Positives Management : zentrale Konzepte und Ideen des Positive Organizational Scholarship [1. Aufl]
 3835002767, 9783835002760 [PDF]

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Zitiervorschau

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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber abrufbar.

1. Auflage Mai 2006 Alle Rechte vorbehalten 9 Deutscher Universitiits-Verlag I GWV Fachverlage GmbH,Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel/Stefanie Brich Der Deutsche Universitiits-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich gesch~itzt. Jede Verwertung aul~erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.gs unzul~issig und strafbar. Das gilt insbesondere f~ir Vervielfiiltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen,Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wiiren und daher von jedermann benutzt werden diJrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, Schel~litz Gedruckt auf siiurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN-10 3-8350-0276-7 ISBN-13 978-3-8350-0276-0

Vorwort

V

Vorwort

Erfolgreiche Untemehmen sind permanent auf der Suche nach organisationaler Spitzenleistung. Die US-amerikanische Forschungsrichtung des Positive Organizational Scholarship (POS) hat sich diesen Gedanken zu Eigen gemacht und untersucht die Ursprtinge organisationaler Spitzenleistung. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass diese Spitzenleistungen in erster Linie nicht auf die Vermeidung bzw. Reduzierung von Schw~ichen zurtickzu~hren ist, sondern auf die prim~ire Ftirderung von St~irken, also aller positiv zu beurteilenden Ph~inomene in Organisationen. Die Idee des Positiven Management setzt an dem Gedankengut der POSForscher an und zielt darauf ab, die zentralen Erkenntnisse aus dem deutschsprachigen Raum vor einem anwendungsorientierten und praxisnahen Hintergrund zu diskutieren, lm vorliegenden Buch stehen deshalb spezifische Herausforderungen eines Positiven Managements im Fokus. Die Handlungsfelder lassen sich dabei auf zwei Ebenen verorten. Auf der einen Seite setzen sie direkt bei den positiven Attributen von Mitarbeitern an. Auf der anderen Seite orientieren sie sich an Ph~inomenen auf organisatorischer Ebene. Grundlegende Argumente und relevante Konzepte far den erfolgreichen Umgang mit Aspekten eines Positiven Managements sind Inhalte der in diesem Buch gesammelten Beitr~ige. Es richtet sich damit einerseits an Forscher, Dozenten und Studierende der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunktinteressen Organisation, Management und Untemehmens~hrung. Andererseits werden Ftihrungskr~ifte angesprochen, die durch diese Beitr~ige praxisnahe Anregungen far die verbesserte Nutzung und Entwicklung der ihnen zugeordneten Humanressourcen erhalten. Das hohe Potenzial der Forschungsrichtung ftir Wissenschaft und Praxis wird u. a. durch die Nennung als eine der ,,Breakthrough Ideas" in der Harvard Business Review dokumentiert. Unser ganz besonderer Dank gilt der Gallup Deutschland GmbH bzw. deren Gesch~iftsRihrer Gerald Wood, der das Buchprojekt nachhaltig f6rderte. Ebenfalls ist an dieser Stelle unsere wissenschaftliche Hilfskraft Andreas Hauser hervorzuheben, der das gesamte Buch-Projekt im letzten Jahr mit gr6gtem Engagement begleitet und mit positiver Energie vorangetrieben hat. Letztlich bedanken wir uns nattirlich bei den mitwirkenden Vertretem aus Wissenschaft und Praxis, ohne deren Beitr~ige dieses Buch tiberhaupt nicht entstanden w~ire. Mit ihnen zusammen hoffen wir, dass das Buch und das Konzept des Positiven Managements grol3e Resonanz findet. Max Ringlstetter, Stephan Kaiser und Gordon Mtiller-Seitz

Inhalt

VII

Inhalt

Vorwort ............................................................................................................... V Teil 1: Hintergriinde zum Positiven Management

Positives Management- Ein Ansatz zur Neuausrichtung und Erweiterung bisheriger Managementforschung und -praxis Max Ringlstetter, Stephan Kaiser und Gordon Muller-Seitz ............................... 3

Positive Organizational Scholarship Christopher Peterson and Nansook Park .......................................................... 11

Teil 2" Ein Blick auf positive individuelle Attribute und Verhaltensweisen

Freiwilliges Arbeitsengagement Hans-Werner Bierhoff Elke Rohmann und Michael J~irgen Herner ................. 35

Eigeninitiative als Konzept positiven Verhaltens in Organisationen Angelo Giardini und Michael Frese .................................................................. 53

Die Bedeutung Prosozialen Dienstleisterverhaltens far die Interaktionszufriedenheit des Kunden Christian Coenen ............................................................................................... 71

Produzentenstolz von Dienstleistern als positive Arbeitsemotion Matthias H.J. Gouthier ...................................................................................... 91

Sinn in unserem Leben - bedeutsam for seelische Gesundheit, Leistungsf~ihigkeit und Lebensqualit~it Reinhard Tausch .............................................................................................. 115 Die Janusk6pfigkeit positiver Emotionalit~it- P1/~doyer ~r die Umorientierung von einer valenz- zu einer funktionalorientierten Betrachtung Max Ringlstetter und Gordon M~iller-Seitz ...................................................... 131

Individuell-subjektives GlOcksempfinden als untemehmerischer Erfolgsfaktor Stephan Kaiser und Max Ringlstetter .............................................................. 151

VIII

Inhalt

Teil 3: Eine Betrachtung positiver Phfinomene auf organisationaler Ebene Organisationale Energie- wie Ftihrungskr/~fte durch Perspektive und Stolz Potenziale freisetzen Heike Bruch und Stephan BOhm ...................................................................... 167 Eigennutz oder Reziprozit/~t? - Steuerung von Unternehmenskooperationen durch Prozessteams Michael Gaitanides und Markus GObel ........................................................... 187 Die Bedeutung von Talent f'tir den Erfolg von Untemehmen Tina Vitzthum und Gerald Wood ..................................................................... 209

Corporate Volunteering als Element des Positive Organizational Scholarship Andr~ Habisch ................................................................................................. 221

Positives Management, ethikorientierte Ftihrung und Center of Excellence- Wie Untemehmenserfolg und Entfaltung der Mitarbeiter durch neue Untemehmens- und Ftihrungskulturen gef6rdert werden k6nnen Dieter Frey, Silvia Oflwald, Claudia Peus und Peter Fischer ......................... 237

Autoren ............................................................................................................ 269 Stichwortverzeichnis ........................................................................................ 275

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Inhalt

Teil 3: Eine Betrachtung positiver Phfinomene auf organisationaler Ebene Organisationale Energie- wie Ftihrungskr/~fte durch Perspektive und Stolz Potenziale freisetzen Heike Bruch und Stephan BOhm ...................................................................... 167 Eigennutz oder Reziprozit/~t? - Steuerung von Unternehmenskooperationen durch Prozessteams Michael Gaitanides und Markus GObel ........................................................... 187 Die Bedeutung von Talent f'tir den Erfolg von Untemehmen Tina Vitzthum und Gerald Wood ..................................................................... 209

Corporate Volunteering als Element des Positive Organizational Scholarship Andr~ Habisch ................................................................................................. 221

Positives Management, ethikorientierte Ftihrung und Center of Excellence- Wie Untemehmenserfolg und Entfaltung der Mitarbeiter durch neue Untemehmens- und Ftihrungskulturen gef6rdert werden k6nnen Dieter Frey, Silvia Oflwald, Claudia Peus und Peter Fischer ......................... 237

Autoren ............................................................................................................ 269 Stichwortverzeichnis ........................................................................................ 275

Teii 1: Hintergrtindezum Positiven Management

Teil 1" Hintergriinde zum Positiven Management

Positives Management- Ein Ansatz zur Neuausrichtung und Erweiterung bisheriger Managementforschung und-praxis Max Ringlstetter, Stephan Kaiser und Gordon Mf~ller-Seitz Positive Organizational Scholarship Christopher Peterson and Nansook Park

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PositivesManagement

Positives Management- Ein Ansatz zur Neuausrichtung und Erweiterung bisheriger Managementforschung und -praxis Max Ringlstetter, Stephan Kaiser und Gordon Mfiller-Seitz

Positive Organizational Scholarship als Ursprung des Konzepts eines Positiven Managements Grundidee des Positiven Managements Thematische Einbettung und Kurzvorstellung der Beitriige

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Positives Management

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Positive Organizational Scholarship als Ursprung des Konzepts eines Positiven Managements Die ldeen des Positiven Managements gehen im Wesentlichen auf die kOrzlich in den Vereinigten Staaten entstandene Bewegung Positive Organizational Scholarship (POS) zurOck (siehe hierzu auch Peterson und Park in diesem Band). Zentrales Kennzeichen von POS ist dabei die explizite Konzentration auf organisationale H6chstleistungen. Die POS-Forscher versuchen mOglichst innovative und interdisziplin~re Zug~nge zu positiven Ph~nomenen zu gewinnen. Dadurch sollen FOhrungskr~fte neuartige und praxisnahe Anregungen for die verbesserte Nutzung und Entwicklung der ihnen zugeordneten Humanressourcen sowie Ansatzpunkte zu einer effektiveren und effizienteren Organisationsgestaltung erhalten. lnsgesamt hat POS als Forschungsdisziplin mittlerweile beachtliche Aufmerksamkeit gewonnen. Als gutes Indiz fur das innovative Potenzial und die zunehmende Relevanz von POS ist sicherlich die erfolgte Erw~hnung in der Harvard Business Review als eine der ,,Breakthrough Ideas" fur das Jahr 2004 zu werten. Auch auf der wohl wichtigsten Konferenz zur Managementforschung, der j~hrlichen Konferenz der American Academy of Management, findet sich in den letzten Jahren eine zunehmende Anzahl an Beitr~gen mit explizitem Bezug zu POS. Der vorliegende Sammelband nimmt dies zum Anlass, sich n~her mit Anregungen dieser Forschungsdisziplin auseinanderzusetzen, diese weiterzuentwickeln und vor allem auch im deutschsprachigen Raum n~iher bekannt zu machen. Die grundlegenden ldeen des POS entstammen der psychologischen Forschung. Es besteht weitgehende Einigkeit, dass die zur Jahrtausendwende entstandene akademische Disziplin der Positiven Psychologie den Vorl~ufer von POS darstellt. Namensgeber und zentraler Vertreter dieser Bewegung ist Martin E.P. Seligman. In seiner Funktion als President der American Psychologist Association machte er die Positive Psychologie durch die Ver6ffentlichung einer Sonderausgabe der renommierten US-Fachzeitschrift American Psychologist im Jahre 2000 publik. Als dominantes Ziel der Forschungsrichtung bezeichnet Seligman die Untersuchung des optimalen menschlichen Funktionierens. Diese Besonderheit ist zugleich auch kennzeichnend for POS, allerdings war dies noch nicht der A usl6ser zu deren GrOndung. Als Anlass hierffir kann man vielmehr zwei Ereignisse in den USA auffassen, die bereits fur weit reichende Diskussionen gesorgt haben und im Hinblick auf die Positiv-Fokussierung ironischer Weise stark negativ konnotiert sind. Einerseits sind dies die Terroranschl~ige des 11. Septembers, bei denen sich die Medien auf Themen wie Zivilcourage und Mitgefi3hl mit den Opfem und deren Verwandten konzentrierten. Andererseits die Debakel von Enron und WorldCom, die emeut das Interesse an

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Max Ringlstetter,StephanKaiserund Gordon Mtiller-Seitz

Themen wie Corporate Governance und Untemehmenskulturen weckten, da derartige Aspekte die Vorbildfunktion der UntemehmensNhrung hervorheben sollten. Dies war letztlich die Geburtsstunde yon POS, wobei vielen Forschem zun~ichst die Positive Psychologie als Ankntipfungspunkt diente. Denn hierdurch liegen sich diverse US-amerikanische Wissenschaftler inspirieren und nahmen die beiden Vorf~ille zum Anlass, sich vermehrt positiven organisationalen Ph~inomenen zuzuwenden. 2

Grundidee des Positiven Managements

Anliegen des vorliegenden Sammelbands ist es, die zentralen Konzepte und Ideen des Positive Organizational Scholarship als Anregungen zu tibemehmen und weiterzuentwickeln. Resultat der Weiterentwicklung ist die Grundidee eines Positiven Managements. Dieses konzentriert sich ebenso wie POS auf positive Ph~inomene. Dabei soll es jedoch nicht nur um eine bloBe Deskription positiver Ph~inomene gehen, sondern um deren Einsatz, weshalb wir bewusst von einem positiven ,,Management" sprechen. Gleichzeitig soll durch den Fokus auf Forschungsergebnisse aus dem deutschsprachigen Raum bewusst eine Erg~inzung der bis dato unter diesem Thema ver6ffentlichten Konzepte aus den Vereinigten Staaten erzielt bzw. etwaige kulturelle Unterschiede im Umgang mit positiven Aspekten im Management berticksichtigt werden. Insgesamt lassen sich aus Sicht des Positiven Managements zwei wesentliche Handlungsfelder identifizieren. Erstens gilt es, individuelle positive Attribute von Mitarbeitern zu erkennen, ihre Wirkung auf die Mitarbeiterproduktivit~it einzusch~itzen und entsprechend zu f0rdem. Zweitens stehen positive organisationale Ph~inomene, wie z. B. organisationale Energie (siehe hierzu auch Bruch und BOhm in diesem Band), im Blickpunkt des Positiven Managements. Auch hier geht es darum, zu verstehen, wie diese teilweise emergenten Erscheinungen zu Stande kommen, welche Konsequenzen damit verbunden sind und schlieBlich, wie sie aus Sicht der Untemehmensftihrung gesteuert und genutzt werden ktinnen. Naturgem~iB weisen die Ans~itze eines Positiven Managements bzw. des POS nicht nur auf innovative Forschungsleitfragen hin, sondern unterliegen auch vielfacher Kritik. Beispielsweise ist das zu diesem Zeitpunkt noch mangelhafte Kausalit~itsverstg.ndnis der diversen Ph~inomene problematisch. Sind etwa positive Emotionen der Grund far Produktivit~itszuw~ichse oder eine Steigerung der Kreativit~it? Oder verh~ilt es sich genau umgekehrt? Auch besteht Unklarheit dartiber, inwiefern sich die Erkenntnisse aus Nachbardisziplinen, wie etwa der Medizin, sinnvoll auf den organisationalen Kontext tibertragen lassen. So ist es durchaus fraglich, ob die positiven Aspekte enger zwischenmenschlicher Beziehungen im privaten Bereich in der Organisationsforschung analog anwendbar sind.

Positives Management

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Unbeschadet dieser Kritikpunkte an einem Positiven Management bzw. dem urspninglichen Konzept eines Positive Organizational Scholarship, scheint die Besch~iftigung mit positiven Ph~inomenenjedoch lohnenswert. Die Verlagerung des Forschungsfokus- inspiriert durch die Positive Psychologie und P O S erm6glicht die Integration neuartiger Ideen in die Managementforschung und -praxis. Die Frage, ob sich diese dann als tragbar erweisen, l~isst sich erst in einem zweiten Schritt beurteilen. Ein weiterer Pluspunkt ist die interdisziplin~ire Ausrichtung, die einen akademischen Austausch und somit letztlich eine umfassendere Betrachtungsweise der Managementforschung f6rdern dtirfte.

Thematische Einbettung und Kurzvorsteilung der Beitriige Bisher wurden Ideen und Ans~itze eines positiven Managements aus deutschsprachiger Perspektive skizziert. Im Folgenden wird der erste Teil des Buchs durch den Beitrag von Peterson und Park zum Thema POS erg~inzt und weiter vertieft. Die beiden Autoren stellen aus Sicht der US-amerikanischen Forschung ausftihrlich das Thema POS vor. Im anschlieBenden zweiten Teil stehen Aktionsparameter im Mittelpunkt, die auf positive Attribute und Verhaltensweisen des Individuums in Organisationen abstellen. Den dritten Teil bilden Beitdige, die sich an positiven Ph~inomenen auf organisationaler Ebene orientieren. Durch den Fokus auf organisationale Ph~inomene soil einerseits verdeutlicht werden, dass positive Ph~inomene tiber individuelle Aspekte hinausgehen kOnnen. Andererseits soil damit veranschaulicht werden, dass das Positive Management nicht ausschlieBlich am Individuum ansetzt, sondem auch Gruppen von Individuen umfasst. Christopher Peterson und Nansook Park orientieren sich an der eingangs genannten Forschungsrichtung Positive Organizational Scholarship und stellen ebenso den Ursprung der Forschungsrichtung wie auch die 0berschneidungen mit anderen Wissenschaftsdisziplinen vor. Sie zeigen illustrativ auf, dass Glt~cksgeftihle und persOnliche St~irken im organisationalen Kontext wertvoll sind. Des Weiteren diskutieren sie die Bedingungen ffir das Entstehen organisationaler Tugenden, welche das Wohlbefinden der Organisationsmitglieder fOrdern. Peterson und Park geben t~berdies Einblick in die neuesten Forschungsergebnisse auf dem Gebiet menschlicher St~irken. Zu Beginn des zweiten Teils des vorliegenden Bandes befassen sich HansWerner Bierhoff et alii mit freiwilligem Arbeitsengagement, welches sie als ein mehrdimensionales Konstrukt vorstellen, das sich auf fOrderliche Verhaltensweisen yon Mitarbeitem bezieht. Ausgehend von einem theoretischen Modell des freiwilligen Arbeitsengagements geben die Autoren zus~itzlich Einblick in diverse Messverfahren zur Bestimmung unterschiedlicher Ftihrungsdimensionen. Insbesondere das Ftihrungsverhalten wird im Anschluss als wichtigste Voraussetzung des freiwilligen Arbeitsengagements er6rtert.

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Max Ringlstetter, StephanKaiserund Gordon Mtiller-Seitz

Eigeninitiative l~isst sich als ein B0ndel von Verhaltensweisen darstellen, die ein Individuum als einen potentiell proaktiven, eigenverantwortlichen und unbeirrbaren Probleml6ser beschreiben. Angelo Giardini und Michael Frese stellen ein standardisiertes und validiertes Instrument zur Messung von Eigeninitiative vor. Daran anschlieBend werden die relevanten Bedingungen und Auswirkungen ftir das Individuum sowie die Organisation verdeutlicht. Die Autoren thematisieren, dass Eigeninitiative als Btindel von Verhaltensweisen durch entsprechende MaBnahmen gezielt beeinflusst werden kann. Die im Kundenkontakt von Dienstleistern wichtige ,,Serviceorientierung" basiert zu groBen Teilen auf intuitiven Handlungen des Mitarbeiters. Diese erfolgen meist aus freiem Antrieb heraus und bringen seinen Einsatzwillen zur Hilfeleistung zum Ausdruck. Dieses Prosoziale Dienstleisterverhalten wird von Christian Coenen ~ r die individuelle Interaktionszufriedenheit des Kunden als besonders relevant erachtet. Neben konzeptionellen Grundlagen zur Interaktionszufriedenheit und zum Prosozialen Organisationalem Verhalten zeigt der Autor die Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens ~ r das Leistungsergebnis und die Bedtirfnisbefriedigung des Kunden sowie die daraus resultierende Kundenzufriedenheit auf. Matthias H.J. Gouthier stellt Stolz und die Aussicht auf das Geftihl von Stolz als zentrale Antriebskr~ifte von Mitarbeitern vor. Besondere Relevanz hat Produzentenstolz im Dienstleistungskontext. Der Autor arbeitet zun~ichst die theoretischen Grundlagen, speziell vor dem Hintergrund der Erbringung von Dienstleistungen fundiert auf. Anerkennung und 0ffentlichkeit werden dabei als zentrale Einflussfaktoren charakterisiert. Aufbauend auf den Wirkeffektensowohl positive wie negative- des Konstrukts Produzentenstolz leitet der Autor Handlungsempfehlungen ab, um Stolz als intrinsisches Motivationsinstrument auf Organisations-, Team- und Individualebene konkret nutzbar zu machen. Reinhard Tausch stellt in seinem Beitrag Sinn in unserem Leben den Sinn in einer Vielzahl von Facetten dar. Er definiert Sinn und nennt die Quellen hier~r. Zudem schildert er die positiven Auswirkungen von Sinnerfahrungen ebenso wie die negativen Auswirkungen von Sinnlosigkeit. Dartiber hinaus gibt er AnstOBe zur FOrderung der Sinnerfahrung im Allgemeinen und in Organisationen im Speziellen, um so letztlich durch Sinnerfahrungen die Lebensqualit~it sowie die seelische und ktirperliche Gesundheit zu fOrdern. Max Ringlstetter und Gordon Mfiller-Seitz konzentrieren sich auf Emotionalit~it in Organisationen. Im Gegensatz zur vorherrschenden Orientierung an emotionalen Zust~inden aus Sicht des Menschen, nehmen die Autoren die Sicht der Untemehmens~hrung ein und betrachten emotionale Zust~inde mithin aus funktionaler Wage. Dabei legen sie dar, dass zwar das lndividuum durchaus emotionale Zust~inde maximieren kann und dies auch grunds/atzlich mOchte, dies jedoch aus Sicht der fokalen Organisation nicht per se zielftihrend sein muss. Neben der Vorstellung einer solchen JanuskOpfigkeit positiver Emotiona-

Positives Management

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litat wenden sich die Autoren auch potenziellen Steuerungsoptionen zum Umgang mit dieser Problematik zu. Ausgehend vom aktuellen Stand der Felder Glticksforschung und des Positive Organizational Scholarship diskutieren Stephan Kaiser und Max Ringlstetter den Einfluss des individuell-subjektiven Gliicksempfindens als unternehmerischen Erfolgsfaktor. Diesem Einfluss liegt die Annahme zu Grunde, dass gltickliche Mitarbeiter produktiver sind und somit den Unternehmenserfolg f6rdem k6nnen. Jedoch l~isst sich diese Annahme nicht uneingeschdinkt untersttitzen. Weiters werden Ideen skizziert, wie aus Sicht der Unternehmensfiihrung in Richtung glticklicher Mitarbeiter gedacht und gehandelt werden kann. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Initiierung von Flow-Erlebnissen und personalpolitische Maf3nahmen relevant. Den dritten- an organisationalen Ph~inomenen und Managementaspekten orientierten- Teil beginnen Heike Bruch und Stephan BOhm mit ihren Ausfiihrungen zur Organisationalen Energie. Das Konstrukt der Organisationalen Energie wird durch zwei unabh~ingige Dimensionen beschrieben und kann vier typische Energiezust~inde annehmen. Dabei ist die personentibergreifende, unternehmensweite Anstrengung aller Mitarbeiter ein Kernmerkmal und l~isst sich durch die beiden Gr66en ,,Perspektive" und ,,Stolz" beeinflussen. Bruch und B6hm ftihren die verschiedenen Energieformen theoretisch auf diese beiden GrO6en zurtick und veranschaulichen ihren Einfluss anhand zahlreicher Beispiele. Die daraus resultierenden Managementimplikationen runden den Beitrag ab. Im anschliegenden Kapitel widmen sich Michael Gaitanides und Markus G6bel dem Aspekt Reziprozitdt. Ausgehend vonder Beobachtung, dass in modernen Volkswirtschaften Unternehmenskooperationen, wie Joint Ventures, Supply Chains, Strategische Allianzen oder Forschungskooperationen, MOglichkeiten zur Renditemaximierung darstellen, analysieren die Autoren interorganisationale Austauschprozesse und die Prozessintegration durch unternehmenstibergreifende Prozessteams sowie durch relationale Transaktionsprozesse. Bei den Varianten relationaler Konfiguration differenzieren die Autoren zwischen balancierter und generalisierter Reziprozit~it und den entsprechenden Kontrollen. Sie zeigen zudem auf, dass Entstehung und Verteilung der Kooperationsrenten ma6geblich von diesen relationalen Konfigurationen abh~ingen. Drei an Managementaspekten ausgerichtete Kapitel werden von Tina Vitzthum und Gerald Wood eingeleitet. Sie setzen sich mit der Bedeutung von Mitarbeitertalent auseinander und zeigen auf, inwiefern die St~irken eines Mitarbeiters eine gro6e Rolle far die Produktivit~it bei der Arbeit und ftir das Erieben dieser T~itigkeit spielen. Dabei bestehen die St~irken des Mitarbeiters aus einem Dreiklang aus seinen F~ihigkeiten, erlernten und erfahrenem Wissen sowie Talenten. Aufbauend auf den Ergebnissen aus Langzeitstudien des USForschungsinstituts Gallup stellen die Autoren die strategische Bedeutung der talentbasierten Personalauswahl und -entwicklung praxeologisch dar. Vor allem

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Max Ringlstetter,StephanKaiserund GordonMtiller-Seitz

dem bis dato dominierenden Instrument des Assessment Centers bescheinigen sie nur geringe Aussagekraft, da ein solches Verfahren oftmals nicht tiber die n6tige Objektivit~it verftigt. Die im Beitrag aufgeftihrten Ausftihrungen zur Objektivit~it sollen daher dem Untemehmen erm6glichen, seine Kernziele besser zu erreichen. Einen wiederum anders gelagerten Fokus w~ihlt AndrO Habisch. So konzentriert sich Habisch auf die aktuelle politik- und sozialwissenschaftliche Forschung, welche Hinweise auf gravierende gesellschaftliche Vedinderungen in Richtung Individualisierung und der Schw~ichung sozialer Netzwerke gibt. Dies greift das Soziale Kapital an, das erfolgreiche Untemehmen nachhaltig untersttitzt. Ankntipfend an diese Beobachtung zeigt er, dass for Untemehmen ein so genanntes Corporate Volunteering, verstanden als betriebliches Freiwilligenmanagement, ein zweckvolles Mittel darstellt, in das soziale Kapital zu investieren. Der Autor geht dabei insbesondere auf Teamprojekte, Secondment Programme und Family Volunteering ein. Abschlie6end stellt das Autorenkollektiv urn Dieter Prey ein Positives Management als Werkzeug dar, um Mitarbeiter dauerhaft zu hervorragenden Leistungen zu motivieren. Dabei konzentrieren sie sich vor allem auf drei Aspekte: Den Wechsel yon der Negativ- zur Positivfokussierung, ethikorientierte F~ihrung und Center-of-Excellence-Kulturen. Alle drei genannten Aspekte werden ausftihrlich vorgestellt und deren Zusammenspiel dahingehend gewtirdigt, dass neben dem Innovations-, Motivations- und Kreativit~itspotenzial der Mitarbeiter auch deren Selbstverwirklichung am Arbeitsplatz realisiert werden kann.

PositiveOrganizationalScholarship

Positive Organizational Scholarship

Christopher Peterson and Nansook Park

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1.4 1.5

Positive Organizational Scholarship Positive Social Science: Common Assumptions The Domains of Positive Psychology Happiness and Organizations Consequences of Happiness Eudaimonia Flow Character Strengths and Organizations The "Good" Organization

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Conclusion

1.1 1.2 1.3 1.3.1

1.3.2 1.3.3

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Positive OrganizationalScholarship

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Positive Organizational Scholarship Like many of the social sciences, the field of organizational studies has long had a negative tilt (Cameron/Caza 2004). Topics like absenteeism, alienation, attrition, employee theft, workplace violence and discrimination are investigated frequently by organizational researchers. Indeed, people in general have little trust in big business (Harris Poll 2005), and the erosion of ethical standards in the workplace is the subject of growing societal concern and comment (Gardner et al. 2001). This focus on what goes wrong in an organizational context makes sense because problems demand attention and require remediation (Baumeister et al. 2001). But an exclusive focus on the negative yields an incomplete view of the human condition, and it leads to a focus on mere prevention of problems rather than on the building and nurturing of individuals and organizations that thrive. Echoing the recent positive psychology movement (Seligman/Csikszentmihalyi 2000), the field of organizational studies has recently called for an expanded vision of organizational life that recognizes what goes right. Positive organizational scholarship (POS) is a newly-christened approach that recognizes and studies exceptional individual and organizational performance (Cameron et al. 2003). It brings together under the same rubric such topics as worker satisfaction and morale, transformational leadership, organizational innovation and creativity, and individual and municipal virtue. How common are these instances of excellence? What are their consequences? What organizational norms, values, and practices facilitate their display? How can they be nurtured or even created from scratch? POS has also been called positive organizational behavior (Luthans 2003; Wright 2003), and it overlaps in spirit with the organizational change strategy of appreciative inquiry (Cooperrider/Whitney 2000). POS also shares much in common with positive youth development (Damon 2004), strengths-based social work (Saleebey 1992), assets-based community development (Maton et al. 2003), competence-based primary prevention (Albee 1982; Cowen 1994) the Russian field of acmeology (Rean 2000), the South African field of psychofortology (Strtimpfer 2005), and the field in which the present authors work-positive psychology (Peterson 2006; Peterson/Park 2003; Seligman 2002; Snyder/Lopez 2002). All of these fields have roots in humanistic psychology (Maslow 1954; Rogers 1951), especially as this perspective has been applied in educational and work settings (e.g., Wooten/Crane 2004). Distinctions among these instances of positive social science exist and are often important because they involve the identity of the individuals of theoretical and research concern (e.g., children versus adults) and the settings where they are found (e.g., schools versus worksites). However, it is also possible to identify common assumptions (Peterson 2004).

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1.1

Christopher Peterson and Nansook Park

Positive Social Science." Common Assumptions

POS and its allied fields all assume that human goodness and excellence are as authentic as disorder, distress, and dysfunction (Peterson/Park 2003). These topics deserve to be studied with rigorous scientific methods. For the past fifty years, social science was based on the disease model of human nature in which people are seen as inherently flawed and fragile, victims of cruel environments or casualties of bad genetics (Maddux 2002). This worldview has even crept into the common culture, and many of us have become self-identified victims, trying to survive but not to flourish. Thus, the field of social science in general has neglected the study of what can go right with people and often has little more to say about the good life than do pop psychologists and inspirational speakers. Now, positive social science proposes that it is time to correct this imbalance and to challenge the assumptions of the disease model. It is worth emphasizing that positive social science fully embraces the scientific method. Here is a possible distinction with the otherwise similar humanistic approaches from a generation ago and more generally with the positive thinking movement. Humanists were sometimes skeptical about the scientific method and what it could yield yet were unable to offer an alternative other than the insight that people were good (cf. Maslow 1966). Positive social science in contrast relies on empirical research to understand people and their lives, what is positive as well as what is negative. The routes to the good life are an empirical matter. Indeed, whether what seems positive is always desirable is also an empirical question. Two related points deserve emphasis. First, what is positive about the individual or organization is not the mere absence of what is negative. What is positive must be studied in its own right. For example, studies of depression do not tell us much about happiness. Studies of workers who are alienated do not tell us much about those who are fulfilled by their jobs. The absence of disease is necessary but not sufficient for health. Second, the determinants of what is positive are not necessarily the opposite of the determinants of what is negative. For example, religious involvement strongly distinguishes between happy and unhappy people (e.g., Myers 1993) but not between those who are happy and those who are extremely happy; in this case, it is close interpersonal relationships that prove crucial (Diener/Seligman 2002). For another example, a family with high expressed emotion is deleterious when family members have severe psychological disorders (Leff/Vaughn 1985), but the absence of affective communication hardly makes a good family an excellent one (Reis/Gable 2003). Although it is not a necessary assumption for positive social science, most approaches share the conviction that the human condition can be improved by the intelligent application of what has been learned (Linley/Joseph 2004). Indi-

Positive Organizational Scholarship

15

viduals can presumably become happier (Fordyce 1977). Relationships can presumably be improved (Johnson et al. 1999). Organizations can presumably become more productive and more humane (Luthans/Youssef 2004). It is tempting to dismiss these presumptions as na~'ve American optimism, but is worth noting that positive social science has adherents around the world 1, especially in Western Europe and East Asia. As the basic science continues, other lines of work are moving into the realm of application. "Positive" interventions are being devised and tested (Seligman et al. 2005). Results so far are promising. Over the centuries, hundreds if not thousands of potential interventions have been proposed, and positive social scientists have just begun to operationalize and evaluate them. How well these interventions will generalize - across diverse groups and over time is a research topic of high priority. Among the many instances of positive social science, positive psychology is especially prominent and has grown rapidly in recent years (Seligman et al. 2005). In fact, POS has been significantly influenced by development of positive psychology with respect to theory, research, and intervention (Peterson/Seligman 2003b). In the following sections, we introduce basic concepts and recent research findings of positive psychology that are most relevant to POS.

1.2

The Domains of Positive Psychology

Positive psychology is an umbrella term for the scientific study of what makes life most worth living. Positive psychology proposes that the good life can be encouraged by identifying individual strengths and fostering them (Seligman 2002). The contribution of positive psychology has been to pull together what

The recent growth of the positive perspective in social science has been phenomenal. In just a few short years, literally hundreds of articles on the topic have appeared in the scholarly and popular press. Dozens of books have been published, and many more are being written. POS has also been featured in a number of special issues of journals (e.g., February 2004 American Behavioral Scientist). The Journal of Positive Psychology- first appeared in 2006. Conferences are held on a regular basis, e.g., the annual International Positive Psychology Summit sponsored by the Gallup Organization and Toyota (see http://www.gallup.hu/pps/). The Center for Positive Organizational Scholarship has been established at the Ross School of Business at the University of Michigan (see http://www.bus.umich.edu/Positive/). Its webpage contains links to many useful resources, including related organizations such as the Appreciative Inquiry Commons at the Weatherhead School of Management at Case Western Reserve University, the Centre for Confidence and Well-being in Glasgow, the Positive Psychology Center at the University of Pennsylvania, the Center for the Development of Peace and Well-Being at the University of California (Berkeley), the Institute for Research on Unlimited Love at the School of Medicine at Case Western Reserve University, and the Research Center for Work, Health, and Organizational Effectiveness in Montreal.

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ChristopherPeterson and NansookPark

have been isolated lines of theory and research and to argue that the good life deserves its own field of inquiry, at least until all of social science embraces the study of what is good along with the study of what is bad (Seligman et al. 2005). Positive psychology calls for as much focus on strength as on weakness, as much interest in building the best things in life as in repairing the worst, and as much attention to fulfilling the lives of healthy people as to healing the wounds of the distressed (Peterson/Seligman 1999). Research findings from positive psychology are intended to supplement - not to replace - what is known about human suffering, weakness, and disorder. The intent is to have a more complete and balanced scientific understanding of the human experience. Following Seligman/Csikszentmihalyi (2000), the concerns of positive psychology entail three related topics: the study of positive subjective experiences (happiness, pleasure, gratification, satisfaction, fulfillment, well-being), the study of positive individual traits (character strengths, talents, interests, values) that encourage positive experiences, and the study of institutions (certain families, schools, businesses, communities, societies) that encourage positive traits and thereby positive experiences (Peterson 2006). No grand theory has yet emerged in POS, but the seeds of such an approach are implied by this parsing of topics: Institutions enable (or not) positive traits, which in turn enable (or not) positive subjective experiences (Park/Peterson 2003). We deliberately chose the term "enable" to avoid a strict causal implication. We think it is possible for people to be happy or content even in the absence of good character, and we certainly think people can have good character even when living outside the purview of facilitating organizations. The example of apartheid's demise in South Africa shows that citizens can do the right thing even in the face of historical precedent. The example of whistleblowers shows that employees do not always conform to workplace norms. And the example of excellent students from modest backgrounds shows that intellectual curiosity can be found in all venues. But matters are facilitated when institutions, traits, and subjective experiences are in alignment (Gardner et al. 2001). The good life represents a coming together of these three domains. There are several important implications here. First, the routes to the good life are multiple. POS must avoid a monolithic view of excellence (Diener 2003). Second, because "enable" is a light-handed term, the role of the good organization in encouraging good character on the part of its members and ultimately their positive subjective experiences can be subtle and certainly complex. One of the tasks for positive organizational scholars is to articulate how organizational features provide the context in the form of norms, values, and reward structures that enable the psychological characteristics making excellence possible.

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What has been learned to date? In the remainder of this chapter, we touch upon some of the important findings that have already emerged from positive psychology and bear on organizational life. More work remains to be done, especially in moving across and integrating individual and group levels of analysis (House et al. 1995). However, this work has begun in earnest (e.g., Harter et al. 2002; Wright/Cropanzano 2004).

1.3

Happiness and Organizations

The happiness of individuals may not always be a priority of organizations and their leaders (McGregor 1960). They may regard their purpose as "serious" and judge their success by criteria that have nothing to do with well-being in its own right- achievement, influence, innovation, productivity, profit, and so on. Some organizations and their leaders may even be suspicious of the conclusion that happiness matters. Happiness has connotations of permissiveness and frivolousness and so may be regarded as distracting (Noddings 2003). We have a different view supported by research from the positive psychology. Happiness matters in organizations because it is broadly associated with desirable outcomes. These data deserve dissemination and show that a sole focus on economic indicators, for example, provides a profoundly incomplete view of specific organizations and indeed entire societies (Csikszentmihalyi 1999; Diener/Seligman 2004). Social science researchers study happiness under the rubric of life satisfaction, asking individuals to indicate their agreement with survey questions like "the conditions of my life are excellent" and "I am satisfied with my life" (Diener et al. 1985). Studies consistently show that most people are satisfied, a finding in stark contrast to the view that emerges from business-as-usual social science, which leads one to think that demoralization and dysfunction abound (Diener/Diener 1996). Life satisfaction tends to be a stable characteristic of the individual over time, and twin studies suggest that it is moderately heritable (Lykken/Tellegen 1996). From these findings, some have concluded that well-being cannot be appreciably altered, that after momentary ups or downs, it returns to a biologically-determined set-point (Brickman/Campbell 1971). This claim has recently been challenged, however, and it appears as if happiness can be increased if a person changes his or her life and maintains these changes (Seligman et al. 2005). The social context of course makes it more or less easy to make and then sustain changes.

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1.3.1

Consequences of Happiness

Happiness deserves our attention because it is not just a marker of the good life but also one of its causes. Lyubomirsky et al. (2005) reviewed two sorts of happiness studies: those that measured variables across time (longitudinal studies) and those that deliberately manipulated positive moods and ascertained the consequences (experimental studies) (see also Argyle 2001). These studies strengthen the inference that happiness actually leads to the outcomes with which it is correlated. Lyubomirsky et al. (2005) concluded that happy individuals experience later success in many domains of life, including: academic success (see also Park 2004b) marriage friendship employment (see also Staw/Ross 1985) income (see also Diener et al. 2002) work performance (see also Wright/Cropanzano 2004) mental health physical health These findings tell us that happiness matters in groups ranging from the marital dyad to schools and work organizations (Lucas/Diener 2003). If one needs further convincing about the importance of happiness, consider the dire consequences of not being happy. Depression- an extreme case of unhappiness- may be the most common disability in the Western world and is certainly the leading cause of lost productivity in the workplace (Stewart et al. 2003). Depression directly costs employers many millions dollars in health care costs (Matson-Koffman et al. 2005). Depression doubles the risk of cardiac mortality among individuals with or without cardiac disease (Pennix et al. 2001) and contributes as well to other acute and chronic health problems (Peterson/Bossio 1991). Any intervention that reduces depression- i.e., increases happiness- among workers would pay for itself many times over (Langlieb/Kahn 2005), and here may be one of the most important practical contributions that POS can make. One explanation of the benefits of happiness is found in Fredrickson's (2004) theorizing about the functions of positive emotions. According to her broaden-and-build theory, positive emotions signal safety, and our inherent response to them is not to narrow our options - as we do when experiencing negative emotions like fear or a n g e r - but to broaden and build upon them. Research participants induced in the laboratory to experience positive emotion such as amusement or contentment show broader attention, greater working memory, enhanced verbal fluency, and increased openness to information. Fredrickson (2004) argued that the frequent experience of positive emotions

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leads to an "upward spiral" of well-being that is the positive counterpart of negative rumination. 1.3.2

Eudaimonia

Perhaps happiness has earned itself a bad name because of the casual tendency to equate it with superficial hedonism. "Are you happy? .... Yes, I just had an ice cream cone." But a closer examination reveals that happiness has a meaning much broader than momentary feelings of pleasure (Guignon 1999; Russell 1930; 1945). Consider Aristotle's (2000) venerable notion of eudaimoniabeing true to one's inner self (demon). According to this view, true happiness entails identifying one's strengths, cultivating them, and living in accordance with them. The relevance of eudaimonia to excellence in organizations is obvious. We want students to discover their personal interests at schools - favorite subjects that they can pursue (Renninger 1990; 2000). We want workers to identify out what they do especially well and to take on responsibilities in which they can exercise and develop these skills (Buckingham/Clifton 2001). More generally, we want people to find or create their callings in life, and often these will be in the context of an organizational role (Wrzesniewski et al. 1997). The eudaimonic perspective on happiness undergirds Ryff/Singer's (1998) vision of psychological well-being and Deci/Ryan's (2000) self-determination theory, each of which has given rise to research showing that eudaimonic happiness is associated with desirable outcomes for the individual and the group. Uniting eudaimonic emphases is the premise that people should develop what is best within themselves and then use these skills and talents in the service of greater goods - including in particular the welfare of other people or humankind writ large. "Are you happy? .... Yes, I made a difference at work today." 1.3.3

Flow

Another perspective on happiness that helps us understand organizational life proposes that happiness exists when we are fully engaged in what we do (Seligman 2002). Csikszentmihalyi (1990) has labeled the psychological state that accompanies highly engaging activities flow. During flow, time passes quickly for the engaged individual. Attention is focused on the activity itself. The sense of the self as a social actor is lost. The aftermath of the flow experience is invigorating. However, flow is not to be confused with sensual pleasure. Flow in the moment is nonemotional and arguably nonconscious. People describe flow as highly and intrinsically enjoyable, but this is an after-the fact summary judgment, and "joy" is not immediately present during the activity itself.

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Flow is the experience of working at full capacity (Nakamura/Csikszentmihalyi 2002), which is why the concept figures prominently in positive social science. Unlike many positive concepts, flow has been extensively investigated, using an experience sampling method which asks research participants to carry a pager that goes off at random intervals (e.g., Larson/Csikszentmihalyi 1978). They are then asked to describe what they are doing and how they are feeling at the time. We have learned that flow occurs when there is an optimal balance between skill and challenge (Moneta/Csikszentmihalyi 1996). In other words, flow represents the coming together of a person and an environment. One need not be an expert in a domain to experience flow. All that matters is that the presented challenge meets one's skills, and vice versa. Too much challenge disrupts the process, as does too little skill. The downside is that the challenge of the flow-producing activity necessarily changes as one's skills improve. All readers know how initially engaging activities eventually lose their magic unless the bar is raised to meet growing changes in expertise. Flow can be experienced in all sorts of activities, at work or play, but usually among those perceived as voluntary (Kleiber et al. 1996). Here we have a practical lesson about how to create flow in the workplace: Allow a person to recraft at least the details of his or her job so that personal ownership of work is underscored. We also know that people differ greatly in the frequency with which they have flow and that young people who experience more flow during adolescence show long-term desirable consequences, such as achievement in creative domains (e.g., Rathunde/Csikszentmihalyi 1993). They may even be healthier (Nakamura/Csikszentmihalyi 2002). The long-term aftermath of flow has been described as the building of psychological capital, and perhaps we can wed flow research to positive emotions research to speculate that the results of flow positive emotions- is how psychological resources are created that are later deployed to good effect (Moneta/Csikszentmihalyi 1996; Shernoff et al. 2003). "Are you happy? .... Yes, I lost myself in my work today." We have developed a self-report survey that measures the degree to which individuals endorse three different routes to happiness: pleasure, eudaimonia, and engagement (e.g., flow) (Peterson et al. 2005b). Each of these orientations to happiness is associated with general life satisfaction as well as with satisfaction at work, although considered together, the contributions of eudaimonia and engagement to well-being greatly outweigh that of pleasure. Interestingly, people simultaneously high on all three orientations are especially satisfied. What we have called the full life is therefore greater than the sum of its parts.

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1.4

21

Character Strengths and Organizations

Let us move from positive experiences to positive traits. Recent research in positive social science has focused specifically on strengths of character (McCullough/Snyder 2000). It is becoming a clich6 to hear calls for increased attention to character and ethics in business as well as other social institutions and organizations, from government to education to sport. Moral goodness can of course be regarded as needing no further justification, but our thesis here is different. Character matters in part because it leads people to do the right thing, and the right thing can be productive and profitable (Park 2004a). Nice guys not only can finish first, but they often do finish first, by a number of criteria usually neglected by moral commentators (cf. Wright 1994). Our argument is not a cynical replacement of the ethical justification for good character but simply an additional rationale that legitimizes societal attention to character and how its components can be deliberately encouraged. For the past several years, we have been involved in a project that conceptualizes, classifies, and measures strengths of character - positive traits like curiosity, kindness, and leadership (Peterson/Seligman 2004). Our work stems from the philosophical tradition that emphasizes virtues, dispositions to behave in morally praiseworthy ways (Anscombe 1958). We approached good character as a family of positive traits, each of which exists in degrees. To convey the multidimensionality of good character, we call its components character strengths. Our classification includes 24 different strengths of character grouped under six core virtues (see Table 1).

Table 1: Classification of Character Strengths

wisdom and knowledge - cognitive strengths that entail the acquisition and use of knowledge

creativity: thinking of novel and productive ways to do things curiosity: taking an interest in all of ongoing experience love of leaming: mastering new skills, topics, and bodies of knowledge open-mindedness: thinking things through and examining them from all sides perspective: being able to provide wise counsel to others

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.

,

courage - emotional strengths that involve the exercise of will to accomplish goals in the face of opposition, external or internal

humanity- interpersonal strengths that involve "tending and befriending" others

4. justice- civic strengths that underlie healthy community life

temperance- strengths that protect against excess

authenticity: speaking the truth and presenting oneself in a genuine way bravery: not shrinking from threat, challenge, difficulty, or pain persistence: finishing what one starts zest: approaching life with excitement and energy kindness: doing favors and good deeds for others love: valuing close relations with others social intelligence: being aware of the motives and feelings of self and others fairness: treating all people the same according to notions of fairness and justice leadership: organizing group activities and seeing that they happen teamwork: working well as member of a group or team forgiveness: forgiving those who have done wrong modesty: letting one's accomplishments speak for themselves prudence: being careful about one's choices; n o t saying or doing things that might later be regretted self-regulation: Regulating what one feels and does

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6. transcendence- strengths that forge connections to the larger universe and provide meaning

23 appreciation of beauty and excellence: noticing and appreciating beauty, excellence, and/or skilled performance in all domains of life gratitude: being aware of and thankful for the good things that happen hope: expecting the best and working to achieve it humor: liking to laugh and joke; bringing smiles to other people religiousness: having coherent beliefs about the higher purpose and meaning of life

We arrived at this family of character strengths by identifying core virtues recognized across world cultures and throughout history (Dahlsgaard et al. 2005) and thinking of the different ways these are manifest. Strengths of character that are arguably culture-bound were excluded, and conclusions of some generality can potentially be drawn. We devised measures of character strengths that have demonstrable reliability and promising validity (Peterson et al. 2005a). Quantitative comparisons and contrasts across different groups can be made, although the assessment of good character proves challenging. Character strengths are plural and must be measured in ways that do justice to their breadth. To date, we have devised and evaluated several different methods: (a) focus groups to flesh out the everyday meanings of character strengths among different groups; (b) self-report questionnaires," (c) structured interviews to identify what we call signature strengths; (d) informant reports of how target individuals rise to the occasion (or not) with appropriate strengths of character (e.g., openmindedness when confronting difficult decisions or hope when encountering setbacks); and (e) case studies of nominated paragons of specific strengths. Among additional methods we are in the process of developing: (f) a content analysis procedure for assessing character strengths from unstructured descriptions of self and others (Park/Peterson, in press); and (g) strategies for scoring positive traits from archived material like obituaries or diaries (Park 2005). These latter methods greatly extend the reach of future studies by allowing the investigation of good character among the otherwise unavailable. Furthermore, they permit longitudinal studies to be mounted retrospectively, so long as individuals have left behind suitable material for analysis.

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Given the availability of these measures, we have begun to explore some of the correlates and consequences of different components of good character, including those relevant in organizational settings. Here are some of the tentative findings (Peterson/Park, in press): Particular strengths of character- gratitude, hope, zest, curiosity, and loveare robustly associated with life satisfaction as well as work satisfaction across a range of occupation types, from unskilled laborer to CEO (cf. Park et al. 2004). We also have some hints that strengths of humanity (Table 1) contribute in particular to satisfaction with work that explicitly involves interacting with other people, like teaching or sales. Indeed, in a prospective study of cadets at the United States Military Academy, the strength of love predicted accomplishments as a leader, and the strengths of hope and perseverance predicted who would stay in the service (cf. Seligman/Schulman 1986). And in a study of teachers, the strength of social intelligence was associated with greater-than-expected performance gains over the academic year on the part of students. Students with the strengths of perseverance, prudence, gratitude and love earn better grades, even when ability test scores are held constant. The strength of hope is associated with good health, long life, and freedom from "accidents" (Peterson et al. 2001) The strength of zest is robustly associated with regarding one's work as a calling (as opposed to a mere way to make money), a stance associated with desirable outcomes for individual workers as well as their employers (Wrzesniewski et al. 1997). In some cases, character strengths like gratitude and hope can be increased through simple exercises that have lasting effects on well-being to the degree that individuals incorporate the gist of the exercises into their ongoing lives (Seligman et al. 2005). It is unlikely that any individual can "have it all" with respect to the components of good character (Walker/Pitts 1998). Tradeoffs among character strengths may not be inevitable, but empirically they do occur. So, we find that strengths of the heart (e.g., gratitude and love) tend not to co-occur with strength of the head (e.g., perseverance and self-regulation) and that individually-focused strengths (e.g., curiosity and creativity) tend not to co-occur with other-focused strengths (e.g., teamwork and fairness). The practical implication is that we need to choose carefully the strengths we target in deliberate interventions because there may be unintended effects. In most of our work to date, we have assessed character strengths of individuals and linked them to outcomes - well-being and achievement- for these

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same individuals. This strategy has yielded interesting results as just described but overlooks what may be the most important consequence of good character: its effects on others in the immediate vicinity. We have found, for example, that the strength of self-regulation on the part of parents has a stronger relationship to the happiness of their children than it does to their own happiness. By implication, perhaps, the payoff of other character strengths might be less in their individual impact than in their social impact, especially in an organizational setting (Clifton/Harter 2003).

1.5

The "Good" Organization

Finally, let us address how organizations can enable strengths of character and in turn the well-being of their members, with all the resulting benefits just described. This inquiry is not a simple one, and we must beware of glib answers. Recent decades have seen a number of popular books that attempt to describe what makes some work organizations great ones: more successful, great, visionary, or enduring than others (e.g., Buckingham/Coffman 1999; Collins 2001; Collins/Porras 1997; Levering/Moskowitz 1993; Peters/Waterman 1982; Shaw 1987). Work organizations of course need to be profitable, but there is agreement that profit per se cannot be the sole concern of organizations that aspire to excellence. These endeavors are in effect multiple case studies, comparing and contrasting a handful of consensually good businesses with a handful of those that are presumably not so good, with the goal of discerning critical features (Rosenwald 1988). The problem with these otherwise provocative comparisons is that the criteria used for deciding goodness conflate profitability, longevity, customer satisfaction, and notoriety with moral goodness, and debate ensues about the moral desirability of some of the critical features thereby identified 2. In most if not all cases, organizations are too complex to be called good or bad across the board. We need to ask instead which are good or bad for what purpose (Peterson 2006). Here we focus on the individual fulfillment of organizational m e m b e r s - happiness broadly defined- as one organizational purpose of enduring concern and interest. Our study of work organizations vis-~-vis individual fulfillment led us to identify several organizational-level virtues that enable this end (Park/Peterson 2003). To the degree that they are present, individual members are fulfilled- of good character and good cheer. First, work organizations need to have an articulated moral goal or vision that can be embraced by workers and customers alike, and this vision needs to George Vaillant (personal communication, December 7, 2005) made the provocative observation that the longevity of the world's great religions - Hinduism, Judaism, Christianity, Buddhism, Islam- so far eclipses that of nations and work organizations that their common features should be the focus of POS.

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guide actual conduct within the organization. Slogans and logos may provide clues about the vision of a work organization, but day-to-day practices provide the real proof of their existence. Second, a work organization needs to have the wisdom to recognize what it does best and not extend itself into domains where its expertise would be suspect. The moral corollary of this feature is that a given work organization need not and should not celebrate all individual-level virtues. A fire department requires courage on the part of firefighters and prudence on the part of chiefs and engineers; aesthetic appreciation is irrelevant. Third, besides an emphasis on a core mission, work organizations need to be flexible and have open agendas. "Good" work organizations have streamlined chains of command and minimal red tape. Overly complex bureaucracies are the organizational equivalent of what we term on the individual level character imbeciles (Peterson/Seligman 2003b). Fourth, workers need to be treated fairly, in ways guided by reward structures both explicit and equitable (Bok 1995). The parallel with "good" parenting is interesting. In contrast to authoritarian or permissive styles of raising children, an authoritative style entails limits with explanation and ongoing negotiation about where to set these limits (Baumrind 1971; 1978). Authoritative parenting leads to children who are friendly, cooperative, socially responsible, and self-reliant- kids with good character. An authoritative managerial style similarly leads to employees who are independent yet responsible- workers with good character (Peters/Waterman 1982). Fifth, work organizations need to follow through on commitments, to workers and to customers. Promises and contracts, even implied ones, need to be consistently honored. Said another way, in a moral workplace, the spirit of the law triumphs over the letter of the law. Sixth, the organization needs to treat people as individuals and not as a pair of hands. In the case of employees, this means giving them the autonomy to be innovative. It means humane concern not only for workers but also for their families. It means placing people in jobs that allow them to do what they do best. It means promoting from within. In the case of customers, treating them as individuals entails being honest about the goods or services that are delivered; it means listening to what customers have to say about the work organization and then following their suggestions. Our ideas about good organizations are tentative at best, and further work is needed. But eventually we can address other questions central to POS. How can these virtues be measured at the organizational level? What are the consequences of their presence or absence? Do they come into conflict with one another, and if so, how are conflicts adjudicated? How do organizational-level virtues develop? How are they sustained? And how do they enable the display of individual-level happiness and strengths of character?

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We speculate that a "good" organization can inspire its members to be more than they are - to reveal strengths of character that are dormant or to create new ones that allow them to rise to the occasions deemed important by the organization (Peterson/Seligman 2003a). We call for further attention to how organizational practices can be engineered so that moral excellence and personal fulfillment on the part of all organizational members are afforded. 2

Conclusion

In this chapter, we described the new field of positive organizational scholarship and some of the findings showing that happiness and strengths of character matter importantly in organizational life. We also discussed some of the features of organizations- organizational-level virtues- that enable the well-being of their members. The popularity of the positive perspective reflects a recognition that the social sciences over the past sixty years have served up a meal only half-prepared. The reduction of problems is not the sole purpose of the human condition (Easterbrook 2001). Positive social scholars are now making up for the historical neglect of what makes life most worth living, and a solid foundation for the long-term success of POS and allied fields has been established (Linley et al. 2006; Peterson 2006). Research results are clear that happy, moral, and healthy workers are also the most productive. Further research into how organizations can enable the happiness and character strengths of its members may lead to a world in which we all flourish. References Albee, G.W. (1982): Preventing psychopathology and promoting human potential, in: American Psychologist, Voi. 37, pp. 1043-1050. Anscombe, G.E.M. (1958): Modern moral philosophy, in: Philosophy, Vol. 33, pp. 1-19. Argyle, M. (2001): The psychology of happiness; 2 ndedition, East Sussex. Aristotle (2000): The Nicomachean ethics (R. Crisp, Trans.), Cambridge. Baumeister, R.F./Bratslavsky, E./Finkenauer, C./Vohs, K.D. (2001): Bad is stronger than good, in: Review of General Psychology, Vol. 5, pp. 323-370. Baumrind, D. (1971): Current patterns of parental authority. Developmental Psychology Monographs, 4 (1, Part 2). Baumrind, D. (1978): Parental disciplinary patterns and social comparison in children, in: Youth and Society, Vol. 9, pp. 239-276. Bok, S. (1995): Common values, Columbia, MO. Brickman, P./Campbell, D.T. (1971): Hedonic relativism and planning the good society, in: Appley, M.H. (Ed.): Adaptation-level theory, New York, pp. 287-305. Buckingham, M./Clifton, D.O. (2001): Now, discover your strengths, New York. Buckingham. M./Coffman, C. (1999): First, break all the rules, New York. Cameron, K.S./Caza, A. (2004): Contributions to the discipline of positive organizational scholarship, in: American Behavioral Scientist, Vol. 47, pp. 1-9.

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Teil 2: Ein Biick auf positive individuelleAttribute und Verhaltensweisen

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Teil 2" Ein Blick auf positive individuelle Attribute und V e rh a lten sw eisen

Freiwilliges Arbeitsengagement Hans-Werner Bierhoff Elke Rohmann und Michael Jtirgen Herner Eigeninitiative als Konzept positiven Verhaltens in Organisationen Angelo Giardini und Michael Frese Die Bedeutung Prosozialen Dienstleisterverhaltens ftir die Interaktionszufriedenheit des Kunden Christian Coenen Produzentenstolz von Dienstleistem als positive Arbeitsemotion Matthias H.J. Gouthier S inn in unserem Leben- bedeutsam ftir seelische Gesundheit, Leistungsf~ihigkeit und Lebensqualit/at Reinhard Tausch Die Janusk6pfigkeit positiver Emotionalit/at- Pl/adoyer for die Umorientiemng yon einer valenz- zu einer funktionalorientierten Betrachtung Max Ringlstetter und Gordon Muller-Seitz Individuell-subjektives Glticksempfinden als untemehmerischer Erfolgsfaktor Stephan Kaiser und Max Ringlstetter

FreiwilligesArbeitsengagement

Freiwilliges Arbeitsengagement Hans-Werner Bierhoff Elke Rohmann und Michael Jtirgen Herner

Definition und Beispiele Gruppenleistung vs. individuelle Leistung Theoretisches Modell des freiwilligen Arbeitsengagements 4 4.1 4.2 4.3

Exkurs: Messung des Ftihrungsverhaltens durch Mitarbeiter Fragebogen zur Vorgesetzten-Verhaltensbeschreibung (FVVB) Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ) Managerial Practices Survey (MPS)

5 5.1 5.2 5.3

Leadership Vorhersage des freiwilligen Arbeitsengagements mit dem FVVB Prtifung des Modells des ffeiwilligen Arbeitsengagements Umfassende Analyse der Ft~hrungsmuster in ihrer Beziehung zu freiwilligem Arbeitsengagement: Was z~ihlt?

6

Schlussfolgerungen und Perspektiven

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FreiwilligesArbeitsengagement 1

37

Definition und Beispiele

Die Berufswelt hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten aufgrund technologischer Innovationen und des organisatorischen Wandels gewaltig ver~indert. Das l~isst sich sowohl aus der eigenen Berufsbiographie vieler Menschen ablesen als auch aus den weiter entwickelten Konzepten der Organisationstheorie. Eine Komponente des organisatorischen Wandels kommt darin zum Ausdruck, dass die T~itigkeit der Mitarbeiter in der Tendenz weniger durch exakte Aufgabenbeschreibungen und Instruktionen gekennzeichnet ist und mehr durch freiwilliges Arbeitsengagement. Freiwilliges Arbeitsengagement ist ein mehrdimensionales Konstrukt, das sich auf f'6rderliche Verhaltensweisen der Mitarbeiter, die dem Organisationserfolg dienen, abet nicht vertraglich mit dem Arbeitgeber festgelegt worden sind, bezieht. Stattdessen liegt dem Engagement eine freiwillige und spontane Entscheidung der Mitarbeiter zugrunde, die unter Berticksichtigung der besonderen Anforderungen der Arbeitssituation zustande kommt. Ein Beispiel ist eine Sekret~irin, die ohne Widerspruch akzeptiert, ausnahmsweise nach Dienstschluss anwesend zu bleiben, um ein Protokoll einer Sitzung, die um 16 Uhr beginnt, erstellen zu k6nnen. Der Vorteil dieser ,sportlichen Haltung' der Sekret~irin liegt auf der Hand, wenn man tiber die Altemativen nachdenkt: Mehrkosten durch die Bezahlung yon Oberstunden oder Vorgesetzte, die das Protokollschreiben ~ibemehmen und dadurch yon der Erledigung wichtigerer Aufgaben abgehalten werden. Beispiele fOr freiwilliges Arbeitsengagement hat es immer schon gegeben, seit es Mitarbeiter in Firmen und Verwaltungen gibt. Trotzdem hat man ihnen in der Organisationstheorie viele Jahre lang wenig Beachtung geschenkt. Erst der Aufstieg yon lateralen Organisationsmodellen (Schrey6gg 2003) anstelle der traditionellen Organisationsstrukturen hat die Bedeutung, die dem freiwilligen Arbeitsengagement in Organisationsmodellen zugeschrieben wird, vergr6gert, da diese Modelle eine hohe Mitarbeitermotivation voraussetzen. ,,FOr laterale Teamorganisationen, die nur gering spezifizierte Aufgabenbeschreibungen kennen, ist ein solches Verhalten yon herausragender Bedeutung" (Schrey6gg 2003, S. 278). Freiwilliges Arbeitsengagement stellt ein mehrdimensionales Konstrukt dar, das sich in verschiedene Bereiche aufgliedert (Organ 1988; Podsakoff et al. 1997): Prosoziales Verhalten als Hilfeleistung gegentiber Mitarbeitern oder Vorgesetzten. Beispiel: Ein langj~ihriger Mitarbeiter zeigt einem neu angestellten Kollegen, wie er seine Aufgabe am neuen Arbeitsplatz effektiv erledigen kann. Sorgfalt im Sinne von voller Aussch6pfung der Dienstzeit, Beachtung der Regeln und Einhaltung der Pausen. Beispiel: Ein Mitarbeiter l~isst sich von

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Hans-Werner Bierhoff, Elke Rohmann und Michael Jtirgen Herner

starken Schneef~illen nicht davon abhalten, in den Dienst zu fahren, auch wenn andere die Schlechtwetterlage als Entschuldigung ftir ihr Fernbleiben nehmen. Sportliche Haltung als Bereitschaft, kleine St6rungen und Hemmnisse am Arbeitsplatz ohne Murren zu akzeptieren. Beispiel: Ein Verk~iufer beklagt sich nicht dartiber, dass ihm ein neuer Distrikt zugewiesen wird, den er noch nicht kennt. H6flichkeit, charakterisiert als Verhaltensweisen, durch die Konflikte mit anderen vermieden werden. Beispiel: Ein Systemanalytiker, der mit der Umstellung der Verkaufsberichte durch ein Computer-Programm besch~iftigt ist, erkundigt sich bei den sp~iteren Nutzern des Programms nach Verbesserungswtinschen und Vorstellungen, bevor er die Umstellung beginnt. Btirgerliche Tugenden, charakterisiert durch verantwortungsbewusste Teilnahme und Interesse an der Organisation, der die Person angeh6rt. Beispiel: Ein Fakult~itsmitglied besucht die Veranstaltung zur Verleihung der Abschlusszeugnisse, ohne dazu verpflichtet zu sein, um das Ansehen der Fakult~it in der Offentlichkeit zu erhOhen. Diese verschiedenen Dimensionen des freiwilligen Arbeitsengagements h~ingen positiv miteinander zusammen, erfassen aber verschiedene Aspekte des Konstrukts, die in Abh~ingigkeit von den situationalen Bedingungen unterschiedlich relevant sein k6nnen. Sportliche Haltung kann in einer Phase der Umstellung, in der aufgrund von Umbaumal3nahmen viel improvisiert werden muss und der L~irmpegel erhOht ist, von besonderer Bedeutung sein. Hingegen kommt der Bereitschaft zum prosozialen Verhalten eine groBe Bedeutung zu, wenn neue Mitarbeiter eingearbeitet werden und wenn Lticken, die durch Urlaub oder Krankheit bedingt sind, ge~llt werden m~issen. Ein besonderes Problem der Forschung stellt die Abgrenzung zwischen Pflichten am Arbeitsplatz einerseits und freiwilligem Arbeitsengagement andererseits dar. Die Grenzlinie ist flief3end und abh~ingig von der Gestaltung der Arbeitsvertr~ige. Wenn z. B. der Arbeitsvertrag beinhaltet, dass neue Mitarbeiter eingearbeitet werden m~issen, stellt eine entsprechende Aktivit~it eine Arbeitspflicht dar und repr~isentiert nicht freiwilliges Arbeitsengagement. Da aber solche Pflichten selten in Arbeitsvertr~igen aufgenommen werden, ist eine Vielzahl von F~illen dadurch gekennzeichnet, dass das Einarbeiten neuer Mitarbeiter unter die Kategorie des prosozialen Verhaltens fiillt. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der lateralen Organisationsmodelle werden die Pflichten am Arbeitsplatz weniger umfassend definiert, weil dem Prinzip der Selbstorganisation der Arbeitsgruppe und der Herstellung von flachen Organisationen Vorrang gegeben wird.

