Produktivität von Dienstleistungen : Mitwirkung und Einfluss des Kunden 9783835002555, 3835002554, 9783385002555, 3385002559 [PDF]


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Produktivität von Dienstleistungen : Mitwirkung und Einfluss des Kunden
 9783835002555, 3835002554, 9783385002555, 3385002559 [PDF]

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Zitiervorschau

Britta Lass hot Produktivitat von Dienstleistungen

GABLER EDITION WISSENSCHAFT Focus Dienstleistungsmarketing Herausgegeben von Universitatsprofessor Dr. Dr. h.c. Werner Hans Engelhardt, Ruhr-Universitat Bochum, Universitatsprofessorin Dr. Sabine FlieS, FernUniversitat in Hagen, Universitatsprofessor Dr. Michael Kleinaltenkamp, Freie Universitat Berlin, Universitatsprofessor Dr. Anton Meyer, Ludwig-Maximilians-UniversitatMiinchen, Universitatsprofessor Dr. Hans Muhlbacher, Leopold-Franzens-Universitat Innsbruck, Universitatsprofessor Dr. Bernd Stauss, Katholische Universitat Eichstatt-lngolstadt und Universitatsprofessor Dr. Herbert Woratschek, Universitat Bayreuth (schriftfiihrend)

Der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft ist de facto langst vollzogen, er stellt jedoch mehr denn je eine Herausforderung fur Theorie und Praxis, speziell im Marketing, dar. Die Schriftenreihe will ein Forum bieten fiir wissenschaftliche Beitrage zu dem bedeutenden und immer wichtiger werdenden Bereich des Dienstleistungsmarketing. In ihr werden aktuelle Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung in diesem Bereich des Marketing prasentiert und zur Diskussion gestellt.

Britta Lasshof

Produktivitat von Dienstleistungen Mitwirkung und Einfluss des Kunden

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Sabine FlieS

Deutscher Universitats-Verlag

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.

Dissertation FernUniversitat in Hagen, 2005

I.Auflage April 2006 Aile Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Sabine Scholler Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieKlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auSerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutztwerden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0255-4 ISBN-13 978-3-8350-0255-5

Meinen Eltem und meiner Schwester

Geleitwort Produktivitat ist Ausdruck des Wirtschaftlichkeitsprinzips, dem sich alle Untemehmen, also auch Dienstleister, die nach Gewinn streben, verhaftet fuhlen sollten. Wahrend fUr den Bereich der Sachguter eine Vielzahl von Veroffentlichungen mit unterschiedlichen AnsStzen vorliegt, handelt es sich im Bereich der Dienstleistungen um ein bisher noch weitgehend vernachlassigtes Gebiet. Eine besondere Schwierigkeit der Produktivitatsmessung und -steuerung liegt dabei im konstitutiven Dienstleistungsmerkmal der sogenannten Integrativitat extemer Faktoren begrundet, d.h. in der filr die Erstellung der Dienstleistung erforderlichen Mitwirkung des Kunden wShrend des Leistungserstellungsprozesses. Der Einfluss, den der Kunde durch seine Mitwirkung auf die Produktivitat gewinnt, w^ird in der Literatur bisher nur in Ansatzen thematisiert; zum Teil wird die Notwendigkeit, den Kundeneinfluss und die Kundenmitwirkung bei der Produktivitatsmessung und bei der Gestahung und Steuerung von Dienstleistungsprozessen zu berucksichtigen, auch negiert. Frau Lasshof hat sich in ihrer Dissertation die Aufgabe gestelh, den Einfluss des Kunden auf die Produktivitat zu erfassen und Ansatzpunkte flir den Anbieter zu fmden, die Mitwirkung des Kunden produktivitatssteigemd zu steuem. Dabei hat sie als Nebenbedingungen der Produktivitat nicht nur die Effizienz, sondem auch die Effektivitat der Dienstleistung betrachtet, da Produktivitatssteigerungen zu Lasten der Gesamteffizienz des Prozesses und zum Nachteil der Zufriedenheit bzw. des Nutzens des Kunden wenig zielfiihrend sind. Ausgehend von einer intensiven Auseinandersetzung mit den verschiedenen Facetten des Produktivitatsbegriffes hat sie die bestehenden Produktivitatskennziffem weiterentwickelt und um den Einfluss des Kunden auf die Produktivitat erganzt, so dass sich die Fahigkeit des Anbieters, die Kundenmitwirkung zu steuem, in der Produktivitatskennzahl niederschlagt. Als Grundlage ihrer weiteren Uberlegungen zur Produktivitatssteuerung entwirft Frau Lasshof eine eigenstandige Dienstleistungstypologie, die auf den drei Leistungsdimensionen basiert. Die Einflussfaktoren der Produktivitat auf Kundenseite hat sie nicht nur mittels Literaturrecherche ermittelt, sondem hierzu auch eine Praxisfallstudie durchgefuhrt. Ergebnis dieser Analyse ist die zentrale Bedeutung des Kunden-Know-hows, das sie im Folgenden zum Angelpunkt ihrer Uberlegungen macht. Aus diesen Erkenntnissen entwickeh die Verfasserin schlieBlich ein Modell aus dem Bereich des Operations Research zur Modelliemng und Optimiemng der Arbeitsteilung zwischen Anbieter und Nachfrager, das quantitative Modelle und insbesondere Optimierungsmodelle flir den Dienstleistungsbereich fmchtbar macht sowie die Untersuchung der Auswirkungen unterschiedlicher Arbeitsteilungen auf die Produktivitat ermoglicht.

VII

Die Arbeit bereichert die gegenwSrtige Diskussion um die Produktivitatsmessung und -steuerung von Dienstleistungen um innovative AnsStze. Ich wilnsche mir, dass diese Erkenntnisse in der wissenschaftlichen Diskussion aufgegriffen werden und sich als fUr die weitere Forschung fruchtbar erweisen. Prof. Dr. Sabine FlieB

VIII

Vorwort Produktivitat mit dem Ziel der Effizienz des Untemehmens gilt als ein wichtiger Leistungsparameter eines jeden Untemehmens, so auch von Dienstleistimgsuntemehmen. Wahrend die Produktivitat von Sachleistungen detailliert erforscht worden ist, wurde die Dienstleistungsproduktivitat bislang eher vemachlSssigt. Die wenigen existierenden Arbeiten zur Dienstleistungsproduktivitat widmen sich zudem vomehmlich den Auswirkungen des dienstleistungsinharenten Merkmals der Immaterialitat. Damit erfordert eine umfassende Untersuchung der Produktivitat von Dienstleistungen insbesondere auch die Fokussierung auf die zweite Dienstleistungseigenschaft, die Integration des Nachfragers. Die Integrativitat bedingt die Mitwirkung des Kunden und soUte demzufolge in einer geeigneten Produktivitatskennzahl Berucksichtigung finden. Auch kann eben diese Mitarbeit des Nachfragers gesteigert werden, um den Anbieterinput zu senken. Da mit einer derartigen MaUnahme allerdings die kundeninduzierte Unsicherheit im Leistungserstellungsprozess zunimmt, steht der Dienstleister vor einem tradeoff: Einerseits stellt die aktive Beteiligung des Kunden ein Potenzial zur Produktivitatserhohung dar; andererseits birgt die Mitwirkung des Nachfragers jedoch die Gefahr, den Fortschritt der Dienstleistungsproduktion zu hemmen, wenn der Kunde iiber ein zu geringes Know-how zur Ausfuhrung eigener Teilarbeiten verfiigt. In diesem Fall ware eine CoProduktion zwischen Dienstleistungsanbieter und -nachfrager entsprechend kontraproduktiv. Mit der Zielsetzung, die Produktivitat von Dienstleistungen naher zu beleuchten und gleichzeitig der Bedeutung der Integration des Nachfragers gerecht zu werden, analysiert die vorliegende Arbeit systematisch den Einfluss des Kunden auf die Produktivitat des Dienstleisters. Durch die wirksame Verbindung der Bereiche des Operations Research und des Dienstleistungsmanagements wird ein mathematisches Modell entwickelt, das die Arbeitsteilung zwischen Dienstleistungsanbieter -und nachfrager optimiert und so letztendlich die Produktivitat von Dienstleistungen zu gestalten und zu steigem hilft. Die Arbeit entstand wahrend meiner Tatigkeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Douglas-Stiftungslehrstuhl fur Dienstleistungsmanagement der FemUniversitat in Hagen und wurde im August 2005 vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaft als Dissertation angenommen. Zahlreiche Personen haben mich im Laufe ihrer Entstehung tatkraftig unterstutzt. Ihnen mochte ich an dieser Stelle meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Frau Prof Dr. Sabine FlieU, der Inhaberin des Douglas-Stiftungslehrstuhls fiir Dienstleistungsmanagement, danke ich sowohl fur die Betreuung meiner Dissertation als auch fur die Lehrstuhlzeit. So hat sie mir nicht nur im Rahmen meiner Dissertation, sondem auch bei meinen weiteren Tatigkeiten als Mitarbeiterin groBe Freiheiten gewahrt, die mir ihr Vertrauen in mich und meine Arbeit gezeigt haben. Zu dem guten Gelingen meiner Doktorarbeit hat femer insbesondere auch beigetragen, dass wir gemeinsam ein Dissertationsthema ausgewahlt haben, welches meinen Interessen entsprach, und dass ich im weiteren Verlauf der Arbeit gar meine mathematischen Vorlieben ausleben durfte. Dafiir bin ich Frau Prof. Dr. FlieB ebenso IX

dankbar wie fiir ihren Einsatz zur Realisation meiner Praxisfallstudie. SchlieBlich habe ich durch den Aufbau des neuen Lehrstuhls, an dem ich als erste Mitarbeiterin an der Seite von Frau Prof. Dr. FlieB von Anfang an mitgewirkt habe, wertvolle Erfahrungen fiir mein weiteres Berufsleben sammeln konnen. Bei Herm Prof. Dr. Wilhelm Rodder bedanke ich mich fiir die Ubemahme des Zweitgutachtens - hinter der jedoch weit mehr steht. In zahlreichen inhahlichen Diskussionen hat HenProf Dr. Rodder mich vor allem im dem Operations Research zugehorigen Teilbereich unterstiitzt und mir wertvolle Anregungen fiir meine Arbeit geliefert. Durch seine moralische Untersttitzung habe ich ebenso wie durch die Hilfsbereitschaft seines gesamten Lehrstuhlteams erfahren, dass unsere positive Zusammenarbeit und das gegenseitige Interesse auch nach meiner Tatigkeit als studentische Hilfskraft am Lehrgebiet Operations Research nie geendet hat. Herm Prof. Dr. Rainer Olbrich danke ich, dass ich ihn fur die Prtifungskommission fur meine Disputation gewinnen konnte. UniversitatsUbergreifenden Dank richte ich zunachst an die Herren Prof Dr. Michael Kleinaltenkamp und Prof. Dr. Rolf Weiber sowie an ihre Mitarbeiter. Zahlreiche gemeinsame Doktorandenkolloquien haben mir in angenehmer Atmosphare konstruktive Hinweise fiir meine Forschung geliefert. Auch bedanke ich mich bei den Herausgebem der Reihe ,Focus Dienstleistungsmarketing' fiir die Aufnahme meiner Arbeit in diese Reihe. Meinen Gesprachspartnem aus der Praxis danke ich dariiber hinaus fiir ihre Beitrage im Rahmen der Fallstudienerhebung. Der grSBte Dank innerhalb des eigenen Lehrstuhlteams gilt Karin Miller, die mir stets mit jeglicher Hilfe - insbesondere beim Korrekturlesen meiner Arbeit - zur Seite stand, sowie auch dem studentischen Hilfskrafte-Team: Abbas Andalous, Manuel Danischus, Andreas Schurgacz und Sebastian Schmitt haben mich wie selbstverstandlich mit unzahligen Kilogramm an Literatur versorgt. Besondere Dankbarkeit gebiihrt meinem Freund und Kollegen Dr. Wolfram Berger, der zu jeder Zeit mit unermiidlicher Unterstutzung und Hilfestellung fiir mich da war und die Inhalte meiner Arbeit aus makrookonomischer Sicht SuBerst fruchtbar begutachtet hat. Eine groBe Stiitze waren fiir mich auch meine Freundinnen, die mich in der gesamten Promotionsphase begleitet haben: So bedanke ich mich bei Nikola Scheibel fiir das Lesen meiner Arbeit, bei Dr. Anke Brenken fur den Erfahrungsaustausch und bei Andrea KanngieBer fur die unendlichen Portionen guter Laune.

Der Dank, der unermesslich ist, da mein Weg ohne diese drei Menschen nicht moglich gewesen ware, gilt meiner Familie. Meine Eltem haben mich nicht nur zu dem gemacht, was ich bin, sondem mir dariiber hinaus diese gute Ausbildung ermoglicht. Zusammen mit meiner Schwester Petra gehort auch ihnen ein Teil meiner Promotion, da sie alle Hohen und Tiefen wissenschaftlichen Arbeitens mit mir geteilt, mich angetrieben und an mich geglaubt haben und so der Hah waren, den sich jeder nur wtinschen kann. Meinen Ehem und meiner Schwester widme ich diese Arbeit. Britta Lasshof

XI

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis 1 Problemstellung und Aufbau der Arbeit 1.1 1.2

Die Bedeutung der Dienstleistungsproduktivitat und des Kundeneinflusses auf die Produktivitat Der Aufbau der Arbeit

2 Von der Effizienz zur Produktivitat

XVII XIX 1 1 4 11

2.1

Effizienz als ZielgrSBe eines Untemehmens 11 2.1.1 Der Begriff der Effizienz in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre 11 2.1.2 Der Begriff der Effizienz in den Speziellen Betriebswirtschaftslehren 16 2.1.2.1 Der Begriff der Effizienz aus organisationstheoretischer Sicht 16 2.1.2.2 Der Begriff der Effizienz aus der Sicht des Marketings 17 2.1.2.3 Der Begriff der Effizienz aus produktionstheoretischer Sicht 21 2.2 Produktivitat als MaB der Effizienz 23 2.2.1 Produktivitat und Wirtschaftlichkeit 23 2.2.2 Aussage der Produktivitatskennziffer 24 2.2.3 Arten der Produktivitat 28 2.2.4 AnwendungsmSglichkeiten einer Produktivitatsmessung 33 2.2.5 Die Produktion als formaler Kombinationsprozess von Input und Output.. 37 2.2.6 Das System der Produktionsfaktoren 42 3

Herausforderungen an das Produktivitatsmanagement von Dienstleistungen

47

3.1

47 47

3.2

Dienstleistungstheoretische Grundlagen und Besonderheiten 3.1.1 Divergenzen in der Definition von Dienstleistungen 3.1.2 Die Dimensionen der Leistungsgestaltung: Leistungspotenzial, Leistungserstellungsprozess und Leistungsergebnis 3.1.3 Das konstitutive Merkmal ,Immaterialitat' 3.1.4 Das konstitutive Merkmal JntegrativitSt' 3.1.4.1 Unterschiedliche Sichtweisen zur Integrativitat 3.1.4.2 Der Kunde als Kaufer 3.1.4.3 Der Kunde als Co-Producer Produktionstheoretische Ansatze fur Dienstleistungen 3.2.1 Dienstleistungsproduktionstheoretische Sichtweisen und ihre Eignung zur Erfassung des Integrativitatskonzeptes 3.2.2 Die prozessorientierte Sichtweise der Dienstleistungsproduktion und die Visualisierung durch das Blueprinting 3.2.3 Produktionsfaktoren in Dienstleistungsuntemehmen

48 51 52 52 56 60 63 63 77 83 XIII

3.3

Auswirkungen dienstleistungs- und produktionstheoretischer Besonderheiten auf die Produktivitat von Dienstleistungen 3.3.1 Kundeninduzierte Unsicherheiten im Integrationsprozess 3.3.2 Erfolgsfaktoren von Dienstleistungsuntemehmen und ihre Wechselwirkung mit der DienstleistungsproduktivitSt 3.3.2.1 Die drei ErfolgsgroBen: Qualitat, Zeit und Kosten 3.3.2.2 Kapazitat als produktivitatspragende Grofie 3.3.3 Fazit der Besonderheiten einer Produktivitatsbetrachtung von Dienstleistungen 3.3.4 Entwicklung einer Typologie

89 89 93 93 99 104 112

Die ProduktivitMtserfassung von Dienstleistungen

119

4.1

119 119 119 125

Das Grundgerust der Dienstleistungsproduktivitat 4.1.1 Produktivitatsmessung in Dienstleistungsuntemehmen 4.1.1.1 Die Struktur der Produktivitatskennzahl 4.1.1.2 Erhebung und Bereitstellung von Output und Input 4.1.1.3 Besonderheiten in der Messung der Dienstleistungsproduktivitat und AnsStze zur Problembehebung 4.1.2 Uberblick tiber Moglichkeiten zur Produktivitatsverbesserung in Dienstleistungsuntemehmen 4.1.3 Qualitative Analyse zur Messung der Dienstleistungsproduktivitat in der Praxis - Fallstudie 1 4.1.4 Kritische Beurteilung der Produktivitatsgestaltung in Theorie und Praxis 4.2 Produktive Mobilisiemng des Kunden mit dem Ziel der Arbeitsteilung 4.2.1 Extemalisiemng und Arbeitsteilung 4.2.2 Auswirkungen der kundeninduzierten Unsicherheit auf die Dienstleistungsproduktivitat 4.2.2.1 Storende Eingriffe des Kunden und Konsequenzen fiir den Anbieter 4.2.2.2 Know-how und Kundenbindung als Einflussfaktoren der Unsicherheit 4.2.2.3 Integration eines Leistungsfahigkeitsgrades des Kunden in das Produktivitatsmanagement von Dienstleistungen 4.2.3 Qualitative Analyse zum Einfluss des Kunden in der Dienstleistungspraxis - Fallstudie II 4.3 Fazit: Notwendige Einbeziehung der kundeninduzierten Unsicherheit in die Modelliemng der Arbeitsteilung

XIV

132 138 143 149 150 150 156 156 165 173 178 187

5 Optimierung der Arbeitsteilung zur Steigerung der ProduktivitMt von Dienstleistungen 5.1

Das Rucksackproblem des Operations Research 5.1.1 Die Anwendung von Operations Research 5.1.2 Formale Darstellung des Rucksackproblems 5.2 Gestaltung der Arbeitsteilung zwischen Dienstleistungsanbieter und -nachfrager mit Hilfe des Rucksackproblems 5.2.1 Die Modellierung des Problems der Optimierung der Arbeitsteilung als Rucksackproblem 5.2.2 Ein beispielhafter Dienstleistungsprozess und seine Modellierung als Rucksackproblem 5.2.3 Losung des modifizierten Rucksackproblems mit der Dynamischen Optimierung 5.3 Erweiterungen des Grundmodells der Arbeitsteilung 5.4 Vorziige und Grenzen des Modells der Arbeitsteilung 6 Implikationen fiir die Praxis 6.1 6.2 6.3

Ermittlung des Know-hows eines bestimmten Kunden Segmentierung der Nachfrager zur verbesserten Nutzung des Modells der Arbeitsteilung Einbindung der optimalen Arbeitsteilung in die Produktivitatskennziffer

189 189 189 191 192 192 201 205 211 216 221 221 226 229

7 Zusammenfassung der Ergebnisse: Besonderheiten und Gestaltungsansatze eines ProduktivitMtsmanagements von Dienstleistungen

231

Literaturverzeichnis

237

XV

Abbildungsverzeichnis Abb. 1

Aufbau der Arbeit

10

Abb. 2

Wettbewerbsvorteil eines Untemehmens

18

Abb. 3

Das Zusammenwirken von Effektivitat und Effizienz

20

Abb. 4

Die Bildung der Kennziffer der Produktivitat

28

Abb. 5

Produktivitat im weitesten und Produktivitat im engeren Sinne

32

Abb. 6

Aufgaben einer ProduktivitStsmessung

35

Abb. 7

Die Beziehung zwischen Produktions- und Kostentheorie

38

Abb. 8

Das rollenorientierte Integrativitatskonzept

55

Abb. 9

Das Zusammenspiel der beiden Kundenrollen

60

Abb. 10

Der Ablauf integrativer Leistungserstellung

71

Abb. 11

Das ,Blueprint' eines Kundenintegrationsprozesses

77

Abb. 12

Das Faktorsystem der Dienstleistungsproduktion nach Maleri

87

Abb. 13

Das rollenorientierte Integrativitatskonzept und seine Auswirkungen aus Sicht des Anbieters

92

Abb. 14

Problembereiche im Kapazitatsmanagement von Dienstleistungsuntemehmen. 103

Abb. 15

Wirkungsweisen der Kundenintegration auf den Erfolg des Untemehmens

107

Abb. 16

Einfluss der extemen Faktoren auf Effizienz und Produktivitat

108

Abb. 17

Strategische Positionierung von nach Wettbewerbsvorteil strebenden Untemehmen

110

Abb. 18

Typologie zu den Besonderheiten der Dienstleistungsproduktivitat

113

Abb. 19

Produktivitatsermittlung bei Dienstleistungen

120

Abb. 20

Einflussnahme des Nachfragers auf den Leistungsprozess - dargestellt am Blueprint

123

Abb. 21

Einfluss des Kunden auf den Gesamtprozess

124

Abb. 22

Vorgehen in der Fallstudie

146

Abb. 23

Isoleistungslinie

151

Abb. 24 Abb. 25

Kundeninduzierte Storungen und Einflussstrange auf die Produktivitat Vier-Quadranten-Schema zur Ermittlung des Zusammenhangs von Produktivitat und Know-how^ des Kunden Know-how-Produktivitats-Kurve Bandbreite der Produktivitat

164

Abb. 26 Abb. 27

167 167 172

XVII

Abb. 28

Produktivitatsmodell fUr Dienstleistungen

176

Abb. 29

Auswirkungen der StOmngen des Kunden auf den Untemehmenserfolg

185

Abb. 30

Vorgehensweise der Modellbildung im Operations Research

190

Abb. 31

Komponenten von Zielfunktion und Nebenbedingung

199

Abb. 32

Ausschnitte eines Blueprints

201

Abb. 33

Auswirkung einer mangelnden Kundenintegration im Blueprint

203

Abb. 34

Graphische Darstellung mGglicher Losungen bei der Dynamischen Optimierung

210

Abb. 35

Der Modellgenerator von LINGO

215

Abb. 36

Optimale Arbeitsteilung als Basis des Wettbewerbsvorteils

218

Abb. 37

Kundenprofilanalyse zur Einordnung des Know-hows

226

Abb. 3 8

Kundensegmentierung als Grundlage der Strategic der Arbeitsteilung

227

Abb. 39

Wirkungsmodell der Dienstleistungsproduktion

233

XVIIl

Tabellenverzeichnis Tab. 1 Tab. 2

Spektrum der Produktivitatsbegriffe

31

Die Beachtung des Integrativitatskonzeptes in den produktionstheoretischen Ansatzen von Dienstleistungen

75

Tab. 3

Divergenzen in der Produktion von Sachleistungen und von Dienstleistungen. 105

Tab. 4

UberblicktiberProduktivitatskennzahlen von Dienstleistungen

130

Tab. 5

Kundenseitige Storungen und ihre Auswirkungen auf den Prozessablauf

163

Tab. 6

StOrungen der Kunden im Prozess eines Telekommunikationsuntemehmens.... 182

Tab. 7

Beispielwerte fur die Bestimmung der Nutzenfunktion

204

Tab. 8

Beispielhafte Werte ftir die Bestimmung der Nebenbedingung

205

Tab. 9

Losung mit Hilfe der Dynamischen Optimierung

208

Tab. 10

Indikatoren zur Bestimmung des Kunden-Know-hows

225

XIX

1

Problemstellung und Aufbau der Arbeit

1.1

Die Bedeutung der DienstleistungsproduktivitSt und des Kundeneinflusses auf die Produktivitat

Die Mitarbeiter eines Call-Centers mtissen Anrufe innerhalb von drei Minuten bearbeitet haben, um an einem Arbeitstag eine entsprechend hohe Anzahl an Anrufen entgegenzunehmen. Die Kassierer eines Discounters sind angehalten, kein Kleingeld von den Kunden mehr anzunehmen, da das Herausgeben von Wechselgeld schneller gelingt, als wenn zunachst der Kunde nach dem passenden Betrag sucht. Die Techniker eines Telekommunikationsuntemehmens sollen innerhalb von 24h die vom Kunden gemeldete Stoning beheben, um einerseits den Kunden zufrieden zu stellen und um andererseits moglichst viele Auftrage zu bearbeiten. Diese Beispiele demonstrieren, dass das Verhalten im Wettbewerb streng vom Wirtschaftlichkeitsstreben der Untemehmen diktiert wird. Die angebotenen Produkte bzw. Leistungen sind entweder mit einem moglichst geringen Ressourcenaufwand zu erstellen oder die Ressourcen sind derart einzusetzen, so dass hochstmogliche Ergebnisse erzielt werden konnen.' Aufgabe der Dienstleistungsuntemehmen muss es also sein, den Dienstleistungsprozess derart zu gestalten und zu organisieren, dass Effizienz in Form von Wirtschafllichkeit und Produktivitat gewahrleistet wird. Wahrend die Wirtschafllichkeit im Sinne eines effizienten Kostenmanagements WertgroBen betrachtet, legt die Produktivitat i.e.S. MengengroBen zugrunde. Der Fokus der hier vorzunehmenden Betrachtung liegt auf der Produktivitat als Quotient ,Ausbringungsmenge / Einsatzmenge'.^ Die Produktivitat wird folglich zu einem MaB daflir, wie gut die Ressourcen in einem Untemehmen zusammengefugt und zur Erreichung der Leistung eingesetzt wurden. Unproduktives Handeln im Dienstleistungsuntemehmen bedeutet umgekehrt Ressourcen zu verschwenden, was zu Nachteilen im Wettbewerb fiihren kann.^ Damit stellt sich die Produktivitat als einer der bedeutendsten Leistungsparameter eines Unternehmens dar."^ Die stetige Verbesserung der Produktivitat zur Erzielung eines langfristigen Anbietervorteils muss folgerichtig zu einem Hauptanliegen eines jeden Untemehmens werden.^ Wie zu zeigen sein wird, existieren gerade im Bereich der Dienstleistungsproduktivitat weitreichende Defizite, die es gerade im Hinblick auf den Wettbewerbsvorteil von Dienstleistungsuntemehmen aufzuheben gilt. Der einfachste Weg, die Produktivitat und entsprechende Kennzahlen fur Dienstleistungen umfassend aufzuzeigen, ware, den bereits tief durchdrungenen Bereich der Sachguterproduktion auf den Bereich der Dienstleistungserstellung zu iibertragen. Vgl. Hahn (1994), S. 29; Kern (1992), S. 65 und Zelewski (1999), S. 18. Vgl. Hahn (1997), S. 51-57. Vgl.Nachum(1999), S. 940. Vgl. Fricke (1961), S. 135 und Nachum (1999), S. 939. Vgl. Cowell (1984), S. 315.

Jedoch bringen die beiden konstitutiven Merkmale von Dienstleistungen, die Integration des Nachfragers in den Leistungserstellungsprozess sowie die Immaterialitat, fUr die Bereiche der Produktion imd der Produktivitat derart wesentliche Eigenarten mit sich, dass eine direkte Obertragung scheitert. So umfasst die Immaterialitat die fehlende Wahrnehmbarkeit und die Nicht-Greifbarkeit der Leistung, wahrend die Integrativitat die notwendige Mitwirkung des Kunden bedingt. Erst die Bedtirfnisspezifizierung vom Kunden als Kaufer st6Bt die Leistungserstellung an und zieht aufgrund der mangelnden Vorhersehbarkeit der Nachfrage Kapazitatsschwankungen im Dienstleistungsuntemehmen nach sich.^ Femer wird der Nachfrager durch die Integration extemer Faktoren zum Co-Producer der Leistung. Der Leistungserstellungsprozess ist so nicht mehr autonom vom Anbieter gestaltbar^ Eine eigenstandige Betrachtung und Entwicklung der Produktivitat von Dienstleistungen wird folglich zwingend notwendig. In der Literatur zum Dienstleistungsmanagement wird insbesondere der Bedeutung der Immaterialitat Rechnung getragen. So dominieren Betrachtungen zur Messung der Produktivitat Uber geeignete Kennzahlen sowie zu SteigerungsmOglichkeiten der Produktivitat.^ Damit wird jedoch der weitaus tiefgreifendere Faktor der Integrativitat^ vemachlassigt. Dieses Defizit wirft im Hinblick auf eine fundierte Anwendung der Dienstleistungsproduktivitat Probleme auf. Eine ausschlieBliche Optimierung der intemen Prozesse und Schnittstellen kann aus Sicht des Anbieters nicht zum Ziel einer produktiven Leistungserstellung fUhren. Die das Bedilrfnis spezifizierenden steuemden Prozessinformationen und die extemen Faktoren mlissen in den Leistungserstellungsprozess integriert werden und nehmen somit auf die intemen Faktoren des Anbieters Einfluss. Im eingangs erwahnten Call-Center werden auBerst standardisierte Dienstleistungen erstellt, wie z.B. die Auftragsentgegennahme. Doch bereits hier zeigt sich, welche Wirkung der Kunde auf die Effizienz des Prozessablaufs ausiiben kann. Ein zur Produktivitat beitragender Kunde wird am Telefon bereits alle erforderlichen Daten zur Hand haben, so dass der Mitarbeiter samtliche Informationen innerhalb der dreiminiitigen Gesprachszeit aufnehmen kann. Ein Kunde, der die Produktivitat hemmt, wird vom Mitarbeiter erst auf die benotigten Informationen aufmerksam gemacht, die er dann wahrend des Gesprachs sucht. Die im Untemehmen vorgegebene Gesprachszeit wird uberschritten, so dass der Mitarbeiter insgesamt weniger Calls bearbeiten kann. Sind derartige Kundeneinflusse auf die Produktivitat bereits bei standardisierten Prozessen vorhanden, so treten sie unbedingt auch bei individuellen Leistungen auf. Die Produktivitat der Mitarbeiter einer Werbeagentur hangt entscheidend von den Informationen und der ZuarVgl. Collier (1985), S. 8 und Engelhardt/ ReckenfelderbSumer (1999), S. 242. Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 89-90 und Kleinaltenkamp (1997b), S. 350-351. Vgl. Corsten (1994b); Lovelock/ Young (1979); Mark (1988); Northcraft/ Chase (1985) und Vuorinen/ Jarvinen/Lehtinen(1998). Vgl. Woratschek (1996), S. 60-62.

belt der Kunden ab. Ein Kunde, der immer wieder den Fertigstellimgstermin der in Auftrag gegebenen Werbekampagne andert, wird die Ressourcen der Mitarbeiter belasten und die Produktivitat mindem. Hingegen tragt ein Kunde, der bereits eigene Vorarbeiten geleistet hat, zur Entlastung der Mitarbeiter sowie potenziell zu einer Produktivitatssteigerung bei. Diese Beispiele verdeutlichen erstens, dass der Anbieter einer Dienstleistung auBerstande ist, die Produktivitat autonom zu gestalten, da der Nachfrager der Dienstleistung ebenfalls zur Produktivitat beitragt. Zweitens resultieren aus der Integrativitat unterschiedliche Auswirkungen auf den Erstellungsprozess. Die Mitwirkung des Kunden am Leistungserstellungsprozess kann aus Sicht des Dienstleistungsuntemehmens durch eine gelungene Integration sowohl zur Produktivitat beitragen als auch durch eine schwache Integration die Produktivitat des Dienstleisters hemmen.^^ Damit bringt der Nachfrager aus Sicht des Anbieters Unsicherheiten in den Prozessablauf ein,'^ so dass eine Planung der Dienstleistungsproduktion unter Bertlcksichtigung der Produktivitat ebenso nur unter Unsicherheit erfolgen kann. Um dennoch eine produktive und somit effiziente Leistungserstellung zu gewahrleisten, werden die Ausrichtung am Nachfrager und seinen extemen Faktoren sowie die Kontrolle derselben zur Reduktion der Unsicherheit zwingend erforderhch. Der eingangs erwahnte Discounter hat den potenziell stOrenden Einfluss des Kunden im Kassiervorgang erkannt: Der Kunde nimmt durch ein zu langsames Handeln (Suche nach passendem Kleingeld-Betrag) Einfluss auf die Output/Input-Vorgabe des Untemehmens. In der nun gewahlten Strategic wird die Beteiligung des Kunden im Bezahlprozess so weit wie mSglich reduziert, indem der Integrationsgrad des Kunden gesenkt wird. Die explizite Einbeziehung des Kunden und seines Einflusses auf die Anbieteraktivitaten flihrt hier demnach aus Sicht des Untemehmens zur gewiinschten Produktivitat. Damit erfordert eine umfassende Darlegung des Produktivitatsmanagements fUr Dienstleistungsuntemehmen vor dem Hintergrund, dass die herausragende Besonderheit in Abgrenzung zu Sachgutem die Integration des Nachfragers ist, zunachst die Auseinandersetzung mit eben dieser Integrativitat sowie mit den daraus folgenden Konsequenzen. Als entscheidende Faktoren, welche die Giite der Kundenbeteiligung determinieren, erweisen sich dabei die Fahigkeit und die Bereitschaft des Kunden zur Mitwirkung.'^ Ziel eines nach Produktivitat strebenden Untemehmens muss es unter BerUcksichtung dieser Aspekte sein, die Kundenmitwirkung einerseits zur Leistungserstellung zu nutzen, sie andererseits jedoch auch in zielkonformer Weise zu steuern. Nur durch eine kontrollierte Disposi-

"^ Vgl. Lehmann (1998), S. 27 und Lovelock (2001), S. 10. " Vgl. FlieB (2001), S. 66-82 und Larsson/ Bowen (1989), S. 216-220. '^ Vgl. Chase (1978), S. 138; Engelhardt/ Reckenfelderbaumer (1999), S. 201; Gouthier (2003), S. 3 und 11; Kleinaltenkamp (1997a), S. 93-94 und Rodie/ Schultz Kleine (2000), S. 117.

tion des Kunden und der Gute seiner BeitrSge vermag der Dienstleister die kimdeninduzierte Unsicherheit mOglichst gering zu halten.

1.2

Der Aufbau der Arbeit

Eine umfassende Auseinandersetzung mit der Produktivitat von Dienstleistimgen sieht vor, sich zunachst mit dem Ursprung und der Definition der Produktivitat allgemein auseinander zu setzen. Da sich die Produktivitat als MaB zur Operationalisierung der Effizienz darstellt/^ wird in einem ersten Schiitt der Begriff der Effizienz erlSutert. Dieser ist tief in der Betriebswirtschaftslehre verwurzelt und hat uber die Zeit verschiedene Auslegungen im Streben nach wirtschaftHchem Handeln der Untemehmen erfahren.*"* Eine nahere Betrachtung zeigt, dass es mogUch ist, samtliche Begriffsauffassungen den unterschiedlichen Disziphnen der Betriebswirtschaftslehre zuzuordnen, innerhalb derer sich die Bereiche Organisation, Marketing sowie Produktion als in diesem Kontext relevant erweisen. Auch wenn sich die Ausrichtung der betrachteten Effizienzbegriffe an den jeweiligen Disziplinen orientiert, so weisen sie dennoch grundlegende Gemeinsamkeiten auf Insbesondere wird im Rahmen der organisationstheoretischen sowie der Marketing-Darlegungen eine Abgrenzung zur EffektivitSt vorgenommen, wobei die Marketing-Perspektive in der gleichzeitigen Erflillung von Effizienz und Effektivitat den entscheidenden Wettbewerbsvorteil eines Untemehmens sieht. Um eine derartige Position zu erreichen bzw. um generell ein wirtschaftliches Handeln im Untemehmen anzustreben, verlangt die Effizienz eine Operationalisierung. Diese ist durch die Produktivitat als Output-Input-Relation gegeben.'^ Demzufolge setzt sich der zweite Teil des zweiten Kapitels mit dem Begriff der Produktivitat auseinander. Dazu werden verschiedene Definitionen aufgefiihrt, die in der heute allgemein gebrauchlichen Ergiebigkeit des Transformationsprozesses munden.'^ Die Messung der Produktivitat kann einzelne Produktionsfaktoren fokussieren sowie samtlich eingesetzte einbeziehen, weshalb verschiedene Arten der Produktivitat vorgestellt werden. Nachdem die Grundlagen zum Verstandnis der Produktivitatskennziffer geschaffen worden sind, erfolgt die Betrachtung des Einsatzes in Form einer Ziel- und Zweckverfolgung. SchlieBlich bedingt der zugrunde gelegte Quotient, sich insbesondere mit den Inputfaktoren, die tiber die Untemehmen verschieden sein konnen, zu beschaftigen. Diese begriinden jedoch nicht nur die Produktivitatskennzahl, sondem vor allem auch die - die Produktivitat umfassende - Produktion. Im dritten Kapitel wendet der Blick sich sodann ab von der allgemeinen Leistungserstellung hin zum Bereich der Dienstleistungserstellung. Untersuchungen zur Dienstleistungsproduktion und -produktivitat sind jedoch noch immer rar, so dass zum Zwecke einer detaillierten Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Heinen (1991), S. 18; Reuss (1960), S. 56 und Steven (1998), S. 12. Gutenberg (1983); Kosiol (1961); MUller-Merbach (1981); Nicklisch (1932) und W6he (2000). Corsten (2000c), S. 611. Busse von Colbe/ LaBmann (1991), S. 219 und Corsten (2000b), S. 45.

Analyse der DienstleistungsproduktivitSt zum einen zu fragen ist, ob die Erkenntnisse der Sachguterproduktion aus dem zweiten Kapitel zugrunde gelegt werden konnen. Zum anderen ist zu priifen, ob die bisher existierenden produktionstheoretischen Ansatze flir Dienstleistungen ein geeignetes Fundament fur diese Analyse bieten. Um diesem Vorgehen gerecht zu werden, werden in einem ersten Schritt die beiden konstitutiven Eigenschaften von Dienstleistungen, die Immaterialitat und die Integrativitat, naher betrachtet. Gerade zur Integrativitat, die die zwingend notwendige Bediirfnisspezifizierung des Nachfragers (Rolle des Kunden als Kaufer) sowie die gleichsam erforderliche Einbringung extemer Faktoren des Nachfragers (Rolle des Kunden als Co-Producer) in den Prozess der Leistungserstellung vorsieht, existieren verschiedene Defmitionen, die in ein Konzept gebracht werden miissen. Aus der Tatsache, dass der Nachfrager zwar in mehr oder weniger groBem Umfang, jedoch aber unbedingt an der Leistungserbringung mitwirken muss, resultiert genau der Unterschied zur Sachguterproduktion, der die Ubertragung der diesbeziiglichen Erkenntnisse auf eine Produktion von Dienstleistungen in Frage stellt. Folglich mtissen auch die bislang die Literatur pragenden dienstleistungsproduktionstheoretischen Ansatze, die ebenso der Produktionstheorie wie dem Dienstleistungsmanagement entstammen, auf die Erfassung dieser Integrativitat hin untersucht werden. Beide Strange - die dienstleistungstheoretischen Aspekte auf der einen und die produktionstheoretischen Untersuchungen auf der anderen Seite - miinden nun in die Dienstleistungsproduktivitat: Die Mitwirkung des Kunden am Prozess bedingt, dass der Anbieter die Autonomic uber die Erstellung verliert.'^ Insofem muss vermutet werden, dass nicht nur allein der Dienstleister, sondem ebenso der Kunde am Erfolg der Dienstleistungsproduktion beteiligt ist und so durch seinen geleisteten Input Faktoren wie Qualitat, Zeit, Kosten und Kapazitat ebenso mitpragt wie die mit diesen Faktoren in enger Beziehung stehende Produktivitat. Hinsichtlich der Art und Weise des Kundeneinflusses steht der Anbieter damit vor einem Unsicherheitsproblem.*^ Gleichsam mtissen die spezifischen Merkmale einer Dienstleistungsproduktion, die den formalen Rahmen der Output-Input-Beziehungen bildet, in die Produktivitatsanalyse fiir Dienstleistungen einflieBen. Es ist zu vermuten, dass die Bedurfnisspezifizierung des Kunden als Kaufer Dispositionsprobleme und die Integration extemer Faktoren Beschaffungs- und Produktionsrisiken nach sich ziehen. Diese Effekte miissten jedoch in Abhangigkeit vom Umfang der jeweiligen Integrativitat schwanken. Demzufolge wird im letzten Schritt des dritten Kapitels eine dreidimensionale Typologie entwickelt, die genau an diesen dienstleistungs- und produktionstheoretischen Merkmalen ansetzt. Je nach Auspragung dieser Merkmale verstarken sich die Effekte auf die Produktivitat von Dienstleistungen. Im Hinblick auf die Produktivitatsuntersuchungen in den folgenden Kapiteln ist dementsprechend nur derjenige Part der Typologie zugrunde zu legen, der die extremsten Auswirkungen impliziert und damit die anderen einschlieftt.

'^ Vgl. Z.B. FlieB (2001), S. 30 und Kleinaltenkamp (1993), S. 105, 120. '* Vgl. Fliefi (2001), S. 66-82.

Nach diesen gmndlegenden Vortlberlegungen gelingt es nun im vierten Kapitel, die Gestaltung der Dienstleistungsproduktivitat in Form der Messung sowie die Steuerung der Produktivitat in Form der Verbesserung darzustellen. Wie zu zeigen sein wird, werden beide Bereiche in der Dienstleistungsliteratur bereits bearbeitet.*^ Dennoch liegen Schwierigkeiten in der Quantifizierung von Output und Input vor, die aus der mangelnden Homogenitat der einflieBenden Gr5l3en sowie aus der fUr Dienstleistungen notwendigen Integration qualitativer Aspekte resultieren. Zur LOsung dieser Probleme mtlssen die in der Literatur vorgeschlagenen LGsungsmOglichkeiten aufbereitet und ergSnzt werden. Weitere Forschungsdefizite ergeben sich aus der Uberwiegenden Vemachlassigung der Integrativitat. GemaB der Erkenntnisse des dritten Kapitels wirkt der Kunde an der Leistung mit und gewinnt so unmittelbaren Einfluss auf die Erstellung. Demzufolge ist er auch in der Formulierung einer Produktivitatskennzahl zu berticksichtigen. Diese Ausftihrungen leiten zur notwendigen Darlegung verschiedener M5glichkeiten der Produktivitatssteigerung tlber, da die generelle Messung mit dem Ziel der Erhaltung bzw. des Ausbaus des Wettbewerbsvorteils das Streben nach Verbesserung nach sich zieht. Eine Hauptdeterminante der Steigerung, da am meisten Potenzial zur Uberwindung der Produktivitatsschwache von Dienstleistungen^^ bietend, scheint sodann die verstarkte Einbindung des Nachfragers darzustellen.^* Dieser Uberlegung wird im zweiten Teil des vierten Kapitels nachgegangen. Ubemimmt der Kunde mittels einer Extemalisierung Aktivitaten vom Anbieter, so wird von einer personengebundenen Dienstleistung ausgegangen. Der Nachfrager fUhrt damit Teilleistungen selbstandig aus, was zu Kapazitatsentlastungen des Anbieters flihren kann. An dieser Stelle mangelt es in der bisherigen Literatur jedoch an einer genauen Differenzierung. Wahrend im Rahmen von Darstellungen zur allgemeinen Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager kundeninduzierte Unsicherheit konstatiert und explizit aufgefUhrt wird,^^ fehlt die Verkntlpfung mit dem Produktivitatsmanagement. So wird lediglich in einigen wenigen Quellen darauf hingewiesen, dass die aktive Mitwirkung des Kunden sowohl positiv als auch negativ auf die Dienstleistungsproduktivitat wirken kann.^^ Aus diesem Grund miissen potenziell st6rende Eingriffe des Kunden untersucht werden, indem die Einfliisse des Nachfragers auf den Leistungserstellungsprozess und die Produktivitat naher analysiert werden. Hierbei ist zu vermuten, dass die Fahigkeit und Bereitschaft des Kunden zur Mitarbeit wesentliche Einflussfaktoren begrtinden. Setzt man die Bereitschaft zur Teilnahme voraus, so ist vor allem die Fahigkeit, die sich im Know-how des Kunden ausdruckt, im Hinblick auf die Produktivitat des Anbieters zu untersuchen. Ziel ist es hier, zum einen die verschiedenen Effekte einer unzureichenden Mitwirkung des Kunden auf den Leistungserstellungsprozess naher zu betrachten. Vgl. z.B. Corsten (1994b); Lovelock/ Young (1979); Mark (1988); Northcraft/ Chase (1985) und Vuorinen/ Jarvinen/ Lehtinen (1998). Vgl. z.B. Corsten (1994b), S. 44; Gr5nroos/ Ojasalo (2000), S. 2; Hill (1999), S. 426; Nachum (1999), S. 922 und Sundbo (2002), S. 94. Vgl. Gartner/ Riessman (1978), S. 216-217 und Lovelock/ Young (1979), S. 169, 177. Vgl. Danet (1981), S. 384; Larsson/ Bowen (1989), S. 217 und Mills/ Morris (1986), S. 727. Vgl. Kurtz/ Clow (1998), S. 353; Lovelock (2001), S. 10 und Zeithaml/ Bitner (2000), S. 323.

und zum anderen das Know-how des Kunden unmittelbar mit der Produktivitat in Beziehung zu setzen. Es ist anzunehmen, dass ein hoher Know-how-Grad des Nachfragers positiv zur Dienstleistungsproduktivitat beitragen wird. Folgt man diesen Oberlegungen, so kOnnen neue Implikationen ftir die Gestaltung einer Kennziffer zur Messung der Produktivitat gewonnen werden. Aus diesen Erkenntnissen soil sodann erstens eine modifizierte Produktivitatskennziffer unter Einbezug der Fahigkeit des Kunden und zweitens ein Produktivitatsmodell zur Illustration eben dieser Kundenmitwirkung an der Dienstleistungsproduktivitat entwickelt werden. Aus Sicht des Anbieters resultieren diese Oberlegungen zur Kundenmitwirkung nunmehr in einem trade-off: Einerseits scheint der Kunde ein Potenzial zur Steigerung der Produktivitat in sich zu bergen, andererseits besteht aber Unsicherheit dariiber, ob der Kunde die von ihm selbst auszufUhrenden Aktivitaten tatsachlich in einer zur Effizienz beitragenden Art und Weise erstellen wird. Folglich hat der Dienstleister die EinflUsse der Bedtlrfnisspezifizierung und der Integration extemer Faktoren derart einzuplanen, so dass die Strategie einer Arbeitsteilung im Hinblick auf die Produktivitatserreichung bzw. -verbesserung optimal gestaltet werden kann. Das fUnfte Kapitel hat demzufolge das Ziel, ein geeignetes Modell zu entwickeln, das genau diese Anforderungen erfUllt. Gesucht ist die optimale Arbeitsteilung zwischen dem Dienstleistungsanbieter und -nachfrager unter Beriicksichtigung samtlicher im vierten Kapitel aufgezeigten Unsicherheitselemente. Zugrunde gelegt wird ein mathematisches Verfahren, welches auf dem Rucksackproblem des Operations Research basiert. Die realen Gegebenheiten der Arbeitsteilung sind dann derart zu formulieren, so dass ein zu erstellendes Modell der Arbeitsteilung als Rucksackproblem ausgedrtickt werden kann. Die L6sung eines solchen Modells wUrde dem Anbieter eine Entscheidungshilfe derart liefem, welche Aktivitaten konkret auf den Nachfrager auszulagem sind, um letztendlich hohe Produktivitat zu erreichen. Da die Grundannahme zur Formulierung eines Modells der Arbeitsteilung gemaB des vierten Kapitels in einem geringen Know-how-Level des Kunden liegt, ist in den Implikationen fiir die Praxis im sechsten Kapitel zu uberprufen, ob sich der Dienstleister eines Ansatzes bedienen kann, der die Differenzierung der Kunden hinsichtlich eines hohen und niedrigen Knowhow-Grades erlaubt. Mit Hilfe eines solchen Ansatzes kSnnte daruber hinaus auch eine Segmentierung der Nachfrager stattfmden, um beim ersten Kontakt mit dem Kunden iiber die moglichen Strategien der Arbeitsteilung (geringes Know-how) oder der maximal moglichen Auslagerung an den Kunden (hohes Know-how) zu entscheiden. Im Schlusskapitel werden die Zusammenhange der vorhergehenden Kapitel anhand eines Wirkungsmodells noch einmal schrittweise aufgefiihrt und erlautert. Die neu gewonnenen Erkenntnisse mussen sodann mit den in der Literatur bereits bearbeiteten Bereichen der Dienstleistungsproduktivitat abgeglichen werden, um letztendlich die noch verbleibenden Forschungsfelder aufzuzeigen.

Weite Bereiche des vierten Kapitels werden uberdies von einer praktischen Fallstudie begleitet. In dieser werden innerhalb eines ausgewShlten Dienstleistungsuntemehmens theoriebegleitende Einsichten sowie auch interessante ErgSnzungen zur Produktivitat von Dienstleistungen gesammelt. Aus diesem Grund schlieBt sich Fallstudie I, welche die Struktur der im Untemehmen angewendeten Produktivitatskennziffem sowie MaBnahmen zur Verbesserung der Produktivitat erhebt, an den ersten Part des vierten Kapitels an. Fallstudie II widmet sich, entsprechend der dargestellten Vorgehensweise, der Untersuchung des Einflusses des Kunden auf die Produktivitat und erganzt damit die Aussagen im zweiten Teil des vierten Kapitels. Samtliche Ausfiihrungen basieren dabei auf einer mengenorientierten Produktivitatskennziffer. Zwar wird in der Literatur auch die der Wirtschaftlichkeit entsprechende wertorientierte Produktivitatskennzahl positiv wie negativ diskutiert,^"* doch wird diese in der vorliegenden Arbeit aus den folgenden Grunden nicht beachtet: Der wertorientierte Begriff ist weiter gefasst als der mengenorientierte. Eine Bewertung der Mengen kann stets erfolgen, so dass die Wert- die Mengenausrichtung einschlieBt (vgl. Kap. 2.2.3). Damit wiirde eine Betrachtung der wertorientierten GroBe der Produktivitat spezielle Aspekte des engeren Begriffes der mengenorientierten Produktivitat nicht zielgerecht erfassen. Wie zu zeigen sein wird, stellt sich die Produktivitat von Dienstleistungen nicht als ein isolierter Erfolgsfaktor dar, sondem als eine GroBe, die in Verbund mit QualitSt, Zeit und auch den Kosten gesehen werden muss (vgl. Kap. 3.3.2.1). Die KapazitSt nimmt Uberdies im Rahmen der Dienstleistungsproduktivitat als Folge der Integrativitat eine bedeutende Stellung ein, so dass die Mengenbetrachtung im Vordergrund stehen sollte (vgl. Kap. 3.3.2.2). Wie zu zeigen sein wird, liegt der Schwerpunkt im Produktivitatsmanagement von Dienstleistungen auf der Arbeitsproduktivitat. Teilproduktivitaten werden ebenso wie der wertorientierte Produktivitatsbegriff als Losungsmoglichkeiten der der Gesamtproduktivitat inharenten Heterogenitat der GroBen angesehen. Durch die verstarkte Fokussierung auf die Arbeitsproduktivitat wird die Heterogenitat umgangen und die Bewertung unnotig (vgl. Kap. 4.1). Eine Fallstudie in der Praxis bestatigt den Vorzug des mengenorientierten Begriffes: Einzelne Tatigkeiten werden zunachst in Minuten (Verrichtungszeit) erfasst, anschlieBend erfolgt die Kostenberechnung (Kosten pro Arbeitsstunde); vgl. Kap. 4.2.3. Somit konnen iiber den mengenorientierten Begriff zunachst Basisuberlegungen angestellt werden, die anschlieBend zu jeder Zeit bewertet werden konnen.

^^ Vgl. Busse von Colbe/ LaUmann (1991), S. 219; Hoitsch (1985), S. 24-25; Jones (1988), S. 317; LaBmann (1975), Sp. 3167 und Pedell (1985), S. 810-811.

SchlieBlich nehmen der Nachfrager bzw. die von ihm eingebrachten extemen Faktoren Einfluss auf den Leistungserstellungsprozess und die zugehorige Faktorkombination. Dieser Einfluss geht nicht mit einer unmittelbaren Kostenerfassung einher, da zunachst die Wirkungen dieser Integration auf den Erstellungsprozess (vgl. Kap. 3), dann die Nacharbeit (vgl. Kap. 4.2) und schlieiJlich erst die Kostenbewertung (vgl. Kap. 5) erfasst werden. Die nachstehende Abbildung 1 gibt die Struktur der Arbeit sowie die wesentlichen inhaltlichen Bausteine in einem zusammenfassenden Uberblick wieder.

KAPITEL 1 • Problemstellung • Aufbau der Arbeit

1 KAPITEL 2

KAPITEL 3

Von der Effizienz zur Produktivitat

U ii

• Effizienz in der Allgemeinen und der Speziellen BWL • Produktivitat als MaS der Effizienz

Herausforderungen an das Produktivitatsmanagement von Dienstleistungen

Vl f 1 r 1

• Zwei Rollen des Kunden • Produktionstheoretische Aspekte • Erste Implikationen zur Produktivitat von Dienstleistungen ' Typologie

KAPITEL 4 4.1 Das Grundgerijst der Dienstleistungsproduktivitat • Messung und Probleme • MOglichkeiten der Verbesserung

^^^m^a^mt^mmm^^ 1 Fallstudie 1



4.2 Produktive Mobilisierung des Kunden • Arbeitsteilung • Wirkung des Kunden-Knowhows auf die Produktivitat

^..^•^••Mii^.^^ Fallstudie II

KAPITEL 5 Optinnierung der Arbeitsteilung • Das Rucksackproblem des Operations Research als Grundmodell * Erweiterungen des Grundmodells

Abb. 1

10

KAPITEL 6

Implikationen fur die Praxis

KAPITEL 7

Zusammenfassung der Ergebnisse

Aufbau der Arbeit

1

2

Von der Effizienz zur ProduktivitSt

2.1

Effizienz als Zielgr5Be eines Unternehmens

Der Effizienzbegriff findet in der betriebswirtschaftlichen Literatur sehr heterogene Verwendung. Die Ursache ist darin zu sehen, dass bislang kein Konsens dartiber hergestellt werden konnte, was Effizienz denn eigentlich bedeutet. Demzufolge liegt in der gesamten Literatur, die den Effizienzbegriff verwendet, weder eine einheitliche Definition noch eine gemeine Verwendung des Effizienzbegriffes vor.^^ Aus der Vielzahl der DefinitionsansStze iSsst sich insofem aber ein Klassifikationsschema bilden, als dass der Effizienz zumindest in den einzelnen Theorien der Betriebswirtschaftslehre einheitliche ErklarungsansStze zugrunde gelegt werden. Bevor dieser Weg der Systematisierung des Effizienzbegriffes beschritten werden kann, soil in einem ersten Schritt die Effizienz aus den Zielvorstellungen eines betrieblichen Handlungsfeldes heraus abgeleitet werden. Die Ableitung des Effizienzbegriffes aus den Prinzipien untemehmerischen Handelns auf der einen und die Kategorisierung der verschiedenen Definitionsansatze aus unterschiedlichen Bereichen und Zeitepochen der Betriebswirtschaftslehre auf der anderen Seite tragen in ihrer Zusammenfuhrung zur KlSrung des Effizienzbegriffes, so wie er in dieser Arbeit verwendet wird, bei.

2.1.1

Der Begriff der Effizienz in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre

Unter okonomischen Aspekten ist es Ziel samtlicher Wirtschaftsbetriebe einen moglichst hohen Gewinn zu erlangen. Dieser allgemeine Grundsatz findet seinen Niederschlag im Prinzip der Gewinnmaximierung.^^ Der Gewinn eines Unternehmens wird dabei umso hSher ausfallen, je wirtschaftlicher - oder anders ausgedriickt - je rationeller gearbeitet wird.^^ Wirtschaftlich zu handeln heil3t rational iiber knappe Ressourcen zu verfligen, um daraus den groBtmoglichen Nutzen zu ziehen. Hinter dieser Aussage steckt das Wirtschaftlichkeitsprinzip.^^ Das Wirtschaftlichkeitsprinzip, das in der Literatur auch unter dem Begriff ,okonomisches Prinzip' zu finden ist,^^ stellt somit das Mittel zum Zweck oder Ziel der Gewinnmaximierung im einzelwirtschaftlichen Kontext dar^^: Ein Untemehmen produziert bei einem Einsatz knapper Mittel dann wirtschaftlich, wenn es gelingt, den bestmoglichen Wert fur das Verhaltnis zwischen dem gewtinschten Ergebnis und den dafur erforderlichen Mitteleinsatzen zu realisie-

Vgl. z.B. Ahn/ Dyckhoff (1997), S. 2-3; Becker/ Benz (1997), S. 657-658; Dyckhoffi^ Ahn (2001), S. 112 und Scholz(1992), Sp. 533. Vgl. Hoitsch (1985), S. 24 und Kem (1992), S. 65. Vgl. Gutenberg (1983), S. 470. Vgl. Dellmann/ Pedell (1994), S. 1. Vgl. Jung (2000), S. 5. Vgl. Hoitsch (1985), S. 24 und Kem (1992), S. 65.

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ren.^' Die bestmogliche Verknupftmg zwischen Ziel und Mittel iSsst sich auf zwei verschiedene Arten herstellen, die sich in der Literatur als die zwei grundlegenden Ausrichtungen des Wirtschaftlichkeitsprinzips manifestiert haben: das Maximum- und das Minimumprinzip. Wahrend das Maximumprinzip besagt, dass mit vorgegebenen Mitteln ein groBtmoglicher Ertrag erwirtschaftet werden soil, verlangt das Minimumprinzip den geringstmoglichen Einsatz an Mitteln zur Erreichung eines festgelegten Outputs bzw. Ziels.^^ Zur Beurteilung dieser beiden Prinzipien ist es sinnvoll, die entsprechenden Output- und EinsatzgroBen jeweils zueinander in Beziehung zu setzen. Die auf diese Weise erhaltenen Relationen filhren zu betriebswirtschaftlichen ErfolgsgrSBen wie Rentabilitat, Wirtschaftlichkeit, Okonomitat, Produktivitat und Technizitat.^^ Als Oberbegriff dieser GroBen stellt sich die Effizienz dar.^"* Effizienz ist demnach ein MaB fur die Leistungsfahigkeit eines Untemehmens,^^ wodurch sie in der Literatur haufig mit der Wirtschaftlichkeit gleichgesetzt wird.^^ Ruckgreifend auf das eingangs genannte Prinzip der Gewinnmaximierung, bildet die Effizienz somit eine notwendige Bedingungftirdas Untemehmensziel,Gewinnmaximierung'.^^ Das Wirtschaftlichkeitsprinzip kann als Grundlage des rationalen Handelns der Agierenden in der Okonomie angesehen werden, so dass es, anders ausgedrilckt, als die 5konomische Interpretation des allgemein gultigen Rationalprinzips betrachtet werden kann.^^ „In seiner allgemeinen Formulierung besagt das Rationalprinzip, dass ein bestimmter Zweck mit dem geringsten Mitteleinsatz oder mit gegebenem Mitteleinsatz eine maximale Zweckerfiillung anzustreben ist."^^ Zielen also beide GrundsStze auf die gleiche Handlungsmaxime ab, so reprasentiert das Wirtschaftlichkeitsprinzip die okonomische Auslegung anhand derer wirtschaftliches Verhalten erklart wird, wohingegen sich das Rationalprinzip mit dem zielgerichteten Verhalten als Ausrichtung menschlichen Verhaltens allgemein befasst.'*^ Wahrend die Anwendung der GrundsStze unbestritten ist (Gutenberg spricht in diesem Zusammenhang von ,betrieblichen TatbestSnden', die ,systemindifferent' sind"*'), wird die Auslegung in der Literatur differenziert vorgenommen. So existieren etwa verschiedene Wirtschaftlichkeitsbegriffe und alternative Erscheinungsformen des okonomischen Prinzips. Als einer der Sltesten Vertreter der Betriebswirtschaftslehre defmiert Mellerowicz die Wirtschaftlichkeit als ein Gesetz, dem ein jeder Betrieb „gleichgiiltig, in was ftir ein Wirtschafts-

Vgl. Zelewski(1999), S. 18. Vgl. Hahn (1994), S. 29 und Kern (1992), S. 65. Vgl. Z.B. Kern (1992), S. 66; Kosiol( 1961), S. 131 und Zelewski (1999), S. 19. Vgl. Kern (1992), S. 66. Vgl. Eichhom (2000), S. 140 und Kern (1992), S. 66. Vgl. Z.B. Bohr (1993), Sp. 855; Busse von Colbe/ LaBmann (1991), S. 321; Dyckhoff (1993), Sp. 63; Kallfass (1990), S. 6 und Kern (1992), S. 66. Vgl. Bohr (1993), Sp. 859. Vgl. Bohr (1993), Sp. 863-864; Steven (1998), S. 12 und Zapfel (1982), S. 23. Heinen(1976), S. 15. Vgl. Jung (2000), S. 5; Kern (1992), S. 65 und Steven (1998), S. 12. Vgl. Gutenberg (1983), S. 10.

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system er eingebettet ist""*^ zu folgen hat. Anderenfalls wird ein Betrieb seine okonomische Aufgabe nur unzureichend erfiillen konnen."^^ Spater konkretisiert Mellerowicz die ,betriebswirtschaftliche Denkweise' und spricht von wirtschaftlichem Handeln, wenn ein Ziel mit dem geringsten Aufwand erreicht wird. Wirtschaftlichkeit bedeutet dabei zweierlei: gr5fiter technischer Wirkungsgrad und zweckmaBigster Einsatz der Mittel.'*'* Kosiol, der den Begriff des ,Wirtschaftens' als die Versorgung mit knappen Gtitem defmiert, flihrt sodann als erster die Unterscheidung in die mengen- und die wertmafiige Wirtschaftlichkeit ein. Im Rahmen der mengenmaBigen Wirtschaftlichkeit, von Kosiol auch als Technizitat bezeichnet, soil jedes Ziel mit einem Minimum an Ressourcen erreicht werden. Die wertmaBige Wirtschaftlichkeit oder Okonomitat besagt, dass aus den angestrebten Zielen diejenigen mit der maximalen Differenz aus Ertrag und Aufwand realisiert werden sollen.'*^ Diese Unterscheidung in Mengen und Werte fmdet sich bei zahlreichen weiteren Autoren. So ftihrt Wohe zwei wertmaBige und einen technischen Wirtschaftlichkeitsbegriff auf Der wertmaBige Wirtschaftlichkeitsbegriff kann zum einen im Rahmen der Kombination verschiedener Einsatzmittel als Verhaltnis zwischen der gUnstigsten und der tatsachlich erreichten Kostensituation und zum anderen als Quotient aus in Geld bewertetem Ertrag und Einsatz dargestellt werden. Die mengenmaBige oder technische Wirtschaftlichkeit bezeichnet das Verhaltnis zweier Mengen, namlich des Ertrages und seiner Einsatzfaktoren.'*^ Auch Hahn zeigt drei Erscheinungsformen auf, die sich hinsichtlich ihrer zugrundeliegenden Quotienten weiter differenzieren lassen. So drilckt die als technische Rationalitat gekennzeichnete GroBe ein Mengen-Mengen-Verhaltnis aus, das sich in der Produktivitat, dem Nutzungs- oder Beschaftigungsgrad und dem Ergiebigkeitsgrad abbilden iSsst. Die fmanzwirtschaftliche Rationalitat umschreibt ein Wert-Wert-Verhaltnis, die leistungswirtschaftliche Rationalitat umfasst schlieBlich eine kombinierte Form beider GrSBen, nSmlich ein WertMengen-Verhaltnis, das sich in einer kostenorientierten (Minimalprinzip) und in einer erlosorientierten Wirtschaftlichkeit (Maximalprinzip) darstellen lasst."^^ Diederich defmiert die Wirtschaftlichkeit zwar eindeutig als MengengroBe in der Form des Sparsamkeitsgrades, der das Erreichen eines bestimmten Ergebnisses mit geringstmoglichem Mitteleinsatz misst, sowie als Ergiebigkeitsgrad (mit gegebenen Mitteln soil die hochstmogliche Leistung vollbracht werden). Dabei stellt er jedoch auch fest, dass es unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoU und notwendig sein kann, nicht nur Mengen, sondem auch die

Mellerowicz (1957), S. 504. Vgl. Mellerowicz (1957), S. 504-505. Vgl. Mellerowicz (1973), S. 11 und 54. Vgl. Kosiol (1961), S. 130-131. Vgl. W6he (2000), S. 47-48. Vgl. Hahn (1997), S. 51 und 56.

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Bewertungen der eingesetzten Mengen zu betrachten."^^ Damit wurde sich statt der Minimierung der eingebrachten Mengen eine Minimienmg des Werteverzehres ergeben."*^ Sttldemann schlieBlich fiihrt die Unterteilung in mengen- und wertmaBig noch detaillierter aus, indem er zunSchst von einer allgemeinen und einer besonderen Form des okonomischen Prinzips ausgeht. In der allgemeinen Auslegung ubemimmt Sttidemann das von MullerMerbach zusStzlich eingebrachte Extremumprinzip^^. Dieses fordert ein optimales Verhaltnis von Ergebnis und Einsatz und ist problemindividuell festzulegen.^^ Wird bei diesem Prinzip eine GroBe fixiert, so gelangt man entweder zum Minimum- oder aber zum Maximumprinzip.^^ Die besondere Form des 5konomischen Prinzips stiitzt sich auf Quotienten zum Ausdruck der Wirtschaftlichkeit, so dass sich als mogliche Unterformen die technische Wirtschaftlichkeit, die sich in Mengeneinheiten ausdriicken lasst (GiiterausstoB / Gtitereinsatz), sowie die wertmSBige Wirtschaftlichkeit (Einnahmen / Ausgaben) ergeben. Durch den Quotienten wird verdeutlicht, in welchem AusmaB es gelungen ist, wirtschaftlich zu handeln: Auf diese Weise kann mit Hilfe des besonderen okonomischen Prinzips eine konkrete Aussage zum Verhaltnis der beiden in Beziehung gesetzten GroBen gemacht werden, wohingegen sich aus dem allgemeinen Okonomischen Prinzip eine bestimmte Verhaltensweise ableiten iSsst (extremieren, maximieren oder minimieren).^^ Diese ausgewahlten Interpretationen des Wirtschaftlichkeitsbegriffes demonstrieren, dass sich das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der Betriebswirtschaftslehre durchgesetzt hat, so wie Gutenberg es bereits 1951 in seinem Werk ,Die Produktion' proklamierte: „So wird beispielsweise davon auszugehen sein, dass in jedem Betrieb Elementarfaktoren zu einer produktiven Kombination zusammengefasst werden, und dass diese Kombination nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit vorgenommen wird."^"^ Dabei darf nicht unerwahnt bleiben, dass auch Nicklisch, als einer der ersten Vertreter der ,Privatwirtschaftslehre', zugestanden werden muss, sich mit wirtschaftlichem Handeln bereits ftlih auseinander gesetzt zu haben. Als Verfechter einer normativ-wertenden Wissenschaft, die sich von einer ,Profitlehre' ftir einzelne Untemehmen distanziert, um sich der Gesamtwirtschaft zuzuwenden,^^ geht Nicklisch davon aus, dass Leistungen nicht unbedingt maximiert werden konnen, wenn die eingesetzten Ressourcen infolge schlechter Arbeitsbedingungen in einem Miss verhaltnis stehen: So konnen die Nutzung dieser Ressourcen in „einem Falle [...] besser seien, als vorausgesetzt wurde; in verschiedenen anderen aber seien sie sehr viel schlechter"^^. Eine wirtschaftliche Produktion

Vgl. Diederich (1988), S. 64-65. Vgl. Diederich(1992),S. 77. Vgl. MUller-Merbach (1981), S. 20. Vgl. Miiller-Merbach (1981), S. 20 und Sttidemann (1993), S. 199. Vgl. Sttidemann (1993), S. 199. Vgl. Sttidemann (1993), S. 201-202. Gutenberg(1983), S. 9-10. Vgl. Busse von Colbe/ LaBmann (1991), S. 13 und Mellerowicz (1973), S. 22. Nicklisch (1932), S. 65-66.

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ergibt sich nach Nicklisch aus diesen Bedingungen dann, weiin die Ressourcen geeignet umverteilt werden.^^ Damit sind die Betriebswirte generell uber den Begriff des ,Wirtschaftens' im Konsens. Weiterhin haben sich auch die beiden Auspragungen des okonomischen Prinzips, das Maximumund das Minimumprinzip, etabliert. Anhand dieser Begriffe wird somit auch der Begriff der Effizienz definiert, der in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre seit jeher selten explizit genannt, sondem mit dem Wirtschaftlichkeitsbegriff bzw. dem Streben nach Wirtschaftlichkeit gleichgesetzt wird. Eine expUzite Nennung des Begriffes sowie eine gleichzeitige intensive Auseinandersetzung mit der Effizienz fmdet sich jedoch in der amerikanischen Literatur. Chames, Cooper und Rhodes zeigen mit der Data Envelopment Analysis (DEA) eine Methode auf, die eine Messung der Effizienz fur Produktionseinheiten (Decision Making Units) erlaubt.^^ Da die DEA im vorliegenden Kontext keine weitere Beriicksichtigung findet, wird auf die entsprechende Literatur verwiesen.^^ Einer naheren Betrachtung bediirfen stattdessen die Speziellen Betriebswirtschaftslehren, die ebenfalls eine - im Vergleich zur Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre - eindeutigere Auseinandersetzung um den Begriff der ,Effizienz' selbst ftihren. Zwar gelangt man auch hier zu keinem Konsens, da in jeder Theorie eigene Interpretationen der Effizienz, die nur teilweise aufeinander aufbauen, zugrunde gelegt werden. Dennoch kann man eine Strukturierung des Begriffes iiber die einzelnen Theorien hinweg erreichen. Diese kann letztendlich dabei helfen, den Begriff der Effizienz seiner Systematik entsprechend zu verwenden. Fiir die folgenden Ausfuhrungen erweisen sich dabei die drei Speziellen Betriebswirtschaftslehren ,Organisation', ,Marketing' und ,Produktion' als relevant, da die vorliegende Thematik der Produktivitat von Dienstleistungen diese Bereiche tangiert: Die Organisation erfasst als Rahmen, der samtliche Organisationsstrukturen und -prozesse umspannt, den gesamten Auft?au eines Unternehmens. Die Gestaltung der Organisation zielt insbesondere auf den Ablauf der zugrundeliegenden Prozesse ab. Im Bereich der Produktion wird hingegen der gesamte Erstellungsprozess von Produkten und Dienstleistungen abgebildet. Okonomisches Handeln richtet sich in der Produktion auf die technische Beziehung zwischen hervorgebrachten und eingesetzten Mengen. Im Marketing findet schlieBlich der Perspektivwechsel intern - extern statt, um die Orientierung an den Erfordemissen des Marktes zu gewahrleisten. Damit steht im Marketing die absatzmarktorientierte Ausrichtung der gesamten Untemehmung im Fokus.^^ Die Zweige

Vgl. Nicklisch (1932), S. 66. Vgl. Chames/ Cooper/ Rhodes (1978). Vgl. zur vertiefenden Literatur Banker/ Chames/ Cooper (1984); Chames/ Cooper/ Rhodes (1978) sowie Schefczyk (1996), der eine methodische Einflihrung der DEA in die deutsche Literatur gibt. Stellvertretend fur die Vielzahl an Werken zu den Speziellen Betriebswirtschaftslehren der Organisation, der Produktion und des Marketings seien Picot/ Dietl/ Franck (2005), Fandel (1996) sowie Kotler/ Bliemel (2001) genannt.

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der Organisation, der Produktion und des Marketings seien im Hinblick auf ihre jeweilige Interpretation des Effizienzbegriffes naher betrachtet.

