Plasmozytom [Manuscript  Archival Material ed.] [PDF]

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Zitiervorschau

Patientenhandbuch

Homepage der Dr.-Horst-Schmidt Kliniken

Hämatologie/Onkologie der HSK

Inhaltsverzeichnis Titelseite

Patientenbuch

Vorwort Multiples Myelom Inzidenz des Multiplen Myeloms

Multiples Myelom

Was heißt Leben mit MM Die Untersuchung des Knochenmarks MRI beim MM

Plasmozytom

Verlauf der Behandlung und Kontrolle

Redaktion

Chemotherapie Bestrahlung Nebenwirkung der Bestrahlung Schmerz und Schmerzbekämpfung beim MM

Dr. P.W. Wijermans Dr. Ph. Rümke H. Jansen

Knochenentkalkung durch die Wirkung von ADP/Aredia

Übersetzung

Alpha-Interferon Knochenmark- und Stammzelltransplantation

H.A. Mittendorf Dr. B. Bolliger

Teilnehme an experimentellen Studien Orthopädische Behandlungen

LINK zur Beilage zum Patientenbuch (2.Auflage)

Anthrosophische Therapie Physiotherapie Ernährung und Krebs Umgang mit Müdigkeit Psychische Problematik Pflege zu Hause Wenn das Ende des Weges näherrückt

© Copyright Hendrik A. Mittendorf, CH-9536 Schwarzenbach/SG

Zu Hause sterben Sterben im Krankenhaus

Niederländische Originalausgabe: CKP, Contaktgroep Kahler-Patienten

Was ist in der Zwischenzeit geschehen Was bietet eine Patientenkontaktgruppe Die Schweizer Krebsliga Erklärung der verwendeten Ausdrücke Autorenliste Danksagung

Stand: 1. Mai 99

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Vorwort

Vorwort

Dieses Buch ist in erster Linie geschrieben für Patienten mit Multiplem Myelom (MM) sowie für Menschen in ihrer direkten Umgebung, wie Partner und Kinder. Wir können uns allerdings gut vorstellen, dass die enthaltene Information auch nützlich ist für andere, z.B. Ärzte, medizinisches Hilfspersonal usw. Auch wenn schon andere Bücher bestehen, so ist die Besonderheit dieses Buches die, dass so viele Aspekte wie möglich im Zusammenhang mit dem Leben mit MM behandelt werden: medizinisch, psychologisch, sozial und vor allem auch praktisch. Wir haben versucht, die aktuellsten Informationen einzubinden und diese auch für Laien verständlich darzustellen. Vollständig bis in alle Details können und wollen wir nicht sein. Dafür ist die Krankheit und alles, was mit ihr zusammenhängt, zu komplex. Vor allem, wenn wir manchmal stark divergierende persönliche Umstände betrachten. Es ist sehr gut möglich, dass individuelle Fragen unbeantwortet bleiben, oder dass sie bei der Lektüre gerade auftauchen. In den Fällen ist der behandelnde Arzt die richtige Person, um diese Fragen zu beantworten. Auch in dieser Hinsicht will dieses Buch eine stimulierende Rolle spielen. Die Auswahl der Themen basiert hauptsächlich auf Angaben aus der niederländischen Patientenbefragung, welche im Jahr 1996 durchgeführt wurde. Diese sind wertvolle Tips für dieses Buch gewesen.

Zum Schluss: Wir sind offen für Reaktionen auf und Anregungen zu diesem Patientenbuch.

Die Redaktion: H. Jansen Dr. Ph. Rümke Dr. P.W. Wijermans

Der Übersetzer dankt Frau Dr. B. Bolliger vom Zentrum für Tumordiagnose und Prävention (ZeTuP) in St. Gallen für die deutschsprachige Redaktion, sowie Frau B. Birrer vom Spitex-Verein Jonschwil-Schwarzenbach und Herrn R. Ostwald in Innsbruck für ihre Beiträge zum Thema «Pflege zu Hause».

H.A. Mittendorf

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Multiples Myelom

Multiples Myelom Dr. P.W. Wijermans

Einleitung Die Krankheit mit dem Namen Multiples Myelom ist eine bösartige Wucherung von Plasmazellen im Knochenmark. In ganz seltenen Fällen finden wir auch bösartige Zellen ausserhalb von Knochen. In diesem Falle sprechen wir von einem Plasmazytom, eine Geschwulst von Plasmazellen. Plasmazellen gehören zur Gruppe der weissen Blutzellen, auch Leukozyten genannt. In unserem Körper besorgen die verschiedenen Leukozyten zusammen die Abwehr gegen Infektionen. Innerhalb dieses Abwehrsystems sind die Plasmazellen verantwortlich für die Produktion von Abwehreiweissen, die Immunoglobuline. Im Falle einer Infektion wachsen verschiedene Plasmazellen aus, um Abwehreiweisse (Antistoffe) zu produzieren und so die Abwehr zu verstärken. Beim Multiplen Myelom wuchert meistens nur eine Art Plasmazellen und es wird daher nur eine Art Abwehreiweiss in übergrossen Mengen produziert. Weil dabei die gesunden Plasmazellen unterdrückt werden, werden aber auch die weiteren Abwehreiweisse in ungenügendem Masse produziert. Ist nur eine Art Abwehreiweiss vorhanden, welche von einer Art Plasmazellen stammt, reden wir von einem Paraprotein, manchmal auch M-Protein genannt. Seltener werden die Eiweissketten nicht vollständig hergestellt, sondern es bildet sich nur ein Fragment (sog. Bence Jones-Eiweiss): Leichtketten-Myelom. Noch seltener ist die Form, wobei die Plasmazelle zwar wuchert, aber kein Abwehreiweiss mehr produziert: nicht-sezernierendes Myelom. Bei bösartigen Krankheiten sucht man meistens nach Metastasen. Beim Multiplen Myelom geht es dabei um Veränderungen im Knochenmark. Beim Stellen der Diagnose hat sich die Krankheit bereits im ganzen Skelett ausgebreitet. Das heisst, MM kann in den unterschiedlichsten Knochen vorkommen.

Diagnose Um die Diagnose Multiples Myelom stellen zu können, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein. Der Grund ist der, dass bei vielen älteren Menschen ein Paraprotein gefunden werden kann, ohne dass Plasmazellen wuchern: gutartige Paraproteinämie. Auch gibt es andere Krankheiten, wobei die Anzahl Plasmazellen im Knochenmark zum Zweck der natürlichen Abwehr erhöht sein kann. Oft benutzt man die sogenannten Kriterien von Salmon und Durie, um die Diagnose MM zu stellen. Es geht um folgende Bedingungen: – die Höhe des Eiweissgehaltes – Abweichungen in den Knochen – die Zahl der Plasmazellen im Knochenmark – die Anwesenheit von Bence Jones-Eiweiss im Urin – nur niedrige Mengen der normalen Abwehreiweisse vorhanden. Multiples Myelom wird in drei Stadien eingeteilt; abhängig von der Höhe des Paraproteingehalts, (nicht)vorhandene Blutarmut und/oder fehlende Blutplättchen, der Gehalt an Kalzium im Blut und inwieweit Knochen geschädigt sind. Eine Unterteilung in A (gutfunktionierend) und B (schlechtfunktionierend) wird in Abhängigkeit der Nierenfunktion vorgenommen.

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Multiples Myelom

Die Einteilung sagt etwas über die Schwere der Krankheit und die Prognose. Im Stadium IA kann auf eine Therapie noch verzichtet werden, speziell bei älteren Menschen. Dies, weil eine Behandlung für eine gegebene Zeit noch nicht nötig ist und ein Abwarten, bis sich die Situation verschlechtert, nicht schadet. Die Medikamente werden dann aufgespart für die Zeit, wo sie wirklich gebraucht werden, und der Patient wird nicht frühzeitig belastet mit Nebenwirkungen der Behandlung. Dagegen werden junge Leute in diesem Stadium doch schon behandelt. Der Hintergedanke dabei ist, mittels sehr intensiver Behandlung jetzt, wo noch nicht allzuviele kranke Zellen vorhanden sind, die Krankheit so weit zu unterdrücken, dass über sehr lange Zeit keine Probleme zu erwarten sind.

Die wichtigsten Probleme Es folgen die wichtigsten Probleme beim Multiplen Myelom. 1. Das Wachstum der Plasmazellen im Knochenmark kann zu Angriffen auf die Knochen führen. Die Folgen sind Knochenschmerzen und sogar spontane Brüche. Berüchtigt sind in diesem Zusammenhang Probleme in den Wirbeln, die oft einbrechen. Die Angriffe auf die Knochen können zudem auch zu einer Erhöhung des Kalkgehaltes im Blut führen (Hyperkalzämie). 2. Verdrängung der gesunden Knochenmarkzellen durch Krebszellen kann die Produktion von normalen roten Blutkörperchen behindern und damit zu einer Anämie (Blutarmut) führen. Auch kann ein Defizit an Blutplättchen entstehen, womit die Gefahr von Blutungen erhöht wird. Die gestörte Produktion von weissen Blutzellen führt zu einer Störung im Abwehrsystem. Daher ist die Infektionsgefahr erhöht, von denen sich der Patient auch weniger schnell erholt. 3. Das Infektionsrisiko ist nicht nur erhöht wegen der zu wenigen Abwehrzellen, sondern auch durch das Fehlen von normalen Abwehreiweissen. Die Krebszellen produzieren ja nur eine Art Abwehreiweiss, und alle andere werden nur in ungenügender Zahl produziert. 4. Bei manchen Myelompatienten gibt es Störungen der Nierenfunktion. Verursacht werden diese unter anderem durch das Niederschlagen von Bence Jones-Eiweiss, Austrocknung bei einem zu hohen Kalziumgehalt im Blut und einem hohen Gehalt an Urinsäure im Blut. Oft treten Kombinationen dieser Faktoren auf, die die schlechte Nierenfunktion erklären.

Prognose Weiter hinten in diesem Buch wird ausführlich informiert über Ablauf und Behandlung des Multiplen Myeloms. Kurz gibt es darüber folgendes zu sagen: Bis die ersten Zytostatika (zelltötende Medikamente) auf den Markt kamen, war die Prognose äusserst schlecht. In den letzten Jahren wurde ausführlich nach Behandlungsmethoden geforscht, und heute ist mit einer ziemlich milden Therapie eine deutliche Verbesserung erreichbar. Die Krankheit ist allerdings immer noch nicht heilbar. Die mittlere Lebenserwartung, vom Augenblick der Diagnose gerechnet, liegt zwischen 3 und 4 Jahren. Deswegen wird inzwischen, vor allem bei jüngeren Patienten, eine intensivere Behandlung angewendet. Die Lebenserwartung scheint dabei wohl zuzunehmen, aber die Chance auf Heilung ist immer noch gering. Nur eine kleine Gruppe von Patienten kann derart stark therapiert werden, weil das Multiple Myelom vor allem bei älteren Menschen vorkommt.

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Inzidenz des Multiplen Myeloms

Inzidenz des Multiplen Myeloms Dr. J.W.W. Coebergh

Einführung Die Epidemiologie ist die Wissenschaft, welche, einfach ausgedrückt, untersucht, wie oft eine Krankheit vorkommt (Inzidenz) und welche Faktoren das Entstehen und die Prognose beeinflussen. Dieser Beitrag behandelt die Inzidenz des Multiplen Myeloms: das Risiko und die Überlebenschancen. Auch werden die heute bekannten Ursachen der Krankheit zusammengefasst. Fachausdrücke werden im Text erklärt.

Definitionen und Kriterien Die epidemiologische Literatur unterscheidet die schlummernde Version des Multiplen Myeloms nur selten. Diese wird allerdings wahrscheinlich öfter diagnostiziert werden, weil die Blutuntersuchungen an Patienten zunehmen und gründlicher werden. Das gleiche gilt für das Vorstadium von MM: eine noch nicht erklärte monoklonale Gammopathie, eine Störung in der Produktion von Abwehreiweiss. Die allermeisten dieser Patienten werden kein MM bekommen. Eine oft erwähnte Studie aus einem spezialisierten Labor in den USA nennt eine Chancenzahl von 29% innert 14 Jahren. Ein grosses allgemeines Krankenhaus in den südlichen Niederlanden – mit an einen Spezialisten überwiesenen Patienten – gibt ungefähr 11% an. Folgerung: beim Hantieren mit Zahlen über das Vorkommen der Krankheit und deren Prognose spielt der gleitende und nicht eindeutige Übergang von eher gutartigen in bösartige Varianten eine grosse Rolle. Die Frage ist wichtig, welche Definitionen und Kriterien für die Diagnose angewandt werden.

Häufigkeit In Mitteleuropa wird jedes Jahr bei rund 5000 Menschen zum ersten Mal MM festgestellt, gut 1% aller Patienten mit Krebs. Drei von 100 000 Westeuropäern bekommen vor dem 75. Altersjahr diese Krankheit. Dieses Bild weicht nicht gross ab von demjenigen in den meisten industrialisierten Ländern, obwohl Vergleiche durch unterschiedliche diagnostische Vorgehen schwierig sind. Vor allem bei Älteren variieren diese Werte stark. Gut ein Viertel der neuen Patienten ist älter als 75, die Hälfte zwischen 60 und 75, gut 20% zwischen 45 und 60, und weniger als 5% ist jünger als 45. Unter 35 kommt die Krankheit nur sehr selten vor. Europaweit gibt es jedes Jahr etwa 2 bis 3 neue MM-Patienten pro 100’000 Einwohner. In den Niederlanden soll es total etwa 2000 mit MM diagnostizierte Patienten geben. Umgerechnet auf die Schweiz, mit knapp halb so vielen Einwohnern, heisst das, dass es etwa 800 mit MM Diagnostizierte haben wird. Davon sterben jedes Jahr rund 250 MM- Patienten, fast 2% aller Krebstoten. Für Deutschland liegen diese Zahlen etwa bei 11 000 bzw. 3500, für Österreich 1000 bzw. 300. Ab dem 50. Altersjahr liegen Inzidenz und Todesfälle bei Männern etwa um 50% höher als bei Frauen. Dies ist noch nicht erklärbar. Weil aber die westeuropäische Bevölkerung mehr alte Frauen als alte Männer zählt, gibt es fast gleichviel weibliche wie männliche Patienten. In den USA wurde entdeckt, dass Multiples Myelom bei African Americans etwa doppelt so häufig ist wie bei Weissen. Die Ursachen sind nicht bekannt. Aus einer Langzeitregistration von Krebsfällen im Südosten der Niederlande geht hervor, dass Vorkommen und Sterbeziffer sich seit 1970 kaum geändert haben. Auch im Ausland besteht dieser Eindruck, obwohl die Inzidenz durch bessere Diagnosen gestiegen sein könnte. Tabelle 1: Frequenz Multiples Myelom im deutschsprachigen Europa

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Inzidenz des Multiplen Myeloms

pro 100 000 Personen Mann Frau Total Prävalenz* 13 10 13 000 Inzidenz 5,0 3,3 4500–5000 Todesfälle 4,4 3,0 4050

* Anzahl Kranke in einer definierten Bevölkerung in einem bestimmten Zeitabschnitt oder einer bestimmten Zeit.

Tabelle 2: Prognose* Multiples Myelom (Chance an MM zu sterben, seit 1980, je nach Alter)

Jahr nach der Diagnose:

Alter Jahr 1 Jahr 3 Jahr 5 Jahr 10 unter 70 20% 50% 65% 90% 70 und älter 30% 65% 80% 90%

* Gemeint ist das relative Überleben, korrigiert durch den Tod wegen anderer Ursachen.

Die Zahlen über Vorkommen und Prognose von MM sind Schätzungen, basierend auf einer Registrierung aller neuen Patienten in einer Bevölkerung von 100 000 Menschen im Südosten der Niederlande, dem Saarland und im Kanton Basel. Der Unterschied der Prognosen für ältere und jüngere Patienten wird höchstwahrscheinlich mitverursacht durch eine frühere Diagnose bei den jüngeren und die Möglichkeit einer intensiveren Behandlung. Auch die Qualität der Behandlung kann eine Rolle spielen. Eine finnische Untersuchung hat ergeben, dass in Regionen, wo die (Nach-)Behandlung einem Protokoll folgt, im Mittel ein um 25% längeres Überleben besteht als ohne solche Vereinbarungen.

Ursachen Wie auch bei anderen hämatologischen Krankheiten ist wenig bekannt über die Ursache des Multiplen Myeloms. Es wird mit Recht vermutet, dass ein Basisrisiko besteht, das inhärent ist am Auftreten von genetischen Veränderungen in sich regelmässig teilenden Stammzellen des Knochenmarks. Darüber hinaus gibt es kleine Gruppen von Menschen, welche ein erhöhtes Risiko haben durch eine grössere Empfindlichkeit gegenüber genetischen Beschädigungen und Umwelteinflüssen. Wichtig ist, dass das Entstehen von Krebs ein Prozess von sich folgenden Schritten ist, welche sich über file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_inzid.htm (2 of 3) [12.06.2001 14:06:34]

Inzidenz des Multiplen Myeloms

Jahrzehnte erstrecken können. Der erste Schritt, eine genetische Änderung in Stammzellen des Knochenmarks, kann verursacht werden durch eine hohe Dosis radioaktiver Strahlung, wie bei den Überlebenden der Atombomben von Hiroshima und Nagasaki. Auch kann ein lang andauerndes Einwirken von Petroleumprodukten und Asbest eine Ursache sein. Das erhöhte Vorkommen bei Männern zwischen dem 50. und 75. Altersjahr lässt an krebserregende Gewohnheiten denken wie Rauchen, vielleicht zusammen mit ungesundem Essen, und an berufliche Exposition in einer chemischen Atmosphäre. Auch kann eine grosse Menge diagnostischer Röntgenstrahlen schuld sein, wobei die heutigen Geräte zwar eine viel geringere Strahlenbelastung erzeugen. Patienten, welche die Krankheit im jungen Alter bekamen, sind womöglich familiär mit einer genetisch bedingten höheren Empfindlichkeit gegenüber obengenannten Stoffen belastet. Dies ist allerdings noch nicht erwiesen. Bei gewissen Patienten ist ein Zusammenhang mit dauernder Reizung des Immunsystems durch andere chronische Krankheiten, wie Rheuma, zu erkennen.

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Was heisst Leben mit MM

Was heisst Leben mit MM? Chr. Aalders

Einleitung Ein Multiples Myelom und dessen Folgen hat grossen Einfluss auf das Leben des Menschen, der damit konfrontiert wird. Der Einfluss ist so stark, weil MM verschiedene Bereiche des Lebens zeitweilig und/oder dauernd beeinflusst: körperlich, psychisch und gesellschaftlich. Leben mit MM scheint vorab mehr ein Überleben als ein Leben zu sein. Es scheint, als ob man des Steuerrads seines Lebens beraubt ist. Das Gleichgewicht ist verschwunden. Man hat keine Balance mehr. Vom Zustand des Überlebens kommt man aber doch wieder zum Leben und vom Ungleichgewicht zum Gleichgewicht. Man gewöhnt sich an die Umstände. Es läuft ein Wachstumsprozess ab, für jeden auf seine Art und in seinem Tempo. Dies gilt nicht nur für den Menschen mit MM, sondern auch für diejenigen in seiner Umgebung: den Partner, die Kinder, die nächsten Verwandten und Freunde. Auch sie sind aus dem Gleichgewicht, denn MM hat man zusammen.

Gleichgewicht im Leben

Im Leben ist das Gleichgewicht zwischen Traglast und Tragkraft – diese Ausdrücke werden auch weiter hinten gebraucht – normalerweise im Gleichgewicht. Die Traglast wird bestimmt durch die kleinen und grossen Widerwärtigkeiten, welche das Leben mit sich bringt; die Tragkraft durch die Möglichkeiten, die jemand hat, mit diesen Widerwärtigkeiten umzugehen und sie aufzufangen. Wenn die Traglast schwerer, also die Balance gestört ist, dann ist es wichtig, die Tragkraft auf persönliche Weise aufzufüllen und das Gleichgewicht wieder herzustellen. Die Folgen vom MM im täglichen Leben werden die Traglast in starkem Masse mitbestimmen. Die Phasen des Krankheitsprozesses spielen dabei eine wichtige Rolle. Ist die Krankheit erst vor kurzem diagnostiziert worden, ist man mitten in der Behandlung oder kommt regelmässig zur Kontrolle, oder ist man sich bewusst, dass nur noch wenig Zeit zum Leben bleibt …? Jede Phase gibt ihren Beitrag zur Traglast. Die Folgen vom MM sind einzuteilen in: körperliche, psychische und gesellschaftliche.

Körperliche Folgen, Behandlung Beim Multiplen Myelom wechseln sich Perioden von Behandlung und Ruhe ab. Im allgemeinen sind die file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_leben.htm (1 of 9) [12.06.2001 14:06:37]

Was heisst Leben mit MM

Behandlungen massiv und lange andauernd. Unter dem Einfluss von Chemotherapie und/oder Bestrahlung reagiert der Körper anders und fühlt sich auch anders, als man es gewohnt war. Man weiss nicht mehr, was üblich ist und was nicht. Dies hat Einfluss darauf, wie sicher man sich in seinem Körper fühlt.

Körperliche Einschränkungen Dabei geht es hauptsächlich um den Verlust von Energie. Dies ist bekannt, verursacht einerseits durch die Krankheit selbst, andererseits durch die Behandlung. Daraus entwickelt sich ein Gefühl von «wohl wollen, aber nicht können». Dies ist frustrierend, vor allem, weil die Müdigkeit zwar gefühlt wird, man sie einem aber nicht unbedingt ansieht. Die Umgebung kann daher reagieren wie «Du siehst gut aus», während man sich selber hundemüde fühlt. Das kann soweit gehen, dass man sich fragt, ob man sich die Müdigkeit nur einbildet. Sollte man nicht fitter sein? Das Verständnis ist schon nicht vorhanden, und jetzt kommt auch noch ein Schuldgefühl dazu. Es ist nicht einfach, Aussenstehenden zu erklären, in was für einer Situation man sich befindet. Ein Mann, regelmässig behandelt mit Chemotherapie, drückte seine Müdigkeit einmal wie folgt aus: Müde ist überall Müde dauert den ganzen Tag Müde heisst, den ganzen Tag herumschleppen Müde … damit kannst du alles machen Müde ist eigentlich nicht zu schlimm Müde sieht niemand Müde heisst, sich nichts anmerken lassen Müde heisst, verstohlen seufzen Müde heisst, anderen erzählen, was sie schon wissen Müde sein ist viel schlafen … und müde erwachen Müde hat kein Ende Über Müde redet man nicht. (siehe auch das Kapitel über Müdigkeit) Ursachen von körperlichen Einschränkungen sind auch geschwächte Knochen, Knochenbrüche und Schmerzen, verursacht durch MM. Dies kann sogar bis zur körperlichen Abhängigkeit gehen. Die körperlichen Einschränkungen spürt man deutlich im täglichen Leben. Nicht nur im Haushalt oder am Arbeitsplatz, auch beim Spiel mit Kindern und Enkeln, den sozialen Kontakten usw. Das Leben wird eingeschränkt, was ein Gefühl der Isolation verursachen kann.

Vertraue deinem Körper Die Diagnose des Multiplen Myeloms bedeutet so etwas wie das Ende im natürlichen Vertrauen, das man in seinen Körper gesetzt hatte. Man fühlt sich wie verraten, im Stich gelassen. Anstelle des Vertrauens ist Misstrauen getreten. Jeder kleine Schmerz, jede körperliche Unregelmässigkeit lässt die Angst aufkommen, dass das MM wieder aktiv wird. Auch die immer vorhandene Unsicherheit rund um die Blutwerte spielt eine

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Was heisst Leben mit MM

Rolle. Diese zeigen doch, wie ruhig oder unruhig die MM-Front ist. Ängste und Verunsicherungen sind bleibend; sie lassen einen nicht mehr los. Dafür ist MM zu unvorhersagbar und unzuverlässig. Ein Patient sagte einmal: «Das ist wie eine Zeitbombe in meinem Körper, nur weiss ich nicht, wann sie losgeht.»

Psychische Folgen Zu den psychischen Folgen zählen in erster Linie die Gefühle der Angst und der Unsicherheit. Sie beeinflussen mehr oder weniger stark die Gedanken, sie können sie sogar beherrschen. Das Heute und die Zukunft stehen unter dem Druck der Unsicherheit oder der Angst, was kommen mag: Schmerzen, Invalidität, Leiden, Abhängigkeit? Die Konfrontation mit MM verursacht auch einen Trauerprozess über den Verlust von Sicherheiten: die Sicherheit der Gesundheit, eines langen Lebens, eines Körpers, mit dem man rechnen konnte. In diesem Prozess kommen Gefühle von Unglauben, Wut und Depression auf. Trauern ist eine Art «Wiederkäuen» der Gefühle zur Krankheit, bis sie verarbeitet sind. Wie stark diese Gefühle sind und wie man damit umgeht ist teils Charaktersache – optimistisch oder pessimistisch – und eine Art des Überlebens.

Gesellschaftliche Folgen MM beeinflusst die gesellschaftliche Situation des Patienten. Dabei geht es in erster Linie um die Rolle, die man in seiner Lebensumgebung erfüllt. Vater oder Mutter, Partner, alleinstehend, aus grosser oder kleiner Familie, viele oder wenige Freunde … Es wird eine Wechselwirkung zwischen Patient und Umgebung entstehen, in der Begriffe wie Abhängigkeit, Hilfe, Unterstützung und Verständnis wichtig sind. Vor allem während und nach einer Behandlung kann man spüren, dass mehr Unterstützung benötigt wird. Dass andere etwas mehr übernehmen müssen. Das kann hart sein, wenn man gewohnt ist, selbst anzupacken. MM und Arbeitsplatz sind oft schwer zu vereinbaren. Man wird öfters krankheitshalber abwesend sein, und vielleicht erwartet einen eine Invalidität. Die Frage und die Unsicherheit, ob man wohl je wieder normal arbeiten kann, ist eine Dauerbeschäftigung. Es ist deshalb wichtig, die Bande mit dem Arbeitsplatz so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Die Reaktionen des Arbeitgebers und der Kollegen haben grossen Einfluss auf die Art, wie weiter am Arbeitsprozess teilgenommen werden kann. Ist genügend Verständnis für die Situation vorhanden, oder wäre man froh, den Kranken los zu sein? Arbeit ist eine Form der Selbstverwirklichung und der Ablenkung. Wenn sie wegfällt, bedeutet das eine grosse Veränderung im täglichen Leben – für den Patienten wie für seine direkte Umgebung. «Es ist schon lustig, wenn Papa den ganzen Tag zu Hause ist, aber er passt viel mehr auf, ich darf auch nicht mehr so viel, und das finde ich lästig», sagte ein neunjähriges Mädchen über ihre Erfahrungen. Die Reaktionen von anderen auf die Krankheit können eine extra Belastung sein. Für viele ist es eine unbekannte Krankheit, und es gilt: unbekannt macht unbeliebt. Es muss vieles erklärt werden, und trotzdem ist es eine undeutliche Krankheit, schwierig für andere, sich zu informieren. Für die Umgebung gilt weiter, dass sie konfrontiert wird mit Machtlosigkeit und eigener Angst vor Krebs. Daraus entstehen Spannungen. Man will helfen, weiss aber nicht wie. Dies kann zu «Überbeschützen» oder Überbemuttern führen, oder man tut so, als ob «alles nicht so schlimm» ist. Einen Mittelweg zu finden ist schwierig. Es gibt trotzdem viele, die damit gut umgehen und eine richtige Stütze sein können. Aber viele Leute haben Angst und reagieren dann unbeholfen oder gar nicht. Dies kann eine grosse Enttäuschung sein, Wut und file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_leben.htm (3 of 9) [12.06.2001 14:06:37]

Was heisst Leben mit MM

Verdruss erzeugen, aber es ist – leider – die Realität.

Wenn das Gleichgewicht verloren geht

Beim Betrachten dieser Zeichnung fällt auf, dass die Traglast schwerer ist als die Tragkraft und die Waagschale deshalb auf einer Seite durchhängt. Es gibt kein Gleichgewicht mehr. In einer solchen Situation scheint es, als habe man das Leben nicht mehr im Griff. Daraus kann Stress entstehen: Ruhelosigkeit, Vergesslichkeit, schlecht Schlafen und vermehrte Irritation und Labilität. Dies sind Signale, dass das Gleichgewicht gestört ist. Dies ist die Situation, wenn MM eine grosse Rolle im Leben spielt. Dann muss dafür gesorgt werden, dass das Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Das heisst, es muss mehr Gewicht in die Schale der Tragkraft gelegt werden. Die Faktoren, welche die Tragkraft verstärken, sind: – Autonomie (das Heft wieder selbst in die Hand nehmen) – Aufmerksamkeit für sich selbst – Gefühle äussern – Perspektiven (Pläne schmieden) – Überlebensstrategien.