FreiwilligesArbeitsengagement

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Zwar ist die Grenze flieBend, die sich zwischen freiwilligem Arbeitsengagement und Arbeitspflichten ziehen l~isst, aber es lassen sich bestimmte Kriterien nennen, die eine eindeutigere Zuordnung erm6glichen. Diese Kriterien ~ r freiwilliges Arbeitsengagement lauten (Podsakoffet a l. 1993): Die Aktivit~it wird nicht explizit belohnt da~r, dass sie gezeigt wird, sie wird nicht in dem Arbeitsvertrag erw~ihnt bzw. vorgeschrieben, die Mitarbeiter werden nicht darin ausgebildet, entsprechende Aktivit~iten zu zeigen. Freiwilliges Arbeitsengagement l~.sst sich auch dadurch sinnvoll eingrenzen, dass man einen Kontrast mit ,anti-freiwilliges Verhalten' (anti-citizenship behavior) spezifiziert (Pearce/Giacalone 2003). Unter anti-freiwilliges Verhalten fallen die Vermeidung von Arbeitsengagement, Widerstand gegen Vorgesetzte, Feindseligkeit und Vergeltung, um sich an anderen zu r~ichen. Es l~isst sich dem kontraproduktiven Verhalten im Betrieb zuordnen, unter das Arbeitsverweigerung, Abwesenheit vom und Diebstahl am Arbeitsplatz fallen (Marcus 2003). Freiwilliges Arbeitsengagement ist aber mehr als das Nichtauftreten von kontraproduktivem Verhalten, da es auf konstruktiven Beitr~igen der Mitarbeiter beruht, die das Unternehmen f6rdern. Die obige Definition des freiwilligen Arbeitsengagements ist verhaltensbasiert. Sie l~isst die Intention der Mitarbeiter, die das Verhalten zeigen, often. Die Frage danach, warum ein Mitarbeiter motiviert ist, freiwilliges Arbeitsengagement zu zeigen, l~isst sich durch empirische Studien beantworten und soil nicht durch eine definitorische Festlegung eingeschr~inkt werden. Es ist z. B. m6glich, dass Mitarbeiter freiwilliges Arbeitsengagement deshalb ausfiihren, weil sie sich mit ihrer Firma identifizieren. In anderen F~illen kann es sein, dass sich die Mitarbeiter deshalb konstruktiv engagieren, weil sie empathisch eingestellt sind und nicht zulassen wollen, dass andere Mitarbeiter unter Oberlastung und anderen Stressoren leiden. Eine weitere M0glichkeit besteht darin, dass freiwilliges Arbeitsengagement auch durch egoistische Motive hervorgerufen wird. Daftir spricht z. B. der positive Zusammenhang zwischen Vorgesetzten-Bewertung und freiwilligem Arbeitsengagement (Podsakoff et al. 1993). Untersuchungsergebnisse zeigen, dass der Beitrag des freiwilligen Arbeitsengagements zur Bestimmung des Vorgesetzten-Urteils mindestens so gro8 ist wie der der objektiven Leistung. Wenn Mitarbeiter eine entsprechende implizite Theorie verfolgen, nach der ihre Bewertung als Unternehmensmitarbeiter und damit auch ihre Karrierechancen nicht zuletzt von ihrem freiwilligen Arbeitsengagement abh~ingen, sollten sie aus selbstdienlichen Grtinden motiviert sein, die Komponenten des freiwilligen Arbeitsengagements zu realisieren. Das ist vermutlich vor allen Dingen dann

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Hans-WernerBierhoff, ElkeRohmannund MichaelJtirgen Herner

der Fall, wenn es in dem Unternehmen Aufstiegsm6glichkeiten gibt und wenn die Mitarbeiter Karriere-orientiert sind. Durch das Ausklammern der Intention aus der Definition des freiwilligen Arbeitsengagements wird verdeutlicht, dass es kein ,,gutes" oder ,,schlechtes" Engagement ftir andere gibt. Das stimmt tiberein mit der Erkenntnis aus der Forschung zum prosozialen Verhalten, wonach egoistische und altruistische Motive nebeneinander bestehen und gleichermaBen die Bereitschaft f~rdem, sich ftir andere, die sich in Not befinden, einzusetzen (Bierhoff 2002; Levine et al. 2001). Die Teilmenge des prosozialen Verhaltens, die auf uneigenntitzigen Motiven beruht, wird mit ,Altruismus' bezeichnet. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass die ursprtingliche Begriffsbildung, die von Organ (1988) gew~ihlt wurde, der die erste weiter oben genannte Komponente des freiwilligen Arbeitsengagements ,Altruismus' nannte, unglticklich ist. Denn ,Altruismus' bezieht sich in der Literatur zum prosozialen Verhalten ausschlieBlich auf Hilfsbereitschaft, die durch selbstlose Motive wie Empathie bestimmt wird. Dementsprechend haben wir den irreftihrenden Begrift Organs durch die angemessene Bezeichnung ,prosoziales Verhalten' ersetzt, die so definiert ist, dass sie sowohl selbstlose Formen als auch selbstdienliche Formen des Helfens umfasst (Bierhoff 2002). Das Thema des freiwilligen Arbeitsengagements h~itte sich nicht in der Organisationstheorie etablieren k6nnen, wenn seine Auswirkungen nicht gtinstig ftir den Organisationserfolg w~iren. Daher gehen wir im Folgenden zun~ichst auf die Frage ein, welche Auswirkungen mit der Bereitschaft zum freiwilligen Arbeitsengagement zusammenh~ingen. Diese Darstellung dient dazu, die globaleren Feststellungen, die wir im Einleitungsteil tiber den Erfolg des freiwilligen Arbeitsengagements vorgegeben haben, mit empirischer Evidenz zu belegen. Diese Analyse ist sehr aufschlussreich, weil eine Unterscheidung zwischen Gruppenleistungen und individuellen Leistungen zu berticksichtigen ist. Nachdem wir das Thema der Auswirkungen des freiwilligen Arbeitsengagements auf die Leistung behandelt haben, entwickeln wir den theoretischen Ansatz, der in der Einleitung anklingt, weiter, indem wir ein theoretisches Modell des freiwilligen Arbeitsengagements darstellen. Dieses Modell beinhaltet sowohl personale Einflussfaktoren (Pers~nlichkeitsmerkmale, Stimmungen) als auch situationale Einflussfaktoren (Ftihrungsmuster, Gruppengr6Be) auf das freiwillige Arbeitsengagement. Darauf aufbauend wird im Weiteren auf der Grundlage eigener Untersuchungen aufgezeigt, dass dem Ftihrungsmuster eine entscheidende Bedeutung f'tir die Hervorrufung eines freiwilligen Arbeitsengagements zukommt.

FreiwilligesArbeitsengagement

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Gruppenleistung vs. individuelle Leistung

Was die positiven Auswirkungen des freiwilligen Arbeitsengagements angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass eine Zusammenfassung bisheriger Befunde eindeutige Hinweise darauf ergibt, dass freiwilliges Arbeitsengagement sich auf den Gruppenerfolg gfinstig auswirkt. Der Gruppenerfolg kommt in der Effektivit~it der Arbeitseinheit zum Ausdruck, die sich z. B. in geringerem Abfall, gr6f3erer Quantit~.t der Produktion und gr613erer Qualit~t der Produktion niederschl~.gt. Die metaanalytische 0bersicht von Podsakoff et al. (2000) fiber entsprechende Studien zeigt, dass vor allem die Dimension des prosozialen Verhaltens daf'tir verantwortlich ist, dass die Leistung in der Organisation erh6ht wird. Die positiven Effekte von bfirgerlichen Tugenden und sportlicher Haltung sind demgegeni3ber weniger konsistent, wenn sie auch in der Tendenz wiederholt auftreten. Erw~ihnenswert ist auch der positive Zusammenhang zwischen freiwilligem Arbeitsengagement und Kundenzufriedenheit: Kunden erleben das freiwillige Arbeitsengagement der Verk~iufer als angenehm und unterst~tzend. Dieses Ergebnis verdeutlicht, das freiwilliges Arbeitsengagement auch dazu geeignet ist, die Qualit~.t der Dienstleistung, die ein Unternehmen erbringt, zu verbessem (Schrey6gg 2003, S. 278). Zusammenfassend l~isst sich feststellen, dass der Gruppenerfolg durch freiwilliges Arbeitsengagement erh6ht werden kann. Die Betonung liegt dabei auf der Gruppe, also auf Organisationsabl~iufen, die durch Teamarbeit gekennzeichnet sind. Entsprechende Effekte auf den individuellen Erfolg k6nnen nicht gleichermal3en erwartet werden. Denn dadurch, dass sich ein Gruppenmitglied f'ur andere einsetzt, steht ihm weniger Zeit f~r die Bearbeitung seiner eigenen Aufgaben zur Verf'ugung (Bretz et al. 1998). Der individuelle Erfolg wird also in der Tendenz gegenfiber dem Erfolg der Gesamtgruppe zurfickgestellt. Daher ergibt sich die Schlussfolgerung, dass sich freiwilliges Arbeitsengagement in seinen positiven Effekten nicht in individuellen ErfolgsmaBen, sondern in dem Erfolg des Teams ablesen l~.sst. Tats~ichlich wurden die Leistungssteigernden Auswirkungen des freiwilligen Arbeitsengagements nur dann nachgewiesen, wenn Gruppenleistungen gemessen wurden (Podsakoff et al. 1997). Wenn hingegen Einzelleistungen erfasst wurden, trat in der Regel ein Nullzusammenhang zwischen ffeiwilligem Arbeitsengagement und Leistungsindikatoren auf (Bierhoff/Mfiller 1999). Das weist darauf hin, dass freiwilliges Arbeitsengagement im Allgemeinen der individuellen Leistung keinen Abbruch tut, w~ihrend gleichzeitig ein f6rderlicher Einfluss auf die Gruppenleistung auftritt.

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Hans-WernerBierhoff,ElkeRohmannund MichaelJ0rgen Herner

Theoretisches Modell des freiwilligen Arbeitsengagements George/Brief (1992) entwickelten ein Modell des freiwilligen Arbeitsengagements. Darin spielen affektive Merkmale eine entscheidende Rolle. Die positive Stimmung wird als direkter Pr~idiktor des freiwilligen Arbeitsengagements aufgefasst. Die Stimmung ihrerseits wird durch die positive Gruppenatmosph~ire determiniert. Diesen beiden affektiven Variablen sind Merkmale der Arbeitsgruppe, Kontextmerkmale und Motivationsfaktoren vorgeordnet. Dieses Modell wurde von Bierhoff/Mialler (1999) aufgegriffen, die aber eine entscheidende Ver~inderung vornahmen. Es wurde angenommen, dass die unmittelbare Determinante des freiwilligen Arbeitsengagements die Gruppenatmosph~ire ist, die ihrerseits durch die Stimmung der Gruppenmitglieder determiniert wird. Empirische Ergebnisse zeigen, dass tats~ichlich MaBe der Gruppenatmosph~ire hOher mit dem freiwilligen Arbeitsengagement korrelieren als MaBe der Stimmung und insofern n~iher am freiwilligen Arbeitsengagement liegen. AuBerdem zeigen Vermittlungsanalysen, dass der Einfluss der Stimmung auf das freiwillige Arbeitsengagement durch die Gruppenatmosph~ire vermittelt wird. Neben dieser Sequenz Stimmung --) Gruppenatmosph~ire ---) freiwilliges Arbeitsengagement wird in dem Modell von Bierhoff und Mtiller zwischen zwei Determinanten der Stimmung unterschieden: Einerseits wirkt sich die individuelle Disposition der Mitarbeiter aus, wobei ihre Auspr~igung auf den beiden Dimensionen Neurotizismus und Extraversion an erster Stelle berticksichtigt wurde. Die Tatsache, dass die Disposition sich auf die Stimmung auswirkt, wurde mehrfach unter Beweis gestellt und kann als gesichert angenommen werden. Neurotizismus h~ingt mit einer negativen Stimmung zusammen, w~ihrend Extraversion mit einer positiven Stimmung assoziiert ist (zusammenfassend George/Brief 1992). Andererseits sind die Einfltisse der Situation zu beachten, die durch Merkmale wie das F~hrungsverhalten und die GruppengrOBe repr~isentiert werden. Die situationalen Faktoren tiben neben den individuellen Faktoren einen pr~igenden Einfluss auf die Stimmung der Mitarbeiter am Arbeitsplatz aus, wie das theoretische Modell in Abbildung 1 verdeutlicht.

FreiwilligesArbeitsengagement

IndividualFactors/ Extraversion lk Neuroticism I'~

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Positive I ..[PositiveGroupl Mood I "l Atmosphere I

SituationalFactors],//'' Leadership r GroupSize /

1

Cooperative su~o~

Abbildung 1." Modell des freiwilligen Arbeitsengagements (nach Bierhoff/Miiller 2005)

Exkurs: Messung des Fiihrungsverhaltens durch Mitarbeiter Da im ftinften Abschnitt die Rolle der Ftihrung ftir freiwilliges Arbeitsengagement aus~hrlicher besprochen wird und verschiedene Ftihrungsdimensionen thematisiert werden, wird im Folgenden ein l]berblick tiber die drei Verfahren zur Erfassung des Ftihrungsverhaltens durch die Mitarbeiter gegeben, auf die sich die Untersuchungen beziehen. Die Frageb6gen, die vorgestellt werden, zeichnen sich dadurch aus, dass eine zunehmend umfassende Messung unterschiedlicher Dimensionen der Ftihrung erm6glicht wird. 4.1

Fragebogen zur Vorgesetzten- Verhaltensbeschreibung (FVVB)

Eines der bekanntesten Verfahren zur Messung des Ftihrungsverhaltens im deutschsprachigen Bereich ist der FVVB von Fittkau-Garthe/Fittkau (1971). Er beruht auf der Unterscheidung zwischen zwei Verhaltensdimensionen der Ftihrung (Fleishman 1973; Nachreiner/Mtiller 1995), die als grundlegend angesehen werden kann: Mitarbeiterorientierung und Aufgabenorientierung. W~ihrend erstere auf der Aufrechterhaltung der Gruppe als soziales System gerichtet ist, hat letztere die Funktion, die Zielerreichung der Gruppe sicherzustellen. Der FVVB besteht aus den folgenden ftinf Skalen, von denen die beiden ersten Mitarbeiterorientierung und Aufgabenorientierung erfassen: Freundliche Zuwendung und Respektierung Mitreil3ende, zur Arbeit stimulierende Aktivit~it Erm6glichung von Mitbestimmung und Beteiligung Kontrolle vs. laissez-faire Freundliche Zuwendung/Aktivit~it.

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Hans-WernerBierhoff,Elke Rohmannund MichaelJtlrgenHerner

Kontrolle vs. laissez-faire stellt eine eigene Dimension dar, die weitgehend unabh~ingig von den beiden ersten Dimensionen ist. Ermtiglichung von Mitbestimmung und Beteiligung stellt ebenfalls eine eigene Dimension dar, deren N~ihe zur Mitarbeiterorientiertmg aber offensichtlich ist. Hingegen stellt Freundliche Zuwendung/Aktivitdit eine Skala dar, die Items beinhaltet, die sowohl Mitarbeiterorientierung als auch Aufgabenorientierung zum Ausdruck bringen. 4.2

Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ)

Ein breiteres Spektrum von Fiihrungsaktivit~iten, das die im FVVB genannten Dimensionen mit einschliegt, wird dutch den MLQ erhoben. Der MLQ wurde von Bass/Avolio (1995) entwickelt, w~ihrend die deutsche Version von Felfe/Goihl (2002) stammt. Er verfolgt die Intention, eine umfassende Messung des Fahrungsverhaltens durchzu~hren, die neben der transaktionalen und der transformationalen Fiihrung auch Formen ineffektiver Fiihnmg wie laissez-faire einschlieBt. Transaktionale und vor allem transformationale Fiihrung werden als effektive Fahrungsstile aufgefasst (Bass/Steyrer 1995): Die transaktionale Fahrung ist dadurch gekennzeichnet, dass die Qualitgt des Austauschs zwischen Mitarbeitem und Vorgesetzten erh6ht wird. Darunter fallen die Belohnung von guten Leistungen und das Eingreifen der Fiihrungskraft, wenn sie das Auftreten von Schwierigkeiten entdeckt, bevor etwas schief gegangen ist. Die transformationale Ftihrung betont das Streben nach Leistung und die Herstellung von Exzellenz als Ziele. Darunter fallen Einflussnahme der FOhrungskraft als RoUenmodell, das hohe Standards repr~isentiert, Vertrauen der Fiihrungskraft in ihre Mitarbeiter, das ihre Motivation erh6ht, und Rticksichtnahme des Vorgesetzten (im Sinne eines Mentors) gegentiber den Mitarbeitem durch Beachtung ihrer individuellen Bedtirfnisse und Zielvorstellungen. Unter diesen F0hrungsstil fallen auch die Kommunikation der 0berzeugung durch die Ftihrungskraft, dass die Mitarbeiter f'~ihig und kompetent sind und es deshalb schaffen werden, die anstehenden Aufgaben zu bew~iltigen. Ineffiziente F0hrung basiert entweder auf KorrekturmaBnahmen, die erst eingeleitet werden, wenn Fehler aufgetreten sind, oder auf einem gleichgtiltigen Verhalten, das am besten mit laissez-faire zu beschreiben ist. Der MLQ besteht aus neun Skalen zur Messung des Ftihrungsmusters (Nnf Skalen der transformationalen Ftihrung, zwei Skalen der transaktionalen Ftihrung und zwei Skalen der ineffektiven Ftihrung) sowie drei Skalen zur Erfassung der E ffektivit~it der Ftihrung. Letztere beziehen sich auf wahrgenommene

FreiwilligesArbeitsengagement

45

Effektivit~it der FOhrung, Zufriedenheit der Mitarbeiter und ihre Anstrengungsbereitschaft. 4.3

Managerial Practices Survey (MPS)

Ein weiterer umfassender Fragebogen des Ftihrungsverhaltens wurde von Yukl (2006) dargestellt. Der MPS besteht aus 15 Skalen, von denen im Folgenden die acht Skalen genauer beschrieben werden, die ~ r die Analyse des freiwilligen Arbeitsengagements in unserer Untersuchung relevant sind: ~> Unterstf~tzung bezieht sich auf Handlungen der Ftihrungsperson, die dem Mitarbeiter helfen, schwierige Situationen zu bew~iltigen. ~> Anerkennung beinhaltet, dass die Leistungen einzelner Mitarbeiter Anerkennung finden. ~> Ermutigung innovativen Denkens bezieht sich darauf, dass die Ftihrungsperson die Gruppenmitglieder ermutigt, neue LOsungswege zu beschreiten. =:> Entwicklung von Kompetenzen bezieht sich darauf, dass die Fiahrungsperson die Gruppenmitglieder dazu bringt, neue Fertigkeiten und Wissensinhalte zu erwerben. Konsultieren bezieht sich darauf, dass sich die Ftihrungsperson mit den Gruppenmitgliedem abspricht. ~> Sensibilitat ffir Veranderungen (envisioning change) bezieht sich auf das Erkennen eines Ver~inderungsbedarfs und die Bereitschaft, fitnderungen durchzufdhren. Empowerment beinhaltet die Obertragung von Kompetenzen und Befugnissen auf die Mitarbeiter auf der Basis eines hohen Vertrauens in ihre Probleml6sef~ihigkeit und ihr Wissen. Die Ftihrungsperson delegiert die Verantwortung an die Mitarbeiter. Daher spricht man auch von delegativer FOhrung. ~> Erklaren beinhaltet, dass die Ftihrungskraft das allgemeine Vorgehen und die Strategie durch Argumente und Erkl~irungen verdeutlicht. 5

Leadership

Was sind die Voraussetzungen daf'dr, dass freiwilliges Arbeitsengagement gezeigt wird? In ihrer umfangreichen Analyse bisheriger Forschung zum freiwilligen Arbeitsengagement, die mehr als 160 Studien umfasst, kommen Podsakoff et al. (2000) zu der Schlussfolgerung, dass mehrere antezedente Bedingungen systematisch mit freiwilligem Arbeitsengagement zusammenh~ingen. Dazu z~ihlen die Arbeitseinstellungen der Mitarbeiter und das F~ihrungsverhalten der Vorgesetzten. Die Abh~ingigkeit des freiwilligen Arbeitsengagements vom F~ihrungsmuster ist deutlich zu erkennen (Bierhoff/Herner 1999). Daher ergibt sich

46

Hans-WernerBierhoff,ElkeRohmannund MichaelJt~rgenHerner

die Vermutung, dass das Ftihrungsverhalten die wichtigste antezedente Bedingung des freiwilligen Arbeitsengagements darstellt. Im Folgenden werden wir uns auf der Basis eigener Untersuchungen mit der Frage besch/fftigen, welche Ftihrungsmuster ftir freiwilliges Arbeitsengagement f6rderlich sind. Podsakoff et al. (2000) weisen schon darauf hin, dass mehrere Fiahrungsmerkmale, die sich nur teilweise ~aberschneiden, positive Auswirkungen auf das freiwillige Arbeitsengagement haben. Zu diesen f6rderlichen Ftihrungsmerkmalen z/ahlen zum einen das untersttitzende Ftihrungsverhalten und zum anderen ein Ftihrungsverhalten, das eine Identifikation mit tibergeordneten Zielen nahe legt. Weiterhin wird das Aufzeigen von Zukunftsvisionen, die sich in konkrete P1/ane umsetzen lassen, als gtinstiges Ft~hrungsverhalten genannt. In diesem Rahmen sind auch eine emotionale Rhetorik und der Appell an die Loyalit/at der Mitarbeiter zu erw/ahnen. Die Art der Bew/~ltigung vieler Aufgaben und Probleme, mit denen das Team konfrontiert ist, h~ngt wesentlich von den Vorgaben, Instruktionen und Einflussnahmen ab, die der Gruppenleiter macht. Wenn wir einmal die spezielle Aufgabenstellung zurtickstellen, die je nach Arbeitsgruppe variiert (ob sie z. B. Software entwickelt oder sich mit der Neustrukturierung einer Verwaltung befasst), k6nnen wir uns auf Aufgaben des Gruppenleiters konzentrieren, die regelm~il3ig in unterschiedlichen Arbeitsgruppen zu bearbeiten sind. Dazu z/ihlen kommunikative Leistungen des Gruppenftihrers wie der Abbau von Kommunikationsbarrieren, die Integration von Einzelmeinungen und die F6rderung des gegenseitigen Verstehens unter den Gruppenmitgliedern. Der Gruppenleiter kann auf unterschiedlichen Wegen versuchen, die Kommunikation in der Gruppe zu verbessern. Zum einen kann er auf formale und direktive Methoden zurtickgreifen, indem er Empfehlungen gibt oder Kommunikationsstrukturen vorgibt (z. B. wer mit wem bei welchem Anlass kommunizieren kann und wer von dieser Kommunikation Kenntnis erh~ilt). Zum anderen kann der Gruppenleiter auch versuchen, die Partizipation der Gruppenmitglieder am Entscheidungsprozess zu erh6hen, indem er eine anregende Kommunikationsatmosph~ire schafft (z. B. eine S itzordnung bei Besprechungen, die kooperativen Austausch untersttitzt). SchlieBlich kann der Gruppenftihrer auch versuchen, die Selbstorganisationskr/ifte der Gruppe anzuregen. Seit etwa zehn Jahren gehen wir in unseren Untersuchungen der Frage nach, welche Ftihrungsmuster freiwilliges Arbeitsengagement f6rdem. Ftir ein besseres Verst/indnis dieser Forschung, die zusammen mit Gtinter F. Mtiller von der Universit/at Koblenz-Landau begonnen und durchgef'tihrt wurde (Mtiller/Bierhoff 1994), bedarf es der Kenntnis der Dimensionen des Ftihrungsverhaltens und der Messinstrumente, durch die Ftihrungsverhalten gemessen wird. In obigem Exkurs wurden die drei Verfahren zur Erfassung des Ftihrungsverhaltens dargestellt: der Fragebogen zur Vorgesetzten-Verhaltensbeschreibung (FVVB),

FreiwilligesArbeitsengagement

47

der Multifactor Leadership Questionnaire (MLQ) und der Managerial Practices Survey (MPS). In unseren Untersuchungen wurde der Frage des Ftihrungsverhaltens besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Grundlage der Auswertung sind Einsch~itzungen von Studierenden, die an einem Experimentalpraktikum teilnahmen und den Seminarleiter bzw. die Seminarleiterin beurteilten. Diese Konstellation l~isst sich dahingehend beschreiben, dass die Studierenden die Rolle der Mitarbeiter einnehmen, w~ihrend die Serninarleiter die Rolle der Vorgesetzten innehaben. Es handelt sich um echte Ftihrungssituationen, die nicht zum Zwecke der Untersuchung simuliert wurden.

5.1

Vorhersagedes freiwilligen Arbeitsengagements mit dem FVVB

In einer Studie wurden die Seminarleiter durch die Studierenden auf dem FVVB eingesch~.tzt (Bierhoff/Spanke 2002). Die Analyse der Zusammenh~inge mit freiwilligem Arbeitsengagement ergab, dass unter den ftinf Skalen des FVVB nur die Skala Freundliche Zuwendung/Aktivit8t einen substantiellen Zusammenhang mit dem freiwilligen Engagement aufwies. Je mehr die Ftihrungsperson so eingesch~itzt wurde, dass sie Anerkennung zeigte, Hilfe gab, die Mitarbeiter nicht im Stich lief5 und Interesse an ihrem perst~nlichen Wohlergehen zeigte, desto h6her fiel das freiwillige Arbeitsengagement aus. Das zeigt, dass sich ein Ftihrungsstil, der sowohl Mitarbeiterorientierung als auch Aufgabenorientierung zum Ausdruck bringt, gtinstig auf das freiwillige Arbeitsengagement auswirkt. Eine InterpretationsmOglichkeit dieses Ergebnisses besteht darin, dass ein Ftihrungsmuster, das Freundliche Zuwendung/AktivitO.t beinhaltet, ein prosoziales Verhalten am Arbeitsplatz f6rdert. Es kann aber auch sein, dass durch die Hilfsbereitschaft der Mitarbeiter eine entsprechende Ftihrung ausgel6st wird. Die gegenseitige Untersttitzung der Mitarbeiter k~nnte der Ftihrungsperson signalisieren, dass eine Kombination aus Mitarbeiterorientierung und Aufgabenorientierung ftir den Ftihrungserfolg optimal ist. Jedenfalls h~ingt ein Ftihrungsmuster, in dem Zuwendung, Respekt und Stimulierung kombiniert werden, mit einem gr613eren freiwilligen Arbeitsengagement zusammen. Ein anderes Interpretationsproblem der Studie von Bierhoff/Spanke (2002) liegt darin, dass ein kombinierter Ftihrungsstil besonders erfolgreich war, in den sowohl Mitarbeiterorientierung als auch Aufgabenorientierung eingingen. Damit stellt sich die Frage, welche Dimensionen im Einzelnen ~r den Ftihrungserfolg bedeutsam sind. Aul3erdem wurde das theoretische Modell des freiwilligen Arbeitsengagements (siehe oben) nicht als Ganzes tiberprtift.

48

5.2

Hans-WernerBierhoff, Elke Rohmannund MichaelJUrgenHerner

Pr~ifungdes Modells des freiwilligen Arbeitsengagements

In einer sp~iteren Untersuchung (Bierhoff/Mtiller 2005) wurde dieses Modell insgesamt getestet. Es fand sich, dass die Modellanpassung ftir das Gesamtmodell auf der Grundlage eines daraus abgeleiteten Strukturgleichungsmodells gut ausfiel. Drei Ftihrungsmerkmale, die aus dem MLQ abgeleitet wurden, wurden in der Datenerhebung berticksichtigt: =:> Aufgabebezogener Austausch, =:> Individuelle Rticksichtnahme, =:> Vertrauen in die Leistungskraft der Gruppenmitglieder. Jedes dieser Merkmale der Ftihrung wirkte sich gtinstig auf das freiwillige Arbeitsengagement aus. Zusammen erkl~irten die Ftihrungsmerkmale einen groBen Anteil der Varianz der positiven Stimmung, die ihrerseits eine zentrale Determinante der positiven Gruppenatmosph~ire war. Diese wiederum wirkte sich direkt auf das freiwillige Arbeitsengagement aus, das in dem Strukturgleichungsmodell mit einem Varianzanteil von einem Drittel erkl~irt wurde. Die Ergebnisse der Studie von Bierhoff/Mtiller (2005) sind in mehrfacher Hinsicht sehr ermutigend. Sie zeigen zum einen, dass das theoretische Modell des freiwilligen Arbeitsengagements empirisch best~itigt werden kann. Das spricht dafOr, eine Sequenz anzunehmen, bei der das freiwillige Arbeitsverhalten durch das Ftihrungsverhalten tiber affektive Merkmale (n~imlich Stimmung und davon beeinflusst die Gruppenatmosph~ire) determiniert wird. Zum zweiten ist die groBe Varianzaufkl~irung sowohl der beiden vermittelnden als auch der abh~.ngigen Variable des Modells, n~imlich des freiwilligen Arbeitsengagements, bemerkenswert. Offensichtlich wurden zentrale Determinanten des freiwilligen Arbeitsengagements in der Datenerhebung erfasst. SchlieBlich ist aufschlussreich, dass alle drei erfassten Ftihrungsmuster sich gtinstig auf das freiwillige Arbeitsengagement auswirkten und dass sie sich nicht gegenseitig Oberfltissig machten. Dieses Ergebnis stimmt mit der Metaanalyse von Podsakoff et al. (2000) tiberein, die festgestellt hatten, dass Ftihrungsmerkmale unterschiedlicher Provenienz einen positiven Einfluss auf das freiwillige Arbeitsengagement austiben.

5.3

Umfassende Analyse der F~ihrungsmuster in ihrer Beziehung zu freiwilligem Arbeitsengagement." Was zgihlt?

In einem letzten Schritt (Bierhoff/ReiB 2004) wurde die Erfassung des Ftihrungsverhaltens umfassender gestaltet, indem der MPS eingesetzt wurde. Wir konzentrieren uns hier auf die acht Ftihrungsmerkmale, die weiter oben schon im Exkurs beschrieben wurden. Im Folgenden gehen wir auf die Frage ein, inwieweit sich die positive Gruppenatmosph~ire bzw. die positive Stimmung als

Freiwilliges Arbeitsengagement

49

Mediatoren von FOhrungseinfltissen auf das freiwillige Arbeitsengagement erweisen (vgl. Abbildung 1). Die statistische Analyse zur Beantwortung der Frage, ob der Einfluss des Ftihrungsverhaltens auf das freiwillige Arbeitsengagement durch die positive Gruppenatmosph~ire vermittelt wird, fOhrte zu folgenden aufschlussreichen Ergebnissen: Untersttitzung, Anerkennung, Ermutigung innovativen Denkens, Entwicklung von Kompetenzen, Konsultieren, Sensibilit~it fiir Ver~inderungen, Empowerment und Erkl~iren Obten einen direkten Einfluss auf das freiwillige Arbeitsengagement aus, der in allen F~illen positiv war. Dieser Einfluss wurde meist durch das Vorhandensein einer positiven Gruppenatmosph~ire vermittelt. Eine Ausnahme war das Konsultieren, dessen Einfluss auf das freiwillige Arbeitsengagement nur teilweise durch die positive Gruppenatmosph~ire vermittelt wurde. Eine zweite Ausnahme war die Anerkennung, deren positiver Einfluss auf das freiwillige Arbeitsengagement nicht mit der positiven Gruppenatmosph~ire zusammenhing: Unabhiingig von der Gruppenatmosph~ire f6rderte Anerkennung das Engagement. Damit zeigt sich in Obereinstimmung mit dem theoretischen Modell des freiwilligen Arbeitsengagements, das in Abbildung 1 dargestellt ist, dass die positive Gruppenatmosph~ire eine zentrale Rolle fiir die Vermittlung von Ftihrungsmustern auf das freiwillige Arbeitsengagement innehat. Die F~ihrungsimpulse auf die Mitarbeiter wirkten sich dadurch positiv aus, dass sie die Gruppenatmosph~ire positiv beeinflussten. Das gait ~r sechs Aspekte des Ftihrungsverhaltens, wie es in dieser Studie (mit dem MPS) erfasst wurde. Nur zwei Skalen des MPS erfassten Ftihrungseinfl~isse, die teilweise oder v611ig unabh~ingig von der positiven Gruppenatmosph~ire wirkten. Weitere Auswertungen zeigten, dass sich die positive Stimmung zwar auch for einige Ftihrungsmuster als bedeutsame Vermittlungsvariable erwies, aber als Mediator deutlich weniger relevant war: Die st~irkste Vermittlung wurde for Unterstatzung festgestellt. Auch fiir Entwicklung yon Kompetenzen, Konsultieren und Empowerment erwies sich die positive Stimmung als Mediator, ohne dass der Zusammenhang des entsprechenden FOhrungsstils mit freiwilligem Arbeitsengagement vollst~indig durch positive Stimmung erkl~irt werden konnte. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung yon Bierhoff/Reif3 (2004) bestand darin, dass positive affektive Merkmale wesentlich mehr zur Vermittlung des Ftihrungseinflusses auf das freiwillige Arbeitsengagement beitragen als negative affektive Merkmale (also negative Stimmung und negative Gruppenatmo-

50

Hans-WernerBierhoff,ElkeRohmannund MichaelJtlrgen Herner

sph/~re), deren Rolle als Mediator nahezu bedeutungslos war, obwohl sie hoch negativ mit dem freiwilligem Arbeitsengagement zusammenhingen. Das theoretische Verst~indnis yon freiwilligem Arbeitsengagement wird eher durch positive affektive Merkmale und insbesondere durch die positive Gruppenatmosph~ire bestimmt als durch negative affektive Merkmale.

6

Schlussfolgerungen und Perspektiven

Traditionell wird Ftihrung im Sinne der Fremdsteuerung der Mitarbeiter verstanden (viele wiirden auch sagen: missverstanden). Im Gegensatz dazu kann Ftihrung eingesetzt werden, um die Selbstorganisation der Mitarbeiter und ihre Bereitschaft, sich zu engagieren, zu erh6hen. Es kommt darauf an, sich in die Situation der Mitarbeiter hineinzuversetzen, um einen geeigneten Ftihrungsstil zu verwirklichen (Schrey6gg 1995). Am gtinstigsten scheint fiir die Entwicklung yon freiwilligem Arbeitsengagement zu sein, dass die Mitarbeiter hoch motiviert sind, ihre Arbeit zu tun, und dass sie wenig Anleitung im S inne yon direktiven Instruktionen brauchen. Das ist die Ftihrungssituation, ftir die Hersey/Blanchard (1988) annehmen, dass ein delegierender F~ihrungsstil besonders geeignet ist. Dieser Ftihrungsstil entspricht der Skala Empowerment des MPS, yon der wir zeigen konnten, dass sie mit dem freiwilligen Arbeitsengagement positiv zusammenh~ingt. Die situationale Ftihrungstheorie von Hersey/Blanchard (1988) zieht die generelle I]berlegenheit eines bestimmten Ftihrungsstils in Zweifel und verweist auf die Reife, die Situation als vermittelnde Gr613e. In dieser Theorie wird die Situation durch die Reife der Mitarbeiter repr~isentiert. Diese besteht aus zwei Faktoren, die Funktionsreife und psychologische Reife genannt werden. Die Funktionsreife besteht aus dem Wissen der Mitarbeiter und ihren Kenntnissen, die ~r die Berufst/itigkeit bedeutsam sind. Die psychologische Reife verweist auf das Selbstvertrauen, die Leistungsorientierung und die Bereitschaft, Verantwortung zu tibemehmen (Schrey6gg 1995). Wenn sowohl die Funktionsreife als auch die psychologische Reife hoch ausgepr~igt sind, kann sich die Bedeutung des freiwilligen Arbeitsengagements f'tir die Teamleistung voll entfalten. Denn die Mitarbeiter k6nnen ein hohes AusmaB yon Know-how in die berufliche T~itigkeit einbringen, w~ihrend sie gleichzeitig intrinsisch motiviert sind, eine hervorragende berufliche Leistung zu erzielen. Welche Ftihrungsmal3nahmen tragen dazu bei, eine solche Situation, die dutch Reife der Mitarbeiter gekennzeichnet ist, entstehen zu lassen? Um dieses Ziel zu erreichen, sind QualifizierungsmaBnahmen erforderlich, die vielfach zur Verbesserung der Gruppenarbeit empfohlen werden (Antoni 2003). Sie tragen vor allem dazu bei, die Funktionsreife der Mitarbeiter zu erh6hen. Gleichzeitig ist es wahrscheinlich, dass die Mitarbeiter unter diesen Umst/~nden intrinsisch

Freiwilliges Arbeitsengagement

51

motiviert sind und mehr Eigenverantwortung 0bemehmen, da ihr pers6nlicher Einfluss auf die Gestaltung der Aufgabenbew~iltigung w~ichst. Die Mitarbeiter k6nnen sich als Akteure sehen, die mitbestimmen, wie der Prozess der Problem16sung im Team organisiert wird. Neben dem Empowerment sind noch sieben weitere Ftihrungsmerkmale for die Entstehung yon freiwilligem Arbeitsengagement f6rderlich. Einige davon, wie Unterstfitzung, Anerkennung und Entwicklung yon Kompetenzen, lassen sich einer mitarbeiterorientierten Fahrung im Sinne von Fleishman (1973) zuordnen, andere, wie Konsultieren und Erkl/aren, der aufgabenorientierten F~ihrung. Wieder andere, wie Ermutigung innovativen Denkens und Sensibilitcit f~r Vercinderungen, haben etwas mit dem Management yon Ver/anderung zu tun, die for eine transformationale Ffihrung (Bass/Steyrer 1995) yon zentraler Bedeutung ist. Daher kann man zusammenfassend feststellen, dass alle Formen einer konstruktiven FOhrung das Potenzial aufweisen, freiwilliges Arbeitsengagement zu f6rdem. Literatur Antoni, C.H. (2003): Teamarbeit, in: Auhagen, A.E./Bierhoff, H.W. (Hrsg.): Angewandte Sozialpsychologie, Weinheim, S. 351-365. Bass, B.M./Avolio, B.J. (1995): MLQ. Multifactor Leadership Questionnaire, Redwood City. Bass, B.M./Steyrer, J. (1995): Transaktionale und transformationale FUhrung, in: Kieser, A./Reber, G./Wunderer, R. (Hrsg.): HandwOrterbuch der FOhrung, 2. Auflage, Stuttgart, Sp. 2054-2062. Bierhoff, H.W. (2002): Prosocial behaviour, Hove. Bierhoff, H.W./Herner, M.J. (1999): Arbeitsengagement aus freien StOcken als FOhrungsaufgabe, in: SchreyOgg, G./Sydow, J. (Hrsg.): Managementforschung 9. FOhrung neu gesehen, Berlin, S. 5587. Bierhoff, H.W./MOIIer, G.F. (1999): Positive Feelings and Cooperative Support in Project Groups, in: Swiss Journal of Psychology, Vol. 58, No. 3, S. 180-190. Bierhoff, H.W./MOIler, G.F. (2005): Leadership, Mood, Atmosphere, and Cooperative Support in Project Groups, in: Journal of Managerial Psychology, Voi. 20, No. 6, S. 483-497. Bierhoff, H.W./Rei6, C. (2004): FOhrung und freiwilliges Arbeitsengagement, unverOffentlichte Daten. Bierhoff, H.W./Spanke, C. (2002): Altruistisches Verhalten am Arbeitsplatz und FOhrung, in: Zeitschrifi for Arbeits- und Organisationspsychologie, 46. Jg., Nr. 4, S. 222-226. Bretz, E./Hertel, G./Moser, K. (1998): Kooperation und Organizational Citizenship Behavior, in: Spie6, E. (Hrsg.): Kooperation in Unternehmen, MUnchen, S. 79-97. Felfe, J./Goihl, K. (2002): Transformational Leadership and Commitment, in: Felfe, J. (Hrsg.): Organizational Development and Leadership, Frankfurt, S. 87-124. Fittkau-Garthe, H./Fittkau, B. (1971): Fragebogen zur Vorgesetzten-Verhaltensbeschreibung (FVVB), GOttingen. Fleishman, E.A. (1973): Twenty Years of Consideration and Structure, in: Fleishman, E.A./Hunt, J.G. (Hrsg.): Current Developments in the Study of Leadership, Carbondale, IL, S. 1-37. George, J.M/Brief, A.P. (1992): Feeling Good- Doing Good. A Conceptual Analysis of the Mood at Work-organizational Spontaneity Relationship, in: Psychological Bulletin, Vol. 112, No. 2, S. 310-329.

52

Hans-Werner Bierhoff, Elke Rohmann und Michael Jtlrgen Herner

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Eigeninitiativeals KonzeptpositivenVerhaltensin Organisationen

Eigeninitiative als Konzept positiven Verhaltens in Organisationen Angelo Giardini und Michael Frese

Eigeninitiative als positives Verhalten in Organisationen 2 2.1 2.2 2.3

Die Konzeptualisierung von Eigeninitiative Entwicklung des Konzeptes Die drei Kernaspekte von Eigeninitiative: Selbstinitiierung, Proaktivit/~t und Persistenz Theoretische Einordnung des Konzeptes Die Messung von Eigeninitiative

4 4.1 4.2

Antezedenten von Eigeninitiative Personfaktoren Umweltfaktoren

5 5.1 5.2 5.3 5.4

Effekte von Eigeninitiative Umgang mit potentiellem und tats/~chlichem Arbeitsplatzverlust Eigeninitiative und individuelle Leistung Eigeninitiative und Unternehmertum Eigeninitiativeklima

6 6.1 6.2

Training von Eigeninitiative Eigeninitiative-Training ~ r Arbeitslose Eigeninitiative-Training ~ r Kleinuntemehmer in Stidafrika

7

Schlussbetrachtung

53

Eigeninitiativeals KonzeptpositivenVerhaltensin Organisationen

55

Eigeninitiative als positives Verhalten in Organisationen Das Konzept der Eigeninitiative befindet sich am Schnittpunkt von zwei Entwicklungen. Die eine Entwicklung betrifft die dramatischen wirtschaftlichen Umw~ilzungen. Als Stichworte m/~gen gentigen: Orientierung an globalen M~irkten, h6here Innovations- und Produktentwicklungsraten, Ver~inderung (insbesondere Verschlankung) von Prozessen. FOr das Individuum in der Organisation hat dies weit reichende Konsequenzen. Einige Autoren sprechen beispielsweise yon der Aufl6sung traditioneller Arbeitsplatzkonzepte. Dabei werden Arbeitspl~itze mit relativ starren Aufgabenbeschreibungen vermehrt abgel6st durch eine Projekt-orientierte Arbeit (Bridges 1995). Arbeitnehmer mtissen sich auch darauf einstellen, 6fter, als dies frtiher der Fall war, das Untemehmen oder zumindest ihren Einsatzort zu wechseln. Bringt man die neuen Anforderungen for das Individuum auf einen Nenner, so kOnnen sie mit einigen Schlagworten beschrieben werden" Der Arbeitnehmer von heute muss flexibel, aktiv und eigenverantwortlich sein. Mit anderen Worten" er ben6tigt Eigeninitiative. Die zweite Entwicklung ist eher akademischer Natur. Die EigeninitiativeForschung ist eingebettet in eine neuere StrOmung innerhalb der psychologischen Forschung, die als ,,Positive Psychology Movement" bezeichnet wird (Seligman/Csikszentmihalyi 2000). Diese ,,Bewegung" hat es sich zur Aufgabe gemacht, Konzepte zu erforschen, welche die positiven Seiten, St~irken und F~ihigkeiten von Individuen oder Gruppen beschreiben. Luthans (2002) Obertrug diese Uberlegungen auf das organisationale Feld und definiert die Aufgabe entsprechend als ,,the study and application of positively oriented human resource strengths and psychological capacities" (S. 59). FOr diese Konzepte pr~igt er den Begriff des ,,positiven organisationalen Verhaltens" (Positive Organizational Behavior, POB). Eigeninitiative ist ein solches positives Konzept. Es betont das aktive, eigenverantwortliche und kreative Verhalten von Menschen im Arbeitsprozess. Nach Luthans (2002) muss ein POB-Konzept aber noch vier weitere Kriterien erf011en: 1. Es muss neuartig sein, das heiBt, es darf nicht bereits etablierten Konzepten entsprechen (kein ,,alter Wein in neuen Schl~iuchen"). 2. Es muss messbar sein. 3. Es muss zur Leistungssteigerung beitragen. 4. Die Eigenschaften oder Verhaltensweisen, die das Konzept beschreibt, mtissen ver~inderbar sein, d. h. sie k6nnen gelernt oder entwickelt werden (z. B. dutch Training). Im Folgenden werden wir den konzeptuellen und empirischen Stand der Forschung zu Eigeninitiative umreifSen. Wir werden dabei zum einen zeigen, dass das Konzept der Eigeninitiative diesen Kriterien ~r Konzepte positiven organisationalen Verhaltens entspricht. Zum anderen versuchen wir die Bedeutung des

56

Angelo Giardini und MichaelFrese

Konzeptes for das Individuum im Rahmen der oben beschriebenen wirtschaftlichen Entwicklungen zu beleuchten. Wir beginnen mit einem kurzen ,,historischen" Abriss der Konzeptentwicklung. Die Konzeptualisierung von Eigeninitiative

2.1

Entwicklung des Konzeptes

Ausgangspunkt der Forschung zur Eigeninitiative war ein Ph~inomen, das im gerade wiedervereinigten Deutschland zu beobachten war. Ein groBer Teil von Managern aus Westdeutschland, die im Osten Deutschlands die Arbeit aufnahmen, beklagte, dass ihre ostdeutschen Mitarbeiter einen deutlichen Mangel an selbst~indigem Handeln aufwiesen. Es wOrde ,,nichts ohne Anweisung passieren", keiner wtirde ,,Verantwortung tibemehmen" oder ,,Initiative entwickeln". Die Mitarbeiter wOrden ,,darauf warten, dass ihnen jemand sage, was sie zu tun h~itten". Im Zweifelsfalle wtirde man sich ,,hinter Verordnungen oder Regeln verstecken", und so weiter. Auch wenn solche Aussagen bisweilen einer gewissen ,,Uberlegenheits-Rhetorik" westdeutscher Ftihrungskr~ifte geschuldet waren, waren diese Beobachtungen nicht ganz von der Hand zu weisen. Bestimmte Erkl~irungsmuster lagen nahe: Im sozialistischen System der DDR war die Berufswahl stark eingeschr~inkt und die Arbeitsstellen wurden eher zugewiesen als von den Betreffenden ausgesucht. Die Verantwortungsstruktur in den Betrieben oder ,~antem war stark hierarchisch gepr~igt, Anreizsysteme ~ r bessere Leistungen waren kaum vorhanden. Die Erforschung dieses Ph~inomens der mangelnden Selbst~indigkeit schien viel versprechend zu sein. Die berichteten Verhaltensweisen hatten zwar viele Facetten, waren aber auch durch einen gemeinsamen Kern verbunden. Es war das Fehlen von ,,Eigeninitiative" (Frese et al. 1996). Bei der Besch~iftigung mit der Thematik wurde schnell deutlich, dasses sich nicht um ein ,,typisch" ostdeutsches Ph~inomen handelt, sondern dass die Thematik von allgemeiner Bedeutung ist.

2.2

Die drei Kernaspekte von Eigeninitiative." Selbstinitiierung, Proaktivit~it und Persistenz

Eigeninitiative in unserem Sinne stellt ein Btindel yon Verhaltensweisen dar, die tendenziell miteinander auftreten. Diese Verhaltensweisen k6nnen durch drei Merkmale beschrieben werden: selbstinitiiert, proaktiv und persistent (Frese et al. 1996; Frese et al. 1997). Selbstinitiierung bedeutet, dass eigeninitiatives Verhalten ausgeftihrt wird, ohne dass die Person dazu instruiert wurde. Dies bedeutet, dass Ziele selbstst~indig gesetzt werden und nicht fremdbestimmte Ziele verfolgt werden (Fre-

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se/Fay 2001). Beispielsweise kann ein Arbeiter eine Maschine zwischendurch selbst/indig reinigen, um ihre Effektivit/~t zu erh6hen, auch wenn die Maschine in regelm/if~igen aber suboptimalen Abst/inden durch eine Fremdfirma gereinigt wird. In einem solchen Fall kann man also davon sprechen, dass Y/itigkeiten ausge~hrt werden, die nicht in der offiziellen Y/itigkeitsbeschreibung formuliert werden. Konzeptuell schwieriger wird der Sachverhalt bei Managementt/itigkeiten. Hier ist es ja oft genau die Aufgabe, Entwicklungen vorherzusehen, MaBnahmen zu initiieren und voranzutreiben. Aus diesem Grund sollte der Aspekt der Selbstinitiierung als relativ bzw. kontextabh/ingig aufgefasst werden. Er umfasst nur Verhaltensweisen, die von dem Vorhersehbaren, Normalen oder Nahe liegendem innerhalb eines Kontextes abweichen (Frese/Fay 2001). Proaktivitdt meint, dass Personen mit hoher Eigeninitiative Probleme, Entwicklungen oder M6glichkeiten vorwegnehmen und unmittelbar handeln, anstatt nur auf Ereignisse zu reagieren. Daraus folgt, dass Eigeninitiative eine insgesamt langfristige Orientierung voraussetzt. Blinder Aktionismus oder ,,Troubleshooting" f~illt nicht darunter. In Anbetracht der momentanen wirtschaftlichen Umw~ilzungen handelt ein Mitarbeiter beispielsweise dann proaktiv, wenn er privat einen Kurs in Chinesisch belegt, ohne dass sein Unternehmen direkte Beziehungen zu einem chinesischen Untemehmen unterh/ilt. SchlieBlich beschreibt der Aspekt der Persistenz, dass sich eigeninitiative Personen durch Probleme oder Rtickschl/ige nicht von der Erreichung ihres Zieles abbringen lassen. Eigeninitiative wird in Organisationen nicht immer gesch~tzt. Vorgesetzte halten Personen, die neue Ideen voranbringen wollen, mitunter ~ r 1/istig oder ,,tiberengagiert". Eigeninitiative Personen halten an ihrem Ziel fest, stellen sich den Widerst/inden und versuchen sie zu tiberwinden. Auch hier ist eine langfristige Orientierung vonn6ten. Eigeninitiatives Verhalten ist grunds~itzlich an den Zielen beziehungsweise am Wohlergehen der Organisation orientiert. Es ist zwar vorstellbar, dass eine Person auch aus egoistischen Grtinden selbstst/~ndig Mal3nahmen ergreift, doch dieses ist Verhalten per definitionem nicht Eigeninitiative. Um das obige Beispiel noch einmal aufzugreifen, sind in der Wahmehmung von Vorgesetzten eigeninitiative Personen oft nur an ihrem eigenen Vorteil interessiert. Sie wollen sich ,,profilieren". Der Grat zwischen Profilierungsstreben und ,,echter" Eigeninitiative kann mitunter schmal sein. Deshalb gilt es hier, genau hinzuschauen und den Mehrwert von Ideen im Hinblick auf die Organisation zu prtifen. Das Konzept der Eigeninitiative betrifft nicht nur die Aus~hrung einer Handlung sondem auch deren kognitiven Aspekte, wie sie in der Handlungsregulationstheorie (Frese/Zapf 1994; Hacker 1998) beschrieben werden: Zielsetzung, Informationssammlung, Planung, Handlungsaus~hrung, Handlungstiberwachung und Feedback. Zur Eigeninitiative geh6rt beispielsweise auch, dass man vorausschauend Notfallpl~ne erstellt oder aktiv Rtickmeldung sucht tiber den Grad der Zielerreichung (~r Details siehe Frese/Fay 2001).

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2.3

AngeloGiardiniund MichaelFrese

Theoretische Einordnung des Konzeptes

Eigeninitiative kann zun~ichst in die Familie der Performanz-Konzepte eingeordnet werden (Frese/Fay 2001). Aber im Gegensatz zu traditionellen Leistungskonzepten (siehe z. B. Campbell et al. 1993) ist es nicht passiv, sondern beschreibt das Individuum als in vielerlei Hinsicht proaktiv Handelnden. Viele der traditionellen Konzepte gehen beispielsweise davon aus, dass eine Arbeitsaufgabe genauso akzeptiert und umgesetzt wird, wie sie vonder Organisation vorgegeben wurde. Das Eigeninitiative-Konzept betont dagegen den Prozess der aktiven Re-Definition der Aufgabe, also die Obersetzung, Adaptation und gegebenenfalls Erweiterung der Aufgabe (Frese/Fay 2001; Frese/Zapf 1994; Hacker 1998). Damit hat Eigeninitiative Elemente von ,,contextual performance", d. h. Leistungsverhalten, das darin besteht, dasses fiber das typischerweise erwartete Rollenverhalten hinausgeht (Borman/Motowidlo 1993). Das bekannteste Konzept von contextual performance ist das des ,,Organizational Citizenship Behavior" (OCB; Organ 1988). Trotz der grunds/~tzlichen Verwandtschaft von OCB und Eigeninitiative lassen sich doch einige wichtige Unterschiede benennen (Frese et al. 1997). OCB betont stark den sozialen und altruistischen Aspekt des Verhaltens (z. B. Unterstfitzung von Kollegen), w~ihrend Eigeninitiative sich auf jegliche Form von organisationsf6rderlichem Verhalten bezieht, also auch die Erh6hung der technischen Performanz einschlie6t. Des Weiteren wird OCB insbesondere aus Sicht des Vorgesetzten als positiv beurteilt. Eigeninitiative dagegen kann von Vorgesetzten zun~ichst als eher st6rend empfunden werden. Damit zusammen h~ngt der Unterschied in der Zeitperspektive. W~ihrend OCB eher kurzfristig orientiert ist, hat Eigeninitiative explizit einen Fokus auf langfristigen VeNinderungen. Schlie61ich enth~ilt OCB die Facette ,,compliance", die das Ausma6 beschreibt, in dem sich der Mitarbeiter an Regeln h~.lt. Damit umfasst OCB einen betNichtlichen Anteil an eher passivem Rollenverhalten. Oberlappungen gibt es aus unserer Sicht mit zwei Konzepten. Bateman/Crant (1993) haben das Konzept der ,,proaktiven Pers0nlichkeit" (proactive personality) eingeftihrt. Sie definieren es als ,,relatively stable tendency to effect environmental change" (Bateman/Crant 1993, S. 103). Personen mit einer ausgepr~gten proaktiven PersOnlichkeit ergreifen m6glichst viele Gelegenheiten, auf ihr Umfeld einzuwirken und es zu veNindern. Sie sind also change agents. Der Unterschied besteht in der grundlegenden Konzeption. Bei Eigeninitiative handelt es sich um ein Verhaltenssyndrom und nicht um eine Pers6nlichkeitseigenschaft. Proaktive Pers0nlichkeit ist damit einer von mehreren Antezedenten von Eigeninitiative (s. u.). Auch wenn Eigeninitiative stabile Anteile hat, die an Pers6nlichkeitseigenschaften erinnem, so muss trotzdem betont werden, dass als eigeninitiativ bezeichnetes Verhalten gerade durch bestimmte Umweltbedingungen ausgelOst oder notwendig gemacht werden kann.

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In diesem Zusammenhang ist eine Studie von Fay/Sonnentag (2002) sehr informativ. Sie demonstrierten l~ingsschnittlich, dass das AusmaI3 an Belastung durch Arbeitsplatzstressoren positiv korreliert war mit dem Ausmaf5 an im weiteren Verlauf gezeigter Eigeninitiative. Dieser tiberraschende Befund konnte durch Sonnentag (2003) repliziert werden. Das bedeutet, dass auch negative Umst~inde, wie stressbezogene Belastungen am Arbeitsplatz, langfristig positive Wirkungen haben k6nnen. Sie ftihren mitunter nicht zu weniger, sondem zu mehr Engagement auBerhalb der eigenen Arbeitsaufgabe. Das Konzept des ,,taking charge" (Morrison/Phelps 1999) weist ebenfalls ,g,hnlichkeiten mit Eigeninitiative auf. Taking charge wird definiert als ,,voluntary and constructive efforts, by individual employees, to effect organizationally functional change with respect to how work is executed" (Morrison/Phelps 1999, S. 403). Das Konzept enth~ilt damit ebenfalls eine selbstinitiierende und aktive Komponente, ist verhaltensorientiert und zielt letztlich auf den organisationalen Erfolg. Auch empirisch gibt es Beziehungen zwischen den beiden Konzepten. Schmidt (2004) fand, dass die Einsch~itzung von Eigeninitiative und taking charge, die Vorgesetzte ~r ihre Mitarbeiter vomahmen, auf einen gemeinsamen Faktor laden. Allerdings beruht dieser Zusammenhang alleine auf Fragebogendaten. Erst die Verwendung des zu pr~iferierenden EigeniniativeInterviews (s. u.) erm6glicht eine endgtiltige Kl~irung. 3

Die Messung yon Eigeninitiative

Da Eigeninitiative als tats~ichliches, arbeitsplatzbezogenes Verhalten konzeptualisiert wurde, wurde auch bei der Entwicklung eines Messinstrumentes ein groBer Wert auf Verhaltensorientierung gelegt. Deshalb wurde ein anderer Weg eingeschlagen, als nur eine Fragebogen-Skala mit Selbstaussagen zu erstellen, die dartiber hinaus bekanntermafSen nicht unproblematisch beztiglich selbstwertdienlicher Tendenzen sind. Das Messinstrument wurde als mehrdimensionales situatives Interview (Latham 1989) konzipiert. Ziel von situativen Interviews ist es, typisches Verhalten am Arbeitsplatz relativ pr~izise tiber die Abfrage von vergangenem Verhalten oder tiber die Reaktion auf vorgegebene Szenarien zu erfassen. Beim Eigeninitiative-Interview wurde dieser Ansatz durch gezielte und dennoch weitgehend standardisierte Nachfragen erweitert, die den Pr~izisionsgrad weiter erhOhen und Antworttendenzen der sozialen Erwtinschtheit vermindem sollen. Da es als Grundlage fast der gesamten empirischen Eigeninitiative-Forschung dient, soil es im Folgenden kurz dargestellt werden. Insgesamt besteht das Messinstrument aus f'tinf Facetten (Frese et al. 1997). Die erste Facette erfasst bisherige Eigeninitiative bei der Arbeit. Die Fragen beziehen sich darauf, ob sich die Person innerhalb der letzten beiden Jahre mit einem arbeitsbezogenen Problem besch~iftigte und versuchte, es zu lOsen. Nach-

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fragen beleuchten, ob es sich dabei um L6sungsversuche handelt, die tiber das hinausgehen, was man von anderen Personen in einem solchen Job erwarten w0rde (s. o.). Kodiert wird sowohl das quantitative Ausmal3 an Eigeninitiative (z. B. ,,Fleif3arbeit") als auch das qualitative Ausmal3 (z. B. die Entwicklung einer g~inzlich neuen LSsung). Die zweite Facette erfasst das Ausmal3 der tats~ichlichen weiterbildungsbezogenen Eigeninitiative. Erfragt wird, ob sich die Person in der Vergangenheit eigene Weiterbildungsziele setzte, diese in Verhalten umsetzte und ausdauernd verfolgte. Die dritte Facette, Barrierenaberwindung, bezieht sich auf die Persistenz, die die befragte Person im Angesicht von Problemen und Widerst~inden zeigt. Der Interviewer pr~isentiert ein Szenario, das ein arbeitsplatzbezogenes Problem beschreibt (z. B. ein nachl~issiger Kollege, durch den der Befragte zus~itzliche Arbeit hat) und fragt, wie der Befragte dieses Problem 16sen wiirde. Nach der ersten Antwort fragt der Interviewer, was der Befragte tun wtirde, wenn diese L~sung nicht zum Erfolg ftihrte. Der Befragte pr~isentiert eine Ltisung, die dann ebenfalls in Frage gestellt wird. Diese Prozedur wird so lange weitergeftihrt, bis der Befragte aufgibt. Gez~ihlt wird die Anzahl ,,tibersprungener" Barrieren, d. h. die Anzahl neuer Ltisungen. Die vierte Facette erfasst die Proaktivitdt des Befragten. Daftir wird vom Interviewer eingeschg.tzt, wie aktiv die Ltisung des Befragten in den obigen Szenarien war. Die Pole reichen von einer vtillig selbst~indigen L6sung bis zur Delegation der Problematik an den Vorgesetzten. Die ftinfte Facette schliel31ich stellt eine allgemeine Einschdtzung der Eigeninitiative des Befragten durch den Interviewer dar. Als Erg~inzung des Interviews kann optional eine Skala mit sieben Items verwendet werden, die vom Befragten und/oder vom (Ehe-) Partner ausgeftillt wird (Frese et al. 1997). Das Interview weist gute Reliabilit~iten, insbesondere ausreichende Interviewertibereinstimmungen, sowie Konstruktvalidit~it auf (Frese et al. 1997). Die Einzelwerte der Facetten k/3nnen zu einem Gesamtwert von Eigeninitiative aggregiert werden. lnsgesamt handelt es sich bei dem Messinstrument um ein vergleichsweise aufwendiges Verfahren. Gleichzeitig aber erlaubt es auch einen sehr detaillierten Zugang zum Verhalten des Befragten, wobei qualitative und quantitative Aspekte in die Bewertung einfliefSen. 4

Antezedenten von Eigeninitiative

Die Forschung hat in der Vergangenheit eine Reihe von Faktoren identifiziert, die als Antezedenten von eigeninitiativem Handeln gelten k6nnen. Im Folgenden wollen wir Personfaktoren und Umweltfaktoren unterscheiden.

Eigeninitiativeals KonzeptpositivenVerhaltensin Organisationen

4.1

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Personfaktoren

Der Eigeninitiative direkt vorgelagert sind spezielle Orientierungen. Orientierungen sind beztiglich des Spezifit/itsgrades angesiedelt zwischen Einstellungen und Pers6nlichkeitseigenschaften (Frese/Fay 2001). Das Auftreten von Eigeninitiative sollte zum einen yon Kontrollorientierungen begtinstigt sein. Die subjektive Wahmehmung, im Prinzip Dinge ver/indem zu k6nnen, ist notwendig, um tiberhaupt Aktivit/iten zu starten. In einer L~ingsschnittstudie von Frese et al. (im Erscheinen) wurde diese Annahme gesttitzt, in dem gezeigt wurde, dass ein Generalfaktor ,,Kontrollorientierung", der sich aus drei Einzelorientierungen zusammensetzte, die Eigeninitiative yon Arbeitnehmem beeinflusste. Die drei Orientierungen waren (1) die Kontroll~iberzeugung, also die Wahrnehmung, Entscheidungen am Arbeitsplatz beeinflussen zu k6nnen, die (2) Selbstwirksamkeits~iberzeugung (Bandura 1997), d. h. die Oberzeugung, dass man in der Lage ist, bestimmte Handlungen auszu~hren und (3) das Streben nach Kontrolle und Verantwortung. Weitere Orientierungen, die mit dem Auftreten von Eigeninitiative korreliert sind, sind die Angst vor Fehlem (negative Beziehung), aktive Coping-Strategien bei Stress und die Ablehnung yon Veriinderungen (negative Beziehung) (Frese/Fay 2001; Frese et al. 1997). Die theoretischen Zusammenhlinge liegen auf der Hand: Um Eigeninitiative zu zeigen, braucht man zuniichst eine generell positive Haltung zu Veriinderungen, denn genau diese versucht man zu erreichen. Man muss sich des Weiteren bewusst dartiber sein, dass im Veriinderungsprozess auch Fehler passieren k6nnen. Schliel31ich ist es auch notwendig, aktiv mit den Belastungen umzugehen, die aus dem Vorantreiben yon Ver/anderungen resultieren. Orientierungen sollten ihrerseits wieder yon bestimmten Personlichkeitseigenschafien beeinflusst werden. Dieser Mediatoreffekt wurde zwar noch nicht direkt untersucht, aber es gibt eine Reihe yon Pers(inlichkeitseigenschaften, die positiv mit Eigeninitiative korreliert sind. Dazu gehtirt das Leistungsmotiv, eine generalisierte Handlungsorientierung, die Proaktive Pers6nlichkeit (s. o.), Extraversion und Gewissenhaftigkeit (Fay/Frese 2001; Frese et al. 1997; Thompson 2005). Schliel31ich ist anzunehmen, dass Eigeninitiative eher von Personen gezeigt wird, die mehr arbeitsbezogenes Wissen und arbeitsbezogene Fiihigkeiten bzw. generell eine hohe kognitive Leistungsf~ihigkeit aufweisen. Je mehr Mitarbeiter von ihrer Arbeit verstehen, desto eher sollten sie auch in der Lage sein, Probleme zu entdecken oder zuktinftige Entwicklungen vorherzusehen, die eigeninitiatives Verhalten nOtig machen. Die Empirie sttitzt genau diese Annahmen (Fay/Frese 2001; Frese/Hilligloh 1994).

62

4.2

Angelo Giardini und MichaelFrese

Umweltfaktoren

Die Umweltfaktoren, die Eigeninitiative untersttitzen sind insbesondere im engeren Arbeitsumfeld zu finden. Auch sie sollten sich zumindest teilweise tiber die Beeinflussung von Orientierungen auf die Eigeninitiative auswirken. Ein zentraler Faktor ist der Handlungsspielraum von Arbeitnehmem. Handlungsspielraum bezieht sich auf die objektive M~iglichkeit, in einem gewissen Ausma6 selbst entscheiden zu ktirmen, welche Aufgaben man wie und warm erledigt (Frese/Zapf 1994). Handlungsspielraum ist somit eine Form von objektiver Kontrolle fiber die Arbeitsbedingungen und sollte sich deshalb besonders auf die oben genannten Kontrollorientierungen auswirken. Der gleiche Effekt sollte sich ffir das Arbeitsplatzcharakteristikum Job-Komplexitdit einstellen. H(iherkomplexe T/itigkeiten lassen dem Individuum mehr MOglichkeiten, in die AbI/iufe einzugreifen. In der bereits genannten L/ingsschnittstudie von Frese et al. (im Erscheinen) wurden genau dieser Mediatoreffekt getestet und best~itigt, dass tiber die Zeit ein hohes Ma6 an Handlungsspielraum und Job-Komplexit/it die Kontrollorientierung erhOht, was wiederum eine Steigerung von Eigeninitiative zur Folge hat. Das l/ingsschnittliche Design erlaubte darfiber hinaus die Darstellung eines reziproken Effektes: Die Steigerung von Eigeninitiative fiihrte ihrerseits zu einer Erh6hung des Handlungsspielraumes und der Komplexit/at. Mit anderen Worten: Eigeninitiative Personen schaffen sich teilweise ihre fOrderlichen Arbeitsbedingungen selbst. Oben wurde bereits von zwei Studien berichtet, die zeigten, dass auch eine h(ihere Belastung durch arbeitsbezogene Stressoren das Auftreten yon Eigeninitiative begfinstigt (Fay/Sonnentag 2002; Sonnentag 2003). Stress signalisiert der Person, dass in der Arbeit etwas nicht stimmt. Er hat also ,,Aufforderungscharakter" und motiviert Menschen, die Umst/inde proaktiv zu vedindem. Widersprfichliche Ergebnisse haben sich ftir die Rolle des Vorgesetzten ergeben. W/ihrend Frese et al. (1999) keinen Zusammenhang zwischen Unterstfitzung durch den Vorgesetzten und Eigeninitiative fanden, zeigten Morrison/Phelps (1999), dass die Offenheit von Vorgesetzten gegenfiber eigenverantwortlichem und aktivem Verhalten die Entwicklung von Eigeninitiative f6rderte. Effekte von Eigeninitiative

Die Erforschung von Eigeninitiative hatte immer das Ziel, fiber die akademische Betrachtung hinaus zu zeigen, dass Eigeninitiative relevante Auswirkungen ftir das Individuum, aber insbesondere auch ftir die Organisation hat. Der folgende Oberblick fiber die bisherige Forschung zeigt die ganze Bandbreite der bisher dokumentierten Effekte von Eigeninitiative.

Eigeninitiative als KonzeptpositivenVerhaltensin Organisationen

5.1

63

Umgang mit potentiellem und tatscichlichem Arbeitsplatzverlust

Nach dem Gesagten wtirde man erwarten, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Eigeninitiative und dem Verhalten in der schwierigen Phase der Erwerbslosigkeit gibt. Aktive und persistente Strategien der Jobsuche fahren generell zu einer deutlich schnelleren Wiederbesch~iftigung (Wanberg et al. 1999). In ihrer gesamtdeutschen Studie konnten Frese et al. (1997) zeigen, dass eigeninitiative Personen in der Tat schneller eine neue Arbeit fanden als weniger eigeninitiative Personen. Die Ergebnisse der Studie werfen auch ein Licht auf die Frage, warum dies so ist. Eigeninitiative Personen haben eine klarere Vorstellung von ihrem Karriereplan und setzen diesen Plan auch eher in die Tat urn. Generell wird auch ihre ,,employability" als h6her eingeschgtzt. Schliel31ich steigert Eigeninitiative auch die Bereitschaft, sich selbstgndig zu machen (Frese et al. 1997). Aufschlussreich ist auch ein Befund aus einer L~ngsschnittstudie in Ostdeutschland mit Personen in einem Besch~ftigtenverh~iltnis (Fay/Frese 1998). Es konnte gezeigt werden, dass ftir Arbeitnehmer mit hoher Eigeninitiative die Wahrscheinlichkeit deutlich stieg, dass sie in der Folge den Arbeitsplatz wechselten. Eigeninitiative hat also auch etwas damit zu tun, wie schnell sich Personen in schwierigen Situationen, wie sie die Situation Ostdeutschland zu jener Zeit darstellte, entscheiden zu handeln.