2.1.2

Der Begriff der Effizienz in den Speziellen Betriebswirtschaftslehren

2.1.2.1

Der Begriff der Effizienz aus organisationstheoretischer Sicht

Einen Bereich, der sich detailliert mit der Effizienz und ihrer Bedeutung beschaftigt, stellt die Organisationstheorie dar. In ihr umfasst die Erlauterung des Effizienzbegriffes zweierlei: Einer inhaltlichen Untersuchung folgt zweitens die Abgrenzung zum Begriff der Effektivitat. Nur wenn das Verhaltnis der eng verwandten Ausdrucke geklart wird, lassen sich eindeutige Aussagen zu den Definitionen machen.^' Dieser Prozess des Umdenkens bin zu spezifischerer Begriffserklarung setzte mit Barnard 1938 ein, der die Trennung zwischen Effizienz und Effektivitat erstmals einfuhrte.^^ Bis dahin wurden Effizienz und Effektivitat lange Zeit synonym verwendet, inzwischen hat sich die Abgrenzung jedoch in der organisationstheoretischen Literatur festgesetzt - wenn auch uber die Sprachraume hinweg mit unterschiedlichen Sichtweisen.^^ In der angloamerikanischen Literatur wird die Effizienz als eine Dimension der Effektivitat verstanden. Die Effektivitat stellt sich als MaB fiir die Zielerreichung dar und fokussiert sich so auf den Output, die Effizienz hingegen erfasst als MaBgroBe fur die Wirtschaftlichkeit Input-Output-Relationen. Effizienz bezieht sich daher nur auf einen Teilbereich der Effektivitat und stellt insofem ein Unterziel der iibergeordneten, notwendigen Effektivitat dar.^"* Vorwiegend im deutschen Sprachraum wird die Effizienz als ausschlaggebende GroBe angesehen. Demnach stellt die Effizienz eine VerbaltnisgroBe dar, mit deren Hilfe sich Aussagen iiber den relativen Zielbeitrag von MaBnahmen treffen lassen. Eine solche Bewertung im Sinne einer Mittel-Zweck-Beziehung erlaubt es, eine Abstufung von verschiedenen Handlungsmoglichkeiten vorzunehmen.^^ Die Effektivitat zeigt in diesem Konzept allein die grundsatzliche zielbezogene Eignung einer MaBnahme auf, kann demzufolge nur als ein GlobalmaB angesehen werden.^^ In neueren Quellen des deutschen Sprachraumes werden Effizienz und Effektivitat als gleichrangig angesehen. Effizienz bezeichnet das Verhaltnis der Mittelaufwendungen zum erreichten Niveau der angestrebten Ziele. Effektivitat bemisst den Beitrag bestimmter MaBnahmen zur Verbesserung der angestrebten Ziele.^^ Haufig zu finden sind in diesem Zusammenhang Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

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Ahn/ Dyckhoff (1997), S. 2. Barnard (1938/51). Steinmann/ SchreyOgg (2000), S. 52-53 und Welge/ Fessmann (1980), Sp. 577-578. Ahn/ Dyckhoff (1997), S. 2; Barnard (1938/ 51); BUnting (1995), S. 73-74 und Scholz (1992), Sp. 533. Ahn/ Dyckhoff (1997), S. 2; Corsten (1985a), S. 54 und Picot/ Dietl/ Franck (2005), S. 36. Corsten (1985a), S. 54 und Welge/ Fessmann (1980), Sp. 577. Ahn/ Dyckhoff (1997), S. 3 und Picot/ Dietl/ Franck (2005), S. 173.

die schlagkraftigen Formulienmgen ,to do things right' fiir die Effizienz und ,to do the right things' zur Charakterisierung der Effektivitat.^^ Damit wird anlehnend an den angloamerikanischen Sprachraum Effizienz als Input-Output-Relation und EffektivitSt als auf den Output ausgerichtet gesehen, jedoch unter Beachtung einer Gleichrangigkeit beider GroBen.^^ Das wohl verbreitetste Konzept baut auf den vorherigen auf, begriindet die Gleichrangigkeit von Effizienz und EffektivitSt jedoch anders: Die Auswahl von geeigneten Handlungsmoglichkeiten (Effektivitat) ist genau so bedeutsam wie die effiziente Umsetzung derselben. Damit bedingen sich beide GroBen gegenseitig und konnen unabhangig voneinander bestehen, da sie verschiedene Zielkriterien reprasentieren.^^ Grundsatzlich lassen sich wie in der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre zu den einzelnen Konzepten weitere Unterteilungen finden. So finden sich beispielsweise zur Beurteilung der Effizienz von organisatorischen MaBnahmen Kriterien wie Koordinations- und Motivationseffizienz. Wahrend die Motivationseffizienz auf die Mitarbeiter abzieh, stellt die Koordinationseffizienz ein MaB fur Autonomic- und Abstimmungskosten dar, die sich bei der Organisationsgestaltung ergeben und sich weiter untergliedem lassen in Markt-, Prozess-, Ressourcenund Delegationseffizienz/' Samtlichen aufgezeigten Entwicklungsstromen ist konkludierend gemein, dass Effizienz und Effektivitat als voneinander zu trennende Begriffe gesehen werden miissen. Beide stellen Indikatoren fiir die Leistungsfahigkeit eines Untemehmens oder einer MaBnahme dar/^ wobei die Effizienz die Art und Weise bemisst, mit der bestimmte Ergebnisse erzielt werden/^ Ahnliche Argumentationen finden sich in der Marketing-Literatur wieder, wie die folgenden Darstellungen zeigen.

2.1.2.2

Der Begriff der Effizienz aus der Sicht des Marketings

Aus der Marketing-Perspektive werden die Begriffe Effizienz und Effektivitat ebenfalls getrennt betrachtet, jedoch als zwingend zusammenhangende GroBen. Im deutschsprachigen Raum werden beide GroBen dabei wiederum als gleichrangig angesehen: Beide gemeinsam stellen die Uberlebensbedingungen eines Unternehmens im Wettbewerb dar. Es reicht fur ein Unternehmen nicht aus, sich nur auf ein Kriterium zu stiitzen, da beide GroBen zusammen den Erfolg eines Unternehmens bewirken/'* Somit miissen fur ein erfolgreiches Marketing-Management stets beide GroBen beriicksichtigt werden.

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Z.B. Engelhardt (1996b), S. 77; Frese (2000), S. 256-257 und Grundei (1999), S. 67-68. Grundei (1999), S. 67-68 und Scholz (1992), Sp. 533. z.B. Ahn/ Dyckhoff (1997), S. 3, 6; Vahs (2003), S. 14 und Wolf (2005), S. 165. Becker/ Meise (2000), S. 109-111; Frese (2000), S. 258-277 und Kugeler/ Vieting (2000), S. 193-196. Sink (1985), S. 41-42 und Welge/ Fessmann (1980), Sp. 577. Laux/ Liermann (2005), S. 58-60 und Silva Robalo (1992), S. 16-17. Plinke (1998), S. 184 und 188.

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Die Bedeutung der Effizienz ergibt sich dabei wiederum aus der allgemeinen Frage ,ob die Dinge richtig getan werden', die EffektivitSt hingegen gibt Antwort auf die Frage ,ob die richtigen Dinge getan werden'/^ Konkreter formuliert betrachtet die EffektivitSt also grundsatzlich das AusmaB der Zielerreichung. Die Effizienz dagegen steht fur die Ergiebigkeit der Ressourcennutzung. Anders ausgedruckt bezeichnet sie den Mitteleinsatz, den der Anbieter benotigt, um eine Leistung zu erbringen. Von der Erreichung der Effizienz kann demzufolge dann gesprochen werden, wenn die angestrebten Ziele mit den geringstmoglichen Mitteln erreicht werden oder wenn mit vorgegebenen Mitteln die Zielerreichung maximiert wird/^ In dieser Input-Output-Relation der Effizienz findet sich zum einen das bereits bekannte Rationalprinzip, ausgedruckt im Minimum- bzw. Maximumprinzip, wieder. Zum anderen lasst sich eine weitere Untergliederung der Effizienz vomehmen, so dass die Ressourcen- und die Kosteneffizienz als zwei Effizienzarten unterschieden werden konnen. Wahrend die Ressourceneffizienz die eben erlauterte Definition umfasst (,welche Mittel sind erforderlich um das Ziel in gegebenem AusmaB zu erreichen'), wird die Kosteneffizienz dann herangezogen, wenn die eingesetzten Ressourcen zum Zwecke der besseren Vergleichbarkeit mit Kostengrofien versehen werden/^ Das erfolgreiche Zusammenspiel von Effektivitat und Effizienz zeigt sich nach Plinke im sogenannten Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens, der sich aus der Addition von Anbieterund Kundenvorteil ergibt^^: „Wettbewerbsvorteil ist die Fahigkeit eines Anbieters, im Vergleich zu seinen aktuellen oder potentiellen Konkurrenten nachhaltig effektiver (mehr Nutzen fur den Kunden zu schaffen = Kundenvorteil) und/ oder effizienter zu sein (geringere Selbstkosten zu haben oder schneller zu sein = Anbietervorteil)."^^ Abbildung 2 zeigt die Komponenten des Wettbewerbsvorteils im Uberblick. Wettbewerbsvorteil

Effizienzvorteil = Anbietervorteil

Effektivitatsvorteil = Kundenvorteil

(Output-lnput-Relation)

(z.B. Kundenzufrledenhelt, Kundenbindung, Loyalitat)

Abb. 2

Wettbewerbsvorteil eines Unternehmens Quelle: in Anlehnung an Plinke (2000), S. 87.

Vgl. Becker (1998), S. 143 und Engelhardt (1996b), S. 77. Vgl. FlieB (1999), S. 333 und Homburg/ Krohmer (2003), S. 1028. Vgl. auch Lasslop (2003), S. 10-11 sowie die dort zitierte Literatur. Vgl. FlieB/ Reckenfelderbaumer (2001), S. 280. Vgl. Plinke (1998), S. 181 und Plinke (2000), S. 87. Plinke (2000), S. 89.

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Der Kundenvorteil wird von Plinke als uberlegener Nutzen definiert, den das Untemehmen A in der Wahmehmung des Kunden im Vergleich zum Untemehmen B aufweist. Der Kundenvorteil ist damit eine relational GroBe zwischen zwei Anbietem: Der Kunde wagt das Kosten-Nutzen-Verhaltnis ab und entscheidet sich bei gleicher Leistung fur dasjenige Angebot, das mit den geringeren Kosten verbunden ist oder bei gleichen Kosten fur das Angebot, das den hoheren Nutzen verspricht.^^ Damit kann das Effektivitatsziel grundlegend dahingehend defmiert werden, den Erwartungen und Anspriichen der Kunden gerecht zu werden, d.h. die Kunden zufrieden zu stellen. Effektivitat ist somit, da auf den Kunden bzw. den Markt gerichtet, ein extemes LeistungsmaB.*^ Effizienz auf der anderen Seite kann aufgrund ihrer Input-Output-Relation als ein internes Leistungsmafi bezeichnet werden. Effizienzziele konnen durch Vorsprilnge im eigenen Unternehmen, die aus Unterschieden in Fahigkeiten und Ressourcen sowie aus Unterschieden in den Ablaufen zwischen den Untemehmen resultieren, erreicht werden. Aus dieser relativen Kostenposition im Vergleich zu Wettbewerbem ergibt sich der Anbietervorteil, der sich in hoheren Stuckgewinnen oder in niedrigeren Preisen niederschlagen kann. Der Anbieter hat somit eine relative Kostenposition im Vergleich zu Wettbewerbem inne.^^ Die Begriffe verdeutlichen, dass das Untemehmen im Wettbewerb sowohl die Sphare des Kunden als auch die eigene anbieterinteme SphSre zu beachten hat. Ein Untemehmen ist somit dann als Uberlegen effizient und effektiv zu bezeichnen, wenn es beide SphSren beriicksichtigt, so dass nicht nur eine uberlegene Kostenposition realisiert werden soil, sondem zusStzlich auch ein Nettonutzenvorspmng. Effizienz und Effektivitat sollen somit gleichermaBen angestrebt werden.^^ Hinsichtlich der Gleichrangigkeit der beiden GroBen existieren wie in der Organisationstheorie unterschiedliche Auffassungen. So fiihren Nieschlag, Dichtl und Horschgen aus, dass der Nutzenvorteil (Effektivitat) durchaus kleiner sein kann als der Effizienzvorteil und umgekehrt.^'* Andere deutschsprachige Autoren stellen dabei jedoch die Bedeutung der Effektivitat liber die Effizienz und argumentieren, dass aus Sicht des Marketings der Kunde in den Vordergmnd aller Uberlegungen gestellt wird und daher die Effizienz allein keinen Wert fur den Kunden darstellt. Erst durch die Effektivitat wird ein Gut bzw. eine Leistung auf Nachfrage treffen, so dass Effizienz im Zusammenspiel mit der Effektivitat zum Erfolgsfaktor eines Untemehmens wird. Damit miissen die Effizienzziele eines Untemehmens zwingend von einer

Vgl. Plinke (1998), S. 183 und Plinke (2000), S. 87. Vgl. auch Kowalewski/ Reckenfelderbaumer (1998), S. 10. Vgl. FlieB/ Reckenfelderbaumer (2001), S. 279; Kotler/ Bliemel (2001), S. 1295; Plinke (1998), S. 183 und Plinke (2000), S. 86. Vgl. Engelhardt (1996b), S. 78; FlieB/ Kleinaltenkamp (2004), S. 401; FlieB/ Reckenfelderbaumer (2001), S. 280; Plinke (1998), S. 183 und Plinke (2000), S. 86-87. Vgl. FlieB (2001), S. 6 und Plinke (2000), S. 86. Vgl. Nieschlag/ Dichtl/ Hdrschgen (2002), S. 1166.

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konsequenten Kundenorientierung begleitet werden, um am Markt uberlegen agieren zu konnen." Mit der Fokussierung auf die Effektivitat wird der englischsprachigen Literatur gefolgt, die Effektivitat als iibergeordneten Begriff und Effizienz als zugehorigen Teilbereich betrachtet.^^ Der Schwerpunkt der Effektivitat, die das AusmaB der erreichten Ziele bemisst, liegt damit im qualitative!! Bereich. Das Effektivitatsziel liegt zumeist darin, den Kundennutzen zu erfiillen und hohe Qualitat zu erreichen. Die Effizienz hingegen ist als Verhaltnisgrad von Output zu Input quantitative! Natur, so dass das Ziel hier in der Erstellung eines maximalen Outputs mit den geringstmoglichen Mitteln besteht.*^ Diese Uberordnung der Effektivitat zur Effizienz verdeutlicht auch nachstehende Matrix in Abbildung 3. Ein Untemehmen kann tiberleben, wenn es ineffizient bei gleichzeitiger Effektivitat ist, es stirbt aber, sobald es ineffektiv ist. Selbst eine ansteigende Effizienz kann den Untergang eines ineffektiven Untemehmens nicht auf Dauer aufhalten.^*

Abb. 3

Ineffelctivitflt

Effektivitat

Ineffizienz

Schnelles Sterben

Uberleben

Effizienz

Langsames Sterben

Aufbluhen

Das Zusammenwirken von Effektivitat und Effizienz Quelle: in Aniehnung an Brown (1987), S. 29 (Ubersetzung aus dem Englischen).

Es wird deutlich, dass aus der Sicht des Marketings nur eine gleichzeitige Beachtung von Effizienz und Effektivitat zum Erfolg im Wettbewerb ftihrt.^^ Die Untemehmen mussen sich im Wettbewerb behaupten: Leistung muss effizienter erbracht werden als bei der Konkurrenz, gleichzeitig muss die Leistung so erbracht werden, wie vom Kunden gewiinscht.^^ Die Marketing-Perspektive involviert also neben der Untemehmenssicht explizit auch den Kunden. Trotzdem weist Plinke in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es zu moglichen „TradeOffs" zwischen der Effizienz als Anbietervorteil und der Effektivitat als Kundenvorteil kommen kann: Nicht immer sind beide LeistungsmaBe beliebig kombinierbar bzw. maximierbar.^' Die Grundaussage samtlicher Definitionen liegt folglich in der gleichzeitigen Erreichung von Effizienz und Effektivitat - unabhangig davon, welcher Groiie gemSB des Hauptinteresses des Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

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Becker (1998), S. 39-40 und Kov^alewski/ Reckenfelderbaumer (1998), S. 12. Z.B. Lovelock (2001), S. 368 und Mudie/ Cottam (1999), S. 222-223. KarlOf (1999), S. 7 und Mudie/ Cottam (1999), S. 219. Brown (1987), S. 29. Vgl. auch Becker (1998), S. 39-40. Alderson (1957), S. 101-102. Backhaus (1999), S. 29 und Meffert (2000), S. 267. Plinke (1998), S. 184-187. Vgl. auch Brown (1987), S. 29.

Untemehmens mehr Gewicht eingeraumt wird. Beide GrSBen sind dabei nicht unabhSngig voneinander. Wahrend die Effektivitat nur aus dem Output resultiert, ergibt sich die Effizienz, ungeachtet der Anwendung als Mengen- oder WertgroBe, aus der Input-Output-Relation, d.h. aus dem Ressourceneinsatz und dem entsprechenden Ergebnis. Eine derartige Faktorkombination wird innerhalb der Untemehmensprozesse im Rahmen der Produktion vollzogen, so dass die Betrachtung der produktionstheoretischen Perspektive den Uberblick uber Effizienzbegriffe abschlieBt.

2.1.2.3

Der Begriff der Effizienz aus produktionstheoretischer Sicht

Die Kombination der Ressourcen kann produktionswirtschaftlich betrachtet auf unterschiedliche Arten vollzogen werden, so dass die Auswahl des geeigneten Prozesses dem okonomischen Prinzip folgt. Die Effizienz stellt damit in der Produktionstheorie ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Auswahl der optimalen Produktionsaltemative dar.^^ „Mit Hilfe der Produktionstheorie gelingt es, unter einer Anzahl von moglichen Produktionsprozessen die Prozesse auszuwahlen, die hinsichtlich der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips optimal sind. Auf der Ebene der Produktionstheorie wird dem Wirtschaftlichkeitsprinzip dabei mit Hilfe des Effizienzkriteriums gefolgt, indem alle technisch ineffizienten (faktorverschwendenden) Produktionsprozesse ausgesondert werden."^^ Ziel des Wirtschaftlichkeitsprinzips bzw. des Effizienzkriteriums ist es folglich, eine optimale Entscheidung dahingehend zu treffen, dass schlechte Produktionsaltemativen, die zu einer Verschwendung von Ressourcen fuhren, ausgeklammert werden, um stattdessen diejenige Alternative, die zu einem besseren Ergebnis ftihrt, auszuwahlen.^'* Generell folgt die Produktionstheorie damit wiederum dem Maximum- und Minimumprinzip: Eine technische Maximierung wird dann erreicht, wenn es gelingt, bei gegebenen Faktoreinsatzmengen maximale Produktmengen zu realisieren, wobei keine Faktormengen verschwendet werden sollen. Im Rahmen einer technischen Minimierung hingegen soil eine angestrebte Produktmenge durch minimale Faktoreinsatzmengen hergestellt werden. Auch hier darf es zu keiner Verschwendung kommen.^^ Die konkrete Auswahl der optimalen Produktionsaltemative aus der Menge der realisierbaren Produktionsaltemativen ( v e T ) folgt dem aus der Entscheidungstheorie bekannten Dominanzprinzip^^: Effizienz liegt vor, wenn ein Kombinationspunkt produktiver Faktoren von keinem anderen Kombinationspunkt auf demselben Produktionsprozess dominiert wird (d.h.

Vgl. Steven (1998), S. 9 und Wittmann (1993), Sp. 3495. Wehe (2000), S. 375. Vgl. Albach (2000), S. 240; Kern (1992), S. 26; Wittmann (1993), Sp. 3495 und Zapfel (1982), S. 23. Vgl. Fandel (1996), S. 49-50; W5he (2000), S. 362 und Zapfel (1982), S. 23. In der allgemein anerkannten Effizienzdefinition der Entscheidungstheorie wird diejenige Alternative als effizient bezeichnet, die von keiner anderen Alternative dominiert wird. Vgl. Laux (1995), S. 91.

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dieser andere Punkt vermag dasselbe Produktionsniveau mit geringerem Faktoreinsatz von mindestens einem Faktor zu realisieren).^'' Eine alternative Formulierung dieser Effizienzdefmition lautet: Eine Produktion v&T w^ird dannals effizient bezeichnet, wenneskeine andere Produktion weT gibt, welche gleich hohe bzw. hohere Produktmengen mit geringeren bzw. gleich hohen Faktoreinsatzmengen herstellt.^^ Gibt es eine Produktion veT die dieser Bedingung entspricht, so dominiert sie die Alternative weT. Mittels einer dominanten Produktion wird es folglich gelingen, entweder im Vergleich zu alien anderen existenten Produktionsprozessen mit denselben Faktoreinsatzmengen hohere Endproduktmengen hervorzubringen oder aber dieselben Endproduktmengen mit geringeren Faktoreinsatzmengen zu produzieren.^^ Anders ausgedriickt spricht man von einer effizienten Produktionsaltemative dann „wenn es unter den anderen Produktionsaltemativen keine Moglichkeit gibt, die Einsatzmenge eines Produktionsfaktors zu reduzieren oder die Ausbringungsmenge eines Produkts zu erhohen, ohne gleichzeitig die Einsatzmenge eines anderen Faktors erhohen bzw. die Ausbringungsmenge eines anderen Produkts reduzieren zu mussen. Effizienz bedeutet also die Vermeidung von Verschwendung."'^^ Die Aussagen der Grundsatze wirtschaftlicher Produktion lassen sich wie die Aussagen zur Organisationstheorie, zum Marketing und zur Betriebswirtschaftslehre allgemein samtlich auf eine Kernaussage reduzieren: Effizienz wird als ein internes LeistungsmaB zur Beurteilung der Zielerreichung angesehen, das als Input-Output-Relation von MaBnahmen, Produktionsaltemativen etc. abgebildet wird. Eine Operationalisierung der Effizienz impliziert die Maximierung des Verhaltnisses von Ergebnis (Output) und Mitteleinsatz (Input). Wie in den einzelnen Ausfuhrungen dargelegt, kann die Effizienz sowohl mengenmaBig als auch wertmaBig definiert werden. Wird die Produktionseffizienz als mengenmaBiges Verhaltnis zwischen eingesetzten Produktionsfaktoren und hergestellten Produkten definiert, so ergibt sich die technische Effizienz, die auch als Produktivitat bezeichnet wird. Werden Output und Input allerdings bewertet, so dass den Ressourcen Faktorkosten und dem Output entsprechend Preise zugeordnet werden, so spricht man beziiglich des Verhaltnisses von Output zu Input von okonomischer Effizienz.'^' Da der Fokus der Arbeit auf der Betrachtung der Produktivitat liegt, wird die okonomische Effizienz an dieser Stelle ausgeklammert und die Produktivitat als Kennzahl zur rein mengenmaBigen Erfassung und Konkretisierung der Wirtschaftlichkeit (Effizienz) in den VorderVgl.Albach(1962),S. 151. Vgl. Z.B. Fandel (1996), S. 50; Kistner (1993a), S. 60 und Kloock (1993), S. 285. Vgl. Dyckhoff (2000), S. 47; Fandel (1996), S. 50 und Kistner (1993a), S. 4. Steven (1998), S. 10. Vgl. Z.B. Hahn (1997), S. 51-57; Heinen (1976), S. 133; NSf (1998), S. 47-48 und Zelewski (1999), S. 19. ErgiebigkeitsmaBe zur Bewertung der okonomischen Effizienz konnen z.B. im Umsatz, in der Rentabilitat und der Okonomitat gesehen werden. Vgl. dazu Dellmann/ Pedell (1994), S. 1-3 und Weber (1998), S. 87.

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grund geriickt. Als Ausgangspunkte fiir die weiteren Uberlegungen ergeben sich aus den vorstehenden Ausfuhrungen zur Allgemeinen und zu den Speziellen Betriebswirtschaftslehren zwei bedeutende Zusammenhange: 1) Effizienz und Produktivitat hangen eng zusammen, da die Produktivitat (neben weiteren GroBen, wie Wirtschaftlichkeit, Rentabilitat etc.) ein MaB zur Beurteilung der Effizienz darstellt. Die Produktivitat ist folglich eine der Effizienz untergeordnete Grol3e. 2) Effizienz und Effektivitat sind ebenfalls eng miteinander verbunden. Da sich die Effektivitat auf die hervorgebrachte Leistung und damit auf den Kundenvorteil, die Effizienz hingegen auf den Ressourcennutzen und mithin den Anbietervorteil bezieht, sind fiir eine Betrachtung der Dienstleistungsproduktivitat beide Gr6i3en gleichermaBen relevant. Mit Blick auf den intensiven Wettbewerb und der nur geringen Produktivitat von Dienstleistungen'^^ werden in dieser Arbeit des Weiteren die Effektivitat und die Effizienz als gleichrangig erachtet: Ein effektives Handeln allein geniigt nicht - daneben muss langfristig zwingend das okonomische Handeln des Untemehmens treten (vgl. auch Abb. 3 auf S. 20). Aus der Produktivitat zur Bestimmung der Effizienz auf der einen und der Effektivitat auf der anderen Seite resultiert somit der Wettbewerbsvorteil nach Plinke'^^

2.2 2.2.1

Produktivitat als MaO der Effizienz Produktivitat und Wirtschaftlichkeit

Die Produktivitat ist einer von mehreren MaBstaben zur Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit eines Untemehmens gleich welcher Branche.'^'* Genauso wie die Wirtschaftlichkeit dient die Produktivitat dazu, nach Beendigung einer zielgerichteten Handlung eine Gegenuberstellung von Einsatz und Ergebnis vorzunehmen, um in einer einfachen Form die Zielerreichung beurteilen zu konnen.'^^ Obwohl Fricke die Erfassung und Messung der Produktivitat als ,Generalziel der Betriebswirtschaftslehre' bezeichnete,'^^ kann die Produktivitat nicht als alleiniger Erfolgsfaktor bzw. Indikator fiir die Wirtschaftlichkeit eines Untemehmens stehen. Fiir sich allein betrachtet reicht die Produktivitat nicht aus, um die Leistung eines Untemehmens zu messen, zu kontrollieren und zu verbessem. Im Gegensatz zur Wirtschaftlichkeit ist die Produktivitat als Mengenverhaltnis unabhangig von Preis-, Kosten- und MarkteinflUssen, so dass sie nur Auskunft

Vgl. Z.B. Corsten (1994b), S. 44; Gronroos/ Ojasalo (2000), S. 2; Hill (1999), S. 426; Meyer (1987), S. 25 undNachum(1999), S. 922. Vgl. Plinke (1998) und Plinke (2000). Vgl. Reuss(1960), S. 56. Vgl. Diederich (1988), S. 63-64. Vgl. Fricke (1961), S. 135.

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liber das reine Mengenverhaltnis von Output und Input geben kann. Sie ist allein darauf ausgerichtet, die Veranderung des Leistungsvermogens eines Untemehmens Uber einen bestimmten Zeitraum zu ermitteln. Somit prSsentiert sie sich als eine realgtiterwirtschaftliche GroBe, der im Rahmen von betrieblichen Entscheidungen eine gewichtige Rolle zufMllt.'^^ Diese Bedeutung kommt beispielsweise auch in einer von Welge und Fessmann durchgefuhrten Auswertung von 48 Studien zum Ausdruck, in der sie die vorherrschenden Kriterien von organisatorischer Effizienz ermitteln: Im Ergebnis stellte sich die Produktivitat als das am haufigsten genannte Kriterium heraus (bei 25 von 48 Untemehmen genannt).'^^ Auch wenn Produktivitat und Effizienz eng verwandt sind, impliziert eine effiziente Produktion dennoch nicht die hochste Produktivitat und umgekehrt'^^: "... there are clear differences between these two definitions. [...] Productivity does not indicate whether the 'right' inputs are being used or whether current inputs are being used as efficiently as possible. It only signals what is being achieved with current inputs."''^ Produktivitat kann somit, entgegen der Auffassung einiger Autoren, nicht vereinfachend als ein Synonym fur Effizienz''' gesehen werden: Wird beispielsweise namlich durch verringerten Arbeitseinsatz nur noch eine minderwertige Qualitat hergestellt, so verlauft die Produktion de facto zwar effizienter, jedoch zu Lasten der Produktivitat, wenn die mindere Qualitat nachgebessert werden muss."^ Umgekehrt ist eine hohe Produktivitat nicht mit Effizienz gleichzusetzen, denn durch die reine Produktivitatskennziffer erhalt man keine uneingeschrankte Aussage dariiber, ob es nicht irgendeine bessere Alternative als die aktuell verwendete Output-Input-Kombination gibt. Insofem gilt es zunachst festzuhalten, dass der Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftlichkeitsprinzip und der Produktivitat unbestritten ist: Produktivitat baut als betriebswirtschaftliche Kennzahl auf dem okonomischen Prinzip auf und stellt damit als MaBstab fiir die wirtschaftliche Leistungsfahigkeit eines Betriebes die mengenmaBige Interpretation des Wirtschaftlichkeitsprinzips dar.' '^ Offen ist die konkrete Definition der Produktivitat, so dass in einem nachsten Schritt die Entwicklung des Begriffes sowie sein Aussagegehalt zu untersuchen sind.

2.2.2

Aussage der Produktivitatskennziffer

Die Produktivitatsdefinitionen in der Literatur sind weder konsistent noch einheitlich. So wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts der Produktivitatsbegriff auf vielfache Weise dargestellt Vgl. Corsten (2000c), S. 611; Derichs (1969), S. 15; Frenz (1963), S. 14; Reuss (1960), S. 56 und Sink (1985), S. 41, 65. Vgl. Welge/ Fessmann (1980), Sp. 585-586. Vgl. Brinkerhoffi' Dressier (1990), S. 20. Ojasalo(1999),S. 13. Vgl. Z.B. Bohr (1993), Sp. 865 und Kendrick (1977), S. 14. Vgl. Brinkerhoffi^ Dressier (1990), S. 20. Vgl. z.B. Heinen (1991), S. 18; Reuss (1960), S. 56 und Steven (1998), S. 12.

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und definiert.^^'^ In ihrem Ursprung bezieht sich die Produktivitat im volkswirtschaftlichen Sinne auf die Bemessung der Ergiebigkeit der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital bei der Erwirtschaftung von Ertragen, kurz auf das Verhaltnis von Faktorertrag zu Faktoreinsatz.^*^ Die Betriebswirtschaftslehre hat sich zwar dieses Ansatzes bedient, trotzdem bedurfte es in der Betriebswirtschaft einer langen Entwicklungszeit, bis ein einheitliches und systematisierendes Produktivitatsdenken heranreifte. Fricke merkt als mogliche Ursachen dazu an, dass die Vertreter der Betriebswirtschaftslehre zum einen anfanglich von einem absoluten statt von einem relativen ProduktivitStsbegriff ausgingen und so auf Schwierigkeiten stieBen, und dass sie zum anderen eine Vielzahl von Produktivitatsbegriffen entwickehen, die zwar inhaltlich gar nicht weit voneinander entfemt waren, denen es aber an einer sauberen Systematikmangehe.^'^ Ein kurzer Uberblick uber die relevanten Vertreter der Betriebswirtschaftslehre soil dieses breite Bild des ProduktivitStsbegriffes bestatigen. Dabei stellen sich die Uberlegungen Gutenbergs als Ausgangspunkt fur die Konzeption der Produktionstheorie und als pragend fur die Produktivitatsbeziehung dar,^'^ doch ist auch den friihen Ausfiihrungen Nicklischs die Produktivitatsbeziehung, so wie sie heute verstanden wird, bereits inharent. Nicklisch betrachtet es als Ziel des Betriebes, durch die Einnahmen den Produktionswert auszugleichen. Damit sieht er das Verhaltnis zwischen Hervorgebrachtem und Eingesetztem nicht als mengenmSBige GroBe an, sondem als wertmaBige. Ausgedriickt in der formalen Beziehung TIA verfolgt Nicklisch schon damals den Produktivitatsgedanken, indem er mit T den Gesamteignungswert am Ende des Produktionsprozesses und mit A die Ausgaben, die dadurch entstanden sind, bezeichnet.^'^ „Je groBer Tund je kleiner^ an einem Zeitpunkte, desto gunstiger verlief die Erzeugung bis dahin."''^ Dieses Verhaltnis stellt sich dabei ftir Nicklisch als ein Ergebnis iiber alle Wertschopfungsstufen hinweg dar, was bedeutet, dass Nicklisch in seine Uberlegungen die gesamte Betriebswirtschaft einbezieht. In diesem Zusammenhang verweist er auf mogliche vorzunehmende rechnerischen Implikationen, um einzelne Anteile am wirtschaftlichen Ergebnis anzuzeigen.'^^ Hax geht von der Wirtschaftlichkeit als „systembildendem Grundgedanken der Betriebswirtschaftslehre"'^* aus und ordnet ihr mit Hilfe der Produktivitat vier verschiedene Erscheinungsformen zu. Dabei unterscheidet er die technische, die betriebliche und die marktwirtschaftliche Produktivitat, die zusammen in die gesamtwirtschaftliche Produktivitat einflieBen. Die technische Produktivitat bezeichnet ein mengenmaBiges Verhaltnis (ausgebrachte Menge

Vgl. Derichs (1969), S. 11 und Mali (1978), S. 4. Vgl. Dellmann/ Pedell (1994), S. 16; Frenz (1963), S. 10-11 und Pedell (1985), S. 810. Vgl. Fricke (1961), S. 301-302. Vgl.Albach(1997),S. 3. Vgl. Nicklisch (1932), S. 79. Ebenda. Vgl. Nicklisch (1932), S. 79-80. Hax(1948), S. 6.

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zu eingesetzter Menge), die betriebliche ProduktivitSt als gemischte Kennzahl driickt z.B. das Verhaltnis des wertmaBigen Giiterverzehrs (Kosten) zur hervorgebrachten Menge aus. Die marktwirtschaftliche ProduktivitSt beschreibt als rein wertmSBige Kennzahl letztendlich die Relation von Ertrag und Aufwand. Fiir sich allein sind die Produktivitaten jeweils nicht ausschlaggebend, so dass erst die GesamtproduktivitSt von Relevanz ist. Diese erreicht ihr Maximum bei groBtmoglicher technischer und marktwirtschaftlicher sowie bei geringstmoglicher betrieblicher Produktivitat.'^^ Mellerowicz defmiert drei ErgiebigkeitsmaBe, die in ihrer Gesamtheit den Stand und die Entwicklung eines Betriebes beurteilen: den technischen Leistungsgrad (Produktivitat), den wirtschaftlichen (Wirtschaftlichkeit) sowie den fmanziellen (Rentabilitat). Die Produktivitat berechnet sich dabei durch die Relation von Ausbringungs- und Einsatzmenge und wirkt sich in der ihr nahestehenden Wirtschaftlichkeit (Ausbringungswert / Einsatzwert) aus. Die Wirtschaftlichkeit ist damit nicht nur umfassender als die Produktivitat, da ein produktives Leistungsergebnis bei fehlender Absatzmoglichkeit unwirtschaftlich sein kann, sondem dieser auch nachgelagert. Es ergibt sich ausgehend von der Produktivitat, tiber die Wirtschaftlichkeit bis hin zur Rentabilitat eine Stufenfolge der Ergiebigkeitsanalyse.'^^ Gutenberg hingegen spricht erstmals explizit von der Produktivitatsbeziehung'^"* und bescheinigt ihr eine grundlegende Bedeutung, was in den Bezeichnungen „Grundphanomen der betriebswirtschaftlichen Analyse des Produktionsprozesses"'^^ und „Grundbeziehung des industriellen Produktionsprozesses"'^^ zum Ausdruck kommt. Die Beziehung selbst bildet nach Gutenberg eine Mengen-Relation zwischen dem Faktorertrag und dem Faktoreinsatz ab: „Es gilt deshalb, den Kombinationsprozess daraufhin zu untersuchen, welches die gtinstigste Kombination der produktiven Faktoren ist. Bei der Losung dieses Problems wird am zweckmaBigsten von der Beziehung ausgegangen, die zwischen dem Faktorertrag (mengenmaBig gesehen) und dem Faktoreinsatz (Menge an Arbeitsleistungen, Betriebsmittelnutzungen, Werkstoffen, dispositiven Leistungen) besteht."'^^ „Diese Beziehung ist eine Produktivitatsbeziehung, und zwar nicht irgendeine, sondem die betriebliche Produktivitatsbeziehung schlechthin."^^^ Eine so verstandene Produktivitat wird dabei im Wesentlichen von der Leistungsfahigkeit und -bereitschaft der am Kombinationsprozess arbeitenden Menschen determiniert. LaBmann erkennt die bis dahin in der Wirtschaftswissenschaft vorherrschende heterogene Verwendung des Produktivitatsbegriffes und versucht, diese anhand zweier BegriffsdefmitioVgl. Hax(1948), S. 7. Vgl. Mellerowicz (1958), S. 535-536. Vgl. Albach (1989), S. 63; Gutenberg (1961), S. 25 und Gutenberg (1983), S. 9. Gutenberg(1983), S. 9. Gutenberg(1983), S. 302. Gutenberg(1983), S. 9. Gutenberg (1961), S. 25. Vgl. Gutenberg (1983), S. 183.

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nen zu ordnen. Die allgemeine Definition greift jedoch sehr weit und fuhrt die Ergiebigkeit der Volkswirtschaft selbst, der einzelnen Branchen, der Betriebe oder der jeweiligen Produktionsprozesse als ProduktivitSt auf. Die Produktivitat im engeren Sinne ergibt sich dann durch das bereits von Gutenberg bekannte Verhaltnis einer bestimmten Produktmenge zu den fur ihre Herstellung im Betrachtungszeitraum verbrauchten Produktionsfaktoren, also als eine quantitative Relation von Output- und Inputgrofien.'^^ Kern greift die Definition, dass Leistung und Einsatz in einem moglichst gunstigen Verhaltnis zueinander stehen sollen, ebenfalls auf, formuliert sie jedoch nun als Leitmaxime fur samtliche Branchen. Dabei verweist Kern ausdriicklich auch auf die Produktivitat von Dienstleistungen.'^^ Die Ausfuhrungen lassen erkennen, dass die verschiedenen Begriffsauslegungen samtlich einer gemeinsamen Entwicklungslinie folgen, die sich ebenfalls in der englischsprachigen Literatur wiederfinden lasst, fur die stellvertretend die Definition nach Sink genannt sei: „Productivity is simply the relationship between the outputs generated from a system and the inputs provided to create those outputs. Inputs in the general form of labor (human resources), capital (physical and financial assets), energy, materials, and data brought into a system. These resources are transformed into outputs (good and services). Productivity is the relationship of the amount produced by a given system during a given period of time, and the quantity of resources consumed to create or produce those outputs over the same period of time."'^^ Zwar wird die Begriffsauslegung teilweise unterschiedlich weitergeflihrt und interpretiert, so z.B. von Dellmann/ Pedell'^^ und Mali'^"^, doch kristallisiert sich als Basis innerhalb des Produktivitatsverstandnisses eine Grunddefinition der Produktivitat heraus, die in der jUngeren deutsch- und englischsprachigen Literatur weit verbreitet sowie akzeptiert ist und damit auch dieser Arbeit zugrunde gelegt wird. Produktivitat bezeichnet heute allgemein einen Ausdruck fiir die mengenmaiiige Ergiebigkeit eines Transformationsprozesses und defmiert sich als das Verhaltnis zwischen den in einer Periode von einem Untemehmen hervorgebrachten Produkten und Dienstleistungen zu den dafur eingesetzten Produktionsfaktormengen, kurz: als Output zu Input (vgl. Abb. 4).'^^

' Vgl. Lalimann (1975), Sp. 3164-3165. Vgl. Kern (1976), S. 762-763. Sink(1985), S. 3. Vgl. Dellmann/ Pedell (1994), S. 25-26. Vgl. Mali (1978), S. 6-7 und 82. Mali sieht nur in der gleichzeitigen Kombination von EffektivitSt und Effizienz das Erreichen der Produktivitat gewahrleistet, da sich seiner Ansicht nach die hervorgebrachte Leistung auf die EffektivitSt und die Ressourcennutzung auf die Effizienz bezieht. Vgl. z.B. Busse von Colbe/ Lafimann (1991), S. 219; Chew (1988), S. 112; Corsten (2000b), S. 45; Diederich (1992), S. 78; Hahn (1997), S. 52; Hoitsch (1985), S. 24; Jung (2000), S. 28; Sink (1985), S. 3; ZSpfel (1982), S. 23 und Zapfel (1996), S. 37-39.

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Input

Transformationsprozess

Output

Produktivitat Output Input

Abb. 4

2.2.3

Die Bildung der Kennziffer der Produktivitat Quelle: in Anlehnung an Corsten (2000b), S. 45.

Arten der Produktivitat

Dieser reale giiterwirtschaftliche Produktivitatsbegriff impliziert zwecks Berechnung der Relation nicht nur, dass im Out- und Input messbare GrSBen vorliegen/^^ sondem auch, dass sich Zahler und Nenner jeweils aus Mengeneinheiten gleicher Art oder gleicher Dimension zusammensetzen. Gerade diese letzte Voraussetzung bereitet in der betriebswirtschaftlichen Praxis insofem Probleme, als die verschiedenen einzusetzenden Produktionsfaktoren derart heterogen sind, dass sich keine einheitlichen Mengengrofien zur Aggregation der Faktoren finden lassen. Die Faktoreinsatzmengen kCnnen demzufolge nicht summiert werden. Zusatzlich weisen auch die Ausbringungsmengen oftmals nicht die geforderte Homogenitat zur Summation auf, wenn unterschiedHche Produkte herangezogen werden.'^^ Ein m5glicher Ausweg aus diesem Dilemma ist zum einen in der Bildung von Teilproduktivitaten an Stelle der der Grunddefmition innewohnenden Gesamtproduktivitat gegeben und zum anderen in der Bewertung der dem Out- und Input zugehorigen GroBen. Wendet man sich zunachst der Gesamt- und der Teilproduktivitat zu, so lasst sich feststellen, dass der Unterschied der beiden Ausdrucke in der Menge des einbezogenen Inputs liegt.'^^ Wahrend die Gesamt- oder Globalproduktivitat den Output zu samtlichen im Transformationsprozess eingesetzten Inputfaktoren in Beziehung setzt, sttitzt sich die Teil- oder Partialproduktivitat lediglich auf einen einzelnen Inputfaktor. Der Output wird also zur Einsatzmenge nur eines einziges Produktionsfaktors in Beziehung gesetzt.'^^ Vgl. Z.B. Brummerhoff (1976), S. 231; Mali (1978), S. 7 und Mark (1972), S. 749. Vgl. Busse von Colbe/ Lafimann (1991), S. 219; Chew (1988), S. 113; Corsten (2000c). S. 611; Frenz (1963), S. 29; Heinen (1976), S. 133; Komdorfer (1999), S. 47; LaBmann (1975), Sp. 3166; Zapfel (1982), S. 23-24 undZapfel(1996),S. 39. Vgl. LaBmann (1975), Sp. 3164 und Sink (1985), S. 26. Vgl. Briimmerhoff (1976), S. 226; Derichs (1969), S. 17; Fischer (1984), S. 1; Mark (1972), S. 751; Pedell (1985), S. 812 und Riebesmeier (1990), S. 93.

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Die Schwierigkeiten des Gleichnamigmachens von unterschiedlichen Faktorarten werden damit umgangen.' ^^ Die Gesamtproduktivitat definiert sich demzufolge iiber Gesamtproduktivitat --

Outputmengen Inputmengen aller Einsatzfaktoren'

die Teilproduktivitat hingegen iiber Teilproduktivitat =

Outputmengen 141 Inputmengen eines Einsatzfaktors

Mogliche Beispiele fiir in der Produkt- oder Leistungserstellung relevante Teilproduktivitaten sind die Arbeitsproduktivitat, die KapitalproduktivitSt, die Materialproduktivitat sowie die Energieproduktivitat. Somit existieren genauso viele TeilproduktivitSten wie es Inputfaktoren in der betrachteten Herstellung gibt.^"^^ Je nachdem, wie Output und Input im jeweiligen Untemehmen definiert werden bzw. welche Inputart im Untemehmen zur Produkt- oder Leistungserstellung herangezogen werden muss, lassen sich die Teilproduktivitaten unterschiedlich erklaren. So iSsst sich die Arbeitsproduktivitat etwa durch das Verhaltnis der erzeugten Produktionsmenge und der Anzahl der dafUr benotigten Arbeitskrafte bestimmen. Eine andere mogliche Inputform an dieser Stelle ware auch in den Arbeitsstunden, die zur Herstellung der Leistung benotigt wurden, zu sehen.'"*^ Beide Darstellungen zeigen dem Untemehmen an, wie viele Outputeinheiten durch eine entsprechende Einheit Arbeit erbracht werden.''^'* Ebenso wie bei dem der Produktivitat und der Effizienz iibergeordneten Rationalprinzip gibt es auch hier zwei mogliche Auspragungen: Im Sinne einer Maximalfordemng verlangt die Produktivitat, in einer vorgegebenen Zahl von Zeiteinheiten (z.B. Stunde, Arbeitstag usw.) eine maximale Zahl von Leistungseinheiten zu erstellen. Das Minimalprinzip hingegen fordert, eine vorgegebene Zahl von Leistungseinheiten mit einem minimalen Einsatz an Arbeitsstunden zu erbringen.'"*^ Die Arbeitsproduktivitat stellt gleichzeitig auch die am haufigsten verwendete Partialproduktivitat dar, auch wenn in Abhangigkeit von der jeweiligen Branche unterschiedliche Teilproduktivitaten mehr oder weniger an Gewicht gewinnen.^"^^

Vgl. Diederich (1988), S. 68-69 und Diederich (1992), S. 78. Vgl. Pedell (1985), S. 812. Vgl. Faller (1990), S. 74; Frenz (1963), S. 12; Hahn (1994), S. 30; LaBmann (1975), Sp. 3165; Reuss (1960), S. 8-9 und Sink (1985), S. 26. Vgl. Dellmann/ Pedell (1994), S. 3; Hoitsch (1985), S. 24; Kendrick (1977), S. 16 und LaBmann (1975), Sp. 3165. Vgl. Heinen (1991), S. 738. Vgl. Hahn (1997), S. 52. Vgl. Frenz (1963), S. 11-12 und Reichwald (1977), S. 27.

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Ein Beispiel filr die Materialproduktivitat ist in der Beziehung ,produziertes Paar Schuhe pro eingesetzter Menge Leder' gegeben.'"*^ Die Interpretation des Ergebnisses geschieht hier in der gleichen Art und Weise wie bereits im Zusammenhang mit der Darstellung der Arbeitsproduktivitat geschildert. Derartige TeilproduktivitSten iiefem den Untemehmen ein MaB fur die Ergiebigkeit des jeweils betrachteten und im Produktionsprozess verwendeten Inputfaktors - sei es folglich die Ergiebigkeit der menschlichen Arbeitskraft oder die Ergiebigkeit des verwendeten Materials. Dennoch treten in diesem Zusammenhang haufig Interpretationsprobleme auf. Erh6ht sich die Gesamtproduktivitat, so kann es verschiedene Ursachen fiir die Steigerung geben: Zum einen mag eine positive Anderung nur einer Inputart produktivitatssteigemd wirken, zum anderen kann auch die simultane Verbesserung aller eingesetzten Ressourcenarten (z.B. Arbeit, Kapital, Material) diesen Effekt ausl5sen. Eine verursachungsgerechte Aufteilung des Beitrages der einzelnen Faktoren zum Produktionsergebnis ist in beiden Fallen zumeist nicht moglich.'^' Ein aquivalentes Problem resultiert auch aus der Interpretation der Teilproduktivitat: Infolge der Konzentration auf nur einen Produktionsfaktor werden samtliche ProduktivitatsverSnderungen, die uberdies bei den anderen eingesetzten Produktionsfaktoren aufgetreten sind, vollstandig diesem einen Faktor zugeschrieben. Eine Erhohung der Arbeitsproduktivitat geht also nicht notwendigerweise auf ein verbessertes Verhaltnis von Produktionsergebnis zu Arbeitseinsatz zuriick. Es konnen durchaus auch Substitutionseffekte, wie z.B. die Ersetzung der menschlichen Arbeit durch Maschinen, die Veranderungen der Fertigungseinrichtungen etc. aufgetreten sein, die eine ErhOhung bewirkt haben, aber in dieser Teilproduktivitatskennziffer nicht beriicksichtigt wurden.''*^ „Partielle Produktivitaten stellen also nicht den spezifischen Beitrag eines Faktors dar, vielmehr geht die gemeinsame Wirkung verschiedener EinflUsse bei der Verwendung dieses Faktors in die Ziffer ein."'^^ Insofem kann bei Teilproduktivitaten nicht von einer Mittel-Zweck-Beziehung - so wie sie bereits der der Produktivitat ubergeordneten Effizienz zugrunde lag (vgl. Kap. 2.1.1 und 2.1.2) - gesprochen werden: Der Zweck kann in diesem Fall nicht der Gesamtheit der Mittel, sondem nur einem Teilbereich zugeordnet werden.'^^ Einige Autoren weisen auBerdem darauf hin, dass selbst bei der Quantifizierung von Teilproduktivitaten Probleme infolge der Heterogenitat vorkommen konnen, obwohl Teilproduktivitaten doch gerade zur Herstellung eines homogenen Inputs herangezogen werden. Derartige Schwierigkeiten treten dann auf, wenn der jeweilige Produktionsfaktor selbst inhomogen ist. So kann beispielsweise eine unterschiedliche Qualifikationsstruktur unter den Arbeitem eines Vgl.Faller(1990),S.74. Vgl. Chew (1988), S. 113 und Heinen (1991), S. 738. Vgl. BrUmmerhoff (1976), S. 226; Corsten (2000c), S. 611-612; Dellmann/ Pedell (1994), S. 17-18; Ellenrieder (1975), S. 2062; Hatry (1972), S. 778; Jung (2000), S. 29 und Mark (1972), S. 748. Briimmerhoff (1976), S. 226-227. Vgl. Diederich (1988), S. 69 und Diederich (1992), S. 79.

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Untemehmens (z.B. Fach- und Hilfsarbeiter) zu Schwierigkeiten fuhren, wenn die Arbeitsproduktivitat erhoben werden soil. Die Arbeitsstunde eines gelemten Facharbeiters ist anders einzuschatzen als die Arbeitsstunde eines ungelemten Arbeiters und demzufolge nicht mit ihr gleichzusetzen.'^^ Auf dieses Problem wird gerade im Bereich der Dienstleistungsproduktivitat (Kapitel 4.1) noch einzugehen sein. Als zweiter moglicher Ausweg aus dem Dilemma der Heterogenitat der einzusetzenden GroBen stellt sich neben der Bildung von Teilproduktivitaten die Bewertung der Mengen dar, um einheitliche GroBen zur Berechnung bzw. Summation zu erhalten. In der Regel werden die Output- und Inputmengen dazu mit Preisen bewertet. Output und Input erhalten somit die gleiche Dimension. ^^^ Die Produktivitatskennzahl geht dadurch jedoch in eine Wirtschaftlichkeitskennziffer iiber (Output in Geldeinheiten/ Input in Geldeinheiten bzw. Leistung/ Kosten) und ist von dieser dann nicht mehr zu unterscheiden.^^"* Daher wird die wertorientierte Produktivitat in der Literatur auch als ,Produktivitat im weitesten Sinne' bezeichnet.^^^ Corsten fuhrt samtliche moglichen Kombinationen von Mengen- und Wertgroiien im In- und Output in einer Matrix zusammen (vgl. Tab. 1).

*"*^-^*^^^ Output Input —^.^^

Mengen

Mengen Produktivitat i.e.S.: Ausbringungsmenge Einsatzmenge z.B.

Anzahl produzieiier Einheiten Eingesetzte Tonnen Material

Gemischte Kennzahl: Ausbringungsmenge Einsatzwerte

Werte

z. B.

Tab. 1

Anzahl produzieiier Einheiten Herstellkosten

Werte Betriebswirtschaftliche Ergiebigkeit: Ausbringungswerte Einsatzmenge z.B.

Umsatz BeschBftigte

Produktivitat i.w.S. (= Wirtschaftlichkeit): Ausbringungswerte Einsatzwerte z.B.

Gesamtertrag Aufwand

1

Spektrum der Produktivitatsbegriffe Quelle: in Anlehnung an Corsten (2000c), S. 612.

Vgl. Busse von Colbe/ Lalimann (1991), S. 219; Diederich (1988), S. 68-69; Reichwald (1977), S. 27; Zapfel (1982), S. 24 und Zapfel (1996), S. 40. Vgl. Briimmerhoff (1976), S. 226; Busse von Colbe/ LaBmann (1991), S. 219; Dellmann/ Pedell (1994), S. 18; Diederich (1992), S. 78; Kendrick (1963), S. 63; Kendrick (1977), S. 14; Lafimann (1975), Sp. 31653167 und Potts (1988), S. 16. Vgl. Bohr (1993), Sp. 866; Busse von Colbe/ Lafimann (1991), S. 219; Hoitsch (1985), S. 24-25 und Lal3mann(1975), Sp. 3167. Vgl. Z.B. Corsten (2000c), S. 612 und Kern (1992), S. 67.

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Die Matrix verdeutlicht, dass dem Produktivitatsbegriff generell mengen- und wertmaBige GrSiJen zugeordnet werden k6nnen, was jedoch zu einem unterschiedlichen Aussagegehalt der jeweiligen Kennziffer fUhrt: WShrend die Produktivitat im engeren Sinne als reine MengengroBe zu verstehen ist, die die LeistungsfMhigkeit der Untemehmung widerspiegelt, zielt die Produktivitat im weitesten Sinne bereits auf nominale GroBen einer Erfolgsrechnung des Untemehmens ab und entfemt sich damit von der urspriinglichen, von Gutenberg gepragten, realgiiterwirtschaftlichen Produktivitat. Aus diesem Grund dtlrfen die beiden Kennziffem keinesfalls gleichgesetzt oder synonym verwendet werden.'^^ Das Verhaltnis zwischen dem engen und weiten Produktivitatsbegriff kommt deutlich in Abbildung. 5 zum Ausdruck. „... the inner cell includes the real process where only physical quantities are measured. This cell represents the traditional way of defining productivity. The outer cell depicts the monetary process in which also the monetary values are taken into account."'" Input-Preise

Erldse

Einkauf €

Verkauf €

^

Input

w

^


Effizienz

Kostentheorie -> Kostenminimierung i

Gewinn

w -^ Gewinnmaximierung

i

Faktormengen Kosten Faktorpreise

Abb. 7

Die Beziehung zwischen Produktions- und Kostentheorie Quelle: Fandel (1996), S. 15.

Die Darstellungen des Produktionsbegriffes sowie der Produktivitat zuvor verdeutlichen, dass es unterschiedliche Kombinationsmoglichkeiten der Produktionsfaktoren gibt, um diese in das gewiinschte Leistungsergebnis zu uberfuhren. Produktionsfunktionen stellen neben komplexen Produktionsmodellen eine Art der Abbildung der vielfaltigen Zusammenhange dar.'^' Ihr Zweck liegt demnach darin, die quantitativen Beziehungen zwischen den Input- und den Outputmengen eines Untemehmens darzustellen.^^^ Somit kann einer Produktionsfunktion nicht nur entnommen werden, welche Hohe eines Leistungsergebnisses mit einer bestimmten ' Maleri(1997),S.4. ' Vgl. Fandel (1996), S. 13. Vgl. Fandel (1996), S. 11-12; Heinen (1988), S. 226 und Wohe (2000), S. 351. Vgl. Diederich (1992), S. 280; Eichhom (2000), S. 191; Gutenberg (1983), S. 9; Jung (2000), S. 408; Kloock (1993), S. 274; MUller-Merbach (1981), S. 19-20 und Zapfel (1996), S. 25.

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Kombination von Faktoren erreichbar ist,^^^ sondem auch, wie sich der Output andert, wenn die Einsatzmengen der Produktionsfaktoren modifiziert werden.'^"^ Allerdings werden, wie eingangs bereits angedeutet, aus der Menge aller erdenklichen Kombinationen der Inputfaktoren nur diejenigen betrachtet und erfasst, die dem Wirtschaftlichkeitsprinzip entsprechen^^^: „Das Interesse konzentriert sich [...] von alien moglichen Zuordnungen zwischen Faktor- und Produktquantitaten auf diejenigen, bei denen jeder Faktorquantitat die durch sie herstellbare maximale Produktquantitat und jeder Produktquantitat die zu ihrer Herstellung benotigte minimale Faktorquantitat zugeordnet wird."'^^ Diese Aussage zielt auf die bereits bekannten Maximum- und Minimum-Prinzipien ab, so dass die Einhaltung des okonomischen Prinzips als ein Charakteristikum der Produktionsfunktion gilt. Eine Produktionsfunktion beschreibt ausschliefilich die effizienten Input-Output-Relationen fiir einen Produktionsbereich.'^^ Effizienz wird dabei entsprechend der Ausfuhrungen in Kapitel 2.1.2.3 verstanden. Gutenberg setzte sich als Erster mit der formalen Darstellung einer Produktionsfunktion auseinander und unterschied zwei Arten moglicher Funktionen: die Produktionsfunktion vom Typ A und die Produktionsfunktion vom Typ B. Da die Beschreibungen der Funktionen als zu einer Erlauterung der Produktionstheorie zwingend zugehorig erachtet werden, jedoch vor dem Hintergrund des Kemthemas nicht den Fokus bilden, sei hier nur auf die jeweilige Essenz der Darstellungen verwiesen. Typ A ist in der okonomischen Theorie als Ertragsgesetz von Turgot bekannt und geht davon aus, dass ein bestimmter Faktorertrag mit unterschiedlichen Kombinationen von Faktoreinsatzmengen erstellt werden kann. Dies bedeutet, dass die Faktoreinsatzmengen zumindest in gewissen Grenzen frei variierbar, also beliebig teilbar sind: Die Einsatzmenge eines Faktors kann variiert werden, wahrend die Mengen der anderen Faktoren unverandert bleiben.'^^ Ein derartiges Produktionsverhaltnis nennt sich auch substitutional: „Substitutionalitat liegt vor, wenn eine Verringerung der Einsatzmenge eines Produktionsfaktors durch Erhohung der Einsatzmenge eines anderen Faktors oder mehrerer anderer Faktoren kompensiert werden kann. Produktionsmenge und Produktionsqualitat bleiben dabei unverandert. Die Substitutionalitat ist total oder altemativ, wenn eine Faktorart vollstandig durch eine andere ersetzt werden kann. Sie ist partiell oder peripher, wenn eine Faktorart nur in Grenzen, aber niemals vollstandig ersetzt werden karm."'^^ Da der Typ A gerade wegen der substitutionalen Produktionsverhaltnisse flir industrielle Produktionen, die eher durch technische Abhangigkeiten als durch freie Variationen der Faktoren

''^ ''^ '^^ "^ ''^ •'^ '"'

Vgi. Wohe (2000), S. 363. Vgl. Gutenberg (1983), S. 302. Vgl. Wohe (2000), S. 5. Wittmann (1968), S. 8 (Hervorhebungen im Original). Vgl. Fandel (1990), S. 7; Steven (1998), S. 6-12 und Zimmermann (1996), Sp. 444-445. Vgl. Gutenberg (1983), S. 303-305. Hoitsch(1985),S. 83.

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charakterisiert sind, als nicht reprSsentativ anzusehen ist, entwickelte Gutenberg seine Produktionsfunktion vom Typ B.^^ Typ B geht davon aus, dass die Faktoreinsatzmengen nicht beliebig variierbar sind. Sie stehen stattdessen in einer eindeutigen Beziehung zum Ertrag, weshalb diese Faktoren auch als limitational bezeichnet werden.^^' Die Kenntnis der Abhangigkeiten zwischen dem Verbrauch an Faktoreinsatzmengen und der Inanspruchnahme eines Betriebsmittels werden durch die ,Verbrauchsfunktion' ausgedruckt. Der Verbrauch der Faktoreinsatzmengen wird durch die technischen Eigenschaften und die Intensitat der Betriebsmittel bestimmt. Wird die Menge eines Faktoreinsatzes tiber die durch die Verbrauchsfunktion vorgegebene Menge erhoht, so bleibt dies ohne produktive Wirkung, so dass kein hoherer Ertrag entsteht.^^^ Auch die Annahmen dieser Produktionsfunktion sind nicht ohne Kritik geblieben. Das eindeutige Verhaltnis der Produktionsfaktoren schrankt die Giihigkeit der Produktionsfunktion vom Typ B entscheidend ein.^^^ Auf der Grundlage der Produktionstheorie von Gutenberg wurden in der Folge weitere betriebswirtschaftliche Produktionsfunktionen entwickeh, von denen Typ C und D ebenfalls kurz aufgezeigt werden sollen. Die Produktionsfunktion vom Typ C nach Heinen basiert auf einer Prozessbetrachtung und beriicksichtigt sowohl den Mehrproduktbetrieb als auch die Mehrstufigkeit des Produktionsprozesses, da hier den Erkenntnissen der industriellen Produktion Rechnung getragen wird: Input und Output stehen nicht in unmittelbarer Beziehung zueinander, stattdessen stehen zahlreiche Zwischenstufen zwischen beiden Ebenen. Es werden also kleinste Teileinheiten im Sinne von Elementarkombinationen betrachtet, die bei mehrfacher Durchfuhrung mittels einer sogenannten Wiederholungsfunktion abgebildet werden.^^"* Der Gultigkeitsbereich des Typs C ist folglich eindeutig groBer einzuschatzen als der bei der Gutenberg-Produktionsfunktion.^^^ SchlieBlich greift Kloock mit seiner Produktionsfunktion vom Typ D die von Heinen vorgeschlagene Gliederung des Untemehmens in einzelne Teilbereiche bzw. Produktionsstellen auf und beriicksichtigt ebenso limitationale und substitutional Produktionsverhaltnisse. Jeder Teilbereich stellt nur eine Produktart her und ist durch eine Input-Output-Kombination gekennzeichnet. Diese Funktion, die die Beziehung zwischen In- und Output in einer Produktionsstelle erfasst, nennt Kloock Transformationsfunktion.^^^ Die Summe der Transformationsfunktionen ergibt die betriebliche Produktionsfunktion, die damit detailliertere Produktions-

^^ Vgl. Albach (1962), S. 139; Gutenberg (1983), S. 325; Kistner (1993b), Sp. 3422 und KomdOrfer (1999), S. 263-264. ^°' Vgl. Gutenberg (1983), S. 303. 2°^ Vgl. Gutenberg (1983), S. 327-330. ^^^ Vgl. Komddrfer (1999), S. 263 und Schweitzer/ Kupper (1997), S. 127-130. 2^ Vgl. Heinen (1983), S. 245-246; Heinen (1991), S. 412 und Steven (1998), S. 173, 192. ^^^ Vgl. Steven (1998), S. 175. 2^ Vgl. Fandel (1996), S. 27; Kloock (1969), S. 44 und Kloock (1993), S. 301.

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beziehungen enthalt als die Produktionsfunktion vom Typ B.^^^ Der Typ D ist demnach sehr umfassend formuliert, so dass er einen hohen Grad an Allgemeingultigkeit beansprucht.^^* In diesem Zusammenhang muss jedoch auch auf den Einwand Leibensteins hingewiesen werden, den er als X-Ineffizienz ausdriickt. Leibenstein gibt zu bedenken, dass in der realen Welt, also auf einem unvoUkommenen Markt, die Relation zwischen Input und Output nicht fix sein kann, da die Produktionsfunktion gar nicht so weit bekannt sein kann, dass samtliche Faktoren und Einfliisse im Vorfeld spezifiziert und beriicksichtigt werden konnen. Einen derartigen Einflussfaktor sieht er beispielsweise im ,Wissen der Untemehmensfuhrung' (,management knowledge'). Dieses Wissen muss nicht notwendigerweise stetig verfiigbar sein, noch sind die Fahigkeiten des Untemehmensmanagements vollstandig einzuschatzen. Die Konsequenz ist, dass der Output variieren kann, so dass eine solche mit Unbestimmtheit behaftete InputOutput-Funktion letztendlich zu Bequemlichkeit bzw. zu Motivationsproblemen bei den Mitarbeitem des Untemehmens fuhren kann. Genau in diesem Phanomen sieht Leibenstein die sogenannte ,X-Ineffizienz'.^°^ Unter der X-Ineffizienz wird folglich die Differenz zwischen realisierter und optimal moglicher Zielerreichung verstanden.^'^ Wenn ein Untemehmen nun seinen Output steigem mochte, so muss es versuchen, diese X-Ineffizienz entscheidend zu senken. „The simple fact is that neither individuals nor firms work as hard, nor do they search for information as effectively, as they could."^'' Diese Aussagen implizieren eine Unsicherheit, der sich jedes Untemehmen gegeniibersieht. Damit wird suggeriert, dass es durch die oben erwahnte Auswahl der effizientesten Handlungsaltemative durch gegenseitigen Vergleich nur eine relative Effizienz geben kann, da immer noch ein Residuum zur absoluten Effizienz verbleibt („firms and economies do not operate on an outer-bound production possibility surface consistent with their resources"^'^). Einem solchen relativen Verstandnis entspricht durchaus auch das Effizienzprinzip: Gemaii des Dominanzprinzips konnen solche Faktorkombinationen, die Inputfaktoren verschwenden, also ineffizient sind, aussortiert werden. Ob die am Ende verbleibende Faktorkombination allerdings diejenige mit der hochsten Effizienz ist, vermag man nicht zu sagen, da nicht alle Kombinationen bekannt sein konnen, es also insofem keine absolute Effizienz geben kann. Deswegen widerspricht die X-Ineffizienz also in keiner Weise der allgemein ublichen Auffassung, die Produktionsfunktion bilde nur die effizienten Kombinationen ab („das Charakteristikum einer jeden Produktionsfunktion, dass durch sie entsprechend dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit stets nur die effizienten Input-Output-Relationen fur einen Produktionsbereich

^°^ Vgl. Kloock (1969), S. 55 und 65-66. 2^* Vgl. Schweitzer/Kupper (1997), S. 176-177. ^^ Vgl. Leibenstein (1966), S. 406-407 und 412. ^•^ Vgl. Bohr (1993), Sp. 864. 2" Leibenstein (1966), S. 407. ^'^ Leibenstein (1966), S. 413.

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beschrieben werden"^'^). Somit konnen samtliche moglichen Beziehungen zwischen Faktoreinsatzen und der Ausbringung, so wie sie zur Bildung der Produktivitatskennziffer als Grundlage benStigt werden, der sie abbildenden Produktionsfxinktion entnommen werden. Anders ausgedrtickt enthalt die Produktionsfunktion eine Zusammenstellung uber die moglichen Produktivitatsbeziehungen?'"* Die Produktionsfunktion kann somit als die formale Darstellungsweise der Produktivitatsbeziehung angesehen werden. Beide Darstellungsarten bilden das Kemstiick der Produktionstheorie, wobei die Produktivitat als Erfolgsfaktor eines Untemehmens im Zentrum der Theorie steht.^'^ Nachdem nun die Beziehungen zwischen Faktoreinsatz- und Faktorausbringungsmenge in Form der Produktivitat und der Produktionsfunktion dargelegt wurden, verbleibt zum Abschluss dieser produktionswirtschaftlichen Uberlegungen ein Uberblick dariiber, welche Faktoren iiberhaupt zur Leistungserstellung verwendet oder eingesetzt werden konnen.

2.2.6

Das System der Produktionsfaktoren

Die Ausftihrungen zum Begriff der Teilproduktivitat fiihrten bereits zur Nennung einzelner Faktoren wie Arbeit und Kapital, die zur Erstellung der Leistungen und zur Erhaltung der Betriebsbereitschaft unter anderem notwendig sind. Diese Faktoren entstammen urspriinglich noch der Einteilung der Volkswirtschaftslehre in die Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital, Boden, wurden jedoch fiir die Betriebswirtschaf^slehre in modifizierter und weitaus differenzierter Form iibemommen. Unter anderem wurde dabei der Faktor Boden aufgegeben.^'^ Grundlegend fiir die Betrachtung der Produktionsfaktoren in der Betriebswirtschaftslehre ist das von Erich Gutenberg defmierte Produktionsfaktorsystem, das bis heute die Basis fiir samtliche Darstellungen und Untersuchungen in diesem Bereich bildet."^'^ Gutenberg unterscheidet zunachst einmal die Elementarfaktoren, die in den Transformationsprozess einflieBen und so direkt mit der Leistungserstellung verbunden sind, von den dispositiven Faktoren, die gestaltenden Charakter haben.^'^ Die Elementarfaktoren konnen dann dreifach unterteilt werden in objektbezogene Arbeit und in die sachlichen Faktoren Arbeits- und Betriebsmittel sowie Werkstoffe.^'^ Objektbezogene Arbeit zielt nach Gutenberg auf betriebliche Tatigkeiten ab, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Leistungserstellung und der Leistungsverwertung stehen und in diesem Sinne produktionsbezogen sind.^^^ Arbeitsund Betriebsmittel umfassen Einrichtungen und Anlagen des Unternehmens und sind als

^'^ ^'^ ^'^ ^" ^'^ ^'^ ^'^ ^^°

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Fandel(1996),S. 12. Vgl. Heinen( 1988), S. 226. Vgl. Gutenberg (1983), S. 9, 302 und Kistner (1993b), Sp. 3415, Vgl. Engelhardt/ Freiling (1995a), S. 901 und Stiidemann (1993), S. 258. Vgl. Bloech (1993), Sp. 3407; Corsten (2001), S. 201; Kern (1992), S. 16 und Steven (1999), S. 315. Vgl. Beuermann (1996), Sp. 1499 und Corsten (2000b), S. 8. Vgl. Gutenberg (1983), S. 3-5. Vgl. Fandel (1996), S. 33-34; Gutenberg (1983), S. 3; Jung (2000), S. 9 und Kern (1988), S. 129.

technische Voraussetzung einer betrieblichen Leistungserstellung notwendig. Konkrete Beispiele fiir Arbeits- und Betriebsmittel stellen etwa GrundstUcke, Maschinen und die Geschaftsausstattung dar.^^^ Der dritte Elementarfaktor ,Werkstoffe' schlieBlich meint Rohstoffe, Halb- und Fertigerzeugnisse, „die als Ausgangs- und Grundstoffe fiir die Herstellung von Erzeugnissen zu dienen bestimmt sind."^^^ Im Gegensatz zu den Arbeits- und Betriebsmitteln gehen Werkstoffe in das Leistungsergebnis ein und sind nach einmaligem Einsatz verbraucht, weshalb Werkstoffe auch als Verbrauchsfaktoren und Arbeits- und Betriebsmittel als Potenzialfaktoren verstanden werden konnen.^^^ Da die Kombination der Elementarfaktoren durch menschliches Handeln vollzogen wird, erganzte Gutenberg die Elementarfaktoren um einen vierten Produktionsfaktor, indem er den Faktor der menschlichen Arbeitsleistung in zwei Telle spaltete: in den eben erwahnten Produktionsfaktor ,objektbezogene Arbeitsleistung' im Sinne einer ausfiihrenden Arbeit und in einen dispositiven Faktor, der die leitende Tatigkeit im Untemehmen iibemimmt. Menschliche Arbeitsleistungen konnen demnach also objektbezogen (Elementarfaktor) oder dispositiver Art sein.^^"* Wegen seiner ubergeordneten Bedeutung wurde der dispositive Faktor explizit ausgegrenzt und neben die Elementarfaktoren angeordnet."^^^ Die dispositiven Aufgaben umfassen die Planung, Organisation und Kontrolle des betrieblichen Geschehens und werden dahingehend noch weiter untergliedert in einen sogenannten originaren dispositiven Faktor, der die eigentliche untemehmerische Geschafts- und Betriebsleitung darstellt, und in zwei davon abgeleitete derivative Faktoren: Planung und Betriebsorganisation.^^^ Die Geschafts- und Betriebsleitung steuert die Kombination der Elementarfaktoren, so dass das Ergebnis der Produktion zum einen von der Art und Beschaffenheit der eingesetzten Elementarfaktoren und zum anderen von den Fahigkeiten und dem Geschick eben dieser Geschafts- und Betriebsleitung abhangt.^^^ Die Planung stellt ebenfalls eine selbstandige Tatigkeit dar, wird jedoch aus den Aufgaben der Geschaftsleitung abgeleitet, so dass sie nicht originarer, sondem derivativer Natur ist.^^^ Zur Durchsetzung des Geplanten und Lenkung der betrieblichen Ablaufe dient die Betriebsorganisation. Insofem leitet sie sich wie die Planung aus den Aufgaben der Betriebs- und Geschafts-

''' Vgl. Gutenberg (1983), S. 3-4; Jung (2000), S. 9 und Kern (1988), S. 135. ^^^ Gutenberg (1983), S. 4. ^^^ Vgl. Bloech (1993), Sp. 3411-3412; Busse von Colbe/ Lalimann (1991), S. 77-80; Diederich (1992), S. 136; Fandel (1996), S. 33-34 und Gutenberg (1983), S. 4. ^^^ Vgl. Fandel (1996), S. 33-34; Gutenberg (1983), S. 3 und Stiidemann (1993), S. 258. ^^^ Vgl. Diederich (1992), S. 134. ^^^ Vgl. Beuermann (1996), Sp. 1499-1500; Diederich (1992), S. 134; Gutenberg (1983), S. 8; Milling (1993), Sp. 3367-3368 und Stiidemann (1993), S. 258. ^^' Vgl. Gutenberg (1983), S. 5-6. ^^* Vgl. Gutenberg (1983), S. 7.

