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Zitiervorschau

Jasenka Koreeie

Pflegestandards Altenpflege

Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH

Jasenka Koreeie

Pf egestandards Alten pflege 2., überarbeitete und erweiterte Auflage

t

Springer

Jasenka KoreCic Gückelsberg 4 D-69226 Nußloch

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Korei:ic, Jasenka: Pflegestandards Altenpflege I J. KoreCic. - 2., überarb. und erw. Aufl. ISBN 978-3-540-65370-7 ISBN 978-3-662-09256-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-09256-9

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der VervieWiltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1996 und 1999 Ursprünglich erschienen bei Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 1999 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß solche Namen im Sinne der Warenzeichnungs- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben für Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Herstellung: PRO EDIT GmbH, D-69126 Heidelberg Satz: Mitterweger Werksatz, D-68723 Flankstadt Umschlaggestaltung: de'blik Berlin Computer to film: Stürtz AG Universitätsdruckerei, Würzburg SPIN: 10704680 23/3134-5 4 3 2 1 0 - Gedruckt auf säurefreiem Papier

Vorwort zur 2. Auflage

Das Jahr 1999 ist von den Vereinten Nationen zum "Internationalen Jahr des älteren Menschen" erklärt worden. Die demographischen Prognosen zeigen auf, daß die Bevölkerung immer älter und die Lebenserwartung immer höher wird. Mit der höheren Lebenserwartung steigt auch die Zahl der Menschen, die verschiedene dementieHe Erkrankungen erleiden werden. Dies zieht eine umfassende und sehr zeitaufwendige Betreuung der Betroffenen nach sich. Diese Entwicklung erfordert ernsthafte Überlegungen und die Erarbeitung von sinnvollen Konzepten. Die soziale Pflegeversicherung müßte dies in ihrem Leistungskatalog berücksichtigen. Pflegestandards sind eine Möglichkeit Qualität zu sichern und die Leistung der Pflegenden zu dokumentieren. Die vorliegenden Pflegestandards spiegeln Erfahrungswerte aus der Praxis für die Praxis wider. Sie dienen als Leitfaden für die täglich erbrachten Pflegeleistungen und entsprechen den Vorgaben des SGB (Sozialgesetzbuch) XL In der 2. überarbeiteten und erweiterten Auflage sind zusätzlich prophylaktische Maßnahmen aufgenommen. Das Kapitel "Betreuung und Pflege verwirrter und dementer Klienten" gibt Anregungen für die Betreuung und den Umgang mit schwerstpflegebedürftigen Menschen. Dem Springer-Verlag danke ich für die Realisierung der 2. Auflage und die neue Ausstattung des Buches. Nußloch, im Frühjahr 1999

Jasenka Koreeie

Vorwort zur 1. Auflage

Menschen im hohen Alter büßen oft durch Multimorbidität ihre Mobilität ein. Nach einem Leben in relativer Gesundheit und Rüstigkeit werden sie nun betreuungs- und pflegebedürftig, wenn sie sich nicht mehr selbständig versorgen können. Die Entscheidung, das Gewohnte und Vertraute zu verlassen, fällt ihnen schwer. In der neuen Umgebung finden sie sich nicht zurecht, die meist fremden Pflegepersonen verlangen Dinge von ihnen, deren Sinn sie oft nicht verstehen können, ihr Wunsch, etwas zu tun oder zu leisten, wird häufig mit der Begründung abgetan, sie sollten sich ausruhen, statt daß man ihnen zuhört. Diese alten Menschen haben jedoch im Laufe ihres Lebens viele Erfahrungen gesammelt, von denen wir durchaus profitieren könnten. Resignation und Apathie sind häufig die Folge unserer mangelnden Zuwendung. Daher ist es wichtig, den uns anvertrauten Menschen ihre neue Umwelt so zu gestalten, daß sie sich darin wohl und sicher fühlen. Die Zahl der Betroffenen in der Bevölkerung wird in den nächsten Jahren immer weiter ansteigen, wie demographische Prognosen uns deutlich zeigen (s. Abb. S. VI). Die Politiker versuchen bereits seit einiger Zeit, dieser Veränderung der Altersstruktur und all den damit zusammenhängenden Problemen gerecht zu werden; die soziale Pflegeversicherung ist dabei ein entscheidender Schritt. Die Altenpflege gewinnt mit der Verschiebung in Politik und Gesellschaft immer mehr an Bedeutung. Der Ruf nach der dringend erforderlichen bundeseinheitlichen Ausbildungsregelung wird lauter, engagierte Bemühungen um Professionalisierung und Qualitätssicherung prägen das Berufsbild. Die Hinwendung zum Prinzip der ganzheitlichen Pflege und die Erarbeitung und Anwendung von Pflegestandards sind grundlegende Elemente dieser Entwicklung. Im ersten Teil dieses Buches sollen verschiedene Stichworte der aktuellen Veränderungen in der Altenpflege unter dem Licht des Qualitätsaspekts erläutert werden. Die Erfahrungen aus der Praxis, auf denen meine Darstellungen beruhen, sind geprägt vom Pflege-

VIII Vorwort zur 1. Auflage

Deutsches Reich Alter:

l1910l 64,9 Mlo Einwohner

Gesamtdeutschland ~"'!:'~:~oR

11988) 12040) (DIW·Sehlilzung) 78,11 Mlo Einwohner 62,3 Mlo

90 und meh' Jal>re 85-90 80- 85 75-80 70-75 65-70 60-65 55-60 50-55 45-50 40-4.5 35-40 30- 35 25-30 20-25 15- 20 10- 15

Aufbau der deutschen Bevölkerung: Altersschichtung in Stufen von je 5 Jahrgängen (Aus Willig 1996, S. 63)

modell der AEDL (Aktivitäten und existentielle Erfahrungen des Lebens) nach M. Krohwinkel. Anregungen und Hinweise finden hier jedoch ebensogut Mitarbeiter von Pflegeeinrichtungen mit anderen Konzepten. Die Standards im zweiten Teil sollen die Pflegearbeit direkt unterstützen. Sie können unmittelbar in die Praxis übernommen werden oder als Muster für die Erarbeitung eigener Standards dienen. Hinweise zum Umgang mit den Pflegestandards sind dem Teil B einleitend vorangestellt. Zum sachlichen Ausdruck seien hier noch zwei Punkte angemerkt: für die uns Pflegepersonen bzw. Pflegefachpersonen anvertrauten Menschen habe ich den Begriff "Klienten" gewählt, der sich zunehmend in der Fachliteratur durchsetzt. Der Einfachheit und der besseren Lesbarkeit halber habe ich auf die jeweilige Hinzufügung der weiblichen Bezeichnung verzichtet, wenngleich ich mit dem Wort "Klienten" sowohl Klientinnen als auch die männlichen Personen, die wir pflegen, umfassen möchte. Das gleiche gilt für einige andere rein maskuline Personenbezeichnungen: Ärztinnen, Therapeutinnen und Mitarbeiterinnen sind in diesen Fällen genauso gemeint wie ihre männlichen Kollegen.

Vorwort zur 1. Auflage

IX

Für ihre aktive und äußerst engagierte Unterstützung der Arbeitsgruppe Pflegestandards für die Altenpflege möchte ich allen Mitarbeitern danken, die von Mai 1994 bis Mai 1995 an der Erarbeitung der Pflegestandards im Bereich der Körperpflege hilfreich mitgewirkt haben: Pflegehelferin Katrin Berger, Sr. Martina Farne, Sr. Marion Glück, Sr. Martina Grimmer, Sr. Ina Grünwald, Sr. Ute Hambruch, Pfl. Thomas Hattemer, Sr. Mathilde Heyde, Sr. Cornelia Klapprodt, Sr. Brigitte Kolmer, Sr. Claudia Pollok, Sr. Sybille Schmid, Sr. Christine Schnell, Sr. Carmen Völker, Sr. Ursula Wanzek, Sr. Karin WiegeL Für die fachlichen Anregungen bedanke ich mich besonders bei Frau Heidi Boldt, Lehrerin für Pflegeberufe und Heimleiterin. Dem Springer-Verlag danke ich für die Realisierung des Projekts und die sehr gute Ausstattung des Buchs. Nußloch, im Frühjahr 1996

Jasenka Koreeie

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen der Pflegequalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1

Sinn und Zweck von Pflegestandards . . . . . . . . . . . .

3

2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8

Organisation und Ablauf des Pflegeprozesses . . . . Organisationshandbuch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionspflege und Ganzheitspflege . . . . . . . . . . . . . . . Der ganzheitliche Pflegeprozeß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Pflegemodell der AEDL (nach M. Krohwinkel) . . . Pflegeanamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Biographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflegediagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflegeplanung...................................

3

Pflegedokumentation und Überwachung des Pflegeprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

7 8 9 11 13 13

14 15 23 25 26 26 28

3.1 3.2 3.3 3.4

Pflegeverlaufsbericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dienstübergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflegevisite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teambesprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6

Pflegequalität und Qualitätssicherung . . . . . . . . . . . 29 Pflegequalitätskategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Externe und interne Qualitätssicherung . . . . . . . . . . . . 35 Neuerungen in der Aus- und Weiterbildung . . . . . . . . . 38 Innerbetriebliche Fortbildung (IBF) . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Professionalisierung in der Altenpflege . . . . . . . . . . . . . 40 Pflegeforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

S

Belastungen in der Altenpflege und Bewältigungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

XII Inhaltsverzeichnis Pflegestandards im Bereich der Körperpflege . . . . . . . . . . .

45

...................

49

Pflegemittel für die Körperpflege (PfK) . . . . . . . . . . . Teilwaschung (TW) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mund- und Zahnpflege (MZ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Augenpflege (AP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ohrenpflege (OP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nasenpflege (NP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rasur (RA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Intimpflege (IP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ganzwaschung (GW) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Duschen (DU) ................................. Baden (B) ..................................... Hautpflege (HP) ............................... Haarwäsche im Bett (HA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fingernagelpflege (FN) ......................... Fuß- und Nagelpflege (FuN) ..................... Darmentleerung (DE) .......................... Blasenentleerung (BE) .......................... Ernährung (ER) ............................... Mobilität (MO) ................................ Dehydratationsprophylaxe (DEHY) ............... Dekubitusprophylaxe (DEKU) ................... Infektionsprophylaxe (INFE) ..................... Kontrakturenprophylaxe (KONT) ................. Obstipationsprophylaxe (OBST) .................. Parotitis- und Soorprophylaxe (PARO) ............ Pneumonieprophylaxe (PNEU) ................... Thromboseprophylaxe (THRO) .................. Sturzprophylaxe (STUR) ........................ Zystitisprophylaxe (ZYST) .......................

50 51 56 64 74 81 86 92 98 105 110 116 124 130 136 145 155 165 174 183 189 199 213 219 227 234 242 248 254

PS 1 PS 2 PS 3 PS 4 PS 5 PS 6 PS 7 PS 8 PS 9 PS 10 PS 11 PS 12 PS 13 PS 14 PS 15 PS 16 PS 17 PS 18 PS 19 PS 20 PS 21 PS 22 PS 23 PS 24 PS 25 PS 26 PS 27 PS 28 PS 29

........................... 259 PS 30 PS 31 PS 32 PS 33

Kolostomie- und Ileostomieversorgung (KI) ....... Drostomaversorgung (UV) ...................... Suprapubischer Blasenverweilkatheter (SB) ........ Transurethraler Blasenverweilkatheter (TB) . . . . . . . .

260 268 274 280

XIII

Inhaltsverzeichnis

PS 34 PS 35 PS 36 PS 37 PS 38 PS 39

PEG-Versorgung (PV) .......................... Sauerstoff-Applikation (SA) ..................... Absaugen (A) .................................. Pflege bei Wachkoma (WK) ..................... Pflege Aids-Erkrankter (AE) ..................... Notfall-Interventionen (NI) ......................

290 298 309 315 322 331

Betreuung und Pflege verwirrter und dementer Klienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 345 2.1

............................... 346 Morbus Alzheimer ............................... 347

3.1 3.2 3.3

348 Umgang mit Schlafstörungen ..................... . 348 Problembereich Körperpflege .................... . 349 Probleme mit der Ernährung ..................... . 349

4.1 4.2 4.3 4.4

Allgemeine Ziele der Pflege ...................... Zielsetzung .................................... Konzeptionelle Voraussetzungen .................. Tagesablauf ....................................

. . . .

350 350 351 351 353 355 361

Erläuterungen der Symbole in den Pflegestandards

~

Vorbereitung

beschreibt die Vorbereitung von Klienten, Material, Raum und Pflegeperson

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Durchführung stellt die Pflegebehandlung dar

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Entsorgung

beschreibt die Nachbereitung von Klienten, Material, Raum und Pflegeperson

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Qualitätssicherung nennt die Voraussetzungen für eine sichere Pflege und die notwendigen Maßnahmen für die Qualitätssicherung

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Zu beachten gibt den Pflegenden wichtige Informationen für eine optimale Betreuung ihrer Klienten

Grundlagen der Pflegequalität

Sinn und Zweck von Pflegestandards

1

Die Leser und Leserinnen der Fachlektüre treffen immer wieder auf Begriffe wie Pflegeprozeß, Pflegeplanung, Pflegeforschung, Pflegekonzept, Pflegedokumentation, Pflegestandards, Pflegeleistungen und Pflegequalität. Tatsächlich sindalldiese Begriffe eng miteinander vernetzt und bilden gemeinsam ein System für methodische Vorgehensweisen in der Pflege, die in den folgenden Kapiteln erläutert werden sollen. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Pflegestandards. Die Pflegestandards sind auf jeweils einzelne pflegerische Interventionen begrenzte Tätigkeitsbeschreibungen, also die schriftliche Fixierung der konkret zu erbringenden pflegerischen Leistungen. Sie fungieren als Kurzinformationen und Hilfsrichtlinien.

Die Pflegestandards in diesem Buch umfassen folgende Bereiche: • direkte Pflege (Körper/Hygiene, Ernährung, Mobilität; PS. 1 bis 19), • Interventionen zur Prophylaxe (PS 20 bis 29), • Unterstützung ärztlicher Diagnostik und Therapie (indirekte Pflege; PS 30 bis 39). (Hinweise zum Umgang mit diesen Pflegestandards sind dem Teil B einleitend vorangestellt.) Vielerorts ist inzwischen der Versuch unternommen worden, Pflegestandards zu kategorisieren. So wird allgemein z.B. in Struktur-, Prozeß- und Ergebnisstandards unterschieden oder mitunter in Pflegestandards auf Makro-, medialer oder Mikroebene (Bienstein 1995). Nach diesen Einteilungen handelt es sich bei den Standards in diesem Buch um Prozeß- bzw. Mikrostandards, da Berei-

4 1 Sinn und Zweck von Pflegestandards

ehe wie allgemeine Arbeitsorganisation und andere übergreifende Aspekte nicht mit erfaßt werden. Je nach den Gegebenheiten und dem individuellen Bedarf können in den einzelnen Pflegeeinrichtungen jedoch leicht weitere Standards nach dem vorgegebenen Muster entwickelt werden, sowohl die direkte und indirekte Pflege betreffend als auch auf strukturelle und andere Regelungen abzielend. Pflegestandards dienen als Nachschlagewerk und zur allgemeinen Orientierung besonders den Pflegepersonen, die nach einem ganzheitlichen Prinzip arbeiten; die (noch) nicht über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen in der praktischen Arbeit verfügen, also Pflegepersonen ohne abgeschlossene Ausbildung und Laien; die sich als neue Mitarbeiter einer Pflegeeinrichtung noch in der Einarbeitungsphase befinden und als Nachschlagewerk für das examinierte PflegepersonaL Pflegestandards sind keinesfalls mit standardisierter Pflege zu verwechseln. Sie dienen lediglich als Bausteine, aus denen individuelle Pflegepläne zusammengestellt werden. Die in den einzelnen Einrichtungen der stationären und häuslichen Altenpflege erarbeiteten Pflegestandards sind, einmal eingeführt, verbindlich und fungieren als Anweisungen. Mit der Anwendung von Pflegestandards bei der Pflegeplanung, -durchführung und -dokumentation soll ein einheitliches Pflegekonzept für jeden einzelnen Klienten ermöglicht werden. Beispielsweise wird so auch beim Wechsel des Personals, besonders im stationären Bereich, die gleichbleibende Pflege gewährleistet. Die Dokumentation aller angewandten Standards macht die pflegerischen Leistungen transparent, d.h. nachweisbar, wiederholbar und beurteilbar. Die Kurzcodes zur Bezeichnung der einzelnen Pflegestandards erweisen sich dabei als praktisch und zeitsparend. Die Entwicklung und Umsetzung von Pflegestandards sowie die Überwachung und die Gesamtverantwortung auch bei der Pflegeplanung und -dokumentation obliegt der Pflegedienstleitung. Damit verbunden ist etwa alle 6 Monate, mindestens einmal im Jahr, die regelmäßige Qualitätskontrolle, d.h. die Analyse der pflegerischen Maßnahmen und ihrer Wirkungen zwecks Mängelbeseitigung. Korrekturen der Pflegestandards sollten nach Rücksprache mit den Pflegefachpersonen und unter Einbeziehung der eigenen Erfahrungen sowie der Ergebnisse aus der Pflegeforschung durchgeführt werden. Mit dem Ziel, eine bestimmte Pflegequalität zu ga-

1 Sinn und Zweck von Pflegestandards

5

rantieren und dabei das Niveau ständig zu verbessern, sind die Pflegestandards ein zentrales Instrument der Qualitätssicherung. Für den Fall eines juristischen Verfahrens müssen sie als vertragsgrundlagliches Arbeitsdokument (im Original) bei der Pflegedienstleitung aufbewahrt werden. Im Rechtsstreit muß nicht der Klient den Vorwurf eines Pflegefehlers beweisen, sondern die Pflegeeinrichtung hat dann nachzuweisen, ob alle erforderlichen Pflegeleistungen erbracht wurden (§ 282 BGB).

Organisation und Ablauf des Pflegeprozesses

2.1

2

Organisationshandbuch

Um bei der Organisation des Pilegebetriebs den ständig wachsenden Anforderungen an die Komplexität der Pflegeleistungen und an die Pflegequalität zu genügen, empfiehlt sich die Einführung und der Gebrauch von Makrostandards oder eines Organisationshandbuchs, in dem alle Arbeitsabläufe standardmäßig erfaßt werden. Dieses Organisationshandbuch sollte wie die Pflegestandards jederzeit zur schnellen Information einsehbar sein.

Das Organisationshandbuch sollte alle organisatorisch und konzeptionell relevanten Richtlinien und hausinternen Regelungen erläutern: • Auf der Ebene der Strukturqualität: - Trägerziele, - Pflegekonzept (Pflegeleitbild, Pflegeziele, Pflegeintervention nach AEDL), - Stellenbeschreibung nach AEDL und Qualifikation/ Zuständigkeit, - Organigramm der Institution, - Pflegehilfsmittel und medizinische Geräte, - Klientenbeschreibung (Krankheitsbilder), - Richtlinien (Dienstvorschriften), Unfallverhütungsvorschriften (UW) für Berufe im Gesundheitswesen, - Schweigepflicht. • Auf der Ebene der Prozeßqualität: - Ablauforganisation im Pflegedienst (Dienstplan, Dienstübergabe, Pflegedokumentation, Pflegevisite), - Information, Angebote und Integration des Klienten,

8 2 Organisation und Ablauf des Pflegeprozesses - Kooperation mit anderen Berufsgruppen, - Öffentlichkeitsarbeit und Transparenz nach außen. • Auf der Ebene der Ergebnisqualität: - Evaluation anhand der Pflegeplanung und der Pflegeprozeßdokumentation (Soll-Ist-Vergleich), - Fragebogenkatalog für Klienten und deren Angehörige (Zufriedenheitsgrad und mögliche Verbesserungsvorschläge).

Wie bei den Pflegestandards empfiehlt sich auch beim Organisationshandbuch eine ständige Aktualisierung und Komplettierung.

2.2

Funktionspflege und Ganzheitspflege

Mit der Ganzheitspflege auf der einen Seite und der Funktionspflege auf der anderen stehen sich bei uns zwei grundlegend unterschiedliche Pflegeorganisationssysteme gegenüber: • Bei der Funktionspflege werden die Tätigkeiten auf mehrere Pflegepersonen verteilt. Diese Organisationsform ergibt sich hauptsächlich aus Wirtschaftlichkeitsgründen, durch Arbeitszeitfestlegungen und durch Spezialisierungen. Dadurch hat zwar der Klient mehr zwischenmenschliche Kontakte, eine feste Pflegebezugsperson fehlt jedoch. Als nachteilig empfinden die Pflegepersonen u. a. das monotone und nicht eigenverantwortliche Arbeiten. Ein großes Problem stellt der erhöhte Bedarf an Informationsaustausch zwischen allen Prozeßbeteiligten dar. • In der Ganzheitspflege führt im Idealfall die Pflegebezugsperson alle Maßnahmen selbst durch. Einerseits ist dieses System unwirtschaftlich, und die Pflegefachperson kann sowohl physisch wie psychisch leicht überfordert sein. Andererseits entsprechen die Grundprinzipien der Ganzheitspflege viel eher den Bedürfnissen der betreuten Person als bei der Funktionspflege. Neben der Zimmer- oder Bereichspflege, bei der jede Pflegefachperson eine bestimmte Anzahl von Klienten betreut, wird zur ganzheitlichen Versorgung inzwischen auch Gruppenpflege praktiziert, bei der einem kleinen Pflegeteam Klienten zugeteilt werden. So sind die organisatorischen Probleme wie Arbeitszeitverkürzung, Personalknappheit, unterschiedliche Ausbildungen oder Teilzeitpflege auch bei Wahrung ganzheitlicher Prinzipien lösbar.

2.3 Der ganzheitliche Pflegeprozeß

2.3

9

Der ganzheitliche PflegeprozeR

Bei der ganzheitlichen Pflege werden neben dem Körper auch der Geist und die Seele sowie die Umwelt des Klienten mit einbezogen, so daß physische, psychische und soziale Bedürfnisse berücksichtigt werden.

Der Pflegeprozeß ist der logische, systematische Weg zur professionellen Pflege und Betreuung. Das Prinzip der Ganzheitlichkeit setzt dabei die klientenorientierte individuelle Ausrichtung der Planung, Durchführung und Bewertung voraus. Der ganzheitliche Pflegeprozeß läßt sich als ein Regelkreis darstellen (Abb.l). Der Klient wird in allen Phasen dieses Prozesses mit einbezogen, was sich dauerhaft positiv auf die Beziehung zwischen Pflegepersonen und Klient auswirkt. Umgekehrt führen auch bei den Pflegepersonen der ganzheitliche Denkansatz und die an-

--

1. Sammlung von pflegerelevanten Daten mittels lnformationsquellen : Ist-Zustand

6.

Pflegedokumentation und Evaluation der erbrachten Dienstleistungen

2.

Selbständigkeit und Abhängigkeit erkennen und benennen

,..

~~

5.

3.

Durchführu ng der geplanten Pflege

-

'~

Formulierung der realistischen Ziele (Prioritäten setzen): Soll-Zustand

4. Formulierung der Situations- und fachgerechten Pflegemaßnahmen nach Art und Umfang

Abb. 1. Der Pflegeprozeß als kybernetischer Regelkreis

' I-

10

2 Organisation und Ablauf des Pflegeprozesses

spruchsvolleren Arbeitsbedingungen zu einem neuen Selbstverständnis mit verstärkter Motivation und größerer Zufriedenheit. Voraussetzung für einen ganzheitlichen Pflegeprozeß ist eine umfassende Informationssammlung, die sich aus einem medizinischen und einem pflegerischen Teil zusammensetzt und in die Daten aus indirekten Quellen, z. B. Arztbriefen, und aus direkten, eigenen Quellen (Pflegeanamnese) eingehen. Falls der Klient die Daten, z. B. aus gesundheitlichen Gründen, nicht selbst geben kann, so müssen Angehörige oder Begleitung, Hausarzt oder andere bisherige Betreuungspersonen befragt werden. Die Informationssammlung dient der Ermittlung des Ist-Zustandes, auf dessen Basis dann der Pflegebedarf als erster Schritt der Pflegeplanung ermittelt wird. Nicht nur die Pflegefachpersonen benötigen Informationen vom Klienten, sondern auch umgekehrt hat die betroffene Person Anspruch auf ausreichende Informationen über die Pflegeeinrichtung, um sich in der neuen Umgebung schnell einleben bzw. im Umgang mit den Pflegepersonen rasch ein Vertrauensverhältnis aufbauen zu können. Gerade ältere Menschen können sich den plötzlich geänderten Lebensumständen erfahrungsgemäß meist nur langsam anpassen. Die Adaption hängt in besonderem Maße von der Qualität der zwischenmenschlichen Beziehungen ab. Von seiten des Pflegepersonals bedarf es daher neben fundierten Fachkenntnissen ausgeprägter persönlicher Fähigkeiten: gute Beobachtungsgabe, Einfühlungsvermögen und Erfahrung in der Gesprächsführung. Um den quantitativen und qualitativen Ansprüchen an die Pflege auch in Zukunft zu genügen, werden sich die Pflegefachpersonen schon bald weitgehend spezialisieren müssen, so wie sich bereits jetzt einzelne Pflegeeinrichtungen auf spezielle Klientengruppen zu konzentrieren beginnen (z. B. gerautopsychiatrische Krankheitsbilder, Apalliker).

2.4 Das Pflegemodell der AEDL (nach M. Krohwinkel)

2.4

11

Das Pflegemodell der AEDL (nach M. Krohwinkel)

Grundlage dieses ganzheitlichen und umfassenden Pflegemodells von M. Krohwinkel (Professorin für Pflege- und Erziehungswissenschaften) ist die Hinterfragung der Grundbedürfnisse und der individuellen Lebensgewohnheiten anhand der AEDL, Aktivitäten und Existentiellen Erfahrungen Des Lebens. Das AEDL-Strukturmodell orientiert sich am Modell der ATL (Aktivitäten des täglichen Lebens) nach Roper, Logan und Tierney, berücksichtigt im Gegensatz dazu jedoch die positiven Erfahrungen des Lebens (Ressourcen) und daraus resultierende Copingmöglichkeiten vor dem Hintergrund des Zusammenhangs von Gesundheit, Krankheit und Umwelt (Aggleton u. Chalmers 1989). Die Angaben zu den AEDL werden in den folgenden 13 Lebensbereichen ermittelt: • • • • • • • • • • • • •

kommunizieren, sich bewegen, sich pflegen, vitale Funktionen aufrecht erhalten, essen und trinken, ausscheiden, sich kleiden, ruhen und schlafen, sich beschäftigen, sich als Mann/Frau fühlen und verhalten, für eine sichere und fördernde Umgebung sorgen, soziale Bereiche des Lebens sichern, mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen.

Der Schwerpunkt dieses Modells liegt dabei auf den beiden letzten Punkten. Bei der Befragung zu Punkt 13 ("mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen") wird beispielsweise unterschieden zwischen:

die Existenz gefährdenden Erfahrungen - Verlust von Unabhängigkeit, - Sorge/Angst, - Mißtrauen, - Trennung, - Isolation, - Ungewißheit, - Hoffnungslosigkeit, - Schmerzen, - Sterben; die Existenz fördernden Erfahrungen - Wiedergewinnung von Unabhängigkeit, - Zuversicht, Freude, - Vertrauen, - Integration, - Sicherheit, - Hoffnung, - Wohlbefinden; Erfahrungen, welche die Existenz fördern oder gefährden - kulturgebundene Erfahrungen wie Weltanschauungen, Glauben und Religionsausübung, - lebensgeschichtliche Erfahrungen. Mit Hilfe der AEDL werden sowohl die gesunden als auch die krankheitsbedingten, Abhängigkeit verursachenden Anteile ermittelt, die im gesamten Pflegeprozeß zu berücksichtigen sind. Die Ressourcen bzw. die Fähigkeiten, die teilweise oder ganz zur Wiedererlangung von Unabhängigkeit führen können, werden dabei besonders bewertet, da sie das Selbstwertgefühl und die Achtung des pflegebedürftigen Menschen aufrecht erhalten. Mit dieser Schwerpunktbildung ist das Modell von Krohwinkel gut in der Altenpflege anwendbar: Gerade die Einbeziehung der sozialen Bereiche und der existentiellen Erfahrungen kann oftmals kritische Situationen älterer Menschen (z. B. im Krankheitsfall) mildern, wenn die Pflegebezugsperson mögliche Reaktionen und Entwicklungen frühzeitig einzuschätzen weiß und entsprechende Copingstrategien anbieten kann. Fortschritte und positive Erfahrungen werden wiederum als Ressourcen genutzt, aus denen Mut und Zuversicht geschöpft werden.

2.6 Biographie

2.5

13

Pflegeanamnese

Die Pflegeanamnese ist die Ermittlung des Ist-Zustandes anhand der Pflegevorgeschichte.

Hierbei liegen der Pflegeeinrichtung bereits der ausgefüllte Aufnahmebogen, die ärztlichen Unterlagen und ggf. Pflegeverlegungsbericht vor, denen die pflegerelevanten Daten entnommen werden, die sofortige pflegerische Interventionen erforderlich machen. Neben den bisherigen Erfahrungen mit professioneller Pflege (zu Hause, im Krankenhaus oder in anderen Pflegeeinrichtungen) werden bei der Pflegeanamnese nach dem Krohwinkel-Modell die Probleme, Bedürfnisse und Erwartungen des Klienten nach den einzelnen 13 AEDL-Bereichen getrennt erfragt, so daß sich ein sehr detailliertes und komplexes Bild von der Situation des Klienten ergibt. Auf dem Kopf des Bogens werden neben Name, Ort und Datum die Pflegeperson( en) sowie Angaben zur Unterbringung notiert. Die Pflegeanamnese wird von der diensthabenden Pflegefachperson im Laufe der ersten Pflegewoche in lockerer Gesprächsatmosphäre, beispielsweise während des Waschens oder Essens, erhoben. Die Angaben werden nach dem Gespräch sachlich und objektiv im Dienstzimmer notiert.

2.6

Biographie

Die Informationssammlung, die wir benötigen, um einen Klienten in seiner Ganzheit zu erfassen, ihn kennen- und verstehen zu lernen und um seine Bedürfnisse und Gewohnheiten berücksichtigen zu können, wird durch die biographischen Angaben komplettiert. Der Biographiebogen wird mit dem Anmeldeformular oder, je nach Situation und Gesprächsbereitschaft des Klienten, im Laufe der ersten Pflegewoche ausgefüllt. Während bei der Pflegeanamnese nur pflegerisch-therapeutische Fragen gestellt werden, geht es bei der Biographie um die persönlichen Angaben. Statt die Klienten um das Ausfüllen eines langen Fragebogens zu bitten, sollte besser ein vertrauensvolles Gespräch geführt werden, in dessen Verlauflediglich als Gedächtnisstütze Notizen im Biographiebogen gemacht werden. Bei diesem Gespräch, in dem sich Klient und Pflegebezugsperson miteinander bekannt machen, muß

14

2 Organisation und Ablauf des Pflegeprozesses

einfühlsam auch auf Grenzen geachtet werden, um dem Klienten nicht das Gefühl zu geben, schonungslos ausgefragt zu werden. Außer den persönlichen Daten soll die Biographie einen kurzen Überblick über die Lebensgeschichte ermöglichen, der u. a. Beschreibungen von Geburtsort oder -region, Erinnerungen aus der Kindheit und Schulzeit, Schilderungen des beruflichen Werdegangs sowie Fragen nach den familiären und anderen zwischenmenschlichen Beziehungen umfaßt.

Jeder Mensch hat seine individuelle Lebensgeschichte, die durch soziokulturelle, biologische, politisch-ökonomische sowie Umwelteinflüsse bestimmt wird. Alle diese Faktoren haben Auswirkungen auf die Betreuung und Pflege. Im Anschluß an Fragen zu früheren Interessen und Lebensgewohnheiten wird der Klient gebeten, seine Erwartungen und Wünsche an die Pflegeeinrichtung bzw. die Pflegende zu nennen. Diese Angaben tragen gleichermaßen zu einer vertrauensvollen wie professionellen Beziehung zwischen Klient und Pflegepersonen bei.

2.7

Pflegediagnose

Die Systematisierung der Pflegediagnose und deren Einführung ist derzeit noch umstritten, die eigenständige Indikationsstellung von Pflegemaßnahmen durch Pflegefachpersonen gilt jedoch bereits als ein wichtiger Schritt zur Professionalisierung in den Pflegeberufen. Sie ist u. a. ein Instrument der Qualitätssicherung und Leistungserfassung. Vor allem liefert die Pflegediagnose die Grundlage für die Pflegeplanung. Die ärztliche Diagnose und die Pflegediagnose stehen in engem Bezug zueinander. Unter Pflegediagnose ist die Einschätzung und detaillierte Formulierung der Abhängigkeit, der Pflegebedürftigkeit, zu verstehen. Als pflegebedürftig gelten "Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen" (Pflegebedürftigkeitsrichtlinien, S. 18). Als Krankheiten oder Behinderungen in diesem Sinne gelten z. B. Lähmungen, organische Funktionsstörungen sowie Schädigungen des Zentralner-

2.8 Pflegeplanung

15

vensystems und Psychosen oder Neurosen. Die Pilegebedürftigkeit ist kein unveränderbarer Zustand, sondern ein wechselhafter Prozeß, der durch präventive, therapeutische oder rehabilitative Pflegemaßnahmen beeinflußt werden kann. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) prüft, ob und in welchem Grad Pflegebedürftigkeit vorliegt und welche Maßnahmen zur Prävention oder Rehabilitation sinnvoll sind. Mit dem unabhängigen Gutachten des MDK soll Interessenkonflikten der Pflegeeinrichtung vorgebeugt werden. Der Gutachter des MDK benötigt Unterstützung von den Pflegefachpersonen. Insbesondere muß der konkrete Hilfebedarf auf der Grundlage der Verrichtungen des täglichen Lebens ermittelt werden. Beurteilt wird dabei die Hilfsbedürftigkeit bei der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und im Bereich der hauswirtschaftliehen Versorgung (einkaufen, kochen, saubermachen, heizen etc.). Bewertungskriterien für die Einschätzung der Abhängigkeit liefern die 13 Lebensbereiche, in denen die AEDL abgefragt werden: Je nach Einschränkung der Selbständigkeit werden die einzelnen Befunde in Pflegestufen von 0 (keine Abhängigkeit) bis 3 (völlige Hilflosigkeit) eingeteilt (Tabelle 1).

2.8

Pflegeplanung

Die Pflegeplanung gewinnt im Pflegeprozeß immer mehr an Bedeutung. Allein um den Ansprüchen des Klienten an Individualität und Kontinuität in einem Team von Pflegepersonen zu genügen, bedarf es eines verbindlich festgelegten Konzeptes für jeden Klienten, das sich an dessen individuellen Bedürfnissen und Ressourcen orientiert. Darüber hinaus ist der Pflegeplan ein elementares Instrument der Qualitätssicherung, da die Pflegewirkung an den Zielvorgaben der Planung gemessen werden können. Der Pflegeplan wird vom Pflegeteam möglichst in Zusammenarbeit mit dem Klienten (oder Angehörigen) und allen am Pflegeprozeß beteiligten Berufsgruppen erstellt. Ausgehend davon, daß das oberste Ziel der Altenpflege in der Erhaltung oder Reaktivierung der wichtigsten Lebensaktivitäten (aktivierende Pflege) und der Unabhängigkeit besteht, muß sich die ganzheitliche Pflegeplanung in besonderem Maße an den noch verbliebenen Möglichkeiten des Klienten, Probleme selbst bewältigen zu können, orientieren. Unter dieser Prämisse werden Ist- und SollZustand unter Einbeziehung der pflegerischen Möglichkeiten miteinander verglichen.

sich bewegen

kommunizieren

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~ Eine Kommunikation ist nicht möglich, da das Verstehen und Wahrnehmen von Kontakten nicht ersichtlich sind. Durch die Bettlägerigkeit ist eine Mobilisation nicht möglich, nur passive Bewegungsübungen.

Sehen, Hören, Verstehen und Sprechen sind eingeschränkt, ständige Unterstützung ist angezeigt. Jeglicher Transfer ist nur mit Unterstützung und Begleitung möglieh.

Benötigt Anregung und Unterstützung, sich selbst und seine Umwelt wahrzunehmen. Bewegung mit Hilfsmitteln (Krücken, Gehbock, Rollstuhl) ist alleine möglich, wobei Treppensteigen oder Aufzugbenutzung nur in Begleitung oder mit Roll stuhl möglich ist.

Sehen, Hören, Verstehen und Sprechen sind möglich.

Transfer und jegliche Fortbewegung erfolgen völlig selbständig.

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Tabelle 1. AEDL -Pflegestufen Einschätzung der Selbständigkeit nach AEDL

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Körperpflege und Auswahl der Kleidung übernimmt die Pflegeperson, da eine Kornmunikation und Entscheidung des Betreffenden nicht möglich ist.

Eine Unterstützung mit Medikamenten und ständige Überprüfung der Vitalfunktionen ist notwendig, die Übernahme von Verrichtungen erfolgt ausschließlich durch die Pflegeperson. Völlige Unselbständigkeit des Betroffenen; die Auswahl und die Gabe erfolgt durch die Pflegeperson (oral oder durch Sonde).

Teilwaschung (z. B. das Gesicht. die Hände und den Intimbereich) ist selbständig möglich, sonstige Entscheidungen (Kieiderauswahl und Waschung) werden von der Pflegeperson durchgeführt. Durch die Einschränkung (schnelles Ermüden) ist eine UnterStützung und Hilfe notwendig.

Benötigt Unterstützung bei der Gabe von Nahrung und Getränken; eine Anleitung ist täglich notwendig; eigenständige Entscheidung kann nicht getroffen werden.

Benötigt Unterstützung und Anleitung bei allen Verrichtungen der Körperpflege und während des Anund Auskleidens, um diese selbständig durchführen zu können. Benötigt bei täglichen Verrichtungen (Körperpflege, An- und Auskleiden) mehr Zeit durch die Einschränkung der Atmung.

Vorbereitung und Zerkleinem der Nahrung erfolgt durch die Pflegeperson, die Einnahme ist selbständig.

Selbständige Durchführung der Körperpflege sowie der Auswahl aller Pflegemittel und der Kleidung (Bedürfnis nach gepflegtem Aussehen).

Alle Vitalwerte (Atmung, Puls, RR, Bewußtsein, Temperatur, Ausscheidung) sind ohne Einschränkung und im Normbereich.

Auswahl der Mahlzeiten und Getränke erfolgt verbal und selbständig, die Mahlzeiten werden eigenständig eingenommen.

sich pflegen

vitale Funktionen aufrechterhalten

Essen und Trinken

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~ Hilfe wird nur nachts benötigt (Begleitung und Unterstützung bei Benutzung der Toilette oder des Nachtstuhls); Abschätzung und Realisation sind nicht immer vorhanden; Unterstützung mit lnkontinenzhilfsmitteln ist erforderlich . Entscheidung über die Kleiderauswahl wird von der Pflegeperson getroffen, da Wahrnehmung nicht vorhanden ist.

Benutzung der Toilette und die Entscheidung erfolgen fast ganz selbständig; die evtl. Hilfe kann verständlich verbalisiert werden.

Benötigt Unterstützung und Erklärung, z. B. über die momentanen Wetterverhält nisse.

Ausscheidungen erfolgen selbständig. Es wird keine Hilfe benötigt.

Eine angemessene Auswahl der Kleidung wird selbständig getroffen.

2

1

0

Tabelle 1. (Fortsetzung)

Völlige Unselbständigkeit durch ständige Bettlägerigkeil und Abhängigkeit von der Pflegeperson.

Eine Kontrolle über die Urin- und Stuhlausscheidungen ist nicht vorhanden. lnkontinenzhilfsmittel (Dauerkatheter, suprap. Katheter) sind notwendig, die Benutzung der Toilette ist wegen Bettlägerigkeil nicht möglich.

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Kann die Bedürfnisse verbal äußern und entscheidet selbständig ; der Tag-Nacht-Rhythmus ist nicht gestört.

Kontaktfähig, nimmt rege am gesellschaftlichen Leben teil ; Einteilung und Beschäftigungsbedürfnisse werden verbalisiert und selbständig entschieden.

Akzeptanz der Rolle Mann/Frau ist vorhan den; Bedürfnisse nach Nähe und Distanz werden konkretisiert.

ruhen und schlafen

sich beschäftigen

sich als Mann oder Frau fühlen und verhalten

Ständige Unruhe, Verwirrtheit; kein äußeres Bedürfnis nach Ruhe und Schlaf sowie TagNacht-Umkehr; die Hilfe, Unterstützung und Entscheidung erfolgt nach ärztlicher Anordnung. Völlige Unfähigkeit ; keine Kommunikation möglich; ständige Benlägerigkeit; Wahrnehmung ist nicht vorhanden.

Die Rolle Mann/Frau wird nicht wahrgenommen, auf äußeres Erscheinungsbild kann der Betreffende nicht achten; Gefühle werden nicht geäußert.

Tag -Nacht-Rhythmus ist gestört, häufige Unruhen vorhanden; eine medikamentöse Unterstützung ist u. U. ange-zeigt {schriftliche ärztliehe Anordnung).

Eigeninitiative ist nicht vorhanden ; Überzeugungsarbeit ist notwendig; eine ständige Anleitung und Unterstützung ist angezeigt {Anknüpfung an die Lebenserfahrungen). Nonverbale Äußerun gen werden angezeigt; die Rollenidentität wird durch das äußere Erscheinungsbild gestärkt {Frisur, Kleidung).

Eine medikamentöse Unterstützung ist nicht angezeigt; gelegentliehe Ein- und DurchSchlafstörungen können mit einfachen Mitteln behoben werden {Gespräche, warme Getränke usw.). Benötigt Unterstützung, Anregung und Anleitung, die durch die Pflegeperson erfolgen soll {Ressourcen werden gefördert).

Kann krankheitsbedingte Behinderungen (z. B. Amputation, Lähmung) akzeptieren und dadurch bedingte Schwierigkeiten verbal äußern.

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Der Betroffene kann seine Bedürfnisse (positive und negative Gefühle) äußern.

Unterstützung, zuhören und Gespräche sind angezeigt; hat in manchen Punkten Verarbeitungsschwierigkeiten.

Ständige Unterstützung in allen bekannten Punkten ist erforderlieh (vorhandene Ressourcen werden gefördert).

Orientierungshilfe und Integration durch eine konstante Pflegebezugsperson ist notwendig.

Die Möglichkeit, den sozialen Bereich weiterhin zu pflegen, ist vorhanden, muß jedoch unterstützt werden (angemessene Wohnverhältnisse).

mit existent iellen Erfahrungendes Le· bens umgehen

Zeitweise verwirrt; die Kommunikation ist dementsprechend erschwert; Unterstützung und Begleitung ist erforderlich.

Einschränkung durch die körperliche Behinderung ist vorhanden; kann die Hilfe anfordern und verbalisieren.

Kann sich allein orientieren und trägt die Verantwortung für sein Tun.

Kann vorhandene Beziehungen weiterhin pflegen (Kontakte, Beziehungen zu Angehörigen, Freunden, Mitbewohnern, Bezugsperson).

2

1

0

soziale Bereiche des Lebens sichern

für eine sichere Umgebung sorgen

L

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Tabelle 1. (Fortsetzung)

Wahrnehmung und Äußerung ist nicht möglich.

Kommunikation ist nicht möglich und Wahrnehmung äußerlieh nicht erkennbar.

Völlige Abhängigkeit sowohl körperlich als auch geistig; Bettlägerigkeit; die Umgebung wird nicht wahrgenommen.

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Abb. 2. Pflegeplan nach dem AEDL -Modell

Datum AEDL I Abhängigkeit Pflegerisch I therapeutisches Ziel Nr. Selbständigkeit Jahr

Name I Vorname:

Pflegeplan

Pflegerische Maßnahme nach Art und Umfang

WBIZi.Nr. :

Blatt Nr.:

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22

2 Organisation und Ablauf des Pflegeprozesses

Wenn alle Informationen vorliegen, ergeben sich also drei Größen: Angaben zur Selbständigkeit/Abhängigkeit, pflegerisches/therapeutisches Ziel, pflegerische Maßnahmen nach Art und Umfang. Diese drei Größen werden in unserem Pflegemodell wieder getrennt nach den einzelnen Bereichen der AEDL aufgeführt (Abb. 2). Die Beeinträchtigungen sollen exakt, objektiv und kommentarlos formuliert werden. Die Fähigkeiten zur Selbständigkeit (Ressourcen) werden in Relation zu den auftretenden Abhängigkeiten (Problemen) erfaßt und entsprechend der 13 AEDL-Bereiche numeriert. Die Pflegeziele werden nach Prioritäten (Nah- und Fernziele) realistisch und bedürfnisorientiert formuliert. Die Zielangaben müssen erreichbar und überprüfbar sein. Unter Umständen muß ein Nah- oder Fernziel im Verlauf des Pflegeprozesses neu formuliert werden, wenn es sich als nicht mehr erreichbar erweist, d. h. wenn sich die Voraussetzungen verschlechtert haben. Bei den Pflegezielen sollten Angaben zum Zeitraum gemacht werden, um die wöchentliche oder monatliche Überprüfung und Beurteilung des Pflegeverlaufs zu erleichtern. Die Angaben zu den pflegerischen Maßnahmen nach Art und Umfang beinhalten die genaue Beschreibung (was, wie und womit?) sowie Angaben zum Zeitpunkt (wann?) und zur Häufigkeit (wie oft?), außerdem zum pflegerischen Aufwand. Hier ist der Einsatz von Pflegestandards sehr hilfreich. Häufig ist der Klient nicht in der Lage, bei Entscheidungen über Pflege- und Therapiemaßnahmen mitzuwirken. In diesem Fall sollen die Angehörigen miteinbezogen und verständlich über den Pflegeplan aufgeklärt werden. Korrekturen des Pflegeplans und Abweichungen sollten mit allen am Pflegeprozeß Beteiligten abgesprochen werden. Änderungen werden schriftlich mit Datum und Namenkürzel im Pflegeplan festgehalten.

Pflegedokumentation und Überwachung des Pflegeprozesses

3

Die Dokumentation der einzelnen Schritte im Pflegeprozeß ist nicht nur in vielerlei Hinsicht sinnvoll und wichtig, sondern sie ist auch vorgeschrieben. Die pflegerische Pflicht zur Pflegeprozeßdokumentation ergibt sich u. a. aus dem Krankenpflegegesetz von 1985 und aus dem Pflegeversicherungsgesetz. Diese Vorschriften verlangen, daß die im Vertrag zwischen Pflegeeinrichtung und Klient zugesicherte sachgerechte pflegerische Betreuung auch ausreichend und nachvollziehbar nach Art und Umfang der Leistungserbringung dokumentiert wird. Die Leistungen müssen wirksam und wirtschaftlich sein. Für den reibungslosen und erfolgreichen Ablauf des Pflegeprozesses ist die Pflegedokumentation aus vielen Gründen erforderlich : • Informationen sind jederzeit durch direkten Zugriff für alle Beteiligten vorhanden. Kommunikation und Kooperation werden dadurch erleichtert. • Die Kontrolle über den Verlauf und die Beurteilung sowohl der einzelnen Maßnahmen als auch der gesamten Wirkung wird erst durch die kontinuierliche Pflegeprozeßdokumentation gegeben. Nur aufgrund dieser Qualitätsprüfungen sind Korrekturen im Sinne einer optimalen Pflege möglich. • Die lückenlose Dokumentation stellt eine juristische Absicherung für den Fall von Reg~eßansprüchen dar. Eine unzureichende Dokumentation kann sonst für den Träger der Pflegeeinrichtung und für die Pflegepersonen fatale Folgen haben. • Die Arbeit der Pflegepersonen wird transparenter, Zusammenhänge von Ursache und Wirkung bewußter, so daß die Dokumentation motivierend wirkt.

24 3 Pflegedokumentation und Überwachung des Pflegeprozesses

Das Pflegedokumentationssystem variiert von Einrichtung zu Einrichtung, die Klientenakte umfaßt jedoch im allgemeinen immer: Stammblatt, Pflegeanamnese, Biographiebogen, Pflegeplan, Pflegeverlaufsbericht, Fixierungs- und Psychopharmakablatt (entsprechend dem Betreuungsgesetz), Übersicht über die Medikamente und ärztlichen Verordnungen, Unfallbogen, Verlegungsbericht, Leistungsnachweis, Auswertungsbogen (Pflegeplanung), Angaben über den Einsatz von Pflegehilfsmitteln und technischen Hilfen. Darüber hinaus können noch eine ganze Reihe weiterer Formulare eingesetzt werden: Blätter zur Mobilisierung/ Aktivierung, Kurzzeitpflegenachweis, Langzeitentwicklung, Jahresbericht, Kontrollblätter für Messungen von Blutdruck, Puls, Temperatur, Blutzucker und Gewicht, außerdem zur Beurteilung von Ausscheidungen, ein Blatt für Beschäftigungstherapie und Krankengymnastik, ein Überwachungs- und Bilanzierungsblatt, ein Pflegeintensitätsblatt sowie ein Blatt für ärztliche Dokumentation. Alleine der Umfang dieser Liste zeigt die zunehmende Bedeutung der Dokumentation in der Pflege. Schon jetzt nimmt dieser Arbeitsbereich ca. ein Drittel der gesamten Arbeitszeit ein. Bei der Pflegeprozeßdokumentation erweist sich die Verwendung von Pflegestandards als sehr praktisch, da mit ihnen übersichtlich und zeitsparend gearbeitet werden kann. Pflegeprozeßdokumentation beginnt mit der Erfassung des Ist-Zustandes, also mit der Pflegeanamnese, mit der der Pflegebedarf ermittelt werden soll, und mit dem Pflegeplan (s. Abb. 2). Das dritte Dokument des Pflegeprozesses ist der Pflegeverlaufsbericht.

3.1 Pflegeverlaufsbericht 25

3.1

Pflegeverlaufsbericht

I

Der Pflegeverlaufsbericht (oder Pflegeberichtl_ soll die Ergebnisse, die Kontinuität und die Intensität sowie Anderungen der pflegerischen Maßnahmen fortlaufend dokumentieren. Die Evaluation des Pflegeverlaufsberichts kann ggf. gleich zu Korrekturen im Pflegeplan führen.

Als Nachweis für die Durchführung der Pflegeleistungen sollten die Unterlagen einige Jahre aufgehoben werden: In den gemeinsamen Grundsätzen und Maßstäben zur Qualität und Qualitätssicherung in vollstationären Pflegeeinrichtungen vom 7. 3.1996 heißt es: "Die Dokumentation ist mindestens fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres der Leistungserbringung aufzubewahren". Anderen Veröffentlichungen zufolge muß das gesamte Dokumentationssystem bis 10 Jahre nach Ausscheiden aufbewahrt werden (Gustav-WernerStiftung 1998). Bei der Führung des Pflegeverlaufsberichts ist auf folgende Punkte zu achten: • Die Eintragungen erfolgen fortlaufend (chronologisch). Da neben dem Pflegeverlaufsbericht auch ein Pflegeplan vorliegt, brauchen neben den Wirkungen nur Abweichungen vom Pflegeplan notiert zu werden. Daneben sind Veränderungen, Fortschritte, Komplikationen, Reaktionen und Bedürfnisse, sowie soziale Begebenheiten (z. B. Aufregung wegen eines bevorstehenden Besuchs) festzuhalten. • Die Eintragungen sollten möglichst immer umgehend vorgenommen werden, damit nichts vergessen wird. Es empfiehlt sich daher, die Dokumentationsakte von Klienten mitzunehmen u. Eintragungen gleich vorzunehmen. • Die Pflegebezugsperson trägt die Verantwortung für die lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation, aber auch andere beteiligte Pflegepersonen machen Eintragungen. Es hat sich als hilfreich erwiesen, wenn pro Schicht eine andere Farbe genommen wird, so z.B. FD (GRÜN), SD (ROT) und ND (SCHWARZ). • Für die Art und Weise der Eintragungen kann das Prinzip der 7 W hilfreich sein: Die Fragen nach dem Wann, Was, Wo, Womit, Wie oft, Wieviel, Welche Art sind dabei zu beantworten. Auf jeden Fall sollten die Eintragungen möglichst vereinheitlicht werden. Hierzu können auch die Pflegestandards beitragen.

26 3 Pflegedokumentation und Überwachung des Pflegeprozesses

Der Pflegeverlaufsbericht dient zum einen als Parameter für Ergebnisqualität der Evaluation der Pflegemaßnahmen, zum anderen der umfassenden und jederzeit aktuellen Information des Pflegeteams (z. B. bei Schichtwechsel, nach Abwesenheit wegen Krankheit oder Urlaub, für neue Mitarbeiter), aber auch berufsübergreifend z. B. dem Arzt oder Therapeuten. Er wird darüber hinaus als Nachweis für die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst geführt.

3.2

Dienstübergabe

Je mehr Personen am Pflegeprozeß beteiligt sind, desto wichtiger ist eine sorgfältige Pflegedokumentation. In den stationären Pflegeeinrichtungen ist regelmäßig bei Pflegepersonalwechsel die Dienstübergabe fällig. Der Pflegeverlaufsbericht liefert dabei die schriftliche Information. Der mündliche Teil der Dienstübergabe muß sich für einen reibungslosen organisatorischen Ablauf und zur Gewährleistung gewissenhafter Pflegeleistungen nach festen Regeln vollziehen: Die übergabe findet immer zu festgelegten Zeiten und in einem ruhigen Raum statt, in dem ausreichend Sitzgelegenheiten vorhanden sind. Die übrigen Berufsgruppen im Haus sind über den Zeitpunkt der Übergabe informiert. Eine Pflegeperson wird als Ansprechpartner für Klienten, Besucher und für die Annahme von Telefonaten eingeteilt. Während der Übergabe werden keine Neben- und Privatgespräche geführt und keine Nebentätigkeiten ausgeübt. Es sollte möglichst keine Störungen und Unterbrechungen geben. Verantwortlich für die Dienstübergabe ist die Schichtleitung (Wohnbereichsleitung oder -Vertretung). Die Besprechung findet in allen drei Schichten nach dem Dienstende statt und dauert normalerweise eine Viertel- bis halbe Stunde.

3.3

Pflegevisite

Mit der Pflegevisite überprüft die Pflegedienstleitung den Pflegeprozeß. Sie ist also ein direktes Instrument der Qualitätsprüfung (Beurteilung des Ist-Zustandes) und ggf. der Leistungsverbesserung

3.3 Pflegevisite 27

(Maßstab Soll-Zustand). Durch den fachlichen Austausch bei der Pflegevisite kann sich die einzelne Pflegeperson dem ständig komplexer werdenden Aufgabengebiet besser gewachsen fühlen. Die Pflegevisite wird von der Pflegedienstleitung oder der Wohnbereichsleitung, deren Vertretung und der Pflegebezugsperson begleitet. Außerdem sollte ggf. die Praxisanleitung, zuständig für die Schüler und Einarbeitung neuer Mitarbeiter, der Pflegevisite beiwohnen. Die Pflegevisite umfaßt die Prüfung der Pflegeprozeßdokumentation und ein Gespräch mit dem Klienten. Dabei werden alle AEDL-Bereiche abgefragt, um differenzierte Informationen und pflegerelevante Daten über die einzelnen Klienten zu erhalten.

Die Pflegevisite kann in 4 Teile untergliedert werden: • Der medizinische Bereich umfaßt die Krankengeschichte, mögliche Komplikationen, die Information über die verordneten Medikamente und deren Nebenwirkungen. • Der pflegerische Teil beinhaltet die Durchführung der Pflegemaßnahmen (entsprechend der Pflegestandards). Bei Maßnahmen zur Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie sind die ärztlichen Verordnungen sorgfältig auf Vollständigkeit und besondere Anweisungen zu prüfen, da die Pflegefachpersonen hier nur Assistenzfunktion haben. • Die rechtlichen Fragen umfassen die Klärung der Verantwortungsbereiche und die entsprechende Absicherung, außerdem die Einhaltung gesetzlicher Auflagen, beispielsweise zur Hygiene und Pflegeprozeßdokumentation. • Mit der Prüfung der pflegerischen Tätigkeiten im sozialen Bereich nimmt man sich eines Aufgabenfeldes in der Altenhilfe an, das kaum standardisierbar ist und oft unerwähnt bleibt. Ob dem Klienten beispielsweise bei der Intensivierung sozialer Kontakte geholfen wird, welche Pflegepersonen als Ansprechpartner für Angehörige zur Verfügung stehen und dergleichen mehr, läßt sich nur im Gespräch mit dem Klienten erkunden.

28 3 Pflegedokumentation und Überwachung des Pflegeprozesses

Es ist sehr sinnvoll, auch Altenpflegeschülerlnnen an den Visiten teilhaben zu lassen, da sich ihnen hier ein sehr ergiebiger Einblick in die Ergebnisse der praktischen Arbeit und in den organisatorischen Ablauf bietet und das Verständnis von Zusammenhängen gefördert wird.

3.4

Teambesprechung

Mindestens ein- bis zweimal im Monat sollte regelmäßig in jeder Altenpflegeeinrichtung eine Bereichsbesprechung stattfinden, in der alle Mitarbeiter (eines Bereichs) teilnehmen, also neben den Pflegepersonen auch die beteiligten Therapeuten und Ärzte sowie Mitarbeiter der Versorgungsabteilungen im Haus. Teambesprechungen finden während der Dienstzeit statt und sollten nicht die Atmosphäre privater Treffen haben. Zielsetzungen der Teambesprechungen sind: Fallbesprechung, fachlicher Austausch, Klärung organisatorischer Fragen, Aufarbeitung angefallener Probleme im Team, Bedarfsermittlung und Planung von Fortbildungsmaßnahmen. Die Teambesprechungen dienen damit zum einen der besseren Kommunikation und Kooperation im Team, zum anderen stellen sie neben der Dienstübergabe und der Pflegevisite ein weiteres Instrument der internen Qualitätssicherung dar, da die Effizienz der Arbeitsorganisation in diesem Forum diskutiert wird. Bei der zunehmenden Tendenz zu Fremdvergaben (Reinigung, Wäscherei und Essensversorgung) wird die Miteinbeziehung aller Berufsgruppen zu regelmäßigen Bereichsbesprechungen in Zukunft allerdings praktisch kaum mehr möglich sein.

Pflegequalität und Qualitätssicherung

4.1

4

Pflegequalitätskategorien

Nach einer Definition von Donabedian 1996 ist die Pflegequalität "der Grad der Übereinstimmung zwischen den Zielen des Gesundheitswesens und der wirklich geleisteten Pflege" (Giebing 1991; Braun 1994; Karotsch 1995). Er unterscheidet drei Qualitätssicherungsebenen: • Die Strukturqualität betrifft die bauliche, personelle und technische Ausstattung, also die Infrastruktur, z. B. das Ausbildungsniveau der Pflegepersonen und das verwendete Hilfsmaterial. • Die Prozeßqualität ist die Qualität der Pflegemaßnahmen und ihrer Ausführung. Dazu gehören u. a. auch die Durchführung der Pflegestandards, der Pflegeplan und die Pflegeprozeßdokumentation. • Mit der Ergebnisqualität (Outcome-Qualität) wird die Wirkung des Pflegeprozesses erfaßt. Bei der Bewertung gehen u. a. auch Aspekte der Wirtschaftlichkeit mit ein. Der Bewertungsmaßstab für Pflegequalität umfaßt im allgemeinen 4 Stufen: • • • •

optimale Pflege (ideal, erstklassig), angemessene Pflege (gut), notwendige Pflege (ausreichend), mangelhafte Pflege (gefährlich).

Einen Überblick über die Merkmale der Pflegequalität in diesen Stufen gibt Tabelle 2.

Strukturqualität (äußere Rahmenbedingungen)

Die Wohnbereiche sind zeitgemäß gebaut und entsprechen den Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft. - Das Verhältnis examinierter Pflegepersonen zum Pflegehilfspersonal ist ausgewogen. - Die Kenntnisse und Fertigkeiten der Pflegenden entsprechen den Anforderungen. - Organisation des Pflegedienstes ist aus dem Organisationsbuch ersichtlich. Der Klient hat 1- 2 Bezugspersonen, die

- Die Wohnbereiche sind so gebaut, daß der Klient sich wohlfüh len kann, sich nach Wunsch zurückziehen oder Besuch empfangen kann. - Die Zahl der Pflegenden reicht für eine intensive Betreuung. - Die Ptlegenden sind je nach Aufgabenbereich entsprechend qualifiziert. - Ein Organisationshandbuch liegt vor. 1- 2 Pflegepersonen werden mit Einverständnis des Klienten als Bezugsperson bestimmt. Es findet Zimmer-/ -

-

-

-

(ausreichend)

(gut)

(erstklassig) Die Wohnbereiche entsprechen den heutigen Anforderungen nicht. Permanente Anpassung des Kl ienten ist erforderlich. Die Zahl der erforderlichen Pflegepersonen ist nicht immer ausreichend. Ausfallzeiten von Pflegefachpersonen werden mit Pflegehilfspersona l (Aushilfen) überbrückt. Routine ersetzt das Organisationshandbuch. Starrheit und mangelnde Flexibilität im täglichen Tun

notwendig

angemessen

optimal

Tabelle 2. Einstufung nach Qualitätsmerkmalen - Merkmale der Pflegequalität

- Die Wohnbereiche entsprechen nicht den Interessen und Bedürfnissen älterer Menschen und sind mit den heutigen Anforderungen nicht mehr vereinbar. - Die Anzahl der Ptlegepersonen ist nicht ausreichend. - Die Pflegepersonen/ die Pflegehi lfspersonen sind nur unzureichend qualifiziert. - Es gibt keine abgegrenzten Zuständigkeitsbereiche entspr. einer systematischen Organisation.

(gefährlich)

mangelhaft

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Bereichspflege statt. - Die Einrichtung verfügt über eigene Pflegestandards. - Ausreichende Hilfsmittel sind vorhan den. - Hygieneplan und Unfallverhütungsvorschriften werden korrekt beachtet. - Innerbetriebliche Fortbildung (IBF) findet regelmäßig statt. Innovationen werden begrüßt. - Als Copingstrategien werden Balint-Gruppen oder Supervision angeboten. - Es finden regelmäßig Team-Besprechungen statt. - Es wird Betriebssport angeboten. - Es finden regelmäßig SL-/SLV- und Nachtwachenbesprechungen statt. -

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für ihn Ansprechpartnerund Vertrauensperson sind. Es findet überwiegend Zimmer-/Bereichspflege statt. Pflegestandards sind vorhanden. Alle notwendigen Hilfsmittel sind vorhanden. Ein Hygieneplan ist vorhanden, die UW werden befolgt. IBF findet in regelmäßigen Abständen statt. Supervision wird angeboten. Es finden regelmäßig Team-Besprechungen statt. Betriebssport wird angeboten. Es finden regelmä ßig SL-/SLV- und Nachtwachenbesprechungen statt.

sind ersichtlich. - Es findet eine Mischform von Bereichs- und Funktionspflege statt. - pflegestandards werden nicht benutzt. - Die vorhandenen Hilfsmittel werden nicht gezielt eingesetzt. - Hygiene und UW werden beachtet. - IBF-Bedarfserhebung ist vorhanden, wird von den pflegepersonen jedoch kaum angenommen. - Supervision wird von den meisten pflegenden abgelehnt. - Es finden regelmäßig Team-Besprechungen statt. - Betriebssport wird nicht wahrgenom men/angeboten.

- Es gibt keine pflegebezugspersonen. - Es wird Bereichsoder Funktionspflege ohne Frage nach der Qualifikation praktiziert. - Es gibt keine pflegeStandards. - Es gibt kaum Hilfsmittel, was zur zusätzlichen Belastung des pflegepersonals führt. - Hygiene und UW werden oft nicht beachtet. - IBF und Supervision werden nicht angeboten. - Bewältigungs-/Copingstrategien werden nicht angeboten. - Team-Besprechungen finden nur unregelmäßig statt. VJ

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Prozeßqualität (Vorbereitung und Durchführung der einzelnen Tätigkeiten)

- Der Klient wird informiert, seine Bedürfnisse werden mit einbezogen. - Alle pflegerischen Maßnahmen werden systematisch vorbereitet und einwandfrei durchgeführt. - Die Förderung von Fähigkeiten erfolgt unter Berücksichtigung der vorhandenen Behinderung. - Auf die existentiellen Erfahrungen

(gut)

I (erstklassig)

- Der Klient wird über alle Maßnahmen informiert und möglichst mit einbezogen. - Alle pflegerischen Maßnahmen werden sinnvoll und systematisch vorbereitet und durchgeführt. - Die Pflegeinterventionen werden den individuellen Bedürfnissen angepaßt. - Der Klient erfährt Ge-

angemessen

I optimal

Tabelle 2. (Fortsetzung)

- Betriebssport wird nicht angeboten. - Es finden unregelmäßig SL-/SLV- und Nachtwachenbesprechungen statt. - Der Klient hat keine Pflegebezugsperson, und die Bedürfnisse werden nicht berücksichtigt. - Es fehlt an notwendigen Materialien, die Vorbereitung ist mangelhaft. - Alle pflegerischen Verrichtungen werden nach .. eigenem Stil" der jeweiligen Pflegeperson durchgeführt. - Aktivierende und re-

- Es finden regelmä ßig SL-/SLV- und Nachtwachenbesprechungen statt. - Dem Klienten wird die Möglichkeit zu Eigenaktivitäten nicht gegeben. - Das Materia l zur Durchführung einzelner Tätigkeiten ist nicht ausreichend vorbereitet/ vorhanden (Biographiebogen und Pflegeanamnese ungenutzt). Persönliche Wünsche und individuelle Bedürfnisse

(gefährlich)

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Ergebnisqualität (Resümee der Dienstleistungen)

werden nicht berücksichtigt. - Informationen für die Klienten werden als Anweisung formu liert. - Kontakt und zwisehenmenschliche Beziehungen werden nur im Rahmen des Notwendigen aufrecht erhalten. - Ein individueller pflegeplan wird nicht erstellt. - Pflegedokumentation und mündliche Weitergabe sind unzureichend. - Da kein Pflegeplan erstellt wird, ist Evaluation und eventueile Korrektur nicht möglich. - Der Klient spürt, daß er sich nach

w ird großer Wert gelegt. - Der Klient hat Selbstbesti mmungsrecht in allen Bereichen der AEDL. - Es gibt individuelle Pflegepläne, die einmal wöchentlich überprüft werden.

- Die Weitergabe der relevanten Daten erfolgt schriftlich und mündlich. - Die Korrekturen der gesteckten Ziele sind z. B. durch die Dienstübergabe und Teambesprechung möglich. - Der Klient und ihm

borgenheit, Respekt und Sicherheit unter Beachtung von Sei bstwertgefü hl, Schamgefühl und seiner Gewohnheiten. - Der Klient kann seine Rechte wahrnehmen. - Es werden individuelle Pflegepläne mit Pflegestandards erstellt und einmal wöchentlich überprüft.

- Es erfolgt eine umfassende Pflegedokumentation und lükkenlose, mündliche Weitergabe aller Besonderheiten. - Das Ergebnis wird im Pflegeteam evaluiert und das pflegerische Ziel ggf. neu bestimmt.

- Pflegedokumentation und mündliche Weitergabe der relevanten lnformationen sind mange!haft. - Evaluation der täglichen Arbeit findet nicht statt. - Abhängigkeit und Unmündigkeit der

habilitative Maßnahmen werden nicht individuell eingesetzt. - Der Klient wird nicht informiert, sondern erhält Anweisungen. - Der Klient verfügt über keinerlei Selbstbestimmungsrecht. - Es wird kein Pflegeplan erstellt.

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(Fortsetzung) Ergebnisqua lität (Resümee der Dienstleistungen)

Qualitätsebene

pflege (gefährlich) Klienten sind die Folgen (physische und psychische Schäden sind möglich). - Kostenbewußtes Denken und Handeln findet nicht oder planlos statt. - Die Pflegeleistungen werden in nicht ausreichendem Umfang erbracht.

den Gegebenheiten im Hause richten muß. - Betriebswirtschaftliches Denken und Handeln wird meistens nicht berücksichtigt. - Hohe Krankheitsrate durch die Überforderung der Pflegepersonen. - Die Leistungen werden (ohne Qualitätsüberprüfung) im notwendigen Umfang erbracht.

nahestehende Personen sind mit den erbrachten Leistungen zufrieden. - Betriebswirtschaftliches Denken und Handeln wird berücksichtigt. - Die Leistungen werden wirksam und im notwendigen Umfang erbracht.

- Der Klient erfährt Sicherheit und strahlt Zufriedenheit aus. - Betriebswirtschaftliches Denken und Handeln wird berücksichtigt. - Die Leistungen werden wirksam und im notwendigen Umfang erbracht.

mangelhaft

(ausreichend)

notwendig

(gut)

angemessen

(erstklassig)

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Tabelle 2. (Fortsetzung)

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4.2 Externe und interne Qualitätssicherung

35

Meßbarer Pflegequalität liegt ein Qualitätskonzept zugrunde, das sich im Rahmen der gesetzlichen Auflagen aus verschiedenen Faktoren zusammensetzt: • nach außen vertretenes Unternehmensbild/Philosophie der Pflegeeinrichtung, • materielles Potential, • personelle Ausstattung, • bauliche Gegebenheiten, • praktiziertes Pflegemodell, • Fähigkeiten des Managements, • Ausführung der organisatorischen und pflegerischen Aufgaben.

4.2

Externe und interne Qualitätssicherung

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts erkannte Florence Nightingale die Notwendigkeit, Qualitätskriterien in der Pflege zu schaffen und so die Arbeit ständig zu verbessern (Andersen 1995). Heute verpflichten uns diverse Gesetze, Pflegearbeit überprüfbar in angemessener Qualität zu erbringen: • Das Krankenpflegegesetz (KrPflG) vom 4. 6. 1985, § 4 fordert sach- und fachkundige, umfassende und geplante Pflege mit Pflegedokumentation. • Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vom 21.12.1993, mit Änderungen vom 16.12.1997 beschreibt in§ 68 den Inhalt der Pflegeleistungen, in§ 93, Abs. 3 und§ 93a. Abs. 3 die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen. In § 93 a, Abs. 1 heißt es: "Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten." Der Inhalt dieser Bestimmungen geht mit den §§ 14, 15, 43, 79 und 80 SGB XI konform. • Dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) obliegt die externe und interne Qualitätssicherungsprüfung. Diese Prüfung, die sich auf die Erhebung von Struktur-, Prozeß- und Ergebnisqualität erstreckt, versteht sich in erster Linie als Beratung und Empfehlung. • Das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG), gültig seit 01.01.1993, verpflichtet in § 11 alle Pflegeeinrichtungen zu Maßnahmen zur Qualitätssicherung.

36

4 Pflegequalität und Qualitätssicherung

Das Heimgesetz (HeimG) von 1997 (3., neu bearb. und erw. Aufl.) regelt u.a. die personellen Anforderungen für Heime (HeimPersV vom 19.7.1993). Darüber hinaus verpflichtet sich der Träger des Heims, den Beschäftigten die Möglichkeit zur Fort- und Weiterbildung zu geben(§ 8). Mögliche Themen sind u.a.: Arbeit mit verwirrten Bewohnern, Sterbebegleitung und rechtliche Grundlagen der fachlichen Arbeit. Als eine weitere externe Qualitätssicherungsinstanz obliegt der Heimaufsicht bzw. dem Gesundheitsamt die Prüfung von Einrichtungen nach § 80 SGB XI. Die ISO Norm 9000-9004 (ISO = Internationale Organisation für Normung) legt die erforderliche Qualität der Dienstleistungen und die Möglichkeit der Zertifizierung fest. Die Pflegeversicherung (PfVG), trat am 1.1.1995 in Kraft; Beginn der Leistungen zur häuslichen Pflege war der 1.4.1995, für den stationären Bereich der 1.7.1996. Pflegeversicherung und Sozialgesetzbuch schreiben gemeinsam den Grundsatz "Vorrang der häuslichen Pflege" und "Vorrang von Prävention und Rehabilitation" (§§ 3 und 5 SGB XI) fest; die fachlich kompetente und bedarfsgerechte Pflege soll dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse entsprechen; die Achtung der Menschenwürde muß gewährleistet sein; die Pflegeeinrichtungen werden zur Qualitätssicherung bei ihren Leistungen und zur Pflegedokumentation verpflichtet. Als Kontrollinstanz fungiert der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK), der die Pflegestufe festlegt, das Leistungsangebot der Einrichtung, die individuellen Pflegepläne und die Pflegeprozeßdokumentation prüft, das Pflegeergebnis beurteilt und die weiteren Empfehlungen (Maßnahmen zur Rehabilitation oder Beseitigung, Minderung und Verhütung der Pflegebedürftigkeit) anregt. Innerhalb dieses äußeren Rahmens der externen Qualitätssicherung, den die gesetzlichen Vorgaben darstellen, gibt es vielerlei qualitätssichernde Instrumente im Pflegeprozeß und bei der Arbeitsorganisation innerhalb der einzelnen Einrichtungen. Es wäre wünschenswert, daß alle Instanzen ihre Prüfungsverfahren miteinander abstimmen würden. Die elementaren Bausteine der internen Qualitätssicherung (Abb. 3), die uns aus den Kapiteln 2 und 3 bereits bekannt sind, verstehen sich eingebettet in das Qualitätskonzept der Einrichtung, das die Basis für die Pflegequalität vorgibt.

4.2 Externe und interne Qualitätssicherung

Biographiebogen Pflegeforschung I Pflegestandards Plegeanamnese anhand der AEDL

'

, - - - I -

_

-

-

-

-

,

Pflegediagnose

Pflegeplanung

Pflegeverlaufsbericht

Pflegevisite

/I

I

Teambesprechung

/ PflegeQualitätskontrolle

Abb. 3. Instrumente der internen Qualitätssicherung

37

38 4 Pflegequalität und Qualitätssicherung

Weitere Faktoren zur Qualitätssicherung sind: • Qualifikation der Pflegefachpersonen, d. h. die Ausbildungsqualität, abhängig vom Bildungskonzept und dem Angebot an Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten (siehe Kap.4.3 und 4.4); • Art und Weise der Mitarbeitereinführung, abhängig vom Einsatz einer Praxisanleitung, die neue Mitarbeiter und Altenpflegeschülerinnen einarbeitet und begleitet; • leistungsbezogene Beurteilungen; • Qualitätszirkel zur Förderung der Motivation, Verantwortungsbereitschaft, Selbständigkeit und Kreativität unter den Pflegepersonen sowie zur Bewältigung von Problemen in der Arbeitsorganisation (Bruns-Waygand u. Kämmer 1995). Qualitätszirkel gehören auch zu den Entlastungsmaßnahmen (siehe Kap. 5), die natürlich alle letztlich der Qualitätssicherung dienen.

4.3

Neuerungen in der Aus- und Weiterbildung

Das Niveau der Ausbildung und das Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten entscheiden in wesentlichem Maße mit über die Qualität der Pflege. Derzeit ist leider festzustellen, daß den gestiegenen Anforderungen an die Pflegepersonen die alten Richtlinien in der Ausbildung nicht mehr gerecht werden. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK 1993) hat deshalb das "Bildungskonzept 2000" vorgelegt, um endlich die erforderliche Anpassung zu erreichen. Damit wurde die bereits 20 Jahre währende Diskussion um Neuerungen in der Ausbildung einen entscheidenden Schritt vorangebracht. Wesentliche Änderungen sollen in Zukunft inhaltlich und organisatorisch die theoretischen Grundlagen für die qualitativ hochwertige prozeßorientierte Pflegepraxis liefern: • Statt der bisher meist 3jährigen ist fü r die Zukunft eine 4jährige Ausbildungszeit geplant. ln den ersten beiden Jahren sollen Grundlagen vermittelt werden, ab dem 3. Jahr erfolgt die Spezialisierung für Kranken-, Kinderkranken- oder Altenpflege.

4.4 Innerbetriebliche Fortbildung (IBF)

39

• Die pflegerische Auspildung soll auf zwei Bildungswegen möglich sein: an den Berufsfachschulen (mit Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten) und an den Fachhochschulen (mit der Berechtigung zum weiterführenden Studium). Zu neuen Unterrichtsinhalten gibt es noch keine konkreten Angaben. Es wird jedoch hoffentlich die Chance genutzt werden, einige wichtige Aspekte und Anregungen bei der Erarbeitung der Curricula mit einzubringen: • Die Einführung von Pflegestandards als Unterrichtsstoff würde zu einer breiten Vereinheitlichung der Qualitätsmaßstäbe beitragen. • Fachenglisch ist erforderlich. • ln einem Fach "Pflegeforschung" könnten die neuesten Erkenntnisse vermittelt werden; damit würde das professionelle Selbstbewußtsein für die Bewältigung der praktischen Ansprüche unterstützt. • Die Lehrer(innen) des theoretischen Unterrichts sollten grundsätzlich auch zur praktischen Ausbildung eingesetzt werden. Dies wäre ein Schritt, die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis zu überwinden.

Eine bundeseinheitliche Ausbildungsregelung ist wünschenswert. Die Bildung von Pflegekammern auf Landesebene würde die Entwicklung zügiger voranbringen, beispielsweise die Etablierung von Studiengängen für Pflege. Für das erfreulich breite Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten, unter anderem in den Bereichen Geriatrie, Gerontopsychiatrie und geriatrische Rehabilitation müssen immer mehr Anreize geschaffen werden, da die fachliche Spezialisierung die weitere Entwicklung in der Altenhilfe prägt.