Autonomie Das Gefühl, das Heft in eigenen Händen zu haben, ist das gleiche, wie Autonomie über sein Leben zu besitzen. Beim Gefühl, sein Leben nicht mehr im Griff zu haben, ist es wichtig zu überlegen, was man noch selbst machen kann. Dies ist vor allem wichtig bei Gefühlen der Abhängigkeit und Machtlosigkeit, welche bei MM öfters zur Sprache kommen. Das Verstärken der Autonomie besteht darin, genau und kritisch zu untersuchen, was man noch kann und was nicht, und anschliessend herauszufinden, was von den Möglichkeiten realisierbar ist. Es wird nicht immer einfach sein, aber: ein Nein hat man, ein Ja kann man bekommen. Dies kann heissen, dass man sich über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten informiert. Dass man sich fragt, was die persönliche Lebensqualität beinhaltet. Im schlimmsten Fall kann man auch über Euthanasie nachdenken. Dazu zählen auch Überlegungen, von wem man Hilfe annehmen will und vor allem: wann, wie und wie lange? Informationen über Hilfe zu Hause für den Fall, dass … Auch kann man aushandeln, was für einen wichtig ist, file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_leben.htm (4 of 9) [12.06.2001 14:06:37]

Was heisst Leben mit MM

z.B. wie weit die Behandlung gehen soll. Es ist wie eine Suche nach Wahlmöglichkeiten, die man noch besitzt, auch wenn man das Gefühl hat, mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Man muss sich aber sehr deutlich ausdrücken, was man will und wo die Prioritäten liegen. Das gibt einem das Gefühl von Macht zurück, nachdem man sich vorher so machtlos fühlte.

Aufmerksamkeit für sich selbst Im allgemeinen bekommt man in einer aktiven Phase der Krankheit, wenn vieles passiert, mehr Aufmerksamkeit. Man fragt nach einem, tut manches extra. Aber nach einiger Zeit hört das auf, man denkt, dass der Kranke wieder in ruhigerem Wasser fährt. An sich ist das richtig. Es ist nicht immer angenehm, immer im Mittelpunkt zu stehen. Es ist aber sehr wichtig, Aufmerksamkeit für sich selbst zu haben, wenn diejenige der anderen nachlässt. Man weiss selbst am besten, wenn man etwas Zusätzliches braucht, und brauchen wird man es, das ist sicher. Aufmerksamkeit sich selber gegenüber heisst, dass man sich etwas Besonderes gönnt, auch wenn es überflüssig scheint; dass etwas Nettes nützlicher ist als etwas Benötigtes. «Wenn ich mich schlecht fühle, fange ich an, anspruchslose Bücher zu lesen und vergesse alles», sagte einmal eine Krebspatientin. Aufmerksamkeit für sich selbst bedeutet auch, dass man Aufmerksamkeit von anderen fordern kann, wenn man sie benötigt. Die Umgebung weiss und riecht nicht immer, wenn man die Umarmung, das Streicheln braucht. Dies gilt verstärkt für Alleinstehende. Diese werden lernen müssen, hier aktiver zu werden, was am Anfang sicher nicht leicht ist. Aber ohne Nachfrage gibt es kein Angebot.

Gefühle äussern Eine wichtige Erleichterung der Traglast ist: äussern, was in einem querliegt. Den Kopf voll mahlender Gedanken und Gefühle, welche schwer im Magen liegen, erzeugen oft körperliche Spannungen. Es ist gut, diesen Gedanken und Gefühlen Aufmerksamkeit zu schenken. Eine gute Methode ist aufzuschreiben, was man fühlt und was einen beschäftigt, oder den hochkommenden Tränen freien Lauf zu lassen. Das gibt Entspannung und Raum. Mit anderen darüber zu reden ist auch eine Möglichkeit. Das ergibt zwar nicht immer sofort Lösungen, aber es hilft. Der Redewunsch kann aber gehemmt sein, weil man den anderen nicht mit seinen Gedanken und Überlegungen belasten will. Man möchte seinen Nächsten vor noch mehr Verdruss schützen. Aber miteinander teilen hilft, beider Traglast zu verringern: geteiltes Leid ist halbes Leid. Der andere kann sich nämlich auch äussern, und man kann sich gegenseitig trösten. Die Angst, für einen Jammerer gehalten zu werden, wenn man immer das gleiche erzählt, ist in diesem Fall unberechtigt, und man kommt selbst zu kurz, wenn man es vorzieht, den Mund zu halten. Oft ist es hilfreich, mit Menschen, welche dasselbe Schicksal erleiden, zu reden. Sie kennen ja aus eigener Erfahrung, was einen bedrückt. Patientenkontaktgruppen sind die beste Lösung für individuelle und Gruppengespräche. Hobbys, körperliche Bewegung und Musik hören oder machen schenken auch Entspannung. Man beschäftigt sich nicht immer mit der Krankheit, und das ist gut so. Man merkt, dass es noch andere Sachen gibt als MM, auch wenn es nur von kurzer Dauer ist. Aufmerksamkeit für Gedanken und Gefühle, die man hat, ist genau so wichtig für die Tragkraft wie das Abreagieren durch Ablenkung.

Perspektiven Wenn die Zukunft auf einmal so unsicher ist, ist die Gefahr gross, dass man keine Pläne mehr zu schmieden wagt. Weit voraussehen ist unheimlich. Eine Frau sagte einmal: «Ich wage es nicht, die Götter in Versuchung

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Was heisst Leben mit MM

zu bringen, das heisst fragen nach Schwierigkeiten.» Die Folge davon ist, dass das tägliche Leben ziemlich aussichtslos scheint. Man kann sich nur noch auf wenig freuen. Dadurch bekommt die Krankheit mit all ihren Folgen einen grossen, ja alles bestimmenden Platz. Daher ist Pläneschmieden, auch auf kleinem Feuer, wichtig: man hat etwas in petto, auf das man sich freuen kann.

Überlebensstrategien Jeder Mensch hat seine eigene Art oder Strategie des Überlebens in einer schwierigen Zeit und/oder Situation. Welche die eigene ist, kann man oft entdecken, indem man auf sein Leben zurückblickt, um sich zu erinnern, was einem in Zeiten von Verdruss oder Stress geholfen hat. Vielleicht kann man den Zustand am besten verdauen, wenn man ihn rationalisiert oder relativiert. Die Augen vor den Konsequenzen schliessen oder sie erst recht öffnen. Oder … Es ist die eigene Art, mit der vorliegenden Situation umzugehen. Jeder hat seine eigene Strategie, welche wie ein Mantel passt.

Vom Überleben zum Leben Das Ungleichgewicht ist nicht von Dauer, denn jeder Mensch hat den starken Wunsch in sich, sein Gleichgewicht wieder herzustellen. Es scheint nicht nur so, dass man lernt, mit den Änderungen und Beschränkungen umzugehen, es ist auch so. Es ist dem Menschen möglich, sich an eine neue Situation anzupassen, und er ist imstande, mehr Beschränkungen zu akzeptieren, als er je für möglich gehalten hätte. Auch besitzt er ein Einsteck- und Aushalte-Vermögen auf geistigem und körperlichem Niveau, das manchen erstaunt. Es ist die Kraft, um immer wieder und immer neu das Beste daraus zu machen. Das geht nicht von selbst. Verdruss und Wut gehören dazu. So kommt man vom Überleben wieder zum Leben. Man findet sein Gleichgewicht wieder, indem man die Tragkraft selbst wieder auffüllt.

Der Alleinstehende Für jemanden, der alleine lebt, bildet MM eine zusätzliche Belastung. Wie gut Freunde auch sein mögen, wie mitlebend die Familie auch ist, man muss sich alleine durchschlagen. Die Umarmung, die Schulter zum Ausheulen, der Kaffee, der einem hingestellt wird …, es ist alles viel seltener da. In den Augenblicken, wo man sich alleine fühlt, wo man hundemüde ist, Panik ausbricht, man sich vor den Dingen, die da noch kommen, fürchtet. Für jede Sorge und Aufmerksamkeit muss man selbst handeln und Dinge regeln. Die Zukunftsängste können zu Recht gross sein. Wie lange man es noch alleine kann, wie lange man noch in diesem Haus leben kann, wie lange man zu Hause genügend Pflege bekommt … Man kann vielen Widerwärtigkeiten begegnen. Es ist klar: Autonomie ist wichtig, und es gilt gut zu überlegen, welche Wahl man trifft. Man will sein Leben so lange wie möglich selbst bestimmen können.

Die unmittelbare Umgebung – der Partner Bisher wurde hauptsächlich über den Menschen mit Multiplem Myelom gesprochen. Er oder sie ist die Hauptperson. Aber: was heisst diese Krankheit für die nächste Umgebung, den Partner, die Kinder? MM beeinflusst auch ihr Leben. Auch ihre Traglast wird schwerer, auch ihr Gleichgewicht ist gestört.

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Was heisst Leben mit MM

Wenn das Leben und die Zukunft des Liebsten auf dem Spiel stehen, erfährt der Partner das genauso. Im täglichen Leben ändert sich die Rolle als Partner. Mehr als früher wird «Sorgen für» wichtig sowie Unterstützung und Aufmerksamkeit für den Kranken. Dies gilt verstärkt, wenn dieser abhängig wird. Das gleichwertige Verhältnis, auf dem die Partnerschaft aufgebaut war, kommt aus dem Gleichgewicht. Man gibt mehr, als man empfängt, wenn auch mit noch so viel Liebe. Verglichen mit vorher ergibt sich ein Manko. Es kann der Augenblick kommen, dass es einem zu schwer wird. Auch in bezug auf die Sexualität ist diese Änderung bemerkbar. Als Folge der Behandlung oder durch körperliche Einschränkungen kann die Sexualität einen kleineren Platz im Leben einnehmen. Dem Partner beim Sex weh zu tun oder sogar einen Knochenbruch zu verursachen kann eine starke Angst auslösen, denn das ist das letzte, was man möchte. Als Partner neigt man daher eher dazu, Sex zu vermeiden. Anstelle davon tritt meistens eine innigere körperliche Intimität, auch wenn das nicht das gleiche ist. Verständnis ist schon da, aber man vermisst vieles, und wie! Gefühle von Unsicherheit spielen eine grosse Rolle, besonders für die Zukunft. Wie sieht die eigene Zukunft aus? Muss man damit rechnen, bald alleine weitergehen zu müssen? Wie geht denn das? Kann man das? Ebenso gibt es Gefühle der Machtlosigkeit. Könnte man dem Partner nur etwas abnehmen. Es sieht so aus, wie wenn man nur zuschauen könnte. Und zuschauen, wenn der Partner leidet, ist schwer. Dagegen ist es auch belastend, als gesunder Mensch sein Leben mit einem Partner zu teilen, der immer abhängiger wird mit immer grösseren Einschränkungen. Auch das Leben des Partners wird dadurch eingeschränkt. Dabei ist es schwierig zu erleben, wie dem Patienten mehr Aufmerksamkeit zugewendet wird und es als ganz normal empfunden wird, dass der Partner alles regelt, versorgt und leisten kann. Wer fragt ihn schon? Klar, dass auch die Balance des Partners aus dem Gleichgewicht ist. Der Partner muss bewusst arbeiten, wie er seine Tragkraft auffüllt. Sich selber einzugestehen, nicht immer der Stärkere sein zu können, ist eine Möglichkeit; auch einmal für sich selbst zu wählen ist nicht egoistisch. Es ist wichtig, zusammen die Situation, und wie sie sich für jeden anfühlt, zu besprechen. Es besteht sonst die Gefahr, dass man für den anderen etwas tut, was dieser ganz anders erlebt. Daraus können schnell falsche Schlüsse gezogen werden, mit all den negativen Folgen. Wenn die Partnerschaft schon unter grossem Druck stand, kann sie dermassen ins Ungleichgewicht kommen, dass von einem gestörten Verhältnis die Rede ist. Die Traglast beider Partner wird dadurch dermassen erhöht, dass Hilfe von aussen benötigt wird. Die Hilfe eines Aussenstehenden ist besser, als sich das Leben zu erschweren oder zusammen zu «üben». Reden mit einem Dritten erleichtert auch das Reden miteinander. Es ist sehr wichtig, niemandem die Schuld oder den Schwarzen Peter zuzuschieben. Keiner hat diesen Zustand gewünscht und keiner von beiden ist Ursache von den Partnerschaftsproblemen. Im Prinzip macht jeder nach bestem Vermögen, was er oder sie kann. Zusammenleben in einer Situation mit MM ist die hohe Schule einer Partnerschaft. Es braucht von beiden Partnern viel Energie und Anstrengung. Kommunikation miteinander ist die Basis für den Erfolg. Das ist machbar, auch wenn eine gute Portion Glück sicher hilfreich ist.

Die nähere Umgebung – die Kinder In einer Familie zu leben, in der einer der Eltern MM hat, belastet die Kinder. Als Eltern will man die Kinder intuitiv vor Schmerz und Verdruss schützen. Daher möchte man seinem Kinde eigentlich nicht erzählen, dass die Krankheit unheilbar ist. Aber ein Kind merkt sehr wohl, wenn etwas los ist. Wenn es ausgeschlossen wird – aus welch gutem Grund auch immer – kann das Kind allerhand Phantasien entwickeln oder falsche Schlüsse ziehen. Es wird sich auch ausgeschlossen und einsam fühlen. Manchmal entwickelt das Kind Schuldgefühle, wie wenn es Ursache der Probleme wäre. Aus der Praxis ist bekannt, dass ein Kind eine solche Situation sehr gut

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Was heisst Leben mit MM

verarbeiten kann, wenn es seriös behandelt wird. Dass man sich als Eltern unsicher fühlt, kann man sich gut vorstellen. Gerade jetzt will man alles richtig machen, und gerade jetzt fühlt man sich so unsicher. Aber als Eltern kennt man seine Kinder am besten, und man ist derjenige, bei dem sie am meisten Stütze und Sicherheit erfahren. Gerade jetzt ist das von unschätzbarem Wert. Wenn Kinder mit einem kranken Vater oder Mutter konfrontiert werden, können sie derart reagieren, dass Eltern verunsichert oder beunruhigt werden. Diese Reaktionen gehören zur Tragkraft von Kindern und helfen ihnen, wieder hochzukommen. Eine solche Reaktion z.B. kann sein, dass sie schnell wieder zum Alltagsleben zurückkehren. Das gibt ihnen Halt und Ablenkung. Einer Mutter war aufgefallen, dass die Kinder in den ersten Wochen der Therapie sehr hilfreich waren und ohne Widerspruch den Abwasch erledigten: «Aber schon bald wussten sie nicht mehr, wo das Trockentuch hing.» Kinder brauchen auch deutlich ein eigenes Leben, in dem MM keine Rolle spielt. Dies gilt vor allem für die älteren. Für sie ist es gut, dass noch Zeit für Hobby, Sport und Disco bleibt. Für Kinder ist es manchmal auch sicherer, ausserhalb der Familie über ihre Gedanken und Gefühle zu reden. Dies ist keine Ablehnung oder Flucht. Es ist ihre Art, die Eltern zu schützen, welche schon genügend Probleme haben … Kleinere Kinder ziehen manchmal eher zum gesunden Elternteil. Das ist verständlich, denn dieser ist mehr erreichbar und kann womöglich auch mehr. Der Kranke kann dies aber als sehr schmerzlich erfahren. Es gibt ihm ein Gefühl, nicht mehr dazuzugehören und nicht mehr gebraucht zu werden. Nichts ist aber weniger wahr. Negative oder doppelte Gefühle dem Kranken gegenüber sind normal, können Kinder aber sehr verunsichern. Schuldgefühle können entstehen; sie finden es schlimm, dass Vater oder Mutter krank ist, aber gleichzeitig haben sie so genug von der Unruhe und dem Durcheinander. Eine Sechzehnjährige, deren Vater krank war, sagte, dass die ewige Fragerei, wie es ihm gehe, verrückt mache, meistens dann, wenn sie einmal nicht daran denken wolle … Kinder, denen erklärt wird, dass dies nicht komisch, sondern ganz normal sei, reagieren erleichtert. Der Rat eines Fachmannes, wie man die Kinder am besten auffängt und vorbereitet auf eine unsichere Zukunft, kann Eltern sehr helfen. Folgende Ratschläge kommen aus der Praxis und gelten für jedes Kind: – Gedanken und Gefühle im Betragen äussern – Konzentrationsverlust nicht negieren, aber akzeptieren – ehrliche Informationen und Erklärungen geben – Aufmerksamkeit und Bestätigung («du bist der Liebste und Beste») honorieren – mehr Streicheleinheiten geben – Platz für eigene Gedanken und Gefühle – So gut wie möglich einen festen Tagesrhythmus einhalten.

Zusammen stark sein Im Verhältnis zwischen dem Menschen mit MM und seiner nächsten Umgebung – Partner, Kinder, Verwandte, Freunde – ist es wichtig, dass sie einen harmonischen Umgang haben. Die Basis dazu ist Kommunikation. Andauernd wird ein Gleichgewicht gesucht zwischen Geben und Nehmen. Traglast und Tragkraft eines jeden

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Was heisst Leben mit MM

müssen dabei berücksichtigt werden. Diese Art, miteinander umzugehen, ist, wie schon gesagt, die hohe Schule. Aus Reaktionen von Menschen, direkt oder indirekt mit MM konfrontiert, wissen wir, dass es auch Gewinnpunkte gibt, auch wenn dies zuerst nicht erwartet wird. Man lernt unerwartete eigene Kräfte kennen. Man merkt, dass das Leben doch noch die Mühe wert ist. Man lernt zu unterscheiden, was und wer einem wichtig ist. Man geniesst kleinere Dinge, aber intensiver. Diese Gewinnpunkte erlauben den Übergang vom Überleben zum Leben, wie schwierig und langwierig dies für jeden einzelnen auch sein mag. Es wird leider nie mehr werden wie früher. Eine Änderung braucht nicht nur negativ zu sein. Bevor man aber zu dieser Einsicht kommt, muss das Gleichgewicht wieder einigermassen stimmen. Schlussendlich ist es aller Wunsch, sich einzusetzen, um mit allen Änderungen das tägliche Leben wieder zu geniessen. Dafür zu sorgen, dass der Krebs nicht mehr den alles beherrschenden Platz einnimmt. Um das zu erreichen, ist es wichtig, seine eigene Tragkraft zu stärken, denn das kann man selbst. Ein altes chinesisches Sprichwort drückt dies gut aus: «Wir können nicht verhindern, dass die Vögel des Verdrusses über unseren Köpfen fliegen. Verhindern aber können wir, dass sie sich in unseren Haaren ihre Nester bauen.»

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Die Untersuchung des Knochenmarks

Die Untersuchung des Knochenmarks Dr. P.W. Wijermans

Ein Multiples Myelom wird dann vermutet, wenn zu viel eines unnützen Eiweisses (Fragmente eines Antikörpers, Paraprotein) im Blut gefunden wird. Paraproteine werden vermutet, wenn die Blutsenkung viel zu hoch ist. Um die Diagnose MM zu stellen, ist anschliessend eine Untersuchung des Knochenmarks zur definitiven Bestimmung der Plasmazellwucherung unumgänglich. Doch nicht nur die Anzeige einer zu hohen Zahl der Plasmazellen ist wichtig. Ihre (abnorme) Form gibt auch Auskunft darüber, wie bösartig diese Zellkrankheit ist. Die Untersuchung des Knochenmarks besteht darin, Knochenmark abzusaugen (Aspirat) sowie ein kleines Knochenstück mit Mark (Biopsie) zu entnehmen. MM kann herdförmig oder auch diffus im Knochenmark vorkommen. Das Absaugen von Knochenmark alleine kann zufällig aus einem gesunden Knochenteil geschehen, welcher keine Krankheitssymptome zeigt (normale Anzahl Plasmazellen). Ein weiterer Grund, bei Verdacht auf MM eine Untersuchung des Knochenmarks vorzunehmen, ist der, dass bei einigen Formen von MM die Plasmazellen kein oder nur Teile von Abwehreiweiss bilden. Im Blut ist dann kein abnormales Eiweiss nachweisbar. Neben dem Nachweis des Bence Jones-Eiweisses im Urin kann nur eine Untersuchung des Knochenmarks endgültig Aufschluss geben.

Wiederholung Im Laufe der Krankheit oder während der Behandlung ist es nötig, die Untersuchung des Knochenmarks zu wiederholen. Nur die Menge Eiweiss im Blut zu kontrollieren reicht nicht aus, um das Resultat der Behandlung zu überprüfen. Manchmal hören die Plasmazellen auf, das abnorme Eiweiss (Paraprotein) herzustellen, währenddessen die Zahl der Plasmazellen doch unbemerkt zunimmt. Aufschluss über die wirkliche Situation kann deshalb nur die Untersuchung des Knochenmarks geben.

Zwei Körperstellen Es gibt zwei Körperstellen, wo Knochenmark einfach abgesaugt werden kann. Sowohl das Brustbein als auch Teile des Beckenknochens liegen dicht genug unter der Haut, um die Nadel einzuführen. Sie enthalten normalerweise auch genügend Mark, um es beurteilen zu können. Nur der Beckenknochen ist geeignet für eine Biopsie. Manchmal ist der Beckenknochen bestrahlt wegen schmerzhafter MM-Herde. Nach einer solchen Bestrahlung ist alles Knochenmark zerstört und durch Narbengewebe ersetzt. Dann kann nur Knochenmark aus dem Brustbein entnommen werden, und eine Biopsie ist nicht möglich. Eine Knochenmarkpunktion ist oft, aber nicht immer, eine lästige und schmerzhafte Prozedur. Es ist nämlich nicht möglich, eine genügend starke örtliche Betäubung zu verabreichen, und eine komplette Narkose wäre unverhältnismässig. Wer will, kann ein schnell wirkendes, starkes Schlafmittel verlangen, verabreicht durch eine Spritze in eine Vene. Dann kann man sich nicht an die Punktion erinnern. Die Konsequenz ist, dass man einige Zeit im Spital überwacht werden muss, dies wegen allfälliger Komplikationen. Nur die Untersuchung des Knochenmarks ermöglicht die richtige Diagnose, die Kontrolle und die Behandlung der Krankheit.

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MRI beim multiplen Myelom

MRI beim multiplen Myelom Drs. J. Schipper

Einleitung Magnetic Resonance Imaging, kurz MRI oder MR genannt, ist die neueste und wichtigste Technik im Arsenal der bildformenden Untersuchungsmöglichkeiten in der Heilkunde. MRI liefert Informationen, welche mittels anderer Techniken, wie z.B. Röntgen, nicht erhältlich sind. Bei der Diagnose von MM oder bei der Untersuchung des Verlaufs der Krankheit kann MRI äusserst wertvoll sein.

Die Technik Die MRI-Technik beruht darauf, dass die Wasserstoffatome im Körper sich wie Kompassnadeln ausrichten, wenn sie einem genügend starken Magnetfeld ausgesetzt werden. Durch Einschalten einer Radiowelle werden alle Kompasse während einer kurzen Zeit ausgelenkt, um anschliessend wieder in die Ausgangsposition zurückzukehren. Während der Rückkehr senden die Wasserstoffatome bestimmte Radiowellen aus. Das Körpergewebe enthält unterschiedliche Mengen Wasserstoffatome. Deshalb sendet jedes Gewebe ein eigenes Radiosignal aus. Komplexe Berechnungen im Computer erlauben, aus all diesen Signalen ein Bild des Körpers zu rekonstruieren. Ein wichtiger Vorteil von MRI ist die Möglichkeit, in jeder gewünschten Ebene, wie z.B. quer oder längs, Bilder herzustellen. Und bis heute sind keine schädlichen Nebenwirkungen bekannt. Der wichtigste Vorteil aber ist, dass MRI Informationen über Krankheitsprozesse in Weichteilen liefern kann. Die Nachteile von MRI sind die lange Dauer der Untersuchung, durchschnittlich etwa ¾ Stunden, und der hohe Preis des Apparates.

Knochenmark Das Multiple Myelom wuchert im Knochen. Deshalb können die Folgen dieser Krankheit hervorragend mittels MRI untersucht werden. MRI ist die beste Technik, um Krankheiten des Knochens von aussen ins Bild zu bringen. MM-Herde sind mit MRI früher und auch besser sichtbar als auf Röntgenbildern. Daneben zeigt eine MRI-Aufnahme, ob eine bestimmte Stelle im Knochen schon derart angegriffen ist, dass ein Knochenbruch befürchtet werden muss. Nicht jeder MM-Patient wird mittels MRI untersucht werden müssen. Aber für Patienten, bei denen Zweifel über die Diagnose herrscht oder über die Ausbreitung der Krankheit, kann MRI wichtige Informationen liefern. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass MRI für MM-Patienten einen grossen Diagnosegewinn bedeutet.

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Verlauf der Behandlung und Kontrolle

Verlauf der Behandlung und Kontrolle Dr. P.W. Wijermans

Abhängig vom Stadium, in dem sich der MM-Patient befindet, entschliesst man sich zu einer oder keiner Behandlung. Im allgemeinen wird man im Stadium IA warten, bis sich die Krankheit verschlimmert. Manchmal aber, vor allem bei jungen Patienten, wird doch behandelt, um eine langanhaltende Remission (= Unterdrückung der Krankheit) zu erreichen. Oder sogar um einen Genesungsversuch zu unternehmen durch Einsatz von sehr intensiven Chemotherapien und einer Form von Stammzellentransplantation (weiter hinten steht hierüber mehr Information). Bei den meisten Patienten ist dies wegen ihres Alters und der Schwere der Behandlung nicht möglich. Auch wenn (noch) nicht behandelt wird, muss regelmässig ambulant kontrolliert werden, um die Entwicklung der Krankheit zu beobachten. Dabei wird das Blutbild (Hämoglobingehalt, Anzahl roter Blutkörperchen, Anzahl weisser Blutkörperchen und Blutplättchen) und der Gehalt an Paraprotein im Urin kontrolliert. Wird eine Verschlechterung vermutet, kommen dazu Knochenmarkpunktion und eventuell Röntgenaufnahmen des Skeletts. Ist die Krankheit bei der Diagnose schon in einem fortgeschrittenen Stadium, wird behandelt. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie später beschrieben wird. Abhängig von der Behandlung geschieht diese ambulant oder im Krankenhaus. Auch jetzt ist eine genaue Kontrolle des Blutbildes wichtig. Die Medikamente können nämlich auch die Produktion von gesunden Blutzellen bremsen. Es ist weiter nötig, die Nieren- und Leberfunktionen und den Kalkgehalt des Blutes zu kontrollieren. Die Frequenz dieser Kontrollen kann stark wechseln; sie ist abhängig vom Ernst der Krankheit, von der Schwere der Behandlung und deren Erfolg. Es kann vorkommen, dass die Kontrollen mit Röntgenbildern und Knochenmarkuntersuchungen ergänzt werden. Manchmal produzieren die kranken Zellen, wie besprochen, kein Paraprotein. In diesem Fall muss das Blutbild zusammen mit Knochenmarkuntersuchungen Einsicht in den Erfolg der Behandlung geben. Urin muss dann untersucht werden, wenn nur ein sehr kleines Fragment des Paraproteins gebildet wird, Kurzketten-Myelom oder Bence Jones-Eiweiss genannt. Zur Mengenbestimmung dieses Stückchens Eiweiss im Urin muss dieser während 24 Stunden gesammelt werden.

Dauer der Remission Wenn die Behandlung des Multiplen Myeloms gut anschlägt, kann der Augenblick kommen, wo eine weitergehende Therapie keine Verbesserung mehr bringt: Es tritt die sogenannte Plateauphase ein. Im allgemeinen wird dann von einer weiteren Behandlung abgesehen, bis sich das Krankheitsbild wieder verschlechtert. Die dazwischenliegende Zeit heisst Remissionsdauer. Die Dauer der Remission bestimmt, ob die bisherige Behandlung wieder angewendet werden kann oder eine neue Therapieform gewählt werden muss, wenn sich die Krankheit verschlimmert. Die Erfahrung hat gelehrt, dass bei einer kurzen Remissionsdauer die alte Behandlung nicht mehr helfen wird. Im allgemeinen bietet eine neue Behandlungsmethode eine gute Erfolgschance, wenn die alte Behandlung am Anfang auch Erfolg hatte. War das Resultat enttäuschend, ist die Chance auf Erfolg mit einer anderen Therapieform kleiner, aber sicher nicht ausgeschlossen. Wenn auch die neue Therapieform nicht hilft, können zwar alternative Methoden gewählt werden, aber sie werden stark vom Allgemeinzustand des Patienten abhängen. Bei älteren Patienten sind die Möglichkeiten sehr eingeschränkt oder die Resultate unbefriedigend.