5.2

Eigeninitiative und individuelle Leistung

Dass Eigeninitiative nicht nur in den h6heren Etagen eine Rolle spielt, zeigten Frese et al. (1999) in ihrer Studie. Sie untersuchten an einer Stichprobe von niederl~ndischen Stahlarbeitem, ob proaktive Personen eher dazu neigen, bei ihren Untemehmen Verbesserungsvorschlgge einzureichen als wenig proaktive. Sie konnten zun~ichst zeigen, dass proaktive Personen mehr fiber Verbesserungsm6glichkeiten nachdachten und mehr Ideen entwickelten. Dart~ber hinaus fanden sie, dass Proaktivit~.t nicht mit einer h6heren Anzahl der eingereichten Vorschlgge korrelierte, daftir aber mit der Zahl vonder Geschgftsfiihrung prcimierter Vorschlgge. Offensichtlich war zwar nicht die Quantitgt, wohl aber die Qualit~t der Verbesserungsvorschl~ge von proaktiven Personen h6her. Dies war, wie empirisch gezeigt werden konnte, eine Konsequenz der stgrkeren Beschgftigung mit Ideen zur Verbesserung von Ablgufen. Dieser Befund untermauert einmal mehr, dass Eigeninitiative nicht nur sichtbares Handeln sondem auch planende Prozesse (Handlungsvorbereitung) umfasst. Aufschlussreich ist auch eine US-amerikanische Studie von Thompson (2005). Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Untemehmen wurden von ihrem Vorgesetzen hinsichtlich ihrer Leistung beurteilt, wie auch danach, wie sehr sie eigeninitiatives Verhalten zeigen. Gleichzeitig schgtzten die Mitarbeiter selbst

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AngeloGiardiniund MichaelFrese

ihre proaktive Pers~nlichkeit (s. o.) ein. Es konnten starke positive Korrelationen zwischen diesen Variablen nachgewiesen werden. Das heil3t, Selbst- und Vorgesetzteneinsch~itzung von proaktivem Verhalten korrespondierten. Dartiber hinaus wurde offensichtlich eigeninitiatives Verhalten vom Vorgesetzten als leistungsf6rdernd anerkannt und schl~igt sich in entsprechend besseren Leistungsbewertungen nieder.

5.3

Eigeninitiative und Unternehmertum

Die Forschung zum Unternehmertum wird von der Frage geleitet, welche Eigenschaften, Strategien oder Verhaltensweisen eines Unternehmers oder Unternehmensgrtinder eine Rolle ~ r den wirtschaftlichen Erfolg des Untemehmens spielen. Das Konzept der Eigeninitiative spielt dabei eine besondere Rolle. Das Grtinden eines Unternehmens selbst ist ein Akt der Eigeninitiative. Aber mehr noch: Erfolgreiche Unternehmensgrtinder treiben ihre Visionen und ldeen voran, auch wenn sich (finanzielle, organisatorische o. ~i.) Hindernisse vor ihnen aufbauen. Gleichzeitig mtissen Unternehmer vorausschauend sein und zuktinftige Entwicklungen vorwegnehmen, um handlungsfahig zu bleiben. Sie mtissen st~indig neue Kontakte kntipfen, um ihre Netzwerke zu erweitern. Entsprechend stellt ~ r Krauss et al. (2005) Eigeninitiative eine zentrale definitorische Facette ihres Modells von ,,Unternehmerischer Orientierung" (entrepreneurial orientation) dar. Die Befundlage zum Zusammenhang zwischen Eigeninitiative des Unternehmers und Unternehmenserfolg bei Kleinunternehmen (d. h. mit mindestens einem Mitarbeiter) ist eindeutig. Es wurde wiederholt ein starker positiver Zusammenhang gefunden und dies in den unterschiedlichsten L~indem: Deutschland (Utsch/Rauch 2000; Zempel 1999), Osterreich (Korunka et al. 2003), Stidafrika (Krauss et al. 2005), Uganda (Koop et al. 2000) und Zimbabwe (Krauss et al. 2005). Der Zusammenhang gilt ~ r unterschiedlichste Erfolgsindikatoren wie Unternehmenswachstum oder externe Bewertungen (siehe z. B. Krauss et al. 2005). Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass Eigeninitiative fiber die individuellen Effekte hinaus auch positive Wirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg yon (Klein-) Unternehmen haben kann.

5.4

Eigeninitiativeklima

Ftir Kleinunternehmen l~isst sich der Zusammenhang zwischen Eigeninitiative des Untemehmensgrtinders und wirtschaftlichem Erfolg nattirlich leicht tiber die Omnipr~isenz des Entrepreneurs erkl~iren. Er ist meist Produktionsleiter, Marketingchef, Vertriebsleiter und so weiter in einer Person. Entsprechend kann sich Eigeninitiative auch in all diesen Bereichen auswirken. Dass Eigeninitiative auch bei mittelst~ndischen Untemehmen seine Wirkung entfalten kann, zeigt

Eigeninitiativeals KonzeptpositivenVerhaltensin Organisationen

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eine Studie von Baer/Frese (2003). Sie argumentieren, dass sich in Unternehmen, die individuelle Eigeninitiative untersttitzen und f6rdem, ein entsprechendes ,,Eigeninitiative-Klima" ausbildet. Wenn ein Unternehmen von einer grunds~itzlich positiven Haltung zu Eigeninitiative durchdrungen wird, dann sollte sich dies auch in entsprechenden Erfolgszahlen ausd~cken. In der Tat fanden Baer/Frese (2003), dass Eigeninitiative-Klima eine positive Wirkung auf die Untemehmensprofitabilit~it (Return on assets) entfaltet. Die Autoren fanden auBerdem eine Wechselwirkung zwischen EigeninitiativeKlima und der Innovativit~it im Produktionsprozess (z. B. das Vorhandensein von Just-in-Time-Produktion): Prozessinnovativit~it hatte nur dann einen Einfluss auf die Untemehmensprofitabilit~it, wenn gleichzeitig ein starkes Eigeninitiativeklima vorlag. Es besteht also ein Zusammenspiel zwischen ,,harten" betriebswirtschaftlichen MaBnahmen und ,,weichen" Faktoren: Eine erfolgreiche Installation von innovativen Produktionsprozessen kann offensichtlich nur gelingen, wenn sie in einem Klima von proaktivem und eigenverantwortlichem Handeln der Mitarbeiter stattfindet. 6

Training yon Eigeninitiative

Die Konzeption von Eigeninitiative als Verhaltenssyndrom tr~igt prinzipiell die Ver~inderbarkeit bereits in sich. Verhalten ist nie vollst~indig durch bestimmte Faktoren (z. B. Pers6nlichkeitseigenschaften) determiniert, sondern kann durch entsprechende MaBnahmen gezielt ver~indert werden. In zwei Evaluationsstudien wurde untersucht, ob Eigeninitiative tats~ichlich durch TrainingsmaBnahmen gesteigert werden kann. Der Kontext der Studien ist sehr unterschiedlicharbeitslose Personen in Deutschland und Kleinunternehmer in Siadafrika- aber beide zeigen positive Effekte der MaBnahmen.

6.1

Eigeninitiative-Training fur Arbeitslose

Die Entwicklung des Eigeninitiative-Trainings for Arbeitslose (Frese et al. 2002) kntipfte an der Beobachtung an, dass Personen, die bereits eine gewisse Zeit in der Arbeitslosigkeit verbracht haben, oft Symptome von Depression und Hilflosigkeit entwickeln. Beruhend auf der Wahrnehmung, dass sie ja doch nichts ~indem kOnnen, verlieren sie die Motivation, Dinge voranzutreiben und werden passiv. Damit einher geht ein immer geringer werdendes Selbstwertge~hl. Ziel des Trainings war es deshalb, die Wahrscheinlichkeit einer beruflichen Wiedereingliederung durch die F6rderung aktiver Handlungs- und Bew~iltigungsstrategien zu erh6hen. An dem dreit~igigen Training nahmen acht arbeitslose Personen teil. Es war in drei thematische Bl6cke gegliedert. Der erste Block zielte darauf ab, den Sinn ~ r die Eigenverantwortung zu st~irken. Nur wer Verantwortung for sich selbst

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abemimmt, kann auch selbstbestimmt und eigeninitiativ handeln und nur so k6nnen neue Aktionsspielr~ume geschaffen werden. Dieser Block umfasste Impulsreferate, Modelllemen und Rollenspiele. Im zweiten Block wurde die Selbstsicherheit der Teilnehmer gest~rkt. Unsicheres Auftreten fuhrt dazu, dass jede Initiative im Keim erstickt wird. Hier wurden klassische Obungen yon Selbstsicherheitstrainings durchgefahrt (z. B. einen Vortrag fiber die eigenen St~rken halten). Der dritte Block schliel31ich besch~ftigte sich damit, wie man Hindemisse bei der Zielerreichung durch Selbstregulation aberwindet. Dazu geh6ren u. a. die ,,Technik der kleinen Schritte" und die antizipatorische Selbstregulation, also die gedankliche Vorwegnahme von Problemen und den sie begleitenden Emotionen, sowie das Durchspielen von Bew~ltigungsmtJglichkeiten. Vorher-Nachher-Messungen ergaben, dass durch das Training die subjektive Eigeninitiative und Selbstwirksamkeitsaberzeugungen gesteigert wurden. Gleichzeitig verringerten sich bei den Teilnehmer Symptome von Gereiztheit und Depressivitgt, sowie psychosomatische Beschwerden. Bei verschiedenen Verhaltensfibungen ergab sich allerdings nur f'tir den Aspekt der Selbstsicherheit eine signifikante Verbesserung. Es liegen keine Daten tiber den tats~.chlichen Bewerbungserfolg vor, aber Yelefoninterviews ergaben, dass die Mehrheit der Teilnehmer viele der gelemten Techniken anwandten. Daraber hinaus wurden nach dem Training auch Bekannte der Teilnehmer befragt. Bei 70 % der F~lle war aus ihrer Sicht eine Erh6hung der Eigeninitiative zu beobachten, w~hrend sich ~r den Rest zumindest keine Verschlechterung ergab.

6.2

Eigeninitiative- Training f~r Kleinunternehmer in Siidafrika

Die zweite Studie umfasste die Evaluierung eines Trainings for Kleinunternehmer in Stidafrika (Glaub et al. 2005). 27 Kleinunternehmern wurden in einem dreit~igigen Training die Grundlagen eigeninitiativen unternehmerischen Handelns vermittelt. Das Training umfasste insgesamt vier Module. lm Modul ,,Proaktives Planen" wurde den Teilnehmer vermittelt, welche Arten von Pl~inen es gibt (Frese et al. 2000), dass Planen jeden Tag stattfinden sollte und dass Pl~ine immer unvollst~indig sein mtissen. Die Teilnehmer entwickelten dann einen Plan far ihr eigenes Untemehmen far die n~ichsten vier bis sechs Monate. Das Modul ,,Proaktives Zielsetzen" besch~iftigte sich damit, wie spezifische, messbare, herausfordemde und doch realistische Ziele gesetzt werden. Dies wurde insbesondere im Hinblick auf langfristige Probleme oder Mt~glichkeiten getan. ,,Zeitmanagement", insbesondere das Priorisieren von Aufgaben, stellt ein Aspekt von proaktivem Planen dar und wurde in einem eigenen Modul vertieft. Schliel31ich ging es im Modul ,,Innovation" datum, wie neue Ideen generiert und umgesetzt werden kOnnen. Dazu wurden unter anderem verschiedene Kreativit~itstechniken vermittelt.

Eigeninitiative als Konzept positiven Verhaltens in Organisationen

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Der Trainingserfolg wurde mit Hilfe eines aufwendigen Pre-PosttestDesigns mit Kontrollgruppe und vier Messzeitpunkten ermittelt. Dabei wurden Kriterien auf der Ebene der unmittelbaren Reaktion, des Wissens, des Verhaltens und des untemehmerischen Erfolgs herangezogen (Kirkpatrik 1967). Die Ergebnisse zeigten, dass das Training auf allen vier Ebenen erfolgreich war. Die Teilnehmer berichteten hohe Zufriedenheitswerte, das Wissen tiber die Trainingsinhalte war nach dem Training deutlich h6her als das der Kontrollgruppe (mit der Ausnahme von Zeitmanagementwissen). Der Transfer des Wissens in tats~ichliches Verhalten im Untemehmen (z. B. Innovation, proaktives Zielsetzen und Planen) fand ebenfalls statt. SchlieBlich, und vielleicht am wichtigsten, waren die Umsatzzahlen 5-7 Monate nach dem Training in der Trainingsgruppe deutlich hOher als in der Kontrollgruppe. Es ist bemerkenswert, dass dieser Effekt auch noch nach zwei Jahren tendenziell vorhanden war.

7

Schlussbetrachtung

Unser Ziel war es, einen Abriss tiber die Forschung zu Eigeninitiative zu geben. Es sollte deutlich werden, dass Eigeninitiative zur Familie der Konzepte des ,,positiven organisationalen Verhaltens" (Luthans 2002) gehOrt. Eigeninitiative stellt die St~irken von Menschen heraus. Es beschreibt das Individuum als einen potentiell proaktiven, eigenverantwortlichen und unbeirrbaren Probleml/3ser im Dienste der Organisation. Eigeninitiative Menschen nehmen die Herausforderungen einer sich st~indig ver~indernden Arbeitswelt an und nehmen aktiv am Geschehen teil. Damit sind sie eben nicht mehr Opfer sondern Gestalter ihrer eigenen Umwelt. Dartiber hinaus ist, wie wir dargestellt haben, Eigeninitiative ein hinreichend neuartiges Konzept, in dem es eine neue Form von individueller Performanz beschreibt. Es existiert ein standardisiertes, reliables und valides Messinstrument zur Erfassung von Eigeninitiative. Es wurde der Nachweis erbracht, dass Eigeninitiative einen Einfluss auf verschiedene Leistungs- und ErfolgsmaBe hat. SchlieBlich ist Eigeninitiative lernbar und deshalb auch ver~inderbar. Es mag der Eindruck entstanden sein, dass Eigeninitiative vor allem mit dem Schaffen von etwas Neuem zu tun hat, also z. B. das Vorantreiben von organisationalen Ver~inderungsprozessen, die Entwicklung von innovativen Produkten usw. Aber Eigeninitiative ist auch ein allt~igliches ,,Gesch~ift", ohne das Unternehmen kaum existieren ktinnten. Die Eigeninitiative von Arbeitnehmern ist notwendig, um Prozesse der Erstellung von Waren und Dienstleistungen aufrechtzuerhalten, denn diese Prozesse sind notwendigerweise immer fehleranf~illig. Kein noch so gutes Produktions- und Dienstleistungssystem ist in der Lage, alle Eventualit~iten vorherzusehen und jeden auftretenden Fehler mit erprobten Verfahren wieder auszugleichen. Hierzu bedarf es Menschen, die selbst~indig Ltisungswege suchen und diese auch eigenverantwortlich umsetzen.

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Angelo Giardini und Michael Frese

Wir haben dargelegt, dass Eigeninitiative auf mehreren Ebenen von Bedeutung ist. Auf der Ebene des Mitarbeiters haben wir aufgezeigt, dass Eigeninitiative zu einer Verbesserung des Arbeitsumfeldes fOhrt und mittel- bis langfristig die Leistung steigert. Eigeninitiative zeitigt auch positive Effekte auf Unternehmensebene, z. B. durch Untersttitzung bei der Umsetzung von Innovationen, oder durch eine direkte Verbesserung untemehmerischer T/atigkeit. Es gibt aber auch eine gesamtgesellschaftliche Relevanz von Eigeninitiative. Eigeninitiative verringert die Zeit, die Personen in der Arbeitslosigkeit zubringen. Dies geschieht insbesondere dadurch, dass selbst/indige Existenzen geschaffen werden. Und Unternehmertum ist letztlich ein entscheidender Baustein FOr gesamtwirtschaftliche Prosperit/~t. Literatur Bandura, A. (1997): Self-efficacy. The exercise of control, New York. Bateman, T.S./Crant, J.M. (1993): The pro-active component of organizational behavior. A measure and correlates, in: Journal of Organizational Behavior, Vol. 14, S. 103-118. Baer, M./Frese, M. (2003): Innovation is not enough. Climates for initiative and psychological safety, process innovations, and firm performance, in: Journal of Organizational Behavior, Vol. 24, S. 45-68. Borman, W.C./Motowidio, S.J. (1993): Expanding the criterion domain to include elements of contextual performance, in: Schmitt, N./Borman, W.C. (Hrsg.): Personnel selection in organizations, San Francisco, S. 71- 98. Bridges, W. (1995): Jobshift, London. Campbell, J.P./McCloy, R.A./Oppler, S./Sager, C.E. (1993): A theory of performance, in: Schmitt, N./Borman, W.C. (Hrsg.): Personnel selection in organizations, San Francisco, S. 35-79. Fay, D./Frese, M. (1998): Eigeninitiative und Arbeitsplatzwechsel in einer Umbruchsituation. Vortrag auf dem 41. Kongress der Deutschen Gesellschatt fur Psychologic, Dresden. Fay, D./Frese, M. (2001): The concept of personal initiative. An overview of validity studies, in: Human Performance, Vol. 14, No. 1, S. 97-124. Fay, D./Sonnentag, S. (2002): Rethinking the effects of stressors. A longitudinal study on personal initiative, in: Journal of Occupational Health Psychology, Voi. 7, No. 3, S. 221-234. Frese, M./Fay, D. (2001): Personal initiative. An active performance concept for work in the 21st century, in: Staw, B.M./Sutton, R.M. (Hrsg.): Research in Organisational Behavior, Vol. 23, Amsterdam, S. 133-187. Frese, M/Fay, D./Hillgruber, T./Leng, K./Tag, A. (1997): The concept of personal initiative. Operationalization, reliability and validity in two German samples, in: Journal of Occupational and Organizational Psychology, Vol. 70, S. 139-161. Frese, M./Garman, G./Garmeister, K./Halemba, K./Hortig, A./Pulwitt, T. (2002): Training zur ErhOhung der Eigeninitiative bei Arbeitslosen. Bericht tiber einen Pilotversuch, in: Zeitschrift for Arbeits- und Organisationspsychologie, 46. Jg., Nr. 2, S. 89-97. Frese, M./Garst, H./Fay, D. (im Erscheinen): Making things happen. Reciprocal Relationships between Work Characteristics and Personal Initiative (PI) in a Four-Wave Longitudinal Structural Equation Model. Frese, M./Hilligloh, S. (1994): Eigeninitiative am Arbeitsplatz im Osten und Westen Deutschlands. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung, in: Trommsdorf, G. (Hrsg.): Psychologische Aspekte des sozial-politischen Wandels in Ostdeutschland, Berlin, S. 200-215.

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Die BedeutungProsozialen Dienstleisterverhaltens far die Interaktionszufriedenheitdes Kunden 71

Die Bedeutung Prosozialen Dienstleisterverhaltens fiir die Interaktionszufriedenheit des Kunden

Christian Coenen

Einleitung und Ziel 2 2.1 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2

Interaktionszufriedenheit im Dienstleistungskontakt Erwartungsdiskonfirmation als Grundlage der Interaktionszufriedenheit Definition der Interaktionszufriedenheit Kundenseitige Erwartungsebenen der Interaktion Anforderungsgepr/~gte Erwartungsebene der Interaktion Bedtirfnisgepr~igte Erwartungsebene der Interaktion Prosoziales Organisationales Verhalten

4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3

5

Prosoziales Dienstleisterverhalten Begriffiiche Grundlagen zum Prosozialen Dienstleisterverhalten Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens ~ r die Interaktionszufriedenheit Allgemeine Oberlegungen zur Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens ftir das Leistungsergebnis Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens ~ r die Bedarfnisbefriedigung Fazit

Die BedeutungProsozialenDienstleisterverhaltensfor die Interaktionszufriedenheitdes Kunden 73

1

Einleitung und Ziel

Dienstleistungen s i n d - im eigentlichen Wortsinn- oft Leistungen, die aus der T~itigkeit des ,,Dienens" bestehen. Hierbei untersttitzt der Mitarbeiter als ,,Dienstleistender" den Kunden bei bestimmten T~itigkeiten oder Transaktionen. Auf der pers6nlichen Ebene zwischen Dienstleister und Bedientem generieren diese untersttitzenden T~itigkeiten ~ r den Bedienten h~iufig keinerlei greifbaren Ergebnisse, sondem stellen vielmehr wahrgenommene Erlebnisse und Erfahrungen dar, die konsumiert werden (Shostack 1977, S. 76). Als Bedienter bezieht sich der Kunde daher in seiner Beurteilung der Leistung h~iufig fast ausschliel31ich auf die Handlungen des Dienstleisters w~ihrend der Interaktion. Als Dienstleister stellt der Mitarbeiter demnach w~ihrend des unmittelbaren Kontakts mit dem Kunden- und somit im ,,Moment der Wahrheit" (Carlzon 1990, S. 2 3 ) - quasi die personifizierte Dienstleistung dar. W~ihrend der sozialen Interaktion mit dem Mitarbeiter nimmt der Kunde die ihm geschenkte Aufmerksamkeit und entgegengebrachte Dienstleistungsbereitschaft des Mitarbeiters und somit seinen Einsatzwillen zur Hilfeleistung wahr. Dieses helfende, d. h. prosoziale, Verhalten wird vom Kunden- in seiner positiven Auspr~igung- allgemein als Ausdruck einer gewissen ,,Serviceorientierung" interpretiert (Coenen 2001, S. 346). Die serviceorientierten Handlungen gegentiber dem Kunden zeichnen sich u. a. durch individuelles Engagement und besonders aktiven Einsatz auf Mitarbeiterseite aus. Dieses Verhalten kann sich z. B. durch unmittelbare Untersttitzung bei einer pers0nlichen Zwangslage des Kunden oder durch unaufgefordertes zuvorkommendes Verhalten als Oberraschung ftir den Kunden ausdrticken. Ftir Unternehmen, die ihren Kunden in direktem Mitarbeiterkontakt personliche Dienstleistungen anbieten, ergibt sich zumeist die Schwierigkeit, dass die o. g. Verhaltensweisen zwar als bedeutend Rir die Interaktion mit dem Kunden erkannt werden, dieses Verhalten allerdings nur schwerlich in den Anforderungskatalog for den Mitarbeiter mit aufgenommen und eingefordert werden kann. Vielfach liegen diese speziellen hilfsbereiten Handlungen n~imlich au6erhalb der formalen T~itigkeitsbeschreibungen und werden vom Mitarbeiter h~iufig aus eigenem Antrieb gezeigt. In vielen FWlen handelt es sich dabei um intuitive Handlungen, die der Mitarbeiter aus freiem Antrieb und ohne explizite Aufforderung von Kunden- oder Unternehmensseite an den Tag legt. Neben dem eigentlichen Ergebnis der Interaktion sind es somit h~iufig diese schwer zu spezifizierenden Verhaltensweisen des Dienstleisters w~ihrend des pers0nlichen Kontaktes und somit des Erstellungsprozesses, die den Kunden mal3geblich in seiner Wahrnehmung beeinflussen. Das besondere Verhalten bleibt dem zufriedenen Kunden positiv im Ged~ichtnis haften und oft gibt dieser die angenehmen Erfahrungen an sein Umfeld welter.

74

Christian Coenen

Vor dem Hintergrund der vorangestellten 0berlegungen ist es Ziel dieses Beitrags, die Bedeutung des prosozialen Verhaltens des Dienstleisters for die individuelle Interaktionszuffiedenheit des Kunden herauszustellen. Dazu werden einfi3hrend die konzeptionellen Grundlagen zur Interaktionszufriedenheit und zum Prosozialen Verhalten im Dienstleistungskontakt gelegt, bevor dann die Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens for den Kunden aufgezeigt wird.

Interaktionszufriedenheit im Dienstleistungskontakt

2.1

Erwartungsdiskonfirmation als Grundlage der Interaktionszufriedenheit

Das in der Vergangenheit in der wissenschaftlichen Diskussion bei weitem am st~rksten beachtete Konzept der Kundenzuffiedenheit stellt das ,,ErwartungsDiskonfirmations-Paradigma" (expectancy-disconfirmation-paradigm) dar (Oliver 1980). Nach diesem konzeptionellen Verst~ndnis handelt es sich bei Kundenzufriedenheit um das bewertete Ergebnis eines Soll-lst-Vergleichs 0ber ein Konsumerlebnis (Kaas/Runow 1984, S. 452). Hierbei stellt der Kunde die wahrgenommene Dienstleistung als Ist-Standard seinen Erwartungen als SoilStandard gegen0ber. Eine eintretende Diskonfirmation in negativer bzw. positiver Hinsicht f'0hrt beim Kunden zu (Un-)Zufriedenheit (Oliver 1997, S. 98 ff.; Stauss 1999, S. 6 f.). Demnach wird bei diesem psychologischen Prinzip vereinfachend davon ausgegangen, dass es beim Kunden zu einem allgemeinen Wahrnehmungs-/Erwartungsvergleich kommt.

2.2

Definition der Interaktionszufriedenheit

Aus psychologischer Sicht handelt es sich bei allgemeiner Zufriedenheit um einen ,,angenehmen emotionalen Zustand" (Neuberger 1992, S. 199) und ein ,,subjektives Wohlbefinden" (Mayring 1991, S. 53) eines Einzelnen. Oliver (1997, S. 13) definiert Kundenzufriedenheit als ,,the consumer's fulfilment response and a judgment that a service [...] is providing a pleasurable level of consumption-related fulfilment". Kundenzuffiedenheit stellt demnach das Resultat einer kundenseitigen Bewertung der Dienstleistung hinsichtlich der Erfidllung bestimmter Erwartungen dar. Die Kundenzufriedenheit umfasst hierbei sowohl kognitive als auch affektive Komponenten (Stauss/Neuhaus 2000, S. 72). Mit Blick auf die kurzfristige Interaktionsebene der Kundenzuffiedenheit lassen sich in der Forschung zahlreiche Arbeiten finden (Bitner/Hubbert 1994, S. 76; Lemmink/Mattson 2002, S. 20; Mohr/Bitner 1995, S. 242; Oliver 1997,

Die BedeutungProsozialenDienstleisterverhaltensfur die Interaktionszufriedenheitdes Kunden 75 S. 13; Van Dolen et al. 2002, S. 3). In Anlehnung an Oliver (1997, S. 13) wird daher der Interaktionszufriedenheitsbegriff wie folgt definiert: Interaktionszufriedenheit ist die positive kundenseitigeReaktion auf die kognitive Beurteilung einer einzelnen Dienstleistungsinteraktion in Kombination mit affektiven Komponenten hinsichtlich einer erfreulichen Erwartungserftillung. Gem~B dem oben beschriebenen Diskonfirmations-Paradigma wird unter Interaktionszufriedenheit somit das Ergebnis eines Vergleichsprozesses verstanden, zu dem der Kunde w~hrend bzw. nach dem Dienstleistungskontakt und der Bewertung des Dienstleisterverhaltens als Service Performance kommt. Hierbei erf~ihrt ein zufriedener Kunde einen positiven Ge~hlssaldo, d. h. ein individuelles Wohlgefahl, aus aktuellen Erfahrungen und Erwartungen mit der Dienstleistung und er hat ein Geffihl der Unzufriedenheit, wenn dieser Saldo negativist (GroB-Engelmann 1999, S. 17).

2.3

KundenseitigeErwartungsebenen der Interaktion

Jede Dienstleistung beinhaltet einen direkten bzw. indirekten Kontakt und somit eine Interaktion zwischen Dienstleister und Kunde. W~hrend eines solchen Dienstleistungskontakts beurteilen die Kunden z. B. die F~higkeit des Mitarbeiters, die Dienstleistung auf Anhieb korrekt ausffihren zu k6nnen oder etwa dessen Willen, sich ~ r den Kunden einzusetzen. Des Weiteren evaluiert der Kunde beispielsweise, wie sehr der Mitarbeiter auf seine persOnlichen Wtinsche eingeht und sich ~ r seine Belange engagiert. Vor der Dienstleistungsinteraktion existieren demnach beim Kunden gewisse Erwartungen, die sich hinsichtlich der unterschiedlichen kundenseitigen Zielvorstellungen von Kunde zu Kunde unterscheiden kOnnen und far die individuelle Interaktionszufriedenheit von Relevanz sind. Abh~ngig von der Art der Dienstleistung k6nnen Kontakte zum Dienstleister aus Kundensicht somit sehr unterschiedlich gewichtete Schwerpunkte besitzen. So sind Dienstleistungsinteraktionen denkbar, bei denen der Fokus der Kundenerwartung und somit auch der entsprechenden Bewertung auf dienstleistungsspezifischen Anforderungen an die wirtschaftliche Transaktion liegt. Dieser Sachverhalt soil anhand eines Beispiels verdeutlicht werden. Wenn der Kunde z. B. bei einer chemischen Reinigung seine Kleidung abholt, dann hat er hierbei bestimmte aktive Leistungserwartungen und somit Anforderungen hinsichtlich des Ergebnisses, die aus seiner Sicht erffillt werden mt~ssen, so z. B. die einwandfreie Sauberkeit der Kleidung. Zus~tzlich zu diesen dienstleistungsspezifischen Anforderungen der wirtschaftlichen Transaktion ,,Reinigung der Kleidung" hat der Kunde jedoch auch eine gewisse passive Erwartung hinsichtlich seiner Bed~irfnisse an die damit einhergehende soziale Interaktion mit dem Dienstleister, n~mlich dem konkreten Bring- und Abholvorgang. Hier erwartet

76

Christian Coenen

er seinerseits grundlegende soziale Standards beim Dienstleister, wie z. B. einen gewissen Grad an Freundlichkeit, Kommunikationsf~ihigkeit oder sozialen Umgangsformen. Diese beiden Erwartungsebenen werden nachfolgend n~her charakterisiert. 2.3.1

Anfordemngsgepr~.gte Erwartungsebene der Interaktion

Bei Betrachtung der anforderungsgepNigten Erwartungsebene beurteilt der Kunde w~ihrend und nach der Dienstleistungsinteraktion als Konsument die Erftillung seiner dienstleistungsbezogenen Erwartungen hinsichtlich bestimmter Dienstleistungsanforderungen. Der Fokus der Kundenbewertung liegt bei diesem kognitiven Vergleich somit auf der erbrachten Leistung des Dienstleisters hinsichtlich bestimmter Dienstleistungsattribute. Dabei orientiert sich der Kunde bei seiner Bewertung vorwiegend an Anforderungen der Kemdienstleistung, wie er sie z. B. gem~.6 seiner Erfahrungen erwartet und als Leistungsstandard unterstellt (Schneider/Bowen 1999, S. 37). Als Beispiel l~isst sich hier die Qualit~it eines Menus im Restaurant oder die zu erwartende Kompetenz eines Restaurantmitarbeiters hinsichtlich bestimmter Servierfertigkeiten anftihren, die ein Kunde bei einem Restaurantbesuch unterstellt. Diese anforderungsspezifischen Erwartungen dienen dem Kunden als Referenzgr6ge zum Vergleich mit dem tats~ichlich Erlebten. Dieser Bereich der kognitiven Beurteilung der Dienstleistungsqualit~it bezieht sich somit auf die vom Kunden bewertbaren Anforderungen, die er als Verbraucher bzw. Konsument der Dienstleistung erwartet und evaluiert. Allerdings setzt sich die Erwartung des Kunden hinsichtlich der Interaktion mit einem Dienstleister nicht nut aus anforderungsspezifischen Erwartungen als Konsument der Dienstleistung zusammen, sondem umfasst au6erdem auch noch die bedtirfnisgepr~igten Erwartungen als Mensch in der sozialen Interaktion mit einem anderen Menschen. 2.3.2

Bediirfnisgepr/~gte Erwartungsebene der lnteraktion

Bei der Betrachtung der Erwartungen eines Kunden an einen Dienstleistungskontakt wird deutlich, dass der Kunde gem~ig eines modemen Dienstleistungsverst~indnisses weit mehr von einer Interaktion erwartet als ,,nur" die Pflichterfiillung von Untemehmens- und Mitarbeiterseite. Denn neben den Erwartungen beziiglich der Anforderungen als Konsument besitzt der Kunde auch Erwartungen hinsichtlich der Interaktion, in der er sich als Mensch und Interaktionspartner des Mitarbeiters ernst genommen und wohl fiihlen will, denn ,,customers are people first and consumers second" (Schneider/Bowen 1999, S. 37). Diese bediirfnisgepr/igte Erwartungsebene besteht, wie auch schon die anforderungsgepr/~gte Erwartungsebene der Interaktion, ebenfalls aus einem kognitiven Vergleichsprozess zwischen Erwartung und Wahrnehmung. Allerdings

Die BedeutungProsozialenDienstleisterverhaltensfor die Interaktionszufriedenheitdes Kunden 77 stellt sich die Bed~irfnisebene als weitaus komplexer dar, als dies bei der Anforderungsebene der Fall ist. Im Mittelpunkt dieses Vergleichsprozesses steht demnach nicht die Dienstleistung mit ihren Qualit~itsmerkmalen als Erbringung einer ProblemlOsung, sondem die Bedienung bzw. Befriedigung allgemeiner menschlicher Bedtirfnisse. Sehr h/iufig steht hierbei nicht mehr die ursprtinglich in Anspruch genommene Dienstleistung des Untemehmens im Vordergrund, sondem vielmehr das ganz individuelle Verhalten des einzelnen Mitarbeiters, d. h. seine Service Performance in dieser bestimmten Situation. Gerade w/ihrend dieser Interaktionen entscheidet sich, ob der Kunde zufrieden ist bzw. sich im Umfeld des Mitarbeiters gut aufgehoben und wohl ~hlt. Der Kunde kann u. U. zwar mit der L6sung seines ursp~nglichen Problems zufrieden sein, wenn er z. B. mit einer Fluglinie von A nach B fliegt und diese ptinktlich und sicher ankommt. Jedoch geht es auf einer menschlichen Ebene gar nicht mehr um den Transport von A nach B, sondem um das von ihm wahrgenommene Verhalten des Mitarbeiters und die Art und Weise wie er als Mensch vom Mitarbeiter behandelt wird. In diesem Falle handeln der Mitarbeiter und der Kunde innerhalb einer sozialen Interaktion von Mensch zu Mensch. Der Kunde hat n/imlich - aus der menschlichen anstatt aus der wirtschaftlichen Perspektive betrachtet - eine Reihe von grundlegenden Bedtirfnissen, die in einem Kontakt mit einem anderen Menschen, d. h. in diesem Falle mit einem Dienstleister, hinsichtlich der Interaktionszufriedenheit von Relevanz sind. Grunds/~tzlich lassen sich zahlreiche menschliche Bed~irfnisse unterscheiden, wobei an dieser Stelle eine sinnvolle Eingrenzung auf drei grundlegende Bedarfnisse stattfinden soil: Sicherheit, Individuelle Geltung und Fairness. Ein grundlegendes menschliches Bedtirfnis stellt das Begehren nach Sicherheit dar. Dieses Sicherheitsbedtirfnis erstreckt sich dabei einerseits auf die physische Sicherheit des Menschen, wie z. B. Vermeidung kOrperlicher Verletzung. Andererseits beinhaltet das menschliche Sicherheitsbedtirfnis auch das Streben nach psychischer Sicherheit, die sich beispielsweise im Bedtirfnis nach einer gewissen Vorhersehbarkeit, Stabilit/it und Struktur niederschl/~gt. Auch die Freiheit von Angst und Furcht entspricht dem Grundgedanken dieses Bedtirfnisses. Ubertragen auf den einzelnen Dienstleistungskontakt zwischen Kunde und Mitarbeiter, stellt es demnach einerseits f'tir den Kunden ein grundlegendes Bedtirfnis dar, w~ihrend der Inanspruchnahme der Dienstleistung keinerlei physische Sch/iden davonzutragen, wie z. B. kOrperliche Verletzungen durch ein Feuer in einem Hotel. Andrerseits bedarf es aber aus Kundensicht auch einer Sicherheit bezaglich seiner Psyche. Der Kunde hat als Bedienter ein individuelles Bedarfnis nach Kontrolle fiber einen Prozess, in den er integriert ist. So hat z. B. ein Fluggast beim aul3erplanm~igigen Warten vor dem Flug das Bedarfnis, fiber die Versp~itung informiert zu werden und eventuelle Grfinde far die Verz6gerung zu erfahren. Dies tr~igt zur eigenen Planungssicherheit, Berechenbar-

78

Christian Coenen

keit der Situation und somit aus Kundensicht zu seiner psychischen Kontrolle und Sicherheit bei. Ein weiteres grundlegendes menschliches Anliegen stellt das individuelle Geltungsbedftrfnis dar (Maslow 1943, S. 377 ff.). Dieses Bedtirfnis besteht wiederum aus zwei zu differenzierenden Teilen. Zum einen aus dem Selbstbewusstsein und der Selbstachtung, die ein Mensch gegentiber sich selbst hat. Andererseits aber auch aus der Anerkennung, die er von seinem Umfeld erf~ihrt und somit aus der Aufmerksamkeit, die ihm als Individuum entgegengebracht wird. Ubertragen auf den einzelnen Dienstleistungskontakt und die Interaktion mit dem Mitarbeiter, wird auch hier wieder die Relevanz dieses menschlichen Bedtirfnisses deutlich, wenn man sich vor Augen ftihrt, dass Kunden mit ihren Anliegen ernst genommen und somit als Individuum wahrgenommen werden wollen. Ein anreisender Hotelgast, der beispielsweise beim Check-In mit seinem Namen angesprochen wird, ftihlt sich vom Mitarbeiter als Individuum respektiert und ernst genommen, w~ihrend ein Gast, zu dem von Mitarbeiterseite keinerlei Augenkontakt w~ihrend der gesamten Interaktion aufgenommen wird, sich nicht ernst genommen und als ,,eine Nummer unter vielen" ftihlt. Gerade in Bereichen traditioneller personenbezogener High-Contact-Dienstleistungen, wo der Kunde h~iufig als ,,Gast" bezeichnet wird (z. B. als Fluggast, Hotelgast, Fahrgast, Restaurantgast) kOnnen neben dem ursprtinglichen Probleml6sungsansatz des Unternehmens h~iufig die menschlichen Bedtirfnisse des Kunden in der lnteraktion mit dem Mitarbeiter im Vordergrund stehen. In diesen Bereichen sieht sich der Kunde selbst als ,,Gast" und den Mitarbeiter im Idealfall als ,,Gastgeber", dem das Wohl seines Gastes am Herzen liegen sollte. Der Mitarbeiter kann nach diesem Verst~indnis demnach erst mit seiner Service Performance zufrieden sein, wenn es dem Gast gut geht under sich wohl ftihlt. Wie bei einer Interaktion unter Freunden ist dem Mitarbeiter nicht nur daran gelegen, das zu leisten, was von ihm als Gastgeber allgemein erwartet wird, sondern auch daftir zu sorgen, dass der Gast sich w~ihrend des Kontakts mit ihm wohl ~hlt (Dubinsky 1994, S. 36). Die entgegengebrachte Achtung als Individuum und nicht als ,,Nummer" im Interaktionsprozess tr~igt maBgeblich zur Zufriedenheit des Kunden bei. Dies macht auch das Zitat einer zufriedenen Patientin beztiglich ihres Arztes deutlich, wenn sie sagt ,,[...] I was more than my problem to him. He related to me as a person." (Berry/Bendapudi 2003, S. 102). Entsprechend wurde beispielsweise anhand einer Studie im Bankenumfeld herausgefunden, dass die vom Mitarbeiter entgegengebrachte und vom Kunden wahrgenommene Wertsch~itzung als wichtigste Determinante der Kundenzufriedenheit fungiert. Es stellten sich u. a. die Qualit~it der Beratung oder das Beschwerdehandling als Indikatoren dieser Wertsch~itzungsdimension heraus (Grund 1998, S. 229). Das dritte menschliche Bedtirfnis, welches ftir die Interaktionszufriedenheit als relevant erachtet werden kann, beschreibt das Bedtirfnis nach Gerechtigkeit

Die BedeutungProsozialenDienstleisterverhaltensftir die Interaktionszufriedenheitdes Kunden 79 bzw. Fairness. Berry (1995, S. 109) betont die Bedeutung des Gerechtigkeitsempfindens im Dienstleistungszusammenhang, indem er sagt: ,,[...] to customers, fairness and service quality are inseparable". Kundenzufriedenheit kann nach Auffassung dieses Konzepts nur dann entstehen, wenn der kognitive Vergleich zwischen Einsatz und Ergebnis zugunsten des Kunden ausf~illt und somit von ihm als gerecht erachtet wird. Der Kunde erwartet vom Untemehmen allgemein und im besonderen MaBe vom Mitarbeiter, einen gewissen Grad an Fairness. Diesem Faimess-Verst~indnis liegen die Oberlegungen Homans (1961, S. 235) zugrunde, der in der ,,Rule of Justice" feststellt, dass ,,a person's rewards in exchange with others should be proportional to his investments". Grundlage dieser Theorie ist einerseits eine unterstellte Austauschbeziehung und auBerdem eine gewisse Proportionalit~it. In der Interaktion vergleicht der Kunde seinen eigenen Einsatz (z. B. Kaufpreis, Wartezeit, Anfahrtskosten) mit dem Wert des Ergebnisses (z. B. wahrgenommener Nutzen, soziale Wirkung) (Oliver/Swan 1989, S. 373). Nachdem die Interaktionszufriedenheit mit ihren beiden kundenseitigen Erwartungsebenen vorgestellt wurde, widmet sich der folgende Abschnitt dem prosozialen Verhalten in Organisationen. 3

Prosoziales Organisationales Verhalten

Der Begriff ,,prosozial" steht im Allgemeinen als Synonym for ,,hilfreich" oder ,,helfend" (Bierhoff 1995, S. 1150; Darley 1991, S. 326; Midlarsky 1991, S. 238). Der Ausdruck bezieht sich auf allgemeines menschliches Verhalten im sozialen Kontakt mit Interaktionspartnem und stellt in etwa ein Antonym zum Begriff ,,asozial" dar. Allgemein betrachtet umfasst prosoziales Verhalten eine breite Gruppe von menschlichen Handlungen, die als ,,generally beneficial to other people and to the ongoing political system" (Piliavin et al. 1981, S. 4) angesehen werden k6nnen. Prosoziales Verhalten findet in sozialen Interaktionen statt, an denen wenigstens zwei Parteien- Heifer und Empf~inger der Hilf e - teilnehmen. In Anlehnung an die Definition von Dovidio (1984, S. 364) soll prosoziales Verhalten als helfende freiwillige Handlungen definiert werden, die vom Hilfestellenden mit der Intention ausgefiihrt werden, das Wohlbefinden des Empf'~ingers zu fOrdem und ihm etwas Gutes zu tun. Dieses menschliche Verhalten umfasst eine Reihe von Verhaltensweisen, wie z. B. helfen, teilen, spenden, kooperieren oder sich um jemanden ktimmem (Dovidio/Penner 2001, S. 162). Die Begriffiichkeit der Prosozialit~it hat bereits seit Mitte der 80er Jahre in der organisationspsychologischen Forschung Einzug gehalten, als sich Brief/ Motowidlo (1986) mit dem Prosocial Organizational Behavior (POB) auseinandersetzten. Darunter werden Handlungsweisen verstanden, die der Mitarbeiter in Aus0bung seiner organisationalen Rolle gegentiber dem Untemehmen,

80

Christian Coenen

einer Gruppe oder einer Einzelperson zeigt und die darauf ausgerichtet sind, das Wohlergehen des Adressaten zu f6rdern (Brief/Motowidlo 1986, S. 711). Dies kann einerseits Mitarbeiterhandlungen zur F6rderung des gesamten Unternehmens umfassen, wie etwa freiwilliges Engagement zur Verbesserung interner Prozesse. Andererseits k6nnen sich diese Verhaltensweisen auch auf begOnstigende T~itigkeiten gegenOber einzelnen Personen beziehen, wie z. B. spontane KollegenunterstOtzung bei hohem Arbeitsaufkommen (George/Bettenhausen 1990, S. 698). Unter Berticksichtigung der hier vorgestellten terminologischen Oberlegungen und den aufgeftihrten Definitionsans~itzen soil an dieser Stelle in Anlehnung an Brief/Motowidlo (1986, S. 711) wie folgt definiert werden: Prosoziales OrganisationalesVerhalten umfasstfieiwillige unterst0tzendebzw. helfende Handlungen von Organisationsmitgliedern,die im RahmendienstlicherT~ttigkeitenmit der Absicht ausgef0hrtwerden,das Wohlbefindendes Empfangerszu steigern. Auch wenn die Konzentration des Forschungsfeldes zum prosozialen Verhalten von Mitarbeitern im angloamerikanischen Raum zu finden ist, so besch~iftigen sich in jOngster Zeit auch vereinzelt deutsche Forscher aus dem Bereich der Organisationspsychologie mit dem hier beschriebenen Verhalten von Organisationsmitgliedern. In der deutschen psychologischen Forschung werden diese Verhaltensweisen weitestgehend unter dem Oberbegriff ,,Freiwilliges Arbeitsengagement" bzw. ,,Arbeitsengagement aus freien StOcken" (Bierhoff/Herner 1999; Hertel et al. 2000; MOller/Bierhoff 1994; Rohmann et al. 2000; Staufenbiel 2000), ,,Extra-Rollenverhalten" (Nerdinger 2000) oder ,,Prosoziales Arbeitsverhalten" (Bierhoff et al. 2000) zusammengefasst. Als freiwillig wird dieses Verhalten insofern eingestuft, als dass sein Fehlen nicht unmittelbar von der Organisation sanktioniert wird. Mit Arbeitsengagement werden T~itigkeiten beschrieben, die zielgerichtet und mit Intensit~it erfolgen sowie auf den Arbeitskontext orientiert sind (Hertel et al. 2000, S. 122). In diesem Zusammenhang sei auch auf die Abgrenzungsdiskussionen bezOglich anderer verwandter Begriffe wie z. B. ,,Organizational Citizenship Behavior- OCB" (u. a. Organ 1977, 1988; Smith et al. 1983) oder ,,Contextual Performance" (u. a. Borman/Motowidlo 1993, 1997; Motowidlo et al. 1997) verwiesen, die an dieser Stelle nicht vertieft werden sollen. 4

Prosoziales Dienstleisterverhalten

Die Herausarbeitung der mitarbeiterseitigen Prosozialit~it im Kundenkontakt orientiert sich im folgenden Abschnitt an zwei zentralen Fragestellungen: 1. Was versteht man unter Prosozialem Dienstleisterverhalten? 2. Welche Relevanz besitzt Prosoziales Dienstleisterverhalten im Kundenkontakt for die Interaktionszufriedenheit des Kunden?

Die BedeutungProsozialenDienstleisterverhaltensfur die Interaktionszuffiedenheitdes Kunden 81 Diese beiden grundlegenden Fragestellungen werden in den nun folgenden Teilen eingehend behandelt.

4.1

Begriffliche Grundlagen zum Prosozialen Dienstleisterverhalten

Mit Blick auf die erste Fragestellung, ,,Was versteht man unter Prosozialem Dienstleisterverhalten?", geht es im Folgenden um eine definitorische Fundierung des zentralen Begriffs des Prosozialen Dienstleisterverhaltens. Aufbauend auf den Erkenntnissen zur Interaktionszufriedenheit und der vorgestellten begriffiichen Fassung des allgemeinen prosozialen Verhaltens als psychologischem Ph~inomen sowie dem Prosozialen Organisationalen Verhalten lassen sich an dieser Stelle Zusammenh~nge herausstellen. So weist allgemeines prosoziales Verhalten gewisse Merkmale auf, die an dieser Stelle hinsichtlich des Prosozialen Dienstleisterverhaltens interessant erscheinen. Wie oben herausgestellt wurde, beschreibt allgemeines prosoziales Verhalten eine Gruppe von menschlichen Handlungen, die [1] in sozialen Interaktionen zwischen zwei Personen sichtbar werden, [2] das Wohlbefinden des Empfangers f0rdem sollen und [3] aus freien Stricken erfolgen. Die hier aufge~hrten grunds/~tzlichen Merkmale des allgemeinen prosozialen Verhaltens lassen sich auf die Interaktionssituation zwischen dem Mitarbeiter und dem Kunden im Dienstleistungskontakt fibertragen. Wie einleitend beschrieben, handelt es sich auch beim Dienstleistungskontakt primer um eine soziale Interaktion zwischen zwei Personen, n/~mlich dem Kunden und dem Dienstleister. Die beiden Parteien agieren hierbei als Interaktionspartner sowohl auf einer wirtschaftlich-transaktionsbezogenen wie auch auf einer sozial-interaktionsbezogenen Ebene. Das mitarbeiterseitige prosoziale Verhalten zielt im Allgemeinen auf das Wohlbefinden des Kunden und die Steigerung seiner Zufriedenheit ab. Wie bereits dargestellt, bewertet der Kunde als derjenige, der die Dienstleistung in Anspruch nimmt, das Verhalten des Mitarbeiters auf mehrfache Art und Weise. So beurteilt der Kunde als Konsument der Dienstleistung das Verhalten des Mitarbeiters dahingehend, ob es den kundenseitigen Anforderungen entspricht. Bei einer Abweichung der hier wahrgenommenen Leistung des Mitarbeiters von der Anforderungserwartung des Kunden kommt es zu einer Anforderungsdiskonfirmation, die einen Einfluss auf die anforderungsbezogene Interaktionsqualit/~t und weitergehend auch auf die kundenseitige Interaktionszufriedenheit hat. Andererseits bewertet der Kunde als Mensch in der sozialen Interaktion mit dem Mitarbeiter dessen Verhalten dahingehend, ob es seinen menschlichen Bed~rfnissen entspricht. Hierbei ber~cksichtigt der Kunde die ihm vom Mitarbeiter entgegengebrachte Fairness, die Achtung sowie auch das Bed~irfnis nach pers6nlicher Sicherheit und Kontrolle in der Interaktion. Falls diese Wahrnehmungen des Kunden nicht seinen Erwartungen entsprechen, kommt es zu einer

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Diskonfirmation, die in direktem Zusammenhang zur bedtirfnisbezogenen Interaktionsqualit~it und zur individuellen Interaktionszufriedenheit des Kunden steht. Die ganzheitliche Zufriedenheit des Kunden und somit sein Wohlbefinden stellt ffir den prosozialen Mitarbeiter infolgedessen das potentielle Ziel seiner Handlungen dar. Als weiterer Punkt wird allgemein die Freiwilligkeit angeftihrt, die allerdings im Bereich des Dienstleistungskontakts nur beschr~inkt tibertragbar ist. Prosoziales Verhalten von professionellen Hilfeleistenden umfasst auch diejenigen Handlungen, zu denen der Mitarbeiter aufgrund seiner beruflichen Verpflichtungen angehalten wird. Der Mitarbeiter im Kundenkontakt verh~ilt sich in diesem Mal3e nur bedingt freiwillig, denn u. U. sieht seine Aufgabe als Kundenkontakt-Mitarbeiter die hilfreichen Verhaltensweisen als normale T~itigkeiten vor. Die Freiwilligkeit, die dem Prosozialen Organisationalen Verhalten weitestgehend unterstellt wird, beschreibt den Sachverhalt, dass der Ausftihrende bei einem Ausbleiben entsprechender Verhaltensweisen keinerlei Nachteile beftirchten muss. Die Freiwilligkeit bzw. das Agieren aus eigenem Antrieb l~isst sich auf den Kundenkontakt - wie aber auch im organisationalen Umfeld allg e m e i n - nur bedingt anwenden. Der Mitarbeiter kann zwar das Ausmal3 und den Spielraum seines Verhaltens nach eigenem Ermessen bestimmen, allerdings ist ihm meistens nicht ganz frei gestellt, ob er sich grunds~itzlich so verh~ilt. Wenn er vonder Organisationsseite z. B. die sehr allgemeine Aufgabe hat, den Kunden zufrieden zu stellen, dann ist jegliche Handlung des Mitarbeiters, die der Kundenzufriedenheit dient, ein Teil seiner ,,vorgeschriebenen" T~itigkeitund somit nicht mehr freiwillig. Falls er jedoch eine eng gefasste T~itigkeit als Aufgabe hat, dann ist jede Handlung, die ,,dartiber hinausgeht" freiwillig und nicht unmittelbar von Untemehmensseite vorgeschrieben. Ausschlaggebend ist allerdings im Zusammenhang der Freiwilligkeit allein die Wahrnehmung des Kunden. Wenn der Kunde die Handlungen als ,,aul3erhalb der Rolle" des Mitarbeiters oder ,,tiber die allgemeine Erwartung hinaus" wahrnimmt, dann handelt es sich um Prosoziales Dienstleisterverhalten. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass der Mitarbeiter- je nach Aufgabentyp- einen Ermessensspielraum besitzt, in dessen Rahmen er ein mehr oder minder ausgepr~igtes Prosoziales Dienstleisterverhalten gegentiber dem Kunden an den Tag legen kann. Aufbauend auf diesen l~lberlegungen wird Prosoziales Dienstleisterverhalten im Kundenkontakt wie folgt definiert: Prosoziales Dienstleisterverhalten im Kundenkontakt umfasst freiwillige helfende Verhaltensweisen des Dienstleisters, die darauf ausgelegt sind, den Kunden in der Dienstleistungsinteraktion sowohl anforderungs- als auch bedtirfnisbezogen zufrieden zu stellen und somit zur Steigerung des kundenseitigen Wohlbefindens beizutragen.

Die BedeutungProsozialenDienstleisterverhaltensfor die lnteraktionszufriedenheitdes Kunden 83 Diesem Begriffsverst~indnis des prosozialen Dienstleisterverhaltens liegt die Annahme zugrunde, dass der prosoziale Mitarbeiter seine T~itigkeit als Dienstleister nicht nur als eine vom Unternehmen vorgeschriebene Anforderungserftillung ansieht, sondem sich seiner Rolle als sozialer Interaktionspartner im Kundenkontakt bewusst ist und sein Verhalten dahingehend ausrichtet, dass der Kunde den Dienstleistungskontakt als angenehm empfindet und in positiver Erinnerung beh~lt. Nach Festlegung der definitorischen Grundlage des Prosozialen Dienstleisterverhaltens im Kundenkontakt soil nachfolgend die Bedeutung dieses Verhaltens far die Interaktionszufriedenheit des Kunden herausgearbeitet werden.

4.2

Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens fiir die Interaktionszufriedenheit

Ausgehend von den Oberlegungen zur Interaktionszufriedenheit und den Betrachtungen des Prosozialen Dienstleisterverhaltens gilt es im nun folgenden Teil den Zusammenhang zwischen prosozialem Mitarbeiterverhalten gegenOber dem Kunden und der daraus resultierenden Interaktionszufriedenheit zu erarbeiten.

4.2.1

Allgemeine Oberlegungen zur Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens

In der Diskussion zur Forschung zum Prosozialen Organisationalen Verhalten wurde bereits deutlich, dass der Vorgesetzte eine bestimmte Vorstellung yon der Leistung des Mitarbeiters besitzt. Hierzu z~ihlen vor allem Erwartungen hinsichtlich seines objektiven Fachwissens und seiner Kenntnisse. Allerdings hat der Vorgesetzte dartiber hinaus ein gewisses MaB an Erwartungen beztiglich weiterer Aspekte des Mitarbeiters und seines Verhaltens und l~isst diese in seine Mitarbeiterbeurteilung mit einflieBen. Letztere Verhaltensweisen k~innen vom Vorgesetzten nicht direkt eingefordert werden, da sie nicht expliziter Bestandteil des Arbeitsvertrags sind. Auch beim Prosozialen Dienstleisterverhalten k a n n - ~ihnlich wie beim Prosozialen Organisationalen Verhalten und der Beurteilung durch den Vorgesetzten- davon ausgegangen werden, dass der Kunde sich bei seiner Bewertung der Dienstleistung und somit des Dienstleisterverhaltens nicht ausschlieBlich auf die dienstleistungsspezifischen Anforderungen bezieht, sondern vielmehr auch solche Verhaltensweisen des Mitarbeiter beachtet, die nicht explizit vorgeschrieben sind. Somit achtet er z. B. nicht nur auf die weitgehend objektive sach- und zeitgem~iBe Erledigung der Aufgaben, sondern u. a. auch auf die individuelle Betreuung, die ihm durch den Mitarbeiter zuteil wird. AuBerdem scheint es realistisch anzunehmen, dass der Kunde etwaige

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augergew6hnliche Verhaltensweisen, die er nicht zum engeren Aufgabenfeld des Mitarbeiters z~ihlt, wahrnimmt und bewertet. )~mlich wie beim Prosozialen Organisationalen Verhalten, bei dem der Vorgesetzte eine implizite oder gar explizite Auffassung vom Rollenverhalten des Mitarbeiters innerhalb der Organisation hat, besitzt auch der Kunde eine Vorstellung hinsichtlich der Rolle des Dienstleisters im Kundenkontakt. Wenn der Kunde eine Erwartung hinsichtlich des Mitarbeiterverhaltens hat, die hilfsbereites und untersttitzendes Verhalten beinhaltet, dann ist davon auszugehen, dass er prosoziale Handlungen vom Mitarbeiter erwartet. Als ein Definitionsbestandteil des Prosozialen Dienstleisterverhaltens bildet das kundenseitige Wohlbefinden den Ansatz der Handlungen. Gerade die Verhaltensweisen, die sich durch hilfsbereites Handeln und individuelle Aufmerksamkeit auszeichnen, k6nnen als Determinanten der Kundenzufriedenheit angesehen werden. Bei bestimmten Dienstleistungsinteraktionen kann somit gerade das prosoziale Verhalten des Mitarbeiters der wichtigste Einflussfaktor hinsichtlich der Interaktionszufriedenheit des Kunden und somit seines Wohlbefindens sein. So ist dies z. B. bei auftretenden Problemen mit dem Produkt oder bei einer Abweichung vom Dienstleistungsprozess leicht vorstellbar. Hier steht dann nicht mehr die eigentliche und ursprtingliche Dienstleistungserbringung im Fokus der Bewertung, sondem vielmehr der situationsbezogene Probleml6sungswille und der Einsatz des Mitarbeiters, das Problem ~ r den Kunden zu 16sen. Far den Fall, dass der Kunde allerdings in der Interaktion eher eine transaktionsfokussierte Erwartung an den Mitarbeiter hat, d. h. dass dieser nur als Ausffihrender agiert- und nicht als Untersttitzer- hat er m0glicherweise keinerlei spezifische Erwartungen hinsichtlich der Hilfsbereitschaft des Mitarbeiters. Dies kann z. B. bei einer relativ einfachen Transaktion, wie dem Verkauf von Busfahrkarten oder der Kassierert~itigkeit eines Tankwarts, zum Tragen kommen. Aber auch hier sei angemerkt, dass solche vermeintlich einfachen Transaktionen, bei denen der Kunde potentiell nur ein sehr gering ausgepr~igtes Erwartungsbild hinsichtlich der Hilfsbereitschaft des Mitarbeiters hat, sehr leicht zu einer Interaktion transformieren k6nnen, bei denen der Kunde durchaus eine Erwartungshaltung beztiglich des prosozialen Mitarbeiterverhaltens entwickeln kann. Das ist z. B. der Fall, wenn der Kunde beim Fahrkartenkauf besondere Wtinsche hat, die der Mitarbeiter berticksichtigen soil oder beim Tankwart z. B. nicht die Transaktion des Kassierens, sondern vielmehr eine Auskunft nach dem richtigen Weg im Zentrum des Kundeninteresses steht. Tritt dieser jeweilige Fall in der Dienstleistungsinteraktion ein, so ist davon auszugehen, dass der Kunde hilfsbereites und somit prosoziales Verhalten vom Mitarbeiter erwartet und wertsch~itzt. Der Grad der vom Kunden erwarteten Hilfsbereitschaft und damit einhergehend des prosozialen Dienstleisterverhaltens ist somit nicht unmittelbar vom allgemeinen Dienstleistungstyp, sondern viel eher vonder speziellen Interaktionssituation abh~ingig.

Die BedeutungProsozialenDienstleisterverhaltensfar die Interaktionszufriedenheitdes Kunden 85 Mit B lick auf die vorgestellte kognitive Diskonfirmationsstruktur, die der kundenseitigen Bewertung einer Dienstleistungsinteraktion zugrunde liegt, ist vorstellbar, dass Prosoziales Dienstleisterverhalten einen mal3geblichen Einfluss sowohl auf das eigentliche Leistungsergebnis, als auch auf die kundenseitige Bedtirfnisbefriedigung besitzt. Allerdings f~illt eine eindeutige Zuordnung der prosozialen Handlungsweisen des Mitarbeiters hinsichtlich der Anforderungen bzw. Bediirfnisse relativ schwer, denn abh~ingig vonder Dienstleistungsinteraktion sind die beiden Bestandteile kaum voneinander trennbar. Jedoch kann im Folgenden anhand der beiden Komponenten herausgestellt werden, dass Prosoziales Dienstleisterverhalten hinsichtlich der kundenseitigen Bewertung und Zufriedenheit der Interaktion insgesamt eine wichtige Rolle einnimmt. 4.2.2

Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens far das Leistungsergebnis

Es scheint eing~ingig, dass prosoziale Verhaltensweisen eines Mitarbeiters im Dienstleistungskontakt die kundenseitige Anforderungswahrnehmung an das Leistungsergebnis beeinflussen. So ist leicht vorstellbar, dass untersttitzende Handlungen des Mitarbeiters, z. B. besonderer Einsatz bei der Ausftihrung der Dienstleistung oder gewissenhafte termingerechte Erledigung der Aufgaben, far den Kunden in seiner Wahrnehmung und Dienstleistungsbewertung relevant sind. Auch eine vom prosozialen Mitarbeiter gezeigte Hingabe Far seine Aufgabe tibt auf den Kunden und seine Bewertung der Interaktion einen Einfluss aus. Die Bedeutung des Prosozialen Dienstleisterverhaltens wird anschaulich deutlich, wenn man sich vor Augen ftihrt, welchen Einfluss mangelndes und nicht wahrgenommenes Prosoziales Dienstleisterverhalten flir den Kunden haben kann. So ist durchaus nachvollziehbar, wie unzufrieden der Kunde u. U. mit der Interaktion ist, wenn der Mitarbeiter keinerlei Einsatz hinsichtlich des Leistungsergebnisses an den Tag legt. Wie bereits erl~iutert, zieht der Kunde bei der Bewertung einer Dienstleistungsinteraktion jedoch nicht nur die anforderungsbezogenen Kriterien als Konsument der Dienstleistung heran, sondern berticksichtigt mal3geblich auch die individuelle menschliche Bedtirfnisbefriedigung durch die Interaktion. 4.2.3

Relevanz des Prosozialen Dienstleisterverhaltens ftir die Bedtirfn isbe friedi gung

Wie bereits herausgestellt werden konnte, ist davon auszugehen, dass die Erftillung der menschlichen Bedtirfnisse des Kunden bei einer High-ContactDienstleistungssituation hinsichtlich aller Bedtirfniskomponenten, d. h. seiner wahrgenommenen Sicherheit, seiner ihm entgegengebrachten Achtung und der empfundenen Gerechtigkeit, eine mal3gebliche Rolle bei der Bewertung des

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Dienstleistungskontakts spielt. Das hier beschriebene Mitarbeiterverhalten besitzt demnach auf allen drei Bedtirfnisebenen des Kunden eine besondere Relevanz, die im Folgenden n~iher erl~iutert wird. Das kundenseitige Bedarfnis nach Sicherheit w~ihrend der Interaktion bedient der prosoziale Mitarbeiter dadurch, dass er sich in den Kunden hineinversetzt und ihn sptiren l~isst, dass er als Dienstleister ftir ihn da ist. Mitarbeiterseitige Verhaltensweisen wie das Erfragen von Kundenwtinschen oder des jeweiligen Gemtitszustands des Kunden signalisieren diesem ein Sicherheitsgeftihl und befriedigen somit sein momentanes Bedtirfnis nach Sicherheit. Der Kunde ftihlt sich w~ihrend der Interaktion beim prosozialen Mitarbeiter als hilfsbereitem Dienstleister ,,gut aufgehoben" und ,,in guten H~inden". Aber auch der mit diesem Bedtirfnis zusammenh~ingende kundenseitige Wunsch nach Kontrolle tiber die Interaktion und den Kontakt mit dem Dienstleister wird durch das Informationsverhalten des Mitarbeiters mal3geblich beeinflusst. Einem prosozialen Mitarbeiter ist sehr stark daran gelegen, dass der Kunde sich sicher und wohl ftihlt und dazu geh6rt auch eine entsprechende Bereitstellung von notwendigen Informationen, die dem Kunden dazu dienen, ein gewisses Mar5 an Kontrolle zu versptiren. Ein weiterer Aspekt des Sicherheitsbedtirfnisses beim Kunden spielt an dieser Stelle eine Rolle, und zwar die vom prosozialen Mitarbeiter empfundene Loyalit~it und das Commitment gegentiber seinem eigenen Unternehmen. Diese beiden Aspekte werden in seinem Verhalten deutlich und haben dahingehend einen Effekt auf die vom Kunden wahrgenommene Dienstleistung, als dass der Mitarbeiter dem Kunden zu verstehen gibt, dass er selbst keinerlei Zweifel an den Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens hat und somit der Kunde auch keinerlei Dissonanzen versptiren mtisste. Wenn der Mitarbeiter vom Unternehmen und seinen Leistungen tiberzeugt ist und dem Kunden gegentiber entsprechend agiert, dann kann er dieses Selbstverst~indnis auch leichter an den Kunden weitergeben als ein Mitarbeiter, der selbst Zweifel an den Produkten und am Unternehmen hat, ftir das er arbeitet. Auch dem zweiten mal3geblichen kundenseitigen Bedtirfnis im Dienstleistungskontakt, dem Geltungsbedtirfnis, entspricht ein prosozialer Mitarbeiter und sein kundenseitiges Verhalten. Diesem Bedtirfnis wird von Mitarbeiterseite in der Form begegnet, als dass der Mitarbeiter den Kunden als individuelle Person wahrnimmt und sich seiner Probleme annimmt. Der Kunde ftihlt sich durch Prosoziales Dienstleisterverhalten verstanden und ernst genommen. Beispielweise vermittelt die einfache Nennung des Kundennamens dem Kunden das Ge~hl, dass er als Individuum geachtet wird und in den Augen des Mitarbeiters als gleichwertiger Interaktionspartner gilt. Beispiele, die diesem Geltungsbedtirfnis im Kundenkontakt entgegenstehen, lassen sich zahlreich z. B. im Einzelhandel finden, wo Kunden h~iufig eher das Gef'tihl vermittelt wird, dass sie ,,St6rfaktoren" sind und die Mitarbeiter nur von der eigentlichen Arbeit ablenken. Dahingegen wird das Geltungsbedtirfnis des Kunden durch eine umfassen-

Die BedeutungProsozialenDienstleisterverhaitensfur die Interaktionszufriedenheitdes Kunden 87 de Betreuung als wichtiger Teil des Untemehmens durch einen prosozialen Mitarbeiter befriedigt und dementsprechend vom Kunden in seine Wahrnehmung und Bewertung der Interaktion mit aufgenommen. Gerade in Situationen, in denen der Kunde mit einem von ihm wahrgenommenen Problem an den Mitarbeiter herantritt, z. B. in einer Beschwerdesituation, spielt das vom Mitarbeiter an den Tag gelegte Prosoziale Dienstleisterverhalten eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Bewertung der Interaktion. Auch das wahrgenommene Gerechtigkeitsbediirfnis im Dienstleistungskontakt stellt ftir den Kunden einen Faktor dar, der vom prosozialen Verhalten des Mitarbeiters beeinflusst werden kann. Dieses Bedtirfnis kann z. B. in S ituationen der Beschwerdeannahme und der spontanen Bearbeitung der Beschwerde durch den Mitarbeiter zum Tragen kommen. Wenn sich der Mitarbeiter in dieser Situation in den Kunden hineinversetzt und die Situation aus dessen Perspektive zu verstehen versucht, dann fOrdem die daraus resultierenden Verhaltensweisen des Mitarbeiters das Gerechtigkeitsempfinden des Kunden nachhaltig. Prosoziale Verhaltensweisen, wie z. B. das Entgegenkommen in bestimmten Situationen oder der besondere Einsatz des Mitarbeiters ~ r die Belange des Kunden, vermitteln diesem das Geffihl, dass er eine faire Behandlung genie6t und dass seine Stimme gehOrt wird und er etwas ausrichten kann. Wenn der Kunde sich aber innerhalb der Interaktion mit dem Dienstleister, z. B. im Rahmen einer Beschwerdebehandlung, von diesem ungerecht behandelt ffihlt, dann hat dies einen maBgeblichen Einfluss auf die Interaktionszufriedenheit (Smith et al. 1999, S. 365; Stauss 2002, S. 180; Tax et al. 1998, S. 65). 5

Fazit

Kunden beziehen sich in ihrer Bewertung eines Dienstleistungskontakts einerseits als Konsument in der Dienstleistungstransaktion auf Leistungsanforderungen und andererseits als Mensch in der sozialen Interaktion mit dem Dienstleister auf individuelle Bedtirfnisse. Prosoziale Verhaltensweisen des Dienstleisters gegentiber dem Kunden spielen ffir die Interaktionszufriedenheit dahingehend eine bedeutende Rolle, als dass sie die h~iufig gewtinschte Serviceorientierung eines Mitarbeiters in seinem Verhalten reflektieren und neben Zufriedenheit auch zu Kundenbindung ftihren, was in einer High-ContactDienstleistungsbranche empirisch belegt werden konnte (Coenen 2005). Prosoziale Dienstleister tibemehmen Verantwortung - und dies nicht nur ~ r die ihhen vom Untemehmen zugedachte Aufgabe- sondem in besonderem MaBe for das Wohl ihrer Kunden.