4.4

Innerbetriebliche Fortbildung (IBF)

Solange die Ausbildung noch nicht den Anforderungen in der Praxis entspricht - und derzeit entwickeln sich Unterricht und Berufsausübung immer noch weiter auseinander -, solange spielt auch das Angebot betriebsinterner Fortbildung eine wichtige Rolle für die Qualitätssicherung. Darunter ist die Erneuerung, Vertiefung, Erweiterung, Auffrischung und Aktualisierung der fachspezifischen Kenntnisse und Fertigkeiten zu verstehen. Im Gegensatz zur grund-

40 4 Pflegequalität und Qualitätssicherung

legenden fachlichen Spezialisierung durch Weiterbildung bietet sich insbesondere die IBF zur schrittweisen und regelmäßigen Anpassung des Wissensstandes an die wechselnden Anforderungen an. In themenbezogenen einzelnen Sitzungen, praktischen Übungen oder Kursen widmet sich die IBF einzelnen Schwachstellen im organisatorischen Ablauf (z. B. bei der Einführung von Pflegestandards), in der Handlungssicherheit (z. B. bei der Ausführung einzelner Pflegemaßnahmen), im technischen Bereich (z. B. im Umgang mit einem neuen Gerät), im Hintergrundwissen (z. B. bei gesetzlichen Neuerungen). Nach einer Bedarfsermittlung sollte das Angebot an innerbetrieblicher Fortbildung für einen vorgegebenen Zeitraum geplant werden. Nachweise oder Zertifikate für die erfolgreiche Teilnahme sind wichtig. Eine Qualitätsverbesserung durch innerbetriebliche Fortbildung wird erreicht über die Förderung des wirtschaftlichen Arbeitens und Vereinheitlichungen im Arbeitsablauf sowie über die Steigerung der Kompetenz, des Teamgeistes und des Selbstbewußtseins.

4.5

Professionalisierung in der Altenpflege

Alle Bemühungen um maximale Pflegequalität und Maßnahmen zur Qualitätssicherung stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Professionalisierung in der Altenpflege: Mit zunehmender Pflegequalität ist mehr und mehr Fachkompetenz erforderlich, qualifizierte Ausbildung und eigenverantwortliches Arbeiten wiederum sind Faktoren hoher Pflegequalität Mit der wachsenden Bedeutung der Altenpflege geht also ein Wandel des Berufsbildes einher. Die Aufwertung des Pflegeberufs, die Stärkung des professionellen Selbstbewußtseins, äußern sich in einer ganzen Reihe von Entwicklungstendenzen in der Altenpflege: Standardisierung: Pflegestandards und Organisation des Arbeitsablaufs; Modernisierung: Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Pflegemanagement; Reflexion und Theoretisierung: Pflegemodelle und Pflegekonzepte;

4.6 Pflegeforschung

41

• Akademisierung: Pflegestudiengänge und Pflegeforschung; • Berufspolitisierung: Pflegekammer und bundeseinheitliche Ausbildungsregelung. Die Verwirklichung dieser Punkte ist in vollem Gange. Wir alle können uns nur wünschen, daß die Vision vom Profi in der Altenhilfe bald zur Selbstverständlichkeit geworden ist, denn diese Profis werden die am besten motivierten und die kompetentesten Pflegepersonen für unsere Klienten sein.

4.6

Pflegeforschung

Mit dem zunehmenden Stellenwert der Pflege gewinnt auch die Pflegeforschung immer mehr an Bedeutung. Seit 1984 gibt es die Agnes-Karll-Stiftung für Pflegeforschung des Deutschen Berufsverbandes für Krankenpflege (65760 Eschborn, Hauptstr. 392), die mit dem Ziel gegründet wurde, systematische und wissenschaftliche Grundlagen von Pflegemethoden zu liefern und damit die Professionalisierung des Pflegeberufs einen entscheidenden Schritt voranzubringen. Die Forschungsprojekte, teilweise im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführt, umfassen nicht nur die direkte Pflege unter konkreten Voraussetzungen, sondern auch strukturelle und methodologische Aspekte und die wissenschaftliche Untersuchung von Pflegehilfsmitteln. Die Ergebnisse führen u. a. direkt zur Entwicklung neuer Pflegestandards oder anderer Parameter der Qualitätssicherung bzw. zur Aktualisierung der bestehenden Standards und Kriterien. Eine dringende Aufgabe der Pflegeforschung besteht darin, die Pflegestandards bundesweit • zu komplettieren, • zu systematisieren und • zu vereinheitlichen.

Damit wären endlich allgemein verbindliche Orientierungsmaßstäbe zur Qualitätsbewertung vorhanden. Wünschenswert wäre, das Fach Pflegeforschung in das Curriculum der Altenpflegeausbildung aufzunehmen, um die Auszubildenden von vornherein mit der Notwendigkeit und dem Nutzen wissenschaftlicher Grundlagenkenntnisse vertraut zu machen.

Belastungen in der Altenpflege und Bewältigungsstrategien

5

Mit dem veränderten Stellenwert der Altenpflege und allen Folgeerscheinungen summieren sich ganz erhebliche Belastungen für die Pflegepersonen: • hohe psychische neben körperlicher Belastung, das Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber Krankheit und Sterben (die sog. "innere Kündigung"); • Schwierigkeiten mit der Balance zwischen Nähe und Distanz; • Umgang mit Ekelgefühlen bei bestimmten Tätigkeiten; • Zunahme des Verwaltungsaufwandes; • Personalknappheit und fehlende fachliche Qualifikation dadurch Zeitdruck und Unsicherheit; • mangelnde gesellschaftliche Anerkennung. Diese Gründe, die zu Streß, Frustration, Resignation und Burnout bis hin zum Berufsausstieg führen können, werden noch verstärkt vom allgemeinen Erwartungsdruck durch die Pflegeversicherung und durch die Zunahme des Konkurrenzdrucks unter den verschiedenen Anbietern von ambulanter und stationärer Pflege. Ein Thema, das im Zusammenhang mit den Belastungen des Berufsalltags immer wieder auftaucht, ist die Ambivalenz der Gefühle: Gemeint ist damit die Schwierigkeit der Pflegeperson, die Balance zwischen Nähe und Distanz zum Klienten zu halten. Das Problem besteht also in dem Zwiespalt zwischen der Bindung, die die engen zwischenmenschlichen Kontakte mit sich bringen, und der Loslösung, die für effektive, objektive Arbeit erforderlich ist. Viele Pflegepersonen sehen in dieser Ambivalenz die wesentliche Belastung in ihrem Berufsalltag.

44

S Belastungen in der Altenpflege und Bewältigungsstrategien

Neben den Entlastungen, die eine durchdachte Arbeitsorganisation mit Pflegestandards, Teambesprechungen und Fortbildungsangeboten mit sich bringen, können die Leitung oder der Träger einer Pflegeeinrichtung ihren Mitarbeitern noch weitere Bewältigungsstrategien anbieten: • Supervision: Reflexion des Arbeitsalltags mit Hilfe eines Supervisors als Begleiter oder Berater in regelmäßigen Sitzungen von Gruppen bis zu 14 Teilnehmern (Gruppen- oder Teamsupervision). ln München wird seit 1985 ein Weiterbildungslehrgang zur Führung und Beratung in Krankenpflege und Krankenpflegeausbildung angeboten (Rhode-Osei 1991 ). • Balint-Gruppe: Abwechselnd stellen die einzelnen Teilnehmer der Gruppe eigene problematische Fälle von Klienten vor, deren Pflege sehr belastend ist; die Gruppenarbeit führt dann zu Lösungsansätzen für die Bewältigung der psychischen Konflikte (Hirsch 1987). • Qualitätszirkel: ln einem regelmäßig stattfindenden Diskussionskreis werden die verschiedensten Aspekte des Berufsalltags analysiert und Lösungsvorschläge erarbeitet (siehe auch Abschn. 4.2). • Als eine weitere Maßnahme zur Entlastung kann das Angebot von Betriebssport betrachtet werden : Außer dem körperlichen Ausgleich zu den physischen Belastungen des Pflegeberufs dient Betriebssport auch dem Teamgeist und einem guten Arbeitsklima.

Pflegestandards im Bereich der Körperpflege

46

Hinweise zum Umgang mit den Pflegestandards

Hinweise zum Umgang mit den Pflegestandards Die Pflegestandards in diesem Buch sind nach einem einheitlichen Schema aufgebaut: Ausführliche Informationen befinden sich unter den Überschriften - Umfang der Pflegeleistungen, - Grundsatz, - Problemstellung, - Durchführung und - Zielsetzung. Diese Texte sollen den Pflegepersonen als Nachschlagwerk bei Unsicherheiten zur Verfügung stehen. Der Schnellinformation dienen dagegen die Karten (Doppelseiten) mit kurzen Angaben zu den Stichworten - Vorbereitung (Strukturqualität), - Durchführung (Prozeßqualität), - Entsorgung, - Qualitätssicherung (Ergebnisqualität) und - zu beachtenden Hinweisen. Der Kartenkopf enthält zudem Informationen zur Arbeitsorganisation bzw. Raum für entsprechende eigene Eintragungen (Kurzcode für die Dokumentation, Zahl erforderlicher Pflegepersonen, Zeitaufwand, Kontrolle, Verantwortlichkeit). Lediglich der Pflegestandard Nr. 1 (Pflegemittel) wird, abweichend von diesem Schema, nur in Tabellenform aufgeführt. Hier sind die im Haus verwendeten Pflege- und Hygienepräparate einzufügen, ebenso im Desinfektions- und Hygieneplan, der dem Pflegestandard Nr. 22 (Infektionsprophylaxe) angehängt ist. Die vorliegenden Pflegestandards sind als Muster zu verstehen, die nach den speziellen Gegebenheiten der einzelnen Pflegeeinrichtungen und eigenen Erfahrungswerten, z. B. den Zeitaufwand betreffend, abzuwandeln bzw. individuell einzurichten sind. Sie können auch als Orientierungshilfe zur Erarbeitung eigener oder zusätzlicher Pflegestandards dienen.

Hinweise zum Umgang mit den Pflegestandards

47

Die im Kopf der Pflegestandards verwendeten Abkürzungen bedeuten: PA POL PS WBL WBV

Praxisanleitung Pflegedienstleitung Pflegestandard Wohnbereichsleitung, Schichtleitung Wohnbereichs-Vertretung

Direkte Pflege (früher Grundpflege)

50 Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 1: Pflegemittel für Körperpflege (PfK) Stand: Erstellt am: überprüft am: Was? (zu verwendende Mittel eintragen)

Personengruppe: alle Pflegende Kontrolle durch: WBL/WBV und PA Verantwortlich: PDL Wofür?

Wann?

Wie? (abhängig vom Mittel)

Waschen oder Duschen

täglich oder bei Bedarf

ca. 5- 10 ml in die Waschschüssel

Vollbad

bei Bedarf

ca. 20- 40 ml in die Badewanne geben

Haarwaschung

bei Bedarf

kleine Mengen ins feuchte Haar einmassieren, danach gründlich ausspülen

Körper-/ Hautpflege

nach dem Waschen, Duschen oder Baden

Wasser-in-Öl-Präparat nach dem Waschen, Duschen oder Baden

Pflegestandard Nr. 2: Teilwaschung (TW)

51

Pflegestandard Nr. 2: Teilwaschung (TW)

.......

Stand: Erstellt am: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen: Bei der Teilwaschung werden die Zahn-, Zahnprothesen- und Mundpflege (PS 3), das Waschen des Gesichts, der Hände und der Achselhöhlen sowie bei Bedarf des Brust- und Rückenbereichs, die Intimpflege, Prophylaxen und Verbandwechsel durchgeführt. Grundsatz Aus physiologischen Gründen wird die Haut mit zunehmendem Alter eher trocken und unelastisch. Deswegen soll auf die tägliche Ganzwaschung sowie auf Bad oder Dusche verzichtet und eine Teilwaschung angeboten werden. Bei der Pflegeanamnese wird die Auswirkung der Morbidität oder Multimorbidität, häufig von körperlichen Einschränkungen begleitet, auf die Körperpflege ermittelt. Bei der Erstellung des Pflegeplans (AEDL "sich pflegen") werden die Gewohnheiten und die Wünsche des Klienten berücksichtigt. Mit liebevoller Zuwendung und Geduld kann die Eigenständigkeit schneller erreicht werden. Die Anleitung und die Hilfestellung werden im erforderlichen Maße gewährleistet. Das soziale Umfeld (Familienangehörige) kann mit einbezogen werden. Die Teilwaschung findet im Bett oder am Waschbecken morgens, abends oder bei Bedarf zwischendurch statt. In Ausnahmefällen, auf Wunsch oder bei verwirrten und unruhigen Klienten (Einschlafschwierigkeiten), wird die Teilwaschung auch nachts durchgeführt. Problemstellung Bei der Interaktion der Haut mit der Außenwelt werden alle Reize aufgenommen und Störungen aufgezeigt. Diese können u. U. durch falsche Hautbehandlung (zu häufiges Waschen und kein adäquates Hautpflegemittel) entstehen. Des weiteren stellen Wahrnehmungsfähigkeit, Aphasie (Sprachstörung), Körpereinschränkungen (Hemiphlegie, amputierter Arm oder Kontrakturen) ein weiteres Problem dar.

52

Direkte

Durchführung Es wird überprüft, ob Oberkörperlagerung möglich ist. AufWunsch vor der Mundpflege ein Getränk anbieten. Das Gesicht mit klarem Wasser (warm oder kalt) waschen (lassen). Die Augen vom äußeren zum inneren Augenwinkel waschen (bei Entzündung einzeln, um eine Keimverschleppung zu vermeiden). Auf Wunsch eine Gesichtscreme und Lippenpflegestift auftragen (lassen). Nur die Körperpartien, die gerade gewaschen werden sollen, aufdecken und nach dem Waschen sorgfältig abtrocknen (besonders bei Kontrakturen). Wenn medizinisch nicht kontraindiziert, soll die Teilwaschung am Waschbecken erfolgen. Begleitung anbieten oder Hilfestellung unter dem Einsatz von Hilfsmitteln geben. Wenn erforderlich, vorher Vitalwerte messen. Die Waschschüssel in das Waschbecken stellen. Anschließend bei Bedarf frisches Wasser nehmen und die Intimpflege möglichst vom Klienten selbst durchführen lassen (zum Schluß die Hände waschen lassen). Haare kämmen oder bürsten (lassen) (Handtuch oder Frisiertuch unterlegen) und Männer rasieren (lassen), Bartpflege (PS7). Zum Schluß die Lagerung im Bett überprüfen, geplante Prophylaxen und/oder Verbandwechsel vornehmen. Zielsetzung Die Teilwaschung soll das Gefühl der angenehmen Frische und des gepflegten Äußeren geben. Zudem wird die Haut dadurch nicht so sehr beansprucht. Unter Ausschöpfung aller aktivierenden und rehabilitativen (pflegerischen und technischen) Maßnahmen und der Kontinuität soll innerhalb eines vereinbarten Zeitraums das Selbstwertgefühl gestärkt und möglichst vollständige Eigenständigkeit bei der Teilwaschung erreicht werden, dabei auf Überforderung achten. Individuelle Wünsche und Gewohnheiten werden berücksichtigt und Beratung zur Hautpflege wird angeboten. Das Pflegeziel unter Beteiligung anderer Berufsgruppen und regelmäßigem Austausch (multiprofessionelles Team) zum Erfolg führen (hier: Logopädie, Ergotherapie und Krankengymnastik).

Pflegestandard Nr. 2: Teilwaschung (TW)

53

Praxis: Teilwaschung (TW) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Waschschüssel (mit Namen versehen), - Waschmittelzusatz (Syndets), Hautpflegemittel (nach Hauttyp) und auf Wunsch eine Gesichtscreme, Deodorant, Rasierwasser und Lippenpflegestift, - 3 Handtücher (eines als Sitzunterlage), - 2 Waschlappen (davon ein Einmalwaschlappen für die Intimpflege), - frische Wäsche/Kleidung (auswählen lassen), - Kamm (möglichst mit Griff) oder Haarbürste und Spiegel, - Inkontinenzhilfsmittel nach Bedarf, - Verbandsmaterial nach Bedarf, - Zellstoff oder Toilettenpapier nach Bedarf, - frische Bettwäsche nach Bedarf, - Wäschewagen, - Material für Zahn- oder Zahnprothesen-undMundpflege (PS 3), Intimpflege (PS 8) und ggf. Rasur (PS 7), - AbfallbeuteL Klienten - bei Bedarf Aufrichthilfe am Fußende oder oberhalb des Bettes anbringen, - evtl. Waschlappen mit Griff, Strumpfanzieher, - evtl. Hebelifter, Gehhilfe, Drehscheibe oder Rollstuhl (Transfer zum Waschbecken),

54 Direkte Pflege

- Toilettenartikel selber vorbereiten lassen oder Hilfestellung geben. Raum -

für angemessene Raumtemperatur sorgen, Sichtschutz (Paravent), auf den Stuhl am Waschbecken ein Handtuch legen, Ablagefläche für Wäsche, Handtücher und Toilettenartikel vorsehen.

Pflegeperson - Vorbindschürze, - Hände waschen.

I..,.JDurchführung - Durchführung möglichst am Waschbecken (Waschschüssel hineinstellen) oder im Bett (bei Oberkörperhochlagerung). Kontraindikation beachten. - Beim Aus- und Anziehen Anleitung geben, möglichst Intimpflege selber durchführen lassen (Hände waschen lassen). - Auf Wunsch Gesichtscreme, Lippenpflegestift, Kosmetika benutzen (erhöht das Selbstwertgefühl). - Bei Kontrakturen Hände sorgfältig abtrocknen. - Lagerung, Rufanlage, Hilfsmittel (Hörgerät/Brille auf Sauberkeit und Funktionalität) überprüfen.

~

Entsorgung

- Den Klienten beim Säubern und Einräumen der Waschutensilien anleiten. - Waschwasser in der Toilette entsorgen, Waschschüssel nach der Feucht-Wisch-Methode desinfizierend reinigen, dabei täglich frisches Tuch verwenden.

Pflegestandard Nr. 2: Teilwaschung (TW)

[ID

55

Qualitätssicherung

- Wahl der Hautpflegemittel entspricht dem Hauttyp; keine Hautschäden. - Hilfsmittel (zum Waschen, Kämmen, Mobilisation) werden bedürfnisorientiert eingesetzt. - Wöchentliche Evaluation (Auswertung) ermöglicht die Korrektur der Pflege-Nahziele.

[TI

Zu beachten

- Transfer vom Bett zum Waschbecken nach Bobath-Methode (nicht alleine lassen - Kollapsgefahr). - Bei Hemiplegie keinen Aufrichter benutzen (verstärkt Spastizität und vermittelt Körperasymmetrie). - Waschwasser nur bei lokaler Infektion wechseln oder wenn es zuviel Seife enthält. - Es sollen keine Waschmittelzusätze auf der Haut zurückbleiben. - Auf die richtige Dosierung von Waschmittelzusätzen achten (siehe Pflegemittel für die Körperpflege, PS 1). - Angestrebte Pflegeziele kontinuierlich und konsequent verfolgen; richtige Einschätzung zur Vermeidung von überforderu ng. - Mobilisation ist die beste Prophylaxe gegen mögliche Komplikationen.

Notizen:

56 Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 3: Mund- und Zahnpflege (MZ) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Unter der täglichen Mundpflege wird die Reinigung der Zähne und des gesamten Mundraumes, ggf. der Ektoprothese sowie die Massage des Zahnfleisches durch den Klienten oder die Pflegebezugsperson verstanden. Grundsatz Einzelne AEDL (Aktivitäten und existentielle Erfahrungen des Lebens) können wie Bausteine betrachtet werden. Sie sind miteinander vernetzt. Die Mund- und Zahnpflege hat im Rahmen der täglichen Körperpflege auf "essen und trinken", "sich pflegen", "kommunizieren" und "existentielle Erfahrungen des Lebens" entscheidende Auswirkungen. Die Mundhygiene kann als ein besonders sensibler Bereich bezeichnet werden. Neben den fachlichen Kenntnissen wird von den Pflegenden Einfühlungsvermögen und ein verständnisvoller Umgang erwartet. Unter Anleitung wird das Hygienebewußtsein gefördert, bis Selbständigkeit erreicht wird. Bei der täglichen Zahn- und Mundreinigung werden Speisereste und Plaques entfernt sowie das Zahnfleisch massiert. Die Zahnfleischmassage fördert die Durchblutung und Widerstandsfähigkeit des Zahnfleisches. Es sollen nur Zahnbürsten mit Kunststoffborsten verwendet werden (die Spitzen von Naturborsten splittern, begünstigen das Bakterienwachstum und können zu Zahnfleischverletzung führen). Zahnbürsten sollen alle 6-8 Wochen erneuert werden. Bei der Entstehung von Karies (Caries dentium) spielen exogene (äußere) Faktoren wie mangelhafte Mundhygiene, verminderte Kaufähigkeit und falsche Ernährung eine entscheidende Rolle. Beim Kauen von fester Nahrung wird die Aktivität der Wangenmuskeln und der Zunge gefördert sowie der Speichelfluß erhöht. Die Zähne haben die Aufgabe, die Nahrung abzubeißen und zu zerkleinern. Die Frontzähne dienen der Lautbildung. Im Alter bilden sich Zahnfleisch und Knochen zurück, der Zahnhals (Cervix dentis) wird sichtbar.

Pflegestandard Nr.3: Mund- und Zahnpflege (MZ)

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In die Zahnprothesen (Ektoprothesen) soll grundsätzlich der Name eingraviert werden (möglich über Zahnarztpraxis; bei Erstprothesen ist diese Leistung kostenlos). Ektoprothesen sollen nicht länger als 6 min in der Reinigungslösung belassen werden (diese kann ein Ausbleichen der Kunststoffmaterialien verursachen). Bei einer Totalprothese den Klienten über die Wichtigkeit der gleichmäßigen Kaubelastung beider Seiten aufklären. Teilprothesen werden nur zu Reinigungszwecken herausgenommen. Entzündungen im Mund-Zahn-Kiefer-(MZK)-Bereich werden nach ärztlicher Verordnung medikamentös behandelt. Spülungen mit Wasser mit oder ohne verschiedene Zusätze sowie Gurgeln helfen bei der Mundhygiene zusätzlich da, wo die Zahnbürste (auch die elektrische) nicht hinkommt. Eine Munddusche ist ebenfalls empfehlenswert. Mit dieser Vorgehensweise kann Entzündungen und Karies vorgebeugt werden. Weitere Hinweise zur vorbeugenden Mund- und Zahnhygiene enthält PS 25, Parotitis- und Soorprophylaxe. Problemstellung Die Mundhygiene wird häufig sowohl von den Pflegenden als auch von den Klienten vernachlässigt. Entzündungen der Zahnwurzel (Radix dentis) und/oder Wurzelspitze (Apex radicis dentis) können auch andere Organe im Körper befallen, z. B. die Herzklappen und die Nieren. Eine Erschwernis stellen gesundheitliche Beeinträchtigungen, gefolgt von Appetitlosigkeit (Wasser- und Körpergewichtsverlust) des Klienten dar. Die bis dato selbständig durchgeführte Mundhygiene muß u. U. wieder neu eingeübt werden. Beeinträchtigungen im Bereich der Mundhygiene können diverse Ursachen haben:

-

Erkrankungen im MZK-Bereich; Verwirrtheit; Schwersterkrankung wie Somnolenz und Koma; krankheitsbedingte orale Nahrungskarenz bei liegender PEGSonde (perkutane endoskopische Gastrostomie); Hirn- und Schlaganfall (Fazialisparese und Hemiplegie); Einnahme von Psychopharmaka und Antidepressiva (Folge: Mundtrockenheit, verminderter Speichelfluß, trockene Lippen und Apathie); Schluckstörungen (Aspirationsgefahr!); Kiefersperre (Trismus) durch Entzündung im Bereich des Kiefergelenks;

58 Direkte Pflege

- schlechtsitzende Ektoprothese oder über längeren Zeitraum nicht getragene Prothese, dadurch Druckstellen, Schmerzen und Kieferverformung (Folge: Ablehnung der Nahrungsaufnahme und der Mundpflege); - Mundatmung (trockene Mundschleimhaut). Gemäß ärztlicher Verordnung werden die krankhaften Veränderungen behandelt: Plaques: bakterielle Beläge (Speisereste, Mikroorganismen) an der Zahnoberfläche, die Zahnfleischentzündungen auslösen und die Entstehung von Zahnstein begünstigen; Ursache: mangelhafte Mundhygiene; Gingivitis: schmerzhafte Zahnfleischentzündung, bei Berührung blutend, behindert die Nahrungsaufnahme, Zahnfleisch rot und geschwollen; Ursache: mangelhafte Mundhygiene und/oder schlechtsitzende Kronenränder sowie Zahnstein; Stomatitis: schmerzhafte Zahnfleisch- und Mundschleimhautentzündung bei Zahnprothesenträgern, dadurch erschwerte Nahrungsaufnahme; Ursache: mangelhafte Mundhygiene und/oder allgemeine Abwehrschwäche; Paradontitis: Zahnbettentzündung mit Bildung von Zahnfleischtaschen, Zahnfleisch geschwollen, rot, blutet bei Berührung und löst sich vom Zahn; Ursache: mangelhafte Mundhygiene; Aphthen: häufig rezidivierende und schmerzhafte Schleimhautdefekte (Ulzerationen) bei geplatzten Bläschen, Belag oval, weiß-gelblich und mit roter Aura abgegrenzt; Ursache: allergische Reaktionen, Abwehrschwäche oder Folge einer Chemotherapie und Radiatio; Rhagaden: kleine Hautverletzungen (Risse, Schrunden) an den Lippen oder Mundwinkeln; Ursache: Vitamin- und/oder Eisenmangel; Mundsoor: Pilzerkrankung durch Candida albicans (festhaftender weißer Belag auf der Mundschleimhaut und der Zunge); Ursache: Nahrungskarenz, Folgeerscheinung nach Radiatio, Chemotherapie und/oder im späteren Aids-Krankheitsstadium (vgl. PS 25); Herpes simplex (Herpes labialis): juckende Bläschen, verursacht durch Herpes-simplex-Virus, meistens rezidivierend; Ursache: Abwehrschwäche (Erkältung und Fieber), Auswirkung von Sonne oder Streß; Parotitis: Ansiedlung von Bakterien in der Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea), sehr schmerzhaft, kann zur Kiefersperre führen; Ursache: fehlende Speichelbildung durch nicht ausreichende Kautätigkeit;

Pflegestandard Nr. 3: Mund- und Zahnpflege (MZ)

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Foetor ex ore: Bezeichnung für üblen Mundgeruch, der außer bei schlechter Mundhygiene oder Nahrungskarenz auch als Folge von Erkrankungen vorkommen kann, wie z. B. bei diabetischem Koma (Azetongeruch), bei Tumoren im MZK-Bereich, Leberkoma, Mundbodeninfektionen (Abszesse und/oder Phlegmonen) und Urämie.

Beim Verlust oder Zerbrechen der Ektoprothesen handelt es sich häufig um fahrlässiges Handeln (die erforderliche Sorgfalt wird außer acht gelassen). Der Klient hat Anspruch auf Schadenersatz. Ist bei einem Klienten Epilepsie bekannt, so bleibt der Mundkeil in der Nierenschale (zugedeckt) im Zimmer (um Zungenbiß bei einem Anfall zu vermeiden; nach Gebrauch desinfizieren und sterilisieren, erneuern). Durchführung Das Handtuch quer unter das Kinn legen. Ein Getränk anbieten. Bei der Zahnpflege werden die Außen- und Innenflächen der Zähne von den hinteren Zähnen aus nach vorne in kreisenden Bewegungen (Rot-Weiß-Technik: Massage-Effekt) etwa 3 min mit Zahnbürste und Zahnpasta gereinigt. Nierenschale an das Kinn halten und mit nach vorne gebeugtem Kopf den Mund ausspülen lassen (bei Aspirationsgefahr nicht gurgeln lassen). Zum Schluß bei Bedarf oder auf Wunsch Lippenpflegemittel auftragen. Bei der Ektoprothesenpflege wird der Klient aufgefordert, die Prothese aus dem Mund zu nehmen (Intimsphäre wahren) und sie mit der Prothesenbürste und Wasser zu reinigen. In die Nierenschale oder in das Waschbecken etwas Wasser einfüllen (die Prothese kann sonst beim Fallen zerbrechen). Anschließend gründlich mit lauwarmem Wasser abspülen, Mundspülung vornehmen und Prothese wieder einsetzen. Heißes Wasser kann die Prothese verformen. Dem Klienten die gereinigte Prothese in der Schale zum Einsetzen reichen. Bei Bedarf oder auf Wunsch Lippenpflegemittel auftragen. Die Mundpflege wird mit der Zahn- bzw. Prothesenpflege oder bei Klienten ohne Zahnersatz ebenfalls täglich durchgeführt. Tupfer an der Plastikklemme so befestigen, daß die Spitze bedeckt ist und eine Verletzung ausgeschlossen ist. Tupfer anfeuchten und Zunge, Backentaschen, Gaumen, obere und untere Zahnreihe säubern (Würgereflex vermeiden). Falls der Klient die Plastikklemme nicht toleriert, kann der Einsatz eines Mundkeils ausprobiert werden, ober eine Pflegefachperson versucht, die Mundhöhle mit den Fin-

60 Direkte Pflege

gern zu säubern. Dafür Handschuhe tragen, um den Zeigefinger der einen Hand über den Handschuh Tupfer wickeln, der andere Zeigefinger wird seitlich in den Mundwinkel eingeführt. Mittels Taschenlampe kann die Mundhöhle inspiziert werden. Mundspülung und bei Bedarf Lippenpflege durchführen. Die Zahn- oder Ektoprothesen- und Mundpflege wird unter Anleitung und mit der erforderlichen Hilfestellung durchgeführt. Bei kleinen Fortschritten Lob und Mut aussprechen. Bei Eiterherden der Zähne sowie Entzündungen in der Mundhöhle wird das Gurgeln mit Salbeiblättertee empfohlen und bei Mundschleimhautentzündung sowie Zahnfleischbluten das Trinken von Zinnkrauttee.

Zielsetzung - Bewußtsein für die Notwendigkeit der Mundhygiene verbessern; - geeignete Maßnahmen trotz Einschränkungen finden; - nach vereinbartem Pflegeplan zur Eigenständigkeit hinführen; - Kieferverformung (bei Ektoprothesenträgern) durch kontinuierliches Tragen vermeiden; - frischen Geschmack erreichen; - Vermeidung von Entzündungen und anderen Schädigungen; - orale Stimulation (bei Kau- und Schluckbeschwerden); - Sicherstellung einer beschwerdefreien Nahrungsaufnahme; - Linderung bei bestehender Erkrankung. Prophylaktische Maßnahmen - nach jeder Mahlzeit Mundhygiene durchführen; - regelmäßige Zahnarztkontrollen (einmal jährlich oder öfter); - ausgewogene Ernährung; - Beratung, Anleitung und sachgemäße Ausführung; - Anregung der Speichelbildung durch feste Speisen, zuckerfreien Kaugummi (auf Wunsch) und Pfefferminztee und/oder Kamillentee; - Mundspülungen (Gewohnheiten erfragen); - Schlucktraining durch orale Stimulation bei intakter Mund-Lippen-Region und Bestimmung der Geschmacksrichtung (auch durch Logopäden. Im Zusammenhang mit der Zahn- und Mundpflege kann mit dem Finger auf die Lippen eine für den Klienten bekannte und angenehme Flüssigkeit aufgetragen werden. Mit dieser Methode soll das gewaltsame Öffnen des Mundes vermieden werden. Die Gabe des Lieblingsgetränks mit einem kleinen Löffel stimuliert und macht neugierig);

Pflegestandard Nr.3: Mund- und Zahnpflege (MZ)

61

- bei Klienten mit Hemiplegie nach jeder Mahlzeit die Mundhöhle sorgfältig säubern, bis alle Speisereste, besonders in den Backentaschen auf der betroffenen Seite, entfernt sind. Den Mund (ggf. mittels einer Spritze mit lauwarmen Wasser) bei nach vorne gebeugtem Oberkörper ausspülen lassen.

62 Direkte Pflege

Praxis: Mund- und Zahnpflege (MZ) Durchführung durch:

examinierte Pflegeperson; bei intaktem Mundraum auch nichtexaminierte Pflegeperson nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material -

Mundpflegetablett (tgl. neu richten), Nierenschale, Zahnbürste und Zahnpasta (als Hilfsmittel evtl. Zahnpastaspender), Zahnputzbecher, Prothesenschale mit Deckel (mit Namen versehen) und Prothesenbürste, auf Wunsch Prothesenreinigungsmittel, Becher für Mundspülflüssigkeit, ggf. Strohhalm Plastikklemme (kein Metall verwenden!) für Tupfer, Mundkeil (vorsterilisiert), abgedeckter Behälter mit mehreren Tupfern, Handschuhe Lösung zum Säubern der Mundhöhle und der Zunge, Taschenlampe, Waschlappen, Handtuch, Papierhandtücher, Lippenpflegestift, ggf. Gesichtscreme, AbfallbeuteL

Klienten - Hoch- oder Seitenlagerung im Bett oder am Waschbecken (je nach Gesundheitszustand).

Pflegestandard Nr. 3: Mund- und Zahnpflege (MZ)

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Raum

- benötigtes Material in Reichweite stellen, - Sitzmöglichkeit am Waschbecken. Pflegeperson

- hygienische Händedesinfektion (Übertragungsgefahr durch Eigen- und Fremdkeime, lange und lackierte Fingernägel bergen Bakterien, Risse und Schmutzreste), - Schutzhandschuhe bei Ektoprothesenreinigung.

J.... J

Durchführung

Zahnpflege

- Rot-Weiß-Technik (Massage-Effekt). Prothesenpflege

- Ektoprothese über Waschbecken oder Nierenschale mit Wasser reinigen (zerbrechlich), mit lauwarmem Wasser abspülen, in der Schale dem Klienten reichen. Mundpflege

- Backentaschen säubern, mittels Taschenlampe überprüfen, - Mundspülung (Mittel auf Wunsch des Klienten auswählen) und gurgeln bei erhöhter oder Seitenlagerung oder am Waschbecken.

lS:J

Entsorgung

- Anleitung des Klienten beim Aufräumen von persönlichen Utensilien, - Lagerung überprüfen (Lagerungsplan beachten) und Klingel in Reichweite (prüfen), - Mundkeil nach Gebrauch desinfizieren und sterilisieren.

64

Direkte Pflege

[ ] ] Qualitätssicherung

- Eigenständigkeit wird durch die aktivierenden Maßnahmen gefördert (der Klient fühlt sich kompetent und sicher). - Durch intakte Mundhöhle und saubere Zähne wird das Wohlbefinden des Klienten erreicht, und mögliche Schäden werden vermieden. - Immer gleiche Vergehensweise vermeidet Verwirrung. - Als Orientierungshilfe und zur Ergebnisauswertung (Soll-IstVergleich) dient die exakte Beschreibung im Pflegeverlaufsbericht.

Zu beachten - Nur Zahnbürsten mit Kunststoffborsten verwenden. - Regelmäßige Reinigung von Ektoprothesen-Schalen. - Nicht richtig sitzende Ektoprothesen herausnehmen (Zahnarzttermin vereinbaren). - Namenseingravierung (Ektoprothesen) ist zwingend erforderlich. - Bei Mundspülung/Gurgeln Hoch- oder Seitenlagerung (sonst Aspirationsgefahr). - Elektrische Zahnbürsten oder Mundduschen sind empfehlenswert. - Zahnbürsten alle 4-6 Wochen erneuern.

Notizen:

Pflegestandard Nr. 4: Augenpflege (AP)

65

Pflegestandard Nr. 4: Augenpflege (AP) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen: Unter der Augenpflege wird das Waschen der Augen, die Applikation von Augentropfen und/oder Augensalbe, die Pflege von Brillen, Kontaktlinsen und Augenprothesen sowie Notfallmaßnahmen verstanden. Die Augenpflege dient zum Schutz, der Prophylaxe und/ oder der Heilung des äußeren Auges. Grundsatz Eines der 5 Sinnesorgane (neben der Nase, den Ohren, der Zunge und der Haut) sind die Augen. Das Sehen stellt das dominierende menschliche Sinnesorgan dar. Neben dem verbalen Kommunikationsmittel - Sprache - stellen die Augen eine wichtige nonverbale Beziehung zwischen den Menschen her. Das visuelle Wahrnehmungsvermögen wird dem AEDL-Bereich "Kommunikation" zugeordnet. Darüber hinaus sind die Bereiche "sich bewegen", "für eine sichere Umgebung sorgen", "soziale Bereiche des Lebens sichern" und "mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen" vom guten und ausreichenden Sehen abhängig. Die innere hintere Wand des Augapfels (Bulbus oculi) ist mit der Netzhaut (Retina) versehen. Auf ihr entstehen Bilder, die wir sehen. Der Sehnerv (Nervus opticus) leitet diese Informationen zur Weiterentwicklung an das Gehirn. Die Zerstörung des Sehnervs bedeutet die Erblindung auf dem betroffenen Auge. Die Augen können als eines der sensibelsten Organe des menschlichen Körpers bezeichnet werden. Daher ist eine behutsame und sorgfältige Pflege äußerst wichtig.

66

Direkte

Problemstellung Das häufigste Problem im Alter stellt die Einschränkung oder Unfähigkeit, die Umwelt wahrzunehmen, dar. Dies hat zur Folge, daß der betroffene Mensch sich ängstlich, unsicher, isoliert fühlt und manchmal mit Reizbarkeit reagiert. Das wird besonders in einer fremden Umgebung (z. B. beim Umzug ins Heim), bei Halbseitenlähmung (z. B. nach einem Schlaganfall oder nach bestimmten Hirnoperationen) und/oder bei bestehender Erblindung deutlich. Hier liegen Einschränkungen in fast allen AEDL-Bereichen vor. Des weiteren stellen die nachstehenden krankheitsbedingten Begleiterscheinungen Einschränkungen des Sehvermögens dar: Grauer Star (Katarakt) ist eine Trübung der Augenlinse, bedingt durch eine Stoffwechselstörung. Die Sehschärfe für die Nähe läßt nach. Der graue Star kann auf einem oder beiden Augen auftreten und ist häufig bei Diabetes mellitus zu beobachten; hier kann er schon ab dem 40. Lebensjahr beginnen. Bei der Cataracta traumatica als Folge eines Unfalls wird als einzige Therapiemaßnahme eine Operation angesehen. Grüner Star (Glaukom) ist ein krankhaft erhöhter Augeninnendruck Durch den Druck kann der Sehnerv geschädigt werden, was bis zur Erblindung führen kann. Bindehautentzündung (Konjunktivitis) wird durch eine Verletzung, einen Fremdkörper, eine Allergie oder eine Infektion (der Erreger muß festgestellt werden) hervorgerufen. Die Inkubationszeit beträgt teilweise bis zu 2 Wochen. Symptome der Konjunktivitis sind: Rötung der Bindehaut, Brennen, Jucken, Empfindlichkeit auf Licht und Druck in den Augen. Hornhautaustrocknung ist eine Folge mangelhaften Lidschlusses (z. B. bei Fazialislähmung oder Bewußtlosigkeit). Vorbereitung und Durchführung Augenpflege Brillenpflege Kontaktlinsenpflege Augenprothesenpflege Augentropfen Augensalbe Besonderheiten/Notfälle

Pflegestandard Nr.4: Augenpflege (APJ

67

Augenpflege

Sie wird im Rahmen der direkten Pflege (PS 2) täglich oder nach ärztlicher Verordnung durchgeführt. Die Augen werden mit Wasser (kalt oder warm ohne Zusatzmittel) vom äußeren zum inneren Augenwinkel gewaschen (Vorsicht bei fehlendem Lidschlag oder bei mangelhaftem Lidschluß). Brillenpflege

Es ist immer auf Sauberkeit der Brillengläser zu achten (regelmäßige Reinigung mit Reinigungstüchern oder Spülmittel). Des weiteren soll die Brille immer in Reichweite liegen (Brillenetui). Als Hilfsmittel zum Lesen kann auch eine Lupe dienen. Diese und andere Hilfsmittel werden vom Augenarzt nach Überprüfung und Beurteilung der Behinderungen verordnet. Kontaktlinsenpflege

Das Einsetzen und Entfernen von Kontaktlinsen wird möglichst dem Klienten überlassen. Wenn er Hilfe benötigt, wird diese Pflegeleistung von der Pflegebezugsperson übernommen. Diese muß sich dafür über die Art der Kontaktlinse informieren und sich mit den Pflegeprodukten vertraut machen. Für die Kontaktlinsenpflege ist eine geübte und sorgfältige Vorgehensweise notwendig. - Hände waschen, - weiche Unterlage unter das Gesicht legen oder halten lassen, - mit der einen Hand werden die Augenlider gespreizt, mit der anderen Hand werden die harten Kontaktlinsen in der Regel mittels Sauger (wird mit Reinigungsmittel vom Hersteller verkauft) entfernt, weiche Kontaktlinsen können vorsichtig mit den Kuppen von Daumen und Zeigefinger herausgenommen werden (dabei erst leicht zusammendrücken). - Auf die Linse innen und außen einige Tropfen Reinigungsmittel geben und sanft mit den Fingern verreiben. Das Reinigungsmittel muß anschließend entweder neutralisiert oder abgespült werden. Mit einer Kombi-Lösung erübrigt sich das tägliche Abspülen und Desinfizieren der Kontaktlinsen, da alle 3 Vorgänge mit dieser einen Lösung möglich sind. - Zum Einsetzen werden die Linsen auf die Kuppe des Zeige- oder Mittelfingers gelegt und dann auf die Hornhaut gesetzt. Nur weiche, hoch wasserhaltige Kontaktlinsen können auch nachts getragen werden.

68 Direkte Pflege

- Die gereinigten Linsen werden in getrennten Behältern (für das rechte und das linke Auge) trocken oder naß aufbewahrt. Bei feuchtem Behälter wird die Lösung täglich gewechselt und der Behälter bei Bedarf gereinigt. Augenprothesenpflege

Falls der Klient die Augenprothese nicht alleine versorgen kann, wird diese Pflegeleistung von der Pflegebezugsperson übernommen: - Hände waschen. - Weiche Unterlage unter das Gesicht legen oder halten lassen (Glasauge ist zerbrechlich). - Das Herausnehmen und das Einsetzen erfolgt in liegender Position. - Um die Augenprothese herauszunehmen, bitten wir den Klienten, nach oben zu schauen, ziehen das Unterlid nach unten und nehmen das Glasauge vorsichtig mit den Fingern oder mittels eines dafür vorgesehenen Glasstabes heraus. - Das Glasauge und die Augenhöhle werden mit lauwarmem Wasser täglich gereinigt und anschließend mit einem weichen Baumwolltuch abgetrocknet (das Prothesenmaterial kann bei großen Temperaturunterschieden leiden). - Beim Wiedereinsetzen der Augenprothese schaut der Klient nach unten, wobei die Pflegeperson das Oberlid nach oben zieht. Das Einsetzen erfolgt mit den Fingern oder dem Glasstab. - Die Augenprothese kann rund um die Uhr getragen werden. Augentropfen

Augentropfen werden nach ärztlicher Verordnung verabreicht (was? -wann? - wieviel?): - Hände waschen. - Überprüfen: Name des Präparats, Zeitpunkt, Dosierung und Verfallsdatum. - Augentropfen sollen handwarm und mit dem Namen des Klienten versehen sein. - Der Kopf ist leicht nach hinten gebeugt, das Unterlid wird mittels eines Tupfers vorsichtig nach unten gezogen und die angeordnete Tropfenanzahl senkrecht in den unteren Bindehautsack verabreicht. - Um das Verteilen der Flüssigkeit zu ermöglichen, bleibt das Auge für einige Sekunden geschlossen, evtl. auslaufende Flüssigkeit wird mit einem Tupfer abgewischt.

Pflegestandard Nr.4: Augenpflege (AP)

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- Wichtig: Bei der Gabe von Augentropfen ist darauf zu achten, daß der Augapfel nicht berührt wird (Verletzungsgefahr!}. - Die Haltbarkeitsdauer von Augentropfen beträgt 6 Wochen vom erstmaligen Öffnen der Flasche an (deshalb Flasche bei Anbruch mit Datum versehen). Augensalben Die Gabe von Augensalben erfolgt nach Verordnung des Arztes (was?- wann?- wieviel?}: - Hände waschen. - Überprüfen: Name des Präparates, Zeitpunkt und Menge. - Augensalben sollen nicht kühl gelagert werden und sind mit dem Namen des Klienten zu versehen. - Der Kopf ist leicht nach hinten gebeugt, das Unterlid wird mittels eines Tupfers vorsichtig nach unten gezogen und die angeordnete Salbenmenge vom inneren zum äußeren Augenwinkel in den Bindehautsack verabreicht. - Falls sowohl Augentropfen als auch eine Augensalbe verordnet sind, so werden zuerst die Tropfen verabreicht. Bei Verordnung von zwei Augensalben sollten die beiden Verabreichungen in Sminütigem Abstand erfolgen. - Wichtig: Unabhängig davon, ob das Auftragen der Augensalbe mit einem Glasstäbchen oder direkt aus der Tube erfolgt, ist immer darauf zu achten, daß der Augapfel nicht berührt wird (Verletzungsgefahr; Kontamination möglich!}. - Verfallsdatum der Augensalbe beachten. Besonderheiten/Notfälle Infektionsbedingte Konjunktivitis Vermehrte Sekretion führt zur Verklebung und Verkrustung der Augen. Die Augenpflege erfolgt nach ärztlicher Verordnung (was?wann?- wieviel?). Hierbei ist auf eine aseptische (keimfreie) Vorgehensweise zu achten: - Tablett; - Händedesinfektion vor und nach der Durchführung der Pflegemaßnahme; - sterile Handschuhe; - Name des Präparates, Zeitpunkt und Dosierung überprüfen; - kleiner steriler Behälter; - Aqua destillata - handwarm oder nach ärztlicher Verordnung;

70

Direkte

- 1 Kompresse;

-

1-2 sterile Pinzetten; 4-6 sterile Tupfer; Augentropfen/ Augensalbe laut Verordnung; AbfallbeuteL

Der Klient sitzt während der Augenreinigung (mögliche Kontraindikation beachten). Handschuhe anziehen. Mittels Pinzette die Tupfer in dem Behälter mit dem Aqua destillata tränken. Die Reinigung erfolgt bei geschlossenen Augen, dabei für jeden Wischvorgang einen frischen Tupfer verwenden. Mit der Kompresse wird eventuell auslaufende Flüssigkeit aufgefangen. Augentropfen/Augensalbe nach Verordnung. Augenpflege bei fehlendem oder unvollständigem Lidschluß (Vorbeugung gegen Hornhautaustrocknung) - Tablett; - Händedesinfektion; - Name des Präparates, Zeitpunkt und Dosierung überprüfen; - Augensalbe (nach ärztlicher Verordnung); - gebrauchsfertiger Uhrglasverband (um feuchte Kammer zu erzeugen); - bei Bedarf Wundbenzin, ggf. Äther, um Pflasterreste zu entfernen; - 2-3 Tupfer; - Nierenschale;

Augensalbe auftragen (siehe oben). Der Uhrglasverband muß am Rand der Augenhöhe angebracht werden; er soll so fixiert sein, daß die Augenbrauen nicht bedeckt sind. Das Zimmer lüften. Augenverletzungen Bei einer Augenverletzung sofort den zuständigen Arzt benachrichtigen. Zum sogenannten Brillen-(Monokel-)Hämatom (Unterblutung der Augenlider) kann es bei einem Sturz kommen. Hierbei ist an eine Schädelbasisfraktur zu denken (Röntgen-Kontrolle). Im Falle einer stumpfen Augenverletzung die Augen mit einer Kompresse abdecken und verbinden (kein Druckverband). Der Verband dient der Ruhigstellung des Auges. Bei einer Verätzung wird das (die) Auge(n) sofort mit Wasser ausgiebig (vom inneren zum äußeren Augenwinkel) ausgespült (Seitenlage- erst das eine, dann das andere Auge). Augenverband anlegen und ärztliche Anordnung abwarten.

Pflegestandard Nr. 4: Augenpflege (AP)

71

Zielsetzung Wie schon im Grundsatz beschrieben, werden die betroffenen AEDL-Bereiche berücksichtigt, um das Vertrauen, die Sicherheit und das Wohlbefinden des Klienten zu erreichen. Die Bedürfnisse, Möglichkeiten und Defizite des Klienten werden ermittelt mit dem Ziel - trotz mancher irreversibler Einschränkungen -, die Autonomie und die Lebensqualität des Klienten zu erhalten oder wiederzugewinnen. Da die anderen Sinne wie Tasten, Riechen, Schmecken und bedingt Hören weitestgehend ausgeprägt sind, werden diese weiterhin stimuliert (Bienstein, Fröhlich 1994). Ein blinder oder stark sehbehinderter Klient trägt als Orientierungshilfe für die Mitmenschen eine gelbe Armbinde (versehen mit drei schwarzen Punkten) und einen weißen Blindenstock

72 Direkte Pflege

Praxis: Augenpflege (AP) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung (Punkt 1-2); examinierte Pflegeperson (Punkte 3-7)

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Es bedarf keiner besonderen Materialvorbereitung. Der Klient wird über die bevorstehende Pflegemaßnahme informiert. Raum- und persönliche Vorbereitung wie bei der allgemeinen Körperpflege.

1.,..1 Durchführung Augenpflege:

vom äußeren zum inneren Augenwinkel waschen. Brillenpflege: regelmäßige Reinigung der Brillengläser durchführen. Kontaktlinsenpflege: siehe ausführlicher Standard. Augenprothesenpflege: siehe ausführlicher Standard. Augentropfen: überprüfen (was? - wieviel?); Applikation in Bindehautsack Augensalbe: überprüfen (was? - wieviel?); Applikation vom inneren zum äußeren Augenwinkel in den Bindehautsack Augenpflege bei fehlendem oder unvollständigem Lidschluß und Augenverletzung: siehe ausführlicher Standard.

Pflegestandard Nr.4: Augenpflege (AP)

~

73

Entsorgung

Benutzte Pinzetten, Behälter und die Nierenschale nach Desinfektion sterilisieren; Lagerung und das Befinden des Klienten überprüfen.

[[] Qualitätssicherung Indem aseptisch gearbeitet wird, Orientierungshilfen gegeben werden, ausreichende Lichtverhältnisse auch nachts vorhanden sind und Unfallrisiken vermieden werden (z. B. vertraute Raumgestaltung, Flure frei von Stolpergefahren), kann die Qualität gewährleistet und gesichert werden.

[I]

Zu beachten

- Bei Hinweis auf Sehverschlechterung die Sehschärfe durch den Augenarzt überprüfen lassen (nicht bagatellisieren). - Die Gabe von Augensalben behindert das Sehen und erhöht die Sturzgefahr. - So wie bei Medikamenten gilt auch hier: Dem richtigen Klienten das richtige Mittel am richtigen Ort und zum richtigen Zeitpunkt applizieren. - Bei Konjunktivitis unter aseptischen Bedingungen arbeiten und Schutzhandschuhe tragen. - Bei fehlendem oder unvollständigem Lidschluß Hornhautverletzung möglich, da Cornealreflex fehlt.

Notizen:

74 Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 5: Ohrenpflege (OP) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen: Ohrenpflege wird im Rahmen der Körperpflege durchgeführt. Darunter wird das Reinigen der äußeren und hinteren Ohrmuschel, die Applikation von Ohrentropfen/-salbe und die Hilfestellung im Umgang mit Hörgeräten verstanden. Grundsatz Das Hörorgan ist eines der 5 Sinnesorgane und gleichzeitig das wichtigste menschliche Kommunikationsmittel. Es besteht aus:

dem äußeren Ohr als Schalltrichter mit Ohrmuschel (Auricula), äußerem Gehörgang (Meatus acusticus externus) und Trommelfell (Membrana tympani), dem Mittelohr als Verstärkerapparat mit Paukenhöhle (Cavitas tympanica) - darin Hammer (Malleus), Amboß (Incus) und Steigbügel (Stapes) -, Ohrtrompete (Tuba auditiva) und Nebenhöhlensystem, dem Innenohr als Gleichgewichtsorgan, das die eintreffenden Reize aufnimmt, Lautstärke, Höhe und Klangfarbe analysiert und differenziert; hier befinden sich Labyrinth, Schnecke (Cochlea) und Bogengangsystem (Ductus semicirculares). Die Anatomie des äußeren Gehörganges ist so angelegt, daß eine Manipulation vom äußeren Ohr aus, etwa mit einem Watteträger oder einer Haarspange, das Trommelfell kaum erreichen kann. Der Weg bis zum Trommelfell beträgt 2,5-3,5 cm. Die Wände des Gehörganges sind mit einem bräunlichen Sekret (Cerumen) überzogen. Der Gehörgang verläuft bei einem erwachsenen Menschen S-förmig. Gelegentlich sich bildende Pfröpfe können das Hörvermögen beeinträchtigen. Das Hören wird den AEDL-Bereichen "kommunizieren", "sich bewegen", "soziale Bereiche des Lebens sichern" und "mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen"

Pflegestandard Nr. 5: Ohrenpflege (OP)

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zugeordnet. Die Voraussetzung für eine autonome Lebensführung ist die Möglichkeit der Wahrnehmung in diesen Bereichen. Problemstellung Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) oder Taubheit (Kophosis), d. h. die vollständige Unfähigkeit, akustische Signale wahrzunehmen, stellen eine erhebliche Behinderung im Ablauf des täglichen Lebens eines älteren Menschen dar. Ein Klient, der seine Umwelt nur teilweise oder gar nicht wahrnehmen kann, der auf die direkte Ansprache, auf die visuelle (Ablesen vom Mund) und nonverbale Äußerung (Körpersprache) angewiesen ist, ist in seiner Lebensqualität eingeschränkt. Vermindertes Hörvermögen führt zu Unsicherheit und häufig zu seelischer Einsamkeit. Für die Betroffenen besteht die Gefahr der Isolation. Diese und andere funktionelle Einbußen bedürfen sogenannter Copingstrategien (Bewältigung des veränderten Alltags). Diese können mit Unterstützung aller an der Betreuung Beteiligter erreicht werden. Das Hörvermögen läßt im Alter nach. Es wird durch falsche Ernährung, Infektionen, Einnahme von diversen Medikamenten, Alkohol, Nikotin, Hypertonie und Altersdiabetes noch zusätzlich beeinträchtigt. Einen Einfluß auf die Pflege haben symptomatische Begleiterscheinungen der verschiedenen Erkrankungen: Schwindel (Vertigo) sowie Gleichgewichtsstörungen und dadurch bedingte Ataxie (Bewegungskoordinationsstörung). Diese Klienten sind sturzgefährdet. Beim Schwindel handelt es sich um den Verlust der räumlichen Orientierung. Als Notfallsituationen gelten der Hörsturz (plötzliche Gehörabnahme oder Ertaubung), Blutung aus dem Ohr (Otorrhoe, oder verursacht durch lange, spitze Gegenstände; als Folge nach einem Sturz ist an Schädelbasisfraktur zu denken). Durchführung Ohrenpflege 0 hrentropfen/ 0 hrensalben Versorgung von Hörgeräten Die Ohrenpflege wird nicht als Einzelleistung angeboten. Sie wird in die Teilwaschung, Ganzwaschung, das Duschen, Baden oder in die Haarwäsche mit integriert. Die Ohrmuschel nach oben anheben und mit dem weichen Teil des Waschlappens waschen, ebenso den

76

Direkte

Bereich hinter dem Ohr, und abtrocknen. Für die Entfernung von möglichem Ohrschmalz keine Ohrstäbchen verwenden (kann zu chronischer Mittelohrentzündung führen). Die Produktion von Ohrenschmalz ist nicht als pathologisch anzusehen. Bei vollständigem Verschluß des äußeren Gehörganges durch einen Pfropf und dadurch bedingte Schwerhörigkeit wird dieser von einem HNO(HalsNasen-Ohren)-Arzt mittels einer Spülung entfernt. Bei einer Ohrentzündung soll erst nach Rücksprache mit dem Arzt (und Nachlassen der Beschwerden) die Ohrenwäsche vorgenommen werden. Ohrentropfen/Ohrensalben werden nach ärztlicher Verordnung appliziert (was? - wann? - wieviel?). Ohrentropfen/-salben werden nicht kühl gelagert (Körpertemperatur). Der Klient liegt auf der Seite. Die Ohrmuschelleicht nach hinten oben ziehen und die verordnete Tropfenzahl/Salbenmenge applizieren. Anschließend soll der Klient etwa 15 min auf der Seite liegen bleiben. Das Ohr wird nicht abgedeckt (keine Kompresse oder Watte). Ohrentropfen/-salben sind mit dem Namen des Klienten zu versehen, bei Anbruch der Flasche ist das Datum einzutragen (Verwendungsdauer von Tropfen bis max. 6 Wochen nach Anbruch, bei Ohrensalbe auf Verfallsdatum achten). Versorgung von Hörgeräten: Hörgeräte sind Hilfsmittel (Prothesen) und dienen als technische Unterstützung, als Hörhilfe. Die Indikation für ein Hörgerät (ein- oder beidohrig) liegt bei einer Innenohrschwerhörigkeit vor, die mit Medikamenten oder Operation nicht beseitigt werden kann. Sofern das Hörgerät neu angepaßt wird, muß der Hörgeräte-Akustiker Handhabung und Reinigung erklären, und es bedarf einer Eingewöhnungszeit. Hörgeräte sollen vor Feuchtigkeit (Entfernen beim Duschen, Baden und Haarewaschen), Hitze und Sprays mittels eines Trockenbeutels (Trockenhalten des Hörgerätes) geschützt werden. Der Schallschlauch soll etwa alle 2-4 Monate erneuert werden (wird durch Schweiß und Witterung hart). Mindestens einmal im Jahr soll das Hörgerät vom Hörgeräte-Akustiker überprüft werden. Ist das Ohrpaßstück nicht richtig eingesetzt, der Lautstärkeregler zu hoch eingestellt oder befindet sich Ohrschmalz im Gehörgang, so kann es zu Pfeiftönen kommen. Bei täglicher Benutzung des Hörgerätes ist es erforderlich, die Batterie alle 8-10 Tage zu erneuern (für Vorrat sorgen). Wird das Gerät über einen längeren Zeitraum nicht benutzt, sollte die Batterie aus dem Gerät herausgenommen werden. Fast jedes Hörgerät hat einen Lautstärkeregler und einen Korn-

bischalter mit "0" für ausschalten, "T" für Telefon (der Schall aus dem Telefonhörer wird direkt in das Hörgerät geleitet) und "M" für Mikrofon. Es gibt verschiedene Hörgerätearten auf dem Markt, die individuell den Bedürfnissen angepaßt werden: HdO (Hinter-dem-Ohr)-Geräte

Reinigung: Hörschlauch und Ohrpaßstück täglich oder mehrmals in der Woche über Nacht in ein Gefäß/einen Becher mit handwarmem Wasser und Brausetablette/Lösungsmittel legen. Unter fließendem, handwarmem Wasser gut abspülen, Hörschlauch und Ohrpaßstück mit Gummiball trockenpusten. Otoplastik vor dem Einsetzen dünn mit dafür vorgesehener Paste eincremen (Vermeiden von Druckstellen im Gehörgang). IO (Im-Ohr oder Im-Gehörgang)-Geräte

Reinigung: Trockenreinigung mit einem Bürstchen, mit einem Klinextuch (in Alkohol getränkt) oder speziellen Reinigungssprays einmal wöchentlich oder, wenn sich Cerumen und Schweiß ansammelt, öfter. Hörbrillen

Es gibt Knochenleitungs-Hörbrillen, bei denen ein dünner, transparenter Schallschlauch zum Ohr führt (die Ohren werden nicht mit einem Ohrpaßstück verschlossen), und Hörbrillen mit Ohrstück am Bügel. Reinigung: Die Knochenleitungs-Hörbrillen werden wie Iü-Geräte gereinigt, bei Hörbrillen mit Ohrstück am Bügel wird das Ohrstück wie ein Hdü-Gerät gereinigt.

Zielsetzung Da die zwischenmenschliche Kommunikation bei einem Hörbehinderten eingeschränkt ist, bedarf es neben der Empathie auch einer nonverbalen Zuwendung (Hautkontakt). Eine gute, vertrauensvolle Beziehung zu dem Klienten kann nur mit Verständnis und Bemühen aller an der Betreuung Beteiligter und regelmäßigem Informationsaustausch erreicht werden. Des weiteren sollen die noch verfügbaren Möglichkeiten in anderen AEDL-Bereichen aktiviert, genutzt und gestärkt werden. Denn durch die volle Integration in den täglichen Lebensablauf kann die Lebensfreude und Lebensqualität des Klienten erreicht werden. Die Pflegebezugsperson hat vielfältige Aufgaben. Neben der fachkundigen Betreuung und Pflege soll sie bei der Ohrenpflege z. B. auch beratend tätig sein. Eine selbständige Reinigung des Ge-

78 Direkte Pflege

hörganges mit einem festen Gegenstand (z. B. Strick-/Häkelnadel) ist verboten. Solche Manipulationen am Ohr führen zu Verletzungen und Bildung von Furunkeln oder Ekzemen und werden meistens aus Unwissenheit vorgenommen. Als weiteres Pflegeziel wird bei einer bestehenden Entzündung die bestmögliche Schmerzlinderung und ein intaktes Hören angestrebt.

Pflegestandard Nr. 5: Ohrenpflege (OP)

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Praxis: Ohrenpflege (OP) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung; die Applikation der Ohrentropfen/-salben erfolgt durch examinierte Pflegepersonen

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Es bedarf keiner besonderen Material-Vorbereitung. Der Klient wird über die bevorstehende Pflegemaßnahme informiert. Raumund persönliche Vorbereitung wie bei der allgemeinen Körperpflege.

1...,.1

Durchführung

- Die Ohrmuschel nach oben anheben, mit dem weichen Teil des Waschlappens auch hinter dem Ohr waschen und trocknen (keine Wattestäbchen verwenden). - Entfernung eines Ohrschmalzpfropfens (mittels Spülung) obliegt dem HNO-Arzt (nicht mit spitzen Gegenständen manipulieren). - Ob eine Ohrwäsche bei bestehender Entzündung indiziert ist, entscheidet der zuständige Arzt. - In Seitenlage die Ohrentropfen/-salbe körperwarm applizieren und den Klienten etwa 15 min auf der Seite liegen lassen (Haltbarkeitsdauer der Medikamente beachten). - Hörgeräteversorgung siehe ausführlicher Standard.

80

Direkte Pflege

~

Entsorgung

- Ohrentropfen/-salbe in dem dafür vorgesehenen Medikamentenschrank deponieren.

[ID

Qualitätssicherung

Die Lebensqualität des Klienten wird unter Einhaltung der Pflegerichtlinien, Beachtung der Behinderung (MdE = Minderung der Erwerbsfähigkeit) und durch fachgerechte Beratung gesichert.

Zu beachten • Umgang mit Hörbehinderung Dem Klienten zugewandt, langsam, deutlich und evtl. mittels Gestik sprechen, bei Bedarf wiederholen oder aufschreiben.

• Bei einer Blutung und Liquorrhöe (Ohrenfluß) aus einem Ohr einen sterilen, trockenen Verband anlegen (Sofortmaßnahme) und den zuständigen Arzt verständigen. • Umgang mit Hörgeräten

- Nie das ganze Hörgerät in die Reinigungslösung legen. - Hörgeräte dürfen weder vertauscht (falsches Ohr) noch an andere weitergegeben werden. - Auf korrekten Sitz des Ohrpaßstückes achten (sonst Druckstellen). - Das Hörgerät soll während einer Heilbehandlung mit Elektrotherapiegeräten nicht getragen werden. - Fürsorgepflicht beachten (Funktionalität und Aufbewahrung). - Leere Batterien (Knopfzellen) werden in einer RecyclingBox entsorgt.

Pflegestandard Nr.6: Nasenpflege (NP)

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Pflegestandard Nr. 6: Nasenpflege (NP) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Die Nasenpflege umfaßt die Reinigung der Atemwege sowie vorbeugende Maßnahmen (keine Hautdefekte) bei Klienten mit Magen- oder Sauerstoffsonde (Oz-Sonde) und Schwerkranken, die diese nicht eigenständig durchführen können. Grundsatz Ohne die Atmung wäre die Existenz des Lebens nicht möglich. Bei der Einatmung (Inspiration) wird der Organismus mit Sauerstoff (0 2 ) versorgt, und bei der Ausatmung (Exspiration) wird Kohlendioxid (COz) ausgeschieden. Die Atmung erfolgt über die Nase oder den Mund. Die Nase bildet den Anfang bzw. das Ende der Atemwege als eines der 5 Sinnesorgane. Die Aufgabe der Nase ist es, die Luft, die eingeatmet wird, durch die Flimmerhärchen und die Schleimhaut anzufeuchten, anzuwärmen und Staubteilchen herauszufiltern. Der gesunde Mensch reinigt die Nase durch das Schneuzen (Taschentuch) oder während der täglichen Toilette. Der bettlägrige, wache, orientierte und der mobile Klient können die Nasenpflege bei entsprechender Anleitung auch eigenständig durchführen. Die Nase ist ein Riechorgan und wird den AEDL-Bereichen "vitale Funktionen aufrecht erhalten", "sich pflegen" und "essen und trinken" (Sondenkost) zugeordnet. Die Indikation für das Legen von nasalen Sonden (Magen- oder Sauerstoffsonde) obliegt dem Arzt. Das Legen der Magensonde kann außer therapeutischen (Ernährung, Medikamentengabe) auch diagnostische Gründe haben. Problemstellung Bei liegender nasogastraler Sonde, OrSonde, Erkrankungen der Nasenhöhle, SHT (Schädel-Hirn-Trauma), nach Schlaganfall, bei Bewußtlosen, Verwirrten und Schwerkranken wird die Nasenpflege von der Pflegebezugsperson durchgeführt. Eine Verweilnasensonde ist ein Fremdkörper, der als sehr unangenehm empfunden wird.

82

Direkte Pflege

Von seiten der Pflegebezugsperson ist Empathie (Einfühlungsvermögen) und eine behutsame Vorgehensweise bei der Versorgung erforderlich. Durch unsachgemäße Pflegeintervention können Schäden entstehen, z. B. Aspirationspneumonie (Sekret wird aspiriert oder durch Rückfluß von Mageninhalt in den Bronchialraum transportiert). Durchführung Bei einer Magensonde wird die Nasenpflege (wenn nicht anders indiziert) einmal täglich durchgeführt. Sauerstoff (Oz-Sonde) wird meistens intermittierend (mit Unterbrechung) und nach schriftlicher Verordnung vom Arzt gegeben. Die Nasenpflege bei OrSonde und Magensonde ist identisch. Das Handtuch wird quer unter das Kinn gelegt und die Nierenschale dem Klienten gereicht. Fixierung von der Sonde behutsam lösen (bei Bedarf Tupfer, getränkt mit Reinigungsbenzin oder ggf. Äther verwenden). Schutzhandschuhe anziehen. Pflasterreste ggf. entfernen (unangenehmer Geruch für Klienten). Danach wird die Magensonde 1 cm zurückgezogen und die Nasenöffnung mit angefeuchtetem Watteträger (für jeden Nasenflügel einen Watteträger benutzen) gereinigt (von möglichen Borken befreien). Der Vorgang kann bei Bedarf mehrmals wiederholt werden. Die Magensonde wird zurückgeschoben und gegenläufig an Sonde und Nase neu fixiert (an der Stirn, ggf. seitlich an der Wange). Nasentropfen/-salbe applizieren. Wie lange die Nasentropfen/-salbe gegeben werden sollen, entscheidet der Arzt. Die Lage der Magensonde soll überprüft werden: Mit 10-ml-Spritze Magensaft anziehen oder 10 ml Luft einspritzen, mit dem Stethoskop überprüfen, ob Geräusche zu hören sind, und Durchgängigkeit kontrollieren. Zielsetzung - freie Nasenwege und störungsfreie Atmung, - keine Verletzungen und Schäden zufügen, - Sicherheit und Zufriedenheit erreichen, - Nasendekubitusprophylaxe bei täglicher Pflege der Magensonde: hautfreundliche Pflaster, Wechsel der Fixierungslage und keinen Zug verursachen, OrSonde: hautfreundliche Pflaster, Wechsel der Fixierung, kein Zug und Sondenansatz mit Schaum, - Schmerzlinderung und Abbau der Angst.

Pflegestandard Nr. 6: Nasenpflege (NP)

83

Praxis: Nasenpflege (NP) Durchführung durch:

nur examinierte Pflegepersonen

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Tablett, - Behälter mit warmem Wasser, Pflegeöl (oder nach ärztlicher Verordnung), - Nierenschale, - Nasentropfen und/oder Nasensalbe (nach ärztlicher Verordnung}, - 4-6 sterilisierte Watteträger, - Handtuch, - AbfallbeuteL Bei einer Nasensonde werden zusätzlich vorbereitet: - hautfreundliche Heftpflaster, - Schere, - 2-3 unsterile Tupfer, - Reinigungsbenzin (ggf. Äther). Klienten - Oberkörperhochlagerung (Kontraindikation beachten!), ggf. 30-Grad-Lagerung. Raum - Sichtschutz. Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion, - Schutzhandschuhe.

84 Direkte Pflege , .... J

Durchführung

- Möglichst erhöhte Oberkörperlagerung schaffen. - Fixierung behutsam lösen (Tupfer mit Reinigungsbenzin, ggf. Äther getränkt), Schutzhandschuhe anziehen, evtl. Pflasterreste entfernen. - Magensonde 1 cm zurückziehen, für jeden Nasenflügel einen angefeuchteten Watteträger benutzen, und Nase von möglichen Borken befreien. - Magensonde zurückschieben, gegenläufig an Sonde und Nase fixieren, Nasentropfen/-salbe applizieren, die Lage der Magensonde überprüfen.

lS:J

Entsorgung

- Lagerung überprüfen, Zimmer lüften, Nierenschale desinfizieren und sterilisieren. - Um eine Kontamination zu vermeiden, ist eine hygienische Händedesinfektion vor und nach der Durchführung erforderlich.

[ID

Qualitätssicherung

- Durch regelmäßige Nasenpflege wird eine gute Ein- und Ausatmung auch beim Liegen einer Nasensonde erzielt. - Ständige verbale Kommunikation während der Durchführung und behutsame Vorgehensweise geben dem Klienten Sicherheit und bauen Ängste ab. - Fachgerechte Nasenpflege und Situationsbeschreibung aller relevanten Merkmale machen die Evaluation und die Sicherung der Qualität möglich.

Pflegestandard Nr.6: Nasenpflege (NP)

[0

85

Zu beachten

- Bei Mundatmung (Austrocknen der Mundschleimhäute) siehe PS 3. - Notfall: Bei Nasenblutung (Epistaxis) oder Auslaufen von klarer Flüssigkeit aus der Nase (Rhinoliquorrhö) sofort den zuständigen Arzt verständigen. • Pflegemaßnahmen bei Nasenblutung: Ruhe bewahren und vermitteln, in sitzende Position auf einem Stuhl, digitale Kompression der beiden Nasenflügel etwa 10 min (möglichst vom Klienten selber). Die Nase nicht putzen, im Nacken ein Beutel mit Eiswürfeln/Eiskrawatte, RR und Puls messen und ärztliche Anordnung abwarten. • Pflegemaßnahme bei Rhinoliquorrhoe (als Folge von Schädelbasisfraktur): Der Klient ist leicht nach vorne gebeugt, sterile Kompressen an die Nase anlegen (nicht komprimieren) und mit Pflaster befestigen.

Notizen:

86

Direkte

Pflegestandard Nr. 7: Rasur (RA) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Rasur und Bartpflege werden im Rahmen der Teilwaschung (PS 2) im Bett oder am Waschbecken während der Morgentoilette durchgeführt. Hierbei sind die Gepflogenheiten, die aus der Pflegeanamnese bekannt sind, unbedingt zu berücksichtigen (Zeitpunkt, Naß- oder Trockenrasur etc.). Die Bartpflege umfaßt das Waschen und Kämmen des Bartes. Grundsatz In früheren Jahren war das Rasieren nicht nur eine Dienstleistung, sondern vielmehr ein Ritual. (Sonntags morgens war der Friseurladen vor dem Kirchgang geöffnet. Nur zu dieser Zeit wurde rasiert. Jeder Kunde hatte sein eigenes Töpfchen mit Pinsel, das bei dem Barbier deponiert war). Das Rasieren mit dem Rasiermesser erfordert besondere Geschicklichkeit und Feingefühl. Rasieren wird dem AEDL-Bereich "sich pflegen", "sich als Mann oder Frau fühlen und verhalten" und "mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen" zugeordnet. Problemstellung Die Rasur kann durch Entzündungen im Gesicht erschwert werden. Dazu gehört die Bartflechte (Folliculitis barbae), die die ganze Bartgegend befallen kann oder an der Oberlippe lokalisiert ist. Ursache der Bartflechte ist eine Follikelentzündung, die durch Staphylokokken (Bakterien), Candida-Pilz-Befall oder chronische Rhinitis (Schnupfen) hervorgerufen werden kann. Des weiteren ist eine behutsame Vorgehensweise bei Klienten mit Hämophilie und Marcumar-Therapie (Blutungsneigung) indiziert. Diese wird von einer examinierten Pflegeperson übernommen. Bei Bartflechte erfolgt die Rasur und Therapie nach ärztlicher Anordnung. Darüber hinaus wird auch die Naßrasur bei schwerkranken und verwirrten Klienten von einer examinierten Pflegebezugsperson übernommen (sonst Verletzungsgefahr).

Pflegestandard Nr. 7: Rasur (RA)

87

Durchführung Die Naßrasur wird in erhöhter Rückenlage (Kontraindikation beachten) im Bett oder am Waschbecken durchgeführt. Ein Handtuch vorlegen. Rasiereremei-schaum mit nassem Rasierpinsel auftragen. Entgegen der Bartwuchsrichtung rasieren. Hierbei die Gesichtshaut mit der anderen Hand angespannt halten. Die Rasierklinge mit Zellstoff abwischen und den Vorgang wiederholen. Während des Rasierens prüfen, ob alle Bartstoppeln entfernt sind. Mit einem nassen Waschlappen die Reste der Rasiercreme/ -schaum abwischen und das Gesicht mit einem Handtuch abtrocknen. Auf Wunsch Rasierwasser auf die Rasierfläche auftragen (lassen) und Spiegel reichen. Die Trockenrasur wird vor der Morgentoilette vorgenommen, da die Haut trocken sein muß. Die Rasur findet im Bett oder am Waschbecken statt. Da diese Tätigkeit keine Gefahren mit sich bringt, wird der Klient aufgefordert, sie eigenständig auszuführen. Falls dies nicht möglich ist, übernimmt die Pflegebezugsperson die Elektrorasur. Handtuch vorlegen. Vorsichtig mit dem Elektrorasierer über das Gesicht gleiten. Durch die Dopr.elfunktion des Scherkopfes ist die Grob- und Feinrasur möglich. Uberprüfen, ob die gesamte Bartgegend glatt und frei von Bartstoppeln ist. Anschließend (auf Wunsch) Rasierwasser auftragen (lassen) und Spiegel reichen. Bartpflege: Hierunter wird das Kämmen und Waschen des Bartes bei der täglichen Körperpflege (auch nach Mahlzeiten, Entfernung von Essensresten) verstanden. Das Schneiden der Barthaare wird vom Friseur übernommen. Damenbart: Bartwuchs bei Frauen ist eine Folge hormoneller Störungen. Die bisherigen Gewohnheiten sind zu berücksichtigen und beizubehalten. Hierfür gibt es im Handel Enthaarungscremes. Der Vorteil ist, daß keine Hautverletzungen entstehen können; es sind jedoch allergische Reaktionen möglich. Es gibt spezielle elektrische Rasierapparate für Frauen. Diese werden aber nicht als vorteilhaft angesehen, da die Barthaare durch die elektrische Rasur genauso hart und borstig wie beim Mann werden.

88 Direkte Pflege

Zielsetzung Das "gepflegte Äußere" ist eine subjektive Beurteilung. Es geht darum, Selbstvertrauen und Autonomie möglichst zu erhalten oder wiederzugewinnen. Das Gefühl der Sauberkeit und das Wohlbefinden kann durch die Rasur sicherlich gestärkt werden. Unter Berücksichtigung der Wünsche, der Gewohnheiten des Klienten und der Motivation kann das Pflegeziel erreicht werden. Ein kompetentes Vorgehen schließt die Verletzungsgefahr aus und vermittelt dem Klienten die notwendige Sicherheit und Vertrauen. Sofern der Besuch von Angehörigen oder Freunden regelmäßig erfolgt, kann die Rasur auch von der Vertrauensperson übernommen werden.

Pflegestandard Nr. 7: Rasur (RA)

89

Praxis: Rasur (RA) Durchführung durch:

bei intakter Gesichtshaut auch nichtexaminierte Pflegeperson nach Anleitung, sonst nur examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material Naßrasur: - Tablett, - Handtuch, - Waschlappen, - Halter mit funktionsfähiger Rasierklinge (überprüfen) oder Einwegrasierer, - Rasierpinsel mit Rasiercreme/-schaum, - kleine Schale oder Nierenschale, - Zellstoff, - Rasierwasser (Gewohnheiten erfragen) und Spiegel, - Einmalrasierer auf Wunsch. Trockenrasur: - elektrischer Rasierapparat, - Handtuch, - Rasierwasser (Gewohnheiten erfragen) und Spiegel. - Einmalrasierer auf Wunsch.

Klienten - Oberkörperlagerung oder am Waschbecken.

90 Direkte Pflege Raum

- wie bei der allgemeinen Körperpflege, - alles in Reichweite stellen, um unnötige Gänge zu vermeiden. Pflegeperson

- Bei Folliculitis hygienische Händedesinfektion und Schutzhandschuhe.

1+-+1 Durchführung - Bei Körperhochlagerung im Bett die Kontraindikation beachten. - Naßrasur: Gegen den Bartwuchs rasieren, während die Gesichtshaut mit einer Hand gespannt gehalten wird. Überprüfen, ob alle Bartstoppeln entfernt sind, das Gesicht mit Waschlappen abwischen, auf Wurisch Rasierwasser auftragen (lassen) und Spiegel reichen. - Trockenrasur vor der Morgentoilette (die Haut muß trocken sein) vom Klienten selber ausführen lassen. Durch die Doppelfunktion des Scherkopfes ist die Grob- und Feinrasur möglich. Anschließend (auf Wunsch) das Rasierwasser auftragen (lassen) und Spiegel reichen.