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Verlauf der Behandlung und Kontrolle

Komplikationen Ein MM-Patient kann eine Reihe unangenehmer Komplikationen erleiden. So führt die gebremste Blutproduktion im Knochenmark durch die Wucherung der Plasmazellen zu Blutarmut und zu wenig Blutplättchen. Das letzte kann zu Blutungen führen. Ernsthafte Komplikationen, nebst dem Abbau der Knochen, ist eine Störung der natürlichen Abwehrkräfte gegen Infektionen als Folge der Krankheit selbst und der Chemotherapie. Im Falle von Infektionen ist eine Antibiotikabehandlung oft früher und länger nötig. Nicht selten ist eine Form einer lebensbedrohenden Infektion schlussendlich die Todesursache. Selten, aber lästig ist das sogenannte Hyperviskositätssyndrom (das Blut wird zu dickflüssig) als Folge einer grossen Menge Paraprotein im Blut. Organe werden schlecht durchblutet, speziell das Gehirn, und dies führt zu Beschwerden. Manchmal wird dann eine Blutwäsche (Plasmapherese) verordnet. Die Folgen eines zu hohen Kalkgehaltes im Blut, eine oft vorkommende Komplikation, werden weiter hinten im Buch behandelt.

Das letzte Stadium Im letzten Krankheitsstadium wird der Patient, zusammen mit Partner und/oder Familie, mit dem behandelnden Arzt nach der besten Lebensqualität unter den gegebenen Umständen suchen müssen. Dabei geht es sicher nicht immer um eine weitere Therapie. Manchmal können unterstützende Massnahmen, schmerzstillende Medikamente und Bluttransfusionen das Ende akzeptabler machen. Die oft gehörte Bemerkung, dass ein Patient heute keinen Schmerz mehr erleiden muss, gilt ganz sicher nicht beim Multiplen Myelom. Sind die Knochen einmal stark angegriffen, sind Schmerzen Teil der Krankheit. Die behandelnden Ärzte – Internist/Hämatologe, Radiotherapeut, Schmerzkonsulent – können nur versprechen, zusammen eine bestmögliche Schmerzdämpfung zu erreichen. Wer weiss, dass es nach allen Behandlungen keine gute Therapie mehr gibt, und für wen – trotz unterstützender Mittel – das Leben nicht mehr akzeptabel ist, soll dies unbedingt mit seinem Arzt besprechen. Zusammen mit Partner, Familie und Arzt muss es möglich sein, eine unnötige Behandlung abzulehnen, wenn im letzten Stadium eine Verschlechterung eintritt.

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Chemotherapie

Chemotherapie Dr. P.W. Wijermans

Die Diagnose Multiples Myelom ist gestellt, und es soll eine Behandlung erfolgen: Dann bespricht der Spezialist mit dem Patienten, was geschehen soll. Das hängt von den Umständen ab, wobei vor allem das Alter und der Allgemeinzustand des Patienten ausschlaggebend sind. Es kann entschieden werden, eine Chemotherapie zu beginnen, d.h. das Verabreichen von Zytostatika (zelltötenden Mitteln), ergänzt mit einer weiteren Medikation. Es wird unterschieden in Erst- und Zweitlinienbehandlung und intensive Behandlung. Diese werden im Folgenden der Reihe nach erläutert.

Erstlinienbehandlung Seit Jahren ist die Standardbehandlung von MM eine Kombination von zwei Medikamenten, nämlich Melphalan (Alkeran), zu den Zytostatika gehörend, und Prednison. Viele Kombinationen mit anderen Mitteln wurden zwar getestet, aber sie waren nicht effektiver. Im allgemeinen werden Melphalan und Prednison alle vier Wochen während fünf Tagen verabreicht. Die Medikamente können einfach als Tabletten geschluckt werden. Die Anzahl Kuren hängt ab vom Ansprechen des Patienten auf die Behandlung. Wenn nach einigen Malen keine Verbesserung eintritt, ist ein Weitermachen natürlich nicht sinnvoll, denn der Patient würde nur die Nebenwirkungen spüren. Eine gute Beurteilung ist allerdings nur nach mehreren Kuren möglich. Es ist möglich, dass der Spezialist zuerst eine andere Kombination von Medikamenten vorschlägt, wenn er dafür einen besonderen Grund hat oder wenn es sich um eine experimentelle Methode handelt. Selbstverständlich darf der Patient dafür eine Erklärung erwarten. Wenn die Behandlung nach einigen Kuren gut wirkt, können sich im Verlaufe drei Situationen ergeben: 1. Nach anfänglicher Besserung ergibt sich doch wieder ein Rückschlag. In diesem Fall wird der Spezialist eine andere Therapieform vorschlagen, wenn der Allgemeinzustand des Patienten dies zulässt. 2. Nach einer Anzahl Kuren wird ein gutes Resultat erreicht, aber eine weitere Behandlung zeigt keine Verbesserung. Man spricht dann von der sog. Plateauphase. Im allgemeinen wird dann die Behandlung mit Melphalan und Prednison abgebrochen, und es wird nur noch beobachtet. Es kann aber auch mit Alpha-Interferon weiterbehandelt werden. Darüber weiter hinten im Buch. Sollte sich die Krankheit wieder bemerkbar machen, gibt es die Wahl zwischen Wiederholung der Standardbehandlung und einer anderen Therapie. Die Dauer der Plateauphase beeinflusst dabei die Wahl. 3. Die Behandlung scheint zu wirken, aber nur langsam. In diesem Falle, und wenn die Nebenwirkungen es nicht verunmöglichen, wird die Behandlung länger dauern, bis eventuell doch wieder eine Verschlechterung eintritt.

Nebenwirkungen Im allgemeinen werden die Nebenwirkungen der Behandlung mit Melphalan und Prednison als sehr mild erfahren. Es gibt allerdings einige Nebenwirkungen, welche diese Therapie stark beeinflussen können. Die wichtigste Nebenwirkung ist, dass Melphalan möglicherweise die Produktion gesunder Blutzellen bremst. Bei starker Wirkung muss die Kur eventuell verschoben oder die Dosierung verringert werden. Melphalan kann auch den Appetit negativ beeinflussen und zu Unpässlichkeit führen. In der üblichen Dosierung hat Melphalan file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_chemo.htm (1 of 3) [12.06.2001 14:06:47]

Chemotherapie

allerdings keine nennenswerten Nebenwirkungen wie Durchfall und Beschädigung der Mundschleimhäute. Haarausfall kommt nur selten vor, ebenso eine Überreizung des Tastsinns.

Zweitlinienbehandlung Diese Behandlung wird nach Melphalan/Prednison angewandt, wenn das Resultat unbefriedigend ist oder wenn, nach anfänglichem Erfolg, die Werte wieder schlechter werden. Eine häufige Zweitlinienbehandlung sind VAD-Kuren. Es ist eine Kombination von drei Medikamenten: die Zytostatika Vincristin (Oncovin) und Adriamycin (Doxorubicin) sowie von Dexamethason, ein potentes Cortisonpräparat. Normalerweise wird diese Kur während vier Tagen durchgeführt. Dexamethason wird in Tablettenform geschluckt, Vincristin und Adriamycin werden mittels Infusion in ein grosses Blutgefäss unter dem Schlüsselbein oder mittels eines Porth-a-Cath verabreicht (dies ist ein unter der Haut eingepflanztes Reservoir, welches Verbindung zu einem Blutgefäss hat und mittels Injektionsnadel durch die Haut hindurch gefüllt werden kann). Heute werden VAD-Kuren immer öfter in Kurzinfusionen verabreicht. Dazu braucht es keine komplizierten Infusionssysteme. Weitere Medikamente, welche zur Bekämpfung von MM eingesetzt werden (in Kombination mit den oben genannten) sind: – BCNU – CCNU – Cisplatin – Cyklophosphamid – Cytosine Arabinoside (Ara-C) – Etoposid (VP-16) – Idarubizin (Zavedos) – Mitoxantron (Novatron) – Procarbazin – Vinorelbine

Nebenwirkungen Normalerweise sind die Nebenwirkungen von VAD-Kuren stärker als bei Melphalan/Prednison. Meistens tritt Haarausfall ein, ebenso wie Unpässlichkeit und Erbrechen. Auch kann die Blutproduktion gebremst sein. In kleinen Mengen verabreicht, kann Adriamycin sporadisch zu Herzbeschwerden führen. Bei grösseren Mengen muss immer aufgepasst werden, und eine regelmässige Herzkontrolle ist empfehlenswert. Vincristin kann eine negative Wirkung auf das Nervensystem haben, was sich in Kribbeln in Händen und Füssen bemerkbar macht. Dann muss die Dosierung dieses Medikaments verringert oder die Verabreichung sogar eingestellt werden, damit keine weiteren Schäden auftreten. Dexametason kann die gleichen Nebenwirkungen wie Prednison verursachen, nur stärker. Unruhe und Schlaflosigkeit werden oft als sehr lästig empfunden. Bei einem schon bestehenden Diabetes (Zuckerkrankheit) ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Ein versteckter Diabetes kann durch Verabreichung von Cortison

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Chemotherapie

aufgedeckt werden.

Weitergehende Behandlung Wenn auch die Zweitlinien-Behandlung keinen Erfolg (mehr) bringt, entsteht eine schwierige Situation. Meistens ist der Zustand dann schon soweit beeinträchtigt, dass eine weitere Chemotherapie gar nicht mehr möglich ist oder vom Patienten gar nicht mehr gewünscht wird. Vorstellbar ist eine neue Kombination von Medikamenten, wenn der Zustand noch in Ordnung ist und es keine Probleme gibt, die auf andere Art behandelt werden müssen (z.B. schmerzhafte Knochenherde, welche bestrahlt werden können). Im übrigen ist der Erfolg einer weitergehenden Behandlung meistens nur von sehr kurzer Dauer.

Intensiv-Behandlung Eine erste Behandlung – viel intensiver als Melphalan/Prednison – kann gewählt werden, wenn der Patient noch jung und in einem guten Allgemeinzustand ist. Meistens wird dann eine hohe Dosis Melphalan verabreicht, mit oder ohne VAD-Kur. Anschliessend ist eine Art Stammzellen-Transplantation möglich, was weiter hinten erläutert wird. Vorläufig kurz zusammengefasst: Ziel dieser Behandlung ist zu versuchen, mittels sehr intensiver Chemotherapie die Krankheit soweit zu unterdrücken, dass während längerer Zeit keine Symptome nachgewiesen werden können. Dieser Zustand heisst Remission. Dieser Behandlung muss eine Transplantation von Blutstammzellen folgen, welche aus dem Knochenmark oder Blut gewonnen werden. Auch wenn keine Remission erreicht wird, entsteht meistens doch eine längere Periode, in der keine Behandlung notwendig ist. Eine echte Heilung ist allerdings auch so nicht erreichbar. Dies wird versucht, indem Knochenmark eines Bruders oder einer Schwester verwendet wird. Diese Behandlung ist noch intensiver wegen der Medikamente, welche ein Abstossen verhindern müssen. Es kommen also nur einige wenige MM-Patienten für diese Behandlung in Frage. Der Patient muss ziemlich jung sein, und einen Bruder oder eine Schwester haben mit Knochenmark, dessen Blutzellgewebe dem des Patienten genau entspricht. Eine weitere Transplantationsmöglichkeit ist, Knochenmark des Patienten selbst zu verwenden, welches so gut wie möglich von kranken Zellen gesäubert sein muss (siehe auch das Kapitel: Knochenmarktransplantation und Stammzellentransplantation).

Unterstützende Behandlung Beim Multiplen Myelom sind die unterstützenden Massnahmen sehr wichtig. Sie bilden einen wesentlichen Teil der Sorge um den Patienten. Sollten Infektionen auftreten, werden diese selbstverständlich mit Antibiotika behandelt. Auch Transfusionen von Blut und Blutplättchen werden durchgeführt, wenn eine ernste Blutarmut besteht. Die Prävention oder Behandlung von Knochenherden mit Bisphosphonaten wird weiter hinten behandelt: Entkalkung der Knochen und die Wirkung von APD. Im Versuchsstadium ist die Behandlung mit Wachstumsfaktoren: Eiweisse, die das Knochenmark stimulieren zur Produktion von reifen Blutzellen. Als Beispiele gelten: Erythropoetin zur Produktion von roten und G-CSF und GM-CSF zur Produktion von weissen Blutkörperchen. Bei oft eintretenden Infektionen und einer niedrigen Menge gut funktionierender Antikörper werden Immunoglobuline verabreicht.

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Bestrahlung

Bestrahlung Prof. Dr. E.M. Noordijk

Neben Chemotherapie wird beim Multiplen Myelom oft Radiotherapie (Bestrahlung) eingesetzt. Ein weiterer Spezialist wird eingesetzt: der Radiotherapeut (Onkologe). Für die Bestrahlung können drei Gründe vorliegen: Heilung – hierbei geht es um Bestrahlung einer sehr lokalen Wucherung von Plasmazellen ausserhalb des Knochenmarks. Man spricht dabei noch nicht vom Multiplen Myelom. Ist dieses einmal festgestellt, kann eigentlich nicht mehr vom Versuch gesprochen werden, den Patienten mittels Bestrahlung zu heilen. Örtliche Kontrolle – hierbei geht es um Patienten, welche eine einzige durch MM angegriffene Stelle zeigen und bei denen es wichtig ist, dass die Krankheit auf keinen Fall dorthin zurückkehren soll. Beispiele: eine Stelle nahe am Rückenmark oder eine Stelle, wo ein spontaner Knochenbruch befürchtet wird. Erleichterung von Symptomen (palliativ) – die am häufigsten angewandte Form zwecks Schmerzlinderung. Beim MM gilt dies besonders, da die Plasmazell-Tumore sehr empfindlich gegen Bestrahlung sind. Weitere Gründe: Patienten mit einer drohenden Querschnittlähmung, einer eingeklemmten Nervenwurzel o.ä. Zurück zur Schmerzlinderung: Die Idee ist, Linderung zu verschaffen, indem kranke Zellen «weggestrahlt» werden. Damit nimmt der Druck auf den Nerv oder den Knochen ab, allerdings ohne dass die Krankheit an der Stelle ausgerottet wird.

Die Technik Bei der Radiotherapie im Falle vom MM geht es um äusserliche Bestrahlung, es wird also kein radioaktives Material in den Körper eingeführt, wie bei anderen Formen von Krebs. Der eingesetzte Apparat heisst Linearbeschleuniger. Dieser arbeitet wie eine grosse Röntgenröhre, die nur kurz ein- und ausgeschaltet wird und harte Strahlen erzeugt. Bei dieser Radiotherapie wird fast immer eine Simulation eingesetzt, um das zu bestrahlende Gebiet so genau wie möglich einzugrenzen und gesundes Gewebe so gut wie möglich zu schonen. Während der Patient auf dem Simulator liegt, ein Tisch, der demjenigen des Bestrahlungsgerätes ähnlich ist, werden Röntgenaufnahmen gemacht und Streifen auf dem Körper gezeichnet. Eventuell benutzt der Radiotherapeut weitere Hilfsmittel, wie eine Plastikmaske, wenn in der Nähe von Kopf oder Hals bestrahlt wird. Anschliessend wird mittels Computer ein Bestrahlungsplan ausgearbeitet – so viele Dosen so und so oft – und erst dann beginnt die eigentliche Therapie. Die Strahlungsmenge wird ausgedrückt in «gray», abgekürzt Gy. Ab 50 bis 60 Gy spricht man von einer hohen Dosis. Beim MM geschieht die Bestrahlung meistens mit einer einfachen Technik. Die verabreichte Dosis ist abhängig vom Ziel, das erreicht werden soll: 5 Gy zur Schmerzlinderung bei einem Patienten in schlechter Kondition; bis 30 Gy, wenn ein spontaner Knochenbruch verhindert werden muss. Die totale Dosis wird meistens in mehreren Sitzungen verabreicht, wobei der Radiotherapeut versuchen wird, die Anzahl Sitzungen möglichst gering zu halten unter Berücksichtigung der Kondition des Patienten. Im Mittel wird achtmal bestrahlt, ein Patient in guter Verfassung kann aber bis zu zwölfmal bestrahlt werden.

Ganz- oder Halbkörperbestrahlung Bisher wurde nur die örtliche Radiotherapie behandelt. Es ist auch möglich, den ganzen Körper zu bestrahlen, in einem Mal oder jede Körperhälfte einzeln. Dabei spricht man von sog. systemischer Bestrahlung. Diese Behandlung geschieht aber nur selten und wird deshalb nur kurz beschrieben. file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_strahl.htm (1 of 2) [12.06.2001 14:06:51]

Bestrahlung

Die Bestrahlung der einzelnen Körperhälften nacheinander wird dann erwogen, wenn die Standardchemotherapie mit Melphalan und Prednison nicht mehr wirkt. Die Meinung ist, die Krankheit überall zurückzudrängen, indem alles Knochenmark, in dem sich Krebszellen aufhalten, nacheinander weggestrahlt wird. Untersuchungen in den Niederlanden konnten aber die enthusiastischen Geschichten hierzu aus England nicht bestätigen. Es bleibt fraglich, ob die sukzessive Halbkörperbestrahlung einen sinnvollen Beitrag zur Bekämpfung von MM leistet. Auch kann der ganze Körper auf einmal bestrahlt werden, wobei sämtliches Knochenmark abgetötet wird. Anschliessend müssen daher Massnahmen getroffen werden: Knochenmarktransplantation oder periphere Stammzellentransplantation (Zurückgeben von eigenen Zellen oder solchen eines identischen Spenders). Diese Bestrahlungsform wird noch wenig bei MM angewendet, im Gegensatz zu Leukämie.

Resultate Ganz lokale Formen von Plasmazellwucherungen können mittels Bestrahlung geheilt werden. In erster Linie geht es dabei um Plasmazytome, welche ausserhalb des Knochenmarks, oft in den oberen Luftwegen, liegen. Mit einer Dosis von 50 Gy kommt die Krankheit bei 90% der Patienten an derselben Stelle nicht mehr zurück, und 80% können als geheilt betrachtet werden. Eine kleine Heilungschance, 10%, gibt es bei solitären Plasmazytomen des Knochens. Nach einer Dosis von 40 Gy entsteht bei 95% der Patienten eine lokale Kontrolle, doch wird sich später bei den meisten Patienten trotzdem MM entwickeln. Das kann manchmal fünf bis zehn Jahre dauern. Bestrahlung von Krebsherden im Knochen führt im allgemeinen schnell zu Schmerzlinderung. Manchmal genügt schon eine Dosis von 10 Gy, jedoch können auch 15 bis 20 Gy benötigt werden. Keine Linderung nach Bestrahlung kommt selten vor. In einem solchen Fall kann entweder das Einsacken des Wirbelkörpers selbst schmerzhaft sein, oder der Schmerz stammt von einem anderen Herd, neben dem bestrahlten Bereich. Bestrahlung von Myelomherden ist sehr wirksam. Nur bei 6% der Patienten ist eine Wiederholung der Behandlung nötig. Das gleiche gilt für präventive Behandlung, wenn Knochenbrüche befürchtet werden. Eine Halbkörperbestrahlung von nur 6 bis 8 Gy erzeugt meistens innert 24 bis 48 Stunden Linderung von diffusen Schmerzen bei den Rippen oder dem Becken.

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Nebenwirkungen der Bestrahlung

Nebenwirkungen der Bestrahlung Prof. Dr. E.M. Noordijk

Bevor die körperlichen Nebenwirkungen behandelt werden, ist es gut zu bemerken, dass Radiotherapie auch emotional belastend sein kann. Im allgemeinen sind Bestrahlungsräume nicht sehr beruhigend. Dazu kommt, dass die Behandlung unsichtbar ist – man sieht keine Strahlen und keine unmittelbaren Resultate – was dem Patienten das Gefühl vermittelt, die Situation noch weniger im Griff zu haben, als sie sonst schon ist. Bevor die Bestrahlung beginnt, verlassen alle Beteiligten den Raum, und der Patient bleibt allein zurück, überwacht mittels Videokamera und Gegensprechanlage. Die Minuten auf dem Bestrahlungstisch scheinen dann sehr lang. Eine sorgfältige Information und Begleitung sind wichtige Hilfsmittel, um die Spannung zu lindern. Hilfreich sind auch Entspannungs- und Atemübungen des Patienten, um möglichst ruhig zu bleiben. Körperliche Nebenwirkungen der Radiotherapie hängen stark von der bestrahlten Stelle und der eingesetzten Dosis ab: je niedriger die Dosis, um so weniger Nebenwirkungen. Im Falle möglicher starker Nebenwirkungen muss immer abgewogen werden: was bietet die Bestrahlung und was «kostet» sie den Patienten? Was ist der Gewinn und was ist der Verlust? Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, folgt anschliessend eine Aufzählung häufiger Nebenwirkungen: Müdigkeit – diese tritt bei fast allen bestrahlten Patienten auf. Lästig ist, dass diese Nebenwirkung schlecht erklärbar ist. Die Müdigkeit ist unabhängig von der Grösse der bestrahlten Stelle. Menschen, die sonst nicht jammern, können auch von einer kleinen Bestrahlung hundemüde werden. Vielleicht hängt dies mit Abbauprodukten zusammen, aber sicher ist dies nicht. Rote, trockene Haut – dies kommt nur bei einer hohen Dosis vor. Keine Probleme entstehen bei einer geringen Dosis. Trockener Mund, trockene Kehle oder Nase – bei Bestrahlung von Kopf oder Hals mit einer hohen Dosis können lästige Nebenwirkungen wie trockener Mund, Kehle oder Nase auch längerdauernd auftreten. Geschmacksverlust – bei Bestrahlung von Kopf oder Hals kann auch Geschmacksverlust eintreten. Diese Nebenwirkung ist um so lästiger, als sie auch als eine Geschmacksveränderung empfunden werden kann: manche Dinge schmecken wie nie vorher. Haarverlust – Bestrahlung des Kopfes kann Haarverlust bewirken. Bei einer Dosierung bis 40 Gy kehren die Haare wieder zurück, darüber meistens nicht. Schluckbeschwerden – bei der Bestrahlung der Brustwirbelkörper können lästige Schluckbeschwerden auftreten. Ein bis zwei Wochen nach der Behandlung verschwinden diese meistens, manchmal können sie aber länger andauern. Übelkeit – bei Bestrahlung im Bereich des Oberbauches, z.B. der Lendenwirbel, tritt oft Übelkeit auf, die aber mit entsprechenden Medikamenten gut zu behandeln ist. Durchfall, Probleme mit der Blase – diese können eintreten bei einer Bestrahlung des kleinen Beckens, z.B. des Sitz- oder Schambeins. Im allgemeinen sind dies Reizerscheinungen der gesunden Organe, die vorübergehen.

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Schmerz und Schmerzbekämpfung beim MM

Schmerz und Schmerzbekämpfung beim MM Dr. P.W. Wijermans / H. Jansen *

Einleitung Die Angst, über eine bevorstehende Periode (ernsthafte) Schmerzen zu bekommen, spielt oft eine starke Rolle bei Menschen, welche mit der MM-Diagnose konfrontiert werden. Das ist nur zu verständlich. Zwar muss nicht jeder MM-Patient Schmerzen bekommen, aber die Chancen sind gross. Untersuchungen haben gezeigt, dass über 40% der Menschen mit Krebs Schmerzen bekommen, in der terminalen Phase geht das bis auf 80%. Schmerz heisst leiden, und leiden verringert die Lebensqualität, welche eh schon durch die bösartige Krankheit beeinträchtigt ist, noch weiter. Eine gute Schmerzbehandlung ist äusserst wichtig. Zum Glück gibt es gute Möglichkeiten. Oft ist es aber nicht möglich, den Schmerz vollständig zu unterdrücken, gerade bei MM-Patienten.

Ursachen der Schmerzen Schmerzen haben viele Ursachen. Auch die Stärke der Schmerzen ist von vielen Faktoren abhängig, z.B. von der Krankheit selbst, möglichen Komplikationen, der Behandlung und dem Allgemeinzustand des Patienten. Es ist oft schwierig, die Ursache des Schmerzes genau zu beschreiben. Dazu kommt, dass das Schmerzempfinden sehr persönlich ist. Dabei geht es nicht nur um körperliche, sondern auch um psychische Faktoren. Jeder Mensch hat z.B. eine andere Schmerzschwelle. Wenn der Patient Schmerz als eine Verschlechterung seines Zustandes interpretiert, wird dieser stärker empfunden. Das Schmerzempfinden kann aber auch schlimmer werden, wenn ihm (zu) viel Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. Auch kann ein schlechtes Verhältnis des Patienten zu seinem Arzt einen negativen Einfluss auf das Schmerzempfinden haben.

Arten von Schmerz Im allgemeinen werden drei Arten von Schmerz unterschieden: – traumatischer Schmerz, z.B. als Folge eines zusammengebrochenen Wirbelkörpers – maligner (bösartiger) Schmerz, wenn eine bösartige Geschwulst Ursache ist – benigner (gutartiger) Schmerz, an dem keine bösartige Krankheit schuld ist. Der maligne Schmerz kann verursacht werden durch die bösartige Geschwulst selbst (beim MM z.B. Knochenherde), die Behandlung (Bestrahlung, Chemotherapie) oder Komplikationen (Infektionen). Der MM-Patient wird vor allem traumatischen oder malignen Schmerz empfinden.

Schmerz beim Multiplen Myelom Beim MM sind die Ursachen der Schmerzen in erster Linie Folge von Knochenproblemen. Es ist ein

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Schmerz und Schmerzbekämpfung beim MM

komplizierter Prozess, wobei örtlicher Druck durch wuchernde Plasmazellen und Befallen der Knochen durch verschiedene Stoffe Schmerzen verursachen können. Meistens ist der Schmerz an mehreren Stellen lokalisiert, hauptsächlich an den tragenden Teilen des Skeletts wie Wirbel und Rippen. Knochenherde in anderen Knochen können auch ausgeprägt örtlichen Schmerz verursachen. Zusammengebrochene Wirbel sind berüchtigt. Dies geht einher mit einem starken, akuten Schmerz, der schwer zu kontrollieren ist. Durch Wachstum eines Tumors ausserhalb des Knochens kann Druck auf das umliegende Gewebe entstehen, was Schmerzen auslösen kann. Bei den Wirbeln kann ein Durchwachsen eines Tumors Druck auf Nervenwurzeln, welche dort austreten, verursachen. Der entstehende Schmerz ist brennend und kann begleitet werden durch plötzlich einschiessende, «elektrische» Empfindungen. Komplikationen bei MM und Behandlungen sind eine weitere Quelle für Schmerzen. Das Widerstandsvermögen ist stark verringert, und im Falle einer Chemotherapie wird es noch weiter belastet. Dies kann zu allerhand Infektionen führen, welche ihrerseits wieder zu Schmerzen führen können. Gefürchtet ist z.B. Gürtelrose, eine Virusinfektion der Haut, und Pilzinfektionen in Mund und Rachen. Vor allem Gürtelrose muss sehr aggressiv mit speziellen Medikamenten behandelt werden, weil die Folgeschmerzen sehr unangenehm sein können.

Schmerzbehandlung Zur Schmerzbehandlung gibt es eine Reihe von Techniken, auch in Kombinationen: – Behandlung der Schmerzursache mit z.B. Bestrahlung oder Chemotherapie – Behandlung mit Medikamenten – Unterstützung der Wirbel mit einem Korsett – Physiotherapie – Nervenblockaden – TENS (transkutane elektrische Stimulation) – Psychotherapie Die Schmerzbehandlung mit Medikamenten wird in vier Phasen unterteilt: 1 Paracetamol usw. Im allgemeinen reagieren Knochenschmerzen gut auf Paracetamol. Vorteile dieses Mittels sind kaum vorhandene Nebenwirkungen, und es kann sowohl oral wie anal verabreicht werden. Wirken diese Medikamente nicht (mehr), kommen die Mittel der zweiten Gruppe zur Anwendung. 2 Paracetamol-Codein, Buprenorphin, Tramadol. Oft wird kombiniert mit einem schwach wirkenden Opiat. Wenn auch dies nicht hilft, können Mittel der dritten Gruppe eingesetzt werden. 3 Morphine, Methadon, Fentanylpflaster. 4 Schlussendlich können intravenöse, subkutane oder spinale Medikamentengaben notwendig sein. Manchmal kann der Arzt entscheiden, Medikamente einzusetzen, welche sonst für andere Behandlungen genutzt werden. So scheinen Mittel gegen Epilepsie, Depressionen und Verwirrtheit gut zu wirken, auch in Kombination mit den obengenannten Medikamenten.