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leitung ab und unterliegt deren Entscheidungskompetenz. Daraus folgt, dass es sich hier auch um einen derivativen dispositiven Faktor handelt.^^^ Trotz der allgemeinen Anerkennung der grundlegenden Systematik hinsichtlich Logik, Oberschneidungsfreiheit und Ubersichtlichkeit blieb das Faktorenschema nach Gutenberg nicht frei von Einwanden.^^^ Die Kritik richtete sich in der Literatur vor allem auf folgende zwei Punkte: •

Branchenbezogenheit: Gutenbergs System ist auf die Sachgiiteruntemehmung im Allgemeinen und auf den Industriebetrieb im Speziellen ausgerichtet. Dienstleistungen bleiben somit unberiicksichtigt, so dass hier von keiner Allgemeingiiltigkeit gesprochen werden kami.^^»



Unvollstandigkeit:^^^ - Dienstleistungen fremder Betriebswirtschaften und Branchen fmden keine Beachtung. Sie werden iiberwiegend als Fremdbezug in Form einer Funktionsausgliederung statt als Eigenfertigung der jeweiligen Leistung gesehen. Aus diesem Grund heben verschiedene Autoren einzelne, besonders aktuelle Leistungen heraus, wie Energie oder Information. - Ebenfalls unerwahnt bleiben die Umweltbelastung, immaterielle Gtiter sowie die gesamtwirtschaftliche Infrastruktur. Diese Faktoren lassen sich gleichfalls als Dienstleistungen fremder Betriebe auffassen. - SchlieBlich fehlt bei Gutenberg der Faktor ,Kapitar, so dass insbesondere der Bereich der Banken und Versicherungen nicht eingeschlossen ist.

Diese Kritikpunkte sowie die zusatzliche Ausrichtung des Produktionsfaktorenschemas auf nicht-industrielle Leistungserstellungsprozesse erforderten erganzende Produktionsfaktoren, um betriebliche Leistungserstellungsprozesse umfassend genug erklaren zu konnen. Somit erfuhr das ursprtingliche Schema von Gutenberg vielfMltige Erganzungen und Anderungen, von denen stellvertretend die nachfolgenden genannt seien.^^^ Busse von Colbe und LaBmann fuhren zu den elementaren und dispositiven Faktoren eine gleichrangige dritte Stufe von Produktionsfaktoren ein: die sogenannten Zusatzfaktoren. Diese zielen auf exteme Faktorleistungen ab und beinhalten Leistungen des betrieblichen Umsystems wie Leistungen des Staates, der Kommunen, von Verbanden oder Versicherungen etc. Charakteristisches Merkmal ist, dass die Zusatzfaktoren zwar Kosten verursachen, dennoch aber keine eindeutig abgrenzbaren MengengroBen zugrunde gelegt werden konnen.^^'*

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

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Gutenberg (1983), S. 7-8 und Jung (2000), S. 9. Beuermann (1996), Sp. 1500 und Hahn (1997), S. 93. Corsten (1986b), S. 174 und Hahn (1997), S. 93. Hahn (1997), S. 93-94. Kern (1988), S. 124. Bloech (1993), Sp. 3412; Busse von Colbe/ LaBmann (1991), S. 81 und Kern (1988), S. 124.

Unter Einbeziehimg der Banken erganzt Deppe^^^ die Faktoren Gutenbergs um die Zahlungsmittelnutzungen. Famy^^^ schlagt, ausgehend von der Tatsache, dass Geld als Nominalgut angesehen wird, ftir Versicherungen die Produktionsfaktoren dispositiver Faktor, Schadenvergiitungen, RUckversicherungen, Sicherheitskapital, ausfuhrende Arbeitsleistungen sowie Betriebsmittel vor.^"^^ Wittmann^^^ hingegen erweitert das urspriingliche Faktorsystem um die Information. Er definiert die produktionsrelevante Information als zweckorientiertes Wissen, so dass sie als solches zum Produktionsfaktor wird.^^' „Informationen sind zur Durchfuhrung, insbesondere Planung und Steuerung von Produktionen, unerlasslich, und sowohl ihre Gilte (Verlasslichkeit) als auch Rechtzeitigkeit ihrer Bereitstellung pragen jeweils die Qualitaten der zu bildenden Faktorkombinationen ihrerseits."^"*^ Obwohl die Sichtweise, Information als eigenstSndigen Faktor zu betrachten, bis heute umstritten ist,^'*^ so gilt die Information insbesondere in der betrieblichen Praxis „heute als wertvoller Produktionsfaktor und entscheidende UnterKem ergSnzt die Werkstoffe um Objektfaktoren im Sinne beigestellter Faktoren, die als Personen oder als Sachen (z.B. ein zu reparierendes Kfz) auftreten konnen. Diese beigestellten Faktoren verursachen keine Kosten, bestimmen aber die Qualitat des Leistungsergebnisses mit und haben durch ihre eigene Qualitat Auswirkungen auf die Arten und Mengen der anderen Produktionsfaktoren. Diese Aussagen gelten auch fUr die Werkstoffe, so dass diese mit den beigestellten Faktoren zur Gruppe der ,Objektfaktoren' zusammengefasst werden.^"*^ Maleri stellt ein Produktionsfaktorenschema speziell flir die Dienstleistungsbranche vor, indem er einen extemen Faktor einfuhrt und ihn neben die intemen Produktionsfaktoren setzt. Exteme Produktionsfaktoren bestehen aus Personen sowie materiellen und immateriellen GiiUnabhangig vom konkreten Systematisierungsansatz hat der dispositive Faktor die Elementarfaktoren derart zu kombinieren, dass die Voraussetzungen zur Erfullung der optimalen Produktivitat erfullt sind.^"*^ „... eine dieser Regeln lautet, dass die Einsatzmengen der produktiven Faktoren, also die Arbeitsleistungen, Betriebsmittelnutzungen, Werkstoffe usw., so zu kombinieren seien, dass ein moglichst gunstiger produktiver Effekt der Gesamtkombination

''' Vgl.Deppe(1969). 2^^ Vgl. Famy(1965). "^ Vgl. Kern (1988), S. 126 und Schweitzer (1993), Sp. 3334. "* Vgl. Wittmann( 1977). ^^^ Vgl. Beuermann (1996), Sp. 1503 und Kern (1988), S. 124. ^^^ Kern (1992), S. 16. ^^' Vgl. Busse von Colbe/ LaBmann (1991), S. 81-82; Eichhom (2000), S. 172 und StUdemann (1993), S. 258. ^^^ Komdorfer (1999), S. 52. Vgl. zur Bedeutung der Information als Produktionsfaktor auch Picot (1990). ^^^ Vgl. Kern (1988), S. 124. ^^^ Vgl. Corsten (2000b), S. 9-10 und Maleri (1997), S. 182. Vgl. hierzu auch Kap. 3.2.3. ^^^ Vgl. Diederich (1992), S. 134; Hahn (1997), S. 94 und KomdOrfer (1999), S. 63.

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zustande konunt."^^^ Als wesentliche Einflussdeterminante bei der Realisierung der Produktivitatsbedingungen erweist sich dabei zum einen das qualitative Niveau der einzelnen Faktoren,^"*^ zum anderen ihr zugrundeliegendes Produktionsverhaltnis: Im Falle einer Substitution kann eine bestimmte Produktionsmenge technisch effizient mit unterschiedlichen Kombinationen der Faktoreinsatzmengen produziert werden.^"*^ Eine Verminderung der eingesetzten Menge eines Produktionsfaktors kann so durch eine ErhOhung der Menge eines anderen Faktors kompensiert werden.^"^^ Bei gegebener Limitationalitat der ProduktionsvorgSnge konnen die Produktionsfaktoren indessen nicht frei kombiniert werden bzw. kann eine erhohte Ausbringungsmenge nicht durch vermehrten Ressourceneinsatz erhOht werden, da jede Einsatzmenge in einer festen Relation zur Ausbringungsmenge steht.^^^ Das Wirtschaftlichkeitsziel der Produktivitat sowie die ebenfalls im zweiten Kapitel aufgezeigte Ubergeordnete Effizienz besitzen gemSB der Aussagen Gutenbergs fUr alle Wirtschaftssysteme Giiltigkeit^^' - demzufolge auch fur Untemehmen der Dienstleistungsbranche. Ein jedes Untemehmen, das dem Prinzip der Gewinnmaximierung folgt, hat entsprechend seine Ressourcen wirtschaftlich rational bzw. effizient einzusetzen. Hervorzuheben ist demnach bei der Betrachtung von Dienstleistungsuntemehmen also nicht der Tatbestand, dass diese nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit handeln, derm dies ist gemaB der vorangegangenen Darstellungen bekannt. Stattdessen ist auf die den Dienstleistungsuntemehmen inharenten Besonderheiten zu verweisen, die sich auf das okonomische Handeln aller am Produktionsprozess Beteiligten auswirken. Die konstitutiven Charakteristika von Dienstleistungen implizieren wesentliche Abweichungen von der Sachgiiterproduktion, welche bereits zu den oben beschriebenen ErgSnzungen im Produktionsfaktorenschema ftihrten. Eine uneingeschrankte Ubertragung der dargelegten allgemeinen Produktionstheorie und der ihr inharenten Produktivitatsiiberlegungen muss dementsprechend in Frage gestellt werden. Somit wird eine eigenstandige Betrachtung der Dienstleistungsproduktivitat zur Planung und Kontrolle der wirtschaftlichen LeistungsfMhigkeit von Dienstleistungsuntemehmen zu einem zwingenden Erfordemis. FUr diese erweist sich ein dreistufiges Vorgehen als zweckmaBig: Wahrend in einem ersten Schritt die Besonderheiten von Dienstleistungen anhand der Begriffsdefmition ,Dienstleistung' herausgearbeitet werden, werden in einem zweiten Schritt verschiedene Ansatze einer Produktionstheorie fiir Dienstleistungen vorgestellt, um sodann die Herausfordemngen der Dienstleistungsproduktivitat unter Beachtung der zuvor dargestellten Charakteristika zu betrachten.

2'' Gutenberg (1983), S. 299. ^'*^ Vgl. Hahn (1997), S. 97. Das qualitative Niveau zielt auf die Eignung des spezifischen Produktionsfaktors beziiglich der geforderten Aufgabe ab. ^^^ Vgl. Behrens/ Peren (1998), S. 9; Kloock (1993), S. 293 und W5he (2000), S. 366. ^^^ Vgl. Wittmann (1993), Sp. 3503. "^ Vgl. Bloech (1993), Sp. 3413; Krelle (1961), S. 58 und Wohe (2000), S. 367. "' Vgl. Gutenberg (1983), S. 9-10.

46

3

Herausforderungen an das Produktivitatsmanagement von Dienstleistungen

3.1

Dienstleistungstheoretische Grundlagen und Besonderheiten

3.1.1

Divergenzen in der Definition von Dienstleistungen

Die Definitionen zum Begriff der Dienstleistung sind, wie nahezu alle Auseinandersetzungen um Wortbedeutungen, vielfKltiger Natur. Im Wesentlichen lassen sich die Definitionen, die in Wissenschaft und Praxis zur ErlSuterung der Dienstleistung herangezogen werden, anhand vier verschiedener Defmitions-Kategorien zusammenfassen: Definition durch Enumeration, institutionelle Abgrenzung, Negativdefinition sowie Definition anhand konstitutiver Merkmale.^^^ Sich jeweils anschliefiende Diskussionen uber die ZweckmaBigkeit der einzelnen Begriffsbestimmungen haben dazu gefuhrt, dass sich in jungster Zeit die letzte Kategorie in der Wissenschaft durchgesetzt hat.^^^ Englisch- sowie deutschsprachige Wissenschaftler ziehen nunmehr spezifische Charakteristika heran, die Dienstleistungen von Sachleistungen unterscheiden sollen. Amerikanische Autoren gehen so von vier Eigenschaften aus, die eine Dienstleistung pragen: Intangibilitat, Heterogenitat, Simultanitat von Produktion und Konsum sowie Verganglichkeit der Leistung.^^"* Die britische Literatur setzt ebenfalls an diesen grundlegenden Charakteristika an, fuhrt jedoch Abhangigkeiten zwischen diesen ein, so dass sich die verschiedenen Merkmale auf zwei verdichten: Immaterialitat bzw. Intangibilitat, auf die sich die Verganglichkeit zurtickfiihren lasst, und der Grad des Kundenkontaktes, aus dem wiederum die Simultanitat von Produktion und Konsum sowie die Heterogenitat hervorgehen.^^^ Die deutsche Dienstleistungsliteratur schlieBlich betrachtet dieselben Eigenschaften und ftihrt diese samtlich auf die zwei konstitutiven Merkmale, Immaterialitat und Integrativitat, zuriick, wobei sich in den letzten Jahren die Meinung gefestigt hat, dass der GroBteil der Faktoren als Konsequenz der Integrativitat zu sehen ist.^^^ Die auf der Grundlage dieser konstitutiven Merkmale beruhenden Begriffsdefinitionen lassen sich weiter in potenzial-, prozessund ergebnisorientierte Ansatze unterscheiden.^^^ Die in der Literatur aufgeftihrten Eigenschaften konnen entsprechend den Dimensionen zugeordnet werden, wobei detaillierte Ausfuhrungen und Problembeschreibungen zu den beiden Charakteristika ,Immaterialitat' und ,Integrativitat' im Anschluss an die Darstellung der drei Dimensionen gegeben werden.

^" Vgl. Altenburger (1980), S. 21-22; Fuchs (1968), S. 16; Kleinaltenkamp (1998), S. 31-34; Meffert/ Bruhn (2000), S. 27; Meyer (1991), S. 197 und Rosada( 1990), S. 10-11. "' Vgl. Corsten (2001), S. 21; Kleinaltenkamp (1998), S. 31-34 und Meyer (1991), S. 197. "^ Vgl. Kurtz/ Clow (1998), S. 10-12; Lovelock (2001), S. 9; Rust/ Zahorik/ Keiningham (1996), S. 7; Zeithaml/ Bitner (2000), S. 12-14 und Zeithaml/ Parasuraman/ Berry (1985), S. 33-34. "^ Vgl. Hope/ Miihlemann (1997), S. 21-22 und Mudie/ Cottam (1999), S. 5-9. "^ Vgl. z.B. Corsten (1998a), S. 78; Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993),S. 404-406; Maleri (1998), S. 123-124; Meyer (1991), S. 197; Stuhlmann (2000), S. 12-13; Woratschek (1996), S. 60 und Woratschek (2001), S. 262-264. ^^^ Vgl. Corsten (2001), S. 21; Engelhardt (2002), S. 47; Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 398; Hilke (1989), S. 10; Kleinaltenkamp (1998), S. 34; Meyer (1991), S. 197 und Meyer/ Blumelhuber(1994), S. 7.

47

3.1.2

Die Dimensionen der Leistungsgestaltung: Leistungspotenzial, Leistungserstellungsprozess und Leistungsergebnis

Die potenzialorientierte Definition zielt auf die Vermarktung von Fahigkeit und Bereitschaft eines Untemehmens als charakteristisches Merkmal zur Erbringung der Leistung ab. Im Gegensatz zu Sachleistungen liegen bei Dienstleistungsuntemehmen weder ,fertige Produkte' als Absatzobjekte vor noch kOnnen sie auf Lager produziert werden, so dass der Dienstleister im Vorfeld der Leistungserstellung lediglich seine Bereitschaft zur Ubemahme der Erstellung in Form eines Leistungsversprechens offerieren karm.^^^ Aus diesem Grund wird dieser Defmitionsansatz hSufig auch als Bereitstellungsleistung bezeichnet.^^^ Das Leistungspotenzial ist somit Ausgangspunkt einer jeden Leistungserstellung, da es diese uberhaupt erst ermoglicht.^*" Aus diesem Argument wird jedoch bereits ersichtlich, dass der Nutzen einer Leistung nicht allein in der Bereitstellung der Potenziale, sondem aus dem Ergebnis der Leistungserstellung resultiert. Da dariiber hinaus auch fur die Produktion von Sachgiitem eine generelle Bereitschaft und Fahigkeit des Anbieters zur Leistungserstellung vorauszusetzen ist, kann eine Definition, die nur am Leistungspotenzial ansetzt, nicht als alleiniges Abgrenzungskriterium fiir Dienstleistungen verwendet werden.^^' Ein den Sachleistungen ahnliches Vermarktungsobjekt stellt letztendlich auch eine Dienstleistung auf sogenannten Tragermedien,^^^ z.B. in Form von CD-ROMs, dar, weshalb die Begrtindung des ,nicht-fertigen Produktes' an dieser Stelle nicht tragbar ist: Aus dem immateriellen Leistungsversprechen wird auf diese Weise ein materiell verfiigbarer Gegenstand. Es wird deutlich, dass die potenzialorientierte Abgrenzung von Dienstleistungen nicht trennscharf und daher fiir eine Begriffsdefinition nicht geeignet Der prozessorientierte Ansatz definiert „Dienstleistungen als Tatigkeit und sich vollziehender Prozess"^^"*. Somit fokussiert dieser Ansatz auf den Leistungserstellungsprozess, welcher sich in einer Phasenbetrachtung direkt an das Leistungspotenzial anschlieBt. Im Leistungserstellungsprozess selbst werden dann interne Produktionsfaktoren mit zu integrierenden extemen Faktoren des Nachfragers kombiniert, wobei die extemen Faktoren einer Be- oder Verarbeitung unterzogen werden.^^^ Das bereitstehende Leistungspotenzial wird folglich erst in dem Moment aktiviert und der Leistungserstellungsprozess erst in dem Moment ausgelost, in dem

^'* Vgl. Corsten (1989), S. 24; Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 398-399; Hilke (1989), S. 11; Kleinaltenkamp (1993), S. 109; Kleinaltenkamp (1998), S. 37 und Meyer (1987), S. 28. "^ Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 398. ^^^ Vgl. Kleinaltenkamp (1998), S. 34. 2^' Vgl. Engelhardt (1989), S. 280; Kleinaltenkamp (1998), S. 37 und Rosada (1990), S. 21. ^^^ Meyer spricht in diesem Siime auch von einer ,Veredelung' der Dienstleistung, vgl. Meyer (1987), S. 36-42. ^" Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 399 und Kleinaltenkamp (1998), S. 37. ^^ Meyer/ Bliimelhuber (1994), S. 7. ^" Vgl. Engelhardt (1989), S. 280; Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 402-403; Kleinaltenkamp (1998), S. 34 und Meyer (1991), S. 199.

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der Nachfrager hinzutritt bzw. die extemen Faktoren bereitgestellt werden.^^^ Als exteme Faktoren verstehen sich solche Faktoren, „die zeitlich begrenzt in den Verftlgungsbereich eines Dienstleistungsanbieters gelangen und mit den intemen Produktionsfaktoren in einen Verarbeitungsprozess integriert werden."^^^ MOgliche Erscheinungsformen des extemen Faktors sind:^^^ -

Personen, d.h. der Nachfrager selbst oder die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des nachfragenden Untemehmens,

-

sachliche Objekte des Nachfragers,

-

Tiere und Pflanzen, die vom Dienstleister versorgt oder gepflegt werden,

-

Rechte, die vom Dienstleister zeitweise in Anspruch genommen werden dtirfen,

-

Nominalguter, die dem Dienstleister zur Nutzenerzielung iiberlassen werden, wie z.B. einer Bank zum Zwecke des Zinsertrages

-

und/ oder Informationen, die der Dienstleister im Rahmen der Leistungserstellung verarbeitet.

Eine Definition der Dienstleistung liber die Einbringung extemer Faktoren ist allerdings problembehaftet, da auf diese Weise nicht nur immaterielle Dienstleistungsergebnisse, sondem auch materielle Produkte entstehen konnen. So mtisste gemSB des prozessorientierten Ansatzes eine nach spezifischen Kundenwiinschen (Informationen) angefertigte Maschine als Dienstleistung angesehen werden, was dem traditionellen Verstandnis einer Maschine widersprechen wurde. Dieses Problem besteht grundsatzlich bei kundenindividuell erstellten Leistungen, da diese stets konkreter Information durch den Kunden bedtirfen und somit in jedem Fall durch die Integration eines extemen Faktors charakterisiert werden. Eine im Kundenauftrag produzierte Leistung konnte aus Sicht der prozessbezogenen Begriffsauffassung somit nie als Sachleistung gelten. Anders ausgedrtickt ware folglich jede kundenindividuell erstellte Leistung eine Dienstleistung, unabhangig davon, wie hoch der materielle Grad des Ergebnisses ausfallt.^^^ Femer fahrt der prozessorientierte Ansatz dazu, dass bestimmte Leistungen im Vorfeld nicht als Sach- oder Dienstleistungen klassifiziert werden konnen. So kann ein Personal Computer entweder eine Dienstleistung darstellen, sofem er kundenindividuell konfiguriert und zusammengestellt wurde, oder auch als Sachleistung angesehen werden, wenn er fur den ,anonymen Markt' produziert und von einem beliebigen Kunden als ,fertiges Produkt' gekauft wird.^^° Vgl. Kleinaltenkamp (1998), S. 401-402 und Kleinaltenkamp/ Haase (1999), S. 171. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 401. Vgl. Corsten (1985b), S. 129; Engelhardt/ Freiling (1995a), S. 905-906; Kleinaltenkamp (1997b), S. 350; Kleinaltenkamp (1998), S. 38; Maleri (1997), S. 148-149 und Rosada (1990), S. 15. ' Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 402-403; Kleinaltenkamp (1997b), S. 350 und Kleinaltenkamp (1998), S. 38-39. Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 403.

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Damit liegt mit dem Kriterium der Integration extemer Faktoren zwar ein eindeutiges Kriterium zur Definition von Dienstleistungen vor. Jedoch ist auch dieses zwecks einer Abgrenzung zu Sachleistungen nicht frei von Anwendungsproblemen, da es zu einem Uber das allgemeine Verstandnis hinausgehenden Geltungsbereich von Dienstleistungen fUhrt.^^' Folglich verbleibt die Oberprtlfung der dritten und letzten - der ergebnisorientierten Dimension: Das Leistungsergebnis, in welchem sich der Leistimgserstellungsprozess konkretisiert, stiftet den letztendlichen Nutzen der Leistung fUr den Nachfrager, wird jedoch im Gegensatz zu Sachleistungen als immateriell angesehen. Damit wird aus Sicht des ergebnisorientierten Ansatzes die Immaterialitat als das wesentliche Merkmal zur Abgrenzung von Sachund Dienstleistungen erachtet.^^^ Jedoch ist auch dieses Argument nicht in jedem Fall haltbar, da nicht jedes Leistungsergebnis immaterieller Natur ist, wie beispielsweise das reparierte Auto als Ergebnis der Dienstleistung ,Autoreparatur'. Auch die oben erwahnten TrSgermedien kOnnen nicht als immateriell bezeichnet werden, so dass auch anhand der ergebnisorientierten Definition keine wirksame Abgrenzung vollzogen werden kann.^^^ Als Ausweg wird vorgeschlagen, den Grad der MaterialitSt bzw. Immaterialitat heranzuziehen, da davon ausgegangen werden kann, dass Dienstleistungen vergleichsweise viele immaterielle Elemente aufweisen. Doch auch dieser Versuch ist zu ungenau und objektiv gar nicht erfass- bzw. messbar"" Folglich erweist sich keine der drei Begriffsdefinitionen als geeignet, um Sach- und Dienstleistungen sauber voneinander abzugrenzen. Engelhardt, Kleinaltenkamp und Reckenfelderbaumer nahmen diese Kritik zum Anlass, alle Absatzobjekte als LeistungsbUndel zu definieren (Sach- und Dienstleistungen werden stets als BUndel vermarktet), die in unterschiedlichem AusmaB durch die Integration extemer Faktoren und durch immaterielle Elemente charakterisiert sind.^^^ Zwar bildet diese Leistungstypologie einen soliden Grundstein fUr jegliche Untersuchungen im Bereich des Dienstleistungsmanagements und wird demzufolge auch stetig ausgebaut und fortgefUhrt,^^^ doch kann auch sie niemals zu einer exakten Begriffsfassung der Dienstleistung fiihren. Als Resultat der Darlegung der drei Leistungsdimensionen kann folglich die grundlegende Erkenntnis - die konsequenterweise auch dieser Arbeit zugrunde liegt - festgehalten werden, dass zwei konstitutive Merkmale den Charakter von Dienstleistungen pragen: die Immaterialitat und die Integrativitat. Beide Merkmale beinhalten als ubergeordnete Dienstleistungscharakteristika samtliche in der deutsch- und englischsprachigen Literatur aufgezeigten Dienstleistungseigenschaften. Aus diesem Grund bedurfen die Immaterialitat und die Integrativitat "' Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 403 und Kleinaltenkamp (1998), S. 38-40. ''' Vgl. Berry (1984), S. 30; Gerhardt (1987), S. 78-79, 89 und Hilke (1989), S. 15. "^ Vgl. Corsten (2001), S. 22; Engelhardt (1989), S. 279; Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 400; Fuchs (1968), S. 15; Kleinaltenkamp (1998), S. 35 und Meyer (1987), S. 28. ^^^ Vgl. Kleinaltenkamp (1998), S. 35-36 und Zeithaml/ Bitner (2000), S. 4. ^''^ Vgl. Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbaumer (1993). 2^^ Vgl. z.B. Woratschek (1996) und Woratschek (2001).

50

einer naheren Betrachtung mit dem Ziel, zu einer fundierten Basis der Produktivitatsbetrachtung von Dienstleistungen zu gelangen.

3.1.3

Das konstitutive Merkmal JmmaterialitMt'

Die aufgezeigten Dienstleistungsdefinitionen, insbesondere die potenzial- und ergebnisorientierten AnsStze, weisen bereits auf die ihnen inharente Immaterialitat hin. Aufgrund von Automatisierung, Tragermedien etc. kann der Grad der Immaterialitat von Dienstleistung zu Dienstleistung variieren. In der Literatur herrscht daher die Ansicht vor, „dass Dienstleistungen auf einem Kontinuum abzubilden sind, das von materiell bis immateriell reicht, und die Leistungen ohnehin mehr oder weniger materielle und immaterielle Bestandteile aufweisen"^^^. Grundsatzlich impliziert diese Auffassung jedoch fiir den Anbieter zahlreiche Probleme und flir den Nachfrager einige Unsicherheiten. Die Unwagbarkeiten fUr den Nachfrager gehen dabei vor allem auf die mangelnde Wahmehmbarkeit zurtlck, da weder vor dem Kauf noch nach der Leistungserstellung ein ,prasentationsf^iges' Gut vorliegt. Somit greift der Nachfrager zur Beurteilung Uber die Leistungsf^igkeit und die Qualitat der Leistung vor allem auf Surrogate, z.B. Potenzialfaktoren wie Ausstattung der Btiroraume, Kompetenz der Mitarbeiter etc. zurllck, um einen Eindruck Uber den Dienstleister bzw. die Dienstleistung zu erhalten und um seine Beschaffungsunsicherheit zu verringem.^^^ Der Anbieter kann diesen Unsicherheiten nattirlich dadurch begegnen, dass er gezielt Informationen Uber sich bereitsteUt.^^^ FUr den Anbieter selbst fUhren diese Visualisierungs- und Prasentationsprobleme femer zu Profilierungsschwierigkeiten gegenUber Konkurrenzdienstleistungen.^^^ Ein hoher Anteil an immateriellen Bestandteilen der Leistung bedingt, dass sowohl der Einsatz flir die Leistung als auch das Ergebnis der Leistung nicht greifbar und damit nur bedingt quantifizierbar ist.^^^ SchlieBlich entstehen durch intangible Leistungen Lagerhaltungsprobleme. Zwar kOnnen die Potenziale zur Leistungserstellung vorgehalten werden, doch sind die Leistungen selbst, sofem ihr Ergebnis nicht veredelt wird,^^^ verganglich und kcinnen nicht fur einen spateren Konsum gespeichert werden. So kOnnen die leeren Platze eines nicht ausgebuchten Kinos, eines Restaurants, eines Flugzeugs etc. nicht gespeichert werden, sie gehen im Gegenteil unter.^*^ Die mangelnde Vorratshaltung wird darUber hinaus auch auf die Integrativitat zurUckgefiihrt, genauso wie zahlreiche weitere Konsequenzen, die Woratschek (2001), S. 262. Vgl. auch Rushton/ Carson (1989), S. 28 und Shostack (1982), S. 53. Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 418-419; Kurtz/ Clow (1998), S. 10-11; Meyer (1991), S. 199 und Woratschek (1996), S. 60. Vgl. Hilke (1989), S. 17 und Kurtz/ Clow (1998), S. 11. ' Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 420. Vgl. Corsten (1998a), S. 85; Hope/ Muhlemann (1997), S. 31-32; Klassen/ Russell/ Chrisman (1998), S. 4; Maleri (1997), S. 117 und Staffelbach (1988), S. 278. Vgl. Corsten (1998a), S. 85 und Meyer (1987), S. 36-42. Vgl. Cowell (1984), S. 303; Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 419; Hope/ Miihlemann (1997), S. 32; Lovelock (1981), S. 5; Rust/ Zahorik/ Keiningham (1996), S. 8 und Zeithaml/ Parasuraman/Berry(1985), S. 34.

51

ursprUnglich der Immaterialitat zugeordnet wurden. Der Grund dafiir ist, dass viele Probleme, die aus der Ergebnisorientierung resultieren, ursachlich schon der Prozessebene zuzuordnen sind, da das Ergebnis aus dem vorgelagerten Leistungserstellungsprozess folgt.^*"*

3.1.4

Das konstitutive Merkmal ,Integrativitat'

3.1.4.1

Unterschiedliche Sichtweisen zur Integrativitat

Das in der amerikanischen Literatur genannte Charakteristikum ,Simultanitat von Produktion und Konsum', der ,Grad des Kundenkontaktes' als Typisierungsmerkmal britischer Autoren sowie die ,Integrativitat' als das in der deutschen Literatur aufgeftihrte Dienstleistungsmerkmal verdeutlichen, dass der Einbezug des Nachfragers in die Dienstleistungserstellung allgemein anerkannt ist.^*^ Dennoch bestehen unterschiedliche Auffassungen (iber die Rolle des Kunden, so dass die Beteiligung des Nachfragers am Dienstleistungsprozess in ihrer Art, ihrem Zeitpunkt und ihrer IntensitSt divers diskutiert wird. So gehen Zeithaml und Bitner von verschiedenen Kundenmitsvirkungsstufen aus. Diese reichen von einem nur geringen Partizipationsgrad des Kunden, wie z.B. der Teilnahme des Kunden bei der Bezahlung, bis hin zur Co-Produktion als hochster Stufe der Teilnahme, bei der das Anbieteruntemehmen gleichzeitig seine Autonomic verliert.^^^ Ein ahnliches Konstrukt legen Chase und Tansik zugrunde: Sic unterscheiden zwischen ,high- und low-customer-contact services'.^^^ Dieser Begriff bezieht sich auf den zeitlichen Anteil, den ein Nachfrager - relativ zur gesamten Erstellungszeit im System present sein muss.^^^ Ein hoher Kundenkontakt fUhrt somit nicht nur zu einer hohen Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager, sondem auch zur wachsenden Gefahr kundenseitiger Einflussnahme, die der Anbieter nur bedingt kontroUieren kann. Ein geringer Kundenkontakt auf der anderen Seite ist lediglich von kurzer Dauer, verbunden mit einem ebenfalls nur geringen Einfluss auf den Erstellungsprozess der Dienstleistung.^^^ In der Weiterentwicklung dieser Erkenntnisse bezeichnen Mills und Morris sowie Mills, Chase und Margulies den Kunden als ,Part-Time-Employee', der zwingend Informationen zur Leistungserstellung bereitstellen muss und fakultativ selbst am Prozess mitwirken kann.^^^ Larsson und Bowen sprechen von einem Kundeninput und analysieren diesen im Detail vor dem Hintergrund moglicher Unsicherheiten und Kontrollverluste aus Sicht des Anbieters: „Customer inputs can be (a) his/ her specification of desired outcomes; (b) his/ her body, mind, and/ or goods to be serviced; and (c) his/ her actions participating in the service production."^^'

^^^ Vgl. Woratschek (1996), S. 60. ^^* Vgl. die Ausfiihrungen in Kap. 3.1.1 sowie die dort zitierte Literatur. ^^^ Vgl. Zeithaml/ Bitner (2000), S. 320. ^^^ Vgl. Chase (1978); Chase (1981) und Chase/ Tansik (1983). ^" Vgl. Chase (1978), S. 138 und Chase/ Tansik (1983), S. 1039. 2*' Vgl. Chase (1978), S. 137-138; Chase (1981), S. 700 und Chase/ Tansik (1983), S. 1040. 2^ Vgl. Mills/ Chase/ Margulies (1983), S. 302-303, 305 und Mills/ Morris (1986), S. 727-728. ^'' Larsson/ Bowen (1989), S. 217.

52

Einen ahnlichen Ansatz verfolgt die deutschsprachige Dienstleistungsliteratur. Die Integration extemer Faktoren wird fUr die Erstellung einer Dienstleistung als zwingend notwendig erachtet, da sie den Leistungserstellungsprozess anst66t iind das bereitstehende Leistungspotenzial aktiviert. Im Leistungserstellungsprozess selbst werden sodann die intemen Faktoren des Anbieters mit den extemen Faktoren des Nachfragers kombiniert.^^^ Infolge dieser Mitwirkung erlangt der Nachfrager Einfluss auf den Prozess und damit auch auf das Leistungsergebnis. Wahrend Engelhardt und Freiling die Integrativitat bereits auf das Leistungspotenzial beziehen, da ihrer Meinung nach die Anbieterressourcen schon in der Phase der Bereitstellung auf den Kunden ausgerichtet werden/^^ verfechtet das Gros der deutschsprachigen Dienstleistungsvertreter eine gegenteilige Auffassung: Das Leistungspotenzial stellt den autonomen Verftigungsbereich des Anbieters dar, in welchem demzufolge ausschlieBlich interne Produktionsfaktoren miteinander kombiniert werden. Ab dem Zeitpunkt der Integration der extemen Faktoren ist der Anbieter jedoch nicht mehr autonom handlungsfahig und nicht mehr allein flir Leistungserstellungsprozess und -ergebnis verantwortlich, da sich die extemen Faktoren seiner autonomen Disponierbarkeit entziehen.^^"^ Leistungspotenzial und Leistungserstellungsprozess lassen sich insofem auch durch den Kontakt zum Nachfrager bzw. das Hinzutreten extemer Faktoren analytisch trennen.^^^ Dieser Ansatz wird auch hier verfolgt. Die Art und Weise der Kundenmitwirkung, die ubergeordnet auch als , Customer Integration'^^^ bezeichnet wird, differenziert sich schlieBlich an der Hohe der benotigten Beteiligung sowie an den eingebrachten Produktionsfaktoren vom Kunden. Wahrend es bei objektbezogenen Dienstleistungen meist nur bei der Ubergabe des extemen Faktors Kontaktpunkte gibt und die Prozesse lediglich auf den extemen Faktor ,Objekt' abgestimmt werden mussen, erhoht sich hingegen die Interaktivitat zwischen Anbieter und Nachfrager im Falle der personenbezogenen Leistung.^^^ Mithin muss eine informatorische Mitwirkung bei der Erstellung einer jeden Dienstleistung zur Bediirfnisspezifizierung vorliegen - unabhangig davon, ob noch ein weiterer oder mehrere exteme Faktoren integriert werden.^^* „Die Integration von Informationen ist somit ein obligatorisches und gleichzeitig konstitutives Merkmal der Integrativitat"^^^. Als Conclusio iiber samtliche Sichtweisen lasst sich dementsprechend festhalten, dass die Integrativitat sowohl den Aspekt der Informationsbereitstellung zur notwendigen Spezifizie• Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 89-91; Maleri (1997), S. 149; Maleri (1998), S. 124; Meyer/ BlOmelhuber (1994), S. 9 und Woratschek (2001), S. 269. Vgl. Engelhardt/ Freiling (1995a), S. 906 und Engelhardt/ Freiling (1995b), S. 40. Vgl. zur Potenzialintegrativitat auch Gersch (1998), S. 139. Vgl. Z.B. BUttgen (2001), S. 147; Corsten (2001), S. 124; FlieB (2001), S. 30; Haller (1993), S. 37; Kleinaltenkamp (1997a), S. 89-90; Kleinaltenkamp (1997b), S. 350-351; Kleinaltenkamp/ Marra (1995), S. 105; Maleri (1998), S. 124; Meyer/ Bliimelhuber (1994), S. 9 und Woratschek (2001), S. 269. ' Vgl. FlieB (2001), S. 33 und Kleinaltenkamp/ Haase (1999), S. 171. ' Vgl. Z.B. Kleinaltenkamp/ FlieB/ Jacob (1996). ' Vgl. Biittgen (2001), S. 149; Lehmann (1998), S. 24 und ReckenfelderbSumer (1995), S. 21. ' Vgl. Kleinaltenkamp (1993), S. 105-109; Kleinaltenkamp (1997a), S. 93-94 und Maleri (1997), S. 157. ' Engelhardt/ Freiling (1995a), S. 906.

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rung des Bedarfes als auch den Aspekt der aktiven Mitwirkimg Uber unterschiedliche Beteiligungsgrade entMlt. Beide Formen des Inputs schlieBen einander nicht aus, sondem mtlssen zum Zwecke der auf den Kunden gerichteten Dienstleistungserstellung gleichzeitig in einem Ubergeordneten Integrativitatskonzept eingeschlossen werden. Ohne die Integration des Nachfragers in den Erstellungsprozess ist die Realisierung einer Dienstleistung demzufolge nicht m6glich.^°° Die Integrativitat - oder Integration eines Nachfragers - schlieiit demzufolge zwei grundlegende Rollen des Kunden ein, die beide ausgefUhrt werden mtissen: die Rolle des Kunden als KSufer, welche sich aus der notwendigen Informationsiibermittlung und der Spezifizierung des Bedarfes ergibt, und die Rolle des Kunden als Co-Producer, welche sich aus der notwendigen Einbringung extemer Faktoren und der sich daraus resultierenden Mitwirkung des Kunden im Prozess ableiten lasst. Eine derartige Aufteilung der Kundenintegration wird teilweise auch bereits in der Literatur durchgefiihrt. So meint Engelhardt mit dem Begriff der ,Doppelfunktion' genau diese beiden Rollen: „Mithin kommt dem Nachfrager eine Doppelfunktion zu: Er ist Mitproduzent und Abnehmer zugleich."^^' Meyer, Bltimelhuber und Pfeiffer untersuchen die Bedeutung der Kundenbeteiligung im Hinblick auf die Dienstleistungsqualitat ebenfalls unter Zugrunde legung dieser beiden Rollen, bezeichnen diese jedoch anders: Neben die Rolle des CoProducers tritt die Rolle des Co-Designers. Diese umfasst nicht nur die auf die Information abzielende Nachfrage, sondem auch die Gestaltung und Anpassung an das Leistungsdesign."*^^ Andere Autoren erweitem die Rollen des Kunden sukzessive und mit unterschiedlicher Intention. So iibertragt Johnston die urspriinglich von den Mitarbeitem auszufiihrenden Aufgaben ,Leistungserstellung', , Gestaltung der AtmosphSre' sowie ,Bereitstellung von Informationen' auf den Kunden (,customer as employee').^^^ Lehmann hingegen versucht die Vorteile der Kundenbeziehung fur den Dienstleistungswettbewerb zu nutzen und deckt in diesem Sinne die Funktionen ,Nachfrager', ,Co-Produzent', ,Ertrags- und Kostenfaktor', ,Substitute for Leadership' und 'Marketing- und Qualitatssicherungsressource' auf, die in Abhangigkeit von der Art der Integration und der Kundenbeziehung stehen.'^^'* Lengnick-Hall weist dem Kunden im Rahmen der Mitwirkung bei der Dienstleistungsqualitat fiinf verschiedene Rollen zu: Kunde als Ressource, Kunde als Co-Producer, Kunde als Kaufer, Kunde als Endnutzer und Kunde als Produkt.^^^ Bezogen auf den Transformationsprozess zur Leistungserstellung weist Lengnick-Hall die ersten zwei Rollen der Inputseite und die tibrigen drei der Outputseite

^^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 89-91; Maleri (1997), S. 149; Maleri (1998), S. 124; Meyer/ BlUmelhuber (1994), S. 9 und Woratschek (2001), S. 269. '°' Engelhardt (1989), S. 280. ^^^ Vgl. Meyer/ BlUmelhuber/ Pfeiffer (2000), S. 52-58. ^^^ Vgl. Johnston (1989), S. 18-19. ^^ Vgl. Lehmann (1998), S. 19-46. ^^^ Vgl. Lengnick-Hall (1996), S. 796 sowie die dort zitierte Literatur.

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zu.'^^^ Gouthier definiert die Kundenrollen als „aus einer Untemehmensperspektive heraus erwartete Leistungen des Kunden"^^^ und stellt verschiedene Kundenrollen vor. Diese lassen sich in Basisrollen (Kunde stellt bzw. ist Co-Produktionsfaktor; Kunde ist Co-Interaktor; Kunde ist Kaufer) und Zusatzrollen (Kunde als Co-Designer; Kunde als Substitute for Leadership; Kunde als Co-Marketer) unterscheiden.^^^ Die Basisrollen der ZurverfUgungstellung des extemen Faktors als Co-Produktionsfaktor und des Kunden als K^ufers sind zwingend notwendig vom Nachfrager auszufUhren und kCnnen daher nicht substituiert werden."'^^ Die hier vorgeschlagenen Rollen des Kunden als Kaufer und als Co-Producer decken sich folglich mit den in der Literatur existierenden Rollen, werden jedoch 1) nicht nur auf einen einzelnen Bereich des Dienstleistungsmanagements, wie beispielsweise das Feld des Qualitatsmanagements, bezogen, sondem als allgemein gtiltiges Integrativitatskonzept verstanden und 2) beide zusammen als ftir die Integrativitat zwingend notwendige und sich erganzende Rollen betrachtet. Damit lasst sich das konstitutive Merkmal,Integrativitat' anhand der Abbildung 8 erklaren.

Rolleninhalte Bediirfnisspezifizierung

IntegrativiUit 4

-•

Bereitstellung steuernder Prozessinformationen

Kunde als KSufer

Individualisierung der Leistung

(Rolle 1)

2

1 S'

ZurverfUgungstellung externer Faktoren

g-

I Kunde als Co-Producer

y

I5' c

Ubernahme von Aktivitaten

Abb. 8

d

(Rolle 2)

Das rollenorientierte Integrativitatskonzept

^^ Vgl. Lengnick-Hall (1996), S. 797. ^^'^ Gouthier (2003), S. 42. ^°* Vgl. Gouthier (2003), S. 49-61. ^^^ Vgl. Gouthier (2003), S. 184.

55

3.1.4.2

Der Kunde als Kaufer

Dienstleistungen, ebenso wie Sachleistungen, werden infolge einer vom Nachfrager geauBerten Bediirfnisspezifizierung an diesen abgesetzt. Da die Dienstleistung erst mit der Integration des Nachfragers erstellt wird, wird sie entsprechend durch die Kaufabsicht des Kunden und mit der damit verbundenen Spezifizierung der Anforderungen und Wunsche konkretisiert und angestoi3en. Die Rolle des Kunden als Kaufer zielt damit sowohl auf den Absatz als auch auf das Marketing der Dienstleistung ab: Es werden Kundenanforderungen zur Erstellung der Leistung eingeholt, welche sodann durch die Leistungserbringung erfiillt und befriedigt werden sollen. Wird auf diese Weise ein Kundennutzen erzielt, so konnte die Dienstleistung gemaB der Sicht des Marketings effektiv erbracht werden.^ ^^ Insgesamt muss jedoch beachtet werden, dass der Absatz kein einmaliger, zeitpunktbezogener Akt zu Beginn des Leistungserstellungsprozesses ist, sondem uber den gesamten Zeitraum der Erstellung stattfmden kann: Wahrend interne und exteme Faktoren miteinander kombiniert werden, kann der Nachfrager zu jeder Zeit seine Leistung andem, neu ausrichten etc. Derartige vom Nachfrager eingebrachte Information bezeichnet Kleinaltenkamp als steuemde Prozessinformation und differenziert sie von Information im Sinne eines extemen Produktionsfaktors. Der kundenspezifischen Information kommt damit eine Sonderstellung zu,^" so dass sie im Hinblick auf die Unterscheidung der beiden Rollen einer ausftihrlichen Betrachtung bedarf Ftir den Begriff der Information fand erstmals Wittmann eine allgemein anerkannte Definition: „Information ist zweckgerichtetes Wissen, also solches Wissen, das zur Erreichung eines Zweckes, nSmlich einer moglichst vollkommenen Disposition eingesetzt wird."^'^ Diese Erlauterung ist jedoch sehr allgemein gehalten, so dass die Begriffsauffassungen von Information und Wissen flir detaillierte Untersuchungen noch genauer differenziert werden mtissen: Information ist kein grundlegender Bestandteil des Wissens, sondem ein notwendiger Datenzugang bei nicht ausreichendem Wissensbestand. In diesem Sinne werden jedoch nicht alle Daten zur Information, sondem nur solche Daten die tatsachlich in die Produktion bzw. die Leistungserstellung eingehen. Ansonsten bleiben diese Daten wie zuvor Daten.^'^ Information andert damit den Wissensbestand. Aus Sicht der Dienstleistungsunternehmen muss demzufolge zwischen dem Wissen, das im Hinblick auf den gesamten Markt angewendet werden kann, und zwischen dem Wissen flir einen einzelnen Kunden unterschieden werden. Reicht das erforderliche Wissen nicht aus, so ist weitere Information notwendig. In diesem Zusammenhang wird auch die erforderliche exteme Prozessinformation einfach erklarbar: Der im Untemehmen vorherrschende Wissensbestand kann nicht die Gesamtheit aller Kunden, d.h. jeden einVgl. zum Kundenvorteil und der damit einhergehenden Effektivitat auch die Ausfiihrungen im Kapitel 2.1.2.2. Vgl. Engelhardt/ Freiling (1995a), S. 906; Emenputsch (1986), S. 33; Kleinaltenkamp (1997b), S. 351; Kleinaltenkamp/ Marra (1995), S. 103 und Rosada (1990), S. 15-16. Wittmann (1959), S. 14. Vgl. Kleinaltenkamp (1993), S. 106-107 und Kleinaltenkamp/ Haase (1999), S. 173-174.

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zelnen Kunden, erfassen. Folglich ist zum Zwecke der Ausrichtung einer Dienstleistung auf einen speziellen Kunden bestimmte Information fur den Leistungserstellungsprozess notwendig: „Zuflie6ende Information ist immer bedeutungsvoll/wr etwas."^''* Die kundenspezifische Information andert somit den Wissensbestand des Untemehmens und reduziert die Unsicherheit des Anbieters beztiglich dieses Kunden.^^^ Umgekehrt benotigt jede Informationsnutzung auch einen gewissen Wissensbestand, um die Information uberhaupt dem Zweck entsprechend verwenden zu konnen.^*^ Information geht diesen Uberlegungen entsprechend iiber zwei Wege als Produktionsfaktor in die Leistungserstellungsprozesse ein: Auf der einen Seite sind Potenzialinformationen zur Gestaltung des Leistungspotenziales erforderlich. Diese werden vom Anbieteruntemehmen aus allgemeinen Umfeld- oder Marktdaten oder aus Erfahrungen moglicher vorhergehender Transaktionen gewonnen.^'^ Sie sind somit der Erstellung der Leistung logisch und zeitlich vorgeordnet,^^^ da sie zunachst nicht im Wissensbestand des Untemehmens enthalten sind. Zum anderen richten sie sich noch nicht auf einen konkreten Kundenbedarf, sondem bilden stattdessen erst die Grundlage flir autonome Entscheidungen des dispositiven Faktors zur Ausrichtung der Leistungspotenziale.^'^ Auf der anderen Seite wird Information, die mit einem einzelnen Kunden verknupft ist, in dem Augenblick zum Produktionsfaktor, in dem sie als extemer Faktor oder mit einem weiteren extemen Faktor im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses mit dem Leistungspotenzial kombiniert wird. Folglich wird sie, wie alle extemen Faktoren, erst einsetzbar, nachdem eine Kontaktaufnahme mit einem konkreten Nachfrager erfolgt ist, d.h. sie aktiviert dann das Leistungspotenzial und st5Bt den Leistungserstellungsprozess an. Derartige exteme Prozessinformation kann wiedemm auf zweifache Weise als extemer Faktor in den Leistungserstellungsprozess integriert werden: Zum einen als extemer Faktor im engeren Sinne (innerhalb der Rolle des Kunden als Co-Producer), zum anderen als steuemde Prozessinformation.^^^ Steuemde Prozessinformationen bezeichnen einzelkundenbezogene Informationen, die den Leistungserstellungsprozess steuem. Dabei begleiten sie andere exteme Faktoren in den Leistungserstellungsprozess, wobei sie selbst jedoch nicht verandert werden. Sie sind ftir den AnstoB und die Steuerung des Leistungserstellungsprozesses zwingend notwendig, da sie wichtige Spezifizierungen beztiglich des Leistungsergebnisses bereithalten, wie beispielsweise den gewUnschten Fertigstellungstermin der Leistung. Im Leistungsergebnis selbst sind sie dann entsprechend nicht mehr enthalten. Sie verbrauchen sich bereits im Leistungserstellungspro^'^ ^'^ ^'^ ^'^

Rodder/ Reucher (2001), S. 13 (Hervorhebungen im Original). Vgl. zum Zusammenhang von Information und Unsicherheit: Rodder/ Reucher (2001), S. 1 und 9. Vgl. Kleinaltenkamp/ Dahlke (2003), S. 226. Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 94; Kleinaltenkamp/ Schweikart (2001), S. 189 und Weiber/ Jacob (2000), S. 529. ^'* Vgl. Picot(1990),S.6. '•' Vgl. Kleinaltenkamp (1993), S. 108 und Kleinaltenkamp (1997b), S. 351. ^2° Vgl. FlieB (2001), S. 24, 28; Kleinaltenkamp (1993), S. 108-109 und Kleinaltenkamp/ Marra (1995), S. 103.

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zess und tragen dabei zur Gestaltung von Prozess und Ergebnis bei. Steuemde Prozessinformationen treten insofem als andere exteme Faktoren begleitende Produktionsfaktoren auf, sei es als Begleitimg des extemen Faktors ,Person', ,Objekt' usw. oder sogar als Begleitung der reinen ,Information'.^^^ Damit stehen die Spezifizienmgen des Kimden als KSufer in stSndiger Wechselbeziehung zur Co-Produktion, welche die Einbringung der extemen Faktoren beinhaltet. Bringt ein Kunde sein Kfz in die Werkstatt, so wird er zum einen bei der Ubergabe seinen Wunsch nach der Reparatur des Kfz auBem (Rolle 1). Zum anderen wird auch das Kfz selbst steuemde Infomiation fur den Mechaniker bereithalten, etwa wenn der Mechaniker nach der Ursache des Defektes sucht (Rolle 2). Eine trennscharfe Abgrenzung der beiden Rollen ist somit nicht immer moglich, jedoch im Rahmen des beide Rollen einschlieBenden Konzeptes auch nicht notwendig. Steuemde Prozessinformationen bilden diesen Uberlegungen folgend ein Kemproblem der Integrativitat, da der Nachfrager durch die Zurverfiigungstellung dieser Informationen den Leistungserstellungsprozess ,mitsteuert', was weitreichende Konsequenzen haben kann. Zwar stellen steuemde Prozessinformationen genau diejenigen Informationen dar, die der Anbieter zum AnstoB der Leistungserstellung und damit zur Unsicherheitsreduzierung^^^ beztiglich der Kundenanfordemngen benotigt, jedoch ziehen sie gleichzeitig weitere Unsicherheiten nach sich: Steuemde Prozessinformationen schranken nicht nur die EntscheidungsfreirSume des dispositiven Faktors ein, sondem beeinflussen insbesondere auch die Phase der Leistungserstellung. Da die Informationen des Nachfragers immer nur fallweise flieBen, werden zahlreiche Entscheidungen im Rahmen von Leistungspotenzial und Leistungserstellungsprozess lediglich unter Unsicherheit getroffen und/ oder erst in einer sehr spaten Phase des Leistungserstellungsprozesses festgelegt.^^^ Der Anbieter wird so in der freien Gestaltung von Inhalt und Form der Leistungserstellung begrenzt, so dass der Verlauf des Erstellungsprozesses nicht exakt planbar ist und sich stattdessen an den Anfordemngen und Wiinschen des Kunden ausrichten muss. Weiterhin kann sich auch seine Zeitplanung im Nachhinein verandem, wenn der Kunde beispielsweise in einer spaten Phase des Prozesses noch Andemngswiinsche einbringen mochte.^^"* Letztendlich erlangen steuemde Prozessinformationen sowohl flir die Qualitat des Leistungsergebnisses als auch fur die Steuerung des Leistungserstellungsprozesses eine hohe Bedeutung.^^^ Hervorzuheben ist, dass der Wunsch nach einer individualisierten Leistung eine Klamng der gewunschten Besonderheiten uber leistungsspezifische Information notwendig macht.^^^ Wahrend standardisierte Dienstleistungen ,lediglich' einer BedarfsauBemng des Kunden be^2' Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 93 und Mengen (1993), S. 28. ^^^ Vgl. ROdder/ Reucher (2001), S. 1 und 9. ^^^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997b), S. 351-352; Kleinaltenkamp/ Dahlke (2003), S. 227 und Kleinaltenkamp/ Schweikart (2001), S. 190-191. ^^^ Vgl. FlieB (2001), S. 58 und Kleinaltenkamp/ Schweikart (2001), S. 190. '^^ Vgl. FlieB (2001), S. 28. ^2^ Vgl.Jacob(1995), S. 80.

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dtlrfen, erfordem individuelle Dienstleistungen genaue leistimgsspezifische Informationen von Seiten des Kunden."^^^ Damit zieht jeder vom Kiinden gewUnschte hOhere Individualisierungsgrad der Leistung ein grSBeres MaB an steuemden Prozessinformationen nach sich, wShrend standardisierte Leistung iiberwiegend autonom erbracht werden kann.^^^ Das Leistungspotenzial kann also nur bedingt Bausteine fur das zu erstellende individuelle Leistungsergebnis enthalten, so dass erst im Verlaufe des Leistungserstellungsprozesses durch die Informationen vom Kunden als KSufer Konkretisierungen fur die Leistung vorgenommen werden.^^^ Individualisierungsgrad und vom Kunden zu liefemdes Informationsvolumen hSngen damit eng zusammen: Wahrend ein hohes Informationsvolumen fUr eine individualisierte Leistungserstellung entscheidend ist, geht ein niedriges Informationsvolumen mit einer standardisierten Leistungserstellung einher."^^^ Jede Kontaktaufnahme des Kunden mit dem Anbieteruntemehmen zwecks Ubermittlung der leistungsspezifischen Information fuhrt dabei zu einem Kontaktpunkt zwischen Nachfrager und jeweiligem Mitarbeiter, so dass eine InteraktivitSt zwischen Anbieter und Nachfrager stattfmdet und der Integrationsgrad des Nachfragers im Sinne eines gestiegenen AusmaBes der Integration steigt. Dennoch ist eine Individualisierung nicht zwangslaufig mit einem hohen Integrationsgrad und eine Standardisierung nicht notwendigerweise mit einem niedrigen Integrationsgrad verbunden.^^' FlieBt bei einer einmaligen Kontaktaufnahme bereits ein angemessen hohes Informationsvolumen oder sind bei einem Stammkunden die Bedurfnisse bekannt, so kann eine individuelle Leistung bei nur geringem Integrationsgrad erstellt werden. Andersherum kann der Betreiber eines Freizeitparks seine Leistungen standardisiert anbieten, obwohl die Besucher hier in hohem MaBe aktiv mitwirken. Abbildung 9 setzt die beiden Kauferrollen sowie das Informationsvolumen, das mit der Individualisierung korreliert, und die Integrativitat miteinander in Beziehung. Die Ordinate verdeutlicht die Rolleninhalte des Kunden als Kaufer: Ein MindestmaB an Bediirfnisspezifizierung ist in jedem Fall zwingend fiir eine Leistungserstellung erforderlich^^^ (Quadrant I). Wie zuvor beschrieben, sind Falle denkbar, in denen eine hohe Individualisierung zwar mit einem entsprechend hohen Informationsvolumen des Kunden korrespondiert, jedoch nur einen geringen Integrationsgrad nach sich zieht (Quadrant III). Da die Mehrzahl der individuellen Dienstleistungen allerdings zum Zwecke der Spezifizierung eine haufige Kontaktaufnahme von Anbieter und Nachfrager sowie dadurch verursacht auch einen hohen Integrationsgrad erfordem/"^^ uberwiegt in der Matrix die Kombination aus hohem Individualisierungs- und hohem Integrationsgrad (Quadrant IV).

''' Vgl. Jacob (1995), S. 52; Kleinaltenkamp (1993), S. 119-120; Kleinaltenkamp (1997a), S. 98-99 und Kleinaltenkamp/ Haase (1999), S. 170-171. ^^* Vgl. FlieB (2001), S. 4 und Jacob (1995), S. 49, 52. ^^^ Vgl. Kleinaltenkamp (1993), S. 109; Kleinaltenkamp/ Dahlke (2003), S. 229 und Lehmann (1998), S. 60-61. "° Vgl. Corsten (1996), S. 20; Kleinaltenkamp (1993), S. 109-110 und Kleinaltenkamp (1997a), S. 98. "' Vgl. Engelhardt/ Freiling (1995a), S. 912 und Reckenfelderbaumer (1995), S. 109-112. "^ Vgl. Emenputsch (1986), S. 36; Kleinaltenkamp (1996), S. 15 und Kleinaltenkamp (1997a), S. 93. "^ Vgl. Corsten (1998c), S. 1; Kleinaltenkamp/ Schweikart (2001), S. 191 und Reckenfelderbaumer (1995), S.21.

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Dadurch wird gleichzeitig erkennbar, dass die Individualisierung nur einen Teilbereich der Integrativitat ausmacht und sich beide Begriffe nicht zwangslauflg vollkommen bedingen. Diesen Zusammenhang bestStigt auch das Beispiel des Freizeitparks. Dortige Besucher erhalten ebenso wie etwa der Gast im Hotel eine standardisierte Leistung bei gleichzeitig hoher Integration im Rahmen der Co-Produktion.

Kunde als Kdufer t

Leistungsspezifische Information

integrativ + individualisiert

individualisiert

IV

autonom + standardisiert

integrativ + standardisiert

Peine Bediirfnisspezifizierung Geringer Integrationsgrad

Abb. 9

3.1.4.3

Hoher Integrationsgrad

Kunde als Co-Producer

Das Zusammenspiel der beiden Kundenrollen

Der Kunde als Co-Producer

Die Co-Produktion zwischen Dienstleister und Nachfrager zielt auf die zweite Komponente der Integrativitat ab und meint die durch die Bereitstellung von extemen Faktoren entstehende Mitwirkung des Kunden (vgl. Abb. 8 auf S. 55): Indem dieser exteme Faktoren zur Verfiigung stellt, sei es sich selbst als Person, sei es ein Objekt, die Bereitstellung von notwendiger Information etc. wird er zum Mitproduzenten an der Dienstleistung.^^"* In Abhangigkeit vom Umfang der Mitwirkung variiert der Integrationsgrad, wie auch die Abszisse in Abbildung 9 zeigt. So reicht die Co-Produktion von der reinen Zurverfugungstellung extemer Faktoren (wie z.B. die Zurverfugungstellung des Objektes ,Kfz' in der Reparaturwerkstatt) bis hin zur aktiven Beteiligung im Leistungserstellungsprozess. Die eigenstandige Ubemahme von Aktivitaten durch den Nachfrager fmdet sich zumeist bei personenbezogenen Dienstleistungen, so dass daraus eine klassische Arbeitsteilung resultiert. Vgl. Bateson (1985), S. 72-73; Collier (1985), S. 7; Engelhardt (1989), S. 280; FlieB (2001), S. 2-3 und Kleinaltenkamp (1997b), S. 350.

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Damit bringt der Nachfrager in der Rolle des Co-Producers eigene Produktionsfaktoren (Personen, Objekte, Tiere, Pflanzen, Rechte, Nominalguter und/ oder Information) in den Leistungserstellungsprozess ein, so dass iiber die Rolle des Co-Producers zum einen die Integration extemer Faktoren erfasst wird und zum anderen eine Produktionssicht eingenommen wird. Als wesentlich erweist sich fur den Anbieter hier die effiziente Kombination der intemen und extemen Faktoren. Eine solche Produktion steht folglich in standigem Austausch mit Bedurfnisspezifizienmgen des Kunden im Rahmen des Absatzprozesses. Ubergibt ein Kunde seinem Steuerberater die notwendigen Informationen zur Erstellung der EinkommenssteuererklSrung, dann liegt hierbei sowohl eine BedUrfnisspezifizierung des Kunden im Sinne des Wunsches nach der Dienstleistung des Steuerberaters als auch eine Integration von extemen Faktoren vor. Die extemen Prozessinformationen reprSsentieren an dieser Stelle die von Kleinaltenkamp neben den steuemden Prozessinformationen zweite identifizierte Art des extemen Faktors information': Die so bezeichneten extemen Faktoren i.e.S. stellen Faktoren dar, an denen die eigentliche Leistung erbracht wird, indem die Informationen verarbeitet bzw. verandert werden.^^^ Sie werden in den Leistungserstellungsprozess integriert und durch eine Be- oder Verarbeitung zum Kem des Leistungsergebnisses. Exteme Faktoren i.e.S. unterscheiden sich damit nicht wesentlich von den anderen Arten extemer Faktoren, so dass gesonderte Uberlegungen hierzu nicht weiter erforderlich sind.^^^ Das Beispiel der Dienstleistung ,Steuerberatung' verdeutlicht das Zusammenspiel der beiden Kundenrollen: Beide Rollen erfordem die Einbringung des Kunden in den Leistungserstellungsprozess, woraus sich Besonderheiten fur die Dienstleistungserstellung ergeben, die der Anbieter beriicksichtigen muss. Bedingt durch die Mitwirkung kann der Nachfrager Einblicke in das Anbieteruntemehmen, im Speziellen in den Leistungserstellungsprozess, erlangen. Somit werden hohe Anforderungen an die Potenziale, wie Mitarbeiter und Geschaftsausstattung, an den Ablauf und an das Verhalten der Kundenkontaktmitarbeiter gestellt, da diese Faktoren samtlich das Qualitatsurteil des Nachfragers beeinflussen.^^^ Aber auch der Nachfrager selbst ist an der Qualitat beteiligt, da er als Kaufer auf die Qualitat Einfluss nimmt und sie als Co-Producer zudem mitgestaltet. Folglich kann der Anbieter im Vorfeld der Leistungserstellung nur bedingt die Qualitat der Dienstleistung einschatzen, da diese auch von dem Verhalten und den Tatigkeiten des Nachfragers abhangt: Jede Integration erfordert von Seiten des Nachfragers die Bereitschaft zur Mitwirkung sowie die entsprechende Fahigkeit. Art, Dauer und Umfang des Leistungserstellungsprozesses sowie auch die Qualitat von Leistungserstellungsprozess und -ergebnis werden also von der Bereitschaft und "^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 93 und Kleinaltenkamp/ Marra (1995), S. 103. "^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 93 und Mengen (1993), S. 27. "^ Vgl. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ Reckenfelderbaumer (1993), S. 422 und Lovelock (2001), S. 12.

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Fahigkeit des Nachfragers beeinflusst und geprSgt. Damit werden auch die Leistungsfahigkeit und Leistungsbereitschaft des Nachfragers zu Erfolgskomponenten des Anbieteruntemehmens, iiber deren AusmaB der Anbieter sich jedoch ex-ante nicht sicher sein kann.^^* Die bereits unter der Immaterialitat aufgefuhrten Speicherprobleme zeigen sich ebenfalls in der Integrativitat: Da die Integration extemer Faktoren zur Leistungserstellung notwendig ist, kann eine Dienstleistung nicht auf Lager gehalten werden, bis ein Nachfrager die Leistung erwerben mochte. Im unmittelbaren Zusammenhang dazu stehen Kapazitatsprobleme. Die Bereithahung der Potenzialfaktoren des Anbieters muss standig in ausreichender Quantitat und Qualitat gegeben sein, damit der Erstellungsprozess angestofien werden kann, sobald ein extemer Faktor hinzutritt.^^^ Die integrationsbedingten Probleme manifestieren sich insbesondere bei personenbezogenen Dienstleistungen im Gegensatz zu objektbezogenen. Wahrend es bei objektbezogenen Dienstleistungen meist nur bei der Ubergabe des extemen Faktors Kontaktpunkte gibt und die Prozesse lediglich auf den extemen Faktor ,Objekt' abgestimmt werden miissen, erhoht sich hingegen die Interaktivitat zwischen Anbieter und Nachfrager im Falle der personenbezogenen Leistung. Durch den mit der Co-Produktion verbundenen steigenden Integrationsgrad wirken sich Effekte wie Einsicht- und Einflussnahme von Seiten des Nachfragers besonders stark aus.^'^^ Aus einer h5heren Integrativitat resuhiert demzufolge eine hohere Interaktivitat.^"*' Hohe Integrativitat liegt dabei in der Matrix der Abbildung 9 auf Seite 60 in den Quadranten II und IV vor. Da in jedem Kontaktpunkt weitere steuemde Prozessinformation zur Leistungsspezifizierung ubermitteh werden kann, ist der Ubergang von einer standardisierten zu einer individualisierten Leistung in Verbindung mit hoher Integrativitat flieBend (vgl. die Quadranten II und IV). Die sich aus der Integration des Nachfragers ergebenden Besonderheiten im Hinblick auf die Erstellung der Leistung entfalten gemaB der Ausfiihrungen im vierten Quadranten ihre hochste Wirkung: Die Mitwirkung des Nachfragers erfolgt hier im groBten Umfang, so dass sich der Anbieter bei dieser Integration am starksten auf den Kunden ausrichten muss (z.B. mit Bhck auf die Einfluss- und Einsichtnahme sowie auf die Leistungsspezifizierung von Seiten des Kunden). Die Integration des Nachfragers hat folglich nicht unerheblichen Einfluss auf den Leistungserstellungsprozess des Anbieters. GemaB der Rollen und der Art des extemen Faktors variieren diese Auswirkungen zwar, sind jedoch stets existent, da die Dienstleistung nicht ohne die Integration des Nachfragers erstellt werden kann. Damit liegt ein wesentlicher Unterschied zur Produktion von Sachleistungen vor, so dass eine Analyse der Dienstleistungsproduktivitat einer eigenstandigen produktionstheoretischen Betrachtung bedarf Vgl. Chase (1978), S. 138; Engelhardt/ Reckenfelderbaumer (1999), S. 201; Katz/ Kahn (1966), S. 116; Kleinaltenkamp (1997a), S. 93-94; Meister/ Meister (1998), S. 41; Mudie/ Cottam (1999), S. 225; Rodie/ Schultz Kleine (2000), S. 117 und Woratschek (2001), S. 270-271. Vgl. Maleri (1998), S. 130; Meffert/ Bruhn (1997), S. 51 und Woratschek (1996), S. 61. Vgl. BOttgen (2001), S. 149; Lehmann (1998), S. 24 und Reckenfelderbaumer (1995), S. 21. Vgl. Corsten (1998a), S. 83 und Woratschek (1996), S. 67.

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Produktionstheoretische Ansatze mussen den Kunden und seine Rollen mit einbeziehen, well 1) der einer Produktion inharente Transformationsprozess, der die Kundenleistung erstellt, durch den Kunden angestoiJen wird (dienstleistungsspezifisch wird an dieser Stelle vom Leistungserstellungsprozess gesprochen), und weil 2) der Kunde als Produktionsfaktor mit in den Input einbezogen wird. Da es noch keine einheitliche Theorie zur Dienstleistungsproduktion gibt, sind die bereits bestehenden produktionstheoretischen Ansatze auf ihre Eignung beziiglich einer fundierten Untersuchung der Produktivitat von Dienstleistungen vor dem Hintergrund des aufgezeigten Integrativitatskonzeptes hin zu uberprufen.

3.2 3.2.1

Produktionstheoretische Ansatze fiir Dienstleistungen Dienstleistungsproduktionstheoretische Sichtweisen und ihre Eignung zur Erfassung des Integrativitatskonzeptes

Im Gegensatz zur Produktionstheorie von Sachleistungen, die vor allem durch die Gedanken Gutenbergs gewachsen ist und in diversen Produktionsfunktionen ihren formalen Niederschlag findet, ist eine einheitliche Produktionstheorie von Dienstleistungen bislang nicht existent. Zur Behebung dieses Defizits entwickelten Produktions- ebenso wie Dienstleistungstheoretiker jeweils eigenstandige produktionstheoretische AnsStze flir Dienstleistungen. Verdeutlicht man sich die Heterogenitat der Dienstleistungsdefmitionen auf der einen und die verschiedenen Ansatze zur Dienstleistungsproduktion auf der anderen Seite, so wird offenkundig, dass zu uberprufen ist, ob es einen Produktionsansatz gibt, der das hier vorgestellte Integrativitatskonzept in Form der beiden Kundenrollen abzudecken vermag. Um einem solchen Vorgehen gerecht zu werden, werden die Sichtweisen derjenigen Autoren, die das Verstandnis der Dienstleistungsproduktion bislang gepragt haben, in ihren Grundziigen vorgestellt und hinsichtlich ihrer Auslegung der Integration des Nachfragers untersucht. Die Darstellung erfolgt in chronologischer Reihenfolge. Die in diesem Zusammenhang altesten Uberlegungen stammen von Riebel. Dieser nimmt eine Unterscheidung von ,Markt- und Kundenproduktion' aus produktions- und absatzwirtschaftlicher Sicht vor:^'*^ Bei der Kundenproduktion werden im Gegensatz zur Marktproduktion, bei welcher im klassischen Sinne fur einen anonymen Markt produziert wird (Produktion vor Absatz), erst Kundenauftrage eingeholt, um dann auf Basis dieser Auftrage die Produktion in Art, Menge und Zeit auszurichten. Der Absatz liegt bei der Kundenproduktion damit vor der Produktion. Mit diesen Aussagen zielt Riebel unmissverstandlich auf den Kunden als Kaufer ab: Ein bestimmter Kunde muss sich an das Unternehmen wenden und seinen Bedarf in Form

Vgl. Riebel (1965), S. 666-667.