~

Entsorgung

- Rasierpinsel, Halter mit Rasierklinge und kleine Schale reinigen (Nierenschale desinfizieren und sterilisieren). - Elektrischen Rasierer mit der dafür vorgesehenen Bürste reinigen, Scherblatt auf Funktion überprüfen und die Schutzklappe überstülpen (falls der elektrische Rasierapparat Eigentum der Einrichtung ist, wird das Scherblatt desinfiziert). - Der bettlägerige Klient wird entsprechend bequem gelagert.

[ID

Qualitätssicherung

- Die Qualität der Durchführung (Prozeßqualität) zeichnet sich durch das fachgerechte Vorgehen bei der pflegerischen Leistung aus (keine Schäden). - Die Motivation und die bedarfsorientierte Anleitung führen zu autonomem Handeln (Ergebnisqualität).

Pflegestandard Nr. 7: Rasur (RA)

91

- Alle Veränderungen an der Gesichtshaut, Mithilfe oder selbständiges Ausführen und das Befinden werden im Pflegeverlaufsbericht beschrieben (eine Modifizierung des Pflegeplans ist möglich).

Zu beachten - Bei Folliculitis die Hände vor und nach der Maßnahme desinfizieren und Handschuhe tragen (ob Rasur möglich ist, entscheidet der Arzt). - Auf ausreichende Beleuchtung und richtige Einstellung des Spiegels achten. - Eigene, bekannte und vertraute Utensilien des Klienten (mit Namen versehen) für die Rasur benutzen .

Notizen:

92

Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 8: Intimpflege (IP) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Zum Intimbereich gehören Bauch (Abdomen) vom Nabel (Umbilicus) abwärts, Leisten sowie das obere Drittel der Oberschenkel, die äußeren Genitalien und das Gesäß. Die Häufigkeit der Tätigkeit (mindestens täglich) richtet sich nach dem Bedarf. Grundsatz Die Intimpflege ist ein Teil der täglichen Körperpflege. Das Wort Intimität bedeutet Vertraulichkeit. Ein bettlägriger, immobiler Klient ist in der Ausführung dieser "vertraulichen" Tätigkeit u. U. hilflos und abhängig. Diese Abhängigkeit hat primär auf die AEDL-Bereiche "sich pflegen", "sich als Mann oder Frau fühlen und verhalten", "für eine sichere Umgebung sorgen" und "mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen" enorme Auswirkungen. Daher ist das Wissen über die Gewohnheiten, Ängste und Schamgefühle eine der wesentlichen Voraussetzungen, um den Hilfebedarf zu ermitteln. Das Schamgefühl ist in unserer gesellschaftlichen Ordnung tief verwurzelt und als Folge der Erziehung anzusehen. Eine Beziehung und Vertrauen kann nur unter Respektierung der individuellen Bedürfnisse aufgebaut werden. Hierbei wird das professionell ausgerichtete pflegerische Handeln deutlich. Einfühlungsvermögen und Taktgefühl spielen eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Pflegebezugsperson (weibliche oder männliche Pflegeperson). Sofern der Klient mitbestimmen kann, wird er in die Entscheidung bzw. bei der Erstellung des Pflegeplans miteinbezogen. Oberstes Prinzip ist die Erhaltung oder Wiedergewinnung der Selbständigkeit. Bei festgestellter Erkrankung wird der Klient je nach Zustand und Wunsch von der Pflegebezugsperson in eine gynäkologische oder mologisehe Praxis (freie Arztwahl) begleitet. Die Terminvereinbarung soll in Absprache mit dem Klienten erfolgen. An der Therapie Beteiligte sind über den bevorstehenden Termin zu informieren.

Pflegestandard Nr. 8: Intimpflege (IP)

93

Problemstellung Das wesentliche Problem bei einem immobilen, schwerkranken Klienten ist die Unfähigkeit, sich im Intimbereich selber zu versorgen (Ursachen ermitteln und benennen), sowie das Schamgefühl gegenüber Fremden. Die Ängste und die Hemmungen gegenüber der Pflegeperson sollen erkannt, respektiert, toleriert und in einen adäquaten Pflegeplan integriert werden. Die Abwehr gegenüber der Pflegeperson - aus dem Abhängigkeitsgefühl heraus, das Intimste bloßzustellen - kann sich in einer handgreiflichen Handlung äußern. Weiterhin bedarf es bei Urin- und Stuhlinkontinenten, Adipösen sowie bei Klienten mit transurethralem Verweilkatheter (z. B. nach Operationen im Urogenitaltrakt) einer fachkompetenten pflegerischen Versorgung (PS 24), um das Infektionsrisiko möglichst auszuschließen. Darüber hinaus können bei korpulenten Klienten Rötungen und Feuchtkammern in den Leistenbeugen und der Bauchfalte entstehen (Intertrigo) und Kontrakturen die Intimpflege erschweren. Mögliche Komplikationen stellen die sexuelle Erregung (Vorgehen unterbrechen, sachlich bleiben) und Paraphimose (Einklemmung der Vorhaut des männlichen Gliedes) dar. Da die Harnröhrenmündung bei der Frau in der Nähe des Darmausganges liegt, besteht die Gefahr der Harnwegsinfektion durch Keimübertragung. Durchführung Es soll die Gelegenheit zur eigenständigen Durchführung der Intimpflege, bei Bedarf unter mehrmaliger Anleitung, gegeben werden. Bei eigenständiger Ausführung zum Abschluß die Möglichkeit zum Händewaschen geben. Nach der Händedesinfektion bequeme Lagerung ermöglichen, Handtuch (evtl. Gummischutz unter das Handtuch legen) unter Glutens legen oder den Klienten auf das Steckbecken setzen. Das Nachthemd hochrollen/die Schlafanzugshose ausziehen und mögliche Inkontinenzhilfsmittel entfernen. Bauchdecke im Uhrzeigersinn massierend waschen, Leisten und Oberschenkel waschen und alles sorgfältig trocknen. Auf mögliche Hautveränderungen (z. B. Rötungen in den Hautfalten) achten. Um die Bildung von Feuchtkammern auszuschließen, bei beginnender Rötung trockene Mullkompresse in der Bauchfalte oder Leistenbeuge anbringen. Frische Unterwäsche, ggf. Inkontinenzhilfsmittel anlegen und möglichst bequeme Lagerung des Klienten unterstützen.

94 Direkte Pflege

Bei der Frau Den Genitalbereich von Schambein (Symphyse) und Schamlippen (Labien) aus nach unten zum After (Anus) hin waschen und gut abtrocknen. Danach in der Seitenlage den Glutens und Analbereich waschen und abtrocknen. Auf mögliche Hämorrhoiden (Erweiterung der analen Blutgefäße) achten. Beim Mann Zum Waschen des männlichen Gliedes (Penis) Vorhaut (Praeputium penis) zurückschieben, Eichel (Glans penis) von Absonderungen gut säubern, trocknen und Vorhaut wieder vorschieben. Hoden (Testis) zum Waschen und Trocknen anheben. Glutens und Analregion wie bei der Frau. Auf mögliche Hautschäden/Hämorrhoiden achten. Zielsetzung Das pflegerische Nahziel wird nach der Ermittlung der Pflegeanamnese in Zusammenarbeit mit dem Klienten (ggf. mit den Angehörigen) bestimmt. Als ausschlaggebende Voraussetzung für das Erreichen des gesteckten Pflegezieles ist das Übermitteln von Vertrauen und Geborgenheit- unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse des Klienten - anzusehen. Die Maßnahme richtet sich nach dem ermittelten Bedarf und ist von der momentanen Situation abhängig. Eine Überprüfung des Pflegeplans erfolgt wöchentlich. Wenn die Intimpflege mehrmals täglich durchgeführt werden muß, wird eine sach- und fachgemäße Durchführung als Infektionsprophylaxe unabdingbar. Wegen der möglichen Keimübertragung (Auto- und Kreuzinfektionen) sollen grundsätzlich Einmalartikel (Waschlappen, Handtuch und Handschuhe) verwendet werden.

Wesentliche Pflegeziele sind: - die Autonomie erhalten oder wiedergewinnen (anhand von vorhandenen Ressourcen); - Sicherheit vermitteln, Wohlbefinden erreichen und die Lebensqualität dadurch verbessern; - das Erhalten oder Erreichen von intakten Hautregionen; - das Verhindern von Kontamination und Infektion; - das Vermeiden von Geruchsbildung.

Pflegestandard Nr.8: Intimpflege (IP)

95

Praxis: Intimpflege (IP) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle :

WBUWBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material Tablett, Händedesinfektionsmittel, Waschschüssel oder ein Steckbecken, Einmalwaschhandschuhe (evtl. mehrere), 2 Handtücher, evtl. Gummischutz-Unterlage, Schutzhandschuhe, Einmalplastikschürze, evtl. Paravent, frische Unterwäsche und bei Bedarf Inkontinenzhilfsmittel, bei Bedarf Waschlotion (keine Seife!): synthetische Detergentien (Syndets) nach Wunsch oder bei grober Verschmutzung, - evtl. Zellstoff, - evtl. Mullplatten (kein Puder!), - AbfallbeuteL

-

Klienten Respektvoll über die bevorstehende Maßnahme informieren und erforderliche Hilfestellung geben.

96

Direkte Pflege

Raum

Intimsphäre wahren (als Sichtschutz evtl. einen Paravent aufstellen), für ausreichende Beleuchtung und angenehme Zimmertemperatur sorgen; keine Zugluft. Pflegeperson

Das Tragen von Schutzhandschuhen, um eine Kontamination der Hände mit Bakterien und Pilzen auszuschließen, sowie das Tragen einer Vorbindeschürze (Hygiene-Maßnahmen) ist zwingend erforderlich. Die vorherige Händedesinfektion ist selbstverständlich. Personenzahl

Die Hinzuziehung einer zweiten Pflegeperson ist bei adipösen Klienten, für die erforderliche Lagerung oder auf Wunsch des Klienten (Sicherheit) möglich.

,.,..I

Durchführung

- Anleitung und Hilfestellung zur eigenständigen Durchführung geben. - Rückenlage (Gummischutz unter das Handtuch legen) und/oder auf das Steckbecken setzen. - Grundsätzlich mit Wasser (kein Waschmittelzusatz/Milieuveränderung) waschen, nur bei starker Versehrnutzung (Fäzes) oder auf ausdrücklichen Wunsch minimal Syndets verwenden. - Bauchdecke im Uhrzeigersinn massierend waschen (regt Darmtätigkeit an). - Bei der Frau: Von Schambein (Symphyse) und Schamlippen (Labien) aus nach unten zum After (Anus) hin und dann in Seitenlage Glutens und Analregion waschen. - Beim Mann: Vorhaut (Präputium) zurückschieben, Eichel (Glans penis) von Absonderungen säubern, trocknen und Vorhaut wieder vorschieben. Hoden (Testis) anheben, waschen und trocknen. Glutens und Analregion wie bei der Frau. - Bei beginnender Rötung (Feuchtkammer) trockene Mullkompressen (kein Puder) in Bauchfalte oder Leistenbeuge anbringen. - Frische Unterwäsche, ggf. Inkontinenzhilfsmittel (entsprechend dem Plan!) anlegen und bequeme Lagerung ermöglichen.

Pflegestandard Nr. 8: Intimpflege (IP)

lS:J

97

Entsorgung

- Waschwasser in der Toilette entsorgen, Waschschüssel nach der Feucht-Wisch-Methode desinfizierend reinigen. - Material aufräumen, Schlußdesinfektion der Hände. [[]

Qualitätssicherung

- Es wird Eigenständigkeit angestrebt und mittels Pflegeverlaufsbericht überprüft. - Klient hat eigene Waschschüssel (mit Namen versehen). - Bestimmung der Pflegebezugsperson ist gegeben. - Hygienevorschriften (Keimverschleppung) werden beachtet. - Hautschäden und störender Geruch treten nicht auf. - Zufriedenheit, Wohlbefinden und Sauberkeitsgefühl können erreicht werden.

[JJ

Zu beachten

- Bei starker Sekretabsonderung (Fluor genitalis), Hautveränderung (Rötung oder Mykose) und Hämorrhoiden den zuständigen Arzt verständigen. - Reinigung des transurethralen Verweilkatheters (exam. Pflegeperson) von der Harnröhrenöffnung nach außen (PS24). - Harnwegsinfektionsprophylaxe: Kompresse mit jodhaltiger Lösung {Jodallergie?) um die Katheteraustrittsstelle anbringen (bei mobilen Klienten zur Nacht). - Präputium nach dem Waschen zurückschieben, sonst Paraphimose (Stauungsschwellung der Eichel mit Nekrosebildung). - Bei Benutzung von Waschmittelzusätzen ist grundsätzlich der Intimbereich mit klarem Wasser nachzuwaschen; Seifenreste ändern das Milieu in der Vagina (Pilzgefahr!)

98

Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 9: Ganzwaschung (GW) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Neben der Ganzkörperwaschung werden bei Bedarf Zahn-/Ektoprothesen- und Mundpflege, Haarpflege, Rasur, Bartpflege, Prophylaxen und Verbandwechsel mit durchgeführt. Grundsatz Um zusätzliche Hautschäden durch das viele Waschen zu vermeiden, wird die Ganzkörperwaschung nur auf Wunsch des Klienten täglich angeboten. Sie wird bei starker Versehrnutzung mit Fäzes oder bei starker Transpiration durchgeführt. Die Pflegebezugsperson soll vorrangig beratend tätig werden und den Sinn und Zweck (Nachteile) aufzeigen. Die Ganzkörperwaschung soll nicht vor dem Frühstück durchgeführt werden (Erkältungsgefahr). Sie hat Auswirkungen auf alle AEDL-Bereiche und somit großen Einfluß auf das allgemeine Wohlbefinden des Klienten. Im Alter wird die Haut trocken und anfällig aufgrund verschlechterter Talgdrüsenproduktion, wegen Flüssigkeitsmangel oder krankheitsbedingt (z. B. Niereninsuffizienz). Während des Waschens kann die Pflegebezugsperson die möglichen Veränderungen (Farbe und Zustand) auf der Haut feststellen. Beobachtungskriterien beziehen sich auf den Hauttyp (normale, fettige, trockene, schuppige oder rissige Haut) sowie mögliche allergische Reaktionen oder Hauterkrankungen. Der Waschmittelzusatz wird auf Wunsch und dem Hauttyp entsprechend ausgewählt. Die Ganzkörperwaschung findet im Bett oder am Waschbecken statt. Problemstellung Die im Alter anfällige Haut (fehlende Widerstandskraft und Elastizität) kann durch falsche Hautpflege noch mehr geschädigt werden. Die Folge sind Schuppenbildung und Ablagerungen, die zu Juckreiz und Ekzembildung führen. Körperliche Beeinträchtigungen und krankheitsbedingte Veränderungen (z. B. Bewußtlosigkeit oder Ver-

Pflegestandard Nr. 9: Ganzwaschung (GW)

99

wirrtheit) stellen bei der Aktivierung und der Mobilisation ein weiteres Problem dar. Durchführung Die Vorgehensweise im Bett oder am Waschbecken ist die gleiche. Situationsabhängig wird eine beruhigende, belebende oder basalstimulierende Bobathwäsche durchgeführt oder der Klient hierbei angeleitet. Vor der Waschung am Waschbecken sind bei Bedarf die Vitalwerte (Blutdruck, Puls und evtl. Pupillenkontrolle) zu kontrollieren. Bei Klienten, die Antiemboliestrümpfe tragen, die Beine im Bett waschen, Strümpfe anziehen, kurz an der Bettkante sitzen lassen. Um bessere Körperwahrnehmung zu erreichen, soll zuerst der Körperstamm (Thorax) und danach die Extremitäten gewaschen werden. Entscheidend hierbei ist, daß in einer Richtung gewaschen wird und die Hand der Pflegebezugsperson sich dem Körper anpaßt. Das Gesicht soll mit klarem (kaltem oder warmem) Wasser gewaschen werden, die Augen von außen nach innen. Bei der Ohrenpflege nur die äußere Ohrmuschel und hinter den Ohren waschen (keine Wattestäbchen verwenden). Nur die Körperteile, die gerade gewaschen werden, aufdecken (Erkältungsgefahr und Wahrung der Intimsphäre) und ein Handtuch unterlegen. Auf sorgfältige Abtrocknung insbesondere der gefährdeten Hautpartien achten. Während des Waschens hat die Pflegebezugsperson die Möglichkeit, außer möglichen Hautveränderungen die Nägel, Zwischenräume und den Nabel zu überprüfen. Bei starker Versehrnutzung oder Nabeltalg/Nabelstein wird der Nabel zuerst mit einer Ölkompresse vorsichtig gereinigt. Hautirritationen unter der Brust oder in den Leisten werden mit trockenen Mullplatten versorgt (kein Puder verwenden). Während des Waschvorgangs werden die Wünsche bezüglich Wassertemperaturen, Vorgehensweise und Lagerung im Bett berücksichtigt. Die verbale Kommunikation (Ansprache) findet auch bei komatösen Klienten statt (die Vorgehensweise erklären). Beim Auftragen von Hautpflegemitteln die gleiche Vorgehensweise wie beim Waschen praktizieren. Intimpflege soll möglichst vom Klienten selber durchgeführt werden (PS 8). Zum Schluß erfolgen bei Bedarf die Zahn-/Ektoprothesen- und Mundpflege (PS 3), Haarpflege, Rasur oder Bartpflege (PS 7), Prophylaxen und VerbandwechseL Beim Bettlägrigen die Lagerung überprüfen, Rufanlage in Reichweite stellen und auf Funktion überprüfen. Wenn nicht kontraindiziert, wird der Klient mobilisiert (unmittelbar nach dem Waschen

100 Direkte Pflege

jedoch Zugluft vermeiden; festes Schuhwerk - Sturzgefahr vermeiden). Zielsetzung Anhand der Pflegeanamnese im AEDL-Bereich "sich pflegen" wird der Aufnahmestatus erhoben. Bei der Erstellung eines adäquaten Pflegeplans sollen Klient und/oder Angehörige (als Unterstützung aus dem sozialen Umfeld), Pflegebezugsperson sowie alle Berufsgruppen, die an der Betreuung teilnehmen, mitwirken. Die Körperpflege dient keinesfalls nur der Sauberkeit. Sie fördert die Durchblutung und führt zu mehr SelbstwertgefühL Mit entsprechender Anleitung (auch der Angehörigen) und unter Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln soll die Unabhängigkeit schrittweise erreicht werden. Durch die während des Waschens durchgeführten prophylaktischen Maßnahmen können zusätzliche Schäden (Intertrigo, Spitzfuß, Kontrakturen, Thrombose, Pneumonie oder Dekubitus) vermieden werden. Um eine bessere Körperorientierung und Wahrnehmung des Körpers zu ermöglichen, ist es vorteilhaft, die Waschung nur von Vertrauenspersonen ( 1-2 Pflegebezugspersonen) durchführen zu lassen (Wahrung der Intimsphäre ist gewährleistet).

Pflegestandard Nr. 9: Ganzwaschung (GW)

101

Praxis: Ganzwaschung (GW) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Material - Waschschüssel (mit Namen versehen), - Waschmittelzusatz (synthetische Detergentien), Hautpflegemittel (nach Hauttyp) und auf Wunsch eine Gesichtscreme, Deo-Präparat, Rasierwasser und Lippenpflegestift (Pflegemittel mit Namen versehen), - 3 Handtücher (eines als Stuhlunterlage), - 2 Waschlappen (davon ein Einmalwaschlappen für die Intimpflege), - frische Wäsche/Kleidung (auswählen lassen), - Kamm (evtl. mit Griff) und Spiegel, - bei Bedarf Zellstoff, Inkontinenzhilfsmittel, Verbandsmaterial und frische Bettwäsche, - Wäschewagen, - Material für Zahn- oder Ektoprothesen- und Mundpflege (PS 3), Intimpflege (PS 8), evtl. Rasur (PS 7), - AbfallbeuteL Klienten - bei Bedarf Aufriebthilfe am Fußende oder oberhalb des Bettes anbringen, - evtl. Waschlappen mit Griff, Strumpfanzieher, - evtl. Hebelifter, Gehhilfe, Drehscheibe oder Rollstuhl (Transfer zum Waschbecken), - Toilettenartikel selber vorbereiten lassen oder Hilfestellung geben.

102 Direkte Pflege

Raum -

Raumtemperatur (entsprechend der Jahreszeit) anpassen, Sichtschutz (Paravent), auf den Stuhl am Waschbecken ein Handtuch legen, Ablagefläche für die Wäsche, Handtücher und Toilettenartikel schaffen.

Pflegeperson - Vorbindschürze, - Hände waschen. Personenzahl Bei Bedarf wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen (bei adipösen Klienten, Kontrakturen, ausgeprägten Spastiken, unruhigen und verwirrten Klienten sowie für die erforderliche Lagerung).

1+-+1

Durchführung

Gleiche Vorgehensweise bei Waschung im Bett und am Waschbecken: - Bei Bedarf Vitalwerte kontrollieren. Anleitung geben (möglichst eigenständig, auch Intimbereich). Basalstimulierende Bobathwäsche, beruhigende oder belebende Körperwaschung anstreben. Zur besseren Körperwahrnehmung zuerst den Körperstamm (Thorax), danach die Extremitäten waschen und eincremen, die Hand dem Körper anpassen. Nur die Körperteile aufdecken, die gerade gewaschen werden (Wahrung der Intimsphäre und Schutz vor Erkältung). Gefährdete Hautpartien sorgfältig abtrocknen (Axillen, unter der Brust, Bauchfalte, Leistengegend, Zehenzwischenräume, Kontrakturen). Auf mögliche Hautveränderungen (Rötung, Pilzbefall, Ekzembildung) achten, bei Bildung von Feuchtkammern nur trockene Mullplatten (kein Puder) verwenden. Während der Tätigkeit Wünsche (z. B. Wassertemperatur, Vorgehensweise) erfragen, beim Aus- und Anziehen Anleitung geben (Intimpflege möglichst selber machen lassen, danach Hände waschen lassen).

Pflegestandard Nr. 9: Ganzwaschung (GW)

103

- Rufanlage, Hilfsmittel (Hörgerät, Brille) auf Sauberkeit und Funktionalität sowie Lagerung überprüfen, Zugluft vermeiden, bei mobilen Klienten auf festes Schuhwerk achten (Sturzgefahr).

~

Entsorgung

- Den Klienten (unter Anleitung) die Waschutensilien säubern und aufräumen lassen. - Waschwasser in die Toilette entsorgen, Waschschüssel nach der Feucht-Wisch-Methode desinfizierend reinigen. - Urinbeutel bei Bedarf entleeren (auf Menge, Farbe und Konzentration achten), und in Sichtweite hängen. - Bei Hauterkrankung Waschschüssel desinfizieren. [[]

Qualitätssicherung

- Immer gleiche Vorgehensweise vermittelt Vertrauen, Sicherheit und wirkt entspannend. - Bedürfnisorientiert Hilfsmittel einsetzen. - Fachlich kompetente (basale Stimulation) und professionelle Handlungsweise gibt dem Klienten das Gefühl, "gut aufgehoben" zu sein, und er wird als ein Ganzes (Körper, Seele und Geist) wahrgenommen. - Zufriedenheit kann erreicht werden.

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Zu beachten

- Der Klient kann den Zeitpunkt weitestgehend selbst bestimmen. - Koordination der Arbeitsabläufe mit anderen Berufsgruppen abstimmen. - Ablehnung der pflegerischen Maßnahme respektieren (Beratung über mögliche Gefahren bei Stuhl- und/oder Harninkontinenz). - Veränderung des Ablaufs bei auftretenden Beschwerden einkalkulieren.

104

Direkte Pflege

- Transfer nach Bobath-Methode, am Waschbecken nicht alleine lassen (Kollapsrisiko). - Hauterkrankte Partien zum Schluß (mit Einmalartikeln) waschen. - Bei Augenentzündung Augen einzeln waschen, Keimverschleppung vermeiden. - Bei immobilen Klienten passive Bein- und Fußbewegungsübungen, Kontrakturen-(PS 23), Pneumonie-(PS 26) und Thromboseprophylaxe (PS 27) bei möglichst erhöhter Lagerung (auch Seitenlagerung) durchführen: Atemwege freihal ten, Zufuhr von Frischluft, Lagewechsel oder Atemübungen. - Um zusätzliche Hautschäden zu vermeiden, wird das Duschen (PS 10) empfohlen und angeboten (Kontraindikationen beachten).

Notizen:

Pflegestandard Nr.10: Duschen (DU)

105

Pflegestandard Nr. 10: Duschen (DU) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Mit dem Duschen können die Haarwäsche (PS 13), Fingernagelpflege (PS 14) und Fußnagelpflege (PS 15} angeboten werden und prophylaktische Maßnahmen sowie der Verbandwechsel durchgeführt werden. Grundsatz Die Haut hat primär die Funktion, unseren Körper vor schädigenden Einflüssen der Umwelt zu schützen. Talg schützt die Haut vor den äußeren Einwirkungen und vor Austrocknung. Der gesunde Mensch ist in der Lage, die Art und Weise der Körperpflege auszuwählen. Der ältere Mensch benötigt häufig eine Hilfestellung. Diese wird individuell anhand des AEDL-Bereichs "sich pflegen" angeboten. Die Wünsche und Gewohnheiten bezüglich der Körperpflege werden berücksichtigt. Während der Verrichtung wird der Klient von der Pflegebezugsperson begleitet. Duschen kann im Stehen, Sitzen oder Liegen durchgeführt werden. Das Duschen wird dem Baden vorgezogen, weil

- die Haut nicht zusätzlich beansprucht wird (keine lange Einwirkzeit des Wassers}, - fließendes Wasser hygienischer ist, - der Kreislauf nicht so belastet wird, - das Duschen nicht so anstrengend ist und - nicht so viel Wasser verbraucht wird (wirtschaftlicher Aspekt). Außerdem soll das Duschen bei inkontinenten Klienten zur effektiven Intimpflege und bei starken Schweißabsonderungen (Transpiration}, wenn eine Waschung nicht ausreichend wäre, durchgeführt werden.

106 Direkte Pflege

Problemstellung Bei älteren Menschen fehlt zunehmend der Talg und die Hautelastizität als Schutzfunktion. Bei zu häufigem Waschen geht der natürliche Schutzfaktor verloren. Je wärmer das Waschwasser, desto intensiver ist die Hautentfettung und die Zerstörung des Säureschutzmantels. Die Haut wird für das Eindringen von Bakterien, Pilzen und für Ekzembildung anfällig. Die Vorteile des Duschens sind eindeutig, dennoch soll respektiert werden, wenn der Klient lieber baden oder sich nur waschen lassen möchte. Durchführung Der Klient wäscht sich - soweit möglich - alleine, auch im Intimbereich. Im Einverständnis mit dem Klienten wird die Maßnahme von der Pflegebezugsperson übernommen. Je nach Klientenbefinden wird eine beruhigende oder belebende Waschung durchgeführt. Das Abduschen erfolgt von den Füßen an aufwärts. Beim Waschen paßt sich die Hand der Pflegeperson dem Körper des Klienten an (basale Stimulation), die Hände sollen Ruhe ausstrahlen. Während des Duschens können bei Bedarf die Haare mitgewaschen werden. Zum Schluß wird der Klient mit körperwarmem Wasser abgeduscht. Beim Abtrocknen soll darauf geachtet werden, daß sich nirgends eine Feuchtkammer bildet. Der Körper wird mit einem W/0-Präparat eingecremt (basale Stimulation), auf Wunsch das Gesicht mit einer Gesichtscreme. Nach dem Haarekämmen erfolgt das Ankleiden und der Transfer/Begleitung ins Zimmer. Haare trocknen, Fuß- und/oder Fingernagelpflege wird bei Bedarf im Zimmer durchgeführt. Die Möglichkeit zum Ausruhen ist gegeben, bei Bedarf Lagerungsplan beachten. Das Wohlbefinden überprüfen. Zielsetzung Duschen dient der Erfrischung, der umfassenden Körperreinigung, unterstützt und fördert das Wohlbefinden, ist durchblutungsfördernd und durch Wechselduschen kreislaufanregend. Das Pflegeziel wird mit dem Klienten unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten im Pflegeplan vereinbart. Somit ist die Überprüfung jederzeit möglich.

Pflegestandard Nr.10: Duschen (DU)

107

Praxis: Duschen (DU) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Toilettenartikel (Waschlotion, evtl. Shampoo und Hautpflegemittel nach Hauttyp, mit Namen versehen), - frische Wäsche/Kleidung {auswählen lassen}, auf Wunsch Bademantel und evtl. Inkontinenzhilfsmittel, - 2 Waschlappen (ein Waschlappen als Augenschutz bei der Haarwäsche), - 1 Einmalwaschlappen, 4 Handtücher (ein Handtuch als Vorlage vor der Dusche, em Handtuch für Duschstuhl), - Wäschewagen, - ggf. wasserfeste Pflaster, - AbfallbeuteL Klienten -

bei Bedarf Vitalwerte überprüfen, Toilettengang oder Urinbeutel ausleeren, Begleitung/Transfer zum Duschraum, vorhandene Hilfsmittel (Brille, Hörgerät, Prothesen, Perücke) entfernen.

Raum - Raumtemperatur (entsprechend der Jahreszeit) anpassen, - Schild "Besetzt" anbringen oder Sichtschutz (Paravent) aufstellen,

108 Direkte Pflege

- Duschstuhl (mit Unterlage), rutschfeste Unterlage in der Dusche oder Badeliege über die Badewanne, Haltegriffe, - Sitzmöglichkeit für Aus- und Ankleiden (eine Unterlage auf den Stuhl legen), - Ablage für die Wäsche, Handtücher und Toilettenartikel, - zwischenzeitlich wird das Bett von einer anderen Pflegeperson frisch bezogen (bei Bedarf abgewaschen). Pflegeperson -

Vorbindschürze und bei Bedarf Plastiküberschuhe, Hände waschen, vereinbarten Zeitpunkt einhalten, Einmalhandschuhe (für Intimbereich).

Personenzahl In der Regell Pflegeperson; bei Kontrakturen, ausgeprägten Spastiken, adipösen, unruhigen und verwirrten Klienten wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen.

1..,.1 Durchführung - Anleiten, soweit es möglich ist, alleine waschen lassen. - Bei Übernahme der Pflegeleistung (mit Einverständnis des Klienten) beruhigende oder belebende Waschung mit flach aufgelegter Hand, dem Körper angepaßt, dadurch eindeutige Information. - Von den Füßen an aufwärts warm abduschen. - Körper eincremen (entsprechend Waschung). - Die Möglichkeit auszuruhen ist gegeben, das Wohlbefinden überprüfen. - Zwischenzeitlich macht eine 2. Pflegeperson das Bett. - Sofern vorhanden, Verbände wechseln.

lS:]

Entsorgung

- Duschraum aufräumen, lüften, Schild "Besetzt" entfernen. - Duschunterlage, Badeliegematte desinfizierend reinigen, zum Trocknen aufhängen.

pflegestandard Nr.10: Duschen (DU)

[ID

109

Qualitätssicherung

- Eigenständigkeil führt zu Zufriedenheit (die notwendige Zeit und Geduld aufbringen für Aus- und Ankleiden und Waschen). - Hautpflegemittel entsprechen dem Hauttyp. - Gezielt eingesetzte Hilfsmittel (rutschfeste Fußmatten vor und in der Dusche, Haltegriff und Duschstuhl) vermeiden ein Ausrutschen und eine Verletzung. - Durch Beratung, Anleitung und Hilfestellung erfährt der Klient Geborgenheit und Sicherheit.

[TI

Zu beachten

- Gefahren erkennen und erforderliche Prophylaxen durchführen. - Waschdauer (Erkältungsgefahr und Hautschädigung) entsprechend einhalten. - Auf eventuelle Hautveränderungen achten.

Notizen:

110

Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 11: Baden (B) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Mit dem Baden können auch die Haarwäsche (PS 13), Fingernagelpflege (PS 14) und Fußnagelpflege (PS 15) angeboten sowie Verbandwechsel und Prophylaxen durchgeführt werden. Grundsatz Der Kontakt mit dem Wasser ist ein Urbedürfnis des Menschen. Das Baden bedeutet für den Menschen (gesund oder krank, jung oder älter): Reinigung der Haut und der Seele, Entspannung, religiöses Ritual und/oder Hautpflege. Die Lebensgewohnheiten werden berücksichtigt (Baden, Duschen oder Ganz-/Teilwaschung). Das Baden hat positive Auswirkungen auf alle AEDL-Bereiche. Die nonverbale Kommunikation zwischen der Pflegebezugsperson und dem Klienten, d. h. das Berühren des Körpers mit den Händen (mit ganz aufgelegter Hand, fest oder sanft in einer Richtung), gibt dem Klienten die Möglichkeit der Körperwahrnehmung (basale Stimulation). Zeitpunkt und Zeitdauer nach Absprache mit dem Klienten auswählen, jedoch nicht unmittelbar nach der Mahlzeit und nicht länger als 15 min Dauer bei einer Temperatur von 34-36 °C. Vor dem Baden Toilette aufsuchen, bei transurethralem Verweilkatheter (geschlossenes System) den Urinbeutel ausleeren. Die erforderliche Unterstützung und Hilfestellung erfolgt nur durch die Pflegebezugsperson unter Wahrung der Intimsphäre, wenn vorhanden und erwünscht, auch mit Hilfe von Angehörigen. Zum Baden können verschiedene Hilfsmittel eingesetzt werden: Badelifter, Badewannensitz, Haltegriffe, Badebürste mit Verlängerung, rutschfeste Wannenmatte und Kopf-/Nackenstütze. Ein Vollbad soll nur unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes sowie des geistigen und körperlichen Befindens stattfinden. Der Klient soll während des Badens nicht alleine gelassen werden. Das Vollbad findet nur auf den ausdrücklichen Wunsch des Klienten statt.

Pflegestandard Nr. 11: Baden (8)

111

Problemstellung Längere Badedauer trocknet die Haut älterer Menschen zusätzlich aus und ist kreislaufbelastend. Bei Herz- oder Kreislauferkrankung, Infektionen der Haut, Anfallsleiden oder offenen Wunden erst nach Rücksprache mit dem Arzt ein Vollbad durchführen. Um mögliche Komplikationen zu vermeiden (z. B. Erkältung, Überanstrengung oder Kreislaufschwäche), sollte nach dem Baden eine Ruhepause von 1-2 Stunden eingehalten werden. Bei Halbseitenlähmung erfolgt der Transfer in und aus der Badewanne mittels Hilfsmitteln oder mit Unterstützung seitens der Pflegebezugsperson (BobathTransfermethode). Mögliche Ängste vor dem Baden sollen respektiert und Alternativen vorgeschlagen werden. Weiße, kahle Bäder mit Kacheln können Ängste und Abwehr auslösen. Durchführung Bei bekannter Herzerkrankung das Badewasser nur bis zum Bauchnabel einlassen. Erforderliche Hilfestellung beim Auskleiden und Einsteigen in die Badewanne geben (Hocker oder Hebelifter). Der Klient wäscht sich, soweit es möglich ist, selbst (auch im Intimbereich). Wenn die pflegerische Leistung von der Pflegebezugsperson übernommen werden soll, wird zuerst das Gesicht gewaschen und dann eine entsprechende Waschung durchgeführt (beruhigend in Haarwuchsrichtung oder belebend gegen die Haarwuchsrichtung). Es soll vom Körperstamm aus gewaschen werden (Wahrnehmungsfähigkeit stärken). Nach dem Baden erst abduschen und möglichst mit vorgewärmtem Handtuch gut abtrocknen. Wenn erforderlich, frischen Verband anlegen. Die Haut wird mit einem Hautpflegemittel eingecremt, auf Wunsch Gesichtscreme auftragen. Das Ankleiden erfolgt unter Beachtung der vorhandenen Fähigkeiten. Falls auch eine Haarwäsche durchgeführt wurde, nasses Haar mit einem Handtuch abdecken und den Klienten ins Zimmer begleiten/bringen. Das Fönen der Haare sowie die Finger- und Fußnagelpflege finden im Zimmer statt. Vor dem Verlassen des Zimmers auf mögliche Wünsche des Klienten eingehen und sein Wohlbefinden überprüfen.

112 Direkte Pflege

Zielsetzung Um die Selbständigkeit zu erhalten oder wiederzugewinnen, werden individuell vorhandene Fähigkeiten eingeschätzt und gefordert sowie erforderliche Hilfsmittel eingesetzt. Das Baden dient - dem körperlichen und psychischen Wohlbefinden (Reinigung und Entspannung), therapeutischen Zwecken (Bewegung, medizinische Badezusätze), einer besseren Durchblutung, intakter Haut (keine Hautschädigung) und der Erfrischung der Haut. Aus hygienischen Gründen (in warmem Wasser kommt es häufig zu Miktion und unkontrolliertem Stuhlabgang) und wegen der HerzKreislauf-Belastung wird das Duschen dem Baden vorgezogen. Durch die immer gleiche Vorgehensweise (Kennen der Gewohnheiten) vermittelt die Pflegebezugsperson oder der Angehörige dem Klienten Vertrauen und Sicherheit.

Pflegestandard Nr. 11: Baden (B)

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Praxis: Baden (8) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Material - Toilettenartikel (bei Bedarf Badezusatz, evtl. Haarshampoo und Hautpflegemittel nach Hauttyp, mit Namen versehen), - frische Wäsche/Kleidung (auswählen lassen), auf Wunsch Bademantel und evtl. Inkontinenzhilfsmittel, - 2 Waschlappen (ein Waschlappen bei Haarwäsche als Augenschutz), - 3 Handtücher (ein Handtuch als Vorlage vor der Wanne), - evtl. Verbandsmaterial, - Wäschewagen, - wasserfeste Pflaster, - AbfallbeuteL Klienten -

Vitalwerte bei Bedarf überprüfen, Toilettengang oder Urinbeutel ausleeren, Begleitung/Transfer zum Bad, vorhandene Hilfsmittel (Brille, Hörgerät, Prothesen, Perücke) entfernen.

Raum - Raumtemperatur (entsprechend der Jahreszeit) anpassen, - Schild "Besetzt" anbringen oder Sichtschutz (Paravent) aufstellen,

114 Direkte Pflege

- Sitzmöglichkeit für Aus- und Ankleiden (eine Unterlage auf den Stuhl legen), - rutschfeste Unterlage und Kopfstütze für die Badewanne (möglichst eigene) und/oder Badeliege, - Ablagefläche für Wäsche, Handtücher und Toilettenartikel schaffen, - Badewasser einlassen, Temperatur (mit Ellenbogen) überprüfen, - zwischenzeitlich wird das Bett von einer anderen Pflegeperson frisch bezogen (bei Bedarf abgewaschen). Pflegeperson

- Vorbindschürze und bei Bedarf Plastiküberschuhe, - Hände waschen, - vereinbarten Zeitpunkt einhalten. Personenzahl

In der Regel I Pflegeperson; bei Kontrakturen, ausgeprägten Spastiken, adipösen, unruhigen und verwirrten Klienten wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen.

\+-+ \

Durchführung

- Anleitung und erforderliche Hilfestellung geben. - Das Aus- und Ankleiden erfolgt unter Beachtung der vorhandenen Fähigkeiten. - Bei der Übernahme der pflegerischen Leistung (Waschung beruhigende oder belebende) und Eincremen vom Körperstamm (Thorax) aus durchführen (Wahrnehmungsfähigkeit stärken). - Nach dem Baden warm abduschen und sorgfältig abtrocknen (evtl. Verband anlegen). - Das Fönen der Haare und die Finger- und Fußnagelpflege finden im Zimmer statt (sonst Erkältungsgefahr). - Auf Wünsche eingehen, das Wohlbefinden überprüfen, Zeit zum Ausruhen einräumen. - Zwischenzeitlich macht eine 2. Pflegeperson das Bett. - Bei Bedarf Verbandwechsel durchführen.

Pflegestandard Nr. 11: Baden (8)

IS:I

115

Entsorgung

- Badewanne, Badematte, Kopfstütze und Badeliegematte desinfizierend reinigen und zum Trocknen aufhängen. - Bad lüften, Schild "Besetzt" entfernen und aufräumen.

[[] Qualitätssicherung - Die Qualität kann durch die Kompetenz und Eigenverantwortung der Pflegebezugsperson erreicht werden. Einhaltung der Hygienemaßnahmen mit therapeutischem Effekt (keine Hautschädigungen) wirken sich auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität des Klienten aus. - Zeitpunkt und Dauer eines Bades werden möglichst vom Klienten bestimmt (jedoch über die Auswirkung eines langen Bades auf die Haut aufmerksam machen). - Eigenständigkeit wird durch Lob und Loslassen gestärkt.

[TI

Zu beachten

- Bei Herz- und Kreislauferkrankungen und Anfallsleiden Rücksprache mit dem Arzt, verkürzte Badedauer, Badewasser nur bis zum Bauchnabel (möglichst Duschen). - Es sind keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen beim transurethralen Verweilkatheter notwendig. Unkontrollierter Stuhlgang möglich. - Auf mögliche Hautveränderungen achten, Wirkung des Bades beurteilen. - Bei immobilen Klienten passive Bein- und Fußbewegungsübungen Kontrakturen (PS 25)-, Pneumonie (PS 28)- und Thromboseprophylaxe (PS 29) bei möglichst erhöhter Lagerung (auch Seitenlagerung) im Bett durchführen: Atemwege freihalten, Zufuhr von Frischluft, Lagewechsel oder Atemübungen. - Nach dem Baden grundsätzlich mit klarem Wasser alle Seifenreste abspülen.

116

Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 12: Hautpflege (HP) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Die Hautpflege wird den AEDL-Bereichen "kommunizieren", "sich pflegen", "ausscheiden", "sich kleiden" und "ruhen und schlafen" zugeordnet. Die Pflegeleistungen im Rahmen der Körperpflege (direkte Pflege) beinhalten: Beobachtung, Hautanalyse, Beratung, Hautptlege bzw. Hilfestellung bei intakter und krankhaft veränderter Hautoberfläche (nach ärztlicher Verordnung). Grundsatz Der Körper ist von dem größten Sinnesorgan Haut (Cutis) wie von einem Mantel umhüllt. Die Haut ist gleichzeitig ein Spiegel des inneren Befindens. Die Haut gliedert sich in drei Schichten: - Oberhaut (Epidermis) bestehend aus mehreren Einzelschichten, Keimschicht (Stratum basale), Stachelzellschicht (Stratum spinosum), Körnerschicht (Stratum granulosum), Glanzschicht (Stratum lucidum) und Hornschicht (Stratum corneum); - Mittelhaut oder Lederhaut (Corium oder Dermis); - Unterhaut (Subcutis). Die Haut hat primär die Funktion, unseren Körper vor aggressiven und schädigenden Einflüssen der Umwelt zu schützen. Als Sinnesorgan reagiert sie sensibel auf äußere Reize (Berührung, Vibration, Druck, Schmerz, Kälte und Wärme) und reguliert diese. Sie ist Speicherorgan (reguliert den Flüssigkeitshaushalt), Aufnahmeorgan für bestimmte Stoffe zu therapeutischen Zwecken und Ausscheidungsorgan (Schweiß und Talg). Durchschnittlich werden etwa 500 ml Schweiß (99 o/o Wasser und 1 o/o NaCl) täglich ausgeschieden. Das Talgsekret (bestehend aus Wasser, Salzen, verschiedenen Fettsäuren, Eiweißbausteinen und Harnstoff) wird über die Haarfollikel an die Hautoberfläche transportiert. Der Talg schützt die Haut vor

Pflegestandard Nr.12: Hautpflege (HP)

117

äußeren Einwirkungen und vor Austrocknung. Täglich werden etwa 1-2 g Talg gebildet. Die Talgmenge ist von der Talgdrüsendichte und der Hormonproduktion abhängig. Wenn die Talgproduktion gestört ist, zeigt sich, etwa beim Morbus Parkinson, ein typisch glänzendes "Salbengesicht", d. h. eine erhöhte Talgproduktion. Der Säureschutzmantel auf der Epidermis, bestehend aus Schweiß, Talg, Substanzen aus dem Stratum corneum und verdunstetem C0 2 , ein Wasser-Fett-Gemisch (Hydrolipidmantel), speichert und reguliert den Feuchtigkeitsgehalt, macht die Haut glatt, geschmeidig und elastisch. Die Subcutis mit ihrem Fettpolster wiederum schützt die Haut vor mechanischen Einwirkungen von außen und dient als Temperaturregler. Voraussetzungen für eine gesunde, intakte Haut sind: -

genügend Schlaf, ausgewogene Ernährung, ausreichende Flüssigkeitsaufnahme und richtige Hautpflege.

Dennoch ist der biologische Prozeß nicht aufzuhalten. Die Physiologie der Haut ändert sich: die Talgproduktion nimmt mit zunehmenden Alter ab, die Epidermis wird dünner und anfälliger, die Dermis verliert an Substanz, und das Fettpolster in der Subcutis verringert sich. Die Haut ist nicht mehr in der Lage, sich so schnell zu regenerieren. Bei Frauen verringert sich die Talg- und Schweißproduktion nach der Menopause. Problemstellung Im Laufe der Jahre üben exogene Faktoren (Sonne, Wind, Sauerstoffmangel, einseitige Ernährung und falsche Hautpflege) einen wesentlichen Einfluß auf die Haut aus. Auch endogene Faktoren (Krankheiten) spielen hier eine wichtige Rolle. Im Alter wird die Haut trocken und anfällig. Dies geschieht durch die schlechte Talgdrüsenproduktion, zu wenig Flüssigkeitsaufnahme oder organische Erkrankungen (häufig sogar Multimorbidität). Die Elastizität und die Schutzfunktion der Haut lassen nach. Durch die verminderte Wasserbindungsfähigkeit entstehen Falten, rissige und spröde Haut. Die Hautareale (Epidermis, Dermis und Subcutis) weisen keine Stabilität mehr auf. Die Regenerationsfähigkeit ist verzögert.

118 Direkte Pflege

Das wohl größte Problem für die Haut stellt die tägliche Ganzwaschung und häufiges und langes Baden dar. Ältere Menschen wehren sich oft gegen das viele Waschen. Sie sagen: "Ich bin sauber", und sie haben recht. Sie sind vielleicht inkontinent, aber deswegen nicht schmutzig. Der Einfluß von aggressiven Substanzen (Harn und Stuhlgang) führt zur Bildung von unangenehmem Geruch und strapaziert die eher empfindliche Hautregion sehr. Je wärmer das Waschwasser ist, desto stärker wird die Haut entfettet und der Säureschutzmantel zerstört. Durch permanentes Zerstören der Schutzschicht wird die Haut für das Eindringen von Bakterien und Pilzen sowie für eine Ekzembildung anfälliger. Vermindertes Durstgefühl, Flüssigkeitsdefizit und die Unfähigkeit der Haut, Wasser zu speichern, führen dazu, daß sich der Spannungszustand des Gewebes verringert (Turgorverlust). Die Haut eines älteren Menschen ist somit prädestiniert für diverse Hauterkrankungen wie zum Beispiel: Altersjuckreiz (Pruritus senilis): Der pH-Wert geht in den alkalischen Bereich über und zerstört den Säureschutzmantel; wird durch das viele Waschen und falsche Hautpflege begünstigt und ist bei Klienten mit Diabetes mellitus, hohem Blutdruck, Durchblutungsstörungen, Lebererkrankungen (Alkoholismus) als Begleiterscheinung zu beobachten. Hautpilz (Dermatomykose): Veränderung des Säuremilieus, vorgeschädigte Haut, z. B. durch Mazeration (Aufweichung der oberen Hautschicht) und allgemeine Abwehrschwäche begünstigen die Bildung von Mykosen. Juckflechte (Ekzembildung): Entzündung der Epidermis und des Papillarkörpers, die als Kontakt-Ekzem, endogen bedingt (Neurodermitis) oder als bakterielle Infektion auftreten kann. Gürtelrose (Herpes zoster): Viruserkrankung, verursacht durch den Virus zoster (identisch mit Windpocken-Virus). Auf dem geröteten Grund bilden sich Bläschen, die sehr schmerzhaft sind, begleitet von Hyperästhesie (Überempfindlichkeit auf Berührung); lang andauernder Krankheitsverlauf. Wenn der Klient nicht mehr oder nur teilweise in der Lage ist, seinen Körper zu pflegen, wird dies auf Wunsch von der Pflegebezugsperson übernommen. Somit wird die Verantwortung für den Hautzustand der Pflegebezugsperson übertragen. Zur Hautpflege immobiler Klienten gehört auch das regelmäßige Umlagern, um immer wieder eine Entlastung von Druckstellen am Körper zu gewährleisten.

Durchführung Die Hautpflege kann nur auf einem individuell erstellten Pflegeplan basieren. So ein Plan setzt eine Hautanalyse voraus, d. h. es werden Kriterien, die für die Ermittlung relevant sind, in Form eines Kataloges zusammengestellt. Hierbei sind die bisherigen Gewohnheiten zu berücksichtigen. Des weiteren werden anhand von Beobachtungen (die sich nicht nur auf den Aufnahmestatus beschränken) der Hauttyp und der Bedarf ermittelt (Änderung des Pflegeplans ist jederzeit möglich). Hierbei können die Angehörigen auch eine Hilfestellung leisten. Es ist bekannt, daß die Haut nicht überall am ganzen Körper gleich ist, d. h., daß die Extremitäten (Ellenbogen, Schienbein und Fersen) z. B. meistens eine ausgesprochen trockene Haut aufweisen. Solche und ähnliche Abweichungen werden im Pflegeplan vermerkt. Die Wirkung der Pflegemaßnahmen wird aus dem Pflegeverlaufsbericht ersichtlich. Folgende Mittel sind ungeeignet für die Pflege (Waschen und Eincremen) der älter werdenden Haut: - Seifen können einen pH-Wert von bis zu 11 erreichen (alkalischer -

-

-

Bereich) und greifen die Haut stark an (die Haut hat einen pHWert zwischen 4,6 und 6,0 und liegt im sauren Bereich). Parfümseifen können durch die Parfümöle zu allergischen Reaktionen führen. Deoseifen beinhalten Desinfektionsmittel, attackieren und verändern die Hautflora. Reinigungssprays verbleiben auf der Haut und wirken auf die Haut schädlich. Syndets (synthetische Detergentien) sind flüssige waschaktive Substanzen, auf synthetischer Basis hergestellt, enthalten Tenside, wirken stark entfettend, trocknen die Haut aus und wirken hautreizend. Der darin enthaltene Rückfetter ist für die Bildung des Säureschutzmantels nicht ausreichend. Syndets sollen daher nur bei grober Versehrnutzung (Stuhlgang) verwendet werden. Melkfett oder Vaseline führt zu Verstopfung der Hautporen, dadurch findet kein Austausch zwischen der Haut und der Außenluft mehr statt. Melkfett/VaseHne soll also nur dann eingesetzt werden, wenn es sich um den Schutz vor äußeren Einflüssen handelt (z. B. für Lippen bei starker Kälte). Pinimenthol!Transpulmin schließt die Poren und mindert die Durchblutung.

120 Direkte Pflege

- Dieneueste Studie {10/98) von Klaus-Dieter Neander, Deutsches Institut für Pflegehilfsmittelforschung, Göttingen, belegt, daß Franzbranntwein keine schädlichen Auswirkungen auf die Haut älterer Menschen hat. Die routinemäßigen Anwendungen zeigten keine Hautirritationen und Auswirkungen auf den Fettgehalt und die Hautfeuchte der Haut an. Mittel, die für die älter werdende Haut (zum Waschen bzw. Eincremen) geeignet sind: - Ölbäder-Zusätze sollen nicht öfter als 2mal in der Woche genom-

men werden und nur dann, wenn gesichert ist, daß sie sich mit dem Waschwasser gut vermischen (sie bleiben in reiner Form im Waschwasser auf der Wasseroberfläche schwimmen). - Kinderseifen und Kinderpflegemittel enthalten mehr Rückfetter, sind pH-neutral. - Wasser-in-Öl-Emulsionen (W/0-Präparate) sind gut hautverträglich und sollen nach jedem Waschen verwendet werden. Sie sind wasserspendend und fetthaltig und schützen die Haut vor Austrocknung. Damit ist die Luftdurchlässigkeit und der Wärmeaustausch gewährleistet. Öl-in-Wasser-Emulsionen (0/W-Präparate) sind für trockene, älter werdende Haut nicht geeignet. Der Wasseranteil ist höher als der Ölanteil. - Bürsten sind für die Massage noch intakter Haut gut geeignet, ebenso auch Frotteewaschlappen. Es sollen keine Naturborsten verwendet werden, da diese durch den natürlichen Haarkanal eine Keimvermehrung ermöglichen. Die beste Reinigung und Pflege wird nicht zum Erfolg führen, wenn der Klient die für ihn notwendige tägliche Flüssigkeitsmenge nicht zu sich nimmt. Die Erhaltung der intakten Haut kann nur dann gewährleistet werden, wenn die beiden Komponenten Reinigung/ Pflege und Flüssigkeitszufuhr in Einklang stehen. Positiv für die Haut wirken sich gezielte Mobilisation, besonders Bewegung an der frischen Luft, aus. Regelmäßige Spaziergänge können das Hautbild sehr verbessern (Durchblutungseffekt). Das Waschen, Abtrocknen und Eincremen des Körpers soll von der Pflegebezugsperson mit basaler Stimulation (Bienstein u. Fröhlich 1994) verbunden werden, ob beruhigend (in Haarwuchsrichtung), belebend/aktivierend (gegen den Haarwuchs) oder basalstimulierend (Bobath-Wäsche, z. B. bei Hemiplegie), hängt von dem Bedarf und dem momentanen Befinden des Klienten ab. Die non-

Pflegestandard Nr.12: Hautpflege (HP)

121

verbale Kommunikation zwischen der Pflegebezugsperson und dem Klienten, die durch das Berühren des Körpers mit dem Händen (mit ganz aufgelegter Hand, fest oder sanft in einer Richtung) stattfindet, gibt dem Klienten die Möglichkeit der Körperwahrnehmung. Entscheidend hierbei ist die Eindeutigkeit der Handlungsweise. Ein Hin und Her, zu oberflächliche oder zu schnelle Bewegungen mit der Hand geben dem Klienten verwirrende Informationen über seinen Körper und wirken destimulierend.

Zielsetzung - Nicht die Quantität (wie oft), sondern die Qualität (was und wie) soll bei der zu erbringenden Pflegeleistung Priorität haben. - Erhaltung einer altersentsprechend intakten Haut. - Durch fachkompetente Vorgehensweise soll das Wohlbefinden des Klienten erreicht werden. - Durch adäquate Hautpflege sollen Hautschäden (Mykosen, Ekzembildung oder Dekubitus) verhindert werden. - Beratung zur individuellen Hautpflege anbieten.

122 Direkte Pflege

Praxis: Hautpflege (HP) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Es bedarf keiner besonderen Vorbereitung. Der Klient wird über die bevorstehende Pflegemaßnahme informiert. Raum- und persönliche Vorbereitung wie bei der allgemeinen Körperpflege. , .... J

Durchführung

- Die Pflegeleistung ist von der Hautanalyse und der erstellten Hautdiagnose (unter Berücksichtigung der medizinischen Diagnose) abhängig. - Hautpflege bei immobilen Klienten bedeutet auch kontinuierliche Druckentlastung durch regelmäßiges Umlagern. - Gezielte Mobilisation und Spaziergänge wirken sich auf die Haut positiv aus.

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Entsorgung

Wie bei der allgemeinen Körperpflege.

Pflegestandard Nr.12: Hautpflege (HP)

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123

Qualitätssicherung

Durch gute Situationseinschätzung, einfühlsame Arbeitsweise und bedarfsorientierten Pflegemitteleinsatz kann die Qualität der Pflegeleistungen gesichert und mittels Pflegeverlaufsbericht überprüft werden.

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Zu beachten

- Möglichst keine tensidhaltigen Waschzusätze und ätherischen Öle verwenden {trocknen die Haut zusätzlich aus und können Allergien hervorrufen). - Zum Waschen nur rückfettende Substanzen, pH-neutrale Produkte und Ölbäder {keine Schaumbäder) verwenden. - Für trockene Haut W/0-Präparate, für fettige Haut 0/WPräparate benutzen. - Frotteewaschlappen täglich wechseln. - Erkrankte Hautregionen {Ekzem, Mykose) zum Schluß versorgen {Schutzhandschuhe, Einmalwaschlappen und Handtuch zur einmaligen Benutzung verwenden). - Modeschmuck behindert die gründliche Händereinigung, kann den Klienten verletzen, unter dem Schmuck kann sich eine Feuchtkammer bilden, die das Bakterienwachstum fördert und zu einem Ekzem führen kann {VBG 103, § 6, M 715; BGW, 1994).

Notizen:

124 Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 13: Haarwäsche im Bett (HA) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Die Haarwäsche kann außer im Bett auch während des Duschens, Badens oder am Waschbecken durchgeführt werden. Hierbei können die Ohren (äußere Ohrmuschel) mitgewaschen werden. Grundsatz Neben dem täglichen Kämmen oder Bürsten der Haare benötigt der Mensch in regelmäßigen Abständen eine Haarwäsche. Die Häufigkeit der Haarwäsche hängt von Gewohnheiten und von der Haarlänge ab. Um Schmutz und Talg zu beseitigen, sollen die Haare einmal wöchentlich gewaschen werden. Die Haare (Pili) sind fadenförmige Oberhautgebilde. Das untere Ende bildet die Haarwurzel, aus der das Haar wächst. Die Haarzwiebel umfaßt becherförmig die Haarpapille (Papilla pili). In den Haarpapillen befinden sich die Pigmentzellen, die dem Haar die Farbe geben. Die Talgdrüsen halten die Haare und die Kopfhaut mit ihrem Sekret geschmeidig. Die Kopfhaare wachsen etwa 1 cm pro Monat. Die Lebensdauer der Terminalhaare beträgt 3-5 Jahre. Eine ausgewogene Ernährung trägt zu normalem Wachstum der Haare bei. Tägliche Haarpflege (kämmen und bürsten) rundet das äußere Erscheinungsbild ab. Die Haarwäsche, das Haareschneiden, Dauerwelle und Frisieren kann auf Wunsch von einem Friseur übernommen werden. Die Haarwäsche wird hauptsächlich dem AEDL-Bereich "sich pflegen" zugeordnet. Problemstellung Die Einnahme von diversen Arzneimitteln, Radiatio (Bestrahlung), Infektionskrankheiten oder seelische Anspannung (Streß) können die Ursache für trockene, schlaffe, glanzlose, spröde oder fettige Haare sein. Das Ausfallen der Haare, das u. U. zur Glatze führen kann, kommt fast nur bei Männern - hierfür sind die männlichen Hormone (Androgene) verantwortlich - oder nach Radiatio vor.

Pflegestandard Nr.13: Haarwäsche im Bett (HA)

125

Haarfärbemittel, häufige Dauerwellen, heißes Fönen und die Heizungsluft können zur Zerstörung der Haarstruktur und zu Schuppenbildung führen. Bedingt durch Immobilität, Bewegungseinschränkung (Hemiplegie) oder Multimorbidität kann die tägliche Haarpflege und die Haarwäsche für die Klienten erschwert sein. Die weiblichen Klienten mit längerem Haar können u. U. ihren Gewohnheiten nicht mehr selbständig nachkommen (kämmen, zusammenstecken und waschen). Hierbei soll wegen Dekubitusgefahr bei bettlägrigen Klienten auf Haarspangen und Haarnadeln verzichtet werden. Durchführung Es gibt diverse Lagerungsmöglichkeiten: Bettbügel und Brett am Kopfende entfernen, diagonal zum Bett/Schräglage, Kopfteil der Matratze entfernen, 1-2 Kopfkissen unter den Rücken schieben. Bettbügel und Brett am Kopfende entfernen oder diagonal zum Bett/Schräglage (Benutzung einer Gummiunterlage) Bei diesen beiden Lagerungsmöglichkeiten wird eine Gummiunterlage, welche von beiden Seiten eingerollt wird (Vlies nach unten), unter die Schulter plaziert. Der Schulterbereich und der Nacken werden mit einem zusammengefalteten Handtuch unterpolstert. Das Ende des Gummis wird in den dafür vorgesehenen Eimer auf dem Boden geleitet. Die Augen mit einem Frotteewaschlappen bedecken. Die Haare langsam anfeuchten und Rücksprache halten, ob die Wassertemperatur angenehm ist. Das Haarshampoo auf die Hände verteilen und die Kopfhaut und die Haare vom Haaransatz zur Kopfmitte (belebende Wirkung) leicht massieren. Bei unruhigen und verwirrten Klienten wird wie bei der Körperpflege in Haarwuchsrichtung (beruhigende Wirkung) gewaschen. Das Haar wird gründlich gespült (Wassertemperatur kontrollieren). Der Vorgang wird bei Bedarf wiederholt. Kopfteil der Matratze entfernen oder 1- 2 Kopfkissen unter den Rücken schieben (Haarwaschbeckennutzung) Bei dreiteiligen Matratzen läßt sich das Kopfteil entfernen. Eine andere Lagerungsmöglichkeit bieten Kopfkissen, die, bis in Schulterhöhe zusammengerollt, dem Klienten unter den Rücken geschoben

126 Direkte Pflege

werden. Bei diesen beiden Lagerungen ein zusammengefaltetes Handtuch zur Abpolsterung in die Mulde des Haarwaschbeckens legen. Den Nacken in die Mulde legen. Bei längerem Haar darauf achten, daß sich alle Haare im Waschbecken befinden. Der Haarwaschgang erfolgt wie oben beschrieben. Mit möglichst vorgewärmtem Handtuch werden die ausgedrückten Haare leicht frottiert und abgedeckt. Das Haarwaschbekken oder die Gummiunterlagen sowie nasse Wäsche entfernen und den Klienten in eine bequeme Lage bringen (evtl. mit Hilfe einer zweiten Pflegeperson). Anschließend werden die Haare gekämmt, gefönt (nicht zu heiß, die Temperatur soll immer wieder mit der Hand überprüft werden) und in die gewünschte Form gebracht. Um die Haare leichter fönen zu können, kann der Schulterbereich, je nach Zustand des Klienten, mit einem gefalteten Kissen unterpolstert werden. Ein Handtuch oder Frisierumhang wird zum Frisieren um die Schulter gelegt und dem Klienten ein Spiegel gereicht. Zielsetzung Die Gewohnheiten kennen, anleiten und die notwendige Hilfestellung geben. Bei Bewegungseinschränkung kann der Einsatz von Hilfsmitteln (spezielle Kämme und Bürsten) täglich trainiert werden. Auf Wunsch wird die Haarwäsche bei bettlägrigen Klienten von der Pflegebezugsperson übernommen mit dem Ziel - Wohlbefinden und ein gepflegtes Äußeres zu erreichen, - das Selbstwertgefühl zu stärken sowie - mögliche Erkrankungen der Kopfhaut und Haare zu erkennen, ihnen vorzubeugen oder sie zu behandeln.

Pflegestandard Nr.13: Haarwäsche im Bett (HA)

127

Praxis: Haarwäsche im Bett (HA) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Haarwaschbecken oder Gummiunterlage mit Vlies, - Waschschüssel mit warmem Wasser, - 1 Kanne, - 1 Eimer für die ablaufende Spülflüssigkeit, - 2 Handtücher (eins zusammengefaltet als Nackenschutz), - 1 Frotteewaschlappen (als Augenschutz), - mildes Haarshampoo oder nach ärztlicher Verordnung (mit Namen versehen), - Kamm, Bürste, Haarfön und Spiegel, - Wäschewagen. Klienten Überprüfen, ob Flachlagerung möglich ist. Das Bett so stellen, daß es von zwei Seiten begehbar ist. Das Kopfteil des Bettes flachstellen. Mit einer Hand den Nacken halten und mit der anderen vorsichtig das Kopfkissen entfernen. Den Klienten über den Ablauf der Maßnahme informieren. Raum Keine Zugluft, geschlossene Fenster, für angenehme Zimmertemperatur sorgen. Arbeitsfläche nahe dem Bett schaffen.

128 Direkte Pflege

Pflegeperson Hände waschen, Vorbindschürze tragen. Personenanzahl Bei Bedarf wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen. ,..,. , Durchführung

Lagerung - Bei Nutzung einer Gummiunterlage: Bettbügel und Brett am Kopfende entfernen oder den Klienten diagonal zum Bett/schräg lagern. Gummiunterlage von beiden Seiten einrollen (Vlies nach unten), unter die Schultern plazieren, Nacken mit zusammengefaltetem Handtuch unterpolstern. Das Ende des Gummis in den auf dem Boden stehenden Eimer leiten. - Bei Nutzung eines Haarwaschbeckens: Bei einer dreiteiligen Matratze Kopfteil entfernen, sonst ein oder zwei Kopfkissen bis in Schulterhöhe zusammenrollen und dem Klienten unter den Rükken schieben. Zusammengefaltetes Handtuch zur Abpolsterung in die Mulde des Haarwaschbeckens legen. Haarwäsche - Augen mit Frotteewaschlappen bedecken. - Wassertemperatur überprüfen (Rückmeldung), Kopfhaut und Haare leicht massierend (beruhigende oder belebende Wirkung) waschen. - Vorgang evtl. wiederholen, gründlich abspülen. - Kämmen, fönen (nicht heiß, mit der Hand überprüfen). - Zum Schluß ggf. Lagerungsplan beachten, bequeme Lagerung.

~

Entsorgung

Haarwaschbecken nach der Feucht-Wisch-Methode desinfizieren, Kamm und Bürste reinigen (lassen), bei Bedarf Bett beziehen und benutzte Wäsche in dafür vorgesehenen Wäschesack entsorgen.

Pflegestandard Nr.13: Haarwäsche im Bett (HA)

[ID

129

Qualitätssicherung

- Keine Unterbrechung durch vollständige Vorbereitung. - Kommunikation und einfühlsame Pflegehandlung verringert Unsicherheit und baut eventuelle Ängste ab. - Selbständiges Haarekämmen und Fönen stärkt die Eigenverantwortung (ist aus dem Pflegeverlaufsbericht ersichtlich).

[J[J

Zu beachten

- Auswahl der Lagerungsmöglichkeit hängt vom Befinden des Klienten ab. - Bei Kopfhautveränderung oder starkem Haarausfall den zuständigen Arzt informieren. - Rufanlage, Brille etc. sind beim Verlassen des Zimmers in Reichweite.

Notizen:

130 Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 14: Fingernagelpflege (FN) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Zur Fingernagelpflege gehört die Handwäsche und die Handpflege, die meist nach dem Duschen oder Baden durchgeführt wird. Die im Wasser weicher gewordenen Nägel lassen sich wesentlich leichter reinigen und feilen. Die Tätigkeit kann im Liegen oder im Sitzen durchgeführt werden. Der Klient wird über jede bevorstehende Handlung informiert. Auf Wunsch kann nur ein Handbad angeboten werden. Grundsatz Gepflegte Hände und saubere Fingernägel helfen uns, in Berührungskontakt mit anderen Menschen zu treten. Neben der Körpersprache wird bei Sprach- und Hörgeschädigten die Fingersprache auch als eine Möglichkeit der Gebärdensprache eingesetzt (Fingeralphabet). Fingernägel sind von der Oberhaut (Epidermis) gebildete Hornplatten, die die Rückenfläche des Endgliedes der Finger bedecken. Der Nagel (Unguis) liegt auf dem Nagelbett (Hyponychium) und wird seitlich vom Nagelwall (Vallum unguis) begrenzt, der sich hinten zum Nagelfalz (Sulcus matricis) einsenkt. Der im Nagelfalz steckende Teil des Nagels heißt Nagelwurzel (Radix unguis), die halbmondförmige weiße Stelle davor Nagelmöndchen. Der Nagel besteht aus einer weichen Zellschicht und der Hornschicht Das Längenwachstum (bis 3 mm pro Woche) wird durch einen Verhornungsvorgang im Nagelfalz bewirkt. Eine ausgewogene Ernährung kann wesentlich zum Wachstum und zur Festigkeit der Nägel beitragen. Die Fingernagelpflege wird hauptsächlich dem AEDL-Bereich "Kommunizieren" und "sich pflegen" zugeordnet.

Pflegestandard Nr.14: Fingernagelpflege (FN)

131

Problemstellung Die Nagelbildung ist bei Durchblutungsstörungen beeinträchtigt. Brüchigkeit der Nägel wird oft bei Eisenmangel, Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) und bei Kachexie (Abmagerung) beobachtet. Die Hände und die Nägel sind als Hauptüberträger wesentlich für Infektionen verantwortlich. Aufgrund mangelhafter Hygienemaßnahmen und des geschwächten Immunsystems sind Nosokomialinfektionen (im Krankenhaus oder Pflegeheim erworbene Infektionen) im höheren Alter daher häufige Begleiterscheinungen. Die sogenannten Uhrglasnägel (Unguis hippocraticus) weisen auf Lungenerkrankungen, Leberkrankheiten oder Herzfehler hin. Nagelmykosen gehören in ärztliche Behandlung (Übertragungsgefahr für Pflegende!). Der Raum unter den Fingernägeln birgt Bakterien. Falsche Nagelpflege ist die Ursache für Nagelbettentzündungen mit möglicher Eiterbildung. Bei einem älteren Menschen kann die selbständige Durchführung der Nagelpflege durch Beeinträchtigung des Sehvermögens erschwert werden. So kann es leicht zu Verletzungen kommen. Besondere Vorsicht ist bei Hämophilie (Blutkrankheit), Diabetes mellitus (bei Verletzung schlechte Wundheilung) und bei Klienten, die mit Marcumar (Mittel zur Verminderung der Blutgerinnung, daher Blutungsgefahr) behandelt werden, angezeigt. Durchführung In der Waschschüssel mit angenehm temperiertem Wasser (kann von dem Klienten überprüft werden) auf Wunsch etwa 5 ml Waschmittelzusatz verteilen und die Waschschüssel in die entsprechende Höhe stellen. Das Handbad soll 5-10 min dauern. Der Klient kann während des Handbades die Fingernägel selber bürsten. Danach die Hände mit klarem Wasser abspülen und sorgfältig abtrocknen lassen. Handtuch unterlegen. Die Fingernägel werden gefeilt und die Nagelbetthaut nur zurückgeschoben. Besondere Wünsche bezüglich Länge und Form der Nägel sind zu beachten. Auf Wunsch werden die Fingernägel rund geschnitten, jedoch nicht zu kurz, sie sollen die Fingerkuppen schützen. Zum Schluß die Hände eincremen (lassen) und einzelne Finger und die Handinnen- und -außenflächen massieren (vom Körper weg). Die Pflegebezugsperson soll auf die Wünsche des Klienten eingehen und entsprechend handeln.

132 Direkte Pflege

Zielsetzung Regelmäßige Fingernagelpflege (einmal wöchentlich) im Rahmen der Körperpflege steigert das Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl und verhindert eine eventuelle Keimverschleppung. Der Klient soll die Nagelpflege möglichst selbständig durchführen (Lichtverhältnisse prüfen). Falls kein eigenes Nagelset vorhanden ist, wird von der Institution eines zur Verfügung gestellt (ein sterilisiertes Besteck). Auf Wunsch des Klienten wird die Fingernagelpflege von der Pflegebezugsperson oder einer Maniküre übernommen. Die Gewohnheiten und die Vorgehensweise des Klienten sind zu berücksichtigen. Die Fingernagelpflege gibt uns die Gelegenheit, mögliche Nagelveränderungen festzustellen. Hierbei können Rückschlüsse auf verschiedene Erkrankungen gezogen werden. Ein warmes Handbad kann bei vorhandener spastischer Lähmung (Muskeltonus ist erhöht) die Spastik verringern (die Hand läßt sich leichter öffnen und strecken). Regelmäßiges Händewaschen und Entfernung von Schmutz sind die beste Infektionsprophylaxe.

Pflegestandard Nr.14: Fingernagelpflege (FN)

133

Praxis: Fingernagelpflege (FN) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung; examinierte Pflegeperson bei Hämophilie, Diabetes mellitus, Marcumar-Therapie und Nagelmykosen

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material -

Tablett, Nierenschale und Waschschüssel, Nagelset (eigenes oder von der Institution), 1 Handtuch, Waschmittelzusatz, eigene Handbürste, Handcreme, evtl. Hautdesinfektionsmittel (bei Verletzung), evtl. Pflaster (bei Verletzung).

Klienten Den Zeitpunkt nach Absprache mit dem Klienten vereinbaren. Die Fingernagelpflege kann im Sitzen oder im Liegen durchgeführt werden. Raum Alles in Reichweite stellen, um unnötige Gänge zu vermeiden.

134 Direkte Pflege

Pflegeperson

Hände waschen, Vorbindschürze tragen und bei bekannter Pilzerkrankung Gummihandschuhe anziehen.

1..,.1 Durchführung - Handbad von 5-10 min Dauer (auf Wunsch 5 ml Waschmittelzusatz), Fingernägel bürsten (lassen), Bewegungsübungen durchführen. - Sorgfältig abtrocknen (lassen), Fingernägel rund feilen, die Nagelbetthaut nur zurückschieben (auf Wünsche bzgl. Länge und Form eingehen). - Hände eincremen (lassen), einzelne Finger und die Hände in Richtung von den Händen weg massieren.

~

Entsorgung

Nagelset in der Nierenschale desinfizieren und reinigen, instituteigenes Nagelset sterilisieren (sterilisationsgeeignet?).

[ID

Qualitätssicherung

- Allgemeine Hygienemaßnahmen (besonders bei Pilzerkrankung) werden eingehalten (Vermeidung der Übertragung). - Infektionsprophylaxe: sorgfältige Handwäsche vor jeder Mahlzeit, nach Toilettenbenutzung. - Gepflegte Hände und saubere Fingernägel vermitteln ein angenehmes Gefühl und steigern die Lebensqualität.

Pflegestandard Nr.14: Fingernagelpflege (FN)

[TI

135

Zu beachten

- Aseptische Vorgehensweise, auch kleinste Verletzungen sofort versorgen. - Schneiden der Nagelbetthaut erhöht die Verletzungs- und Entzündungsgefahr. - Bei Nagelmykose grundsätzlich Schutzhandschuhe tragen, Händedesinfektion vor und nach der Maßnahme.

Notizen:

136

Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 15: Fuß- und Nagelpflege (FuN) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Die Fuß- und Nagelpflege soll in der Regel alle 14 Tage durchgeführt werden. Die Übernahme durch eine medizinische Fußpflegerin (Pediküre) ist auf Wunsch möglich. Die Fuß- und Nagelpflege wird nach dem Duschen oder Baden, nach einem Fußbad oder ohne aufweichende Maßnahmen, im Sitzen oder im Bett in den meisten Fällen von der Pflegebezugsperson vorgenommen. Ein Fußbad kann zweimal in der Woche angeboten oder nach ärztlicher Anordnung durchgeführt werden. Grundsatz Die Beine dienen ein Leben lang der Fortbewegung unseres Körpers. Damit sie diese Aufgabe leisten können, müssen wir die Fußpflege in die Körperpflege mit einbeziehen. Nägel sind Hornplatten zum Schutz der Zehenenden. Sie ruhen auf dem Nagelbett und stecken in einer hufeisenförmigen Hautfalte der Zehenendglieder, deren freier Rand als Nagelfalz bezeichnet wird. Vom Nagelfalz aus schiebt sich ein feines Häutchen über den Nagel. Der Nagel wird in der Nagelwurzel gebildet. Sie liegt am Grund der Nageltasche und produziert unaufhörlich Nagelsubstanz. Der Nagel wächst 1-2 mm pro Woche. Unser Körper ist von Millionen Mikroorganismen besiedelt, was bei jedem einzelnen Menschen als normal zu bezeichnen ist. Erst wenn der Körper durch eine Krankheit geschwächt wird oder durch vernachlässigte Hygiene wird das natürliche Gleichgewicht gestört. Der pH-Wert (p Potenz, H Wasserstoffionen) ist verändert, und es kommt zur Vermehrung von pathogenen Keimen. Die Fuß- und Nagelpflege wird dem AEDL-Bereich "sich pflegen" und "sich bewegen" zugeordnet.

Pflegestandard Nr. 15: Fuß- und Nagelpflege (FuN)

137

Problemstellung Mit zunehmenden Alter wird unter Umständen die Beweglichkeit des Menschen beeinträchtigt und eingeschränkt. In Folge dessen wird die Fußpflege häufig erschwert und vernachlässigt. Eingewachsene Fußnägel sowie starke Hornhautbildung sind die Folge (werden von der medizinischen Fußpflegerin behandelt). Aufgrund anatomischer Veränderungen der Füße im Alter (die Muskulatur und das Bindegewebe erschlaffen, der Fuß senkt sich und wird dadurch länger und breiter) und bei Hühneraugen (Clavus) oder Deformierungen, z. B. Hallux valgus, ist beim Neukauf auf bequemes Schuhwerk (möglichst Leder) zu achten. Bei der Fuß- und Nagelpflege ist im wesentlichen auf folgende Krankheitsbilder zu achten: Wachstumsboden für Mykosen sind feuchte, warme und dunkle Orte. Mykosen kommen in fast allen Körperteilen vor. Sie können auch innere Organe befallen. An den Füßen zwischen den Zehen entstehen Bläschen und nässende Hautveränderungen, begleitet von Juckreiz und unangenehmem Geruch. Die Behandlung von Pilzinfektionen erfolgt nach ärztlicher Anordnung. Als diabetische Angiopathie wird eine arteriosklerotische Gefäßveränderung bezeichnet, die vorwiegend kleine Gefäße betrifft. Dieser Verschluß der kleinen Gefäße führt meistens zur Nekrose (Gewebezerfall). Die Infektion der Nekrose führt zur feuchten Gangrän. Nekrosen sind an Zehen und Fersen lokalisiert. Bei Klienten, die an Hämophilie erkrankt sind oder die eine Marcumar- Therapie zur Verringerung der Blutgerinnung erhalten, darf es zu keiner Verletzung kommen (Blutungsgefahr). Sollte es trotz aller Vorsicht zu einer Verletzung kommen, so wird ein steriler Verband angelegt und sofort der zuständige Arzt verständigt.