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Schmerz und Schmerzbekämpfung beim MM

Schmerz als Folge von Knochenherden ist oft endgültig mit Bestrahlung zu behandeln (siehe entsprechendes Kapitel). Eine der wichtigsten Vorsorgemassnahmen, die MM-Patienten gegen Knochenentkalkung ergreifen können, ist eine bestmögliche Mobilität. Wenn der Schmerz es zulässt, ist körperliche Bewegung sehr wichtig.

Psychische Betrachtungen Oben wurde schon erwähnt, dass nicht nur körperliche, sondern auch psychische Faktoren eine grosse Rolle in der Schmerzerfahrung spielen. Divergierende Umstände im täglichen Leben können die psychologische Schmerzgrenze sowohl positiv wie auch negativ beeinflussen. Wichtig ist genügend Ruhe, ein guter Schlaf, Ablenkung und eine positive Einstellung des Patienten durch seine Umgebung. Viel psychische Energie kann freigesetzt werden, wenn der Patient nicht als Kranker, sondern als Mensch im Mittelpunkt steht. Damit können viele Symptome besser unter Kontrolle bleiben. So kann ein menschenwürdiges Leben auch menschlich abgeschlossen werden. * In diesem Artikel wurden auch Informationen des Integralen Krebszentrums West und der Abteilung Anästhesiologie des Universitätsspitals der Freien Universität in Amsterdam verarbeitet.

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Knochenentkalkung und die Wirkung von APD

Knochenentkalkung und die Wirkung von APD/Aredia Dr. K.J. Roozendaal

Einleitung Die wuchernden Plasmazellen bei MM produzieren nicht nur Antikörper in oft übergrosser Menge, sondern auch einen Stoff, der die knochenabbauenden Zellen (Osteoklasten) zu stärkerem Knochenabbruch anstachelt. Zusätzlich bremst dieser Stoff die Arbeit der zellbildenden Zellen (Osteoblasten). Mit anderen Worten: der Knochenabbau wird nicht durch Knochenaufbau kompensiert. Für den Patienten kann dies unangenehme Folgen haben.

Komplikationen Zuerst wird durch den verstärkten Knochenabbau Kalzium und Phosphat ins Blut abgegeben. Wenn die Nierenfunktion gut ist und der Patient viel trinkt (1,5 bis 2 Liter pro Tag), merkt man wenig davon. Aber nicht immer sind die Nieren imstande, das Übermass an Kalzium zu verarbeiten. Dadurch wird sich das Kalzium im Körper anhäufen, und der Kalziumgehalt im Blut (Hyperkalzämie) steigt. Die Stellen im Körper, wo die Plasmazellen wuchern, wechseln stark von Patient zu Patient, meistens geht es aber um Knochen. Bei manchen Patienten findet dies eher diffus in den meisten Knochen statt, aber in der Mehrheit findet man entweder daneben oder sogar nur lokal Wucherungen. Der verstärkte Knochenabbau findet hauptsächlich bei den wuchernden Plasmazellen statt. Auf Röntgenaufnahmen zeigt sich dies wie eine diffuse Knochenentkalkung, genannt Osteoporose, oder lokale (osteolytische) Herde von Knochenabbau. Entkalkung beeinflusst die Tragkraft der Knochen, daher werden sie anfälliger und erlauben schon normale oder nur wenig erhöhte Kraftanwendung, wie Koffertragen, nicht mehr. Am Anfang der Krankheit merkt der Patient die Veränderungen im Skelett oft noch nicht, obwohl Röntgenaufnahmen schon deutliche Abweichungen zeigen. Klagen über Müdigkeit oder gehäuftes Auftreten von Infektionen stehen dann noch eher im Vordergrund. Bei zwei Dritteln der MM-Patienten wirkt sich der verstärkte Knochenabbau aber stark negativ auf die Lebensqualität aus. Zuvorderst stehen oft Knochenschmerzen. Dies ist bei der Belastung des Skeletts, beim Gehen, Sitzen, Atmen oder Liegen auf einer bestimmten Seite der Fall. Am Anfang findet der ruhende Patient meistens noch eine Haltung, in der weniger oder keine Schmerzen empfunden werden. In einer späteren Phase kann der Schmerz sogar das Schlafen beeinträchtigen. Wie der Schmerz entsteht, ist noch nicht ganz klar. Wahrscheinlich bilden sich an den Stellen mit Knochenabbau kleine Risse oder Brüche. Beim Fortschreiten dieses Prozesses kann der Schmerz zunehmen, und es drohen richtige Knochenbrüche, was in der Praxis auch wirklich vorkommt. Betroffen sind vor allem die Wirbelkörper, die Rippen und die langen Knochen in Armen und Beinen sowie den Schlüsselbeinen. Im Schädel, wo Röntgenaufnahmen oft Herde von Knochenentkalkung zeigen, kommen Schmerzen seltener vor. Manchmal entstehen weiche Schwellungen, die den Patienten beunruhigen und behindern. Diese reagieren aber meistens gut auf Chemotherapie oder lokale Bestrahlung.

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Knochenentkalkung und die Wirkung von APD

Behandlung Zur Behandlung von Schmerzen als Folge von Knochenentkalkung sind schmerzstillende Mittel immer noch erste Wahl. Manchmal gelingt es schon alleine mit Paracetamol, oft ist eine Kombination mit Codein oder einem wirkungsvolleren Schmerzstiller nötig, z.B. Bruphen oder Naprosyne. Letztgenannte Stoffe führen manchmal zu Magenproblemen. Um diesen zuvorzukommen, wird heutzutage das Kombinationspräparat Arthrotec verschrieben. Bei starken Knochenschmerzen ist Morphin, oft in Form von MS-Contin oder Durogesic-Pflaster, ein wirksames Mittel. Es gibt aber viele Variationen auf diesem Schema. Der behandelnde Arzt und der Patient müssen zusammen die beste Medikation finden. Auch Bestrahlung kann bei der Behandlung von lokalen Knochenschmerzen und um Frakturen zu vermeiden sehr wirksam sein (siehe entsprechendes Kapitel). Manchmal sind andere unterstützende Massnahmen erwünscht, um das Skelett zu stützen und Knochenbrüchen zuvorzukommen. Ist ein Knochen gebrochen, kann – je nach Stelle – eine Operation nötig sein (siehe auch orthopädische Behandlungen). Die wirksamste Art, verstärkte Knochenentkalkung zu bekämpfen, ist immer noch die Chemotherapie. Oft ist eine Kombination von Melphalan und Prednison, oder eine aggressivere Behandlung bei jüngeren Patienten, die erste Wahl. Wenn die Chemotherapie hilft und die Anzahl wuchernder Zellen schnell abnimmt, nimmt auch der Knochenbefall schnell ab. Bei vielen Patienten geht dann auch der Knochenschmerz stark zurück oder verschwindet ganz. Der Bedarf an schmerzstillenden Mitteln geht dadurch zurück, und der Patient wird entsprechend weniger belastet durch deren Nebenwirkungen.

Bisphosphonate In den ersten Behandlungsmonaten und bei gut wirkender Chemotherapie wird immer noch ein deutliches Angreifen des Skeletts festgestellt. Deshalb wurde in den letzten Jahren nach Mitteln gesucht, welche den Knochenabbau direkt nach der Diagnosestellung bremsen. Von den vielen wirksamen Präparaten wurden vor allem Bisphosphonate untersucht. Die Bisphosphonate Etidronat, Clodronat (auch bekannt unter der Bezeichnung Dikrodit und Ostac) und Pamidronat (bekannt als APD oder Aredia) bremsen die Zellen, welche den Knochenabbau bewirken, so dass die Entkalkung nicht weitergeht. Etidronat ist beim MM zu wenig wirksam und wird nicht mehr verschrieben. Clodronat vermindert den Knochenschmerz stark, hat auch eine bremsende Wirkung auf das Wachstum von Knochenherden und verhindert das Entstehen von neuen. Dazu ist es gut verträglich. Indem die Schmerzen zurückgehen, bleibt der Patient in Bewegung, was die Kondition des Skeletts fördert. Das Risiko von Infektionen – speziell der Lungen – nimmt ab, wenn der Patient weniger Schmerzen in Rippen und Rücken hat.

APD/Aredia Weltweit wurde viel Erfahrung gesammelt mit einem Bisphosphonat, das noch wirksamer ist als Clodronat und wie dieses auch die Mineralisierung (Niederschlag von Kalksalzen) von neu-geformten Knochen nicht behindert. Es geht hier um APD/Aredia. Untersuchungen am Akademischen Krankenhaus Leiden haben gezeigt, dass APD wirksam ist bei Patienten mit Knochenschmerzen als Folge von Metastasen von Brustkrebs. Die Wirkung ist von der verschriebenen Menge abhängig. Die niederländische Arbeitsgruppe Myelom hat von 1984 bis 1991 bei MM-Patienten in den Stadien IIIA und

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Knochenentkalkung und die Wirkung von APD

IIIB eine Doppelblindstudie durchgeführt. Welcher Patient das wirksame Mittel und wer ein Placebo bekam, wurde ausgelost, und weder der Arzt noch der Patient wussten, in welcher Gruppe er eingeteilt war. Die Hälfte der Patienten bekam zweimal täglich eine halbe Stunde vor den Hauptmahlzeiten 150 mg APD in Form von Magensäure-beständigen Tabletten. Sie hatten dadurch keine Magenprobleme oder Unpässlichkeiten. Die zweite Hälfte bekam ein gleichaussehendes Placebo. Am Anfang wurde die Medikation lebenslänglich verschrieben, ausser der Patient wollte aufhören. Wichtig ist, dass in dieser Studie nicht nur die üblichen körperlichen, Labor- und Röntgenuntersuchungen durchgeführt wurden, sondern auch die Lebensqualität wurde beobachtet, und die Patienten mussten Fragebogen ausfüllen zu Knochenschmerzen, Mobilität, Müdigkeit und Darmproblemen. Die Untersuchung wies aus: keine Unterschiede in der Lebensqualität der beiden Gruppen, kein Unterschied in der Anzahl Bestrahlungen oder Operationen wegen Frakturen, kein Behandlungsunterschied als Folge von Hyperkalzämie. Auch der Vergleich von Röntgenaufnahmen, gemacht mit einem Jahr Abstandd, zeigte kaum Unterschiede. Das gleiche galt in bezug auf Spitaleintritte. Schlussendlich zeigte diese Studie zur Wirkung von APD/Aredia keine wesentliche Verlängerung der Lebensdauer. Diese Resultate waren zuvor nicht erwartet worden. Während des ersten Jahres gab es allerdings weniger Knochenprobleme bei Patienten mit APD/Aredia, obwohl diese nicht gut auf die Chemotherapie reagiert hatten. Vor kurzem wurde eine grosse amerikanische Studie mit 392 Patienten publiziert. Auch hier bekam etwa die Hälfte APD/Aredia und der Rest ein Placebo. Das APD/Aredia wurde einmal monatlich intravenös ambulant verabreicht. Es wurde gut vertragen. Die Patienten mit APD/Aredia hatten weniger Schmerzen und bestätigten eine höhere Lebensqualität mit weniger Knochenproblemen, Bestrahlung und Operationen wegen Frakturen. Beim Studium der Knochenkomplikationen zeigten sich in den ersten neun Monaten nur geringe Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. In den drei Monaten, nach Absetzen der Medikation, zeigte sich dies noch deutlicher.

Diskussion Vorläufig kann festgestellt werden, dass Bisphosphonate die Entkalkung der Knochen bei MM bremsen. Es wird eine deutliche Abnahme der Kalkausscheidung im Urin und ein niedrigerer Kalkgehalt im Blut gemessen. Verschiedene Studien belegen, dass Clodronat und möglicherweise auch Pamidronat Knochenschmerzen vermindern, ebenso wie das Entstehen von Knochenherden und das Auftreten von spontanen Frakturen. In der niederländischen Studie wurde im ersten Jahr nur ein Unterschied bei Knochenproblemen festgestellt bei Patienten, welche nicht oder schlecht auf die Chemotherapie reagiert hatten. In dieser Untersuchung wurde hauptsächlich auf bessere Lebensqualität, wie sie durch die Patienten selbst angegeben wurde, geachtet. Routinemässiges Verschreiben von APD/Aredia an MM-Patienten wird neuerdings diskutiert. Dies kann nur durch eine neue Studie bestätigt werden. Vermutlich muss die Dosis gegenüber der heute gebräuchlichen erhöht werden.

Bemerkung des Übersetzers (1998) In der Zwischenzeit hat sich die Wirkung von Bisphosphonaten, allen voran von Aredia, als sehr wirksam in der Vorbeugung von Knochenproblemen ergeben, und auch Patienten mit bereits bestehenden Knochenproblemen erfuhren eine hervorragende Besserung ihres Zustandes. Daraus ergab sich, dass die Verabreichung von Aredia bereits nach der Diagnose Multiples Myelom sehr empfehlenswert sei. Patienten, welche bisher noch kein Aredia von ihrem Arzt erhalten, sollten dringend darum bitten.

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Knochenentkalkung und die Wirkung von APD

Die Verabreichung geschieht mittels Infusion und sollte ungefähr alle vier Wochen erfolgen (90 mg in 500 bis 1000 ml Salzlösung innert 1 bis 4 Stunden). Über die Dauer der Infusion besteht noch keine endgültige Klarheit, aber länger sei besser.

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Alpha

Alpha-Interferon Dr. P.W. Wijermans

Schon vor vielen Jahren wurde im menschlichen Blut ein Eiweiss entdeckt, welches eine Rolle bei der Abwehr gegen Virusinfektionen spielt: Interferon. Später wurde festgestellt, dass es drei Formen gibt, welche mit Alpha-, Beta- und Gamma-Interferon bezeichnet werden. Bestimmte Abwehrzellen im Blut produzieren dieses Eiweiss. Eingehende Untersuchungen nach der Funktion von Interferon zeigten, dass es nicht nur die Abwehr gegen Infektionen beeinflusst, sondern auch die Zellteilung bremsen kann. Das letzte hat dazu geführt, dass untersucht wurde, ob Interferon bei Krankheiten, welche mit Zellwucherungen einhergehen, ein geeignetes Medikament ist. Zur Zeit wird Interferon eingesetzt bei chronischen Virusinfektionen wie auch bei einigen Formen von Krebs, das Multiple Myelom inbegriffen. Ausschliessliches Verabreichen von Alpha-Interferon bei MM-Patienten zeigte eine deutliche Wirkung, jedoch bei weitem nicht so stark wie eine Chemotherapie. Deshalb wird weltweit untersucht, ob eine Kombination von Interferon und Chemotherapie die Behandlung verbessert. Auch wird untersucht, ob eine Nachbehandlung mit Interferon, nachdem gute Resultate mit der Chemotherapie erreicht wurden, sinnvoll ist. Dabei geht es darum, die Periode zwischen dem Ende der Chemotherapie und dem Wiederaufflackern der Krankheit – die Remissionsdauer – zu verlängern. Solche Untersuchungen finden auch in den Niederlanden und der Schweiz statt. Es scheint, dass für eine kleine Patientengruppe mit Interferon eine Verlängerung der Remissionsdauer erreichbar ist. In den folgenden Jahren wird eine Antwort auf die Frage nach der Wirksamkeit von Alpha-Interferon bei MM erwartet.

Verabreichung Seit es gelungen ist, Alpha-Interferon künstlich herzustellen, werden grössere Gruppen Patienten damit behandelt. Das Medikament wird mittels Injektion unter die Haut verabreicht, meistens drei mal pro Woche. Dies wird über eine lange Zeitspanne weitergeführt, oft, bis die Krankheit sich wieder verschlechtert, manchmal während Jahren. Die Patienten lernen, sich das Medikament selbst zu verabreichen, sie werden deshalb unabhängiger vom Spital.

Nebenwirkungen Die Behandlung mit Alpha-Interferon belastet nicht nur wegen der Injektionen, sondern auch, weil das Medikament einige Nebenwirkungen hat. Diese hängen selbstverständlich auch von der vorgeschriebenen Dosis ab. Meistens besteht die Behandlung aus drei mal 3 Mio. Einheiten wöchentlich, aber tiefere wie auch höhere Dosen sind möglich. Die wichtigste Nebenwirkung ist das Gefühl, eine Grippe zu bekommen, einige Stunden nach der Injektion. Dies wird begleitet von Fieber und manchmal von Kopf- und/oder Muskelschmerzen. Im allgemeinen gewöhnt sich der Patient nach einigen Injektionen daran. Bei manchen Patienten verringert sich die Anzahl gesunder Blutzellen, was zu einer zu geringen Menge an weissen Blutkörperchen und Blutplättchen und eventuell zu Blutarmut führen kann. Berüchtigt ist auch das Problem von schmerzhaften Stellen in Oberschenkeln oder Bauch, bedingt durch die häufigen Injektionen. Dagegen hilft, die Einstichstelle häufig zu wechseln. Es entstehen manchmal Entzündungen unter der Haut, aber keine Blutergüsse. Eine ganze Menge sehr seltener Nebenwirkungen wurden beobachtet. Diese stehen zwar pflichtgemäss auf dem Beipackzettel, sie sind aber äusserst selten und treten nur bei sehr hoher Dosierung auf. Es kann

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Alpha

vorkommen, dass ein Patient aus den genannten Gründen mit dem Gebrauch von Alpha-Interferon aufhören muss.

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Knochenmark

Knochenmark- und Stammzellentransplantation Dr. P.W. Wijermans

Eine der Möglichkeiten, Multiples Myelom besser zu behandeln, ist die Knochenmarktransplantation. Diese Methode wurde zur Behandlung anderer Blutkrankheiten entwickelt. Eine Knochenmarktransplantation ermöglicht die Behandlung mit (sehr) starker Chemotherapie, um möglichst viele bösartige Zellen zu vernichten. Eine Chemotherapie in sehr hohen Dosen beeinträchtigt die Blutproduktion in hohem Masse, und nicht nur die kranken, sondern auch die gesunden Blutzellen werden dadurch angegriffen. Die chemotherapeutischen Mittel können keinen Unterschied machen. Die Folgen sind zu wenig weisse Blutkörperchen und Blutplättchen, welche der natürlichen Abwehr gegen Infektionen und zur Blutstillung dienen. Dauert die Erholung der normalen Blutproduktion nach einer Chemotherapie sehr lange, können tödliche Komplikationen auftreten. Bei der Knochenmarktransplantation wird Knochenmark verwendet als Quelle für sogenannte Stammzellen, welche für die Blutproduktion zuständig sind. Indem nach der Chemotherapie dem Patienten Knochenmark zurückgegeben wird, ist es möglich, die Chemotherapie zu intensivieren, weil die Blutproduktion wiederhergestellt werden kann.

Vier Formen In diesem Zusammenhang gibt es drei Formen der Knochenmarktransplantation: 1 Transplantation von Knochenmark eines Bruders oder einer Schwester (allogen, gematched) 2 Transplantation von jemandem, der nicht verwandt ist (allogen, nicht-gematched; auch unrelated donor Transplantation genannt) 3 Transplantation von Knochenmark des Patienten selbst (autolog) 4 Retransfusion von peripheren Stammzellen des Patienten selbst (PBSCT). Eine allogene Transplantation (1) kann nur bei einer kleinen Gruppe Patienten durchgeführt werden. Zuerst muss ein Bruder oder eine Schwester als Spender verfügbar sein, und dessen Blutgewebe muss dem des Patienten entsprechen. Dazu kommt, dass die Behandlung belastend ist, weil trotz Medikamenten eine grosse Abstossgefahr besteht. Es kommen für die allogene Transplantation daher nur junge Menschen in Frage. In 50% der Fälle kommt der Krankheitsprozess völlig zum Stehen. Vielleicht ist sogar eine definitive Heilung möglich. Transplantation von Knochenmark eines Spenders ausserhalb der Familie (2) kommt bei MM nicht vor und wird hier deshalb auch nicht weiter betrachtet. Die Zahl der autologen Transplantationen (3) hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Im allgemeinen wird dem Patienten Knochenmark entnommen in dem Augenblick, wenn dieses wenige oder keine erkennbaren kranken Zellen enthält. Nach einer starken Chemotherapie wird dem Patienten dieses Knochenmark wieder zurückgegeben. Es entstehen keine Abwehrreaktionen, da das Knochenmark nicht körperfremd ist. Das Problem beim Multiplen Myelom ist, dass es fast unmöglich ist, Knochenmark zu bekommen, welches frei ist von kranken Zellen. In einer Anzahl Fälle wurden aber gute Resultate gemeldet, auch wenn noch kleine Mengen kranker Zellen im Mark waren. Auch jetzt ist die Rede von einer aggressiven Behandlung, und sie wird deshalb nur bei Patienten unter 65 Jahren angewendet.

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Knochenmark

Periphere Stammzellentransplantation Neu und vielversprechend ist die periphere Stammzelltransplantation (4). Peripher heisst hier: aus dem Blut, im Gegensatz zum Knochenmark, der «Zentrale» der Stammzellen. Die Art der Transplantation funktioniert wie folgt. Es wurde beobachtet, dass kurz nach einer Chemotherapie kleine Mengen Stammzellen ins Blut überwechseln. Der Grund ist der, dass die Stammzellen gezwungen werden, sich stark zu vermehren, um die Zahl der weissen Blutkörperchen und der Blutplättchen wieder zu erhöhen. Dies geschieht unter dem Einfluss von Blutzellen-Wachstumsfaktoren, hormonartige Stoffe. Diese Wachstumsfaktoren können auch künstlich produziert werden, um sie wie Medikamente einzusetzen. Nach einer Injektion unter die Haut vermehren sich die Stammzellen im Blut hundertfach. Wenn nun während einiger Tage weisse Blutkörperchen isoliert werden, können so viele Stammzellen «geerntet» werden, sodass damit das Knochenmark wiederhergestellt werden kann. Die Stammzellen werden dem Patienten nach der Chemotherapie per Infusion wieder verabreicht. Die Wiederherstellung der Blutproduktion geschieht sogar besser als nach einer Knochenmarktransplantation. Die Risiken von Infektionen und/oder Blutungen sinken entsprechend. Auch bei dieser intensiven Behandlung liegt die Altersgrenze bei 65 Jahren. Man kann erwarten, dass die Stammzellentransplantation noch weiter entwickelt wird und in Zukunft vielleicht sogar ambulant durchgeführt werden kann. Vielleicht wird es sogar möglich, die Abnahme der weissen Blutkörperchen und Blutplättchen durch die Chemotherapie ganz zu verhindern.

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Teilnahme an experimentellen Therapien

Teilnahme an experimentellen Therapien Dr. P.W. Wijermans

Einleitung In Laboratorien und Spitälern wird laufend weiter nach neuen, noch besseren Methoden zur Krebsbekämpfung geforscht. Das gleiche gilt für MM (siehe hierzu auch das letzte Kapitel: Was ist in der Zwischenzeit geschehen?). Die Studien zur Wirksamkeit von neuen Medikamenten(kombinationen) und die Behandlungsmethoden dauern meistens ziemlich lange. Als Beispiele dienen die tiefe Dosierung von Alpha-Interferon und intensive Nachbehandlungen mit Unterstützung durch periphere Stammzellentransplantation.

Erläuterung der Begriffe Bei jeder Studie sind einige Begriffe sehr wichtig. Randomisieren (auslosen) – Wenn es das Ziel ist, die Behandlung A mit der Behandlung B zu vergleichen, dann wird durch den Zufall bestimmt, welcher Patient in welcher Gruppe behandelt wird. Damit wird dem vorgebeugt, dass ein Arzt persönliche Überlegungen bei der Wahl der Patienten einfliessen lässt und die Resultate unerwünscht beeinflusst werden. Die Behandlung (Arm) A entspricht der momentan besten Standardtherapiemethode. Doppel-Blind – Dies heisst, dass weder der Arzt noch der Patient weiss, ob A oder B verabreicht wird. Auch hierbei geht es darum, persönliche Motive auszuschliessen, denn vielleicht vertraut der Arzt eher A als B. Dann wäre er befangen und kann das, bewusst oder unbewusst, zeigen. Placebo – Um die Behandlungen A und B beurteilen zu können, muss A mit etwas verglichen werden. Meistens geht es um ein Medikament: die Behandlungen A und B bestehen dann aus dem Verabreichen von Medikamenten. Dabei kann B manchmal nichts anderes sein als ein Placebo, das heisst ein Medikament ohne Wirkstoff.

Arten von Studien Medizinische Studien werden oft international durchgeführt, da brauchbare Aussagen über die Wirksamkeit einer bestimmten Behandlung nur nach Behandlung einer grossen Zahl von Patienten möglich sind. Sie werden in Phasen unterteilt: Phase 1-Studie – ein neues Medikament oder eine neue Behandlungsmethode wird auf Nebenwirkungen untersucht. Die Kernfrage ist: sind die Nebenwirkungen tragbar oder zu toxisch? Es sind kleine Patientengruppen nützlich, die nicht mehr auf die bekannten Medikamente reagieren. Zur Verdeutlichung: es ist vorher also nicht bekannt, ob das zu testende Medikament für den Patienten schädlich ist oder nicht und ob es dem Patienten nützt. Es geht um die erste Verabreichung eines Medikaments oder einer Behandlungsmethode ausserhalb des Labors. MM-Patienten werden selten für solche Studien benötigt, da genügend wirksame Mittel zur Behandlung dieser Krankheit zur Verfügung stehen. Phase 2-Studie – in diesem Stadium wird untersucht, ob das Mittel wirkt. Hierzu werden grössere

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Teilnahme an experimentellen Therapien

Patientengruppen benötigt. Ein Vergleich mit bekannten Therapien wird meistens noch nicht durchgeführt. Phase 3-Studie – dies ist die grosse, oft international durchgeführte Studie, wobei die neue Behandlungsmethode mit den bestehenden verglichen wird. In diesen Studien werden die teilnehmenden Patienten randomisiert (ausgelost).

Überlegungen Wir halten fest, dass der Patient völlig frei ist in seinem Entschluss, an einer solchen medizinischen Studie oder experimentellen Therapie teilzunehmen. Er oder sie kann jederzeit den Entschluss zur Teilnahme rückgängig machen. In diesem Fall bekommt er die für die Krankheit typische Therapie. Zur Verdeutlichung: weigert sich der Patient, wird er das neue Mittel sicher nicht bekommen. Nimmt er an der Studie teil, hat er eine 50%ige Chance, das neue Mittel zu bekommen oder nicht. Die Teilnahme an einer Studie birgt immer auch eine Unsicherheit: Wird das neue Mittel angewendet oder nicht, und was sind die Nebenwirkungen? Man meint schnell, dass das neue Mittel auch das bessere ist. Aber ob das stimmt … Vielleicht wäre das alte Mittel doch besser gewesen. Teilnahme an einer Studie heisst meistens auch, dass der Patient öfters untersucht werden muss. Beim MM sind das die lästigen Knochenmarkpunktionen. Diese sind wichtig, um zu beurteilen, ob bestimmte Medikamente wirksam sind. Der Krankheitsverlauf kann nur durch Messung des krankhaften Eiweisses im Blut und/oder Urin oder durch Knochenmarkuntersuchungen beurteilt werden, weil es MM-Patienten gibt, die keine abnormen Eiweisse (mehr) produzieren. Ehrlich gesagt bietet die Teilnahme an einer Studie dem einzelnen Patienten wenig Vorteile. Dies gilt vor allem im ersten Stadium der Krankheit, weil die bestehenden Behandlungsmethoden effektiv genug sind. Der grosse Vorteil ist nicht die einzelne Person, sondern die grosse Gruppe von Patienten: je mehr Teilnehmer, um so aussagekräftiger die Resultate der Untersuchung. Eine Überlegung kann sein, dass jede medizinische Studie an feste Regeln gebunden ist, so dass der Patient sicher eine gute Kontrolle des Verlaufes seiner Krankheit bekommt. Dieses Argument sticht eigentlich nicht ganz, weil vom Arzt eine gute Kontrolle erwartet werden kann; Studie hin oder her. Es ist wichtig zu wissen, dass nie «einfach nur so» untersucht wird. Die Gefahren, die jede Untersuchung mit sich bringt, werden so gut wie möglich eingeschränkt. Zu jeder Studie gehört auch ein Protokoll, in dem der Ablauf genau beschrieben wird. Einer Studie muss auch immer von der medizinisch-ethischen Kommission des Krankenhauses zugestimmt werden. Am wichtigsten ist eine sorgfältige Information des Arztes an den Patienten, wenn die Teilnahme an einer Studie zur Debatte steht. Es geht nämlich immer um eine persönliche Wahl, die der Patient so gut wie möglich treffen muss.