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eines Kundenauflrages aufiem.^'*^ Als wesentliches Unterscheidungskriterium zwischen Markt- und Kundenproduktion sieht Riebel sodann die ,Orientierung an der Programmplanung', so dass sich bei einer Kundenproduktion die Planung des ,Leistungserstellungsprogrammes' direkt an den eingegangen Kundenauftragen ausrichtet. Die Kundenproduktion setzt somit ein, wenn Kunden BedarfsSuBerungen machen. Insofem stellt sich auch die Kapazitatsplanung als auftragsbedingt dar, da diese von der Menge und der zeitlichen Verteilung der Kundenauftrage beeinflusst wird.^'*'* Moglichkeiten der Kapazitatsflexibilisierung entstehen gemSBfrUhererAusfuhrungen Riebels in bestimmten standardisierten Dienstleistungsbranchen, wie etwa bei der Verrichtungsplanung eingehender KundenauftrSge im Versandhandel.^^^ Wiinschen Kunden eine individualisierte Leistung, so resultieren hieraus unmittelbare Konsequenzen fur die Produktion: Individuelle Wunsche konnen nicht im Vorhinein im Sinne einer Marktproduktion abgeschatzt werden, so dass die Produktion erst nach der Spezifizierung von Seiten des Kunden begonnen werden kann. Eine solche individuelle Kundenproduktion definiert Riebel femer iiber eingesetzte Faktoren, die Eigentum des Kunden sind. Ein gegebenes Rechteverhaltnis erfordert damit den Kontakt mit dem Kunden vor der Produktion.^'^^ SchlieBlich fmdet sich auch die Mitwirkung des Kunden in den Ausfuhrungen Riebels, doch bezieht er diese im Rahmen der Analyse von Ubergangsproduktionsformen zwischen Markt- und Kundenproduktion auf die MOglichkeit, dass der Kunde Wunsche bzw. spezifische Informationen mit Blick auf die Menge, die zeitliche Bereitstellung, die Ausgestaltung bzw. Variante einer teilweise vorproduzierten Leistung einbringen kann.^"*^ Damit wird auch die Mitwirkung des Kunden auf seine Rolle als Kaufer (BedarfsauBerung iiber Menge und Zeit) bezogen: Uber steuemde Prozessinformationen bestimmt der Kunde die Art, QuantitSt, Qualitat und Zeit der Leistung, aus denen auch ein moglicher individueller Kundenauftrag hervorgeht. Riebels Ausftihrungen zur Kundenproduktion konnen folglich als eine fruhe Analyse Uber die Rolle des Kunden als Kaufer und deren Auswirkungen auf die Produktion sowie die damit verbundene KapazitStsplanung aufgefasst werden. Maleri hat sich sodann erstmalig umfassend mit den betriebswirtschaftlichen Gnmdlagen der Dienstleistungsproduktion auseinandergesetzt und dabei auch die Rolle des extemen Faktors naher spezifiziert.^"*^ Diesen Ansatz hat er stetig weiterverfolgt und kontinuierlich ausgebaut. Maleri defmiert die Produktion von Dienstleistungen entsprechend der Produktion von Sachleistungen als eine zweckgerichtete Kombination produktiver Faktoren.^"*^ Zur Differenzierung beider Erstellungsprozesse betrachtet er insbesondere die Produktionsfaktoren naher und Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

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ebenda. Riebel (1965), S. 668. Riebel (1954), S. 133. Riebel (1965), S. 671-672. Riebel (1965), S. 672-674. Maleri (1973). Maleri (1973), S. 2.

stellt des Weiteren den Aufbau der Prozesse dar. Letzterer setzt sich bei der Dienstleistungsproduktion aus der Herstellung der Leistungsbereitschaft und der Endkombination zusammen. Damit liegt ein zweistufiger Prozess vor, wobei die Endkombination, die in Ubereinstimmung mit dem Kunden vorgenommen wird, den eigentlichen Leistungserstellungsprozess zur Hervorbringung der Dienstleistung bildet.^^^ Riebels Uberlegungen entsprechend muss eine Dienstleistung folglich zunachst abgesetzt werden, bevor sie produziert werden kann.^^^ Kapazitatsentscheidungen werden diesen Auffassungen folgend mit der geplanten Leistungsbereitschaft abgestimmt, sind jedoch wiederum abhSngig von den Wunschen der Nachfrager im Leistungserstellungsprozess. So richten sich die Faktoreinsatze des Anbieters hinsichtlich Art, Ort und Zeit der Leistungserstellung nach den Anforderungen des Nachfragers. Ubersteigt die vorgehaltene Leistungsbereitschaft die eintretende Nachfi-age, so resultieren Leerkapazitaten und entsprechend Leerkosten.^^^ Bringt der Kunde des Weiteren Information zur Leistungserstellung ein, welche allerdings nicht zwingend erforderlich ist, so wird auch hierdurch der Produktionsprozess beeinflusst. So bestimmen Faktoren wie Vollstandigkeit und Qualitat der Inft)rmation den mengen- und zeitmaBigen Einsatz der intemen Produktionsfaktoren.^^^ Betriebliche Faktoreinsatze bediirfen demzufolge einer gewissen FlexibilitSt, um einerseits zeitliche Nachfi-ageschwankungen zu glatten und um andererseits Schwankungen in Art und Qualitat der BedarfsauBerungen auszugleichen. Diese Notwendigkeit der anbieterseitigen Flexibilitat steigt, je individueller die gewunschte Dienstleistung sein soll.^^"* Maleri deutet mit diesen Aussagen in die Richtung der Kundenrolle des Kaufers, schwacht diese jedoch ab, da er zum einen die Aspekte der Kundenwiinsche nicht den dienstleistungsspezifischen Besonderheiten, sondem den „Eigenarten der jeweils zu produzierenden Giiter"^^^ zuordnet. Zum anderen bezeichnet er die Informationen als „reine Absatzinformationen, d.h. solche, die lediglich Art und Umfang der zu produzierenden Dienstleistungen determinieren"^^^ und so nicht zwingend erforderlich sind. Die Rolle des Kunden als Kaufer kann mit dem Ansatz Maleris daher nicht erklart werden. Einen bedeutenden Part raumt Maleri hingegen der Integration externer Faktoren ein, die er als zwingend notwendigen Inputfaktor zur Dienstleistungserstellung auffasst. Ohne diese Integration kann die Endkombination nicht vorgenommen werden.^^^ Maleri fasst aus diesen Grundiiberlegungen drei Dienstleistungstypen zusammen, die sich in der Einbringung materieller und/ oder immaterieller Objekte und Tiere, in der passiven Beteiligung sowie schlieUlich in der aktiven Mitwirkung an der Dienstleistungsproduktion konkretisieren.^^^

Vgl. Maleri (1973), S. Vgl. Maleri (1997), S. Vgl. Maleri (1973), S. Vgl. Maleri (1973), S. Vgl. Maleri (1997), S. Maleri (1997), S. 138. Maleri (1998), S. 127. Vgl. Maleri (1997), S. Vgl. Maleri (1997), S.

105-107. 138 und Riebel (1965), S. 666-667. 107 und Maleri (1997), S. 138-139. 86. 139-140.

137 und Maleri (1998), S. 124, 128. 148-149.

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Die aktive Beteiligung bietet sich insbesondere dann an, wenn der Nachfrager selbst wahrend der Leistungserstellung anwesend ist: Der Dienstleister kann vom Nachfrager eigenstandige Arbeitsleistungen abfordem, wie es bereits im Rahmen der Selbstbedienung bzw. der Bedienung von Automaten tiblich ist.^^^ Maleri sieht solche aktive Mitwirkung grundsStzlich bei Dienstleistungen, „die ein Miterleben, unmittelbares Aufnehmen oder die Befriedigung unmittelbarer menschlicher Bediirfnisse zum Gegenstand haben"^^^, als gegeben an (z.B, Personenbefbrderung, Aus- und Weiterbildung, Heilfursorge). Die Mitwirkung des Nachfragers kann iiber dessen Aktivitatsgrad gemessen werden. Steigt der Aktivitatsgrad, so wird der Erfolg der Dienstleistungserstellung umso mehr von der Beteiligung des Nachfragers abhangig, wahrend die anbieterseitigen Einflussmoglichkeiten sinken.^^' Mit diesen AuBerungen bezieht sich Maleri eindeutig auf die Rolle des Kunden als CoProducer. Dennoch sind die Uberlegungen beziiglich der Einwirkung des Co-Producers auf den Leistungserstellungsprozess relativ unspezifisch: So ist die Autonomic des Anbieters im Rahmen einer Personenbeforderung sicherlich hoher als bei der oben genannten Heilfursorge. Als Ursache ware die standardisierte Leistung einer Personenbeforderung zu nennen. Zwar bezeichnet Maleri an anderer Stelle die Leistungen offentlicher Verkehrsbetriebe als ,homogene Dienstleistungen',^^^ doch setzt er diese beiden Konzepte der Homogenitat und der Individualisierung auf der einen sowie des niedrigen und hohen Aktivitatsgrades auf der anderen Seite nicht miteinander in Beziehung. Maleris Aussagen miissten demzufolge mit Blick auf das hier vorgestellte Integrativitatskonzept weiter differenziert werden, um zu einem umfassenden Ansatz beider Kundenrollen im Rahmen der Integration des Nachfragers zu gelangen. Altenburger betrachtet die Produktion von Dienstleistungen als Kombinationsprozess, dessen Ergebnis dann die Dienstleistung ist.^^^ Der Kombinationsprozess besteht aus einer Abfolge von sieben Produktionsstufen, die Altenburger als charakteristisch fiir die Produktionsstruktur von Dienstleistungen ansieht: Auf der ersten Stufe entsteht aus originSren Repetierfaktoren und der Nutzung originarer Repetierfaktoren ein derivativer Potenzialfaktor. Auf der zweiten Stufe wird aus der Nutzung des derivativen Potenzialfaktors der vorherigen Stufe, aus weiteren originaren Repetierfaktoren sowie aus der Nutzung weiterer originarer Potenzialfaktoren ein neuer derivativer Potenzialfaktor erstellt. Dieser Vorgang wiederholt sich bis zur sechsten Stufe, wobei die intemen Produktionsfaktoren immer starker auf einen bestimmten Zweck, die zu produzierende Dienstleistung, ausgerichtet werden. Auf der letzten Stufe wird schlieBlich aus originaren Repetierfaktoren, aus der Nutzung originarer Potenzialfaktoren sowie aus

"' ^^° ^^' ^" ^"

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Vgl. Maleri (1997), S. 142 und 151. Maleri (1997), S. 152. Vgl. Maleri (1997), S. 152. Vgl. Maleri (1997), S. 140. Vgl. Altenburger (1980), S. 91 und 98.

der Nutzung des in der sechsten Stufe hervorgebrachten derivativen Potenzialfaktors die Dienstleistung erzeugt.^^ Den extemen Produktionsfaktor betrachtet Altenburger dabei als reinen Produktionsfaktor. Dabei lehnt er sich an die Produktionsfaktormerkmale nach Maleri an, die von den extemen Faktoren erfullt werden.^^^ Exteme Produktionsfaktoren nehmen damit die gleiche Funktion wie interne Faktoren ein. „Sie [die extemen Faktoren] nehmen in vollig gleicher Weise wie alle anderen Produktionsfaktoren am Kombinationsprozess teil".^^^ Allerdings werden exteme Produktionsfaktoren vom Abnehmer bereitgestellt. Sie kOnnen femer auf jeder Stufe in den Produktionsprozess eingebracht werden, auf der eine VerauBerung der Leistung stattfmdet. Das bedeutet, dass nicht nur die Dienstleistung auf der letzten Stufe abgesetzt werden kann (Beifugung extemer Produktionsfaktoren auf der letzten Stufe), sondem es konnen auch Zwischenprodukte auf den Stufen 1 bis 6 verauBert werden (Einbringen extemer Produktionsfaktoren auf der entsprechenden Stufe).^^^ Eine Beteiligung des Nachfragers, der nicht mit dem Endkonsumenten identisch sein muss, reicht entsprechend der Gedanken Maleris von passiver bis hin zu aktiver Mitwirkung (z.B. als Selbstbedienung bei Verpflegungsleistungen oder im Sinne von Eigenleistungen eines Patienten bzw. einer betreuten Person).^^^ Nachfrager und Anbieter konnen demnach Aktivitaten in der Leistungserstellung voneinander iibemehmen. Dadurch konnen nach der Auffassung Altenburgers unterschiedliche Varianten der Dienstleistung vorliegen: Eine Leistung, die allein aus den intemen Produktionsfaktoren erstellt wird, muss von einer Leistung, die - infolge einer eventuellen Mitwirkung - aus extemen und intemen Produktionsfaktoren gemeinsam produziert wird, differenziert werden. Altenburger bezieht schliefilich auch den Faktor der Information in seine Uberlegungen ein. Informationen vom Kunden oder vom Markt sind flir die Erstellung jeder Dienstleistung bzw. jeder Sachleistung erforderlich. Dabei konnen sie zusatzlich zu den extemen Faktoren auftreten. Damit schlieBt Altenburger zwar ebenfalls einerseits exteme Faktoren und andererseits Information in sein Produktionskonzept ein, in den Analysen einzelner Dienstleistungen fallen jedoch nur noch die extemen Faktoren auf.^^^ Die Rolle der Information, die im oben betrachteten Integrativitatsverstandnis vor allem steuernde Prozessinformation meint, wird damit vemachlassigt. Dies mag darauf zuruckzuflihren sein, dass Altenburger in der Information kein Abgrenzungskriterium zu Sachleistungen sieht.^^^ Die Ausfiihmngen Altenburgers beziehen sich folglich, und das bestatigt auch das Stufenmodell, auf die extemen Faktoren als

Vgl. Altenburger (1980), S. 109-112 und die dort vorgenommene detaillierte Beschreibung der einzelnen Produktionsstufen. Vgl. Altenburger (1980), S. 86 und Maleri (1973), S. 96-97. Altenburger (1979), S. 867. Vgl. Altenburger (1979), S. 870 und Altenburger (1980), S. 108. Vgl. Altenburger (1980), S. 81, 143, 148 und 152. Damit der Nachfrager hier als extemer Faktor bezeichnet werden kann, mussen die Produktionsfaktormerkmale erflillt sein. Vgl. Altenburger (1980), S. 83 und Maleri (1973), S. 96-97. Vgl. Altenburger (1980), S. 113-173. Vgl. Altenburger (1980), S. 84-85.

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Produktionsfaktoren, die die Rolle des Kunden als Co-Producer prSgen. Die verschiedenen Grade der Kundenmitwirkung lassen sich jedoch nicht eindeutig voneinander trennen. Dieses wird einerseits durch Altenburger selbst bemerkt^^' und andererseits durch eine verschleierte Ausdrucksweise offenkundig.^^^ Altenburgers Modell der sieben Produktionsstufen ist in der Folgezeit zwar nicht ohne Kritik geblieben, doch finden sich hier Parallelen zu weiteren Ansatzen in der Produktionstheorie wie die folgenden Darstellungen zeigen werden.^^^ Die heute allgemein anerkannte Sichtweise beruht auf einem zweistufigen Produktionsmodell, so wie es bereits von Maleri ein- und von Corsten im Rahmen der Untersuchung der Grundziige einer Produktionswirtschaftslehre von Dienstleistungen weitergefiihrt wurde.^^"* Diese beiden Stufen umfassen die Vorkombination und die Endkombination:^^^ Die Vorkombination umfasst den Aufbau des Leistungspotenzials mit dem Ziel der Schaffung einer Leistungsbereitschaft. Durch einen innerbetrieblichen Faktorkombinationsprozess der intemen Potenzial- und Verbrauchsfaktoren entsteht ein sofort verfUgbares Potenzial. Die Vorkombination hat somit im Hinblick auf die finale Leistungserstellung einen vorbereitenden Charakter. Innerhalb der Endkombination wird sodann diese Leistungsbereitschaft mit weiteren intemen Faktoren sowie mit den extemen Faktoren des Nachfragers kombiniert mit dem Ziel der Erstellung einer absetzbaren Leistung auf Grundlage der Vorkombination. Die finale Dienstleistung wird demzufolge erst durch die Endkombination realisiert. Vor- und Endkombination werden somit durch die extemen Faktoren getrennt. Die Zurverfugungstellung der extemen Faktoren von Seiten des Nachfragers wird dabei zur notwendigen Voraussetzung fiir die Endkombination. Corsten sieht dementsprechend die Integration der extemen Faktoren und die Mehrstufigkeit der Dienstleistungsproduktion als unmittelbar miteinander verbunden.^^^ Femer ist die Endproduktion abhangig vom mengenmaBigen Einsatz sowie von der sachlichen Eignung der extemen Faktoren. Dies stellt die KapazitStsplanung des Anbieters vor Probleme.^^^ Um die bisherigen Inkonsistenzen in den Ansatzen einer produktionswirtschaftlichen Theorie der Dienstleistungen endgtiltig zu beheben, flihrt Corsten inhaltliche Abgrenzungen und Stmkturierungen ein: So nimmt er insbesondere die information' als eigenstandigen externen Faktor mit in den Produktionsfaktorenansatz nach Maleri auf,^^^ trennt im Hinblick auf die Dienstleistungsproduktion und deren Herausfordemngen zwischen Zeitpunkt- und Zeitraum-

^^' Vgl. Altenburger (1980), S. 80. Altenburger sieht die Abgrenzung zwischen passiver und aktiver Mitwirkung des Nachfragers bzw. des Verwerters als problematisch an. '^^ Vgl. Altenburger (1980), S. 89. ^^^ Vgl. Corsten (1984), S. 265-266; Corsten/ Stuhlmann (1998), S. 144-146 und Gerhardt (1987), S. 147. ^^'* Vgl. Corsten (1985b) sowie die obigen AusfUhrungen zu den Aussagen von Maleri. ^^' Vgl. Corsten (1984), S. 263; Corsten (1985b), S. 161-162; Corsten/ Stuhlmann (1998), S. 143; Gerhardt (1987), S. 141 und Maleri (1997), S. 184-187. Vgl. zum Zeitpunkt des Eintretens der Integrativitat auch die Sichtweise von Engelhardt, Freiling und Gersch in Kap. 3.1.4.1. ^^^ Vgl. Corsten (1986c), S. 31. ^^^ Vgl. Corsten (2001), S. 137. "* Vgl. Corsten (1985b), S. 129 und Maleri (1997), S. 148-149.

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produkten^^^ und analysiert schlieBlich die 5konomischen Auswirkungen von Dienstleistungen auf Basis einer neu eingefUhrten Systematisiemng:^*^ Anhand des dominierenden Faktors fiir die Leistungserstellung, der Unterscheidung der menschlichen Arbeitsleistung nach ,primSr manueir und ,primar geistig' sowie der Art der Produktionsfaktoren nach intern und extern differenziert Corsten zunachst 15 verschiedene Dienstleistungstypen. Diese reduziert er spater auf die prasenz- und informationsbedingte Integration, die sich durch die Intensitat der Integration extemer Faktoren in die Endkombination unterscheiden.^^' Im Hinblick auf die mogliche Mitwirkung des Nachfragers am Leistungserstellungsprozess sind insbesondere diejenigen Dienstleistungen, bei denen der Nachfrager als Person beteiligt und present ist, von Bedeutung. Bei ihrer Erstellung kSnnen Arbeitsleistungen des Anbieters auf den Nachfrager umgeschichtet werden,^^^ so dass hiermit der Arbeitsteilung im Sinne der Rolle des Kunden als Co-Producer entsprochen wird. Aufgrund der bei Maleri und Altenburger aufgetretenen Probleme bei der Abgrenzung von passiver und aktiver Mitwirkung des Nachfragers^*^ spricht Corsten allgemeiner von moglichen Beteiligungsauspragungen, die sich durch einen Aktivitatsgrad von Null bis Eins beschreiben lassen. Das Aktivitatsniveau ist dabei jedoch unabhangig von der grundsatzlichen Notwendigkeit des Einbezugs extemer Faktoren.^*"* Insgesamt wird mit der Auslegung der Arten der extemen Faktoren, ihrer zwingend notwendigen ZurverfUgungstellung sowie mit der Ubemahme von AktivitSten durch den Nachfrager die zweite Kundenrolle vollstandig abgebildet. Hinsichtlich der Informationsbereitstellung sind Corstens Aussagen nicht vollends konform zur Rolle des Kunden als KSufer, sie kSnnen jedoch als richtungsweisende Ansatze dienen: Corsten bestatigt zwar, dass eine informatorische Mitwirkung des Nachfragers zur Erstellung einer individuellen Dienstleistung notwendig ist, grundsatzlich sei eine informatorische Mitwirkung allerdings nicht zwingend erforderlich. Damit misst Corsten der Information im Sinne der Bediirfniskonkretisierung eine nur geringe Bedeutung bei und bringt dies mit „erfordert eine informationsbedingte Integration lediglich eine informatorische Mitwirkung des Nachfragers"^*^ zum Ausdruck. Diese Ansicht wird in den Oberlegungen zu steuemden Prozessinformationen ebenfalls bestatigt: In den friihen Werken Corstens fmden sich ausschlieiilich Hinweise, dass zwischen Information, die Gegenstand des Erstellungsprozesses ist, und Information, die den Prozess steuert, unterschieden werden muss.^*^ Eine weitergehende Diskussion iiber die Konsequenzen fmdet jedoch, auch in jungerer Literatur, nicht statt: Corsten betrachtet die Information, die vor allem bei personenbezogenen Dienstleistungen aufgrund der Interaktionen zwischen Anbieter und Nachfrager flieiien kann, zwar nun differenzierter. "^ Vgl. Corsten (1986a), S. 17. ^*° Vgl. ausfiihrlich zu den verschiedenen Dienstleistungstypen und deren Bildung: Corsten (1985b), S. 223-228. ^*' Vgl. Corsten (1995), S. 191. ^*^ Vgl. Corsten (1985b), S. 362-364. ^" Vgl. Altenburger (1980), S. 80 und Maleri (1997), S. 151. ^"^^ Vgl. Corsten (1985b), S. 130-131. ^" Vgl. Corsten (2001), S. 127. ^*^ Vgl. Corsten (1984), S. 262 und Corsten (1985b), S. 272.

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empfiehlt dem Dienstleister allerdings lediglich, dass er diese informatorische Integration zur Gestaltung seiner Aktivitaten nutzen solle.^^^ Damit unterscheidet sich Corstens ,Gewinnung von Information' von der hier vertretenen Auffassung der ,Reaktion auf notwendige Bedarfsinformation'. Der Fokus der Argumentation Corstens liegt resUmierend auf der Integration extemer Faktoren, welche er im Hinblick auf produktionstheoretische Spezifika und Konsequenzen ausgiebig erforscht. Dieses Vorgehen wird nicht zuletzt auch durch Corstens Aufstellung der bisher existenten Produktionsfunktionen unterstOtzt, welche er kritisch hinterfragt. So hebt er hervor, dass die urspriinglich fur den industriellen Bereich entworfenen Produktionsfunktionen durchaus auf ausgewShlte Dienstleistungsbereiche iibertragen werden konnen.^^^ Diese dienstleistungsspezifischen Produktionsfunktionen, die unverbunden nebeneinander stehen, erlauben es jedoch nicht, von einer aligemein giiltigen Produktionstheorie fiir Dienstleistungen zu sprechen, wie Corsten explizit konstatiert.^^^ In der hier vorliegenden Systematik der Kundenrollen kann Corsten demzufolge als klassischer Vertreter der Produktionssicht angesehen werden. Aus anderer betriebswirtschafthcher Sicht kommend hat sodann auch Kleinahenkamp vor dem Hintergrund des Marketings das Verstandnis der Produktion von Dienstleistungen mit gepragt. Kleinahenkamp defmiert die drei Leistungsdimensionen ,Leistungspotenziar, ,Leistungserstellungsprozess' und ,Leistungsergebnis'^^^ als zusammengehorige, aufeinander aufbauende Phasen einer Dienstleistung, „die grundsatzlich bei jeder Art von Leistung zu finden sind"^^'. Die einzelnen Ansatze der Leistungsdimensionen zur Erklarung von Dienstleistungen erganzen sich somit zum umfassenden Konzept der integrativen Leistungserstellung, wie Abbildung 10 verdeutlicht.

Vgl. Corsten (2002), S. 55. Eine solche Ubertragung ist fUr einzelfallspezifische Produktionsfunktionen (Banken, Versicherungen, Hochschulen, Forschung und Entwicklung, Informationen und Instandhaltung) bereits vollzogen worden. Zur genaueren Betrachtung der Produktionsfunktionen sowie zu weiterer Literatur vgl. Corsten (1986a), S. 28-35 und Corsten (2001), S. 189-247. ' Vgl. Corsten (2001), S. 247. Vgl. zu den Leistungsdimensionen Kap. 3.1.2. Kleinahenkamp (1998), S. 34.

70

Leistungserstellungsprozess

Leistungspotenzial

Leistungsergebnis

Interne Faktoren

Anbieter

Potenzialfaktoren



LeistungsbOndel

Nachfrager

Abb. 10

Der Ablauf integrativer Leistungserstellung Quelle: Kleinaltenkamp (1997b), S. 351.

GemaB der ersten Ansatze Maleris^^^ unterteilt auch Kleinaltenkamp die Dienstleistungsproduktion in zwei Stufen, die sich durch den Kontakt zum Nachfrager analytisch trennen lassen: in das Leistungspotenzial auf der einen und in den Leistungserstellungsprozess, der analog der Endkombination zum Leistungsergebnis fiihrt, auf der anderen Seite.^^^ Wesentlich ist, und darauf beruht auch das Konzept der integrativen Leistungserstellung aus Abb. 10, dass der Leistungserstellungsprozess durch den extemen Faktor angestoBen wird, wahrend das Leistungspotenzial autonom vom Dienstleister erstellt werden kann.^^"* Aus Sicht des Anbieters liegen damit zwei aufeinanderfolgende Kombinationsprozesse vor. Im Rahmen der Bereitstellung des Leistungspotenzials werden ausschlieBlich interne Faktoren miteinander kombiniert, im Leistungserstellungsprozess fmdet hingegen eine Kombination der intemen mit den extemen Faktoren statt. Die Abfolge ,Input - Throughput - Output' wird dementsprechend zweimal durchlaufen: einmal zur Erstellung des intemen Leistungspotenzials und ein weiteres Mai zur Erstellung der fmalen Dienstleistung. Somit fmdet auch innerhalb des Leistungspotenzials ein eigenstandiger Prozess statt, namlich ein Prozess zur Kombination intemer Faktoren.^^^

Vgl. Maleri(1973), S. 105-107. Vgl. Kleinaltenkamp/ Haase (1999), S. 170-171. Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 89 und Kleinaltenkamp/ Haase (1999), S. 171. Vgl. Corsten (1985b), S. 162; Kleinaltenkamp (1993), S. 105; Kleinaltenkamp (1997a), S. 90; Kleinaltenkamp (1997b), S. 351 und Kleinaltenkamp/ Haase (1999), S. 171, 184.

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Kleinaltenkamp analysiert, an diesen Uberlegungen ansetzend, sodann die betriebswirtschaftlichen Problemstellungen der IntegrativitSt. Da die Leistung vor dem Absatz noch nicht existiert, mtlssen die Aktivitaten des Anbieters bereits im Vorfeld auf die Kunden ausgerichtet werden, um dann im Falle des Auftretens eines bestimmten Nachfragers fUr diesen konkretisiert werden zu konnen. Die Bedarfswunsche der Kunden k5nnen dabei auBerst heterogen ausfallen, so dass nicht nur die Potenzial- und Verbrauchsfaktoren fiir die verschiedenen Nachfrager spezifiziert werden, sondem auch die integrativen Prozesse selbst.^^^ Besondere Bedeutung misst er dabei der informatorischen Mitwirkung des Kunden bei, die grundsStzlich alle Arten der Integration extemer Faktoren begleitet.^^^ „Das betriebswirtschaftliche Kemproblem der Kundenintegration"^^* wird durch die steuemden Prozessinformationen, die zudem zwingend zur Erstellung individueller Dienstleistungen benotigt werden, manifestiert. Steuemde Prozessinformationen ziehen produktionstheoretische Konsequenzen nach sich, da sie die Faktorkombination steuem und Unsicherheiten in der Produktplanung, Produktionsplanung und -steuerung bedingen."*^ Daruber hinaus fuhren sie auch zu Konsequenzen, die den Bereich des Absatzes betreffen: SamtHche Dispositionen fur Leistungspotenzial und -erstellungsprozess werden auf der Grundlage von Markt- und spezifischen Kundeninformationen getroffen.'*^' Femer kann weder die Faktorkombination noch die ihr zugehorige Faktorintegration ohne einzelkundenbezogene Information vollzogen werden, auch wenn aus der kundenbezogenen Information wiederum Unsicherheiten flir den Anbieter (z.B. hinsichtlich der Verfiigungsrechte, des benotigten Aufwandes im Erstellungsprozess, der Giite der Information) resultieren.'*^^ Aus der Marketingsicht Kleinaltenkamps steht ein Dienstleistungsuntemehmen damit grundsatzlich vor zwei Kemaufgaben: Es hat erstens kundenorientiert zu handeln, indem etwa die auf Basis der Information getroffenen Anbieteraktivitaten ausgefuhrt werden - mit dem Ziel, dem Kunden die gewiinschte Leistung zur Verfugung zu stellen.'*^^ Zweitens hat sich das Unternehmen mit Blick auf die Effizienz den Wert des Kunden zunutze zu machen."*^"* Diese Ausfiihrungen verdeutlichen, dass Kleinaltenkamp sich detailliert mit der RoUe des Kunden als Kaufer auseinandersetzt. Dabei ist es aus seiner Sicht bereits ausreichend von Kundenintegration zu sprechen, sobald eine informatorische Mitwirkung, unabhangig welcher

"^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 91 und Kleinaltenkamp/ Haase (1999), S. 170-171. ^^^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 89. ^^* Kleinaltenkamp (1997b), S. 351. ^^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 93-94. Vgl. zur steuemden Prozessinformation und ihrer Abgrenzung zum extemen Faktor der Information i.e.S. auch Kap. 3.1.4.2. ^"^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 88, 107 und Kleinaltenkamp (1997b), S. 352. '^' Vgl. Kleinaltenkamp/Haase (1999), S. 171. ^°^ Vgl. Kleinaltenkamp (1993), S. 103 und Kleinaltenkamp (1997a), S. 92, 100-101. ^^^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997a), S. 88. ^^"^ Vgl. Kleinaltenkamp (1996), S. 16 und Kleinaltenkamp/ Dahlke (2003).

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Intensitat (von der reinen BedarfsauBerung bis bin zur aktiven Gestaltung und Spezifizierung einer individuellen Leistung), vorliegt."*^^ ScblieBlich bat sicb in jungerer Zeit aucb Fandel als Vertreter der Produktionstbeorie mit dem Bereicb der Dienstleistungsproduktion auseinander gesetzt und versucbt, die bisberigen Divergenzen in den dienstleistungsproduktionstbeoretiscben Ansatzen auf eine gemeinsame Basis zu bringen. Dazu bedient sicb Fandel der Aktivitatsanalyse nacb Koopmans"*^, die durcb Verfahren der Netzplantecbnik sinnvoll erganzt werden kann."*^^ In diesem Zusammenbang weist Fandel mit Blaga nacb, dass sicb die zuvor von Maleri et al. aufgezeigten besonderen Merkmale einer Dienstleistungsproduktion in den Elementen der Aktivitatsanalyse wiederfinden lassen.'*^^ Dadurcb wird aucb das Problem der Bildung von Produktionsfunktionen - auf das bereits Corsten verwies - umgangen, da die Aktivitatsanalyse die Grundlage zur Bildung solcber Funktionen bietet."*^^ Anstatt eine vollstandig neue Tbeorie der Dienstleistungsproduktion zu entwickeln, ist es folglicb effizienter, sicb der Parallelen zwiscben der Sacbgtiter- und der Dienstleistungsproduktion zu bedienen. Fubrt man diesen Weg der Parallelisierung konsequent weiter, so konnen selbst die Problemfelder, die bei einer Integration des Nacbfragers auftreten, mit gleicbwertigen Problembereicben aus der klassiscben Produktionstbeorie verbunden werden.'**^ Eine solcbe Verbindung ziebt Fandel beztiglicb der IndividualitSt von Dienstleistungen. So betracbtet er die dem extemen Faktor inbSrente Information nicbt grundsatzlicb als erst wabrend des Produktionsprozesses auftretenden Faktor und greift in diesem Zusammenbang auf die stocbastiscbe Produktionstbeorie zuruck."*^' Die Ausfubrungen zum Kunden als Kaufer in Kap. 3.1.4.2 zeigten jedocb deutlich, dass steuernde Prozessinformationen gerade bei individuellen Leistungen aucb wabrend des Erstellungsprozesses flieiien und so Bescbaffungs- und Produktionsaktivitaten erfordem. In jungeren Uberlegungen eracbten Fandel und Blaga die ,vermeintlicben' Scbwierigkeiten der individuellen Leistungserstellung sogar als nicbt existent und argumentieren vor dem Hintergrund der Modularisierung von PKWs.'*'^ Dabei vemacblassigen sie im Hinblick auf das RoUenkonzept des Kunden als Kaufer jedocb die konkrete Bedurfnisspezifizierung von Seiten des Kunden: Wabrend sicb der Kaufer eines PKW aus einzelnen Modulen sein Fabrzeug konfigurieren kann, sind Dienstleistungsspezifizierungen nicbt seiten speziell auf diesen Kunden zugescbnitten. Ferner ist eine Anderung der Wunscbe bei einem PKW-Kauf spatestens in der Pbase der Produktion beendet. Erstellt ein Dienstleister jedocb eine individuelle Marketingstrategie fur einen Kunden, so ist letzterer nocb wabrend der Erstellungspba^^^ Vgl. Kleinaltenkamp (1997b), S. 350. ^^ Vgl. Koopmans( 1951). *^'' Vgl. Fandel (2001), S. 228 und 234. ^* Vgl. Fandel/ Blaga (2004a), S. 3-4. ^^ Vgl. Corsten (1986a), S. 28, 35; Fandel (1990), S. 7-8; Fandel/ Blaga (2004a), S. 15 und Steven (1998), S. 63-67. ^•° Vgl. Fandel/ Blaga (2004a), S. 7. '" Vgl. Fandel/ Hegemann (1986), S. 1131. ^'2 Vgl. Fandel/ Blaga (2004a), S. 7-8.

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se mit dem Anbieter in Kontakt und kann daher bis zur Finalisierung mittels steuemder Prozessinformationen in die Erstellung eingreifen. Insofem konnen Fandel und Blaga die Rolle des Kunden als Kaufer mit ihren Argumenten nicht stiitzen. Bei naherer Analyse der Integration extemer Faktoren schlieBen Fandel und Blaga zunachst die Moglichkeit einer prozessorientierten Dienstleistungsproduktion zugunsten einer Ergebnisorientierung aus."*'^ Daruber hinaus fuhren sie die Vemachlassigung des uno-actu-Prinzips auf der einen und des Kundenkontaktes auf der anderen Seite bewusst fort und argumentieren, dass die daraus resultierenden Probleme organisatorisch gelost werden konnen."*'"* Dem ist zu entgegnen, dass eine Koordination von Anbieter und Nachfrager nicht ausschlieBlich organisatorisch zu bewaltigen ist, da die extemen Faktoren nicht in der Disposition des Anbieters liegen."*'^ Dementsprechend miissen, wie Maleri aufgezeigt hat, die Einflussmoglichkeiten des Nachfragers auf den Leistungserstellungsprozess beriicksichtigt werden."*'^ Die Ausfuhrungen zu den extemen Faktoren, die als Ressourcen zur Erzeugung von Dienstleistungen betrachtet werden,"*'^ zielen folglich auf die zweite Rolle des Kunden, den Kunden als Co-Producer, ab. Sie vermogen allerdings keine vollstandige inhaltliche Entsprechung zu leisten, da nach Fandel und Blaga externe Faktoren keine zwingenden Inputfaktoren fiir die Dienstleistungserstellung darstellen und somit eine gewichtige Basis der Integrativitat fehlt. Als Begrundung fur die nicht existierende Notwendigkeit der Integration fuhren die Autoren die beiden Dienstleistungen ,Leerfahrt eines offentlichen Verkehrsmittels' sowie die ,automatische Telefonauskunft' an."*'^ Erstere besitzt allerdings keinen okonomischen Wert, da sie zu keinem Kundennutzen fiihrt. Letztere wird indes durch den Nachfrager, der die Bandansage durch einen Anruf aktiviert, ausgelost. Fandel und Blaga versuchen damit, auch die hier definierte Rolle des Co-Producers in das bestehende Produktionskonzept von Sachleistungen zu integrieren, indem die Besonderheiten von Dienstleistungen schrittweise aufgelost werden. Dieser Weg ist im Hinblick auf bestimmte Dienstleistungen (wie standardisierte und mit geringer menschlicher Arbeitsleistung erstellte Leistungen),"*'^ sicherlich moglich und auBerst effizient. Er gilt jedoch nicht fiir Dienstleistungen generell, was insbesondere durch den Einbezug der beiden Kundenrollen und ihrer -inhalte (z.B. Bereitstellung steuernder Prozessinformationen, Ubernahme von Aktivitaten) nachgewiesen werden kann. Werden samtliche dargestellten produktionstheoretischen Ansatze ihren zugrundeliegenden Rollenkonzepten der Integrativitat tabellarisch gegeniibergestellt (vgl. die schraffierten Flachen in Tab. 2), so lasst sich erkennen, dass kein Ansatz sowohl den Kunden als Kaufer als '" Vgl. Fandel/ Blaga (2004a), S. 5 und 8-9. ^" Vgl. Fandel/ Blaga (2004a), S. 15. "^ Vgl. z.B. BUttgen (2001), S. 147; Corsten (2001), S. 124; FlieB (2001), S. 30; Haller (1993), S. 37; Kleinaltenkamp (1997a), S. 89-90; Maleri (1998), S. 124; Meyer/ BlUmelhuber (1994), S. 9 und Woratschek (2001), S. 269. ^'^ Vgl. Maleri (1997), S. 139-140 und 152. '^'^ Vgl. Fandel/ Blaga (2004a), S. 10-11. ^'* Vgl. Fandel/ Blaga (2004a), S. 12. ^'^ Vgl. hierzu z.B. auch Riebel (1954), S. 133.

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auch den Kunden als Co-Producer zu erfassen vermag. Zusatzlich muss beachtet werden, dass die Zuweisung in der Tabelle die Produktionstheorie vereinfacht abbildet: Trotz der Zuordnung zu den einzelnen Rollen werden von den verschiedenen Autoren nicht durchweg die gesamten Rolleninhalte, so wie sie hier verstanden werden, beschrieben. So vermogen allein die Ansatze von Corsten und Kleinaltenkamp die ihnen inharenten Rollenkonzepte detailliert und widerspruchsfrei zu beschreiben, wahrend die Aussagen Maleris und Altenburgers im Hinblick auf die Integrativitat teilweise unspezifisch und inkonsistent sind. Die Darstellungen Fandels sehen hingegen die Integration extemer Faktoren nicht als zwingende Voraussetzung fur Dienstleistungen vor, so dass eine starkere Auseinandersetzung mit den aus der Integrativitat resultierenden Konsequenzen bei Fandel gar nicht erforderlich wird.

Tab. 2

Die Beachtung des IntegrativitStskonzeptes in den produktionstheoretischen Ansatzen von Dienstleistungen

Derartige unterschiedliche Sichtweisen sind jedoch vor dem Hintergrund, dass weder ein einheitliches Integrativitatsverstandnis noch eine vollstandige Theorie der Dienstleistungsproduktion vorliegt nicht verwunderlich. Fur die ausschlieBliche Betrachtung der Dienstleistungsproduktion ist sogar die alleinige Rolle des Kunden als Co-Producer ausreichend, da hier insbesondere die rein technischen Beziehungen iiber das Mengengertist der einzusetzenden Faktoren interessiert - und ein solches bleibt von einer Trennung in interne und exteme Faktoren unberuhrt."*^^ Eine genauere Betrachtung der extemen Faktoren wird erst dann erforderlich, wenn erstens kostentheoretische Aspekte erfasst und interne von extemen Aktivitaten separiert werden.'*^' Zweitens ist eine entsprechende Unterscheidung der Faktorarten ebenso bei einer Produktivitatsbetrachtung erforderlich: Bringt ein Kunde steuemde Prozessinformationen sowie exteme Faktoren in den Leistungserstellungsprozess ein, so ist er sowohl an der Erbringung der Inputals auch an der Outputleistung beteiligt. Dadurch sind zum einen Auswirkungen auf die Pro-

*^^ Vgl. die Aussagen zur Produktion in Kap. 2.2.5 sowie Altenburger (1980), S. 88. ^^^ Vgl. den Ubergang von der Produktions- zur Kostentheorie wie in Abb. 7 auf S. 38 dargestellt.

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duktivitat des Anbieters zu envarten, zum anderen sind die Inputleistungen des Kunden aus der anbieterseitigen Produktivitatskennziffer zu isolieren. Die Ausfiihnmgen des zweiten Kapitels haben gezeigt, dass die Produktivitat als MaBstab der Effizienz nicht unabhangig von der Effektivitat gesehen werden darf: 1st es Ziel eines Unternehmens, die Produktivitat als Erfolgsfaktor im Wettbewerb einzusetzen, so gilt die Effektivitat unbedingt als begleitende GroBe, um den entscheidenden Wettbewerbsvorteil realisieren zu kfinnen. Mit der Beachtung der Kaufer- und Co-Producer-Rolle konnen die Effektivitat auf der einen und die Effizienz auf der anderen Seite realisiert werden - was wiederum die Verwerfung eines Ansatzes, der nur eine der beiden Kundenrollen erfasst, nachhaltig begrtindet. Folglich ist es gerade im Hinblick auf die in dieser Arbeit vorzunehmende detaillierte Analyse der Dienstleistungsproduktivitat unerlasslich, die Mitwirkung des Kunden uber beide Rollenkonzepte einzubeziehen. Das Ziel ist jedoch nicht, eine weitere dienstleistungsproduktionstheoretische Sichtweise zu entwickeln, sondem aus den bestehenden bzw. aus der ZusammenfUhrung derjenigen produktionstheoretischen Ansatze, die das Integrativitatskonzept am besten zu unterstiitzen vermSgen, eine gemeinsame Basis zur Untersuchung der Produktivitat von Dienstleistungen zu formen. Das bedeutet, dass Kemaussagen aus den vorgestellten Produktionstheorien gebundelt werden, um ein produktionstheoretisches Verstandnis zu schaffen, das sowohl einer Untersuchung der Dienstleistungsproduktivitat als auch der gleichzeitigen Beachtung des umfassenden Integrativitatskonzeptes dienen kann. GemaB der Auswertungsergebnisse werden dazu im Wesentlichen zum einen die essentiellen Grundlagen von Corsten und zum anderen die Kemaussagen Kleinaltenkamps herangezogen. Wahrend Corsten den Kunden als Co-Producer betrachtet und sich demzufolge auf Aspekte der Produktion aus Sicht des Anbieters konzentriert, stellt Kleinaltenkamp aus Marketingsicht die Kundenorientierung und damit verbunden die Kauferrolle in den Vordergrund. Das sich aus dieser Zusammenflihrung ergebende Fundament kann als prozessorientierte Sichtweise einer Dienstleistungsproduktion bezeichnet werden. Mit dem Blueprinting existiert im Bereich des Dienstleistungsmanagements eine Methode, die zwar ursprunglich der Analyse und Gestaltung von Dienstleistungsprozessen dient, deren theoretische Basis aber auf der Integrativitat verankert werden kann."*^^ Vor diesem Hintergrund kann das Blueprinting auch im vorliegenden Kontext die Eriauterungen zu den dienstleistungsproduktionstheoretischen Verkettungen der intemen und extemen Faktoren auf der Grundlage der Integrativitat wirkungsvoll unterstiitzen. Dazu bedarf es einer systematischen Darstellung.

^" Vgl. Z.B. Alien/ FlieB (1998), S. 199-201 und Kleinaltenkamp (2000), S. 4, 10.

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3.2.2

Die prozessorientierte Sichtweise der Dienstleistungsproduktion und die Visualisierung durch das Blueprinting

Mit dem Blueprinting wurde Anfang der 80er Jahre erstmals von Shostack"*^^ eine Methode zur Abbildung und Strukturierung der Dienstleistungsprozesse entwickelt. Anhand eines Ablaufdiagramms werden die einzelnen Aktivitaten des Leistungserstellungsprozesses in ihrer zeitlichen Reihenfolge dargestellt sowie verschiedenen Ebenen zugeordnet. Die Besonderheit liegt darin begrundet, dass die Interaktion mit dem Kunden explizit mit aufgenommen wird/^"* Demnach greift das Blueprinting auf die Netzplantechnik zuriick, die gemafi Fandel zu der die Dienstleistungsproduktion untersttitzenden Aktivitatsanalyse treten kann."*^^ Im Gegensatz zur Definition der ,Aktivitat' innerhalb der AktivitStsanalyse, bei welcher eine Aktivitat die Einsatzmengen der fUr die Produktion erforderlichen Giiter angibt (dargestellt als Vektor, der die Mengen an Endprodukten, Zwischenprodukten und Produktionsfaktoren beschreibt),"*^^ meint die ,Aktivitat' im Rahmen des Blueprintings den einzelnen Schritt im Prozess. GemaB der Methode des Blueprintings setzt sich der gesamte Prozess zur Erstellung einer Dienstleistung somit aus mehreren Schritten, die Tatigkeiten, Aufgaben oder Handlungen der Beteiligten ausdriicken, zusammen."*^^ Das Blueprinting hat schliei31ich mehrere Entwicklungsphasen durchlaufen/^^ so dass heute ein allgemeiner Strukturierungsansatz vorliegt. Abbildung 11 verdeutlicht den Aufbau. Kundenaktivitdten

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IV

Materielle Produktionsfaktoren

Menschliche Arbeitskraft

Faktordominanz im Prozess

Abb. 18

Typologie zu den Besonderheiten der DienstleistungsproduktivitSt

Die Faktordominanz beschreibt die Art der Produktionsfaktoren im Prozess. Vor dem Hintergrund der Produktivitat von Dienstleistungen ist hier insbesondere der materielle bzw. maschinelle vom menschlichen Faktor zu unterscheiden: Leistungserstellungsprozesse, die durch eine hohe Verwendung materieller Produktionsfaktoren bei gleichzeitiger Vemachlassigung von menschlicher Arbeitskraft gekennzeichnet sind, laufen in hohem MalJe automatisiert ab. Zwar beinhaltet die Verwendung materieller Faktoren auch den Einsatz von Werkstoffen, diese miissen jedoch wiederum maschinell und/ oder manuell integriert werden (wie z.B. der Einbau eines neuen Motors bei einer Autoreparatur). Da die menschliche Arbeitskraft jedoch die zweite Extremauspragung des Kriteriums der Faktordominanz darstellt, ist sie bei der Betrachtung der materiellen Faktoren vollends auszuklammem, so dass diese vor allem Dienstleistungen, die in hohem MaBe automatisiert sind und mittels maschineller Leistungsfahigkeit erzeugt werden, ausmachen und beschreiben (z.B. Geldautomat, Autowaschanlage).^'^ Vgl.Kap. 3.3.1. Vgl. Meyer (1987), S. 28.

113

SchlieBlich bedingt die Auswahl der die Typologie beschreibenden Kriterien, dass die Faktordominanz lediglich im Prozess - statt zuzUglich im Potenzial - betrachtet werden muss. Im Potenzial kann ohne die Ausrichtung auf einen Kunden weder die Integrativitat noch die Individualitat analysiert werden, so dass die Dreidimensionierung hier hinfHllig ware. Eine hohe Arbeitsintensitat zielt dagegen auf personendominierte Dienstleistungen ab. Die menschliche Arbeitsleistung dominiert in diesem Fall den Erstellungsprozess.^^"^ Wie im Rahmen der Diskussion der Produktionsfaktoren von Dienstleistungen dargestellt (vgl. Kap. 3.2.2), sind Dienstleistungen zumeist durch einen hohen Anteil an menschlicher Arbeitskraft gekennzeichnet und weniger durch den Einsatz von Maschinen oder Kapital.^'^ Die Produktivitat derartiger arbeitsintensiver Dienstleistungen kann dabei jedoch nur schwer erhOht werden: Der Substitution von Arbeit durch Kapital sind erstens logische Grenzen gesetzt, da zum einen menschliche Arbeitsleistung nicht vollstandig durch Technologic ersetzt werden kann^^^ und zum anderen die Notwendigkeit der Integration extemer Faktoren stets gegeben ist bzw. gegeben sein muss.^^^ Zweitens ist eine mOgliche Aufstockung der Arbeitskrafte teuer und potenziell inflationstreibend.^'^ Und drittens fUhren Schwankungen in der Nachfrage direkt zu Beschaftigungsschwankungen der Mitarbeiter. Weiterhin sind Erfolgsfaktoren wie die Qualitat von der GUte und den Auspragungen menschlicher Arbeitsleistungen abhangig. So schwankt die Qualitat mit der Tagesform der Mitarbeiter oder mit unterschiedlichem Bildungsstand der Individuen.^'^ Der Integrationsgrad deckt das Spektrum der autonomen bis hin zur integrativen Leistungserstellung ab. Im Integrationsgrad zeigt sich das AusmaB der Mitwirkung des Kunden in seinen beiden Kauferrollen im Leistungserstellungsprozess.^^^ Wahrend eine hohe Beteiligung als Co-Producer zwingende Voraussetzung fiir einen hohen Integrationsgrad ist, kann die Mitwirkung des Kunden in der Rolle des Kaufers von der reinen Bediirfnisspezifizierung einer standardisierten Leistung bis hin zur individuellen Leistungserstellung reichen.^^' Der Ubergang von einer standardisierten bis hin zu einer individualisierten Dienstleistung wird durch den Individualitatsgrad der Leistung abgedeckt. In diesem spiegeln sich vor allem die steuemden Prozessinformationen wider, da diese fUr eine Individualisierung ausschlaggebend sind. So gibt der Kunde als Kaufer z.B. an, welchen Anforderungen die Leistung geniigen soil, wo und wie die Leistung zum Einsatz kommen soil etc.^^^ Gleichzeitig ist jede \ Vgl. Meyer (1987), S. 30. Die Betrachtung des Bereiches der IT-Dienstleistungen wiirde naturgemafi kapitalintensiven Input in den Vordergrund rOcken. Diese bilden hier jedoch nicht den Fokus, so dass der Schwerpunkt auf der Arbeitsintensitat liegen wird. Vgl. Drucker (1991), S. 71 und Mills/ Chase/ Margulies (1983), S. 302. Vgl. Schlachtermann/ Sibbel (1999), S. 67. Vgl. Gartner/ Riessman (1978), S. 216-217. ' Vgl. Hilke( 1989), S. 27-28. Vgl. FlieB (2001), S. 353. Vgl. zum Integrations- und Individualisierungsgrad die Abb. 9 auf S. 60. Vgl. die Ausfiihrungen in Kap. 3.1.4.2. Vgl. Freiling/ Reckenfelderbaumer (1996), S. 28; Jacob (1995), S. 52 und Kleinaltenkamp/ Marra (1995), S. 102.

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Obermittlung von Informationen mit einem Kontaktpunkt zwischen Dienstleister und Nachfrager verbunden. Auch weiin in der Dienstleistungsproduktion Integrativitat und Individualisierung zumeist in einem engen kausalen Zusammenhang stehen, so darf daraus nicht gefolgert werden, dass sich integrative Leistungen nicht standardisieren lassen. Eine Standardisiemng des Prozesses ist auch bei gleichzeitiger hoher Integrativitat mOglich,^^^ z.B. wenn bestimmte Routinevorgftnge in Abhangigkeit von absehbaren WUnschen oder Bedarfslagen des Nachfragers erfolgen,^^"* wenn gleichfbrmige Tatigkeiten routinisiert werden oder wenn auf das Baukastensystem zurtickgegriffen wird.^^^ Eine insgesamt individuelle Leistung kann sich auf diese Weise durchaus auch aus an sich standardisierten Bausteinen zusammensetzen.^^^ Die Kombination der sechs Auspragungen liefert acht mOgliche Dienstleistungstypen. Typ I ist durch Material-/ Kapitaleinsatz, hohe Integrativitat und Standardisierung gekennzeichnet. Beschaffungsprobleme infolge der Integration kOnnen relativ problemlos aufgefangen werden. Die Produktivitat ist bei einem Uberwiegenden Einsatz materieller Faktoren relativ einfach zu steuem (z.B. ErhOhung der Leistung der Maschinen und Automaten, Erhfihung der Kapazitat des Servers bei E-Services). SchlieBlich werden die Eingriffsmdglichkeiten des extemen Faktors beschrankt.^^^ Zu denken sei an die Reisebuchung Uber das Internet: Der Dienstleister kann die Anzahl der Einwahlknoten filr die Kunden erh6hen. Die Abfrage der Reisedaten ist Uber das Internet zwar einerseits standardisiert, andererseits wird aber eine hohe Integration vom Kunden gefordert, da dieser samtliche Buchungsschritte selbst durchfllhrt. Typ II wird durch hohe Arbeitsintensitat, hohe Integrativitat und Standardisierung charakterisiert. In der Folge Uberwiegen Nachfrageschwankungen und fUr den Anbieter schwer planbare Kapazitaten. Innerhalb des Erstellungsprozesses dominieren zwar Routinevorgange, doch existieren zahlreiche Kontaktpunkte mit dem Kunden. Beschaffungs- und Produktionsprobleme sind Resultate dieses Typs. Diese Merkmale charakterisieren Leistungen wie Lehrveranstaltungen. Wiederkehrende Vorlesungen und Unterrichtsstunden werden dem Lehrplan entsprechend nach einem standardisierten Muster fur eine Gruppe von Studenten oder Schtilem erbracht. Diese sind wahrend der gesamten Veranstaltung, die vom Lehrkorper - also personendominiert - erbracht wird, anwesend. Gleichzeitig kOnnen sie durch Zwischenfragen in den Ablauf eingreifen. Typ III entspricht der Sachguterproduktion, es liegen keine Besonderheiten der Dienstleistungsbranche vor. Die Leistung wird durch materielle Produktionsfaktoren, autonom vom Anbieter und standardisiert erbracht. Beispiele fur diesen Typ sind insbesondere veredelte

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Vgl. dazu auch die Abb. 9 auf S. 60. Vgl. Engelhardt/ Freiling (1995a), S. 912. Vgl. Bode/ Zelewski (1992), S. 602; Pine (1993), S. 33-52 und Reckenfelderbaumer (1995), S. 109-110. Vgl. Reckenfelderbaumer (1995), S. 110 und Sundbo (2002), S. 97. Vgl.Gersch(1995),S. 72.

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Dienstleistungen: Wird die eben beschriebene Unterrichtsstunde auf einen Tontrager aufgezeichnet und vervielfUltigt, so Uberwiegen Materialitat, Autonomic und Standardisierung. Typ IV nahert sich Typ III, da hier die menschliche Arbeitsleistung die eingesetzten materiellen Faktoren ersetzt. Auch diese Leistung wird eher unabhangig vom Kunden erbracht; zu denken sei beispielsweise an Reinigungsarbeiten am Abend in einem Biirogebaude. Infolge der geringen Kundenmitwirkung werden zudem die Nachfrageschwankungen auBerst gering bzw. relativ einfach zu prognostizieren sein. Typ V zeigt sich in hohem Matcrialcinsatz sowie in einem hohen Integrations- und einem hohen Individualisicrungsgrad. Wie in Typ I konnen Unsicherheiten infolge der Integrativitat und hier auch der Individualitat relativ problemlos durch kapitalintensive bzw. materielle Inputs aufgefangen werden, sofem die Kapazitaten kurzfristig erhoht oder gesenkt werden konnen. Wird die unter Typ I dargestellte Dienstleistung der Reisebuchung iiber das Internet dahingehend erweitert, dass der Kunde ein individuelles Leistungspaket (Plug, Mietwagen, individuelle Rundreise, Hotelvoucher, Expeditionen vor Ort etc.) bucht, so liegen die hier beschriebenen Eigenschaften vor. Typ VI offenbart die hochsten Auspragungen der Dienstleistungsbesonderheiten: Arbeitsintensitat, hohe Integrativitat und Individualitat Ziehen gleichsam einen hohen Interaktionsgrad zwischen Anbieter und Nachfrager mit sich. Ein mogliches Beispiel stellt die Untemehmensberatung dar. Der Dienstleister ist im starksten AusmaB von moglichen Unsicherheiten aufgrund der Kundenintegration betroffen, so dass sich sowohl Beschaffungs- und Produktionsprobleme als auch Dispositionsprobleme ergeben. Typ VII ist durch materielle Inputs, einen geringen Integrationsgrad sowie durch hohe Individualitat gekennzeichnet. In der Praxis ist dieser Typ nicht zu verwirklichen, da die Standardisierung als Voraussetzung einer Automatisierung gilt.^^^ Typ VIII zeigt schlieBlich arbeitsintensive Dienstleistungen mit weitreichender Autonomic des Anbieters sowie einem hohen Individualisicrungsgrad auf. Als Folge der Autonomic sinkt das Beschaffungsrisiko. Individualitat in Kombination mit niedrigem Integrativitatsgrad kann im Falle der Erfahrung eines Anbieters mit einem bestimmten Kunden,^^^ mittels eines Baukastensystems oder in Leistungserbringungsprozessen, in denen der Kunde aufgrund einer niedrigen Machtposition nur wenig Einfluss hat - wie beispielsweise bei einer Kreditwiirdigkeitspriifling - erreicht werden. Die Uberpriifung der Kreditwiirdigkeit erfolgt individuell auf einen Kunden bezogcn, aber relativ autonom durch den Bankangestellten. Die untere Ebene im Wiirfel ist vollstandig durch Autonomic gekennzeichnet, so dass der Anbieter seine Prozesse und Ressourcen - wie im Industriegiiterbereich - ohne Rucksicht-

Vgl. Meyer (1987), S. 33-35. Vgl. Woratschek(1996), S. 66.

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nahme auf eine Integration des Nachfragers planen und steuem kann.^^^ Kundeninduzierte Unsicherheiten fallen hier nur im Typ VIII an, konnen aber durch Modularisierung reduziert werden. Unterschiede zur Sachgiiterproduktion und damit einhergehende Schwierigkeiten der Effizienzerreichung ergeben sich aus der oberen Ebene, die durch einen hohen Integrationsgrad gepragt wird. Infolge der gestiegenen Integrativitat erhoht sich die Kundenmitwirkung, die Planungs- und Kontrollprobleme mit sich bringt.^^' Dennoch sind nicht alle Typen der oberen Ebene gleichzusetzen. Die linke HSlfte des Wurfels reprasentiert den uberwiegenden Einsatz materieller Produktionsfaktoren. Zwar finden Leistungen in I und V in Kontakt mit dem Kunden statt, doch kann der Dienstleister mit Hilfe von eingesetzten Automaten und Maschinen etwaigen Nachfrage- und Kapazitatsschwankungen begegnen. Derartige Leistungen vereinfachen die Erreichung von Effizienz und Produktivitat. Je mehr sich dabei die Leistung dem Sachgut annahert, desto eher kann der Anbieter auf das bekannte industrielle Produktivitatsmanagement zuruckgreifen. Die groBten Schwierigkeiten in der Erreichung produktiver Dienstleistungen entstehen folglich bei den verbleibenden Typen II und VI. Bei integrativen Leistungen ist der Kundenkontakt hoch, es resultieren exteme Einfltisse und kundeninduzierte Unsicherheit.^^^ „The greater the customers' involvement in service production, the greater their potential to influence the processes in which they are engaged."^^^ Dadurch werden die Effizienz und die Produktivitat der Prozesse begrenzt. Diese Effekte werden durch die Personendominanz in der Dienstleistungsproduktion begunstigt. Die Typen II und VI unterscheiden sich durch den Individualisierungsgrad und demzufolge durch das AusmaB der informatorischen Mitwirkung des Kunden als Kaufer. Typ VI erfordert ein hoheres MaB an steuemden Prozessinformationen zur Gestaltung der gewtinschten Leistung als Typ II. Nimmt der Umfang der zu integrierenden Informationen im Hinblick auf eine eher standardisierte Leistung ab (Typ II), so reduzieren sich die Unsicherheiten des Anbieters^^'* im Hinblick auf den Verlauf des Prozesses und die Disposition tiber den Faktoreinsatz und die Faktorkombination. Die Menge an einzusetzenden Ressourcen kann einfacher bestimmt werden,^^^ was gerade mit Blick auf die hohe Arbeitsintensitat des Typs II von Bedeutung ist. Dennoch bedarf die Leistungserstellung auch hier Konkretisierungen von Seiten des Nachfragers, da bei jeder Dienstleistung ein gewisses MindestmaB an steuemder Prozessinformation flieBt."^ Eine Individualisierung der Leistung - wie in Typ VI - erhoht die Interaktion mit dem Kunden, da verstarkt steuernde Prozessinformationen zur Ubermittlung der konkretisierenden Vgl. Kleinaltenkamp (1996), S. 17. Vgl. Kleinaltenkamp (1992), S. 811. Vgl. Chase/ Tansik (1983), S. 1040, 1042 und Lovelock (1992), S. 290. Lovelock(2001), S. 79. Vgl. Corsten( 1998b), S. 610. Vgl. Sherman (1984), S. 11-12. Vgl. Kleinaltenkamp (1993), S. 106-109.

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Anforderungen fliefien. Das Interaktionsverhalten der Beteiligten wird dementsprechend zum zentralen Aspekt: In Typ VI sind beide Rollen des Kunden am starksten ausgeprSgt. Folglich hat der Kunde hier die MOglichkeit, in jedem Kontaktpunkt mit dem Anbieter zusatzlichen Input einzubringen. Das bedeutet, dass der Kunde an jedem Kontaktpunkt auf die Produktivitat des Untemehmens Einfluss nehmen kann.^^^ Im Blueprint verdeutlicht die line of interaction diese Punkte einer m5glichen Einflussnahme. Individualisierte Dienstleistungen sind des Weiteren sehr heterogen. Der Dienstleister muss seine Aktivitaten im starksten AusmaB auf die kundenspezifischen Anforderungen ausrichten. Dadurch wird es fUr ihn schwer, Qualitat, Zeit, Kosten und Kapazitat zu planen und zu kontrollieren. Diese Probleme beeinflussen ebenfalls die Produktivitat.^^* Dienstleistungserstellungsprozesse mit derartigen Merkmalen polarisieren am starksten mit der Sachgtiterproduktion (vgl. Tab. 3 auf S. 105), wie der WUrfel verdeutlicht (Typ I in Vergleich zu Typ VI). Damit zeigt sich anhand der Typologie, dass eine Produktivitatsbetrachtung samtlicher Typen nicht erforderlich ist, da geringe Auspragungen der Merkmale ,Arbeitsintensitat', Jntegrativitat' und Jndividualitat' zur SachgUterproduktion und zum traditionellen Produktivitatsmanagement filhren. Ein aussagekraftiger Ansatzpunkt zur Untersuchung der Dienstleistungsproduktivitat fmdet sich folglich in der Betrachtung des Dienstleistungstyps VI. Eine Zugrundelegung der Extremauspragungen der Besonderheiten von Dienstleistungen erfasst alle wesentlichen Erkenntnisse und bietet eine eindeutige Differierung zur Produktivitat im Industriegilterbereich. Dennoch muss betont werden, dass sich die gezeigten Auspragungen auf einem Kontinuum befmden und so die Merkmale mehr oder weniger stark hervortreten k5nnen. So ist ftir eine Produktivitatsuntersuchung von Dienstleistungen nicht ausschlaggebend, dass alle zu betrachtenden Dienstleistungen ,hochintegrativ' und ,hochindividueir sind. Vielmehr ist es entscheidend zu erkennen, -

dass das Produktivitatsmanagement von Sachgiltern nicht uneingeschrankt auf Dienstleistungentibertragenwerden kann,

-

dass es infolge der Integration des Nachfragers (durch die Rollen des Kunden als Kaufer und als Co-Producer) zu erheblichen Auswirkungen auf die Gesamtheit der Dienstleistungserstellung und zu Unsicherheiten kommt und

-

dass diese in Abhangigkeit verschiedener Dienstleistungstypen unterschiedlich stark hervortreten.

Damit ist insbesondere fur die Verbesserung und Steuerung der Produktivitat als ErfolgsgroBe eines jeden Untemehmens die Produktivitatskennzahl vor dem Hintergrund des Einflusses des Nachfragers aber auch im Hinblick auf die charakteristische Immaterialitat zu untersuchen.

"^ Vgl. Chase (1978), S. 139. "* Vgl. Buttgen (2001), S. 150 und Staffelbach (1988), S. 278.

118

4

Die ProduktivitStserfassung von Dienstleistungen

4.1

Das Grundgeriist der DienstleistungsproduktivitMt

In der Praxis wird bereits vielfach die Produktivitat in Dienstleistungsuntemehmen gemessen, um eine wirtschaftliche Produktion sicherzustellen.^^^ Dennoch wird hSufig eine Produktivitatsschwache im Dienstleistungssektor (insbesondere bei personendominierten Dienstleistungen) im Vergleich zur Industriebranche konstatiert.^'*^ Obwohl gleichzeitig zahlreiche Ansatze zur Verbesserung der Produktivitat existieren, scheint das Potenzial dennoch nicht ausgesch6pft. Im Rahmen einer Gestaltung und Steuerung des Produktivitatsmanagements von Dienstleistungen ist das angewendete Grundgeriist der Dienstleistungsproduktivitat, das auch in der Literatur aus den beiden Schwerpunktbereichen ,Messung' und ,Verbesserung' besteht,^'*^ demzufolge nicht nur darzulegen, sondem vor allem auch kritisch zu beleuchten.

4.1.1

ProduktivitStsmessung in Dienstleistungsuntemehmen

4.1.1.1

Die Struktur der ProduktivitStskennzahl

Die Phasen der Dienstleistungsproduktion, die entweder als Leistungspotenzial, Leistungserstellungsprozess und Leistungsergebnis oder als Vorkombination und Endkombination spezifiziert werden,^'*^ setzen an der Integration des Nachfragers an. Diese unterscheidet sodann die autonomen Aktivitaten des Anbieters zum Aufbau der Leistungsbereitschaft (Leistungspotenzial bzw. Vorkombination) von den kundeninduzierten Aktivitaten zur eigentlichen Leistungserstellung. Aus dieser Mehrstufigkeit der Dienstleistungsproduktion ergibt sich, dass auch die Produktivitatskennziffer zweigeteih wird. So lasst sich fUr die Vorkombination einerseits und flir die Endkombination andererseits die Produktivitat ermitteln. Corsten hat diese Erkenntnisse in Form einer schematischen Darstellung beider Produktivitaten zusammengestellt (vgl. Abbildung 19).^^^

Vgl. hierzu das Beispiel eines Telekommunikationsuntemehmens, das im Rahmen der Fallstudie in den Kapiteln 4.1.3 und 4.2.3 vorgestellt wird. Vgl. femer auch die Ausfiihrungen in Kap. 1.1. ' Vgl. Z.B. Corsten (1994b), S. 44; GrOnroos/ Ojasalo (2000), S. 2; Hill (1999), S. 426; Meyer (1987), S. 25; Nachum (1999), S. 922 und Sundbo (2002), S. 94. Vgl. Ojasalo (1999), S. 16. Vgl. die produktionstheoretischen Begrifflichkeiten in Kap. 3.2.1. Vgl. Corsten (1994b), S. 60-61.

119

Input

Vorkombination

. Leistungs- _ bereitschaft

EndkombJnation

Output

weitere interne Faktoren'

Produktivitat der Leistungsbereitschaft

externe Faktoren

Produktivitat der Endkombination

LB

mit

LB'. Leistungsbereitschaft

/:

Input

VK: Vorkombination

0\

Output

EK\ Endkombination

IN', weitere interne Produktionsfaktoren EX: externe Faktoren

Abb. 19

Produktivitatsermittlung bei Dienstleistungen Quelle: in Anlehnung an Corsten (1994b), S. 61.

Von dieser Produktivitatsermittlung ausgehend nimmt Corsten zwei weitere Spezifizierungen vor. Die erste betrifft die Leistungsbereitschaft, die haufig nicht in vollem Umfang fiir die Dienstleistungserstellung genutzt wird. So wird das vorgehaltene Potenzial des Anbieters im Falle einer Unterauslastung nur begrenzt durch die Nachfrager in Anspruch genommen. Da die Bereitschaft in diesem Fall einfach maximiert werden konnte, um die Produktivitat der Vorkombination zu erhohen, bezieht Corsten den Nutzgrad, der die in Anspruch genommene Leistung LBA zur bereitgestellten Leistung LBB in Beziehung setzt, in die Kennzahl mit ein. Damit ergibt sich die Produktivitat P der Vorkombination nun als LBB

PvK = -

LBA

LBA

LBB

In der Produktivitat der Endkombination ersetzt die in Anspruch genommene Leistung die allgemein formulierte Leistungsbereitschaft.^'^'* Diesem Ansatz ist zu entgegnen, dass die Produktivitat der Vorkombination unabhangig vom erst im Leistungserstellungsprozess hinzutretenden externen Faktor bzw. Kunden ist. Damit karm an dieser Stelle auch noch keine Differenzierung nach bereitgehaltener und in Anspruch Vgl. Corsten (1985b), S. 137-138 und Corsten (1994b), S. 61-62.

120

genommener Leistung durchgefuhrt werden. Der autonome Bereich der Vorkombination kommt dem Bereich der industriellen Produktion sehr nahe und kann vorwiegend anhand der dort gtiltigen Elemente und Merkmale, mit denen sich die Literatur detailliert beschaftigt, beschrieben und analysiert werden. Das Vorbereiten der Tische im Restaurant fUr die zu erwartenden Gaste am Abend ist demzufolge unabhangig von der tatsachlichen Zahl der Besucher. Innerhalb der Vorkombination fmdet insofem ein eigenstandiger Prozess Input Throughput - Output statt, der sich in der Leistungsbereitschaft konkretisiert, welche wiederum als Input mit in die Endkombination eingeht.^"*^ Corstens Ausfuhrungen kann indes erst gefolgt werden, wenn er sich den Darstellungen des Leistungserstellungsprozesses widmet: Da die Vorhaltung von der Inanspruchnahme zu trennen ist, erlangt die nutzgradinduzierte Produktivitatsdifferenz APN gemaJi Corsten hier Interesse und vor allem Bedeutung: . D ZX/iv =

OHK

LBA + I IN + I EX

OHK

646

. LBB + I IN + I EX

Dennoch ist es nicht unproblematisch diese Trennung durch den Einbezug der genutzten Leistung in der Produktivitat der Endkombination zum Ausdruck zu bringen. Eine mogliche Uberdimensionierung der vorgehaltenen Ressourcen wUrde dementsprechend ungeachtet bleiben. Die Kapazitatsgestaltung ist jedoch ganz entscheidend fur die Produktivitat und fur den wirtschaftHchen Erfolg eines Unternehmens. Die Einbeziehung der vollstandig hergestelhen Leistungsbereitschaft im Nenner der Produktivitat der Endkombination spiegeh damit unmittelbar die Kapazitatsdimensionierung bei Nachfrageschwankungen wider: Ist die Leistungsbereitschaft zu hoch dimensioniert, so sinkt die Produktivitat, da sie auf zu geringe Nachfrage trifft, welche wiederum direkt mit der Hohe des Outputs verbunden ist. Trifft die Kapazitatsdimensionierung die Hohe der Nachfrage oder kann sie im Extremfall durch die Leistung der weiteren internen Produktionsfaktoren sogar iibermaBig viel Nachfrage nach Leistung befriedigen, so steigt die Produktivitat der Endkombination. Die zweite von Corsten vorgenommene Spezifizierung, neben dem vorgestellten Nutzgrad, bezieht sich auf den Input des extemen Faktors. Ausgehend von der Tatsache, dass interne und exteme Faktoren peripher substituierbar sind, argumentiert Corsten die Produktivitat der Endkombination konne einerseits ceteris paribus konstant bleiben - unabhangig davon, welche Faktoren iiberwiegen. Der Grund ist, dass durch die Ersetzung intemer Faktoren durch exteme Faktoren der interne Input sinkt, wahrend der exteme Input steigt. Damit bleibt die Hohe des gesamten Inputs letztendlich gleich. Andererseits jedoch zieht eine derartige Senkung des anbieterbezogenen Inputs eine Steigerung der Produktivitat nach sich. Um diese konfliktaren Uberlegungen zu umgehen, schlSgt Corsten schliefilich vor, den Input des exterVgl. Kap. 3.2.2 sowie auch die Ausfuhrungen zur produktionstheoretischen Sichtweise Kleinaltenkamps in Kap. 3.2.1. ^^ Vgl. Corsten (1994b), S. 62.