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Christian Coenen

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Produzentenstolz von Dienstleistern als positive Arbeitsemotion

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Produzentenstolz von Dienstleistern als positive Arbeitsemotion*

Matthias H.J. Gouthier

1

2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3

Einleitung Theoretische Grundlagen zum Konstrukt ,,Produzentenstolz von Dienstleistem" Definition des Produzentenstolzes von Dienstleistem Die Begriffe des Produzenten und des Dienstleisters Das Konstrukt des Stolzes Verstgndnis des Produzentenstolzes von Dienstleistem als positive Arbeitsemotion Spezifische Aspekte eines Produzentenstolzes der Erbringer von Dienstleistungen Historische Entwicklung von Produzentenstolz Besonderheiten der Entwicklung eines Produzentenstolzes von Dienstleistem Stolz ausl0sende Ereignisse im Arbeitskontext von Dienstleistem Anerkennung und Offentlichkeit als zentrale Determinanten eines Produzentenstolzes von Dienstleistem

4 4.1 4.2

Wirkeffekte des Produzentenstolzes von Dienstleistern Positive Wirkeffekte des Produzentenstolzes von Dienstleistern Negative Wirkeffekte des Produzentenstolzes von Dienstleistern Managementimplikationen

6

Fazit und Ausblick

* Die dem Artikel zugrunde liegende Expertise (Projektnummer: 2005-715-1) wurde von der Hans-B6ckler-Stiftung gefOrdert. Mein besonderer Dank gilt

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Matthias H.J. Gouthier

hierbei Herrn Dr. Frank Gerlach ftir seine konstruktiven Hinweise. Des Weiteren m6chte ich den Mitgliedern der Pionieraktivit/it ,,Produzentenstolz als Innovationsressource im Dienstleistungsbereich", die in der Initiative ,,Partner for Innovation" verankert ist, ftir die zahlreichen Anregungen und Diskussionen danken.

Produzentenstolzvon Dienstleisternals positiveArbeitsemotion

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Einleitung

Stolz und die Aussicht auf das Geftihl von Stolz stellen zwei zentrale Antriebskr~ifte yon Mitarbeitern dar (Katzenbach 2003a; 2003b). Wer stolz ist auf die geleistete Arbeit, auf seine Arbeitsgruppe und letztlich auch auf sein Untemehmen, wird sich in h6herem MaBe erfolgswirksam an seinem Arbeitsplatz und damit for das Unternehmen engagieren. Stolze Mitarbeiter bringen jedoch nicht nur eine bessere Arbeitsleistung hervor, sondern sind insgesamt auch st~irker an das Unternehmen gebunden und weisen ein erh6htes Wohlbefinden auf. Diese sind zudem kreativer und entwickeln Ideen, wie Arbeitsprozesse und Arbeitsergebnisse verbessert werden k6nnen (Verbeke et al. 2004). Sie tragen damit fiber die Entwicklung und Vermarktung innovativer Angebote entscheidend zur Schaffung eines dauerhaften Erfolgs und einer langfristigen Existenzsicherung von Unternehmen bei. Dies gilt grunds~itzlich sowohl for Industrieunternehmen als auch ~ r Dienstleistungsunternehmen. Die Diskussion zum Stolz von Mitarbeitem ist in Deutschland sehr stark durch ein traditionell handwerkliches und industriegesellschaftliches (Mit-)Arbeiterbild gepr~igt. Demnach erw~ichst ein so genannter Produzentenstolz prim~ir aus der k6rperlichen Arbeit (soziokulturelles Leitbild des ,,Malochers") und geht eng einher mit einem Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein des Arbeiters, begrtindet in der Beherrschung und Formung der Materie nach dem eigenen Willen. Diese k6rperlich gepr~igte und auf die Formung eines materiellen Gutes ausgerichtete Quelle der Arbeit und damit des Stolzes ist jedoch for den Dienstleistungsbereich eher untypisch. Dienstleistungen zeichnen sich zum Ersten durch ihre Immaterialit~it aus. Immaterialit~it, Intangibilit~it oder auch Nichtgreifbarkeit bedeuten, ,,dass eine Dienstleistung im Gegensatz zu einem Sachgut nicht pr~isent ist" (Stauss 1998, S. 1260). Diese Besonderheit von Dienstleistungen erschwert die Hervorbringung von Stolz, da Qualit~itsund WertmaBst~ibe teilweise diffus und in einigen Bereichen in besonderer Weise von genderspezifischen Auf- und Abwertungen betroffen sind (Gabriel et al. 2005; Jochmann-D611 2005). Zum Zweiten lassen sich Dienstleistungen durch die Einbringung des externen Faktors, d. h. des Kunden oder eines seiner GOter, in den Erstellungsprozess kennzeichnen (Stauss 2001, S. 195). Ohne diese so genannte Integrativit~it kann eine Dienstleistung nicht produziert werden (Hilke 1989, S. 12). Produzentenstolz von Dienstleistern sttitzt sich damit z. T. auf andersartigen Leistungsfaktoren und die Leistungskriterien sind insgesamt betrachtet schwieriger zu beurteilen als im industriellen Sektor. Gerade die Interaktionen mit den Kunden und damit verbunden Interaktions- und Gefiihlsarbeit stellen einen wichtigen Eckpfeiler zur Entwicklung von Produzentenstolz von Dienstleistern dar, sofern diese Form der Arbeit auch entsprechend anerkannt wird. Hierbei kommt dem Kunden als potenzieller Quelle der Anerken-

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Matthias H.J. Gouthier

nung (Gouthier/Schmid 2001, S. 226; 2003, S. 123-125) und damit als Stolzquelle eine wichtige Rolle zu. Damit ist es Ziel des Beitrags, die theoretischen Grundlagen eines Produzentenstolzes yon Dienstleistem darzulegen, Determinanten und Wirkeffekte zu beschreiben sowie erste Handlungsempfehlungen zur Schaffung eines Produzentenstolzes von Dienstleistem zu skizzieren. Dementsprechend werden in Teil 2 zun/~chst die theoretischen Grundlagen zum Konstrukt des Produzentenstolzes von Dienstleistern erarbeitet. Dazu setzt sich Kapitel 2.1 mit der Definition des Produzentenstolzes von Dienstleistern auseinander. Kapitel 2.2 beschreibt hieran ankntipfend zentrale Aspekte des Produzentenstolzes speziell yon Dienstleistem. Im Blickpunkt von Teil 3 stehen Anerkennung und Offentlichkeit als zentrale Einflussfaktoren auf den Produzentenstolz yon Dienstleistern. Mit den Wirkeffekten des Produzentenstolzes von Dienstleistern setzt sich Teil 4 auseinander. W~ihrend sich Kapitel 4.1 den positiven Wirkeffekten widmet, fokussiert Kapitel 4.2 speziell auf die negativen Effekte. Teil 5 gibt basierend auf den bisherigen Aus~hrungen Handlungsempfehlungen zur Schaffung eines Produzentenstolzes von Dienstleistern. Die Arbeit wird schlieBlich durch ein Fazit und einen Ausblick in Teil 6 abgerundet. Theoretische G r u n d l a g e n z u m K o n s t r u k t ,,Produzentenstoiz von D ie n st ie iste rn"

2.1

Definition des Produzentenstolzes yon Dienstleistern

Um das Konstrukt des Produzentenstolzes von Dienstleistem darzulegen, bedarf es zun~ichst der fundierten Auseinandersetzung mit den Begriffen ,,Produzent", ,,Dienstleister" und ,,Stolz". Unter Zusammen~hrung selbiger ist es sodann m6glich, den Produzentenstolz yon Dienstleistem zu definieren. 2.1.1

Die Begriffe des Produzenten und des Dienstleisters

Ein Produzent ist eine Person oder eine Organisation, die ein Produkt, Erzeugnis oder Fabrikat herstellt. Dabei handelt es sich bei der Produktion in einer sehr engen und traditionellen Interpretation um eine handwerkliche oder industrielle Erstellung yon Sachgtitem (Kem 1996, Sp. 1629). So fokussiert z. B. Gutenberg bei seinem Verst/indnis von Produktion rein auf die Sachgtiterproduktion. Sachgtiter werden demnach produziert, Dienstleistungen indes bereitgestellt (Corsten 1997, S. 121). Neuere Ans~itze definieren dagegen Produktion viel welter gefasst als ein Vorgang des Gestaltens von Gtitem jeglicher Art und damit auch yon Dienstleistungen (Kem 1996, Sp. 1630). Somit deckt der Begriff der Produktion auch die Erstellung yon Dienstleistungen ab. Ein Dienstleister ist daher nichts anderes als ein Produzent yon Dienstleistungen.

Produzentenstolzvon Dienstleisternals positiveArbeitsemotion

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Dienstleister kann entweder ein Mitarbeiter sein, der intern oder extern am Markt angebotene Dienstleistungen erbringt, oder aber eine Organisation. Im Falle des vorliegenden Artikels wird sich auf das Verst/~ndnis von Mitarbeitem als Erbringer von Dienstleistungen und damit als Dienstleister fokussiert. 2.1.2

Das Konstrukt des Stolzes

Das Konstrukt Stolz ist bis heute nicht einheitlich definiert. Dies liegt u. a. daran, dass sich die unterschiedlichsten Fachdisziplinen, wie insbesondere die Soziologie, die Psychologie (wobei hier insbesondere die Wissenschaftsfelder der sozialen Psychologie, der Entwicklungspsychologie und der positiven Psychologie yon Relevanz sind) und die Betriebswirtschaftslehre (wie z. B. die Organisationsforschung), mit dem Konstrukt des Stolzes besch/iftigen und letztlich durch deren spezifischen Blickwinkel unterschiedliche Verst~indnisse entwickelt haben. Dennoch lassen sich grundlegende Gemeinsamkeiten in der Literatur identifizieren. Ausgangspunkt des Empfindens von Stolz ist ein kognitiver Vergleich einer selbst erbrachten Leistung mit den Erwartungen eines Individuums an selbige. ErftHlt oder tibertrifft die eigene Leistung die Erwartungen, dann wird die Leistung als Erfolg wahrgenommen. Wichtig ist dabei, dass das Individuum das positive Handlungsergebnis auf intemale Ursachenfaktoren wie z. B. eigene F~ihigkeiten oder Anstrengungen zunickftihrt (Attributionstheorie; siehe z. B. Weiner 1985; 1986). Dieser wahrgenommene Erfolg stimuliert sodann das Empfinden von Stolz als positive Emotion und geht mit einem positiven Gef'uhl des eigenen Wertes (Selbstwertge~hl) einher (Kfipers/Weibler 2005). Der Grad des wahrgenommenen Erfolgs und letztlich die St/~rke des Empfindens von Stolz h/~ngen nun yon zwei Vergleichsgr66en ab: dem Vergleich mit der relevanten Leistung der eigenen Person in der Vergangenheit (getreu dem Motto: ,,Ich kann das jetzt viel besser als frtiher"; Frese 1990) und dem Vergleich mit der Leistung anderer Bezugspersonen. So gehen die SozialPsychologie und die Soziologie davon aus, dass ein besonders starkes Ge~hl von Stolz empfunden wird, wenn die eigene Leistung die Leistung(en) von relevanten Bezugspersonen t~bertrifft (Thomas et al. 1999; Verbeke et al. 2004, S. 387). Beispielsweise weisen Webster et al. (2003, S. 211) darauf hin, dass: ,,prideful feelings are stimulated mostly by the consequences of comparing favorably with others. People feel pride when they do better than others". Folglich wird Stolz als eine soziale Emotion interpretiert, die mit einem Ge~hl der Outperformance einhergeht (Webster et al. 2003, S. 212). Strittig ist indes in der Literatur, o b - zumindest bei Erwachsenen- ein solcher Vergleich nicht immer (wenigstens implizit) angestellt wird. Ist ein Individuum mit einer anderen Person bzw. einem Objekt- wie z. B. dem arbeitgebenden Untemehmen oder dem Arbeitsteam- derart eng verbun-

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Matthias H.J. Gouthier

den, dass diese(s) einen Teil der Selbst-Definition bildet, dann kann der Mitarbeiter auch Stolz fiir die Leistung der relevanten Bezugspersonen bzw. -objekte empfinden (Lea/Webley 1997, S. 326f.). Teamstolz und Organisationsstolz entstehen unter der Pr~imisse eines wahrgenommenen Erfolgs des Teams bzw. der Organisation aufgrund eines Bedtirfnisses, zu einer bestimmten Gruppe bzw. Organisation zu geh6ren und ist ebenso davon abh~ingig, dass ein Individuum seinen PersOnlichkeitswert in dem Ausmal3 definiert, wie es Anerkennung yon der Gruppe bzw. Organisation oder deren Mitgliedern erh~ilt (Baumeister/Leary 1995). In diesem Falle ist der Mitarbeiter stolz auf die Leistung von relevanten Bezugspersonen/-gruppen oder der eigenen Organisation als Ergebnis der Identifikation (Frese 1990). 2.1.3

Verst~ndnis des Produzentenstolzes von Dienstleistern als positive Arbeitsemotion

Die bisherigen Aus~hrungen erlauben durch deren Synthese die Ausarbeitung einer Begriffsfassung des Produzentenstolzes von Dienstleistern. Produzentenstolz von Dienstleistern stellt demnach eine positive Arbeitsemotion eines Dienstleisters dar. Dieser Stolz beruht auf einem wahrgenommenen Erfolg der eigenen Arbeitsleistung, der Leistung des Teams und/oder der Leistung der eigenen Organisation. Grundlage f~r die Wahrnehmung des Erfolgs ist ein kognitiver Bewertungsprozess, bei dem eine Arbeitsleistung (Individual-, Teamund/oder Organisationsleistung) die eigenen Erwartungen an selbige erffillt bzw. fiberer~llt (siehe ~,hnlich Verbeke et al. 2004, S. 392). Produzentenstolz yon Dienstleistern im Sinne einer sozialen Arbeitsemotion wird insbesondere dann empfunden, wenn die Arbeitsleistung im Vergleich zur Arbeitsleistung yon anderen Bezugspersonen/-gruppen als t~berdurchschnittlich angesehen wird (siehe auch Checketts 1995). Abbildung 1 stellt die grundlegenden Komponenten und Prozesse des Empfindens eines Produzentenstolzes von Dienstleistern als positive Arbeitsemotion graphisch dar.

Produzentenstolzvon Dienstleisternals positiveArbeitsemotion

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Erbrachte Arbeitsleistung

=:,EigeneArbeitsleistung Teamleistung Organisationsleistung

~[

Im positivenFalleund [ WahrgenommenerI Erf~ der eigenen I intemalerAttribution Arbeitsleistung

I

Empfinden von Produzentenstolz als positive Arbeitsemotion

Soziale Erwartung an die Arbeitsleistung

EigeneArbeitsleistung Teamleistung Organisationsleistung

Abbildung I." Das Konstrukt des Produzentenstolzes von Dienstleistern als positiv empfundene Arbeitsemotion

2.2

Spezifische Aspekte eines Produzentenstolzes der Erbringer von Dienstleistungen

2.2.1

Historische Entwicklung von Produzentenstolz

Bevor auf die Besonderheiten eines Produzentenstolzes von Dienstleistern n~iher eingegangen wird, sei kurz auf den historischen Hintergrund des Begriffs Produzentenstolz abgestellt. Wie in Abschnitt 2.1.1 beschrieben, stellt Produktion im traditionellen S inne eine handwerkliche oder industrielle Erstellung von Sachgtitem dar. Dies spiegelt sich auch im Begriff des Produzentenstolzes wider, der seine Wurzeln in der industriegesellschaftlichen und handwerklichen Tradition des Arbeitsverst~indnisses (Lea/Webley 1997, S. 329) in Deutschland hat. Dieses derart gepr~igte Verst~indnis von Produzentenstolz l~isst sich durch folgende vier Merkmale beschreiben (siehe u. a. Frese 1990; Hergt 1985; Hildebrandt/Seltz 1989, S. 31; Kern/Schumann 1984, S. 271ff.; Lea/Webley 1997, S. 330; Pongratz/Vol3 2002; Roth 2001): 1. Im Fokus des Produzentenstolzes steht die Schaffung eines sinnlich wahrnehmbaren, erfahrbaren, sichtbaren, (be)greifbaren und damit materiellen Endproduktes. 2. Dieses Sachgut stellt das Resultat einer k6rperlichen, zumeist anstrengenden und damit eher m~innerdominierten Arbeitsleistung dar. Dabei spielen Erfahrungen und Geschicklichkeit eine zentrale Rolle. Qualit~itsstreben im

98

3.

4.

Matthias H.J. Gouthier S inne des Dranges nach Erzeugung eines Qualit~itsprodukts durch entsprechende Qualit~itsarbeit verk6rpert somit einen zentralen Grundstock for den Aufbau von Produzentenstolz. Zudem wird das materielle Produkt durch ein Kollektiv von Akteuren erstellt, die auch das Bewusstsein einer gemeinsamen Lage haben. Hierin drtickt s i c h - verst~irkt durch ~ihnliche Sozialisations- und Lebensumst/~nd e - ein gemeinsames Klassenbewusstsein aus. SchlieBlich war der Produzentenstolz auch eine selbstbewusste Form des Protests gegen die allt~igliche Nichtanerkennung in Unternehmen.

2.2.2

Besonderheiten der Entwicklung eines Produzentenstolzes von Dienstleistern

Vergegenw/artigt man sich die vier im vorangehenden Abschnitt genannten Merkmale eines traditionell handwerklich und industriell gepr/agten Produzentenstolzes, so lassen sich ,~hnlichkeiten, aber auch gewichtige Unterschiede zum Produzentenstolz von Dienstleistern feststellen. Als eine Gemeinsamkeit kann das Qualit/atsstreben der Mitarbeiter genannt werden, das unabh/~ngig von der ZugehOrigkeit zu einer Branche ist. Qualit~itsstreben stellt im Dienstleistungsbereich gleichermagen eine wichtige Stolzquelle dar (siehe auch die entsprechenden AusNhrungen in Abschnitt 2.2.3). Auch die Ausbildung von Produzentenstolz als selbstbewusste Form des Protests gegen Abwertungen im Unternehmen ist bei Dienstleistem anzutreffen. Dies gilt insbesondere ~ r interne Dienstleistungseinheiten von produzierenden Untemehmen. Die internen Dienstleister erfahren h/aufig nicht die gleiche Wertsch/atzung wie die technologischen Produktionseinheiten. Als Reaktion bilden die internen Dienstleistungseinheiten oftmals einen eigenen Produzentenstolz heraus. Neben den Gemeinsamkeiten existieren aber auch gravierende Unterschiede. Im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungsarbeit wandelt sich aufgrund der Besonderheiten von Dienstleistungen die Basis ~ r das Empfinden von Produzentenstolz. Nicht mehr ein materielles Endprodukt, sondern eine immaterielle Leistung, die zudem h/aufig in direkter Interaktion mit dem Kunden erbracht wird, pr~igt die Arbeit von Dienstleistungsbesch~iftigten. Somit liegen auch ver~inderte Anforderungen an die Mitarbeiter vor. Damit pr/igt weniger die k6rperliche Arbeit als Wissensarbeit, Interaktionsarbeit und Geftihlsarbeit die T/atigkeit von Mitarbeitern im Dienstleistungsbereich, insbesondere derjenigen mit Kundenkontakt. Da sich der Dienstleistungsbereich jedoch insgesamt betrachtet durch einen hohen Grad an Heterogenit/at auszeichnet, variiert auch der Grad der Interaktionsrelevanz und damit der Wichtigkeit von Interaktions- und Ge~hlsarbeit. Ein Typologisierungsansatz, der Dienstleistungen nach der Art und Intensit/at ihrer Interaktionsorientierung differenziert, geht auf Mills/Margulies (1980) zurtick. Diese unterscheiden drei Typen von Dienstleistungen: die unter-

Produzentenstolzvon Dienstleisternals positiveArbeitsemotion

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sttitzend-interaktiven, die problemorientiert-interaktiven und die pers6nlichinteraktiven Dienstleistungen (siehe Abbildung 2). goring

Bedeutung zwischenmenschlicherInteraktionsprozesse

gering

i Schulung

hoch Psychosoziale Ben=tung I Coaching

J Versicherung

Anlageberatun9 ,-x

w ,,,,1

llrl

"~

IngenieurbUro

.,.Reparatur"•

So vft~areentwicklung

hoch

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/

J

Unterst0tzend-interaktive Dienstleistungen

_

Problemorientiert-interaktive Dienstleistungen

.

Persbnlich-interaktive

Dienstleistungen

Abbildung 2. Interaktionsorientierte Dienstleistungstypologie (Quelle." Schulze 2000, S. 264)

Untersttitzend-interaktive Dienstleistungen, wie z. B. Reparaturen, lassen sich dadurch kennzeichnen, dass es sich beim eingebrachten extemen Faktor oft um ein dem Kunden geh6rendes Sachgut handelt. Dessen Bearbeitung erfolgt h~iufig dutch den unterstt~tzenden Einsatz yon Maschinen. Kontakte zwischen den Mitarbeitem und den Kunden beschr~inken sich zumeist auf Auftragsannahme und die l]bergabe des extemen Faktors. Somit kommt den zwischenmenschlichen Kontakten bzw. Interaktionen absolut gesehen ein geringer Stellenwert zu. Dennoch sind sie nicht v611ig zu vemachl~issigen, da die wenigen verbleibenden Kontakte umso st~irker die Qualit~itswahmehmung der Kunden pr~igen. Insgesamt l~isst sich aber konstatieren, dass sich die Anforderungen prim~ir auf die Fachkompetenz der Mitarbeiter beziehen. Bei den problemorientiert-interaktiven Dienstleistungen steht, wie der Name schon sagt, die Probleml6sung im Vordergrund. Zu diesem Dienstleistungstyp z~ihlen die verschiedensten Beratungsleistungen, wie Untemehmensberatungs-, Werbeagentur- und Ingenieurleistungen. Dementsprechend gelangen die Ermittlung und die Erftillung der Kundenwtinsche in den Fokus des Leistungserstellungsprozesses. Der Beratungsqualit~it und damit auch der Interaktionsqualit~it kommt folglich eine entscheidende Rolle zu. Neben die Fachkompetenz treten entsprechend auch Sozialkompetenzen.

100

Matthias H.J. Gouthier

Die h6chste Relevanz kommt der Interaktionsarbeit und den damit einhergehenden Interaktionskompetenzen im Falle der Erstellung von pers6nlichinteraktiven Dienstleistungen, wie z. B. ~irztlichen Leistungen und psychotherapeutischer Beratung, zu. Hier wird die Dienstleistung direkt am Kunden und mit dem Kunden erbracht. Kundenbeteiligung, im emotionalen, intellektuellen, physischen und zeitlichen Sinne (Meyer 1998, S. 86f.), ist hier am st/irksten ausgepr/igt. Demzufolge 1/isst sich an dieser Stelle konstatieren: Je eher Dienstleistungen dem pers6nlich-interaktiven Typ zuzurechnen sind, desto relevanter wird die Interaktionskompetenz der Mitarbeiter. Die rein fachliche Kompetenz reicht bei diesem Dienstleistungstyp bei Weitem nicht mehr aus. Emotionalkompetenz (siehe z. B. Goleman 1999) und Sozialkompetenz (siehe z. B. Hennig-Thurau/Thurau 1999) gewinnen damit an Bedarf und k6nnen somit grunds/~tzlich als (neue) Quellen zum Aufbau und Empfinden eines Produzentenstolzes von Dienstleistem dienen. In diesem Kontext stellt z. B. Holtgrewe (2003, S. 72) fest, dass ein Produzentenstolz von Dienstleistern ihrer Meinung nach vor allem auf der Qualit/~t von Prozessen und Interaktionen beruhe. Hierbei sind normative Orientierungen des Helfens und der Empathie mal3geblich. Dienstleistungsarbeit habe damit auch eine/~sthetische und emotionale Seite: Probleme werden gel6st und Wtinsche erfllllt, Scherze und Freundlichkeiten werden ausgetauscht, woraus sich ein entsprechender Stolz auf die Dienstleistungsarbeit entwickeln kann. Mit der Modifikation der Anforderungen an die Dienstleistungsarbeit geht auch eine Ver/~nderung der Erwartungen an die Arbeitsleistung eng einher. Geht man davon aus, dass viele Dienstleistungen im Kern aus Handlungen bestehen, die von Mitarbeitem zur L6sung der Probleme der Kunden verrichtet werden, so spielt die Erftillung der Kundenerwartungen eine zentrale Rolle. Das Besondere beim Produzentenstolz von Dienstleistem ist damit die Abh/~ngigkeit vom Beurteilungsprozess und -ergebnis des Kunden. Ob eine Tgtigkeit als erfolgreich zu bezeichnen ist, h/~ngt n/~mlich nicht nur vom Dienstleister, sondem in ganz entscheidendem MaBe vom K u n d e n - ausgedrtickt in Gr6Ben wie dem wahrgenommenen Kundennutzen und der Kundenzufriedenheit- ab. Damit treten zur Beurteilung der Mitarbeiter-Performance neben die objektiven Messkriterien zunehmend auch subjektive Kenngr613en. Die Schwierigkeit der Messung und Evaluation einer immateriellen Leistung im Vergleich zu einem materiellen Sachgut stellt folglich eine Herausforderung im Kontext der Schaffung eines Produzentenstolzes von Dienstleistem dar. Des Weiteren wird die Herausbildung von Produzentenstolz bei Dienstleistem immer dann erschwert, wenn Erwartungsdifferenzen bzw.-konflikte auftreten (Vom Holtz 1998). So zeichnet sich interaktive Dienstleistungsarbeit letztlich durch die Erwartungen des Mitarbeiters selbst, der Kunden und der Organisation aus (siehe auch Jacobsen/Voswinkel 2003, S. 11). Damit kann das Untemehmen Erwartungen an den einzelnen Mitarbeiter im Kundenkontakt formulieren, die kontrgr zu den Kun-

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101

denerwartungen sind (Shamir 1989). So wtinscht sich z. B. ein Kunde eine umfassende und auf ihn zugeschnittene Probleml6sung, w~ihrend das Unternehmen an einer effizienten Auftragsabwicklung, sich niederschlagend in entsprechenden Produktivit~itskennziffern, interessiert ist. Die Arbeit im Kundenkontakt enth~ilt daher sowohl spezifische Chancen, positive Emotionen des Stolzes zu generieren, aber auch das Risiko, negative Arbeitsemotionen wie Frustration und ,~rger bei den Mitarbeitem im Kundenkontakt hervorzurufen. 2.2.3

Stolz ausl6sende Ereignisse im Arbeitskontext von Dienstleistern

Im Folgenden wird ein Strukturierungsansatz gew~ihlt, der die Stolz ausl6senden Ereignisse auf einer Organisations-, Team- und Individualebene verortet. Die Aus~hrungen erheben dabei keinen Anspruch auf Vollst~indigkeit, sondem stellen die in der Literatur am h~iufigsten genarmten Stolzquellen dar. Zun~ichst kann ein Mitarbeiter- wie in Abschnitt 2.1.2 er6rtert- Stolz auf die Leistung(en) seiner Organisation sein. Hierbei sind es insbesondere Ereignisse, die den Untemehmenserfolg widerspiegeln, die als Stolzquellen fungieren (Amett et al. 2002, S. 91; G6ggelmann/Hauser 2004, S. 29ff.). So kann die VerOffentlichung erfolgreicher Untemehmenszahlen die Mitarbeiter Stolz auf ihr Untemehmen empfinden lassen. Ein Vorteil des Untemehmenserfolgs als Stolzquelle ist, dasses sich hierbei um eine objektive, 6ffentlich zuggngliche und damit leicht beurteilbare Leistungsgr613e handelt. Neben monet~iren Erfolgsindikatoren sind es aber auch gerade die nichtmonetaren Leistungen des Untemehmens, die Stolz bei den Mitarbeitem hervorrufen k6nnen. Zentrale Leistungsfaktoren sind hierbei die Personalfuhrung und das Personalmanagement (Millonig 2003, S. 184). Wenn Mitarbeiter die Ftihrungsqualit~iten des Managements positiv beurteilen, so empfinden sie, wie auch empirische Studien belegen (Amett et al. 2002), einen h6heren Stolz auf ihre Organisation. Erlebnisse von fairer und respektvoller Behandlung der Mitarbeiter seitens des Managements stellen demnach wichtige Voraussetzungen far das Empfinden yon Stolz dar (G6ggelmann/Hauser 2004, S. 163; Katzenbach 2003a, S. 14). Hierin kommt das Sprichwort ,,Wertsch6pfung durch Wertsch~tzung" besonders gut zum Tragen. Untemehmenswerte, Untemehmensgrunds~tze und Untemehmensethik stellen weitere bedeutsame Stolz aktivierende Faktoren dar (G6ggelmann/Hauser 2004, S. 29ff.; Howell 1966, S. 607f.; Thesing 2004). So treibt z. B. die Verpflichtung des Untemehmens hinsichtlich der Erbringung hervorragender Qualit~it nicht nur die Untemehmensergebnisse voran, sondem erzeugt gleichzeitig bei den Mitarbeitem Stolz auf ihr Untemehmen (siehe auch Abschnitt 2.2.1). Im Falle von Dienstleistungen ist zur Schaffung von Qualit~it besonders auf die Erhebung und Erftillung der Kundenwtinsche und-bedtirfnisse zu achten. Die

102

Matthias H.J. Gouthier

Erreichung von besonderen Leistungszielen in Bezug auf Kunden- und Serviceorientierung stellen somit auch wichtige Stolz stimulierende Faktoren dar. SchlieSlich verleiht die Erfiillung gesellschaftlicher und sozialer Verpflichtungen durch ein gesellschaftlich verantwortungsvolles Handeln und durch die Wahrnehmung des sozialen Engagements dem Unternehmen ein positives Image. Dieses erh6ht wiederum die Wahrscheinlichkeit einer erh6hten Medienprg.senz- zumindest im lokalen Kontext--, die ihrerseits das Stolzempfinden forcieren kann (siehe ~ihnlich Checketts 1995). Neben dem Stolz auf die eigene Organisation kann ein Mitarbeiter Stolz entwickeln auf die Leistungen seiner Arbeitsgruppe bzw. seines Teams (Mullen/Copper 1994; Zander/Armstrong 1972). Eine superiore Teamleistung kann gleichermaf~en wie eine tiberdurchschnittliche Organisationsleistung zum Empfinden von Produzentenstolz ftihren. Zu den teambezogenen Ereignissen, die das Empfinden von Stolz forcieren, k6nnen positive Teamergebnisse, Situationen und Erlebnisse eines angenehmen Teamklimas und professionalisierte Arbeitsprozesse im Team gefasst werden. Eine der zentralen, wenn nicht die wichtigste Quelle des Produzentenstolzes stellen der Dienstleister selbst und dessen Leistung dar. In Anlehnung an die Unterscheidung von Dienstleistungen nach Potenzial-, Prozess- und Ergebnisdimension (Corsten 1997, S. 21-30) lassen sich potenzial-, prozess- und ergebnisorientierte Quellen des Produzentenstolzes von Dienstleistern differenzieren. Zu den potenzialorientierten Stolzquellen lassen sich die Erreichung von Qualifikationsabschltissen, Situationen des Aufstiegs im Unternehmen und Momente der Selbstwahrnehmung der eigenen Bedeutung rechnen. Des Weiteren ist die eigentliche Aus~hrung der T~itigkeiten als prozessorientierte Quelle des Produzentenstolzes von Dienstleistern anzusehen. So k6nnen gelungene Arbeitsprozesse, wie positive Interaktionen mit den Kunden, einen Dienstleister mit Stolz erftillen (Verbeke et al. 2004, S. 395; Katzenbach 2003a, S. 34). Frese (1990) spricht in diesem Falle auch vom handlungsbezogenen Produzentenstolz. Daneben gibt es die ergebnisorientierten Quellen des Produzentenstolzes. Hier k0nnen Ergebnisse wie Kundenzufriedenheit und Kundenlob Stolz beim Mitarbeiter wecken (Vom Holtz 1998, S. 154ff.; Verbeke et al. 2004, S. 395). Dementsprechend bezeichnet Frese (1990) diese Art auch als resultatbezogenen Produzentenstolz. 3

Anerkennung und Offentlichkeit als zentrale Determinanten eines Produzentenstolzes yon Dienstleistern

Schaut man in die einschl~igige Literatur, so lassen sich Anerkennung und Offentlichkeit als zwei zentrale Einflussfaktoren des Produzentenstolzes identifizieren (Checketts 1995; Gabriel et al. 2005, S. 4 und S. 9; Webster et al. 2003). Der moderierende Einfluss von Anerkennung auf das Empfinden von Produzen-

Produzentenstolzvon Dienstleisternals positiveArbeitsemotion

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tenstolz 1/~sst sich folgendermagen begNnden: Zun/~chst kann der Mitarbeiter davon ausgehen, dass eine Leistung, die anerkannt wird, auch eine erfolgreiche und wichtige Leistung darstellt. Damit wird der Stolz auf diese Leistung gef6rdeft. Anerkennung liefert dem Mitarbeiter daneben einen (impliziten oder expliziten) Informationswert dergestalt, dass die Arbeitsleistung anscheinend die Erwartungen bzw. Erwartungsstandards der relevanten Anspruchsgruppen erfallt hat, was wiederum das Empfinden von Stolz stimuliert (Webster et al. 2003, S. 213f.). Dabei lassen sich unterschiedliche Ebenen und damit differenzierte Anerkennungsquellen identifizieren. Auf der obersten Ebene, der sog. Makroebene, kann Anerkennung als Stolz f6rdemder Einflussfaktor durch die Gesellschaft ausgesprochen werden (Frese 1990). Viele Dienstleistungen, und insbesondere personenbezogene Dienstleistungen, zeichnen sich jedoch h~iufig eher durch eine gesellschaftliche Geringsch~itzung aus (Gabriel et al. 2005). So wird Interaktionsarbeit im Vergleich zu industriell gepr~igter Arbeit h~iufig geringer wertgesch~itzt. Dies spiegelt sich in folgendem Titel eines Artikels von Herbert Jack Rotfeld, der im Jahr 2001 im Journal of Consumer Marketing erschienen ist, pointiert wider: ,,A service economy whose employees say: ,customer service is not my job! '". Mitarbeiter k6nnen daneben auf der Mesoebene Anerkennung durch die Organisation erhalten. Hier werden institutionelle Anerkennungssysteme (Recognition Systems) eingesetzt, um den Mitarbeitem Zeichen der Anerkennung auszusprechen. Dabei lassen sich materielle und immaterielle Anerkennungsm6glichkeiten identifizieren. Zur materiellen Anerkennung lassen sich finanzielle Anerkennungen in Form von direkten Geldzuwendungen wie erfolgsabh~ingige Entlohnungsbestandteile z~ihlen. Diese k6nnen z. B. an die Erreichung von Kundenzufriedenheitswerten gekoppelt werden. Daneben werden nichtfinanzielle Anerkennungen in Form geldwerter Vorteile wie Seminarbesuche und Incentive-Reisen gleichermal3en zur materiellen Anerkennung gerechnet. Zur immateriellen Anerkennung geh6ren z. B. Auszeichnungen und Belobigungen in der Mitarbeiterzeitschrift. Schliel31ich wird Anerkennung insbesondere auf der zwischenmenschlichen Ebene, der sog. Mikroebene, ausgesprochen. Als relevante interne Anerkennungsquellen lassen sich die Ftihrungskr~ifte, die Kollegen und die Mitarbeiter anftihren (Verbeke et al. 2004, S. 387). Bei Dienstleistungen kommt zudem dem Kunden als extemer Anerkennungsquelle eine wichtige Rolle zu (Holtgrewe 2001, S. 40; Voswinkel/Korzekwa 2005, S. 21). Im Rahmen der pers6nlichen Anerkennung lassen sich drei verschiedene Arten der Anerkennung unterscheiden (siehe u. a. Holtgrewe 2000; 2002; Holtgrewe et al. 2000; Voswinkel 2000; 2001; Voswinkel/Korzekwa 2005):

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Emotionale Anerkennung: Diese Form der Anerkennung drtickt sich in der Dienstleistungsinteraktion durch Hilfsbereitschaft und Zuwendung aus, die gerade nicht aufgrund eines instrumentellen Kalktils von den Interaktionspartnern gezeigt wird. Anerkennung im Sinne emotionaler Zuwendung erfahren Besch~iftigte wesentlich durch den ,,personalen" Kunden, also durch einzelne, oft Stammkunden, die sie aus der Anonymit~it der ,,Unperson" herausheben und lebensweltliche Elemente in die Arbeit einbringen. Kognitive Anerkennung: Achtung kann in einer Dienstleistungsinteraktion von den Partnern durch Respekt und die Einhaltung bestehender HOflichkeitsrituale bzw. Anstandsregeln zum Ausdruck gebracht werden. Das betrifft etwa das Grtif3en, die Beantwortung eines Gmf3es, das Danken und Bitten und dergleichen. Insbesondere im Dienstleistungsbereich erfiihrt diese Anerkennungskomponente ein starkes Gewicht, da gerade die Nichteinhaltung geltender H~iflichkeitsformen durch Kunden- wie z. B. das Grtif3en oder das Zollen von D a n k - von Dienstleistungsbesch~iftigten als Missachtung der eigenen Person gewertet wird. Soziale Anerkennung im Sinne von Wertsch~itzung: Es lassen sich zwei Arten der sozialen Wertsch~itzung unterscheiden: Bewunderung und Wtirdigung. Bewunderung beruht auf einer tiberdurchschnittlichen Leistung, auf herausragenden Resultaten oder auf der VerRigbarkeit auf3ergew6hnlicher Ressourcen. Sie ~iul3ert sich insbesondere durch Lob. Eine Anerkennung durch Lob stellt jedoch eher die Ausnahme dar, da es in vielen Dienstleistungssituationen h~iufig um die ,,Re-Produktion von Normalit~it, die unauffiillige Wirkung, das Nicht-Besondere" (Voswinkel/Korzekwa 2005, S. 292) geht. Somit kann Dienstleistern Wertsch~itzung vorwiegend in Form von Wtirdigung entgegengebracht werden, die vor allem den guten Willen, die Anstrengung und den erbrachten Beitrag in den Mittelpunkt stellen und belohnen m6chte. Wtirdigung wird dabei in Dankbarkeit und Verpflichtung einer anderen Person gegenOber zum Ausdruck gebracht. Bei Expertengespr~ichen des Autors dieses Beitrags mit verschiedenen Vertretern aus der Praxis, wie z. B. den Vertretern eines fiihrenden deutschen Transportunternehmens und eines Call Centers, wurde die Einsch~.tzung ge~iuf3ert, dass for den Mitarbeiter im Kundenkontakt ein Kundenlob zumindest eine gleich wichtige Bedeutung hat wie die Anerkermung durch die Ftihrungskr~ifte, wenn nicht sogar partiell ftir diesen von h6herer Bedeutung ist. Anerkennung als Stolz f6rdemder Einflussfaktor gewinnt nochmals an Bedeutung, wenn die Anerkennung 6ffentlich erfolgt (Magnus 1981). Das Ge~hl yon Stolz ist in dem Fall besonders stark ausgepr~igt, wenn andere bei der Belobigung zugegen sind oder von dieser wissen (Kroll et al. 2000; Meindl et al. 1985; Verbeke et al. 2004, S. 389). Dies l~isst sich nach Webster et al. (2003, S.

Produzentenstolzvon Dienstleisternals positiveArbeitsemotion

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213) darauf zurtickfiihren, dass ,,publicity may provide a clearer and surer evaluation of an individual's successful performance". Dabei kann zum einen die Offentlichkeit eine h0here Aufmerksamkeit beztiglich der erfolgreichen Arbeitsleistung und damit einen h6heren Produzentenstolz bewirken. Zum anderen kann Offentlichkeit einen Effekt auf die Beziehung zwischen Anerkennung und Produzentenstolz derart austiben, dass eine 6ffentliche Anerkennung, z. B. ein 6ffentlich ausgesprochenes Lob der Ftihrungskraft oder eine Hervorhebung der Arbeitsleistung in der Mitarbeiterzeitschrifi, zu einem h6her empfundenen Produzentenstolz Nhrt (siehe auch Verbeke et al. 2004, S. 389). 4

4.1

Wirkeffekte des Produzentenstolzes von Dienstleistern

Positive Wirkeffekte des Produzentenstolzes von Dienstleistern

Produzentenstolz kann sowohl als Vorlaufgr6Be (ex ante-Gr6Be) als auch als Ergebnisgr6Be (ex post-Gr6Be) betrachtet werden (siehe z. B. Katzenbach 2003a, S. 2f.). Beim Verst~indnis von Produzentenstolz als ex ante-Gr6Be fungiert die Aussicht auf das Empfinden von Produzentenstolz als Motivator ~ r den Mitarbeiter, eine spezifische leistungsthematische Handlung vorzunehmen (Atkinson 1964; Schtitzwohl 1991). Der Mitarbeiter strebt somit nach dem Empfinden von Produzentenstolz, der folglich als nicht-monet~ire Anreizgr6Be agiert. Produzentenstolz ist daneben gleichermaBen eine ex post-Gr6Be. Diese stellt- wie in Kapitel 2.1 erl~iutert- eine positive Arbeitsemotion eines Dienstleisters dar, die auf einem wahrgenommenen Erfolg der eigenen Arbeitsleistung, der Leistung des Teams und/oder der Leistung der eigenen Organisation beruht. Grundlage fOr die Wahmehmung des Erfolgs ist ein kognitiver Bewertungsprozess, bei dem eine Arbeitsleistung (Individual-, Team- und/oder Organisationsleistung) die eigenen Erwartungen an selbige er~llt bzw. tibererfiillt. Somit l~isst sich folgende positive Wirkungskette formulieren: Ausgehend von der Aussicht auf das Empfinden von Produzentenstolz als Motivationsfaktor kommt es zu einem gesteigerten Engagement und einer besseren Arbeitsleistung. Diese fiihrt ihrerseits wiederum zu einem h6heren Produzentenstolz (siehe ~ihnlich Katzenbach 2003a, S. 17). Auf diese Weise kann es zu einer positiven Leistungsspirale kommen. Produzentenstolz kann dabei folgende positive Wirkeffekte entfalten: Das Engagement des Mitarbeiters sich verbessern. Stolz erhOht die beiter wie z. B. die Bereitschaft, nehmendem Produzentenstolz die

und letztlich dessen Arbeitsleistung kann leistungsbezogene Motivation der Mitarhart zu arbeiten. Daneben steigt mit zuHilfsbereitschaft, die H6flichkeit und das

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Verbesserungs- und Ideenpotenzial der Mitarbeiter (Verbeke et al. 2004, S. 390f.). Gleicherma6en findet sich in der Literatur auch der Hinweis darauf, dass Produzentenstolz zum Bestreben der Mitarbeiter ft~hren kann, den Kunden einen besonders guten Service bieten zu wollen (Amett et al. 2002). 2. Stolz vermag daneben positive Effekte auf Pers~nlichkeitsmerkmale wie Selbstachtung, Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeit hervorzurufen (Webster et al. 2003, S. 211). Ge~hle des Stolzes machen Personen selbstsicherer, kreativer und flexibler sowie altruistischer (Bagozzi et al. 1999; Fredrickson 2001). Sie k6nnen besser mit Stresssituationen umgehen und diese bew~iltigen. Insgesamt betrachtet verbessem sich clamit das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter im Kundenkontakt (siehe genetell hierzu Frese 1990). 3. Des Weiteren kann Produzentenstolz zur Mitarbeiterbindung und einem erh6hten Commitment ~hren (Katzenbach/Santamaria 1999), wobei ein hohes Commitment gleichbedeutend ist mit einem starken Verbundenheitsgeftihl des Mitarbeiters zur Organisation selbst oder zu einem ihrer Teile wie Arbeitsgruppen oder Abteilungen. Mitarbeiterbindung und Commitment gehen ihrerseits einher mit einer m6glichen Verringerung yon Fehlzeiten, einer gesteigerten Produktivit~it und einem st~irkeren Engagement der Mitarbeiter ftir die Erreichung der Unternehmensziele (Meyer/Allen 1997; Van Dick 2001). 4. Die positiven Wirkeffekte auf das Engagement und die Arbeitsleistung k~nnen sich ihrerseits wiederum auf die Steigerung der Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung auswirken. So berichtet z. B. das Spartanburg Regional Healthcare System (SRHS), dass sie durch deren so genanntes PRIDE- (,,Professional Recognition in the Development of Nursing Excellence"-) Programm Patientenzufriedenheitswerte erzielten, die s~imtliche Vergangenheitswerte ~ibertroffen h~itten (Robitaille/Whelchel 2005). 4.2

Negative Wirkeffekte des Produzentenstolzes yon Dienstleistern

Produzentenstolz ffihrt nicht immer nur zu positiven Effekten, sondern kann auch gleicherma6en mit negativen Effekten einhergehen. So kann z. B. Neid unter den Kollegen entstehen (Verbeke et al. 2004, S. 386). Daneben ist insbesondere auf die negativen Effekte hinzuweisen, die aufgrund eines t~berzogenen und damit negativ zu wertenden Produzentenstolzes aufkommen (Tangney 2002, S. 203). Diese Unterscheidung von positivem versus negativem Produzentenstolz l~isst sich anhand folgender Erl~iuterungen und Einsch~tzungen verdeutlichen:

Produzentenstolzvon Dienstleisternals positiveArbeitsemotion

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Beim positiven Produzentenstolz ist der Mitarbeiter stolz auf seine vollbrachte Leistung gem~i6 der Einsch~itzung: ,,Meine Leistung ist toll." Beim negativen Produzentenstolz (Hybris) schreibt der Mitarbeiter seine Erfolge nicht seiner jeweiligen Leistung zu, sondem vielmehr dem ,,global self' (Lewis 2000, S. 630), also der eigenen Person als solcher. Dies kommt in der Haltung ,,Ich bin toll!" zum Ausdruck. Somit geht Hybris mit Eitelkeit, Selbstgef~illigkeit und Einbildung einher (Lea/Webley 1997, S. 328). Hybris, als ein Eigenschafts- bzw. Pers6nlichkeitsmerkmal (,,trait"; Frese 1990), wird als ein Ge~hl der Superiorit/it tiber einen l/ingeren Zeitraum empfunden. Das Problem an diesem - h/iufig mit Arroganz gleichgesetzten- Pers6nlichkeitsmerkmal ist nicht nur in dessen gesellschaftlicher Ablehnung zu sehen (siehe ftir viele Lewis 2000, S. 629f.; Tangney 1999, S. 559), sondem kommt in den hiermit verbundenen negativen Auswirkungen zum Tragen. So vermag Hybris bei Mitarbeitem z. B. zu einem egoistischen Verhalten ftihren. Dieses Verhalten kann sich wiederum in einem gesunkenen sozialen Kapital und in einer letztlich schlechteren Arbeitsleistung niederschlagen (Verbeke et al. 2004, S. 386).

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Managementimplikationen

Gem/~g Verbeke et al. (2004, S. 398) und Katzenbach/Santamaria (1999) ist der Einsatz eines Stolzmanagements gerade im Dienstleistungsbereich zu empfehlen, da es vielen Dienstleistungsuntemehmen an finanziellen Mitteln zur Gestaltung von monet/~ren Anreizsystemen fehle. Hier kOnnte Stolz als intrinsisches Motivationssubstitut fungieren. Auf der untemehmerischen Ebene gilt es, zun/~chst ein Bewusstsein beim Management zu schaffen, dass die F6rderung des Produzentenstolzes von Dienstleistem eine lohnende untemehmerische Investition darstellt. Sodann w/~re Produzentenstolz im Untemehmen systematisch zu erheben und zu managen. Produzentenstolz sollte entsprechend als weitere wichtige GrOge im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen regelm/~gig erhoben werden. Dabei sollte sowohl nach dem Stolz der Dienstleister auf ihre eigene Leistung als auch nach dem Teamstolz und dem Organisationsstolz gefragt werden. Um den Produzentenstolz zu verbessem, kOnnte die Schaffung einer Anerkennungskultur im Untemehmen angestrebt werden, wodurch auch der Stolz auf die Organisation gesteigert werden kann. So w/~ren z. B. lnteraktions- und Gefuhlsarbeit entsprechend anzuerkennen und zu w~rdigen. Auch gilt es, die fachlichen und methodischen Anforderungen an die Dienstleistungsarbeit zu erh6hen (Gunter/Fumham 1996, S. 201), um dem Qualit/~tsstreben der Mitarbeiter im Kundenkontakt als Stolzquelle Rechnung zu tragen. Diese sollten allerdings auch nicht zu hoch angesetzt werden, um die Mitarbeiter nicht zu fiber-

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fordem. Insgesamt rticken damit Aspekte wie Professionalisierung der Dienstleistungsarbeit, Information des Mitarbeiters fiber sein Arbeitsumfeld und fiber Arbeitsinhalte sowie spezifische Schulungen zur Sozial- und Emotionalkompetenz in den Fokus der Aufmerksamkeit (Amett et al. 2002; Frese 1990; Gunter/Furnham 1996, S. 201; Katzenbach 2003a; o. V. 2002). Eine wichtige Voraussetzung zur Schaffung von Leistungsstolz setzt zudem an einer besseren Beurteilung des Erfolgs der Dienstleistungsarbeit an. Dementsprechend ist es von Vorteil, wenn klare Leistungsziele gesetzt werden (o. V. 2002). Mitarbeiter im Dienstleistungsbereich brauchen dabei einen unmittelbaren Bezug zur Dienstleistung oder zum Kunden (Thesing 2004). Hierbei zeigt sich in der Praxis, dass Excellence-Ziele gesetzt werden sollten, die den Mitarbeiter fordem, aber- wie oben bereits postuliert- in deren Realisierung nicht tiberfordem (Robitaille/Whelchel 2005; Will 1996). Dieser Appell 1/isst sich anhand der Attributionstheorie folgendermal3en erkl/iren: W/ihrend Erfolge bei einer Aufgabe mit hoher Erfolgswahrscheinlichkeit bevorzugt mit dem extemalen Ursachenfaktor Aufgabenleichtigkeit begrtindet und Erfolge bei einer Aufgabe mit niedriger Erfolgswahrscheinlichkeit auf den externalen Ursachenfaktor Zufall zurtickgefiihrt werden, erkl/irt man das Handlungsergebnis bei Aufgaben im mittleren Erfolgserwartungsbereich am ehesten mit den intemalen Ursachenfaktoren Anstrengung und Kompetenz. Entsprechend ist bei diesen Aufgaben der Produzentenstolz am st/irksten ausgepr/agt (Schtitzwohl 1991). Zudem ist auch ftir eine Klarheit der Rollen und Funktionen des Mitarbeiters zu sorgen (Katzenbach 2003b, S. 36). Der Mitarbeiter sollte wissen, worauf es bei seiner Arbeit ankommt. Wenn er die erfolgskritischen Gr6gen kennt, kann er auch gezielt darauf hinarbeiten, was eine Voraussetzung ~r die Erreichung einer erfolgreichen Leistung und damit die Basis ~r die Schaffung von Produzentenstolz bildet (siehe ~ihnlich Gunter/Furnham 1996, S. 201). Des Weiteren w~ire ein servicebezogenes Anerkennungssystem zu institutionalisieren. Dabei gilt es gleichermal3en materielle wie nicht-materielle Anerkennungen zu integrieren. Zur materiellen Anerkennung lassen sich sowohl finanzielle Anerkennungen, z. B. basierend auf der Erreichung von ExcellenceZielen (Robitaille/Whelchel 2005) wie KundenzufriedenheitsgrtifSen, rechnen als auch nicht-finanzielle Anerkennungen wie Seminarbesuche. Daneben sind nicht-materielle Anerkennungen, wie z. B. Auszeichnungen und Anerkennung in Mitarbeiterzeitschriften, zu implementieren. Neben den untemehmensbezogenen Anerkennungsm6glichkeiten ist auch ein Managementsystem zur Stimulierung und internen Nutzung von Kundenlob zu etablieren. So ist zun/ichst einmal den Kunden tiberhaupt die M6glichkeit zu geben, ihre besondere Zufriedenheit bzw. Begeisterung m6glichst einfach gegentiber dem Untemehmen zu artikulieren. Ein Instrument, was von Untemehmen schon vergleichsweise hg.ufig eingesetzt wird, sind Intemet-FeedbackFormulare. Hier haben Kunden die M6glichkeit, mit Informationen, Anre-

Produzentenstolzvon Dienstleisternais positiveArbeitsemotion

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gungen, Beschwerden und eben auch Lob an das Unternehmen heranzutreten. Eine systematische Stimulierung des Kundenlobs findet bislang in der Praxis zumeist nicht statt. Die n~ichst gr613ere Herausforderung ist sodann in der Bearbeitung, Reaktion, Auswertung und insbesondere internen Weiterleitung an die relevanten Bezugspersonen, wie z. B. an den adressierten Mitarbeiter, dessen Ftihrungskraft und die Personalabteilung, und der entsprechenden internen Anerkennung zu sehen. Hier schlummert noch ein immenses Verbesserungspotenzial. Letztlich muss jedes Unternehmen ~ r sich entscheiden, wie often es tiber solch ein Stolzmanagement intern spricht und dieses gestaltet. Es ist nicht in jedem Untemehmen gleichermaf3en m6glich, often tiber Aspekte eines Produzentenstolzes zu kommunizieren, ohne dasses zu Reaktanzen kommt. Daneben w~iren den Mitarbeitern Schulungen anzubieten, die ihnen aufzeigen, wie sic am besten mit dieser Emotion des Produzentenstolzes umgehen, ohne dasses zu negativen Effekten im Arbeitsumfeld oder beim Kunden kommt. Ein vergleichsweise einfacher Weg w/~re die Integration des Themas Produzentenstolz in Schulungen zur sozialen und emotionalen Kompetenz (siehe ~ihnlich Verbeke et al. 2004, S. 399). 6

Fazit und Ausblick

Die bisherige Forschung zu Aspekten des Produzentenstolzes von Mitarbeitern und speziell zum Thema des Produzentenstolzes von Mitarbeitern im Kundenkontakt l~isst sich bislang noch als rudiment~ir und fragmentarisch bezeichnen (Gabriel et al. 2005, S. 4). So gilt auch heute noch die Aussage von Lea und Webley (1997, S. 324): ,,Pride is a neglected, and potentially important, factor in economic behavior". Dementsprechend lag der Schwerpunkt dieses Artikels auf der fundierten Aufarbeitung der theoretischen Grundlagen, Determinanten und Wirkeffekte des Konstrukts ,,Produzentenstolz yon Dienstleistern", das als positive Arbeitsemotion definiert wurde. Des Weiteren wurden erste Handlungsempfehlungen zur Schaffung eines Produzentenstolzes von Dienstleistern skizziert. Im Rahmen dieses Beitrags wurde Produzentenstolz von Dienstleistern als leistungsereignisbezogenes und damit emotionales Konstrukt definiert. Diese Einzelempfindungen von Produzentenstolz sind i.d.R, von vergleichsweise kurzer zeitlicher Dauer (Frese 1990). Sic verdichten sich jedoch tiber die Zeit zu einem globalen Stolzempfinden, das rnehr einer Einstellung ~hnelt denn einer Emotion. Damit stellt der Produzentenstolz eines Dienstleisters kein statisches Konstrukt mehr dar, sondern ein dynamisches, welches sich im Zeitverlauf ver~indert (Verbeke et al. 2004, S. 387). Es ist durchaus denkbar, dass eine Einzelleistung nicht isoliert bewertet wird, sondern dass die bisherigen Stolzerlebnisse eine wichtige Rolle spielen (siehe ~hnlich Frese 1990). Die Existenz dy-

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namischer Effekte in der Stolzbildung ist daher nahe liegend (beziehungsspezifische Stolzdynamik). So wies auch bei einem vom Autor gef0hrten Expertengespr/~ch eine Ftihrungskraft einer grol3en deutschen Fluggesellschaft auf diesen zeitlichen Aspekt des Produzentenstolzes von Dienstleistern hin: ,,Einerseits versuchen wir in unseren Grundlehrg/ingen [Flight Training for Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter; Anmerkung des Verf.] den Mitarbeiterstolz zu implementieren, vor allen Dingen in den ersten 6 Tagen. Das Unternehmen versucht, durch das Anbieten von Weiterbildung etc., das auch zu halten, aber eine Garantie, dass es h/ilt, gibt es leider nicht." Daher gilt es in weiteren Forschungsanstrengungen, dieser dynamischen Sichtweise von Produzentenstolz von Dienstleistern verst/irkt Rechnung zu tragen. Literatur Arnett, D.B./Laverie, D.A./McLane, C. (2002): Using Job Satisfaction and Pride as Internalmarketing Tools, in: Cornell Hotel and Restaurant Administration Quarterly, Voi. 43, No. 2, S. 87-96. Atkinson, J.W. (1964): An Introduction to Motivation, Princeton. Bagozzi, R.P./Gopinath, M./Nyer, P.U. (1999): The Role of Emotions in Marketing, in: Journal of the Academy of Marketing Science, Vol. 27, No. 2, S. 184-206. Baumeister, R.F./Leary, M.R. (1995): The Need to Belong: Desire for Interpersonal Attachments as a Fundamental Human Motivation, in: Psychological Bulletin, Vol. 117, No. 3, S. 497-529. Checketts, D. (1995): Taking Pride in Our Work, in: Journal for Quality & Participation, Vol. 18, No. 7, S. 16-19. Corsten, H. (1997): Dienstleistungsmanagement, 3. Auflage, MOnchen u. a. Fredrickson, B.L. (2001): The Role of Positive Emotions in Positive Psychology. The Broaden-andBuild Theory of Positive Emotions, in: American Psychologist, Vol. 56, No. 3, S. 218-226. Frese, M. (1990): Arbeit und Emotion- Ein Essay, in: Frei, F./Udris, I. (Hrsg.): Das Biid der Arbeit, Bern, S. 285-301. Gabriel, H./Ganz, W./Bienzeisler, B./Gouthier, M.H.J./ZUhike-Robinet, K./Dunkel, W./Voswinkel, S./Rieder, K. (2005): Produzentenstolz als Innovationsressource im Dienstleistungsbereich- Anregungen an die ForschungsfOrderung des BMBF, Positionspapier, Berlin. GOggelmann, U./Hauser, F. (2004): Deutschlands beste Arbeitgeber, M0nchen. Goleman, D. (1999): Emotionale Intelligenz- zum FOhren unerl~slich, in: Harvard Business Manager, 21. Jg., Nr. 3, S. 27-36. Gouthier, M.H.J./Schmid, S. (2001): Kunden und Kundenbeziehungen als Ressourcen von Dienstieistungsunternehmungen- Eine Analyse aus der Perspektive der ressourcenbasierten Ansatze des Strategischen Managements, in: Die Betriebswirtschaft DBW, 61. Jg., Nr. 2, S. 223-239. Gouthier, M.H.J./Schmid, S. (2003): Customers and Customer Relationships in Service Firms: The Perspective of the Resource-based View, in: Marketing Theory, Vol. 3, No. 1, S. 119-143. Gunter, B./Furnham, A. (1996): Biographical and Climate Predictors of Job Satisfaction and Pride in Organization, in: The Journal of Psychology, Vol. 130, No. 2, S. 193-208. Hennig-Thurau, T./Thurau, C. (1999): Sozialkompetenz als vernachlassigter Untersuchungsgegenstand des (Dienstleistungs-)Marketing, in: Marketing ZFP, 21. Jg., Nr. 4, S. 297-311. Hergt, G. (1985): Die Marginalisierung der schweren kOrperlichen Arbeit im modernen Produktionsproze6. Ein Essay zur geistigen Situation des Reviers, Dortmund.

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S inn in unserem Leben

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Sinn in unserem L e b e n - bedeutsam fiir seelische Gesundheit, Leistungsfiihigkeit und Lebensqualitiit

Reinhard Tausch

Bei welchem Verhalten und Erleben, in welchen Situationen treten Sinnerfahrungen im Alltag meist ein? ,,Was empfinde ich als Sinn gebend und sinnvoll in meinem Leben?" 3

Was ist Sinn? Positive Auswirkungen von Sinnerfahrungen Erfahrungen von Sinnlosigkeit und Auswirkungen Gefahren bei der Suche nach Sinn F6rderung und Erleichterung von Sinnerfahrungen Stressbelastungen vermindem FOrderung von Sinn-Erfahrungen in Betrieben, am Arbeitsplatz

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F6rderung von Sinn-Erfahrungen in Schulen, Ausbildungsinstitutionen und Kursen

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Verstg.ndlichere Augerungen von Betrieben, 6ffentlichen Institutionen und Politikem

Sinn in unseremLeben

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lm Alltag wird das Wort ,,Sinn" oft verwendet. ,,Es ist sinnvoll, was ich tue." ,,Er hatte ein sinnerfiilltes Leben."-,,Ich spt~re, dass mein Leben Sinn und Bedeutung hat." Derartige AuBerungen sind meist Anzeichen einer hohen Lebensqualit~.t. Dagegen kommen in folgenden ,~uBerungen eher seelischk6rperliche Beeintr~.chtigungen zum Ausdruck: ,,Meine T~tigkeit scheint mir so sinnlos."- ,,Mein Leben hat keinen Sinn mehr."- ,,Ich kann nicht verstehen, welchen Sinn das Ganze hat." So sind Sinnerfahrungen etwas Bedeutsames im Leben von uns Menschen; sie sind bedeutsam auch f~r den Wunsch, in sehr schwierigen Lebensphasen weiterzuleben. Vor ca. 15 Jahren wandte ich mich dem Thema Sinn mit empirischen Untersuchungen zu. Auf diese Untersuchungen stt~tze ich mich im Folgenden (Doll 1994; Richter 1994; Schirmak 1987; Tausch 1995) sowie auf meine Erfahrungen in der Praxis der Psychotherapie, in der Lebensberatung sowie im allt~glichen Leben. Bei welchem Verhalten und Erleben, in weichen Situationen treten Sinnerfahrungen im Alltag meist ein?

A ufgaben haben und erfiillen. Sinn erleben wir h~ufig, wenn wir durch unsere Y~tigkeit Ziele erreichen oder Aufgaben erfiillen, die wir bejahen. N~hem wir uns durch unser Verhalten diesen Zielen und Aufgaben an (das k0nnen kleine Alltagsziele, aber auch groBe Lebensaufgaben sein), so erleben wir dies meist als positiv und bedeutungsvoll. Unser Bewusstsein und unser Verhalten sind zielgerichteter, geordneter, harmonischer. Diese Sinnerfahrungen lassen sich z. B. in den Satz fassen: ,,Sinn spore ich, wenn ich Aufgaben erledige, auch wenn sie mt~hevoll sind." Es sind T~tigkeiten, bei denen wir uns als selbstwirksam erfahren und eine gewisse Kontrolle tiber uns und die Situation haben. Etwas fiir andere tun. Sinn erfahren wir ferner bei T~tigkeiten zur Erreichung von Zielen oder zur Er~llung von Aufgaben, die nicht nur ~ r uns, sondern auch f~r andere wertvoll sind. Wenn wir z. B. die Not eines anderen lindern, wenn Lehrer ihren Scht~lem wirklich helfen, wenn ein Arbeitsleiter oder Kollege einem Mitarbeiter unterstfitzend hilft, wenn ehrenamtliche Heifer Kranke und Sterbende begleiten, dann erfahren die helfenden Personen unmittelbar, dass sie etwas Positives bei anderen bewirken, dass sie ~ r andere wichtig sind: ,,Sinn spfire ich, wenn ich meinem Mitmenschen helfe."- ,,Wenn ich andere unterstt~tze und dabei das Geffihl habe, gebraucht zu werden."- ,,Wenn ich Leid und Yrauer mit anderen trage und denen helfe, denen es schlechter geht als mir." Anderen zu helfen erwies sich in Untersuchungen auch als f~rderlich for die Helfenden selbst; so verminderten sich z. B. ihre psychosomatischen Beschwerden (Luks/Payne 1998). Positive seelische und kOrperliche Erfahrungen, die Menschen bejahen und akzeptieren und die ihnen das Gef~hl vermitteln, gemocht, akzeptiert und ge-

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liebt zu werden oder zu lieben, werden meist auch als sinnvoll erlebt, z. B. ein befriedigendes Zusammensein mit dem Partner, der Familie, Freunden, eine gute zwischenmenschliche Beziehung zu anderen Mitmenschen. ,,Im Zusammensein mit meinen Kindern, meinem Mann und Freunden sptire ich, mein Leben hat Bedeutung, einen Sinn." Auch intensives Erleben der Natur, etwa bei Spazierg~ingen im Wald, Gebirge und am Meer, wird als sinnvoll empfunden, ebenso wie T~itigkeiten, die Freude bereiten: ,,Wenn ich meinen Interessen folg e . " - ,,Wenn ich Musik h6re oder musiziere."- ,,Wenn ich mich kreativ oder handwerklich bet~itige." Als sinnvoll wird auch das seelische und/oder k6rperliche Wohlge~hl nach k~rperlicher Bet~itigung, nach Entspannungstibungen, Meditation u. a. erlebt. Verstehen. Wenn wir uns etwas erschliel3en, was uns bisher unverst~indlich und verschlossen war, dann sehen oder spiJren wir einen gewissen Sinn, wir sind weniger irritiert oder entmutigt. SchiJler, die einen ungeordneten, schwierigen Text schliefSlich verstehen oder Erwachsene, die eine Gebrauchsanweisung f'tir ein Ger~it begreifen, nehmen eine Ordnung wahr, ~hlen sich besser und kOnnen angemessener handeln. Glauben, hoffen, vertrauen. Wir hoffen oder vertrauen darauf, dass unser Leben oder einschneidende Ereignisse wie Krankheit oder Tod einen Sinn haben, etwa aufgrund religi6ser, spiritueller oder philosophischer Auffassungen. Der Sinn wird h~iufig nicht erkannt oder wahrgenommen, aber es ist Vertrauen oder Hoffnung da: ,,Mir pers6nlich hat es sehr geholfen, dass ich meine Sorgen Gott gebe und dass ich well3, dass ich geftihrt werde. Ich sp~ire, dass alles, was geschieht, einen Sinn hat, auch wenn ich ihn oft nicht sehe."- ,,Sirmgebend ist ~ r mich mein Glaube an Gott, das Bewusstsein einer h6heren Macht." Ordnung und Zusammenhang. Eine Ordnung, einen Zusammenhang zwischen verschiedenen sinnlos erscheinenden Einzelheiten herzustellen, wird als sinnvoll erfahren. Bei Puzzlespielen z. B. bringen Kinder sinnlos erscheinende Einzelteile in einen Zusammenhang. Eine ordnende T~itigkeit und vor allem das Ergebnis, die sichtbare Bedeutung des Ganzen, werden als sirmvoll erlebt. Die F/ahigkeit, Zusammenh~inge zwischen unserem Verhalten und einigen Auswirkungen dieses Verhaltens zu sehen, war und ist tiberlebenswichtig. Sinngebung. Wir k/Snnen Ereignissen, Vorg~ingen oder T~itigkeiten einen Sinn geben. Der Begrtinder der Logotherapie (Sinn-Therapie), Viktor Frankl (1982; 1989), wurde in einem Fernsehinterview gefragt, was er nach seiner Freilassung aus dem Konzentrationslager gedacht und geftihlt habe (seine Eltern und seine Frau waren dort gestorben). Er antwortete: ,,Ich wollte mich dessen als wtirdig erweisen, dass ich als einziger der Familie Oberleben durfte." Krebskranke k6nnen den ihnen noch verbleibenden Jahren Sinn geben, indem sie intensiver und bewusster leben oder Familienangehtirige auf die Zukunft vorbereiten (Tausch 2001). Auch vergangenen belastenden Ereignissen k6nnen wit einen Sirra geben, etwa dadurch, dass wir aus ihnen lemen. Bei unserer

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Untersuchung von Partnern nach einer Trennung oder Scheidung sagte ein gr6Berer Prozentsatz, das Ereignis sei l~ingere Zeit sehr schmerzlich ~ r sie gewesen. Aber es habe auch dazu ge~hrt, dass sie allm~ihlich selbst~indiger, freier geworden w~iren und aus ihren Fehlern gelernt h~itten. Gelingt es uns, auch in belastenden, sinnlos erscheinenden, negativen Ereignissen einen Sinn zu sehen oder ihnen einen Sinn zu geben, dann vermindern sich unsere Belastungen deutlich. 2

,,Was empfinde ich ais Sinn gebend und sinnvoll in meinem Leben?"