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Orthopädische Behandlungen

Orthopädische Behandlungen Dr. L.N.J.E.M. Coene

Die Behandlung des Multiplen Myeloms geschieht vor allem durch den Hämatologen, aber in manchen Fällen wird auch ein orthopädischer Chirurg hinzugezogen. Dies kann schon mit dem Überweisen des Patienten durch den Hausarzt geschehen im Falle von Schmerzen im Rücken oder Gliedmassen. Oft werden zusammengesinterte (gebrochene) Wirbelkörper entdeckt, deren Ursache MM ist. Meistens ist der Patient schon beim Hämatologen in Behandlung, und der orthopädische Chirurg wird eingeschaltet, weil Wirbel einsacken oder Knochen brechen als Folge vom MM. Es muss noch nicht mal eine Fraktur vorliegen, aber der Hämatologe befürchtet sie, weil Knochengewebe stark angegriffen ist. Es kann auch der Orthopäde sein, der die Knochenbiopsie durchführt, das heisst, ein kleines Stück Knochen abnimmt für eine mikroskopische Untersuchung (siehe auch Knochenmarkpunktion). In all diesen Fällen bietet der Orthopäde unterstützende Behandlung der Komplikationen bei MM und nicht für die Krankheit selbst. Diese kann nur mit Chemotherapie oder Radiotherapie behandelt werden.

Korsett Die orthopädische Behandlung zerstörter Wirbel besteht fast immer aus dem Anpassen eines Korsetts. Ein solches Korsett, aus Textil mit Stäben oder aus hartem Kunststoff, stützt und wirkt schmerzlindernd, weil es die Bewegung der eingesackten Wirbel bremst. Zusätzlich verringert das Korsett die Belastung der Wirbel in Längsrichtung des Rückgrats. Ein weiteres Einsacken wird damit verhindert. Manchmal sind die Wirbel so zerstört, dass die Knochenfragmente das Rückenmark oder die Nervenwurzeln verdrängen. Der Patient zeigt dann Erscheinungen einer Querschnittläsion, einer teilweisen Lähmung des Körpers. Abhängig von der Prognose des Krankheitsprozesses kann zu einer Operation geschritten werden. Diese besteht aus dem Freilegen der zusammengedrückten Nerven und dem Verfestigen der Rückgrats mit Hilfe von Material aus Edelmetallen.

Beine und Arme Bei (drohenden) Frakturen der langen Röhrenknochen in Oberarmen oder Schenkeln kann der Knochen operativ verstärkt werden. Meistens wird dazu ein metallener Stab in die Markhöhle des Knochens eingesetzt. Bei MM-Herden in Ober- oder Unterschenkeln kann dies soviel Festigkeit bieten, dass der Patient wieder laufen kann. Auch hier gilt, dass die Operation von einer Radio- oder Chemotherapie gefolgt werden muss, um weitere Angriffe auf die Knochen zu verhindern.

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Anthroposophische Therapie

Anthroposophische Therapie Drs. K.J. Tusenius

Die anthroposophische Medizin ist Anfang dieses Jahrhunderts in Mittel-Europa entstanden. Der Grund war, dass sich die reguläre Medizin immer einseitiger und materialistischer entwickelte. Der kranke Mensch drohte zu einem defekten Gerät reduziert zu werden. Anthroposophisch orientierte Ärzte versuchen, den kranken Menschen in seiner Ganzheit zu beurteilen; das heisst, mit Aufmerksamkeit für die medizinisch-technischen Aspekte, das Erleben des Krankseins und die Bedeutung der Krankheit im Lebenslauf des Patienten. Anthroposophische Heilkunde lehnt die übliche Heilkunde nicht ab und hält sich auch nicht für eine Alternative, sondern sieht sich als Ergänzung. Anthroposophische Heilkunde ist für jedermann, der sich durch eine breite Betrachtung des kranken Menschen angesprochen fühlt und ausdrücklich nicht nur für Menschen mit einem anthroposophischen Hintergrund. Im allgemeinen wird man den Patienten aktiv bei der Behandlung einbinden, anstelle von einem passiven Erdulden. Dies wird erreicht indem, wo möglich, anstelle der regulären Medikamente Heilmittel verordnet werden, welche die körpereigenen Kräfte veranlassen, nach Möglichkeit den Körper wieder herzustellen. Diese Heilmittel werden oft verdünnt, um die Wirkung in eine bestimmte Richtung zu verstärken. In diesem Sinne besteht eine Ähnlichkeit mit der Homöopathie, wenn auch bei der homöopathischen Herstellung der Heilmittel noch viel stärker verdünnt wird als bei der anthroposophischen. Auch werden unterstützende, nicht-medikamentöse und oft non-verbale Therapieformen (kreative Therapie, Bewegungstherapie) und äusserliche Therapien (z.B. Kompressen, Massagen, Bäder) angewendet.

Die anthroposophischen Ansichten zu Krebs Krebs entsteht durch ein Zusammentreffen verschiedener Umstände. Nebst erblichen und Umgebungsfaktoren spielen eventuell auch Geschehnisse im Lebenslauf des Menschen eine Rolle. Das heisst nicht, dass bestimmte Gewohnheiten automatisch zu Krebs führen. Aber eingreifende Geschehnisse im Leben können möglicherweise zur Schwächung des Widerstandes führen, was einer der Faktoren beim Entstehen von Krebs sein kann. Umgekehrt wird das Wissen, dass man Krebs hat, oft zu existentiellen Veränderungen im täglichen Leben führen. In dem Sinne kann Krebs wie eine Störung des natürlichen Gleichgewichts betrachtet werden. Das menschliche Abwehrsystem spielt eine grosse Rolle beim Erhalten dieses Gleichgewichts. Eine Schwächung dieses Abwehrsystems tritt auf im Alter, aber auch bei bestimmten Krankheiten wie AIDS und sogar als Folge von bestimmten Zytostatika; Heilmittel, die – paradox genug – eben gegen Krebs eingesetzt werden. In all diesen Fällen nimmt die Entstehungschance von Krebs zu. Im Falle von Zytostatika besteht das Risiko der Entstehung eines anderen Krebses, oft Jahre später. Die reguläre Behandlung versucht, alles oder so viel wie möglich krankes Gewebe zu entfernen. Die Ursache des Krebses wird damit leider nicht entfernt. Aber in einer Anzahl Fälle scheint der Körper, wenn der Tumor oder grosse Teile davon entfernt sind, imstande zu sein, im neuen Gleichgewicht gesund zu bleiben, und es entsteht kein neuer Krebs. Die spezifisch anthroposophische Behandlung von Krebs wirkt auf Verstärkung des natürlichen Abwehrsystems durch eine Art Immunotherapie. Wo nötig wird diese mit einer regulären Behandlung kombiniert, vor allem wenn eine völlige Entfernung des Tumors erreicht werden kann.

Behandlung mit Mistel Eine Anzahl Heilmittel ist von der Mistel (Viscum Album) gewonnen; darunter Iscador, Iscusin, Helixor und

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Anthroposophische Therapie

Viscum Abnoba. In der anthroposophischen Behandlung von Krebs werden diese reichlich benutzt. Im allgemeinen werden die Medikamente subcutan (unter die Haut) gespritzt. Die Heilmittel enthalten verschiedene Wirkstoffe, und ihre Wirkung ist komplex. Daher ist es schwierig, eindeutig zu beschreiben, wie sie in den Krankheitsprozess eingreifen. Zusammengefasst beruht die Wirkung – wie im Labor, an Versuchstieren und -personen untersucht – auf einer Kombination einer milden, zelltötenden und viel stärkeren immunologischen Eigenschaft. Zum Beispiel unter Einfluss der Misteltherapie nehmen bestimmte Zellen des Abwehrsystems zu und werden Eiweisse gebildet, welche den Körper schützen und vor allem bei Krebs eine aktive Rolle spielen. Es gibt viele Publikationen über die Wirkung der Misteltherapie bei vielen verschiedenen Arten von Krebs. Grosse randomisierte Studien gibt es aber nicht, das heisst, Studien, bei denen der Zufall bestimmt, ob der Patient die eine oder eben eine damit zu vergleichende Therapie bekommt. Dies ist meistens die Folge von moralischen Bedenken gegen solche Studien. Daraus lässt sich erklären, dass die meisten Onkologen der Misteltherapie zurückhaltend gegenüberstehen.

Multiples Myelom – Interferon – Iscador Beim MM ist – wie a.a.O. ausführlich beschrieben – die Rede von Wucherungen von Plasmazellen im Knochenmark. Diese verursachen Veränderungen im Blut, am Skelett und bestimmten Organen, wie den Nieren. Auch gibt es oft ein erhöhtes Risiko von Infektionen als Folge einer verringerten Abwehr. In den letzten Jahren wurde viel über die Anwendung von Interferon beim MM nachgeforscht (siehe auch das entsprechende Kapitel über Alpha-Interferon). Interferon ist ein Eiweiss, welches der Körper selber produziert als Reaktion z.B. auf eine Infektion, Verletzung oder Krebs. Mit Hilfe von Labortechniken sind heute grosse Mengen sauberes und therapeutisch einsetzbares Interferon verfügbar. Verschiedene Studien nach einer Chemotherapie zeigen einen Vorteil für Patienten, welche in einer stabilen Phase mit Interferon behandelt werden: Verlängerung der krankheitsfreien Periode und möglicherweise des Lebens. Nachteilig ist, dass Interferon bei einer Anzahl Patienten Nebenwirkungen verursacht, welche die Lebensqualität negativ beeinflussen. Von Iscador, dem am meisten verwendeten Mistelpräparat, ist unter anderem die verstärkte Produktion von körpereigenem Interferon beschrieben. In Gegensatz zu künstlichem Interferon kennt Iscador nur sehr milde Nebenwirkungen. Es geht hier vor allem um eine rote, manchmal schmerzhafte Schwellung der Einstichstelle, die nach ein bis zwei Tagen verschwindet – und dann nur bei hohen Dosierungen. Dies macht Iscador zu einem interessanten Medikament bei der Nachbehandlung von MM. Die Literatur über Iscador-Therapie beim MM ist leider sehr bescheiden. Es gibt aber Beschreibungen von Einzelfällen *. Es geht um Patienten, die chemotherapeutisch nicht mehr behandelbar sind. In drei von fünf Fällen wird eine stabile Phase beschrieben mit Verringerung der Beschwerden, die ein bis zwei Jahre dauert. Dies entspricht den eigenen Erfahrungen des Autors.

Zusammenfassung Bei der anthroposophischen Behandlung vom MM dürfen keine Wunder erwartet werden. Oft wird die Behandlung als Kombination mit oder nach einer ersten Chemotherapie stattfinden müssen. Die anthroposophische Therapie, im allgemeinen zwei oder drei subkutane Impfungen pro Woche, hat keine nennenswerte Nebenwirkungen. In etwa der Hälfte aller Fälle ist eine Stabilisierung der Krankheit und/oder eine Verbesserung der Lebensqualität zu erwarten, die möglicherweise ein bis zwei Jahre dauert.

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Anthroposophische Therapie

Eine Behandlungsdauer von mindestens zwei bis drei Monaten ist nötig, bis die Resultate beurteilt werden können und um zu entscheiden, ob die Fortführung der Therapie sinnvoll ist. Die genannten klinischen Wirkungen von Iscador müssen mit Vorbehalt interpretiert werden, weil es nur wenig Literatur * gibt.

* Wer an Literatur über anthroposophische Therapien interessiert ist, kann eine Liste anfordern bei: Vereinigung anthroposophisch orientierter Ärzte in der Schweiz Dr. med. Andreas Theurillat (Präsident) Asylstrasse 58, 8032 Zürich Tel. 01 261 01 21, Fax 01 261 41 27

Bemerkung des Übersetzers (1998) Aus Deutschland kam die Nachricht, dass Mistelpräparate, in hoher Dosis eingenommen, die Myelomzellen unterstützen können. Obwohl diese Information nicht wissenschaftlich abgestützt ist, sollte doch Vorsicht am Platze sein, diese Präparate sollten nicht ohne Absprache mit dem behandelnden Arzt eingenommen werden.

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Physiotherapie

Physiotherapie G. in 't Veld / H. Jansen

Für viele Menschen heisst leben sich bewegen können, d.h. mobil sein. Wenn dies behindert wird, z.B. als Folge vom MM, nimmt die Lebensqualität stark ab. Neben allem, was der Krankheitsprozess schon mit sich bringt, ist dies ein weiterer Anschlag auf die Lebensqualität. Neu sich bewegen lernen, entdecken, was trotz der Einschränkungen noch möglich ist, heisst in diesem Fall zum Leben zurückkehren. Vor allem, weil Mobilität eine wichtige Voraussetzung ist für ein möglichst langes, normales Leben, Weiterarbeiten und Mitmachen bei sozialen Aktivitäten. Dies bezweckt die Physiotherapie beim MM. Der Physiotherapeut kann gegen die Ursache, das Myelom, nichts ausrichten. Er/Sie kann Störungen und schwache Strukturen im Knochen nicht entfernen. Aber der Physiotherapeut kann dem Patienten beibringen, mit den Einschränkungen zu leben und «rausholen, was noch vorhanden ist». Der Patient spielt dabei eine wichtige Rolle, weil er selbst die Grenzen vom Erreichbaren bestimmen muss. Das Ausmass der Schmerzen oder die Zunahme der Schmerzen ist ein wichtiger Indikator. Oft gibt es eine Situation, in der Angst vor Schmerzen und Bewegungen entsteht und der Patient immer mehr in eine soziale Isolation gerät. Mögliche Aktivitäten werden nicht mehr unternommen. Durch die verringerte Mobilität nehmen auch die Schmerzen zu, und der Wunsch, im Bett zu bleiben, wird stärker. Wichtig in der Physiotherapie beim MM-Patienten ist eine gute Abstimmung von körperlicher Belastung und Belastbarkeit. Die Bitte um Hilfe des Patienten steht dabei im Mittelpunkt.

Übungstherapie Manch einer hat beim Begriff Physiotherapie Bilder vom «Kneten» und der Benutzung von allerhand Geräten zur Gelenk- oder Muskellockerung usw. im Kopf. In den letzten Jahren wurde aber immer klarer, dass Bewegung die Basis ist vom wichtigsten Mittel in der Physiotherapie. Mit anderen Worten, Übungstherapie und Selbsthilfe sind sehr wichtig. Der Physiotherapeut wird versuchen, die Selbsthilfe zu fördern. Der Patient wird stimuliert, so viel wie möglich die täglichen Lebensaufgaben selbst auszuführen, damit er nicht abhängig wird. Die Benutzung von physiotherapeutischen Geräten und Massagen unterstützen ihn dabei. Auch bedarf es in der Physiotherapie grösserer Aufmerksamkeit für funktionelle Begebenheiten, d.h. es geht darum, was dem Patienten nützt. Heute probiert der Physiotherapeut herauszubekommen, was noch möglich ist. Früher wurde der verwundbare Körper eines MM-Patienten sehr vorsichtig behandelt, wenn er nur ganz blieb … Daher blieben vorhandene Möglichkeiten ungenutzt. Heute hat der Physiotherapeut eine viel aktivere Vorgehensweise. In sorgfältiger Zusammenarbeit mit dem Patienten wird die Mobilität möglichst gefördert. Bestimmt durch die Schmerzen und angepasst an die Möglichkeiten des individuellen Patienten werden die Übungen dosiert. So ist, mit tragbarem Risiko, die Rede von besserem Bewegen und mehr Lebensqualität.

Individuell Wenn über körperliche Belastung und Belastbarkeit gesprochen wird, so ist das eine höchst persönliche Angelegenheit. Keine zwei Personen sind gleich. Es gibt also auch keine Standardbehandlung für MM-Patienten. Selbstverständlich gibt es eine Anzahl Aspekten wobei der Physiotherapeut eine wichtige Rolle spielen kann. Leben lernen mit Einschränkungen heisst: probieren herauszufinden, wie belastende Aktivitäten auch anders file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_physi.htm (1 of 3) [12.06.2001 14:07:31]

Physiotherapie

durchgeführt werden können, so dass sie den Körper weniger belasten. Bei Bewegungen können nämlich Probleme entstehen, wenn die Belastung und die Belastbarkeit nicht im Gleichgewicht sind. Um den Körper zu entlasten und damit oft auch die Schmerzen zu erleichtern, kann der Patient lernen, sich auf eine andere Art zu bewegen. Wichtig ist die Einsicht, wie Aufgaben des täglichen Lebens (Körperpflege, Anziehen) im Übergang von Bett zum Stuhl am besten durchzuführen sind, mit minimaler Belastung der verwundbaren Knochenstrukturen. Nach einer langen Periode mit Bettruhe bedingt die Mobilisierung einiges an Aufmerksamkeit. Der Physiotherapeut wird beraten in bezug auf (Lauf-)Hilfsmittel, Halskragen, Trageschleifen usw. und mit dem Patienten üben. Er wird auch Hausaufgaben verschreiben, mit denen der Patient selbst üben kann. Die Resultate der physiotherapeutischen Behandlung hängen stark ab von der Kondition, dem Alter und dem psychischen Befinden des Patienten. Wenn er gut motiviert ist, sich wieder so viel wie möglich zu bewegen, wird die Physiotherapie besser wirken. Kranke Menschen können oft viel mehr, als sie selbst bzw. Hilfspersonen meinen.

Behandlungsplan Es ist äusserst wichtig, dass die physiotherapeutische Behandlung Teil ist eines multidisziplinären Behandlungsplans, an dem so viel wie möglich Fachleute teilnehmen: Hausarzt, Spezialist, Hauspflegedienst, Physiotherapeut und natürlich der Patient selber. Regelmässige Überlegungen sind wichtig, damit jedermann die benötigten Informationen hat und die Aufgaben aufeinander abgestimmt werden können. Der Patient wird selbst entscheiden müssen, wie hoch die Intensität der Übungen gehen soll. Die Grenze wird durch entstehende Schmerzen gesetzt. Der Patient muss sich gut beobachten und angeben, wann Schmerzen eintreten. Die Diagnose Krebs wird manchmal wie ein Verrat des Körpers erfahren, wie schon festgestellt wurde. Es geht also um die Wiederherstellung des Vertrauens in den Körper. Dies ist ein psychischer Prozess, in dem die körperliche Aktivität und das Entdecken der eigenen Möglichkeiten und Grenzen eine wichtige Rolle spielen. Bei den Übungen geht es nicht so sehr um die körperlichen Unmöglichkeiten, sondern um die noch vorhandenen Möglichkeiten. Damit kann der Patient aus einer hinunterführenden Spirale vom weiteren Niedergang und von der Mutlosigkeit loskommen. Denn, der Körper und der Geist bilden eine Einheit und beeinflussen einander stark gegenseitig.

Präventiv Beim Multiplen Myelom entstehen als Komplikation oft Lungenprobleme. Das Risiko nimmt bei lang anhaltender Bettlägerigkeit zu, weil man geneigt ist, nur oberflächlich zu atmen. Bei fehlender körperlicher Anstrengung werden die Lungen nur schlecht belüftet. Wenn noch Schleim anwesend ist, bildet sich ein guter Nährboden für Bakterien, so dass schnell eine Infektion der Luftwege entsteht. Wenn nötig wird der Physiotherapeut präventive Atemübungen machen. Lungen, die gut belüftet werden, halten sich selbst sauber. Eine weitere Komplikation langdauernder Bettruhe ist Decubitus (Wundliegen). Unter Berücksichtigung der Knochenherde kann der Physiotherapeut beraten beim Wechselliegen und einer optimalen Haltung im Bett. Die Last des Liegens wird so gut wie möglich verteilt, und die empfindlichen Stellen werden geschont.

Schmerzlinderung Vorgängig wurde schon erwähnt, dass eine Anpassung von Haltung und Bewegung an die körperlichen Einschränkungen zur Schmerzlinderung beitragen, bzw. der Zunahme von Schmerzen zuvorkommen kann. file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_physi.htm (2 of 3) [12.06.2001 14:07:31]

Physiotherapie

Im Zusammenhang mit Schmerzbekämpfung wird manchmal ein sog. TENS-Gerät eingesetzt, bei dem der Physiotherapeut auch eine wichtige Rolle spielt. Indiziert wird dieser Einsatz vom Schmerzarzt bzw. Spezialisten oder Hausarzt. Die Abkürzung TENS heisst: Transcutaneous Electrical Nerve Stimulator, ein durch die Haut hindurch wirkender Nervenstimulator. Der Patient kann das Gerät, in der Grösse eines Walkmans, in der Tasche tragen. Auf die Haut werden zwei oder vier Elektroden – abhängig von Ort und Umfang der schmerzenden Stelle – plaziert. Diese sind mit einem Draht mit dem TENS-Gerät verbunden. Die Elektroden geben elektrische Reize an die Hautnerven weiter, womit die Schmerzwahrnehmung beeinflusst wird. Die Wirkung beruht auf zwei Prinzipien, nl.: – dass unter dem Einfluss von elektrischen Reizen körpereigene Schmerzstiller produziert werden, die sog. Endorphine – dass als Folge der elektrischen Reize bestimmter Hautnerven die Aktivität von Schmerznerven gebremst wird. Es ist wichtig, dass jemand, der die Organisation der Nerven im Körper kennt, die Stellen für die Elektroden genau bestimmt. Meistens ist das der Physiotherapeut oder ein anderes Mitglied des Schmerzteams. TENS kann bei bestimmten Schmerzen wertvoll sein, auch gegen sog. Therapie-resistente Schmerzen: Das sind solche, die sich schlecht mit Medikamenten bekämpfen lassen. Der behandelnde Arzt wird dies beurteilen. Weiter können Massagen, Elektrostimulation, Wärme- und Entspannungstherapien mithelfen bei der Schmerzlinderung und damit zum Wohlsein des Patienten beitragen.

Überweisung Während des Aufenthalts in einem Krankenhaus wird der behandelnde Arzt den Patienten an den Physiotherapeuten überweisen. Dieser wird auf Basis der Diagnose und einer weitgehenden Indikation eigene Untersuchungen anstellen und einen Behandlungsplan ausarbeiten. Oft wird es nützlich sein, nachdem das Spital verlassen wurde, die Physiotherapie zu Hause weiterzuführen. Der Physiotherapeut wird den Patienten dann schriftlich überweisen, mit allen wichtigen Informationen, so dass die Physiotherapie in der Wohngegend nahtlos weitergeführt wird.

Zusammenfassung Physiotherapie kann einen wichtigen Beitrag an die Lebensqualität des MM-Patienten leisten. Mögliche Ziele sind: beraten beim Vorbeugen von belastenden Tätigkeiten und Haltungen; Verbesserung/Unterhalt der Mobilität: Vorbeugen von Lungenkomplikationen und Durchliegen; Verbesserung der Selbständigkeit und der täglichen Funktionen; Schmerzbekämpfung. Physiotherapie ist im Prinzip immer eine Symptombekämpfung. Der Patient wird deshalb nicht länger leben, aber qualitativ besser. Immer werden der Physiotherapeut und der Patient eine Kosten/Nutzen-Analyse machen müssen, um festzuhalten, inwiefern der mögliche Gewinn im Verhältnis steht zum Aufwand der Behandlung. Der Patient selber bestimmt, wann die Übungen zu anstrengend werden oder eine Zunahme von Schmerzen verursachen. Der Physiotherapeut kann dann womöglich den Behandlungsplan anpassen.

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Ernährung und Krebs

Ernährung und Krebs A. van Stijgeren

Viele Menschen mit Krebs fragen sich, ob eine Änderung der Ernährung nötig ist. Auch können Fragen auftauchen über einen Zusammenhang von Ernährung und der Entstehung von Krebs. Jedermann weiss, dass gesundes Essen, vor allem bei einer Krankheit, wichtig ist. Eine gute Ernährung trägt zur Erhaltung einer guten Kondition bei. Wer als Folge einer Behandlung oder der Krankheit selbst Mühe bekundet mit dem Essen, will gerne wissen, was er oder sie am besten essen kann. In diesem Kapitel werden verschiedene Aspekte der Ernährung bei Krebs behandelt.

Ernährung und das Entstehen von Krebs Aus wissenschaftlichen Untersuchungen ist bekannt, dass die Entstehung einer Reihe von Krebsarten mit der Ernährung zusammenhängen kann. Bei jeder Krebsart bestehen auch wieder andere Zusammenhänge. Es gibt auch Nährstoffe, die eine schützende Wirkung haben. Dagegen ist von anderen Nährstoffen bekannt, dass sie das Risiko, eine bestimmte Art von Krebs zu bekommen, erhöhen können. Nebst der Ernährung gibt es noch andere, bekannte und unbekannte, Faktoren, die bei der Entstehung von Krebs eine Rolle spielen. Beim Multiplen Myelom ist noch nie ein Zusammenhang mit der Ernährung nachgewiesen worden. Das heisst: so weit bekannt hat die Ernährung keinen bremsenden oder fördernden Einfluss bei deren Entstehung.

Gesund essen bei Krebs Jemand mit Krebs braucht sich prinzipiell nicht anders zu ernähren oder einer speziellen Diät zu folgen. Für eine gute Ernährung gilt auch hier, dass sie genügend Nährstoffe für eine optimale Kondition enthalten muss. Dies ist vor allem wichtig zur Unterstützung der Behandlung. Nach einer Operation braucht es manchmal zusätzliches Eiweiss für eine rasche Wiederherstellung. Im Laufe des Krankheitsprozesses und der Behandlung kann der Appetit ab- oder zunehmen. Es können auch Probleme entstehen, durch die gut Essen schwieriger wird. In solchen Fällen kann ein Anpassen der Ernährung unnötigen Problemen der Behandlung vorbeugen, während der Patient trotzdem genügend isst. Gut Essen heisst nämlich auch, dass die Ernährung auf die persönliche Situation abgestimmt ist. Daher können Ratschläge einer Ernährungsberaterin sehr wertvoll sein. Eine gute Ernährung enthält genügend Nährstoffe für den Aufbau des Körpers und Brennstoffe für den Energieverbrauch. Für Erwachsene werden pro Tag folgende Nahrungsmittel empfohlen: – Flüssigkeit (Kaffee, Suppe, Tee, Milch usw.) – 1,5 Liter – Milch und Milchprodukte – 2 bis 3 Gläser – Käse – 1 bis 2 Portionen – Fleischwaren – 1 bis 2 Portionen – Fleisch, Huhn, Ei – 100 Gramm

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Ernährung und Krebs

– Gemüse – 3 bis 4 Servierlöffel – Früchte – 2 Stück – Brot – mindestens 3 Schnitten – Kartoffeln usw. – mindestens 3 Stück – Butter, Margarine – mindestens 30 Gramm (eine Tasse = 125 ml; 1 Glas = 150 ml; 1 Becher = 200 ml; 1 Teller Suppe = 250 ml). Diese Mengen liefern die nötigen Baustoffe – Flüssigkeit, Eiweiss, Mineralstoffe und Vitamine – für den Aufbau und den Unterhalt des Körpers. Sie liefern auch einen Teil der benötigten Energie. Genügend Energie benötigt als Regel mehr Ernährung, z.B. indem grössere Mengen aus obenstehender Liste eingenommen werden. Aber auch Süss- und Knabberwaren sind eine gute Wahl. Extra Flüssigkeit ist nötig, wenn der Urin zu viel Kalk oder Paraprotein enthält. Paraproteine können die Nierenfunktion stören. Um dagegen so viel wie möglich vorzubeugen ist es wichtig, reichlich zu trinken: mindestens 2 Liter im Tag. Weil das Knochengewebe abgebaut wird, gerät zu viel Kalk ins Blut und in die Nieren. Auch bei einem hohen Kalkgehalt im Blut braucht es 2 Liter Flüssigkeit. Es stimmt nicht, dass kalkreiche Nährmittel wie Milch nicht mehr eingenommen werden sollen. Eine Verringerung des Kalkgehaltes in der Ernährung vermindert den Kalkgehalt im Blut nicht. Es ist sehr wichtig, genügend Milchprodukte zu konsumieren, denn die liefern die benötigte Energie in Form von Eiweiss. Bemerkung: das Eiweiss in den Nährstoffen ist nicht zu verwechseln mit den Paraproteinen des multiplen Myeloms, welche durch die Krankheit entstehen und schädlich sind. Ernährungseiweiss ist gesund und lebenswichtig.

