tatsache, dass die Überprüfung einzelner Segmente dieses Konzeptes die Ergebnisse von Dichtl et al. nicht bestätigen konnte, wurde das Konzept der Auslandsorientierung insgesamt nicht in Frage gestellt (vgl. Engelhard, 1992, S. 148). Holzmüller/Kasper forderten jedoch eine weitere Erforschung insb. des Teilkonstrukts psychische Distanz (vgl. Holzmüller/Kasper, 1990, S. 228). Aufbauend auf der Kritik von Holzmüller/Kasper (vgl. Holzmüller/Kasper, 1990, S. 228) wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit das Konstrukt der psychischen Distanz in den Vordergrund gestellt. Die Einstellungen des Unternehmers gegenüber konkreten ausländischen 15

Märkten sowie deren Einfluss auf die Bereitschaft zu einer näheren Auseinandersetzung mit diesen Ländern (hier: Unternehmenskooperation) stehen dabei im Zentrum der Betrachtung.

2.1.3 Der Unternehmer als Schlüsselvariable bei Internationalisierungsentscheidungen – ein Zwischenfazit Ausgehend von den dargelegten Erkenntnissen der verhaltenswissenschaftlich orientierten Internationalisierungsforschung steht auch im Falle der vorliegenden Arbeit der Unternehmer im Mittelpunkt. Insb. bei KMU hängt das gesamte Internationalisierungspotential mit der Persönlichkeit des Unternehmers eng zusammen. Neben der grundsätzlichen Entscheidung über die Aufnahme bzw. Ablehnung von Auslandsaktivitäten werden auch die Wahl der ausländischen Märkte sowie der Markteintrittsstrategie durch die Charakteristika des Unternehmers geprägt. Das Anliegen der vorliegenden Arbeit liegt insb. in einer näheren Betrachtung der Rolle der Persönlichkeit des Unternehmers bei Internationalisierungsentscheidungen. Dabei soll allerdings nicht der Einfluss des Unternehmers im Vergleich zu anderen Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung untersucht werden, sondern es soll v. a. der Frage nachgegangen werden, wie seine Einstellungen gegenüber konkreten Auslandsmärkten seine Bereitschaft zur Aufnahme von Auslandsaktivitäten beeinflussen. Dabei wird von den Überlegungen von Olson/Wiedersheim-Paul ausgegangen, die dem Entscheidungsträger eine ‚Filterfunktion’ im Sinne einer selektiven Wahrnehmung von Exportstimuli zuschreiben. Auch der Ansatz der Auslandsorientierung von Dichtl et al. stellt eine wichtige Basis für die weiteren Betrachtungen dar. Trotz der Tatsache, dass dieser Ansatz zur Erklärung der Bereitschaft des Unternehmers zur Kooperation mit Unternehmen aus einem konkreten Land nur begrenzt beitragen kann, da er lediglich die generelle Auslandsorientierung beschreibt, wird er zur Entwicklung des konzeptionellen Bezugsrahmens der individuellen Kooperationsbereitschaft herangezogen (vgl. Kap. 2.3). Die Auslandsorientierung des Unternehmers im Sinne von subjektiver Aufgeschlossenheit gegenüber Auslandsengagement wird in der vorliegenden Arbeit als eine der grundlegenden Bedingungen der individuellen Kooperationsbereitschaft betrachtet (vgl. Kap. 2.3).

2.2

Die Bedeutung des Unternehmers in theoretischen Internationalisierungsansätzen

2.2.1 Internationalisierungsentscheidungen in theoretischen Ansätzen Der Einfluss der Persönlichkeit des Unternehmers auf strategische Entscheidungen, zu denen auch Entscheidungen über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten zählen, wurde in den klassischen Internationalisierungsansätzen lange Zeit vernachlässigt. Ähnlich wie alle anderen strategischen Entscheidungen wurde auch die Internationalisierungsentscheidung unter dem Homo-Oeconomicus-Ansatz betrachtet. Insb. volkswirtschaftliche Erklärungsansätze der Internationalisierung sehen diese Entscheidungen als „[…] Konsequenz der Verfolgung einer 16

Strategie der optimalen Ressourcenallokation“ (Müller, 1991, S. 73) an, bei der das Ziel der Internationalisierung in der Gewinnmaximierung durch die Ausweitung der unternehmerischen Tätigkeit auf ausländische Märkte besteht.7 Die Einbeziehung des Menschen als wichtigen Einflussfaktor einer Internationalisierungsentscheidung erfolgte in den 1960er Jahren durch Aharonis behavioristische Theorie (vgl. Aharoni, 1966). Trotz der Tatsache, dass für einige spätere Internationalisierungsansätze, wie z. B. das Internationalisierungsmodell der Uppsala-Schule, der verhaltenswissenschaftliche Aspekt des Entscheidungsverhaltens unstrittig bleibt, wird in der behavioristisch orientierten Internationalisierungsforschung eine unzureichende Berücksichtigung des menschlichen Einflusses kritisiert (vgl. Müller, 1996, S. 349; Lloyd-Reason/Mughan, 2002, S. 120ff.; Kundu/Katz, 2003, S. 25ff.). „Die Exportforschung trug der These vom ‚Faktor Mensch als der wichtigsten und zugleich am häufigsten vernachlässigten Einflussgröße’ bislang nur in ungenügender Weise Rechnung“ (Müller, 1996, S. 349). Sowohl die Entscheidung über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten als auch das tatsächliche Internationalisierungsverhalten werden mit Hilfe von unterschiedlichen Internationalisierungstheorien erklärt. Dichtl/Köglmayr/Müller unterscheiden dabei folgende drei Forschungsrichtungen (vgl. Dichtl/Köglmayr/Müller, 1989, S. 514ff.): Erstellung von Motivlisten des Auslandsengagements, auf denen die Anreize für die Internationalisierung kategorisiert werden. Diese plausiblen Stimuli sagen allerdings nichts darüber aus, welche von ihnen für eine Internationalisierungsentscheidung von großer Relevanz sind. Das Ziel besteht eher in einer vollständigen Auflistung und Kategorisierung möglicher Faktoren, welche die Internationalisierungsentscheidung beeinflussen. Partialanalysen von Exportentscheidungen, welche „[…] zur Erklärung von Exportentscheidungen eine unabhängige Variable bzw. ein Konstrukt heranziehen“ (Dichtl/ Köglmayr/Müller, 1989, S. 514). Solche Analysen beschäftigen sich bspw. mit der Frage, welchen Einfluss die Unternehmensgröße bzw. die Unternehmensziele auf die Internationalisierungsentscheidung haben. Ein wichtiger Punkt ist außerdem der Vergleich von Merkmalen der Exporteure mit denen der Nicht-Exporteure bzw. die Wahrnehmung der Lage der Unternehmung in der Umwelt als Ursache der Internationalisierung. Entwicklung von globalen Modellen der Internationalisierungsentscheidung, die auf Grund der Komplexität solcher Entscheidungen jedoch sehr problematisch ist. Aus diesem Grund konzentrieren sich die Autoren jeweils auf einzelne Teile des Entscheidungsprozesses, wie z. B. auf die Vorentscheidungsphase der Internationalisierung (vgl. überblicksartig Dichtl/Köglmayr/Müller, 1989, S. 520ff.). Zu erwähnen ist an dieser Stelle insb. das bereits vorgestellte Modell der Exportneigung von Olson/Wiedersheim-Paul (1978), welches die Persönlichkeit des Entscheidungsträgers am Beispiel der Exportentscheidung näher betrachtet. 7

Mehr zu den verschiedenen Internationalisierungsansätzen vgl. überblicksartige Darstellungen bspw. bei Perlitz, 2000, S. 72ff. oder Müller/Kornmeier, 2002, S. 217.

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Im Weiteren sollen nun einige theoretische Ansätze des Internationalisierungsverhaltens näher vorgestellt werden, welche die Bedeutung des Menschen bei einer Internationalisierungsentscheidung hervorheben. Dabei werden nicht die gesamten Ansätze dargelegt, sondern es werden diejenigen Aspekte erörtert, die sich auf die Persönlichkeit des Entscheidungsträgers beziehen. In Kap. 2.2.2 wird zunächst der behavioristische Ansatz von Aharoni beschrieben, bevor in Kap. 2.2.3 auf zwei Internationalisierungsansätze eingegangen wird, die sich den sog. Phasenmodellen der Internationalisierung zuordnen lassen.

2.2.2 Die Rolle des Menschen in der behavioristischen Theorie von Aharoni Die behavioristische Theorie von Aharoni, die den Theorien der Direktinvestitionen im Ausland zuzuordnen ist (vgl. Perlitz, 2000, S. 107ff.), hebt als einer der wenigen Ansätze zur Erklärung der Direktinvestitionen im Ausland die Ebene des Individuums hervor. Aharoni geht bei seinen Überlegungen von der behavioral theory of the firm von Cyert/March (1963) aus, nach der Unternehmen lernfähige soziale Systeme darstellen, die u. a. durch eingeschränkte Rationalität beim Treffen von Entscheidungen gekennzeichnet sind (vgl. Aharoni, 1966, S. 29ff.). Damit grenzt er sich von der Homo-Oeconomicus-Annahme ab und bezeichnet die Entscheidungsträger als „satisficing, behavioral men“ (ebenda, S. 30). In seiner Arbeit kritisierte Aharoni die klassischen Modelle der Investitionsentscheidung, welche seiner Meinung nach nur eine geringe Relevanz für die Erklärung des Entscheidungsprozesses in Unternehmen besitzen. Die klassischen Theorien des Entscheidungsverhaltens vernachlässigen nämlich den Einfluss des Entscheidungsträgers, dessen Entscheidungen auf Grund subjektiver Wahrnehmung und Interpretation oft nicht rational getroffen werden. „Die Entscheidung, ins Ausland zu gehen, ist seiner [Aharonis] Ansicht nach das Ergebnis einer Reihe von Faktoren, die zum Einen in der Organisation begründet liegen und sich zum Anderen aus Umwelteinflüssen ergeben“ (Perlitz, 2000, S. 108). An Hand von Interviews mit US-amerikanischen Führungskräften konnte Aharoni feststellen, dass es für eine Direktinvestition keinen typischen Entscheidungsprozess gibt. Es handelt sich eher um einen dynamischen, sozialen Prozess (vgl. Müller/Kornmeier, 2002, S. 353), der zwar in Phasen zerlegt werden kann, diese können jedoch unterschiedlich lang sein sowie sich überschneiden. Nach Aharoni durchläuft ein international unerfahrenes Unternehmen bei einer Internationalisierungsentscheidung die folgenden vier Phasen (vgl. Aharoni, 1966, S. 49ff.), von denen insb. die ersten zwei für die vorliegende Arbeit von hoher Relevanz sind: 1/ Anstoßphase (decision to look abroad), welche als die wichtigste Phase des Entscheidungsprozesses zu verstehen ist (vgl. Aharoni, 1966, S. 42). Diese Phase wird durch sog. Initialkräfte ausgelöst, ohne die eine gewisse Trägheit, die insb. für auslandsunerfahrene Unternehmen mit dem ersten Auslandsgeschäft verbunden ist, nicht überwunden werden kann. Zu den Initialkräften gehören sowohl unternehmensinterne als auch -externe Faktoren. Bei den unternehmensinternen Faktoren betont Aharoni neben den ökonomisch-rationalen 18

Faktoren auch das persönliche Internationalisierungscommitment des Top-Managements (Prestigestreben, Erfahrungen, ethnische Herkunft und sonstiges Eigeninteresse). Zu den unternehmensexternen Initialkräften sind z. B. Vorschläge von ausländischen Händlern, Angst, den Markt zu verlieren oder sog. Mitläufer-Effekte (band-waggon-effects) zu zählen, bei denen sich die Unternehmen gezwungen sehen, ihren Konkurrenten ins Ausland zu folgen. (vgl. Aharoni, 1966, S. 49ff.; Müller/Kornmeier, 2002, S. 354; Bäurle, 1996, S. 52f.). 2/ Bewertungsphase (the investigation process), in der das Unternehmen die verschiedenen Möglichkeiten an Hand von unterschiedlichen Kriterien zu bewerten hat. Diese Bewertung erfolgt u. a. auf Grund der persönlichen Einstellungen und Präferenzen der Entscheidungsträger und ist „[…] davon beeinflusst, welche Kraft den Anstoß für eine Direktinvestition gegeben hat“ (Bäurle, 1996, S. 53).8 3/ Investitionsphase (the decision to invest), in der die Entscheidung getroffen wird 4/ Nachprüfphase (reviews and negotiations) Die Motive der Entscheidungsträger für die Aufnahme von Auslandsaktivitäten liegen nicht allein in einer Prognose eines hohen Gewinns, sondern es gibt zusätzliche Motive, die zumindest genauso wichtig sind (z. B. Prestige oder Reiselust) (vgl. Aharoni, 1966, S. 59). Dies beantwortet auch Aharonis Frage, „[…] warum sich Unternehmen trotz hoher Gewinnchancen im Ausland, die auch das höhere Risiko kompensieren würden, nicht für Direktinvestitionen im Ausland entschieden haben“ (Perlitz, 2000, S. 108). Der Beitrag des Ansatzes von Aharoni für die vorliegende Arbeit besteht zum Einen in der Unterteilung des gesamten Internationalisierungsprozesses in Phasen, zum Anderen in der Hervorhebung der Bedeutung des persönlichen Internationalisierungscommitments. Insb. in den ersten Phasen der Internationalisierung setzt sich der Unternehmer neben der grundsätzlichen ja/nein-Entscheidung ebenfalls mit unterschiedlichen Möglichkeiten des Auslandsengagements auseinander. Bei den Überlegungen zur Wahl eines Auslandsmarktes sowie einer Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie ist die Persönlichkeit des Unternehmers mit ihren Charaktereigenschaften (z. B. Konservatismus, Flexibilität) sog. Initialkräften ausgesetzt. Die Bereitschaft zum Auslandsengagement (hier: grenzüberschreitende Kooperation) wird somit durch verschiedene interne und externe Faktoren gemindert bzw. gestärkt. Die Einstellung des Unternehmers gegenüber einem Auslandsmarkt, die im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht, kann die Bereitschaft zur Kooperation mit Unternehmen aus diesem Land wesentlich beeinflussen. Demzufolge können bspw. die sog. Mitläufer-Effekte bei einem Unternehmer überhaupt nicht auftreten, während sie bei einem anderen verstärkt wirken. Das persönliche Internationalisierungscommitment wird u. a. durch persönliche Erfahrungen, Interesse für das jeweilige Land sowie durch das vermutete Image des jeweiligen Landes geprägt. 8

Nach Bäurle „[…] hängt der Bewertungsprozess von der Stärke der auslösenden Kraft ab. Ist etwa bekannt, dass die Geschäftsleitung an einem bestimmten Projekt sehr stark interessiert ist, so wird nicht mehr überprüft, ob die Investition überhaupt durchgeführt werden soll, sondern nur noch, wie sie durchgeführt werden soll“ (Bäurle, 1996, S. 54).

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Obwohl Aharoni kein theoretisches Modell des Entscheidungsprozesses bei Direktinvestitionen aufstellte sondern ‚nur’ ein allgemeines Ablaufmuster von Entscheidungsprozessen bzgl. Auslandsinvestitionen, leistete er einen bedeutenden Beitrag zur verhaltenswissenschaftlich orientierten Internationalisierungsforschung, da er zum ersten Mal die Einstellung des Entscheidungsträgers in den Vordergrund stellte (vgl. Braun, 1988, S. 107; Bäurle, 1996, S. 57f; Perlitz, 2000, S. 110). Sein behavioristischer Ansatz stellte die Grundlage für weitere Bestrebungen nach Erklärung von Internationalisierung von Unternehmen dar. Die Annahme Aharonis über die Lernfähigkeit der Unternehmen konnte u. a. Ende der 1970er Jahre in den Internationalisierungsmodellen von Johanson/Vahlne sowie von Luostarinen wieder gefunden werden (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 26ff.; Luostarinen, 1979, S. 10f.), deren Grundzüge im Weiteren beschrieben werden (vgl. Kap. 2.2.3).

2.2.3 Die Rolle des Menschen in den behavioristischen Prozessansätzen der Internationalisierung 2.2.3.1 Grundzüge der behavioristischen Phasenmodelle der Internationalisierung Zu den weiteren verhaltenswissenschaftlichen Ansätzen der Internationalisierung, die größtenteils von Aharonis behavioristischer Theorie ausgehen, gehören insb. die aus den skandinavischen Ländern stammenden Phasenmodelle der Internationalisierung von Johanson/Vahlne (1977) sowie von Luostarinen (1979). Insb. die Annahmen der Uppsala-Schule (Johanson/Wiedersheim-Paul, 1975; Johanson/Vahlne, 1977) stellten die Grundlage für die Entwicklung anderer verhaltenswissenschaftlich orientierter Phasenmodelle der Internationalisierung dar, von denen v. a. die innovationsbezogenen Ansätze von Bilkey/Tesar (1977) sowie von Cavusgil (1980) zu erwähnen sind (vgl. Andersen, 1993, S. 212). Die behavioristischen Prozessansätze gehen von einem inkrementellen Internationalisierungsprozess aus, dessen Ursachen zum Einen auf begrenztem Wissen und zum Anderen auf der mit einer Internationalisierungsentscheidung verbundenen Unsicherheit beruhen (vgl. Andersen, 1993, S. 212). Eine bedeutende Stellung nimmt in diesen Ansätzen das organisationelle Lernen ein. Die Lernfähigkeit des Unternehmens hat zur Folge, dass „zukünftige Internationalisierungsschritte immer auch von dem bis dahin bereits erreichten Internationalisierungsniveau, also vom Status quo, abhängen“ (Bäurle, 1996, S. 104). Auf Grund deren hoher Relevanz für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit werden im Weiteren einige Aspekte der Ansätze von Johanson/Vahlne und von Luostarinen erörtert.9 Diese beziehen sich ausschließlich auf die Bedeutung des Menschen im Internationalisierungsprozess, auf eine Beschreibung der gesamten Modelle wird im Rahmen dieser Arbeit verzichtet.

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Eine nähere Beleuchtung der Ansätze von Bilkey/Tesar sowie von Cavusgil würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Mehr zu diesen Internationalisierungsansätzen vgl. Bilkey/Tesar, 1977, S. 93ff.; Cavusgil, 1990, S. 147ff. oder auch bspw. Müller/Kornmeier, S. 288f.

Die Internationalisierungsmodelle von Johanson/Vahlne und Luostarinen weisen einige Gemeinsamkeiten auf. Für beide Ansätze ist ein gewisser deterministischer Zugang charakteristisch, da sie unter der Annahme entwickelt wurden, dass die Internationalisierung oft nur eine Reaktion auf verschiedene Anreize aus der Umwelt wie z. B. auf eine Bestellung aus dem Ausland oder auf Wettbewerbsdruck darstellt (vgl. Bäurle, 1996, S. 104f.; Etemad/ Wright, 2003, S. 1). Weiterhin gehen beide Ansätze davon aus, dass eine Internationalisierungsstrategie erst dann denkbar ist, wenn das Unternehmen am heimischen Markt schon etabliert ist (vgl. Bäurle, 1996, S. 104). Die Basis beider Ansätze bildet die Annahme, dass die Internationalisierung inkrementell verläuft und eng mit dem Lernprozess des Unternehmens zusammenhängt, d. h. je nachdem wie sich das Wissen über und die Erfahrungen des Unternehmens mit ausländischen Märkten erhöhen, verfolgt das Unternehmen eine bestimmte Internationalisierungsstrategie in einem bestimmten Zielmarkt (entweder in einem nahe liegenden im Falle eines niedrigen Wissensstands oder in einem weiter entfernten im Falle eines hohen Wissensstands). Die Entscheidung für ein bestimmtes Internationalisierungsmuster ist in den Phasenmodellen als Konsequenz der vorherigen Erfahrungen des Managements zu verstehen. Dabei ist anzunehmen, dass das Unternehmen ein bestimmtes Internationalisierungsmuster durchläuft: von der Phase ‚kein regelmäßiger Export’ bis zur Phase ‚Auslandsproduktion’ bei der Uppsala-Schule (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 23) und von der ‚Startphase’ bis zur ‚Reifephase’ bei dem Modell von Luostarinen (vgl. Luostarinen, 1979, S. 183ff.). Die Tatsache, dass die Unternehmen in der Realität oft einige Stufen überspringen, wurde erst in den Weiterentwicklungen des Modells der Uppsala-Schule von Johanson/Mattsson (1986), Nordström (1991) und Vahlne/ Nordström (1993) berücksichtigt (vgl. Bäurle, 1996, S. 74ff.). Erst in diesen Arbeiten betonten die Autoren, dass die Internationalisierung das Ergebnis einer strategischen Planung sein kann und nicht, wie es in den früheren Arbeiten der Fall war, lediglich das Ergebnis einer reaktiven Strategie bzw. eines Zufalls. Darüber hinaus besteht ein Defizit der ursprünglichen behavioristischen Phasenmodelle der Internationalisierung in einer unzureichenden Berücksichtigung der unternehmensexternen Rahmenbedingungen, die zur Folge haben, dass Unternehmen ihre Auslandsaktivitäten auch einschränken können.10 Der Rückzugspfad der Internationalisierung ist nach den Erkenntnissen von Setzer sowie Hauler in der Praxis häufig und muss demzufolge auch aus der wissenschaftlichen Perspektive betrachtet werden (vgl. Setzer, 2001, S. 128; Hauler, 2005, S. 167). Der Entscheidungsprozess bzgl. Internationalisierung ist immer mit einer bestimmten Unsicherheit verbunden, welche die Entscheidungsträger zu senken versuchen, indem sie nach Johanson/Vahlne zuerst die Märkte erschließen, in denen sich das Konsumentenverhalten oder die Geschäftspraktiken von den heimischen nicht viel unterscheiden. Die begrenzte Rationalität des Entscheidungsträgers sowie seine kognitiven Dissonanzen bzgl. eines Ent10

Setzer spricht in diesem Zusammenhang insb. über einen negativen Einfluss politisch-rechtlicher Bedingungen auf das Marktverhalten deutscher KMU auf ausländischen Märkten (vgl. Setzer, 2001, S. 234).

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scheidungsproblems haben zur Folge, dass die Entscheidungsträger Analogien zu laufenden Geschäftsbedingungen und vorherigen Erfahrungen suchen (vgl. Sullivan/Bauerschmidt, 1990, S. 20). Die Internationalisierung ist nach dem Verständnis von Johanson/Vahlne am besten durch das Konstrukt der psychischen Distanz erklärbar, welche die Entscheidungsträger gegenüber einem Land empfinden (vgl. ebenda, S. 20). Luostarinen greift bei seiner Erklärung des Internationalisierungsprozesses auf das Konstrukt sog. lateraler Rigidität zurück (vgl. Kap. 2.2.3.3). Die gegenwärtigen Tendenzen der Internationalisierung von Unternehmen können jedoch mit Hilfe der ursprünglichen Phasenmodelle nicht ausreichend erklärt werden. Eine hohe Geschwindigkeit und Intensität der Internationalisierung, deren neue Formen11 sowie Internationalisierung von immer kleineren bzw. von schnell wachsenden Unternehmen12 oder Unternehmen aus Entwicklungsländern sind nur einige der Gründe, welche einen inkrementellen Verlauf der Internationalisierung bezweifeln lassen (vgl. bspw. Axinn/Matthyssens, 2001, S. 442ff.; Blomsterno/Sharma, 2003, S. 31). Weiterhin richtet sich auch die Wahl eines Zielmarktes immer weniger nach dessen geographischer Entfernung vom Heimatmarkt, die zur Zeit der Modellentwicklung sicherlich eine bedeutendere Rolle spielte, als dies in der Gegenwart der Fall ist. Im Jahr 2002 untersuchten Johanson/Vahlne erneut den Internationalisierungsprozess von Unternehmen. Dabei konnten sie bestätigen, dass die Geschwindigkeit der Internationalisierung insgesamt höher ist als zur Zeit der Entwicklung ihres ursprünglichen Internationalisierungsmodells. Was die Internationalisierungsformen anlangt, unterscheiden sich diese bei traditionellen von denen bei e-commerce-Firmen. Während bei traditionellen Unternehmen Exportaktivitäten überwiegen, bevorzugen e-commerce-Firmen ‚greenfield market entries’ (vgl. Johanson/Vahlne, 2002, S. 220). Trotz einer umfangreichen Kritik beeinflussen diese theoretischen Ansätze bis heute die Forschungsarbeiten zur Internationalisierung von Unternehmen. Hervorzuheben sind neben einer dynamischen Betrachtung des Internationalisierungsprozesses insb. die Bedeutung der subjektiven Interpretation der Umwelt sowie der kognitiven Prozesse des Individuums bei einer Internationalisierungsentscheidung (vgl. bspw. Andersen, 1993, S. 210ff.; Schmid, 2002, S. 389f.; Holtbrügge, 2005, S. 19ff.). 2.2.3.2 Die Rolle des Menschen im Internationalisierungsmodell der Uppsala-Schule Als theoretische Grundlagen des Uppsala-Modells der Internationalisierung, das im Jahr 1977 von Johanson/Vahlne veröffentlicht wurde, dienen die behavioristische Theorie von Aharoni

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Johanson/Vahlne sowie Luostarinen konzentrieren sich stark auf Exportstrategien. Seit der Zeit der Modellentwicklung gewannen allerdings auch andere Internationalisierungsstrategien an Bedeutung, wie z. B. Fusionen, Akquisitionen, Joint Venture oder Netzwerke. Exportstrategien standen jedoch auch in späteren verhaltenswissenschaftlich orientierten Studien im Mittelpunkt (vgl. bspw. Müller/Köglmayr, 1986, S. 788ff.; Holzmüller/Kasper, 1990, S. 217ff.). In der Literatur werden diese Firmen als ‚born-international firms’, global start-ups’, international new ventures’ oder ‚born globals’ bezeichnet (vgl. Kundu/Katz, 2003, S. 25ff.; Holtbrügge, 2005, S. 21f.; Larimo, 2003, S. 258).

(1966), die behavioristische Theorie der Firma von Cyert/March (1963) sowie die Theorie des Unternehmenswachstums von Penrose (1959) (vgl. Johanson/Vahlne, 1990, S. 11). Die Internationalisierung wird nach Johanson/Vahlne durch Lernprozesse geprägt, bei denen das Unternehmen dank steigender Erfahrungen mit ausländischen Märkten sowie steigendem Wissen über das Ausland seine dortigen Aktivitäten schrittweise entwickelt. „Dabei betritt es zunächst Länder, die dem Heimatmarkt kulturell ähnlich sind oder ihm geographisch nahe liegen, wozu man sich gewöhnlich des Exports bedient. Erst dann kommen Strategien in Betracht, die – scheinbar oder tatsächlich – risikoreicher sind. So werden nun weiter entfernte Länder erschlossen, eigene Vertriebsniederlassungen aufgebaut oder Tochtergesellschaften bzw. Produktionsstätten gegründet“ (Müller/Kornmeier, 2002, S. 296). Bei dem Internationalisierungsprozess wird davon ausgegangen, dass sich das Unternehmen an veränderte Bedingungen der Umwelt inkrementell anpasst. Diese Anpassung erfolgt um so schneller, je weniger die Bedingungen auf dem Heimatmarkt und auf einem Auslandsmarkt voneinander abweichen. Das schrittweise Betreten der ausländischen Märkte wird durch die kognitiven Distanzen des Entscheidungsträgers erklärt, die er in Bezug auf einen Auslandsmarkt empfindet (vgl. Engelhard/Eckert, 1993, S. 252). Die sog. psychische Distanz zu fremden Ländern ist nach Johanson/Vahlne vom Wissensstand des Entscheidungsträgers abhängig, der insb. auf persönlichen Erfahrungen mit dem jeweiligen Land beruht (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 28). Das Wissen beeinflusst sich wechselseitig mit der Marktbindung, die gemeinsam die Zustandsgrößen des UppsalaModells darstellen. Dadurch wird auch der Grad der Internationalisierung in eine enge Relation zum Kenntnisstand des Entscheidungsträgers gesetzt. Die ‚Psychic Distance Chain’ weist allerdings einige Schwächen auf, die sich insb. auf eine ungenügende Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz beziehen. Zwar sprechen Johanson/Vahlne über das individuelle Wissen und über die individuelle Wahrnehmung, setzen jedoch die psychische Distanz den Länderunterschieden gleich und betrachten diese statt auf der individuellen auf der Unternehmensebene. So betont bspw. Schmid die Notwendigkeit einer „Präzisierung des Konstrukts der psychischen Distanz“ (Schmid, 2002, S. 390).13 Im Zusammenhang mit dem Marktwissen kritisiert Andersen u. a. die Einbeziehung von lediglich einer Erklärungsvariable in das Modell der Internationalisierung (vgl. Andersen, 1993, S. 221). Seiner Meinung nach müssen auch weitere Faktoren mit einbezogen werden, welche die Internationalisierung beeinflussen, wie z. B. die Charakteristika des Unternehmens sowie die der unternehmerischen Umwelt.14

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Das Konstrukt der psychischen Distanz wird in Kap. 3 dieser Arbeit ausführlich beleuchtet. Dieser Kritikpunkt wurde in der Weiterentwicklung des Modells von Johanson/Mattson (1986, 1988) eingearbeitet. Die Autoren betrachten das Unternehmen als ein Teil des Netzwerkes, innerhalb dessen Interaktionen zwischen den einzelnen Akteuren (Marktteilnehmern) wichtig sind. Später (1991) brachten Vahlne/Nordström den Wettbewerb als einen wichtigen Einflussfaktor ein (vgl. Bäurle, 1996, S. 74ff.).

23

Die Autoren selbst haben einige Beschränkungen ihres Modells definiert, u. a. auch die Annahme, dass der Geltungsbereich des Modells eingeschränkt wird, falls der Unternehmer Erfahrungen von anderen Märkten mit ähnlichen Bedingungen hat (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 30f.). Damit verhinderten sie allerdings nicht die kommende Kritik der „mangelnden Berücksichtigung von Interdependenzen zwischen verschiedenen Ländermärkten“ (Bäurle, 1996, S. 73). Die Rolle des Menschen bei einer Internationalisierungsentscheidung wurde weiterhin durch Vahlne/Nordström hervorgehoben, die sich mit dem Konstrukt der psychischen Distanz näher beschäftigten. Trotz der Tatsache, dass sie in ihrer Studie die These der sinkenden Bedeutung dieses Konstrukts im Laufe der Zeit nicht bestätigen konnten (vgl. Kap. 3.7), kann das Konzept der psychischen Distanz nach dem Verständnis der Uppsala-Schule die steigende Expansion der Unternehmen in ausländische Märkte bspw. durch e-commerce nicht befriedigend erklären (vgl. Axinn/Matthyssens, 2001, S. 443; Holtbrügge, 2005, S. 20f.).

2.2.3.3 Die Rolle des Menschen im Internationalisierungsmodell von Luostarinen Das verhaltenswissenschaftlich orientierte Entscheidungsfindungsmodell von Luostarinen (1979) erklärt das Internationalisierungsverhalten insb. von kleinen Unternehmen in den ersten Phasen von deren Internationalisierung. Es stellt, ähnlich wie das Uppsala-Modell, den Lernprozess in den Vordergrund und setzt einen inkrementellen Verlauf des Internationalisierungsprozesses voraus (vgl. Luostarinen, 1979, S. 173f.). Das Internationalisierungsverhalten von Unternehmen versucht Luostarinen mit Hilfe des Konstrukts der lateralen Rigidität zu erklären. Danach tendieren die Unternehmen dazu, vertraute Aktivitätsmuster den neuen Alternativen vorzuziehen. Die laterale Rigidität hängt nach Luostarinen von Wissen und Erfahrungen der Entscheidungsträger ab. Je mehr Kenntnisse sowie positive Erfahrungen der Entscheidungsträger mit ausländischen Märkten besitzt, desto niedriger ist die laterale Rigidität (vgl. ebenda, S. 31ff. und 50ff.). Das Internationalisierungsmodell von Luostarinen ist dem Uppsala-Modell in mehreren Aspekten ähnlich. Unterschiedlich ist allerdings, dass sich dieses Modell auf die Betrachtung des Unternehmens anstatt des Auslandsmarktes konzentriert. „Die behavioristischen Modelle haben auf Gesamtunternehmensebene wesentlich höhere Validität als auf Zielmarktebene“ (Bäurle, 1996, S. 102). So können bspw. die Erfahrungen von der Gründung einer Niederlassung in einem Zielland den Verlauf der Marktbearbeitung in einem anderen Land erleichtern, denn das Unternehmen sammelt Erfahrungen, die später in anderen Auslandsmärkten genutzt werden können. Neben dem Schritt von der Zielmarktebene bei der Uppsala-Schule zur Unternehmensebene ist bei dem Modell von Luostarinen die Einführung der Produktdimension von besonderer Bedeutung. Nach Luostarinen betrifft die inkrementelle Vorgehensweise nicht nur die Zielmarktwahl (von mehr zu wenig vertrauten Ländern) und die Internationalisierungsstrategie (vom Export bis zur Auslandsproduktion), sondern auch die Produktdimension. So werden zuerst Produkte und erst anschließend Dienstleistungen exportiert, 24

bevor es zur Internationalisierung von komplexeren Systemen und Know-how kommt (vgl. Luostarinen, 1979, S. 96). Als zentralen Faktor der lateralen Rigidität bezeichnet Luostarinen das Konzept der ‚business distance’ zwischen dem Heimatmarkt und einem Auslandsmarkt. Dabei handelt es sich um ein dreidimensionales Konstrukt, das geographische, kulturelle und ökonomische Distanz in sich verbirgt (vgl. Luostarinen, 1979, S. 137ff.). Je größer die ‚business distance’ zwischen zwei Ländern ist, desto weniger Wissen besitzt das Unternehmen in Bezug auf einen Zielmarkt. Das eingeschränkte Wissen hat anschließend nach Luostarinen die Entstehung von lateraler Rigidität zur Folge (vgl. Luostarinen, 1979, S. 125f.). In der Literatur zur Internationalisierung von Unternehmen wird zu Unrecht dem Internationalisierungsmodell der schwedischen Uppsala-Schule eine unvergleichbar größere Aufmerksamkeit geschenkt als dem Modell von Luostarinen. Bäurle begründet dies dadurch, dass Luostarinens Modell im Gegensatz zu dem der Uppsala-Schule keine bedeutenden Weiterentwicklungen folgten (vgl. Bäurle, 1996, S. 101). Luostarinen leistete mit seinem Ansatz jedoch einen wesentlichen Beitrag zur Erklärung des Internationalisierungsverhaltens von Unternehmen, indem er u. a. das von Johanson/Vahlne vorgeschlagene Distanzkonzept erweiterte sowie die Produktdimension in sein Modell einfügte.

2.2.3.4 Der Beitrag der behavioristischen Phasenmodelle für die vorliegende Arbeit Die behavioristischen Phasenmodelle der Internationalisierung eignen sich als Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit aus mehreren Gründen. Neben der Hervorhebung der Persönlichkeit des Unternehmers bei der Entscheidung über die Aufnahme von Auslandsaktivitäten sowie der ausführlichen Betrachtung des Marktwissens als Schlüsselgröße der Internationalisierungsentscheidung liegt der besondere Beitrag dieser Ansätze in der Weiterentwicklung der Distanzkonzepte, die in den früheren wissenschaftlichen Arbeiten zur Internationalisierung nicht detailliert thematisiert wurden. Das Distanzkonzept in Form von psychischer Distanz bei Johanson/Vahlne sowie das Distanzkonzept in Form von business distance von Luostarinen weisen jedoch einige Schwächen auf, in deren Beseitigung eines der Ziele dieser Arbeit besteht. Zwar sprechen sowohl Johanson/Vahlne als auch Luostarinen über die subjektive Wahrnehmung der Auslandsmärkte, die Konzeptualisierung und Operationalisierung der Distanzkonzepte weist allerdings einen rein objektiven Charakter auf. Die Messung von subjektiv wahrgenommenen Distanzen zwischen dem Heimatmarkt des Unternehmers und einem Auslandsmarkt beruht demzufolge v. a. auf Merkmalen, die sich auf die objektiven Unterschiede in politischen bzw. wirtschaftlichen Bedingungen beziehen. Im Rahmen dieser Arbeit soll die Einbeziehung von subjektiver Wahrnehmung in das Konstrukt der psychischen Distanz erfolgen. Darüber hinaus soll hervorgehoben werden, dass die wahrgenommenen Distanzen zu Auslandsmärkten das tatsächliche Internationalisierungsverhalten nur bedingt beeinflussen können. Im Gegensatz zur Annahme von Johanson/Vahlne 25

über den zentralen Einfluss der psychischen Distanz auf das Internationalisierungsverhalten betrachtet die vorliegende Arbeit diese als Variable, die lediglich die Bereitschaft des Unternehmers zur Internationalisierung und nur mittelbar das tatsächlich realisierte Internationalisierungsverhalten erklären kann.

2.3

Die Bereitschaft des Unternehmers zur Aufnahme von Auslandsaktivitäten als zentraler Aspekt der Internationalisierung von KMU Ausgehend von den Schlussfolgerungen des Kap. 2.1 über die zentrale Bedeutung des Unternehmers bei strategischen betrieblichen Entscheidungen sowie von den in Kap. 2.2 beschriebenen Internationalisierungsansätzen wird nun noch näher auf die Rolle des Unternehmers im Internationalisierungsprozess eingegangen. Dabei soll von der Annahme ausgegangen werden, dass die Internationalisierungsbereitschaft des Unternehmers in KMU der Internationalisierungsbereitschaft des Unternehmens vorgelagert ist (vgl. Olson/Wiedersheim-Paul, 1978, S. 286; Lloyd-Reason/Mughan, 2002, S. 121). Nach Lloyd-Reason/Mughan steht nämlich die Bereitschaft des Unternehmers zur Internationalisierung an der ersten Stelle; Falls der Unternehmer nicht bereit ist, Auslandsaktivitäten aufzunehmen (bspw. auf Grund unzureichender Fremdsprachenkenntnisse oder einer niedrigen kulturellen Offenheit), nimmt auch das Unternehmen keine Auslandsaktivitäten auf, selbst wenn es über notwendige Kenntnisse, Fähigkeiten sowie finanzielle Ressourcen verfügt (vgl. ebenda, S. 127). In der einschlägigen Literatur lassen sich neben der Bereitschaft auch andere Konzepte finden, welche zur Erklärung der Motivation des Entscheidungsträgers zur Aufnahme von Auslandsaktivitäten beitragen. Eine unpräzise Nutzung von Begriffen wie z. B. ‚Exportneigung’, ‚motivation to foreign involvement’ oder ‚willingness to start exporting’ führt allerdings dazu, dass diese Konzepte oft mit dem in Kap. 2.1.2.3 beschriebenen Konstrukt der Auslandsorientierung sinngleich betrachtet werden. Aus diesem Grund soll nun eine Arbeitsdefinition des Begriffs ‚Bereitschaft zur Internationalisierung’ aufgestellt sowie dessen Zusammenhänge mit den weiteren, in diesem Kapitel erwähnten Begriffen hergestellt werden. Unter der Bereitschaft des Unternehmers zur Internationalisierung ist die individuelle Motivation zur Aufnahme von Auslandsaktivitäten zu verstehen, welche die Absicht zeigt, ein Internationalisierungsverhalten zu realisieren. Demzufolge handelt es sich hierbei nicht um das tatsächliche Verhalten, sondern lediglich um dessen Intention. Die Interdependenzen zwischen diesen beiden Begriffen erklärt Ajzen in seiner Theorie des geplanten Verhaltens (vgl. Ajzen, 1988, S. 132ff.). Danach wird das Verhalten durch die Verhaltensintention beeinflusst, die wiederum durch die Einstellung zum Verhalten, subjektive Norm sowie wahrgenommene Verhaltenskontrolle geprägt ist (vgl. Abb. 3). Die individuelle Bereitschaft zur Internationalisierung korrespondiert nur bedingt mit dem tatsächlichen Internationalisierungsverhalten, da zwischen der Intention und dem Verhalten noch situative Faktoren zur Wirkung kommen, die bspw. trotz einer hohen Bereitschaft die Durchführung eines Verhaltens ausschließen (z. B. begrenzte Ressourcen). 26

Attitude toward the behavior

Subjective norm

Intention

Behavior

Perceived behavioral control

Abb. 3: Theorie des geplanten Verhaltens Quelle: Ajzen, 1988, S. 133

Da im Falle der vorliegenden Arbeit die grenzüberschreitende Kooperation im Mittelpunkt steht, muss weiterhin der Begriff ‚Bereitschaft zur Internationalisierung’ um Aspekte einer Kooperation ergänzt werden. Ausgegangen werden soll an dieser Stelle von der Definition von Schäper, der unter Kooperationsbereitschaft „die unabhängig von einem konkreten Kooperationsprojekt gegebene Motivation der Entscheidungsträger von Unternehmen“ versteht, „Kooperation als Handlungsalternative zur Lösung betrieblicher Probleme zu erwägen und sie gegebenenfalls auch zu realisieren“ (Schäper, 1997, S. 141). Dem Autor dieser Definition kann ein gewisses reaktives Verständnis vorgeworfen werden, da er unter Kooperationsbereitschaft lediglich eine Reaktion auf betriebliche Probleme versteht. Die individuelle Kooperationsbereitschaft bezieht sich allerdings auch auf eine aktive Bereitschaft, d. h. auf die Motivation, eine Kooperation auch bspw. zum Zwecke des Unternehmenswachstums aktiv auszusuchen. Den aktiven Aspekt der Kooperationsbereitschaft betont in ihrer Definition Endress. Danach „setzt sich die Kooperationsbereitschaft aus den verschiedenen Motivbündeln und Motiven der Partner sowie einer Anzahl von Sachzwängen und einer allgemeinen Neigung der Unternehmen zusammen, Problemlösungen oder Situationsverbesserungen durch Kooperationen zu erreichen“ (Endress, 1991, S. 30). Dem Gegenstand der vorliegenden Arbeit zufolge muss das Begriffsverständnis nach Schäper sowie nach Endress außerdem unter dem internationalen Blickwinkel betrachtet werden. So wird in dieser Arbeit unter der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation dessen individuelle Motivation verstanden, eine Kooperation mit einem oder mehreren ausländischen Unternehmen einzugehen. Ausgehend von der Problemstellung sowie der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit soll hier allerdings nicht die Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation allgemein, sondern insb. die zur Kooperation mit Unternehmen aus einem konkreten Land untersucht werden (vgl. Kap. 1.1).

27

Schäper unterscheidet zwischen quantitativen und qualitativen Aspekten der Kooperationsbereitschaft. Die quantitativen Aspekte, die sich auf eine möglichst große Anzahl der von einem Kooperationsvorhaben überzeugten Personen in der Firma beziehen, sind für die vorliegende Arbeit auf Grund deren Ausrichtung auf KMU nur begrenzt relevant. Besonders wichtig sind jedoch die qualitativen Aspekte der Kooperationsbereitschaft, welche die Höhe der Motivation des Unternehmers widerspiegeln. Als qualitative Aspekte nennt Schäper zum Einen die Bedeutung des Ziels für den Unternehmer, zum Anderen die Realisierbarkeit dieses Ziels, die wiederum von den subjektiv wahrgenommenen Kooperationsmöglichkeiten und -fähigkeiten abhängt (vgl. Schäper, 1997, S. 141f.).15 Trotz der Tatsache, dass die Kooperationsbereitschaft bzw. die Bereitschaft zur Aufnahme von Auslandsaktivität in einer Vielzahl von Forschungsarbeiten diskutiert wird, sind nur einige davon geeignet, die Kooperationsbereitschaft aus der Persönlichkeitsperspektive des Entscheidungsträgers zu erklären. Einer der wichtigsten Kritikpunkte an diesen Arbeiten besteht darin, dass die Autoren nach der Entwicklung eines komplexen Modells einer Internationalisierungsentscheidung streben und dabei die Persönlichkeit des Entscheidungsträgers lediglich als einen von vielen Einflussfaktoren nennen (vgl. bspw. Thelen, 1993, S. 84). Dies hat eine gewisse Oberflächlichkeit der Modelle zufolge, die aus dem bereits erwähnten Komplexitätsanspruch resultiert. Den verhaltenswissenschaftlich orientierten Ansätzen, die sich ausschließlich der Persönlichkeitsperspektive widmen, kann wiederum vorgeworfen werden, dass diese oft als abhängige Variable den Unternehmenserfolg auf Auslandsmärkten wählen (vgl. bspw. Müller/ Köglmayr, 1986, S. 788ff.; Holzmüller/Kasper, 1990, S. 217ff.; Evans/Treadgold/Mavondo, 2000, S. 383). Demzufolge wird der Einfluss der Persönlichkeit des Unternehmers bspw. auf die Exportleistung untersucht, die jedoch durch viele andere sowohl unternehmensinterne als auch -externe Faktoren bestimmt ist (vgl. Reuber/Fischer, 1997, S. 809f.; Bamberger/Evers, 1997, S. 111f.). Aufbauend auf der o. g. Kritik verfolgt dieses Kapitel das Anliegen, einen konzeptionellen Bezugsrahmen aufzustellen, der sich ausschließlich auf die Persönlichkeit des Unternehmers und ihre Verhaltensabsicht (Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation) konzentriert. Dabei ist insb. die Tatsache hervorzuheben, dass die Auslandsorientierung des Unternehmers nicht als ein Synonym der Bereitschaft zur Internationalisierung verstanden werden darf, sondern als deren Voraussetzung. Bei der Entwicklung des konzeptionellen Bezugsrahmens mussten zwei grundsätzliche Anforderungen beachtet werden: zum Einen war dies die bereits erwähnte Persönlichkeitsperspektive, zum Anderen die Unterscheidung zwischen der allgemeinen und spezifischen Ebene der Kooperationsbereitschaft (vgl. Abb. 4). Auf der allgemeinen Ebene handelt es sich 15

28

Zu Kooperationsmöglichkeiten zählt Schäper umfeldbezogene sowie partnerbezogene Variablen, zu den Kooperationsfähigkeiten fachliche und soziale Kompetenzen (vgl. Schäper, 1997, 136ff.).

um die Bereitschaft des Unternehmers zur Kooperation mit ausländischen Unternehmen generell, d. h. ohne Bezug auf ein konkretes Land oder eine konkrete Region.16 Die Einbeziehung eines konkreten Auslandsmarktes erfolgt erst auf der zweiten Ebene, die im Bezugsrahmen als spezifische Ebene bezeichnet ist. allgemeine Ebene

spezifische Ebene

Positive Einstellung zur Kooperation als Unternehmensstrategie Psychische Distanz zum Auslandsmarkt

Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation mit einem konkreten Land (spezifische Ebene)

Auslandsorientierung des Unternehmers

Abb. 4: Konzeptioneller Bezugsrahmen der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation Quelle: eigene Darstellung

Die Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation hat auf der allgemeinen Ebene zwei grundlegende Voraussetzungen: eine positive Einstellung des Unternehmers zur Kooperation als Unternehmensstrategie sowie dessen Auslandsorientierung (vgl. Abb. 4). Die Einstellung des Unternehmers zur Kooperation als Unternehmensstrategie ist insb. bei KMU auf Grund der in Kap. 2.1.1 beschriebenen Merkmale oft nicht positiv. Neben dem für KMU spezifischen Führungsstil nennt Strohmayer in seiner Arbeit auch weitere mögliche Barrieren der Kooperationsbereitschaft wie z. B. eine hohe Bedeutung von Entscheidungsfreiheit und die damit zusammenhängende Abneigung gegen Gesellschafter (vgl. ebenda, S. 23; vgl. auch Haussmann, 1997, S. 470). Die Einstellung des Unternehmers zur Kooperation als Unternehmensstrategie wird in der einschlägigen Literatur dem Konzept der Auslandsorientierung untergeordnet (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 440; Köglmayr, 1990, S. 90ff.).17 Obwohl das Konstrukt der Auslandsorientierung von Dichtl et al. (vgl. Abb. 2) eine wichtige Grundlage auch für die vorliegende Arbeit darstellt, wird es nicht vollständig übernommen. Die Auslandsorientierung soll im Rahmen dieser Arbeit als eine der Voraussetzungen der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation auf der allgemeinen Ebene verstanden werden. Dabei soll es sich, ähnlich wie bei Dichtl et al. um Eigenschaften und Ansichten der Unternehmer handeln, die Prädispositionen zum Auslandsengagement verkörpern. Im Gegensatz zu dem Ansatz von 16 17

In der Forschung zur Internationalisierung von Unternehmen wird insb. diese Ebene betrachtet. Dichtl et al. bzw. Köglmayr untersuchen zwar nicht die Einstellung zur Kooperation, sondern zur Exportstrategie. Aus Plausibilitätsüberlegungen können jedoch Analogien auf Kooperationsstrategien gezogen werden.

29

Dichtl et al. gehören in der vorliegenden Arbeit jedoch lediglich Merkmale der Unternehmer (sowohl objektive als auch subjektive) zu den Indikatoren der Auslandsorientierung. Die Einstellung zur Exportstrategie (bzw. die Einstellung zur Kooperationsstrategie) wird auf eine Ebene mit der Auslandsorientierung gestellt (vgl. Abb. 4). Außerdem wird das Konstrukt der psychischen Distanz erst auf der spezifischen Ebene des konzeptionellen Bezugsrahmens positioniert, da es die wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem konkreten Land beschreibt und nicht, wie Dichtl et al. voraussetzen, die zu ausländischen Märkten allgemein (vgl. Köglmayr, 1990, S. 91). Die Auslandsorientierung des Unternehmers sowie seine positive Einstellung zur Kooperation als Unternehmensstrategie stellen somit notwendige, allerdings nicht hinreichende Bedingungen der Bereitschaft des Unternehmers dar, mit einem Unternehmen aus einem bestimmten Land eine Kooperation einzugehen. Falls diese Bedingungen erfüllt sind d. h. der Unternehmer kann als auslandsorientiert bezeichnet werden und ist zugleich einer Kooperation als Unternehmensstrategie gegenüber positiv eingestellt kann davon ausgegangen werden, dass er einer Kooperation mit einem ausländischen Unternehmen gegenüber prinzipiell offen ist. Die Bereitschaft des Unternehmers zur Kooperation divergiert allerdings je nachdem, aus welchem Land (aus welcher Region) der potentielle Kooperationspartner stammt. In der Literatur zum internationalen Management wird standardisierten Verfahren zur Auswahl von Auslandsmärkten große Aufmerksamkeit geschenkt (vgl. Srivastava/Green, 1986, S. 623ff.; Clark/Pugh, 2001, S. 290f.; Meier/Roehr, 2004, S. 59ff.). Dabei werden bspw. Indizes für die Länderbewertung bzw. Länderportfolioanalysen entwickelt und durchgeführt, welche jedoch die subjektiven Einflüsse auf die Wahl eines Auslandsmarktes nicht in Betracht ziehen. Insb. bei KMU dürfen diese allerdings nicht außer Acht gelassen werden. Nicht nur objektive Merkmale eines Landes wie z. B. Marktgröße, Kaufkraft oder Mitgliedschaft in unterschiedlichen Handelsunionen, sondern insb. subjektive Beobachtungen und Einstellungen des Unternehmers führen dazu, dass einige Länder als potentielle Kooperationspartner bevorzugt werden. Erst durch die Unterscheidung zwischen der allgemeinen und spezifischen Ebene der Kooperationsbereitschaft können die Vertrautheit bzw. die subjektiv empfundene Unsicherheit gegenüber bestimmten Auslandsmärkten bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation mit berücksichtigt werden. Wahrgenommene Unterschiede zwischen den Ländern gehören somit zu wichtigen Einflussfaktoren der Kooperationsbereitschaft des Unternehmers. Bevor in Kap. 3 das Konstrukt der psychischen Distanz, das zur Erklärung der individuellen, soziokulturellen Präferenz für bestimmte Märkte beitragen kann, näher erörtert wird, soll in Kap. 2.4 auf ausgewählte Länderunterschiede eingegangen werden, die in der Wahrnehmung des Unternehmers eine Barriere der grenzüberschreitenden Kooperation darstellen können.

30

2.4

Wahrgenommene Unterschiede zwischen Ländern als mögliche Barrieren der grenzüberschreitenden Kooperation Ausgehend von dem in Kap. 2.3 aufgestellten konzeptionellen Bezugsrahmen der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation sollen nun Unterschiede zwischen dem Heimatmarkt und dem potentiellen Auslandsmarkt theoriegeleitet diskutiert werden, die in der Wahrnehmung des Unternehmers mögliche Barrieren für dessen Auslandsengagement darstellen können. Zum Zwecke dieser Diskussion wurde eine Unterteilung der Länderunterschiede in landes- sowie produkt- und unternehmensbezogene Dimensionen vorgenommen (vgl. Kap. 2.4.1 und 2.4.2), die von den Erkenntnissen der Landesimageforschung ausgeht. Unterschiede zwischen Ländern, die auf kulturellen Aspekten beruhen, werden auf Grund deren Komplexität in Kap. 2.4.3 gesondert und im Vergleich zu den landes- und produktbezogenen Faktoren auch ausführlicher betrachtet. Bei jeder Gruppe von Länderunterschieden wird im Weiteren auf ausgewählte Subkategorien in Bezug auf ihren möglichen Einfluss auf eine grenzüberschreitende Kooperation eingegangen. Diese Subkategorien stellen die in der Literatur zur grenzüberschreitenden Kooperation sowie zum interkulturellen Management und Marketing die am häufigsten genannten Felder dar, die als Barrieren einer grenzüberschreitenden Unternehmenskooperation bezeichnet werden können. An dieser Stelle ist anzumerken, dass insb. die subjektive Wahrnehmung dieser Faktoren von besonderer Bedeutung ist. Demzufolge können bspw. bei einem Unternehmer die unterschiedlichen Rechtsysteme in zwei Ländern zur Ablehnung einer grenzüberschreitenden Kooperation führen, während dies bei einem anderen Unternehmer kein Hindernis darstellen würde. Die objektiven Länderunterschiede unterliegen somit einer subjektiven Bewertung.

2.4.1 Landesbezogene Länderunterschiede In Bezug auf die Bereitschaft des Unternehmers zur Kooperation mit ausländischen Unternehmen ist von besonderer Bedeutung, wie der Unternehmer den konkreten Auslandsmarkt als Gesamtheit wahrnimmt. Dazu gehören u. a. die Bekanntheit des Landes sowie dessen Ruf im Heimatland des Unternehmers. Dabei ist zu beachten, dass manche Länder zwar einen guten Ruf bspw. als Reiseziel haben können, einen schlechteren jedoch als potentielle Partner für Unternehmenskooperation (oder umgekehrt), was u. a. in der Mentalität der Menschen und des daraus resultierenden Arbeitsstils oder im wirtschaftlichen Entwicklungsstand des Landes begründet liegt. Im Speziellen können politisch-rechtliche, wirtschaftliche, demographische (Lebenserwartung, Bevölkerungsstruktur und -entwicklung etc.), geographische (Klima, Landesgröße etc.) Bedingungen sowie die Mentalität der Bevölkerung im jeweiligen Land die Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation beeinflussen. Unterschiede in politisch-rechtlichen Bedingungen können bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation von grundsätzlicher Bedeutung sein, denn sie bestimmen, wie einfach oder schwierig die Kooperationsanbahnung sowie der Verlauf einer Kooperation 31

aus formaler Sicht sein werden. Unterschiede in rechtlichen Rahmenbedingungen (Gesetzgebung, technische Vorschriften etc.) können den Anbahnungsprozess erschweren oder sogar verhindern. Insb. die Unternehmer, die einen einfachen Anbahnungsprozess anstreben, können durch diese Differenzen im Voraus von einer Kooperation sogar abgehalten werden. Dies betrifft auch Unternehmer, die zwischen potentiellen, aus mehreren Ländern stammenden Unternehmen einen Kooperationspartner auswählen. Falls der Kooperationsanbahnungsprozess auf Grund rechtlicher Schwierigkeiten zu langwierig sein sollte, werden diese Unternehmer, unter sonst gleichen Bedingungen, dazu tendieren, einen Partner in einem Land mit ähnlichem Rechtssystem zu wählen. Auch Differenzen im politischen System können als Barriere der grenzüberschreitenden Kooperation angesehen werden, denn bspw. unterschiedlich orientierte Regierungen unterstützen grenzüberschreitende Unternehmensaktivitäten nicht im gleichen Umfang. Ebenfalls gelten politische Freiheit, Stabilität sowie Mitgliedschaft in internationalen Gemeinschaften als wichtige Faktoren bei der Beurteilung der Unterschiede zwischen zwei Märkten, da durch fehlende – tatsächliche oder wahrgenommene – Innenstabilität eine grenzüberschreitende Kooperation als zu risikoreich empfunden werden kann. Dies bestätigt auch das steigende Interesse deutscher Unternehmen am Auslandsgeschäft mit Unternehmen aus den neuen EULändern nach dem 01. Mai 2004.18 Unterschiede zwischen zwei Ländern in wirtschaftlichen Bedingungen sowie im Entwicklungsstand gehören ebenfalls zu wichtigen Einflussfaktoren einer Kooperationsentscheidung. Einerseits verlagern viele Unternehmen ihre Produktion auf Grund von Lohnkostenunterschieden in wirtschaftlich weniger entwickelte Länder, andererseits streben Firmen nach Kooperation im F&E-Bereich, wozu sie Kooperationspartner aus vergleichbar oder besser entwickelten Ländern suchen. Faktoren wie technischer und technologischer Fortschritt, Industrialisierungsgrad oder Infrastruktur gehören somit zu bedeutenden Entscheidungskriterien bei der Suche nach einem Kooperationspartner im Ausland. Die gesamte makroökonomische Stabilität eines Auslandsmarktes zählt ebenfalls zu den wichtigen Kriterien, die bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation betrachtet werden. Währungsstabilität, Stabilität der Finanzmärkte, keine bzw. nur geringe Schwankungen der Inflation sowie ein großer Umfang von Auslandsinvestitionen sorgen dafür, dass die ausländischen Unternehmen mit einem Auslandsgeschäft ein geringeres Risiko verbinden, als dies bei einem Land mit instabilen wirtschaftlichen Bedingungen der Fall ist. Nicht zuletzt wird die Bereitschaft zur Aufnahme von Kooperationsbeziehungen mit einem ausländischen Unternehmen durch die Qualität dortiger Arbeitskräfte beeinflusst. Dabei handelt es sich nicht nur um deren Arbeitsproduktivität, sondern auch um das Ausbildungsniveau, den Arbeitsstil sowie die Arbeitsmotivation.

18

32

Nach Angaben des Generalkonsulats der Tschechischen Republik in Dresden ist der Import nach Sachsen aus Tschechien im Jahr 2004 um fast 65 % gestiegen. Der Export aus Sachsen in die Tschechische Republik war um ca. 5 % höher als im Vorjahr (vgl. o. V., 2005).

2.4.2 Produkt- und unternehmensbezogene Länderunterschiede Die Unterschiede zwischen einem Auslandsmarkt und dem Heimatmarkt, die auf der Wahrnehmung dortiger Produkte und Unternehmen beruhen, werden oft zur Beurteilung des gesamten Auslandsmarktes herangezogen. Dabei gilt, dass die Unterscheidung zwischen der landes- und produktbezogenen Dimension bei der Wahrnehmung eines Landes keinesfalls trennscharf ist. Diese vereinfachte Differenzierung soll jedoch ausgehend von der Landesimageforschung auch im Falle der vorliegenden Arbeit vorgenommen werden. Ähnlich wie bei den landesbezogenen Faktoren ist auch bei dieser Kategorie wichtig, wie aus einem Land stammende Produkte und Unternehmen im Heimatmarkt des Unternehmers insgesamt wahrgenommen werden. Darunter sind u. a. Qualität, Zuverlässigkeit sowie Preisniveau dortiger Produkte, aber auch Leistungskraft, technologischer Fortschritt, Attraktivität oder Führungsstil dortiger Unternehmen zu verstehen. Diese Aspekte sind insb. unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz einer grenzüberschreitenden Kooperation durch die Kunden zu analysieren. Die Fragen, mit denen sich dabei ein Unternehmer auseinander setzen muss, beziehen sich insb. auf eine mögliche Veränderung der Qualitätswahrnehmung seiner Produkte und Dienstleistungen im Falle einer grenzüberschreitenden Kooperation und der damit zusammenhängenden Gefahr des Vertrauensverlustes. Neben der Wahrnehmung der gesamten Produktpalette des jeweiligen Landes kann bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation auch der Ruf einer bestimmten Produktgruppe oder Branche in Betracht gezogen werden. Dies steht in einem engen Zusammenhang mit der Wahrnehmung spezifischer Herstellerkompetenzen, die einem Land im Heimatland des Unternehmers bspw. auf Grund von Tradition zugeschrieben werden. Die spezifischen Herstellerkompetenzen, die durch eine grenzüberschreitende Kooperation auf den Kooperationspartner zumindest teilweise übertragen werden, kann das Unternehmen dementsprechend kommunizieren (vgl. Kap. 4.1.3). Während unterschiedliche Herstellerkompetenzen Synergieeffekte für eine Kooperation erbringen können, wird in Bezug auf Führungsstil, Qualität oder Zuverlässigkeit eher eine Ähnlichkeit zwischen beiden Kooperationspartnern angestrebt. Für einen reibungslosen Verlauf einer Kooperation sind entsprechender Service, Zuverlässigkeit und Sicherheit der Produkte unerlässlich. Besonders große Unterschiede in der Produkt- und Prozessqualität können für den Erfolg einer Kooperation gefährlich sein, da dadurch bspw. Probleme mit rechtzeitigen Lieferungen oder auch mit Qualitätsanforderungen der Kunden entstehen.

2.4.3 Kulturelle Unterschiede als eine übergeordnete Kategorie Die Notwendigkeit einer speziellen Beleuchtung der kulturellen Faktoren liegt darin begründet, dass Kultur in der Literatur zum internationalem Management und Marketing oft als eine übergeordnete Variable bei der Beurteilung und Auswahl ausländischer Märkte sowie bei der Entscheidung über eine geeignete Markteintritts- und Marktbearbeitungsstrategie betrachtet wird (vgl. Lindert, 1993, S. 33; Perlitz, 2000, S. 279ff.; Müller/Gelbrich, 2004, S. 483ff.). Sie 33

spiegelt sich sowohl in den landesbezogenen (Wirtschaft, demographische Entwicklung) als auch in den produkt- und unternehmensbezogenen (Produktnutzung, Unternehmensethik, Verhandlungsstil) Unterschieden wider. Ausgehend vom situativen Ansatz wird Kultur als Metakontingenzvariable bezeichnet (vgl. Müller/Gelbrich, 2004, S. 484). Die nationale Kultur ist ein Teil der externen Makroumwelt, der durch das Individuum mitgestaltet wird und der einen besonders großen Einfluss auf dessen Verhalten ausübt. Trotz der Tatsache, dass Kultur das tägliche Leben prägt, weisen viele Autoren auf eine langjährige Vernachlässigung der Untersuchung von kulturellen Einflüssen auf das Internationalisierungsverhalten hin (vgl. bspw. Kutschker/Schmid, 2002, S. 655). Insb. im deutschsprachigen Raum lassen sich bis auf Studien zur ländervergleichenden Forschung aus den 1960er Jahren kaum Arbeiten auf diesem Gebiet finden (vgl. ebenda, S. 664ff.). Die mit dem HomoOeconomicus-Ansatz verbundene Annahme, dass die Beziehungen zwischen dem Unternehmen und dessen Umwelt über verschiedene Kulturräume stabil bleiben (sog. culture-freeAnsatz) (vgl. Lindert, 1993, S. 43) wurde bereits aufgegeben: „Innerhalb der ökonomischen Disziplin wird es im Allgemeinen als nicht befriedigend erachtet, rein ökonomisch nicht erklärbare Phänomene auf das Residuum ‚Kultur’ zurückzuführen“ (Mummert, 1999, S. 61). Meissner spricht in diesem Zusammenhang über Kulturschock in der Betriebswirtschaftslehre und betont die Notwendigkeit einer stärkeren Einbeziehung kultureller Einflussfaktoren in die Betriebswirtschaftslehre (vgl. Meissner, 1997, S. 11f.). Erst durch die Betonung des Kultureinflusses auf das menschliche Denken und Handeln können Unterschiede zwischen zwei nach ökonomischen Kennziffern gleichen Ländern erklärt werden (vgl. Bradley, 1991, S. 109).19 Wie zahlreiche Arbeiten zeigen, ist die Rolle der Kultur bei internationalen Wirtschaftsbeziehungen unumstritten (vgl. bspw. Hofstede, 1993, S. 17f.; Usunier, 1993, S. 3; Mummert, 1999, S. 61ff.; ŠronČk, 2000, S. 7; Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 7; Kutschker/Schmid, 2002, S. 655ff.; Müller/Gelbrich, 2004, S. 2ff.). Obwohl diese oft nicht entscheidend ist (der internationale Handel kann prinzipiell auch ohne die Kenntnis der Kultur erfolgen), helfen die Kenntnisse über die Spezifika der jeweiligen Kultur, Reaktionen der Partner vorwegzunehmen und mögliche Missverständnisse zu vermeiden. Außerdem kann eine gewisse Sympathie gegenüber einer Kultur über das Zustandekommen einer grenzüberschreitenden Kooperation mit entscheiden. Obwohl deren Rolle nicht überschätzt werden darf d. h. Kultur soll zwar als wichtige, allerdings nicht als zentrale Variable der internationalen Unternehmenstätigkeit betrachtet werden (vgl. Kutschker/Schmid, 2002, S. 565) üben die Kenntnisse der Kultur eine Hilfsfunktion aus, die in heutiger Zeit immer wichtiger wird (vgl. ŠronČk, 2000, S. 66f.).

19

34

D’Iribarne analysierte in seiner Arbeit das Verhalten der Mitarbeiter in drei Niederlassungen eines Unternehmens. Obwohl diese drei Niederlassungen (Frankreich, USA, Niederlande) sowohl das gleiche Produktionsprogramm hatten als auch die gleichen Ziele verfolgten, konnte er feststellen, dass die Herangehensweisen zum Erreichen dieser Ziele (Arbeitsorganisation, Kommunikation etc.) in den drei Ländern völlig unterschiedlich waren (vgl. D’Iribarne, 1989, in: ŠronČk, 2000, S. 11).

Trotz der Tatsache, dass nach vielen Autoren die Vernachlässigung kultureller Unterschiede zu den häufigsten Ursachen des Scheiterns einer grenzüberschreitenden Kooperation gehört (vgl. Strohmayer, 1996, S. 163f.; Apfelthaler, 1999, S. 13), kommt bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation in der Unternehmenspraxis den kulturellen Faktoren immer noch wenig Bedeutung zu. Wie Bassen/Behnam/Gilbert bei einer Befragung deutscher mittelständischer Unternehmen feststellen konnten, sehen nur 25 % der deutschen KMU mangelndes kulturelles Wissen als Hemmnis ihrer Internationalisierung und lediglich 9 % der befragten Unternehmen beziehen soziokulturelle Faktoren in die Planung eines Auslandsgeschäfts tatsächlich mit ein (vgl. Bassen/Behnam/Gilbert, 2001, S. 422ff.). Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Begriff Kultur würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, denn Kultur wird z. T. sehr unterschiedlich definiert. Dies liegt u. a. darin begründet, dass sich mit diesem Phänomen ganz unterschiedliche Forschungsgebiete befassen (vgl. Lindert, 1993, S. 33; Usunier, 1993, S. 21; Perlitz, 2000, S. 280; Kutschker/Schmid, 2002, S. 655). „Tylor (1913) beschreibt Kultur als ein vielschichtiges und zusammenhängendes Set von Elementen, bestehend aus Wissen, Überzeugungen und Werten, Künsten, Gesetzen, Sitten und Moralvorstellungen sowie all den Fähigkeiten und Gewohnheiten, die der Mensch als Mitglied einer bestimmten Gesellschaft erworben hat“ (Usunier, 1993, S. 24). Zum Zwecke dieser Arbeit sollen die wichtigsten Merkmale von Kultur wie folgt zusammengefasst werden (vgl. Keller, 1982, S. 114ff.). Kultur - ist menschgeschaffen, - ist ein überindividuelles, soziales Phänomen, - ist erlernbar, - wird durch Symbole übermittelt, - ist verhaltenssteuernd, - strebt nach innerer Konsistenz, - ist ein Instrument zur Anpassung der Gesellschaft an ihre Umwelt, - ist anpassungsfähig. Kultur wird durch sog. Kulturelemente manifestiert, zu denen zum Einen das Unsichtbare (Concepta) gehört (Normen, Werte, Denkweisen, Einstellungen), zum Anderen dann das Sichtbare (Percepta) (Verhaltensweisen, Artefakte, Sprache, Symbole, Kunst), durch welches das Unsichtbare zum Ausdruck kommt (vgl. Koudelka, 1997, S. 27ff.; Perlitz, 2000, S. 281ff.; Kutschker/Schmid, 2002, S. 659; Müller/Gelbrich, 2004, S. 269ff., S. 341ff.). Im Weiteren werden ausgewählte kulturelle Unterschiede aus dem Blickwinkel ihrer Konsequenzen für grenzüberschreitende Kooperationen näher betrachtet. Dabei soll zunächst auf einige Kulturelemente aus dem sichtbaren Bereich eingegangen werden, bevor ein besonderes Augenmerk auf Werte (als unsichtbares Kulturelement) gelegt wird. 35

Eine besondere Stellung unter den sichtbaren Kulturelementen in Bezug auf die grenzüberschreitende Unternehmenskooperation nimmt die Sprache ein, denn die Unterschiede in der Landessprache beider Kooperationspartner können die Entstehung von unterschiedlichen Missverständnissen zur Folge haben. Dabei können nicht nur fehlende Fremdsprachenkenntnisse, sondern auch unterschiedliche Bedeutungen der Wörter20 oder des Sprachkontextes21 in verschiedenen Kulturen einen reibungslosen Verlauf einer Kooperation hemmen. In diesem Zusammenhang weisen Berger et al. darauf hin, dass für das Verständnis zwischen den Angehörigen verschiedener Kulturen die Sensibilität für den Sinngehalt von besonderer Bedeutung ist (vgl. Berger et al., 1993, S. 21). Nach Lee Whorf „erlernt und strukturiert die Sprache, die man innerhalb der Gemeinschaft, in der man geboren und erzogen wurde, die Weltanschauung und das Sozialverhalten einer Person“ (zit. nach Usunier, 1993, S. 24). Im Extremfall können die Unterschiede in der Sprache das Zustandekommen einer Kooperation gar verhindern. Der Grund dafür liegt in den mit einer Kooperation verbundenen Befürchtungen des Unternehmers, die dazu führen, dass er eine grenzüberschreitende Kooperation a priori ausschließt. Neben der Sprache spielen auch nonverbale Kommunikation sowie paraverbale Sprachelemente eine wichtige Rolle. Einzelne Kulturen unterscheiden sich voneinander nicht nur durch die Intensität der Nutzung von nonverbaler Kommunikation, sondern auch durch ihre Interpretation (vgl. Koudelka, 1997, S. 32). Zur nonverbalen Kommunikation gehören Gestikulation, Körperhaltung, Mimik, aber auch die Wahrnehmung von persönlichem Raum und physischer Kontakt. Insb. das Zusammenkommen von Angehörigen völlig unterschiedlicher Kulturen kann zu Missverständnissen bzw. zu einer unangenehmen Wahrnehmung des Anderen führen, da das Dekodieren dieser Äußerungen oft den Maßstäben der eigenen Kultur unterliegt. Landesspezifische Sitten und Gebräuche stellen für ein Auslandsgeschäft einen besonders wichtigen Punkt dar. Sie werden definiert als „overt modes of behavior that constitute culturally approved or acceptable ways of behaving in specific situations“ (Schiffmann/ Kanuk, 1994, S. 410). Neben den gewöhnlichen Geschäftsusancen (Begrüßung, Siezen vs. Duzen, Benutzen von akademischen Titeln, Verhandlungsstil, Kleidung etc.) sind für ein Auslandsgeschäft auch Verbrauchersitten von besonderer Bedeutung (bspw. unterschiedliche Produktnutzung, Nahrungs- und Kleidungssitten). Weiterhin kann die Religion des potentiellen Kooperationspartners eine wichtige Rolle sowohl bei der Kooperationsanbahnung als auch im eigenen Verlauf einer Kooperation spielen. ŠronČk ordnet Religion den wichtigsten Quellen einer Kultur zu und weist in diesem Zusammenhang auf eine bestimmte Unterschätzung von religiösen Einflüssen auf ein Auslandsgeschäft insb. in atheistischen Kulturen hin (vgl. ŠronČk, 2000, S. 28ff.). Was den Zusammen20

21

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So nennt bspw. Barmeyer als Beispiel die unterschiedlichen Bedeutungen der Wörter Konzept/concept, oder Kompetenz/compétence im Deutschen und im Französischen (vgl. Barmeyer, 1996, S. 26f.). Für manche Kulturen ist ein genauer, expliziter Ausdruck charakteristisch, während für andere Kulturen ‚das Lesen zwischen den Zeilen’ typisch ist (vgl. Koudelka, 1997, S. 31).

hang zwischen Religion und Wirtschaftsleben anlangt, wurden von unterschiedlichen Religionen wirtschaftliche und v. a. ethische Prinzipien festgelegt, die – obwohl ihre Bedeutung im Laufe der Zeit pragmatischer geworden ist – die Wirtschaftssphäre stark beeinflussen (vgl. ebenda, S. 28f.). Dies spiegelt sich u. a. in der Stellung der Frau in der Gesellschaft und Wirtschaftssphäre wider (z. B. Akzeptanz der Frau als Verhandlungspartner), weiterhin auch in den religiösen Feiertagen, die einen möglichen Verhandlungstermin praktisch ausschließen (z. B. Sonntag als Ruhetag im Christentum, mehrwöchiger Ramadan in islamischen Ländern). Im Verbraucherverhalten werden auch bestimmte Prinzipien der Religion eingehalten (kein Alkohol in islamischen Ländern, kein Rindfleisch in hinduistisch geprägten Kulturen etc.) (vgl. Koudelka, 1997, S. 40). Insb. für das interkulturelle Marketing sind Symbole von großer Bedeutung. Einerseits können sie zur Positionierung eines Produktes verwendet werden, andererseits können Produkte, Marken, Verkaufsstätten etc. selbst als Symbole betrachtet werden (vgl. Schiffman/Kanuk, 1994, S. 413ff.; Koudelka, 1997, S. 35). Die Nutzung von Symbolen in verschiedenen Kulturen kann jedoch gefährlich werden, falls die Unterschiede in den Assoziationsketten der Angehörigen verschiedener Kulturen nicht berücksichtigt werden. Ein typisches Beispiel stellt die unterschiedliche Symbolik von Farben, Nummern oder Tieren dar, die auch im Falle einer Kooperationsanbahnung Schwierigkeiten bereiten kann (vgl. Koudelka, 1997, S. 36). Als letzte22 Kulturelemente sollen an dieser Stelle Tabus erwähnt werden, denen bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, denn eine Erwähnung eines tabuisierten Gesprächsthemas kann den Erfolg einer Kooperationsanbahnung gefährden. Dabei handelt es sich um „Gedanken, Handlungen, Menschen, Objekte, von denen nicht gesprochen wird, die nicht berührt, die nicht begangen werden dürfen“ (Müller/Gelbrich, 2004, S. 293). Verschiedene Ratgeber zum Umgang mit fremden Kulturen liefern Listen mit wenig geeigneten Gesprächsthemen bzw. mit ungeeignetem Verhalten in fremden Ländern (vgl. bspw. Rothlauf, 1999, S. 95f.; Uhl/Uhl, 2004). Nach einer kurzen Beleuchtung der sichtbaren Kulturelemente soll nun eine größere Aufmerksamkeit einem Kulturelement aus dem Bereich des Unsichtbaren gewidmet werden, und zwar den Werten. Die Wahrnehmung sowie die anschließende Beurteilung eines potentiellen Kooperationspartners aus dem Ausland erfolgt an Hand von kulturbedingten Werthaltungen des Unternehmers. Die gegenseitige Passfähigkeit der kooperierenden Unternehmen kann durch unterschiedliche Werte beeinträchtigt werden. Im Vergleich zu den sichtbaren Kulturelementen gehören Werte zu „tieferliegenden Bestandteilen“ (Kutschker/Schmid, 2002, S. 659) einer Kultur und manifestieren sich durch bereits beschriebene sichtbare Elemente.

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Auf eine detaillierte Auflistung und Beschreibung aller Kulturelemente wird in dieser Arbeit verzichtet. Für eine nähere Auseinandersetzung mit Kulturelementen sei bspw. auf Müller/Gelbrich, 2004, S. 269ff. oder Koudelka, 1997, S. 27ff. verwiesen.

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Mit Werten, welche die menschliche Lebensorientierung bilden (vgl. Koudelka, 1997, S. 28), befassen sich zahlreiche Forschungsarbeiten. Zu den bekanntesten und zugleich den dominantesten im Bereich des interkulturellen Managements gehört unumstritten der Ansatz von Hofstede (1993). An Hand einer umfangreichen Studie identifizierte Hofstede vier Kulturdimensionen, mit Hilfe derer einzelne Kulturen beschrieben werden können (vgl. Hofstede, 1993, S. 27ff.). Zu den vier ursprünglichen Kulturdimensionen Maskulinität/Femininität, Unsicherheitsvermeidung, Machtdistanz sowie Individualismus/Kollektivismus kam in einer späteren Studie noch eine fünfte nämlich die Zeitwahrnehmung hinzu. Mit Kulturdimensionen befassten sich neben Hofstede auch andere Autoren (vgl. eine überblicksartige Darstellung bei Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 22ff.; Kutschker/Schmid, 2002, S. 686ff.). So unterscheidet bspw. Trompenaars zwischen sieben Kulturdimensionen, die drei Kategorien zugeordnet werden können. Die erste Kategorie bezieht sich auf den Zugang zu anderen Menschen, die zweite auf die Zeitwahrnehmung und die dritte auf den Zugang zur Natur. Innerhalb dieser Kategorien können u. a. auch ähnliche Kulturdimensionen wie bei Hofstede gefunden werden (Individualismus/Kollektivismus oder monochrone und polychrone Zeitwahrnehmung) (vgl. Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 25ff.; Trompenaars/Woolliams, 2004, S. 37ff.). Ähnliche Grundannahmen sind auch bei Kluckhohn/Strodtbeck zu finden, die sich an folgenden fünf Dimensionen orientieren: das Wesen der menschlichen Natur, die Beziehung des Menschen zur Natur, die Beziehung des Menschen zu anderen Menschen, die Zeitorientierung des Menschen und die Aktivitätsorientierung des Menschen (vgl. Kutschker/Schmid, 2002, S. 687). Eine weitere Kategorisierung von Kulturdimensionen liefert Hall, der zwischen Kontext-, Raum- und Zeitorientierung sowie der Informationsgeschwindigkeit unterscheidet (vgl. ebenda, S. 694ff.). Einen etwas anderen Zugang wählte Thomas, der sich statt Kulturdimensionen den Kulturstandards widmet (vgl. Thomas, 1991, S. 55ff.). „Unter Kulturstandards werden alle Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns verstanden, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich persönlich und andere als normal, selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden“ (Thomas, 2003-II, S. 112). Diese Standards stellen konkrete Sozialnormen dar, die von den Mitgliedern der Kultur geteilt und erst in einer Interaktion mit Angehörigen anderer Kulturen deutlich werden. Die Beurteilung einer fremden Kultur erfolgt mit Hilfe eines Vergleichs der eigenen Kulturstandards mit den erwarteten Standards der anderen Kultur (vgl. ebenda, S. 112f.). Der Zusammenhang zwischen kulturellen Dimensionen und Standards kann darin gesehen werden, dass die Kulturdimensionen als Grundlage zur Identifikation von Kulturstandard dienen können (vgl. Kutschker/Schmid, 2002, S. 739f.). Der größte Kritikpunkt an den Kulturstandards von Thomas bezieht sich darauf, dass solche Kulturstandards eine stereotype Wahrnehmung anderer Kulturen unterstützen, da diese die Realität stark reduzieren (vgl. Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 31; Kutschker/Schmid, 2002, S. 741). Im Vergleich zu Kulturdimensionen sind Kulturstandards jedoch realitätsnäher, da sie auch diejenigen Unterschiede 38

zwischen zwei Kulturen erfassen können, die für den Ansatz der Kulturdimensionen bereits zu gering wären. Kulturdimensionen werden neben anderen Segmentierungskriterien wie z. B. Entwicklungsstand oder geographischer Nähe oft zur Bildung von Länder- bzw. Kulturclustern23 verwendet. Demzufolge können an Hand von Hofstedes Dimensionen bspw. Dänen, Finnen, Holländer, Norwegen oder Schweden als ‚feminine Individualisten’ bezeichnet werden, Deutsche gehören gemeinsam mit Australiern, Engländern oder auch Österreichern und den USAmerikanern zu ‚maskulinen Individualisten’, während bspw. Mexikaner oder Taiwaner ‚kollektivistischen Ungewissheitsvermeidern’ zuzuordnen sind (vgl. Müller/Gelbrich, 2004, S. 519). Im Zusammenhang mit der Bildung von Kulturclustern weisen Kutschker/Schmid jedoch auf die Notwendigkeit einer vorsichtigen Interpretation solcher Cluster hin; vielmehr sollen diese lediglich als Orientierungshilfe verstanden werden (vgl. Kutschker/Schmid, 2002, S. 739). Einige Autoren beziehen nämlich bei der Bildung von Kulturclustern die geographische Entfernung bzw. die Sprache stark ein (vgl. bspw. Ronen/Shenkar, 1985, S. 444). Demzufolge werden z. B. Deutschland, Österreich und der deutschsprachige Teil der Schweiz zum germanischen Cluster zugeordnet, Frankreich, Italien und Spanien zum romanischen etc. Wie allerdings aus einigen neueren Studien ersichtlich, müssen Länder mit gleicher bzw. ähnlicher Sprache oder geographisch nah liegende Länder nicht unbedingt dem gleichen Cluster angehören. Dies zeigte bspw. die Studie über Managerverhalten von Brodbeck et al., in der v. a. die Länder Mittel- und Osteuropas nicht als ein Cluster dargestellt werden, sondern z. B. Ungarn gemeinsam mit Italien, Portugal und Spanien dem lateinischen Cluster zugeordnet wurde, Tschechien dem germanischen und Polen, gemeinsam mit Griechenland und der Türkei, dem nahöstlichen (vgl. Brodbeck et al., 2000, S. 12). Die Unterschiede zwischen den einzelnen mitteleuropäischen Ländern untersuchten Kolman et al. (vgl. Kolman et al., 2002, S. 76ff.). Sie konzentrierten sich dabei auf Tschechien, Ungarn, Polen und die Slowakei, wobei die Niederlande zum Vergleich der Werte der mitteleuropäischen Länder mit westeuropäischen Ländern herangezogen wurden. Neben der plausiblen Erkenntnis, dass die Werte in Mitteleuropa sich von den westeuropäischen unterscheiden, kamen die Autoren auch zum Ergebnis, dass die vier untersuchten mitteleuropäischen Länder wesentliche Unterschiede in Bezug auf ihre Werte aufweisen. Besonders überraschend waren die festgestellten Differenzen zwischen Tschechien und der Slowakei.24 Aus diesem Grund weisen die Autoren darauf hin, dass die Länder Mitteleuropas bzw. Mittelosteuropas auf

23

24

Unter Länderclustern werden Gruppen von homogenen Ländern verstanden, die nach unterschiedlichen Kriterien gebildet werden, wie z. B. geographische Nähe, Kaufkraft, Konsumentengewohnheiten etc. Über Kulturcluster wird im Falle von Gruppen kulturell homogener Länder gesprochen (vgl. Müller/Gelbrich, 2004, S. 493ff.). Tschechien und die Slowakei unterscheiden sich nach dieser Studie gravierend in vier von fünf Kulturdimensionen (vgl. Kolman et al., 2002, S. 86).

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keinen Fall als eine homogene Gruppe betrachtet werden dürfen (vgl. Kolman et al., 2002, S. 87), was in der Unternehmenspraxis immer noch nicht ausreichend berücksichtigt wird. Kulturelle Unterschiede müssen im Falle einer grenzüberschreitenden Kooperation berücksichtigt werden, auch wenn sich keine allgemeingültigen Implikationen für das internationale bzw. interkulturelle Management und Marketing ableiten lassen (vgl. Kutschker/Schmid, 2002, S. 738f.). Nicht nur bei der Anbahnung einer Kooperation, sondern auch in ihrem Verlauf kann es zu Missverständnissen kommen, die ihre Ursachen in den kulturell unterschiedlich geprägten Herkunftsländern beider Kooperationspartner haben. Kulturelle Unterschiede müssen auch in dem Fall in Betracht gezogen werden, wenn es sich um eine Kooperation mit einem Unternehmen aus demselben Kulturcluster handelt. Oft werden kulturelle Unterschiede auch zwischen Nachbarländern unterschätzt.25 Somit werden die Missverständnisse, zu denen es im Laufe einer Kooperation kommt, nicht selten auf Unfähigkeit und Unprofessionalität des jeweiligen Kooperationspartners anstatt auf kulturelle Differenzen zurückgeführt.

2.4.4 Wahrgenommene Länderunterschiede als Grundlage für die Entstehung von psychischer Distanz Im Rahmen der vorliegenden Arbeit stellen wahrgenommene Länderunterschiede (v. a. im Vergleich zum Heimatland) die Basis für die unterschiedlichen Bereitschaften dar, Kooperationen mit Unternehmen aus verschiedenen Ländern einzugehen. Mit gravierenden Differenzen der rechtlichen, wirtschaftlichen oder kulturellen Bedingungen werden in der Wahrnehmung des Unternehmers Befürchtungen verbunden, die auf fehlendem Wissen über die jeweilige Umwelt beruhen. Dies ist eine der Ursachen, warum insb. auslandsunerfahrene Unternehmer in KMU dazu tendieren, ihre Kooperationspartner in den Ländern zu suchen, die sie als vertraut und als dem Heimatland ähnlich wahrnehmen. Unterschiedliche landes- und produktbezogene Merkmale (vgl. Kap. 2.4.1 und 2.4.2) können in der Wahrnehmung des Unternehmers zur Unsicherheit bzgl. der gleichwertigen Stellung beider Kooperationspartner führen. So kann sich bspw. ein Unternehmer aus einem weniger entwickelten Land in der Partnerschaft minderwertig fühlen. Unterschiede in der Kultur (vgl. Kap. 2.4.3), die sich in der Mentalität der Menschen widerspiegeln, können den Verlauf einer Kooperation beeinträchtigen, denn sie begleiten das tägliche Kooperationsgeschäft. Gegenseitiges Vertrauen, das für den Aufbau von Kooperationsbeziehungen von grundsätzlicher Bedeutung ist, kann nur dann erzielt werden, wenn die beteiligten Unternehmer die Mentalität des jeweiligen Kooperationspartners verstehen und tolerieren. Große Unterschiede werden in der Wahrnehmung der Individuen insb. mit geographisch weit entfernten, wirtschaftlich unterschiedlich entwickelten sowie kulturell völlig anders geprägten Ländern verbunden. Auf Grund unterschiedlicher historischer Entwicklung, Wirtschaftslage oder Mentalität können allerdings auch Nachbarländer oft als fremdartig erlebt werden. Die

25

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Die sog. Illusion von Vertrautheit (vgl. Kap. 3.3).

Situation im sächsisch-tschechischen Grenzraum, der als Untersuchungsgebiet der vorliegenden Arbeit gewählt wurde, wird noch durch die bestehende Sprachbarriere erschwert. Trotz der Tatsache, dass für dieses Grenzgebiet zahlreiche Gemeinsamkeiten charakteristisch sind, was v. a. sichtbare Kulturelemente anlangt (Religion, Verbraucherverhalten, Lebensstil etc.), unterscheiden sich beide Teile der Grenzregion sowohl in landesbezogenen als auch produktbezogenen Merkmalen. Schon die wahrgenommenen Unterschiede im Entwicklungsstand beider Länder (Sachsen als Teil des hochentwickelten Deutschlands und Tschechien als ein osteuropäisches Transformationsland) können zu Asymmetrien in den gegenseitigen Beziehungen führen (vgl. Holly et al., 2003, S. 819ff.). Nicht selten werden Unterschiede zwischen Nachbarländern allerdings unterschätzt. Geographische Nähe, Zugehörigkeit zur ‚westlichen’ Kultur sowie viele Erfahrungen der Sachsen und Tschechen mit dem jeweiligen Nachbarland erwecken den Eindruck einer hohen Vertrautheit. Die Annahme einer guten Kenntnis der Tschechen/Sachsen birgt jedoch eine große Gefahr in sich. Auch in (scheinbar) ähnlichen Nachbarländern müssen sich die Unternehmer mit den wahrgenommenen Unterschieden sowie deren Konsequenzen für eine grenzüberschreitende Kooperation intensiv auseinandersetzen, um mit Unternehmen aus dem Nachbarland erfolgreich kooperieren zu können.

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3

Das Konstrukt der psychischen Distanz

3.1 Die Bedeutung der psychischen Distanz im Internationalisierungsprozess Der Begriff psychische Distanz, welcher im Jahr 1956 durch Beckerman in der Forschung zum internationalen Handel26 zum ersten Mal verwendet wurde, gewann an Popularität in den 1970er Jahren dank der Uppsala-Schule (vgl. z. B. Swift, 1999, S. 182; Dow, 2000, S. 51; Kornmeier, 2002, S. 37), nach deren Vertretern der Internationalisierungsprozess in den Ländern beginnt, die dem Unternehmer psychisch nah sind (vgl. Johanson/Vahlne, 1990, S. 13). Aufbauend auf dem Uppsala-Modell der Internationalisierung versuchten viele Autoren die Relevanz des Konstrukts der psychischen Distanz für die Internationalisierung von Unternehmen zu überprüfen (vgl. bspw. Stöttinger/Schlegelmilch, 1998; Conway/Swift, 2000; Evans/Treadgold/Mavondo, 2000; Dow, 2000). Die psychische Distanz wird als unabhängige Variable des Internationalisierungsverhaltens betrachtet und kann sowohl statisch als auch dynamisch interpretiert werden (vgl. Breit, 1991, S. 69). Bei der statischen Perspektive handelt es sich um die Wahl eines Zielmarktes unter mehreren ausländischen Märkten. Dabei wird tendenziell der Markt gewählt, der dem Unternehmer am vertrautesten scheint (vgl. ebenda, S. 69). Das Konstrukt der psychischen Distanz wird in der einschlägigen Literatur überwiegend aus dieser Sicht betrachtet (vgl. bspw. O’Grady/Lane, 1996, S. 309; Stöttinger/Schlegelmilch, 2000, S. 170). Die dynamische Perspektive des Konstrukts der psychischen Distanz bezieht sich auf die Reihenfolge der zu bearbeitenden Märkte. Demzufolge werden zunächst diejenigen Märkte erschlossen, die als vertraut bezeichnet werden können, bevor die Unternehmen auch fremdartigere Märkte zu erschließen versuchen (vgl. Breit, 1996, S. 69). Außerdem kann auch mit Hilfe dieser Perspektive die Wahl der Markteintrittsstrategie erklärt werden (vgl. Johanson/Vahlne, 1990, S. 13; O’Grady/Lane, 1996, S. 314; Kogut/Singh, 1988, S. 427; Sousa/ Bradley, 2005, S. 45f.; Evans/Bridson, 2005, S. 71ff.). In zahlreichen Forschungsarbeiten zur Internationalisierung wird die psychische Distanz als wichtige Variable für die Expansion sowie die Unternehmensleistung auf ausländischen Märkten bezeichnet (vgl. Johanson/Wiedersheim-Paul, 1975, S. 308; Johanson/Vahlne, 1990, S. 13; Stöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 357; Sousa/Bradley, 2005, S. 45f.; Shoham/Albaum, 1995, S. 88; Fletcher/Bohn, 1998, S. 65); ihre Bedeutung wird auch beim Aufbau von Kooperationsbeziehungen mit ausländischen Unternehmen hervorgehoben (vgl. Conway/Swift, 2000, S. 1391ff.). Nicht zuletzt wird die Rolle der psychischen Distanz auch im Zusammenhang mit der Geschwindigkeit der Marktpenetration betont (vgl. Arenius, 2005, S. 115ff.). Obwohl die Forschung zur psychischen Distanz erhebliche Lücken aufweist, was v. a. eine einheitliche Begriffsabgrenzung sowie Konzeptualisierung und Operationalisierung dieses Konstrukts anlangt (vgl. bspw. O’Grady/Lane, 1996, S. 314; Stöttinger/Schlegelmilch, 2000, S. 170), vertreten die Forscher die Meinung, dass zwar die psychische Distanz allein das 26

Zu weiteren volkswirtschaftlichen Studien über das Konstrukt der psychischen Distanz vgl. Dow, 2000, S. 52.

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Internationalisierungsverhalten von Unternehmen nicht erklären kann, sie sei allerdings eine wichtige Variable, die in der Literatur zum internationalen und interkulturellen Management berücksichtigt werden müsse (vgl. Evans/Treadgold/Mavondo, 2000, S. 373; Kornmeier, 2002, S. 6f.). „Dieses verhaltenswissenschaftliche Konstrukt, dessen Stellenwert erst in den vergangenen Jahren erkannt wurde, beschreibt das Phänomen, dass manche Märkte bzw. Länder ein Gefühl der Vertrautheit erwecken, während andere vorrangig als fremdartig erlebt werden“ (Kornmeier, 2002, S. 7). Dieses Kapitel setzt sich zum Ziel, bedeutende Arbeiten auf dem Gebiet der Forschung zur psychischen Distanz systematisch darzustellen. Dabei sollen nach der Beschreibung der Entwicklung des Begriffsverständnisses (vgl. Kap. 3.2) das Konstrukt der psychischen Distanz von anderen Distanzkonzepten abgegrenzt (vgl. Kap. 3.3) sowie die theoretischen Hintergründe seiner Entstehung erörtert werden (vgl. Kap. 3.4). Außerdem wird in Kap. 3.5 auf die gängingen Konzeptualisierungen sowie Messkonzepte des Konstrukts der psychischen Distanz eingegangen, bevor in den Kap. 3.6 und 3.7 die Mängel der Forschung zur psychischen Distanz sowie die heutige Relevanz dieses Konstrukts diskutiert werden. Das Kap. 3 schliesst mit einem kurzen Zwischenfazit, das den Forschungsbedarf auf diesem Gebiet zusammenfasst (vgl. Kap. 3.8).

3.2 Psychische Distanz – Entwicklung des Begriffsverständnisses Die bereits erwähnte Uneinigkeit in der Begriffsabgrenzung hatte die Entstehung zahlreicher Definitionen von psychischer Distanz zur Folge (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 36ff.; Kornmeier, 2002, S. 38ff.). Dies führt u. a. dazu, dass die Autoren in ihren Forschungsarbeiten zu teilweise sehr inkonsistenten Ergebnissen kommen, was den Zusammenhang zwischen der psychischen Distanz und der Wahl eines Auslandsmarktes bzw. der Unternehmensleistung auf ausländischen Märkten anlangt (vgl. Stöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 367; Evans/ Treadgold/Mavondo, 2000, S. 378f.). In der Forschung zur psychischen Distanz lassen sich grundsätzlich zwei Gruppen von Arbeiten unterscheiden: die, in denen das Konstrukt mit Hilfe von objektiven Kriterien definiert und erfasst wird, und solche, die subjektive Merkmale in die Begriffsdefinition sowie Messung einbeziehen. Bei der ersten Gruppe ist die psychische Distanz mit Hilfe von sog. hard facts zu erfassen, d. h. mit tatsächlichen Differenzen zwischen zwei Ländern in politischen, wirtschaftlichen oder kulturellen Merkmalen (vgl. Johanson/Wiedersheim-Paul, 1975, S. 308; Luostarinen, 1979, S. 146f.; Holtbrügge, 2005, S. 12ff.). So zieht bspw. Holtbrügge Unterschiede in der Sprache, Bildung und den Wirtschaftspraktiken zur Messung von psychischer Distanz heran, für die er Indizes berechnet (Sprachindex, Bildungsindex etc.). Diese Indizes addiert er anschließend zum Gesamtindex der psychischen Distanz und bildet somit eine Reihenfolge von insgesamt 66 Ländern nach deren psychischer Distanz zu Deutschland (vgl. Holtbrügge, 2005, S. 14f.). Ähnlich gehen auch Zhu/Yang vor, die insgesamt vier Dimensionen der psychischen Distanz in ihre Messung einbeziehen (vgl. Zhu/Yang, 2004, S. 28). Diese 44

Dimensionen, zu denen u. a. auch Sprache oder die geographische Entfernung gehören, werden objektiv ermittelt und innerhalb des Konstrukts der psychischen Distanz gleich gewichtet (vgl. ebenda, S. 28). Die objektiven Unterschiede zwischen zwei Ländern, die oft mit Hilfe von statistischen Daten gemessen werden, weisen allerdings lediglich auf die Distanz zwischen zwei Ländern hin, keinesfalls auf die psychische Distanz. Zwar erwähnt Holtbrügge selbst, dass ein zentraler Kritikpunkt bei der Messung von psychischer Distanz „der überwiegende Rückgriff auf objektive und überindividuelle Kriterien“ (Holtbrügge, 2005, S. 24) ist, verzichtet jedoch selbst auf jegliche Einbeziehung des Individuums. Die Vernachlässigung der Psyche wurde in zahlreichen Studien kritisiert (vgl. Wolf, 1993, S. 492; Langhoff, 1997, S. 139; Kornmeier, 2002, S. 39). Der größte Kritikpunkt bezieht sich darauf, dass die Studien, welche die psychische Distanz mit Hilfe von objektiven Kriterien erfassen, dieses Konstrukt nicht mit Individuen verbinden, sondern über psychische Distanz zwischen Ländern sprechen (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 310; Kogut/Singh, 1988, S. 413; Langhoff, 1997, S. 136; Meissner, 1995, S. 173). Wie bereits erwähnt, befasst sich die zweite Gruppe der Autoren mit der psychischen Distanz als einem subjektiven Konstrukt. Innerhalb dieser Gruppe kann weiterhin zwischen Autoren unterschieden werden, welche die psychische Distanz auf der individuellen Ebene betrachten (vgl. bspw. Müller, 1991; Langhoff, 1997; Stöttinger/Schlegelmilch, 1998; Kornmeier, 2002), und denen, welche die Unternehmensebene in Betracht ziehen (vgl. bspw. Klein/Roth, 1990; Meissner, 1995; O’Grady/Lane, 1996; Kogut/Singh, 1988; Bello/Gilliland, 1997). Diese Autoren sprechen über eine Unsicherheit, welche das Unternehmen empfindet (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 330), über die Wahrnehmung des Herstellers (vgl. Bello/Gilliland, 1997, S. 24), über psychische Distanz zwischen Unternehmen (vgl. Klein/Roth, 1990, S. 29) bzw. zwischen dem Unternehmen und seinem Markt (vgl. Meissner, 1995, S. 173). Für die vorliegende Arbeit sind ausschließlich diejenigen Forschungsarbeiten relevant, die das Konstrukt der psychischen Distanz mit der individuellen Ebene in Verbindung setzen. Die Wurzeln der Forschung zur psychischen Distanz sind mit dem Namen Beckerman verbunden, der den Begriff psychische Distanz im Zusammenhang mit der Distribution im internationalen Handel verwendete, allerdings auf eine nähere Begriffsabgrenzung verzichtete. Lediglich zum Schluss seiner Studie führte Beckerman das Wort psychisch (in Anführungszeichen) an, um dadurch einen möglichen Einfluss von anderen Faktoren als der geographischen Entfernung zu betonen. Neben persönlichen Kontakten erwähnte er dabei auch Sprache als Determinante, welche die Entscheidungen von Unternehmen beeinflussen kann (vgl. Beckerman, 1956, S. 38). Auch weitere Arbeiten aus den 1950er und 1960er Jahren auf dem Gebiet des internationalen Handels betrachteten psychische Distanz eher als Schwierigkeit, die aus der geographischen Entfernung zweier Länder resultiert. Linnemann beschäftigte sich in seiner Arbeit mit der Frage, warum der internationale Handel zwischen Ländern stark variiert (vgl. Linnemann, 45

1966, S. 4). Dabei unterschied er zwischen zwei Kategorien des Handelswiderstands: den natürlichen und den künstlichen Hindernissen (vgl. ebenda, S. 25). Neben den aus der geographischen Entfernung resultierenden Transportkosten gehöre zu den natürlichen Hindernissen auch psychische Distanz, die Linnemann im Sinne von „economic horizon of a country“ (Linnemann, 1966, S. 27f.) betrachtet. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass bspw. Kenntnisse des Marktes oder Vertrautheit mit Marktbedingungen und -gewohnheiten die wichtigsten Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung sein können (vgl. ebenda, S. 27f.). Wie bereits erwähnt, wurde das Konstrukt der psychischen Distanz erst in den 1970er Jahren näher untersucht. Die Vertreter der Uppsala-Schule, die dieses Konstrukt zur Entwicklung ihres Internationalisierungsmodells heranzogen (vgl. Kap. 2.2.3.2), definierten psychische Distanz als „factors preventing or disturbing the flows of information between potential or actual suppliers and customers“ (Vahlne/Wiedersheim-Paul, 1973, zit. nach Nordström/ Vahlne, 1994, S. 42). Johanson/Wiedersheim-Paul (1975) sowie Johanson/Vahlne (1977) veränderten diese Definition zwar leicht, die Idee des Informationsflusses blieb allerdings auch in ihren Arbeiten erhalten (vgl. Tab. 1). Autor, Jahr Psychische Distanz – Definition Bezugsebene Vahlne/Wiedersheim„factors preventing or disturbing the flows of information Unternehmen Paul, 1973 (zit. nach between potential or actual suppliers and customers“ Nordström/Vahlne, 1994, S. 42) Johanson/Wiedersheim„factors preventing or disturbing the flows of information Unternehmen Paul, 1975, S. 308 between firm and market“ Johanson/Vahlne, 1977, „the sum of factors preventing the flow of information from and Unternehmen S. 24 to the market“ Tab. 1: Übersicht bedeutender Forschungsarbeiten zur psychischen Distanz aus den 1970er Jahren Quelle: eigene Darstellung

Seit 1970er Jahren hat sich das Verständnis des Begriffs der psychischen Distanz vom rein objektiv erfassbaren zu einem wesentlich mehr subjektiv geprägten Konstrukt verschoben. Zwar sprachen die Vertreter der Uppsala-Schule bereits in den 1970er Jahren über die Wahrnehmung anderer Länder, diese wurde allerdings mit Hilfe objektiver Unterschiede zwischen dem Heimat- und dem Auslandsmarkt ermittelt. Die Einbeziehung der individuellen Wahrnehmung als eine wichtige Komponente des Konstrukts der psychischen Distanz wird der Mannheimer Forschungsgruppe um Dichtl zugeschrieben. Eine Übersicht bedeutender Forschungsarbeiten zur psychischen Distanz aus den 1980er Jahren ist der Tab. 2 zu entnehmen.

46

Autor, Jahr

Psychische Distanz – Definition

Bezugsebene

Dichtl et al., 1983, S. 440 Hallén/WiedersheimPaul, 1984 , S. 17 Müller/Köglmayr, 1986, S. 790

„Maß, in dem Auslandsmärkte als fremdartig erlebt werden“ Individuum „difference in perceptions between buyer and seller regarding Unternehmen either needs or offers“ „Das Konstrukt der psychischen Distanz […] unterstellt, dass Individuum unter sonst gleichen Bedingungen die Neigung, mit einem distanziert wahrgenommenen Land Geschäftsbeziehungen aufzunehmen, geringer ist, als wenn Gefühle der Nähe, Gleichartigkeit etc. vorherrschen.“ Kogut/Singh, 1988, „degree to which a firm is uncertain of the characteristics of a Unternehmen S. 413 foreign market” Tab. 2: Übersicht bedeutender Forschungsarbeiten zur psychischen Distanz aus den 1980er Jahren Quelle: eigene Darstellung

Psychische Distanz als wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem Auslandsmarkt wurde in den Arbeiten der Mannheimer Schule aus rein individueller Sicht betrachtet (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 438ff.; Müller/Köglmayr, 1986, S. 788ff.). Dichtl et al. definierten psychische Distanz als „Maß, in dem Auslandsmärkte als fremdartig erlebt werden“ (Dichtl et al., 1983, S. 440) und betrachteten diese als eine Dimension der Auslandsorientierung der Manager (vgl. Kap. 2.3). Schon ein Jahr später lieferten die Vertreter der Uppsala-Schule Hallén/Wiedersheim-Paul eine neue Definition der psychischen Distanz, die bereits das Wort Wahrnehmung beinhaltete: „differences in perceptions between buyer and seller regarding either needs or offers“ (Hallén/ Wiedersheim-Paul, 1984, S. 17). Im Vergleich zu Dichtl et al. stellten Hallén/WiedersheimPaul jedoch nicht das Individuum und seine Wahrnehmung sondern das Unternehmen ins Zentrum der Betrachtung (vgl. ebenda, S. 18). Sie vertreten die Meinung, dass psychische Distanz auf der nationalen, organisationellen sowie individuellen Ebene ihre Determinanten hat, die unterschiedlich stark die psychische Distanz beeinflussen (vgl. Abb. 5). Auf der nationalen Ebene handelt es sich um kulturelle Affinität, welche sich auf die wahrgenommene kulturelle Ähnlichkeit bezieht, auf der Ebene der Organisation um Vertrauen und auf der individuellen Ebene um Erfahrungen, die sich in den Firmenerfahrungen widerspiegeln (vgl. Hallén/Wiedersheim-Paul, 1984, S. 18). National Level

Organisational Level

Individual Level

Cultural Affinity

Trust

Psychic Distance

Experience

Abb. 5: Determinanten der psychischen Distanz Quelle: Hallén/Wiedersheim-Paul, 1984, S. 18

Hallén/Wiedersheim-Paul richteten ihre Arbeit nicht ausschließlich auf den Internationalisierungsprozess aus, denn die Beziehung zwischen dem Anbieter und Nachfrager generell stand 47

im Mittelpunkt. Es wurde insb. untersucht, wie sich die psychische Distanz im Verlauf einer Kooperationsbeziehung entwickelt (vgl. Hallén/Wiedersheim-Paul, 1984, S. 19ff.). Mit psychischer Distanz als Dimension der Auslandsorientierung setzten sich weiterhin Müller/Köglmayr auseinander, die der Mannheimer Forschungsgruppe um Dichtl angehören. Ausgehend von Dichtl et al. umschreiben sie psychische Distanz folgendermaßen: „Das Konstrukt der psychischen Nähe […] unterstellt, dass unter sonst gleichen Bedingungen die Neigung, mit einem distanziert wahrgenommenen Land Geschäftsbeziehungen aufzunehmen, geringer ist, als wenn Gefühle der Nähe, Gleichartigkeit etc. vorherrschen“ (Müller/ Köglmayr, 1986, S. 790). Das Ziel der Arbeit von Müller/Köglmayr lag insb. in der Operationalisierung und einer empirischen Überprüfung des Konstrukts der psychischen Distanz (vgl. Müller/Köglmayr, 1986, S. 788ff.; vgl. auch Köglmayr, 1990, S. 92ff.; Müller, 1991, S. 167ff.). Müller/Köglmayr gingen zwar von den Erkenntnissen der Uppsala-Schule aus, kritisierten jedoch „das rein konzeptionelle Stadium“ (Müller/Köglmayr, 1986, S. 790), das die Vertreter der Uppsala-Schule nicht verließen.

Die Einbeziehung der individuellen Wahrnehmung in die Abgrenzung des Begriffs psychische Distanz durch die Mannheimer Forschungsgruppe bedeutete einen essentiellen Fortschritt auf diesem Forschungsgebiet und stellte somit die Basis für weitere Forschungsarbeiten dar. In den 1980er Jahren entstanden außer den Arbeiten der Uppsala- und der Mannheimer Schule keine bedeutenden Studien, welche die weitere Forschung zur psychischen Distanz wesentlich beeinflusst hätten. Im Vergleich zu den (ausschließlich bzgl. der Quantität der entstandenen Arbeiten) etwas ärmeren 1980er Jahren waren die 1990er sowie die erste Hälfte der 2000er Jahre durch die Entstehung von zahlreichen Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet gekennzeichnet (vgl. Tab. 3 und Tab. 4). Ausgelöst wurde diese Flut von Arbeiten nicht nur durch die ursprünglichen Studien der Uppsala-Schule aus den 1970er Jahren, sondern insb. durch neuere Arbeiten dieser schwedischen Forschungsgruppe sowie durch die der Autoren der Mannheimer Schule.

48

Autor, Jahr Klein/Roth, 1990, S. 32 Nordström/Vahlne, 1994, S. 42 Shoham/Albaum, 1995, S. 87 O’Grady/Lane, 1996, S. 330

Dupuis/Prime, 1996, S. 32

Langhoff, 1997, S. 137 Bello/Gilliland, 1997, S. 24 Driscoll/Paliwoda, 1997, S. 73 Stöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 367 Fletcher/Bohn, 1998, S. 49

Psychische Distanz – Definition „perceived difference between the home market and the foreign market“ „factors preventing and disturbing firms’ learning about and understanding a foreign environment“ „Extent of perceived dissimilarity on dimensions that have an effect on how business is conducted including language, business habits, marketing infrastructure, and legal environment.“ „A firm’s degree of uncertainty about a foreign market resulting from cultural differences and other business difficulties that presents barriers to learning about the market and operating there.” “perceived gap between the domestic and host countries on each of the core dimensions defining the competitivity of a retail format: the consumer, the outlet, the network and the environment” “degree of foreignness between a firm and its markets” “the manufacter’s perception of how different the culture of the targeted export country is from its home country” „perceived similarity between the host country and the firm’s home country“ „perceived foreignness of international markets“

Bezugsebene Individuum Unternehmen Unternehmen

Unternehmen

Individuum

Individuum Unternehmen Unternehmen Individuum

„Psychic distance is a matter of perception – it is a distance in Individuum the minds of individuals and the perceived distance depends on the way the individual sees the world.” Tab. 3: Übersicht bedeutender Forschungsarbeiten zur psychischen Distanz aus den 1990er Jahren Quelle: eigene Darstellung

Auch bei der Uppsala-Schule konnte Anfang 1990er Jahre durch die Arbeiten von Nordström sowie Nordström/Vahlne eine Verschiebung der Messung von psychischer Distanz von objektiven Unterschieden zur wahrgenommenen Distanz/Nähe verzeichnet werden (vgl. Nordström, 1991, S. 115f.; Nordström/Vahlne, 1994, S. 42). Diese Autoren untersuchen die wahrgenommene Nähe/Distanz, die schwedische Manager gegenüber anderen Ländern empfinden, übertragen diese allerdings auf die Unternehmensebene. Einen bedeutenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Forschung zur psychischen Distanz leisteten jedoch Nordström/Vahlne durch die Einbeziehung des Lernprozesses in die Begriffsdefinition. Unter psychischer Distanz verstehen sie „factors preventing or disturbing firms learning about and understanding a foreign environment“ (Nordström/Vahlne, 1994, S. 42). Dadurch wurde die Vermutung von Johanson/Vahlne verdeutlicht, dass psychische Distanz kein konstantes Phänomen darstellt, sondern dass sich diese mit steigenden Kenntnissen und Erfahrungen verändern kann. V. a. in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre gab es viele Versuche, das Konstrukt der psychischen Distanz genauer zu konzeptualisieren. Neben wahrgenommenen Unterschieden, wahrgenommener Nähe/Distanz (Uppsala-Schule) und wahrgenommener Fremdartigkeit (Mannheimer Schule) schlugen einige Forscher auch wahrgenommene Unsicherheit als mögliche Konzeptualisierung vor (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 330).27

27

Mehr zur Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz vgl. Kap. 3.5.