Durchführung

Fußbad, Fuß- und Nagelpflege, Fußbad/Fuß- und Nagelpflege bei Diabetes mellitus. Fußbad Ein Fußbad regt die Durchblutung und den Stoffwechsel der Haut an. Das Fußbad kann als Reinigungs-, Erfrischungs oder Entspannungsbad oder nach ärztlicher Anordnung genommen werden. Je

138

Direkte Pflege

nach Allgemeinzustand wird vorher eine Blutdruckkontrolle durchgeführt und ein Gang zur Toilette empfohlen. Warmes Fußbad Fußbadewanne mit 36-38 oc warmem Wasser füllen. Beide Beine tauchen bis etwa oberhalb der Waden ins Wasser. Die Dauer des Fußbades beträgt ca. 10 min (kürzere Dauer wäre nur eine Fußwäsche). Die Temperatur wird nach einigen Minuten überprüft. Bei Bedarf wärmeres Wasser nachgießen. Ansteigendes Fußbad Bei diesen Teilbädern wird die Wassertemperatur während des Bades langsam erhöht. Das ansteigende Fußbad beginnt bei Temperaturen um 35-37 °C. Beide Beine werden bis über die Waden ins Wasser getaucht. Während der Dauer von 10-15 min wird die Wassertemperaturdurch Zufließen von heißem Wasser auf 40-41 oc gesteigert. Nach einigen Minuten wird das Fußbad mit einer kalten Waschung beendet. Wechselfußbad Es werden 2 Fußbadewannen, die eine mit warmen Wasser von 36-38 °C, die andere mit 15 oc kaltem Wasser gerichtet. Im warmen Bad bleiben die Beine 5-10 min, im kalten Wasser 5-30 Sekunden. Der Wechsel soll nicht öfter als 2- bis 3mal erfolgen, Abschluß mit kaltem Wasser. Vorteile von Fußbädern - Bei gefühlsmäßig erregten Menschen wirkt ein warmes Fußbad oft beruhigend. - Ansteigende Fußbäder bewirken eine kräftige Erweiterung der Blutgefäße und erzielen bei Blasenkrampf eine entkrampfende Wirkung. - Wechselfußbäder fördern die Durchblutung und stärken die Abwehrkräfte des Organismus (Erkältungsvorbeugung). Vorbehalte gegen Fußbäder - Schwindelgefühl, Kopfschmerzen, übelkeit, Herzbeschwerden sind mögliche Fehlreaktionen (ein sofortiger Abbruch der Anwendung ist angezeigt). - Bei Krampfadern (Varizen) keine warmen und heißen Bäder anbieten, da sie zur Gefäßerweiterung führen.

Pflegestandard Nr.15: Fuß- und Nagelpflege (FuN)

139

Reinigungsbad Der Klient wird gebeten, Schuhe und Strümpfe auszuziehen (Hose bis zu den Knien hochkrempeln). Je nach Ressourcen und Gesundheitszustand erfolgt Anleitung und/oder Hilfestellung. Der Klient kann die Wassertemperatur überprüfen (Badezusatz auf Wunsch) und die Füße (mit einem Waschlappen) waschen. Auf Wunsch oder wenn indiziert, wird das Fußreinigungsbad von der Pflegebezugsperson übernommen. Ist der Klient in der Lage, sich die Füße und Unterschenkel selbst abzutrocknen, wird von der Pflegebezugsperson überprüft, ob die Zehenzwischenräume richtig trocken sind. Ein Reinigungsbad kann bei immobilen Klienten auch im Bett angeboten werden.

Fuß- und Nagelpflege Die Fußnägel werden grundsätzlich gerade, der natürlichen Form des Nagels folgend mit einer Nagelseherei-zange geschnitten. Dabei ist darauf zu achten, daß der Nagelfalz nicht verletzt wird. Eventuelle Ecken und Kanten werden anschließend mit einer Nagelfeile beseitigt. Verstärkte Hornhautbildung wird nach dem Waschen mit Bimsstein vorsichtig entfernt. Die Fußpflege bei deformierten Füßen bedarf besonderer Geschicklichkeit und Sorgfalt. Die Deformation der Füße kann verschiedene Ursachen haben: - angeborene Deformität, - krankheitsbedingte Deformität (zentrale oder periphere Lähmungen}, - traumatische Deformität (als Folge eines Unfalls) und - statische Deformität (als Folge eines Unfalls oder einer Krankheit). Der Klumpfuß (Pes equinovarus) ist meistens eine erworbene Deformität, die aber auch posttraumatisch, postinfektiös oder krankheitsbedingt entstehen kann. Die Hammerzehe (Digitus malleus), oder auch Krallenzehe genannt, ist häufiger erworben als angeboren. Meistens ist die zweite Zehe als Folge eines Hallux valgus (im Grundgelenk augeknickte Großzehe) betroffen. Ursache ist das Tragen unzweckmäßigen (zu kurzen) Schuhwerks, oder es handelt sich um die Folge von Lähmungszuständen (hierbei sind alle Zehen betroffen). Das Waschen kann mit einer Mullkompresse (Streifen) oder Watteträger erfolgen, um alle Stellen (Falten) zu erreichen. Das Ab-

140

Direkte Pflege

trocknen in den Falten wird ebenfalls mit Kompressenstreifen vorsichtig und sorgfältig durchgeführt. Nach Beendigung der Fuß-/Nagelpflege wird sanft massierend eine Lotion/Creme aufgetragen, um die Haut und die Nägel vor dem Austrocknen zu schützen (Fußzehen-Zwischenräume aussparen, um Feuchtkammerbildung zu vermeiden). Fußbad/Fuß- und Nagelpflege bei Diabetes mellitus Um eine Hautaufweichung zu vermeiden, soll das Fußbad höchstens 5-10 min lang dauern und das Wasser mäßig warm sein (etwa 30-35 °C). Der Erkrankte spürt Temperaturunterschiede nur verzögert oder überhaupt nicht. Daher ist eine tägliche Inspektion auf Wärme, Kälte, Schmerz und der Zehenzwischenräume sehr wichtig. Während des Fußbades kann auch eine Fußgymnastik durchgeführt werden (Vorfuß und Ferse im Wechsel anheben). Nach dem Fußbad werden die Füße- besonders zwischen den Zehen - sorgfältig und vorsichtig abgetrocknet. Die Haut soll mittels einer Fettcreme (nicht zwischen den Zehen) geschmeidig gehalten werden. Woll- oder Baumwollsocken sollen täglich gewechselt werden. Der Diabetiker darf nie barfuß laufen! Kommt es dennoch zu einer Verletzung, so muß die Stelle umgehend desinfiziert und mit einem sterilen Verband versehen werden. Es darf kein Kompressionsverband angelegt werden (Gefühlsstörungen). Eine heiße Wärmflasche, auch wenn der Klient unter kalten Füßen leidet, ist verboten, denn sie kann Brandwunden verursachen. Das Tragen von Wollsocken im Bett ist empfehlenswert. Da Wunden beim Diabetiker schlecht heilen, kommt es leicht zu Entzündungen und Eiterbildung. Eine Verletzung, die nicht schnell genug heilt, kann u. U. sogar zur Amputation führen! Um möglichen Komplikationen vorzubeugen, wird von seiten des Pflegepersonals auf regelmäßige und sorgfältige Fußpflege geachtet (Vermeidung von Feuchtkammern, trockener und rissiger Haut sowie Verletzungsgefahr) und der Klient über die Lebensführung beraten: Einhaltung der notwendigen Diät, Einnahme der Medikamente, Gewichtskontrolle, regelmäßige Kontrolle durch den Augenarzt (mögliche Netzhautschäden), Wahrung der Balance zwischen Ruhe und Bewegung. Alle Veränderungen wie Rötungen, Hautabschürfungen oder Verletzungen sind sofort zu dokumentieren und dem zuständigen Arzt zu melden.

Pflegestandard Nr.15: Fuß- und Nagelpflege (FuN)

141

Zielsetzung Während der allgemeinen Körperpflege, des Duschens oder Badens können die Füße inspiziert (wichtig bei Diabetikern) und mögliche Irritationen an Haut und Nägeln frühzeitig erkannt werden. Das Pflegeziel ist, die Selbständigkeit zu erhalten: Die Fußpflege soll - unter fachlicher Anleitung - möglichst vom Klienten selbst durchgeführt werden (viele Menschen sind an den Füßen sehr empfindlich). Ferner soll durch regelmäßige Fußpflege die Mobilität erleichtert sowie Beschwerdefreiheit und Wohlbefinden erreicht werden. Darüber hinaus werden folgende Grundsätze als Fußpilzprophylaxe beachtet: - sorgfältiges Abtrocknen der Füße (Zehenzwischenräume) nach dem Waschen mit dafür vorgesehenem Handtuch; - Wechsel der Strümpfe/Socken (möglichst aus Baumwolle) täglich; - Desinfektion der Fußbadewanne/-schüssel und des Nagelsets (möglichst Nagelset sterilisieren); - Pflegebezugsperson führt vor und nach der Tätigkeit eine hygienische Händedesinfektion durch.

142 Direkte Pflege

Praxis: Fuß- und Nagelpflege (FuN) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung (Fußbad/Fußpflege); bei o. g. Krankheitsbildern nur examinierte Pflegepersonen

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material -

Nierenschale, Handtuch und Waschlappen, Strümpfe/Socken, Zellstoff oder Papierhandtücher, Fußbadschüssel!-wanne oder Fußsprudelbad (Kontraindikationen beachten), Kanne mit warmem Wasser, Waschlotion, Lotion/Creme oder nach ärztlicher Verordnung, Nagelschere/-zange, Nagelfeile und Bimsstein (eigene Utensilien oder von der Institution); im Bett (zusätzlich): Keilkissen (als Kniestütze), Unterlage (Schutz für das Bett), b. B. Kompressenstreifen, ggf. Watteträger, b. B. Heftpflaster.

Klienten im Sitzen oder im Bett.

Pflegestandard Nr.15: Fuß- und Nagelpflege (FuN)

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Raum

Stuhl mit Seitenlehnen (für Klienten) und kleiner Hocker (für Pflegebezugsperson). Pflegeperson

- hygienische Händedesinfektion, - Schutzhandschuhe.

1+-+1

Durchführung

- Je nach Gesundheitszustand können diverse Fußbäder angeboten werden. - Die Fußnägel grundsätzlich gerade schneiden, die Ecken und Kanten mit einer Nagelfeile beseitigen, Hornhautbildung ggf. mit Bimsstein vorsichtig entfernen. - Deformierte Füße mit Kompressenstreifen (Watteträger) waschen und trocknen. - Nach Beendigung die Füße eincremen (Fußzehenzwischenräume ausgenommen). - Beim Diabetiker: mäßig warmes Wasser (spürt die Temperaturunterschiede verzögert oder überhaupt nicht), kurzes Fußbad, keine Wärmflasche geben, bei Verletzung kein Kompressionsverband (Gefühlsstörungen).

~

Entsorgung

- Das benutzte Material nach der Feucht-Wisch-Methode desinfizierend reinigen, Besteck möglichst sterilisieren. - Beim Bettlägrigen auf die richtige Lagerung achten (Lagerungsplan?}, Spitzfuß-Prophylaxe durchführen und auf sonstige Bedürfnisse des Klienten eingehen. [[]

Qualitätssicherung

- Eine fachkompetente Fußpflege ist neben der allgemeinen Körperpflege, insbesondere beim Diabetiker, unabdingbar! - Durch die beschriebene Vorgehensweise wird der Klient vor möglichen Schäden geschützt und eine Kreuzinfektion vermieden.

144 Direkte Pflege

Intakte Füße bedeuten neben Wohlbefinden auch ein Stück Lebensqualität.

Zu beachten - Grundsätzlich aseptische Vergehensweise einhalten. - Bei diversen Fußbädern zuerst das allgemeine Befinden (Vitalwerte) überprüfen. - Dem Klienten die Möglichkeit der Fußgymnastik im Wasser geben. - Im Falle einer Verletzung sofort handeln (sterilen Verband anlegen) und den zuständigen Arzt informieren. - Für Diabetiker siehe ausführlichen Standard.

Notizen:

Pflegestandard Nr.16: Darmentleerung (OE)

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Pflegestandard Nr. 16: Darmentleerung (OE) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Die Störungen bei der Darmentleerung (Stuhlinkontinenz) haben ausnahmslos auf alle 13 AEDL-Bereiche entscheidende Auswirkung. Der Umfang der Pflegeleistungen im Bereich der Darmentleerung beinhaltet: entsprechende Ernährung, Beratung, Kontinenzübungen und Regulation anbieten; im Rahmen der direkten Pflege: die Pflege nach der Darmentleerung und im Rahmen der indirekten Pflege: unterstützende Maßnahmen zur Darmentleerung (wie z. B. Einläufe etc.) Grundsatz Bei einem gesunden Menschen - ob jung oder älter - funktioniert das Kontinenzorgan Darm mit kontrollierter Steuerung. Sobald die transportierte Nahrung in den Dickdarm (Colon) gelangt, ist der Verdauungsvorgang fast schon abgeschlossen. Die Funktion des Dickdarms besteht darin, dem Speisebrei das Wasser zu entziehen (einzudicken). Am Ende des Dickdarms befindet sich der Mastdarm (Rectum) und der Afterschließmuskel (Musculus sphincter ani internus/externus). Das Rectum fungiert als Speicher, und der innere Schließmuskel sorgt dafür, daß der Stuhlgang nicht unwillkürlich abgeht. Der Sphinkter ist mit Blutgefäßen versehen, die durch die Füllung der Schwellkörper eine absolute Stuhlkontinenz gewährleisten. Die Meldung der Darmfüllung läuft über das Rükkenmark zum Großhirn. Uber den Parasympathikus steuert das Großhirn die Peristaltik (Darmbewegung), und der Drang setzt ein. Durch das Erschlaffen des äußeren Schließmuskels bei gleichzeitiger Unterstützung durch die Bauchpresse kommt es willentlich zur Defäkation. Der Stuhl (Fäzes) besteht zu 75 o/o aus Wasser, 10 o/o aus Zellulose, Epithelzellen der Darmschleimhaut, aus Produktion der Verdauungsorgane, Gallenfarbstoff und Bakterien. Die Häufigkeit der Entleerung ist individuell unterschiedlich. Auch bei Nahrungskarenz kommt es zur Defäkation. Der normale Fäzes ist weich, geformt und bräunlich. Beurteilungskriterien sind: Farbe, Geruch,

146 Direkte Pflege

Konsistenz (Form), Menge, Veränderung dabei, Beimengung, die makroskopisch (mit bloßem Auge) zu sehen ist. Die Farbe und die Konsistenz können sich durch die Einnahme von verschiedenen Arzneimitteln, nahrungsbedingt oder krankheitsbedingt ändern. Problemstellung Die regelmäßige (individuell unterschiedliche) Defäkation kann aus vielfältigen Gründen gestört sein: langjährige Abführmitteleinnahme, einseitige Ernährung, neurologische Erkrankungen, Darmneoplasmen, Z. n. Radiatio, Hämorrhoiden, Hernie, Ileus, Apoplexie, MS (multiple Sklerose), Querschnittslähmung, Z. n. SHT (Schädel-Hirn-Trauma), M. Alzheimer sowie Verwirrtheit. Hierbei kann es sowohl zu Stuhlverstopfung (Obstipation) als auch zu Durchfall (Diarrhö) oder Stuhlinkontinenz (unkontrollierter Stuhlabgang) kommen. Obstipation (Verstopfung) Ursachen: einseitige und ballaststoffarme Kost, FlüssigkeitsmangeL Abführmittelmißbrauch, Arzneimittel, die die Darmtätigkeit hemmen (Darmerschlaffung), Zeitdruck, Unterdrückung des Bedürfnisses, keine Kraft zum Pressen, Hemmungen: fremde und ungewohnte Umgebung, auf fremde Menschen angewiesen sein, Ortund Kostveränderung (Einzug ins Heim) sowie Immobilität. Des weiteren kann die Obstipation postoperativ auftreten oder krankheitsbedingte Ursachen haben (Obstipationsprophylaxe s. PS 24). Merkmale: schmerzhaft gespannter Bauch (Trommelbauch), begleitet von Blähungen (Meteorismen), Appetitlosigkeit und allgemeinem Unwohlsein. Stuhlgang wird unregelmäßig, häufig nur durch starkes Pressen (zu wenig, trocken, hart oder geschmiert) ausgeschieden. Nicht beseitigte Obstipation kann zum Ileus (Darmverschluß) führen: Bauch abtasten und Darmgeräusche mit Stethoskop prüfen. Maßnahmen: die Ursache bestimmen und möglichst beseitigen (Arzt informieren)

Diarrhö (Durchfall) Ursachen: der breiig-wäßrige Stuhlgang wird durch die übermäßige Reizung der Darmwand und starke Peristaltik als Folge von Abführmittelmißbrauch, Antibiotikaeinnahme, Infektionen (Salmonellen), Nahrungsmittelunverträglicheit oder -vergiftung, nervöse Reaktionen des Darmes auf Dauerstreß, Angstzustände oder Aufregung (positiv oder negativ) hervorgerufen. Darüber hinaus sind Diarrhöen bei verschiedenen organischen Erkrankungen als Begleiterscheinung möglich (z. B. Dickdarmentzündungen oder DarmNeoplasmen). Merkmale: bei länger andauernder Diarrhö kommt es zu Wasserund Elektrolytenverlust (Exsikkose) und Abmagerung (Emaciatio ), begleitet von Darmkrämpfen und allgemeinem Kräfteabbau. Maßnahmen: die Ursache bestimmen und möglichst beseitigen (orale, enterale oder parenterale Substitutionstherapie), evtl. Ernährungsumstellung und Flüssigkeitsbilanzierung (Arzt informieren). Nach Rücksprache mit dem zuständigen Arzt und Einwilligung des Klienten kann b.B. ein Analtampon eingeführt werden.

Stuhlinkontinenz Unter dem Begriff Stuhlinkontinenz wird der unfreiwillige Abgang des Stuhlgangs verstanden. Für die auftretende Stuhlinkontinenz können hier sowohl organische als auch psychische Ursachen eine Rolle spielen. Organische Ursachen: meistens Multimorbidität (Mehrfacherkrankungen), länger andauernde Immobilität, begleitet von Orientierungs- und Bewußtseinsstörungen (zeitlich, örtlich und zur Person), Beckenbodenmuskulaturschwäche und mangelnde Schließmuskelfunktion, medikamentöse Therapie (Psychopharmaka und Barbiturate), neurologische Störungen (SHT, Apoplexie, M. Alzheimer) sowie Darm-Neoplasmen. Psychische Ursachen: plötzliche Umgewöhnung (Einzug ins Pflegeheim oder Verlegung ins Krankenhaus), Umstellung des gewohnten Lebensrhythmus (Schlaf- und Wachphasen) fällt dem älteren Menschen schwer, außerdem fremde Umgebung, fremde Menschen und häufig kalte und nicht einladende Toiletten.

148 Direkte Pflege

Merkmale: Abgang der Darmwinde und des Stuhlgangs kann teilweise oder vollständig nicht mehr kontrolliert werden. Maßnahmen: die Ursache bestimmen und möglichst beseitigen.

Durchführung Darmentleerung kann zu diagnostischen (auch präoperativ) und therapeutischen Zwecken durchgeführt werden. Die Indikation (Art, Menge und Zusatzmittel) bestimmt der zuständige Arzt. Die Maßnahme soll nicht unmittelbar nach einer Mahlzeit durchgeführt werden. Reinigungs- und Hebe- und Senkeinlauf Irrigatorschlauch luftleer machen, abklemmen, Handschuhe anziehen, das Darmrohr mit Tupfer und Gleitmittel einfetten und langsam etwa 10 cm in den Mastdarm einführen (falls Widerstand, sofort abbrechen). Irrigatorbehälter in 0,5-1 m Höhe plazieren, Durchflußregler/Klemme öffnen und die Flüssigkeit langsam (mit Regler regulieren) einlaufen lassen. Beim Hebe- und Senkeinlauf den Irrigator mit Flüssigkeit mehrmals anheben und senken (die Flüssigkeit läuft hinein und hinaus und verfärbt sich), Schlauch abklemmen und herausnehmen. Den Klienten auffordern, möglichst einige Minuten die Flüssigkeit zu halten (verstärkt die Wirkung), Steckbecken oder Nachtstuhl bereitstellen. Zum Schluß die Intimpflege durchführen (lassen) (PS 8). Hoher Einlauf Das Darmrohr etwa 15 cm in den Darm einführen, sonst s.o. Sonstige Anwendungen - Einmalklysma, Microclist und Practo-Clyss sind Fertigprodukte. Zuvor in warmes Wasserbad legen, Schutzkappe abmachen, einfetten und in Seitenlage applizieren, bei Bedarf Intimpflege. - Bei Meteorismen Darmrohr einfetten, einführen, das Ende in eine Urinflasche leiten; bei Bedarf Intimpflege. - Bei digitaler Ausräumung Handschuhe und Fingerling mit Gleitmittel versehen, Unterlage und Zellstoff verwenden, Maßnahme bei Seitenlagerung durchführen, Steckbecken oder Toilettenstuhl benutzen, zum Schluß Intimpflege. - Rektaler Tropfeneinlauf, um ein Flüssigkeitsdefizit auszugleichen, oder dient als Nährsonde. Den Schlauch langsam etwa 30 cm in

Pflegestandard Nr.16: Darmentleerung (OE)

149

den Darm einführen, Applikation möglichst über Nacht mittels Tropfkammer, keine invasive Maßnahme, gut tolerierbar, keine Verletzungsgefahr (einzeln, steril verpackte Systeme). - Laxativa (Abführmittel) oral oder rektal Suppositorium; Handschuhe und Fingerling, bei Seitenlagerung mit angezogenen Beinen applizieren. Zielsetzung - Darmkontinenz erhalten oder größtmögliche Darmkontrolle und Sicherheit erzielen. - Prophylaktische Maßnahmen haben Vorrang vor invasiven Interventionen (nicht an den Defiziten ansetzen). - Konsequente Durchführung der Kontinenzübungen (täglich um die gleiche Uhrzeit) kann den Klienten motivieren und zur Kooperation ermutigen. - Die Dauerpflege nach Möglichkeit verhindern. - Durch Stuhlkontinenz kann das Selbstwertgefühl gestärkt, die Lebensqualität gesteigert und das Leben in der Gemeinschaft möglich sein. - Vermeidung von Hautreizungen und Hautschäden. - Psychische Betreuung und Begleitung (einfühlsam und respektvoll) sind bei bestehender Stuhlinkontinenz selbstverständlich. - Bedarfsgerechter Einsatz und Hilfsmittelverbrauch unter wirtschaftlichen Aspekten zur Beschwerdelinderung. - Regelmäßige Fortbildung für das Pflegepersonal mit dem Ziel, Wissen aufzufrischen, zu aktualisieren, Defizite auszuräumen (Problematik erkennen), Vereinheitlichung bei der Durchführung (Methoden entwickeln) zu erreichen ist als zwingend erforderlich anzusehen. Prophylaktische Interventionen ohne invasive Maßnahmen bei der Obstipation - Regelmäßiger Gang zur Toilette, erinnern und anleiten (täglich zur gleichen Zeit, ohne Zeitdruck und unter Wahrung der Intimsphäre). - Für ausreichende Bewegung (Spaziergänge) und Flüssigkeitszufuhr sorgen. - Beratend tätig sein, auf entsprechende Ernährung (ballaststoffreiche Kost) und notwendige Flüssigkeitsmenge (vor dem Frühstück etwas trinken) hinwirken.

150 Direkte Pflege

- Beckenbodenübungen (nach Rücksprache mit dem zuständigen Arzt), auch als Einzel- oder Gruppentherapie mit Krankengymnasten. - Orientierungshilfen anbringen (Toilette farblieh oder mit Farbsymbol kennzeichnen), Brille mitnehmen, für ausreichende Beleuchtung sorgen. - Warme Bauchwickel oder in ein Tuch eingewickelte Wärmflasche anlegen. - Colonmassage (kreisende Bewegungen auf der Bauchdecke im Uhrzeigersinn) durchführen. - Bei Immobilität Klingel in Reichweite, passive Bewegungsübungen. Zur Obstipationsprophylaxe siehe PS 24. Prophylaktische Interventionen bei Stuhlinkontinenz - Vertrauensvolle Beziehung aufbauen (nicht verurteilen). - Beratend tätig sein: Vor- und Nachteile aufzeigen, die Kooperation des Klienten erreichen. - Sinnvolle Maßnahmen, individuell ausgerichtet, erarbeiten (Rückzug und Isolation vorbeugen und das Leben in der Gemeinschaft ermöglichen). - Orientierungshilfen schaffen (Klingel in Reichweite, evtl. Toilettenstuhl nachts ins Zimmer stellen, Brille, ausreichende Beleuchtung, Toilette farblieh oder mit Farbsymbol kennzeichnen). - Anleiten und die vielleicht verlernte Selbstverständlichkeit wieder reaktivieren (nur soviel Unterstützung geben, wie tatsächlich notwendig ist). - Kontinenzüberwachungen unter Beachtung der bisherigen Gewohnheiten konsequent durchführen. - Beckenbodenübungen (Einzel- oder Gruppentherapie): Indikation stellt der zuständige Arzt. - Teambesprechungen (mit anderen Berufsgruppen) abhalten: Informationsaustausch, Kooperation und Koordination, um das angestrebte Pflegeziel im Interesse des Klienten zu erzielen. - Die Mobilisation fördern und erhalten. - Psychisches Wohlbefinden erreichen (sinnvolle Beschäftigung entsprechend der Fähigkeiten und dem Wunsch des Klienten anbieten). - Hindernisse auf dem Weg zur Toilette beseitigen und Gehhilfen bereitstellen. - Inkontinenzeinlagen nicht prophylaktisch anlegen!

Pflegestandard Nr. 16: Darmentleerung (OE)

151

Praxis: Darmentleerung (OE) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung; examinierte Pflegepersonen bei: Darmeinläufen und Verabreichen von Laxantien (oral oder rektal)

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 -2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Material für Reinigungseinlauf, Hebe- und Senkeinlauf und hohen Einlauf - Tablett, - Einmaldarmrohr (für hohen Einlauf ein dünneres, längeres Darmrohr), - Gleitmittel und Tupfer, - Irrigationsset mit Durchflußregler oder Plastikklemme (evtl. Infusionsständer), - Wassermenge und Zusatzmittel entsprechend der ärztlichen Anordnung, - Unterlage, Zellstoff (oder Toilettenpapier), Nierenschale und Abfallbeutel, - Toilettenstuhl oder Steckbecken, - Material für Intimpflege (PS 8), ggf. frische Bett-/Unterwäsche und InkontinenzhilfsmitteL Klienten - Einverständnis einholen, Maßnahme und Vorgehensweise erklären, - Lagerung bei Reinigungs- und Hebe- und Senkeinlauf: Seitenlage links mit angezogenen Beinen oder Rückenlage mit aufgestellten

152 Direkte Pflege

Beinen; Lagerung bei hohem Einlauf: Knie-Ellenbogen- oder Rücken- und Kopftieflage mit aufgestellten Beinen, - evtl. Vitalwerte messen. Raum - Sichtschutz (Paravent), - angemessene Zimmertemperatur. Pflegeperson - Hygienische Händedesinfektion, - Vorbindschürze, - Schutzhandschuhe. Personenzahl In der Regell Pflegeperson; bei Kontrakturen, ausgeprägten Spastiken, adipösen, unruhigen und verwirrten Klienten wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen.

,..,.I

Durchführung

- Die Ursache der Obstipation, Diarrhö oder Stuhlinkontinenz zuerst abklären (Pflegeanamnese: Eigen- oder Fremdangaben, Arztbrief und Befunde). - Alle prophylaktischen Maßnahmen unter individuellen Gesichtspunkten ausschöpfen. - Invasive Maßnahmen nach schriftlicher Verordnung mit den Angaben, was?, womit? und wieviel? durchführen. - Reinigungseinlauf, Hebe- und Senkeinlauf und hoher Einlauf: entsprechende Lagerung im Bett, bei Bedarf eine zweite Pflegeperson hinzuziehen, Irrigatorschlauch luftleer machen, Kreislaufkontrolle, Atemübungen (lenkt ab), aseptisch arbeiten, der Klient soll möglichst die eingeführte Flüssigkeit halten, Toilettenstuhl oder Steckbecken bereithalten, Intimpflege durchführen, bei Bedarf Kleidung und Bettwäsche erneuern, das Zimmer lüften und eine angenehme Lagerung ermöglichen. - Fertigprodukte: Einmalklysma, Microclist und Practo-Clyss oder Suppositorien sind wirkungsvoll, handlich und für den Klienten nicht so anstrengend. - Bei Meteorismen Darmrohr verwenden.

Pflegestandard Nr.16: Darmentleerung (OE)

153

- Bei der digitalen Ausräumung kann es durch unsachgemäße Vorgehensweise und bei bestehenden Hämorrhoiden zu Verletzungen kommen; Durchführung erfolgt durch eine examinierte Pflegeperson. - Beim rektalen Tropfeneinlauf besteht keine Verletzungsgefahr, er ist wirkungsvoll und nicht so invasiv wie eine enterale oder parenterale Substitutionstherapie.

lS:.J

Entsorgung

Einmalartikel entsorgen, Irrigator desinfizieren, reinigen und zum Trocknen aufhängen. Gummischlauch desinfizieren, reinigen, trocknen und sterilisieren. Nach Hebe- und Senkeinlauf soll der Irrigator sterilisiert werden (sterilisationsgeeignet?); ggf. Kleidung wechseln, Bett beziehen und angenehme Lagerung ermöglichen; Zimmer lüften und Händeschlußdesinfektion durchführen.

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Qualitätssicherung

- Unter Ausschöpfung aller prophylaktischen Maßnahmen und/ oder adäquaten Interventionen sowie intakter Hautregion kann eine bessere Lebensqualität und Zufriedenheit erzielt werden. - Durch fach- und sachgerechte Durchführung (rektale/StomaDarmentleerung) können dem Klienten Vertrauen und Sicherheit vermittelt werden. - Ob das Pflegeziel (Nahziel) und die Effektivität der Maßnahme in dem vereinbarten Zeitraum erreicht worden ist, wird aus dem Pflegeverlaufsbericht ersichtlich. - Durch professionellen Umgang (Akzeptanz, Achtung und Geduld) sowie Befriedigung der Bedürfnisse könnte u. U. wieder Stuhlkontinenz erreicht werden. - Die Verwendung von Analtampons bei andauernder Stuhlinkontinenz kann die Lebensqualität erhöhen und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

154 Direkte Pflege

[JJ

Zu beachten

- Während der Durchführung (invasive Maßnahmen) die Kreislaufsituation beobachten, evtl. Atemübungen durchführen. - Falls beim Einführen des Darmrohrs trotz leichter Drehungen ein Widerstand spürbar ist, die Maßnahme sofort abbrechen und den Arzt informieren. - Aseptische Vergehensweise schützt vor Schäden und vermeidet eine Kreuzinfektion. - Fertigprodukte zur Darmentleerung sind in der Anwendung nicht so zeitaufwendig und bei der Entsorgung hygienischer. - Alle Maßnahmen bei der Darmentleerung (oral oder rektal) setzen eine schriftliche Verordnung des Arztes und die Einwilligung des Klienten voraus.

Notizen:

Pflegestandard Nr.17: Blasenentleerung (BE)

155

Pflegestandard Nr. 17: Blasenentleerung (BE) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Die Pflegeleistungen im Bereich der Blasenentleerung umfassen: Beratung, Unterstützung sowie im Rahmen der Körperpflege die Hilfestellung und die Pflege bei der Harnausscheidung mobiler und immobiler Klienten und nach einem vorhandenen Plan die bedarfsgerechte Inkontinenzversorgung. Grundsatz Eine willentlich gesteuerte Kontrolle über den Miktionsvorgang (Harnentleerung) zu haben, wird als Harnkontinenz bezeichnet. Die Unfähigkeit, die Harnausscheidung zu kontrollieren, führt zur Harninkontinenz. Harninkontinenz ist keine Krankheit, sondern eine Begleiterscheinung, ein Symptom, dessen Ursache herauszufinden ist. Die Funktion der Nieren (Renalis) besteht darin, die Abfallprodukte des Eiweißstoffwechsels und Säure-Basenhaushalts zu regulieren. Darüber hinaus regulieren sie den Blutdruck (durch das Hormon Renin), bilden das Hormon Erythropoetin (ist für die Reifung von Erythrozyten verantwortlich) und führen eine Knochenstoffwechselregulation des Vitamin D (Calciumaufnahme in die Knochen) durch. Die Aufgabe der Harnorgane ist die Bildung und Reinigung (Nieren), der Transport (über Urether, Vesica urinalis und Urethra) und die Ausscheidung des Harns. Innerhalb von 24 Stunden laufen durch die Nieren etwa 1500 1 Blut. Davon werden etwa 150 1 in Gefäßknäueln (Glomeruli) abgefiltert (Primärharn), etwa 1,5 1 Sekundärharn gebildet und in den Nierenbecken (Pelvis renalis) abgegeben. Über die Harnleiter (Urether) gelangt mittels Peristaltik der Harn in die Harnblase (Vesica urinaria). Hier werden etwa 300-500 ml Harn bis zur Harnausscheidung (Miktion) gespeichert. An die Harnblase schließt sich die Harnröhre (Urethra) an, die den Harn nach außen transportiert.

156 Direkte Pflege

Entscheidend für die Harnkontinenz sind folgende Bedingungen: - Die Meldung über die Nervenfasern des Knochenmarks zum Gehirn verläuft störungsfrei. - Eine Schwäche der Beckenbodenmuskulatur und des äußeren Schließmuskels (Musculus sphincter externus) besteht nicht. - Die Entscheidung über die Harnentleerung wird bewußt gesteuert (wann und wo?). Die Häufigkeit des Harnausscheidens ist individuell verschieden. Beobachtungskriterien sind: Farbe, Geruch, Menge und makroskopisch (mit bloßem Auge) sichtbare Veränderungen (z. B. Blut, Schleim oder Trübung). Störungen bei der Harnentleerung (Harninkontinenz) haben ausnahmslos auf alle 13 AEDL-Bereiche entscheidende Auswirkung. Eine Harninkontinenz ist m. E. keine Absicht oder Rache an der Umwelt. Problemstellung Eine regelmäßige Miktion kann aus verschiedenen Gründen gestört sein und zur Harninkontinenz führen. Zunächst ist zu unterscheiden, worum es sich handelt:

-

häufige Miktion (Pollakisurie), nachts vermehrte Miktion (Nykturie), schmerzhafte Miktion (Dysurie), blutige Miktion (Hämaturie), sog. Überlaufblase (Ischuria paradoxa), völlige Harnverhaltung (Retentio urinae), Nierenversagen (Urämie).

Bei der Harninkontinenz spielen organische und psychische Parameter (oder beide) eine Rolle. Außerdem kann die Harninkontinenz iatrogene Gründe (durch die ärztliche Therapie) haben: Diuretika, Psychopharmaka, Schmerzmittel, Antiparkinsonmittel oder Schlafmittel. Organische Ursachen - sensorische Dranginkontinenz: Entzündung, Hypophysentumor oder Tumor im Urogenitalbereich,

Pflegestandard Nr. 17: Blasenentleerung (BE)

157

- motorische Dranginkontinenz: M. Alzheimer, M. Parkinson oder Z. n. Apoplexie, - Reflexinkontinenz: Diabetes mellitus, MS (Multiple Sklerose) oder Querschnittslähmung. Psychische Ursachen (funktionelle Störungen) Verlust der Mobilität, Multimorbidität, Hilflosigkeit, Abhängigkeit, Einzug ins Heim oder Verlegung ins Krankenhaus können Ängste auslösen und sogar zu Verwirrtheit führen. Ungewohnte Umgebung, fremde Menschen, veränderter Tag- und Nachtrhythmus können ebenfalls Harninkontinenz auslösen. Folgen sind: Rückzug, Vereinsamung, Apathie, Resignation und "Sich aufgeben wollen". Belastungs- oder StreBinkontinenz Leichte Form der Harninkontinenz, die aber als normaler Alterungsprozeß anzusehen ist. Ursache: Schwäche der Beckenbodenmuskulatur und des äußeren Schließmuskels - bei Frauen nach mehreren Geburten (Gebärmuttersenkung) und/ oder im Klimakterium durch Östrogenmangel, - bei Männern nach Prostatektomie (meist transurethrale Ausschälung des Adenoms und mögliche Verletzung des Sphinkters). Merkmale: Der Harn geht tropfenweise beim Niesen, Husten oder

Lachen ab.

Maßnahmen: Die Ursache bestimmen und möglichst beseitigen.

Mittelschwere und vollständige Harninkontinenz Eine vollständige Harninkontinenz ist meistens auch mit Stuhlinkontinenz verbunden. Die Entscheidung über die pflegerische Intervention hängt in erster Linie von der Inkontinenzursache (bedarf medizinischer Abklärung), dem Grad und der Form der Inkontinenz (Harn- oder Harn- und Stuhlinkontinenz) ab. Durchführung Um adäquate pflegerische Interventionen durchführen zu können, könnte bei der Entscheidung ein Fragenkatalog behilflich sein:

158 Direkte Pflege

- Welche organischen Erkrankungen liegen vor? - Handelt es sich um eine organische Streß-, Drang- oder Überlaufinkontinenz oder um eine psychisch bedingte (funktionelle) Störung? - Wie schwer ist die Inkontinenz (leicht, mittelschwer oder vollständig)? - Ist verbale Kommunikation (zeitlich, örtlich, personen- und situationsorientiert) und Kooperation (Bereitschaft zur Mithilfe) möglich? - Ist der Klient bereit, offen über die Inkontinenz mit der Pflegebezugsperson zu sprechen? - Wurde ein beratendes Gespräch von seiten der Pflegebezugsperson geführt? - Seit wann besteht die Harn- und/oder Stuhlinkontinenz (Eigenoder Fremdanamnese)? - Wie erlebt der Klient seine Inkontinenz? - Was für Unterstützung und welches Hilfsmittel werden benötigt, um Kontinenz ganz oder teilweise zu erzielen? - Konnte der adäquate Pflegeplan mit Nahzielen mit dem Klienten zusammen (ggf. auch Angehörigen) erarbeitet werden? - Kann der Klient, falls erforderlich, die Inkontinenzversorgung und die Intimpflege eigenständig durchführen oder wird eine Anleitung und Unterstützung benötigt? Unterstützung und/oder Hilfestellung bei der Harnausscheidung richtet sich nach einem ermittelten Bedarf und kann, bei einem kontinenten (mobilen oder immobilen) Klienten auf Wunsch von der Pflegebezugsperson geleistet werden. Hierbei handelt es sich um die Begleitung in die Toilette, im Zimmer um das Setzen auf den Toilettenstuhl oder das Reichen einer Urinflasche/Steckbeckens im Bett mit dem Ziel, die Kontinenz zu erhalten. Nach der Miktion mit Toilettenpapier säubern (lassen) und Intimpflege (Einmalwaschlappen und warmes Wasser) durchführen (lassen). Nach dem Abtrocknen die Hände waschen (lassen). Reichen der Urinflasche oder des Steckbeckens im Bett - Urinflasche (in Halterung) reichen oder anlegen. - Steckbecken möglichst in der Spüle vorwärmen. - Kopfteil des Bettes flach stellen. - Bettdecke seitlich aufschlagen. - Unterwäsche ausziehen, ggf. Einlage entfernen.

Pflegestandard Nr. 17: Blasenentleerung (BE)

159

- Vorsichtig in Seitenlage bringen oder bei Rückenlage das Gesäß anheben (lassen). - Steckbecken unterschieben, wieder Rückenlage und Kopfteil des Bettes auf eine angenehme Höhe stellen. - Nach der Miktion säubern (lassen), Steckbecken halten, Klienten in Seitenlage bringen/Gesäß anheben und Steckbecken herausziehen. - Intimpflege durchführen (lassen), Unterwäsche anziehen, ggf. Einlage anlegen und Hände waschen (lassen). - Angenehme Lagerung (Lagerungsplan?) ermöglichen. Sofern die Kontinenz mit prophylaktischen Maßnahmen nicht zu erreichen ist, erfolgt die Inkontinenzversorgung ohne invasive Maßnahmen. Dafür bieten sich offene absorbierende Systeme für Tag und Nacht oder ableitende Systeme (verschiedene Arten und Größen von Kondomurinalen) an. Auswahlkriterien sind Schweregrad, Form und Häufigkeit (nur tagsüber und/oder nachts) und Menge. Die Versorgung soll zweckmäßig, hautfreundlich, optisch unauffällig und leicht zu handhaben sein. Die Vorlage und die Unterhose sollen eng am Körper anliegen, da sonst ein Hohlraum entstehen kann (Anlagetechnik beherrschen). Durch die Nässe kommt es zum Kälteeffekt, und weitere Probleme werden programmiert (z. B. Zystitis, siehe PS29). Es sollen möglichst keine geschlossenen Systeme (Inkontinenzslips) verwendet werden. Sie sind luftundurchlässig, bilden eine Feuchtkammer (die wiederum einen Nährboden für Hautinfektionen bietet) und wirken inkontinenzfördernd. Diese Form der Versorgung ist nur bei beidseitiger Inkontinenz (Harn und Stuhl) indiziert. Jede Pflegeperson hält sich bei der Versorgung an den festgelegten Plan (wann?, welche Art/Größe?). Das Wechseln der Einlagen kann nach ausreichender Anleitung auch vom Klienten übernommen werden. Hautpflege im Intimbereich nach der Miktion (siehe PS 8)

- Grundsätzlich mit warmem Wasser (ohne Zusätze) den Intimbereich nach jeder Miktion reinigen (lassen). - Ständiges Waschen mit Waschlotion/Seife oder nicht regelmäßiges Waschen (Harn wirkt aggressiv) führt zur Zerstörung des Säureschutzmantels. - Nach dem Waschen auf die gefährdeten Hautpartien bei Bedarf eine Hautschutzcreme auftragen (Vermeidung von trockener, unelastischer und rauher Haut).

160 Direkte Pflege

- Von Pflegeschaum wird abgeraten. Die Verwendung von Pflegeschaum kann das Waschen nicht ersetzen, wirkt wie ein Film und ist für den Klienten teuer (wird von der Krankenkasse oder Pflegekasse nicht übernommen). - Klienteneigene Produkte (sofern sie tatsächlich geeignet sind) sollen weiter verwendet werden. - Ggf. ist die Unterwäsche zu wechseln (statt Netzhose möglichst eigene Unterwäsche tragen lassen). - Da mit zunehmendem Alter die Abwehrkräfte nachlassen und der Körper (hier: die Haut) für Infektionen anfälliger wird, ist eine sorgfältige Intimpflege (evtl. auch mehrmals täglich) zwingend erforderlich. Zielsetzung - Kontinenz solange wie möglich erhalten oder wiedergewinnen. - Die angestrebten Nahziele können nur bei einem orientierten Klienten erreicht werden, der Einsicht zeigt, an eine Besserung glaubt und eigene Bereitschaft, Kooperation und Mithilfe mitbringt. - Blasen-/Toilettengangübungen und Beckenbodenübungen sind bei Desorientiertheit und schwerer Demenz (M. Alzheimer im späten Stadium) nicht mehr sinnvoll, da der Sinn und Zweck der Maßnahme nicht mehr verstanden und umgesetzt werden kann. - Vertrauen aufbauen, offen über die Inkontinenz sprechen, nicht tabuisieren, Schamgefühl berücksichtigen und durch professionelles Handeln Sicherheit vermitteln. - Geruchsbildung und Hautirritationen verhindern. - Dem Klienten trotz Inkontinenz mit Respekt und Würde begegnen und Selbstbestimmung ermöglichen. - Im Sinne der Rehabilitation alle prophylaktischen Maßnahmen ausschöpfen (PS29) und/oder bedarfsgerechte und zweckmäßige Inkontinenzversorgung gewährleisten. - Trotz Inkontinenz für ausreichende Flüssigkeitsaufnahme Sorge tragen (ggf. Bilanzierung). - Um das Wissen aufzufrischen und zu aktualisieren, ist eine regelmäßige Fortbildung des Pflegepersonals zwingend erforderlich.

Pflegestandard Nr. 17: Blasenentleerung (BE)

161

Prophylaktische Interventionen - Vertrauensvolle Beziehung aufbauen (nicht verurteilen). - Beratend tätig sein: Vor- und Nachteile aufzeigen, die Kooperation des Klienten erreichen. - ROH (Realitätsorientierungshilfe) geben: strukturierten Tagesablauf gestalten, deutlich und verständlich sprechen, die vereinbarten Zeiten einhalten, sinnvolle Maßnahmen individuell ausgerichtet erarbeiten (Rückzug, Isolation vorbeugen und das Leben in der Gemeinschaft ermöglichen). - Orientierungshilfe schaffen (Klingel in Reichweite, Brille, Hörgerät, ausreichende Beleuchtung, Toiletten mit Farbe oder Farbsymbol kennzeichnen). - Anleiten und die vielleicht verlernte Selbständigkeit wieder neu aktivieren (nur so viel Hilfe geben, wie tatsächlich nötig ist). - Harnkontinenzübungen (Toilettengänge) nach Plan konsequent durchführen. - Beckenbodenübungen (Einzel- oder Gruppentherapie): Indikation stellt der Arzt. - Kooperation (und Austausch während der Teambesprechungen) mit anderen Berufsgruppen, die an der Betreuung beteiligt sind (Beschäftigungstherapeuten, Krankengymnasten, Ergotherapeuten und Arzt). - Mobilisation und Harnkontinenz fördern und erhalten. - Psychisches Wohlbefinden erreichen (sinnvolle Beschäftigung entsprechend den Fähigkeiten und dem Wunsch des Klienten). - Für entsprechende Temperatur in der Toilette (trotz notwendigen Lüftens) sorgen. - Hindernisse auf dem Weg zur Toilette beseitigen, Gehhilfen anbieten (Toilettenstuhl, Gehgestell oder Gehwagen), Haltegriffe und Aufstehhilfen sind in der Toilette vorhanden, der Toilettenstuhl kann nachts ins Zimmer gestellt werden, und die Urinflasche ist in Reichweite (in Halterung). - Bettsocken können auf Wunsch im Bett getragen werden. - Auf ausreichende Flüssigkeitsaufnahme wird geachtet. - Leicht ausziehbare Kleidung wird beim Kauf berücksichtigt. - Inkontinenzeinlagen nicht prophylaktisch anlegen!

162 Direkte Pflege

Praxis: Blasenentleerung (BE) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson, bei Bedarf wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Toilettenstuhl, Urinflasche oder Steckbecken (möglichst aus Chromnickelstahl) mit Deckel, - Toilettenpapier, - Waschschüssel, - 2-3 Einmalwaschlappen, - Handtuch, - Hautschutzcreme, - ggf. Unterwäsche und Inkontinenzhilfsmittel, - AbfallbeuteL Klienten Zur Toilette begleiten oder entsprechend lagern. Raum - bei Bedarf Sichtschutz (Paravent), - angemessene Zimmer- oder Toilettentemperatur. Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion, - Schutzhandschuhe und Vorbindsthürze.

Pflegestandard Nr.17: Blasenentleerung (BE)

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163

Durchführung

- Unterstützung und/oder Hilfestellung (nur so viel Hilfe, wie tatsächlich nötig ist) geben. - Nach jeder Miktion Gelegenheit zur Intimtoilette geben und auf sorgfältiges Abtrocknen achten (nur mit warmem Wasser waschen). - Auf die Hautpartie bei Bedarf eine Hautschutzcreme auftragen. - Beim Wechsel von Einlagen sich an den festgelegten Plan halten. - Bei Inkontinenzversorgung dem Klienten möglichst eigene Unterwäsche (keine Netzhosen) anziehen. - Geschlossene Systeme nur bei beidseitiger (Harn- und Stuhl-) Inkontinenz verwenden. - Alle prophylaktischen Maßnahmen, um eine Inkontinenz zu vermeiden, ausschöpfen.

lS:.J

Entsorgung

- Einsatzeimer des Toilettenstuhls, Urinflasche oder Steckbecken in der Spüle reinigen/desinfizieren und zurückbringen. - Waschwasser in der Toilette entsorgen, Waschschüssel nach der Feucht-Wisch-Methode desinfizierend reinigen. - Gebrauchtes Material entsorgen. - Schlußdesinfektion der Hände.

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Qualitätssicherung

- Der Klient kann die Pflegebezugsperson bestimmen. - Kontinenz wird angestrebt und Dauerpflege vermieden (Bewußtsein für die Notwendigkeit verbessern und angemessenen Umgang mit vorhandener Inkontinenz ermöglichen). - Hygienevorschriften werden beachtet, Geruchsbildung und Hautschäden treten nicht auf. - Zufriedenheit, Wohlbefinden und Sauberkeitsgefühl können erreicht werden.

164

Direkte Pflege

[TI

Zu beachten

- Jeder Klient hat eine eigene Urinflasche und ein eigenes Steckbecken (nicht auf den Boden stellen). - Bei Frauen: von Symphyse in Richtung After waschen (die Harnröhrenmündung ist in der Nähe des Darmausganges), sonst besteht die Gefahr der Keimübertragung. - Reichliche Flüssigkeitszufuhr ist die beste Prophylaxe (trotz Inkontinenz) gegen mögliche Infektionen. - Bei Inkontinenzmittelversorgung auf korrekte Anlegetechnik achten. - Nur eine konsequente Durchführung der Kontinenzübungen kann zum Erfolg führen (Zeitplan erstellen und überprüfen).

Notizen:

Pflegestandard Nr. 18: Ernährung (ER) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Die Ernährung wird den AEDL-Bereichen "kommunizieren", "vitale Funktionen des Lebens aufrechterhalten", "essen und trinken" und "soziale Bereiche des Lebens sichern" zugeordnet. Unter Ernährung ist als pflegerische Interventionen zu verstehen:

- die mundgerechte Zubereitung der Nahrung und - die Aufnahme der Nahrung (Umgang mit Besteck, Eßhilfen). Grundsatz Das Verlangen nach Flüssigkeit und Nahrung ist seit Bestehen der Menschheit eines der existentiellen Bedürfnisse und eine regelmäßig wiederkehrende Aktivität im Ablauf des täglichen Lebens. Die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, auch die enterale Ernährung mittels PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie) oder Infusion in die Vene, subkutan oder in den Darm (Rektal-Tropf-System) stellt nicht nur einen lebenswichtigen Vorgang (Hunger und Durst stillen) dar, sondern ist auch ein wichtiger gesellschaftlicher und kommunikativer Ablauf, der dem Wohlbefinden und der Zufriedenheit dient. Anhand der Biographie und der Pflegeanamnese (oder Fremdanamnese) werden die regional bedingten Eßgewohnheiten, Vorlieben oder Abneigungen ermittelt. Gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen und ärztliche Verordnungen werden hierbei berücksichtigt. Die Nahrung als Energieträger dient der Erhaltung aller Körperfunktionen. Eine ausgewogene, vitaminreiche Ernährung sorgt für die Stärkung des Immunsystems und der Widerstandsfähigkeit. Die Mahlzeiten stellen einen wichtigen Faktor im täglichen Ablauf eines älteren Menschen dar. Auf Wunsch können die Mahlzeiten im Zimmer serviert werden (Eßgewohnheiten respektieren, die Gelegenheit, ungestört zu essen, soll gegeben werden). Seit 1. 1. 1998 gehört das Servieren von Mahlzeiten im Zimmer zu den Zusatzleistungen.

166 Direkte Pflege

Problemstellung Bei vielen älteren Menschen lassen die Bedürfnisse nach Essen und Trinken erfahrungsgemäß nach. Verminderter Appetit und Durstgefühl sind auf die Reduzierung des Energiebedarfs zurückzuführen. Darüber hinaus können die fehlenden Bedürfnisse auch psychische, organische oder krankheitsbedingte Ursachen haben. Unter psychisch bedingten Gründen können Einsamkeit, Isolation, schwere Umstellung auf die neue Umgebung (Einzug ins Heim), Depression und nicht mehr leben wollen eine Rolle spielen. Unter organisch bedingten Störungen werden Behinderungen wie Blindheit, Schwerhörigkeit, fehlende Zahnprothesen (oder Ablehnung) und verminderte Kaufähigkeit durch die fehlenden Zähne, Einnahme von diversen Medikamenten oder Bewegungsmangel als mögliche Ursachen angesehen. Unter krankheitsbedingte Ursachen fallen beispielsweise die Erkrankung der Speiseröhre (Schluckstörungen) und des MagenDarm-Traktes, Tumorerkrankungen, entzündlicher oder degenerativer Rheumatismus, Hemiplegie, Aphasie, Tremor, Armamputation, Mundsoor (Pilzbefall im Mundhöhlenbereich), Parotitis (Entzündung der Ohrspeicheldrüse), kariesbefallene oder vereiterte Zähne, Fieber oder übelkeit. Ein Problem für das Pflegepersonal bei der Ernährung stellt die Uneinsichtigkeit einzelner Klienten gegenüber der verordneten Diät dar. Hierbei sind nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt - trotz der bekannten Krankheit - Abstriche durchaus möglich. Des weiteren ist das Sammeln und Verstecken von Essenresten ein durchaus häufig auftretendes Phänomen. Eine einfühlsame Pflegeperson, der die Lebensgeschichte und die Lebensumstände des Klienten (Krieg, Vertreibung, Armut in jungen Jahren) bekannt sind, wird diesem Verhalten mit Verständnis begegnen. Nahrungs- und Flüssigkeitsverweigerung sind Probleme, die im Pflegeteam, mit dem zuständigen Arzt, unter Einbeziehung der Angehörigen, Freunde und Betreuungsperson, besprochen und ergründet werden sollen. Hierbei muß der Wunsch des einzelnen auf jeden Fall respektiert werden. Die Gabe von flüssiger Nahrung und Getränken mittels Spritze soll ausgeschlossen sein. Das Ergebnis der Besprechung wird im Pflegeverlaufsbericht dokumentiert. Verweigerung der Flüssigkeit führt zu Flüssigkeitsdefizit (Dehydratation, s. PS 20) und Austrocknung (Exsikkose), was wiederum den Hautzustand verändert und Stuhlverstopfung (Obstipation) hervorrufen kann.

Manche ältere Menschen bekommen erst am späten Abend Appetit und Hungergefühl. Dieses Hunger- und Durstgefühl verursacht u. U. Unruhe und Verwirrtheit (Blutzucker-Abfall). Die Ausgabe von Spätmahlzeiten (auch an Diabetiker) fällt in den Aufgabenbereich der Nachtwache. Die oben genannten Beeinträchtigungen bei der Einnahme der Mahlzeiten machen Anleitung und Unterstützung erforderlich. Durchführung - Sitzplatzwünsche (im Speisesaal) werden berücksichtigt. - Teilweise oder vollständige Hilfestellung erfolgt in sitzender Position (gleiche Höhe) und seitlich vom Klienten (beachte: Rechtshänder? Behinderung?). - Die Temperatur der Speisen und Getränke wird überprüft. - Kalte und warme Getränke werden individuell ausgerichtet angeboten (falls vorhanden eigenes Glas/eigene Tasse benutzen, möglichst keine Schnabelbecher), das Trinkgefäß nicht vollfüllen (Tremor). - Menge der Portionierung wird erfragt. - Das Richten und Zerkleinern der Speisen erfolgt bei Bedarf unmittelbar vor der Gabe und im Blickfeld des Klienten. - Die Erklärung und wiederkehrende Übung während des Essens führt zu Vertrauen und Sicherheit im Umgang mit Besteck oder benötigten Hilfsmitteln (möglichst die Angehörigen, Freunde oder Bekannte mit einbeziehen). - Bei der Nahrungsaufnahme spielt der Faktor Zubereitung und Anrichtung eine wichtige Rolle ("das Auge ißt mit"). - Für die Darreichung der Nahrung und der Getränke soll sich die Pflegebezugsperson die notwendige Zeit lassen und keine Hektik aufkommen lassen. Durch hastiges Essen (der Klient spürt den Zeitdruck der Pflegenden) kann es zum Verschlucken kommen. - Neben der Aufnahme von Flüssigkeit und Nahrung gehört zu jeder Mahlzeit die Überprüfung und ggf. das Verabreichen von eventuell ärztlich verordneten Medikamenten/Tropfen. Hierbei ist auch auf den Zeitpunkt der Einnahme (vor oder nach dem Essen) zu achten. - Die Unterstützung erfolgt nur so lange, bis der angestrebte Grad der Autonomie erreicht worden ist (wird anhand des Pflegeplans wöchentlich überprüft und ggf. werden neue Nahziele festgelegt).

168 Direkte Pflege

Zielsetzung Eine gute Beobachtungsgabe ermöglicht der Pflegebezugsperson das Erkennen und Benennen der vorhandenen Fähigkeiten und der bestehenden Probleme. Mit dem individuell ausgerichteten Pflegeplan werden die Nahziele formuliert und die Erhaltung oder Wiederherstellung der Autonomie angestrebt. Aus der persönlichen "Essenskarte" sind die Trink- und Eßgewohnheiten ersichtlich. Wünschenswert wäre die Flexibilisierung der Essenszeiten, ein Frühstücks- und Abendessenbuffet sowie die Möglichkeit, die Hauptmahlzeiten nachträglich temperaturgerecht (Mikrowelle) zu servieren.

Pflegestandard Nr.18: Ernährung (ER)

169

Praxis: Ernährung (ER) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte unter Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material

-

-

Speiseplan in DIN-A3-Format, für alle zugänglich (der Klient kann zwischen zwei verschiedenen Essen wählen), Nahrungsangebot: Frühstücks- oder Abendessenbuffet, in Schüsseln anbieten, Portionierung oder Tablettsystem, Kostüberprüfung findet anhand der jeweiligen Essenskarte (Abb. 4) statt. Eine Änderung auf der Karte ist möglich (Bleistift), beim Tischdecken wird das komplette Eßbesteck gerichtet (alle bekannten Behinderungen werden unter Einsatz von geeigneten Hilfsmitteln berücksichtigt: rutschfeste Unterlage, rutschfestes Brett mit rostfreien Nägeln, Spezialbesteck auch mit Handgriff und Trinkhilfen, grundsätzlich dreiteilige Teller (auch bei passierter Kost) verwenden und Getränke im Glas/in der Tasse servieren, nur in Ausnahmefällen werden Schnabelbecher und Strohhalme angeboten, Geschirr zweckmäßig und appetitlich anzusehen (evtl. Warmhaltegeschirr/Tellerranderhöhung und Trinkbecher mit Isolierunterteil und Griff), Trink- und Eßtraining wird auch durch Ergotherapeuten angeboten.

170 Direkte Pflege

Essenskarte Name, Vorname; ____________________________

WB: _ _ Zi.Nr.: _ __

Kostform Vorlieben Abneigungen

o

ißt und trinkt alleine

0

Beaufsichtigung und Anleitung sind notwendig

0

das Essen muß vorbereitet werden

0

benötigt Hilfe beim Essen und Trinken

0

vollständige Übernahme von Pflegeperson notwendig

0 Diab. Diät __ BE

0 Vollkost

o Vegetarisch

0 ohne Schweinefleisch

o

0 Spätmahlzeit 0 Wunschkost

o nur Fleisch passiert

Passiert

0 sonstige Diät 0 0 0 0

Butter Brötchen Vollkombrot Knäckebrot

0 --------- Magarine 0 _ _ _ _ Scheiben Brot 0 _ _ _ _ Scheiben Weißbrot

0 Sonderkost- was/wieviel: o Tee_ Tassen 0 Kaffee_Tassen

0 Milch ___Tassen

0 Kaba __ Tassen

OMilch kalt

Abb. 4. Essenskarte

0 Milchwarm

Pflegestandard Nr.18: Ernährung (ER)

171

Klienten

- Information über den aktuellen Speiseplan geben, - bei Bedarf Unterstützung, Begleitung (Toilettengang?) in den Speisesaal (Sitzplatzwunsch wird berücksichtigt), - überprüfen, ob b. B. Ektoprothese/Teilprothese eingesetzt ist, Brille (sauber?) und Hörgerät (funktioniert?) benutzt werden, - Serviette oder Schutztuch anbieten. - bei Bettlägrigen wird vor (und nach) der Mahlzeit die Toilette angeboten (Urinflasche oder Steckbecken), Hände waschen lassen, bequeme, erhöhte Lagerung (Unterstützung mittels Kissen), Erkrankung und Behinderung berücksichtigen, die Ablage des Nachttisches in entsprechende Höhe plazieren und rutschfeste Unterlage darauflegen. Raum

- Lüftung des Speisesaals (auf die richtige Raumtemperatur und Helligkeit achten), - Tischdekoration (Blumen, Kerzen), - jeder Klient hat eine Tischkarte, mit Namen und Vornamen (Orientierungshilfe) sowie farbigem Punkt (Kostform) versehen, - auf Wunsch bestimmte Musik (Kassette oder Radio) in entsprechender Zimmerlautstärke spielen lassen (kein Fernsehen!), - Sitzmöglichkeit (Stuhl!Drehhocker) schaffen. Pflegeperson

- Hände waschen, - SchutzkitteL

1.,..1 Durchführung - Die Möglichkeit für ein Gebet geben. - Auswahl und Menge der Mahlzeit bestimmt der Klient. - Die Nahrung eigenständig zubereiten lassen (unter Berücksichtigung der vorhandenen Fähigkeiten wird die Selbstbestimmung und autonomes Handeln angestrebt) oder Unterstützung geben (zerkleinern). - Bei der Darreichung des Essens befindet sich die Pflegebezugsperson in gleicher Sitzhöhe, neben dem Klienten.

172 Direkte Pflege

- Die für die Einnahme der Mahlzeiten notwendige Zeit einhalten (kein Zeitdruck). - Enterale (Sondenkost) oder parenterale (Infusion) Ernährung vorbereiten, applizieren und überwachen (von examinierter Pflegeperson). - Medikamente/Tropfen verabreichen (auf den Zeitpunkt der Einnahme von verschiedenen Arzneien achten).

~

Entsorgung

- Gelegenheit zum Händewaschen, zur Hand- und Mund/Zahnund Ektoprothesenpflege geben. - Ggf. verschmutzte Kleidungsstücke erneuern. - Bei Bedarf Toilettengang; bei Bettlägrigen Urinflasche/Steckbekken oder Urinbeutel ausleeren. - Der Klient kann sich nach dem Mittagessen hinlegen, bei Bettlägrigen auf angenehme Lagerung achten.

[ID

Qualitätssicherung

- Die Frage nach der Zufriedenheit mit dem Essen gibt uns die Möglichkeit, den Speiseplan so zu verändern, daß sich die Qualität der Speisen den Bedürfnissen der Klienten anpaßt. - Ruhezeiten werden angeboten und sind auf Wunsch immer möglich. - Die Essenszeiten (Abstände zwischen den verschiedenen Mahlzeiten) sind so gelegt, daß die Zeitspanne zwischen dem Abendessen und dem Frühstück nicht zu groß ist. - Es werden Vorträge oder Einzelernährungsberatungsgespräche von seiten einer examinierten Pflegeperson oder einer Diätassistentin angeboten. - Zufriedenheit und angemessene Lebensqualität des Klienten kann nur unter Berücksichtigung seiner individuellen Wünsche und der Selbstbestimmung erreicht werden. - Im Pflegeverlaufsbericht werden Beobachtungen, Befinden, eingenommene Essensmenge, erreichte Fortschritte/Rückschritte eingetragen. Dadurch wird der Vergleich mit den gesteckten Zielen möglich.

Pflegestandard Nr. 18: Ernährung (ER)

[TI

173

Zu beachten

- Bei Schluckstörung besteht Aspirationsgefahr (die Nahrung kann in die Luftröhre gelangen): auf Lagerung, Zeitfaktor und ausreichendes Kauen achten. - Das Essen wird bei einem Klienten mit Hemiplegie von der betroffenen Seite gereicht. - Bei Speichelminderung immer wieder während des Essens Getränk anbieten. - Bei künstlicher Ernährung aseptisch vorgehen, Kontamination vermeiden. - Bei Störungen der Nahrungsaufnahme Gewichtskontrolle und Flüssigkeitsbilanz. - HACCP-Richtlinien beachten.

Notizen:

174 Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 19: Mobilität (MO) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Die Mobilität oder Mobilitätseinschränkung hat ausnahmslos auf alle 13 AEDL-Bereiche entscheidende Auswirkung. Der Umfang der Pflegeleistungen im Bereich der Mobilität beinhaltet: Beratung, Motivation, Anleitung, Begleitung, teilweise Hilfestellung oder vollständige Übernahme der jeweiligen Maßnahme. Grundsatz Es ist davon auszugehen, daß in der Zukunft in die Pflegeeinrichtungen nur noch schwerstpflegebedürftige Menschen [mit chronischen Erkrankungen, begleitet von Multimorbidität und Bewegungseinschränkung, mit irreversiblen Tumorerkrankungen, appalischem Syndrom (Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma) oder Aids] aufgenommen werden. Inwieweit diese Menschen noch zu mobilisieren sind, hängt von der Dauer und dem Ausmaß der Erkrankung ab. Wie sich der Mensch in seinem bisherigen Leben körperlich, geistig und sozial betätigt hat, wird aus der Lebens- und Situationsbeschreibung ersichtlich. Diese drei Komponenten spielen bei der Erstellung eines ganzheitlich orientierten Pflegekonzepts eine wichtige Rolle. Schon in den 70er Jahren hat die WHO (Weltgesundheitsorganisation) Grundsätze von Pflege klar formuliert: Ziel der Pflege ist, das physische, psychische und soziale Wohlbefinden des einzelnen zu erreichen. Damit wird deutlich, daß jede Intervention auf allen drei Ebenen erfolgen muß. Auch im Pflegeheimbereich wird eine medizinisch-pflegerische und soziale Rehabilitation durch die Mobilisation noch vorhandener Fähigkeiten angestrebt. Bei der Erstellung des Pflegeplans wird die individuelle Situation des Klienten (Ängste, Unsicherheiten oder Schmerzen) mitberücksichtigt Der Pflegeplan orientiert sich in erster Linie an den existentiellen Erfahrungen des Lebens. Hierbei soll die Wahrnehmungs- und Merkfähigkeit sowie Motivation im Vordergrund der Planung stehen.

Pflegestandard Nr.19: Mobilität (MO)

175

Ein guter Kommunikationsfluß und eine enge Zusammenarbeit mit dem therapeutischen Team (Ergotherapeuten, Krankengymnasten, Logopäden, Ärzte und Pflegedienst) unter Einbeziehung des Klienten (und seinen Angehörigen) in den Pflegeprozeß sowie regelmäßige Evaluation sind Voraussetzungen für das Erreichen der angestrebten Ziele. Nach den Richtlinien der Sozialen Pflegeversicherung (PflRI) wird die Pflegebedürftigkeit vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) im Bereich der Mobilität in folgenden Punkten überprüft: Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Stehen, Gehen und Treppensteigen. Unter Stehen, Gehen und Treppensteigen werden Verrichtungen im Zusammenhang mit der direkten Pflege (Körperpflege und Ernährung) verstanden. Anhand des individuell erstellten Pflegeplans wird überprüft: -

Welche Interventionen sind zur Prävention geplant? Welche Maßnahmen sind als Rehabilitation geplant? Welche Hilfsmittel und technischen Hilfen sind erforderlich? Welche Prognosen bestehen für weitere Entwicklung der Pflegebedürftigkeit, inwieweit ist Eigenständigkeit und Selbstverantwortung zu erreichen?

Quantität und Qualität der pflegerischen Interventionen werden inzwischen auch im Sozialgesetzbuch XI (PflVG) wie folgt geregelt: Der Versicherte ist verpflichtet, durch die aktive Mitwirkung "die Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhindern". SGB, § 11, Abs. 1: "Inhalt und Organisation der Leistungen haben eine humane und aktivierende Pflege unter Achtung der Menschenwürde zu gewährleisten." SGB, § 28, Abs. 4: Inhalte des Begriffs aktivierende Pflege sind zielgerichtet "vorhandene Fähigkeiten zu erhalten und, soweit dies möglich ist, verlorene Fähigkeiten Zurückzugewinnen ". SGB, § 31, Abs.1: Vorrang der Rehabilitation vor Pflege: "Die Pflegekassen prüfen im Einzelfall, welche Leistungen zur Rehabilitation geeignet und zurnutbar sind, Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten".

SGB, § 6, Abs. 2:

176 Direkte Pflege

SGB, § 80, Abs. 2: Pflegeeinrichtungen sind verpflichtet, sich an den Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu beteiligen und die Prüfung der Qualität durch externe Instanzen zu ermöglichen. Problemstellung Durch Krankheit und Behinderung läßt die Bewegungsfähigkeit nach. Damit verbundene Ruhigstellung und Resignation führen wiederum zu Versteifungen der Gelenke, Muskelschwund, allgemeine Kräfteminderung, Kontrakturen und nachlassende Belastungsfähigkeit. Da die Beeinträchtigung und Behinderung als natürlicher Alterungsprozeß angenommen und akzeptiert wird, ist es in der Regel schwer, die erforderliche Motivation zu erbringen. Eine wesentliche Verschlechterung würde bei einem betroffenen Menschen die Isolation bedeuten. Seh- und Hörkraftminderung oder -einschränkung begünstigen die Isolation ebenso. Immobilität führt zum Verlust von Handlungskompetenz und bewirkt Hilflosigkeit. Davon betroffen sind das Herz-Kreislauf-System (Durchblutungsstörungen), die Verdauung (Darmatonie), die Haut (Dekubitusgefahr), Frauen mit Osteoporose (Gefahr von Spontanfrakturen). Immobilität hat daneben Folgen für die Psyche (Hoffnungslosigkeit). Durchführung Die aktivierende Pflege setzt die Motivation des Klienten und der Pflegebezugsperson voraus. Darüber hinaus wirkt sich die Mobilisation und Mobilität in allen AEDL-Bereichen positiv aus. Mobilisieren bedeutet in Bewegung setzen unter dem Einsatz aller notwendigen Hilfsmittel und technischen Hilfen. So wird beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen selbständiges Aufstehen gefordert und die Möglichkeit gegeben, selbst die Entscheidung zu treffen, (rechtzeitig) aufzustehen bzw. ins Bett zu gehen. Vor dem Aufstehen werden bei Bedarf Vitalwerte kontrolliert und Thromboseprophylaxe (Stützstrümpfe) durchgeführt. Beim Aufstehen kann ein Aufrichter im Bett (nicht bei Hemiplegie) oder eine Strickleiter am Fußende des Bettes hilfreich sein. Drehscheibe, Aufrichthilfe, Rutschbrett, Haltegürtel oder Pflegelifter helfen beim Transfer vom Bett auf den Stuhl oder in den Rollstuhl und zurück. Ein Hocker vor dem Bett (sichern, damit er nicht wegrutscht) kann eine Hilfe für kleine Menschen sein.

Nr.19: Mobilität (MO)

177

Beim Aus- und Ankleiden wird das Holen und/oder Weglegen der Kleidungsstücke, die Auswahl der Kleidung (der Jahreszeit entsprechend), das Einhalten der richtigen Reihenfolge, das Öffnen und Verschließen der Kleidungsstücke sowie das An- oder Ablegen von Prothesen geübt. Als Hilfsmittel können Greifhilfen, einfach handhabbare Kleidung (z. B. mit Klettverschluß, Druckknopfverschlüssen), Strumpf- und/oder Schuhanzieher dienen. Unter Stehen wird nicht nur das Stehen mit aufrechter Körperhaltung, sondern auch das Stehen über einen gewissen Zeitraum verstanden, und zwar frei, auf der Drehscheibe oder mit fremder Hilfe. Als technische Hilfe beim Gehen können Gehwagen, Rollator, Gehstock, Vierpunkt-Stock (verstellbar), Unterarmstützen eingesetzt werden. Hierbei ist auf feste, geschlossene Schuhe (evtl. Peronäusschiene), gute Beleuchtung, Haltemöglichkeiten (vermitteln Sicherheit) und Sitzgelegenheit (Pause) zu achten. Unter Mobilisation wird auch die Benutzung des Rollstuhls verstanden (selbständig oder mit Hilfe manövrieren). Als weiteres Hilfsmittel kann eine Toilettensitzerhöhung (bei Arthrose oder Hüftdysplasie) hilfreich sein. Hilfsmittel bei Sehstörung (Brille) und Hörminderung (Hörgerät) sind funktionsfähig und in greifbarer Nähe. Beim Treppenlaufen kann das Aufkleben von farbigen Streifen auf die Vorderkante der Stufen eine Hilfe darstellen. Immobile Klienten werden durch passive und aktive Bewegungsübungen mobilisiert. Darüber hinaus werden regelmäßig institutseigene Mobilisationsaktivitäten (z. B. Gymnastik, Tanz oder diverse Spiele) angeboten. Die Auswahl des geeigneten Hilfsmittels (wann? wofür?) erfolgt in Absprache mit dem Klienten und erfordert seine Akzeptanz. Die richtige Handhabung kann der Klient durch geschultes Fachpersonal erlernen. Richtiges Anheben, Tragen, Bewegen, Umlagern bzw. der Transfer kann in Kursen gelernt werden. Die Bobath-Methode (nach der Krankengymnastin Bertha Bobath) kann sinnvoll bei Erkrankungen im neurologischen oder neurochirurgischen Bereich eingesetzt werden (Z. n. Apoplexie). Der Leitgedanke in der Kinästhetik ist "Hilfe zur Selbsthilfe" (ich helfe anderen und tue mir auch etwas Gutes). Anstelle von Körperkraft wird hier das Wissen über die Kinästhetik im Sinne der aktivierenden Pflege eingesetzt. Kinästhetik ist also eine erlernbare Transfermethode, die Massen (Körper) ohne Anstrengung im Raum bewegen kann. Dies geschieht auf zwei Ebenen:

178 Direkte Pflege

- kommunikativ und nonverbal (durch die gemeinsame Interaktion, d. h. berühren und bewegen). Die Beziehung zum Klienten bekommt eine andere Qualität. Die partnerschaftliehe Interaktion trägt zur Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Klienten bei. Zielsetzung Zuerst anhand von Lebens- und Situationsbeschreibung sowie Eigen- und/oder Fremdanamnese herausfinden, in welchem Bereich die Eigenständigkeit noch vorhanden ist und wo eine Anleitung bzw. Unterstützung benötigt wird. Konzeptionell wird wie oben - der Ist-Zustand festgestellt (welche Copingstrategien sind bis dato genutzt worden?), - ein gezieltes pflegerisch-therapeutisches Angebot in Zusammenarbeit mit dem Klienten (Angehörigen) und dem multiprofessionellen Team vereinbart, - wöchentlich eine Überprüfung (Evaluation) durchgeführt, und bei Bedarf werden neue Nahziele festgelegt. - die Wiederherstellung einer eigenverantwortlichen Lebensführung und Vermeidung von Schäden (Kontrakturen, Pneumonie, Thrombose, Dekubitus sowie Harn- und Stuhlinkontinenz) angestrebt. Hierbei sollen Ängste abgebaut, Sicherheit vermittelt, Überforderung und Überversorgung vermieden werden. Bei irreversiblen Schäden besteht das Ziel darin, mit der vorhandenen Behinderung zurechtzukommen und eine Verschlimmerung zu verhindern. Durch Motivation, gezielte Anleitung, notwendige Unterstützung und Geduld soll Unabhängigkeit erreicht werden, und zwar: - im körperlichen Bereich in möglichst allen AEDL-Bereichen (Belastungsgrenzen erkennen und Ruhepausen ermöglichen), - im geistigen Bereich Verbesserung der Wahrnehmungs-, Merk- und Konzentrationsfähigkeit, - im seelischen Bereich Stärkung des Selbstwertgefühls und Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten,

Pflegestandard Nr. 19: Mobilität (MO)

- im sozialen Bereich

179

Kontakte herstellen und erhalten können, Resignation und soziale Isolation vermeiden.

Beziehung und Vertrauen sollen unter Respektierung der individuellen Bedürfnisse, Gewohnheiten und vorhandenen Fähigkeiten aufgebaut werden, d. h. mit Empathie (Einfühlungsvermögen) dabei zu sein. Der Klient soll spüren, daß er als ein Ganzes (Körper, Geist und Seele) im Sinne der ganzheitlich orientierten Pflege wahrgenommen wird. Durch regelmäßige Fortbildungen soll die Fachkompetenz des Betreuungspersonals gestärkt und erhalten werden (z.B. BobathKurs, Kinästhetik-Kurse).

180 Direkte Pflege

Praxis: Mobilität {MO) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte unter Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson, bei Bedarf wird zusätzlich eine examinierte Pflegeperson hinzugezogen (richtet sich nach der Art der Tätigkeit)

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Material Hilfsmittel und technische Hilfen. Klienten - Wünsche berücksichtigen, - momentanes Befinden erfragen/überprüfen. Raum -

angemessene Zimmertemperatur, bei Bedarf Sichtschutz (Paravent), Sitzgelegenheit bereitstellen, rollstuhlgerechte Räume (Türen und Boden), Therapieräume.

Pflegeperson - richtet sich nach der Art der Tätigkeit, - Qualifikation entspricht den Erfordernissen, - nach Absprache den vereinbarten Zeitpunkt einhalten.

Pflegestandard Nr.19: Mobilität (MO)

J. . . . J

181

Durchführung

- Festgelegten Tagesablauf (Kontinuität und Regelmäßigkeit) anhand des individuellen Pflegeplans einhalten. - Einbindung der Angehörigen oder Bezugsperson in den Pflegeprozeß ermöglichen. - Instandhaltung und Überprüfung der Hilfsmittel und technischen Geräte auf Funktionalität gewährleisten.