121

nen Faktors nicht in den Nenner der Produktivitatskennziffer einzuschlieBen, sondem ihn als EinflussgrSBe der Produktivitat zu sehen.^"^^ Eine genauere Differenzierung unter Zugnmdelegung der im 3. Kapitel vorgenommen Argumentation bringt jedoch hervor, dass es erstens einen Input der extemen Faktoren gibt (Kundenrolle des Co-Producers), der im Falle der Person als mogliche Form des extemen Faktors in der Mitwirkung des Nachfragers resultiert. Zweitens kann ein Input durch die kundeninduzierte Einflussnahme auf den Prozess und damit verbunden auf die Anbieteraktivitaten erfolgen. Haufig wird dieser Einfluss durch die steuemden Prozessinformationen verursacht, die uber den Kunden als Kaufer in den Erstellungsprozess gelangen. Aber auch die extemen Faktoren des Co-Producers konnen durch ihre Beschaffenheit, also uber ihre Gute, ihr Verhalten (wenn es sich um den Faktor Mensch handelt) etc., die Ablaufe und damit die Aktivitaten des Anbieters beeinflussen. Eine Visualisierung des Kundenbeitrages anhand des Blueprinting bestatigt, dass der Nachfrager nicht nur eigenen Input einbringt und so zur Produktivitat beitragt (Kundenaktivitaten), sondem dass er dartiber hinaus auf einen viel groBeren Teil des Prozesses Einfluss nimmt. Die gesamte Menge der kundeninduzierten Aktivitaten, die oberhalb der Line of order penetration liegt, richtet sich nach dem Kundeninput, insbesondere den Informationen des Kunden als Kaufer. GemaB Abbildung 19 entsteht der gesamte Output - in Form des Dienstleistungsergebnisses - durch den Input aller Aktivitaten. Die Ermittlung der Produktivitat des Dienstleistungsuntemehmens macht eine Einbeziehung aller Aktivitaten des Anbieters erforderlich. Ubemimmt der Nachfrager durch die Mitwirkung als Person eigene Aktivitaten, so sinkt der Input des Anbieters. In eine Produktivitatskennziffer des Dienstleisters mussen diejenigen Aktivitaten, die in der Abbildung 20 zwischen den beiden horizontalen fetten Linien liegen, einbezogen werden. Diese entsprechen den Tatigkeiten des Anbieters. Gleichzeitig wird ersichtlich, welchen Inputbeitrag der Kunde liefert. Dieser ist durch den Kreis gekennzeichnet und mit den Anbieteraktivitaten partiell substituierbar (doppeltgerichteter Pfeil). Der Anteil des Kunden entspricht auch seinem Beitrag zur Produktivitat, den Corsten mit hx bezeichnet. Da die Produktivitat einen MaBstab zur Kontrolle der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit des Anbieteruntemehmens liefert, sind allein die Anbieteraktivitaten (//^) entscheidend. Ein steigender Input von Seiten des Kunden verringert dabei jedoch den notwendigen Input des Anbieters, so dass sich die Kundenaktivitaten durchaus im Anbieterinput niederschlagen, aber demzufolge nicht zusatzlich mit aufgenommen werden mussen.

^''^ Vgl. Corsten (1994b), S. 63 und Corsten (1998a), S. 81.

122

Interaktlonslinie Line of Interaction

li 13

Sichtbarkeitslinie Line of visibility

Linie der intemen Interaktion Line of Internal Interaction

I

& C

Vorplanungslinie Line of order penetration Implementierungslinie Line of Implementation

2 S

li

C

If

II |f is

Abb. 20

Einflussnahme des Nachfragers auf den Leistungsprozess - dargestellt am Blueprint

Der kundeninduzierte Einfluss erfordert eine weitere Differenzierung der Anbieterleistung: Ein autonomer Part findet unterhalb der Line of order penetration statt und kann vollkommen losgelost vom spezifischen Kunden disponiert werden.^"*^ Sofem dieser Part dem Leistungserstellungsprozess vorgelagert ist, so liegt hier die Vorkombination vor. Ein zweiter Teil der Anbieteraktivitaten, der oberhalb der Line of order penetration liegt, ist kundeninduziert. Wie Abbildung 20 zeigt, haben Beitrage von Seiten des Kunden hier mittelbaren Einfluss auf die Anbieteraktivitaten bis zur Line of order penetration, wodurch sie indirekt auch auf die Produktivitat wirken. Abb. 21 stellt die Beitrage des Kunden noch einmal dar und verdeutlicht, dass der Anteil der kundeninduzierten Aktivitaten wesentlich hoher ist als der Anteil der autonomen Anbieteraktivitaten - und zwar, je mehr von einer standardisierten Dienstleistung abgegangen wird. Damit liegen auf der einen Seite Kundenaktivitaten vor, wenn der Kunde als Co-Producer Aktivitaten vom Anbieter ubernimmt. Dadurch werden also Anbieteraktivitaten substituiert, so dass die reinen Kundenaktivitaten (rechte Seite der Abb. 21) in der Produktivitatskennzahl des Anbieters nicht beriicksichtigt werden mtissen. Augenmerk muss hingegen auf die kundeninduzierten Aktivitaten des Anbieters gelegt werden. Fur die kundeninduzierten AnbieterVgl. Corsten/ Stuhlmann (1998), S. 143; FlieB (2001), S. 46-47; Kleinaltenkamp (1997a), S. 89 und Kleinaltenkamp/ Haase (1999), S. 171

123

aktivitaten wird der Kunde als Co-Producer selbst nicht personlich benotigt, dennoch gewinnt er iiber die Bereitstellung von Informationen in der Kauferrolle, die die Mitarbeiter im Dienstleistimgsuntemehmen verarbeiten mlissen, Einfluss auf den Prozess. Femer miissen sich die Mitarbeiter auch auf die im Voraus nicht bekannte Beschaffenheit der extemen Faktoren, die der Kunde als Co-Producer einbringt, einstellen. Die Art und Gtite der Information sowie die Art und Gute der extemen Faktoren bedingen damit die MitarbeiterkapazitSten.

Kundenaktivitaten Kundeninduzierte Aktivitaten

^^^^

Gemjschter Einfluss von Anbieter und Nachfrager

Anbieteraktivitaten Kundenunabhdngige ^ ^ ^ ^ ^ " Aktivit^ten

Abb. 21

Alleiniger Einfluss desAnbieters = 100% Autonomie

Einfluss des Kunden auf den Gesamtprozess

Um nun die Integration des Nachfragers wirksam in der Produktivitatskennzahl von Dienstleistungen zu erfassen, sind folglich reine Kundenaktivitaten zu vernachlassigen, aber solche, die Einfluss auf die Anbieteraktivitaten erlangen, einzubeziehen. Bezeichnet man als Input die Gesamtheit der Aktivitaten aller Produktionsfaktoren, so kann die Methode des Blueprinting zur Visualisierung der Inputleistungen herangezogen werden.^"*^ Aus Anbietersicht ergibt sich auf der einen Seite Input, der unabhangig vom Nachfrager ist. Auf der anderen Seite entsteht ein kundeninduzierter Input, der mehr oder weniger von der Integration des Nachfragers und seiner extemen Faktoren abhSngt. Aus der hier vorgenommenen Unterscheidung zwischen dem autonomen Potenzial, das zur Herstellung kundenunabhangigen Input verlangt, und dem integrativen Leistungserstellungsprozess, der kundeninduzierten Input erfordert, ergibt sich die folgende Produktivitatskennziffer:

* Auch Fandel bezieht sich in seinen produktionstheoretischen Uberlegungen (z.B. beziiglich der Erstellung eines wissenschaftlichen Lehrtextes) auf die Aktivitaten in NetzplSnen, welche er zur Analyse der Wirtschaftlichkeit von Prozessen zur Leistungserstellung heranzieht; vgl. Fandel (1995), S. 33-53 ebenso wie Fandel (2001). Die Gemeinsamkeiten zwischen einem Netzplan und einem Blueprint sind insgesamt offensichtlich.

124

P=

OEK

mit

P: Produktivitat /: Input des Anbieters O: Output

ku: kundenunabhangig ki: kundeninduziert EK: Endkombination.

Um nachhaltig zu verdeutlichen, dass der Input des Nachfragers in Form seiner Kundenaktivitaten bereits in dieser Kennzahl enthalten ist, sei die Differenz einer autonomen und einer integrativen Erstellung dargestellt als Paul - Pint = — ^ ^"

—— ^"

m i t Paul '. Pint : Iges: I EX '•

Produktivit^t bei autonomer Leistungserstellung Produktivitat bei integrative! Leistungserstellung Gesamtheit der zu erbringenden Aktivitaten Input vom Kunden als Co-Producer.

Im Falle der integrativen Leistungserstellung ubemimmt der Kunde Aktivitaten als CoProducer, die den noch erforderlichen Input des Anbieters reduzieren (Iges -1 EX )• Eine derartige formale Darstellung der Produktivitatskennziffer vermag die kundeninduzierte Wirkung auf die Aktivitaten des Anbieters jedoch nicht zu berucksichtigen. Wie weitreichend sich beispielsweise die steuemden Prozessinformationen auf die verschiedenen Aktivitaten der entsprechenden drei Ebenen im Blueprint (vgl. Abb. 20) auswirken, ist in der Herleitung und Ermittlung von h, zu berticksichtigen.

4.1.1.2

Erhebung und Bereitstellung von Output und Input

Notwendige Voraussetzung fllr die Erhebung der Produktivitatskennziffer ist die Festlegung derjenigen GroBen, die in den Output und den Input der Dienstleistungserstellung einflieBen. Wahrend eine solche Bestimmung fiir Industriegiiter mit relativ einfachen Messverfahren vorgenommen werden kann, ist sie fur Dienstleistungen aufgrund der Immaterialitat und der Integrativitat mit Schwierigkeiten behaftet. So eignen sich fur intangible Leistungen Messverfahren wie Messen, Wiegen, Zahlen nur bedingt oder gar nicht, um Output und Input einer Dienstleistung zu quantifizieren.^^^ Die charakteristische Auftragsproduktion bringt des Weiteren mit sich, dass die Dienstleistung erst mit Beitritt des Nachfragers bzw. seiner extemen Faktoren erstellt wird. Somit sind weder das Leistungsergebnis noch der erforderliche Aufwand noch der Ablauf zu Beginn der Leistungserstellung vollstandig antizipierbar. Ob der Output dann tatsachlich entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsprinzip erstellt wurde, lasst sich demzufolge erst nach Vorliegen des Leistungsergebnisses feststellen.^^' Haufig ist es jedoch schwierig, den Output uberhaupt zu quan-

Vgl. Brinkerhoff' Dressier (1990), S. 58 und Maleri (1997), S. 117. Vgl. Flie6(2001),S.40.

125

tifizieren. Die Probleme verstarken sich sowohl bei einem hOheren Individualitatsgrad des Leistungsergebnisses,^^^ da jede Leistung sodann einmalig ist und in diesem Sinne Messverfahren nicht identisch angewendet werden kCnnen als auch bei einem hOheren Immaterialitatsgrad. So fallt es nicht nur schwer, das individuelle Dienstleistungsergebnis einer Unternehmensberatung oder eines Werbegraphikers physisch zu erfassen. Ungleich problematischer ist die Quantifizierung der Leistung eines Polizeibeamten, die durch mangelnde Tangibilitat gekennzeichnet wird. Zur Umgehung dieser Probleme werden haufig ErsatzgroiJen formuliert, die quantifizierbar sind und die Bildung der ProduktivitStskennziffer erleichtem. Solche Surrogate fmden sich haufig in der Bestimmung der Menge der erstellten Leistungen oder der erftiUten Auftrage. So wird der Untemehmensberater an der ,Anzahl der beratenden Untemehmen' (pro Monat, pro Jahr etc.) gemessen, der Werbefachmann etwa an der ,Anzahl der entworfenen Werbeplakate'. Die Leistung einer PoUzeiwache, welche in der Bereitstellung hochstmoglicher Sicherheit fUr die Bevolkerung liegt, kann durch den ,Anteil der aufgeklarten Delikte' naherungsweise quantifiziert werden.^^^ Die Spezifizierung des Outputs durch Mengeneinheiten kann dabei zum einen an intemen Daten festgemacht werden, wie anhand der ,Zahl der erfolgreichen AufklarungsfHlle' oder im Bereich der Bildung anhand der ,Zahl der geleisteten Vorlesungen'. Zum anderen kann der Output auch iiber die extemen Faktoren bestimmt werden, d.h. an der durch die Dienstleistung vorgenommenen Anderung am extemen Faktor. Handelt es sich bei den extemen Faktoren um zu integrierende Personen, so kann z.B. die ,Zahl der bedienten Kunden' oder die ,Anzahl der durchgeftihrten Blinddarmoperationen' zugmnde gelegt werden. Erfolgt die Leistung hingegen an Objekten, so dienen diese als MaBstab, wie beispielsweise die ,Zahl der reparierten Autos'. Die Produktivitat solcher objektorientierter Leistungen ist zumeist einfacher zu ermitteln, da die Aktivitaten weitestgehend routinisiert und standardisiert sind und so der Sachguterproduktion nahe kommen. Bei alien Arten kann grundsatzlich auch die Anzahl der Kundenkontaktpunkte zwischen dem Dienstleistungsunternehmen und dem Nachfrager als Berechnungsgmndlage dienen.^^"* Generell sind aber auch derartige ErsatzgroBen nicht frei von Problemen. Zweck der HilfsgroBen ist es, nur Teilaspekte des Dienstleistungsergebnisses abzubilden, da das tatsachliche Ergebnis zu komplex ist. Haufig liegt der Erfolg der Leistung in einem Nutzen, wie dem polizeilichen Schutz des Burgers vor Kriminalitat. Die Bereitstellung von Sicherheit fiir den Burger ist allerdings weit umfassender als die HilfsgroBe ,Aufgeklarte Delikte'. Damit erfassen ErsatzgroBen lediglich mit der Leistungserstellung verbundene Teilergebnisse, wodurch der Output gerade bei personenbezogenen Dienstleistungen nicht leistungsgerecht widergespiegelt wird. Zu denken sei an einen Autokonstrukteur, dessen Output entsprechend der heranzuziehenden Mengeneinheiten an der ,Anzahl seiner entworfenen Modelle' gemessen wird. Da diese Zahl aufgrund der Vgl. Sundbo (2002), S. 95. Vgi. Corsten (1994b), S. 56 und Mudie/ Cottam (1999), S. 221. Vgl. Fischer (2000), S. 135-137; Hill (1999), S. 441; Lovelock/ Vandermerwe/ Lewis (1999), S. 490; Silvestro et al. (1992), S. 66; Singh (2000), S. 24 und Vuorinen/ Jarvinen/ Lehtinen (1998), S. 384.

126

Komplexitat der Dienstleistung naturgemaB gering ausfallen wird, kaiin die Bemessung niemals seiner Kreativkraft und seiner tatsachlichen Leistung gerecht werden.^^^ Ein weiteres Surrogat, das insbesondere den Input aber auch den Output zu quantifizieren hilft, stellt die ,Zeit' dar. Als MaB der Arbeit der Produktionsfaktoren konnen z.B. Maschinenstunden (Potenzial des Kontoauszugdruckers pro Stunde) oder die Arbeitszeit der menschlichen Arbeitskraft (Aktivitaten pro Stunde oder pro Arbeitstag als mogliche Zeiteinheiten) herangezogen werden.^^^ Ein moglicher Ausdruck des Outputs ist im zeitlichen Umfang der Gesamtleistung (z.B. eine dreistUndige Operation) zu sehen. Bei geringem Integrationsgrad und steigendem Standardisierungspotenzial bei der Leistungserstellung ist der Output homogen und in seiner Wirkung vorhersehbar. Produktivitatskennzahlen sind somit relativ einfach zu formulieren (z.B. transportierte Tonnen Stahl, Anzahl der Kinobesucher oder ausgegebene Menus im Fast-Food-Restaurant). Ebenso vereinfachen potenzialbezogene InputgroBen, wie die Hohe der geflogenen oder gefahrenen Kilometer (z.B. im Fluggeschaft, Speditionsgewerbe) oder die zur Verfugung stehenden Arbeitsraume (z.B. einer Bildungseinrichtung) die Kennziffembildung. Zwar wird auch hier wiederum auf Mengeneinheiten, Stiickzahlen oder Zeitkapazitaten zuruckgegriffen,^^^ doch entsprechen die GroBen groBtenteils dem tatsachlich hervorgebrachten Leistungsergebnis. So ist die Leistung im Transportwesen im Gegensatz zu weniger standardisierten Dienstleistungen einfach bestimmbar, da sie sich lediglich durch die beiden Grolien ,Menge der transportierten Giiter' und ,zuruckgelegte Entfemung' defmiert.^^^ Das Verhaltnis der transportierten Einheiten zu den gefahrenen Kilometem kann entsprechend als Produktivitatskennziffer eines Transportuntemehmens dienen. Nachum spricht in diesem Zusammenhang von Dienstleistungen mit standardisiertem In- und Output, die durch eben diese homogenen Elemente gekennzeichnet sind, auf der einen Seite und Dienstleistungen mit hohem Innovations- und Kreativitatsanteil auf der anderen Seite. Letztere sind sehr heterogen und individuell, so dass Input und Output innerhalb verschiedener Dienstleistungsauftrage starken Schwankungen unterliegen, was die Messung erschwert.^^^ Die Bereitstellung der In- und OutputgroBen richtet sich also nach der jeweiligen Dienstleistungsart. Damit hangen die Charakteristika und Schwierigkeiten der Kennziffembildung eng mit den verschiedenen Dienstleistungen zusammen. Wahrend die Kennzahlen flir materialintensive Dienstleistungen, die zumeist am Leistungspotenzial ansetzen, sowie auch fur standardisierte Leistungen mit geringem Integrationsgrad relativ einfach zu bestimmen sind (Dienstleistungstyp III in der Abb. 18 auf S. 113), treten insbesondere bei arbeitsintensiven, hoch integrativen und individuellen Leistungen (Typ VI in der Abb. 18) Mess- und auch ErsatzgroBenprobleme auf. Entsprechend der Typologie erhohen sich die Schwierigkeiten einer "^ Vgl. ^^^ Vgl. "^ Vgl. "* Vgl. ^^^ Vgl.

Briimmerhoff (1976), S. 235 und Chew (1988), S. 115. Muller-Lutz( 1978), S. 12-13. Muller-Lutz (1978), S. 3. Mark (1988), S. 146. Nachum (1999), S. 926.

127

Kennzahlenbildung folglich mit znnehmender Annaherung an die Extremauspragungen der Besonderheiten von Dienstleistungen (Feld VI). Die im Rahmen der Dienstleistungsproduktion aufgrund der charakteristisch hohen Arbeitsintensitat am haufigsten verwendete Produktivitatskennziffer - und dies demonstriert auch die Tabelle 4 auf Seite 130 - stellt die Arbeitsproduktivitat dar. Dem Dienstleistungsuntemehmen liegt damit ein MaB fiir die Ergiebigkeit der Arbeitsleistung der Mitarbeiter vor. In Untemehmen, in denen die menschliche Arbeitsleistung der dominante Produktionsfaktor ist, nahert sich die Teilproduktivitat der Arbeit bereits der Gesamtproduktivitat an. Eine Erhohung der Produktivitat kann somit durchaus auf die menschliche Arbeitsleistung zuriickgefuhrt werden, da weitere Produktionsfaktoren hier kaum Einfluss auf die Leistungserstellung nehmen und eine gemeinsame Wirkung auf die Produktivitat ausgeschlossen werden kann. So entspricht die Arbeitsproduktivitat ,Zahl der korrigierten Diplomarbeiten im Semester / Lehrpersonen' genau der Gesamtproduktivitat ,Zahl der korrigierten Diplomarbeiten im Semester / Menge der eingesetzten Ressourcen in diesem Zeitraum', da die Ressourcen der Arbeitskraft der Lehrpersonen entsprechen. In der Messung der Produktivitat von Sachgiitem werden Teilproduktivitaten wie die Arbeitsproduktivitat gerade mit dem Ziel der Uberwindung von Problemen - namlich zur Uberwindung des Heterogenitatsproblems der einzubeziehenden GrolJen - herangezogen.^^^ Das im Rahmen der Dienstleistungsproduktivitat vorliegende Messproblem infolge der mangelnden Quantifizierbarkeit der GroBen vermag jedoch auch durch die Arbeitsproduktivitat nicht gelost zu werden. Fur die menschliche Arbeitsleistung liegen ebenfalls keine physischen MessgroBen vor, so dass hier wiederum keine direkte Messung angewandt werden kann. Dementsprechend erfolgt auch die Messung der Arbeitsproduktivitat von Dienstleistungen indirekt iiber Ersatzfaktoren.^^' So ergeben sich als Optionen zur Festlegung des Inputs des Faktors ,Arbeit' zum einen die bereits genannte Arbeitszeit (z.B. Anzahl der Arbeitsstunden), zum anderen die korperliche Bestandsmenge (als Anzahl der beteiligten Arbeitspersonen oder der Anzahl der Belegschaft) und zuletzt sogenannte Zeitstandards (Zeitaufwand pro Einheit). Das Arbeitsergebnis spezifiziert sich nach dem Beitrag, den ein Mitarbeiter bzw. mehrere Mitarbeiter zur Leistungserstellung geleistet hat/ haben. Ausgedriickt in Mengeneinheiten kann dies die , Anzahl der geleisteten Verrichtungen' oder die , Anzahl der bedienten Kunden' sein.^^^ Damit liegen auf der einen Seite Messprobleme von In- und Output der Dienstleistungen und auf der anderen Seite Losungsmoglichkeiten wie Surrogatgr6i3en und Teilproduktivitaten vor, die jedoch wiederum neue Probleme aufwerfen: Es werden nur Teilaspekte des Leistungserstellungsprozesses erfasst; der Output wird haufig nicht leistungsgerecht wiedergegeben. Im Hinblick auf den Zweck der Erhebung der Kennziffer ist in der Folge sodann die Frage zu Vgl. zu den verschiedenen Arten der Produktivitat Kap. 2.2.3. Vgl. Corsten (2000b), S. 270. Vgl. Albach (2000), S. 167-168; Corsten (1994b), S. 54; Corsten (2000b), S. 270 und Vuorinen/ Jarvinen/ Lehtinen(1998), S. 384.

128

stellen, ob die bestehenden Probleme zu einem tatsachlichen Mangel in der Produktivitatsermittlung werden mtissen. Wahrend als Aufgaben einer Produktivitatsmessung vor allem Planungs- und Vergleichszwecke sowie Abweichungsanalysen (mit dem Ziel der Kontrolle) genannt wurden (vgl. Abb. 6 auf S. 35), konnen als Giitekriterien etwa die Zweckeignung, die Genauigkeit, die Aktualitat sowie die Kosten-Nutzen-Relation herangezogen werden.^^^ Die Aktualitat wird insbesondere durch die zeitnahe Erhebung, z.B. bei Vergleichen mit Daten aus der Vergangenheit, ausgedriickt.^^ Diese wird im Einzelfall bestimmt und kann, da sie als erfullbar anzusehen ist, als gegebenes Giitekriterium erachtet werden. Gleiches gilt fur die Kosten-Nutzen-Relation, iiber die ebenfalls im Dienstleistungsuntemehmen entschieden werden muss. Die Genauigkeit zielt auf eine moglichst groBe Ahnlichkeit zwischen dem zu quantifizierenden Tatbestand und der Kennzahl ab.^^^ Aufgrund des Messproblems der Dienstleistungsproduktivitat kann dieses Kriterium nur teilweise unter Verwendung der SurrogatgrSBen erfullt werden. Hier setzt unmittelbar die Zweckeignung an, welche den Informationsbedarf erflillen soll.^^^ Werden die oben genannten Vergleichsziele zugrunde gelegt, so treten eventuelle Messfehler, die auf die mangelnde Quantifizierbarkeit zuriickgehen, bei beiden zu vergleichenden Kennzahlen auf und gleichen sich aus. Wird also bei Vergleichen und Abweichungsanalysen der gleiche Aufbau der Kennzahl (gleiche SurrogatgroBen) gew^hlt, so ist die Zweckeignung gegeben. Planungsziele, die auf ErsatzgrCBen in der Messung der Produktivitat zuriickgreifen, lassen jedoch moglicherweise Teilaspekte der Leistungserstellung auBen vor, so dass es hier zu Verzerrungen und mangelnder Zweckeignung kommt. Werden beispielsweise die Produktivitaten zweier Autokonstrukteure miteinander verglichen, so wird bei beiden von der Kreativkraft abstrahiert. Die Zweckeignung ist gegeben. Wird allerdings die Menge an einzusetzenden Konstrukteuren geplant, um innerhalb eines Jahres ein neues PKWModell mit geringstmoglichem Mitteleinsatz zu designen, so konnen Zweckungenauigkeiten auftreten, da die Produktivitat hier womoglich nicht leistungsgerecht erfasst wird. Die Probleme der Erfassung von Output und Input von Dienstleistungen hangen folglich zum einen - gemaB der Kriterien der Typologie in Abb. 18 auf Seite 113 und der hier festgestellten Zunahme der Probleme mit Annaherung an den Typ VI der Typologie - von der Arbeitsintensitat, dem Integrations- und dem Individualisierungsgrad ab und zum anderen auch von der Zweckeignung der Produktivitatskennziffer. Tabelle 4 liefert einen Uberblick iiber die in der Literatur zum Dienstleistungsmanagement am haufigsten verwendeten Produktivitatskennzahlen.^^^

Vgl. Meyer (1994), S. 24-25. Vgl. auch Gladen (2003), S. 60-61. Vgl. Meyer (1994), S. 28. Vgl. Meyer (1994), S. 26-27. ' Vgl. Geis (1986), S. 119 und Meyer (1994), S. 25. Vgl. zu den aufgefuhrten Beispielen in der Tabelle Ark/ Monnikhof' Mulder (1999), S. 475-479; Brinkerhoff' Dressier (1990), S. 16; BrUmmerhoff (1976), S. 236; Budaus/ Buchholtz (1997), S. 329; Corsten (2002), S. 58; Fandel/ Blaga (2004b), S. 119-120; Fischer (2000), S. 135-137; Gummesson (1992), S. 12; Mali (1978), S. 86-90 und Mudie/ Cottam (1999), S. 217.

129

Dienstleistungsunternehmen/ -branche Offentliche Verwaltung Rechnungen

Zahl der Personalausweise Bildungseinrichtungen

Pflegeeinrichtungen/ KrankenhSuser

Input

Output

Mitarbeiter Materialeinsatzmenge

Immatrjkulationen

Fakultat

Anzahl der Absolventen

Anzahl der Studierenden

Unterrichtsstunden

Lehrbeauftragter

Zahl der unterrichteten SchQIer

Anzahl der Lehrer

Klassenstdrke

Lehrkfirper

Durchgefuhrte Behandlungen

Gesamte Behandlungspl^ne

Ausgefullte Verordnungen

Durchschnittliche Arbeitsstunden

Zahl der behandelten Krankheitsfaile Arbeitstag

Hotel

Gastronomie

Durchschnittllche HOhe der Bettenbelegung

Monat

Betreute Betten

Beschdftjgte

Belegte Betten

Verfugbare Betten

Anzahl der Hotelzimmer

Zimmerpersonal

Hergestellte Mahlzeiten

Kuchenpersonal

Anzahl der bedienten Kunden

Kellner

Kino

Zahl der Besucher

Zahl der PISitze

Schreibdienste

Zahl der getippten Selten

Arbeitsstunden der Sekretahn

Reinigungsdienst

Zahl der gereinigten H^user

Arbeitsstunden des Reinigungsdienstes

Postwesen

Menge der ausgetragenen Postsendungen

Postbote

Abfallentsorgung

Zahl der abgefertigten Haushalte

Arbeitsstunde

Wach- und Schlieligesellschaft

HSufigkeit der Kontrollgange

Arbeitszeit des Wachhabenden

Dauer der Kontrollgange

Arbeitszeit des Wachhabenden

Anzahl der Wartungen

Techniker

Anzahl der StOrungsbeseitigungen

Techniker

Wartungsbetrieb

Tab. 4

130

Uberblick iiber Produktivitatskennzahlen von Dienstleistungen

Diese Kennzahlen kategorisieren sich entsprechend nach Dienstleistungsbranchen und bestStigen, dass es zum einen eine Vielzahl unterschiedlicher Kennzahlen ftir Dienstleistungen allgemein gibt und dass zum anderen innerhalb der gleichen Branche verschiedene Kennzahlen zur Messung der Produktivitat vorliegen. Die Ursache fiir den ersten Tatbestand ist allein in der Heterogenitat der verschiedenen Dienstleistungen bzw. Dienstleistungsergebnisse zu finden (so ist der Output fur jede Dienstleistung auf eine eigene Art zu erfassen, was allgemeine Outputformulierungen unmoglich macht^^^). Die Grtinde fur die Vielzahl von Kennziffem flir nur eine bestimmte Dienstleistung liegen zum einen wiederum in der Heterogenitat der Leistungen, die innerhalb eines Untemehmens oder einer Branche angeboten werden (z.B. reichen die Leistungen eines Kreditinstitutes von der Vergabe eines Kredites Uber die Verwahrung von Vermogen bis hin zum Kauf von Wertpapieren), zum anderen aber auch in der Verwendung unterschiedlicher ErsatzgroiJen in Form der bereits herausgestellten Mengenund Zeiteinheiten. Die aufgelisteten Kennzahlen bestatigen femer, dass mit zunehmender Individualisierung und Personenintensitat die mogliche Anzahl an Kennzahlen zur Erhebung der Produktivitat steigt. Derartige Dienstleistungen sind gemafi der obigen Ausftihrungen problematisch zu messen, die verwendeten Hilfsgrofien sind folglich tangibler Natur. Das bedeutet, dass Aspekte der Leistung herausgegriffen werden, die physisch greifbar sind. In Abhangigkeit von den verwendeten ErsatzgroBen existieren dann zahlreiche verschiedene M5glichkeiten zur Messung der Produktivitat derselben Dienstleistung. Diese konnen dem Management jedoch durchaus von Nutzen sein, wenn mit Hilfe der Kenngrolien unterschiedliche Aspekte der Produktivitat beleuchtet werden.^^^ So verdeutlicht das Beispiel der Wach- und SchlieBgesellschaft (vgl. Tab. 4), dass das Untemehmen zum einen den Aspekt der HSufigkeit der KontrollgSnge sowie zum anderen den Aspekt der Dauer der Kontrollgange erheben kann. Weiterhin demonstrieren die Kennzahlen in der Tabelle, dass der Schwerpunkt der Produktivitatsmessung auf der Teilproduktivitat der Arbeit liegt. Die Art der Erfassung des Inputs spiegelt deutlich die Intention der Anwendung der ProduktivitStskennziffer wider. So werden zur Bestimmung des Kapazitatsbedarfs MengengroBen wie die ,Zahl der Beschaftigten' erfasst.^^^ Zur Erstellung einer bestimmten Outputhohe (Mahlzeiten in einem Restaurant) kann sodann eine Mindesthohe an zu beschaftigenden Mitarbeitem (KUchenpersonal) festgelegt werden. Andererseits weist eine schwache Produktivitat im Krankenhaus (Betreute Betten / Anzahl der Beschaftigten) darauf hin, dass zu viel Pflegepersonal eingestellt wurde. Mit Hilfe der Produktivitat kann folglich der Arbeitskraftebedarf sowohl im Vorfeld geplant (unter Beachtung der oben beschriebenen Zweckgenauigkeit) als auch im Nachhinein kontrolliert werden.^^' Eine weitere mogliche Intention der Untersuchung liegt in der Erfassung der Arbeits^^ Vgl. Corsten (1994b), S. 56 und 58. ^^^ Vgl. BrUmmerhoff (1976), S. 235. ^^° Vgl. Bohr (1981), Sp. 1800. ^'' Vgl.Abb. 6aufS. 35.

131

zeit anhand der tatsachlich geleisteten Arbeitsstunden zum Zwecke des Leistungsvergleiches - also der Leistungskontrolle.^^^ Im Pflege- oder medizinischen Dienst kann die Arbeitsleistung der Pfleger oder Mediziner anhand der ,Zahl der behandelten Patienten / Arbeitstag' verglichen werden. WShrend in diesem Beispiel noch strittig ist, ob es im Rahmen einer arztlichen Leistung von Vorteil ist, so viele Patienten wie moglich in einer Zeiteinheit zu untersuchen, so wird der Leistungsvergleich bei Dienstleistungen mit geringem Integrationsgrad deutlicher: Die Leistung zweier Schreibkrafte kann durch die Zahl der von ihnen getippten Seiten pro Stunde einfach ermittelt werden. Bei solchen personalisierten Dienstleistungen mit geringem Integrations- und hohem Standardisierungsgrad (Routinearbeiten wie Leistungen des Typs IV der Typologie in Abb. 18 oder gemaB Nachum ,Leistungen ohne Kreativitatsanteil') wird die Inputleistung durch die Verwendung von ZeitgroBen SuBerst leistungsgerecht wiedergegeben. Der zugrunde gelegte Input des Schreibdienstes, des Wachdienstes, der Offentlichen Verwaltung etc. entspricht somit der tatsSchlichen Arbeitsleistung der betrachteten Arbeitskrafte, so dass die Ermittlung der Produktivitat in diesem Fall auf wenig Schwierigkeiten st56t. Gleiches gilt, wenn die Produktivitat im Back-Office des Dienstleistungsuntemehmens erhoben wird, wie im Falle der Relation ,Hergestellte Mahlzeiten / Ktichenpersonal'. Eine Produktivitatskennzahl kann hier sowohl ftir Zwecke der Planung als auch der Kontrolle eingesetzt werden, da die Zweckgenauigkeit gegeben ist. Anhand der dargestellten Produktivitatskennzahlen, unabhangig von der Art der Dienstleistung und der Art der gewShlten Kennziffer, wird zweierlei deutlich. Die in der Theorie versuchte Spezifizierung und Gestaltung des Quotienten wird in den angewendeten bzw. den beispielhaften Produktivitatskennzahlen nicht ubemommen. Es stellt sich nSmlich heraus, dass es bereits in der bloBen Bestimmung der Output- und InputgroBen zu Schwierigkeiten kommt. Die Bedeutung dieser Schwierigkeiten schwankt zweitens in Abhangigkeit verschiedener Dienstleistungstypen: WShrend die Probleme bei standardisierten Dienstleistungen mit nur geringem Integrationsgrad weniger stark hervortreten, verstSrken sie sich bei individuellen und hoch integrativen Dienstleistungen.

4.1.1.3

Besonderheiten in der Messung der Dienstleistungsproduktivitat und Ansatze zur Problembehebung

Die aufgezeigte mangelnde Quantifizierbarkeit der Output- und InputgroBen zur Bildung der Kennziffer stellt im Produktivitatsmanagement fur Dienstleistungen nicht die einzige zu iiberwindende Schwierigkeit dar. Weitere Problemstellungen ergeben sich erstens aus der geringen Homogenitat der GroBen und zweitens aus der notwendigen Einbeziehung qualitativer Aspekte.

''2 Vgl. Bohr (1981), Sp. 1800.

132

Die tabellarische Auflistung potenzieller Kennzahlen (vgl. Tab. 4) hat bereits das Problem der HeterogenitSt von Dienstleistungen manifestiert. So liegen nicht nur iiber die verschiedenen Arten der Dienstleistungen hinweg unterschiedliche Outputs vor, sondem auch innerhalb eines Dienstleistungsuntemehmens. Treten in den verschiedenen Leistungserstellungsprozessen eines Untemehmens Unterschiede auf, so wirken sich diese auf die erhobene Produktivitat und anzustrebende Vergleiche zwischen Kennzahlen aus. Derartige Homogenitatsdefizite kommen selbst bei eher standardisierten Dienstleistungen mit geringem Integrationsgrad vor. So konnen in einer Kfz-Werkstatt die auszufUhrenden Reparaturleistungen in ihrem ,Schwierigkeitsgrad' deutlich variieren und Auswirkungen auf die LeistungsMiigkeit des KfzMeisters haben. Das Wechseln eines defekten Reifens ist dementsprechend nicht mit der Aufgabe, eine undichte Stelle im PKW aufzufmden, zu vergleichen.^^^ Dieser Aspekt ist in Abhangigkeit von der Art der Erhebung und Bewertung einer Produktivitatskennzahl unterschiedlich zu gewichten: FlieBen beide Leistungen - das Wechseln eines Reifens und das Auffmden einer undichten Stelle - gleichwertig in eine Produktivitatskennzahl (z.B. als Output um die Produktivitat pro Arbeitstag zu messen) oder in mehrere Kennzahlen ein (z.B. zwecks eines Vergleiches, wenn die beiden Leistungen von zwei verschiedenen Monteuren durchgefxihrt wurden und die jeweilige Arbeitsleistung miteinander verglichen werden soil), so resultiert die vorliegende InhomogenitSt der Leistungen unmittelbar in Interpretationsproblemen der Kennzahl. Werden beide Leistungen hingegen unabhSngig voneinander betrachtet und jeweils nur mit einer gleichwertigen Leistung bzw. Produktivitatskennzahl in Beziehung gesetzt, so zieht die Inhomogenitat der Leistungen keine Probleme nach sich. Entsprechende HomogenitStsschwankungen ergeben sich bei der Outputbemessung von stark individualisierten Dienstleistungen. Ergebnisse von innovativen und kreativen Leistungen variieren untereinander aufgrund der Individualitat und konnen zudem oftmals beztiglich ihrer hervorgebrachten Menge nur unzureichend beschrieben und interpretiert werden (vgl. Kap. 4.1.1.2). Nicht zu vemachlSssigen ist schlieBlich der Einfluss der extemen Faktoren. So wird beispielsweise der Erstellungsprozess unter Mitarbeit eines Neukunden mehr Zeit in Anspruch nehmen als bei einem Stammkunden, der den Ablauf kennt und die Produktivitat des Mitarbeiters erhoht. Damit erschwert auch die Heterogenitat der Nachfrager die Definition des Outputs der Dienstleistung.^^'* Weitere Homogenitatsprobleme ergeben sich in Verbindung mit qualitativen Aspekten und betreffen sowohl den Input als auch den Output der Produktivitatskennzahl. Im Rahmen einer Verwendung der Arbeitsproduktivitat ist vor allem hinsichtlich der Bewertung der menschlichen Arbeitsleistung mit Problemen zu rechnen. Wird die Arbeitszeit als ErsatzgroBe zur Quantifizierung des Inputs herangezogen, so wird unterstellt, dass die damit bemessene Arbeitsleistung von Mitarbeitem gleicher Qualifikation ausgeflihrt wird. Ein moglicher unterschiedlicher Bildungsstand der Mitarbeiter (Fachkraft versus Hilfsarbeiter) wird folglich ver^^^ Vgl. Lovelock (2001), S. 368. ^"^^ Vgl. Lovelock/ Vandermerwe/ Lewis (1999), S. 490.

133

nachlassigt, obwohl angenommen werden kann, dass ein Facharbeiter mehr Arbeit in der Stunde zu erbringen vermag als eine weniger qualifizierte Arbeitskraft. Die InputgroBen variieren damit in ihrer Qualitat und sind entsprechend inhomogen.^^^ Zur Losung bieten sich zwei Altemativen an. Einerseits kann die differente Qualifikation anhand entsprechender Gewichtungen in die Kennzahl einfliefien, indem Faktoren wie Schul- und Ausbildung, Alter Oder auch die Gehaltsstufe in der Arbeitsmenge berucksichtigt werden. Das Ergebnis liefert eine aggregierte InputgroBe. Andererseits kann der Leistungsbeitrag eines Mitarbeiters jeweils als eigenstandiger Input betrachtet werden, so dass sich mehrere Faktoreinsatze ergeben.^^^ Ein Tool, das die Erfassung von einzelnen Faktoreinsatzen anhand von Aktivitaten oder Teilprozessen erm5glicht und gleichzeitig auch das in Kapitel 4.1.1.2 aufgezeigte Ersatzgroi3enProblem, das in einer unzureichenden Abbildung des Outputs mundet, zu losen hilft, stellt die Methode des Blueprinting dar.^^^ Ansatzpunkt ist, dass der Output prinzipiell auf zwei Ebenen gemessen werden kann: als Leistung der gesamten Untemehmung oder aber als Zwischenoutput, der Teil des Gesamtoutputs werden kann oder nicht.^^^ Damit kann die ProduktivitEit einerseits fiir die Gesamtleistung gemessen werden, andererseits aber auch ftir Teilprozesse, in die ein Gesamtprozess zerlegt werden kann. Unabdingbare Voraussetzung ftir die Messung auf der unteren Ebene ist lediglich, dass sich ein eigenstandiger Output und damit zusammenhSngende Produktionsfaktormengen abgrenzen lassen.^^^ Oftmals besteht eine Dienstleistung bereits aus mehreren Phasen (z.B. besteht die Dienstleistung ,Charterflug' aus Check-In, Boarding, Flug, Deboarding, Gepackaufnahme), so dass sich fur jede dieser Phasen die Faktoreinsatze und Teiloutputs bestimmen lassen. Jeder Teilprozess wird folglich durch einen Teiloutput defmiert, d.h. jeder Teilprozess endet mit einem Teiloutput. Durch Teilprozesse konnen zum einen einzelne Faktoreinsatze spezifiziert werden (z.B. die Arbeitsverrichtung eines einzelnen Mitarbeiters), zum anderen geht im Gegensatz zum Gesamtoutput keine leistungsbezogene Aktivitat verloren. Teiloutputs sind damit leistungsgerechter als die in Kapitel 4.1.1.2 aufgezeigte Outputerfassung iiber ErsatzgroBen. Fiir die einzelnen Teilprozesse konnen jeweilige Teilproduktivitaten ermittelt werden. Vorteilhaft ist, dass die Teilprozesse eine hohere Homogenitat der zugrundeliegenden Arbeitsleistung aufweisen. Auch wird die Erfassung von Out- und Input dadurch erleichtert, dass der einzubeziehende Umfang der GroBen in den Prozesseinheiten kleiner wird. Je detaillierter der Prozess zerlegt wird, umso einfacher wird konsequenterweise die Erfassung der Produktivitatskennzahl. Letztlich kann zwischen den Teilergebnissen auch eine Verbindung zwecks Ermittlung einer Globalzahl ftir die Gesamtarbeitsmenge hergestellt werden, wobei die Teil-

Vgl. ^^^ Vgl. ^^^ Vgl. ^^* Vgl. ^^^ Vgl.

134

auch die Argumentation in Kap. 2.2.3. Corsten (1994b), S. 54-55; Mark (1988), S. 144-145 und Nachum (1999), S. 927. zur Methode des Blueprinting Kap. 3.2.2. Brinkerhoff/ Dressier (1990), S. 56. Dellmann/ Pedell (1994), S. 17.

produktivitaten gemaB ihrem Beitrag zur Gesamtleistung durchaus auch gewichtet werden konnen.^^^ Zerlegt die oben erwahnte Kfz-Werkstatt die vorzunehmende Autoreparatur beispielsweise in die Phasen ,Annahme des Kfz', jReifenwechsel' und ,Behebung der Undichtigkeit im Kfz', so konnen als Teiloutputs etwa ,angenommenes Kfz', ,neuer Reifen', ,Identifikation der undichten Stelle' und ,undichte Stelle repariert' benannt werden. FUr jede dieser speziellen Teilprozesse konnen unter Zuhilfenahme des Blueprinting die einzelnen Aktivitaten bis hin zum Teiloutput identifiziert werden, so dass femer Teilproduktivitaten berechnet und Faktoreinsatze spezifiziert werden konnen. Geht man davon aus, dass samtliche Phasen von unterschiedlichen Mitarbeitem (Sekretarin, Lehrling, Kfz-Meister) erbracht werden, so sind einzelne Kennzahlen hier leistungsgerechter und konnen zum Zwecke des Vergleichs mit gleichwertigen Kennzahlen (gleiche Tatigkeiten an einem anderen Kfz) in Beziehung gesetzt werden. Die unterschiedliche Anzahl an Aktivitaten in den Teilprozessen lasst femer erkennen, dass Vergleiche verschiedener Teilprozesse bzw. verschiedener Gesamtprozesse, die sich aus unterschiedlichen Teilprozessen zusammensetzen, nicht zweckgeeignet sind. Weitere Vorteile aus der Bildung von Teilprozessen ergeben sich aus -

dem Erkennen von Soll-Ist-Abweichungen im Teilprozess,

-

der Vereinfachung von Kontroll- und VerbesserungsmaBnahmen,

-

der Motivation der fur den Teilprozess verantwortlichen Mitarbeiter und

-

der Vorgabe von Arbeitsstunden fur jeden Teilschritt.^^'

Probleme auf der Outputseite betreffen schlieBlich nicht nur die aufgezeigten Schwierigkeiten der Messbarkeit, sondem - entsprechend der Inputseite - wiederum auch qualitative Aspekte. Zur Erhebung und Interpretation des Dienstleistungsergebnisses reicht es oftmals nicht aus, nur von der mengenmaBigen Betrachtung in Form des Outputs auszugehen.^^^ Vor allem bei arbeitsintensiven Dienstleistungen besteht ein wesentlicher Unterschied zur Sachguterproduktion darin, dass es weniger auf die Menge der produzierten Einheiten ankommt (Menge der produzierten Kleidungsstucke in der Fabrik pro Monat) als vielmehr auf die Qualitat der hervorgebrachten Einheiten. FUr diesen ergebnisorientierten Leistungserfolg - im Gegensatz zum mengenmaBigen - wird in der Literatur auch der Begriff ,outcome' verwendet.^^^ Liegt das Resultat der Leistung also nicht im Erhalt der Sache ,Dienstleistung', sondem in der Giite der erhaltenen Dienstleistung, so ist der outcome relevant. Die in Tabelle 4 ausgewiesene Kennzahl ,Zahl der unterrichteten Schtiler / Anzahl der Lehrer' wurde immens steigen, wenn die Anzahl der Schuler erhoht wurde. Doch die rein mengenorientierte Betrachtung erscheint Vgl. Muller-Lutz (1978), S. 7 und 11. Vgl. zu der Bildung von Teilprozessen und Teiloutputs auch die Bemerkungen im Rahmen der Fallstudie II in Kap. 4.2.3. Vgl. Looyetal. (1998), S. 360. Vgl. Z.B. Eichhom (2000), S. 140; Lovelock (2001), S. 368 und Mudie/ Cottam (1999), S. 220.

135

nicht der Erfolg und Zweck von Bildungseinrichtungen zu sein - und genau dort liegt die Crux der Betrachtung der Produktivitat von Dienstleistungen. An der Gtite der Dienstleistung bewertete Leistungsergebnisse werden durch eine rein mengenmaJJige Betrachtung unzureichend, da nicht leistungsgerecht, abgebildet. Die Produktivitat verliert dann an Aussagekraft. Bezogen auf die Lehre tritt etwa zwingend ein qualitativer Faktor hinzu, da gefragt werden muss, wie viele SchUler tatsachhch im Unterricht etwas gelemt haben. Gleiches gih fur eine medizinische Forschungseinrichtung. Zur Bewertung ihrer Leistung ist weniger die Zahl der durchgefuhrten Tests relevant als vielmehr die Zahl derjenigen Tests, die eine positive und weitreichende Forschungserkenntnis gebracht haben. Folglich wird hier die Qualitat der Ergebnisse zum wesentlichen Kern des Outputs.^^"* Aus der Sicht des Anbieters gilt es damit, neben der Effizienz wiederum die Effektivitat zu verfolgen. Zwar wurde bereits in Kapitel 2.1.2.2 die Notwendigkeit der gleichzeitigen Erreichung von Effizienz und Effektivitat zur Erzielung eines Wettbewerbsvorteils betont, doch ist die Notwendigkeit einer effektiven Leistungserstellung im vorliegenden Fall noch starker zu gewichten: Bei Leistungen, die unmittelbar von der Gute ihres Ergebnisses abhangen, ist die Effektivitat hoher zu bewerten als die Effizienz der Leistung. Damit wird hier entsprechend der Begriffsunterscheidungen zur Effektivitat und Effizienz im Kapitel 2.1.2.2 der Sichtweise der englischsprachigen Literatur gefolgt^^^ - und dieses kommt auch durch den Begriff des ,outcome' zum Ausdruck. Der Dienstleister hat bei der Effektivitatsgestaltung jedoch zu beachten, dass integrative Dienstleistungen, wie der gesamte Bildungsbereich, Gesundheitsleistungen etc., von der Mitwirkung des Nachfragers abhangig sind. Dieser ist also an der qualitativen Gestaltung des Leistungsergebnisses und damit an der Effektivitat direkt beteiligt.^^^ Eher autonome Leistungen, wie Laboruntersuchungen, Gebaudereinigungen etc., sind hingegen unabhangig vom Kunden, so dass allein der Dienstleister flir die effektive Dienstleistung zustandig ist. Um nun beide Facetten - die Quantitat im Sinne einer effizienten und die Qualitat im Sinne einer effektiven Leistungserstellung - im Zahler der Produktivitatskennziffer zu erfassen, existieren verschiedene Moglichkeiten. So besteht ein erster Ansatz in der ausschliefilichen Erfassung solcher ,erfolgreichen' Leistungsergebnisse, die zur Zufriedenheit beim Nachfrager fuhren. Unzureichende Leistungen werden entsprechend nicht mit berlicksichtigt, so dass durch diese Differenzbildung in der letztendlichen Kennziffer wiederum ein mengenmal3iger Output aufgenommen wird. Dienstleistungsergebnisse, die den Nachfrager zufrieden gestellt haben, konnen uber wahmehmbare harte und weiche Merkmale der Leistungserstellung definiert werden. Dazu eignen sich Faktoren wie Wartezeit, Dauer des Leistungserstellungsprozesses, Sauberkeit, Freundlichkeit oder auch der Gesundheitszustand des Patienten.^^^ Liegt beispielsweise die Leistung einer Gebaudereinigungsfirma darin, einen qualitativ hohen Reinigungsservice anzubieten, so werden zur Messung des Outputs nicht die Anzahl der gereiVgl. Vgl. Vgl. Vgl.

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BrUmmerhoff (1976), S. 237 und Drucker (1999), S. 84. auch Abb. 3 auf S. 20. die Ausflihrungen zur Qualitat in Kap. 3.3.2.1. McLaughlin/ Coffey (1990), S. 48.

nigten Objekte gezahlt, sondem es werden nur diejenigen Objekte erfasst, die beim Abnehmer eine hohe Zufriedenheit erzeugt haben (Faktor ,Sauberkeit'). Damit ergibt sich ein beispielhafter Output in Hohe der Anzahl der gereinigten Objekte in einer Woche minus der Anzahl der zu wiederholenden Sauberungen infolge von Kundenbeschwerden.^^^ Ein zweiter Ansatz zur Integration des qualitativen Ergebnisses setzt an einer Gewichtung der Leistungsergebnisse an. Diese Gewichtung richtet sich entsprechend wieder nach MaBstaben wie Erfolg oder Kundenzufriedenheit, so dass qualitativ bessere Ergebnisse einen hoheren Wert erhahen. Fur das Beispiel der Lehre kann zur Ermittlung des Outcome im Sinne des ,Erfolges' der unterrichteten Schuler die Zahl der Schuler mit dem Notendurchschnitt gewichtet werden.^^^ Unter Zugrundelegung eben solcher Gewichtungen wurde auch der Outcome einer Mullabfuhr als muhiplikative GroBe der folgenden drei Faktoren erhoben: aufgesammelte Tonnen Miill, durchschnittliche Sauberkeit der StraBen (anhand einer Ratingskala von 1 bis 4 evaluiert) und Prozentanteil der mit der StraBenreinigung zufriedenen Biirger (durch Umfrage ermittelt).^^^ Allgemein formuliert gilt dann fiir die Outcome-Bemessung, die gemaB der obigen Ausfiihrungen einen MaBstab der Effektivitat darstellt: Outcome = Output • Erfolgsgrad der Dienstleistung. 1st ein hoher Outcome festgestellt, so kann in Verbindung mit Zeit- oder MengengroBen im Input eine Norm-Produktivitat fixiert werden, die Handlungsanweisung gibt, in welcher Zeit oder mit welcher Einsatzmenge Leistungsergebnisse bestimmter Qualitat erreicht werden konnen. Das Setzen von Standards bildet demnach eine weitere Moglichkeit, qualitative Aspekte im Output einzubeziehen, da sowohl die Menge als auch die Qualitat der erstellten Einheiten beriicksichtigt werden. So kann fiir das Beispiel der GebSudereinigungsfirma ermittelt werden, dass der hOchste Reinigungsservice fur eine Flache von 80m^ in einer Zeit von 1,5 Stunden erreicht wird. Folglich werden diese Werte als Norm fixiert. Auch fur Bildungseinrichtungen konnen auf diesem Wege Standards zugrunde gelegt werden: Wird etwa festgestellt, dass bei einer Klassenstarke von 20 Schulem das hochste Bildungsniveau der SchUler erreicht wird, so wird die Norm ,20 unterrichtete Schuler / Lehrkorper' bestimmt. Die aufgezeigten Probleme in der Erfassung von Leistungsergebnissen hoher Giite verstarken sich entsprechend bei individuellen Leistungen. Individuelle Dienstleistungen sind heterogen, so dass die Bildung von Standards nahezu unmoglich wird. Weiterhin erhohen sich die Anforderungen und Bedtirfnisspezifizierungen von Seiten der Kunden als Kaufer, so dass sowohl die Erreichung qualitativ hoher Ergebnisse aus Sicht des Anbieters erschwert wird als auch die Zufriedenstellung der Kunden, da die Erwartung der Kunden an ,ihre' individuelle Leis-

^** Vgl. BrinkerhofC^ Dressier (1990), S. 58-59. ^^^ Vgl. Brummerhoff (1976), S. 241. ^^ Vgl. Hatry/ Fisk (1971), S. 19, zitiert nach Brummerhoff (1976), S. 241.

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tung steigt.^^' Damit verstarkt sich die Notwendigkeit der Einbeziehung qualitativer Aspekte in die Outputerhebimg, je mehr zur individuellen Leistungserstellung ubergegangen wird. Bildlich betrachtet verstarken sich die Effekte an einer durch die Typologie (Abb. 18, S. 113) gelegten Diagonalen (ausgehend von Feld III bis bin zu Feld VI). Fur die Messung des Outputs von Dienstleistungen des Feldes III (materielle Produktionsfaktoren, autonome und standardisierte Leistung) reichen mengenmaBige Faktoren aus, da das Leistungsergebnis auf die Sache ,Dienstleistung' bezogen ist, wie beispielsweise im Falle der Produktivitatsmessung eines Bankautomaten. Ftir Leistungen des Feldes VI (arbeitsintensiv, hoch integrativ und individualisiert) sollten zu einer leistungsgerechten Erfassung hingegen quantitative und qualitative OutputgroBen herangezogen werden, wie im Falle der Messung der ProduktivitSt eines Wirtschaftspriifers, der an der Menge und der Qualitat seiner Ergebnisse bewertet wird. Gerade der Versuch der Steigerung der menschlichen Arbeitsleistung zur Erhohung der Produktivitat geht haufig zu Lasten der Qualitat.^^^ Eine gleichzeitige Berucksichtigung qualitativer Aspekte im Output hilft, diesen Mangel zu beseitigen. Uber alle betrachteten Beispiele hinweg wurde insgesamt verdeutlicht, dass eine Produktivitatsbetrachtung von Dienstleistungen stets den gleichzeitigen Fokus auf die qualitativen Elemente der Leistung wahren muss. Als Ursachen werden sowohl Homogenitatspramissen als auch die gerade bei Dienstleistungen vorherrschende Kundenorientierung herausgestellt. Die Verkniipfung von Produktivitat und Qualitat setzt an mehreren Punkten an, so dass sie im Rahmen einer Analyse des Produktivitatsmanagements von Dienstleistungen an verschiedenen Stellen der Untersuchung wiederkehrt: So ist nicht nur die Qualitat des Leistungsergebnisses im Rahmen der Produktivitatsmessung zu beachten, sondem auch im Rahmen einer Produktivitatsverbesserung, da die qualitative Verbesserung der InputgroBen auch eine Verbesserung des Outputs und damit auch der Produktivitat nach sich Ziehen kann. Uber beiden Facetten ist das wechselseitige Zusammenspiel von Qualitat und Produktivitat anzusiedeln.^^^ Die gleichzeitige Steigerung beider GrSfien fuhrt dann zum bekannten Wettbewerbsvorteil.

4.1.2

Uberblick uber Moglichkeiten zur Produktivitatsverbesserung in Dienstleistungsunternehmen

Wahrend die grundsatzlichen Aufgaben der Produktivitatsmessung in der Planung und Kontrolle der Leistungsfahigkeit des Untemehmens liegen,^^"* muss es das Ziel des Untemehmens sein, die Produktivitat zu steigem, um langfristig die Wettbewerbsfahigkeit im Markt zu sichem und auszubauen. Ob eine solche Produktivitatssteigerung erreicht worden ist, kann uber

Vgl. Bruhn (2000), S. 25-26; Engelhardt/ Reckenfelderbaumer (1996), S. 15; Homburg/ Giering/ Hentschel (1999), S. 85 und Sundbo (2002), S. 101. Vgl. Jones (1988), S. 316. Vgl. auch die Ausfiihrungen zur Qualitat und Produktivitat in Kap. 3.3.2.1. Vgl. Abb. 6 auf S. 35.

138

die in den Aufgaben der Planung und Kontrolle vorgegebenen Vergleiche von Produktivitatskennzahlen ermittelt werden. Zur Steigerung der ProduktivitSt kSnnen unterschiedliche Malinahmen eingesetzt werden. Unter Beriicksichtigung der in Kapitel 2.2.4 aufgezeigten formalen Bedingungen zur Erhohung der Gesamtkennzahl der Produktivitat uber die Verbesserung des Outputs und/ oder des Inputs konnen derartige MaBnahmen abstrahierend in samtlichen Bereichen ankniipfen, die mit dem ProduktivitStsmanagement in Beziehung stehen. Dazu gehOren vor allem das Kapazitatsmanagement sowie auch Teile des Qualitatsmanagements. Dariiber hinaus ist das breite Feld der Produktionsfaktoren zu nennen, in dem - gemaB der Arbeitsintensitat von Dienstleistungen - Ansatze, welche die menschliche Arbeitsleistung betreffen, dominieren. Damit gliedert sich ein Uberblick uber mogliche Ansatze zur Produktivitatsverbesserung in: 1) MaBnahmen der Kapazitatsglattung mit dem Ziel der Produktivitatssteigerung, 2) MaBnahmen der Prozessorganisation mit dem Ziel der Produktivitatssteigerung, 3) MaBnahmen zur Leitung und Lenkung der Produktionsfaktoren mit dem Ziel der Produktivitatssteigerung. Da die Bereiche der Kapazitatsglattung, der Prozessorganisation sowie der Leitung und Lenkung der Produktionsfaktoren nicht iiberschneidungsfrei sind, korrelieren einzelne MaBnahmen. Somit sind einige Handlungsmoglichkeiten zur Verbesserung der Produktivitat durchaus mehreren Bereichen zuzuordnen. Die Notwendigkeit der Kapazitatsglattung, also der Ubereinstimmung von Angebot und Nachfrage, ergibt sich aus den Nachfrageschwankungen, mit denen sich ein Dienstleistungsuntemehmen konfrontiert sieht. Da erst die Integration durch den Nachfrager den Leistungserstellungsprozess anstoBt, gleichzeitig aber auch die zu erwartende Nachfragehohe schwer zu prognostizieren ist, stellt die Wahl einer geeigneten Kapazitatsdimensionierung den Dienstleister vor groBe Probleme. Eventuelle Uber- oder Unterdimensionierungen der vorgehaltenen Kapazitat ziehen dabei nicht nur Qualitatsdefizite (z.B. Warteschlangen im Falle der Uberauslastung) bzw. Kostendefizite (z.B. Leerkosten im Falle der Unterauslastung) nach sich,^^^ sondem korrelieren direkt mit der Produktivitat. Im Fall der Uberauslastung kann durch eine Ausweitung der Ressourcen die Produktivitat dann direkt angehoben werden, wenn zusatzliche Kunden bedient werden kSnnen. Eine Produktivitatssteigerung impliziert an dieser Stelle, dass die Bedienung dieser Kunden ohne die erweiterten Ressourcen nicht moglich gewesen ware. Liegt auf der anderen Seite Unterauslastung vor, so kann im Extremfall eine Produktivitat von Null resultieren, wenn absolut kein Nachfrager den Dienstleister aufsucht (leeres Restaurant). Aufgrund der notwendigen Integration des Nachfragers kann die Leistung hier nicht bis zum Eintreffen eines Kunden gelagert werden.

Vgl. auch die Ausflihrungen in Kap. 3.3.2.2.

139

Zum Ausgleich von Angebot und Nachfrage existieren zahlreiche Ansatze, die entweder an der Gestaltung der Nachfrage oder an der Gestaltung des Angebots ansetzen. Die Nachfragegestaltung wird dabei von Marketinginstrumenten des Dienstleisters unterstUtzt mit dem Ziel, die Kauflust den Nachfragespitzen und -tSlem entsprechend zu reduzieren bzw. zu stimulieren. Die anbieterseitigen MaBnahmen, die eine der Nachfrage angepasste Bereithaltung der Ressourcen bezwecken, stehen dabei in einem direkten Zusammenhang mit der Leitung und Lenkung der Produktionsfaktoren, wie die Ausfuhrungen zu diesem Bereich zeigen werden. Die erfolgreiche Umsetzung einer oder mehrerer Ansatze des Kapazitatsausgleichs fuhrt zugleich zur Produktivitatsverbesserung im Untemehmen, da die Anbieterressourcen nun effizient genutzt werden. Somit ist in den MaBnahmen zur Kapazitatsglattung ein erstes essentielles Instrumentarium zu fmden, um die Produktivitat zu erhohen.^^^ Zusammengefasst lassen sich die folgenden nachfrager- und anbieterseitigen MaBnahmen zur Kapazitatsglattung unterscheiden:^^^ a) Gestaltung der Nachfrage -

Preisdifferenzierung,

-

neue Leistungsangebote in nachfrageschwachen Zeiten,

-

Reservierungssysteme (z.B. Yield-Management),

b) Gestaltung des Angebots -

Flexibilisierung der Arbeitskrafte (z.B. durch TeilzeitbeschSftigungen, variable Einsatzmdglichkeiten durch breitere SchulungsmaBnahmen und Uberstunden),

-

Verlegung der zeitungebundenen Aktivitaten in nachfrageschwache Zeiten (z.B. Wartungsarbeiten, Pflegedienste),

-

gemeinsamer Erwerb und geteilte Nutzung von KapazitSten durch mehrere Dienstleister.

Ein zweiter Bereich in Dienstleistungsuntemehmen zur Steigerung der Produktivitat fmdet sich in der Organisation der Prozesse. Vor allem anhand des Blueprinting wird ersichtlich, welche Moglichkeiten existieren, um den Ablauf vor allem effizienter zu gestalten. Die notwendige Interaktion mit dem Nachfrager als Konsequenz der Integration erfordert einerseits die Ausrichtung der Anbieteraktivitaten auf den Kunden, andererseits konnen gerade Tatigkeiten, die ohne den Kunden stattfmden, differenziert und optimiert werden. So konnen nicht nur die unsichtbaren Aktivitaten, sondem vor allem auch die kundenunabhangigen Tatigkeiten so produktiv wie moglich gestaltet werden, um zumindest auf diesen Prozessebenen die groBtmogliche Produktivitat zu erreichen. Verbindungen zum Qualitatsmanagement ergeben Vgl. Lovelock (2001), S. 390; Lovelock/ Young (1979), S. 55 und Schmenner (2004), S. 337. Vgl. Corsten (1992), S. 241-247; Kurtz/ Clow (1998), S. 349-361; Lovelock (2001), S. 395-406; Sasser (1976), S. 137-140 und Zeithaml/ Parasuraman/ Berry (1985), S. 41-42.

140

sich hier im Hinblick auf Veranderungen des Individualisierungsgrades, die eine Anpassung der organisatorischen Struktur erfordem. Somit k5nnen prozessorganisatorische Handlungen zur Verbesserung der ProduktivitSt zusammengefasst werden als:^^* -

Senkung des Individualisierungsgrades, Senkung der Kundenkontaktdauer,

-

Verlagerung von Aktivitaten in das Back-Office, Standardisierung und Routinisierung von Prozessen,

-

Vermeidung von EngpSssen in Ablaufen (z.B. zur Vermeidung von Wartezeiten).

Der letzte Bereich moglicher MaBnahmen zur Verbesserung der Produktivitat ist schlieBlich der Leitung und Lenkung der Produktionsfaktoren zuzuordnen. Aufgrund der Dominanz der menschlichen Arbeitsleistung beziehen sich die meisten AnsStze naturgemaB auf diesen Produktionsfaktor. Um eine Produktivitatssteigerung zu generieren, wird der Arbeitsinput haufig qualitativ verbessert oder effizienter eingesetzt.^^^ Verbesserungen in der Qualitat der Produktionsfaktoren Ziehen unmittelbare Verbesserungen des Outputs nach sich. Eine bessere Qualifikation der Mitarbeiter wirkt beispielsweise auf die Arbeitsleistung und verbessert folgerichtig die Produktivitat/^ Eine ebensolche Verbesserung kann auch durch eine Reduzierung des Qualitatsniveaus bezweckt werden, da sich der Inputaufwand in der Folge mindert/^' Die Uberlegungen hinsichtlich der Qualitat als bedeutende ErfolgsgroBe sowie hinsichtlich der anzustrebenden Kundenorientierung in Verbindung mit der Produktivitat zeigen jedoch deutlich, dass eine Qualitatsreduzierung im Input nur dann erstrebenswert ist, wenn diese nicht zu Lasten der Qualitat des Leistungsergebnisses geht. Weitere Aktionsmoglichkeiten wie die Flexibilisierung der Arbeitskrafte (Einstellung von Mitarbeitem oder Erweiterung der Einsatzbereiche der Mitarbeiter) betreffen sowohl das Tatigkeitsfeld der angebotsorientierten Kapazitatsglattung als auch die Leitung und Lenkung der Produktionsfaktoren, so dass sie beiden Bereichen gleichermaBen zuzuordnen sind. Als grundlegende Aktionsfelder im Rahmen der Leitung und Lenkung der menschlichen Arbeitskrafte mit dem Ziel der Produktivitatsverbesserung des Dienstleistungsuntemehmens lassen sich die Arbeitsumgebung mit den konkreten Mafinahmen:^^^ -

Gestaltung der Arbeitsplatze (z.B. Arbeitsinhalt und Ausstattung des Arbeitsplatzes),

-

Gestaltung der Betriebssoziologie und des Arbeitsumfeldes (z.B. arbeitsfordemdes Verhalten der Mitarbeiter untereinander),

-

Entlohnungssystem

698 Vgl. Lovelock (1993), S. 70; Northcraft/ Chase (1985), S. 67 und Silvestro et al. (1992), S. 72. ""^ Vgl. Kendrick (1988), S. 115. ""^ Vgl. BrUmmerhoff (1976), S. 233. Vgl. Cowell (1984), S. 310; Jones (1988), S. 316 und Looy et al. (1998), S. 368. Vgl. Albach (2000), S. 177-178; Gutenberg (1983), S. 14 und Kistner/ Steven (2001), S. 4.

141

sowie auBerdem die Personalauswahl und -sozialisation nennen:^^^ -

Qualifikation der Arbeitskrafte,

-

Schulung und Weiterbildung (z.B. um Fachwissen und soziales Verhalten zu fordem),

-

Vermeidung von Fluktuation,

-

F6rderung des Leistungsbewusstseins.

Die menschliche Arbeitsleistung kann durch den Einsatz dieser Moglichkeiten jedoch nur innerhalb gewisser Grenzen gesteigert werden, da hier ein Zielkonflikt zwischen der Maximierung der Produktivitat und der Forderung nach Humanisierung der Arbeitsbedingungen voriiegt. Eine Maximierung der Arbeitsproduktivitat ist fur die Mitarbeiter mit zusatzlichen physischen und psychischen Belastungen verbunden, die sich beispielsweise durch die Erfordemis nach schnellerer Leistungserbringung ergeben/^'* Da die aufgezeigten situations- und personenspezifischen Aspekte zur Verbesserung der Arbeitsproduktivitat bei Sach- und Dienstleistungen tibereinstimmen, werden sie im Folgenden vemachlassigt und nicht weiter betrachtet, da sich keine grundlegend neuen Erkenntnisse filr den Bereich der Dienstleistung ergeben. Stattdessen bieten sich zwei weitere MogHchkeiten, die den effizienten Einsatz der Produktionsfaktoren betreffen, zur Produktivitatserhohung an:^^^ -

Automatisierung der menschhchen Arbeitskraft,

-

verstSrkte Einbindung des Nachfragers (Externalisierung).

Beide Ansatze weisen sowohl Verbindungen zum Bereich der KapazitatsglSttung als auch zur Prozessorganisation auf: Einerseits kann mit ihrer Hilfe die Anbieterkapazitat auch innerhalb einer Spitzennachfrage ausgeweitet werden, andererseits mussen Prozessablaufe auf den Einsatz dieser Mafinahmen abgestimmt werden. Einleuchtend ist das Faktum, dass eine Automatisierung von Dienstleistungen die Produktivitat erhoht. Unter Zugrundelegung einer Automatisierung nahert man sich der Produktion von Sachleistungen an und folglich auch den bekannten Erkenntnissen aus der Sachguterproduktion. Den gleichen Gedankengang legte auch die Typologisierung in Abb. 18 zugrunde (vgl. S. 113). Dort wurde zum einen argumentiert, dass die Arbeitsintensitat den Schwerpunkt bildet und dass einer Automatisierung der Dienstleistung somit Grenzen gesetzt sind. Zum anderen wurde aufgeftlhrt, dass eine Analyse solcher Dienstleistungen, die einen hohen Einsatz materieller Produktionsfaktoren erfordem, zur industriellen Produktion fuhrt, so dass der Ansatz iiber die Extremauspragungen der Dienstleistungscharakteristika den Forschungsbedarf darstellt. Vgl. Albach (2000), S. 179; Cowell (1984), S. 307; Kern (1988), S. 129 und Lovelock (1993), S. 70. Vgl. Hahn (1997), S. 102 und Heinen (1991), S. 739. Vgl. Lovelock/ Young (1979), S. 168-169 und 177.