Diese Frage beantworteten 213 Personen im Alter von 17-88 Jahren (Durchschnittsalter 44) in freier schriftlicher Form. Die Untersuchung (Richter 1994) hatte folgendes Ergebnis: =:> Ftir andere Menschen einschlieBlich Familie etwas tun (genannt von 68 %), z. B.: ,,Ftir andere da sein, ihnen helfen". Mitmenschen (62 %), z. B.: ,,Meine sozialen Beziehungen zu anderen eriebe ich als sinnvoll". Mit anderen etwas tun (57 %), z. B.: ,,Gemeinsam mit anderen eine Aufgabe erledigen". Arbeit, Beruf, Pflichten, Aufgaben (45 %), z. B.: ,,Sptiren, dass meine Arbeit gebraucht wird". Freunde (31%), z: B.: ,,Freunde haben, auf die ich reich verlassen kann". Familie (30 %), z. B.: ,,Die Liebe und Kraft in meiner Familie empfinde ich als sinnvoll." Positive Geftihle (26 %), z. B.: ,,In der Liebe zu meinem Mann, auch heute noch, obwohl seit seinem Tode schon Jahre vergangen sind". Partnerschaft (22 %), z. B.: ,,Meinem Ehepartner Halt geben". ~> Kinder (20 %), z. B.: ,,Im Zusammensein mit meinen Kindern spore ich, dass mein Leben Bedeutung hat". Religi6ser Glaube, Spiritualit~it (18 %), z. B.: ,,Sinn gebend ist fiir mich meine Beziehung zu Gott." Nachdenken tiber das Leben und die Zukunft, musische T~itigkeiten, Hobbys, Natur, Wertauffassungen, Ruhe/Frieden/Entspannung, Bticher, k6rperliche Aktivit~iten, Erinnerungen/Gedanken/Vorbilder/Vorstellungen, Haus/ Wohnung/Garten (jeweils 10 % oder geringer). 2 % der Befragten sahen keinen Sinn in ihrem Leben. 3

Was ist Sinn?

Definition: Sinn kann unter Einbeziehung unserer Untersuchungsbefunde und Alltagserfahrungen definiert werden als: Eine Bedeutung oder Bewertung, die wir bei einer T~itigkeit, einem Geschehen oder einem Ereignis wahrnehmen

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oder erleben, die wir herstellen oder dem Geschehen/der T~itigkeit geben. Meist ist die Bedeutung/Bewertung f6rderlich, positiv, bejahend, akzeptierend ftir den jeweiligen Menschen, verbunden mit einem charakteristischen, meist positiven Geftihl. Eine Sinnerfahrung besteht also aus einer Kognition (Bewertung) und einem zugeh6rigen Gefiihl.- Im Folgenden einige Merkmale yon Sinnerfah-

rungen: Sinn hat viele Quellen. Unsere Gesamt-Sinnerfahrung im Alltag wird aus mehreren Quellen gespeist. Wir erfahren, dass unser Zusammenleben mit der Familie und anderen Menschen sinnvoll ist, dass unsere T~itigkeiten far andere wertvoll sind, wir erkennen sinnvolle Zusammenh~inge, geben Geschehnissen einen Sinn, wir hoffen und glauben, dass die Ereignisse sinnvoll sind. Art und Ausmal3 unserer Gesamt-Sinnerfahrungen ~indem sich durch das Hinzukommen oder den Fortfall von Sinnquellen. Stressbelastungen des Alltags, z. B. im Beruf und in der Partnerschaft, beeintrachtigen die Sinnerfahrungen in dem jeweiligen Bereich meist deutlich. Bei einschneidenden Lebensereignissen- Krankheit, schweren Verlusten, Unfall oder Krieg- f~illt ein Teil der bisherigen Sinnerfahrungen fort oder vermindert sich. Wir werden mit der Notwendigkeit neuer Sinnfindung und Sinngebung konfrontiert. Kurzfristige Sinnerfahrungen. Viele Menschen erleben Sinnerfahrungen tiberwiegend bei kleineren Ereignissen im Alltag, z. B. sozialen Zusammenktinften, kleineren Aufgaben und Erledigungen, bei sportlicher Bet~itigung oder bei der Nahrungsaufnahme. Eine Sinnerfahrung reiht sich gleichsam an die andere. Manche Menschen empfinden zur Abwehr von Einsamkeit, innerer Leere und Depression sonst kaum beachtete T~itigkeiten als sinnhaft, etwa Eink~iufe, h~iufiges Femsehen, Gastst~ittenbesuche u. a. Ldngerfristige Sinnerfahrungen. T~itigkeiten und Situationen wie der Aufbau einer beruflichen Existenz, eine Ausbildung oder Fortbildung, die Grtindung einer Familie, die Betreuung heranwachsender Kinder, der Bau eines Hauses u. a. k6nnen mittel- und l~ingerfristige Sinnerfahrungen vermitteln. Lebenssinn. Einige Menschen erkennen einen Gesamt-Sinn in ihrem Leben, haben ein so genanntes Lebensthema, wie wires etwa von Mutter Theresa, von Ghandi, von Albert Schweitzer kennen. Die meisten Menschen sehen ihr Leben jedoch nicht unter einem umfassenden Gesamt-Sinn, haben keine umfassende Lebensaufgabe und keine zusammenh~ingende Weltsicht. Komplexitcit erschwert Sinnfindung. Es scheint umso schwieriger, S inn wahrzunehmen oder zu spfiren, je umfassender das Geschehen ist. So wie Kinder Puzzlespiele aus wenigen Teilen schneller und leichter zusammensetzen k6nnen als komplexe Puzzlespiele, ist es auch eher m6glich, S inn in den Geschehnissen und T~itigkeiten des Alltagslebens zu sehen, als eine Antwort auf die Frage zu geben, welchen Sinn das eigene Leben tiberhaupt hat. Sinnerfahrungen sind individuell. Was fdr den einen Menschen sinnvoll und sinnerf~llend ist, kann fur den anderen sinnlos, ohne positive Bedeutung sein;

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etwa bestimmte Freizeitaktivit~iten oder Konsumgtiter. Ferner kann ein und dasselbe Ereignis zugleich als sinnlos und sinnvoll erlebt werden. Wenn ein naher AngehOriger, etwa ein Kind stirbt, so k6nnen seine Erkrankung und sein Sterben als kaum verstehbar, als sinnlos empfunden werden. Die eigene Betreuungst~itigkeit jedoch und die Begleitung des Sterbenden k6nnen durchaus als sinnvoll empfunden werden. Oder ein Arbeitnehmer empfindet die zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz und die MaBnahmen der Betriebsleitung nicht als sinnvoll, sondem als ungtinstig. Er kann jedoch seine Bemfst~itigkeit als sinnvoll f'tir die materielle Existenzsicherung seiner Familie sehen. Vielen sind die Sinnerfahrungen ihres Alltags nicht deutlich bewusst. Dies war ein auffallender Tatbestand bei unseren Untersuchungen. Manche Befragten konnten zun~ichst nur sehr wenige Angaben fiber ihre S innerfahrungen machen. Die Gr~inde hierf'tir: Bei Etlichen waren die Sinnerfahrungen z. B. am Arbeitsplatz oder in der Partnerschaft ,,verdunkelt" durch gleichzeitige Stressbelastungen in diesen Bereichen. Andere ftihlten sich bei der Frage nach dem Sinn tiberfordert, weil sie bei dem Wort ,,Sinn" an einen umfassenden Lebenssinn dachten. 4

Positive Auswirkungen von Sinnerfahrungen

Wcnn wir unser Tun oder Erlebcn als sinnvoll wahmehmcn, also als positiv und bedcutsam bcwcrtcn oder cmpfindcn, dann hat dies deutlichc seclischthcrapcutischc Auswirkungcn. Das sptircn wir zum Teil unmittclbar: Wir k6nnen die T~itigkcit odor das Gcschehcn annehmcn, bejahen, bcwcrten es weniger negativ. In unscrcm Bcwusstscin sind positivcre GcfOhlc, ist mehr Ordnung, Harmonic und gr6gcrc Lebcnszufricdenhcit. Wir sind wcnigcr beunruhigt, cntmutigt oder irritiert, wir grtibeln weniger. Wir sind motivierter, einsatzbereiter und leistungsfiihiger. K6rperlich sptiren wir weniger Mfidigkeit, Belastungen, Schmerzen. Zwischen Sinn und seelischer Gesundheit gibt es deutliche Zusammenhange: Personen, die h~iufiger Sinn erleben, sind eher seelisch gesund; und seelisch gesunde Personen erleben h~iufiger Sinn. In einer Untersuchung von Richter (1994) nahmen 206 Personen Stellung zu der Frage: ,,Wie sinnvoll empfinde ich mein gegenw~irtiges Leben?" Sie bewerteten ihr Sinnerleben auf einer Skala von ,,sehr sinnvoll" bis ,,sehr sinnlos". Das Ausmag der angegebenen Sinnerftillung wurde mit Testergebnissen, die diese Personen in seelischer Gesundheit hatten (FPI-Test), in Beziehung gesetzt. Das Resultat: Personen, die ihr Leben als sinnerftillt empfanden, waren signifikant lebenszufriedener, emotional stabiler, leistungsorientierter, weniger beansprucht, extravertierter/geselliger als Personen, die sich weniger mit Sinn ausgeftillt ftihlten. Oder: Personen mit beeintr~ichtigter seelischer Gesundheit (niedri-

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ge Lebenszufriedenheit im FPI-Test) hatten, verglichen mit seelisch gestinderen Personen, eine geringere Sinnerfiillung in fast allen Lebensbereichen. In einer anderen Untersuchung (Schirmak 1987) ermittelten wir: Personen mit eingeschr/inkter seelischer Gesundheit (ISE-Test) empfanden ihre Arbeit und ihre Familie als weniger sinner~llt, im Vergleich zu Personen mit gtinstigen Testwerten. Ihnen erschien es femer sinnvoller, Konflikte mit Gewalt zu 16sen; sie hatten mehr Angst, ihr jetziges Leben sp/iter als sinnlos zu empfinden.

Erfahrungen von Sinnlosigkeit und Auswirkungen

Nichtverstehen duflerer Vorgdnge. Sinnlosigkeit erfahren wir, wenn wir ein /iuBeres Geschehen, von dem wir betroffen sind, nicht verstehen, etwa ungtinstige Reaktionen und MaBnahmen von uns nahe stehenden Menschen, von Verwaltungsbeh6rden, Politikern oder am Arbeitsplatz. Dadurch werden h/iufig Gef'Ohle von Arger und Aggressivit/it ausgel6st oder von Hilflosigkeit und Ohnmacht. Sehr deutlich sind die Beeintr/ichtigungen bei Schtilem und Studierenden, die den Unterrichtsstoff und seine oft unn6tig schwer verst~indliche Darbietung durch die Lehrpersonen als sinnlos empfinden. Wie viel Niedergeschlagenheit oder Axger erleben Studierende durch unzureichende Erkl~irung und Darbietung von Unterrichtsinhalten und durch eine geringe Verbindung der Inhalte mit der Praxis! Diese von vielen Menschen erfahrene Sinnlosigkeit, auch bei Beh6rdenerlassen, Gebrauchsanweisungen, Gesetzestexten usw., hat meine Kollegen Langer, Schulz von Thun und mich zu vielen Forschungen und einem Buch veranlasst. Es weist nach, dass viele Amts- und Gesetzestexte sowie Texte des allt~iglichen Lebens unn6tig kompliziert und schwer verst/indlich sind. Alle diese Texte lassen sich durch eine Verbesserung von vier wesentlichen Textmerkmalen (Einfachheit, Gliederung/Ordnung, Ktirze/Pr~ignanz, anregende Zus/itze) bei einigem Bemtihen deutlich verst/indlicher gestalten (Langer et al. 2002). Nichtverstehen innerer Vorgcinge. Innere Geschehnisse, die wir nicht verstehen k6nnen, 16sen meist auch Ge~hle der Sinnlosigkeit aus. Dies ist z. B. bei Depressionen, Angstzust/inden und Psychosen der Fall. Das Nicht-VerstehenK6nnen fiihrt zu einer tiefen Beunruhigung, zu Stressbelastungen und zu weiterer Minderung der seelischen Gesundheit. Ungtinstige, belastende zwischenmenschliche Beziehungen, etwa am Arbeitsplatz mit Kollegen oder/und Vorgesetzten oder in der Familie mit dem Partner oder Kindem ftihren zu einer deutlichen S inn-Minderung des Zusammenseins. Besonders betroffen sind Personen mit geringer emotionaler Stabilit~it sowie nicht hinreichender sozialer Kompetenz zur Anderung der ungt~nstigen zwischenmenschlichen Beziehungen.

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Unerreichbare Ziele. Sinnlosigkeit erfahren wir auch dann, wenn wir Zielen, die wir als notwendig, wtinschenswert und sinnvoll erachten, durch unsere T~itigkeit nicht n~iher kommen k6nnen. Verluste. Der Verlust von Personen oder Besitz, die bisher sinnerftillend waren, ftihren zu einer deutlichen S inneinbul3e, so z. B. das Verlassenwerden durch den Partner, Verlust des Arbeitsplatzes, der Gesundheit oder Verlust der Betreuungsaufgaben, wenn die Kinder aus dem Haus gehen. Enttauschungen. Wenn T~itigkeiten, Ziele und Ideale, die wir lange austibten oder far die wir uns lange Zeit einsetzten, sich als falsch oder unnOtig erweisen, erscheinen sie uns im Nachhinein als sinnlos. So erkennen heute viele Menschen in der ehemaligen DDR, dass ihre jahrzehntelange Arbeit am Aufbau des Sozialismus unangemessen war und Anderen Nachteile brachte. Summierung yon Mangelerfahrungen. Fehlen Sinnerfahrungen in verschiedenen wichtigen Bereichen, so kOnnen sich die Mangelerfahrungen summieren, z. B. bei einer Trennung vom Partner, dem Verlust des Arbeitsplatzes, bei Krankheit, Depressivit~it, Alkoholabh~ingigkeit u. a. Kaum etwas wird als positiv wahrgenommen. Eine Frau: ,,Zur Zeit empfinde ich gar nichts als sinnvoll. Ich blicke auf einen Scherbenhaufen von Wtinschen, Sehnstichten und Hoffnungen zurtick .... Und dann dieses Geffihl der Wertlosigkeit: Wer bin ich schon? Machtlos und klein! Ich hasse mich selbst. Ich weir5 nicht, was mein Leben soll." Folgen von Sinnverlust. Die Auswirkungen deutlicher Sinnverluste ktinnen wir meist unmittelbar sptiren: Wir sind entmutigt, hoffnungslos, passiv, resignieren, sind depressiv gestimmt, empfinden deutlichen Stress, grtibeln mehr als sonst, reagieren zum Teil aggressiver. K6rperlich sind wir eher ersch6pft, weniger leistungsf~ihig, sptiren vorhandene Schmerzen st~irker. Werden T~itigkeiten oder Arbeiten teilweise als sinnlos empfunden, dann verringert sich die Einsatzund Arbeitsbereitschaft vieler Menschen stark; das trifft auch auf mich zu bei unverst~indlichen, unn6tigen Verwaltungsbelastungen.- So wird verst~indlich, dass der langfristige Mangel oder das Fehlen von Sinnerftillung in verschiedenen wichtigen Bereichen bei manchen Menschen mit seelischen Beeintr~ichtigungen oder Depressivit~it einhergehen. 6

Gefahren bei der Suche nach Sinn

Es ist seelisch sehr beeintr~ichtigend, ohne Sinn oder mit geringer Sinner~llung zu leben. Betroffene Menschen sind oft wenig leistungsf~ihig und anf~illig Nr Depressionen und unter Umst~inden selbstmordgef~ihrdet. Deshalb ist die Suche nach Sinn und die Untersttitzung durch hilfreiche Mitmenschen sehr wichtig. Wir sollten aber nicht tibersehen, dass hierbei auch Fehler gemacht oder falsche Entscheidungen getroffen werden ktinnen. Diese werden im Folgenden dargestellt:

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Uber Ursachen grtibeln. Manche k~rperlich oder seelisch erkrankte Menschen versuchen den S inn dessen, was ihnen widerfahren ist, durch die Kl~imng der Ursachen zu verstehen. Sie fragen sich z. B. h~iufig: ,,Warum ich?" Untersuchungen ergaben jedoch: Personen, die schwere Erkrankungen oder Lebenskrisen positiv bew~iltigen konnten, stellten weniger ,,Warum-Fragen", grtibelten weniger und berichteten weniger von Sinngebung und mehr von Aktivit~it, Optimismus, Probleml6sungen als Personen mit h~ufigen ,,Warum-Fragen". Sehr belastend ist es auch, wenn Menschen ihre Erkrankung als Folge ihrer Stinden oder der Bestrafung durch Gott ansehen. Missachtung ethischer Werte. In vielen L~indem, auch in der so genannten Dritten Welt, schliel3en sich manche Menschen radikalen, extremistischen Gruppierungen oder Parteien an. Hierdurch erhalten ihr Leben und ihre Aktivit~iten ~fter einen gewissen Sinn. Nationalsozialisten und Kommunisten sahen einen Sinn im ,,Kampf' ~ r ihre Partei und ihre Ideen, zumal diese mit Heilsversprechungen verbunden waren. Als sinnvoll empfundene T~itigkeiten und Erfahrungen sind aber dann sch~idlich ~ r andere, wenn sozial-ethische Werte nicht beachtet werden. Hitler, Stalin, Albert Schweitzer und Mutter Theresa sahen ihre T~itigkeit als sehr sinner~llend an. Unterschiedlich jedoch waren ihre sozial-ethischen Werte: Hitler und Stalin erachteten das T6ten ihrer Gegner als sinnvoll; ftir Albert Schweitzer und Mutter Theresa dagegen war die Untersttitzung und Begleitung hilfloser Kranker und Sterbender sinn- und wertvoll. Das ganze Leben in Frage stellen. Etliche Menschen empfinden Fragen nach dem Sinn ihres Lebens oder ihrer beruflichen T~itigkeit als unangenehm und bedrohlich und suchen ihnen auszuweichen. Das best~itigten uns auch Untersuchungspersonen: ,,Wenn ich tiber den Sinn meines Lebens nachdenke, dann mtisste ich gleich mit allem aufh/Sren, was ich jetzt in meinem Beruf und Leben mache." Ein Nachdenken tiber den Sinn ihrer T~itigkeit oder ihres Lebensstils macht manche Menschen unsicher und bringt sie dazu, bisherige Oberzeugungen in Frage zu stellen. Statt der Frage ,,Was empfinden Sie in lhrem Leben als sinner~llend?" ist ftir sie die Frage ,,Was gibt Ihnen in Ihrem Leben ,seelischen Halt'?" eher geeignet (Tausch et al. 2005). Gefahren der Lebensr~ckschau. Ziehen Menschen am Ende eines gr613eren Lebensabschnittes, etwa bei der Pensionierung oder am Ende ihres Lebens B ilanz, so h~ingt der Sinn, den sie ihrem Leben im Rtickblick geben, stark von ihrem gegenw~irtigen Zustand ab. Bei k~rperlichen Schmerzen, Depressivit~it und .;~mgsten wird vieles, auch das Vergangene, negativ gesehen, positive Erinnerungen sind selten. Nach dem Sinn der Existenz fragen. Was ist der Sinn meines Lebens, des Lebens tiberhaupt? Was ist der Sinn des Universums? Diese Fragen bereiten vielen Menschen Schwierigkeiten. Auch Albert Schweitzer empfand dies: ,,Vertiefst du dich ins Leben, schaust du mit sehenden Augen in das gewaltige belebte Chaos dieses Seins, dann ergreift es dich pl6tzlich wie ein Schwindel .... Wer

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zu denken wagt, wer Fragen an das Dasein stellt, wer den Sinn der Existenz zu begreifen sucht, wer das Weh' der Welt miterlebt, der kennt die Stunden, in denen das Grauen vor dem Dasein in ihm st~irker ist als das Grauen vor dem Nichtmehrsein. So kommt ftir jeden, der das Leben wahrhaft kennen lernt, eine Krise, wo ihm dieses Dasein wertlos wird, mag er es auch noch weiter tragen" (Schweitzer 1990, S. 68 u. 71). Menschen, die das Elend dieser Welt klar und realistisch sehen und sensibel darauf reagieren, kann Folgendes helfen: =:> Das Geschehen, die Realit/it, annehmen und auf eine Sinnhaftigkeit hoffen oder vertrauen. ~> Sinn auch in ,,Kleinigkeiten" sehen. Eine krebserkrankte Frau: ,,Es braucht nicht immer gleich der groBe Lebenssinn zu sein; ein sch6ner Spaziergang, ein gutes Gespr/ich oder eine Blume kann mir auch Sinn geben". =:> Sich ftir etwas engagieren, das ftir andere und damit auch ~ r uns sinnvoll ist. So sah Albert Schweitzer den Sinn seines Lebens im Engagement ~ r leidende Menschen in Afrika. Vielleicht macht das Akzeptieren des eigenen UnvermOgens, einen Sinn im Weltgeschehen zu sehen, uns oftener ~ r die Suche nach M6glichkeiten, dem Leben anderer durch unser Handeln einen Sinn zu geben.

Ffirderung und Erleichterung von Sinnerfahrungen Es ist offensichtlich, dass Sinnerfahrungen ftir unser Leben, fftir unsere Lebensqualit~it sowie ftir unsere seelische und k6rperliche Gesundheit sehr bedeutsam sind. So ist es nahe liegend, diese wichtigen Erfahrungen zu fOrdern, zumal sie in den letzten Jahrzehnten bei etlichen Menschen eher geringer geworden sind, z. B. durch weniger sinnerftillende Arbeit, durch zunehmenden Stress im Beruf und in der Familie, abnehmende religi6s-spirituelle Bindungen u. a . - Hinzu kommen die immer st/irkere Gewichtung von materiellem Besitz, die Zunahme von Kriminalit~it, Machtmissbrauch und Misswirtschaft.- Was kOnnen wir tun, um Sinnerfahrungen bei anderen und uns zu f6rdern? Im Folgenden m6chte ich einige MOglichkeiten darstellen:

GrOflere Bewusstheit giber Sinnerfahrungen durch Informierung der Offentlichkeit. Es ist wichtig, die Offentlichkeit und den Einzelnen dartiber zu informieren, dass S innerfahrungen ftir die Lebensqualit/it und seelisch-k6rperliche Gesundheit sehr bedeutsam sind. Sie kommen meist nicht von selbst oder yon auf3en, sie sind kaum mit Geld zu erkaufen, und sie unterscheiden sich auch von dem Begriff ,,SpafY'. Sinnerfahrungen ergeben sich vielmehr bei engagierten T/itigkeiten, die Hingabe erfordern, sei es ~ r die Familie, die Kinder, ftir den Umweltschutz, f'tir sterbende Menschen in einem Hospiz u. a.

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Manche Menschen empfinden wenig Sinn bei ihrer Arbeit oder bei wichtigen Aufgaben. Sie machen ihnen ,,keinen Spal3". Erst nach einigem Nachdenken erkennen viele Menschen, dass ihre Arbeit dennoch wesentliche sinnvolle Bereiche hat, z. B. im Gegensatz zur Arbeitslosigkeit. Wir liel3en tiber 200 Personen spontan schriftlich angeben, was ihnen im Alltag seelischen Halt und seelische Kraft gibt (Richter 1994). 23 % nannten hierbei ihre Berufsarbeit. Dann gaben wir ihnen eine Liste mit 60 verschiedenen seelischen Halts und sie kreuzten an, was ihnen seelischen Halt gab. Jetzt gaben 85 % ihren Beruf als seelisch Halt gebend an und 59 % der Personen gaben Pflichten und Leistungen an. Als Begrtindung wurden z. B. ange~hrt: Existenzsicherung: ,,Dass ich ein festes Einkommen habe bei meiner Arbeit, das gibt mir die Existenzbasis ~r meine grofSe Familie und seelischen Halt". Erfolg, Selbstwirksamkeit und Ziele haben: ,,Im Beruf kann ich etwas ~r andere bewirken und Ziele erreichen."- ,,Wenn ich nach einer Arbeit sagen kann, dass ich etwas Tolles gemacht habe, dann sptire ich deutlich seelischen Halt." Anerkennung erhalten: ,,Dass ich jeden Tag etwas schaffe, das for mich anerkennenswert ist u n d - noch besser- auch von anderen anerkannt wird." Er~llt sein durch die Arbeit, Selbstverwirklichung: ,,Meine Arbeit bedeutet mir etwas, sie ftillt mich aus und gibt mir Halt."-,,Meine ehrenamtliche Arbeit fordert mich heraus. Ich habe die MOglichkeit, positiv und aktiv zu wirken." Selbstvertrauen, Selbstachtung, Verantwortung: ,,Mein eigenes Geld zu verdienen, das fOrdert mein Selbstvertrauen."- ,,Ich habe ein zunehmendes Geftihl der Sicherheit mit meinen F~ihigkeiten in der Arbeit, das festigt mich."-,,Erfolgserlebnisse im Beruf richten mich auf."- ,,Dass ich bei meiner Arbeit viel dazulerne." Ferner wurden genannt: Die MOglichkeit anderen zu helfen, soziale Kontakte mit Kolleginnen/Kollegen und Kunden, Ablenkung von h~iuslichen Schwierigkeiten, fest geftigte Ordnung und eine Zeitstruktur tiber den Tag hinweg, zunehmende Sicherheit durch grtil3ere Kompetenz und M6glichkeiten, ZugehOrigkeit zu einem angesehenen Team in einer angesehenen Firma.

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Stressbelastungen vermindern

Es ist wichtig, die Offentlichkeit dartiber zu informieren, dass Stressbelastungen im Beruf, im Haushalt, in der Partnerschaft und der Familie Sinnerfahrungen deutlich einschr~inken. In einem Stressseminar bat ich einmal die Teilnehmer aufzuschreiben, welche Alltagsituationen ~r sie mit Stress verbunden seien.

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Eine junge Frau gab daraufhin an: Am Arbeitsplatz, der ihrer Existenzsicherung diene, im Haushalt mit ihren zwei Kindem sowie im Studium. Einige Stunden sp~ter bat ich die Teilnehmer aufzuschreiben, in welchen Alltagssituationen sie Sinn sparen. Als ich auf die erw~hnte Yeilnehmerin zuging, lgchelte sie reich an und sagte: ,,Sinn habe ich im Umgang mit meinen Kindem, auch wenn ich manchmal wenig Zeit habe; im Studium, wo ich auf meinen Beruf hinarbeiten kann, obwohl es manchmal schwierig und teilweise sinnlos ist, sowie bei meiher Erwerbstgtigkeit am Arbeitsplatz, mit der ich meine Existenz sichere." Stressbelastungen ,,verdunkeln" gleichsam die Sinnerfahrungen vieler Menschen, so dass sie weniger oder gar nicht wahrgenommen werden. Jedoch durch den Besuch von Praxis-Seminaren zur Stressverminderung, z. B. an Volkshochschulen oder in Betrieben, verbessert sich nicht nur die seelisch-k0rperliche Gesundheit, sondem Menschen spfiren auch in vielen Situationen mehr Sirra. In guten Stresskursen werden keine Bewgltigungs-,,Techniken" oder-,,Strategien" gelehrt, sondem es wird bewirkt, dass sich die Einstellungen gegenaber der Umwelt und der eigenen Person sowie das eigene Verhalten in schwierigen Situationen gndem. Der Lebensstil wird gelassener (Yausch 2006). Auch tggliche Entspannung sowie Bewegungstraining sind dabei sehr wichtig. F6rderung von Sinn-Erfahrungen in Betrieben, am Arbeitsplatz

Hier gibt es etliche MOglichkeiten, z. B. Verminderung unganstiger Arbeitsbedingungen, so von L~irm- und Geruchsbel~istigungen, verstgndlichere Darstellung von Betriebs- und GerO,teanweisungen, bessere lnformierung fiber das Geschehen und die Vorg~inge im Betrieb u. a. Ich m6chte im Folgenden auf einen sehr wichtigen, vermutlich den wichtigsten Bereich eingehen: G~instige zwischenmenschliche Beziehungen, ein gunstiges soziales Klima im Betrieb und unmittelbar am Arbeitsplatz. Hierbei ist das Verhalten des Management, der Betriebsflihrung und der Arbeitsleiter sehr entscheidend. F0rdem sie durch ihr Verhalten das psychosoziale Klima, dann weitet sich dies meist auch unter den Arbeitnehmem aus. Und wie wir aus Untersuchungen wissen, sind Kontakte und Gesprgche mit Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz deutlich unterstt~tzend und werden als seelischen Halt gebend erfahren. Jedoch: Dutch welches Verhalten, welche Haltungen der oberen und unteren Fahrung gegenfiber den Arbeitnehmern wird ein gutes psychosoziales zwischenmenschliches Klima bewirkt? Glt~cklicherweise haben wir heute durch einige Untersuchungen Klarheit darfiber: Es sind vier wesentliche Haltungen, und zwar: Achtung/Sorgen/Racksichtnahme, einflihlendes Verstehen der seelischen Welt des anderen, ohne zu bewerten, Echtheit/Aufrichtigkeit sowie FOrderung des anderen ohne wesentliche Dirigierung und Bewertung. Diese vier Verhaltensweisen haben sich als entscheidend wirksam erwiesen bei dem Therapeutenverhalten, im Verhalten von Mgnnem und Frauen in der Partner-

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schaft/Ehe sowie in Untersuchungen von mehreren Hundert Lehrern verschiedener Allgemeinbildender Schulen, in den USA und in Deutschland (Yausch/Tausch 1990; Yausch/Yausch 1998). Es sind die grundlegenden f0rderlichen Faktoren in zwischenmenschlichen Begegnungen. Wenn z. B. Vorgesetzte oder Arbeitsleiter ihre Mitarbeiter achten, wenn sie sich des Ofteren in deren Situation einftihlen, dann sind ihre Maf~nahmen und auch sprachliche ,~uf3erungen deutlich f0rderlicher als wenn sie sie wenig achten und ihre seelische Welt kaum kennen. Sicherlich ist es ein l~ingerer Weg dahin, diese Haltungen in nattirlicher Weise Mitarbeitern gegentiber zu leben. Jedoch wirkt sich dieses Bemtihen auch deutlich gtinstig aus, nicht nur auf die Mitarbeiter, sondern auch auf die Ftihrungskr~ifte. S ie sehen so ihre Arbeit als sinnvoller, wertvoller f'tir sich und andere an, sie machen befriedigendere Erfahrungen w~ihrend der Arbeit. Eine sehr gtinstige MOglichkeit der FOrderung dieser Haltungen ist die Teilnahme an so genannten personzentrierten Gruppengespr~ichen, am Anfang m6glichst mit Teilnehmern, die sich gegenseitig nicht kennen. Eine andere LernmOglichkeit gibt das Buch ,,Miteinander reden" von Friedemann Schulz v. Thun (1995): Hier wird die personzentrierte zwischenmenschliche Begegnung mit vielen Lernbeispielen der sprachlichen allt~iglichen Kommunikation erl~iutert und trainiert.

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Fiirderungvon Sinn-Erfahrungen in Schulen, Ausbildungsinstitutionen und Kursen

Sinnerfahrungen im Schul- und Ausbildungsunterricht sind bedeutsam und notwendig. Viele Lemende allerdings erleben die Unterrichtung und den Unterrichtsstoff in etlichen F~ichern als nicht sinnvoll. Sie sehen nicht ein, wozu er ihnen sp~iter, etwa in der Berufspraxis, dienlich sein soil. Vor allem aber werden Leminhalte- durch die Lehrenden und durch die Schul-Ausbildungsbticherh~iufig nicht hinreichend verst~indlich vermittelt. Dies haben wir nachgewiesen und Verbesserungsm~glichkeiten aufgezeigt (Langer et al. 2002; Tausch/ Tausch 1998). Sodann wird der Unterrichtsstoff fast allen Lemenden in gleicher Weise dargeboten, unabh~ingig davon ob sie sehr begabt oder wenig begabt fiir ein Gebiet sind.- Folgendermai3en l~isst sich Abhilfe schaffen: Der Unterrichtsstoff wird sehr verst~indlich und gut strukturiert vermittelt. Er wird veranschaulicht durch Bilder, Videos oder Aufbereitungen am PC. Die Lehrenden sind f'~ihig, sich mtindlich und schriftlich fortlaufend gut verst~indlich, kurz und klar ausdrticken. Dies ist durch ein entsprechendes Training zu erreichen (Langer et al. 2002). Die Unterrichtsinhalte werden deutlich zur Lebensumwelt bzw. zur Berufst/~tigkeit in Beziehung gesetzt. Die Lernenden k6nnen einsehen, warum sie sich diese Inhalte aneignen sollen.

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Es besteht eine gute Beziehung zwischen Lernenden und Lehrenden. Die Lehrenden sind engagierte FOrderer der Lernenden und nicht nur ,,Stoffdarbieter". Die Unterrichtsinhalte werden meist anhand sehr guter Lehrbticher oder Skripten vermittelt. Der Unterricht wird durch h~ufige Kleingruppenarbeit interessant gestaltet. Kleingruppenarbeit fOrdert das Denken und den sprachlichen Austausch zwischen den Lernenden. Diese Unterrichtsform ist effektiver als ein Lehrervortrag und wird von den Lernenden als sinnvoller erfahren. Im Unterricht und in den Prtifungen werden mehr Denk- als Ged~ichtnisaufgaben gestellt. Dies ermOglicht mehr Sinnerfahrungen. Wenn es mOglich ist, sollte es den Lernenden gestattet sein, entsprechend ihrer Begabung Schwerpunkte zu haben, in diesen Bereichen Spitzenleistungen zu erbringen und dabei S inn zu erfahren. In anderen F~ichem hingegen sollten ausreichende Leistungen gentigen. Derartige sinnvolle Unterrichtsformen (Tausch/Tausch 1998) sind keine Utopie, sondern in skandinavischen L~indern und manchen amerikanischen Schulen Realit~it. ~

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Verstiindlichere AufJerungen von Betrieben, iJffentlichen Institutionen und Politikern

Es ist sehr bedeutsam, dass sich hier die verantwortlichen Personen intensiv darum bemtihen, den Btirgern ihre Auffassungen, Anordnungen und Maf~nahmen verst~indlich zu machen. In vielen Bereichen erfolgt das derzeit noch nicht. So z. B. wird von ,,Agenda 2010" gesprochen, oder vom ,,Generationsfaktor", obwohl viele Menschen darunter nichts verstehen. H~iufig wird der Ausdruck ,,Reform der Altersrente" und ,,Reform des Gesundheitswesens" verwendet, obwohl die meisten Btirger unter Reform eine positive Anderung verstehen, sie jedoch bei diesen ,,Reformen" Abstriche hinnehmen oder mehr Geld einzahlen mtissen. - Erl~iuterungen zur Steuergesetzgebung oder Gesetzestexte, die im Alltag gebraucht werden, z. B. das Mietrecht, sind ftir viele Menschen kaum verst~indlich, so das Ergebnis von Untersuchungen (Langer et al. 2002). Auf diese Unverst~indlichkeit reagieren Menschen mit ~irgerlicher Verdrossenheit gegentiber Beh6rden und Politik, empfinden das Geschehen als wenig sinnvoll und neigen des Ofteren zur Resignation. Es ist dringend notwendig, dass Vertreter der Verwaltung, Politik und Justiz sich in die Btirger einftihlen und sich fortlaufend folgende Frage stellen: ,,Durch welche verst~indlichen Darstellungen k6nnen die Btirger die jeweilige Mal3nahme verstehen und ihren Sinn erfass e n ? " - Auch am beruflichen Arbeitsplatz kOnnen die Verantwortlichen in Betrieben und Unternehmen den Arbeitenden mehr Sinnerfahrungen ermOglichen, indem sie sie gut verst~indlich fiber das betriebliche Geschehen informieren.

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Was jeder Einzelne tun kann. Zum Abschluss ein letzter Gedanke: Jeder von uns kann durch Nachdenken, gr66ere Bewusstheit und engagiertes Handeln mehr Sinn in seinem Lebensalltag erfahren. Und jede Institution, jeder Betrieb, jeder Dozent, jeder Mitmensch kann durch sein eigenes Verhalten und Bemtihen viel dazu beitragen, dass andere Menschen mehr Sinn und Lebensqualit~it und weniger S innlosigkeit erfahren. Durch dieses Bemtihen wird zugleich das eigene Leben sinnvoller. Literatur Doll, M. (1994): Sinn-Erfahrungen und innere Bilder. Inhalte und Zusammenhange, eine empirische Untersuchung, Diplomarbeit, Universitat Hamburg, Fachbereich Psychologie. Frankl, V. (1982): Der Wiile zum Sinn, Bern. Franki, V. (1989): Trotzdem Ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager, Stuttgart. Langer, I./Schulz v. Thun, F./Tausch, R. (2002): Sich verstandlich ausdrOcken, 7. Auflage, MUnchen. Luks, A./Payne, P. (1998): Der Mehrwert des Guten. Wenn Helfen zur heilenden Kraft wird, Freiburg. Richter, N. (1994): Bedeutung und Zusammenhange von Sinn, Werten, innerem Halt und Zielen im Leben von Menschen, eine empirische Untersuchung, Diplomarbeit, Universit~ttHamburg, Fachbereich Psychologie. Schirmak, H. (1987): Wahrgenommener Lebenssinn im Zusammenhang mit Merkmalen der SelbstKommunikation, Diplomarbeit, Universita.tHamburg: Fachbereich Psychologie. Schulz v. Thun, F. (1995): Miteinander reden I, Reinbek. Schweitzer, A. (1990): Unser Leben for andere, Freiburg. Tausch, A. (2001): Gespr~tchegegen die Angst, 11. Auflage, Reinbek. Tausch, R. (1995): Sinn-Erfahrungen, Wertauffassungen, Gewissensvorgange und religiOse Vorstellungen, in: Pawlik, K. (Hrsg.): Bericht t~ber den 39. KongreB der Deutschen Gesellschafi fur Psychologie, GOttingen, S. 726-731. Tausch, R. (2006): Hilfen bei Stress und Belastung, 14. Auflage, Reinbek. Tausch, R./Konietzky, K./Langer, I. (2005): Zur Bedeutung von ,,Seelischem Halt" (inner support), im Manuskript, Universita,t Hamburg, Psychologisches Institut III. Tausch, R./Tausch, A. (1990): Gespr~ichspsychotherapie,9. Auflage, Gottingen. Tausch, R./Tausch, A. (1998): Erziehungs-Psychologie, 11. Auflage, GOttingen.

Die JanuskOpfigkeitpositiverEmotionalit~.t

131

Die Janusk6pfigkeit positiver Emotionalit~it- Pl~idoyer fiir die Umorientierung von einer valenz- zu einer funktionalorientierten Betrachtung Max Ringlstetter und Gordon M~iller-Seitz

1

1.1 1.2 1.3

2 2.1 2.2

Emotionen als ,,blinder Fleck" der Organisationsforschung Charakterisierung positiver Emotionalit~it Grande far die unzureichende Auseinandersetzung mit positiver Emotionalit~it in der Betriebswirtschaftslehre Zur Dominanz des unidirektionalen Verst~indnisses von Emotionalit~it Indizien der Janusk6pfigkeit positiver Emotionalit~it Donatum determinat morbus' Zur Bifurkation positiver Emotionalit~it Supplement' Aspekte der Mobilisierung negativer Emotionalit~it

3 3.1 3.2

Uberlegungen zur Kultivierung emotionaler Zustgnde Determinanten der Janusk0pfigkeit Potentielle Aktionsparameter ffir den Umgang mit der Janusk6pfigkeit

4

Fazit

Die Janusk0pfigkeitpositiverEmotionalit~it

133

Emotionen als ,,blinder Fleck" der Organisationsforschung Der rtimischen Mythologie nach symbolisierte der Gott Janus den Bruch oder Wandel zwischen verschiedenen Phasen, wie etwa Jahreszeiten oder Denkrichtungen. Dies wurde durch seine in zwei gegens~itzliche Richtungen blickenden K6pfe gekennzeichnet. Ankntipfend an diese Zuschreibungen, soll im Folgenden die ,,JanuskOpfigkeit" von positiven Emotionen bzw. positiver Emotionalit~it im Mittelpunkt stehen. Ausgangspunkt hier~r ist die gemeinhin in der Literatur vorzufindende verengte Diskussion von emotionalen Zust~inden, die lediglich auf das Empfinden der Mitarbeiter I abstellt. Grundlegend herrscht dabei die Annahme vor, dass positive emotionale Zust~inde auf Mitarbeiterseite positive Effekte hervorrufen, negative entsprechend negative Auswirkungen haben. WOrde man ein solch unidirektionales Verst~indnis unkritisch tibemehmen, ginge es letztlich in der Unternehmenspraxis nur darum, positive emotionale Zust~inde des Mitarbeiters zu f6rdern bzw. zu maximieren. Dem steht jedoch entgegen, dass oftmals gegenteilige Effekte beobachtbar sind, mithin positive emotionale Zust~inde beim Mitarbeiter nicht ausschlieBlich positive Folgen aus Unternehmenssicht nach sich ziehen. Diese Beobachtung bildet den Ausgangspunkt ~ r den vorliegenden Beitrag. Auf dieser Grundlage wird die von Menschen erlebte positive Emotionalitat in Organisationen far die Organisation untersucht, also eine funktionsorientierte Betrachtung und keine mitarbeiterbezogene, valenzorientierte S ichtweise eingenommen. AbschlieBend soll eine Identifikation potenzieller Ansatzpunkte for den Umgang mit der Janusk6pfigkeit in Organisationen erfolgen.

1.1

Charakterisierung positiver Emotionalitcit

Durch die Hegemonie deduktiv orientierter Ans~itze, vor allem aus dem Bereich der Psychologie, scheint der Begriff Emotion in seiner g~ingigen Verwendung etwas verengt, bezieht er sich doch meist auf kurzfristige Zust~inde (Seo et al. 2004). Daher sollen die hier synonym zum klassischen Begriff Emotion verwendeten Termini Emotionalit~it bzw. emotionale Zust~inde als Oberbegriffe ~ r Ge~hle (wie z. B. Gltick tiber einen Erfolg), Stimmungen (z. B. in einer guten Laune sein) sowie eine auf emotionalen Faktoren basierende Einstellung dienen, z. B. Stolz auf den Arbeitgeber (vgl. auch Gouthier in diesem Band). Diese drei Begriffe kann man anhand ihrer Akuit~it bzw. Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit unterscheiden. W~ihrend Geftihle akuter und tempor~irer Natur sind, weisen Einstellungen eher einen latenten, da~r aber chronischen Charakter auf. Stimmungen nehmen im Vergleich dazu eine ,,Mittelposition" ein. Um Stimmungen gegentiber Geftihlen abzugrenzen, ist die Nutzung der Differenzierungskriterien Dauer, Objektbezogenheit und Frequenz ziel~hrend (Abele 1996). Dabei unterAlle folgenden,eingeschlechtlichenFormulierungensind geschlechtsneutralzu verstehen.

134

Max Ringlstetter und Gordon Mililer-Seitz

stellt man, dass Gefi~hle in der Regel nur Sekunden oder Minuten andauem, Stimmungen sich hingegen durch ihre eher mittelfristige Dauer auszeichnen, und so beispielsweise tiber Tage hinweg existieren k6nnen. Im Gegensatz zu Geffihlen sind Stimmungen zudem nicht zwangsl~.ufig auf einen konkreten Stimulus angewiesen. Daher spricht man in diesem Zusammenhang auch von einer diffusen Dauert6nung des Erlebnisfeldes (Gray/Watson 2001, S. 25; Kleinginna/Kleinginna 1981) bzw. unterscheidet Geffihle und Stimmungen anhand der aus der Phgnomenologie stammenden Analogie von Figur und Grund. Gefi~hle k6nnen demzufolge als konkret zu erfassende Figur verstanden werden, Stimmungen als diffuser Bildhintergrund. Hinsichtlich der Frequenz des Auftretens kann man Ge~hle als disruptiv und selten, Stimmungen demgegenOber als eher pervasiv und h~.ufig auftretend beschreiben. Neben den hier beschriebenen generellen Merkmalen von Emotionalit~.t weisen positive emotionale Zust~nde gegenOber negativen eine Reihe von Unterschieden auf. Demzufolge sollen nachstehend unter dem ,,Positiven" an posiriven emotionalen Zust~nden jene Varianten subsumiert werden, mit denen Mitarbeiter subjektiv wahrgenommene gt~nstige oder angenehme Erlebniszust~.nde in Verbindung bringen, etwa Freude oder Stolz. Hiervon abzugrenzen sind grunds~.tzlich unerwt~nschte bzw. unangenehme Gemtitszust~.nde (wie etwa Angst, Wut etc.), welche auf ungOnstige oder unerwfinschte Ursachen zurfickgefi~hrt werden kOnnen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen positiver und negativer Emotionalitot bezieht sich indes auf die so genannten spezifischen Handlungstendenzen im Falle akut erlebter Ge~hle (Frijda 1986). W~hrend auf negative Ge~hle, wie etwa Angst, meist eine konkrete Handlung wie Flucht, unterwt~rfiger Gehorsam usw. folgt, ermangelt es positiven emotionalen Zust~nden an einer solchen Handlungstendenz. So lassen sich beim Erleben von Stolz kaum eindeutige Handlungsfolgen identifizieren. Eng verbunden mit diesem Aspekt ist auch die Tatsache, dass sich positive emotionale Zust~.nde mit dem verftigbaren psychologischen und alltagsweltlichen Sprachspiel zudem schwieriger beobachten und beschreiben lassen (Fredrickson/Branigan 2001, S. 124). Dieser Sachverhalt spiegelt auch das Anliegen des vorliegenden Sammelbands wider, positiven Ph~.nomenen aus der Warte des Managements vermehrt Aufmerksamkeit zu widmen, um so zu einer spezifischeren Betrachtung zu gelangen. Beispielsweise ist die Erfassung authentischer Freude anhand des L~chelns verh~.ltnism~Big problematisch, da ein aufgesetztes, nicht mit den eigenen Geffihlen t~bereinstimmendes L~cheln in der Regel nicht leicht zu identifizieren ist. Ferner ist die Anzahl positiver emotionaler Zust~inde in den g~ngigen Klassifiziemngsans~tzen vergleichsweise gering und ein hOherer Verschmelzungsgrad charakteristisch. So lassen sich g~.ngige positive Gefi~hle wie Freude, Stolz und Gl~ck mit den vorhandenen Sprachspielen deutlich schwieriger voneinander abgrenzen, als etwa Neid, Angst und Wut.

Die JanuskOpfigkeitpositiverEmotionalit~tt

1.2

135

Gr~mdefiir die unzureichende Auseinandersetzung mit positiver Emotionalit~it in der Betriebswirtschaftslehre

Die zuvor erw~hnten Probleme hinsichtlich der Erfassung von Emotionalit~t, bzw. vor allem positiver Emotionalit~t, ist nunmehr vertieft zu diskutieren. Dabei ist festzustellen, dass die geringe Rezeption gerade emotionsbezogener Themen im Rahmen betriebswirtschaftlicher Forschungsbemt~hungen besonders auffallig ist (Kt~pers/Weibler 2005; Ringlstetter/Kaiser 2005). Neben den allgemein ange~hrten Grfinden ~r die geringe Beachtung positiver Ph~nomene lassen sich insbesondere ffir emotionale Zust~nde zwei weitere Ursachen identifizieren: Die so genannte Inkommensurabilit~it (A) sowie die relativ einseitige Orientierung an rationalitcitsgetriebenem Handeln (B). (A) In Anlehnung an Thomas Kuhn (2001) ist Inkommensurabilit~it als Unt~bersetzbarkeit der Termini verschiedener Forschungskontexte aufzufassen. So kOnnen beispielsweise ,,Begriffe von Aussagen, denen ein Kontext A zugrunde liegt, nicht definitorisch auf Begriffe von Aussagen eines Kontextes B zurfickgeffihrt werden" (Kirsch 1997, S. 198). Im Hinblick auf die geringe Problematisierung von Emotionen im Kontext des Managements l~sst sich Inkommensurabilit~t noch weiter unterteilen in eine technologische und eine inhaltliche Form. Der Begriff technologische Inkommensurabilitcit zielt dabei auf die fraglich erscheinende Vereinbarkeit der auf den (neuesten) Yechnologien basierenden Untersuchungsergebnisse und der organisationalen Realit~t ab. Forschungsergebnisse tiber Ausl6ser, Auftreten und Wirkweisen von Emotionen anhand bildgebender Verfahren, wie etwa der funktionalen Magnetresonanztomographie, erm6glichen dabei eine Untersuchung durchaus interessanter wissenschaftlicher Fragestellungen. Der hierdurch erzielte Erkenntnisfortschritt suggeriert jedoch ein einwandfreies, stark positivistisches Weltbild emotionaler Zust~nde. Gleichwohl erscheint es akzeptabel, die Realit~tsn~he solcher Befunde und deren Implikationen kritisch zu hinterfragen. So ist vermutlich die Annahme anfechtbar, inwiefern ein im Krankenhaus befindlicher Proband, der sich einer Magnetresonanztomographieuntersuchung unterzieht, authentische Geffihle im Verh~ltnis zu denen im realen Berufskontext erlebt bzw. vorzeigt (analog: Kirsch 1997, S. 205). ,,Punkt-zu-Punkt"-Obertragungen solcher Ergebnisse scheinen daher auf betriebswirtschaftliche Problemstellungen nur begrenzt mOglich zu sein, was die Gt~ltigkeit der Aussagen zumindest partiell einschr~nken dfirfte (Walter-Busch 1979). Ahnlich verh~lt es sich mit solchen F~llen, in denen Probanden hypnotisiert werden (Forgas et al. 1984, S. 502). Auch diese Ergebnisse werden wahrscheinlich eher nicht uneingeschr~nkt auf organisatiohale Fragestellungen zu t~bertragen sein. Letztlich ist die Gt~ltigkeit bzw. Obertragbarkeit jener Aussagen wohl eine Frage der Oberzeugung bzw. der betreffenden Sicht des Forschers (Israel 1972). Dennoch scheint es an dieser Stelle

136

Max Ringlstetter und Gordon MUller-Seitz

zweckvoll, auf diese Problematik zumindest hinzuweisen, um so potentiell realit/itsn/ihere Untersuchungsdesigns anstoBen zu k6nnen. Von der zuvor geschilderten Form ist die inhaltliche Inkommensurabilit~it zu differenzieren. Diese Variante impliziert, dass aufgrund der unterschiedlichen, multifakultativen Sprachspiele stets eine 13bersetzungsleistung notwendig ist (Chomsky 1969, S. 46f.; Chomsky 1981; Krippendorf 1984, S. 60; Wittgenstein 1992). W/ahrend Soziologen wie Arlie Hochschild (1979) beispielsweise die Begriffe Emotion, Stimmung und Geftihl synonym verwenden, werden diese Begriffe von Psychologen grunds/atzlich getrennt. Von Ausnahmen abgesehen kann man auch ftir den Bereich der Betriebswirtschaftslehre unterschiedliche Sprachspiele feststellen, bei denen meist nicht exakt zwischen diesen drei Begriffen unterschieden wird (exemplarisch: Bergknapp 2003). (B) Als weiterer wesentlicher Faktor ftir die Ausblendung von Emotionalit~it in betriebswirtschaftlichen Abhandlungen kann man den Aspekt Rationalit~it betrachten. So war und ist Zweckrationalit~it auch weiterhin meist das Primat ,,vemtinftigen" Handelns von Menschen in Organisationen (zur Kritik bzw. einem differenzierten Umgang mit Zweckrationalit~it: Luhmann 1968). Derlei )i,uBerungen gehen letztlich auf Max Webers Konzeption einer ,,idealen Btirokratie" zurtick (Weber 1985). Ein weiteres Indiz bzw. eine Folge dieses Weltbildes ist Taylors (1911) ,,Scientific Management". Parallel hierzu ist ebenso die insbesondere volkswirtschaftlich gepr~igte Forschung durch den rationalit/itsgetriebenen homo oeconomicus gekennzeichnet, die letztlich das Bild von Managem als ,,rational man" forciert hat. Ans/atze der Spieltheorie oder Transaktionskostentheorie sind hier~r nur zwei weitere Indizien einer langfristig geformten Tradition. Angesichts der mangelnden Rezeption von Emotionen in betriebswirtschaftlichen Abhandlungen k6nnte man nun selbstkritisch hinterfragen, ob Emotionen fiir das alltOgliche Organisationsgeschehen von Bedeutung sind oder ob es sich nur um eine derzeit interdisziplin/ir aufkeimende Modeerscheinung handelt (Abrahamson/Fairchild 1999; Kieser 1996). Denn die isolierte Erkenntnis, dass Emotionen bis dato /iuBerst stark vemachl/issigt worden sind, reicht ftir ein fundiertes P1/idoyer, emotionale Zust/inde mehr Aufmerksamkeit zu widmen, noch nicht aus (Sturdy 2003, S. 82). Diesem Argument lassen sich indes eine Reihe von Publikationen entgegenhalten, die auf relevante Wirkeffekte von Emotionalit/it verweisen, wie beispielsweise motivationale Effekte oder kooperatives Verhalten (exemplarisch: Rubin et al. 2005; Staw et al. 1994). Nachstehend soil jedoch nicht die Relevanz emotionaler Zust~inde im Mittelpunkt stehen, sondern eine kritische Auseinandersetzung mit dem oftmals vorzufindenden, unidirektionalen Verst~indnis.

Die JanuskOpfigkeitpositiverEmotionalit~tt 1.3

137

Zur Dominanz des unidirektionalen VersKindnisses von EmotionaliKit

Das Adjektiv unidirektional soil im Folgenden ftir die Annahme bzw. Tendenz in der Emotionsforschung stehen, dass positive bzw. negative Emotionalit~it stets gleichgerichtete Effekte hervorrufen (vgl. Abbildung 1). Die hier erfolgende Analyse von Emotionalitat konzentriert sich dabei also kritisch auf die dominante Orientierung, positiven emotionalen Zust~inden positive Konsequenzen zuzuschreiben. Analoges l~isst sich ftir negative emotionale Zust~inde festhalten.

~ positiv

IEmotionaleZustltnde negativ

positiveEffekteI ~ I unidirekti~ verstindnisI (funktional) negativeEffekteI ~1~I

Bifurkation (dysfunktional)

I

t__{--~negativeEffekte ~l unidirekti~ Verstindni$I (dysfunktional) __~ positiveEffekteI ~

Mobi(funkti lislerungsaspekte onal) I

Abbildung 1." Potentielle Wirkeffektepositiver und negativer emotionaler Zustdinde

Fredricksons Broaden-and-Build-Modell positiver Emotionen l~isst sich ftir den hier betrachteten Zusammenhang als ein symptomatisches Beispiel anftihren. In ihrem Konzept unterstellt die Autorin, dass positive Emotionen in sich selbst positiv verst~irkenden Spiralen mtinden. Grund hierftir ist die Annahme, dass positive emotionale Zust~inde langfristig bei wiederholten Empfinden zum Aufbau von Wohlbefinden, Vertrauen sowie Optimismus ftihren. )idanliche gleichgerichtete Wirkeffekte unterstellen auch andere Forscher, die sich mit positiven emotionalen Zust~inden wie Freude oder Gltick besch/aftigen (Cunningham 1988; Layard 2003; Mayring 2000). Als prominenter Beleg ftir derlei Annahmen sei exemplarisch auf die Arbeiten des Forschungskollektivs um Isen (Isen 1987; Isen 2000 und Isen/Means 1983) verwiesen. In ihren experimentellen Untersuchungen manipuliert sie Probanden, indem sie diese in gltickliche, neutrale oder traurige Geftihlszust~inde versetzt. Im Anschluss mussten die Probanden komplexe Aufgaben 16sen, wobei die glticklichen Probanden stets als kreativer und weitaus h~iufiger heuristisch vorgehend eingeordnet wurden. Dass eine solch einseitige Betrachtung zumindest in Ansatzen verktirzt ist (analog: Kristjansson 2003; Lazarus/Cohen-Charash 2004) und m6glicherweise zu folgenschweren Fehlinterpretationen ftihren kann, soll im Folgenden n~iher analysiert werden.

138

Max Ringlstetterund GordonM011er-Seitz

Indizien der JanuskSpfigkeit positiver Emotionalit~it Die nachstehende Er6rterung der Janusk6pfigkeit von Emotionalit~it konzentriert sich insbesondere auf positive Emotionalit~it. Einschr~inkend sei jedoch vorab darauf hingewiesen, dass die Annahme gleichgerichteter Effekte nicht per se zu verwerfen ist, vielmehr sogar als dominanter Wirkeffekt aufgefasst werden kann. Zielsetzung ist insofern, durch die gezielte Auseinandersetzung mit diesem Epiph~inomen auf das hier unterstellte Rezeptionsdefizit hinzuweisen, um anschlieBend praxeologische Empfehlungen holistischer ableiten zu k6nnen.

2.1

Donatum determinat morbus." Zur Bifurkation positiver Emotionalit~it

Kern der Argumentation ist die Annahme, dass wie in anderen Lebensbereichen auch die Dosis entscheidend ist for die Wirksamkeit. So kann auch eine ,,Oberdosis" an positiven emotionalen Zust~inden in gegenl~iufigen Wirkeffekten mOnden. Um den Gedanken der Bifurkation, in Anlehnung an die Chaostheorie bzw. Okologie verstanden als das ,, Umschlagen" yon einem Zustand in einen anderen (lat.: bi = zweifach, furca = Gabel; Crandall/Rabinowitz 1971; Runborg et al. 2002; analog: Lykken/Tellegen 1996; Yerkes/Dodson 1908) herauszuarbeiten, kommt es zur Unterscheidung der Wirkeffekte hinsichtlich ihrer intra- bzw. interpersonellen Form. Einzelne emotionale Zust~inde sollen in diesem Kontext als illustrative Beispiele fungieren, um so die Argumentation anschaulicher zu gestalten. Selbstverst~indlich ist diese Trennung rein analytischer Natur. Dennoch scheint es lohnenswert, eine solche isoliert-abstrahierende Trennung vorzunehmen, um die potenziellen Auswirkungen markanter herausarbeiten zu kOnnen. Zudem ist darauf verwiesen, dass sich negative Effekte positiver Emotionalit~it auch unabh~ingig yon dem Aspekt der Bifurkation festhalten lassen. Beispielsweise ist es fraglich, ob eine erh6hte Kreativit~it bzw. heuristische Vorgehensweise in jedem Fall wOnschenswert sein kann. Zur L6sung unkonventioneller Probleme ist dies vermutlich der Fall. Bei logisch-konzeptionellen Herausforderungen dOrfte eine solche F~ihigkeit bzw. ein solcher Ge~hlszustand indes eher hinderlich sein. Da im vorliegenden Fall ausschlieBlich die Janusk6pfigkeit von Emotionalit~it thematisiert wird, soil dieser Gedanke hier nicht weiter verfolgt werden. Unter intrapersonellen Wirkeffekten sind im Folgenden die negativen Wirkungen positiver emotionaler Zust~inde auf das Individuum selbst zu verstehen. Dabei lassen sich die hier betrachteten Effekte anhand von drei Dimensionen charakterisieren. Hierzu z~ihlen die Beeintr~ichtigung der kognitiven und motivationalen F~ihigkeiten und die Gefahr der emotionalen Instabilit~it. Beztiglich der Verringerung der kognitiven Leistungsf~ihigkeit kann man auf die Neigung, Informationen heuristisch zu verarbeiten, verweisen. Fiedler

Die JanuskopfigkeitpositiverEmotionalitat

139

(1991) argumentiert beispielsweise, dass unter dem Einfluss positiver emotionaler Zust~inde Informationen einer weitaus weniger kontrollierten Verarbeitung unterliegen. Auf3erdem benOtigen Versuchspersonen, bei denen positive Geftihle oder Stimmungen induziert wurden, meist einen h6heren Zeitbedarf, um Aufgaben systematisch zu bew~iltigen (Mackie/Worth 1989). Damit einher geht oftmals auch eine Reihe von Attributionsfehlern, beispielsweise bei der Beurteilung von anderen Personen, was letztlich zu folgenschweren Fehleinsch~itzungen ftihren kann (Clark/Isen 1982). Ein weiterer Aspekt bezieht sich auf die Gefahr, Situationen als sicher und somit die Erreichung von vormals gesetzten Zielen als nicht gefg.hrdet einzuordnen (Schwarz 1990, S. 527ff.). Als permanent tibersteigerte Form einer solchen verzerrten Situationswahrnehmung kann man letztlich auch tibersteigerte Formen des Selbstbewusstseins auffassen. Ist dies der Fall, so schreibt sich die Person Erfolge per se selbst zu und bezieht dies nicht auf die erbrachte Leistung. Eine solche ,,sehr involvierende Emotion" (Stepper 1992, S. 6) kann man als Hybris im Sinne einer tibersteigerten Form des Stolzes bezeichnen (Colvin et al. 1995; Lewis 2000, S. 629f.; Louro et al. 2005 sowie Gouthier in diesem Band). Unter motivationalem Aspekt kann man festhalten, dass positive emotionale Zust~inde zu einer geringeren Verarbeitungsmotivation ~hren kOnnen. So lief5 sich nachweisen, dass Versuchspersonen vorzugsweise solche Aufgaben tibernehmen, die ihnen von vornherein als reizvoll bzw. vorteilhaft erschienen (Isen 1993, S. 268ff.). Der hier betrachtete emotionale Zustand ,Interesse' kann daher nicht nur zu Handlungspersistenz und Experimentierfreudigkeit fOhren, sondern u. a. eben auch zur Ablenkung von anderen, potentiell wichtigeren Zielen. Ergo kommt es gegebenenfalls zu einer geringeren Bereitschaft, schwierigere Aufgaben zu bew~iltigen (Scherer/Tran 2001). Neben den potentiellen negativen Auswirkungen positiver Emotionalit~it auf Kognition und Motivation, kann man auch emotionale Instabilitcit als denkbare negative Folge auffassen. Ausl6ser hierfOr kann das unverh~iltnism~ifSig h~iufige Erleben positiver emotionaler Zust~inde sein. Es geht daher nicht wie in der vorangegangenen Argumentation um die lntensit~it, mit der positive Emotionalit~it erlebt wird, sondern um die H~iufigkeit. Tarlow Friedman et al. (2002) vermuten daher, dasses bei einer zu hohen Frequenz positiver Emotionalit~it zu einem Verlust des Realit~itssinns kommen kann. Vergleichbare negative Konsequenzen beobachteten Schwartz und Garamoni (1986, S. 15ff.). In dem yon ihnen entwickelten Konzept unterteilen sie die anteilig erlebten positiven und negativen emotionalen Zust~inde in ~ n f verschiedene Zust~inde (,,states of mind"). Die Extremform, der so genannte ,,positive monologue", l~isst sich dabei durch ein Verh~iltnis von positiven zu negativen emotionalen Zust~inden in GrOl3enordnungen von 69 % zu 3 1 % charakterisieren. Probanden, die eine solche Relation aufwiesen, neigten dazu, wahnsinnig zu sein oder unter Hypomanie zu leiden. Ferner wtirde in solchen F~illen ein realit~itsferner Optimismus

140

Max Ringlstetter und Gordon M011er-Seitz

bzw. das Negieren von als unangenehm wahrgenommener Tatsachen konstatiert. AuBerhalb dieser Folgen kann es auch zum Burnout kommen, dem emotionalen und geistigen ,,ausbrennen" (Biassing 1992). Derlei Ph~inomene lassen sich vor allem in Dienstleistungsberufen beobachten, bei denen man von den betreffenden Kundenkontaktmitarbeitem oftmals erwartet, permanent positive emotionale Zust~inde zu zeigen. Pines et al. (2000, S. 13) zufolge sind daher insbesondere jene Personen geflihrdet, die ,,einmal besonders begeistemngsf~ihig und idealistisch waren". Abgesehen vonder intrapersonellen Ebene, lassen sich auch im interpersonellen Bereich negative Konsequenzen positiver Emotionalit~it aufzeigen. Dies ist der Fall bei der Beurteilung anderer Personen, dem Gerechtigkeitssinn sowie hinsichtlich der Wahrnehmung der Interaktionspartner. Hinsichtlich der Urteilskrafi gegeniaber Mitmenschen kann man davon ausgehen, dass positive emotionale Zust~inde oftmals zu Pauschalurteilen fiihren. Folgt man den Annahmen Muthigs, so beurteilen gliackliche Personen ihre Mitmenschen auf Basis weitaus weniger stichhaltiger Argumente als traurige Personen (Muthig 1999, S. 274f.). Zu ~ihnlichen Ergebnissen kommt auch Bodenhausen in seinen Untersuchungen (Bodenhausen 1993, S. 25ff.; Bodenhausen et al. 1994). Fiar den hiesigen Kontext ist dabei vor allem der vermehrte Riackgriff auf Stereotypen relevant. Denn fr6hliche Probanden tendierten in seinen Untersuchungen verst~irkt dazu, auf Stereotypen zurOckzugreifen (einschr~inkend: Bodenhausen et al. 1994). Entsprechende Befunde weisen auch die Studien von Baron (exemplarisch: Baron 1987, S. 921) und Bless et al. (1991, S. 12f.) auf. Auch beziaglich des Gerechtigkeitssinns weisen einige Studien auf negative Folgen hin. So belegen Sinclair/Mark (1992), dass gliacklich gestimmte Versuchspersonen vergleichsweise h~iufiger ungerechte Entlohnungsmodelle als gerecht empfinden. Femer konstatieren Cropanzano/Byme (2001) einen negativen Zusammenhang zwischen positiver Emotionalit~it und interpersoneller bzw. informationsorientierter Gerechtigkeit. Einschr~inkend ist jedoch zu konstatieren, dass dies nur for die F~ille gilt, in denen dem betreffenden Probanden selbst Unrecht geschehen ist. SchliefSlich ist die Wahrnehmung positiver emotionaler Zust~inde aus Sicht der Interaktionspartner zu erw~ihnen. Denn auch for die Mitmenschen k6nnen positive emotionale Zust~inde des Gegeniabers ein fiir sie als angemessen wahrgenommenes Ausmaf5 iaberschreiten. In solchen F~illen kann man die Bifurkation beim Interaktionspartner identifizieren. Hierftir lassen sich diverse Beispiele konstruieren. So k6nnte man iabertrieben vorgelebte Freude fiber ein erreichtes Ziel u. U. als prahlerisches oder arrogantes Verhalten einordnen.