~

Entsorgung

- Benötigte Hilfsmittel und technische Geräte bei Bedarf reinigen und wieder in greifbare Nähe stellen. - Das Wohlbefinden des Klienten überprüfen und auf seine Wünsche eingehen. - Für angemessene Lagerung sorgen, bequemes Sitzen ermöglichen, Begleitung beim Gehen anbieten oder Gelegenheit zum Ausruhen einräumen. []]

Qualitätssicherung

- Durch eine korrekt geführte Pflegeprozeßdokumentation, adäquate Dienstweitergabe und Evaluation (Soll-Ist-Vergleich) kann die Pflegequalität sichergestellt werden. - Mittels Befragung (Zufriedenheit, Wohlbefinden, Wirkung der Maßnahme, Erwartungen oder Mängel) wird die Auswertung der Prozeßqualität möglich und die Ergebnisqualität sichtbar.

[[]

Zu beachten

- Vor jeder Mobilisation (Orthostase = aufrechte Körperhaltung) bei Bedarf Vitalwerte überprüfen, den Klienten kurze Zeit an der Bettkante sitzen, die Beine baumeln und mehrmals tief durchatmen lassen. - Bei Kreislaufkollaps Kopftieflage! - Bei jeder Maßnahme die Lichtverhältnisse überprüfen.

182 Direkte Pflege

- Bei technischen Hilfsmitteln regelmäßige Wartung vornehmen (lassen), Bedienungsanleitung am Gerät befestigen. - Rückenbeschwerden vorbeugen! Bobath- und/oder Kinästhetikmethode anwenden (BGW 1995). Ausgleichsgymnastik hilft, Verspannungen zu lockern, und stärkt die Rückenmuskulatur. Klienten sollen möglichst mit Hebehilfen und Liftgeräten gehoben werden. Wenn Hebehilfen/Liftgeräte nicht vorhanden sind, Klienten nur mit mehreren Personen und in aufrechter Haltung tragen.

Notizen:

Pflegestandard Nr.20: Dehydratationsprophylaxe (DEHY)

183

Pflegestandard Nr. 20: Dehydratationsprophylaxe (DEHY) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Wenn dem Körper Wasser entzogen wird und keine Flüssigkeitszufuhr erfolgt, kommt es zu einem Defizit im Wasser- und Elektrolythaushalt. Dies wird als Dehydratation/Exsikkose bezeichnet. Es hat zur Folge, daß der Körper austrocknet (dehydriert/exsikkiert). Wasserverlust führt zu einer Verschiebung des gesamten Wasserund Natrium(Na)-Bestands und zu einer Veränderung des intrazellulären und extrazellulären Volumens. Dehydratation hat in erster Linie eine starke Auswirkung auf den AEDL-Bereich "essen und trinken". Hierbei geht es um die täglich aufgenommene Trinkmenge, aber auch um die organischen und/ oder funktionellen Fähigkeiten des Klienten. Andere AEDL-Bereiche sind ebenfalls mitbetroffen. Durch einen ausgeglichenen Wasserhaushalt kann sich die Lebenssituation in vielen AEDL-Bereichen verbessern. Grundsatz Der Hauptbestandteil des menschlichen Körpers ist Wasser. Bei einem gesunden erwachsenen Menschen beträgt der Wasseranteil (H 2 0) am Körpergewicht etwa 60-70%. Der Wasseranteil nimmt mit zunehmendem Alter ab. Der Körper nimmt Wasser sowohl über flüssige als auch über feste Nahrung auf. Das Durstgefühl ist für die Menge der Wasseraufnahme entscheidend. Gerade dieses Durstgefühl läßt bei älteren Menschen nach. Das Wasser wird aus dem Körper wieder ausgeschieden durch Miktion (etwa 1000 ml pro Tag), Defäkation (etwa 100 ml pro Tag), Transpiration (Schwitzen) und über die Atemwege (etwa 500-lOOOml pro Tag). Im Alter ist die Schweiß- und Talgdrüsensekretion verringert. Aus der Pflegeanamnese können die Trinkgewohnheiten vor dem Heimeinzug ermittelt und in die Pflegeplanung integriert

184 Direkte Pflege

werden. Einer der häufigsten Gründe für eine Einweisung ins Krankenhaus ist neben der Sturzverletzung die Exsikkose. Problemstellung Die selbständige Flüssigkeitsaufnahme kann erschwert werden durch eine Fixierung des Klienten (motorische Unruhe), Lähmung einer Körperseite (Hemiplegie), Gesichtslähmung (Fazialisparese), Schluckstörungen, Hörbehinderung (Hörgerät fehlt), Sehbehinderung (Brille fehlt), aber auch wenn der Klient das Geforderte nicht mehr umsetzen kann (Apraxie). Zu Wasser- und Elektrolytverlust kann es darüber hinaus auch kommen bei Erbrechen, Diarrhö, Fieber, Verbrennungen/Verbrühungen, Diabetes insipidus (Hypophysentumor), Laxantienabusus und Diuretikagabe. Visuell und palpatorisch zeigt sich eine trockene Haut, die faltig und schlaff ist, sowie eine trockene und belegte Zunge. Folgen sind: allgemeines Unwohlsein, Antriebsarmut, Eintrübung des Bewußtseins, Verwirrtheit und Obstipation. Durchführung Der Klient soll immer wieder zum Trinken aufgefordert werden. Auch kleine Mengen können als Erfolg gewertet werden. Das angebotene Getränk (Vorlieben beachten) soll in Reichweite stehen. Falls der Klient nicht mehr in der Lage ist, selbständig zu trinken, soll ihm bei jeder pflegerischen Maßnahme das Getränk gereicht werden. Als Trinkhilfen eignen sich Trinkgefäße mit Griffvorrichtung, ggf. Strohhalm, Teelöffel, Trinkhilfe mit Ventil, das sich auf Saugdruck öffnet, oder sogar die Lieblingstasse von zu Hause. Bei der Reichung von Getränken soll auf die Körperhaltung geachtet werden. Der Klient befindet sich möglichst in sitzender Position, der Kopf (evtl. ein kleines Kissen unter den Kopf legen) und die Schulter sind nach vorne geneigt, unter die Knie kann eine Rolle gelegt werden. Wenn die Pflegeperson das Getränk verabreicht, soll sie seitlich neben dem Klienten auf einem Stuhl/Hocker sitzen (nicht stehen). Angehörige können in die Maßnahme mit einbezogen werden. Bei neurologisch bedingten Schluckstörungen wird der Einsatz von Logopäden erforderlich (Kräftigung der Gesichts-, Zungenund Lippenmuskulatur sowie Trinkübungen).

Pflegestandard Nr.20: Dehydratationsprophylaxe (DEHY)

185

Um eine Kontrolle über die aufgenommene Trinkmenge zu bekommen, soll die Flüssigkeitszufuhr täglich in die Pflegedokumentation (in das dafür vorhandene Blatt) eingetragen werden. Als letzte Möglichkeit werden invasive Interventionen nach Rücksprache mit dem Klienten, dessen Angehörigen/Betreuer, Hausarzt und Pflegeteam unternommen. So können z. B. rektale Flüssigkeitszufuhr, intravenöse Gabe (Infusion) oder Legen einer PEG-Sonde in Betracht gezogen werden. Zielsetzung - Krankenhausaufenthalt möglichst vermeiden. - Durch Ausschöpfen aller prophylaktischen Maßnahmen Komplikationen verhindern. - Physiologischen Ausgleich der Körperflüssigkeit oral anstreben. - Selbstwertgefühl stärken und Wohlbefinden erreichen. Prophylaktische Maßnahmen bei Gefahr einer Dehydratation - Vorlieben beachten (siehe Pflegeanamnese). - Immer wieder ein Getränk anbieten (auf die Körperhaltung achten). - Das Getränk in Reichweite stellen (überprüfen, ob Brille sauber). - Hilfsmittel einsetzen: Trinkgefäß mit Haltegriffen, Strohhalm, Teelöffel, Trinkhilfe mit Ventil oder Lieblingstasse von zu Hause. - Schnabelbecher nur einsetzen, wenn der Klient auch zu Hause gewohnt war, daraus zu trinken und diese Möglichkeit akzeptiert. - Beim Getränkreichen neben dem Klienten sitzen (nicht stehen). - Die aufgenommene Trinkmenge täglich in das dafür vorgesehene Blatt eintragen. - Bei Schluckstörungen eine eventuelle Aspiration vermeiden. - Invasive Interventionen (rektale Flüssigkeitszufuhr, intravenöse Infusionsgabe oder Legen einer PEG-Sonde) können nur nach Rücksprache mit dem Klienten, dessen Angehörigen/Betreuer, Hausarzt und Pflegeteam gemeinsam beschlossen werden.

186 Direkte Pflege

Praxis: Dehydratationsprophylaxe (DEHY) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

SL/SLV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Hilfsmittel und ggf. Serviette/Schutztuch, - Getränk. Klienten - momentanes Befinden erfragen/überprüfen, - angemessene Lagerung, - Schutzserviette. Raum - Sitzmöglichkeit (Stuhl/Hocker). Pflegeperson - Hände waschen.

1+-+1

Durchführung

- Temperatur des Getränkes überprüfen. - Den Klienten über die Maßnahme informieren, sein Befinden überprüfen. - Die Lagerung so vornehmen, daß der Klient das Angebotene sehen und trinken kann.

Pflegestandard Nr.20: Dehydratationsprophylaxe (DEHY)

187

- Zur Flüssigkeitskontrolle die Menge in das dafür vorgesehene Blatt in der Pflegedokumentation eintragen. - Bei der Darreichung des Getränks befindet sich die Pflegebezugsperson in gleicher Sitzhöhe seitlich neben dem Klienten.

lS:.J -

Entsorgung

Falls erforderlich, Mundspülung vornehmen lassen. Frisches Getränk/Trinkgefäß in Reichweite stellen. Klingel in Reichweite (überprüfen). Lagerung und das Befinden des Klienten überprüfen. Hände waschen.

[]]

Qualitätssicherung

- Die pflegerischen Leistungen beinhalten alle individuell bestimmten prophylaktischen Maßnahmen, die mit dem Pflegeteam gemeinsam in die Pflegeplanung integriert worden sind. - Durch kompetente Vorgehensweise kann die Qualität überprüft und gesichert werden. - Zufriedenheit und angemessenes Wohlbefinden des Klienten können nur unter Berücksichtigung seiner Gewohnheiten (Vorlieben/ Abneigungen) und seiner Selbstbestimmung erreicht werden. - Aus dem Pflegeverlaufsbericht und durch eine regelmäßige Auswertung des Pflegeplans werden Fortschritte/Rückschritte ersichtlich. Ein Vergleich mit den gesteckten Pflegezielen wird hierdurch möglich.

188 Direkte Pflege

ITJ

Zu beachten

- Für täglich frische Getränke!Trinkgefäß sorgen. - Getränke im Kasten regelmäßig auf Verfallsdatum überprüfen. - Sorgfältige Mundhygiene ist auch beim Trinken wichtig. - Trinkgewohnheiten beachten, sich beim Verabreichen Zeit lassen. - Wünsche und Bedürfnisse respektieren, nicht gegen den Willen des Klienten handeln. - Schnabelbecher nur dann verwenden, wenn der Klient auch zu Hause gewohnt war, daraus zu trinken, und diese Möglichkeit akzeptiert. - Bei bestehender Urin- und Stuhlinkontinenz ist Ausfuhrkontrolle nicht möglich. - Bei Schluckstörungen kann es während der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme zu Aspiration kommen. - Bei bestimmten Nieren- und Herzerkrankungen ist die tägliche Flüssigkeitsaufnahme zu reduzieren. Es kann zu Einlagerungen ins Gewebe kommen. Rücksprache mit dem Hausarzt nehmen. - Die Möglichkeit der rektalen Flüssigkeitszufuhr ist schonend und wird von den Klienten gut toleriert.

Notizen:

Pflegestandard Nr.21: Dekubitusprophylaxe (DEKU)

189

Pflegestandard Nr. 21: Dekubitusprophylaxe (DEKU) Stand: Erstellt am: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Dekubitusprophylaxe bedeutet die Vorbeugung gegen Druckgeschwüre (lat. decumbere = sich niederlegen). Gesetzlich geforderte präventive, aktivierende, rehabilitative und ganzheitliche Pflege beinhaltet alle Arten von Prophylaxen. Die Dekubitusprophylaxe wird der direkten Pflege zugeordnet. Bei einem vörhandenen Dekubitus werden die AEDL-Bereiche "sich bewegen", "sich pflegen", "kommunizieren" und "ruhen und schlafen" erheblich beeinträchtigt. Um die Lebensqualität der uns anvertrauten Menschen erhalten bzw. wiederherstellen zu können, müssen gezielte und individuell ausgerichtete vorbeugende Maßnahmen durchgeführt werden. Grundsatz Beim Einzug ins Pflegeheim wird die Pflegeanamnese erhoben. Dabei können mögliche Risikofaktoren schon erkannt werden. Über "Pflegefehler-Dekubitus" ist sehr viel geschrieben worden. Angefangen bei den Erkenntnissen der 70er Jahre, die Eisen und Föhnen, Luftring, Melkfett etc. empfahlen, bis hin zu den heutigen Erkenntnissen, die besagen, daß erst eine Analyse von Haut, Ernährung, Mobilität, bestehenden Erkrankungen und psychischen Zuständen eine sichere Pflegediagnose ermöglichen. Bei einem kapillaren Druck von mehr als 40 mm Hg auf bestimmte Hautpartien kommt es zu einer Abklemmung von feinen Blutgefäßen und Durchblutungsstörungen, was wiederum zu einem Dekubitus führen kann. Ob eine Dekubitusgefährdung vorliegt, kann mit verschiedenen Methoden festgestellt werden. Die bekannteste ist ohne Zweifel die Norton-Skala (Abb. 5), erarbeitet in den SOer Jahren von der englischen Krankenschwester Dorren Norton. Weitere Methoden sind: Braden-Skala, Medley-Skala (nach Tony Medley) und WaterlowSkala. Die Haut ist das oberflächengrößte Organ des Körpers mit der Aufgabe, den Organismus vor der Außenwelt zu schützen. In der

190 Direkte Pflege

Haut befinden sich Schweiß- und Talgdrüsen sowie Sinnesrezeptoren, die uns Wärme, Kälte, Schmerz oder Druck signalisieren. Je größer die Auflagenfläche, desto geringer ist der Druck auf eine bestimmte Körperregion und das Dekubitusrisiko. Kommt es doch zu einem Dekubitus, wird er in vier Stadien unterteilt: - Ein Dekubitus, der optisch wahrgenommen wird (Rötung: durch Fingerdruck verschwindet die Rötung, ggf. geringer Schmerz), wird als Stadium 1 bezeichnet. - Beim Stadium 2 wird die Oberhaut (Epidermis) und eventuell die Mittelhaut (Dermis) verletzt, abgeschürft, oder es entsteht eine Blasenbildung mit Schmerzen. - Im Stadium 3 kommt es zu einer Schädigung und Nekrosebildung der Unterhaut (Subcutis), die häufig eine Infektion aufweist. - Beim Stadium4 handelt es sich um ein Druckgeschwür (Ulcus). Das Stadium 4a weist einen oberflächlicheren Defekt, 4 b die Zerstörung des Gewebes mit Muskulatur- und Knochenbeteiligung, möglicher Taschenbildung sowie Knochenmarkentzündung (Osteomyelitis) auf. Problemstellung Ein Dekubitus stellt eine zusätzliche Erkrankung bei meistens schon bestehender Multimorbidität dar, eine Einschränkung in vielen AEDL-Bereichen sowie Abhängigkeit von den betreuenden Personen. Nicht verarbeitete Trauer, Verlust von Selbständigkeit oder einer Bezugsperson, schwere Erkrankung mit körperlichen Einschränkungen, begleitet von Schmerzen, können eine Depression auslösen. Diese wiederum wirkt sich auf die Bewegungsfähigkeit aus. Antriebslosigkeit und Immobilität begünstigen das Entstehen von Durchblutungsstörungen und somit die Bildung von Dekubitus. Bei Klienten mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit besteht neben der Dekubitusgefahr auch die Gefahr von Kontrakturen (PS 23), Spitzfuß, Pneumonie (PS 26) und Thrombose (PS 27). Besonders gefährdet sind Klienten in fortgeschrittenem Alter sowie Querschnittsgelähmte, MS-Erkrankte, Klienten im Wachkoma, kachektische, exsikkierte, inkontinente (Harn und/oder Stuhl) Klienten, Klienten mit Lähmungen (Hemiplegie, Tetraplegie oder mit Diabetes mellitus (schlechte Wundheilung), adipöse Klienten und Klienten mit reduziertem Ernährungszustand. Wenn Seifenreste auf der

Pflegestandard Nr.21: Dekubitusprophylaxe (DEKU)

191

Haut verbleiben, die Haut täglich mit warmem Wasser gewaschen wird, keine W/0-Präparate verwendet werden, längere Zeit gebadet wird, Melkfett verwendet wird (schließt die Poren und verhindert die Hautatmung), Feuchtkammern und Intertrigo (Wundreiben) entstehen, wird die Bildung von Bakterien und Pilzen begünstigt und die physiologische Hautflora zerstört. Im Sitzen sind folgende Körperpartien dem Auflagedruck ausgesetzt: - Steißbein (Os coccygis), - Sitzbeinhöcker (Tuber ischiadicum), - Ellbogen (Cubitus). Im Liegen: - Liegen auf Blasenverweilkatheter, - Druck der MS auf die Nasenwand (Nasendekubitus), - Fersen, - Fußknöchel, - Steißbein, - große Rollhügel (Trochanter major), - Ellenbogen, - Schulterblätter (Scapula), - Wirbelvorsprünge, - Rippen, - Brustein - Hinterkopf, - Ohrmuschel. Falten im Bettlaken und Krümel im Bett hinterlassen auch Druckstellen. Durchführung Mit der modifizierten Norton-Skala (s. Abb. 5) kann man einen drohenden Dekubitus erkennen und gezielte Pflegemaßnahmen planen. Wir haben dem Klienten gegenüber eine Beratungspflicht Diese umfaßt: Aufklärung über Dekubitusgefahr, vorbeugende Maßnahmen mit Einverständnis des Klienten und die Motivatierung, bestimmte vorbeugende Maßnahmen selbstverständlich durchzuführen. Währed der täglichen Körperpflege, nach der Mobilisation (Rücktransfer ins Bett), beim Duschen oder Baden, beim Umlagern bzw. mindestens einmal in einer Schicht kann die Haut sowohl optisch (sehen) als auch palpatorisch (tasten, fühlen) inspiziert werden.

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o ja onein

Lokalisation

Gradeinstellung: - - - - - - - - -

Liegt ein Dekubitus vor ?

Einzug I Datum:

Punkt:D Punkt:D

Punkt:D

I I Punkt:U

Punktzahl:

Pflegerische Dg.: - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

19-24 =stark gefährdet

12-18 =gefährdet

7 -11 =gering gefährdet

1 - 6 = nicht gefährdet

Legende:

Punkt:D

0 OP-Narkose

Mahlzeiten

Punkt:D

o Fieber o Pneumonie

o Grippe

1 ~ o Sturz Blutung 0

2

3

4

Medizinische Dg. Chronisch: o Diabetes mell. o Adipositas o Kachexie o MS o Ca o Lähmung o AVK o Herzschwäche o Querschnittslähmung I 4 Vorübergehend:

o Ohne Bedeutung

Kommunikation und Kooperation möglich

Verbale/nonverbale

Teilweise desorientiert

Teilnahmslos Schläfrig Nicht ansprechbar Beruhigungsmittel Zeitlich, o Örtlich und z. Person nicht orientiert

~------+--10 Ißt angebotene

0

4 o o o 3 o o 2 o 1 o

JKommunikation/Kooperation: J

Datum:

1--------+--10 Tnnkt ausreichend

Harn und Stuhl Hat DK Suprap. Kath. Anus praeter Teilw. o Harn o Stuhl 2 o Kontinent 1

I 4 o o o o 3

]G~b.=Oatum:

o Schwitzen Verweigert o Trinken o lmmobilität o Frieren und o Nahrung Volle Übernahme o Verlust von o Unterernährt von Transfer: Fettpolsterung o PEG o Zink-Mangel o Sessel o Druckgeschwür 4 o Protein-Mangel o Rollstuhl o Allergie o Risse o Übergewicht o Hilfestellung o Infektion o Ekzem o Exsikkose 4 erforderlich o sonstige o Reduzierter AZ o Selbständig Hauterkrankung 3 o Ißt und o trinkt nicht o Trocken ausreichend 3 o Schuppiq 2 o Ißt die Hälfte einer o Altersentsprechend 1 Essensportion 2

Hautzustand:

~e,-\1~.-.,~.;,e:

Modifizierte Norton-Skala

......

c

ID

~

ID

::;·

\0 N

Lagerungsplan (siehe Pflegeplan)

lws:

IBlatt Nr.

I Name, Vorname: Jahr: Datum/Uhrzeit

Lage

Handzeichen

Datum/Uhrzeit

Lagerungshilfen:

Lagerungsmöglichkeiten: a) 30-Grad Schräglage re. oder Ii.

1

Kissen 80 x 80 cm

b) 30-Grad Schieflage mit Rohr re.oder Ii.

2

Kissen 40 x 80 cm

4

Fellunterlage

5

Fersenschoner

c)

135-Grad re. oder Ii.

d) 5-Kissen-Lagerung e) Rückenlagerung

Bsp.a re./2

Abb. 6. Lagerungsplan

Lage

Kissen 40 x 40 cm

6

Handtuch

7

Gelkissen

8

Schaumstoff

9

Wechseldruckmatratze

Handzeichen

194 Direkte Pflege

Grundsätzlich soll bei jeder Lagerungsmethode auf die psychologische Körperhaltung geachtet werden. Hilfreich sind hierbei Kenntnisse zur Bobath-Methode, Kinästhetik und basalen Stimulation. Die Lagerungszeitintervalle hängen vom Hautzustand ab (Beobachtung). Mindestens alle zwei Stunden soll nach einem festgelegten Lagerungsplan ein Lagerungswechsel erfolgen. Hierbei sollen die Mahlzeiten und die Nachtruhe berücksichtigt werden. Die gewohnte Lagerung für die Nachtruhe beachten. Der individuelle Pflegeplan enthält Angaben über die Lagerungsarten, die Häufigkeit und die verwendeten Hilfsmittel. Als Hilfsmittel können Kissen 80 x 80, 40 x 80 oder 40 x 40 cm, Hebematte (verhindert das Rutschen im Bett und das Auftreten von Scherkräften, d. h. Gewebeschichten werden gegeneinander verschoben), Bettleiter, Rollen, Rohr, Rutschbett, Fell, Handtuch, Gelkissen, Fersenschoner und/oder Wechseldruckmatratze eingesetzt werden. Weichlagerung mindert das Körpergefühl und die eigene Bewegungsmöglichkeit. Der Auflagedruck wird nicht rechtzeitig wahrgenommen. Als Lagerungsmöglichkeiten werden folgende Lagerungen empfohlen: - 30 o schiefe Ebene mit einem Rohr unter der Matratze (rechts, links), - 30 o_ Schräglage nach Seiler mittels zweier Kissen (rechts, links) - 135 °-Lagerung mittelszweiergroßer und eines kleinen Kopfkissens (gleichzeitig bei Pneumonieprophylaxe; wird auch als schräge Bauchlage bezeichnet), - Fünf-Kissen-Methode (in Rückenlage ein Kopfkissen quer, zwei Kissen längs unter dem Oberkörper, zwei Kissen quer unter den Beinen), - Rückenlagerung. Die Fersen können mittels eines unter den Unterschenkeln plazierten Kopfkissens, eines Gelkissens oder der 30 o- Schräglagerung entlastet bzw. freigelegt werden. Als Hilfsmittel dienen auch Fersenschoner oder Watteverbände. Bei der 30 o- Lagerung werden der Sakralbereich und der Trochanter freigelegt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß tägliche Hautinspektion, Mobilisation oder Druckentlastung (durch Lagewechsel), Körperpflege (tägliche Ganzkörperwäsche ist meistens nicht erforderlich) mit Hautanalyse und Hauptpflege und entsprechende

Pflegestandard Nr. 21: Dekubitusprophylaxe (DEKU)

195

Ernährung (abwechselungsreich mit Flüssigkeitskontrolle) für die Dekubitusprophylaxe als ausreichend anzusehen sind. Jeder Lagerwechsel soll im Lagerungsplan mit einem Handzeichen versehen und Beobachtungen dokumentiert werden. Zielsetzung - Vermeidung von Druckstellen, von Schädigungen und Zweiterkrankungen (z. B. Kontrakturen), - Erhaltung des physiologischen Hautmilieus, - nach Möglichkeit Vermeidung von Bettlägrigkeit, - Schmerzfreiheit, - Atmungs- und Kreislaufunterstützung durch regelmäßiges Umlagern, - ergebnisorientiertes und kostenbewußtes Handeln. Prophylaktische Maßnahmen bei Dekubitusgefahr - Kennen von Ursachen und Risiken, Erhebung des Ist-Zustands, Formulierung geeigneter Maßnahmen (Pflegeplan erstellen), Durchführung und Überprüfung (Evaluation) der durchgeführten Pflegeleistungen. - Bei der Erhebung des Ist-Zustands (Pflegeanemnese) werden Parameter wie Hautzustand, Ernährung, Mobilität, Inkontinenz, Erkrankungen sowie Kommunikation und Kooperation beurteilt und es wird eine Pflegediagnose gestellt. - Bei allen Klienten, die einen Lagerungswechsel im Bett nicht eigenständig durchführen können, bedarf es einer Dekubitusprophylaxe. - Anhand der modifizierten Norton-Skala kann die Gefahr eines Dekubitus besser erkannt werden.

196 Direkte Pflege

Praxis: Dekubitusprophylaxe (DEKU) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Körperpflegemittel, - ggf. Inkontinenzmaterial, - Lagerungs- und technische Hilfsmittel. Klienten - Information über die geplante Maßnahme, - benötigte Hilfsmittel reichen. Raum - keine Zugluft, geschlossene Fenster, für angenehme Zimmertemperatur sorgen, - b. B. Paravant. Pflegeperson - Hände waschen, Vorbindeschürze tragen.

I....

J

Durchführung

- Mobilität erhalten, ermöglichen oder verbessern. - Die Gefahr eines Dekubitus anhand der modifizierten NortonSkala ermitteln.

Pflegestandard Nr. 21: Dekubitusprophylaxe (DEKU)

197

- Bei jeder Pflegeintervention für Schmerzfreiheit sorgen. Individuellen Lagerungsplan erstellen (mindestens alle zwei Stunden Lagewechsel). - Einsatz von Hilfsmitteln individuell ausgerichtet. - Druckentlastung mittels entsprechender Lagerung unter Einsatz von Lagerungshilfemitteln und technischen Hilfsmitteln (auf Funktionalität überprüfen) erzielen. - Bei jeder Lagerung auf die physiologische Körperhaltung achten. - Kenntnisse aus dem Bereich Bobath-Methode, Kinästhetik und basale Stimulation erweisen sich als hilfreich. - Inspektion der Haut in jeder Schicht ermöglicht frühzeitiges Erkennen von Hautveränderungen. - Wenn beim Einzug in das Pflegeheim oder bei Rückverlegung, z. B. aus dem Krankenhaus, oder Verlegung ins Krankenhaus Hautveränderungen festgestellt werden oder wenn sich vorhandene Hautveränderungen verschlimmern, sollen diese sofort fotografiert sowie im Pflegeverlaufsbericht dokumentiert und der Hausarzt informiert werden. Auch hier sollte die Norton -Skala Anwendung finden.

~

Entsorgung

- Jedes Lagerungshilfsmittel auf Funktionalität und Sauberkreit prüfen, ggf. erneuern bzw. reparieren lassen. - Lagerungs- und technische Hilfsmittel nach dem Gebrauch an ihren Platz zurückräumen. - Hände waschen, ggf. hygienische Händedesinfektion. - Plastikschürze nach dem Gebrauch entsorgen. [[]

Qualitätssicherung

- Die schriftlich festgelegten, durchgeführten und dokumentierten Pflegeleistungen werden für alle an der Pflege Beteiligten transparent und ggf. korrigierbar. Die geplante Pflege kann somit evaluiert und beurteilt werden. - Die erforderliche Qualität und der Erfolg werden damit meßbar, mögliche weitere Schäden vermeidbar. - Das Erkennen und die Planung der pflegerischen Interventionen, die dem Bereich der direkten Pflege zugeordnet sind, sowie die Durchführung und die Pflegedokumentation tragen zur Qualitätssicherung bei.

198 Direkte Pflege

- Eine weitere wichtige Voraussetzung für die Qualitätssicherung ist die regelmäßige Fortbildung der Pflegenden sowie das regelmäßige Lesen mindestens einer Pflegefachzeitschrift mit dem Ziel, das Wohlbefinden der uns anvertrauten Klienten zu erreichen und/oder zu erhalten.

[TI

Zu beachten

- Alle pflegerischen Interventionen zur Dekubitusprophylaxe müssen genau dokumentiert werden Uuristischer Aspekt). - Keine 90 °-Lagerung praktizieren (Druck auf Trochanter). - Zusätzliche Hilfsmittel auf der Wechseldruckmatratze und straffe Bettlaken bauen die Wirkung der Matratze ab. - Weiche Lagerung fördert die lmmobilität, mindert die Körperwahrnehmung und schränkt die Bewegungsfähigkeit stark ein. - Der Einsatz von Gummiringen zur Entlastung bestimmter Körperstellen ruft durch den Auflagedruck ringartige Druckstellen hervor und ist somit als ungeeignet anzusehen. - Beim Erstellen des Lagerungsplans die Mahlzeiten und die Nachtruhe (persönliche Gewohnheiten) berücksichtigen. - Bei inkontinenten Klienten körpernahe Lagerungshilfen ggf. mit einem Plastikbezug überziehen (z.B. unter den Kissenbezug einen Plastikbezug über das Kissen). - Jodhaltige Präparate nur einsetzen, wenn keine Allergiegefahr droht.

Notizen:

Pflegestandard Nr. 22: Infektionsprophylaxe (IN FE)

199

Pflegestandard Nr. 22: Infektionsprophylaxe (IN FE) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Unter Infektionsprophylaxe wird allgemein die Verhütung von Infektionen und das Arbeiten unter aseptischen Kautelen (Vorsichtsmaßregeln) verwendet. Hierbei wird in Aufgaben und Verantwortungsbereiche des Arbeitgebers (Pflegedienstleitung), des Arbeitnehmers (Pflegeperson) und des Klienten selbst unterschieden. Die Infektionsprophylaxe umfaßt alle pflegerischen Interventionen im Bereich der direkten und indirekten Pflege. Infektionen können durch Viren, Bakterien oder Pilze hervorgerufen werden. Infektionen können Auswirkungen auf viele AEDL-Bereich haben: "sich bewegen", "sich pflegen", "vitale Funktionen aufrecht erhalten", "essen und trinken", "ausscheiden", "für eine sichere und fördernde Umgebung sorgen", "soziale Beziehungen und Bereiche sichern und gestalten können" und "mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen können". Grundsatz Desinfektion und Sterilität sind Grundvoraussetzungen, um Infektionen zu vermeiden. Im Jahre 1835 wurde die Preußische Desinfektionsverordnung erlassen. 1847 führte Prof. Ignaz Philipp Semmelweis die Desinfektion der Hände im Krankenhaus in Wien ein. 1862 erkannte der Chemiker und Biologe Louis Pasteuer das Sterilisieren durch Kochen mit überdruck (pasteurisieren). 1867 wurde der Begriff Antisepsis (Abtötung der Krankheitserreger mit chemischen Mitteln) von dem Chirurg Joseph Lister eingeführt. 1878 begründete der Bakteriologe Robert Koch die Ätiologie der Infektionskrankheiten (Cholera und Tuberkulose). Die häufigsten Ursachen für Infektionen stellen Kontaktinfektionen dar. Bei der Entstehung von Infektionen wird zwischen endogenen (Autoinfektionen, im Körper selbst entstehende) und exogenen (von außen entstehenden) Infektionen unterschieden.

200 Direkte Unter endogenen Infektionen werden solche verstanden, die durch klienteneigene Keime, durch Verschleppung von einer Körperregion in eine andere lokale bzw. generalisierte Abwehrschwäche des Klienten verursacht werden. Hierbei können der Nasen-Rachen-Bereich, die Atemwege (Respirationstrakt), der Magen-DarmBereich (Gastrointestinaltrakt), die Harnwege und die Haut befallen werden. Als exogene Infektionen werden Keimübertragung vom Pflegepersonal auf die Klienten (Kreuzinfektionen) durch unsachgemäßen Umgang mit Gegenständen für den täglichen Gebrauch und mangelhafte Händedesinfektion bezeichnet. Alle an der Pflege beteiligten Personen haben gegenüber den Klienten eine entsprechende Sorgfaltspflicht. Jede pflegerische Maßnahme setzt die Einwilligung des Klienten voraus. Das bedeutet, daß der Klient über die Wirkung bzw. mögliche Komplikationen, z. B. Infektionsrisiken, vorab informiert werden muß. Die Nichteinhaltung von Richtlinien, Bestimmungen und Gesetzen kann rechtliche Folgen sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer haben. Dies ist im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) beschrieben: § 223 StGB (Strafgesetzbuch, Körperverletzung),§ 230 StGB (fahrlässige Körperverletzung),§ 323 c StGB (unterlassene Hilfeleistung),§§ 823 ff. BGB (schuldhaftes Schadenzufügen) und§ 847 BGB (Anspruch auf Schmerzensgeld). Für den Arbeitgeber könnte dies zu einem Bußgeld/einer Geldstrafe oder zu Freiheitsentzug, für den Arbeitnehmer von Ahmahnung bis zur Kündigung führen. Es ist eindeutig geregelt: Die Interventionen im Bereich der indirekten Pflege können nur auf schriftliche Anordnung und Delegation des Arztes durchgeführt werden. Die Verantwortung für die Durchführung trägt die examinierte Pflegeperson. Examinierte Pflegepersonen können bei nachgewiesenen Pflegefehlern nicht zur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich verfolgt werden, so z. B. bei: - unterlassener hygienischer Händedesinfektion (Richlinie: alle Pflegende tragen eine Desinfektionsflasche in der Kitteltasche, ein Desinfektionsmittel mit Spender befindet sich auf jedem Pflegewagen, alle Arbeitsräume sind mit Desinfektionsspendern ausgestattet); - bei unterlassener Hautdesinfektion (bei Verabreichung von Injektionen oder bei Verbandwechsel); - beim Verwechseln von Desinfektionsmitteln (es wird ein falsches oder unwirksames Mittel verwendet), daher ist eine genaue Be-

Pflegestandard Nr.22: Infektionsprophylaxe (INFEl

-

201

achtung von sichtbar angebrachten Hygiene- und Desinfektionsplänen (s. S. 212) unabdingbar; beim Nichttragen von Einmalhandschuhen (unsteril!steril) bei bestimmten Tätigkeiten (Verbandwechsel, Intimpflege oder im Umgang mit Desinfektionsmitteln); bei Nichtbeachtung von Bedienungs- und Betriebsanweisungen (technische und medizinische Hilfsmittel, Arbeitsabläufe etc.); bei nicht regelmäßiger Durchführung der Prüfungen/Wartungen nach dem Medizinproduktegesetz; bei unterlassener Desinfektion nach dem Auszug eines Klienten (Bett mit zugehörigen Gegenständen und Nachttisch).

Die Bestimmungen im Hygienebereich sind in den §§8 und 11 BSeuchG (Bundesseuchengesetz), § 9 UVV (Unfallverhütungsvorschriften), in den Merkblättern der Berufsgenossenschaft und in den Richtlinien für Krankenhaushygiene und Infektionsprophylaxe (Robert-Koch-Institut, Berlin) festgelegt. Problemstellung Einer Infektionsgefahr besonders ausgesetzt sind Klienten mit Diabetes mellitus, Klienten nach Operationen, Bestrahlungen (Radiatio) und Antibiotikatherapie (mögliche Multiresistenz gegen viele Medikamente) sowie Klienten mit bestehender Multimorbidität. Eine Nichteinhaltung der Hygienemaßnahmen kann für diese Klienten lebensbedrohliche Auswirkungen haben. Die Haut älterer Menschen wird zunehmend dünner, die (periphere) Durchblutung der Lederhaut (Korium) nimmt ab. Das erklärt, warum ältere Menschen leicht frieren. Die Abnahme der Talg- und Schweißdrüsenfunktion und die verminderte Wasserbindungsfähigkeit des Koriums führen zur Austrocknung der Haut (vgl. auch PS 12). Daher ist die Haut im Alter spröde und anfällig für Infektionen. Durchführung

§ 80 SGB XI verpflichtet uns zur Einhaltung der Pflegequalität und

der Qualitätssicherungsmaßnahmen. Hierbei wird unterschieden in: Strukturqualität Pflegepersonaleinsatz und -qualifikation, Vorbereitung, Durchführung und Entsorgung von Materialien, sind Pflegehilfsmittel und

202 Direkte

technische Hilfen in ausreichendem Maße vorhanden, Durchführung von Desinfektion und Sterilisation, Beachtung von Betriebsanweisungen und internen Standards, Pflegestandards, Wartungsnachweise (nach MPG) und Zustand der Geräte sowie genaue Dokumentation.

Prozeßqualität Vermeidung von Komplikationen für Klienten und Personal, Beachtung von Hygienevorschriften und somit Infektionsverhütung, genaue Dosierung von Desinfektionsmitteln und Einhaltung der Mindesteinwirkzeit, regelmäßige IBF, besonders für nicht ausgebildetes Pflegepersonal, gezielter Einsatz von Pflegehilfsmitteln und technischen Hilfen, ferner genaue Dokumentation. Ergebnisqualität Zufriedenheitsgrad und Sicherheit bei Klienten und Pflegepersonal, Nicht-Auftreten von arbeitsbedingten Erkrankungen wie z.B. der Atemwege, Allergien, Kreuzinfektionen und Unfällen. Als Infektionsprophylaxe wird aseptisches Arbeiten verstanden. Folgende Interventionen in der direkten und indirekten Pflege sind mögliche Infektionsquellen:

Hygienische Händedesinfektionen und Maßnahmen zur Prävention exogener Infektionen - Als Grundsatz gilt die Reihenfolge: Desinfizieren, Reinigen, Handpflege. - Die Durchführung ist notwendig: - vor und nach jeder Pflegeintervention bei direkter und indirekter Pflege, - bei Kontakt mit kontaminiertem Material, Flächen und Geräten, - beim Verbandwechsel vor und nach Kontakt, - bei Injektionsabgabe und Infusionen, - vor der Essensausteilung und Richten der Nahrung (entspr. Hazard Analysis Critical Control Points = HACCP, EG-Richtlinien für Lebensmittelhygiene), - bei invasiven Interventionen wie Legen oder Wechseln von Magensonden, transurethralen Blasenverweilkathetern, Absaugen, OrGabe oder Verwendung von Ultraschallverneblern; - vor dem Medikamentenrichten, - vor der Mundpflege.

Pflegestandard Nr. 22: Infektionsprophylaxe (INFEl

203

- Das Tragen von Schutzhandschuhen (unsteril!steril) wird im Umgang mit Ausscheidungen, infiziertem Material und im Bereich der indirekten Pflege als selbstverständlich angesehen. Nach§ 6 Abs. 1, 2 UVV, VBG 103 sollen den Beschäftigten leicht erreichbare Handwaschplätze mit fließend warmem und kaltem Wasser, Direktspender mit hautschonenden Waschmitteln sowie Handtücher zum einmaligen Gebrauch zur Verfügung gestellt werden. Stoffhandtücher dürfen nicht von mehreren Beschäftigten zum Abtrocknen benutzt werden. Körperpflege

- Waschhandschuhe aus Frottee und Handtücher täglich erneuern (Vermeidung von feucht-warmen Kammern); mögliche Infektionsregionen sind die Achselhöhlen, unter der Brust, in der Leistengegend, im Genital- und Analbereich, Zehenzwischenräume und Fußnägel. - Für den Intimbereich möglichst Einmal-Waschhandschuhe verwenden. - Das Wasser aus der Waschschüssel nicht im Waschbecken entsorgen (besser: Toilette). - Waschbecken und Waschschüssel täglich nach der Feucht-WischMethode desinfizierend reinigen. - Beim Eincremen des Körpers die erforderliche Menge des Körperpflegemittels in die hohle Hand geben, Flaschenöffnung nicht berühren. - Naßzellen sollen täglich einer Reinigung nach der Feucht-WischDesinfektionsmethode unterzogen werden. Schutzkleidung

In den UVV ("Gesundheitsdienst der Berufsgenossenschaft", VBG 103, § 7, Abs. 1 und "Allgemeine Vorschriften", VBG 1, § 4, Abs.l) heißt es: "Der Unternehmer hat den Beschäftigten geeignete Schutzkleidung in ausreichender Stückzahl zur Verfügung zu stellen" und "für die Desinfektion, Reinigung und Instandhaltung zu sorgen sowie die getrennte Aufbewahrung der getragenen Schutzkleidung und der anderen Kleidung zu ermöglichen". - Die Beschäftigten sind zum Tragen von Schutzkleidung verpflichtet(§ 14 UVV, "Allgemeine Vorschriften", VBG 1). Darüber hinaus besteht die Pflicht, vor dem Betreten von Aufenthaltsräumen die getragene Schutzkleidung abzulegen (§ 7, Abs. 6, VBG 103).

204

Direkte Pflege

- An Händen und Unterarmen dürfen keine Schmuckstücke, Uhren und Ringe getragen werden(§ 22, VBG 103). Instrumentendesinfektion - Bei der Konzentration und der Einwirkzeit die Angaben des Herstellers beachten (Grundsatz: kaltes Wasser). Dosiertabelle unter Verwendung eines Meßbechers beachten. Grundsätzlich erst desinfizieren, dann reinigen (zum Reinigen Schutzhandschuhe tragen - Hautschädigungen vermeiden). Gründliche Reinigung ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Sterilisation. Alle Teile des zu desinfizierenden Materials müssen vollständig unter Luftblasen mit der Lösung bedeckt sein. Dokumentation vornehmen. Flächendesinfektion

- Nach der Feucht-Wisch-Methode desinfizierend reinigen, nicht trocken nachwischen! Grundsätzlich Haushaltshandschuhe tragen, um Allergien und Hautirritationen zu vermeiden. Für routinemäßige Desinfektion ist die Liste der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) hilfreich. Unfallverhütungsvorschriften beachten (Allergien sind möglich). Spätestens nach 24 h die zubereitete Lösung erneuern.

Ernährung: SK- Verabreichung - Sonderkost (SK) nasal (Magensonde) oder mittels PEG muß unmittelbar nach Öffnung der SK-Flasche verabreicht werden (Kontaminationsgefahr ). - Vor der Gabe von SB muß eine hygienische Händedesinfektion durchgeführt werden. - Das SK-Beutel-Überleitungssystem muß alle 24h gewechselt werden, da Kontamination möglich ist (PS 35). - Geöffnete und nicht verbrauchte Flaschen mit SK können verschlossen im Kühlschrank für ca. 24 h aufbewahrt werden (mit Name und Datum versehen). - Tee täglich frisch kochen, stilles Wasser täglich neu einsetzen. - Bei enteraler Ernährung ist mindestens dreimal täglich eine sorgfältige Mundpflege erforderlich (PS3 und 25). - Bei Liegen einer Nasensonde die Nasenpflege (PS 6) täglich durchführen. - Bei Duschen oder Baden wasserdichte Pflaster verwenden. - Dokumentation vornehmen.

Verbandwechsel (VW)

- Nach der "Non-touch-Methode" (nicht mit bloßen Händen berühren) vorgehen. Grundsätzlich hygienische Händedesinfektion vor und nach jeder Intervention durchführen. Nicht in Richtung offener Wunde sprechen, um eine Tröpfcheninfektion zu vermeiden (bei Erkältung Mundschutz tragen). Steriles Material erst unmittelbar vor dem Gebrauch öffnen. Unter sterilen Kautelen (Vorsichtsmaßregeln) verbinden. Maßnahme dokumentieren mit Wundbeschreibung.

Verabreichung von Injektionen

- Hygienische Händedesinfektion vor und nach der Intervention durchführen. - Die Arbeitsfläche zur Vorbereitung von Injektionen (auch von Infusionen) muß täglich einer Feucht-Wisch-Desinfektion unterzogen werden. - Bei der Hautdesinfektion die vorgeschriebene Einwirkzeit beachten. - Die Regeln der Asepsis und Injektionstechnik einhalten. - Den gekennzeichneten Abwurf für Kanülen unmittelbar nach der Verwendung benutzen (sachgerechte Entsorgung). - Dokumentation der Intervention.

Transurethrale Blasenverweilkatheter oder suprapubische Blasenverweilkatheter

- Grundsätzlich hygienische Händedesinfektion vor und nach jeder Intervention (Legen, Wechseln des Blasenverweilkatheters, PS 33), Pflege des Blasenverweilkatheters, Verbandwechsel des suprapubischen Elastenverweilkatheters PS 32, unter sterilen Kautelen). - Für das Duschen oder Baden bei suprapubischen Blasenverweilkathetern wasserdichte Pflaster verwenden. - Auswahl des Produktes: Blasenverweilkatheter möglichst aus Silikon, oder Bard Biocath-Ballonkatheter verwenden. - Auf sorgfältige Intimpflege (PS 8) achten. - Fachgerechtes Legen und Pflegen (mindestens zweimal täglich) des Verweilkatheters. - Zug am Katheterschlauch vermeiden (Irritation der Harnröhrenschleimhaut und der Blaseninnenwand möglich). - Das Harnableitungssystem unter dem Blasenniveau plazieren. - Dokumentation vornehmen.

206 Direkte OTGabe - Hygienische Händedesinfektion durchführen. Nasenpflege (PS 6) durchführen. Grundsätzlich Aqua destillata für Anfeuchter verwenden, Anfeuchter vor und nach jeder Intervention desinfizieren und sterilisieren (Kontamination und Keimverschleppung durch lang stehendes Aqua destillata möglich). Für jede Intervention sterile Sauerstoftbrille -katheter und/oder Maske verwenden. Bei der Pflegedokumentation die angeordnete Literzahl pro Minute und Uhrzeit eintragen. Absaugen - Hygienische Händedesinfektion durchführen. - PE-Handschuhe benutzen. - Für jede Intervention einen sterilen Einmai-Absangkatheter verwenden. - Zur Spülung von Absangkathetern grundsätzlich eine 500 bis 1000 ml-Flasche mit Aqua destillata verwenden. - In der Sekretflasche erst Wasser, dann Desinfektionsmittel verwenden. - Anschließend die Mundpflege durchführen (PS 3). - Täglich die Spülflüssigkeit in der Sekretflasche erneuern. - Sekretglas, Verschluß und Schlauchsystem in die dafür vorgesehene Desinfektionswanne legen (vollständig bedeckt) und reinigen. - Sekretglas, Schlauchsystem und Fingerstip sterilisieren. - Die durchgeführte Intervention dokumentieren. Verwendung von Ultraschallverneblern - Ultraschallvernebler werden nach ärztlicher Anordnung eingesetzt! - Hygienische Händedesinfektion durchführen. - Nur Aqua destillata (500 ml) verwenden! - Verneblerteile erst unmittelbar vor der Benutzung zusammenstecken. - Bakterienfilter nach 48 h Benutzung auswechseln. - Grobfilter nach einer Woche Dauerbenutzung austauschen. - Nach Beendigung der Maßnahme Vorratsflasche und Flaschenverschluß mit Dichtung, Niveauregler, Aerosolschlauch und Gebläseschlauch desinfizieren, reinigen und sterilisieren. - Dokumentiert wird der Beginn und das Ende der Intervention.

Pflegestandard Nr. 22: Infektionsprophylaxe (INFE)

207

Zielsetzung - Erregerquellen ermitteln und ausschalten, Kontaminationen verhindern. - Regelmäßige Angebote der innerbetrieblichen Fortbildung zur Auffrischung der Thematik nutzen für sicheres Handeln, eigenen Schutz und Zufriedenheit der Klienten. - Klientenberatung über persönliche Hygiene, Hygienemaßnahmen durchführen (bei Bedarf Anleitung, Hilfestellung oder vollständige Übernahme). - Durch Einhalten der rechtlichen Vorschriften und Bestimmungen Infektionen vermeiden und mögliche Infektionsketten unterbrechen. - Tragen von Schutzkleidung (PE-Schürzen aus Polyäthylen oder Baumwollmantel bzw. Einmalkittel) zum Schutz vor Konatmination mit Krankheitserregern. - Durch die Verwendung von Einmalartikeln (Schutzhandschuhe, Papierhandtücher, Einmal-Waschhandschuhe, Einmal-Plastikschürzen, Einmal-Katheter-Sets usw.) können mögliche Infektionen verhindert werden.

208 Direkte Pflege

Praxis: Infektionsprophylaxe (INFE) Durchführung durch:

bei direkter Pflege nichtexaminierte Pflegeperson, bei indirekter Pflege nur examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

hängt von der Intervention ab

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material-, Klienten-, Raum- und persönliche Vorbereitung sind von der jeweiligen Intervention abhängig (siehe einzelne Pflegestandards).

1+-+J

Durchführung

- Durch gezielte Schutzmaßnahmen sollen endogene und exogene Infektionen verhindert werden (einzelne mögliche Infektionsquellen siehe unter "Durchführung" S. 201-206). - Anfällig für diverse Infektionen sind ältere Menschen mit Abwehrschwäche und Multimorbidität Hier sind strenge Schutzmaßnahmen zwingend notwendig. - Als Übertragungswege von Infektionen werden in erster Linie die Hände angesehen. Der Arbeitgeber ist angehalten, dem Arbeitnehmer die erforderlichen Voraussetzungen für das Händewaschen und die Händedesinfektion zu schaffen: Spender mit Waschmittel und Desinfektionsmittel, Handtuchspender und Hautpflegemittel in allen Arbeitsräumen und Aufenthaltsbereichen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die entsprechenden Maßnahmen durchzuführen, Seifenstücke sind nicht zulässig. - Bei der hygienischen Händedesinfektion (vor und nach allen Interventionen im Bereich der direkten und indirekten Pflege) muß je nach Produkt auf die Einwirkzeit geachtet werden.

Pflegestandard Nr. 22: Infektionsprophylaxe (INFEl

209

- Bei der Körperpflege hat der Klient die Möglichkeit, fachgerecht beraten zu werden. Die Eigenständigkeit (aktivierende Pflege) wird gefördert und unterstützt. Auf mögliche Gefahren wird der Klient aufmerksam gemacht. - Die Schutzkleidung schützt die sonstige Berufskleidung der Beschäftigten vor einer möglichen Kontamination. EinmalSchützen sind nach Gebrauch sofort zu entsorgen. Während der Pausen im Aufenthaltsraum muß die Schutzkleidung abgelegt werden. - Lange Fingernägel und das Tragen von Fingernagellack stellen eine zusätzliche Infektionsquelle dar. - Vor und nach Injektionen, dem Legen oder Wechseln von Blasenverweilkathetern (möglichst Katheter-Set, auf jeden Fall aber sterile Handschuhe), der Blasenverweilkatheterpflege und dem Verbandwechsel muß eine hygienische Händedesinfektion durchgeführt werden. - Bei Injektionen die Einstichstelle ausreichend mit Desinfektionsmittel abreiben, Einwirkzeit beachten und nach vorgeschriebener Technik verfahren. Dokumentation vornehmen. - Bei PEG- und/oder suprapubischen Kathetern soll beim Verbandwechselein Set-System bevorzugt und die Non-touch-Technik abgewandt werden. Bei aspetischen Wunden wird der Verbandwechsel zweimal wöchentlich als ausreichend angesehen. Genaue Dokumentation ist erforderlich. - Bei der Entleerung von Harnbeuteln Schutzhandschuhe tragen. Durchbrechen des geschlossenen Systems vermeiden, keine unnötige Manipulation am System vornehmen. Es sollen nur geschlossene Harndrainagesysteme mit Rückflußprinzip verwendet werden. Jede durchgeführte Tätigkeit muß dokumentiert werden. - Durch die fachgerechte Desinfektion sollen krankheitserregende Keime abgetötet und Infektionsketten unterbrochen werden. Es wird zwischen laufender und Schlußdesinfektion unterschieden. Bei allen Desinfektionsarbeiten sind Haushaltshandschuhe zu tragen, ggf. Mundschutz. Die vom Hersteller empfohlene Dosierung beachten.

210

~

Direkte Pflege

Entsorgung

- Die Entsorgung erfolgt je nach der jeweils durchgeführten Tätigkeit. - Richtlinien für die Entsorgung von kontaminiertem Material beachten! - Kanülen grundsätzlich nicht abbiegen oder in die Schutzkappe zurückstecken, sondern zusammen mit der Spritze in den dafür vorgesehenen und gekennzeichneten Behältern entsorgen. - Hauseigenen Hygiene- und Desinfektionsplan (s. Übersicht S. 212) und UVV einhalten. [[]

Qualitätssicherung

- Bei Beachtung aller Richtlinien und Vorschriften können Infektionen vermieden werden und das Wohlbefinden und Sicherheitsgefühl der uns anvertrauten Klienten erreicht werden. - Das Infektionsrisiko kann minimiert werden, sofern die entsprechenden betrieblichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen worden sind und Hygiene- und Desinfektionspläne (Richtlinien und Anwendungs. ÜbersichtS. 212) sowie die Richtlinien von UVV, VBG 103, Robert-Koch-Institut und MPG (Medizinproduktegesetz) eingehalten werden. - Durch regelmäßige arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (Betriebsarzt), in G 42 (ZH 1/600.42) der BGW (Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) beschrieben, können Infektionen vermieden und Qualität gesichert werden. - Festlegung, Umsetzung, Einhaltung und kontinuierliche Kontrolle der Hygienemaßnahmen sind die Voraussetzung für eine interne Qualitätssicherung. - Durch Fortbildung können Kenntnisse erweitert und aktualisiert werden.

Pflegestandard Nr. 22: Infektionsprophylaxe (IN FE)

[I]

211

Zu beachten

- Unterweisung durchführen, Betriebsanweisung beachten (Desinfektionsmittel und EG-Sicherheitsblätter). Jeder Arbeitgeber muß für alle Desinfektions- und Reinigungsmittel eine schriftliche Betriebsanweisung für die Anwender herausgeben. Daraus muß ersichtlich werden: Produktname, Anwendungsbereich, Erste-Hilfe-Maßnahmen, Lagerung und Umgang bzw. Schutz- und Hygienemaßnahmen. Die Betriebsanweisung muß gut sichtbar sein. - Die Liste der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) enthält alle geprüften und zugelassenen DesinfektionsmitteL - Neben anderen sollen auch das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten bei Menschen, das BSeuchG (Bundesseuchengesetz), sowie die Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (RobertKoch-lnstitut, Berlin) beachtet werden. - Grundsätzlich sollen alle Verletzungen bzw. Arbeitsunfälle in das Verbandbuch der Betriebsgenossenschaft (BGW, Verband buch, Nr. U 036) eingetragen werden. - Wegen möglicher Vergiftungsgefahr für die Klienten sollen alle Desinfektionsmittel sicher aufbewahrt werden. - Beim Verbandwechsel zuerst Klienten mit aseptischen Wunden, danach Klienten mit septischen Wunden versorgen. - Mögliche allergische Reaktion auf medizinische Schutzhandschuhe aus Latex beachten. - Bei alkoholischen Desinfektionsmitteln müssen zusätzlich die Sicherheitsregeln zur Vermeidung von Brand- und Explosionsgefahr beachtet werden. - Informationsbroschüren über UW und von der BGW sollen in jedem Wohnbereich vorhanden sein und immer wieder aktualisiert werden. - Desinfektionsmittel dürfen nicht mit reinigenden Substanzen (z.B. Seifenresten) vermischt werden, weil dadurch ihre Wirksamkeit beeinträchtigt werden kann.

212

Direkte Pflege

Desinfektions- und Hygieneplan Stand: Erstellt am: Mittel (Zu

Einsatzgebiet

Benutzung

Hygienische Desinfektion Händedesinfektion 1. desinfizieren 2. reinigen

• vor und nach Intervention • bei Kontakt mit infiZiertem Material

Händewaschen

Präparate aus Wandspender entnehmen • vor Arbeitsbeginn • nach Versehrnutzung Einmalpapierhandtücher verwenden

Handpflege

• nach dem Händewaschen • zum Arbeitsende

Hautdesinfektion

• vor Injektion • bei Verbandwechsel

1. desinfizieren

• unmittelbar nach Gebrauch in gebrauchsfertige Lösungen • in Instrumentenwanne vollständig einlegen

verwendendes Mittel eintragen)

I

2. reinigen: Or Behälter, Instrumente, Nierenschalen, Schläuche, Absaugglas. Ultraschallvernebler (Teile)

Flächendesinfektion • nach Kontamination • für Kleinflächen nach Auszug • bei Infektionen • nach Gebrauch Wischdesinfektion

• nach Kontamination • nach Auszug • bei Infektionen

Dosierung/ Konzentration, Einwirkzelt. besondere Hinweise

Pflegestandard Nr.23: Kontrakturenprophylaxe (KONT)

213

Pflegestandard Nr. 23: Kontrakturenprophylaxe (KONT) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Durch die Kontraktion (Zusammenziehen) von Muskeln oder Sehnen oder die Schrumpfung der Gelenkkapsel kommt es zur Funktionseinschränkung von Gelenken, zur Kontraktur des betroffenen Gelenkes. Am häufigsten sind betroffen: Schulter, Ellenbogen, Hüftgelenk und Kniegelenk. Kontrakturen sind Versteifungen der Gelenke, ausgelöst durch mangelnde Bewegung und/oder Fehlstellung. Sie haben Auswirkung auf fast alle AEDL-Bereiche. Die entsprechenden Pflegeleistungen werden der direkten Pflege (frühere Grundpflege) zugeordnet Grundsatz Bei Verdacht auf Kontraktur ist die Erhebung des Ist-Zustandes unerläßlich. Nur eine aus der Pflegeplanung ersichtliche, individuelle, gezielte und konsequent durchgeführte Prophylaxe kann die Kontrakturenbildung verhindern. Im Alter kommt es zur Deformation der Gelenke als Folge von Abnutzungserscheinungen. So sind nicht selten im Röntgenbild Veränderungen am Schulter-, Wirbel-, Hüftgelenk und Knie zu beobachten. Ältere Menschen klagen auch über Morgensteifigkeit, die sich durch Bewegung dann minimiert. Voraussetzung für ein erfolgreiches prophylaktisches Wirken sind ausreichende Kenntnisse in Anatomie und Physiologie. Problemstellung Bedingt durch Muskelverkürzung ist die Beugung (Adduktion) und Streckung (Abduktion) erschwert oder nicht mehr möglich. Die Ursachen der Kontrakturen sind vielschichtig. Durch degenerative Gelenkerkrankungen und Mangel an Gelenkschmiere (Arthrose), Ent-

214 Direkte Pflege

zündungender Gelenke (Polyarthritis), Rheuma, als Folge von Verbrennungen, Verbrühungen und Narbenverwachsungen kommt es zu einer starken Beeinträchtigung der Beweglichkeit, zu einer Schonhaltung (Ruhigstellung) und Fehlhaltung. Besonders gefährdet sind Klienten bei längerer Bettlägrigkeit oder im Wachkoma, Querschnittsgelähmte sowie Klienten nach einem Schlaganfall mit Hemiplegie und mit neurologischen Erkrankungen. Die häufigsten Ursachen für Bettlägrigkeit sind Lungenentzündung (Pneumonie), Stürze und Brüche (Frakturen) der Extremitäten oder auch, wenn ältere Menschen "sich aufgeben" und den "Sinn des Lebens nicht mehr erkennen". Durchführung Grundsätzlich gilt, solange wie möglich die tägliche Mobilisation zu fördern und aktive Übungen der Extremitäten durchführen zu lassen. Falls dies durch die Bettlägrigkeit nicht mehr ausreichend möglich ist, sollen vorbeugend aktive und passive Übungen von examinierten Pflegebezugspersonen durchgeführt werden. Sofern vom Hausarzt Krankengymnastik verschrieben wurde, sollten die Übungen in Absprache mit oder ggf. unter Anleitung von Fachkräften erfolgen. Wichtig ist die aufeinander abgestimmte Vorgehensweise und der Zeitplan, wer wann was macht. Von einer examinierten Pflegebezugsperson werden die passiven Übungen während der Morgen- und Abendtoilette durchgeführt, bei regelmäßigem therapeutischen Lagerungswechsel (nach einem Lagerungsplan) oder während des Badens in warmem Wasser. Die Gelenke können im Wasser schonender und schmerzfreier bewegt werden. Beim Lagewechsel ist auf die physiologische Stellung der Gelenke unter Einsatz von Hilfsmitteln zu achten. Während der Übungen ist eine ständige Kommunikation und Rückmeldung des Klienten erforderlich. Die Bewegungen sollen nur bis zur Schmerzgrenze erfolgen. Grundsätzlich wird mit beiden Händen gearbeitet. Die Gliedmaße wird mit einer Hand oberhalb des Gelenks festgehalten, mit der anderen Hand wird der untere Teil der Gliedmaße bewegt. Diese Maßnahme kann gut in die direkte Pflege mit integriert werden. Nach dem Waschen wird die Haut gut abgetrocknet und das Bewegen während des Eincremens mit einem W/0-Präparat durchgeführt. Bei schmerzempfindlichen Klienten kann auf Anforderung des Hausarztes vor der Maßnahme ein Analgetikum gegeben werden.

Pflegestandard Nr. 23: Kontrakturenprophylaxe (KONTI

215

Zielsetzung - Erhaltung der funktionellen Bewegungsfähigkeit; - Vorbeugung und Verhinderung von Muskelatrophien und somit von Kontrakturen; - Eigenständigkeit und Selbstbestimmung in möglichst vielen AEDL-Bereichen erhalten. Prophylaktische Maßnahmen bei kontrakturgefährdeten Gelenken - Anband der Pflegeanamnese (ganzheitliche Betrachtungsweise) werden die Selbständigkeit/Abhängigkeit, das pflegerische Ziel und die vorbeugenden Maßnahmen festgelegt. - Immobile Klienten werden spätestens nach zwei Stunden umgelagert. - Eine der Lagerungsmöglichkeiten ist die 30 °-Seitenlagerung (mit einem Rohr): Zwischen die Knie wird ein Kissen gelegt, die Fersen sollen frei liegen. Am Bettende wird ein weiches Kissen plaziert und die Bettdecke über den Fußbettrand gelegt. Das Rohr wird unter die Matratze gelegt. Jede andere Lagerungstechnik, die sich in der Praxis bewährt hat, ist möglich. Bei jeder Umlagerung ist auf die physiologische Lagerung der Extremitäten zu achten. - Bei der täglichen Körperpflege und während des Einreihens mit einem W/0-Präparat kann ein Massageeffekt erzielt werden, der die Beschwerden mindert. - Die Prophylaxe beinhaltet die Beratung über Gelenkfunktionen, Motivation und die Auswirkungen einer Ruhigstellung. - Sofern eine Kommunikation möglich ist, sollen die Wünsche des Klienten berücksichtigt werden. So soll z. B. die Nachtruhe mit der Lieblingslagerung beginnen. - Art und Umfang der prophylaktischen Maßnahmen hängen vom Ist-Zustand des Klienten, seiner Bereitschaft zur Mitarbeit und der ärztlichen Anordnung ab.

216 Direkte Pflege

Praxis: Kontrakturenprophylaxe (KONT) Durchführung durch:

examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Lagerungshilfsmittel (Rohr, Kissen, Handtuchrolle), - ggf. Analgetikum, - W/0-Präparat, - ggf. Gehhilfen, orthopädische Schuhe, Eßhilfen. Klienten -

Maßnahme erläutern, zur Mitarbeit motivieren, Rückenlagerung, das zu behandelnde Gelenk für die Übung vorbereiten, Hilfestellung beim Gehen anbieten.

Raum - angemessene Zimmertemperatur, - ggf. Sichtschutz (Paravant). Pflegeperson - Qualifikation entspricht den Erfordernissen, - den vereinbarten Zeitpunkt einhalten, - Hände waschen. Personenzahl - Für die Lagerung wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen.

Pflegestandard Nr.23: Kontrakturenprophylaxe (KONT)

J. . . J

217

Durchführung

- Kontrolle, ob die erforderlichen Hilfsmittel in greifbarer Nähe sind. - Vor dem Lagerungswechsel dem Klienten informieren. - Die gefährdeten Gelenke werden während der direkten Pflege und bei jedem Lagerungswechsel bewegt. Danach ist auf die phsysiologische Mittelstellung der Gelenke zu achten. - Die Gelenke sollen nicht ruckartig bewegt werden. - In Interaktion mit dem Klienten bleiben. - Bei auftretenden Schmerzen die Maßnahme sofort beenden. - In Absprache und Kooperation mit dem Krankengymnasten abgestimmte Vorgehensweise erreichen. - Grundsätzlich mit beiden Händen arbeiten. Die Gelenke dürfen nicht frei hängen, denn dies kann zu einer Schädigung der Gelenkkapseln führen. - Bei orientierten und kooperativen Klienten können isometrische Spannungsübungen durchgeführt werden (Stärkung der Muskelkraft).

lS:J

Entsorgung

- Alle nicht mehr benötigten Hilfsmittel am dafür vorgesehenen Platz deponieren. - Auf angenehme Lagerung achten. - Hände waschen, ggf. vorher hygienische Händedesinfektion. [[]

Qualitätssicherung

- Nur durch eine kompetente Vorgehensweise werden Schäden vermieden und die Lebensqualität erzielt. - Durch einfühlsame Vorgehensweise und bedarfsgerechten Pflegemitteleinsatz kann die Qualität der Pflegeleistungen gesichert und mittels Pflegeplanung und Pflegeverlaufsbericht überprüft werden.

218

Direkte Pflege

[J[J

Zu beachten

- Schnelle massive Bewegungen sind kontraindiziert. Es kann zu Schäden an den Gelenkkapseln kommen. - Aktive und passive Übungen sollen in Absprache mit dem Hausarzt und dem Krankengymnasten erfolgen. - Bei neurologischen Erkrankungen soll kein Druck auf die Fußsohlen ausgeübt werden, da dadurch Spastik verstärkt wird. Normalerweise wirkt sich Druck auf die Fußsohlen (Fußstütze) positiv aus: Der Druck unterstützt den Blutrückfluß zum Herzen. - Das gefährdete Gelenk soll während der Übung grundsätzlich mit einer Hand unterstützt werden. - Weichlagerung (Matratzen) vermeiden. - Unter die Schulter z. B. eine Handtuchrolle legen. - Nicht dokumentierte und nachgewiesene Maßnahmen zur Kontrakturenprophylaxe können als Pflegefehler gewertet werden.

Notizen:

Pflegestandard Nr. 24: Obstipationsprophylaxe (OBST)

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Pflegestandard Nr. 24: Obstipationsprophylaxe (OBST) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen In den westlichen Ländern ist die Stuhlverstopfung (Obstipation) in allen gesellschaftlichen Schichten vertreten. Unter Obstipation wird eine verzögerte Darmentleerung oder die Stuhlverstopfung verstanden. Dies beeinflußt hauptsächlich die AEDL-Bereiche: "essen und trinken", "ausscheiden", "sich bewegen" und "mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen". Mit dem zunehmendem Alter steigt auch die Zahl der Menschen, die an einer Obstipation leiden. Grundsatz Bevor wir von einer Obstipation sprechen, wird es erforderlich sein, die Gewohnheiten des Klienten zu erfahren. Die Häufigkeit der Stuhlentleerung (Defäkation) ist individuell verschieden. Die Defäkation und die Menge hängt von der aufgenommenen Nahrungsmenge, der Nahrungszusammensetzung und von den Gewohnheiten ab. Der Stuhlgang (Fäzes) besteht aus Nahrungsresten, etwa 75 o/o Wasser, 10 o/o Zellulose, 7 o/o Epithelzellen und 8 o/o Darmbakterien. Die Stuhlentleerung kann dreimal täglich oder alle drei Tage erfolgen. Im Alter nimmt die Darmbewegung (Darmperistaltik) an Kraft ab. Eine ausreichende Flüssigkeitsmenge, die täglich eingenommen wird, ist für die Verdauung sehr wichtig. Die Defäkation wird von Dickdarm (Kolon) und Mastdarm (Rektum) bewirkt. Im Dickdarm wird dem Speisebrei das Wasser entzogen. Das Rektum hat Speicherfunktion, und der innere Schließmuskel (Musculus sphincter ani internus) sorgt dafür, daß der Fäzes nicht unwillkürlich abgeht. Die Meldung der Darmfüllung läuft über das Rückenmark zum Großhirn. Über den Parasympathikus steuert das Großhirn die Peristaltik, und der Drang setzt ein.

220 Direkte Pflege

Der Sympathikus hemmt die Defäkation. Unterstützt durch die Bauchpresse kommt es willentlich zur Stuhlentleerung. Auch bei Nahrungskarenz kommt es zur Darmentleerung. Die Fäzesmenge ist kleiner und die Zusammensetzung verändert. Bei ausgewogener Nahrungsaufnahme beträgt die Menge etwa 200-300 g/Tag. Der normale Fäzes ist weich, geformt und bräunlich. Beurteilungskriterien sind: Menge, Form (Konsistenz), Farbe und Geruch. Die Konsistenz und die Farbe des Stuhls können durch die Einnahme von verschiedenen Arzneimitteln, nahrungs- und/ oder krankheitsbedingt verändert werden. So ist z. B. bei Einnahme von Eisenpräparaten der Fäzes dunkel und hart, bei Durchfall (Diarrhoe) wässrig, bei Entzündung des Dünndarms (Colitis ulcerosa) schleimig und bei Verstopfung (Obstipation) hart geformt. Bei sogenannten Schmierstühlen handelt es sich häufig um Stuhlverhärtung; der flüssige Fäzes läuft dann an den Kotsteinen vorbei und es wird der Eindruck gewonnen, der Klient sei stuhlinkontinent. Wenn der Fäzes länger im Darm bleibt, kann es zu Fäulnisdyspepsie kommen, der mangelhaften Spaltung und Resorption von Eiweißen in Dünn- und Dickdarm. Problemstellung Der Abstand zwischen den Entleerungen kann mehrere Tage betragen. Von der Konsistenz her ist der Stuhlgang hart, trocken, und es werden nur kleine Mengen ausgeschieden. Hier werden nur mögliche Ursachen der Obstipation bei älteren Menschen, die in einem Alten- und Pflegeheim leben, beschrieben (siehe hierzu auch PS 16).

Bei der Obstipation ist zu unterscheiden zwischen psychischen, funktionellen und organischen Gründen. Psychische Ursachen - Veränderung der gewohnten Umgebung und Eßgewohnheiten, z.B. durch den Umzug ins Alten- und Pflegeheim. - Persönliche Gewohnheiten und Rituale werden nicht berücksichtigt und eingehalten (gleichbleibender Tagesrhythmus). - Schamgefühl bei immobilen Klienten. - Intimsphäre wird nicht gewahrt. - Zu geringe Trinkmenge bei inkontinenten Klienten aus Angst, wieder Urin zu lassen. - Der Entleerungsreiz wird aus anderen Gefühlen heraus unterdrückt.

Pflegestandard Nr. 24: Obstipationsprophylaxe (OBST)

221

Funktionelle Ursachen - Früherer Gebrauch/Mißbrauch von Laxantien, der dem Arzt und dem Pflegepersonal nicht bekannt ist. - Mangelndes Durstgefühl und dadurch mögliche Dehydratation und Obstipation. - Mangelnde Bewegung (Multimorbidität) und Bettlägrigkeit. - Eingeschränktes Kauen fester Nahrung bei Trägern von Ektoprothesen (bei schlecht sitzenden Ektoprothesen). - Im Magen werden weniger Verdauungssäfte produziert. - Der Muskeltonus des Dickdarms verliert an Mobilität. - Störungen der Darmentleerung bei: Morbus Parkinson, Demenz, Wachkoma, Diabetes mellitus, Depression und chronischen Psychosen. - Verringerte Peristaltik des Darms aufgrund der Einnahme von Psychopharmaka, Antidepressiva, Antihypertonika, Schlafmittel, starken Schmerzmitteln und Eisenpräparaten. Durch die Gabe von Diuretika wird dem Körper Wasser entzogen. Organische Ursachen Neben den oben genannten möglichen Ursachen spielen organische Erkrankungen eine wesentliche Rolle bei der Verursachung von Obstipation. So tritt Obstipation auch auf bei verschiedenen Darmerkrankungen, Hernien, Hämorrhoiden, Hypothyreose u. a. Symptome und Begleiterscheinungen Folgeerscheinungen von Obstipation können sein: Völlegefühl, Unwohlsein, Bauchschmerzen, Blähungen (Meteorismen), Appetitlosigkeit, Verwirrtheitszustände, Fieber und Erbrechen. Bei einer Störung der Darmpassage, ausgelöst durch ein mechanisches Hindernis, kommt es zum mechanischen Ileus, bei einer Darmlähmung zum paralytischen Ileus. Sowohl pharmazeutische als auch natürliche Abführmittel führen bei regelmäßiger Einnahme zu Darmschleimhautschädigungen und beeinträchtigen die natürliche Darmtätigkeit stark. Abführtees und andere Laxantia können bei regelmäßiger Einnahme zu Elektrolytverlusten, Herzrhythmusstörungen und zur Exsikkose führen. Darüber hinaus führt längere Anwendung von Abführmitteln zur Gewöhnung und Abhängigkeit. Nach einer Operation im Kopf-, Thorax- und Abdominalbereich (die Nähte an der Operationsstelle könnten reißen), nach einem Herzinfarkt und bei hohem Blutdruck ist Pressen bei der Defäkation zu vermeiden.

222

Direkte Pflege

Verringertes Durstgefühl führt zur Austrocknung des Gewebes, zu Hypovolämie (Verminderung der zirkulierenden Blutmenge) und zu Durchblutungsstörungen des Gehirns (Verwirrtheit) sowie zur Anreicherung hirntoxischer Substanzen. Durchführung Frühere Gewohnheiten, evtl. Einnahme von Laxantien sowie Maßnahmen, die gegen Verstopfung unternommen worden sind, sollen in der Pflegeanamnese vermerkt werden. Bei immobilen Klienten auf die Intimsphäre achten: Sorge für eine ungestörte Umgebung tragen, ggf. einen Sichtschutz aufstellen. Passive und aktive Bewegungen bei immobilen Klienten im Bett sichern. Darauf achten, daß die Klingel in Reichweite ist und daß immer wieder ein Getränk angeboten wird. Es soll darauf geachtet werden, daß der Toilettenraum im Winter angemessen temperiert ist. Sauberkeit der Toilette ist selbstverständlich. Eine Sitzerhöhung ist z. B. bei Hüftdysplasie erforderlich (Einsatz jeweils nur für einen Klienten verwenden). Ein Haltegriff muß in der Toilette vorhanden sein, um den Klienten das Sich-Setzen und Wiederaufstehen zu erleichtern. Falls der Weg zur Toilette beschwerlich ist, wird ein Toilettenstuhl neben das Bett gestellt (evtl. Sichtschutz). Laxantien dürfen nur auf ärztliche Anordnung hin gegeben werden. Laxantien, Klistiere, Einläufe und/oder Suppositorien sollen nicht abends verabreicht werden (gestörte Nachtruhe). Digitale (manuelle) Ausräumung ist bei hartnäckiger Obstipation, Bewußtlosigkeit und Querschnittslähmung angezeigt. Zielsetzung - Gründe, die zur Obstipation führen, möglichst ausschließen; - Gewohnheiten und Rituale berücksichtigen; - Intimsphäre und Würde beachten; - Gesunderhaltung der normalen Darmtätigkeit anstreben; - regelmäßigen Gang zur Toilette, ohne Pressen und immer zur seihen Tageszeit erreichen; - Lebens- und Eßgewohnheiten mittels Beratung verändern/anpassen; - Lieblingsgetränk immer wieder anbieten, um die erforderliche Flüssigkeitsmenge von 1,5-1/Tag zu erreichen (Kontraindikation beachten).

Prophylaktische Interventionen ohne invasive Maßnahmen bei Obstipationsgefahr - Die beste Methode ist tägliche Bewegung und ausgewogene ballaststoffreiche Ernährung (Gemüse, Obst und Vollkornprodukte). - Vor dem Frühstück ein Getränk anbieten (Mineralwasser, Sauerkrautsaft, Buttermilch, Fruchtsaft, Fencheltee, Kefir, Naturjoghurt oder Kaffee). - Bauchdeckenübung während der Morgentoilette: Beim Einatmen den Bauch einziehen und während des Ausatmens die Anspannung lösen, dabei gleichzeitig durchatmen lassen, Hände auf den Bauch legen. - Abends zuvor Trockenobst einweichen, morgens auf nüchternen Magen essen lassen. - Schnabelbecher sind möglichst zu vermeiden. Es gibt Trinkhalme, Trinkhilfen (das Ventil öffnet sich nur auf Saugdruck) oder die Möglichkeit der rektalen Flüssigkeitszufuhr, die schonend ist und von Klienten gut toleriert wird. - Flexible Essenszeiten ohne Zeitdruck. - Bei Bauchkrämpfen kann eine Wärmflasche mit einem Bezug darüber auf den Bauch gelegt werden. Das wirkt entspannend. - Beratung und Anleitung durchführen, über Ursachen und mögliche Folgen aufklären. - Falls erforderlich, täglich Menge der Flüssigkeitsaufnahme aufschreiben. - Den Gang zur Toilette erleichtern (Orientierungshilfen anbieten, ggf. Brille sauberhalten, Funktionsfähigkeit des Hörgeräts sicherstellen, festes Schuhwerk und die erforderlichen Hilfsmittel zur Verfügung stellen). - Speisen, die Blähungen verursachen, meiden.

224 Direkte Pflege

Praxis: Obstipationsprophylaxe (OBST) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung; examinierte Pflegeperson bei: Darmeinläufen und Verabreichung von Laxantien (oral oder rektal)

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material -

Toilettenstuhl in Reichweite, Toilette (temperiert), bei Bedarf Sitzerhöhung, Material für Einlauf (siehe PS 16) bereithalten, orale und rektale Laxantien (entsprechend ärztlicher Verordnung), - ggf. Stethoskop.