142

Ein solches Charakteristikum ist vor allem in der Integration des Nachfragers gegeben. Die verstarkte Mitwirkung des Kunden im Erstellungsprozess wird von zahlreichen Autoren als ,Schlussel der Produktivitatserhohung' gesehen: Wahrend eine interne Produktivitatssteigerung beispielsweise wegen der oben erwShnten ,Beanspruchungsinflation' der Mitarbeiter begrenzt ist, bietet der Kundenbeitrag weiteres Optimierungspotenzial fiir das Dienstleistungsuntemehmen. Durch die Auslagerung auf den Kunden konnen Anbieterressourcen eingespart werden. Hier ist zusatzlich hervorzuheben, dass die Arbeitsleistung des Kunden fur den Anbieter im Gegensatz zum Einsatz eigener Ressourcen kostenlos ist/^^ In der Moglichkeit der erhohten Kundenmitwirkung zum Zwecke der Produktivitatsverbesserung ist fur Dienstleistungsuntemehmen ein entscheidender und einzigartiger Vorteil im Vergleich zur Sachgiiterproduktion gegeben^^^ der geeignet erscheint, das dienstleistungsinharente Produktivitatsdefizit aufzuholen. Eine einfache Form der Arbeitsteilung zwischen dem Dienstleister und dem Nachfrager, die gerade hinsichtlich der anzustrebenden Produktivitatssteigerung wiederholt aufgefiihrt wird, fmdet sich in der Selbstbedienung des Kunden. Als Anreiz selbstandig Aufgaben zu iibernehmen, gewahrt der Anbieter dem Kunden oftmals Preisreduzierungen/^^ Daruber hinaus wird davon ausgegangen, dass eine Co-Produktion zur Zufriedenheit beim Nachfrager fiihrt, solange die zusatzliche Belastung ftir ihn nicht zu hoch wird/^^

4.1.3

Qualitative Analyse zur Messung der Dienstleistungsproduktivitat in der Praxis - Fallstudie I

Die theoretische Auseinandersetzung mit der Produktivitat von Dienstleistungen zeigt, dass diese - im Gegensatz zur Produktivitat von Sachgiitem - noch nicht sehr detailliert behandelt worden ist. Schwerpunkte bilden bisher die Messung und die Verbesserung der Dienstleistungsproduktivitat, doch ist auch hier noch weiterer Erkenntnisbedarf notwendig. So lasst sich die Bildung der Produktivitatskennzahl detailliert und komplex erlautem, doch stofit die Umsetzung infolge von Mess- und Homogenitatsproblemen auf Schwierigkeiten. Auch die vorgeschlagenen Moglichkeiten zur Steigerung der Produktivitat weisen insofem Defizite auf, als zunachst in der Analyse der Produktion von Dienstleistungen herausgestellt wird, dass diese nicht mit der Industrie zu vergleichen ist, doch die Verbesserungsansatze hinsichtlich der Produktivitat schliefilich nur unzureichend auf diese dienstleistungsspezifischen Charakteristika abstellen. Stattdessen werden Moglichkeiten zur Steigerung der Produktivitat genannt.

^^ Vgl. Armistead/ Johnston/ Slack (1988), S. 96; Corsten (1985c), S. 38; Gartner/ Riessman (1978), S. 216; Lovelock/ Young (1979), S. 177 und Mills/ Chase/ Margulies (1983), S. 302. ^^^ Vgl. Bowen (1986), S. 375; Lovelock/ Young (1979), S. 169 und Ojasalo (2003), S. 14. '^^ Vgl. Bateson (1983), S. 52; Lehmann (1998), S. 28; Lovelock/ Young (1979), S. 173; Rust/ Zahorik/ Keiningham (1996), S. 39 und Sasser (1976), S. 139. ^°^ Vgl. Marion (1996), S. 56 und Rodie/ Schultz Kleine (2000), S. 114.

143

die auch bereits aus der Sachgiiterproduktion bekannt sind (vgl. Kap. 4.1.2). So wird einzig der verstarkte Einbezug des Kunden zur Senkung des Anbieterinputs befurwortet. Bin moglicher Weg, um weitere Erkenntnisse zur ProduktivitSt von Dienstleistungen zu erhalten, besteht in der Uberprtifung der Praxis. Aus diesem Grunde wurde von der Autorin eine praktische Fallstudie durchgefxihrt, die sich iiber den Zeitraum 2002 bis 2003 erstreckte. Ziel der Fallstudie war es zu untersuchen, wie (1) Dienstleistungsuntemehmen in der Praxis die Produktivitat erfassen und ob (2) die Praxis auf diesem Wege neue Erkenntnisse bietet, welche sich auf ein theoretisches Fundament ubertragen lassen. Fur diese Zwecke wurde die Einzelfallanalyse als geeignetes Forschungsdesign bestimmt. Sie bietet eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem spezifischen Fall, so dass die gesamte Komplexitat ausreichend erfasst werden kann. Dadurch gelingt es, die benotigten ZusammenhSnge der Produktivitat in ihrer Ganzheit und uber den gesamten Analyseprozess hinweg zu greifen. Aus diesen Darlegungen kCnnen theoretische Erkenntnisse abgeleitet werden. Die Vorteile der Einzelfallanalyse liegen folglich darin, dass sich der Anwender auf einen Fall konzentrieren kann und nicht zahlreiche FSlle gleichzeitig zu analysieren hat. Dies ermoglicht eine ganzheitliche und tiefgreifende Forschung so wie damit verbunden genauere Ergebnisse.^'^ Ausgewahlt ftir die praktische Erhebung des Einzelfalles wurde ein Untemehmen aus dem Bereich der Telekommunikation. Dieses bietet zahlreiche Dienstleistungen sowohl in standardisierter als auch in individualisierter Auspragung an, bedient Firmenkunden ebenso wie Privatkunden und benotigt zur Erstellung der Leistungen - teilweise neben weiteren Produktionsfaktoren - menschliche Arbeitsleistungen sowie exteme Faktoren. Die ausgewahlte Fallstudie geniigt damit dem explorativen Forschungsinteresse, um die in dieser Arbeit zugrunde gelegte Thematik , Produktivitat von Dienstleistungen und der Einfluss des Kunden auf diese Produktivitat' auf ihre Praxisrelevanz hin zu ilberprufen. Die fur die Fallstudie relevanten Verkaufs- und Erfolgsdaten des Untemehmens werden zum einen regional in der fur die entsprechende Region zustandigen Niederlassung erfasst sowie gesamt uber alle Niederlassungen hinweg in der Zentralstelle. Da demzufolge die zu ermittelnde qualitative Struktur der Produktivitatskennzahlen in den verschiedenen Stellen gleich ist, fand die Erhebung in einer ausgewShlten Niederlassung statt. Charakteristisches Merkmal der gewahlten Region ist die insgesamt groBe Flache bei vorwiegend landlicher Struktur. Damit flieUt ein hoher Anteil an Fahrtzeit zu den Kunden in die Produktivitatskennzahl dieser Niederlassung ein. Bedient werden Firmenkunden ebenso wie Privatkunden. Eine weitere Entscheidung in Verbindung mit dieser Niederlassung war bezuglich der Auswahl eines konkreten Prozesses zu treffen. Da die Anzahl der moglichen Dienstleistungen sowie damit verbunden auch die Menge der Prozesse im Untemehmen sehr hoch ist, woirde ein Prozess ausgewahlt, der fiir die Zwecke der Fallstudie spezifische Anforderungen erfiillt:

"° Vgl. Eisenhardt (1989), S. 534-536; Gummesson (2000), S. 86 und Mayring (1999), S. 28-29.

144

-

dokumentierter, standardisierter Prozessablauf,

-

Zielgruppe Massenmarkt,

-

in mehreren Niederlassungen vorhanden,

-

Durchlauf mehrerer Abteilungen,

-

kundeninduziert, Interaktion mit dem Kunden wahrend des Prozesses,

-

vom Kunden beeinflussbar (durch spezielle Kundenwunsche, durch Bereitstellung des extemen Faktors).

Diese Kriterien erftillt der Dienstleistungsprozess ,Anschlussleitung und Telefonanschluss bereitstellen' am besten. Vereinfacht ausgedriickt bestellt der Kunde hier einen Telefonanschluss, so dass das Untemehmen eine Anschlussleitung sowie den Anschluss beim Kunden selbst einrichten muss. Konkret umfassen die Schritte der Bereitstellung (1) die Auftragsentgegennahme, (2) interne Prozesse, (3) die Bauausflihrung, (4) die Administration (z.B. Freischalten der Rufnummer, Einrichten verschiedener Telefon-Funktionen) und (5) die Inbetriebnahme beim Kunden. Daraus wird ersichtlich, dass der Erstellungsprozess zahlreiche Anbieteraktivitaten erfordert, die vielfach auch in Interaktion mit dem Kunden stattfmden (insbesondere die Schritte 1 und 5, aber auch 3 und 4). Der Einsatz der intemen Faktoren umfasst dabei Mitarbeiter ebenso wie Materialien (technische Komponenten). Dieser Prozess bildete damit die Grundlage der Fallstudie. Das Vorgehen in der Fallstudie lehnte sich an den beiden Schwerpunkten der Forschung zur Dienstleistungsproduktivitat, so wie sie in der vorliegenden Forschungsarbeit betrachtet werden, an: -

der Messung und der Verbesserung der Produktivitat von Dienstleistungen sowie

-

der Ermittlung des Einflusses des Kunden auf diese Produktivitat.

Entsprechend dieser Aufgaben wurde auch der zeitliche und organisatorische Rahmen (Auswahl der Interviewpartner) der Fallstudie gestaltet, so dass eine Fallstudie I (dieses Kapitel) sowie eine Fallstudie II (Kapitel 4.2.3 mit dem Schwerpunkt des Kundeneinflusses) unterschieden werden. Abbildung 22 stellt das gesamte Vorgehen der Fallstudie in einem Phasenschema dar. Jeder Phase sind unmittelbar der inhaltliche Untersuchungsgegenstand sowie die Gesprachspartner innerhalb des Telekommunikationsunternehmens zugeordnet. Femer fand jede Phase mit einer bestimmten Zielvorgabe im Hinblick auf die beiden zugrunde gelegten Aufgaben der Fallstudie statt. Damit konnen die Phasen schlieiilich auch ihrem Fokus entsprechend der Fallstudie I bzw. der Fallstudie II zugeordnet werden. Die dritte Phase, Einzel- und Gruppeninter-

145

views, konnte dabei inhaltlich sowohl auf die Kennzahlen- als auch auf die Einflussermittlung ausgerichtet werden.

Einzelinterviews ^ und Gruppendiskussion, Bereich Finanzen und Controlling

EinfOhrung in die Prozesse des Telekommunikationsuntemehmens

Gruppeninterview und Diskussion, Geschdftsleitung der technischen Niederlassung

EinfOhrung in Forschungsgegenstand und -design

Einzel- und Gaippeninterviews, AuQenstelle der technischen Niederlassung

Produktivitatskennzahlen und Einfluss von StOrungen

Materialauswertung

Produktivitatskennzahlen

Fokusgruppen und Gruppeninterviews, Au(ienstelle\ der technischen Niederlassung, Mitarbeiter versch. Bereiche,

Einfluss des Kunden auf die Produktivitat

Fallstudie i Fallstudie 11

Abb. 22

Fallstudie II

Vorgehen in der Fallstudie

Wie aus der Abbildung 22 ersichtlich, wurden zur Durchfiihrung der ersten Fallstudie in einem ersten Schritt Einzelinterviews sowie eine Gruppendiskussion mit Teilnehmem aus den Bereichen Finanzen und Controlling der Niederlassung durchgefuhrt. Diese dienten zur Ubersicht und Einarbeitung in das Dienstleistungsuntemehmen einerseits und zum Verstandnis sowie zur Einbettung des zugrunde gelegten Prozesses andererseits. Wahrend in den vorgeschalteten Einzelinterviews insbesondere die theoretischen und praktischen Sichtweisen problemzentriert aufeinander abgestimmt sowie Grundlagen zum Untemehmen vermittelt wurden, konnte in der Gruppendiskussion vor allem mittels Brainstorming gezielt auf den Prozessablauf und auf vom Untemehmen verwendete Effizienzkriterien eingegangen werden. Mit Hilfe dieses Ablaufs wurde das Untersuchungsfeld des Telekommunikationsuntemehmens sodann in der zweiten Phase systematisch strukturiert, so dass letztendlich groBtmogliche Nahe zum Untersuchungsbereich als wesentliche Voraussetzung fur die Giite qualitativer Forschung^'^ gewahrleistet werden konnte. SchlieBlich konnte mit dieser Vorarbeit in die Phase der Kennzahlenermittlung eingestiegen werden. Dazu wurden zunachst Einzel- und Gruppeninterviews gefuhrt, um letztendlich samtliche zum Prozess zugehorige Kennzahlen zusammenzutragen. In einem weiteren Schritt der Kennzahlenanalyse wurde sodann das von der Niederlassung zur Verfugung gestellte Material zum Prozess, zur Effizienz- und zur Produktivitatserhebung qualitativ analysiert und strukturiert. Mit dem Ziel der Gewinnung von Kenntnissen uber die

^" Vgl. Kepper (1999), S. 163 und Mayring (1999), S. 120. 146

Dienstleistungsproduktivitat in der Praxis setzte die Auswertung am allgemeinen Aufbau der Kennzahl und an MaBnahmen zur Verbesserung der ProduktivitSt an. In diesem Zusammenhang konnten zwei Kategorien moglicher ProduktivitStskennzahlen identifiziert werden:^*^ Die eine richtet sich an die Service-Abteilung (Call-Center), die andere an die Produktion (Vertrieb und Netzinfrastruktur). Die Abteilung ,Service' gliedert sich wiederum in den Bereich des Front-Office und in den Bereich des Back-Office. Ftlr beide Aufgabenkreise liegen Produktivitatskennzahlen vor. Im Front-Office gehen die AuftrSge, aber auch Beschwerden sowie generelle Fragen der Kunden ein. Unterschieden werden sodann die Bruttoproduktivitat (Gesamteingangsmenge an Calls / Personalbestand) sow^ie die Nettoproduktivitat (Gesamteingangsmenge an Calls / tatsachlich anwesende Mitarbeiter). Im Back-Office werden unterschiedliche Aufgabenbereiche erfasst. Diese kOnnen sich beispielsweise aus im Call-Center nicht bearbeiteten und daher weitergeleiteten Calls, aus Beschwerdevorgangen etc. ergeben. Fur jeden dieser Aufgabenbereiche liegen Basiszeiten vor, die multipliziert mit der HSufigkeit ihrer Durchftihrung in den Zahler der Produktivitatskennzahl des Back-Office eingehen. Weitere GroBen des Zahlers bilden die Kosten je Minute Arbeit im Back-Office sowie die ausgefuhrten Arbeitsmengen. Unter Hinzufligung der Gesamtkosten im Nenner errechnet sich die ProduktivitSt im Back-Office. Sowohl fur das Front- als auch fUr das Back-Office stellen sich folglich die ,Mengen' als die zu steuemden Grofien zur Verbesserung der Produktivitat dar: Wahrend die Produktivitat im Front-Office iiber eine Erh5hung der bearbeiteten Calls verbessert wird, geht eine ProduktivitStssteigerung im Back-Office mit einer Erhohung der erledigten Arbeitsmengen einher, da die Zeitbedarfe und Kosten als BasisgrOfien gegeben sind. Fur den Bereich der Produktion existieren ebenfalls zwei ProduktivitStskennzahlen. Zur Feststellung der Produktivitat der Monteure wird die produktive Zeit der Arbeitszeit gegeniibergestellt. Die produktive Zeit setzt sich dabei aus der Summe der flir jede einzelne AktivitSt festgelegten Ausfiihrungszeiten (Verrichtungszeiten) abziiglich der Summe der benotigten Fahrtzeiten (Wege), fur die ebenfalls regionale Werte vorliegen, zusammen. In die Arbeitszeit flieBt schlielilich die Bruttoarbeitszeit uber die beschaftigten Monteure abziiglich der Ausfallzeit durch Freizeit ein. Da grundsatzlich nicht samtliche Arbeitszeit effektiv fur die Produktion erbracht werden kann, wird diese Kennzahl niemals 100% erzielen. Dennoch besteht das Ziel in einer hochstmoglichen AnnSherung an 100%. Eine Steigerung der Produktivitat kann hier durch den Faktor ,Zeit' erreicht werden. So tragt die Reduzierung der Fahrtzeiten im zahler ebenso zur Produktivitatsverbesserung bei wie die Verringerung der Ausfallzeit (Freizeit) im Nenner. Dabei ist jedoch zu berticksichtigen, dass die Wegezeit nur bedingt beeinflussbar ist, da sie von der Struktur der Region abhangt. So ist es offensichtlich, dass die Wege in einer landlichen Region langer sind als in stadtischen Ballungsgebieten. Die zweite Die Produktivitatskennzahlen dienen primar dem Zweck der Darstellung der zugrundeliegenden Strukturen und Relationen. Aus Griinden der betrieblichen Geheimhaltung erfolgt keine bis in die Tiefe gehende PrSzision der Kennzahlen.

147

Kennzahl im Bereich der Produktion betrifft sodann die ProduktivitSt beim Betrieb von AnschlUssen. Diese errechnet sich aus der Relation der Anzahl der betriebenen Anschliisse zur Summe aus nachgewiesenen Stimden fUr die Betriebstatigkeit und Zeiten der Auftragnehmer. Die Arbeitszeiten im Nenner ergeben sich zum einen aus den fur die Inbetriebnahme nachgewiesenen Aufwandszeiten samtlicher betroffener Mitarbeiter (Monteure, Servicemitarbeiter, Sachbearbeiter etc.). Zum anderen werden iiber die Zeiten der Auftragnehmer jene TStigkeiten erfasst, die das Untemehmen an Fremdfirmen vergeben hat. Die abgegebenen Stunden werden dabei Uber die normierte Verrichtungszeit je Leistungsaktivitat bestimmt. Damit gibt diese Produktivitatskennzahl an, wie viele Anschlusse in einer bestimmten Zeiteinheit eingerichtet wurden. Soil die Kennzahl erhoht werden, so dient wiederum die ,Zeit' als Stellhebel. Da die Anzahl der betriebenen Anschlusse nahezu konstant ist, wird eine ProduktivitStssteigerungttbereine Senkung der nachgewiesenen Zeiten der Mitarbeiter erreicht. Aus diesem Einblick in die Gestaltung der Produktivitatskennziffem des betrachteten Telekommunikationsuntemehmens konnten mehrere Schlussfolgerungen mit Blick auf die Fragestellung der Fallstudie gezogen werden. So ist zunSchst festzustellen, dass die Struktur der Kennzahl in der Praxis ebenso wie in der Theorie und den entsprechenden Beispielen grundsatzlich auf Mengen- und ZeitgroBen baut. Damit liegen die Schwerpunkte der Produktivitat auf den erbrachten Mengeneinheiten pro Zeiteinheit oder pro Mitarbeiter einerseits sowie auf den produktiven Arbeitszeiten andererseits. Dem Untemehmen liegen zur Erfassung dieser Mengen und Zeiten sowohl Soll-Werte als auch Ist-Werte vor. Die Ist-Werte werden taglich in Form von Ist-Zeiten und Ist-Mengen erfasst und kontinuierlich fUr jedes Jahr und fiir jede Region ausgewertet. Aus Daten vergangener Perioden leiten sich dann die Norm-Werte ab, die als Vorgabe dienen. GemSfi ihrer Erhebung berilcksichtigen die Norm-Werte folglich niederlassungsspezifische Merkmale wie zum einen die Bebauung (landlich versus stadtisch) und zum anderen die notwendigen Fahrtzeiten zum Kunden, die von den gefahrenen Kilometem (Wegstrecken) abhSngen. Die NormArbeitszeit bildet damit beispielsweise genau jenen Wert der Arbeitszeit ab, den ein Mitarbeiter zur Erstellung einer bestimmten Leistung benotigen sollte. Arbeitet der Mitarbeiter schneller, dann steigt seine Produktivitat entsprechend. Eine Verbesserung der Produktivitat wird folglich ebenso uber die beiden SteuerungsgroBen ,Mengen' und ,Zeit' erzielt. In engem Zusammenhang mit der Verwendung dieser HilfsgroBen zur Messung und Steuerung der Produktivitat steht die zweite Erkenntnis aus der Fallstudie: Selbst in einem Dienstleistungsuntemehmen, dessen interne Faktoren nicht nur menschliche Arbeitsleistungen, sondem auch materielle Produktionsfaktoren umfassen, steht die Arbeitsproduktivitat im Vordergrund. So zielen die vorliegenden Produktivitatskennziffem samtlich auf die Leistungsfahigkeit der entsprechenden Mitarbeiter, wie Call-Center-Mitarbeiter, Monteure etc., ab.

148

Hervorzuheben ist, dass in die Kennzahl der Produktivitat beim Betrieb von AnschlUssen zusatzlich zu den intemen Faktoren auch exteme Leistungen einbezogen werden. Die von einer Fremdfirma Ubemommenen Leistungen werden explizit in den zu erbringenden Input mit aufgenommen. Ein Einbezug der extemen Faktoren der Kunden fmdet allerdings nicht statt. SchlieBlich ist festzuhalten, dass in den gesamten Produktivitatskennziffem dariiber hinaus keine qualitativen Aspekte erfasst werden. So wird etwa weder im Back-Office nach der Qualifikation der Mitarbeiter differenziert noch im Front-Office nach der Anzahl der aus Sicht der Kunden beantworteten Calls im Sinne einer zufriedenstellenden Leistung (tatsachlich wird im Call-Center nur die Menge an eingegangen Calls gemessen). Stattdessen setzt das Untemehmen jedoch Qualitatsstandards in Form von Zeitvorgaben ein, iimerhalb derer ein Call bearbeitet oder ein Anschluss bereitgestellt sein sollte. So werden im Bereich des Service Erfassungszeiten fiir den Kundenauftrag in Sekunden vorgegeben und in der Produktion Ausfuhrungszeiten fur den Bauauftrag (in Minuten pro Aktivitat). Die Geschwindigkeit der Leistungserstellung wird demzufolge nicht nur zu einer Determinante der Qualitat, sondem auch zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor: Einerseits wird der Mitarbeiter zu einer produktiven Arbeitserbringung geftihrt, andererseits karm ein Kundenauftrag schnell und termingerecht ausgeftihrt werden, was die Zufriedenheit des Kunden erhoht. Uber die Einhaltung derartiger zeitlicher Qualitatsstandards stellt das Untemehmen gleichzeitig einen hohen Outcome sicher. Weitere Zusammenhange zwischen Produktivitat und Qualitat verdeutlichen, dass die Produktivitat hier stets mit dem Fokus auf Qualitat einhergeht: So wtirde eine niedrige Qualitat in der Auftragserfassung des Service direkte Produktivitatseinbuiien in der Produktion nach sich Ziehen (z.B. bei einem Fehlen von relevanten Daten fur die Inbetriebnahme des Anschlusses). Das Streben nach Produktivit^t beinhaltet damit fiir das Untemehmen sowohl die kontinuierliche Erfassung der Ist-Werte der Leistungserbringung als auch eine strikte Qualitatskontrolle.

4.1.4

Kritische Beurteilung der Produktivitatsgestaltung in Theorie und Praxis

Die Integration des Nachfragers ist in der Darstellung des Produktivitatsmanagements von Dienstleistungen als wesentliches Unterscheidungsmerkmal gegenuber der Produktion von Sachleistungen herausgestellt worden. So liefert der Kunde erstens als Co-Producer einen direkten Input zur Leistungserstellung, der - wie bei Corsten geschehen - in die theoretische Produktivitatskennziffembildung aufgenommen wird/'^ Zweitens haben die Beitrage des Kunden als Kaufer und als Co-Producer aber auch indirekten Einfluss auf die Leistungserstellung, da die Dienstleistungsproduktion durch die mit der Integrativitat verbundenen Beschaffungs-, Produktions- und Dispositionsrisiken fur den Dienstleister indeterminiert wird. Der Anbieter muss in der Folge den Erstellungsprozess sowie seine eigenen Aktivitaten auf die Integration des Nachfragers ausrichten. Schliefilich wird dem Kunden im Rahmen potenzielVgl.Kap. 4.1.1.1.

149

ler Verbesserungsansatze der ProduktivitSt sogar eine Schltisselrolle zugewiesen, so dass er in der Rolle des Co-Producers als wesentliche Quelle fur eine Produktivitatssteigerung aufgefuhrt wird. Folgt man diesen Uberlegungen, so verwundert es, dass der Nachfrager bzw. sein Leistungsbeitrag trotz seiner ,vermeintlichen Schltisselrolle' in der Literatur zur Produktivitatsmessung von Dienstleistungen keine entscheidende Beriicksichtigung findet. Folglich werden einerseits zwar die Besonderheit der Integrativitat von Dienstleistungen und deren Auswirkungen erkannt, andererseits wird diesen Erkenntnissen in der theoretischen Umsetzung jedoch nicht Rechnung getragen. Eine Fallstudie in der Praxis bestStigt dieses Fazit: Weder der Beitrag des Kunden noch sein Einfluss auf die Anbieteraktivitaten wird in den verschiedenen Produktivitatskennzahlen aus unterschiedlichen Untemehmensbereichen beachtet. Stattdessen liegt die Betonung in Theorie und Praxis auf der gleichzeitigen Qualitatswahrung. So darf die Produktivitatssteigerung nicht zu Lasten der Qualitat der Dienstleistung gehen. Aus diesen Darstellungen folgt, dass ein Schwerpunkt der Forschung zur Dienstleistungsproduktivitat in der expliziten Einbeziehung des Kundenbeitrages liegen muss, um die aufgezeigte ,Integrativitatslucke' zu schlieBen. Werden die Beitrage des Kunden vom Anbieter fiir eine angestrebte ProduktivitStserhohung genutzt, so ist eine solche aktive Mitwirkung des Kunden unter Beachtung qualitativer Auswirkungen auf Leistungserstellungsprozess und -ergebnis naher zu analysieren. Es ist zu vermuten, dass nicht - wie in der Literatur angenommen - stets von einem positiven Beitrag des Kunden ausgegangen werden kann/'"^ Die aufgezeigten Konsequenzen aus der kundeninduzierten Unsicherheit lassen annehmen, dass der Anbieter sich im Vorhinein nicht sicher sein kann, ob die aktive Mitwirkung des Kunden forderlich oder hindemd filr die Produktivitat sein wird. Somit muss es Ziel sein, einen Ansatz zu fmden, der den Kundenbeitrag und den -einfluss quantifiziert, um die Produktivitat von Dienstleistungen entsprechend gestalten und letztlich verbessem zu konnen.

4.2 4.2.1

Produktive Mobilisierung des Kunden mit dem Ziel der Arbeitsteilung Externalisierung und Arbeitsteilung

Eine aktive Mitwirkung des Nachfragers ist vor allem dann gegeben, wenn es sich beim bereitzustellenden extemen Faktor um die Person des Nachfragers handelt/'^ Fiir den Anbieter besteht in diesem Fall die Option, den Beteiligungsgrad des Nachfragers am Leistungserstellungsprozess bewusst zu erhohen, indem er den Kunden verstarkt in die Dienstleistungsproduktion einbindet. Dadurch werden Aktivitaten, die anderenfalls vom Anbieter selbst erbracht werden, nun auf den Nachfrager ausgelagert und von diesem erbracht.

Vgl. hierzu die Diskussion in Kap. 4.2.1. Vgl. Maleri(1997),S. 151.

150

Die Voraussetzung einer Teilung der auszufUhrenden AktivitSten ist durch die periphere Substitution der Aktivitatsgrade des Anbieters und des Nachfragers (vgl. Kap. 3.2.3) gegeben. Beide Parteien haben jeweils gewisse Mindestaktivitaten zu erbringen. So hat der Anbieter notwendige Aufgaben zu erfiillen, da eine vollstSndige Ubertragung auf den Nachfrager zur Folge hatte, dass dieser die Leistung in Eigenerstellung erbringen konnte. Der Nachfrager indes muss zum AnstoB der Leistungserstellung seinen Bedarf spezifizieren und exteme Faktoren bereitstellen. Uber diese Mindestaktivitaten hinaus konnen Aktivitaten zumindest in Teilbereichen substituiert werden.^'^ Die Isoleistungslinie in Abbildung 23 verdeutlicht den Zusammenhang und bildet die bestehenden Substitutionsmoglichkeiten ab.

Aktivitatsgrad des Nachfragers

I

\v

Externalisierung Internalisierung

Ausgangsaktivit£ltsniveau des Nachfragers

• MindestaktivitSit des Anbieters

Abb. 23

Ausgangsaktivitdtsniveau des Anbieters

Aktivitatsgrad des Anbieters

Isoleistungslinie Quelle: Corsten (1995), S. 194.

Der Anteil der Aktivitaten des Nachfragers an der Gesamtheit aller Aktivitaten, die zur Dienstleistungserstellung notwendig sind, wird durch den Aktivitatsgrad des Nachfragers (AGN) ausgedruckt. Dieser kann gemaiJ der peripheren Substitution Werte zwischen Null und Bins annehmen:^^^

AGN

Vom Nachfrager zu erbringende Aktivitaten Gesamtheit der zu erbringenden Aktivitaten

Vgl. Corsten (1995), S. 193. Vgl. Corsten (1985b), S. 130.

151

Daraus folgt fiir den Aktivitatsgrad des Anbieters (AGA): AGA

=\-AGN'

Die Gesamtheit aller zu erbringenden Aktivitaten umfasst aus Sicht des Dienstleisters sowohl die autonomen als auch die integrative!! Aktivitaten.^'^ Die Differenz einer ProduktivitSt bei Eigenerstellung des Anbieters zur Produktivitat bei integrative! Leistungserstellung unter Mitwirkung des Nachfragers macht demnach genau den Aktivitatsgrad des Nachfragers AG^ aus (vgl. auch die aus dem Blueprint abgeleitete Produktivitatskennziffer in Kap. 4.1.1.1). Eine Ausweitung der Arbeitsteilung zwischen dem Dienstleistungsproduzenten und dem Kunden als Co-Producer ist durch den Begriff der ,Extemalisierung' charakterisiert. Vom Ausgangsaktivitatsniveau A kommend iibertragt der Anbieter menschliche Arbeitsleistung auf den Nachfrager. Dadurch werden Aktivitaten des Leistungserstellungsprozesses, die bisher vom Anbieter selbst erbracht woirden, vom Nachfrager iibemommen. Folglich sinkt der Inputbeitrag des Anbieters bei gleichzeitiger Erhohung des Aktivitatsniveaus des Nachfragers. Der Kunde steUt damit nicht nur die extemen Faktoren zur Integration in den Leistungserstellungsprozess zur Verftigung, sondem nimmt nun aktiv durch eigene menschliche Arbeitsleistung an der Leistungserstellung teil.^'^ Die durch die Integration extemer Faktoren induzierte Unsicherheit erhoht sich jedoch bei steigender Mitwirkung des Kunden.^^^ Der Nachfrager ist an der Erstellung des Leistungsergebnisses unmittelbar beteiligt und gestaltet iiber seine Fahigkeit und Bereitschaft zur Mitarbeit die QualitSt der Leistung mit. Somit wird der Erfolg der Dienstleistung wesentlich vom Aktivitatsgrad des Nachfragers beeinflusst.^^' Der gegenteilige Effekt der Aktivitatsverlagerung entsteht durch eine Jntemalisierung'. Der Anbieter Obemimmt weitere Leistungsaktivitaten zur Ausweitung seines Dienstleistungsangebotes selbst, so dass sein Input steigt. Das Aktivitatsniveau des Nachfragers sinkt in diesem Fall entsprechend.''^^ Die Extemalisierung ist folglich mit einer Zunahme der Integrativitat verbunden, die Intemalisierung indes mit einer Verringerung. Findet eine Verlagerung der Aktivitaten in Form der Extemalisierung und Intemalisierung auf der Isoleistungslinie statt, so liegt eine reine Umverteilung zwischen den Aktivitatsgraden des Anbieters und des Nachfragers vor. Werden hingegen Elemente aus der Leistungserstellung eliminiert, so verschiebt sich die Isoleistungslinie nach unten. Bei einer Hinzufugung weiterer Teilleistungen fmdet hingegen eine Verschiebung der Linie nach oben vom Koordinatenursprung weg statt. Auf einer neuen Isoleistungslinie konnen die Aktivitaten dann entsprechend zwischen Anbieter und Nachfrager aufgeteilt werden.^^^

"* Vgl. FIie6(2001),S. 58. ^'^ Vgl. Abb. 9 auf S. 60 und die beiden Extremalauspragungen der Co-Producer-Rolie. ^^'^ Vgl. Corsten (1994b), S. 66 und Abb. 13 auf S. 92. ^2' Vgl. Corsten (1986a), S. 12; Maleri (1997), S. 152 und Stuhlmann (2000), S. 106. ^^^ Vgl. Corsten (1994b), S. 67. ^^^ Vgl. Corsten (1995), S. 194.

152

Der Einbindung des Kunden in den Leistungserstellungsprozess wird im Rahmen der in Kapitel 4.1.2 aufgezeigten MaBnahmen zur Produktivitatsverbesserung von Dienstleistungen eine Schltisselrolle zugewiesen. Die Extemalisierungsstrategie als Umverteilung der Aktivitaten vom Anbieter zum Nachfrager bestatigt, dass die Erhohung der Kundenmitwirkung ein erhebliches Potenzial zur angestrebten Erreichung der Produktivitatsverbesserung bietet. Der Kunde wird als „eine stille Reserve im Hinblick auf die Verbesserungen von Dienstleistungen"^^"* angesehen, die es fiir das Dienstleistungsuntemehmen zur Steigerung seiner Leistungsfahigkeit zu nutzen gilt. Jedoch sind diesem , Wachstumspotenzial' Grenzen gesetzt, da eine starkere Beteiligung des Kunden am Prozess zur gleichzeitigen Zunahme der kundeninduzierten Unsicherheiten flihrt. Entsprechend der Typologie in Abb. 18 auf Seite 113 (WUrfel II und VI) liegt in der Extemalisierung eine Kombination aus hoher Arbeitsintensitat und hohem Integrationsgrad vor, die das Anbieteruntemehmen sodann vor die groBten Herausforderungen hinsichtlich der Unsicherheit stellt. Eine Arbeitsteilung zieht demzufolge nicht notwendigerweise eine Produktivitatsverbesserung nach sich. So weist auch Maleri in diesem Zusammenhang darauf bin, dass „die Ergiebigkeit der betrieblichen Faktoreinsatze auch davon beeinflusst [wird], ob der Abnehmer die ihm zufallenden Arbeiten richtig oder falsch, vollstandig oder unvollstandig ausfiihrt und welche Informationen ihm zu diesem Zweck gegeben werden mussen."^^^ In einem derartigen Fall wirkt der hohere Aktivitatsgrad dann nicht mehr produktivitatssteigemd, sondem - im Gegenteil - produktivitatsmindemd. Obwohl die kundeninduzierte Unsicherheit im Rahmen der bei Dienstleistungen notwendigen Interaktion und Zusammenarbeit zwischen Anbieter und Nachfrager (,customer participation') grundsatzlich erkannt und betrachtet wird/^^ so mangelt es in der Literatur an einer Zusammenfiihrung der Produktivitat im Sinne der Arbeitsteilung einerseits und der kundeninduzierten Unsicherheit im Sinne des Einflusses des Kunden auf die Produktivitat andererseits.^^^ Beitrage des Kunden sind aus Sicht des Dienstleisters weder voUstandig plan- noch kontrollierbar, da sie im Verfugungsbereich des Nachfragers und folglich auBerhalb des Dispositionsbereiches des Anbieters liegen. Damit bringt der Nachfrager mit jedem Kontakt zum Anbieter Unsicherheit in die Prozessablaufe hinein.^^^ Es besteht Unsicherheit daruber, wie sich der Nachfrager verhalten wird und von welcher Gtite (zeitlich, raumlich, quantitativ sowie qualitativ) sein eingebrachter Beitrag sein wird. Larsson und Bowen pr^gten hierfiir den Begriff der ,customer-induced input uncertainty'.^^^ Eng verbunden mit dieser Unsicherheit sind Storungen von Seiten des Nachfragers. Auf solche verwies bereits Barnard. Er erkannte, dass Fehlverhalten sowie unkooperative Einstellungen des Kunden den gesamten Prozess storen

Gartner/ Riessman (1978), S. 216. Maleri (1997), S. 163. Vgl. die Ausfuhrungen in Kap. 3.3.1. Vgl. zu der folgenden Diskussion auch LasshoC' FlieB (2005), S. 2019-2020. Vgl. Bateson (1985), S. 74 und Chase/ Tansik (1983), S. 1040 und 1042-1043. Vgl. Larsson/ Bowen (1989), S. 217; vgl. auch Kap. 3.3.1.

153

konnen/^^ Unzureichende IntegrativitSt steht somit oftmals im Brennpunkt neben der notwendigen Mitwirkung des Nachfragers im Leistimgserstellungsprozess7^' Im Vergleich zu diesen Erkemitnissen wird die Ubemahme einzelner Aktivitaten durch den Nachfrager mit dem Ziel der Produktivitatssteigerung jedoch uberwiegend positiv gesehen. So werden stets die vorteilhaften Beitrage einer Extemalisierung in den Fokus geruckt, wodurch die Arbeitsteilung zu einer unmittelbaren Produktivitatsverbesserung fiihrt. Der wesentliche Nutzen des starkeren Einbezugs des Kunden liegt in der arbeitsmaBigen Entlastung und der Freisetzung von Kapazitaten ftir den Anbieter. Der Kunde zieht Arbeitsleistung des Anbieters ab, indem er diese selbst ubemimmt/^^ Mills, Chase und Margulies sehen in der Mitwirkung des Kunden dariiber hinaus gar eine Abnahme der potenziellen ,Bedrohung' fur den Anbieter, da der Kunde nun fur seine eigene Leistung und deren Verwirklichung mit verantwortlich wird.^^^ Mit dieser Sichtweise kehren die Autoren die Unsicherheitseffekte also sogar in das Gegenteil um. Der Nachfrager wird in diesen Ansatzen ausnahmslos als produktive Ressource betrachtet, die dem Dienstleister zur Produktivitatssteigerung verhilft. Somit wird nur der mengenmaBige Input-Beitrag des Kunden erfasst, nicht jedoch sein Einfluss auf Leistungserstellungsprozess und -ergebnis. Es gibt nur wenige Quellen, die im Rahmen einer Arbeitsteilung zwischen Anbieter und Nachfrager auch die kundeninduzierte Unsicherheit und mogliche negative Abweichungen bei der Produktivitatserreichung beachten. So werden mogliche Vor-, aber auch Nachteile der Kundenmitwirkung aufgeftihrt, so dass im negativen Fall die Produktivitat sinkt/^"* Weiterhin wird konstatiert, dass der Nutzen der Extemalisierung den Kosten fiir die dadurch entstehende erhohte Unsicherheit entsprechen sollte und somit die Arbeitsleistung des Kunden vom Anbieter entsprechend kontrolliert werden sollte/^^ Hsieh, Yen und Chin bestatigen und konkretisieren zwar in einer empirischen Studie ihre zugrunde gelegte Hypothese, dass zwischen der Kundenbeteiligung am Prozess und dem von den Mitarbeitem wahrgenommenen Arbeitspensum ein positiver Zusammenhang besteht,^^^ doch vermogen auch sie den trade-off einer verstarkten Kundenbeteiligung nicht zu losen: So verzichten sie gleichsam auf eine Auseinandersetzung moglicher positiver und negativer Effekte einer Extemalisierung/^^ Damit bleibt es auch in dieser Studie ebenso wie in den theoretischen Betrachtungen der Literatur zum '^^ Vgl. Barnard (1940), S. 302. ^^' Vgl. Z.B. Danet (1981), S. 384; Engelhardt/ Reckenfelderbaumer (1996), S. 14 und Mills/ Morris (1986), S. 727. ^^^ Vgl. z.B. Bateson (2002), S. 111-112; Bendapudi/ Leone (2003), S. 14-15; Bowen (1986), S. 375; Lovelock/ Young (1979), S. 177; Mills/ Chase/ Margulies (1983), S. 302; Sasser (1976), S. 139 und Stuhlmann (2000), S. 152. ^" Vgl. Mills/ Chase/ Margulies (1983), S. 305. '^^^ Vgl. Kurtz/ Clow (1998), S. 353; Lehmann (1998), S. 27; Lovelock (2001), S. 10; Ojasalo (1999), S. 89-90; Ojasalo (2003), S. 14 und Zeithaml/ Bitner (2000), S. 323. ^^^ Vgl. Lengnick-Hall (1996), S. 805. ^^^ Vgl. Hsieh/ Yen/ Chin (2004), S. 188-189 und 193. ' " Vgl. Hsieh/ Yen/ Chin (2004), S. 194.

154

Dienstleistungsmanagement bei der Nennung der Unsicherheitskomponente, die der Kunde in den Prozess hineinbringt. Methodische Verfahren oder AnsStze zur Operationalisierung des negativen Kundenbeitrags fehlen ebenso wie Uberlegungen, die Unsicherheit in das Produktivitatskonzept zu integrieren. So wird im Falle der kundeninduzierten Unsicherheit zur Produktivitatsgestahung teilweise die MaBgabe vorgegeben, den Kunden aus dem Prozess fern zu halten^^^ Ein solcher Ansatz setzt auf der Erkenntnis auf, dass bei einer Zunahme des Kundenkontaktes die Effizienz des Produktionsprozesses zunehmend eingeschrankt wird7^^ Doch ist gerade die zum Zweck der Produktivitatsverbesserung vorgeschlagene Arbeitsteilung zwangslaufig mit einer Zunahme des Kundenkontaktes verbunden, was paradox erscheint. Beide kundenbezogenen Effekte - der Mitwirkungsbeitrag sowie auch die in den Dienstleistungsprozess hineingebrachte Unsicherheit - sind unbestritten. Folglich ist zum Ziele der Steigerung der Produktivitat von personenbezogenen Dienstleistungen einerseits der positive Beitrag des Kunden auf die Produktivitat zu nutzen, andererseits sind die aus der Mitwirkung resuhierenden Konsequenzen in ihrer negativen Wirkung zu minimieren. Somit ist Gartner und Riessman zuzustimmen, dass „der Schltissel fur eine Produktivitatserhohung in diesem Sektor darin liegt, den Konsumenten wirksam einzubeziehen und zu mobilisieren."^"^^ Die vorangegangenen Darstellungen zeigen, dass diese Aussage um nachstehende Erkenntnisauffassungen erganzt werden kann: ,wirksam einzubeziehen' heiiit, die kundeninduzierten Unsicherheiten im Sinne des Kundeneinflusses auf die Produktivitat einzukalkulieren, -

,zu mobilisieren' bedeutet, Arbeitsteilung zwischen Anbieter und Nachfrager herzustellen.

Diesen Auffassungen folgend wird in einem ersten Schritt die kundeninduzierte Unsicherheit im Rahmen der Produktivitatsgestahung naher beleuchtet (Kap. 4.2), ehe in einem zweiten Schritt die Arbeitsteilung zwischen Dienstleister und Kunde konkret bestimmt wird (Kap. 5). Somit ist zunachst zu klaren, wie sich Storungen vom Kunden grundsatzlich auf die Produktivitat von Dienstleistungen auswirken und wie diese erfasst werden kCnnen (vgl. Kap. 4.2.2). Der Einfluss des Kunden auf die Produktivitat ist gleichfalls auch in der Praxis zu beobachten (vgl. Kap. 4.2.3).

Vgl. Kurtz/ Clow (1998), S. 354; Northcraft/ Chase (1985), S. 67 und Zeithaml/ Bitner (2000), S. 323. Vgl. Chase (1978), S. 139-140; Chj "^^^ Gartner/ Riessman (1978), S. 217.

155

4.2.2

Auswirkungen der kundeninduzierten Unsicherheit auf die Dienstleistungsproduktivitsit

4.2.2.1

Storende Eingriffe des Kunden und Konsequenzen fiir den Anbieter

Die Integration des Nachfragers und die daraus resultierende Mitwirkung im Prozess impliziert nicht nur Beschaffungsprobleme hinsichtlich der Frage, ob die extemen Faktoren zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, in der richtigen Menge sowie in der richtigen Qualitat zur Verfiigung gestellt werden, sondem auch Produktions- und Dispositionsprobleme fur den Anbieter.^"*' So resultieren etwa aus schwer prognostizierbaren Nachfrageschwankungen Kapazitatsprobleme. Weiterhin erhalt der Nachfrager sowohl durch seine aktive Mitwirkung als Co-Producer als auch durch die Bereitstellung steuemder Prozessinformationen als Kaufer Einfluss auf Qualitat, Zeit und Kosten, so dass auch die Gestaltung dieser Faktoren ftir den Dienstleister unsicher ist/'*^ Diese Indeterminiertheiten werden im Falle der personenbezogenen Dienstleistung durch eine Arbeitsteilung sogar noch erhoht. Der Kunde wird starker in den Leistungserstellungsprozess involviert, indem er die Ausftihrung bzw. Erstellung einzelner Aktivitaten selbst ubemimmt. Im Rahmen einer solchen Extemalisierung entscheiden dann der Umfang der Arbeitsteilung als Menge der an den Kunden iibertragenen Aktivitaten sowie die Giite der Mitwirkung des Kunden (Aktivitatsgute)^"*^ iiber mogliche Auswirkungen auf die Produktivitat. Je nach Umfang und Gute der Arbeitsleistung des Kunden birgt die Arbeitsteilung fUr den Anbieter sowohl Chancen, aber auch mogliche Risiken.^'*'* Die sich daraus ergebende Unsicherheit fur den Dienstleister sei am Beispiel einer CoProduktion zwischen Fliesenleger und Nachfrager verdeutlicht: Zwecks Einsparung von Zeit und Kosten beschlieBen beide Parteien eine Arbeitsteilung vorzunehmen. Der Kunde entfemt als Co-Producer zunachst selbstandig die alten Fliesen, wahrend der Fachmann anschliefiend den neuen Boden verlegt. In einem ersten Fall hat der Kunde als Hobby-Handwerker gute Leistung vollbracht und die Fliesen sorgf^ltig entfemt. Der Fliesenleger kann sofort mit seiner Arbeit beginnen und die neuen Fliesen termingerecht verlegen. In einem zweiten Fall hat der Heimwerker nicht in der Art und Weise gearbeitet, die der Fachmann als Grundlage benotigt. Die alten Fliesen wurden unsauber entfemt, so dass Rtickstande verblieben sind. Der Fliesenleger muss diese zunachst selbst entfemen, ehe er mit seiner Arbeit beginnen kann. Er wird dadurch bei diesem Kunden nicht termingerecht fertig und muss einen nachfolgenden Auftrag verschieben. In einem dritten Szenario teilt der Kunde dem Fliesenleger bei dessen Eintreffen in der Wohnung mit, dass er doch geme andere Fliesen verlegt haben mochte als die bestellten. Der Kunde gibt hier als Kaufer also eine neue bzw. veranderte Bedurfnisspezifizierung

^^' Vgl. FiielJ (2001), S. 321. ^'^ Vgl. zu den Erfolgsfaktoren Kap. 3.3.2.1. Vgl.Corsten(1998c),S. 8. Vgl. Lovelock (2001), S. 10.

156

an. Daraufhin kauft der Fliesenleger erst beim GroBhandel die gewtinschten Fliesen und verlegt diese dann beim Kunden. Das Beispiel zeigt, dass der Nachfrager durch die Spezifizierung der Leistung und durch die Ubemahme von AktivitSten im Prozess zur Produktivit^t des Dienstleisters beitrSgt: In seiner KauferroUe ubt der Kunde Einfluss auf die Arbeitsleistung des Anbieters aus. In der Rolle als Co-Producer ubemimmt der Kunde Arbeitsleistung vom Anbieter und steuert so eigenen Input zur Leistungserstellung bei. Der Beitrag zur Produktivitat kann dabei jedoch sowohl positiv als auch negativ ausfallen. Im ersten Fall des Beispiels ist die AktivitStsgute des Nachfragers derart hoch, dass der Fliesenleger tatsachlich entlastet wird, wodurch seine Produktivitat steigt. Im zweiten und dritten Fall wird die Produktivitat jedoch gemindert. So muss der Fliesenleger im zweiten Szenario die unzureichende Vorarbeit des Nachfragers erst korrigieren. Durch diese Nacharbeit verspatet sich zusatzlich ein nachfolgender Prozess. Im dritten Fall hat der Kunde Andenmgswunsche beziiglich der Leistung. Durch diese steuemden Prozessinformationen verzogert der Kunde den gesamten Prozess. Der Anbieter steht damit bei dem Versuch der Steigerung der Produktivitat vor einem tradeoff: Einerseits kann Arbeitsteilung die Produktivitat verbessem, da sie Anbieterressourcen freisetzt, welche wiederum ftlr weitere bzw. parallel laufende Prozesse genutzt werden k6nnen.^"*^ Andererseits konnen Arbeitsteilung sowie steuemde Prozessinformationen die Produktivitat aber auch hemmen, wenn Anbieterkapazitat und -zeit zusatzlich gebunden wird, die anderenfalls fUr alternative Aktivitaten frei gewesen waren: „The more latitude the customer is given for role making during the production, the greater the cost saving to the company, as the costumer produces more of his or her own service. But at the same time, if more discretion is given to the customer and his or her activities turn out to be substandard, disruptive, or require remedial action by the company, potential costs are increased."^"^^ Gleichzeitig steigt mit dem Umfang der Arbeitsteilung nochmals das Risiko, dass der Kunde durch steuemde Prozessinformation Einfluss auf den Prozess nimmt: Mit zunehmender Extemalisierung nimmt der Integrationsgrad zu. Damit erhoht sich auch die Zahl der Kontaktpunkte zwischen Anbieter und Nachfrager sowie das Risiko kundeninduzierter Unsicherheit,^"*^ da der Kunde uber diese Kontaktpunkte mit dem Anbieter Anderungsvmnsche etc. in Form steuemder Prozessinformation auBem kann. Arbeitsteilung auf der einen und steuemde Prozessinformationen auf der anderen Seite fuhren demnach zu arbeitsintensiven (der Kunde ist als Person beteiligt), hoch integrativen (infolge der Arbeitsteilung) und individuellen Dienstleistungen (als Folge umfangreicher steuemder Prozessinformation) und somit zu den starksten Auspragungen der Typologie-Charakteristika.^"*^ Folglich stellen Arbeitsteilung und steuemde Prozessinformationen, die aus den beiden Kundenrollen des Integrativitatskonzep''^^ Vgl. Bateson (2002), S. 112 und Northcraft/ Chase (1985), S. 68. ''^ Mills/ Morris (1986), S. 732. ^''^ Vgl. Chase (1978), S. 138 und Lengnick-Hall (1996), S. 805. ^'*' Vgl. die Darstellung der Typologie in Abb. 18 auf S. 113.

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tes resultieren/"*^ die Einflussstrange der Produktivitat von Dienstleistungen dar. Mit diesen Einflussstrangen steigt fUr den Anbieter die Unsicherheit, wie die Produktivit^t infolge der Mitwirkung des Nachfragers ausfallen wird: Wird sie gefbrdert oder gemindert? Da der externe Faktor, an dem oder mit dem die Dienstleistung vollbracht wird, unterschiedlicher Art sein kann, fMllt auch die Produktivitat entsprechend dieser Arten divers aus. Wahrend eine Arbeitsteilung nur dann zugrunde gelegt werden kann, wenn ein Mensch bzw. der Nachfrager am Prozess beteiligt ist (aktive Mitwirkung des Kunden in der Rolle als Co-Producer), kOnnen steuemde Prozessinformationen mit jeder Art der extemen Faktoren auftreten, da sie zur generellen BedUrfnisspezifizierung notwendig sind (Rolle des Kunden als Kaufer). Somit lassen sich potenzielle positive und negative Auswirkungen auf die Produktivitat anhand der drei Faktoren ,Person', ,Objekt' und ,Information' als die drei Schwerpunktbereiche mOglicher extemer Faktoren differenzieren. (1) Wird eine Person als extemer Faktor in den Leistungserstellungsprozess integriert, so beeinflusst diese die Dienstleistungsproduktion vor allem durch ihr Verhalten. Zu unterscheiden sind femer personenindividuelle Prozesse als solche, in denen sich nur eine Person im Prozess befmdet, und kollektive Dienstleistungen, die fur mehrere Personen gleichzeitig erbracht werden. Bei personenindividuellen Dienstleistungen fallt die Arbeitsteilung und damit auch die Produktivitat positiv aus, wenn der Kunde als Co-Producer Uber hohe Prozessevidenz sowie hohe Integrationsfahigkeit und -bereitschaft verfugt/^^ In diesem Falle wird er den Anbieter in dessen Leistungsbeitrag entlasten, so dass der Input des Anbieters tatsachlich sinkt. Verfugt der Nachfrager hingegen nicht uber diese Merkmale, so dass er durch zu geringe Evidenz und entsprechendes Know-how dem Anbieter unzureichend zuarbeitet, so wird der Ablauf gestort. FUr den Dienstleister kommt es dann beispielsweise zu Nacharbeit der durch den Kunden ausgefuhrten Aktivitaten oder zu verstarkter Beratung und Information des Kunden. Dadurch werden Ressourcen des Anbieters zusatzlich gebunden und die Produktivitat sinkt.^^' Die Erbringung kollektiver Dienstleistungen weist entsprechende positive und negative Merkmale auf Zusatzlich sind in diesem Fall weitere anwesende Nachfrager unmittelbar von der positiven Mitwirkung oder einer potenziellen Storung eines Einzelnen betroffen. Bindet ein Nachfrager ungeplant die Ressourcen des Dienstleisters, so miissen andere Kunden im Prozess warten, womoglich entstehen Warteschlangen und die Kundenzufriedenheit sinkt. Benotigt ein Kunde an der Bedientheke eines Selbstbedienungsrestaurants lange Zeit zur Auswahl einer Speise, so warten die hinter ihm platzierten Kunden. Der zustandige Mitarbeiter kann folglich in der gleichen Zeit weniger Kunden bedienen als ein Kollege. Dessen Kun-

'"' Vgl. zu den Rollen und Rolleninhalten im hier vorgestellten Integrativitatskonzept Abb. 8 auf S. 55. ^^° Vgl. zur Prozessevidenz sowie zur Fahigkeits- und Bereitschaftsdimension des Nachfragers die Darstellungen in Kap. 3.3.1. ^^' Vgl. Bateson (2002), S. 112; Engelhardt (1996b), S. 80; Kurtz/ Clow (1998), S. 354 und Salman (2004), S. 69, 72.

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den auBem unverzilglich, welche Speise sie wUnschen, so dass die Bedienung schneller verlauft und die Produktivitat dieses Mitarbeiters steigt. (2) Die Integration eines Objektes als mCglicher extemer Faktor beeinflusst die Dienstleistungsproduktion durch die Beschaffenheit, also die inhSrenten Merkmale, des Objektes, so dass auch hier von einer Co-Produktion im Sinne der Zurverftigungstellung extemer Produktionsfaktoren gesprochen wird/^^ Der Integration einer Person, die jedoch - im Gegensatz zum ersten Fall - passiv an der Leistungserstellung beteiligt ist, fallen entsprechend die obigen Argumente zu. Die Produktivitat kann sich durch die Integration nicht erhOhen, da keine explizite Einbindung des Nachfragers vorliegt. Hingegen verschlechtert sich die Produktivitat, wenn sich die latent im Objekt vorhandenen Informationen anders darstellen als vom Anbieter erwartet. Falsche Angaben uber den Typ des Objektes, eine schwierige Diagnose uber einen Defekt etc. fiihren zu vermehrter Arbeitsleistung fUr den Anbieter und senken dessen Produktivitat. Die im Objekt vorhandenen Informationen wirken sich damit steuemd auf den Verlauf des Prozesses aus. (3) Informationen als exteme Faktoren im engeren Sinne beeinflussen durch ihre Giite die Dienstleistungsproduktion. Konkrete und vollstandige Informationen sind flir den Dienstleister hilfreich, wodurch der Prozess wie geplant ablaufen kann. Das Produktivitatsziel des Dienstleistungsuntemehmens wird dementsprechend nicht beeinflusst. Inkorrekte und unvollstandige Informationen dagegen erfordem beispielsweise ein Nachfragen des Dienstleisters beim Kunden, um die Leistung ausfuhren zu konnen.^^^ Der Prozessablauf verzogert sich entsprechend, so dass sich die Produktivitat vermindert. (4) Die vorgenannten Darstellungen konnen sSmtlich um steuemde Prozessinformationen von Seiten des Nachfragers erganzt werden, die jede Art extemer Faktoren begleiten konnen und Konkretisiemngen des Leistungsergebnisses beinhalten.^^"* Steuemde Prozessinformationen beeinflussen die Produktivitat der Dienstleistung wiederum in positiver und negativer Richtung, da der Anbieter erst mit der Ubermittlung der Informationen die genaue Prozessgestaltung disponieren kann. Ein Nachfrager der ,mitdenkt' wird dem Anbieter Andemngen, die den Leistungserstellungsprozess betreffen, friihzeitig mitteilen. Der Dienstleister kann entsprechend disponieren, so dass keine Verzogemngen oder Nacharbeiten entstehen. Auf der anderen Seite wirken geanderte Anforderungen und Wunsche des Nachfragers produktivitatshemmend, wenn der Prozessablauf dadurch gestort wird. Beide Formen der Kundenmitwirkung, Arbeitsteilung und steuemde Prozessinformationen, -

Ziehen einen indeterminierten Leistungserstellungsprozess nach sich,

-

haben Auswirkungen auf die Faktorkombination des Anbieters,

Vgl. die Ausfiihrungen in Kap. 3.1.4.3. Vgl. Hilke (1989), S. 27 und Maleri (1997), S. 157. Vgl. Kleinaltenkamp (1993), S. 105-109 und Kleinaltenkamp (1997a), S. 93-94 sowie die Darstellungen zur steuemden Prozessinformation im Kap. 3.1.4.2.

159

-

binden bei schlechter IntegrativitSt Ressourcen des Anbieters

und beeinflussen damit letztendlich die ProduktivitSt von Dienstleistungen. Dabei tritt die Arbeitsteilung nur in Verbindung mit einer zu integrierenden Person, die zumeist der Nachfrager selbst ist, auf. Steuemde Prozessinformationen treten unabh^ngig von der Art des extemen Faktors auf und miissen so als potenzieller Einflussfaktor stets beriicksichtigt werden. Die Integration von Objekten und Informationen kann indes die ProduktivitSt beeintrachtigen, jedoch nicht unmittelbar fordem. Allein der verstarkte Einbezug des Kunden in Form der Arbeitsteilung kann zur Entlastung des Dienstleisters und mithin zur Produktivitatsverbesserung fiihren. Mit dem Ziel der detaillierten Analyse der Produktivitatsverbesserung, die hinsichtlich der Extemalisierung in der Literatur sehr einseitig betrachtet wird, treten folglich die Arbeitsteilung und die steuemden Prozessinformationen in den Fokus. Dies umso mehr, als die verstSrkte Einbindung des Nachfragers zum einen potenziell den Beitrag steuemder Prozessinformationen erheht und zum anderen die markantesten Wirkungen in der vorgestellten Typologie der Abb. 18 auf S. 113 bedingt (arbeitsintensiv, hoher Integrationsgrad und - in AbhSngigkeit vom Umfang der steuemden Prozessinformationen - hoher Individualisierungsgrad). Wie bereits herausgestellt, prasentiert sich der Kunde als Schliissel zu einer Produktivitatserh5hung. Unter Beachtung, dass die Mobilisierung des Kunden durchaus auch gegenteilige Effekte auf den Prozessablauf und die ProduktivitSt der Dienstleistung haben kann, ist die Extemalisierung vom Anbieter so weit voranzutreiben bis mogliche negative Effekte die positiven BeitrSge kompensieren. Um die Arbeitsteilung entsprechend zu kontrollieren, sind die negativen Effekte zu untersuchen und zu quantifizieren. Ubemimmt der Kunde durch Arbeitsteilung einen Teil der Leistungserstellung vom Anbieter, so muss er fiir eine erfolgreiche Dienstleistung seine Aktivitaten in der erforderlichen Qualitat und Menge sowie genau zur ausgemachten Zeit und genau am ausgemachten Ort dem Anbieter zur Verfiigung stellen/^^ Diskrepanzen ergeben sich, wenn die Aktivitaten nicht die geforderte Gute, die zur Erstellung der angestrebten Dienstleistungsqualitat notwendig ist, aufweisen, weil sie z.B. unvollstandig oder qualitativ schlecht ausgefiihrt sind. Der Anbieter wird die Aktivitaten korrigieren oder sogar noch einmal selbst erstellen, um den gewunschten Qualitatslevel zu erreichen. Diese Nacharbeit erfordert einerseits Ressourcen des Anbieters, die er aufgmnd der initiierten Arbeitsteilung nicht eingeplant hatte. Diese Kapazitaten fehlen entsprechend an anderer Stelle im Prozess oder in parallel laufenden Prozessen. Des Weiteren verzogert sich durch die Nacharbeit die Fertigstellung der Leistung insgesamt. Dadurch geraten die nachfolgend zu beginnenden Prozesse des Dienstleistungsuntemehmens ebenfalls in Verzug, so dass fur diese Wartezeiten resultieren.

^" Vgl.Collier(1987), S. 37.

160

Weitere Storquellen resultieren daraus, dass der Kunde die zeitlichen Anforderungen an seinen Leistungsbeitrag missachtet. Hat er zum vereinbarten Termin die Erstellung seiner Aktivitaten nicht rechtzeitig abgeschlossen, so kann zum einen der Anbieter die nicht fertiggestellten Aktivitaten des Kunden zum Abschluss bringen, so dass sich die oben beschriebene Nacharbeit mit entsprechenden Konsequenzen ergibt^^^ 1st zum anderen der Kunde weiter fiir die Erstellung der AktivitSt verantwortlich, so muss der entsprechende Kontaktpunkt zur Integration der Kundenaktivitat zeitlich nach hinten verlagert werden, bis der Kunde seine Leistung vollbracht hat. In der Folge verzogert sich die Prozessdauer. Daneben kann der Anbieter zum geplanten Zeitpunkt seine Ressourcen zur Einbindung der Aktivitaten nicht einsetzen, es resultieren Leerzeiten. Gleiche Wirkungen entstehen, wenn der Nachfrager als Person zu spat zum vereinbarten Termin mit dem Dienstleister erscheint, um beispielsweise seine Aktivitaten zu transferieren oder beim Anbieter selbst zu erstellen. Es ergeben sich identische zeitliche Verzogerungen, da der Anbieter auf den Input des Kunden warten muss7^^ Weiteres Storpotenzial liefert die Ubertragung der steuemden Prozessinformationen. Diese konnen sich zum einen in qualitativen Anforderungen von Seiten des Kunden auBem, zum anderen auch in zeitlichen. So ergeben sich Auswirkungen auf den Prozessablauf, wenn der Kunde die Anforderungen an die Leistung in der Art oder der Menge andert. Der Anbieter muss sich auf die neuen WUnsche des Kunden entsprechend einstellen, so dass er gegebenenfalls neue Ressourcen zur Ausfuhrung der Anderungen beschaffen sowie den Prozessablauf neu gestalten muss. Dabei vergroBem sich ftir den Anbieter die resultierenden Schwierigkeiten, je spater der Nachfrager seine Anderungswunsche auBert, also je weiter der Leistungserstellungsprozess bereits fortgeschritten ist.^^^ Stellt der Kunde dem Anbieter des Weiteren fiir den Prozessablauf und die Erstellung zwingend benotigte Informationen nur unzureichend bereit, so kann der Dienstleister seine Anbieteraktivitaten weder entsprechend ausfuhren noch die Qualitat der Leistung gewahrleisten. Infolge der Neuausrichtung durch Anderungen sowie infolge der Wartezeit durch Nicht-Lieferung entstehen fur das Dienstleistungsuntemehmen wiederum zeitliche Nachteile, die sich in einer Verzogerung des Gesamtablaufes auiiem. Somit werden auch sich zeitlich anschlieiJende Prozesse verschoben. Kann der Nachfrager daruber hinaus keine konkrete Zielvorgabe fiir die zu erstellende Leistung angeben/^^ so wird es fiir den Anbieter zusatzlich problematisch, den Prozess sowie die Kapazitatsinanspruchnahme uberhaupt zu planen. Der Anbieter muss eigene Diagnoseanstrengungen zur Zielfmdung erbringen, wodurch die Mitarbeiterkapazitaten zusatzlich belastet werden.^^^ Ahnliche Auswirkungen folgen bei zeitlichen Anderungen von Seiten des Kunden. Wunscht der Kunde einen anderen Fertigstellungstermin der Dienstleistung als bisher abgesprochen, so muss der Anbieter bei einem friiheren Termin entweder seine Kapazitaten biindeln und von parallel ^'^ Vgl. ^" Vgl. "" Vgl. '^^ Vgl. '^^ Vgl.

Hsieh/ Yen/ Chin (2004), S. 18 Hope/ Muhlemann (1997), S. 7 und 26-27. FlieB (2001), S. 6-7, 81 und Kleinaltenkamp/ Dahlke (2003), S. 230. Fischer (2000), S. 135. Kleinaltenkamp/ Marra (1997), S. 74.

161

laufenden Prozessen abziehen oder bei einem spateren Termin eingeplante Kapazitaten freisetzen/^* Diese werden jedoch dann zum spSteren Zeitpimkt benOtigt, so dass hier entsprechend disponiert werden muss. Tabelle 5 fasst die mOglichen StOrquellen des Kunden, die aus der Integration des Nachfragers und den damit verbundenen Kundenrollen resultieren, zusammen. Dabei werden zum einen die Konsequenzen fUr das Anbieteruntemehmen und zum anderen die Auswirkungen auf die Erfolgsfaktoren des Untemehmens verdeutlicht. Die aktive Mitwirkung des Nachfragers am Leistungserstellungsprozess in Form der Arbeitsteilung (Kunde als Co-Producer) sowie der Einbringung steuemder Prozessinformationen (Kunde als KSufer) bringt fllr das Anbieteruntemehmen zahlreiche Unwagbarkeiten mit sich, die insbesondere die Kapazitatsund Zeitplanung erschweren. So ist der Anbieter vor der Extemalisierung unsicher, ob die anvisierte Ressourcenreduzierung durch die Mitarbeit des Nachfragers erreicht werden kann, ob sie durch eine unzureichende Beteiligung letztendlich kompensiert wird oder sich gar in einer h5heren Ressourceninanspruchnahme niederschlagt. Unzureichende Teilarbeiten des Nachfragers schlagen sich direkt auf die Dienstleistungsqualitat nieder und stehen m5glicherweise auch dem Abschluss des Leistungserstellungsprozesses entgegen. FUr den Anbieter steigt damit das Produktionsrisiko. Korrigiert der Anbieter diese Teilaktivitaten, so binden die Tatigkeiten zur Nach- und Doppelarbeit die Kapazitat des Anbieters/^^ Die eingesetzten Ressourcen fehlen dem Untemehmen fiir ahemative Aktivitaten desselben Prozesses oder sogar zur Ausfilhrung eines anderen Prozesses, so dassftlrdiesen Wartezeit resuhiert. Der zusatzliche Input ftlr die Nach- und Doppelarbeit wirkt sich unmittelbar auf die Produktivitat der Dienstleistung aus: Bei gleichbleibendem Output sinkt die Produktivitat. Gleiche Produktivitatswirkungen folgen, wenn der Nachfrager den zeitlichen Ablauf des Prozesses st5rt.

Vgl. Flie6(2001), S. 81. Vgl. Hsieh/ Yen/ Chin (2004), S. 194.

162

Kundenrolle

1

M6gliche Stbrung durch Kundenmitwirkung

Neuausrichtung,

Zeit, Kapazitm,

Ressourcenbeschaffung

Prozessgestaltung

Anderung des Fertigstellungstermins

Anderung der Ressourcenplanung,

Zeit, Kapazitdt

zeitliche Verschiebung des Prozesses

sa 8

Tab. 5

Betroffene Erfolgsfaktoren der Dienstleistung

Anderung der Anforderung an die Leistung

0)

CO

Konsequenzen fUr den Anbieter

Kundenlnformationen fehlen Abstimmung, Oder sind unvollst^lndig Wartezeit

Qualitdt, Zeit

Kundenbeitrdge haben nicht die geforderte Qualitdt

Nacharbeit

Qualitat, Zeit, Kapazitat

Kundenbeitrdge werden zu spdt bereitgestellt

Wartezeit

Zeit

3

Kundenseitige StOrungen und ihre Auswirkungen auf den Prozessablauf

Wie Tabelle 5 welter verdeutlicht, verlangert sich bei VerzOgeningen in der Bereitstellung von Teilaktivitaten oder Informationen des Kunden die Prozessdauer. Dadurch entstehen nicht nur Wartezeiten, sondem auch Verschiebungen des Fertigstellungstermins, so dass auch nachfolgende Prozesse beeintrSchtigt werden, da die Anbieterkapazitaten nicht rechtzeitig frei werden. Dargestellt in Zeiteinheiten kann das Dienstleistungsuntemehmen im Falle der hier gezeigten stOrenden EinflUsse in der gleichen Zeit weniger Output hervorbringen als es im Falle eines reibungslosen Verlaufes der Leistungserstellung mCglich gewesen ware. 1st die InputhChe bei einer verlSngerten Prozessdauer unverandert, so sinkt die ProduktivitSt. Die Mobilisierung des Kunden zur verstarkten Teilnahme im Prozess hat folglich unmittelbaren Einfluss auf die Gestaltung der Leistungszeit, des Arbeitskraftebedarfs sowie der Dienstleistungsqualitat, wodurch sich auch die gesamten Prozesskosten ftir den Dienstleister erhohen.^^^ Die Auswirkungen dieses vermehrten Kapazitats-, Zeit- und Qualitatsaufwandes schlagen sich schliefilich direkt im Input und Output des Dienstleistungsuntemehmens nieder: Die Ergiebigkeit des Faktorkombinationsprozesses vermindert sich und die Produktivitat sinkt. Den entsprechenden Zusammenhang zeigt Abbildung 24.

^" Vgl. Collier (1985), S. 7; Frietzsche (2001), S. 196, insbesondere FuBnote 552; Reckenfelderbaumer (1995), S. 45 und Salman (2004), S. 68-70.

163

\I

i

Steuemde Prozessinformationen

ArbeKsteilung Einflussstrflnge aus der Kundenmitwirkung

(Kunde als Co-Producer)



(Kunde als Kflufer)

~~"

-^

Qualitativ Potenzielle StOrquellen des Kunden

^



Zeitlich

- Kundenbeitrdge erfuilen die Anforderungen nicht

- Kundenbeitrage werden zu spat geliefert

- Anforderungen werden geandert

- Anderungsanforderungen erfolgen zu spat

Qualitat Auswirkungen auf die Dienstleistungserbringung

Dienstleistungsqualitat muss nachgebessert werden

Kapazitat - Fertigstellungstemiin verschiebt sich nach hinten

- Ressourcen des Anbieters werden gebunden

- Prozessdauer variiert

- Zusatzliche Ressourcen mUssen beschafft werden

Produktivitfitssenkung

Abb. 24

Kundeninduzierte StOrungen und EinflusssMnge auf die Produktivitat

Damit wird deutlich, dass die MaBnahme der Arbeitsteilung nicht notwendigerweise zur Produktivitatssteigerung von Dienstleistungen filhrt. Das Dienstleistungsuntemehmen, das seine Produktivitat gestalten und insbesondere verbessem mochte, muss demzufolge zwingend kundeninduzierte Unsicherheiten, die sich kontraproduktiv auswirken konnen, einkalkulieren. Als maBgebliche Faktoren, die mit tiber einen Erfolg der Extemalisierungsstrategie zur Steigerung der Produktivitat entscheiden, stellen sich die Fahigkeit des Kunden, Aktivitaten selbst zu ubemehmen sowie die Bereitschaft des Kunden zur Mitwirkung dar. Bereitschaft und Fahigkeit des Nachfragers sind kennzeichnende Merkmale der Integration, die den Verlauf des Leistungserstellungsprozesses sow^ie das Leistungsergebnis pragen^^ und mithin folglich die Gute der Kundenbeteiligung im Rahmen der Arbeitsteilung charakterisieren.

^" Vgl. Gouthier (2003), S. 3, 66-67; Kleinaltenkamp (1993), S. 105-109; Kleinaltenkamp (1997a), S. 93-94 und Maleri (1997), S. 157.