49

Die Mehrheit der Autoren, die sich mit dem Konstrukt der psychischen Distanz gegenwärtig beschäftigen, geht übereinstimmend davon aus, dass psychische Distanz mit der individuellen Wahrnehmung zusammenhängt (vgl. Tab. 4). Allerdings wird bei manchen dieser Forscher die individuelle Wahrnehmung immer noch lediglich in die Begriffsdefinition einbezogen. Somit erfolgt die anschließende Operationalisierung dieses Konstrukts ausschließlich an Hand objektiver Unterschiede zwischen dem Heimat- und dem Auslandsmarkt (vgl. Driscoll/Paliwoda, 1997, S. 73f.; Sim/Ali, 2000, S. 383f.). Autor, Jahr

Psychische Distanz – Definition

Bezugsebene

Evans/Treadgold/ Mavondo, 2000, S. 377f.

„distance between the home market and a foreign market resulting Individuum from the perception and understanding of cultural and business differences” Sim/Ali, 2000, S. 390 „extent of foreignness between partners in terms of communicaUnternehmen tion difficulties as well as differences in work attitudes and business practices“ Clark/Pugh, 2001, S. 288 „Psychic distance sounds as though it is a subjective phenomenon Individuum – the greater or lesser barriers which a manager feels to initiating market servicing in a particular foreign country, as a result of lack of information and experience-based knowledge.“ Kim/Rhee, 2001, S. 286 „Psychic distance can be defined as the degree to which a firm is Unternehmen uncertain about a foreign market resulting from cultural and other differences that present barriers to learning about the market.” Child/Ng/Wong, 2002, Psychische Distanz als Summe von distance-creating, distanceIndividuum S. 49f. compressing und distance-bridging factors Kornmeier, 2002, „Psychische Distanz ist eine spezifische Form der Einstellung: die Individuum S. 33 gelernte, relativ dauerhafte innere Bereitschaft, auf Umweltstimuli (hier = Fremdkultur) in einer bestimmten Weise zu reagieren (= mit empfundener Fremdartigkeit bzw. Nähe).“ Pedersen/Petersen, 2004, „Countries of little psychic distance can also be defined as foreign Individuum S. 109 markets about which managers believe they are knowledgeable or familiar with local business conditions.” Hassel/Cunningham, „Psychic distance has two major dimensions: geographic distance Individuum 2004, S. 81 and the complex milieu of factors that make up culture.“ Mayrhofer, 2004, S. 87 „Psychic distance refers to geographic, cultural, legal, religious, Unternehmen linguistic, historical, economic and ethnic differences between countries.” Sousa/Bradley, 2004, „the individual’s perception of the differences between the home Individuum S. 92 country and the foreign country“ Tab. 4: Übersicht bedeutender Forschungsarbeiten zur psychischen Distanz aus den 2000er Jahren Quelle: eigene Darstellung

Das Ende der 1990er und der Anfang der 2000er Jahre sind durch eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Begriff der psychischen Distanz gekennzeichnet. U. a. versuchen die Autoren, das Konstrukt der psychischen Distanz von anderen Distanzkonzepten abzugrenzen (vgl. Kornmeier, 2002, S. 61ff.; Sousa/Bradley, 2004, S. 92ff.), da gerade die unzureichende Abgrenzung der psychischen Distanz von wirtschaftlicher, sozialer, geographischer und insb. kultureller Distanz (vgl. Kap. 3.3) zu den Ursachen unterschiedlichster Inkonsistenzen in der einschlägigen Forschung gehört, auf Grund deren die Erklärungsrelevanz des gesamten Konstrukts oft in Frage gestellt wird (vgl. Kap. 3.7).

50

3.3 Abgrenzung des Begriffs ‚psychische Distanz’ von anderen Distanzkonzepten Das Frühstadium der Forschung zur psychischen Distanz war durch die Ersetzung dieses Konstrukts durch räumliche Entfernung des Zielmarktes vom Heimatmarkt gekennzeichnet (vgl. Dow, 2000, S. 52). Die Forschungsarbeiten, welche die psychische der geographischen Distanz gleichsetzen, gehen davon aus, dass je geringer die räumliche Entfernung zweier Länder ist, desto eher sich ihre Nationalkulturen ähneln werden (vgl. Terpstra/Yu, 1988, S. 34). Durch eine große geographische Entfernung ist außerdem der Lernprozess über diese Länder erschwert, was zur Folge hat, dass Menschen weniger Wissen über weit entfernte Länder besitzen. Der Mangel an Wissen führt anschließend dazu, dass diese Länder als fremdartiger erlebt werden als die nahe liegenden (vgl. Kornmeier, 2002, S. 63f.). Der Zusammenhang zwischen diesen beiden Distanzkonzepten ist der Abb. 6 zu entnehmen. Geographische Distanz

Zunahme der kulturellen Unterschiede

Erschwerter Transfer von Wissen

Mangel an Wissen

Psychische Distanz

Abb. 6: Zusammenhang zwischen geographischer und psychischer Distanz Quelle: Kornmeier, 2002, S. 64

Ausgehend von der Annahme, dass geographische und psychische Distanz miteinander im positiven Zusammenhang stehen (vgl. Terpstra/Yu, 1988, S. 34; Wider, 2005, S. 42), werden zuerst Märkte erschlossen, die dem Heimatland räumlich nahe liegen (vgl. Johanson/Wiedersheim-Paul, 1975, S. 306). Dem Konzept der psychischen Distanz der Uppsala-Schule zufolge erschließen Unternehmen ohne Auslandserfahrung zuerst Märkte, gegenüber denen ihre Manager eine niedrige psychische Distanz empfinden. Nach Johanson/Wiedersheim-Paul sind ähnliche Marktbedingungen (und dadurch auch eine niedrige psychische Distanz) oft in Nachbarländern zu finden (vgl. ebenda, S. 306). In diesem Zusammenhang weist Schroll-Machl allerdings auf eine sog. Illusion von Vertrautheit hin, die besagt, dass geographisch nahe beieinander liegende Länder (v. a. Nachbarländer) oft als vertrauter erlebt werden als die weiter entfernten (vgl. Schroll-Machl, 1999, S. 117).28 Dieser Illusion zufolge verbinden die Unternehmer mit den Nachbarländern weniger Probleme, was die Anpassung an die dortigen Marktbedingungen anlangt, denn ihre Kenntnisse über diese Märkte sind – im Vergleich zu denen über weiter entfernt liegende Länder – oft groß, wodurch auch der subjektive Bedarf an weiteren Informationen über diese 28

Dazu vgl. auch Kap. 3.6 (Paradoxon der psychischen Distanz).

51

Länder sinkt. Trotz der scheinbar oder tatsächlich guten Informiertheit sind es allerdings oft gerade Nachbarländer, die zueinander sehr kritisch sind.29 Die Annahme, dass weiter entfernte Länder sich weniger ähneln als die nahe liegenden ist allerdings nicht generalisierbar; am Beispiel Australiens untersuchte Dow den Zusammenhang zwischen psychischer und geographischer Distanz dortiger Manager. Die Ergebnisse seiner Studie zeigen, dass diese zwei Distanzkonzepte nicht im positiven Zusammenhang stehen. Die australischen Befragten weisen nämlich eine niedrigere psychische Distanz gegenüber westlichen Ländern auf als gegenüber geographisch näher liegenden (vgl. Dow, 2000, S. 56). Auch Müller/Köglmayr befassten sich in ihrer Arbeit mit der Frage nach einem möglichen Zusammenhang der psychischen und geographischen Distanz. Mit Hilfe von kognitiven Landkarten stellten sie die Unter- und Überschätzungen der tatsächlichen (geographischen) Entfernungen zu ausgewählten Ländern graphisch dar (vgl. Müller/Köglmayr, 1986, S. 793ff.). So wird nach Müller/Köglmayr bspw. die Entfernung Deutschlands von den USA bei den deutschen Managern tendenziell unterschätzt, während die Entfernung gegenüber Portugal überschätzt wird (vgl. ebenda, S. 795). Die Autoren konnten bestätigen, dass die psychische Distanz mit der räumlichen Entfernung „nur schwach bzw. mäßig korreliert“ (Müller/Kornmeier, 2002, S. 542). Ausgehend von den Arbeiten, welche die psychische Distanz mit Hilfe von individueller Wahrnehmung definieren und operationalisieren, kann dieses Konstrukt nur schwer mit einer objektiven Größe (wie z. B. der geographischen Entfernung) erklärt werden. Darüber hinaus ist das Konstrukt der psychischen Distanz dadurch gekennzeichnet, dass es nicht reziprok ist. Demzufolge können die wahrgenommenen Fremdartigkeitsgefühle bspw. der deutschen Manager gegenüber Tschechien viel höher/niedriger sein als die der tschechischen Manager gegenüber Deutschland. Aus diesem Grund ist auch fraglich, ob die bereits erwähnte von mehreren Autoren angestrebte Verbindung zwischen der psychischen und geographischen Distanz für das internationale Management überhaupt nützlich ist. Viel interessanter als die geographische Distanz scheint für die Internationalisierung die wahrgenommene geographische Distanz zu sein, die der tatsächlichen räumlichen Entfernung nicht unbedingt entsprechen muss. Diese hängt vom Entscheidungsträger ab: Neben den objektiven Kenntnissen können die wahrgenommene räumliche Distanz auch Merkmale wie Alter, Anzahl von Auslandsaufenthalten oder auch subjektive Persönlichkeitsmerkmale wie Konservatismus oder Rigidität beeinflussen. 29

52

Nach den Ergebnissen einer Befragung zum ‚Image der Tschechischen Republik im Ausland’ waren Besucher aus weit entfernten Ländern mit ihrem Aufenthalt in Tschechien mehr zufrieden (75 % der befragten Nordamerikaner) als Besucher aus Nachbarländern (36 % der Österreicher bzw. 49 % der Deutschen) (vgl. o.V., 2000). Auch Hofmann kam in seiner Studie zu ‚Veränderungen des Images der Deutschen im Ausland’ zum Ergebnis, dass das Image Deutschlands in nahe liegenden Ländern negativer ist als in den weit entfernten. In den USA äußerte sich nur 1 % der Befragten, dass das Image Deutschlands sehr schlecht bzw. schlecht ist, während in Tschechien 17 % der Befragten das Image Deutschlands als sehr schlecht bzw. schlecht einstuften (vgl. Hofmann, 2002).

Die geographische Entfernung eines Landes vom Heimatland ist nach Dow für die Auswahl des Zielmarktes zwar signifikant, denn sie beeinflusst die Kosten, die mit der Internationalisierung verbunden sind, sie sei allerdings unabhängig von der psychischen Distanz (vgl. Dow, 2000, S. 61). Was bspw. die Einkaufs- und Vertriebsaktivitäten deutscher KMU im Ausland anlangt, stellen gerade die geographisch nahe liegenden Länder die wichtigsten Geschäftspartner deutscher KMU (vgl. Bassen/Behnam/Gilbert, 2001, S. 420). Eine tendenzielle Vernachlässigung weiter entfernter Länder kann jedoch in der Höhe der Markteintrittskosten (Transportkosten, Managementzeit) begründet liegen und nicht ausschließlich in einer höheren psychischen Distanz gegenüber weiter entfernten Ländern (vgl. Kornmeier, 2002, S. 65). Außerdem hat eine schnelle Entwicklung auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie des Transports zur Folge, dass die geographische Entfernung für die Internationalisierung an Bedeutung verliert (vgl. Terpstra/Yu, 1988, S. 36; Wolf, 1994, S. 472; Dow, 2000, S. 54; Axinn/Matthyssens, 2002, S. 443; Kundu/Katz, 2003, S. 27). Während in den 1950er und 1960er Jahren amerikanische Unternehmen ihre Direktinvestitionen vorwiegend in geographisch nahen und kulturell ähnlichen Ländern tätigten, ist seit Anfang der 1970er Jahre der Trend der zunehmenden Direktinvestitionen auch in geographisch weiter liegenden und kulturell unterschiedlichen Märkten zu beobachten (vgl. Terpstra/Yu, 1988, S. 36). Für KMU stellen allerdings nach wie vor die nahe liegenden Länder die wichtigsten Beschaffungs- und Absatzmärkte dar (vgl. Bassen/Behnam/Gilbert, 2001, S. 420). Neben der geographischen Entfernung werden in der verhaltenswissenschaftlich geprägten Literatur zur Internationalisierung auch soziale, wirtschaftliche, soziokulturelle Distanz (vgl. Müller/Kornmeier, 2002, S. 524), business distance (vgl. Luostarinen, 1979, S. 137ff.) oder marketing distance (vgl. Dupuis/Prime, 1996, S. 32) erwähnt. Das wohl häufigste Surrogat der psychischen Distanz ist jedoch kulturelle Distanz (vgl. Kogut/Singh, 1988, S. 413; Lee, 1998, S. 7ff.). Mit dem Einfluss kultureller Unterschiede auf Internationalisierung befasst sich eine ganze Reihe von Arbeiten aus dem Bereich des internationalen bzw. interkulturellen Marketings und Managements (vgl. bspw. Kogut/Singh, 1988, S. 411ff.; Langhoff, 1997, S. 135ff.; Morosini/Shane/Singh, 1998, S. 137ff.). Unter kultureller Distanz wird „the degree of dissimilarity between two cultures“ (Clark/Rajaratnam, 1996, S. 19) verstanden, manche Autoren verbinden kulturelle Distanz mit der Schwierigkeit, die Werte einer anderen Kultur zu begreifen und sich einem anderen Kulturraum anzupassen (vgl. Wolf, 1994, S. 480ff.; Müller/Kornmeier, 2002, S. 523). Für die vorliegende Arbeit ist insb. ihre Abgrenzung vom Konstrukt der psychischen Distanz interessant. Der Zusammenhang zwischen der kulturellen und psychischen Distanz wird in zahlreichen Forschungsarbeiten diskutiert (vgl. bspw. Kornmeier, 2002, S. 63ff.; Sousa/Bradley, 2004, S. 92ff.; Sousa/Bradley, 2006, S. 51ff.). Während einige Autoren die psychische Distanz der kulturellen übergeordnet finden (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 312; Swift, 1999, S. 182f; Child/Ng/Wong, 2002, S. 37; Dow/Karunaratna, 2004, S. 8), vertreten bspw. Nordström/ 53

Vahlne die Meinung, dass diese zwei Konzepte zwar unterschiedliche, jedoch sich überschneidende Phänomene erfassen (vgl. Nordström/Vahlne, 1994, S. 46). Es gibt allerdings auch Autoren, die zwischen den beiden Distanzkonzepten nicht unterscheiden (vgl. Kogut/ Singh, 1988, S. 430; Lee, 1998, S. 9; Shoham/Albaum, 1995, S. 87; Wider, 2005, S. 42). So definiert bspw. Lee psychische Distanz als „international marketer’s perceived socio-cultural distance between the home and target country in terms of language, business practices, legal and political systems and marketing infrastructure“ (Lee, 1998, S. 9). Auch Shoham/Albaum setzen diese zwei Distanzkonzepte gleich: „cultural distance, also termed psychological or psychic distance […]“ (Shoham/Albaum, 1995, S. 87), ebenfalls Kogut/Singh: “cultural distance is, in most respects, similar to the ‘psychic distance’ used by the Uppsala school” (Kogut/Singh, 1988, S. 430). Wider zitiert zwar die Definition der psychischen Distanz von Johanson/Vahlne, bezeichnet diese allerdings als kulturelle Nähe (vgl. Wider, 2005, S. 42). Der Unterschied zwischen beiden Distanzkonzepten liegt neben einer anderen Bezugsebene (Individuum bei psychischer und Nation bei kultureller Distanz) in deren Reziprozität (vgl. Abb. 7): „Während die kulturelle Distanz ein reziprokes Maß verkörpert, ist die psychische Distanz ein ‚einseitiges’ Urteil, das für zwei Länder je nach Ankerpunkt unterschiedlich ausfallen kann“ (Müller/Gelbrich, 2004, S. 721f.). PDAB  PDBA

KDAB = KDBA

Abb. 7: Reziprozität der kulturellen und psychischen Distanz Quelle: Müller/Gelbrich, 2004, S. 721

Im Vergleich zur wirtschaftlichen oder geographischen Distanz, die bspw. mit Hilfe von BIP oder Entfernung in km gemessen werden können, ist die Ermittlung kultureller Distanz komplizierter, da Kultur ein umfassendes Phänomen ist, das aus vielen Elementen nicht nur auf sichtbarer, sondern auch auf unsichtbarer Ebene besteht. Gerade durch die Unterschiede in diesen Elementen kann kulturelle Distanz erfasst werden. Die Ermittlung dieser Unterschiede kann bspw. mit Hilfe von Kulturdimensionen erfolgen (vgl. Kap. 2.4.3), an Hand deren einzelne Kulturen miteinander verglichen werden können. Eine bloße Übertragung der mit Kulturdimensionen ermittelten Unterschiede auf das Konstrukt der psychischen Distanz wird in der einschlägigen Literatur allerdings kritisiert (vgl. Dow, 2000, S. 61; Sousa/Bradley, 2004, S. 92). Insb. die Autoren, die keine Unterschiede zwischen den beiden Distanzkonzepten sehen, übertragen die auf der Nationalebene erfassten Werte auf die Ebene des Individuums. So verwenden bspw. Kogut/Singh oder Fletcher/Bohn Hofstedes Kulturdimensionen zur Operationalisierung der psychischen Distanz (vgl. Kogut/ Singh, 1988, S. 422; Fletcher/Bohn, 1998, S. 55). Dow setzt sich in seiner Arbeit mit der Nutzungseignung von Hofstedes Kulturdimensionen sowie des Ansatzes von Sethi für die Messung der psychischen Distanz auseinander und kritisiert diese als „unkomplette Indikatoren der psychischen Distanz“ (Dow, 2000, S. 61). Nach Dow vernachlässigen beide Ansätze Faktoren wie Sprache, Religion oder politisches 54

System, die für die wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem Land und der daraus resultierenden Wahl eines Auslandsmarktes jedoch eine wichtige Rolle spielen (vgl. ebenda, S. 61). In zahlreichen Ansätzen werden kulturelle Unterschiede zwischen zwei Ländern als eine der Ursachen für die Entstehung von psychischer Distanz betrachtet (vgl. Swift, 1999, S. 183; Stöttinger/Schlegelmilch, 2000, S. 169; Evans/Mavondo, 2002, S. 519; Sousa/Bradley, 2004, 2004, S. 92ff.). Stöttinger/Schlegelmilch gehen bereits bei der Begriffsabgrenzung der psychischen Distanz von Kultur aus und sagen, dass das Konstrukt der psychischen Distanz die „kulturelle Fremdartigkeit ausländischer Märkte“ (Stöttinger/Schlegelmilch, 2000, S. 169) charakterisiert. Ein starker Bezug auf kulturelle Unterschiede ist auch bei Swift zu finden, der ausgehend von Hallén/Wiedersheim-Paul neben der sozialen Distanz auf der individuellen Ebene und dem Misstrauen auf der organisationellen Ebene die kulturelle Distanz als wichtige Komponente der psychischen Distanz auf der Nationalebene sieht (vgl. Swift, 1999, S. 183). Den Zusammenhang zwischen den beiden Distanzkonzepten untersuchen weiterhin auch Sousa/Bradley (vgl. Sousa/Bradley, 2004, S. 92; Sousa/Bradley, 2006, S. 49ff.). Sie kritisieren die Gleichsetzung beider Konzepte und betonen dabei insb. die Notwendigkeit der Berücksichtigung individueller Wahrnehmung beim Konstrukt der psychischen Distanz. Ähnlich wie Swift oder Evans/Mavondo setzen auch Sousa/Bradley einen positiven Zusammenhang zwischen beiden Distanzen voraus. Sie gehen davon aus, dass je größer die kulturellen Unterschiede zwischen zwei Ländern sind, desto schwieriger der mit einem Land verbundene Lernprozess ist, was eine Entstehung von Barrieren (von psychischer Distanz) zwischen den Angehörigen dieser Länder zur Folge hat (vgl. Sousa/Bradley, 2004, S. 93; Sousa/Bradley, 2006, S. 53).30 Gemeinsam mit wirtschaftlichen, politischen und soziokulturellen Differenzen stellt Kultur eine übliche Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz dar (vgl. bspw. Johanson/Vahlne, 1977, S. 24; Klein/Roth, 1988, S. 33f.; Clark/Pugh, 2001, S. 289; Dow/Karunaratna, 2004, S. 7). In diesem Zusammenhang weisen allerdings einige Autoren auf eine gewisse Überschätzung der kulturellen Unterschiede im Konstrukt der psychischen Distanz hin (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 54; Evans/Mavondo, 2002, S. 517). So diskutieren Child/Ng/Wong u. a. die Bedeutung von sozialer und politischer Stabilität sowie vorheriger Erfahrungen als Faktoren, welche die wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem Land prägen können. Außerdem fordern sie eine stärkere Betonung insb. von wirtschaftlichen Faktoren (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 54). Auch Evans/Mavondo unterstreichen die Notwendigkeit, nicht nur kulturelle, sondern auch wirtschaftliche Unterschiede in das Konstrukt der psychischen Distanz einzubeziehen (vgl. Evans/Mavondo, 2002, S. 517). In ihrer Arbeit ersetzen sie demzufolge kulturelle Unterschiede lediglich durch solche in der Sprache (vgl.

30

Psychische Distanz sinkt nach Sousa/Bradley mit sinkender kultureller Distanz und steigender Erfahrung. Außerdem stehen auch konservative Werte und Einstellungen in einem positiven Zusammenhang mit psychischer Distanz (vgl. Sousa/Bradley, 2004, S. 93).

55

Evans/Mavondo, 2002, S. 523). Von sprachlichen Unterschieden gehen auch MarschanPiekkari/Welch/Welch aus, die der Meinung sind, dass die Vertrautheit mit der fremden Sprache insb. für kleine Unternehmen in den frühen Phasen des Internationalisierungsprozesses von besonderer Bedeutung ist (vgl. Marschan-Piekkari/Welch/Welch, 1999, S. 3). Die Bedeutung der Sprachunterschiede für die Entstehung von psychischer Distanz stellt in der vorliegenden Arbeit einen wichtigen Punkt dar, insb. dahin gehend, dass Grenzräume oft durch eine Sprachbarriere geprägt sind, diese allerdings in der Realität häufig nur einseitig ist. Auch für den sächsisch-tschechischen Grenzraum ist charakteristisch, dass die Beherrschung der Sprache des jeweiligen Nachbarlandes in beiden Teilen des Grenzgebietes völlig unterschiedlich ausfällt (vgl. Jurczek, 1997, S. 46ff.). Das Erlernen bzw. die Bereitschaft zum Erlernen einer fremden Sprache weist auf den Willen hin, sich mit dem Land näher auseinanderzusetzen, woraus sich auch auf die empfundene Vertrautheit/Fremdartigkeit schließen lässt (vgl. Kornmeier, 2002, S. 196). Der Frage, inwieweit Sachsen in Tschechien auf Grund der Fertigkeit vieler Tschechen in deutscher Sprache als vertraut empfunden wird, wird im Kap. 6 nachgegangen. Ausgehend von der gerade erwähnten Diskussion über die Unter- bzw. Überschätzung wirtschaftlicher und kultureller Unterschiede im Konstrukt der psychischen Distanz setzt sich die vorliegende Arbeit zum Ziel, diejenigen Aspekte zu identifizieren, die zur Entstehung der psychischen Distanz wesentlich beitragen. Eine nähere Betrachtung wahrgenommener wirtschaftlicher (Entwicklungsstand, Wirtschaftslage, Produkte und Unternehmen etc.) und kultureller (Mentalität, Sprache etc.) Unterschiede steht dabei im Mittelpunkt. Die psychische Distanz muss im Vergleich zu den anderen Distanzkonzepten aus rein individueller Sicht betrachtet werden. Ausgehend von den Arbeiten von Müller/Köglmayr (1986), Müller (1991) sowie Kornmeier (2002) wird unter dem Begriff psychische Distanz die wahrgenommene Fremdartigkeit verstanden, die ein Individuum (hier: ein Unternehmer) gegenüber einem konkreten Auslandsmarkt empfindet. Zum Zwecke dieser Arbeit wird psychische Distanz als individuell wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem Land definiert, die aus der subjektiven Interpretation der wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimatund einem Auslandsmarkt resultiert. Dabei gilt, dass die wahrgenommene Fremdartigkeit die Konsequenz der subjektiv wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt darstellt. Somit sind die gängigen Konzeptualisierungen dieses Konstrukts sowohl als wahrgenommene Unterschiede als auch als wahrgenommene Unsicherheit der psychischen Distanz vorgelagert (vgl. Kap. 3.5). Die Abgrenzung des Konstrukts der psychischen Distanz von anderen in diesem Kapitel beschriebenen Distanzkonzepten soll die folgende Abbildung verdeutlichen (vgl. Abb. 8). Darüber hinaus sind die wichtigsten Abgrenzungsmerkmale der beschriebenen Distanzkonzepte in der Tab. 5 überblicksartig zusammengefasst.

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geographische Distanz

wirtschaftliche Distanz

kulturelle Distanz

Individuum (Charaktereigenschaften, Erfahrungen, Kenntnisse) situative Faktoren

psychische Distanz (wahrgenommene Fremdartigkeit) Abb. 8: Abgrenzung der psychischen Distanz von anderen Distanzkonzepten Quelle: eigene Darstellung

Begriff

Charakter Ermittlung

Geographische Distanz (GD) räumliche Entfernung zwischen zwei Ländern objektiv z. B. Entfernung der Hauptstädte in km

Wirtschaftliche Distanz (WD) Unterschiede in Wirtschaftslage zwischen zwei Ländern objektiv z. B. Differenzen in BIP

Land Land (Land ÅÆ Land) (Land ÅÆ Land) JA JA Reziprozität WDAB = WDBA GDAB = GDBA Tab. 5: Abgrenzungsmerkmale ausgewählter Distanzkonzepte Quelle: eigene Darstellung Bezugsebene

3.4

Kulturelle Distanz (KD) Unterschiede in der Kultur zwischen zwei Ländern

Psychische Distanz (PD) wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem Land

objektiv z. B. Kulturdimensionen von Hofstede

subjektiv subjektiv beurteilte Konsequenzen der wahrgenommenen Unterschiede Individuum (Individuum Æ Land) NEIN PDAB  PDBA

Land (Land ÅÆ Land) JA KDAB = KDBA

Entstehung und Minderung von psychischer Distanz

3.4.1 Theoretische Grundlagen der Entstehung von psychischer Distanz Für die Entstehung von psychischer Distanz ist der Vergleich des ‚Eigenen’ mit dem ‚Fremden’ von grundsätzlicher Bedeutung. Die Individuen vergleichen das Vertraute aus der eigenen Kultur mit dem Unvertrauten, das das Andersartige mit sich bringt. Die Unterschiede werden dabei verstärkt wahrgenommen, da die Individuen bei einem solchen Vergleich für Abweichungen sensibilisiert sind (vgl. Thomas, 1991, S. 55). Zur Erklärung der Entstehung von psychischer Distanz können zum Einen die Erkenntnisse der Fremdheitsforschung, zum Anderen die des Informationsverarbeitungsansatzes beitragen (vgl. Kornmeier, 2002, S. 53). Während sich die Fremdheitsforschung mit dem Begriff ‚fremd’ sowie mit dem Umgang mit Fremden auseinandersetzt, konzentriert sich der Ansatz

57

der Informationsverarbeitung auf die subjektive Wahrnehmung und Beurteilung des Fremden. Im Weiteren wird auf diese beiden Forschungsrichtungen näher eingegangen. Hinter dem Begriff ‚fremd’ verbirgt sich zum Einen Nichtzugehörigkeit, zum Anderen Unvertrautheit, je nachdem, ob seine soziale oder kulturelle Bedeutungsdimension in Betracht gezogen wird (vgl. Münkler/Ladwig, 1998, S. 12). Im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Begriffs Fremdheit erwähnt Wierlacher eine Vielzahl von Definitionen aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen, weist jedoch auf die Notwendigkeit einer präzisen disziplinübergreifenden Begriffsabgrenzung hin (vgl. Wierlacher, 1993, S. 39ff.). Unter Fremdheit wird ein „Zustand der Struktur- und Orientierungslosigkeit“ verstanden, „den die meisten Menschen als bedrohlich empfinden“ (Müller/Kornmeier, 2002, S. 470). Eine der zentralen Fragen der Fremdheitsforschung (Xenologie) besteht in der Art und Weise des Umgangs mit dem Fremden. Die gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Entwicklung seit den 1970er Jahren hat eine intensive Fremdheitsdiskussion zur Folge, denn das Fremde ist dank der Globalisierung „zu einem Element des sozialen Lebens“ (Münkler/Ladwig, 1998, S. 13) geworden. Eine Auseinandersetzung mit dem Fremden erfolgt demzufolge wesentlich häufiger als es noch in der ersten Hälfte des 20. Jh. der Fall war. Dabei ist anzumerken, dass es sich bei dem Fremden nicht ausschließlich um das Fremde in Folge einer großen räumlichen Entfernung handelt (andere Kulturen, Ausländer), sondern auch in Folge der bereits erwähnten sozialen Kategorisierung (Außenseiter, Nichtzugehörige, Verdrängte) (vgl. Wierlacher, 1993, S. 39). Das Fremde wird in der heutigen Zeit einerseits als Bedrohung für die Beziehungen zwischen einzelnen Kulturen und sozialen Gruppen verstanden, andererseits wird es jedoch mit Chancen verbunden, die durch Multikulturalismus entstehen können (vgl. Hellmann, 1998, S. 402). Hahn unterscheidet zwischen zwei Fremdheitsdimensionen, die jedoch voneinander abhängig sind. Zum Einen ist es etwas, was ‚anders’ ist, zum Anderen etwas, was ‚unbekannt, unvertraut’ ist (vgl. Hahn, 1994, S. 142). Hellmann sieht ähnlich wie Hahn zwei Dimensionen der Fremdheit, eine kognitiv-kulturelle und eine soziale (vgl. Hellmann, 1998, S. 413ff.). Kornmeier unterscheidet in seiner Arbeit zwischen drei Strukturelementen der Fremdheit: 1) nicht kennen/unvertraut sein, 2) nicht verstehen/anders sein, 3) nicht besitzen/unverbunden sein (vgl. Kornmeier, 2002, S. 45). Demzufolge entsteht nach Kornmeier ein Gefühl der Fremdartigkeit gegenüber einem Land in dem Falle, dass „ein Individuum das Land nicht kennt, […] dass es anders ist als das eigene Land […] oder dass es als ‚dem eigenen nicht zugehörig’ erkannt wird […]“ (Kornmeier, 2002, S. 46). Fremdheit stellt immer eine soziale Konstruktion dar: „Fremd ist, wer als fremd bezeichnet wird“ (Hellmann, 1998, S. 409f.). Demzufolge stellt das, was unvertraut bzw. unbekannt ist, etwas Fremdes dar. In diesem Zusammenhang weist Hahn darauf hin, dass „Fremdheit keine Eigenschaft ist, auch kein objektives Verhältnis zweier Personen oder Gruppen, sondern die Definition einer Beziehung“ (Hahn, 1994, S. 140). Die Entstehung vom Fremdartigkeitsgefühl steht somit in einem engen Zusammenhang mit individueller Wahrnehmung und Ur58

teilsbildung, die allerdings nicht nur durch das Individuum, sondern auch durch Umweltfaktoren beeinflusst werden. So spielen Faktoren wie Tradition, Erziehung, Normen und Werte in der Gesellschaft sowie weitere Faktoren des Umfelds des Individuums bei der Wahrnehmung und Urteilsbildung eine bedeutende Rolle. Dies hat zur Folge, dass psychische Distanz zwar als ein individuelles Konstrukt betrachtet werden muss, dass allerdings Individuen innerhalb einer Kultur dazu tendieren, gleiche Merkmale bei der Beurteilung des Fremden in Betracht zu ziehen. Auch die Konsequenzen von Fremdheit sind kulturspezifisch geprägt. Das Gefühl von Fremdartigkeit ruft Ambivalenzen hervor, je nachdem, wie das fremde Element in der jeweiligen Kultur angenommen wird. Auf Fremdheit kann mit Angst, Neugier oder Indifferenz reagiert werden (vgl. Hellmann, 1998, S. 431f.). Einerseits kann das Gefühl von Fremdartigkeit zur Inklusion, andererseits zur Exklusion führen. Während es sich im ersten Fall um die Bemühung handelt, das Fremde dem Eigenen anzugleichen bzw. zumindest anzunähern, ist die Exklusion im Extremfall durch Vertreibung, Vernichtung bzw. zumindest durch Distanzierung und Abgrenzung gekennzeichnet (vgl. ebenda, S. 409). Falls mit dem Fremden keine unmittelbare Gefahr oder Bedrohung verbunden werden, kann das Fremde exotisch oder kurios wirken (vgl. Heil, 2001, S. 13). Der Begriff Fremdheit wird in vielen Wissenschaftsdisziplinen diskutiert. Während Hellmann versucht, das Fremdheitskonzept aus der Sicht der Systemtheorie zu erklären (vgl. Hellmann, 1998, S. 401ff.), betrachtet Boesch dieses aus der Perspektive des entwicklungspsychologischen Ansatzes, nach dem das Gefühl der Fremdartigkeit in der frühen Kindheit entsteht (vgl. Boesch, 1996, S. 87ff.). Das Kind lernt zwischen dem Eigenen (Vertrauten) und Fremden (Unvertrauten) im Alter von ca. sechs Monaten zu unterscheiden. Das Fremde schlägt sich bei Kindern in Neugier um, das Eigene wird dank Erfahrungen immer erweitert. Im Laufe der Sozialisation grenzen Kinder die Wir-Welt von der Sie-Welt ab. Dabei werden mit der WirWelt vorwiegend positive Merkmale verbunden, während die Sie-Welt oft als bedrohlich oder zumindest außergewöhnlich wahrgenommen wird (vgl. ebenda, S. 87ff.). Thomas sowie Kornmeier versuchen eine Übersicht verschiedener Ansätze zu schaffen, denen das Fremdheitskonzept zu Grunde gelegt werden kann. Neben den kognitionspsychologischen Ansätzen setzen sich diese Autoren auch mit den sozialpsychologischen Grundlagen des Fremdheitskonzeptes auseinander (vgl. Thomas, 1993, S. 257ff.; Kornmeier, 2002, S. 46ff.). In der Tab. 6 sind die wichtigsten kognitions- und sozialpsychologischen Ansätze zur Erklärung von psychischer Distanz zusammengefasst.

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Theoretischer Ansatz Autor, Jahr Theorie der kognitiven Dissonanz Festinger, 1957

Kurze Beschreibung des Ansatzes in Bezug auf das Verständnis des Fremdheitskonzeptes Das Gefühl der Fremdartigkeit (Unvertrautheit) entsteht durch dissonante Kognitionen, die im Falle einer Konfrontation mit dem Fremden entstehen. Durch ihre Abschaffung (Strategien zur Dissonanzreduktion) kann die gewohnte Vertrautheit wieder erreicht werden. Schematheorie Neue Informationen werden in der Wissensstruktur des Individuums einem Wyer, 1980 Schema zugeordnet. Falls kein adäquates Schema für neu kommende Information in der Wissensstruktur vorliegt, entsteht das Gefühl der Fremdartigkeit. Bei der Zuordnung neuer Informationen zu bestehenden Schemata wird i. d. R. auf das am leichtesten zugänglichen Schema zurückgegriffen, was zur Folge hat, dass Angehörige anderer Kulturen oft auf Grund vereinfachter Urteile (Stereotype) beurteilt werden. Assimilations-KontrastMerkmale anderer Personen werden als ähnlicher angesehen, falls sie im AkzepTheorie tanzbereich des Individuums liegen und als unähnlicher, falls sie in seinem Sherif/Hovland, 1961 Ablehnungsbereich sind. Falls die zu bewertenden Merkmale im Ablehnungsbereich des Individuums liegen, wird das Gefühl der Fremdartigkeit stärker wahrgenommen, d. h. eine Person, die als fremdartig empfunden wird, wird diesem Ansatz zufolge als noch fremdartiger wahrgenommen. Soziale Vergleichstheorie Individuen vergleichen sich mit anderen Menschen bzgl. ihrer Einstellungen, Haisch/Frey, 1984 Werte und Meinungen. Zu diesem Vergleich werden allerdings eher Personen herangezogen, die sich der Vergleichsperson ähneln. Das Gefühl der Fremdartigkeit kann demzufolge den sozialen Vergleich beeinträchtigen, v. a. dann, falls es mit Angst verbunden wird. Im Falle, dass Neugier und Interesse für das Fremde überwiegen, werden auch als fremdartig wahrgenommene Personen zu dem sozialen Vergleich herangezogen. Attributionstheorie Der Beobachter führt das Verhalten des Handelnden ausschließlich auf seine Jones/Nisbett, 1971 Persönlichkeit zurück und nicht auf situative Faktoren, die mit diesem Verhalten verbunden sind (Attributionsfehler). Auf Grund des Attributionsfehlers ist es schwer, die Ursachen des Verhaltens einer Person zu erklären, insb. falls diese aus einem anderen Kulturraum stammt. Das Gefühl der Fremdartigkeit entsteht auf Grund einer unterschiedlichen Wahrnehmung des Handelnden und des Beobachters. Im interkulturellen Kontext entstehen Attributionsfehler auf Grund von Stereotypen und Vorurteilen. Theorie der sozialen Das Individuum sieht sich einer sozialen Gruppe zugehörig. Andere Individuen Identität werden nach ihrer Zugehörigkeit zu derselben oder zu fremden Gruppen wahrgeTajfel, 1981 nommen und beurteilt. Das Gefühl der Fremdartigkeit entsteht auf Grund der Abgrenzung der eigenen Gruppe von den fremden und der anschließenden Zuordnung einer Person zu einer fremden Gruppe. Angehörige anderer Gruppen werden oft stereotypisierend bzw. diskriminierend beurteilt. Tab. 6: Erklärungsansätze der psychischen Distanz Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an Thomas, 1993, S. 257ff.; Kornmeier, 2002, S. 45ff.

Der Beitrag des Informationsverarbeitungsansatzes für die Forschung zur psychischen Distanz besteht insb. in einer näheren Betrachtung der individuellen Wahrnehmung und Beurteilung des ‚Fremden’. Da die meisten Fremdartigkeitsgefühle mit Unsicherheit und Bedrohung verbunden sind, streben Individuen nach deren Minderung. Demzufolge versuchen sie, sich von dem Fremden abzugrenzen (vgl. Müller/Kornmeier, 2002, S. 471), indem sie die wesentlichsten Unterschiede zwischen ‚selbst’ und ‚fremd’ identifizieren. Diese Identifikation erfolgt jedoch subjektiv, denn jedes Individuum nimmt die Realität anders wahr, was seine Ursachen in der selektiven Wahrnehmung hat. Demzufolge wählen die Individuen nur diejenigen Merkmale aus, die ihren Vorstellungen und Bedürfnissen entsprechen (vgl. KroeberRiel/Weinberg, 1996, S. 266f.).

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Wie bereits in der Beschreibung der Schematheorie erwähnt, greifen dabei die Individuen auf die in ihrer Wissensstruktur bereits existierenden Kategorien und Schemata zurück (vgl. Tab. 6). Wird kein passendes Schema in der Wissensstruktur gefunden, wird die neu kommende Information (z. B. die zu beurteilende Person) als fremd eingestuft. Dabei kann zusätzlich zwischen den Schemata ‚fremd’ und ‚untypisch fremd’ unterschieden werden, je nachdem, ob die zu beurteilende Person die Merkmale des typisch Fremden hat oder davon eher abweicht (vgl. Thomas, 1993, S. 264). Die in Kap. 2.1.1 erwähnte begrenzte Rationalität des Individuums hat zur Folge, dass neben den objektiven/rationellen Kriterien auch subjektive Faktoren die Wahrnehmung vom Fremden sowie dessen anschließende Beurteilung beeinflussen. Faktoren wie Zeitdruck, individuelle Motive oder auch Persönlichkeitsmerkmale üben somit einen Einfluss darauf aus, welche Informationen/Merkmale wahrgenommen und anschließend bewertet werden. Ausgehend von dieser subjektiven Psycho-Logik (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 292f.) wird bei der Beurteilung auf leicht zugängliche Schemata zurückgegriffen, was mit der Nutzung von kognitiven Heuristiken31 verbunden ist (vgl. Kornmeier, 2002, S. 52).

3.4.2 Minderung der psychischen Distanz Wie bereits angedeutet, empfinden Individuen Fremdartigkeitsgefühle meistens nicht als positiv, denn sie können neben kognitiven Dissonanzen auch soziale Probleme zur Folge haben, die nach Hellmann in der „Enttäuschung einer Erwartung Anderer“ (Hellmann, 1998, S. 423) liegen. Aus diesen Gründen versuchen sie, dieses Gefühl zu mindern, indem sie das Unbekannte bzw. Unvertraute bekannten Kategorien zuordnen (vgl. Boesch, 1996, S. 101f.). Auch wenn dieses Kategorisieren der Wirklichkeit nicht entsprechen muss, führt dies zu einem Gefühl von Sicherheit (vgl. ebenda, S. 101f.). Insb. dann, wenn das Individuum mit dem Fremden Interesse und Neugier verbindet, wird Lernen als Reaktion auf das Fremdartigkeitsgefühl ausgelöst. Im entgegen gesetzten Falle, d. h. falls mit dem Fremden eher Angst und Bedrohung verbunden werden, lehnen Individuen oft den Lernprozess völlig ab (vgl. Hellmann, 1998, S. 432f.). In Bezug auf die Internationalisierung von Unternehmen münden negative Fremdartigkeitsgefühle oft darin, dass die Entscheidungsträger ein Auslandsgeschäft ablehnen oder zumindest nicht aktiv aussuchen. Fremdartigkeitsgefühle, die von Interesse und Neugier begleitet werden, rufen wie gerade erwähnt einen Lernprozess hervor, der mit einem Kenntniserwerb über Auslandsmärkte verbunden ist. Während sich die meisten wissenschaftlichen Arbeiten zur psychischen Distanz ausschließlich ihrer Entstehung widmen, versuchen Nordström/Vahlne sowie Child/Ng/Wong Faktoren zu identifizieren, die zu ihrer Minderung beitragen (vgl. Norström/Vahlne, 1994, S. 46f.;

31

Unter kognitiven Heuristiken werden ‚Kurzschlüsse’ verstanden, welche die Beurteilung eines Objektes (z. B. einer Person, eines Landes) zwar vereinfachen, die in sich jedoch das Risiko einer Verzerrung der Beurteilung bergen. Zu den wichtigsten kognitiven Heuristiken sind u. a. die Verfügbarkeits-, Repräsentativitäts- oder Rekognitionsheuristik zu zählen (vgl. Müller/Kornmeier, 2002, S. 487ff.).

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Child/Ng/Wong, 2002, S. 49ff.). In diesem Zusammenhang sprechen Nordström/Vahlne über sog. ‚distance-bridging factors’, zu denen insb. Kenntniserwerb durch das Lernen über ausländische Märkte oder auch durch Fremdsprachentraining gehört (vgl. Nordström/Vahlne, 1994, S. 46f.). Das Lernen über Auslandsmärkte beruht nach den Autoren der Uppsala-Schule einerseits auf dem Erwerb von objektivem Wissen über die Länder (Informationen über Verbrauchergewohnheiten, Rechtssysteme, wirtschaftliche Situation etc.), andererseits auf dem Erwerb von Erfahrungswissen (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 28). Die Meinung, dass direkte Erfahrungen mit Auslandsmärkten zur Minderung von psychischer Distanz führen, vertreten zahlreiche Autoren (vgl. Nordström/Vahlne, 1994, S. 46f.; O’Grady/Lane, 1996, S. 321; Swift, 1999, S. 183; Evans/Treadgold/Mavondo, 2000, S. 387; Dow, 2000, S. 61; Child/Ng/Wong, 2002, S. 49f.). Nach Müller/Köglmayr sind direkte Erfahrungen mit Auslandsmärkten den objektiven Managercharakteristika zuzuordnen, die gemeinsam mit psychischer Distanz sowie mit weiteren Faktoren die Auslandsorientierung von Entscheidungsträgern prägen (vgl. Kap. 2.1.2.3). Somit stellten Müller/Köglmayr die Erfahrungen nicht in einen direkten Zusammenhang mit dem Konstrukt der psychischen Distanz, sondern sie untersuchten voneinander getrennt diese beiden Konstrukte als Indikatoren der Auslandsorientierung von Managern. Ähnlich gingen auch Klein/Roth vor, die in ihrer Arbeit ebenfalls psychische Distanz und Erfahrungen voneinander trennten und den Einfluss beider Variablen auf das Internationalisierungsverhalten von Unternehmen untersuchten (vgl. Klein/Roth, 1990, S. 28ff.). Erfahrungen mit Auslandsmärkten werden oft als ein Einflussfaktor der psychischen Distanz auf der Ebene des Individuums betrachtet, gemeinsam mit Alter, Ausbildung, Entsendungsbereitschaft und weiteren Charakteristika des Entscheidungsträgers (vgl. Fletcher/Bohn, 1998, S. 52; Swift, 1999, S. 183; Dow/Karunaratna, 2004, S. 6f.). Dow/Karunaratna sagen, dass diese individuellen Faktoren die „decision-maker’s sensitivity to psychic distance stimuli“ (Dow/Karunaratna, 2004, S. 7) beeinflussen. Ausgehend von Nordström/Vahlne betonen auch Child/Ng/Wong die Wichtigkeit der Erforschung von Faktoren zur Minderung von psychischer Distanz und ergänzen die von Nordström/Vahlne vorgeschlagenen ‚distance-bridging factors’ um ‚distance-compressing factors’ (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 49f.). Zu diesen sind Faktoren zu zählen, die durch die gesellschaftspolitische Entwicklung geprägt und demzufolge nicht von dem Unternehmen selbst beeinflussbar sind (vgl. Kap. 3.7). Im Zusammenhang mit ‚distance-bridging factors’ sprechen Child/Ng/Wong über die Initiative des Unternehmens, psychische Distanz zu überwinden (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 50). Sie unterscheiden dabei zwischen strategischen und operativen Faktoren. Die strategischen Faktoren beziehen sich nach Child/Ng/Wong insb. auf die Rolle des Entscheidungsträgers bei der Wahl eines Auslandsmarktes (Erfahrungen, Ausbildung etc.), die operativen dann auf die Führung eines Auslandsgeschäfts (Kooperation, Einstellung von lokalen Mitarbeitern, Kontrollmechanismen etc.) (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 50f.). 62

Müller/Köglmayr, Holzmüller/Kasper sowie Stöttinger/Schlegelmilch setzten sich mit der Frage auseinander, ob auch Faktoren, die nicht in einem direkten Zusammenhang mit dem Individuum stehen (wie dies bei Kenntnissen und Erfahrungen der Fall ist), die Minderung von psychischer Distanz zur Folge haben können, wie z. B. bestehende Kontakte zwischen zwei Ländern in der Wirtschaft, Politik oder Kultur. Sie sind dabei insb. der Frage nachgegangen, ob eine große Intensität des getätigten Außenhandels zwischen beiden Ländern eine niedrigere psychische Distanz zur Folge hat (vgl. Müller/Köglmayr, 1986, S. 792; Holzmüller/Kasper, 1990, S. 223; Stöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 363). Nach Müller/Köglmayr besteht „ein ausgeprägter gegenläufiger Zusammenhang zwischen der psychischen Distanz zu einem bestimmten Land und dem Volumen der mit diesem getätigten Exportgeschäfte“ (Müller/Köglmayr, 1986, S. 792). Holzmüller/Kasper konnten die Ergebnisse von Müller/Köglmayr am Beispiel Österreichs zwar generell bestätigen (vgl. Holzmüller/Kasper, 1990, S. 223), weisen allerdings darauf hin, dass österreichische Manager eine vergleichsweise höhere psychische Distanz gegenüber dem zweitgrößten Handelspartner Österreichs, Italien empfinden (vgl. ebenda, S. 224). Stöttinger/Schlegelmilch kamen in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass intensive Geschäftsbeziehungen zwischen zwei Ländern eine niedrige psychische Distanz nicht zur Folge haben (vgl. Stöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 363). So weisen bspw. US-amerikanische Manager eine niedrigere psychische Distanz gegenüber Deutschland auf als gegenüber Mexiko, mit dem intensivere Geschäftskontakte gepflegt werden (vgl. ebenda, S. 363). Wie bereits im Kap. 3.3 beschrieben, muss psychische Distanz als ein Konstrukt betrachtet werden, das ausschließlich mit der individuellen Wahrnehmung in Verbindung gesetzt wird. Demzufolge tragen intensive Kontakte zwischen zwei Ländern (bspw. in Form vom Außenhandel) nicht zwangsläufig zur Senkung der psychischen Distanz bei. Auch die von Child/Ng/Wong thematisierten ‚distance-compressing factors’ können die psychische Distanz gegenüber einem fremden Land allein nicht senken. Erst die Wahrnehmung des Individuums, die durch persönliche Einstellungen, Erfahrungen sowie Kenntnisse geprägt ist, bestimmt, in wie weit diese Aspekte (intensiver Außenhandel, rege politische Kontakte etc.) die empfundene Fremdartigkeit gegenüber einem fremden Land beeinflussen können. Trotz der Tatsache, dass die Handelsbeziehungen zwischen Sachsen/Deutschland und Tschechien sehr intensiv sind,32 herrschen im sächsisch-tschechischen Grenzraum zahlreiche Vorurteile über das jeweilige Nachbarland. Die Bewohner des Grenzgebiets sind dem Nachbarn gegenüber sehr kritisch, was als Konsequenz der historischen Probleme sowie der Mentalitäts- und Wirtschaftsunterschiede angesehen werden kann (vgl. Kap. 6). Allein durch intensive Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern können die individuell empfundenen Fremdartigkeitsgefühle nicht gesenkt werden. 32

Deutschland ist mit Abstand der größte Handelspartner Tschechiens. 31,6 % des tschechischen Exports gingen im Jahr 2005 nach Deutschland (vgl. o. V., 2006).

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Durch das Aufzeigen der inkonsistenten Ergebnisse der einschlägigen Forschung soll an dieser Stelle nochmals die Notwendigkeit betont werden, bei der Erforschung des Konstrukts der psychischen Distanz anstatt tatsächlichem Verhalten die Verhaltensabsicht in Betracht zu ziehen. Trotz hoher Vertrautheit mit einem Auslandsmarkt kann ein Auslandsgeschäft auf Grund situativer Faktoren scheitern, während ein anderes mit einem fremdartig empfundenen Land bspw. auf Grund hoher Gewinnaussichten realisiert wird. In die Betrachtung der Problematik der Minderung von psychischer Distanz soll aus diesem Grund ausschließlich die subjektive Wahrnehmung der objektiven Länderunterschiede sowie deren Konsequenzen einbezogen werden, auf die Erfassung objektiver Differenzen und deren anschließende Übertragung auf die individuelle Ebene soll verzichtet werden.

3.5

Konzeptualisierung und Messung der psychischen Distanz

3.5.1 Wahrgenommene Unsicherheit Die erste, am wenigsten vertretene und zugleich am wenigsten theoretisch fundierte Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz ist die wahrgenommene Unsicherheit. So definieren bspw. Kogut/Singh psychische Distanz als „the degree to which a firm is uncertain of the characteristics of a foreign market“ (Kogut/Singh, 1988, S. 413). Nach Kogut/Singh resultiert diese Unsicherheit aus den Differenzen zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt (vgl. Kogut/Singh, 1988, S. 413). Ähnlich wie Kogut/Singh verbinden auch O’Grady/Lane psychische Distanz mit Unsicherheit: „Psychic distance is defined […] as a firm’s degree of uncertainty about a foreign market resulting from cultural differences and other business difficulties that present barriers to learning about the market and operating there” (O’Grady/Lane, 1996, S. 330). Diese Autoren operationalisieren das Konstrukt der wahrgenommenen Unsicherheit allerdings mit Hilfe von wahrgenommenen Unterschieden zwischen zwei Ländern. Während O’Grady/Lane dabei versuchen, zumindest auf das Individuum und seine Wahrnehmung einzugehen, bleiben Kogut/Singh auf der nationalen Ebene. Ausgehend von Hofstede’s Kulturdimensionen entwickeln sie einen Index der kulturellen Distanz,33 mit dessen Hilfe sie die Unterschiede zwischen zwei Ländern berechnen (vgl. Kogut/Singh, 1988, S. 422). Vorwiegend kulturelle Differenzen zwischen Ländern werden ebenfalls in der Arbeit von O’Grady/Lane hervorgehoben, die jedoch betonen, „that psychic distance is a larger, more encompassing concept than simply cultural difference“ (O’Grady/Lane, 1996, S. 328). Clark/Pugh sehen psychische Distanz „ [as a] result of lack of information and experiencedbased knowledge“ (Clark/Pugh, 2001, S. 288). In ihrem International Priority Index betrachten sie einerseits die kulturelle Distanz, andererseits den Wohlstand (affluence) als Indikatoren der wahrgenommenen Unsicherheit (vgl. ebenda, S. 292f.). Der Wohlstand wurde in dieser Studie mit Hilfe des BIP, die kulturelle Distanz mit Hilfe von Kulturclustern nach 33

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Kogut/Singh betrachten psychische und kulturelle Distanz als Synonyme (vgl. Kogut/Singh, 1988, S. 430).

Ronen/Shenkar ermittelt (vgl. Clark/Pugh, 2001, S. 296). Die Ergebnisse der Untersuchung von Clark/Pugh bezweifeln zwar nicht die Bedeutung von kulturellen Faktoren (und dementsprechend auch der psychischen Distanz – nach dem Verständnis von Clark/Pugh), betonen jedoch, dass geographische Distanz sowie Marktpotential einen wesentlich größeren Einfluss auf den Internationalisierungsprozess ausüben (vgl. Clark/Pugh, 2001, S. 299f.). Die wohl am meisten auf individuelle Wahrnehmung ausgerichtete Arbeit aus dieser Kategorie ist die Studie von Child/Ng/Wong. Nach Child/Ng/Wong entsteht die wahrgenommene Unsicherheit auf Grund von sog. ‚distance-creating factors’ (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 49f.). Dabei nennen die Autoren Kultur, Entwicklungsstand, Ausbildungsniveau, Technologiestand, geographische Distanz, politische und soziale Stabilität, Korruption und Transparenz als Faktoren, die zur Entstehung des Unsicherheitsgefühls beitragen (ebenda, S. 49). Child/Ng/Wong sprechen in diesem Zusammenhang nicht davon, wie sich diese Faktoren von denen des Heimatmarktes unterscheiden, sondern wie diese absolut wahrgenommen werden. Die tatsächliche Einbeziehung der Persönlichkeit des Entscheidungsträgers und seiner Wahrnehmung erfolgt bei Child/Ng/Wong erst bei der Betrachtung von ‚distance-bridging factors’ (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 50ff.), die nach ihrer Meinung zur Senkung der psychischen Distanz beitragen (vgl. Kap. 3.4.2). Die Faktoren, welche die Entstehung von psychischer Distanz zufolge haben (‚distance-creating factors’) lassen sich nach Child/Ng/Wong mit objektiven Charakteristika erfassen (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 52), während insb. zur Messung von ‚distance-bridging factors’ die Charakteristika des Entscheidungsträgers (dessen Umfeld und Persönlichkeit) herangezogen werden müssen (vgl. ebenda, S. 52f.). Die wahrgenommene Unsicherheit kann nach Child/Ng/Wong sowie nach O’Grady/Lane insb. durch direkte Erfahrungen mit Auslandsmärkten gesenkt werden (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 50; O’Grady/Lane, 1996, S. 321). Im Zusammenhang mit dem Verständnis des Konstrukts der psychischen Distanz als wahrgenommenes Unsicherheitsgefühl entwickelte sich in der einschlägigen Literatur eine Diskussion darüber, ob wahrgenommene Unsicherheit psychische Distanz ersetzen kann. Während einige Autoren Unsicherheitsgefühle als Konsequenz von psychischer Distanz sehen (vgl. Mayrhofer, 2004, S. 83), sind andere davon überzeugt, dass wahrgenommene Unsicherheit der psychischen Distanz vorgelagert ist (vgl. bspw. Kornmeier, 2002, S. 41). Evans/Mavondo/Treadgold weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Ersetzung des Distanzkonzeptes durch Unsicherheit falsch ist: „Distance relates to similarity or difference in regard to the degree or amount of separation between two points. In contrast, uncertainty refers to a lack of sureness about something and ranges from a minor lack of certainty to a complete lack of knowledge“ (Evans/Mavondo/Treadgold, 2000, S. 377). Die Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz an Hand von wahrgenommener Unsicherheit ist, wie bereits erwähnt, nicht häufig. Außerdem fehlt es bei den Autoren an Konsequenz zwischen der Konzeptualisierung und der anschließenden Operationalisierung dieses Konstrukts, denn die wahrgenommene Unsicherheit wird in der Tat oft als Grad der 65

wahrgenommenen Ähnlichkeit oder Differenz in unterschiedlichen Merkmalen operationalisiert (vgl. Evans/Mavondo/Treadgold, 2000, S. 377). Trotz der Tatsache, dass wahrgenommene Unsicherheit für die Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz ungeeignet ist, darf sie nicht in der vorliegenden Arbeit ganz außer Acht gelassen werden. Der Grund dafür besteht insb. darin, dass psychische Distanz gegenüber einem fremden Land als subjektive Interpretation der wahrgenommenen Länderunterschiede definiert wurde (vgl. Kap. 3.3). Bei dieser Interpretation ziehen die Individuen die empfundenen Konsequenzen der wahrgenommenen Differenzen für ihre Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Land in Betracht, die mit Unsicherheitsgefühlen verbunden werden können. Im Falle dieser Arbeit können solche Unsicherheitsgefühle bspw. auf Grund großer wahrgenommener Unterschiede in technischen Vorschriften und der daraus resultierenden Befürchtung bzgl. hoher Anpassungskosten entstehen.

3.5.2 Wahrgenommene Unterschiede Wahrgenommene Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt stellen die häufigste Art und Weise der Abgrenzung des Begriffs psychische Distanz dar. Allerdings erfolgt auch in einigen der Arbeiten, in denen das Konstrukt der psychischen Distanz an Hand von wahrgenommenen Unterschieden definiert wird, eine Operationalisierung mit Hilfe von objektiven Differenzen zwischen den beiden Ländern (vgl. bspw. Zhu/Yang, 2004, S. 28). Die erste Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz an Hand wahrgenommener Unterschiede erfolgte durch die Arbeit von Klein/Roth (vgl. Klein/Roth, 1990). Ähnlich wie Klein/Roth gingen auch Kim/Hwang (1992), Shoham/Albaum (1995), Bello/Gilliland (1997), Swift (1999), Evans/Mavondo (2000), Sousa/Bradley (2004) oder Evans/Bridson (2005) vor. Zur Messung wahrgenommener Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt verwenden die meisten Autoren fünf- bzw. siebenstufige Skalen, mit deren Hilfe sie versuchen, die Wahrnehmung verschiedener Aspekte eines Auslandsmarktes im Vergleich zu denen des Heimatmarktes zu erfassen. Wie bereits erwähnt, war die erste Forschungsarbeit, in der wahrgenommene Unterschiede in den Vordergrund gestellt wurden, die Studie von Klein/Roth (vgl. Klein/Roth, 1990, S. 33f.). Ausgehend von den Erkenntnissen von Johanson/Vahlne untersuchten diese Autoren wahrgenommene Unterschiede in insgesamt fünf Aspekten (language, accepted business practices, economic environment, legal system, communications infrastructure) (vgl. Klein/Roth, 1990, S. 33f.). Dabei sollten die Probanden auf einer siebenstufigen Skala diese Aspekte des Auslandsmarktes mit denjenigen des Heimatmarktes (Kanada) von ‚very similar’ bis ‚very different’ vergleichen. In ihrer Untersuchung konnten Klein/Roth die Hypothese der sinkenden Bereitschaft zur Integration in Auslandsmärkte (z. B. durch Gründung einer Tochtergesellschaft) bei steigender psychischer Distanz zwar bestätigen, allerdings nur für Unternehmen mit niedriger ‚asset specificity’ (vgl. Klein/Roth, 1990, S. 36).

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Kim/Hwang verwenden in ihrer Arbeit nicht den Begriff psychische Distanz, sondern ‚location unfamiliarity’, definieren diesen jedoch als wahrgenommene Distanz zwischen dem Heimat- und Auslandsmarkt (vgl. Kim/Hwang, 1992, S. 35f.). Bei ihrer Untersuchung zur Wahl der Markteintrittsstrategie konzentrieren sie sich neben dem (unternehmensbezogenen) Erfahrungswissen mit demjenigen Land auf Unterschiede in Kultur, politischen Systemen und wirtschaftlichen Bedingungen (vgl. ebenda, S. 40). Die wahrgenommenen Unterschiede wurden mit Hilfe einer siebenstufigen Skala gemessen (vgl. ebenda, S. 39). Am Beispiel USamerikanischer MNC konnten Kim/Hwang zeigen, dass eine Strategie der Gründung einer Tochtergesellschaft bzw. eines JV verfolgt wird, falls die Manager lediglich kleine Unterschiede zwischen ihrem Heimatmarkt und einem bestimmten Auslandsmarkt, d. h. eine niedrige psychische Distanz empfinden (vgl. Kim/Hwang, 1992, S. 45). Von wahrgenommener Unähnlichkeit gingen Shoham/Albaum aus, die psychische Distanz der kulturellen gleichsetzen (vgl. Shoham/Albaum, 1995, S. 87). In ihrer Untersuchung zu Exportbarrieren befragten sie Manager dänischer Exportunternehmen. Auf einer fünfstufigen Skala sollten die Befragten in Bezug auf ihren wichtigsten Auslandsmarkt die wahrgenommene Ähnlichkeit mit Dänemark beurteilen. Die Differenzen, die sich neben Kultur auf Wirtschafts- und Rechtsklima bezogen, sollten von ‚very different’ bis ‚not at all different’ bewertet werden (vgl. ebenda, S. 91). Shoham/Albaum konnten in ihrer Studie die Hypothese bestätigen, dass ein positiver Zusammenhang zwischen der psychischen Distanz und der wahrgenommenen Wichtigkeit von Exportbarrieren besteht (vgl. Shoham/Albaum, 1995, S. 95). Psychische Distanz ist nach der Meinung von Shoham/Albaum sogar der stärkste Indikator von wahrgenommener Wichtigkeit von Exportbarrieren (vgl. Shoham/Albaum, 1995, S. 96). Ausgehend von Klein/Roth untersuchten auch Bello/Gilliland mit Hilfe einer siebenstufigen Skala die wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimat- und dem Auslandsmarkt (vgl. Bello/Gilliland, 1997, S. 30f.). Im Mittelpunkt ihrer Untersuchung stand die Frage, wie wahrgenommene Unterschiede zwischen Ländern die Leistungskontrolle ausländischer Distributionsfirmen beeinflussen. Sie kamen zum Ergebnis, dass eine hohe psychische Distanz eine niedrige Nutzung von Leistungskontrolle zur Folge hat, denn große (wahrgenommene) Unterschiede in Sprache, Kultur sowie Sitten und Werten werden mit Schwierigkeiten bei der Durchführung einer Kontrolle verbunden (vgl. Bello/Gilliland, 1997, S. 33f.). Bello/Gilliland stellten allerdings nicht eine Skala mit wahrgenommenen Unterschieden auf, sondern eine siebenstufige Skala, in der die einzelnen Aspekte von ‚no problem’ bis ‚major problem’ bewertet wurden (vgl. Bello/Gilliland, 1997, S. 31). Swift untersuchte in seiner Arbeit, in welchem Zusammenhang die kulturelle Ähnlichkeit und Affinität für diejenige Kultur stehen (vgl. Swift, 1999, S. 182ff.). Mit einer fünfstufigen Skala sollten die Probanden einzelne Aspekte der Kultur34 bewerten, je nachdem, wie sich diese vom Heimatmarkt unterscheiden (von ‚totally different’ bis ‚no difference’) (vgl. ebenda, 34

Swift untersuchte insgesamt 25 Aspekte der Kultur, u. a. religion, food and drink, politics, education, family, ethics oder historical tradition (vgl. Swift, 1999, S. 188).

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S. 190). Swift konnte feststellen, dass die wahrgenommene kulturelle Ähnlichkeit der Märkte zu einer höheren Affinität zu demjenigen Markt beiträgt (vgl. Swift, 1999, S. 196). Aus den 2000er Jahren sind zu dieser Kategorie (psychische Distanz als wahrgenommene Unterschiede) insgesamt vier Arbeiten zu zählen. Die erste Auffassung der psychischen Distanz stammt von Evans/Mavondo, deren Meinung nach sich hinter dem Konstrukt der psychischen Distanz die wahrgenommenen Unterschiede in Wirtschaft und Kultur verbergen (vgl. Evans/Mavondo, 2002, S. 517). An Hand einer siebenstufigen Skala (von ‚totally the same to’ bis ‚totally different’) bewerteten die Probanden insgesamt fünf Items der wirtschaftlichen Distanz. Die Grundlage für die Messung von wahrgenommenen kulturellen Unterschieden stellten die Kulturdimensionen von Hofstede dar (vgl. ebenda, S. 519f.). Zu den wahrgenommenen Unterschieden in der Wirtschaft (‚business distance’) zogen Evans/Mavondo folgende Faktoren heran: legal and political environment, economic environment, market structure, business practices und language (vgl. Evans/Mavondo, 2002, S. 522). Sie konnten lediglich Teilhypothesen in Bezug auf den Einfluss der Unterschiede im wirtschaftlichen Umfeld sowie Unterschiede in der Sprache auf die Unternehmensleistung bestätigen. Denen zufolge tragen große (wahrgenommene) Differenzen im wirtschaftlichen Umfeld und Sprache zwischen dem Heimat- und dem Auslandsmarkt zu einer höheren Unternehmensleistung im Ausland bei (vgl. Evans/Mavondo, 2002, S. 528).35 Die gleiche Operationalisierung verwendeten auch Evans/Bridson in ihrer Studie zum Einfluss von psychischer Distanz auf die Adaptation des Einzelhandelangebotes (vgl. Evans/ Bridson, 2005, S. 73). Sie kamen zum Ergebnis, dass mit steigender psychischer Distanz auch der Adaptationsgrad steigt. Bei einer Zerlegung dieser Hypothese in Teilhypothesen fanden Evans/Bridson allerdings lediglich Unterschiede in Geschäftspraktiken, Sprache und Marktstruktur signifikant. Für Unterschiede in der Nationalkultur konnte überraschend keine Unterstützung gefunden werden (vgl. Evans/Bridson, 2005, S. 75). Den Einfluss der psychischen Distanz auf die Adaptation des gesamten Marketing Mixes untersuchten Sousa/Bradley (vgl. Sousa/Bradley, 2005, S. 45ff.). Nach den Ergebnissen ihrer Studie besteht ein positiver Zusammenhang zwischen psychischer Distanz und der Produkt-, Preis-, Kommunikations- sowie Distributionsadaptation (vgl. ebenda, S. 51f.). Bei ihrer Untersuchung gingen Sousa/Bradley von der Konzeptualisierung und Operationalisierung der psychischen Distanz in ihrer eigenen Studie aus dem Jahr 2004 aus. Unter psychischer Distanz ist nach ihrer Meinung die Wahrnehmung von Unterschieden in climatic conditions, purchasing power of customers, life styles, consumer preferences, level of literacy and education, language, cultural values, beliefs, attitudes and traditions zu verstehen (vgl. Sousa/Bradley, 2004, S. 96). Diese Items wurden auf einer fünfstufigen Skala (von ‚very similar’ bis ‚very different’) bewertet (vgl. Sousa/Bradley, 2005, S. 49).

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Mehr zu einem möglichen positiven Zusammenhang zwischen psychischer Distanz und der Unternehmensleistung vgl. Kap. 3.6.

Die Tab. 7 fasst die einzelnen Aspekte, die in den Arbeiten zu wahrgenommenen Unterschieden untersucht werden, überblicksartig zusammen. Wahrg.Unterschiede in: Sprache Wirtschaft Politik, Wirtschaftspraktiken Ausbildung Recht Autor(en), Jahr: Klein/Roth, 1990 X X X X Kim/Hwong, 1992 X X Shoham/Albaum, 1995 X X Bello/Gilliland, 1997 X Swift, 1999 X X X X X Evans/Mavondo, 2002 X X X X Sousa/Bradley, 2004 X X X Evans/Bridson, 2005 X X X X Sousa/Bradley, 2005 X X X Tab. 7: Übersicht der untersuchten Aspekte der wahrgenommenen Länderunterschiede Quelle: eigene Darstellung (zusammengestellt aus den in der Tabelle angeführten Arbeiten)

Kultur X X X X X X

Der Übergang von objektiven zu wahrgenommenen Unterschieden bei der Messung von psychischer Distanz stellte am Anfang der 1990er Jahre einen wesentlichen Schritt auf diesem Forschungsgebiet dar. Allerdings ist fraglich, ob mit Hilfe von wahrgenommenen Unterschieden die Fremdartigkeitsgefühle tatsächlich erfasst werden können. Wie in Kap. 4.1 dieser Arbeit ausführlich beschrieben, stellen die wahrgenommenen Unterschiede lediglich eine Basis für die Entstehung von psychischer Distanz dar und sind dementsprechend der psychischen Distanz vorgelagert (dazu vgl. auch Kornmeier, 2002, S. 94). Auch wenn es sich bei wahrgenommenen Unterschieden nur um einen Indikator der psychischen Distanz handelt, sind diese Differenzen für die Forschung zur psychischen Distanz besonders bedeutend. Der Forschungsbedarf besteht dabei insb. in der Identifikation der relevanten Unterschiede, die im Falle der Überlegung über eine potentielle Auseinandersetzung mit Auslandsmärkten die Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen zur Folge haben können. Die meisten von den in der Tab. 7 angeführten Länderunterschieden sind auch im Falle der Ermittlung von psychischer Distanz sächsischer Unternehmer zu Tschechien sowie tschechischer Unternehmer zu Sachsen relevant. Zwar ähneln sich beide Länder in vielen Aspekten (EU-Mitgliedschaft, Zugehörigkeit zur ‚westlichen’ Kultur, Ausbildungsniveau), große Differenzen bestehen jedoch insb. in der Landessprache sowie im Entwicklungsstand. Gerade durch die Sprachbarriere sowie durch die Unterschiede im Entwicklungsstand beider Länder können in der Wahrnehmung der Individuen auch die anderen Aspekte (politischrechtliche Bedingungen, Wirtschaftspraktiken etc.) als unterschiedlich zum Heimatland beurteilt werden. Aus diesem Grund sollen in die empirische Phase des vorliegenden Forschungsvorhabens alle in der Tab. 7 angeführten Aspekte integriert werden (vgl. Anhang 2). Das qualitative Forschungsdesign ermöglicht außerdem auch eine Einbeziehung anderer in der Forschung zur psychischen Distanz bis dato noch nicht untersuchten Faktoren.

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3.5.3 Wahrgenommene Nähe/Distanz Wie bereits in Kap. 3.2 erwähnt, konzentrieren sich die Autoren der Uppsala-Schule seit Anfang der 1990er Jahre auf die Konzeptualisierung und Operationalisierung des Konstrukts der psychischen Distanz an Hand von mehr subjektiv geprägten Faktoren. Die individuelle Wahrnehmung anderer Länder stellte Nordström in seiner Arbeit in den Vordergrund (vgl. Nordström, 1991, S. 115). Im Vergleich zu den ursprünglichen Forschungsarbeiten der Uppsala-Schule aus den 1970er Jahren kann bei Nordströms Arbeit zwar vom Übergang von der Unternehmens- zur Individualebene gesprochen werden, im Vergleich zu den Arbeiten von Dichtl et al. bzw. Kornmeier berücksichtigte er das Individuum jedoch noch unzureichend. Nordström befragte schwedische Manager nach ihrer psychischen Distanz gegenüber insgesamt 22 Ländern, indem das nächste Land zu Schweden mit 0 bewertet werden sollte (‚country perceived to be closest to Sweden’), das am meisten entfernte Land mit 100 (‚country perceived to be most remote from Sweden’). Anschließend berechnete Nordström die durchschnittliche psychische Distanz (Index der psychischen Distanz) und bildete eine Länderreihenfolge, welche die psychische Distanz Schwedens gegenüber den ausgewählten Ländern widerspiegelte. Dabei nahmen die skandinavischen Länder Norwegen, Dänemark und Finnland die ersten Plätze ein, während südamerikanische Länder Argentinien und Chile die Reihenfolge abschlossen (vgl. Nordström, 1991, S. 116). Anschließend verglich Nordström diese Reihenfolge mit dem ‚Mean Establishment Rank (MR)’, d. h. der durchschnittlichen Reihenfolge des Eintritts schwedischer Unternehmen in diese Auslandsmärkte. Zwar belegte Norwegen den ersten Platz auch bei der Reihenfolge nach dem MR, bei den anderen Ländern war die Abfolge allerdings anders: auf dem 2. und 3. Platz waren Großbritannien bzw. Deutschland, während Dänemark und Finnland erst die Plätze 5 und 6 belegten (vgl. ebenda, S. 148). Psychische Distanz war nicht das einzige Konstrukt, welches Nordström in seine Untersuchung einbezog, denn er betrachtete psychische Distanz lediglich als eine der Gastlandcharakteristika, gemeinsam mit dem Marktpotential und spezifischen lokalen Vorteilen. Psychische Distanz erklärt nach Nordströms Berechnungen 22 % der Varianz des MR und wird dadurch zu wichtigen Variablen des Internationalisierungsverhaltens von Unternehmen (vgl. Nordström, 1991, S. 149). Ausgehend von Nordström konzeptualisierten auch Dow oder Hassel/Cunningham die psychische Distanz als wahrgenommene Nähe/Distanz (vgl. Dow, 2000, S. 55f.; Hassel/Cunningham, 2004, S. 86f.). Während Hassel/Cunningham bei der Messung den Index der psychischen Distanz von Nordström völlig übernahmen,36 sollten die Probanden in der Untersuchung von Dow ausgewählte Länder auf eine zehnstufige Skala eintragen. Ähnlich wie bei Nordström zeigte sich auch bei Dow, dass durch psychische Distanz das Internationalisie-

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Hassel/Cunningham addierten in ihrer Untersuchung die von Nordström ermittelten Indizes der psychischen Distanz jeweils um den Index der psychischen Distanz Schwedens zu Finnland (8,5), um die psychische Distanz Finnlands zu anderen Ländern ermitteln zu können (vgl. Hassel/Cunningham, 2004, S. 86f.).

rungsverhalten von Firmen nicht eindeutig erklärt werden kann. Zwar weisen die australischen Befragten die niedrigste psychische Distanz gegenüber Neuseeland auf, das zugleich am häufigsten als Auslandsmarkt erschlossen wird, bei anderen Ländern unterscheidet sich jedoch die Reihenfolge wesentlich. Trotz der Tatsache, dass Großbritannien als psychisch sehr nah empfunden wird (2. Platz), nimmt dieses Land in Bezug auf den Markteintritt australischer Unternehmen erst den 7. Platz ein (vgl. Dow, 2000, S. 56). Dow weist in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass bei steigenden Erfahrungen der Einfluss der psychischen Distanz auf das Entscheidungsverhalten der Manager bzgl. des Auslandsengagements sinkt, spricht dabei allerdings nicht darüber, dass dadurch auch die psychische Distanz selbst sinken würde. Außerdem konnte er feststellen, dass der Einfluss von Erfahrungen lediglich zwischen der ersten und zweiten Markteintrittsentscheidung signifikant ist (vgl. Dow, 2000, S. 61f.). „These results support the position taken by previous researchers, such as Cavusgil (1980), who characterizes the first foreign market entry as a unique and discrete stage in the internationalization process” (ebenda, S. 62). Die Vorgehensweise beider Untersuchungen unterschied sich nur in wenigen Aspekten. Neben der bereits erwähnten zehnstufigen Skala bei Dow und dem Index der psychischen Distanz bei Nordström befragte Dow keine Manager, sondern er führte eine Expertenbefragung unter ‚senior trade commissioners’ der australischen Handelsorganisation Austrade durch (vgl. Dow, 2000, S. 55f.). Ähnlich wie Nordström informierte auch Dow zuerst die Befragten in einem Vortrag, was unter psychischer Distanz zu verstehen ist. In diesem Zusammenhang weist Kornmeier allerdings auf das Risiko möglicher Missverständnisse bei der Durchführung der Befragung hin, denn sowohl bei Nordström als auch bei Dow fehlte eine Beschreibung des Inhalts dieses Vortrags (vgl. Kornmeier, 2002, S. 94). Der Ansatz von Nordström stellt zwar einen wichtigen Schritt in der Entwicklung der Forschung zur psychischen Distanz dar, weist zugleich jedoch auch einige Schwächen auf. Nordström geht bei seinen Überlegungen von der Annahme aus, dass ein linearer Zusammenhang zwischen der individuellen Distanzwahrnehmung und ihrem Einfluss auf das Internationalisierungsverhalten des Unternehmens existiert (vgl. Langhoff, 1997, S. 143). So fasste er die individuellen Werte (Ebene: Individuum) zu durchschnittlichen zusammen und präsentierte diese als psychische Distanz Schwedens zu anderen Ländern (Ebene: Land). Anschließend versuchte er dadurch das Internationalisierungsverhalten von schwedischen Unternehmen zu erklären (Ebene: Unternehmen), indem er die durchschnittlichen Werte der psychischen Distanz mit dem ‚Mean Establishment Rank’ verglich. Dem Ansatz von Nordström kann weiterhin vorgeworfen werden, dass mit dessen Hilfe nicht festgestellt werden kann, was sich hinter diesem Konstrukt konkret verbirgt, d. h. welche Indikatoren der psychischen Distanz besonders relevant sind. Falls die befragten Manager lediglich eine Reihenfolge ausgewählter Länder aufstellen, wären die Hintergründe dieser Reihenfolge näher zu untersuchen, insb. in Bezug auf die Bedeutung von persönlichen Erfah-

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rungen und Kenntnissen, geographischer Entfernung, kultureller Ähnlichkeit, Intensität der Handelsbeziehungen mit demjenigen Land sowie weiteren Faktoren. Von wahrgenommener Distanz gehen ebenfalls Fletcher/Bohn aus, die psychische Distanz wie folgt definieren: „Psychic distance is a matter of perception – it is a distance in the minds of individuals and the perceived distance depends on the way the individual sees the world“ (Fletcher/Bohn, 1998, S. 49). Auch wenn diese Autoren die individuelle Wahrnehmung betonen, ersetzen sie anschließend die psychische Distanz durch kulturelle Unterschiede zwischen Ländern und messen diese an Hand von Kulturdimensionen nach Hofstede (vgl. Fletcher/ Bohn, 1998, S. 54f.).

3.5.4 Wahrgenommene Fremdartigkeit Die Konzeptualisierung der psychischen Distanz als wahrgenommene Fremdartigkeit ist für die vorliegende Arbeit besonders relevant, da sie von den in Kap. 3.5.1 bis 3.5.3 beschriebenen Möglichkeiten der Konzeptualisierung am meisten auf die individuelle Wahrnehmung ausgerichtet ist. Die Konzeptualisierung der psychischen Distanz als wahrgenommene Fremdartigkeit wird den Autoren der Mannheimer Schule zugeschrieben. Insb. Müller/Köglmayr beschäftigten sich mit der Frage, ob „aus der wahrgenommenen Fremdartigkeit ausländischer Märkte ein Widerstand erwächst, der den Handel nicht minder beeinträchtigt als etwa bürokratische Erschwernisse oder Informationsdefizite“ (Müller/Köglmayr, 1986, S. 789). Mit Hilfe von kognitiven Landkarten untersuchten Müller/Köglmayr (1986) sowie Müller (1991) die subjektiven Fremdartigkeitsgefühle gegenüber anderen Ländern. Der von Müller/Köglmayr entwickelte verhaltenswissenschaftliche Messansatz ist der Abb. 9 zu entnehmen. An Hand von konzentrischen Kreisen versuchten diese Autoren, die subjektive Wahrnehmung ausgewählter Länder zu erfassen. Dabei stand das Heimatland Deutschland in der Mitte, die anderen Länder sollten je nachdem positioniert werden, wie vertraut/fremdartig sie empfunden werden.

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D

Abb. 9: Ansatz zur Messung von psychischer Distanz nach Müller/Köglmayr Quelle: Müller/Köglmayr, 1986, S. 791

Der Messansatz der konzentrischen Kreise geht nach Münkler/Ladwig davon aus, dass „der leibgebundene oder leibnahe Ort des Eigenen zugleich ein bedeutungsvoller Raum der Vertrautheit war. […] Das vertraute Eigene bildete das Zentrum der Welt; der Grad der Fremdheit war eine Funktion des Abstands von diesem Zentrum“ (Münkler/Ladwig, 1998, S. 13). Obwohl der Ansatz von Müller/Köglmayr als einer der wenigen Ansätze der psychischen Distanz das Individuum und seine Wahrnehmung in den Vordergrund stellt, weist er einige Schwächen auf. Das erste Problem bezieht sich auf die Positionierung eines Referenzfalls in der kognitiven Landkarte. Müller/Köglmayr trugen die Niederlande auf den nächsten Kreis zu Deutschland ein, um den Probanden Hilfestellung zu leisten. Ähnlich ging auch Müller vor, der im Falle seiner Untersuchung bspw. Japan als Ankerpunkt für Südkorea oder Deutschland für Österreich festlegte (vgl. Müller, 1991, S. 167). Dadurch konnte allerdings die Vorgehensweise bei der Positionierung beeinflusst werden, indem die Probanden das geographische Kriterium in die Betrachtung der wahrgenommenen Fremdartigkeit überproportional mit einbeziehen konnten. Wie nicht nur die Arbeit von Müller/Köglmayr sondern auch die Studie von Stöttinger/Schlegelmilch belegen, hängt psychische Distanz mit der geographischen nicht zusammen (vgl. Stöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 363). Ausgehend von dem ersten Kritikpunkt ist fraglich, welche Merkmale bei der Bewertung des Fremdartigkeitsgefühls die Probanden in Betracht zogen. Mit Hilfe des Messansatzes von Müller/Köglmayr kann zwar eine Reihenfolge der Länder erstellt werden, je nachdem wie fremdartig diese erlebt werden, eine tiefere Analyse der Gründe einer solchen Positionierung ist jedoch notwendig. In diesem Zusammenhang weist Langhoff darauf hin, dass dieser Messansatz nicht für interkulturelle Vergleiche geeignet ist, denn unterschiedliche, allerdings adäquate Referenzfälle wären notwendig. Demzufolge sei dieser Ansatz lediglich zum Vergleich des Fremdartigkeitsgefühls der Manager innerhalb eines Landes geeignet (vgl. Lang73

hoff, 1997, S. 142). Der letzte Kritikpunkt bezieht sich auf die Übertragung der auf individueller Ebene erfassten Werte auf die Ebene des Unternehmens. Müller/Köglmayr untersuchten nämlich den Einfluss der psychischen Distanz auf das Exportverhalten des Unternehmens, gemessen am Exportvolumen (vgl. Müller/Köglmayr, 1986, S. 792). Ausgehend von der Konzeptualisierung der psychischen Distanz als wahrgenommene Fremdartigkeit von Müller/Köglmayr bezogen auch andere Autoren die individuelle Wahrnehmung in die Messung von psychischer Distanz ein. So untersuchten bspw. Holzmüller/Kasper die wahrgenommene Fremdartigkeit österreichischer Manager gegenüber Auslandsmärkten mit Hilfe von konzentrischen Kreisen und konnten feststellen, dass sie eine niedrigere psychische Distanz gegenüber Ländern empfinden, mit denen Österreich ein großes Exportvolumen tätigt (vgl. Holzmüller/Kasper, 1990, S. 223).37 Auch dieser Studie kann vorgeworfen werden, dass sie die persönlichen Einstellungen mit dem tatsächlichen Exportvolumen des gesamten Landes vergleicht. Psychische Distanz als wahrgenommene Fremdartigkeit zu Auslandsmärkten untersuchte weiterhin Eisele, der sich mit der Frage des Einflusses der psychischen Distanz auf den Erfolg von Joint Venture auseinandersetzte (vgl. Eisele, 1995, S. 118ff.). Er definiert psychische Distanz zwar als wahrgenommene Fremdartigkeit, der Messansatz von Müller/Köglmayr schien ihm jedoch zum Zwecke seiner Untersuchung zu komplex, so dass er zur Messung von psychischer Distanz lediglich kulturelle Unterschiede heranzog (vgl. ebenda, S. 119f.). Den Ergebnissen seiner Studie zufolge empfiehlt Eisele die Gründung eines JV eher in dem Falle, in dem sich die Länder „hinsichtlich Sprache, Kultur, Verbraucherverhalten, Rechtsnormen, Kaufkraft, Verhandlungspraktiken etc.“ (Eisele, 1995, S. 136) nicht wesentlich voneinander unterscheiden. Eisele spricht in diesem Zusammenhang zwar über psychische Distanz, zieht jedoch lediglich Unterschiede in der Nationalkultur in Betracht. Im Jahr 1998 veröffentlichen Stöttinger/Schlegelmilch eine Studie zum Einfluss der psychischen Distanz auf das Exportverhalten von Unternehmen. Auch sie gingen davon aus, dass sich hinter dem Konstrukt der psychischen Distanz die wahrgenommene Fremdartigkeit verbirgt. Mit einer Magnituden-Skala untersuchten sie die psychische Distanz USamerikanischer Unternehmen zu ausgewählten Ländern. Anschließend setzten sie diese in Verbindung zu den getätigten Exporten in diese Länder und wiesen auf inkonsistente Ergebnisse hin, was den Zusammenhang zwischen der wahrgenommenen Fremdartigkeit und dem Exportvolumen anlangt (vgl. Stöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 363). Sim/Ali, die ebenfalls unter psychischer Distanz die wahrgenommene Fremdartigkeit verstehen, untersuchten den Einfluss der psychischen Distanz auf die Stabilität von JV in Entwicklungsländern. Dabei konnten sie feststellen, dass diese Variable einen signifikanten Einfluss auf die Stabilität des JV ausübt. Sim/Ali sehen die Ursachen für die Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen insb. in kulturellen Unterschieden zwischen zwei Ländern. Zur Operationali37

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Eine Ausnahme stellte allerdings Italien dar (vgl. Kap. 3.4.2).

sierung ziehen sie jedoch auch Wirtschaftspraktiken und die Kommunikationsschwierigkeiten heran (vgl. Sim/Ali, 2000, S. 381ff.). Auch wenn diese Autoren in ihrer Arbeit mehrmals betonen, dass unter psychischer Distanz die wahrgenommene Fremdartigkeit zu verstehen ist, messen sie in der Tat nicht Fremdartigkeit, sondern Unähnlichkeit der Länder. Der Ähnlichkeitsgrad (insgesamt 23 Items) wurde an Hand einer fünfstufigen Skala gemessen. Sim/Ali konnten die Hypothese der sinkenden Stabilität eines JV bei steigender psychischer Distanz zwar bestätigen, allerdings nur für Entwicklungsländer (vgl. Sim/Ali, 2000, S. 388ff.). Kornmeier setzte sich in seiner Arbeit mit der Frage auseinander, wie psychische Distanz die kulturelle Offenheit zu Auslandsmärkten beeinflusst. Ausgehend von Müller/Köglmayr versteht auch er unter psychischer Distanz die individuell wahrgenommene Fremdartigkeit, die aus dem individuellen Wissen, vorurteilshafter Einstellung (Stereotypisierung) sowie aus der Wahrnehmung von Ähnlichkeiten/Unterschieden resultiert (vgl. Kornmeier, 2002, S. 57). Das Konstrukt der psychischen Distanz untersuchte Kornmeier sowohl mit Hilfe des Messansatzes nach Müller/Köglmayr als auch jenes nach Nordström (vgl. Kornmeier, 2002, S. 142ff.). Wie die Ergebnisse seiner Untersuchung zeigen, unterscheiden sich die durchschnittlichen Reihenfolgen der positionierten Länder bei der Verwendung beider Messansätze nicht (vgl. ebenda, S. 144f.). Außerdem untersucht Kornmeier die Eignung ausgewählter Surrogate (kulturelle und geographische Distanz) zur Messung von psychischer Distanz und kommt zum Ergebnis, dass sowohl geographische als auch kulturelle Distanz keine geeigneten Surrogate darstellen (vgl. Kornmeier, 2002, S. 146f.). Was die Indikatoren der psychischen Distanz angeht, steigt psychische Distanz nach Kornmeier mit steigenden wahrgenommenen Unterschieden, mit steigender vorurteilshafter Einstellung sowie mit sinkendem subjektivem Gefühl der Informiertheit (vgl. Kornmeier, 2002, S. 170). Außerdem konnte Kornmeier zeigen, dass mit steigender psychischer Distanz die kulturelle Offenheit, also die „Bereitschaft der Mitglieder einer Kultur, mit einer anderen Kultur zu interagieren“ (Kornmeier, 2002, S. 97) sinkt. Die letzte Forschungsarbeit aus dieser Kategorie ist die Studie von Pedersen/Petersen. Ähnlich wie Sim/Ali verstehen auch Pedersen/Petersen unter psychischer Distanz die wahrgenommene Fremdartigkeit, messen allerdings die wahrgenommenen Unterschiede. Auf einer siebenstufigen Skala (von ‚well-known market’ bis ‚market very different’) bewerteten die Probanden aus Dänemark, Schweden und Neuseeland die Differenzen zwischen ihrem Heimatland und Auslandsmärkten. Pedersen/Petersen unterstützen dabei das von O’Grady/Lane postulierte Paradoxon der psychischen Distanz, das besagt, dass in psychisch nahen Ländern der Unternehmenserfolg niedriger sein kann als in psychisch distanten Märkten.38 Von der Auffassung der psychischen Distanz als wahrgenommener Fremdartigkeit von Müller/Köglmayr wird bei der Konzeptualisierung der psychischen Distanz im Rahmen der vorliegenden Arbeit ausgegangen. Zwar müssen bei der Konzeptualisierung dieses Konstrukts 38

Mehr zum Paradoxon der psychischen Distanz vgl. O’Grady/Lane, 1996; Pederson/Peterson, 2004 oder auch Kap. 3.6 dieser Arbeit.

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ebenfalls sowohl wahrgenommene Unterschiede als auch wahrgenommene Unsicherheit berücksichtigt werden, beide Auffassungen gelten jedoch als Konstrukte, die der psychischen Distanz vorgelagert sind. Wahrgenommene Nähe/Distanz hängt mit dem Fremdartigkeitsgefühl nur mittelbar zusammen, da diese Auffassung davon ausgeht, dass Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten als vertrauter empfunden werden als Differenzen. Allerdings können auch Märkte, die dem Heimatmarkt ähneln, als fremdartig erlebt werden (z. B. auf Grund einer negativen Erfahrung) und Märkte, die sich vom Heimatmarkt in vielen Hinsichten unterscheiden, als vertraut erlebt werden (z. B. auf Grund umfangreicher Kenntnisse oder Sympathie zu demjenigen Land).

3.5.5 Wahrnehmung von Stimuli der psychischen Distanz In Kap. 3.5.2 wurden Studien vorgestellt, welche die psychische Distanz als wahrgenommene Unterschiede zwischen zwei Ländern konzeptualisieren und an Hand verschiedener Skalen messen. In diesen Arbeiten fehlte allerdings die Einbeziehung der Charakteristika des Individuums. Diesen Kritikpunkt greifen Dow/Karunaratna an und erweitern diese Konzeptualisierung, indem sie die Unterschiede zwischen Ländern als Stimuli der psychischen Distanz bezeichnen, die gemeinsam mit den Charakteristika des Entscheidungsträgers die Entstehung von psychischer Distanz zur Folge haben (vgl. Dow/Karunaratna, 2004, S. 7). Länderunterschiede können nach Dow/Karunaratna objektiv erfasst werden wie z. B. durch Differenzen in BIP bzw. in der Kommunikationsinfrastruktur im Falle von wirtschaftlichen Unterschieden oder durch Kulturdimensionen von Hofstede im Falle von kulturellen Unterschieden (vgl. Dow/Karunaratna, 2004, S. 12ff.). Die wahrgenommene psychische Distanz gegenüber einem Auslandsmarkt ist anschließend als Ergebnis der Sensibilität des Entscheidungsträgers zu diesen Unterschieden (Stimuli der psychischen Distanz) zu verstehen. Die von Dow/Karunaratna vorgeschlagene Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz ist der Abb. 10 zu entnehmen.

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ǻ Culture

International Experience

ǻ Education

ǻ Economic development

Age

Education

ǻ Language

Decision-maker’s Sensitivity to PD stimuli Psychic Distance Stimuli

ǻ Political System ǻ Religion ǻ Time Zone

Perceived Psychic Distance

Managerial Decisions

Abb. 10: Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz nach Dow/Karunaratna Quelle: Dow/Karunaratna, 2004, S. 7

Dow/Karunaratna konzentrieren sich in ihrer Arbeit ausschließlich auf die Untersuchung von Stimuli der psychischen Distanz, die Wahrnehmung dieser Stimuli durch den Entscheidungsträger lassen sie ganz außer Acht. In die Messung von Stimuli der psychischen Distanz beziehen sie Unterschiede in Kultur, Sprache, Ausbildung, Entwicklungsstand, politischem System, Religion und Zeitzone ein (vgl. Dow/Karunaratna, 2004, S. 7). An einem Sample von insgesamt 38 Ländern untersuchen sie die objektiven Stimuli der psychischen Distanz im Zusammenhang mit der Intensität des Handels zwischen diesen Ländern und kommen zum Ergebnis, dass diese Stimuli 12 % der Varianz der Handelsintensität erklären (vgl. Dow/Karunaratna, 2004, S. 26). Lediglich bei Unterschieden in der Religion konnten Dow/Karunaratna einen negativen Zusammenhang mit der Intensität des Handels nicht bestätigen. Der größte Kritikpunkt der Arbeit von Dow/Karunaratna bezieht sich auf die Voraussetzung eines negativen Zusammenhangs zwischen der psychischen Distanz und der Handelsintensität sowie der daraus resultierenden Ersetzung der psychischen Distanz durch die Intensität des Außenhandels zwischen zwei Ländern. Wie aus den zurückliegenden Ausführungen zum Konstrukt der psychischen Distanz jedoch ersichtlich ist, kann die tatsächliche Handelsintensität die empfundenen Fremdartigkeitsgefühle allein nicht erklären. Kritisiert werden kann außerdem auch die Art und Weise der Auswahl der Stimuli der psychischen Distanz. Während in der einschlägigen Literatur Faktoren wie Religion oder Sprache als Kulturelemente bezeichnet werden, stellen Dow/Karunaratna diese auf eine Ebene mit Kultur. Darüber hinaus konzentrieren sich diese Autoren in ihrer Arbeit ausschließlich auf die 77

Untersuchung von Stimuli der psychischen Distanz, die Sensibilität des Entscheidungsträgers gegenüber diesen Stimuli wird bei der Messung nicht berücksichtigt. Nicht zuletzt beschreiben Dow/Karunaratna die Sensitivität des Entscheidungsträgers gegenüber den Stimuli lediglich als Ergebnis der Zusammenwirkung von Ausbildung, Auslandserfahrung und Alter. Nur objektive Merkmale des Entscheidungsträgers reichen allerdings nicht zur Beurteilung der Relevanz einzelner Stimuli aus und sind demzufolge allein nicht geeignet, das Fremdartigkeitsgefühl zu erklären. Der Beitrag von Dow/Karunaratnas Arbeit besteht insb. in der Erfassung von Länderunterschieden, welche die Internationalisierungsentscheidung beeinflussen können. Der Schwerpunkt der aktuellen Forschung zur psychischen Distanz muss allerdings bei der Persönlichkeit des Entscheidungsträgers liegen. Demzufolge müssen diese Stimuli in Bezug auf die Charakteristika des Individuums untersucht werden. Aus diesem Grund geht die vorliegende Arbeit von der Perspektive des Individuums aus und versucht, diejenigen Indikatoren der psychischen Distanz zu identifizieren, die für die Entstehung von Fremdartigkeistgefühlen der Unternehmer sorgen. Auf die Ermittlung objektiver Länderunterschiede wird dabei bewusst verzichtet.

3.5.6 Zusammenfassende Würdigung bestehender Konzeptualisierungen und Messkonzepte der psychischen Distanz In der einschlägigen Literatur sind zahlreiche Möglichkeiten zur Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz zu finden. Wie bereits in Kap. 3.3 erwähnt, wird psychische Distanz oft lediglich mit Hilfe anderer Distanzkonzepte definiert und erfasst. Trotz der Tatsache, dass die Notwendigkeit der Einbeziehung der individuellen Wahrnehmung in das Konstrukt der psychischen Distanz in zahlreichen Arbeiten betont wird, erfolgt diese oft nur sporadisch. Zwar wird psychische Distanz mit Hilfe von individueller Wahrnehmung definiert, zu ihrer Messung ziehen einige Autoren anschließend lediglich objektive Länderunterschiede heran. Zum Zwecke dieser Arbeit sind insb. die Auffassungen der psychischen Distanz bedeutend, die dieses Konstrukt mit individueller Wahrnehmung nicht nur definieren sondern auch erfassen. Aus diesem Grund wurden in Kap. 3.5.1 - 3.5.5 die gängigen Arten der Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz sowie die Konzepte zu dessen Messung erörtert. Tab. 8 fasst die fünf Arten der Konzeptualisierung der psychischen Distanz überblicksartig zusammen und zeigt die Hauptprobleme sowohl der Konzeptualisierung als auch der Messung der psychischen Distanz auf.

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Konzeptualisierung der PD als: wahrgenommene Unsicherheit

wahrgenommene Länderunterschiede

wahrgenommene Nähe/Distanz

wahrgenommene Fremdartigkeit

Wahrnehmung von Stimuli der psychischen Distanz

ausgewählte Vertreter Kogut/Singh, 1988; O’Grady/Lane, 1996; Clark/Pugh, 2001; Child/Ng/Wong, 2002 Klein/Roth, 1990; Bello/Gilliland, 1997; Swift, 1999; Evans/Mavondo, 2002; Sousa/Bradley, 2004; Evans/Bridson, 2005 Nordström, 1991; Dow, 2000; Hassel/Cunningham, 2004 Müller/Köglmayr, 1986; Stöttinger/ Schlegelmilch, 1998; Holzmüller/Kasper, 1990; Kornmeier, 2002 Dow/Karunaratna, 2004

Kritikpunkte an der Konzeptualisierung - als Konzeptualisierung ungeeignet denn wahr. Unsicherheit ist Vorstufe der psychischen Distanz - als Konzeptualisierung ungeeignet, denn wahr. Unterschiede sind Vorstufe der psychischen Distanz

- Betrachtungsebene: Land (statt Individuum) - fehlende Indikatoren der psychische Distanz - fehlende Indikatoren der psychischen Distanz

Kritikpunkte an der Messung - oft nur Ermittlung von wahrgenommenen Länderunterschieden - fehlende Einbeziehung des Unsicherheitsgefühls - fehlende Einigkeit darin, welche Unterschiede einbezogen werden sollen - unzureichende Begründung der Einbeziehung von bestimmten Länderunterschieden - Übertragung auf Nationalund Unternehmensebene

- Einbeziehung eines Referenzfalles - eingeschränkte interkulturelle Anwendbarkeit - Übertragung auf die Unternehmensebene - Messung lediglich von objektiven Länderunterschieden - Auswahl von Länderunterschieden fraglich

- Ausrichtung auf objektive Unterschiede - unzureichende Berücksichtigung von psychographischen Charakteristika des Entscheidungsträgers Tab. 8: Ausgewähle Kritikpunkte der gängigen Konzeptualisierung und Messung der psychischen Distanz Quelle: eigene Darstellung

Die Auffassung der psychischen Distanz als wahrgenommene Fremdartigkeit stellt die Grundlage für die Konzeptualisierung der psychischen Distanz in der vorliegenden Arbeit dar. Die restlichen in der Tab. 8 angeführten Konzeptualisierungen dieses Konstrukts sind für diese Arbeit wenig geeignet, da sie lediglich einen Teil des gesamten Konstrukts umfassen. So können bspw. die wahrgenommenen Länderunterschiede die psychische Distanz nicht vollständig ersetzen, denn sie bilden nur die Basis für deren Entstehung. Die Forschungslücke bei der Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz besteht insb. in der Einbeziehung der für die Art und Weise der Auseinandersetzung mit einem fremden Land relevanten Länderunterschiede sowie in der Beurteilung und Interpretation der wahrgenommenen Konsequenzen dieser Unterschiede durch den Entscheidungsträger. In den Forschungsarbeiten, welche die psychische Distanz als wahrgenommene Länderunterschiede konzeptualisieren, fehlt es oft an einer ausreichenden Begründung der Auswahl von Gruppen von Länderunterschieden. Die in diesen Arbeiten untersuchten Differenzen wecken oft den Eindruck einer unwillkürlichen Auswahl, die die Definition der psychischen Distanz von Johanson/Vahlne als ‚sum of factors […]’ allerdings implizit zulässt (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 24). Aus diesem Grund setzt sich die vorliegende Arbeit zum Ziel, an Hand eines qualitativen Forschungsdesigns diejenigen Länderunterschiede zu identifizieren, welche die Entstehung

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von empfundener Fremdartigkeit tatsächlich zur Folge haben können. Darüber hinaus muss die vorgeschlagene Konzeptualisierung der psychischen Distanz auch die subjektive Interpretation dieser Differenzen beinhalten. Um dies realisieren zu können, müssen dabei neben den wahrgenommenen Länderunterschieden auch die Charakteristika des Unternehmers sowie die Art und Weise der Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Land (hier: grenzüberschreitende Unternehmenskooperation) einbezogen werden.

3.6 Mängel der Forschung zur psychischen Distanz Neben den in den Kap. 3.1 bis 3.5 ausführlich diskutierten Problemen der Forschung zur psychischen Distanz, die sich insb. auf die Uneinigkeit in der Begriffsabgrenzung sowie auf eine unzureichende Konzeptualisierung und Operationalisierung dieses Konstrukts beziehen, wird nun auf diese sowie auf weitere Mängel der Forschung zur psychischen Distanz zusammenfassend eingegangen. Darüber hinaus soll der aus diesen Mängeln resultierende Forschungsbedarf skizziert werden und nicht zuletzt auch der Bezug auf die vorliegende Arbeit hergestellt werden, der in Kap. 4 näher erörtert wird. Die erste bereits ausführlich thematisierte Schwierigkeit bezieht sich auf die Bezugsebene des Konstrukts der psychischen Distanz. In der einschlägigen Literatur sind insgesamt drei Ebenen zu finden: Land, Unternehmen und Individuum. Die Betrachtung der psychischen Distanz auf der Landesebene ähnelt der Erfassung von kultureller Distanz zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt (vgl. bspw. Kogut/Singh, 1988, S. 413) und ist somit kein geeignetes Surrogat zur Messung der psychischen Distanz im Sinne des Begriffsverständnisses dieser Arbeit. Die Einbeziehung des Unternehmens als eine geeignete Bezugsebene des Konstrukts der psychischen Distanz wird in der einschlägigen Literatur ebenfalls kritisiert (vgl. Kornmeier, 2002, S. 39). Insb. in den 1970er Jahren wurde psychische Distanz mit Unternehmen verbunden (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 24). Allerdings sind auch neuere Forschungsarbeiten zu finden, die diese Ebene in Betracht ziehen (vgl. bspw. O’Grady/Lane, 1996, S. 330; Bello/Gilliland, 1997, S. 24). Dem Begriffsverständnis der vorliegenden Arbeit zufolge muss das Konstrukt der psychischen Distanz rein aus der Perspektive des Individuums betrachtet werden, denn nur Individuen können wahrnehmen und empfinden. Die Fremdartigkeitsgefühle hängen mit psychischen Prozessen zusammen, die sowohl kognitiver als auch affektiver Natur sind. Eine unzureichende Berücksichtigung des Individuums ist einer der größten Kritikpunkte der Arbeiten, die sich mit diesem Konstrukt rein aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht auseinandersetzen (vgl. Langhoff, 1997, S. 139; Kornmeier, 2002, S. 39; Sousa/Bradley, 2004, S. 92). Allerdings weisen auch die Arbeiten, welche die psychische Distanz aus der individuellen Perspektive betrachten, einige Schwächen auf, die insb. in der Übertragung der auf der Ebene des Individuums erfassten Werte auf andere Ebenen (Unternehmen, Land) bestehen.

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Ausgehend von dieser Kritik verfolgt die vorliegende Arbeit das Anliegen, das Konstrukt der psychischen Distanz ausschließlich mit der Individualebene zu verbinden. Demzufolge wird untersucht, wie die wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem Auslandsmarkt die Bereitschaft des Unternehmers beeinflusst, sich mit diesem Markt auseinanderzusetzen, d. h. es wird nicht der Einfluss auf das tatsächliche Verhalten sondern lediglich auf die Verhaltensintention untersucht, um den Einfluss anderer Faktoren auszuschließen (vgl. Kap. 2.3). Ein grundlegendes Problem der Forschung zur psychischen Distanz betrifft die Auswahl des Untersuchungssamples. In vielen Arbeiten zum Einfluss der psychischen Distanz auf die Internationalisierung werden lediglich Unternehmen befragt, die bereits international tätig sind (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 321; Evans/Mavondo, 2002, S. 522). Da eine hohe psychische Distanz gegenüber einem Land das Ablehnen eines Auslandsgeschäfts zur Folge haben kann, ist vom besonderen Interesse, dass auch Unternehmer ohne Auslandsengagement in das Untersuchungssample einbezogen werden, um deren wahrgenommene Internationalisierungsbarrieren analysieren zu können. Zahlreichen Untersuchungen zum Internationalisierungsverhalten von Unternehmen zufolge weisen nämlich international tätige Unternehmer andere Eigenschaften auf als Unternehmer, die ausschließlich auf dem heimischen Markt tätig sind (vgl. bspw. Weber, 1997, S. 131). Demzufolge ist zu erwarten, dass Manager in im Ausland tätigen Unternehmen kulturell offener, toleranter und erfahrener sind als Manager, die ausschließlich auf dem Heimatmarkt agieren. In das Untersuchungssample im Falle der vorliegenden Arbeit werden sowohl Unternehmer einbezogen, die international tätig sind als auch Unternehmer, die keine bzw. nur begrenzte Erfahrungen mit Auslandsengagement haben. Bei den auslandserfahrenen Unternehmern wird darüber hinaus zwischen unterschiedlichen Stufen ihrer Erfahrung unterschieden (vgl. Kap. 5.3). In einem engen Zusammenhang mit der Auswahl des Untersuchungssamples steht auch eine weitere Schwierigkeit der Forschung zur psychischen Distanz, nämlich die Auswahl der zu bewertenden Auslandsmärkte. Die meisten Autoren untersuchen in ihren Arbeiten lediglich die Märkte, auf denen die befragten Unternehmen tatsächlich tätig sind (vgl. Shoham/Albaum, 1995, S. 91; O’Grady/Lane, 1996, S. 321; Evans/Mavondo, 2002, S. 523). Ähnlich wie im vorherigen Punkt müssen auch hier Länder einbezogen werden, die das Unternehmen aus vielerlei Gründen nicht bedient, denn gerade diese Märkte werden plausiblerweise als psychisch distanter empfunden als Märkte, in denen das Unternehmen aktiv ist. Es muss der Frage nachgegangen werden, warum Manager nicht bereit sind, auch andere Märkte zu erschließen (vgl. Kap. 6). In den Arbeiten über psychische Distanz erfolgt weiterhin oft keine Berücksichtigung regionaler Unterschiede. Child/Ng/Wong oder O’Grady/Lane weisen zumindest auf die Not81

wendigkeit dieser Berücksichtigung hin (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 313; Child/Ng/ Wong, 2002, S. 53). In diesem Zusammenhang sprechen Child/Ng/Wong über die Notwendigkeit der Einbeziehung kleinerer Untersuchungseinheiten als ein Land insb. bei großen Ländern (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 53). Der Grund für die Berücksichtigung regionaler Unterschiede liegt u. a. in der historischen sowie gesellschaftspolitischen Entwicklung der jeweiligen Länder. Demzufolge weisen bspw. die Einwohner der kanadischen Provinz Québec sicherlich andere Fremdartigkeitsgefühle gegenüber Frankreich auf, als die des Rests Kanadas oder die Menschen aus Hongkong gegenüber Großbritannien als die aus dem restlichen China. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die Untersuchung von wahrgenommener Fremdartigkeit im sächsisch-tschechischen Grenzgebiet, wo die Wahrnehmung des Nachbarlandes durch tägliche Erfahrungen und Kontakte geprägt ist. Insb. in Tschechien sind Unterschiede in der Wahrnehmung von verschiedenen Teilen Deutschlands zu verzeichnen. Die befragten tschechischen Unternehmer unterscheiden dabei insb. zwischen den Alten und Neuen Bundesländern, eine differenzierte Wahrnehmung von einzelnen Bundesländern erfolgt allerdings auch.39 In der Forschung zur psychischen Distanz herrscht die überwiegende Meinung, dass dieses Konstrukt im negativen Zusammenhang mit der Internationalisierung steht, d. h. dass mit steigender psychischer Distanz einerseits der Unternehmenserfolg auf Auslandsmärkten sinkt, andererseits werden auch Strategien verfolgt, die eine minimale Ressourcenbindung im Ausland verlangen (vgl. Kim/Hwang, 1992, S. 45). Übertragen auf die vorliegende Arbeit wird eine Kooperation eher in dem Falle angestrebt, falls der Entscheidungsträger eine niedrige psychische Distanz gegenüber demjenigen Land aufweist. Die Begründung dafür liegt insb. darin, dass eine Kooperation mit täglichem Kontakt und der daraus resultierenden Notwendigkeit sich auf den Kooperationspartner zu verlassen, verbunden ist. Eine hohe psychische Distanz spiegelt sich oft im fehlenden Vertrauen wider, was einen reibungslosen Verlauf einer Kooperation beeinträchtigen kann.40 Am Beispiel von kanadischen und US-amerikanischen Handelsunternehmen stellten O’Grady/Lane allerdings einen positiven Zusammenhang zwischen der psychischen Distanz und der Unternehmensleistung auf ausländischen Märkten fest. Sie sprechen im Zusammenhang mit der Unternehmensleistung auf vertrauten und unvertrauten Märkten über das sog. Paradoxon der psychischen Distanz, das darin besteht, dass der Internationalisierungsprozess 39

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Die tschechischen Befragten konnten insb. den Bayern und Sachsen konkrete Eigenschaften zuschreiben, während andere Bundesländer oft lediglich durch Ost-West-Unterscheidung charakterisiert wurden. Dies liegt u. a. in der geographischen Nähe Tschechiens zu Bayern und Sachsen begründet. Mehr dazu vgl. Kap. 6.3. In der Literatur ist jedoch auch eine umgekehrte Erklärung zu finden. So sprechen bspw. Kogut/Singh über eine höhere Bereitschaft zur internationalen Kooperation, falls eine hohe psychische Distanz empfunden wird (vgl. Kogut/Singh, 1988, S. 414). Begründet wird dies durch die Notwendigkeit eines lokalen Kooperationspartners im unvertrauten Umfeld. An dieser Stelle muss allerdings wieder auf die Uneinigkeit in der Begriffsabgrenzung hingewiesen werden, denn dieser Auffassung nach sprechen Kogut/Singh nicht über psychische, sondern über kulturelle Distanz (vgl. ebenda, S. 430).

in psychisch distanten Märkten erfolgreicher sein kann (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 324ff.). Diesem Paradoxon zufolge verlassen sich Firmen darauf, dass der Markteintritt in vertraute Länder einfacher zu managen ist als in unvertraute. Dies führt u. a. dazu, dass sich Unternehmen auf den Markteintritt nicht ausreichend vorbereiten und die heimischen Handelspraktiken auf den Auslandsmarkt unverändert übertragen, denn sie setzen viele Ähnlichkeiten mit dem Heimatmarkt voraus. Die wahrgenommene Ähnlichkeit der Märkte birgt allerdings unerwartete und unvorhersehbare Barrieren in sich, die einen erfolgreichen Markteintritt beeinträchtigen können (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 315). Dass Ähnlichkeit, Nähe und Vertrautheit zweier Märkte nicht zwangsläufig einen Unternehmenserfolg zur Folge haben müssen, konnten in ihrer Arbeit auch Evans/Mavondo sowie Pedersen/Petersen zeigen. Nach den Ergebnissen beider Arbeiten besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der psychischen Distanz und der Unternehmensleistung auf Auslandsmärkten, wodurch das von O’Grady/Lane postulierte Paradoxon der psychischen Distanz bestätigt werden konnte (vgl. Evans/Mavondo, 2002, S. 529; Pedersen/Petersen, 2004, S. 121). In Bezug auf das Paradoxon der psychischen Distanz ist jedoch anzumerken, dass sowohl O’Grady/Lane als auch Pedersen/Petersen nicht die individuell wahrgenommene Fremdartigkeit gemessen haben, sondern sich auf die Unterschiede zwischen dem Heimat- und Auslandsmarkt konzentrierten. Während bei O’Grady/Lane insb. kulturelle Unterschiede in den Vordergrund gestellt wurden (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 318), operationalisierten Pedersen/Petersen psychische Distanz mit Hilfe wahrgenommener Unterschiede in Geschäftspraktiken (vgl. Pedersen/Petersen, 2004, S. 114). Lediglich Evans/Mavondo erfassten die psychische Distanz rein aus der individuellen Perspektive. In der vorliegenden Arbeit wird von der Annahme ausgegangen, dass mit steigender psychischer Distanz die individuelle Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation sinkt. Dem Paradoxon der psychischen Distanz soll dadurch nicht widersprochen werden, da im Falle dieser Arbeit nicht der Zusammenhang zwischen psychischer Distanz und der Unternehmensleistung auf ausländischen Märkten untersucht wird. Die psychische Distanz wird oft als unabhängige Variable der Internationalisierung betrachtet. Ein gravierendes Problem in der einschlägigen Forschung stellt jedoch die Bestimmung der abhängigen Variablen dar. Neben der Wahl einer Markteintrittsstrategie wird insb. die Leistung auf ausländischen Märkten als abhängige Variable herangezogen, die am häufigsten an Hand des Exportvolumens ermittelt wird. Dabei wird davon ausgegangen, dass in psychisch distanten Märkten der Unternehmenserfolg niedriger ist als in den psychisch nahen. Tab. 9 fasst die gängigen abhängigen Variablen überblicksartig zusammen.