Unter- und Übergewicht Die benötigte Energie hängt ab von Gewicht, Länge, Alter, Aktivitäten und Gesundheitszustand, welche individuell verschieden sind. Es ist deshalb nicht möglich, allgemeingültige Massstäbe anzubieten. Jedermann kann selbst bestimmen, je nach Gewichtsverlauf, ob die Ernährung ausreichend ist. Einmal pro Woche wiegen reicht. Wer sich wegen der Krankheit weniger bewegt, muss die Ernährung an den Bedarf anpassen. Mehr essen, als der Körper verbraucht, führt zu Übergewicht; umgekehrt führt zu wenig essen zu Untergewicht. Die äussere Erscheinung kann eine grosse Rolle spielen in der Krankheit. Schmerzen und weniger gute Beweglichkeit werden manchmal mit Übergewicht in Zusammenhang gebracht. Abnehmen scheint dann eine logische Konsequenz. Das Resultat ist aber individuell bestimmt. Das schwierigste an einer Diät ist das Durchhalten. Fünf Kilo abnehmen kann sehr aufwendig sein und das Resultat trotzdem nicht erfreuen. Wer sich überlegt abzunehmen, muss die Vor- und Nachteile gut gegeneinander abwägen und sich mit dem behandelnden Arzt und/oder Ernährungsberaterin absprechen.

Gut essen bei Beschwerden Beim Multiplen Myelom treten oft folgende Beschwerden auf: Appetitlosigkeit mit Gewichtsabnahme, Abneigung gegen Fleisch und warme Mahlzeiten.

Appetitlosigkeit mit unerwünschter Gewichtsabnahme:

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Ernährung und Krebs

– Verteile die Nahrungsaufnahme auf den ganzen Tag; nimm viele kleine Mahlzeiten ein und zwischendurch etwas zusätzlich. Wähle Nahrungsmittel mit viel Energie (Fett und Zucker), wie Vollmilch(produkte), fetten Käse, fetteres Fleisch, Pudding und Rahmeis. – Esse besser keine Nahrungsmittel, die schnell ein Völlegefühl vermitteln und wenig Energie enthalten; wie Rohkost, Früchte und Vollkornbrot. Esse lieber gekochtes Gemüse (mit viel Butter), Fruchtsaft und leichteres Brot mit viel Butter und Belag.

Abneigung gegen Fleisch Gebratenes Fleisch riecht stark und kann deshalb stören. Alternativen sind: – kalte Fleischstücke oder Huhn – Fisch, geräuchert oder gebacken – Eiergerichte wie Omelett oder Rührei – Käsegerichte wie Käsesauce oder Reibkäse über Gemüse oder im Kartoffelstock, Käsefondue, Raclette – Hülsenfrüchte – Quarkdesserts

Abneigung gegen warme Mahlzeiten Manchmal gilt die Abneigung der ganzen warmen Mahlzeit. Verzichte dann für einige Zeit darauf und probiere andere Sachen. Kalte, frisch-saure Gerichte werden besser vertragen: – Salate, auch mit reichlich Mayonnaise – Pikante Torten und Wähen – Eine Brotmahlzeit mit Ei oder Fleischwaren sowie einer Tomate oder einem Glas Fruchtsaft.

Wenn das Essen schwieriger wird Manchmal gelingt es nicht, trotz Anpassungen, gut zu essen. Wähle dann in erster Linie Nahrungsmittel, die schmackhaft sind. Dies steigert das Wohlbefinden. Forciere nichts, aber probiere in jedem Fall genügend zu trinken: etwa 1,5 Liter oder 10 Tassen über den Tag verteilt. Milchprodukte und Suppen dürfen dabei mitgerechnet werden. Der Appetit und der Wunsch nach bestimmten Gerichten können täglich wechseln. Probiere immer kleine Portionen anderer Gerichte aus und wechsle die Geschmacksrichtung. Iss, was noch geht, und lasse andere Gerichte weg.

Alternative Ernährung Das Interesse an alternativer Ernährung nimmt ständig zu. Der wichtigste Unterschied zwischen einer regulären und einer alternativen Ernährung ist die, dass gezeigt wurde, dass erstere bei einem Grossteil der Patienten wirkt. Bei einer alternativen Ernährung ist dies nicht oder zu wenig bewiesen. Aber in der Praxis zeigt file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_ernae.htm (3 of 4) [12.06.2001 14:07:34]

Ernährung und Krebs

sich, dass sich Patienten bei manchen alternativen Behandlungen besser fühlen. Dies hängt auch damit zusammen, dass man selber etwas unternimmt und seine Situation beeinflusst. Demgegenüber steht, dass die Befolgung einer alternativen Diät schwierig sein und über die Wirksamkeit gezweifelt werden kann. Im allgemeinen gilt: wenn der Patient in einer guten körperlichen Verfassung ist, ist eine Diät meistens problemlos. Gute Diäten enthalten alle nötigen Nährstoffe. Dies liegt anders, wenn Essprobleme bestehen, wie Schluckbeschwerden oder wenig Appetit. Eine Diät kann dann eine schwere Aufgabe darstellen. Anpassen der Ernährung ist dann eher erwünscht.

Noch Fragen? Persönliche Fragen können am besten mit dem Arzt oder der Ernährungsberaterin besprochen werden. In jedem Krankenhaus gibt es eine oder mehrere Ernährungsberaterinnen. Auch gibt es solche bei Hauspflegediensten, die kontaktiert werden können.

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Umgang mit Müdigkeit

Umgang mit Müdigkeit Drs. E.M.A. Smets

Einführung Bisher wurden Müdigkeitsbeschwerden von Krebspatienten wenig beachtet. Erst in letzter Zeit scheint die Aufmerksamkeit zu wachsen. Das fehlende Interesse steht in krassem Widerspruch zum Ausmass, in dem Müdigkeit vorkommt. Müdigkeit kann schon auftreten, bevor die Krebsdiagnose gestellt ist, als erstes Signal, das man wahrnimmt. Auch ist es eine der am meisten vorkommenden Nebenwirkungen bei der Chemo- oder Radiotherapie. Eine vorsichtige Schätzung lehrt uns, dass 70% aller Krebspatienten während der Behandlung mehr oder weniger müde sind. Praktisch nichts ist bekannt über das Ausmass der Müdigkeit nach der Behandlung, ebenso über den zeitlichen Verlauf und die möglichen Ursachen. Wenn die Behandlung nicht zu einer Heilung führt, ist die Müdigkeit oft eine der bleibenden Beschwerden. Beim Fortschreiten der Krankheit kann die Müdigkeit stetig zunehmen, bis der Patient bettlägerig wird und man im wahrsten Sinne des Wortes von Erschöpfung sprechen müsste. Manche Patienten bleiben müde, obwohl die Behandlung erfolgreich war. Eine Studie an Patienten mit Morbus Hodgkin (Lymphdrüsenkrebs) zeigte, dass 42% von ihnen ein Jahr nach der Behandlung über Energieverlust klagten. Andere Studien zeigten ähnliche Zahlen. Interviews mit einigen Patienten, welche über anhaltende Müdigkeit nach einer Krebsbehandlung klagten, ergaben folgende Aussagen: «Wenn ich müde bin, habe ich das Gefühl, keine Kontrolle mehr über meine Beine zu haben. Es ist, wie wenn sie aus Gummi wären.» «Es ist, wie wenn ich vergiftet wäre.» «Ich fühle mich handicapiert. Es bleibt nur noch ein halber Mensch übrig.» Mehrere Male wurde vermerkt, dass diese Art Müdigkeit nicht vergleichbar sei mit «normaler» Müdigkeit. Die Müdigkeit, um die es hierbei ging, setzte unerwartet ein und verschwand nur sehr zögernd. Ein Gefühl der Genugtuung, wie bei der normalen Müdigkeit, stellte sich nicht ein. Oft war die Müdigkeit von Konzentrationsverlust begleitet.

Mögliche Ursachen Es wird angenommen, dass die folgenden Faktoren zur Müdigkeit beitragen: ein schlechter Ernährungszustand, Infektionen, Blutarmut, Schlafstörungen, Medikamente, Bettlägerigkeit und eine Anhäufung von Abbauprodukten von Zellen. Auch ist bekannt, dass andere körperliche Beschwerden und insbesondere Schmerz zu Müdigkeit führen können. Bei der Besprechung der möglichen Ursachen von andauernder Müdigkeit kommt regelmässig auch der Einfluss von negativen Gefühlen zur Sprache: Angstgefühle, Niedergeschlagenheit oder Unsicherheit. Untersuchungen in dieser Richtung gibt es zwar nur wenige. Aber der Zusammenhang zwischen Müdigkeit und negativen Gefühlen scheint erwiesen. Speziell Patienten, die sich depressiv fühlen, melden öfters Müdigkeit an. Zusammenfassend darf angenommen werden, dass Müdigkeit nicht eine einzige Ursache hat, sondern dass file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_mued.htm (1 of 3) [12.06.2001 14:07:37]

Umgang mit Müdigkeit

mehrere Faktoren eine Rolle spielen.

Folgen Die Folgen von Müdigkeit im täglichen Leben können eingreifend sein. Für Berufstätige kann arbeiten problematisch oder sogar unmöglich werden. Hobbys müssen angepasst oder es muss auf sie verzichtet werden: keinen Sport mehr treiben, sondern malen oder Puzzlespiele machen. Man wird abhängiger vom Partner und/oder anderen Hausgenossen. Daraus können sich Schuldgefühle entwickeln, weil diese sich an das tiefere Tempo anpassen müssen. Kontakte mit der Familie oder Freunden leiden an Regelmässigkeit oder Dauer als Folge der Müdigkeit.

Umgang mit Müdigkeit Beim Nachdenken über Möglichkeiten, mit der Müdigkeit umzugehen, kann es nützlich sein, sie als Folge des aus dem Gleichgewichtgeratenseins von Tragkraft und Traglast zu sehen. Tragkraft heisst: was jemand leisten kann. Traglast: was man meint, leisten zu müssen (siehe auch das Schema am Schluss dieses Artikels). Die Tragkraft ist womöglich durch die Krankheit, die Behandlung und die Emotionen, die dazu gehören, vermindert. Die Traglast setzt sich zusammen aus allerlei Verpflichtungen des täglichen Lebens wie: Arbeit, Kinder, Haushalt, Pflege sozialer Kontakte. Da das Gleichgewicht gestört ist, muss entweder die Tragkraft vergrössert oder die Traglast verkleinert werden, um die Müdigkeit zu verringern. So kann das Gleichgewicht wieder hergestellt werden. Die Tragkraft kann vergrössert werden, indem die körperliche Kondition verbessert wird. Dabei soll man nicht übertreiben. Dosierte Bewegung wie: Spazieren, Radfahren scheinen günstiger als intensive Sportübungen oder Trainingsschemata. Wichtig ist eine optimale Bekämpfung anderer körperlicher Probleme, wie Schmerz. Eine weitere Art, die Tragkraft zu steigern, ist frühzeitig, aber nicht zu viel, auszuruhen. Zur Steigerung der emotionalen Tragkraft ist es wichtig, die Unsicherheits- und Angstgefühle zu kontrollieren. Dazu kann man professionelle Begleitung einschalten. In diesem Zusammenhang können auch Entspannungsübungen sinnvoll sein. Nämlich: wer ängstlich ist, Sorgen hat, Dingen nachstudiert, spannt auch – unbemerkt – viele Muskeln an. Man stemmt sich richtiggehend dagegen. Lang andauernde Muskelanspannung kann zu körperlichen Beschwerden führen, wie Kopf- oder Rückenschmerzen oder Müdigkeit. Entspannungsübungen können einer solchen Muskelanspannung entgegenwirken. Wenn der Körper zur Ruhe kommt, werden sich auch die Gefühle der Nervosität verringern. Eine Wechselwirkung zwischen körperlichem und geistigem Wohlbefinden ist deutlich auszumachen.

Die Traglast verringern Die körperliche und manchmal auch die emotionale Traglast kann verringert werden, indem die Arbeitsumstände angepasst werden; z.B. Änderung von Arbeitszeiten oder -dauer. Bestimmte Aufgaben im Haushalt können von anderen ausgeführt werden. Auch kann es sinnvoll sein, den Ablauf der Tätigkeiten zu überdenken. Meistens werden bestimmte Aufgaben, wie Duschen oder Bügeln, im Stehen durchgeführt. So bedarf es viel mehr Energie, als wenn man sich setzt. Ein Ergotherapeut kann bei Anpassungen der Umgebung oder der Art zu arbeiten behilflich sein, damit weniger Energie verbraucht wird. Die Traglast kann auch verringert werden, indem nur noch Energie aufgewendet wird für Dinge, die wirklich wichtig sind. Konkret: eine Patientin erzählte, sie ginge nur noch zu Geburtstagsfeiern bei guten Freunden und file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_mued.htm (2 of 3) [12.06.2001 14:07:37]

Umgang mit Müdigkeit

nicht mehr bei der ganzen Familie, obwohl das von ihr erwartet wurde. Andere Patienten erwähnten als wichtig, regelmässig die beschränkte Energie nur noch für Dinge einzusetzen, die Spass machen.

Zusammenfassung Viele Krebspatienten leiden, nebst anderen körperlichen und emotionalen Beschwerden, an andauernder Müdigkeit. Dies kann den Tagesablauf stark – negativ – beeinflussen. Meistens kann keine eindeutige Ursache genannt werden, sondern es spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, körperliche und emotionale. Die Folge ist, dass Tragkraft und Traglast aus dem Gleichgewicht kommen. Es gibt verschiedene Arten, dieses Gleichgewicht – wenn möglich – wieder herzustellen: Anpassung der Lebensgewohnheiten und -umstände, dosiert arbeiten an der körperlichen Kondition, Entspannungsübungen, wählerisch umgehen mit sozialen Kontakten usw. Ganz werden die Massnahmen nicht helfen. Aber sie können nachteilige Wirkungen der Müdigkeit in Grenzen halten.

TRAGLAST TRAGKRAFT körperlich körperlich – Arbeitsanpassungen – Kondition verbessern – Umgebung/Aufgaben anpassen – Beschwerden erleichtern – Arbeit teilen – Ruhe

emotional emotional – wählen – Begleitung – Kontakte mit Schicksalsgenossen – Entspannungsübungen – Dinge tun, die Spass machen

Aus dem Gleichgewicht gekommen: Tragkraft steigern, Traglast verringern

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Psychische Problematik

Psychische Problematik Drs. M.P.H. van der Meer

Der Augenblick, in dem jemand die Diagnose Multiples Myelom vernimmt, ist der Anfang einer Krise im Leben. Dies gilt sowohl für den Patienten selbst, wie auch für die Menschen in seiner oder ihrer näheren Umgebung. Sie erhalten zusammen den Auftrag, die Krise so gut wie möglich zu meistern. Nach einer solch einschneidenden Periode wird das Leben ganz anders erfahren. Der Tod hält Einzug in die Lebensvorstellungen. Viele Menschen merken erst jetzt, dass sie bisher gelebt haben, wie wenn das Leben unendlich sei. Das Leben wird ab jetzt aus einer anderen Perspektive betrachtet, was nicht unbedingt negativ sein muss. Viele Patienten erzählen nämlich, dass sie die täglichen Geschehnisse viel intensiver geniessen.

Die persönliche Art Wenn im Leben eines Menschen eine Krise ausbricht, wird er oder sie etwas dagegen unternehmen müssen. Jeder macht das auf seine persönliche Art. Viele Menschen wissen selbst, wie sie mit kleineren oder grösseren Problemen umgehen müssen; andere wurden nie mit grösseren Problemen konfrontiert. Im ersten Anlauf, nach dem Vernehmen der Diagnose, sind die meisten wie betäubt, durch ihren Körper verraten. Alle Investitionen in die Zukunft scheinen mit einem Mal nutzlos gewesen zu sein. In dieser Phase wollen viele nicht wahrhaben, dass sie dermassen ernst krank sind, und verdrängen die Gedanken daran. Oft bekommen die Patienten auch keine Zeit, die Situation in sich aufzunehmen, weil soviel geschieht: eine eventuelle Einweisung in ein Krankenhaus, weitere Untersuchungen, der Anfang einer Behandlung. Diese können dem Patienten dann wie in einem Rausch vorkommen. Erst später, wenn diese Schockphase vorüber ist – z.B. nach der ersten Chemotherapie – bekommt der Patient Zeit zu realisieren, was los ist. Erst dann kann er oder sie auf seine persönliche Art versuchen, MM einen Platz im Leben zu geben. Die medizinischen Geschehnisse wie Kontrollen, Untersuchungen, Chemotherapien, Bestrahlungen und Nebenwirkungen der Behandlungen stellen immer wieder eine Konfrontation mit der Realität dar. Es wird sich eine starke Wechselwirkung einstellen zwischen der Art, wie der Patient selbst versucht, mit MM umzugehen, und der Art, wie die Pflegepersonen ihm oder ihr begegnen. Variablen, die in der eigenen Persönlichkeit wichtig liegen, sind innere Kraft, Abwehrmechanismen, Zielstrebigkeit auf die Realität und (zeitweise) Rückfall in passives Ertragen. Daneben spielen die Unterstützung aus der eigenen Umgebung und die Weiterführung eines sozialen und kulturellen Lebens eine grosse Rolle. Wichtige Variablen von seiten der Pflege sind das technische und menschliche Können: Qualität und Kontinuität der Pflege, die Aufmerksamkeit für persönliche Anliegen und extra Unterstützung und Zeitaufwand, wenn die eigenen Möglichkeiten des Patienten nicht ausreichen. MM muss einen Platz im Leben bekommen, am besten derart, dass das Leben wieder wertvoll wird mit Möglichkeiten, es zu geniessen, und wiederhergestelltem Blick nach vorne. Die Pflege kann einen grossen Beitrag an die Lebensqualität bieten. Beratung über Gesundheit, Umgang mit Stress, das Lernen, anders mit der Krankheit umzugehen, das Erlernen neuer Techniken zur Problemlösung und die Unterstützung von Schicksalsgenossen können sehr positiv auf Patienten wirken, die erst seit kurzem wissen, dass sie Krebs haben. Untersuchungen bestätigen dies.

Probleme

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Psychische Problematik

Auf einer onkologischen Abteilung – oder genauer: einer Abteilung für hämatologische Onkologie – empfinden viele während einiger Zeit psychische Probleme, auch wenn die Patienten vor Ausbruch der Krankheit psychisch gesund waren. Es ist im übrigen falsch anzunehmen, dass psychiatrische Patienten eher MM bekommen. Es ist auch nicht erwiesen, dass Menschen, die unter viel Stress von ungelösten Konflikten leiden, diese Krankheit öfter bekommen. Es scheint aber doch, dass es wichtig ist, wie jemand mit düsteren Gefühlen, Angst, Stress und Verarbeitungsproblemen umgeht, wenn die Krankheit diagnostiziert ist. Dies zu behandeln kann sinnvoll sein: gut umgehen zu können mit psychischen Problemen beeinflusst die Lebensqualität und manchmal sogar die Lebensdauer. Es werden nun die am meisten vorkommenden Krankheitsbilder mit ihren Therapien vorgestellt.

Depression Mit Depression sind in diesem Zusammenhang nicht kurze Perioden mit verständlichen düsteren Gedanken gemeint. Jeder MM-Patient wird zeitweise damit zu kämpfen haben. Eine Depression ist ein psychiatrisches Krankheitsbild, welches zwei oder mehr Wochen dauert und sich wie folgt zeigt: eine sehr düstere oder ängstliche Stimmung, Gefühle der Hilflosigkeit und Unwertigkeit, Schuldgefühle und Gedanken an Selbstmord oder Sterbenswünsche. Weitere mögliche Symptome sind anhaltende Lustlosigkeit und Müdigkeit, Verlust von Interesse an der Umgebung und Verschlossenheit. Dieses Krankheitsbild kommt bei etwa 20% der Patienten vor, insbesondere bei denen, die grössere körperliche Einschränkungen empfinden, bei denen die Krankheit schon weit fortgeschritten ist oder welche starke Schmerzen haben. Manchmal verursachen die verschriebenen Medikamente oder die allgemeine Entregelung des Körpers während oder nach der Chemotherapie die Depression. Zur Behandlung ist es wichtig, die Ursache so gut wie möglich zu entfernen. Daneben wird die Therapie mit einer Kombination von antidepressiven Medikamenten (eventuell zusammen mit Schlafmitteln) und einer unterstützenden Psychotherapie, Unterstützung von Partner/Kindern/Freunden, Ärzten und Pflegepersonal bestehen. Derart sind Depressionen im allgemeinen gut behandelbar.

Angst Bei MM-Patienten entsteht Angst meistens aus Krisensituationen im Krankheitsprozess: die Diagnosestellung, ein Rückfall der Krankheit nach einer Periode von Stillstand, eine erfolglose Behandlung... Angst kann noch ganz andere, unterschiedliche Ursachen haben, z.B. Schmerz, Sauerstoffmangel, Lungenembolie oder bestimmte Medikamente. Patienten können auch ängstlich werden, wenn sie zu Hause normalerweise gewöhnt waren, Alkohol zu trinken oder Beruhigungsmittel zu benützen und das im Krankenhaus nicht mehr können. Auch verschiedene Situationen, wie bestimmte Eingriffe (z.B. eine Knochenmarkpunktion oder das Legen der Infusionsnadel) und Untersuchungen (z.B. CT-Scan oder MRI) können Angst verursachen. Die Behandlung, abhängig von der Ursache der Angst und der Situation, in der sie auftritt, kann aus unterstützender Psychotherapie (reden über Angst hilft!), Verhaltenstherapie, Hypnotherapie und/oder einer Medikamentengabe bestehen.

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Psychische Problematik

Delirium Ein Patient im Delirium ist durcheinander, meistens aufgenommen in ein Krankenhaus. Das Krankheitsbild zeigt: wechselndes Bewusstsein, kein Zeit- oder Ortsgefühl, stark wechselnde Aufmerksamkeit, Argwohn oder Angst, manchmal sehen die Patienten «Tierchen», oder es laufen sogar ganze Filme auf weissen Zimmerwänden ab, Unruhe. Das Bild wechselt oft und kurzfristig. Manchmal dauert es Stunden oder eine Nacht, manchmal besteht es während mehreren Tagen. Der Patient sagt und tut Dinge, für die er nicht verantwortlich gemacht werden kann und an die er sich im nachhinein nicht erinnern kann. Dieses Durcheinander wird fast immer durch eine Kombination körperlicher Faktoren verursacht: Entregelung des Stoffwechsels als Komplikation vom MM oder der Behandlung, eine akute Infektion, Medikamente (Morphium) usw. Delirium kommt häufiger bei älteren Patienten als bei jüngeren vor und vor allem bei Menschen, die sehr krank sind. Der Anfang eines Deliriums zeigt sich oft in einer Veränderung der Stimmung, Argwohn oder Verweigerung eines bis anhin «einfachen» Patienten. Die Behandlung besteht aus dem Entfernen der Ursache (wenn möglich), intensiveres Beobachten und einer zeitweisen Medikamentengabe. Familienmitglieder können an der Beobachtung mithelfen. Der grosse Vorteil dabei ist, dass eine bekannte Person beim Patienten ist. Es muss dem vorgebeugt werden, dass der Patient sich in diesem Zustand selbst schädigt.

Weitere psychische Probleme Bei einer Anzahl Probleme, die die Lebensqualität stark beeinflussen können, spielen psychische Faktoren eine mehr oder weniger grosse Rolle. Dazu gehören Unpässlichkeit und Erbrechen, bei der die Angst oder die Erinnerung an eine frühere Chemotherapie eine sehr wichtige Rolle spielen können. Schmerzen können zur Entstehung von Depressionen oder Angst führen. Es kann aber auch umgekehrt sein, wenn das Schmerzempfinden durch Spannungen oder Angst verstärkt wird. Schlaflosigkeit kommt bei MM-Patienten oft vor. Diese kann allerhand Ursachen haben, von denen hier eine auf jeden Fall genannt sei: Angst zu sterben. Viele Menschen haben Angst, im Schlaf zu sterben, während andere eine grosse Ähnlichkeit zwischen Tod und einem tiefen Schlaf empfinden. Auch bei diesen Problemen kann es nützlich sein, einen Psychiater oder Psychologen zu kontaktieren und Ratschläge zu bekommen. (Sexuelle Probleme werden hier nicht behandelt. Siehe dazu das eigene Kapitel.)

Nach dem Tod Wenn ein MM-Patient stirbt, ist es das Ende des Kampfes gegen die Krankheit und das Leben damit. Dies gilt aber nicht für die Hinterbliebenen: Partner, Kinder, Eltern, Freunde … Für sie heisst dieser Tod eine neue Krise in ihrem Leben; ein Prozess zum Lebenlernen nach dem Tod eines geliebten Menschen mit Phasen von Schock, Reaktion auf die Realität, Verarbeitung und neuer Orientierung. Dieser Prozess braucht Zeit, Monate, manchmal über ein Jahr. Hinterbliebene können in dieser Periode depressive Symptome zeigen, die einige Monate dauern können. Auch kann (vorübergehend) Angst entstehen. Der Trauerprozess kann unterdrückt erscheinen oder erst mit Verzögerung einsetzen, ernste Formen annehmen oder sogar chronisch werden. In all diesen gestörten Fällen dauert dieser Prozess länger und sind file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/p_proble.htm (3 of 4) [12.06.2001 14:07:40]

Psychische Problematik

unterstützende Gespräche notwendig, um ein neues Gleichgewicht im Leben zu finden. Sowohl persönliche Eigenschaften als auch Umgebungsfaktoren beeinflussen den Trauerprozess von Hinterbliebenen; die Art des Sterbens (erwartet oder plötzlich, beängstigend oder nicht) und die erfahrene Unterstützung während des Sterbens.

Aktiv und konstruktiv Persönliche Eigenschaften bestimmen die Art, wie jemand im Trauerprozess aktiv wird. Es gibt Menschen, die sehr aktiv werden in ihrer Arbeit, der Familie oder mit Hobbys um dem Schmerz des Verlustes und dem Verdruss zu entfliehen. Später entstehen die Emotionen aber doch, und manchmal ist es dann schwieriger, Verständnis dafür zu finden. Es gibt auch Menschen, die den Verlust eines geliebten Menschen so schlecht verarbeiten können, dass sie die Ärzte und das Krankenhaus anklagen für Fehler, ob berechtigt oder nicht. Sie beschuldigen die Ärzte, dass sie den Patienten haben sterben lassen. Es ist gut und kann konstruktiv sein, mögliche Fehler und unsorgfältiges Verhalten zu besprechen, sie eventuell sogar bei Gericht einzuklagen. Dies kann der eigenen Verarbeitung des Todes nützen. Aber es darf kein Ablenkungsmanöver für den eigenen Verdruss sein. Es gibt viele Arten zu bedenken wie die Menschen in ihren Trauerprozess aktiv und konstruktiv eingreifen können: z.B. durch Mitarbeit im Vorstand eines Patientenvereins oder als freiwilliger Helfer, z.B. bei der Hauspflege. Es ist gut, bei der Trauerarbeit aktiv zu werden. Diese Art von Aktivität kann stark zur Verarbeitung der Trauer beitragen. Wenn die Tätigkeiten allerdings zu viel Zeit des Hinterbliebenen in Anspruch nehmen, sodass für die Trauer kein Platz mehr bleibt, wird man es sich nochmals überlegen müssen. Die Meinung ist, dass der Überlebende ein neues Gleichgewicht im eigenen Leben findet mit Befriedigung und auch wieder mit Glück. Die Trauer über den Verstorbenen muss auch ein Ende haben.

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Pflege zu Hause

Pflege zu Hause B. Birrer: In der Schweiz

Wer krank oder behindert ist, benötigt oft Hilfe von Dritten, damit das Leben zu Hause für den Pflegeempfänger und die betreuenden Personen den Bedürfnissen entsprechend gestaltet werden kann. Vor allem wo es um die Pflege geht, wird diese Hilfe gerne angenommen. Die Hilfe und Pflege zu Hause heisst Spitex (Spital-externe-Pflege). Weil die Spitex-Vereine, Kranken- oder Hauspflege-Vereine örtlich oder regional organisiert sind, gibt es in den Dienstleistungen der Vereine Unterschiede. Um das genaue Angebot des Spitex-Vereins in Ihrer Nähe in Erfahrung zu bringen, melden Sie sich beim örtlichen Spitex-Verein oder fragen Sie Ihren Hausarzt nach Kontaktadressen. Der Spitex-Verein ist auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihrem Hausarzt angewiesen. Wichtiger Bestandteil einer guten Organisation ist es, vor dem ersten Einsatz eine Bedarfsabklärung zu machen. Hier wird festgehalten, welche Bedürfnisse der Pflegeempfänger oder die betreuende Person vom Spitex-Dienst abgedeckt haben will. Haushalt oder Pflege? Oder beides? Dem Pflegeempfänger wird das mögliche Angebot an Hilfe aufgezeigt. Die Finanzierung der drei Kerndienste (Krankenpflege, Hauspflege, Haushilfe) ist ganz verschieden. Während die Krankenpflege bis zu einer gewissen Stundenzahl während drei Monaten zu 90% von den Krankenkassen übernommen wird, müssen Haushilfe und Hauspflege bei der Grundversicherung selbst finanziert werden. Über die genaue Finanzierung eines Spitex-Einsatzes müssen Sie sich direkt mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen.