Die Janusk0pfigkeitpositiverEmotionalitltt

2.2

141

Supplement." Aspekte der Mobilisierung negativer Emotionalitcit

Erg~inzend zur Bifurkation sollen nunmehr potentiell positive Effekte negativer Emotionalit~it zur Diskussion gestellt werden. Auch in diesem Fall l~isst sich das unidirektionale Verstcindnis als dominantes Deutungsmuster festhalten (exemplarisch: Bergknapp 2002). So unterstellt man intuitiv, dass Arger grunds~itzlich negative Konsequenzen hat. Daher soll es nun zur Identifikation positiver Konsequenzen solcher- zun~ichst als ausschliel31ich negativ wahrgenommenerEmotionen kommen. Grundannahme ist dabei die M/Sglichkeit, zuvor ungenutzte Potentiale mobilisieren zu kOnnen und zwar sowohl intra- als auch interpersonell. Auf intrapersoneller Ebene ist es vorstellbar, dass Angst zu einer Steigerung der Leistung beitragen kOnnte. Zu einer solchen Schlussfolgerung kann man gelangen, wenn sich Mitarbeiter aufgrund von )i,ngsten besser auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren. Ablenkung, wie im Fall des Erlebens von Interesse, liel3e sich so m6glicherweise vermeiden, die kognitive F~ihigkeit mithin verbessern (Derryberry/Tucker 1994, S. 167ff.; Lazarus/Cohen-Charash 2004, S. 55f.). Dieser Sachverhalt spiegelt sich auch in den Untersuchungen von Bruch und Kollegen wider (Bruch/Ghoshal 2003, S. 46f.; Bruch et al. 2006 sowie die Ausftihrungen von Bruch und Btihm in diesem Band). Zwar rekurrieren die Autoren nicht ausschliefSlich auf emotionale Zust~inde, doch lassen sich die Argumentationslinien plausibel transferieren. Die Autoren beschreiben, wie sich innere Spannungen in Form von Aggressivit~it auf die Konkurrenz lenken lassen. Anhand des Softwareherstellers Oracle wird aufgezeigt, dass ein solches emotionsnahes Ph~inomen zu einer erh0hten Wettbewerbsf~ihigkeit beitragen kann. Auch scheint die Annahme nachvollziehbar, durch Angst eine erh6hte Motivation zu induzieren. Eine solche Mobilisierung l~isst sich gegenw~irtig anhand der Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes konstatieren. Denn es ist zu vermuten, dass als Folge der anhaltend schwierigen Lage am Arbeitsmarkt der Krankenstand deutlich gesunken ist. Insofern wirkt sich diese Form der Angst aus Sicht des Unternehmens durchaus funktional aus. Analoge Beobachtungen hat auch Kiefer (2002a; 2002b) gemacht. Kiefer untersuchte Umstrukturierungsprozesse in Unternehmen. Dabei konnte sie beobachten, dass Mitarbeiter oftmals durch Angst oder Wut zu hOher Leistung angespornt wurden, wodurch konstruktive Wirkeffekte erzielt werden konnten. Schliel31ich ist auf die kathartische Funktion negativer emotionaler Zust~inde hinzuweisen. So erleben Menschen beispielsweise das freie ,~ul3em von Wut oder Trauer oftmals als befreiend (Pennebaker 1997; Pennebaker et al. 1987). Demgegentiber hat das wiederholte Unterdrticken negativer emotionaler Zust~inde oftmals tiberwiegend destruktive Konsequenzen und kann sogar zu ImmunstOrungen ftihren (Kowalski 2002, S. 1029).

142

Max Ringlstetterund GordonMtlller-Seitz

Entsprechend kann es auch auf interpersoneller Ebene zu Mobilisierungsprozessen kommen. Die Mobilisierung kann d a b e i - wie im Falle von Bruch/Ghoshal (2003) zuvor angedeutet- nicht nur einzelne Mitarbeiter, sondem sogar Abteilungen oder ganze Untemehmen zu Handlungen bewegen. Dartiber hinaus ist es vorstellbar, dass sich durch die Verbindung verschiedener emotionaler Zust~inde, beispielsweise von Wut und Hoffnung, bis dato existierende (mentale) Organisationsgrenzen bzw.-barrieren tiberwinden lassen (Johnson et al. 2000, S. 108). Eng damit verbunden ist auch die Erkenntnis, dass Rtickschl~ige zu einer engeren Bindung ftihren. Dieser Sachverhalt 1/asst sich anschaulich anhand der Terroranschl~ige in europ~iischen Metropolen in den letzten Jahren darstellen. Im Anschluss an die Attentate kam es oftmals zur 13berwindung politischer und ideologischer Grenzen, mithin einer Konzentration auf die gemeinsamen Werte und Ziele. Vor diesem Hintergrund scheint es durchaus plausibel, in vergleichbaren Situationen ~ihnliche Verhaltensweisen in Organisationen anzunehmen. Wie die Beispiele von Kiefer (2002a; 2002b) zeigen, k6nnen Restrukturierungsprozesse Mitarbeiter verschiedener Abteilungen gemeinsam mobilisieren, um so gemeinsam der Gefahr des Arbeitsplatzverlustes zu begegnen. ~176

Uberlegungen zur Kuitivierung emotionaler Zustiinde

Basierend auf der vorangegangenen Diskussion sollen nun die Determinanten der Janusk6pfigkeit in den Mittelpunkt gestellt werden. Es folgt eine Auseinandersetzung mit der Frage, wie Emotionen aus organisatorischer Warte potentiell zu steuern sind, mithin die Janusk6pfigkeit im Sinne des Managements fruchtbar gemacht werden kann.

3.1

Determinanten der JanuskOpfigkeit

Grunds~itzlich kOnnen intraindividuelle Faktoren als Orientierung ~ r die nachstehenden Erl~iutemngen dienen. Flankierend werden interindividuelle und umfeldbezogene Faktoren in die Analyse einbezogen. Als intraindividuelle Determinanten kommen vor allem Geschlecht, Alter sowie das AusmaB der Emotionalit~.t in Betracht. Das Geschlecht ist insofern bedeutsam, als dass Frauen grunds~itzlich st~irkere negative emotionale Zust~inde, M~inner hingegen st~irker positive emotionale Zust~inde zeigen (exemplarisch: Tiedens 2000, S. 31). Auch weisen Untersuchungsergebnisse darauf hin, dass die Ausl6ser von emotionalen Zust~inden sowie die Reaktion darauf geschlechtsspezifisch unterschiedlich sind (Weber 1994). Sofern organisatorisch umsetzbar, sollten insofern geschlechtsspezifische Unterschiede im Hinblick auf die diskutierte Janusk6pfigkeit berticksichtigt werden. Da diesbeztiglich jedoch kaum eine einheitliche Tendenz zu identifizieren ist, die praxeologische Emp-

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fehlungen rechtfertigen ktinnte, kann dieser Aspekt hier nicht weiter vertieft werden. Demgegentiber ist der Einfluss der Determinante Alter vergleichsweise eindeutig. So weisen verschiedene Studien darauf hin, dass ~iltere Menschen eher eine realistisch-pessimistische Perspektive einnehmen. Hierdurch sind Altere gegentiber Jtingeren vermutlich besser gegen negative Ereignisse gewappnet (Norem/Chang 2002, S. 997f.). Folglich dtirften jtingere Menschen eher von positiven emotionalen Zust~inden profitieren, da sie diese starker erieben, von negativen Emotionen hingegen st~irker beeintr~ichtigt sein. Mit Blick auf das Ausmafl der Emotionalitcit kann man festhalten, dass dies meist mit weiteren Wesensztigen der betreffenden Person einhergeht. Zum Beispiel neigen extrovertierte Personen eher dazu, die eigene Emotionalit~it zu zeigen. Introvertierte Menschen hingegen scheinen ihre Geftihle im Regelfall zu verbergen. Angesichts des tendenziell kathartischen Effekts negativer emotionaler Zust~inde ist zu vermuten, dass extrovertierte Menschen schwierige Situationen besser meistern, da sie innere Konflikte weniger unterdrticken. Umgekehrt kosten sie Erfolge intensiver aus. Interindividuelle Determinanten sind aufgrund des subjektiven Charakters von emotionalen Zust~inden vergleichsweise schwierig zu erOrtem bzw. resultieren letztlich aus dem sozial konstruierten Zusammenspiel intraindividueller emotionaler Zust~inde (analog: Berger/Luckmann 1980). Dennoch scheint es sinnvoll, Arbeitsteams kontextabh~ingig emotional zu komponieren. Als Beispiel lieBen sich Polizisten aufftihren. Rafaeli/Sutton (1991) zufolge findet man h~iufig bei Verh6ren ein Zweiergespann auf Seiten der Polizei. W~ihrend ein Beamter als ,,Bad guy" auftritt und den Delinquenten einschtichtert, versucht der ,,Good guy", durch Ein~hlungsvermtigen dessen Vertrauen zu erlangen. Folgt man den Autoren, ftihrt ein solches Wechselbad der Geftihle mitunter zu schnelleren Gest~indnissen. Insofern kann das interindividuelle Zusammenspiel durchaus bedeutsam sein, eine intendierte Zusammensetzung mithin zielftihrend. Unter umfeldbezogenen Determinanten lassen sich Faktoren subsumieren, die sich vor allem in der arbeitswissenschaftlichen und arbeitspsychologischen Auseinandersetzung belangvoll sind (exemplarisch: Harter et al. 2002). Formlose Kleidung, zwangloses Auftreten sowie die frei gestaltbare Arbeitsplatzumgebung sind in diesem Zusammenhang als Erfolgsfaktoren z. B. for Start-upUnternehmen aufzufassen (Czarniawska-Joerges/Wolff 1991; Goss 2005). Umgekehrt tragen Uniformen bei der Polizei oder in der Luftverkehrsbranche aller Voraussicht nach zur emotionalen Identifikation mit der betreffenden Aufgabe bzw. der Organisation insgesamt bei. Zur Bifurkation bzw. Mobilisierung kOnnen solche Faktoren verrnutlich nur ansatzweise beisteuern. Dennoch scheint eine Einflussnahme mOglich. Neben uniformer Kleidung w~ire hier etwa auch an die Raumtemperatur in Btiror~iumen zu denken. Klimaanlagen sorgen bei extremer Hitze nicht nur ~r passende Temperaturen in den R~iumlichkeiten (,,Be-

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haglichkeitsklima"), sondem tragen auch zu einem angenehmeren Arbeitsklima bei. Einer ,,Oberhitzung" lieBe sich so im doppelten Sinne entgegenwirken.

3.2

Potentielle Aktionsparameter fiir den Umgang mit der JanuskOpfigkeit

Grundannahme for die Diskussion potenzieller Aktionsparameter ist, dass sich Emotionalit~it zumindest teilweise durch das Management beeinflussen l~sst. In diesem Zusammenhang erfolgt eine Er/~rterung mOglicher Aktionsparameter hinsichtlich der Steuerung von emotionalen Zust~inden aus Sicht des Managements. Emotionale Zust~nde sollen dabei nicht mehr ausschlieBlich anhand ihrer Wertigkeit ,,positiv" versus ,,negativ" beurteilt werden. Vielmehr scheinen funktional orientierte Erw~gungen zweckvoller. Mit dem Begriff funktional soll in diesem Zusammenhang auf den Nutzen bzw. zielkongruente Effekte aus Sicht des Managements abgestellt werden. Dies soil dazu anregen, emotionale Zust~inde wie Wut oder Angst aus Sicht der Unternehmensleitung- bislang offensichtlich eher ungewohnt- als relevant zu betrachten. Daneben k6nnen Freude und Stolz auch dysfunktional sein. Solche Oberlegungen fiihren in letzter Konsequenz dazu, dass Emotionalit~t nicht mehr verktirzt und einseitig zu betrachten sind, sondern je nach Situation und Kontext aus Unternehmenssicht als funktional oder dysfunktional. In Anlehnung an Kirsch/MaaBen (1988) werden zwei generische Handlungsebenen greifbar: Einerseits die Ebene des strategischen, andererseits die des operativen Managementsystems. Auf der Ebene des strategischen Managementsystems sind eher global orientierte Ansatzpunkte angesiedelt. So z. B. Versuche, im Einklang mit der Unternehmensstrategie auf die Unternehmenskultur einzuwirken. Ein potentiell gangbarer Weg w~re dabei die Kodierung emotionaler Zust~nde durch sozialisatorische Einfltisse. Mitarbeiter unterliegen zwar einer Reihe von Sozialisationseinfltissen, deren Beeinflussung allerdings m~glich zu sein scheint. Eine emotionale Sozialisation k6nnte z. B. durch die Kodierung der betreffenden Verhaltensnormen geschehen. Diesbeztiglich gilt es vor allem, zwei Ansatzpunkte zu berticksichtigen, das Format der Vermittlung sowie die vermittelte Regelart. Das Vermittlungsformat kann entweder formell oder informell sein. Formell k~nnte eine Kodierung von Normen etwa durch TrainingsmaBnahmen erfolgen. Diese w~iren dann auf der operativen Managementsystemebene zu konkretisieren, etwa in Form von Lehrg~ingen zum kompetenten Umgang mit der eigenen Emotionalit~t im Kundenkontakt. Informell lieBe sich eine an Emotionalit~it orientierte Sozialisation demgegentiber durch die Organisationskultur erzielen. Mitarbeiter wOrden so in die entsprechende Organisationskultur ,,hineinwachsen", die entsprechenden Regeln implizit vermittelt bekommen und sich gleichsam aneignen. Die Kodierung der Normen weist zudem stets eine bestimmte Regelart auf. In Anlehnung an Fiehler z~hlen hierzu Emotions-, Manifestations- sowie Korrespondenzregeln (Fiehler 1990, S.

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77ff.). Als Emotionsregel kann man Erwartungen auffassen, die vor allem das gefahlsm~iBige Erleben emotionaler Zust~inde impliziert, etwa aufrichtige Trauer im Falle des Todes eines Kollegen. Manifestationsregeln normieren demgegentiber die expressiv-behaviorale Komponente. So erwartet man von Untemehmens~hrem im Allgemeinen, dass sie stets emotional kontrolliert auftreten. Das Ausbrechen in Tr~inen oder Wut w~ire insofern eine unangemessene Reaktion z. B. bei der Verktindung schlechter GeschO.ftszahlen oder von Massenentlassungen. SchlieBlich zielen Korrespondenzregeln auf emotional kongruentes Verhalten gegentiber Interaktionspartnern ab, wobei diese Form Emotions- und Manifestationsregeln kombiniert. Bei abteilungsbezogenen Erfolgen ist es erfahrungsgem~iB erwanscht, sich mit den betreffenden Kollegen gemeinsam zu freuen. Wie eingangs diskutiert, kann eine derart ,,verordnete Dauer-Begeisterung" (Krell/Weiskopf 2001, S. 32) aber auch dysfunktionale Wirkeffekte hervorrufen. Gleichwohl stellt eine solche Situation ein anschauliches Beispiel far Korrespondenzregeln dar. Die Ebene des operativen Managementsystems hingegen beinhaltet klassische Verfahrensweisen des Personalmanagements (zur Unterscheidung zwischen Personalmanagement, Humanressourcen-Management und verwandten Formen: Gamjost/W~ichter 1996). Hierzu z~ihlen insbesondere TrainingsmaBnahmen, die auf die emotionale Kompetenz der Mitarbeiter abzielen (Goleman 1997; Nr eine kritische Auseinandersetzung: Sieben 2001). Flankierend w~ire auch an eine entsprechende Gestaltung der Arbeitsplg.tze zu denken. So k6nnte etwa die Arbeitsplatz- bzw. Arbeitsraumgestaltung gezielt nach ergonomischarbeitspsychologischen Standards erfolgen (Sundstrom/Sundstrom 1989). Naturgem~iB dtirften die in GroBraumbOros, h~iufig vor allem im ConsultingBereich g~ingigen Glastrennw~inde nicht ~r jedes T~itigkeitsfeld zweckm~iBig sein, denkt man z. B. an sensible Dienststellen der 6ffentlichen Verwaltung mit Publikumsverkehr. SchlieBend sei noch kritisch auf zwei Aspekte des Umgangs mit Emotionalit~it verwiesen. Einerseits betrifft dies die Steuerbarkeit emotionaler Zustdnde. Die hier vorgestellten Optionen sind dabei lediglich als m6gliche Ansatzpunkte zu verstehen. Eine Umsetzung muss sich stets an den kontextspezifischen Gegebenheiten der fokalen Untemehmen orientieren. Ein weiterer Aspekt betrifft die Steuerbarkeit emotionaler Zust~inde. Konkrete Implementierungen w~iren dabei stets an den kontextspezifischen Gegebenheiten der Untemehmen bzw. Betriebe zu orientieren. Sozialisatorische MaBnahmen wie bei Mitarbeitern in ideologisch ,,geladenen" Kontexten, etwa bei jungen Medizinem in Krankenhausbetrieben oder freiwilligen Bundeswehr-Rekruten, werden tendenziell deutlich weniger Probleme aufwerfen, als die Zielgruppe der Verwaltungsangehtirigen im 6ffentlichen Dienst. Die Intemalisierung der betreffenden Werte und Normen dOrfte im letztgenannten Fall merklich kOrzer greifen. Nattirlich sollte die Steuerung von (positiven) emotionalen Zust~inden nicht zu rigoros erfolgen.

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Sofern quantifizierbar, w~iren Kosten und Nutzen einer genauen betriebswirtschaffiichen Analyse zu unterziehen (Ringlstetter/Kaiser 2005). Eng damit verbunden ist auch ein zweiter, naturgem~iB angreifbarer Aspekt, n~imlich die Vereinbarkeit der hier skizzierten MaBnahmen mit ethischen Kategorien. Die er6rterten Handlungsoptionen, wie die Sozialisation, sind oftmals nicht nur schwierig zu realisieren, sondern auch grunds~itzlich fragwtirdig. Vor allem im Hinblick auf den Dienstleistungssektor sind die dort vielfach indoktrinierend wirkenden Aufforderungen, den Kunden freundlich zu behandeln, kritisch zu sehen. Hochschild (1979) hat diesbeztiglich negative intrapersonelle Konsequenzen am Beispiel von Flugbegleiterinnen aufzuzeigen versucht. Vermutlich tiberzeichnet Hochschild in ihrer Darstellung die Situation, da sie ausschlieBlich von negativen Effekten der Emotionsarbeit ausgeht. Dennoch regen ihre Ausftihrungen nach wie vor zur kritischen Reflexion an. 4

Fazit

Ausgangspunkt des vorliegenden Beitrags war die verbreitete Pr~imisse rational handelnder Individuen in Organisationen. Um diese einseitige Beschreibung menschlichen Verhaltens etwas realit~itsn~iher zu gestalten, erfolgte eine Er6rterung der Merkmale und Relevanz von Emotionalit~.t als Pendant. Neben der grunds~.tzlichen VemachlO.ssigung emotionaler Zust~inde im Bereich der Personal- und Organisationsforschung stand dabei das unidirektionale Verst~indnis von Emotionalit~it im Vordergrund. Darauf aufbauend wurden Indizien der Janusk6pfigkeit von emotionalen Zust~inden diskutiert, bevor abschlieBend praxeologische Ans~itze zum Umgang mit emotionalen Zust~inden im Mittelpunkt standen. Im Rahmen der vorgetragenen Argumentation kam es dabei zu einem Pl~idoyer ~ r eine funktionale Betrachtungsweise von Emotionalit~it. Die Verwendung der Begriffe ,,positive" bzw. ,,negative" Emotionen erscheint insofern obsolet, als dass man stets die Intensit~it der emotionalen Zust~inde berticksichtigen sollte und positive emotionale Zust~inde des Mitarbeiters beispielsweise aus Unternehmenssicht nicht positiv per se sind. Eine funktionale Sichtweise hat demgegentiber den Vorteil, Emotionalit~it kontextorientiert zu betrachten. So lieB sich sowohl anhand von Beispielen aus der Untemehmenspraxis wie auch verschiedener Studien auf die Funktionalit~it definierter emotionaler Zust~inde, wie exemplarisch Wut oder Angst verweisen. Ebenso k6nnen emotionale Zust~inde mit einer positiven Konnotation dysfunktionale Wirkeffekte hervorrufen, etwa Uberheblichkeit oder Arroganz. In Anbetracht dieser vier Wirkspektren sind Analogien zur Gottheit Janus von Reiz. Dieser wurde n~imlich im Laufe der Zeit nicht mehr ausschlieBlich als zweik6pfige Gestalt (Bifrons) abgebildet. Vielmehr kam es immer h~.ufiger auch zu Janus-Illustrationen als vierk6pfige

Die JanuskOpfigkeit positiver Emotionalit~it

147

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lndividuell-subjektivesGlOcksempfindenals unternehmerischerErfolgsfaktor

lndividuell-subjektives Gliicksempfinden als unternehmerischer Erfolgsfaktor Stephan Kaiser und Max Ringlstetter

Der Trend zum Positiven 2 2.1 2.2

Stand der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung Die volkswirtschaftliche Happiness-Forschung Die betriebswirtschaftliche ,Positive Organizational Scholarship'-Forschung Individuelles Gltick als untemehmerischer Erfolgsfaktor?

4 4.1 4.2

Handlungsfelder ffir das Positive Management Initiierung von Flow-Erlebnissen Positives Personalmanagement

5

Fazit

151

Individuell-subjektivesGlOcksempfindenals unternehmerischerErfolgsfaktor I

153

Der Tren d zum Positiven

Themenstellungen wie GlOck, GlOcklichsein oder genauer individuellsubjektives Glticksempfinden sind mit Sicherheit bisher keine typischen Untersuchungsgegenst~inde der herktimmlichen, betriebswirtschaftlichen Forschung. Allenfalls bilden sie ein sehr spezielles Randgebiet der Organisations- der Personalforschung. Allerdings k0nnte sich dies in Zukunft ~indem. Ausdruck hierftir sind zwei Forschungsausrichtungen, die von ihren Vertretern mit den Begriffen ,,Happiness-Research" und ,,Positive Organizational Scholarship" versehen wurden. Beide Forschungsrichtungen heben sich von rein anthroposophischen Schriften insofern ab, als sie das Thema GlOck vor dem Hintergrund des Beitrags zu spezifischen Erfolgskriterien diskutieren. W~ihrend die Happiness-Forscher dabei tendenziell eher aus einer breiten volkswirtschaftlichen Perspektive argumentieren (Frey/Stutzer 2002; Layard 2005), besch~iftigen sich Wissenschaftler zum Positive Organizational Scholarship prim~ir mit positiven Ph~inomenen in Organisationen. Hierzu z~ihlen etwa menschliche St~irken, Wohlbefinden oder eben auch GlOck, als subjektives Ge~hl und uneingeschr~inkt positive Stimmung (Bernstein 2003; Cameron et al. 2003; Cameron/Caza 2004; Ringlstetter et al. 2006 im Erscheinen). Auch in der Unternehmenspraxis werden immer h~iufiger Stimmen laut, die eine Ausrichtung an diesen positiven Ph~inomenen propagieren, lnsgesamt wird dabei das Individuum st~irker in den Mittelpunkt der Betrachtungen gerOckt. Ein gutes Indiz for die Dynamik und zunehmende Bedeutung von dieser Neuausrichtung der Organisationsforschung ist die kOrzlich erfolgte Erw~ihnung in der Zeitschrift ,,Harvard Business Review" als eine der ,,Breakthrough Ideas for 2004" (Fryer 2004). Dieses Managementjournal wird von Wissenschaftlern und Praxisvertretern gleichermal3en beachtet. Der vorliegende Beitrag setzt an diesem neuen Trend der ,,positiven" Organisationsforschung an und verfolgt dabei drei prim~ire Zielsetzungen. Erstens soil in ROckgriff auf die neuen Entwicklungen der genannten Forschungsfelder verdeutlicht werden, dass positive Ph~inomene und der einzelne Mitarbeiter als Mensch wieder st~irker in den Mittelpunkt des lnteresses von Forschung und auch Unternehmenspraxis gestellt werden. Zweitens sollen Argumente angef'Ohrt werden, dass individuelles GlOck einen positiven Beitrag zum origin~ir betriebswirtschaftlichen, d. h. unternehmerischen Erfolg leistet. Mit anderen Worten, es wird folgende These kritisch betrachtet: GlOckliche Mitarbeiter ktinnen auch aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre Sinn machen, da GlOcksempfinden im weitesten Sinne die Arbeitsleistung und -produktivit~it von Mitarbeitem erh6hen kann. Diese These wurde erstmals im Rahmen und in Folge der so genannten Hawthome-Experimente an prominenter Stelle diskutiert (Wright/Cropanzano 2004).

154

Stephan Kaiserund Max Ringlstetter Drittens sollen einige konkrete Hinweise dazu gegeben werden, welche Handlungsoptionen sich der Unternehmens- und Personalftihrung bieten, um gltickliche und erfolgreiche Mitarbeiter zu entwickeln und damit gleichzeitig den Unternehmenserfolg zu sttitzen.

Im Folgenden steht zun~ichst der Stand der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung zum Thema Gltick und zu weiteren verwandten positiven Ph~inomenen im Mittelpunkt (2). Im Anschluss wird der Versuch unternommen, die kausale Logik und die Zusammenh~inge zwischen individuellem Gliack und betriebswirtschaftlichen Erfolg zu skizzieren (3). Darauf aufbauend rticken dann konkrete Managementimplikationen in den Vordergrund (4) (vgl. Abbildung 1).

Initiierung von FiowErlebnissen

HappinessResearch c

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Positive Organizational Scholarship

:=

Positives

D.

Personalmanagment

Abbildung 1" AuJbau des Beitrags

Stand der wirtschaflswissenschafllichen Forschung Die wirtschaftswissenschaftliche Forschung zum Phiinomen ,,Gliick" und zu verwandten positiven Phiinomenen nur schwach ausgepriigt. Insgesamt liisst sich auf Seiten der nicht selten positivistisch denkenden Wirtschaftswissenschaftler eine gewisse Skepsis oder zumindest Zurtickhaltung gegentiber derartigen Themen konstatieren (Hirata 2004). Nichtsdestoweniger haben sich Bruno Frey und Alois Stutzer vor einigen Jahren in einem Beitrag die Frage gestellt, was Wirtschaftswissenschaftler vom ,,Happiness-Research" lemen k6nnen (Frey/Stutzer 2002). Diesen Beitrag aufgreifend wird im Folgenden zuniichst auf den Stand der Happiness-Forschung im engeren Sinne mit einer Brille des Wirtschaftswissenschaftlers eingegangen (2.1). Auch aus Sicht der Betriebswirtschaftslehre, d. h. aus Perspektive der Untemehmensftihrung finden sich hierbei interessante Aspekte. Gleichwohl scheint zus~itzlich ein Riickgriff auf

Individueli-subjektivesGlticksempfindenals unternehmerischerErfolgsfaktor

155

die Ideen des Positive Organizational Scholarship (POS) sinnvoll, um die hiesige Argumentation anzureichern (2.2).

2.1

Die volkswirtschafiliche Happiness-Forschung

Verst~indlicherweise hat sich die Happiness-Forschung, als relative junge Disziplin, in einem ersten Schritt damit auseinander gesetzt, wie das Konstrukt Happiness oder Gltick begriffiich zu fassen ist. Gerade bei einem Begriff, zu dem jeder Einzelne intuitiv Zugang findet und zu dem verschiedene fachliche Perspektiven existieren, ist dies h~iufig problematisch (Veenhoven 1996). Insofern ist es wenig tiberraschend, dass sich der Begriff Gltick einer engen und allgemein akzeptierten Definition bisher erfolgreich entzieht. Richard Layard geht in seinen Happiness-Vorlesungen an der London School of Economics und in seinem neuen Buch auf diese Problematik ein, indem er den Versuch der Beschreibung von Gltick mit dem Versuch der Beschreibung eines facettenreichen, multidimensionalen Ger~iusch vergleicht (Layard 2003; Layard 2005). Trotzdem lassen sich einige Merkmale und Erkenntnisse identifizieren, die den Zugang zum Begriff Gltick aus Sicht der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung erleichtern (vgl. zum Folgenden z. 13. Wright/Cropanzano 2004). Erstens besteht weitgehende Einigkeit dartiber, dass es sinnvoll ist, Gltick als subjektive Erfahrung zu begreifen. Mit anderen Worten: Individuen sind so glticklich, wie sie glauben, glticklich zu sein (Hirata 2004). Dahinter steht die Annahme der psychologischen Forschung, dass Menschen permanent, oft auch unbewusst, ihre Situation und die damit verbundenen Elemente bewerten. Zweitens, enth~ilt das Empfinden von Gltick sowohl die Anwesenheit von positiven Emotionen als aber auch die Abwesenheit von negativen Emotionen. Drittens basiert Gltick auf einer globalen Beurteilung des eigenen Lebens, pers6nliches Glticksge~hl ist nicht zu einer bestimmten Situation gebunden. Somit besitzt Gltick eine relative Konsistenz fiber die Zeit. Wie glticklich sich jemand heute ftihlt, beeinflusst sein morgiges Empfinden, sein Empfinden die n~ichste Woche etc. Gleichwohl wird das aktuelle Empfinden von Gltick von konkreten Aktivit~iten, von umgebenden Personen, etc. beeinflusst. Dartiber hinaus schwankt das Empfinden von Gltick im Tagesverlauf nicht unerheblich (Layard 2003). Wie h~ingt das Thema Gltick nun aber konkret mit der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung zusammen? Die Wirtschaftswissenschaften haben, um dies vereinfacht und kurz wiederzugeben, die traditionelle Annahme, dass Individuen ihren Nutzen, bestehend auf tangiblen Gtitern, Leistungen und Freizeit maximieren (Frey/Stutzer 2002). Aus Sicht wirtschaftswissenschaftlichen Happiness-Forscher ist Gltick nun eng mit diesem traditionellen Nutzenkonzept verkntipft. Allerdings ist es nicht identisch, sondern bietet eher einen wertvollen komplement~iren Ansatz, da es weit mehr Aspekte des menschlichen Verhaltens inkludiert, als das bisherige Nutzenkonzept (Frey/Stutzer 2002). Insofern kann

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StephanKaiserund Max Ringlstetter

die Happiness-Forschung wesentlichen Forschungsfeldem der Wirtschaftswissenschaften interessante Hinweise geben, indem sie das traditionelle Nutzenkonzept erweitert. Konkret werden Auswirkungen der Wirtschaftspolitik (Staatsausgaben, Wohlfahrtspolitik, Steuerpolitik etc.) auf individuelles Glticksempfinden, aber auch um Implikationen auf die Wirtschaftstheorie, die sich mit Effekten der Arbeitslosigkeit, Inflation etc. besch~iftigt, diskutiert (Easterlin 2001; Frey/Stutzer 2002; Hirata 2004; Layard 2003).

2.2

Die betriebswirtschaftliche ,Positive Organizational Scholarship'Forschung

Wesentliches Kennzeichen von POS ist die Neuausrichtung der organisationalen Forschung (zum Folgenden Ringlstetter et al. 2006 im Erscheinen; sowie der Einleitungsbeitrag in diesem Band)" weg von negativen Ph~.nomenen, hin zu der Untersuchung von Spitzenleistungen. Die Wurzeln von POS stellt die zur Jahrtausendwende entstandene akademische Disziplin der Positiven Psychologie dar. Gleichwohl in darauf hinzuweisen, dass Maslow bereits vor 50 Jahren in seinem viel beachteten Buch ,,Motivation and Personality" den Terminus einge~hrt und ihm das letzte Kapitel gewidmet hat. Wieder ins Leben gerufen wurde die neue Disziplin von Martin E. P. Seligman. In seiner Funktion als Pr~isident der American Psychologist Association machte er die Positive Psychologie durch die Vertiffentlichung einer Sonderausgabe der renommierten USFachzeitschrift American Psychologist im Jahre 2000 publik (Seligman/Csikszentmihalyi 2000). Das ,,Positive" an POS betont die Orientierung an gtinstigen Auspr~igungen oder Zust~inden, wie Gltick, St~irken oder Tugenden, was jedoch kein Ausblenden negativer bzw. dysfunktionaler Erscheinungen impliziert. Positive Emotionen wie Freude und Gltick sind damit ein zentrales und wesentliches Thema von POS. Ftihrend auf diesem Gebiet ist Barbara Fredrickson, die im Rahmen ihrer Forschungsstudien das so genannte Broaden-and-Build-Modell entwickelte (Fredrickson 1998). Folgt man Fredrickson, so ftihren Gltick und andere positive Emotionen zun~ichst zu einer Erweiterung des Denk- und Handlungsrepertoires (,,broaden"-Komponente). Daneben werden durch positive Emotionen gleichsam psychische, soziale und intellektuelle Ressourcen bei der betreffenden Person aufgebaut (,,build"-Komponente). Letztlich mtindet das Modell in einer positiv verst~irkenden Spirale, da positive Emotionen langfristig zum Aufbau von Wohlbefinden, Vertrauen sowie Optimismus ftihren k6nnen. Andere Wissenschaftler nutzen diese Erkenntnisse und versuchen, die Auswirkungen positiver Emotionen auf Themenkreise wie organisationale Teams oder die Unternehmenskultur hin zu untersuchen (Dutton/Heaphy 2003).

Individuell-subjektivesGl0cksempfindenals unternehmerischerErfolgsfaktor

157

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Untersuchung der Vermittlung von Sinnhaftigkeit (,,meaningfulness") in der Arbeitswelt hinzuweisen. Da Arbeit beinahe die H~ilfte der ,,wachen" Lebenszeit eines Menschen einnimmt, scheint es durchaus plausibel, sich mit der Bedeutung und Sinnhaftigkeit von Arbeit und deren Determinanten zu befassen. Autoren wie Amy Wrzesniewski gehen daher der Frage nach, warum ftir manche Mitarbeiter die Arbeit lediglich zur Sicherung des Lebensunterhalts dient, w~ihrend andere Menschen Freude bei der Arbeit empfinden und darin einen Sinn sehen (Wrzesniewski 1999). Ftir die hiesige Diskussion ist nun vor allem der Zusammenhang von Sinnhaftigkeit der Arbeit und dem empfundenen Gltick von Bedeutung. Das Thema Sinnhaftigkeit von Arbeit verweist wiederum auf die Bedeutung der St~irken von Mitarbeitern. Die Orientierung an St~irken, im Sinne einer Intensivierung und Vervollkommnung bereits im Mitarbeiter angelegter St~irken, vermittelt den Mitarbeitern gleichzeitig eine Sinnhaftigkeit der Arbeit. Folgt man den Ausftihrungen von Buckingham und Clifton, zwei Wissenschaftlern des US-amerikanischen Gallup-Instituts, so birgt die systematische Konzentration auf St~irken im Vergleich weitaus mehr Potenzial in sich als das Bek~impfen von Schw~ichen und w~ire somit Okonomisch sinnvoller (Buckingham/Coffman 2002). Individueiles Gliick als unternehmerischer Erfolgsfaktor?

Der Zusammenhang zwischen individuellem Glticksempfinden und unternehmerischem Erfolg basiert zun~ichst auf der zweigeteilten Annahme, dass glOckliche Mitarbeiter erstens produktiver sind, und produktive Mitarbeiter zweitens wesentlich zum Unternehmenserfolg beitragen. Ist diese zweigeteilte Annahme richtig, wtirden gltickliche Mitarbeiter auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn machen, bzw. genauer: Gltick im weitesten Sinne wOrde die Arbeitsleistung von Mitarbeitern erh6hen und damit den Unternehmenserfolg verbessem. W~ihrend der zweite Teil der These als relativ nahe liegend und gesichert angenommen werden kann, ist der erste Teil der These durchaus diskussionswiardig und wird deshalb in den Arbeitswissenschaften und in der Arbeits- und Organisationspsychologie immer wieder untersucht. Erstmals an prominenter Stelle wurde dieser erste Teil der obigen These im Rahmen und in Folge der so genannten Hawthome-Experimente thematisiert (Wright/Cropanzano 2004). Die Hawthome-Experimente fanden in den 1920er und 1930er Jahren bei Western Electric Company statt und hatten zun~ichst das Ziel, den Einfluss von Umgebungsfaktoren wie Beleuchtung etc. auf die Arbeitsleistung zu untersuchen. Die entsprechenden Studien entwickelten sich allerdings wesentlich weiter und ftihrten zu der oben genannten These, dass Gltick bessere Arbeitsleistungen produziere.

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Stephan Kaiser und Max Ringlstetter

Obwohl zuzugestehen ist, dass weitere tiberzeugende empirische Belege ~ r diese These lange Zeit fehlten, ftihrte die These zusammen mit dem Maslow'schen Konzept der Selbstverwirklichung, in dem Mitarbeiter bei ihrer Arbeit in vOlliger Zufriedenheit aufgehen, zu einer euphorischen Grundstimmung und optimistischen Grundhaltung beztiglich der Ftihrung und des Managements von glticklichen Mitarbeitern (Quick/Quick 2004). Ausdruck hier~r waren etwa ausgepr~igt partizipative Management- und Ftihrungskonzepte, die auf das subjektive Glticksempfinden der Mitarbeiter abstellten. Auf ein skeptisches, aber realistischeres Fundament wurde die Diskussion durch die verschiedenen Langzeitstudien von Staw, Wright und Kollegen zurock ge~hrt (Staw/Barsade 1993; Staw et al. 1994; Wright/Cropanzano 2004; Wright/Staw 1999). Auf Basis der darin exakter definierten Konstrukte lie6en sich Beziehungen zwischen subjektivem Glticksempfinden und konkreter Arbeitsleistung herstellen, ohne den Blick auf die Grenzen der obigen These zu verlieren. Offensichtlich wurde jedoch auch, dass eine mechanistische Schaffung glticklicher Mitarbeiter auf Basis standardisierter Managementkonzepte an Grenzen st66t. Insgesamt scheint es for Untemehmensfdhrung und Management also zun~ichst zwar sinnvoll, sich an Themen wie Gltick, positive Stimmung und St~.rken zu orientieren. Denn dadurch werden tendenziell Mitarbeiterengagement und Arbeitsleistung verbessert, kollegiales Arbeitsverhalten und ein positives Unternehmensklima gef'6rdert, die Loyalit~it der Mitarbeiter erh~ht und die Fluktuation von Leistungstr~igem verringert. Umgekehrt ist jedoch auch auf die betriebswirtschaftliche Randbedingung der Knappheit von Ressourcen zu verweisen. Mit anderen Worten: FOr die ,,Herstellung" glticklicher Mitarbeiter sind Ressourcen aufzubringen und zu investieren. Dieses Aufbringen von Ressourcen ist nur dann effizient, wenn erstens die dadurch erzielte Steigerung der Arbeitsleistung der Mitarbeiter h6her zu werten ist als der Ressourceneinsatz, und zweitens keine alternative Einsatzm~glichkeit fdr die aufgewandten Ressourcen existiert (z. B. Investition in neue Produktionsanlagen), die zu besseren Ergebnissen fdhrte.

Handlungsfelder for das Positive Management Aus Sicht der Untemehmensftihrung ergibt sich eine Reihe von denkbaren Handlungsfeldern, auf denen das individuelle Glticksempfinden der Mitarbeiter mehr oder weniger positiv beeinflusst werden kann. Im Folgenden sollen zumindest zwei zentrale Ansatzpunkte kurz skizziert und diskutiert werden (vgl. auch Abbildung 2). Ein erstes Handlungsfeld betrifft die Gestaltung von Arbeitsaufgaben eines jeden Mitarbeiters im engeren Sinne. Diese sollte in der Art erfolgen, dass

Individuell-subjektives Glticksempfindenals unternehmerischerErfolgsfaktor

159

dem einzelnen Mitarbeiter so bezeichnete ,,Flow-Erlebnisse" (Csikszentmihalyi 2003) ermOglicht werden (4.1). DarOber hinaus lassen sich MaBnahmen identifizieren, die an sich als bew/~hrte personalpolitische Instrumente bekannt sind und die vor dem Hintergrund des Themas GlOck in einer spezifischen Ausrichtung anzuwenden sind. Hierzu z~ihlen die Auswahl und Entwicklung von glOcklichen Mitarbeitem als auch die Schaffung von Rahmenbedingungen, die eine positiv wirkende Work-Life Balance wahrscheinlicher machen (4.2).

9 Anforderungen auf hSchstem Niveau durch Gestaltung vollstandiger Aufgaben "$

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Initiierung von Flow-Erlebnissen

9 KSnnen auf hSchstem Niveau durch Orientierung an Mitarbeiterst~irken und -talenten

9 Auswahl von Mitarbeiter mit Anlage zu positiven Emotionen

Positives Personalmanagement

9 Einsatz von Lerntechniken for Optimismus, Schaffung kSrperlicher Gesundheit 9 Schaffung von Work-Life Balance (flexible Arbeitszeiten, familienfreundliche Personalpolitik etc.)

Abbildung 2." Handlungsfelder fiir das Positive Management

4.1

Initiierung von Flow-Erlebnissen

Nach Csikszentmihalyi (2003) bezeichnet der Begriff,,Flow" (zu deutsch w6rtlich: Fluss im Sinne von FlieBen) allgemein das Aufgehen im Tun und Handeln bei bzw. durch eine Balance zwischen Anforderung und K6nnen auf hOchstem Niveau. Dadurch kommt es zu einem Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein. Die betroffene Person konzentriert sich vollkommen auf ein beschr/~nktes Stimulusfeld und blendet dabei den Faktor Zeit aus. Die Folgen von Flow bzw. von Flow-Erlebnissen sind auf Individual- und auf Interaktionsebene zu finden. Auf individueller Ebene geht man davon aus, dass der Einzelne insgesamt wachsamer, geistig aktiver, effektiver, zufriedener und kreativer wird. Als Effekt auf der Interaktionsebene nimmt man an, dass Flow-Erlebnisse den Einzelnen aufgeschlossener und extrovertierter gegentiber anderen Personen werden lassen. Insgesamt ~hren Flow-Erlebnisse zu einer wahrgenommenen Sinnhaftigkeit im eigenen Handeln und Tun (Csikszentmihalyi 2003), die letztlich zu subjektivem Wohlbefinden und anderen positiven Emotionen, kurz zu GlOck, ffihren k6nnen.

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Stephan Kaiserund Max Ringlstetter

Wie lassen sich Flow-Erlebnisse nun organisatorisch erm6glichen? Zentraler Ansatzpunkt ist die Gestaltung von Arbeitsaufgaben in der Art, dass eine Balance yon An- und Herausforderung sowie K6nnen auf h6chstm6glichem Niveau vorliegt. (1) Die Anforderung auf h6chstem Niveau l/asst sich herstellen, indem Arbeitsaufgaben m6glichst vollst~indig und umfassend konzipiert werden (Ulich 1999; Kaiser 2001). (2) Das K6nnen aufh6chstem Niveau ist durch eine Orientierung an den St/arken yon Mitarbeitem erreichbar (Buckingham/Coffman 2002; Coffman/Gonzalez-Molina 2003). (1) Hinsichtlich der Vollst~indigkeit der Aufgaben eines Mitarbeiters finden sich in der Literatur viele Hinweise. Folgende Merkmale, die allesamt in Richtung einer relativ eigenst/~ndigen und partizipativen Aufgabengestaltung weisen, lassen sich identifizieren (zum Folgenden Ulich 1999): Zun/~chst erscheint es wichtig, dem Mitarbeiter das selbst~indige Setzen von Zielen zu erm6glichen. Diese sollten in tibergeordnete Ziele eingebettet werden k6nnen. Femer sollte zur Aufgabe auch die selbst/~ndige Handlungsvorbereitung im Sinne der Wahrnehmung von Planungsfunktionen geh6ren. Daneben macht es Sinn, dem Mitarbeiter die Auswahl der Mittel einschlieBlich der erforderlichen Interaktionen zur ad/~quaten Zielerreichung zu tiberlassen. Dartiber hinaus wird es fdr bedeutend gehalten, die Aus~hrung der Aufgaben hinsichtlich eines Ablauffeedbacks zu erg/~nzen, um eine permanente Handlungskorrektur zu erm6glichen. SchlieBlich sollte der Mitarbeiter im Rahmen seiner Aufgabe die Resultate seiner Arbeit kontrollieren sowie die Ergebnisse der eigenen Handlungen auf lAbereinstimmung mit den gesetzten Zielen tiberprtifen k6nnen. Freilich sind diese als idealtypische Anforderungen formulierten Merkmale zu relativieren, da sowohl Situationen, Aufgabentypen als auch Mitarbeiter existieren, ~ r die eine derartige Aufgabenvollst/~ndigkeit als tiberzogen gelten kann. Vielmehr kann deshalb jeweils nur situativ und individuell eine m6glichst weitgehende Vollst/~ndigkeit und damit Herausforderung auf h6chstem Niveau angestrebt werden. (2) Um K6nnerschaft auf h6chstem Niveau zu erreichen, scheint eine Orientierung an St/arken und Talenten yon Mitarbeitem zweckm/if3ig (Buckingham/ Coffman 2002; Coffman/Gonzalez-Molina 2003). Als St/irke oder Talent eines Mitarbeiters werden hierbei wiederkehrende Denk-, Geftihls- und Verhaltensmuster verstanden, die irn Untemehmen sinnvoll und produktiv eingesetzt werden k6nnen. Unabdingbare Voraussetzung ftir eine Orientierung an Talenten und St/~rken ist nattirlicherweise die vorherige Identifikation derselben. Dies ist auf verschiedenen Wegen m6glich. Eine Identifikation von Mitarbeitertalenten kann beispielsweise durch ein Online-Befragungstool, wie es vom GallupInstitut eingesetzt wird, gelingen (Coffman/Gonzalez-Molina 2003). Das genannte Tool identifiziert 34 Talentarten (zum Beispiel: Kontaktfreudigkeit, Leistungsorientierung etc.), indem es auf Resultate langj/~hriger Analysen von Leistungstr/~gem in verschiedenen Untemehmen und Branchen zurtickgreift. Basierend auf 34 Talentarten lassen sich individuell ermittelte Talente in drei

Individuell-subjektives Gl0cksempfindenals unternehmerischerErfolgsfaktor

161

Subkategorien, motivationale (Ziele und Einflussnahme), kognitive (Denken) und beziehungsbezogene (Beziehungen) einordnen, so dass individuelle Talentprofile entstehen und Kerntalente des Mitarbeiters identifizierbar werden. In bzw. auf diese Talente und St~.rken des Mitarbeiters wird in besonderer Weise investiert und fokussiert. Durch das Zusammenfiihren spezifischer Aufgaben und St~irken k~nnen mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit Flow-Erlebnisse und damit positive Emotionen und Gltick beim Mitarbeiter erzeugt werden, da sich eine Balance zwischen Herausforderung und individuellem K6nnen ergeben sollte. Diese Balance ist jedoch durchaus auch auf Verbesserung und Lernpotentiale angelegt. Das heiBt, der Mitarbeiter sollte in seiner Wahrnehmung eine gewisse LOcke zwischen dem versptiren, was die Aufgabe fordert und was er momentan mit seinem Talenten zu leisten imstande ist. Nur so lassen sich gleichzeitig Lernprozesse beim Mitarbeiter initiieren (Kaiser 2001).

4.2

PositivesPersonalmanagement

Eine ganze Reihe an MaBnahmen des Personalmanagements ist denkbar, um die Wahrscheinlichkeit zu erhOhen, dass die Mitarbeiter Glticksgefiihle empfinden. Ein solches quasi positives Personalmanagement kann in einer entsprechenden Auswahl yon Mitarbeitern, der Entwicklung glticklicher Mitarbeiter sowie der Gestaltung glticksf6rderlicher Rahmenbedingungen liegen. Die gezielte Auswahl von Mitarbeitern kann eine zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, m6glichst viele gltickliche Mitarbeiter im Unternehmen vorzufinden. Etliche Studien haben gezeigt, dass das Glticksempfinden einzelner Mitarbeiter tiber die Zeit relativ stabil ist (Wright/Cropanzano 2004). Nattirlich kann dies verschiedene Grtinde haben. Es kann an Pers~)nlichkeitsmerkmalen liegen oder an einem besonders stabilen und positiv wirkenden Privatleben. Die Stabilit~it tiber die Zeit l~isst es aber auf jeden Fall sinnvoll erscheinen, bereits bei der Auswahl darauf zu achten, solche Mitarbeiter zu bevorzugen, die positive Emotionen aufweisen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das angelegte Glticksempfinden anh~ilt, ist gr6Ber als die Wahrscheinlichkeit, einen prinzipiell unglticklichen Menschen zu einem glticklichen entwickeln zu kSnnen. DarOber hinaus gibt es auch Hinweise darauf, dass zum Erleben von Flow bestimmte Pers6nlichkeitsmerkmale forderlich sind. Hierzu z~ihlt etwa das kontinuierliche, intrinsisch motivierte Setzen eigener Ziele. Auch hierauf sollte bei der Auswahl von Mitarbeitern vor dem Hintergrund der hiesigen Thematik geachtet werden. Gleichwohl es anscheinend eine relative stabile Anlage zum GlOck bei Mitarbeitern gibt, finden sich Hinweise, dass die Entwicklung glticklicher Mitarbeiter in gewissen Grenzen denkbar ist (Gavin/Mason 2004; Wright/Cropanzano 2004). Hierzu k 6 n n e n - neben der grundlegenden Erm6glichung von FlowErlebnissen - verschiedene kognitive Techniken verwendet werden, die Mitar-

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Stephan Kaiserund Max Ringlstetter

beitern helfen glticklicher zu sein. Hierzu z/ihlen etwa Instrumente, die das Lemen von Optimismus erm6glichen. Zudem wird darauf verwiesen, dass Manager eine Rolle einnehmen sollten bzw. Managern eine Rolle zugedacht werden sollte, die es Mitarbeitem erleichtert, mit ihrer Arbeit zufrieden und glticklich zu sein. Dartiber hinaus gibt es eine Reihe von Untersuchungen, die vor allem auf den Zusammenhang von kOrperlicher Gesundheit und psychologischem Wohlbefinden verweisen (Dana/Griffin 1999). Somit lassen sich mit entsprechender Vorsicht auch alle MaBnahmen, die in Richtung einer FOrdemng von kOrperlicher Gesundheit zielen, als Instrumente zur Steigerung des Glticksempfindens yon Mitarbeitem interpretieren (Adams 2003). Die oben kurz skizzierte Happiness-Forschung hat gezeigt, dass individuelles Glticksempfinden nicht an einzelnen Situationen festgemacht werden kann, sondem sich vielmehr aus einer Gesamtsicht aller Lebensumst~inde ergibt (Hirata 2004). FOr die Unternehmenswelt heiBt das Folgendes: Nicht nur das Empfinden des Mitarbeiters in der Arbeitssituation ist von Relevanz, sondern vor allem auch das Privatleben des Mitarbeiters respektive das Verh~iltnis des Arbeitslebens zum Privatleben. In der betriebswirtschaftlichen und arbeitspsychologischen Forschung wird dies unter dem Schlagwort einer Work-Life Balance seit l~ingerem diskutiert (Quick/Quick 2004). Aus Sicht der Untemehmensftihrung ist eine direkte Einflussnahme auf das Privatleben verst~indlicherund richtigerweise eingeschr/inkt. Um jedoch sicherzustellen, dass die Arbeitswelt nicht negativ auf das Privatleben ausstrahlt, sind verschiedenste MaBnahmen denkbar. Hierzu z~ihlen zum Beispiel eine familienfreundliche Personalpolitik mit flexiblen Arbeitszeiten, das Angebot einer Kinderbetreuung etc. 5

Fazit

Zielsetzung des vorliegenden Beitrags war es, Argumente anzufftihren, weshalb die in letzter Zeit verst~irkte Ausrichtung an positiven Ph~inomenen und subjektivem Glticksempfinden einzelner Mitarbeiter auch aus untemehmerischer Perspektive sinnvoll sein kann. Hierzu wurde Bezug genommen auf die so genannte Happiness-Forschung, auf das neue Forschungsfeld des Positive Organizational Scholarship sowie auf einige zentrale Studien zum Thema. Dartiber hinaus konnten einige Ideen skizziert werden, wie aus Sicht der Untemehmens~hrung und eines Positiven Managements in Richtung glticklicher Mitarbeiter gedacht und gehandelt werden kann. Insgesamt erscheint das Denken in Richtung positiver Emotionen und Gltick auch in einer betriebswirtschaftlichen Sichtweise anregend und sinnvoll. Die diesbeztigliche Forschung hat jedoch noch zentrale Schw~ichen. Hingewiesen sei hier nochmals auf die Unklarheit des Konstrukts Gltick sowie auf die zwar hier ange~hrten, nahe liegenden, aber nicht vollst~indig gekl~irten Kausalit~itsbeziehungen zwischen individuellem Gltick und betriebswirtschaftlichem Un-

Individueil-subjektives GIt~cksempfindenals unternehmerischer Erfolgsfaktor

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temehmenserfolg. Zu bedenken ist an dieser Stelle auch die Janusk6pfigkeit individuellen GlOcksempfindens (siehe Ringlstetter und Mtiller-Seitz in diesem Band). Offensichtlich existiert ein t~berbordendes Glticksge~hl, das zu einer unrealistischen W a h m e h m u n g der Realit/~t ~ h r e n kann und dadurch untemehmerisches Handeln verunm6glicht. K1/~rungsbedt~rftig ist auch die Frage, wie stark sich individuelles Glfick durch die oben beispielhaft skizzierten Instrumente der Untemehmensfiihrung tats~chlich beeinflussen 1/~sst. Unbeschadet dieser Kritikpunkte, scheint die Besch/fftigung mit Glt~ck und anderen positiven Ph/~nomenen jedoch lohnenswert. Es handelt sich dabei nicht nur um eine spannende Verlagerung des bisherigen Forschungsfokus, sondem auch um eine Erweiterung durch andere Disziplinen, die einen akademischen Austausch und eine umfassendere Betrachtungsweise yon organisationalen Ph~nomenen fOrdem d~irfte.

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Teil 3: EineBetrachtungpositiverPhanomeneauf organisationalerEbene

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Teil 3" Eine Betrachtung positiver Ph~inomene auf organisationaler Ebene Organisationale Energie- wie Ftihrungskr~ifte durch Perspektive und Stolz Potenziale freisetzen Heike Bruch und Stephan BOhm Eigennutz oder Reziprozit~it?- Steuerung von Unternehmenskooperationen durch Prozessteams Michael Gaitanides und Markus GObel Die Bedeutung von Talent ftir den Erfolg von Unternehmen Tina Vitzthum und Gerald Wood Corporate Volunteering als Element des Positive Organizational Scholarship AndrO Habisch Positives Management, ethikorientierte Ftihrung und Center of ExcellenceWie Unternehmenserfolg und Entfaltung der Mitarbeiter durch neue Unternehmens- und Ftihrungskulturen gef6rdert werden k6nnen Dieter Frey, Silvia Oflwald, Claudia Peus und Peter Fischer

OrganisationaleEnergie

Organisationale Energie- wie Fiihrungskriifte durch Perspektive und Stolz Potenziale freisetzen Heike Bruch und Stephan BOhm

Das Konstrukt der Organisationalen Energie Energiezust~inde in Untemehmen 3 3.1 3.2 3.3 3.4

4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6

Identit~it als Treiber Organisationaler Energie Geringe Perspektive und geringer Stolz als Treiber resignativer Tr~igheit Ausgepr~igte Perspektive und geringer Stolz als Treiber korrosiver Energie Geringe Perspektive und ausgepr~igter Stolz als Treiber angenehmer Tr~igheit Ausgepr~igte Perspektive und ausgepr~igter Stolz als Treiber produktiver Energie Fazit: Implikationen ftir das Management Organisationale Energie als Voraussetzung einer positiven Unternehmensentwicklung Verlust von Perspektive und Stolz als Ausl~ser von ,,Energiekrisen" Gezielte St~irkung der Untemehmensidentit~it FOrdemng der Zukunftsperspektive im Untemehmen FOrderung von Stolz im Unternehmen Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

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OrganisationaleEnergie

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Das Konstrukt der Organisationalen Energie Organisationale Energie stellt ein bisher nur in Grundztigen erforschtes Konstrukt dar. Es beschreibt das Ausmal3, in dem ein Untemehmen sein emotionales, mentales und aktionales Potenzial ftir die Verfolgung seiner Ziele mobilisiert hat (Bruch/Ghoshal 2003; 2004). Die St~irke der Organisationalen Energie eines Untemehmens kommt in dem Ausmal3 an Temperament, Intensit~it, Geschwindigkeit und Durchhalteverm6gen seiner Arbeits-, Ver~inderungs- und Innovationsprozesse zum Ausdruck. Organisationale Energie beeinflusst die Produktivit/at in Untemehmen mal3geblich und h~ingt daher eng mit dem Erfolg yon Untemehmen zusammen. Dynamischen Untemehmen gelingt es, die Energie der Organisation zu mobilisieren und durch eine Fokussierung auf Ver~inderungs- und Innovationsprozesse produktiv zu nutzen (Owen 1983; Tushman/O'Reilly 1996). Dauerhaft erfolgreiche Firmen schaffen es dartiber hinaus, die Energie des Untemehmens langfristig zu erhalten. Im Gegensatz zu individuumsbezogenen Energiebegriffen handelt es sich bei Organisationaler Energie um ein kollektives Konstrukt, das die synergetischen Wirkungen individueller Potenziale berticksichtigt (Etzioni 1975). Organisationale Energie ist demnach nicht einfach die Summe der individuellen Energien yon Ftihrungskr~iften und Mitarbeitem im Untemehmen, sondem ein eigenst~indiges Konstrukt.

Energiezustfinde in Unternehmen Organisationale Energie kann verschiedene Zust~inde aufweisen. Die empirische Forschung zeigt, dass Energiezust~inde mit Hilfe von zwei unabhdingigen Dimensionen beschrieben werden k6nnen - Qualit~it und Intensit~it Organisationaler Energie (Bruch/Ghoshal 2003; Bruch/Vogel 2005). Die Intensitdit der Organisationalen Energie spiegelt das Ausmal3 wider, in dem ein Untemehmen sein Potenzial aktiviert und ftir die Erreichung der Unternehmensziele nutzbar gemacht hat. Dies zeigt sich u. a. im Aktivit~itsniveau, in der Interaktions- und Kommunikationsintensit~it sowie in dem Ausmal3 an Wachsamkeit und emotionaler Spannung, die in einem Unternehmen vorherrschen. Die Qualit~it Organisationaler Energie beschreibt haupts~ichlich, inwieweit emotionale, mentale und aktionale Potenziale auf gemeinsame zentrale Untemehmensziele - konstrukt i v - ausgerichtet sind. Positive Organisationale Energie ist durch Begeisterung, Spal3 oder Zufriedenheit mit den zentralen Aktivit~iten des Untemehmens charakterisiert. Negative Organisationale Energie zeigt sich in einer fehlenden gemeinsamen Ausrichtung der Kr~ifte im Unternehmen. Eine negative Qualit~it der Energie liegt vor, wenn Emotionen wie Angst, Frustration oder ,~rger vorherrschen und sowohl die mentalen Potenziale als auch die Aktivit~iten eher auf die Maximierung von Partikularinteressen, die Verteidigung eigener Besitzst~inde oder die Schw~ichung anderer Unternehmenseinheiten gerichtet sind als auf die Verfolgung der Unternehmensziele. Eine Kombination der beiden Dimensi-

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Heike Bruchund StephanBOhm

onen zeigt vier typische Energiezust~inde von Untemehmen (siehe Abbildung

1).

Hoch

Korrosive Energie

Produktive Energie

Resignative Tr~igheit

Angenehme Tr~igheit

Negafiv

Positiv

INTENSITAT Niedrig

QUALIT,~T

Abbildung 1: Zustande Organisationaler Energie (Bruch/Voge12005) =~ Resignative Tr(~gheit: Unternehmen mit resignativer Tr~igheit sind von negativen Emotionen wie Entt~iuschung, Frustration oder Indifferenz gekennzeichnet. Diese treten zusammen mit einem niedrigen Aktivit~itsniveau, einer reduzierten Interaktions- und Kommunikationsintensit~it sowie einem geringen Interesse an den Unternehmenszielen auf. Die h/iufigste Ursache resignativer Tr~igheit sind anhaltende, wenig erfolgreiche Ver/inderungsprozesse. Langfristig ftihren dauerhafte Change-Prozesse oder scheinbar nicht endende Ketten von Ver~inderungen zu Erschtipfung und ChangeMtidigkeit bis hin zu organisationalem Burnout (Greenwood/Greenwood 1979). e~ Korrosive Energie." Bei Vorherrschen von korrosiver Energie weisen Untemehmen zwar ein hohes MaB an Aktivit~it, Wachheit und emotionaler Involviertheit auf. Kennzeichnend ist jedoch, dass hohe Intensit~it mit einer for das Unternehmen negativen Ausrichtung zusammentrifft. Bei Unternehmen mit hoher negativer Energie ist ein GroBteil der Anstrengung nicht in gemeinsamen produktiven Arbeits- und Ver/~nderungsprozessen, sondern in internen K/ampfen, Spekulationen oder mikropolitischer Aktivit/at gebun-

OrganisationaleEnergie

171

den. Korrosive Energie ~hrt dazu, dass sich Untemehmensbereiche gegenseitig schw~ichen und gemeinsame Initiativen oder Innovationen beeintr~ichtigt oder verhindert werden. Angenehme Tragheit." Untemehmen im Zustand angenehmer Tr~igheit sind durch niedrige, positive Energie gekennzeichnet (Sull 1999). Das wesentliche Charakteristikum ist das Vorherrschen von Zufriedenheit mit dem Status Quo (Kotter 1995). Dies geht mit einer eher geringen Handlungsintensit~it, niedrigen Wachsamkeit und einer schwachen emotionalen Spannung einher. Angenehme Tr~igheit ist h~iufig die Folge von l~inger anhaltendem Erfolg und ftihrt in der Regel zu einer deutlich reduzierten ChangeF~ihigkeit von Organisationen. In der Folge wird auch bei sich ~indemden Bedingungen nur schwer die Notwendigkeit gesehen, Ver~inderungen im Managementsystem zu initiieren und das bew~ihrte Erfolgsmuster zu verlassen (Tushman/O'Reilly 1996). Produktive Energie. Untemehmen mit hoher positiver Energie gelingt es, Emotionen, Aufmerksamkeit und Anstrengungen auf die Erreichung zentraler Ziele auszurichten, so dass erfolgskritische Aktivit~iten mit groBer Kraft gemeinsam vorangetrieben werden. Es herrscht eine erhOhte Wachsamkeit ~r relevante Informationen und eine hohe Interaktionsintensit~it vor; die Geschwindigkeit von Kommunikationsprozessen ist deutlich erh6ht (Cross et al. 2003). Im Mittelpunkt steht die Suche nach gemeinsamen Probleml6sungen ~r erfolgskritische Initiativen. Im Zustand produktiver Energie arbeiten Untemehmen hochgradig effektiv. Sie bew~iltigen Herausforderungen ztigig, sind aufSerordentlich innovativ und in hohem Mal3e erfolgreich.