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Abhängige Variable Wahl des Auslandsmarktes

Bezugsebene Unternehmen

Ausgewählte Arbeiten Johanson/Vahlne (1977); Dow (2000); Clark/Pugh (2001); Child/Ng/Wong (2002) Wahl der Markteintrittsstrategie Unternehmen Klein/Roth (1990); Driscoll/Paliwoda (1997); Mayrhofer (2004) Adaption des Marketing Mixes Unternehmen Shoham/Albaum (1995); Dupuis/Prime (1996); Evans/Bridson (2005); Sousa/Bradley (2005) Unternehmen O’Grady/Lane (1996); Unternehmensleistung – allgemein Evans/Treadgold/Mavondo (2000); Evans/Mavondo (2002) Unternehmensleistung – Exportvolumen Unternehmen Müller/Köglmayr (1986); Holzmüller/Kasper (1990); Müller (1991); Stöttinger/Schlegelmilch (1998); Dow/Karunaratna (2004) Phasen des Internationalisierungsprozes- Unternehmen Hallén/Wiedersheim-Paul (1984); Conway/ ses Swift (2000); Pedersen/Petersen (2004) Stabilität von JV, Erfolg von JV Unternehmen Eisele (1995); Sim/Ali (2000) Kontrolle von ausländischen NiederlasUnternehmen Bello/Gilliland (1997); sungen Hassel/Cunningham (2004) Wahrgenommene Exportbarrieren Unternehmen Shoham/Albaum (1995) Kulturelle Affinität, kulturelle Offenheit Individuum Swift (1999); Kornmeier (2002) Tab. 9: Häufig gewählte abhängige Variablen in der Forschung zur psychischen Distanz Quelle: eigene Darstellung (zusammengestellt aus den in der Tabelle angeführten Arbeiten)

Wie aus Tab. 9 ersichtlich untersuchen die meisten Forscher den Einfluss der psychischen Distanz auf eine Variable auf der Unternehmensebene. Rein auf der individuellen Ebene bleiben lediglich Swift (1999) und Kornmeier (2002). Insb. in Kornmeiers Arbeit wird die Notwendigkeit dieser Vorgehensweise betont (vgl. Kornmeier, 2002, S. 9f.). Im Zusammenhang mit der Entwicklung eines geeigneten Messkonzeptes weist insb. Kornmeier auf das Problem seiner interkulturellen Anwendbarkeit hin (vgl. Kornmeier, 2002, S. 217). So kann bspw. der Messansatz von Müller/Köglmayr nur begrenzt zum interkulturellen Vergleich verwendet werden, da nicht nur die Wahrnehmung von Entfernungen41 in verschiedenen Kulturen unterschiedlich ist, sondern eine Verwendung eines vergleichbaren Referenzlandes42 für jedes untersuchte Land praktisch ausgeschlossen ist. Ein Vergleich der psychischen Distanz in unterschiedlichen Ländern wäre jedoch wünschenswert. Bis dato gingen nur wenige Forscher den Weg, eine Untersuchung in zwei (oder mehreren) Ländern vorzunehmen, um die gegenseitige Wahrnehmung feststellen zu können (vgl. Müller, 1991, S. 169ff.; O’Grady/Lane, 1996, S. 309ff.; Mayrhofer, 2004, S. 89). In diesem Zusammenhang erwähnen O’Grady/Lane oder Müller/Gelbrich das Problem der Asymmetrie des Konzepts der psychischen Distanz (vgl. O’Grady/Lane, 1996, S. 328; Müller/Gelbrich, 2004, S. 721). Die psychische Distanz ist kein reziprokes Phänomen, was wiederum darauf hinweist, dass sie ausschließlich auf der Ebene des Individuums zu erfassen ist. 41

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Mit Entfernungen sind in diesem Falle Entfernungen zwischen den einzelnen konzentrischen Kreisen des Messansatzes von Müller/Köglmayr gemeint (vgl. Kap. 3.5.4). Wie bereits erwähnt, positionierten Müller/Köglmayr die Niederlande auf den nächsten Kreis zu Deutschland. Das Problem bei einer Anwendung dieses Messansatzes in anderen Ländern besteht darin, dass die Menschen aus einem Land nicht die gleiche Beziehung zu einem ihrer Nachbarländer haben wie Deutsche zu den Niederlanden.

In der Literatur zur psychischen Distanz wird v. a. darauf hingewiesen, dass dieses Konstrukt insb. in den ersten Phasen eines Auslandsengagements eine große Rolle spielt. Nach Kornmeier kann psychische Distanz als ein weicher Faktor bedeutsam sein, da sie darüber entscheidet, „ob der Kontakt überhaupt zustande kommt“ (Kornmeier, 2002, S. 215). Ähnlich wie Kornmeier betonen auch Hallén/Wiedersheim-Paul oder Conway/Swift die Bedeutung der psychischen Distanz insb. in den Anfangsphasen einer Kooperationsbeziehung (vgl. Hallén/Wiedersheim-Paul, 1984, S. 25; Conway/Swift, 2000, S. 1391). Besonders hoch ist ihrer Meinung nach die psychische Distanz allerdings nicht in der allerersten Phase (von Hallén/Wiedersheim-Paul als ‚pre-contact’ bezeichnet), sondern in der Phase der Initiierung einer Kooperation (‚initial interaction’) (vgl. Hallén/Wiedersheim-Paul, 1984, S. 25), die bereits durch erste Erfahrungen und damit verbundene Identifikation von Differenzen geprägt ist. Die vorliegende Arbeit setzt sich mit der Vorentscheidungsphase einer grenzüberschreitenden Kooperation auseinander. Dabei wird insb. der Frage nachgegangen, wie wahrgenommene Fremdartigkeitsgefühle die Überlegungen des Unternehmers über die Anbahnung einer grenzüberschreitenden Kooperation mit Unternehmen aus einem konkreten Land beeinflussen. Wie aus Kap. 5.3 ersichtlich, verfügen die meisten Befragten bereits über einige Erfahrungen mit den zu beurteilenden Ländern, die beruflicher oder privater Natur sind. Nicht zuletzt weist die Forschung zur psychischen Distanz einige Schwächen bzgl. des Stellenwertes dieses Konstrukts im Vergleich zu anderen Einflussfaktoren einer Entscheidung über Internationalisierung auf. Insb. bei KMU steht der Unternehmer mit seinen Persönlichkeitsmerkmalen im Mittelpunkt jeder strategischen Entscheidung. Demzufolge wird in den einschlägigen Forschungsarbeiten der Einfluss der psychischen Distanz auf den Internationalisierungsprozess an Hand von objektiven und subjektiven Charakteristika des Entscheidungsträgers untersucht (vgl. bspw. Müller/Köglmayr, 1986, S. 792; Fletcher/Bohn, 1998, S. 47ff.). Der Einfluss der psychischen Distanz auf die Internationalisierungsentscheidungen darf allerdings nicht überbewertet werden, denn es gibt viele andere Faktoren, die den Internationalisierungsprozess beeinflussen können (wie z. B. vorhandene Ressourcen oder Wettbewerbsdruck). Demzufolge sollen die weiteren Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet auf die Überprüfung der Gewichtung dieses Konstrukts im Vergleich zu den anderen, insb. unternehmensbezogenen Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung ausgerichtet werden.

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3.7 Heutige Relevanz des Konstrukts der psychischen Distanz Wie bereits in Kap. 3.2 erwähnt, gewann das Konstrukt der psychischen Distanz an Popularität in den 1970er Jahren, in denen sich insb. KMU vorwiegend auf heimische Märkte konzentrierten. Internationalisierung erfolgte inkrementell, ressourcenaufwändige Strategien wie Gründungen ausländischer Niederlassungen waren auch für größere Unternehmen nicht üblich (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 23). Für die heutigen Marktbedingungen scheint demzufolge das Konstrukt der psychischen Distanz an Bedeutung verloren zu haben, denn wie bspw. Axinn/Matthyssens schreiben, erfolgt die Internationalisierung heutzutage ohne Rücksicht auf geographische Entfernung oder kulturelle Unterschiede (vgl. Axinn/Matthyssens, 2002, S. 443). Bereits Anfang der 1990er Jahre setzten sich Nordström/Vahlne mit der Frage auseinander, ob psychische Distanz im Laufe der Zeit abnimmt (vgl. Nordström/Vahlne, 1994, S. 41ff.). Als Gründe für ihre Vermutung gaben sie einerseits die steigende Homogenisierung der Weltmärkte (Harmonisierung der Rechts- und Ausbildungssysteme, steigende Nutzung von Englisch etc.) an, andererseits eine bessere Fähigkeit der Firmen, die psychische Distanz zu bewältigen (steigende Kenntnisse über Auslandsmärkte, auslandserfahrene Mitarbeiter etc.) (vgl. ebenda, S. 43). Sie verglichen dabei die Ergebnisse von Vahlne/Wiedersheim-Paul aus dem Jahr 1973 mit den Ergebnissen der Studie von Nordström aus dem Jahr 1991. Da sich diese zwei Studien methodisch unterschieden, war eine Modifikation der Ergebnisse der ursprünglichen Studie notwendig.43 Nordström/Vahlne konnten dank des ‚Mean Establishment Rank’ (MR) eine Länderreihenfolge erstellen, die sie anschließend mit der von Vahlne/Wiedersheim-Paul verglichen. Es zeigten sich keine wesentlichen Unterschiede in Bezug auf die Entwicklung der psychischen Distanz zwischen den Jahren 1973 und 1991, die Hypothese einer sinkenden psychischen Distanz konnte somit nicht bestätigt werden (ebenda, S. 52ff.). Trotz der Ergebnisse von Nordström/Vahlne vertreten bspw. Child/Ng/Wong oder Stöttinger/Schlegelmilch die Meinung, dass psychische Distanz dank der Globalisierung der Märkte sinkt (vgl. Stöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 367; Child/Ng/Wong, 2002, S. 49f.). Child/Ng/Wong nennen als Beispiele technologischen Fortschritt, Liberalisierung der Märkte, Beschleunigung von Informationsflüssen oder erhöhte Migration (vgl. Child/Ng/Wong, 2002, S. 49f.). Stöttinger/Schlegelmilch äußerten in ihrer Arbeit zwar die Vermutung, dass dieses Konzept „has past its due-date“ (Stöttinger/Schlegelmilch, 1998, S. 367), neuere Studien belegen allerdings einen hohen Stellenwert der psychischen Distanz zur Erklärung des Internationalisierungsverhaltens von Unternehmen (vgl. bspw. Dow/Karunaratna, 2004, S. 28; Evans/ Bridson, 2005, S. 76; Arenius, 2005, S. 128f.). Der Grund dafür liegt insb. darin, dass psychi-

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In der ursprünglichen Studie wurde lediglich ein Länderranking gemacht, während Nordström einen Index der psychischen Distanz berechnete, der wesentlich mehr auf der subjektiven Wahrnehmung als auf objektiven Merkmalen beruhte (vgl. Nordström/Vahlne, 1994, S. 43f.).

sche Distanz nicht mit objektiven Merkmalen der Märkte zusammenhängt, sondern auf das Individuum und seine Wahrnehmung ausgerichtet ist. Zwar vermindern sich auf Grund der Globalisierung die Unterschiede zwischen den Ländern (Währungsunion, Angleichung von rechtlichen Bedingungen etc.), diese beeinflussen die individuell wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber anderen Ländern allerdings wesentlich weniger als persönliche Erfahrungen, Kenntnisse oder Sympathie gegenüber einem bestimmten Land. Außerdem weist Kornmeier darauf hin, dass „von einem wirklichen Prozess der Homogenisierung bzw. Angleichung der Kulturen bislang keine Rede sein kann“ (Kornmeier, 2002, S. 217).

3.8 Zusammenfassung und Zwischenfazit Durch die ausführliche Beschreibung des State-of-the-Art der Forschung zur psychischen Distanz in Kap. 3 konnte gezeigt werden, dass dieses Konstrukt für den Internationalisierungsprozess von Unternehmen von besonderer Bedeutung ist. Allerdings weist die einschlägige Forschung zahlreiche Mängel auf, die sich u. a. auf die Uneinigkeit in der Begriffsabgrenzung, Konzeptualisierung sowie in der Operationalisierung dieses Konstrukts beziehen. Die gründliche Auseinandersetzung mit diesen Mängeln, die in den Kap. 3.1 - 3.7 erfolgte, ist notwendig, um eine theoretisch fundierte Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz aufstellen zu können (vgl. Kap. 4) und dadurch das theoretische Ziel der Arbeit zu erreichen. Insb. die in Kap. 3.5 beschriebenen Konzeptualisierungen und Messkonzepte des Konstrukts der psychischen Distanz stellen somit die Basis für die anschließenden Betrachtungen dar. Aufbauend auf den Erkenntnissen der Forschung zur psychischen Distanz sowie dem in Kap. 2.3 entwickelten konzeptionellen Bezugsrahmen soll im Weiteren auf das Konstrukt der psychischen Distanz im Hinblick auf die Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation detailliert eingegangen werden. Bei der Entwicklung der theoriegeleiteten Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz sollen folgende Aspekte berücksichtigt werden: - Psychische Distanz ist ein Phänomen, das ausschließlich mit dem Individuum und dessen Wahrnehmung verbunden werden muss. - Die geographische, wirtschaftliche sowie kulturelle Distanz stellen keine Surrogate der psychischen Distanz dar; wichtig ist, wie diese Distanzen vom Individuum wahrgenommen werden. - Die Wahrnehmung und Beurteilung eines Auslandsmarktes sind vom individuellen Wissen, von Charaktereigenschaften sowie von situativen Faktoren abhängig. - Die Grundlage für die Entstehung von psychischer Distanz stellen die wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt dar. - In die Konzeptualisierung der psychischen Distanz müssen die empfundenen Konsequenzen der wahrgenommenen Länderunterschiede einbezogen werden.

87

4

Psychische Distanz als intervenierende Variable der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation

4.1

Theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz

4.1.1 Die Konzeptualisierung von psychischer Distanz im Überblick Ausgehend von der in Kap. 3.3 aufgestellten Arbeitsdefinition der psychischen Distanz setzt sich dieses Kapitel zum Ziel, eine theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz aufzustellen, die in Kap. 6.4 durch die Ergebnisse qualitativer Interviews mit sächsischen und tschechischen Unternehmern präzisiert wird. Die einzelnen Komponenten dieser Konzeptualisierung, die der Abb. 11 zu entnehmen sind, werden nun kurz vorgestellt, bevor sie in Kap. 4.1.2 - 4.1.5 ausführlich erörtert werden. wahrgenommene Merkmale des Auslandsmarktes

wahrgenommene Merkmale des Heimatmarktes

Marktwissen

Marktwissen

Stereotype

Stereotype

Image des Auslandsmarktes

Image des Heimatmarktes

subjektiv wahrgenommene Unterschiede zwischen dem Heimat- und Auslandsmarktimage subjektive Bewertung/Interpretation der Konsequenzen für die Kooperation wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem Land (psychische Distanz)

Abb. 11: Theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz Quelle: eigene Darstellung

Wie in Kap. 3.4.1 bereits beschrieben, ist der Vergleich des ‚Eigenen’ mit dem ‚Fremden’ für die Entstehung von psychischer Distanz von besonderer Bedeutung, da die wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimatmarkt (das ‚Eigene’) und einem Auslandsmarkt (das ‚Fremde’) die Grundlage für die Bewertung der empfundenen Fremdartigkeit/Vertrautheit darstellen. Dem Unternehmer fällt es allerdings meistens schwer, einen Auslandsmarkt lediglich auf Grund von tatsächlichen/objektiven Merkmalen zu bewerten. Dies liegt u. a. in fehlenden Informationen über den Markt begründet, die der Unternehmer, im Gegensatz dazu über seinen Heimatmarkt besitzt. Die Prozesse der Informationsgewinnung und -verarbeitung sind durch die in Kap. 2.1.1 beschriebene subjektive Rationalität gekennzeichnet. Diese hat u. a. zur Folge, dass bei der Beurteilung eines Auslandsmarktes neben den objektiven Merkmalen 89

auch auf die mit dem jeweiligen Land verbundenen Stereotype zurückgegriffen wird, welche die fehlenden Informationen über das Land ersetzen können (vgl. Müller/Kornmeier, 2002, S. 345f.). Der Rückgriff auf subjektive Merkmale erfolgt allerdings auch bei der Bewertung des Heimatmarktes. Demzufolge werden zum Vergleich der Märkte lediglich die subjektiven Bilder über beide Märkte herangezogen (Länderimages). Aus diesem Vergleich folgt anschließend die Identifikation der wichtigsten wahrgenommenen Unterschiede zwischen beiden Ländern, die als Grundlage für die Interpretation der Konsequenzen für eine mögliche Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Land dienen. In der Phase der Interpretation beschäftigt sich der Unternehmer mit der Frage, welche Konsequenzen die wahrgenommenen Unterschiede für eine Kooperation mit einem Unternehmen aus dem jeweiligen Land hätten. Er bewertet diese Konsequenzen und als Resultat einer solchen Bewertung entsteht ein Gefühl der Fremdartigkeit/Vertrautheit, das als ein persönlichkeitsbezogener Einflussfaktor einer Internationalisierungsentscheidung bezeichnet werden kann. Es wird angenommen, dass das Gefühl der Fremdartigkeit/Vertrautheit gegenüber einem Auslandsmarkt Einfluss auf die Bereitschaft des Unternehmers ausübt, sich mit diesem Land näher auseinanderzusetzen. Überwiegt ein Gefühl der Vertrautheit, ist der Unternehmer eher bereit, Auslandsaktivitäten aufzunehmen, als wenn Gefühle der Fremdartigkeit dominieren (vgl. Holzmüller/Kasper, 1990, S. 222; Müller, 1991, S. 165; Stöttinger/Schlegelmilch, 2000, S. 169). Für die Forschung zur psychischen Distanz ist es von besonderer Bedeutung, die wahrgenommenen Konsequenzen einer möglichen Auseinandersetzung mit einem bestimmten Land einzubeziehen, da sich die empfundene Fremdartigkeit unterscheidet, je nachdem um welche Form der Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Land es sich handelt. Dementsprechend kann ein Individuum andere Differenzen in Betracht ziehen und somit auch eine andere psychische Distanz gegenüber einem Land empfinden, wenn es lediglich um einen kurzfristigen Urlaub geht, als wenn ein langfristiger Auslandsaufenthalt vorgesehen ist.44 Für die Identifikation von Erklärungsvariablen der psychischen Distanz ist es aus diesem Grund erforderlich, die wahrgenommenen Konsequenzen dieser Unterschiede für die Form der Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Auslandsmarkt (hier: grenzüberschreitende Kooperation) einzubeziehen.

44

90

Die Formen der Auseinandersetzung mit einem fremden Land können sich vom Kauf dortiger Produkte, über die Toleranz der Menschen aus diesem Land, über kurz- und langfristige Auslandsaufenthalte bis zu einer völligen Integration in eine fremde Kultur erstrecken.

4.1.2 Wahrgenommene Merkmale des Auslandsmarktes 4.1.2.1 Marktwissen Mit dem Eintritt in ausländische Märkte sind hohe Anforderungen an die Kenntnisse sowie das Verständnis für die dortigen Gewohnheiten verbunden (vgl. Pedersen/Petersen, 2004, S. 110). Das Wissen über einen Auslandsmarkt übt nicht nur einen bedeutenden Einfluss auf den Verlauf eines Internationalisierungsprozesses aus, sondern auch auf den Erfolg des gesamten Auslandsgeschäfts (vgl. bspw. Johanson/Vahlne, 1977, S. 23; Terpstra/Yu, 1988, S. 35; Kogut/Zander, 1992, S. 384). Fehlendes Marktwissen wird als die größte Barriere für den Unternehmenserfolg im Ausland bezeichnet (vgl. Johanson/Vahlne, 1997, S. 27f.; Lamb/Liesch, 2002, S. 9), denn es beeinflusst nicht nur die generelle Entscheidung über den Markteintritt, sondern bestimmt auch die Intensität der Bindung unternehmerischer Ressourcen am jeweiligen Markt (vgl. Klein/Roth, 1990, S. 37; Kumar/Epple, 2002, S. 314). Petersen/Pedersen/Sharma weisen darauf hin, dass das Marktwissen neben der Marktauswahl und der Markteintrittsstrategie auch die Geschwindigkeit der Internationalisierung beeinflusst (vgl. Petersen/Pedersen/Sharma, 2003, S. 36). Vom Marktwissen ist außerdem auch die Einstellung der Unternehmer gegenüber ausländischen Märkten abhängig. Nach Weber weisen Exporteure45 im Vergleich zu Nicht-Exporteuren „eine positivere Einstellung gegenüber Auslandsaktivitäten auf, indem sie diese als wichtiger einstufen, höhere Gewinne aus ausländischen Engagements erwarten und damit ein geringeres Risiko verbinden“ (Weber, 1997, S. 134f.). Mit Marktwissen als erklärende Variable des Unternehmenserfolgs im Ausland beschäftigten sich insb. die Autoren der Uppsala-Schule, die sagen, dass alle Entscheidungen in Unternehmen auf Kenntnissen beruhen, von Kenntnissen initiiert werden und dass alle Entscheidungsalternativen an Hand von Kenntnissen bewertet werden. Das Wissen über einen Auslandsmarkt stellt somit eine wichtige Personalressource des Unternehmens dar (vgl. Johanson/ Vahlne, 1977, S. 27f). „Consequently, the better the knowledge about a market, the more valuable are the resources and the stronger the commitment to the market” (Andersen, 1993, S. 211). Auch das Internationalisierungsmodell von Luostarinen, das den verhaltenswissenschaftlich orientierten Phasenmodellen der Internationalisierung zuzuordnen ist, schreibt dem Marktwissen bei der Aufnahme von Auslandsaktivitäten eine hohe Bedeutung zu. Luostarinen geht davon aus, dass fehlende Kenntnisse über sowie Erfahrungen mit ausländischen Märkten sog. laterale Rigidität verursachen (vgl. Kap. 2.2.3.3), die das Marktverhalten von Unternehmen prägt (vgl. Luostarinen, 1979, S. 31ff.). Ähnlich wie Luostarinen, setzt auch das UppsalaModell voraus, dass mit steigenden Kenntnissen die wahrgenommene Unsicherheit gegenüber Auslandsmärkten sinkt und dadurch die Bereitschaft des Unternehmers zum Eintritt in geo-

45

In der Literatur zur Internationalisierung von Unternehmen wird angenommen, dass Exporteure über besseres Marktwissen verfügen als Nichtexporteure.

91

graphisch oder kulturell weiter entfernte Länder steigt (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 23). Auch weitere Autoren bestätigen in ihren Studien, dass unerfahrene Unternehmen geographisch nahe sowie ähnliche Märkte bevorzugen (vgl. bspw. Clark/Pugh, 2001, S. 287). Aufbauend auf den ursprünglichen Arbeiten von Johanson/Vahlne bezeichnen auch neuere Arbeiten der Uppsala-Schule das Marktwissen als Schlüsseldimension der Internationalisierung (vgl. Vahlne/Nordström, 1993, S. 529). Das Marktwissen kann, je nachdem ob dessen Objekt oder die Art und Weise der Wissensgewinnung in Betracht gezogen werden, unterschiedlich klassifiziert werden (vgl. Abb. 12). Klassifizierung des Marktwissens nach dem Objekt

nach der Art und Weise des Erwerbs

allgemeine Kenntnisse (general knowledge)

objektive Kenntnisse (objective knowledge)

spezifische Marktkenntnisse (specific market knowledge)

Erfahrungswissen (experiential knowledge)

Abb. 12: Klassifizierung des Marktwissens Quelle: in Anlehnung an Johanson/Vahlne, 1977, S. 28

Die wohl am häufigsten verwendete Klassifizierung des Marktwissens ist der aus dem Jahr 1966 stammenden Forschungsarbeit The Theory of the Growth of the Firm von Penrose zu entnehmen. Penrose unterscheidet in ihrer Arbeit zwischen objektiven Marktkenntnissen und dem Erfahrungswissen der Manager. „One type, objective knowledge, can be taught, the other, experience or experiential knowledge, can only be learned through personal experience” (Penrose, 1966, S. 53, zit. nach Johanson/Vahlne, 1977, S. 28). Johanson/Vahlne übernahmen zwar die von Penrose vorgeschlagene Klassifizierung vom Marktwissen, schrieben allerdings den objektiven Kenntnissen bei der Internationalisierung keine große Bedeutung zu. Sie bezeichnen das Erfahrungswissen als „critical kind of knowledge“ (Johanson/Vahlne, 1977, S. 28) und betrachten dieses als zentrale Erklärungs-variable des Unternehmenserfolgs im Ausland. Sie vertreten die Meinung, dass nur auf Grund von Erfahrungswissen die Wahrnehmung und Nutzung von konkreten Marktchancen möglich ist, während lediglich objektive Kenntnisse über einen Auslandsmarkt für das Verständnis der dortigen Gegebenheiten nicht ausreichend sind (vgl. ebenda, S. 28). Während der Erwerb von objektiven Marktkenntnissen einfacher und schneller ist, denn sie sind übertragbar, d. h. lern- und lehrbar (vgl. Lamb/Liesch, 2002, S. 9; Pedersen/Petersen, 2004, S. 110), bezieht sich das Erfahrungswissen auf eine bestimmte Person und ihre „Emotionen, Erlebnisse und Intuitionen“ (Holtbrügge, 2005, S. 8). Das Erfahrungswissen kann nur schrittweise gewonnen werden (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 28). Dementsprechend stellen die laufenden Aktivitäten auf dem Auslandsmarkt die primäre Quelle für den Erwerb des Erfahrungswissens dar (vgl. Andersen, 1993, S. 211). 92

Neben den berufsbedingten Erfahrungen mit Auslandsmärkten wird in der einschlägigen Literatur ebenfalls die Bedeutung von privaten Auslandserfahrungen hervorgehoben (vgl. Köglmayr, 1989, S. 89ff.; Holzmüller/Kasper, 1991, S. 54; Weber, 1997, S. 134f.; Reuber/ Fischer, 1997, S. 809; Lamb/Liesch, 2002, S. 13). Den genannten Arbeiten zufolge können auch Faktoren wie z. B. Urlaub oder Studium im Ausland bzw. andere privatbezogene Auslandsaufenthalte sowie persönliche Kontakte die Entscheidung über die Aufnahme bzw. Erweiterung des Auslandsengagements beeinflussen. Die privatbezogenen Erfahrungen üben insb. einen Einfluss auf die grundsätzliche Einstellung gegenüber Auslandsmärkten aus, u. a. auch auf die Aufgeschlossenheit gegenüber fremden Kulturen, die sich in der Bereitschaft zum Auslandsengagement widerspiegelt (vgl. Wiedersheim-Paul/Olson/Welch, 1978, S. 48; Lloyd-Reason/Mughan, 2002, S. 120ff.). Der Bedeutung von Erfahrungen mit der Internationalisierung von Unternehmen wird in der Literatur eine große Aufmerksamkeit geschenkt (vgl. bspw. Klein/Roth, 1990, S. 27ff.; Reuber/Fischer, 1997, S. 807ff.; McGaughey/Welch, 1997, S. 176). So betonen bspw. Reuber/Fischer einen direkten Einfluss von persönlichen Auslandserfahrungen auf das Internationalisierungsverhalten insb. bei KMU, denn das vorherige Arbeiten, Studieren und Leben des Unternehmers im Ausland prägt die Unternehmenskultur und somit auch die Einstellung zur Internationalisierung (vgl. Reuber/Fischer, 1997, S. 808ff.). Auch Klein/Roth gehen in ihrer Studie zwar davon aus, dass die Art und Weise des Eintritts in ausländische Märkte von Erfahrungen abhängt, sie bezweifeln jedoch die Annahme der Uppsala-Schule über einen inkrementellen, von Erfahrungen abhängigen Verlauf der Internationalisierung (vgl. Klein/Roth, 1990, S. 29). Nach mehreren Studien tendieren demnach junge, unerfahrene Unternehmen nicht weniger zu einem Auslandsengagement als ältere Firmen mit zahlreichen Erfahrungen (vgl. bspw. Lee/Brasch, 1978, S. 92; Klein/Roth, 1990, S. 29). Der Einfluss objektiver Marktkenntnisse auf die Bereitschaft zur Aufnahme von Auslandsaktivitäten sollte allerdings nicht unterschätzt werden, denn neben direkten Erfahrungen mit einem Auslandsmarkt und den vorhandenen objektiven Kenntnissen spielt auch eine zielgerichtete Informationssuche eine bedeutende Rolle. Hauler schlägt in seiner Arbeit ein dreidimensionales Konstrukt der Marktkenntnisse vor, in dem er neben den Erfahrungen der Manager auch Expertenwissen sowie ein systematisches Informationsmanagement als wichtige Quellen für die Internationalisierung bezeichnet (vgl. Hauler, 2005, S. 243ff.). Dabei soll unter Informationsmanagement nicht nur ein standardisiertes, computergestütztes Informationssystem verstanden werden, sondern auch „spezifische, personengebundene Informationen“ (ebenda, S. 244). Fehlende Erfahrungen und Kenntnisse bzgl. eines Auslandsmarktes können durch die Nutzung des Expertenwissens (vgl. Hauler, 2005, S. 248ff.) ersetzt werden, welches u. a. durch die Einstellung heimischer Arbeitskräfte gewonnen werden kann (vgl. Vahlne/Nordström, 1993, S. 532). So wird auch der Kritik der ethnozentrischen Perspektive der ursprünglichen 93

Arbeiten der Uppsala-Schule nachgegangen, welche die Einbeziehung von lokalen Managern auf Grund ihrer fehlenden unternehmensspezifischen Erfahrungen ablehnten (vgl. Johanson/ Vahlne, 1977, S. 29). In diesem Zusammenhang weisen Vahlne/Nordström darauf hin, dass der Einsatz von Beratern und Mitarbeitern mit spezifischem Marktwissen erforderlich sei (vgl. Vahlne/Nordström, 1993, S. 532). Die zweite Klassifizierung des Marktwissens, die mit der vorherigen eng zusammenhängt, erfolgt nach der Einteilung der Kenntnisse in solche, die mit einem bestimmten Markt verbunden sind (market-specific knowledge) und sog. allgemeine Kenntnisse (general knowledge) (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 28).46 Die allgemeinen Kenntnisse beziehen sich auf das Management- und Marketingwissen sowie auf bereits verfolgte oder bevorzugte Strategien sowohl auf dem Heimatmarkt als auch im Ausland. Beim Eintritt in neue Märkte kann auf bereits erworbene Kenntnisse und Erfahrungen aus anderen Ländern zurückgegriffen werden. Da die Verhaltensweise der Manager von ihrer Persönlichkeit abhängt, kann keine verallgemeinernde Aussage über die Nutzung von diesen Kenntnissen beim Internationalisierungsprozess getroffen werden. Konservative und risikoaverse Manager würden jedoch plausiblerweise dazu tendieren, bewährte Verhaltensmuster den neuen vorzuziehen, während innovative und risikofreudige Manager eher bereit wären, andere Markteintrittsstrategien zu verfolgen. Die marktspezifischen Kenntnisse sind immer mit einem bestimmten Markt verbunden und können nach den Vertretern der Uppsala-Schule ausschließlich durch Erfahrungen gewonnen werden (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 28). An dieser Stelle soll jedoch wieder auf den Determinismus der Uppsala-Schule hingewiesen werden, der eine aktive Suche nach Informationen ausschließt und die Internationalisierung als Ergebnis der Wirkung von Umweltfaktoren betrachtet, die der Unternehmer selbst nicht wesentlich beeinflussen kann (vgl. Kap. 2.2.3). Ausgehend von dieser Kritik werden zum Zwecke dieser Arbeit marktspezifische Kenntnisse als Wissen betrachtet, bei dem es sich sowohl um objektive Kenntnisse als auch um direkte Erfahrungen handelt. Die Kenntnisse der politischen und wirtschaftlichen Situation sowie das Wissen über und das Verständnis für kulturelle Gewohnheiten in einem bestimmten Markt können wesentlich zum Unternehmenserfolg auf Auslandsmärkten beitragen. Dementsprechend besteht der Hauptunterschied zwischen allgemeinen und marktspezifischen Kenntnissen darin, dass allgemeine Kenntnisse, im Gegensatz zu marktspezifischen, auf neue Märkte übertragen werden können. 46

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Eine ähnliche Differenzierung schlägt auch Weiss vor, die neben den rechtlichen Restriktionen zwischen produktspezifischen und zielmarktspezifischen Erfahrungen unterscheidet. „Unter produktspezifischen Erfahrungen sind solche Erfahrungen zu verstehen, die ein Unternehmen durch die Produktion und Vermarktung eines bestimmten Produktes gesammelt hat. Die Ausführung dieser Aktivitäten ist mit dem Einsatz von Fähigkeiten und Ressourcen verbunden“ (Weiss, 1996, S. 76).

In der vorliegenden Arbeit soll auf beide in diesem Abschnitt erwähnten Klassifizierungen der Marktkenntnisse zurückgegriffen werden. Die Unterteilung in objektive Kenntnisse und Erfahrungswissen ermöglicht u. a. festzustellen, ob bzw. wie sich auslandserfahrene Unternehmer von unerfahrenen in Bezug auf ihre Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation unterscheiden. Auch der Bezugspunkt der Kenntnis (general knowledge oder marketspecific knowledge) darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, da diese Unterscheidung für die Begründung der unterschiedlichen Kooperationsbereitschaften mit Unternehmen aus verschiedenen Ländern von grundsätzlicher Bedeutung ist. Die allgemeinen Kenntnisse (general knowledge) sollen weiterhin in diejenigen unterteilt werden, die mit dem allgemeinen Marketing- und Managementwissen zusammenhängen (z. B. Erfahrungen mit Kooperationsstrategien auf dem heimischen Markt und ihre Übertragung auf Auslandsmärkte) und diejenigen, die sich zwar auf andere Länder beziehen, allerdings nicht auf das Zielland.47 In Bezug auf die Ziele der vorliegenden Arbeit soll das Marktwissen aus rein individueller Perspektive betrachtet werden, d. h. es wird im Folgenden nicht über Kenntnisse und Erfahrungen des Unternehmens gesprochen werden, sondern über die des Unternehmers. Demzufolge rückt insb. das subjektive Wissen, d. h. die subjektive Überzeugung über den eigenen Wissensstand in den Vordergrund (vgl. Kornmeier, 2002, S. 154f.; Moorman et al., 2004, S. 673). Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Marktwissen eine Variable darstellt, die für die Internationalisierung von besonderer Bedeutung ist. Allerdings sollte dieses nicht nur zeitbezogen betrachtet werden (wie z. B. die im Ausland verbrachte Zeit), sondern es sollen insb. dessen qualitative Aspekte in den Vordergrund gestellt werden (vgl. Hauler, 2005, S. 371). In diesem Zusammenhang weisen Blomsterno/Eriksson/Sharma darauf hin, dass die in der Literatur oft postulierte Annahme eines steigenden Erfahrungswissens bei steigender Dauer der Präsenz auf Auslandsmärkten nicht richtig ist, da das Unternehmen in unterschiedlichen Phasen des Auslandsengagements unterschiedliche Informationen für notwendig hält (vgl. Blomstermo/Eriksson/Sharma, 2002, S. 265f.). „According to this view, new fields of knowledge become sequentially relevant and are included in the stock of knowledge of the firm“ (ebenda, S. 266).

4.1.2.2 Stereotype Neben Marktwissen stellen auch Stereotype eine wichtige Basis für die Beurteilung eines Auslandsmarktes dar. Ähnlich wie bei einer Produktbeurteilung werden auch im Falle der Beurteilung eines ausländischen Marktes vereinfachte ‚Abbildungen’ verwendet, welche dazu dienen, „die soziale Umwelt mit begrenztem kognitivem Aufwand zu erfassen, zu ordnen und zu systematisieren“ (Kornmeier, 2002, S. 50). 47

Erfahrungen mit Kooperation mit Land A können wenigstens teilweise auf Land B übertragen werden.

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Die wechselseitige Nutzung von tatsächlichen Informationen über das Land, die auf der objektiven Kenntnis und/oder der direkten Erfahrung basieren, und Stereotypen, die auf vermutete Eigenschaften der Angehörigen eines Landes zurückgeführt werden können, hängt vom Umfang und von der Qualität der Kenntnisse bzgl. des Auslandsmarktes ab. Es ist anzunehmen, dass Stereotype eine umso geringere Rolle in der individuellen Wahrnehmung spielen, je mehr objektive Kenntnisse und direkte Erfahrungen das Individuum mit einem bestimmten Land besitzt (vgl. Hofstätter, 1949, S. 31; Kornmeier, 2002, S. 50). Stereotype werden dementsprechend öfter von unerfahrenen Individuen in die Objektbeurteilung einbezogen, als von denen, die über direkte Erfahrungen bzw. bessere objektive Kenntnisse verfügen (vgl. Maheswaran, 1994, S. 354f.; Baker/Ballington, 2002, S. 162). Dies liegt darin begründet, dass sich Individuen bemühen, ihre kognitiven Dissonanzen zu senken, die auf Grund von fehlenden Informationen über das Entscheidungsproblem entstanden sind. Ausgehend von der Theorie der kognitiven Dissonanz von Festinger (1957) streben Individuen nach einer kognitiven Konsistenz, die u. a. durch die Einbeziehung zusätzlicher Informationen erreicht werden kann (vgl. Silberer, 1990, S. 345f.). Diese Informationen müssen allerdings nicht unbedingt der Realität entsprechen. Mit der Problematik der Stereotype befasste sich bereits eine ganze Reihe von Wissenschaftlern insb. aus der Sozialpsychologie, Soziologie oder Politologie (vgl. Berting/VillainGandossi, 1999, S. 17; Koukola, 2001, S. 116). In der einschlägigen Literatur wird insb. nationalen bzw. ethnischen Stereotypen sowie Geschlechtstereotypen eine große Aufmerksamkeit geschenkt, weniger werden kulturelle oder politische Stereotype thematisiert (vgl. Koukola, 2001, S. 116; Krueger, 1996, S. 961). Stereotype entstehen auf Grund von sozialer Wahrnehmung und können unterschiedliche Konsequenzen auslösen. Oft werden sie zu Objekten von Anekdoten, sie können allerdings auch Isolation oder Diskriminierung bestimmter Gruppen zur Folge haben. Für den Begriff Stereotyp, der im Jahre 1922 von Lippmann im Rahmen der Sozialpsychologie der Gruppe eingeführt wurde (vgl. Johannsen, 1971, S. 40), ist charakteristisch, dass er, im Vergleich zum Imagebegriff, eher mit Menschen verbunden wird, und zwar mit Gruppen von Menschen. Dementsprechend sind als Objekte der stereotypen Wahrnehmung oft eine soziale Gruppe, eine Minorität oder ein Volk zu bezeichnen (vgl. Johannsen, 1971, S. 38). Lippmann sprach im Zusammenhang mit Stereotypen über „pictures in our head“ (zit. nach Gewecke, 1992, S. 274). Katz/Bradley (1935) betonten dagegen insb. „die negativen Aspekte […]: Fiktion, Rationalisierung und Täuschung über den Gruppencharakter von Eigenschaften“ (Schäfer, 1988, S. 15). Dass stereotype Vorstellungen von einer Gruppe geteilt werden, unterstreichen Lowengart/Zaidman in ihrer Definition. „Stereotypes can be seen as public information about social groups that is shared among the individuals within a culture“ (Lowengart/Zaidman, 2003, S. 85). Auch Skrobanek geht in seiner Beschreibung von Stereotypen auf die Gruppenzuordnung ein. Nach seiner Meinung bedeutet ein Stereotyp „eine 96

erwartete Korrelation zwischen bestimmten Eigenschaften und der Gruppenmitgliedschaft“ (Skrobanek, 2004, S. 50).48 Stereotype, als generalisierte Schnellurteile über die Angehörigen einer Kultur, werden auf einzelne Mitglieder dieser Kultur übertragen (vgl. Lowengart/Zaidman, 2003, S. 79). Diese Schnellurteile, die immer wertend sind (vgl. Gewecke, 1992, S. 274), werden sowohl mit positiven als auch negativen Emotionen verbunden und oft lediglich unter bestimmten Umständen aktiviert, wie z. B. im Tourismus oder bei Fußballmeisterschaften (vgl. Berting/ Villain-Gandossi, 1999, S. 27). Für Stereotype ist weiterhin charakteristisch, dass sie auf keiner unmittelbaren Erfahrung beruhen, denn sie entstehen als Konsequenz des Lebens in einer Gruppe (Familie, Gesellschaft) und sind im kollektiven Bewusstsein verankert (vgl. Berting/Villain-Gandossi, 1999, S. 14). Demzufolge weisen sie eine hohe Resistenz gegenüber Änderungen auf und sind nur schwer wandelbar. Eine Beseitigung von bestehenden Stereotypen erfordert einen langen Zeitraum und persönliche Kontakte zwischen den beiden Gruppen. So kann bspw. ein privater bzw. berufsbedingter Auslandsaufenthalt den Einfluss von nationalen Stereotypen auf die Beurteilung der Menschen in dem jeweiligen Land mindern. Neben der Beständigkeit ist nicht zuletzt auch ein weiteres wesentliches Merkmal von Stereotypen zu erwähnen und zwar ihr normativer Charakter (vgl. Berting/Villain-Gandossi, 1999, S. 29; Koukola, 2001, S. 122; Bergmann, 2001, S. 9). Dieser hängt mit dem Streben nach der Manifestation der Zugehörigkeit zur eigenen Gruppe zusammen. Der normative Druck führt zu Handlungen, die in der eigenen Gruppe toleriert werden (vgl. Bergmann, 2001, S. 9). Für das internationale Management und insb. für die mit Auslandsengagement verbundenen Entscheidungsprozesse sind v. a. nationale Stereotype von großer Bedeutung, die eine Art von Stereotypen darstellen (vgl. Lowengart/Zaidman, 2003, S. 79). Bereits im Jahre 1949 setzte sich Hofstätter mit nationalen Stereotypen auseinander und diskutierte ihren Einfluss auf die öffentliche Meinung (vgl. Hofstätter, 1949, S. 30ff.). Von den neueren Arbeiten zu nationalen Stereotypen sind bspw. die Studie von Lowengart/Zaidman (2003) oder auch die von Kosmala (2001) zu nennen, welche die Gründe einer negativen Wahrnehmung Polens in Deutschland hinterfragt (vgl. Kosmala, 2001, S. 29ff.). Trotz der Tatsache, dass eine stereotype Wahrnehmung der Menschen aus einem Land im Widerspruch zu Fakten steht bzw. der Wirklichkeit nur beschränkt entspricht, nur einige Eigenschaften und Symbole hervorhebt, unvollständig und verzerrt ist sowie lediglich auf die markantesten Unterschiede im Vergleich zur eigenen Kultur hinweist (vgl. ŠronČk, 2002, S. 57; Gewecke, 1992, S. 274), nutzen Menschen solche Vorstellungsbilder zur Beurteilung

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Eine Übersicht der Definitionen von Stereotypen liefert bspw. Johannsen (vgl. Johannsen, 1971, S. 42ff.).

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der Eigenschaften der Menschen aus diesem Land (vgl. Maheswaran, 1994, S. 354ff.; Berting/Villain-Gandossi, 1999, S. 15). Stereotype können als Orientierungshilfe in unbekannten Situationen dienen, sie ersetzen das individuelle Denken oder die individuelle Beobachtung (vgl. Fischer/Trier, 1962, in: Johannsen, 1971, S. 45) v. a. dort, wo eigene Erfahrungen bzw. eigenes Wissen auf Grund von Zeitdruck bzw. mangelnder Motivation zur Informationssuche fehlen (vgl. Hoffstätter, 1949, S. 31; Kornmeier, 2002, S. 55). Es handelt sich also um Schnellurteile, die auf dem am leichtesten und am schnellsten zugänglichen kognitiven Schema beruhen (vgl. Thomas, 1993, S. 263; Müller/Gelbrich, 2004, S. 288f.). Chlewinski betont in diesem Zusammenhang auch eine bestimmte ‚Rationalität’ bei der Nutzung von Stereotypen, die, seiner Meinung nach, im Streben nach möglichst einfachem und schnellem Problemverständnis besteht (vgl. Koukola, 2001, S. 119; vgl. auch Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 14). In diesem Zusammenhang betont auch Katona, dass „der Glaube und das Festhalten an Stereotype eine unvermeidliche und entlastende Funktion erfüllt“ (Katona, 1990, S. 330). Die vereinfachten, generalisierten Annahmen über die Mitglieder einer anderen Kultur, die zur Beurteilung der Unterschiede zur eigenen Kultur genutzt werden, können neben der Orientierungsfunktion auch eine Selbstschutzfunktion erfüllen (vgl. Usunier, 1993, S. 75; Berting/Villain-Gandossi, 1999, S. 16; Koukola, 2001, S. 119). Diese besteht in der Möglichkeit, sich mit der eigenen Gruppe zu identifizieren und dadurch von den Angehörigen anderer Gruppen abzugrenzen. Nach Chlewinski schaffen Stereotype dadurch, dass man mit ihrer Hilfe ‚Freunde von Feinden’ unterscheiden kann, ein Gefühl der Sicherheit (vgl. Koukola, 2001, S. 119). Auf die Angst von Unterschieden weist auch Usunier hin, der die Funktion des Selbstschutzes als affektive Funktion der Stereotype bezeichnet (vgl. Usunier, 1993, S. 75). In Bezug auf diese Funktion von Stereotypen soll jedoch an ihre Relativität hingewiesen werden, die darin besteht, dass einer fremden Gruppe keine absoluten Eigenschaften zugeschrieben werden, sondern dass diese an Hand von Maßstäben der eigenen Gruppe bewertet wird (vgl. Bergmann, 2001, S. 6).49 In der Literatur werden ebenfalls die Kommunikationsfunktion sowie die sozialpsychologische Funktion von Stereotypen genannt (vgl. Berting/Villain-Gandossi, 1999, S. 16). Die sozialpsychologische Funktion unterscheidet sich allerdings nicht von der o. g. Selbstschutzfunktion, denn sie hängt mit der Identifikation und der daraus resultierenden Abgrenzung der eigenen Gruppe von Fremden zusammen. Im Falle der Internationalisierung von KMU können Stereotype über die Menschen eines Landes (Verbraucher, potentielle Kooperationspartner etc.) fehlende Informationen über den

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Bergmann nennt als Beispiel für diese Relativität die West-Ost- sowie die Nord-Süd-Achse in Europa. „Von Westen nach Osten hält sich jede westlichere Nation für zivilisierter und kultivierter als die jeweiligen östlichen Nachbarn, von Osten nach Westen wird dies ganz anders gesehen, der jeweils westliche Nachbar gilt als arrogant und oberflächlich; von Norden nach Süden hält man den südlichen Nachbarn für temperamentvoller, aber auch für unordentlicher und unzuverlässiger als sich selbst, während in umgekehrter Richtung der jeweils nördliche Nachbar als stur, kühl und langweilig gesehen wird“ (Bergman, 2001, S. 6).

Markt ersetzen, die für eine Markteintrittsentscheidung für denjenigen Unternehmer von besonderer Relevanz sind. Der Frage, ob nationale Stereotype eine wichtige Funktion bei den Überlegungen über die Suche nach einem ausländischen Kooperationspartner ausüben, wird in Kap. 6 nachgegangen. Darüber hinaus soll untersucht werden, ob nationale Stereotype nur im Falle unzureichender Kenntnisse und Erfahrungen genutzt werden und somit eine besondere Bedeutung v. a. bei auslandsunerfahrenen Unternehmern besitzen.

4.1.3 Landesimage Wie bereits in Kap. 4.1.1 erwähnt, vergleicht der Unternehmer die Merkmale seines Heimatmarktes nicht direkt mit den Merkmalen des Auslandsmarktes, sondern lediglich mit einem subjektiven Bild, das er sich an Hand von bestehendem Wissen sowie an Hand von stereotyper Vorstellung über beide Länder gebildet hat. Dieses Vorstellungsbild, das nicht unbedingt der Wirklichkeit entsprechen muss, beruht auf individuellen Lernprozessen, die „direkter (z. B. persönliche Erfahrungen mit dem Beurteilungsgegenstand) oder indirekter Natur (z. B. Werbung, Sozialisation) sein können“ (Möller, 1997, S. 13). Als Basis für die Beurteilung eines Auslandsmarktes dient dem Unternehmer sein Wissen über das Land, das zum Einen auf objektiven Kenntnissen, zum Anderen auf direkten Erfahrungen beruht (vgl. Kap. 4.1.2.1). Das vorhandene Wissen beeinflusst anschließend sowohl die Suche nach weiteren Informationen als auch ihre Verarbeitung (vgl. Hausruckinger, 1993, S. 61). Bei der Beurteilung eines Objektes (eines Produktes, Landes, Menschen) nutzen Individuen die sog. vereinfachte Informationsverarbeitung, die darin besteht, dass nur einige Objektinformationen in die Beurteilung mit einbezogen werden (vgl. Häubl, 1995, S. 25). Die ausgewählten Informationen erfüllen die Rolle sog. Schlüsselinformationen, die einen möglichst vereinfachten Beurteilungs- und Entscheidungsprozess ermöglichen, da sie mehrere Einzelinformationen ersetzen bzw. bündeln und leichter gespeichert und abgerufen werden können (vgl. Wiswede, 1991, S. 276). Eine Objektbeurteilung an Hand bestehender Wissensstrukturen wird i. d. R. durch die Beurteilung an Hand von Stereotypen ergänzt. Neben objektiven Kenntnissen z. B. der politischen oder wirtschaftlichen Situation werden somit auch Assoziationen mit dem jeweiligen Land in Betracht gezogen (vgl. Johanson, 1989, S. 48f.; Niss, 1996, S. 8). Nicht zuletzt spielen bei der Beurteilung eines Auslandsmarktes auch Verhaltensnormen eine Rolle, die aus wahrgenommenem sozialen Druck resultieren (vgl. Johanson, 1989, S. 49). Diesen Verhaltensnormen zufolge werden in einem Land oder in einer sozialen Gruppe Produkte aus bestimmten Ländern bevorzugt bzw. abgelehnt. So kann bspw. durch den Kauf eines Produktes aus einem bestimmten Land die Zugehörigkeit zu einer (sozialen) Gruppe demonstriert werden (vgl. Möller, 1997, S. 35f.). Insb. in den Ländern bzw. Gruppen, in denen ein strenger Druck auf die Einhaltung von Verhaltensnormen herrscht, kann die Produktherkunft die Kaufabsicht beeinflussen (vgl. Obermiller/Spangenberg, 1989, S. 457). Nach Müller/Gelbrich sind dies vorwiegend kollektivistische Kulturen, die einen hohen Wert auf die Verhaltensnormen legen 99

(vgl. Müller/Gelbrich, 2004, S. 330f.). In diesem Zusammenhang weist Johanson darauf hin, dass während kognitive Wirkungen des Landesimages oft untersucht werden, die Forscher sowohl die affektive als auch die normative Wirkung des Landesimages auf die Verhaltensabsichten der Konsumenten vernachlässigen (vgl. Johanson, 1989, S. 56).50 Übertragen auf das Gebiet der grenzüberschreitenden Unternehmenskooperation können normative Effekte in der Überzeugung des Unternehmers bestehen, dass ein Kooperationspartner aus einem bestimmten Land von den Kunden bzw. anderen Bezugsgruppen weniger akzeptiert wird, als Kooperationspartner aus anderen Ländern. Das Bild, das sich eine Person über ein Land macht, wird durch ihre Persönlichkeitsmerkmale geprägt. Mit dem Zusammenhang zwischen der Persönlichkeit und der Wahrnehmung anderer Länder beschäftigten sich bereits zahlreiche Studien. Neben dem Einfluss von soziodemographischen Merkmalen, von denen insb. das Alter hervorgehoben wird,51 wird bei der Wahrnehmung anderer Länder die Bedeutung von psychographischen Merkmalen des Individuums betont, insb. sein Ethnozentrismus, Patriotismus und Konservatismus (vgl. Han, 1988, S. 25ff.; Nebenzahl/Jaffe/Lampert, 1997, S. 36f). 52 Ähnlich wie bei einer Produktbeurteilung, kann auch bei der Beurteilung eines Auslandsmarktes das Image des jeweiligen Landes eine Rolle spielen. Insb. in der Vorentscheidungsphase einer grenzüberschreitenden Kooperation ziehen Unternehmer das Image des Herkunftslandes des potentiellen Kooperationspartners in Betracht (vgl. Niss, 1996, S. 16). Eine Erklärung dafür kann in der niedrigen Vertrautheit begründet liegen, die auf der Unkenntnis des jeweiligen Unternehmens und seinen Leistungen, Zuverlässigkeit etc. beruht. Informationen und Eindrücke über bzw. Erfahrungen mit dem Land dienen somit als Hilfsmittel bei der Beurteilung des potentiellen Kooperationspartners. Bei der Beurteilung eines Auslandsmarktes wird zwischen zwei (vgl. Möller, 1997, S. 18ff.; Lee/Ganesh, 1999, S. 18) bzw. drei (vgl. Parameswaran/Yaprak, 1987, S. 39f.) Grunddimensionen des Konstrukts Landesimage unterschieden. Die erste, sog. landesbezogene Dimension des Landesimages bezieht sich auf die allgemeine Wahrnehmung eines Landes, d. h. auf die Wahrnehmung der Landeskultur, Bevölkerung oder Politik (vgl. Möller, 1997, S. 20). Parameswaran/Yaprak bezeichnen diese Dimension als ‚general country attributes’ (GCA) (vgl.

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Als Beispiel für normative Einflüsse auf die Kaufabsicht können Geschenke genannt werden, die oft an Hand von Verhaltensnormen gekauft werden, wie z. B. französischer Wein oder schweizer Uhren (vgl. Johanson, 1989, S. 49). Zu anderen soziodemographischen Merkmalen, die im Zusammenhang mit Country-of-Origin Effekten untersucht wurden gehören v. a. Einkommen, Geschlecht und Nationalität. Die Autoren kommen allerdings zu inkonsistenten Ergebnissen, was den Einfluss dieser Variablen auf die Beurteilung ausländischer Produkte anlangt (vgl. Häubl, 1995, S. 65ff.; Hausruckinger, 1993, S. 19f.). Han untersuchte den Einfluss des Patriotismus auf die Kaufabsicht. Nach den Ergebnissen seiner Studie spielt Patriotismus eine wichtige Rolle bei der Wahl zwischen heimischen und ausländischen Produkten, während Kognitionen gegenüber Produkten aus einem bestimmten Land nur begrenzt zu dieser Wahl beitragen (vgl. Han, 1988, S. 31).

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Parameswaran/Yaprak, 1987, S. 39), Lee/Ganesh als ‚overall image’ (vgl. Lee/Ganesh, 1999, S. 18). Die zweite Dimension des Landesimages ist spezifischer, denn es handelt sich um das sog. ‚Made in Image’, d. h. um das Image der in dem jeweiligen Land hergestellten Produkte und der aus dem jeweiligen Land stammenden Unternehmen und Marken. Möller nennt diese Dimension als produktbezogene Dimension des Landesimages (vgl. Möller, 1997, S. 18f.). Als ‚product specific image’ ist die produktbezogene Dimension bei Lee/Ganesh zu finden (vgl. Lee/Ganesh, 1999, S. 18). „Als Bezugsobjekte der produktbezogenen Dimensionen können neben der Gesamtheit der Produkte eines Landes auch bestimmte, landesspezifische bzw. -typische Produktgruppen fungieren“ (Möller, 1997, S. 18). Das als erstes erwähnte ‚Made in Image’ (die Gesamtheit der Produkte eines Landes) bezieht sich auf die Wahrnehmung von Preisniveau, Qualität, Service, Prestige etc. der dortigen Produkte, Parameswaran/Yaprak nennen diese Gruppe als ‚general product attributs’ (GPA) (vgl. Parameswaran/Yaprak, 1987, S. 39). Das Image einer bestimmten Produktkategorie wird von Parameswaran/Yaprak als die Wahrnehmung von ‚specific product attributs’ (SPA) bezeichnet (vgl. ebenda, S. 40). Möller spricht in diesem Zusammenhang über typische Herstellerkompetenzen eines Landes. Dabei handelt es sich um spezifische Fähigkeiten, die einem Land in Bezug auf eine konkrete Produktkategorie zugeschrieben werden (Schweiz – Uhren; Deutschland – Automobile; Frankreich – Wein) (vgl. Möller, 1997, S. 18). Die Unterscheidung zwischen den landes- und produktbezogenen Merkmalen bzw. zwischen GCA, GPA und SPA stellt eine übliche Konzeptualisierung des Konstrukts des Landesimages dar (vgl. Parameswaran/Pisharodi, 1994, S. 45). In der Landesimageforschung wird der produktbezogenen Dimension generell eine größere Aufmerksamkeit gewidmet (vgl. Möller, 1997, S. 20), worauf oft auch die Abgrenzung des Begriffs Landesimage hindeutet. Nagashima definiert Landesimage als „the picture, the reputation, the stereotype that businessmen and consumers attach to products of a specific country” (Nagashima, 1970, S. 68). Ähnlich (auch produktorientiert) definieren Roth/Romeo das Landesimage: „country image is overall perception consumers form of products from a particular country, based on their prior perceptions of the country’s production and marketing strengths and weaknesses“ (Roth/Romeo, 1992, S. 480). Auch Möller bezieht in seine Begriffsabgrenzung die produktbezogene Dimension des Landesimages ein, indem er dieses als „System von Eindruckswerten“ definiert, „dessen Bezugsobjekt ein bestimmter Staat ist und/oder die Produkte aus diesem Staat sind“ (Möller, 1997, S. 17). Die produktbezogene Dimension weist im Vergleich zur landesbezogenen eine niedrigere Beständigkeit auf. Im Laufe der Zeit verändert sich schneller die Wahrnehmung der aus einem Land stammenden Produkte und Unternehmen, als die seiner Kultur oder Bevölkerung. Dies ist u. a. auf Wertewandel, technologische Innovationen oder Marketingmaßnahmen zurückzuführen (vgl. Möller, 1997, S. 23f.). Was den zukünftigen Stellenwert der produktbezogenen Dimension des Landesimages anlangt, ist fraglich, ob durch häufige internationale 101

Unternehmenskooperationen diese Dimension nicht an Bedeutung verliert. Die Internationalisierung unternehmerischer Tätigkeit hat zur Folge, dass Konsumenten bestimmte Produkte nicht eindeutig zu ihren Herkunftsländern zuordnen können.53 Durch den ständig wachsenden internationalen Handel ändert sich öfter auch das sog. Awareness Set, d. h. die Gesamtheit der, aus einem Land stammenden Produkte, die vom Konsumenten wahrgenommen werden (vgl. Hausruckinger, 1993, S. 47; Möller, 1997, S. 24). Außerdem ist eine Tendenz der Unternehmen zu verzeichnen, die ‚Made in’ Bezeichnung durch ‚Made by’ zu ersetzen (vgl. Seiwert, 2003, S. 15). Für die vorliegende Arbeit stellt die Unterteilung des Landesimages in landes- und produktbezogene Dimension einen besonders wichtigen Punkt dar. Für die Identifikation der Erklärungsvariablen der psychischen Distanz ist bedeutend, welche Merkmale eines Landes als Grundlage für den Vergleich mit eigenem Land gewählt und anschließend bewertet und interpretiert werden. Für das internationale Marketing (z. B. für die Wahl der Markteintrittsstrategie) sowie für das internationale Personalmanagement (z. B. Mitarbeiterentsendung ins Ausland) ist ausschlaggebend, ob die empfundene Fremdartigkeit gegenüber einem Land eher auf Merkmalen beruht, die mit dem gesamten Land verbunden werden (Kultur, politisches System, Mentalität) oder eher auf Merkmalen, die mit den, aus diesem Land stammenden Produkten, Marken und Unternehmen verbunden werden (Qualität der Produkte, Zuverlässigkeit, Prestige, Herstellerkompetenzen etc.). In der Tab. 10 sind die Subdimensionen des Landesimages überblicksartig zusammengefasst und mit Beispielen dargelegt.

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Sog. hybride Produkte führen oft zur Konsumentenverwirrtheit und dadurch zu einer höheren Unsicherheit bzgl. ihrer Qualität. Mehr zu diesem Thema vgl. bspw. Häubl, 1995, S. 77ff.

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Dimension des Landesimages landesbezogene Dimension

Subdimension (Kategorie)

Beispiele

politisch-rechtliche Bedingungen

Regierung, politische Freiheit, Innenstabilität, Mitgliedschaft in internationalen Gemeinschaften, rechtliche Rahmenbedingungen der grenzüberschreitenden Kooperation Währungsstabilität, Inflation, Arbeitslosigkeit, FDI, Lohnkosten, Finanzmärkte, Produktivität Bevölkerungsstruktur und -entwicklung, Lebenserwartung geographische Lage, Landesgröße, Rohstoffvorkommen Lebensstandard, Ausbildungsniveau, Infrastruktur, technischer und technologischer Fortschritt, Industrialisierungsgrad Tradition, kulturelle Vielfalt, kulturelle Offenheit, Einstellung zur Arbeit (Arbeitsstil, Fleiß, Disziplin), Normen und Werte in der Gesellschaft (Stellung der Frau, Rolle der Familie, Individualismus/ Kollektivismus etc.) Bekanntheit und Ruf des Landes im Ausland, Land als Urlaubsziel, Interesse für das Land im Ausland Service, Zuverlässigkeit, Qualität, Zugänglichkeit im Ausland, Sicherheit der Produkte, Attraktivität, Prestige, Design, Auswahl (Sortiment), Awareness Set, Leistungskraft der Unternehmen, Umweltfreundlichkeit, F&E Aktivitäten, Stellung der Unternehmen im internationalen Vergleich, Unternehmensethik, Führungsstil, Unternehmenskultur typische Branchen, Marken, spezifische Landeskompetenzen, repräsentative Produkte, Spezialitäten

wirtschaftliche Bedingungen

demographische Bedingungen geographische Bedingungen Entwicklungsstand des Landes

Gesellschaft/Mentalität der Bevölkerung

Land allgemein

produkt- und unternehmensbezogene Dimension

Produkte und Unternehmen des Landes als Gesamtheit

typische (spezifische) Herstellerkompetenzen

Tab. 10: Dimensionen des Landesimages Quelle: in Anlehnung an Parameswaran/Yaprak, 1987, S. 39f.; Möller, 1997, S. 18ff.; Lee/Ganesh, 1999, S. 18

Welche von den, in der Tab. 10 genannten Kategorien (Subdimensionen) des Landesimages den Unternehmern als Grundlage für die Beurteilung der Unterschiede zwischen dem Heimatland und dem fremden Land sowie für die anschließende Bewertung der Konsequenzen dieser Unterschiede für eine grenzüberschreitende Kooperation dienen, soll an Hand der Erkenntnisse der explorativen Untersuchung bei Unternehmern im sächsisch-tschechischen Grenzraum identifiziert werden (vgl. Kap. 6). Zunächst wird jedoch auf die Verarbeitung dieser Unterschiede theoriegeleitet eingegangen (vgl. Kap. 4.1.4).

4.1.4 Subjektiv wahrgenommene Unterschiede zwischen Auslands- und Heimatmarktimage Die in Kap. 4.1.3 beschriebene Vorstellung des Unternehmers über das Herkunftsland des potentiellen Kooperationspartners dient als Grundlage für den Vergleich mit den wahrge-

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nommenen Merkmalen des eigenen Landes (vgl. Abb. 11). Wie bereits erwähnt, tragen objektive Differenzen zwischen zwei Ländern zur Beurteilung derer Unterschiede nur begrenzt bei. Eine besonders hohe Relevanz für weitere Entscheidungen (Kooperationsentscheidung, Exportentscheidung, Entscheidung über Urlaub, Auslandsaufenthalt etc.) besitzt die subjektive Wahrnehmung dieser Unterschiede sowie eine anschließende Bewertung und Interpretation der Konsequenzen einer solchen Entscheidung. Nicht die objektiven, sondern die subjektiv wahrgenommenen Merkmale eines Auslandsmarktes (im Vergleich zum Heimatmarkt) stellen die Basis für potentielle Internationalisierungsentscheidungen dar (vgl. Zellenberg, 1994, S. 55). Außerdem unterliegt auch die Auswahl von Unterschieden, die für eine Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Land relevant sind einer subjektiven Abwägung. Demzufolge sind manche Kriterien für verschiedene Individuen auch unterschiedlich bedeutsam. Auch in dem Falle, dass zwei Individuen gleiche Unterschiede für relevant halten und diese auch gleich wahrnehmen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie diese auch gleich bewerten und interpretieren gering (vgl. Kornmeier, 2002, S. 57; Müller/Gelbrich, 2004, S. 388). Die Entscheidungen, die auf den subjektiv wahrgenommenen Unterschieden beruhen, werden sowohl kognitiv als auch affektiv geprägt. In diesem Zusammenhang weist Han darauf hin, dass die Rolle von affektiven Faktoren in manchen Fällen dominant sein kann (vgl. Han, 1988, S. 25f.). Auch Holzmüller/Kasper, welche die Exportleistung österreichischer KMU untersuchten, besagen, dass „besides such cognitive abilities as foreign trade know-how, marketing knowledge, and efficient production, so called non-cognitive aspects such as attitudes, value systems and norms are important for export performance” (Holzmüller/ Kasper, 1991, S. 67). Die subjektive Verarbeitung der wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandmarkt hat ihre Ursachen in der selektiven Wahrnehmung der Realität (vgl. Hiebsch, 1986, S. 174). Die Individuen bilden sich eine subjektive Rekonstruktion der Realität je nach ihren Interessen, Erfahrungen, Bedürfnissen und Motiven (vgl. Bergmann, 2001, S. 5). Die wahrgenommenen Informationen über einen Auslandsmarkt unterliegen einer Kategorisierung, die dabei hilft, die zur Verfügung stehende Informationsmenge zu reduzieren (vgl. Hiebsch, 1986, S. 259). Auf Grund der begrenzten Informationsverarbeitungsleistung beschränken sich Individuen auf eine relativ kleine Anzahl von Kategorien, die dem Beurteilungsobjekt zugeordnet werden (vgl. ebenda, S. 271f.). Durch diese Systematisierung wird der gesamte Prozess der Informationsverarbeitung erleichtert, da sie dem Individuum ermöglicht, die wahrgenommenen Informationen einfacher zu organisieren, zu bewerten und abzurufen. Im Verlauf der Wahrnehmung und Beurteilung eines Objektes (z. B. eines Landes) werden diesem Merkmale zugeschrieben, was zu einer systematischen Verzerrung von dessen Beurteilung führen kann. Die zu beurteilenden Auslandsmärkte werden dementsprechend oft an Hand von Kategorien wahrgenommen und beurteilt, die sich ein Individuum auf Grund seiner 104

Kenntnisse und Erfahrungen gebildet und zum Zeitpunkt der Beurteilung aktiviert hat. Dabei werden oft einige Merkmale hervorgehoben, während andere als nicht relevant unterdrückt werden. Durch die Zuordnung der Merkmale zu bestimmten Kategorien wird der zu beurteilende Auslandsmarkt von dem Heimatmarkt bzw. von anderen Auslandsmärkten abgegrenzt. Zum Zwecke der vorliegenden Arbeit ist insb. interessant zu identifizieren, welche Unterschiede zwischen den beiden Ländern der Unternehmer überhaupt wahrnimmt und wie er sie anschließend bzgl. ihrer Konsequenzen für eine grenzüberschreitende Kooperation bewertet und interpretiert. Die Wahrnehmung sowie die anschließende Verarbeitung der wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt hängen von mehreren Faktoren ab. Zum Einen sind es die Merkmale der Persönlichkeit des Unternehmers, zum Anderen die der Situation, in der eine Entscheidung getroffen werden soll. Im Weiteren wird auf diese beiden Gruppen von Merkmalen kurz eingegangen. Anschließend soll noch ein wichtiges, kulturbedingtes Persönlichkeitsmerkmal beschrieben werden, der Ethnozentrismus. Die Merkmale des Unternehmers, von denen insb. die psychographischen von großer Bedeutung sind, beeinflussen die Menge und Art der Informationen, die der Unternehmer für eine Entscheidung für notwendig hält. Dementsprechend können sich die Menge und Art der Informationen bspw. bei risikoaversen Unternehmern, von denen bei risikofreudigen unterscheiden. Auch die Art und Weise des Informationserwerbs hängt von der Persönlichkeit des Unternehmers ab. Während manche Unternehmer möglichst formale Informationen nutzen (Marktanalysen, Informationen von Handelskammern etc.), verlassen sich andere eher auf informelle, persönliche Kontakte oder auch auf ihre Intuition und Gefühle. Neben den psychographischen Merkmalen sind für die Auswahl von relevanten Unterschieden auch vorhandene Kenntnisse und Erfahrungen bedeutsam. Dazu zählen nicht nur Kenntnisse über einen bestimmten Auslandsmarkt, die u. a. auf persönlichen Erfahrungen basieren können, sondern auch Erfahrungen mit grenzüberschreitenden Unternehmenskooperationen mit anderen Ländern, die auf den ‚neuen’ Markt übertragen werden können sowie Erfahrungen mit Kooperation mit heimischen Firmen. Die Information über die Herkunft eines potentiellen Kooperationspartners wird in die Bewertung der Konsequenzen einer grenzüberschreitenden Kooperation unterschiedlich einbezogen. Maheswaran untersuchte in seiner Arbeit, wie sich erfahrene Konsumenten von unerfahrenen in Bezug auf die Nutzung von Herkunftslandinformation unterscheiden. Er kam zu dem Ergebnis, dass erfahrene Konsumenten (‚experts’) die Information über die Herkunft eines Produktes zur Beurteilung nutzen, wenn Informationen über das Produkt nicht eindeutig sind. Unerfahrene Konsumenten hingegen beziehen die Herkunftslandinformation unabhängig davon, ob die Informationen über das Produkt eindeutig oder nicht eindeutig sind, in die Produktbeurteilung ein (vgl. Maheswaran, 1994, S. 362). Übertragen auf das Gebiet der grenzüberschreitenden Unternehmenskooperation kann von der Annahme ausgegangen werden, dass die Unternehmer, die bereits Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation besitzen bzw. über Kenntnisse und Erfahrungen 105

in Bezug auf einen bestimmten Auslandsmarkt verfügen, insgesamt das Herkunftsland des potentiellen Kooperationspartners weniger in Betracht ziehen, als dies unerfahrene Unternehmer tun. Nicht zuletzt können auch demographische Charakteristika des Unternehmers die subjektive Wahrnehmung von Differenzen zwischen zwei Ländern beeinflussen. Somit kann sich sowohl die Auswahl von Informationen als auch deren anschließende Verarbeitung je nach Alter, Ausbildung sowie Geschlecht unterscheiden. Situative Faktoren sind für die Auswahl von relevanten Unterschieden zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt von großer Bedeutung. Der Kontext, in dem diese Auswahl getroffen wird, gehört zu den wichtigsten Einflussvariablen einer solchen Entscheidung (vgl. bspw. Thelen, 1993, S. 80; Müller/Kornmeier, 2002, S. 303), da diese durch den situativen Kontext modifiziert werden kann (vgl. Hiebsch, 1986, S. 326). Der situative Ansatz geht von der Annahme aus, dass es für betriebliche Entscheidungen keine allgemein gültigen Handlungsalternativen gibt, sondern mehrere situationsbezogene (vgl. Macharzina, 1999, S. 61ff.; Setzer, 2001, S. 83; Müller/Kornmeier, 2002, S. 562f.). Trotz der Tatsache, dass die situationsbezogenen, d. h. von ihrem Kontext bestimmten Merkmale, vom Unternehmer selbst kaum beeinflussbar sind, können diese einen enormen Einfluss auf eine Entscheidung ausüben (vgl. Thelen, 1993, S. 81). Im Zusammenhang mit der Auswahl und Beurteilung von Unterschieden zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt gehören bspw. die Wettbewerbsintensität oder politische Ereignisse zu den situativen Faktoren. Die Beurteilung eines Auslandsmarktes ist außerdem durch den momentanen psychischen Zustand des Individuums geprägt (vgl. Hiebsch, 1986, S. 339ff.). Dies hat zur Folge, dass z. B. Freude, Angst oder auch tatsächlicher bzw. subjektiv empfundener Zeitdruck die Auswahl von relevanten Unterschieden sowie ihre anschließende Beurteilung beeinflussen (vgl. ebenda, S. 339ff.). Neben dem Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen und den situativen Faktoren ist zu beachten, dass sowohl die Verarbeitung der wahrgenommenen Unterschiede als auch ihre Bewertung kulturspezifisch erfolgen (vgl. Bradley, 1991, S. 124). Ausgehend von der ethnozentrischen Perspektive, bei der die Normen und Werte der eigenen Kultur als Basis für die Objektbeurteilung dienen, ziehen Individuen das Eigene dem Fremden vor (vgl. Müller/Kornmeier, 2002, S. 326).54 Ethnozentrismus wird definiert als „people’s viewing their own in-group as central, as possessing proper standards of behaviour, and as offering protection against apparent threats from out-groups” (Klein/Ettenson/Morris, 1998, S. 90). Brislin et al. sehen die Basis für Ethnozentrismus in „people’s judgments about the behavior of outgroups based on learned 54

Im Falle, dass die Beurteilung anderer Menschen oder Länder den eigenen Wertmaßstäben unterworfen wird, spricht man auch über sog. Kulturimperialismus (vgl. ŠronČk, 2000, S. 43; Müller/Gelbrich, 2004, S. 195).

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concepts of good and bad” (Brislin et al., 1986, S. 262). Nach Müller/Kornmeier „nimmt Ethnozentrismus das eigene Denken und Erleben als den unstrittigen Bezugspunkt aller Überlegungen und Aussagen“ (Müller/Kornmeier, 2002, S. 471). Das Fremde, das dabei im Kontrast zu dem Eigenen wahrgenommen wird, wird häufig unterbewertet, nur selten idealisiert oder hochgeschätzt (vgl. ebenda, S. 471; Thomas, 1991, S. 55). Dies liegt u. a. darin begründet, dass Menschen dazu neigen, die eigene Gruppe als Zentrum des Universums zu betrachten und die Anderen aus der eigenen Perspektive zu beurteilen (vgl. Shimp/Sharma, 1987, S. 280). Ethnozentrismus stellt ein bedeutendes, kulturbedingtes Persönlichkeitsmerkmal dar, dem in der Country-of-origin Forschung eine große Aufmerksamkeit gewidmet wird (vgl. Shimp/Sharma, 1987, S. 280ff.; Han, 1988, S. 25ff.; O’Cass/Lim, 2002, S. 759ff.). Insb. in entwickelten Ländern werden einheimische Produkte und Unternehmen tendenziell positiver beurteilt, als die aus dem Ausland (vgl. Häubl, 1995, S. 69).55 Gürhan-Canli/Maheswaran vertreten die Meinung, dass kollektivistische Kulturen generell dazu tendieren, ihre heimischen Produkte den ausländischen vorzuziehen, ohne Bezug auf ihre tatsächliche Qualität (vgl. Gürhan-Canli/ Maheswaran, 2000, S. 309). Als Konsequenz ethnozentrischer Wahrnehmung und Beurteilung können bei einer grenzüberschreitenden Kooperation verschiedene Konfliktsituationen und Missverständnisse entstehen, da das Verhalten der Kooperationspartner unterschiedlichen Kulturmaßstäben unterliegt. Durch die kulturspezifische Herangehensweise bei der Beurteilung ausländischer Märkte und Produkte weicht auch die Wahrnehmung anderer Länder und Kulturen in einem Land von der in einem anderen Land ab (vgl. Müller/Gelbrich, 2004, S. 333). Demzufolge wird bspw. die Qualität italienischer Autos in Spanien sicherlich anders wahrgenommen als z. B. in Deutschland, auch das Temperament der Italiener wird in Deutschland und Spanien sicherlich unterschiedlich wahrgenommen. Außerdem tritt bei der Wahrnehmung und Beurteilung der Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt keine Reziprozität auf, d. h. die Unterschiede, die in einem von diesen zwei Ländern wahrgenommen werden, sind nicht identisch mit denen, die in dem anderen Land wahrgenommen werden.

4.1.5 Subjektive Bewertung der Konsequenzen für eine grenzüberschreitende Kooperation Bei der Bewertung der Konsequenzen der wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt ist es notwendig diejenigen Faktoren zu bestimmen, die für die Entscheidung über eine grenzüberschreitende Kooperation in der Wahrnehmung eines Unternehmers von Bedeutung sind. Auf Grund dieser Identifikation kann beurteilt werden, ob die als relevant wahrgenommenen Unterschiede Fremdartigkeitsgefühle gegenüber einem ausländischen Markt verursachen können, deren Folge die Ablehnung einer Kooperation wäre. 55

Häubl weist in diesem Zusammenhang zugleich darauf hin, dass dies produktgruppenspezifisch ist (vgl. Häubl, 1995, S. 69).

107

Auch in dem Falle, dass ein Unternehmer auf Grund der Bewertung der wahrgenommenen Unterschiede eine Anfrage aus einem bestimmten Land nicht ablehnen würde, bedeutet dies nicht, dass er keine Fremdartigkeitsgefühle diesem Land gegenüber empfindet. Das tatsächliche Internationalisierungsverhalten weicht von der individuellen Internationalisierungsbereitschaft in vieler Hinsicht ab. Falls der Unternehmer mit einem Auslandsgeschäft bspw. höhere Gewinnaussichten verbindet, wird er dieses Geschäft auch dann eingehen, wenn er eine hohe psychische Distanz zu diesem Land empfindet. Die individuelle Bereitschaft zur näheren Auseinandersetzung mit einem bestimmten Land spiegelt sich neben dem Eingehen/Ablehnen eines Auslandsgeschäftes auch in einem aktiven/passiven Zugang zur Suche nach Internationalisierungsmöglichkeiten wider. Die Märkte, gegenüber denen der Unternehmer hohe Fremdartigkeitsgefühle aufweist, werden bei den Überlegungen hinsichtlich Auslandsengagements nicht in Betracht gezogen. Die für einen reibungslosen Verlauf einer grenzüberschreitenden Kooperation relevanten Unterschiede können nicht allgemeingültig abgegrenzt werden, denn sie hängen von der Persönlichkeit des Unternehmers und seinem kulturellen Hintegrund ab (vgl. Binder/Lux, 1997, S. 505). Bereits die Anforderungen an bzw. Vorstellungen über ein idealtypisches Profil des potentiellen Kooperationspartners können in verschiedenen Kulturbereichen anders formuliert werden. Es handelt sich jedoch um diejenigen Differenzen, die den Fit beider Kooperationspartner und dadurch auch den Erfolg einer Kooperation nicht beeinträchtigen. Unter Fit wird die Übereinstimmung im Strategie-, Führungs- sowie Struktur- und Kulturprofil beider Kooperationspartner verstanden (vgl. Bleicher, 1992, S. 270). Insb. dem sog. Kulturfit wird in der einschlägigen Literatur große Aufmerksamkeit geschenkt. Die meisten Autoren sprechen in diesem Zusammenhang von dem kulturellen Fit im Sinne von Passfähigkeit zwischen den Unternehmenskulturen beider Kooperationspartner (vgl. Bleicher, 1992, S. 269ff.). Die Unternehmenskultur wird jedoch „von zahlreichen weiteren Teilkulturen, wie v. a. von Landeskulturen, Branchenkulturen und diversen Sozialkulturen beeinflusst“ (Kutschker/Schmid, 2002, S. 662). Für Unternehmen mit Niederlassungen in mehreren Ländern ist außerdem charakteristisch, dass die Kultur des Stammlandes die Kultur des Unternehmens in höherem Maße beeinflusst, als die der anderen Länder (vgl. ebenda, S. 662). Den Zusammenhang zwischen der Unternehmenskultur und der nationalen Kultur untersuchte bspw. Hofstede, der in seiner Studie feststellen konnte, dass die Unternehmenskultur durch nationale Kulturgewohnheiten unbeeinflusst bleibt (vgl. Hofstede, 1993, S. 205). Diese Untersuchung führte Hofstede allerdings bei einem globalen Unternehmen mit ausgeprägter und gepflegter Unternehmenskultur durch. Demgegenüber werden insb. bei kleinen Unternehmen oft keine Grundsätze der Unternehmenskultur formuliert und demzufolge kann der Einfluss der nationalen Kultur auf die Kultur des Unternehmens als bedeutend betrachtet werden. Somit kann die Passfähigkeit im Strategie-, Struktur- und Kulturprofil durch unterschiedliche Herkunftsländer/Kulturräume der potentiellen Kooperationspartner gefährdet werden. Dies liegt u. a. darin begründet, dass die Mitglieder einer Kultur auf Grund von gesellschaftlichen 108

Bedingungen, Erziehung, Tradition etc. gleiche Prinzipien anerkennen und diese auch zur Beurteilung verschiedener Objekte (Produkte, Menschen, Situationen etc.) sowie zur Präferenzbildung heranziehen (vgl. ŠronČk, 2000, S. 13). Zusammenfassend können folgende Schlussfolgerungen für die Bewertung subjektiv wahrgenommener Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt gezogen werden: - Die Wahrnehmung von Unterschieden sowie die Auswahl relevanter Unterschiede sind subjektiv. - Die Verarbeitung der wahrgenommenen Unterschiede erfolgt sowohl kognitiv als auch affektiv. - Die Bewertung und Interpretation der wahrgenommenen Unterschiede erfolgt sowohl kulturspezifisch als auch persönlichkeitsspezifisch und wird durch situative Faktoren beeinflusst.

4.2

Psychische Distanz und die Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation – ein Zwischenfazit Die theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz, die in Kap. 4.1 ausführlich beleuchtet wurde, soll nun in den konzeptionellen Bezugsrahmen der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation integriert werden. Die folgende Abbildung (vgl. Abb. 13) dient nicht nur der Darstellung der Zusammenhänge zwischen den einzelnen Konstrukten des Bezugsrahmens, sondern sie verdeutlicht auch das Anliegen der empirischen Phase des vorliegenden Forschungsvorhabens (vgl. Kap. 5). Der Schwerpunkt der empirischen Untersuchung dieser Arbeit liegt in der Identifikation derjenigen Länderunterschiede, die in der Wahrnehmung der Unternehmer die Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen zur Folge haben und somit zur Ablehnung eines Auslandsengagements führen können. Darüber hinaus werden die empfundenen Konsequenzen der wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt ermittelt und diskutiert. Dabei wird insb. auf die Rolle des Marktwissens eingegangen, das sich zum Einen aus objektiven Marktkenntnissen, zum Anderen aus direkten Erfahrungen mit Auslandsmärkten zusammensetzt. Die Bedeutung des Marktwissens für die Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen wird außerdem im Zusammenhang mit der Nutzung von nationalen Stereotypen diskutiert.

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spezifische Ebene

wahrgenommene Merkmale des Auslandsmarktes

wahrgenommene Merkmale des Heimatmarktes

Marktwissen

Marktwissen

Stereotype

Stereotype

Image des Auslandsmarktes

Image des Heimatmarktes

subjektiv wahrgenommene Unterschiede zwischen dem Heimat- und Auslandsmarktimage

subjektive Bewertung / Interpretation der Konsequenzen für die Kooperation

Bereitschaft des Unternehmers zur GK mit einem konkreten Land

Auslandsorientierung des Unternehmers

positive Einstellung zur Kooperation als Unternehmensstrategie

allgemeine Ebene

wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem Land (psychische Distanz)

Abb. 13: Erweiterter Bezugsrahmen der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation Quelle: eigene Darstellung

Im Rahmen der empirischen Untersuchung wird zwar ein besonderer Wert auf die psychische Distanz gelegt, die anderen Komponenten des konzeptionellen Bezugsrahmens werden jedoch nicht ganz außer Acht gelassen. Den Unternehmern im sächsisch-tschechischen Grenzraum werden auch Fragen zu ihrer Einstellung gegenüber Kooperation als Unternehmensstrategie sowie zu ihrer Auslandsorientierung gestellt. An Hand dieses Forschungsdesigns kann die allgemeine Ebene des konzeptionellen Bezugsrahmens von der spezifischen getrennt betrachtet werden, wodurch die Bedeutung der individuellen Beziehung zu dem jeweiligen Auslandsmarkt und der daraus resultierenden psychischen Distanz für die Bereitschaft zur Kooperation mit diesem Land hervorgehoben wird. Die in diesem Kapitel aufgestellte theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz wird durch die Ergebnisse der empirischen Untersuchung ergänzt und präzisiert, wodurch das theoretische Ziel der vorliegenden Arbeit erreicht werden soll. Bevor die Ergebnisse der qualitativen Interviews mit sächsischen und tschechischen Unternehmern erläutert werden (vgl. Kap. 6), erfolgt im folgenden Kapitel die Beschreibung des Forschungsdesigns (vgl. Kap. 5).

110

5

Der qualitative Forschungsprozess

5.1 Begründung der qualitativen Vorgehensweise im Hinblick auf die Ziele der Arbeit Ausgehend von der in den Kap. 3 und 4 dieser Arbeit diskutierten Kritik einer unzureichenden Konzeptualisierung und Operationalisierung des Konstrukts der psychischen Distanz, verfolgt die Arbeit das Anliegen, die Erklärungsvariablen dieses Konstrukts zu identifizieren und dadurch einen Beitrag zu einer theoretisch fundierten Konzeptualisierung der psychischen Distanz zu leisten. Ein qualitativer Zugang, dessen Notwendigkeit mehrere Autoren betonen (vgl. bspw. Stöttinger/Schlegelmilch, 2000, S. 172) ermöglicht eine tiefgründige Betrachtung dieses bis jetzt ungenügend erforschten Gebietes. Den Methoden der qualitativen Sozialforschung (Beobachtung, Interview und Gruppendiskussion) wurde v. a. in den Wirtschaftswissenschaften eine Zeit lang nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt (vgl. bspw. Tomczak, 1992, S. 77; Berekoven/Eckert/Ellenrieder, 2004, S. 97f.). Der qualitative Forschungsansatz findet jedoch seine Anwendung in vielen Bereichen, insb. in denen, über die auf Grund ihrer Neuheit kaum Erkenntnisse vorliegen. Qualitative Methoden werden demzufolge nicht zur Theorieüberprüfung, sondern zu ihrer Bildung herangezogen (vgl. Zanger/Sistenich, 1996, S. 353). Sie dienen insb. der Strukturierung wenig bekannter, ganzheitlicher und breiter Bereiche, haben also einen eher explorativen Charakter. „Qualitative Marketingforschung ist dadurch gekennzeichnet, dass gründlich, aber auf niedrigem Abstraktionsniveau mit Methoden wie Fallforschung, Analogien, vielen und verschiedenen Quellen etc. gearbeitet wird“ (Tomczak, 1992, S. 81). Ausgehend vom Prinzip der Offenheit56 der qualitativen Forschung werden Hypothesen nicht ex ante gebildet, sondern sie werden erst im Laufe des Forschungsprozesses entwickelt (vgl. Lamnek, 1995, S. 23), was eine Einbeziehung von neuen, am Anfang unbekannten Merkmalen in den weiteren Verlauf der Forschung ermöglicht (vgl. Roll, 2003, S. 110). Nach diesem Prinzip können zwar Fragestellungen auf der Basis der bisherigen Erkenntnisse vorstrukturiert werden, auf eine Strukturierung, wie sie aus der quantitativen Forschung bekannt ist, wird jedoch verzichtet. Die Offenheit des Forschers gegenüber Untersuchungspersonen, Untersuchungssituation sowie gegenüber den anzuwendenden Methoden ermöglicht auch „unerwartete, aber dafür umso instruktivere Informationen zu erhalten“ (Lamnek, 1995, S. 22), wodurch auch der Realitätsbezug erhalten bleibt. Zu den Zielen der qualitativen Forschung gehören neben der Deskription sozialen Handelns auch der Nachvollzug des subjektiv gemeinten Sinns sowie die Rekonstruktion deutungs- und handlungsgenerierender Tiefenstrukturen (vgl. Flick, 1995, S. 152). Eine präzise Beschreibung des Untersuchungsobjektes sowie seines sozialen Umfelds stellt dabei nicht nur ein Ziel der qualitativen Forschung, sondern auch die Grundlage für die weiteren Ziele dar (vgl. ebenda, S. 152). Der Nachvollzug des subjektiv gemeinten Sinns geht von der Annahme aus, dass Individuen ihre eigene Wirklichkeit konstituieren (vgl. Lamnek, 1995, S. 23). Die Aufgabe 56

Mehr zu Prinzipien qualitativer Forschung vgl. bspw. Lamnek, 1995, S. 21ff.

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der qualitativen Forschung besteht darin, diese subjektive Wirklichkeit zu begreifen, um die Motive für bestimmte Einstellungen bzw. für ein bestimmtes Verhalten identifizieren zu können. Das dritte Ziel, die Rekonstruktion deutungs- und handlungsgenerierender Tiefenstrukturen ist mit dem Einfluss unbewusster Faktoren auf die Handlung des Individuums verbunden (vgl. Roll, 2002, S. 112f.). Der qualitative Forschungsprozess ist ein Kommunikationsprozess. Die Kommunikation und Interaktion zwischen dem Forscher und dem Probanden sind dessen wichtige Bestandteile. Die Kommunikation auf möglichst symmetrischer Ebene erfolgt nicht nur während der Erhebungsphase, sondern sie ist auch während der Auswertungsphase sinnvoll, da eine Rückmeldung an den Probanden die Validität des gesamten Forschungsprozesses (sog. dialogischkommunikative Validierung) erhöhen kann (vgl. Zanger/Sistenich, 1996, S. 353). Die gerade erwähnte Validität sowie andere Gütekriterien gehören zu den Ursachen, warum qualitative Forschung generell oft in Frage gestellt wird (vgl. Flick, 2000-II, S. 239). Eine einfache Übertragung der traditionellen Gütekriterien aus der quantitativen Forschung wird jedoch kritisiert (vgl. bspw. Kepper, 1994, S. 190ff.). Dieser Kritik zufolge versuchen einige Autoren die gängigen Gütekriterien auf die Spezifika der qualitativen Forschung anzupassen, andere Autoren streben nach Entwicklung ganz neuer Gütekriterien. Im Weiteren wird nun auf diese Problematik kurz eingegangen. Sowohl bei der Datenerhebung als auch bei deren Auswertung soll eine möglichst hohe Transparenz aller Schritte vorhanden sein. Die Transparenz kann das Gütekriterium der Reliabilität ersetzen, indem der gesamte Ablauf offen dargelegt wird (vgl. Kepper, 1994, S. 195). Zu den weiteren Kriterien zur Beurteilung der formalen Genauigkeit qualitativer Untersuchungen gehören nach Kepper Umfassendheit, Nachvollziehbarkeit sowie der multipersonale Diskurs (vgl. ebenda, S. 194ff.). Das in der Literatur zur qualitativen Forschung wohl am häufigsten diskutierte Gütekriterium ist Validität (vgl. Flick, 2000-II, S. 243; Lamnek, 1995, S. 158ff.). Neben der kommunikativen Validierung, die in der „inhaltlichen Zustimmung des beforschten Subjekts zu seinen Aussagen“ (vgl. Flick, 1995, S. 168) besteht, werden in der Literatur auch konsensuelle Validierung (Überprüfung des Konsens zwischen mehreren Interpreten) sowie Kriteriumsvalidität (Validierung der Schlussfolgerungen an Hand von Außenkriterien) diskutiert (vgl. Kepper, 1994, S. 205ff.; Zanger/Sistenich, 1996, S. 353). Im Zusammenhang mit der Nutzung der qualitativen Inhaltsanalyse weist Kepper v. a. auf die Abhängigkeit des Gültigkeitsgrades von der Erstellung des Kodiersystems hin (vgl. ebenda, S. 209). Neben der Anpassung der bereits erwähnten Gütekriterien werden Ansätze diskutiert, welche die ‚traditionellen’ Gütekriterien völlig ersetzen könnten. Zu denen gehören Triangulation, analytische Induktion sowie die neueren Kriterien Glaubwürdigkeit und prozedurale Verlässlichkeit (vgl. Flick, 2000-II, S. 249ff.). Auf Grund einer geringen Strukturierung des gesamten Forschungsprozesses sowie auf Grund kleiner Stichproben wird innerhalb der qualitativen Forschung kein Anspruch auf Repräsenta112

tivität gestellt. Die Stichproben werden oft nicht repräsentativ (im Sinne der Statistik) von der Grundgesamtheit ausgewählt, sondern auf Grund „ihres möglichen Beitrags für bestimmte theoretische Annahmen“ (Zanger/Sistenich, 1996, S. 353). Bei dieser Auswahl – theoretical sampling genannt – werden die Stichproben nicht am Anfang des Forschungsprozesses, sondern in dessen Verlauf gewählt, je nachdem, wie diese zur Theorieentwicklung beitragen können (vgl. Strauss, 1998, S. 70f.). Demzufolge können in den Forschungsprozess bspw. zuerst ‚typische’ Probanden einbezogen werden, die später um ‚Extremfälle’ ergänzt werden. In Bezug auf die vorliegende Arbeit wurde von Beginn an eine Befragung von Unternehmern sowohl mit als auch ohne Erfahrung mit grenzüberschreitender Kooperation angestrebt. Da die meisten Unternehmer im sächsisch-tschechischen Grenzraum bereits einige Erfahrungen mit ausländischen Firmen gesammelt haben, erwies es sich im Laufe des Forschungsprozesses als sinnvoll, zwischen mehreren Intensitätsstufen der Kooperationserfahrung zu unterscheiden (vgl. Kap. 5.3.1). Insbesondere die spätere Einbeziehung der Extremfälle (unerfahrene, regionalgebundene Unternehmer mit einer negativen Einstellung zur grenzüberschreitenden Kooperation bis hin zu einem Unternehmer, der sich im Ausland wohler fühlt, als im Inland) brachte viele interessante Erkenntnisse, die im Falle einer quantitativen Untersuchung auf Grund ihres extremen Charakters verloren gegangen wären. Der Hauptgrund für die Wahl eines qualitativen Forschungsansatzes lag neben dem explorativen Charakter der Fragestellung ebenfalls in einer gewissen Sensibilität dieses Themas, durch die auch das Risiko sozial erwünschter Antworten z. B. im Falle einer schriftlichen Befragung zu erwarten gewesen wäre. Außerdem war gerade das Berichten von konkreten Ereignissen und Erlebnissen eine bedeutende Quelle für neue Erkenntnisse auf diesem Forschungsgebiet. Die Komplexität dieses Gebiets und der damit verbundene Anspruch auf Gründlichkeit der Untersuchung hatten zur Folge, dass einige Fragen für die Befragten etwas komplizierter und dadurch auch erklärungsbedürftig waren. Zwar wurden während der Interviews Fragen zum tatsächlichen Kooperationsverhalten gestellt, diese hatten jedoch einen eher ergänzenden Charakter. Im Mittelpunkt der Untersuchung stand die Bereitschaft des Befragten zur grenzüberschreitenden Kooperation, die sich durch den Einfluss verschiedener interner und externer Faktoren oft von dem eigentlichen Verhalten wesentlich unterscheidet. Davon ausgehend war es notwendig, hypothetische Fragen zu stellen, bei denen sich die Unternehmer z. B. eine Situation vorstellen sollten, die in der Realität praktisch nie vorkommen kann.

5.2

Forschungsdesign der empirischen Studie

5.2.1 Vorbereitung und Durchführung der empirischen Studie Ausgehend von den Zielen der Arbeit wurde als Untersuchungsgebiet die sächsischtschechische Grenzregion gewählt. Hier sollten Besitzer bzw. Geschäftsführer von kleinen und mittelständischen Unternehmen (Personen mit Entscheidungskompetenzen bzgl. grenz113

überschreitender Kooperation) zu ihrer Bereitschaft zur Kooperation mit ausländischen, insb. mit tschechischen/sächsischen Firmen befragt werden. Insgesamt wurden 18 Interviews durchgeführt und ausgewertet, sächsische und tschechische Unternehmer waren in der Studie gleichmäßig vertreten. Um möglichst vielfältige Aussagen zu bekommen, wurden Unternehmer verschiedener Branchen sowie Unternehmer mit unterschiedlichen Erfahrungen bei der grenzüberschreitenden Kooperation befragt. Da der sächsisch-tschechische Grenzraum v. a. durch Maschinenbauindustrie geprägt ist, waren gerade Maschinenbauer die meist vertretenen Befragten. In der Stichprobe waren jedoch auch Dienstleister, Holzbearbeiter, Firmen aus der Textilindustrie sowie anderer Branchen vertreten (vgl. Kap. 5.3.2). Zum Zwecke der Befragung wurde ein Interviewleitfaden entwickelt, der insgesamt vier Themenbereiche enthielt (vgl. Anhang 1). Der erste Themenbereich bezog sich auf die Einstellung des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation generell, ohne Bezug auf ein konkretes Land. Dieser Themenbereich wurde mit dem Ziel entwickelt, landes- bzw. produkt- und unternehmensbezogene Merkmale zu identifizieren, die einen bedeutenden Einfluss auf die Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation ausüben könnten. Im zweiten Themenbereich wurden Fragen über die Bereitschaft zur Kooperation mit tschechischen/sächsischen Unternehmen gestellt. Neben den an das jeweilige Land angepassten Fragen zu landes- bzw. produkt- und unternehmensbezogenen Merkmalen wurden an dieser Stelle spezielle Themen angesprochen, wie etwa die deutsch-tschechische Geschichte und ihr Einfluss auf die heutigen Unternehmensbeziehungen, das vermutete Image des eigenen Landes im Nachbarland oder der Beitritt Tschechiens zur EU in 2004. Der dritte und vierte Themenbereich konzentrierten sich auf die Gewinnung einiger Daten über das Unternehmen (Mitarbeiterzahl, Umsatz, Erfahrung mit grenzüberschreitender Kooperation) bzw. einiger demographischen Angaben über die Person des Unternehmers. Ausgehend von dem Ansatz der Auslandsorientierung von Dichtl et al. (vgl. Dichtl et al., 1983, S. 440) wurden in diesem Abschnitt des Leitfadens Fragen zu Alter, Ausbildung, Fremdsprachenkenntnissen und längeren Auslandsaufenthalten formuliert. Außerdem sollten an dieser Stelle die Befragten versuchen, ihre Auslandsorientierung selbst einzuschätzen. Wie in Kap. 5.1 bereits beschrieben, besteht ein wesentlicher Vorteil qualitativer Erhebungsverfahren in ihrer Offenheit. Demzufolge muss der Interviewer die Reihenfolge der Fragen und auch der Themenbereiche nicht unbedingt einhalten. „Die Fragestellungen werden im Verlauf des Projekts immer wieder konkretisiert, fokussiert, weiter eingegrenzt und revidiert“ (Flick, 2000-I, S. 258). Außerdem ermöglicht der qualitative Forschungsansatz, die Fragen auf die Situation einzelner Befragten anzupassen. Die Nicht-Einhaltung der Reihenfolge der Fragen hat v. a. zum Ziel, eine möglichst offene und angenehme Gesprächsatmosphäre zu schaffen, was natürlich mit hohen Anforderungen an sozial-kommunikative Kompetenzen

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und Reflexivität des Interviewers verbunden ist (vgl. von Kardorff, 1995, S. 8; Hugl, 1995, S. 52). Bei den befragten Unternehmern wurden lediglich die zwei letzten Themenbereiche (Fragen zum Unternehmen und zur Person) erst zum Schluss gestellt, die Reihenfolge der zwei Hauptthemenbereiche war offen. Dies lag darin begründet, dass manche von diesen Fragen einen sensiblen Charakter aufwiesen (z. B. Fragen nach Umsatz, Alter) und am Anfang des Interviews nicht unbedingt ein angenehmes Klima geschaffen hätten. Trotzdem wurden doch einige weniger sensible Fragen aus diesen Themenbereichen auch im Laufe des Interviews gestellt, wenn sie zu dem gerade besprochenen Thema passten. Die Fragen zur Person des Unternehmers sowie zum Unternehmen, die einen eher quantitativen Charakter hatten, sollten als Grundlage für eine quantifizierende Auswertung dienen. Auch innerhalb der qualitativen Forschung ist es möglich, bei einer – für qualitative Forschung – hohen Anzahl der Befragten, die wichtigsten Tendenzen in den Meinungen der Unternehmer z. B. nach ihren demographischen Daten zu identifizieren. Auch wenn diese Arbeit auf keinen Fall anstrebt, die quantifizierende Auswertung in den Vordergrund zu stellen, bot es sich an, ausgewählte Merkmale des Unternehmers sowie des Unternehmens in der Form von Kreuztabellen darzustellen (vgl. Kap. 6.2.1). Zum Interviewleitfaden wurden insgesamt drei Anlagen entwickelt (vgl. Anhang 2). Die erste Anlage enthielt eine Liste mit sechs Ländern. Die befragten Unternehmer sollten aus diesen Ländern eine Reihenfolge bilden, je nachdem, wie hoch ihre Bereitschaft wäre, mit diesen eine Kooperation einzugehen. Falls der Unternehmer keine Reihenfolge machen wollte bzw. konnte, wurde er aufgefordert, zu jedem Land aus dieser Liste paar Worte zu sagen, was seine Kooperationsbereitschaft, Erfahrungen etc. anlangt. Die Auswahl der Länder erfolgte nach folgenden Kriterien. Die Liste sollte ein Land enthalten, - in dem die gleiche bzw. eine sehr ähnliche Sprache gesprochen wird (Österreich für sächsische Unternehmer, die Slowakei für tschechische Unternehmer), - das geographisch weit weg liegt, mit dem allerdings keine politischen oder wirtschaftlichen Risiken verbunden werden (USA), - das vergleichbar mit Deutschland bzgl. des Entwicklungsstandes, der politischen Verhältnisse etc. ist (Frankreich), - das vergleichbar mit Tschechien bzgl. des Entwicklungsstandes, der politischen Verhältnisse etc. ist (Polen). Außerdem standen in der Liste Tschechien (für sächsische Unternehmer) und Deutschland (für tschechische Unternehmer). Die zweite Anlage enthielt eine Tabelle mit Beispielen für Unterschiede in landes- sowie produkt- und unternehmensbezogenen Merkmalen, die eine grenzüberschreitende Kooperation beeinträchtigen können (vgl. Anhang 2). In dieser Tabelle hatten die Befragten die Möglichkeit, die Wichtigkeit der erwähnten Unterschiede auf einer Skala von sehr wichtig bis 115

überhaupt nicht wichtig zu bewerten. Bevor beide Anlagen dem Befragten vorgelegt wurden, wurden ungestützte Fragen zu diesen Themen gestellt. An dieser Stelle ist anzumerken, dass im Hinblick auf die Ziele der Untersuchung ein Ausfüllen dieser Tabelle nicht notwendig war. Der Wunsch nach mündlich geäußerten Meinungen der Unternehmer, warum bestimmte Merkmale/Unterschiede wichtiger sind als andere (ergänzt um eigene Erfahrungen und Eindrücke) war größer. Den Ausgangspunkt für die Entwicklung der dritten Anlage zum Interviewleitfaden (vgl. Anhang 2) stellte der Ansatz der psychischen Distanz von Müller/Köglmayr dar (vgl. Müller/Köglmayr, 1986, S. 791), der bereits in Kap. 3.5.4 dieser Arbeit ausführlich beschrieben wurde. Die konzentrischen Kreise, in welche die Unternehmer die Länder aus der Anlage 1 des Interviewleitfadens aus persönlicher Sicht positionieren sollten, dienten als Grundlage für den Vergleich der beruflichen und privaten Sphäre. Die Unternehmer wurden aufgefordert, diese Länder so einzutragen, je nachdem wie vertraut oder fremdartig sie diese empfinden. Die Durchführung der Interviews erfolgte im Zeitraum von April bis Juli 2005. Ihre Länge variierte zwischen 40 und 130 Minuten, je nach Erzählbereitschaft der einzelnen Unternehmer. Alle 18 Interviews wurden auf ein Diktiergerät aufgenommen und anschließend transkribiert.

5.2.2 Probleme bei der Durchführung der empirischen Studie Die erste Schwierigkeit bei der Durchführung der empirischen Studien bezog sich auf die Bereitschaft sächsischer und tschechischer Unternehmer zur Teilnahme an diesem Forschungsprojekt. Obwohl die angesprochenen Unternehmer meist Interesse für dieses Thema äußerten, war es auf Grund ihrer hohen Arbeitsbelastung oft schwierig, einen Termin zu vereinbaren. Als große Barriere bei der Gewinnung der Probanden erwiesen sich insb. Sekretärinnen und andere Mitarbeiter, die oft alle Anfragen bzgl. verschiedener Umfragen und Forschungsprojekten ablehnen müssen. Gelang es jedoch, diese Gate keepers zu umgehen und direkt mit dem Unternehmer zu sprechen, stand einer Terminabsprache meistens nichts im Wege. Auch die vorgesehene Dauer des Interviews zeigte sich als eine Barriere bei der Terminvereinbarung. Die Unternehmer waren grundsätzlich bereit, einige Fragen kurz zu beantworten, für ein längeres, tiefes Interview, bei dem sie größtenteils nur offene Fragen beantworten müssen, war ihre Bereitschaft deutlich niedriger. Allerdings äußerten sich die meisten so nur bei der telefonischen Terminabsprache, beim Interview selbst überzog die Mehrheit der Befragten den für das Interview eingeplanten Zeitraum ohne jegliche Schwierigkeiten. Die etwas eingeschränkte Bereitschaft zur Teilnahme an diesem Forschungsprojekt war nach der Beobachtung der Interviewerin ebenfalls mit einer gewissen Übersättigung durch verschiedene Umfragen verbunden, die insb. kurz vor bzw. nach dem EU-Beitritt Tschechiens in der Grenzregion durchgeführt wurden.