Spitex Unter diesem Begriff werden die verschiedenen Hilfsmöglichkeiten für die Betreuung zu Hause zusammengefasst. Durch Krankheit, Behinderung oder Alter kann es erforderlich sein, dass bereits bei der Grundpflege Hilfe benötigt wird. Oft brauchen auch Angehörige oder betreuende Personen professionelle Unterstützung oder Entlastung. In solchen Situationen wird oft auch der Haushalt zur Belastung, oder er kann nur erschwert geführt werden. Zur Unterstützung des Haushaltes werden Haushilfen eingesetzt. Es sind Hausfrauen oder Rotkreuz-Helferinnen, die gewohnt sind, einen Haushalt zu führen, und auch kleinere pflegerische Massnahmen am Patienten durchführen können. Wenn es einer Hausfrau und Mutter aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, den Haushalt zu führen, so wird eine ausgebildete Hauspflegerin eingesetzt. Sie übernimmt das Führen des Haushaltes, die Kinderbetreuung, das Kochen, usw. Die Spitex-Vereine bieten zudem oft erweiterte Dienste an, oder können Ihnen gerne mit Adressen weiterhelfen. Der Mahlzeitendienst: die Anzahl Menüs pro Woche, Grösse der Portionen und Diäten können oft sehr flexibel zusammengestellt werden. Informieren Sie sich bei Ihrem Spitex-Verein oder direkt beim Mahlzeitendienst in Ihrer Region. Der Fahrdienst des Schweizerischen Roten Kreuzes: wird eingesetzt, wenn Patienten ohne Auto oder nur erschwert einen Termin beim Arzt, Therapie, Spitaluntersuchungen oder Spitalein-/austritt einhalten können. Bei multiplen oder psychischen Problemen wird die Spitex-Schwester oder ein in der Region zuständiger file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_pfleg.htm (1 of 3) [12.06.2001 14:07:43]

Pflege zu Hause

psychiatrischer Dienst die regelmässigen Gespräche führen. Besprechen Sie mit Ihrem Hausarzt, welches für Sie die beste Behandlungsmöglichkeit ist. Bei terminalen Pflegeempfängern wird die Betreuungsperson oder die Angehörigen von der Spitex-Schwester unterstützt. Um eine angemessene Sterbebegleitung anbieten zu können, ist die Spitex-Schwester meistens 24 Stunden am Tag erreichbar.

Hilfsmittel Die Spitex-Vereine verfügen zum Teil über ein Krankenmobilienlager, wo Hilfsmittel, Patientenbetten, Rollstühle, Gehhilfen, Patiententische, aber auch Pflegeprodukte, Windelhosen, Einlagen, Betteinlagen usw. gemietet oder gekauft werden können. Wenn kein Lager vorhanden ist, hilft die Einsatzleiterin Ihres Spitex-Vereins gerne mit Kontaktadressen weiter.

Nachtwache Zur Verhinderung einer Spitaleinweisung ist eine umfassende Hilfe nötig. Die Nachtwache bei terminalen Patienten wird oft von den Angehörigen selbst oder von Hilfspersonen übernommen.

R. Ostwald: In Österreich (am Beispiel Innsbruck) Menschen, die an MM / Plasmazytom leiden, sind oft pflegebedürftig, auch wenn ihre Behinderung sich verschieden äussert, jeweils stärker oder schwächer ausgeprägt ist. Die Unterbringung in einem Pflegeheim ist in der Regel nicht nötig, und die meisten Erkrankten bevorzugen ohnehin eine häusliche Pflege, weil sie so in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Die Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck (ca. 120 000 Einwohner) ist aufgeteilt in zwölf Sozial- und Gesundheitssprengel (SGS), deren Träger die Stadt ist. Einer ihrer Schwerpunkte ist die ambulante Hauskrankenpflege (und auch Altenbetreuung) durch professionelle Fachkräfte, ergänzt durch freiwillige, ehrenamtliche Helfer/innen. Das Angebot reicht dabei von der Unterstützung im Haushalt über die Hilfe bei der Körperpflege, Begleitung und Behördenwege, die Entlastung von pflegenden Angehörigen bis zur medizinischen Hauskrankenpflege (einschliesslich Physiotherapie), stets im Kontakt mit dem Hausarzt, ggf. auch mit dem behandelnden Hämatologen. Pflegehilfsmittel können bei einem Krankenmobilienlager ausgeliehen werden. Krankentransporte werden nach Absprache vom Roten Kreuz (sog. «Rettung») durchgeführt. Ein Mahlzeitendienst (sog. «Essen auf Rädern») steht zur Verfügung, auch an Sonn- und Feiertagen; es können verschiedene Kostformen bezogen werden. Eine psychologische (psychotherapeutische, psychiatrische) Betreuung wird bisher nicht angeboten, weil es nicht genügend entsprechende Fachkräfte gibt bzw. die Frage der Bezahlung nicht geklärt ist. Grundsätzlich ist der geschilderte Pflegedienst im Bundesland Tirol (und meines Wissens in der ganzen Republik Österreich) ähnlich organisiert, wobei in kleinen Gemeinden nicht alles so perfektioniert sein kann, dafür möglicherweise etwas persönlicher ist. Die Kosten der eigentlichen Krankenpflege werden von der Tiroler Gebietskrankenkasse vollständig übernommen, von den privaten Krankenversicherungen nur zum Teil (d.h. je nach Vertragskategorie). Für die Finanzierung der Haushaltshilfe gibt es, je nach Bedürftigkeit, Beihilfen aus dem Innsbrucker Sozialfonds. Neben der Tätigkeit der städtischen Sozial- und Gesundheitssprengel existieren noch mehrere private Einrichtungen ähnlicher Art: Mobiler Hilfsdienst und Selbstbestimmt-Leben-Initiative (ambulante Einrichtung zur Betreuung und Beratung), Verein «Netzwerk» (Zentrum für Krebskranke, ihre Angehörigen und Betreuer, auch Psychotherapie), Heim «St. Raphael» (Tages- und Kurzzeitpflege, z.B. während des Urlaubs der Familie),

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Pflege zu Hause

Ganzheitsmedizinisches Zentrum Igls (Rehabilitation und Regeneration für Krebskranke, auch pflegerische und psychologische Beratung). Gern angenommen werden Pflege- und Hilfsdienste aus den Kirchengemeinden, zumal diese einen eher privaten Charakter haben und kostenlos sind.

Bemerkung des Übersetzers Die Organisation der Pflege zu Hause ist von Land zu Land unterschiedlich. Für Informationen, wie diese Hilfe in anderen Ländern organisiert ist, wende man sich an die Sozialhilfestellen in der Gemeinde oder der Krebsligen.

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Wenn das Ende des Weges näherrückt

Wenn das Ende des Weges näherrückt Drs. C.J.J. Savelkouls

Charakter, Erziehung und Lebensüberzeugung bestimmen grösstenteils, wie jemand über den Tod denkt: Wird darüber nachgedacht, wie, wie oft, allein oder zusammen mit anderen? Daneben gibt es aber auch den Lauf des Lebens. Es ist ein grosser Unterschied, ob der Tod plötzlich kommt, z.B. nach einem Verkehrsunfall, oder die Rede ist von einer (langen) Krankheit mit dem Tod als unausweichlicher Folge. Diese Aussicht kann sowohl bedrohlich wie erleichternd sein. Es ist aber unvermeidlich, eine Haltung zum definitiven Ende unseres Erdenlebens einzunehmen. Auch wer «flüchtet», den Tod nicht wahrhaben will, nimmt einen Standpunkt ein, und sicher nicht den einfachsten – auch wenn dies nach aussen so scheint. «Sterben im Frühling ist hart», sagt ein Schlager. Das heisst aber nicht, dass es im Herbst des Lebens einfacher wäre. Erfahrungen, vielleicht so alt wie die Menschheit selbst, lernen, dass es besser ist, die damit zusammenhängenden Gefühle zu äussern, als sie zu verdrängen. Wer eine Krankheit wie MM hat, hat oft auch Chancen, über das eigene Erleben zu reden. Eine erste Gelegenheit kann sich bei den eher unbestimmten Problemen und vagen Ängsten am Anfang bieten. Diese Möglichkeit wird aber real nach dem ersten Gespräch mit der schlechten Nachricht: es kann nicht wahr sein …, lass es noch eine Weile dauern … Anschliessend können neue Therapien neue Hoffnung geben. Der Patient erlebt dies alles während des Krankheitsprozesses.

Eigenes Recht Während der ganzen Zeit steht das eigene Recht des Patienten zuvorderst: nicht nur bei der Wahl der Pflege und der Therapie, sondern auch bei der Wahl seiner Gesprächspartner in den wechselnden Stadien der Krankheit. Nur der Kranke darf bestimmen, wer ihn eine Zeitlang begleiten soll. Alle Menschen, welcher Leben mit dem des Patienten verbunden ist, haben aber auch ihren eigenen Verdruss. Daher haben auch sie ein eigenes Anrecht darauf, ihr Leid zu teilen. Es ist dann sehr gut, wenn der Patient und seine nächsten Angehörigen zusammen ihre Gefühle erleben können. Weil aber jedermann ein eigenes, gerechtfertigtes Anliegen und ein eigenes Schmerzerlebnis hat, wird das nicht immer und ganz gelingen. Als Hilfsmittel kann ein Gespräch über praktische Dinge nützlich sein, sogar die alltäglichen. Wer sich bewusst ist, dass sein Ende näher rückt, darf fragen: «Wie wird das werden, wenn …?» Praktisch, manchmal ganz einfach, manchmal sehr speziell. Solche Fragen können ein hervorragendes «Transportmittel» bilden, miteinander Liebe und Leid bildlich zu zeigen und zu teilen. Sie fragte: «Was willst Du, dass wir Dir anziehen?» und dann heulten wir zusammen, und schon wieder geheult, und dann haben wir seinen besten Anzug bereitgelegt. Es gibt zahllose Varianten zu diesem Beispiel, gerade weil es so viele Dinge zu regeln gibt. Wer in dieser Zeit stirbt oder wer eine Beerdigung regeln muss, hat viele Möglichkeiten, aus denen gewählt werden kann und muss. Die vielen Möglichkeiten und der immer kleinere Zwang zwingen einen, eigene bestimmte Standpunkte einzunehmen. Zu Hause aufbahren oder in einem Trauerzentrum? Besuche zu Hause oder gerade nicht? Erd- oder Feuerbestattung? Früher noch keine Frage, heute manchmal sogar die erste. Abschied in kleinem Kreis oder öffentlich? Gottesdienst ja oder nein? Sprecher? Blumen? usw. Hierbei können eigene Vorstellungen ebenso eine Rolle spielen wie Tradition, Lebensauffassungen und örtliche Gepflogenheiten wie auch praktische Überlegungen.

«Massarbeit»

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Wenn das Ende des Weges näherrückt

Ein Bestattungsunternehmer kann praktisch und sachlich beraten, auch vor dem Ableben, z.B. «Zu unseren Vorbereitungen gehörte auch ein Orientierungsgespräch mit einem Bestattungsunternehmer über allerhand praktische Dinge; die möglichen Kosten der Bestattung (nicht zu unterschätzen!) bis zur Aufbahrung zu Hause und der möglichen Mitarbeit der Kinder und von mir bei den Feierlichkeiten.» Den Unternehmer haben wir nicht aus den «gelben Seiten» herausgesucht, sondern zuerst Referenzen eingeholt beim Pfarrer, der sich «berufsmässig mit Bestattungen befasst». Die Dienste des Bestattungsunternehmens können viel umfassen: Meldung auf der Gemeinde, den Verstorbenen transportieren, aufbahren, Ort und Zeit des Begräbnisses regeln, Drucksachen verschicken, Todesanzeigen aufgeben usw. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, sich keine Formen aufdrängen zu lassen. Die letzte Ehre muss dem letzten Willen so gut wie möglich entsprechen. Am schönsten ist es, wenn ein Punkt erreicht wird, wobei die Wünsche des Verstorbenen mit denen der Überlebenden zusammenfallen. Dazu braucht es natürlich vorhergehende Gedanken und Gespräche. Ein gutes Bestattungsunternehmen wird immer versuchen, Massarbeit zu liefern und persönliche Wünsche zu berücksichtigen. Wie teuer die sein dürfen? Auch das muss vorher festgehalten werden.

Die persönliche Form Viele werden sich bei der Form der Bestattung durch die Tradition führen lassen, in der sie sich während ihres Lebens – und speziell in Krisensituationen – geborgen fühlten. Andere werden selbstbewusst eine eigene Form suchen, weniger passend zur bestehenden Tradition als zu sich selbst. Wer das obligate «zehn Minuten nichts, plus etwas Musik» kennt, bei dem nicht mal der Name des Verstorbenen fällt, weiss, dass es wichtig ist, dass wirklich etwas geschieht. Es zeugt von Einfühlung und Respekt für die Eingeladenen. Viele Menschen werden bei den Vorbereitungen richtig kreativ, auch wenn es darum geht, andere Betroffene zu aktivieren. Geistliche, auch solche, die z.B. an Krankenhäusern arbeiten, können behilflich sein, wenn man sie darum bittet. Im übrigen ist es gut zu wissen, dass es auch innerhalb der traditionellen Formen Platz hat für persönliche Beiträge. Tradition und Eigenständigkeit brauchen sich nicht auszuschliessen. Z.B: auch das alte katholische Begräbnisritual kann heute mittels eines Gebetsdienstes freiere Formen annehmen. Pfarrer und Geistliche schätzen es, selbst auch beitragen zu können. Beim Nachdenken und Reden über Form und Inhalt des Begräbnisses erweist man sich gegenseitig gute Dienste; für jetzt, für dann und für später.

Finanzen Eine weitere Frage, die man beim Lebensende stellt, ist: «Wenn Du nicht mehr da bist bzw. wenn ich nicht mehr da bin, wie geht das dann mit …?» So kann man zusammen kontrollieren, welche Vorsorgemassnahmen getroffen wurden wie Pension und Versicherungen. Welche Verpflichtungen bestehen: Hypothek, Anleihe, Kosten und Lasten? Wenn noch minderjährige Kinder im Haushalt leben, kann es vernünftig sein, eine Vormundschaft vorab testamentarisch zu regeln. Erwähnt wurde bereits die Meldung des Todes auf der Gemeinde. Die braucht es für die Todeserklärung, die der Notar wiederum braucht, damit er die Erbschaftserklärung abgeben kann. Dieses offizielle Papier wird benötigt, um allerhand finanzielle Dinge regeln zu können. Bank- und Postunterschriften verfallen, und die Benutzung eines gemeinsamen Kontos ist beschränkt. Der Notar kann im übrigen auch viele Fragen im Zusammenhang mit Erbschaften beantworten.

Vieles ist zu regeln und einiges zu beachten Viele grosse und kleine Dinge, die es zu regeln gibt, scheinen selbstverständlich. Aber in einer Atmosphäre von

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Wenn das Ende des Weges näherrückt

Trauer, Krise und manchmal sogar Zerrüttung können sie leicht hinausgeschoben oder vergessen werden. Ein Gespräch, was noch zu regeln ist oder woran gedacht werden muss, ist mehr. Es trägt bei zum Teilen der Gefühle und Gedanken, die sich in einem Menschen abspielen. Oft geschieht das zuwenig. Das Gespräch gibt Hoffnung und Zweifel frei, Angst und Bosheit, Verdruss und auch Trost. Wer fühlt, dass er oder sie so nicht (genug) weiterkommt, kann psychische oder pastorale Hilfe anfordern. Der Wunsch dazu kann den Schritt ermutigen.

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Zu Hause sterben

Zu Hause sterben Dr. P.A.M. van den Akker

Im allgemeinen kann festgestellt werden, dass immer mehr Menschen es vorziehen – wenn es die Umstände zulassen –, zu Hause zu sterben. Im eigenen Heim zu sterben kann als Versuch betrachtet werden, dem Tod im allgemeinen und dem Sterben eines Lieben im besonderen auf menschliche und mitmenschliche Art einen Platz im Leben zu geben. Das hängt mit der Qualität des Sterbens zusammen. Ausdrücklich muss aber der Vorbehalt der Umstände bewusst gemacht werden: denkbar sind Situationen, in denen dieser Qualität eher an einem anderen Ort gedient ist, z.B. im Spital oder Pflegeheim. Die Frage nach dem Sterbeort wird akut, wenn die terminale Phase eintritt, d.h. wenn der Tod für den Patienten und seine nächste Umgebung nach menschlichen Erkenntnissen zur unabwendbaren Wirklichkeit wird. Was wünschen sich Menschen, die wissen, dass die letzte Phase ihres Lebens angebrochen ist? Wo wollen sie sterben? Lieber zu Hause? Ist das möglich? Müssen besondere Vorkehrungen getroffen werden? Unterstützen die nächsten diesen Wunsch des Patienten? Sind sie der Situation gewachsen? Weiter hinten wird gezeigt, dass es gut ist, sich diese Fragen zu stellen und zu versuchen, sie ehrlich zu beantworten.

Zu Hause sterben oder nicht? Aus Untersuchungen sind die wichtigsten Motive bekannt, zu Hause sterben zu wollen: gerne in der eigenen, vertrauten Umgebung sein; sein Leben möglichst lange nach der eigenen Art führen; Nähe zu den vertrauten Angehörigen; das Zusammensein geniessen. Im Erlebnis von zu Hause Sterbenden haben Spital oder Pflegeheim eine kalte, unpersönliche Atmosphäre; ohne die Wärme und Geborgenheit, welche gerade im Angesicht des Todes gebraucht werden. Terminale Patienten haben es selbst ausgedrückt: Das Spital begrenzt die Art zu leben, die Selbständigkeit geht verloren. Die Einweisung in ein Krankenhaus hat für sie noch einen weiteren unheimlichen Klang: Man gleitet ab, gehört nicht mehr zu den Leuten. Auch Angehörige haben manchmal dieses Gefühl. Sie haben ihren Mann, ihre Frau, Vater oder Mutter bereits vor dem Sterben verloren. Für Patient und Umgebung bedeutet zu Hause sterben dagegen Selbständigkeit und Lebensbezug. Terminale Patienten wünschen nicht, zeit ihres Lebens schon abgeschrieben zu werden.

Belastung für die Umgebung Das Versorgen eines terminalen Patienten zu Hause bedeutet eine schwere Belastung für seine nähere Umgebung. Es dominiert das häusliche Leben. Die Frage, ob die Umgebung – meistens der Partner – dies leisten kann, wird oft unterschätzt. Auch deswegen muss der Sterbeort, zu Hause oder nicht, seriös bedacht werden. Zu Hause zu sterben kann sehr selbstverständlich scheinen, braucht dies aber gar nicht unbedingt zu sein. Es darf deshalb nicht zu einem neuen Dogma hochstilisiert werden. Für manche ist die terminale Versorgung zu Hause die Weiterführung eines üblichen Lebensablaufs. Frauen erfüllten darin immer die versorgende Rolle, und die Männer waren die Geldbeschaffer. So kann es geschehen, dass – vielleicht leichtfertig – angenommen wird, dass die Frau, die ja immer schon den Haushalt versorgt hat und ja so vital ist, auch einen Krebspatienten versorgen kann. Sicher, sie möchte es, aber kann sie es auch? In der Regel besteht in der Umgebung eine extrem hohe Bereitschaft, es dem Patienten zu ermöglichen, seine terminale Lebensphase zu Hause zu verbringen. Es ist viel guter Wille und Begeisterung vorhanden. Dies kann auch durch moralischen Druck geschehen: Man will dem Patienten diesen letzten Dienst nicht vorenthalten. Die Last der Versorgung wird deshalb heruntergespielt oder verdrängt. Wie schwer terminale Hauspflege ist,

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Zu Hause sterben

wird oft erst nach dem Tode realisiert. Erst dann kann einem klar werden, wie wenig man auf alles vorbereitet war. Es ist auch schwer vorstellbar, mit welchen Symptomen und Komplikationen der Sterbeprozess aufwarten wird. Dagegen steht, dass terminale Hauspflege eine reiche Erfahrung sein kann. Oft wird das Leben nach dem Tod des Lieben besser verkraftet, wenn ein gutes Gefühl bleibt. In Anbetracht des Patienten selbst ist es wichtig, dass er die Situation zu Hause als sicher empfindet: Alles ist unter Kontrolle, und es sind keine Eventualitäten denkbar, welche untragbare Risiken enthalten. Also sind gute Verabredungen nötig mit dem Hausarzt, dem Spezialisten, dem Hauspflegedienst und jedem, der bei der Pflege mithelfen kann. Die Einrichtung einer Auffangfunktion ist nützlich: ein Netzwerk, das, wenn nötig, sofort mobilisierbar ist. Dies kann den Patienten stark beruhigen, was sehr wichtig ist.

Offen und ehrlich Zusammenfassend: die Frage nach dem Sterbeort kennt keine selbstredende Antwort. Zu Hause zu sterben soll möglichst gefördert werden, aber ist nicht immer die bessere Lösung. Offenheit und Ehrlichkeit sind notwendig, basierend auf einer ehrlichen Beratung durch den medizinischen Spezialisten, Hausarzt und Hauspflegedienst. Auch dann kann es unmöglich werden, dass der terminale Patient länger zu Hause gepflegt werden kann. Oft wird das wie eine Niederlage empfunden. Zu Unrecht, denn nicht alle Eventualitäten sind absehbar. Man muss also auch auf diese Situation vorbereitet sein.

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Sterben im Krankenhaus

Sterben im Krankenhaus H. Jansen *

Einleitung Immer mehr Menschen wünschen, wenn möglich zu Hause zu sterben, wie im vorherigen Kapitel festgestellt wurde. Manchmal ist es aber praktisch ausgeschlossen, hier zu wählen. Es kann einfach sinnvoller sein, unter den gegebenen Umständen und den dort vorhandenen Einrichtungen sich für das Spital zu entscheiden. Der Qualität des Sterbens kann gerade damit besser gedient sein.

Wie «zu Hause» Der Begriff «zu Hause» kann buchstäblich genommen werden, es gibt aber auch eine bildliche Bedeutung: die von Sicherheit, Eigenheit, Vertrautheit, Selbständigkeit. Natürlich ist es ausgeschlossen, eine solche «zu Hause»-Atmosphäre in der fremden Umgebung eines Spitals zu erleben. Die erfahrbare Atmosphäre so gut wie möglich aufzuziehen ist aber nicht ausgeschlossen. Oder anders gesagt: man kann auch im Spital «zu Hause» sterben. Sicher dann, wenn die Rede von einer Langzeitverbindung zwischen Patient/Familie und Ärzten/Pflegepersonal ist. Der Augenblick des Todes kommt fast immer unerwartet, sogar nach einer längeren, unheilbaren Krankheit. Er muss aber nicht unvorbereitet kommen, wie beschrieben wurde. Zur Vorbereitung gehört auch, die Möglichkeit, im Spital zu sterben, zu bedenken und darüber mit Pflegepersonal und Ärzten zu reden.

Vertrauensverhältnis MM heisst oft kürzere oder längere Spitalaufenthalte für Untersuchungen oder Therapie. Diese bieten dem Patienten und Angehörigen Gelegenheit, die Atmosphäre zu erleben und eventuell mit dem Pflegepersonal und dem Arzt über die terminale Phase zu reden, sich zu informieren, was das Spital im letzten Teil des Krankheitsprozesses zu bieten hat. Die Tage, wenn es schon lange nicht mehr gutgeht, die Krankheit zu bekämpfen, aber auch, um in Würde Abschied vom Leben zu nehmen. Dies kann noch intensiviert werden, wenn während eines längeren Krankheitsprozesses ein Vertrauensverhältnis zwischen Patient/Familie und Ärzten/Pflegepersonal entstanden ist. Damit wird auch der unpersönliche Begriff Krankenhaus auf die Spezialabteilung und schlussendlich auf das Krankenzimmer reduziert: alles geschieht dort. In diesem ist Sterben im Krankenhaus eigentlich viel zu weitläufig gefasst. Die bestehenden Spitäler sind erstens kaum vergleichbar, es gibt sogar grosse Unterschiede unter den Abteilungen. Es geht um die eigene Abteilung und was sich dort abspielt. Die ist überblickbar.

Der Patient steht im Zentrum Selbstverständlich ist, dass der Patient in der terminalen Phase im Zentrum steht. Es geht um die Qualität seines oder ihres Lebensendes. Er oder sie sagt noch, was noch gebraucht wird oder nicht, erwünscht ist oder nicht, was angenehm oder unangenehm ist. Wichtig ist, dies so deutlich wie möglich bekanntzugeben, vor allem dem Pflegepersonal. Denn dieses ist während 24 Stunden verantwortlich für die Pflege. Nicht gut ist, wenn weiter niemand zählt. Auch Familienmitglieder und andere Betroffene sollen file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_haus.htm (1 of 2) [12.06.2001 14:07:51]

Sterben im Krankenhaus

Aufmerksamkeit und Fürsorge erhalten. Es ist sehr viel wert, wenn auch sie sich im Spital sicher fühlen, bzw. nach dem Besuch mit dem ruhigen Gefühl nach Hause gehen, Mann oder Frau, Vater oder Mutter, Freund oder Freundin sind bestens aufgehoben. Sicherheit und Vertrauen sind unter diesen Umständen von unschätzbarem Wert. Der Patient und dessen Familie bekommen so die nötige Ruhe, wo das Leben doch schon auf seinen Grundmauern wackelt. Auch das Pflegepersonal und die Ärzte selbst müssen bestimmt werden. Oft besteht nicht nur ein professionelles Band mit dem Patienten, sondern auch ein emotionales. Dann stirbt nicht der Patient XY, sondern Frau oder Herr Jansen oder einfach Anneke. Dies bedeutet, dass der Tod auch bei den Helfenden Emotionen weckt. Es kann für alle Betroffenen eine reiche Erfahrung sein, wenn auch in der Wechselwirkung zwischen Patient/Familie und Ärzte/Pflegepersonal geteilt wird.

Praktisch Jeder Patient ist anders, so wie jedes Spital. Trotzdem können einige allgemeine Grundsätze, die die Wichtigkeit einer optimalen Verarbeitung im letzten Lebensstadium zeigen, aufgeführt werden. Sie betreffen sowohl die konkreten Einrichtungen wie auch die Haltung der Betroffenen. Als selbstverständlich gilt, dass der terminale Patient ein Einzelzimmer bekommt aus Gründen der Ruhe und Wahrung der Intimsphäre. Auch gelten die normalen Besuchzeiten nicht, zumindest für die nächsten Angehörigen. Sie können kommen und gehen, wann sie wollen. Im übrigen gilt: mit wem der Patient auch immer reden will, er oder sie ist willkommen. Für die Familie ist ein eigener Raum vorteilhaft, wo sie sich, wenn erwünscht, beim Warten auf den Tod zurückziehen kann. Eventuell besteht sogar die Möglichkeit, dass die Familie zu essen und/oder zu trinken bekommt und dass es eine Schlafstelle gibt, wenn es erwünscht ist, dass der Partner oder das Kind im Spital übernachtet. Das Pflegepersonal hat sich informiert, ob der Patient oder die Familie bestimmten Lebensregeln in Zusammenhang mit Lebensüberzeugung oder kulturellem Hintergrund nachlebt; ob bestimmte Rituale rund um das Sterben Raum finden. Dies wird selbstverständlich im Rahmen der Möglichkeiten berücksichtigt. Es besteht eine offene Kommunikation zwischen Patient, Familie, Pflegepersonal und Ärzten. Fragen werden nicht abgewunken, Eindrücke geteilt, vorhandene Information wird verbreitet, Emotionen haben freien Lauf. Die Familie bekommt jede Gelegenheit, mit dem sterbenden Patienten allein zu sein. Braucht es, aus welchem Grund auch immer, Hilfe einer Pflegeperson oder eines Arztes, wird sie so schnell wie möglich geleistet. Nach dem Tod wird die Familie aufgefangen. Auch ihre letzten Wünsche werden respektiert; z.B. kürzer oder länger im Sterbezimmer bleiben zu können, Mithilfe beim Versorgen des Verstorbenen. Und es wird besprochen, was jetzt weiter geschieht. Diese Liste ist nicht komplett, sicher nicht, wenn es um Details geht. In grossen Zügen sollte klar geworden sein, um was es beim Sterben im Spital geht. In einer Atmosphäre, wie oben angedeutet, braucht Sterben im Spital keine zweite oder schlechtere Wahl zu sein, im Gegenteil.