Klienten - feste, flache Schuhe, - Maßnahme erklären, - benötigte Hilfsmittel und technische Hilfen erläutern. Raum - angemessene Zimmertemperatur, - Sichtschutz (Paravant).

Pflegestandard Nr. 24: Obstipationsprophylaxe (OBST)

225

Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion (keine kalten Hände), - ggf. Vorbindschürze, - Schutzhandschuhe und Fingerling. Personenzahl In der Regell Pflegeperson; bei Kontrakturen, ausgeprägten Spastiken, adipösen, unruhigen und verwirrten Klienten wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen. ,..,. , Durchführung

- Klienten zu ausreichender Bewegung motivieren. - Ernährungsberatung durchführen, evtl. Umstellung der Ernährungsgewohnheiten erreichen (blähende Speisen meiden). - Hände auf den Bauch legen, Bauchdeckenübung im Bett während der Morgentoilette. - Vor dem Frühstück ein Getränk anbieten (Vorlieben beachten). - Hilfsmittel zur Flüssigkeitsaufnahme nach Bedarf einsetzen (Trinkhalme, Trinkhilfen oder rektale Flüssigkeitszufuhr). - Dafür Sorge tragen, daß die Mahlzeiten nicht unter Zeitdruck eingenommen werden. - Bei Bauchkrämpfen eine Wärmflasche mit Bezug auf den Bauch legen. - Falls erforderlich Flüssigkeitsaufnahme kontrollieren. - Darmgeräusche ggf. prüfen. - Klienten anhalten, beim Stuhlgang Pressen zu vermeiden.

~

Entsorgung

- Beim Einlauf und der Gabe von Suppositorien: siehe PS 16. - Hygienische Händedesinfektion. [[]

Qualitätssicherung

Durch Beratung, Anleitung und Hilfestellung kann die gewünschte Qualität gesichert und erzielt werden.

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Direkte Pflege

[JJ

Zu beachten

- Bei Verdacht auf Ileus Bauch abtasten und Darmgeräusche mit Stethoskop prüfen. Den Hausarzt verständigen. - Säfte in Flaschen können im warmen Zimmer, im Sommer bei hohen Temperaturen und längerem Stehen nach dem ersten Öffnen schnell verderben. Es werden deshalb kleine Saftflaschen mit 200 ml Saft empfohlen. - Funktionsfähigkeit der Zähne und Ektoprothesen überprüfen (häufige Ursache für mangelnde Kaufähigkeit). - Orale und rektale Abführmittel dürfen erst nach schriftlicher Verordnung des Hausarztes verabreicht werden. - Bei Hämorrhoiden (u.a.) muß Pressen vermieden werden. Durch Pressen staut sich das zurückfließende Blut in den Hämorrhoidenpolstern und es kann zusätzlich zu Blutungen kommen.

Notizen:

Pflegestandard Nr.25: Parotitis- und Soorprophylaxe (PARO)

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Pflegestandard Nr. 25: Parotitis- und Soorprophylaxe (PARO) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Eine akute eitrige Entzündung der Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis) wird Parotitis genannt. Bei ungenügender Speichelbildung und mangelnder Kautätigkeit kann es in der Mundhöhle zur Bakterienbildung kommen, die eine Entzündung der Parotis hervorrufen kann. Erreger dieser Entzündung sind Staphylokokken oder Streptokokken. Candidasen der Mundschleimhaut (Erreger: Candida albicans) kommen bei Klienten mit verminderter Abwehrkraft vor. Diese Pilzerkrankungen (Mundsoor) werden begünstigt durch: Diabetes mellitus, Aids, Antibiotika-, Kortikoid- und Zytostatikagabe (zerstören die physiologische Mundflora) oder Radiatio. Candida-Mykosen können auch innere Organe befallen. Grundsatz Die tägliche Mund-, Zahn- und/oder Ektoprothesenpflege (siehe PS 3) hat entscheidende Auswirkungen auf die AEDL-Bereiche "essen und trinken", "sich pflegen", "kommunizieren" und "existentielle Erfahrungen des Lebens". So ist z. B. eine ungestörte Kommunikation nur möglich, wenn der Mund-Zahn-Kieferbereich (MZK) intakt und der Klient schmerzfrei ist. Durch das Kauen von fester Nahrung wird die Muskeltätigkeit gestärkt, die Speichelproduktion angeregt und das Eindringen von Krankheitskeimen verhindert. Aber auch eine Reizung der Geruchs- und Geschmacksnerven oder die gedankliche Vorstellung einer Lieblingsspeise können die Speichelsekretion begünstigen. Jeder Mensch besitzt drei Speicheldrüsen, die paarig angelegt sind: Unterkieferspeicheldrüse (Glandula submandibularis), Unterzungenspeicheldrüse (Glandula sublingualis) und Ohrspeicheldrüse (Glandula parotis). Die Glandula parotisbefindet sich vor der Ohrmuschel und dem äußeren Gehörgang. Sie mündet in Höhe des

228

Direkte Pflege

zweiten oberen Backenzahnes in den Mundvorhof. Die Drüsen produzieren bei normaler Kautätigkeit bis zu 1500 ml Speichel pro Tag. Dadurch wird die Mundhöhle feucht und gleichzeitig sauber gehalten. Problemstellung Die Gefahr einer Parotisentzündung und Soorbildung besteht grundsätzlich bei oraler Nahrungs- und Trinkkarenz. Auch eine ungenügende oder fehlende Mund-, Zahn- und/oder Ektoprothesenreinigung bei Klienten mit Magen- und/oder PEG-Sonde stellt eine Gefahr dar. Ein verminderter Speichelfluß besteht bei Klienten mit Exsikkose, Erkältung und Fieber (Atmen mit offenem Mund) sowie bei Einnahme von Psychopharmaka und/oder Antidepressiva (trockener Mund und Lippen). Ein weiteres Problem stellt die unüberlegte Entscheidung dar, vielen Klienten passierte Kost zu geben, obwohl die Nahrung weitgehend gekaut werden könnte. Die Folge davon ist eine Reduktion des Speichelflusses. Gefährdet sind auch Klienten mit Apraxie (Unfähigkeit, das Geforderte sinnvoll umzusetzen). Trotz vorbeugender Maßnahmen kann es zu Parotitis und Soorbildung kommen. Zeichen der Parotitis sind: Drucke~pfindlichkeit, Schmerzen, Schwellung, Fieber, das Kauen und das Offnen des Mundes ist erschwert bzw. kaum möglich bis hin zur Kiefersperre (Trismus). Das Ohrläppchen steht etwas ab. Zeichen von Soorbefall der Mundschleimhaut sind weiße, fest haftende Beläge. Durch wiederkehrende Schwellungen der Speicheldrüse können Speichelsteine (Sialolithen) entstehen, der Speichel kann nicht mehr austreten. Speichelsteine sind Gebilde aus verkalkten Epithelzellen und Bakterien. Zwischen Parotis und dem äußeren Gehörgang besteht durch Lücken im Knorpel eine enge Verbindung. Deshalb kann bei einer Parotisentzündung auch der äußere Gehörgang mitbeteiligt sein. Bei Auftreten einer Komplikation soll der Hausarzt informiert und eine Anordnung zur weiteren Therapie abgewartet werden. Durchführung Die Mund-, Zahn- und/oder Ektoprothesenpflege soll grundsätzlich nach Aufnahme der Nahrung erfolgen, d. h. also z. B. nach dem Frühstück. Mit der aufgenommenen Nahrung beginnt nämlich die

Pflegestandard Nr.25: Parotitis- und Soorprophylaxe (PARO)

229

Produktion von Säuren, die die Zähne angreifen. Vor dem Frühstück genügt es, den Mund nur auszuspülen. Wenn eine selbständige Mundpflege nicht mehr möglich ist, wird dies von der Pflegebezugsperson übernommen. Für die spezielle Mund-, Zahn- und/oder Ektoprothesenpflege ist die tägliche Inspektion der Mundschleimhaut mit einer Taschenlampe, ggf. unter Zuhilfenahme eines Mundkeils, unerläßlich. Bei einer intakten Mundschleimhaut kann ein Auswischen des Mundes mit Wasser und einem Schuß Zitronensaft oder das Auslutschen einer Zitronenscheibe den Speichelfluß erhöhen. Kamillen- oder Salbeitee wirken beruhigend und heilend und können (sofern keine Kontraindikation besteht) zum Gurgeln verwendet werden. Bei Klienten nach Apoplex sollen nach jeder Mahlzeit auch die Backentaschen inspiziert und Nahrungsreste entfernt werden. Wenn eine orale Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme fehlt, sollen die Stellen vor dem Ort dreimal täglich unter leichtem Druck massiert werden. Eine eventuelle Borkenbildung kann, nachdem ein wenig Butter auf die Zunge/Mund aufgetragen wurde, anschließend vorsichtig mit einer Zahnbürste entfernt werden. Sollte bei dem Klienten eine Abneigung gegen Butter (Fette) bestehen, kann auch Naturjoghurt aufgetragen werden. Die Lippen können mit einem Lippenfettstift, Butter oder Gesichtscreme gepflegt werden (Gewohnheiten berücksichtigen). Die allgemeine Mund-, Zahn- und/oder Ektoprothesenpflege ist in PS 3 beschrieben. Zielsetzung - Vertrauen gewinnen (Intimsphäre wahren) und Ängste abbauen; - Erhaltung der physiologischen Mundflora. Essen und Trinken sollen beschwerdefrei aufgenommen werden können; - möglichst Selbständigkeit und Selbstbestimmung erhalten; - Vermeidung von Sekundärinfektionen durch unsachgemäßen Umgang mit Mundpflegeuntensilien; - bei oraler Karenz auf intakte Funktion von Mundschleimhaut, Zahnfleisch, Zähnen/Ektoprothesen, Zunge und Lippen achten.

230 Direkte Pflege

Prophylaktische Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Parotitis und Soorbefall - Regelmäßige Kontrolle beim Zahnarzt (einmal jährlich oder öfter mit Bonusheft). Sofern der Klient zu Person, Zeit und Ort orientiert ist, erfolgt ein beratendes Gespräch über vorbeugende Maßnahmen und über die Komplikationen, die bei einer mangelhaften Mundhygiene entstehen können. Den Klienten nach seiner Lieblingsspeise fragen. Er soll das Gericht beschreiben (regt den Speichelfluß an). Lieblingsbonbons lutschen lassen; wenn möglich, Brotrinde, Zwieback, Kekse, Salzstangen oder Trockenobst kauen lassen. Ausreichende Flüssigkeitszufuhr sicherstellen. Den Klienten auffordern, Kaubewegungen durchzuführen. Wahrnehmung stärken: um den Mund und die Lippen streichen. Der Mund kann mit einer feuchten Mullkompresse oder einem Watteträger ausgewischt werden. Grundsätzlich keine Maßnahme gegen den Willen des Klienten vornehmen.

Pflegestandard Nr.25: Parotitis- und Soorprophylaxe (PARO)

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Praxis: Parotitis- und Soorprophylaxe (PARO) Durchführung durch:

bei intaktem Mundraum ohne bekannte Beeinträchtigungen Nichtexaminierte, sonst examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Vorbereitung wie PS 3 (siehe S. 62) Material: - Butter, Naturjoghurt oder NaCl 0,9 o/o (höchstens 100 ml), - ggf. Spatel.

1+-+J

Durchführung

Zahn- und/oder Ektoprothesenpflege siehe PS 3. Mundpflege - Tägliche visuelle Inspektion der Mundschleimhaut, des Zahnfleisches und ob möglicherweise Druckstellen durch die Ektoprothesen entstanden sind (ggf. mit einer Taschenlampe). - Vor jeder Manipulation im Mundbereich dem Klienten die Vorgehensweise erklären, seine Wünsche und Gewohnheiten berücksichtigen. - Bei Weigerung des Klienten, den Mund zu öffnen, kann ein Mundkeil helfen und das Auftragen von einigen Tropfen seines Lieblingsgetränks auf die Lippen. Zur basalen Stimulation mit den Fingern vom Jochbeinbogen zu den Lippenwinkeln hin streichen um den Mund und die Lippen herum, vom Nacken aus langsam in Richtung Mund oder kreisförmiges Bestreichen der Lippen mit einem feuchten Finger.

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Direkte Pflege

- Bei intakter Mundschleimhaut kann die Mundhöhle mit einer für den Klienten akzeptablen Flüssigkeit ausgewischt werden. - Wenn eine Plastikklemme nicht toleriert wird, kann dies mit Watteträgern oder - nach Absprache mit dem Klienten - mit dem Finger der Pflegebezugsperson erfolgen: Sie zieht Handschuhe an und wickelt den Tupfer um den Zeigefinger. Mit dem anderen Zeigefinger geht sie in den Mundwinkel hinein. Um den Speichelfluß zu provozieren, kann die Stelle vor dem Ohr dreimal täglich unter leichtem Druck massiert werden. Borkenbildung: Einstreichen mit Butter oder Naturjoghurt (20 min einwirken lassen) oder NaCl auftragen, mit Watteträger oder Spatel vorsichtig abtragen. Lippenpflege nach Rücksprache mit dem Klienten je nach seinen Gewohnheiten (Lippenfettstift, Butter oder Gesichtscreme). Alle benötigten Utensilien werden täglich erneuert (möglichst bei der Morgentoilette).

~

Entsorgung

- Sofern möglich, den Klienten beim Aufräumen miteinbeziehen. - Mundkeil nach Gebrauch desinfizierend reinigen und sterilisieren.

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Qualitätssicherung

- Konsequente Durchführung und Vorgehensweise nach dem Pflegeplan können Infektionen und Pilzbefall verhindern. - Durch Beratung und aktivierende Maßnahmen können die Selbständigkeit und die Selbstbestimmung des Klienten erhalten werden. - Durch die Einhaltung aller relevanten Kriterien und Respektieren der Wünsche des Klienten kann die Qualität gesichert werden.

Pflegestandard Nr. 25: Parotitis- und Soorprophylaxe (PARO)

233

[ [ ] Zu beachten - Zahnbürste mit Kunststoffborsten verwenden und alle 4- 6 Wochen erneuern. - Die Flüssigkeit nicht mit einer Spritze geben. Der Klient kann sich gegen diese invasive Maßnahme kaum wehren. - Diverse Mundwasser, die auf dem Markt angeboten werden, oder prophylaktisch desinfizierende Mittel sind nicht erforderlich (führt zu Resistenzbildung). - Tees nicht länger als 3 min ziehen lassen (längeres Ziehen bewirkt, daß sich Gerbsäure löst; täglich frisch zubereiten). - Bei der Mundpflege eines bettlägrigen Klienten und bei gestörtem Schuckreflex kann es bei unsachgemäßer Vorgehensweise zu Aspiration kommen. - Bei nicht sorgfältigem Umgang oder Verlust von Ektoprothesen hat der Klient Anspruch auf Schadenersatz; der Arbeitgeber prüft dann, ob der Arbeitnehmer fahrlässig gehandelt hat. - Entzündungen im Mund-Zahn-Kiefer-Bereich werden nach Anordnung des Hausarztes medikamentös behandelt. - Eine Parotisschwellung kann auch als Begleiterscheinung bei einem Tumor der Parotis auftreten.

Notizen:

234 Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 26: Pneumonieprophylaxe (PNEU) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Pneumonieprophylaxe bedeutet Verhütung einer Lungenentzündung unter Anwendung aller vorbeugenden Maßnahmen. Die Pflegeleistungen umfassen u.a.: Mund- und Zahnpflege (PS 3), Nasenpflege (PS 6), Hautpflege (PS 12), Mobilität (PS 19), Dehydratationsprophylaxe (PS 20), Parotis- und Soorprophylaxe (PS 25) und Thromboseprophylaxe (PS 27). Beeinträchtigungen der Atemfunktion haben primär Auswirkungen auf die AEDL-Bereiche "kommunizieren", "sich bewegen", "vitale Funktionen des Lebens aufrecht erhalten" und "mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen". Sekundär sind alle anderen AEDL-Bereiche mitbetroffen. Grundsatz Wir atmen spontan und völlig unbewußt. Während des Einatmens (Inspiration) gelangt der Sauerstoff (0 2 ) über die Nase (Mund), Rachen, Kehlkopf, Luftröhre und Bronchien in die Lunge. Während des Ausatmens (Exspiration) wird das Kohlendioxid (C0 2 ) aus dem Blut über die Lunge nach außen transportiert (äußere Atmung/ Lungenatmung). Als innere Atmung/Gewebeatmung wird der Gasaustausch von 0 2 und C0 2 in den Zellen bezeichnet. Die Zellen geben im Tausch gegen Sauerstoff Kohlendioxid an das Blut ab. Durch gezielte Beobachtung, Einschätzung und Auswertung der Atemskala (PS 35) können eventuelle Beeinträchtigungen der Atmung (Atemtiefe, Atemfrequenz, Atemrhythmus und Atmungsform: Brustatmung bei Frauen oder Zwerchfellatmung bei Männern) ermittelt werden. Die tägliche Mundpflege dient der Infektionsverhütung und Vermeidung von Soorneubildung. Durch regelmäßige Nasenpflege werden die Nasenwege befreit und eine störungsfreie Atmung ermöglicht. Unphysiologische Lagerungsmethoden führen zu einer Verkleinerung des Atemvolumens. Eine pflegetherapeutisch korrekte Lage-

rung bewirkt, daß alle Lungenabschnitte gut belüftet werden. Pneumonie stellt eine der häufigsten Infektionskomplikationen, meistens mit letalem (tödlichem) Ausgang dar. Problemstellung Gefährdet sind in erster Linie ältere Menschen, die Multierkrankungen aufweisen und in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind. Wenn sich die Lunge mit Bakterien, Pilzen oder Viren (Influenza) infiziert und sich in den Bronchien Sekret ansammelt, wird es bei einem geschwächten Abwehrsystem zu einer Lungenentzündung (Pneumonie) kommen. Aus der Pflegevorgeschichte bekannte akute obstruktive Atemwegserkrankungen (z.B. Asthma bronchiale) oder chronische obstruktive Atemwegserkrankungen (z. B. chronische Bronchitis) stellen eine erhöhte Gefährdung des Klienten dar. Darüber hinaus gibt es folgende mögliche Ursachen, die zu einer Pneumonie führen können: schmerzhaft bedingte Schonatmung und dadurch mangelhaftes Abhusten (z.B. nach einer Rippenserienfraktur), Exsikkose, bekannte Vorerkrankungen im Mund-ZahnKiefer- und Hals-Nasen-Ohren-Bereich, Einnahme von Antidepressiva (bewirken ein Austrocknen der Schleimhäute), Unterkühlung (orientierungslose und weglaufgefährdete Klienten), aber auch Klienten mit Tracheastoma oder Aids, nach Zytostatikatherapie, bewußtseinsgestörte und Klienten mit Schluckstörungen (Aspirationspneumonie). Bei einer Pneumonie können folgende Symptome auftreten: flach beschleunigte Atmung und Atemnot, beschleunigter Puls, Fieber, trockene Haut, belegte Zunge (borkig), leichte Lippenzyanose und eitriger Auswurf (Sputum). Durchführung Voraussetzung für eine adäquate Intervention ist die korrekte Einschätzung der Atemfunktion (nach Atemskala, siehe PS 35). Eine spezielle Atemgymnastik, ggf. mit einem Giebelrohr, obliegt dem Krankengymnasten. Es können passive (z. B. Lagerungen) und den Klienten aktiv miteinbeziehende Maßnahmen durchgeführt werden.

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Direkte Pflege

Passive Maßnahmen - Oberkörper erhöht gelagert, die Arme liegen auf je einem Kissen. - 30 °- und 90 °-Seitenlagerung: ein gezielter Lagewechsel und somit eine Veränderung der Körperhaltung ist für die Dehnung und Belüftung der Lungenabschnitte hilfreich. Bei der 30 °-Lagerung wird ein Rohr unter die Matratzen gelegt. Zwischen die Beine wird ein Kissen plaziert. - Mit der A-Lagerung wird die Belüftung der Lungenspitzen, mit der V-Lagerung die Belüftung der Flanken und mit der T-Lagerung die Belüftung aller Lungenabschnitte erreicht. Benötigt werden 2 Kissen (Größe 20 mal40 cm) sowie ein kleines Kopfkissen zur zusätzlichen Unterstützung des Kopfes: Für die A-Lagerung werden die Kissen A-förmig so aufs Bett plaziert, daß die zusammenstoßenden Querkanten der Kissen (die Spitze des A) unter dem Schultergürtelbereich des Klienten zu liegen kommt. Für die V-Lagerung werden die Kissen als V-Form mit der Spitze Richtung Fußende plaziert. Bei der T-Lagerung befindet sich das querliegende Kissen unter dem Schulterbereich, auf dem längsliegenden ruht die Brustwirbelsäule des Klienten. Alle drei Lagerungen sollen, sofern sie vom Klienten toleriert werden, für je 15-30 min angewandt werden. - Unter Drainagelagerung wird eine Seitenlagerung verstanden, die mit einem Kissen unter der Hüfte unterstützt wird. Der betroffene Lungenbereich liegt somit höher als die Luftröhre. In dieser Lagerung soll der Klient möglichst 20 min liegen. Die Ausatmung kann mit einer manuellen Vibrationsmassage (s. u.) unterstützt werden. Bei Bedarf und guter Akzeptanz kann die Lagerung mehrmals täglich durchgeführt werden. - Eine Pflegeperson führte manuelle Vibration beim Ein- und Ausatmen durch: Die Hände liegen seitlich am Torax und erzeugen während der Ausatmung durch leichtes Rütteln Vibrationen im Brustraum des Klienten. - Flankenatmung: Beide Hände werden seitlich auf die Flanken gelegt; den Klienten "wegatmen" lassen, d.h. er soll beim Einatmen versuchen, Druck gegen diese Hände auszuüben. - Zwerchfellatmung (Diaphragmaatmung): Der Klient legt beide Hände auf den Bauch und versucht so, das Ein- und Ausatmen bewußt wahrzunehmen. Dadurch wird die Belüftung der unteren Lungenabschnitte erreicht. - Atemstimulierende Einreibungen (ASE) wirken orientierungsgebend (Körperwahrnehmung) und bewirken gleichzeitig eine ruhige und tiefe Atmung (basale Stimulation nach Christel Bienstein):

Pflegestandard Nr. 26: Pneumonieprophylaxe (PNEU)

237

Die ASE wird bei Beeinträchtigungen der Atmung angewandt. Die Maßnahme und Vorgehensweise wird dem Klienten erklärt. Sie kann sowohl in liegender Position (135 °-Lagerung) als auch in sitzender Position (bequem auf dem Hocker oder einem umgedrehten Stuhl), ggf. mit den Händen auf einem Kissen am Nachttisch, durchgeführt werden. Für die rhythmischen Einreibungen wird eine ungestörte Atmosphäre und etwa 5 min Zeit benötigt. Nachdem die Pflegeperson die Hände mit warmem Wasser gewaschen hat, verteilt sie ein W/0-Präparat auf den Handflächen und trägt das Präparat auf den Rücken auf, am Nakken beginnend zum Rückenende hin. Die kreisenden Bewegungen werden mit beiden Händen gleichzeitig (synchron) und unter Ausübung von Druck mit Daumen und Zeigefinger kopfabwärts bis zum Rückenende ausgeübt. Hierbei werden die Wirbelkörper ausgelassen. Dabei soll die Pflegebezugsperson einen eigenen Atemrhythmus von 16-20 Atemzügenimin erreichen. Ziel ist es, daß sich der Klient diesem Atemrhythmus anpaßt. Die rhythmischen Einreibungen werden als angenehm, beruhigend und atemstimulierend erlebt. Aktive Maßnahmen - Durch aktive Bewegung Mobilität erhalten. - Klient Wattebäusche wegpusten, Seifenblasen wegblasen oder mittels eines Strohhalmes in die Flüssigkeit in einem Glas hineinblasen lassen. - Mullbindenstreifen auf dem Aufrichter befestigen und vom Klienten wegpusten lassen. Zielsetzung - Vermeidung von Flachatmung; - Mitverantwortung des Klienten stärken, ihm die Möglichkeiten der eigenständigen atemstimulierenden Maßnahmen erklären und diese fördern; - durch fachliche Kompetenz und Einfühlungsvermögen das Vertrauen des Klienten gewinnen und Ängste abbauen; - Nasenatmung ermöglichen, Mundatmung vermeiden; - Aspiration, OrGabe und Absaugen verhindern.

238

Direkte

Prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung einer Pneumonie - Mobilität möglichst erhalten. - Auf vitamin- und eiweißreiche Nahrung und Frischobst achten. - Für ausreichende Flüssigkeitsaufnahme sorgen (Kontraindikationen beachten). - Entsprechende Raumtemperatur schaffen, öfter lüften, jedoch Zugluft vermeiden. - Atmungsunterstützende Lagerung vornehmen: Seitenlagerungen, A-, V- und T-Lagerung, Drainagelagerung, manuelle Thoraxvibration, Flanken- und Zwerchfellatmung, ASE sowie aktive Maßnahmen, die der Klient selbst durchführen soll. - Bei Bedarf Ultraschallvernebler einsetzen, um die Atemwege feucht zu halten.

Pflegestandard Nr. 26: Pneumonieprophylaxe (PNEU)

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Praxis: Pneumonieprophylaxe (PNEU) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung; examinierte Pflegeperson bei: ASE, 0 2-Gabe, Absaugen und Ultraschallvernebler

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Material-, Klienten- und Raum-Vorbereitung sind von der jeweiligen Intervention abhängig (siehe Lagerungen und ASE). Pflegeperson - Einhaltung der Hygienerichtlinien (kein Schmuck, keine Uhr, keine langen Fingernägel und kein Nagellack), - Hände unter warmem Wasser waschen, - entsprechende rückenschonende Sitzposition. Personenzahl - In der Regel eine Pflegeperson; bei diversen Lagerungen wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen

240 Direkte Pflege

J. . . J

Durchführung

- Einschätzung der Atemfunktion (anhand der Atemskala (siehe PS 35), - passive und aktive atemstimulierende Maßnahmen (Lagerungen, ASE und Motivation des Klienten zu eigenständigen Übungen).

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Entsorgung

Erfolg je nach der durchgeführten Pflegeleistung.

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Qualitätssicherung

- Die angestrebten Pflegeziele sind die Kriterien für die Qualität der Leistungen. - Qualifikation und fachgerechte Durchführung aller prophylaktischen Maßnahmen können Pneumonie verhindern und die Qualität sichern. - In den Pflegeverlaufsbericht werden Beobachtungen und das Befinden des Klienten eingetragen. Fortschritte/Rückschritte können mit dem Pflegeplan verglichen werden (Soll-Ist-Vergleich). - Durch regelmäßige Fortbildungen soll die fachliche Kompetenz der Pflegenden verstärkt werden.

Pflegestandard Nr.26: Pneumonieprophylaxe (PNEU)

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Zu beachten

- Ein Abklatschen des Rückens kann zur Folge haben, daß der Klient sich erschreckt und reflektorisch den Atem anhält. Es führt nicht zu einer Vertiefung der Atmung. - Atemdepressive Analgetika bei Pneumoniegefahr vermeiden. - 30°-Rohr-Lagerung ist praktisch, hygienisch und wirtschaftlich. - Ultraschallvernebler, 0 2 oder Absauger werden auf ärztliche Anordnung eingesetzt. Vernebelung mit Kochsalz (NaCI) löst den Schleim besser als Aqua destillata. Es ist darauf zu achten, daß nach jeder Benutzung eine sorgfält ige Desinfektion/Reinigung und anschließende Sterilisation der Apparateteile erfolgt (siehe PS 35 und PS 22).

242 Direkte

Pflegestandard Nr. 27: Thromboseprophylaxe (THRO) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Unter Thrombose wird die Bildung eines Blutgerinnsels innerhalb der Gefäßbahn verstanden. Im Jahre 1852 beschrieb der Pathologe Rudolf Virchow die drei Risikofaktoren, die zur Thrombose führen: Blutstockung (Strömungsverlangsamung des Blutes), Gefäßinnenwandveränderung und Blutveränderung (erhöhte Gerinnungsneigung), die sogenannte Virchow-Trias. Grundsatz Eine thromboembolische Komplikation kann bei Menschen auftreten, die Bindegewebsschwäche und eine Schwäche im Venensystem aufweisen. Bei Wasser- und Elektrolytverlust (Flüssigkeitsmangel) kommt es zur Austrocknung (Exsikkose) und Stauung des Blutes (Bluteindickung), die dann die Thrombusbildung begünstigen. Der Thrombus wird in tiefen Venen des Ober- und/oder Unterschenkels (Vena femoralis und Vena saphena parva) gebildet, in Lebervenen (Venae hepaticae), in Beckenvenen (Vena iliaca interna et externa), aber auch bei einem liegenden Venenkatheter kann sich in der oberen Hohlvene ein Thrombus bilden. Nach Operationen und dadurch bedingte Immobilität ist die Blutstromgeschwindigkeit gesenkt, und es kann bis zur Stase (Stillstand) des Blutstromes kommen. Eine Störung der Blutgerinnung spielt hier eine wichtige Rolle. Mögliche Ursachen, die zur Thrombose führen können, sind: Immobilität (Bettruhe, Liegegips), Krampfadern (Varizen), Herzinsuffizienz, Adipositas, Rauchen, arterielle Verschlußkrankheit (AVK), aber auch Z.n. chirurgischen und orthopädischen Eingriffen wie Oberschenkelfraktur, Hüftgelenkoperation. Thrombosegefährdet sind des weiteren auch Menschen, die einen Apoplex erlitten haben und Querschnittsgelähmte. Die Thrombosehäufigkeit nimmt mit dem Alter zu durch verlangsamte Bluströmung, Erschlaffung des Bindegewebes und allgemeinen BewegungsmangeL

Pflegestandard Nr. 27: Thromboseprophylaxe (THRO)

243

Beim Einzug ins Alten- und Pflegeheim soll bei der Erhebung der Pflegeanamnese des Klienten die Thrombosegefährdung überprüft und sein Risikoprofil ermittelt werden. Problemstellung Eine oberflächliche Venenentzündung (Thrombophlebitis) entsteht in der Subkutis als häufige Folge von Varizen. Merkmale: Druckschmerz im Bereich der betroffenen Vene, sichtbar verdickte Vene, mäßige Schwellung, Wärme und Rötung; Temperaturanstieg möglich. Die tiefe Venenentzündung (Phlebothrombose) entsteht in tiefen Beinvenen. Gefahr der Lungenembolie ist gegeben. Merkmale: Ziehende Schmerzen in der Wade, beim Aufstehen in der Fußsohle, Kniekehlschmerzen auf Druck, Überwärmung und Schwellung (Ödem). Durchführung Bei oberflächlicher Venenthrombose: keine Bettruhe, viel Bewegung/ Laufen, in Ruhe die Beine hochlagern, kalte Umschläge und auf Verordnung des Hausarztes antiphlogistische Salbe auftragen (mögliche allergische Reaktion beachten) sowie Kompressionsverband anlegen. Eventuell liegenden Venenkatheter oder sonstigen venösen Zugang nach Rücksprache mit dem zuständigen Arzt entfernen. Bei tiefer Venenthrombose: Strenge Bettruhe, Hochlagerung des betroffenen Beines und Gabe von Antikoagulanzien (s.c. Anwendung) und danach von Cumarinderivaten (orale gerinnungshemmende Substanzen). Zielsetzung - Zielsetzung von venöser Stauung (Sitz des Kompressionsverbandes und/oder ATS zweimal täglich prüfen) und möglicher Lungenembolie. - Durch Mobilisation venöse Blutströmung normalisieren und venösen Blutrückfluß der unteren Extremitäten steigern (Aktivierung der Muskelpumpe). - Übergewicht vermeiden/reduzieren. - Durch Beratung die Gefahr der Immobilität aufzeigen, die Möglichkeiten der vorbeugenden Maßnahmen erklären und somit den Klienten zur Mitarbeit motivieren.

244 Direkte Pflege

- Wo erforderlich, Hilfestellung anbieten, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Prophylaktische Maßnahmen bei Thromboserisiko - Risikoeinschätzung beim Einzug ins Alten- und Pflegeheim durchführen (Vorerkrankungen der Venen, Operation im Bekkenbereich, Hüftoperation, Oberschenkeloperation, Seitenlähmung oder Ruhigstellung durch Gips). - Klienten zum Grundsatz anregen: Treppen benutzen, Fahrstuhl vermeiden. - Auf richtige Schuhe achten (kein Absatz; Sandalen mit Klettverschluß oder mit verstellbaren Riemen empfehlen). - Bei Adipositas möglichst eine Gewichtsreduzierung erreichen. - Kniestrümpfe, enge Unterhosen, die einschnüren (behindern zusätzlich den venösen Blutrückfluß) und Socken mit starkem Gummiband vermeiden. - Die Beine sollen im Sitzen nicht übereinander geschlagen werden. Vor langem Sitzen im Stuhl und/oder Rollstuhl ebenfalls abraten. - Medikamentöse (s.c. Injektionen und/oder orale) Antikoagulantien sind sowohl für die Prophylaxe als auch für die Therapie wichtig. - Duschen dem Baden vorziehen. - Aktive und passive Atem- und Beinübung im Bett zur Stärkung der Herztätigkeit, der Atmung und der Muskelvenenpumpe durchführen, z. B. isometrische Ubungen: Waden anspannen/ entspannen, Vorfuß senken und heben, mit Füßen kreisen etc. Hier ist die interdisziplinäre Kooperation und Austausch wichtig. - In Ruhe sollen die Beine etwa 20 o hochgelagert werden. - Antithrombosestrümpfe (ATS)/Kompressionsverband sind angezeigt, wenn der Blutrückfluß zum Herzen nicht ausreichend ist. Es sollen exakt abgemessene Kompressionsstrümpfe getragen werden, die nur zur Körperpflege ausgezogen werden sollen (möglichst täglich wechseln). Hierbei können die Beine mit einem W/0-Präparat ausgestrichen werden (Hände streichen massierend beinaufwärts). Die Indikation zum Wickeln (bis zum Knie, über dem Knie oder oberschenkellang), für ATS oder Kornpressionsstrümpfe stellt der Hausarzt.

Pflegestandard Nr. 27: Thromboseprophylaxe (THRO)

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Praxis: Thromboseprophylaxe (THRO) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - ATS, Kompressionsstrümpfe oder elastische Binden 10 cm und 12 cm (ggf. 14 cm), - Hautlotion: W/0- Präparat, - Heftpflaster/Klammer, - Hilfsmittel und technische Mittel, - feste, flache Schuhe. Klienten -

etwas zu trinken anbieten, ggf. Vitalwerte kontrollieren, b. B. Toilettengang, Befinden des Klienten erfragen/überprüfen, Vergehensweise erklären.

Raum - angemessene Zimmertemperatur und Kleidung, - b. B. Sichtschutz (Paravant). Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion.

246 Direkte Pflege

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Durchführung

- Beratung durchführen: Gefahren aufzeigen, vorbeugende Maßnahmen erklären, zur Mitarbeit motivieren, auf richtige Schuhe achten. - Alles, was den venösen Blutrückfluß behindert, vermeiden. - Laufen oder Liegen empfehlen. - Sofern der Kompressionsverband toleriert wird, sollen die ATS, elastischen Binden bzw. Kompressionsstrümpfe nur während der Körperpflege ausgezogen/gewechselt und der Hautzustand überprüft werden. - Aktive (isometrische Spannungsübungen) und passive Übungen im Bett durchführen. - Klienten vor dem Aufstehen erst mit den Beinen am Bettrand baumeln lassen (Kreislaufstabilisierung). - Klienten auffordern, Treppen zu benutzen (keinen Aufzug). - Überbelastung erkennen, auf die Schmerzgrenze achten. - Faltenbildung bei Kompressionsverband, ATS, elastischen Binden bzw. Kompressionsstrümpfen vermeiden, zweimal täglich überprüfen. - Klienten beim Liegen die Beine etwa 20 o hochlagern. - Im Bedarfsfall Gewichtsreduzierung anstreben.

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Entsorgung

- ATS, elastische Binden bzw. Kompressionsstrümpfe zum Waschen geben. - Technische Hilfen zur Seite stellen. - Überprüfen, ob der Klient bequem liegt. - Hygienische Händedesinfektion. [[]

Qualitätssicherung

Nur die Kombination aus individuell abgestimmten, prophylaktischen physikalischen Maßnahmen unter Absprache im interdisziplinären Team sowie Gabe von Antikoagulantien können zum gewünschten Erfolg führen und eine Thrombose verhindern. Durch Erfüllung der Sorgfaltspflicht, Erstellung einer Pflegeplanung und eines nachvollziehbaren Pflegeverlaufsberichts wird die Qualität und die Qualitätssicherung erreicht.

Pflegestandard Nr. 27: Thromboseprophylaxe (THRO)

[JJ

247

Zu beachten

- Nur exakt gemessene und gut sitzende AlS/Kompressionsverbände erreichen ihre Wirkung. Sitz grundsätzlich zweimal täglich überprüfen. Mit dem Wickeln grundsätzlich am Fußgelenk anfangen und die Ferse mit einwickeln. Faltenbildung vermeiden. - Elastizität des Materials nach dem Waschen überprüfen (etwa 15 Kochwaschgänge sind möglich). - Zehzyanose deutet auf zu fest sitzenden Kompressionsverband hin. Durch Abschnürung kann es zu Stauung und Thromboseerhöhung kommen. - Bei Beinhochlagerung (nicht über 20 °) verstärkten Auflagedruck auf Gesäß (Glutens) berücksichtigen, ggf. Hüfterkrankung (Hüftdysplasie) und AVK (arterielle Versch lußkrankheit} beachten: Es können Schmerzen auftreten. - Ausstreichen der Beine soll bei bestehender Thrombose nicht durchgeführt werden. Sonstige mögliche Kontraindikationen mit dem zuständigen Hausarzt besprechen. - Warmes Badewasser führt zu einer Weitstellung der Blutgefäße (Venen), der Blutfluß wird verlangsamt. - Stützstrümpfe (werden nicht als Heil- oder Hilfsmittel bewertet) sind nur geeignet, wenn keine Schädigung an tiefen Beinvenen nachgewiesen ist. Dagegen sind Kompressionsstrümpfe (medizinisches Hilfsmittel) als optimale Therapie anzusehen. Sie üben einen wesentlich höheren Druck auf die Venen aus. Wegen des hohen Drucks sollen sie nachts ausgezogen werden. - Ob die Beine bis zum Knie, über dem Knie oder oberschenkellang gewickelt werden, ATS oder Kompressionsstrümpfe getragen werden sollen, hängt von der Indikation und hausärztlichen Verordnung ab. - Bei allen bettlägrigen Klienten ist eine Antikoagulation und das Tragen eines Kompressionsverbandes angezeigt (Gefahr ausschließen). - Mittels Labordiagnose läßt sich eine Thromboseneigung leicht feststellen.

248

Direkte Pflege

Pflegestandard Nr. 28: Sturzprophylaxe (STUR) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Bei der Erhebung der Pflegeanamnese können frühere Stürze ermittelt werden (wann, wie, wo und wie oft?). Ein Sturz mit Verletzungsfolge erzeugt Angst und hat Auswirkungen auf die AEDL-Bereiche: "sich bewegen", "für eine sichere Umgebung sorgen", "soziale Bereiche des Lebens sichern" und "mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen". Grundsatz Voraussetzung für sicheres Gehen ist eine aufrechte Haltung. Durch tägliche körperliche Bewegung werden alle Körperfunktionen beeinflußt. Mit zunehmendem Lebensalter und auch Multimorbidität nimmt die Verletzungsrate bei älteren Menschen zu. Problemstellung Die Risikofaktoren sind komplex. Sowohl endogene (innerhalb des Körpers liegende) als auch exogene (äußere) Faktoren können die Sturzgefahr beeinflussen. Endogene Ursachen können sein: Osteoporose, Diabetes mellitus Typ li, nächtlicher Blutdruckabfall, diabetische Neuropathie, Durchblutungsstörungen, Dehydratation, Hypoxie (OrMangel), Morbus Parkinsan (Körperhaltung nach vorne gebeugt und kleinschrittiger Gang), Bandscheibenverschleiß, alkoholische Neuropathie (Erkrankung peripherer Nerven) und Depressionen. Darüber hinaus jede einzelne Erkrankung: Schon nach einigen Tagen Bettruhe kommt es zu Kraftverlust und Reflexminderung. Arthrotische Veränderungen der Hüft- und Kniegelenke führen zu Haltungsveränderungen. Auch die Sehkraft (verminderte Pupillenreaktion) und das Hörvermögen lassen nach. Herzrhythmusstörungen führen bei Überbelastung zu Atemnot und Abbau der Leistungsfähigkeit. Exogene Ursachen sind im Lebens- und Wohnbereich zu suchen. So stellen nasse, glatte oder spiegelblanke Fußböden eine beson-

Pflegestandard Nr. 28: Sturzprophylaxe (STUR)

249

dere Gefahr dar. Schlechte Lichtverhältnisse, Dusche und Badewanne ohne Haltegriff und ohne rutschfeste Matte, nicht rutschfeste Läufer ebenso wie hochstehende Teppichkanten können einen Sturz verursachen. Hohe Betten stellen ein weiteres Problem dar. Sie entsprechen in der Regel nicht dem gewohnten häuslichen Bett. Eine Verlegung innerhalb des Heimes, eine veränderte Möblierung, führen zu Unsicherheit und fördern die Sturzgefahr, denn eine schnelle Umstellung auf solche eine Veränderung ist zumeist nicht gegeben. Zu lange Hosenbeine, lange oder beengende Kleidung schränken die Bewegungsfähigkeit ein und stellen eine Stolpergefahr dar. Nicht zuletzt bilden Bettgitter und Maßnahmen zur Fixierung des Klienten eine Gefahrenquelle: Sie haben häufig einen gegenteiligen Effekt. Bestimmte Medikamente (Sedativa, Psychopharmaka und Diuretika) sowie Schmerzzustände und Demenzerkrankung können einen sicheren Gang stark beeinträchtigen. Beim Sturz kann es zu schweren Kopfverletzungen kommen: epidurales Hämatom (intrakranielle Blutung zwischen harter Hirnhaut und Schädelknochen), subdurales Hämatom (intrakranielle Blutung zwischen Hirnhaut und Gehirnoberfläche) oder Schädelbasisfraktur. Typische Verletzungen sind des weiteren Schlüsselbeinfraktur, Oberarm- und Schulterfraktur, Schenkelhals- und Oberschenkelfraktur sowie Rippenbrüche. Nach dem ersten Sturz kommt es zu starken Unsicherheiten und Ängsten. Die daraus resultierende eingeschränkte Mobilität fördert die Immobilität und begünstigt eine erneute Sturzverletzung. Durchführung Beim Einzug ins Heim sollte die Raumaufteilung möglichst der häuslichen Umgebung entsprechen. Dies erleichtert die Orientierung. Die Mobilität des Klienten und sein Bedarf an Hilfsmitteln sollen festgestellt, dabei auch die Copingstrategien und die Gewohnheiten des Klienten dokumentiert werden. Voraussetzungen sind: Der Klient weiß, wo der Lichtschalter ist, Handläufe und Haltegriffe sind vorhanden, die Toilette hat die richtige Sitzhöhe. Die Hilfsmittel werden regelmäßig auf ihre Funktion überprüft. Festgestellte Mängel werden umgehend behoben. Feste Schuhe, regelmäßige Fußpflege sind genauso wichtig wie eine saubere Brille und ein funktionsfähiges Hörgerät. Unruhige und verwirrte Klienten werden gezielt therapeutisch begleitet.

250 Direkte Pflege

Zielsetzung - Wo erforderlich wird dem Klienten entsprechende Hilfestellung gegeben, und somit wird die gewünschte Lebensqualität und Selbstbestimmung erreicht. - Durch Anleitung und Einübung von Hilfsmitteln wird das Sturzrisiko minimiert. - Größtmögliche Bewegungsunabhängigkeit soll erreicht werden. - Erhaltung oder Wiedergewinnung der Mobilität in Zusammenarbeit mit Ergotherapeut und Krankengymnast werden angestrebt. - Klienten werden zum Besuch von Veranstaltungen motiviert, denn Bewegung und Ortswechsel können sich positiv auf das psychische Wohlbefinden auswirken. Prophylaktische Maßnahmen bei Sturzgefahr - Ressourcen ermitteln und die Copingstrategien in die Pflegeplanung aufnehmen. - Für ausreichende Beleuchtung/Lichtverhältnisse sorgen. - Stolpergefahr ausschließen. - Falls das Bett zu hoch ist, das Aufstehen und das Zubettgehen mit dem Klienten ausreichend üben. - Fußböden sollen nicht gebohnert werden (blendet). - Für Halte- und Sitzmöglichkeiten beim Gehen sorgen. - Falls Teppiche und Läufer im Zimmer gewünscht werden, sollten die Kanten festgeklebt werden.

Pflegestandard Nr.28: Sturzprophylaxe (STUR)

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Praxis: Sturzprophylaxe Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Hilfsmittel und technische Mittel (funktionsfähig und sauber) bereit stellen, - Halte- und Sitzmöglichkeiten schaffen, - erforderliche Betthöhe einstellen, ggf. ein Hocker benutzen. Klienten - das Befinden überprüfen, - Vorgehensweise erklären, - zu aufrechter Körperhaltung auffordern. Raum - Stolpergefahr ausschließen, - Lichtschalter und Klingel auf gute Erreichbarkeit prüfen, - ausreichende Beleuchtung (keine Schatten, keine Blendwirkung) schaffen. Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion.

252

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Direkte Pflege

Durchführung

- Orientierung im Raum entspricht der häuslichen Umgebung. - Hilfsmittel und technische Hilfen werden nach Bedarf eingesetzt. - Erfahrungswerte und Copingstrategien werden als Information genutzt. - Der Klient ist in seiner Bewegungsfreiheit nicht gehindert. - Unter Anleitung und mit der erforderlichen Unterstützung soll die Sicherheit beim Laufen erreicht werden. - Bei Bewegungsmangel den Klienten auf mögliche Komplikationen aufmerksam machen.

~ -

Entsorgung

Technische Hilfen zur Seite stellen. Lagerung kontrollieren und Klingel in Reichweite gewährleisten. Wohlbefinden des Klienten überprüfen. Hygienische Händedesinfektion.

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Qualitätssicherung

Das Einhalten aller prophylaktischen Maßnahmen und die Durchführung der genannten Punkte sind Voraussetzung für das Erreichen der gewünschten Qualität und für Qualitätssicherung.

Pflegestandard Nr. 28: Sturzprophylaxe (STUR)

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[ [ ] Zu beachten - Die baulichen und räumlichen Gegebenheiten müssen der Heimmindestbauverordnung entsprechen. - Da wir davon ausgehen müssen, daß in der nahen Zukunft vermehrt verwirrte und demente Klienten in die Alten- und Pflegeheime kommen werden, sind geeignete Konzepte, die individuell auf die einzelnen Klienten abgestimmt sind, zwingend erforderlich. - Beim epiduralen Hämatom treten die ersten Anzeichen innerhalb der ersten 12 h nach dem Sturz auf. Dagegen ist ein subdurales Hämatom schwieriger zu erkennen. Ein akutes subdurales Hämatom verläuft ähnlich wie ein epidurales Hämatom. Ein chronisches subdurales Hämatom entwickelt sich hingegen erst im Zeitraum von Wochen und Monaten. Merkmale für eine intrakranielle Blutung sind: Kopfschmerzen und psychische Veränderungen. Krampfanfälle sind nicht auszuschließen. Maßnahmen: Blutdruck, Puls, Bewußtseinslage und Pupillen überprüfen. - Ein Zeichen für eine Schädelbasisfraktur ist ein Monokelbzw. Brillenhämatom.

Notizen:

254 Direkte

Pflegestandard Nr. 29: Zystitisprophylaxe (ZYST) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Zystitis ist eine Harnblasenentzündung, die durch aufsteigende (aszendierende) Erreger (Escherichia coli, Enterokokken, Viren), Zytostatika und/oder Strahlentherapie oder mechanische Reize (Blasenverweilkatheter = Fremdkörper) verursacht wird. Bei Frauen kommt eine Zystitis aufgrund der anatomischen Lage der Harnblase häufiger vor als bei Männern. Klienten mit einer Zystitis sind in folgenden AEDL-Bereichen beeinträchtigt: "kommunizieren", "sich bewegen", "vitale Funktionen des Lebens aufrechterhalten", "sich pflegen", "ausscheiden", "ruhen und schlafen", "für eine sichere und fördernde Umgebung sorgen" und "mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen". Grundsatz Die Harnblase (Vesica urinaria) ist ein Hohlorgan mit einem Füllungsvermögen von 250-500 ml Harn. Der Schließmuskel der Vesica urinaria ist in dauernder Kontraktion. Mittels Willensmotorik und Erschlaffung des Blasenverschlußmechanismus (Sphinktertonus und Kontraktion des Detruso vesicae) sowie der gesamten Bekkenbodenmuskulatur kommt es zur aktiven Blasenentleerung (Miktion). An die Vesica urinaria schließt sich die Harnröhre (Urethra) an, die den gebildeten Harn nach außen transportiert. Dadurch, daß die Harnröhre bei Frauen kürzer und breiter (3-3,5 cm lang) ist als bei Männern, können Erreger bei Frauen leichter in die Harnblase eindringen. Rezidivierende Blasenentzündungen können zu Nierenschäden führen. Bei einer Zystitis sind meistens sowohl Harnröhre (Urethritis) als auch Nierenbecken (Pyelitis/Pyelinephritis) betroffen.

Problemstellung Entzündungsgefahr besteht bei bettlägrigen und inkontinenten Klienten, bei Klienten mit mangelnden Abwehrkräften und reduziertem Allgemeinzustand, bei Klienten, die kalte Füße haben, bei nicht regelmäßiger (nach jeder Miktion und Defäkation) und nicht fachgerecht durchgeführter Intimpflege, bei nicht ausreichender Flüssigkeitsaufnahme und bei Trägern von Blasenverweilkathetern. Zeichen einer Zystitis sind schmerzhafter Harndrang und Krampf der Blasenmuskulatur (Tenesmen), Entleerung kleiner Harnmengen (Pollakisurie), schmerzhafte Harnentleerung und Brennen (Dysurie), teilweise unkontrollierter Harnabgang und Fieber. Durchführung Falls die Intimpflege nicht eigenständig durchgeführt werden kann, wird diese von der Pflegebezugsperson übernommen. Wichtig ist, daß jede Miktion/Defäkation von der Schambeinregion (Symphyse) in Richtung After (Analbereich) mit Einmalwaschlappen zu wischen und mit Einmalhandtuch (z. B. Gästetücher eignen sich sehr gut für Einmalbenutzung) gründlich abzutrocknen. Hierfür benötigt man mehrere Einmalwaschlappen. Eine gute prophylaktische Methode ist, den Klienten auf ein Steckbecken zu setzen. Aus einer Kanne kann das warme Wasser über den Genitalbereich nach hinten leicht ablaufen. Zusätze (Seifen/Waschlotionen) führen zu einer Zerstörung des Säureschutzmantels. Das Waschen und Abtrocknen soll der Klient möglichst selbst durchführen (einen Handschuh geben oder hinterher die Hände waschen lassen). Anschließend kann bei Bedarf im Leistenbereich eine Hautschutzcreme dünn aufgetragen werden, um die Bildung von feuchten Kammern zu vermeiden, oder man legt trockene Mullkompressen in die Leistenbeugen (siehe PS 8 und PS 17; Intimpflege beim Mann: siehe PS 8). Zielsetzung - Vertrauen, Geborgenheit und Sicherheit vermitteln; - Autonomie erhalten und wiedergewinnen; - durch informatives und beratendes Gespräch erreichen, daß der Klient eigenständig Vorsorgemaßnahmen trifft; - Erhaltung von intakten Hautregionen; - bakterielle Infektionen der unteren Harnwege verhindern; - Geruchsbildung vermeiden.

256

Direkte Pflege

Prophylaktische Maßnahmen bei Zystitisgefahr - Mobilisation und Selbständigkeit fördern. - Hilfsmittel (Toilettenstuhl, Gehgestell, Gehstock und Gehwagen) in Reichweite stellen. - Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Kontraindikationen beachten) sicherstellen (ist für eine gute Harnausscheidung entscheidend); Die Getränkeauswahl hängt von den Wünschen und Gewohnheiten des Klienten ab. - Beratung durchführen (z. B.: Verdünnte Obstsäfte, Mineralwasser, stilles Wasser, Früchtetees oder Zinnkrauttee können die Nierenfunktion fördern) und die Auswirkungen einer nicht ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme und Intimpflege erläutern. - Beobachtung der Urinausscheidung: Farbe, Geruch und Menge. - Auf warme Kleidung achten; der Klient kann nach Wunsch im Bett Bettsocken/Bettschuhe tragen.

Pflegestandard Nr. 29: Zystitisprophylaxe (ZYST)

257

Praxis: Zystitisprophylaxe (ZYST) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte nach Anleitung

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Material-, Klienten-, Raum- und persönliche Vorbereitung siehe PS Nr. 8 und PS Nr. 17.

l+o+ l

Durchführung

- Anleitung und Hilfestellung zur eigenständigen Durchführung geben. - Vorgehensweise siehe PS Nr. 8 und PS Nr.l7.

~

Entsorgung

Siehe PS Nr. 8 und PS Nr.l7.

[ID

Qualitätssicherung

- Bei der Intimpflege kann der Klient die Pflegebezugsperson selbst bestimmen. - Durch Einhaltung aller prophylaktischen Maßnahmen und Hygienerichtlinien sowie durch sach- und fachgerechte Pflege können Entzündungen vermieden werden. - Ein oder mehrere Beratungsgespräche können dem Klienten helfen, die Aufgabe für sich zu sorgen, selbst zu übernehmen.

258

Direkte Pflege

[[]

Zu beachten

- Steckbecken nie auf den Boden stellen (Keimverschleppung). - Möglichst warmes Steckbecken reichen (in der Spüle vorher warm abspülen). - Steckbecken nach dem Gebrauch desinfizierend reinigen. - Bei Trägern von Blasenverweilkathetern (siehe PS 32 und PS 33) ist auf regelmäßigen Beutelwechsel zu achten (schon nach 48 Stunden ist mit einer Bakteriurie zu rechnen). - Bei Liegen eines suprapubischen Blasenverweilkatheters ist eine spontane Miktion trotzdem möglich. Für beide Ableitungssysteme gilt: Der Beutel muß immer unterhalb des Blasenniveaus zur Zimmerseite plaziert und befestigt werden, um ein Aufsteigen von Keimen zu verhindern. - Regelmäßige lntimpflege, ausreichende Flüssigkeitsaufnahme, warme Kleidung und bedarfsgerechter Wechsel der Bettwäsche ist die beste Zystitisprophylaxe. - Bei Anzeichen einer Zystitis den Hausarzt verständigen.

Notizen:

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie (früher Behandlungspflege)

260 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Pflegestandard Nr. 30: Kolostomie- und lleostomieversorgung (KI) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Das Anlegen eines künstlichen Darmausgangs hat auf alle AEDLBereiche enorme Auswirkung. Der Umfang der Leistungen umfaßt bedarfsgerechte Spülung des Darmes über den künstlichen Darmausgang und die Stoma-Versorgung. Grundsatz Die Notwendigkeit, einen künstlichen Darmausgang zu legen, gibt dem Betroffenen fast keine Möglichkeit der Selbstbestimmung. Es handelt sich meistens um eine maligne Erkrankung, die auch bewältigt werden muß. Die Indikation für eine Operation ist bei entzündlichen Prozessen, malignen Tumoren oder Verletzungen im Darmbereich gegeben. Hierbei handelt es sich z. B. um M. Crohn, Colitis ulcerosa, familiäre Polyposis, Folgen von Radiatio, Unfall (Verletzung im Bereich des Rektums) oder iatrogene Verletzungen bei der Endoskopie. Eine Aufklärung vor der Operation und ständige Begleitung nach der Operation (durch Angehörige, Ptlegepersonal, Kontakt mit einer Selbsthilfegruppe und u. U. psychotherapeutische Hilfe) sind als unablässig anzusehen. In der postoperativen Phase im Krankenhaus lernt der Betroffene durch die fachgerechte Anleitung einer Stomatherapeutin, die Stomaversorgung selbständig durchzuführen. Die Stuhlentleerungsgewohnheiten ändern sich mit der Operation nicht. Als Anhaltspunkt dafür, um was für ein Stoma (Öffnung) es sich handelt (Kolostomie = Dickdarmausgang, Ileostomie = Dünndarmausgang), dient die anatomische Lage des Anus (After) praenaturalis (künstlich): - endständige Kolostomie: in der Regellinke Unterbauchseite (Sigmoidostomie); - doppelläufige Kolostomie: in der Regel linke oder rechte Oberbauchseite (Transversostomie); - Ileostomie: in der Regel rechte Unterbauchseite (Zökostomie).

Der Markt bietet eine Vielzahl von Versorgungssystemen und Beutelarten an. Hier wird eine fachkompetente Beratung notwendig sein. Alle benötigten Versorgungsartikel werden vom Arzt verschrieben, die Kosten von der Krankenkasse übernommen. Problemstellung So eine neu entstandene Lebenssituation bringt für den Betroffenen große Probleme mit sich. Neben der Doppelbelastung (meistens maligne Erkrankung und Notwendigkeit eines Stomalegens) muß noch die Technik der Versorgung neu erlernt werden. Das Tabuthema Ausscheidung ist hier für den Betroffenen von zentraler Bedeutung. In der Umstellungsphase bedeutet dies eine enorme seelische Belastung, Ängste, Beeinträchtigung der sozialen Kontakte (auch zu nahestehenden Personen), Minderwertigkeitsgefühle, begleitet von der Vorstellung, kein vollwertiger Mensch mehr zu sein. Das wohl größte Problem bereitet die Tatsache, keinen Verschlußmechanismus mehr zu haben und keine willentliche Kontrolle über die Ausscheidungen mehr ausüben zu können. Betroffene neigen dazu, sich zu isolieren und am gesellschaftlichen Leben nicht mehr teilzunehmen. Für den älteren Menschen wird die Problematik durch die Sekundärerkrankungen (Multimorbidität) noch gravierender. Durch eine fachlich unsachgemäße Versorgung des Anus praeter können weitere Komplikationen wie z. B. Mazerationen der Haut entstehen: Die Oberhaut (Epidermis) wird zerstört, aus der Mittelhaut/Lederhaut (Korium) und der Unterhaut (Subkutis) läuft Entzündungsflüssigkeit (Exsudat) aus. Die Versorgung wird bei Pilzinfektion (Mykose) oder Kontaktallergie, z. B. durch Klebefolien, erschwert. Klienten mit Diabetes mellitus, unter Antibiotikatherapie oder mit allgemeiner Abwehrschwäche sind für Pilzinfektionen anfälliger. Durch die mechanischen Irritationen an der Stomastelle beim Waschen kann es zu leichten Blutungen kommen, was nicht bedrohlich ist. Wenn die Blutung nicht zum Stillstand kommt, wird der zuständige Arzt informiert. Bei Ileostomaträgern sind Versorgungsprobleme durch unkoutrolliertes Auslaufen von flüssigem bis breiigem Stuhlgang fast programmiert. Als ebenfalls sehr unangenehm werden Blähungen (Meteorismen) erlebt. Als Spätkomplikation kann es zu Stenose (Verengung) am Stoma, Stomahernie oder Prolaps kommen.

262

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Durchführung Kolostoma-Irrigation - Indikation und Wassermenge (Körpergewicht [kg] · 16 ml Wasser, jedoch max. 2 1) bestimmt der zuständige Arzt. - Fertige Irrigationssets (können verschrieben werden) beinhalten: Wasserbehälter mit Schlauch, Durchflußregler und Gummikonus, Einmal-Entleerungsschlauchbeutel, der über eine Andruckplatte am Gürtel befestigt wird, Stomakappe oder Minibeutel und Aufbewahrungstasche. - Falls selbständige Versorgung nicht möglich ist, wird die Durchführung von der Pflegebezugsperson übernommen, der Zeitpunkt vereinbart und eingehalten. - Etwa 1 Stunde einplanen. - Lagerung: Im Liegen im Bett, im Sitzen (aufrecht hinsetzen) oder stehend im Toilettenraum oder Badezimmer bei störungsfreier Atmosphäre. - Beim Entkleiden und Entfernen des Beutels bei Bedarf behilflich sein. - Wasserbehälter mit warmem Wasser (Leitungswasser) füllen. - Gürtel anlegen und Entleerungsbeutel an Andruckplatte anbringen. - Entleerungsbeutel oben und unten öffnen. - Ende des Beutels in die Toilette leiten. - Wasserbehälter in Schulterhöhe plazieren (Infusionsständer). - Von oben mit Gleitmittel versehenen Konus auf das Stoma aufsetzen, mit der Hand halten und etwa 200-300 mllangsam einfließen lassen, Durchflußregler schließen, Konus entfernen und die erste Defäkation abwarten. - Konus aufsetzen, Durchlaufregler öffnen und Restwasser langsam einlaufen lassen, Konus entfernen. - Entleerungsbeutel an beiden Seiten umschlagen und mit Klebestreifen verschließen. - Durch die eingesetzte Peristaltik kommt es innerhalb einer halben Stunde zur vollständigen Entleerung (Abdomenmassage im Uhrzeigersinn beschleunigt die Entleerung). - Entleerungsbeutel abnehmen, Inhalt im Toilettenbecken entsorgen und wegwerfen. - Nach der Stomareinigung eine Stomakappe, Minibeutel oder geschlossenes System von unten über das Stoma nach oben faltenfrei anbringen. - Beim Ankleiden auf Wunsch behilflich sein.

Pflegestandard Nr. 30: Kolostomie- und lleostomieversorgung (KI)

263

Kolostoma-!lleostomareinigung und -Versorgung - Nach dem Entkleiden(lassen) Stomakappe/-Beutel vorsichtig entfernen. - Mit feuchten Kompressen (und pR-neutraler Seife bei Verschmutzung) von außen nach innen in kreisförmigen Bewegungen reinigen, von eventuellen Seifenresten befreien. - Mit trockenen Kompressen abtrocknen (abtupfen). - Eine Stomakappe, Minibeutel oder geschlossenes System von unten über das Stoma nach oben faltenfrei anbringen. - Bei Ileostoma um das Stoma unbedingt Abclichtpaste (Abdichtung und Schutz vor aggressiver Auswirkung des Stuhlgangs) auftragen und einen Ausstreifbeutel verwenden. Bei guter Abdichtung kann der Beutel mehrere Tage am Körper bleiben. Eine Entleerung durch das offene Ende ist jederzeit möglich (mit Klammer/Klebestreifen wieder verschließen). - Beim Ankleiden auf Wunsch behilflich sein. Zielsetzung - Vertrauensvolles Verhältnis z. B. dadurch aufbauen, daß der Klient die Pflegebezugsperson selbst bestimmen kann. - Mit Empathie und professionellem Handeln soll dem Klienten Akzeptanz und Sicherheit vermittelt sowie seine Zufriedenheit erreicht werden. - Durch Gespräche, Zuhören und Zuwendung sollen Ängste möglichst abgebaut und der Klient in das gewohnte Lebensumfeld wieder integriert werden. - Eine bedarfsgerechte Unterstützung und Hilfestellung anbieten. - Durch konsequente Anleitung bei der Stomaversorgung soll weitgehende Selbständigkeit erzielt werden. - Erhalten der intakten Haut, Vermeidung von Hautschäden und geräuschlose und geruchsfreie Darmentleerung. - Durch regelmäßige Fortbildungen soll die fachliche Kompetenz des Pflegepersonals gestärkt werden.

264

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Praxis: Kolostomie- und lleostomieversorgung (KI) Durchführung durch:

examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle :

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material Stoma-Irrigation - Tablett, - Irrigationsset, - Tupfer und Gleitmittel, - Infusionsständer, - Toilettenpapier/Zellstoff, - AbfallbeuteL Stoma- Versorgung - Tablett, - Unterlage (als Bettschutz), - 6-8 sterile Kompressen, - neuer Stomabeutel/Kappe, - Abfallbeutel, - bei Bedarf Zellstoff/Toilettenpapier, Schere, Reinigungsmittel, Pflasterentferner, Abclichtpaste oder Einlegeringt Andruckplatte, Elektrorasierer.

Klienten im Liegen, Sitzen oder Stehen.

Pflegestandard Nr. 30: Kolostomie- und lleostomieversorgung (KI)

265

Raum

- entsprechende Raumtemperatur, - störungsfreie Atmosphäre/Sichtschutz (Paravent). Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion, - Vorbindschürze, - Einmalhandschuhe.

1+-+J

Durchführung

- Kolostomairrigation wird auf schriftliche ärztliche Verordnung hin mit Angabe der Wassermenge durchgeführt. - Genügend Zeit einplanen und Ruhe vermitteln. - Flüssigkeitsmenge langsam einlaufen lassen, evtl. Kreislaufkontrolle. - Beobachtungsmerkmale dokumentieren. - Benutzten Stomabeutel behutsam abnehmen (keine Verletzung und Schmerzen verursachen) und von außen nach innen mit feuchter Kompresse in kreisenden Bewegungen reinigen und auf sorgfältiges Abtrocknen achten, pR-neutrale Seife nur bei Verschmutzung benutzen. - Beutel passend, dicht und faltenfrei über Stoma anbringen.

!S:I

Entsorgung

Irrigationsset mit warmem Wasser ohne Zusatz reinigen und trocknen lassen (Entleerungsschlauchbeutel ist Einmalartikel). Einmalartikel entsorgen. Das Wohlbefinden des Klienten überprüfen, Zeit zum Ausruhen einräumen.

266 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

[[]

Qualitätssicherung

- Durch korrekte Durchführung der Irrigation und sachgemäße Stomaversorgung werden Verletzungen und Hautschäden vermieden und die Qualität der pflegerischen Leistungen gesichert. - Die Lebensqualität des Klienten kann nach der Kolostomieirrigation durch die "kontinente Zeit" (etwa 2 Tage) gesteigert werden. - Durch intensive Betreuung und Begleitung kann das Selbstvertrauen des Klienten wiedergewonnen werden.

DJ

Zu beachten

- lrrigationshäufigkeit/Rhythmus wird vom Klienten bestimmt und eingehalten. - Für Irrigation kein kaltes Wasser benutzen, nicht zu schnell einlaufen lassen (durch die Ausdehnung der Darmwand kommt es zu verstärkter Darmperistaltik und Krämpfen). - Auf tägliche Flüssigkeitsmenge bei lleostomieträgern (unkontrollierter Abgang von flüssigem bis breiigem Stuhlgang) und möglichen Flüssigkeitsverlust achten, das Abendessen möglichst früh anbieten (weniger Stuhlentleerung nachts). - Eine Darmspülung bei lleostomie ist nicht möglich. - Zur Entfernung von Pflasterresten kein Benzin, Alkohol oder Äther verwenden; durch Hautaustrocknung kommt es zu Hautirritationen. Spezielle Pflasterentferner benutzen. - Nur Elektrorasierer benutzen (hautschonend und vermeidet Folliculitis). Keine Enthaarungscreme verwenden (allergische Reaktion möglich). - Die Auswahl des Beutels richtet sich nach der Stomaart, wobei ein Schrumpfen des Stomas berücksichtigt werden soll. Beutel neu anpassen. - Keinen Pflegeschaum zur Reinigung verwenden (hat Ölzusatz), weil die Haut, um eine Beutelhaftung zu sichern, absolut trocken sein muß (spezielle Pflasterentferner benutzen).

Pflegestandard Nr. 30: Kolostomie- und lleostomieversorgung (KI)

267

- Keine Frotteewaschlappen/Schwämme verwenden (feuchte Waschlappen/Schwämme sind Nährboden für Pilze und Keime). nur Einmalwaschlappen benutzen. - Ein Kolostomie-/lleostomieträger benötigt keine besondere Diät, sollte jedoch blähende Speisen meiden. - Duschen und Baden ist erlaubt (danach Stoma neu versorgen). - Die Möglichkeit des Anschlusses an eine ILKO-Gruppe anbieten (ILKO = lleostoma und Kolostoma).

Notizen:

268 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Pflegestandard Nr. 31: Urostomaversorgung (UV) Stand: Erstellt von: überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Das Anlegen einer künstlichen Harnableitung hat auf alle AEDLBereiche enorme Auswirkung. Die Pflegeleistungen umfassen: Beratung, Anleitung und Hilfestellung bei der Stomaversorgung. Grundsatz Verschiedene endogene und exogene Erkrankungen machen das Anlegen eines Drostomas notwendig. Hierzu zählen: maligne Blasentumoren oder Metastasen, Unfallschäden des Rückenmarks und Folgen von Radiatio im Abdominalbereich. Es gibt viele Operationsverfahren und Möglichkeiten der künstlichen Harnableitung. Es werden immer mehr Verfahren praktiziert, die die Stomaversorgung mit Harnbeutel nicht mehr notwendig machen. Hier werden folgende Formen der künstlichen Harnableitung mit Harnbeutelversorgung berücksichtigt: Ileum-Conduit Die Harnleiter werden am unteren Dünndarmstück eingenäht. Der Harn läuft direkt in den StomabeuteL Kolon-Conduit Für diese Methode wird ein Dickdarmteil, Querdarm (Colon transversum) oder der S-Darm (Colon sigmoideum) verwendet. Die Harnleiter sind in diesem Darmabschnitt antirefluxiv implantiert. Der Harn läuft direkt in den StomabeuteL Rektumblase mit Kotostornie Wird meistens mit Anus praeter kombiniert angelegt. Der unwillkürliche Harnabgang stellt bei der Versorgung ein Problem dar. Eine Aufklärung vor der Operation und ständige Begleitung nach der Operation (Angehörige, Pflegepersonal, Kontakt mit einer Selbsthilfegruppe und u. U. psychotherapeutische Hilfe) sind als

Pflegestandard Nr. 31: Urostomaversorgung (UV)

269

unablässig anzusehen. In der postoperativen Phase im Krankenhaus kann der Betroffene durch die fachgerechte Anleitung einer Stomatherapeutin lernen, die Stomaversorgung selbständig durchzuführen. Der Markt bietet eine Vielzahl von Versorgungssystemen und Beutelarten an. Hier wird eine fachkompetente Beratung notwendig sein. Alle benötigten Versorgungsartikel werden vom Arzt verschrieben und von der Krankenkasse übernommen. Problemstellung Das Tabuthema Ausscheidung ist hier für den Betroffenen von primärer Bedeutung. In der Umstellungsphase bedeutet dies eine enorme seelische Belastung, Ängste, Beeinträchtigung der sozialen Kontakte (auch zu nahestehenden Personen), Minderwertigkeitsgefühle, begleitet von der Vorstellung, kein vollwertiger Mensch mehr zu sein. Betroffene neigen dazu, sich zu isolieren und am gesellschaftlichen Leben nicht mehr teilzunehmen. Der natürliche Säureschutzmantel der Haut kann auf Dauer durch die Einwirkung von alkalischem Harn zerstört werden. Die Haut wird für bakteriellen Befall und Entzündungen anfälliger. Durch Pilzerkrankung (Mykose}, Klebepflasterallergie oder Kontaktekzem wird die Versorgung erschwert. Weitere Komplikationen, wie z. B. Narben im Stomabereich, Bauchfalten, Hernie und Stenose am Stoma (verminderter Harnabfluß und Restharnbildung), können die Versorgung problematisch machen. Durch unsachgemäße Stomaversorgung kann es zu einer aufsteigenden Infektion der Harnwege kommen. Durchführung Die Drostoma-Versorgung soll möglichst morgens vorgenommen werden, da die Harnausscheidung über Nacht relativ gering ist. Die Stomaumgebung wird mit klarem Wasser und frischem Frotteewaschlappen (Einmalwaschlappen) gereinigt (von innen nach außen) und anschließend abgetrocknet. Beim Anbringen des Beutels muß die Haut absolut trocken sein (den Harn mit Mullplatten auffangen). Die Verwendung von diversen Sprays, die einen wasserfesten Film bilden, ist als Hautschutz empfehlenswert. Die Häufigkeit der Versorgung hängt von der Versorgungsart ab. Bei Anzeichen von Feuchtigkeit wird die Versorgung umgehend erneuert. Die Stomaumgebung wird bei Bedarf (mit Elektrorasierer) rasiert.

270 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Zielsetzung - Optimalen Hautschutz und sorgfältige Pflege der Stomaumgebung (Dichtigkeit und Hautverträglichkeit) gewährleisten. - Geruchsbildung, Harnwegsinfektionen, Hautirritationen und Hautentzündungen im Bereich des Stomas vermeiden. - Der Klient soll die neue Situation akzeptieren können und sein Selbstvertrauen wiedergewinnen. - Für ausreichende Flüssigkeitsaufnahme sorgen (ggf. Bilanzierung, Kontraindikationen beachten). - Regelmäßige Fortbildungen organisieren (intern und extern) und den Pflegepersonen die Teilnahme ermöglichen.

Pflegestandard Nr. 31: Urostomaversorgung (UV)

271

Praxis: Urestomaversorgung (UV) Durchführung durch:

examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material -

Tablett, Unterlage (als Bettschutz), sterile Kompressen, neues Versorgungszubehör, Abfallbeutel, bei Bedarf Zellstoff/Toilettenpapier, Schere, Reinigungsmittel, Pflasterentferner, Hautschutzspray, Abclichtpaste oder Einlegering/ Andruckplatte und Elektrorasierer.

Klienten - entsprechende Raumtemperatur, - störungsfreie Atmosphäre/Sichtschutz (Paravent). Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion, - Vorbindschürze, - Schutzhandschuhe.

J. . . . J

Durchführung

- Unterstützung und/oder Hilfestellung (nur so viel Hilfe, wie tatsächlich nötig ist) geben, Zeit einplanen und Ruhe vermitteln.

272

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

- Auffangbeutel mit Rücklaufsperre verwenden. Die Versorgungssysteme bieten die Möglichkeit, die Nachtversorgung an die bestehende Versorgung anzuschließen. - Die Auswahl des Beutels richtet sich nach der Stomaart, wobei ein Schrumpfen des Stomas berücksichtigt werden soll (Beutel neu anpassen). - Den Beutel passend, dicht und faltenfrei über dem Stoma anbringen.

~

Entsorgung

- Benutzte Harnbeutel vollständig entleeren und dann entsorgen. - Waschwasser in die Toilette ausleeren, Waschschüssel nach der Feucht-Wisch-Methode desinfizierend reinigen. - Das Wohlbefinden des Klienten überprüfen. - Schlußdesinfektion der Hände.

[ [ ] Qualitätssicherung - Durch fachgerechte Durchführung der Stomaversorgung werden Hautschäden vermieden, und die Qualität der pflegerischen Leistungen wird gesichert. - Durch intensive Betreuung und Begleitung kann das Selbstvertrauen des Klienten wiedergewonnen werden. - Zufriedenheit, Wohlbefinden und Sauberkeitsgefühl können erreicht werden.

[JJ

Zu beachten

- Keinen Pflegeschaum zur Reinigung verwenden (hat Ölzusatz), weil die Haut, um eine Beutelhaftung zu sichern, absolut trocken sein muß. - Für die Entfernung von Pflasterresten kein Benzin (nur bei fettiger Haut), Alkohol oder Äther verwenden: Durch Hautaustrocknung kommt es zu Hautirritationen (spezielle Pflasterentferner benutzen).

Pflegestandard Nr. 31: Urostomaversorgung (UV)

273

- Keine Enthaarungscreme verwenden (allergische Reaktion möglich); mit einem Elektrorasierer wird die Haut schonend behandelt und mögliche Entzündung der Haarbalgdrüsen vermieden. - Bei starker Blutung aus dem Stoma sofort den zuständigen Arzt verständigen. - Duschen (oder Baden) ist nicht kontraindiziert - Bei starkem Harngeruch an mögliche Infektion denken (nur Spargel verursacht einen starken Harngeruch). - Vorübergehendes Empfinden eines Phantomschmerzes ist möglich. - Die Möglichkeit des Anschlusses an eine ILKO-Gruppe anbieten (ILKO lleostoma und Kolostoma).

Notizen:

274 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Pflegestandard Nr. 32: Suprapubischer Blasenverweilkatheter (SB) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Die Leistungen umfassen die Durchführung des Verbandwechsels (VW) auf ärztliche Anordnung und Assistenz, sofern das Legen eines suprapubischen Verweilkatheters in der Institution durchgeführt wird. Diese Leistungen werden der indirekten Pflege (frühere Behandlungspflege) zugeordnet. Grundsatz Wenn eine Harnkontinenz nicht mehr erreichbar ist, wird die Indikation für das Legen eines Blasenverweilkatheters erforderlich sein. Hierbei bietet sich aus qualitativen und wirtschaftlichen Gründen das Legen eines suprapubischen Katheters an. Die Punktion der Blase (Vesica urinalis) erfolgt in Lokalanästhesie mittels eines Trokars etwa 1-2 Querfinger oberhalb der Symphyse (Schambeinfuge). Durch das Legen eines suprapubischen Katheters (supra= oberhalb von; Pubis = Schamhaar) wird die Kontinenzwiedergewinnung nicht mehr möglich sein. Eine Spontanmiktion ist trotzdem möglich und durchaus geläufig. Erfahrungsgemäß wird diese Art von Harnableitung von Klienten (auch verwirrten) gut toleriert. Mit dieser Maßnahme kann sich die Lebenssituation des Klienten in vielen AEDL-Bereichen verbessern. Zu den Aufgaben der Pflegebezugsperson gehört neben der Überwachung und dem Erkennen von möglichen Komplikationen die Beratung und Aufklärung des Klienten über den Umgang mit dem Verweilkatheter. Es werden nur geschlossene Harnableitungssysteme mit Antirefluxventil verwendet. Geschlossen bedeutet, daß die Verbindung zwischen dem Katheter und dem geschlossenen System bis zum nächsten Wechsel des Katheters (bei Entscheidung: Beinbeutel) nicht mehr unterbrochen werden darf. Somit wird an die vorhandene Tagesversorgung, hier Beinbeutel, für die Nacht eine Nachtversorgung (Nachtbeutel) angeschlossen.