116

Mit qualitativen Interviews wird in der Literatur oft eine Schwierigkeit mit der Akzeptanz derer Aufzeichnung erwähnt, die jedoch für die anschließende Auswertung unverzichtbar ist. Im Zusammenhang mit der Notwendigkeit ihrer Aufzeichnung wird auf „die Möglichkeit zur intersubjektiven Überprüfung von Interpretationen […], zur Berücksichtigung von Interviewer- und Beobachtereffekten bei der Interpretation […] und zu theoretischer Flexibilität gegenüber notwendig selektiveren Gedächtnisprotokollen“ (Flick, 1995, S. 160) hingewiesen. Bei der Durchführung der Interviews trat lediglich ein Fall auf, bei dem das Interview nicht aufgenommen werden durfte. Auch wenn sich die Interviewerin während des Gesprächs viele Notizen gemacht hat, fiel im Nachhinein der Entschluss, diesen Probanden von der Auswertung ganz wegzulassen. Nach dieser Erfahrung wurde bereits bei der telefonischen Terminabsprache auf die Notwendigkeit der Aufzeichnung hingewiesen. Aus praktischen Gründen erwies sich ein digitales Diktiergerät als ein sehr nützliches Hilfsmittel. Neben der Möglichkeit, die Interviews besser aufbewahren und einfacher transkribieren zu können (bessere Qualität der Aufnahme), hat ein digitales Diktiergerät v. a. bei längeren Interviews einen großen Vorteil, dass keine Kassetten gewechselt werden müssen. Kassettenwechsel und ständige Beobachtung eines klassischen Diktiergerätes haben zur Folge, dass der Befragte seine Aufmerksamkeit auf das Diktiergerät richtet. Bei der Nutzung eines digitalen Diktiergerätes konnte die Interviewerin bei vielen Befragten eine leichte Nervosität am Anfang des Interviews beobachten, die meistens gleich nach dem Einschalten des Diktiergerätes aufkam. Im späteren Verlauf des Gesprächs störte das Diktiergerät nicht mehr, der Eindruck der Interviewerin war, dass viele Befragten es ganz ignorierten. Eine Befürchtung bei der Planung der Untersuchung trat im Zusammenhang mit der tschechischen Herkunft der Interviewerin auf. Diese Befürchtung war insb. mit dem Risiko sozial erwünschter Antworten sächsischer Unternehmer verbunden. Da die Durchführung von qualitativen Untersuchungen hohe Ansprüche an den Interviewer stellt und aus diesem Grund kaum delegierbar ist (vgl. Tomczak, 1992, S. 82), musste dieses Risiko in Kauf genommen werden. Jeder Befragte wurde am Anfang des Interviews um möglichst ehrliche Antworten sowie um keine Rücksichtnahme auf die Herkunft der Interviewerin gebeten. Außerdem wurden alle Befragten versichert, dass das Interview ausschließlich zu Forschungszwecken dient. Diese Befürchtung zeigte sich allerdings im Laufe der Erhebungsphase als unberechtigt, da die Interviewerin in Sachsen zwar als Tschechin wahrgenommen wurde, in Tschechien jedoch als ‚jemand von einer deutschen Universität’. Dies hatte zur Folge, dass auf beiden Seiten des Untersuchungsgebietes sozial erwünschte Antworten zwar zu verzeichnen waren (v. a. am Anfang des Interviews), diese jedoch in gleichem Maße auf beiden Grenzseiten vertreten waren. Auf Grund der bereits erwähnten problematischen Delegierbarkeit bei der Durchführung qualitativer Untersuchungen (hohes Involvement des Interviewers, hohe Ansprüche an den Interviewer sowie sein Einfluss auf die Atmosphäre und den Verlauf des Interviews) wurde auf die Einbeziehung eines zweiten Interviewers verzichtet.

117

5.3

Vorstellung der befragten Unternehmer

5.3.1 Erläuterungen zu den Kurzporträts der befragten Unternehmer Wie aus dem Kap. 5.1 dieser Arbeit ersichtlich, stehen bei qualitativen Untersuchungen die Besonderheiten des Einzelfalles im Mittelpunkt. Im Vergleich zu quantitativen Methoden wird hierbei keine ‚Anonymität’ angestrebt. Für ein besseres Verständnis sowie für eine einfachere Orientierung in der Darstellung der Ergebnisse sollen nun die einzelnen Befragten mit Hilfe eines Steckbriefes kurz vorgestellt werden. Als Grundlage für die Erstellung der Kurzporträts dienten neben den transkribierten Interviews auch die Postskripten, in denen die Atmosphäre des Interviews sowie besondere, durch die Interviewerin beobachtete Merkmale notiert wurden. In jedem Kurzporträt wird auf die Person des Befragten sowie auf eine kurze Charakteristik des Unternehmens eingegangen. Dabei stehen sowohl tatsächliche grenzüberschreitende Unternehmensaktivitäten als auch die generellen Einstellungen gegenüber Auslandsengagements im Mittelpunkt. Außerdem wird jeweils zum Schluss des Kurzporträts die Positionierung der einzelnen Länder auf konzentrische Kreise aus der Anlage 3 des Interviewleitfadens skizziert (vgl. Anhang 2). Jeder Steckbrief schließt mit einer kurzen Tabelle, in der einige demographische Daten sowie die wichtigsten Informationen über das Unternehmen zusammengefasst sind (vgl. Tab. 11 bis Tab. 28). Die letzte Zeile jeder Tabelle enthält eine Ziffer, welche die Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation bzw. die gesammelten Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation darstellt. Insgesamt wurden fünf Stufen gebildet, Unternehmer in der Stufe 0 arbeiten nicht mit ausländischen Firmen zusammen, haben auch während ihrer Tätigkeit in anderen Firmen nie bzw. nur sehr begrenzt Erfahrungen mit ausländischen Unternehmen gesammelt. Für Unternehmer in der Stufe 4 ist dagegen charakteristisch, dass sie sehr international sind, momentan mit vielen ausländischen Firmen kooperieren und auch früher viele Erfahrungen auf diesem Gebiet sammeln konnten. Eine ähnliche Einstufung erfolgte auch im Bereich der Fremdsprachenkenntnisse. In der Tabelle sind einerseits Sprachen erwähnt, die der Unternehmer selbst angegeben hat, andererseits eine Ziffer, welche die Stufe der Sprachkenntnis ausdrückt. In dieser Kategorie ist zwischen folgenden Stufen zu unterscheiden: Stufe 1: Der Unternehmer beherrscht entweder keine Fremdsprache oder eine Fremdsprache nur sehr begrenzt (Schulkenntnisse). Demzufolge kann diese Sprache nicht als Verhandlungssprache mit ausländischen Firmen verwendet werden, Dolmetscher sind notwendig. Stufe 2: Der Unternehmer beherrscht eine Fremdsprache gut, verhandlungssicher und verfügt dazu evtl. über begrenzte Kenntnis einer weiteren Sprache. Stufe 3: Der Unternehmer ist verhandlungssicher in mehreren Fremdsprachen, nutzt diese auch oft bei Gesprächen mit ausländischen Partnern.

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Die einzelnen Befragten sind zum Zwecke einer übersichtlichen Auswertung und Darstellung der Ergebnisse mit Buchstaben von A bis I gekennzeichnet, jeweils mit einem Index: CZ für tschechische, D für sächsische Unternehmer.

5.3.2 Kurzporträts der befragten Unternehmer Herr ACZ Firma ACZ ist ein kleines tschechisches Unternehmen, das sich mit Blechbearbeitung durch Laser beschäftigt. Obwohl es seine Produkte in viele, hauptsächlich westeuropäische Länder liefert, erfolgt dies ausschließlich über dortige Niederlassungen ausländischer Unternehmen. Auch die Kooperation mit Lieferanten aus Schweden, Finnland, Deutschland und Frankreich erfolgt auf der Basis der Beziehungen mit Niederlassungen dieser Firmen in Tschechien. Der einzige ausländische Lieferant, mit dem die Firma ACZ direkt zusammen arbeitet, ist ein deutscher Technologielieferant. Mit diesem ist Herr ACZ sehr zufrieden. Herr ACZ erwähnte während des Interviews allerdings auch einige negative Erfahrungen mit deutschen Firmen. Was die Suche nach neuen Kontakten im Ausland anlangt, ist die Firma ACZ eher passiv, sie wird meistens von den potentiellen Partnern angesprochen. Eine bedeutende Rolle bei der Anbahnung einer Kooperation spielen nach Herrn ACZ Meinung persönliche Kontakte sowie Referenzen anderer Unternehmen. Nicht zuletzt verlässt sich Herr ACZ auf die Firmenpräsentation im Internet, die in vier Sprachen gestaltet ist. Herr ACZ ist einer der vier Besitzer der Firma, die drei Anderen haben allerdings keine Entscheidungskompetenzen bzgl. grenzüberschreitender Kooperation. Er charakterisiert sich selbst als offen gegenüber Veränderungen, anpassungsfähig und risikobereit. Einer grenzüberschreitenden Kooperation gegenüber ist er offen, hätte auch keine Bedenken bzgl. der Sprache (nutzt immer Dolmetscher). Im Verlauf des Interviews mit Herrn ACZ kam es zu wesentlichen Veränderungen seiner Aussagen. Ähnlich wie bei anderen Interviews gab es auch hier am Anfang sozial erwünschte Antworten, Herr ACZ betont mehrmals, keine Vorbehalte gegenüber potentiellen Kooperationspartnern aus dem Ausland zu haben. Erst zum späteren Zeitpunkt äußerte er sich anders. Aus privater Sicht empfindet Herr ACZ Deutschland als sehr vertraut, Polen dagegen als das am wenigsten vertraute Land. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Alter Branche Laserblechbearbeitung 42 Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 20 Abitur Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte > 1,67 Mio. €* 3,5 Jahre (Türkei) Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse Deutsch, Englisch – 1 Kooperation (Stufe) (Stufe) teilweise (2) Tab. 11: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ACZ) Quelle: Interview mit Herrn ACZ , Legende: *eine genaue Informationen über den Umsatz wollte Herr ACZ nicht sagen

Herr BCZ Die Firma BCZ existiert seit 1995, vorher war sie ein Teil eines großen (früher staatlichen) tschechischen Unternehmens. Sie beschäftigt sich mit der Planung und Realisation von In-

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dustrieanlangen. Ausländische Erfahrungen sammelte die Firma BCZ v. a. in europäischen Ländern (vorwiegend Deutschland bzw. DDR), und in den USA. Für die letzten Jahre ist ein Rückgang der grenzüberschreitenden Kooperation charakteristisch, denn die Zusammenarbeit mit tschechischen Niederlassungen ausländischer Unternehmen nimmt stetig zu. Herr BCZ arbeitet seit 30 Jahren in der Firma. Früher war er auch viel auf Dienstreisen gewesen, heutzutage macht ihm Reisen (auch privat) keinen Spaß mehr. Er hat nie für längere Zeit im Ausland gelebt. Herr BCZ ist einer der Besitzer, er verfügt selbst über Entscheidungskompetenzen, falls es sich um Aufträge in der Höhe bis max. 30 % des Stammkapitals handelt. Was die Zukunft der Unternehmenskooperation zwischen Tschechien und Sachsen anlangt, ist Herr BCZ von einem Rückgang ihrer Intensität überzeugt, der mit den steigenden Kosten in Tschechien zusammenhängt. Herr BCZ betonte, zwischen einzelnen Ländern in Bezug auf grenzüberschreitende Kooperation nicht zu unterscheiden. Später erwähnte er allerdings Irak und weitere ‚Risikoländer’ als Länder, mit denen er nicht kooperieren würde. Als Kooperationspartner würde er v. a. westeuropäische Länder bevorzugen, konkret nannte er hierbei Deutschland, Österreich und Belgien. Auch privat ist ihm Deutschland sehr nah, obwohl er dieses Land im Laufe des Interviews auch kritisierte. Gemeinsam mit der Slowakei empfindet er Deutschland als das meist vertraute Land, Polen und die USA im Gegenteil als am wenigsten vertraut. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Alter Branche Engineering Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 50 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 1,33 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 3 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 12: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr BCZ) Quelle: Interview mit Herrn BCZ

59 Hochschulabschluss keine Russisch, Deutsch – teilweise (2)

Herr CCZ Die Firma CCZ ist ein kleiner tschechischer Möbelhersteller, der sich vorwiegend auf Einzelfertigung konzentriert. Was grenzüberschreitende Kooperation anlangt, werden hauptsächlich fertige Produkte exportiert (Frankreich, Deutschland, Belgien, Niederlande etc.) bzw. Komponenten, Material oder Halbfabrikate importiert (z. B. frühere Kooperation mit der Slowakei). Herr CCZ besitzt als Geschäftsführer auch die Entscheidungskompetenzen bzgl. der grenzüberschreitenden Kooperation. Er hat bereits viele Erfahrungen mit deutschen Unternehmen gesammelt, zurzeit erfolgt allerdings keine längerfristige, intensivere Kooperation mit einer deutschen Firma. Auch beim Interview mit Herrn CCZ gab es am Anfang sozial erwünschte Antworten. Im späteren Verlauf des Interviews war er allerdings immer offener und kritischer, v. a. in Bezug auf deutsche bzw. sächsische Firmen. Herr CCZ äußerte sich z. T. extrem negativ über Deutschland. Im Zusammenhang mit deutschen Unternehmen hatten seine Aussagen oft einen ironischen Charakter. Ebenfalls konnte festgestellt werden, dass Herr CCZ

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seine Erfahrungen mit einem Unternehmen auf das ganze Land überträgt und demzufolge ist er nach einigen negativen Erlebnissen z. B. nicht mehr bereit, mit italienischen Firmen zusammen zu arbeiten. Dies gilt aber auch im Falle positiver Erfahrungen. Herr CCZ würde jederzeit mit der Slowakei kooperieren und zwar auf Grund einer erfolgreichen Kooperation in der Vergangenheit sowie auf Grund seiner hohen persönlichen Affinität zu diesem Land. Die Slowakei positionierte er auch als das meist vertraute Land, Deutschland als das am wenigsten vertraute. Bei Herrn CCZ waren die Reihenfolge der Länder, mit denen er sich eine reibungslose Kooperation vorstellen möchte sowie die Reihenfolge dieser Länder aus privater Sicht (Vertrautheit) am ähnlichsten von allen Befragten. Einer grenzüberschreitenden Kooperation gegenüber ist Herr CCZ offen, sieht sie aber als eine Notwendigkeit. Am liebsten würde er lediglich mit tschechischen Firmen zusammen arbeiten. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Alter Branche Möbelherstellung Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 20 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 1 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 3 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 13: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr CCZ) Quelle: Interview mit Herrn CCZ

50 Hochschulabschluss keine Deutsch, Englisch – teilweise (2)

Herr DCZ Die Firma DCZ ist im Tourismusbereich tätig, konkret befasst sie sich mit dem Aufbau eines Kurzentrums in einer kleinen tschechischen Stadt. Herr DCZ ist einer der vier Besitzer, besitzt aber die Entscheidungskompetenzen bzgl. grenzüberschreitender Kooperation praktisch allein. Laut Herrn DCZ ist das Unternehmen noch am Start, die Zukunftspläne sind jedoch groß. Vorgesehen ist u. a. eine Zusammenarbeit mit deutschen und österreichischen Reisebüros, denn Kunden aus diesen Ländern stellen nach der Meinung von Herrn DCZ das größte Potential für sein Unternehmen dar. Eine Kooperation mit anderen Ländern schließt er nicht aus, fände sie allerdings nicht sinnvoll wegen der geographischen Entfernung. Herr DCZ hat bis jetzt keine Erfahrungen mit ausländischen Unternehmen, bis auf einen polnischen Betrieb aus der Zeit von der Wende. Was potentielle Barrieren einer grenzüberschreitenden Kooperation anlangt, würde Herr DCZ eher Probleme in den ‚harten’ Faktoren sehen, wie z. B. in der Durchsetzung des Rechtes in einigen Ländern. Als einer der wenigen Befragten war Herr DCZ der Meinung, dass Tschechen und Deutsche eine ähnliche Mentalität haben und dass aus diesem Grund eine Kooperation ganz reibungslos verlaufen könnte. Aus privater Sicht findet er eindeutig die Slowakei als das meist vertraute Land, gefolgt von Polen. Erst nach einem größeren Abstand kommen dann die anderen Länder (Frankreich, Österreich, Deutschland und die USA).

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Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Branche Tourismus – Kurwesen Alter Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 25 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 0,03 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 0 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 14: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr DCZ) Quelle: Interview mit Herrn DCZ

53 Hochschulabschluss keine Englisch (2)

Herr ECZ Die Firma ECZ ist ein tschechisches Unternehmen, das sich mit der Verpackung verschiedener, insb. Drogerieprodukte beschäftigt. Erfahrungen hat sie v. a. mit deutschen Unternehmen, weiterhin mit Österreich und der Slowakei. Grenzüberschreitende Kooperation erfolgte bereits in den Anfangsphasen der Firmenexistenz, der Beitritt der Tschechischen Republik zur EU vereinfachte die Kooperation wesentlich. Mit deutschen Unternehmen hat die Firma ECZ keine Schwierigkeiten, negative Erfahrungen gibt es mit Unternehmen aus Österreich und v. a. aus der Slowakei. Herr ECZ ist Besitzer der Firma und hat demzufolge Entscheidungskompetenzen bzgl. grenzüberschreitender Kooperationen. Herr ECZ ist als Arzt tätig, die Firma ist nach seinen Worten ‚sein zweiter Job’. Er charakterisiert sich selbst als offen gegenüber Auslandsengagements, würde gern kooperieren, auch wenn er genug Aufträge in Tschechien hätte, da ihm Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen Selbstbestätigung bringt. Während des Interviews kam es zu einigen Widersprüchen in den Aussagen von Herrn ECZ. So hätte er bspw. keine Angst, mit den Ländern innerhalb der EU zu kooperieren, in Bezug auf eine Zusammenarbeit mit der Slowakei oder Polen äußerte er allerdings einige Befürchtungen. Seine eigenen Erfahrungen beeinflussen in hohem Maße seine Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation. So würde er auf Grund positiver Erfahrungen mit deutschen Firmen sofort auch mit anderen deutschen Unternehmen zusammen arbeiten, auf Grund negativer Erfahrungen mit der Slowakei besteht kein Interesse mehr an einer Zusammenarbeit mit slowakischen Unternehmen. Aus privater Sicht ist Herrn ECZ Deutschland am nächsten, als am wenigsten vertraut bezeichnete er Polen. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Branche Alter Verpackungsindustrie Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 50 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 0,67 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 3 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 15: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ECZ) Quelle: Interview mit Herrn ECZ

52 Hochschulabschluss keine Englisch, Deutsch (3)

Herr FCZ Die Firma FCZ beschäftigt sich mit der Bearbeitung von verschiedenen Materialien (Blech, Keramik etc.) mit Hilfe von Laser und Wasserstrahl. Erfahrungen hat sie hauptsächlich mit

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Deutschland (langfristige Kooperation mit zwei Firmen – ca. 10 % des Umsatzes), weiterhin mit Österreich und den Niederlanden. In der Anfangsphase entstanden Kontakte zu ausländischen Partnern hauptsächlich zufällig, gegenwärtig sucht das Unternehmen aktiv nach neuen Kontakten im Ausland (eine Mitarbeiterin kümmert sich ausschließlich um die Suche nach potentiellen Kooperationspartnern v. a. in Deutschland). Die Kooperation mit den deutschen Unternehmen verläuft reibungslos, es gibt auch gute persönliche Bekanntschaften mit den deutschen Partnern. Herr FCZ ist einer von zwei Besitzern der Firma. Er charakterisiert sich selbst als pragmatisch (es ist gut, persönliche Kontakte mit Kooperationspartnern zu haben, aber es geht v. a. um das Geschäft). Der Grund für die Suche nach Kooperationsmöglichkeiten im Ausland besteht hauptsächlich darin, die Unternehmensaktivitäten möglichst viel zu diversifizieren. Als geeignete Kooperationspartner findet Herr FCZ Deutschland bzw. Österreich. Polen und die Slowakei sind für eine Kooperation auf dem Gebiet, auf dem die Firma FCZ tätig ist, geographisch bereits zu weit. Als Land, mit dem Herr FCZ auf Grund einer negativen Erfahrung nicht zusammen arbeiten will, bezeichnete er die USA. Aus privater Sicht scheint ihm als das meist vertraute Land die Slowakei, gefolgt von den USA und von Frankreich. Deutschland und Polen bezeichnete Herr FCZ als Länder, zu denen er keinen Bezug hat. Angaben zur Firma: Branche

Laser- und Wasserstrahlbearbeitung 40 2 Mio. € 3

Angaben zur Person: Alter

Mitarbeiterzahl Bildungsniveau Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 16: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr FCZ) Quelle: Interview mit Herrn FCZ

42 Hochschulabschluss keine Englisch, Deutsch – teilweise (2)

Herr GCZ Die Firma GCZ ist im Bereich der Rekultivierung von Grubengebieten der nordwestböhmischen Region tätig. Eine Kooperation mit ausländischen Partnern ist für die Zukunft geplant, bis jetzt gab es nach der Meinung von Herrn GCZ keinen Grund zur grenzüberschreitenden Kooperation, da genügend Aufträge für sein Unternehmen in Tschechien vorhanden sind. Erste Kontakte bestehen bereits zu einer Firma in den Arabischen Emiraten. Ebenfalls hat die Firma GCZ vor, mit deutschen Unternehmen zusammen zu arbeiten. Herr GCZ ist Besitzer der Firma und hat demzufolge auch Entscheidungskompetenzen bzgl. grenzüberschreitender Kooperation. Gegenüber einer Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern ist er offen und hat sich bereits auch einige Informationen zu Ausschreibungen in Deutschland besorgt. Deutschland bezeichnete er als Land, mit dem er am liebsten kooperieren würde, v. a. auf Grund der Stabilität der politischen und wirtschaftlichen Situation. Allerdings würde er zuerst eine Kooperation in den Neuen Bundesländern ‚probieren’, bevor er Partner in den Alten Bundesländern suchen würde, die, seiner Meinung nach, viel strenger und konsequenter sind.

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Ungern würde Herr GCZ mit den USA zusammen arbeiten, überhaupt nicht gern mit Polen. Auf Grund einiger negativer Erfahrungen wird seinerseits keine weitere Auseinandersetzung mit Polen angestrebt. Herr GCZ betonte, dass seine Bereitschaft zur Kooperation mit der Mentalität der dortigen Menschen eng zusammenhängt. Allerdings kritisierte er ebenfalls die Mentalität der Sachsen, obwohl sächsische Firmen als potentielle Kooperationspartner in Frage kämen, auch wenn nur als Sprungbrett zur Kooperation mit Unternehmen aus den Neuen Bundesländern. Herr GCZ hat ein Jahr in Kanada (Québec) gelebt. Seine Affinität zu diesem Land spiegelt sich auch in seiner Bereitschaft zur Kooperation wider: auf Grund seiner Sprachkenntnisse kann er sich eine reibungslose Kooperation mit Frankreich vorstellen. Auch privat empfindet er Frankreich am vertrautesten, am wenigsten vertraut ist er mit den USA. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Alter Branche Rekultivierung Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 65 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 6,67 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 1 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 17: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr GCZ) Quelle: Interview mit Herrn GCZ

33 Abitur 1 Jahr (Kanada) Englisch, Französisch, Russisch (3)

Herr HCZ Die Firma HCZ ist ein kleines tschechisches Unternehmen, das sich mit der Herstellung von Heizkaminen beschäftigt. Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation hat die Firma HCZ in der Slowakei und in Polen gesammelt, Kontakte bestehen ebenfalls nach Deutschland, wo das Unternehmen einen Komponentenlieferanten hat. Herr HCZ würde allerdings gern nicht nur Komponenten aus Deutschland beziehen, sondern v. a. fertige Produkte nach Deutschland exportieren, z. B. mit Hilfe eines deutschen Unternehmens. Deutschland nannte Herr HCZ auch als Land, mit dem er am liebsten zusammen arbeiten würde. Der Grund dafür liegt nach seinen Aussagen in der ähnlichen Mentalität der Menschen sowie im großen Marktpotential. Trotz der Tatsache, dass auf dem Gebiet der Heizkamine Frankreich ein attraktiver Partner wäre (auf Grund seiner Kompetenzen in diesem Bereich), würde Herr HCZ Kooperationen mit anderen Ländern bevorzugen. Als Gründe dafür nennt er neben der Sprachbarriere auch historische Ereignisse, bei denen ‚Frankreich Tschechien immer verraten hat.’ Herr HCZ ist einer der wenigen befragten Unternehmer, die der Meinung sind, dass Unterschiede im Entwicklungsstand zweier Länder für eine reibungslose Kooperation möglichst klein sein sollten. Grenzüberschreitende Kooperationen sieht er heutzutage als Notwendigkeit, würde allerdings auch in dem Falle gern kooperieren, wenn es nicht unbedingt notwendig wäre. Anfang der 1990er Jahre arbeitete Herr HCZ als Grenzgänger in Bayern. Aus privater Sicht sind Herrn HCZ die Slowakei und Deutschland am vertrautesten. Am wenigsten vertraut ist er mit Frankreich und Polen, wo er auch negative Erfahrungen sammelte.

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Herr HCZ besitzt die Entscheidungskompetenzen bzgl. grenzüberschreitender Kooperation gemeinsam mit seinem Kollegen. Angaben zur Firma: Branche Mitarbeiterzahl Umsatz (in €)

Heizkaminherstellung 25 1 Mio. €

Angaben zur Person: Alter Bildungsniveau Auslandsaufenthalte

Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 2 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 18: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr HCZ) Quelle: Interview mit Herrn HCZ

38 Berufsausbildung Grenzgänger (Deutschland) Deutsch, Englisch – teilweise (2)

Herr ICZ Die Firma ICZ beschäftigt sich mit Holzbearbeitung. Sie arbeitet vorwiegend mit Niederlassungen ausländischer Unternehmen in Tschechien zusammen, eine Zusammenarbeit in kleinem Umfang erfolgt mit einem bayrischen Unternehmen. Da die Firma ICZ ihren Sitz nahe der deutschen Grenze hat, kommen relativ oft Anfragen von sächsischer Seite. Die Bereitschaft des Herrn ICZ zur Kooperation mit sächsischen Unternehmen ist allerdings gering. U. a. kritisierte Herr ICZ die schlechte Zahlungsmoral sächsischer Unternehmer. Mit seinen Aussagen zur Bevölkerung der Alten und Neuen Bundesländer gehörte Herr ICZ zu den Befragten, die sehr große Unterschiede zwischen beiden empfinden. Bei der Charakteristik der Mentalität sowie der dortigen Firmen verband er positive Eigenschaften überwiegend mit Westdeutschland, negative mit Ostdeutschland. Herr ICZ sah außerdem gewisse Ähnlichkeiten zwischen Sachsen und Tschechen, was v. a. ihren schlechten Zugang zur Arbeit anlangt. Geeignete Kooperationspartner würde Herr ICZ, seiner Meinung nach, in Russland oder in Asien finden, da der Markt in (West)Europa größtenteils gesättigt ist. In diesen Ländern hätte er auch keine Bedenken bzgl. der Sicherheit und politischer Stabilität. Im späteren Verlauf des Interviews betonte er jedoch, dass politische Stabilität und Sicherheit die Grundvoraussetzungen für eine Kooperation sind und dass diese in Russland noch nicht vollkommen vorhanden sind. Abgesehen von seinem Tätigkeitsbereich würde Herr ICZ am liebsten mit den USA zusammen arbeiten. Herr ICZ charakterisiert sich als offen gegenüber grenzüberschreitender Kooperation, er würde auch in dem Falle nach Auslandskontakten suchen, wenn es nicht unbedingt notwendig wäre. Aus privater Sicht ist ihm die Slowakei am nächsten. Deutschland, Polen und Frankreich bezeichnete Herr ICZ als weniger vertraute Länder. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Branche Alter Holzbearbeitung Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 30 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 1 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 1 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 19: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ICZ) Quelle: Interview mit Herrn ICZ

59 Hochschulabschluss keine Deutsch, Polnisch, Russisch (3)

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Herr AD Die Firma AD stellt Maschinen für gleitloses und gleitendes Ziehen, Warmziehanlagen sowie andere Spezialmaschinen und Zubehör her. Sie kann als sehr international bezeichnet werden, da sie Kunden in mehr als 40 Ländern in der ganzen Welt hat. Momentan fokussiert sie ihre Arbeit auf den mitteleuropäischen Raum, eine erfolgreiche Kooperation erfolgt jedoch auch mit Russland. Die Firma AD sucht aktiv nach neuen Kontakten im Ausland, Herr AD sieht für sich selbst in der Kooperation mit ausländischen Unternehmen eine Herausforderung. Die Firma AD kooperiert auch mit einem tschechischen Unternehmen, Herr AD spürt jedoch viel Misstrauen in dieser Partnerschaft. Außerdem unternahm er bereits mehrere Versuche, mit einem anderen Unternehmen in Tschechien Kontakt aufzunehmen, bis jetzt allerdings ohne Erfolg. Erfahrungen dieser Art hat Herr AD in keinem anderen Land. Herr AD ist Besitzer der Firma und entscheidet u. a. auch über grenzüberschreitende Kooperation. Als Länder, mit denen er nicht kooperieren möchte, nannte er Südamerika, Afrika und Asien auf Grund der Unkenntnis dortiger Bedingungen. Von den Ländern in der Anlage 1 würde er die USA ausschließen, da er gegen die Amerikanisierung der Welt ist. Ebenfalls niedrig ist seine Bereitschaft zu Kooperation mit Frankreich auf Grund dessen, dass Franzosen, seiner Meinung nach, extrem nationalistisch sind. Bei Herrn AD lässt sich keine klare Trennung zwischen der beruflichen und privaten Sphäre feststellen. Aus privater Sicht liegt ihm am nächsten Österreich, gefolgt von Tschechien. Die USA nehmen, ähnlich wie aus der beruflichen Sicht, mit großem Abstand den letzten Platz ein. Angaben zur Firma: Branche

Herstellung von Spezialmaschinen 25 2 Mio. € 4

Angaben zur Person: Alter

Mitarbeiterzahl Bildungsniveau Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 20: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr AD) Quelle: Interview mit Herrn AD

51 Promotion keine Englisch, Russisch – teilweise (2)

Herr BD Die Firma BD ist ein sächsisches mittelständisches Unternehmen, das sich mit Metallverarbeitung beschäftigt. Für den Geschäftsführer, Herrn BD sind gewisse Befürchtungen bzgl. grenzüberschreitender Kooperation charakteristisch, die zur Folge haben, dass sein Unternehmen ausschließlich mit sächsischen Lieferanten zusammen arbeitet. Dies begründet Herr BD mit der Notwendigkeit von JIT-Lieferungen. Demzufolge hat das Unternehmen nur sehr begrenzte Auslandserfahrungen. Herr BD hat sich nach seinen Aussagen bis jetzt keine Gedanken über grenzüberschreitende Kooperation gemacht. Zu seinen einzigen Aktivitäten auf diesem Gebiet gehörten einige Anschreiben an tschechische Blechlieferanten, mit deren Angebot er allerdings nicht zufrieden war.

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Im Zusammenhang mit den Lieferungen aus dem Ausland befürchtet Herr BD v. a. Probleme mit der Qualität und Termintreue. Über eine grenzüberschreitende Kooperation würde er nur im Falle einer einfachen Montage nachdenken, Know-how würde er ‚nie aus seinem Haus weggeben.’ Herr BD war unter den befragten Unternehmern der einzige nicht gebürtige Deutsche oder Tscheche. Zwar lebt er seit 1969 in Sachsen, geboren und aufgewachsen ist er allerdings in Ungarn. Seine Herkunft spiegelt sich jedoch nicht in seiner Bereitschaft zur Kooperation mit ausländischen Unternehmen wider. Als Land, mit dem er kooperieren möchte, gab er Österreich an, kann sich aber auch eine Kooperation mit Tschechien vorstellen. Zum Schluss des Interviews sagte Herr BD, dass er gern kooperieren möchte, dass ihn allerdings davon einige schlechte Erfahrungen abhalten. Aus privater Sicht ist ihm Österreich am nächsten, gefolgt von den USA, am wenigsten vertraut ist er mit der Slowakei. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Alter Branche Metallverarbeitung Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 280 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 24 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 0 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 21: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr BD) Quelle: Interview mit Herrn BD

55 Hochschulabschluss 19 Jahre (Ungarn) Ungarisch, Englisch – teilweise (2)

Herr CD Die Firma CD ist im Bereich der Herstellung von verschiedenen Verpackungen tätig. Was grenzüberschreitende Kooperation anlangt, bestehen Kontakte in sehr viele Länder der ganzen Welt. Eine eigene Niederlassung besitzt diese Firma in Polen. Herr CD betonte während des Interviews mehrmals, keine Vorbehalte gegenüber anderen Ländern zu haben sowie keine ausgesprochen negativen oder positiven Erfahrungen in bestimmten Ländern gesammelt zu haben. Er würde allerdings nicht in ein Land gehen, wo rechtliche und politische Stabilität nicht vorherrschen. Mit Tschechien hat Herr CD sowohl berufliche als auch private Erfahrungen. Die Firma CD kooperiert mit tschechischen Unternehmen, hatte sogar die Gründung einer Niederlassung geplant, was schließlich nicht realisiert wurde, da momentan ‚die ganze Kraft an Polen gerichtet ist.’ Die Vorfahren von Herrn CD stammen aus Tschechien, seine Mutter sprach tschechisch und Herr CD lernte selbst acht Jahre lang tschechisch. Durch diese familiäre Situation war er oft in Tschechien und bezeichnet Tschechien als Land, das ihm emotional sehr nah ist. Herr CD ist Hauptgesellschafter der Firma und demzufolge besitzt er die Entscheidungskompetenzen bzgl. grenzüberschreitender Kooperation. In Bezug auf grenzüberschreitende Kooperation äußerte er keine Präferenzen für ein bestimmtes Land. Aus privater Sicht sind ihm Tschechien und Österreich am nächsten, die USA bezeichnete er als Land, mit dem er am wenigsten vertraut ist.

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Angaben zur Firma: Branche

Herstellung von Verpackungen 42 8,5 Mio. € 4

Angaben zur Person: Alter

Mitarbeiterzahl Bildungsniveau Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 22: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr CD) Quelle: Interview mit Herrn CD

61 Hochschulabschluss keine Englisch, Tschechisch – teilweise (2)

Herr DD Die Firma DD ist ein kleines Engineering- und Consultingunternehmen, das vorwiegend in der Textilindustrie tätig ist. Dieses Unternehmen kann als das Internationalste von allen untersuchten Unternehmen bezeichnet werden, es bestehen Kontakte in viele Länder, die von anderen Befragten als zu risikoreich beschrieben wurden: Russland, der Mittlere und Nahe Osten sowie Zentralasien. Der Geschäftsführer der Firma DD ist der Meinung, dass schlechte Bedingungen in einigen Ländern in Kauf genommen werden müssen, falls man Geschäfte machen will. Für ihn steht immer der Kunde im Mittelpunkt, den Bedingungen im Land muss sich das Unternehmen, seiner Meinung nach, anpassen. Einige Befürchtungen äußerte Herr DD lediglich in Bezug auf den Irak. Als einer der wenigen Befragten sagte Herr DD, politische Bedingungen seien bei einer grenzüberschreitenden Kooperation unwichtig, denn solange man dort nicht verfolgt wird, spielt es keine Rolle, ob das Unternehmen in einer Diktatur oder in einem politisch freien Land tätig ist. Mit Tschechien hat Herr DD keine Erfahrungen, kann sich aber eine Kooperation sehr gut vorstellen. Eine größere Affinität besitzt er zu Polen, wo er zwei Jahre lang gelebt hat. Außerdem verbrachte Herr DD vier Jahre in Syrien. Aus privater Sicht scheint ihm Österreich am nächsten zu sein, gefolgt von Polen. Keinen Bezug hat Herr DD zur Slowakei. Angaben zur Firma: Branche Mitarbeiterzahl Umsatz (in €)

Engineering, Consulting 25 5 - 25 Mio. €

Angaben zur Person: Alter Bildungsniveau Auslandsaufenthalte

Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 4 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 23: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr DD) Quelle: Interview mit Herrn DD

55 Hochschulabschluss 4 Jahre (Syrien), 2 Jahre (Polen) Englisch, Russisch, Polnisch, Arabisch (3)

Herr ED Die Firma ED ist ein mittelständischer Hersteller von Werkzeugmaschinen, der bereits langfristig mit zwei ungarischen Unternehmen kooperiert. Nach der Meinung des Geschäftsführers Herrn ED hatten sie mit diesen Partnern bis jetzt ausschließlich positive Erfahrungen. Diese Zusammenarbeit ist durch den Hauptgesellschafter der Firma ED entstanden, der gebürtiger Ungar ist.

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Einige Kontakte bestehen auch zu tschechischen Unternehmen. Bis jetzt ist es allerdings nicht gelungen, eine intensivere Kooperation zu realisieren. Gescheitert sind diese Versuche insb. wegen niedriger Qualität und hohen Preisen tschechischer Produkte. Ebenfalls erwähnte Herr ED negative Erfahrungen seiner Geschäftspartner, die sich bereits aus Tschechien zurückzogen. Herr ED kann sich Kooperation mit vielen Ländern vorstellen. Um Know-how aufzuwerten, würde er mit Österreich, Frankreich oder den USA kooperieren, um Kostenvorteile zu gewinnen, würde er Polen, Tschechien oder die Slowakei bevorzugen. Eine Zusammenarbeit mit Österreich wäre einfacher nicht nur auf Grund der gleichen Sprache, sondern auch auf Grund dessen, das Österreich nach der Meinung des Herrn ED auf ‚gleichem Level’ ist wie Deutschland. Für Österreicher seien marktwirtschaftliche Gepflogenheiten üblicher, als für Tschechen oder Polen. Herr ED charakterisiert sich selbst als offen gegenüber grenzüberschreitender Kooperation, es besteht allerdings kein dringender Handlungsbedarf für eine Zusammenarbeit mit ausländischen Firmen. Aus privater Sicht empfindet Herr ED Österreich, Tschechien und Polen als meist vertraute Länder, mit einem großen Abstand sind die USA das am wenigsten vertraute Land. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Branche Werkzeugmaschinenbau Alter Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 88 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 5,7 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 2 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 24: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ED) Quelle: Interview mit Herrn ED

50 Hochschulabschluss keine Englisch (2)

Frau FD Die Firma FD ist im Bereich der Herstellung von Vliesstoffen für die Automobil- und Möbelindustrie tätig. Ihre Geschäftsführerin, Frau FD charakterisiert sich selbst als nicht auslandsorientiert. Falls es nicht notwendig wäre, würde sie lieber ausschließlich mit deutschen Firmen zusammen arbeiten. Dies liegt nach ihren Aussagen darin begründet, dass sie den Überblick nicht verlieren will. Frau FD hat anscheinend keine Vorbehalte gegenüber anderen Ländern, sie selbst bezeichnet sich als vorurteilslos. Einige Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation hat sie bereits gesammelt, die bestehenden Kontakte sind allerdings nicht intensiv, es handelt sich um einige kleinere Geschäfte. So bezieht sie bspw. bestimmte Fasern von einem tschechischen Lieferanten, mit dem die Kooperation reibungslos verläuft. Auch Maschinen stammen aus dem Ausland und zwar aus Polen, womit Frau FD ebenfalls nur positive Erfahrungen hat. Diese Erfahrungen bestätigen sie in der Meinung, dass Stereotype, die man mit bestimmten Ländern verbindet, nicht stimmen. Als Länder, mit denen Frau FD nicht kooperieren möchte, bezeichnete sie u. a. Russland wegen der politischen Instabilität und die USA wegen der geographischen Entfernung. Frau 129

FD ist nach ihren Worten ‚kein Freund’ der Verlagerung der Produktion nach Osten, da sie davon überzeugt ist, dass schon die damit verbundenen Kosten zu hoch sind. Aus privater Sicht ist Frau FD Österreich am nächsten, gefolgt von Tschechien und Polen. Mit den USA ist sie am wenigsten vertraut. Angaben zur Firma: Branche

Herstellung von Vliesstoffen 25 4 Mio. € 1

Angaben zur Person: Alter

Mitarbeiterzahl Bildungsniveau Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 25: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr FD) Quelle: Interview mit Frau FD

31 Hochschulabschluss keine Englisch, Französisch – beides teilweise (1)

Frau GD Die Unternehmenstätigkeit der Firma GD bezieht sich auf mechanische Bearbeitung und Montage von metallischen Präzisionsteilen. Die Firma pflegt intensive Beziehungen zu Unternehmen aus Tschechien, Österreich, Italien und den USA. Die Kooperation mit zwei tschechischen Unternehmen ist durch Zufall entstanden und verläuft reibungslos. Die Besitzerin der Firma GD kritisierte allerdings langwierige Vorgespräche dieser Kooperationen. Im Zusammenhang mit der Kooperation mit tschechischen Unternehmen wies sie auch auf wesentliche Unterschiede zwischen Firmen in Tschechien mit tschechischem und deutschem Management hin. Ihrer Meinung nach gibt es in den tschechisch geführten Unternehmen ‚nicht so eine Arbeitsorganisation, alles ist lockerer und legerer’, als in denen mit deutscher Führung. Als Länder, mit denen sie nicht unbedingt kooperieren möchte nannte Frau GD Polen und Frankreich. Die Gründe dafür liegen bei Frankreich in der Unkenntnis der Sprache (Frau GD hatte einige negative Erfahrungen in Frankreich auf Grund der Sprache), bei Polen wusste sie selbst nicht, warum sie nicht nach Kontakten zu Polen sucht. Ähnlich äußerte sich Frau GD auch zu ihrer Vertrautheit gegenüber diesen Ländern aus privater Sicht: Frankreich und Polen waren mit großem Abstand die am wenigsten vertrauten Länder, am nächsten empfindet Frau GD Österreich. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Branche Alter Präzisionstechnik Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 52 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 5,9 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 3 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 26: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr GD) Quelle: Interview mit Frau GD

46 Hochschulabschluss keine Englisch (2)

Herr HD Die Firma HD ist im Bereich des Fensterbaus tätig. Sie kann als regionalgebunden bezeichnet werden, denn sie arbeitet ausschließlich mit Unternehmen in der Region zusammen. Als

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Grund dafür nannte der Geschäftsführer, Herr HD nicht nur Kundennähe und kurze Lieferzeiten, sondern v. a. die Förderung der regionalen Wirtschaft. Dies sei ein wichtiges Verkaufsargument, das bei den Kunden eine große Rolle spielt. Außerdem betonte Herr HD, dass mit dem Herkunftsland Deutschland andere Eigenschaften verbunden werden, als bspw. mit Tschechien. Herr HD kann sich nicht vorstellen, dass das Herkunftsland Tschechien bei den Kunden positive Assoziationen hervorrufen würde. Herr HD schätzt sich selbst als regionalgebunden und demzufolge nicht auslandsorientiert ein. Zwar hatte er eine kleine, seiner Meinung nach ‚erstaunlich unproblematische’ Erfahrung mit einem polnischen Unternehmen, hat aber keine grenzüberschreitende Kooperation vor. Dies begründet er v. a. durch die große geographische Entfernung. Eine grenzüberschreitende Kooperation kann sich Herr HD nur mit Österreich vorstellen, da sie wegen der Sprache einfacher wäre, als mit anderen Ländern. Außerdem verbindet er mit Österreich gewisse Kompetenzen im Fensterbau, die er auch bei Kunden kommunizieren könnte. Am wenigsten kann er sich eine Kooperation mit den USA und der Slowakei vorstellen. Aus privater Sicht liegt Herrn HD ebenfalls Österreich am nächsten, am wenigstens vertraut ist er mit der Slowakei. Angaben zur Firma: Angaben zur Person: Alter Branche Fensterherstellung Mitarbeiterzahl Bildungsniveau 14 Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte 0,55 Mio. € Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse 0 Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 27: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr HD) Quelle: Interview mit Herrn HD

35 Berufsausbildung keine Englisch – teilweise (1)

Herr ID Die Firma ID ist ein sächsisches Familienunternehmen, das sich mit der Herstellung von Badtechnik beschäftigt. Sie arbeitet ausschließlich mit sächsischen Unternehmen zusammen. Die ‚echte’ deutsche Herkunft ihrer Produkte kommuniziert sie auch in ihrem Slogan ‚Ein ehrliches deutsches Produkt.’ Nach Meinung des Geschäftsführers, Herrn ID, käme eine grenzüberschreitende Kooperation lediglich im Bereich der Verpackung oder anderen ergänzenden Bereichen in Frage. Als positives Verkaufsargument findet er seinen Slogan v. a. im Zusammenhang mit Patriotismus sowie mit der Schaffung von Arbeitsplätzen, was in der Zeit der Produktionsverlagerung in Billiglohnländer in Deutschland ein großes Thema sei. Als größte Barriere der grenzüberschreitenden Kooperation sieht Herr ID die Sprache. Ohne diese Barriere wäre, seiner Meinung nach, eine Kooperationsanbahnung mit Tschechien einfacher, als mit Österreich. Geographische Nähe, niedrige Kosten, motivierte Mitarbeiter – das sind Gründe, warum er bspw. im Bereich der Verpackung über die Suche nach einem Lieferanten in Tschechien nachdenkt. Zu den Ländern, mit denen sich Herr ID eine Kooperation vorstellen kann, gehören Frankreich, Tschechien und Österreich. Er möchte überhaupt nicht mit den USA zusammen arbei-

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ten, denn dort gibt es ungünstige rechtliche Bedingungen in Bezug auf Produkthaftung etc. Als meist vertrautes Land aus privater Sicht sieht Herr ID Österreich, gefolgt von Tschechien. USA, Polen und v. a. die Slowakei sind für Herrn ID nicht vertraut. In die Slowakei würde ihn sowohl beruflich als auch privat nichts hinführen. Angaben zur Firma: Branche

Herstellung von Badtechnik 22 6 Mio. € 0

Angaben zur Person: Alter

Mitarbeiterzahl Bildungsniveau Umsatz (in €) Auslandsaufenthalte Intensität der grenz. Fremdsprachenkenntnisse Kooperation (Stufe) (Stufe) Tab. 28: Angaben zu den befragten Unternehmern (Herr ID) Quelle: Interview mit Herrn ID

5.4

34 Berufsausbildung keine Englisch – teilweise (1)

Auswertung der qualitativen Interviews

5.4.1 Grundzüge der qualitativen Inhaltsanalyse Für die Auswertung qualitativer Untersuchungen ist ein beschreibender, strukturierender und entwickelnder Zugang charakteristisch (vgl. Tomczak, 1992, S. 82). Im Vergleich zu quantitativen Auswertungen erfolgen hier keine statistischen Verfahren, denn eine Textanalyse steht meistens im Vordergrund. Diese Analyse bezieht sich allerdings nicht ausschließlich auf den Inhalt des Datenmaterials (z. B. eines transkribierten Interviews), sondern auch auf die damit verbundene Situation (vgl. Mayring, 1997, S. 11ff.). Ausgehend vom Offenheitsprinzip qualitativer Verfahren spielen der Kontext eines Interviews sowie seine Atmosphäre eine bedeutende Rolle. Zur Auswertung qualitativer Interviews bieten sich neben qualitativer Inhaltsanalyse auch andere Techniken an, zu denen u. a. die objektive Hermeneutik oder die Konversationsanalyse zu zählen sind.57 Die Wahl einer oder mehrerer Auswertungstechniken ist vom Ziel der Untersuchung, ihrer Fragestellungen sowie ihrem methodischen Ansatz abhängig (vgl. Schmidt, 2000, S. 447). Während bspw. die objektive Hermeneutik auf Grund ihres aufwändigen Vorgehens nur für Auswertung von kleinen Datenmengen geeignet ist (vgl. Hugl, 1995, S. 47), wird die qualitative Inhaltsanalyse auch für umfangreiche Untersuchungen empfohlen (vgl. Mayring, 2002, S. 121). Im Vergleich zur objektiven Hermeneutik ist die qualitative Inhaltsanalyse durch eine systematische Materialbearbeitung gekennzeichnet, die auf einem theoriegeleitet entwickelten Kategoriensystem basiert (vgl. ebenda, S. 114). Die Inhaltsanalyse hat, ähnlich wie die Hermeneutik zum Ziel, das Untersuchungsmaterial zu verstehen. Sie will jedoch, im Vergleich zu ihr, neue Zusammenhänge durch die Interpretation dieses Materials finden (vgl. Lamnek, 1995, S. 198).

57

Eine nähere Auseinandersetzung mit den einzelnen Auswertungsverfahren würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Mehr zu diesen sowie weiteren Auswertungstechniken vgl. Mayring, 2002, S. 103ff.; Lamnek, 1995, S. 196ff.; Flick, 1995, S. 232ff.

132

Die systematische Vorgehensweise bei der Inhaltsanalyse betont Früh auch in seiner Definition: „Die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen“ (Früh, 1991, S. 24). Eine inhaltsanalytische Auswertung erfolgt dementsprechend nach bestimmten Regeln, die den gesamten Auswertungsprozess prägen. Durch die Existenz dieser Regeln, die u. a. auch den Ablauf der Analyse bestimmen, läuft die Auswertung nicht unwillkürlich ab, auch wenn dabei ebenfalls das Prinzip der Offenheit einzuhalten ist. Zu diesen Regeln gehören v. a. die Festlegung des Untersuchungsmaterials, die Entwicklung eines Kategoriensystems, die Spezifizierung von Analyseeinheiten sowie die Kodierung des Materials (vgl. ebenda, S. 37). Die Schwerpunkte der Inhaltsanalyse liegen nach Groeben/Rustmeyer in der Systematisierung des alltäglichen Verstehens sowie in der Analyse menschlicher Kommunikationsprozesse v. a. aus semantischer Sicht (vgl. Groeben/Rustmeyer, 1995, S. 523). In der Literatur sind einige Verfahren zur qualitativen Inhaltsanalyse zu finden, die ihren Ablauf in mehreren Schritten beschreiben (vgl. bspw. Lamnek, 1995, S. 205ff.; Hugl, 1995, S. 7). Auf Grund seiner systematischen Methodik wird dabei der Ansatz von Mayring besonders hervorgehoben (vgl. Hugl, 1995, S. 98). Da die qualitative Analyse nach Mayring auch die Grundlage für die Auswertung der vorliegenden Arbeit darstellt, wird im Weiteren auf deren Spezifika näher eingegangen. Mayring stellte ein Ablaufmodell für qualitative Inhaltsanalyse auf, bei dem jeder Schritt auf Grund der bereits erwähnten strengen Systematik überprüfbar ist. Insgesamt unterscheidet er zwischen elf Schritten (vgl. Abb. 14), die nun kurz erläutert werden.

133

Festlegung des Materials Analyse der Entstehungssituation Formale Charakteristika des Materials Richtung der Analyse Theoretische Differenzierung der Fragestellung Definition der Analyseeinheiten Analyseschritte mittels des Kategoriensystems Zusammenfassung

Explikation

Strukturierung

Rücküberprüfung des Kategoriensystems an Theorie und Material Interpretation der Ergebnisse in Richtung Hauptfragestellung Anwendung der inhaltsanalytischen Gütekriterien

Abb. 14: Allgemeines inhaltsanalytisches Ablaufmodell Quelle: Mayring, 1997, S. 54

Schritt 1: Festlegung des Materials In diesem Schritt muss zuerst entschieden werden, welches Material die Basis für die Analyse darstellt. Dabei ist zu beachten, dass das Datenmaterial ständig in seinem Kontext interpretiert werden muss (vgl. Mayring, 1997, S. 42). In Bezug auf die vorliegende Arbeit bilden die Textteile, die sich auf die Bereitschaft sächsischer und tschechischer Unternehmer zur grenzüberschreitenden Kooperation beziehen, das zu analysierende Material. Die, für diese Forschungsproblematik unrelevanten Passagen werden nicht ausgewertet. Für eine bessere Orientierung im transkribierten Text werden die auszuwertenden/relevanten Textteile fett markiert (vgl. Kap. 5.4.3). Außerdem werden auch die in Kap. 5.2.1 beschriebenen Anlagen zum Interviewleitfaden in die Analyse mit einbezogen. Schritt 2: Analyse der Entstehungssituation Das Ziel der Analyse der Entstehungssituation besteht in einer genauen Beschreibung der Zielgruppe, ihres soziokulturellen Rahmens sowie ihres Handlungshintergrundes (vgl. Mayring, 1997, S. 47). Da diese Beschreibung nicht Teil des transkribierten Textes ist, schlägt Witzel die Erstellung eines Postskriptums und eines Kurzfragenbogens vor (vgl. Witzel, 1982, S. 89ff.). Im Postskriptum verfasst der Interviewer besondere Auffälligkeiten, die er im Verlauf des Interviews beobachten konnte. So kann hier die Atmosphäre des gesamten Interviews, einschließlich unterschiedlicher externer Einflüsse beschrieben werden. Der Kurzfra-

134

gebogen enthält die wichtigsten Informationen über den Befragten und hat einen eher quantitativen Charakter. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erwies sich insb. die Erstellung eines Postskriptums als sinnvoll. Auch wenn Transkriptionszeichen innerhalb des transkribierten Textes Kommentare zulassen, wie z. B. (lacht) oder (ironisch), kann im Postskriptum bspw. eine generelle Skepsis bzgl. des Themas oder wiederum ein überdurchschnittliches Interesse für dieses Thema notiert werden. Schritt 3: Formale Charakteristika des Materials Dieser Schritt setzt sich zum Ziel, die Form des zu untersuchenden Materials zu beschreiben (vgl. Mayring, 1997, S. 47). Dabei handelt es sich insb. um die Beschreibung dessen, wie der transkribierte Text entstanden ist (wer hat den Text erstellt, welche Richtlinien zur Transkription wurden festgelegt, welche zusätzliche Informationen wurden für die Auswertung herangezogen etc.). Die Transkription erfolgt meistens nach üblichen Transkriptionsanweisungen (vgl. bspw. Roll, 2003, S. 245). Dabei soll insb. darauf geachtet werden, dass die Interviews vollständig transkribiert werden, d. h. dass auch unvollendete Sätze, Füllwörter wie ‚hm’ oder ‚äh’, Pausen, besondere Betonungen und andere Auffälligkeiten im transkribierten Text gekennzeichnet werden. Im Falle, dass die Interviews nicht vom Interviewer selbst transkribiert werden bzw. sich am Transkribieren mehrere Personen beteiligen, soll jeweils auch der Name der Person zugefügt werden. Im Falle der vorliegenden Untersuchung wurden 17 Interviews von der Verfasserin dieser Arbeit transkribiert, eins (mit Herrn AD) musste auf Grund eines starken Dialektes sowie auf Grund der hohen Sprachgeschwindigkeit von einer gebürtigen Deutschen transkribiert werden. Schritt 4: Richtung der Analyse Nach der Beschreibung des Ausgangsmaterials (Schritte 1-3) ist es nun wichtig, die Richtung der Analyse zu bestimmen. Diese kann in der Beschreibung des Gegenstandes, des emotionalen Befindens des Interviewten, des Textes selbst, der Intentionen des Interviewten oder der Wirkungen bei einer Zielgruppe bestehen (vgl. Mayring, 1997, S. 50; Hugl, 1995, S. 101). In der vorliegenden Arbeit sollen mit Hilfe von Einzelinterviews die bisherigen Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation sowie die allgemeine Einstellung zu dieser Problematik analysiert werden. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die daraus resultierende Bereitschaft zur Kooperation mit ausländischen Unternehmen, insb. mit denen des Nachbarlandes (Tschechien/Sachsen) gelegt. Im Zentrum der Betrachtung steht somit nicht das tatsächliche Kooperationsverhalten des Befragten, sondern dessen persönliche Einstellungen und die daraus resultierende Verhaltensintention.

135

Schritt 5: Theoriegeleitete Differenzierung der Fragestellung Mayring betont die Notwendigkeit der Einbeziehung theoretischer Erkenntnisse und Erfahrungen mit dem Untersuchungsobjekt in die Analyse. „Theoriegeleitetheit heißt nun, an diese Erfahrungen anzuknüpfen, um einen Erkenntnisfortschritt zu erreichen“ (Mayring, 1997, S. 52). Demzufolge muss die Analyse an den aktuellen Erkenntnisstand über das Untersuchungsobjekt angebunden werden, allerdings ohne dabei das Prinzip der Offenheit qualitativer Forschung zu verlassen (vgl. Hugl, 1995, S. 101). In diesem Zusammenhang kritisiert Roll eine zu späte Einstufung dieses Schritts und schlägt vor, „den gesamten theoretischen Unterbau aus dieser Auswertungssystematik herauszunehmen und vor die empirische Erhebung insgesamt zu stellen, damit auch die Datenerhebung auf dieses Gerüst zurückgreifen kann“ (Roll, 2003, S. 127f.). Im Falle der vorliegenden Arbeit scheint die Kritik Rolls berechtigt, denn erst nach einer umfangreichen Literaturrecherche konnte die Lücke in der Forschung zur psychischen Distanz entdeckt werden, auf Grund der anschließend über den qualitativen Forschungsansatz entschieden wurde. Die Datenerhebung stütze sich dabei nicht nur auf die Erkenntnisse der Forschung zur psychischen Distanz, sondern auch auf die der Landesimageforschung. Der Erkenntnisfortschritt dieser Arbeit liegt insb. in der Identifikation von Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz in Bezug auf die Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation. In diesem Schritt soll außerdem auch die Hauptfragestellung in Unterfragestellungen differenziert werden (vgl. Mayring, 1997, S. 52), die im Falle der vorliegenden Untersuchung u. a. in der Identifikation sog. Kernvariablen der psychischen Distanz sowie in der Rolle von Kenntnissen, Erfahrungen und nationalen Stereotypen bei der Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen bestehen. Schritt 6: Bestimmung der Analysetechnik(en) und Festlegung des konkreten Ablaufsmodells Für diesen Schritt schlägt Mayring eine der drei speziellen Analysetechniken vor, die das gesammelte Datenmaterial für den Leser verständlich machen, indem seine Komplexität reduziert wird (Zusammenfassung), indem es um zusätzliche Informationen ergänzt wird (Explikation) oder indem es nach bestimmten Kriterien strukturiert wird (Strukturierung) (vgl. Mayring, 2002, S. 115). Der Bezug dieser Techniken auf die vorliegende Untersuchung wird in Kap. 5.4.2 näher erörtert. Schritt 7: Definition der Analyseeinheiten Eine genaue Beschreibung der Analyseneinheiten hat zum Ziel, „die Präzision der Inhaltsanalyse zu erhöhen“ (Mayring, 1997, S. 53). Dabei unterscheidet Mayring zwischen Kodier-, Kontext- und Auswertungseinheiten, die er folgendermaßen definiert: „ - Die Kodiereinheit legt fest, welches der kleinste Materialbestandteil ist, der ausgewertet werden darf, was der minimale Textteil ist, der unter eine Kategorie fallen kann.

136

- Die Kontexteinheit legt den größten Textbestandteil fest, der unter eine Kategorie fallen kann. - Die Auswertungseinheit legt fest, welche Textteile jeweils nacheinander ausgewertet werden“ (Mayring, 1997, S. 53). Wie bereits erwähnt, stellt die Erstellung eines Kodiersystems einen besonders wichtigen Schritt bei der Auswertung qualitativer Daten dar. Aus diesem Grund wird im nächsten Kapitel auf diese Problematik exemplarisch eingegangen (vgl. Kap. 5.4.2). Schritt 8: Analyseschritte mittels des Kategoriensystems Im Schritt 8 erfolgt die eigentliche Auswertung des Datenmaterials. Ausgehend von den von Mayring vorgeschlagenen Grundverfahren (Zusammenfassung, Explikation, Strukturierung) soll nun das meist geeignete dieser Verfahren ausgewählt und auf das Material angewendet werden. Das Ziel der Zusammenfassung besteht nach Mayring in der Reduktion des Materials auf wesentliche Inhalte, wodurch ein überschaubares „Abbild des Grundmaterials“ (Mayring, 2002, S. 115) entstehen soll. Im Gegenteil zur Zusammenfassung setzt sich die Explikation zum Ziel, durch Heranziehen zusätzlichen Materials bestimmte Textteile zu erklären, um diese im Kontext deuten zu können (vgl. Kepper, 1994, S. 58). Die letzte Technik, die Strukturierung hat zum Ziel, „bestimmte Aspekte aus dem Material herauszufiltern, unter vorher festgelegten Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material zu machen oder das Material auf Grund bestimmter Kriterien einzuschätzen“ (Mayring, 2002, S. 115). Bei der Strukturierung ist die Erstellung eines Kodierleitfadens notwendig, der bei der Systematisierung des Materials hilft (vgl. Kepper, 1994, S. 58f.).58 Zum Zwecke dieser Arbeit kommen das zuerst und das zuletzt genannte Verfahren in Frage (vgl. Kap. 5.4.2), die Explikation eignet sich besser z. B. zur Analyse psychologischer Tiefinterviews (vgl. Kepper, 1994, S. 58). Schritt 9: Rücküberprüfung des Kategoriensystems an Theorie und Material Das entwickelte Kategoriensystem muss anschließend an Theorie und Material überprüft werden. „Es muss geprüft werden, ob die Logik klar ist (keine Überlappungen) und der Abstraktionsgrad zu Gegenstand und Fragestellung passt“ (Mayring, 2002, S. 117). In dieser Phase kann das Kategoriensystem nochmals überarbeitet werden, indem es z. B. um neue Kategorien ergänzt wird. Wichtig ist dabei, dass die Kategorien mit dem Text übereinstimmen, d. h. sie lassen sich im Text wieder finden (vgl. Roll, 2003, S. 128).

58

Eine ausführliche Beschreibung dieser Auswertungsverfahren liefert neben Mayring (vgl. Mayring, 1997, S. 56ff.) auch Hugl (vgl. Hugl, 1995, S. 98ff.).

137

Schritt 10: Interpretation der Ergebnisse in Richtung der Hauptfragestellung Nun sollen die Erkenntnisse aus der Analyse in Bezug auf die Hauptfragestellung interpretiert werden. Dabei werden Aussagen einzelner Befragten miteinander verglichen, denn die fallvergleichende Auswertung stellt nach der Analyse des Einzelfalls einen weiteren wichtigen Bestandteil der Auswertung dar. In der Literatur zur qualitativen Forschung wird oft das Problem der Generalisierbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse behandelt (vgl. bspw. Flick, 2000-II, S. 254ff.; Lamnek, 1995, S. 187ff.; Kepper, 1994, S. 212ff.). Da qualitative Untersuchungen ihren Schwerpunkt in der Analyse eines konkreten Falls haben (vgl. Flick, 2000-II, S. 254), ist es fraglich, inwieweit die im Kontext gewonnenen Ergebnisse verallgemeinert werden können. Eine gewisse Verallgemeinerung lässt sich durch die Einbeziehung unterschiedlicher Fälle und Kontexte sowie durch einen systematischen Vergleich des erhobenen Materials erreichen (vgl. ebenda, S. 254ff.). Schritt 11: Anwendung inhaltsanalytischer Gütekriterien Die letzte Stufe des Ablaufs der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring stellt die Anwendung inhaltsanalytischer Gütekriterien dar. Die Diskussion über die Anwendung klassischer Gütekriterien aus dem quantitativen Forschungsansatz sowie über die Anwendung neuer, dem qualitativen Ansatz zugeschnittener Gütekriterien, wurde bereits in Kap. 5.1 erwähnt. Für eine tiefgründige Betrachtung dieser Gütekriterien soll auf weiterführende Literatur verwiesen werden (vgl. bspw. Kepper, 1994, S. 182ff.; Lamnek, 1995, S. 152ff.; Flick, 2000-II, S. 240ff.).

5.4.2 Das Prinzip der strukturierten Zusammenfassung Ausgehend von dem von Mayring vorgeschlagenen Auswertungsverfahren entwickelte Roll den Ansatz der strukturierten Zusammenfassung, der auch zur Auswertung der vorliegenden Untersuchung herangezogen wurde. Das Auswertungsverfahren der strukturierten Zusammenfassung verbindet Vorteile beider Verfahren (der Zusammenfassung und der Strukturierung). Roll geht bei der Entwicklung dieses Ansatzes von der Technik der Strukturierung aus, die Mayring als „zentralste inhaltsanalytische Technik“ (Mayring, 1997, S. 82) bezeichnet.59 Bei dieser Auswertungstechnik werden einem theoriegeleitet aufgestellten Kategoriensystem die entsprechenden Textstellen zugeordnet. Demzufolge sind bei der Strukturierung sowohl die Oberkategorien (Hauptkategorien) als auch die Unterkategorien für alle Befragten gleich. Dies führt zwar zu einer guten Übersichtlichkeit der Auswertung, die Besonderheiten des Einzelfalles werden hierbei jedoch nur begrenzt berücksichtigt (vgl. Roll, 2003, S. 144).

59

Mayring unterscheidet zwischen formaler, inhaltlicher, typisierender und skalierender Strukturierung (vgl. Mayring, 1997, S. 85). Zum Zwecke dieser Arbeit ist insb. die inhaltliche Strukturierung wichtig, da sie das Material nach bestimmten Themen und Aspekten zusammenfasst (vgl. ebenda, S. 85).

138

In seiner Arbeit stellt Roll folgende drei Anforderungen an die Auswertungstechnik: 1/ ganzheitliche Betrachtung des Falles, 2/ Abbildung fallspezifischer Besonderheiten und 3/ Nutzung der durch theoretische Vorarbeiten erbrachten Strukturierung (vgl. Roll, 2003, S. 144). Um die Besonderheiten des Einzelfalles mitberücksichtigen zu können, bezieht Roll einige Prinzipien der Zusammenfassung in die Entwicklung seiner Methodik mit ein. Die Auswertungstechnik der Zusammenfassung besteht allerdings nicht in einer theoriegeleiteten Entwicklung der Kategorien, sondern die Kategorien werden aus dem Text induktiv gebildet. Demzufolge werden nicht nur die Unterkategorien, sondern auch die Hauptkategorien für jeden Fall anders, was die Möglichkeit der Berücksichtung der Besonderheiten des Einzelfalls erhöht. Die Systematisierung des gesammelten Materials wird durch diese Technik allerdings stark erschwert (vgl. Roll, 2003, S. 145). Das Grundprinzip der strukturierten Zusammenfassung ist der Abb. 15 zu entnehmen. Ihr Vorteil ist insb. in einer gleichzeitigen Nutzung des Textes und der theoriegeleiteten Erkenntnisse bei der Bildung des Kategoriensystems zu sehen (vgl. Roll, 2003, S. 146). Während die Hauptkategorien für alle Fälle gleich sind, da sie theoriegeleitet entwickelt werden, sind die Unterkategorien fallspezifisch, denn sie stammen aus dem Text selbst (vgl. ebenda, S. 146). Zusammenfassung

Strukturierung

Text

Theorie

Paraphrasierung

Oberkategorien

Unterkategorien

Unterkategorien

Oberkategorien

Text

Fallanalyse

Fallanalyse

Strukturierte Zusammenfassung Text

Theorie

Paraphrasierung

Oberkategorien

Unterkategorien

Fallanalyse

Abb. 15: Vorgehensweise der strukturierten Zusammenfassung Quelle: Roll, 2003, S. 145

Diese Vorgehensweise zeigt sich als sinnvoll, da sich bereits bei der Entwicklung des Interviewleitfadens – die theoriegeleitet erfolgt – die meisten Hauptkategorien herauskristallisieren. Nach der eigentlichen Erhebungsphase können noch weitere Hauptkategorien ergänzt werden. Ein Nachteil dieser Methodik ist darin zu sehen, dass bei manchen Fällen nicht alle Hauptkategorien vertreten sind, denn die Befragten trafen keine Aussagen zu einem oder anderem Thema. 139

5.4.3 Vorgehensweise bei der Auswertung der empirischen Untersuchung 5.4.3.1 Vorbereitung der Auswertung – Entwicklung der Kodiersysteme Ausgehend von der Beleuchtung der Methode der strukturierten Zusammenfassung soll nun die konkrete Vorgehensweise bei der Auswertung der vorliegenden Untersuchung beschrieben werden. Die einzelnen Schritte werden am Interview mit Herrn CD exemplarisch gezeigt. Die transkribierten Interviews bilden die Basis für die anschließende Auswertung. Da sie allerdings auf Grund ihrer Transkriptionsvollständigkeit (unvollständige Sätze, Füllwörter etc.) meistens unübersichtlich sind, bedarf es ihrer überschaubaren, zugleich aber originaltreuen Darstellung. Die Interviews werden am häufigsten in der Form einer Tabelle transkribiert, in der die Fragen bzw. Kommentare des Interviewers von den Antworten und Kommentaren des Befragten abgegrenzt sind. Wie aus der Tab. 29 ersichtlich, enthält eine Transkriptionstabelle neben der Bezeichnung der Person (Interviewer, Befragter) noch weitere Spalten, derer Bedeutungen im Weiteren erklärt werden wird. Die einzelnen Spalten spiegeln zugleich die Vorgehensweise der Auswertung wider. Person IW CD

Inhalt Ist das geographische Kriterium für Sie ganz wichtig? Ist schon wesentlich, es muss steuerbar sein, man muss persönliche, schnelle Präsenz…

Paraphrasierung

Generalisierung, Reduktion (---)

Geographisches Kriterium wesentlich – muss steuerbar sein, schnelle Präsenz

Geographisches Kriterium wichtig – steuerbar, schnelle Präsenz

Hängt das jetzt mit der Tätigkeit Ihrer Firma zusammen oder würden Sie das allgemein so betrachten? CD Also, aus meiner Sicht… ich merke auch, Schnelle Präsenz wie wichtig es ist, dass auch recht vor Ort wichtig schnell der Leiter vor Ort sei. Ich glaube, wenn man hat dann auch verKriterium 1: schiedene Kriterien. Kriterium 1: ich geographische würde das vielleicht jetzt nicht von der Wertfolge…, aber Kriterium 1 ist schon Situation eine geographische… Situation, dann ist es auch die Frage des Marktes, ob er Kriterium: Markt – ob er interesinteressant ist für unser Produkt und sant ist (ein … und ich glaube nicht, dass es für armes Land ist mich jetzt interessant wäre, in ein nicht interessant) armes Land zu gehen, wo wenig Produkte gekauft werden können, Albanien, ich glaube ist noch nicht so weit. Aber trotzdem keine Vorbehalte. Geogra- Nächstes Kriterium: Gesetzphisch, also die Marktsituation muss lichkeiten, dafür geeignet sein, und dann kommen Sicherheit der solche typische Dinge wie GesetzlichMitarbeiter keiten, auch die Sicherheit der Mitarbeiter--Tab. 29: Beispiel einer Transkriptionstabelle Quelle: Auszug aus der Transkriptionstabelle (Herr CD)

Bemerkungen

Code

7.2

IW

140

---

---

Attraktivität des Marktes als Kriterium (arme Länder uninteressant)

3.1

Gesetze, Sicherheit der Mitarbeiter als Kriterien

1.1/ 2.1

Spalte 2: Inhalt In der zweiten Spalte der Tabelle befindet sich der transkribierte Text. Wie bereits in Kap. 5.4.1 erwähnt, wird dieser nach Transkriptionsanweisungen angefertigt, so dass er neben dem Text selbst auch Notizen des Interviewers enthält (Pausen im Gespräch etc.). Die für die Auswertung relevanten Textstellen, welche die Basis für weitere Schritte darstellen, sind zu markieren (fett markiert am Beispiel des Herrn CD in der Tab. 29). Spalte 3: Paraphrasierung Eine weitere Stufe bei der Bearbeitung des Textes besteht in der Paraphrasierung markierter Textstellen. Durch die Paraphrasierung werden diese Aussagen v. a. um „nichtinhaltstragende (ausschmückende) Textbestandteile“ (Mayring, 1997, S. 61) verkürzt, was ihre Übersichtlichkeit erhöht. In diesem Schritt müssen die Aussagen auf einer Sprachebene liegen (vgl. Mayring, 1997, S. 61), es sollen hier ebenfalls keine umgangssprachlichen Begriffe bzw. Dialekte erscheinen. Spalte 4: Generalisierung und Reduktion In der vierten Spalte der Transkriptionstabelle werden die bereits paraphrasierten Textstellen auf einem höheren Abstraktionsniveau zusammengefasst. Nach Mayring kann die Reduktion in mehreren Phasen erfolgen (erste und zweite Reduktion) (vgl. Mayring, 1997, S. 61). Das Ziel dieses Schritts besteht insb. im Ausschließen der sich wiederholenden Aussagen (als --in der Tab. 29). Zugleich werden die paraphrasierten Aussagen noch mal gekürzt. Da im Falle der strukturierten Zusammenfassung die Unterkategorien direkt aus dem Text gebildet werden, stellen die generalisierten Aussagen in vielen Fällen die eigentlichen Unterkategorien dar. Sowohl für diese, als auch für die dritte Spalte der Transkriptionstabelle muss gewährleistet werden, dass die gekürzten Passagen sich im Originaltext wieder finden lassen. Eine ständige Rücküberprüfung am Text ist aus diesem Grund absolut notwendig. Spalte 5: Bemerkungen In der vorletzten Spalte hat der Forscher die Möglichkeit, seine Kommentare und Bemerkungen zur Auswertung aufzuschreiben. Im Falle der vorliegenden Untersuchung wurde diese Spalte lediglich zur Bemerkung ‚s. Kurzporträt’ genutzt, da einige Aussagen nicht direkter Bestandteil des Kodiersystems waren, zur Auswertung allerdings trotzdem herangezogen wurden. Diese Angaben sind in den Kurzporträts der einzelnen Unternehmer zusammengefasst (vgl. Kap. 5.3.2). Spalte 6: Code Die letzte Spalte enthält die Kodierung der generalisierten Aussagen. So gibt die erste Zahl die Hauptkategorie an, die zweite Zahl dann die Unterkategorie. Im Falle dieser Untersuchung 141

wurden die generalisierten Aussagen zuerst einer theoriegeleitet entwickelten Hauptkategorie zugeordnet, bevor die Kodierung innerhalb der Hauptkategorien unternommen wurde. Dies hat den Vorteil, dass jede Aussage entweder einer bereits existierenden Unterkategorie zugeordnet wird, oder es kann auch eine neue Unterkategorie gebildet werden (vgl. Roll, 2003, S. 149). Durch den Code sollen alle Aussagen im Interview schnell wieder zu finden sein. Die Kodierung der generalisierten Aussagen ermöglicht v. a. eine übersichtliche Aufstellung eines Kodiersystems für jeden einzelnen Befragten. Dieses Kodiersystem, in dem die Hauptsowie die fallspezifischen Unterkategorien zusammengefasst sind, stellt eine Basis sowohl für die Auswertung des Einzelfalls als auch für die anschließende fallvergleichende Auswertung dar (vgl. Roll, 2003, S. 149). Ein Auszug aus einem Kodiersystem ist der Abb. 16 zu entnehmen. 4. Entwicklungsstand 1. Infrastruktur sehr wichtig 3. Deutschland hat Vorsprung gegenüber Tschechien 4. Tschechien mehr entwickelt als Polen 5. Merkmale der Bevölkerung 1. Keine Unterschiede zwischen der Mentalität der Tschechen und Slowaken 2. Unterschiede in der Mentalität der Tschechen und Deutschen 3. Unterschiede in der Mentalität der Polen und Tschechen 4. Österreicher sind ein bisschen langsamer als Deutsche 5. Typischer Tscheche – Schwejk 6. Tschechische Mentalität – Mentalität eines kleinen Landes 7. Polen sind geschäftssüchtig, achten deutsche Tugenden 8. Man sagt, Deutsche sind akurater als Polen und Tschechen

Abb. 16: Beispiel eines Kodiersystems Quelle: Auszug aus dem Kodiersystems (Herr CD)

Mit der Paraphrasierung und Generalisierung der Originalaussagen ist ein natürlicher Informationsverlust verbunden. Die Aufgabe des Forschers liegt deswegen darin, diesen Informationsverlust auf einem möglichst niedrigen Niveau zu halten. Eine ständige Rücküberprüfung am Originaltext ist aus diesem Grund unverzichtbar. Durch die ständige Kontrolle können eventuelle Unstimmigkeiten noch rechtzeitig beseitigt werden. Eine Überprüfung sollte nicht nur von dem Forscher selbst vorgenommen werden, sondern sie sollte auch durch eine andere Person erfolgen. Diese Person, die nicht unbedingt in das Forschungsthema involviert sein muss, soll auf die Unstimmigkeiten hinweisen, die im Zusammenhang mit dem subjektiven Einfluss des Forschers entstanden sind. Um bei der Auswertung von Interviews mit sächsischen und tschechischen Unternehmern den Informationsverlust möglichst zu verhindern, der durch die Übersetzung der tschechischen Interviews ins Deutsche gedroht hätte, wurde für die auf Tschechisch durchgeführten und transkribierten Interviews ein tschechisches Kodiersystem aufgestellt, d. h. die Auswertung von Einzelfällen erfolgte jeweils in der Sprache, in der auch das Interview durchgeführt wurde. 142

5.4.3.2 Auswertung der Einzelfälle und fallvergleichende Auswertung Wie bereits erwähnt, stellen die Kodiersysteme eine Grundlage für die anschließende Auswertung dar. Bevor die eigentliche Hauptphase der Auswertung beginnt, nämlich die fallvergleichende, erfolgt eine Auswertung des Einzelfalls. Hier soll die Aufmerksamkeit des Forschers insb. der Entwicklung der Meinungen des Befragten im Verlauf des Interviews (Widersprüche etc.) sowie den Zusammenhängen seiner Aussagen gewidmet werden. Die Analyse dieser Zusammenhänge hat zum Ziel zu versuchen, bestimmte Merkmale des Befragten (z. B. seine Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation) mit seinen Einstellungen (z. B. gegenüber grenzüberschreitender Kooperation generell) und seinen Handlungen (z. B. aktuelles Auslandsengagement) in Verbindung zu setzen. Außerdem ist auch von Interesse, ob (und warum) bestimmte Interviewthemen besonders betont wurden, während andere eher vernachlässigt wurden. Die wichtigsten Ergebnisse der Einzelfallanalyse können nach Roll „in einem Kernsatz zusammengefasst werden“ (Roll, 2003, S. 150). Im Falle dieser Untersuchung sind die wichtigsten Erkenntnisse an Hand von Kurzporträts Kap. 5.3.2 zusammengefasst. Das Ziel der fallvergleichenden Auswertung besteht in der Identifikation der wichtigsten Gemeinsamkeiten, die für die gesamte Stichprobe zutreffen, sowie in der Identifikation bedeutender Unterschiede und extremer Meinungen. Der erste Schritt bei der fallvergleichenden Auswertung bei der vorliegenden Arbeit erfolgte nach den theoriegeleitet aufgestellten Hauptkategorien. Dabei wurden innerhalb jeder Hauptkategorie die Unterkategorien aller Einzelfälle miteinander verglichen, um überwiegende sowie extreme Meinungen zu erkennen (vgl. Kap. 6.3). Anschließend wurde versucht, die innerhalb von einer Hauptkategorie bestehenden Meinungen und Aussagen mit unterschiedlichen Merkmalen der Unternehmer in Verbindung zu setzen. Dies erfolgte in insgesamt drei Gruppen von Auswertungskriterien: als erstes wurde versucht, den Zusammenhang zwischen der Herkunft des Befragten und seiner Einstellung zur grenzüberschreitenden Kooperation bzgl. der Hauptkategorie (z. Β. Zusammenhang zwischen der Herkunft und der Einstellung zur grenzüberschreitenden Kooperation bzgl. politischer Situation und Sicherheit) zu identifizieren. Die zweite Gruppe der Auswertungskriterien bezog sich auf weitere objektive Merkmale des Befragten (Alter, Ausbildung, Auslandsaufenthalte und Fremdsprachenkenntnisse). Analog zu der ersten Gruppe von Auswertungskriterien wurde auch hier bspw. der Zusammenhang zwischen der Ausbildung und der Einstellung zur grenzüberschreitenden Kooperation bzgl. der politischen Situation und Sicherheit in den Mittelpunkt gestellt. Die letzten Auswertungskriterien betrafen drei Unternehmensmerkmale: Branche, Unternehmensgröße und Intensität bzw. Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation (vgl. Kap. 6.3). In Bezug auf die zuletzt genannten Merkmale ist an dieser Stelle eine nähere Erklärung notwendig. Die Intensität bzw. Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation sollen, ausgehend von den Zielen dieser Arbeit, primär mit der Person des Unternehmers und demzufol143

ge nicht mit dem Unternehmen verbunden werden, da auch Erfahrungen aus vorherigen Berufen die individuelle Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation sicherlich beeinflussen. Allerdings zeigte sich im Laufe der Untersuchung, dass die Erfahrungen der Unternehmer die jetzige Kooperationsintensität des Unternehmens stark beeinflussen. Demzufolge kooperieren diejenigen Unternehmen mit ausländischen Partnern, deren Entscheidungsträger bereits Erfahrungen im Auslandsgeschäft gesammelt haben. Unternehmer ohne vorherige Auslandserfahrung gehen meistens auch keine bzw. nur begrenzte Kooperation mit ausländischen Unternehmen ein. Ausführlich beschrieben ist der Einfluss von Erfahrungen auf das Kooperationsverhalten der Unternehmer in Kap. 6.2.

5.4.4 Prinzipien der Darstellung qualitativer Ergebnisse Die Darstellung qualitativer Ergebnisse erfolgt meistens durch Texte. Nach Flick dienen Texte in qualitativer Forschung nicht nur zur Darstellung der Ergebnisse, sondern auch als „Ansatzpunkt für die Beurteilung des Vorgehens“ sowie für „reflexive Überlegungen“ (Flick, 2000-II, S. 261). Im Rahmen der qualitativen Forschung werden an diese Problematik hohe Anforderungen gestellt, da die „Kommunizierbarkeit vom sozialwissenschaftlichem Wissen von der Form seiner Darstellung wesentlich abhängt“ (ebenda, S. 267). Durch die Darstellung der gewonnenen Erkenntnisse darf ihre Komplexität nicht beeinträchtigt werden. Demzufolge ist es auf diesem Gebiet nicht möglich, die Ergebnisse in Form von Tabellen oder Graphiken aufzuzeigen. Über die Verständlichkeit der Darstellung entscheidet aus diesem Grund v. a. die Qualität des Textes, bei dessen Anfertigung der potentielle Leser mitberücksichtigt werden muss. Flick weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Erkenntnisse von potentiellen Lesern „zumindest mitbestimmt werden“ (Flick, 2000-II, S. 266). Als zentrales Mittel zur Darstellung qualitativer Ergebnisse erwiesen sich Zitate der Befragten, welche die Beobachtungen des Forschers unterstützen sollen sowie zur Abrundung der behandelten Themen dienen. In Bezug auf die Auswahl zum Thema passender Zitate weist Flick auf die Gefahr selektiver Plausibilisierung hin, indem der Forscher nur das zitiert, was er glaubt, dass es typisch für diesen Themenbereich ist (vgl. Flick, 1995, S. 169). Bei der Darstellung qualitativer Ergebnisse ist weiterhin eine Rückbindung auf aktuelle Literatur notwendig. Die Erkenntnisse aus anderen Forschungsarbeiten sollen dadurch nicht völlig abgelehnt oder bestätigt werden. Durch das Aufzeigen der wichtigsten Unterschiede können allerdings weitere Arbeiten auf diesem Forschungsgebiet angeregt werden. Wie bereits erwähnt, können Ergebnisse qualitativer Untersuchung nicht in der gleichen Form wie im Falle quantitativer Arbeiten dargestellt werden. Eine gewisse Quantifizierung der erhobenen Daten ist allerdings auch im Rahmen der qualitativen Forschung möglich. Dies erfordert selbstverständlich eine gewisse Anzahl von untersuchten Fällen. Die Quantifizierung setzt sich nicht zum Ziel, Schlüsse auf die Grundgesamtheit zu ziehen, sondern sie will die

144

wichtigsten Tendenzen hervorheben, die in weiterführenden, quantitativ geprägten Untersuchungen überprüft werden müssen. Die Quantifizierung besteht v. a. in der Häufigkeit bestimmter Aussagen (vgl. Brunner/ Tschacher, 1995, S. 620ff.), es können aber auch Zusammenhänge bestimmter Merkmale der Befragten mit ihren Aussagen hergestellt werden. Im Falle der vorliegenden Untersuchung werden einige Zusammenhänge in der Form von Kreuztabellen dargestellt. Dabei handelt es sich insb. darum, wie demographische Merkmale der befragten Unternehmer (Alter, Ausbildung etc.) mit ihrer Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation sowie mit ihrem tatsächlichen Kooperationsverhalten zusammenhängen. Die quantifizierende Darstellung, die in Kap. 6.2 zu finden ist, soll als Grundlage für weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet dienen.

145

6

Empirische Ergebnisse

6.1 Darstellung empirischer Ergebnisse Nach der Beschreibung der Vorgehensweise bei der Durchführung der qualitativen Untersuchung in Kap. 5 soll nun detailliert auf die Ergebnisse von Interviews mit sächsischen und tschechischen Unternehmern eingegangen werden. Die Ergebnisse werden an Hand von Hauptkategorien dargestellt, die aus den Erkenntnissen der Landesimageforschung sowie der Forschung zur psychischen Distanz gebildet und im Laufe des gesamten Forschungsprozesses weiter präzisiert wurden. Zum Zwecke der Darstellung der Ergebnisse wurden die insgesamt 15 Kategorien in vier Gruppen unterteilt. Die folgende Abbildung verdeutlicht diese Unterteilung (vgl. Abb. 17). spezifische Ebene

wahrgenommene Merkmale des Heimatmarktes

Marktwissen

Marktwissen

Stereotype

Stereotype

Image des Auslandsmarktes

Image des Heimatmarktes

subjektiv wahrgenommene Unterschiede zwischen dem Heimat- und Auslandsmarktimage

subjektive Bewertung / Interpretation der Konsequenzen für die Kooperation

4. Gruppe

Bereitschaft des Unternehmers zur GK mit einem konkreten Land

wahrgenommene Merkmale des Auslandsmarktes

Auslandsorientierung des Unternehmers

positive Einstellung zur Kooperation als Unternehmensstrategie

allgemeine Ebene

2. und 3. Gruppe wahrgenommene Fremdartigkeit gegenüber einem Land (psychische Distanz)

1. Gruppe Abb. 17: Struktur der Darstellung empirischer Ergebnisse Quelle: eigene Darstellung

Die erste Gruppe beinhaltet Kategorien zur allgemeinen Einstellung der befragten Unternehmer zur grenzüberschreitenden Kooperation (vgl. Kap. 6.2.2). Ausgehend von dem in Kap. 2.3 dieser Arbeit entwickelten konzeptionellen Bezugsrahmen ist die Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation auf der allgemeinen Ebene durch dessen Einstellung zur Kooperation als Unternehmensstrategie sowie dessen Auslandsorientierung geprägt (vgl. Abb. 17). In diesem Kapitel soll auf diese beiden Voraussetzungen in Bezug auf die Bereitschaft sächsischer und tschechischer Unternehmer zur grenzüberschreitenden Kooperation näher eingegangen werden. Konkret wird dabei der Zugang der befragten 147

Unternehmer zur Suche nach neuen Kontakten im Ausland sowie auf ihre Einstellung zur Kooperation mit ausgewählten Ländern (neben Tschechien und Deutschland/Sachsen) erörtert. Die zwei nächsten Gruppen fassen die landes- bzw. produkt- und unternehmensbezogenen Merkmale zusammen (vgl. Kap. 6.3.1 und Kap. 6.3.2). Anschließend wird in Kap. 6.3.3 auf die vierte Gruppe eingegangen, auf das Wissen der befragten Unternehmer über Auslandsmärkte. Die in Kap. 6.3 dargestellten Ergebnisse sollen als Grundlage für die anschließende Beschreibung von Kernvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz dienen, die in Bezug auf die Bereitschaft sächsischer und tschechischer Unternehmer zur grenzüberschreitenden Kooperation identifiziert werden konnten (vgl. Kap. 6.4). Um die Einstellungen der befragten Unternehmer zur grenzüberschreitenden Kooperation besser nachvollziehen zu können, werden jedoch in Kap. 6.2.1 zunächst einige interessante Zusammenhänge objektiver Unternehmerund Unternehmensmerkmale mit der Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation in Form von Kreuztabellen dargestellt und an Hand bisheriger Erkenntnisse der Forschung zur Internationalisierung von KMU diskutiert.

6.2 6.2.1

Befragte Unternehmer und grenzüberschreitende Kooperation

Zusammenhang zwischen Unternehmer- und Unternehmensmerkmalen und der Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird zwischen fünf Stufen der Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation unterschieden (vgl. Kap. 5.3.1). Diese Unterscheidung erwies sich als sinnvoll, da eine bloße ja/nein Differenzierung das breite Spektrum an Kooperationserfahrung nicht abdecken kann. Die Ansichten und Einstellungen der Unternehmer mit keiner bzw. nur begrenzter Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation unterschieden sich von den Einstellungen kooperationserfahrener Unternehmer in vielerlei Hinsichten. Es zeigte sich außerdem, dass auch objektive Merkmale der befragten Personen sowie Unternehmensmerkmale wichtige Indikatoren des Kooperationsverhaltens sind. Die Zusammenhänge zwischen der Intensität einer grenzüberschreitenden Kooperation und Unternehmensgröße, Ausbildung oder Alter der Entscheidungsträger werden in der einschlägigen Literatur oft untersucht. Während sich volkswirtschaftlich geprägte Studien insb. den Unternehmensmerkmalen widmen (vgl. bspw. Brezinski/Leick, 2004, S. 1ff.), konzentrieren sich die betriebswirtschaftlich orientieren Arbeiten auch auf die Merkmale der Entscheidungsträger (vgl. bspw. Dichtl et al., 1983; Axinn, 1988; Holzmüller/Kasper, 1990; Chetty, 1999). Aus Folgendem ist ersichtlich, dass die vorliegende Untersuchung einige von diesen Zusammenhängen unterstützen kann, während sie bei anderen entgegengesetzte Tendenzen identifiziert. Auf Grund ihres qualitativen Forschungsansatzes kann diese Arbeit zwar keinen Repräsentativitätsanspruch erheben, die aufzuzeigenden Tendenzen sollen jedoch weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet anregen.

148

Intensität der Kooperation

Herkunft der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Im Falle der vorliegenden Untersuchung stellte die Herkunft der befragten Unternehmer ein wichtiges Bewertungskriterium dar. Im Verlauf der gesamten Interviewauswertung wurden die Ansichten und Einstellungen sächsischer und tschechischer Unternehmer gegenüber gestellt. Was die Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation anlangt, unterscheidet sich die der sächsischen von der der tschechischen Befragten (vgl. Tab. 30). Während sächsische Unternehmer vorwiegend in den Extremstufen 0 oder 4 vertreten sind, ist die absolute Mehrheit der tschechischen Befragten im Mittelfeld zu finden (Stufe 1 bis 3). Herkunft Sachsen Stufe 0 Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4

BD, HD, ID FD ED GD AD, CD, DD

Tschechien DCZ ACZ, GCZ, ICZ HCZ BCZ, CCZ, ECZ, FCZ ---

9 9 Tab. 30: Herkunft der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Quelle: eigene Darstellung

4 4 2 5 3 18

Wie aus der Tab. 30 ersichtlich, sind keine tschechischen Befragten in der Stufe 4 vertreten und lediglich einer in der Stufe 0.60 Nach den Aussagen der Interviews sehen eher tschechische Unternehmer grenzüberschreitende Kooperation gegenwärtig als Notwendigkeit, während sächsische Unternehmer, die eine negative Einstellung zur grenzüberschreitenden Kooperation haben, tatsächlich nicht nach Auslandsengagements streben. Ähnliches gilt auch für Unternehmer mit einer hohen Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation. Für alle in der Stufe 4 vertretenen Unternehmer ist charakteristisch, dass sie gern Auslandskontakte aktiv aussuchen und sich selbst als sehr auslandsorientiert einschätzen. So hätte bspw. Herr DD nach seinen Worten ‚eher Schwierigkeiten hier im Inland’, als im Ausland. In diesem Unterschied spiegelt sich sicherlich der gesamte volkswirtschaftliche Charakter des jeweiligen Landes wider. Während für kleinere Länder wie Tschechien eine hohe Intensität des Außenhandels charakteristisch ist, die durch die begrenzte Marktgröße sowie durch große Marktoffenheit gegeben ist, weisen große Märkte wie Deutschland eine nicht so hohe relative Marktoffenheit auf. Alter der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Ausgehend von Forschungsarbeiten, die das Alter der Entscheidungsträger mit der Intensität des Auslandsengagements bzw. mit der Bereitschaft zum Auslandsengagement in Verbindung setzen (vgl. Dichtl/Köglmayr/Müller, 1984, S. 433; Holzmüller/Kasper, 1990, S. 218ff.; Chetty, 1999, S. 128; Stöttinger/Holzmüller, 2001, S. 11ff.), wurde auch im Falle der vorlie60

Bei diesem Unternehmer ist allerdings anzumerken, dass seine Firma erst vor kurzem gegründet wurde. Auslandsaktivitäten sind jedoch bereits geplant (vgl. Kap. 5.3.2).

149

Intensität der Kooperation

genden Untersuchung das Alter als möglicher Indikator der Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation untersucht. Gegenüber gestellt wurden dabei Unternehmer jünger als 50 Jahre (einschließlich) und Unternehmer älter als 50 Jahre. Insgesamt konnten im Untersuchungssample zehn Befragte der ersten Gruppe und acht der zweiten Gruppe zugeordnet werden. Wie aus der Tab. 31 ersichtlich, sind alle Unternehmer in Kooperationsstufe 4 älter als 50 Jahre, während in den ersten drei Stufen vorwiegend jüngere Unternehmer vertreten sind. Alter ” 50 Jahre Stufe 0 Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4

> 50 Jahre

H D, I D FD, ACZ, GCZ ED, HCZ GD, CCZ, FCZ ---

BD, DCZ ICZ --BCZ, ECZ AD, CD, DD 10

8

4 4 2 5 3 18

Tab. 31: Alter der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Quelle: eigene Darstellung

Der Indikator Alter zeigte sich ebenfalls im weiteren Verlauf der Interviewauswertung als relevant. Nicht nur das tatsächliche Auslandsengagement, sondern auch die individuelle Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation ist in beiden Altersgruppen unterschiedlich. Eine höhere Bereitschaft zur Kooperation mit fremden Ländern konnte bei älteren Unternehmern verzeichnet werden (vgl. Kap. 6.2.2). Außerdem sind überwiegend ältere Unternehmer zu einer Kooperation mit Risikoländern61 bereit, eine Kooperation bspw. mit dem Irak würden lediglich Unternehmer über 50 Jahre nicht ablehnen (vgl. Kap. 6.3.1.1). Diese Erkenntnisse stehen im Widerspruch mit den meisten Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet, denn in der einschlägigen Literatur wird ein höheres Auslandsengagements mit jüngeren Managern in Verbindung gesetzt. So beschreiben bspw. Dichtl/Köglmayr/Müller jüngere Manager als auslandsorientierter (vgl. Dichtl/Köglmayr/Müller, 1984, S. 433), auch Caughey/Chetty kommen in ihrer Arbeit zum Ergebnis, dass jüngere Manager eher zur Internationalisierung tendieren, als ältere (vgl. Caughey/Chetty, 1994, S. 65). Stöttinger/Holzmüller nennen in ihrer Studie zwar mehrere Autoren, die einen negativen Einfluss des Alters (gemeinsam mit weiteren objektiven Managermerkmalen) auf die subjektiven Managercharakteristika sowie auf die Exportleistung bestätigen konnten, jedoch fanden sie selbst heraus, dass Alter sowie weitere objektive Merkmale die Exportleistung nicht beeinflussen (vgl. Stöttinger/Holzmüller, 2001, S. 13, S. 20). In der vorliegenden Untersuchung lässt sich eine niedrigere Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation bei jüngeren Unternehmern u. a. durch ihre begrenzten Erfahrungen mit Auslandsmärkten erklären (vgl. Kap. 6.3.3).

61

Unter Risikoländern sind zum Zwecke dieser Arbeit Länder zu verstehen, mit denen die befragten Unternehmer keine bzw. niedrige politische Stabilität und Sicherheit verbinden.

150

Intensität der Kooperation

Ausbildung der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Zu weiteren objektiven Unternehmermerkmalen, die im Zusammenhang mit Auslandsengagement bzw. mit der Bereitschaft zum Auslandsengagement in der Literatur zur Internationalisierung von KMU untersucht werden, gehört die Ausbildung der Entscheidungsträger. Hingewiesen werden soll an dieser Stelle u. a. auf die Ergebnisse der Forschungsarbeiten von Dichtl/Köglmayr/Müller, die eine positive Korrelation zwischen Ausbildung und der Bereitschaft zum Auslandsengagement (Export) zeigen konnten (vgl. Dichtl/Köglmayr/Müller, 1984, S. 433). Auch Axinn (1988), Simpson/Kujawa (1974) oder Kundu/Katz (2003) bestätigen die These, dass mit einer höheren Ausbildung das Ausmaß des Auslandsengagements steigt (vgl. Kundu/Katz, 2003, S. 31, S. 36). Auch im Falle der vorliegenden Untersuchung zeigte sich die Tendenz zu einem positiven Zusammenhang beider Merkmale. Zum Zwecke dieser Untersuchung wurden die befragten Unternehmer in zwei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe waren Unternehmer mit Hochschulabschluss bzw. promovierte Unternehmer, die zweite Gruppe dann Unternehmer ohne Hochschulabschluss. Wie aus der Tab. 32 ersichtlich, haben alle Befragten mit umfangreichen Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation (Stufe 3 und 4) einen Hochschulabschluss. Im Gegensatz dazu kooperieren geringer ausgebildete Unternehmer mit ausländischen Firmen nur begrenzt (Stufen 0 bis 2). Ausbildung Stufe 0 Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4

• Hochschulabschluss BD, DCZ FD, ICZ ED GD, BCZ, CCZ, ECZ , FCZ AD, CD, DD

< Hochschulabschluss H D, I D ACZ, GCZ HCZ -----

13 5 Tab. 32: Ausbildung der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Quelle: eigene Darstellung

4 4 2 5 3 18

Fremdsprachenkenntnisse der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Fremdsprachenkenntnisse gehören zu den objektiven Charakteristika von Managern, denen in der Literatur zur Internationalisierung von KMU eine große Bedeutung zugeschrieben wird (vgl. bspw. Dichtl/Köglmayr/Müller, 1984, S. 433; Das, 1994, S. 20). So unterscheiden sich bspw. exporterfahrene Unternehmer von den unerfahrenen gravierend u. a. durch die bessere Beherrschung von Fremdsprachen (vgl. Kulhavy, 1982, S. 88). Ein positiver Einfluss von Fremdsprachenkenntnissen auf das tatsächliche Auslandsengagement bzw. auf die Unternehmensleistung auf ausländischen Märkten konnte bspw. von Stöttinger/Holzmüller zwar nicht bestätigt werden (vgl. Stöttinger/Holzmüller, 2001, S. 20), ein positiver Zusammenhang zwischen Sprachkenntnissen und der Verhaltensabsicht (Bereitschaft zum Auslandsengagement) wurde jedoch identifiziert (vgl. bspw. Dichtl/Köglmayr/Müller, 1984, S. 433).

151

Aus der Tab. 33 ist eine Tendenz zur niedrigen Intensität grenzüberschreitender Kooperation bei begrenzten Fremdsprachenkenntnissen ersichtlich. Unternehmer, die lediglich über begrenzte Kenntnisse in einer Fremdsprache verfügen (Stufe 1), arbeiten nur gering mit ausländischen Firmen zusammen (Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Stufe 0 und 1). Eine höhere Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation weist keiner der befragten Unternehmer mit begrenzten Sprachkenntnissen auf. Intensität der Kooperation

Fremdsprachenkenntnisse Stufe 2 Stufe 3 Stufe 0 H D, I D BD, DCZ --4 Stufe 1 FD ACZ GCZ, ICZ 4 Stufe 2 --ED, HCZ --2 Stufe 3 --GD, BCZ, CCZ, FCZ ECZ 5 Stufe 4 --AD, CD DD 3 3 11 4 18 Tab. 33: Fremdsprachenkenntnisse der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Quelle: eigene Darstellung Stufe 1

Auslandsaufenthalte und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Längere Auslandsaufenthalte bzw. häufige Auslandsreisen werden im Zusammenhang mit dem Ausmaß an Auslandsengagement häufig untersucht (vgl. Bamberger/Evers, 1997, S. 113). So konnten bspw. Dichtl/Köglmayr/Müller in ihrer Untersuchung die Hypothese bestätigen, dass Unternehmer, die eine längere Zeit im Ausland verbrachten, auslandsorientierter sind als Unternehmer ohne jegliche Auslandsaufenthalte (vgl. Dichtl/Köglmayr/Müller, 1984, S. 433). Auch Ibeh widmet sich in seiner Arbeit diesem Zusammenhang und weist darauf hin, dass eine höhere Auslandsorientierung bei denjenigen Managern zu verzeichnen ist, die umfangreiche Auslandserfahrungen in Form von Auslandsstudium, Arbeit im Ausland, Reisen oder auch durch einen ausländischen Geburtsort62 gesammelt haben (vgl. Ibeh, 2003, S. 53). Die Frage nach längeren Auslandsaufenthalten wurde auch im Rahmen der vorliegenden Untersuchung gestellt. Insgesamt fünf Unternehmer, davon drei aus Tschechien, verbrachten eine längere Zeit im Ausland. Wie die folgende Tabelle zeigt, lassen sich bei diesem Merkmal keine Tendenzen auf dessen Zusammenhang mit dem tatsächlichen Kooperationsverhalten identifizieren. Die Unternehmer, die eine längere Zeit im Ausland verbrachten, sind in fast allen Kooperationsstufen vertreten (vgl. Tab. 34).

62

In diesem Zusammenhang betont Ibeh, dass Immigranten bzw. Kinder von Immigranten auslandsorientierter sind (vgl. Ibeh, 2003, S. 53).

152

Intensität der Kooperation

Auslandsaufenthalt JA Stufe 0 Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4

BD ACZ, GCZ HCZ --DD

NEIN HD, ID, DCZ FD, ICZ ED GD, BCZ, CCZ, ECZ , FCZ AD, CD

4 4 2 5 3 5 13 18 Tab. 34: Auslandsaufenthalte der Unternehmer und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Quelle: eigene Darstellung

Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass bei der Beurteilung des Zusammenhangs zwischen Auslandsaufenthalt und Internationalisierungsverhalten insgesamt drei Betrachtungsebenen zu unterscheiden sind. Die erste Betrachtungsebene bezieht sich auf die Tatsache, dass ein Unternehmer einen Auslandsaufenthalt absolvierte. In der einschlägigen Literatur wird insb. diese generelle Betrachtungsebene thematisiert. Es ist allerdings erforderlich, diese allgemeine Betrachtungsebene um weitere zu ergänzen, die sich zum Einen auf den Charakter des Auslandsaufenthalts (beruflich, privat) und zum Anderen auf die Länder konzentrieren, in denen der Auslandsaufenthalt tatsächlich erfolgte. Eine mögliche Begründung dessen, dass sich kein Zusammenhang zwischen den Auslandsaufenthalten und der Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation in der vorliegenden Untersuchung finden lässt, kann in einem sehr unterschiedlichen Charakter der Auslandsaufenthalte (zweite Betrachtungsebene) liegen. Neben der Dauer des Auslandsaufenthaltes war gerade dessen Charakter (berufsbedingt oder privat) in dieser Untersuchung von besonderer Bedeutung. Während lediglich der Auslandsaufenthalt vom Herrn DD sich als rein berufsbedingt charakterisieren lässt (vgl. Kap. 5.3.2), waren Auslandsaufenthalte von den vier restlichen Unternehmern durch unterschiedliche Gegebenheiten verursacht. So verbrachte bspw. Herr ACZ 3,5 Jahre in der Türkei, dies jedoch als Jugendliche aus beruflichen Gründen seiner Eltern, Herr GCZ sowie Herr HCZ entschieden sich selbst, nach der Wende Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Aus diesem Grund verbrachte Herr GCZ ein Jahr in Kanada und Herr HCZ in Deutschland. Einen Sonderfall im vorliegenden Untersuchungssample stellt Herr BD dar, der gebürtiger Ungar ist, mit 18 Jahren allerdings nach Deutschland kam (vgl. Kap. 5.3.2). Auf Grund der unterschiedlichen Formen der Auslandsaufenthalte der befragten Unternehmer sollen hier die Ergebnisse von Dichtl/Köglmayr/Müller (1984) sowie von Ibeh (2003) nicht widerlegt werden. Es sind allerdings weitere Untersuchungen notwendig, die sich auch auf die Wahl eines Auslandsmarktes konzentrieren, in Abhängigkeit davon, wo der Unternehmer seinen Auslandsaufenthalt verbrachte (dritte Betrachtungsebene). In diesem Zusammenhang ist die Arbeit von Daniels/Guyburo zu erwähnen, welche die Auslandsaufenthalte bzw. Auslandsreisen nicht allgemein betrachtet, sondern sich auf die Aufenthalte in potentiellen Exportländern konzentriert (vgl. Daniels/Guyburo, 1976, S. 267f.). In der vorliegenden Untersuchung zeigte sich deutlich, dass bspw. Herr DD eine höhere Affinität zu Polen hat, da er zwei

153

Jahre in Polen gelebt hat oder Herr GCZ zu Frankreich, der ein Jahr in Québec verbrachte. Allerdings konnte keine bzw. nur sehr begrenzte Bereitschaft zur Kooperation mit Ungarn bei Herrn BD identifiziert werden, obwohl er 18 Jahre in diesem Land lebte. Zwar wäre für ihn nach seinen Worten eine Kooperation mit ungarischen Firmen auf Grund der Sprachkenntnis einfacher als mit anderen Ländern, potentielle Kooperationspartner würde er jedoch am liebsten in Österreich suchen. Unternehmensgröße und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Den Einfluss der Unternehmensgröße auf das Internationalisierungsverhalten untersuchen viele Autoren (vgl. bspw. Engelhard, 1992, S. 156; Bamberger/Evers, 1994, S. 262f.; Axinn, 1988, S. 66; Das, 1994, S. 20). Die Ergebnisse sind jedoch oft inkonsistent, was nach Engelhard dazu führt, dass „die Aggregatvariable ‚Unternehmensgröße’ […] als ein nur bedingt brauchbares Konstrukt für die Ermittlung von Einflussgrößen auf den Exporterfolg“ (Engelhard, 1992, S. 157) erscheint. Während bspw. Bamberger/Evers feststellen konnten, dass Exporteure durchschnittlich mehr Mitarbeiter beschäftigen als Nicht-Exporteure (vgl. Bamberger/Evers, 1994, S. 262), kamen andere Autoren zu entgegengesetzten Ergebnissen (vgl. Das, 1994, S. 26; Kundu/Katz, 2003, S. 36). Erklären lassen sich diese Inkonsistenzen u. a. durch unterschiedliches Internationalisierungsverhalten von verschiedenen Branchen sowie durch unterschiedliche Erhebungszeiträume der genannten Studien. Eine höhere Mitarbeiterzahl bei Exporteuren kann nach Bamberger/Evers durch einen sukzessiven Zuwachs von Mitarbeitern in einem graduellen Internationalisierungsprozess erklärt werden. Nach deren Studie ist ein Mitarbeiterzuwachs insb. zwischen der ersten und zweiten Internationalisierungsstufe zu verzeichnen (vgl. Bamberger/Evers, 1994, S. 262f.). In diesem Zusammenhang weisen allerdings Kundu/Katz auf sog. ‚born-international’ Firmen hin, deren Internationalisierung nicht schrittweise erfolgt, wie dies bspw. die Autoren der Uppsala-Schule voraussetzten. Als Beispiele nennen sie HighTechnology-Firmen (vgl. Kundu/Katz, 2003, S. 25ff.). Auch nach Axinn wird die Exportleistung mehr durch Auslandserfahrungen der Manager, als durch Firmencharakteristika, wie z. B. die Unternehmensgröße beeinflusst (vgl. Axinn, 1988, S. 70). Trotz der beschriebenen Uneinigkeiten auf diesem Gebiet wurde auch im Falle der vorliegenden Untersuchung versucht, die Unternehmensgröße mit der Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation gegenüber zu stellen. Dazu wurde das wohl häufigste Unternehmensmerkmal herangezogen, nämlich die Mitarbeiterzahl.63 Im Untersuchungssample überwiegten kleinere Unternehmen bis 50 Beschäftigte. Nur sechs der untersuchten Firmen hatten mehr als 50 Mitarbeiter. Wie aus der Tab. 35 ersichtlich, lassen sich keine eindeutigen Tendenzen im Zusammenhang zwischen der Unternehmensgröße und der Intensität der grenzüberschreiten63

In der Literatur wird häufig neben der Anzahl von Beschäftigten auch der Umsatz als Indikator der Unternehmensgröße verwendet. Im Falle dieser Untersuchung erwies sich jedoch das Kriterium Umsatz nicht als sinnvoll, u. a. auf Grund dessen, dass Umsätze tschechischer Unternehmen nach einer bloßen Umrechnung in Euro nicht mit denen der deutschen Unternehmen verglichen werden können.