* Beim Schreiben dieses Artikels wurden Informationen vom Pflegepersonal der Abteilung B Parterre, intensive Hämatologie/Radiotherapie, des Krankenhauses Leyenburg in Den Haag benützt. Wir danken dafür.

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Was ist in der Zwischenzeit geschehen

Was ist in der Zwischenzeit geschehen? H. A. Mittendorf

Die Beiträge zu diesem Patientenbuch wurden im Jahre 1996 geschrieben und die deutschsprachige Übersetzung Anfang 1999 gedruckt. In der Zwischenzeit stand die Suche nach einer Heilung vom Multiplen Myelom nicht still. Folgende Behandlungsmethoden werden heute angewendet, sei es bereits standardmässig oder im Rahmen von Patienten- oder Laborversuchen: 1) Die Wirkung von Vincristin und Adriamycin in der VAD-Kur wird als eher gering erachtet, und die Nebenwirkungen dieser Medikamente sind nicht unerheblich. Es wird daher vermehrt nur Dexametason in Tablettenform verabreicht. Dies geschieht in einer sog. Stosstherapie, wobei während weniger Tage eine hohe Dosis genommen wird, unterbrochen durch Ruhepausen. Die Nebenwirkungen von Dexametason, welche aber nicht bei allen Patienten gleich stark auftreten müssen, können allerdings beachtlich sein. Sie sind vor allem psychischer Art und reichen von gesteigerter Aggressivität bis zur Manie, in der die Urteilsfähigkeit des Patienten leidet; er/sie wird äusserst freigiebig in Geldangelegenheiten, und Autofahren sollte in dieser Zeit besser unterlassen werden. 2) Dr. Brian Durie erzielt gute Erfolge mit dem Antibiotikum Clarithromycin (Klazid), wobei sich gezeigt hat, dass die Kombination mit Dexametason eine noch bessere Wirkung erzielt. Diese Behandlung wird in erster Linie angewendet, nachdem der Patient bereits eine Standardbehandlung erhalten und die Krankheit ein Plateau erreicht hat. Es wird erwartet, dass die Dauer des Plateaus verlängert und die Lebensqualität verbessert werden kann. 3) Am ACRC in Little Rock, Arkansas, laufen erste Versuchsreihen mit Thalidomid, welches eine Hemmung der Gefässversorgung durch das Blut und somit deren Wachstum, und auch dasjenige von Krebszellen, negativ beeinflusst. 4) Im Bereich der Gentechnologie kommen die Forscher zu immer mehr Erkenntnissen über den Zusammenhang zwischen Gendefekten und der Anfälligkeit, an Krebs zu erkranken. Auch für das Multiple Myelom zeichnen sich Zusammenhänge mit einer Anzahl Gene, die entweder ganz fehlen oder Defekte aufweisen, ab. Da der Mensch etwa 100 000 Gene hat, sind erst eine äusserst geringe Zahl dieser Zusammenhänge erforscht und die Erkenntnisse noch nicht gesichert. Hier liegt noch viel Forschungsarbeit für die Zukunft. 5) In Grossbritannien und Toronto laufen Versuche mit Impfstoffen auf gentechnischer Basis. Diese befinden sich noch in einer sehr frühen Phase, was den Einsatz beim MM betrifft. Zuerst werden Patienten mit Leukämie behandelt. Eine Erweiterung auf Myelom-Patienten wird voraussichtlich Ende 1999 erfolgen. Die unter 4) und 5) genannten Therapieansätze befinden sich noch in einem sehr frühen Stadium. Ob diese eines Tages zu einer Heilung von MM führen, kann heute noch in keiner Weise beurteilt werden.

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Was bietet eine Patientenkontaktgruppe

Was bietet eine Patientenkontaktgruppe? Drs. M. Roessingh, W.T. van Wijk, H.A. Mittendorf

In der Schweiz gibt es, im Gegensatz zu den Niederlanden, den USA und anderen Ländern, keine Patientenkontaktgruppe für MM-Patienten. Der Bedarf soll aber abgeklärt werden. Die Ziele einer Patientenkontaktgruppe sind u.a.: – Förderung des Kontaktes zwischen Schicksalsgenossen – Vermittlung weiterer medizinischer Informationen, zusätzlich zur ärztlichen.

Zunahme der Mündigkeit Die Einrichtung von Patientenvereinigungen erhöht die Mündigkeit der Patienten; auch die Mündigkeit, Informationen über die Krankheit zu beschaffen, an der man leidet. Oft wird die Information durch Ärzte als ungenügend oder zu «medizinisch» erfahren. Hier liegt eine Aufgabe für eine Patientenvereinigung. Der Weg zu zusätzlicher Information führt nicht immer über eine Vereinigung oder Schicksalsgenossen. Viele Patienten werden sich, nachdem sie die Diagnose MM erhalten haben, mit der Krebsliga in Verbindung setzen, um Informationen zu bekommen. Das erste Resultat einer Aktivität in Richtung Patientenvereinigung ist dieses Patientenbuch. Interessenten für eine Patientenvereinigung können sich melden bei:

Henk Mittendorf Rösslistrasse 2 9536 Schwarzenbach/SG 071 / 923 46 94 email: [email protected]

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Die Schweizerische Krebsliga

Die Schweizerische Krebsliga H.A. Mittendorf

Die Schweizerische Krebsliga ist in 20 regionalen Zentren organisiert, an die man sich zwecks Unterstützung und Beratung wenden kann. Sie gibt diverse Schriften zu verschiedenen Themen heraus, die mit Krebs zusammenhängen: z.B. über Krebsbehandlung, Komplementärmedizin, Schmerzbehandlung und Ernährung. Die Adressen der regionalen Zentren sind über die Zentrale erhältlich:

Schweizerische Krebsliga Effingerstrasse 40, Postfach 8219, 3001 Bern Telefon 031 389 91 00, Fax 031 389 91 60 www.swisscancer.ch/ email: [email protected]

Krebstelefon 0800 55 88 38 Montag bis Freitag 16.00 – 19.00 Uhr, kostenlos email: [email protected]

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Albumin – Eiweiss im Blutplasma, produziert von der Leber; siehe: Total Eiweiss.

Allogen – von einem anderen Körper, aber innerhalb der eigenen Art.

Allopathie – reguläre Heilkunde.

Alternative Therapie – Behandlung, deren Wirkung nicht wissenschaftlich erwiesen ist.

Amyloidose – ein Zustand, bei dem leichte MM-Ketten (Bence Jones) in Geweben und Organen abgelagert: z.B. in Herz, Nerven, Nieren, und nicht ausgeschieden werden. Diese Ablagerungen müssen vermindert werden.

Anal – durch den After.

Anaphylaktischer Schock – Schock durch eine allergische Überempfindlichkeitsreaktion.

Analgetikum – schmerzstillendes Medikament.

Anamnese – Krankheitsgeschichte, dem Arzt vom Patienten zu erzählen.

Anämie – Blutarmut.

Antibiotikum – Heilmittel gegen Infektionen.

Anti-Emetikum – Heilmittel gegen Übelkeit oder Erbrechen.

Antigen – Stoff, der im Körper eine immunologische Abwehrreaktion auslöst (siehe auch: Antikörper).

Antikörper oder -stoff – Eiweiss (Immunoglobulin) im Blutplasma, wirksam gegen körperfremde Stoffe (genannt file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_erkla.htm (1 of 12) [12.06.2001 14:08:06]

Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Antigene, z.B. Teile von Bakterien). Es erfolgt eine Immunreaktion mit dem Antigen. Spielt eine Rolle beim Schutz vor Infektionen.

APD – Amino-Propyliden-Diphosphonat. Schützt vor Knochenabbau; als Tabletten oder per Infusion.

Aredia – Markenbezeichnung, siehe APD.

Arterie – Blutgefäss, transportiert das Blut von Herzen zum Gewebe.

Autolog – zum eigenen Körper gehörig.

Autopsie – Leichenschau.

Bence Jones-Eiweiss – Teil (leichte Kette) des Paraproteins, im Urin nachweisbar.

Benign – gutartig

Bestrahlung – Radiotherapie, der Einsatz von Röntgenstrahlen, um einen bösartigen Krankheitsprozess zu bremsen; kann auch schmerzlindernd wirken.

Beta-2 Mikroglobulin (b2M) – ein im Blut vorkommendes kleines Eiweiss. 90% der Patienten mit aktivem MM haben hohe Werte. Beim Wiederausbruch der Krankheit nach einer Remission steigt der b2M-Wert meistens an, bevor die Eiweisswerte ansteigen. Guter Indikator für die Aktivität der Krankheit.

Biopsie – Entnehmen eines Stücks Körpergewebe (Biopt), z.B. Knochen, zur näheren Untersuchung.

Bisphosphonat – ein den Knochenabbau bremsendes Mittel. Bekannt sind APD bzw. Aredia (siehe dort).

Blutspiegel – Anteil eines Stoffes im Blut.

Blutzelle – Blutkörperchen (Erythrozyt, Trombozyt, Leukozyt).

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

BMT – Bone-Marrow Transplantation, Knochenmark-Transplantation.

BSE – Senkungsgeschwindigkeit von Erythrozyten (rote Blutkörperchen), kurz: Blutsenkung; ein Mass für Infektionen, beim MM oft stark erhöht.

Chemotherapie – Behandlung mit Zytostatika.

Christa – Knochenrand, z.B. des Beckens.

Chronisch – fortdauernd; eine Krankheit oder ein Zustand von langer Dauer; manchmal nach einem akuten Anfang.

Corticosteroid – Heilmittel, dessen wirksamer Bestandteil ein Hormon aus der Nebennierenrinde ist; wird heute synthetisch hergestellt. Siehe auch: Prednison und VAD-Kur.

CR – Complete Response oder Remission, das (scheinbar) komplette Verschwinden des Krebses nach der Behandlung. Bei MM-Patienten die Abwesenheit des Paraproteins in Serum und Urin und die Normalisierung des Knochenmarks.

CT-Scan – Computertomographie, eine Art Röntgenuntersuchung.

Dekubitus – wundliegen; Hautproblem, entstehend durch Druck auf dem Körper als Folge der Bettlägerigkeit.

Delirium – psychiatrisches Krankheitsbild, zeigt sich durch Verlust von Zeit- und Ortsbewusstsein, Angst, Argwohn.

Depression – psychiatrisches Krankheitsbild, zeigt sich durch düstere oder ängstliche Stimmung, Lustlosigkeit und Interesseverlust für die Umgebung.

DNA – Deoxyribonukleinsäure, das Molekül im Zellkern, in dem alle Erbeigenschaften gespeichert sind.

Echographie – Untersuchung von Gewebe, z.B. Tumoren, mittels Ultraschall-Schwingungen (oberhalb der Hörgrenze liegend).

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Elektropherese – ein Labortest, der Auskunft gibt über die Eiweissmenge und die Art des Paraproteins.

Erst/Zweitlinienbehandlung – Erstlinienbehandlung: Standardbehandlung einer Krankheit, die Therapie, welche in erster Linie angewendet wird. Zweitlinienbehandlung: Therapie, welche erst im zweiten Anlauf angewendet wird, wenn die Erstlinienbehandlung versagt.

Erythrozyt – rotes Blutkörperchen.

Extramedulär – ausserhalb des Knochenmarks.

Extramural – ausserhalb der Mauern einer Gesundheitseinrichtung stattfindend.

Femur – Oberschenkel.

Fraktur – spontaner Knochenbruch: ein Bruch ohne äusserliche Ursache, z.B. verursacht durch einen MM-Herd.

G-CSF – Granulocyte-Colony Stimulating Factor: ein hormonartiger Stoff, der das Wachstum von Granulozyten (einer Sorte weisser Blutzellen) stimuliert.

Gen – ein DNA-Teilchen, welches eine Erbanlage bestimmt. Genetisch: erblich.

Globulin – Sammelbegriff einer Anzahl Eiweisse des Blutplasmas.

Graft – Transplantat, z.B. transplantiertes Knochenmark.

Gray (Abk. Gy) – Strahlungsmenge der Radiotherapie, z.B. ab 50 bis 60 Gy wird von einer hohen Dosis gesprochen.

Gy – siehe: Gray.

Hämatologie – die Lehre des Blutes.

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Hämoglobin – roter Blutfarbstoff, eisenhaltig; verantwortlich für den Sauerstofftransport durch den Körper. Abk. Hb.

Herper Zoster – Gürtelrose, Infektion der Haut durch Wasserpockenvirus.

Humerus – Oberarmknochen.

Humoral – bezieht sich auf die Körperflüssigkeiten; meistens verwendet beim Blutserum. Gegenstück: zellular, die Körperteile betreffend.

Hyperkalzämie – erhöhter Kalkgehalt des Blutes.

IgA, IgG, IgD, IgE – die Immunoglobuline. Krankhafte Formen von IgA und IgG sind beim MM am häufigsten.

Immunofixation – die genaueste immunologische Methode, um den M-Proteintyp zu bestimmen.

Immunoglobulin– ein Eiweiss, das sich mit einem Antigen verbinden kann; ein Stoff, welcher im Körper eine Abwehrreaktion auslöst. Siehe auch: Antikörper.

Immunotherapie – Behandlung zur Stärkung des Immunsystems (Abwehrsystems). Kann spezifisch sein: soll den Widerstand gegen eine bestimmte Krebsart erhöhen. Oder unspezifisch: soll allgemein die Widerstandskraft erhöhen, befindet sich noch im experimentellen Stadium.

Informed Consent – rechtlicher Ausdruck, der angibt, dass ein Patient mit einer Untersuchung oder Behandlung einverstanden ist, nachdem er/sie informiert wurde.

Interferon – Eiweiss, das vom Körper produziert wird zur Bekämpfung von u.a. Virusinfektionen; wird auch synthetisch hergestellt.

Interleukin – Eiweiss, produziert durch bestimmte Zellen des Immunsystems; kann Teile dieses Systems stimulieren.

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Intravenös – über eine Vene verabreicht.

Intramural – innerhalb der Mauern einer Gesundheitseinrichtung stattfindend.

Kahler, Otto – österreichischer Internist (1849 – 1893), der 1889 den Zusammenhang zwischen dem durch Bence Jones beschriebenen Urin-Eiweiss und den multiplen Knochenmarkgeschwülsten, beschrieben durch Rustitzky, erkannte. Beim Multiplen Myelom wird manchmal auch von der Kahler-Krankheit gesprochen.

Karzinom – Krebs.

Knochenmark – Inhalt der Knochen. Rotes Knochenmark bildet Blutzellen und kommt in den sog. flachen Knochen vor; bei jüngeren Menschen auch in den Oberarmen und Oberschenkeln.

Kreatinin – Stoff des Blutserums, der als Abfallprodukt in den Muskeln entsteht; Mass für die Nierenfunktion.

Läsion – Verwundung, Beschädigung; z.B. Querschnittsläsion, eine ernste Beschädigung des Rückenmarks.

Leukozyt – weisses Blutkörperchen; wichtig bei der Abwehr gegen Infektionen.

Leukopherese – Entnahme von weissen Blutkörperchen aus dem Blut durch Zentrifugieren des Blutes; die roten Blutkörperchen können dann zurückgegeben werden.

Leukopenie – tiefe Anzahl weisser Blutkörperchen, das Infektionsrisiko ist erhöht.

Lumbal – zu den Lendenwirbeln gehörend.

Lymphozyt – weisses Blutkörperchen (siehe auch: Leukozyt), welches die Basis des Abwehrsystems gegen Infektionen bildet.

M-Spitze – anderer Name für M-Protein, das von der MM-Zelle produzierte Eiweiss.

Maligne – bösartig.

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

MDR (multidrug resistance) – nicht (mehr) auf die medikamentöse Behandlung ansprechend; meistens bei Vincristin und Adriamyzin vorkommend. Die Krebszelle entfernt das Medikament wieder aus sich hinaus. Es sind Medikamente in klinischen Tests, welche dies entgegenwirken sollen.

Medulär – zum Knochenmark gehörend, im Gegensatz zu extramedulär.

Metastase – Krebs an weiteren Stellen des Körpers als Folge eines primären Krebses.

MGUS – Monoclonal Gammopathy of Undetermined Significance: die Anwesenheit von Paraprotein im Blut ohne weitere Abweichungen oder Krankheitserscheinungen.

Monoklonale Antikörper – werden von Plasmazellen produziert; sind gegen einen Einzelteil eines einzelnen Antigens gerichtet. Im Sprachgebrauch sind dies im Labor gezüchtete Antistoffe, die von einem geklonten Lymphozyten stammen.

Morbidität – das Mass, in dem die Krankheit vorkommt.

Mortalität – Sterbeziffer; das Mass, in dem Menschen einer Krankheit erliegen.

MRI (Magnetic Resonance Imaging) – Untersuchungsmethode, welche ein detailliertes Bild der inneren Organe gibt; beruht auf der Produktion magnetischer Ströme. Es wird keine Röntgenstrahlung verwendet.

Multiple – an verschiedenen Stellen im Körper vorkommend.

Multiples Myelom – Krankheitsbezeichnung.

Myelom – Geschwulst, meistens bösartig, welches vom Rücken- oder Knochenmark ausgeht.

Nicht-sezernierend – siehe: sezernieren.

NR (no Response) – ohne Reaktion auf die Behandlung. Siehe auch: Remission.

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Obstipation – Verstopfung, gestörter Stuhlgang.

Onkologie – Lehre der Geschwulste oder Tumoren.

Oral – über den Mund verabreicht.

Osteoblast – Knochen bildende Zelle.

Osteoklast – Knochen abbauende Zelle.

Osteolyse – Auflösung/Verdrängung von Knochengewebe, feststellbar durch helle Stellen im Röntgenbild.

Osteoporose – Poröswerden des Knochengewebes durch Entkalkung.

Palliativ – Mittel, das Symptome lindert, am meisten bei der Schmerzbekämpfung verwendet.

Paraprotein – funktionsuntüchtiges Abwehreiweiss (Immunoglobulin), gebildet durch abnorme Plasmazellen.

Parenteral – Verabreichen von Nahrungsmitteln oder Medikamenten mittels Infusion oder Injektionsnadel direkt in Blut, den Muskel oder die Haut.

Peripher – im Umfeld, im Gegensatz zu zentral; z.B. periphere Stammzellen befinden sich im Blut und nicht mehr im (zentralen) Knochenmark.

Phase 1-, 2-, 3-Untersuchung – Forschung nach einer neuen Behandlungsmethode; 1 = sucht die höchste tragbare Dosierung, begrenzt durch Nebenwirkungen; 2 = betrifft die globale Wirksamkeit; 3 = vergleicht das neue Mittel mit dem alten.

Placebo – Medikament ohne Wirkstoff.

Plasma – Blut ohne Blutkörperchen; Blutflüssigkeit.

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Plasmazellen – Zellen, welche sich hauptsächlich im Knochenmark befinden und Abwehreiweisse (Immunoglobuline) herstellen. Beim MM ist eine Plasmazelle bösartig geworden, was heisst, das sich diese Zelle ungebremst teilt. Es entsteht eine Wucherung von Plasmazellen, ursprünglich entstanden aus einer einzigen Plasmazelle. Sie produzieren alle das gleiche Abwehreiweiss (Paraprotein) oder einen Teil davon, welches von Urin ausgeschieden wird. Siehe auch: Bence Jones-Eiweiss.

Plasmozytom – Geschwulst von Plasmazellen.

Plateauphase – die Menge Paraprotein bleibt konstant auf tiefem Niveau, weil sich MM stabilisiert hat. Resultat einer erfolgreichen Behandlung (Chemotherapie).

Pneumonie – Lungenentzündung.

PR – Partielle Response oder Remission; der Krebs ist grösstenteils (aber nur zeitweise) verschwunden. Siehe auch: CR.

Prednison – Medikament, Nebennierenrindenhormon (Corticosteroid), Entzündungshemmer; in Kombination mit dem Zytostatikum Alkeran, die am meisten verschriebene Therapie beim MM.

Prophylaktisch – präventiv, zuvorkommend.

Progression – Fortschritt. Bem.: wird in der Onkologie zur Angabe verwendet, dass die Krankheit weiter fortschreitet.

Proliferation – Wucherung, Ausbreitung, Fortpflanzung.

Protokoll – Richtlinie für die Behandlung von Patienten, im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung.

Punktion – Mit einer Nadel Körperflüssigkeit oder -gewebe, z.B. Knochenmark, entnehmen für eine Untersuchung.

Radiotherapie – siehe: Bestrahlung.

Randomisierung – durch Auslosen bestimmen, welche Behandlung ein Patient, der in einer Studie (clinical trial)

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

mitarbeitet, bekommt.

Rektal – via After.

Rektum – Enddarm; der letzte Teil des Dickdarms, in den Anus übergehend.

Remission – Abnahme der Krankheitserscheinungen, meistens zeitlich begrenzt. Man spricht von kompletter (100%) oder partieller (50–99%) Remission.

Resistenz – Widerstand; Zellen können für Medikamente oder Zytostatika unempfindlich werden, indem sie eine Resistenz entwickeln.

Rezidiv – das Wiederausbrechen einer Krankheit, welche nach der Behandlung scheinbar verschwunden war; auch Relapse oder Rechute genannt.

Scan – eine Reihe Aufnahmen, welche zusammen ein Querschnittsbild eines Körperteils ergeben; kann mittels verschiedener Techniken, z.B. MRI (siehe dort) und Schallwellen (Echographie) geschehen.

Scapula – Schulterblatt.

Sezernieren – abscheiden. Beim MM wird von sezernierend gesprochen, wenn die bösartige Plasmazelle ein Abwehreiweiss produziert. Nicht-sezernierendes MM heisst, dass die Plasmazelle das Abwehreiweiss nicht mehr produziert.

Sklerose – Verhärtung von weichem Gewebe.

Spondylose – Degeneration von Zwischenwirbelscheiben und Wirbelkörpern.

Stammzellen – primitive Zellen, u.a. im Knochenmark, aus denen Zellen wie Leukozyten, Plasmazellen usw. entstehen.

Sternum – Brustbein.

Subkutan – unter der Haut.

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Terminal – die letzte Lebensphase betreffend.

TENS-Gerät – kleines Gerät, unter der Kleidung getragen; zur Schmerzlinderung mittels transkutaner (durch die Haut hindurch) elektrischer Nervenreizung.

Thorakal – zum Brustkasten gehörend.

Toxisch – giftig.

Total Eiweiss – alle Eiweisse des Blutplasmas zusammen; verwendet als Mass der eventuellen Anwesenheit von Tumor- oder Plasmazellen.

Trial – Studie, klinische Forschung nach einer neuen Behandlungsmethode, bei der das Los bestimmt, welche Therapie man bekommt. Siehe auch: Randomisierung.

Trombozyt – Blutplättchen, spielt eine Rolle bei der Blutgerinnung.

Tumor – Geschwulst.

VAD-Kur – Behandlung mit den Zytostatiken Vincristin (Oncovin) und Adriamyzin und mit Dexamethason (ein Corticosteroid, wie Prednison).

Vene – Blutgefäss; führt das Blut vom Gewebe zu Herz und Lunge zurück.

Vertebral – die Wirbelsäule betreffend.

Virus – sehr kleiner Mikroorganismus, welcher u.a. Infektionen, z.B. Grippe, verursachen kann.

Viskosität – Mass für die Dickflüssigkeit.

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Erklärung der verwendeten Ausdrücke

Wachstumsfaktor – Stoff, welcher die Produktion und Aktivität bestimmter Blutzellen stimuliert. Siehe auch: G-CSF.

Waldenström-Krankheit – Wucherung von Lymphozyten, führt u.a. zu einem IgM-Paraprotein im Blut.

Zervikal – zum Nacken und den Halswirbeln gehörend.

Zytokine – Eiweisse, aus aktivierten Zellen freigesetzt, die das Verhalten anderer Zellen beeinflussen.

Zytostatikum (Mz. Zytostatika) – Medikament, welches die Zellteilung, und so die Vergrösserung eines Tumors oder einer Metastase, bremst; kann einen Tumor verkleinern oder vernichten.

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Autorenliste

Autorenliste An diesem «Patientenbuch Multiples Myelom» haben mitgearbeitet:

Fr. Chr. Aalders Sozial-Pflegerin, Niederländisches Krebsinstitut / Antoni van Leeuwenhoek Krankenhaus in Amsterdam

Dr. P.A.M. van den Akker Senior-Research beim IVA – Institut für sozial-wissenschaftliche Forschung und Beratung in Tilburg

Fr. B. Birrer Spitex-Verein in CH-Jonschwil/Schwarzenbach

Fr. Dr. B. Bolliger Onkologin, ZeTuP – Zentrum für Tumordiagnostik und Prävention in CH-St. Gallen

Dr. J.W.W. Coebergh Epidemiologe, verbunden mit dem Institut Epidemiologie & Biostatistik der Erasmus Universität in Rotterdam

Dr. L.N.J.E.M. Coene Orthopäde, Krankenhaus Leyenburg in Den Haag

H. Jansen Vorsitzender CKP (Hinterbliebener), Endredaktor der Zeitschrift Merg & Been

Drs. M.P.H. Van der Meer Psychiater, Krankenhaus Leyenburg in Den Haag

H. A. Mittendorf Patient (Übersetzer) in Schwarzenbach/SG, Schweiz

Prof. Dr. E.M. Noordijk file:///C|/TEMP/www.myelom.de/therapie/handbuch/ph_aliste.htm (1 of 3) [12.06.2001 14:08:09]

Autorenliste

Onkologe/Radiotherapeut, Akademisches Krankenhaus in Leiden

R. Ostwald Patient in Innsbruck, Österreich

Fr. Drs. M.C. Poelsma Arzt-Sexologin, Krankenhaus Leyenburg in Den Haag

Drs. M. Roessingh Alt-Vorsitzender und -Regioleiter CKP

Dr. K.J. Roozendaal Internist-Hämatologe, Onze Lieve Vrouwe Gasthuis in Amsterdam

Dr. Ph. Rümke Alt-Vorsitzender CKP

Drs. C.J.J.Savelkouls Geistlicher, Pflegeheim Bovenwegen in Zeist

J. Schipper Röntgenologe, Krankenhaus Leyenburg in Den Haag

Fr. Drs. E.M.A.Smets Psychologin, Akademisch-Medizinisches Zentrum in Amsterdam

Fr. A. van Stijgeren Ernährungsberaterin, Niederländisches Krebsinstitut / Antoni van Leeuwenhoek Krankenhaus in Amsterdam

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Autorenliste

Drs. K.J. Tusenius Internist, Internistenpraxis Berg en Bosch in Bilthoven

G. In 't Veld Physiotherapeut, Niederländisches Krebsinstitut / Antoni van Leeuwenhoek Krankenhaus in Amsterdam

Dr. P.W. Wijermans Internist-Hämatologe, Krankenhaus Leyenburg in Den Haag, Medizinischer Berater CKP

W.T. van Wijk Sekretär CKP

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Danksagung

Danksagung H. A. Mittendorf

Die Herausgabe der deutschsprachigen Version dieses Patientenhandbuches wurde freundlicherweise unterstützt durch grosszügige Spenden der Odd Fellows der Schweiz und speziell ihrer Gottfried Keller-Stiftung in Zürich, wofür wir ihnen sehr dankbar sind.

Die Odd Fellows bilden eine weltweite Gemeinschaft von Frauen und Männern, welche die Verwirklichung hoher menschlicher Werte – Freundschaft, Liebe, Wahrheit – anstrebt, um das Edle im Menschen zu fördern. Sie wollen dadurch einen Beitrag an ein friedliches Zusammenleben aller Völker und Menschen leisten. Mit diesem hohen Ziel beginnen sie bei sich selbst.

Diese Arbeit an sich selbst beruht auf Toleranz im Denken und Handeln sowie auf der Pflege der Freundschaft. Der weltliche Orden der Odd Fellows, eine politisch neutrale Vereinigung, gründet nicht auf einer Religion, sondern auf allgemein gültigem humanitärem Gedankengut. Die Odd Fellows verstehen sich nicht als karitative Organisation. Aber jede Vereinigung, die den Menschen achtet, kann an Bedürftigen und Hilfesuchenden nicht vorbeisehen. Eine offene Hand ist Ausdruck dieser Geisteshaltung. Eines der Resultate ist dieses Patientenbuch.

Der Übersetzer kann über Kontakte in Ihrer Region Auskunft geben.

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