Pflegestandard Nr. 32: Suprapubischer Blasenverweilkatheter (SB)

275

Problemstellung Kontraindiziert ist die Maßnahme bei bestehenden Erkrankungen im Abdominalbereich wie: Harnblasenneoplasmen, Unterbauchnarben (Verwachsungen), venöse Stauung, Bauchfellentzündung (Peritonitis), Darmverschluß (Ileus), Bauchwassersucht (Aszites), Blutgerinnungsstörung (Quick weniger als 50 o/o und bei Thrombozytenwert weniger als 100 000). Das tägliche Wechseln der Harnableitungen (geschlossenes System, dann Beinbeutel und nachts Nachtbeutel) sowie Manipulation des Klienten am Katheter (Öffnen der Verbindung und Durchführung der Miktion) kann die Gefahr einer Infektion in sich bergen. Die häufigste Komplikation stellt eine Verstopfung des Katheters dar. Bei der Verwendung eines Ballonkatheters, der in die Blase eingeführt wird, kommt es unwillkürlich zu mechanischen Reizen an der Blaseninnenwand und möglicher Nekrosebildung. Des weiteren kann es zu einer Harnwegsinfektion, einer Entzündung an der Punktionsstelle oder zu einer Verletzung der naheliegenden Organe (Makroblutung) durch die Punktion kommen. Durchführung Ein suprapubischer Katheter wird vom Arzt {Urologen) gelegt und gewechselt. Vor der Blasenpunktion muß der Klient mindestens 500 ml Flüssigkeit (Wasser, Tee oder Saft) trinken. Die Füllung der Blase wird palpatorisch kontrolliert. In Ausnahmefällen könnte die Flüssigkeit infundiert werden. Der Klient liegt in Rückenlage mit gestreckten Beinen. Unter das Gesäß wird ein Kissen gelegt. Die Pflegebezugsperson assistiert dem Arzt und gibt dem Klienten die notwendige Hilfestellung. Die Punktionsstelle wird rasiert, desinfiziert und ein Lokalanästhetikum verabreicht. Eine Aufbrechkanüle (Trokar) mit inliegendem Katheter (dünner Kunststoffschlauch, bei dem sich das Oberteil aufrollt), angeschlossen an die Harnableitung, wird 1-2 Querfinger oberhalb der Symphyse kranial durch die Haut in die Blase eingeführt. Beim Abfließen von Harn wird die Punktionskanüle zurückgezogen und aufgebrochen. Anschließend werden zur Fixierung zwei Nähte an der Haut gelegt, ein steriler Verband angebracht und vollständig mit hautfreundlichem Pflaster fixiert. Wird ein Ballonkatheter in die Blase eingeführt, so muß der Ballonkatheter mit 5 ml Aqua destillata aufgeblockt und der Katheter mit einem dünnen Pflasterstreifen fixiert werden, indem man das Pflaster unter den Katheter schiebt, die beiden äußeren Enden

276 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

nach innen über den Katheter schlägt und fixiert. Anschließend wird der Verband wie beschrieben angelegt. Verbandwechsel (VW) beim suprapubischen Blasenverweilkatheter

- Schriftliche Verordnung des Arztes beachten (Wie oft?- Womit?). - Sofern die Punktionsstelle reizlos ist, wird VW alle 2-3 Tage vorgenommen (Datum auf Verband schreiben). - Verband vorsichtig abnehmen und mögliche Pflasterreste entfernen. - Nach erneuter Händedesinfektion sterile Handschuhe anziehen (oder sterile Pinzette nehmen), mit in alkoholhaltiger Lösung getränktem Tupfer von innen nach außen reinigen (etwa 3-4 Tupfer). - Um die Punktionsstelle herum trockentupfen, zwei Schlitzkompressen (eine von links und eine von rechts, jeweils mit dem Schlitz zum Katheter gewandt) übereinander legen und mit hautfreundlichem Pflaster vollständig fixieren. Die Katheterfixierung erfolgt unter dem Blasenniveau. Zielsetzung

- Störungsfreies Ablaufen des Harns und Zufriedenheit des Klienten. - Den Klienten durch Zuwendung und Beratungsgespräch in den Pflegeprozeß miteinbeziehen. - Durch aseptische Vorgehensweise soll eine Wund- und Harnwegsinfektion ausgeschlossen werden. - Mögliche Komplikationen werden frühzeitig erkannt und vermieden. - Mit regelmäßigen internen und/oder externen Fortbildungen (auch Austausch) und Aufgeschlossenheit für Innovationen soll die Qualität der Pflegeleistungen gesichert werden.

Pflegestandard Nr.32: Suprapubischer Blasenverweilkatheter (SB)

277

Praxis: Suprapubischer Blasenverweilkatheter (SB) Durchführung durch:

examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material Blasenpunktion - Tablett, - Punktionsbesteck (Trokar 8-10 cm lang), - dünner Silikon-Schlauch (Ballonkatheter?, Charriere-Größe bestimmt der Arzt), - Einmalrasierer, - Hautdesinfektionsmittel, - Lokalanästhetikum, - sterile Handschuhe (auch Arzt), - Katheterset (Lochtuch), - Nahtmaterial (Spritze mit 5 ml Aqua destillata), - geschlossene Harnableitung, - bei Bedarf Antibiotikum (Spray), - Nierenschale, - 2 sterile Schlitzkompressen, - hautfreundliches Pflaster (dünne Pflasterstreifen), - AbfallbeuteL Verbandwechsel - Tablett, - sterile Handschuhe/Pinzette, - 4-6 sterile Tupfer, - 2 Schlitzkompressen, - alkoholhaltige Lösung,

278 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

-

Wundbenzin/Äther (für mögliche Pflasterreste ), hautfreundliches Pflaster, Nierenschale, AbfallbeuteL

Klienten

- bequeme Rückenlagerung, - den zu behandelnden Bereich freimachen. Raum

- entsprechende Zimmertemperatur, - Sichtschutz (Paravent). Pflegeperson

- hygienische Händedesinfektion, - Vorbindschürze (auch Arzt), - bei Bedarf Mundschutz. ,..,. , Durchführung

- Assistenz bei Blasenpunktion: siehe ausführlichen Standard. - Verbandwechsel: siehe ausführlichen Standard. - Um adäquat arbeiten zu können, bei unruhigen Klienten eine zweite Pflegeperson hinzuziehen. - Makroskopisch sichtbare Harnveränderungen und Wundstatus im Pflegeverlaufsbericht beschreiben. - Während des Verbandwechsels nicht sprechen, bei Erkältung Mundschutz tragen.

~

Entsorgung

Das institutseigene Besteck desinfizierend reinigen und sterilisieren, sonstiges Material entsorgen und dem Klienten (bei Immobilität) eine angenehme Lagerung ermöglichen. Zum Schluß hygienische Händedesinfektion durchführen.

Pflegestandard Nr. 32: Suprapubischer Blasenverweilkatheter (SB)

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279

Qualitätssicherung

Die angestrebten Pflegeziele sind die Kriterien für die Qualität der Leistungen.

[I]

Zu beachten

- Das Legen eines suprapubischen Verweilkatheters setzt eine ausführliche Aufklärung durch den Arzt und die Zustimmung des Klienten und/oder der Betreuung voraus. - Ein suprapubischer Verweilkatheter soll in der Regel alle 6- 8 Wochen gewechselt werden. - Eine Spülung oder Instillation (womit? - wieviel?) infolge einer Katheterverstopfung oder zu therapeutischen Zwekken wird nur auf schriftliche Verordnung des Arztes durchgeführt. - Der Verweilkatheterschlauch darf nicht abknicken (sonst ist der Abfluß gestört), und es darf kein Zug entstehen (sonst mögliche Druckstellen). - Die Auswahl des Materials (dünner Kunststoffschlauch aus Silikon und Nahtmaterial oder Silikon-Latex-Katheter) erfolgt nach wirtschaftlichen oder qualitativen Gesichtspunkten und hängt vom zuständigen Arzt ab (Kostenfrage oder Lebens- und Leistungsqualität). - Bei Mikro- und/oder Makrohämaturie (Blut im Urin) sofort den zuständigen Arzt benachrichtigen. - Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten (Flüssigkeitsdefizit führt zu Dehydratation, Verwirrtheitszuständen und Nierenschädigungen). - Durch den Verweilkatheter ist der Klient in seiner Mobilität nicht eingeschränkt. - Zeichen einer möglichen Pflasterallergie beachten.

Pflegestandard Nr. 33: Transurethraler Blasenverweilkatheter (TB) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Der Umfang der Leistungen beinhaltet: Legen und/oder Entfernen des transurethralen Verweilkatheters, Pflege bei transurethralem Verweilkatheter und Interventionen zur Infektionsprophylaxe. Das Legen bzw. Entfernen des Verweilkatheters gehört zu der Mitarbeit bei der ärztlichen Diagnostik und Therapie (frühere Behandlungspflege). Grundsatz Nachdem alle prophylaktischen Interventionen ausgeschöpft worden sind und eine Besserung der Harninkontinenz nicht mehr zu erreichen ist, wird der zuständige Arzt im Sinne des Klienten entscheiden müssen. Mit einer künstlichen Harnableitung soll das Symptom Harninkontinenz lindernd behoben werden (palliativ). Bei der Entscheidungstindung spielen folgende Fragen eine wichtige Rolle: - Gründe der Harninkontinenz (organische oder funktionelle)? - Dauer der Harninkontinenz? - Vor- und Nachteile eines transurethralen Blasenverweilkatheters: vorbeugende Maßnahmen (Verhinderung oder Minderung der Hautschädigung), therapeutischer Effekt (Verbesserung der Lebensqualität auf der einen Seite und erhöhtes Infektionsrisiko auf der anderen Seite); - Vor- und Nachteile eines suprapubischen Blasenverweilkatheters. Das Legen eines transurethralen Blasenverweilkatheters setzt eine ausreichende Aufklärung durch den Arzt und das Einverständnis des Klienten/der Betreuung voraus. Wird die Maßnahme (Legen und/oder Entfernen des Verweilkatheters) vom Arzt an eine bestimmte examinierte Pflegeperson delegiert, so müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

Pflegestandard Nr. 33: Transurethraler Blasenverweilkatheter (TB)

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- Eine schriftliche Verordnung mit konkreten Angaben liegt vor. - Die examinierte Pflegeperson fühlt sich befähigt, trägt für die fachgerechte und ordnungsgemäße Durchführung die Verantwortung (rechtlicher Aspekt) und weiß über mögliche Komplikationen Bescheid. - Der Klient ist einverstanden und kann die examinierte Pflegeperson (männlich oder weiblich) bestimmen. Wann ein transurethraler Blasenverweilkatheter gewechselt wird, hängt von der Art des Katheters, seiner Durchgängigkeit und der Harnbeschaffenheit ab. Die Auswahl des Katheters (Latex, Silikon oder Silikon-Latex-Kombination) und die Rezeptierung wird vom Arzt vorgenommen. Es ist bekannt, daß Ballonkatheter aus Latex preiswert sind, jedoch schnell verstopfen, sich leicht verhärten und eine ständige Reizung der Urethraschleimhaut verursachen, durch ihre rauhe Oberfläche die Bildung von Inkrustrationen (Kalksalzablagerung) begünstigen und öfter gewechselt werden müssen. Es ist unbestritten, daß Ballonkatheter aus Silikon wohl teuer sind, aber für die Schleimhaut verträglicher, durch ihre hochwertige Beschichtung keine Inkrustration verursachen, eine längere Liegedauer ermöglichen und für den Klienten somit qualitativ besser sind. Vielleicht ist die Verwendung von Silikon-Latex-Ballonkatbetern aus wirtschaftlichen, qualitativen und humanen Gründen die beste Lösung für Dauerkatheterträger. Der transurethrale Blaseuverweilkatheter bedeutet für den Klienten einerseits Einschränkung (Fremdkörper) und andererseits eine Verbesserung der Lebensqualität, die sich in vielen AEDL-Bereichen widerspiegelt.

Problemstellung Das Legen eines transurethralen Verweilkatheters stellt trotz ausreichender Vorbereitung und Aufklärung einen enormen Eingriff in die Intimsphäre des Klienten dar. So ein Fremdkörper wird häufig nicht toleriert und geblockt entfernt, was ein weiteres Problem darstellt. Trotz steriler Kautelen (Vorsichtsmaßregeln) wird eine Harnwegsinfektion beim transurethralen Katheter auf Dauer kaum zu vermeiden sein. Zwischen der Katheteraußenwand und der Harnröhre (Urethra) bildet sich eine Keimstraße, an der die Bakterien aufsteigen können. Ein weiteres Infektionsrisiko stellt die Manipulation des Klienten am Verweilkatheter (Trennen des Verweilkatheters vom Ableitungsschlauch und Durchführung der Miktion) dar.

282

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Inkrustrationsbildung und ungenügende Flüssigkeitszufuhr können zur Verstopfung des Ballonkatheters führen. Prädestiniert für Harnwegsinfektionen sind Klienten mit allgemeiner Abwehrschwäche und Dehydratation. Vorprogrammiert werden Harnwegsinfektionen durch: -

exogene Faktoren, durch das Betreuungspersonal verursacht, Keime aus dem Analbereich durch Stuhlinkontinenz, mangelhafte Intim- und Verweilkatheterpflege und dauerhafte Reizung der Urethralschleimhaut durch den Verweilkatheter (vermehrtes Sekret).

Die Keime (z. B. Enterokokken, Kolibakterien oder Staphylokokken) können von außen durch die Harnröhre (Urethra) und Harnblase (Vesica urinalis) über den Harnleiter (Urether) ins Nierenbekken (Pelvis renalis) eindringen. Eine Blasenentzündung (Zystitis) ist die Folgeerscheinung dieser Keimbesiedelung (siehe PS 29). Merkmale: häufiger Drang zur Miktion (Pollakisurie), schmerzhafte Miktion (Dysurie) und Brennen bei der Miktion (Strangurie). Neben dem Verweilkatheter wird häufig noch eine Inkontinenzversorgung (bei Stuhlinkontinenz) vorgenommen. Hier kann sich eine Feuchtkammer bilden; die Hefepilze aus dem Darm können bei Frauen in die Vagina gelangen, was neben der möglichen Dermatitis auch noch einen Pilzbefall der Vagina mit sich bringen kann. Durchführung Legen und/oder Entfernen des transurethralen Verweilkatheters Bei der Frau: Eine Schutzunterlage unter das Gesäß legen. Lagerung: Das Bett flach stellen, Rückenlage mit leicht angewinkelten, gespreizten Beinen und (mittels Kissen) erhöhtes Gesäß. Reinigung und Desinfektion: Intimpflege durchführen (lassen), eine zweite Pflegeperson wird zur Assistenz hinzugezogen (die Beine gespreizt halten). Katheterset zwischen die Beine stellen und öffnen. Katheterhülle öffnen und das Ende auf die sterile Innenseite des Verpackungstuches legen. In dem dafür vorgesehenen Gefäß 6 Tupfer reichlich mit Schleimhautdesinfektionsmittel übergie-

Pflegestandard Nr. 33: Transurethraler Blasenverweilkatheter (TB)

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ßen. Harnauffanggefäß des Katheters zwischen die Beine plazieren. Harnröhrenöffnung mit dem Lochtuch (Schlitz kopfwärts) abdekken. Nach erneuter hygienischer Händedesinfektion sterile Handschuhe (bei Rechtshändern rechts ein zweiter Handschuh) anziehen oder mit einem Paar steriler Handschuhe und Pinzette die Katheterisierung vornehmen. Mit der linken Hand (bei Rechtshändern) die Schamlippen spreizen und die großen und kleinen Labien mit je einem Tupfer von der Symphyse zum Anus hin desinfizierend reinigen. Mit dem fünften Tupfer wird die Urethraöffnung desinfiziert, der sechste Tupfer wird auf den Vaginaeingang gelegt. Die zweite Pflegeperson zieht den zweiten Handschuh (rechte Hand) vorsichtig ab (linker Handschuh ist nicht mehr steril). Der Katheter wird in die Harnröhre eingeführt. Sobald der Harn abfließt, ins Harnauffanggefäß leiten und an das geschlossene Harnableitungssystem anschließen. Verweilkatheter etwa 2-2,5 cm weiter vorschieben und den Katheterballon mit 8-10 ml Aqua destillata aufblocken und leicht zurückziehen (Widerstand spürbar?). Tupfer aus Vaginaeingang entfernen und Harnableitungssystem mit der Halterung am Bett befestigen (überprüfen, ob Harn ungehindert abläuft). Verweilkatheter unter dem Blasenniveau (am Oberschenkel) befestigen.

Beim Mann: Eine Schutzunterlage unter das Gesäß legen. Lagerung: Das Bett flach stellen, Rückenlage mit leicht gespreizten Beinen. Reinigung und Desinfektion: Intimpflege durchführen (lassen), eine zweite Pflegeperson wird zur Assistenz hinzugezogen (die Beine gespreizt halten). Katheterset zwischen die Beine stellen und öffnen. Katheterhülle öffnen und das Ende auf die sterile Innenseite des Verpackungstuches legen. In dem dafür vorgesehenen Gefäß 4 Tupfer reichlich mit Schleimhautdesinfektionsmittel übergießen. Harnauffanggefäß des Kathetersets zwischen die Beine plazieren. Harnöffnung mit dem Lochtuch (Schlitz kopfwärts) abdecken. Nach erneuter hygienischer Händedesinfektion sterile Handschuhe (bei Rechtshändern rechts ein zweiter Handschuh) anziehen oder mit einem Paar steriler Handschuhe und Pinzette die Katheterisierung vornehmen. Mit der linken Hand (bei Rechtshändern) die Vorhaut bis hinter die Glansfurche (Corona glandis) zurückschieben. Den Penis dreimal, jeweils mit einem neuen sterilen Tupfer, von der gespreizten Harnröhrenöffnung aus über die Eichel mit kreisender Wischbewegung zum Körper hin desinfizieren. Mit dem vierten

Tupfer wird die gespreizte Harnröhrenöffnung nochmals desinfiziert. Den Penis auf eine sterile Kompresse legen. Das Gleitmittel in die Harnröhre instillieren und den Rest des Gleitmittels über die Spitze des Katheters auftragen. Die zweite Pflegeperson zieht den zweiten Handschuh (rechte Hand) vorsichtig ab (linker Handschuh ist nicht mehr steril). Mit der linken Hand den Penis mit gespreizter Harnröhre nach oben (deckenwärts) gestreckt halten, mit der rechten Hand (Daumen und Zeigefinger) den Katheter aus der Verpakkung nehmen. Das hintere Ende des Katheters wird zwischen den kleinen Finger und Ringfinger gelegt und der Katheter in die Harnröhre eingeführt. Nach etwa 8-12 cm den Penis senken (Krümmung) und den Katheter vorsichtig weiterschieben. Sobald der Harn abfließt, ins Harnauffanggefäß leiten und an das geschlossene Harnableitungssystem anschließen. Verweilkatheter etwa 2-2,5 cm weiter vorschieben und den Katheterballon mit 8-10 ml Aqua destillata aufblocken und leicht zurückziehen (Widerstand spürbar?). Harnableitungssystem mit der Halterung am Bett befestigen (überprüfen, ob der Harn ungehindert abläuft). Verweilkatheter unter Blasenniveau (am Oberschenkel) befestigen und die Vorhaut über die Glans zurückschieben. Entfernen des transurethralen Verweilkatheters Schutzhandschuhe anziehen, den Ballonzugang desinfizieren und mit einer sterilen 10-ml-Spritze langsam die Aqua destillata aus dem Ballon abziehen und Katheter vorsichtig entfernen. Intimpflege durchführen (lassen). Dokumentation durchführen. Pflege bei transurethralem Verweilkatheter Um ein Infektionsrisiko möglichst gering zu halten, wird eine sorgfältige Pflege praktiziert: Waschen des Intimbereiches und Desinfektion zwischen Katheter und Urethraöffnung (Desinfektion nach dem heutigen Stand der Kenntnisse). Bei der Morgen- und Abendtoilette wird der Intimbereich gewaschen (PS 8) und die Eintrittstelle des Katheters in die Harnröhre desinfiziert. Hierfür gibt es fertige Kathetersets, oder es wird wie folgt vorbereitet: -

Tablett, sterile Handschuhe, 4 sterile Tupfer, Schleimhautdesinfektionsmittel, Sichtschutz (Wahrung der Intimsphäre), sterile Nierenschale,

Pflegestandard Nr. 33: Transurethraler Blasenverweilkatheter (TB)

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- Bettschutzunterlage, - Abfallbeutel, - sterile Kompresse. Es wird mit je einem Tupfer, von der Harnröhrenöffnung ausgehend, entlang des Katheters desinfizierend mit jodhaltiger Lösung (Cave: Jodallergie?) gereinigt. Nach dem Reinigungsvorgang wird eine sterile Kompresse um den Katheter geknotet. Die Kompresse schützt vor möglicher Versehrnutzung durch Fäzes und verhindert eine Keimverschleppung. Falls erforderlich wird die Verweilkatheterpflege mehrmals am Tag durchgeführt (bei immobilen Klienten besonders wichtig). Das Stecklaken und die Unterwäsche sollen täglich gewechselt werden.

Zielsetzung

- Die Lebensqualität und die Sicherheit des Klienten sollen verbessert werden, der Klient soll sich ungehindert im sozialen Umfeld bewegen können, und ungehinderter Harnablauf ist zu gewährleisten. - Durch fachgerechte Pflege, prophylaktische Maßnahmen und durch das Einhalten der Hygienerichtlinien sollen Harnwegsinfektionen, Pilzerkrankungen oder Dekubitus verhindert und Schaden vermieden werden. - Es soll Beratung über den Umgang mit dem Verweilkatheter gegeben werden. - Durch regelmäßige interne und/oder externe Fortbildungen (auch Austausch) und Aufgeschlossenheit für Innovationen soll die Qualität der Pflegeleistungen gesichert werden. - Auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist zu achten. Prophylaktische Interventionen bei transurethralen Verweilkathetern

- Die Hände sind die häufigste Quelle einer Infektionsübertragung. Daher ist eine hygienische Händedesinfektion vor und nach jeder Tätigkeit unbedingt erforderlich (siehe PS 22). Sorgfältige Intimpflege, fachgerechtes Legen und Pflegen des Verweilkatheters mindern das Infektionsrisiko. Die beste Infektionsprophylaxe ist immer noch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr durch gute Harndiurese (Harnausscheidung), jedoch Kontraindikation beachten.

- Für zweckmäßige Kleidung des Klienten Sorge tragen (z. B. Wollsocken, Bettschuhe). - Waschschüssel oder Steckbecken nicht auf dem Boden abstellen (Keimübertragung ins Bett). - Darauf achten, daß kein Zug am Katheterschlauch entsteht (sonst zusätzliche Irritation der Harnröhrenschleimhaut und der Blaseninnenwand). - Nur geschlossene Harnableitungssysteme mit Tropfkammer und Rückflußventil verwenden (unmittelbar vor der Benutzung aus der Verpackung herausnehmen). - Keine Katheterstöpsel verwenden (geschlossenes System). - Das Harnableitungssystem muß senkrecht, unter Blasenniveau, am Fußende zur Zimmerseite (nicht Wandseite) am Rollstuhl oder am Bein des Klienten plaziert und befestigt werden. - Das Öffnen der Verbindung von Verweilkatheter und Harnableitungssystem bedeutet ein Durchbrechen des geschlossenen Systems. Ein Blasentraining oder eine Blasenspülung ist aus hygienischen Gründen nicht gerechtfertigt; eine Blasenspülung wird nur auf schriftliche Verordnung des zuständigen Arztes durchgeführt. Durch die Manipulation am System wird das Infektionsrisiko erhöht und keine Wirkung erzielt. - Der Verweilkatheter soll zusammen mit dem Harnableitungssystem gewechselt werden. Den Ablaßhahn nach der Entleerung des Harnableitungssystems (Schutzhandschuhe tragen) in die dafür vorgesehene Lasche stecken. - Für eine bakteriologische Untersuchung wird der Harn mit einer Kanüle und einer 10-ml-Spritze nach vorheriger Desinfektion aus der dafür vorgesehenen Entnahmestelle aspiriert.

Pflegestandard Nr. 33: Transurethraler Blasenverweilkatheter (TB)

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Praxis: Transurethraler Blasenverweilkatheter (TB) Durchführung durch:

nur examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Material für das Legen eines transurethralen Verweilkatheters -

alle Utensilien für Intimpflege, Tablett, Katheter-Set, 3 sterile Handschuhe, Schleimhautdesinfektionsmittel, 2 entsprechende Verweilkatheter (davon 1 als Reserve), geschlossenes Harnableitungssystem, 10-ml-Spritze mit Aqua destillata (Füllmenge für Aufblockung auf dem Katheter vermerkt), - Abfallbeutel, - 1 unsterile Nierenschale (für benutzte Tupfer), - Pflaster. Klienten -

Bettschutz unter dem Gesäß, bei Bedarf beim Ausziehen/ Anziehen behilflich sein, Intimpflege durchführen (lassen), Lagerung.

Raum - Lichtverhältnisse überprüfen, - entsprechende Raumtemperatur, - Sichtschutz (Paravent).

288 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Pflegeperson

- hygienische Händedesinfektion, - Schutzkittel, - Mundschutz. Personenzahl

1 examinierte Pflegeperson; für das Legen eines Verweilkatheters wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen.

1+-+ 1 Durchführung - Das benötigte Material in Reichweite stellen, unnötige Wege vermeiden. - Den Klienten nur so weit aufdecken, wie für ungehindertes Arbeiten notwendig ist. - Legen oder Entfernen eines transurethralen Verweilkatheters bei Frau oder Mann siehe ausführlichen Standard. - Die Assistenz der zweiten Pflegeperson bezieht sich nur auf die Handgriffe, die keine Sterilität verlangen, und auf die Klientenbetreuung während der Maßnahme. - Pflege bei transurethralem Verweilkatheter: Vorbereitung und Durchführung siehe ausführlichen Standard. - Prophylaktische Interventionen sollen beachtet und konsequent durchgeführt werden.

lS:.J

Entsorgung

Den immobilen Klienten in eine für ihn angenehme Lage bringen (ggf. Lagerungsplan beachten), das benutzte Material entsorgen, die Nierenschale desinfizieren, reinigen und sterilisieren. [[]

Qualitätssicherung

Unter Einhaltung der sterilen Kautelen und der Hygienerichtlinien wird die Lebensqualität des Klienten mit transurethralem Verweilkatheter gebessert und Zufriedenheit erreicht.

Pflegestandard Nr. 33: Transurethraler Blasenverweilkatheter (TB)

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Zu beachten - Intimsphäre wahren und mögliche Ablehnung respektieren. - Verweilkatheter sollen gerade gelagert werden. - Bei Prostatavergrößerung kann es zu einer Verengung der Harnröhre kommen. Bei Widerstand die Maßnahme unterbrechen und den zuständigen Arzt informieren. - Harnauffangbeutel so plazieren, daß Kontrolle und Überwachung jederzeit möglich ist. - Duschen mit einem transurethralen Verweilkatheter ist möglich (nicht baden, da unkontrollierter Stuhlgang möglich ist}. - Jod- und/oder Pflasterallergie beachten. - Männer mit Transurethralkatheter auf Paraphimose hin kontrollieren. - Richtiges Fixieren des Harnablaufschlauches verhindert ein Hin-und-her-Bewegen und somit eine Reizung der Urethraschleimhaut. - Dokumentiert werden: Größe des transurethralen Verweilkatheters, Menge Agua destillata.

Notizen:

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Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Pflegestandard Nr. 34: PEG-Versorgung (PV) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Für Klienten mit einer PEG (Percutane endoskopische Gastrostomie)-Sonde zur künstlichen Ernährung kann sich die Lebenssituation in vielen AEDL-Bereichen bessern. Die Pflegeleistungen beinhalten: Kostverabreichung und Überwachung, Verbandswechsel sowie Einhaltung der Mundhygiene. Kostverabreichung und Verbandwechsel werden der indirekten Pflege (früher Behandlungspflege) zugeordnet. Grundsatz Die enterale Ernährung ist der parenteralen Ernährung (d.h. als Infusion) vorzuziehen. Hierfür gibt es verschiedene Methoden der Applikation. Im Gegensatz zur transnasalen Sonde als invasive Maßnahme wird das Legen von PEG, PEJ (Percutane endoskopische Jejunostomie) oder FKJ (Feinnadelkatheterjejunostomie) von den Klienten ohne wesentliche Probleme toleriert und akzeptiert. Das klassische chirurgische Verfahren für künstliche Ernährung wurde von Witzel und Stamm entwickelt. Die von Dr. Witzel, Chirurg aus Düsseldorf (1856-1915), zuerst 1891 entwickelte Technik, die sogenannte Witzel-Fistel, wurde viele Jahre als Ernährungsmethode praktiziert. Ein entscheidender Durchbruch wurde Anfang der 80er Jahre durch die Entwicklung der PEG-Sonde ermöglicht. Der operative Eingriff erfolgt in der Rückenlage in Narkose oder Lokalanästhesie und unter endoskopischer Kontrolle. Das Endoskop (Instrument für die Untersuchung von Körperhöhlen mit elektrischer Lichtquelle und optischer Vorrichtung/Linsensystem) wird in den Magen eingeführt und die Magenvorderwand unter endoskopischer Sichtkontrolle perkutan punktiert. Die Punktionsstelle (wurde zuvor ausreichend desinfiziert) befindet sich in der Regel am Übergang vom mittleren zum äußeren Drittel einer vom Bauchmantel zur Mitte des Rippenbogens gedachten Linie. Die Funktionsnadel wird herausgezogen, und durch die Kunststoffkanüle

Pflegestandard Nr. 34: PEG-Versorgung (PV)

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wird der Führungsfaden eingeführt, mittels Biopsiezange erfaßt und mit dem Gastroskop aus dem Mund herausgezogen. Mittels des erforderlichen Führungsfadens wird die Ernährungssonde implantiert. Die innere Halteplatte bildet eine Verbindung zwischen der Magenvorderwand und der Bauchwand. Die Befestigung der Ernährungssonde auf der Bauchhaut erfolgt durch Nahtfixation und eine äußere Halteplatte aus Silikonkautschuk Das Sondenende wird kurz abgeschnitten und ein Adapter angebracht und befestigt. Da es sich um eine enterale Langzeiternährung handelt, werden hochwertige und gut verträgliche dünne Sonden aus Polyurethan oder Silikonkautschuk (Flexibilität auch bei längerer Liegezeit) verwendet. Es ist durchaus möglich, daß die Sondenkost nur als Zusatzernährung (um Flüssigkeits- und Kalorienzufuhr zu gewährleisten) bei nicht ausreichender oraler Zufuhr und prophylaktisch bei Verschlechterung des allgemeinen Befindens gegeben wird. Meistens wird eine PEG-Sonde gelegt. Indiziert wird dies bei seniler Demenz, Nahrungsverweigerung, Bewußtlosigkeit, Kachexie, Tumoren im HNO- und MZK-Bereich, neurologischen Schluckstörungen, Oesophaguskarzinom oder Varizen, Kardiakarzinom und bei allgemein ungünstiger Prognose des Grundleidens. Sich nur flüssig zu ernähren ist der Mensch nicht gewohnt. Es bedarf einer Gewöhnung durch kontinuierlichen Sondenkostaufbau. Deswegen sollen am Anfang kleinere Mengen über den Tag verteilt werden. Es ist notwendig, das Schema (basierend auf Erfahrungswerten) nach einem Zeitplan einzuhalten. Die Industrie bietet heute komplettes Zubehör für die Nahrungsapplikation an: Pumpe mit Tischständer, Überleitungssystem, Plastik-Ernährungsbeutel (500 oder 1000 ml) und, den individuellen Bedürfnissen entsprechend, die Sondenkost. Die Kost (was?), Menge (wieviel insgesamt?), Applikationsart (womit?) und die Häufigkeit (wie oft?) wird vom zuständigen Arzt schriftlich verordnet. Das Legen einer PEG-Sonde bedarf der Genehmigung des Klienten oder seines Betreuers. Problemstellung Kontraindiziert ist das Legen einer PEG-Sonde bei: Aszites (Bauchwassersucht), Peritonitis (Bauchfellentzündung) und M. Crohn (Darmentzündung). Trotz korrekter Lage der Sonde und richtiger Nahrung kann es (meistens vorübergehend) zu Komplikationen kommen: Druckgefühl im Oberbauch, Blässe, Schweißausbruch,

292

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Übelkeit und Erbrechen, Diarrhö und Dehydratation sowie Meteorismen und Obstipation. Mögliche Gründe für bestehende Beschwerden: zu schnelles Applizieren, kontaminierte Nahrung, oder es wird zu viel auf einmal gegeben. Erbrechen: kann exogene (durch kontaminierte Nahrung) oder endogene (krankheitsbedingte) Gründe haben. Diarrhö: ballaststoffarme Nahrung, zu schnell und zuviel wird auf einmal appliziert, Nahrungsunverträglichkeit, die Sondennahrung ist zu kalt, kontaminierte Nahrung oder iatrogene Gründe (durch die ärztliche Therapie, z. B. Antibiotika). Dehydratation: bei nicht ausreichender Flüssigkeitszufuhr, bestehender Diarrhö oder endogen bedingt (Herz- und Niereninsuffizienz/Wassereinlagerung und Ödembildung) kann es zu Wasserverlust und Austrocknung kommen (siehe PS 20). Obstipation: kann durch ballaststoffarme Kost und zu wenig Flüssigkeit verursacht werden oder endogen bedingt sein (siehe PS 24). Druckgefühl:

Als Maßnahme ist die Ursache zu bestimmen und möglichst zu beseitigen. Mögliche Veränderungen im MZK-Bereich (siehe PS 3) können ein weiteres Problem darstellen. Durchführung Die Sondennahrung kann kontinuierlich, d. h. konstant über 24 Stunden verabreicht werden. Dies entspricht nicht unbedingt den physiologischen Bedürfnissen des Menschen. Wer ißt schon den ganzen Tag über ununterbrochen? Die zweite Möglichkeit stellt die Bolus-Gabe dar, d. h. intermittierend wird eine bestimmte Soudenkostmenge verabreicht. Während der Sondenkost-Verabreichung wird der Klient erhöht gelagert. Bei der Vorbereitung der Nahrung ist darauf zu achten, daß sich im Überleitungsgerät keine Luft befindet. Die Nahrung wird nach einem vorher erstellten Plan gegeben und die Sonde anschließend mit stillem Wasser oder Kamillentee (täglich frisch zubereiten) durchgespült. Eine tägliche Spülung der Sonde ist auch bei nicht regelmäßiger Verabreichung der Nahrung notwendig. Die verordne-

Pflegestandard Nr.34: PEG-Versorgung (PV)

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ten Medikamente werden im Mörser zerkleinert, mit etwas Wasser aufgelöst und dann appliziert. Die Medikamente werden nicht mit der Nahrung gegeben und die Sonde vorher und nachher mit stillem Wasser oder Kamillentee durchgespült. Welche Medikamente per Sonde gegeben werden können, entscheidet der zuständige Arzt. Das komplette Ernährungsset wird alle 24 Stunden ausgewechselt. Bei der enteralen Ernährung ist auf sorgfältige Mund- und Zahnpflege sowie Ektoprothesenhygiene zu achten (siehe PS 3). Für die Mundpflege gibt es fertige Mundpflegesets zu beziehen, oder es wird wie folgt vorbereitet: Nierenschale mit Plastiklemme (Verletzungen vermeiden), Behälter mit mehreren Tupfern, Behälter mit Reinigungsflüssigkeit, Behälter für Abfall und ein Mittel für die Lippenpflege. Das Mundpflegeset wird mit einer Mullkompresse zugedeckt und täglich erneuert (siehe PS 3). Der PEG-Verbandwechsel (VW) wird in der ersten Woche nach dem Legen der Sonde täglich durchgeführt. Bei einem komplikationslosen Verlauf ist von da an ein VW 2mal wöchentlich als ausreichend anzusehen. Der VW wird mit sterilen Handschuhen oder unter Zuhilfenahme von 2 sterilen Pinzetten durchgeführt. Nach der hygienischen Händedesinfektion wird der Verband vorsichtig abgenommen und in den dafür vorgesehenen Abfallbeutel gelegt. Nach erneuter hygienischer Händedesinfektion wird die Austrittstelle von innen nach außen und die Halteplatte (Halteplatte zurückziehen) desinfizierend gereinigt. Der Sondenschlauch wird auf die gleiche Weise gereinigt. Die Wirkung des Desinfektionsmittels abwarten. Zwischen die Haut und die Halteplatte wird eine Schlitzkompresse (Bildung von Feuchtkammern vermeiden) gelegt, die Halteplatte zurückgeschoben und mit einer zweiten Schlitzkompresse abgedeckt. Der Verband wird vollständig mit hautfreundlichem Pflaster fixiert (Datum darauf schreiben). Dokumentiert werden: Verbandwechsel (reizloser Zustand oder Auffälligkeiten), Menge der Sondenkost (S. K.), bei pumpengesteuertem System: Einstellung der Geschwindigkeit, Gewichtskontrolle (falls möglich), Stuhlgang/Beobachtungskriterien, mögliche Unverträglichkeiten und das Wohlergehen des Klienten.

294 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Zielsetzung - Verhindern von Kontamination, Erkrankungen im MZK-Bereich sowie Verdauungsstörungen und nicht zuletzt Erreichen sowohl eines qualitativen als auch eines quantitativen Ausgleichs bei Nahrungskarenz oder ungenügender Nahrungsaufnahme. - Durch sorgfältige Pflege die Funktionalität der PEG, PEJ oder FKJ möglichst lange erhalten. - Bestmögliches Wohlergehen des Klienten erreichen. - Durch regelmäßige innerbetriebliche Fortbildungen das Fachwissen des Pflegepersonals auffrischen, um eine einheitliche Vorgehensweise in der Pflegeeinrichtung zu erzielen.

Pflegestandard Nr. 34: PEG-Versorgung (PV)

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Praxis: PEG-Versorgung (PV) Durchführung durch:

nur examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material für PEG-Verbandwechsel -

Tablett, sterile Handschuhe oder 2 sterile Pinzetten, 4 sterile Tupfer und 2 5x5 cm große sterile Schlitzkompressen, Hautdesinfektionsmittel, hautfreundliches Pflaster, AbfallbeuteL

Klienten - über die bevorstehende Maßnahme informieren, - Rückenlagerung, - den zu behandelnden Bereich freimachen. Raum - entsprechende Zimmertemperatur, - Sichtschutz (Paravent), - keine Zugluft. Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion, - Vorbindschürze, - Mundschutz (bei Erkältung).

296 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

\+-+ \

Durchführung

- Bei lokal auftretender Infektion wird auch unter sterilen Kautelen verbunden. - Das Mundpflegeset soll so plaziert sein, daß die Mundpflege mehrmals am Tag durchgeführt werden kann. Verabreichung der Sondenkost siehe ausführlichen Standard (Bilanzierung, Kontrolle der Vitalwerte und nach Möglichkeit Gewichtskontrolle sind selbstverständlich). Bei Bedarf wird die Stelle regelmäßig rasiert. Bei Verbandwechsel wird grundsätzlich das Datum auf dem Verband vermerkt.

IS:]

Entsorgung

Das benutzte Material entsorgen, Pinzetten desinfizieren, reinigen und sterilisieren. Dem Klienten (bei Immobilität) eine angenehme Lagerung (Lagerungsplan ?) ermöglichen. Zum Schluß hygienische Händedesinfektion durchführen.

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Qualitätssicherung

- Die angestrebten Pflegeziele sind die Kriterien für die Überprüfung der Prozeßqualität.

Zu beachten - Keine Fruchttees oder Obstsäfte zur Spülung verwenden (die Sondenkost kann durch die Fruchtsäure ausflocken). - Sondenkost stellt eine große Kontaminationsgefahr dar. Aufbewahrung: nicht verabreichte Nahrung vor Wärme schützen, geöffnete Flaschen sofort kühl lagern. Während der Verabreichung (Zimmertemperatur - warm) vor Sonneneinwirkung schützen und nicht in der Nähe von Heizkörpern plazieren.

Pflegestandard Nr. 34: PEG-Versorgung (PV)

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- Auf die Sauberkeit des Gerätes achten (bei Bedarf reinigen). - Prophylaktisch sollen keine antibakteriellen Salben oder Tinkturen auf die Austrittsstelle aufgetragen werden (bei Entzündung ärztliche Verordnung beachten). - Hautdesinfektionsmittel nicht auf die Wunde sprühen (kann in die Einstichsteile hineinlaufen). - Mineralwasser ist kohlensäurehaltig - mögliche Unverträglichkeit überprüfen. - Eventuelle Pflaster- und/oder Jodallergie beachten. - Bei reizloser Einstichsteile und wasserfestem Pflaster ist Duschen nicht kontraindiziert. - Auffälligkeiten werden im Pflegeverlaufsbericht vermerkt. - Die Sondenkost- und Flüssigkeitsmenge wird vom zuständigen Arzt schriftlich festgelegt. - Bei mangelhafter Mundpflege und fehlendem Kauen kann es zur Parotitis-/Soorbildung kommen. Mehrmals täglich Parotitis-/Soorprophylaxe (PS 25) durchführen. - Bei Verdacht auf Aspiration (Eindringen von Flüssigkeit in die Luftwege), sofort die Sondenkostgabe unterbrechen und den Schlauch öffnen, damit die Flüssigkeit herauslaufen kann. Den zuständigen Arzt sofort informieren. Zeichen sind: Hustenreiz und eventuelle Luftnot. Mögliche Ursachen sind: Erbrechen, die Sonde liegt nicht richtig, Sondenkost läuft zurück.

Notizen:

Pflegestandard Nr. 35: Sauerstoff-Applikation (SA) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Eingeschränkte Atemfunktion hat primär auf den AEDL-Bereich "vitale Funktion des Lebens aufrechterhalten" Auswirkungen und sekundär wirkt sich die Atemstörung auf alle anderen AEDL-Bereiche aus. Die Pflegeleistungen beinhalten: Atemerleichterung durch die individuell ausgerichtete Beratung und Unterstützung, Vermeidung von zusätzlichen Schäden und nach schriftlicher Verordnung des Arztes die Applikation von 0 2 • Grundsatz Atmung ist ein physiologischer Gasaustausch, der aus 3 Vorgängen besteht: Einatmen von 0 2 (Inspiration), Ausatmen von C0 2 (Exspiration) und Atempause, was als Respiration bezeichnet wird. Die Funktion besteht darin, die Körperzellen mit Sauerstoff (0 2 ) zu versorgen und das Kohlendioxid (C0 2 ) aus den Körperzellen nach außen abzutransportieren. Damit wird ein Gleichgewicht zwischen der Aufnahme (0 2 ) und Abgabe (C0 2) hergestellt. Wird die Aufnahme des Sauerstoffs gestört, d. h. wird Sauerstoff in nicht mehr ausreichendem Maße aufgenommen, treten Störungen des ZNS (Zentralnervensystems) auf, die zum totalen Zusammenbruch von Kreislauf und Atmung (Atemstillstand) und zu irreversiblen Schäden führen können. Das ZNS kann nur 3-4 min ohne Sauerstoff auskommen. Merkmale des Sauerstoffmangels (Hypoxie) sind Zyanose (Blau-rot-Färbung) an Ohrläppchen, Lippen und Fingern, begleitet von Atemnot (Dyspnoe) starker Unruhe und Angst. Mögliche Ursachen sind eine venöse Stauung als Zeichen einer Herzinsuffizienz oder Lungenerkrankung. Bei Übersättigung des COrGehalts im Blut (normal COrDruck 38-42 mm Hg) kann es zur sog. Hyperkapnie (Atemdepression oder COrNarkose) kommen. Es treten Kopfschmerzen auf, der Klient schwitzt, und das gesamte ZNS bricht zusammen. Bei einem arteriellen COrDruck von etwa 80 mm Hg tritt Bewußtlosigkeit ein.

Pflegestandard Nr. 35: Sauerstoff-Applikation (SA)

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Der zuständige Arzt verordnet die Dosierung (wieviel?) [1/min], die Verabreichungsform (wie lange?; intermittierend oder Dauerverabreichung) und die Verabreichungsweise (womit?; Sonde, Brille oder Maske). In Pflegeheimen werden zur Sauerstofftherapie (Or Therapie) transportable OrFlaschen (blau gefärbt) von 10 1 Inhalt verwendet. Zentrale Or Versorgungsanlagen sind in Pflegeheimen z. Z. nicht üblich. Eine weitere Möglichkeit stellen transportable Koffergeräte oder OrGeräte, kombiniert mit einer Absaugvorrichtung, dar. Vor jeder Applikation soll der Or Vorrat berechnet werden. Hierzu ein Rechenbeispiel: - 10-1-Flasche bei 150 bar*: 10 · 150 = 1500 1 0 2 bei Oz-Applikation von 31/min: 1500:3 = 500:60 = 8,3 Stunden Benutzungsdauer - beim Manometerstand von 60 bar: 60 · 10 = 60010 2 bei Oz-Applikation von 31/min: 600:3 = 200:60 = 3,3 Stunden Benutzungsdauer (* 1 bar = 100000 Pa = 0,1 MPa) Bei einem Manometerstand von 50 und weniger muß die OrFlasche fachgerecht ausgewechselt werden. Problemstellung Bezugnehmend auf die AEDL-Bereiche ist bei der allgemeinen Atemstörung die Kommunikation erschwert, Bewegung und selbständige Versorgung fast unmöglich, essen und trinken unwichtig, Ausscheidungskontrolle fraglich, Wunsch, sich zu kleiden, nicht vorhanden. Ruhe und Schlaf sind gestört, die Beschäftigung gilt nur der Atemnot, Geschlechtsspezifikum ist nicht relevant, Sorge um Dasein existiert, Interaktion mit der Außenwelt ist nicht möglich und schließlich stellt diese neu entstandene Situation eine existentielle Lebensbedrohung dar. Ein verwirrter Klient wird die notwendige Maßnahme der Oz-Applikation nicht verstehen können, er wird noch unruhiger, unkooperativer und wird dies als eine zusätzliche Bedrohung erleben. Inspiratorische Dyspnoe wird von Stridor (pfeifendes Atemgeräusch bei der Einatmung durch die Verengung der oberen Luftwege) begleitet.

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Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Bei der pulmonalen Dyspnoe wird unterschieden in: - restriktive Ventilationsstörung bei Verminderung der Atemfläche mit oberflächlicher, beschleunigter Atmung (Tachypnoe) und erschwerter Inspiration (Atelektase, als Folge von Pleuraerguß, Pneumothorax oder Pneumonie) und - obstruktive Ventilationsstörung bei erhöhtem Atemwiderstand im Bereich der Bronchien und des Lungengewebes mit Exspirationseinschränkung (akute und chronische Bronchitis, Emphysem, Asthma bronchiale oder Bronchialkarzinom).

Außerdem kann die Dyspnoe - kardial bedingt sein bei komatösen Klienten (Coma diabeticum oder uraemicum), als Folge von Azidose (durch die Erhöhung des Kohlendioxidspiegels fällt der pH-Wert im Blut unter 7,38} mit Kussmaul-Atmung (tief und beschleunigt) begleitet werden; - zerebral bedingt sein (Gefäßprozesse, Hirntumoren), wenn das Atemzentrum betroffen ist (Hyperpnoe mit Apnoe/Atempausen bei Anzeichen von Cheyne-Stokes-Atmung}; - abdominal bedingt sein bei großen Tumoren oder Bauchwassersucht (Aszites) im Abdominalbereich. Durchführung Bei der OrApplikation (nach ärztlicher Verordnung) handelt es sich überwiegend um eine Notfallsituation, die eine schnelle und fachkompetente Intervention erforderlich macht. Nach der hygienischen Händedesinfektion wird der Klient über die bevorstehende Maßnahme ausreichend informiert und soweit wie möglich beruhigt. Die Sauerstoffflasche wird neben dem Bett plaziert (darfkeine Stolperquelle darstellen) und der Anfeuchter bis zur Markierung mit 100 ml Aqua destillata aufgefüllt. Falls notwendig, die Nase des Klienten reinigen (lassen) und für möglichst angenehme (erhöhte) Lagerung sorgen. Die OrSonde, Brille oder Maske anbringen, das Hauptventil langsam öffnen und auf dem Flowmeter die angeordnete OrAbgabemenge einstellen (die Flowmeterkugel zeigt die Literzahl!min). Beginn der Applikation und Literzahl werden dokumentiert (Verlaufsprotokoll). Klingel in Reichweite stellen, möglichst den Klienten nicht unbeaufsichtigt lassen. Nach Beendigung das Hauptventil und dann den Flowmeter

Pflegestandard Nr. 35: Sauerstoff-Applikation (SA)

a:~ 3DJ 3 f1l

3 f1l

Frühere Atemerkrankungen/ Beschwerden Aktuelle Atemerkrankungen/ Beschwerden Allgemeines körperliches Befinden Immunabwehrschwäche Bewußtseinslage Atemtiefe Atemfrequenz lmmobilität Orientierung Kooperationsfähigkeit Zigarettenkonsum Schmerzen (allgemein) Verordnete Medikamente Husten- und Schluckstörungen C\ f1l

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301

1 = keine Bewegungseinschränkung 2 = benötigt Hilfestellung bei ... 3 = ist immobil 1 = ist zeitl., örtl. und z. Person orientiert 2 = nur zur Person orientiert 3 = ist desorientiert 1 = ist kooperativ 2 = nur auf Aufforderung 3 = kann das Geforderte nicht umsetzen 1 = raucht nicht 2 = raucht situationsbedingt und passiv 3 = raucht stark (wieviel ?) 1 = hat keine Schmerzen 2 = nur bei Bewegung 3 = hat starke Schmerzen (wo?) 1 = nimmt nichts ein 2 = nur b. B. nach Verordnung 3 = als Dauertherapie 1 = keine Beeinträchtigungen 2 = Abhusten mit Hilfe, Schlucken von breiflüssiger Nahrung möglich 3 = es liegt insgesamt eine Störung vor

1 = liegen nicht vor 2 = liegen vor (was?) 3 = als Folge von ...

1 = liegen nicht vor 2 = liegen vor (was?) 3 = als Folge von ...

1 =gutes Allgemeinbefinden 2 = bei Anstrengung lassen Kräfte nach (wobei?) 3 = allgemein reduzierter Zustand

1 = das Immunsystem ist intakt 2 = ist gefährdet 3 = allgemeine Immunabwehrschwäche

1 = ist bei vollem Bewußtsein 2 = teilweise ansprechbar 3 = ist nicht ansprechbar

1 = kann gut ein- und ausatmen 2 = die Atmung ist erschwert 3 = hat Atemnot

1 = im Normbereich 2 = Tachypnoe oder Hyperpnoe vorhanden 3 = pulmonale Dyspnoe (restriktive oder obstruktive)

Eintragung der Punktwerte in das Schema nach folgenden Kriterien:

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Pflegestandard Nr. 35: Sauerstoff-Applikation (SA)

303

langsam zudrehen, die Sonde, Brille oder Maske entfernen und Nasen- und Mundpflege durchführen. Zum Schluß eine bequeme Lagerung ermöglichen. Bei Applikation mit OrSonde mit Schaumstoffansatz wird der Schaumstoff etwa 1-2 cm tief in die Nase eingeführt und mit einem dünnen Pflasterstreifen an der Nase befestigt. Diese Methode wird von den Klienten gut toleriert, kann aber zu einer Irritation der Nasenschleimhäute führen. Bei Applikation mit OrSonde ohne Schaumstoffansatz wird die Sonde mit Aqua destillata befeuchtet, der Abstand zwischen Nasenspitze und Ohrläppchen ausgemessen und die Sonde bis zum weichen Gaumen vorsichtig (Verletzungsgefahr) eingeführt. Mit der Taschenlampe wird im Rachenraum kontrolliert, ob die Sondenspitze im Mesopharynx (mittlerer Rachenraum) liegt. Falls erforderlich, wird die Sonde etwa 1 cm zurückgezogen. Die Fixierung der Sonde erfolgt wie oben beschrieben, wobei die Sonde evtl. an Stirn oder Wange zusätzlich befestigt werden kann. Bei der täglichen Applikation von Sonde, Brille oder Maske wird auch das Nasenloch gewechselt. Mit Sauerstoffbrillen kann aufgrund der Kürze der Nasenstutzen (können nur 1-2 cm tief eingeführt werden) keine optimale Erhöhung des Sauerstoffanteils erzielt werden. Die Sauerstoffmaske wird über die Nase und den Mund gelegt. Diese Methode ermöglicht die gewünschte Applikation. Andererseits kann die Atemnot durch die Maske noch verstärkt werden. Beim Aufpressen der Maske (ohne ein Einwegventil, d. h. ohne seitliche Öffnungen) kann es zur reinen Oz-Applikation und einer COzRückatmung kommen. Bei dieser Methode wird der Klient grundsätzlich nicht alleine gelassen. Bevor aber von seiten des Pflegedienstes gehandelt wird, sollte eine Multimomentaufnahme der Atemfunktion durchgeführt werden. Erst dann wird es möglich sein, die Vielfalt der nichtinvasiven Interventionen auszuschöpfen. In den USA wird die Anwendung von Pflegediagnosen für das berufliche Handeln genutzt (NANDA North American Nursing Diagnosis Association). Hierbei wird die Problemsituation aus pflegerischer Sicht beschrieben, die angestrebten Pflegeziele werden formuliert und die Maßnahmen individuell ausgerichtet angeleitet. Eine Multimomentaufnahme/Atemskala, wie sie Tabelle 3 zeigt, könnte bei der Ermittlung von Problemsituationeil hilfreich sein.

304

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Zielsetzung - Anhand von pflegerelevanten Beobachtungskriterien (Atemskala) exakte Erfassung von Fähigkeiten bzw. Atembeeinträchtigungen, entsprechend fachgerechtes Handeln und somit Verhinderung von Komplikationen. - Atemerleichterung erzielen und Sekretansammlung vermeiden. - Durch beschwerdefreies Atmen und durch freie Atemwege Unabhängigkeit und bestmögliches persönliches Wohlergehen des Klienten erzielen. - Intakte (feuchte) Mundschleimhaut, freie Nasenwege und kein Nasendekubitus. - Für ausreichende Flüssigkeitszufuhr (Kontraindikationen beachten) sorgen. - Bei der Planung von Interventionen die Essenszeiten und Ruhepausen mitberücksichtigen. - Den Angehörigen mit Empathie begegnen und sie in die Pflege miteinbeziehen. - Durch ruhige Verhaltensweise, ausreichende Aufklärung und Beratung erreichen, daß der Klient die notwendige Intervention (Oz-Applikation) akzeptiert und sich möglichst aktiv daran beteiligt. - Gezielter Einsatz von pflegerischen Interventionen soll unter Zuhilfenahme von benötigten prothetischen Hilfsmitteln, Pflegehilfsmitteln und technischen Hilfen erfolgen. - Durch den fach-und sachgemäßen Umgang mit dem SauerstoffGerät und unter Einhaltung aller hygienischen Maßnahmen Zufuhr von pathogenen Keimen vermeiden. - Die Sicherheit im Umgang mit den Atemeinschränkungen, das Bewußtsein für mögliche Gefahren, die Möglichkeiten der Prävention und Beratung sollen durch regelmäßige Fortbildung des Pflegepersonals vermittelt und gestärkt werden. Atemunterstützende pflegerische Interventionen, um Komplikationen (z. B. Pneumonie) zu verhindern - Kontrolliert mobilisieren (möglicher Kreislaufkollaps durch Orthostase) oder passive Bewegungsübungen im Bett durchführen (lassen). - Bei gefährdeten und immobilen Klienten je nach Indikation diverse Lageveränderungen vornehmen: mittels zwei Kissen A-, Toder V-Lagerung, Hoch- und Seitenlagerung, Seitendehnlage oder Halbmondlage mit einem Kissen unter der Hüfte, um bes-

Pflegestandard Nr. 35: Sauerstoff-Applikation (SA)

-

305

sere Belüftung einzelner Lungensegmente und besseres Abhusten zu erreichen, um Darmatonie, Kontrakturen, Thrombose, Dekubitus und Pneumonie zu verhindern; atemstimulierende Einreibungen (ASE) nach Bienstein (1994); manuelle Thoraxvibration (beide Lungenflügel); warme Zitronenbrustwickel; Kopfdampfbäder mit Kamille; Gurgeln mit Salzwasser oder Salbeitee; Tees mit schleimlösender Wirkung (z. B. Huflattich, Salbei oder Bärlauch); unter KG-Anleitung Atemübungen mit Giebelrohr und Nasenklammer; Atemübungen mit Handtuch oder Händen am Bauch sowie Zwerchfell (Abdominalatmung) oder Brust (Thoraxatmung) üben; Rücken mit hohlen Händen abklopfen (Kontraindikationen beachten); Wegpusten von Wattebällchen oder einen Luftballon aufblasen; regelmäßige Raumlüftung durchführen; Vitalwerte kontrollieren.

306

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Praxis: Sauerstoff-Applikation (SA) Durchführung durch:

auch Nichtexaminierte unter Anleitung; examinierte Pflegeperson bei 0 2 -Applikation

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 Pflegeperson

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Material (für OTApplikation) -

OrFlasche (evtl. Notfallkoffer bereithalten), Tablett, 2 OrSonden, Brillen oder Masken, dünne Pflasterstreifen, (hautfreundlich) Reinigungsbenzin oder Äther für Pflasterreste, unsterile Tupfer, Nierenschale, Sputumbecher mit Wasser, Desinfektionsmittel und Deckel, Abfallbeutel für Taschentücher (ggf. Zellstoff), Nasen- und Mundpflegeset

Klienten - über die Notwendigkeit der Maßnahme aufklären, auf die Ängste eingehen, - bequeme Lagerung ermöglichen, bei Bedarf die Nase reinigen (lassen), - Taschentücher (ggf. Zellstoff) griffbereit plazieren und Abfallsack am Nachttisch befestigen.

Pflegestandard Nr. 35: Sauerstoff-Applikation (SA)

307

Raum - Bett so stellen, daß der Zugang von beiden Seiden seitlich möglich ist. - Rufanlage überprüfen, Klingel in Reichweite legen. Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion. - Mundschutz (bei Erkältung). , .... J

Durchführung

- 0 2-Applikation exakt nach ärztlicher Verordnung durchführen. - Anfeuchterglas unmittelbar vor der Applikation mit 100 ml Aqua destillata auffüllen. - Ausreichende Betreuung während der Applikation gewährleisten (beruhigen, berühren). - Nasen- und Mundpflege vorher und nachher durchführen (lassen). - Auf angenehme Lagerung achten. - Atemunterstützende Maßnahmen anhand des Ergebnisses individuell angepaßt auswählen. - Vitalwerte kontrollieren.

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Entsorgung

Nach Beendigung oder bei täglicher OrApplikation Anfeuchterglas reinigen, sterilisieren und wieder an der Or Flasche anbringen bzw. montieren und für erneuten Gebrauch bereitstellen.

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Qualitätssicherung

Unter Einhaltung aller relevanten Kriterien kann die Qualität gesichert werden.

308

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

[I]

Zu beachten

- ln der Notfallsituation, bis die ärztliche Verordnung erteilt worden ist, ist die 0 2-Applikation von 2-31/min kurzfristig möglich (Vitalwerte überprüfen). - Kontraindiziert ist die 0 2-Applikation bei bekannten Emphysemen und obstruktiver Bronchitis. - Nasenwege müssen vor der 0 2-Applikation frei sein (bei Bedarf Nasenpflege, PS 6, durchführen), Vorsicht, Nasenschleimhautverletzung möglich! - Um nosokomiale Infektionen zu verhindern, ist das tägliche Wechseln von 0 2-Sonde, Brille oder Maske und Anfeuchter erforderlich. Ersatz bereithalten. - Eine zu tief liegende Nasensonde kann zum Aufblasen des Magens führen. - Während der Applikationspause die Or Sonde, Brille oder Maske in die Verpackungshülle legen. - Gebrauchsrichtlinien auf 0 2-Fiasche anbringen. - Die Or Fiasche steht unter einem fast 1OOmal höheren Druck als ein Autoreifen. Daher kann die 0 2-Fiasche als eine Zeitbombe betrachtet werden! Sie darf nicht mit ölhaltigen Putzlappen gereinigt werden. Schon die Berührung mit fettigen Fingern kann zu einer Entzündung und Explosion führen (UW beachten!). - Sauerstoffflaschen dürfen niemals umfallen. - Eine erhöhte Explosionsgefahr besteht bei Überwärmung (Heizungskörper, Zigarettenrauch und Sonnenbestrahlung). - Bei allgemeiner Beendigung Or Vorrat-Berechnung durchführen (da Weiterverwendung und notfalls Bestellung einer Ersatzflasche erforderlich).

Pflegestandard Nr. 36: Absaugen (A)

309

Pflegestandard Nr. 36: Absaugen (A) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Da es sich beim Absaugen meistens um Klienten mit Multimorbidität handelt, werden punktuell, neben der medizinischen Therapie, und mittels technischer Hilfsmittel (Absauggerät) die pflegerischen Interventionen das Leistungsangebot abrunden. Das pflegerische Angebot beinhaltet Beobachtung, Beratung, Anleitung, Unterstützung beim Ab husten sowie Absaugen auf ärztliche Anleitung (oral, nasal und/oder durch die Tracheostoma). Grundsatz Die Möglichkeit, eigenständig abhusten zu können, bedeutet Autonomie und hat primär auf den AEDL-Bereich "vitale Funktionen des Lebens" Auswirkung. Darüber hinaus wirkt sich dies auch positiv auf andere AEDL-Bereiche aus. Ist ein selbständiges Abhusten oder mit Unterstützung nicht möglich, wird eine invasive Intervention, das Absaugen, erforderlich. Problemstellung Erschwert werden kann das Abhusten durch die Schmerzen bei einer Rippenfraktur, Z. n. Operationen im Abdominalbereich, bei allgemeiner Körperschwäche oder bei verwirrten Klienten. Die Gefahr einer Kiefer- und/oder Nebenhöhlenentzündung ist durch den Sekretstau (zähflüssig) in die Nase gegeben. Während des Absaugens (oral oder nasal) kann es durch die Manipulation an der Rachenhinterwand zu einem verstärkten Hustenreiz, Würgereiz (Pharynxreflex) und zu Brachykardie (verlangsamte Herztätigkeit) kommen. Dies macht eine sofortige Unterbrechung und Anleitung zum tiefen Ein- und Ausatmen erforderlich. Ungenügende Feuchtigkeitszufuhr kann beim Tracheastomaträger zur Borkenbildung führen. Unsteriles Absaugen und aggressive Vorgehensweise mit dem Absaugkatheter können Keimverschleppung (Entstehung von Tracheitis und Pneumonie) und Irritationen der Schleimhäute verursachen.

310 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Durchführung Die manuelle Unterstützung (mit der eigenen Hand oder durch die Pflegeperson) beim Abhusten hat sich bei Verletzungen oder Operationen im thorakalen oder abdominalen Bereich als hilfreich erwiesen. Durch die erforderliche Beratung und Anleitung kann dem Klienten das Abhusten erleichtert werden. Ein Sputumbecher für Auswurf (Sputum) mit Wasser, Desinfektionsmittel und Deckel und ausreichende Anzahl von Taschentüchern, ggf. Zellstoff, Abfallbeutel, am Nachttisch befestigt, oder ein Treteimer, wird in Reichweite bereitgehalten. Im Pflegeheim werden meistens transportable Elektrosauger verschiedener Leistungsstärke, auch kombiniert mit einem OrGerät, verwendet. In das graduierte 1-1-Sekretglas kommt zuerst Wasser und dann DesinfektionsmitteL Durch den vorhandenen Bakterienfilter wird eine Kontamination fast ausgeschlossen. Vor jedem Absaugen muß das Absauggerät auf seine Funktionalität überprüft werden. Abgesaugt werden Klienten im Rachenraum, die nicht spontan abhusten können, bei Ansammlung von Schleim durch die Schonatmung, bedingt durch die Einnahme von Sedativa oder Analgetika oder bei Aspiration von Nahrungsresten, Erbrochenem oder Blut. Eine ausreichende Aufklärung und ruhige Vorgehensweise kann die bestehende Angst mindern. Bei stark unruhigen oder verwirrten Klienten wird eine zweite Pflegeperson hinzugezogen. Der Klient wird hoch oder seitlich, je nach Grunderkrankung, gelagert. Während des Absaugens wird, falls vorhanden, die Magensonde offen gelassen (sonst Aspirationsgefahr!). Nach der hygienischen Händedesinfektion und unter Verwendung von unsterilen Handschuhen wird zuerst oral und dann bei Bedarf nasal (Einführung des Absaugkatheters während der Einatmungsphase bis zum Rachen) abgesaugt. Der Absaugkatheter wird grundsätzlich ohne Sog eingeführt. Mittels eines Zwischenstücks (Fingertip) kann der Sog hergestellt werden. Vor und nach jedem Absaugvorgang muß der Katheter in sterilem Aqua destillata durchgespült werden. Der Vorgang wird so oft wie nötig wiederholt, bis die Atemwege frei sind (Uberprüfung mit Stethoskop). Falls ein öfteres Absaugen notwendig ist, wird der Absaugkatheter zwischenzeitlich in die Verpackungshülle zurückgelegt. Nach einmaliger Verwendung wird der Katheter um die Hand gewickelt, der Handschuh darüber gestülpt und in den Abfallbeutel gegeben. Die Spülflüssigkeit mit Sekretglas wird täglich, bei Bedarf öfter erneuert. Zum Ab-

Pflegestandard Nr.36: Absaugen (A)

311

schluß dem Klienten eine bequeme Lagerung ermöglichen. Erforderliche Mund-/Zahn- und Nasenhygiene sorgfältig durchführen (lassen). Das Absaugen bis in die Bronchien durch Tubus oder Trachealkanüle gehört zu den Aufgaben des Arztes. Das Absaugen bei Tracheostomaträgern kann vom Arzt an eine erfahrene examinierte Pflegeperson übertragen werden. Die Trachealtoilette muß unter absolut sterilen Kautelen geschehen. Nach der hygienischen Händedesinfektion, mittels steriler Handschuhe und bei entsprechender Lagerung wird der sterile Katheter mit Aqua destillata befeuchtet und ohne Sog vorsichtig eingeführt. Unnötiges Herumstochern vermeiden. Einzelne Absaugvorgänge sollen nicht länger als 15 Sekunden dauern (Hypoxie/OzMangel in den Körpergeweben möglich). Nach der Trachealtoilette werden der Mund und die Nase abgesaugt. Hierbei ist ebenfalls auf die sorgfältige Mund- und Nasenpflege zu achten. Zielsetzung - freie Atemwege (ruhiges und unbehindertes Atmen); - in der Zusammenarbeit mit der Krankengymnastik soweit wie möglich mobilisieren (lassen), an der Bettkante sitzen oder passive Bewegungen, Lagerungswechsel im Bett, kombiniert mit Atemübungen durchführen (lassen); - mit der Beratung, Anleitung und erforderlichen Hilfestellung erreichen, daß der Klient eigenständig abhusten kann; - trotz invasiver Intervention durch das Absaugen Verletzungen (der Schleimhäute) und Infektionen (durch pathogene Keime) vermeiden; - Freihalten der Tracheostoma (Vermeiden von Borkenbildung) durch Befeuchtungsmaßnahmen und bedarfsgerechtes Absaugen; - erreichen, daß der Klient die Notwendigkeit der geplanten Maßnahmen versteht und sich aktiv daran beteiligt.

312

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Praxis: Absaugen (A) Durchführung durch:

nur examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material - Absauggerät und 500 ml Aqua destillata, - Sekretglas (Wasser und Desinfektionsmittel), - mehrere steril verpackte Absaugkatheter (in der Regel CH 14-16) mit zentraler und seitlicher Öffnung - Fingertip als Zwischenstück, - Mund- und Nasenpflegeset, - evtl. Mundkeil, Stethoskop, - AbfallbeuteL Klienten - Aufklärung und Lagerung, - Taschentücher (ggf. Zellstoff) und Abfallbeutel (ggf. Treteimer), - Bettschutz (Erbrechen möglich). Raum

- angemessene Zimmertemperatur und bei Bedarf Frischluftzufuhr, - Steckdose (evtl. Verlängerungskabel), - Zugang zum Bett von beiden Seiten ermöglichen.

Pflegeperson - hygienische Händedesinfektion, - unsterile Handschuhe (bei Trachealtoilette steril), - Mundschutz (bei Erkältung, bei Trachealtoilette grundsätzlich), - Vorbindschürze.

Pflegestandard Nr.36: Absaugen (A)

313

Personenzahl 1 Pflegeperson, bei unruhigen oder verwirrten Klienten kann bei Bedarf eine zweite Pflegeperson hinzugezogen werden.

1+-+ J

Durchführung

- Absauggerät vorweg auf seine Funktionalität überprüfen. - Katheter vorsichtig, ohne Sog einführen und das Absaugen mehrmals wiederholen, bis die Atemwege wieder frei werden (mit Stethoskop überprüfen). - Unnötiges Hin und Her mit dem Katheter vermeiden. - Während des Absaugvorgangs die liegende Magensonde offen lassen (sonst Aspirationsgefahr!). - Grundsätzlich erst oral und dann nasal absaugen. Tracheales Absaugen erfolgt durch den Arzt oder durch eine schriftlich von ihm bestimmte und angeleitete, examinierte Pflegeperson. - Der jeweilige Absaugvorgang dauert max. 15 Sekunden (mögliche Hypoxie). - Nach jedem Absaugen (oral, nasal oder tracheal) sorgfältige Mund- und Nasenpflege.

IS:I

Entsorgung

- Nachdem der Katheter unter drehender Bewegung zurückgezogen und durchgespült wurde, das Absauggerät abschalten und den Katheter in einem dafür vorgesehenen Abfallbeutel entsorgen. Sekretglasflüssigkeit ausleeren, mit dem Saugschlauch und Zwischenstück desinfizierend reinigen und sterilisieren. - Sekretglas, Schlauch und Zwischenstück sind bis 134 oc dampfsterilisierbar, danach für den erneuten Gebrauch bereithalten.

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Qualitätssicherung

- Durch kompetente und aseptische Vorgehensweise kann die Qualität überprüft und gesichert werden (unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen mögliche Komplikationen vermeiden).

314

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

- Das Wohlbefinden des Klienten kann durch die Ermöglichung unbehinderten Atmens erreicht werden. Dieses wiederum hängt von der ausführlichen Vorbereitung und Begleitung (Beruhigung) des Klienten ab.

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Zu beachten

- Genaues Dokumentieren (Beginn/Ende, Katheterstärke, Sekret-Beobachtungskriterien) ist unerläßlich. - Vor jedem Gebrauch das Absauggerät auf seine Funktionstüchtigkeit überprüfen. Auf neue Geräte wird 1 Jahr Garantie gegeben. - Bei plötzlich auftretender Atemnot während des Absaugens sofort den zuständigen Arzt verständigen. Der Absaugvorgang kann die Atemnot verstärken. - Für ausreichende Flüssigkeitszufuhr Sorge tragen (Keine Milchprodukte, da vermehrte Schleimbildung). - Vor der Benutzung in das Sekretglas 1%ige Desinfektionslösung hineingeben (1. Wasser, 2. Desinfektionsmittel). - Falls erforderlich, Sekretglas und Verbindungsschlauch mit Zwischenstück täglich auswechseln (für Ersatz sorgen).

Notizen:

Pflegestandard Nr.37: Pflege bei Wachkoma (WK)

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Pflegestandard Nr. 37: Pflege bei Wachkoma (WK) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Wachkoma bedeutet Ausfallerscheinungen des Großhirns, besonders der Großhirnrinde. Es handelt sich meistens um einen totalen Ausfall der Großhirnrinde. Die pflegerischen Leistungen tangieren alle AEDL-Bereiche der direkten Pflege, sonstige Leistungen werden auf ärztliche Verordnung durchgeführt. Grundsatz Eine wesentliche Verletzung bei einem schweren Verkehrsunfall (Auto oder Motorrad) stellt im Schädel-Hirn-Bereich das sog. Schädel-Hirn-Trauma (SHT) dar. Störungen der Hirnfunktion können ebenfalls durch toxische Schäden (Vergiftungen, Drogen, OrMangel) oder Hirnerkrankungen (vaskuläre, entzündliche und/oder degenerative Prozesse) ausgelöst werden. Bei den Unfallfolgen handelt es sich meistens um ein Polytrauma. Betroffene Personengruppen sind Ältere, aber sehr häufig auch jüngere Menschen, auch Kinder. Sobald sich der Zustand stabilisiert hat, d. h. eine unmittelbare Lebensgefahr nicht mehr besteht, wird ein SHT-Verletzter in eine Rehabilitationsklinik oder in ein Altenpflegeheim verlegt. Die Verlegungsdiagnose lautet: Wachkoma (Apallisches Syndrom). Alle bewußten Handlungen, Wahrnehmungen sowie die geistigen Tätigkeiten sind Funktionen der Großhirnrinde. Die vordere Großhirnrinde oder vordere Zentralwindung (Gyrus praecentralis) ist für die Motorik der gesamten Körpermuskulatur zuständig, d. h. für Extremitäten, Zunge, Schlucken, Kaubewegungen, Gesicht, Augen und Brauen. Die hintere Großhirnrinde oder hintere Zentralwindung (Gyrus postcentralis) ist für die Wahrnehmung zuständig, also für das Hören, Sehen, Riechen, für Geruchs- und Farberkennung, Lesen, Schreiben, Tast-, Temperatur- und Schmerzempfindung. Kretschmar war der erste, der 1940 das apallische Syndrom beschrieben hat (Kretschmar 1940). Er bezeichnete die Patienten als

316

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

wach, mit offenen Augen liegend, ohne Reaktion auf Berührung oder Ansprache. Dabei sind Elementarfunktionen wie Kaubewegungen, Saugen und Greifen erhalten geblieben. Gerstenbrand beschrieb die Symptome im Jahr 1967 und teilte den Krankheitsverlauf in verschiedene Phasen ein: Das akute Mittelhirnsyndrom verläuft auch in Phasen: Massenbewegungen, Streckmechanismen (wie Krämpfe), die sowohl spontan als auch durch Schmerz ausgelöst bzw. verstärkt werden können. In der dritten Phase kommt es zu einer kompletten Beugestellung der Arme und der Beine, begleitet von tiefer Bewußtlosigkeit. Das akute Bulbärhirnsyndrom ist eine absolut kritische Situation. Der Patient liegt in tiefem Koma, es kommt zum Zusammenbruch der Kreislaufregulation und zu Atemstillstand. Das EEG zeigt eine Null-Linie.