154

den Kooperation identifizieren. Ein interessanter Aspekt ist lediglich darin zu sehen, dass alle Unternehmer, die sich in der Kooperationsstufe 4 befinden, weniger als 50 Mitarbeiter beschäftigen. Dabei handelt es sich um zwei produzierende und ein Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche. Intensität der Kooperation

Unternehmensgröße < 50 Mitarbeiter • 50 Mitarbeiter Stufe 0 HD, ID, DCZ BD Stufe 1 FD, ACZ, ICZ GCZ Stufe 2 HCZ ED Stufe 3 CCZ, FCZ GD, BCZ, ECZ Stufe 4 AD, CD, DD --12 Tab. 35: Unternehmensgröße und Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation Quelle: eigene Darstellung

6

4 4 2 5 3 18

6.2.2 Einstellung befragter Unternehmer zur grenzüberschreitenden Kooperation Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung schätzt sich die Mehrheit der befragten Unternehmer als auslandsorientiert ein. Demzufolge bereitet ihnen grenzüberschreitende Kooperation Freude, sie würden auch dann Auslandskontakte anstreben, wenn es nicht unbedingt notwendig wäre. Eine grenzüberschreitende Kooperation stellt für diese Unternehmer eine Herausforderung und Genugtuung dar. Herr CD: „Ich arbeite einfach gern mit anderen Menschen, mit anderen Kulturen zusammen.“ Herr ECZ: „Ich arbeite gern mit ausländischen Unternehmen zusammen, weil es eine gewisse Genugtuung bringt, dass wir es auch können, dass wir es auch schaffen.“

Einige Unternehmer äußerten sich im Hinblick auf grenzüberschreitende Kooperation ganz pragmatisch. Mit einem Auslandsengagement verbinden sie zwar keine Schwierigkeiten, müssen jedoch nicht unbedingt mit ausländischen Unternehmen zusammen arbeiten, empfinden dabei nach ihren Worten auch keine Emotionen, denn grenzüberschreitende Kooperation muss heutzutage als notwendig für den Unternehmenserfolg betrachtet werden. Herr ED: „Ich sehe es von der Aufgabe her. Wenn die Aufgabe eine solche Kooperation sinnvoll machen würde, dann suchen wir diese Kooperation. Ansonsten, von mir aus, dass ich jedes Mal nun unwahrscheinlichen Hang hätte, das auf internationale Füße zu stellen ist nicht vorhanden.“ Herr FCZ: „Ich achte eindeutig auf eine Marktdiversifizierung… und dies nicht aus dem Grund, dass ich ein Patriot oder wiederum ein Europäer bin, sondern aus pragmatischer Sicht, damit ich den Markt mehr diversifiziere…“ Herr HCZ: „Ich kenne wirklich keine erfolgreiche Firma, die nur in einem Land tätig ist.“ Herr ID: „Also jetzt nur aus Liebe, Lust und langer Weile würde ich das natürlich nicht machen.“

Lediglich drei Unternehmer schätzen sich als nicht auslandsorientiert ein, sie würden lieber ausschließlich mit heimischen Firmen zusammen arbeiten. Dabei ist interessant, dass einer dieser Befragten umfangreiche Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation hat und auch in der Gegenwart mit mehreren ausländischen Firmen kooperiert. 155

Herr CCZ: „Ich würde lieber so… im tschechischen Sinne kooperieren…“

Wie aus der Tab. 36 ersichtlich, handelt es sich vorwiegend um sächsische Unternehmer. Alle drei sind jünger als 50 Jahre und lebten nie eine längere Zeit im Ausland. Darüber hinaus handelt es sich ausschließlich um kleinere, produzierende Firmen. Bevorzugen Kooperation mit einheimischen Firmen (n=3) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 36: Einstellung befragter Unternehmer zur GK 1 Quelle: eigene Darstellung Legende:

4

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Lesebeispiel: Drei Befragte bevorzugen Kooperation mit einheimischen Unternehmen. Für diese Unternehmer ist charakteristisch, dass es sich vorwiegend um sächsische Unternehmer handelt (schwache Tendenz), die jünger als 50 Jahre sind (starke Tendenz), keinen Hochschulabschluss besitzen (schwache Tendenz), keine Auslandsaufenthalte absolvierten (starke Tendenz) sowie lediglich über begrenzte Fremdsprachenkenntnisse verfügen (starke Tendenz). Darüber hinaus sind diese Unternehmer vorwiegend aus kleineren, produzierenden Unternehmen (starke Tendenz), die lediglich eine niedrige Kooperationsintensität aufweisen.

Im Untersuchungssample waren auch Unternehmer vertreten, die sich zwar als auslandsorientiert einschätzen, sich allerdings für ihre eigene Firma keine grenzüberschreitende Kooperation vorstellen können. Als Gründe dafür nannten sie Risiken bzgl. Termintreue oder Kontrollverlust. Außerdem wies Herr BD darauf hin, hohe Ansprüche an seine Mitarbeiter zu haben. Herr BD: „Wenn ich aus Ungarn z. B. oder aus der Tschechei Teile bekäme, ich weiß nicht, wie lange es auf der Strecke bleiben würde bis es bei mir eintrifft und dann wie lange es dauern würde, bis ich es überprüfe…“

Für die Unternehmer, die keine grenzüberschreitende Kooperation eingehen würden, ist charakteristisch, dass es sich um ausschließlich sächsische Unternehmer handelt, die in der produzierenden Branche tätig sind. Logischerweise sind alle in der Kooperationsintensitätsstufe 0 vertreten. Darüber hinaus verfügen diese Unternehmer lediglich über begrenzte Kenntnisse einer Fremdsprache (vgl. Tab. 37). Können sich keine grenzüberschreitende Kooperation vorstellen (n=3) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte* 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße* Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 37: Einstellung befragter Unternehmer zur GK 2 Quelle: eigene Darstellung Legende:

156

4

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten, * bei diesem Merkmal konnte keine Tendenz identifiziert werden

Weiterhin ist für diese Unternehmer charakteristisch, dass sie regional gebunden sind und einen hohen Wert auf die deutsche Herkunft ihrer Produkte legen. U. a. spielt an dieser Stelle die Schaffung von Arbeitsplätzen in der eigenen Region eine wichtige Rolle und zugleich auch ein bedeutsames Verkaufsargument. Herr HD: „Wenn ich jetzt hier in der Nähe einen Ansprechpartner habe… dann habe ich einfach jemanden da, mit dem ich relativ schnell kommunizieren kann. Wenn ich jetzt jemanden fern habe, dann ist der weg… das sind dann lange Wege und ich kenne die Leute nicht und es ist auch letztendes keine persönliche Beziehung, die dort wichtig ist.“ Herr ID: „Haben wir keine (ausländische Kooperationspartner). Und das beabsichtigen wir auch nicht… wir stellen ein rein deutsches Produkt her.“… „Und wir sagen, ok, pass mal auf, wir produzieren hier, sichern deutsche Arbeitsplätze…“

Als Bedingung für das Eingehen einer grenzüberschreitenden Kooperation nannten die befragten Unternehmer insb. die Notwendigkeit, auf Auslandsmärkten einen lokalen Mitarbeiter zu haben, der mit den dortigen Marktbedingungen vertraut ist. Ein lokaler Mitarbeiter wäre nach den Meinungen der Befragten v. a. in Osteuropa, insb. in Russland, in arabischen Ländern oder im Irak unabdingbar, die meisten Unternehmer betonten jedoch, dass in jedem Land so eine Person notwendig wäre. Herr AD: „Also wenn ich nach Saudi-Arabien fahre… also da will ich jemanden an meiner Seite haben, der weiß, was in dem Land üblich ist. Wie das tickt. Das ist eine andere Kultur.“ Herr FCZ: „Wenn Sie in den Osten gingen… da müssen Sie schon am besten jemanden haben, der dort Ihre Interessen vertreten würde.“ Herr DCZ: „In Russland würde ich jetzt nicht jemanden suchen ohne eine vertraute Kontaktperson zu haben. In den westlichen Ländern schon…“

Uneinigkeit unter den sächsischen Unternehmern herrschte bzgl. der Notwendigkeit eines lokalen Mitarbeiters in Österreich. Während einige Befragten betonten, dass auch in Österreich eine mit den dortigen Bedingungen vertraute Person notwendig wäre, vertritt bspw. Herr ID die Meinung, dass er in Österreich auf Grund zahlreicher Ähnlichkeiten zu Deutschland keinen lokalen Mitarbeiter bräuchte. Zwar betonte er v. a. die rechtlichen und wirtschaftlichen Analogien, eine große Erleichterung einer Kooperation durch die nicht vorhandene Sprachbarriere stand in seinen weiteren Aussagen jedoch im Mittelpunkt. Herr ID: „Dort (in Österreich) bin ich der Meinung, dort ist es nicht so wichtig, weil sich natürlich auf Grund der ganzen EG- und EU-Geschichte diese Rechtsgeschäfte angeglichen haben.“ Interviewerin: „Tschechien und Polen sich auch bei der EU…“ Herr ID: „Sind auch in der EU… das mag alles genauso stimmen, aber dort hat man vielleicht noch mehr diesen psychologischen Aspekt oder die psychologische Barriere. Dass man denkt, ok, pass auf, Tschechien, Polen, dort sind die Gesetzlichkeiten möglicherweise noch ein bisschen anders.“

In diesem Zusammenhang weist Herr DD darauf hin, dass ein lokaler Mitarbeiter zwar wichtig ist (für die sprachliche Verständigung sowie die Kenntnisse dortiger Beziehungen), dass dieser jedoch auch Misstrauen wecken kann. 157

Herr DD: „…es gibt auch die umgekehrte Situation, dass man den einheimischen Leuten nicht traut, sondern lieber dem Ausländer, weil man meint, die einheimischen Leute verstünden es nicht oder sie wollen zu viel Geld für die Leistung abfordern.“

Die Meinung, dass ein lokaler Mitarbeiter notwendig wäre, vertreten insb. ältere Unternehmer mit Hochschulabschluss, die aus Sachsen stammen, über umfangreiche Kooperationserfahrungen verfügen, die sich jedoch nur begrenzt in einer Fremdsprache verständigen können (vgl. Tab. 38). Lokaler Mitarbeiter im Ausland absolut notwendig (n=11) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 38: Einstellung befragter Unternehmer zur GK 3 Quelle: eigene Darstellung Legende:

4

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Die befragten Unternehmer unterscheiden nach ihren Aussagen nicht zwischen einzelnen Ländern in Bezug auf grenzüberschreitende Kooperation. Wichtig sei v. a. der konkrete potentielle Kooperationspartner, die Merkmale des Landes werden laut der Befragten nicht in die Entscheidung mit einbezogen. Herr BCZ: „Man kann nicht sagen… Deutsche sind besser, Italiener sind besser…Es ist alles von konkreten Menschen abhängig… man kann nicht sagen, dass Polen, Österreicher, Deutsche oder Franzosen so und so sind.“ Herr GCZ: „Ich unterscheide nicht, ob es ein Tscheche, Slowake oder Araber ist.“

Wie allerdings Herr BCZ hinzufügt, spielt das Herkunftsland eine bedeutende Rolle, falls dortige Arbeitskräfte eingestellt werden sollen. Herr BCZ: „Wenn wir über Lieferanten sprechen, dann entscheidet das, was er hat und was keiner anderer hat… Schlimmer ist es aber… wie soll ich es sagen, wir haben früher Arbeitskräfte aus Jugoslawien, Bulgarien gehabt…“

Eine bedeutende Grundlage für die Beurteilung der Kooperationsbereitschaft der befragten Unternehmer stellte die Anlage 1 des Interviewleitfadens dar (vgl. Anhang 2). In dieser Anlage wurden sechs Länder aufgeführt, zu denen sich die Befragten bzgl. einer potentiellen Zusammenarbeit äußern sollten (vgl. Kap. 5.2.1). Trotz der Tatsache, dass die meisten befragten Unternehmer behaupten, bei den Überlegungen über eine Kooperation nicht zwischen einzelnen Ländern zu unterscheiden, ist ihre Bereitschaft zur Kooperation mit einigen Ländern niedriger, als mit anderen. Dies zeigte sich jedoch erst im späteren Verlauf der Interviews. Der Anfang war meist durch sozial erwünschte Antworten geprägt (vgl. Kap. 5.2.2). So beantwortet bspw. Frau GD die Frage, ob es Länder gibt, mit denen sie nicht kooperieren möchte

158

mit nein, später erwähnt sie jedoch z. B. Polen als Land, mit dem sie eine Kooperation nicht gern eingehen würde. Frau GD: „Nein, kommt immer auf die Bedingungen“ … „Polen nicht unbedingt…“ Herr CCZ: „Ich kann es mir mit jedem Land vorstellen, es geht immer um den konkreten Partner…“… „Mit Deutschen sagen wir uns immer lieber nicht.“ Herr ACZ: „Es geht hauptsächlich darum, ob es ein solider Partner ist. Und wenn er von dort oder von dort ist, ist mir egal.“ … „Sie haben hier (in der Anlage 1) keine südeuropäischen Länder, Italien, Spanien… In Italien war ich gerade vorige Woche und ihr Zugang zur Arbeit, das ist was Schlimmes… Ich möchte nicht dortige Arbeitskräfte einstellen.“

Bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation spielen, nach Meinung einiger Befragter, Emotionen eine wichtige Rolle. Mit Unternehmen aus den Ländern, in denen man sich wohl fühlt, würde man auch eher eine Kooperation eingehen. Herr ED: „…gerade eben diese, ich sag mal, die soft facts, die entscheiden… die Technik, die muss stimmen… und dann gibt es hinten dran noch eine ganze Menge von Faktoren, die das Geschäft maßgeblich beeinflussen.“ Herr CCZ: „Auf die erste Stelle (in der Anlage 1) würde ich die Slowakei stellen. Die kenne ich. Als ich klein war, wollte ich Pilot werden und in der Slowakei gab’s eine Schule für Piloten. Dann habe ich mir gesagt, dass ich eine Slowakin heiraten werde. Die Pilotenschule habe ich nicht besucht und eine Slowakin habe ich auch nicht geheiratet…“

Bei sächsischen Unternehmern war eine höhere Bereitschaft zur Kooperation mit Österreich zu verzeichnen. Neben der Sprache wurden als Gründe dafür die ähnliche Mentalität, wirtschaftliche Entwicklung sowie umfangreiche sowohl berufsbezogene als auch private Erfahrungen genannt. Frau FD: „Die (Österreicher) sind politisch stabil, sind ähnlich wie Deutschland, die Gesetzgebung ist in irgendeiner Form ähnlich… Währung sag ich mal ist auch kein Thema, funktioniert alles, sag ich mal, genau so.“

Auch für tschechische Unternehmer ist charakteristisch, dass ihre Bereitschaft zur Kooperation mit ihrem Nachbarland mit einer ähnlichen Sprache hoch ist. Neben der nicht existenten Sprachbarriere sind die Gründe für eine höhere Kooperationsbereitschaft mit der Slowakei insb. in der gemeinsamen Entwicklung sowie einer ähnlichen Mentalität zu sehen. Allerdings zeigte sich bei einigen tschechischen Befragten keine Bereitschaft zur Kooperation mit slowakischen Firmen. Keiner von den befragten sächsischen Unternehmern äußerte sich negativ in Bezug auf Österreich. Unter den sächsischen Unternehmern herrscht allgemein eine höhere Bereitschaft zur Kooperation mit Tschechien, als mit der Slowakei. Dies liegt insb. in der begrenzten Kenntnis der Slowakei in Sachsen begründet. Die Slowakei wird bei den meisten Befragten als ein weniger entwickeltes Land wahrgenommen. Herr ID: „Sowohl privat als auch jetzt firmentechnisch, wo ich jetzt sage… dort (in die Slowakei) möchte ich jetzt hinziehen, also definitiv gar nicht.“

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Die individuelle Kooperationsbereitschaft ist weiterhin durch die geographische Entfernung eines Auslandsmarktes beeinflusst. Demzufolge sind die Befragten eher bereit, mit deren Nachbarländern eine Kooperation einzugehen. Dabei ist wichtig, dass nicht die tatsächliche, sondern die wahrgenommene räumliche Entfernung bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation eine große Rolle spielt. Wie in Kap. 6.3.1.6 dieser Arbeit näher beschrieben, ist für einige Unternehmer bereits Polen zu weit, während für andere eine Kooperation innerhalb Europas aus geographischer Sicht kein Problem darstellen würde. Eine Kooperation mit den USA schlossen mehrere Unternehmer aus, überwiegend auf Grund der geographischen Distanz. Insgesamt vier Unternehmer, darunter drei aus Tschechien schlossen polnische Firmen als potentiellen Kooperationspartner explizit aus. Auch aus privater Sicht empfinden viele Befragte Polen als fremdartig. Acht von neun befragten tschechischen Unternehmern positionierten Polen in der Anlage 3 auf weit entfernten konzentrischen Kreisen (vgl. Anhang 3). Dies konnte oft nicht rationell begründet werden. Meistens lag der Hauptgrund im fehlenden Vertrauen oder im fehlenden Bezug zu diesem Land. Die meisten sächsischen Unternehmer unterscheiden in Bezug auf eine potentielle Kooperation nicht wesentlich zwischen Polen und Tschechien. Zwei Befragte würden jedoch eine Kooperation mit tschechischen Firmen bevorzugen. Herr AD: „Ich würde lieber mit einem Tschechen machen… Der Grund ist, das liegt vor meiner Haustür, das kenne ich viel besser.“

Was den Zugang der befragten Unternehmer zur Suche nach potentiellen Kooperationspartnern im Ausland anlangt, gaben die meisten an, aktiv nach Kontakten zu suchen. Die Suche erfolgt durch Messen und Ausstellungen, Handelskammern und ähnliche Vermittler. Bei der Suche nach ausländischen Kooperationspartnern wird dem Zufall eine große Bedeutung zugeschrieben. So beschreibt Herr CD seine Entscheidung zur Gründung einer Firmenniederlassung in Polen folgendermaßen. Herr CD: „Warum eigentlich Polen… Die Polen haben die beste Umweltmesse in den OstTopländern, sag ich jetzt mal… also Messe, die uns auf den Leib geschneidert ist… Wenn die Tschechen vielleicht so eine Messe gehabt hätten, hätten wir vielleicht dort in der Tschechei…“

Die von den Industrie- und Handelskammern angebotenen Dienstleistungen werden von den befragten Unternehmern oft kritisiert. Als negativ bezeichneten die Befragten insb. eine zu allgemeine Ausrichtung der angebotenen Dienstleistungen. Ein wichtiger Kritikpunkt bezog sich ebenfalls auf die von IHK veranstalteten sächsisch-tschechischen Unternehmenstreffen. Dabei ist interessant, dass sich ebenfalls Unternehmer zu diesem Thema kritisch äußerten, die über keine Erfahrungen mit Handelskammern verfügen. Herr ICZ: „Wir haben damit schlechte Erfahrungen gemacht. Das ist nur ein Quatschen über nichts. Wir treffen uns bei einem Büffet, trinken Kaffee, fahren nach Hause und das Ergebnis ist gleich Null. Wir nehmen also nicht mehr daran teil.“ Herr ID: „An solchen Veranstaltungen nehme ich eigentlich generell nicht teil… Wenn ein Unternehmer tschechische Kontakte anstrebt, dann beauftragt er mit Sicherheit nicht die IHK auf einem

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Symposium.“ … „Die IHK könnte möglicherweise einen Kontakt herstellen. Aber dieser Kontakt, den kann ich einfach machen, indem ich Internet nehme und auf einer tschechischen Suchseite Verpackungshersteller eingebe, da kommt mir die ganze Liste… von IHK… das ist zu allgemein.“

Wie aus der Tab. 39 ersichtlich, sind tschechische Unternehmer bei der Suche nach potentiellen Kooperationspartnern im Ausland aktiver als sächsische. Zwei von den befragten tschechischen Unternehmern stellten sogar einen Mitarbeiter ein, der sich ausschließlich mit der Suche nach Auslandskontakten beschäftigt. Einen aktiven Zugang zur Suche nach Kontakten im Ausland weisen eher jüngere Befragte mit Hochschulabschluss sowie umfangreichen Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation auf. Was die Unternehmensmerkmale anlangt, sind produzierende Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern bei der Suche nach ausländischen Kooperationspartnern aktiver. Aktiver Zugang zur Suche nach ausländischen Kooperationspartnern (n=8) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 39: Einstellung befragter Unternehmer zur GK 4 Quelle: eigene Darstellung Legende:

4

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Die Vorstellung an der Untersuchung beteiligter Unternehmer an Hand von Kurzporträts (vgl. Kap. 5.3.2) sollte durch die in diesem Kapitel dargestellten Zusammenhänge zwischen objektiven Unternehmer- und Unternehmensmerkmalen sowohl mit tatsächlichen Kooperationsverhalten als auch mit deren Einstellungen gegenüber grenzüberschreitender Kooperation ergänzt werden. Die Gegenüberstellung der Kooperationsintensität der befragten Unternehmer mit deren objektiven Merkmalen (vgl. Kap. 6.2.1) brachte interessante Erkenntnisse für die weitere Forschung zum Internationalisierungsverhalten von Unternehmen. Die bisherigen Erkenntnisse der einschlägigen Forschung wurden dabei teilweise in Frage gestellt, wie bspw. der Zusammenhang zwischen dem Alter der Unternehmer und der Kooperationsintensität. Außerdem konnte ein Forschungsdefizit in Bezug auf die Bedeutung der Auslandsaufenthalte für das Internationalisierungsverhalten aufgezeigt werden. Das Ziel der Gegenüberstellung der Einstellungen zur grenzüberschreitenden Kooperation mit dem tatsächlichen Kooperationsverhalten (vgl. Kap. 6.2.2) lag zum Einen in einer ergänzenden Vorstellung des Unterssuchungssamples, zum Anderen jedoch insb. in der generellen Einstellung zum Auslandsengagement und dem daraus resultierenden Zugang zur Suche nach ausländischen Kooperationspartnern. Lediglich drei Befragte aus dem Untersuchungssample der vorliegenden Arbeit verbinden mit grenzüberschreitender Kooperation negative Assozia-

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tionen. Demzufolge würden sie lieber ausschließlich mit einheimischen Unternehmen zusammen arbeiten. Welche Faktoren bei den Überlegungen über die Suche nach einem ausländischen Kooperationspartner eine bedeutende Rolle spielen, wird im nächsten Kapitel erläutert, in dem auf mögliche Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz ausführlich eingegangen wird (vgl. Kap. 6.3).

6.3

6.3.1

Mögliche Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz bzgl. der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation Landesbezogene Merkmale

6.3.1.1 Politische Stabilität und Sicherheit Politische Bedingungen als eine mögliche Erklärungsvariable der psychischen Distanz wurden bis jetzt nur begrenzt in dieses Konstrukt einbezogen (vgl. Dow/Karunaratna, 2004, S. 11). Trotz der Tatsache, dass zahlreiche Autoren die politische Situation als eine der möglichen Ursachen für die Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen gegenüber einem anderen Land bezeichnen, erfolgt eine empirische Überprüfung von deren Relevanz nur selten. Außerdem konzentrieren sich die meisten Autoren dabei nicht auf wahrgenommene, sondern auf objektive Unterschiede zwischen den Ländern. So verwenden bspw. Goerzen/Beamish einen Index, der den Grad politischer Restriktionen in demjenigen Land misst (vgl. Goerzen/Beamish, 2003, S. 1296). Auch Child/Ng/Hong, die politische Bedingungen den ‚distancecreating factors’ zuordnen, vertreten die Meinung, dass diese an Hand objektiver Kriterien ermittelt werden können (vgl. Child/Ng/Hong, 2002, S. 49ff.). Dow/Karunaratna ziehen zur Messung politischer Unterschiede neben dem gerade erwähnten Index politischer Restriktionen zwei weitere Indikatoren heran, die Demokratie, Autokratie sowie politische Rechte und Bürgerfreiheiten messen (vgl. Dow/Karunaratna, 2004, S. 15). Zwar beziehen diese Autoren die individuelle Wahrnehmung mit ein, denn die psychische Distanz gegenüber einem Auslandsmarkt ist durch die Sensitivität des Managers gegenüber den Stimuli der psychischen Distanz geprägt, beschränken ihre Untersuchung allerdings lediglich auf die Ermittlung dieser Stimuli (vgl. ebenda, S. 12ff.). Wahrgenommene politische Unterschiede zwischen zwei Ländern als Indikator von psychischer Distanz untersuchten bspw. Evans/Mavondo (2002) oder Evans/Bridson (2005). In beiden Arbeiten waren wahrgenommene politische Unterschiede, gemeinsam mit wirtschaftlichen oder sprachlichen Differenzen ins Konstrukt der sog. ‚business distance’ einbezogen. Weder ein positiver Zusammenhang mit der Unternehmensleistung (vgl. Evans/Mavondo, 2002, S. 522ff.) noch mit dem Grad der Adaptation von Einzelhandelangeboten (vgl. Evans/ Bridson, 2005, S. 72ff.) konnte dabei bestätigt werden. Wahrgenommene Unterschiede in politischen Systemen waren ein Bestandteil des Konstrukts der psychischen Distanz auch bei Kim/Hwang, die diese mit Hilfe einer siebenstufigen Skala 162

gemessen haben (vgl. Kim/Hwang, 1992, S. 40ff.). Sowohl diese Autoren als auch später Swift, der ebenfalls politische Bedingungen in seine Messung von psychischer Distanz mit einbezog, diskutieren in ihren Arbeiten allerdings nicht die Relevanz politischer Bedingungen im Vergleich zu anderen Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz. Im Weiteren wird näher auf die Meinungen sächsischer und tschechischer Unternehmer über die Bedeutung von politischen Bedingungen bei den Überlegungen über eine Kooperation mit ausländischen Firmen eingegangen. Für die meisten befragten Unternehmer spielen bei Überlegungen hinsichtlich der Suche nach einem ausländischen Kooperationspartner politische Stabilität und Sicherheit in demjenigen Land eine bedeutende Rolle. Die Basis für die Beurteilung eines Auslandsmarktes stellt dabei der Vergleich mit dem Heimatmarkt dar, dessen politische Bedingungen jeweils als sicher und stabil angesehen werden. Die absolute Mehrheit der Befragten findet politische Stabilität und Sicherheit als ein sehr wichtiges Entscheidungskriterium bei der Suche nach einem Kooperationspartner im Ausland. Politische Stabilität und Sicherheit in demjenigen Land wurden oft als Grundvoraussetzungen einer grenzüberschreitenden Kooperation bezeichnet. Falls diese nicht vorhanden sind, würden die meisten befragten Unternehmer über eine Kooperation überhaupt nicht nachdenken. Herr ID: „Definitiv ist für mich wichtig, dass dort in diesem Land politische Stabilität herrscht. Und das schon über einen gewissen Zeitraum hinweg, nicht also wie das jetzt in der Ukraine ist seit drei vier Monaten, sondern dort sollte man schon über mehrere Jahre eine gewisse Konstanz erkennen können… Wenn ich eine Zusammenarbeit anstrebe, dann sind die politischen Verhältnisse absolut notwendig.“ Herr ACZ: „Man sieht sich schon nach einem Land um, in dem politische Stabilität herrscht. Ich würde doch kein Abenteuer eingehen.“

Insb. für auslandserfahrene Unternehmer wäre politische Instabilität allerdings kein Grund dafür, eine Kooperation a priori abzulehnen. Eine Anfrage aus einem politisch instabilen und unsicheren Land würden die befragten Unternehmer jedoch sehr vorsichtig betrachten. Dies gilt bereits für Geschäfte im europäischen Raum. So sagte bspw. Herr FCZ, dass er im Vorlauf eines Geschäfts mit der Ukraine bessere Garantien verlangen würde, als dies bspw. mit Spanien der Fall wäre. Herr FCZ: „Dieses Gefühl habe ich immer noch, dass ich es so tun sollte. Ich würde alles mehr überprüfen und auch den Transport würde ich besser absichern wollen. Beim Transport würde ich eine Firma suchen, die Erfahrungen mit der Ukraine hat. Aber nach Spanien würde ich es hier in den ersten LKW aufladen, der sich anbieten würde. Das stimmt.“

Dies bestätigt auch Herr AD und weist dabei auf die Notwendigkeit einer vorsichtigen Vorgehensweise bei der Geschäftsabwicklung in Risikoländern auf. Herr AD: „Na sicherlich überlegt man sich, was ist Frankreich für ein Land, das ist in der EU und das ist in Russland anders, da macht man sich schon ein paar Gedanken.“ Herr AD: „Ich bin jetzt in der Verhandlung mit einer schwedischen Firma, die nach China geht. Und da habe ich denen eiskalt gesagt: Wenn ihr nach China geht, das ist ja schön, aber was ist

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dann, wenn morgen dort unten der Krieg ausbricht… Also müssen wir das Geschäft anders machen.“

Als Befürchtungen in Bezug auf politische Stabilität und Sicherheit wurden u. a. eine schlechte Durchsetzung des Rechts, Korruption, Unzuverlässigkeiten bei den Lieferungen oder ein schlechter Zugang zu Informationen genannt. Außerdem wurden Sorgen hinsichtlich der Sicherheit für den Unternehmer selbst bzw. für seine Mitarbeiter geäußert. Herr CD: „Natürlich möchte ich nicht in ein Land gehen, wo Kaufverträge heute nicht mehr gelten, die gestern abgeschlossen worden sind. Oder ich möchte nicht in ein Land gehen, wo ich um mein Leben fürchten muss.“ Frau FD: „In Russland hätte ich ein bisschen meine Probleme mit der Korruption… das wäre mir zu unruhig, zu ungesetzt.“

Obwohl politische Stabilität und Sicherheit für alle Befragten ein wichtiges Entscheidungskriterium darstellen, sprachen nicht alle diese Kategorie explizit an. Auf die Frage, welche Faktoren die Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation beeinflussen würden, wurden insb. wirtschaftliche Bedingungen in demjenigen Land (u. a. Marktpotential, Kaufkraft, Kosten) genannt. Wie aus dem weiteren Verlauf der Interviews ersichtlich wurde, stellen politische Stabilität und Sicherheit für die meisten Unternehmer automatisch eine Voraussetzung dar. Herr CD: „Kriterium 1 ist schon eine geographische… Situation, dann ist es auch die Frage des Marktes… und dann kommen solche typische Dinge wie Gesetzlichkeiten, auch die Sicherheit für Mitarbeiter.“ … „ ich möchte nicht in ein Land gehen, wo ich um mein Leben fürchten muss.“

Allerdings waren im Untersuchungssample auch Unternehmer vertreten, die politische Bedingungen als zweitrangig empfinden, insb. dann, wenn bspw. lediglich ein ausländischer Zulieferer gesucht wird und demzufolge keine Präsenz des Unternehmers vor Ort notwendig ist. Außerdem werden politische Bedingungen nicht so hoch eingestuft, falls diese die Unternehmensfreiheit in demjenigen Land nicht beeinträchtigen. Herr DD: „Politische Freiheit ist nicht wichtig… Das hat nie eine Rolle gespielt. So lange man als Firma einen Kunden hat… solange man dort seine Leistung erbringen kann… In Diktaturen kann man genau so gut Geschäfte machen, als in politisch völlig freien Gesellschaftssystemen… Solange Sie deren Bedingungen einhalten, kann nichts passieren.“

Für die meisten Befragten wäre politische Freiheit allerdings wichtig, denn sie wird i. d. R. mit der Unternehmensfreiheit in Verbindung gesetzt. Außerdem beeinflussen politische Verhältnisse nach der Meinung der Befragten die Wirtschaftssphäre. Herr BD: „Die politischen Bedingungen sind ein entscheidender Faktor. Wenn ich in einem ehemaligen Ostblockstaat eine Niederlassung suchen würde, würde ich erstmal die politischen Entscheidungen und das Niveau des Landes betrachten… ob in den politischen Ebenen des Landes Entscheidungen getroffen worden sind, die mir bestimmte Bewegungsfreiheit lassen, wo ich z. B. aus diesem Land Exporte tätigen kann.“ Frau GD: „…mir würde die Freiheit an sich schon am Herzen liegen, also nicht unbedingt, dass jetzt das Volk an sich unterdrückt wird von der Regierung.“

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Herr HD: „Wenn es jetzt politisch nicht stimmt, dann passt das rechtliche auch nicht und dann i. d. R. auch wirtschaftlich dann auch nicht hin.“

Im Rahmen dieser Kategorie wurde ebenfalls die Mitgliedschaft in internationalen Gemeinschaften besprochen. Für die Mehrheit der befragten Unternehmer spielt bspw. die EUMitgliedschaft bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation eine wichtige Rolle. Herr ED: „Die Stabilität ist für mich spätestens mit dem EU-Beitritt gegeben.“ Herr ID: „Das Gütesiegel EU…würde für mich als solches das symbolisieren, dass die Mitgliedstaaten der EU alle dieselben Rechtsverhältnisse haben… Also das wäre für mich schon ein entscheidender Punkt.“

Neben der Vereinfachung des internationalen Handels (Zollabschaffung etc.) haben die Unternehmer bei EU-Mitgliedsstaaten auch weniger Befürchtungen in Bezug auf grenzüberschreitende Kooperationen. Lediglich zwei sächsische Unternehmer gaben an, die EUMitgliedschaft sei nicht wichtig, denn sie sehen keine Unterschiede in der Kooperation mit ihren tschechischen Partnern vor und nach dem EU-Beitritt Tschechiens. In Bezug auf die sächsisch-tschechische Unternehmenskooperation finden die meisten Befragten die politischen Bedingungen zweitrangig. Dabei spielt die EU-Mitgliedschaft beider Länder eine bedeutende Rolle, auch wenn manche Unternehmer behaupten, dass dies nur im Hintergrund wichtig ist. Herr AD: „Politische Bedingungen sind schon wichtig, aber in Tschechien unwichtig.“

Die Einstellungen bzgl. der politischen Situation der sächsischen Unternehmer unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der tschechischen. In der EU-Mitgliedschaft sehen jedoch tschechische Unternehmer eher einen technischen Vorteil, der v. a. in der Vereinfachung der Geschäftsabwicklung liegt, während die sächsischen Befragten diese eher mit Sicherheit und einer besseren Durchsetzung des Rechtes verbinden. Herr FCZ: „Ich denke, dass es (die EU-Mitgliedschaft) sicherlich keine Garantie ist und es ist auch kein Entscheidungskriterium für mich, ob das Land Mitglied der EU ist oder nicht… Wichtig ist es aus der Sicht der Unkompliziertheit der Geschäfte… Also eher die technischen Dinge, als die psychologischen.“

Außerdem äußerten lediglich sächsische Unternehmer die Befürchtung um die eigene Person bzw. um ihre Mitarbeiter, falls eine Kooperation mit einem risikoreichen Land zu Stande käme, während tschechische Unternehmer die Gefahr eher in der Unzuverlässigkeit der Lieferungen und im schlechten Zugang zu Informationen sehen. So sprach bspw. Herr CCZ über ein gescheitertes Geschäft auf Grund seiner Befürchtung um Lieferungen aus der Ukraine. Herr CCZ: Wir wollten billigeres Material aus der Ukraine importieren. Aber das waren 1 Million Stück, d. h. jeden Tag hätte ein voller LKW kommen müssen. Dann hätten wir Ausfälle gehabt, nur weil ein LKW aus der Ukraine nicht rechtzeitig angekommen wäre.“

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Interessante Erkenntnisse bestehen in einer Gegenüberstellung der Ansichten bzgl. politischer Stabilität und Sicherheit bei jüngeren und älteren Unternehmern. Während in der einschlägigen Literatur ein höheres Alter eher als Barriere der Bereitschaft zum Auslandsengagement bezeichnet wird (vgl. bspw. Müller/Köglmayr, 1986, S. 789), sind alle befragten Unternehmer, die eine Kooperation mir Risikoländern nicht ausschließen bzw. mit Risikoländern bereits kooperieren, älter als 50 Jahre. Eine Möglichkeit, mit dem Irak zu kooperieren würden lediglich drei von den befragten Unternehmern nicht ablehnen, ebenfalls alle älter als 50 Jahre (vgl. Tab. 40). Würden eine Kooperation mit dem Irak nicht ablehnen (n=3) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte* 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche* 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 40: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der politischen Situation 1 Quelle: eigene Darstellung Legende:

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starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten, * bei diesem Merkmal konnte keine Tendenz identifiziert werden

Die Bereitschaft zur Unternehmenskooperation mit Ländern, in denen keine politische Stabilität und Sicherheit herrschen, unterscheidet sich ebenfalls nach der Ausbildung befragter Unternehmer. Alle Unternehmer, die bereits mit Risikoländern kooperieren bzw. eine solche Kooperation nicht ausschließen, haben einen Hochschulabschluss bzw. haben promoviert (vgl. Tab. 40). Dasselbe gilt auch für die drei Unternehmer, die eine Zusammenarbeit mit dem Irak eingehen würden. Der Maßstab, welche Länder noch politisch stabil und welche bereits als instabil und unsicher empfunden werden, unterscheidet sich nach der Intensität der Erfahrungen des Unternehmers mit grenzüberschreitender Kooperation. Während Unternehmer ohne bzw. mit nur geringer Erfahrung mit Auslandsgeschäften bereits europäische Länder wie Balkanstaaten, Rumänien oder Bulgarien als instabil und unsicher bezeichnen, äußerten Unternehmer mit umfangreichen Auslandserfahrungen gewisse Befürchtungen erst im Zusammenhang mit China oder dem Irak. Herr FD: „Also, wo man schon Bedenken hätte, wären dann die weiteren angrenzenden Länder, Ukraine, Russland, Rumänien, Bulgarien, Balkan… Einfach aus der Unsicherheit heraus, die dort herrscht. Was in den Medien berichtet wird…“ Herr ECZ: „Man nimmt sicherlich die politische Stabilität und Sicherheit wahr… Wenn Sie an die Ukraine oder an Weißrussland denken, also dort möchte man nicht hin.“

Auch in Bezug auf die Bewertung der politischen Stabilität und Sicherheit in Tschechien seitens sächsischer Unternehmer unterscheidet sich diese nach den gesammelten Erfahrungen. Alle sächsischen Befragten würden mit Tschechien zwar keine Angst bzgl. der politischen Situation verbinden, allerdings differenzierten auslandsunerfahrene Unternehmer bereits 166

zwischen den Ländern in der Anlage 1 bzgl. politischer Stabilität und Sicherheit. So werden Österreich, Frankreich und die USA als sicherer empfunden als Polen, Tschechien und die Slowakei. Unternehmer mit intensiven Erfahrungen unterschieden zwischen den, in der Anlage 1 angeführten Ländern bzgl. ihrer politischen Situation überhaupt nicht. Zusammenfassend kann über die wahrgenommene politische Stabilität und Sicherheit auf einem Auslandsmarkt gesagt werden, dass diese die Einstellung gegenüber einem Land und anschließend auch die Kooperationsbereitschaft des Unternehmers in einem hohen Maße beeinflussen, insb. dann, falls es sich um auslandsunerfahrene bzw. lediglich wenig erfahrene Unternehmer handelt, aber auch falls mit dem Auslandsengagement umfangreiche Investitionen oder die Notwendigkeit der Präsenz des Unternehmers vor Ort verbunden sind. Einige Unternehmer würden trotz ihrer niedrigen Bereitschaft zur Kooperation mit Risikoländern eine solche Zusammenarbeit eingehen und zwar in dem Falle, wenn sie sich davon höhere Gewinne versprechen. Für die Mehrheit der befragten Unternehmer stellen allerdings politische Stabilität und Sicherheit eine Grundvoraussetzung für eine potentielle Kooperation dar (vgl. Tab. 41). Politische Stabilität als Grundvoraussetzung einer grenzüberschreitenden Kooperation (n=12) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche* 0 1 2 3 4 Kooperationsintensität Tab. 41: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der politischen Situation 2 Quelle: eigene Darstellung Legende:

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten, * bei diesem Merkmal konnte keine Tendenz identifiziert werden

6.3.1.2 Rechtliche Bedingungen Eine Einbeziehung der Wahrnehmung von rechtlichen Bedingungen in das Konstrukt der psychischen Distanz erfolgt in der einschlägigen Literatur nur begrenzt. Zwar ziehen einige Autoren die wahrgenommenen Unterschiede in Rechtssystemen zwischen zwei Ländern zur Messung der psychischen Distanz heran, beschäftigen sich jedoch nicht detailliert mit diesen. So untersuchen bspw. Klein/Roth in ihrer Arbeit zum Einfluss von psychischer Distanz auf die Integration auf Auslandsmärkten u. a. auch wahrgenommene Differenzen in Rechtsystemen, treffen allerdings keine Aussagen dazu, inwieweit diese die Integration beeinflussen, insb. im Vergleich zu weiteren untersuchten Aspekten (vgl. Klein/Roth, 1990, S. 33ff.). Im Falle der vorliegenden Untersuchung steht die Betrachtung wahrgenommener Unterschiede in rechtlichen Bedingungen sowie deren Bedeutung für die Kooperationsbereitschaft des Unternehmers in engem Zusammenhang mit der Wahrnehmung von politischer Stabilität und Sicherheit. Dass die rechtlichen Bedingungen wichtig und zugleich die politischen unwichtig

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sind, findet nur ein tschechischer Unternehmer. Für die sonstigen Befragten, die politische Verhältnisse für bedeutsam halten, sind rechtliche Bedingungen zumindest genau so wichtig. Lediglich ein Unternehmer ist der Meinung, dass rechtliche Bedingungen auf einem Auslandsmarkt keine Barriere für die Kooperation darstellen. Dabei handelt es sich um denselben Befragten, der ebenfalls politische Bedingungen für unbedeutend hielt. Herr DD: „…wo ist das Land, welche Gesetze so, aber ich denke, sie sind nicht das Entscheidende. Entscheidend ist immer der Kunde. Wenn ich einen Kunden habe und der Kunde will diese Leistung von mir, dann muss ich versuchen, sie auch umzusetzen. Trotz aller Randbedingungen.“

Die Unterschiede in rechtlichen Bedingungen zwischen zwei Ländern sollten nach den befragten Unternehmern möglichst gering sein. Durch ähnliche Gesetze und Vorschriften ist nicht nur die Anbahnung, sondern auch der eigentliche Verlauf einer Zusammenarbeit einfacher. Einige Unternehmer wiesen explizit auf die Notwendigkeit der Kenntnis von rechtlichen Bedingungen desjenigen Landes hin, insb. im Falle einer Firmengründung oder -übernahme. Außerdem würden sich die Befragten im Vornhinein auf eine Kooperation mit Ländern mit ganz unterschiedlichen Bedingungen besser und vorsichtiger vorbereiten, als dies bei einer Kooperation mit einem EU-Land der Fall wäre. Herr ED: „… Zahlungssicherheit… da gehe ich davon aus, dass die jetzt durch die EURahmenbedingungen dort gegeben ist.“ Herr HD: „Mit Sicherheit erwartet man, wenn sie in der EU sind und auch rechtlich gewisse… gewisse Standards, die da einfach vorgegeben sind… vorzufinden sind.“ Herr ID: „Dass es kleine Abweichungen in einzelnen Ländern gibt, was Finanzamt betrifft etc., das ist klar, aber die allgemeinen rechtlichen Verhältnisse für die Beziehung… die sollen schon gleich sein.“

Während einige Unternehmer die EU-Mitgliedschaft in Bezug auf rechtliche Bedingungen als ausreichend bezeichneten, erwartet bspw. Herr ID, dass trotz dem EU-Beitritt neuer Länder die rechtlichen Bedingungen in diesen Staaten in seiner Wahrnehmung noch nicht dem EUStandard angepasst sind. Herr ID: „…das mag alles genauso stimmen, aber dort hat man vielleicht noch mehr diesen psychologischen Aspekt… Dass man denkt…Tschechien, Polen, dort sind die Gesetzlichkeiten möglicherweise noch ein bisschen anders.“

Auf eine noch nicht ausreichende Anpassung rechtlicher Bedingungen zwischen Deutschland und Tschechien wies bspw. auch Herr GCZ hin, sonst hätten die befragten Unternehmer meistens keine Angst in Bezug auf rechtliche Schwierigkeiten bei sächsisch-tschechischer Unternehmenskooperation, was u. a. auch die Aussage vom Herrn BCZ zeigt. Herr GCZ: „Also, das was wir versuchen wollen, das wäre Deutschland. Aber persönlich denke ich, dass wir dafür noch nicht ganz vorbereitet sind… wegen der Zertifizierung. … Weil Deutschland ein strenger Partner ist, die sind irgendwo weiter.“ Herr BCZ: „Unser Rechtssystem entstand zur Zeit Österreich-Ungarns. Es wurde zwar deformiert durch das sozialistische Recht, aber v. a. in dem Fachlichen blieb es mit dem österreichischen und deutschen verbunden.“

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Bei der Gegenüberstellung der befragten Unternehmer nach ihrem Herkunftsland können einige Differenzen zwischen den Ansichten sächsischer und tschechischer Unternehmer identifiziert werden. Vorwiegend sächsische Unternehmer nannten rechtliche Bedingungen explizit als das Entscheidende bei den Überlegungen über ihr Auslandsengagement und betonten auch, dass die Unterschiede in rechtlichen Bedingungen zwischen den zwei Ländern möglichst gering sein sollten. Herr ID: „Bei den USA würde mich nichts dazu hinreißen, dort einen Markt aufzubauen und zwar wegen diesen rechtlichen Geschichten, was dort herrschen. Also diese ganzen rechtlichen Barrieren, die in USA herrschen mit Produkthaftung etc. Das wäre für mich der Punkt, wo ich sage ok, pass mal auf, also ich liefere in die USA definitiv keine Badewannen.“

Im Vergleich zu den sächsischen heben die tschechischen Befragten die Notwendigkeit hervor, sich mit den rechtlichen Bedingungen des Auslandsmarktes intensiv auseinanderzusetzen. Außerdem sprachen die tschechischen Unternehmer häufiger über konkrete rechtliche Bedingungen (z. B. über die Durchsetzung des Rechtes, staatliche Förderung von Auslandsinvestitionen), während die sächsischen Befragten über rechtliche Bedingungen allgemein sprachen. Herr CCZ betonte dabei, dass die Durchsetzung des Rechtes insb. bei längerfristigen Kooperationsbeziehungen eine bedeutende Rolle spielt. Herr CCZ: „Die Durchsetzung des Rechtes ist letztendlich nicht so wichtig, falls wir einem Deutschen sagen, komm und bezahle, so wie sie es hier machen. Falls ich aber mit jemandem langfristig kooperieren würde und ihm bspw. jede Woche einen LKW liefern würde, dann würde ich von ihm nicht jede Woche bar bezahlt haben wollen, sondern da hätte ich schon Vertrauen in ihn. Aber genau in dem Moment werde ich eine gute Durchsetzung des Rechtes brauchen, denn er kann an einem schönen Tag mit mir Schluss machen ohne ganz bezahlt zu haben.“ Herr DCZ: „Die Durchsetzung des Rechtes ist sehr wichtig. Das ist vielleicht das, was uns von den mehr entfernten, südlichen Staaten abhalten würde.“

Eine höhere Kooperationsbereitschaft mit Ländern, in denen im Vergleich zum Heimatland andere rechtliche Verhältnisse herrschen, weisen ältere Unternehmer auf. Dass die Unterschiede auf diesem Gebiet möglichst gering sein sollten, denken insgesamt acht, vorwiegend sächsische Unternehmer, sechs von ihnen jünger als 50 Jahre (vgl. Tab. 42). In diesem Zusammenhang ist aus den Interviews weiterhin ersichtlich, dass diese Meinung ebenfalls Unternehmer vertreten, die einen Hochschulabschluss haben, nie eine längere Zeit im Ausland verbrachten sowie über keine bzw. geringe Fremdsprachenkenntnisse verfügen (Stufe 1). Darüber hinaus vertreten diese Meinung alle Unternehmer, die keine grenzüberschreitenden Aktivitäten tätigen (Stufe 0) (vgl. Tab. 42).

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Unterschiede in rechtlichen Bedingungen sollen möglichst gering sein (n=8) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 42: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der rechtlichen Bedingungen 1 Quelle: eigene Darstellung Legende:

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starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Für die Unternehmer im Untersuchungssample, welche die rechtlichen Bedingungen als ein k.o.-Kriterium bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation betrachten, ist charakteristisch, dass es sich vorwiegend um sächsische Unternehmer handelt, die lediglich über begrenzte Kenntnisse in einer Fremdsprache verfügen sowie keine bzw. nur sehr begrenzte Erfahrungen mit grenzüberschreitenden Kooperation (Stufe 0 und 1) haben (vgl. Tab. 43). Was die Unternehmensmerkmale anlangt, vertreten diese Meinung vorwiegend Befragte aus größeren, produzierenden Unternehmen. Rechtliche Bedingungen als K.O. Kriterium einer grenzüberschreitenden Kooperation (n=4) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 4 Kooperationsintensität Tab. 43: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der rechtlichen Bedingungen 2 Quelle: eigene Darstellung Legende:

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung

In Bezug auf die Wahrnehmung rechtlicher Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt zeigte sich weiterhin, dass tschechische Unternehmer eine niedrigere Bereitschaft zur Kooperation mit den neuen EU-Ländern64 aufweisen. So äußerte bspw. Herr ECZ keine Befürchtungen bzgl. rechtlicher Bedingungen, falls er mit Deutschland oder Österreich zusammenarbeiten sollte, hätte jedoch Bedenken mit polnischen oder slowakischen Firmen zu kooperieren. Herr ECZ: „In der EU haben wir keine Befürchtungen. Wir haben Erfahrungen mit Österreich, Deutschland…“ … „Probleme gab’s schon immer mit der Slowakei… Ich würde von Slowaken bessere Garantien verlangen, Vorauskasse etc.“ … „In Polen denke ich, dass es dort Bevölkerungsgruppen gibt, die schwarzarbeiten, Vorschriften umgehen…“

64

Als neue EU-Länder werden in dieser Arbeit Länder bezeichnet, die der EU am 01. Mai 2004 beitraten (darunter auch Tschechien).

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Zusammenfassend kann über die Bedeutung der Wahrnehmung rechtlicher Bedingungen gesagt werden, dass diese die empfundene Fremdartigkeit gegenüber anderen Ländern und die daraus resultierende Kooperationsbereitschaft wesentlich beeinflusst. Zwar würden die befragten Unternehmer eine kurzfristige Kooperation auch mit Unternehmen aus den Ländern eingehen, deren rechtliche Bedingungen sich ihrer Meinung nach von denen des Heimatmarktes erheblich unterscheiden, eine Bereitschaft zu einer intensiveren, längerfristigen Kooperation mit Unternehmen aus diesen Ländern ist allerdings nur gering. Was die Unternehmenskooperation im sächsisch-tschechischen Grenzraum anlangt, spielt die Wahrnehmung rechtlicher Bedingungen lediglich eine untergeordnete Rolle. Trotz der Tatsache, dass einige sächsische Unternehmer mit Tschechien in diesem Bereich noch einige Befürchtungen verbinden, ergab sich die Wahrnehmung dieser Kategorie nicht als eine Barriere der gegenseitigen Zusammenarbeit. Was allerdings grenzüberschreitende Kooperation generell betrifft, sind wahrgenommene Differenzen in rechtlichen Bedingungen eine der Ursachen, warum Unternehmer eine Kooperation mit bestimmten Ländern ablehnen bzw. zumindest nicht aktiv aussuchen.

6.3.1.3 Wirtschaftliche Bedingungen und Entwicklungsstand Die Mehrheit der befragten Unternehmer ist sich einig, dass wirtschaftliche Bedingungen sowie der Entwicklungsstand des Landes, in dem sich ein potentieller Kooperationspartner befindet, bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von hoher Bedeutung sind. Insgesamt sechs Unternehmer bezeichneten wirtschaftliche Bedingungen als einen entscheidenden Faktor. Diese Aussagen wurden im Laufe der Interviews allerdings relativiert, denn wie bereits erwähnt, stellen politische Stabilität und Sicherheit für viele Unternehmer automatisch eine Voraussetzung dar, über eine Kooperation überhaupt nachzudenken. Somit spielen wirtschaftliche Bedingungen zwar eine wichtige, allerdings nicht entscheidende Rolle. Entscheidend sind diese Faktoren erst in dem Falle, wenn politische sowie rechtliche Bedingungen auf mehreren Auslandsmärkten vergleichbar sind. Konkret sprachen die befragten Unternehmer im Rahmen dieser Kategorie die Produktivität und die Stabilität der Währung als wichtige Aspekte an, einige von ihnen betonten jedoch, dass diese nicht bedeutend sind, da die Geschäfte auch in einer anderen Währung abgewickelt werden können bzw. die Produktivität in demjenigen Land lediglich in dem Falle wichtig ist, falls die Gründung eines JV geplant ist. Herr ID: „Für mich ist dann entscheidend was bezahle ich bei der Kooperation für das Produkt, das ich hier angeliefert bekomme. Und ob dann der tschechische Partner 5 Mitarbeiter braucht um das herzustellen oder 10 oder nur einen, das wäre mir herzlich egal. … Bei JV… dann ist es schon ein entscheidender Punkt, weil man sich dort auch an Produktion beteiligt.“ Herr CD: „Die Stabilität der Währung ist ein ganz wichtiger Aspekt, das merke ich jetzt bei Polen, wie der Zloty gegenüber dem Euro schwankt.“

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Der wichtigste Faktor innerhalb dieser Kategorie war jedoch das Marktpotential. Als attraktive Märkte wurden große Länder genannt, einerseits entwickelte Märkte wie z. B. USA, Frankreich und im Falle der tschechischen Befragten Deutschland, andererseits große Entwicklungsmärkte wie bspw. Russland oder die Ukraine. Herr CD: „… und ich glaube nicht, dass es für mich jetzt interessant wäre, in ein armes Land zu gehen, wo wenig Produkte verkauft werden können.“ Herr ICZ: „Wo ich gerne hingehen möchte, dass wäre der Ostblock und noch weiter östlich. Weil dort hat sich das ganze geöffnet, dort ist es ein braches Feld, dort gibt’s eine ganze Reihe von Möglichkeiten.“

Dass Unterschiede in wirtschaftlichen Bedingungen sowie im Entwicklungsstand zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt wichtig sind, erwähnten insgesamt 14 Unternehmer. Dabei vertreten die meisten die Meinung, dass diese möglichst groß sein sollten. Herr CCZ: „Falls wir auf demselben Niveau wären, wie z. B. Deutschland, dann würden sich sicherlich auch Löhne angleichen und wir würden dort nur schwierig Aufträge bekommen.“

In diesem Zusammenhang betonten einige Unternehmer auch ein gewisses Ungleichgewicht der sächsisch-tschechischen Kooperation. Herr DCZ: „Wir wissen, dass es sich bei uns für die Deutschen immer noch lohnt und deshalb fahren sie auch hierher. Es geht um… ich würde fast sagen … um eine Einbahnkooperation.“ Herr ID: „Österreich und Tschechien würde ich auf eine Stufe stellen, wobei ich bei Tschechien ganz eindeutig sagen müsste, dass… dort eine Kooperation mit einer tschechischen Firma zum großen Teil wahrscheinlich da drauf basieren würde, dass ich tschechische Ware nach Deutschland importiere, aber weniger Ware von Deutschland nach Tschechien. Und insofern würde ich denken, ist dort gewisses Ungleichgewicht. Weil halt der Markt in Tschechien noch nicht so hoch ist… die Leute verdienen weniger.“

13 Unternehmer finden Unterschiede in diesen Aspekten notwendig, da sonst kein Grund zur Kooperation bestünde. Einige Unternehmer waren sogar davon überzeugt, dass Unterschiede im Entwicklungsstand eine Grundvoraussetzung für die Überlegung über eine grenzüberschreitende Kooperation darstellen. Dabei betonten sie insb. Kostendifferenzen. Herr ACZ: „Wir können für ausländische Partner aus der Sicht interessant sein, dass wir vergleichbare Technologien… und immer noch niedrigere Lohnkosten haben. … Wir sind für sie also wegen dem Preis interessant… und das ist das Wichtigste, warum sie sich immer an uns wenden.“ Herr ECZ: „Lohnkostengefälle muss es geben. Aus Liebe kämen sie (ausländische Investoren) nicht hierher.“ Herr ED: „Wenn ich z. B. eine Kooperation verfolge, um meine Produkte mit einem bestimmten Know-how aufzuwerten, dann würde ich natürlich schon mich eher orientieren an die Länder Österreich, Frankreich, USA. Das hat ja einfach was mit dem technischen Entwicklungsstand zu tun. Wenn ich jetzt eine Kooperation suche, um Kostenvorteile zu erwerben, dann würde ich gerade diese Länder meiden … und dann würde ich schon bei der Kostenseite Polen, Tschechien und Slowakei suchen.“

Allerdings waren im Untersuchungssample auch Unternehmer vertreten, die betonten, dass ein ähnliches bzw. gleiches Niveau zweier Länder keine Barriere für die grenzüberschreitende

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Kooperation darstellt, sondern eher mit Chancen verbunden werden kann. Dabei handelte es sich jedoch um vereinzelte Meinungen. Herr HCZ: „Die Länder sind so vielfältig, dass es dort immer einen Grund zur Kooperation geben wird, auch wenn sie den gleichen Entwicklungsstand haben.“ Herr ID: „In dem Augenblick, wo sich das Land Tschechien als solches entwickelt, Infrastruktur, technischer Fortschritt etc., wird natürlich das abgelieferte Produkt oder die abgelieferte Arbeit qualitativ hochwertiger. Also man kann zusammen generell höherwertige Produkte herstellen.“

Eine grenzüberschreitende Kooperation kann sowohl mit Firmen aus Entwicklungsländern als auch mit Firmen aus entwickelten Ländern reibungslos verlaufen. So spricht bspw. Herr FCZ über die Vor- und Nachteile einer Kooperation mit Entwicklungsländern. Herr FCZ: „Wenn ich nach Deutschland komme und sage, dass wir mit Wasserstrahl arbeiten, dann wissen die Firmen schon, worum es sich handelt. Andererseits gibt es dort allerdings schon eine größere Konkurrenz und es ist schwieriger, den Markt zu erschließen. Wenn ich in ein Land mit einem niedrigeren Entwicklungsstand gehe, muss ich erstmal eine große Aufklärung machen… Andererseits ist dort der Markt offen und entwickelt sich schnell.“

Entwicklungsländer wurden auf Grund ihrer schnellen Entwicklung als geeignete Kooperationspartner genannt. Großes Marktpotential, ungesättigte Märkte, fehlende Konkurrenz und Leistungen sind die am häufigsten erwähnten Aspekte, warum sich die befragten Unternehmer von ihrem Engagement auf diesen Märkten hohe Gewinne versprechen. Herr DD: „…Gerade in diesen Ländern ist eine Kooperation viel mehr notwendig und möglich, als in entwickelten Ländern, z. B. in der EU, die brauchen das weniger, die sind alle wesentlich fortgeschrittener und selbstständiger.“ Herr ICZ: „Deutschland… der deutsche Markt ist schon gesättigt, hat eigene Probleme, dort besteht unsererseits kein Interesse.“

Wie die Aussage vom Herrn HCZ zeigt, ist eine Expansion in Entwicklungsländer jedoch nicht dauerhaft erfolgsversprechend. Herr HCZ: „… natürlich ist es einfacher, nach Rumänien zu expandieren, wenn sie dort nichts haben. Aber das ist eigentlich ein Nomadenstreifzug eines Landes auf ein anderes. Was logischerweise seit dem Jahr 1989 aus Deutschland hierher passiert.“

Im Rahmen dieser Kategorie wurde ebenfalls das Thema der Verlagerung der Produktion in ‚Billiglohnländer’ angesprochen. Die Hälfte der befragten Unternehmer (sowohl tschechischer als auch sächsischer) ist der Meinung, dass Tschechien für westliche Investoren lediglich aus diesem Grund interessant ist und dass ausländische Investoren nach einer Lohnkostensteigerung ihre Produktion weiter nach Osten verlagern werden. Wie bspw. Herr ECZ oder Herr BD betonen, betrifft diese Verlagerung ausschließlich Fertigungsbereiche, eine Verlagerung von F&E-Aktivitäten nach Osten wird nicht stattfinden. Außerdem betrifft die Produktionsverlagerung nach der Meinung einiger Befragter vorwiegend Großunternehmen. Herr ECZ: „… sie verlagern hierher die Produktion, aber die Forschung behalten sie sich bei ihnen, die würden sie hierher nicht geben.“

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Herr BD: „Diesen Kern, mein Know-how würde ich nie aus dem Haus weggeben, das werde ich immer selber herstellen, weil da drin sind meine Entwicklungskosten, dort bestimme ich den Preis, den Rest kann mir jeder zuliefern.“ Herr ID: „Also wenn die wirtschaftlichen Unterschiede ausgeglichen sind und es woanders günstiger herzustellen ist, dann wandert, sag ich mal, die Industrie weiter.“

Die Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer sei nach der Meinung mehrerer sächsischer Unternehmer ein sensibles Thema in Deutschland. Aus diesem Grund finden sie sinnvoll, rein deutsche Produkte herzustellen und dies auch dementsprechend zu kommunizieren (Appell an Patriotismus, regionale Gebundenheit, Schaffung von Arbeitsplätzen etc.). Herr ID: „… Davon wird ja in Deutschland sehr viel Stimmung gemacht. Und wir sagen, ok, pass auf, wir produzieren hier, sichern deutsche Arbeitsplätze, haben ein deutsches Produkt… Und dieser Patriotismus… dass es ein deutsches Produkt ist, hier in Sachsen hergestellt, das zieht bei der Kundschaft ungemein.“

Diese Meinung vertreten allerdings lediglich sächsische Unternehmer, die keine bzw. nur geringe Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation haben und die auch nicht bereit wären, eine solche Kooperation einzugehen (vgl. Tab. 44). Wichtig, deutsche/tschechische Produkte herzustellen und diese auch so kommunizieren (Patriotismus, Schaffung von Arbeitsplätzen etc.) (n=3) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 4 Kooperationsintensität Tab. 44: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der wirtschaftlichen Situation Quelle: eigene Darstellung Legende:

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Was die Bewertung des tschechischen Marktes durch die sächsischen Befragten anlangt, schätzen diese v. a. ein hohes Ausbildungsniveau, eine hohe Produktivität sowie eine relativ gut ausgebaute Infrastruktur in Tschechien. Frau GD: „Und das Ausbildungsniveau, habe ich festgestellt, ist in Tschechien sehr hoch… Also man hat mit sehr anspruchsvollen Partnern zu tun. Das finde ich schon gut.“

Allgemein bezeichnen sie Tschechien als das meist entwickelte MOE-Land, z. B. im Vergleich zu Polen oder der Slowakei. Zugleich kritisiert jedoch bspw. Herr ED ein hohes Preisniveau in Tschechien, das eine weitere positive Entwicklung in diesem Land bedrohen kann. Herr ED: „Und da denke ich, dass insb. Tschechien zu aller erst von allen osteuropäischen Ländern den Sprung an das Preis- und Lohnniveau von Europa schafft. Das wird aber damit nicht einfacher in Tschechien, es wird eher komplizierter.“ Herr AD: „Früher haben wir viel in Tschechien eingekauft und heute sind die Preise aber gar nicht mehr attraktiv. Es ist zunehmend unattraktiv.“

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Der tschechische Markt wird unter den Befragten aus Sachsen mit einem niedrigen Marktpotential verbunden, allerdings wurde dieses als vergleichbar mit dem polnischen bezeichnet. Herr ID: „Das ist eher ein Produkt, welches ich erst ab gewisser Mittelklasseschicht verkaufen kann. Und die schätze ich in Tschechien genauso umfangreich ein, wie in Polen… Und ich kann mir für meine Produkte, die ich herstelle, nicht vorstellen, dass sie in der Slowakei verkaufbar sind.“ Herr AD: „Ich würde mit Russland gerne kooperieren, weil es ein großer Markt ist. Mit Tschechien, sag ich mal… das ist ein kleiner Markt. Mich würde ein großer Markt interessieren. Ich sehe das rein aus Geschäft…“

Trotz dieser positiven Bewertung sind einige sächsische Unternehmer von einem niedrigeren Entwicklungsstand aller MOE-Länder überzeugt. So ist bspw. Herr ED der Meinung, dass die Marktwirtschaft in Tschechien und anderen MOE-Ländern noch nicht so gut funktioniert, wie in Deutschland. Herr ED: „…dass also die Leute vom Denken her vielleicht noch nicht 100%ig in der Marktwirtschaft angekommen sind.

Auch einige tschechische Unternehmer äußerten sich zum Entwicklungsstand in ihrem Heimatland skeptisch, insb. im Vergleich zum Entwicklungsstand Deutschlands. Herr ECZ: „Ich denke, dass wir ihr Niveau (Deutschlands) nie nachholen werden. Denn das ist das Prinzip, dass die Schildkröte den Athilus nie einholt. Also einfach, wenn die Schildkröte einen Schritt macht, macht er auch einen.“

Was die Zukunft sächsisch-tschechischer Unternehmenskooperation anlangt, spiegelten sich auch hier die Unterschiede zwischen beiden Ländern wider, die eine mögliche Barriere einer gegenseitigen Kooperation darstellen können. Dies zeigt auch folgende Aussage eines tschechischen Unternehmers. Herr GCZ: „Ich bin der Meinung, dass wenn sich das Niveau angleichen würde (in Sachsen und in Tschechien) und wenn diese Deutschen, also die Ostdeutschen so bleiben würden, also mit der Mentalität, die sie haben, dann würden wir sie nicht ansprechen, wir würden sie nicht brauchen.“

Bei einer Gegenüberstellung der Meinungen sächsischer und tschechischer Unternehmer konnten keine grundlegenden Differenzen identifiziert werden. Allerdings betonten fast ausschließlich sächsische Unternehmer die Notwendigkeit von Kostenunterschieden für eine grenzüberschreitende Kooperation. Ebenfalls schreiben vorwiegend sächsische Unternehmer nach ihren Aussagen der Infrastruktur sowie der Ausbildung eine hohe Bedeutung zu. Was den Zusammenhang zwischen Alter und Meinungen über die Bedeutung von wirtschaftlichen Bedingungen sowie dem Entwicklungsstand für die Überlegung über grenzüberschreitende Kooperation anlangt, halten vorwiegend jüngere Unternehmer wirtschaftliche Unterschiede allgemein für wichtig. Dies betrifft auch die Meinung über die Bedeutung der Währungsstabilität, denn diese wird eher bei Unternehmern unter 50 Jahre als bedeutend angesehen, während ältere Unternehmer häufiger die Möglichkeit der Geschäftsabwicklung in einer anderen Währung erwähnten.

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Unterschiede im Entwicklungsstand finden alle Unternehmer mit sehr guten Fremdsprachenkenntnissen (Stufe 3) wichtig, außer einem Unternehmer mit keinen bzw. nur begrenzten Kenntnissen einer Fremdsprache (Stufe 1). Ebenfalls vertritt kein Unternehmer mit geringen Fremdsprachenkenntnissen die Meinung, dass eine Expansion in Entwicklungsländer auf Grund dortiger Marktbedingungen einfacher ist. Weiterhin sind vorwiegend Unternehmer von kleineren Firmen der Meinung, dass eine weitere Produktionsverlagerung im Falle steigender Kosten in Tschechien sowie anderen MOE-Ländern erfolgen wird. Zusammenfassend kann über die wahrgenommenen Unterschiede in wirtschaftlichen Bedingungen sowie im Entwicklungsstand gesagt werden, dass diese zwar die Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen zufolge haben können, dass diese jedoch, im Vergleich zu den meisten anderen Faktoren (vgl. Kap. 6.3.1 bis 6.3.3) keine eindeutige Wirkung auf das empfundene Fremdartigkeitsgefühl ausüben. Während unterschiedliche politische oder rechtliche Bedingungen den Unternehmer von einer grenzüberschreitenden Kooperation gar abhalten oder zumindest seine Kooperationsbereitschaft mindern können, werden Unterschiede in wirtschaftlichen Bedingungen sowie im Entwicklungsstand immer positiv wahrgenommen, da sie entweder mit großem Marktpotential oder mit niedrigen Kosten verbunden werden. Im Falle, dass der Unternehmer nach dem Erschließen eines Auslandsmarktes strebt, interessieren ihn insb. Länder mit großem Marktpotential. Im Falle, dass er einen Zulieferer sucht, kommen eher Länder in Frage, in denen ein niedriges Lohnniveau herrscht. Diese Erkenntnisse stehen im Widerspruch zu den bisherigen Ergebnissen unterschiedlichster Studien auf dem Gebiet der Forschung zur psychischen Distanz. Wirtschaftliche Bedingungen sowie Entwicklungsstand gehören nämlich zu den am häufigsten genannten Indikatoren dieses Konstrukts. So untersuchen bspw. Klein/Roth (1990), Kim/Hwong (1992), Shoham/ Albaum (1995), Swift (1999), Evans/Mavondo (2000) oder Sousa/Bradley (2004) die wahrgenommenen Unterschiede in der Wirtschaft als eine mögliche Erklärungsvariable der psychischen Distanz. Evans/Mavondo und später auch Evans/Bridson ordneten die wirtschaftlichen Unterschiede der sog. ‚business distance’ zu und untersuchten diese neben den kulturellen Unterschieden als einen Teil des Konstrukts der psychischen Distanz. Beide Forschungsgruppen fanden ‚business distance’ als eine signifikante Erklärungsvariable des Konstrukts der psychischen Distanz. (vgl. Evans/Mavondo, 2002, S. 528; Evans/Bridson, 2005, S. 74ff.).65 Begründet liegen kann dies in der Wahl der abhängigen Variable. Während in dieser Arbeit die Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz in Bezug auf die Bereitschaft

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Ein positiver Einfluss der business distance auf die Unternehmensleistung konnte bei Evans/Mavondo nur in weiter entfernten Märkten bestätigt werden (vgl. Evans/Mavondo, 2002, S. 525 und S. 528). Evans/Bridson konnten ebenfalls die Hypothese eines positiven Zusammenhangs zwischen der business distance und dem Grad der Adaptation des Einzelhandelangebotes nur teilweise bestätigen. Als signifikant wurden die wahrgenommenen Differenzen in Marktstruktur, Geschäftspraktiken und der Sprache identifiziert (vgl. Evans/Bridson, 2005, S. 75).

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des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation identifiziert werden, konzentriert sich die absolute Mehrheit der bisherigen Arbeiten auf diesem Forschungsgebiet auf den Einfluss der psychischen Distanz auf das tatsächliche Internationalisierungsverhalten (vgl. Kap. 3.6). So wird bspw. die Wahl einer Markteintrittstrategie oder die Exportleistung sicherlich durch die wirtschaftlichen Bedingungen in demjenigen Land beeinflusst, ein höheres Fremdartigkeitsgefühl muss jedoch nicht als Konsequenz von großen wahrgenommenen Differenzen in wirtschaftlichen Bedingungen zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt auftreten.

6.3.1.4 Mentalität der Bevölkerung Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt bzgl. der Mentalität der Bevölkerung gehören zu wichtigen Merkmalen, welche die Wahrnehmung eines Auslandsmarktes und des daraus resultierenden Fremdartigkeitsgefühls beeinflussen können. Mentalitätsunterschiede sind als Folge der unterschiedlich geprägten Kulturhintergründen der Menschen zu sehen (vgl. Kap. 2.4.3). Trotz der Tatsache, dass Mentalität in der Literatur über grenzüberschreitende Unternehmenskooperation als ein wichtiger Aspekt des Erfolgs einer Zusammenarbeit betrachtet wird (vgl. bspw. Strohmayer, 1996, S. 163f.), wird diese in der Forschung zur psychischen Distanz überraschend selten als deren möglicher Indikator untersucht. Die Charakteristika der Bevölkerung werden oft in andere Indikatoren der psychischen Distanz mit einbezogen, wie z. B. in wahrgenommene kulturelle Unterschiede (vgl. bspw. Kim/Hwong, 1992, S. 35f.; Sousa/Bradley, 2004, S. 96) oder in wahrgenommene Unterschiede in Wirtschaftspraktiken (vgl. bspw. Klein/Roth, 1990, S. 33f.; Evans/Bridson, 2005, S. 72ff.). Ähnlich wie bei politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen werden in diesen Arbeiten auch im Falle der Mentalität oft objektive Unterschiede zu deren Messung herangezogen. Dazu verwenden die Autoren meistens die für eine Kultur charakteristischen Normen und Werte (vgl. Evans/Mavondo, 2002, S. 519f.), wodurch zwar Unterschiede in der Mentalität zwischen zwei Kulturen ermittelt werden können, das Gefühl der Fremdartigkeit, das gegenüber einem Land bzw. einer Kultur empfunden wird, bleibt jedoch ungeklärt. Mentalitätsunterschiede zwischen zwei Ländern können nicht nur einen reibungslosen Verlauf einer Kooperation beeinträchtigen, sondern sie gehören zu den Faktoren, die einen Unternehmer von einer Kooperationsanbahnung völlig abhalten können. Wie aus den folgenden Aussagen ersichtlich, spiegelt sich die Mentalität in zahlreichen Bereichen einer potentiellen Unternehmenskooperation wider. Ein unterschiedlicher Zugang der Menschen zur Arbeit, unterschiedliches Verständnis von Zuverlässigkeit, Einstellung zu Pflichten oder Zeitwahrnehmung sind nur einige von vielen Konsequenzen von Mentalitätsdifferenzen zwischen Kooperationspartnern aus unterschiedlichen Herkunftsländern. Im Falle der vorliegenden Untersuchung ist die Hälfte der Befragten der Meinung, dass die Mentalität der Bevölkerung bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperati177

on ein wichtiges Kriterium ist. Einige Unternehmer finden Mentalität sogar genau so wichtig wie politische oder rechtliche Bedingungen im jeweiligen Land. Herr FCZ: „Ich würde diese drei Dinge gleich einstufen (politische Bedingungen, rechtliche Bedingungen und Mentalität), weil es dort zwar super rechtliche Bedingungen geben kann, aber bspw. Italiener, wir hatten dort auch schon paar Versuche, das ist immer nur Manana. Das ist auch in Kroatien zu spüren. In den südlichen Staaten, auch Spanien etc. funktioniert alles ein bisschen anders.“ Herr ICZ: „(Die Unterschiede in der Mentalität sind) sehr wichtig, das können Sie nicht einfach überspringen. Sie können niemanden ändern. Sie müssen Kompromisse machen, sich anpassen, sonst dürfen Sie eine Kooperation überhaupt nicht eingehen.“ Herr ID: „Also die Mentalität… Also die Motivation der Mitarbeiter bzw. die Einstellung der Mitarbeiter vor Ort, die würde ich schon mit den politischen und mit den wirtschaftlichen Verhältnissen auf eine Stufe stellen.“

Auch Unternehmer, für die Mentalität kein Entscheidungskriterium wäre, geben zu, dass diese in Betracht gezogen werden muss, insb. falls die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens vorgesehen ist. Bei reinen Geschäftsbeziehungen spielt Mentalität nach Meinung einiger Befragter keine bedeutende Rolle. Herr HD: „Da müsste man sich halt mit den Mentalitäten beschäftigen. Wenn man jetzt nach Italien geht, die haben auch einen ganz anderen Lebensrhythmus und dem muss einfach eingegangen werden. Das habe ich hier im Kleinen auch.“ Herr DD: „Ein Russe, der in Deutschland etwas tun will, muss sicherlich die Bedingungen hier beachten und muss sich mit der Mentalität der Deutschen auseinandersetzen und genauso muss der, der also jetzt im Export tätig ist, muss sich mit der Mentalität seiner Kunden auseinandersetzen…. Ich muss vornherein wissen, dass es bestimmte lokale Bedingungen gibt, die eben in der Mentalität eines tschechischen Bürgers eine Rolle spielen… und die muss ich kennen. Wenn ich die vernachlässige, habe ich ein Problem.“ Herr AD: „(Mentalität ist wichtig), wenn ich z. B. ein eigenes Werk aufbauen wollen würde, dann wäre es interessant.“

Für insgesamt fünf Unternehmer würde die Mentalität der Bevölkerung nach ihren Worten kein Problem darstellen, da sie nicht so wichtig ist, wie bspw. Sicherheit oder politische Stabilität im jeweiligen Land. Außerdem betonten diese Unternehmer, dass Mentalitätsunterschiede zwischen Ländern in den letzten Jahren auf Grund der Globalisierung verwischen. Herr DCZ: „Mentalität ist nicht so wichtig, wie Sicherheit etc. … Man sagt, einfach nur so nach Russland zu fahren, einem Selbstmord gleichkommt… Die russische Mentalität ist gut, slawisch, herzlich, aber die Situation dort ist schlecht, es herrschen dort wilde Verhältnisse.“ Herr HCZ: „… Die Nationen sind vermischt. … Ich denke nicht, dass Mentalität im Geschäft ein Problem sein sollte.“ Frau FD: „Das ist mir nicht wichtig. Weil Italiener so einen Ruf haben, es kann aber auch ganz anders sein. Das ist das Selbe, wenn ich Ihnen sagen würde, alle Schweden sind blond. … Das muss man einfach probieren, das braucht einfach drei vier Lieferungen, um das einzuschätzen. … zunächst bin ich erstmal vorurteilslos…. Ich suche mir keinen Kooperationspartner nach dem, wie die Mentalität in dem Land ist.“

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Im Rahmen dieser Kategorie bewerteten die Befragten neben der tschechischen und deutschen bzw. sächsischen Mentalität auch andere Mentalitäten, insb. wurden polnische und italienische erwähnt. An Hand von zahlreichen Beispielen aus ihrer Unternehmenspraxis beleuchteten sie die Wichtigkeit dieses Kriteriums für die grenzüberschreitende Kooperation. Herr AD: „Wenn ich glaube, es kommt darauf an in einer Partnerschaft, dass jemand zuverlässig ist, na dann muss ich mir einen zuverlässigen Partner suchen. Und nun wird es vielleicht, da die Grundmentalität in Italien eine andere ist, schwieriger sein.“

Bevor auf die Wahrnehmung der tschechischen und sächsischen bzw. deutschen Mentalität in dem jeweiligen Nachbarland näher eingegangen wird, sollen einige Beispiele in Bezug auf die Wahrnehmung anderer Nationen und deren Mentalitäten genannt werden, um die Bedeutung dieses Kriteriums für die Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation zu verdeutlichen. Wie bereits erwähnt, beziehen sich die meisten Aussagen auf die polnische Mentalität. Denen zufolge werden Polen sowohl von den tschechischen als auch von den sächsischen Befragten eher negativ wahrgenommen. U. a. wurden Eigenschaften wie berechnend, geschäftssüchtig oder sogar schlampig genannt.66 Diese Einstellung zeigt sich auch in der Bereitschaft, eine Kooperation mit einem polnischen Unternehmen einzugehen. Polen wurde oft als Land genannt, mit dessen Unternehmen keine Kooperation angestrebt wird, u. a. auch aus Mentalitätsgründen. Insb. tschechische Unternehmer platzierten Polen in der Anlage 1 des Interviewleitfadens oft auf dem letzten Platz (vgl. Anhang 3). Herr BD: „Die Polen, das ist ein Handelsvolk.“ Herr HCZ: „(Polen) sind Schlitzohren. … Sie stellen viele qualitativ schlechte Dinge her und tun, als ob diese qualitativ hochwertig wären.“

Lediglich ein Unternehmer (aus Tschechien) findet die tschechische und polnische Mentalität ähnlich. Herr DCZ: „Früher haben wir mit einem polnischen Unternehmen zusammen gearbeitet. Die Beziehungen waren sehr gut, ich würde sagen, dass Polen herzlicher sind als Deutsche. … Es gibt dort (zwischen Polen und Tschechien) eine slawische Ähnlichkeit.“

Die italienische Mentalität wurde ebenfalls im Falle der vorliegenden Untersuchung oft als Ursache für das Scheitern bzw. nicht Zustandekommen einer Kooperation genannt. Ähnlich wie bei der Beurteilung polnischer Mentalität äußerten sich auch hier die befragten Unternehmer überwiegend negativ, insb. in Bezug auf die Unzuverlässigkeit der Italiener, die u. a. aus einer anderen Zeitwahrnehmung resultiert. Herr ACZ: „… und ihr Zugang zur Arbeit, das ist was Schlimmes… Ich würde dorthin gern etwas liefern, aber dortige Arbeitskräfte möchte ich nicht. Das ist ein Kampf mit Windmühlen, daran können Sie nichts ändern. Sie machen einfach um 12 Schluss, halb drei fangen sie wieder an mit

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Mit den Ursachen von Stereotypen über Polen setzen sich mehrere Autoren auseinander (vgl. Kosmala, 2001, S. 29ff.; Oschlies, 1996, S. 3ff.). Den Polen werden nach Oschlies insb. in Deutschland ‚illegale Tätigkeiten’ zugeschrieben, wie z. B. Kriminelle, Straßenhändler oder Betrüger (vgl. Oschlies, 1996, S. 26).

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Ihnen zu reden, dass sie vielleicht um fünf etwas machen könnten, aber dass sie schon um sieben Feierabend haben, das ist verloren…“ Herr AD: „Die Italiener sind Schlampen, das ist so. Aber ich sage es genauso im selben Satz, ihre Lockerheit sollte mancher auch ein bisschen haben.“ Herr CCZ: „Ich möchte nicht mit Italien zusammen arbeiten, weil ich Angst hätte, dass der Auftrag gerade dann kommt, wenn sie Sommer- oder Winterferien haben. Im Sommer arbeiten Italiener nicht und im Winter tanzen sie.“ Herr AD: „Also nach Italien, das würde ich mir dreimal überlegen, weil ich da viel länger suchen muss, eh ich einen finde.“

Wie aus diesen Zitaten ersichtlich, erwähnen die befragten Unternehmer oft gängige nationale Stereotype und Klischees. Anders ist es auch nicht bei der Beurteilung der Mentalität der USAmerikaner, die am häufigsten als hochnäsig, ‚simple’ und einseitig orientiert, jedoch als fleißig und arbeitsam charakterisiert werden. Herr BCZ: „Sie (die US-Amerikaner) sind sehr hochnäsig. Da kommen immer die Weltmeister zu uns, das ist schrecklich.“ Herr GCZ: „Ich will niemanden beleidigen, aber ich denke, dass sie (die US-Amerikaner) einfacher sind, dass sie für alles jemanden einstellen müssen. Ein Elektriker kann nicht Rasen mähen und ein Gärtner kann eine Steckdose nicht anschließen.“

In der Bewertung der sächsischen und tschechischen Mentalität durch die befragten Unternehmer spiegeln sich oft historische Ereignisse wider. In diesem Zusammenhang nannten tschechische Unternehmer insb. Überheblichkeit, Nationalismus und Selbstbewusstsein als Eigenschaften, die für Deutsche charakteristisch sind und die, ihrer Meinung nach, ihre Wurzeln in der jüngsten Geschichte haben.67 Während der Interviews kam es z. T. zu extremen Aussagen bzgl. der deutschen Mentalität seitens tschechischer Unternehmer. Herr HCZ: „Der Nationalismus… den kann man nicht löschen…Die Eroberung germanischer Stämme… Deutsche tragen das in sich und ich sehe das überall… wenn ich im Urlaub bin…“ Herr ECZ: „Etwas von der Geschichte gibt es da bestimmt. Ich denke nicht, dass vor dem Krieg Deutsche so überheblich uns gegenüber gewesen wären.“ Herr CCZ: „… uns betrachten sie (die Deutschen) wie Affen. Wir sind Slawen und das ist für sie immer noch ein untergeordnetes Volk.“ 68

Der Großteil der tschechischen Unternehmer unterscheidet zwischen der Mentalität in Westund Ostdeutschland, lediglich ausnahmsweise erwähnten die Befragten eine Unterscheidung nach den einzelnen Bundesländern bzw. eine Nord-Süd-Unterscheidung. Herr ECZ: „Mit Deutschland verläuft die Zusammenarbeit problemlos. Aber es ist ein Unterschied, für Bayern und für Sachsen zu arbeiten.“ Herr GCZ: „Ich persönlich denke, dass es Ostdeutsche zu einfach hatten und das ist schlecht. Ich denke, dass sie, wenn sie keinen Euro in der Hosentasche hätten, sich nicht gegen uns durchsetzen könnten.“

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Mehr zum Einfluss historischer Entwicklung auf die heutigen Unternehmensbeziehungen vgl. Kap. 6.3.1.7. Zu ähnlichen Erkenntnissen kam in seiner Untersuchung auch Zich (vgl. Zich, 1999, S. 53)

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Herr ICZ: „Sachsen und Westdeutsche… das ist komplett was anderes. … Die Sachsen und speziell die Jugendlichen, benehmen sich hier wie Flegel. Sie benehmen sich so, wie sie sich es zu Hause nie leisten würden. Ich habe nie erlebt, dass sich ein Westdeutscher so benehmen würde, die sind anständig und korrekt.“

Allgemein werden den Ostdeutschen schlechtere Eigenschaften zugeschrieben. Westdeutsche sind in Tschechien als Kooperationspartner gewünschter, auch auf Grund der bereits gesammelten Erfahrungen der dortigen Unternehmer. Herr ICZ: „Westdeutsche, Bayern sind seriös, sie sagen am Anfang, so und so soll es sein und so viel gebe ich dir. Die Sachsen wollen nur möglichst viel verdienen und dann benehmen sie sich so, wie sie sich benehmen. Der Unterschied ist also sehr markant.“ Herr FCZ: „Das Verhalten der Deutschen ist überheblich. Das ist das, was die Menschen hier wahrscheinlich am meisten stört und Fakt ist, dass es eher für Ostdeutsche, als für Westdeutsche charakteristisch ist. Das fängt schon dabei an, dass sie durch die ganze U-Bahn schreien, das stört einen sehr.“

In diesem Zusammenhang wurde auch eine gewisse Ähnlichkeit sächsischer und tschechischer Mentalität erwähnt, die auf die ähnliche Entwicklung zu Ostblockzeiten zurückzuführen sei. Diese ‚Ostblockmentalität’ wird allerdings seitens der tschechischen Befragten ausschließlich negativ wahrgenommen. Herr FCZ: „Sie müssen hier nur in ein Einkaufszentrum gehen und Sie werden sehen, wie die Deutschen dort mit Taschenrechnern rumlaufen und alles umrechnen. Dann stellen sie fest, dass die Brötchen hier um 3 Heller69 billiger sind. Das ist ziemlich lustig, das würde ein Westdeutscher nie tun. … Das machen aber auch Tschechen, das ist der Ostblock, die Ostblockmentalität.“

Die Mehrheit der befragten Unternehmer sieht große Unterschiede in der Mentalität der Tschechen und Sachsen bzw. Deutschen. Lediglich wenige Unternehmer wiesen darauf hin, dass es zwischen der deutschen und der tschechischen Mentalität Parallelen gibt, wie die Aussage des Herrn DCZ belegt. Herr DCZ: „Ich denke, für uns ist der ähnliche Arbeitsstil in Deutschland und hier (in Tschechien) ganz gut.“ Herr GCZ: „Ich denke, dass man slawische und germanische Nationen in Bezug auf die Mentalität überhaupt nicht vergleichen kann. Bei uns geht man oft zu Besuch, das gibt’s dort gar nicht. Dort laden Sie Ihre Freunde zum Essen ins Restaurant ein. Das Private bewachen sie sehr. Sie haben nicht solche Freundschaftsbeziehungen, wie wir sie haben.“ Herr ICZ: „Tschechen tendieren mehr zur Ukraine, zu Russland, weil ihnen das slawische Naturell viel näher ist, als das Deutsche. Zu den Germanen haben wir einfach historisch eine Bremse.“ Herr AD: „Ich habe mir immer gedacht, dass wir uns eigentlich mental sehr nah sind. Jetzt sagen wir: Leute, mit den Tschechen, das ist alles so schwierig!“

Die tschechische Grundmentalität wird bei den befragten sächsischen Unternehmern überwiegend positiv wahrgenommen. Mit Tschechen werden Eigenschaften wie z. B. gastfreundlich, ruhig oder gemütlich verbunden, jedoch auch ein zu geringes Selbstbewusstsein, zu wenig stolz oder altmodisch.

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3 Heller = ca. 0,1 Cent.

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Frau FD: „…gemütliche, gastfreundliche Menschen… mehr gesellig als Deutsche. Ich denke, die sind auch unkomplizierter, da es da vielleicht nicht so eine große Rolle spielt, wer was hat, wer wie viel besitzt.“ Herr ID: „Die Menschen könnten noch mehr stolz sein, könnten mehr das aus sich rausholen. Also ich habe manchmal das Gefühl, dass er ein bisschen, dass ein bisschen das Bewusstsein dafür fehlt.“

Einen typischen Tschechen stellen sich die befragten sächsischen Unternehmer als einen gemütlichen, ruhigen Typ vor, mehrmals wurde auch auf die Romanfigur des Schwejks hingewiesen. Herr CD: „… es ist stark überzogen, aber ist so. Und Schwejk ist auch eine liebevolle Figur, er ist nicht böse… er ist auch nicht dumm, der Schwejk ist ein ganz schlauer.“ Frau GD: „Schwejk! … freundlich, zurückhaltend am Anfang, … offen aber distanziert und wenn man dann mehrere Male mit ihm gesprochen hat und wenn man einfach mit ihm mal getrunken hat, dann entsteht eigentlich ein recht herzliches Verhältnis.“

Die sächsischen Unternehmer sehen Tschechen als ein kleines Volk, das viel erreichen will, das Erfolg haben will. Negative Eigenschaften wurden erst in Bezug auf die produkt- und unternehmensbezogenen Merkmale erwähnt, v. a. Unzuverlässigkeit oder eine kurzfristige Denkweise.70 Im Vergleich zu sächsischen wird bei tschechischen Unternehmern die deutsche Grundmentalität eher negativ wahrgenommen. Neben der bereits erwähnten Überheblichkeit und dem Selbstbewusststein, seien Deutsche laut und wenig gastfreundlich. Herr CCZ: „Typischer Deutsche? Sehr laut, selbstbewusst… Auch wenn er in der Hosentasche nur paar Euro hat, gehört ihm gleich die ganze Kneipe. … Deutsche sind nicht großzügig, ihre Anständigkeit ist dadurch gegeben, dass diese im Unternehmensimage vorgeschrieben ist.“ Herr FCZ: „Einen Deutschen stelle ich mir als einen sehr selbstbewussten Menschen vor. Und außerdem haben sie immer noch ein bisschen das Gefühl der Überlegenheit.“

Die tschechischen Befragten vertreten z. T. die Meinung, dass die deutsche Überheblichkeit nur in der Beziehung zu Osteuropäern zum Ausdruck kommt. Herr ECZ: „Sie (die Deutschen) haben wohl größeren Respekt bspw. vor den Engländern. Mit uns kann es eine kleine Andeutung von Überheblichkeit geben… zu dem Osten einfach.“ Herr FCZ: „Ich habe da keine Erfahrung, bei einer deutsch-französischen Geschäftsverhandlung war ich noch nie, aber ich denke, dass es dort ein bisschen anders abläuft, dass die Positionen dort ausgeglichener wären.“

Oft wurde auch betont, dass Deutsche im Vergleich zu Tschechen einseitig sind bzw. keine Improvisationsfähigkeit besitzen. Herr GCZ: „Sie haben alles gut vorbereitet, perfekte Technologien, einfache Arbeit… aber goldene tschechische Hände. Ein Tscheche weiß sich immer zu helfen…“

70

Mehr zur Wahrnehmung tschechischer produkt- und unternehmensbezogener Merkmale in Sachsen vgl. Kap. 6.3.2.

182

Herr CCZ: „Ein Deutscher lernt lediglich eine Tätigkeit. Aber schon wenn er etwas Anderes machen soll oder etwas Zusätzliches, dann macht er das nicht, weil es nicht seine Arbeit ist.“

Im Falle der vorliegenden Untersuchung wurden die Mentalitätsunterschiede zwischen Deutschen und Tschechen als Ursache für die niedrige Kooperationsbereitschaft mit dem jeweiligen Nachbarland genannt. Herr GCZ: „Es ist wirklich ein Problem: deutsche Mentalität und tschechische Mentalität. Aus der Unternehmenssicht wäre Deutschland sicherlich ein interessanter Partner, aber nur aus dem Grund, dass 1€ 30 Kronen sind. Nur aus diesem Grund! … Wirklich!“

In ihrem Zugang zur Arbeit werden Deutsche jedoch positiv bewertet. Konsequent, präzise, akkurat, pünktlich und zuverlässig waren die am häufigsten genannten Eigenschaften. Ebenfalls wurden Sauberkeit sowie Ordnungsliebe als typische deutsche Eigenschaften erwähnt. Herr ECZ: „Sie haben ein wesentlich größeres Pflichtbewusstsein als wir. … Der deutsche Drill, die Disziplin, die gibt’s dort, die gab’s dort schon immer.“ Herr BCZ: „Deutsche sind präzise, ordnungsliebend. Auch wenn man in der DDR angekommen war, hat man sofort realisiert, dass man in einem anderen Land ist, alles sauber, schöne Vorgärten, saubere Häuser.“

Die Bewertung der Mentalität des jeweiligen Nachbarlandes erfolgte oft an Hand der Maßstäbe der eigenen Kultur. Denen zufolge werden die von der eigenen Mentalität abweichenden Merkmale als negativ, komisch oder zumindest außerordentlich wahrgenommen. So kritisiert bspw. Herr ED eine zu kurzfristige Denkweise der Tschechen, Herr CCZ wiederum eine äußerst ausgeprägte Organisierungstendenz der Deutschen. Herr ED: „Die andere Geschichte, ob nun die Deutschen alles besonders akkurat machen… wenn man den Kunden im Mittelpunkt sieht und den Kunden nicht enttäuschen will… dann muss man den Kunden halt zufrieden stellen. … Kann ja einfach nicht eine Mentalitätsfrage sein, sondern es hat was damit zu tun, dass ich den Auftrag… auch ordentlich realisieren muss. Das kann nie eine Mentalitätsfrage sein.“ Herr CCZ: „Das ist die deutsche Organisation… das musst du lernen…“

Lediglich ein tschechischer Unternehmer berücksichtigte dies, indem er zwar Deutsche als arrogant bezeichnet, fügt aber hinzu, dass sie zum Einen arrogant sein können, weil sie viel erreicht haben und dass es sich zum Anderen um Arroganz im Sinne tschechischen Verständnisses handelt. Herr ICZ: „Vielleicht ist der Begriff Arroganz falsch, vielleicht wollen sie nur Sachen, die wir nicht können.“

Die innerhalb von dieser Kategorie erwähnten Aussagen weisen auf eine unterschiedliche Wahrnehmung von Eigenschaften hin, die für einen reibungslosen Verlauf einer Kooperation nach Meinung beider Gruppen der befragten Unternehmer bedeutend sind. Dies wird nun exemplarisch am Beispiel der Wahrnehmung der o. g. Improvisationsfähigkeit näher beleuchtet. Nach SvČtlík stellt Improvisation für Deutsche eine Notlösung dar, die lediglich im Falle einer unzureichenden Vorbereitung erfolgt und somit als unprofessionell angesehen wird. Im Ge183

genteil dazu ist Improvisationsfähigkeit für Tschechen ein Synonym für Flexibilität, Adaptabilität und Professionalität (vgl. SvČtlík, 2003, S. 65). Nový/Schroll-Machl betonen dabei, dass Tschechen ihre Improvisationsfähigkeit als ihren größten Wettbewerbsvorteil insb. gegenüber den deutschen Unternehmen ansehen (vgl. Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 77). Eine intensive Vorbereitung bspw. auf eine Geschäftsverhandlung kann u. a. durch Hofstedes Kulturdimension der Unsicherheitsvermeidung erklärt werden. Während Kulturen mit einem hohen Index dieser Dimension nach einer möglichst genauen Regelung streben, die sich in der Existenz strikter Zeitpläne, Programme sowie zahlreicher Vorschriften und Handhabungen widerspiegelt, akzeptieren Kulturen mit einem niedrigen Index dieser Kulturdimension Unsicherheit als etwas Gängiges (vgl. SvČtlík, 2003, S. 47). Geeigneter als der Ansatz von Hofstede für die Beurteilung der deutsch-tschechischen Mentalitätsdifferenzen ist der Ansatz der Kulturstandards von Thomas (vgl. Thomas, 2003-II, S. 112f.). Während sich die deutsche und tschechische Kultur nach Hofstedes Dimensionen nicht wesentlich unterscheiden, zielen die Kulturstandards von Thomas auf diejenigen Kulturbereiche ab, die gravierende Probleme in den gegenseitigen Beziehungen darstellen können. Nach Hofstedes Kulturdimensionen weichen bspw. die Indizes der Unsicherheitsvermeidung in Deutschland und Tschechien nicht stark voneinander ab. Dies kann zum Einen darin liegen, dass sich die Ermittlung dieser Dimensionen auf unterschiedliche Studien bezieht,71 zum Anderen darin, dass für alle untersuchten Kulturen das Ausmaß der gleichen Kulturdimensionen ermittelt wird. Dies hat u. a. zur Folge, dass sich bspw. asiatische Indizes der Kulturdimensionen von den westeuropäischen unterscheiden, Differenzen zwischen den einzelnen westeuropäischen oder zwischen den einzelnen asiatischen Indizes werden jedoch nicht so deutlich. „Kulturstandards beschreiben die Spezifika des Verhaltens von Angehörigen einer Kultur aus der Sicht der Angehörigen der anderen Kultur […] auf einem abstrahierten und generalisierten Niveau“ (Bürger, 2005, S. 17). Demzufolge gehören zu deutschen Kulturstandards aus tschechischer Perspektive neben dem bereits genannten Sachbezug auch regelorientierte Kontrolle, schwacher Kommunikationskontext sowie Trennung von Lebensbereichen. Im Gegensatz dazu sind Personenbezug, personenorientierte Kontrolle sowie Diffusion von Lebensbereichen für die tschechische Kultur charakteristisch (vgl. Schroll-Machl/Nový, 2003-I, S. 28ff.).72 Im Falle der vorliegenden Untersuchung unterscheiden sich die Ansichten der sächsischen Unternehmer bzgl. der Bedeutung von Mentalität für grenzüberschreitende Kooperation nicht

71

72

Die ursprüngliche Studie von Hofstede maß lediglich westdeutsche Kulturdimensionen und beinhaltete auch keine Untersuchungen der tschechischen Kulturdimensionen. Aus diesem Grund ist ein Vergleich neuerer Studien mit den ursprünglichen Ergebnissen der Arbeit von Hofstede äußerst gefährlich (vgl. bspw. Kolman et al., 2002, S. 78ff.; Husted, 2005, S. 367f.; Brouthers/Brouthers, 2001, S. 182). Mehr zu deutsch-tschechischen Kulturstandards vgl. Bürger, 2005, S. 17ff.; Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 74ff. oder auch Kap. 7.2 dieser Arbeit.

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von denen der tschechischen. Mentalität sehen allerdings eher ältere Unternehmer als ein wichtiges Entscheidungskriterium (vgl. Tab. 45). Die Ausbildung erwies sich hier ebenfalls als wichtiges Merkmal, von dem auf die Einstellung zur grenzüberschreitenden Kooperation bzgl. der Mentalität der Bevölkerung Schlüsse gezogen werden können. Wie aus der Tab. 45 ersichtlich, ist Mentalität für Unternehmer mit Hochschulabschluss wichtiger. Von insgesamt neun Befragten, die der Meinung sind, Mentalität spiele eine bedeutende Rolle, haben sieben einen Hochschulabschluss bzw. haben promoviert. Eine Tendenz zu einer größeren Berücksichtigung der Mentalitätsunterschiede ist außerdem bei Unternehmern mit längeren Auslandsaufenthalten sowie begrenzten Fremdsprachenkenntnissen zu verzeichnen. Was die Unternehmensmerkmale anlangt, betonten vorwiegend die Befragten von größeren Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche eine große Bedeutung dieser Kategorie. Mentalität als wichtiges Entscheidungskriterium (n=9) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 45: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Mentalität 1 Quelle: eigene Darstellung Legende:

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starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Allgemein waren ältere Unternehmer mit höherer Ausbildung sowie mit umfangreichen Kooperationserfahrungen gegenüber ausländischer Mentalität kritischer, als jüngere, weniger erfahrene Unternehmer mit niedrigerer Ausbildung. Dies zeigte sich u. a. in einer starken Kritik der polnischen sowie italienischen Mentalität. Dass sich die deutsche und tschechische Mentalität stark unterscheiden, denken eher tschechische Unternehmer, die jünger als 50 Jahre sind, einen Hochschulabschluss haben sowie nie eine längere Zeit im Ausland verbrachten. Dabei handelt es sich überwiegend um Personen aus produzierenden Unternehmen, die mehr als 50 Mitarbeiter beschäftigen. In Bezug auf ihre Kooperationserfahrung konnte keine Tendenz identifiziert werden (vgl. Tab. 46). Deutsche und tschechische Mentalität sind ganz unterschiedlich (n=13) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 46: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Mentalität 2 Quelle: eigene Darstellung Legende:

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starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

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Wie aus den Aussagen sächsischer und tschechischer Unternehmer ersichtlich, stellt Mentalität ein wichtiges Kriterium für die Bewertung anderer Länder bzgl. einer potentiellen grenzüberschreitenden Kooperation dar. Zahlreiche Befragte äußerten sich am meisten gerade zu dieser Kategorie. Insb. diejenigen Unternehmer, die über umfangreiche Erfahrungen mit Menschen aus anderen Kulturen verfügen, finden Mentalität als ein wichtiges Kriterium bei den Überlegungen über die Suche nach einem ausländischen Kooperationspartner. Mentalitätsunterschiede sollen somit als eine wichtige Ursache der Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen betrachtet werden. Insb. im Hinblick auf die Unternehmenskooperation im sächsisch-tschechischen Grenzraum erwies sich Mentalität als sehr bedeutend. Durch die hier angeführten Aussagen konnte gezeigt werden, dass die gegenseitige Wahrnehmung der Mentalität im sächsisch-tschechischen Grenzraum nicht ausschließlich positiv ist. Die Bewohner des Grenzgebietes sind zueinander z. T. sehr kritisch: die sächsischen Befragten äußerten sich negativ insb. in Bezug auf den tschechischen Zugang zur Arbeit, die tschechischen Befragten wiederum in Bezug auf die deutsche ‚Grundmentalität.’

6.3.1.5 Sprachbarriere Unterschiedliche Sprachen beider Kooperationspartner können bei einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit verschiedene Probleme und Missverständnisse zur Folge haben. Sprache gehört zu den Kulturelementen, an Hand deren einzelne Kulturen voneinander schnell abgegrenzt werden können. Fremdartigkeitsgefühle entstehen i. d. R. dann, je weniger das Individuum mit der Sprache des Anderen vertraut ist. In der Forschung zur psychischen Distanz werden Sprache bzw. wahrgenommene Unterschiede einer Sprache zur Muttersprache oft untersucht (vgl. Kap. 3.5.2). Dabei stellen wahrgenommene Sprachunterschiede einen von mehreren Indikatoren der psychischen Distanz dar. Dow/Karunaratna bezeichnen Sprachunterschiede als einen der Stimuli der psychischen Distanz (vgl. Dow/Karunaratna, 2004, S. 7). In der einschlägigen Forschung sind jedoch auch Versuche zu verzeichnen, das Konstrukt der psychischen Distanz lediglich mit Hilfe von Sprachunterschieden zu konzeptualisieren. Sprache wird dann zur „Schlüsselkomponente des Konzepts der psychischen Distanz“ (MarschanPiekkari/Welch/Welch, 1999, S. 1). Die große Aufmerksamkeit, die den sprachlichen Unterschieden auf dem Gebiet der Forschung zur psychischen Distanz geschenkt wird, deutet auf eine überdurchschnittliche Relevanz dieses Indikators hin, die auch im Falle der vorliegenden Untersuchung zu verzeichnen war. Für insgesamt zwölf Unternehmer spielt bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation die Sprachbarriere eine große bis sehr große Rolle. Herr CCZ: „Falls ich die Sprachbarriere außer Acht lasse, kann ich mit jedem kooperieren.“

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Herr AD: „Wenn ich jetzt wüsste, in Prag an der Universität würde ich eine Forschungsleistung abrufen können, die so toll ist, dass ich das wirklich nehmen will, dann würde ich sie nehmen. Wenn die aber genau so toll wäre, wie die in Stuttgart, dann würde ich immer nach Stuttgart fahren. Das ist doch viel einfacher. Da muss ich mich nicht über Rechtssituation unterhalten, da muss ich mich nicht über die Sprache unterhalten.“ Frau GD: „Transport und so… das geht ganz schnell, das ist nicht das Problem. Das einzige Problem wären die Sprachen. Das wäre die einzige Barriere, die ich sehen würde.“ Herr HD: „Ich würde keine ausländische Niederlassung gründen, ohne da wirklich sprachlich… mich mit den Leuten ordentlich unterhalten zu können.“

Wie jedoch Herr DD betont, ist Sprache zwar sehr wichtig, darf aber nicht als Barriere wahrgenommen werden. Herr DD: „Es darf keine Barriere sein… Also ohne die marktübliche Sprache, internationale Sprache… hat man Null Chance. Die Sprache ist A und O.“

Wie zahlreiche Beispiele aus der Unternehmenspraxis belegen, führt die Sprachbarriere oft zum Scheitern bzw. zum Nichtzustandekommen eines Auslandsgeschäftes. So nannten die befragten Unternehmer insb. Frankreich als Land, in dem die Sprache eine große Barriere für die grenzüberschreitende Kooperation darstellt. Frau FD: „Wenn ich jetzt nur mit meinem Englisch, meinem angelernten komme und da mir auch einer gegenüber aus einem dritten Land und der hat auch nur angelerntes Englisch und da ginge es z. B. um wichtige Sachen zu unterschreiben, dann würde ich das nicht machen.“ Frau GD: „Frankreich, da fehlt mir die Sprachkenntnis, dort hätte ich ein bisschen Bedenken… wir hatten mal Kontakte, es war schwierig.“ Herr ECZ: „Frankreich… dort gibt’s eine Sprachbarriere. Sie mögen nicht englisch sprechen, sie mögen nicht deutsch sprechen, dort muss man immer einen Dolmetscher haben…“

Allgemein ist nach den befragten Unternehmern eine Kooperation mit Ländern, in denen dieselbe Sprache gesprochen wird, viel einfacher. Demzufolge würden mehrere Befragte aus Sachsen eine Zusammenarbeit mit Österreich bevorzugen, mehrere Befragte aus Tschechien wiederum eine mit der Slowakei. Herr ICZ: „Es hat eine gewisse Logik, man tendiert dazu, was einfacher ist.“ Herr BD: „Ich würde eventuell Österreich bevorzugen, weil ich die Sprache beherrsche…“ Herr ED: „(Mit Österreich) wäre es sicherlich einfacher… selbst dann, wenn man Problembereiche mit den Österreichern bespricht, hat man eher das gleiche Level, als wenn ich jetzt Problembereiche mit Tschechien oder Polen bespreche.“

Insb. tschechische Unternehmer wiesen allerdings darauf hin, dass die Bedeutung der Sprachbarriere sinkt und dass diese demzufolge für eine Kooperation lediglich eine untergeordnete Rolle spielt. In diesem Zusammenhang erwähnten sie einerseits eine steigende Nutzung von Englisch, das in den Unternehmensbeziehungen oft verwendet wird, andererseits die Möglichkeit der Nutzung eines Dolmetschers.

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Herr GCZ: „Wenn Ihnen Sprachkenntnisse fehlen, dann können Sie Dolmetscher nutzen. Und meiner Meinung nach, wenn Sie eine Fachverhandlung führen, dann nehmen Sie sich sowieso einen Dolmetscher zur Hand.“

Was die Nutzung von Dolmetschern anlangt, sind manche Unternehmer allerdings nicht bereit, professionelle Dolmetscher mit einzubeziehen. Die Gründe dafür liegen neben schlechten Erfahrungen auch in einer gewissen Ungenauigkeit der Dolmetscher, die mit dem Unternehmen und dem potentiellen Auslandsgeschäft nicht detailliert vertraut sind. Herr BD: „… der Dolmetscher, das war ein Ungar… Ich bin ja aus Deutschland gewesen und sie wussten nicht, dass ich Ungar bin… später wurde ich vorgestellt und dann ist der Dolmetscher rot geworden.“

Mehrere Befragte betonten ebenfalls die Notwendigkeit, die Landessprache des Kooperationspartners zu sprechen. Zwar können die Geschäfte auch in Englisch abgewickelt werden, die Beherrschung der Landessprache des Partners finden die meisten Befragten jedoch geeigneter, u. a. um Missverständnisse zu vermeiden. Herr DD: „ Sie müssen die Leistung anbieten in der Sprache, die der Andere versteht.“

In Bezug auf die mit der Globalisierung verbundene steigende Nutzung von Englisch weißt bspw. Herr FCZ darauf hin, dass auch wenn die Unterschiede zwischen Ländern immer kleiner werden, die Sprachbarriere weiterhin eine große Rolle spielen wird. Durch die Intensivierung des internationalen Handels und die damit verbundene steigende Nutzung von Englisch nimmt, nach der Meinung des Herrn DCZ, die Sprachbarriere allerdings an Bedeutung ab. Herr DCZ: „Ich denke, dass es sie (Sprachbarriere) gleich nach der Wende gab, aber ich habe das Gefühl, dass sie bald verschwinden wird.“

Während die meisten Befragten (insb. die tschechischen) eine große Bedeutung und breite Nutzung von Englisch als Fakt nehmen, gab es seitens eines sächsischen Unternehmers starke Kritik bzgl. dieses Themas. Herr AD: „Da fing er (ein russischer Partner) mit Englisch an. Ich sagte: Sie sind ein Russe, ich bin ein Deutscher. Das sind beide große Nationen, wir müssen nicht englisch reden. … Englisch ist wie eine Norm.“

Was die Bedeutung der Sprachbarriere in sächsisch-tschechischen Unternehmensbeziehungen anlangt, ist hier eine gewisse Asymmetrie sowohl in der Beherrschung der Sprache des jeweiligen Nachbarlandes als auch in deren tatsächlichen Nutzung im Geschäft zu verzeichnen. Lediglich ein sächsischer Unternehmer ist mit Tschechisch teilweise vertraut, da er tschechische Vorfahren hatte und Tschechisch in einer Sprachschule lernte. Allerdings nutzt er dies nicht in der Kommunikation mit tschechischen Unternehmen, da meistens deutsch oder englisch gesprochen wird (vgl. Kap. 5.3.2). Die Sprachbarriere im sächsisch-tschechischen Grenzraum stellt für die meisten sächsischen Unternehmer ein Hindernis dar. Herr ID: „Wenn die Sprachbarriere nicht wäre… ist ein Kontakt hier für uns in diesem Grenzraum zu einem tschechischen Partner herzustellen leichter, als zu einem Partner aus Österreich.“

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Im Vergleich zu einer niedrigen Vertrautheit sächsischer Unternehmer mit Tschechisch, sprechen oder zumindest verstehen sieben von neun tschechischen Befragten Deutsch. In diesem Zusammenhang ist jedoch anzumerken, dass dies eine natürliche Tatsache ist, da in kleinen Ländern öfter die Sprache ihrer größeren und wirtschaftlich bedeutenderen Nachbarländer gelernt wird, als dies umgekehrt der Fall ist. Außerdem kann eine relativ gute Beherrschung der deutschen Sprache unter den Befragten geographisch sowie historisch bedingt sein. In diesem Zusammenhang weisen Nekula/Nekvapil/Šichová auf die Rolle der Tradition des Fremdsprachenunterrichtes im jeweiligen Land hin. Deutsche Sprache wird in Tschechien im fast gleichen Umfang wie die englische Sprache unterrichtet (vgl. Nekula/Nekvapil/ Šichová, 2005, S. 137). Die Bereitschaft, Tschechisch zu lernen, ist unter den sächsischen Befragten sehr niedrig. Dies belegen auch folgende Aussagen. Herr AD: „Also Tschechisch zu lernen ist sicherlich auch eine Möglichkeit, das ist aber eine Frage der Effizienz. Na, wenn Sie natürlich ein Sprachtalent sind, dann spielt das keine Rolle.“ Herr CD: „Es lohnt sich nicht Tschechisch zu lernen, das soll nicht Überheblichkeit sein gegen Tschechien!“

Zugleich geben die sächsischen Befragten auch zu, von den ausländischen Kooperationspartnern oft Deutschkenntnisse zu erwarten. Ebenfalls empfinden einige tschechischen Unternehmer eine niedrige Bereitschaft deutscher Manager, eine Fremdsprache zu nutzen. Herr ED: „Die Sprache ist schon eine Barriere. Mit unserer deutschen Überheblichkeit gehen wir natürlich so weit, dass wenn wir in den tschechischen Raum gehen oder in den polnischen oder auch in den ungarischen, dass man dort deutsch spricht.“ Frau FD: „Ja, die sprechen alle (ausländische Partner) deutsch. Eigentlich schlimm, dass man das so voraussetzt.“ Herr ICZ: „Sie (Deutsche) sind nicht bereit, Tschechisch zu lernen, sie sind nicht einmal bereit, ‚Ahoj’ zu sagen.“

Die Mehrheit der tschechischen Befragten betont jedoch eine steigende Bereitschaft deutscher Manager, Englisch zu sprechen, die noch vor einigen Jahren sehr niedrig war. Darüber freuen sich nach ihren Worten die Unternehmer in Tschechien, da durch die Nutzung von Englisch eine neutrale Sprache als Kooperationssprache verwendet wird. Herr BCZ: „… und in der letzten Zeit passiert es immer häufiger, dass die Verhandlungssprache mit deutschen Unternehmen Englisch ist.“ Herr FCZ: „Fakt ist, dass sich die Situation verbessert, dass die Deutschen begriffen haben, dass ihr Deutsch halt nicht alles ist und dass sie halt Englisch lernen müssen. Ich denke, dass noch vor 5 Jahren dies sehr problematisch war. … Aber Fakt ist, dass man bei manchen Deutschen immer noch einen nationalistischen Widerwillen spürt, Englisch zu reden, auch wenn sie es ein bisschen können.“ Herr FCZ: „Der Grund, warum ich mit ihnen Englisch sprechen will, ist die Genauigkeit der Verhandlung… In Englisch sind beide auf der gleichen Ebene… so grob…“

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Wie aus der Tab. 47 ersichtlich, sehen insb. sächsische Unternehmer Sprache als eine wichtige Barriere der grenzüberschreitenden Kooperation an. Weiterhin ist für die Unternehmer, welche die Sprachbarriere als ein wichtiges Entscheidungskriterium betrachten, charakteristisch, dass sie jünger als 50 Jahre sind, nie eine längere Zeit im Ausland gelebt haben und über begrenzte Fremdsprachenkenntnisse (Stufe 1) verfügen. Sprachbarriere als wichtiges Entscheidungskriterium (n=12) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße* Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 47: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Sprachbarriere 1 Quelle: eigene Darstellung Legende:

4

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten, * bei diesem Merkmal konnte keine Tendenz identifiziert werden

Mehrere Unternehmer würden auf Grund von Sprachbarriere eine grenzüberschreitende Kooperation nicht aktiv anstreben, drei von diesen würden eine Kooperation sogar völlig ablehnen. Alle drei kommen aus Sachsen, sind jünger als 50 Jahre, verfügen über keine guten Sprachkenntnisse und haben außerdem keine oder nur sehr begrenzte Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation (vgl. Tab. 48). Würden eine grenzüberschreitende Kooperation auf Grund der Sprachbarriere ablehnen (n=3) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 4 Kooperationsintensität Tab. 48: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Sprachbarriere 2 Quelle: eigene Darstellung Legende:

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Die Meinung, dass die Bedeutung von Sprachbarriere sinkt, vertritt die Hälfte der Befragten. Dabei handelt es sich vorwiegend um ältere Personen mit Hochschulabschluss, sehr guten Fremdsprachenkenntnissen sowie mit umfangreichen Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation (vgl. Tab. 49).