164

4.2.2.2

Know-how und Kundenbindung als Einflussfaktoren der Unsicherheit

Voraussetzung ftir eine Ubertragung von Teilprozessen auf den Nachfrager ist selbstverstandlich, dass der Kunde bereit und in der Lage ist, diese auszufUhren. Vor allem personenbezogene Dienstleistungen hangen vom Geschick und der LeistungsfMiigkeit sowie vom Willen und der Motivation der Beteiligten ab7^^ Da die extemen Faktoren fur den Anbieter nicht autonom disponierbar sind^^^ liegt gerade in den Fahigkeiten und der Bereitschaft der Nachfrager eine unsichere Erfolgsdeterminante der Arbeitsteilung, die es zu betrachten gilt. Die Leistungsfahigkeit des Menschen, in diesem Falle des Nachfragers, ist untrennbar mit seinem Know-how verbunden. Bogajewskaja, Jacob und Michaelis haben in einer empirischen Studie^^^ neben weiteren Erkenntnissen das , Know-how des Kunden' den damit zusammenhangenden ,Kosten' fiir den Anbieter gegenubergestelU. Ausgangspunkt dieser empirischen Studie war die Weiterentwicklung der Prozesskostenrechnung mit dem Ziel der Kalkulation der Kosten eines Projektes unter Berilcksichtigung der Kundenintegration. Die praktische Uberpriifling und Anwendung dieser Modifizierung wurde an der ,Angebotsphase' eines Beispielprojektes der Siemens AG durchgefuhrt, so dass zunachst die einzelnen Prozesse der Angebotsphase sowie die zugehorigen kostentreibenden Faktoren identifiziert wurden. In Einzelinterviews mit Mitarbeitem des Untemehmens konnten sodann Kostenkurven ermitteh werden, die jeweils den Einfluss eines Kostentreibers auf die Kosten des betrachteten Prozesses abbilden. Die im hier vorHegenden Kontext der ProduktivitSt relevante Kostenkurve verdeutlicht so schUefilich den Einfluss des Kostentreibers , Know-how des Kunden' auf die Kosten des Prozesses ,Konzeptentwurf erstellen/ modifizieren': Ausgehend von einer BezugsgroBe von 100%, die durch die in einem Referenzprozess tatsachlich angefallenen Kosten sowie der dazugehorigen AusprSgung des Know-hows determiniert ist und somit Werte eines Durchschnittskunden angibt, zeigt die Kurve an, wie sich die Kosten bei einer schrittweisen Erhohung oder Minderung des Know-hows um 25%, 50% usw. entwickeln. Das Ergebnis liefert eine U-formige Kostenkurve: Zu geringes Know-how des Kunden sowie auch ein zu hohes Know-how fUhren zu einer Kostensteigerung/^^ Die zugehorige Kostenkurve ist im Quadranten I der Abbildung 25 auf Seite 167 dargestellt und gilt femer als Basis der weiteren Uberlegungen. Mit dem Ziel der Gegeniiberstellung von Kunden-Know-how und Produktivitat des Dienstleistungsprozesses werden in einem Vier-Quadranten-Schema (vgl. Abb. 25), ausgehend von der beschriebenen Kostenkurve im Quadranten I, zunachst die Prozesskosten mit der Standardisierung von Prozessen in Verbindung gesetzt (Quadrant II). Im Falle eines hohen Standardi^" Vgl. Corsten (1995), S. 196; Fuchs (1968), S. 17; Lehmann (1998), S. 25, 184 und Rodie/ Schultz Kleine (2000), S. 117. ^^ Vgl. Corsten (1994a), S. 4; FlieB (2001), S. 30; Kleinaltenkamp (1997a), S. 89-90; Kleinaltenkamp/ Marra (1995), S. 105 und Maleri (1998), S. 124. ^^' Vgl. Bogajewskaja/ Jacob/ Michaelis (1998). ^^* Vgl. zur DurchfUhrung des Projektes Bogajewskaja/ Jacob/ Michaelis (1998) sowie konkret zur genannten Kostenkurve S. 48-49. Eine Zusammenfassung der Studie wird in Jacob/ Bogajewskaja (2000) geliefert.

165

sierungsgrades der Dienstleistung kOnnen Abl^ufe routinisiert und die Faktoren dementsprechend effizient eingesetzt werden. Zusatzlich bedarf es eines im Gegensatz zur individuellen Leistungserstellung nur geringen Flexibilitatspotenzials. Damit k6nnen im Falle einer Standardisierung sowohl die variablen Kosten als auch die Fixkosten gesenkt werden, so dass mit einer Zunahme der standardisierten Ablaufe die Gesamtkosten (Fixkosten und variable Kosten) nur imteqjroportional ansteigen. Gleichzeitig ist stets von einem Mindestmafi an Standardisierung auszugehen, da ein gewisser Umfang an bekannten Prozessen, auf denen selbst im Falle der Individualisierung aufgebaut wird (z.B. im Back-Office), bei jeder Leistung vorhanden ist - wenn auch nur in begrenztem MaBe7^^ Wird im nSchsten Quadranten (III) die Standardisierung gegen die Produktivitat von Dienstleistungen abgetragen, so ist auch diese Beziehung gemafi der Darstellungen bekannt. Standardisierung erfordert nur einen geringen Anteil an steuemden Prozessinformationen vom Kunden, so dass sich die Gefahr von stOrendem Einfluss und kundeninduzierter Unsicherheit verringert. Die Leistungserstellung kann weitestgehend von Mitarbeitem im Back-Office durchgefUhrt werden, so dass sich bei steigender Standardisierung Parallelen zur Sachgtiterproduktion ergeben. Folglich ist eine Zunahme der Standardisierung mit steigendem Produktivitatspotenzial verbunden, das jedoch durch die bei Dienstleistungen generell vorherrschenden Schwierigkeiten der Produktivitatsverbesserung insgesamt langsam steigt: Wahrend sich erste MaBnahmen zur Standardisierung unmittelbar positiv auf die Produktivitat der Dienstleistung auswirken, steigt die Produktivitat mit zunehmendem Grad der Standardisierung nur noch gering an (abnehmender Grenznutzen)/^^ Quadrant IV liefert die fehlende und gesuchte Kurve, die das Know-how des Kunden mit der Produktivitat des Anbieters in Beziehung setzt. Diese neue Kurve wird ausgehend von beliebigen Kurvenpunkten im Quadranten I und der Abtragung der Koordinaten in den Quadranten II und III durch die entsprechenden Schnittpunkte der Koordinaten im vierten Quadranten ermittelt (s. Verbindungslinien in Abb. 25). Es entsteht, da die Ausgangskurve im ersten Quadranten U-fbrmig ist, ebenfalls eine Kurve in U-Form, jedoch als Folge der zuvor abgetragenen Verbindungen in einer gestauchten Form. Durch den gestauchten Kurvenverlauf wird deutlich, dass die von dem Know-how abhangige Variable (hier die Produktivitat) mit der Zunahme des Know-hows in der Know-how-Produktivitats-Kurve langsamer ansteigt als in der Kostenkurve des Quadranten I (abhangige Variable entspricht dort den Prozesskosten).

•'^^ Vgl. Reckenfelderbaumer (1995), S. 109-112; Salman (2004), S. 177-178 und Sundbo (2002), S. 93, 97. ^^^ Die in den Quadranten II und III abgebildeten Kurven sind gemaC der hier erfolgten Darstellungen theoretisch hergeleitet und stimmen mit theoretischen sowie empirischen Erkermtnissen der Literatur (vgl. z.B. Anderson/ Fomell/ Rust (1997), S.132; Bogajewskaja/ Jacob/ Michaelis (1998), S. 64 FulJnote 201 und Sundbo (2002), S. 93, 97) Oberein. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es selbst bei Lageverschiebungen der Kurven nicht zu einer VerSnderung der U-Form der gesuchten Kurve des Quadranten IV kommt. Damit wird die grundlegende Erkenntnis nicht tangiert, vgl. auch die folgenden AusfUhrungen.

166

Prozesskosten

II

' [< 1

I

t Standardisierung ^'•' ~

|ioo%

V

\i

>

\i \

Y

\

> III

/

J\ 150%

Know-how des Kunden

V

t s^

/

y

/

V

\r Produktivitat

Abb. 25

Vier-Quadranten-Schema zur Ermittlung des Zusammenhangs von Produktivitat und Knowhow des Kunden

>50%

Abb. 26

100%

Know-how des Kunden

150%

Know-how-Produktivitats-Kurve

Mit steigendem Know-how des Kunden erhoht sich folglich die Produktivitat. Dieser Zusammenhang ist gemaB der festgestellten Storungen auf die mithilfe der Arbeitsteilung zu erzielende Produktivitatsverbesserung nicht weiter verwunderlich. Bemerkenswert ist hingegen, dass die Produktivitat ihren Maximallevel nach Erreichen eines bestimmten Know-hows

167

des Kunden wieder verlasst. Damit wirkt ein zu hohes Mali an Kunden-Know-how produktivitatsmindemd. Der Nachfrager kann so etwa zu tiefe Eingriffe in die Spharen des Anbieters vomehmen und durch ein im Vergleich zum Dienstleister hoheres Wissen kontraproduktiv wirken. Dies kann der Fall sein, wenn der Kunde ebenfalls ein Fachmann auf dem Gebiet ist, die Dienstleistung aufgrund ihrer Art aber nicht selbst erstellt werden kann. So hat ein Mediziner, der in einer Apotheke ein Medikament kaufen mSchte, ein sehr umfangreiches Wissen uber die Inhaltsstoffe der verschiedenen Praparate. In einem anderen Fall sei an einen Kunden gedacht, der sich im Vorfeld einer Leistung ausfuhrlich uber diese informiert hat. In beiden Beispielen kann der Kunde im Beratungsgesprach mit dem Dienstleister SuiJerst spezifische und diffizile Fragen und Wunsche aufiem, so dass die Dauer des Leistungserstellungsprozesses sowie der Input des Anbieters fUr diesen einen Prozess steigt und die Produktivitat insgesamt sinkt. Damit hemmt sowohl ein zu geringes Know-how des Kunden als auch ein zu ausgepragtes Know-how den anvisierten ProduktivitStsanstieg. Die Mitwirkung eines kundigen Nachfragers erhoht also die Produktivitat von Dienstleistungen lediglich bis zu einem gewissen Grad. Abbildung 26 stellt die Kurve des Quadranten IV aus Abb. 25 noch einmal dar. Durch die mit Hilfe des vorgestellten Vier-Quadranten-Schemas ermittelte Kunden-Knowhow-Kurve gelingt es erstmals, die Abhangigkeit der Produktivitat des Anbieters vom Knowhow des Kunden darzustellen. Einschrankend muss jedoch hinzugefugt werden, dass die so bestimmte Kurve auf den von Bogajewskaja et al. gewonnenen Erkenntnissen nur eines Projektes beruht.^^' Zwar wird auf die in den Einzelinterviews wiederholten Aussagen verwiesen/^^ doch stehen weitere empirische Untersuchungen zur BestStigung der Ergebnisse noch aus. Dennoch kann aufgrund der Art und Weise der durchgefiihrten Befragung (mehrere Einzelinterviews) sowie auch aufgrund der Auswahl des Untersuchungsgegenstandes (einem Projektgeschaft) von einer zumindest giiltigen Grundlage und einer entsprechend fundierten Basis der Erhebung ausgegangen werden: Die Mitwirkung des Nachfragers an einem Projekt bzw. an der Ausarbeitung der erforderlichen individuellen Losung sorgt fur eine hohe Eingriffstiefe und eine hohe Eingriffsintensitat der extemen Faktoren.^^^ Somit liegt sowohl ein hoher Individualisierungs- als auch ein hoher Integrationsgrad vor. Da zudem der Personalaufwand als Schlusselgrofie des betrachteten Projektes zu sehen ist,^^"* entspricht das betrachtete Projekt genau einer Dienstleistung vom Typ VI der Typologie in Abb. 18 (vgl. S. 113). Damit stimmen die Voraussetzungen der von Bogajewskaja et al. gefuhrten Studie genau mit der hier gefuhrten Argumentation iiberein, so dass trotz der noch ausstehenden weiteren empirischen Uberprufung und Generalisierung der Kostenkurven aus Kostentreibem von einer in diesem Zusammenhang gegebenen Eignung ausgegangen werden kann. Die vom Know-how beeinflusste Fahigkeit des Kunden hat folglich wesentlichen Einfluss auf die Produktivitat des Dienstleisters. ^^' Vgl. ^^^ Vgl. ^'^ Vgl. ^^^ Vgl.

168

die Kurve in Quadrant I, von der die ermittelte Kurve in Quadrant IV maBgeblich abhangt. Bogajewskaja/ Jacob/ Michaelis (1998), S. 86. Bogajewskaja/ Jacob/ Michaelis (1998), S. 10-12 und 58. Jacob/ Bogajewskaja (2000), S. 591.

Als weitere Komponenten der fur die Arbeitsteilung wesentlichen LeistungsMiigkeit des Nachfragers zShlen neben dem Know-how des Kunden des Weiteren seine Erfahnmgen und Fertigkeiten.^''^ Beide bedingen jedoch wiederum den Grad des Know-hows, so dass das Know-how als das aussagekraftigste Merkmal der Leistungsf^igkeit zShh. Die Leistungsbereitschaft eines Nachfragers als zweiter maBgeblicher Erfolgsfaktor einer Extemalisierungsstrategie charakterisiert sich durch Faktoren wie ,Motivation' und ,Wille' des Kunden^^^ Sollen dem Kunden eigene Aktivitaten im Erstellungsprozess ubergeben werden, so stellt sich die Motivation des Kunden, einen positiven Beitrag zur Dienstleistungserstellung leisten zu wollen, als zwingende Voraussetzung dar7^^ Als motivierend wirken die Wahrnehmung eines verminderten Risikos uber das gewOnschte Leistungsergebnis sowie die Erwartung einer entsprechend hohen Dienstleistungsqualitat bei Eigenbeteiligung/^^ Liegen derartige ,Motivationsfaktoren' nicht vor, so obliegt dem Anbieter die Aufgabe, den Nachfrager zu motivieren. Dieser soil den Willen entwickeln, eigene Leistung zu ubemehmen - unter den Bedingungen neue Ablaufe kennen zu lemen, mit dem Anbieter zu kooperieren und das eigene Verhalten entsprechend anzupassen/^^ Silpakit und Fisk bieten eine ubersichtliche Darstellung, welche Faktoren den Kunden in seiner Bereitschaft zur Teilnahme beeinflussen und wie der Anbieter den Leistungserstellungsprozess beispielsweise im Hinblick auf die physische und soziale Dienstleistungsumgebung entsprechend gestalten kann7^° Der Erfolg einer Extemalisierung mit dem Ziel der ProduktivitStsverbesserung hangt demzufolge entscheidend davon ab, wie stark die zur Mitwirkung verlangten Fahigkeiten und die Bereitschaft mit dem zu ubemehmenden Aktivitatsumfang koinzidieren.^^' Es existieren verschiedene Faktoren, die die Giite der Mitwirkung unterstUtzen und dementsprechend eher zu einer Ubereinstimmung von erwarteter Kundenleistung und tatsachlich mSglicher Kundenleistung fuhren. Zur Verbesserung der Fahigkeiten des Nachfragers werden haufig langfristige Strategien wie Trainingsmalinahmen und Schulungen vorgeschlagen. Goodwin sowie Kelley, Donnelly und Skinner sprechen in diesem Zusammenhang auch von ,consumer sozialisation', mit der sie konkret das Erlemen von neuen Fertigkeiten und Werten und das Entwickeln eines entsprechenden Verhaltens bezeichnen/^^ Auf diese Weise steigt gleichzeitig die vom Kunden wahrgenommene Kontrolle uber den Erstellungsprozess, welche wiederum einen Anreiz zur MitVgl. Rodie/ Schultz Kleine (2000), S. 117. Salmann zeigt in Weiterentwicklung zu Bogajewskaja et al. anhand eines eigenen Projektbeispiels Kostenkurven auf, die das Leistungsvermogen und den Leistungswillen des Kunden jeweils den Prozesskosten gegeniiberstellen. Geringe Auspragungen beider Kostentreiber wirken kostenerhohend. Vgl. Salman (2004), S. 199-200 und 207-208. Vgl. Kelley/ Donnelly/ Skinner (1990), S. 321. Vgl. Marion (1996), S. 51 und 56-57 und Martin/ Home/ Chan (2001), S. 143. Vgl. Lovelock/ Vandermerwe/ Lewis (1999), S. 505 und Lovelock/ Young (1979), S. 169. Vgl. Silpakit/Fisk (1985), S. 118-120. Vgl. Mills/ Morris (1986), S. 734. Vgl. Goodwin (1988); Kelley/ Donnelly/ Skinner (1990) und Kelley/ Skinner/ Donnelly (1992).

169

wirkung darstellt.^*^ Eher kurzfristig angelegte MaBnahmen zur Steigerung der Fahigkeiten sehen dagegen vor, den Kunden den Ablauf des bestimmten Prozesses zu erklSren und ihnen diesbeziigliche notwendige Informationen zu Ubermitteln/^'^ Da eine derartige Strategic zumeist von Kundenkontaktmitarbeitem umgesetzt wird, liegt der Nachteil wiederum in der Bindung der Anbieterkapazitaten. Eine kurzfristige, das heilJt fur einen Dienstleistungsprozess gilltige, AnbietermaBnahme zur Beeinflussung der Bereitschaft des Nachfragers zur aktiven Mitwirkung liegt vor allem in der Preisreduzierung der Dienstleistung als Anreizmittel und Arbeitszeitentschadigung gleichermafien. Zusatzlich v^ird in der Literatur davon ausgegangen, dass eine Co-Produktion zur Zufriedenheit beim Nachfrager fuhrt, solange die zusatzliche Belastung fiir ihn nicht zu hoch wird7^^ Diese Zufriedenheit wird insbesondere durch eine Zeiterspamis und eine selbstandige Kontrolle iiber den Prozess bedingt/^^ Daruber hinaus konnen Kunden auch intrinsisch motiviert sein, einen Einblick in die Prozessablaufe zu gewinnen sowie an der Erstellung der eigenen Leistung teilzunehmen. Solche kundenspezifischen Gegebenheiten miissen, ebenso w^ie die haufige Uberzeugung, dass die eigene Mitarbeit die Dienstleistungsqualitat fordert, vom Anbieteruntemehmen geeignet stimuliert werden^^^ Ein langfristiger Anreiz zur Motivation begrundet sich flir den Kunden in dessen Commitment zum Dienstleistungsuntemehmen. Das Commitment ist ein Konstrukt, das die persSnliche und positive Beziehung eines Individuums zum Beziehungspartner bezeichnet/^^ Die Starke des Commitment weist auf die Identifikation des Kunden mit dem Untemehmen bin. Kunden mit einem hohen Commitment fiihlen sich starker mit dem Untemehmen verbunden und sind eher gewilh, Teilleistungen selbstandig zu ubemehmen. Der Kunde ist hinreichend motiviert, mochte die Normen und Abiaufe seines bevorzugten Dienstleisters erlemen, da er erwartet, in Zukunft haufiger mit dem Anbieter zusammenzuarbeiten. Eine derartige Einstellung des Kunden fordert seine Arbeitsleistung und die Giite des Erstellungsprozesses/^^ Das Gefiihl des Commitment mit einem Dienstleistungsuntemehmen, aber auch Faktoren wie Zufriedenheit mit dem Service, Zufriedenheit mit dem Preis-Leistungs-Verhaltnis usw. manifestieren sich in Wiederholungskaufen undfiihrenletztendlich zur Kundenbindung. Aus dieser Kundenbindung heraus entstehen Wissensvorteile sowohl fur den Kunden als auch fiir den Anbieter, die aus Lerneffekten aus sich wiederholenden Situationen resultieren: „Relationships are learning experiences where both parties [...] get used to each other and learn how to

'" Vgl. ^^^ Vgl. ^^^ Vgl. ^*^ Vgl. ^*^ Vgl. ^** Vgl. ^^^ Vgl.

170

Bateson (1985), S. 77 sowie Kap. 3.3.1. Larsson/ Bowen (1989), S. 225 und Lovelock (2001), S. 78-79. Corsten (1989), S. 31-32; Lovelock (1993), S. 70 und Rodie/ Schultz Kleine (2000), S. 114. Bateson (1982), S. 175. Langeard (1981), S. 238 und Larsson/ Bowen (1989), S. 218. Fischer/ Tewes (2001), S. 308-309; Sollner (1993), S. 102 und Zimmer (2000), S. 13. Goodwin (1988), S. 75 und Kelley/ Donnelly/ Skinner (1990), S. 328.

interact with each other so that mistakes, service failures, quality problems, information problems and the like can be minimised."^^^ Durch eine hSufige Inanspruchnahme der Leistung lemt der Kunde nicht nur die AblSufe des Dienstleisters kennen, sondem dariiber hinaus auch seine Rolle als Co-Producer, so dass seine Prozessevidenz steigt. Der Kunde wird sich Uber die Bedeutung seiner Arbeitsleistung und seines Leistungsbeitrages bewusst. Damit weiB er ebenfalls dariiber Bescheid, wie und wann er sich integrieren bzw. wie und wann er seine Teilleistung bei einer Arbeitsteilung erbringen muss7^^ Mithin steigt beim Kunden durch die wiederholte Leistungsinanspruchnahme auch der Wille, geeignetes Know-how aufzubauen/^^ Derart erfahrene Kunden benOtigen dariiber hinaus weniger Leithilfen („orientation") als Kunden, die zum ersten Mai die Dienstleistung erwerben/^^ Die Folge dieses Wissensaufbaus beim Kunden liegt konsequenterweise sowohl in einer hohen Aktivitatsgute als Beitrag der Arbeitsteilung als auch in einer geeigneten Interaktion mit dem Anbieter, wodurch die Qualitat von Leistungserstellungsprozess und Leistungsergebnis sowie die Produktivitat gesteigert werden (vgl. auch Abb. 24 auf S. 164). Auf der anderen Seite resultieren auch fur den Anbieter aus der wiederholten Dienstleistung fur einen bestimmten Kunden Lemeffekte: Als Folge der Zusammenarbeit erlangt der Anbieter Wissen uber diesen Kunden. Mit jedem Kontaktpunkt im Rahmen der Arbeitsteilung entsteht durch die Integration Wissen als Kuppelprodukt. Der Anbieter lemt auf diese Weise nicht nur die Kundenwiinsche und -probleme kennen, sondem gewinnt hieriiber auch Kenntnisse iiber geeignete Losungsmoglichkeiten sowie iiber kundenspezifische Gegebenheiten. Dieses Wissen kann er speichem und bei nachfolgenden Transaktionen mit diesem Kunden Oder auch bei anderen Nachfragem einsetzen.^^'* Das Wissen Uber den Kunden unterstiitzt den Anbieter dariiber hinaus auch, die Mitwirkung und das Verhalten des Nachfragers im Rahmen der Arbeitsteilung einzuschatzen. Somit ist der Anbieter durch die Kenntnisse, die er infolge der Kundenbindung iiber den Kunden gesanmielt hat, zum einen in der Lage, seine eigenen Ressourcen wirkungsvoll und effizient zur Befriedigung des Kundenwunsches auszurichten und zu kombinieren.^^^ Zum anderen wird es fiir ihn einfacher, einen geeigneten Aktivitatsumfang festzulegen, den er auf den Kunden auslagert. Die Kundenbindung tragi also maBgeblich dazu bei, kundeninduzierte Unsicherheit zu reduzieren. Der Anbieter lemt durch eine haufige Zusammenarbeit mit dem Kunden nicht nur dessen Verhalten und Gewohnheiten kennen, so dass er dessen Mitwirkung einschatzen kann, sondem weifi dariiber hinaus, dass der Kunde sein eigenes Know-how durch die wiederholte Inanspmchnahme der Leistung ausbaut und sich so langfristig optimal integrieren kann. Die '^^ GrOnroos/ Ojasalo (2000), S. 11. Vgl. auch Bruhn et al. (2000), S. 168. ^^' Vgl. FlieB (1996b), S. 92-94 und Rodie/ Schultz Kleine (2000), S. 117. '^^ Vgl. Gouthier (2003), S. 102-103. '^^ Vgl. Bowen (1986), S. 379 und Goodwin (1988), S. 72, 75. ^^^ Vgl. Argote (1982), S. 423; Kleinaltenkamp (1997a), S. 97; Kleinaltenkamp/ Dahlke (2003), S. 232, 242 und Kleinaltenkamp/ Marra (1997), S. 67. ^^^ Vgl. Kleinaltenkamp/ Dahlke (2003), S. 240.

171

Arbeitsteilung selbst unterstutzt diese gegenseitigen Lemeffekte noch einmal, da sie den Integrativitatsgrad sowie die Anzahl der Kontaktpunkte erhSht. Mit steigendem Kontakt wSchst das Wissenspotenzial. Hat der Anbieter folglich die Entscheidung zu treffen, Arbeitsleistung auf einen Kiinden, der bereits wiederholt die Dienstleistung in Anspruch genommen hat, auszulagem, so kann er dies in vollem Umfang tun. Da der Kunde Uber das erforderliche Know-how zur Mitarbeit und Integration verftigt, kann der Anbieter eigene Ressourcen einsparen, indem er den Kunden starker in den Erstellungsprozess einbindet. Die Extemalisierung kann in diesem Falle mit dem Ziel der ProduktivitStserhohung so hoch wie mSglich ausfallen. Die unterschiedlichen Wirkungen einer optimalen und einer suboptimalen Arbeitsteilung auf die Produktivitat erfordem eine entsprechende Differenzierung. Wahrend Kundenbindung die Know-how-Bildung beim Kunden unterstiitzt und so die Qualitat der Kundenaktivitaten steigert, fiihrt geringes Know-how beim Kunden zu suboptimaler Zuarbeit, so dass der Anbieter eingreifen muss. Abbildung 27 verdeutlicht diese Bandbreite der ProduktivitSt: Ein Kunde mit hinreichendem Know-how arbeitet optimal mit, interagiert wie ein intemer Mitarbeiter, so dass die Produktivitat grundsatzlich gesteigert werden kann. Integriert der Kunde sich suboptimal, so stort er den Leistungserstellungsprozess, erfordert Nacharbeit und fiihrt im Gegensatz zu einer optimalen Mitarbeit zur minimalen Produktivitat (Produktivitatssenkung ausgehend vom Optimum). Eine Kundenbindung verbunden mit einer wiederholten Arbeitsteilung zwischen Anbieter und Nachfrager fiihrt fur beide Seiten zu Lemeffekten uber die andere Partei. Bei hohem Know-how entsteht die wirkungsvollste Zusammenarbeit und der hochstmogliche Produktivitatslevel kann erzielt werden.

Produktivitat Max Kundenbindung gegenseitiges Lernen c

B B

Kunde integriert sich optimal und effizient

-e < Kunde integriert sich suboptimal

Produktivitat Min

Abb. 27

172

Bandbreite der Produktivitat

Damit ist zwischen der erstmaligen Inanspruchnahme einer Dienstleistung von Seiten des Kunden bzw. einer Einzeltransaktion und einer wiederholten Inanspruchnahme infolge von Kundenbindung an diesen bestimmten Dienstleister zu differenzieren. Es ist davon auszugehen, dass der Know-how-Level des Kunden mit der HSufigkeit der Transaktion zwischen Anbieter und Nachfrager korreliert.^^^ Dieser Zusammenhang ist sicherlich nicht die einzige Ursache fiir ein hohes Know-how des Kunden. Zweifellos kann auch ein Kunde, der das erste Mai mit dem Anbieter zusammenarbeitet, ein entsprechendes Fachwissen aufweisen, das zur Aktivitatsgute beitragt.

4.2.2.3

Integration eines LeistungsfShigkeitsgrades des Kunden in das ProduktivitMtsmanagement von Dienstleistungen

Das Fachwissen wird ebenso wie das allgemein formulierte Know-how, die Qualifikation, das Geschick usw. von der Fahigkeit des Kunden zur Teilnahme an der Dienstleistungsproduktion umspannt. Allgemein kann vermutet werden, dass die Fahigkeit mit wachsendem Wissen zunimmt. Da die Teilnahme des Kunden am Leistungserstellungsprozess die Produktivitat des Anbieters beeinflusst und diese entsprechend mit einem geringen Know-how des Kunden sinkt bzw. mit einem hohen Know-how steigt, wird die Fahigkeit des Kunden als sogenannter ,Leistungsfahigkeitsgrad' in die Produktivitatsmessung einbezogen. In diesem Faktor verbirgt sich demnach ein QualitatsmaB fur die Arbeitsleistung des Kunden. Bei einem hohen LeistungsfMhigkeitsgrad des Kunden kann der Anbieter folglich davon ausgehen, dass der Kunde iiber eine hinreichende Qualifikation verftigt und die Arbeitsteilung entsprechend positiv ausfallen wird. Ein niedriger LeistungsMiigkeitsgrad verlangt dagegen die genaue Betrachtung, in welchem Umfang Arbeit auf den Kunden ausgelagert wird, da die geforderte LeistungsfUhigkeit nicht mit der vorhandenen tibereinstimmt. Damit defmiert sich der Leistungsfahigkeitsgrad L des Kunden mit mit

LIST '• vorhandene Befahigung (Ist-Zustand des Know-how) LsoLL '• geforderte Bef^igung (Soll-Zustand des Know-how)

Bezieht man L in die aus dem Blueprint abgeleitete Produktivitatskennziffer (vgl. Kapitel 4.1.1.1) ein, so ergibt sich eine Kennzahl, die sowohl den Input des Kunden als auch den Einfluss der Kundenintegration auf die Anbieteraktivitaten berucksichtigt. Damit ist zugleich der im Rahmen der Struktur der Produktivitatskennzahl aufgeworfene Mangel, dass formale Darstellungen - bislang - nicht die kundeninduzierte Wirkung auf die Aktivitaten des Anbieters zu berucksichtigen vermogen (vgl. Kap. 4.1.1.1), aufgehoben.

Vgl. Bateson(2002), S. 111.

173



mit

Iku+h,

P: 0: EK: I: ku: ki: L:

Produktivitat Output Endkombination Input des Anbieters kundenunabhangig kundeninduziert Leistungsf^igkeitsgrad des Kunden

Es entsteht eine umfassende Produktivitatskennzahl, die -

die Anbieteraktivitaten umfasst und damit ausschlieBlich den Input erfasst, der im Rahmen einer Mitwirkung des Kunden fur den Anbieter verbleibt,

-

die kundeninduzierten AnbieteraktivitSten in Abhangigkeit von der Gtite des Kundenbeitrages setzt.

Die Gtite der Integration wird durch L ausgedruckt, so dass die kundeninduzierten Anbieteraktivitaten bei einem positiven Leistungsfahigkeitsgrad reduziert werden, da der Kunde wirkungsvoll mitarbeitet, wodurch die Produktivitat letztendlich steigt. Die Hohe der kundeninduzierten Anbieteraktivitaten erhoht sich - beispielsweise durch Nacharbeit - wenn die tatsachlich vorhandenen FShigkeiten kleiner als die benotigten sind. Der Input des Anbieters steigt und die Produktivitat verringert sich. Unter Beachtung der Know-how-ProduktivitatsKurve (vgl. Abb. 26 auf S. 167) ist ein hoher Leistungsfahigkeitsgrad nur bis zu einem gewissen Grad produktivitatsfordemd, da ein zu hohes Wissen wieder kontraproduktiv wirkt. Eine differenzierte, formale Betrachtung von geforderter und vorhandener Leistungsfahigkeit filhrt zu den drei Fallen 1) Ist < Soil, das heifit Anbieterinput steigt (Nacharbeit wegen suboptimaler Integration), 2) Ist = Soil, das heifit der ursprungliche Aktivitatsumfang des Anbieters ohne Arbeitsteilung reduziert sich in diesem Fall genau um den Aktivitatsgrad des Nachfragers (durchschnittlicher bzw. 100%-Punkt in der Know-how-Produktivitats-Kurve), 3) Ist > Soil, das heiBt Anbieterinput sinkt. Die Kundenbeitrage sind derart forderlich, so dass sie den Anbieter hSchstmoglich entlasten (Maximum in der Know-how-Produktivitats-Kurve),"^^*^ die wiederum mit der Bandbreite der Produktivitat (vgl. Abb. 27 auf S. 172) koinzidieren. Der erste Fall fuhrt zu minimaler Produktivitat, ausgehend vom Bezugswert des zweiten Falles. Integriert sich der Kunde optimal, so kann die Produktivitat potenziell gesteigert werden. Der

Die hSchstmdgliche Entlastung kann nur bis zu einem bestimmten Know-how-Level sichergestellt werden, da die Produktivitat bei einem allzu wissenden Kunden wieder sinkt.

174

dritte Fall fiihrt zu maximaler Produktivitat, da der Kunde im hSchsten Umfang mitarbeiten und Anbieterinputtibemehmenkann. Die Produktivitatskennzahl mit integriertem Leistungsf^igkeitsgrad verdeutlicht nunmehr, dass sich die Produktivitat der Dienstleistung nicht nur - wie bei der herkommlichen Sachguterproduktion - aus den eingebrachten Inputfaktoren des Anbieters bildet, sondem auch aus der Mitwirkung und dem Know-how des Nachfragers sowie aus der Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager/^^ Wird der Kunde im Rahmen einer Arbeitsteilung verstarkt in die Erstellung der Dienstleistung eingebunden, so steigt der Kundeninput und mithin auch die Interaktion. Die Kundenmitwirkung ist notwendigerweise mit der Einbringung steuemder Prozessinformationen und der Zurverftigungstellung extemer Faktoren verbunden. Aus der Integration ergeben sich Kontaktpunkte zum Anbieter, woraus Interaktionen resultieren. Uber diese Interaktionen konnen beide Parteien wiederum Informationen austauschen, Einfluss aufeinander nehmen und somit den Leistungserstellungsprozess pragen: Wahrend der Anbieter dem Kunden liber die beteiligten Kundenkontaktmitarbeiter Qualitatseindrticke vermittelt und Einblicke in die Ablaufe im Untemehmen gewahrt, kann der Nachfrager die Anbieteraktivitaten durch steuemde Prozessinformationen, unangebrachtes Verhalten etc. beeinflussen. Eine Interaktion zielt damit auf das gegenseitige Verhalten der beteiligten Parteien ab, so dass hier gewisse Fahigkeiten zur Interaktion verlangt werden. Subsumiert man diese Interaktionsfahigkeiten unter den Begriff des ,Interaktionspotenzials'^^^ und fasst die Leistungskomponenten der Fahigkeit und Bereitschaft unter den Begriff des ,Potenzials'^^ zusammen, so lasst sich zur Ermittlung der Produktivitat bzw. zur Abbildung der Zusammenhange ein Produktivitatsmodell aufbauen, das in Abbildung 28 vorgestellt wird.

Vgl. Gummesson (2001), S. 860-861. Im Qualitatsmodell von Meyer/ Mattmiiller (1987) wurde bereits auf das Interaktionspotenzial zurUckgegriffen. wahrend es dort jedoch ausschlieBlich fUr die Nachfragerseite verwendet wird und sich auf Kontakte und Interaktivitaten zwischen Nachfragem bezieht, wird es hier sowohl fiir die Anbieter- als auch fUr die Nachfragerseite verwendet. Dabei bezeichnet es die Interaktivitat und den Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager. Gouthier fasst die Bereitschaft und Fahigkeit des Kunden zur Integration unter die ,Integrationsqualifikation'. Diese ist notwendig, um optimal zu partizipieren. Vgl. Gouthier (2003), S. 11 und 91-93.

175

Abb. 28

ProduktivitatsmodellfiirDienstleistungen

Das Potenzial des Anbieters wird durch das Leistungserstellungspotenzial erfasst, welches sich in das Leistungspotenzial und das Interaktionspotenzial untergliedert. Das Leistungspotenzial lehnt sich an der entsprechenden Dimension der Leistungsgestaltung an und umschHeiit die Bereitschaft und Fahigkeit des Anbieters, die Dienstleistung zu erstellen. Der Dienstleister muss gewisses Potenzial in Form geeigneter Produktionsfaktoren vorhalten, um die Ausfiihrung der Leistungserstellung vollziehen zu konnen. Diese Ressourcen umfassen im Falle der menschlichen Arbeitsleistung auch das Know-how der Mitarbeiter. Um die extemen Faktoren in den Prozess aufnehmen sowie die Integration vollziehen zu konnen, benotigt der Anbieter dariiber hinaus gewisse Interaktionskompetenzen, wie angemessenes Verhalten der Kundenkontaktmitarbeiter, Kommunikationsfahigkeiten usw. Dieses vom Dienstleistungsuntemehmen aufgebaute Potenzial konkretisiert sich zum einen in der Produktivitat des Leis-

176

tungspotenzials, fur welche er also autonom verantwortlich ist. Zum anderen geht das Leistungserstellungspotenzial in die Kombination mit dem Nachfrager und seinen extemen Faktoren im Rahmen des Leistungserstellungsprozesses ein. Die GUte der Integration des Nachfragers ist dabei abhangig von seinem Mitwirkungspotenzial. Dieses gliedert sich in das Integrationspotenzial und das Interaktionspotenzial des Nachfragers auf. Das Integrationspotenzial beinhaltet die IntegrationsfKhigkeit und -bereitschaft sowie die Prozessevidenz des Nachfragers. Diese Faktoren entscheiden uber die Qualitat der Integration sowie im Falle einer starkeren Einbindung des Nachfragers auch iiber die Qualitat der Mitwirkung und daraus folgend die Aktivitatsgiite. Uber das Interaktionspotenzial kann der Nachfrager zudem Einfluss auf die Anbieteraktivitaten nehmen. Die Art und Weise des Kundenkontaktes zum Untemehmen wirkt auf die Qualitat, den Ablauf sowie die Dauer des Leistungserstellungsprozesses und mithin auf die Produktivitat der Dienstleistung. Folglich gehen auch das Integrationspotenzial und das Interaktionspotenzial des Nachfragers in die Produktivitat der Leistungserstellung ein. Unter Zugrundelegung der beiden Kundenrollen differenziert sich der Produktivitatsbeitrag des Kunden erstens in eine reine Produktivitatsleistung, die aus der Ubemahme von Aktivitaten im Rahmen der Co-Producer-Rolle resultiert. Die Produktivitat des Nachfragers steigt damit, wenn sich der Integrationsgrad des Kunden erhoht. Ein zweiter Produktivitatsbeitrag des Nachfragers ist sodann durch die Einbringung steuemder Prozessinformation innerhalb der Rolle des Kunden als Kaufer gegeben. Aus Sicht des Anbieters entsteht aus der Interaktion zwischen ihm und dem Nachfrager eine Interaktionsproduktivitat. In jedem Kontaktpunkt zwischen Anbieter und Nachfrager kann weitere Information vom Nachfrager fliefien. Eine standardisierte Dienstleistung, die ,lediglich' eine Bedtirfnisspezifizierung erfordert, wird somit eher zu einer niedrigen Interaktionsproduktivitat fuhren als eine individuelle Dienstleistung, die weiterer konkreter Information vom Kunden bedarf. Nimmt der Nachfrager zudem aktiv an der Leistungserstellung teil, so erhoht sich die Zahl der Interaktionen zwischen Anbieter und Nachfrager und mithin auch der Umfang der Interaktionsproduktivitat. Folglich setzt sich die Produktivitat im Leistungserstellungsprozess aus dem Beitrag des Anbieters zur Produktivitat, dem Beitrag des Nachfragers zur Produktivitat sowie ihrer in Interaktion entstehenden Produktivitat zusammen. Die Vereinigung der beiden Produktivitaten - Produktivitat im Leistungspotenzial und Produktivitat im Leistungserstellungsprozess fuhrt schlieBlich zur Gesamtproduktivitat der Dienstleistung (vgl. Abb. 28). Da in der Literatur bislang nur das Produktivitatsmodell von Gronroos und Ojasalo vorliegt,^^' konnen aus dem hier vorgestellten Modell neue Impulse gewonnen werden: Das hier eingefiihrte Produktivitatsmodell bietet eine wirkungsvolle Darstellung iiber die direkten Auswirkungen einer Erhohung der Integration des Nachfragers auf die Produktivitat der Dienstleistung. Infolge einer erhohten Integrativitat kann in Abhangigkeit des Umfangs der beiden Kundenrollen sowohl die Produktivitat des Nachfragers als auch die Interaktionsproduktivitat steigen. Der Kunde erhalt dadurch einen groBeren Anteil an der Produktivitat der Gesamtleistung. VerrinVgl. Grenroos/ Ojasalo (2000), S. 9. 177

gert sich die Integration des Nachfragers, so steigt hingegen der Anteil der autonomen Produktivitat des Anbieters an der Gesamtproduktivitat. Als verantwortliche Faktoren fur die Hohe der beiden Produktivitaten des Nachfragers erweisen sich schlieBlich die in das Integrations- und Interaktionspotenzial einfliefiende Bereitschaft und Fahigkeit des Nachfragers zur Mitwirkung an der Leistungserstellung.

4.2.3

Qualitative Analyse zum Einfluss des Kunden in der Dienstleistungspraxis - Fallstudie II

Die detaillierte Analyse der Kundenmitwirkung im Leistungserstellungsprozess verdeutlicht, wie bedeutend der Einfluss des Kunden auf die Produktivitat ist. In Abhangigkeit von seiner Fahigkeit und Bereitschaft zur Mitarbeit kann der Kunde sowohl produktiv als auch kontraproduktiv mitwirken. Dabei muss der Anbieter gerade storende Einfliisse einplanen und geeignet steuem, da diese nachhaltig auf die Ressourcen des Anbieters einwirken konnen. Gemafi dieser theoretischen Erkenntnisse wurde in der Weiterfiihrung der in Kapitel 4.1.3 vorgestellten Fallstudie in einem Telekommunikationsuntemehmen untersucht, ob die Erfahrungen aus der Praxis den Einfluss des Kunden auf den Leistungserstellungsprozess und damit auf die Produktivitat von Dienstleistungen bestatigen. Dazu wurde wiederum auf den Prozess ,Anschlussleitung und Telefonanschluss bereitstellen' abgestellt. Aufbauend auf den Ergebnissen der Einzel- und Gruppeninterviews, die in der dritten Phase der beiden Fallstudien bereits erste Ausftihrungen zu storenden Einfltissen auf die Produktivitat hervorbrachten (vgl. zum Ablauf der Fallstudie I und II die Abb. 22 auf S. 146), standen in Fallstudie II Fokusgruppengesprache im Vordergrund. In diesen sollten die Teilnehmer ihre Erfahrungen beziiglich des Prozesses und der Einflussnahme des Kunden auf den Prozessablauf schildem und diskutieren. In Fokusgruppen wird allgemein ein bestimmtes Thema unter Anleitung eines Moderators diskutiert. Im Gesprach versucht der Moderator, den stetigen Fokus auf den Interessensgegenstand bzw. das Untersuchungsproblem zu wahren und samtliche Teilnehmer zur Beteiligung sowie zum Meinungsaustausch anzuregen.^^^ Ausgewahlt zur Teilnahme an den Fokusgruppen wurden sodann 12 Auskunftspersonen, die zu gleichen Teilen (jeweils 4 Personen) den dem Prozess zugehorigen Bereichen (Service, Vertrieb, Netzinfrastruktur) entstammten. Da gerade bei subjektiven Erhebungsverfahren die Giite der Befragung von der Erfahrung der Auskunftspersonen mit dem zu untersuchenden Objekt abhangt,^^^ wurde durch die Auswahl der Teilnehmer gewahrleistet, dass diese den Prozess und seine Eigenschaften kennen. Die drei Bereiche besitzen zwar Schnittstellen, doch fMllt der Zustandigkeitsbereich der jeweiligen Mitarbeiter strikt auf die betreffende Abteilung. Somit arbeiten zwar alle Teilnehmer am gleichen Prozess, doch in unterschiedlichen Phasen. Vgl. Rust/Zahorik/ Keiningham (1996), S. 161 und Stewart/ Shamdasani (1990), S. 10. Vgl. Jenner (2000), S. 329.

178

Die Fokusgruppe war damit auf der einen Seite zwar heterogen, setzte sich auf der anderen Seite jedoch aus miteinander vereinbaren Teilnehmem zusammen.*^ Auf diese Weise konnte der Prozess letztendlich in seiner Gesamtheit, das heiBt von der Akquisition in der Kundenniederlassung bis hin zur Bereitstellung von Seiten der Technikniederlassung, untersucht werden. Zur Vorbereitung der Fokusgruppen wurden zunachst mit alien Teilnehmem die notwendigen Grundlagen besprochen. Dazu gehorten insbesondere das Blueprinting als Visualisierungsinstrument von Prozessen sowie die mangelnde Prozessevidenz von Kunden in Verbindung mit Fahigkeits- und Willensbarrieren beziiglich der Mitwirkung im Prozess. Zur Durchfuhrung der FokusgruppengesprSche wurden die 12 Teilnehmer sodann in zwei Gruppen eingeteilt, so dass zwei parallele Fokusgruppengesprache mit jeweils einem Moderator durchgeftihrt wurden. Damit wurde jede Runde mit einer angemessenen Zahl an Auskunftspersonen bestritten: Wahrend die optimale Teilnehmerzahl in der Literatur mit sechs angegeben wird, gelten 1012 Personen als maximale Anzahl.^^^ Die Vorgehensweise war entsprechend in beiden Gruppen gleich: Die einzelnen Aktivitaten des Prozesses lagen bereits auf Karteikarten notiert vor. Die Teilnehmer mussten dann in einem ersten Schritt den Prozess - von der Auftragsentgegennahme bis zur Inbetriebnahme auf ein Blueprinttibertragenund abbilden. Dabei war es flir die Teilnehmer wichtig, sich im Hinblick auf die spater zu betrachtende Mitwirkung des Kunden vor allem mit der Line of interaction sowie mit der Line of visibility auseinander zu setzen. In einem zweiten Schritt wurden die Teilnehmer gebeten, sich gezielt mit der Frage zu beschaftigen, an welcher Stelle des Prozesses der Kunde welchen Einfluss auf den Prozess nehmen kann. Die betreffenden Stellen konnten dann im Blueprint markiert werden. Die Meinungen und Ergebnisse wurden in den Gruppen entsprechend diskutiert. Da es Ziel der qualitativen Studie war, bestehende theoretische Erkenntnisse in ihren Zusammenhangen zu bestatigen sowie neue Ideen zu generieren, konnten die Teilnehmer in der Gruppe diese Diskussion entsprechend frei und offen fuhren.^^^ Zwecks Auswertung der Fokusgruppen wurden die Gesprache jeweils vollstandig auf Tonband aufgezeichnet und die Blueprint-Darstellungen protokolliert. Infolge der Durchfuhrung von zwei Fokusgruppen konnten die Ergebnisse sinnvoll abgeglichen werden, so dass eine derartige Verwendung von Kontrollgruppen die Validitat noch einmal starkte. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang auch die Motivation der Auskunftspersonen: Ftir die Teilnehmer bestand kein Erfolgsdruck, sie konnten ihre Meinung offen, ohne Bewertung und Kontrolle auliem. Ihre eigenen Ziele und die Motivation zur Teilnahme lagen stattdessen in der eigenen Auseinandersetzung mit dem Prozess, in der Kommunikation mit Mitarbeitem aus Schnitt-

^°^ Vgl. Calder (1989), S. 45 und Stewart/ Shamdasani (1990), S. 42-43. ^^^ Vgl. Payne (1989), S. 50 und Stewart/ Shamdasani (1990), S. 57. *^ Vgl. Calder (1989), S. 39,44 und Kepper (1999), S. 163-164.

179

stellenbereichen sowie letztendlich in dem Auffinden von eigenen betrieblichen Verbesserungen. Die Auswertung der Fokusgruppen im Hinblick auf die Problemstellung, ,den Einfluss des Kunden auf die Produktivitat des Untemehmens offen zu legen', ftihrte schlieBlich zu den nachstehenden Resultaten. Der Prozess der Bereitstellung von Anschlussleitung und Telefonanschluss kann anhand der Kundenkontaktpunkte grundsStzlich in die drei Phasen ,Auftragsentgegennahme', ,Leistungserbringung/ Ubergabe' und ,Rechnungsabwicklung' zerlegt werden. Diese Phasenaufteilung ist dabei auch vor dem Hintergrund der in Kap. 4.1.1.3 aufgezeigten MSglichkeit der Bildung von Teilprozessen und Teiloutputs anhand eben solcher Phasen ein zu beachtendes Faktum. Bezieht man zusStzlich die im Rahmen der Fallstudie I (Kap. 4.1.3) identifizierten Kennzahlen ein, so iSsst sich feststellen, dass die Produktivitatskennzahlen fur den Bereich der Service-Abteilung auf der einen und fiir den Bereich der Produktion auf der anderen Seite genau an diesen beiden ersten Phasen ansetzen. Das Telekommunikationsuntemehmen hat sich hier somit der Teiloutputs bedient, um fiir jeden Zustandigkeitsbereich innerhalb des Untemehmens eigene Kennzahlen abzuleiten. Das in Kap. 4.1.1.3 vorgeschlagene Verfahren der Bildung von Teilprozessen fmdet demzufolge in der Praxis Relevanz. Im Hinblick auf die in der Fallstudie II zu ermittelnden Einflussmoglichkeiten von Seiten des Kunden wurden sodann die Kundenkontaktpunkte ausgewertet. In jeder der drei Phasen des Prozesses fanden eine oder mehrere Interaktionen mit dem Kunden statt. Tabelle 6 zeigt, durch welche Fehlinformationen und durch welches Fehlverhalten der Kunde an diesen Stellen Einfluss auf die Aktivitaten des Anbieters nehmen kann. So werden in der ersten Spalte der Tabelle die betreffenden Phasen und in der zweiten Spalte die zugehorigen Kontaktpunkte mit dem Kunden ausgewiesen. Die dritte Spalte beinhaltet die in den Fokusgruppen gesammelten storenden Einfliisse des Kunden auf eben diese Aktivitaten mit Kundenkontakt. Spalte vier beschreibt schlieBlich die Art der Unsicherheit aus Sicht des Anbieters und gibt Hinweise auf die Ursachen der Storung (mangelnde Prozessevidenz, Fahigkeits- und Willensbarrieren des Nachfragers). Die in der letzten Zeile ausgewiesenen Storungen aufgrund von Auftragsanderungen (steuemde Prozessinformationen) k6nnen in jeder Phase des Prozesses auftreten, wobei die Auswirkungen mit Annaherung an den Fertigstellungstermin selbstverstandlich am grofiten sind. Ebenfalls hervorzuheben ist die Datenerhebung in der Auftragsentgegennahme. Die Diskussionen in den Fokusgruppen fuhrten zu dem Ergebnis, dass sich die Auswirkungen qualitativ schlechter Daten uber den gesamten Prozess hinwegziehen, da stets auf diese Informationen (Adresse des Kunden, bestellter Anschluss, Kundenwunschtermin etc.) zuruckgegriffen wird. Allerdings wird die Giite dieser Kundeninformationen erst im Verlaufe des Prozesses sichtbar. So werden vor allem in der Bauausfuhrung (Leistungserbringung) fehlerhafte Daten aus der Auftragsentgegennahme evident: Bei fehlenden Rechten oder einer fal-

180

schen Kundenanschrift verzSgert sich der Prozessablauf, so dass die Produktivitat der Mitarbeiter direkt beeinflusst wird.

Phase

Aktivitat Kundenauftrag: Kunde liefert Informationen

St6rung vom Kunden

- Kunde liefert falsche oder Beschaffungsprobleme fehlende Angaben zu sei- (Ursache: FShigkeits- u/o Willensbarriere, mangelnde ner Person - Kunde liefert falsche oder Prozessevidenz) fehlende Angaben zum Auftrag

i

JO (D C

Art der Probleme

d.h. direkte Auswirkung auf die Leistungserbringung d.h. hOchster Einfluss auf die Produktivitat

Beratungsgesprdch

c 0

XjE

{0,1}

Die Losung des Problems erfolgt rekursiv und beginnt damit auf der letzten Stufe 7 = 4. Die nachfolgende Tabelle 9 zeigt die erforderlichen Rechenschritte.

Vgl. Domschke/ Drexl (2002), S. 145-146 und Ellinger/ Beuermann/ Leisten (2001), S. 250-251. Vgl. Garfinkel/Nemhauser (1972), S. 216-217.

207

y = 4: r^e z,e ^4 {0} 0* {0} {1,...,21} 0 {1,...,21} 1* {0,...,17}

Mh^^^)

^4(^3)

0 0 29,2

0* 0

29,2*1

y = 3: Z2 G

xj,

M^2,

Z3 e

{6}

0 {6} 1* {0} {7,...,21} 0 {7,...,21} 1* {1,...,15}

.3)

0 31 0 31

F4*(Z3)

29,2 0 29,2 29,2

F3(zO 29,2 31* 29,2 60,2*

7 = 2: Zi G

A:2

Z2

G

{11}

0 {11} 1* {6} {12,...,21} 0 {12,...,21} 1* {7,...,16}

/2 (21,^2) F 3 * ( Z 2 )

0 29,9 0 29,9

60,2 31 60,2 60,2

F2(Z,)

60,2 60,9* 60,2 90,1*

y=l: f,{z,^x,) {21} 0 {21} 1* {11}

Tab. 9

0 36,7

F,*(z,)

F,{z,)

90,1 60,9

90,1 97,6"

LQsung mit Hilfe der Dynamischen Optimierung

In Stufey = 4 gilt, dass es fur einen Anfangszustand von 0 nur eine Moglichkeit gibt, namlich die Aktivitat nicht auszulagem. Sind hohere Restkosten verfugbar, so sind beide Entscheidungen zulassig (vgl. Spalte 1 und 2). Die dritte Spalte zeigt die noch ausschopfbaren Kosten in Abhangigkeit der getroffenen Entscheidung. In der vierten Spalte wird der entsprechende 208

Beitrag zur Nutzenfunktion dargestellt. Spalte 5 weist den Zielflinktionswert auf; das Optimum einer Entscheidimg ist jeweils mit einem Stem versehen. Die Stufen 3 bis 1 werden ebenso berechnet. Spalte 5 stellt dami jedoch den optimalen Wert der vorherigen Stufe dar, der in Addition mit dem Zielfunktionswert der aktuellen Stufe (Spalte 4) die sechste Spalte als Gesamtzielfunktionswert ergibt. In der Praxis werden derartige Modelle mit bestimmten Sofhvaresystemen gelost. Es gelingt so, auch komplexe Probleme mit der Dynamischen Optimierung zu losen. Diese Systeme werden stSndig weiterentwickelt, so dass auf eine Vielzahl moglicher Softwarepakete zuriickgegriffen werden kann.^^^ Das Ergebnis des mathematischen Modells zeigt, welche Aktivitaten auf den Kunden auszulagem sind. Im Prozess ,Anschlussleitung und Telefonanschluss bereitstellen' fuhrt die Auslagerung der Aktivitaten x\ (,Name, Ruckrufnummer, Anschrift etc.'), X2 (,Ressourcen prufen') und x^ (,Auftrag erfassen') auf den Kunden zur optimalen Arbeitsteilung zwischen dem Dienstleistungsanbieter und -nachfrager (x\* = X2* = JCJ* = 1, JC4* = 0). Die Kosten in Hohe von 21 EUR sind dabei genau so hoch wie bei einem maximalen Anbieteraktivitatsgrad; der zugehorige monetare Nutzen betragt 97,6 EUR. Ftir den Anbieter bedeutet dies im konkreten Fall, dass eine Auslagerung der drei Aktivitaten an den Kunden zu ebenso hohen Kosten fUhrt, als wenn der Anbieter diese selbst ausfuhren wtirde. Die Arbeitsteilung ist dabei jedoch vorteilhafter, da der Anbieter ftir jede dieser drei Aktivitaten einen monetaren Nutzen erzielen kann, der durch die Kundenzufriedenheit, die Erlose und vor allem durch die Freisetzung an Kapazitaten (Opportunitatserlose) gegeben ist. Insofem verschafft der Dienstleister sich hiermit eine zusatzliche Produktivitatsressource, die ein wesentliches Potenzial zur Steigerung der Produktivitat der Dienstleistung birgt. Die graphische Darlegung des Modells der Arbeitsteilung in der nachfolgenden Abbildung 34 verdeutlicht noch einmal die stufenweise Optimierung der Dynamischen Optimierung sowie die grundlegenden Charakteristika, wie insbesondere das Bellmannsche Optimalitatsprinzip, das sich der Anbieter bzw. Anwender der Dynamischen Optimierung zunutze machen kann. Jeder Knoten entspricht hier einem Zustand (noch ausschopfbare Kosten) und jede Spalte einer Stufe 7. Die Verbindung von einem Knoten zu einem nachsten Knoten stellt eine Entscheidung dar und kann ausschlieBlich nur einen Knoten in der rechts daneben liegenden Spalte erreichen. Die jeder Knotenverbindung zugewiesene Zahl bezeichnet den monetaren Nutzen einer Entscheidung, welcher gemal3 der Zielfunktion des Modells insgesamt zu maximieren ist.^^^ Die Verbindungen zwischen den Stufen 7 = 4 und 7 = 5 reprasentieren den Schlupf und sind folglich samtlich mit 0 bewertet. Die fett markierte Verbindungslinie zeigt die optimale Losung des Modells (vgl. die Losung in Tabelle 9). Vgl. Domschke et al. (2002), S. 187 und Ellinger/ Beuermann/ Leisten (2001), S. 6-7. Zur graphischen Bestimmung der optimalen Arbeitsteilung wird zunachst der Graph in Stufen unterteilt, um dann in einer Vorwartsrechnung stufenweise den grOBten monetaren Nutzen an den Knotenverbindungen zu markieren. Im letzten Schritt wird in einer Ruckwartsrechnung die optimale Gesamtpolitik ermittelt.

209

Abb. 34

Graphische Darstellung mOglicher LOsungen bei der Dynamischen Optimierung

Auf jeder Stufe weiB der Anbieter, wie sich die optimale Entscheidung bisher, also bis zum aktuell betrachteten Zustand einer Stufe, zusammengesetzt hat: Kennt der Anbieter einen momentanen Zustand auf einer Stufe 7, so verftigt er damit gleichzeitig uber sSmtliche Informationen des vorangegangenen Entscheidungssystems, welche zur Ermittlung der optimalen Politik notwendig sind.^^^ Der Dienstleister kann demnach auf jeder moglichen Stufe eine Entscheidung beztiglich einer Aktivitat A:; treffen, wobei er jeweils nur die optimale Strategie bis zum Endzustand betrachten muss. Auf die Entscheidungen der vorherigen Stufe braucht der Anbieter nicht mehr zu achten, da die optimale Entscheidung bis zur betrachteten Stufe bereits bekannt ist. Die optimale Politik der restlichen Stufen ist somit unabhangig von der bisher gewahlten Strategie zur Erreichung der betrachteten Stufe. Beide Strategien sindjedoch jeweils optimal. Ubertragen auf das dargelegte Modell der Arbeitsteilung fiihrt die stufenweise Optimierung der Entscheidungen unter Zugrundelegung der Abb. 34 zu folgenden einfachen Ableitungen aus dem Optimierungsproblem: Sind ausgehend von einem Zustand z auf einer Stufey mehrere Entscheidungen moglich, so liegt der optimale Pfad bis zu dieser Stufe vor. Der Dienst*^* Vgl. Hillier/ Lieberman (1997), S. 321-322.

210

leister muss insofem die optimale Politik bis zur Endstufe bestimmen, welche sich durch die Maximierung der Nutzenwerte ergibt. Im Modell in Abb. 34 flieBen lediglich auf der Stufe y = 4 mehrere (hier: zwei) Entscheidungen in einen Knoten ein. Um auf der Stufe 7 = 4 etwa im Zustand z^=6 die optimale Entscheidung zu treffen, ist derjenige Weg bis zu diesem Knoten zu wahlen, der in der Summe aller Entscheidungen das Maximum erreicht (hier: X,* = 0, ^2* = 1 , Xj* = 1 und x^* = \). Da die Verbindung zu y = 5 mit 0 bewertet ist, zeigt der erreichte Zustand in J = 4 gleichzeitig die noch verbleibenden Kosten in H5he von 6 EUR auf Die fUr eine Arbeitsteilung zur Verfugung stehenden Kosten werden also tiber die hier bestimmte optimale Politik nicht vollstSndig ausgeschopft. Legt der Anbieter bereits die optimale Politik JC, * = 1 und JCJ * = 1 fest, so kann er von diesem Zustand Z2 ausgehend die weitere Politik JC3* = 1 und x^* = 0 bestimmen, die gemSB dem Bellmannschen Optimalitatsprinzip wieder optimal ist.^^^ Allgemein ausgedriickt, kann ausgehend von einer bevorstehenden Entscheidung Uber die Auslagerung einer beliebigen Aktivitat xj auf der Stufe 7 fUr alle mfiglichen Zustande, unabhangig von den bisherigen Extemalisierungsentscheidungen, eine optimale Strategic bis zur letzten Stufe bestimmt werden. Dabei muss der betrachtete Zustand einer Stufe nicht notwendigerweise auf dem optimalen Restpfad liegen: M5chte der Dienstleister auf der Stufe y = 2 fUr den Zustand Zj = 16 eine optimale Entscheidung beztlglich einer Extemalisierung treffen, so muss der gesamte Restpfad bis zur Endstufe im Nutzen maximiert werden. Somit wird der Anbieter auf den Stufen 7 = 2 und 7 = 3 jeweils die Entscheidungen Xj = 1 treffen, woraus sich fiir den Restpfad ein monetarer Nutzen in Hohe von 60,2 EUR ergibt, der zuziiglich der den Entscheidungen auf den Stufen 7 = 0 und 7 = 1 zugehorigen Nutzenwerten in einem Gesamtnutzenerl5s von 90,1 EUR milndet. Eine derartige Entscheidungspolitik ist ftir den Dienstleister insbesondere dann interessant, wenn er im Rahmen einer Sensitivitatsanalyse die Auswirkungen einer anderen Strategic testen bzw. analysieren mochte.^^^ In diesem Fall liberpruft der Anbieter, wie sich die optimale Losung des Gesamtproblems darstellt, wenn er an Stelle der bis zur Stufe 7 = 2 optimalen Strategic (x,* = 1 und Xj* = 1) eine alternative Strategic mit x, = 0 und X2 = 1 wahlt, also xi nicht an den Nachfrager auslagert. Der verbleibende, weitere Weg von Stufe 7 = 2 bis zur Endstufe 7 = 4 bildet dann wieder eine optimale Strategic - unabhangig von den ersten getroffenen Entscheidungen.

5.3

Enyeiterungen des Grundmodells der Arbeitsteilung

Das aufgezeigte Modell der Arbeitsteilung kann als ein Grundmodell verstanden werden. Dieses konzeptionelle Grundmodell kann unter Ausnutzung der erlauterten Zusammenhange Vgl. Neumann/ Morlock (2002), S. 601. Vgl. Hillier/ Lieberman (1997), S. 321 und S. 146 zum Begriff der Sensitivitatsanalyse.

211

modular erweitert werden, indem beispielsweise weitere Gr6l3en in Nutzenfunktion und Nebenbedingung eingesetzt bzw. bestehende Gr6l3en ergSnzt oder substituiert werden. Es ist offensichtlich, dass modulare Erweiterungen die KomplexitSt des Modells erhChen. Dennoch bieten sie dem Anbieter die M6glichkeit, den realen Sachverhalt umfangreicher Probleme genauer zu erfassen. Potenzielle Erweiterungen, die die Komponenten der Nutzenfunktion betreffen, zielen vor allem auf die Gewichtung der auszulagemden Aktivitaten sowie aber auch auf die Erfassung der Zufriedenheit samtlicher sich im Leistungserstellungsprozess befindender Kunden ab. Innerhalb der gesamten Aktivitaten lassen sich aus Anbietersicht insbesondere solche Aktivitaten, die auf Basisaufgaben abzielen, von Aktivitaten, die Kemkompetenzen benotigen, unterscheiden. Mittels zusStzlich aufzunehmender Nutzenwerte, die Basis- von Schltisselaktivitaten unterscheiden, kann der Dienstleister die auszulagemden Tatigkeiten gewichten. Dabei wird er Basisaktivitaten, auf die er sich nicht spezifisch ausgerichtet hat, mit einem hoheren Nutzen belegen als SchlUsselaktivitaten, fur die er spezielle Kemkompetenzen aufgebaut hat. Werden Basisaktivitaten entsprechend bevorzugt extemalisiert, so kann sich der Anbieter auf die Ausnutzung seiner Kemkompetenzen konzentrieren und sttitzen. Zur Modellierung einer derartigen Gewichtung wird die Nutzenfunktion entsprechend um einen vierten Summanden erweitert. Damit steigt die H5he des Gesamtnutzenwertes einer jeden Aktivitat. Selbstverstandlich bietet das Modell auch MOglichkeiten zur Gewichtung der jeweiligen Summanden. Ist das Dienstleistungsuntemehmen stark kundenorientiert, so kann der Kundenzufriedenheit innerhalb der monetaren Nutzenfunktion die hochste Bedeutung (Gewichtung) zugewiesen werden. Dominiert hingegen der Nutzen aus freigesetzten Ressourcen, so wird der Dienstleister die Opportunitatserlose entsprechend am starksten gewichten. Ausgehend von dem Szenario einer Voll-/ Oberauslastung der Anbieterkapazitaten werden moglicherweise mehrere Kunden auf die Bedienung durch den Dienstleister warten. Wie bereits gezeigt, erhoht sich die Wartezeit ftir parallele/ nachfolgende Erstellungsprozesse, wenn der Anbieter im aktuellen Prozess Nacharbeit verrichten muss. Da Kapazitatsengpasse ebenso wie Kapazitatsschwankungen negativ auf die Kundenzufriedenheit und damit auf die erlebte Dienstleistungsqualitat wirken,^^' ist bei wartenden Kunden paralleler/ nachfolgender Prozesse von ,Erlosminderungen' durch Unzufriedenheit auszugehen. Diese Erlosreduzierung entspricht den abdiskontierten Kosten aus zukunftig zu erwartenden Kundenabgangen infolge der Unzufriedenheit.^^^ Auf diese Weise werden also auch in der Nutzenfunktion mehrere Prozesse gleichzeitig erfasst.

*^' Vgl. Heskett/ Sasser/ Hart (1991), S. 172; Lovelock (2001), S. 392 und Schnittka (1998), S. 29, 145-147. *^^ Stauss/ Seidel (2002), S. 370 geben eine Beispielrechnung zur Kalkulation der Okonomischen Auswirkungen mOglicher Kundenabwanderungen aufgrund von Unzufriedenheit.

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Durch die Einsichtnahme in die ProzessablSufe des Anbieters wird fur die wartenden Kunden Uberdies sichtbar, dass der Anbieter seine Ressourcen noch filr einen gerade ablaufenden Leistungserstellungsprozess einsetzt. Im Rahmen der Modellierung des Optimierungsproblems kCnnen in einem solchen Fall unterschiedliche Bedingungen eingebunden werden. Die Unzufriedenheit der wartenden Kunden steigt bei einem Unverstandnis iiber die vorgenommene Arbeitsteilung zwischen dem Anbieter und dem aktuell bedienten Kunden. Resultieren aus einer derartigen Aufteilung der Aktivitaten Nacharbeit und Wartezeit, so kSnnen wiederum Erlosminderungen aus Abwanderungen modelliert werden, die als wenn-dann-Beziehungen im mathematischen Modell formuliert werden. AuBem wartende Kunden im Beispiel Unverstandnis, wenn die Aktivitaten jci und JC2 gleichzeitig extemalisiert werden, weil diese aus ihrer Sicht Aufgaben darstellen, die dem Anbieter zufallen, so entsteht eine Erlosminderung in Hohe von 2, die in die monetSre Nutzenfimktion aufgenommen werden muss. Formal resultiert aus diesen Uberlegungen eine weitere Nebenbedingung: x^+X2',. Erwagt der Anbieter also, die Aktivitaten jci und X2 gleichzeitig zu externalisieren, so wurde y^ = 1 gelten. Dies bedeutet, dass zur Bestimmung der optimalen Arbeitsteilung die Erlosminderung aus der Unzufriedenheit als weitere Komponente in die Zielfunktion aufgenommen werden muss. Die zugehorige optimale Losung des Problems lautet in diesem Fall: x,* = X3* = X4* = 1, Xj* = 0, >',* = 0 . Es ergibt sich ein monetarer Nutzen in Hohe von 96,9 EUR. Die Bestimmung der Losung kann hier mittels der genannten Softwaresysteme erfolgen. Die Einbeziehung eines Softwaresystems erleichtert die Problemlosung insbesondere bei der Zugrundelegung mehrerer Nebenbedingungen im mathematischen Modell.*^^ Eine solche fur das Rucksackproblem bzw. das Problem der Arbeitsteilung adaquate Standardsoftware stellt etwa ,LINGO' von Lindo Systems dar. Diese Software ist ein eigenstandiges System im Gegensatz zu reinen Modellgeneratoren oder zu Modulen, die Tabellenkalkulationsprogramme erweitem. Dennoch konnen auch gute Tabellenkalkulationsprogramme Rucksackprobleme losen. Eigenstandige Systeme wie LINGO basieren auf einem sogenannten Modellgenerator, der das Optimierungsproblem in eine Programmiersprache ubersetzt. Den wichtigsten Part des Systemstibemimmtder Optimierer, der dann das iibersetzte und mit den Problemdaten verkntipfte Modell mittels bestimmter Losungsverfahren berechnet.^^'* Obwohl die Modellsprache von LINGO sehr komplex und eigenstandig ist, so bietet sie gerade in der L6sung realer Planungs- und Entscheidungsprobleme, wie im Falle der Optimierung Professionelle Software erleichtert also das Auffinden der optimalen L6sung bei umfangreichen Realproblemen - so etwa auch wenn eine Vielzahl von Entscheidungsvariablen in das Modell einbezogen wird. Vgl. Domschke et al. (2002), S. 187-190.

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der Arbeitsteilung gegeben, Vorteile, da diese realitatsnah ausgedrUckt und tibersetzt werden kSnnen. Mit Hilfe von LINGO sollen auch die folgenden Bedingungen modelliert sowie das gesamte Problem gel6st werden. Mogliche Erweiterungen bzw. Hinzunahmen von Nebenbedingungen sind insbesondere durch die Einbeziehung von Komplementaritaten gegeben. So ist es fiir den Dienstleister wichtig, Beziehungen zwischen den auszulagemden AktivitSten zu beachten. Zwar impliziert die Dynamische Optimierung, dass die Entscheidung auf einer Stufe von den Entscheidungen der vorherigen Stufen abhangt, doch sind mOglicherweise gewisse Auswahlentscheidungen oder notwendige Zusammenhange zwischen den Aktivitaten zu beriicksichtigen. Die nachstehenden beispielhaften Formulierungen von Bedingungen fUr die zugrunde gelegte Dienstleistung ,Anschlussleitung und Telefonanschluss bereitstellen' konnen entsprechend verallgemeinert sowie in anderen realen Problemstellungen angewandt werden. Die jeweilige Nebenbedingung tritt zur Nebenbedingung des Grundmodells (vgl. Formulierung des mathematischen Modells in Kap. 5.2.2) hinzu. •

So stellt der Anbieter die Uberlegung an, dass es sinnvoll wSre, X4 ,Grundstuckseigenttimererklarung einholen' nur dann an den Kunden auszulagem, wenn dieser gleichzeitig auch den Auftrag erfasst (Aktivitat xs). Beide Aktivitaten soHten also von nur einer zustandigen Person (Kunde oder Mitarbeiter) erbracht werden, damit die notwendigen Auftragsdaten bereits bei der KlSrung der GrundstiickseigentUmerrechte vorliegen. Formal ausgedrtickt ergibt sich x^>x^, so dass folgende zusatzliche Nebenbedingung in die Modellierung von LINGO eingeht: A:3 -JC4 > 0 . BezUglich der zu extemalisierenden Tatigkeiten resultiert keine VerSnderung im Vergleich zur Losung des Grundmodells, so dass Af,* = JC2* = JC3* = 1, X4* = 0 mit einem monetaren Nutzen in H6he von 97,6 EUR gilt.



Bei der Planung der Mitarbeiterressourcen stellt der Dienstleister fest, dass es das Beste ware, wenn x^ und XA beide durch den Kunden erbracht wurden, so dass X3 + ;c4 = 2 gilt. Die optimale Entscheidung lautet in diesem Fall ;c,* = JC3* = ;C4* = 1, ;c2* = 0 mit einem Nutzenwert in Hohe von 96,9 EUR.