Vigiles Koma: In dieser Phase ist der Schlaf-Wach-Rhythmus vorhanden, motorische Unruhe möglich und Kontakt nur scheinbar vorhanden (Augen sind offen, Reaktion im Gesicht auf Schmerz). Nach einigen Tagen tritt Parasomnie ein. Kaubewegungen und Greifreflex sind vorhanden. Vollstadium des apallischen Syndroms bedeutet, daß alle akuten, lebensbedrohenden Phasen durchlaufen worden sind. Schlaf-WachRhythmus ist vorhanden, wobei der Tag-Nacht-Wechsel gestört ist. Schmerz und andere Reize können unkoordinierte Massenbewegungen auslösen. Schmatz- und Lippenreflexe sind auslösbar. Die Augen sind offen, bewegen sich unregelmäßig, aber koordiniert. Atmung, Kreislauf und Temperaturregulation unterliegen leichten Schwankungen. Vegetative Elementarfunktionen und Reflexe wie Saugen, Blinzeln und Greifen sind erhalten (Grote, 1975). Diese verschiedenen Stadien werden als Durchgangssyndrom bezeichnet, wobei der Zustand über Monate und länger andauern kann. Was bedeutet das für das Pflegepersonal? Die Betreuung und Pflege eines Klienten mit Wachkoma stellt für das Pflegepersonal eine große Herausforderung dar. Sie setzt fundierte fachliche Kenntnisse, Erfahrung und Engagement voraus. Hierbei ist das gesamte Spektrum einer intensiven Betreuung und Therapie erforderlich. Da es sich hier um eine Langzeitbetreuung handelt, ist die psychische Belastung durch die Schwere der Pflege

Pflegestandard Nr.37: Pflege bei Wachkoma (WK)

317

enorm hoch einzuschätzen. Eine Verarbeitung mittels Supervision sehe ich als zwingend notwendig an. Jede pflegerische Intervention läuft nach dem bekannten Regelkreis ab. So wird bei der Aufnahme als erstes die Fremdanamnese (Krankenhaus oder Angehörige) erhoben. Eine intensive Zusammenarbeit, regelmäßige Teambesprechungen und Koordination ohne Abgrenzung der Tätigkeiten im multiprofessionellen Team unter Einbeziehung der Angehörigen in den Pflegeprozeß wird sich positiv auf den Klienten auswirken. Problemstellung Da der Klient seine Bedürfnisse nicht äußern kann, eine verbale Kommunikation nicht möglich ist, ist er seiner Umwelt in völliger Abhängigkeit ausgesetzt. Das Spektrum der möglichen Komplikationen ist sehr groß. So stellen Dekubitus, Pneumonie, Kontrakturbildung, Spitzfuß, Mykosen, Thrombose, Parotitis und Soor, Harnwegsinfekt, Tracheitis und Ulcus ventriculi et duodeni wesentliche Probleme dar. Ferner können entstehen: Meningitis, zentrale Anfalleiden, zentral bedingte Temperaturerhöhung (Hyperthermie) oder Poikilothermie (vollständiger Zusammenbruch der zentralen Temperaturregulation aufgrund der massiven Schädigung des Zwischenhirns; der Körper paßt sich der Außentemperatur an. Hierbei besteht ein lebensbedrohlicher Zustand). Des weiteren kann es beim endotrachealen Absaugen zu Hypoxie kommen (0 2 applizieren). Opisthotonus (überstreckung von Kopf, Rücken und Extremitäten) kann durch Lagewechsel (seitlich mit angewinkelten Beinen) unterbrochen werden. Durchführung Die Betreuung und Pflege beim Wachkoma setzt ein qualifiziertes Team voraus. Hier ist das gesamte Spektrum einer intensiven Überwachung und Therapie notwendig. Es sollen möglichst immer dieselben Pflegebezugspersonen (Stimme, verbale Aktivierung und eindeutige Vorgehensweise) die Betreuung und Pflege durchführen, um Geborgenheit und Sicherheit vermitteln zu können. Da der Cornealreflex nicht vorhanden ist, sind eine sorgfältige Augenpflege (3x täglich) und das Anbringen eines Uhrglasverbandes sehr wichtig. Neben einer ausreichenden Raumluftfeuchtigkeit ist häufiges Absaugen notwendig. Um endotracheal absaugen zu können, wird der Kopf des Klienten abwechselnd nach links oder

318 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

rechts gedreht und der Absaugkatheter (unter sterilen Kautelen) langsam in die Lungenseite bis zum Widerstand eingeführt, mit leicht drehenden Bewegungen zurückgezogen, wobei das Sekret abgesaugt wird. Regelmäßige Inhalation, Umlagerung, manuelle Thoraxvibration, Abklopfen (mit hohlen Händen) unter Beachtung der Kontraindikation helfen, daß der Bronchialschleim sich verflüssigt. Eine qualifizierte krankengymnastische (oder atemphysiotherapeutisehe) Therapie ist unabdingbar. Bei Rückenlagerung wird der Oberkörper 30 Grad hochgelagert Nach dem Absaugen wird die Mundund Nasenpflege durchgeführt. Bei der direkten Pflege spielt der Einsatz von basaler Stimulation eine große Rolle. So können somatische (Körperpflege, ASE), vestibuläre (Lageveränderung, Mobilisation), vibratorische (Wahrnehmung z. B. mittels Rasierapparat, elektrische Zahnbürste), auditive (Stimme, Musik mittels Walkman) oder orale (Düfte, sonst situationsbedingt) Stimulation eingesetzt werden. Mehrmals täglich passiv durchgeführte Bewegungsübungen wirken gegen Kontrakturen, Spitzfuß und Thrombose vorbeugend. Bei hohem Fieber wird der Körper bei Bedarf mehrmals kühl abgewaschen und wegen der verstärkten Transpiration die Bettwäsche gewechselt. Die Ernährung erfolgt mittels PEG-Sonde und erfordert regelmäßigen VerbandswechseL Da die Klienten keine Kontrolle über Harn und Stuhl haben, wird das Legen eines transurethralen Verweilkatheters und dessen Pflege notwendig sein. Es ist auf regelmäßige Defäkation zu achten (Ileus möglich). Bei auftretender Diarrhö könnte es sich um eine Soudenkost-Unverträglichkeit handeln. Der Klient hat ein Verlaufsprotokoll, in dem Blutdruck, Puls, Atmung, Temperatur, Pupillenkontrolle und Flüssigkeitsbilanzierung eingetragen werden. In der Nähe des Klienten sollen keine unwürdigen Äußerungen (Kommentare) gemacht werden und nicht laut geredet werden. Jede pflegerische Intervention wird vorab erklärt. Insgesamt gesehen besteht die Schwere der pflegerischen Arbeit darin, daß - nicht mit dem Klienten kommuniziert werden kann (kein Feedback), - keine Besserung des Zustandes (Status quo) ersichtlich wird, - es kein Erfolgserlebnis gibt, - es sich um eine hohe psychische Belastung handelt, da häufig junge Menschen betroffen sind, - Angehörigen und Freunden Mut, Hoffnung und Verständnis vermittelt werden muß, - man sich der eigenen Grenzen bewußt wird.

Pflegestandard Nr. 37: Pflege bei Wachkoma (WK)

319

In der anfänglichen Remissionsphase zeigt der Klient Reaktionen auf Schmerz und Abwehrmaßnahmen. In der sog. zweiten Phase sind mimische Reaktionen sichtbar (Tränen, Lächeln). Der Klient beginnt, zu fixieren und mit den Augen seine Umgebung wahrzunehmen. Später kommt es zum Erkennen von Personen und Gegenständen, der Schlaf- und Wachrhythmus normalisiert sich. Es kommt zu verbalen Äußerungen. Aus dieser Passivität heraus soll der Klient langsam (unter Anwendung von Kinästhetik-Methoden) mobilisiert werden. Hierbei ist die Hilfe anderer Berufsgruppen (Logopädie und Ergotherapie) sehr wichtig. Je jünger der Mensch ist, desto günstiger ist die Prognose, daß sich vorhandene Schäden auf Dauer zurückbilden. Dennoch bleiben Hirnschädigungen nicht aus. Eine weitere körperliche, soziale und berufliche Rehabilitation müßte in einer speziell dafür vorgesehenen Klinik erfolgen. Das größte Erfolgserlebnis für alle an der Betreuung Beteiligten, die ihr ganzes fachliches Wissen und menschliches Können gegeben haben, ist, wenn es zu einer wesentlichen Besserung kommt. Der Erfolg hängt von der Kontinuität, Zuversicht, persönlichem Einsatz, menschlicher und körperlicher Nähe (auch von Angehörigen) ab. Zielsetzung - Unter Ausschöpfung aller prophylaktischen Interventionen und Einhaltung der Hygienemaßnahmen mögliche Komplikationen vermeiden (Infektionen, Pneumonie, Parotitis und Soor, Tracheitis, Dekubitus, Kontrakturen- und Spitzfußbildung), - nonverbale Kommunikation herstellen, - den Angehörigen Beratung und Betreuung anbieten, - mit beginnender Remission aktivierende und rehabilitative Maßnahmen in die Pflegeplanung aufnehmen und regelmäßig Evaluation durchführen, - möglichst in vielen AEDL-Bereichen Autonomie erreichen, - soziale und berufliche Rehabilitation anstreben und anleiten, - Begleitung, Unterstützung und Schulung des Pflegepersonals sowie regelmäßige Supervision.

320 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Praxis: Pflege bei Wachkoma (WK) Durchführung durch:

nur examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBLIWBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material-, Klienten-, Raum- und persönliche Vorbereitung sind von der jeweiligen Intervention abhängig (siehe einzelne Pflegestandards). Ein Notfallkoffer (Mundkeil) muß in greifbarer Nähe sein. Der Klient liegt in einem speziellen Bett (leicht lenkbar, gesamt verstellbar und schmaler als das gewöhnliche Bett), auf einer eher harten Matratze bzw. hochqualitativer Wechseldruckmatratze.

J+-+J

Durchführung

- Alle pflegerischen Interventionen entsprechen dem neuesten Stand der Kenntnisse. - Ständige Anwesenheit (tagsüber und nachts) ist zwingend erforderlich. - Die Pflegesets für die diversen Tätigkeiten sollen aus ablauforganisatorischen Gründen im Zimmer auf einem dafür vorgesehenen Pflegewagen (mit Fächern) sein. Bei der täglichen Erneuerung erweist sich eine Liste des Materials als hilfreich. - Neben dem Führen des Verlaufsprotokolls ist das Eintragen von pflegerelevanten Daten in den Pflegeverlaufsbericht als unabdingbar anzusehen. - Die Pflegeplanung paßt sich der momentanen Situation an. Es können nur Nahziele formuliert werden. - Da die Klienten für Infektionen sehr anfällig und dadurch gefährdet sind, ist das Tragen eines Schutzkittels und eines Mundschutzes notwendig.

Pflegestandard Nr. 37: Pflege bei Wachkoma (WK)

!s:J

321

Entsorgung

Erfolgt je nach der jeweils durchgeführten Tätigkeit.

[ID

Qualitätssicherung

- Durch den professionellen Umgang (Achtung, Beständigkeit und Geduld) wird die Lebensqualität des Klienten trotz Komas erreicht werden können. - Mit dem notwendigen Wissen und Können kann die gewünschte Durchführungsqualität erzielt werden. - Die angestrebten Pflegeziele sind die Kriterien für die Qualität der Leistungen.

[I]

Zu beachten

- Mögliche Pflaster- und Jodallergie beachten. - Bei Hypoxie sofort 0 2 applizieren. - Augenpflege vorsichtig durchführen (fehlender Cornealreflex). Hier besteht die Gefahr der Austrocknung und Hornhautentzündung (Keratitis) durch Virusinfektion. Merkmale sind: Rötung, vermehrte Sekretion und Lidödem. - Bei der Nasenpflege auf mögliche Liquorrhoe achten. - Tetanusprophylaxe durchführen und überprüfen. - Regelmäßig Wasser- und Elektrolythaushalt kontrollieren. - Erhöhter Kalorienbedarf (teilweise bis 5000 kcal) mittels enteraler oder parenteraler Ernährung ist auf mögliche Krämpfe zurückzuführen (eine Sedierung ist erforderlich). - Bei stark unruhigen Klienten wird das Bett mit mehreren Kissen abgepolstert oder der Klient vorübergehend fixiert (Genehmigung beantragen).

322 Mitarbeit bei ärztlicher

und Therapie

Pflegestandard Nr. 38: Pflege Aids-Erkrankter (AE) Stand: Erstellt von: überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Bei der Pflege von an Aids (Acquired Immune Deficiency Syndrome/erworbene Immunschwäche) Erkrankten werden hohe Anforderungen im fachlichen (Intensiv-Pflege) und menschlichen Bereich an das Pflegepersonal gestellt. Es können nur krankheitsbedingte Symptome behandelt werden. Grundsatz Anfang der 80er Jahre wurde im Pariser Pasteur-Institutdie Krankheit SIDA (Syndrome d'Immunodeficit Acquise) und der Verursachervirus LAV (Lymphadenopathy Associated Virus) entdeckt und beschrieben. In Amerika wird die exogen erworbene Infektion als AIDS bezeichnet, das Erregervirus als HIV (Human Immunodeficiency Virus). Die HI-Viren dringen in den Blutkreislauf ein und zerstören das Immunsystem. Als mögliche Übertragungswege sind Geschlechtsverkehr ohne Kondom, Samen- oder Scheidenflüssigkeit, Ausscheidungsflüssigkeiten (Harn, Stuhl, Speichel, Tränen), Liquor, Blut, Wundsekrete, Injektionsbestecke, Schwangerschaft (Übertragung auf das ungeborene Kind) oder das Stillen beschrieben worden. Das Virus wurde allerdings nur vereinzelt in Speichelund Tränenflüssigkeit nachgewiesen. Im stationären Bereich sollten grundsätzlich klienteneigene Rasierapparate, Nagelscheren/Nagelzangen und Nagelfeilen verwendet werden, da institutseigene möglicherweise als Infektionsüberträger fungieren können. Bei der betroffenen Population handelte es sich am Anfang nur um Homosexuelle, Hämophile und Menschen, die infizierte Transfusionen erhalten haben. Inzwischen sind Drogenabhängige (Heroin, Kokain und/oder Rohypnol), die täglich Injektionsbestecke brauchen oder tauschen, von der Infektion mit dem HI-Virus betroffen. Dazu kommen noch Prostituierte (Geschlechtsverkehr ohne Kondom), Bisexuelle, Opfer von Gewalt/Überfall (Vergewaltigung) und in zunehmendem Maße Heterosexuelle.

Pflegestandard Nr. 38: Pflege Aids-Erkrankter (AE)

323

Ein Pflegeverweigerungsrecht besteht grundsätzlich nicht und wird für Pflegende schon aus berufsethischen Gründen nicht möglich sein. Es ist eher ein gesellschaftliches Phänomen in unserer heutigen High-Tech-Gesellschaft, die alles Irreversible ablehnt. So war es seinerzeit mit Lepra, Cholera und Tuberkulose. Leider gibt es zur Zeit noch immer keine kurativen Möglichkeiten, die Krankheit Aids zu besiegen. In Das Recht des Krankenpflegepersonals (Böhme 1991, S. 293) heißt es: "Berufstypische Risiken muß der Mitarbeiter in Kauf nehmen. Er hat lediglich Anspruch darauf, durch entsprechende Sicherungsvorkehrungen soweit wie möglich vor Eintritt solcher Risiken geschützt zu werden." (Zur Frage, ob sich das Pflegepersonal weigern kann, die Aids-Erkrankten zu pflegen, siehe auch Bidder u. Klie 1993, S. 737). Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, das erforderliche Schutzmaterial zur Verfügung zu stellen, der Arbeitnehmer wiederum hat die erforderlichen Hygienerichtlinien einzuhalten. Dem Klienten gegenüber besteht hinsichtlich der Hygienevorkehrungen Erläuterungs- und Informationspflicht. Die notwendigen Hygienemaßnahmen müssen grundsätzlich bei allen infektiösen Krankheiten eingehalten werden. Die Aids-Erkrankung wird demzufolge z. B. wie Hepatitis-Virus B betrachtet. Der Antikörpernachweis ist frühestens nach 12 Wochen verläßlich. Die Inkubationszeit (Latenzzeit) der Aids-Erkrankung beträgt 6 Monate bis 10 Jahre. Bei der Pflege von Aids-Erkrankten spielt das medizinische Fachwissen eine sekundäre Rolle. Der Schwerpunkt der Arbeit im Rahmen des Pflegeprozesses liegt im Kennenlernen des Klienten mittels Lebensund Situationsgeschichte und Pflegeanamnese, in der psychosozialen Betreuung: zuhören können, sich für das Gespräch Zeit nehmen, um dem Klienten gerecht zu werden, über die Krankheit, Sterben und Tod sprechen, offen und ehrlich dem Klienten begegnen, Hilflosigkeit und Grenzen der Pflegemöglichkeiten zugeben, Akzeptanz und Verständnis vermitteln, eine weitere wichtige Aufgabe: Überprüfung der Vitalwerte (Blutdruck, Puls, Atmung und Temperatur), Bewußtseinslage, Reflexe, mögliche Gang- und Sehkraftstörungen sowie Ausscheidungskontrolle von Harn, Stuhl, Erbrochenem oder Sputum nach üblichen Beobachtungskriterien. Bei der direkten Pflege wird die gewünschte und erforderliche Hilfe in allen AEDL-Bereichen geleistet. Die sonstigen Pflegeleistungen im Bereich der indirekten Pflege werden nach ärztlicher Anordnung durchgeführt.

324 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Da es sich hier um eine Langzeitbetreuung mit infauster Prognose handelt, die das gesamte Spektrum einer intensiven Pflege und Therapie erforderlich macht, wird die psychische Belastung durch die Schwere der Pflege enorm hoch eingeschätzt. Die Pflegenden brauchen Unterstützung, um die Kraft für diese Aufgabe schöpfen zu können. Hier bieten sich Supervision, Fallbesprechungen in einer Balint -Gruppe oder Teambesprechungen als mögliche und notwendige Copingstrategien an. Problemstellung Obwohl das Sterben und der Tod zum Leben gehören, fällt es uns sehr schwer, dieses anzunehmen, besonders, wenn es sich um ein junges, noch nicht gelebtes Leben handelt. HIV-Positive und/oder Aids-Erkrankte erleben in erster Linie in ihrem sozialen Umfeld eine gesellschaftliche Ausgrenzung. Sie können über die Krankheit, Ängste und Verzweiflung nicht reden, verlieren u. U. Familie, Freunde und Bekannte, fühlen sich total isoliert und von der gewohnten Umgebung abgestoßen. Diese Belastungssituation wirkt sich in Belastungsreaktionen aus wie Schlafstörungen, Angstzuständen, Nicht-wahr-haben-Wollen, Depression bis zur passiven Akzeptanz ("Ich gehöre zur Betroffenengruppe und bin verloren"). Viele dieser Menschen verlieren auch noch ihren Arbeitsplatz als letzten festen sozialen Halt. Im Laufe der Krankheit kommen noch die berechtigten Ängste vor der Pflegebedürftigkeit, vor Einsamkeit, Schmerzen und möglichem Leid hinzu. Durch die Infizierung mit dem HI-Virus ist das körpereigene Immunsystem nicht mehr in der Lage, die Viren zu zerstören und weist einen Immundefekt auf. Die Erkrankung wird von unterschiedlicher Symptomatik begleitet. Für die Pflege stehen internistische, neurologische und dermatologische Krankheitsbilder und deren Auswirkungen im Vordergrund. Die häufigsten opportunistischen Infektionsbegleiterkrankungen sind: Pneumocystis-Carinii-Pneumonie, ZytomegalievirusInfektion, Retinochorioiditis, Tuberkulose, Cryptosporidien-Enteritis, Herpes-Infektionen (Herpes simplex und Herpes zoster), Soor- und Candidabefall (Mund und Oesophagus), Medikamentenneben- und -auswirkungen, Hepatitis-B-Infektion, CryptococcusMeningitis, Toxoplasmose-Enzephalitis, Polyneuropathie, ZNSSchädigungen, Kaposi-Sarkom und Non-Hodgkin-Lymphome. Wasting-Kachexie-Syndrom (wasting =zehrend, schwächend) kommt

Pflegestandard Nr. 38: Pflege Aids-Erkrankter (AE)

325

im Endstadium hinzu (starker Gewichtsverlust, andauernde Diarrhö, begleitet von Fieber und Appetitlosigkeit). Durch die orale, enterale und/oder parenterale Ernährung mit hochkalorischer Nahrung soll das Körpergewicht erhalten oder stabilisiert und ein subjektives Wohlbefinden erzielt werden. Daraus ergeben sich Beeinträchtigungen, die eine pflegerische Intervention notwendig machen: Schlaflosigkeit, Nachtschweiß, Husten, Kopf- und Nackenschmerzen, Verwirrtheit und HIV-Demenz, Krampfanfälle, Fazialis-Parese, Schmerzzustände verschiedener Genese (Polyneuropathie), Fieber, Übelkeit und Erbrechen, Mundschleimhaut-Defekte (Soor- und Candidabefall), Oesophagitis, Sehkraftminderung (CV-Retinitis), die bis zur Erblindung führen kann, Harn- und Stuhlinkontinenz, Gewichtsverlust (Kachexie und Dehydratation), Diarrhö, Atembeschwerden (Dyspnoe und Hypoxie), Blasenbildung und Ausschläge auf der Haut, Dekubitus, Kontrakturen, Thrombose und Suizidgefahr (Suizidgedanken und Suizidversuch). Durch den Pilz- und Virenbefall des Mundes und der Speiseröhre kann es zu Kau- und Schluckbeschwerden kommen. Durchführung

Die evtl. auftretenden Pflegeprobleme sind sehr umfangreich, dennoch individuell verschieden und nicht konstant. So hängt die Pflegeplanerstellung von der momentanen Situation und den Komplikationen ab. Vor jeder Intervention wird der Klient informiert, miteinbezogen und die Intimsphäre gewahrt. Viele Symptome können auch ohne Medikamente behoben werden, so z. B.: - Schlaflosigkeit (beruhigende Körperwaschung, Einreibungen, Gespräch und Zuwendung), - Nachtschweiß (Erfrischung durch Waschung, Eincremen und frische Nachtwäsche), - Husten (Beratung, Hilfestellung, Frischluftzufuhr, Einreibungen), - Schmerzen (entsprechende Körperhaltung, Entspannungstechniken, Atemübungen und Massage), - Fieber (Flüssigkeitszufuhr, Wickel), - Übelkeit und Erbrechen (Frischluftzufuhr, Atemübungen, Mundpflege, Kamillentee, je nach Menge des Erbrochenen die Nierenschale auswechseln), - Atembeschwerden (Atemübungen, ASE, 0 2-Applikation/PS 35).

326

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Auf sorgfältigste Hautpflege (W/0-Präparate) sollte immer geachtet werden. Alle vorbeugenden Maßnahmen werden obligatorisch in den Pflegeplan aufgenommen. Passive und aktive Bewegungsübungen sind entsprechend dem momentanen Befinden unter Miteinbeziehung von Krankengymnasten ausgerichtet. Die Gewichtskontrolle soll ein- bis zweimal wöchentlich erfolgen. Die Abweichung vom allgemeinen Speiseplan soll situationsbedingt möglich sein. So werden leicht verdauliche und gut verträgliche Speisen (eiweißund vitaminreiche Kost, auch Tiefkühlkost) zubereitet und angeboten. Hierbei soll unbedingt die Lebensmittelhygiene beachtet werden. Bestimmte Lebensmittel wie z. B. Fisch, Geflügel und Fleisch können als kontaminiert betrachtet werden. Da der Klient für zusätzliche Infektionen sehr anfällig ist, sollen diese Lebensmittel nur gut durchgebraten verzehrt werden. Wünsche (oder Abneigungen) sollen berücksichtigt werden. Auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist unbedingt zu achten. Zielsetzung - die Lebensqualität und die Stärkung des Selbstwertgefühls durch die psychosoziale Betreuung und bedürfnisausgerichtete Pflege erreichen, - Angehörige und Freunde in die Betreuung integrieren und somit Geborgenheit vermitteln, - solange wie möglich die Unabhängigkeit erhalten oder teilweise wiedergewinnen, - auf die Wünsche, Bedürfnisse und den Lebenswillen des Klienten unter Berücksichtigung des bisherigen Lebens eingehen und respektieren, - Belastung durch Neuinfektionen möglichst ausschließen, - Zuneigung, menschliche Nähe, Wärme und Toleranz vermitteln, - Copingstrategien mit dem Klienten entwickeln (sich mit der Krankheit auseinandersetzen, um den veränderten Alltag besser bewältigen zu können), - Psychotherapie und Kontakt zu Aids-Hilfe ermöglichen, - soweit gewünscht, dem Klienten die Möglichkeit einer Beschäftigung (in symptomfreien Intervallen) anbieten, - menschenwürdiges Sterben ermöglichen und auf dem Weg begleiten, - Schulung ermöglichen für einzelne Pflegepersonen, die als Multiplikatoren fungieren sollen, und regelmäßige Evaluation im Pflegeteam durchführen.

Pflegestandard Nr. 38: Pflege Aids-Erkrankter (AE)

327

Praxis: Pflege Aids-Erkrankter (AE) Durchführung durch:

examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1-2 Pflegepersonen (richtet sich nach der Art der Tätigkeit)

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

PDL

~

Vorbereitung

Material-, Klienten-, Raum- und persönliche Vorbereitung sind von der jeweiligen Intervention abhängig (siehe einzelne Pflegestandards).

, ... J

Durchführung

- Alle pflegerischen Interventionen entsprechen dem neuesten Stand der Kenntnisse. - Die Pflegesets für die diversen Tätigkeiten sollen sich aus hygienischen und organisatorischen Gründen im Zimmer auf einem dafür vorgesehenen Pflegewagen (mit Fächern) befinden. Bei der täglichen Erneuerung erweist sich eine Liste des Materials als hilfreich. - Die Pflegeplanung paßt sich der momentanen Situation an. Es können nur Nahziele formuliert werden. - Da die Klienten für Infektionen sehr anfällig und dadurch gefährdet sind, ist das Tragen eines Schutzkittels und Mundschutzes während dem Ausbruch einer opportunistischen Infektion erforderlich. - Jegliche Veränderungen (Krankenbeobachtung) werden im Pflegeverlaufsbericht dokumentiert und dem zuständigen Arzt mitgeteilt.

328

IS:I

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Entsorgung

- Die Entsorgung erfolgt je nach der jeweils durchgeführten Tätigkeit. - Richtlinien für die Entsorgung von kontaminiertem Material beachten! - Kontaminierte Wäsche gesondert in einem Sack sammeln und gekennzeichnet an die Wäscherei geben, sonst wie mit üblicher Wäsche verfahren. - Kontaminierten Müll in gekennzeichnetes Behältnis entsorgen. - Nachsorge des Zimmers: bei Bett, Nachttisch und sonstigen Gegenständen Scheuerwischdesinfektion praktizieren, Raumdesinfektion nur bei Tuberkulose, Matratzen mit Gummiüberzug desinfizierend abwaschen, Kissen und Decke desinfizierend reinigen. - Kanülen grundsätzlich (nicht nur bei Aids) nicht abbiegen oder in die Schutzkappe zurückstecken, sondern zusammen mit der Spritze in einem festen und verschließbaren Behälter (im Zimmer des Klienten) entsorgen (als Verbrennungsmüll-Entsorgung). - Strengen Hygiene- und Desinfektionsplan (UVV) beachten und einhalten. - Richtlinien Krankenhausinfektionen: "Hygienische Maßnahmen zur Verhütung der Übertragung von HIV im Krankenhaus", 5.1, 12/88, Bundesgesundheitsamt Berlin und "HIV-infizierter Patient", 5. 1., 12/1994, Robert-Koch-Institut Berlin und, ebenso die Richtlinie Krankenhaushygiene "Prophylaxe nach HIV-Exposition", ES, 15/1998, Robert-Koch-Institut Berlin, einhalten.

[iJ

Qualitätssicherung

- Durch den professionellen Umgang (Respekt und Geduld) wird Lebensqualität und Zufriedenheit erzielt. - Die angestrebten Pflegeziele sind die Kriterien für die Qualität der Leistungen.

Pflegestandard Nr. 38: Pflege Aids-Erkrankter (AE)

[TI

329

Zu beachten

- Schweigepflicht einhalten! - Mögliche Pflaster-, Jod- und Medikamentenunverträglichkeit beachten. - Grundsätzlich erst Desinfektion, dann Reinigung. - Nur Einmalartikel verwenden (Papier-Nierenschale, -Sputumbecher, Plastik-Einmalschürzen usw.) - Desinfektionsmittel mit Wirkstoff Aldehyde oder aktives Chlor verwenden. - Hygienische Händedesinfektion grundsätzlich vor und nach jeder Tätigkeit durchführen (Hände eincremen - pflegen). - Bei Verletzung die Stelle sofort mit 70- 85 %igem Alkohol desinfizieren, abwaschen, möglichst ausdrücken (ausbluten lassen) und wasserdichte Pflaster anbringen. Bei Augenkontamination die Augen mit viel Wasser ausspülen. - Um die Kontamination mit Blut, Ausscheidungsflüssigkeiten und beim Absaugen (Aerosolbildung) auszuschließen, ist das Tragen von Einmai-Piastikschürze, Einmal-Gummihandschuhen (bei kleinster Verletzung ein zweites Paar anziehen), Mund- und Kopfschutz sowie Schutzbrille erforderlich. - Alle Präventivmaßnahmen müssen exakt eingehalten werden. - Bei chronisch-rezidivierender Diarrhö, Inkontinenz, Verwirrtheitszuständen und während einer der opportunistischen Infektionen ist zum eigenen Schutz des Klienten (stark infektionsgefährdet) und der Umgebung ein Einzelzimmer erforderlich. - Laber-Untersuchungsmaterial (Blut, Urin, Wundabstrich, Liquor) mit Aufkleber "Infektiös" versehen und in bruchsicheren Behältern transportieren. - Bei Reanimation keine Mund-zu-Mund-Beatmung durchführen, sondern Maske benutzen oder Mund-zu-Nase-Beatmung mit einem Taschentuch durchführen.

330

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

- Notfallkoffer in unmittelbarer Nähe bereithalten. - Es besteht keine Meldepflicht nach § 3 Bundes-Seuchengesetz (BSeuchG). - Bei Verdacht auf Aids-Kontamination bzw. Inokulation (Eindringen der Krankheitserreger in den Körper) soll die exponierte Pflegeperson gleich klinisch untersucht und die Serologie abgenommen werden. HIV-Antikörpertest wird sofort, nach 3 Monaten, 6 Monaten, 1 und 2 Jahren gemacht. Der Verdacht wird bei der Berufsgenossenschaft gemeldet. - Jede auch kleinste Verletzung auf dem Pflegebereich ins Verbandbuch eintragen (Best.Nr. : U 036, 5 Jahre aufheben). - Während einer Infektion (z.B. Erkältung) der Pflegebezugsperson muß die Betreuung von einer anderen Pflegeperson übernommen werden.

Notizen:

Pflegestandard Nr. 39: Notfall-Interventionen (NI)

331

Pflegestandard Nr. 39: Notfall-Interventionen (NI) Stand: Erstellt von: Überprüft am:

Umfang der Pflegeleistungen Bei allen Notfällen kommt es auf das Erkennen des Notfalls und auf die Beurteilung der momentanen Situation an. Ruhe muß bewahrt und vermittelt, der Arzt verständigt werden. (Wo?, Was?, Wie?). Die Pflegeperson ist für die fach- und sachgerechte pflegerische Betreuung und Notfallversorgung bis zum Eintreffen des Arztes verantwortlich (den Klienten nicht alleine lassen). Je nach Situation und Befinden des Klienten sind bei einem Notfall meistens alle AEDLBereiche betroffen. Grundsatz Im Bereich der indirekten Pflege (Mitarbeit bei der ärztlichen Diagnostik und Therapie, frühere Behandlungspflege) gibt es bis heute keine klaren Kompetenzabgrenzungen. Vor der Durchführung einer Tätigkeit im Rahmen der indirekten Pflege soll sich die Pflegeperson vergewissern, ob - eine schriftliche Anordnung vorliegt, - der Klient eingewilligt hat, - sie sich persönlich befähigt und gewachsen fühlt, d. h. aufgrund ihres Kenntnis- und Erfahrungsstandes die einzelne Tätigkeit fehlerfrei vornehmen kann und/oder - ein Notfall vorliegt. Eine wirksame Delegation und mündliche oder schriftliche Erklärung des Arztes "er/sie übernehme die Verantwortung", kann demzufolge das Pflegepersonal vom Schuldvorwurf und von haftungsrechtlichen Konsequenzen nicht befreien. Es ist so, daß der Klient grundsätzlich seine Heilbehandlung dem Arzt und nicht dem Pflegepersonal überträgt. Somit ist die Zuständigkeit und Verantwortung dem Arzt zugesprochen. Therapieentscheidung ist ausschließlich die Sache des Arztes. Bei ärztlichen und pflegerischen

332

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Leistungen können Haftungsfragen entstehen. Hier wird unter zivilrechtlichen, strafrechtlichen, arbeitsrechtlichen und öffentlichrechtlichen Fragen (Staatshaftung) unterschieden. Im Regreßfall ist es zu spät zu eruieren, ob die eine oder andere Intervention rechtlich zulässig oder nicht zulässig war. Eine beruflich qualifizierte Pflegeperson muß: - eine gute Beobachtungsgabe haben, - mögliche Komplikationen kennen und erkennen können, - lebensrettende Sofortmaßnahmen bis zum Eintreffen des Arztes einleiten, - sach- und fachkundig handeln (Vorbereitung: richten und Durchführung: verabreichen) und - die Folgen ihres Tuns verantworten können. Wenn sich eine examinierte Pflegeperson subjektiv dennoch nicht in der Lage sieht, ordnungsgemäß die Tätigkeit durchzuführen, kann sie dies ablehnen (Ausnahme: Notfall!). Aus dieser Verweigerung kann weder ein arbeitsrechtlicher noch ein haftungsrechtlicher Nachteil entstehen. Sonderregelungen gelten nur beim Fachkrankenpflegepersonal mit Zusatzausbildung (z. B. Intensivpflege). Neben den allgemeinen Aufgaben hat das Pflegepersonal gemäß § 323 c StGB allgemeine Hilfeleistungspflicht: "Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft" (Böhme, 1991, S. 12). In Notfällen ist eine Pflegeperson nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, auch ohne ausdrückliche Delegation und Anweisung zu handeln. Sofern der Arzt nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen ist, wird die Frage der Kompetenzabgrenzung nicht relevant, sondern die notfallmäßig eingeleitete Hilfeleistung. Als Grundsatz für das examinierte Pflegepersonal gilt: Volle Verantwortung für die Vorbereitung (selber richten, nicht richten lassen) und die Durchführung (verabreichen und/oder anlegen)". Es wäre ratsam, den Erste-Hilfe-Kurs jährlich oder mindestens alle 2 Jahre zu wiederholen. Bereits erworbene Kenntnisse können durch die Teilnahme an diesem Kurs wieder aufgefrischt werden.

Problemstellung Nicht rechtzeitig bemerkte und erkannte Notfallsituationen können verheerende Folgen nach sich ziehen. Eine falsch eingeleitete Maßnahme wird zur Verschlechterung und möglicherweise zu irreversiblen Schäden führen. Durchführung Volumenmangelschock Mögliche Ursachen: Blutverlust (innere oder äußere Blutungen),

Flüssigkeitsverlust, starkes Erbrechen oder Diarrhö, Allergie, Verbrennungen oder Lungenembolie.

Merkmale: Blässe, Zittern, Schweißausbruch (kalter Schweiß),

Übelkeit und Erbrechen möglich, frieren, Tachypnoe und Tachykardie (Puls am Hals messen).

Interventionen: Schocklage (Kopftieflage), Atemwege frei machen, Wärmezufuhr (Decke}, Üz-Applikation 2-31/min.

Anaphylaktischer Schock Mögliche Ursachen: Überempfindlichkeit gegen bestimmte Aller-

gene {häufig Penicillin), Schmerzmittel (ASS Acetylsalicylsäure), jodhaltige Mittel, Insektenstiche, Tierhaare oder Nahrungsmittel. Merkmale: Hautausschlag, Hautschwellung, Hautjuckreiz, Übelkeit,

Erbrechen möglich, Atemnot, Bronchospasmus, Hypoxie, Blutdruck-Abfall und Kreislaufstillstand möglich.

Interventionen: sofortiger Abbruch der Mittelanwendung (sofern bekannt), Atemspende, Üz-Applikation bis 41/min, bei Insektenstich die Stelle sofort kühlen und möglichst Eiswürfellutschen lassen.

Sturzverletzungen Mögliche Ursachen: Hypotonie, Hypertonie, Orthostase, ein Hin-

dernis, schlechte Beleuchtung, keine adäquaten Schuhe, Brille und/ oder Hörgerät fehlend oder nicht funktionsfähig, allgemeine Gang-

334 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

unsicherheit und die Angst, fallen zu können, diverse Medikamentenauswirkungen, nasse oder glatte Fußbodenfläche, fehlende Gehhilfen, fehlende Orientierung, Verwirrtheit, angebrachte Bettgitter können die Sturzgefahr erhöhen, zu hohes Bett (Schwierigkeiten beim Aufstehen), bei Inkontinenten: Ausrutschen im eigenen Harn, Gleichgewichtsstörungen, Schwierigkeiten, die Bewegungen zu koordinieren, krankhafte Bewegungsbehinderungen, längere Bettlägrigkeit, fehlende Haltegriffe und Sitzmöglichkeiten (Sicherheit, Ausruhen). Mögliche Traumen: Gesichts- und Kieferverletzung, Nasenblutung, V. a. Wirbelsäulenverletzung, V. a. Becken-, Oberschenkel- oder Schenkelhalsfraktur, V. a. Rippenfraktur, Claviculafraktur, Commotio et Contusio cerebri und Blutungen. Merkmale: Haematome, Platzwunden, Zerrungen, Blutungen, Druckschmerz/Stauchungsschmerz, Schock, retrograde Amnesie, kurze Bewußtlosigkeit sowie Übelkeit und Erbrechen möglich. Interventionen: Gesichts- und Körperverletzung: stabile Seitenlagerung, Wundversorgung. Nasenblutung: bei Oberkörperhochlagerung den Kopf nach vorne beugen, Hand an die Stirn legen, Kaltumschläge (Eis) im Nackenbereich und Nasenrücken anbringen, Nasenflügel kurz komprimieren und Mund geöffnet halten. V. a. Wirbelsäulenverletzung: Lagerung bis zum Eintreffen des Arztes nicht verändern (mögliche Halswirbelverletzung). V. a. Becken-, Oberschenkel-, und Schenkelhalsfraktur (häufig bei Osteoporose): Flachlagerung auf eine feste Unterlage, die Stellung nicht verändern und provisorische Ruhigstellung (umpolstern) durchführen. V. a. Rippenfraktur: erhöhte Oberkörperhochlagerung, möglichst keine Analgetika geben (beeinträchtigt die Atmung), bei Atmung und Abhusten manuelle Unterstützung (eigene oder fremde). Claviculafraktur: nach Anlegen eines Rucksackverbandes (im Krankenhaus) wird dieser alle 3-6 Tage nachgezogen (4-6 Wochen lang). Commotio oder Contusio cerebri: In den ersten 12 Stunden sollen RR, Puls, Pupillen- und Bewußtseinskontrolle engmaschig kontrolliert werden, Bettruhe (Kopfschmerzen möglich), zunächst

Pflegestandard Nr. 39: Notfall-Interventionen (NI)

335

Nahrungskarenz, bei Contusio cerebri sind fokale Jackson-Anfälle möglich, es kann zu einem akuten epiduralen oder chronisch subduralen Haematom kommen. Blutungen: Wunde steril abdecken, verbinden, bei Bedarf Druckverband anlegen (wobei der venöse und arterielle Fluß erhalten werden soll), bei starker Blutung oberhalb der Blutungsstelle die Arterie komprimieren. Epileptische Anfälle (einzeln oder als Status epilepticus)

Mögliche Ursachen: Hirntumoren, SHT (offene und gedeckte), subdurale oder intrazerebrale Haematome, Gefäßmißbildungen, entzündliehe Prozesse oder Hypoxie. Merkmale: Bewußtlosigkeit während des Krampfanfalls, Zungenbiß möglich, Schaum vor dem Mund, während des generalisierten tonisch-klonischen Anfalls ist die Harn- und Stuhlkontinenz nicht möglich, Zyanose und keine Pupillenreaktion vorhanden, fokale Jackson-Anfälle (Krämpfe in einer bestimmten Körperregion) möglich. Interventionen: Grundsätzlich einen Mundkeil in unmittelbarer Nähe (in einer Nierenschale zugedeckt) bereithalten, Mundkeil oder Taschentuch zwischen die Zähne legen, Atemwege freihalten, ausreichende Sauerstoffzufuhr, alles entfernen, was eine Verletzung verursachen könnte, nach dem Anfall ist der Klient stark erschöpft (schlafen lassen), es besteht Amnesie, stabile Seitenlagerung (Aspiration vermeiden), sofortige intravenöse Gabe von Diazepam (i.m. verzögerte Wirkung) und medikamentöse Dauertherapie sind indiziert. Aspiration

Mögliche Ursachen: feste Gegenstände, Speisereste oder Sondenkost. Merkmale: Hustenanfälle, Würgen, Zyanose, Todesangst, Dyspnoe, Stridor (pfeifendes Atemgeräusch), Glottisödem (Kehlkopfödem) und Ersticken sind möglich. Interventionen: Bis zum Eintreffen des Arztes:

336 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

- Im Bett: Kopftieflagerung (Oberkörper seitlich aus dem Bett hängen lassen). - Im Sitzen: Kopf nach vorne beugen, Druck auf das Brustbein ausüben. - Im Stehen: Oberkörper nach vorne beugen, Klienten von unten mit beiden Armen unterhalb des Brustbein-Schwertfortsatzes (Processus xiphoideus) fassen, mit beiden Fäusten wiederholt Druckstöße in Richtung Zwerchfell (Diaphragma) ausüben (Heimlich-Handgriff). - Im Liegen: Mit gespreizten Beinen, in Knieposition über den Klienten beugen, mit übereinandergelegten Händen in Richtung Zwerchfell drücken (Heimlich-Handgriff). - Durch den Arzt: Intubation und bronchoskopische Extraktion oder Tracheotomie möglich. Herz-Kreislauf-Stillstand

Mögliche Ursachen: Herzinfarkt, starker Blutverlust oder OrMangel. Merkmale: Hautzyanose, Schnappatmung oder Apnoe, Bewußtlo-

sigkeit, Pulslosigkeit und lichtstarre Pupillen.

Interventionen: Atemspende (mit einem Taschentuch Mund-zu-

Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung), Brustbereich freimachen, flache Lagerung auf eine harte Unterlage, äußere Herzmassage (2mal Atemspende und lSmal Herzkompression), wird das Bewußtsein nicht erreicht, in stabile Seitenlagerung bringen. Intoxikation

Mögliche Ursachen: Einnahme von Barbituraten in suizidaler Ab-

sicht infolge von endogener oder exogener Depression oder Verwirrtheit.

Merkmale: Übelkeit, Erbrechen, blasse Haut, Schwindelgefühl, Bewußtlosigkeit bis Atemstillstand oder Herz-Kreislauf-Stillstand, keine Pupillenreaktion, primär Blutdruck-Erhöhung, dann Blutdruck-Abfall und Harn- und Stuhlinkontinenz. Interventionen: Atemwege freihalten, stabile Seitenlagerung oder

Kopf nach vorne beugen, zum Erbrechen bringen, bei Bewußtsein Salzwasser (2 Eßl. auf 1 Liter Wasser) zu trinken geben.

Pflegestandard Nr. 39: Notfall-Interventionen (NI)

337

Verätzungen

Mögliche Ursachen: orale Einnahme von Lösungsmitteln oder äu-

ßere Verletzungen auf der Haut und/oder Augen.

Merkmale: Verätzungen in Mund, Speiseröhre und Magenbereich,

starke brennende Schmerzen und Schock.

Interventionen: Schockbehandlung, schluckweise zu trinken geben (Tee oder Leitungswasser), nicht zum Erbrechen bringen (sonst zu-

sätzliche Schäden), ausziehen und die Haut mit fließendem Wasser spülen, die Augen ausgiebig über längeren Zeitraum mit Wasser spülen (aus den inneren Augenwinkeln nach außen) und anschließend einen leichten Verband anlegen. Tetanus (Wundstarrkrampf)

Mögliche Ursachen: Verschmutzte Wunde (offene Wunde als Ein-

trittspfortefür die Tetanuskeime oder nicht ausreichende Immunisierung, Inkubationszeit beträgt 7 Tage-3 Wochen).

Merkmale: Kopfschmerzen, feuchte blasse Haut, Paraesthesien in

Gesicht und Nacken (Kiefersperre), Gesichtsmuskulatur verzieht sich (Risus sardonicus), Krampfanfälle, Opisthotonus (Anspannung der Rückenmuskulatur, Streck- und Adduktionsstellung, Kopf und Fersen berühren das Bett), durch die starke Anspannung kann es zur Fraktur kommen, Rigor {Tonusvermehrung der Muskulatur) möglich, Hyperthermie sowie Hypoxie und Herzstillstand möglich.

Interventionen: Relaxierung durch die Sedierung (Krampfbereit-

schaft vermeiden), künstliche Beatmung und sofortige Wundversorgung. Tetanusprophylaxe: - Tetanol 0,5 ml und Tetagam 250 IE 1 ml intragluteal applizieren, - 4 Wochen später Tetanol 0,5 ml intragluteal applizieren, - 1 Jahr später Tetanol 0,5 ml intragluteal applizieren.

ergibt Grundimmunisierung. Alle 10 Jahre erfolgt danach eine Auffrischung mit 0,5 ml Tetanol intragluteal.

338 Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Koma bei Altersdiabetes (Typ II) Mögliche Ursachen: hyperosmolares Koma (Hyperglykämie) und/ oder hypoglykämisches Koma (Hypoglykämie). Merkmale: Hyperosmolares Koma (Coma diabeticum): stark ausgeprägtes Durstgefühl (Polydipsie), häufiges Urinieren (Polyurie), Übelkeit, Erbrechen, Exsikkose, erhöhte Blutzuckerwerte, flacher Puls, Azetongeruch, Bewußtseinseintrübung, Letalität möglich. Hypoglykämisches Koma: Unruhe, Zittern, Blässe, Heißhunger, feuchte und schweißige Haut, langsamer Puls, niedriger Blutzucker, Verwirrtheit und Bewußtlosigkeit. Interventionen Diabetisches Koma: stabile Seitenlagerung, Insulin und ggf. Infusion nach ärztlicher Verordnung und Blutzucker-Kontrolle. Hypoglykämisches Koma: stabile Seitenlagerung bei Bewußtlosigkeit, bei Bewußtsein Traubenzuckerlösung trinken lassen oder ein Stück Zucker im Mund zergehen lassen, Insulin nach ärztlicher Verordnung und Blutzuckerkontrolle.

Zielsetzung - fach- und sachgerechte pflegerische und psychische Betreuung und Notfallversorgung, - lebensbedrohliche Situation beheben, - Verbesserung der momentanen Situation erreichen, - Vermeidung von zusätzlichen Schäden.

Pflegestandard Nr. 39: Notfall-Interventionen (NI)

339

Praxis: Notfall-Interventionen (NI) Durchführung durch:

1 examinierte Pflegeperson

Erforderliche Zahl der Pflegenden:

1 examinierte und 1-2 nichtexaminierte Pflegepersonen

Zeitaufwand (Mittelwert): Kontrolle:

WBL/WBV und PA

Verantwortlich:

POL

~

Vorbereitung

Da es sich um eine Notfallsituation handelt, wird eine Material-, Klienten-, Raum-, und persönliche Vorbereitung überflüssig. Es ist primär wichtig, daß das Pflegepersonal weiß, wo sich Verbandkasten und Notfallkoffer befinden und was in der jeweiligen Situation zu tun ist.

1...,.1

Durchführung

- Bei allen plötzlich auftretenden Ausnahmesituationen wird grundsätzlich Auskultation und Palpation durchgeführt (Blutdruck, Puls, Atmung, Bewußtseinkontrolle, Temperatur, Blutzukker und bei Bedarf Pupillenreaktion überprüft) und auf ein Verlaufsprotokoll eingetragen (meistens sind engmaschige Kontrollen erforderlich). - Bei der Atmung wird die Atemfrequenz gemessen und vermerkt, ob es sich um Dyspnoe (Atemstörung), Orthopnoe (starke Atembehinderung), Tachypnoe (beschleunigte Atmung), Bradypnoe (verlangsamte Atmung), Apnoe (Atemstillstand) oder normale Atmung handelt. - Bei Bewußtsein wird unterschieden in: Somnolenz: Bewußtseinsstörung, Schläfrigkeit, zeitliche und örtliche Orientierung fehlt, verlangsamte Reaktion auf Aufforderung; Sopor: Bewußtseinsstörung, Reaktion auf starke Reize (Schütteln, Kneifen) vorhanden, Kommunikation ist nicht möglich;

340

Mitarbeit bei ärztlicher Diagnostik und Therapie

Präkoma: Bewußtseinsstörung, keine Reaktion auf verbale Aufforderung, verlangsamte Reaktion auf starke Reize vorhanden, Koma: Bewußtlosigkeit, keine Reaktion auf äußere Reize, keine Pupillenreaktion.

lS:J

Entsorgung

Erfolgt, nachdem die lebensbedrohliche Situation behoben worden ist und die Erstversorgung beendet ist.

[[] Qualitätssicherung Die angestrebten Pflegeziele sind die Kriterien für die Qualität der Leistungen.

Zu beachten - Bei Atembehinderung und Schädelverletzung dem Klienten keine Schmerz- und Schlafmittel verabreichen. - Bei diagnostizierten Commotio et Contusio cerebri ebenfalls keine Schmerz- und Schlafmittel geben (erschwert die Beobachtung). - Monokel- oder Brillenhaematom ist Zeichen für Schädelbasisfraktur. - Spätkomplikation bei Commotio cerebri: Bewußtseinseintrübung, Verwirrtheit und Bildung eines subduralen Haematoms (nach 3 Tagen akutes subdurales Haematom, nach bis 3 Wochen subakutes subdurales Haematom oder nach 6 Wochen und länger chronisches subdurales Haematom) begleitet von Kopfschmerzen und Veränderungen der Psyche (Krampfanfaii-Bereitschaft), auf der Haematomseite ist eine Pupillenerweiterung möglich. - Bei Kopfverletzung und Bewußtlosigkeit keine Schocklage, sondern stabile Seitenlagerung durchführen. - Bei Heimlich-Handgriff ist eine Verletzung der inneren Organe (Milz, Leber oder Magen) möglich.

Pflegestandard Nr. 39: Notfall-Interventionen (NI)

341

- Bei Kopftieflage (Schocklage) 15°-Neigung nicht überschreiten, da Abdomenorgane nach oben gedrückt werden und die Atmung dadurch beeinträchtigt wird. - Nicht rechtzeitig eingeleitete Schockbehandlung kann durch den 0 2-Mangel zum Exitus führen. - Schocklagerung bei Wirbelsäulen-, Bein- und Beckenverletzung nicht anwenden. - Beim Rautek-Rettungsgriff auf mögliche Wirbelsäulenverletzung achten. - Rhinoliquorrhoe (positiver Glucotest) oder starke Blutungen aus der Nase/dem Ohr sind auch Zeichen für eine Schädelbasisfraktur. - Mögliche Spätkomplikationen nach Frakturen: Thrombose, Pneumonie und Fettembolie. - Durch die Rippenserienfraktur kann es zu Pneumothorax kommen. - Bei nicht sofort eingeleiteten Maßnahmen beim Tetanus besteht eine hohe Letalität (bis 70 %). - Um die Sturzgefahr zu mindern (bei unruhigen und verwirrten Klienten), können vorübergehend die Matratzen (Leintuch drunter) auf den Boden gestellt werden. - ln jeder Institution (in allen Bereichen) soll die "Anleitung zur Ersten Hilfe bei Unfällen" von HVBG, ZH 1/143 vorhanden sein. - Bei Verletzungen des Pflegepersonals am Arbeitsplatz soll das Verbandbuch (Verbandbuch gesetzliche Unfallversicherung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege) verwendet und 5 Jahre lang aufbewahrt werden. ln Unternehmen von mehr als 20 Versicherten muß je 100 Versicherte ein Verbandskasten nach DIN 13 169 "Erste-Hilfe-Material; Verbandskasten E" und 10% der Versicherten als Ersthelfer zur Verfügung stehen. ln kleinen Unternehmen muß ein Verbandskasten nach DIN 13 157 "Erste-HilfeMaterial; Verbandskasten C" mit einem Ersthelfer vorhanden sein. Die Ersthelfer-Ausbildung wird von der BG getragen. Die Ausbildungswiederholung soll spätestens alle 3 Jahre erfolgen (HVBG 19/94).

Betreuung und Pflege verwirrter und dementer Klienten

1 Folgen des Alters und des Heimaufenthaltes

345

1 Folgen des Alters und des Heimaufenthaltes Der Einzug in ein Alten- und Pflegeheim bedeutet für einen älteren Menschen eine Krisensituation, da eine enorme Belastung damit verbunden ist, die akute Verwirrtheit und Desorientierung auslösen kann. Die Sozialsituation ändert sich damit schlagartig. Viele Trennungssituationen und Verluste haben alte Menschen im Leben bewältigen müssen. Jetzt spüren sie, daß sie den alltäglichen Anforderungen nicht mehr ohne Hilfe gerecht werden. Alleine, meistens isoliert und einsam, erleben sie das nochmalige Umziehen (diesmal in ein Alten- und Pflegeheim) als Bedrohung, Angst vor der fremden Umgebung und dadurch noch größere Unsicherheit. "Was erwartet mich?" Die vertraute Umgebung, Nachbarn, Wohnung und Möbel, der soziale Status, Gewohnheiten und Rituale müssen auf einen Schlag aufgegeben werden. Der Umzug bedeutet eine große Umstellung und Anpassung an die bestehenden Regeln, somit den Verlust von Selbstbestimmung. Diese Faktoren begünstigen Orientierungslosigkeit und führen häufig zu Verwirrung. Bestimmte Erinnerungen werden im Alter plötzlich sehr vordergründig und immer wieder geäußert (Langzeitgedächtnis). Die neue, fremde Umgebung, die neue Welt, die ältere Menschen nicht verstehen und in der sie nichts Bekanntes mehr sehen und erleben, verstärkt diesen Rückzug und die Dekompensation in das Bekannte und Altbewährte. Handlungsorientierung und Wahrnehmung werden durch die enorme psychische Belastung noch schwieriger. Die Leistungsfähigkeit und Wahrnehmung lassen mit zunehmendem Alter nach. So nimmt die Sehkraft (grauer und/oder grüner Star) ab (PS 4), das Hörvermögen vermindert sich, häufig begleitet von unangenehmen Hörgeräuschen; das Tragen eines Hörgerätes wird in der Regel erforderlich. Diese verminderte Wahrnehmung erzeugt Unsicherheit und Angst (motorische Unruhe), woraus für uns Außenstehende paradox erscheinende Handlungen resultieren. Die Informationen werden nicht wahrgenommen und können nicht verarbeitet und umgesetzt werden. Die früher entwikkelten Bewältigungsmuster (Copingstrategien) sind häufig nicht mehr abrutbar. Durch die Fremdkompetenz durch Pflegemitarbeiter wird die Eigenkompetenz und Individualität des Klienten zusätzlich immer weiter eingeschränkt.

346 2 Krankheitsbilder

2 Krankheitsbilder Es wird zwischen akuter Verwirrtheit und chronischer Demenz unterschieden. Verwirrtheit und Desorientierung sind Symptome, die eine Reaktion auf negative Erfahrungswerte im Leben oder auf eine körperliche Krankheit darstellen können. Negative Erfahrungen können der Verlust einer oder mehrerer nahestehender Personen oder eine plötzliche Veränderung des gewohnten Lebensablaufs und Lebensraums sein. Verwirrtheit kann aber auch eine Folge von Resignation angesichts des schlechten eigenen Befindens sein oder die Folge von Morbus Alzheimer. Ob es sich um eine akute oder chronische Verwirrtheit handelt, muß der zuständige Arzt feststellen. Akute Verwirrtheit ist ein vorübergehender Zustand. Sie kann z. B. Folge von Exsikkose (ältere Menschen trinken nicht ausreichend), Durchfall (Diarrhö) und/oder Erbrechen sein, die wiederum auftreten bei: Therapie mit Diuretika (begünstigen die Wasserausscheidung aus dem Körper), nächtlichem Blutdruckabfall, Überdosierung oder Unverträglichkeit von Medikamenten wie Antidepressiva, diverse Antiparkinson-Mittel, Neuroleptika, Tranquilizer, Barbiturate oder Psychopharmaka, Hypo- oder Hyperglykämie und Vitaminmangel (B 1 und B12). Chronische Verwirrtheit, begleitet von Gedächtnisstörungen, ist als Folge von Hirnschädigungen anzusehen. Die betroffenen Menschen sind nicht mehr in der Lage, den Anforderungen und Aufgaben, die der Alltag an sie stellt, gerecht zu werden. Besonders gefährdet sind Patienten mit: Alkoholabusus (toxische Hirnschädigung und alkoholbedingte Demenz), inoperablen Hirntumoren, Anfallsleiden (Epilepsie), Hirndurchblutungsstörungen (mangelhafte Hirnversorgung mit Sauerstoff).

2 Krankheitsbilder

347

2.1 Morbus Alzheimer Am bekanntesten unter den Krankheitsbildern dementiellen Abbaus ist der Morbus Alzheimer. Dr. Alois Alzheimer (Breslauer Neurologe und Psychiater) beschrieb diese degenerative Hirnschädigung erstmals im Jahre 1906. Ihre eigentliche Ursache ist bis heute unklar. Es wird zwischen den drei Formen Alzheimer-Krankheit, Demenz vom Alzheimer Typ (DAT) und Alzheimer-ähnliche Erkrankung (ALD) unterschieden. Eine andere, aber in ihren Symptomen und im Verlauf ähnliche Erkrankung, ist die Multiinfarkt-Demenz, die Summe mehrerer kleiner, unauffälliger Apoplexe, die zunächst zu Durchblutungsstörungen und dann zum Schwund von Hirnzellen führt. Krankheitsverlauf Der Umfang der Amyloid-Ablagerungen (Eiweißablagerungen) in bestimmten Gehirnteilen spiegelt bei vielen dieser Krankheitsbilder den Grad der Hirnleistungsstörungen wider. Die Nervenzellen des Gehirns verlieren ihre Funktionsfähigkeit und sterben ab. Mit zunehmendem Alter wird das Erkrankungsrisiko immer höher. Meist summieren sich mehrere Krankheiten zu einer Multimorbidität. Der dementieHe Abbau beginnt schleichend. Das Nachlassen kognitiver Fähigkeiten ist ein erstes allgemeines Zeichen der Erkrankung. Gedächtnislücken werden am Anfang mit Konfabulationen, als Ersatz für die verlorengegangenen Erinnerungen erfundene Geschichten. Der Betroffene verliert zunächst das Kurzzeitgedächtnis, dann allmählich das Langzeitgedächtnis und das Urteilsvermögen. Die zeitliche, räumliche und personelle Orientierung geht verloren. Es kommt zu psychischen und organischen Auffälligkeiten: Vergeßlichkeit und Orientierungsstörungen, Reizbarkeit, aggressives Verhalten mit Zornausbrüchen und Gewalttätigkeit motorische Unruhe (Herumlaufen und Weglaufen), Schlafstörungen (Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus), Verlust von Schamgefühl, Rückzug und Depressionen. Die Therapie beschränkt sich medizinisch auf die medikamentöse Intervention zur Linderung der Symptome, die als Begleiterscheinungen auftreten.

348 3 Pflegebedarf

Besondere Probleme. Eine Interaktion mit dem dementen Klienten ist kaum oder gar nicht mehr möglich. Die Sprache wird für die Umwelt zunehmend unverständlicher, bis die Verständigung völlig ausbleibt. Verbale Informationen können die Betroffenen häufig nur auf emotionaler und nonverbaler (Gestik, Mimik) Ebene wahrnehmen. Demente Menschen reagieren außerordentlich empfindlich und sensibel auf nonverbale Signale. Sie spüren den Rückzug von der betreuten Person und mögliche Restriktionen. Für die Umgebung des Kranken bedeutet dies eine kaum zu bewältigende Belastung. Sowohl die Angehörigen und Laienhelferinnen als auch die Pflegenden stoßen an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Pflegende können nur als Wegbegleiter fungieren, um möglichst ein würdevolles, den Gewohnheiten entsprechendes Leben anzubieten.

3 Pflegebedarf Wenn wir die Bedürfnisse des Klienten erkennen, wird es leichter sein, eine aktivierende und reaktivierende Pflege durchzuführen, die soziale Kompetenz zu stärken und den Arzneimittelkonsum zu senken. Mit den Kenntnissen aus der Biographie wird es uns möglich sein, für die Krisenbewältigung (Angstphasen) Strategien und Rituale anzubieten.

3.1 Umgang mit Schlafstörungen Mögliche Gründe für nächtliches Aufwachen sind Blutdruckabfall und dadurch bedingter SauerstoffmangeL Infolgedessen wird die Orientierung in Raum und Zeit erschwert. Weitere mögliche Störfaktoren sind irritierende Reize (unangenehme Geräusche und Gerüche), Angstträume, körperliche und seelische Anspannung, grelles Licht, fremde Umgebung, Hungergefühl, Mangel an Bewegung tagsüber und Schlafmittelentzug. Folgen sind: erhöhte Reizbarkeit, verstärkte Ängstlichkeit, Konzentrationsstörung, Desorientierung. Schlafgewohnheiten und Einschlafposition, evtl. ein Schlaftrunk und sonstige Rituale sind wichtig. Die meisten älteren Menschen

3 Pflegebedarf

349

benötigen 5-7 Stunden Schlaf. Die Einschlafphase dauert länger, der Schlaf ist flacher und erst zum Morgen hin beginnt die Tiefschlafphase. Mögliche Lösungsansätze sind: beruhigende Waschung und Einreibungen (PS 12), ein warmes Getränk menschliche Nähe (Gegenwart der Pflegebezugsperson wirkt beruhigend), mögliches Hungergefühl stillen wiegende Bewegungen.

3.2 Problembereich Körperpflege Ein weiteres Problem kann die Körperpflege sein. Hierbei spielt das Schamgefühl eine große Rolle, wenn man von fremden Menschen, die evtl. sogar noch anderen Geschlechts sind, gewaschen wird. Gegenstände werden nicht erkannt (z. B. Zahnbürste und Zahnpasta). Aufforderungen und Anweisungen können nicht umgesetzt werden. Die Kontrolle über die Ausscheidungen fehlt: der Betroffene uriniert unkontrolliert oder spielt mit dem Stuhlgang. Der Betroffene kann für seine eigene Sicherheit nicht mehr sorgen, z. B. witterungsentsprechende Kleidung tragen. Ein Urteilsvermögen ist nicht mehr vorhanden.

3.3 Probleme mit der Ernährung Bei der Nahrungsaufnahme zeigen sich ähnliche Probleme. Häufig wird das Essen abgelehnt. Mögliche Ursachen sind: Angst vergiftet zu werden, Speisen werden nicht erkannt oder verwechselt, die Atmosphäre wird als störend empfunden, der Klient möchte nicht mehr leben, Abneigung gegen bestimmte Speisen, Enzündungen im Mundraum Ausbleiben von Hunger- und DurstgefühL Hier sollen Bedürfnisse und Wünsche ermittelt werden, um je nach Bedarf Anleitung, Hilfestellung und/oder Beaufsichtigung leisten zu können.

350 4 Pflegerische Ziele

Beeinträchtigung der Mobilität Im Bereich der Mobilität besteht relativ lange keine Problematik. Die Klienten sind, durch die innere Unruhe angetrieben, in ständiger Bewegung. Es besteht jedoch eine erhöhte Sturzgefahr (PS 29).

4 Pflegerische Ziele 4.1 Allgemeine Ziele der Pflege - Kontinuität (exakt nach einem vorhandenen Pflegeplan) anstreben, gewohnte Lebensweisen möglichst beibehalten. - Vertrautheit aufbauen und Sicherheit vermitteln. - Alltagskompetenz/Selbstverantwortung in möglichst vielen AEDL-Bereichen (direkte Pflege) erhalten. - Würdevolles und erträgliches Leben ermöglichen. - Unterstützung und Begleitung im psycho-sozialen Bereich anbieten. - Hilfestellung bei Orientierung und Integration in der Einrichtung geben (Weglaufen, sich Verlaufen möglichst verhindern). Anband der eingeschränkten Selbständigkeit in bestimmten AEDLBereichen (Leistungsminderung) wird die Pflegediagnose erstellt. Hierbei ist die Zusammenarbeit mit den Angehörigen als unerläßlich anzusehen. Eine umfassende Pflegeanamnese mit Ermittlung der noch vorhandenen Selbständigkeit (Ressourcen) und Abhängigkeiten (Probleme) nach dem Pflegeprozeß ist Voraussetzung für die Erstellung eines Pflegeplans. Bei der Durchführung werden die darin formulierten pflegerisch-therapeutischen Ziele berücksichtigkeit. Die vorhandene Selbständigkeit soll gefördert (aktivierende Pflege) und die verlorengegangene reaktiviert (reaktivierende Pflege) werden. Das Führen eines Pflegeverlaufsberichtes zum Pflegeprozeß ist Grundlage für die ganzheitliche Betrachtungsweise. In regelmäßigen Abständen (je nach Pflegeziel) soll der Pflegeplan mit allen am Pflegeprozeß Beteiligten überprüft (evaluiert) und erforderliche Korrekturen vorgenommen werden.

4.3 Konzeptionelle Voraussetzungen

351

4.2 Zielsetzung Ziele einzelner Pflegeinterventionen - Geborgenheit, Vertrautheit und Sicherheit durch Beständigkeit und Einfachheit erzielen. - Verbesserung der sensornotorischen und kognitiven Fähigkeiten. - Reaktivierung des Langzeitgedächtnisses. - Kontaktfähigkeit ermöglichen und fördern. - Ruhe bei Unruhe, Aktivität bei Passivität erreichen. - Einzelne Teilabläufe (Tätigkeiten) im alltäglichen Bereich zu einem Ganzen zusammenfügen helfen. - Das Befinden von Verwirrten in konkreten Bereichen verbessern (Erhaltung oder Wiedergewinnung der Kompetenz in verschiedenen AEDL-Bereichen). - Eigeninitiative und Offenheit erreichen. - Konzentrations- und Auffassungsfähigkeit erzielen.

4.3 Konzeptionelle Voraussetzungen Die wichtigste Aufgabe der Pflegenden ist es, dem Menschen dort zu begegnen, wo er sich gerade befindet. Aufgrund der Gedächtniseinbußen kommt es zum Verlust der räumlichen, personellen, zeitlichen und situativen Orientierung. Aus diesem Grund benötigt ein dementer Klient klare Strukturen und einen geregelten Tagesablauf. Es müssen dafür räumliche, zeitliche und personelle Voraussetzungen geschaffen werden. Räumliche Voraussetzungen Ziel der Raumgestaltung ist es, für eine ruhige und ungestörte Atmosphäre zu sorgen. Laute Geräusche und Störungen verstärken die Unruhe des Klienten. Beeinträchtigungen beim Sehen, Hören und sich Bewegen müssen bei der Raumgestaltung berücksichtigt werden. - Raum wohnlich gestalten; schattenfreie und helle Räume senken das Aggressionspotential. - Angstfreie und sichere Umgebung schaffen. - Optische Orientierungshilfen mit farbkräftigen Symbolen an den Wänden und Türen anbringen.

352 4 Pflegerische Ziele

Zeitliche Voraussetzungen - Jegliche Aktivitäten sind von der Tagesform des Klienten abhängig. - Es gibt einen strukturierten und gleichbleibenden Tagesablauf (an einer Tafel ersichtlich), der die Selbstentscheidung des Klienten je nach Neigung und Wunsch ermöglicht. - Die Angebote richten sich grundsätzlich nach den Bedürfnissen und Fähigkeiten des Klienten. Ausreichende Intervalle zwischen Aktivierung und Ruhepausen müssen eingeplant werden, um eine Überforderung des Klienten zu vermeiden. Personelle Voraussetzungen - Beständigkeit (Homogenität) der Gruppenmitglieder und des Betreuungspersonals. - Angehörige können auf Wunsch an der Betreuung der Gruppe beteiligt werden. - Fachliche und persönliche Kompetenz durch regelmäßige Fortbildungen stärken. - Supervision (Beratung und Entlastung) für das Betreuungspersonal dementer Klienten ist unerläßlich. Eine intensive und umfassende Betreuung bedarf eines entsprechenden Personalschlüssels. Es ist durchaus möglich, daß sich eine Pflegeperson über einen bestimmten Zeitraum nur um einen einzelnen Klienten kümmern muß. In einer Betreuungsgruppe sollen nicht mehr als 10 Klienten sein. Da es sich ausschließlich um verwirrte und desorientierte Menschen handelt, sollen ein Ergotherapeut, eine examinierte Pflegeperson, ein Altenpflegeschüler und ein Zivildienstleistender die Betreuung übernehmen (Ausfallzeiten berücksichtigen). Die intensive Zusammenarbeit im multiprofessionellen Team ist eine Grundlage der Klientenorientierung.

Vorgehen bei stark gefährdeten Klienten

Der Verlauf einer Demenzerkrankung unterscheidet sich von Person zu Person. Bei stark unruhigen und verhaltensauffälligen Klienten besteht eine Neigung zu Eigen- und Fremdgefährdung. Darüber hinaus

4.4 Tagesablauf 353

ist der Bewegungsdrang stark erhöht. Falls der Klient das Haus verlassen hat, die Suche aufnehmen, Angehörige/Betreuer und nach ergebnisloser Suchaktion (spätestens nach zwei Stunden) die Polizei informieren und ein aktuelles Bild mitgeben. Bei bestehender Gefahr wird mit einer Sofortbild-Kamera ein Bild gemacht und im Dokumentationssystem deponiert. Weitere Möglichkeiten zur Vorsorge bei weglaufgefährdeten Klienten sind das Tragen einer Kette mit Sichthülle am Hals mit Adresse oder das Anbringen einer entsprechenden Sichthülle am Gürtel bzw. das Tragen eines Identifikations-Handban des. Um eine Überforderung zu vermeiden, sollen die Aktivitäten klientenorientiert angeboten werden. Grundsätzlich ist der Körperkontakt in Form von Berühren, Umarmen oder Streicheln (wirkt beruhigend und vermittelt Nähe, Geborgenheit und Sicherheit) wichtig.

4.4 Tagesablauf Mögliche Angebote am Vormittag - gegenseitiges Vorstellen in der Gruppe (personelle Orientierung), - aus der Zeitung vorlesen (zeitliche Orientierung), - Tisch decken, abräumen, Staub wischen, Fegen (situative Orientierung), - Umgang mit vorhandenen Hilfsmitteln üben und deren Sinn verstehen, - Realitätsorientierungshilfen (ROH) anbieten, - kleinere Gerichte kochen, backen (Einkaufsliste erstellen), - Sitztanz, Ball-/Luftballonspiele und Bewegungsübungen (HerzKreizlauf-System stärken, spielerisch etwas für den Körper tun, bestimmte Bewegungsabläufe üben, Handeln nach einer vorgegebenen Reihenfolge, Reaktions- und Koordinationsfähigkeiten stärken), - Ratespiele, Sprichwörterraten (gedächtnisfördernd), - Rechenaufgaben lösen, - olfaktorische Fähigkeiten prüfen: Geruch- und Geschmacksinn (z. B. Duftöle erkennen und Wahrnehmungsfähigkeit stimulieren), - Zusammenhänge aus der Lebensgeschichte erzählen (Bereitschaft des Klienten vorausgesetzt), - basteln, handwerkliche Arbeiten und jahreszeitlich bedingte Aktivitäten (Vorbereitung für Advent, Weihnachten, Ostern, Erntedankfest), je nach Neigung und Fähigkeiten,

354 4 Pflegerische Ziele

- Toilettengänge nach Erfordernis (Kontinenz erhalten/Inkontinenzversorgung). Mögliche Angebote am Nachmittag - nach dem Mittagessen Mittagsruhe anbieten, Kaffee/Tee um etwa 14.00-14.30 Uhr, - Film- oder Diavorführungen (ggf. mit einer TV-BildschirmLupe), Unterhaltungsangebote, z. B. Künstlerauftritte, - Spaziergänge (zur Bewältigung des Bewegungsdranges), - kleinere Ausflüge (auch mit Angehörigen), - Lieder singen/erraten, - um etwa 16.00 Uhr Getränke anbieten, - Toilettengänge nach Erfordernis (Kontinenz erhalten/Inkontinenzversorgung). Literaturempfehlung An dieser Stelle möchte ich Bücher zu den Themen Stärkung der geistigen und sozialen Kompetenz sowie zur Minderung der dementen Symptome empfehlen: Schmidt-Hackenberg U (1996) Wahrnehmen und Motivieren. Die 10-Minuten-Aktivierung für die Begleitung Hochbetagter. Vincentz, Hannover. Stengel F Dr. (1996, 1997) Heitere Gedächtnisspiele (5 Bde), Memo, Stuttgart

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Sachverzeichnis

Absaugen 206 AEDL-Pflegestufe 16-20 AEDL-Strukturmodell 11 akute Verwirrtheit 346 Ambivalenz 43 Anaphylaktischer Schock 333 ASE (s. atemstimulierende Einreibung) Aspiration 335 atemstimulierende Einreibung (ASE) 236 Augenpflege 65, 67 Augenprothesenpflege 68 Augensalbe 69 Augentropfen 68 Auswertung 55

Baden 110 Balint -Gruppe 44 Bartpflege 87 Bereichspflege 8 Betreuung und Pflege verwirrter oder dementer Klienten 343 Betreuungsangebot 353 Bewältigungsstrategie 44 Bildungskonzept 2000 38 Biographie 13, 14 Blasenentleerung 155 Brillenpflege 67 Bundessozialhilfegesetz 35

chronische Verwirrtheit Coma diabeticum 338 Copingmöglichkeit 11

346

Damenbart 87 Darm 145 Darmentleerung 145 DEHY (s. Dehydratationsprophylaxe) Dehydratationsprophylaxe (DEHY) 183

DEKU (s. Dekubitusprophylaxe) Dekubitus 190 Dekubitusprophylaxe (DEKU) 189 Desinfektionsplan 212 DGHM-Liste 211 Diarrhö 147 Dienstübergabe 26 direkte Pflege (s. auch Pflege) 3, 10 Dokumentation 23 Drainagelagerung 236 Durchfall 147 Duschen 105

endogene Infektion 200 Epidermis 117 Epileptischer Anfall 335 Ergebnisqualität 8, 29, 202 Ernährung 165, 204 - SK-Verabreichung 204 Evaluation 55

362 Sachverzeichnis exogene Infektion 200 externe Qualitätssicherung (s. auch Qualitätssicherung) 35

Fingernagel 130 Fingernagelpflege 130 Flächendesinfektion 204 Flankenatmung 236 Forschungsprojekt 41 Funktionspflege 8 Fußpflege 136 Fußpilzprophylaxe 141

OrGabe 206 Ganzheitspflege 8 Ganzkörperwaschung 98 Gesundheitsstrukturgesetz Gruppenpflege 8

Injektion 205 innerbetriebliche Fortbildung (IBF) 39 Instrumentendesinfektion 204 interne Qualitätssicherung (s. auch Qualitätssicherung) 35 Intimbereich 92 Intimpflege 92 Intoxikation 336

Kautelen 281, 296 Kontaktlinsenpflege 67 Kontinenzprophylaxe 161 Kontrakturenprophylaxe 213 Krankenpflegegesetz 35 Krohwinkel M. 11 Kurzcode 4 kybernetischer Regelkreis 9 35

Haar 124 Haarwäsche 124 HACCP 202 Harninkontinenz 155, 156 Haut 51, 105, 106, 116 Hautpflege 116 Herz-Kreislauf-Stillstand 336 Hilfebedarf 15 Hirnleistungsstörung 347 Hörgerät 76 Hörgerät-Art 77 Hygieneplan 212

IBF (s. innerbetriebliche Fortbildung) indirekte Pflege (s. auch Pflege) 3 indirekte Quelle (s. auch Quelle) 10 INFE (s. Infektionsprophylaxe) Infektionsprophylaxe (INFE) 199 Informationssammlung 10

30°-Lagerung 236 A-Lagerung 236, 304 T-Lagerung 236, 304 V-Lagerung 236, 304 Lagerungsmöglichkeiten Lagerungsplan 193

194

Makroebene 3 Makrostandard 7 MDK (s. Medizinischer Dienst der Krankenversicherung) mediale Ebene 3 Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) 15, 36, 175 Merkmale der Pflegequalität 30-34 Mikroebene 3 Mikrostandard 3 Mittelhaut 116 Mobilität 174 Morbus Alzheimer 346

Sachverzeichnis

Mundhygiene 57 Mundpflege 56, 59

NANDA (s. North American Nursing Diagnosis Association) Nasenpflege 81, 83 Naßrasur 87 Niere 155 North American Nursing Diagnosis Association (NANDA) 303 Norton-Skala 189

oberflächliche Venenthrombose 243

Oberhaut 116 Obstipation 146, 149, 166 - prophylaktische Intervention 149 Obstipationsprophylaxe 149, 219 Ohrenpflege 74 Ohrensalbe 76 Ohrentropfen 76 orale Stimulation 60 Organisationshandbuch 7

Parotitisprophylaxe 227 Pflege 3 - direkte 3 - indirekte 3 Pflegeanamnese 13 Pflegebedarf 10 Pflegebedürftigkeit 14 Pflegebedürftigkeitsrichtlinie 14 Pflegebezugsperson 25 Pflegediagnose 14 Pflegedokumentation 3, 23 Pflegedokumentationssystem 24 Pflegeforschung 3, 4, 39, 41 - Pflegeforschung als Fach 39, 41 Pflegekammer 39 Pflegekonzept 3

363

Pflegeleistung 3 Pflegeplan 15, 21 Pflegeplanung 3, 15 Pflegeprozeß 3, 9 Pflegequalität 3, 29, 201 - Merkmale der Pflegequalität 30 Pflegestandard 3, 4, 39, 47 - Karte 47 - Überschrift 47 Pflegeverlaufsbericht 24, 25 Pflegeversicherung (PfVG) 36 Pflegevisite 26-28 Pflegeziel 22 PfVG (s. Pflegeversicherung) PNEU (s. Pneumonieprophylaxe) Pneumonieprophylaxe (PNEU) 234 Praxisanleitung 38 Professionalisierung 40 Prothesenpflege 59 Prozeßqualität 7, 29, 202 Prozeßstandard 3

Qualitätskontrolle 4 Qualitätssicherung 5, 14, 15, 28, 35-37

- externe 35, 36 - interne 35, 36 Qualitätszirkel 38, 44 Quelle 10 - direkte 10 - indirekte 10

Rasur 86 Regelkreis 9 - kybernetischer

9

Säureschutzmantel 106, 117 Schutzkleidung 203 Soorprophylaxe 227 Strukturqualität 4, 29, 201

364

Sachverzeichnis

Stuhlinkontinenz 147, 150 - prophylaktische Intervention 150 Stuhlinkontinenzprophylaxe 150 STUR (s. Sturzprophylaxe) Sturzprophylaxe (STUR) 248 Sturzverletzung 333 Supervision 44

Teambesprechung 28 Teilwaschung 51 Tetanus 337 THRO (s. Thromboseprophylaxe) Thromboseprophylaxe (THRO) 242 tiefe Venenthrombose 243 Trockenrasur 87

Ultraschallvernebler Unterhaut 116

Venenthrombose 243 - oberflächliche 243 - tiefe 243

206

SK-Verabreichung 204 Verätzung 337 Verbandbuch 341 Verbandwechsel (VW) 205 Versorgung des Hörgeräts 76 Verstopfung 146 Verwirrtheit 346 - akute 346 - chronische 346 Volumenmangelschock 333 VW (s. Verbandwechsel)

Wachkoma (WK) 315 WK (s. Wachkoma)

Zahnpflege 59 Zimmerpflege 8 Zwerchfellatmung 236 ZYST (s. Zystitisprophylaxe) Zystitisprophylaxe (ZYST) 254

S. Philbert-Hasucha, Berlin

Pflege-Prozeß-Standards Handbuch der aktuellen Pflegepraxis

Zeichnungen von C. Hasucha 1999.XXVI, 327 S. 210 Abb .. 102Tab.Geb. DM 79,-; öS 577,-; sFr 72,ISBN 3-540-64799-6

In ihren Leitlinien formuliert die Autorin klar und wissenschaftlich begründet die Problem-Ziel-Maßnahmen für eine einheitliche Qualitätssicherung in der Krankenpflege. Alle pflegerischen Maßnahmen sind standardisiert dargestellt und damit schnell abrufbar für die Pflege-Planung und Pflege-Praxis. Besonders hilfreich sind die zahlreichen Praxis-Tips, anschaulichen Abbildungen und umfangreichen Literaturhinweise.

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