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Sinkende Bedeutung von Sprachbarriere auf Grund steigender Nutzung von Englisch (n=9) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße* Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 4 Kooperationsintensität Tab. 49: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Sprachbarriere 3 Quelle: eigene Darstellung Legende:

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten, * bei diesem Merkmal konnte keine Tendenz identifiziert werden

6.3.1.6 Geographische Entfernung Höhere Fremdartigkeitsgefühle, die eine niedrigere Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation zur Folge haben, können ihre Ursachen auch in einer großen räumlichen Entfernung eines Landes vom Heimatland haben. Wie in Kap. 3.3 bereits beschrieben, waren die ersten Phasen der Forschung zur psychischen Distanz durch eine Ersetzung dieses Konstrukts mit geographischer Distanz gekennzeichnet. Auch einige neueren Arbeiten auf diesem Forschungsgebiet beziehen die tatsächliche oder wahrgenommene geographische Entfernung in die Messung von psychischer Distanz ein (vgl. bspw. Terpstra/Yu, 1988, S. 34). Im Gegensatz zur Erkenntnis, dass geographische und psychische Distanz miteinander nicht bzw. nur sehr begrenzt zusammen hängen (vgl. Müller/Kornmeier, 2002, S. 542), spielt im Falle der vorliegenden Untersuchung die räumliche Entfernung eines Auslandsmarktes vom Heimatmarkt eine bedeutende Rolle. Die befragten Unternehmer empfinden weiter entfernte Länder unbekannter und unvertrauter als die nahe liegenden. Demzufolge sind die meisten Befragten eher bereit, mit Nachbarländern zusammen zu arbeiten, als mit Ländern, die vom Heimatmarkt räumlich weiter entfernt sind. Herr CCZ: „Am einfachsten ist es, einen Kooperationspartner in einem Nachbarland zu finden, also… damit es möglichst nah ist.“ Frau FD: „Das kommt auch darauf an, erstens wo ist man angesiedelt, da kommen sowieso erstmal Tschechien und Polen in Frage und dann muss man einfach auch sehen, was man machen möchte.“ Herr HD: „Also mir fällt nur Polen und Tschechien jetzt ein… weil es Nachbarn sind.“

Die Meinung, dass Kooperation mit einem Nachbarland auf Grund der räumlichen Nähe einfacher ist, als mit einem weiter entfernten Land, überwiegt im Falle der vorliegenden Untersuchung unter den Befragten aus Tschechien (vgl. Tab. 50). Außerdem handelt es sich um jüngere Unternehmer ohne Hochschulabschluss, die lediglich über begrenzte Fremdsprachenkenntnisse sowie begrenzte Kooperationserfahrungen verfügen. Darüber hinaus vertreten eher Befragte aus kleineren, produzierenden Unternehmen diese Meinung.

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Kooperation mit Nachbarländern einfacher auf Grund räumlicher Nähe (n=8) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 50: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der geographischen Entfernung 1 Quelle: eigene Darstellung Legende:

4

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Dies wurde auch im privaten Bereich deutlich. Bis auf einen Unternehmer positionierten in der Anlage 3 des Interviewleitfadens alle Befragten die nah liegenden Länder auf die nächsten konzentrischen Kreise zum Heimatland.73 So wurde bei sechs tschechischen Unternehmern die Slowakei als am wenigsten fremdartig eingetragen, bei sächsischen war es eindeutig Österreich (vgl. Anhang 3). Im Gegensatz dazu positionierten sowohl die Befragten in Sachsen als auch in Tschechien die USA auf weiter entfernte Kreise. Eine Ausnahme stellte bei den tschechischen Befragten nur Polen dar, das oft als das am fremdartigsten empfundene Land genannt wurde (vgl. Anhang 3). Als Grund für eine solche Positionierung wurde oft neben der historischen Entwicklung, Mentalität oder Sprache gerade die räumliche Nähe genannt. So ist bspw. Herrn ECZ Deutschland am vertrautesten, da… Herr ECZ: „…es hier hinter den Bergen ist.“

Zu den nahe liegenden Ländern weisen die befragten Unternehmer oft ein höheres Vertrauen auf, als zu den weiter Entfernten. Herr CD: „…nach Polen fahren wir mit eigenen Autos, in die Tschechische Republik auch, aber nach Jugoslawien oder so fahren wir Speditionen. Die Ware ist versichert und ist kein Problem.“

Wesentlich wichtiger als die tatsächliche räumliche Entfernung zweier Märkte ist bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation die wahrgenommene räumliche Entfernung. So nannten einige Unternehmer bspw. USA als Land, mit dem sie auf Grund von geographischer Entfernung nicht zusammen arbeiten möchten, andere erwähnten in diesem Zusammenhang bereits Polen oder Österreich, für Herrn HD wäre sogar Tschechien schon zu weit. Herr HD: „…wenn ich 15 km Entfernung das Gleiche bekomme, dann hole ich es hier in 15 km Entfernung…“ Herr DCZ: „Mit den USA wäre es wegen der Entfernung komplizierter.“ Herr FCZ: „Im Hinblick auf unsere Tätigkeit… im Hinblick auf die Transportkosten ist bereits die Slowakei für uns relativ weit.“

73

Ein tschechischer Unternehmer empfindet Frankreich am vertrautesten, was u. a. auf seinen Französischkenntnissen, Auslandsaufenthalt in Québec sowie französischen Freunden beruht.

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Herr ED weist darauf hin, dass die geographische Entfernung bei einer Kooperation oft überbewertet wird. Herr ECZ bestätigt dies zwar, betont jedoch die Notwendigkeit der Erfahrungen im Falle einer Kooperation mit weit entfernten Ländern. Herr ED: „Bei Chinageschäft… da denke ich eigentlich an der Stelle nur bis Hamburg, bis ich mein Akkreditiv habe und der Kapitän hat dann als Frachtführer unterschrieben. Herr ECZ: „(Geographische Entfernung) spielt keine Rolle. Dort geht’s eher darum, dass wir keine Erfahrungen mit Seefracht haben… Dort wären bessere Garantien sowie Erfahrungen mit dem Containertransport notwendig.“

Für insgesamt vier befragte Unternehmer stellt eine große räumliche Entfernung keine Barriere für eine Kooperation dar. Diese Unternehmer arbeiten mit weit entfernten Ländern bereits zusammen bzw. schließen eine solche Kooperation nicht aus. Herr DD: „Also für uns keine (Rolle), weil wir schon immer außerhalb Europa tätig waren, also der tiefste Punkt, südlichster Punkt ist Mauritius, Reunion und der östlichste Punkt kann Novosibirsk sein, das spielt keine Rolle.“

Wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich, überwiegt diese Meinung bei Unternehmern mit längeren Auslandsaufenthalten, guten bis sehr guten Fremdsprachenkenntnissen sowie mit umfangreichen Kooperationserfahrungen (vgl. Tab. 51). Außerdem tendieren eher sächsische Unternehmer, die älter als 50 Jahre sind sowie einen Hochschulabschluss haben zu dieser Meinung. Plausiblerweise stellt vorwiegend für Dienstleistungsunternehmen die geographische Distanz keine Barriere für grenzüberschreitende Kooperation dar, da Dienstleistungen durch ihren Charakter oft nicht ortsgebunden sind, wie es bei produzierenden Unternehmen der Fall ist. Geographische Entfernung spielt keine Rolle (n=4) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 51: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der geographischen Entfernung 2 Quelle: eigene Darstellung Legende:

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starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Eine große geographische Entfernung wird bei den meisten Befragten nicht als Grund zum Ablehnen einer Kooperation angesehen. Eine niedrigere Bereitschaft zur Kooperation mit weiter entfernten Ländern spiegelt sich bspw. darin wider, dass die Unternehmer potentielle Kooperationspartner aus diesen Ländern nicht aktiv aussuchen. Herr FCZ: „Für uns spielt also geographische Entfernung schon eine Schlüsselrolle… die nächste Region für uns ist Deutschland… für uns bietet sich v. a. Sachsen an… Selbstverständlich reagieren wir ab und zu auch auf Anfragen aus weiter entfernten Ländern.“

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Herr HCZ: „(Geographische Entfernung) spielt keine Rolle, aber am einfachsten ist es mit Deutschland.“

Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmer sind davon überzeugt, dass die geographische Entfernung in den heutigen Unternehmensbeziehungen keine Rolle spielt. Der am häufigsten genannte Grund dafür war eine generelle Verkürzung von Entfernungen durch eine schnelle Entwicklung auf dem Gebiet der Telekommunikationstechnologien. Außerdem stellt nach Meinung der befragten Unternehmer eine große geographische Entfernung keine Barriere dar, falls hochspezifische Produkte bzw. große Serien gefertigt werden. Herr ACZ: „Geographische Entfernung spielt heutzutage fast keine Rolle mehr, wichtig ist eine geeignete Form der Logistik…“ Herr ED: „Das ist allein eine logistische Frage. Man … macht sich schon Gedanken, wie kriegt man es halt logistisch auf die Reihe. Aber nicht maßgeblich. Es wäre kein Hinderungsgrund. … Das sind Dinge, die durchaus beherrschbar sind. In Europa.“ Herr ID: „Generell bin ich der Meinung, dass dieser geographische Faktor etwas in den Hintergrund rückt, sag ich mal so auf Grund der gesamten Medien. Mag das Internet sein, mag das die gesamte Verkaufsstruktur sein, die gut ausgebauten Straßen, Schienen…“

Von den Unternehmern, welche die geographische Entfernung allgemein als unwichtig bezeichneten, fügte mehr als deren Hälfte hinzu, dass diese allerdings für ihr eigenes Unternehmen besonders wichtig ist. Herr ID: „Also für mich persönlich … wäre das schon ein entscheidender Punkt, aber global gesehen bin ich der Meinung, es ist nicht mehr so der riesige Faktor.“

Lediglich vier Unternehmer bezeichneten die geographische Entfernung eines Auslandsmarktes explizit als Schlüsselvariable bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation. Aus den Aussagen anderer Unternehmer ist jedoch ersichtlich, dass auch diese in ihre Entscheidungen bei der Suche nach einem Kooperationspartner im Ausland die räumliche Entfernung mit einbeziehen. So sagt bspw. Herr GCZ, dass geographische Entfernung kein Problem darstellt, im späteren Verlauf des Interviews äußerte er sich allerdings folgendermaßen. Herr GCZ: „Auf jeden Fall will ich einen Radius bis max. 200 km einhalten, also daraus ist eigentlich klar, wo wir hingehen könnten…“

Auch folgende Aussagen belegen einen hohen Stellewert der räumlichen Entfernung bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation. Frau FD: „Also mit den USA würde ich weniger gerne kooperieren… das ist sag ich mal ein geographisches Problem… weil man einfach keinen Überblick hat… Hier die anderen Länder (in der Anlage 1) (vgl. Anhang 2), da kann man zumindest hingucken, was da passiert.“

Als Gründe, warum eine große geographische Entfernung die Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation beeinträchtigt, wurden insb. die Notwendigkeit einer schnellen Präsenz vor Ort oder mögliche Unzuverlässigkeit der Lieferungen aus weiter entfernten Ländern genannt.

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Herr BD: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir eine 300 km entfernte Firma so kontrollieren können, dass wir dort die Arbeiten, die uns zugeliefert werden, zum Termin und zur Qualität beisamtreffen können.“ Herr BCZ: „USA… die sind weit… die Kommunikation ist schweineteuer auch wenn es E-Mails gibt… aber um dort auf eine Dienstreise zu fahren…“ Herr CD: „(Geographisches Kriterium) ist schon wesentlich, es muss steuerbar sein, man muss persönlich, schnell… vor Ort sein.“

Die räumliche Nähe ist nach der Meinung mehrerer befragter Unternehmer insb. bei einer Zuliefererkooperation unabdingbar, falls die Unternehmer in weiter entfernten Ländern Kunden hätten, wäre dies weniger problematisch. Herr ID: „Diese Zuliefererindustrie, die wir gerne möchten, so wo wir Kooperation anstrengen, dort ist es halt schon wichtig, dass die räumliche Nähe da ist, weil ich dort dann natürlich auch kurze Lieferzeiten habe.“ Frau FD: „Also, wenn wir Kunden in den USA hätten, dann ist es mir egal…“

In Bezug auf die sächsisch-tschechische Unternehmenskooperation wiesen mehrere Befragte auf eine intensive Zusammenarbeit in diesem Grenzraum auf Grund der räumlichen Nähe hin. Nach der Meinung vom Herrn ECZ handelt es sich um einen natürlichen Prozess, dies bestätigt u. a. auch Herr ED. Herr ECZ: „Ich denke, dass es hier nur ganz wenige Unternehmen gibt, die wegen ihrem Business nach England fliegen. Die natürliche Barriere verhindert es, Deutschland einfach zu überspringen und eher mit angelsächsischen Ländern zusammen zu arbeiten.“ Herr ED: „Da muss man erstmal das nahe liegende, das was vor der Haustür ist, ordentlich bearbeiten, um dann zu sagen, jetzt haben wir eine Größe und Stärke weiter weg zu gehen.“

Insb. Unternehmer, die über keine bzw. nur begrenzte Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation verfügen, sehen in einer großen geographischen Entfernung ein bedeutendes Kooperationshindernis (vgl. Tab. 52). Dadurch kann auch die Erkenntnis von Ammeux bestätigt werden, der besagt, dass geographische Distanz bei exporterfahrenen Unternehmen nicht so bedeutend ist, wie bei exportunerfahrenen (vgl. Ammeux, 1989, S. 857, in: Breit, 1991, S. 74). Für die Unternehmer, welche die geographische Entfernung als Schlüsselvariable betrachten, ist weiterhin charakteristisch, dass es sich vorwiegend um sächsische Unternehmer handelt, die jünger als 50 Jahre sind, keinen Hochschulabschluss haben sowie nie eine längere Zeit im Ausland verbrachten. Außerdem verfügen diese Personen lediglich über begrenzte Kenntnisse einer Fremdsprache. Was die Unternehmensmerkmale anlangt, stellt eine große räumliche Entfernung eine Barriere ausschließlich für kleinere, produzierende Unternehmen dar.

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Geographische Entfernung als Schlüsselvariable (n=4) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 52: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der geographischen Entfernung 3 Quelle: eigene Darstellung Legende:

4

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

6.3.1.7 Historische Entwicklung Die historische Entwicklung eines Landes und insb. konkrete historische Ereignisse können dessen Wahrnehmung und das daraus resultierende Fremdartigkeitsgefühl beeinflussen, da sich diese in vielen anderen Bereichen widerspiegeln, wie z. B. im politischen und rechtlichen System oder auch im Entwicklungsstand eines Landes. Außerdem sind historische Einflüsse in der Kultur sowie Mentalität der jeweiligen Nation zu sehen. In der Forschung zur psychischen Distanz erfolgte bis dato keine explizite Einbeziehung von historischer Entwicklung als möglicher Indikator dieses Konstrukts. Implizit wurde diese bei der Betrachtung von Kultur, Geschäftspraktiken oder anderen Gebieten berücksichtigt, die durch die historische Entwicklung beeinflusst werden können. Die Notwendigkeit der Einbeziehung dieser Kategorie in die vorliegende Untersuchung zeigte sich erst im Verlauf des ersten Interviews. Im Laufe dieses Interviews wurden von dem befragten Unternehmer zahlreiche Hinweise auf die große Bedeutung der deutsch-tschechischen Geschichte für die heutigen Unternehmensbeziehungen gegeben. Der Interviewleitfaden wurde aus diesem Grund um die geschichtlichen Aspekte erweitert. Es ist allerdings anzumerken, dass dieses Thema auch von anderen Unternehmern sehr oft angesprochen wurde, ohne dazu eine Frage gestellt zu haben. Dies belegt auch die Relevanz des Einflusses der historischen Entwicklung auf die persönlichen Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation, zumindest im sächsisch-tschechischen Grenzraum. Insgesamt elf Unternehmer gaben an, dass grenzüberschreitende Kooperation mit denjenigen Ländern einfacher wäre, die sich historisch ähnlich entwickelt haben, wie ihr Heimatland. So haben tschechische Unternehmer insb. Österreich oder die Slowakei genannt. Während lediglich ein tschechischer Unternehmer Deutschland erwähnte, nannten sogar fünf sächsische Unternehmer Tschechien als einen geeigneten Kooperationspartner auf Grund einer ähnlichen historischen Entwicklung. Zahlreiche Beispiele der befragten Unternehmer unterstreichen die Bedeutung der historischen Entwicklung bei der Planung einer Kooperation. Auch wenn durch problematische Beziehungen zweier Länder in der Geschichte das tatsächliche Kooperationsverhalten unbeeinflusst bleibt, ist die individuelle Bereitschaft zur Kooperation mit denjenigen Ländern

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größer, mit denen das Heimatland in der Geschichte keine Probleme hatte. So reagiert bspw. Herr HCZ auf die Frage, mit welchen Ländern von der Anlage 1 (vgl. Anhang 2) er nicht zusammen arbeiten möchte folgendermaßen. Herr HCZ: „Ich würde sofort Frankreich ausschließen. Frankreich hat uns (Tschechien) immer verraten, in vielerlei Hinsichten…“

Als Begründung, warum tschechische Unternehmer insb. die Slowakei oder Österreich als Kooperationspartner bevorzugen würden, wurde eine gemeinsame Entwicklung genannt. Herr BCZ: „Das Mitteleuropa hat sich ähnlich entwickelt… das ist so, dass wir im Mitteleuropa aus demselben Holz geschnitzt sind … warum sollten wir also weiter weg gehen?“ Herr ICZ: „Wir könnten am besten mit der Slowakei zusammen arbeiten und dann… mit Österreich, da wir doch 300 Jahre gemeinsam gelebt haben.“

Dass der Einfluss der historischen Entwicklung auf die heutigen Unternehmensbeziehungen nicht in die Entscheidungen über eine Kooperation eingebracht werden darf, betonten mehrere Unternehmer. Geschichte spielt nach deren Meinung zwar eine gewisse Rolle bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation, darf jedoch nicht als Barriere wahrgenommen werden. Herr DD: „… ich bin auch nicht einer, der sagt, die Geschichte hat uns gelernt, mit dem dürfen wir nicht wieder und das sind unsere Gegner, ich will das Wort Feind gar nicht in den Mund nehmen. Es ist, sag ich mal, nicht entscheidend.“

In diesem Zusammenhang erwähnten einige Befragte auch einen Generationswechsel, der zur Folge hatte, dass die historischen Ereignisse wie z. B. der Zweite Weltkrieg keine bedeutende Rolle mehr spielen. Frau GD: „…Nachkriegszeit denke ich eher nicht, also für meine Generation denke ich nicht mehr. Gut die Älteren verbinden sicher was anderes damit.“ Herr GCZ: „In der Unternehmenssphäre? Ich denke nicht. Ich denke, dass der Unternehmer sein Ziel verfolgt: Auftrag, Finanzierung, Ergebnis. Und viele Unternehmer würden mit dem Teufel zusammen arbeiten… Vielleicht bin ich noch zu jung, um das beurteilen zu können, aber ich denke einfach nein.“ Herr DD: „Das (die Geschichte) ist vielleicht ein Kriterium in der Kneipe… Die Generation, die jetzt da ist… die meiner Kinder, die würden das wahrscheinlich nie zum Thema machen.“

Im Hinblick auf das Untersuchungsgebiet der vorliegenden Arbeit soll nun auf die wahrgenommenen Konsequenzen der historischen Entwicklung auf sächsisch-tschechische Unternehmensbeziehungen näher eingegangen werden. Insgesamt 14, sowohl sächsische als auch tschechische Befragte sind der Meinung, dass die deutsch-tschechische Geschichte in den heutigen Unternehmensbeziehungen eine Rolle spielen kann. Am häufigsten wurden Ostblockzeiten genannt, die laut den befragten Unternehmern die jetzige Kooperationsbereitschaft auf beiden Seiten der Grenze beeinflussen. Der Zweite Weltkrieg bzw. die unmittelbare Nachkriegszeit (Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei) können zwar auf die Unternehmensbeziehungen einen Einfluss ausüben, dieser wäre allerdings nicht

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so groß, wie der der Ostblockzeiten. Trotzdem waren im Untersuchungssample auch Personen vertreten, die sich anders äußerten. Herr ID: „Und in sofern denke ich, dass die Belastung, sag mal so, durch den Ostblock sehr viel niedriger ist, als die Belastung möglicherweise zwischen den Bayern und Franken von der Vertreibung der Sudetendeutschen von den Tschechen. … Und das ist zeitlich viel länger her, als diese jüngere Geschichte mit dem Ostblock. Wenn ich jetzt von mir persönlich ausgehe, für mich hätte das keinen Einfluss, weil es mich nicht betrifft. Aber für einen Bayer oder einen Franken ist es schon ein Thema.“ Frau FD: „Das ist schon immer ein problematisches Verhältnis gewesen, wie auch immer… ob das Krieg war oder Aussiedlung und Umsiedlung und jetzt kommen sozusagen wieder die Deutschen, die eben mehr Glück gehabt haben im weitesten Sinne, als die Tschechen, weil wir da noch was weiß ich das Nachbarland hatten oder so und dann wieder Deutschland eins geworden ist. Sie hatten dann eben nicht so viel Glück und ich denke, dass die Deutschen dann vielleicht auf die Tschechen so wirken, wie so Siegermentalität, wir kommen jetzt wieder ... und ihr könnt billig für uns arbeiten.“

Im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg weist bspw. Herr ECZ darauf hin, dass in der Gesellschaft immer noch primitive Meinungen zu finden sind, welche die sonst gut funktionierenden Geschäftsbeziehungen zwischen Tschechien und Deutschland negativ beeinflussen können. Herr ECZ: „Wissen Sie, wir haben hier Arbeiter und ich weiß, dass es bei ihnen noch primitive Ansichten gibt… Schimpfwörter, die aus dem Hass resultieren… die gibt’s, aber sie spielen keine große Rolle mehr.“

Im Verlauf der Interviews wurde ebenfalls auf gewisse Parallelen aus der Geschichte hingewiesen. Herr HCZ: „Letztendlich wenn ich ehrlich sein soll… das, was Hitler im Zweiten Weltkrieg nicht erreichte, erreichten die Deutschen jetzt. Weil es hier so eine Okkupation deutscher Unternehmen gibt, die unterschiedlichste Vorteile haben, wie z. B. Grundstück für 1 Krone, Zuschüsse für Arbeitskräfte etc. Da hätten wir (tschechische Unternehmen) keine Chance.“

Durch die ähnliche Entwicklung der ehemaligen Tschechoslowakei und DDR wäre eine Kooperation zwischen Tschechien und den Neuen Bundesländern einfacher. So äußerten sich allerdings lediglich sächsische Unternehmer. Im Gegenteil zu sächsischen würden die tschechischen Befragten gerade aus diesem Grund eine Kooperation mit westdeutschen Unternehmen bevorzugen. Herr CD: „Das habe ich auch schon gemerkt, dass die Tschechen sich lieber den ehemaligen DDR-Bürgern zuwenden, als den Westdeutschen. Das hat natürlich eine gewisse… die 50 Jahre einer gemeinsamen ideologischen Entwicklung.“ Herr ID: „Die Ostblockzeit, die kommt meines Erachtens nach, in sächsischen Unternehmen, also aus der ehemaligen DDR, eigentlich denen zu Gute. Weil wir haben schon immer Urlaub gemacht in Tschechien, die Tschechen haben immer bei uns, oder in der DDR Urlaub gemacht und so war der Austausch schon immer da gewesen.“ Frau GD: „Ich hatte damals den Eindruck, als die Tschechen… das Unternehmen aus Vrchlabi, die sind zu uns gekommen, die sind deshalb zu uns gekommen, weil in Sachsen, weil einfach die Verbindung hierher mehr war, hatte ich den Eindruck zumindest.“

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Herr HCZ: „Ich denke, dass es für mich einfacher wäre, mit westdeutschen Unternehmen zu kooperieren, aber in Ostdeutschland verbessert sich die Situation. Es wird nicht lange dauern und vielleicht kommt es zu einer Situation, dass es umgekehrt sein wird und die Tschechen werden lieber mit ostdeutschen Unternehmen zusammen arbeiten, gerade aus dem Grund, dass sie nicht einen 40-jährigen Vorsprung haben, wie Westdeutsche.“

Die meisten befragten tschechischen Unternehmer unterscheiden stark zwischen den Alten und Neuen Bundesländern. Während sie westdeutsche Unternehmen und westdeutsche Mentalität überwiegend positiv wahrnehmen, verbinden sie mit Ostdeutschland eher negative Eigenschaften. Dass Deutschland in Tschechien nur selten als eine Einheit wahrgenommen wird verdeutlicht auch der Fakt, dass tschechische Unternehmer oft über ‚Deutsche’ (statt Westdeutsche) sprachen, während für Ostdeutsche oft ‚Sachsen’ als Synonym verwendet wurde. Herr ACZ: „Sie wissen selbst, dass wenn Deutsche (Westdeutsche) könnten, würden sie die Mauer heute nochmals bauen und zwar zweimal so hoch.“ Herr BCZ: „Ich denke, dass es innerhalb der Deutschen mehr Spannung gibt, als zwischen uns und Deutschen.“

Auch die Mehrheit der befragten sächsischen Unternehmer ließ keinen Einfluss der Geschichte zwischen beiden Ländern auf die Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation zu. Herr ED: „Ich bin an der Stelle wert- und schmerzfrei. Also wenn man vielleicht Erfahrungen in der eigenen Familie hat, dort sieht das vielleicht anders aus.“ Herr ID: „Aber ich weiß nicht, was mich an Tschechien hindern würde, dort etwas zu tun… Es sei denn, das sind Dinge, dass man dort eben in der Bevölkerung Widerstand finden würde, weil man als Deutscher jetzt kommt…“

Ähnlich wie tschechische Unternehmer betonten auch sächsische, dass Probleme in den deutsch-tschechischen Unternehmensbeziehungen ihre Ursachen ebenfalls in der allerjüngsten Geschichte haben könnten. So erwähnen mehrere Befragte die Entwicklung nach 1990 als problematisch für heutige Beziehungen. Herr AD: „Also damals (nach der Wende) habe ich eine große Offenheit gespürt, eigentlich auch aus der gemeinsamen Vergangenheit. … Und dann Anfang 2000… da hatte ich festgestellt, die Welt hat sich für mich komplett geändert. Die Tschechen haben einen Hass auf Deutschland… habe ich empfunden. Und dann habe ich immer gesagt, die haben eigentlich Recht. Erst sind die Wessis eingefallen, haben sie über den Tisch geholt und dann sind die Ossis gekommen und haben gesagt, dass was die Wessis mit uns gemacht haben, machen wir jetzt mal dort.“

Seitens sächsischer Unternehmer wurde ebenfalls die unterschiedliche Entwicklung nach dem Jahr 1990 in Tschechien und Sachsen als Ursache für heutige Schwierigkeiten in der gegenseitigen Kooperation erwähnt. Wie bereits in Kap. 6.3.1.3 beschrieben, kritisierte bspw. Herr ED eine noch nicht ganz entwickelte Marktwirtschaft in Tschechien. Herr ED: „Wir haben so harte 15 Jahre hinter uns hier in Sachsen… eine so harte marktwirtschaftliche Schule, dass es da kaum Spielraum gibt, dass man irgendwelche Abenteuer eingeht. … Und da hat man vielleicht das Zutrauen beim Österreicher eher, als beim Polen oder Tschechen.“

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Bei der Gegenüberstellung der Meinungen über die historische Entwicklung nach objektiven Unternehmers- sowie Unternehmensmerkmalen können keine eindeutigen Schlüsse gezogen werden. Historische Entwicklung als eine relevante Variable bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation beziehen sowohl mehr als auch weniger ausgebildete Unternehmer mit ein. Überraschenderweise konnten auch nach dem Alter keine Tendenzen identifiziert werden.74 Was die sächsisch-tschechische Zusammenarbeit anlangt, sind insb. ältere Unternehmer mit längeren Auslandsaufenthalten, sehr guten Fremdsprachenkenntnissen sowie umfangreichen Kooperationserfahrungen davon überzeugt, dass Ostblockzeiten die heutigen Unternehmensbeziehungen zwischen Deutschland und Tschechien beeinflussen (vgl. Tab. 53). Ostblockzeiten beeinflussen heutige Unternehmensbeziehungen zwischen CZ und D (n=8) Sachsen Tschechien Herkunft* ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 4 Kooperationsintensität Tab. 53: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der historischen Entwicklung Quelle: eigene Darstellung Legende:

starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten, * bei diesem Merkmal konnte keine Tendenz identifiziert werden

Abschließend kann zum Einfluss der historischen Entwicklung auf die wahrgenommene Fremdartigkeitsgefühle gegenüber einem Land gesagt werden, dass eine stärkere Einbeziehung der historischen Entwicklung in die Beurteilung der gegenseitigen Unternehmensbeziehungen bei den tschechischen Unternehmern zu verzeichnen war. Zwar betonten auch sächsische Befragte eine hohe Bedeutung dieser Kategorie, sie waren allerdings nicht so kritisch, wie befragte Unternehmer aus Tschechien. Dabei ist v. a. die Tatsache hervorzuheben, dass lediglich sächsische Unternehmer auf Grund einer ähnlichen Entwicklung beider Länder zu Ostblockzeiten die Kooperation zwischen Tschechien und Sachsen einfacher finden. Währenddessen sind ausschließlich tschechische Befragte vom Gegenteil überzeugt, d. h., dass sie mit der gemeinsamen Entwicklung zu Ostblockzeiten eher Schwierigkeiten für heutige Unternehmensbeziehungen verbinden.

6.3.2 Produkt- und unternehmensbezogene Merkmale In diesem Kapitel wird auf die Wahrnehmung ausländischer Produkte und Unternehmen unter dem Aspekt derer Bedeutung bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden

74

Barmeyer untersuchte die Einstellungen gegenüber dem Nachbarland im deutsch-französischen Grenzraum. Gerade bei älteren Generationen konnte er einen Einfluss der deutsch-französischen Vergangenheit auf ihre Einstellungen verzeichnen (vgl. Barmeyer, 1996, S. 55).

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Kooperation eingegangen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Wahrnehmung sog. länderspezifischer Herstellerkompetenzen gelegt. In der Forschung zur psychischen Distanz wurde die Wahrnehmung der aus einem Land stammenden Unternehmen und Produkte zur Messung dieses Konstrukts bis dato nicht explizit herangezogen. Die Autoren gehen bei der Begriffsabgrenzung, Konzeptualisierung sowie Operationalisierung von psychischer Distanz lediglich von landesbezogenen Merkmalen aus. Die Wahrnehmung der Produkte und Unternehmen wird lediglich implizit mit einbezogen, wie z. B. bei den Indikatoren Entwicklungsstand, Wirtschaftspraktiken oder Mentalität. Produkt- und unternehmensbezogene Merkmale, zu denen neben dem Ruf dortiger Unternehmen bspw. Qualität, Zuverlässigkeit und Prestige der Produkte gehören, können allerdings einen besonders großen Einfluss auf die Wahrnehmung und die anschließende Einstellung gegenüber einem Auslandsmarkt ausüben. Ausgehend von den Erkenntnissen der Landesimageforschung stellt die sog. produktbezogene Dimension des Landesimages oft die Basis für die Beurteilung eines Auslandsmarktes dar (vgl. Möller, 1997, S. 18f.). Durch den technologischen Fortschritt aber auch durch Marketingmaßnahmen ist diese Dimension des Landesimages nicht so änderungsresistent, wie die landesbezogene (vgl. Kap. 4.1.3). Trotzdem können die produktbezogenen Merkmale in der menschlichen Wahrnehmung zur Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen führen, was in eine niedrigere Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation münden kann. Eine besonders wichtige Rolle spielen an dieser Stelle konkrete Erfahrungen mit Unternehmen und Produkten eines Landes. Wie die weiter zitierten Aussagen der sächsischen und tschechischen Unternehmer belegen, beeinflusst bspw. eine negative Erfahrung mit einem ausländischen Unternehmen auch die Wahrnehmung anderer Unternehmen aus demjenigen Land. Im Falle der vorliegenden Untersuchung vertreten alle befragten Unternehmer die Meinung, dass produkt- und unternehmensbezogene Merkmale bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation eine bedeutende Rolle spielen. V. a. wurden Merkmale wie Qualität, Termintreue, Zuverlässigkeit oder Preisniveau genannt. Die Hälfte aller befragten Unternehmer bezeichnete produkt- und unternehmensbezogene Merkmale als Voraussetzung einer grenzüberschreitenden Kooperation. Einige von denen betonten jedoch, dass produktund unternehmensbezogene Merkmale erst dann eine wichtigere Rolle spielen, wenn zwischen potentiellen Kooperationspartnern aus Ländern mit vergleichbaren landesbezogenen Merkmalen entschieden wird. Herr FCZ: „Wenn ich zwei Partner aus zwei ähnlichen Ländern zur Auswahl hätte, dann wäre dies schon möglicherweise ziemlich wichtig.“

Auch wenn fast alle Befragten betonten, dass Eigenschaften wie Qualität oder Zuverlässigkeit nicht mit einem gesamten Land verbunden werden dürfen, sondern immer mit einem konkreten Unternehmen, war insb. bei dieser Kategorie eine starke Verallgemeinerung zu kennzeichnen. Unternehmen und Produkten aus bestimmten Ländern werden Eigenschaften zuge201

schrieben, die auf einer einzigen Erfahrung mit dem jeweiligen Land bzw. auf sog. allgemeinen Wahrheiten basieren. Demzufolge werden chinesische, polnische oder italienische Produkte als qualitativ schlecht wahrgenommen, deutsche Produkte als teuer aber qualitativ gut und japanische Produkte als innovativ. Herr ACZ: „Sie (die Chinesen) können nur billig produzieren und nur das, was jemand Anders ausgedacht hat.“ Herr CCZ: „Wenn ich Qualität suche, dann würde mir nicht einfallen, dass ich ein Land suchen sollte.“ … „Ich wollte aus Polen Laminat beziehen. Aber ein Bekannte sagte, dass wir es nicht tun sollen, dass man dort eine Schraube nur einmal einschrauben kann… die Möbel kann man einmal zusammenbauen und dann nicht mehr… Sie sind billiger, aber die Qualität…“ Herr HCZ: „Das italienische Design ist schön, aber die Qualität ist schrecklich.“

Dies gilt außerdem auch für die Beurteilung der Unternehmen. Unzuverlässigkeit und schlechte Termintreue wird italienischen Unternehmen zugeschrieben, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit den deutschen. Wie aus den o. g. Aussagen ersichtlich, tritt bei der Beurteilung ausländischer Produkte und Unternehmen eine starke Stereotypisierung auf. Stereotype sind u. a. mit der Wahrnehmung sog. spezifischer Herstellerkompetenzen verbunden. Insgesamt 14 befragte Unternehmer berücksichtigen diese nach ihren Aussagen bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation. Die Gründe dafür liegen neben der tatsächlichen bzw. vermuteten Tradition und Prestige, in bestimmten Bereichen auch in der Möglichkeit der Nutzung dieser Kompetenzen als Verkaufsargument. Herr HD: „Also von der Seite her, würde man es wahrscheinlich eher in Deutschland oder Frankreich machen lassen, als wie das man sagt, man hat es aus Tschechien, Polen oder aus noch weiter her. Das hat sicherlich nicht unbedingt damit zu tun, dass das Produkt aus Tschechien schlechter ist, das ist rein ein Gefühl und davon kommt es her. Wenn ich jetzt sehr hochwertiges Produkt herstellen und verkaufen möchte, dann würde ich sicherlich nicht damit werben, dass es aus Tschechien kommt. Dann würde ich das in Deutschland auch verpacken und dann verkaufen als deutsches Produkt.“

Bei der Wahrnehmung bestimmter länderspezifischer Kompetenzen ist insb. Tradition von besonderer Bedeutung. So versteht bspw. Herr BD nicht, warum in der Slowakei viele Automobilhersteller ihre Produktionsstätte gründen, wenn es dort keine Tradition in diesem Bereich gibt. Herr BD: „…weil die Industrie, da war fast alles in der Tschechischen Republik gegründet. Und dann kommt einer und sagt, Slowakei wird das Autoland Europas. Das kann ich bis heute nicht verkraften. Weil ein einziger Hersteller dort eine Firma gebaut hat, in Bratislava und seitdem gibt’s Bestrebungen von Peugeot… die Japaner, Suzuki und so sind dort im Gange, dort Niederlassungen zu bauen.“

Tradition spielt eine große Rolle auch für andere Befragte. Herr HD betont in diesem Zusammenhang die Kompetenz des österreichischen Fensterbaus, die aus einer langen Tradition resultiert, Herr DD weist auf eine positive Wahrnehmung deutscher Marken in einigen Ländern hin. Herr HD: „Wenn ich jetzt bei Fenstern bleibe, dann wäre das Österreich… qualitativ sehr hochwertig… Ich würde mir jetzt nicht versprechen, dass ich einen technologischen Vorsprung mache,

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wenn ich jetzt ein tschechisches oder ein polnisches oder auch ein spanisches oder französisches Fenster herstelle.“ Herr DD: „Ich würde denken, das (länderspezifische Kompetenzen) spielt eine sehr wichtige Rolle… Wenn man sich z. B. an Ausschreibungen im Nahen Osten beteiligt… Dann ist im Tenderverfahren immer wichtig, es geht um Maschine XY, wo kommt die Steuereinheit her? Und wenn Sie dahin schreiben Siemens… aha! Wenn Sie jetzt hinschreiben würden Firma Müller aus Hohenstein-Ernstthal, dann sagen die, das kennen wir nicht, das hat keinen Namen.“

Durch die Tradition des Maschinenbaus im sächsisch-tschechischen Grenzraum werden sowohl Deutschland als auch Tschechien gewisse Kompetenzen in diesem Bereich zugeschrieben. Im Gegensatz dazu wird Polen als ein landwirtschaftlich geprägtes Land wahrgenommen. Herr DCZ: „Polen, das sind Landwirte, Bauern, ein bisschen auch Händler, aber keine Maschinenbauer wie wir (Tschechen) und Deutsche.“

Dass spezifische Herstellerkompetenzen eine bedeutende Rolle spielen, zeigt sich auch darin, dass drei von den befragten Unternehmern bereit wären, wegen bestimmten länderspezifischen Kompetenzen ein gewisses Risiko bei einer grenzüberschreitenden Kooperation einzugehen. Dies betrifft bspw. Italien, dem einerseits Designkompetenzen zugeschrieben werden, andererseits allerdings auch Unzuverlässigkeit oder schlechte Termintreue. Herr FCZ: „Die Italiener können ganz gut mit Wasserstrahl arbeiten… Aber wenn ich mir ein Mosaik anschaue, das sie gemacht haben… das würden wir viel präziser machen. Dort sieht man den italienischen Zugang zur Arbeit.“… „Ich denke, dass es (eine Kooperation mit Italien) interessant sein könnte, ihr Design und ihre Ideen sind einwandfrei.“ Herr BD: „Ich könnte mir vorstellen Italien (als Kooperationspartner)… Design ist top, hervorragend, aber die Qualität… Das könnte ich mir vorstellen, dort müsste ich aber hohen Wert auf Qualität legen.“

Die Wahrnehmung ausländischer Produkte und Unternehmen hängt mit der Wahrnehmung der Mentalität sowie der des Entwicklungsstandes eng zusammen. Eine getrennte Beurteilung der einzelnen Kategorien fiel deswegen manchen Unternehmern schwer. Herr DCZ: „Auf jeden Fall sind Produkte und Unternehmen wichtiger (im Vergleich zu landesbezogenen Merkmalen), aber es hängt mit denen zusammen…“ Herr CD: „Aber klar, das ist Nummer eins (zeigt wirtschaftliche Bedingungen), aber gerade diese beiden Kriterien sind sehr eng verbunden (wirtschaftliche Bedingungen und produkt- und unternehmensbezogene Merkmale).“

Produkte und Unternehmen eines Landes werden in die Überlegungen über die Suche eines Kooperationspartners im Ausland insb. dann mit einbezogen, falls nach einem Zulieferer gesucht wird. Falls ein ausländischer Kooperationspartner gesucht wird, der ‚lediglich’ als Absatzvermittler fungieren soll bzw. falls ein gemeinsames Joint Venture geplant ist, spielen diese Faktoren keine bedeutende Rolle. Herr FCZ: „Falls ich von dort etwas beziehen möchte, dann würde es sicherlich eine Rolle spielen… Aber falls ich dort einen Betrieb gründen würde, dann ist dies nicht mehr so wichtig. Es hängt vom Charakter der Kooperation ab.“

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Herr AD: „Wenn ich sag mal, ich betrachte es als einen reinen Liefermarkt, dann ist es wichtig… Wenn ich in den Markt hinein will, dann ist das ja uninteressant, weil ich ja was liefern will.“

Bei Zulieferern wurden neben einer hohen Qualität der Produkte v. a. Eigenschaften wie zuverlässig, termintreu oder flexibel genannt. Herr ID: „Dass dort die Liefertreue sag ich mal so, dass dort die Qualität stimmt, das sind für mich schon Grundvoraussetzungen um überhaupt eine Kooperation mit einem tschechischen Unternehmen anzustreben.“

Trotz der Tatsache, dass die meisten befragten Unternehmer eine hohe Bedeutung produktund unternehmensbezogener Merkmale sowie länderspezifischer Kompetenzen hervorheben, waren im Untersuchungssample auch Unternehmer vertreten, für die insb. länderspezifische Kompetenzen keine Rolle spielen. Begründet wurde dies v. a. durch das durch die Globalisierung verursachte Verwischen von Unterschieden zwischen den Ländern. Herr ECZ: „Es verwischt. Maschinen haben wir die, die in Europa angeboten werden. Aber z. B. deutsche Maschinen sind teuer. Also wenn Ihnen eine Maschine aus Spanien angeboten wird, dann kaufen sie diese… Spanien hat eine vergleichbare Qualität mit Deutschland. Dort gibt’s auch deutsche Firmen…“ Herr GCZ: „Traktoren von Zetor (eine tschechische Marke) sind vergleichbar mit deutschen Traktoren von Mercedes… Es ist zwar schön, wenn ich einen von Mercedes habe, aber die Kosten…“ Herr HCZ: „Wenn Sie sagen, schwedischer Stahl, schwedische Motoren… die in Hongkong montiert werden. Das ‚Made in Sweden’ gilt heute nicht mehr. Ich glaube nicht daran.“

Nach der Beleuchtung der allgemeinen Bedeutung produkt- und unternehmensbezogener Merkmale bei den Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation wird nun auf die Wahrnehmung deutscher/sächsischer Produkte und Unternehmen in Tschechien sowie tschechischer Produkte und Unternehmen in Sachsen detailliert eingegangen. Den Schwerpunkt für die Betrachtung stellt die Bedeutung dieser Merkmale bei den Überlegungen hinsichtlich der Suche nach einem ausländischen Kooperationspartner dar. Außerdem werden in diesem Abschnitt wahrgenommene spezifische Herstellerkompetenzen des jeweiligen Nachbarlandes näher erläutert. Im Gegensatz zu einer positiven Beurteilung der tschechischen Grundmentalität (vgl. Kap. 6.3.1.4) schreiben die befragten sächsischen Unternehmer den Tschechen eher negative Eigenschaften in Bezug auf unternehmensbezogene Merkmale zu, zu denen bspw. Zugang zur Arbeit, Verhandlungsstil oder Unternehmenskultur gehören. Herr ED: „(Die Tschechen) machen sich keine Gedanken darüber oder vielleicht stehen sie noch auf dem Standpunkt, wir sagen erstmal zu, wir würden erstmal den Vertrag in die Bücher nehmen und anschließend schauen wir mal weiter…“

Mit tschechischen Unternehmen werden oft Qualitätsprobleme und Unzuverlässigkeit verbunden, die nach Meinung der sächsischen Befragten sowohl aus dem Zugang zur Arbeit als auch aus einem niedrigeren Entwicklungsstand Tschechiens resultieren. Dieser Kritik zufolge

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verzichten die befragten sächsischen Unternehmer lieber auf einen Preisunterschied und gehen keine Kooperation mit tschechischen Unternehmen ein. Herr BD: „Ich habe etliche Firmen angefragt, die Blech produzieren von nahe Pilsen bis nach Prag. Ich habe dort ungefähr 40 Produkte angefragt und habe dafür drei, vier Angebote gekriegt. Und das waren die minderwertigsten. Preislich waren sie günstiger, aber mit den Lieferungen, da hat’s nicht hingehauen, ich brauche meine Lieferungen JIT.“ … „Dann habe ich nachgedacht, wenn in der Tschechei mit diesen Produkten gearbeitet werden kann, muss man natürlich auch Rückschlüsse auf die Qualität ziehen. Wenn sie dann die Stahlherstellung nicht beherrschen… das ist wichtig, dort fängt alles an.“ Herr ED: „…wenn wir einen Schlussstrich gezogen haben und haben zusammengerechnet, wie oft wir in dem Unternehmen waren, wie oft wir die einzelnen Komponenten bei uns wieder demontiert haben und überholt haben, wenn wir die Terminverzüge zusammenrechnen und das ganz nüchtern bewerten, ist eigentlich der Kostenvorteil, den wir uns versprochen haben, weg.“

Ebenfalls Herr AD betont eine unzureichende Termintreue tschechischer Unternehmen. Herr AD: „… es ist auch so, dass die Termintreue, ich sag jetzt mal, nicht besser ist. Ich will nicht sagen, dass sie grundsätzlich schlechter ist, das hängt auch von dem Partner ab. Aber ich sag mal so, meistens ist es dort, wo der Preis sehr günstig ist, dann ist die Termintreue schlecht und wenn man dann richtig rechnet, nützt einen das eigentlich auch nichts.“

Ein durchaus interessantes Thema waren die Kostenunterschiede, die nach den Erkenntnissen der vorliegenden Untersuchung als Hauptgrund der Unternehmenskooperation seitens der sächsischen Befragten bezeichnet werden können. Wie bereits in Kap. 6.3.1.3 beschrieben, betrachten viele Unternehmer Kostendifferenzen zwischen dem Heimatland und einem Auslandsmarkt als Grundvoraussetzung einer grenzüberschreitenden Kooperation. So würde bspw. Herr HD nur dann über einen tschechischen Lieferanten nachdenken, wenn es sich aus Kostengründen lohnen würde. Herr HD: „Dann müsste der Kostenfaktor schon so sein, dass es sich für mich lohnt. Einmal die Sprachbarriere, dass ich das einmal schon richtig bestelle, dann sie mir das Richtige liefern…“

Auch wenn bspw. Herr ED betonte, dass Kostenunterschiede nicht der Hauptgrund für eine Kooperationsentscheidung sein dürfen, äußerte er sich zu einem späteren Zeitpunkt des Interviews anders. Herr ED: „Natürlich auch der Preis. Aber wer alleine aus Preisgründen den Kooperationspartner in Osteuropa sucht… ich denke, dass kann es allein nicht sein, der wird irgendwann doch mal enttäuscht werden.“ … „Wir hatten jetzt eine große aktuelle Anfrage… also der Preis, der mir dort (in Tschechien) genannt wurde, der war wie wenn ich in Chemnitz anfrage… also da war eigentlich überhaupt kein Vorteil zu sehen…es gibt für mich dann überhaupt keinen Grund, über die Kooperation nachzudenken.“

Kostenerwartungen sächsischer Unternehmer in Tschechien und anderen mittel- und osteuropäischen Ländern unterscheiden sich oft von den tatsächlichen Kosten in diesen Ländern. I. d. R. werden diese wesentlich unterschätzt. Wie folgende Aussagen zeigen, werden die MOE-Länder als ‚Billigländer’ wahrgenommen, die Enttäuschung hiesiger Unternehmer nach der Feststellung der tatsächlichen Kosten in diesen Ländern ist hoch.

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Herr HD: „Das ist schon wieder ein Argument für denjenigen, das Fenster bei mir zu kaufen, anstatt wenn ich sage, ich hole es aus Tschechien. Zumal es dann auch heißt, in Tschechien wird es auch ganz billig hergestellt und damit will man ja sein Produkt auch nicht vergleichbar machen.“ Herr ED: „… da war ich schon enttäuscht, dass eine tschechische Gießerei im gleichen Preisniveau liegt.“

Aus der Sicht sächsischer Unternehmer ist eine Kooperationsanbahnung mit tschechischen Unternehmen sowie deren Verlauf durch Vertrauensprobleme gekennzeichnet. Frau GD: „Dass es sehr lange dauert, ja. Das hat mich ein bisschen überrascht. Ich bin nun eher an sich der, der relativ schnell was an den Punkt bringt, das ist dort schwierig…“ … „Da ist Tschechien schon ein bisschen eigen… es dauert eine Weile, bis man sich öffnet…“ Herr AD: „Aber ich merke auch dort das Gefühl des Misstrauens. Und wir haben auch Misstrauen, sage ich Ihnen ganz ehrlich… Misstrauen erzeugt immer Gegenmisstrauen…“

Außerdem ist bspw. Herr ED der Meinung, dass in Tschechien Vorbehalte gegen Deutsche herrschen, die eine schwierige Durchsetzung deutscher Unternehmen am tschechischen Markt zur Folge haben. Zugleich fügt er jedoch hinzu, dass dies in Patriotismus und Nationalstolz begründet liegt, was legitim ist. Herr ED: „Von der tschechischen Seite habe ich manchmal den Eindruck über ein paar Vorbehalte, dass eben wenn man dort etwas verkaufen will, tschechische Partner eine gewisse Präferenz genießen, als dass man Deutsche nimmt.“ … „Also es war am Anfang sehr sehr schwer, eine Akzeptanz zu erreichen.“

Wie aus mehreren Aussagen ersichtlich, ist bei der Wahrnehmung ausländischer Produkte und Unternehmen eine Stereotypisierung charakteristisch. Zwar bezweifeln mehrere sächsische Unternehmer nicht die tatsächliche Qualität tschechischer Produkte, eine Verbindung mittelund osteuropäischer Produkte mit niedriger Qualität war jedoch zu spüren. Die befragten Unternehmer empfänden das Herkunftsland Tschechien nicht als positives Verkaufsargument. Mit dem Siegel ‚Made in Czech Republic’ verbinden sie keine Verkaufsvorteile. Herr ED: „Wenn ich sage… darin sind so und so viel Komponenten aus Tschechien. Wüsste ich nicht, ob das unbedingt für mich ein positives Argument wäre, ich glaube eher vielleicht nicht. Ich würde dann eher irgendwo Skepsis erzeugen. Wenn ich jetzt sage, das sind nicht INA-Führungen, sondern das sind Führungen aus Pilsen oder aus Brünn…“

Zwar erkennen sächsische Unternehmer die Tradition und Kompetenzen des tschechischen Maschinenbaus, Ingenieurwissens und Automobilbaus an, weisen allerdings in diesem Zusammenhang oft auf die Vergangenheit hin. Herr ED: „Als Maschinenbauer kenne ich viele tschechische Werkzeugmaschinenbetriebe und -produkte, die eigentlich einen guten Namen hatten.“… „Ich kenne auch einige tschechische Unternehmen… in den letzten Jahren hatte ich dort den Eindruck, dass der technische Entwicklungsstand dort z. T. hängen geblieben ist.“ Herr CD: „Wir waren damals mit tschechischen Werkzeugmaschinen vertraut, wir haben …immerhin tschechische Fahrzeuge, da war der Skoda auch kein schlechtes Fahrzeug, tschechisches Ingenieurwissen…“

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Für Frau FD hat dieses ‚Nachreden von Stereotypen’ keine Bedeutung. Schlechte Qualität und Termintreue sind nach ihren Worten nicht typisch für tschechische oder polnische Unternehmen. Frau FD: „Aber da muss ich ehrlich sagen, da habe ich das Gefühl, dass sich Polen und Tschechien viel mehr darum bemühen, wie man früher einfach mal gesagt hätte, die arbeiten nicht und alle Polen sind faul oder so was. Den Eindruck hatte ich überhaupt nicht. Also eher Gegenteil mein Eindruck.“

Die befragten Unternehmer schätzen tschechische Produkte und Unternehmen im Allgemeinen höher ein, als polnische oder andere mittelosteuropäische. Dies liegt v. a. in einer größeren Vertrautheit zu Tschechien begründet, die u. a. aus der geographischen Nähe und vielen beruflichen und privaten Erfahrungen resultiert. Der tschechische Markt wird ebenfalls als besser entwickelt und dem westeuropäischen Standard als am nahestehenden angesehen. Herr CD: „Die Tschechen sind wahrscheinlich weiter (als Polen)… ich würde sagen, dass tschechische Produkte schon vertrauenswürdiger sind.“ Herr BD: „Die Tschechen sind wesentlich weiter (als Polen), die sind am nächsten an Europa.“

Die Bewertung tschechischer Produkte und Unternehmen durch die sächsischen Befragten war nicht ausschließlich negativ. Als positiv wurden u. a. hohe Produktivität und Motivation tschechischer Mitarbeiter oder gute Qualität genannt. Diese Aussagen kamen jedoch eher von Unternehmern, die über keine bzw. begrenzte Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation verfügen. Lediglich ein Unternehmer von denen arbeitet mit einem tschechischen Betrieb zusammen, es handelt sich allerdings nicht um eine intensive Kooperation. Herr ID: „Aber ich schätze allgemein, sag ich mal so, den tschechischen Markt schon so ein, dass die Mitarbeiter auch motiviert sind und dass sie auch eine hohe Produktivität haben.“ Frau FD: „Wir haben z. B. einen tschechischen Faserlieferanten, fällt mir dazu gerade ein, wunderbar, zuverlässig, klappt alles wunderbar.“

Die Differenzen in der Mentalität zwischen Deutschen und Tschechen (vgl. Kap. 6.3.1.4) spiegeln sich nach der Meinung einiger Befragten ebenfalls im Führungsstil wider. Dies belegt u. a. die Aussage von Frau GD, die mit zwei Unternehmen aus Tschechien zusammen arbeitet. Eins davon wird vom deutschen Management geführt, das andere vom tschechischen. Frau GD: „Ich habe festgestellt, dass es große Unterschiede gibt zwischen ausländisch geführten Unternehmen in Tschechien und Unternehmen, die von Tschechen geführt werden… z. B. das tschechische Unternehmen hatte irgendeinen Minister erwartet und hat im Prinzip im vornhinein, wie es bei uns zu DDR-Zeiten war, 14 Tage vorher die Produktion still gelegt und hat geputzt (lacht). Das fand ich faszinierend. Das würde in dem anderen Unternehmen nicht mehr gehen... Das würde der deutsche Unternehmer einfach nicht machen, weil er sich das nicht leisten kann.“

Frau GD findet auch den Führungsstil der tschechischen und deutschen Manager verschieden. Frau GD: „In dem deutsch geführten ist absolutes Engagement, auch die Mitarbeiter… hoch motiviert. Die stehen absolut voll hinter der Firma, das ist absolut fort gewesen. Hat mich überrascht. In der anderen Firma stehen die auch hinter dem Unternehmen, aber anders. Irgendwie lockerer und legerer, leichter… Da ist nicht so eine Arbeitsorganisation…“

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Bei der Bewertung sächsischer/deutscher Produkte und Unternehmen aus Sicht der tschechischen Befragten wurden Merkmale genannt, die auch in anderen Ländern mit Deutschland in Verbindung gesetzt werden: hohe Qualität, innovative Technologien, Zuverlässigkeit, aber auch hohes Preisniveau. Außerdem wurden Präzision, Konsequenz und Effektivität erwähnt. Herr ECZ: „Falls ich mich zwischen einer italienischen und einer deutschen Firma entscheiden sollte, würde ich die deutsche wählen. Weil es dort garantiert ist. Wenn sie (die Deutschen) Ihnen sagen, dass es in der 42. Kalenderwoche fertig sein wird, kann man sich hinter die Ohren schreiben, dass man es in der 42. Kalenderwoche hier haben wird.“ Herr DCZ: „Bei deutschen Firmen kann man sich auf eine gewisse Qualität, Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit sowie auf einen guten Service verlassen.“

Im Zusammenhang mit spezifischen Kompetenzen werden deutschen Unternehmen Vorteile durch innovative und zuverlässige Technologien im Maschinenbau zugeschrieben, dabei wird insb. eine große Rolle von Tradition erwähnt. Herr ACZ: „Wir haben es bereits mit der Wahl der Technologie gezeigt, dass Deutschland für uns ein attraktiver Partner ist. Dass sich die deutsche Präzision und Genauigkeit lohnen… und ich weiß, dass sie (die Deutschen) in dieser Hinsicht wirklich gut sind.“ Herr ICZ: „Weil es dort (in Deutschland) Tradition gibt. Tradition führt zur Qualität und Präzision.“

Die Bewertung deutscher/sächsischer Unternehmen aus der Sicht der befragten tschechischen Unternehmer war jedoch nicht ausschließlich positiv. Kritik bezog sich u. a. auf den Verhandlungsstil deutscher Unternehmer. Außerdem wiesen die tschechischen Befragten darauf hin, dass eine positive Wahrnehmung deutscher Produkte mehr auf deren früheren guten Ruf im Ausland zurückzuführen ist, als auf die tatsächlichen Merkmale dieser Produkte. Genau so wie sächsische sind auch tschechische Unternehmer der Meinung, dass dies eher auf die Vergangenheit zutrifft. Herr HCZ: „Diese überlieferten Wahrheiten sind nicht mehr wahr. Wenn Sie einen Mercedes haben, der innerhalb der Garantiezeit zwölf Mal repariert werden musste, dann ist es keine deutsche Qualität mehr.“ Herr FCZ: „Hier gab es früher so eine Glorifikation Deutschlands, wo alle sagten, dort ist es so akkurat, dort funktioniert alles… Aber in der Realität ist es bei weitem nicht so.“

Produktmerkmale wie z. B. hohe Qualität oder Unternehmensmerkmale wie z. B. Pünktlichkeit wurden oft seitens der tschechischen Befragten ironisiert. Dies unterstreicht noch die Tatsache, dass diese ‚typisch deutschen Eigenschaften’ während der tschechisch geführten Interviews oft auf deutsch genannt wurden. Herr CCZ: „Wenn ich mich mit unseren Lieferanten über Deutsche unterhalte, dann sagen wir, falls Sie deutsche Qualität wollen, dann müssten wir es halt schlechter machen… Die Deutschen sagen einerseits ‚deutsche Qualität’ und anderseits ‚billig’… Dann frage ich immer: Was willst du denn also?“… „Deutsche Qualität… es ist zwar nur eine Schachtel, aber die ist von Deutschen (ironisch).“ Herr FCZ: „Ja, sie sind akkurat, was die Anforderungen an uns anbelangt, da sind sie sehr akkurat, aber wenn sie dann rechtzeitig bezahlen sollen oder eine Dokumentation schicken sollen, dann ist von dieser Akkuratheit nichts mehr vorhanden.“

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Ähnlich wie bei der Bewertung der Mentalität, waren auch in der Kategorie der Wahrnehmung der Produkte und Unternehmen die Äußerungen zu Unterschieden zwischen Alten und Neuen Bundesländern häufig. Dabei gilt, dass westdeutschen Unternehmen generell bessere Eigenschaften zugeschrieben werden, als den ostdeutschen (dazu vgl. auch Zich, 1999, S. 60). Unternehmen aus den Neuen Bundesländern wird u. a. vorgeworfen, dass sie einen unangemessen hohen Preisdruck ausüben. Herr FCZ: „Es ist viel einfacher, mit westdeutschen Unternehmen zu kooperieren. Wir haben Erfahrungen mit sowohl ost- als auch westdeutschen Unternehmen und ich denke, dass die Gespräche mit den westdeutschen direkter, solider sind… westdeutsche Unternehmen sind ein bisschen zuverlässiger, akkurater als ostdeutsche.“ … „Sie (Ostdeutsche) drängen auf den Preis nicht nur vor der Fertigung, sondern sogar noch danach. Das machen Westdeutsche nicht, dort ist es so: ‚ja, das Produkt ist in Ordnung…’ Ostdeutsche versuchen, bei dem Produkt immer noch nach einem Mangel zu suchen, damit sie noch paar Cent Rabatt bekommen.“ Herr HCZ: „Ich denke, dass ich besser mit den Deutschen verhandeln könnte, die aus dem ehemaligen Westdeutschland stammen…“ Herr ECZ: „Sie (die Sachsen) wollen es ausnutzen, dass wir niedrigere Lohnkosten haben. Das Angebot von westdeutschen Unternehmen ist großzügiger.“

Als mögliche Ursachen hierfür wurden die schlechtere wirtschaftliche Situation in den Neuen Bundesländern sowie eine gewisse Ostblockmentalität genannt. Die Befragten sehen Ähnlichkeiten zwischen tschechischen und ostdeutschen Unternehmen, die sie auf den Einfluss des Ostblocks zurückführen. Allerdings werden Ähnlichkeiten nur im negativen Sinne gesehen, wie z. B. im schlechten Zugang zur Arbeit oder in der Suche nach den billigsten Produkten. Herr FCZ: „Die nationale Mentalität ist anders. Aber im Geschäftlichen, da haben wir das… das Schlangestehen, Suchen nach dem Billigsten, Durchforsten verschiedener Kataloge tatsächlich in uns. Da denke ich, dass wir den Ostdeutschen näher sind. Das ist bedingt durch die Einflüsse der kommunistischen Zeit.“

Dies spiegelt sich ebenfalls in einer höheren Bereitschaft zur Kooperation mit Unternehmen aus den Alten Bundesländern wider. Außerdem wird auch die Tatsache, dass ein Unternehmen mit Westdeutschland zusammen arbeitet oft kommuniziert, denn solche Referenzen öffnen nach der Meinung mehrerer Befragter die Tür zu weiteren Aufträgen. Auf ostdeutsche Unternehmen treffe dies nicht zu. Interviewerin: „Falls sich zwei vergleichbare Firmen als Kooperationspartner anbieten würden, eine aus Sachsen, eine aus Bayern. Mit welcher würden Sie lieber kooperieren? Herr GCZ: „Eindeutig mit Westdeutschland. Weil wenn Sie dann als Firma auftreten und Referenzen aus Westdeutschland zeigen, haben diese einen ganz anderen Wert.“

Herr GCZ betont jedoch zugleich, dass er trotzdem eine Kooperation mit Unternehmen aus den Neuen Bundesländern eingehen würde, würde dies allerdings als Sprungbrett für eine Kooperation mit Westdeutschland betrachten. Herr GCZ: „Also für den Anfang wäre Ostdeutschland einfacher, weil die Parameter dort nicht so streng sind wie in Westdeutschland. Also als Vorbereitung für den Westen…

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Während der Interviews wurden ebenfalls – wieder vorwiegend in Bezug auf Unternehmen aus den Neuen Bundesländern – Eigenschaften genannt, die mit Deutschland nur selten verbunden werden, wie z. B. schlechte Zahlungsmoral und Unzuverlässigkeit. Herr ICZ: „Wir hatten solche Fälle, wo sie (die Deutschen) Ware abgenommen und nicht bezahlt haben. Typisch, das haben sie schon mehrmals probiert. Sie nehmen einfach paar LKWs ab und den letzten bezahlen sie nicht. Dann denken sie sich viele Gründe aus, dass es so und so war. Das ist ihr Stil. Das würden Ihnen alle sagen.“ Herr CCZ: „Bei Deutschen sagen wir uns immer: lieber nicht. Dort sind immer irgendwelche Zahlungsrückstände übrig geblieben.“

Der Zugang sowie der Verhandlungsstil deutscher Unternehmen verbesserten sich nach der Meinung mehrerer tschechischer Befragte in den letzten Jahren. Dies ist u. a. in einer steigenden Bereitschaft der Manager deutscher Unternehmen zur Nutzung von Englisch zu spüren (vgl. Kap. 6.3.1.5). Einer der Befragten ist jedoch von einer Anpassung der Verhandlungsstile international tätiger Unternehmen auf Grund der Globalisierung überzeugt. Seiner Meinung nach spiegeln sich die Einflüsse der Nationalkultur in Verhandlungen nicht wider.

6.3.3 Kenntnisse und Erfahrungen Wissen über Auslandsmärkte gehört zu den Variablen einer Internationalisierungsentscheidung, deren Einfluss auf das Internationalisierungsverhalten in der einschlägigen Literatur oft untersucht wird (vgl. Johanson/Vahlne, 1977, S. 27ff.; Zanger/Hauler/Wenisch, 2004, S. 1ff.). Während den objektiven Kenntnissen über Auslandsmärkte in der Literatur insgesamt wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, wird das Erfahrungswissen häufig als Schlüsselvariable der Internationalisierung bezeichnet. Die Vertreter der Uppsala-Schule sprechen im Zusammenhang mit Erfahrungswissen über „critical kind of knowledge“ (Johanson/Vahlne, 1977, S. 28). Nach den Erkenntnissen der vorliegenden Untersuchung darf allerdings der Einfluss von objektiven Kenntnissen über Auslandsmärkte auf deren Wahrnehmung sowie die Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation nicht unterschätzt werden. Die Unkenntnis eines Auslandsmarktes als Ursache für die Ablehnung einer Kooperation gaben mehrere Unternehmer an. Als Länder, mit denen sie auf Grund der Unkenntnis dortiger Bedingungen nicht zusammen arbeiten möchten, nannten die befragten Unternehmer insb. Länder Südamerikas, Afrikas oder Asiens, aber auch europäische Länder wie Russland oder Rumänien. Herr AD: „Also Südamerika, Afrika… nicht Nordafrika… Asien. Ganz einfach, weil ich die Länder nicht kenne.“

Zugleich gaben die Befragten an, auf Grund einer besseren Kenntnis eine größere Bereitschaft zur Kooperation mit Nachbarländern zu haben. Herr DCZ: „Mir würden Länder einfallen (als potentielle Kooperationspartner), über die hier im Grenzraum gewisse Informationen vorhanden sind. Also Deutschland, aber auch Polen oder Österreich… Wenn man dann ein bisschen weiter geht, dort ist es schon problematisch, man gelangt nicht an Informationen…“

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Herr AD: „Ich würde lieber mit einem Tschechen (als mit Polen) machen… Der Grund ist, das liegt vor meiner Haustür, das kenne ich viel besser.“

Eine bedeutende Rolle spielen in diesem Zusammenhang auch Medien, die das subjektiv wahrgenommene Bild über ein Land wesentlich beeinflussen können. Herr HD: „Was in den Medien berichtet wird… wenn man vielleicht vor Ort ist, sieht das wieder ganz anders aus, aber ich habe ja selber nur die Mittel der Medien, mir dort eine Meinung zu machen.“ Herr BCZ: „Während wir eher den Franzosen ähnlich sind… z. B. die Dörfer sehen dort wie unsere aus, der Stil ist ähnlich… Deutsche sind präziser. Es ist aber auch durch Literatur, Filme etc. gegeben, was Ihnen präsentiert wird.“

Die Mehrheit der befragten Unternehmer sagte, dass eigene Erfahrungen ihre weitere Kooperationsbereitschaft beeinflussen. Die meisten würden negative Erfahrungen von einer weiteren Kooperation mit demjenigen Land abhalten. Lediglich wenige Unternehmer sprachen in diesem Zusammenhang auch über positive Erfahrungen. Herr FCZ:„Wen ich bspw. bevorzugen würde, das wäre Österreich. Dort hatten wir immer gute Erfahrungen… Dort war die Zuverlässigkeit hoch.“

Schlechte Erfahrungen mit einem Unternehmen aus einem bestimmten Land werden auf das ganze Land übertragen. Demzufolge sind die Befragten nach einer negativen Erfahrung nicht mehr bereit, mit Unternehmen aus demjenigen Land zu kooperieren. Zwar würden die befragten Unternehmer eine solche Kooperation nicht a priori ablehnen, sie würden ihre Entscheidung jedoch viel vorsichtiger betrachten bzw. eine Kooperation mit Unternehmen aus diesem Land nicht aktiv suchen. Herr DD: „Natürlich wäre man vorsichtiger, weil man auch die Risiken kennt… aber man wird es aus diesem Grund nicht ablehnen.“ Herr ECZ: „Probleme gab es schon immer mit der Slowakei… Es waren mehrere slowakische Firmen, aber es ist schon länger her, wir wenden uns also jetzt nicht mehr an sie.“ Herr FCZ: „Wenn ich sagen sollte, mit wem ich nicht zusammen arbeiten möchte, dann wären das die Amerikaner. Wir kaufen von ihnen über andere Firmen einige Ersatzteile ein und damit haben wir immer große Probleme, Zuverlässigkeit fast gleich Null.“ Herr ECZ: „Es gibt Unterschiede zwischen der Kooperation mit Deutschland und mit Österreich… Mit Österreich gibt es immer Probleme und die wird es immer geben.“ Herr ICZ: „Deutschland reizt mich nicht so sehr, weil ich dort schlechte Erfahrungen gemacht habe. Ein paar Geschäfte haben wir dort gemacht aber keine guten.“ Herr DD: „Wenn uns ein Geschäft in Russland misslungen ist, dann sind wir auch noch tageweise, wochenweise dann in dem Frust und sagen also, mit den Russen kann man das eben nicht machen… Und wenn einem ein gutes Geschäft gelungen ist, dann sagt man automatisch, das ist ein prima Markt. Obwohl man nur den einen Kunden von 200 Mio. Menschen hat, man hat da 20 Leute kennen gelernt, mit denen ist man gut ausgekommen… Man sollte das nicht verallgemeinern. Aber man neigt dazu.“

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Die negative Einstellung gegenüber Italien, die beim Herrn CCZ auf Grund mehrerer negativer Erfahrungen entstand, führt dazu, dass er nicht mehr bereit ist, mit Unternehmen aus Italien zusammen zu arbeiten. Herr CCZ: „Sie sagten: Da haben wir Urlaub, aber sobald wir aus dem Urlaub zurückkommen, schicken wir es Ihnen zu. Und ich sagte: Aber Sie haben einen Monat Urlaub und wir brauchen die Ware. Und sie: Leider können wir für Sie nichts tun. Und in diesem Moment sind sie Idioten. Und italienische Ware nehme ich nicht ab!“

Lediglich ein Unternehmer lehnt auf Grund negativer Erfahrungen eine grenzüberschreitende Kooperation grundsätzlich ab. Der Grund dafür liegt in einem niedrigen Vertrauen in Zuverlässigkeit ausländischer Lieferungen. Herr BD: „Ich habe paar Niederschläge einstecken müssen, die mich jetzt zurückgerufen haben.“

Neben den beruflichen Erfahrungen wird die Einstellung gegenüber einem Land und die anschließende Bereitschaft, sich mit diesem Land näher auseinanderzusetzen (hier: Kooperation) durch private Erfahrungen beeinflusst. Für die Hälfte der Befragten spielen private Erfahrungen bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation eine bedeutende Rolle. Dabei beeinflussen sowohl positive als auch negative Erfahrungen aus dem privaten Bereich die Kooperationsentscheidung. Herr BCZ: „Die Bayern, die haben mich immer an Tschechen erinnert, die aus Baden Württemberg sind wiederum offener, fairer… Hier die Sachsen… dort war ich mir nie sicher… es gab schon Unterschiede und mir waren die aus dem Süden sympathischer. Jetzt ist es schon ein bisschen anders. Vielleicht ist es auch dadurch verursacht, dass sie mich immer in Zinnwald (Grenzübergang) gründlich durchsucht haben und ich stand dort nur in Unterhosen (lacht)... Wahrscheinlich geht so was in das Unterbewusstsein.“ Frau GD: „…aus dem Bauch heraus würde ich jetzt nicht sofort nach Polen gehen… nach Tschechien schon… Wir sind früher sehr oft nach Tschechien gefahren… wir haben gute Bekannte in Kladno, daher vielleicht…“

Im Vergleich zu anderen Untersuchungen zum Einfluss von Erfahrungen auf das Internationalisierungsverhalten wurde im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls die Bedeutung von fremden Erfahrungen analysiert. Insgesamt elf Unternehmer gaben an, Erfahrungen von Geschäftspartnern in ihre Entscheidung mit einzubeziehen, ein Unternehmer würde sich sogar einen Rat von Anderen bewusst einholen. Herr AD: „Weil wenn Sie mal mit Ihrem Lieferanten reden, der sagt: da kommen die Tschechen und machen dieses und jenes, was man alles so hört…“ Herr ED: „… wobei die Erfahrungen einzelner Unternehmen in den Ländern sehr unterschiedlich sind. Also es gibt welche, die lehnen Polen total ab und manche sagen, nur Polen und das Gleiche passiert auch in Tschechien… Diese Meinungen beeinflussen. Da ist man nicht frei.“ Herr GCZ: „Ich möchte mit Deutschland kooperieren. Mein Vater (zugleich Geschäftspartner) hat Erfahrungen, er hat eine längere Zeit bei deutschen Firmen gearbeitet.“ Herr HD: „Die Erfahrungen von Anderen würden mit Sicherheit in meine Überlegung mit einfließen. Ich würde mich den Rat auch von den Anderen, wo ich weiß, dass sie dort Kooperation gemacht haben auch ganz bewusst einholen.“

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Auch wenn zwei Unternehmer diesen Einfluss nicht explizit zugaben, war dieser aus ihren weiteren Aussagen jedoch eindeutig. Herr ICZ: „Bestimmt würde es mich nicht beeinflussen. Ich wäre nur vorsichtiger, d. h. dass ich mehrere Sachen überprüfen würde, als normalerweise.“

Lediglich Frau FD lehnt ‚dieses Nachreden von Stereotypen’ ab und versucht, bei der Beurteilung potentieller Kooperationspartner aus dem Ausland objektiv zu bleiben. Wie sie allerdings selbst zugibt, ist es manchmal schwierig, völlig resistent zu bleiben. Frau FD: „… wenn mir zwei Geschäftsführer, Partner erzählen, du, mit denen kannst du nichts machen, dann würde ich es nicht unbedingt provozieren wollen… Wenn es aber nur vom Hörensagen ist, dann bin ich relativ resistent. Also, man muss dann auch seine eigenen Erfahrungen machen.“

Fremde Erfahrungen müssen nicht unbedingt aus dem unmittelbaren beruflichen Umfeld des Unternehmers kommen, denn es zeigte sich, dass auch die Präsenz hiesiger Unternehmen im Ausland sowie private Erfahrungen von Freunden und Bekannten die Einstellung zu diesen Ländern in Bezug auf grenzüberschreitende Kooperation beeinflussen kann. Herr DD: „Also wenn in die Slowakei VW geht, warum sollen wir dann sagen, da gehen wir nicht hin.“ Herr ED: „…dass sich auch von dort (aus Tschechien) deutsche Unternehmen zurückgezogen haben, weil sie negative Erfahrungen hatten hinsichtlich Zuverlässigkeit, Qualität, Liefertermintreue.“ Frau FD: „Kooperieren mit Polen nicht unbedingt…weiß ich nicht warum, das ist so aus dem Bauch aus…Ich habe keinen Bezug zu Polen, kann aber nicht sagen warum… Vielleicht auch deswegen, weil sie einem Bekannten dort das Auto geklaut hatten (lacht).“

Außerdem spielen auch sog. ‚allgemeine Wahrheiten’ eine gewisse Rolle. Herr CCZ: „Man sagt, dass Sachsen noch schlimmer sind (als andere Deutsche)… Der, mit dem wir letztens die Küchen gemacht haben, hat uns auch nicht alles bezahlt.“ Herr CCZ: „Ich habe nie mit Polen zusammen gearbeitet, ich wollte von ihnen was abnehmen, aber alle rieten mir davon ab.“

Im Falle einer negativen Erfahrung in einem Land sind die meisten Befragten nicht mehr bereit, weiter mit Unternehmen aus diesem Land zusammen zu arbeiten. Dies spiegelt sich in dem tatsächlichen Kooperationsverhalten jedoch nur wenig wider, wie bspw. die Aussage des Herrn CCZ zeigt. Herr CCZ: „Ich bin sogar so weit gegangen, dass ich mich entschlossen habe, keine deutschen Maschinen mehr zu kaufen. Aber das Problem ist, welche soll ich jetzt kaufen… Vielleicht japanische, aber Japaner sind zu weit, Franzosen haben hier im Lande keinen Servicepartner…“

Eine niedrige Bereitschaft zur Kooperation mit Ländern, mit denen man negative Erfahrungen hat, zeigt sich insb. in der Einstellung der aktiven Suche nach dortigen Kooperationspartnern. Nur selten führt sie auch zu einer Ablehnung einer Anfrage aus diesem Land. Wie die Aussage des Herrn ECZ belegt, würde er im Falle einer Anfrage aus der Slowakei diese viel vorsichtiger betrachten. Das Gleiche betont auch Herr DD. 213

Herr ECZ: „Probleme gab’s schon immer mit der Slowakei… das waren mehrere slowakische Firmen… wir wenden uns an sie nicht mehr… Von Slowaken würde ich (im Falle einer Anfrage) höhere Garantien verlangen, Vorauskasse etc.“ Herr DD: „Wir haben in Tadschikistan ein Geschäft gemacht, aber mit schlechter Erfahrung… Wir würden sie (eine Anfrage aus diesem Land) kritischer bewerten und kritischer analysieren. Aber wir würden, wenn das Geschäft passt… und als Unternehmer muss man immer das Geschäft sehen, die Firma muss Geld verdienen und da spielt keine Rolle, in welcher Ecke der Weltkugel das ist.“

Was die Unternehmenskooperation im sächsisch-tschechischen Grenzraum anlangt, haben lediglich fünf Befragte keine Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit ihrem Nachbarland, zwei davon aus Tschechien, drei aus Sachsen. Insb. tschechische Unternehmer äußerten sich in Bezug auf deutsch-tschechische Kooperation kritisch. Ein tschechischer Befragter ist der Meinung, dass er schlechte Erfahrungen v. a. mit deutschen Unternehmen hat. Fünf Unternehmer gaben an, ausgesprochen schlechte Erfahrung mit einem oder mehreren deutschen Unternehmen gemacht zu haben. Dabei betonten einige von denen, negative Erfahrungen ausschließlich mit Unternehmen aus den Neuen Bundesländern zu haben. Lediglich zwei Befragte sind mit der Kooperation mit deutschen Unternehmen sehr zufrieden, einer von denen sieht jedoch den Grund für seine Zufriedenheit darin, dass sein Kooperationspartner aus den Alten Bundesländern kommt. Im Vergleich zu tschechischen Unternehmern sind die sächsischen Befragten weniger kritisch bei der Beurteilung der Kooperation mit ihrem Nachbarland. Ausgesprochen schlechte Erfahrungen gaben zwei Unternehmer an, ausgesprochen gute ebenfalls zwei. Kritisiert wurde u. a. eine langwierige Kooperationsanbahnung mit tschechischen Unternehmen. Bei der Gegenüberstellung der Befragten nach ihrer Herkunft kann festgestellt werden, dass die Einbeziehung von fremden Erfahrungen in die Überlegungen über eine grenzüberschreitende Kooperation für die meisten sächsischen Unternehmer charakteristisch ist, allerdings lediglich für die Hälfte der tschechischen. Unkenntnis eines Landes als Barriere einer grenzüberschreitenden Kooperation gaben insgesamt vier Unternehmer an, drei davon aus Sachsen. Insb. ältere Unternehmer mit Hochschulabschluss sowie sehr guten Fremdsprachenkenntnissen gaben an, dass ihre Kooperationsbereitschaft von ihren eigenen Erfahrungen stark beeinflusst wird. Diese Meinung vertreten außerdem vorwiegend Personen aus Dienstleistungsunternehmen sowie Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern (vgl. Tab. 54).

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Eigene Erfahrungen beeinflussen die Kooperationsbereitschaft (n=13) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 54: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Kenntnisse und Erfahrungen 1 Quelle: eigene Darstellung Legende:

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starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten

Den Einfluss privater Erfahrungen auf die Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation betonten insb. Unternehmer mit umfangreichen Kooperationserfahrungen. Die absolute Mehrheit der Befragten, welche die Bedeutung von Erfahrungen aus dem privaten Bereich bei den Überlegungen über ein Auslandsgeschäft mit einbezieht, ist den Kooperationserfahrungsstufen 3 bzw. 4 zugeordnet (vgl. Tab. 55). Private Erfahrungen beeinflussen die Kooperationsbereitschaft (n=9) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter* < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße* Produktion Dienstleistungen Branche 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 55: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Kenntnisse und Erfahrungen 2 Quelle: eigene Darstellung Legende:

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starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten, * bei diesem Merkmal konnte keine Tendenz identifiziert werden

Überwiegend jüngere Unternehmer aus Sachsen, die nie eine längere Zeit im Ausland gelebt haben betonten außerdem auch einen hohen Einfluss von fremden Erfahrungen auf ihre Entscheidungen. Lediglich drei Unternehmer wären trotz Unkenntnis eines Landes bereit, in diesem Land einen Kooperationspartner zu suchen. Für diese ist charakteristisch, dass sie älter als 50 Jahre sind, einen Hochschulabschluss haben sowie über sehr gute Fremdsprachenkenntnisse (Stufe 3) und umfangreiche Kooperationserfahrungen (Stufe 3 und 4) verfügen (vgl. Tab. 56).

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Unkenntnis, keine Erfahrung und trotzdem bereit zu kooperieren (n=3) Sachsen Tschechien Herkunft ” 50 Jahre > 50 Jahre Alter < HA • HA Ausbildung ja Nein Auslandsaufenthalte 1 2 3 Fremdsprachenkenntnisse < 50 MA • 50 MA Unternehmensgröße* Produktion Dienstleistungen Branche* 0 1 2 3 Kooperationsintensität Tab. 56: Einstellung befragter Unternehmer zur GK bzgl. der Kenntnisse und Erfahrungen 3 Quelle: eigene Darstellung Legende:

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starke Tendenz zur Vertretung der Meinung schwache Tendenz zur Vertretung der Meinung n = Anzahl der Unternehmer, die diese Meinung vertreten, * bei diesem Merkmal konnte keine Tendenz identifiziert werden

Das Wissen der Unternehmer über Auslandsmärkte ist eine besonders wichtige Quelle für deren Beurteilung. Vom individuellen Wissen hängt ab, welche Länderunterschiede in eine solche Beurteilung einbezogen werden sowie welche Konsequenzen mit diesen Unterschieden in der Wahrnehmung eines Individuums verbunden werden. Aus den Erläuterungen zu dieser Kategorie ist ersichtlich, dass neben den in der Literatur zur Internationalisierung häufig untersuchten Erfahrungen auch objektive Kenntnisse über Auslandsmärkte von großer Bedeutung sind. Der Beitrag der vorliegenden Untersuchung liegt insb. in der Unterteilung des Erfahrungswissens in mehrere Arten. Somit spielen bei den Überlegungen über ein Auslandsengagement nicht nur berufsbedingte, sondern auch private Erfahrungen eine wichtige Rolle. Darüber hinaus sind für die Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen und der daraus resultierenden niedrigen Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation neben den eigenen auch Erfahrungen von Freunden, Bekannten, Geschäftspartnern und nicht zuletzt auch hiesiger Unternehmen mit dem jeweiligen Land von besonderer Bedeutung.

6.4

Zusammenfassende Darstellung der wichtigsten Ergebnisse

6.4.1 Kernvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz Eine detaillierte Analyse der Ergebnisse der einzelnen Hauptkategorien (vgl. Kap. 6.3) ermöglichte die Identifikation der wichtigsten Variablen des Konstrukts der psychischen Distanz bzgl. der individuellen Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation. Diese Kernvariablen sollen nun näher diskutiert werden, insb. im Vergleich zu den bisherigen Erkenntnissen der Forschungsarbeiten auf diesem Gebiet. Als Kernvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz können diejenigen Variablen bezeichnet werden, die ein Individuum von einer näheren Auseinandersetzung mit einem fremden Land, auf Grund eines hohen empfundenen Fremdartigkeitsgefühls, abhalten. Im Falle der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um Faktoren, die in der Wahrnehmung eines Unternehmers die Möglichkeit einer erfolgreichen grenzüberschreitenden Kooperation völlig ausschließen oder zumindest stark einschränken. An dieser Stelle soll wieder darauf hingewiesen werden, dass diese Faktoren die individuelle Bereitschaft zur grenzüberschrei-

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tenden Kooperation und nur mittelbar das tatsächliche Kooperationsverhalten beeinflussen (vgl. Kap. 2.3). Für die befragten Unternehmer stellen politische Stabilität und Sicherheit Kriterien dar, die bei den Überlegungen hinsichtlich der Suche nach einem ausländischen Kooperationspartner als Ausschlusskriterien bezeichnet werden können. Demzufolge werden politisch instabile und unsichere Länder bei solchen Überlegungen überhaupt nicht in Betracht gezogen. Trotz der Tatsache, dass unter den Befragten einige Unternehmer vertreten waren, die mit Risikoländern tatsächlich zusammen arbeiten, war auch bei diesen Personen eine nur niedrige Bereitschaft zur Kooperation mit solchen Ländern zu verzeichnen. Die Gründe für die Zusammenarbeit mit Risikoländern liegen dabei insb. in höheren Gewinnaussichten. Für die absolute Mehrheit der Befragten wäre jedoch eine Kooperation mit politisch instabilen und unsicheren Ländern unvorstellbar. Dabei gilt, dass die befragten Unternehmer nicht nur eine solche Kooperation nicht aktiv aussuchen würden, sondern dass sie diese auch im Falle einer Anfrage durch ein ausländisches Unternehmen ablehnen würden. Wie bereits in Kap. 6.3.1.1 beschrieben, werden politische Bedingungen als möglicher Indikator des Konstrukts der psychischen Distanz in der einschlägigen Literatur stark vernachlässigt. Die Erkenntnisse der vorliegenden Untersuchung weisen jedoch eindeutig auf die Notwendigkeit deren stärkeren Einbeziehung hin. Zur Messung von psychischer Distanz sollen allerdings nicht objektive Unterschiede in politischen Bedingungen zwischen zwei Ländern herangezogen werden (vgl. bspw. Dow/Karunaratna, 2004, S. 15), sondern Differenzen, die ein Individuum wahrnimmt. Wie die Aussagen der befragten Unternehmer in dieser Untersuchung zeigen, ist die Wahrnehmung dessen, welche Länder politisch stabil und sicher sind und welche nicht, interpersonell nicht stabil. Als Risikoländer bezeichneten einige Unternehmer bspw. den Irak, China oder Russland, während andere bereits europäische Länder wie z. B. Rumänien und Bulgarien auf Grund deren politischer Bedingungen als risikoreich empfinden. Während politische Stabilität sowie Sicherheit eindeutig als Kernvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz für die befragten Unternehmer bezeichnet werden können, stellen rechtliche Bedingungen lediglich bei auslandsunerfahrenen Unternehmern ein Ausschlusskriterium bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation dar. Unternehmer mit Auslandserfahrung finden Unterschiede in rechtlichen Bedingungen zwar sehr wichtig, würden eine grenzüberschreitende Kooperation jedoch nicht auf Grund von großen wahrgenommenen rechtlichen Differenzen völlig ablehnen. Ein niedrigeres Fremdartigkeitsgefühl war im Falle der vorliegenden Untersuchung gegenüber den Ländern zu verzeichnen, deren rechtliche Bedingungen sich in der Wahrnehmung der befragten Unternehmer von den heimischen nicht wesentlich unterscheiden. Demzufolge war auch die Bereitschaft zur Kooperation mit Unternehmen aus diesen Ländern höher, als mit denen aus Ländern mit unter217

schiedlichen rechtlichen Bedingungen. Die Gründe dafür liegen insb. in der wahrgenommenen Schwierigkeit, sich den Gesetzen und Vorschriften desjenigen Landes anzupassen sowie im niedrigeren Sicherheitsgefühl im Falle einer grenzüberschreitenden Kooperation. Insb. Unternehmer ohne jegliche Erfahrung mit grenzüberschreitender Kooperation bevorzugen aus diesem Grund eine Zusammenarbeit mit EU-Ländern, in denen sie ähnliche rechtliche und politische Bedingungen erwarten. Allerdings zeigte sich hier eine Unterscheidung zwischen den alten und den neuen EU-Ländern. Während mit den alten EU-Ländern gewisse rechtliche Standards verbunden werden, empfinden einige, sowohl sächsische als auch tschechische Unternehmer die rechtliche Situation der neuen EU-Länder z. T. noch unsicher. Dies belegen die in Kap. 6.3.1.2 zitierten Aussagen der befragten Unternehmer. Die Wahrnehmung eines Landes und die daraus resultierenden Fremdartigkeits- bzw. Vertrautheitsgefühle sind von bereits gesammelten Erfahrungen sowie von den Kenntnissen über dieses Land stark abhängig (vgl. Kap. 4.2.2 und Kap. 6.3.3). Ein besseres Marktwissen hat allerdings nicht zwangsläufig ein niedrigeres Fremdartigkeitsgefühl zur Folge. Wie die Erkenntnisse dieser Untersuchung zeigen, können gute Kenntnisse sowie umfangreiche Erfahrungen die Wahrnehmung eines Landes zwar präzisieren, können jedoch ebenfalls zu einem höheren Fremdartigkeitsgefühl führen, indem das Individuum Differenzen zwischen diesem Land und seinem Heimatland identifiziert, die bei begrenzten Erfahrungen und Kenntnissen in seiner Wahrnehmung nicht vorhanden waren. Erfahrungen mit einem konkreten Auslandsmarkt beeinflussen die individuelle Bereitschaft, sich mit diesem Land weiterhin näher auseinanderzusetzen. Dabei gilt, dass die Bereitschaft zur Kooperation mit Unternehmen aus einem fremden Land bereits nach einer negativen Erfahrung sinkt. Eine Zusammenarbeit mit diesem Land wird vorsichtiger vorbereitet, es werden bspw. bessere Garantien verlangt. Mehrere negative Erfahrungen können sogar zum Ablehnen aller, aus demjenigen Land stammenden Anfragen führen. In der vorliegenden Untersuchung gab es jedoch auch einen Extremfall, der nach einigen negativen Erfahrungen die grenzüberschreitende Kooperation grundsätzlich ablehnt. Trotz der Tatsache, dass in der Literatur insb. dem Erfahrungswissen eine hohe Bedeutung zugeschrieben wird, konnte im Falle dieser Untersuchung ein großer Einfluss objektiver Kenntnisse auf die empfundenen Fremdartigkeitsgefühle verzeichnet werden. Ein wichtiger Ansatzpunkt für weitere Untersuchungen auf diesem Gebiet liegt außerdem in einer näheren Betrachtung verschiedener Arten von Erfahrungen. Wie bereits in Kap. 6.3.3 beschrieben, spielen neben beruflichen auch private Erfahrungen eine bedeutende Rolle. Erfahrungen sowie Kenntnisse lassen sich unter den Begriff Marktwissen subsumieren (vgl. Abb. 12). Dabei ist anzumerken, dass nicht der objektive Wissensstand, sondern insb. die subjektive Überzeugung über den Wissensstand für die Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen von besonderer Bedeutung ist. Ausgehend von Kornmeier wurde auch im Falle der vorliegenden

218

Arbeit Wert auf subjektive Wahrnehmung des Marktwissens gelegt (vgl. Kornmeier, 2002, S. 154f.). Interessante Erkenntnisse für die weitere Forschung zur psychischen Distanz bestehen in der Nutzung von Länderstereotypen bei der Beurteilung eines Auslandsmarktes. Den Stereotypen wird eine hohe Bedeutung insb. bei Unkenntnis eines Objektes (z. B. eines Landes) zugeschrieben. Demzufolge wird in der Literatur v. a. deren Orientierungsfunktion erwähnt (vgl. bspw. Hofstätter, 1949, S. 31). Die vorliegende Untersuchung weist jedoch auf eine starke Nutzung von nationalen Stereotypen auch im Falle umfangreicher Kenntnisse und Erfahrungen mit einem bestimmten Land hin. Dies zeigt zum Einen, dass nationale Stereotype eine wahre Basis haben, die von der historischen und gesellschaftspolitischen Entwicklung eines Landes ausgeht, zum Anderen, dass Stereotype zugleich auch eine gewisse Bestätigungsfunktion ausüben können (‚ich habe gewusst, dass Italiener unzuverlässig sind’). Nationale Stereotype bzw. verwandte Konstrukte wie Vorurteile wurden bis dato in die Forschung zur psychischen Distanz lediglich in wenigen Arbeiten als ein möglicher Indikator dieses Konstrukts einbezogen. So betrachten bspw. Hallén/Wiedersheim-Paul Vorurteile als mögliche Konsequenzen von Erfahrungen, die eine Determinante der psychischen Distanz sind (vgl. Hallén/Wiedersheim-Paul, 1984, S. 18). Ausgehend von Hallén/Wiedersheim-Paul erwähnen auch Conway/Swift in ihrer Arbeit Vorurteile als mögliche Indikatoren dieses Konstrukts (vgl. Conway/Swift, 2000, S. 1400). Am gründlichsten betrachtet diese Variable jedoch Kornmeier, der in diesem Zusammenhang über vorurteilshafte Einstellungen (Stereotypisierung) spricht (vgl. Kornmeier, 2002, S. 57). Er geht dabei von einer Kausalbeziehung aus, die besagt, dass eine vorurteilshafte Einstellung die psychische Distanz positiv beeinflusst (vgl. ebenda, S. 140). Die befragten Unternehmer erwähnten gängige nationale Stereotype insb. im Zusammenhang mit der Beurteilung von Italienern, Deutschen (tschechische Unternehmer), Polen und USAmerikanern. ‚Typische’ Eigenschaften von Angehörigen dieser Nationen spiegeln sich nach Meinung der Befragten in der Unternehmenskooperation wider. Demzufolge sind Italiener bei einem Auslandsgeschäft unzuverlässig, US-Amerikaner zu selbstbewusst und Deutsche gut vorbereitet. Diese Eigenschaften werden i. d. R. bei allen Unternehmen aus dem jeweiligen Land erwartet. Tritt dies nicht auf, wird dasjenige Unternehmen als untypisch für das Land betrachtet, wie auch das folgende Zitat belegt. Herr AD: „…(wir haben) Kooperation mit Italien versucht. Katastrophe! Aber es gibt einen der größten Wettbewerber, der zeichnet sich dadurch aus, das sagen wir alle, dass er nicht italienisch ist. Er ist deutsch. Termintreu, Qualität, da passt alles.“

6.4.2 Weitere wichtige Variablen des Konstrukts der psychischen Distanz Neben politischen und rechtlichen Bedingungen beeinflussen die empfundenen Fremdartigkeitsgefühle gegenüber einem fremden Land auch weitere Faktoren. Trotz der Tatsache, dass 219

sie nicht zu den sog. Kernvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz gehören, sind diese bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation ebenfalls von großer Bedeutung. In der Forschung zur psychischen Distanz werden als mögliche Erklärungsvariablen dieses Konstrukts lediglich sog. landesbezogene Merkmale untersucht. Ausgehend von den Erkenntnissen der Landesimageforschung wurden in die vorliegende Untersuchung außerdem auch sog. produkt- und unternehmensbezogene Merkmale einbezogen, zu denen neben der Wahrnehmung ausländischer Produkte und Unternehmen auch die Wahrnehmung dortiger spezifischer Herstellerkompetenzen gehört (vgl. Kap. 6.3.2). Diese Einbeziehung zeigte sich als sinnvoll, denn die Wahrnehmung sowie die anschließende Beurteilung eines fremden Landes mit der Wahrnehmung der jeweiligen Produkte und Unternehmen eng zusammen hängt. Insb. sog. spezifische Herstellerkompetenzen eines Landes können das empfundene Fremdartigkeitsgefühl und die daraus resultierende individuelle Kooperationsbereitschaft stark beeinflussen. In der Abb. 18 ist die Bedeutung der einzelnen Hauptkategorien graphisch dargestellt. Diese Abbildung beinhaltet neben den in Kap. 6.4.1 erwähnten Kernvariablen auch weitere wichtige Faktoren, welche als Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz bezeichnet werden können. Die Bedeutung der einzelnen Faktoren ist jedoch z. T. unterschiedlich bei Unternehmern mit und ohne Auslandserfahrung. Zum Zwecke der graphischen Darstellung wurden aus diesem Grund Profile von auslandserfahrenen und auslandsunerfahrenen Unternehmern erstellt, die sich aus der in Kap. 6.3 beschriebenen Auswertung der Interviews ergeben. unwichtig

wichtig

sehr wichtig

Kernvariable

politische Stabilität Sicherheit rechtliche Bedingungen Mentalität Sprachbarriere geographische Entfernung historische Entwicklung Unternehmen & Produkte typische Kompetenzen erfahrene Unternehmer

Abb. 18: Erklärungsvariablen der psychischen Distanz Quelle: eigene Darstellung (vgl. Kap. 6.3.1 und 6.3.2)

220

unerfahrene Unternehmer

Während Unternehmer ohne Auslandserfahrung eher harte Faktoren, wie z. B. rechtliche Bedingungen oder geographische Entfernung sehr wichtig finden, sind für Unternehmer, die bereits Erfahrungen mit grenzüberschreitenden Kooperationen gesammelt haben, weiche Faktoren (z. B. Mentalität) zumindest genau so wichtig. Wie aus der Abb. 18 ersichtlich, schreiben auslandserfahrene Unternehmer den wahrgenommenen Unterschieden in der Mentalität der Menschen eine höhere Bedeutung zu, als auslandsunerfahrene. Begründet wurde dies durch Schwierigkeiten bei einer Kooperation, die aus den Mentalitätsunterschieden resultieren. Erfahrungen mit Scheitern einer Kooperation auf Grund von Mentalitätsunterschieden gaben mehrere Befragte an. Dies unterstützt auch die Erkenntnisse des interkulturellen Managements, das eine hohe Bedeutung von Kultur- und Mentalitätsunterschieden für ein Auslandsgeschäft betont. Was die Unterschiede in der Landessprache anlangt, stellen diese ein Hindernis vorwiegend für auslandsunerfahrene Unternehmer dar. Einige von ihnen würden auf Grund der Sprachbarriere eine Kooperation mit ausländischen Partnern völlig ausschließen. Zwar betonten auch Unternehmer mit umfangreichen Erfahrungen die Notwendigkeit der Kenntnis der jeweiligen Landessprache für den Erfolg eines Auslandsgeschäftes, für diese sind jedoch Unterschiede in der Sprache weder Grund für die Ablehnung eines Kooperationsangebotes noch für das Nichtanstreben einer Zusammenarbeit. Für die auslandserfahrenen Unternehmer aus dem Untersuchungssample ist charakteristisch, dass sie Fremdsprachen allgemein besser beherrschen (v. a. Englisch), als die auslandsunerfahrenen. Aus diesem Grund stellt für die auslandserfahrenen Unternehmer die Nichtbeherrschung der jeweiligen Landessprache kein großes Problem dar, da die Verhandlungen meistens auf Englisch geführt werden können. Trotz der steigenden Nutzung von Englisch, die viele der Befragten als Grund für die sinkende Bedeutung von Sprachbarrieren für grenzüberschreitende Kooperation angaben, war eine starke Präferenz für eine Kooperation mit Unternehmen aus dem selben Sprachraum zu verzeichnen. Die sächsischen Befragten bevorzugen eindeutig österreichische Unternehmen als mögliche Kooperationspartner, bei tschechischen Befragten konnte eine, wenn auch nur leichte Tendenz identifiziert werden, slowakische Unternehmen zu bevorzugen. Insb. bei einer intensiveren, tieferen Kooperation, wie z. B. im Bereich der F&E tendieren die Unternehmer dazu, einen Partner zu suchen, der dieselbe Sprache spricht. Bspw. bei einer einfachen Montage stellen Sprachunterschiede für die meisten Befragten keinen Hinderungsgrund einer Kooperation dar. Ähnlich wie Sprache, stellte auch eine große geographische Entfernung eines Auslandsmarktes vom Heimatmarkt insb. für auslandsunerfahrene Unternehmer eine Barriere für das Eingehen einer Kooperation dar. Dabei ist allerdings zu betonen, dass die Wahrnehmung, welche Länder auf Grund deren geographischer Entfernung als potentielle Kooperationspart221

ner in Frage kommen, völlig unterschiedlich war. Die Bereitschaft zur Kooperation mit Ländern außerhalb Europas war unter den Befragten allgemein niedrig. Einige, überwiegend wenig auslandserfahrene Unternehmer fanden jedoch bereits Nachbarländer wie Frankreich oder Polen für eine Kooperation zu weit entfernt. Die geographische Entfernung, sowohl die tatsächliche als auch die wahrgenommene kann zwar nicht als Surrogat der psychischen Distanz verwendet werden, was im Einklang mit den aktuellen Erkenntnissen der einschlägigen Literatur steht (vgl. bspw. Kornmeier, 2002, S. 147), sie soll allerdings bei der Messung dieses Konstrukts nicht ganz außer Acht gelassen werden. Im Falle dieser Arbeit zeigte sich die geographische Entfernung eines Auslandsmarktes vom Heimatland als wichtiger Indikator der Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen gegenüber einem Land, dem bei den Überlegungen hinsichtlich eines Auslandsgeschäfts eine große Bedeutung zugeschrieben wird. Eine durchaus interessante Kategorie war die historische Entwicklung. Wie bereits in Kap. 6.3.1.7 erwähnt, wurde diese Kategorie erst nach der Durchführung des ersten Interviews mit einbezogen, das auf eine mögliche hohe Relevanz dieses Merkmals hinwies. Ereignisse, zu denen es in der Geschichte zweier Länder kam, werden in die Beurteilung des jeweiligen Landes oft unbewusst einbezogen, bspw. durch die Bewertung der Mentalität und Kultur. Historische Entwicklung als Erklärungsvariable der psychischen Distanz wurde bis dato nicht bzw. nur mittelbar untersucht (vgl. Kap. 6.3.1.7). Diese Erklärungsvariable erfordert jedoch eine tiefere Analyse, die jeweils auf die konkrete historische Beziehung zweier Länder eingeht. Aus diesem Grund sollen an dieser Stelle keine allgemeingültigen Schlüsse gezogen werden. In Kap. 6.5 wird auf die Bedeutung dieser Kategorie speziell in Bezug auf die sächsisch-tschechische Unternehmenskooperation eingegangen. Wie am Anfang dieses Kapitels beschrieben, sind neben den landesbezogenen auch die produkt- und unternehmensbezogenen Merkmale eines Landes für dessen Beurteilung von besonderer Bedeutung. Potentielle Kooperationspartner werden in Ländern gesucht, die einen Wettbewerbsvorteil anbieten können. Dieser Wettbewerbsvorteil kann bspw. in hoher Qualität, innovativen Technologien oder auch in niedrigen Kosten liegen. Je nachdem, welche Art von Kooperation angestrebt wird, zieht ein Unternehmer gewisse Länder in Betracht. So wurden z. B. italienische Unternehmen als potentielle Kooperationspartner oft ausgeschlossen, falls dortige Arbeitskräfte eingestellt werden sollten bzw. falls sie als Lieferanten fungieren sollten (Unzuverlässigkeit), polnische Unternehmen falls qualitativ hohe Produkte hergestellt werden (schlechte Qualität) oder deutsche Unternehmen falls preiswerte Produkte hergestellt werden sollen (hohe Preise). Eine ausgeprägte stereotype Wahrnehmung ist hier, ähnlich wie bei der Beurteilung der Mentalität, nicht zu verleugnen. Die Wahrnehmung von produkt- und unternehmensbezogenen Merkmalen hängt mit der Wahrnehmung von landesbezogenen Merkmalen eng zusammen. So spiegelt sich bspw. die 222

nationale Mentalität in den unternehmensbezogenen Merkmalen, wie z. B. in der Zuverlässigkeit, Termintreue oder Unternehmensethik wider. Die Qualität der Produkte ist von der technologischen und technischen Ausstattung eines Unternehmens abhängig, die wiederum oft mit dem gesamten Entwicklungsstand des Landes korrespondiert. Insb. für auslandsunerfahrene Unternehmer sind Produkte und Unternehmen eines Landes bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation zwar wichtig, allerdings werden diese, im Vergleich zu anderen, in der Abb. 18 dargestellten Erklärungsvariablen, erst später bzw. mit einer niedrigeren Gewichtung in Betracht gezogen. Auf Grund wahrgenommener spezifischer Kompetenzen, die einem Land zugeschrieben werden, wären die befragten Unternehmer eher bereit, mit diesem Land zusammen zu arbeiten, als mit denen, die in der Wahrnehmung eines Unternehmers diese Kompetenzen nicht besitzen. Trotz der Tatsache, dass die Befragten die wahre Basis dieser Kompetenzen oft bezweifeln, wäre eine Kooperation mit Unternehmen aus diesen Ländern wünschenswert. Der Grund dafür liegt insb. in der Möglichkeit der Vermittlung dieser Tatsache an den (potentiellen) Kunden. So wären bspw. italienisches Design, japanische Technologie oder deutsche Qualität gute Kommunikationsargumente. Im Gegensatz zu den bisherigen Arbeiten in der Forschung zur psychischen Distanz werden die wahrgenommenen Unterschiede in den wirtschaftlichen Bedingungen sowie im Entwicklungsstand des Heimatmarktes von denen eines Auslandsmarktes nicht als eine Erklärungsvariable des Konstrukts der psychischen Distanz betrachtet. Die Begründung dafür, die in Kap. 6.3.1.3 beschrieben wurde, soll nun an Hand einer zusammenfassenden Darstellung der Beziehungen zwischen psychischer Distanz und der individuellen Kooperationsbereitschaft verdeutlicht werden. Wie aus der Abb. 19 ersichtlich, gehören wirtschaftliche Bedingungen sowie Entwicklungsstand eines Auslandsmarktes zu situativen Variablen, die im Falle einer Überlegung über eine grenzüberschreitende Kooperation nicht das Fremdartigkeitsgefühl gegenüber einem Land, sondern erst die individuelle Kooperationsbereitschaft beeinflussen. Diese steigt bspw. mit höheren Gewinnaussichten, die auch im Falle hoher empfundener Fremdartigkeitsgefühle vorhanden sein können.