Weiterhin moge der Anbieter daruber nachdenken, dass eine Arbeitsteilung mit dem Kunden nur dann sinnvoll ware, wenn mindestens drei Aktivitaten vom Kunden ubernommen werden: A:, + Xj + JC3 -i- JC4 > 3 . Durch die Aufnahme dieser Nebenbedingung entsteht keine Anderung im Vergleich zur Optimallosung des Grundmodells, so dass wiederum gilt: x,* = Xj* = JC3* = 1, x^* = 0 mit einem Nutzenwert von 97,6 EUR. Die gleiche Nebenbedingung resultiert daruber hinaus aus der Forderung des Kunden, mindestens drei Aktivitaten selbsttatig erstellen zu wollen.



Damit der Dienstleister einen weiteren Erstellungsprozess mit Hilfe der aus der Arbeitsteilung frei gewordenen Ressourcen beginnen kann, soUte eine bestimmte Mindesthohe an freier Arbeitszeit (in Minuten) vorliegen. Die Summe der freigesetzten Verrichtungs-

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zeiten mUsste im betrachteten Prozess mindestens 52 betragen, damit ein nSchster Kunde bedient werden kann. Zwar wurden die frei werdenden Kapazitaten (OpportunitStserlose) im Beispiel des Kapitels 5.2.2 durch die mit dem jeweiligen Stundenlohn bewertete Verrichtungszeit (Minuten) angegeben, doch werden zur Formulierung dieser Nebenbedingung lediglich die freigesetzten Minuten der jeweiligen Xj benotigt. Ftir die entsprechende Nebenbedingung folgt somit: 20x, +18^2 +18x3 +16^:4 > 52. Die optimale LOsung besagt, dass wiederum die Aktivitaten xu xi und xi an den Kunden ubertragen werden sollen (jc,* = X2* = JC3* = 1, X4* = 0), damit mindestens 52 Minuten Arbeitszeit der Mitarbeiter freigesetzt werden (bei einem monetaren Nutzen von 97,6 EUR). •

SchlieiJlich iSsst sich auch das bereits unter der Nutzenflinktion genannte Problem der Kemkompetenzen innerhalb der Nebenbedingungen modellieren. So konnte der Anbieter festsetzen, dass xi und JC3 nicht zusammen an den Kunden ausgelagert werden, da anderenfalls ein zu hohes Mai3 an Kemkompetenzen im Call-Center verloren ginge. Unter Einbezug der konkreten Nebenbedingung Xj + X3 < 1 bestimmt sich die Optimallosung zu A:,* = X3* = X4* = 1, jCj* = 0 mit einem zugehCrigen monetSren Nutzen in Hohe von 96,9 EUR.

Abbildung 35 gibt abschliefiend anhand des Beispiels ,freigesetzte Verrichtungszeiten groBer gleich einer MindesthShe von 52' einen Einblick in die Modellierungssprache von LINGO so wie sie filr die hier beschriebenen Optimierungsmodelle verwendet wurde.

MODEL: SETS: ITEMS / xl, x2, x3, x4/: INCLUDE, WEIGHT, MINUTE, RATING; ENDSETS DATA: WEIGHT MINUTE RATING = 10 20 36.7 5 18 29.9 6 18 31 4 16 29.2; KNAPSACK_CAPACITY = 2 1 ; ENDDATA MAX = @SUM( ITEMS: RATING * INCLUDE); @SUM{ ITEMS: WEIGHT KNAPSACK CAPACITY;

INCLUDE) = 52; @FOR( ITEMS: @BIN( INCLUDE));

Abb. 35

Der Modellgenerator von LINGO

215

5.4

Vorzilge und Grenzen des Modells der Arbeitsteilung

Mit dem Rucksackproblem liegt ein erster Ansatz vor, der dem Anbieter eine Entscheidung tiber eine optimale Arbeitsteilung liefert. Die so bestimmte optimale Arbeitsteilung maximiert den Nutzen (Kundenzufriedenheit, Erlose und Opportunitatserl5se) im Hinblick auf eine Produktivitatsverbesserung, verursacht dabei jedoch Kosten, die maximal derjenigen Hohe entsprechen, die der Anbieter bei eigener Ubemahme der Aktivitaten zu tragen hatte. Dadurch wird die Unsicherheit, die durch die Integration des Nachfragers in den Leistungserstellungsprozess eingebracht wird, entscheidend reduziert und kontrolliert. Die nachdriickliche Berucksichtigung dieser Kundeneffekte gelingt, weil das Modell der Arbeitsteilung nicht nur Aufschluss liber die Kemfrage der Kundenintegration Jn welchem Urnfang der Nachfrager an der Leistungserstellung mitwirken soll'^^^ gibt, sondem gleichzeitig auch eine Antwort auf die Frage ,welche Aktivitaten vom Nachfrager erbracht werden sollen' liefert. Die die Extemalisierung bestimmenden Nachfragerfaktoren des Aktivitatsumfangs und der AktivitStsgUte werden insofem explizit und gleichermaBen beachtet und bestimmt. Dariiber hinaus werden durch die verwendete Losungsmethode der Dynamischen Optimierung auch Abhangigkeiten zwischen den Aktivitaten beriicksichtigt, da jede Entscheidung iiber eine Extemalisierung die vorhergehende Entscheidung der vorgelagerten Stufe einbezieht. Mit Hilfe dieses Modells gelingt es dem Anbieter somit, den Kunden aktiv unter Beachtung moglicher Kundeneinfliisse zu steuem statt lediglich auf die kundeninduzierten Unsicherheiten zu reagieren. Anders ausgedrtickt bedeutet eine hohe Unsicherheit, dass der Dienstleister nur geringes Wissen tiber den Kunden besitzt,^^^ aber unter Zuhilfenahme des Modells nunmehr in der Lage ist, diese Unsicherheit tiber die Nacharbeit zu quantifizieren. Folglich erreicht der Anbieter liber das Modell der Arbeitsteilung eine Steuerung der Kundenmitwirkung derart, dass die aus der Mitwirkung resultierenden Konsequenzen letztendlich einkalkuliert und entscheidend kontrolliert werden konnen. Da im Modell selbst von einem geringen Know-how des Kunden ausgegangen wird, wird aus Anbietersicht ein pessimistisches Szenario zugrunde gelegt, denn infolge von Kundenbindung oder Fachwissen konnte das Know-how durchaus auch hoher sein. Die Annahme des niedrigen Know-how-Levels bringt jedoch den Vorteil, dass das Problem der kundeninduzierten Unsicherheit niemals vom Dienstleister unterschatzt wird.^^^ Unter Zugrundelegung einer erforderlichen, maximalen Nachbearbeitung unzureichender Kundenaktivitaten verbessert sich die Kostensituation des Anbieters, sobald sich die Storung von Seiten des Kunden reduziert. Der Dienstleister stellt

Vgl. Kleinaltenkamp (1997b), S. 353. Vgl. Redder/ Kem-Isenberger (2003), S. 392 und 394. Dieser Ansatz entspricht auch dem hier gewahlten grundsatzlichen Vorgehen. So wurde bereits aus der Typologie der Abb. 18 (vgl. S. 113) abgeleitet, dass die ExtremausprSgungen (insbesondere Typ VI, aber auch II) den Uberlegungen zur Produktivitat von Dienstleistungen zugrunde gelegt werden. Auf diese Weise wurde nicht nur der Bedeutung der Charakteristika entsprochen, sondem es wurden auch samtliche Dienstleistungstypen mit einem geringen Auspragungsgrad erfasst.

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sich in diesem Fall zwar besser als geplant, andererseits wird sich seine Situation jedoch nie verschlechtem, was die Wirtschaftlichkeit nachhaltig negativ beeinflussen wiirde. Formal gewahrleistet vor allem die Darstellung der Nebenbedingung, dass der Anbieter auch unter Ausnutzung der Arbeitsteilung dem Wirtschaftlichkeitsprinzip folgt: Zur Erreichung des Ziels ,Dienstleistungserstellung' existieren unterschiedliche Altemativen, die sich insbesondere durch die Varianten der Extemalisierung und Intemalisierung unterscheiden. Die Formulierung der Nebenbedingung stellt sicher, dass diejenige Alternative ausgewShlt wird, welche die gunstigste Mittel-Zweck-Beziehung aufweist bzw. welche mindestens genau so gut ist wie die andere Alternative, daftlr jedoch mit einem hoheren Nutzen verbunden ist. Damit optimiert das Modell nicht nur die Arbeitsteilung zwischen Anbieter und Nachfrager, sondem erfiillt zugleich die Forderung nach einem wirtschaftlichen Handeln des Untemehmens. Der Dienstleister plant einerseits den Einsatz seiner begrenzten Kapazitaten, die uberwiegend die Personalressourcen umfassen, andererseits realisiert er groBtmoglichen Nutzen, da er potenzielle Nacharbeit kontrolliert und entsprechend in ihrem Umfang begrenzt. Die Dienstleistung wird insofem mit moglichst geringem Mitteleinsatz versucht zu realisieren. Das wirtschaftliche Handeln fiihrt direkt zur Effizienz, so dass die Festlegung der vorzunehmenden Arbeitsteilung mit Hilfe der vorgeschlagenen optimalen Entscheidung des Rucksackproblems den Dienstleister zur effizienten Handlungsweise fuhrt. Hervorzuheben ist, dass sowohl Effizienz aus produktionstheoretischer Sicht als auch Effizienz aus Sicht des Marketings erreicht wird. Zwar wird die Arbeitsteilung im Hinblick auf eine optimale Ausflihrung der Dienstleistungsproduktion (Produktivitat) vorgenommen, doch gewahrleistet die Formulierung des Modells der Arbeitsteilung insbesondere auch den herausragenden Aspekt der Marketing-Effizienz: den Wettbewerbsvorteil. Die Perspektive des Marketings sieht das gleichzeitige Streben nach Effizienz und Effektivitat als unabdingbare Uberlebensbedingungen fur Untemehmen im Wettbewerb. Wie die Ausfiihrungen zur Produktivitat und Qualitat (vgl. Kapitel 3 und 4) gezeigt haben, bestehen zwischen beiden GroBen nicht notwendigerweise einander unterstiitzende Wechselbeziehungen, sondem stattdessen zumeist konfliktare Wirkungen. Mit dem Modell der Arbeitsteilung gelingt es jedoch, beide GroBen gleichermaBen einzuschlieBen. Damit liegt ein bedeutendes Charakteristikum des Modells in der gleichzeitigen Betrachtung von Effizienz und Effektivitat: Wie bereits festgestellt, werden die angestrebten Ziele des Dienstleistungsuntemehmens mit dem geringstmoglichen Ressourceneinsatz erreicht, so dass eine effiziente Mittelnutzung gewahrleistet wird. Eine effektive Gestaltung der Dienstlei stung verlangt, dass die Leistung in einer fur den Kunden mindestens zufriedenstellenden Art und Weise erbracht wird. Durch die Mitwirkung des Kunden im Rahmen der Arbeitsteilung sowie durch die Einbindung seines Qualitatsurteils wird nicht nur eine auf den Kunden zugeschnittene, individuelle Dienstleistung produziert, sondem auch hohe Dienstleistungsqualitat im Sinne eines hohen Outcome erwirkt. Somit wird gerade durch die Formulierung des Optimiemngsmodells die Faktorkombination

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derart gestaltet und gesteuert, so dass die Erreichung des Wettbewerbvorteils sichergestellt wird. Der Kundenvorteil wird durch die Abfrage der Kundenzufriedenheit im Rahmen der Nutzenfunktion realisiert. Der Kunde wSgt das Kosten-Nutzen-Verhaltnis der verschiedenen Aktivitaten zum Beispiel mittels einer Conjoint-Analyse ab, so dass sein Zufriedenheitsurteil in die Modellierung der Arbeitsteilung eingeht. Somit wird in die quantitative Erfassung des Anbietervorteils, der Output-Input-Relation, die qualitative Komponente explizit eingebunden. Wie unter den Erweiterungsmoglichkeiten bereits erlautert, bietet das Modell zudem Optionen zur Gewichtung der Kundenorientierung. So kann ein Dienstleistungsuntemehmen seine gewoinschte Kundenausrichtung individuell steuem und fokussieren, indem dem Kundenzufriedenheitsurteil in der Nutzenfunktion eine hohere Bedeutung im Vergleich zu den Erlosen und Opportunitatserlosen eingeraumt wird. Diese Schwerpunktsetzung erfolgt mittels Gewichtungsfaktoren. Somit birgt das Modell der Arbeitsteilung den Vorteil, die oftmals konfliktSren ZielgroBen der Effizienz und Effektivitat gleichzeitig zu erreichen. Die mit der Arbeitsteilung angestrebte Produktivitatserhohung geht auf diese Weise mit der Gestaltung der Dienstleistungsqualitat einher. Der Dienstleister bestreitet demzufolge lediglich eine Strategie - die der Arbeitsteilung - an Stelle von zwei verschiedenen Strategien zur Erreichung der Produktivitat als Operationalisierung der Effizienz einerseits und der Kundenzufriedenheit andererseits. Diese beiden Strategien hatte er zusatzlich auf Zielharmonie hin zu untersuchen. Durch die Optimierung der Arbeitsteilung wird neben der hier im Vordergrund stehenden Produktivitat also gleichzeitig dem Kundennutzen Rechnung getragen, so dass der Dienstleister einen grundlegenden Vorteil im Wettbewerb realisieren kann (vgl. Abb. 36).

Effizienz (Anbietervorteil) Modell zur Optimierung der Arbeitsteilung

Wettbewerbs vorteil Effektivitat (Kundenvorteil)

Abb. 36

Optimale Arbeitsteilung als Basis des Wettbewerbsvorteils

Im Rahmen der produktionstheoretischen Uberlegungen zielt die Effizienz auf die Wahl der optimalen Produktionsaltemative ab. Ineffiziente Kombinationsprozesse sollen ausgeklammert werden, so dass unabhangig von einem zugrunde gelegten Maximum- oder Minimumprinzip die Verschwendung von Ressourcen ausgeschlossen wird. Das Optimierungsverfahren der Arbeitsteilung stellt auch im Sinne der Produktionstheorie Effizienz sicher: Innerhalb der Nebenbedingung werden Entscheidungen gegeneinander abgewogen, so dass eine Extemali-

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sierung nur in der H5he vollzogen wird, wie die aus der Nacharbeit resultierenden Kosten die Kosten der Eigenerstellung des Anbieters aufwiegen. So wird garantiert, dass die Kosten der Arbeitsteilung h5chstens so hoch oder gar niedriger sind als die Anbieterkosten bei Intemalisierung. Durch die gleichzeitige Maximierung des Nutzens wird selbst bei gleich hohen Kosten die Wahl der besseren Alternative hinsichtlich einer Extemalisierung oder Intemalisierung realisiert, da diejenige durch das mathematische Modell vorgeschlagen wird, die den hochsten Nutzen fUr das Untemehmen unter Einbeziehung der Kundensicht verspricht. Eine tiber diese vorgeschlagene Arbeitsteilung hinausgehende Extemalisierung ist nicht mehr effizient, da dann die gesparten Anbieterressourcen durch erhohte Kosten der Nacharbeit kompensiert werden und Verschwendung eintritt. Die in der Literatur herausgestellte Arbeitsteilung als Schlussel zur Produktivitatserhohung wird in diesem Modell somit entscheidend unter Beriicksichtigung der kundeninduzierten Unsicherheit betrachtet. Auf diese Weise gelingt es, sowohl den positiven als auch den negativen Wirkungen einer Arbeitsteilung mit dem Kunden gerecht zu werden. Der trade-off zwischen Nutzen aus der Kundenmitwirkung einerseits und Risiken aus den Kundenbeitragen andererseits wird folglich explizit analysiert und der optimalen Losung zugrunde gelegt. Aus der Sicht des Anbieters zielt die Modellierung der Arbeitsteilung im Hinblick auf eine Produktivitatssteigerung vor allem auf die Gestaltung seiner Kapazitaten ab. Unter Beachtung der aus der Integrativitat resultierenden Nachfrageschwankungen bietet eine Arbeitsteilung den generellen Vorteil der Kapazitatsglattung. So kann der Dienstleister gerade bei Nachfrageiiberhangen verstarkt zur Strategic der Extemalisierung greifen, so dass insgesamt ein hoherer Output bei gleichen Anbieterkapazitaten aber erhOhtem Nachfragerinput erreicht wird. Ein weiterer Zweck der Arbeitsteilung liegt langfristig auch in der Reduziemng der Anbieterkapazitaten zur Kostensenkung. Da der Kunde Teilarbeiten des Anbieters ubernimmt, besteht fUr diesen die MSglichkeit, das eigene Personal Uber die Zeit zu reduzieren. Im Hinblick auf den bei Dienstleistungen vorherrschenden hohen Fixkostenblock^^^ ist dieses Ziel jedoch nur bedingt zu erreichen. Die Gewahrleistung der standigen Leistungsbereitschaft zieht eine hohe Potenzial- und damit Kapazitatsvorhaltung nach sich und damit verbunden auch hohe Fixund Gemeinkosten. Somit konnen entsprechende Kostensenkungen einer erfolgreichen Externalisierung kurzfristig nur bedingt wirken, da die Kapazitaten des Dienstleisters zu einem gegebenen Zeitpunkt fix sind.^^^ Erst auf lange Sicht hin konnen die Anbieterkapazitaten, insbesondere die Personalressourcen, entscheidend abgebaut werden. Demzufolge wirkt sich das Optimum der Arbeitsteilung in Abhangigkeit von der Art der Dienstleistung und der Kapazitatsauslastung unterschiedlich auf die Zielerreichung aus: Kapazitatsreduzierungen aus der Auslagerung von Aktivitaten an den Kunden sind flir Dienstleistungsuntemehmen, die einen hohen Fixkostenblock aufweisen, erst langfristig wirksam. Kurzfristig konnen zwar Vgl. Reckenfelderbaumer (1995), S. 50. Vgl. zu den Fix- und Gemeinkosten auch die Ausflihrungen in Kapitel 3.3.2.1. ' Vgl. Zeithaml/ Bitner (2000), S. 374.

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Kapazitaten eingespart werden, diese konnen aber erst langfristig freigesetzt werden. Im Falle der Uberauslastung besteht jedoch die M6glichkeit, die Produktivitat zu erhohen, da durch die freigesetzten Kapazitaten weiterer Output hervorgebracht werden kann. Hingegen sind Kapazitatsreduzierungen fur solche Dienstleistungsuntemehmen, deren Fixkosten lediglich einen geringen Anteil ausmachen, bereits kurzfristig relevant. Damit kann das Optimierungsproblem der Arbeitsteilung unterschiedliche Gegebenheiten im Untemehmen modellieren, was auch bereits aus der Modellformulierung (Unterauslastung und Voll-Z Uberauslastung) erkennbar wird. Dennoch wird aus diesen Ausfiihrungen ebenfalls ersichtlich, dass die optimale Losung mittels des realen Problems interpretiert werden muss. Zwar entspricht diese Vorgehensweise genau der Modellbildung im Rahmen von Operations Research, doch verdeutlicht sie im Hinblick auf die praktische Anwendung auch die Grenzen des Optimierungsproblems. Ein mathematisches Modell kann die Wirklichkeit grundsatzlich nur begrenzt abbilden, wobei die gesetzten Annahmen zur Modellierung der Arbeitsteilung weitere Einschrankungen nach sich ziehen. Vorausgeset2rt wurden personenbezogene Dienstleistungen mit einem hohen Integrationsgrad. Da die Bestimmung des Umfangs der auszulagemden Aktivitaten lediglich im Falle eines geringen Know-hows des Kunden von Bedeutung ist, wird ebenfalls von einem solchen ausgegangen. SchlieBlich wird implizit unterstellt, dass der Kunde bereit ist, an der Leistungserstellung mitzuwirken und mit dem Anbieter zu kooperieren. Anderenfalls ware auch hier die generelle Uberlegung zur Arbeitsteilung nicht notwendig. Derartige vereinfachte Annahmen stellen jedoch die grundsatzliche Eignung des Modells nicht in Frage. Hervorzuheben ist, dass erstmalig ein Grundmodell vorliegt, das durch die aufgezeigten Erweiterungen individuell gestaltet und dem realen Sachverhalt angepasst werden kann. Weitere Forschungsfelder sind in der Datengewinnung und der Analyse der Prozessstruktur zu sehen. Innerhalb der Prozessgestaltung ist zu untersuchen, ob und wie sich die Organisationsstruktur im Untemehmen andert, wenn Aktivitaten extemalisiert werden. Durch eine geeignete zeitliche Gestaltung von kundenunabhangigen und kundeninduzierten Aktivitaten kann moglicherweise eine verzogerungsfreie Parallelisierung von Prozessen erreicht werden. Ebenso konnen Kunden- und Anbieteraktivitaten aufeinander abgestimmt werden, so dass durch Extemalisierung frei werdende Kapazitaten zum Zeitpunkt / unmittelbar fur einen gleichzeitig stattfmdenden Parallelprozess eingesetzt werden konnen. Potenzielle Moglichkeiten zur Gewinnung der fiir die Nutzenfunktion und die Nebenbedingung benotigten Daten wurden bereits im Rahmen der Vorstellung des Modells (vgl. Kap. 5.2.1) aufgezeigt. Folglich verbleibt die Notwendigkeit, Ansatze zur Datengewirmung der relevanten Kundenmerkmale aufzuzeigen. Bei diesen interessiert im Hinblick auf eine Kategorisierung der Kunden und der Menge der zu extemalisierenden Tatigkeiten vor allem das Know-how der Kunden.

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6

Implikationen fiir die Praxis

6.1

Ermittlung des Know-hows eines bestimmten Kunden

Nachdem die fur das Modell der Arbeitsteilung erforderliche Datengewinnung beziiglich der Kundenzufriedenheitswerte, der AktivitStskosten und der Verrichtungszeiten bereits im Rahmen der Darstellung des mathematischen Modells aufgezeigt worden ist, benStigt der Anbieter zur Anwendung des Modells abschliefiend noch eine Entscheidungshilfe zur zweckgerichteten Einordnung der Kunden in verschiedene Know-how-Bereiche. Bin geringes Kunden-Know-how gait als Voraussetzung fur das Modell der Arbeitsteilung. Bin geringer Know-how-Level bedingt kundeninduzierte Unsicherheit, die sich aus Sicht des Anbieters in Beschaffungs-, Produktions- und Dispositionsrisiken niederschlagt (vgl. Kapitel 3.3.1). Ubemimmt der Kunde in einer solchen Situation eigene Aktivitaten als Co-Producer der Leistung, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass er diese in ausreichender Gute ausfuhrt. Der Dienstleister muss demzufolge eingreifen, um einen reibungslosen Prozessablauf und eine angemessene Qualitat der Dienstleistung zu gewahrleisten. Wird allerdings von der Annahme geringen Know-hows abgewichen und ein Kunde mit einem hohen Know-howLevel betrachtet, so fuhrt dies zu einer storungsfreien Zusammenarbeit zwischen Anbieter und Nachfrager: Die Produktivitat von Dienstleistungen steigt bei h6chstm5glicher Bxtemalisierung an den Kunden. Wahrend folglich ein Kunde mit hohem Know-how unmittelbar und uneingeschr^nkt am Prozess mitwirken kann, ist fur einen Kunden mit geringer BefMhigung das Optimierungsmodell zur Bestimmung der auszulagemden Aktivitaten aufzustellen. Damit wird noch vor der Anwendung des Modells der Arbeitsteilung ein Clustering der Kunden hinsichtlich ihres Knowhow-Grades notwendig. Fiir den Anbieter stellt sich hier jedoch die Frage, wie er einen wissenden von einem unwissenden Kunden unterscheiden kann. Bateson schlSgt vor, die Kunden eigenstandig iiber eine Mitwirkung entscheiden zu lassen (Selbstselektion). Wissende oder erfahrene Kunden werden demzufolge eher zur Arbeitsteilung iibergehen als Neukunden.^^^ Dieser Ansatz lasst jedoch das grundsStzliche Streben nach Arbeitsteilung im Sinne einer Produktivitatsverbesserung auBen vor. GemaB des entwickelten Modells der Arbeitsteilung sollte innerhalb der Grenzen der Nebenbedingung jeder Kunde als zusStzliche Ressource betrachtet werden, um Anbieterkapazitaten freizusetzen. Ben5tigt wird insofem eine Methode zum Kundenclustering, welche es dem Dienstleister ermoglicht, Kunden in entsprechende Know-how-Gruppen einzuteilen. Kunden aus der Gruppe ,hohes Know-how' kann der Anbieter in der Folge ein Maximum an zu extemalisierenden Aktivitaten ubergeben, wohingegen er fiir Kunden der Gruppe ,niedriges Know-how' das Optimierungsmodell anwendet, um eine Bntscheidungsgrundlage beziiglich der auszulagemden Aktivitaten zu erhalten.

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Da derartige Know-how-Gruppen Uber bestimmte Kriterien, welche die LeistungsfMhigkeit des Kunden in der Praxis bedingen, definiert sind, eignet sich eine Kundenabfrage Uber eben diese Kriterien, um zu einer Einschatzung des Kunden-Know-hows zu gelangen. Liegt sodann eine bestimmte, den Kunden charakterisierende Anzahl an Kriterien vor, so bietet sich aus Sicht des Dienstleisters eine ,Kundenprofilanalyse' an. Ober diese ist eine abschliefiende Zuordnung des Kunden zu einer der beiden Know-how-Gruppen mfighch. Potenzielle Abfragekriterien betreffen vor allem persGnliche Kundenmerkmale wie die Erfahrung des Kunden mit der Dienstleistung, sein Interesse am Erstellungsprozess der Dienstleistung etc. Im Folgenden werden entsprechende Kriterien zur Bestimmung des Kunden-Knowhows hergeleitet. Aus der Kundenbindung als einem ersten wesentlichen Indikator flir das Wissen und die Prozessevidenz des Kunden iSsst sich konkret die Erfahrung des Kunden mit der Dienstleistung ableiten. Da die Kundenbindung aus der mehrmaligen Inanspruchnahme der Leistung bei dem gleichen Dienstleistungsuntemehmen entsteht, ist die Erfahrung des Kunden in diesem Fall hoch. Auf der anderen Seite weist ein Nachfrager, der erstmalig eine Leistung bei diesem Dienstleister erwirbt, keine Erfahrung mit diesem speziellen Untemehmen auf Die Abfrage der Kundenbindung iiber die Kundenprofilanalyse fuhrt den Dienstleister folglich zu der Annahme, dass ein Stammkunde (Kundenbindung) iiber ein hohes Know-how bezuglich der Leistungserstellung verfLigt. Auf der anderen Seite kann davon ausgegangen werden, dass ein Neukunde Uber ein nur geringes oder gar kein Fachwissen verfiigt. Eng verbunden mit den Erfahrungswerten des Kunden ist das generelle Interesse des Kunden als ein weiteres Attribut zur Einschatzung seines Know-hows. Das Interesse bezieht sich in diesem Fall auf die ,technische' Komponente der Dienstleistungserstellung. Der Kunde interessiert sich ftir den Prozessablauf (insbesondere auch das Back-Office) sowie auch to die technischen Merkmale der Dienstleistung. So konnen die Kunden einer Kfz-Werkstatt ein ebensolches unterschiedliches Interesse am Erstellungsprozess ,Auswechseln der Zundkerzen' aufweisen wie die Kunden einer Werbeagentur am Prozess ,Entwurf eines Logos flir eine Veranstaltung'. Wahrend sich ein erster Kunde in der Werbeagentur begeistert iiber die verschiedenen Entwicklungsstadien innerhalb der Agentur bis zur letztendlichen Prasentation des Logos zeigt, kann ein zweiter Kunde nur eine geringe Affmitat zur Werbebranche aufweisen und lediglich die Ausftihrung seines Auftrages verlangen. Aufgrund der positiven Grundeinstellung eines an der Leistungserstellung interessierten Kunden wird dieser sich eher ein gewisses Know-how aneignen als ein Kunde, der nur wenig Begeisterung und Interesse an der Dienstleistungserstellung aufbringt. Demzufolge kann ein erhohtes Interesse auch einen geringeren Wert des Kriteriums ,Erfahrung mit dem Dienstleister' (Neukunde) aufsviegen und insgesamt zu einer hohen Leistungsfahigkeit fuhren. Somit sind die Kriterien der ,Erfahrung' und des ,Interesses' nicht unabhangig voneinander.

222

Ein dritter Indikator findet sich in der eigenen beruflichen Tatigkeit des Nachfragers. So ist das Know-how des Kunden beztiglich der gewUnschten Dienstleistung bzw. des Dienstleistungsprozesses entsprechend hoch, wenn der Kunde in einer ahnlichen Branche tatig ist bzw. seine Tatigkeit in engem Zusammenhang mit der zu erwerbenden Dienstleistung steht.*^' Uber die Abfrage des beruflichen Hintergrundes gelangt das Dienstleistungsuntemehmen somit zu einer weiteren Einschatzung im Hinblick auf das gesuchte Know-how des Kunden. Die Ausftihrungen verdeutlichen, dass sich anhand dieses Vorgehens eine Vielzahl mSglicher Komponenten der Kundenprofilanalyse ermitteln lassen. Der Dienstleister kann auf diese Weise die Know-how-Analyse gezielt auf die von ihm angebotene Leistung abstimmen und individuelle Kriterien aufnehmen. Hervorzuheben und einzubinden sind abschlieBend Erkenntnisse aus der Praxis, die im Rahmen der Fallstudie im Telekommunikationsunternehmen ermittelt wurden (vgl. die Fallstudie in den Kapiteln 4.1.3 und 4.2.3). Diese Erkenntnisse sind im Untemehmen durch die Interaktion mit den Kunden bestatigt worden und zeigen hinsichtlich der Kategorisierung des Kunden-Know-hows bedeutsame Aspekte auf Zunachst bildet die ,Geschaftsart' ein weiteres Kriterium zur Unterscheidung der Kunden. Zu differenzieren sind Geschaftskunden von Privatkunden. Im Untemehmen wird davon ausgegangen, dass Geschaftskunden eine hohere Bindung zum Untemehmen haben, da haufigerer Kontakt und damit eine vermehrte Kommunikation zwischen dem Dienstleister und dem Geschaftskunden besteht. Dieser Fall kommt der Kundenbindung nahe, so dass hier ein entsprechend hoher Grad an Wissen uber das Dienstleistungsuntemehmen und die zugehSrigen Prozesse zugmnde gelegt wird. FUr den Privatkunden muss hingegen wiederum die Unterscheidung in ,Stammkunde' und ,Neukunde' herangezogen werden, so dass sich ftlr den Indikator ,Geschaftsart' eine direkte Verkniipfting mit der ,Erfahmng' ergibt. Weiterhin hat sich anhand des im Telekommunikationsuntemehmen vorliegenden Dienstleistungsangebots gezeigt, dass Kunden vor dem Erwerb einer hoherwertigen Leistung eher bereit sind, sich Know-how uber die Dienstleistung und ihre Eigenschaften anzueignen als vor dem Kauf einer geringwertigen Leistung. Die Ursache liegt in der Unsicherheit der Kunden bezUglich der Dienstleistungsqualitat begriindet.^^^ Infolge der Integrativitat und Immaterialitat dominieren bei Dienstleistungen Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften,^^^ so dass die Qualitat der Leistung fur den Kunden ex-ante nur bedingt bzw. gar nicht bestimmbar ist. Um seine Unsicherheit zu reduzieren, versucht der Kunde die Dienstleistung anhand gewisser Qualitatssurrogate greiftjar und vergleichbar zu machen. Auf diese Weise erlangt der Kunde zum einen *^' Gemafi der Know-how-Produktivitats-Kurve kann ein zu hohes Wissen auch kontraproduktiv wirken. In der hier vorzunehmenden Differenzierung wird jedoch entsprechend der Abbildung 26 nur der Hnke Ast zugmnde gelegt, so dass mit einem bis zum Kurvenmaximum steigenden Know-how des Kunden ebenfalls die Produktivitat der Dienstleistung steigt. *^^ Vgl. Z.B. Engelhardt/ Kleinaltenkamp/ ReckenfelderbSumer (1993), S. 418-421 und Meyer (1991), S. 200201. *^^ Vgl. Zeithaml (1981), S. 186. Zu den Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften vgl. Darby/ Kami (1973).

223

Hinweise iiber die zu erwartende DienstleistungsqualitSt sowie zum anderen auch ein gewisses Know-how iiber die Leistung, welches sich wiederum im Rahmen der Mitwirkung bei der Dienstleistungserstellung positiv auswirkt. Dieser Effekt ist folglich bei hochpreisigen Leistungen eher gegeben als bei geringwertigen. Damit kann Kaufem hochwertiger Leistungen ein hoheres Wissen zugesprochen werden als KSufem geringwertiger Leistungen. SchlieBlich hat sich im betrachteten Telekommunikationsuntemehmen uber die Zeit bestatigt, dass Kunden entsprechend ihrer regionalen Herkimft bestimmte CharakterzUge und Merkmale aufweisen. So unterscheidet das Untemehmen Kunden aus landlichen Gegenden von Kunden aus Ballungszentren im Hinblick auf die Mentalitat, das Verhalten, die Einstellung sowie auf das Beschwerdeverhalten. Kunden, die Ballungszentren zugeordnet werden, sind im Allgemeinen in den Kontaktpunkten zum Untemehmen weniger kommunikativ als Kunden landlicher Regionen. Demzufolge ist es fiir die Kundenkontaktmitarbeiter zum einen nur bedingt moglich, in GesprSchen mit Kunden aus Ballungsgebieten die fur die Leistungserstellung notwendigen kundenbezogenen Informationen zu erhalten. Zum anderen wird aufgrund der bei diesen Kunden geringeren Kommunikation die Lemphase auf beiden Seiten eingeschrankt. Bezogen auf den Know-how-Level der Kunden lasst sich konstatieren, dass die Merkmale der Kunden aus Ballungsgebieten insgesamt eine hemmende Wirkung auf den Prozessablauf besitzen, welche den Konsequenzen eines geringen Fachwissens des Kunden entspricht. Damit wird zum Zwecke der Einordnung in die Kundenprofilanalyse den Kunden aus Ballungszentren ein niedriger Know-how-Level zugeordnet und den Kunden aus landlichen Gebieten hingegen ein hoher Grad. Tabelle 10 fasst die Indikatoren zusammen und weist gemaB der jeweiligen beiden Auspragungen jedem Wissenslevel eine entsprechende Kundenrolle zu. Die Rollen dienen in diesem Zusammenhang der pragmatischen Zuordnung der Kunden zu den ausgewahlten Kriterien. So folgen aus der ,Erfahrung' iiber die Kundenbindung die beiden Rollen des ,Stammkunden' (mehrmalige Inanspruchnahme des Dienstleisters) und des ,Neukunden' (erstmalige Nutzung). Da - wie gezeigt - das Wissen der gemachten Erfahrung mit dem erlemten Wissen in Abhangigkeit einer ,Geschaftsart' korrespondiert, konnen diese beiden Indikatoren verkniipft werden. Ein ,Geschaftskunde' wird damit iiber ein ebenso hohes Know-how verftigen wie ein ,privater Stammkunde'. Die positive Grundeinstellung druckt sich im Rahmen des ,Interesses an den technischen Merkmalen der Dienstleistung' in der Begeisterung des Kunden uber diese Merkmale sowie am Gestaltungsprozess generell aus. Somit werden die Nachfrager innerhalb dieser Kategorie in die ,Begeisterten' und die ,Wenig-Begeisterten' unterschieden. Der Indikator der ,Beruflichen Tatigkeit' trennt dann anhand der Nahe des beruflichen Hintergrundwissens zur Dienstleistung die ,Verwandten' von den ,Fremden'. Entsprechend werden die Nachfrager gemaB der aus der Regionenzugehorigkeit entstehenden charakteristischen ,Informationsaufnahme und -abgabe' in die ,Gelassenen' (abgeleitet aus einer landlichen Regi-

224

on) und die ,Hektischen' (aus dem Wohnsitz in einem Ballungsgebiet gefolgert) gegliedert.*^'* SchlieBlich kann zu den bisherigen Kundeneigenschaften der Indikator des Leistungspreises als eine der Dienstleistung inhSrente Eigenschaft herangezogen werden. In Verbindung mit den Kundenmerkmalen unterscheiden sich dann die ,Aufklarer', die vor dem Kauf Informationen iiber die Dienstleistung suchen, von den dem Dienstleister unmittelbar ,Vertrauenden'.

Indikator Erfahmng mit dem Dienstleister

Tendenz zu hohem Know-how-Level Stammkunde

Tendenz zu geiingem Know-how-Level Neukunde

Geschdftskunde (0

Interesse an den technischen Merkma- Begeisterter len der Dienstleistung 0) 3

(0

(0

-2 ^

Wenig-Begeisterter

Berufliche TStigkeit

Verwandter

Fremder

Informationsaufnahme und -abgabe

Gelassener

Hektischer

Preisbedingter Informationsbedarf (Preis der Dienstleistung)

Aufkiarer

Vertrauender

(hoher Preis)

(niedriger Preis)

0) O) - 1 0)

Tab. 10

Indikatoren zur Bestimmung des Kunden-Know-hows

Diese Merkmale werden im Rahmen einer Kundenprofilanalyse bei den einzelnen Kunden abgefragt, so dass fiir jeden Kunden ein eigenes Know-how-Profil entsteht. Eine derartige Kundenprofilanalyse erlaubt dem Dienstleister, eine erste EinschStzung beziiglich der Fahigkeiten des Kunden vorzunehmen, um ihn einem bestimmten Know-how-Cluster (niedrig versus hoch) zuzuordnen. Anhand der beiden Wissensgruppen erhalt der Anbieter dann eine Entscheidungshilfe im Hinblick auf die Menge der auszulagemden Tatigkeiten und - in direktem Zusammenhang damit stehend - auf die Anwendung des Optimierungsproblems der Arbeitsteilung. Kunden, in deren Profil die Indikatoren fiir ein hohes Know-how dominieren, sind fahig, eigene Tatigkeiten storungsfrei auszufuhren. Kunden, deren Profile einen niedrigen Level aufweisen, stellen hingegen einen entsprechend hohen Unsicherheitsfaktor bei der Mitwirkung im Dienstleistungsuntemehmen dar. Die folgende Abbildung 37 verdeutlicht die Vorgehensweise.

Die aus den Regionen hergestellten Schiussfolgerungen besitzen keine Allgemeingiiltigkeit, sondem aufgrund der Erkenntnisse eines spezifischen Untemehmens lediglich beispielhaften Aussagewert.

225

Hoher Knowhow-Level

NIedriger Knowhow-Level

t^iiaiiiuii^ iiiii vjoiM L^ioiioiioioioi

X

Interesse an den technischen Merkmaien der Dienstleistung

X



X

^

f 1 1

Berufliche Tdtigkeit

^ Infomnationsaufnahme und -abgabe

^t 1



Preisbedingter Infonnationsbedarf Kunde 1

Abb. 37

S^ ^ S .

1 1

Kunde 2 — —

Kundenprofilanalyse zur Einordnung des Know-hows

Diese Unterschiede im Kunden-Know-how und in den zugehOrigen Auswirkungen bedingen, dass der Anbieter filr jede entstehende Kundengruppe eine geeignete Strategie anwendet. Dies fUhrt zur Segmentierung der Nachfrager.

6.2

Segmentierung der Nachfrager zur verbesserten Nutzung des Modells der Arbeitsteilung

Als maBgebliche Faktoren, die liber den Erfolg einer geplanten Extemalisierungsstrategie entscheiden, stellen sich die Bereitschaft und Fahigkeit des Kunden zur Ubemahme von Tatigkeiten dar.^^^ Die Bereitschaft des Nachfragers mitzuwirken entscheidet grundsatzlich erst uber den Einsatz der Arbeitsteilung. Der Anbieter kann bestimmte situative Gegebenheiten bzw. Beziehungsstrukturen unterscheiden und selbst Anreize setzen, um den Kunden zur Mitwirkung zu motivieren. Die Beziehungsstrukturen lassen sich vereinfachend (vgl. auch Kap. 4.2.2.2) unter die Situation der erstmaligen Zusammenarbeit zwischen Anbieter und Nachfrager (erstmaliger bzw. einmahger Vgl. Corsten (1986a), S. 12; Corsten (2000a), S. 152; Gouthier (2003), S. 3, 11 und Rodie/ Schultz Kleine (2000), S. 117-120.

226

Leistungserwerb) einerseits und die Kundenbindung bzw. das Commitment des Kunden andererseits subsumieren. Am-eize resultieren dabei zimachst unmittelbar aus diesen Strukturen: Commitment steigert nicht nur die Motivation, Anbieterablaufe kennen zu lemen und an der Dienstleistungsqualitat mitzuwirken, sondem setzt zugleich Barrieren fUr einen Anbieterwechsel.^^^ Transaktionskosten steigen, wenn der Kunde sich einen neuen Anbieter sucht und dessen Leistungserbringung erst wieder erfahren muss.^^^ Weiter wirkt die auch im Rahmen des Arbeitsteilungsmodells genannte Preisreduzierung positiv auf den Willen des Kunden. Der Anreiz des Anbieters, den Kunden unter Anwendung dieser Mittel zur Co-Produktion zu bewegen, liegt in der Auslagerung notwendiger Tatigkeiten zur Leistungserstellung, um die eigene Produktivitat zu erhOhen. Abbildung 38 setzt die Bereitschaft des Kunden - sein ,Wollen' - mit der Fahigkeit des Kunden - seinem ,Wissen' - in Beziehung. Jedem so entstehenden Segment sollte eine Anbieterstrategie im Hinblick auf die Arbeitsteilung zwischen Anbieter und Nachfrager zugrunde gelegt sein, um letztendlich effizientes Handeln zu gewahrleisten.

Wissen hoch Oberzeuge den Nachfrager zur Arbeitsteilung

Maximiere Arbeitsteilung •

III IV Keine Arbeitsteilung niedrig

Optimiere Arbeitsteilung (Optimierungsproblem)

- • Wollen niedrig

Abb. 38

tiocli

Kundensegmentierung als Grundlage der Strategic der Arbeitsteilung

Fehlt entsprechendes Wissen und Wollen beim Kunden (Segment I), so sollte der Anbieter auf eine Arbeitsteilung verzichten. Das Fehlen beider Faktoren zur Extemalisierung fLlhrt zu mangelnder AktivitatsgUte, die sowohl die Effizienz als auch die Effektivitat der Dienstleistung sinken lasst. Das mangelnde Know-how der Kunden kann in diesem Fall nicht durch ein motiviertes Handeln kompensiert werden. Zwar konnte geringes Know-how durch das Modell der Arbeitsteilung berucksichtigt werden, doch sinkt der Nutzen fur den Kunden, da die CoVgl. Goodwin (1988), S. 74-75 und Lengnick-Hall (1996), S. 804. Vgl. Sellner (1993), S. 106-108 und 132.

227

Produktion bei fehlender Bereitschaft zu einem negativen QualitStserlebnis des Kunden flihrt. 1st diese Bereitschaft jedoch vorhanden, so bietet sich ftir den Anbieter die Option der Anwendung des Optimierungsmodells zur Arbeitsteilung (Segment II). Dieses bezieht explizit den Umstand fehlenden Wissens des Kunden zur Leistungserstellung mit ein. Somit kann mit Hilfe des Modells der Arbeitsteilung die optimale Menge der auszulagemden Aktivitaten bestimmt werden. Die Arbeitsteilung zwischen Dienstleister und Nachfrager wird demzufolge optimiert. Gleichzeitig fallen die Auswirkungen auf die Effizienz und die Effektivitat positiv aus: Der Anbieter erstellt die Dienstleistung mit dem geringsten Aufwand bei gleichzeitiger Maximierung seines Nutzens sowie des Kundennutzens. Der Fall geringen WoUens und hohen Wissens (Segment III) zeigt dem Anbieter, dass beim Kunden Potenzial zur Ubemahme eigener Aktivitaten vorliegt, das der Anbieter fiir die Dienstleistungsproduktion nutzen sollte. Fiir den Dienstleister besteht hier demnach die Aufgabe darin, den Kunden zu uberzeugen, eine Arbeitsteilung einzugehen. Somit erfordert diese Konstellation der Kundenfaktoren eine gewisse ,Anfangsinvestition' des Anbieters, die sich allerdings durch eine anschliefiende auBerst effiziente Arbeitsteilung auszahlt. Diese ,Anfangsinvestition' verlangt den Einsatz geeigneter Anreizmechanismen, wie bedeutende Preissenkungen, Reduzierung der Erstellungszeit der Dienstleistung, hohere Dienstleistungsqualitat durch Individualisierung der Leistung etc.^^^ Diese Mechanismen sind kundenindividuell einzusetzen. Verzichtet der Anbieter auf Anreize und extemalisiert Aktivitaten ohne eine vorliegende Kundenbereitschaft, so kann kein Wettbewerbsvorteil erzielt werden: Zwar gelingt es, die Produktivitat und damit die Effizienz zu steigem, da der Kunde Uber die notwendigen Fahigkeiten verfugt. Jedoch geht diese Erhohung zu Lasten der Qualitat, weil sich der Kundennutzen aufgrund mangelnder Zufriedenheit iiber die Arbeitsteilung verringert. Der Fall beschreibt den klassischen trade-off zwischen Effizienz und Effektivitat. Eine wirksame Uberzeugung des Kunden hin zur Ubemahme der Arbeitsteilung flihrt hingegen zur maximalen Arbeitsteilung, deren Erfolg die ,Anfangsinvestition' in die Anreizmethoden kompensieren bzw. gar vemachlSssigen wiirde. Ein Kunde mit hohem Wissensgrad und entsprechender Bereitschaft zur Arbeitsteilung stellt aus Sicht des Dienstleisters die gunstigste Konstellation dar (Segment IV). Eine mogliche kundeninduzierte Unsicherheit, so wie sie im Falle einer geringen Fahigkeitskomponente gegeben ist, kann auBer Acht gelassen werden. Fiir den Anbieter besteht das Optimum nunmehr in der Extemalisierung im groBtmoglichen Umfang, um die zusStzliche Kapazitatsressource ,Kunde' vollstandig zu nutzen.^^^ Somit kann auf die Berechnung der Menge der auszulaVgl. zu einer Auflistung von Faktoren anhand derer der Dienstleister die Bereitschaft des Kunden zur Externalisierung beeinflussen kann Corsten (2000a), S. 153. Gouthier (2003), S. 395 unterteilt die Anreize zur Stimulierung der Integrationsbereitschaft in materielle und immaterielle. In seltenen Fallen wird der Kunde Uber ein hOheres Know-how verfiigen als der Anbieter selbst, wodurch die Produktivitat wieder sinkt (rechter Ast der Know-how-Produktivitats-Kurve in Abbildung 26). Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass der Dienstleister der Experte ist und das Know-how des Kunden entsprechend dem linken Ast zuzuordnen ist.

228

gemden Aktivitaten uber das Modell der Arbeitsteilung verzichtet werden, da samtliche in Frage kommenden Aktivitaten ausgelagert werden. Der Vorteil der Arbeitsteilung, die Freisetzung von Anbieterressourcen, kann hier im vollen Umfang genutzt werden. GrundsStzlich kann sich langfristig auch die Strategie der Optimiening der Arbeitsteilung zu einer Strategie der Maximierung der Arbeitsteilung wandeln, wenn die oben erwahnte Kundenbindung zugrunde gelegt wird. Durch eine vorgenommene Arbeitsteilung zwischen Anbieter und Nachfrager steigt generell die Interaktion zwischen beiden Parteien. Damit besteht auf beiden Seiten auch die MCglichkeit des gegenseitigen Wissenserwerbs. Wahrend der Anbieter das Verhalten des Kunden, seine Fahigkeiten und seine Wtinsche einzuschatzen wei6,^*° lemt der Kunde die AblSufe der Leistungserstellung kennen und kann folglich seine Prozessevidenz erhohen.*^' Zusatzlich kann der Anbieter den Nachfrager in diesen Kundenkontaktpunkten besser kontrollieren und ihn entsprechend auf unzureichende Qualitatsbeitrage aufmerksam machen.

6.3

Einbindung der optimalen Arbeitsteilung in die ProduktivitMtskennziffer

Die Anwendung der Strategie der optimalen Arbeitsteilung erleichtert dem Dienstleistungsanbieter abschlieBend die Bemessung und Gestaltung der Produktivitatskennzahl. In Kapitel 4.2.2.3 wurde unter Zuhilfenahme der liber das Kunden-Know-how gewonnenen Erkenntnisse die ProduktivitStskennziffer dargestellt mit

.,..{ FUr den Anbieter impliziert diese Kennzahl zweierlei: In seine Produktivitatsiiberlegungen gehen nur interne Ressourcen, seien es kundenunabhangige oder kundeninduzierte AktivitSten, ein. Durch den Nachfrager ausgefiihrte Tatigkeiten entlasten zunSchst den Anbieterinput und konnen an Stelle einer vorzunehmenden Subtraktion ebenso auBen vor gelassen werden. Mogliche EinflUsse Uber diese Kundenmitwirkung betreffen jedoch unmittelbar die kundeninduzierten Aktivitaten des Anbieters, so dass diese sich in Abhangigkeit eines niedrigen Kunden-Know-hows und resultierender Nacharbeit entsprechend erhohen. Wahlt das Anbieteruntemehmen nun die Strategie der Arbeitsteilung mit dem Ziel der Erhohung seiner Produktivitat, so gelingt es, die Produktivitatskennziffer zu prazisieren: Da die extemalisierten Aktivitaten mit der Leistungsfahigkeit (Know-how) und der Leistungsbereitschaft des Kunden in Verbindung gesetzt werden, wdrd hrML fur den Anbieter nicht nur konkretisiert, sondem unmittelbar bestimmbar gemacht. 1 / L zieht wachsende Nacharbeit bei Vgl. Kleinaltenkamp/ Dahlke (2003), S. 243 und Woratschek (1996), S. 67. Vgl.FlieB (1996b), S. 100.

229

fallendem Wert von L nach sich, weshalb /^^ steigt (im Modell der Arbeitsteilung wurde ein solcher geringer Wert von L zugrunde gelegt). Die beschriebene Vorgehensweise im Modell der Arbeitsteilung erlaubt es, diese Nacharbeit erstmalig quantifizierbar zu machen, so dass /^, mit Hilfe dieser Oberlegungen weiter spezifiziert wird in: ht-ML= hi + Nacharbeit fllr ermitteltexy'. Aus Sicht des Dienstleisters liegt dadurch ein konkreter Ansatz zur Messung des durch das Kunden-Know-how beeinflussten kundeninduzierten Inputs vor. Eine fUr den praktischen Einsatz zweckmSBige und einfach zu bestimmende Produktivitatskennzahl ist damit gegeben. Die ebenfalls als bedeutende EinflussgrOBe der Produktivitat hervorgehobenen steuemden Prozessinformationen kOnnen bei einem Kontaktpunkt zwischen Anbieter und Nachfrager fliefien, also potenziell mit jeder an den Kunden ausgelagerten Aktivitat. Damit ist die M6glichkeit, dass steuemde Prozessinformationen tibermittelt werden, vereinfacht bereits in der Nacharbeit der Aktivitat miteingerechnet. Dennoch muss bedacht werden, dass steuemde Prozessinformationen im Rahmen der BedUrfnisspezifizierung des Kunden grundsatzlich mit jeder Dienstleistungserstellung flieBen - unabhangig vom Know-how-Level des Nachfragers. Daher wird es eine aus der kundeninduzierten Unsicherheit resultierende InputerhOhung Iki'ML, zumindest aus den steuemden Prozessinformationen, bei jeder Dienstleistung als Konsequenz der Integrativitat geben, jedoch in unterschiedlicher H5he in Abhangigkeit vom konkreten Kunden-Know-how. Durch die optimierte Arbeitsteilung kann insgesamt jedoch der kundeninduzierte Input (7^^/) verringert werden. Die Vorgehensweise im Modell der Arbeitsteilung stellt sicher, dass sich der bewertete Input aus Sicht des Anbieters reduziert bzw. zumindest gleich hoch im Vergleich zur reinen Anbietererstellung bleibt, wobei auf jeden Fall eine NutzenerhShung (fUr Anbieter und Nachfrager) eintritt. FOr den Anbieter liegt diese Nutzenerhehung vor allem auch in der Freisetzung von Aktivitaten, die zu einer Inputsenkung bzw. einer Outputerh6hung bei gleich hohem Input fUhrt. Die in der Theorie herausgestellte Arbeitsteilung zwischen Anbieter und Nachfrager als ein bedeutendes oder vielleicht sogar das bedeutendste (gemaB Gartner und Riessman ist der Kunde der „Schlussel fur eine Produktivitatserhohung"^^^) Mittel zur Steigemng der Produktivitat leistet somit unter Zugrundelegung des Optimierungsmodells und unter der erstmaligen Beriicksichtigung positiver wie negativer Effekte auf jeden Fall ihren Beitrag zur Produktivitatsverbessemng von Dienstleistungen. Aufgmnd der bekannten und stets attestierten Produktivitatsschwache von Dienstleistungen bietet sich folglich uber das Modell der Arbeitsteilung ein wertvoller Ansatzpunkt fUr Dienstleistungsuntemehmen. Kundeninduzierte Unsicherheit wird explizit eingeplant, so dass die Produktivitat letztendlich nicht nur planbar, sondem iiberdies zum Zwecke der Produktivitatsverbesserung auch kontrollierbar gemacht wird.

*^^ Gartner/ Riessman (1978), S. 217.

230

7

Zusammenfassung der Ergebnisse: Besonderheiten und GestaltungsansMtze eines ProduktivitMtsmanagements von Dienstleistungen

Eine produktive Leistungserstellung stellt als Voraussetzung fUr effizientes untemehmerisches Handeln sowohl ftir die Sachgilterproduktion als auch fUr die Dienstleistungsproduktion eine bedeutende Gmndlage fUr das Oberleben im Wettbewerb dar. Aus Marketing-Sicht wird dieses Ziel dartiber hinaus nur bei einer gleichzeitigen Ausrichtung auf die Effektivitat in Form der Kundenzufriedenheit sichergestellt. Wahrend die Aspekte der Produktivitat und Kundenzufriedenheit aus dem Blickwinkel der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre bereits tief durchdrungen wurden, gilt dies fUr den speziellen Bereich des Dienstleistungsmanagements nicht. Hier wurde zwar das Feld des Qualitatsmanagements unter Einbeziehung der Kundenzufriedenheit ausgiebig erforscht, jedoch mangelt es an Untersuchungen zum Produktivitatsmanagement. Da zudem die bislang existierenden produktionstheoretischen Ansatze fUr Dienstleistungen nicht die Integration des Nachfragers in samtlichen Auspragungen zu erfassen verm6gen, ist auch die Ableitung der Produktivitat aus einer Dienstleistungsproduktion nicht mOglich. Folglich ist eine eigenstandige Betrachtung der Produktivitat von Dienstleistungen zwingend notwendig, welche die spezifischen Charakteristika von Dienstleistungen - die Immaterialitat auf der einen und die Integrativitat, die die RoUe des Kunden als Kaufer und die Rolle des Kunden als Co-Producer umfasst, auf der anderen Seite - explizit bertlcksichtigt. Die Immaterialitat flihrt vor allem zu Problemen in der Messung der Produktivitat, womit eine Quantifizierung von Output und Input der Dienstleistung erschwert wird. Zur LOsung werden Surrogatgr6Ben herangezogen, die zumeist als Mengen- und ZeitgrSBen die letztendliche Erhebung von Output und Input ermSglichen. Da die Integrativitat die Einbindung des Kunden als Kaufer und als Co-Producer in den Erstellungsprozess der Dienstleistung erfordert, ergeben sich aus Sicht des Anbieters insbesondere Probleme der Unsicherheit. Im Gegensatz zu den intemen Faktoren unterliegen der Nachfrager und seine extemen Produktionsfaktoren nicht der Autonomic des Anbieters, so dass die Integrativitat unmittelbare Beschaffungs-, Produktions- und Dispositionsrisiken mit sich bringt. Folglich werden die Planungen des Anbieters in diesen Bereichen erschwert. Als ursachlich ftir diese Risiken erweisen sich insbesondere die Leistungsfahigkeit und die Leistungsbereitschaft des Kunden, die seine Prozessevidenz und damit die Giite seines Beitrages bestimmen. Eine nahere Untersuchung zum Produktivitatsmanagement ftir Dienstleistungen musste demzufolge an eben dieser Integration des Nachfragers ansetzen. Diese Sichtweise wird zudem anhand einer Einzelfallstudie in der Praxis bestatigt: Der Kunde wirkt iiber die Bereitstellung von Informationen (Bediirfnisspezifizierung in der Rolle des Kunden als Kaufer) und uber die Zurverfugungstellung extemer Faktoren (Rolle des Kunden als Co-Producer) an der Dienstleistungserstellung mit. Aus diesem Grund wird eine untemehmensinteme bzw. geschlossene

231

Produktivitatsbetrachtung unmoglich. Es muss zu einer umfassenden Produktivitatsanalyse von Dienstleistungen ubergegangen werden, die die Integration des Nachfragers sowie die Einflussnahme des Nachfragers auf den Erstellungsprozess detailliert berUcksichtigt. Eine solche Analyse bedingt auch eine Auseinandersetzung mit den mit der Produktivitat in Wechselbeziehung stehenden Erfolgsfaktoren eines Untemehmens. So nimmt der Kunde als KSufer (iber die steuemden Prozessinformationen und als Co-Producer iiber die Einbringung extemer Faktoren nicht nur entscheidenden Einfluss auf die effiziente Nutzung der Anbieteraktivitaten, sondem auch auf die Gestahung der im dritten Kapitel vorgestellten Erfolgsfaktoren Qualitat, Zeit, Kosten und Kapazitat sowie - damit zusammenhangend - letztendlich auf die Produktivitat der Dienstleistung. Diese Auswirkungen verstarken sich, wenn der Kunde im Rahmen einer Extemalisierungsstrategie zur Arbeitsteilung aufgefordert wird und in aktiver Mitwirkung selbsttatig Aktivitaten ausftihrt. In diesem Fall erhoht sich entsprechend des in Abbildung 28 eingefuhrten Produktivitatsmodells der Anteil des Kunden an der Gesamtproduktivitat der Leistimg (vgl. S. 176). Wahrend die reine Zurverftigungstellung extemer Faktoren in Verbindung mit den leistungsspezifischen Informationen ,lediglich' die Interaktionsproduktivitat betrifft, tritt bei einer aktiven Kundenmitwirkung die Produktivitat des Nachfragers bei gleichzeitiger Erhohung der Interaktionsproduktivitat (z.B. tiber die gesteigerte Anzahl an Kontaktpunkten zum Anbieter) hinzu. Zwar stellt sich die aktive Mitwirkung des Kunden als potenzielle SchltisselgroBe zur Steigerung der Produktivitat dar, da Anbieterinput freigesetzt werden kann, doch besteht fur den Dienstleister infolge der dargestellten kundeninduzierten Unsicherheit ex-ante ebenfalls ein Risiko bezuglich des Erfolges der Arbeitsteilung. Somit lassen sich also zwei wesentliche Einflussstrange der Produktivitat von Dienstleistungen identifizieren, die auf die beiden Kundenrollen des Co-Producers und des Kaufers zuruckgehen: Arbeitsteilung zwischen Anbieter und Nachfrager sowie steuemde Prozessinformation des Nachfragers. Abbildung 39 verdeutlicht anhand eines Wirkungsmodells die Uberlegungen zur Erfassung der Konsequenzen der Kundenmitwirkung im Leistungserstellungsprozess sowie die daraus folgenden Implikationen. Der innere Kern des Wirkungsmodells stellt die Zusammenhange zwischen den Erfolgsfaktoren des Dienstleistungsuntemehmens und der Produktivitat dar. Einerseits wirken die Erfolgsfaktoren auf die Produktivitat sowie wechselseitig untereinander: So erfordem etwa qualitativ schlecht ausgefuhrte Aktivitaten im Prozess eine Nachbesserung. Diese geht zu Lasten der zeitlichen Dauer des Prozesses, bindet Anbieterkapazitaten und schlagt sich dementsprechend in den Kosten nieder. Verzogerungen im Prozess sowie der Einsatz zusatzlicher Ressourcen erhohen schlieBlich die Produktivitat. Andererseits wirken umgekehrt Veranderungen in der Produktivitat (wie z.B. MaBnahmen zur Produktivitatsverbesserung) ihrerseits ebenfalls auf die Erfolgsfaktoren: Produktivitatssteigernde MaBnahmen, wie etwa eine Automatisierung von Teilprozessen, vermindern zum einen aus Sicht des Nachfragers vielfach die Dienstleistungsqualitat, zum anderen verkiirzen sie aus Sicht des Anbieters jedoch die Erstellungszeit und wirken fur das Untemehmen damit kostensenkend. 232

y Line of

Line of v visibility

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1

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Schnittstellen innerhalb des Untemehmens

1 •I A

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internal interaction

Line of order penetration

Abb. 39

o

Wirkungsmodell der Dienstleistungsproduktion

Der auBere Ring der Aktivitaten imd Schnittstellen verdeutlicht erstens das offene System der Dienstleistungsproduktion, zweitens die Dominanz der ArbeitsproduktivitSt: An der Dienstleistungserstellung sind nicht nur Mitarbeiter unterschiedlicher Untemehmensbereiche beteiligt, sondem ebenso der Kunde in seinen beiden Rollen als Kaufer und Co-Producer. Entsprechend der Methode des Blueprinting erfasst das Wirkungsmodell die Mitarbeitertatigkeiten gemaB ihrer Nahe zum Kunden. So besteht an der Line of interaction unmittelbarer Kontakt zum Kunden, wahrend im Back-Office eine Ausrichtung auf den Nachfrager ohne unmittelbare Interaktion stattfmdet. Die Zahl der Kontaktpunkte steigt mit einer Zunahme der Integrativitat sowie tiber verstarkte IndividualisierungsmaBnahmen, in deren Folge der Kunde als Kaufer steuernde Prozessinformationen iiber eben diese Kontaktpunkte einbringen muss. GemaB der in Abbildung 18 dargestellten Typologie nehmen die Kundenaktivitaten und Kundeneinflusse auf die Anbieteraktivitaten zu, je mehr sich die Dienstleistung den zugrundeliegenden Auspragungen des Feldes VI annahert (vgl. S. 113). Unterhalb der Line of order penetration werden schlieBlich kundenunabhangige Aktivitaten durchgefuhrt. Die in der Abbildung dargestellten ,Schnittstellen Anbieter- Kunde' und ,Schnittstellen innerhalb des Untemehmens' umfassen folglich sowohl die damit verbundenen Aktivitaten des Anbieters als auch die Schnittstellen zum Austausch bzw. der Verarbeitung von intemer und extemer Information.

233

Die Zusammenhange verdeutlichen die Bedeutung der Kundenaktivitaten in ihrer Wirkung auf die Anbieteraktivitaten. So muss der Anbieter auf steuemde Prozessinformationen sowie auf vom Kunden erbrachte Aktivitaten entsprechend reagieren. Es wird ersichtlich, dass nicht nur Kundenkontaktmitarbeiter, sondem auch Mitarbeiter des Back-Office, welche kundeninduzierte Aktivitaten ausfUhren, von den Aktivitaten bzw. der GUte der Aktivitaten des Kunden betroffen sind. Diese Auswirkungen kommen insbesondere in der in den Kapiteln 4.1.1.3 und 4.2.2.3 entwickelten Produktivitatskennzahl P =

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r- zum Ausdruck, die kundenindu-

Iku + hi ' —

zierte Aktivitaten von kundenunabhangigen differenziert und explizit die LeistungsfUhigkeit L des Kunden beriicksichtigt. Uberdies wirken samtliche Beitrage zur Leistungserstellung jeweils auf die inneren Faktoren des Wirkungsmodells, die im Rahmen der Dienstleistungsproduktion gestaltet und generiert werden, ein. Da der Kunde zudem iiber die Line of visibility Einsicht in die Untemehmensablaufe sowie in die Ausformung der Erfolgsfaktoren erlangt, sollte die Gestaltung der Faktoren nicht nur Effizienzgesichtspunkte erfiillen, sondem auch die Effektivitat, um Kundenzufriedenheit aus Marketing-Sicht zu gewahrleisten. Aus diesen Zusammenhangen werden zwei wesentliche Erkenntnisse deutlich, die in die Uberlegungen zur produktiven Mobilisierung des Kunden eingehen mtissen: Erstens ist ein positives Zusammenspiel von Qualitat, Zeit, Kosten und Kapazitat einerseits sowie im Verbund mit der Produktivitat andererseits als Kern der Unternehmensleistung mit dem Ziel der gleichzeitigen Erreichung von Effizienz und Effektivitat von grundlegender Bedeutung. Zweitens stellt sich der Kunde als ein wesentlicher Einflussfaktor auf das Produktivitatsmanagement von Dienstleistungen dar. Dienstleistungsuntemehmen stehen damit vor der Aufgabe, die Kundenbeitrage, die auBerhalb des eigenen Verfligungsbereiches liegen, mit Blick auf das Produktivitatsziel geeignet zu steuem bei gleichzeitiger Fokussierung auf die erfolgspragenden Faktoren. Eine solche MaUnahme verlangt einerseits, die Kombination der internen und extemen Faktoren so effizient wie moglich zu vollziehen und dabei andererseits gleichzeitig die kundeninduzierten Unsicherheiten planbar zu machen. Diese durch den Kunden und seine im Rahmen der Arbeitsteilung iibemommenen Aktivitaten in den Prozess eingebrachten Unsicherheiten sind jedoch im Hinblick auf die Produktivitat in der bestehenden Literatur nahezu vollstandig vemachlassigt. Einige wenige Autoren verweisen auf mogliche ProduktivitatseinbuBen, wenn der Kunde sich fehlerhaft integriert, doch unterlassen sie weitere Untersuchungen zu diesen Einflussen.^^^ Stattdessen werden die Kundenaktivitaten im Hinblick auf ihren Beitrag zur Leistungserstellung als gleichwertig zu den internen Faktoren gesehen, so dass entsprechend der ,auBere Ring der Aktivitaten und Schnittstellen' mit Blick auf die Produktivitat als homogen und zielfordemd erachtet wird. Der aktiv mitwirkende Kunde wird in diesem Sinne zu einer weiteren, allerdings kostenlosen Vgl. Kurtz/ Clow (1998), S. 353; Lehmann (1998), S. 27; Lovelock (2001), S. 10; Ojasalo (1999), S. 89-90 und Zeithaml/ Bitner (2000), S. 323.

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Produktivitatsressource. Diese einseitige Sichtweise kann jedoch aufgrund der Vortlberlegungen zur kundeninduzierten Unsicherheit im dritten und vierten Kapitel, die sich in Abbildung 39 widerspiegeln, und gemafi der Bestatigung dieser theoretischen Erkenntnisse durch die Praxis (Fallstudie II) nicht geteilt werden. Daher wurden die Auswirkungen der Kundenbeteiligung im Rahmen einer Extemalisierung theoretisch sowie empirisch analysiert und erstmalig quantifiziert. Den Ausgangspunkt bildete ein geringer Fahigkeitsgrad des Kunden, der die hochste Beeinflussung des Leistungserstellungsprozesses bedingt und damit zu einer umfassenden Untersuchung der Dienstleistungsproduktivitat beitragt. Eine geringe LeistungsfUhigkeit des Kunden kann nicht nur den Ablauf des Prozesses beeintrachtigen, sondem auch zu einer unzureichenden AusfUhrung der Kundenaktivitaten fiihren. In der Folge muss der Anbieter eingreifen und Beitrage geringer GOte sowie ausbleibende Beitrage des Kunden korrigieren. Durch diese Nach- und Doppelarbeit werden Ressourcen des Anbieters gebunden, so dass die Produktivitat sinkt und das Ziel einer Produktivitatssteigerung nicht bedingungslos erreicht werden kann. Um dennoch die Ressource des Kunden als zusatzlichen Inputfaktor auszunutzen, wurde im fiinften Kapitel ein Modell der Arbeitsteilung entwickelt. Dieses beriicksichtigt durch den Einbezug m6glicher Nacharbeit und zeitlicher Verzogerungen explizit die kundeninduzierte Unsicherheit. Gesucht wird jene Arbeitsteilung, die den monetaren Nutzen aus Kundenzufriedenheit, Erlosen und Opportunitatserl5sen beziiglich der freigesetzten Anbieterkapazitaten maximiert. Gleichzeitig sind die Kosten der aus der Extemalisierung resultierenden Nacharbeit sowie aus Verschiebungen des aktuellen Prozesses und nachfolgenden/ parallelen Prozessen infolge der Verzogerungen moglichst gering zu halten. Das bedeutet, die Kosten aus der Auslagerung von Aktivitaten an den Kunden diirfen die Kosten bei Eigenerstellung des Anbieters nicht iibersteigen. Die Losung dieses Optimierungsproblems bringt nicht nur die Menge der an den Kunden auszulagemden Aktivitaten hervor, sondem benennt zudem genau diejenigen Aktivitaten, die optimal zu extemalisieren sind. SchlieBlich beriicksichtigt das Modell ausdriicklich die Sichtweise des Nachfragers, indem es seine Kundenzufriedenheit abfragt. Auf diese Weise wird sowohl das Ziel der Effizienz als auch das gleichzeitig geforderte, jedoch haufig in Konflikt zur Effizienz stehende, Ziel der Effektivitat beriicksichtigt und ein Grundstein zur Erreichung eines Wettbewerbsvorteils des Dienstleistungsuntemehmens gelegt. Der im Modell der Arbeitsteilung zugrunde gelegte geringe Know-how-Level des Nachfragers erfordert fur den praktischen Einsatz der Methode eine Kategorisiemng der Kunden. Aus diesem Gmnd wird abschliefiend eine Kundenprofilanalyse vorgestellt, die das jeweilige Know-how des Kunden erfasst. Die Verbindung der Fahigkeiten des Kunden mit seiner gmndsatzlichen Bereitschaft zur Co-Produktion flieBt dann in einen Segmentiemngsansatz ein, der dem Anbietemntemehmen eine geeignete Strategic zur Arbeitsteilung vorschlagt. Folglich ist in der Gesamtheit der Ausfiihrungen mit der produktiven Mobilisiemng des Kunden zum Zweck der Arbeitsteilung ein entscheidender und weiterer Schritt zur Gestaltung und

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Steuerung der DienstleistungsproduktivitSt unter besonderer Benicksichtigimg der Kundenmitwirkung und Kundeneinflussnahme aufgezeigt worden. So hat Ojasalo in ihrer Forschung zur Produktivitat von Dienstleistungen festgestellt, dass diesbezUglich in der Literatur zwei wesentliche Bereiche vorherrschen: „(1) the ways of improving service productivity [...] and (2) the problems of defining and measuring service productivity as well as connecting service productivity with service quality [...]. Out of these two areas, literature on ways of improving service productivity clearly dominates."**'* Die vorstehende Auseinandersetzung mit der Anwendung imd Nutzung der Produktivitat in Dienstleistungsuntemehmen kniipft somit nicht nur an den bereits bestehenden Erkenntnissen in der Forschung zur Dienstleistungsproduktivitat an, indem Gedanken zur Produktivitatskennzahl und zur Produktivitatsverbesserung im Hinblick auf die Einbeziehung des Kunden weitergefiihrt werden, sondem deckt angrenzende und bislang vemachlassigte Bereiche auf. Diese betreffen ansetzend an der kundeninduzierten Unsicherheit die Analyse der Nacharbeit infolge von storenden Kundeneinflussen sowie dartiber hinaus die Bestimmung der optimalen Arbeitsteilung zwischen Dienstleistungsanbieter und -nachfrager durch das entwickelte Modell der Arbeitsteilung. Damit treten zu den von Ojasalo definierten Bereichen (3) ,Probleme des Einflusses des Kunden' und (4) ,Optimierung der Produktivitat durch Arbeitsteilung' hinzu. Samtliche Gebiete bedurfen im Hinblick auf das die Produktivitat umfassende Feld der Dienstleistungsproduktion weiterer intensiver Forschung, um das immer wieder konstatierte Defizit „dass die Theorie der Dienstleistungsproduktion zwar in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte in ganz verschiedenen Bereichen gemacht, jedoch die dort bestehenden Probleme bei weitem noch nicht in dem MaBe durchdrungen hat, [wie] es bei der Sachgiiterproduktion der Fall ist"**^ endgiiltig zu beheben.

*" Ojasalo (1999), S. 16. *^' Steven (1998), S. 285.

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