Identitfit als Treiber Organisationaler Energie Das Besondere an Organisationaler Energie ist die gemeinsame Ausrichtung auf tibergeordnete Ziele. Nicht mehr das Potenzial oder die Leistung des Einzelnen, sondem die personentibergreifende, unternehmensweite Anstrengung aller Mitarbeiter ist ein Kernmerkmal der Organisationalen Energie. Von zentraler Bedeutung ist daher das ,,Wir-Ge~hl" bzw. die Identit~it innerhalb des Untemehmens. Diese gemeinsame Wahrnehmung der ,,zentralen, dauerhaften und charakteristischen Eigenschaften" einer Organisation (A1bert/Whetten 1985, S. 265) sorgt da~r, dass die Mitarbeiter die Ziele und Erfolge des Unternehmens als ihre eigenen begreifen (Mael/Ashforth 1992) und sich selbst zunehmend tiber ihre Firmenmitgliedschaft definieren (Dutton et al. 1994). So wirkt Identit~it als starkes, verbindendes Element, welches die Verfolgung und Erreichung gemeinsamer Ziele wesentlich erleichtert. Dadurch hat Identit~it einen direkten Einfluss auf die Entstehung der verschiedenen Energiezust~inde einer Untemehmung. W~ihrend eine starke, fest verankerte und zukunftsgerichtete Identit~it die Entstehung von hoher, produktiver Energie unter-

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Heike Bruch und Stephan B0hm

stOtzt, f'Ordert eine schwache oder r~ckw~irtsgerichtete Identit~it eher die weniger produktiven Energiezust~inde. Um diesen Wirkungszusammenhang besser zu verstehen, werden im folgenden zun~ichst der Begriff und die Bestandteile yon organisationaler Identit~it betrachtet. Qualitative und quantitative Forschung zur Identit~it weist auf zwei zentrale Inhalte hin: Perspektive und Stolz (Bruch/B/Jhm

2004). Der Begriff der Perspektive beschreibt, inwieweit eine Firma eine klar fokussierte Zukunftsausrichtung besitzt. Diese im Untemehmen geteilte Perspektive setzt sich dabei aus einem Dreiklang von langfristiger Vision, mittelfristiger Strategie und eher kurzfristigen Initiativen und Zielen zusammen. Im Idealfall verfolgt eine Firma eine klar akzentuierte Vision, welche sinnstiftend, motivierend und handlungsleitend wirkt (Mtiller-Stewens/Lechner 2001). Diese gibt dem Untemehmen die langfristigen Entwicklungsziele vor. Erg~inzt wird dies durch eine Untemehmensstrategie, welche klar auf die Erreichung der Vision ausgerichtet ist. Mit Hilfe von eher kurzfristigen Initiativen wird diese Strategie schliefSlich implementiert und umgesetzt. Zusammen genommen entsteht so eine klare Zukunftsorientierung, die die Mitarbeiter und ihre Aktivit~iten gemeinsam ausrichtet und sie durch die geteilte Zukunftsperspektive an das Untemehmen und die tibergeordneten Ziele bindet. Entscheidend ist hierbei, dass dieses Bild der zuktinttigen Entwicklung nicht dem Top-Management vorbehalten bleibt, sondem dass es kaskadenf'6rmig durch die Organisation kommuniziert wird. Werden alle Mitarbeiter erreicht, so gibt eine solche gemeinsame Perspektive dem Untemehmen ein klares und einheitliches Bild der gemeinsamen Zukunft vor. So hat jeder einzelne eine Vorstellung, wohin man sich gemeinsam entwickeln will und welche Rolle er dabei spielt. Ist die organisationale Perspektive dagegen nur gering oder gar nicht ausgepNigt, so herrscht im Untemehmen Verwirrung fiber die gemeinsame Zukunft, die relevanten T~itigkeiten, Priorit~iten und die eigene Rolle. Das Unternehmen verfolgt keine einheitliche und zukunttsgerichtete Vision, es ist unklar, woftir die Untemehmung in Zukuntt stehen soil und wie sie dort hinkommt. Als Folge dieser Perspektivlosigkeit wird das Wir-Ge~hl beeintr/achtigt, es herrschen oflmals unterschiedliche Vorstellungen, Interessen und Spekulationen bzgl. der Zukunft vor. Erg/anzt wird diese Zukunt~sausrichtung durch einen zweiten Kembestandteil der Identit/~t- den Stolz auf das Untemehmen und die gemeinsamen Errungenschatten. Ein solcher gemeinsamer oder geteilter Stolz leitet sich oft aus einer erfolgreichen Untemehmensgeschichte ab. Neben vergangenen Erfolgen gibt es weitere bedeutende Quellen von Stolz. Hierzu geh6ren das Bewusstsein ftir die spezifischen St~irken der Organisation, welche oft mit den Kernkompetenzen des Untemehmens in Zusammenhang stehen (Prahalad/Hamel 1990). Auch angestammte Gesch/fftsfelder und traditionelle T/atigkeitsbereiche k6nnen

OrganisationaleEnergie

173

zu einem starken verbindenden Element und zu einem Treiber von Stolz werden. Daneben sind es zumeist besondere Werte, Traditionen oder Kulturelemente, welche die Mitarbeiter mit einem gemeinsamen Stolz auf das Untemehmen erftillen. Auf diese Weise wird die zukunftsgerichtete Perspektive durch den aus der Vergangenheit abgeleiteten Stolz erg~inzt. Ist der gemeinsame Stolz stark ausgepr~igt, so ftihlen sich die Mitarbeiter nachhaltig mit ihrer Firma oder Organisationseinheit verbunden. Sie sind stolz, ein Teil des Unternehmens zu sein und ihren Beitrag zu leisten (Ashforth/Mael 1989; Pratt 1998). Ist der organisationale Stolz hingegen nur schwach oder nicht vorhanden, so fehlt eines der wichtigsten verbindenden Elemente der Organisation. Die Mitarbeiter begreifen sich eher als Individuen, weniger als Teil eines gr~Beren Ganzen. S ie distanzieren sich vonder Gemeinschaft bzw. es ist ihnen mitunter sogar peinlich, zu einem Untemehmen zu gehtiren. Zusammengenommen beschreiben Perspektive und Stolz die Identit~it eines Untemehmens. Beide Dimensionen haben dabei einen starken Einfluss auf die Organisationale Energie von ganzen Unternehmen oder einzelnen Bereichen (siehe Abbildung 2).

Hohe Perspektive Geringer Stolz

I-Ioch

Hohe Perspektive Hoher Stolz

Korrosive Energie

Produktive Energie

Resignative Tr~igheit

Angenehme Tr~igheit

INTENSITAT

Niedrig

Geringe Perspektive Geringer Stolz

QUALITAT

Geringe Perspektive Hoher Stolz

Abbildung 2: Perspektive und Stolz als Einflussfaktoren Organisationaler Energie

174

3.1

Heike Bruch und StephanB0hm

GeringePerspektive und geringer Stolz als Treiber resignativer Trdgheit

Besonders deutlich wird der Einfluss der Identit~it auf die Organisationale Energie, wenn sowohl Perspektive als auch Stolz im Untemehmen nur gering ausgepr~igt sind oder g~inzlich fehlen. In diesem Fall ist die Identit~it eines Unternehmens in groBem MaBe ersch6pft und aufgel6st, die Mitarbeiter sind vergleichsweise orientierungslos. Fast immer ftihrt dieser gleichzeitige Mangel an Perspektive und Stolz zu einer Form von resignativer Tr~igheit. M~gliche Ausl6ser ~ r eine solche Entwicklung sind u. a. schnelle, nicht nachvollziehbare strategische Richtungswechsel, radikale, wenig Erfolg versprechende Change-Initiativen sowie willktirlich anmutender Langzeit-Change. Die Mitarbeiter k6nnen in diesen F~illen nur schwerlich erkennen, welche Ziele das Top-Management verfolgt. Noch weniger ist ihnen klar, wie sie zum Erfolg des Unternehmens beitragen k~nnen. Zudem schl~igt sich die fehlende strategische Perspektive oftmals bereits in einer negativen Gesch~.ftsentwicklung nieder, wodurch der organisationale Stolz weiter angegriffen wird. Die Mitarbeiter k6nnen sich nicht mehr mit dem Unternehmen identifizieren und begreifen sich nicht mehr als Teil einer Gemeinschaft- sie sind nicht mehr stolz, zu ihrem Untemehmen zu geh~ren. Die Mitarbeiter definieren sich nur noch als Individuen, die kaum noch mehr etwas Positives mit der Organisation verbindet. Dadurch versuchen sie, sich innerlich vom Misserfolg des Unternehmens zu distanzieren (Ellemers et al. 2004). Diese allgemeine Gleichgt~ltigkeit gegentiber dem Unternehmen geht mit negativen Emotionen wie Frustration oder Resignation bis hin zu Burnout oder Apathie einher. Angesichts der Perspektivlosigkeit und mangelnden Hoffnung unternimmt kaum jemand ernsthafte Anstrengungen die Lage zum Guten zu wenden. So stellt sich durch das Fehlen von Perspektive und Stolz resignative Tr~igheit im gesamten Unternehmen ein. Die fiir resignative Tr~igheit typische Lethargie wirkt direkt auf die Produktivit~it der Firma; diese leidet nachhaltig. Eine solche Situation l~isst sich am Beispiel der Firma ABB illustrieren, welche 1987 im Zuge der Fusion zwischen der schwedischen Asea Gruppe und dem schweizerischen Brown Boveri Konzern entstand. Der Konzern, welcher mit 170.000 Mitarbeitern einer der gr6Bten Industrieunternehmen jener Zeit war, erlebte unter dem damaligen CEO Percy Barnevik ein rasantes Wachstum. Allein in den ersten beiden Jahren kaufte Barnevik 55 weitere Untemehmen (Bruch/Jenewein 2004), die oft nur wenig mit ABBs Kemgesch~ift zu tun hatten. Dieser extreme Akquisekurs fiihrte zu einer hochkomplexen Organisationsstruktur und verw~isserte zusehends ABBs Perspektive. Die Mitarbeiter waren zwar zun~ichst auBerordentlich stolz, ,,ABBIer zu sein", es war ihnen jedoch zusehends weniger klar wo~r ihr Unternehmen stand und in welche Richtung es sich zukt~nftig entwickeln sollte. Dieser Prozess nahm an Fahrt zu, als G6ran

OrganisationaleEnergie

175

Lindahl- Barneviks Nachfolger- damit begann, den Industriekonzern mit Hilfe von e-commerce und internetbasierten Prozessen zu einer Knowledge Company umzubauen (Bruch/Jenewein 2004). Die Mitarbeiter verloren mehr und mehr das Vertrauen in die Zukunftsfahigkeit des Konzerns, da sie die strategischen Entscheide ihrer Vorgesetzten nicht mehr nachvollziehen konnten. Binnen eines Jahres (1999-2000) fiel der Umsatz um 1,72 Milliarden US-Dollar, der Nettogewinn ging um 10,5 % zurOck und der B~rsenkurs verlor fast ein Drittel seines Wertes. Schritt f'tir Schritt wurde auch der Stolz und die Verbundenheit zu den Wurzeln des Unternehmens empfindlich angegriffen. Der Verkauf von Kernbereichen, die sptirbar negative Gesch~ftsentwicklung sowie die immer negativer werdende Berichterstattung der Presse erschtitterten das Selbstbewusstsein der Organisation nachhaltig. Ihren H6hepunkt fand diese Entwicklung, als der neu bestimmte CEO JOrgen Centerman einen abermaligen, abrupten Strategiewechsel vollzog und ABB nach vier Kunden- und zwei Produktgruppen organisierte. Das Gesch~iftsergebnis verschlechterte sich daraufhin weiter: Im Jahr 2001 wies das Untemehmen einen Verlust von 691 Millionen US-Dollar aus und die Schulden erreichten bis Mitte 2002 mit 5,2 Milliarden US-Dollar einen Rekordstand (Bruch/Jenewein 2004). Das einstmals gefeierte Unternehmen hatte zu diesem Zeitpunkt seine ehemals so starke Identit~it verloren; Perspektive und Stolz waren vernichtet worden. Die produktive Energie war resignativer Tr~gheit gewichen und die Oberlebensf~ihigkeit des Konzerns war ernsthaft bedroht. Erst unter dem neuen CEO Jtirgen Dormann konnte diese prek~ire Lage ab September 2002 0berwunden werden. Neben einigen tiberlebensnotwendigen SofortmaBnahmen, setzte Dormann in seinem erfolgreichen Turnaround vor allem auf den bewussten Wiederaufbau von Perspektive, Stolz und Vertrauen in das Untemehmen, wodurch er ABB im Jahr 2004 wieder in die Gewinnzone f'tihren konnte (Bruch/Jenewein 2004; Bruch/B6hm 2004).

3.2

AusgeprcigtePerspektive und geringer Stolz als Treiber korrosiver Energie

Der Zustand der korrosiven Energie wird ebenfalls durch einen nur geringen oder nicht vorhandenen Stolz begtinstigt. Allerdings kann hier durchaus eine starke organisationale Perspektive vorherrschen, welche sich jedoch meist nur auf einzelne Teile des Unternehmens beschr~inkt oder sich nicht ~ r alle Mitarbeiter als gleich darstellt. Oftmals sind es strukturelle Ursachen, die eine solche Wirkung entfalten. So gibt es in vielen Unternehmen spezifische Arbeitsformen oder Berufsgruppen, die weniger stark in das Unternehmen integriert sind. Dies trifft beispielsweise auf Mitarbeiter im AuBendienst zu, welche den GroBteil ihrer Arbeitszeit auBerhalb des Unternehmens verbringen und daher eine nur geringe Anbindung an das Unternehmen haben. Als Folge entwickeln sie ihre eigene Subkultur und ihre eigene Perspektive, die in sich sehr eng sein kann,

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Heike Bruch und Stephan B0hm

vom Rest des Untemehmens jedoch weitgehend entkoppelt ist (Bruch/Vogel 2005). So verlieren Notwendigkeiten und Empfindlichkeiten des eigenen Unternehmens schleichend an Bedeutung, der Stolz auf die Berufsgruppe wird wichtiger als der Stolz, zum Unternehmen zu geh6ren. Obwohl die einzelne Gruppe eine starke organisationale Perspektive haben kann, wird diese meist von den anderen Untemehmensmitgliedern nicht geteilt. Die Entstehung von korrosiver Energie wird stark begtinstigt, da es verschiedene Gruppen im Unternehmen gibt, die gegens~itzliche Perspektiven und Ziele verfolgen (Bruch/Ghoshal 2004). Eine solche Situation kann auch in Change-Situationen entstehen, wenn das Management das Fehlen einer zukunftsgerichteten Perspektive erkennt und aktiv gegensteuert- dabei aber das verbindende Element des organisationalen Stolzes (noch) nicht erzeugen kann und diesen zun~ichst sogar schw~icht. Gerade in groB angelegten Wandelprozessen, strategischen Neuausrichtungen oder Kostensenkungsprogrammen kommt es zu tief greifenden Einschnitten in die Organisationsstruktur (Kotter 1995). Hierzu z~ihlen zum Beispiel der Verkauf angestammter Gesch~iftsfelder und der Abbau von Arbeitspl~itzen sowie die Abkehr von traditionellen Prozessen und Routinen. Diese MaBnahmen kOnnen for den einzelnen Mitarbeiter sehr schmerzhaft sein und zum Verlust des gemeinsamen Stolzes und des Zusammenhalts ftihren. Der zukunftsgerichteten Perspektive des Managements stehen dann die eher besitzstandswahrenden Wtinsche der Mitarbeiter gegentiber. Da das verbindende Element des Stolzes aber zuvor geschw~icht wurde, beginnen die unterschiedlichen Gruppen im Unternehmen bewusst oder unbewusst gegeneinander zu arbeiten. Es kommt zu korrosiver Energie. Beide Ursachen- strukturelle G~nde wie Wandelinitiativen- ftihren letztlich dazu, dass die Mitarbeiter beginnen, Partikularinteressen zu verfolgen und sich zun~ichst um das eigene ,,Oberleben" in der Firma zu ktimmem (Ellemers et al. 2004). Negative, emotional aufgeladene Spannungen sowie interne K~impfe sind an der Tagesordnung. Obwohl die Mitarbeiter wissen, welche Ziele sie verfolgen mtissen, fehlt ihnen vielfach das entscheidende gemeinsame Erfolgserlebnis, welches die korrosive Energie in produktive Energie umwandeln k6nnte. Am Beispiel des Pilotenstreiks bei Lufthansa im Jahre 2001 wird deutlich, welch immense, zersttirerische Kraft korrosive Energie entwickeln kann (Bruch 2003). Obwohl Lufthansas Gesch~iftsergebnis im Jahr 2000 mit einem Gewinn von etwa 700 Millionen Euro auBergew6hnlich gut war, zeichneten sich bereits schwache Signale ftir einen wirtschaftlichen Abschwung ab. Dies wurde vom Management erkannt, worauf der damalige CEO Jtirgen Weber mit der Konzeption eines erneuten Kostensparprogramms begann (Bruch/Gerber 2003). Diese starke Zukunflsperspektive des Managements wurde nicht von allen Mitarbeitern im Unternehmen geteilt. Praktisch zeitgleich begannen die Piloten mit ei-

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177

nem hart ge~hrten Arbeitskampf, in dem sie eine LohnerhOhung von rund 30 % forderten. Hieraus entwickelte sich die schonungsloseste Tarifauseinandersetzung in der Geschichte der Lufthansa, die erst durch die Einsetzung des fr~heren deutschen AuBenministers Hans-Dietrich Genscher als Schlichter gel6st werden konnte (Bruch 2003). Dabei 16ste die Brutalit~it und Rticksichtslosigkeit, mit der eine Berufsgruppe ihre eigenen lnteressen durchsetzte, nicht nur beim Top-Management Entsetzen und intensive Gegenreaktionen aus. Typisch ftir eine Phase korrosiver Energie war dabei, dass in kurzer Zeit gemeinsame Oberzeugungen, Vertrauen und Werte zerstOrt wurden, obwohl diese tiber Jahre aufgebaut und gefestigt wurden. Die Auswirkungen der korrosiven Energie des Pilotenstreiks waren weit reichend. Neben den einmaligen Streikkosten von 75 Millionen Euro und den zus~itzlichen j~ihrlichen Personalkosten von 125 Millionen Euro, erlitt vor allem die Konsenskultur des Unternehmens, der Gemeinschaftssinn sowie der Zusammenhalt erheblichen Schaden (Bruch 2003). Ursachen ftir diese korrosive Dynamik liegen vor allem in Fragen der Identit~it. )~anlich wie der AuBendienst in anderen Unternehmen, waren die Piloten bei der Lufthansa weniger stark in das restliche Unternehmen integriert. Zus~itzlich hatten sie einen starken, vor allem durch ihre Profession getriebenen Stolz entwickelt, der sie vom restlichen Unternehmen trennte. Speziell durch die wachsende Integration innerhalb der Star Alliance identifizierten und assoziierten sich die Piloten zunehmend mit ihren internationalen Kollegen anderer Fluggesellschaften statt mit der Lufthansa. Im internationalen Vergleich fuhlten sie sich in ihrer Bezahlung benachteiligt und unfair behandelt. Das Wir-Ge~hl innerhalb der Berufsgruppe der Piloten war stg.rker geworden als innerhalb des Untemehmens (Bruch/Ghoshal 2000). So entwickelten sie spezielle Partikularinteressen und der notwendige Beitrag zum grOBeren Ganzen wurde negiert. Die verschiedenen Gruppen im Unternehmen entwickelten eine starke korrosive Energie, d. h. sie arbeiteten aktiv gegeneinander und schwg.chten das Unternehmen bewusst durch destruktive Aktivit~iten.

3.3

Geringe Perspektive und ausgeprcigter Stolz als Treiber angenehmer Trcigheit

Die umgekehrte Auspr~igung, d. h. eine Identit~it welche durch einen hohen gemeinsamen Stolz und eine geringe geteilte Perspektive gekennzeichnet ist, wirkt als Treiber von angenehmer Tr~igheit. Unternehmen in einem solchen Zustand kOnnen in vielen F~illen auf eine ~iuBerst positive Vergangenheit zurtickblicken. Sie bestehen oftmals seit vielen Jahrzehnten und waren in ihren M~irkten meist sehr erfolgreich. Die Mitarbeiter sind stolz auf das Geleistete und das Image ihrer Firma (Dutton/Dukerich 1991; Dukerich et al. 2002).

178

Heike Bruch und Stephan B0hm

Stark ausgepr~igter Stolz kann zu Selbstgent~gsamkeit oder Obersch~itzung ftihren, wenn die Zukunftsorientierung und die Bereitschaft, sich weiter zu entwickeln, schwach sind. Ist die Perspektive nicht vorhanden oder den Mitarbeitem nicht klar, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Untemehmen vergleichsweise tr~ige oder ziellos agiert. Im gesamten Unternehmen breitet sich nach und nach angenehme Tr~igheit aus, die dazu fahrt, dass die Wettbewerbsumgebung in vielen F~illen nur noch unzureichend analysiert wird und die Auswahl neuer Gesch~iftstO.tigkeiten z. B. aufgrund von Macht- oder Prestigestreben erfolgt. Die Mitarbeiter und das Management sind stolz auf das Erreichte, verlieren dabei aber nach und nach die Zukunftsperspektive aus den Augen (Bouchikhi/Kimberly 2003; Kotter 1995). Sie laufen Gefahr, hinter die Mitbewerber zuriickzufallen, da sie sich prim~ir auf die eigene Erfolgsgeschichte und weniger auf die ver~inderten Kunden- und Marktbedtirfnisse konzentrieren. Ein eindriickliches Beispiel ftir eine solche Entwicklung zeigt der Fall Bang & Olufsen, D~inemarks weltbekannter Hersteller von hochqualitativen Videound Audiosystemen. Seit ihrer Grandung im Jahr 1925 durch Peter Bang und Svend Olufsen erarbeitete sich die Firma durch kontinuierliche Spitzenleistungen einen herausragenden Rang in ihrer Branche (Ravasi 2004). Die Ingenieure von Bang & Olufsen wurden ftir ihre Entwicklungen gefeiert, die durch technische Brillanz und ein unverwechselbares Design einzigartig waren. Nicht selten fanden die Produkte sogar Platz in Museen, so z. B. der ,,Beogramm 4000", der weltweit erste Plattenspieler mit einem elektronisch betrieben Arm, der ftir die Dauerausstellung im New Yorker Museum of Modem Art ausgew~ihlt wurde (Ravasi 2004). Erfolge wie dieser erzeugten einen ungeheuren Stolz sowie eine starke Identifikation mit dem Untemehmen. Die Kehrseite dieser Medaille wurde jedoch nach und nach sichtbar. Die Entwicklung von formsch6nen Kunstwerken sowie der Gewinn von Designpreisen wurde far das Unternehmen wichtiger als die Herstellung von Produkten, welche am Markt tats~ichlich gefragt waren. Die Mitarbeiter ftihlten sich vorrangig der eigenen technischen Expertise und Erstklassigkeit verpflichtet, weniger dagegen ihren Kunden. Das gesamte Untemehmen geriet mehr und mehr in einen Zustand von angenehmer Tr~igheit. Diese von 0bertriebenem Stolz erzeugte Innensicht, welche die Markt- und Zukunftsperspektive in den Hintergrund treten lieB, fand ihren H6hepunkt in der Entwicklung des ,,Beosystem 6000". Dieses erste ,,quadrophone" Musiksystem der Welt nutzte vier anstatt der 0blichen zwei Lautsprecher, verschlang mehr als 100 Millionen Dg.nische Kronen an Entwicklungskosten und wurde nie auf den Markt gebracht. Der Grund daftir war so einfach wie emtichtemd: Es gab keine quadrophonen Schallplatten (Ravasi 2004). Durch den Verlust der Perspektive sowie den hohen Stolz auf die eigenen Leistungen kam es zu angenehmer Tr~igheit im gesamten Untemehmen. Diese machte es der Firma schwer, auf Marktentwicklungen und Trends zu reagieren

OrganisationaleEnergie

179

und fiihrte schlief~lich zu massiven Verlusten. Diese Situation konnten erst durch eine tief greifende Neuausrichtung Mitte der 90er Jahre tiberwunden werden.

3.4

Ausgepr~igtePerspektive und ausgeprcigter Stolz als Treiber produktiver Energie

Im IdealfaU treten hoher Stolz und hohe Perspektive gemeinsam auf. Damit erzeugen sie eine stabile, zukunftsgerichtete Identit~it im Unternehmen, welche direkt auf die Entstehung und Erhaltung von produktiver Energie wirkt. Hierzu ist es notwendig, dass das Management eine klare Vorstellung der angestrebten Entwicklung hat und diese langfristig verfolgt. Die Vision, die strategische Ausrichtung und die Aktivit~ten des Unternehmens sind dabei meist hoch fokussiert. Diese klaren Zielvorstellungen, welche die Perspektive des Unternehmens ausmachen, sind allen Mitarbeiter bekannt und werden von ihnen geteilt. Dies bedeutet, dass sie die Unternehmensziele zu ihren eigenen Zielen machen. Den Mitarbeitern ist klar, welchen Beitrag sie mit ihrer Arbeit zum grOf3eren Ganzen und zur Zukunft des Unternehmens leisten k6nnen und mtissen (Dutton et al. 1994). So entsteht hohe produktive Energie, d. h. eine hohe Motivation, Aufmerksamkeit und Aktivit~it in Hinblick auf die gemeinsamen Ziele. Das Unternehmen verfOgt zudem tiber hohen organisationalen Stolz, welcher sich z. B. durch eine erfolgreiche Vergangenheit, gemeinsame Erfolgserlebnisse oder ein hohes Bewusstsein ~ r die Besonderheiten und St~irken des Unternehmens begrtinden 1/~sst. Die Mitarbeiter begreifen sich als einen wichtigen Teil der Gemeinschaft und beziehen einen grol3en Yeil ihrer pers6nlichen Selbstdefinition aus ihrer Unternehmenszugeh~rigkeit (Dukerich et al. 2002). Sie sind stolz, diese nach auf3en zu kommunizieren und damit als Botschafter ihrer Firma zu wirken. Zusammengenommen ver~gen solche Firmen damit tiber eine fest verankerte, auf die Zukunft ausgerichtete Identit~t. Diese tr~igt dazu bei, die emotionalen, mentalen und aktionalen Potenziale im Unternehmen zu aktivieren und sie auf gemeinsame zentrale Unternehmensziele auszurichten. So setzen sich die Mitarbeiter mit voller Kraft for die Unternehmensziele ein, sie ziehen an einem Strang und aus dem Gemeinschaftssinn entsteht eine gemeinsame Anstrengung. Die starke Identit~it des Unternehmens wird zu einer sich st~indig erneuernden und selbst verst~irkenden Quelle produktiver Energie (Bruch/B0hm 2005). Wie solche Prozesse in der Praxis ablaufen, zeigt sich eindrucksvoll im Ftirstentum Liechtenstein. Hier ist die Hilti Gruppe beheimatet, welche in mehr als 120 L~indern tiber 14.000 Mitarbeiter besch~iftigt. Hilti ist weltweit ~hrend in der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von hochwertigen Produkten for die Bau- und Geb~.udeinstandhaltungsbranche. Seit der Grtindung im Jahr 1941 wurde die Firma nachhaltig von den Werten, Traditionen und 15berzeu-

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Heike Bruchund StephanBOhm

gungen des Grtinders, Martin Hilti, beeinflusst: ,,Die Menschen waren immer im Mittelpunkt, die h6chste Qualitgt ist ein absolutes Muss" (Bruch/Bieri 2003a). Die Mitarbeiter von Hilti haben diese Werte und Ziele tief verinnerlicht. Sowohl Hiltis Tradition und auBergew6hnliche Erfolgsgeschichte als auch die aktuellen Gesch~iftsresultate wirken dabei als konstante Quelle des organisationalen Stolzes aller Mitarbeiter. Seit Jahren ist die Firma der unbestrittene Marktftihrer (Bruch/Bieri 2003a; 2003b). Wie das Beispiel von Bang & Olufsen zeigt, birgt ein solcher Erfolg und Stolz jedoch auch eine gewisse Gefahr. Umso erstaunlicher ist es, dass Hilti nicht in Tr~igheit verf'allt, sondem eine ausgeprggte Zukunftsperspektive besitzt und laufend ein inneres Dringlichkeitsempfinden, einen so genannten ,,proactive sense of urgency", bei allen Mitarbeitem entwickeln kann. Dies gelang Hilti durch den Aufbau einer Kultur, die auf eine konsequente Hinterfragung des Status Quo zielt und permanent die organisationale Perspektive aufrechterh~ilt (Bruch/Ghoshal 2004). Hierfar setzt Hilti eine Reihe yon ausgefeilten Instrumenten ein, welche u. a. die sog. ,,3C Strategie", den ,,Competition Radar" und intensive Kulturtrainings umfassen (Bruch/Bieri 2003a; 2003b). 3C steht dabei ftir ,,Customer Orientation", ,,Competence" und ,,Concentration" und bedeutet eine Orientierung an den Kundenwtinschen, den Ausbau der Kompetenzen im Bereich Qualit~it, Innovation und Prozessmanagement, sowie eine Konzentration auf Erfolg versprechende Produkte und M~irkte. Dadurch wird sichergestellt, dass sich Hilti nur auf solche MO.rkte und Produkte fokussiert, in welchen die Firma die Nummer Eins oder Zwei ist oder dies in naher Zukunft werden kann. Der ,,Competition Radar" wird seit 1994 ~ r die systematische Beobachtung der Wettbewerber genutzt. Er wird von allen Mitarbeitern mit Kunden- und Marktkontakt gepflegt, wodurch nach einem Hilti-Prinzip mindestens 60 % der Mitarbeiter eingebunden sind. So kann Hilti systematisch am Marktgeschehen bleiben, auch schwache Signale aufnehmen und die Zukunftsperspektive eines GroBteils der Mitarbeiter f6rdern. Die Kulturtrainings stellen ein drittes Instrument zum langfristigen Erhalt von Stolz, Perspektive und damit von produktiver Energie dar. Sie zielen darauf, das kritische Denken und die Zukunftsorientierung der Mitarbeiter gezielt anzuregen. So werden Mitarbeiter z. B. dazu gebracht, individuell und in Gruppen konsequent tiber den Fokus und die Energie ihres Handelns nachzudenken bzw. diese systematisch zu verbessern. Zusammengenommen besitzt Hilti einen ausgepr~igten Stolz sowie eine starke zukunftsgerichtete Perspektive, die den langfristigen Erhalt der produktiven Energie sichern und maBgeblich zu Hiltis stabiler Markt~hrerschaft beitragen.

Organisationale Energie

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Fazit: Implikationen fiir das Management 4.1

Organisationale Energie als Voraussetzung einer positiven Unternehmens entw icklung

Untemehmen unterscheiden sich stark in ihrer Organisationalen Energie- der Kraft, Geschwindigkeit und Ausdauer, mit der sie sich ver~indem und Innovationen hervorbringen. Empirische Ergebnisse zeigen, dass sich vier typische Energiezust~inde unterscheiden lassen' produktive Energie, angenehme Tr~igheit, resignative Yr~.gheit und korrosive Energie (Bruch/Vogel 2005). Erfolgreithen Untemehmen gelingt es besser als weniger erfolgreichen Firmen, das vorhandene Potenzial zu mobilisieren und auf die wesentlichen Ziele auszurichten. 4.2

Verlust von Perspektive und Stolz als AuslOser yon ,,Energiekrisen"

Die Identit~.t von Unternehmen wirkt als mal3geblicher Treiber ihrer produktiven Energie. Eine stabile Identit~it sttitzt sich auf zwei Bestandteile: Perspektive und Stolz. Sind beide ausgepr~igt vorhanden, so besteht eine zukunftsgerichtete und tragf~ihige organisationale Identit~it, welche als verbindendes Element ftir alle Mitarbeiter fungiert. Die Vernachl~issigung bzw. der falsche Umgang mit der Identit~it hat dagegen oftmals schwerwiegende Folgen. So k6nnen Unternehmen bei fehlender Perspektive leicht in eine Form von angenehmer Tr~igheit abrutschen, in welcher zwar hoher Stolz vorhanden ist, dieser sich jedoch auf vergangene Erfolge sttitzt und durch die aktuelle Gesch~iftsentwicklung und die Zukunftschancen nicht mehr gedeckt ist. Das Unternehmen wird blind ftir externe Marktentwicklungen und verharrt in Selbstzufriedenheit. Im Falle von nicht vorhandenem Stolz fehlt dem Unternehmen hingegen das verbindende Element bzw. das WirGe~hl. Dies ftihrt zu korrosiver Energie, oder- bei gleichzeitigem Fehlen von Perspektive- gar zu resignativer Tr~.gheit, in welcher das Unternehmen durch vorherrschende Frustration bis hin zu Apathie seine Handlungsf~ihigkeit mitunter v611ig verliert. 4.3

Gezielte Stdrkung der Unternehmensidentitdt

Elementar for den Umgang mit Organisationaler Energie ist zun~ichst das Erkennen der aktuellen Energie, welche das Unternehmen charakterisiert. Auf der Basis einer Ursachenanalyse k6nnen unter anderem gezielte Schritte zur St~irkung der Identit~it als zentraler Treiber der produktiven Energie unternommen werden. Dazu mtissen Ftihrungskr~ifte sehr bewusst vorgehen und bestimmte Aktivit~iten durch~hren, welche gezielt die Perspektive und den Stolz der Organisation f6rdern.

182

4. 4

Heike Bruch und Stephan B0hm

F6rderung der Zukunfisperspektive im Unternehmen

Eine St~rkung der Perspektive beruht zun~ichst auf einer klar kommunizierten und verst~ndlichen Vision und Strategie. Diese geben dem Untemehmen und den Mitarbeitem eine klare zuktinftige Richtung vor. Zudem ist die Entwicklung einer Kultur entscheidend, die das st/indige Hinterfragen des Status Quo f'6rdert. Nur so k6nnen schwache S ignale bereits frtih an verschiedenen Stellen und vor allem von marktnahen Mitarbeitem aufgenommen werden, wodurch eine direkte Reaktion auf die Entwicklungen des Marktes und der Wettbewerber mOglich wird. Hilti und Lufthansa bieten sehr gute Beispiele, wie ein solches Verhalten zu einem Teil der Kultur werden kann (Bruch 2003; Bruch/Bieri 2003a). Als eine zentrale Voraussetzung ftir eine geteilte Zukunftsperspektive erweist sich die intensive Kommunikation der Unternehmensziele innerhalb des gesamten Untemehmens. Nur so kann ein langfristiger Sense of Urgency (Kotter 1995) sowie ein geteiltes Ziel-Commitment (Tuomela/Bonnevier-Yuomela 1997) geschaffen werden. Ein eindrucksvolles Beispiel hierftir stellen die sog. ,,Freitagsbriefe" bei ABB dar, in denen der CEO Jtirgen Dormann w~hrend seiner gesamten Amtszeit zwischen September 2002 und Dezember 2004 alle 135.000 Mitarbeiter jede Woche freitags fiber die aktuelle Lage unterrichtete. In seinen Briefen beschrieb er unverbltimt die aktuelle Situation von ABB, sprach Missst/inde und Vers~iumnisse direkt an, definierte die notwendigen kurz- und mittelfristigen Aktivit/iten, berichtete Fortschritte und brachte seine persOnliche Zuversicht zum Ausdruck (Bruch/Jenewein 2004). Bei tiberkomplexen Strukturen und Verantwortlichkeiten f~illt es Untemehmen oft schwer, eine klare gemeinsame Perspektive zu entwickeln. Die bewusste Vereinfachung yon Prozessen und Organisationsstrukturen ist daher ein weiteres probates Mittel zur Schaffung einer starken Perspektive. So setzte Jtirgen Dormann bei ABB auf eine intensive Verschlankung der Organisation (Eingrenzung der Gesch/iftst~itigkeit auf die zwei Kemgesch/iftsfelder Power Technologies und Automation Technologies), um innerbetriebliche Transparenz zu schaffen, Gesch/iftsabl/iufe zu beschleunigen und eine st~irkere Kundenorientierung zu erm6glichen (Bruch/Jenewein 2004). Auch Hilti setzt mit seinem Direktvertrieb auf eine marktnahe, dezentrale und einfache Organisationsstruktur und erm6glicht damit eine konsequente Fokussierung auf Marktaktivit~iten (Bruch/Bieri 2003a).

4.5

FOrderung yon Stolz im Unternehmen

Neben der Perspektive ist es vor allem der Stolz, der ftir eine stabile Identit/it im Untemehmen verantwortlich ist. Um den Stolz zu st/irken, bieten sich spezielle Teambuilding-Aktivitdten an, die insbesondere nach einer grundlegenden Neu-

Organisationale Energie

183

ausrichtung der Strategie entscheidend sind. Gerade wenn alte Teamstrukturen und Verbindungen aufgehoben wurden, kann durch das gezielte Hervorheben von gemeinsamen Erfolgen (Kotter 1995) ein neues Wir-Gefahl im Untemehmen etabliert werden. Auch die Betonung yon organisationalen Besonderheiten hilft, Stolz aufzubauen. So kann durch die deutliche Kommunikation von organisationalen Stairken eine positive Abgrenzung des Untemehmens von seinen Wettbewerbem erreicht werden. Zu einer wichtigen Quelle von organisationalem Stolz k6nnen auch symbolische Akte werden. Jt~rgen Dormann setzte diese im Turnaround bei ABB sehr bewusst ein, um das Vertrauen der Mitarbeiter in das Management wiederherzustellen. Hierzu z~ihlten u. a. die Abschaffung von Statussymbolen und Privilegien des Vorstandes (SchlieBung des Vorstandskasinos, Verkauf der Firmenjets, etc.), wodurch die Gemeinsamkeiten innerhalb des Untemehmens betont wurden und die Mitarbeiter wieder Stolz far ,,ihre" Firma, ,,ihr" Management und ,,ihren" Turnaround empfinden konnten (Bruch/Jenewein 2004). Zudem kann die Unternehmenskultur einen wichtigen Beitrag zum Aufbau von Stolz und damit zur Freisetzung von produktiver Energie leisten. Durch Betonung von Werten wie Offenheit, Transparenz, Dialogfahigkeit und Respekt wird langfristig der Stolz in die Untemehmenszugeh6rigkeit gef6rdert und produktive Energie in der Organisation erzeugt. Ein weiterer Hebel zur F6rderung von Stolz in Untemehmen ist Lob. Bei eiher betrgchtlichen Zahl von Untemehmen herrscht die Vorstellung vor, dass Lob, das Hervorheben von Erfolgen, Dank oder Anerkennung zu Tr~.gheit ffihren. Daher wird in vielen Untemehmen zu wenig Anerkennung und Feedback gegeben. Damit lassen sie eine, wenn nicht die zentrale Quelle von Stolz ungenutzt. Sie sollten Erfolge hervorheben und im Untemehmen sichtbar machen, feiem und den Beitrag der Mitarbeiter herausstellen. Nur wenn Stolz im Unternehmen vorherrscht, k6nnen sie den Mut und das Selbstbewusstsein entwickeln, um herausfordemde Ziele in der Zukunft anzupacken. An dieser Stelle soil noch einmal angesichts des verbreiteten Missverstgndnisses betont werden: Ja, hoher Stolz kann zu Tr~gheit fahren. Dies wird allerdings nur der Fall sein, wenn damit eine Rfickw~.rtsorientierung einhergeht und die Perspektive fehlt. Sind Stolz und Zukunftsperspektive gleichermal3en stark ausgeprggt, sind sie wesentliche Treiber der produktiven Energie von Untemehmen.

4.6

Verbindung yon Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Eine wesentliche Herausforderung far Ft~hrungskrgfte besteht darin, eine nachvollziehbare Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft herzustellen. Hierbei geht es darum, den verbindenden, oftmals auf vergangenen Erfolgen beruhenden Stolz des Unternehmens zu pflegen (,,wer wir wa-

184

Heike Bruch und Stephan B0hm

ren"), ein realistisches Bild der aktuellen Gesch~iftsentwicklung zu vermitteln (,,wer wir sind") und eine zukunftsgerichtete Perspektive zu verankem (,,wer wir sein wollen"). Durch eine solche Balance aus Zukunftsausrichtung und Besinnung auf gemeinsame und erprobte St~irken bauen sie eine starke Identit~it auf und helfen dadurch, die produktive Energie im Untemehmen zu steigern und diese langfristig zu erhalten. Literatur Albert, S./Whetten, D.A. (1985): Organizational identity; in: Cummings, L.L./Staw, B.M. (Hrsg.): Research in Organizational Behavior, Vol. 7, Greenwich, Connecticut, S. 263-295. Ashforth, B.E./Mael, F. (1989): Social identity theory and the organization, in: Academy of Management Review, Vol. 14, No. 1, S. 20-39. Bouchikhi, H./Kimberly, J.R. (2003): Escaping the identity trap, in: Sloan Management Review, Vol. 44, No. 3, S. 20-26. Bruch, H. (2003): Lufthansa 2003. Energising a decade of change, Case Study an der Universitat St. Gailen. Bruch, H./Bieri, S. (2003a): Hilti 2003. Maintaining a proactive sense of urgency, Case Study an der Universitttt St. Gallen. Bruch, H./Bieri, S. (2003b): Hilti 2003. Maintaining a proactive sense of urgency, Teaching Note zu Case Study an der Universitat St. Gallen. Bruch, H./B6hm, S.A. (2004): ABB 2005. Rebuilding focus, identity, and pride, Teaching Note zu Case Study an der Universitat St. Gallen. Bruch, H./B0hm, S.A. (2005): Organizational energy and the role of identity, in: The Human Factor, Vol. 1, No. 3, S. 38-43. Bruch, H./Gerber, P. (2003): Krisenbewaltigung mit System, in: Personalwirtschaft, 30. Jg., Nr. 10, S. 10-14. Bruch, H./Ghoshal, S. (2000): Lufthansa 2000. Maintaining the change momentum, Case Study an der London Business School. Bruch, H./Ghoshal, S. (2003): Unleashing organizational energy, in: Sloan Management Review, Vol. 45, No. 1, S. 45-51. Bruch, H./Ghoshal, S. (2004): A bias for action. How effective managers harness their willpower, achieve results, and stop wasting their time, Boston. Bruch, H./Jenewein, W. (2004): ABB 2005. Rebuilding focus, identity, and pride, Case Study an der Universitat St. Gallen. Bruch, H./Vogel, B. (2005): Organisationale Energie. Wie Sie das Potenzial Ihres Unternehmens aussch0pfen, Wiesbaden. Cross, R./Baker, W./Parker, A. (2003): What creates energy in organizations, in: Sloan Management Review, Summer, Vol. 44., S. 51-56. Dukerich, J.M./Golden, B.R./Shortell, S.M. (2002): Beauty is in the eye of the beholder. The impact of organizational identification, identity, and image on the cooperative behaviors of physicians, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 47, No. 3, S. 507-533. Dutton, J.E/Dukerich, J.M. (1991): Keeping an eye on the mirror. Image and identity in organizational adaptation, in: Academy of Management Journal, Vol. 34, No. 3, S. 517-554. Dutton, J.E./Dukerich, J.M./Harquail, C.V. (1994): Organizational images and member identification, in: Administrative Science Quarterly, Vol. 39, S. 239-263.

Organisationale Energie

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Eigennutzoder Reziprozitat?

Eigennutz oder Reziprozit~it? - Steuerung von Unternehmenskooperationen durch Prozessteams

Michael Gaitanides und Markus GObel

1

Einleitung Interorganisationale Austauschprozesse als Werttreiber Prozessintegration durch untemehmensObergreifende Teams Erfolgsfaktoren interorganisationaler Prozessteams Reziproke Motivation in Prozessteams Prozessintegration von relationalen Transaktionsprozessen

7 7.1 7.2

Varianten relationaler Konfigurationen Balancierte Reziprozit~it und formalisierte Kontrolle: Das Beispiel Supply Chain Generalisierte Reziprozit~it und soziale Kontrolle: das Beispiel eines Forschungskonsortiums Konfigurationen, Renten und Reziprozit~iten: Ein Fazit

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Eigennutz oder Reziprozitat?

1

189

Einleitung

Untemehmenskooperationen sind ein ubiquit~ires Ph~inomen moderner Volkswirtschaften. Als solches sind sie far die betriebswirtschaftliche Forschung ebenso wie ftir die unternehmerische Praxis von zentralem Interesse. Ganz gleich ob Joint Ventures im Schiffsbau, Supply Chains in der Automobilindustrie, Strategische Allianzen in der Luftfahrt oder Forschungskonsortien in der Halbleiterindustrie, allen Kooperationsformen ist das Interesse der beteiligten Untemehmen an einer angemessen Verzinsung ihrer eingesetzten Ressourcen gemein. Dieses Interesse an der individuellen Renditemaximierung heigt jedoch nicht zwingend, dass in Untemehmenskooperationen nur pure Zweckrationalit~.t die Handlungen bestimmt. Insbesondere bei der Verteilung der kooperativ erwirtschafteten Renten sind je nach relationaler Untemehmenskonfiguration auch Reziprozit~its- und Faimessnormen direkt verhaltensinduzierend. So unterstreichen Muthusamy/White (2005) die Relevanz von prosozialen Normen far die Rentenverteilung und den Ressourcentransfer in strategischen Allianzen. Da sich die einzelnen Tauschpartner nie sicher sein k6nnen, wie stark sie in der Schuld des Anderen stehen, mtissen in diesen Tauschsystemen best~indig ,,strong feelings of moral obligation to repay" (Muthusamy/White 2005, S. 419) generiert und verst~irkt werden. Jenseits eines puren Utilitarismus basiere das reziproke Engagement des einzelnen Tauschakteurs letztlich auf dem Pflichtge~hl gegenaber der Allianz selbst und den anderen Partnem. Ferrary (2003) macht in seiner Untersuchung tiber gift exchange in Netzwerken des Silicon Valley die Grenzen einer/~konomischen Erklgrung far den untersuchten Ressourcentausch deutlich. ,,The nature of the exchanges is more complex - both in the nature of good exchanged and in its social dimension than in Arm's-Length Exchange" (Ferrary 2003, S. 128). Mit Bezug auf die Qualit~t der Tauschgater und die Dichte des Netzwerks erweist sich vielmehr ,,gift exchanges as the principal explanation of the circulation of goods" (Ferrary 2003, S. 120). Garantiert wird die Reziprozitgt durch die soziale und kulturelle Koh~ision des Tauschsystems. Schlieglich betont Larson (1992, S. 98) in ihrer Untersuchung zu dem Konstitutions- und Steuerungsprozess in Entrepreneurdyaden, dass Vertrauens-, Fairness- und Reziprozit~.tsnormen eine bedeutende Steuerungsfunktion, ,,to permit and / or constrain economic exchange", haben. Im Zuge regelmggiger Tauschzyklen entsteht eine komplexes Tauschsystem, ,,that rests on the entangling of obligations, expectations, reputations, and mutual interests" (Larson 1992, S. 98). Deutlich wird an den genannten Beispielen, dass individuelle Handlungsmotive, interorganisationale Steuerung und relationale Organisationskonfigurationen in einem engen Zusammenhang stehen. So basieren etwa Supply-Chains

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Michael Gaitanidesund MarkusG0bel

oder Joint Ventures i.d.R, auf marktlichen Austauschbeziehungen, die ein utilitaristisches Verhalten evozieren. Hier eignen sich prim/ar wettbewerbsorientierte Anreiz- und Steuerungssysteme. Prominentes Beispiel eines solchen Steuerungssystems ist das Wertmanagement. Hierbei soil die Ressourcenallokation innerhalb des Unternehmens nach Kriterien erfolgen, die auch die Entscheider am Kapitalmarkt zur Beurteilung der Werthaltigkeit eines Untemehmens anlegen. Fokussiert das klassische Wertmanagement auf das investierte Kapital als Werttreiber, so geraten in seiner organisations- und steuerungstheoretischen Erweiterung die (inter-) organisatorischen Prozesse und Relationen in den Analysefokus. Mit steigender Komplexit~it der Untemehmenskooperationen werden jedoch die Grenzen marktlicher Steuerkonzepte deutlich. Eine rein auf zweckrationalen Kalktilen basierende Steuerung erweist sich insbesondere dann als ungeeignet, wenn die Kooperationsrente nicht zweifelsfrei auf die Wertbeitr~ige der einzelnen Untemehmen runtergebrochen werden kann. Wie das Beispiel eines Forschungskonsortiums zeigt, werden in solchen relationalen Konfigurationen prim/ir moralische Handlungsmotive virulent. Im Gegensatz zu marktlichen Steuerungskonzepten fokussiert hier Steuerung auf Reziprozit/at als zentrale prosoziale Norm. 2

Interorganisationale Austauschprozesse als Werttreiber

Bereits Kaplan~orton (2001) haben in ihrem inzwischen weit verbreiteten Konzept der Balanced Scorecard nachdrticklich auf eine vierte Dimension hingewiesen- die Prozessperspektive. Sie verbindet die Mitarbeiterperspektive mit der Kundenperspektive. Es liegt daher nahe, im Wertmanagement die Prozessperspektive nicht zu vemachl~issigen, sondem sie explizit als Werttreiber zu erfassen. Die Prozessperspektive als Steuerungskennzahl wird konzeptionell als Werttreiber zug/inglich gemacht. Das Gesch/iflsprozessmanagement wird gemeinhin als das Instrument ftir die Schaffung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile angesehen. Kemprozesse sind Ressourcen, die strategische Renten schaffen (Osterloh/Frost 2000), wahrnehmbaren Kundennutzen stiften, den Kundennutzen auch zu honorieren bereit sind, sich durch unternehmensspezifische Ressourcenbtindelung und-nutzung auszeichnen (spezifisches Expertenwissen, Ver~gungsrechte, Applikationserfahrungen, Routinen der Wissensakkumulation und-verteilung, technische F/ihigkeiten etc.), durch Imitationsbarrieren vor schneller Nachahmung durch Wettbewerber abgeschirmt sind und

Eigennutzoder Reziprozit~tt?

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durch altemative Probleml6sungen nicht einfach substituiert werden k6nnen. In dem MaBe, wie die Gesch~iftsprozesse dynamische Kemkompetenzen aus einer gezielten Prozessverbesserung in zeitlicher, qualitativer und kostenm/~Biger Hinsicht entfalten, m0ssen sie als Werttreiber auch in den Kennzahlen des Wertmanagement erfasst werden. Gesch~iftsprozesse k6nnen daher im Sinne des Resource Based View (RBV) als Ressourcen verstanden werden, die als Werttreiber der nachhaltigen Rentenerzielung dienen sollen.

Prozessintegration durch unternehmensiibergreifende Teams Intraorganisationale Teams sind ausschlieBlich aus Mitgliedem einer Organisation zusammengesetzt. Interorganisationale Teams zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass ihnen sowohl Mitglieder des Anbieter-Untemehmens als auch Mitglieder des Kunden-Untemehmens angeh6ren. Letztere zielen auf eine intensive Verflechtung zwischen Anbieter- und Kundenuntemehmen (vgl. hierzu ausfdhrlich Gaitanides/Stock 2004; Stock 2003). In vielen F/~llen werden Prozessteams untemehmensObergreifend gebildet. Die Integration der Supply Chain durch Prozessteams findet sich bei Produktentwicklungsteams in der Automobilzulieferindustrie bzw. bei OEMs (Original Equipment Manufacturer) ebenso wie beim Category Management im Handel, das sich vom Hersteller bis zum Verbraucher erstreckt. Gegenstand des Oberbetrieblichen und Wirtschaftstufen Obergreifenden Prozessmanagement ist das Management von Warenstr6men, die nach Endverbraucher orientierten Kriterien gebildet werden. Auf Hersteller und Handelsstufe wird eine Anzahl komplement/~rer Produkte, die aus Anwendersicht in einem Bedarfszusammenhang stehen, durch ein integriertes Prozessmanagement betreut. Im K6rperpflegebereich handelt es sich z. B. um Pflegeserien, die als Warengruppe entwickelt und vermarktet werden. Diesen Koordinationsprozessen obliegen Produkt- und Kundenmanagement zugleich, sofern sie nicht einem speziellen Category Manager Obertragen wurden (vgl. Abbildung 1).

192

MichaelGaitanidesund MarkusG0bel

Herstellerprozesse

Handelsprozesse

Warengruppe

I ~ Produkt-IKundenmanagement-ISourcing-IMarketing-Team "~

>>

>

> >>, >> Y

ndenmanagemen~///~,~ Supply-Team,,,, JDemand-Team)

Abbildung 1: Prozessorientiertes Category Management

Die Prozesse der Warengruppe B werden als traditionelles Kundenmanagementkonzept seitens des Herstellers geffihrt. Aufgaben des Supply-Teams sind Lieferantenmanagement, Disposition und Nachbevorratung, des DemandTeams Sortimentsmanagement, Fl~ichenmanagement, Verkauf und vor allem kooperative Produkteinftihrung (Ahlert/Borchert 2000, S. 112ff.). Die Wertkette wird durch mehrere Schnittstellen (,,M~irkte") unterbrochen, die nicht nur an der Unternehmensgrenze, sondern auch zwischen Einkauf und Verkauf auftreten k6nnen. In der Warengruppe A wird die integrative Prozessdefinition des Gesch~iftsprozesses Warengruppenmanagement dargestellt. Zur Definition und Modellierung dieses Prozesses werden folgende Gestaltungsvorschl~ige gemacht (Ahlert/Borchert 2000, S. 114): Je individueller der Kundenkontakt ist und je mehr die Warengruppe der Profilierung dient, desto differenzierter sollten Varianten des Gesch~iftsprozesses definiert und modelliert werden. => Je mehr die Warengruppe der Ertragsgenerierung dient, desto integrierter und umfassender sollte der Gesch~iftsprozess definiert und modelliert wetden. Routine- und Mitnahmewarengruppen k6nnen dagegen weniger variantenreich modelliert werden. Gemeinsame Aktivit~iten k6nnen zusammengefasst, Transaktionskosten gesenkt sowie Synergie- und Skaleneffekte genutzt werden. Wettbewerbsvorteile entstehen vor allem dadurch, dass durch integrative Leistungsprozesse fiber Unternehmensgrenzen hinweg Kosten-, Profilierungsund sonstige Wettbewerbsvorteile gehoben werden, die sich yon der Produktentwicklung und -ein~hrung, der Sortimentspolitik bis zur Regaloptimierung und Verkaufsf6rderung erstrecken. Ein vororganisatorisches Prozessdesign st6Bt allerdings bei einem ressourcenorientierten Prozessentwurf an Grenzen,

Eigennutzoder Reziprozitltt?

193

wenn der Gesch~iftsprozess umfassend angelegt und detailliert geplant werden soil. Arbeitsinhalte und -verteilung sind mit dem Ziel dynamischer Kompetenzentwicklung (dynamic capabilities) von den Koordinationsteams selbst zu strukturieren, wenn sie Akzeptanz finden und Wettbewerbsvorteile generieren sollen. Die Koordination durch untemehmenstibergreifende Teams wird zudem dadurch erschwert, dass Teammitglieder divergente Untemehmensinteressen verfolgen mtissen. An die Prozessteams werden damit besondere Anforderungen gestellt. Interaktive Prozessteams haben zweierlei Aufgaben zu erftillen. Einerseits k6nnen die Teilprozesse, ftir die Teams eingesetzt werden, oft erst durch das Team selbst strukturiert und modelliert werden, andererseits sind die so definierten Aktivit~iten durch das Team zu vollziehen. Beides wird sich nur in einer Handlungs-Struktur-Rekursivit~it vollziehen k6nnen. Prozesshandeln bildet Prozessstrukturen heraus, Prozessstrukturen erm6glichen wiederum Prozesshandeln. Prozessstrukturen sind sowohl das Medium als auch das Ergebnis des Handelns von Akteuren. Allein dieser Konstruktionslogik ist es zu verdanken, dass Gesch~iftsprozesse die Funktion von Kemprozessen erhalten, die durch ihre Einmaligkeit Wettbewerbsvorteile generieren k6nnen. Die Rekursivit~it als Konstruktionselement von Gesch~iftsprozessen verleiht ihnen den Charakter von intangiblen, untemehmensspezifischen und nicht transaktionsf~ihigen Ressourcen, die Imitationsbarrieren aufwerfen und daher knappe Gtiter darstellen.

4

Erfolgsfaktoren interorganisationaler Prozessteams

Zu den Erfolgsfaktoren von Prozessteams liegt mittlerweile eine Reihe von konzeptionellen Arbeiten und empirischen Untersuchungen vor (vgl. im Oberblick hierzu Stock 2004). Zur Untersuchung des Erfolgs von Kundenbetreuungsteams wird in der Marketingforschung verschiedentlich das so genannte lnput-Process-Output-Modell herangezogen (vgl. u. a. Deeter-Schmelz/Ramsey 2003; De Jong et al. 2004; Helfert 1998; Stock 2004), das ursprtinglich von McGrath (1964) entwickelt wurde. In Anlehnung an dieses Modell lassen sich zwei Kategorien von EinflussgrOl3en des Erfolgs von Kundenbetreuungsteams identifizieren: Die Input-GrOfSen weisen gem~if~der Logik dieses Ansatzes keinen unmittelbaren Effekt auf den Teamerfolg auf, sondern beeinflussen diesen tiber die prozessbezogenen Variablen. Als Input-Variablen werden zumeist umweltbezogene Faktoren (Technologie des Anbieter- bzw. Kunden-Unternehmens, Kundenmerkmale, Merkmale der Gesch~iftsbeziehung, Ressourcenver~gbarkeit usw.) sowie teambezogene (Homogenit~it, Koh~ision, Normen usw.) und personenbezogene (Pers6nlichkeit, Kundenorientierung, kundenbezogene Kenntnisse usw.) Merkmale betrachtet.

194

Michael Gaitanidesund MarkusG0bel

Die Prozess-Gr6gen werden von den Input-Gr6gen beeinflusst und wirken sich unmittelbar auf den Teamerfolg aus. Dieser Kategorie werden insbesondere die interne und kundenbezogene Kommunikation, die Kooperation sowie die Konflikte innerhalb eines Teams zugeordnet. Der Output repr~isentiert die abh~ingige Variable innerhalb des InputProcess-Output-Modells. Hinsichtlich der Kundenbetreuungsteams werden wirtschaftliche Erfolgsgr/Sgen (wie z. B. Umsatz, Marktanteil, Marktwachstum), kundenbezogene Erfolgsgrtigen (wie z. B. Anzahl der Kundenbeschwerden, Kundenzufriedenheit, Kundenbindung) und psycho-soziale mitgliederbezogene ErfolgsgrN3en (wie z. B. Mitgliederzufriedenheit, organisationales Commitment, Kundenorientierung usw.) betrachtet. Unter Zugrundelegung der Logik des Input-Process-Output-Modells kann gezeigt werden, dass sich die personenbezogenen Merkmale (Sozialkompetenz, Fachkompetenz, Teamorientierung) in erster Linie direkt auf den Teamerfolg auswirken, wohingegen teambezogene Merkmale (Homogenit~it, Koh~ision, Ftihrung usw.) indirekt (fiber die Prozessgr6gen) den Teamerfolg beeinflussen. Der Erfolg von Prozessteams wird also wesentlich vonder F~ihigkeit zu Kommunikation und Kooperation bestimmt. Es handelt sich dabei offensichtlich um Ressourcen, die in der Literatur als ,,dynamic capabilities" bezeichnet werden, denn es geht hierbei um Erwerb, Verteilung und Ausbau kollektiver Wissensbest~inde im Wege der Kommunikation und Kooperation. 5

Reziproke Motivation in Prozessteams

Prozessteams bilden Plattformen des Tausches von Wissen mit dem Ziel der Koordination von Entscheidungen. Die Prozessmodellierung sollte daher nicht nur den Rahmen ~r derartige Tauschvorg~inge abgeben, sondern vielmehr dazu anregen, Tauschvorgange zu initiieren. Fraglos m6gen materielle Anreize Anstrengung und Engagement in vielen F~illen aktivieren, sind aber immer auch mit dem Risiko opportunistischen Verhaltens belastet. Das Grundproblem materieller Entlohnung als Leistungsanreiz besteht darin, dass der Funktionsmanager z. B. for Kostensenkungsziele in seinem Funktionsbereich, der Produktmanager for Produktdeckungsbeitragsziele und der Kundenmanager for Kundendeckungsbeitragsziele entlohnt wird, nicht aber for ihre Aktivit~iten der Wissensverteilung und -generierung in Prozessteams. Prozessergebnisse sind hier meist nicht quantifizierbar und daher auch nur begrenzt als Anreiz for die Teamarbeit geeignet. Reziprozit~it beschreibt die kooperative Wechselwirkung zwischen zwei und mehr Akteuren, bei der einige mit zeitlicher Verz6gerung die Vorteile der Kooperation geniegen k6nnen. Positive Reziprozit~it wurde in sog. Vertrauens- oder Geschenk-AustauschSpielen beobachtet. In solchen Spielen kann ein Teilnehmer A freiwillig Res-

Eigennutz oder Reziprozitat?