223

Erfahrungen mit einem Auslandsmarkt - berufsbezogene - private - eigene - fremde

Wahrnehmung von Produkten und Unternehmen - Wahrnehmung der Produkte - Wahrnehmung der Unternehmen - Wahrnehmung spezifischer Herstellerkompetenzen

(Entwicklungsstand, wirtschaftliche Bedingungen)

psychische Distanz

individuelle Kooperationsbereitschaft

über einen Auslandsmarkt

- politische Bedingungen - rechtliche Bedingungen - Mentalität der Bevölkerung - Sprachbarriere - geographische Entfernung - historische Entwicklung

Stereotype

objektive Kenntnisse

- landesbezogene - produkt- und unternehmensbezogene

situative Faktoren Wahrnehmung von landesbezogenen Merkmalen

normative Einflüsse

Abb. 19: Zusammenfassende Darstellung der Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz Quelle: eigene Darstellung

Neben den situativen Variablen stellen auch normative Einflüsse Faktoren dar, die sich nicht auf das empfundene Fremdartigkeitsgefühl gegenüber einem Land, sondern erst auf die individuelle Bereitschaft zur Kooperation mit diesem Land auswirken (vgl. Abb. 19). Ausgehend von Ajzens Theorie des geplanten Verhaltens können normative Einflüsse als ‚subjektive Norm’ verstanden werden (vgl. Ajzen, 1988, S. 133). „Die subjektive Norm repräsentiert die Überzeugung einer Person, dass für sie wichtige Dritte von ihr erwarten, in einer spezifischen Situation eine spezifische Verhaltensweise auszuführen bzw. nicht auszuführen“ (Bamberg/ Gumbl/Schmidt, 2000, S. 89). Zu den normativen Einflüssen gehören im Falle einer Überlegung über eine grenzüberschreitende Kooperation bspw. Reaktionen der Kunden, die im Falle einer Zusammenarbeit mit einem bestimmten Land auf Grund der Mentalität, politischen Situation oder historischen Entwicklung (also auf Grund hoher Fremdartigkeitsgefühle der Kunden) zu erwarten wären.75 In welchem Maße Unterschiede zwischen einem Auslands- und dem Heimatmarkt wahrgenommen werden und zur Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen beitragen, hängt von Kenntnissen und Erfahrungen des Unternehmers ab (vgl. Abb. 19). Sowohl die objektiven Kenntnisse über ein Land als auch konkrete Erfahrungen mit diesem Land können das empfundene Fremdartigkeitsgefühl beeinflussen. Dabei ist von immenser Bedeutung, Erfahrungen nicht zeitbezogen zu betrachten, sondern deren qualitative Aspekte in den Vordergrund zu stellen.76 Eine wesentliche Erkenntnis der vorliegenden Arbeit besteht u. a. in der Hervorhebung objektiver Kenntnisse über einen Auslandsmarkt sowie in einer Aufsplitterung von Erfahrungen in mehrere Arten (vgl. Abb. 19). Außerdem konnte an Hand der Befragung gezeigt werden, dass nationale Stereotype einen Einfluss auf das empfundene Fremdartigkeitsgefühl auch im Falle 75

76

Mehr zu normativen Effekten des Landesimages vgl. Forschungsarbeiten aus dem Gebiet der Country-ofOrigin Forschung (bspw. Johansson, 1989, S. 55f.; Häubl, 1995, S. 60). In dieser Arbeit als Intensität der grenzüberschreitenden Kooperation (vgl. Kap. 5.3.1 sowie Kap. 6.2).

224

umfangreicher Kenntnisse und Erfahrungen ausüben. Nicht nur landesbezogene Stereotype, wie z. B. typische Charaktereigenschaften der Menschen sondern auch produkt- und unternehmensbezogene Stereotype werden zur Beurteilung eines Landes herangezogen.

6.5

Erklärungsvariablen der psychischen Distanz am Beispiel der Bereitschaft zur sächsisch-tschechischen Unternehmenskooperation Nach der Beleuchtung von Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz soll nun auf diese unter dem Aspekt derer Relevanz für sächsisch-tschechische Unternehmenskooperation eingegangen werden. In der Abb. 20 sind, ähnlich wie im vorherigen Kapitel, einzelne Erklärungsvariablen nach den Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation graphisch dargestellt. Die Bedeutung einzelner Variablen des Konstrukts der psychischen Distanz im sächsisch-tschechischen Grenzraum unterscheidet sich von der allgemeinen Ebene wesentlich. Neben der Unterscheidung zwischen auslandserfahrenen und -unerfahrenen Unternehmern wurde eine Profilerstellung nach deren Herkunft vorgenommen, die in der Abb. 21 zu finden ist. Beide Abbildungen sollen nun näher beschrieben werden. unwichtig

wichtig

sehr wichtig

Kernvariable

politische Stabilität Sicherheit rechtliche Bedingungen Mentalität Sprachbarriere geographische Entfernung historische Entwicklung Unternehmen & Produkte typische Kompetenzen erfahrene Unternehmer

unerfahrene Unternehmer

Abb. 20: Bedeutung der Erklärungsvariablen der psychischen Distanz im sächsisch-tschechischen Grenzraum (nach der Erfahrung) Quelle: eigene Darstellung (vgl. Kap. 6.3.1 und 6.3.2)

225

unwichtig

wichtig

sehr wichtig

Kernvariable

politische Stabilität Sicherheit rechtliche Bedingungen Mentalität Sprachbarriere geographische Entfernung historische Entwicklung Unternehmen & Produkte typische Kompetenzen tschechische Unternehmer

sächsische Unternehmer

Abb. 21: Bedeutung der Erklärungsvariablen der psychischen Distanz im sächsisch-tschechischen Grenzraum (nach der Herkunft) Quelle: eigene Darstellung (vgl. Kap. 6.3.1 und 6.3.2)

Politische Stabilität und Sicherheit, die auf der allgemeinen Ebene als Kernvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz bezeichnet wurden, spielen im Falle der sächsischtschechischen Kooperation für alle befragten Unternehmer lediglich eine untergeordnete Rolle. Sowohl Erfahrung als auch Herkunft brachten keine Unterschiede in der Wahrnehmung der politischen Situation des jeweiligen Nachbarlandes. Die politischen Bedingungen des Nachbarlandes werden als stabil und sicher wahrgenommen, die Befragten verbinden mit beiden Ländern keine Risiken hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation. Ähnlich sieht es ebenfalls bei der Wahrnehmung von rechtlichen Bedingungen aus. Wahrgenommene Unterschiede in rechtlichen Bedingungen des Nachbarlandes stellen keine Barriere für die sächsisch-tschechische Kooperation dar. Durch die EU-Mitgliedschaft beider Länder werden gleiche oder zumindest ähnliche Gesetze und Vorschriften erwartet. Einige Befürchtungen herrschen jedoch bei weniger erfahrenen sowie bei sächsischen Unternehmern. Zwar bezeichneten diese die wahrgenommenen Unterschiede in rechtlichen Bedingungen nicht als Kooperationshindernis, deren Einbezug wäre für sie bei den Überlegungen über das Eingehen einer sächsisch-tschechischen Kooperation jedoch unabdingbar. Zu den Erklärungsvariablen der psychischen Distanz, die im Falle der sächsischtschechischen Unternehmenskooperation nach der Meinung der befragten Unternehmer keine bzw. nur eine begrenzte Rolle spielen, gehört weiterhin die geographische Entfernung beider Länder. Für einige, vorwiegend tschechische Unternehmer, stellt jedoch auch diese Vari-

226

able eine Barriere für die grenzüberschreitende Kooperation dar. Begründet wurde dies insb. durch einen zu allgemeinen Charakter der Produktion bzw. durch hohe Transportkosten (vgl. Kap. 6.3.1.6). Bei den Überlegungen hinsichtlich einer Kooperation mit Unternehmen aus dem Nachbarland legen die Befragten einen hohen Wert auf die Wahrnehmung dortiger Produkte und Unternehmen sowie spezifischer Herstellerkompetenzen des jeweiligen Nachbarlandes. Im sächsisch-tschechischen Grenzraum schreiben insb. Unternehmer aus Tschechien den spezifischen Kompetenzen eine hohe Bedeutung bei den Überlegungen hinsichtlich einer grenzüberschreitenden Kooperation zu. Von einer Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen versprechen sich die tschechischen Befragten gewisse Verkaufsvorteile. Eine solche Kooperation wird oft nach außen kommuniziert. Im Gegensatz dazu sehen die Befragten in Sachsen keinen Vorteil darin, eine Kooperation mit einem tschechischen Unternehmen zu kommunizieren (vgl. Kap. 6.3.2). Beiden Ländern werden gewisse Kompetenzen bspw. im Maschinenbau zugeschrieben, was dazu führt, dass die befragten Unternehmer eher zu einer gegenseitigen Kooperation tendieren würden, als bspw. zur Kooperation mit Polen, dem sie keine Kompetenzen in diesem Bereich zuschreiben. Eine große Bedeutung unter den Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz nehmen im Falle sächsisch-tschechischer Unternehmenskooperation die Sprachbarriere, Mentalität sowie historische Entwicklung ein. Diese drei Variablen fungieren z. T. als Ausschlusskriterien der Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Kooperation (vgl. Abb. 20 und Abb. 21). Ähnlich wie auf der allgemeinen Ebene, stellen auch am Beispiel des sächsisch-tschechischen Grenzraums die Unterschiede in der Sprache eine größere Barriere für auslandsunerfahrene Unternehmer dar. Darüber hinaus verbinden vorwiegend sächsische Unternehmer mit den unterschiedlichen Landessprachen in Deutschland und Tschechien gewisse Befürchtungen. Im Gegensatz zu den sächsischen sind die tschechischen Befragten eher bereit, bei Verhandlungen eine Fremdsprache zu nutzen. Die meisten Befragten sehen große Unterschiede zwischen der deutschen/sächsischen und der tschechischen Mentalität (vgl. Kap. 6.3.1.4). Diese Differenzen können nach der Meinung der befragten Unternehmer den Erfolg einer Kooperation beeinträchtigen bzw. das Eingehen einer Kooperation völlig ausschließen. Insb. auslandserfahrene Unternehmer bezeichneten Mentalität als Ausschlusskriterium einer Kooperation. Sowohl für sächsische als auch für tschechische Unternehmer würden Unterschiede in der Mentalität zwischen Deutschen und Tschechen ein Hindernis in deren Bereitschaft zur gegenseitigen Zusammenarbeit darstellen. Die in Kap. 6.3.1.4 beschriebene unterschiedliche Wahrnehmung der ‚Grundmentalität’ und der Mentalität, die sich im Zugang zur Arbeit der Tschechen und der Deutschen widerspie227

gelt, mag auf den ersten Blick keine gravierenden Konsequenzen für die gegenseitige Kooperation haben. Sie birgt jedoch eine große Gefahr in sich, die auf den unterschiedlichen Normen und Werten beider Kulturen beruht. Ausgehend von Kulturstandards von Thomas betont Nový u. a. die für Tschechien typischen persönlichen Aspekte einer Zusammenarbeit (vgl. Nový, 2006. S. 87f.). So werden persönliche Sympathien in Tschechien oft zur Voraussetzung des Eingehens einer Kooperation, während in Deutschland der Sachbezug überwiegt. Nový paraphrasiert die tschechische Art und Weise des Vertrauensaufbaus zwischen Kooperationspartnern folgendermaßen: „Wenn wir gut befreundet sind, können wir gut miteinander arbeiten“ (Nový, 2006, S. 90). Für Deutsche ist zum Aufbau von gegenseitigen Vertrauen ein entgegengesetzter Zugang charakteristisch: „Wenn wir gut und zuverlässig zusammenarbeiten werden, können wir auch persönliche Freunde werden“ (ebenda, S. 90). Dadurch verdeutlicht er den Sachbezug der deutschen Kultur, in welcher der Vertrauens-aufbau durch „die Einhaltung sachlicher Aspekte einer Zusammenarbeit (Termin, Qualität, Preis)“ (ebenda, S. 90) erfolgt. Bei der Bewertung des jeweiligen Nachbarlandes spielt auch die Wahrnehmung der Beziehungen zweier Länder in der Geschichte eine große Rolle. Dies spiegelt sich in der Beurteilung dortiger Menschen aber auch dortiger Unternehmen und Produkte wider. Eine hohe Bedeutung der historischen Entwicklung zeigte sich im Falle der vorliegenden Untersuchung insb. bei der Beurteilung deutsch-tschechischer Unternehmensbeziehungen, weniger bei der Bewertung von Unternehmensbeziehungen mit anderen Ländern. Das wahrgenommene Fremdartigkeitsgefühl sowie die daraus resultierende niedrige individuelle Bereitschaft zur Kooperation mit dem Nachbarland zeigten sich sowohl bei auslandserfahrenen als auch –unerfahrenen Unternehmern deutlich. Ursachen für Probleme und Missverständnisse, zu denen es bei Kooperationsbeziehungen zwischen deutschen und tschechischen Unternehmen kommt, werden oft in der Geschichte gesucht. Deutsche Überheblichkeit und Selbstbewusstsein haben nach der Meinung der tschechischen Befragten ihre Wurzeln in der ersten Hälfte des 20. Jh., Unzuverlässigkeit, ein niedrigerer Entwicklungsstand sowie die daraus resultierende niedrige Qualität in Tschechien wiederum in den Ostblockzeiten. Am häufigsten wurden im Falle der vorliegenden Untersuchung gerade Ostblockzeiten sowie die Entwicklung nach dem Jahr 1990 als mögliche Basis für heutiges Misstrauen genannt. Der Zweite Weltkrieg und die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus der ehemaligen Tschechoslowakei in der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden ebenfalls oft erwähnt. Nach Grohová überwiegen in den deutsch-tschechischen Beziehungen eher Emotionen als Kenntnisse der Geschichte (vgl. Grohová, 2005). Dies hat seine Ursachen u. a. in einem starken nationalen Radikalismus, der in der unmittelbaren Nachkriegszeit in der Tschechoslowakei herrschte und der sich v. a. in der Ablehnung von Allem, was deutsch war, widerspiegelte

228

(vgl. Koþová, 2005, S. 49f.).77 Außerdem sind nach Koþová sowie nach Rak die Ursachen für die damaligen problematischen Beziehungen in antideutschen Vorurteilen und Stereotypen zu suchen, die insb. aus dem 19. bzw. Anfang 20. Jh. stammen (vgl. Koþová, 2005, S. 50). In diesem Zusammenhang weist jedoch Oschlies auf die Existenz antideutscher bzw. antislawischer Stereotype und Vorurteile bereits im Mittelalter hin (vgl. Oschlies, 1996, S. 5f.). „Bereits in frühmittelalterlichen Chroniken werden Slawen canes (Hunde), rebeles und barbari genannt […]. Im Falle der Tschechen könnte man eventuell auf die gereimte ‚DalimilChronik’ aus dem 14. Jahrhundert zurückgehen, die speziell im 19. Jahrhundert als Ausdruck von ‚glühendem Deutschenhass’, ja von ‚böhmischem Nationalhass gegen die Deutschen’ angesehen wurde“ (ebenda, S. 5). Das Zusammenleben der Tschechen und Deutschen über mehrere Jahrhunderte eskalierte nach Oschlies im 19. Jh.: „Da jedoch die Tschechen als auch die Deutschen sich – bewusst oder unbewusst – um einen nationalen Staat bemühten, war ein wirkliches Einverständnis prinzipiell unmöglich“ (Oschlies, 1996, S. 19). In dieser Arbeit soll und kann eine Analyse der geschichtlichen Aspekte der deutschtschechischen Beziehungen nicht erfolgen. Die Bedeutung dieser Merkmale für die heutigen Unternehmensbeziehungen, die sich im Falle dieser Untersuchung als hoch erwies, weist jedoch auf die Notwendigkeit einer stärkeren Einbeziehung solcher Aspekte auch in die wirtschaftswissenschaftliche Forschung hin, da sich insb. in kleinen Unternehmen die persönlichen Ansichten und Einstellungen der Besitzer bzw. Manager in die betrieblichen Entscheidungen projizieren (vgl. Kap. 2.1). Die Notwendigkeit der Erforschung der Geschichte für die heutigen Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechen betont bspw. Vierhaus: „Ohne Kenntnis der Geschichte würde man ratlos vor ihnen stehen, Fehler von einst wiederholen, Schwierigkeiten unterschätzen“ (Vierhaus, 2001, S. 19). Oschlies betont, dass die Stereotypen und Vorurteile deren Ursachen in realen Konflikten zwischen zwei Gruppen (Nationen) haben und von verschiedenen Institutionen gefestigt werden (vgl. Oschlies, 1996, S. 9). Zwar sind die offiziellen Beziehungen zwischen beiden Ländern sehr gut, „die geschichtlichen Belastungen des deutschtschechoslowakischen Verhältnisses sind nicht abgetragen und vergessen“ (Vierhaus, 2001, S. 16). Der Problematik der deutsch-tschechischen Geschichte widmet sich eine ganze Reihe von Autoren. Neben der rein historischen Analyse (vgl. bspw. StanČk, 2001, S. 207ff.), konzentrieren sich manche Autoren auch auf die Fremdbilder der Deutschen und Tschechen in der Literatur, Presse oder in der Karikatur, in der sich die deutsch-tschechischen Verhältnisse ebenfalls widerspiegeln (vgl. bspw. Koþová, 2005, S. 49ff.; Oschlies, 1995, S. 324ff.).78 77

78

Koþová nennt in ihrer Arbeit zahlreiche Beispiele, wie sich diese Ablehnung äußerte. „Es galt die These, dass Deutsche, Deutschland gleich Nationalsozialismus sind“ (Koþová, 2005, S. 50). Abgelehnt wurde die deutsche Sprache und Kultur; Wörter Deutschland und Deutsche wurden auch in offiziellen Dokumenten kleingeschrieben (vgl. ebenda, S. 50). Für eine Vertiefung der historischen Aspekte der deutsch-tschechischen Beziehungen sei an dieser Stelle auf weiterführende Literatur hingewiesen (z. B. Oschlies, 1995; Oschlies, 1996; Vierhaus, 2001; StanČk, 2001; Koþová, 2005; Rak, 1994; Beneš et al., 2002).

229

Nicht zuletzt können auch die Unterschiede zwischen tatsächlichem und vermutetem Fremdbild der Sachsen und Tschechen Probleme bei der grenzüberschreitenden Kooperation auslösen. Unter vermuteten Fremdbildern sind die Vermutungen darüber zu verstehen, wie man von dem Anderen wahrgenommen wird (vgl. Layes, 2003, S. 120f.).79 Wie die Erkenntnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, unterscheidet sich insb. das vermutete Fremdbild der Sachsen in Tschechien von deren tatsächlichem Fremdbild. Während die befragten Unternehmer in Sachsen meist über eine äußerst positive Wahrnehmung deutscher Produkte und Unternehmen im Ausland überzeugt sind, wiesen die tschechischen Befragten in diesem Zusammenhang oft auf einen guten Ruf deutscher Produkte in der Vergangenheit hin. Sächsische Unternehmer vertreten die Meinung, dass Deutschland im Ausland v. a. mit Zuverlässigkeit, Qualität oder soliden Technologien in Verbindung gesetzt wird. Ebenfalls seien die Kunden im Ausland bereit, für Produkte mit deutscher Herkunft mehr zu zahlen. Einer unterschiedlichen Wahrnehmung der Alten und Neuen Bundesländern in Tschechien sind sich die Befragten in Sachsen nur begrenzt bewusst. Ihrer Meinung nach sei die Wahrnehmung der Angehörigen der Neuen Bundesländer in dem Falle positiver, als die der Westdeutschen. Dies beruht nach der Meinung der Befragten insb. auf einer ähnlichen historischen Entwicklung in der zweiten Hälfte des 20. Jh. (vgl. Kap. 6.3.1.7). Was die vermuteten Fremdbilder der Tschechen im Ausland und insb. in Deutschland anlangt, ist diese im Vergleich zu dem oben beschriebenen vermuteten Fremdbild der Deutschen im Ausland sehr negativ. Diese vermuteten Fremdbilder beziehen sich v. a. auf den Entwicklungsstand des Landes und die damit zusammenhängenden Merkmale der Produkte und Unternehmen. Im Verlauf der Interviews mit tschechischen Unternehmern wurde mehrmals erwähnt, dass Westeuropäer denken ‚die Tschechen leben auf Bäumen.’ Diese Wahrnehmung verbesserte sich nach der Meinung der befragten tschechischen Unternehmer erst nach dem EU-Beitritt Tschechiens. Herr FCZ: „Noch vor dem EU-Beitritt haben uns diese Länder (die westeuropäischen) so betrachtet, als ob wir vor 14 Tagen von den Bäumen runtergeklettert gewesen wären und unsere besten Werkzeuge Hammer und Meißel gewesen wären. Diese Zeiten sind schon vorbei.“

Den Aussagen der tschechischen Befragten zufolge empfinden Manager ausländischer Unternehmen nach dem EU-Beitritt Tschechiens eine höhere Sicherheit, haben ein größeres Vertrauen in ihre tschechischen Kooperationspartner. Das Image Tschechiens ändere sich allerdings zu langsam, die Befragten verwiesen bspw. auf eine völlig verzerrte Vorstellung ausländischer Unternehmen über die tatsächlichen Kosten in Tschechien, was auch die folgende Aussage belegt. Herr ECZ: „… sie (deutsche Unternehmen) können nicht kalkulieren oder sie haben auch ganz verzerrte Vorstellungen über Tschechien, sie denken, es wäre Rumänien hier, mit den Kosten…“

79

Beispiele für Unterschiede im tatsächlichen und vermuteten Fremdbild lassen sich bspw. bei Layes finden (vgl. Layes, 2003, S. 121).

230

Durch die Analyse der Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz am Beispiel des sächsisch-tschechischen Grenzraums konnte gezeigt werden, dass die in Kap. 6.4 dargestellten Gewichtungen der einzelnen Erklärungsvariablen dieses Konstrukts nicht allgemeingültig sind (vgl. Abb. 18). Die bilateralen Beziehungen zwischen Ländern weisen immer gewisse Spezifika auf, die bei der Ermittlung von Fremdartigkeitsgefühlen in Betracht gezogen werden müssen. Die in der Abb. 18 vorgeschlagene Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz dient somit als Grundlage für die Ermittlung von Fremdartigkeitsgefühlen, die ein Individuum gegenüber einem Auslandsmarkt empfindet. Die Erkenntnisse über die Erklärungsvariablen der psychischen Distanz im sächsisch-tschechischen Grenzraum zeigen, dass insb. Mentalitätsunterschiede, die Sprachbarriere sowie die historische Entwicklung die wahrgenommene Fremdartigkeit erhöhen und somit auch die individuelle Kooperationsbereitschaft senken. Für die Beziehung zwischen zwei anderen Ländern können bspw. Unterschiede in politischen Bedingungen oder produktbezogenen Merkmalen eine viel bedeutendere Rolle spielen, als dies im sächsisch-tschechischen Grenzraum der Fall ist.

231

7

7.1

Gestaltungsempfehlungen zum Aufbau grenzüberschreitender Kooperationsbeziehungen Generelle Gestaltungsempfehlungen

7.1.1 Kritische Würdigung bestehender praxisbezogener Implikationen Von den zahlreichen Forschungsarbeiten über das Konstrukt der psychischen Distanz widmen sich überraschend wenige Studien möglichen praxisbezogenen Empfehlungen zum Abbau von Fremdartigkeitsgefühlen. In der einschlägigen Literatur werden insb. Ansatzpunkte zur Erhöhung der Auslandsorientierung von Managern diskutiert (vgl. bspw. Müller, 1991, S. 274ff.), d. h. Maßnahmen, welche die generelle Bereitschaft zum Auslandsengagement erhöhen. Diese beziehen sich allerdings nicht explizit auf die empfundene Fremdartigkeit gegenüber einem bestimmten Land (vgl. Kap. 2.3). Ein grundlegendes Problem praxisbezogener Implikationen der Forschung zur psychischen Distanz besteht darin, dass lediglich Faktoren genannt werden, die das Ausmaß von Fremdartigkeitsgefühlen beeinflussen können. Dazu gehören u. a. Erfahrungen mit Auslandsmärkten bzw. sog. ‚personal networks’ der Manager (vgl. bspw. Child/Ng/Wong, 2002, S. 50f.). Außerdem vertreten einige Autoren die Meinung, dass psychische Distanz im Laufe der Zeit nur auf Grund gesellschaftspolitischer Änderungen (Globalisierungstendenzen) sinkt (vgl. bspw. Child/Ng/Wong, 2002, S. 54), was den Eindruck erweckt, der Unternehmer selbst bzw. externe Institutionen können nicht aktiv zur Minderung der psychischen Distanz beitragen. Ein weiterer Nachteil bestehender Implikationen in der Literatur zur psychischen Distanz ist in deren Ausrichtung auf Großunternehmen zu sehen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Führungskräfte keine bzw. nur eine geringe psychische Distanz zu bestimmten Auslandsmärkten aufweisen. Dieser Voraussetzung zufolge werden Maßnahmen zur Senkung von Fremdartigkeitsgefühlen bei den Mitarbeitern vorgeschlagen, wie z. B. Mitarbeiterentsendung ins Ausland, Fremdsprachenkurse oder Vorträge über Auslandsmärkte (vgl. Müller, 1991, S. 275; Kornmeier, 2002, S. 181ff.). Nicht zuletzt sollen auch Kooperationen mit ausländischen Unternehmen die empfundenen Fremdartigkeitsgefühle bei den Mitarbeitern senken (vgl. Kornmeier, 2002, S. 190; Child/Ng/Wong, 2002, S. 52). Die Tatsache, dass ein Manager selbst auf Grund hoher Fremdartigkeitsgefühle Auslandsaktivitäten ablehnt, wurde in der einschlägigen Literatur bis dato nicht berücksichtigt. Insb. in kleineren Unternehmen stellt dies jedoch ein gravierendes Problem dar. Auch Kornmeier, der sich mit den Maßnahmen zur Senkung der psychischen Distanz ausführlich auseinandersetzt (vgl. Kornmeier, 2002, S. 181ff.), überwindet dieses Problem nicht. Zwar schlägt er einige Maßnahmen auch für KMU vor, diese beziehen sich allerdings auf die bereits erwähnte Auslandsorientierung bzw. kulturelle Offenheit der Manager (vgl. ebenda, S. 208f.). Die Entwicklung von Handlungsempfehlungen für Unternehmer in KMU, die eine hohe psychische Distanz aufweisen und zugleich nicht bereit sind, diese zu senken, ist nur sehr begrenzt möglich. Aus diesem Grund ist es erforderlich, Empfehlungen für unternehmens233

externe Wirtschaftssubjekte und Institutionen abzuleiten, welche die Minderung der psychischen Distanz ‚von Außen’ fördern können. Wie Staat, Kommunen, Wirtschaftskammern sowie Beratungsunternehmen zur Senkung bzw. Beseitigung von Fremdartigkeitsgefühlen beitragen können, wird im Folgenden diskutiert (vgl. Kap. 7.1.2). Anschließend werden einige Maßnahmen für diejenigen KMU aufgestellt, die sich um Auslandsengagements bemühen, jedoch oft auf Misstrauen seitens ausländischer Unternehmen stoßen (vgl. Kap. 7.1.3).

7.1.2 Die Rolle externer Institutionen und Wirtschaftssubjekte beim Abbau von psychischer Distanz Fremdartigkeitsgefühle gegenüber bestimmten Ländern können nur durch die Beseitigung von Faktoren abgebaut bzw. gemindert werden, die diese verursachen. So schlägt bspw. Kornmeier Maßnahmen vor, die das subjektive Gefühl der Informiertheit verbessern (bspw. Vermittlung von Faktenwissen über Auslandsmärkte), vorurteilshafte Einstellungen abbauen (bspw. Culture assimilator training) sowie wahrgenommene Länderunterschiede verringern (bspw. Cultural self awareness training) (vgl. Kornmeier, 2002, S. 181ff.). Im Falle von Unternehmern mit einer niedrigen psychischen Distanz können diese Maßnahmen durch den Unternehmer selbst getroffen werden. Bei Unternehmern mit hoher psychischer Distanz sowie niedriger Bereitschaft zu deren Senkung können externe Institutionen und Wirtschaftssubjekte dazu beitragen, die empfundenen Fremdartigkeitsgefühle zu mindern. Die Erkenntnisse der Forschung zur psychischen Distanz sowie die empirischen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die empfundenen Fremdartigkeitsgefühle ihre Ursachen in den wahrgenommenen Unterschieden zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt haben. Die unterschiedlichen gesellschaftspolitischen und kulturellen Entwicklungen in zwei Ländern haben nicht nur unterschiedliche politische und rechtliche Systeme, Mentalitäten oder Sprachen zur Folge, sondern sind auch dafür verantwortlich, dass ein Auslandsmarkt an Hand bestimmter Kriterien bewertet wird, die von den Maßstäben der eigenen Kultur ausgehen. Die Rolle externer Institutionen und Wirtschaftssubjekte liegt daher insb. in einer adäquaten Vermittlung und Erklärung dieser Unterschiede sowie in der Realisierung von Maßnahmen zur deren Bewältigung. Zur Senkung wahrgenommener Fremdartigkeit können Institutionen auf der Ebene des Staates beitragen. Die Regierungen sollten Maßnahmen unterstützen, die zu einer besseren Wahrnehmung des Landes im Ausland beisteuern. Staatlich geförderte Imagekampagnen erhöhen zum Einen den Bekanntheitsgrad des Landes im Ausland, zum Anderen können sie auch eine Verbesserung der Wahrnehmung gewisser Aspekte des Landes zur Folge haben. Insb. die produktbezogene Dimension des Landesimages lässt sich im Vergleich zur landesbezogenen relativ schnell ändern. Eine große Gefahr der Imagekampagnen besteht allerdings im Bestärken nationaler Stereotype. Bei der Bildung einer Imagekampagne ist außerdem zu beachten, dass die Wahrnehmung des eigenen Landes in verschiedenen Regionen unterschied234

lich sein kann. Demzufolge sollten solche Kampagnen zwar eine gemeinsame Hauptlinie haben, zugleich jedoch die Spezifika der Wahrnehmung im jeweiligen Land in Betracht ziehen. Zur Verbesserung des Landesimages im Ausland können sog. Meinungsführer (öffentlich bekannte, anerkannte Persönlichkeiten) genutzt werden. Kornmeier schlägt die Nutzung von Meinungsführern im Zusammenhang mit der Senkung der psychischen Distanz bei Konsumenten vor (vgl. Kornmeier, 2002, S. 187f.).80 Durch Imagekampagnen kann die Informiertheit der Menschen im Ausland über das Leben, über Werte und Normen etc. im jeweiligen Land verbessert werden. Die mit einem bestimmten Land verbundenen Vorurteile können allerdings durch Imagekampagnen nur teilweise abgebaut werden. Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass der Staat Maßnahmen zur Förderung der grenzüberschreitenden Kontakte unterstützt (gemeinsame Sport- und Kulturveranstaltungen, Messen und Ausstellungen etc.). Neben der Verbesserung der Wahrnehmung des Heimatlandes im Ausland kann die psychische Distanz auf staatlicher Ebene durch die Intensivierung grenzüberschreitender Kooperationsaktivitäten gesenkt werden. Insb. die Aufgeschlossenheit der Regierung gegenüber grenzüberschreitenden Kooperationsaktivitäten aller Art trägt zur Minderung von Fremdartigkeitsgefühlen wesentlich bei. Die staatliche, sowohl materielle als auch immaterielle Förderung von grenzüberschreitenden Kooperationen muss ausreichend bekannt gemacht werden. Nicht nur Kooperationen zwischen Regionen, Kommunen, Schulen und unterschiedlichen Vereinen, sondern auch betriebliche Kooperationen werden dadurch für ‚Außenstehende’ transparenter und selbstverständlicher. Die gerade aufgezeigten Möglichkeiten sind in der Tab. 57 zusammengefasst.

80

Meinungsführer sollen nach Kornmeiers Meinung die mangelnde Informiertheit beseitigen, die zu den Ursachen der Entstehung von Fremdartigkeitsgefühlen führt (vgl. Kornmeier, 2002, S. 187).

235

Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz auf der Ebene des Staates Psychische Distanz kann gesenkt werden durch: Beispiele konkreter Maßnahmen: Verbesserung der Wahrnehmung - Erhöhung der Informiertheit über - Imagekampagnen (landesbezodes Heimatlandes im Ausland das Heimatland im Ausland gen, produktbezogen) - Abbau von Vorurteilen - Organisation von Kultur- und Sportveranstaltungen (bspw. durch Auslandszentren) - Teilnahme an sowie Veranstalten von Messen und Ausstellungen - Förderung von Aufenthalten ausländischer Personen im Land (Stipendien etc.) Intensivierung grenzüberschreiten- - Aufgeschlossenheit gegenüber - Bereitstellung von Informationen der Kooperationsaktivitäten grenzüberschreitenden Kooperafür ausländische Unternehmen tionsaktivitäten - Teilnahme an sowie Veranstalten - Erhöhung der Informiertheit über von Messen und Ausstellungen Investitions- und Kooperations- intensive Kommunikation aller möglichkeiten angebotenen Dienstleistungen - Förderung grenzüberschreitender Kooperationsaktivitäten - Förderung sprachlicher und interkultureller Kompetenz der Bevölkerung Tab. 57: Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz auf der Ebene des Staates Quelle: eigene Darstellung

Die Maßnahmen auf der staatlichen Ebene sind durch ihren ‚offiziellen’ Charakter den potentiellen Akteuren grenzüberschreitender Kooperationen oft zu weit entfernt. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass Behörden auf der regionalen Ebene sowie Kommunen die Umsetzung dieser Maßnahmen in der jeweiligen Grenzregion übernehmen. Ähnlich wie der Staat sollten auch Kommunen und regionale Behörden die generelle Informiertheit der Bevölkerung über das Nachbarland erhöhen sowie versuchen, bestehende Vorurteile abzubauen. Dies gelingt nur dann, wenn das Zusammenleben im Grenzraum gefördert wird. Zur Senkung der psychischen Distanz kann jedoch nicht lediglich eine Schließung von Städtepartnerschaften jenseits der Grenze beitragen, sondern diese muss auch den Menschen übermittelt werden. Gemeinsame Veranstaltungen (Volksfeste, Kulturfestivals, Schüleraustausche etc.) und Informationen über das Leben im jeweiligen Nachbarland in den regionalen Medien tragen zur Minderung von Fremdartigkeitsgefühlen wesentlich mehr bei, als offizielle Treffen der Politiker oder Vermittlung von sog. hard facts über das jeweilige Land (politische Ereignisse, Wirtschaftswachstum etc.). Wie die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit belegen, stellt u. a. die historische Entwicklung der gegenseitigen Beziehungen zwischen zwei Ländern ein Hemmnis der Bereitschaft zu einer näheren Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Land dar (vgl. Kap. 6.3.1.7). Der Grund dafür besteht insb. in der Existenz unterschiedlicher Vorurteile bzgl. der Mentalität der Bevölkerung des Nachbarlandes, die in der Wahrnehmung des Unternehmers den Erfolg einer Kooperation a priori ausschließen. Da der Abbau von Vorurteilen einen langfristigen Zeitraum erfordert, ist es sinnvoll, dass die Kommunen einen regen Austausch insb. für Kinder und Jugendliche unterstützen. Zweisprachige Kindergärten, Schüleraustausche sowie gemein236

same Freizeitgestaltung in den grenznahen Gemeinden können dazu beitragen, dass die jüngeren Generationen die Koexistenz zweier Nationen im Grenzraum als etwas Selbstverständliches wahrnehmen und keine Trennlinie zwischen dem ‚Eigenen’ und dem ‚Fremden’ machen. Die Tab. 58 fasst überblicksartig die Gestaltungsempfehlungen für Kommunen und regionale Behörden zusammen. Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz für Kommunen Psychische Distanz kann gesenkt werden durch: Beispiele konkreter Maßnahmen: praktische Umsetzung staatlicher - Erhöhung der Informiertheit über - Informationen über das NachbarZiele auf regionaler Ebene das Nachbarland generell land in regionalen Medien - Erhöhung der Informiertheit über - Erhöhung der Informiertheit über - Teilnahme an Messen und das Heimatland im Nachbarland Investitions- und KooperationsAusstellungen möglichkeiten - Bereitstellung von Informationen für ausländische Unternehmen - ausreichende Kommunikation aller angebotenen Dienstleistungen - Abbau von Vorurteilen, Erhö- Aufgeschlossenheit gegenüber - gemeinsame Freizeitgestaltung hung vom Erfahrungswissen grenzüberschreitenden Koopera(Kultur- und Sportveranstaltuntionsaktivitäten gen, Volksfeste, Festivals etc.) - Förderung des Zusammenlebens - Schüleraustausche in Grenzgebieten - zweisprachige Kindergärten - Förderung grenzüberschreitender Kooperationsaktivitäten Tab. 58: Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz für Kommunen Quelle: eigene Darstellung

Die empfundenen Fremdartigkeitsgefühle gegenüber einem Land können neben der Beeinflussung der Faktoren in der privaten Sphäre des Menschen auch durch Maßnahmen im Wirtschaftsbereich gesenkt werden. An dieser Stelle soll insb. die Rolle von Handelskammern sowie Beratungsunternehmen hervorgehoben werden, die zur Intensivierung der grenzüberschreitenden Unternehmenskooperation beitragen können. Ähnlich wie Kommunen und regionale Behörden stellen auch Handelskammern Multiplikatoren staatlicher Maßnahmen dar. Trotz der Tatsache, dass regionale Handelskammern zahlreiche Dienstleistungen im Bereich grenzüberschreitender Unternehmenskooperationen anbieten, genießen diese zumindest im Falle der in der vorliegenden Studie befragten Unternehmer keinen positiven Ruf (vgl. Kap. 6.2.2). Die Handelskammern sollten anstatt einmaliger Maßnahmen, wie z. B. Veranstalten eines Unternehmenstreffens oder Seminars, konsequenter vorgehen, indem sie den Unternehmen zielgerichtete, maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Die angebotenen Dienstleistungen sollten nicht bei der Kontaktvermittlung enden, sondern müssen den gesamten Kooperationsanbahnungsprozess begleiten. Dabei können Seminare und Trainings eine ergänzende, unterstützende Funktion ausüben, die insb. in der Vorbereitungsphase einer Kooperation unabdingbar ist. Weitere Maßnahmen, deren Durchführung seitens der Handelskammern sinnvoll wäre, ist die Organisation von Erfahrungsaustauschen zwischen Unternehmern. Diese sollten eher einen informellen Charakter haben und können bspw. durch Internetforen ergänzt werden, an denen 237

nicht nur im Ausland bereits tätige Unternehmer, sondern auch auslandsunerfahrene Unternehmer die Chance haben, teilzunehmen und somit wichtige Hinweise für ihr potentielles Auslandsengagement holen können. Zahlreiche Handelskammern bieten zwar unterschiedliche Kooperationsbörsen an, allerdings oft in Form von Onlinedatenbanken, in denen interessierte Unternehmen lediglich ihre Anzeige mit Kooperationswünschen veröffentlichen können. Die gängigen Aktivitäten der Handelskammern im Bereich der grenzüberschreitenden Kooperationen konzentrieren sich insb. auf das Veranstalten von Seminaren. Diese sind oft als Vorträge mit anschließender Diskussion konzipiert, bei denen v. a. den rechtlichen, arbeitspolitischen oder steuerlichen Bedingungen im jeweiligen Land große Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auch Broschüren zum Markteintritt in einen bestimmten Auslandsmarkt fassen oft in Form von Wirtschafsprofilen lediglich die üblichen Informationen über ein Land zusammen (Arbeitslosigkeit, Lohnkosten, Währungsschwankungen etc.). Solche Länderprofile, die sicherlich zur ersten Orientierung des Unternehmers sinnvoll sind, sollten jedoch um Erfahrungsberichte auslandstätiger Unternehmer, interkulturelle Trainings sowie praktische Leitfaden für den Markteintritt ergänzt werden. Insb. bei der Gestaltung von interkulturellen Trainings ist notwendig, dass die Veranstalter großen Wert auf mögliche Konsequenzen solcher Maßnahmen legen. Die Teilnehmer müssen sich dessen bewusst sein, dass solche Trainings keine universelle Gültigkeit besitzen. Kultur stellt ein komplexes Phänomen dar, das nicht innerhalb eines eintägigen Trainings vermittelt werden kann. Vielmehr sollten interkulturelle Trainings dazu dienen, die eigene Sichtperspektive bei der Beurteilung des ‚Fremden’ um diejenigen Aspekte zu erweitern, welche eine ethnozentrische Sichtweise vermeiden oder zumindest mindern. Aus diesem Grund ist ein bloßer Hinweis auf bestehende Unterschiede zwischen zwei Kulturen nicht ausreichend, in manchen Fällen kann dies sogar zur Erhöhung von Befürchtungen und Zweifeln bzgl. eines Auslandsengagements führen. Um dies zu vermeiden, sollten interkulturelle Trainings auf Gemeinsamkeiten anstatt auf Unterschiede zweier Kulturen ausgerichtet werden (vgl. Kornmeier, 2002, S. 194). Außerdem müsste dabei mehr die Zielgruppe berücksichtigt werden, da verschiedene Formen des Auslandsengagements (bspw. im Kultur- und Wirtschaftsbereich) auch unterschiedliche interkulturelle Vorbereitungen fordern. An dieser Stelle soll auf die Notwendigkeit einer vorsichtigen Betrachtung unterschiedlichster Ratgeber zum Umgang mit anderen Kulturen hingewiesen werden, die z. T. sehr vereinfachend sind (vgl. Birke, S. 2). „Jede Aussage über eine andere Kultur sollte kritisch hinterfragt und nicht kommentarlos ‚geglaubt’ werden“ (ebenda, S. 2). Das Dienstleistungsangebot von Handelskammern hinsichtlich der Hilfestellung für Unternehmen, die ihre Aktivitäten auf Auslandsmärkte erweitern wollen ist nach einer Internetrecherche der Verfasserin dieser Arbeit breit.81 Die Mängel bestehen jedoch insb. in einer unzu81

Es erfolgte eine Recherche von Dienstleistungsangeboten nicht nur von Handelskammern in Deutschland, sondern auch von denen in Österreich, Frankreich und Tschechien.

238

reichenden Kommunikation dieser Angebote sowie in einer fehlenden Vernetzung dieser Aktivitäten. Im Falle der vorliegenden Befragung nutzen mehrere Unternehmer die Dienstleistungen von Handelskammern nicht, da sie davon überzeugt sind, dass Handelskammern lediglich Kontaktadressen vermitteln bzw. ein einmaliges Unternehmenstreffen organisieren. Die befragten Unternehmer würden allerdings eine konsequente Begleitung während der gesamten Anbahnung einer Kooperation begrüßen. Dementsprechend sollten die Dienstleistungen von Handelskammern um das Angebot der Vermittlung von Dolmetschern, Beratern und lokalen Mitarbeitern erweitert werden. So können diese Angebote bspw. gemeinsam mit einer Jobbörse, Praktikaangeboten etc. auf speziellen Internetseiten für den jeweiligen Grenzraum präsentiert werden. Positive Beispiele für solche Internetauftritte lassen sich auch im deutsch-tschechischen Grenzraum finden.82 Es fehlt allerdings an einer gemeinsamen Präsentation des Grenzraums sowie der Vernetzung der angebotenen Dienstleistungen. Gemeinsame Internetauftritte der Handelskammern jenseits der Grenze wären eine weitere Möglichkeit nicht nur zur Unterstützung der gegenseitigen Kooperation, sondern auch zur Beseitigung der Trennlinie zwischen beiden Ländern in der Wahrnehmung der Individuen. Zusammenfassend werden die hier beschriebenen Gestaltungsempfehlungen in der Tab. 59 dargestellt. Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz für Handelskammern Psychische Distanz kann gesenkt werden durch: Beispiele konkreter Maßnahmen: praktische Umsetzung staatlicher - Erhöhung der Informiertheit über - Veranstalten von Seminaren, Ziele auf regionaler Ebene Investitions- und KooperationsTrainings - Erhöhung der Informiertheit über möglichkeiten - Erstellung von Broschüren, das Heimatland im Nachbarland Leitfaden zum Markteintritt

- Abbau von Vorurteilen, Erhöhung vom Erfahrungswissen

- Aufgeschlossenheit gegenüber - Grenzübergreifende Jobbörsen, grenzüberschreitenden KooperaPraktikaangebote tionsaktivitäten - Gemeinsame Internetauftritte - Förderung des Zusammenlebens - Erfahrungsaustausche, Erfahin Grenzgebieten rungsberichte - Förderung grenzüberschreitender - Internetforen Kooperationsaktivitäten - Bereitstellung von Länder- Begleitung der Unternehmen experten während des gesamten Anbah- Bereitstellung von Dolmetnungsprozesses schern, Übersetzern Tab. 59: Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz für Handelskammern Quelle: eigene Darstellung

7.1.3 Ansatzpunkte zur Senkung der psychischen Distanz potentieller Kooperationspartner Viele Unternehmer stoßen bei ihren Anfragen hinsichtlich grenzüberschreitender Kooperationsaktivitäten auf Misstrauen potentieller ausländischer Kooperationspartner. Dies kann zum Einen in einer generellen Befürchtung bzgl. eines Auslandsengagements begründet liegen, zum Anderen jedoch insb. in der Befürchtung bzgl. Kooperationsaktivitäten mit Unternehmen aus einem bestimmten Land. Wie das Unternehmen dazu beitragen kann, die Fremdartig-

82

vgl. www.tschechien-kontakt.de

239

keitsgefühle ausländischer Manager seinem Heimatland gegenüber zu mindern, wird in diesem Kapitel skizziert. Für ein erfolgreiches Auslandsgeschäft ist ein Perspektivenwechsel unabdingbar. Der Unternehmer muss mit der Konfrontation mit einer anderen Kultur zu Recht kommen. Dies erfordert ein hohes Maß an interkultureller Kompetenz, die eine „Schlüsselqualifikation für die zukünftige Entwicklung moderner Gesellschaften“ (Thomas, 2003-III, S. 1) darstellt. Nach Thomas/Stumpf „ist interkulturelle Kompetenz die Fähigkeit, kulturelle Bedingungen und Einflussfaktoren im Wahrnehmen, Urteilen, Empfinden und Handeln bei sich selbst und anderen Personen zu erfassen, zu würdigen, zu respektieren und produktiv einzusetzen im Sinne einer wechselseitigen Anpassung, einer Toleranz gegenüber Inkompatibilitäten sowie einer Entwicklung synergetischer Formen des Zusammenlebens und der Weltorientierung“ (Thomas/Stumpf, 2003, S. 96). Bei der Konfrontation mit anderen Kulturen entstehen Fremdartigkeitsgefühle und die daraus resultierenden Reaktionen auf der Verhaltensebene (Ablehnung oder auch Neugier und Interesse) auf Grund der Gefühle der Angst, Verunsicherung (affektive Ebene) sowie auf Grund unterschiedlicher Attributionen (kognitive Ebene). Bei der Anbahnung einer grenzüberschreitenden Kooperation ist zu beachten, dass zwischen Verhandlungspartnern oft Machtasymmetrien bestehen, die mehrere Ursachen haben. Asymmetrien können bspw. durch die Zugehörigkeit zum besser entwickelten Land oder durch ein unterschiedliches Sprachniveau potentieller Kooperationspartner entstehen. Die Aufgabe des Unternehmers, der eine grenzüberschreitende Kooperation anstrebt, besteht darin, diese Asymmetrien auf einem möglichst geringen Niveau zu halten. Dies kann neben der Nutzung von Dolmetschern bspw. durch die Verwendung einer ‚neutralen’ Sprache bei den Verhandlungen insb. durch gegenseitigen Respekt erreicht werden. Die Fähigkeit der Empathie in eine andere Kultur ist für eine vertrauensvolle Partnerschaft erforderlich. Der Unternehmer sollte noch vor den ersten Gesprächen mit potentiellen Kooperationspartnern wissen, wie sein Heimatland im jeweiligen Land wahrgenommen wird, welche Stereotype und Vorurteile die dortigen Menschen mit seiner Kultur verbinden und wie sie diese bewerten. Darüber hinaus ist eine gründliche Vorbereitung nicht nur für die eigentliche Verhandlung notwendig (technisches und kaufmännisches Fachwissen), sondern auch für die weniger formalen Phasen der Verhandlung (Begrüßung, gemeinsames Essen etc.). Ein ausgeprägtes Wissen über sowie Interesse für das Land (bspw. aktuelle politische, sportliche oder kulturelle Ereignisse) beeinflusst die Wahrnehmung des ganzen Landes sicherlich positiv und erweckt in den Augen des Verhandlungspartners nicht nur den Eindruck einer guten Informiertheit, sondern auch der Nähe und Vertrautheit. Als erste Orientierungshilfe für das Kennenlernen einer anderen Kultur können unterschiedliche Publikationen dienen, die Ratschläge zum Umgang mit anderen Kulturen geben. Bei der Auswahl solcher Ratgeber sollte der Unternehmer allerdings äußerst vorsichtig sein und nur solche wählen, die auf die wichtigsten Unterschiede zwischen der Kultur des Heimat- und des 240

Gastlandes auf Grund wissenschaftlich fundierter Erkenntnisse aufmerksam machen (vgl. Kap. 7.2). Neben Publikationen und allgemein zugänglichen Informationen (bspw. aus der Presse) stellen Kenntnisse und Erfahrungen sog. außenstehender Vertrauenspartner eine wichtige Informationsquelle dar (vgl. Kap. 2.1.1). I. d. R. ist ein Individuum zu Informationen aus seinem unmittelbaren Umfeld (Familie, Freunde, Geschäftspartner) offener, als zu denen aus den Medien, von Handelskammern etc., die einen eher formalen Charakter aufweisen. Zur Senkung der psychischen Distanz kann weiterhin die Bemühung um möglichst große Transparenz des potentiellen Kooperationsgeschäfts beitragen. Als Maßnahmen dazu dienen u. a. Internetauftritte und Firmenprospekte in fremden Sprachen (am besten in der Sprache des potentiellen Kooperationspartners, aber zumindest in Englisch) sowie die Bereitstellung eines Ansprechpartners für mögliche telefonische Anfragen in einer Fremdsprache. Zum Vertrauensaufbau ist weiterhin eine möglichst hohe Zuverlässigkeit erforderlich. Nicht nur in der Anbahnungsphase einer Kooperation sollen alle Termine und Zusagen eingehalten werden. Dies mag selbstverständlich auch bei Kooperationen im Heimatland klingen, bei Auslandsgeschäften bringt Unzuverlässigkeit oft die Gefahr mit sich, dass negative Erfahrungen in der Anbahnungsphase auf das ganze Land übertragen werden (vgl. Kap. 6.3.3) und anschließend zur Ablehnung aller Kooperationsanfragen aus diesem Land führen können. Durch die Einstellung von Mitarbeitern mit spezifischen Marktkenntnissen (Sprache, Mentalität), Erstellung von Referenzlisten sowie durch die Demonstration der Bereitschaft zum Erlernen der Landessprache des potentiellen Kooperationspartners wird die Ernsthaftigkeit der Kooperationsabsichten des Unternehmers unterstrichen. Falls Unternehmer nicht über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, um selbst ein Auslandsgeschäft zu realisieren, sollten diese nicht auf professionelle Hilfe verzichten. Das Angebot von Handelskammern und Beratungsunternehmen erstreckt sich von Veranstalten von Seminaren, über die Vermittlung von Kontakten bis zur Bereitstellung qualifizierter Berater mit Kenntnis des jeweiligen Landes. An dieser Stelle ist zu betonen, dass Unternehmer oft über die Kenntnis einer Sprache verfügen, jedoch nicht über die Kenntnis der Mentalität und der Gewohnheiten eines fremden Landes. Professionelle Unterstützung seitens Menschen, die bspw. aus dem Heimatland des Unternehmers stammen und mehrere Jahre im Land des potentiellen Kooperationspartners verbrachten, kann den Verlauf der Kooperationsanbahnung wesentlich erleichtern. Die gerade beschriebenen Empfehlungen für Unternehmen, die beim Anstreben einer grenzüberschreitenden Kooperation auf Ablehnung ausländischer Unternehmen stoßen, sind in der Tab. 60 zusammengefasst.

241

Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz für Unternehmen Psychische Distanz potentieller Kooperationspartner kann gesenkt Beispiele konkreter Maßnahmen: werden durch: Perspektivenwechsel, Empathie, - Bemühung um eine möglichst - Teilnahme an interkulturellen Sensibilität für kulturelle Unterniedrige Asymmetrie zwischen Trainings schiede (interkulturelle Kompepotentiellen Kooperationspart- Nutzung einer ‚neutralen’ Spratenz) nern che - Nutzung von Dolmetschern - Einstellung von Mitarbeitern mit spezifischen Marktkenntnissen Wissen über sowie Interesse für - konsequente Vorbereitung für - Teilnahme an Seminaren und das Heimatland des potentiellen das Treffen (hard facts, soft Trainings Kooperationspartners facts) - Nutzung von professioneller - Interesseäußern für das Land des Hilfe (IHK, Beratungsunternehpotentiellen Kooperationspartmen) ners - Nutzung von Ratgebern zum Umgang mit fremden Kulturen - Einholen von Informationen von außenstehenden Vertrauenspartnern Sympathie und Vertrauen einflö- Transparenz und Zuverlässigkeit - Internetauftritte, Prospekte in ßen bei Verhandlungen fremden Sprachen - Zeigen ernsthafter Absichten - Einstellung von Mitarbeitern mit Fremdsprachenkenntnissen - Bereitstellung eines Ansprechpartners für Anfragen in einer Fremdsprache - Erstellung von Referenzlisten - Einhaltung von Terminen - Bereitschaft zum Erlernen der Sprache des potentiellen Kooperationspartners Tab. 60: Gestaltungsempfehlungen zur Minderung von psychischer Distanz für Unternehmen Quelle: eigene Darstellung

7.2

Gestaltungsempfehlungen für die Kooperation von KMU im sächsischtschechischen Grenzraum Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung weisen auf die Tatsache hin, dass geographische Nähe zweier Länder nicht zwangsläufig zu wahrgenommener Vertrautheit des jeweiligen Nachbarlandes führen muss. Grenzgebiete stellen im Gegenteil dazu häufig Räume dar, in denen das Zusammenleben beider Nationen u. a. auf Grund historischer Ereignisse oder unterschiedlicher wirtschaftlicher Entwicklung problematisch sein kann. Schwierigkeiten zeigen sich meistens nicht durch eine völlige Ablehnung jeglicher Auseinandersetzung mit dem Nachbarland, sondern eher in dessen Unbeliebtheit oder Desinteresse. Dies führt anschließend dazu, dass gemeinsame Ziele zwar verfolgt werden (durch Kooperationen im wirtschaftlichen sowie öffentlichen Bereich), das individuelle Interesse für sowie die individuelle Bereitschaft zu solchen Kooperationen sind jedoch gering. Im Falle der befragten Unternehmer in der vorliegenden Arbeit ist der sächsisch-tschechische Grenzraum eines der Grenzgebiete, welches die gerade beschriebene Charakteristik völlig erfüllt. Damit grenzüberschreitende Kooperationen langfristig erfolgreich geführt werden können, muss zwischen beiden Kooperationspartnern eine möglichst hohe Symmetrie herr242

schen. Diese verlangt neben positiven Ergebnissen der jeweiligen Zusammenarbeit auch eine Zufriedenstellung beider Kooperationspartner. Bei fehlender Zufriedenstellung wird der jeweilige Kooperationspartner nur solange mitmachen, bis er eine bessere Kooperationsmöglichkeit findet. Gerade in der Unsicherheit der Nachhaltigkeit der derzeit intensiven grenzüberschreitenden Kooperation zwischen sächsischen und tschechischen Unternehmen birgt sich eine große Gefahr für die Zukunft. Diese Unsicherheit bringt ebenfalls eine gewisse Instabilität der Region mit sich, zumindest in der Wahrnehmung dortiger Unternehmer. Wie im Kap. 6.5 beschrieben, stellen Mentalität, historische Entwicklung sowie Sprache die wichtigsten Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz im sächsischtschechischen Grenzraum dar (vgl. Abb. 20, Abb. 21). Diese drei Kernvariablen der psychischen Distanz (vgl. Kap. 6.4.1) lassen sich jedoch nicht getrennt voneinander betrachten; die Beziehungen beider Länder in der Geschichte spiegeln sich nicht nur in der Bewertung der tschechischen/sächsischen Mentalität wider, sondern auch in der Wahrnehmung der existierenden Sprachbarriere als Kooperationshindernis. Die Ursachen für eine ganz unterschiedliche Beherrschung der Landessprache des jeweiligen Nachbarlandes83 müssen ebenfalls in der Geschichte gesucht werden. Da die harten Faktoren wie z. B. politische oder rechtliche Bedingungen in dem jeweiligen Nachbarland am Beispiel des sächsisch-tschechischen Grenzraums nicht als bedeutende Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz identifiziert wurden, konzentrieren sich auch die im Weiteren beschriebenen Gestaltungsempfehlungen insb. auf die Bewältigung derjenigen wahrgenommenen Unterschiede zwischen beiden Seiten des Grenzgebietes, die auf unterschiedlich kulturgeprägte Hintergründe zurückzuführen sind. Intensiv setzten sich mit den kulturellen Unterschieden zwischen Deutschland und Tschechien mehrere Autoren auseinander (vgl. bspw. Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 74ff.; Schroll-Machl/ Nový, 2003-I, S. 28ff.; Bürger, 2005, S. 17ff.). Zwar wurden dabei ausschließlich die westdeutsch-tschechischen Beziehungen untersucht, Parallelen lassen sich jedoch auch in sächsisch-tschechischen kulturellen Unterschieden finden. Eine nähere Analyse einer möglichen Übertragung dieser Kulturstandards auf den sächsisch-tschechischen Grenzraum im Rahmen dieser Arbeit würde zu weit führen. Es sollen an dieser Stelle lediglich die wichtigsten Kulturstandards zusammenfassend dargestellt werden (vgl. Tab. 61).84

83

84

Nach einer Untersuchung von Jurczek sprechen oder zumindest verstehen 67,2 % der tschechischen Befragten und lediglich 7,8 % der sächsischen Befragten die Sprache ihres Nachbarlandes. Gute Kenntnisse der deutschen Sprache gaben 45,1 % der Befragten in Tschechien an, jedoch nur 0,4 % der Befragten in Sachsen. Befragt wurden dabei 1100 Personen in den Euroregionen Erzgebirge und Egrensis (vgl. Jurczek, 1997, S. 46). Mehr zu den deutsch-tschechischen Kulturstandards vgl. Schroll-Machl/Nový, 2003-I, S. 20ff.; Bürger, 2005, S. 11ff. sowie zu Möglichkeiten deren Bewältigung vgl. Schroll-Machl/Nový, 2003-II, S. 19ff.

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Deutsche Kulturstandards Sachbezug Aufwertung von Strukturen Konsekutivität Regelorientierte Kontrolle Trennung von Lebensbereichen Schwacher Kontext Konfliktkonfrontation Stabile Selbstsicherheit Tab. 61: Deutsch-tschechische Kulturstandards Quelle: Bürger, 2005, S. 17

Tschechische Kulturstandards Personbezug Abwertung von Strukturen Simultanität Personorientierte Kontrolle Diffusion von Lebensbereichen Starker Kontext Konfliktvermeidung Schwankende Selbstsicherheit

Die im Weiteren beschriebenen Gestaltungsempfehlungen sollen nicht als Leitfaden zur erfolgsversprechenden Kooperation verstanden werden, sondern eher als Denkanstöße für Unternehmer im sächsisch-tschechischen Grenzraum, die an die jeweiligen Unternehmensbedingungen anzupassen sind. Abschaffung bzw. Minderung von Asymmetrien zwischen den Kooperationspartnern Seit dem Fall des ‚Eisernen Vorhangs’ Ende der 1980er Jahre findet eine rege Kooperation zwischen Unternehmen aus dem ehemaligen Ostblock und westeuropäischen Unternehmen statt. Insb. am Anfang der 1990er Jahre war für diese Ost-West-Kooperationen allerdings eine Schüler-Lehrer-Beziehung charakteristisch (vgl. Höhne, 2000, S. 67; Nekula/Nekvapil/Šichová, 2005, S. 128). Die ‚westlichen Experten’ verstanden nach Höhne die kulturbedingten Unterschiede zu Osteuropa als Defizite, die abzubauen seien (vgl. Höhne, 2000, S. 67). Aus diesem Grund erfolgte auch in der gegenseitigen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Tschechien meistens eine Anpassung an deutsche Arbeitsweisen, Prozesse und Techniken. Dies wird allerdings insb. in den letzten Jahren kritisiert. So spricht bspw. Nový über die Überschätzung der kulturellen Konvergenz in der gegenseitigen Kooperation: „[…] die Divergenz war ein Grund der Zusammenarbeit und bleibt die Ursache ihrer gegenseitigen Vorteilhaftigkeit“ (Nový, 2006, S. 86). Die Kooperationen zwischen west- und osteuropäischen Unternehmen sind allerdings immer noch durch eine gewisse Asymmetrie gekennzeichnet (vgl. Houžviþka, 2004, S. 1). Die Unterschiede zwischen dem Entwicklungsstand Deutschlands und Tschechiens und die daraus resultierenden Differenzen in der technischen und technologischen Ausstattung der Unternehmen, die insb. für die erste Hälfte der 1990er Jahre charakteristisch waren, gehören noch heute zu häufigen Ursachen von Kooperationsproblemen. Die Basis jeder funktionierenden Kooperation ist jedoch eine Partnerschaft von gleichberechtigten Unternehmen. Besonders in dieser Hinsicht sind in der deutsch-tschechischen Unternehmenskooperation Defizite zu sehen, die sich auch im sächsisch-tschechischen Grenzraum widerspiegeln. Wie die Aussagen der befragten Unternehmer belegen, führt die Asymmetrie zwischen tschechischen und sächsischen Unternehmen zu großen Problemen bei der gegenseitigen Zusammenarbeit. Die tschechischen Unternehmer fühlen sich beleidigt, wenn sie von ihren deutschen/sächsischen Partnern belehrt werden, die sächsischen Unternehmer verstehen nicht,

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warum ihre Hilfe auf Unverständnis und Ablehnung stößt. Der sächsisch-tschechische Grenzraum weist in dieser Hinsicht einige Spezifika auf, die insb. auf die Entwicklung in der 2. Hälfte des 20. Jh. zurückzuführen sind. In der Wahrnehmung tschechischer Unternehmer fühlen sich insb. Ostdeutsche plötzlich als Westeuropäer, die den Tschechen und anderen Osteuropäern die marktwirtschaftlichen Prinzipien beibringen müssen. Die Asymmetrie zwischen sächsischen und tschechischen Kooperationspartnern ist allerdings nicht nur einseitig. Vorteile tschechischer Kooperationspartner bestehen insb. in ihrer Sprachkompetenz. Nach Höhne werden mangelnde Tschechischkenntnisse der deutschen Kooperationspartner oft als niedrige Bereitschaft zu einer näheren Auseinandersetzung mit der tschechischen Kultur interpretiert (vgl. Höhne, 2000, S. 75). Diese Asymmetrie bringt jedoch für die tschechische Seite kaum Vorteile. Nach einer Untersuchung von Nekula/Nekvapil/Šichová ist die offizielle Unternehmenssprache in 55 % der deutsch-tschechischen Unternehmen deutsch, gefolgt von Englisch (16 %) bzw. von der Kombination von beiden (15 %). Tschechisch als offizielle Sprache des Unternehmens gaben lediglich 9 % der Befragten an (vgl. Nekula/ Nekvapil/Šichová, 2005, S. 131). Zwar wird versucht, diese Asymmetrie durch verschiedene Maßnahmen abzubauen,85 die Bereitschaft zur Nutzung der tschechischen Sprache bleibt jedoch nach wie vor gering. So überwiegt die tschechische Sprache eher in der Produktion, während Beratungen und Workshops entweder auf Deutsch oder auf Englisch abgewickelt werden (vgl. Nekula, 2002, S. 74), da man diese „mit dem Prestige des ‚westlichen Knowhow’ verbindet“ (Nekula/Nekvapil/Šichová, 2005, S. 1). Neben Missverständnissen hat die Asymmetrie nicht selten Minderwertigkeitsgefühle tschechischer Unternehmen zur Folge. Ständiges Entschuldigen für eine schlechtere technische Ausstattung oder für ungenügende Deutschkenntnisse wird jedoch von den potentiellen deutschen Kooperationspartnern negativ wahrgenommen, insb. dann, wenn es ihrer Meinung nach keinen Grund dafür gibt: „Wiederholtes Entschuldigen für fehlende Deutschkenntnisse, wenn anschließend das Gespräch unproblematisch verläuft […] werden als inszenierte Taktiken betrachtet, die nur ein Ziel haben: den deutschen Partner irrezuführen, eine bessere Ausgangsposition zu schaffen und ihn anschließend zu eigenen Zielen zu missbrauchen“ (Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 117). In der Asymmetrie der gegenseitigen Beziehungen bergen sich nach Houžviþka jedoch auch Vorteile, die insb. im komplementären statt wettbewerblichen Charakter der Motivation zur Kooperation liegen (vgl. Houžviþka, 2004, S. 1). Der Einfluss bestehender Asymmetrien auf den Verlauf sächsisch-tschechischer Unternehmenskooperation kann nur durch die Demonstration des gegenseitigen Respekts sowie der Rücksicht gegenüber dem potentiellen Kooperationspartner gemindert werden. Die Unternehmer auf beiden Seiten der Grenze sollten ihre potentiellen Kooperationspartner als 85

So wird die Symmetrie bspw. beim Automobilhersteller Škoda durch Aufrechterhaltung des Markennamens (Skoda vs. Škoda) sowie durch zweisprachige Jahresberichte vermittelt. Auch die Nutzung von Dolmetschern ist insb. für große Unternehmen üblich. Die Notwendigkeit des Erwerbs der tschechischen Sprache wird dagegen eher bei kleineren Unternehmen betont (vgl. Nekula/Nekvapil/Šichová, 2005, S. 141f.).

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gleichwertige Partner betrachten. Gezeigt werden soll Respekt gegenüber den verwendeten Methoden und Arbeitsweisen, Bemühung um Verständnis dafür sowie Bereitschaft, vom Kooperationspartner etwas zu lernen. Eine völlige Ablehnung deutscher/tschechischer Methoden, Prinzipien und Arbeitsweisen kann den Erfolg des gesamten Kooperationsgeschäfts beeinträchtigen. Die Bereitschaft zum Erlernen der Landessprache des Kooperationspartners unterstreicht die Ernsthaftigkeit der Absichten und erweckt sicherlich Sympathie auf der anderen Seite. Nicht zuletzt mindert auch die Nutzung einer neutralen Sprache (am häufigsten Englisch) die bestehenden Asymmetrien zwischen den Kooperationspartnern.86 Vermeidung der ethnozentrischen Perspektive Wie bereits in Kap. 4.1.4 beschrieben, stellt die ethnozentrische Betrachtung anderer Kulturen ein gravierendes Problem bei grenzüberschreitenden Unternehmenskooperationen dar. Die Unternehmer werden bei ihren Auslandsaktivitäten oft mit völlig anderen Verhaltensweisen, Normen und Werten konfrontiert (vgl. Höhne, 2000, S. 67). Zwar weichen die deutsche und tschechische Kultur nicht gravierend voneinander ab, wie es bspw. bei amerikanischer und chinesischer Kultur der Fall ist, die bestehenden Unterschiede dürfen jedoch nicht unterschätzt werden. Zum Vergleich zweier Kulturen wird in der einschlägigen Literatur insb. der Ansatz von Hofstede herangezogen (vgl. Kap. 2.4.3). Da allerdings die Werte der einzelnen Kulturdimensionen weder für Sachsen noch für den tschechischen Teil des Grenzgebietes ermittelt wurden, müsste ein Vergleich zwischen deutschen und tschechischen Kulturdimensionen vorgenommen werden. Dabei ist zu beachten, dass die ursprüngliche Studie von Hofstede keine Werte für Tschechien bzw. für die Tschechoslowakei und lediglich Werte für Westdeutschland beinhaltete (vgl. Hofstede, 1993, S. 40). Da neuere Studien, die den Ansatz von Hofstede zur Messung von Kulturunterschieden heranziehen, oft zu inkonsistenten Ergebnissen kommen,87 ist ein Vergleich der deutschen und tschechischen Kultur nur bedingt möglich. Gravierende Unterschiede zwischen beiden Kulturen lassen sich insb. bei der Dimension ‚Machtdistanz’ finden, die in der deutschen Kultur einen wesentlich niedrigeren Wert aufweist, als in der tschechischen (vgl. SvČtlík, 2003, S. 46). Kulturen mit einem hohen Index der Machtdistanz (Tschechien) sind oft durch einen autokratischen Führungsstil gekennzeichnet, Ungleichheit zwischen den Menschen wird als etwas Gängiges akzeptiert (vgl. ebenda, S. 45f.). Im Gegenteil dazu unterscheiden sich bspw. die Indizes der Kulturdimension ‚Unsicherheitsvermeidung’ nur gering (vgl. SvČtlík, 2003, S. 49). Die Tatsache, dass sich Deutsche und

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Nový/Schroll-Machl erwähnen jedoch auch einige Probleme, die mit der Nutzung einer neutralen Sprache verbunden sind. Der Nutzung einer, für alle Beteiligten fremden Sprache zufolge, wird zwar keiner der Kooperationspartner begünstigt, sie bringt allerdings die Gefahr einer falschen Interpretation des Gesagten mit sich. Nach Nový/Schroll-Machl greifen aus diesem Grund deutsche Firmen in Tschechien nach einer Phase mit Englisch als Unternehmenssprache erneut auf Deutsch zurück (vgl. Nový/Schroll-Machl, 2005, S. 91). So unterscheiden sich bspw. bei SvČtlík und Kolman et al. die Indizes aller fünf Kulturdimensionen für Tschechien (vgl. Kolman et al., 2003, S. 79; SvČtlík, 2003, S. 46-58).

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Tschechen in dieser Hinsicht jedoch wesentlich unterscheiden (vgl. Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 122ff.), geht aus den Kulturdimensionen von Hofstede nicht hervor. Die geographische Nähe, ähnliche historische und gesellschaftspolitische Entwicklung sowie ähnliche Lebensstile in Sachsen und Tschechien haben u. a. zur Folge, dass sich die Unternehmer der bestehenden Differenzen nicht bewusst sind und die Ursachen für jegliche Missverständnisse in Unzuverlässigkeit oder Unprofessionalität des jeweiligen Kooperationspartners suchen. Im Falle kultureller Interaktionen versagt nach Schroll-Machl das eigene kulturelle Orientierungssystem, was zur Folge hat, dass die Reaktionen des Partners nicht antizipiert werden können (vgl. Schroll-Machl, 2000, S. 89). „Konflikte und Missverständnisse in der interkulturellen Begegnung […] werden personal attribuiert oder als gruppen- bzw. nationentypisches abweichendes Verhalten stereotypisiert und diskriminiert“ (ebenda, S. 88). Auch im sächsisch-tschechischen Grenzraum muss eine nähere Auseinandersetzung mit den Spezifika der jeweiligen Kultur erfolgen. Verständigung kann nur dann erzielt werden, wenn die Kooperationspartner die eigene Sichtweise der anderen nicht überlegen sehen. Ein in der Literatur häufig erwähntes Beispiel der unterschiedlichen Wahrnehmung tschechischer und deutscher Charaktereigenschaften bezieht sich auf die unterschiedliche Interpretation der tschechischen Improvisationsfähigkeit und einer möglichst großen Bemühung der Deutschen um Risikovermeidung (vgl. bspw. Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 77f.; vgl. Kap. 6.3.1.4). Dieser Interpretation zufolge sind Tschechen in den Augen ihrer deutschen Kooperationspartner unvorbereitet und unzuverlässig, in den Augen der Tschechen übertreiben die Deutschen die Vorbereitungen, denn sie verschwenden damit zu viel Zeit, die effizienter ausgenutzt werden könnte. Mit Hilfe von interkulturellen Trainings kann die ethnozentrische Perspektive bei der Betrachtung des Fremden gemindert werden. Dies erfordert allerdings eine intensive Auseinandersetzung mit der bestimmten Kultur, die u. a. in der Erhöhung der objektiven Kenntnisse sowie des Erfahrungswissens besteht. Auf diese Problematik wird nun näher eingegangen. Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Heimatland des Kooperationspartners Wie bereits im Kap. 7.1.3 beschrieben, ist es zur Senkung der psychischen Distanz potentieller Kooperationspartner erforderlich, über deren Heimatland ausreichend informiert zu sein. Dies kann zum Einen durch den Erwerb objektiver Kenntnisse erfolgen (bspw. durch Medien, Literatur), zum Anderen durch direkte Erfahrungen mit dem jeweiligen Land. Darüber hinaus sollte dem potentiellen Kooperationspartner verständlich gemacht werden, dass man sich für sein Land interessiert. Eine nähere Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Nachbarland kann zum Abbau von Vorurteilen sowie von simplifizierender Stereotypisierung beitragen. Wissen über und Interesse für das Nachbarland, die Barmeyer als landeskundliche Kompetenz bezeichnet (vgl. Barmeyer, 1996, S. 51ff.), kann zum Erwecken des Vertrauens, dessen anschließenden Aufbau sowie zu einer höheren Selbstsicherheit wesentlich beitragen. Landeskundliche Kompetenz bildet nach Barmeyer zusammen mit der interkulturellen, sprachlichen 247

und fachlichen Kompetenz die Kompetenz zur internationalen Zusammenarbeit (vgl. ebenda, S. 105). Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung weisen darauf hin, dass sowohl tschechische als auch sächsische Unternehmer umfangreiche Kenntnisse über sowie Erfahrungen mit ihrem Nachbarland besitzen. Dabei gilt, dass insb. ältere Unternehmer über viele private sowie berufsbedingte Erfahrungen mit Tschechien/Deutschland verfügen. Allerdings beziehen sich insb. die privaten Erfahrungen oft ausschließlich auf die Zeiten vor dem Jahr 1990. Dies belegen auch die Ergebnisse der Untersuchung von Jurczek. Während vor der Wende die wichtigsten Gründe eines Besuchs im Nachbarland mit fast gleicher Häufigkeit ‚Einkäufe’ und ‚Tourismus’ waren, überwog zur Zeit der Untersuchung eindeutig der Grund ‚Einkäufe’ (vgl. Jurczek, 1997, S. 36). Im Falle der vorliegenden Untersuchung überwiegen seit Anfang der 1990er Jahre berufsbezogene Erfahrungen, einige der Befragten auf beiden Seiten der Grenze sehen keinen Grund zu einem privaten Besuch ihres Nachbarlandes (vgl. Kap. 6.3.1.4), was weiterhin für den Pragmatismus der gegenseitigen Beziehungen spricht. Im sächsisch-tschechischen Grenzgebiet haben die Menschen umfangreiche Möglichkeiten, ihre landeskundliche Kompetenz über das jeweilige Nachbarland zu verbessern. Es werden zahlreiche kulturelle Veranstaltungen, Seminare, Vorträge und Treffen von den Euroregionen, Handelskammern, Kontakt- und Kulturzentren (bspw. Tschechisches Zentrum in Dresden) oder den Universitäten in der Region (bspw. Sächsisch-Tschechisches Hochschulzentrum an der Technischen Universität Chemnitz) organisiert. Eine wichtige Informationsquelle stellen auch Freunde oder die Familie des Unternehmers sowie regionale Medien dar. Eng verbunden mit der landeskundlichen Kompetenz ist auch die sprachliche Kompetenz. Wie bereits am Anfang dieses Kapitels erwähnt, besteht eine große Asymmetrie zwischen der Beherrschung der deutschen Sprache in Tschechien und der tschechischen in Sachsen. Für den Aufbau einer gleichwertigen Partnerschaft sollen insb. die sächsischen Unternehmer zumindest ihre Bereitschaft zum Erlernen der tschechischen Sprachen zeigen. Dabei würden ihre tschechischen Partner sicherlich nicht verhandlungssichere Kenntnisse erwarten, eine Begrüßung auf Tschechisch erweckt jedoch Sympathie und wird keinesfalls negativ bewertet. Ansatzpunkte für sächsische Unternehmer Wie die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung belegen, unterscheidet sich die Wahrnehmung des jeweiligen Nachbarlandes in der Privat- und der Wirtschaftssphäre maßgeblich (vgl. Kap. 6.3.2). Auf diese Tatsache weist u. a. auch Zich hin, der sagt, dass sog. soziale Distanz88 der Tschechen zu den Deutschen im privaten Bereich höher ist, als im wirtschaftlichen (vgl. Zich, 1999, S. 36). Den Deutschen werden in Tschechien positive Eigenschaften in Bezug auf ihren Zugang zur Arbeit zugeschrieben (z. B. Präzision, Konsequenz, Fleiß, Dis-

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Nach Zich wird unter dem Begriff soziale Distanz „das Ausmaß an gegenseitigem Verständnis zwischen Menschen oder Gruppen von Menschen“ (Zich, 1999, S. 33) verstanden.

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ziplin), negative jedoch in Bezug auf die private Sphäre (z. B. Arroganz, fehlende Gastfreundlichkeit). Sächsische Unternehmer, die einen Kooperationspartner in Tschechien suchen, müssen sich demzufolge der Tatsache bewusst sein, dass sie auf Grund ihrer Wahrnehmung in Tschechien (zumindest bei den ersten Gesprächen) zwar freundlich, jedoch nicht ganz herzlich von ihren tschechischen Kooperationspartnern aufgenommen werden. Der Grund dafür liegt insb. im deutschen Sachbezug (vgl. Bürger, 2005, S. 18). Dieser Charaktereigenschaft zufolge werden Deutsche in Tschechien als kühl und unfreundlich wahrgenommen, denn sie stellen die Leistung in den Vordergrund ohne dabei (in der Wahrnehmung der Tschechen) die persönlichen Aspekte ausreichend zu berücksichtigen. Der für Tschechen charakteristische Personbezug und die damit zusammenhängende Diffusion vom Privaten und Beruflichen kann auf deutsche Unternehmer oft unprofessionell wirken (vgl. Nový/Schroll-Machl, 2001, S. 107f.). Die sächsischen Unternehmer, die eine Kooperation mit tschechischen Unternehmen anstreben, sollen insb. bei den ersten Gesprächen mit ihren potentiellen Kooperationspartnern zeigen, dass sie eine gleichwertige Partnerschaft anstreben. Der z. T. schlechte Ruf deutscher Unternehmen in Tschechien hat seine Ursachen insb. darin, dass deutsche Unternehmen ihren tschechischen Partnern keine Freiräume geben, tschechische Methoden und Arbeitsweisen a priori als nicht effizient betrachten und demzufolge sofort ablehnen sowie oft eine technokratische Unternehmensführung praktizieren, die auf Befehlen und Kontrollen basiert. Empfehlenswert ist aus den o. g. Gründen das Streben nach Synergieeffekten, die durch die unterschiedlichen Arbeitsweisen beider Kulturen erreicht werden können. Nach der Meinung von Nový wären gerade Synergieeffekte zwischen der deutschen und tschechischen Kultur „in Europa konkurrenzlos“ (Nový, 2004, S. 70). Die Aufgabe des sächsischen Unternehmers liegt dabei insb. in der Überzeugung des tschechischen Partners über seine Bereitschaft und Aufgeschlossenheit zur Diskussion über geeignete Strategien und Methoden. Konkret können die Synergieeffekte durch eine bessere Berücksichtigung der Persönlichkeit bei der Wahl des Kooperationspartners sowie bei der Mitarbeiterauswahl bspw. im Falle eines JV, durch eine gleichwertige Vertretung beider Länder im Management von gemeinsamen Unternehmen, durch die Erhöhung der sozialen Kompetenz der Führungskräfte sowie durch die Unterstützung des ‚Wir-Gefühles’ bei der Kooperation erzielt werden. Nur dann werden die deutschen Kooperationspartner nicht als ‚Ausbeuter’ wahrgenommen, für die ihre tschechischen Kooperationspartner bzw. Arbeitnehmer nicht bereit sind, mehr als „das Wichtigste zu tun“ (Nový, 2004, S. 67). Ansatzpunkte für tschechische Unternehmer Im Gegensatz zu den, auf Stereotypen basierten Vorstellungen der Tschechen über ihre deutschen Kooperationspartner (Professionalität, Pünktlichkeit etc.) haben die tschechischen Unternehmer eine einfachere Ausgangsposition, da von ihnen nicht viel erwartet wird. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung weisen auf die Tatsache hin, dass Tschechen zwar 249

als freundlich, nett und gemütlich wahrgenommen werden, was die private Sphäre anlangt, allerdings oft als unprofessionell und zurückgeblieben, was die Wirtschaftssphäre betrifft. Die Kenntnis über die Wahrnehmung des Heimatlandes im Nachbarland ist die Grundlage jeder erfolgreichen Kooperationsanbahnung. Der bereits erwähnte tschechische Personbezug muss nicht unbedingt auf Verständnis stoßen. Zwar nannten die befragten Unternehmer in Sachsen gerade die Herzlichkeit und Gastfreundschaft ihrer tschechischen Kooperationspartner als Eigenschaften, die ausgesprochen positiv wahrgenommen werden, allerdings verstehen sie dies lediglich als ‚Mehrwert’ zur notwendigen Professionalität (im sachlichen Sinne). Herzlichkeit und Freundschaft sind in den sächsisch-tschechischen Beziehungen sehr willkommen, sie können jedoch nicht die Anforderungen an die sachlichen Aspekte einer Kooperation ersetzen (Termintreue, Qualität etc.). Die Aufgabe der tschechischen Unternehmer, die eine Kooperation mit sächsischen Unternehmen anstreben, besteht insb. darin, sich als gleichwertiger Partner zu behaupten. Dies erfordert zum Einen die Überwindung der bereits erwähnten Asymmetrie in den gegenseitigen Beziehungen, zum Anderen auch die Bereitschaft zur Vermeidung der ethnozentrischen Sichtweise bei der Bewertung des Kooperationspartners. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass insb. bei den Befragten aus Tschechien die historischen Ereignisse zwischen beiden Ländern für Missverständnisse und Intoleranz sorgen. Die tschechischen Unternehmer sollten in dieser Hinsicht mehr in die Zukunft schauen. Ein ständiges Suchen nach den Motiven des Engagements deutscher Unternehmen in Tschechien im Aufkaufen des Landes sowie ein ständiges Suchen nach historischen Parallelen (wiederholte Besetzung des Landes nicht mehr durch militärische, sondern durch wirtschaftliche Aktivitäten) können die gegenseitigen Unternehmensbeziehungen nur belasten. Zwar sind die Befürchtungen bei vielen Betroffenen verständlich, wie bspw. folgende Aussage eines Befragten in der Untersuchung von Zich belegt: „Menschen haben sich nicht verändert. Und ich kann nicht Deutsche mögen, wenn sie meinen Vater im KZ umbrachten“ (Zich, 1999, S. 55), die Unternehmenssphäre sollte jedoch von diesen emotionsgeladenen Einstellungen verschont werden. Deutsche sollen nicht als potentielle Feinde angesehen werden. Die absolute Mehrheit deutscher Unternehmen, die nach einem Kooperationspartner in Tschechien suchen, strebt nach einer wirtschaftlich funktionierenden Partnerschaft, in die solche Emotionen nicht gehören. Defizite tschechischer Unternehmer sind insb. im fehlenden Pragmatismus sowie in unzureichenden Rationalität bei der Betrachtung des potentiellen Kooperationspartners aus Deutschland zu sehen.

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Zusammenfassung der Arbeit und weiterer Forschungsbedarf

Die Bedeutung der psychischen Distanz im Internationalisierungsprozess von Unternehmen wird in zahlreichen Studien untersucht. Trotz erheblicher Forschungslücken ist sich die Mehrheit der Autoren einig, dass psychische Distanz eine wichtige Erklärungsvariable des Internationalisierungsverhaltens darstellt. Die vorliegende Arbeit setzte sich mit dem Konstrukt der psychischen Distanz detailliert auseinander. Es wurde der Frage nachgegangen, wie die Einstellungen des Unternehmers gegenüber bestimmten Auslandsmärkten seine Bereitschaft zur Kooperation mit Unternehmen aus diesen Ländern beeinflussen. Als Basis dafür diente eine nähere Auseinandersetzung mit den Entscheidungsprozessen bei KMU (vgl. Kap. 2). Besonderes Augenmerk wurde dabei auf den Einfluss der Persönlichkeit des Unternehmers auf Internationalisierungsentscheidungen gelegt. Ausgehend von der Beschreibung der Rolle des Entscheidungsträgers in theoretischen Ansätzen zur Internationalisierung wurde in diesem Kapitel ein konzeptioneller Bezugsrahmen der Bereitschaft des Unternehmers zur grenzüberschreitenden Kooperation aufgestellt, in dem das Konstrukt der psychischen Distanz als intervenierende Variable der individuellen Kooperationsbereitschaft anzusehen ist. Das Konstrukt der psychischen Distanz stand im Mittelpunkt des Kap. 3. Eine ausführliche Analyse der Entwicklung des Begriffsverständnisses, der theoretischen Grundlagen der Entstehung von psychischer Distanz sowie der bisherigen Konzeptualisierungen und Messkonzepte ermöglichte eine klare Abgrenzung des Konstrukts der psychischen Distanz von anderen Distanzkonzepten und stellte somit die Grundlage für eine theoretisch fundierte Konzeptualisierung dieses Konstrukts dar, die in Kap. 4 erfolgte. Im Rahmen dieses Kapitels wurden die einzelnen Komponenten des Konstrukts der psychischen Distanz ausführlich beschrieben. Um die in Kap. 4 aufgestellte theoriegeleitete Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz präzisieren zu können, wurde eine explorative empirische Untersuchung unternommen. Dazu wurde der qualitative Forschungsansatz herangezogen, der in Kap. 5 im Hinblick auf die Ziele der Arbeit ausführlich erläutert wurde. Empirische Ergebnisse der qualitativen Interviews mit sächsischen und tschechischen Unternehmern wurden in Kap. 6 vorgestellt. Neben der Analyse der einzelnen Auswertungskategorien beinhaltet dieses Kapitel auch eine zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse. Darüber hinaus erfolgte in diesem Kapitel eine Diskussion der Relevanz der hier identifizierten Erklärungsvariablen der psychischen Distanz für den sächsisch-tschechischen Grenzraum. Eine Ableitung von Implikationen für die Unternehmenspraxis stand im Mittelpunkt des Kap. 7. Neben den generellen Empfehlungen zum Abbau von psychischer Distanz wurden auch Gestaltungsempfehlungen für Kooperationen zwischen sächsischen und tschechischen KMU aufgestellt. Die Handlungsempfehlungen richteten sich neben den Unternehmern selbst insb. auf Regierungen, Kommunen sowie Handelskammern, die zum Abbau von Fremdartigkeitsgefühlen gegenüber anderen Ländern wesentlich beitragen können.

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In Kap. 8 erfolgen eine kurze Zusammenfassung der Arbeit sowie eine Beschreibung der Implikationen für die weitere Forschung. Das theoretische Ziel der Arbeit bestand darin, eine theoretisch fundierte Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz vorzuschlagen und dadurch eine gravierende Lücke der einschlägigen Forschung zu schließen. Dank dem qualitativen Forschungsansatz konnten Erklärungsvariablen identifiziert werden, die in der Forschung zur psychischen Distanz bis dato keine Berücksichtigung fanden. Durch die Identifikation der wichtigsten Erklärungsvariablen dieses Konstrukts konnte gezeigt werden, dass die Wahrnehmung eines Auslandsmarktes und die daraus resultierende Bereitschaft zu einer näheren Auseinandersetzung mit demjenigen Land (hier: grenzüberschreitende Kooperation) auf Merkmalen beruht, die sowohl den landesbezogenen als auch den produkt- und unternehmensbezogenen Faktoren zuzuordnen sind. Bei der Interpretation der Konsequenzen der wahrgenommenen Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt für eine potentielle Kooperation spielen außerdem auch Kenntnisse und Erfahrungen des Unternehmers eine bedeutende Rolle. Darüber hinaus darf der Einfluss von nationalen Stereotypen (sowohl landes- als auch produktund unternehmensbezogenen) nicht außer Acht gelassen werden. Aus methodischer Sicht setzte sich die vorliegende Arbeit zum Ziel, die Eignung der Methode der strukturierten Zusammenfassung zur Auswertung von in mehreren Ländern durchgeführten qualitativen Interviews zu überprüfen. Der qualitative Forschungsansatz zeigte sich nicht nur für die Identifikation von Erklärungsvariablen des Konstrukts der psychischen Distanz als geeignet (Beitrag zur Theoriebildung), sondern er brachte auch interessante Erkenntnisse in Bezug auf die gegenseitigen Einstellungen zur Kooperation zwischen sächsischen und tschechischen KMU. Die Methode der strukturierten Zusammen-fassung konnte sich somit als eine übersichtliche und unkompliziert anwendbare Auswertungsmethode behaupten. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung decken zahlreiche neuartige Aspekte der grenzüberschreitenden Kooperation auf, welche die Unternehmer bei ihren Überlegungen über die Suche nach einem ausländischen Kooperationspartner in Betracht ziehen. Die Arbeit weist somit auf die Notwendigkeit einer breiteren Nutzung qualitativer Methoden im internationalen Marketing hin. Durch die Ableitung von Handlungsempfehlungen konnte auch das praxisorientierte Ziel der Arbeit erreicht werden. Da sich die einschlägige Forschung durch fehlende praxisbezogene Implikationen auszeichnet, setzte sich diese Arbeit zum Ziel, Gestaltungsempfehlungen zum Abbau von psychischer Distanz aufzustellen. Fremdartigkeitsgefühle, die ein Individuum gegenüber einem anderen Land empfindet, haben ihre Ursachen in der Erziehung und Tradition der jeweiligen Gesellschaft. Die Wege zur Minderung dieser, oft tief verankerten Gefühle müssen insb. im Umfeld der Persönlichkeit des Unternehmers gesucht werden. Das Ableiten von Marketingempfehlungen allein kann die Fremdartigkeitsgefühle nicht abschaffen. Viel mehr sollen externe Wirtschaftssubjekte und Institutionen zu deren Minderung beitragen. 252

Somit stellen Regierungen, Kommunen sowie Handelskammern wichtige Akteure dar, die durch die Förderung des Zusammenlebens zweier Nationen (bspw. in Grenzräumen) die gegenseitigen Fremdartigkeitsgefühle mindern können. Aus diesem Grund wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit sowohl Implikationen für Unternehmen als auch für externe Wirtschaftssubjekte und Institutionen abgeleitet. Den weiteren Arbeiten auf dem Gebiet der Erforschung von persönlichkeitsbezogenen Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung gibt die vorliegende Arbeit wichtige Hinweise nicht nur im Hinblick auf die Bedeutung der psychischen Distanz im Internationalisierungsprozess, sondern auch in Bezug auf die Rolle der Persönlichkeit des Unternehmers beim Auslandsengagement generell. Aus den Ergebnissen dieser Arbeit ist deutlich, dass die Bedeutung der Persönlichkeit des Unternehmers nicht überschätzt werden darf. Der Unternehmer stellt lediglich einen von vielen Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung dar und demzufolge darf auch die Bedeutung der psychischen Distanz nicht überbewertet werden. Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, den Unternehmer als einen Baustein aus dem gesamten Mosaik der Einflussfaktoren einer Internationalisierungsentscheidung herauszugreifen und diesen detailliert zu untersuchen. Dabei stand im Mittelpunkt eine ausführliche Analyse der sog. „Vorentscheidungsphase“ eines Auslandsengagements aus der verhaltenswissenschaftlichen Perspektive. Die Arbeit setzte sich mit den persönlichen Einstellungen gegenüber konkreten Auslandsmärkten sowie mit dem Zusammenhang zwischen diesen Einstellungen und der Verhaltensintention auseinander. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung weisen eindeutig darauf hin, dass insb. inhabergeführte KMU in der ersten Phase ihrer Internationalisierung, d. h. bei der Vorauswahl geeigneter Länder, gewisse Märkte bevorzugen, während sie andere überhaupt nicht in Betracht ziehen. Dem Unternehmer kann demzufolge eine gewisse ‚Filterfunktion’ zugeschrieben werden, d. h. dass Internationalisierungsstimuli nur dann wirksam sein können, wenn der Unternehmer diese wahrnimmt und relevant findet. Demzufolge nimmt das Unternehmen keine Auslandsaktivitäten auf, falls der Unternehmer nicht bereit ist, diese aufzunehmen, auch im Falle, dass das Unternehmen über ausreichende finanzielle Ressourcen verfügt, was in der einschlägigen Literatur oft als die größte Barriere der Internationalisierung von KMU bezeichnet wird. In Bezug auf die Bedeutung der psychischen Distanz im Internationalisierungsprozess konnten durch die theoretisch fundierte Konzeptualisierung dieses Konstrukts Faktoren identifiziert werden, die sich hinter der ‚sum of factors’ in der Definition von Johanson/Vahlne verbergen. Somit leistete die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Forschung zum Einfluss persönlicher Einstellungen des Unternehmers auf seine Internationalisierungsentscheidungen. Dennoch bleiben einige Forschungsfragen offen, die der weiteren wissenschaftlichen Arbeit vorbehalten werden. 253

Aufbauend auf der hier vorgeschlagenen Konzeptualisierung sollte ein geeignetes Messinstrument entwickelt werden, mit Hilfe dessen die psychische Distanz empirisch ermittelt werden kann. Bei der Operationalisierung müssen geeignete Items für die Ermittlung sowohl der wahrgenommenen Länderunterschiede als auch der empfundenen Konsequenzen dieser Unterschiede für die Form des Auslandsengagements gewählt werden. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung weisen auf die Notwendigkeit einer breiteren Betrachtung der zu stark wirtschaftswissenschaftlich geprägten Forschung zur psychischen Distanz hin. Wünschenswert wären insb. die Erkenntnisse der kulturvergleichenden Psychologie bzw. der Geschichtsforschung, die nach den Ursachen dieser, oft tief verankerter Fremdartigkeitsgefühle forschen würden. Bei der Messung der psychischen Distanz sollte weiterhin ermittelt werden, wie die Gewichtung einzelner Erklärungsvariablen im Konstrukt der psychischen Distanz ausfällt. Dies würde u. a. ermöglichen, die in dieser Arbeit identifizierten Kernvariablen der psychischen Distanz an Hand quantitativer Untersuchungen zu überprüfen. Interessant wäre u. a. auch bspw. die Bedeutung von objektiven Kenntnissen zu untersuchen, die in der bisherigen Internationalisierungsforschung nur wenig Berücksichtigung fanden. Darüber hinaus wäre eine Überprüfung im interkulturellen Kontext empfehlenswert. Zwar wurde die vorliegende Untersuchung in zwei Ländern durchgeführt, eine Einbeziehung weiterer, kulturell anders geprägter Länder wäre jedoch wünschenswert. Das Ziel der interkulturellen Überprüfung besteht in einer möglichen Übertragbarkeit sowie Generalisierbarkeit der Erklärungsvariablen der psychischen Distanz. Dazu sollten Untersuchungen auch in Ländern unternommen werden, für die eine nicht so große Asymmetrie charakteristisch ist, wie es für den sächsisch-tschechischen Grenzraum der Fall ist. Außerdem sind weitere qualitativ geprägte Studien in anderen Grenzräumen durchzuführen, welche die hier vorgeschlagene Konzeptualisierung des Konstrukts der psychischen Distanz um Faktoren ergänzen würden, die für sächsische und tschechische Unternehmer auf Grund ihrer Unrelevanz nicht ermittelt werden konnten. In die vorliegende Arbeit wurden lediglich Führungskräfte von KMU einbezogen. Der Einfluss subjektiver Faktoren auf strategische Entscheidungen ist allerdings nicht nur für Unternehmer in KMU charakteristisch. Zwar verlaufen die Entscheidungsprozesse in Großunternehmen durch ihren oft kollektiven Charakter anders, der Einfluss persönlicher Einstellungen auf solche Entscheidungen kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Demzufolge scheint eine Untersuchung auch in Großunternehmen als sinnvoll. Eine weitere Einschränkung der vorliegenden Untersuchung bestand in der Ausrichtung auf lediglich eine Internationalisierungsform und zwar auf die grenzüberschreitende Kooperation. Aus diesem Grund sollten Studien unternommen werden, die auch andere Formen der Internationalisierung einbeziehen, um Spezifika des Konstrukts der psychischen Distanz, bspw. bei der Exportstrategie, identifizieren zu können.

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Dank der Tatsache, dass in die vorliegende Untersuchung KMU aus verschiedenen Branchen einbezogen wurden, konnte ein breites Spektrum an Aussagen gewonnen werden. Gerade diese Vielfalt ist für ein exploratives Forschungsvorhaben von grundsätzlicher Bedeutung. Die zukünftigen Untersuchungen, die sich der Überprüfung des Konstrukts der psychischen Distanz widmen werden, sollten sich allerdings auf eine Branche konzentrieren, damit sie deren Spezifika berücksichtigen und somit auch maßgeschneiderte Lösungen zum Abbau von psychischer Distanz liefern können. Forschungsbedarf betrifft auch die Stellung des Konstrukts der psychischen Distanz unter anderen unternehmer- und unternehmensbezogenen Einflussvariablen einer Internationalisierungsentscheidung. Aus diesem Grund ist empfehlenswert, die gängige Single-cueHerangehensweise der einschlägigen Forschung zu verlassen. Die Forscher sollten mehrere Einflussvariablen in ihre Studien einbeziehen, da Single-cue-Studien zur Erklärung des Internationalisierungsverhaltens von Unternehmen nur begrenzt beitragen. Des Weiteren sollte eine Erforschung dessen erfolgen, wie sich die empfundenen Fremdartigkeitsgefühle im tatsächlichen Internationalisierungsverhalten widerspiegeln. Die Betrachtung der Verhaltensabsicht wurde auf Grund des explorativen Charakters der Fragestellung der vorliegenden Arbeit gewählt. In weiteren Studien soll allerdings das tatsächlich realisierte Internationalisierungsverhalten als abhängige Variable untersucht werden. Forschungsbedarf besteht weiterhin in der Ermittlung der Relevanz des Konstrukts der psychischen Distanz in der Zeit der Globalisierung. Zwar wurden in der vorliegenden Arbeit Studien vorgestellt, die sich mit dieser Frage beschäftigen und zum Ergebnis kommen, dass psychische Distanz im Laufe der Zeit nicht sinkt (vgl. bspw. Nordström/Vahlne, 1994, S. 52ff.), die Art und Weise der Ermittlung von psychischer Distanz in diesen Studien ist jedoch zumindest fraglich. Es sollte untersucht werden, ob subjektive Fremdartigkeitsgefühle auf Grund der Homogenisierung der Märkte sinken. Als geeignet dafür wären v. a. Längsschnittstudien, die neben dem Einfluss der psychischen Distanz auf das Internationalisierungsverhalten auch die Bedeutung dieses Konstrukts in den einzelnen Phasen des Internationalisierungsprozesses ermitteln könnten. Zur Erforschung des Konstrukts der psychischen Distanz wäre weiterhin interessant festzustellen, inwieweit die empfundenen Länderunterschiede mit den objektiven Differenzen übereinstimmen. Die in Kap. 3.5.2 geäußerte Vermutung, dass bspw. große Unterschiede in der Sprache auch große wahrgenommene Differenzen in anderen Merkmalen, wie z. B. in Wirtschaft oder Mentalität zur Folge haben, ist zu hinterfragen. Nicht zuletzt betrifft der Forschungsbedarf auch die Instrumente zum Abbau von psychischer Distanz. Die vorliegende Arbeit konzipierte die Handlungsempfehlungen zur Minderung von Fremdartigkeitsgefühlen als ‚Denkanstöße’ für grenzüberschreitend agierende Akteure. Es ist notwendig, die hier aufgezeigten Möglichkeiten näher zu untersuchen. Interessant wäre dabei, wie konkrete, bspw. durch Handelskammern getroffene Maßnahmen, zum Abbau von psychischer Distanz beitragen. 255

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272

Anhangverzeichnis Anhang 1 Anhang 2 Anhang 3 Anhang 4 Anhang 5

Interviewleitfaden Interviewleitfaden (tschechische Version) Anlagen zum Interviewleitfaden (1-3) Positionierung der Länder auf konzentrische Kreise Beispiel einer Transkriptionstabelle (Interview mit Herrn ID) Beispiel einer Transkriptionstabelle (Interview mit Herrn ECZ)

274 276 278 281 282 294

273

Anhang 1: Interviewleitfaden A/ Allgemeine Fragen zur grenzüberschreitenden Unternehmenskooperation Stellen Sie sich folgende Situation vor: der ständig steigende Wettbewerb in Ihrer Branche bzw. Ihre Bestrebungen nach Unternehmensexpansion führen Sie dazu, dass Sie über eine Kooperation mit einem ausländischen Partner nachdenken. - Gibt es Länder, mit denen Sie nicht kooperieren möchten? (auf Grund negativer Erfahrung, Erfahrung von Bekannten oder Freunden, auf Grund anderer Befürchtungen - politische oder wirtschaftliche Situation, geographischer Entfernung etc.) Warum? - Mit Unternehmen aus welchen Ländern könnte, Ihrer Meinung nach, eine Kooperation reibungslos verlaufen? Warum? - Bei der Kooperationsanbahnung müssen Unterschiede zwischen beiden Ländern in Betracht gezogen werden, die einen reibungslosen Verlauf einer Kooperation beeinträchtigen könnten (Unterschiede in der Mentalität der Menschen, in der Produkt- und Prozessqualität, im Entwicklungsstand etc.). Ähneln sich Länder, die Sie gerade genannt haben, ihrem Heimatland? In welchen Merkmalen? In welchen Merkmalen sehen Sie markante Unterschiede? Gibt es andere Länder, die Ihrem Heimatland, Ihrer Meinung nach, ähnlicher sind als das gerade genannte Land? In welchen Merkmalen? - In welchen Unterschieden zwischen Ihrem Heimatland und dem anderen Land würden Sie die größten Barrieren eines Kooperationserfolgs sehen? Warum? Stellen Sie sich folgende Situation vor: Es bieten sich sechs Unternehmen als potentielle Kooperationspartner aus folgenden Ländern an, die vergleichbar sind, was ihre Größe, Produktion, Technologien etc. anbelangt: Polen, Österreich, Tschechien, Frankreich, USA, Slowakei (für sächsische Unternehmer, s. Anlage 1) Polen, Österreich, Deutschland, Frankreich, USA, Slowakei (für tschechische Unternehmer, s. Anlage 1) - Mit welchen, von diesen Ländern könnten Sie sich eine problemfreie Kooperation vorstellen? Warum? - Mit welchen, von diesen Ländern würden Sie eher Schwierigkeiten verbinden (bzgl. Kooperation)? Welche Schwierigkeiten? Warum? Unterschiede zwischen dem Heimat- und einem Auslandsmarkt können Probleme bei einer Kooperation zur Folge haben. Unterschiede in welchen Merkmalen können, Ihrer Meinung nach einen reibungslosen Verlauf einer Kooperation gefährden? Welche Unterschiede sind überhaupt nicht wichtig? (ungestützt) (Danach gestützt): Lesen Sie sich bitte folgende Faktoren durch (Anlage 2). Welche von denen würden Sie als „ganz wichtig“ in Bezug auf eine grenzüberschreitende Kooperation einstufen? Welche als „überhaupt nicht wichtig“? Warum? Können Sie auch andere Faktoren ergänzen? Begründen Sie bitte Ihre Antwort und nennen Sie Beispiele aus Ihrer Erfahrung. - Welche Konsequenzen hätten die genannten Unterschiede für eine Kooperation mit einem ausländischen Unternehmen? Nennen Sie bitte einige Beispiele. Sind Sie der Meinung, dass für die Kooperationsanbahnung mit einem ausländischen Unternehmen die Faktoren wichtiger sind, die sich auf das Land als Gesamtheit beziehen (Mentalität der Menschen, politische Situation etc.) oder eher Faktoren, die sich auf Produkte und Firmen des jeweiligen Landes beziehen (Ruf der, aus demjenigen Land stammenden Unternehmen und Produkte, Qualität der Produkte, typische Produkte und Branchen etc.). Warum? Ein Kooperationspartner aus welchem Land wäre für Sie, in Bezug auf Ihre Branche, attraktiv? (spezifische Kompetenzen verschiedener Länder auf verschiedenen Gebieten).

274

B/ Fragen zur Unternehmenskooperation im sächsisch-tschechischen Grenzraum - Tschechien/Deutschland als ein geeignetes Land für die Suche eines Kooperationspartners haben Sie an der 1./2./3. etc. Stelle /überhaupt nicht/ genannt. Warum? Können Sie sich (trotzdem) eine erfolgreiche Kooperation mit einem tschechischen Unternehmen vorstellen? - Wie ist Ihre Meinung über Tschechien/Deutschland? Wie stellen Sie sich einen typischen Tschechen /Deutschen vor? Versuchen Sie, für einen Tschechen/Deutschen typische Eigenschaften zu nennen. Wie würden diese Eigenschaften eine Kooperation beeinflussen? - Welche Unterschiede/Ähnlichkeiten sehen Sie zwischen Deutschen und Tschechen? Und zwischen Sachsen und Tschechen? - Kommt Ihnen Tschechien/Deutschland vertraut vor? Warum? Warum nicht? Falls Sie die einzelnen Unterschiede, die Sie vorher genannt haben, auf eine Kooperation mit einem tschechischen Unternehmen beziehen… - Würden Sie diese Faktoren in Bezug auf Tschechien/Deutschland genau so einstufen? Warum? Warum nicht? - Gibt es andere relevante Faktoren, die Ihnen in Bezug auf Tschechien/Deutschland einfallen? Warum gerade diese? - Welche Probleme können, Ihrer Meinung nach, bei der Kooperation mit tschechischen/deutschen Firmen auftreten? Z. B. im Vergleich zu Firmen aus anderen Ländern? - Was müssten Sie nicht befürchten bei der Kooperation mit einer tschechischen/deutschen Firma? Können Sie bitte ihre Beziehung zu Tschechien/Deutschland beschreiben? - Haben Sie persönliche Erfahrungen mit tschechischen/deutschen Unternehmen? Welche? - Berufsbezogene bzw. private Aufenthalte, Kontakte zu Tschechien etc. C/ Fragen zum Unternehmen - Branche, Mitarbeiterzahl, Umsatz - Erfahrungen mit grenzüberschreitender Kooperation – Länder, Bereiche, Dauer etc. D/ Fragen zur Person - Funktion im Unternehmen (Entscheidungskompetenzen) - Ausbildung, Fremdsprachenkenntnisse, Alter, Auslandsaufenthalte - Selbsteinschätzung: auslandsorientiert, an einer grenzüberschreitenden Kooperation interessiert, offen gegenüber fremden Kulturen, offen gegenüber Änderungen, risikobereit etc. - Selbsteinschätzung der psychischen Distanz zu den genannten Ländern (siehe Anlage 3)

275

Anhang 1: Okruhy otázek pro dotazování (Interviewleitfaden – tschechische Version) A/ obecné otázky týkající se pĜeshraniþní spolupráce PĜedstavte si následující situaci: stále rostoucí konkurence, pĜíp. snaha o expanzi podniku Vás dovedou k myšlence spolupracovat se zahraniþním partnerem. - Jsou zemČ, se kterými byste nechtČl spolupracovat? (na základČ pĜedchozí negativní zkušenosti, zkušenosti známých, jiných obav – politické situace, ekonomické situace, geografické vzdálenosti)? Proþ? - S podniky z jakých zemí by mohla probíhat spolupráce, dle Vašeho názoru, bez problémĤ? Proþ? - PĜi navazování spolupráce se zahraniþním podnikem se musí brát v potaz rozdíly mezi obČma zemČmi, které by mohly ohrozit prĤbČh spolupráce (rozdíly v mentalitČ lidí, kvalitČ, ve stupni rozvoje dané zemČ atd.). Podobají se zemČ, které jste právČ jmenoval vaší rodné zemi? V jakých aspektech? V jakých aspektech vidíte nejvČtší rozdíly? Jsou jiné zemČ, které jsou vaší zemi, dle vašeho názoru podobnČjší, než zemČ, kterou jste jmenoval? V jakých aspektech? - V jakých rozdílech mezi vaší zemí a cizí zemí byste vidČl nejvČtší pĜekážky úspČchu pĜeshraniþní spolupráce? Proþ? PĜedstavte si následující situaci: jako potencionální partneĜi se nabízí podniky srovnatelné, co se obratu, výroby, velikosti atd. týþe z šesti následujících zemí: Polsko, Rakousko, ýesko, Francie, USA, Slovensko (pro saské podniky, viz. pĜíloha 1) Polsko, Rakousko, NČmecko, Francie, USA, Slovensko (pro þeské podniky, viz. pĜíloha 1) - Se kterými ze jmenovaných zemí byste si dovedl pĜedstavit bezproblémovou spolupráci? Proþ? - Se kterými ze jmenovaných zemí byste spíše spojoval problémy (v souvislosti se spoluprací)? Jaké problémy? Proþ? PĜeþtČte si prosím následující faktory (pĜíloha 2). Jaké z nich, s ohledem na pĜeshraniþní spolupráci, považujete za „velmi dĤležité“, jaké naopak za „nedĤležité“? Proþ? MĤžete doplnit i jiné faktory? ZdĤvodnČte prosím svoji odpovČć a uvećte pĜíklady z vlastní zkušenosti. - Jaké dĤsledky by mČly Vámi jmenované rozdíly pro spolupráci se zahraniþním partnerem? Jmenujte prosím pĜíklady. Domníváte se, že pro navázání spolupráce se zahraniþním podnikem jsou dĤležitČjší faktory, které se vztahují na zemi jako na celek (mentalita lidí, politická situace) nebo spíše faktory na hospodáĜské úrovni (povČst tamních podnikĤ a výrobkĤ v zahraniþí, kvalita produktĤ, typické výrobky, typická odvČtví atd.)? Proþ? Partner z jaké zemČ by byl pro Vás, s ohledem na pĜedmČt Vaší þinnosti atraktivní? (specifické kompetence rĤzných zemí v rĤzných oblastech).

276

B/ Otázky týkajícící se podnikové spolupráce v sasko-þeském pohraniþí - NČmecko jako vhodného partnera pro spolupráci jste jmenoval na 1./2./3. atd. místČ / vĤbec ne. Proþ? Dovedete si (i pĜesto) pĜedstavit úspČšnou spolupráci s nČmeckou firmou? NČmecká firma jako partner? Je složitČjší navázat spolupráci s nČmeckým podnikem než napĜ. s polským? Proþ? Jakou roli v tom hraje fakt, že je NČmecko hospodáĜská velmoc? - Jak vy osobnČ vnímate firmu, která spolupracuje s nČmeckou firmou? Jaký image mají nČmecké firmy v ýR? Jak je na nČ nahlíženo? Jak si pĜedstavujete typického ýecha/NČmce? Co si myslíte o ýeších/NČmcích? Zkuste jmenovat nČkteré, pro ýechy/NČmce typické vlastnosti. Jak by tyto vlastnosti mohly ovlivnit prĤbČh spolupráce? - Jaké rozdíly / podobnosti spatĜujete mezi NČmci a ýechy? Mezi Sasy a ýechy? - PĜijde Vám NČmecko blízké? Proþ? Proþ ne? Jestliže byste pĜenesl rozdíly, které jste pĜedtím jmenoval na spolupráci se saským podnikem (viz. pĜíloha 2) - ZaĜadil byste tyto faktory stejnČ, kdyby se jednalo o þeský/nČmecký podnik? Proþ? Proþ ne? - Napadají Vás jiné faktory v souvislosti s ýeskem/NČmeckem? Proþ právČ tyto? - Jaké problémy mohou nastat pĜi spolupráci s þeským/nČmeckým podnikem? NapĜ. ve srovnání s jinými zemČmi? - ýeho byste se pĜi spolupráci s þeským/nČmeckým podnikem nemusel obávat? MĤžete popsat Váš vztah k ýesku/NČmecku? - Máte osobní zkušenosti s þeskými/nČmeckými firmami? Jaké? - Profesní, pĜíp. privátní pobyty, kontakty atd. C/ Otázky k podniku - OdvČtví, poþet zamČstnancĤ, obrat - Zkušenosti s pĜeshraniþní spoluprací – zemČ, oblasti, délka trvání atd. D/ Otázky k osobČ - funkce v podniku (rozhodovací pravomoci) - VzdČlání, znalosti cizích jazykĤ, vČk, pobyty v zahraniþí - Ohodnocení sama sebe: zahraniþní orientace, zájem o pĜeshraniþní spolupráci, otevĜený, tolerantní vĤþi jiným kulturám, otevĜený zmČnám, ochotný nést riziko atd. - Ohodnocení sama sebe co se týþe psychické distance k výše jmenovaným zemím (viz. pĜíloha 3)

277

Anhang 2: Anlagen zum Interviewleitfaden Anlage 1 (für sächsische Unternehmer): Machen Sie bitte eine Reihenfolge der folgenden Länder je nachdem, wie bereit Sie wären, mit Unternehmen aus diesen Ländern eine Kooperation einzugehen.

Polen Österreich Tschechien Frankreich USA Slowakei

Anlage 1 (für tschechische Unternehmer - im Original ohne deutsche Übersetzung): UdČlejte prosím poĜadí z následujících zemí podle toho, jak byste byl ochoten s podniky z tČchto zemí spolupracovat.

Polsko (Polen) Rakousko (Österreich) NČmecko (Deutschland) Francie (Frankreich) USA (USA) Slovensko (Slowakei)

278

279

überhaupt nicht wichtig

_____________________________________

_______________________________________________

Qualität der Produkte ……………………………………. Service, Zuverlässigkeit …………………………………. Prestige, Attraktivität ……………………………………. Leistungskraft der Unternehmen ………………………… Führungsstil ……………………………………………… Unternehmenskultur ………………………………………

Produktivität …………………………………………….. ______________________________________________ ______________________________________________

______________________________________________ ______________________________________________

typische Produkte und Branchen …………………….….. repräsentative Produkte …………………………………. spezifische Landeskompetenzen …………………………

typische Kompetenzen des Landes (insgesamt) ……………..

______________________________________________ ______________________________________________

Produkten und Unternehmen aus dem Land (insgesamt) …..

Stabilität der Währung …………………………………… Stabilität der Finanzmärkte ………………………………. Arbeitslosigkeit …………………………………………..

überhaupt nicht wichtig

wirtschaftlichen Bedingungen (insgesamt) ………………….

_____________________________

Normen und Werte in der Gesellschaft ……… Rolle der Tradition ………………………….. kulturelle Offenheit ………………………….

Merkmalen der Bevölkerung (insgesamt) ……….. Zugang zur Arbeit (Arbeitsstil, Disziplin) …..

rechtliche Rahmenbedingungen der GK …………………. _______________________________________________ _______________________________________________

rechtlichen Bedingungen (insgesamt) ………….…………….. Gesetzgebung ….. …………………………………………

Industrialisierungsgrad ………………............. _____________________________________ _____________________________________

_______________________________________________ _______________________________________________ _______________________________________________

Entwicklungsstand (insgesamt) …………………… Lebensstandard ………………………........... Ausbildungsniveau ………………………….. Infrastruktur …………………………………. technischer und technologischer Fortschritt …

sehr wichtig

Innenstabilität ……………………………………………... Mitgliedschaft in internationalen Gemeinschaften (z.B. EU) Regierung ………………………………………………….

politischen Bedingungen (insgesamt) …………………….….. politische Freiheit ………………………………………….

Unterschiede in:

sehr wichtig

Anlage 2: Kreuzen Sie bitte an, wie wichtig für Sie bei Überlegungen über die Suche nach einem ausländischen Kooperationspartner folgende Unterschiede sind.

Anlage 3 (für sächsische Unternehmer): Tragen Sie bitte die Länder aus der Anlage 1 auf diese konzentrischen Kreise ein, je nachdem, wie vertraut Sie diese aus privater Sicht empfinden.

D

Anlage 3 (für tschechische Unternehmer): Zaneste prosím zemČ z pĜílohy 1 do tČchto soustĜedných kružnic podle toho, jak jsou Vám z osobního hlediska blízké.

CZ

280

Anhang 3: Positionierung der Länder auf konzentrische Kreise Diese konzentrischen Kreise beinhalten die durchschnittlichen Angaben sächsischer und tschechischer Befragten zu ihrer Vertrautheit/Fremdartigkeit gegenüber ausgewählten Ländern aus privater Sicht.

Tschechien Österreich

D Polen Frankreich Slowakei

USA

Österreich Deutschland Slowakei

CZ Frankreich

USA Polen

281

282

Inhalt

Aber in diese Richtung haben Sie noch nichts unternommen? Leider noch nichts. Genau, womöglich auf Grund der Sprachbarriere. Das ist also leider der Fall, wo wir sagen, ok pass auf, also derzeitig können wir da mit Sicherheit schwer Fuß fassen, sage ich so, uns dort entsprechende Partner rauszusuchen, weil auch wir festgestellt haben, dass man mit einigen Partnern ein bisschen auf die Nase fällt…

Denken Sie, dass wegen der Sprachbarriere eine Kooperation mit einem österreichischen Unternehmen einfacher wäre, als mit einem polnischen, französischen oder tschechischen? Also ich würde mal denken, wenn die Sprachbarierre nicht wäre, oder man hätte eine Mittlerperson, die den Kontakt herstellen kann, die praktisch die Sprache überwindet, ist ein Kontakt hier für uns in diesem Grenzraum zu einem tschechischen Partner herzustellen leichter, als zu einem Partner in Österreich. Weil wenn die Sprachbarierren gefallen sind, überwiegen die Vorteile, die der tschechische Partner hat. Man liegt innerhalb von … kurzen Kilometern… also eine kurze Entfernung, es gibt dort relativ motivierte Arbeiter und dann ist natürlich für ein Zuliefererprodukt für uns der Preis entscheidend. Den könnte ich in Österreich oder in Westeuropa nicht erzielen. Welche Rolle spielt allgemein für GK die geographische Entfernung? Also vielleicht für Sie und dann allgemein?

IW ID

IW

IW

ID

Also Sie haben keine Kooperationspartner im Ausland… Genau. Haben wir keine und das, sag mal so, und das beabsichtigen wir auch nicht, weil wir wie gesagt, wir gesagt haben, ok pass auf, wir stellen ein reines deutsches Produkt her und der Kunde, der bei uns kauft bezahlt dort auch diesen gewissen Mehrpreis mit. Und insofern würde so eine Kooperation, was die reine Produktion der Badewannen betrifft, nicht in Frage kommen. Worüber wir uns aber schon Gedanken gemacht haben, das ist eine Kooperation anzustrengen und zwar mit einer Art Zulieferfirmen. Also wir benötigen hier Produkte, wie z.B. Verpackungsmaterial, Karton, Metallbearbeitung, also Fußgestelle, also so solche Produkte, die bei uns in das Endprodukt einfließen, diese zuzukaufen. Dort hätten wir schon eher mal Interesse.

Wenn Sie sich so eine Situation vorstellen, dass Sie wegen steigendem Konkurrenzdruck bzw. wegen Bestrebungen nach weiterer Unternehmensexpansion darüber nachdenken, im Ausland einen Kooperationspartner zu suchen. Gibt es Länder, die Ihnen sofort einfallen, als Länder, mit denen die Kooperation reibungslos verlaufen könnte? Ja, also grundsätzlich würde ich dort keine Unterschiede machen, ob das nun jetzt ein Land wäre, was weiss ich, aus Westeuropa oder ob es jetzt Osteuropa wäre, hätte ich grundsätzlich von der Sache her… würde ich dort keinerlei Unterschiede machen oder mit einer Vorbelastung rangehen, weil es dort mit Sicherheit auf andere Kriterien ankommt, als wie … möglicherweise die gewöhnliche Politik vielleicht… Also generell sind wir allerdings hier in der Firma XY so gelagert, dass wir uns auf die Fahnen geschrieben haben, reines deutsches Produkt herzustellen und dies auch praktisch nach außen hin so darstellen. Also wir sind ein reiner Produktionsbetrieb für Badewannen und Duschwannen, sind ca. 22 Leute mit der Geschäftsleitung jetzt und vertreiben praktisch an Installationsbetriebe, Großhändler etc. unsere Produkte direkt selbst.

IW ID

ID

Person IW

Wenn es keine Sprachbarierre gäbe, wären Kontakte zu Tschechien leichter herzustellen, als z.B. zu Österreich (bis auf die Sprache überwiegen Vorteile, die Tschechien hat – Entfernung, motivierte Mitarbeiter, Preis)

Haben bis jetzt nichts unternommen wegen der Sprachbarriere Sprache als Barriere bei der Partnersuche

Interesse an GK nur mit Zuliefererfirmen (Verpackung etc.)

Haben keine ausländischen Kooperationspartner, streben das auch nicht an Kunden bezahlen einen gewissen Mehrpreis, weil es sich um rein deutsche Produkte handelt

Stellen Badewannen und Duschwanne her

Macht keine Unterschiede zwischen einzelnen Ländern hinsichtlich GK Geht nicht mit einer Vorbelastung an. Produzieren ein deutsches Produkt, wird auch so kommuniziert

Paraphrasierung

12.1 Bis auf die Sprache überwiegen Vorteile, die Tschechien hat im Vergleich zu Österreich (Entfernung, Preis)

6.2

14.3 / 6.1

10.2

14.2

10.1

14.1

Code

6.3

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

Bemerkungen

Wenn es keine Sprachbarierre gäbe, wären Kontakte zu Tschechien leichter herzustellen, als zu Österreich

Sprache als Barriere bei der Partnersuche

---

Interesse an GK nur mit Zuliefererfirmen (Verpackung etc.), bis jetzt allerdings nicht unternommen (wegen Sprache)

Kunden bezahlen einen Mehrpreis für rein deutsche Produkte

Keine ausländischen Partner, GK wird nicht angestrebt

Stellen Badewannen und Duschwanne her

Produktion eines deutschen Produkts, wird auch kommuniziert

Keine Unterschiede zwischen einzelnen Ländern bzgl. GK, keine Vorbelastung

Generalisierung, ggfl. Reduktion (bei Wiederholung ---)

Anhang 4: Beispiel einer Transkriptionstabelle (Interview mit einem sächsischen Unternehmer - Herr ID)

283

IW ID

ID

IW

ID

IW

ID

IW

ID

Wenn man dort z.B. JV oder eine Niederlassung gründen will… Ja, ja. Also dort muss man vielleicht zwei getrennte Dinge sehen. Wenn man jetzt ein JV

Also, dadurch dass wir mit unseren Produkten nicht auf dem tschechischen Markt vertreten sind, so wir haben jetzt auch keinen Kunden, der unsere Wannen in Tschechien verkauft, kann ich dazu relativ wenig sagen… Die andere Seite, diese Zuliefererindustrie, die wir gerne möchten, so wo wir Kooperation anstrengen, dort ist es halt schon wichtig, dass die räumliche Nähe da ist, weil ich dort natürlich auch dann kurze Lieferzeiten habe. Also sprich wenn ich jetzt z.B. ein Zuliefererprodukt habe, z.B. Verpackungsmaterial, frage ich ok, pass auf, ich bestelle es am Montag, dann kann das rein theoretisch auf Grund der kurzen Entfernung Dienstag oder Mittwoch da sein. Und dieser Standortvorteil… der ist schon entscheidend für mich. Und allgemein denken Sie, dass die Bedeutung der geographischen Entfernung gesunken ist? Auf Grund der neuen Technologie--Ja, ja. Generell bin ich der Meinung, sag ich so, dass dieser geographische Faktor etwas in den Hintergrund rückt, sag ich mal so auf Grund der gesamten Medien. Mag das Internet sein, mag die gesamte Verkaufsstruktur sein, die gut ausgebauten Straßen, Schienen… Also das würde ich mal nicht so als diesen riesigen, sag ich mal so, Vorteil, sag ich mal so. Fakt ist aber eins… der Meinung bin ich, dass die Zuliefererindustrie schon schnell reagieren sollte. Ich stelle es mir vor, wenn ich jetzt Verpackungsmaterial aus Spanien bekomme oder aus der Ukraine, dann ist es eine Woche unterwegs per LKW und wenn ich es von ihnen aus Tschechien bekomme, dann ist es also für mich persönlich in diesem Sektor jetzt schon eine wichtiger Punkt, wo ich sage, ok, pass auf, wenn es dort eine Kooperation gäbe, dann hätte ich innerhalb von zwei Tagen die Lieferung da. Also für mich persönlich, was ich mir vorgestellt habe, wäre das schon ein entscheidender Punkt, aber global gesehen bin ich der Meinung, es ist nicht mehr so der riesige Faktor. Denken Sie auch generell, dass die Bedeutung der Sprachbarierre nicht so groß ist wegen der steigenden Bedeutung, Nutzung von Englisch? Ja… ja… Ich würde es so formulieren, ich gehe von mir persönlich aus. Der Mittelständler, sag ich mal so, also die Betriebe praktisch zwischen 10 und 30 Mitarbeiter, das sind meistens familiengeführte Unternehmen, als entweder Vater-Sohn, wie bei uns oder die Familie etc. Und diese Geschäftsführung, die haben dadurch natürlich, dadurch die voll im Unternehmen eingebunden sind, am ganzen Tag immer an anderen Dingen zu tun, als sich mit Englisch zu beschäftigen. Und jetzt muss ich von mir ausgehen, also mir fehlt die Zeit, sag ich mal so, mich dann auf dieses Englisch derart intensiv vorzubereiten, dass ich auch ein reines Fachgespräch, sag ich mal, mit den tschechischen Partnern führen kann. Weil er hat dasselbe Problem. Wenn ich jetzt in Urlaub fahre und nach dem Weg frage, dann ist Englisch kein Thema. Aber in dem Augenblick, wo es wirklich fachlich um Detailsachen geht, das wirklich spezifische Fremdausdrücke etc. sind, Spezialausdrücke, sag mal so. Dort ist die englische Sprache sag mal so nicht unbedingt Mittel und Zweck. Da würde ich eher denken, dass ein tschechischer Unternehmer und ein deutscher Unternehmer… das mehr bringt, wenn man einen korrekten Übersetzer hat von Tschechisch ins Deutsche, als wenn man den Umweg über das Englisch geht. Denken Sie, dass es wichtig ist, wenn Sie sich jetzt eine Kooperation mit Unternehmen aus dem Ausland vorstellen, dass man dort so eine Person hat, so eine Bezugsperson, so einen Ansprechpartner, der sich dort auskennt in der Umgebung, in dem Land, was jetzt die rechtlichen Sachen anbelangt etc. In wie weit ist dies wichtig? Das ist auf alle Fälle schon wichtig, wenn man jetzt eine spezielle Kooperation…

z.B. bei der Gründung eines JV ist

14.4

6.6 Bei Fachgesprächen zwischen Deutschen und Tschechen ist Englisch ein Umweg – besser einen Dolmetscher zu haben

Bei Fachgesprächen zwischen Deutschen und Tschechen ist Englisch ein Umweg – besser einen Dolmetscher zu haben (D-CZ)

Absolut notwendig, eine Person vor Ort zu haben, die sich dort auskennt (z. B. bei der Gründung eines JV)

6.5 Keine Zeit Englisch zu lernen, kann nicht ein Fachgespräch führen

Keine Zeit Englisch zu lernen, kann nicht ein Fachgespräch führen

Auf alle Fälle wichtig, eine Person vor Ort zu haben, die sich dort auskennt

6.4 Bedeutung der Sprachbarierre sinkt mit der steigenden Nutzung von Englisch.

7.3

Für ihn ist der geographische Faktor ein entscheidender Punkt bei der Zuliefererkooperation

Für ihn ist der geographische Faktor ein entscheidender Punkt bei der Zuliefererkooperation

Bedeutung der Sprachbarierre sinkt mit der steigenden Nutzung von Englisch.

7.2

Generell rückt der geographische Faktor in den Hintergrund (Internet, Verkaufsstruktur, Infrastruktur)

---

Kurze Lieferzeiten, Flexibilität Standortvorteil entscheidend

7.1

Generell rückt der geographische Faktor in den Hintergrund (Internet, Verkaufsstruktur, Infrastruktur)

Räumliche Nähe im Falle einer GK mit einer Zuliefererfirma wichtig (kurze Lieferzeiten, Flexibilität)

Für eine GK mit einer Zuliefererfirma ist räumlich Nähe wichtig (kurze Lieferzeiten)

284

Wenn ich Ihnen diese Länder zeigen würde und sagen würde, ganz hypothetisch, dass sich Unternehmen anbieten aus diesen Ländern, die, was die Attraktivität für Kooperation anbelangt, vergleichbar wären für Sie. Können Sie sagen, mit welchen von diesen Ländern Sie lieber kooperieren möchten und mit welchen Sie wiederum eher nicht kooperieren möchten? (Anlage 1) (macht eine Reihenfolge) Also, ich habe mal bewusst Frankreich an die erste Stelle gesetzt, weil Frankreich, würde ich mir von der Kooperation mit einer französischen Firma dort auch ein Synergieeffekt für unsere Firma erhoffen. Und zwar praktisch, dass der französische Markt natürlich ein sehr großer Markt ist, der schon seit Jahren funktioniert, wo ich also praktisch mir auch vorstellen kann, dort gute Absatzzahlen für meine Produkte zu erzielen. Also das würde ich jetzt mal an Frankreich… weil da für mich schon der Nutzen, sag mal so, relativ greifbar wäre. Österreich und Tschechien würde ich auf eine Stufe stellen, wobei ich bei Tschechien ganz eindeutig sagen müsste, dass… dort eine Kooperation mit einer tschechischen Firma zum großen Teil wahrscheinlich da drauf basieren würde, dass ich tschechische Ware nach Deutschland importiere, aber weniger Ware von Deutschland nach Tschechien. Und insofern sag ich mal so, würde ich denken, ist dort gewisses Ungleichgewicht da. Weil halt der Markt in Tschechien noch nicht so hoch ist, sag ich mal so, die Leute verdienen weniger--Und ist auch klein--Genau, genau Aber Polen ist relativ groß, da ist das Marktpotential größer im Vergleich zu Tschechien… Ja, hmm… wobei ich, wenn ich von meinen Produkten ausgehe, die ich herstelle, also dieses deutsche Markenprodukt. Das ist dann auch eher ein Produkt, sag ich mal so, welches ich erst ab gewisser Mittelklasseschicht erst verkaufen kann. Und die schätze ich in Tschechien genauso umfangreich ein, wie in Polen. Da würde ich jetzt keinerlei Unterschiede machen. Wobei ich denke, dass Tschechien sich mehr diesem westeuropäischen

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Tschechien und Polen sind auch bei der EU… Sind auch in der EU, sag mal so, aber dort hat man das vielleicht… das mag alles genauso stimmen, aber dort hat man vielleicht noch mehr diesen psychologischen Aspekt oder die psychologische Barierre. Dass man denkt, ok, pass auf, Tschechien, Polen, dort sind die Gesetzlichkeiten möglicherweise noch ein bisschen anders. Also das ist schon wahrscheinlich darauf hindeutend psychologischer Aspekt. Also ich würde sagen, von mir aus, sicher gehen und jemand (…) ein Fachmann holen und der sagt, ok, pass auf, dort verhaltet sich das so und so. Wenn das dann genau so ist, wie mit einem Partner in Österreich, dann ist es ja ok. Aber ich würde lieber für mich erstmal die Sicherheit reintreten. Unterscheiden Sie zwischen Tschechien und Polen? Also was Kooperation betreffen würde… Nein, nein… also da würde ich jetzt als solches keine Unterschiede machen.

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anschiebt, wo wirklich sich zwei Firmen zusammenschließen, dort ist natürlich, ich sage es mal so, dann absolut notwendig, dass es eine Person gibt, die sich mit den rechtlichen und auch finanziellen Dingen in dem jeweiligen Land auskennt. Möglicherweise in beiden Ländern. Das ist bei so einer Kooperation absolut notwendig. Denken Sie, dass es auch notwendig wäre z.B. in Österreich? Oder ist Österreich an Deutschland so ähnlich--Von Österreich… dort bin ich der Meinung, dort ist es nicht so wichtig, weil sich natürlich auf Grund der ganzen EG- und EU-Geschichte diese Rechtsgeschäfte, auch was diese JV betrifft sag ich mal so, angeglichen haben. Also dort hätte ich nicht---

3.2 3.2

3.3

Das Marktpotential für sein Produkt in Polen genau so hoch ein wie das in Tschechien Tschechien mehr geöffnet dem

Das Marktpotential in Polen schätz er genau so hoch ein wie das in Tschechien (ausgehend von seinem Produkt) Tschechien hat sich dem westeuro-

4.1 GK mit Tschechien – wahrscheinlich kein Gleichgewicht – der tschechische Markt noch nicht so entwickelt

GK mit Tschechien – wahrscheinlich kein Gleichgewicht – der tschechische Markt noch nicht so entwickelt (wenig Ware aus Deutschland nach Tschechien)

Tschechischer Markt klein

12.3 Österreich und Tschechien auf einer Stufe bzgl. KB

Österreich und Tschechien auf einer Stufe

Tschechischer Markt klein

3.1

12.2

2.1

14.5

Frankreich – großes Marktpotential, Möglichkeit von Synergieeffekten

Zwischen Tschechien und Polen keine Unterschiede

Polen, Tschechien zwar auch in der EU – psychologischer Aspekt – man denkt, dass die Gesetzlichkeiten dort noch anders sind

Eine Person vor Ort wäre in Österreich nicht notwendig – gleiche Bedingungen wie in Deutschland

---

Frankreich – würde sich bei einer Kooperation ein Synergieeffekt erhoffen, großes Marktpotential

Zwischen Tschechien und Polen würde er keine Unterschiede machen

Polen, Tschechien zwar auch in der EU – psychologischer Aspekt – man denkt, dass die Gesetzlichkeiten dort noch anders sind

So eine Person wäre in Österreich nicht notwendig – gleiche Bedingungen wie in Deutschland wegen EU-Mitgliedschaft

eine Person absolut notwendig, die sich in beiden Ländern auskennt

285

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Waren Sie ab und zu mal bei solchen Kontakttreffen, die von IHK veranstaltet werden zwischen z.B. tschechischen, polnischen und deutschen Unternehmen? Also an solchen Kongressen oder Veranstaltungen nehme ich eigentlich generell nicht teil. Weil die zum Punkt eins für mich als solches erstmal wenig bringen. Ich würde dort auch mal einen Grund nennen: diese Firmen, die dort an solchen Kongressen teilnehmen, mag das Zulieferindustrie sein, für Autoindustrie oder so, sind meines Erachtens nach mit einem Problem behaftet. Entweder verkaufen sie ihre Produkte selbst schlecht oder sie suchen diese IHK, diese Genossenschaften da als letzten Ausweg, um hier einen Partner zu finden. Wenn jemand, ein Unternehmer, der tschechische Kontakte anstrebt, in ein anderes Land, dann beauftragt er mit Sicherheit nicht die IHK auf einem Symposium, um dort 20 Leute am Tisch zu haben, um dort möglicherweise jemanden zu finden. Also dann greift er die Geschichte, dieses JV einzugehen anders an, als über das Mittel IHK. Sie haben gesagt, dass Sie sich im Bereich der Verpackung für eine Zusammenarbeit mit tschechischen oder polnischen Unternehmen interessieren. Wie wäre dann ihr Zugang zur Suche nach diesen Partnern? Das ist möglicherweise schon ein ganz schwieriger Punkt…. … Wäre da gerade die IHK nicht eine Lösung? Ja, ja. Ich gebe Ihnen natürlich recht. Die IHK könnte jetzt möglicherweise schon dort einen Kontakt herstellen. Aber dieser Kontakt, den die IHK herstellt, kann ich einfach machen, indem ich das Internet nehme und auf einer tschechischen Suchseite Verpackungshersteller eingebe, da kommt mir die ganze Liste… Und dann werden Sie die Firma direkt ansprechen Und dann würde ich die Firmen direkt ansprechen, sag ich mal so. Meines Erachtens nach müsste ich direkt jemanden, z.B. jemanden wie Sie, der hier im Grenzbereich tätig ist, ansprechen. Und sagen würde, Frau Holeckova, Sie kriegen von mir hier die Aufgabe, hier aus dem grenznahen Raum oder in einer Umgebung bis vielleicht 3-400 km eine Firma, einen Kontakt herzustellen, welche Verpackungsmaterialien herstellt, Kartons so. Und dann würde ich lieber Sie als freier Mitarbeiter … ein Bonus bezahlen, sag ich mal so, als dass ich über die IHK einen allgemeinen Kontakt hergestellt bekomme. Das ist auf meine Bedürfnisse besser zugeschnitten. Weil ich sage Ihnen genau, pass mal auf, Verpackung, die und die Firma, die und die Qualität und der und der Service. Da könnte ich Ihnen die Aufgabe viel spezieller erteilen, als wie das ist über die IHK. Das ist zu allgemein. Damit wir zurückkommen (Anlage 1) Also die USA fallen komplett raus. Wegen der geographischen Entfernung oder gibt es da auch andere Gründe? Ja… Bei den USA würde mich nichts dazu hinreißen, dort einen Markt aufzubauen und zwar wegen diesen rechtlichen Geschichten, was dort herrschen. Also diese ganzen rechtlichen Barierren, die in den USA herrschen mit Produkthaft etc. Das wäre für mich der Punkt, wo ich sage ok, pass auf, also ich liefere in die USA definitiv keine Badewannen, Whirlpools etc. Der geographische Faktor ist mit Sicherheit auch da, sag ich mal so, aber ob ich zum Schluss dann eine Palette Badewannen nach Frankreich verschicke oder in die USA, so großer Unterschied ist dort nicht. Aber wie gesagt, das hat es bei den USA wirklich also definitiv … die rechtlichen Dinge. Polen würde ich dann auf den dritten und die Slowakei auf den vierten Punkt setzen.

Markt geöffnet hat, als wie ein Pole. Das mag sein, weil Tschechien an Österreich und Deutschland groß angrenzt, es sind auch viele Messen in dem Grenzbereich, wo also ein reger Austausch da ist. Wenn der Austausch zwischen den Deutschen und den Polen… den schätze ich persönlich als niedriger ein.

Bereitschaft zur Kooperation – 1. Frankreich, 2.-3. Österreich, Tsche-

12.4

2.2 USA – rechtliche Barierren (Produkthaft etc.) – wäre ein entscheidender Punkt, dorthin nicht zu liefern USA – rechtliche Barierren (Produkthaft etc.) – wäre ein entscheidender Punkt, dorthin nicht zu liefern Die geographische Entfernung spielt auch eine Rolle, aber nicht so eine große Bereitschaft zur Kooperation – 1. Frankreich, 2.-3. Österreich,

Die geographische Entfernung spielt nicht so eine große Rolle

2.2

11.6 Die Dienstleistungen von IHK sind ihm schlechter zugeschnitten, zu allgemein

Mit USA will er nicht kooperieren

11.5 Einfacher, eine Person zu beauftragen, die im Grenzbereich tätig ist

---

Mit USA will er nicht kooperieren

Die Dienstleistungen von IHK sind ihm schlechter zugeschnitten, zu allgemein

Würde die Firmen direkt ansprechen Einfacher, eine Person zu finden, die im Grenzbereich tätig ist und diese mit der Suche beauftragen

11.4

11.3

Wenn man Kontakte nach Tschechien sucht, beauftragt nicht IHK

Wenn man Kontakte nach Tschechien sucht, beauftragt er nicht IHK

IHK kann Kontakt herstellen – kann er selbst machen (im Internet), dann Firmen direkt ansprechen

11.2

Teilnehmer suchen IHK als den letzten Ausweg

IHK kann einen Kontakt herstellen – den kann er auch machen, in dem er die Firmen im Internet findet

11.1

3.3

Nimmt generell an Kontakttreffen von IHK nicht teil – bringt wenig

Regerer Austausch mit Tschechien als mit Polen

westeuropäischen Markt als Polen

Nimmt generell an Kontakttreffen von IHK nicht teil – bringt wenig Firmen, die teilnehmen, verkaufen ihre Produkte schlecht, suchen IHK als den letzten Ausweg

päischen Markt mehr geöffnet, als Polen Den Austausch mit Tschechien schätzt er reger ein, als den mit Polen

286

Sie würden mir sicher zustimmen, dass die Unterschiede zwischen den zwei Ländern, also zwischen Deutschland und dem anderen Land, mit dem Sie kooperieren möchten den Verlauf einer Kooperation beeinflussen können. Ich habe hier so eine Tabelle, können Sie mir zu jeder Kategorie paar Worte sagen, wie wichtig für Sie diese wäre bei Überlegungen über GK? Also definitiv ist für mich, wenn eine Kooperation in Frage käme, wichtig, dass dort in diesem Land politische Stabilität herrscht. Und das schon über einen gewissen Zeitraum hinweg, nicht also wie das jetzt in der Ukraine ist seit drei vier Monaten, sondern dort sollte man schon über mehrere Jahre eine gewisse Konstanz erkennen können. Wie das möglicherweise in Tschechien ist. Trotz dass man dort innenpolitische Schwierigkeiten hat, aber dort ist zumindest die Außendarstellung des Landes Tschechien zur EU hin, das bleibt über Jahre hinweg schon gleich. Die Beitrittsverhandlungen werden nicht abgebrochen und werden nicht mal wieder aufgenommen und das sind für mich stabile politische Ereignisse. Wenn eine Kooperation angestrebt würde. Wenn ich jetzt einen reinen Zulieferer benötige, was für mich wichtig wäre, wie z.B. mit diesem Verpackungsmaterial, dann wären für mich diese politischen Verhältnisse zweitrangig. Weil ich dann mit diesem Partner keinerlei rechtliche Beziehungen eingehe. Und da würde ich da hergehen und sagen ok, pass auf, wenn ich jetzt einen reinen Lieferanten habe, von dem ich Ware beziehe, dann achte ich natürlich auf wirtschaftliche Verhältnisse. Ist das Produkt in Ordnung? Aber wie die Politik drum rum ist und wie die Ware zu uns kommt, wäre für mich erstmal zweitrangig. Aber wie gesagt, wenn ich eine Zusammenarbeit anstrebe, dann sind die politischen Verhältnisse absolut notwendig. Ja, die rechtlichen Bedingungen sind natürlich ein ganz wichtiger Punkt, was ich anfangs sagte, dass die sich auch möglicherweise dem einheitlichen europäischen Standard möglichst angleichen. Also dass man jetzt hergeht und sagt, ok, es herrschen in Tschechien genau dieselben Bedingungen für Kooperationen, rechtliche Bedingungen, wie sie in Europa allgemein gültig sind. Also das wäre für mich der Punkt, wo ich sage, ok, pass auf, das ist transparent. Ja, also wenn die rechtlichen Verhältnisse ähnlich sind. Dass es kleine Abweichungen in einzelnen Länder gibt, was Finanzamt betrifft etc., das ist klar, aber die allgemeinen rechtlichen Verhältnisse für die Beziehung untereinander, die sollen gleich sein. Empfinden Sie eine größere Sicherheit, wenn jetzt Tschechien in der EU ist? Ja, ja. Weil das Gütesiegel EU, ich sage es so, ob es eins ist oder nicht, aber die EU würde für mich als solches das symbolisieren, dass die Mitgliedstaaten der EU alle dieselben

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Unterscheiden Sie zwischen Tschechien und der Slowakei? Oder ist es für Sie immer noch ein Land? Ja, ja, nein. Also ich stamme ja noch aus Vorwendezeit praktisch und wir waren also praktisch es nicht gewöhnt, dass dieses Land mal nicht geteilt war, genau so, wie man sich das in Deutschland vorstellen kann. Aber wenn man so die wirtschaftliche Entwicklung in Tschechien und in der Slowakei betrachtet, dann denke ich, dass eindeutig Tschechien in den letzten Jahren die Slowakei abgehängt hat. Und ich kann mir für meine Produkte, die ich herstelle, dass sie in der Slowakei verkaufbar sind. Weil wie gesagt, ich denke, dass Tschechien als solches sich, wie gesagt dem westeuropäischen Standard, egal was auch die Lebensgewohnheiten betrifft, dass die Arbeitsbedingungen etc. eher angeglichen haben, als wie die Slowakei. Also Slowakei denke ich immer noch, das ist eher Landwirtschaft, ist von früher wahrscheinlich so, nicht?

IW

2.3

2.4

GK transparent, falls es gleiche rechtliche Bedingungen gibt Kleine Abweichungen sind normal, aber grundsätzliche sollte es nicht geben

Empfindet eine größere Sicherheit, wenn Tschechien in der EU ist –

1.4

1.3 Bei GK politische Verhältnisse absolut notwendig, sie sollen sich dem europäischen Standard möglichst angleichen

Empfindet eine größere Sicherheit, wenn Tschechien in der EU ist –

1.2 / 9.1 Politische Verhältnisse zweitrangig, wenn er nur einen Zulieferer sucht

Wenn er nur einen Zulieferer sucht, dann sind politische Verhältnisse zweitrangig – hat keine rechtlichen Beziehungen mit dem Unternehmen, achtet hauptsächlich auf Produkt Bei GK sind aber politische Verhältnisse absolut notwendig, sie sollen sich dem europäischen Standard möglichst angleichen Falls es gleiche rechtliche Bedingungen gibt, wäre für ihn eine GK transparent Kleine Abweichungen sind normal, aber grundsätzliche sollte es nicht geben

1.1

3.4

4.2

4.2

Im Land muss politische Stabilität über einen gewissen Zeitraum herrschen

---

Kann sich nicht vorstellen, dass sein Produkt in der Slowakei verkaufbar wäre ---

Unterscheidet zwischen Tschechien und Slowakei Wirtschaftliche Entwicklung in Tschechien besser als in der Slowakei, mehr an Westen orientiert, Slowakei – eher landwirtschaftlich geprägt

chien, 4. Polen, 5. Slowakei

Im Land muss politische Stabilität schon über einen gewissen Zeitraum herrschen, z.B. wie in Tschechien

Unterscheidet zwischen Tschechien und Slowakei Wirtschaftliche Entwicklung in Tschechien besser als in der Slowakei Kann sich nicht vorstellen, dass sein Produkt in der Slowakei verkaufbar wäre Tschechien hat sich eher dem westeuropäischen Standard angepasst, als Slowakei Slowakei – eher landwirtschaftlich geprägt

Tschechien, 4. Polen, 5. Slowakei

287

ID

IW

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Also die Durchsetzung des Rechtes etc. Genau. Und alles was dran hängt. Also das wäre für mich schon ein entscheidender Punkt. Die wirtschaftlichen Bedingungen. Für mich käme bei einer wirtschaftlichen Beziehung, was rein Kooperation betrifft eh nur ein stabiler Wechselkurs. Entweder man macht die Kooperation und stellt die gleich auf die Füße des Euro, dass man gleich die eine Währung außen vor lässt und dass man gleich die wirtschaftliche Beziehung gleich in Euro festlegt. Das man sich an eine Währung festlegt. Dann umgehen beide, sowohl der Partner da und dort diese Währungsschwankungen. Das würde ich eigentlich auch zu Bedingung machen, dass man diese Währungsschwankungen außen vorlässt. Euro und Krone ist jetzt nicht so hoch, sag ich mal, die Schwankungen, aber trotz alledem, dass beide miteinander klar kalkulieren können, würde ich das gleich auf der einheitlichen Währung aufbauen. … Diese Arbeitslosigkeit etc. das wäre für mich ein Punkt, der zweitrangig ist. Es ist also definitiv die Sache, wo ich sage… möglicherweise die Produktivität … für mich ist dann entscheidend, was bezahle ich bei der Kooperation für das Produkt, das ich hier angeliefert bekomme. Und ob dann der tschechische Partner 5 Mitarbeiter braucht um das Produkt herzustellen, oder 10 oder nur einen… das wäre mir herzlich egal. Also insofern… wobei es allerdings bei rein Kooperation, bei dem JV z.B., dann ist es dort schon ein entscheidender Punkt, weil man sich dort auch an Produktion beteiligt. Aber ich schätze allgemein, sag ich mal so, den tschechischen Markt schon so ein, dass die Mitarbeiter, die dort arbeiten auch motiviert sind und dass sie natürlich auch eine hohe Produktivität haben. Also das denke ich schon. Dass hängt dann auch mit Entwicklungsstand zusammen…Manche Unternehmer sagen mir, dass wenn es hier zwischen Tschechien und Deutschland keine Unterschiede gäbe, dass es hier auch keine Kooperation geben würde. Sind Sie auch de Meinung? Nein, nein… na gut, man muss natürlich sehen, welchen Nutzen oder welche Ziele man verfolgt. Ich bin der Meinung, wenn die Lebensverhältnisse angeglichen wären, würde es sogar für noch mehr Unternehmen, z.B. auch aus meiner Branche, interessant sein, auf dem tschechischen Markt Fuß zu fassen, weil mit dem Lebensstandard setze ich gleich den Durchschnittsverdienst der Leute, praktisch die Einkommensverhältnisse und natürlich auch den Lebensstandard als solches. Und wenn das alles dem westlichen Standard angeglichen wäre oder in etwa hinkäme, würde ich sogar für mein Unternehmen noch größere Chancen sehen, auf dem tschechischen Markt Fuß zu fassen…. Gut, was natürlich immer ein Punkt wäre, wenn man jetzt eine direkte Kooperation anstrebt, dann ist ja das vordergründliche Ziel, ein Produkt preiswerter oder billiger herzustellen in Tschechien als in Deutschland. Und in dem Augenblick, wo dann natürlich die Lebensverhältnisse angeglichen wären, gehen natürlich die Löhne dem einher. Also, das ist dann immer so eine … ja... so eine zwiespältige Sache. Also zum Produzieren ist es gut, wenn es drüben alles schön niedrig ist, aber wenn man jetzt was direkt verkauft will, wie wir jetzt in Tschechien, sag ich mal so, dann wäre es gut, wenn der Lebensstandard und die Einkommen höher wären. Aber das wird sich wohl in absehbarer Zeit … das ist genau wie zwischen Ost und West von uns. Das ist genau dasselbe Problem. Und was ich hier noch hinschreiben… sag ich mal so, die Infrastruktur und technologischen Fortschritt. Ähm… bin ich auf alle Fälle der Meinung, dass die Infrastruktur, die seitens der Politik mit Sicherheit entschieden wird, sag ich mal so, dass es ein ganz entscheidender Punkt ist. Wir gerade hier in diesem Chemnitzer Raum bzw. Zwickauer Raum… sind wir ja zwar mit der

Rechtsverhältnisse haben…

3.7 3.8

Arbeitslosigkeit nicht wichtig Produktivität nicht wichtig bei rein wirtschaftlicher Beziehung

Arbeitslosigkeit ist ihm nicht wichtig Produktivität ist ihm nicht wichtig bei rein wirtschaftlicher Beziehung – egal, wie viele Mitarbeiter die andere Firma braucht, um das Produkt herzustellen Bei JV wäre Produktivität eine entscheidender Punkt, weil man sich an der Produktion beteiligt Tschechien – motivierte Mitarbeiter, hohe Produktivität

4.6 Infrastruktur ein entscheidender Punkt Infrastruktur ein entscheidender Punkt

4.6

4.5 Bei reiner Produktion besser, wenn dort die Einkommen niedrig sind. Bei reiner Produktion ist besser, wenn dort die Einkommen niedrig sind.

Infrastruktur zwischen Sachsen und

4.4 Mehr Chancen für die Firma, wenn der Lebensstandard in Tschechien steigen würde

Für sich selbst würde er mehr Chancen sehen, wenn der Lebensstandard in Tschechien steigen würde

Infrastruktur zwischen Sachsen und

4.3 Mehr Interesse ausländischer Firm am tschechischen Markt, falls die Lebensverhältnisse in CZ und in Deutschland angeglichen wären

9.2

Wenn die Lebensverhältnisse in CZ und in Deutschland angeglichen wären, würde mehr Unternehmen Interesse haben, dort Fuß zu fassen

Tschechien – motivierte Mitarbeiter, hohe Produktivität

3.9

3.6

Festigung an eine Währung, Vermeidung von Währungsschwankungen

Bei JV Produktivität entscheidend – Beteiligung an der Produktion

3.5

Stabiler Wechselkurs wichtig

1.5

2.5

EU-Mitgliedschaft ein entscheidender Punkt.

Gütesiegel EU symbolisiert für ihn gleiche Rechtsverhältnisse

Man kann sich an eine Währung festigen, man umgeht damit die Währungsschwankungen

EU-Mitgliedschaft wäre für ihn ein entscheidender Punkt. Bei wirtschaftlichen Bedingungen ist ein stabiler Wechselkurs wichtig

Gütesiegel EU symbolisiert für ihn, dass die Rechtsverhältnisse gleich sind

288

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In wie weit wäre das jetzt für Sie wichtig im Vergleich zu den politischen oder wirtschaftlichen Bedingungen, über die wir vorher gesprochen haben? Ja, also die würde ich sogar fast auf eine Stufe mit den politischen und wirtschaftlichen Bedingungen setzen. Also die Motivation der Mitarbeiter bzw. die Einstellung der Mitarbeiter vor Ort, die würde ich schon mit den politischen und mit den wirtschaftlichen Verhältnissen auf eine Stufe stellen. Weil was nützt mir das, stabile politische und stabile wirtschaftliche Verhältnisse, wenn es dort Mitarbeiter gibt, die … (gestikuliert - nicht arbeiten wollen) . Also das ist schon für einen Mittelständler ist das ein ganz entscheidender Punkt. Wenn Sie jetzt ein kleines Kollektiv haben mit 30 oder 40 Mitarbeitern, dann brauchen Sie 30, 40 gute Leute. Wenn Sie jetzt ein großes Konzern sind mit 2 oder 4000 Leute, da fallen die mit ab. Das ist anders zu führen dann. Denken Sie, dass Deutsche und Tschechen ähnlich sind, was die Mentalität anbelangt? Hmm, ja, ja. Schätze ich. Ich schätze so eigentlich ein, dass was es die reine Arbeit betrifft, dass dort sind so auch die Interessen so, ich sag mal so, die Interessen, die man

Bundesstraße mit Tschechien verbunden, aber trotz aller dem haben wir dieses Erzgebirge dazwischen und die Autobahn, die über Dresden gebaut wird, das ist mit Sicherheit schon ein ganz entscheidender Punkt. Also die Infrastruktur, die muss stimmen. Das ist auch eine Frage, also wenn sich die Löhne in Tschechien den deutschen angleichen würden, ob die Unternehmen, die ausländischen Investoren in Tschechien halt weiter nach Osten gehen würden oder ob sie dort gerade wegen der relativ guten Infrastruktur im Vergleich zu z.B. der Ukraine ob sich dann die Kooperation vielleicht auf einer qualitativ höheren Ebene abspielen wird. Also auf alle Fälle sag ich mal so. Ist auch der zweite Punkt. In dem Augenblick, wo sich das Land Tschechien als solches entwickelt, Infrastruktur, technischer Fortschritt etc., wird natürlich das abgelieferte Produkt oder die abgelieferte Arbeit wird qualitativ hochwertiger. Also man kann zusammen generell höherwertige Produkte herstellen. Wenn Unternehmer, der jetzt rein aus Lohngründen in Tschechien eine Fertigung hat, der wird in 5 Jahren selbst in Tschechien nicht mehr produzieren, sondern wird er in der Ukraine produzieren oder noch weiter. Betrifft das auch die kleinen? Nein, nein. Also die kleineren und mittleren Unternehmen, vielleicht bis 40,50 Mitarbeiter, für die ist es dann uninteressant, dann würde ich dann diese Entfernungspauschale unheimlich zu Buche schlägt. Dass also jetzt nicht so in der Ukraine oder noch weiter, da hat man instabile politische Verhältnisse, dann hat man… also die Infrastruktur ist nicht so ausgebaut. Also das ist für einen kleineren, mittleren Unternehmen dann, denke ich, nicht mehr so interessant. Weil ein kleineres, mittleres Unternehmen macht eine Kooperation mit einem tschechischen Unternehmen nur, wenn für beide Seite etwas herausspringt. Also, wenn man ein qualitativ gutes Produkt herstellt. Und da ist dieser Lohnfaktor für kleine und mittlere Unternehmen nicht so entscheidend. Würde ich mal denken. Die Merkmale der Bevölkerung, also die Mentalität, die sich dann im Zugang zur Arbeit widerspiegelt z.B. Also in wie weit würden Sie diese Faktoren bei der Überlegung über GK in die Entscheidung mit einbeziehen? Da schätze ich eigentlich die tschechische Bevölkerung als solches relativ hoch ein. Das ist möglicherweise eine Barriere, wo ich nicht sagen würde, ich würde in die Slowakei gehen oder nach Polen. Der tschechische Arbeiter, schätze ich, dass er generell zu Arbeit eine gesunde Einstellung hat. Wie es möglicherweise auch in Deutschland bei einem Großteil der Bevölkerung Gang und Gäbe ist, sag ich mal. Das ist wirklich ein entscheidender Punkt, wie motiviert auch die Mitarbeiter sind.

Tschechen sind den Deutschen ähnlich – Interessen, Freizeitgestal-

Motivation der Mitarbeiter bei KMU wichtiger (bei einem kleinem Team), als bei GU

Mentalität würde er auf eine Stufe mit politischen und wirtschaftlichen Bedingungen setzten

Schätzt tschechische Bevölkerung relativ hoch ein (besser als polnische oder slowakische) Tschechien – gesunde Einstellung zur Arbeit Motivation der Mitarbeiter entscheidend

Die wiederholte Verlagerung der Produktion betrifft nicht KMU Ukraine – instabile politische Verhältnisse, nicht ausgebaute Infrastruktur – für KMU nicht interessant GK von KMU muss für beide Seiten etwas bringen – Lohnfaktor ist nicht so entscheidend

Bei besserem Entwicklungsstand in Tschechien kann man qualitativ hochwertigere Produkte zusammen machen Wer in Tschechien eine Fertigung aus Lohngründen hat, wird in 5 Jahren in der Ukraine produzieren

Tschechien – Problem: Erzgebirge

Tschechen und Deutsche ähnlich (Interessen, Freizeitgestaltung)

Motivation der Mitarbeiter bei KMU wichtiger, als bei GU

Mentalität auf einer Stufe mit politischen und wirtschaftlichen Bedingungen

Schätzt tschechische Bevölkerung relativ hoch ein (besser als polnische oder slowakische) Tschechien – gesunde Einstellung zur Arbeit Motivation der Mitarbeiter entscheidend

5.4

9.4

5.3

9.3

5.2

5.1

1.6 / 4.10

Ukraine – instabile politische Verhältnisse, nicht ausgebaute Infrastruktur – für KMU nicht interessant ---

4.9

4.8

4.7

Die wiederholte Verlagerung der Produktion betrifft nicht KMU (Lohnfaktor ist nicht entscheidend)

Bei besserem Entwicklungsstand in Tschechien kann man qualitativ hochwertigere Produkte zusammen machen Wer in Tschechien eine Fertigung aus Lohngründen hat, wird in 5 Jahren in der Ukraine produzieren

Tschechien – Problem: Erzgebirge

289

Denken Sie, dass es in die heutigen Unternehmensbeziehungen immer noch einfließt? Wenn ich jetzt von mir persönlich ausgehe, für mich hätte das keinen Einfluss, weil es mich nicht betrifft. Aber ein Bayer oder ein Franke, sag ich mal so, mit der CSU, die dort ein bisschen diese Treffen organisieren, für die könnte ich mir vorstellen… ist schon ein Thema. Für uns, sag ich mal so, als ehemalige DDR-Bürger war das ein Thema, was eigentlich bis vor 10 Jahren nicht existiert hat. Und deswegen ist es auch für mich kein Thema.

Und denken Sie, dass vielleicht wegen der ähnlichen Entwicklung in den letzten 40 Jahren vor der Wende in der Tschechoslowakei und der DDR die Unternehmensbeziehungen jetzt zwischen Tschechien und Ostdeutschland einfacher sind, als zwischen Tschechien und West-

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jetzt seine Freizeit gestaltet, fährt man in Urlaub, zum See, in die Berge und diese Interessen von Leuten in Tschechien und in Deutschland, die sind relativ gleich gelagert, sag ich mal so. So schätze ich das natürlich mit den ganzen Umgangsformen ein. Also regelmäßig auf Arbeit kommen, Familie, Kind, Haus etc., sag mal so. Diese allgemeinen Vorstellungen vom Leben, also die schätze ich schon so ein, dass die zwischen einem Tscheche und einem Deutschen relativ gleich sind. Wie stellen Sie sich einen typischen Tschechen vor? Was die Eigenschaften anbelangt… (lacht) … eine gute Frage. Wie stelle ich mir einen typischen Tschechen vor? Ja…also ich schätze immer noch, dass er eigentlich als solches ein ehrlicher Mensch ist. Also ich schätze ein Tscheche als solches ist ein relativ ehrlicher Mensch. Dann ist ein Tscheche, meines Erachtens nach, wenn er auf Arbeit geht immer noch ein bisschen altmodisch angezogen. Also das schätze sag mal so, auch wenn man das dann möglicherweise so sieht, dass man dann denkt, die können doch mehr aus sich machen. Die Menschen könnten noch mehr stolz sein, könnten mehr das aus sich rausholen. Also ich habe manchmal das Gefühl, dass er ein bisschen, dass es an, das ein bisschen das Bewusstsein dafür fehlt. Ja, das denke ich eigentlich, sonst … er trinkt halt gerne Bier und sonst … ja… wie gesagt, ich finde eigentlich, dass die Unterschiede zwischen einem typischen Tscheche und einem typischen Deutschen so sehr hochgradig sind (wahrscheinlich andersrum gemeint). Was man in Tschechien so langsam sieht… dass es dort eine gewisse Schicht gibt, die sich extrem von der Arbeiterschicht abhebt. Also diese Businessleute, wenn man gerade nach Prag fährt… große Autos und etc., ein bisschen raushängen lassen. Also diese Schicht hat sich in Tschechien in den letzten 4, 5 Jahren auch recht stark breitgemacht. Aber gut, sie gehören eben dazu. Denken Sie, dass die heutigen Unternehmensbeziehungen zwischen tschechischen und deutschen Unternehmen von der etwas problematischen Geschichte zwischen Tschechien und Deutschland beeinflusst werden? Also nicht nur der Krieg und die unmittelbare Nachkriegszeit, also die Aussiedlung der deutschen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei, sondern vielleicht auch dann die Ostblockzeiten… Also diese Ostblockzeit, die kommt meines Erachtens nach, in sächsischen Unternehmen, also aus der ehemaligen DDR, eigentlich dem zugute. Weil wir haben schon immer Urlaub gemacht in Tschechien, die Tschechen haben immer bei uns, oder in der DDR Urlaub gemacht und so war der Austausch schon immer da gewesen. Und insofern denke ich, dass die Belastung, sag mal so, durch den Ostblock sehr viel niedriger ist, als die Belastung möglicherweise zwischen den Bayern und Franken von der Vertreibung der Sudetendeutschen von den Tschechen, sag ich mal so. Weil dieses Thema, auch seitens der Bayern immer hochgekocht wird. Und das ist zeitlich viel länger her, als diese jüngere Geschichte mit dem Ostblock. Also da schätze ich die Geschichte mit dem Ostblock als viel niedriger ein, was es da zu diesen Sudentendeutschen gibt.

Für ihn hat die Geschichte keine Bedeutung für deutschtschechische Unternehmensbeziehungen Kann sich aber vorstellen, dass es für einen Franken ein Thema ist

8.2 Belastung durch Ostblockzeiten ist nicht so groß, wie Belastung der Bayern durch Vertreibung – dieses Thema wird hochgekocht

8.3

8.4

Für ihn hat die Geschichte keine Bedeutung für deutsch-tschechische Unternehmensbeziehungen Kann sich aber vorstellen, dass es für einen Franken ein Thema ist

---

8.1

5.5

Ostblockzeiten sind den sächsischen Firmen zu Gute in der Beziehung zu tschechischen Partnern – früher Urlaub in Tschechien, Tschechen in der DDR

---

Unterschiede zwischen Deutschen und Tschechen sind nicht hochgradig

Ostblockzeiten sind den sächsischen Firmen zu Gute in der Beziehung zu tschechischen Partnern – früher Urlaub in Tschechien, Tschechen in der DDR Belastung durch Ostblockzeiten ist nicht so groß, wie Belastung der Bayern durch Vertreibung – dieses Thema wird hochgekocht Schätzt die Geschichte mit dem Ostblock viel niedriger ein, als die unmittelbare Nachkriegszeit

Typischer Tscheche: ehrlich, altmodisch angezogen, kann mehr stolz und selbstbewusst sein; trinkt Bier

Typischer Tscheche: ehrlich, immer noch altmodisch angezogen, kann mehr aus sich machen, kann mehr stolz sein, mehr selbstbewusst; trinkt Bier

tung, regelmäßig auf Arbeit kommen, Familie, Kind, Haus

290

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Wir haben bis jetzt über sog. landesbezogene Faktoren gesprochen. Wenn wir an Produkte und Unternehmen aus einem Land denken. In wie weit fließt das jetzt in die Überlegungen über GK? Also Qualität und Ruf der Produkte, Ruf der Unternehmen… … ja… hmmm Ja, also mit deutschen Unternehmen wird immer Zuverlässigkeit verbunden, Qualität… Ja, also gut, das ist schon ein Punkt, da kommen wir eigentlich wieder zurück auf diese Geschichte, diese Verbindungshersteller, diese IHK. Wenn ich mit einer tschechischen Firma eine Kooperation eingehen würde, dann stelle ich natürlich solche Sachen… oder die setzte ich voraus einfach. Dass dort die Liefertreue sag ich mal so, dass dort die Qualität stimmt, das sind für mich Grundvoraussetzungen um überhaupt eine Kooperation mit einem tschechischen Unternehmen anzustreben. Wenn die jetzt zwei, dreimal enttäuscht wären, würde ich die Kooperation definitiv abbrechen. Also weil wie gesagt, für mich ist das Thema Zuverlässigkeit, die Qualität der Produkte schon oberste Priorität. Weil dann mein Endprodukt dann davon hängt. Hätte Sie Bedenken wegen der Liefertreue, Qualität aus Tschechien, Polen oder aus anderen Ostblockstaaten? Also pauschal jetzt nicht. Also ich würde das dann eher so sehen, dass es mit Sicherheit sowohl in Tschechien, als auch in Deutschland zuverlässige und unzuverlässige Firmen gibt. Aber pauschal jetzt zu sagen, dass ein Tscheche oder ein Pole unzuverlässiger wäre, das kann ich so jetzt nicht sagen. Weil mittlerweile, seitdem wir die Grenzöffnung haben, die gut geführten Unternehmen auch in Tschechien und auch in Polen wissen, auf was es ankommt. Also das denke ich schon. Welche Rolle spielen bei den Überlegungen über GK sog. typische, spezifische Herstellerkompetenzen. Mit jedem Land werden bestimmte Kompetenzen verbunden, Frankreich Wein, Schweiz Uhren, Italien Design, Deutschland Automobile, Tschechien Bier. In wie weit spielen diese typischen Herstellerkompetenzen für die Entscheidung über GK eine Rolle? Also, wenn ich jetzt von meinem Produkt ausgehe, Badewanne und Duschwanne, würde es da möglicherweise keine Beschränkung geben. Gibt es in Ihrer Branche ein Land, das attraktiv--Nein, das kann man als solches nicht sagen. Also weder Italien, Frankreich, Deutschland oder so. Das können wir für meine Produkte, die ich herstelle, eigentlich nicht sagen. Aber es gibt natürlich solche speziellen Produkte, wie jetzt z.B. Becherovka, dann würde ich es mir nicht in Frankreich kaufen, ist logisch. Also für eine spezielle Produktgruppe ist es schon ein Faktor, wie bei Glas Bohemia Glas oder Crystal Glas oder so, das schon, aber speziell für meine Produktgruppe, wäre das nicht so… Ich war z.B. bei einem Möbelhersteller, der hat mit gesagt, dass es für ihn attraktiv wäre, mit einem italienischen Unternehmen zu kooperieren wegen Design. Weil er kann nicht nur diese Kompetenzen, ein bisschen übernehmen, sondern er kann sie vor allem dann kommunizieren

deutschland? … … Also dazu kenne ich eigentlich zu wenig die Beziehungen, die zu DDR-Zeiten, oder zu Ostblockzeiten gewesen sind. Also da kann ich mir kaum einen Urteil darüber erlauben. Das kann ich schwer einschätzen. Wobei ich denke, dass eher, ich sage es mal so, ein Unternehmen aus der ehemaligen DDR, die schon immer Kontakte nach Tschechien gepflegt haben, dass die von den Kontakten eigentlich profitieren. Genau so sehe ich es bei der Kooperation von VW und Skoda, diese Beziehung oder diese Verbindung hat es ja auch schon zu Ostblockzeiten gegeben und die haben natürlich eindeutig davon profitiert, dass es die Beziehung schon gegeben hat. Aber um das zu vergleichen, da fehlt mir ein bisschen der Einblick.

Kann nicht sagen, dass ein Land attraktiv wäre für sein Produkt Bei speziellen Produkten spielt das Herkunftsland eine Rolle (würde nicht Becherovka in Frankreich kaufen)

Spezifische Kompetenzen – keine Beschränkungen in seinem Bereich

Pauschal hätte er keine Bedenken wegen Qualität, Termintreue aus Ostblockstaaten. In Deutschland gibt es auch zuverlässige und unzuverlässige Firmen

Bei mehreren schlechten Erfahrungen würde er die GK abbrechen

Wenn er eine GK eingeht, setzt Zuverlässigkeit, Termintreue, Qualität etc. voraus (Grundvoraussetzungen, oberste Priorität)

Kann schwer einschätzen, ob durch die gemeinsame Entwicklung die Beziehungen zwischen Tschechen und Ostdeutschen einfacher sind, als zwischen Tschechen und Westdeutschen Unternehmen, die schon früher Kontakte hatten, profitieren von diesen bis heute

10.3

10.4 Bei speziellen Produkten spielt das Herkunftsland eine Rolle, bei seinem nicht

10.3

9.6 / 8.6

15.1

9.5

8.5

8.5

Kann nicht sagen, dass ein Land attraktiv für sein Produkt wäre

Spezifische Kompetenzen – keine Beschränkungen in seinem Bereich

Pauschal keine Bedenken wegen Qualität, Termintreue aus Ostblockstaaten.

Abbruch GK bei mehreren schlechten Erfahrungen

Zuverlässigkeit, Termintreue, Qualität als Grundvoraussetzungen einer GK

Unternehmen, die schon früher Kontakte hatten, profitieren von diesen bis heute

Kann schwer einschätzen, ob durch die gemeinsame Entwicklung die Beziehungen zwischen Tschechen und Ostdeutschen einfacher sind, als zwischen Tschechen und Westdeutschen

291

Ja, aber die Verlagerung der Produktion ist hier vielleicht stärker im Grenzraum, dass es nicht so aufwendig ist, nach Tschechien--Nein, nein. Das würde ich nicht so sehen. Dass wir jetzt Unterschiede gemacht hätten, ob die Produktion nach Tschechien, nach Afrika oder noch weiter nach Osteuropa ausgelagert wird, also das spielt keine Rolle. Mit dem Patriotismus, was wir den Kunden versuchen zu greifen, das ist der, dass wir hier in Deutschland Arbeitsplätze im produktiven Bereich schaffen. Also wenn die großen Konzerne Arbeit abbauen, verlagern etc. Wohin dann die Produktion geht, ob nach Tschechien oder nach Afrika oder sonst wohin, das spielt erstmal keine oder das spielt eine untergeordnete Rolle. Sie haben gesagt, dass Sie 22 Mitarbeiter haben, oder? Ja

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Dass Sie hier auch Arbeitsplätze schaffen--Ja ja, also das ist für uns ein ganz entscheidender Verkaufsfaktor. Weil ja… in den letzten Jahren viel Arbeitslosigkeit, Auslagerung der Produktion, Produktion in Billigländern etc. Davon wird ja in Deutschland sehr viel Stimmung gemacht. Und wir sagen, ok, pass auf, wir produzieren hier, sichern deutsche Arbeitsplätze, haben ein deutsches Produkt und deswegen verkaufen wir auch unsere Produkte unter diesem Slogan. Und dieser Patriotismus, oder dieser Slogan, dass es ein deutsches Produkt ist, hier in Sachsen hergestellt, das zieht bei der Kundschaft ungemein. Denken Sie, dass auch deswegen ist, weil wir ganz nah an der Grenze sind? Das hat jetzt als solches nichts mit Tschechien zu tun.

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bei den Kunden. Sie haben am Anfang gesagt, dass Sie alles in Deutschland produzieren, weil Sie das auch so verkaufen wollen… deutsches Produkt. Da würde er mit dem italienischen Design das Ganze kommunizieren. Ja, also, in der Möbelindustrie könnte ich es mir schon vorstellen. Wobei allerdings was so dieses reine… Badewannedesign anspricht, mit Sicherheit Deutschland oder grad Italien schon eine marktführende Stellung haben, was die Designbestimmung betrifft, sag ich mal so. Oder die Trends betrifft. Aber das Produkt, was ich jetzt herstelle, wenn ich das vor Ort verkaufe in Tschechien, dann hat dieser tschechische Markt, vom Geschmack her, sag ich mal so, seine Eigenheiten, genau so wie der polnische, österreichischer oder französischer, sag ich mal so. Also Badewannemodelle, die wir verkaufen, wären möglicherweise in Tschechien gut verkauft. Aber dass ich mir jetzt mit dem Produkt was assoziieren würde, so ist wäre es also nicht. Aber für Sie ist schon wichtig, dass Sie alle Lieferanten hier aus Deutschland haben… Sie kommunizieren das dann auch. Also ich habe es hier auf dem Plakat gesehen, dass alles in Deutschland produziert wird--Ja, ja, richtig, genau. Also die Badewanne, die wir herstellen, die würden wir mit dem Slogan verkaufen, ok, pass auf, jede Badewanne, die du bei mir kaufst ist in Deutschland produziert, was allerdings nicht diese ganze Zuliefererindustrie betrifft. Also sprich, ich liefere zu meiner Badewanne ein Fußgestell aus oder auch Ablauf oder diese Verpackung. Das ist für mich zweitrangig. Für mich kommt es auf das reine Produkt, diese Badewanne an. Denken Sie, dass es auch als Kommunikationsargument hilft, also nicht nur, dass die Kunden das mit deutscher Qualität verbinden, sondern auch ein gewisser Patriotismus oder Nationalstolz--Ja, ja---

Mitarbeiterzahl: 22

Spielt keine Rolle, wohin die Produktion aus Deutschland verlagert wird.

Mitarbeiterzahl: 22

---

Die Verlagerung der Produktion und der Patriotismus hat nichts mit Tschechien zu tun, sondern mit Ausland allgemein

s. Kurzporträt

4.12

4.11 Verlagerung der Produktion ein großes Thema in Deutschland

Verlagerung der Produktion ein großes Thema in Deutschland Die Verlagerung der Produktion und der Patriotismus hat nichts mit Tschechien zu tun, sondern mit Ausland allgemein

10.7

10.7

Schaffung der Arbeitsplätze als ein ganz entscheidender Verkaufsfaktor

Patriotismus, Nationalstolz wichtig

10.7

Schaffung der Arbeitsplätze als ein ganz entscheidender Verkaufsfaktor, zieht bei der Kundschaft ungemein

Patriotismus, Nationalstolz spielen eine Rolle

Slogan „ein ehrliches deutsches Produkt“

10.6

Geschmackseigenheiten in einzelnen Ländern

Geschmackseigenheiten in einzelnen Ländern

Slogan, dass jede Badewanne in Deutschland produziert wird

10.5

Marktführende Stellung im Badewannendesign – Deutschland, Österreich, Italien

Badewannendesign – Deutschland, Österreich, Italien – marktführende Stellung

292

Darf ich nach Ihrer Ausbildung fragen? Ich habe Facharbeiter für Datenverarbeitung, das war eine Computerausbildung, das war meine Lehre und dann habe ich noch drei Jahre an der TU studiert und zwar habe ich dort den Betriebswirt gemacht. Fremdsprachenkenntnisse? Maximal Englisch, ein bisschen Schulrussisch noch.

Haben Sie mal im Ausland eine längere Zeit gelebt? Nein. Darf ich nach Ihrem Alter fragen? 34 Würden Sie sich selber als auslandsorientiert einschätzen, also stellt… Sie kooperieren nicht, das ist jetzt ein bisschen schwieriger… aber würde für Sie persönlich GK eher eine Notwendigkeit darstellen oder eher eine Herausforderung? D.h., aber auch wenn es nicht notwendig wäre zu kooperieren mit ausländischen Partnern, dass es Ihnen doch Spaß machen würde--Ja, also, definitiv hätte ich dort schon möglicherweise Interesse mit ausländischen Firmen auch zusammenzuarbeiten. Aber sag ich mal so, möglicherweise für uns als Firma was dabei rüberkommt. Also jetzt nur als Liebe, Lust und Langeweile würde ich das natürlich nicht machen. Also ein bisschen in ernsthafter Hintergrund sein. Ja, natürlich. Aber Sie würden es jetzt nicht grundsätzlich ablehnen? Nein, nein, um Gottes Willen. Das Geschäft betreibt auch mein Vater, er ist jetzt 61 und wir sind da sehr offen und wir waren auch schon in vielen Ländern im Urlaub gewesen, also haben wir eigentlich damit überhaupt kein Problem. Wenn da eine Kooperation zustande kommen sollte, auch was interessant wäre oder so, dann jederzeit gerne. Inwieweit würden Sie Erfahrungen von anderen beeinflussen? Also von Ihren Geschäftspartnern, von Ihren Freunden etc. Also wenn jetzt ein Geschäftspartner sagen würde, na ja Frankreich, na ja Polen, da habe ich schlechte Erfahrungen. Würde Sie da beeinflussen? Definitiv überhaupt nicht, weil ich ein Mensch bin, der sich seine Erfahrung selbst sammelt. Also ich höre eigentlich ungern oder nur im Unterbewusstsein auf Erfahrungen, die andere Leute gesammelt haben, nehme das zwar als solches auf und ich speichere das auch, aber generell würde ich meine persönliche Entscheidung nicht von Zweiten abhängig machen. Letzte Frage. Wenn Sie jetzt versuchen, für eine Minute Ihre Firma zu vergessen und diese Länder hier so eintragen würden, je nachdem wie vertraut bzw. fremdartig Sie diese empfinden. (trägt die Länder ein – Anlage 3) … und was bleibt noch? Slowakei. Slowakei machen wir ganz weit weg, da habe ich keinerlei Beziehungen. Waren Sie schon in allen von diesen Ländern? Nein, in den USA war ich noch nicht gewesen, sonst überall.

Haben Sie irgendwo Freunde, Bekannte? In keinem dieser Länder.

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Darf ich nach Umsatz fragen? Knapp 3 Mio € Sind Sie Geschäftsführer? Also die Entscheidungskompetenzen bzgl. GK liegen bei Ihnen? Genau, ja.

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Würde gern mit ausländischen Firmen kooperieren, aber nicht aus Lust und langer Weile, muss auch Sinn machen

Würde gern mit ausländischen Firmen kooperieren, aber nicht aus Lust und langer Weile, muss auch Sinn machen

Hat in keinem Land Freunde, Bekannte (Anlage 1)

War noch nicht in den USA, sonst überall

Slowakei ganz weit weg, keine Beziehungen

Sammelt seine Erfahrungen selbst, hört ungern auf Erfahrungen von anderen (oder nur im Unterbewusstsein)

Hat in keinem Land Freunde, Bekannte (Anlage 1)

War noch nicht in den USA, sonst überall

Slowakei ganz weit weg, keine Beziehungen

Sammelt seine Erfahrungen selbst, hört ungern auf Erfahrungen von anderen (oder nur im Unterbewusstsein)

Ist sehr offen, war schon in vielen Ländern im Urlaub

Alter: 34

Ist sehr offen, war schon in vielen Ländern im Urlaub

Keine Auslandsaufenthalte

Alter: 34

Sprachkenntnisse: Englisch, Schulrussisch

Keine Auslandsaufenthalte

Sprachkenntnisse: Englisch, Schulrussisch

Ausbildung: Lehre, 3 Jahre an der TU Chemnitz studiert

Geschäftsführer, Entscheidungskompetenzen hat er Ausbildung: Lehre, 3 Jahre an der TU Chemnitz studiert

Umsatz: 3 Mio. € Geschäftsführer, besitzt Entscheidungskompetenzen

Umsatz: 3 Mio. €

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

15.2

14.7

14.6

293

Woran haben Sie gedacht bei der Positionierung? Ja, also Österreich, also, ich habe es jetzt ein bisschen vom privaten Umfeld aus… also Urlaub, man fährt nach Österreich, Italien zum Skiurlaub. Tschechien waren wir auch relativ viel, Prag etc. Ja, Frankreich, dort war ich auch schon zwei-, dreimal im Urlaub gewesen. Polen… da war ich so (zeigt: klein) gewesen, USA war ich noch nicht und Slowakei ist … war ich auch als Kind gewesen, in der Hohen Tatra, aber würde mich jetzt als solches nichts hinführen

Also sowohl privat als auch beruflich? Ja, sowohl privat als auch jetzt firmentechnisch, wo ich jetzt sage, ok, pass auf, dort möchte ich jetzt hinziehen, also definitiv gar nicht.

Ok, das war’s. Vielen Dank!

IW ID

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IW

Sowohl privat als auch beruflich würde ihn nichts in die Slowakei hinführen

Österreich – Skiurlaub Tschechien – war relativ oft Frankreich – war auch schon im Urlaub Polen – war er als er klein war Slowakei – war dort als Kind, würde ihn dort nichts hinführen Sowohl privat als auch beruflich würde ihn nichts in die Slowakei hinführen

Polen – war dort als Kind Slowakei – war dort als Kind

Österreich – Skiurlaub Tschechien – war relativ oft Frankreich – war auch schon im Urlaub

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

12.5

294

Inhalt

A co se tyce zemi v ramci EU? Tam nemame obavy. Mame zkusenosti ze spoluprace s Rakouskem, Nemeckem, neco se rozjednavalo s Francii, ale to bylo zase spis z ty francouzsky strany doslo k nejakemu nevyjasneni, odpoutali se od toho puvodniho zameru, takze to usnulo. Ale jinak delame pro Nemecko, delame pro Rakousko. Muzete treba rict, ze s tim Nemeckem to probiha bez problemu? Je to zeme, kde se muzete na kooperacniho partnera spolehnout? Urcite, urcite. I kdyz je pravda, ze je rozdil delat pro Sasko a delat pro Bavorsko.

A v cem je ten rozdil? Ja si myslim, ze … treba … ty odpovedi ze saskejch zemi, treba ta pobidka ke spolupraci …byly takovy… chteli zneuzit toho, ze my mame ty nizsi naklady, mzdovy naroky. Bych rekl, ze je velkorysejsi ta nabidka firem ze zapadu.

Takze nerozlisujete vylozene Bavorsko a Sasko, ale spis vychod a zapad… Presne tak, vychod a zapad. Ale zase kdyby se na nas obratili treba tady z Drazdan (a nevim, proc se jeste porad neobratili, kdyz je to tady kousek) o nejakou spolupraci, tak bychom do toho automaticky sli. My mame jednu zkusenost s podnikem tady z ty strany a ten chtel vylozene vytezit na tom, ze ma praci a pozadoval, abychom delali za mene, nez za ceske mzdy a budte radi, ze vam neco dam.

A pocitujete nejakou nadrazenost tech Nemcu? To ne, ja s Nemeckem nemam problem. … ja mam zkusenost… naopak se ted posledni dobou stava, ze naopak je ten pristup daleko otevrenejsi a i kdyz ty projekty nevyjdou, protoze oni vetsinou hledaji partnera pro nejaky zamer… ta zkusenost co mam ja, tak tam rozhodne nadrazenost nebyla a preci jenom to chovani v ty vychodni zone mi pripada preci jenom jeste poznamenany.

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A co treba Balkan, Bulharsko, Rumunsko. Mel byste tam stejne obavy? … Ähm…. Asi jo, asi podobny obavy. Rumunsko ma nejake problemy s pravema Bulharsko je zase tak daleko, ze ta komunikace neni tak jednoducha.

Predstavte si, ze by vas snahy o expanzi podniku, prip. Rostouci konkurence dovedly k myslence, ze byste spolupracoval se zahranicnim podnikem. Jsou zeme, u kterych byste si rekl, ze by to urcite probihalo bez problemu a jsou naopak zeme, kde byste si rekl, tam radsi ne? To se da tezko rict. Rozhodne jako min bezpecnou zonu, to bych povazoval vychodni staty jako je Rusko, Belorusko, Ukrajina, tam jet a obava s tou kooperaci… i kdyz nemam zadnou zkusenost, ale tam ta obava je takova, ze se radsi neobracime na ne.

IW ECZ

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Person IW

S Nemeckem nema problem Posledni dobou je pristup otevrenejsi Zkusenost – ne nadrazenost, chovani ve vych. Nemecku trochu

Zkusenost – vych. podnik se snazit vytezit z nizkych mzdovych nakladu v CR, pozadoval, aby delali za nizsi nez ceske mzdy – nadrazenost

Rozliseni mezi zapadem a vychodem Nemecka. Ale i kdyby se ozvala firma z vychodniho Nemecka, tak by do toho automaticky sli.

Saske podniky chteli zneuzit nizke mzdove naklady Velkorysejsi jsou zapadonemecke firmy

Spoluprace s Nemeckem probiha bez problemu. Rozdil, jestli delate pro Sasko nebo Bavorsko

V EU obavy nema Zkusenost s Rakouskem, Nemeckem, castecne s Francii

Podobne obavy i Rumunsko Bulharsko daleko, komunikace neni tak jednoducha

Rusko, Belorusko, Ukrajina jako mene bezpecna zona Nema zkusenost, ale obava se a radsi je neoslovuje

Paraphrasierung

Chovani vych. Nemcu poznamenane

--Nem. firmy posledni dobou otevrenejsi, nenadrazene

9.5

9.4 / 15.4 Zkusenost – vychodonemecka firma pozadovala praci za nizsi, nez ceske mzdy

9.3

9.2

8.1 / 9.1

15.2

1.2

1.1 7.1

1.1/ 15.1

Code

15.3

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

Bemerkungen

Automaticky by sli do spoluprace s jakoukoli nem. firmou.

---

Saske podniky zneuzivaji nizsi mzdove naklady. Zapadonemecke firmy velkorysejsi

Spoluprace s Nemeckem bez problemu. Rozdil ve spolupraci se zap. a vych. Nemeckem

Zadna obava se zememi EU Zkusenost: Rakousko, Nemecko, Francie

Podobna obava i s Rumunskem Bulharsko – daleko, nesnadna komunikace

Obava spoluprace s Ruskem, Beloruskem, Ukrajinou kvuli bezpecnosti. Nema ale zkusenost

Generalisierung, ggfl. Reduktion (bei Wiederholung ---)

Anhang 5: Beispiel einer Transkriptionstabelle (Interview mit einem tschechischen Unternehmer - Herr ECZ)

295

A kdyz byste srovnal, protoze jste rikal, ze mate zkusenost s Rakouskem a Nemeckem.. Tak kdyz byste je srovnal, jsou tam rozdily? Ano, urcite jsou, jako s Rakouskem jsou problemy vzdycky a budou, ze jo.

Proc si myslite, ze to tak je? Nevim, tam budete hledat ty vztahy do 18. nebo 19. stoleti.

Ja zu jsem slysela nazor, ze Rakousko je nam bliz, ze Nemecko je velky stat, hospodarska velmoc a ze jsme spis srovnatelni s Rakouskem. Vy si myslite, ze Nemecko je nam bliz? No, jednak kdyz se dela nejaky kontrakt, tak tam jsou dulezity ceny a ta zapadni zona byla a porad jeste je velkorysejsi k vasim pozadavkum a potrebam. Vy se samozrejme snazite ty ceny posadit co mozna nejvys, co je unosny pro toho odberatele, ale jestlize tam ta protistrana zacne vyuzivat toho, ze si zjisti, jaka je minimalni mzda v CR a hraje na tuhle strunu, tak tam pak neni mozna domluva. My nehledame praci za kazdou cenu, hleda se normalni podnikani a ne ze budou zneuzivat toho postaveni, ze jsou v zone, ktera ma vic penez. A do jake miry hraje roli geograficka vzdalenost pro spolupraci? Nehraje roli. Kdyby vas ted oslovila firma ze Spojenych statu, nemel byste… Jo, tam jde spis o to, ze nemame zkusenosti s namorni dopravou …

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ECZ

IW ECZ

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A kdyz by se na vas ted obratila slovenska firma— Pozadoval bych vyssi garance od Slovaku, platby predem a podobne

Co treba Polsko? Mate tam nejake zkusenosti? Nemame vubec zadny zkusenosti a ja se domnivam, ze ten trh je uplne jinej, nez tam ta socialni situace vytvari takovy skupiny obyvatel, ktery jsou ochotny pracovat za kazdejch podminek, za ktery by ve zbytku Evropy nikdo nedelal. Polaci, mozna ze i Rumuni,

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IW ECZ

IW ECZ

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Ale v podstate byste nemel nic proti… Ne, nemel… tam jsou vetsi potreby nejakych garanci a mit vetsi zkusenost s tou kontejnerovou prepravou, ale jinak ne. Priloha 1: srovnatelne podniky z techto zemi. Muzete rict, se kterou s techto zemi byste radsi nespolupracoval, nebo se kterou byste moc rad spolupracoval? No, problem je treba historicky se Slovenskem, se slovenskyma firmama, tam prece jenom, bude to znit mozna paradoxne, ale ve spouste pripadu tam doslo k poruseni obchodni kazne a meli jsme s nima problemy, se Slovakama. Byli jsme radi, ze jsme nejaky penize zpatky dostali. A mate vic takovych zkusenosti? To bylo nekolik slovenskych firem, ale je to uz dyl, takze jako se na tu stranu neobracime.

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IW ECZ IW ECZ

ECZ

Ale tam nevidite rozdily mezi CR a vychodnim Nemeckem, v tom chovani? To asi ne, to bude tak stejny.

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Zadne zkusenosti s Polskem Polaci – ochotni pracovat na cerno, obchazeji predpisy, dokazi vyrabet

V pripade spoluprace se Slovenskem by pozadoval vyssi garance

Spatna zkusenost s nekolika slovenskymi firmami – uz je neoslovuji

Zadne zkusenosti s Polskem Polaci – ochotni pracovat na cerno, dokazi vyrabet levneji nez Cesi

V pripade spoluprace se Slovenskem by pozadoval vyssi garance

---

Problem se Slovenskem, spatna zkusenost s nekolika firmami, uz je neoslovuji.

USA – nema zkusenost s namorni dopravou, ale jinak v tom nevidi problem

USA – nemaji zkusenost s namorni dopravou, ale jinak v tom nevidi problem

Problem historicky se Slovenskem, pripada mu to paradoxni. Zkusenost – spatna obchodni kazen

Geograf. vzdalenost nehraje roli

Vych. Nemci si zjistuji min. mzdy v CR Firma nechce spolupraci za kazdou cenu, nenecha se zneuzivat

---

15.7 / 5.2 / 9.7

15.6

15.6

7.3

7.2

14.1

9.6

8.3

15.5

S Rakouskem vzdycky problemy Problemy s Rakouskem asi prameni z historie

15.5

5.1

8.2

Velky rozdil ve spolupraci s Nemeckem a Rakouskem.

Nejsou rozdily v chovani vych. Nemcu a Cechu

minulosti

Geograf. vzdalenost nehraje roli

Zap. Nemci jsou velkorysejsi k jejich potrebam Vych. Nemci si zjistuji minimalni mzdu v CR Firma nechce spolupraci za kazdou cenu, nenecha se zneuzivat

Problemy s Rakouskem prameni asi z historie

Rozdil mezi Rakouskem a Nemeckem ve spolupraci velky. S Rakusany vzdycky problemy

Nevidi rozdily v chovani mezi Cechy a vych. Nemci.

poznamenany

296

A jakou formou? Oslovovali jsme primo firmy, pisemne. Jezdite treba na veletrhy nebo nejaka kontaktni setkani? Na tom jsme zatim nebyli.

A uvazujete o necem takovem? Ale jo, jako bylo by to mozny. My jsme se dostali ted do faze, kdy tu kapacitu mame naplnenou, mame plan… v tuhle chvili … shanet dalsi by mohlo vest ke kolizi zakazek.

Jaky podil na obratu tvori zakazky do zahranici? Ted takovych 80%

Priloha 2 – rozdily: Jake rozdily jsou pro vas velmi dulezite a jake naopak nedulezite? No, tak v Evrope mame politickou stabilitu a svobodu. Tady nevnimam, ze by tady byl

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IW ECZ

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A zmenilo se to treba v poslednich letech? Urcite. Vyrazne. Nemecko komunikuje v anglictine a bez problemu a dokonce diky tem nadnarodnim korporacim se vyzaduje, byt je to nemecka firma, aby se komunikovalo v anglictine. Je to pro vas spis vyhoda, ze je to v anglictine? Protoze prece jenom, kdyz jeden z partneru mluvisvym rodnym jazykem, tak ma vyhodu. No, je tam asymetrie, ale mluvi vsude anglicky, Nesetkali jsme se s jedinou nemeckou firmou, ktera by nekorespondovala v anglictine. Na ci strane je aktivita pri navazovani zahranicnich kontaktu? Na vasi strane nebo jste spise oslovovani zahranicnimi firmami? Na 50%, my jsme aktivne vyhledavali a nedarilo se nam ty kontakty navazat.

nevim jak to tam je, ale v Polsku si myslim, ze delaj skutecne na cerno, obchazeji predpisy a dokazi to vyprodukovat za ceny, za ktery mi nejsme schopni vyrabet. Nebylo by treba z tohoto duvodu tam atraktivni mit nejakeho dodavtele? My nejsme podnik, ktery by daval zakazky, my je vypracovavame. Muzete rict kratce, cim se zabyvate? Nejvetsi cast cinnosti je baleni, spotrebitelske baleni, nejruznejsi… predevsim nadnarodni firmy potrebuji delat nestandardni baleni, promotion akce, nestandardni baleni pro nektere zakazniky. Predevsim drogerie. Takze napr. nestandardni baleni praciho prasku apod. Prijede to na vagonech, prijede obal a my to balime. Chcete se vyjadrit k jinym zemim? Treba Francie? Francie je daleko a tam je mozna i ta jazykova bariera, protoze francouzsky… oni neradi mluvi anglicky, neradi nemecky, takze vzdycky musi byt prekladatel… A myslim, ze Francouzi jsou hodne podobny nam, takze to, co umime my, umi Francouzi taky. Francie umi delat za podobnych podminek co my, dneska uz se to hodne zacina blizit k sobe, protoze oni tam najdou lidi, oni maji ty cernochy, ktery jsou schopni to udelat za podobny ceny. A pak uz nemate rozdil, jestli se to vyrobi ve Francii nebo u nas, protoze kdyz si prepoctete ty naklady na vzdalenost, tak to prestava byt atraktivni. Jak mluvite s Nemci a Rakusany? Nemecky nebo anglicky? Nemecky, anglicky, oboji. A jsou Nemci a Rakusane ochotni pristoupit na anglictinu? Urcite

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IW ECZ IW ECZ

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IW ECZ IW ECZ

Politicka stabilita a svoboda v EU,

80% obratu jsou zakazky do zahranici

Neni rozdil v politicke svobode a

80% obratu jsou zakazky do zahranici

V budoucnu mozna kontaktni setkani, ted je vyrobni kapacita vytizena

Veletrhy, kontaktni setkani zatim ne

Veletrhy, kontaktni setkani zatim ne Do budoucna o kontaktnich setkanich uvazuji, ted je vyrobni kapacita vytizena

Pisemne oslovovani firem

Aktivni vyhledavani kontaktu na 50% neuspech

Zkusenost: vsechny nemecke firmy koresponduji v anglictine

Pisemne oslovovani firem

Aktivni vyhledavani kontaktu na 50% - neuspech

Zkusenost: vsechny nemecke firmy koresponduji v anglictine

Nemecko komunikuje v AJ bez problemu, zmenilo se to za poslednich nekolik let

Nemci, Rakusane mluvi pri jednanich AJ

Nemci, Rakusane mluvi pri jednanich AJ

s. Kurzporträt

5.3

Francouzi podobni Cechum

1.2

11.3

11.2

11.1

11.1

6.2

6.3

6.2

6.2

7.1 / 6.1

Jazyky: NJ, AJ

Nemecko komunikuje v AJ bez problemu, zmenilo se to za poslednich nekolik let

s. Kurzporträt

Francie – daleko, jazykova bariera

Baleni predevsim pro nadnarodni firmy

Jazyky: NJ, AJ

Francie – daleko, jazykova bariera, Francouzi mluvi jen francouzsky, je potreba tlumocnik Francouzi jsou podobni cechum, co umi oni, umime my taky

Baleni predevsim pro nadnarodni firmy

za ceny, jak to Cesi nedokazi

297

IW ECZ

IW ECZ IW ECZ IW ECZ

ECZ

IW

ECZ

IW

A kdyz zase nebudete uvazovat jen EU, ale obecne, je to dulezite? Urcite, ale jak rikam, ty kontrakty se tam dojednavaji v jine mene.

Myslite si, ze kdyz v CR vzrostou naklady, tak zahranicni investori odejdou, nebo se spoluprace presune na kvalitativne vyssi uroven?CR se prisuzuje relativne dobra infrastruktura, vzdelanostni uroven apod. Ja myslim, ze tak jak to udelali jednou, tak to udelaji zas, ale zase si nemyslim, ze ty vyrobni haly zustanou prazdny, ty dravy ryby, ty pujdou dal a dal a pak jsou za nima takovy ty min dravy a ty zas naplnej ty haly. Ale musi byt rozdil v nakladech na praci. Jako z lasky to sem davat nebudou. Jiste, ale treba na Ukrajine nebo v Cine jsou ty naklady mnohem nizsi, ale ten podnik pozaduje urcitou kvalitu, jistotuV Cine ji najde, tu kvalitni praci, ale na Ukrajine ji nenajde. Tam nenajde predevsim to pravni prostredi a tu jistotu. Ale jestlize budou ochotni jit do Ciny, tak to privezou, tu praci a v dobry kvalite. Treba firma ???, nemecka, ktera vyrabi vysokozdvizny voziky, tak my jsme si kupovali na podnik vysokozdvizny vozik z Ciny od nemecky firmy. Myslite si, ze tak kvalita v Cine za posledni dobu vzrostla? Jo, jo. V Cine jo. Obavate se cinske konkurence? Ne, my jsme servisni organizace, my vytvarime infrastrukturu. Ekonomicke podminky? Jsou rozdily v ekonomickych podminkach dulezite pro spolupraci? Nevim, tu menovou stabilitu, necitim to tak, ze by v nejake zemi byly tak obrovske kurzove rozdily, kdyztak se to dojedna v nasi mene, nebo v Euru, takze…

Kdyz jednate s nemeckymi partnery, citite tam nejakou nejistotu, obavu z jejich strany, co se tyce CR? Ähmmmm, ted je to lepsi, je to lepsi, po vstupu CR do EU je to urcite lepsi. A ono se to polepsovalo od ty revoluce, rok po roku a myslim si, ze je velky rozdil pred 5 lety a ted. Ale tam uz ted zaina takova nova zkusenost, ze se ty nemecky firmy sem boji tu praci dat kvuli svym odborum. Problem, vaznej. A mnohdy, kdyz jsme u nich jednali, tak jsme museli v ty jejich jednacce delat jako, ze se zajimame uplne o jiny problem.

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Je to tedy kvuli te poticke situaci a bezpecnosti? Urcite. Co pravni podminky, jako treba vymahatelnost prava? No, …., vnimam….myslim si, ze to je vsude stejny, ale asi to neni vsude stejny. Clovek pod vidinou zajisteni prace ve firme je ochoten casto riskovat, takze nestuduje pravni podminky ty dany zeme. Ale je pravda, ze my jsme obraceny pro to Nemecko a to Rakousko.

nejaky rozdil mezi staty EU. Ale do Ruska byste se bal, jste rikal--No, ale to je mimo EU Ale to myslim ted obecne … hmm, to Rusko…. Urcite to tak clovek vnima, politicka stabilita, svoboda… ale jo, urcite to tak clovek vnima, kdyz si vezmete Ukrajinu, Belorusko, tak tam by clovek nechtel…

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Menova stabilita neni dulezita, obchody v jine mene

Ekonomicke podminky, menova stabilita neni tak dulezita, platby se dojednavaji v jine mene platby se dojednavaji v jine mene

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Cina – kvalita Ukrajina – kvalita neni, neni pravni prostredi a jistota

Ke spolupraci musi byt porad rozdily v nakladech, z lasky investori do CR nepujdou

Nemecke firmy maji obavu dat praci do CR kvuli odborum

3.1

9.8 9.9 / 1.1

4.1

13.3

13.2

13.1

Pohled na CR z hlediska Nemecka jako z ýR na Rusko atd.

Vstup CR do EU – nejistota nemeckych firem si snizila, je rozdil pred 5 lety a ted

2.1

1.1

Firmy casto nestuduji pravni podminky dane zeme.

Politicka svoboda, stabilita neni v Rusku, Belorusko, Ukrajine - nesel by tam

stabilite ve statech EU

V Cine kvalita.

V Cine je kvalita, na Ukrajine ne, neni tam ani pravni prostredi a jistota.

Nekteri investori z CR odejdou, ale vyrobni haly zaplni jini, ti mene dravi. Ale musi tu byt porad rozdily v nakladech, z lasky sem nepujdou.

Po vstupu CR do EU se nejistota ze strany nemeckych firem snizila, zacala se snizovat hned po revoluci, je rozdil pred 5 lety a ted. Nemecke firmy maji obavu dat praci do CR kvuli odborum

Firmy casto ani nestuduji pravni podminky dane zeme. Ale je pravda, ze CR je obracena pro Nemecko, Rakousko

Politicka svoboda, stabilita v Rusku, Ukrajine, Belorusku neni, tam by se bal kvuli politicke situaci a bezpecnosti

neni rozdil mezi jednotlivymi staty

298

Kdyz uvazuje o zahranicni spolupraci. Jsou pro vas dulezitejsi faktory, ktere se vztahuji na zemi jako na celek nebo fatory, ktere se vztahuji na vyrobky a podniky. Treba nemeckeym vyrobkum se pripisuje vysoka kvalita, podnikum spolehlivost apod. To se neda od sebe oddelit Jasne, ale preci jenom Za nemeckou kvalitou stoji nemeckej clovek. Mam strach ale, ze zabredavaj do administrativy, ze nakonec budou ztracet na kvalite jenom proto, ze musi vyplnovat 50 milionu formularu. Kdybyste videla, kolik oni vyplnuji formularu!

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Mate s Nemci tuhle zkusenost?Pünktlich! Zase oni to od nas chtej taky pünktlich.

Stupen rozvoje. Slysela jsem nazor, ze dokud budeme na nizsi urovni nez Nemecko, tak pro ne budeme atraktivni, jakmile se dostaneme na jejich uroven, tak pro ne prestaneme byt atraktivni jako partner. Myslite si to take? Ja myslim, ze se na jejich uroven nikdy nedostaneme, protoze to je ta zakonitost, ze ta zelva toho Athila nikdy nedohoni. Proste kdyz zelva udela krok, tak on ho udela taky, nejde to. Neni to tak, ze my pujdeme dal a oni budou cekat. No proste v dohledne dobe, 20-50 let nemuze dojit v dorovnani. Ja nevim, jak dlouho je Portugalsko v Unii, ale porad jeste je tam mzda nizsi. Jestli to motivuje spanelsky a nemecky firmy tam davat praci… ja nevim, ale dorovnava se to desetileti… A co se tyce vyzkumu, vyvoje, proste takove te kvalitativne vyssi urovne spoluprace?Nejenom tak, ze oni sem privezou material a levna pracovni sila ho tady smontuje. No ja nevim, ja nevim, jestli my jim jeste neco muzeme dat. Kdyby nase laboratore byly stejne vybaveny jako laboratore nemecky a mely za sebou stejny vedecky kadr jako maji za sebou ti Nemci, tak bychom kooperovali asi podstatne vic. Tam je to o penezich, a ja se obavam, ze to pujde cim dal tim dolu. Myslite si, ze to je zpusobeno nedostatecnou podporou statu? Ze tady 95% zahranicnich investoru nechava delat jen montazni prace? Oni teda tady uz taky vznikaji nejaka technologicka centra apod.--Ja myslim, ze ta technologicka centra vznikaji hlavne u tech velkych koncernu, tam jsou ty mozky, ten potencial, ten pracuje v centru te spolecnosti a to jsem neslysel o tom, ze by ty spolecnosti sem daly. Asi vyvojove stredisko pro nove vozy VW bude asi porad tamhle nekde v Düsseldorfu a nebude v CR. A stejne je to s farmaceutickyma firmama. Tam je to videt, oni sem predaji vyrobu, ale ten vyzkum si nechaji u nich a ten sem asi nedaji, nevim… Co se tyce charakteristik obyvatelstva? Do jake miry je treba mentalita dulezita? Ve srovnani s pravnimi podminkami? Pristup k praci apod. No, jasne, kdyz Talian, kdyz proste prijde leto a oni vam slibi, ze v cervnu bude zakazka a v cervnu vam reknou, ze maji do zari prazdniny. Tak si pockate do zari a nic s tim nenadelate. Mame takovou zkusenost i s jinymi staty, nez s Italii? Ne, v tomhle smeru jsme meli nedodrzeni terminu ze strany Italie akorat. Tam proste prijdou prazdniny a jsou prazdniny. A myslite si, ze ted byste si rekl, ze radsi Italii oslovovat nebudete? No tak, mame-li na vyber italskou a nemeckou firmu, tak zvolime nemeckou. Protoze tam je to garantovany. Kdyz vam reknou, ze to bude 42. tyden, tak si piste, ze to 42. tyden tady mate.

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Za nemeckou kvalitou stoji nemecky clovek. Zabredavaji do administrativy,

Nemci jsou pünktlich. Pozaduji vse take pünktlich

Jestlize si ma vybrat mezi italskou a nemeckou firmou, voli jednoznacne nemeckou. Kdyz reknou, ze to dodaji 42. tyden, tak to dodaji 42. tyden.

Tato zkusenost jenom s Italii

Mentalita dulezita, Ital slibi, ze v cervu doda zakazku a pak odjede do zari na prazdniny

Technologicka centra, vyzkum, vyvoj hlavne u velkych kocernu, ta asi nepresunou do CR.

Vetsi kooperace by byla, kdyby byla v CR veda a vyzkum na stejne urovni jako v Nemecku.

Nikdy se CR nedostane na uroven Nemecka.

Za nemeckou kvalitou stoji nemecky clovek. Nemecka administrativa ohrozuje

Nemci jsou pünktlich. Pozaduji vse take pünktlich

Jestlize si ma vybrat mezi italskou a nemeckou firmou, voli jednoznacne nemeckou. Presnost dodavek.

9.13

9.12

5.6 / 9.11

9.10

5.5 ---

5.4 Italove – spatny pristup k praci

4.4

4.3

4.2

Mentalita dulezita

Hlavne spoluprace ve vyrobe, vyzkum a vyvoj velke koncerny do CR nepresunou

Vetsi kooperace by byla, kdyby byla v CR veda a vyzkum na stejne urovni jako v Nemecku.

CR se nikdy nedostane na uroven Nemecka

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Jak si predstavujete typickeho Nemce? (Smich) O tom neuvazuju, jak vypada typicky Nemec. Myslite blondaka (smich)? Spis vlastnosti, treba takove kterymi se odlisuji od Cechu… Maji obecne smysl pro povinnost daleko vyssi nez my. Takze i ten nemeckej drill je daleko vystupnovanejsi a to nam tady zacinaji predvadet v tech nemeckych firmach, ale to umej i v anglickejch a americkejch spolecnostech. Takze disciplina tam je, ta tam byla vzdycky. Vidite treba rozdil mezi zapadnim a vychodnimi Nemci v te discipline treba? No, ti vychodni se tomu ucej, asi to bude kazdej rok lepsi, uci se jednani, uci se dodrzovani slibenych veci, toho kotraktu a tak. Ale dost casto mi pripada, ze si vychodni Nemci hrajou… ze si dorovnavaji komplex, kterej si samozrejme nese kazda postkomunisticka zeme vuci zapadu. Ze si dorovnavaji tim, ze si koupi vetsi auto, nez ma ten v ty zapadni zone, aby si nejakym zpusobem dorovnal ten komplex, ktery ma vuci tomu cloveku v zapadni zone. To je nejaka takova psychologicka zalezitost.

Myslite si, ze na cesko-nemeckou spolupraci ma vliv vyvoj ve 20. stoleti? Ta valka, a povalecne udalosti? Urcite ano, urcite ma, ale uz to zacinaji… Vite, my mame delniky a vim, ze porad jeste nektery takovy primitivni nazory u nich proste… hanlivy vyrazy, ktery vychazi z nejaky ty mezinarodni nenavisti… tak jsou, ale uz nehraji takovou roli. Ja osobne nemam tu zkusenost, ale slysel jsem o jedny firme, ktera exportovala do Nemecka a proste ten delnik tam na karton pripsal hanlivy napis a ta firma prisla o obrovskou zakazku. Ale protoze to bylo nacionalisticky a pripominalo to prave nejaky ty historicky etapy a ta firma to nezachytila a vydistribuovala to dal. Takze se najdou ty primitivni nazory a nalady mezi delniky, ale ja to u sebe nemam, zatim se to zaplat panbuh nezaznamenal a i kdyz to sama neudelate, tak se stejne podepisujete pod praci tech lidi. Myslite si, ze je to proto, ze jsme v pohranici a ze tady jsou ty cesko-nemecke vztahy takove zivejsi. Nebo ze to je takova charakteristika Cechu obecne? Myslim, ze neni rozdil mezi pohranicim a vnitrozemim. Ono je to dane take tim, ze za hodinu jste v Praze. Neni to tak, ze tady bychom meli radi nebo neradi Nemce a v Praze by to bylo naopak. Typicke kompetence. Napr. vyrobce nabytku mi rekl, ze vzhledem k designu je pro ne atraktivni Italie jako partner. Vidite v ramci vasi branze nejakou zemi jako atraktivni? Ne, tam se to stira. Strojni zarizeni mame tak, jak to nabizi trh Evropa a treba obecne nemecky stroje jsou drahy. Takze jestlize vam stejnou masinu nabidnou ze Spanelska, tak si ji koupite ze Spanelska. A ne pro to, ze byste mela rada Spanely a nemela rada Nemce, ale proto, ze je to o polovinu levnejsi. Ta kvalita je srovnatelna? Ta je srovnatelna, Spanelsko ma srovnatelnou kvalitu s Nemeckem. Oni tam jsou nemecky firmy taky… To je ve spouste pripadu, kdy se jedna o firmy zalozeny z Nemecka. Asi nekdy meli levnejsi pracovni silu, nez v Nemecku, tak tam nemci dali pobocku.

Role tradice, historicky vyvoj. Tady prece jenom ta stredni Evropa se podobne vyvijela. Reknete si treba, ze my jsme se vyvijeli podobne a ze bychom z toho meli tezit, proc vlastne chodit dal, kdyz ta mentalita je tady podobna… nebo se na to takhle vubec nekoukate? No, ja myslim, ze tady k tomu ani nedochazi, ze tady je minimum firem, ktery litaji do Anglie za businessem, ale ze prirozene ta bariera te vzdalenosti brani tomu, aby se to Nemecko preskocilo a slo se spolupracovat do anglosaskych zemi.

Vychodni Nemci se to teprve uci, dorovnavaji si komplexy postkomunisticke zeme vuci zapadu tim, ze si koupi vetsi auto atd.

Nemci maji vetsi smysl pro povinnost nez Cesi, nemecky dril, disciplina

Spanelske stroje srovnatelne s nemeckymi, co se tyce kvality, pobocky nemeckych firem ve Spanelsku

V teto branzi pro ne neni atraktivni zadna zeme, rozdily se stiraji.

Neni rozdil mezi pohledem na Nemce v pohranici a ve vnitrozemi – CR je mala

Vliv historickeho vyvoje na D-CZ spolupraci, primitivni nazory mezi delniky, nenavist

V CR je malo firem, ktere obchoduji napr. s Anglii – prirozena bariera vzdalenosti, Nemecko se neda tak lehce preskocit

ohrozuje to jejich kvalitu

Vychodni Nemci se to teprve uci, dorovnavaji si komplexy postkomunisticke zeme

Nemci – smysl pro povinnost, dril, disciplina

Spanelska kvalita srovnatelna s nemeckou

V teto branzi pro ne neni atraktivni zadna zeme, rozdily se stiraji.

Neni rozdil mezi pohledem na Nemce v pohranici a ve vnitrozemi – CR je mala

Vliv historickeho vyvoje na D-CZ spolupraci, primitivni nazory mezi delniky

V CR hodne firem obchoduje s Nemeckem, Nemecko se neda tak lehce preskocit a jit treba do Anglie

kvalitu

8.6

5.7

9.14

10.1

8.5

8.4

7.4

300

IW

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ECZ

IW

ECZ

IW

A myslite, ze z hlediska historickeho vyvoje nebo spis s ohledem na soucasnou ekonomickou situaci, i kdyz to spolu samozrejme souvisi? Ono se to da tema dejinama vystopovat, tam neco z tech dejin bude. Ja to nepamatuju, prvni republiku, jestli uz tenkrat tam bylo neco takovyho. Ale nemyslim si. Ja si myslim, ze je to spis vysledek toho pohledu na tu sovetskou zonu. Jo, ze tam vznikl ten opovrhujici a nenavistny pohled, ale hlavne opovrhujici. Protoze so si budem povidat, nekdy z pohledu toho vnejsiho, jsme mnohdy byli papezstejsi nez papez, nektery narizeni, ktery prisly z Moskvy jsme jeste zvetsili aby jo… Nemate pocit, ze tohle se ted opakuje ve vztahu k EU? Ze jsme papezstejsi nez papez? Urcite, bohuzel ano. A nevim, proc to delaj. Pocet zamestnancu. Stalych 10, ale pouzivame delniky z rad veznu, takze 30-50 delniku z rad z potrestanych. Obrat Kolem 20 Mil. Kc. Vy jste rikal, ze mate zkusenosti z Rakouska, Nemecka. Jmenoval jste take Francii, tam to ale zkrachovalao, jste rikal. Nekolikrat jsme jednali s Francouzy, ale potom prisly vzdycky nejake problemy, proc to neslo. Tam rikam, ta jazykova bariera, uz musite mit tlumocnika. Oni nemluvi jinak, jenom francouzsky. S Nemeckem spolupracujte zu dlouhodobe? Ano, my si od nich odebereme material, zas jim to pak dodame zabalene zpatky, kdyz mate zakazku od nejake velke nemecke firmy, tak to funguje. Ovsem otazka je, co je dneska nemecka firma. Jsou to akciovky, nadnarodni spolecnosti. Spolupracujete treba s nejakym malym, strednim podnikem? Taky spolupracujem, jenze ty maji zase treba maly zakazky. Lepsi jsou ty vetsi, ty maji vetsi zakazky. Ale ty zu jsou rizeny kdekym, to zu pak ani nevite, ci ta firma je. A vidite rozdil v jednani, kdyz je to MSP a nadnarodni firma? …. Tak ono u tech malinkejch nemeckejch firem… jako ony by chtely, ony by chtely moc, ale nakonec to na necem jakoby uvizne, neumej si to zkalkulovat nebo treba maji uplne zkresleny predstavy o CR, mysli si, ze to je Rumunsko tady s tema nakladama. Dneska uz s tema rezijnima nakladama stoupame hbite za nima, nicmene jsme porad jeste na polovine, na 40% nakladu vuci Nemecku. Spolupracujete s nejakou saskou firmou? My jsme delali s Bavorakama hlavne. Rozhodne jsme ale nikdy nemeli negativni zkusenosti. Nevyslo to vzdycky, ale zastavilo se to vzdycky ve fazi projektu ta jednani a z nejakejch duvodu to nevyslo. S tim, ze az se to nejak zmeni, tak ze by se zase ohlasili a tak… Tam je dulezity, ze jsme vstoupili do EU a prestaly tam byt ty problemy na hranicich. My bychom byli podstatne dal v ty spolupraci, i treba s tou vychodni zonou nemecka, kdyby byvali uz driv zrusili ty hranicni problemy (cla), protoze byl problem delat primo pro nemce. Musela jste neustale odvadet DPH z materialu, ktery jste privazela. To byly velky castky. Od jakeho roku existuje vase firma?

Myslite si, ze kdyz nemecka firma bude jednat s francouzskou, anglickou firmou atd., ze pri jednani budou obe strany na jedne urovni, kdezto pri jednani se stredo- a vychodevropany se oni citi trosku na vysi? …. No tak asi budou mit vetsi respekt pred Anglicany. Protoze tam muze byt a treba jenom naznak, nadrazenosti vuci narodum nebo vuci vychodu proste.

Zkusenost hlavne s Bavorskem. Nikdy negativni, nekdy to nevyslo, ale vzdycky se to zastavilo jeste ve fazi projektu. Dulezity byl vstup CR do EU z hlediska odstraneni problemu na hranicich

Malinke nemecke firmy by chtely spolupracovat, ale casto to na necem uvizne, zkreslene predstavy o CR, mysli si to same jako o Rumunsku, co se tyce nakladu.

1.3 Dulezity vstup CR do EU

13.4

15.8

s. Kurzporträt

6.4

8.7

5.8

Zkusenost hlavne s Bavorskem. Nikdy negativni

Male nemecke firmy maji casto zkreslenou predstavu o nakladech v CR

Spoluprace hlavne s velkymi nadnarodnimi firmami, ale i s MSP

s. Kurzporträt

Zkusenost: Nemecko, Rakousko, Francie – nerealizovalo se – jazykova bariera

Zkusenost: Nemecko, Rakousko, Francie – nerealizovalo se – jazykova bariera

Spoluprace hlavne s velkymi nadnarodnimi firmami, ale i s MSP

s. Kurzporträt

Obrat: 20 Mil. Kc

s. Kurzporträt

50 zamestnancu

Obrat: 20 Mil. Kc

Pred 2. svetovou valkou nadrazenost nebyla. Opovrhujici pohled zpusoben spis pohledem na vychodni blok.

Nemci - vetsi respekt pred Anglicany nez vuci vychodni Evrope, naznak nadrazenosti.

50 zamestnancu

Souvisi to s historickym vyvojem, za prvni republiky tam asi neco takovyho nebylo. Je to asi spis vysledek pohledu na sovetskou zonu, ten opovrhujici pohled.

Nemci maji asi vetsi respekt pred Anglicany nez vuci vychodni Evrope, naznak nadrazenosti.

301

Cizi jazyky? AJ, NJ Vek? 52 Dlouhodobe pobyty v zahranici Ne Jak byste ohodnotil sam sebe. Kdyby to slo, radsi byste spolupracoval jen s ceskymi podniky nebo je to pro vas jakasi vyzva-Urcite, urcite, rad delam pro zahranici, protoze je to urcity uspokojeni, ze to dokazeme udelat, zadostiuucineni, ze se jim vyrovname a ze to dokazeme taky.

Priloha 3: Zakreslete nasledujici zeme do terce podle toho, jak vam jsou blizke. Blizke, blizke… (zapisuje) Polaky nezname, tak je dame daleko. Nehlede na to, ze Polaci jsou takova nase nekala konkurence. Ona je prave nekala… Slovensko… Ozrali Slovaci, to je strasny, oni zu jsou v 10 hodin namazany. To je zoufaly, to je tragedie proste. To kdo s nima nedelal, tak to nevi. A cim vic na vychod, tak tim vesti sklenicky. Slovaci to umi bohuzel taky (pit). USA, no USA… Francouze bysme meli radi, ale ti jsou daleko, ale dame je na stejnou drahu jako Rakusaky

Proc to Nemecko je vam osobne nejbliz? ……Je to tady za kopcem..

Takze myslite to geograficke hledisko, ze tam hraje roli. Ze jste dal USA daleko, protoze jsou daleko a protoze je teda neznate. Ano, nezname…

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A proc jste dal Polsko jeste dal? Protoze je to takova nekala konkurence, to muze byt problem. Mozna ze v Ostrave byste ziskala jiny nazor. …Je to otazka duvery, tam neni duvera.

Jak jste se dostal k baleni? To je takova cinnost navic Vy jste jeste cinny jako lekar? Ano

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Od 1992 Uz v pocatcich jste meli zahranicni kontakty? Jo, ale bylo to prave zkomplikovany tim clem a DPH, to stani na tech hranicich, to odpadlo. Takze ten nas kamion muze ted prolitnout tamhle do Nemecka a nazpatek. Jste majitel firmy? Ano O zahranicni spolupraci tedy rozhodujete primo vy. Ano. Vzdelani? Medicina

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Pobyty v zahranici: ne

Polsko dal nejdal, protoze je to nekala konkurence. Jiny nazor asi v cesko-polskem pohranici, nema v

USA dal daleko protoze jsou daleko a nezna je.

Nemecko je mu nejbliz, protoze je tady za kopcem

Polaky nezna, tak je da daleko, nekala konkurenece Slovensko – ozrali Slovaci, to je tragedie, cim dal vic na vychod, tim je to horsi Francie – Francouze by mel rad, ale jsou daleko, da je stejne jako Rakousko

Polsko da nejdal, protoze je to nekala konkurence. Jiny nazor asi v ceskopolskem pohranici, nema v ne duveru

USA dal daleko protoze jsou daleko a nezna je.

Nemecko je mu nejbliz, protoze je tady za kopcem

Polsko – nezna, nekala konkurence Slovensko – ozrali Francie – daleko

Rad dela pro zahranici, vyhledava rad kontakty, dodava mu to pocit uspokojeni, zadostiuceni

Pobyty v zahranici: ne

Vek: 52 let

Rad dela pro zahranici, vyhledava rad kontakty, dodava mu to pocit uspokojeni, zadostiuceni

Cizi jazyky: AJ, NJ Vek: 52 let

Cizi jazyky: AJ, NJ

Jeste cinny jako lekar, firma jen jako cinnost navic

Vzdelani: vysokoskolske - medicina

Vzdelani: vysokoskolske medicina

Jeste cinny jako lekar, firma jen jako cinnost navic

Majitel firmy Rozhodovaci kompetence ma on

Rozhodovaci kompetence ma on

Zahranicni kontakty uz v pocatcich, ale problemy se clem, DPH atd.

Zahranicni kontakty uz v pocatcich, ale problemy se clem, DPH atd. Majitel firmy

Firma zalozena v r. 1992

Firma zalozena v r. 1992

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

s. Kurzporträt

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7.6 / 15.10

7.5

15.9

14.2