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sourcen zu einem Teilnehmer B transferieren. Dieser Transfer repr~isentiert ein ,,Geschenk", da Teilnehmer B nicht verpflichtet ist, ~ r den Transfer zu bezahlen. Nachdem B die Wahlhandlung von A beobachtet hat, kann B ebenfalls Ressourcen zu A transferieren. Im Fall reziproken Ressourcentransfers kommen beide Akteure in eine bessere Position als vorher, da sie nun tiber zus~itzliche Ressourcen verfiigen. Dagegen fiihrt selbststichtiges Handeln der Akteure dazu, dass kein Ressourcentransfer stattfindet (vgl. Akerlof 1982, S. 548ff.; Fehr/G~ichter 1998, S. 845; Ortmann 2004, S. 130ff.). Diese Reziprozit~it wird auch als Norm konditionalen Verhaltens in Gruppen bezeichnet. Damit wird die Reziprozit~it in die N~ihe der kooperativen Strategien in der Spieltheorie gertickt (Fehr/Fischbacher 2004, S. 186). Reziprozit~it unter Gruppenmitgliedern kann auch die Reziprozit~it der Perspektiven umfassen. Gemeint ist damit, dass sich ein Teammitglied in die Rolle eines anderen hineinversetzen und seinen Standpunkt einnehmen kann (Stegbauer 2002 S. l l9ff.). Dieses Sich-in-die-Situation-des-anderen-Hineinversetzen-K6nnen vermag dartiber hinaus zu erkl~iren, warum jemand ~ r andere Untersttitzung (z. B. im Falle anonymer Spenden for Naturkatastrophen) leistet, auch wenn er gar nicht pers6nlich davon profitieren kann. Gerade unter der Bedingung unvollst~indiger Beschreibung der Aktivit~iten von Prozessteams und damit auch der Schwierigkeiten, Anreize ~ r erfolgreiche Teamarbeit auf Grund mangelnder Messbarkeit anzubieten, gewinnen Einstellungen bzw. Normen reziproker Zusammenarbeit besondere Bedeutung. Anderenfalls k6nnen Moral Hazard-Probleme bzw. Shirking auftreten, da jedes Teammitglied nur sein eigenes Anstrengungsniveau kennt und aus der Teamleistung nicht auf das der anderen schlief~en kann. Erschwerend kommt hinzu, dass explizite Leistungsanreize in der Praxis nur ftir die leichter zu definierenden Prozessergebnisse des Produktmanagement- oder Kundenmanagementprozesses angeboten werden. Andererseits ist davon auszugehen, dass die explizite Honorierung der Teamarbeit keineswegs Erfolg versprechend ist: ,,explicit incentives may destroy trust- and reciprocity based incentives" und umgekehrt: ,,the presence of reciprocal motives may provide a reason for the absence of explicit incentives" (Fehr/G~ichter 1998, S. 851). Fehr/G~ichter (1998) vergleichen die reziproke Zusammenarbeit mit Williamsons ,,consummate cooperation". Diese ist im Gegensatz zu ,,perfunctory cooperation" ,,an affirmative job attitude whereby gaps are filled, initiative is taken, and judgement is exercised in an instrumental way" (Fehr/G~ichter 1998, S. 848f.). Es versteht sich von selbst, dass bei vollst~indiger, detaillierter Prozessbeschreibung eine kooperative Einstellung der Teammitglieder tiberfltissig ist. Sie wOMen allenfalls ihre Anstrengung reduzieren und sich vielmehr auf die vorgegebenen Aktivit~iten und Prozessperformance zur0ckziehen. Explizite, detaillierte Prozessmodellierung der Zusammenarbeit f0hrt dazu, dass Interpretationsspielr~iume beschr~inkt und die relevanten Aktivit~iten ,,als Baupause"

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vordefiniert und als Handlungsnorm erzwungen sind. Innovative Strukturen als Ergebnis des Prozesshandelns k6nnen nicht mehr entstehen. Unvollstiindige Prozessmodellierung bei Einsatz von Prozessteams verlangt mithin Prozessverantwortliche, die dem Menschenbild des ,,homo reciprocus" (Gouldner 1960, S. 161) mit einer auf reziproken Verhaltensmustem basierten kooperativen Arbeitseinstellung entsprechen. Reziproke Verhaltensbereitschaft und Motivation der Prozessverantwortlichen bilden in diesem Fall Restriktionen der Prozessmodellierung. Eine Vielzahl von Experimenten zeigt, dass gerade im Fall unvollstiindiger Arbeitsvertriige empirische Zusammenhiinge zwischen Erfolg und Entlohnung, d. h. win-win-Situationen, zu beobachten sind (Fehr/ Giichter 1998, S. 851ff.). Bei den Normen kooperativer Zusammenarbeit, insbesondere wenn sie positiv reziprokes Verhalten in Teams f6rdem, handelt es sich fraglos um intangible Ressourcen, die Quellen ftir Wettbewerbsvorteile sein k6nnen. Das Management von Transaktionsprozessen muss sich daher bei der Modellierung von Teamprozessen dort Grenzen auferlegen, wo in Verbindung mit MultitaskingAnforderungen der Akteure reziproke Verhaltensmuster verhindert und selbststichtige Verhaltensweisen durch Leistungsanreize gefOrdert werden. Unvollstiindige Prozessmodellierung erOffnet dabei die Spielriiume, dieses den Prozessteams erm6glichen, reziproken Wissenstransfer und damit evolutioniire Handlungssequenzen im Koordinationsprozess zu erschlieBen. Prozessintegration von relationalen Transaktionsprozessen

Interorganisationale Geschiiftsprozesse als Werttreiber sind dann relevant, wenn die Lieferantenbasis Quelle yon Wettbewerbsvorteilen ist. Dies setzt voraus, dass Beschaffungsprozesse einzigartig und nicht einfach zu kopieren sind. Beispiele daftir liegen etwa im Simultaneous Engineering oder in den spezifischen Gesch~iftsbeziehungen zu Systemlieferanten oder im ECR vor. Komplexere Kooperationen finden sich in Untemehmenskonsortien, Strategische Allianzen, Joint Ventures oder anderen Varianten yon Untemehmensnetzwerken. Fraglos ist allerdings eine gewisse Exklusivitiit der Transaktionsbeziehungen notwendig, um daraus eine nachhaltige Rentengenerierung sicherzustellen. Dies ist dann der Fall, wenn tiber den Beschaffungsmarkt knappe Ressourcen bzw. F~ihigkeiten beschafft werden k6nnen, die nicht beliebig vermehrbar sind. Auch wenn der Ressourcenansatz (RBV) konzeptionell die Transferierbarkeit erfolgskritischer Ressourcen ausschlieBt und deren untemehmensspezifischen Charakter betont, kann die Generierung von Wettbewerbsvorteilen durch Beschaffungsprozesse bzw. die Eigenschaft von Beschaffungsprozessen als Renten generierende Ressourcen grundsiitzlich nicht ausgeschlossen werden. Wiihrend im RBV Wettbewerbsvorteile generierende Ressourcen und Kompetenzen nur von dem einzelnen Unternehmen kontrolliert werden k6nnen, gehen

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neuere Ansatze des ,,relational view" (Duschek 2002, S. 256ff.; Dyer/Sing 1998, S. 660f.) davon aus, dass Ressourcen und Kompetenzen Untemehmensgrenzen tiberspannen ktinnen. Untemehmenstibergreifende F~ihigkeiten und Ressourcen als Quelle von relationalen Renten bilden sich zwischen den Kooperationspartnern durch Routinisierung und organisatorische Integration ihrer Gesch~iftsprozesse heraus. Die diesen Beziehungen innewohnenden Ressourcen werden als ,,Netzwerkressourcen" bezeichnet (Duschek 2002, S. 257). Quellen for die kooperative Erzielung von Wettbewerbsvorteilen sind (Duschek 2002, S. 258ff.; Dyer/Sing 1998, S. 662ff.): Die Existenz transaktionsspezifischer Ressourcen, die vor allem in der Cospezialisierung der interorganisatorischen Gesch~iftsprozesse ihren Niederschlag finden. Die Cospezialisierung der Prozesse kann allerdings von standortspezifischen, technologiespezifischen sowie humankapitalspezifischen Investitionen (vgl. auch Williamson 1989, S. 143) begleitet sein. Die kooperative Rentengenerierung resultiert zun~ichst aus Spezialisierungsvorteilen, die sich aus der Spezifit~it der Gesch~iftsprozesse ergibt. S ie entsteht im Zuge der organisatorischen Integration von Lieferanten- und Kundenprozessen. Routinen des Wissenstransfers zwischen den Transaktionspartnern sind notwendig, um die durch die Prozessintegration entstandenen zus~itzlichen F~ihigkeiten und Kompetenzen zu dynamisieren. Allerdings ist erst der Wissensaustausch die Quelle ftir Prozessinnovationen. Die auf die Transaktionspartner verteilten Wissensbest~inde werden in den Gesch~iftsprozessnetzwerken verkntipft und im Zuge einer routinisierbaren, integrierten Prozessarbeit ausgetauscht. Dabei entstehen durch gegenseitiges Lernen, Verstehen und Wissensverteilung sog. ,,dynamic capabilities", die permanente Prozessverbesserungen und-innovationen erm6glichen. Interorganisatorisches Prozessmanagement bildet die Plattform, um die Synergien aus organisierter Kooperation zu heben. Die Ressourcenausstattungen der beteiligten Unternehmen mtissen sich erg~inzen, da durch die Kooperation eine Ressourcenkopplung stattfindet. Durch den gemeinsamen Ressourcenpool kOnnen die Wettbewerbsvorteile im Netzwerk im Vergleich zu den Einzeluntemehmen komplettiert, gest~irkt und vertieft werden. Komplement~ire Kernprozesse erweitem die Kompetenzbasis der beteiligten Untemehmen. Die Gesch~iftsprozesse im Unternehmensnetzwerk mtissen jedoch synergetisch zusammenwirken, um eine zus~itzliche Rentengenerierung zu begrtinden. Das Management der interorganisatorischen Beziehungen muss tiber geeignete Institutionen und Mechanismen, sog. ,,Governance Structures", ver~gen, um eine effiziente Netzwerksteuerung und -kontrolle sicherzustellen und opportunistische Strategien der Partner zu unterbinden (,,Trittbrettfahren"). Das Management der interorganisatorischen Gesch~iftsprozesse muss dabei sowohl dem Ziel der Senkung der Transaktionskosten, als auch dem der Schaffung von Anreizen, ,,sich in interorganisationalen Wertsch6pfungsprozessen bzw. transakti-

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onalen Wertgenerierungsprozessen zu engagieren" (Duschek 2002, S. 260), widmen. Die Generierung nachhaltiger relationaler Renten muss danach auch institutionell sichergestellt werden. Die VerknOpfung yon Kunden- und Lieferantenprozessen im oben angef~hrten Beispiel kann als Werttreiber gesehen und for die Generierung relationaler Renten genutzt werden. Die Gesch~iffsprozesse wie ,,Leistung definieren", ,,Leistung realisieren" oder ,,Kunden/Lieferanten betreuen" werden als Elemente des Gesch~iftsprozessnetzwerks integriert bzw. neu entworfen und durch die betroffenen Untemehmen gemeinsam organisiert. Erst die interorganisatorische Prozessintegration kann die komplement~iren Potentiale der Partneruntemehmen in F~ihigkeiten und Kompetenzen umsetzen, so dass eine zus~itzliche abnormale Rente aus der Kooperation gesch(Jpft werden kann. ,,Bisher endet Effizienz an den Grenzen eines Untemehmens. Daher ist die Straffung firmenObergreifender Prozesse der n~.chste groBe VorstoB in ein Neuland, in dem sich Kosten reduzieren, Qualit~itsstandards erh6hen und Gesch~iftsprozesse beschleunigen lassen" (Hammer 2002 S. 41). Als Beispiel hier~r kann das Supply Chain Operations Reference-Modell (SCOR) des Supply Chain Council angesehen werden (vgl. auch Prockl 2001, S. 59ff.) 7

7.1

Varianten relationaler Konfigurationen

Balancierte Reziprozit~it und formalisierte Kontrolle." Das Beispiel Supply Chain

Supply Chains sind zumeist durch eine dyadische Beziehungsstruktur gekennzeichnet. So spricht man etwa vom Zulieferer und Abnehmer. Bestimmend for den dyadischen Austausch ist die balancierte Reziprozit~it. Letztere beruht auf dem Austausch gleicher Werte innerhalb eines begrenzten Zeitraums. Die balancierte Reziprozit~it ist ihrem Wesen nach weniger durch solidarische Beziehungen gepr~igt, als vielmehr durch utilitaristische Kalk01e. Unter der Annahme, dass die anderen denselben Regeln und Motiven in ihrem Handeln folgen, erscheint hier Reziprozit~it als normatives Bindemittel unterschiedlicher Handlungsstrategien. Nur wenn man sich selbst im Laufe der Tauschbeziehung als verl~isslich oder fair erweist, kann man rationalerweise von seinem GegenOber erwarten, dass er sich reziprok verh~ilt (G6bel/Weber 2005). Folgt man Sahlins (1999, S. 155) ,,so ist die materielle Seite der Transaktion wenigstens ebenso entscheidend wie die soziale: Es gibt eine mehr oder weniger genaue Abrechnung, da die gegebenen Dinge innerhalb kurzer Zeit erstattet werden mtissen". Da sich die Solidarit~it der Tauschparteien auf wechselseitig realisiertem Nutzen grtindet, sind beide Parteien bemtiht, ihre Beitr~ige monetg.r quantifizierbar zu machen. Kontrolle erfolgt hier zumeist direkt und formali-

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siert. Die Weisungs- und Kontrollbefugnisse sind mitunter vertraglich fixiert. Intention ist hier, den diskretion/~ren Spielraum des Gegent~bers soweit einzuschr/~nken, dass das Verhalten prognostizierbar ist. Am Beispiel des Supply Chain Management (SCM) kann die Entstehung kooperativer Wertschaffung bzw. Rentengenerierung auf der Basis balancierter Reziprozit/~t verdeutlicht werden. Eine Supply Chain, wie sie hier verstanden werden soll, umfasst mehrere miteinander kooperierende Unternehmen, die in einem integrierten Wertsch6pfungssystem horizontal und vertikal zusammenarbeiten. Sie kann sich von Rohstoff oder Teilelieferanten bis zum Endkunden erstrecken. Ein solches Netzwerk wird in der Regel aus einem oder mehreren fokalen Untemehmen initiiert, die auch das Netzwerkmanagement betreiben und Govemance-Funktionen erffillen. Aufgabe des integrierenden Netzwerkmanagement ist die Gestaltung, Koordination und Kontrolle der jeweiligen untemehmensintemen und untemehmensfibergreifenden Gesch/fftsprozesse (Cooper et al. 1997a, S. 78). Im Kern des Verst/~ndnisses von SCM stehen zwei signifikante Entwicklungen: ,,First, ...process-orientation of business work activities de-emphasizes the functional structure within and between organizations. Second, ...the perceptions of SCM as being more than just logistics. It can be the management of all business processes." (Cooper, et al. 1997b, S. 5). Neben der Gestaltung und Steuerung der Kemprozesse sind die prozessorientierte partnerschaftliche Zusammenarbeit und die Unterstfitzung durch die IT weitere Kennzeichen des SCM. Fokale Untemehmen sind beispielsweise System- oder Modullieferanten in den Zulieferungsnetzwerken der Automobilindustrie oder Markenartikelhersteller in Systemen des Efficient Consumer Response (ECR). Sie ~bemehmen das Management der interorganisationalen Gesch/fftsprozesse, die weit fiber die Optimierung des Lieferprozesses zwischen fokalen und peripheren Untemehmen hinausgeht. Hinzu kommen die Organisation der Produktentwicklungsprozesse, die gemeinsame Investitionspolitik zum Ausbau der St~rken der beteiligten WertschOpfungspartner, die Produktionsplanung beteiligter Fertigungsst/~tten sowie die Disposition von Lagerbest/~nden an Halb- und Fertigfabrikaten, Qualit/~tsmanagement, Personalentwicklung und -schulung sowie Auditierung der Prozesse hinsichtlich Qualit/~t, Zeit und Kosten. Dabei sollen jeweils die in der WertschOpfungskette vorhandenen Wettbewerbsst~irken und Potentiale ausgeschOpft werden. Die untemehmenstibergreifende Organisation und Integration der Wertsch6pfungsprozesse zielen auf erh6hte Lieferbereitschaft, reduzierte Lieferzeit und individualisierte Produktgestaltung im Rahmen eines auftragsbezogenen Fertigungsflusses. Gleichzeitig soll eine Senkung der Gesamtkosten erreicht werden, indem einerseits der Ressourceneinsatz (Materialbest~inde, Personal und Investitionen) in der Wertsch6pfungskette abgestimmt wird und fiber die

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Wertsch6pfungskette induzierte, sich kumulierende Schwankungen in den Auftragsbesttinden (Bullwhip-Effekt, Kuhn/Hellingrath 2002, S. 17ff.) durch die Optimierung von Lagerbesttinden und Durchlaufzeiten vermieden werden. Die Informationssysteme und-technologien iJbemehmen bei der Prozessintegration die Rolle eines ,,Enablers" (Kuhn/Hellingrath 2002, S. 125 ff.), der die Partner in der Supply Chain untereinander verkniapft. Ohne integrierte Planung der Bedarfe, Kapazittiten und Besttinde i~ber die Knoten des Netzwerks hinweg (Kuhn/Hellingrath 2002, S. 29f.) lassen sich weder die spezialisierten Geschtiftsprozesse allokieren und synchron steuem, noch Kosten-, Zeit- und Qualittitspotentiale im Netzwerk erschliel3en. Die horizontale und vertikale Integration der ,,Auftragsabwicklungs-", ,,Geschtiftsbereitschafts-", ,,Produktentwicklungs-" und ,,Marktwahlprozesse" sowie der ,,Controlling- und Unternehmensentwicklungsprozess" (Otto/Kotzab 2001, S. 162f.; Klaus 1998, S. 439) sind die Hebel der Wertschaffung. Dies setzt voraus, dass Geschtiftsprozesse nicht durch Mtirkte entkoppelt, sondem durch kooperative Arrangements verkniJpft sind. Letztere beschrtinken sich jedoch in Untemehmenskooperationen, die der Logik balancierter Reziprozittit folgen, zumeist auf den Austausch quantifizierbarer Ressourcen. Indem sich die Kooperationspartner wechselseitig ihrer uti!itaristischen Tauschstrategien gewahr sind, basiert die Persistenz des kooperativen Arrangements letztlich auf der kurzfristigen Realisierung kostentiquivalenter Renten. 7.2

Generalisierte Reziprozitdt und soziale Kontrolle." das Beispiel eines Forschungskonsortiums

Wtihrend bei der balancierten Reziprozittit die sozialen Beziehungen vom Ressourcenfluss abh~ingen, ist es bei der generalisierten Reziprozittit genau umgekehrt. Generalisierte Reziprozittit- so Sahlins (1999, S. 154)- ,,bezieht sich auf Transaktionen, die vermeintlich altruistisch sind und umfasst Transaktionen auf der Linie des gegebenen und, falls m6glich und n6tig, des erwiderten Beistands". Gegenseitigkeit zeigt sich hier oft erst langfristig, und Ausgeglichenheit resultiert, wenn tiberhaupt, erst als Resultat einer sachlich, sozial und zeitlich tiuf3erst komplexen Transaktionsstruktur (Kappelhoff 1995). So liegt hier eine komplexe Beziehungsstruktur zugrunde, bei der zumeist mehrere Tauschparteien involviert sind. Die Verpflichtung zur Gegengabe ltiuff nicht direkt zwischen Ressourcennehmer und -geber, sondern tiber das Tauschnetzwerk selbst und seine Mitglieder. So kommen etwa in Bankenkonsortien oder Innovationsclustern komplexe Tauschringe vor, bei denen vielf~iltige Ressourcen auf der Basis generalisierter Reziprozit~it getauscht werden. Da beispielsweise im Investmentbanking zumeist nur eine lose zeitliche und materielle Verbindung zwischen dem erwirtschaften Mehrwert und den realisierten Erl6sen besteht (Eccles/Crane 1988), sind Formen wechselseitiger Verpflichtung, die fiber in-

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formelle Debits und Credits abgesichert werden, erfolgskritisch. Reziprozitfit stellt sich hier als generalisierte Norm dar, der sich alle Teilnehmer in ihrem Handeln bis zu einem gewissen Grad verpflichtet ~hlen (G/Jbel/Weber 2005). Kontrolle ist in relationalen Konfigurationen, die der balancierten Reziprozitfit folgen, zumeist soziale Kontrolle. Letztere zielt weniger auf den zeitnahen und/~quivalenten Ausgleich von erbrachten Leistungen und realisierten ErlCJsen, sondern vielmehr auf die Einhaltung sozialer Normen und wechselseitiger Verpflichtungen (Hess 2002). Verhaltensfairness und Tauschgerechtigkeit treten hier an die Stelle von Wert/~quivalenz und Rentenmaximierung. lndem sich die Tauschparteien als Mitglieder einer Wertegemeinschaft verstehen, fiberlagert hier die Verhaltenskontrolle die Ergebniskontrolle. Verortet wird die Verhaltenskontrolle auf der Gruppenebene: ,,all member firms have the responsibility of observing the conduct of all other members, even though this conduct may not affect the observing firm directly or immediately" (Das/Teng 2002, S. 449). Da Kontroll- und Sanktionsmacht hier nicht Personen zugeschrieben wird, sondern im System eingelagert ist, entfallen die durch formalisierte Kontrollverfahren entstehenden motivationalen crowding-out Effekte. Im Unterschied zu dyadischen Supply-Chains, die prim~ir auf balancierte Reziprozit~it und formaler Kontrolle basieren, folgen komplexere relationale Unternehmenskonfigurationen einer anderen Logik der Rentengenese, der Tauschreziprozit~it und der interorganisationalen Steuerung der Prozesse. Am Beispiel von SEMATECH, einem Forschungs-, Entwicklungs- und Erprobungskonsortium in der Halbleiterindustrie, wird diese Logik offenkundig (Browning et al. 1995). Wie alle neuen Organisationen, so sind auch Unternehmenskonsortien bei ihrer Entstehung durch ein HOchstmass an Unsicherheit im Hinblick auf Normen, Rollen, Strategien und Strukturen gekennzeichnet. Organisieren vollzieht sich als Prozess von Mehrdeutigkeit zur Struktur. Zus~itzliche Dynamik gewinnt diese relationale Unternehmenskonfiguration durch die Simultanit~it von Kooperation und Konkurrenz. So sind bei der G~ndung des SEMATECH-Konsortiums 14 Untemehmen beteiligt, die z. T. auf den gleichen M~irkten als erbitterte Wettbewerber auftreten und so disparate Interessen verfolgen. Strukturelle Unsch~irfe gepaart mit hochgradiger Kompetivit~it bedingt eine Form der Kooperation, die auf die Genese einer Tauschmoralit~it setzt. Vorausgesetzt wird hier die wechselseitige Bereitschaft, das Wohl der anderen Konsortialmitglieder bei den eigenen Handlungen zu berficksichtigen. Indem die Akteure in ihren Strategien (kurzfristige) NutzenkalkOle transzendieren und so vom ,,ihr" zum ,,wir" kommen, entsteht eine Wertegemeinschaft, die in einem reziproken und selbstverst~irkenden Verh~iltnis steht. Verst~irkt wird diese Wertgemeinschaft durch z. T. langfristige persOnliche Beziehungen zwischen den maBgeblichen Akteuren. Im Falle von SEMATECH bestanden zwischen den leitenden Vertretern von Intel und AMD starke- auch private- Bindungen. Eine Exklusion von Mitgliedern oder die Hierarchisierung von Kooperationsbe-

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ziehungen ist im Rahmen einer solchen Werte- und Kooperationsgemeinschaft nicht legitimationsf'ahig. Indem alle Mitglieder bei der strategischen Ausrichtung des Konsortiums beteiligt wurden, unterschied sich die Form der Ressourcenbereitstellung dort deutlich von der, wie sie innerhalb der einzelnen Mitgliedsfirmen Oblich ist. So opferte Charlie Sprouk, der CEO von National Semiconductor, einen ganzen Sommer, um die Mitglieder der Halbleiterbranche zu einer tragfahigen Obereinkunft zu bewegen, die dann sp~ter in die Gr~ndung des Konsortiums m0ndete. ,,His action was a pure gift because it conferred benefit on others, imposed a cost on him (his inattention to his company), and was voluntary" (Browning et al. 1995, S. 130). Im Unterschied zum diskreten Markttausch handelt es sich hier um einen einseitigen Leistungstransfer, der die Gemeinschaftsbildung f~rdert. )khnlich vorbehaltlos stellen IBM und AT&T Produktionstechnologien zur Ver~gung, brachte Intel Methoden der Standardsetzung ein und erlaubt Semiconductor den Forschern des Konsortiums ihre Fabriken ~ r Testzwecke zu nutzen. Nachdem wichtige Mitglieder in einseitige Vorleistungen getreten waren, entwickelte sich ein selbstverst~irkendes Steuerungssystem, das auf die Pflicht zu reziprokem Verhalten als moralischen Imperativ setzt. ,,The result of this reciprocity was a group-based trust that allowed members to cooperate with the expectation that others will respond favorably" (Browning et al. 1995, S. 131). Im Vertrauen auf die integrierende Kraft der Reziprozit~tsnorm wurden die zentrifugalen Kr~fte des Wettbewerbs so kanalisiert, dass die beteiligten Personen und Organisationen sicher sein konnten, ~ r ihre erbrachten Beitr~.ge auch einen fairen Gegenwert zu bekommen. Diese ,,sequences of contributions" folgten nicht zwangsl~ufig der Logik balancierter Reziprozit~it, ,,in which inputs yield outcomes of a value equal to inputs for all parties" (Browning et al. 1995, S. 144). Anbetrachts der komplexen Tauschstruktur ist allen Beteiligten vielmehr klar, dass i.d.R, der wertm~iBige Ausgleich von Gabe und Gegengabe fur jeden Einzelnen zeitlich nicht prognostizierbar ist und dass daher ein MindestmaB an Vertrauen in die anderen Tauschparteien und das Tauschsystem selbst zwingend n~tig ist. Ein solch dynamisches System wechselseitiger Verpflichtungen erm6glicht die Akquisition und Integration vielfaltiger materieller und immaterieller Ressourcen, so dass ,,SEMATECH did not wither or freeze for lack of new ideas and energy" (Browning et al. 1995, S. 131).

Konfigurationen, Renten und Reziprozitiiten: Ein Fazit Die Genese und Verteilung von Kooperationsrenten in Unternehmensnetzwer. ken h~ingt maBgeblich von den relationalen Konfigurationen ab, in denen die beteiligten Organisationen eingebunden sind. In klassischen ZuliefererAbnehmer Dyaden ist die Rentengenese und -verteilung zumeist relativ unproblematisch. Die einzelnen Gesch~iftsprozesse sind durch M~irkte entkoppelt, ver-

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traglich fixierbar und separat voneinander bewertbar. Die Kooperationsrente ergibt sich hier aus der Addition der Wertbeitr~ige untemehmensspezifischer Prozesse. Es handelt sich hierbei um make-or-buy Entscheidungen und stellen keine Unternehmensnetzwerke im eigentlichen Sinne dar. In vielen Branchen sind es jedoch gerade die intangiblen und nicht transferierbaren Ressourcen, die Unternehmen in die Lage versetzen, langfristig nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu generieren. Wird bis dato zumeist der unternehmensspezifische Charakter dieser Ressourcen fokussiert, so macht das Beispiel SEMATECH deutlich, dass Ressourcen und Kompetenzen nicht an Untemehmensgrenzen gekntipft sind. In Untemehmenskonsortien, strategischen Allianzen oder Innovationsclustem bringen mehrere Kooperationspartner eine Vielzahl unterschiedlicher Kompetenzen und Ressourcen ein, die dann erst in ihrem Zusammenwirken zur netzwerkspezifischen Rentengenese maBgeblich beitragen. Da eine untemehmensspezifische Ausgrenzung der Gesch~iftsprozesse und der daraus resultierenden Renten zumeist unm6glich ist, werden- wie im Fall von SEMATECH- die interorganisationale Kooperation in Form einer eignen Organisation institutionalisiert. So wichtig die Genese dieser Netzwerkressourcen auch fiir die Entwicklung von Untemehmen oder gar ganzer Branchen ist, so schwierig ist die Verteilung der daraus resultierenden Renten. Nach wie vor stellt die gerichtsfeste Aufteilung von Gewinn, Kosten und ErlOsen in Theorie (Horvath et al. 2005) und Praxis eine noch ungelOste Frage dar. W~ihrend sich in Zulieferer-Abnehmer-Dyaden die Partner jeweils ihren Wertbeitrag aus einer optimierten Prozesskette einzeln und untemehmensspezifisch zurechnen k6nnen, ist eine isolierte Ermittlung des Value Added im Falle komplexer Prozessvemetzungen nicht m6glich. Dies ist etwa bei integrierten Gesch~iftsprozessen, die z. B. in interorganisationalen Prozessteams umgesetzt werden, der Fall. Auch wenn es sich fiir die beteiligten Partner um eine winwin-Situation handelt, bedeutet jede Zurechnung von Wertbeitr~igen immer auch Grenzziehung zwischen ihnen, lm Sinne einer untemehmenstibergreifenden Kooperation ist ein isoliertes untemehmensspezifisches Wertmanagement daher unter Umst~inden nicht zielfiihrend bzw. erwtinscht, da es opportunistisches Verhalten bzw. ,,Adverse Selektion" bei den Partnem hervorrufen, wenn nicht gar provozieren wtirde. Femer sind die 0blichen Ph~inomene wie Hidden Information bzw. Hidden Action zu erwarten, da opportunistische Strategien zumindest kurzfristig far die beteiligten Partner erfolgsversprechender sein k6nnen. Die Analyse des Wertbeitrags integrierter tibemehmenst~bergreifender Gesch~iftsprozessmodelle kann demnach nicht bei dem Value Added des einzelnen Partneruntemehmens (Lieferanten) ansetzen, sondern muss als Wertsteigerung der Supply Chain (A EVA) konzeptionalisiert und erfasst werden. Die Wertsteigerungen aufgrund der Senkungen von Transaktionskosten bzw. von untemehmenstibergreifenden Prozesskosten sowie von Produktions-

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und Entwicklungskosten durch bessere Ausnutzung von Netzwerkpotentialen und-skaleneffekten ist allerdings nur tiber das Segment der Wertsch6pfungskette zu ermitteln, das als ein untemehmenstibergreifender Gesch~iftsprozess organisiert ist. Beispiele hierfiir sind Simultaneous Engineering oder Ko-Produktion (Sch6nsleben/Hieber 2002 S. 56f.). Marktliche oder auf Verrechnungspreisen beruhende Koordination innerhalb der Wertsch6pfungspartnerschaft wtirden Schnittstellen in einem integrierten, am Gesch~iftsprozess sich orientierenden Wertmanagement hervorrufen. Die Abbildung 2 verdeutlicht diese Problematik. Ublicherweise lassen sich bei den beteiligten Untemehmen die Beschaffungsprozesse einerseits und die Kundenprozesse andererseits, aber auch z. B. die jeweiligen Produktentwicklungsprozesse untemehmensbezogen identifizieren, abgrenzen und hinsichtlich ihres Wertbeitrages beurteilen. Diesen Prozessen kann ein untemehmensspezifischer Wertbeitrag (A EVA) eindeutig zugerechnet werden. Das Vorgehen versagt, wenn die Geschfiftsprozesse der beteiligten Partner integriert und Schnittstellen nicht mehr identifizierbar sind. Im Beispiel eines Produktentwicklungsprozesses mtissten integrierte Prozessteams und gepoolte Ressourcen erst hinsichtlich Kosten und Leistungen zerlegt und die integrierten Geschfiftsprozesse aufgel6st werden, um untemehmensspezifisch isolierte Prozesskostensfitze zu ermitteln. Dies widersprfiche freilich dem Konzept eines integrierten Prozessnetzwerkes. Der Value Added einer reziproken Unternehmenskooperation kann daher nur als A EVA ausgewiesen werden, der den Wertzuwachs aller beteiligten Partneruntemehmen beinhaltet.

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Lieferantenunternehmen EVA L

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Kundenunternehmen

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~:::. :...:;: :..:::-:,,..,%..+: Lern- und Zukunfiskultur. Nur wenn Erfahrungen permanent ausgewertet und in den eigenen Wissensschatz und Kompetenzbereich integriert werden, kann eine lemende Organisation entstehen, die sich stetig welter entwickelt (Senge 1994). Ohne eine basale Kultur in Richtung Lemen und Zukunft sind keine lnnovationen zu erwarten. => Streit- und Konfliktkultur. Konflikte geh6ren zum Arbeitsalltag. Daher ist nicht der Konflikt selbst, sondem die Art des Umgangs, die Konfliktaustragung, entscheidend. Interessenskollisionen und Konflikte k 6 n n e n - als Chance erkannt- konstruktiv gel6st werden. Sie fuhren - anstatt Energie abzuziehen oder gar Stagnation oder ROckschritt zu bewirken- oft sogar zu Prozess- und Produktinnovationen. Da Innovationen immer mit Streit und Konflikten verbunden sind, weil Bestehendes in Frage gestellt wird, ist eine konstruktive Streit- und Konfliktkultur notwendige Bedingung. Frage- und Neugierkultur. In einer Frage- und Neugierkultur werden Mitarbeiter ermutigt und aufgefordert, Fragen zu stellen. Keine Frage ist t a b u die geffagte F~ihrungskraft entscheidet selbst, wie viel und was sie antwortet. Wichtig ist nur, dass sie ihre Antwort oder fehlende Antwort begrfindet. Frage- und Neugierkultur heiBt aber auch ,,F0hren durch Fragen". Innovationen beginnen immer mit Fragen, Fragen zulassen sowie Neugierde zulassen. Zum Beispiel: Was l~iuft gut? Was l~iuft nicht gut? Was k6nnen andere tun, damit es besser wird? Was kann man selber tun, damit es besser wird? Was erwartet der Kunde? usw. e~ Phantasie- und Kreativitgitskultur. Flexibilit~it im Denken und Verhalten ist dringend erforderlich- starres Perfektionsstreben t6tet Kreativit~it und In-

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Dieter Frey, SilviaOBwald,ClaudiaPeus und PeterFischer novation! Gefragt sind Querdenken, Phantasie und Kreativit~it; sch6pferisches Chaos muss gef6rdert werden. Es geht datum, Regeln zu minimieren, bei Vorschriften Ausnahmen zuzulassen und Querdenkem und vorausschauenden Systemdenkem mehr Raum und Aufmerksamkeit zu geben. Auf der Suche nach neuen L6sungen werden auch unbekannte Wege beschritten, Risikobereitschaft, Erfindergeist und unkonventionelle Ideen sind wichtige Wegbegleiter. Spielerisches Ausprobieren, Experimentieren, Phantasieren und das Schaffen entsprechender Freir/~ume sind wesentliche Erfolgsfaktoren, die - gepaart mit der entsprechenden Durchsetzungskraft auch innovative Produkte, Prozesse und Dienstleistungen entstehen lassen: Aus Ideen werden Innovationen. Dabei liegt Einsteins Auffassung zu Grunde, dass es uns nicht an Wissen fehlt, sondem an Phantasie; diese Phantasie mt~ssen Ft~hrungskr/ffte nicht nur zulassen sondem auch f6rdem.

4.

Team- und Synergiekultur

Spitzenleistungen werden vor allem dann erbracht, wenn heterogene Talente in Teams erg~inzend zusammenarbeiten. Dies bedeutet, dass Teammitglieder hinsichtlich ihrer Ausbildung, Pers6nlichkeit und ihres Hintergrunds heterogen sind, sich abet gemeinsamen Werten und Spielregeln verpflichtet ftihlen. Teams, die Spitzenleistungen erbringen, setzen s i c h - vereinfacht dargestellth~iufig aus vier verschiedenen Pers6nlichkeitstypen zusammen. Zum einen gibt es den Perfektionisten, der stets hundertprozentige LOsungen anstrebt und dabei bemtiht ist, alle Regeln und Bestimmungen einzuhalten. Ihm entgegengesetzt ist der Macher-Typ, der sich haupts~ichlich ~ r die schnelle Umsetzung von Ideen einsetzt. Weiterhin gibt es den Kreativling, der sich h~iufig tiber Rahmenbedingungen hinwegsetzt, dessen Ideen ftir eine innovative Untemehmenskultur aber unersetzlich sind. Da die bisher genannten Pers6nlichkeitstypen sehr unterschiedliche Ziele (z. B. perfekte L6sungen, schnelle Umsetzung oder Ideenvielfalt) anstreben und auch von ihrem Wesen her sehr verschieden sind, ist eine Person, die alle anderen zu einem Team integrieren kann, ftir das effiziente Arbeiten notwendig. Dies ist die Rolle des Partners. Der Partner-Typ besitzt besondere kommunikative und interpersonale F~.higkeiten, vermittelt bei Konflikten, best~irkt die gemeinsame Identit~it der anderen Team-Mitglieder und f6rdert dadurch Synergie-Effekte im Team. Synergie bedeutet, dass das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Dies ist dann der Fall, wenn eine Addition der Erfolge der einzelnen Teammitglieder weniger ist als der Erfolg des ganzen Teams. Andere Perspektiven einzunehmen und Vemetzungen anzuerkennen ist eine Voraussetzung ~ r Synergie. Auch sollte zwischen den Teammitgliedem nicht nur eine fachliche, sondem auch eine menschliche Passung vorliegen. Die Teammitglieder sollten sich sozial und emotional verbunden ftihlen und auf der Basis allgemein anerkannter Werte

Positives Management,ethikorientierte Ft~hrungund Centerof Excellence

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zusammenarbeiten. Konstruktive Kritik, offenes und zivilcouragiertes Ansprechen yon Konflikten sowie Toleranz anderen Standpunkten gegent~ber sind weitere wichtige Bestandteile effektiver Teams. Es geht darum, best~indig zu reflektieren, wie man sich auf der Beziehungs- und auf der Sachebene verbessern kann. Andererseits geht es auch um die F~ihigkeit des Teams zu reflektieren, wo die St~irken und Schw~ichen sind, und wie die St~irken erh~Jht und die Schw~ichen minimiert werden k6nnen (Teamreflexivit~it; West 1997). Innovationen sind selten das Produkt nut von Einzelnen, sondern meistens auch von Teams. 5.

Komfortzonenkultur

Es geht darum, dass Menschen sich in einem Team befinden und Arbeiten verrichten sollen, wo sie sich wohl ftihlen, wo sie ihre Talente entwickeln und ihre lnteressen und St~irken aktivieren k6nnen. Dort wo Menschen ihre Talente, ihre Interessen und St~irken aktivieren kOnnen, entsteht am ehesten Herzblut und Leidenschaft. Sie werden sich mit einer Sache identifizieren und sie werden sich engagieren. Man braucht quasi den Hund nicht mehr zum Jagen zu tragen, weil er selber l~iuft. Die Kunst zur Erschaffung einer Komfortzonenkultur besteht deshalb darin, den Mitarbeitern die Aufgaben zuzuteilen, die ihren F~ihigkeiten und Neigungen am besten entsprechen. Es gilt also, eine optimale Passung zwischen Aufgabenprofil und Personenprofil zu erreichen. Gerade hier wird der Zusammenhang des Prinzipienmodells der FOhrung zur Positivfokussierung deutlich: Durch die Fokussierung auf das Positive und die St~irken wird eine optimale Passung dieser St~irken mit der Aufgabe mOglich und es ergibt sich Spitzenleistung und Wohlbefinden. 6.

Zivilcouragekultur

In zu vielen Firmen werden vorauseilender Gehorsam und angepasstes Denken belohnt. Dies fOrdert unkritisches Entscheidungsverhalten: Bestehende Krisen versch~irfen sich, Neuerungen haben keine Chance und ,,Groupthink"Neigungen werden forciert. Gefordert sind daher konstruktiver Eigensinn, der Mut zum Widersprechen, Zivilcourage nach oben und unten. Wichtig im Bereich der Zivilcourage ist vor allem die Vorbildfunktion. Dies zeigen auf besonders eindrucksvolle Weise die Milgram-Studien (Milgram 1974). Versuchspersonen wurden hier im Rahmen eines angeblichen Lernexperiments zu Lehrern emannt, die eine vermeintliche andere Versuchsperson mit starken Elektroschocks bestrafen sollten. Ober 60 % der Versuchspersonen zeigten hierbei absoluten Gehorsam und erteilten Elektroschocks bis zur h6chsten, tOdlichen Schockstufe von 450 Volt- in Deutschland waren es sogar 85 %.

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Jedoch zeigten mutige Vorbilder, die den Anordnungen widersprachen, groBe Wirkung: Die Quote gehorsamer Versuchspersonen sank erheblich (n~imlich auf 10 %), wenn zwei andere Versuchspersonen- de facto Strohm~inner des Versuchsleiters- ,,Nein" sagten (vgl. als Uberblick Gt~nther 1994). Insofern ist das Lernen am Modell, an Vorbildern ein zentraler Baustein einer Zivilcouragekultur. Innovation hat immer etwas mit Ver~inderung zu tun, mit Protest oder Ablehnung des Status quo, mit dem Artikulieren von Stopp-, Warn- und Alarmsignalen. Dazu geh6rt eine groBe Portion Mut und Entschlossenheit. Nur derjenige, der keine Angst davor hat, sich m6glicherweise l~icherlich zu machen oder Neid zu erfahren, wird die Courage haben, auch gegen Widerstand in seinem Team oder gar in Gestalt des Vorgesetzten eigene Ideen zu formulieren und durchzusetzen. Betriebe mtissen Zivilcourage von ihren Mitarbeitern fOrdem und dies auch fordern. Ideenmanagement wird durch Befehlsempf~inger und Ja-Sager verhindert. Positives Management ist gerade aufgrund der Zivilcouragekultur kein ,,Harmonie-Management". Die Mitarbeiter, ja das ganze Unternehmen soll m~indig und selbst~indig gemacht werden. 7.

Rekreationskultur

Jeder Mitarbeiter m6chte als Ganzes gesehen und wertgesch~itzt werden. Daher darf er nicht als ,,bloBes Output-Instrument" betrachtet werden, das fortlaufend fiber unbegrenzte Energieressourcen verftigt, um Verbesserungen zu genieren und umzusetzen sowie Spitzenleistungen zu erbringen. Daher spielt die Betohung rekreativer Aspekte im Arbeitsalltag eine wichtige Rolle. Freir~iume zur Regenerierung sollten geschaffen werden, damit S~ittigungseffekte minimiert werden (Meinken et al. 1998). Hier spielt nattirlich Work-Life-Balance, also eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit eine zentrale Rolle. Wichtig ist auch, dass Mitarbeiter Erfolgserlebnisse haben, damit langfristig der SpaB an der Arbeit erhalten bleibt: Erfolg ftihrt Energie zu, Erfolg n~ihrt den Erfolg. Die gemeinsame L6sung schwieriger Probleme verschafft Teams neue Motivation und Stolz. Es gilt zu reflektieren, was man geleistet hat und dann auch innezuhalten, um dartiber nachzudenken, welche Herausforderungen man als n~,chstes angehen m6chte. Die Center of Excellence-Kulturen sind also der N~ihrboden daftir, dass Positivmanagement gedeihen kann. So liegt der Fokus stets darauf, wie sich das Team bzw. die Organisation weiter verbessem kann; es steht also eine Ausrichtung an Chancen, am Positiven im Vordergrund, worin wieder der Bezug zur Positivfokussierung besteht.

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Positives Management und Positive Psychologie Wie bereits oben erw~ihnt, kann Positives Management als Ftihrungs- und Managementmodell im Sinne der Positiven Psychologie verstanden werden. Im folgenden Abschnitt wird kurz angerissen, wieso clies der Fall ist. Es sollen allerdings nur DenkanstOBe gegeben werden, denn eine ausftihrliche Argumentation wtirde den Rahmen sprengen. Hinter der Bewegung der Positiven Psychologie verbirgt sich ein groB angelegtes Forschungsvorhaben zur Untersuchung positiver subjektiver Erfahrungen, positiver individueller Eigenschaften und positiver Institutionen mit dem Ziel der Verbesserung der Lebensqualit~it und der Pr~ivention pathologischer Entwicklungen (Seligman/Csikszentmihalyi 2000). Gable/Haidt (2005) sehen ganz in diesem Sinne die Positive Psychologie als Untersuchung der Bedingungen und Prozesse, die dem Wachsen, Gedeihen und optimalen Funktionieren von Personen, Gruppen und Institutionen dienen. Die Untersuchungsgegenst~inde und Ziele der Positiven Psychologie sind gleichermaBen auch Ziele des Positiven Managements: Durch Positivfokussierung, durch ethikorientierte Fiihrung und Center-of-Excellence-Kulturen soll Fehlentwicklungen innerhalb von Betrieben vorgebeugt und da~ber hinaus Positives, also St~irken und optimales Funktionieren, aufgebaut werden. Die Positive Psychologie betont also ebenso wie die Positivfokussierung, dass dem Positiven in allen Lebensbereichen mehr Bedeutung zugemessen werden muss, um Wachsen und Gedeihen von Personen, Gruppen und Institutionen zu erm6glichen (Gable/Haidt 2005; Seligman/Csikszentmihalyi 2000). Hierbei geht es weder innerhalb der Positiven Psychologie noch innerhalb der Positivfokussierung darum, die negativen Seiten, die Probleme und Schwierigkeiten zu verdr~ingen oder zu leugnen. Entscheidend ist, dass das Positive st~irker betont wird. Doch nicht nur die Grundausrichtung von Positivem Management und Positiver Psychologie ist gleich. Auch einzelne Forschungsvorhaben und Theorien innerhalb der Positiven Psychologie weisen AnknOpfungspunkte und Obereinstimmungen zum Positiven Management auf. So wurde z. B. das GoodWork Project von Gardner et al. (2001) (siehe auch Csikszentmihalyi 2004) ins Leben gerufen, um zu zeigen, dass es m6glich ist, exzellente, erfolgreiche Arbeit zu leisten und dennoch hohe ethische Standards zu verfolgen. Durch das Prinzipienmodell der FOhrung sowie Center-of-Excellences soll innerhalb des Positiven Management Spitzenleistung unter der BerOcksichtigung der WOrde des Menschen und ethischer Standards erreicht werden. Auch die bereits erw~ihnten (s. o.) Untersuchungen von Wrzesniewski et al. (1997; 2003) lassen sich mit dem Positiven Management verbinden: Es sollte ein Ziel for Mitarbeiter und Firmen gleichermaBen sein, eine berufliche T~itigkeit nicht nur als Job zum Geldverdienen oder als Karriereleiter ~ r Status und

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Prestige zu sehen bzw. darzustellen, sondem als eine Berufung und sinnstiftende T/~tigkeit. Die eigene Arbeit als Berufung anzusehen, ist eine Voraussetzung, dass Ftihrungskr/ffte positiv managen; eine Folge des Positiven Managements k6nnte sein, dass auch mehr Mitarbeiter ihre Arbeit als Bemfung ansehen k6nnen. Insgesamt k6nnte Positives Management als ,,model of healthy work" bezeichnet werden (Turner et al. 2002), das zum einen auf positiven psychologischen Prozessen wie Fairness, offene und gute Kommunikation, Vertrauen, Wertsch/itzung usw. beruht und auf diese Weise positive psychologische Prozesse wie Motivation, Arbeitszufriedenheit und qualitativ exzellente Leistungen hervorruft. 6

Fazit

Positives Management wie wires verstehen, also eine Positivfokussierung, die Realisierung von Center of Excellence Kulturen und eine Ftihrungskultur, die an ethischen Prinzipien orientiert ist, sind ~ r uns entscheidende Voraussetzungen da~r, dass das Potential der Mitarbeiter hinsichtlich Motivation, Kreativit/~t und Leistung aktiviert wird. Erleben und Verhalten ist nach Lewin (1935) eine Funktion yon Personenvariablen und Umweltvariablen. Dort wo die Umweltvariablen demotivierend sind, wo also die Untemehmenskultur und die Ftihrungskultur Menschen klein macht, keine Handlungsspielr/~ume gibt und demtitigend wirkt, wird auch kein Potential bei Personen aktiviert werden. Wit wollen dutch unsere Modelle und dutch die vorliegenden Forschungsergebnisse aufzeigen, was eine Organisation in Punkto Ftihrungsverhalten und Untemehmenskulturen tun kann, um zumindest die Chance zu haben, das Potential an Motivation und Kreativit~it bei den Mitarbeitem zu aktivieren. Dutch Positivfokussierung, dutch ethikorientierte Ftihrung und dutch Umsetzung zentraler Center-of-Excellence-Kulturen 1/~sstsich nicht nut das Innovations-, Motivations- und Kreativit/~tspotenzial der Mitarbeiter aktivieren; diese drei Faktoren erm6glichen es auch, dass sich die Mitarbeiter entsprechend ihrer Bedtirfnisse, Interessen und Sehnsfichte am Arbeitsplatz entfalten und somit selbst verwirklichen k6nnen. Viele der generellen und spezifischen Voraussetzungen f~r Aktivierung von Humankapital, die wir in diesem Beitrag beschrieben haben, k6nnen relativ schnell umgesetzt werden. Weiterhin k6nnen (und sollten) die meisten der hier besprochenen Prozesse und Techniken auch auf der Makroebene von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft angewandt werden. Dies ist deshalb von groBer Bedeutung, weil die Bundesrepublik Deutschland mit einem vergleichsweise hohen Lohnkostenniveau auf Innovationen angewiesen ist. Zwei grundlegende Dinge w/~ren zu tun: Zum einen sollte das Ausbildungsangebot zur Aktivierung

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von Humankapital erweitert werden, zum anderen muss die mentale Landkarte unserer Gesellschaft in Richtung einer Positivfokussierung gehen. Beztiglich des ersten Punktes ist eine fl~ichendeckende Ausbildung von Ftihrungskr~iften notwendig, um das Wissen zu verbreiten, denn oft ist Nichtwissen das Grundproblem daftir, dass nicht entsprechend gehandelt wird. Schon in der Schule aber auch in der beruflichen Ausbildung und an den Hochschulen sollten erg~inzende Veranstaltungen angeboten werden, die Wissen dartiber vermitteln, wie Humankapital aktiviert wird, wie neue ldeen generiert und implementiert werden. Gerade auch kleine und Mittelstandsunternehmen k6nnten in betr~ichtlichem Umfang vom Wissen tiber Ftihrungsverhalten und Unternehmenskultur zur F6rderung von Humankapital bzw. kreativen Ideen und deren Umsetzung profitieren. Zwar betonen Politiker und Wirtschaftler unter Berufung auf Ludwig Erhart, dass 50 % der Okonomie Psychologie sei, besonders was Innovations- und Ideenmanagement begrifft. Die Umsetzung der Theorien und Erkenntnisse aus der psychologischen Forschung ist bisher aber eher mangelhaft. Nach wie vor fehlt leider vielen Multiplikatoren und Ftihrungspersonen in Hochschule, Wirtschaft und Gesellschaft das fundamentale Wissen tiber ffOrderliche und hinderliche Bedingungen von Humankapitalaktivierung, wie wir sie in diesem Beitrag vorgestellt haben. Der zweite Aspekt betrifft die mentale Positivfokussierung: Damit Innovationen in sozialen und kommerziellen Organisationen, aber auch in der Gesellschaft st/arker forciert werden, ist eine solche Geisteshaltung sowohl in den Organisationen als auch in der Gesellschaft insgesamt n6tig. Es geht dabei um zentrale Fragen wie zum Beispiel: Wie erreicht man eine mentale Ver/anderung von Mitarbeitern oder in der Bev61kerung in Richtung ,,neue Ufer betreten", ,,sich auf die St/arken besinnen", ,,in ver/anderbaren Welten denken"? Die mentale Situation grol3er Segmente unserer Bev61kerung wie auch der Mitarbeiter vieler Organisationen ist eher Skepsis gegentiber der Zukunft, Betonung unserer Schw/achen, das Denken in nicht ver~inderbaren Welten und Nicht-Zust/andigkeiten, das Hadem und das Rufen, dass andere und nur man selber nicht zust/andig ist. Deutsche Unternehmen, ja die gesamte deutsche Bev61kerung muss ihre affektiv-kognitive Landkarte in Richtung Innovation ver/andem. Damit dies geschehen kann, ist die Umsetzung von Positivmanagement in den deutschen Unternehmen entscheidend. Literatur

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Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoffstudierte Psychologie an der Universit~it Bonn, wo er Diplom, Promotion und Habilitation durch~hrte. Nach einer Zwischenstation an der Philipps-Universit~it Marburg kam er an die Ruhr-Universit~it Bochum, an der er den Lehrstuhl ftir Sozialpsychologie der Fakult~.t ~ r Psychologie innehat. Seine Forschungsschwerpunkte sind Altruismus und Freiwilliges Arbeitsengagement, Verantwortung, PersC~nlichkeit und Partnerschaft sowie Kundenzufriedenheit. Stephan BOhm (lic. oec. HSG) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut ~ r F~ihmng und Personalmanagement (I.FPM) der Universit~.t St. Gallen (HSG) und Projektleiter im Organizational Energy Program (OEP). Im Rahmen seiner Forschungst~itigkeit besch~iftigt er sich schwerpunktm~.Big mit den Themen der organisationalen Identit~it und Identifikation sowie mit dem Konzept der Organisationalen Energie. Prof. Dr. Heike Bruch ist Professorin und Direktorin am Institut ~ r FiJhrung und Personalmanagement (I.FPM) an der Universit~it St. Gallen (HSG). Sie leitet das ,,Organizational Energy Program" und ist Direktorin des ,,International Study Program" (ISP). Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen internationaler Leadership-Forschung. Schwerpunkte ihrer j~ingeren Forschungsarbeiten sind Leaders' Action, problemoriented Leadership und Organizational Energy. Dr. Christian Coenen ist Senior Consultant bei ServiceBarometer AG in M~inchen und unterst~itzt als Berater und Marktforscher Unternehmen bei der nachhaltigen Verbesserung der Kundenorientierung und Kundenbindung. Seine Branchenerfahrungen umfassen u. a. den Automobilhandel, Hotel, Tourismus und Fluglinien. Als Dozent fdr Dienstleistungsmanagement lehrt er u. a. am Weiterbildungszentrum der Universit~it St. Gallen (Schweiz) und ist als Referent auf internationalen Dienstleistungsmanagement-Konferenzen t~itig. Seine wissenschaftliche Forschungst~itigkeit umfasst u. a. einstellungs- und verhaltensbezogene Kundenorientierung beim Mitarbeiter und die Wahrnehmung der Dienstleistungsqualit~it aus Kundensicht. Dr. Peter Fischer ist wissenschaftlicher Assistent und Habilitand am Lehrstuhl for Sozial- und Wirtschaftspsychologie der Ludwig-Maximilians-Universit~it MOnchen. Seine Forschungsinteressen sind Informationsverarbeitung bei Entscheidungen, Pro- und Antisoziales Verhalten sowie psychologische Erfolgsfak-

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toren bei Fusionen. Weiterhin forscht und kooperiert er im Bereich Gesundheitspsychologie und Positive Psychologie mit Wissenschaftlem in den Vereinigten Staaten. Daneben ist er als Juror, Tutor und Dozent in der Bayerischen Eliteakademie t~itig.

Prof. Dr. Michael Frese, Lehrstuhlinhaber ftir Arbeits- und Organisationspsychologie, Universit~it Giel3en (Visiting Prof. an der London Business School), President der International Association of Applied Psychology, forscht u. a. fiber Eigeninitiative, psychische Erfolgsfaktoren bei Kleinuntemehmern und organisationale Kultur (einschl. Managementfehlem, Fehlerkultur), sowie Fehlermanagementtraining. Er hat mehr als 20 Bticher und mehr als 200 Artikel verfasst und ist international der am hiiufigsten zitierte Arbeits- und Organisationspsychologe in Deutschland. Er ist Mitglied vieler Editorial Boards und Berater von Betrieben.

Prof. Dr. Dieter Frey ist Professor ffir Sozial- und Wirtschaftspsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universitiit in Mtinchen sowie akademischer Leiter der Bayerischen Elite Akademie. Er ffihlt sich der Tradition von Kurt Lewin verpflichtet, Grundlagenforschung, angewandte Forschung und Anwendung von Forschung zu verbinden. Deshalb ist der Austausch von Theorie und Praxis bzw. von Universitiit und Wirtschaft zentraler Gegenstand von Lehre und Forschung. In den letzten Jahren stehen Forschungen fiber ethikorientierte Ftihrung, Innovation, Kreativitiit im Mittelpunkt, sowie Bedingungen ~ r ein Center-ofExcellence in sozialen und kommerziellen Organisationen. Gleichzeitig ist Prof. Frey Mitglied in der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Prof. Dr. Michael Gaitanides, Jahrgang 1942, studierte nach einer kaufm~innischen Lehre bei der Siemens AG Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig Maximilian Universit~it Mtinchen. 1973 promovierte er bei Prof. Perridon mit einer Arbeit fiber industrielle Arbeitsorganisation an der Universitlit Augsburg. 1978 folgte die Habilitation bei Prof. Staehle und Prof. Mtiller-Merbach an der Technischen Hochschule Darmstadt. Die Habilitationsschrift widmete sich den methodologischen Problemen der Vorentscheidungen bei Entscheidungen. 1979 wurde er zum Professor an der Universit~it Hamburg ernannt. Kurz danach tibernahm 1981 er die Professur ftir Organisationstheorie an der Universit~it der Bundeswehr Hamburg. Dort er entwickelte 1983 das Konzept der ,,Prozel3organisation". Seitdem hat er mehrere Rufe auf Professuren gleicher Widmung erhalten.

Dr. Angelo Giardini ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl BWL VIII (Personalmanagement) an der Justus-Liebig-Universitiit Giel3en. Seine For-

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schungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Emotionen in Organisationen, ,,Positive Psychology" und international komparatives Personalmanagement.

Dr. Markus GObel, Jahrgang 1965, studierte nach einer kaufm/~nnischen Lehre an der Universit/~t Wuppertal. 1998 promovierte er bei Prof. Dr. Klages mit einer Arbeit fiber die Modemisierung von Kommunalverwaltungen an der Deutschen Hochschule fur Verwaltungswissenschaften. Nach T~tigkeiten als Consultant bei einer Kommunalberatung und wissenschaftlicher Mitarbeiter in einero Sozialforschungsinstitut ist er seit 2001 wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl f'tir Organisation der Helmut-Schmidt-Universit/~t Hamburg. Derzeitig habilitiert sich Herr Dr. G6bel zum Thema Corporate Govemance. Weitere Forschungsfelder sind im Bereich der Venture Capital Managements und des Managements 6ffentlicher Verwaltungen angesiedelt. Dr. Matthias H.J. Gouthier ist Wissenschaftlicher Assistent und Habilitand am Lehrstuhl f'ur Dienstleistungsmanagement von Prof. Dr. Bemd Stauss an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakult/~t der Katholischen Universit/~t Eichst/~ttIngolstadt. Er ist als Dozent an renommierten Universit/~ten wie der European Business School ebs und der Universit~t St. Gallen t/~tig und agiert des Weiteren als Referent und Moderator ~ r die verschiedensten Institutionen und Unternehmen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Kundenmanagement, Gesundheitsmanagement und Personalmanagement im Dienstleistungsbereich. Prof. Dr. Andr~ Habisch ist Professor fur Sozialethik und Gesellschaftspolitik an der Katholischen Universit/~t Eichst/~tt-lngolstadt. Nach seiner Habilitation im Bereich ,,Sozialkapialtheorie und Familienpolitik" hat er den Themenkomplex Corporate Citizenship im deutschsprachigen Raum mal]geblich mitentwickelt und das Center for Corporate Citizenship (www.corporatecitizen.de) gegrfindet. Seit 2003 ist er Visiting Professor an der Nottingham Business School, Nottingham UK und Fellow of BRESE, London Brunel University. Zahlreiche VerOffentlichungen in den vergangenen Jahren sowie mehrere neue Ver6ffentlichungen adressieren gleichsam die Forschung und Lehre, die Politik, die Unternehmen und eine breite (Sffentlichkeit. Dipl.-Psych. Michael Jtirgen Herner, geb. 1959, schloss 1987 sein Psychologiestudium an der Philipps-Universit/~t Marburg ab. Nach selbst~ndiger T/~tigkeit als Berater und Trainer in der Wirtschaft sowie als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakult/~t ffir Psychologie der Ruhr-Universit~t Bochum (Arbeitseinheit Sozialpsychologie, Leiter Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff) arbeitet er nun als Psychologischer Psychotherapeut in eigener Praxis in Duisburg. Zu seinen Forschungsinteressen geh6ren Narzissmus und Ffihrung.

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Dr. Stephan Kaiser, Jahrgang 1971, studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universit/it Regensburg und an der University of Wales Swansea. Im Jahr 2001 promovierte er am Lehrstuhl ftir ABWL, Organisation und Personal an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakult~it Ingolstadt der Kath. Universit~it Eichst/~tt-Ingolstadt. Seit 2001 ist er wissenschaftlicher Assistent und Habiltand am gleichen Lehrstuhl. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Organisation, Strategisches Management, Humanressourcen-Management, Professional Services Firms und Positive Organizational Studies.

Dipl.-Kfm. Gordon Mfdler-Seitz ist wissenschat~licher Mitarbeiter am Lehrstuhl ~ r ABWL, Organisation und Personal an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakult~it Ingolstadt der Kath. Universit/at Eichst/att-Ingolstadt. Im Rahmen seiner Dissertation untersucht er das Wesen sowie potentielle Ansatzpunke zur Steuerung positiver Emotionalit/~t in Organisationen. Daneben besch/fftigt er sich mit den Themen Professional Service Firms sowie Technologie- und Innovationsmanagement mit dem Schwerpunkt Social Software. Nach ihrem Studium der Psychologie in Bamberg und Fribourg (Schweiz) arbeitete Silvia Oflwald, Dipl.-Psych., zun/~chst als Beraterin in einer organisationspsychologischen Untemehmensberatung in Mtinchen. Von dort wechselte sie an die Ludwig-Maximilians-Universit~it Mtinchen, wo sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl ~ r Sozial- und Wirtschaftspsychologie (Prof. Dr. Dieter Frey) t/atig ist und zum Thema Zivilcourage promoviert. Ihre Forschungsinteressen sind im Bereich der positiven Psychologie verankert und umfassen prosoziales Verhalten sowie die Themengebiete Moral und ethikorientierte Ftihrung.

Nansook Park is Associate Professor of Psychology at the University of Rhode Island. She received her M.A. in clinical psychology from Yonsei University, Seoul, Korea, and her Ph.D. in school psychology from the University of South Carolina-Columbia. Using cross-cultural and developmental perspectives, she is investigating the structures, correlates, and consequences of positive experiences, life satisfaction, and character strengths, and especially their role in promoting positive development and resiliency among youth. Her recent work with subjective well-being with children and adolescents has been recognized by several honors including the 1999 APA Dissertation Research Award. She is currently developing and validating measures of character strengths for youth.

Christopher Peterson is Professor of Psychology at the University of Michigan, where he formerly was the Director of Clinical Training and held an appointment as the Arthur F. Thurnau Professor in honor of his contributions to undergraduate teaching. He received his Ph.D. in social/personality psychology from

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the University of Colorado-Boulder and completed post-doctoral respecialization in clinical psychology at the University of Pennsylvania. He has a longstanding interest in personality and adaptation and is among the researchers included on the ISI list of the world's most highly-c!ted psychologists and psychiatrists over the past 20 years. His most recent project is a consensual classification of the character strengths and virtues that make possible the psychological good life. Dr. Claudia Peus ist derzeit als Wissenschaftlerin an der Sloan School of Management des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA t~itig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen dabei auf den Themen Ftihrung, Karriereentwicklung von Managerinnen, sowie dem Zusammenhang zwischen Humankapital und 6konomischem Erfolg. Zuvor war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl ffir Sozial- und Wirtschaftspsychologie der LMU Mtinchen (Prof. Dr. Dieter Frey), wo sie tiber die Effektivit~it verschiedener Ftihrungsstile promovierte. Ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse vermittelt sie im Rahmen von Ftihrungskr~iftetrainings und Coachings an Manager sozialer wie kommerzieller Untemehmen. Prof. Dr. Max Ringlstetter, Jahrgang 1959, studierte Betriebswirtschaftslehre an der LMU-Mtinchen. AnschlieBend folgten Promotion und Habilitation am Lehrstuhl von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wemer Kirsch (ebenfalls LMU). Seit 1993 hat er den Lehrstuhl ffir ABWL, Organisation und Personal an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakult~it Ingolstadt der Kath. Universit~it Eichst~itt-Ingolstadt inne. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Untemehmensentwicklung, Konzernorganisation sowie Humanressourcen-Management, seine Branchenschwerpunkte sind Professional Services Firms und die Medienbranche. Dr. phil. Elke Rohmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl ~ r Sozialpsychologie der Ruhr-Universit~it Bochum. Ihre Forschungsthemen sind Freiwilliges Arbeitsengagement, Altruismus, Geschlechterrollen, Austausch und Gerechtigkeit in engen Beziehungen sowie Narzissmus. Prof. Dr. rer. nat. Reinhard Tausch arbeitet seit 1965 am Psychologischen Institut III der Universit~it Hamburg. Seine Hauptarbeitsgebiete- mit ca. 80 empirischen VerOffentlichungen- sind in 3 wissenschaftlichen Btichem allgemein verst~.ndlich niedergelegt: ,,Erziehungs-Psychologie", 12. Aufl., Verlag Hogrefe, ,,Gespr~ichs-Psychotherapie", 9. Aufl., Verlag Hogrefe, ,,Hilfen bei Stress und Belastung", 13. Aufl., Rowohlt. 2002 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ffir seine Verdienste um das Gemeinwohl. Seit 1994 arbeitet er zus~itz-

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lich in einem Ausbildungsinstitut ftir Psychotherapeuten und in einer Psychotherapie-Praxis in Stuttgart. Tina Grdifin Vitzthum von Ecksti~dt ist Associate Partner bei der Gallup GmbH. Sie iibemahm diese Position im Januar 2004, nachdem sie zwei Jahre erfolgreich die Position des Director of Client Services ~ r die Gallup GmbH in Deutschland ausgetibt hat. W~hrend ihres Studiums der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Organisation, Ftihrung und Personalpolitik arbeitete Frau Gr~ifin Vitzthum drei Jahre bei der Siemens AG in der Verkehrstechnik im Bereich Business Development. Davor absolvierte sie u. a. mehrere Praktika. Gerald Wood ist Gesch/fftsftihrer und Leitender Strategischer Berater der Gallup GmbH in Deutschland. W/ihrend seiner Karriere hat Wood verschiedene Positionen im Management, im Personalbereich und im Bereich Business Development ausgetibt. Er war unter anderem der Assistent der Gesch/iftsffihrung der Potsdamer Stadtwerke und in dieser Position verantwortlich ftir die Reorganisation eines 500-Personen-Betriebes sowie ~ r den Vertrieb und das Marketing des Untemehmens. Wood begann seine Karriere in Deutschland als Pressesprecher des brandenburgischen Landtages von 1991 bis 1993.

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A Altruismus 40 Anerkennung 45, 47, 49, 51, 78, 94, 96, 102ff., 108f., 126, 183, 216 Anti-citizenship Behavior 39 Arbeitsemotion 96, 101, 105, 109 Arbeitsplatz 37ff., 42, 47, 59, 61, 63, 93, 121f., 127, 129, 145, 228, 245f., 248, 251,254, 264 Assessment Center 213, 215 B Bedtirfnis 44, 75, 77f., 81, 86f., 246, 250f., 254, 264 Bedtirfnisbefriedigung 85 Betriebliches Freiwilligenengagement 227, 229f., 232 siehe auch Corporate Volunteering

Bowling alone 223f., 228 Broaden-and-build theory 18 siehe auch Broaden-and-BuildModell

Broaden-and-Build-Modell 137, 156 siehe auch Broaden-and-build theory

C Character Strengths 16, 21, 23 ff., 27 siehe auch Strengths of Character

Corporate Volunteering 227, 230, 233f. siehe auch Betriebliches Freiwilligenengagement

D Depression 14, 18, 65, 120, 122f. Dienstleisterverhalten 83 Dienstleistung 41, 67, 73ff., 81, 83, 85f., 93f., 97ff., 103, 108, 212, 256, 260 Dienstleistungsinteraktion 75f., 82, 84f., 104 Dienstleistungskontakt 74ff., 81 ff., 85ff. Dienstleistungssektor 146 Dienstleistungsuntemehmen 93, 107, 234, 252 E Eigeninitiative 55 ff. Emotion 14, 66, 95, 109, 133, 135f., 139, 142, 169, 171,240 negative 18, 141, 143, 146, 155, 170, 174, 240 positive 6, 18, 20, 95, 101, 133, 137, 146, 155f., 159, 161 Emotionalit~it 133ff., 142ff. Bifurkation 138, 140f., 143 JanuskOpfigkeit 138, 142, 144, 146, 163 negative 134, 137, 141 positive 133ff., 137ff. unidirektionales Verst~indnis 133, 136f., 141,146 Empowerment 45, 49ff. Energie 169, 180f., 214, 233,241, 259,262 individuelle 169 korrosive 170, 175ff., 181 negative 169f.

276 organisationale siehe Organisationale Energie positive 171,234 produktive 171, 175 f., 179ff., 183f. Energiezustand 169ff., 181 Erfolg 40f., 59, 64, 67, 93, 95f., 105, 107f., 126, 133, 139, 143, 145, 153f., 157, 169, 171f., 174, 178, 180f., 183, 193 f., 196, 206, 21 If., 215ff., 239, 247, 250ff., 260, 262 Erwartungs-DiskonfirmationsParadigma 74 Erwartungsebene 75f., 79 Eudaimonia 19f. F Family Volunteering 231 f. Flow 19f., 159, 161,246 Flow-Erlebnis 159ff., 246 Fragebogen zur VorgesetztenVerhaltensbeschreibung 43, 46 Freiwilliges Arbeitsengagement 37ff., 45ff., 80 Freiwilligkeit 82 Ftibmng 43ff., 47f., 50f., 127, 158, 194, 214, 243f., 249f., 252, 254f. siehe auch Leadership ethikorientierte 239, 243f., 253,263f. Prinzipienmodell 239, 243ff., 254, 261,263 Ftihrungsmuster 40, 44ff. Ftihrungsstil 44, 47, 49f., 252, 254 Ftihrungsverhalten 7, 42ff., 239, 246, 252, 254, 264f.

Stichwortverzeichnis G Gallup 157, 160, 211 f., 239, 251 Gltick 133f., 137, 153ff., 161ff., 211 Glticksempfinden 153, 156ff., 161f. Good Organization 16, 26f. Gruppenaktion 227, 234 Gruppenatmosph~ire 42, 48ff. Gruppenleistung 40f. H Happiness 14, 16ff., 25ff., 155 Happiness-Forschung 154ff., 162 Hawthome-Experimente 153, 157 Hybris 107, 139 I Identit~it 171ff., 177, 179, 181f., 184, 260 Individualisierung 223 Individuelle Leistung 41, 63 Inkommensurabilit/it 135 f. Interaktion 73, 75ff., 81, 84ff., 98, 233 Interaktionszufriedenheit 8, 74f., 77ff., 83f., 87 K Kleinunternehmer 65f. Kontrolle 43f., 61 f., 77, 81, 86, 117, 198ff., 240 Kooperation 194, 197f., 201,203, 228f. Koordination 193 f., 199, 204, 225 Kundenzufriedenheit 41, 74, 79, 82, 84, 100, 102, 106, 194, 250, 256

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L Leadership 13, 21, 45 siehe auch Ff~hrung Leistungsergebnis 85

M Managerial Practices Survey 45, 47 Mentoring 229f. Motivation 44, 65, 105, 139, 141, 179, 194, 196, 211,216, 229, 239, 244ff., 253,262, 264 Multifactor Leadership Questionnaire 44, 47 N Negativfokussierung 239ff. Netzwerk 64, 189, 197, 199f., 223 ff., 231 f., 234 Nutzenkalktil 201,206 Nutzenkonzept 155 O Objektivit~it 215, 218f. Offentlichkeit 38, 94, 102, 105, 125f. Organisationale Energie 6, 169, 171,173f., 181 Orientierung 55, 57, 61 f., 64, 100, 135, 137, 142, 156f., 160, 180, 254 P Persistenz 56f., 60, 200 Personalauswahl 211 ff., 217f. Personalentwicklung 199, 213, 215f., 218 Personalmanagement 101, 145, 161 Personfaktor 60f.

277 Perspektive 77, 87, 143,153f., 162, 172ff., 224, 231 POS 5ff., 13ff., 18, 26f., 155f., 232 siehe auch Positive Organizational Scholarship Positive Organizational Behavior 13,55 Positive Organizational Scholarship 5ff., 13, 27, 153, 155f., 232 siehe auch POS Positive Psychologie 5ff., 95, 156, 212,217,239,263 siehe auch Positive Psychology Positive Psychology 13, 15ff., 55 siehe auch Positive Psychologie Positive Social Science 13ff., 20 Positives Management 5ff., 162, 239, 246ff., 251,253ff., 262ff. Positivfokussierung 240ff., 246, 248, 254, 261 ff. Proaktivit~it 56f., 60, 63 Produzentenstolz 93 f., 96ff., 100, 102, 105ff. Prosoziales Dienstleisterverhalten 74f., 80ff. Prosoziales Organisationales Verhalten 8, 79ff. Prosoziales Verhalten 37f., 40f., 47, 74, 79ff., 84, 87 Prozessintegration 191, 196ff., 200 Prozessteam 191, 193ff., 203 f. R Relationale Konfiguration 9, 190, 201f.

278 Ressource 104, 156, 158, 189ff., 193ff., 200, 202ff., 206, 230, 242, 250 Reziprozit~it 189f., 194f., 198ff., 205f. S Secondment Programm 229, 231 Selbstinitiierung 56 Selbstverwirklichung 126, 158 Sinn 65, 117ff., 123ff., 129f., 153, 157, 160, 240, 246, 254 Sinnerfahrung 117, 120f., 123, 125ff. Sinnhaftigkeit 125, 157, 159, 213 Sinnlosigkeit 122f., 130 Soziales Kapital 107, 224, 226, 233 Spitzenleistung 129, 156, 178, 244, 249, 253,255,260ff. St~irke 55, 66f., 95, 153, 156ff., 160f., 169, 172, 179, 183 f., 199, 212ff., 216f., 239ff., 243 f., 246, 248,254, 257f., 261,263,265 Stolz 93ff., 100ff., 133f., 139, 144, 172ff., 262 Stolzmanagement 107, 109 Strengths of Character 20f., 23 ff. siehe auch Character Strengths Stress 61f., 123, 125f.,214 Stressbelastung 120ff., 126f. T Talent 16, 19, 160f., 211 ff., 248, 251,260f.

Stichwortverzeichnis Team 46, 51, 96, 102, 105, 126, 156, 191,193f., 196, 228,231, 233,252, 255,258, 260ff. Tr~igheit 180, 183 angenehme 171, 177f., 181 resignative 170, 174f., 181 U Umweltfaktor 60, 62 Untemehmensidentit~it 181 Untemehmenskooperation 189f., 200, 204, 207 Unternehmenskultur 6, 144, 156, 183, 217, 219, 229, 231,234, 239, 254, 260, 264f. Unternehmertum 64, 68 W Wettbewerbsvorteil 190, 192f., 196f., 203 Work-Life Balance 159, 162, 262 Z Ziel 5, 44, 46, 50, 56f., 59, 62, 65ff., 82, 117, 123,126, 139f., 142, 157, 160f., 169, 171f., 174, 176, 179ff., 183, 193f., 197, 216, 225,228, 231,234, 246f., 249, 251,255f., 258ff., 263 Zukunftsperspektive 172, 176, 178, 180, 182f. Zweckrationalit~it 136, 189